AGB-Recht: Kommentar zu den §§ 305-310 BGB und zum UKlaG [11. neu bearbeitete Auflage] 9783504382025

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AGB-Recht: Kommentar zu den §§ 305-310 BGB und zum UKlaG [11. neu bearbeitete Auflage]
 9783504382025

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Ulmer/Brandner/Hensen . AGB-Recht . Kommentar

Ulmer • Brandner • Hensen

AGB-Recht Kommentar zu den §§ 305–310 BGB und zum UKlaG bearbeitet von

Dr. Marcus Bieder Universitätsprofessor in Osnabrück

Dr. Guido Christensen Vizepräsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg

Dr. Stefan Ernst Rechtsanwalt in Freiburg Honorarprofessor an der Hochschule Offenburg

Dr. Andreas Fuchs Universitätsprofessor in Osnabrück Richter am Oberlandesgericht Celle

Dr. Mathias Habersack Universitätsprofessor in München

Dr. Carsten Schäfer Universitätsprofessor in Mannheim

Dr. Harry Schmidt Rechtsanwalt in Berlin Honorarprofessor an der Universität Leipzig

Dr. Alexander Witt Richter am Amtsgericht Hamburg

12. neu bearbeitete Auflage

2016

Zitierempfehlung: Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., § 307 BGB Rz. 2 Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Teil 2, (17) Kaufverträge Rz. 1

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-45111-0 ©2016 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­ rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs­ beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany

Vorwort zur zwölften Auflage Seit 39 Jahren erläutert der Ulmer/Brandner/Hensen das AGB-Recht und gestaltet dessen Entwicklung mit. Der durch Peter Ulmer, Hans Erich Brandner und Horst-Diether Hensen aus Anlass der Verabschiedung des AGB-Gesetzes vom 9.12.1976 begründete und rasch zum Standardwerk gewordene Kommentar erweist sich auch nach der zum 1.1.2002 erfolgten Integration des AGB-Gesetzes in das BGB und das UKlaG als für die Praxis unverzichtbarer Ratgeber. Rund fünf Jahre nach Erscheinen der 11. Auflage halten Verfasser und Verlag den richtigen Zeitpunkt für die Neuauflage dieses – erstmals 1977 erschienenen – Kommentars für gekommen. Bereits die Fülle des seit 2010 angefallenen Materials, darunter in erster Linie eine Vielzahl neuer höchstrichterlicher Urteile nicht nur des BGH, sondern auch des BAG, ließen eine umfassende Überarbeitung und Fortschreibung der Kommentierung geboten erscheinen. Einzuarbeiten waren auch die zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen. Die am 22.11.2011 verkündete Verbraucherrechte-Richtlinie war bis zum 13.6.2014 umzusetzen. Die Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht ist per Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung erfolgt. Das Gesetz hat zahlreiche Änderungen im Verbrauchervertragsrecht (insbesondere §§ 312 ff., 355 ff. BGB) mit sich gebracht. Eingehend kommentiert werden bereits die durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 22.7.2014 in § 308 BGB eingefügten neuen Klauselverbote Nr. 1a und 1b sowie der neue § 1a UKlaG. Bereits eingearbeitet wurde das Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts, das neben einer Änderung des § 309 Nr. 13 BGB verschiedene Änderungen des UKlaG und den neuen § 2b UKlaG enthält, der bereits kommentiert wird. Ebenfalls bereits kommentiert wird der neue § 309 Nr. 14 BGB, der durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten eingeführt worden ist. Der Autorenkreis ist in der 12. Auflage des Werkes abermals erweitert worden. Neu hinzugewonnen werden konnten Marcus Bieder, der den arbeitsrechtlichen Teil im Anhang zu § 310 BGB übernommen und wesentlich erweitert hat, und Stefan Ernst, der die Vertragstypen Softwareverträge und Urheberrechtsverträge komplett neu bearbeitet hat. Im Übrigen zeichnen Guido Christensen, Andreas Fuchs, Mathias Habersack, Carsten Schäfer, Harry Schmidt und Alexander Witt für die Kommentierungen verantwortlich. Da Mathias Habersack und Carsten Schäfer für die Neuauflage unverändert auf grundsätzliche Überlegungen Peter Ulmers zurückgreifen konnten, ist er insofern weiterhin als Mitautor genannt. Dank gebührt Johanna Mayer-Kandler, die auch in dieser Auflage das Sachregister erstellt hat. Der in der letzten Auflage neu konzipierte Katalog der Klausel- und Vertragstypen wurde abermals neu geordnet und weiterentwickelt. Zur Steigerung der Benutzerfreundlichkeit des Kommentars wurden die bisherigen Teile 2 bis 4 in einem einzigen, alphabetisch geordneten Teil zusammengeführt. Gestärkt wurden der immaterialgüterrechtliche und der IT-Bereich. Neu aufgenommen wurden die Typen Anstellungsvertrag für AG-Vorstandsmitglieder und GmbH-Geschäftsführer, V

Vorwort zur zwçlften Auflage

Bildnisverwertungsklauseln und Schweigepflichtentbindungsklauseln. In bewährter Weise wird Teil 2 mit den besonderen Klauseln, Vertragstypen und AGBWerken umrahmt von Teil 1, der die Kommentierung der §§ 305 bis 310 BGB enthält, und Teil 3, der die Kommentierung der AGB-rechtlichen Vorschriften des UKlaG umfasst. Im Übrigen hat die Neuauflage den Verfassern Gelegenheit gegeben, den Kommentar in allen Teilen zu überarbeiten und auf den Stand vom Sommer 2015 zu bringen. Dabei konnte auch in der 12. Auflage an den bewährten Grundpositionen seit Erscheinen des Werkes festgehalten werden, was der erwünschten Kontinuität der Rechtsentwicklung zugute kommt. Für Anregung und Kritik aus der Leserschaft sind wir dankbar. Diese können dem Verlag unter [email protected] mitgeteilt werden. Im Februar 2016

VI

Die Verfasser

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungs- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzes-/Richtlinientexte §§ 305–310 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) . . . . . . . . . . . . . . . . . Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

V XI

. . . .

XXVII XXXVI

. .

XLIII

Teil 1 Kommentierung der §§ 305–310 BGB Einleitung (Ulmer/Habersack) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse Abschnitt 2: Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen § 305

Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag (Ulmer/Habersack) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

Anhang zu § 305 (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

220

§ 305a Einbeziehung in besonderen Fällen (Ulmer/Schäfer) . . . . . . . .

254

§ 305b Vorrang der Individualabrede (Ulmer/Schäfer) . . . . . . . . . . .

265

§ 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln (Ulmer/Schäfer) . . .

297

§ 306

Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

396

§ 306a Umgehungsverbot (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

459

Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . .

468

§ 307

Inhaltskontrolle (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

537

§ 308

Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit (Schmidt) . . . . . . . .

811

§ 309

Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit (Fuchs, Schäfer, Christensen, Habersack, Schmidt) . . . . . . . .

933

Anwendungsbereich (Ulmer/Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . .

1205

Anhang zu § 310 (Fuchs/Bieder) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1282

§ 310

VII

Inhaltsverzeichnis

Teil 2 Besondere Klauseln, Vertragstypen und AGB-Werke Seite

(1) Abtretungsausschluss (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anstellungsverträge für AG-Vorstandsmitglieder und GmbH-Geschäftsführer (Habersack) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Arbeitskampfklauseln, Streikklauseln (Schmidt) . . . . . . . . . . . (4) Architekten- und Ingenieurverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . (5) Arztverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Automatenaufstellverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Autowaschanlagenverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Banken (Kreditinstitute) (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (9) Baubetreuungsverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . (10) Bausparbedingungen (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (11) Bauträgerverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (12) Bauverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (13) Bierlieferungsverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (14) Bildnisverwertungsklauseln (Ernst) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (15) Bürgschaftsverträge (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (16) Darlehensverträge (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (17) Einkaufsbedingungen (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (18) Factoringverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (19) Franchiseverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (20) Garantieklauseln, Garantieverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . (21) Gerichtsstandsklauseln (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (22) Girocard-Sonderbedingungen (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . (23) Gütertransportverträge (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (24) Handelsvertreterverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (25) Heimverträge/Wohn- und Betreuungsverträge (Schmidt) . . . . . . . (26) Kaufverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (27) Kostenvoranschläge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (28) Krankenhausverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (29) Kreditkarten-AGB (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (30) Leasingverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (31) Maklerverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (32) Mietverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (33) Partnerschaftsvermittlungsverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . (34) Personenbeförderungsverträge (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . (35) Qualitätssicherungsvereinbarungen (Christensen) . . . . . . . . . . . (36) Rechtswahlklauseln (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (37) Reiseverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (38) Reparaturverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (39) Scheckbedingungen (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (40) Schiedsgutachtenklauseln, Schieds-, Schlichtungs- und Mediationsklauseln (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (41) Schriftformklauseln (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (42) Schweigepflichtentbindungsklauseln im Gesundheitswesen (Ernst) (43) Sicherungsklauseln (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (44) Softwareverträge (Ernst) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (45) Sportstudioverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VIII

1363 1367 1371 1374 1381 1385 1388 1389 1440 1443 1448 1455 1477 1480 1495 1512 1539 1547 1549 1557 1564 1568 1575 1583 1596 1599 1622 1624 1631 1641 1661 1674 1726 1731 1736 1739 1747 1761 1765 1768 1774 1782 1785 1805 1831

Inhaltsverzeichnis Seite

(46) (47) (48) (49) (50) (51) (52) (53) (54) (55)

. . . . . . . . .

1837 1837 1839 1840 1845 1851 1864 1871 1876

. . . . . .

1896 1903 1907

. .

1938

. . . . . . .

. . . . . . .

1951 1952 1957 1961 1965 1971 1974

Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2003

(56) (57) (58) (59) (60) (61) (62) (63) (64) (65)

Telekommunikationsverträge (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . Textilreinigungsverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tilgungsbestimmungen (§§ 366, 367 BGB) (Schmidt) . . . . . . . Treuhandverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterrichtsverträge (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urheberrechtsverträge, Verlagsverträge (Ernst) . . . . . . . . . . . Verjährungsklauseln (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versandhandelsverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsbedingungen (AVB) (Schmidt) . . . . . . . . . . . . Versorgungsbedingungen in Verträgen mit Sonderabnehmern (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versteigerungsbedingungen (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragshändlerverträge (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . VOB/B – Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VOL – Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (ausgenommen Bauleistungen) (Christensen) . . . . . . . . . . . . Vollmachtsklauseln (Schmidt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wartungsverträge (Christensen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertpapierbedingungen (Habersack) . . . . . . . . . . . . . . . . Wohnungseigentum/Verwalterverträge (Christensen) . . . . . . . Zeitschriften- und Zeitungsabonnementsverträge (Christensen) . Zinsanpassungsklauseln (Fuchs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . .

Teil 3 Kommentierung der AGB-rechtlichen Vorschriften des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) (Witt)

Abschnitt 1: Ansprüche bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen § 1

Unterlassungs- und Widerrufsanspruch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2010

§ 1a Unterlassungsanspruch wegen der Beschränkung der Haftung bei Zahlungsverzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2044

§ 2

Ansprüche bei verbraucherschutzgesetzwidrigen Praktiken . . . .

2044

§ 2a Unterlassungsanspruch nach dem Urheberrechtsgesetz . . . . . . .

2044

§ 2b Missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen . . . . . . . . .

2044

§ 3

2048

Anspruchsberechtigte Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 3a Anspruchsberechtigte Verbände nach § 2a . . . . . . . . . . . . . .

2061

§ 4

Qualifizierte Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2062

§ 4a Unterlassungsanspruch bei innergemeinschaftlichen Verstößen . .

2070

IX

Inhaltsverzeichnis Seite

Abschnitt 2: Verfahrensvorschriften Unterabschnitt 1: Allgemeine Vorschriften § 5

Anwendung der Zivilprozessordnung und anderer Vorschriften . .

2081

§ 6

Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2102

§ 7

Veröffentlichungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2105

Unterabschnitt 2: Besondere Vorschriften für Klagen nach § 1 § 8

Klageantrag und Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2109

§ 9

Besonderheiten der Urteilsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2116

§ 10

Einwendung wegen abweichender Entscheidung . . . . . . . . . . .

2123

§ 11

Wirkungen des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2129

Unterabschnitt 3: Besondere Vorschriften für Klagen nach § 2 § 12

Einigungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2139

§ 12a Anhörung der Datenschutzbehörden in Verfahren über Ansprüche nach § 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2139

Abschnitt 3: Auskunft zur Durchsetzung von Ansprüchen § 13

Auskunftsanspruch der anspruchsberechtigten Stellen . . . . . . .

2139

§ 13a Auskunftsanspruch sonstiger Betroffener . . . . . . . . . . . . . . .

2143

Abschnitt 4: Außergerichtliche Schlichtung § 14

Schlichtungsverfahren und Verordnungsermächtigung . . . . . . .

2144

Abschnitt 5: Anwendungsbereich § 15

Ausnahme für das Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2144

Abschnitt 6: Überleitungsvorschriften § 16

Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . .

2145

Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2145

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2147

§ 17

X

Abkürzungs- und Literaturverzeichnis a.A. AAB a.a.O. ABB ABGB abl. ABl. EU Abs. Abschn. AbzG AcP ADB 1963 ADS ADSp a.E. AEG AEUV a.F. AFB AfP AG AGB AGBE AGBG AGNB AgrarR AHB Ahrens AIZ AKB AK-BGB

AktG ALB

allg. M.

anderer Ansicht Allgemeine Arbeitsbedingungen am angegebenen Ort Allgemeine Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) ablehnend Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Abschnitt Abzahlungsgesetz Archiv für die civilistische Praxis Allgemeine Deutsche Binnen- und Transportversicherungsbedingungen Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen am Ende Allgemeines Eisenbahngesetz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Allgemeine Feuerversicherungsbedingungen Archiv für Presserecht Aktiengesellschaft; Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Bunte, Entscheidungssammlung zum AGB-Gesetz, 1982 ff. Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Allgemeine Beförderungsbedingungen für den gewerblichen Güternahverkehr mit Kraftfahrzeugen Zeitschrift für das Recht der Landwirtschaft, der Agrarmärkte und des ländlichen Raumes Allgemeine Haftpflichtversicherungsbedingungen Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl. 2014 Allgemeine Immobilien-Zeitung Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Reihe Alternativ-Kommentare, 1979 ff. (und jeweiliger Bearbeiter) Aktiengesetz Allgemeine Lebensversicherungsbedingungen; Allgemeine Lieferungsbedingungen; Allgemeine Lagerbedingungen des Deutschen Möbeltransports allgemeine Meinung

XI

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

AllGO

Alt. Amtl. Anh. Anm. AnwBl. AnwKomm/ (Bearbeiter) AnwKommArbR/ (Bearbeiter) AO AP ARB ArbG ArbGG ArchLG Art. ArztR ASJ Aufl. AuR AuslInvestmG

AVA AVB

AVBEltV AVBGasV AVersorgB AVI AWD AZO BACDJ BAFin BAG BAGE BAKred Bamberger/Roth/ (Bearbeiter) XII

Allgemeine Gebührenordnung für die wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe Alternative Amtliche Anhang Anmerkung Anwaltsblatt Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Anwaltkommentar Schuldrecht 2002 (und jeweiliger Bearbeiter) Hümmerich/Boecken/Düwell, Anwaltkommentar Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2010 Anordnung Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Allgemeine Reisebedingungen Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Gesetz zur Regelung der Ingenieur- und Architektenleistungen Artikel Arztrecht Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen Auflage Arbeit und Recht, Zeitschrift für Arbeitsrechtspraxis Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen Allgemeine Vertragsbedingungen zum Architektenvertrag Allgemeine Versicherungsbedingungen; Allgemeine Versorgungsbedingungen; Allgemeine Vertragsbedingungen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung Allgemeine Versorgungsbedingungen Allgemeine Vertragsbedingungen zum Ingenieurvertrag Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Arbeitszeitordnung Bundesarbeitskreis Christlich-Demokratischer Juristen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bamberger/Roth (und jeweiliger Bearbeiter), BGB, Kommentar, 3. Aufl. 2012

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

BAnz. BauGB Baumbach/Hopt Baumbach/ Lauterbach Baumgärtel/ (Bearbeiter) BauR BauspkG BAV BayObLG BayObLGZ BB BBG Bd. BDSG BeckOGK BeckOK BeckRS BegleitG Begr. Beil. Beisp. BerlVerfGH betr. BetrVG BeurkG BezG BGB BGB-InfoV BGBl. I BGBl. II BGH BGHR BGHZ BKartA BKR BlGBW BMJV BNotO BOStB BPflVO BR BRAGO

Bundesanzeiger Baugesetzbuch Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 36. Aufl. 2014 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 74. Aufl. 2015 Baumgärtel/Laumen/Prütting (und jeweiliger Bearbeiter), Handbuch der Beweislast, 3. Aufl. 2007 ff. Baurecht, Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Gesetz über Bausparkassen Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Der Betriebs-Berater Bundesbeamtengesetz Band Bundesdatenschutzgesetz Beck online. Großkommentar zum Zivilrecht Beck’scher Online-Kommentar Beck-Rechtsprechung Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz Begründung Beilage Beispiel Berliner Verfassungsgerichtshof betreffend Betriebsverfassungsgesetz Beurkundungsgesetz Bezirksgericht Bürgerliches Gesetzbuch Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht Bundesgesetzblatt Teil I Bundesgesetzblatt Teil II Bundesgerichtshof BGH-Rechtsprechung, hrsg. von den Richtern des Bundesgerichtshofes, 1987 ff. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundeskartellamt Bank- und Kapitalmarktrecht Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Bundesnotarordnung Berufsordnung der Steuerberater Bundespflegesatzverordnung Bundesrat Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte XIII

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

BRAO BReg. Brüssel Ia-Verordnung

BSchG BT BT-Drucks. BT-Rechtsausschuss Bunte AGBE Bunte Handbuch BUrlG BV BVB BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BWNotZ

Canaris Bankvertragsrecht CCV CDU/CSU-E c.i.c. CIM CISG CIV CLAB CMR CR DAR DB DCFR DepotG DGWR d.h. DIE XIV

Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesregierung Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EU Nr. L 153 v. 20.12.2012, S. 1 Binnenschifffahrtsgesetz Bundestag Drucksachen des Deutschen Bundestages Deutscher Bundestag, 7. Wahlperiode, Bericht des Rechtsausschusses, Drucksache 7/5422 Bunte, Entscheidungssammlung zum AGB-Gesetz, 1982 ff. Bunte, Handbuch der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1982 Bundesurlaubsgesetz Berechnungsverordnung über wohnwirtschaftliche Berechnungen Besondere Vertragsbedingungen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Mitteilungen aus der Praxis. Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl. 1988 Brüsseler Übereinkommen über den Reisevertrag Entwurf eines Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen (GAGB), BB 1974, Beilage 9 culpa in contrahendo Internationales Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr Übereinkommen der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf Internationales Übereinkommen über den Eisenbahn-, Personen- und Gepäckverkehr Case Law about Unfair Contractual Terms Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr Computer und Recht Deutsches Autorecht Der Betrieb Draft Common Frame of Reference Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht das heißt Beschaffung aktuell; vormals Der Industrielle Einkauf

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

Dietlein/Rebmann

diff. DIHT Diss. Dittmann/Stahl DJT DNotZ DÖV Dok. DR DRAnz DRiZ DRW DStR DtZ Duden u.a. DV DVBl. DVO DWE DWW DZWiR E EAG EG EGBGB EGen EGGVG Einf. einh. M. Einl. einschränk. EKG entspr. EnWG ErbbauVO ErfK Erg.-Bd. Erläut. Erman/(Bearbeiter) ERPL EU

Dietlein/Rebmann, AGB aktuell, Erläuterungen zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1976 differenzierend Deutscher Industrie- und Handelstag Dissertation Dittmann/Stahl, AGB, Kommentar 1977 Deutscher Juristentag Deutsche Notar-Zeitschrift Die Öffentliche Verwaltung Dokument Deutsches Recht Deutscher Reichs-Anzeiger und Preußischer Staatsanzeiger Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtswissenschaft Deutsche Steuerrecht Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift Gerechtigkeit in der Industriegesellschaft, hrsg. von Duden/Külz/Ramm/Scharnberg/Zeidler, 1972 Datenverarbeitung Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung Der Wohnungseigentümer Deutsche Wohnungswirtschaft Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entwurf Einheitliches Gesetz über den Abschluss von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen Europäische Gemeinschaften; Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Europäische Genossenschaft Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Einführung einhellige Meinung Einleitung einschränkend Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen entsprechend Energiewirtschaftsgesetz Verordnung über das Erbbaurecht Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2015 Ergänzungsband Erläuterung(en) Erman (und jeweiliger Bearbeiter), BGB, Handkommentar, 14. Aufl. 2014 European Review of Private Law Europäische Union XV

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

EuGH EuGVÜ

EuGVVO

EuR europ. EuZP EuZW EV EVO EVU EWG EWGV EWiR EWIV EWS f., ff. FARL

Fehl Systematik FernAbsG FernUSG FGPrax FinMin. Flume Rechtsgeschäft Fn. FoSiG FS FVE GasGVV

GBl.-DDR GBO GE GebrMG GenG GesR GewO GG XVI

Europäischer Gerichtshof Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Verordnung (EG) 44/2001 des Rates vom 22.10.2000 über die gerichtliche Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen Europarecht europäisch(e/r) Europäische Zeitschrift für Privatrecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Eigentumsvorbehalt Eisenbahn-Verkehrsordnung Energieversorgungsunternehmen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgend(e) Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.5.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG Nr. L 144, S. 19 Fehl, Systematik des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1979 Fernabsatzgesetz Fernunterrichtsschutzgesetz Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzministerium Flume, Das Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979 Fußnote Forderungssicherungsgesetz Festschrift Fremdenverkehrsrechtliche Entscheidungen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik Grundbuchordnung Grundeigentum Gebrauchsmustergesetz Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Gesundheitsrecht Gewerbeordnung Grundgesetz

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

ggf. GKG GmbH GmbHG GMBl. GOÄ GOI GOZ GPR GRUR GS GüKG GüKUMB Gutachten

GVBl. GVG GVO GW GWB GZS

Haas/(Bearbeiter) Hachenburg GmbHG Halbs. HansGZ Harte/Henning/ (Bearbeiter) HBG HGB HK HKK/(Bearbeiter)

h.M. HOAI von Hoyningen-Huene HRefG

HV

gegebenenfalls Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gemeinsames Ministerialblatt der Bundesministerien, hrsg. vom Bundesminister des Inneren Gebührenordnung für Ärzte Gebührenordnung der Ingenieure Gebührenordnung für Zahnärzte Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gedächtnisschrift Güterkraftverkehrsgesetz Beförderungsbedingungen für den Umzugsverkehr und für die Beförderung von Handelsmöbeln Gutachterausschuss für Allgemeine Geschäftsbedingungen, Gutachten zu Klauseln in AGB im kaufmännischen Geschäftsverkehr, 1984 (zitiert „Gutachten I“) und 1992 (zitiert „Gutachten II“) Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Gruppenfreistellungsverordnung Gesetz über Wirtschaftsverträge Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Großer Zivilsenat der obersten Gerichtshöfe des Bundes Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002 Hachenburg (und jeweiliger Bearbeiter), Großkommentar zum GmbHG, 8. Aufl. 1992 ff. Halbsatz Hanseatische Gerichtszeitung Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig (und jeweiliger Bearbeiter), UWG, Kommentar, 2004 Hypothekenbankgesetz Handelsgesetzbuch Handelskammer Schmoeckel/Rückert/Zimmermann, Historischkritischer Kommentar zum BGB, Bd. 2: Schuldrecht Allgemeiner Teil, §§ 241–432, 2007 herrschende Meinung Honorarordnung für Architekten und Ingenieure von Hoyningen-Huene, Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz, 1992 Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz), BGBl. I 1998, 1474 Handelsvertreter XVII

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

HVR HWiG

Der Handelsvertreter Haustürwiderrufgesetz

IATA IBR i.d.F. i.d.R. i.e.S. IherJb

i.S.d. i.S.v. i.V.m.

International Air Transport Association Immobilien- & Baurecht in der Fassung in der Regel im engeren Sinne Iherings Jahrbücher der Dogmatik des bürgerlichen Rechts Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Kommentar, 5. Aufl. 2014 Verordnung über die Informationspflichten von Reiseveranstaltern Ingenstau/Korbion/Vygen/Kratzenberg, VOB Teile A und B, Kommentar, 19. Aufl. 2015 insbesondere Insolvenzordnung Investmentgesetz Internationales Privatrecht Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts v. 25.7.1986, BGBl. I 1142 EG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht v. 11.6.1980, ABl. EG 1980 Nr. L 266/1 v. 9.10.1980 im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit

JA JBl JCP JMBlNRW JR JurA JurBüro JuS JW JZ

Juristische Arbeitsblätter Juristische Blätter Journal of Consumer Policy Justizministerialblatt Nordrhein-Westfalen Juristische Rundschau Juristische Analysen Das Juristische Büro Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

K&R KAGB Kap. KG KGaA KGR KHEntgG KHG

Zeitschrift Kommunikation und Recht Kapitalanlagegesetzbuch Kapitel Kammergericht; Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kammergericht-Report Berlin Krankenhausentgeltgesetz Krankenhausfinanzierungsgesetz

Immenga/ Mestmäcker InfVORV Ingenstau/Korbion insb. InsO InvG IPR IPRax IPR-Gesetz IPR-VertragsÜ

XVIII

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

Klauselrichtlinie

KO Koch/Stübing Kötz Gutachten

KommJur Korbion/Locher/ Sienz krit. KritV KSchG KTS KVO LAG Larenz Schuldrecht I

Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff. Konkursordnung Koch/Stübing, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Kommentar, 1977 Kötz, Welche gesetzgeberischen Maßnahmen empfehlen sich zum Schutze des Endverbrauchers gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen? in: Verhandlungen des 50. Deutschen Juristentages, 1974, Bd. I, Gutachten, T.A., S.A. 1-A 100 Kommunaljurist (Zeitschrift) Korbion/Locher/Sienz, AGB und Bauerrichtungsverträge, 4. Aufl. 2006 kritisch Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Konsumentenschutzgesetz (Österreich) Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kraftverkehrsordnung

LPartG LS LuftVG LuftVZO LugÜ

Landesarbeitsgericht Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Allgemeiner Teil, 14. Aufl. 1987 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, 13. Aufl. 1986 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl. 2004 Lieferung Landgericht litera Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Lindenmaier-Möhring, Kommentierte BGH-Rechtsprechung Locher, Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 3. Aufl. 1997 Löwe/von Westphalen/Trinkner (und jeweiliger Bearbeiter), Kommentar zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1. Aufl. 1977, 2. Aufl. 1983 f. Lebenspartnerschaftsgesetz Leitsatz Luftverkehrsgesetz Luftverkehrs-Zulassungsordnung Lugano-Übereinkommen v. 30.10.2007

MA MaBV

Der Markenartikel Makler- und Bauträgerverordnung

Larenz Schuldrecht II Larenz/Canaris Larenz/Wolf AT Lfg. LG lit. LM LMK Locher AGB Löwe/(Bearbeiter)

XIX

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

m. Anm. MAR m.a.W. MBKK MBKT MDR MedR MHG MietRB MiLoG MittBayNot. MMR MünchKomm/ (Bearbeiter) MünchKommAktG/ (Bearbeiter) MünchKommHGB/ (Bearbeiter) MünchKommZPO/ (Bearbeiter) m. umf. Nachw. MuMV m.w.N. NachwG NAV NDAV

NdsRpfl. n.F. Nicklisch/Weick VOB NJ NJOZ NJW NJW-RR NotBZ Nr. NVersZ NVZ n.Z. NZA NZBau XX

mit Anmerkung Münzautomaten-Recht mit anderen Worten Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung Monatsschrift für Deutsches Recht Medizinrecht Gesetz zur Regelung der Miethöhe Der Miet-Rechtsberater Mindestlohngesetz Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern MultiMedia und Recht Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (und jeweiliger Bearbeiter), herausgegeben von Säcker/Rixecker, 6. Aufl. 2006 ff. Münchener Kommentar zum Aktiengesetz (und jeweiliger Bearbeiter), herausgegeben von Goette/Habersack, 3. Aufl. 2008 ff., 4. Aufl. 2014 ff. Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch (und jeweiliger Bearbeiter), herausgegeben von Karsten Schmidt, 3. Aufl. 2010 ff. Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung (und jeweiliger Bearbeiter), herausgegeben von Rauscher/ Wax/Wenzel, 4. Aufl. 2012 ff. mit umfassenden Nachweisen Mustermietvertrag ’76 mit weiteren Nachweisen Nachweisgesetz Niederspannungsanschlussverordnung Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Gasversorgung in Niederdruck Niedersächsische Rechtspflege neue Fassung Nicklisch/Weick, VOB, 3. Aufl. 2001 Neue Justiz Neue juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungsreport Zivilrecht Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Nummer Neue Zeitschrift für Versicherungsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht neue Zählung Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

NZM NZS NZV

Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht

o.Ä. ÖBA ÖJZ ÖZW o.g. OHG OLG OLG-NL OLGR OLGZ OR OVG

oder Ähnliche(s) Österreichisches Bank-Archiv Österreichische Juristen-Zeitung Österreichische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht oben genannt Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht OLG-Rechtsprechung Neue Länder OLG-Report Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Obligationenrecht Oberverwaltungsgericht

Palandt/(Bearbeiter)

Palandt (und jeweiliger Bearbeiter), Kurzkommentar zum BGB, 74. Aufl. 2015 Preisangabenverordnung Preisangaben- und Preisklauselgesetz Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) Patentgesetz Personenbeförderungsgesetz Postdienstleistungsverordnung Pflichtversicherungsgesetz Postgesetz Beck’scher PostG Kommentar, 2. Aufl. 2004 Poststrukturgesetz Point of sale ohne Zahlungsgarantie (girocard) Preisklauselgesetz Allgemeine Deutsche Gebührenordnung, herausgegeben vom Verband der Ärzte Deutschlands Preisklauselverordnung Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, Kommentar, 29. Aufl. 2015 Prütting/Gehrlein, ZPO, Kommentar, 7. Aufl. 2015 Postuniversaldienstleistungsverordnung Prütting/Wegen/Weinreich, BGB Kommentar, 10. Aufl. 2015

PAngV PaPKG PartGG PatG PBefG PDLV PflVG PostG PostG-Komm PostStruktG POZ PreisKlG Privat-ADGO PrKV Prölss/Martin Prütting/Gehrlein PUDLV PWW

r+s RabattG RabelsZ Raiser AGB RdA RdK

Zeitschrift Recht und Schaden Rabattgesetz Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Raiser, L., Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1935 Recht der Arbeit Das Recht des Kraftfahrers

XXI

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

Rechtsprechung AGB

RefE RefE I RefE II RegBegr RegE Reg.Nr. Reinel Verbandsklage RG RGRK/(Bearbeiter)

RGSt RGW RGZ RIW RL

Rom I

Rpfleger RRa Rspr.-Nachw. RVG RVInKrsG

RWS-Forum 2 Rz. S. SAG SchB ScheckG SchkB Schlechtriem/ Schwenzer Schlegelberger/ (Bearbeiter) Schlosser/(Bearbeiter)

XXII

Rechtsprechung der Instanzgerichte zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Bundesministerium der Justiz, 1974/1975 Referentenentwurf Referentenentwurf eines Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen 1974, DB 1974, Beilage 18 Referentenentwurf eines Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen 1975 (unveröffentlicht) Regierungsbegründung Regierungsentwurf Registernummer der Eintragungen des Bundeskartellamts gemäß § 20 AGBG Reinel, Die Verbandsklage nach dem AGBG, 1979 Reichsgericht Großkommentar zum BGB (und jeweiliger Bearbeiter), herausgegeben von Mitgliedern des Bundesgerichtshofs, 12. Aufl. 1974 ff. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Richtlinie; EG-Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Der Deutsche Rechtspfleger Reiserecht aktuell Rechtsprechungsnachweise Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Gesetz über die Inkraftsetzung von Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland in der Deutschen Demokratischen Republik vom 21.6.1990 Heinrichs/Löwe/Ulmer (Herausgeber), Zehn Jahre AGB-Gesetz, RWS-Forum 2, 1987 Randzahl Seite Schweizerische Aktiengesellschaft Bedingungen für den Scheckverkehr Scheckgesetz Scheckkartenbedingungen 65. Aufl. 2013 Schlegelberger (und jeweiliger Bearbeiter), Kommentar zum HGB, 5. Aufl. 1973 ff. Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, Kommentar zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1977

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

Schmidt-Salzer AGB 1971 Schmidt-Salzer AGB 1973 Schmidt-Salzer AGB 1977 Schmidt-Salzer Produkthaftung SchVG Serick SGB SMG SMG-BRat-St. SMG-Gegenäußerung SMG-RegE Soergel/(Bearbeiter) sog. StAnpG Staub/(Bearbeiter) Staudinger/(Bearbeiter)

Stb. StBerG Stbg StBGebV Stein StGB Stoffels str. StromGVV

st. Rspr. StVZO SVR SZR Tät.-Bericht Teilbericht I

Schmidt-Salzer, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Schriftenreihe der NJW Nr. 11, 1971 Schmidt-Salzer, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Bilanz und rechtspolitische Folgerungen, 1973 Schmidt-Salzer, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Schriftenreihe der NJW Nr. 11, 2. Aufl. 1977 Schmidt-Salzer, Produkthaftung, Bd. II, Freizeichnungsklauseln, 2. Aufl. 1985 Schuldverschreibungsgesetz Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. I–V, 1963 ff. Sozialgesetzbuch Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts Stellungnahme des Bundesrates zum SMG-RegE Gegenäußerung der Bundesregierung zur SMG-BRat-St. Regierungsentwurf zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz Soergel/Siebert (und jeweiliger Bearbeiter), Kommentar zum BGB, 13. Aufl. 1999 ff. so genannte(r) Steueranpassungsgesetz Staub, Großkommentar zum Handelsgesetzbuch (und jeweiliger Bearbeiter), 4. Aufl. 1995 ff. Staudinger (und jeweiliger Bearbeiter), Kommentar zum BGB, 12. Aufl. 1978 ff., 13. Aufl. 1993 ff., danach in bandweiser Neubearbeitung Staatsblad van het Koninkrijk der Nederlanden Steuerberatungsgesetz Die Steuerberatung Steuerberatergebührenverordnung Stein, Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Kommentar, 1977 Strafgesetzbuch Stoffels, AGB-Recht, 3. Aufl. 2015 streitig Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz ständige Rechtsprechung Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung Straßenverkehrsrecht Sonderziehungsrechte Tätigkeitsbericht Vorschläge zur Verbesserung des Schutzes der Verbraucher gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Erster Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, März 1974

XXIII

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

Teilbericht II

TK TKG TKG-Komm/ (Bearbeiter) TKV TranspR TRG TUDLV TVG Tz. TzWrG u.a. ÜG UFITA UKlaG Ulmer GmbHG Ulmer Referat

Unterabs. unzutr. UrhG UStDV usw. UWG v. VAG VDMA

VerBAV VerbrKrG VermBG VersPrax VersR VersRdsch

XXIV

Vorschläge zur Verbesserung des Schutzes der Verbraucher gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Zweiter Teilbericht der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz, März 1975 Telekommunikation(s) Telekommunikationsgesetz Beck’scher TKG-Kommentar (und jeweiliger Bearbeiter), 4. Aufl. 2013 Telekommunikations-Kundenschutzverordnung Transport- und Speditionsrecht Gesetz zur Neuregelung des Fracht-, Speditionsund Lagerrechts (Transportrechtsreformgesetz) Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung Tarifvertragsgesetz Textziffer Teilzeit-Wohnrechtegesetz unter anderem Überweisungsgesetz Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Unterlassungsklagengesetz Ulmer, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Großkommentar, 2005 ff. Peter Ulmer, Welche gesetzgeberische Maßnahmen empfehlen sich zum Schutze des Endverbrauchers gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen? in: Verhandlungen des 50. Deutschen Juristentages, 1974, Bd. 2, Sitzungsberichte, T. H., S H 8–H 37 Unterabsatz unzutreffend Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung und so weiter Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom Versicherungsaufsichtsgesetz Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V., früher: Verein Deutscher Maschinenbau-Anstalten e.V. Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamts für Privatversicherung Verbraucherkreditgesetz Vermögensbildungsgesetz Die Versicherungs-Praxis Versicherungsrecht Versicherungsrundschau (Österreich)

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

VGBL vgl. VIZ VN VO VOB VOL Voraufl. Vorbem. VRS VSBG VSchDG VuR VVaG VVG VwGO VwVfG WahrnG Warn. WBVG WE WEG von Westphalen/ Thüsing/(Bearbeiter) Vertragsrecht WiB WM Wolf/(Bearbeiter) WPK-Mitt. WPO WRP WuB WuM WuW WZG ZAkDR z.B. ZBB ZBernJurV ZEuP ZfA ZfBR ZfEnw ZfIR ZGB

Vertragsbedingungen für den Güterkraftverkehrs-, Speditions- und Logistikunternehmer vergleiche Zeitschrift für Vermögens- und Investitionsrecht Versicherungsnehmer Verordnung Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Verdingungsordnung für Leistungen – ausgenommen Bauleistungen – Vorauflage Vorbemerkung Verkehrsrechts-Sammlung Verbraucherstreitbeilegungsgesetz Verbraucherschutzdurchsetzungsgesetz Verbraucher und Recht Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Versicherungsvertragsgesetz Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten Warneyer, Rechtsprechung des Reichsgerichts Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Wohneigentum Wohnungseigentumsgesetz Graf von Westphalen/Thüsing (und jeweiliger Bearbeiter), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 1996 ff. Wirtschaftsrechtliche Beratung Wertpapier-Mitteilungen Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl. 2013 Wirtschaftsprüfer-Mitteilungen Wirtschaftsprüferordnung Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschafts- und Bankrecht Wohnungswirtschaft und Mietrecht Wirtschaft und Wettbewerb Warenzeichengesetz Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für Energiewirtschaft Zeitschrift für Immobilienrecht Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik XXV

Abkrzungs- und Literaturverzeichnis

ZGR ZGS ZHR Ziff. ZIP ZIR ZJS ZMR ZNotP Zöller/(Bearbeiter) ZPO ZRP ZS z.T. ZTR ZTVStra ZugabeVO ZUM zust. zutr. ZVEI ZVersWiss ZVglRWiss ZVP ZWE ZWeR ZZP

XXVI

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für das juristische Studium Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für die Notarpraxis Zöller (und jeweiliger Bearbeiter), Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016 Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zivilsenat zum Teil Zeitschrift für Tarifrecht Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen für Straßenbauarbeiten Zugabeverordnung Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht/Film und Recht zustimmend zutreffend Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Verbraucherpolitik Zeitschrift für Wohnungseigentum Zeitschrift für Wettbewerbsrecht Zeitschrift für Zivilprozess

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung v. 2.1.2002 (BGBl. 2002 I 42, ber. BGBl. 2002 I 2909, ber. BGBl. 2003 I 738), zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.2.2016 (BGBl. 2016 I 254)

Buch 2 Recht der Schuldverhältnisse Abschnitt 2 Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen* § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag (1) 1Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. 2Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. 3Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. (2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss 1. die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses auf sie hinweist und 2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist. (3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

* Amtliche Fußnote: Dieser Abschnitt dient auch der Umsetzung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG Nr. L 95 S. 29).

XXVII

§§ 305a–306 BGB

Gesetzestext

§ 305a Einbeziehung in besonderen Fällen Auch ohne Einhaltung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Erfordernisse werden einbezogen, wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist, 1. die mit Genehmigung der zuständigen Verkehrsbehörde oder auf Grund von internationalen Übereinkommen erlassenen Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen und die nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr in den Beförderungsvertrag, 2. die im Amtsblatt der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen veröffentlichten und in den Geschäftsstellen des Verwenders bereitgehaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen a) in Beförderungsverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen durch den Einwurf von Postsendungen in Briefkästen abgeschlossen werden, b) in Verträge über Telekommunikations-, Informations- und andere Dienstleistungen, die unmittelbar durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln und während der Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung in einem Mal erbracht werden, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Vertragspartei nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten vor dem Vertragsschluss zugänglich gemacht werden können. § 305b Vorrang der Individualabrede Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil. (2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders. § 306 Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

XXVIII

§§ 306a–308 BGB

Gesetzestext

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. § 306a Umgehungsverbot Die Vorschriften dieses Abschnitts finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. § 307 Inhaltskontrolle (1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. 2Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. (3) 1Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. 2Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein. § 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1. (Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 1 und 2 und § 356 zu leisten; 1a. (Zahlungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;

XXIX

§ 308 BGB

Gesetzestext

1b. (Überprüfungs- und Abnahmefrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist; 2. (Nachfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält; 3. (Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse; 4. (Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist; 5. (Fingierte Erklärungen) eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass a) dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und b) der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen; 6. (Fiktion des Zugangs) eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt; 7. (Abwicklung von Verträgen) eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, a) eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder b) einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann; 8. (Nichtverfügbarkeit der Leistung) die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet, a) den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und b) Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten.

XXX

§ 309 BGB

Gesetzestext

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 1. (Kurzfristige Preiserhöhungen) eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden; 2. (Leistungsverweigerungsrechte) eine Bestimmung, durch die a) das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird oder b) ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird; 3. (Aufrechnungsverbot) eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen; 4. (Mahnung, Fristsetzung) eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen; 5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen) die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale; 6. (Vertragsstrafe) eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; 7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) a) (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrläs-

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§ 309 BGB

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sigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; b) (Grobes Verschulden) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgastes von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. Februar 1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge; 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) a) (Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen) eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werkes bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen; b) (Mängel) eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen aa) (Ausschluss und Verweisung auf Dritte) die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden; bb) (Beschränkung auf Nacherfüllung) die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten; cc) (Aufwendungen bei Nacherfüllung) die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen;

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Gesetzestext

§ 309 BGB

dd) (Vorenthalten der Nacherfüllung) der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht; ee) (Ausschlussfrist für Mängelanzeige) der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist; ff) (Erleichterung der Verjährung) die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird; 9. (Laufzeit bei Dauerschuldverhältnissen) bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags, b) eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um jeweils mehr als ein Jahr oder c) zu Lasten des anderen Vertragsteils eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer; dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung als zusammengehörig verkaufter Sachen, für Versicherungsverträge sowie für Verträge zwischen den Inhabern urheberrechtlicher Rechte und Ansprüche und Verwertungsgesellschaften im Sinne des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten; 10. (Wechsel des Vertragspartners) eine Bestimmung, wonach bei Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkverträgen ein Dritter anstelle des Verwenders in die sich aus dem Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten eintritt oder eintreten kann, es sei denn, in der Bestimmung wird a) der Dritte namentlich bezeichnet oder b) dem anderen Vertragsteil das Recht eingeräumt, sich vom Vertrag zu lösen; 11. (Haftung des Abschlussvertreters) eine Bestimmung, durch die der Verwender einem Vertreter, der den Vertrag für den anderen Vertragsteil abschließt, a) ohne hierauf gerichtete ausdrückliche und gesonderte Erklärung eine eigene Haftung oder Einstandspflicht oder b) im Falle vollmachtsloser Vertretung eine über § 179 hinausgehende Haftung auferlegt;

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§ 310 BGB

Gesetzestext

12. (Beweislast) eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er a) diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen, oder b) den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt; Buchstabe b gilt nicht für Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind; 13. (Form von Anzeigen und Erklärungen) [bis 30.9.2016] eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden; [ab 1.10.2016:] eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden a) an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist, oder b) an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder c) an besondere Zugangserfordernisse; 14. (Klageverzicht) eine Bestimmung, wonach der andere Vertragsteil seine Ansprüche gegen den Verwender gerichtlich nur geltend machen darf, nachdem er eine gütliche Einigung in einem Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung versucht hat. § 310 Anwendungsbereich (1) 1§ 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 8 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlichrechtlichen Sondervermögen verwendet werden. 2§ 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 8 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. 3In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabeund Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung. (2) 1Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus

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Gesetzestext

§ 310 BGB

dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. 2Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser. (3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung: 1. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden; 2. § 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte; 3. bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. (4) 1Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebsund Dienstvereinbarungen. 2Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. 3Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

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Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechtsund anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz – UKlaG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 27.8.2002 (BGBl. 2002 I 3422, ber. BGBl. 2002 I 4346), zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.2.2016 (BGBl. 2016 I 254)

Abschnitt 1 Ansprüche bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen §1 Unterlassungs- und Widerrufsanspruch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden. § 1a Unterlassungsanspruch wegen der Beschränkung der Haftung bei Zahlungsverzug Wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Vorschriften des § 271a Absatz 1 bis 3, des § 286 Absatz 5 oder des § 288 Absatz 6 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zuwiderhandelt, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. §§ 2, 2a* § 2b Missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen 1Die Geltendmachung eines Anspruchs nach den §§ 1 bis 2a ist unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Anspruchsgegner einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. 2In diesen Fällen kann der Anspruchsgegner Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

§3 Anspruchsberechtigte Stellen (1) 1Die in den §§ 1 bis 2 bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung, auf Widerruf und auf Beseitigung stehen zu: * Die Vorschriften betreffen nicht das AGB-Recht und wurden nicht abgedruckt.

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§§ 3a–4 UKlaG

Gesetzestext

1. qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in der Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 oder in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) eingetragen sind, 2. rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen, und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt, 3. den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern. 2Der Anspruch kann nur an Stellen im Sinne des Satzes 1 abgetreten werden. (2) Die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Stellen können die folgenden Ansprüche nicht geltend machen: 1. Ansprüche nach § 1, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer (§ 14 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) oder einem öffentlichen Auftraggeber (§ 99 Nummer 1 bis 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) verwendet oder wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen zur ausschließlichen Verwendung zwischen Unternehmern oder zwischen Unternehmern und öffentlichen Auftraggebern empfohlen werden, 2. Ansprüche nach § 1a, es sei denn, eine Zuwiderhandlung gegen § 288 Absatz 6 des Bürgerlichen Gesetzbuchs betrifft einen Anspruch eines Verbrauchers. § 3a* §4 Qualifizierte Einrichtungen (1) 1Das Bundesamt für Justiz führt die Liste der qualifizierten Einrichtungen, die es auf seiner Internetseite in der jeweils aktuellen Fassung veröffentlicht und mit Stand 1. Januar eines jeden Jahres im Bundesanzeiger bekannt macht. Es übermittelt die Liste mit Stand zum 1. Januar und zum 1. Juli eines jeden Jahres an die Europäische Kommission unter Hinweis auf Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2009/22/EG. (2) 1In die Liste werden auf Antrag rechtsfähige Vereine eingetragen, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, wenn 1. sie mindestens drei Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder haben, 2. sie mindestens ein Jahr bestanden haben und

* Die Vorschrift betrifft nicht das AGB-Recht und wurde nicht abgedruckt.

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§ 4a UKlaG

Gesetzestext

3. auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit gesichert erscheint, dass sie ihre satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen werden. 2Es wird unwiderleglich vermutet, dass Verbraucherzentralen und andere Verbraucherverbände, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, diese Voraussetzungen erfüllen. 3Die Eintragung in die Liste erfolgt unter Angabe von Namen, Anschrift, Registergericht, Registernummer und satzungsmäßigem Zweck. 4Sie ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn 1. der Verband dies beantragt oder 2. die Voraussetzungen für die Eintragung nicht vorlagen oder weggefallen sind. 5Ist auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte damit zu rechnen, dass die Eintragung nach Satz 4 zurückzunehmen oder zu widerrufen ist, so soll das Bundesamt für Justiz das Ruhen der Eintragung für einen bestimmten Zeitraum von längstens drei Monaten anordnen. 6Widerspruch und Anfechtungsklage haben im Fall des Satzes 5 keine aufschiebende Wirkung. (2a) 1Qualifizierte Einrichtungen, die Ansprüche nach § 2 Absatz 1 wegen Zuwiderhandlungen gegen Verbraucherschutzgesetze nach § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 11 durch Abmahnung oder Klage geltend gemacht haben, sind verpflichtet, dem Bundesamt für Justiz jährlich die Anzahl dieser Abmahnungen und erhobenen Klagen mitzuteilen und über die Ergebnisse der Abmahnungen und Klagen zu berichten. 2Das Bundesamt für Justiz berücksichtigt diese Berichte bei der Beurteilung, ob bei der qualifizierten Einrichtung die sachgerechte Aufgabenerfüllung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 3 gesichert erscheint. (3) 1Entscheidungen über Eintragungen erfolgen durch einen Bescheid, der dem Antragsteller zuzustellen ist. 2Das Bundesamt für Justiz erteilt den Verbänden auf Antrag eine Bescheinigung über ihre Eintragung in die Liste. 3Es bescheinigt auf Antrag Dritten, die daran ein rechtliches Interesse haben, dass die Eintragung eines Verbands in die Liste aufgehoben worden ist. (4) Ergeben sich in einem Rechtsstreit begründete Zweifel an dem Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 bei einer eingetragenen Einrichtung, so kann das Gericht das Bundesamt für Justiz zur Überprüfung der Eintragung auffordern und die Verhandlung bis zu dessen Entscheidung aussetzen. (5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf, die Einzelheiten des Eintragungsverfahrens, insbesondere die zur Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen erforderlichen Ermittlungen, sowie die Einzelheiten der Führung der Liste zu regeln. § 4a Unterlassungsanspruch bei innergemeinschaftlichen Verstößen (1) 1Wer innergemeinschaftlich gegen Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen im Sinne von Artikel 3 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (ABl. EU Nr. L 364 S. 1) verstößt, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. 2§ 2b ist entsprechend anzuwenden.

XXXVIII

§§ 5–7 UKlaG

Gesetzestext

(2) 1Die Ansprüche stehen den Stellen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 zu. 2Es wird unwiderleglich vermutet, dass ein nach § 7 Absatz 1 des EG-Verbraucherschutzdurchsetzungsgesetzes beauftragter Dritter eine Stelle nach Satz 1 ist. 3§ 3 Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Abschnitt 2 Verfahrensvorschriften Unterabschnitt 1 Allgemeine Vorschriften §5 Anwendung der Zivilprozessordnung und anderer Vorschriften Auf das Verfahren sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung und § 12 Absatz 1, 2, 4 und 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nicht etwas anderes ergibt. §6 Zuständigkeit (1) 1Für Klagen nach diesem Gesetz ist das Landgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat. 2Hat der Beklagte im Inland weder eine gewerbliche Niederlassung noch einen Wohnsitz, so ist das Gericht des inländischen Aufenthaltsorts zuständig, in Ermangelung eines solchen das Gericht, in dessen Bezirk 1. die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksamen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet wurden, 2. gegen Verbraucherschutzgesetze verstoßen wurde oder 3. gegen § 95b Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes verstoßen wurde. (2) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, zur sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren durch Rechtsverordnung einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz zuzuweisen. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (3) Die vorstehenden Absätze gelten nicht für Klagen, die einen Anspruch der in § 13 bezeichneten Art zum Gegenstand haben. §7 Veröffentlichungsbefugnis 1Wird

der Klage stattgegeben, so kann dem Kläger auf Antrag die Befugnis zugesprochen werden, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Beklagten auf dessen Kosten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen. 2Das Gericht kann die Befugnis zeitlich begrenzen.

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§§ 8–10 UKlaG

Gesetzestext

Unterabschnitt 2 Besondere Vorschriften für Klagen nach § 1 §8 Klageantrag und Anhörung (1) Der Klageantrag muss bei Klagen nach § 1 auch enthalten: 1. den Wortlaut der beanstandeten Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 2. die Bezeichnung der Art der Rechtsgeschäfte, für die die Bestimmungen beanstandet werden. (2) Das Gericht hat vor der Entscheidung über eine Klage nach § 1 die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu hören, wenn Gegenstand der Klage 1. Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind oder 2. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind, für die nach dem Bausparkassengesetz oder dem Kapitalanlagegesetzbuch eine Genehmigung vorgesehen ist. §9 Besonderheiten der Urteilsformel Erachtet das Gericht die Klage nach § 1 für begründet, so enthält die Urteilsformel auch: 1. die beanstandeten Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Wortlaut, 2. die Bezeichnung der Art der Rechtsgeschäfte, für welche die den Unterlassungsanspruch begründenden Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht verwendet oder empfohlen werden dürfen, 3. das Gebot, die Verwendung oder Empfehlung inhaltsgleicher Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu unterlassen, 4. für den Fall der Verurteilung zum Widerruf das Gebot, das Urteil in gleicher Weise bekannt zu geben, wie die Empfehlung verbreitet wurde. § 10 Einwendung wegen abweichender Entscheidung Der Verwender, dem die Verwendung einer Bestimmung untersagt worden ist, kann im Wege der Klage nach § 767 der Zivilprozessordnung einwenden, dass nachträglich eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes ergangen ist, welche die Verwendung dieser Bestimmung für dieselbe Art von Rechtsgeschäften nicht untersagt, und dass die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil gegen ihn in unzumutbarer Weise seinen Geschäftsbetrieb beeinträchtigen würde.

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§§ 11–13 UKlaG

Gesetzestext

§ 11 Wirkungen des Urteils 1Handelt

der verurteilte Verwender einem auf § 1 beruhenden Unterlassungsgebot zuwider, so ist die Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unwirksam anzusehen, soweit sich der betroffene Vertragsteil auf die Wirkung des Unterlassungsurteils beruft. 2Er kann sich jedoch auf die Wirkung des Unterlassungsurteils nicht berufen, wenn der verurteilte Verwender gegen das Urteil die Klage nach § 10 erheben könnte.

Unterabschnitt 3 Besondere Vorschriften für Klagen nach § 2 §§ 12, 12a*

Abschnitt 3 Auskunft zur Durchsetzung von Ansprüchen § 13 Auskunftsanspruch der anspruchsberechtigten Stellen (1) Wer geschäftsmäßig Post-, Telekommunikations- oder Telemediendienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat 1. qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in die Liste gemäß § 4 oder in das Verzeichnis der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG eingetragen sind, 2. rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen und 3. Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern auf deren Verlangen den Namen und die zustellungsfähige Anschrift eines Beteiligten an Post-, Telekommunikations- oder Telemediendiensten mitzuteilen, wenn diese Stellen schriftlich versichern, dass sie die Angaben zur Durchsetzung ihrer Ansprüche nach den §§ 1 bis 2a oder nach § 4a benötigen und nicht anderweitig beschaffen können. (2) 1Der Anspruch besteht nur, soweit die Auskunft ausschließlich anhand der bei dem Auskunftspflichtigen vorhandenen Bestandsdaten erteilt werden kann. 2Die Auskunft darf nicht deshalb verweigert werden, weil der Beteiligte, dessen Angaben mitgeteilt werden sollen, in die Übermittlung nicht einwilligt. (3) 1Der Auskunftspflichtige kann von dem Anspruchsberechtigten einen angemessenen Ausgleich für die Erteilung der Auskunft verlangen. 2Der Auskunftsberechtigte kann von dem Beteiligten, dessen Angaben mitgeteilt worden

* Die Vorschriften betreffen nicht das AGB-Recht und wurden nicht abgedruckt.

XLI

§§ 13a–17 UKlaG

Gesetzestext

sind, Erstattung des gezahlten Ausgleichs verlangen, wenn er gegen diesen Beteiligten einen Anspruch nach den §§ 1 bis 2a oder nach § 4a hat. § 13a*

Abschnitt 4 Außergerichtliche Schlichtung § 14*

Abschnitt 5 Anwendungsbereich § 15 Ausnahme für das Arbeitsrecht Dieses Gesetz findet auf das Arbeitsrecht keine Anwendung.

Abschnitt 6 Überleitungsvorschriften §§ 16, 17**

* Die Vorschrift betrifft nicht das AGB-Recht und wurde nicht abgedruckt. ** Die Vorschriften betreffen nicht das AGB-Recht und wurden nicht abgedruckt.

XLII

Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen1 Der Rat der Europäischen Gemeinschaften – gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a, auf Vorschlag der Kommission2, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament3, nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses4, in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Es müssen Maßnahmen zur schrittweisen Errichtung des Binnenmarktes bis zum 31. Dezember 1992 getroffen werden. Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. (2) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Vertragsklauseln zwischen dem Verkäufer von Waren oder dem Dienstleistungserbringer einerseits und dem Verbraucher andererseits weisen viele Unterschiede auf, wodurch die einzelnen Märkte für den Verkauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen an den Verbraucher uneinheitlich sind; dadurch wiederum können Wettbewerbsverzerrungen bei den Verkäufern und den Erbringern von Dienstleistungen, besonders bei der Vermarktung in anderen Mitgliedstaaten, eintreten. (3) Namentlich die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen mit Verbrauchern weisen beträchtliche Unterschiede auf. (4) Die Mitgliedstaaten müssen dafür Sorge tragen, daß die mit den Verbrauchern abgeschlossenen Verträge keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. (5) Die Verbraucher kennen im allgemeinen nicht die Rechtsvorschriften, die in anderen Mitgliedstaaten für Verträge über den Kauf von Waren oder das Angebot von Dienstleistungen gelten. Diese Unkenntnis kann sie davon abhalten, Waren und Dienstleistungen direkt in anderen Mitgliedstaaten zu ordern. (6) Um die Errichtung des Binnenmarktes zu erleichtern und den Bürger in seiner Rolle als Verbraucher beim Kauf von Waren und Dienstleistungen mittels Verträgen zu schützen, für die die Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten gelten, ist es von Bedeutung, missbräuchliche Klauseln aus diesen Verträgen zu entfernen. (7) Den Verkäufern von Waren und Dienstleistungserbringern wird dadurch ihre Verkaufstätigkeit sowohl im eigenen Land als auch im gesamten Binnenmarkt erleichtert. Damit wird der Wettbewerb gefördert und den Bürgern der Gemeinschaft in ihrer Eigenschaft als Verbraucher eine größere Auswahl zur Verfügung gestellt.

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ABl. Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff.; Nummerierung der Erwägungsgründe hinzugefügt. ABl. Nr. C 73 v. 24.3.1992, S. 7. ABl. Nr. C 326 v. 16.12.1991, S. 108, und ABl. Nr. C 21 v. 25.1.1993. ABl. Nr. C 159 v. 17.6.1991, S. 34.

XLIII

Erwgungsgrnde

Richtlinie 93/13/EWG

(8) In den beiden Programmen der Gemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher5 wird die Bedeutung des Verbraucherschutzes auf dem Gebiet missbräuchlicher Vertragsklauseln hervorgehoben. Dieser Schutz sollte durch Rechtsvorschriften gewährleistet werden, die gemeinschaftsweit harmonisiert sind oder unmittelbar auf dieser Ebene erlassen werden. (9) Gemäß dem unter dem Abschnitt „Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher“ festgelegten Prinzip sind entsprechend diesen Programmen Käufer von Waren oder Dienstleistungen vor Machtmissbrauch des Verkäufers oder des Dienstleistungserbringers, insbesondere vor vom Verkäufer einseitig festgelegten Standardverträgen und vor dem missbräuchlichen Ausschluss von Rechten in Verträgen zu schützen. (10) Durch die Aufstellung einheitlicher Rechtsvorschriften auf dem Gebiet missbräuchlicher Klauseln kann der Verbraucher besser geschützt werden. Diese Vorschriften sollten für alle Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern gelten. Von dieser Richtlinie ausgenommen sind daher insbesondere Arbeitsverträge sowie Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts. (11) Der Verbraucher muss bei mündlichen und bei schriftlichen Verträgen – bei letzteren unabhängig davon, ob die Klauseln in einem oder in mehreren Dokumenten enthalten sind – den gleichen Schutz genießen. (12) Beim derzeitigen Stand der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften kommt allerdings nur eine teilweise Harmonisierung in Betracht. So gilt diese Richtlinie insbesondere nur für Vertragsklauseln, die nicht einzeln ausgehandelt wurden. Den Mitgliedstaaten muss es freigestellt sein, dem Verbraucher unter Beachtung des Vertrags einen besseren Schutz durch strengere einzelstaatliche Vorschriften als den in dieser Richtlinie enthaltenen Vorschriften zu gewähren. (13) Bei Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt die Klauseln für Verbraucherverträge festgelegt werden, wird davon ausgegangen, daß sie keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Daher sind Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Grundsätzen oder Bestimmungen internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft Vertragsparteien sind, nicht dieser Richtlinie zu unterwerfen; der Begriff „bindende Rechtsvorschriften“ in Artikel 1 Absatz 2 umfasst auch Regeln, die nach dem Gesetz zwischen den Vertragsparteien gelten, wenn nichts anderes vereinbart wurde. (14) Die Mitgliedstaaten müssen jedoch dafür sorgen, dass darin keine missbräuchlichen Klauseln enthalten sind, zumal diese Richtlinie auch für die gewerbliche Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Rahmen gilt. (15) Die Kriterien für die Beurteilung der Missbäuchlichkeit von Vertragsklauseln müssen generell festgelegt werden. (16) Die nach den generell festgelegten Kriterien erfolgende Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Klauseln, insbesondere bei beruflichen Tätigkeiten des öffentlich-rechtlichen Bereichs, die ausgehend von einer Solidargemeinschaft der Dienstleistungsnehmer kollektive Dienste erbringen, muss durch die Möglichkeit einer globalen Bewertung der Interessenlagen der Parteien ergänzt werden. Diese stellt das Gebot von Treu und Glauben dar. Bei der Beurteilung von 5 ABl. Nr. C 92 v. 25.4.1975, S. 1, und ABl. Nr. C 133 v. 3.6.1981, S. 1.

XLIV

Richtlinie 93/13/EWG

Erwgungsgrnde

Treu und Glauben ist besonders zu berücksichtigen, welches Kräfteverhältnis zwischen den Verhandlungspositionen der Parteien bestand, ob auf den Verbraucher in irgendeiner Weise eingewirkt wurde, seine Zustimmung zu der Klausel zu geben, und ob die Güter oder Dienstleistungen auf eine Sonderbestellung des Verbrauchers hin verkauft bzw. erbracht wurden. Dem Gebot von Treu und Glauben kann durch den Gewerbetreibenden Genüge getan werden, indem er sich gegenüber der anderen Partei, deren berechtigten Interessen er Rechnung tragen muss, loyal und billig verhält. (17) Die Liste der Klauseln im Anhang kann für die Zwecke dieser Richtlinie nur Beispiele geben; infolge dieses Minimalcharakters kann sie von den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, insbesondere hinsichtlich des Geltungsbereichs dieser Klauseln, ergänzt oder restriktiver formuliert werden. (18) Bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln ist der Art der Güter bzw. Dienstleistungen Rechnung zu tragen. (19) Für die Zwecke dieser Richtlinie dürfen Klauseln, die den Hauptgegenstand eines Vertrages oder das Preis-/Leistungsverhältnis der Lieferung bzw. der Dienstleistung beschreiben, nicht als missbräuchlich beurteilt werden. Jedoch können der Hauptgegenstand des Vertrages und das Preis-/Leistungsverhältnis bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit anderer Klauseln berücksichtigt werden. Daraus folgt unter anderem, daß bei Versicherungsverträgen die Klauseln, in denen das versicherte Risiko und die Verpflichtung des Versicherers deutlich festgelegt oder abgegrenzt werden, nicht als missbräuchlich beurteilt werden, sofern diese Einschränkungen bei der Berechnung der vom Verbraucher gezahlten Prämie Berücksichtigung finden. (20) Die Verträge müssen in klarer und verständlicher Sprache abgefasst sein. Der Verbraucher muss tatsächlich die Möglichkeit haben, von allen Vertragsklauseln Kenntnis zu nehmen. Im Zweifelsfall ist die für den Verbraucher günstigste Auslegung anzuwenden. (21) Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, daß in von einem Gewerbetreibenden mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträgen keine missbräuchlichen Klauseln verwendet werden. Wenn derartige Klauseln trotzdem verwendet werden, müssen sie für den Verbraucher unverbindlich sein; die verbleibenden Klauseln müssen jedoch weiterhin gelten und der Vertrag im übrigen auf der Grundlage dieser Klauseln für beide Teile verbindlich sein, sofern ein solches Fortbestehen ohne die missbräuchlichen Klauseln möglich ist. (22) In bestimmten Fällen besteht die Gefahr, daß dem Verbraucher der in dieser Richtlinie aufgestellte Schutz entzogen wird, indem das Recht eines Drittlandes zum anwendbaren Recht erklärt wird. Es sollten daher in dieser Richtlinie Bestimmungen vorgesehen werden, die dies ausschließen. (23) Personen und Organisationen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats ein berechtigtes Interesse geltend machen können, den Verbraucher zu schützen, müssen Verfahren, die Vertragsklauseln im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung in Verbraucherverträgen, insbesondere missbräuchliche Klauseln, zum Gegenstand haben, bei Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die für die Entscheidung über Klagen bzw. Beschwerden oder die Eröffnung von Gerichtsverfahren zuständig sind, einleiten können. Diese Möglichkeit bedeutet jedoch keine Vorabkontrolle der in einem beliebigen Wirtschaftssektor verwendeten allgemeinen Bedingungen. XLV

Art. 1–3

Richtlinie 93/13/EWG

(24) Die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten müssen über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird – hat folgende Richtlinie erlassen: Artikel 1 (1) Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern. (2) Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Bestimmungen oder Grundsätzen internationaler Übereinkommen beruhen, bei denen die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft – insbesondere im Verkehrsbereich – Vertragsparteien sind, unterliegen nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie. Artikel 2 Im Sinne dieser Richtlinie bedeuten: a) missbräuchliche Klauseln: Vertragsklauseln, wie sie in Artikel 3 definiert sind; b) Verbraucher: eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann; c) Gewerbetreibender: eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist. Artikel 3 (1) Eine Vertragsklausel, die nicht im einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht. (2) Eine Vertragsklausel ist immer dann als nicht im einzelnen ausgehandelt zu betrachten, wenn sie im voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb, insbesondere im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags, keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte. Die Tatsache, daß bestimmte Elemente einer Vertragsklausel oder eine einzelne Klausel im einzelnen ausgehandelt worden sind, schließt die Anwendung dieses Artikels auf den übrigen Vertrag nicht aus, sofern es sich nach der Gesamtwertung dennoch um einen vorformulierten Standardvertrag handelt. Behauptet ein Gewerbetreibender, dass eine Standardvertragsklausel im einzelnen ausgehandelt wurde, so obliegt ihm die Beweislast. (3) Der Anhang enthält eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können.

XLVI

Art. 4–7

Richtlinie 93/13/EWG

Artikel 4 (1) Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt. (2) Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind. Artikel 5 Sind alle dem Verbraucher in Verträgen unterbreiteten Klauseln oder einige dieser Klauseln schriftlich niedergelegt, so müssen sie stets klar und verständlich abgefasst sein. Bei Zweifeln über die Bedeutung einer Klausel gilt die für den Verbraucher günstigste Auslegung. Diese Auslegungsregel gilt nicht im Rahmen der in Artikel 7 Absatz 2 vorgesehenen Verfahren. Artikel 6 (1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, daß missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, daß der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann. (2) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit der Verbraucher den durch diese Richtlinie gewährten Schutz nicht verliert, wenn das Recht eines Drittlandes als das auf den Vertrag anzuwendende Recht gewählt wurde und der Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet der Mitgliedstaaten aufweist. Artikel 7 (1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird. (2) Die in Absatz 1 genannten Mittel müssen auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können, damit diese darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst wurden, missbräuchlich sind, und angemessene und wirksame Mittel anwenden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen.

XLVII

Art. 8–10

Richtlinie 93/13/EWG

(3) Die in Absatz 2 genannten Rechtsmittel können sich unter Beachtung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften getrennt oder gemeinsam gegen mehrere Gewerbetreibende desselben Wirtschaftssektors oder ihre Verbände richten, die gleiche allgemeine Vertragsklauseln oder ähnliche Klauseln verwenden oder deren Verwendung empfehlen. Artikel 8 Die Mitgliedstaaten können auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet mit dem Vertrag vereinbarte strengere Bestimmungen erlassen, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten. Artikel 8a (1) Erlässt ein Mitgliedstaat Vorschriften nach Artikel 8, so setzt er die Kommission hiervon sowie von allen nachfolgenden Änderungen in Kenntnis, insbesondere wenn diese Vorschriften: – die Missbräuchlichkeitsprüfung auf individuell ausgehandelte Vertragsklauseln oder auf die Angemessenheit des Preises oder des Entgelts ausdehnen; – Listen mit Vertragsklauseln, die als missbräuchlich gelten, enthalten. (2) Die Kommission stellt sicher, dass die in Absatz 1 genannten Informationen den Verbrauchern und den Unternehmern leicht zugänglich sind, u. a. auf einer speziellen Webseite. (3) Die Kommission leitet die in Absatz 1 genannten Informationen an die anderen Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament weiter. Die Kommission hört die Beteiligten zu diesen Informationen an. Artikel 9 Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens fünf Jahre nach dem in Artikel 10 Absatz 1 genannten Zeitpunkt einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor. Artikel 10 (1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens am 31. Dezember 1994 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Diese Vorschriften gelten für alle Verträge, die nach dem 31. Dezember 1994 abgeschlossen werden. (2) Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. (3) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

XLVIII

Anhang

Richtlinie 93/13/EWG

Artikel 11 Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Anhang Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass a) die gesetzliche Haftung des Gewerbetreibenden ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, wenn der Verbraucher auf Grund einer Handlung oder Unterlassung des Gewerbetreibenden sein Leben verliert oder einen Körperschaden erleidet; b) die Ansprüche des Verbrauchers gegenüber dem Gewerbetreibenden oder einer anderen Partei, einschließlich der Möglichkeit, eine Verbindlichkeit gegenüber dem Gewerbetreibenden durch eine etwaige Forderung gegen ihn auszugleichen, ausgeschlossen oder ungebührlich eingeschränkt werden, wenn der Gewerbetreibende eine der vertraglichen Verpflichtungen ganz oder teilweise nicht erfüllt oder mangelhaft erfüllt; c) der Verbraucher eine verbindliche Verpflichtung eingeht, während der Gewerbetreibende die Erbringung der Leistungen an eine Bedingung knüpft, deren Eintritt nur von ihm abhängt; d) es dem Gewerbetreibenden gestattet wird, vom Verbraucher gezahlte Beträge einzubehalten, wenn dieser darauf verzichtet, den Vertrag abzuschließen oder zu erfüllen, ohne dass für den Verbraucher ein Anspruch auf eine Entschädigung in entsprechender Höhe seitens des Gewerbetreibenden vorgesehen wird, wenn dieser selbst es unterlässt; e) dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird; f) es dem Gewerbetreibenden gestattet wird, nach freiem Ermessen den Vertrag zu kündigen, wenn das gleiche Recht nicht auch dem Verbraucher eingeräumt wird, und es dem Gewerbetreibenden für den Fall, dass er selbst den Vertrag kündigt, gestattet wird, die Beträge einzubehalten, die für von ihm noch nicht erbrachte Leistungen gezahlt wurden; g) es dem Gewerbetreibenden – außer bei Vorliegen schwerwiegender Gründe – gestattet ist, einen unbefristeten Vertrag ohne angemessene Frist zu kündigen; h) ein befristeter Vertrag automatisch verlängert wird, wenn der Verbraucher sich nicht gegenteilig geäußert hat und als Termin für diese Äußerung des Willens des Verbrauchers, den Vertrag nicht zu verlängern, ein vom Ablaufzeitpunkt des Vertrages ungebührlich weit entferntes Datum festgelegt wurde; i) die Zustimmung des Verbrauchers zu Klauseln unwiderlegbar festgestellt wird, von denen er vor Vertragsabschluss nicht tatsächlich Kenntnis nehmen konnte; j) der Gewerbetreibende die Vertragsklauseln einseitig ohne triftigen und im Vertrag aufgeführten Grund ändern kann;

XLIX

Anhang

Richtlinie 93/13/EWG

k) der Gewerbetreibende die Merkmale des zu liefernden Erzeugnisses oder der zu erbringenden Dienstleistung einseitig ohne triftigen Grund ändern kann; l) der Verkäufer einer Ware oder der Erbringer einer Dienstleistung den Preis zum Zeitpunkt der Lieferung festsetzen oder erhöhen kann, ohne dass der Verbraucher in beiden Fällen ein entsprechendes Recht hat, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Endpreis im Verhältnis zu dem Preis, der bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, zu hoch ist; m) dem Gewerbetreibenden das Recht eingeräumt ist, zu bestimmen, ob die gelieferte Ware oder erbrachte Dienstleistung den Vertragsbestimmungen entspricht, oder ihm das ausschließliche Recht zugestanden wird, die Auslegung einer Vertragsklausel vorzunehmen; n) die Verpflichtung des Gewerbetreibenden zur Einhaltung der von seinen Vertretern eingegangenen Verpflichtungen eingeschränkt wird oder diese Verpflichtung von der Einhaltung einer besonderen Formvorschrift abhängig gemacht wird; o) der Verbraucher allen seinen Verpflichtungen nachkommen muss, obwohl der Gewerbetreibende seine Verpflichtungen nicht erfüllt; p) die Möglichkeit vorgesehen wird, daß der Vertrag ohne Zustimmung des Verbrauchers vom Gewerbetreibenden abgetreten wird, wenn dies möglicherweise eine Verringerung der Sicherheiten für den Verbraucher bewirkt; q) dem Verbraucher die Möglichkeit, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen oder sonstige Beschwerdemittel zu ergreifen, genommen oder erschwert wird, und zwar insbesondere dadurch, dass er ausschließlich auf ein nicht unter die rechtlichen Bestimmungen fallendes Schiedsgerichtsverfahren verwiesen wird, die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel ungebührlich eingeschränkt werden oder ihm die Beweislast auferlegt wird, die nach dem geltenden Recht einer anderen Vertragspartei obläge. 2. Tragweite der Buchstaben g), j) und l) a) Buchstabe g) steht Klauseln nicht entgegen, durch die sich der Erbringer von Finanzdienstleistungen das Recht vorbehält, einen unbefristeten Vertrag einseitig und – bei Vorliegen eines triftigen Grundes – fristlos zu kündigen, sofern der Gewerbetreibende die Pflicht hat, die andere Vertragspartei oder die anderen Vertragsparteien alsbald davon zu unterrichten. b) Buchstabe j) steht Klauseln nicht entgegen, durch die sich der Erbringer von Finanzdienstleistungen das Recht vorbehält, den von dem Verbraucher oder an den Verbraucher zu zahlenden Zinssatz oder die Höhe anderer Kosten für Finanzdienstleistungen in begründeten Fällen ohne Vorankündigung zu ändern, sofern der Gewerbetreibende die Pflicht hat, die andere Vertragspartei oder die anderen Vertragsparteien unverzüglich davon zu unterrichten, und es dieser oder diesen freisteht, den Vertrag alsbald zu kündigen. Buchstabe j) steht ferner Klauseln nicht entgegen, durch die sich der Gewerbetreibende das Recht vorbehält, einseitig die Bedingungen eines unbefristeten Vertrages zu ändern, sofern es ihm obliegt, den Verbraucher hiervon rechtzeitig in Kenntnis zu setzen, und es diesem freisteht, den Vertrag zu kündigen.

L

Richtlinie 93/13/EWG

Anhang

c) Die Buchstaben g), j) und l) finden keine Anwendung auf – Geschäfte mit Wertpapieren, Finanzpapieren und anderen Erzeugnissen oder Dienstleistungen, bei denen der Preis von den Veränderungen einer Notierung oder eines Börsenindex oder von Kursschwankungen auf dem Kapitalmarkt abhängt, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat; – Verträge zum Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen, Reiseschecks oder internationalen Postanweisungen in Fremdwährung. d) Buchstabe l) steht Preisindexierungsklauseln nicht entgegen, wenn diese rechtmäßig sind und der Modus der Preisänderung darin ausdrücklich beschrieben wird.

LI

Teil 1 Kommentierung der §§ 305–310 BGB Einleitung

2. Rechtlicher und wirtschaftlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . .

4

5. AGB-Recht und allgemeine Rechtsgeschäftslehre . . . . . . . . a) Abweichungen kraft Natur der Sache . . . . . . . . . . . . . . b) Zusätzliche Einbeziehungsvoraussetzungen . . . . . . . . .

3. Geschichtliche Entwicklung . . . .

10

6. AGB-Recht und Wettbewerbsrecht

I. Grundlagen 1. AGB-Begriff, Individualvertrag und Verbrauchervertrag . . . . . . .

4. Reformbestrebungen seit den 1960er Jahren . . . . . . . . . . . . . .

1

13

II. Das AGBG von 1976 – Entstehung und Novellierungen

70 72

16 19

3. Verbandsklage (§§ 1 ff. UKlaG) . .

3. Die wesentlichen Streitfragen . . .

23

4. Die AGBG-Novelle 1996 . . . . . .

26

5. Weitere Änderungen 1997 bis 2000

27

4. Inhaltskontrolle durch Verwaltungsbehörden a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . b) Konditionenkartelle und -empfehlungen . . . . . . . . . . . c) Missbrauchsverbot nach § 19 GWB . . . . . . . . . . . . . .

2. Änderungen des AGB-Rechts im Zuge der BGB-Integration . . . . . .

31 32

36 37

4. Weitere Entwicklung . . . . . . . . .

38

IV. Die Grundzüge der gesetzlichen Regelung 2. Zum Schutzzweck a) Schranken der einseitigen Vertragsgestaltung . . . . . b) Gegenpositionen . . . . . . c) Folgerungen . . . . . . . . . d) Zur Sonderregelung des § 310 Abs. 3 . . . . . . . . .

5. Bilanz nach 38 Jahren Kodifikation des AGB-Rechts a) Differenziertes Bild . . . . . . . . b) Zur Effizienz der Verbandsaktivitäten . . . . . . . . . . . . . c) Zum Einfluss von Konditionenkartellen und -empfehlungen d) Ausblick . . . . . . . . . . . . . . .

74 75 78

79 82 85 86

VI. Europäische Angleichungsbestrebungen

3. Synopse zur Integration des materiellen AGB-Rechts in das BGB-Schuldrecht a) AGB-Gesetz/BGB . . . . . . . . . b) BGB/AGB-Gesetz . . . . . . . . .

1. AGB als Vertragsbedingungen . . .

65

67

2. Die parlamentarischen Beratungen

28

63

1. Allgemeine Vorschriften (§§ 305 bis 306a) . . . . . . . . . . . .

1. Die verschiedenen Entwürfe . . . .

1. Überblick a) Das Für und Wider der BGB-Integration . . . . . . . . . . b) Systematische Aspekte der Integration – die Lösung des SMG

61

V. Erfahrungen mit dem AGB-Recht

2. Materielle Inhaltskontrolle (§§ 307 bis 309) . . . . . . . . . . . .

III. Die Integration des materiellen AGB-Rechts in das BGB im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung 2002 und die weitere Entwicklung

60

39

.... .... ....

47 49 51

....

54

3. Die inhaltlichen Schwerpunkte . .

55

4. Das Transparenzgebot . . . . . . . .

58

1. Europäischer Verbraucherschutz gegen missbräuchliche Vertragsbedingungen a) Entwicklung . . . . . . . . . . . . b) EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . c) Umsetzung in das nationale Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Weitere Entwicklung und Perspektiven . . . . . . . . . . . . 2. Der mittelbare Einfluss der Richtlinie auf das nationale Recht a) Keine Direktwirkung im Verhältnis zwischen Marktbürgern b) Die richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts

87 91 92 92a

93 96

3. Die Kompetenz des EuGH zur Vorabentscheidung

Ulmer/Habersack

1

Einl. BGB a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . b) Bei Anwendung des AGB-Rechts aa) Fragestellung . . . . . . . . . . bb) Ungeeignete Restriktionsansätze . . . . . . . . . . . . . . cc) Sachgerechte Differenzierungskriterien . . . . . . . . . dd) Die Rechtsprechung des EuGH zur Generalklausel des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG . . . . . . . . . . .

Einleitung 99 100 101 103

VII. Rechtsvergleichende Hinweise 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . .

105

2. Entwicklung der Gesetzgebung . .

106

3. Grundsätze der verschiedenen Regelungen a) Inhaltliche und materielle Schwerpunkte . . . . . . . . . . . 108 b) Kontrollverfahren . . . . . . . . . 110

104

Schrifttum: Vgl. die Nachw. vor Rz. 39, 67, 87 und Rz. 105.

I. Grundlagen 1. AGB-Begriff, Individualvertrag und Verbrauchervertrag 1 Die Vorschrift des § 305 Abs. 1 (früher § 1 Abs. 1 AGBG) enthält die Legaldefinition Allgemeiner Geschäftsbedingungen; sie dient zugleich einer ersten Eingrenzung des Anwendungsbereichs des Gesetzes (§ 305 Rz. 2). Die Definition trägt zutreffend den Besonderheiten der AGB und ihrem qualitativen Unterschied gegenüber individuell ausgehandelten Vertragsbestimmungen Rechnung, wie sie in jahrzehntelanger Rechtsprechung vor Erlass des AGBG (Rz. 11) herausgearbeitet worden waren. Unter den Begriffsmerkmalen verdienen drei Tatbestandsmerkmale Hervorhebung: die einseitige Aufstellung (Vorformulierung) der AGB, der auf Verwendung in einer Vielzahl von Verträgen gerichtete Zweck der Vorformulierung sowie die Rechtsnatur der AGB als Vertragsbedingungen; Letzteres hat zur Folge, dass die AGB nur auf Grund entsprechender Einbeziehungsvereinbarung Wirksamkeit zwischen den Beteiligten entfalten. Zutreffend hebt § 305 Abs. 1 in Satz 2 auch hervor, dass äußere Umstände wie Umfang, Schriftart, Aufnahme in eine besondere Urkunde u.a. keinen Einfluss auf die Begriffsbestimmung und damit auf den Geltungsbereich des Gesetzes haben. 2 Vorformulierung und Massencharakter der Vertragsgestaltung sind für den Anwendungsbereich des AGB-Rechts auch deshalb von Bedeutung, weil sie zur Abgrenzung der AGB von Individualverträgen dienen. Aus der Sicht des AGBRechts sind dabei zwei Fragen zu unterscheiden. Zum einen geht es darum, ob und unter welchen Voraussetzungen vorformulierte Geschäftsbedingungen trotz ihrer äußerlich unveränderten Übernahme in den Einzelvertrag den Charakter von Individualabreden annehmen können. Dieser Frage ist – durch Bezugnahme auf das „Aushandeln im Einzelnen“ – § 305 Abs. 1 Satz 3 gewidmet; er ist als Einschränkung der AGB-Definition zu verstehen (vgl. § 305 Rz. 40 ff.). Eine davon klar zu trennende zweite, im AGB-Recht nicht geregelte Frage geht dahin, ob auch Verträge, die weder die Voraussetzungen der AGB-Definition erfüllen noch zu den Verbraucherverträgen (Rz. 3) gehören, einer richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen. Entsprechende Tendenzen wurden unter Berufung auf § 242 in Fällen gestörter Vertragsparität wegen Vorformulierung des Vertragstextes durch einen Vertragspartner oder einen Dritten in Teilen der Literatur vertreten. Der VII. Zivilsenat des BGH hat sie sich, allerdings beschränkt auf den Gewährleistungsausschluss beim Immobilienerwerb, zu eigen gemacht. Die heutige Vertragspraxis trägt dem Rechnung; mit einer Ausweitung auf andere Fälle standardisierter 2

Ulmer/Habersack

Einleitung

Einl. BGB

Klauseln ist nach derzeitigem Stand der Dinge nicht zu rechnen (vgl. näher § 305 Rz. 80 f.). Zur – davon zu unterscheidenden – Frage analoger Anwendung des AGB-Rechts auf vorformulierte einseitige Rechtsgeschäfte und andere vom Schutzzweck des Gesetzes erfasste Gestaltungen vgl. § 305 Rz. 81. Durch Erweiterung des Anwendungsbereichs des Gesetzes auf Verbraucher- 3 verträge als Folge der Umsetzung der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Rz. 26) ist die klare Unterscheidung zwischen Individualverträgen und den für eine Vielzahl von Verwendungen vorformulierten AGB unter Begrenzung des Anwendungsbereichs des AGB-Rechts auf diese relativiert worden. Das gilt vor allem im Hinblick auf die durch die AGBG-Novelle 1996 eingeführte Kategorie der vorformulierten Einzelverträge i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 (früher § 24a Nr. 2 AGBG). Denn für sie ist das für die AGB-Definition konstitutive Vielzahl-Kriterium ohne Bedeutung; es genügt die Vorformulierung für einen Einzelfall durch den Verwender (Unternehmer) und die deshalb fehlende Einflussmöglichkeit des Kunden (Verbraucher) auf den Vertragsinhalt (vgl. näher § 310 Rz. 79 ff.). Demgegenüber bewendet es in den Fällen der Standardverträge des § 310 Abs. 3 Nr. 1 bei dem Vielzahl-Erfordernis. Von der allgemeinen AGB-Definition weicht diese Vorschrift allerdings dadurch ab, dass sie das „Stellen“ der Vertragsbedingungen durch den Verwender (Unternehmer) kraft Fiktion auch in solchen Fällen bejaht, in denen Standardklauseln auf Vorschlag eines Dritten Vertragsbestandteil geworden sind und deshalb von der AGB-Definition des § 305 Abs. 1 nicht erfasst werden (vgl. § 310 Rz. 71 ff.).

2. Rechtlicher und wirtschaftlicher Hintergrund Die Gründe für die Herausbildung von AGB und für ihre Durchsetzung als „selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft“1 in großen Teilen des modernen Massenverkehrs sind bekannt und häufig erörtert worden2. Sie beruhen teilweise auf dem verständlichen Interesse der Wirtschaft an Abweichungen vom dispositiven Recht, wenn dieses wie im Kauf-, Miet- oder Werkvertragsrecht zwar gesetzlich geregelte Vertragstypen zur Verfügung stellt, jedoch ohne sie den sich ändernden Bedürfnissen des heutigen Wirtschaftslebens anzupassen. Teilweise geht es auch darum, für solche neu entstandenen Vertragstypen, die wie der Bau-, Factoring-, Vertragshändler- oder Leasing-Vertrag allenfalls eine rudimentäre gesetzliche Regelung erfahren haben, eine einheitliche Vertragsordnung aufzustellen und sie der Vielzahl der vom Verwender abgeschlossenen Einzelverträge dieser Art zugrunde zu legen (vgl. die zahlreichen in Teil 2 behandelten Klauselwerke). In beiden Verwendungsarten ist die Rationalisierungsfunktion der AGB-Verwendung unverkennbar und in ihrer wirtschaftlichen Berechtigung unbestritten3. Sie beruht nicht nur auf der Vereinheitlichung der Vertragsbeziehungen des Verwenders und auf der damit verbundenen Rationalisierung des Vertragsabschlusses, sondern auch auf der Vereinheitlichung und Schematisie-

1 Großmann-Doerth Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht, 1933. 2 Vgl. nur Begr. RegE zum AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 9; Raiser AGB, S. 19 ff.; Kötz Gutachten S. A 23 ff. 3 Vgl. nur Begr. RegE zum AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 9 (abgedruckt bis zur 3. Aufl. dieses Kommentars in Rz. 2 ff., 5).

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Einl. BGB

Einleitung

rung der Vertragsabwicklung durch einheitliche Regelungen über Liefer- und Leistungszeit, Gefahrtragung, Erfüllungsort u.a. 5 Der allgemein als positiv eingestuften Rationalisierungsfunktion von AGB wird als negative Begleiterscheinung die Risikoverlagerungstendenz der AGB-Verwender gegenübergestellt4; ihrer Bekämpfung dienen namentlich die Inhaltskontrollvorschriften der §§ 307 bis 309. Daran ist richtig, dass derjenige, der es unternimmt, einheitliche Regelungen für die von ihm künftig abzuschließenden Verträge aufzustellen, damit nicht selten auch eine Verbesserung der eigenen Position gegenüber derjenigen der jeweiligen Kunden anstrebt und bemüht ist, sich gegen Störungen bei der Vertragsabwicklung einseitig abzusichern. Dementsprechend wird als Schutzzweck des AGB-Rechts zu Recht auch ganz überwiegend der Schutz des Kunden vor den Gefahren einseitiger Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit angesehen, die der Verwender im Rahmen der Vorformulierung faktisch für sich in Anspruch nimmt, und nicht etwa der Ausgleich der wirtschaftlichen, sozialen u.a. Überlegenheit des Verwenders (Rz. 48). Hinzu kommt seit der AGBG-Novelle 1996 der Schutz des Verbrauchers vor missbräuchlichem, auf überlegener Vertragsstellung beruhendem Handeln des Unternehmers (Rz. 54). Nicht zu verkennen ist jedoch, dass Rationalisierungs- und Risikoverlagerungsfunktion sich je nach Lage des Falles auch überlagern können, so wenn im Interesse der Vereinheitlichung der Vertragsabwicklung Selbstabholer und Versandkunden durch Vorverlegung des Zeitpunkts des Gefahrübergangs gleichgestellt oder wenn zum Ausschluss von Zweifelsfragen und Streitanlässen Regelungen über Schadenspauschalierung getroffen werden5. Die Grenzen zwischen Rationalisierung einerseits, Risikoverlagerung bzw. Missbrauch der Machtstellung andererseits sind in solchen Fällen also fließend. Dementsprechend ist nicht jede Abweichung vom dispositiven Recht, die sich für den Kunden nachteilig auswirkt, allein deshalb bereits als unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 anzusehen. Das gilt namentlich für Klauseln, die dazu dienen, durch Vereinheitlichung der Vertragsabwicklung die Kalkulierbarkeit von Geschäftsrisiken zu erhöhen (so auch Begr. RegE zum AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 9). Die Frage der Angemessenheit lässt sich daher außerhalb der Verbotskataloge der §§ 308, 309 nicht ohne Interessenabwägung beurteilen (vgl. näher § 307 Rz. 102 ff.). 6 Nur unvollständige Kenntnis herrscht auch heute, rund 38 Jahre nach Erlass des AGBG, über die Einzelheiten der rechtstatsächlichen Verbreitung von AGB6, auch wenn die Verbreitung als solche und das wirtschaftliche Gewicht vorformulierter Vertragsbedingungen für den modernen Massenverkehr außer Zweifel stehen. So wurde, während die RegBegr. (S. 10) von „Hunderttausenden im Umlauf befindlicher AGB“ ausging, aus Kreisen der Wirtschaft bei den Diskussionen vor Erlass des AGBG eine Zahl von 20.000 bis 30.000 damals verwendeter Klauselwerke genannt7. Zwischenzeitlich durchgeführte Untersuchungen kamen mit Rücksicht auf die Verbreitung von Konditionenempfehlungen (Rz. 85) und die damit verbundene Tendenz zur Vereinheitlichung der verwendeten AGB

4 Begr. RegE zum AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 9; Raiser AGB, S. 21 f. (Machtverstärkung); Kötz Gutachten S. A 26 f. u.a. 5 Dazu und zu weiteren Beispielen vgl. Ulmer Referat S. H 14 mit Nachw. 6 So für die Zeit vor 1976 auch Begr. RegE zum AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 10; Kötz Gutachten S. A 11. 7 So Eberstein in 50. DJT, Sitzungsbericht, S. H 177.

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Ulmer/Habersack

Einleitung

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zwar zu einer weiteren Verringerung dieser Zahl, konnten jedoch auch ihrerseits keine konkreten Daten nennen8. Das beruht nicht zuletzt darauf, dass der Umfang der jeweils verwendeten AGB erheblich differiert und eine Spannbreite vom Formularvertrag bis zu einzelnen Worten („Eigentumsvorbehalt“) umfasst, was die rechtstatsächlichen Feststellungen zusätzlich erschwert9. Bessere Informationen bestehen über die Branchen, in denen AGB im Verkehr 7 mit Endverbrauchern vornehmlich anzutreffen sind10. Nach Untersuchungen der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts herrschen AGB zu 100% vor in den Bereichen: Versicherungswesen, Bankwesen, Kreditwesen, Touristik, Fernlehrgänge, Autohandel, Handelskauf; zu 90% in den Bereichen: Baugewerbe, Maklergewerbe, Möbelhandel, Wohnungsmiete; zu 50% in den Bereichen: Fahrzeugreparaturgewerbe, chemische Reinigung und Haushalts-Reparaturbetriebe. Daran hat sich nichts Wesentliches geändert, sieht man davon ab, dass weitere Branchen, in denen die Verwendung von AGB den Regelfall bildet (etwa im Bereich der Telekommunikation), hinzugekommen sind und im Bereich der Daseinsvorsorge für Verträge über die Versorgung von Tarifkunden mit Energie, Wasser und Fernwärme zum 1.4.1980 einheitliche Versorgungsbedingungen als Rechtsverordnung erlassen wurden; diese sind an die Stelle der bis dahin durchweg verwendeten AGB getreten11. Vielschichtig sind die Zusammenhänge zwischen AGB und Wettbewerb. Nach zutreffender, ganz h.M. ist der Wettbewerb jedenfalls in den Konsumgütermärkten12 nicht in der Lage, von sich aus zu einer angemessenen Ausgestaltung von AGB gegenüber Endverbrauchern beizutragen. Für die Anbieter von Waren oder Dienstleistungen fehlt auf diesen Märkten ein Anreiz, zum Vorteil der Verbraucherseite in einen Überflügelungswettbewerb bei Ausgestaltung der Konditionen einzutreten13. Die Gründe hierfür liegen in der mangelnden Transparenz des Konditionenangebots und in den mit der Informationsverschaffung verbundenen hohen Kosten14. Deshalb führt auch eine am Vergleichsmarktkonzept ausgerichtete Missbrauchsaufsicht nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB gegenüber AGB marktbeherrschender Unternehmen regelmäßig nicht weiter (Rz. 78). Eine gewisse Verbesserung könnte insoweit zwar das von der Rechtsprechung im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 und 2) entwickelte,

8 Vgl. Bunte BB 1980, 326; Bunte Handbuch S. 2 f. 9 Ebenso MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 23. 10 Dazu M. Rehbinder Das Kaufrecht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Wirtschaft, 2. Aufl. 1979, S. 11 f. 11 Vgl. Ulmer (8. Aufl.) §§ 26, 27 AGBG Rz. 1 ff.; ferner Teil 2, (55) Versorgungsbedingungen in Verträgen mit Sonderabnehmern Rz. 1 (H. Schmidt). 12 Vgl. zu dieser Einschränkung bereits Baudenbacher Wirtschafts-, schuld- und verfahrensrechtliche Grundprobleme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1983, S. 206 ff., 221 ff.; Baudenbacher Braucht die Schweiz ein AGB-Gesetz?, ZBernJurV 123 (1987), 505 (510 ff.): er weist zutr. auf die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen Konsum- und Investitionsgütermärkten im Hinblick auf die unterschiedlichen Abnehmerkreise hin. 13 Ganz h.M., vgl. schon Brandner JZ 1973, 615; von Hippel BB 1973, 993 f.; Kötz Gutachten, S. A 33 ff.; Löwe BB 1972, 185; Ulmer Referat, S. H 19; Braun BB 1979, 690; aus dem neueren Schrifttum etwa MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 4 ff.; Stoffels Rz. 85 ff.; Adams BB 1989, 781 (783 f.); Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen, 1992, S. 106 ff.; Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.); a.A. noch Grunsky BB 1971, 1113. 14 Vgl. dazu näher Adams in Schriften des Vereins für Sozialpolitik, NF Band 140 (1984), S. 655 (662 ff.); Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.).

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auch in Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG verankerte Transparenzgebot (Rz. 58 f.) bewirken, wenn auf diesem Weg erhöhte Klarheit und Verständlichkeit der AGB zu erzielen wäre. Eine solche Veränderung wäre geeignet, indirekt auch den Konditionenwettbewerb im Verhältnis zu Endverbrauchern zu stärken15. Bisher sind solche Erfolge jedoch noch nicht spürbar geworden. 9 Wettbewerbspolitisch anders zu beurteilen sind Einschränkungen des Konditionenwettbewerbs zwischen Konkurrenten. Sie haben nachteilige Wirkungen jedenfalls auf denjenigen der Endverbraucherstufe vorgelagerten Märkten, auf denen wegen der Marktstruktur oder der Art der Produkte Wettbewerb bei den jeweiligen Hauptleistungen (Preis- und Qualität) nicht oder nur unvollkommen stattfindet mit der Folge, dass die Ausgestaltung der Nebenabreden (Konditionen) für die Entscheidungen der Marktgegenseite erhöhte Bedeutung erlangen kann. Nicht unproblematisch sind daher Konditionenempfehlungen oder -kartelle mit einem über den bloßen Ausschluss unangemessener Klauseln hinausgehenden, einheitlichen Klauselwerk; sie unterliegen der Kontrolle des Bundeskartellamts nicht nur in AGB-rechtlicher, sondern auch in kartellrechtlicher Hinsicht (Rz. 76). Die wettbewerbspolitischen Gefahren waren schließlich auch ein maßgebender Grund dafür, dass sich die Empfehlung im Teilbericht II der Arbeitsgruppe beim BMJ (Rz. 25) nicht durchgesetzt hat, Muster-AGB einzuführen und ihre inhaltliche Ausgestaltung im Vergleich zu individuellen AGB einzelner Verwender bei der Inhaltskontrolle zu privilegieren16.

3. Geschichtliche Entwicklung 10

Als Phänomene des Massenverkehrs begegnen AGB in nennenswertem Umfang seit der technischen und wirtschaftlichen Expansion im 19. Jahrhundert17. Die Entwicklung begann in der Versicherungswirtschaft mit ihren für eine große Anzahl von Verträgen inhaltsgleichen Versicherungsbedingungen, gefolgt von den Verkehrsunternehmen sowie seit etwa 1880 von den Kreditinstituten. Die AGB-Verwendung dehnte sich bald auch auf Produktions- und Handelsbetriebe und das Dienstleistungsgewerbe aus; durch die vorherrschenden Kartellierungstendenzen gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Verbreitung weiter gefördert18. Schon nach wenigen Jahrzehnten hatte sich die Praxis vorformulierter Geschäftsbedingungen allgemein durchgesetzt. Die Feststellungen von Raiser in seinem richtungsweisenden Werk von 1935 über das AGB-Recht19 zur Verbrei-

15 So zu Recht Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.), der zutr. auf die Funktion des AGB-Rechts hinweist, Marktversagen zu kompensieren; in diesem Sinne auch MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 4 ff.; Stoffels Rz. 85 ff.; Adams BB 1989, 781 (783 f.); Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen, 1992, S. 106 ff.; s. dazu auch § 305 Rz. 48, 64a. 16 Vgl. näher Ulmer Referat, S. H 33 f. und Rinck WuW 1974, 295 f. 17 Dazu näher Raiser AGB, S. 26 ff. (mit Hinweisen auf Vorläufer schon aus dem 15. Jahrhundert); Hellwege Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010, S. 21 ff.; vgl. auch HKK/Hofer §§ 305–310 (I) Rz. 7 ff.; Pohlhausen Zum Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen im 19. Jahrhundert, 1978; rechtsvergleichend Ranieri Europäisches Obligationenrecht, 3. Aufl. 2009, S. 325 ff. 18 Raiser AGB, S. 27 f.; zur entsprechenden Entwicklung durch Allgemeinverbindlicherklärung kollektiv erstellter Klauselwerke in der Zeit nach 1933 vgl. Löwe in FS Larenz, 1973, S. 384 f. 19 Raiser AGB, S. 29 ff.

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tung von AGB in der Zeit um 1930 unterscheiden sich nicht nennenswert von dem heute erreichten Zustand. In rechtlicher Hinsicht wurden die mit der AGB-Verwendung verbundenen besonderen Probleme schon frühzeitig von der höchstrichterlichen Rechtsprechung erkannt. Das Reichsgericht half vor allem durch restriktive Auslegung von Klauseln über Haftungsfreizeichnung und ähnliche Arten der Risikoverlagerung (§ 305c Rz. 97), während eine offene, vom RG auf § 138 gestützte Inhaltskontrolle zunächst nur in den Fällen monopolistischer Verwendung von AGB praktiziert wurde20. Als (späte) Folge der bahnbrechenden Untersuchungen Raisers von 193521 ging sodann der BGH seit 195622 verstärkt zur offenen richterlichen Inhaltskontrolle über, ohne diese von einer Monopolposition des Verwenders oder von der Branchenüblichkeit der AGB-Verwendung abhängig zu machen, wobei er sich überwiegend auf § 242, daneben z.T. auch auf § 315 stützte (vgl. Vor § 307 Rz. 15). Demgegenüber spielte die dritte mögliche Schranke gegenüber der Verwendung von AGB, die Kontrolle ihrer Einbeziehung in den Einzelvertrag und die Aufstellung erhöhter Anforderungen hieran, in der Rechtsprechung vor Erlass des AGBG keine nennenswerte Rolle; nach Ansicht von Kritikern erleichterten die Gerichte die Verbreitung von AGB sogar übermäßig durch großzügige Bejahung stillschweigender Einbeziehungsabreden (vgl. § 305 Rz. 108).

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Das Recht der ehemaligen DDR enthielt besondere Regelungen zu Allgemeinen 12 Bedingungen23. § 46 Abs. 1 ZGB sah vor, dass Vertragsbeziehungen mit Verbrauchern unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten der Leistung durch Allgemeine Bedingungen näher ausgestaltet werden können. Erlassen wurden die Allgemeinen Bedingungen von den zuständigen zentralen Staatsorganen in der Form von Rechtsvorschriften (§ 46 Abs. 2 ZGB)24. Handelsbetriebe, Dienstleistungsbetriebe und ähnliche Einrichtungen waren – sanktionslos – verpflichtet, die für ihren Bereich geltenden Allgemeinen Bedingungen in den Verkaufsoder Geschäftsräumen in geeigneter Form bekannt zu geben (§ 46 Abs. 3 ZGB). Für Verträge zwischen Kaufleuten, Unternehmen, Betrieben oder diesen gleichgestellten Wirtschaftssubjekten enthielt § 33 des Gesetzes über Wirtschaftsverträge vom 5.2.1976 (GW) eine Sonderregelung für den Fall sich kreuzender Geschäftsbedingungen. Danach beanspruchten die zuletzt übersandten AGB Geltung, wenn ihnen nicht vom Adressaten widersprochen wurde (§ 33 Abs. 2 GW). Ein einseitiger oder beiderseitiger Widerspruch hatte zur Folge, dass der 20 Vgl. näher Raiser AGB, S. 302 ff., Hellwege Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010, S. 103 ff., jeweils mit Nachw. 21 Zu Raisers Bedeutung für das AGB-Recht siehe Hellwege Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010, S. 8 ff., 301 ff., 333. 22 BGH v. 29.10.1956 – II ZR 79/55, BGHZ 22, 90 (97 ff.) = NJW 1957, 17 (18 f.). 23 Vgl. Berger/Marko NJ 1990, 475 f. Zu den allgemeinen Lieferbedingungen des Gesetzes über Wirtschaftsverträge bei Wirtschaftsbeziehungen zu RGW-Staaten vgl. Stargardt ZIP 1990, 471 ff. 24 Z.B. AO für die Allgemeinen Bedingungen beim An- und Verkauf gebrauchter Konsumgüter v. 20.10.1986 (GBl. DDR I Nr. 34 S. 433 ff.), AO über die Allgemeinen Bedingungen für die Veröffentlichung in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen v. 11.2.1976 (GBl. DDR I Nr. 8 S. 155), AO über die Allgemeinen Bedingungen für Leistungen der Reisebüros der DDR v. 27.7.1976 (GBl. DDR I Nr. 32 S. 406); vgl. auch Göhring Kommentar zum ZGB und zum EGBGB, 2. Aufl. 1985, § 46 Anm. 2.

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Vertrag ohne AGB zu Stande kam, es sei denn, dass auch dem Zustandekommen des Vertrages selbst widersprochen wurde (§ 33 Abs. 3 GW). Seit 1.7.1990 galt auch in der ehemaligen DDR das AGBG. Soweit Altverträge vor dem 1.7.1990 abgeschlossen worden waren, galt für sie grundsätzlich DDR-Recht fort25. Hiervon ausgenommen waren jedoch Verträge über die regelmäßige Lieferung von Waren26, die regelmäßige Erbringung von Dienstleistungen sowie die Gebrauchsüberlassung von Sachen. Soweit diese Verträge noch nicht abgewickelt waren, fand § 9 AGBG auf sie Anwendung27.

4. Reformbestrebungen seit den 1960er Jahren 13

Die Diskussionen über eine gesetzliche Regelung des Rechts der AGB setzte – nach ersten Vorläufern in den 1950er Jahren – seit 1960 verstärkt ein. Waren es zunächst vor allem rechtspolitische Beiträge im Schrifttum28 und rechtsvergleichende Untersuchungen29, so griff die Diskussion zu Beginn der 1970er Jahre verstärkt auch auf Regierung und Parteien über. Den Anfang machte der Bericht der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik vom 18.10.1971; darin wurde ausdrücklich auf die Notwendigkeit eines wirksamen Schutzes der Verbraucher gegen unangemessene Vertragsbedingungen hingewiesen und eine amtliche Untersuchung dieser Fragen angekündigt30. Die Ankündigung führte zur Berufung einer Sachverständigengruppe durch den Bundesminister der Justiz („Arbeitsgruppe beim BMJ“) mit dem Auftrag, Lösungsvorschläge zur gesetzlichen Regelung des Rechts der AGB zu erarbeiten (vgl. dazu Rz. 16).

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Unter den Reformvorschlägen der politischen Parteien waren die zeitlich ersten die Beratungen und Vorschläge des rechtspolitischen Kongresses der SPD vom Mai 1972. Sie zielten ab auf eine Präventivkontrolle für alle zur Verwendung im Rechtsverkehr bestimmten AGB31, eine Forderung, die sich auch der SPD-Parteitag 1973 zu eigen machte. Seitens der CDU legte die Fachkommission „Verbraucherschutz“ des Bundesarbeitskreises Christlich-Demokratischer Juristen im August 1974 den Entwurf für ein Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor32; er bildete die Grundlage für den am 31.1.1975 von der CDU/ CSU-Fraktion eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen (BT-Drucks. 7/3200, vgl. dazu Rz. 18). Anfang 1975 befasste 25 Art. 232 § 1 EGBGB, vgl. MünchKomm/Säcker, 4. Aufl. 2006, Art. 232 § 1 EGBGB Rz. 1 ff. Bei Konto- und Sparkontoverträgen galt die Sondervorschrift des Art. 232 § 7 EGBGB, nach der Banken-AGB auch durch einseitige Erklärung des Kreditinstituts auf Altverträge anwendbar waren, MünchKomm/Hüffer, 4. Aufl. 2006, Art. 232 § 7 EGBGB Rz. 1 ff., 6 f. 26 Die Auslegung des Begriffs richtete sich nach § 28 AGBG, vgl. BGH v. 29.5.1991 – VIII ZR 71/90, ZIP 1991, 960 (961). 27 § 23 Nr. 5 RVInKrsG (Gesetz v. 21.6.1990, GBl. DDR I S. 357). 28 Vgl. namentlich Raiser JZ 1958, 7 und Raiser in FS DJT, 1960, S. 101 ff.; Mroch Zum Kampf gegen unlautere Geschäftsbedingungen, 1960; Kliege Rechtsprobleme der AGB in wirtschaftswissenschaftlicher Analyse, 1966. 29 von Caemmerer (Hrsg.), Richterliche Kontrolle von AGB, Schriftenreihe der Gesellschaft für Rechtsvergleichung Bd. 41, 1968, mit Beiträgen von Hauss, Neumayer, Raiser, Yadin u.a. 30 BT-Drucks. VI/2724 S. 8; ebenso die Stellungnahme des Bundesrats v. 9.2.1972 (BRDrucks. 568/71). 31 Gerechtigkeit in der Industriegesellschaft, 1972, S. 73 f. 32 BB 1974, Beil. 9.

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sich auch der Bundesfachausschuss der FDP mit Fragen des AGB-Rechts und sprach sich für eine besondere Klage der Wirtschafts- und Verbraucherverbände gegen die Verwendung unangemessener AGB sowie dafür aus, den Wirtschaftsund Verbraucherverbänden die Möglichkeit zu bieten, in einem paritätisch besetzten Gremium unter einem neutralen Vorsitz Muster für AGB aufzustellen. Erwähnung verdienen schließlich neben dem Gesetzentwurf eines Verbandes33 15 und der Empfehlung des Verbraucherbeirates beim Bundesminister für Wirtschaft an die Bundesregierung (vgl. 7. Aufl. Einl. Rz. 11) die Beratungen des 50. Deutschen Juristentags vom September 1974 zur Frage „Welche gesetzgeberischen Maßnahmen empfehlen sich zum Schutz des Endverbrauchers gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen?“. Auf der Grundlage des Gutachtens von Kötz und des Referats von Ulmer bejahte der 50. DJT unter Ausweitung der Fragestellung auf den kaufmännischen Verkehr mit großer Mehrheit (328 : 17 : 27 Stimmen) die Notwendigkeit gesetzgeberischer Maßnahmen zur Regelung des Rechts der AGB. Weitere, mit unterschiedlichen Mehrheiten gefasste Beschlüsse des DJT gingen dahin, – für die gesetzliche Regelung den Gedanken leitend sein zu lassen, dass die Vertragsgestaltungsfreiheit nicht durch die Verwendung unangemessener AGB missbraucht wird, – die Regelung in ihrem persönlichen Anwendungsbereich grundsätzlich unbeschränkt auszugestalten vorbehaltlich sachlich gebotener Zusatzregelungen zum Schutze der Endverbraucher, – für die Inhaltskontrolle von AGB in Anlehnung an die Aufteilung im Referentenentwurf 1 (Rz. 17) a) einen Katalog stets unzulässiger Klauseln aufzustellen, b) einen Katalog von Klauseln niederzulegen, die im Regelfall unzulässig sind, c) eine Generalklausel als Auffangtatbestand vorzusehen34. Diese Empfehlungen haben durchweg Eingang in das Gesetzgebungsverfahren des AGBG gefunden (Rz. 24).

II. Das AGBG von 1976 – Entstehung und Novellierungen 1. Die verschiedenen Entwürfe Zur rechtspolitischen Vorgeschichte des AGBG vgl. Rz. 13 ff. Hervorhebung ver- 16 dient vor allem der Bericht der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik vom 18.10.197135, in dem erstmals von offizieller Seite auf die Notwendigkeit eines wirksamen Schutzes der Verbraucher vor unangemessenen Vertragsbedingungen hingewiesen worden war. Der Vorstoß führte im Dezember 1972 dazu, dass der Bundesminister der Justiz eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Rechtswissenschaft, der Rechtsprechung, der Wirtschaft und der Verbraucherschaft sowie der Justiz- und Wirtschaftsressorts des Bundes und der Länder einsetzte. Aufgabe der Arbeitsgruppe war es insbesondere, „Wege und Lösungsmöglichkeiten zu er33 Arbeiterkammer Bremen, Entwurf für ein „Gesetz über die Genehmigungspflicht von Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (Herbst 1973). 34 50. DJT, Sitzungsbericht, S. H 231 f. 35 BT-Drucks. VI/2724 S. 1 ff.

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arbeiten, die auf eine Verbesserung des Schutzes des Letztverbrauchers vor unangemessenen und missbräuchlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerichtet sind“. Die Arbeitsgruppe nahm im Februar 1973 ihre Arbeit auf und legte nach intensiven Beratungen im März 1974 einen Ersten Teilbericht betreffend materiellrechtliche Regelungen zum Schutz der Verbraucher gegenüber AGB vor36. 17

Die Gesetzesvorschläge der BMJ-Arbeitsgruppe führten zu dem im Juni 1974 den Wirtschafts- und Verbraucherverbänden sowie den Ressorts des Bundes und der Länder zur Stellungnahme übermittelten Referentenentwurf I37. Die abgegebenen Stellungnahmen und die sich anschließende Anhörung von rund 150 Verbänden der Wirtschaft und der Verbraucher Anfang 1975 fanden ihren Niederschlag in einer überarbeiteten Fassung vom März 1975 (Referentenentwurf II). Er wurde nach Abstimmung zwischen den beteiligten Ressorts mit den sich daraus ergebenden Änderungen als Regierungsentwurf beschlossen und dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet. Der Bundesrat nahm hierzu in der Sitzung vom 11.7.1975 Stellung. Neben einer Reihe kleinerer Änderungen und Ergänzungen sprach er sich vor allem für eine Einbeziehung des Verfahrensrechts in das AGBG aus38.

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Etwa gleichzeitig mit dem Referentenentwurf I legte der Bundesarbeitskreis Christlich-Demokratischer Juristen den Entwurf eines Gesetzes über Allgemeine Geschäftsbedingungen vor39. Der Entwurf entsprach in seinen materiellrechtlichen Vorschriften in großen Zügen den im Teilbericht I enthaltenen Beratungsergebnissen der Arbeitsgruppe, unterschied sich hiervon und vom Referentenentwurf I aber dadurch, dass er erstens über den reinen Verbraucherschutz hinaus grundsätzlich auch die Kaufleute in den Schutzbereich des Gesetzes einbezog und zweitens eine – wenn auch stark eingeschränkte40 – Verfahrensregelung enthielt. Der Entwurf wurde im Wesentlichen unverändert von der CDU/CSUFraktion im Bundestag eingebracht (CDU/CSU-Entwurf41).

2. Die parlamentarischen Beratungen 19

Dem Bundestag wurde der Regierungsentwurf im August 1975, also erst in der Schlussphase der 7. Legislaturperiode, zugeleitet. Die erste Lesung fand am 25.9.1975 statt; sie führte zur Verweisung an den Rechtsausschuss (federführend) unter Mitberatung durch den Ausschuss für Wirtschaft. Diesen Ausschüssen war zuvor schon der CDU/CSU-Entwurf überwiesen worden.

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Obwohl über die materiellrechtlichen Teile eines neuen AGBG zwischen den Fraktionen im Wesentlichen Einigkeit bestand, stand das Schicksal des Gesetzes monatelang auf des Messers Schneide. Dies lag einerseits an der Kürze der für die Beratungen namentlich im Rechtsausschuss noch verfügbaren Zeit vor Ende der Legislaturperiode, andererseits an der von der CDU/CSU aufgestellten, in 36 Zu Zusammensetzung, Beratungen und Empfehlungen der Arbeitsgruppe vgl. den lesenswerten Bericht von Hensen Zur Entstehung des AGB-Gesetzes, in FS Heinrichs, 1998, S. 335 ff. 37 Abgedruckt in DB 1974, Beil. 18. 38 Vgl. BT-Drucks. 7/3919 S. 47 ff. 39 BB 1974, Beil. 9. 40 9. Aufl. (Hensen) Vor § 13 AGBG Rz. 9. 41 BT-Drucks. 7/3200.

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der Stellungnahme des Bundesrats (Rz. 17) übernommenen Forderung, das Gesetz nicht ohne einen verfahrensrechtlichen Teil zu verabschieden. Nachdem sich auch die FDP dieser Ansicht angeschlossen hatte, kam es im Frühjahr 1976 unter Assistenz des Bundesministeriums der Justiz zur Ausarbeitung einer Verfahrensregelung, die von den Fraktionen der SPD und FDP als Änderungsantrag in die Beratungen des Rechtsausschusses eingebracht wurde; vgl. Näheres 8. Aufl. (Hensen) Vor § 13 AGBG Rz. 8 f. Der Rechtsausschuss befasste sich mit den beiden ihm überwiesenen Entwürfen (Rz. 19) in vier Sitzungen. Er empfahl nach z.T. kontroversen Einzelabstimmungen im Ergebnis einmütig, „die Gesetzesentwürfe nach Maßgabe der einzelnen Änderungen und Ergänzungen, die teilweise mehrheitlich beschlossen worden sind, anzunehmen“. Sachlich bezog sich diese Kompromissformel auf die Annahme des Regierungsentwurfs mit den im Ausschuss beschlossenen Änderungen, darunter namentlich die Ergänzung durch den von den Koalitionsfraktionen SPD und FDP eingebrachten Verfahrensteil. Nachdem auch der Ausschuss für Wirtschaft einstimmig die Annahme des um den Verfahrensteil ergänzten s empfohlen hatte, wurde die Gesetzesvorlage vom Bundestag am 24.6.1976 in zweiter und dritter Lesung unter Zustimmung aller Fraktionen verabschiedet.

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Trotz dieses interfraktionellen Kompromisses im Bundestag rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an. Neben einigen vorwiegend redaktionellen Änderungsvorschlägen sprach er sich vor allem gegen die gesetzlich vorgesehene erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im abstrakten Kontrollverfahren sowie gegen die in § 21 AGBG vorgesehene mittelbare Rechtskrafterstreckung von Unterlassungsurteilen gegen AGB-Verwender aus. Der Vermittlungsausschuss schloss sich zwar den Bedenken des Bundesrats gegen die vorgesehene Zuständigkeitsregelung an und empfahl stattdessen die erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte für die Verbandsklage. Hinsichtlich der Rechtskraftwirkungen von Unterlassungsurteilen beließ er es aber bei der Lösung des § 21 AGBG. In dieser Fassung wurde das Gesetz schließlich in der letzten Sitzung des 7. Bundestages am 10.11.1976 verabschiedet. Der Bundesrat stimmte am 12.11.1976 zu. Entsprechend seinem § 30 trat das Gesetz am 1.4.1977 in Kraft.

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3. Die wesentlichen Streitfragen Ungeachtet der einstimmigen Verabschiedung des AGBG in Bundestag und Bundesrat war die Zahl umstrittener Regelungsprobleme im Zuge der Gesetzesberatungen und namentlich auch in der vorparlamentarischen rechtspolitischen Diskussion (Rz. 13 ff.) nicht gering. Sieht man von einem über die AGB-Diskussion hinausgehenden, auf eine Reform des Schuldvertragsrechts im BGB unter genereller Einschränkung der Vertragsfreiheit zielenden Ansatz ab42, so bezogen sie sich sowohl auf das materielle als auch auf das Verfahrensrecht eines AGBG. Im Zuge der Beratungen gelang es jedoch, zu übereinstimmenden und alles in allem sachgemäßen Lösungen zu gelangen.

42 Dafür etwa Kötz Gutachten, S. A 68 ff.; M. Rehbinder AGB und die Kontrolle ihres Inhaltes, 1972, S. 36 ff.; Schmidt-Salzer AGB, Bilanz und rechtspolitische Folgerungen, 1973, S. 36 ff.; zu Recht ablehnend M. Wolf JZ 1974, 42.

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Näher zu den Streitfragen im Zuge der Entstehung des AGBG vgl. 3. Aufl., Einl. Rz. 34 ff. Sie betrafen zum einen den Anwendungsbereich des Gesetzes, darunter vor allem die Ausgestaltung des persönlichen Anwendungsbereichs. Entgegen der zunächst dominierenden Tendenz, unter Ausklammerung des Handelsverkehrs ein spezifisches Verbraucherschutzgesetz mit entsprechend weit gehenden Regelungen zu schaffen43, setzte sich im Regierungsentwurf zu Recht die Ansicht durch, den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes umfassend auszugestalten und der besonderen Schutzbedürftigkeit nichtkaufmännischer Kunden durch zusätzliche, auf den Handelsverkehr unanwendbare Vorschriften Rechnung zu tragen. Das führte zur Ausnahmeregelung des § 24 AGBG (= § 310 Abs. 1) betreffend die Nichtgeltung der §§ 2, 10 bis 12 AGBG (= § 305 Abs. 2, 3, §§ 308, 309) gegenüber Kaufleuten als Kunden. Ein zweiter Streitpunkt betraf die Forderung nach besonderen, über die allgemeinen Vertragsabschlussvorschriften hinausgehenden Einbeziehungsvoraussetzungen; sie hat zwar in § 2 AGBG (= § 305 Abs. 2, 3) ihren Niederschlag gefunden, jedoch in einer gegenüber den Vorentwürfen deutlich gemäßigten Fassung (vgl. § 305 Rz. 106). Umstritten waren schließlich auch die Maßstäbe für die Inhaltskontrolle und insbesondere die Frage, ob die Generalklausel des § 9 AGBG die Wirksamkeit der AGB an den Nachweis ihrer Angemessenheit binden oder ob sie sich im Anschluss an die frühere Rechtsprechung darauf beschränken sollte, missbräuchlichen oder sonst unbilligen vorformulierten Vertragsbestimmungen die Wirksamkeit zu versagen; der Gesetzgeber hat sich in § 9 Abs. 1 AGBG (= § 307 Abs. 1) bekanntlich im Grundsatz für die zweite, gemäßigte Linie entschieden. In allen drei Punkten war der Einfluss der entsprechenden Beschlüsse des 50. DJT (vgl. Rz. 15), die sich gegen die im Ersten Teilbericht (Rz. 16) zum Ausdruck gekommenen abweichenden Tendenzen wandten, unverkennbar44.

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Weitere Streitpunkte betrafen die Errichtung von Verbraucherschutzbehörden als Kontrollinstanz mit der Aufgabe, die Verwendung von AGB von deren vorheriger Genehmigung abhängig zu machen45 oder ihnen eine Klagebefugnis gegen unbillige AGB zu übertragen46, sowie die Einführung eines Verfahrens zur Aufstellung und Privilegierung von Musterbedingungen47. Die hierauf gerichteten Vorschläge der Arbeitsgruppe beim BMJ setzten sich im Gesetzgebungsverfahren ebenfalls nicht durch. Wohl aber eröffnete das GWB in §§ 2 Abs. 2, 22 Abs. 3 Nr. 2 a.F. die Möglichkeit, Konditionenkartelle zu vereinbaren oder Empfehlungen von Muster-AGB auszusprechen, wobei dem BKartA neben der Prüfung der wettbewerblichen Auswirkungen auch die – die richterliche Inhaltskontrolle freilich unberührt lassende – Aufgabe zufiel, den Inhalt der als Konditionenkar43 So noch der Erste Teilbericht der Arbeitsgruppe beim BMJ (oben Rz. 16) sowie die Fragestellung der Zivilrechtlichen Abteilung des 50. DJT in Hamburg 1974; aus der Literatur in diesem Sinne namentlich Reich ZRP 1974, 187 (188) und M. Wolf JZ 1974, 465 (469); a.A. Brandner JZ 1974, 614; Eith NJW 1974, 16 (20); Nicklisch BB 1974, 941 (945 ff.), und Ulmer Referat S. H 21 ff. 44 Vgl. Beschlüsse Nr. 4, 6 und 9, Sitzungsbericht, S. H 231 f. 45 Dafür namentlich von Hippel ZRP 1972, 111 und BB 1973, 995 sowie ASJ Südbayern ZRP 1972, 148; a.A. die h.M., vgl. Brandner JZ 1973, 617; Dietlein NJW 1974, 1065; Löwe in FS Larenz, 1973, S. 396 ff.; Rinck WuW 1974, 293; M. Wolf JZ 1974, 44; Kötz Gutachten S. A 94 ff.; Ulmer Referat, S. H 33. 46 So Teilbericht II S. 23 ff., 42 f. 47 Teilbericht II S. 26 ff., 62 ff.; so auch schon Brandner JZ 1973, 617 und von Hippel BB 1973, 994; a.A. Ulmer Referat S. H 33 f.; 50. DJT, Beschluss Nr. 12, Sitzungsbericht, S. H 232, und Rinck WuW 1974, 295.

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tell oder -empfehlung angemeldeten AGB auf unangemessene Klauseln zu überprüfen und ggf. die Anmeldung zu beanstanden (vgl. Rz. 76).

4. Die AGBG-Novelle 1996 Von wenigen unwesentlichen Randkorrekturen abgesehen48, erfuhr das AGBG 26 eine ins Gewicht fallende Änderung erstmals rund 20 Jahre nach seinem Inkrafttreten durch die AGBG-Novelle 199649. Die Novelle diente der Umsetzung der Vorgaben der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen50; sie trat am 25.7.1996, d.h. mit mehr als anderthalbjähriger Verspätung gegenüber der von der Richtlinie vorgegebenen Umsetzungsfrist in Kraft. Von der nur geringfügig modifizierten Vorschrift des § 12 über den internationalen Anwendungsbereich des AGBG abgesehen, beschränkte sie sich – äußerlich gesehen – auf eine scheinbar geringfügige Ergänzung der Vorschriften des Vierten Abschnitts durch Aufnahme des § 24a AGBG betreffend Verbraucherverträge unter Ausweitung des Anwendungsbereichs des AGBG auf diese Verträge (Nr. 1 und 2) und unter Erweiterung der Inhaltskontrollmaßstäbe für diese Verträge (Nr. 3). Diese Harmonisierung nach dem Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Gesetz durch die verbraucherschutzspezifische Regelung und ihren Hintergrund im EG-Recht in systematischer Hinsicht eine nicht unerhebliche Umgestaltung in Bezug auf Verbraucherverträge erfahren hat. Neben der Notwendigkeit richtlinienkonformer Auslegung des § 24a AGBG (Rz. 96 ff.), der partiellen Änderung des Schutzzwecks (Rz. 54) und der Erweiterung des Anwendungsbereichs des Gesetzes vor allem im Hinblick auf vorformulierte Einzel-Verbraucherverträge (Rz. 3) zeigt sich diese Umgestaltung nicht zuletzt darin, dass in die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen zusätzlich zu den generell-abstrakten Kriterien der §§ 9 bis 11 AGBG in der Folge auch konkret-individuelle Elemente nach Maßgabe des § 24a Nr. 3 AGBG einbezogen wurden (vgl. § 307 Rz. 402 ff.).

5. Weitere Änderungen 1997 bis 2000 Seit der AGBG-Novelle 1996 erfuhr das AGBG bis zu seiner Aufhebung im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung eine Reihe weiterer, z.T. nicht unerheblicher Änderungen. Sie betrafen nur teilweise „klassisches“ AGB-Recht und ließen zudem befürchten, das Gesetz könnte zu einem rechtspolitisch beliebten, für seine systematische Geschlossenheit jedoch wenig glücklichen Sammelbecken sonstiger verbraucherschützender Vorschriften werden (vgl. insbesondere die Neuregelung der §§ 22, 22a, 27a, 29 AGBG). Die erste, vergleichsweise geringfügige Änderung durch das BegleitG von 199751 als Teil der Postreform III regelte die Nichtanwendung des § 2 AGBG auf die Einbeziehung amtlich veröffentlichter AGB in Verträge über Telekommunikations- und Postdienstleistungen durch 48 Sie betrafen die §§ 10 Nr. 8, 11 Nr. 1 und 23 Abs. 2 Nr. 1a AGBG sowie aus dem Verfahrensrecht die §§ 16 Nr. 1 und 22 AGBG. 49 Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung v. 19.7.1996, BGBl. 1996 I 1036. 50 Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen v. 5.4.1993, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff. (abgedruckt auf S. XLIII ff. dieses Kommentars). 51 Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz v. 17.12.1997, BGBl. 1997 I 3108.

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Einleitung

§ 23 Abs. 2 Nr. 1a und 1b n.F. AGBG. Im Zuge des HRefG von 199852 wurde die Sondervorschrift des § 24 Satz 1 Nr. 1 AGBG betreffend den persönlichen Anwendungsbereich über die Kaufleute als Kunden hinaus auf sonstige Gewerbetreibende und Freiberufler („Unternehmer“) ausgedehnt. Das ÜG von 199953 regelte neben der Erstreckung der Verordnungs-Kompetenz des § 27 AGBG auf Allgemeine Bedingungen für die Entsorgung von Abwasser vor allem das Institut der Kundenbeschwerden (§ 29 AGBG) bei Streitigkeiten zwischen Kreditinstituten und ihren Kunden betreffend die Anwendung der §§ 675a bis 676g. Die letzte Änderung durch das Gesetz über Fernabsatzverträge von 200054 führte schließlich – außer der Verlagerung des § 12 AGBG in das EGBGB (Art. 29a) – zur Aufnahme eines allgemeinen, neben § 13 AGBG tretenden Unterlassungsanspruchs der Verbraucher- und Wirtschaftsverbände wegen Verstößen gegen Verbraucherschutzgesetze in §§ 22, 22a AGBG. Sie diente der Umsetzung der EG-Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen in das deutsche Recht, war freilich – ebenso wie die korrespondierende Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 AGBG – gesetzestechnisch missglückt, soweit es um die Klagebefugnis gewerblicher Verbände ging55.

III. Die Integration des materiellen AGB-Rechts in das BGB im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung 2002 und die weitere Entwicklung 1. Überblick a) Das Für und Wider der BGB-Integration 28

In der zum Erlass des AGB-Gesetzes führenden rechtspolitischen Diskussion (Rz. 16 ff.) bestand weitgehende Einigkeit darüber, dass sich für diese Materie nicht eine Ergänzung des BGB, sondern ein eigenständiges, das allgemeine bürgerliche Recht überlagerndes Sondergesetz mit verschiedenen Regelungsschwerpunkten (Allgemeine Vorschriften mit AGB-Definition, Einbeziehungs-, Auslegungs- und Lückenfüllungsregeln; Inhaltskontrolle; abstrakte Kontrollklage durch Verbände und Kammern) empfehle. Dementsprechend kam es im Jahr 1976 zur Kodifikation des AGBG als Sondergesetz für vorformulierte Vertragsbedingungen unter Einschluss eines verfahrensrechtlichen Teils, ohne dass sich damit für die sachlich zuständigen Zivilgerichte erkennbare Probleme der Rechtsanwendung verbunden hätten. Der inhaltliche Zusammenhang der Neuregelung insbesondere mit den für grundsätzlich alle Arten von Rechtsgeschäften geltenden allgemeinen BGB-Normen und die Notwendigkeit, das AGB-

52 Handelsrechtsreformgesetz v. 22.6.1998, BGBl. 1998 I 1474. 53 Überweisungsgesetz v. 21.7.1999, BGBl. 1999 I 1642. 54 Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro v. 27.6.2000, BGBl. 2000 I 897. 55 Der BT-Rechtsausschuss übernahm insoweit die Formulierung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG (offenbar ungeprüft), ohne zu bemerken, dass die Beschränkung der Klagebefugnis dieser Verbände auf „eine Handlung …, die geeignet ist, den Wettbewerb auf diesem Markt wesentlich zu beeinträchtigen“, aus der Sicht des AGBG sachwidrig ist. Leider wurde dieser Fehler auch seither nicht beseitigt, vgl. § 3 UKlaG Rz. 7b f.; für „berichtigende Auslegung“ BGH v. 20.11.2002 – VIII ZR 146/01, BGHZ 153, 6 (10 f.) = NJW 2003, 1241.

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Recht vor diesem gemeinsamen Hintergrund auszulegen, standen nie ernsthaft in Frage; sie wurden auch von den AGBG-Kommentaren durchweg betont56. Zugleich hatte die gewählte Regelungstechnik den Vorteil, den Rechtsunterworfenen das für vorformulierte Vertragsbedingungen geltende, verschiedene Regelungsmaterien umfassende Sonderrecht kompakt und gut überschaubar vor Augen zu führen, ohne mit der BGB-Systematik in Konflikt zu geraten. Von dieser seit einem Vierteljahrhundert bewährten, allgemein akzeptierten Regelungstechnik ist der SMG-Entwurf57 zur Überraschung der Fachkreise durch sein auch für eine Reihe von Verbraucherschutzgesetzen58 befolgtes Integrationsmodell abgewichen. An diesem Regelungskonzept hat sodann auch der Gesetzgeber unter Einfügung eines neuen Abschnitt 2 betreffend „Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen“ (§§ 305 bis 310) in das Zweite Buch des BGB trotz der in Teilen der Literatur hieran geübten Kritik59 festgehalten. Maßgebend für die BGB-Integration waren ausweislich der Entwurfsbegründung60 drei Gründe: (1) die Verbesserung der Transparenz und Übersichtlichkeit des deutschen Zivilrechts, (2) die enge Verwobenheit des AGB-Rechts mit dem BGB-Schuldrecht und die Verhinderung der Gefahr einer Auseinanderentwicklung der beiden Regelungsbereiche und (3) der wesentliche Einfluss des AGB-Rechts auf den Gestaltungsspielraum des grundsätzlich dispositiven Schuldrechts. Indessen konnten diese – einander teilweise überschneidenden – Gründe eine Regelungsnotwendigkeit i.S.d. SMG weder je für sich noch zusammengenommen begründen61. Wohl aber stand zu befürchten, dass die Integration des AGBG zu Verwerfungen für die seit einem Jahrhundert bewährte BGB-Systematik führen und dass sie je nach ihrer Ausgestaltung auch die im AGBG bestens gewährleistete Transparenz und Übersichtlichkeit des AGB-Rechts beeinträchtigen würde62. Auch gab es in der Rechtsentwicklung seit 1976 keine Anzeichen für die vom SMG-Entwurf beschworene Gefahr einer nicht sachbedingten Auseinanderentwicklung der beiden Regelungsbereiche. Und schließlich vermochte auch das Argument vom wesentlichen Einfluss des AGB-Rechts auf den Gestaltungsspielraum des grundsätzlich disponiblen Schuldrechts nicht zu überzeugen; denn dieser Einfluss beschränkt sich auf vor56 Vgl. nur die Ablehnung der Normentheorie betr. die Rechtsnatur der AGB durch die ganz h.M. (Rz. 39 ff.) sowie die für die AGBG-Kommentare typische Methode, die Regelungen des AGBG vor dem Hintergrund der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre und des BGB-Vertragsrechts zu erläutern. 57 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040 S. 149 ff. Der Entwurf wurde aus Zeitgründen als Entwurf der Koalitionsfraktionen eingebracht; er beruhte jedoch durchweg auf den – von der Bundesregierung gebilligten – Vorarbeiten des BMJ. 58 VerbrKrG, HaustürWG, FernAbsG u.a. 59 Vgl. einerseits (gegen Integration) Ulmer JZ 2001, 491 (492 ff.), andererseits (für Einstellung in den Allgemeinen Teil) Wolf/Pfeiffer ZRP 2001, 303 (306); Coester Diskussionsbericht JZ 2001, 498. 60 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040 S. 92, 97, 149 f. 61 Vgl. dazu näher Ulmer JZ 2001, 492 und Ulmer in Schulze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 2001, S. 215 (220 ff.); so tendenziell auch Stoffels Rz. 59; Weick JZ 2002, 442. 62 So nachdrücklich zu Recht Weick JZ 2002, 442; für systematisch stimmige Aufteilung der materiellrechtlichen Normen des AGB-Gesetzes auf die beiden ersten Bücher des BGB Pfeiffer in Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 2001, S. 481 (503 f.).

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formulierte Vertragsbedingungen und lässt die Vertragsfreiheit im Übrigen, d.h. bei nicht der AGB-Definition unterfallenden Verträgen, unberührt. 30

Dass hinter dem scheinbar auf rechtstechnische Aspekte beschränkten Streit um den Regelungsstandort des AGB-Rechts unterschiedliche Grundkonzepte vom Kodifikationsziel des BGB standen, war für Kundige zwar unverkennbar, wurde in der Auseinandersetzung jedoch meist nicht beachtet. Denn der SPDJustizministerin Däubler-Gmelin ging es bei der von ihr mit großem Elan betriebenen Schuldrechtsmodernisierung offenbar nicht nur um die seit langem diskutierte, sachlich gebotene Fortschreibung des noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Verjährungs- und Leistungsstörungsrechts unter Berücksichtigung der seither eingetretenen Rechtsentwicklung, sondern auch darum, den sozialen Charakter des BGB durch Integration der nicht wenigen in den letzten Jahrzehnten entstandenen Materien des sog. Sonderprivatrechts zu akzentuieren und der liberalen Kodifikation von 1896 dadurch eine neue Richtung zu geben. Demgegenüber verwiesen die Gegner der Integration auf den Charakter des AGBG als eigenständiges Kodifikationswerk, der sich in den nicht wenigen Besonderheiten des AGB-Rechts wie Rechtsnatur der AGB, besondere Einbeziehungsund Auslegungskriterien, Aufrechterhaltung lückenhafter Restgeschäfte, Ablösung des Prinzips der Vertragsfreiheit durch dasjenige der Vertragsgerechtigkeit zeige63. Die bedauerliche Integrationsentscheidung des SMG-Gesetzgebers ist zwar nicht in der Lage, diese Besonderheiten inhaltlich zu ändern. Sie hat jedoch dazu geführt, den Blick für die bestehenden Unterschiede zu verdunkeln und die dem AGB-Gesetz zukommende Signalwirkung entfallen zu lassen. b) Systematische Aspekte der Integration – die Lösung des SMG

31

Unter den Befürwortern der BGB-Integration des AGB-Rechts standen sich von Anfang an zwei Ansichten zur Art und Weise (dem „Wie“) der Integration gegenüber. Die Vertreter der systematischen Lösung64 betonten die unterschiedlichen, teils dem Allgemeinen Teil und teils dem Allgemeinen bzw. Besonderen Schuldrecht zuzuordnenden Regelungsbestandteile des AGB-Gesetzes65 und befürworteten dementsprechend deren Aufsplitterung auf die jeweils korrespondierenden Standorte der beiden ersten Bücher des BGB. Demgegenüber hoben die Vertreter der en bloc-Lösung66 den sachlichen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Teilen des materiellen AGB-Rechts hervor und plädierten im Anschluss an die ersten, in diese Richtung zielenden SMG-Entwürfe aus dem BMJ67 für die en bloc-Lösung. Dem hat sich – unter „Aufwertung“ des ursprünglich dafür vorgesehenen Untertitels68 zu einem besonderen Abschnitt des Zweiten Buches –

63 So schon Karsten Schmidt Die Zukunft der Kodifikationsidee, 1985, S. 50 f.; eingehend Ulmer JZ 2001, 495. 64 Insb. Pfeiffer in Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 2001, S. 481 (503 f.); so der Sache nach auch M. Wolf Diskussionsbericht JZ 2001, 498. Anders dann M. Wolf ZRP 2001, 303 (306): für en bloc-Einordnung im Allgemeinen Teil. 65 Vgl. die Übersicht bei Ulmer JZ 2001, 494. 66 So außer Ulmer JZ 2001, 494 auch Stoffels Rz. 59 und Wolf/Pfeiffer ZRP 2001, 306. 67 Diskussionsentwurf eines SMG, abgedruckt bei Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 2001, S. 613 ff., §§ 309 bis 314a, sowie sog. Konsolidierte Fassung des SMG v. 6.3.2001 (SMG-DE 03-060301). 68 Diskussionsentwurf eines SMG, abgedruckt bei Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 2001, S. 613 ff., §§ 309 bis 314a.

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Einleitung

auch der so vom Parlament verabschiedete offizielle SMG-Entwurf angeschlossen; dadurch hat er immerhin die Einheit des AGB-Rechts, wenn auch in stark komprimierter, von Transparenz z.T. weit entfernter Form, gewahrt. Aus AGBrechtlicher Sicht ist diese Lösung als das „kleinere Übel“ zu begrüßen69. Angesichts der damit verbundenen systematischen Verwerfungen innerhalb des BGB, das seitdem nicht nur Materien aus dem Bereich des Allgemeinen Teils70, sondern auch sachenrechtlich relevante Anforderungen an den Inhalt vorformulierter Vertragsbedingungen71 im BGB-Schuldrecht regelt, sind die Bedenken gegen diese Art der Regelungstechnik jedoch unverkennbar. Sie hätten sich durch den sachlich nahe liegenden Verzicht auf die BGB-Integration unschwer vermeiden lassen.

2. Änderungen des AGB-Rechts im Zuge der BGB-Integration Inhaltlich unverändert in das BGB übernommen wurden, bei freilich teilweise wenig sachgerechter Neuordnung des jeweiligen Regelungsstandorts im Zweiten Abschnitt72, einerseits die Allgemeinen Vorschriften der §§ 1 bis 7 AGBG. Im Wesentlichen unverändert blieb andererseits auch die überwiegende Zahl der Vorschriften über die Inhaltskontrolle von AGB, darunter insbesondere die §§ 973 und 10 AGBG sowie der Sache nach – trotz redaktioneller Neufassung – auch die Vorschrift des § 8 über die Schranken der Inhaltskontrolle; dazu näher § 307 Rz. 14 ff.; zur Nichtgeltung der Schrankenvorschrift für intransparente AGB vgl. § 307 Rz. 360 ff.

32

Nennenswerte inhaltliche Änderungen gab es demgegenüber einerseits in Bezug auf die Verbotstatbestände des § 11 Nr. 7 bis 11 AGBG; dabei ging es vor allem um die Anpassung dieser Tatbestände durch § 309 Nr. 7a und 8b an die Neuordnung des Leistungsstörungsrechts durch das SMG (vgl. § 309 Nr. 7 Rz. 4 f.; § 309 Nr. 8 Rz. 18). Gesetzestechnisch neu, wenn auch sachlich im Wesentlichen klarstellend (§ 307 Rz. 323 f.), war auch die Aufnahme des Transparenzgebots in die Inhaltskontrollvorschrift des § 307 Abs. 1 (früher § 9 Abs. 1 AGBG) als neuer Satz 274. Eine bedeutsame Änderung brachte andererseits auch die grundsätzliche Ausdehnung des sachlichen Anwendungsbereichs der Inhaltskontrolle abweichend von § 23 Abs. 1 AGBG auf Arbeitsverträge durch die Neuregelung des § 310 Abs. 4 Satz 2 (vgl. dazu Anh. § 310 Rz. 5 ff.). Inhaltlich sind diese Änderungen zu begrüßen; sie hätten freilich ebenso gut ohne Integration des AGBG in das BGB vollzogen werden können. Zu erwähnen sind schließlich einige eher marginale Änderungen des Ausnahmekatalogs des § 23 Abs. 2 und 3 AGBG durch Modifikation bzw. Streichung des § 23 Abs. 2 Nr. 2 und 4 AGBG sowie des Abs. 3 dieser Vorschrift.

33

69 70 71 72 73

Ulmer JZ 2001, 493. So die Vorschriften der §§ 305 bis 306a. Zur Anwendung des AGB-Rechts auf Verfügungsgeschäfte vgl. § 305 Rz. 15. Überzeugende Kritik bei Weick JZ 2002, 442. Vorbehaltlich der Aufnahme des Transparenzgebots in § 307 Abs. 1 Satz 2 (vgl. dazu Fn. 74). 74 Die Neuregelung beruht auf der entsprechenden Vorgabe in Art. 5 Satz 1 der RL 93/13/EWG und war bei deren Transformation im Jahr 1996 (Rz. 26) zunächst, weil geltendem (Richter-)Recht entsprechend, nicht ausdrücklich übernommen worden (vgl. Begr. RegE SMG, BT-Drucks. 14/6040 S. 153); für ausdrückliche Regelung auch schon Reich VuR 1995, 1 (3 ff.); Staudinger WM 1999, 1546 (1549 ff.); Leible EuZW 2001, 438 (439).

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Einleitung

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Die restlichen Änderungen im Zuge der BGB-Integration des AGB-Gesetzes sind rechtstechnischer Art. So wurden die ersten sieben AGBG-Paragraphen, d.h. die Allgemeinen Vorschriften, unter teilweiser Neuordnung auch ihrer Abfolge in den §§ 305 bis 306a zusammengefasst; das blieb nicht ohne Auswirkungen auf Klarheit und Verständlichkeit des Gesetzes75. Die Vorschriften der §§ 23 bis 24a AGBG über den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes und über Verbraucherverträge wurden – in ebenfalls wenig transparenter Art und Weise – in § 310 zusammengefasst, abgesehen von den wenigen schon erwähnten Ausnahmen aber inhaltlich unverändert beibehalten. Für den verfahrensrechtlichen Teil (§§ 13 bis 22a, 29 AGBG) war dessen Einstellung in das BGB nicht möglich. Daher musste insoweit ein neuer Standort gefunden werden; das führte zum Erlass des UKlaG als Art. 3 des SMG und verband sich mit einigen inhaltlichen Änderungen des Rechts der AGB-Verbandsklage (vgl. dazu vor § 1 UKlaG Rz. 1). Schließlich bestand Umstellungsbedarf auch für die inhaltlich noch nicht überholten, mit dem AGBG nur äußerlich verbundenen VO-Ermächtigungsnormen der §§ 27, 27a AGBG; sie wurden in Art. 243, 244 EGBGB eingestellt.

35

Nach allem lässt sich festhalten, dass das AGB-Recht trotz der mit der BGB-Integration verbundenen massiven Eingriffe in seine Regelungsstruktur im Kern unverändert fortbesteht. Das gestattet es auch, für die SMG-Neuregelungen, die nach Art. 229 § 5 EGBGB für nach dem 1.1.2002 abgeschlossene Verträge sowie (seit 1.1.2003) für Dauerschuldverhältnisse aus früherer Zeit gelten, weitgehend an die bisherige Rechtsentwicklung anzuknüpfen.

3. Synopse zur Integration des materiellen AGB-Rechts in das BGB-Schuldrecht a) AGB-Gesetz/BGB 36

AGB-Gesetz

BGB

§ 1

§ 305 Abs. 11

§ 2

§ 305 Abs. 22 und 31

§ 3

§ 305c Abs. 11

§ 4

§ 305b1

§ 5

§ 305c Abs. 21

§ 6

§ 3061

§ 7

§ 306a1

§ 8

§ 307 Abs. 33

§ 9

§ 307 Abs. 13 und 21

§ 10

§ 3082

§ 11 Nr. 1–6

§ 309 Nr. 1–62

Nr. 7

§ 309 Nr. 73

Nr. 8–11

§ 309 Nr. 83

Nr. 12–16

§ 309 Nr. 9–132

75 Vgl. nur Weick JZ 2002, 442.

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Einl. BGB

Einleitung AGB-Gesetz

BGB

§ 23 Abs. 1

§ 310 Abs. 43

§ 23 Abs. 2 Nr. 1

§ 305a Nr. 11

Nr. 1a und b

§ 305a Nr. 22

Nr. 2

§ 310 Abs. 23

Nr. 3

§ 309 Nr. 71 und 8a2

Nr. 4

§ 309 Nr. 73

Nr. 5

§ 308 Nr. 51, § 309 Nr. 8b ff.1

Nr. 6

§ 309 Nr. 91

§ 23 Abs. 3

Entfällt

§ 24

§ 310 Abs. 11

§ 24a

§ 310 Abs. 32

1 Unverändert. 2 Redaktionell (teilw.) verändert. 3 Inhaltlich verändert.

b) BGB/AGB-Gesetz BGB

AGB-Gesetz

§ 305 Abs. 1

§1

37

§ 305 Abs. 2 und 3

§2

§ 305a

§ 23 Abs. 2 Nr. 1 bis 1b

§ 305b

§4

§ 305c Abs. 1

§3

§ 305c Abs. 2

§5

§ 306

§6

§ 306a

§7

§ 307 Abs. 1 und 2

§9

§ 307 Abs. 3

§8

§ 308

§ 10; § 23 Abs. 2 Nr. 5

§ 309 Nr. 1 bis 6

§ 11 Nr. 1 bis 6

§ 309 Nr. 7

§ 11 Nr. 7; § 23 Abs. 2 Nr. 3 und 4

§ 309 Nr. 8

§ 11 Nr. 8 bis 11

§ 309 Nr. 9 bis 13

§ 11 Nr. 12 bis 16; § 23 Abs. 2 Nr. 6

§ 310 Abs. 1

§ 24

§ 310 Abs. 2

§ 23 Abs. 2 Nr. 2

§ 310 Abs. 3

§ 24a

§ 310 Abs. 4

§ 23 Abs. 1

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Einl. BGB

Einleitung

4. Weitere Entwicklung 38

Auch nach Inkrafttreten des SMG hat das AGB-Recht einige Änderungen erfahren. Rein redaktionellen Charakter hat die Änderung des § 305a Nr. 2 durch Art. 3 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts76; mit ihm ist der Einführung der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen Rechnung getragen worden. Art. 6 Nr. 2 des Risikobegrenzungsgesetzes77 hat sodann mit Wirkung vom 19.8.2008 den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 10 auf Darlehensverträge erstreckt (§ 309 Nr. 10 Rz. 2, 5). Art. 1 Nr. 1b, 1c und 1d Forderungssicherungsgesetz78 hat mit Wirkung vom 1.1.2009 die Privilegierung der VOB/B in § 308 Nr. 5, § 309 Nr. 8 aufgehoben und in § 310 Abs. 1 Satz 3 bestimmt, dass § 307 Abs. 1, 2 auf Verträge mit Unternehmern oder der öffentlichen Hand, in denen die VOB/B ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen der VOB/B unanwendbar ist (§ 310 Rz. 35a ff.). Art. 2 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/200879 hat mit Wirkung vom 17.12.2009 in § 310 Abs. 3 Satz 2 den Verweis auf Art. 29a EGBGB durch einen solchen auf Art. 46b EGBGB ersetzt. Durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht80 schließlich ist mit Wirkung vom 11.6.2010 in § 308 Nr. 1 der gleichzeitig erfolgten Änderung des § 355 Rechnung getragen worden. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnraumvermittlung81 hat mit Wirkung vom 13.6.2014 in § 308 Nr. 1 Änderungen des § 355 nachvollzogen. Zuletzt hat Art. 1 Nr. 4 und 5 des Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes82 mit Wirkung vom 29.7.2014 die besonderen Klauselverbote des § 308 Nr. 1a, 1b eingefügt und in § 310 Abs. 1 redaktionelle Folgeänderungen vorgenommen. Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts vom 15.4.201583 sieht neben einer Änderung des § 309 Nr. 13 (s. § 309 Rz. 2a) weitreichende Änderungen des UKlaG vor (s. § 2b UKlaG Rz. 1 ff.).

IV. Die Grundzüge der gesetzlichen Regelung Schrifttum: Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992, bes. S. 29 ff.; Fehl Systematik des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1979; Fornasier Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013; Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen, 76 Gesetz v. 7.7.2005, BGBl. 2005 I 1970. 77 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) v. 12.8.2008, BGBl. 2008 I 1666. 78 Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen (Forderungssicherungsgesetz – FoSiG) v. 23.10.2008, BGBl. 2008 I 2022. 79 Gesetz v. 25.6.2009, BGBl. 2009 I 1574. 80 Gesetz v. 29.7.2009, BGBl. 2009 I 2355. 81 Gesetz v. 20.9.2013, BGBl 2013 I 3642. 82 Gesetz v. 22.7.2014, BGBl. 2014 I 1218. 83 BT-Drucks. 17/4631.

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Einleitung

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1992; Hellwege Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010; Hönn Kompensation gestörter Vertragsparität, 1982; Leuschner Gebotenheit und Grenzen der AGB-Kontrolle, AcP 207 (2007), 491; Leuschner AGB-Kontrolle im unternehmerischen Verkehr, JZ 2010, 875; Leyens/Schäfer Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen – Rechtsökonomische Überlegungen zu einer einheitlichen Konzeption von BGB und DCFR, AcP 210 (2010), 771; Oetker AGB-Kontrolle im Zivil- und Arbeitsrecht, AcP 212 (2012), 202; Pflug Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1986; Pflug Allgemeine Geschäftsbedingungen und Transparenzgebot, AG 1992, 1; Rüßmann Die „ergänzende Auslegung“ Allgemeiner Geschäftsbedingungen, BB 1987, 843; Eike Schmidt Grundlagen und Grundzüge der Inzidentkontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach dem AGB-Gesetz, JuS 1987, 929; Eike Schmidt AGB-Gesetz und Schuldvertragsrecht des BGB, ZIP 1987, 1505; Wackerbarth Unternehmer, Verbraucher und die Rechtfertigung der Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge, AcP 200 (2000), 45.

1. AGB als Vertragsbedingungen Nach § 305 Abs. 1 sind AGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Vertragsabschluss stellt. In Übereinstimmung damit macht § 305 Abs. 2 die Einbeziehung von AGB davon abhängig, dass sich die andere Vertragspartei bei Vertragsabschluss mit ihrer Geltung einverstanden erklärt. Ähnlich sprechen auch §§ 305c Abs. 1, 306 Abs. 1 von den AGB als „Vertragsbestandteilen“. Diese Regelungen sind vor dem Hintergrund der vor Erlass des AGBG jahrzehntelang geführten Auseinandersetzungen über die Vertrags- oder Normenqualität von AGB84 zu sehen. Mit ihnen hat der Gesetzgeber der Normentheorie eine klare Absage erteilt85. Nach Inkrafttreten des AGBG unternommene Versuche einer Wiederbelebung der Normentheorie86 haben sich nicht durchzusetzen vermocht; auch soweit der BGH wiederholt die Qualität bestimmter AGB als „fertig bereitliegende Rechtsordnung“ betont hat87, war dies nicht im Sinne einer Hinwendung zu einem normtheoretischen Verständnis zu verstehen88. Es besteht denn auch kein Anlass, das 84 Vgl. dazu nur Raiser AGB, S. 59 ff., 147 ff.; Fehl Systematik, S. 63 ff.; Helm JuS 1965, 121 ff.; seither auch Fastrich S. 29 ff., Hellwege S. 339 ff. und HKK/Hellwege §§ 305–310 (II) Rz. 2 ff., jeweils m.w.N. Bekanntester Vertreter der „Normentheorie“ war in der Zeit vor Erlass des AGBG Meyer-Cording Die Rechtsnormen, 1971, insb. S. 84 ff., 97 ff., 131 ff.; zu früheren Vertretern der „Normentheorie“ sowie zur Entwicklung der Diskussion siehe auch Hellwege S. 203 ff., 215 ff.; siehe ferner Bachmann Private Ordnung, 2006, passim, insb. S. 119 ff., der AGB als wichtiges Beispiel „privater Regelsetzung“ anführt, damit indes nicht den Normcharakter von AGB zum Ausdruck bringen möchte. 85 Für die heute ganz herrschende Meinung s. etwa Wolf/Pfeiffer Rz. 16; Staudinger/Schlosser § 305 Rz. 101; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 1; Stoffels Rz. 105; Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen, 1992, S. 168 f. 86 Insbes. durch Pflug Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1986, passim; so tendenziell auch Eike Schmidt JuS 1987, 929 ff.; Eike Schmidt ZIP 1987, 1505 ff. und Kramer AcP 188 (1988), 423 (426 f.). 87 So – zumindest missverständlich – BGH v. 3.11.1994 – I ZR 100/92, BGHZ 127, 275 (281) = NJW 1995, 1490; BGH v. 4.5.1995 – I ZR 90/93, BGHZ 129, 323 (327 f.) = NJW 1995, 2224; BGH v. 4.5.1995 – I ZR 70/93, BGHZ 129, 345 (349) = NJW 1995, 3117, jeweils bezogen auf die ADSp und AGNB. Der BGH schien die fraglichen AGB nicht den vollen Anforderungen des AGBG zu unterwerfen (hier dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, näher § 306 Rz. 14 f.); dagegen zu Recht Löwe ZIP 1995, 1273 (1274); Koller BGH v. 4.5.1995 – I ZR 90/93, EWiR 1995, 835; Heinrichs NJW 1996, 1381. 88 So auch Schott in FS Piper, 1996, S. 1027 (1028); von Mettenheim in FS Piper, 1996, S. 937 (939); anders anscheinend Heinrichs NJW 1996, 1381.

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herrschende Verständnis der AGB als generell-abstrakte Vertragsbestandteile in Frage zu stellen. Gegen die Normen- und für die Vertragstheorie spricht insbesondere auch das dogmatische Interesse daran, das AGB-Recht vor dem Hintergrund des allgemeinen Vertragsrechts und in grundsätzlicher Übereinstimmung mit ihm unter Verzicht auf seine Verselbständigung als Sonderprivatrecht auszulegen und anzuwenden. Das zeigt sich nicht nur bei der Frage einer Irrtumsanfechtung89, sondern auch bei den Anforderungen an das Zustandekommen der Einbeziehungsvereinbarung im Falle eines vom Kunden ausgehenden Vertragsangebots (§ 305 Rz. 130) oder bei den Problemen kollidierender AGB (§ 305 Rz. 182 ff.). In diesen und ähnlichen Fällen liegt es im Interesse der Rechtsklarheit und -sicherheit, an die Kriterien der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre anknüpfen zu können. Das sollte nicht durch sachlich wenig weiterführende normentheoretische Konzepte in Frage gestellt werden. Wegen aller Einzelheiten ist auf die Voraufl. (Rz. 39 ff.) zu verweisen. 40–46 Einstweilen frei.

2. Zum Schutzzweck a) Schranken der einseitigen Vertragsgestaltung 47

Zur Notwendigkeit eines Eingreifens des Gesetzgebers gegenüber den mit der Verwendung von AGB verbundenen Gefahren vgl. bereits Rz. 13 ff. Auch wenn das Tätigwerden des Gesetzgebers auf dem Gebiet des AGB-Rechts ganz überwiegend auf grundsätzliche Zustimmung stieß, gingen die Ansichten über den damit verfolgten Schutzzweck doch früher stark auseinander. Wie die Auseinandersetzungen über den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes (Rz. 24) erkennen lassen, ging es vor allem um die Frage, ob das AGB-Recht dem Schutz des schwächeren Vertragspartners dienen und einen Ausgleich für das wirtschaftliche Machtgefälle und die Unterlegenheit der AGB-Kunden schaffen oder ob es die einseitige Ausnutzung der vom AGB-Verwender in Anspruch genommenen Vertragsgestaltungsfreiheit verhindern sollte. Im erstgenannten Fall wäre es konsequent gewesen, den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes auf die Beziehungen zwischen der anbietenden Wirtschaft und den Verbrauchern als den typisch schwächeren und weniger geschäftserfahrenen Vertragspartnern zu beschränken90; in sachlicher Hinsicht hätten diese Gründe sogar für eine Ausweitung der Neuregelung auf alle Arten von Individualabreden zwischen Unternehmen und Verbrauchern entsprechend ausländischen Regelungsmustern sprechen können.

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Durch Anknüpfung an die einseitige Vorformulierung von Bestimmungen für eine Vielzahl von Verträgen in § 305 Abs. 1 und durch den grundsätzlich unbeschränkten persönlichen Anwendungsbereich, unter Einbeziehung auch der Ver89 Sie will E. Schmidt JuS 1987, 932 abweichend von der h.M. (vgl. § 305 Rz. 162) folgerichtig nur insoweit zulassen, als es um die Einbeziehungserklärung als solche geht, während Fehlvorstellungen des Kunden hinsichtlich des Inhalts der einbezogenen AGB nur im Rahmen des § 305c Abs. 1 relevant sein sollen. Das ist namentlich im Hinblick auf vollständig vorformulierte Versicherungsverträge und ähnliche Formularverträge schwerlich überzeugend. 90 Eine solche Beschränkung ist infolge der Umsetzung der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sodann aber in § 310 Abs. 3 für den Bereich der Verbraucherverträge erfolgt (vgl. Rz. 54).

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tragsbeziehungen mit Unternehmern (früher: Kaufleuten) als Kunden, ist das AGB-Recht zu Recht der umfassenderen Zielrichtung gefolgt. In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum früheren Recht91 und der h.M. in der Literatur92 richtet sich der Schutzzweck der §§ 305 ff. darauf, der mit der Verwendung von AGB typischerweise und unabhängig von der Marktstellung des Verwenders verbundenen Gefahr einseitiger Ausnutzung der faktischen Vertragsgestaltungsfreiheit zu Lasten des Kunden entgegenzutreten93. Insbesondere sollen durch die Inhaltskontrolle die prägende Wirkung der Vorformulierung und das – durch das Versagen des Konditionenwettbewerbs bedingte94 – Fehlen der vom Aushandeln zu erwartenden Richtigkeitsgewähr kompensiert werden95. Zum besonderen Schutzzweck des § 310 Abs. 3 vgl. Rz. 54; zur Bedeutung des Transparenzgebots für den Schutzzweck des AGB-Rechts und zu der damit verbundenen Einbeziehung auch marktpolitischer Ziele in die Anwendung des Gesetzes vgl. Rz. 58 f.

91 So mit besonderer Klarheit BGH v. 7.7.1976 – IV ZR 229/74, NJW 1976, 2345 (2346) m.w.N. zur Inhaltskontrolle im Verhältnis zwischen Kaufleuten; vgl. auch BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624 (625) und OLG Frankfurt v. 21.12.1978 – 6 U 57/78, NJW 1979, 985. 92 Vgl. nur MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 5; Palandt/Grüneberg Vor § 305 Rz. 8; Staudinger/Schlosser Vor § 305 Rz. 4; Erman/Roloff Vor § 305 Rz. 1 f.; Stoffels Rz. 88 ff.; ebenso schon Ulmer ZVP 1978, 248 ff.; Hensen JA 1981, 134; H. Roth BB 1987, 977 (981 f.); dazu auch die Nachw. in Fn. 94 f. Eingehend zur Entwicklung sowie zu den im Einzelnen vertretenen Konzeptionen Hellwege S. 538 ff.; grundsätzlich abl. Zöllner in FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 85 (102 ff.). 93 Vgl. dazu nur BGH v. 30.6.1994 – VII ZR 116/93, BGHZ 126, 326 (332) = NJW 1994, 2825 (2826); BGH v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, NJW 2004, 1454 (1455); BGH v. 19.11.2009 – III ZR 108/08, ZIP 2009, 2446 (Tz. 13); BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (LS 1 und Tz. 12) = ZIP 2010, 628; BGH v. 1.3.2013 – V ZR 31/12, NJW-RR 2013, 1028 (Tz. 17); BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, ZIP 2014, 1266 (Tz. 60); unklar BGH v. 10.10.2013 – VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 (Tz. 27), wo zu Unrecht auch auf den Ausgleich eines wirtschaftlichen Machtgefälles abgestellt wird. - Vgl. auch BVerfG v. 23.11.2006 – 1 BvR 1909/05, NJW 2007, 286 (287); ferner BVerfG v. 25.10.2004 – 1 BvR 1437/02, NJW 2005, 1036 (1037 f.); wohl überinterpretiert von Staudinger/Schlosser § 305 Rz. 36a; Leuschner JZ 2010, 875 (881 f.). 94 Im Rahmen des Schutzzwecks vorrangig hierauf abstellend Adams BB 1989, 781 ff.; Braun BB 1979, 690; Hellwege S. 583 ff.; Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.); Kötz JuS 2003, 209 ff.; Leyens/Schäfer AcP 210 (2010), 771 (779 ff.); Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (69 ff.); eingehend Fornasier Freier Markt und zwingendes Vertragsrecht, 2013, S. 65 ff.; zu diesem auf Versagen des Konditionenwettbewerbs abstellenden, zur vertragstheoretischen Legitimation des AGB-Rechts komplementären Ansatz siehe noch Rz. 59, § 305 Rz. 64a sowie näher Vor § 307 Rz. 26 ff.; für Komplementarität auch Leuschner AcP 207 (2007), 491 (493 ff.); ähnlich Oetker AcP 212 (2012), 202 (215 ff.); zurückhaltend BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, ZIP 2014, 1266 (Tz. 60). 95 So auch Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 3 f., 15; Stoffels Rz. 89; Leuschner AcP 207 (2007), 491 (493 ff.); Lieb AcP 178 (1978), 200 ff. und AcP 183 (1983), 358 f.; Dauner-Lieb Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, 1983, S. 72 ff.; Habersack S. 103 ff. (106 ff.); Hönn S. 147 ff.; G. Stein Die Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge des allgemeinen Privatrechts, 1982, S. 39 ff.; ähnlich Oetker AcP 212 (2012), 202 (215 ff.); Bunte ZIP 1984, 1313 (1315 und 1419), der weitergehend auch das Vertrauen der Kunden auf die Angemessenheit der vorformulierten Bedingungen als Schutzgrund benennt.

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b) Gegenpositionen 49

Die Kritiker der umfassenden Konzeption des AGB-Rechts teilen sich in zwei Lager auf. Für die – vor allem in der rechtspolitischen Diskussion vor Erlass des AGBG und in den ersten Jahren nach seinem Inkrafttreten hervortretenden – Anhänger eines aktiven Verbraucherschutzes96 stand im Mittelpunkt der Kritik die Sorge, die umfassende Geltung des Gesetzes könnte zur Verwässerung seines materiellrechtlichen Gehalts und zur Ineffizienz seiner Anwendung durch die Gerichte führen (vgl. näher 5. Aufl. Rz. 23). Nachdem diese Sorge sich als im Wesentlichen grundlos erwiesen hat, ist die Kritik aus Verbraucherschutzkreisen an der Grundkonzeption des AGB-Rechts deutlich zurückgegangen, wenn nicht verstummt97.

50

Zugenommen hat demgegenüber vor allem im ersten Jahrzehnt nach Inkrafttreten des Gesetzes die Kritik aus Kreisen der gewerblichen Wirtschaft daran, dass die Kontrolle von im unternehmerischen Verkehr verwendeten AGB weitgehend mit derjenigen von AGB im Verkehr mit Verbrauchern gleichgestellt worden sei98; die Rede war vom „Sand im Getriebe unternehmerischen Handelns“99. In einer Kommentierung des AGBG aus Wirtschaftskreisen hieß es sogar, 20 Jahre AGBG hätten die Befürchtungen der Skeptiker voll bestätigt: ein äußerst wichtiges Gesetz von gesetzgeberisch von Anfang an erkennbar miserabler Qualität habe zu einer Rechtsprechungs- und Literaturlawine von nicht mehr beherrschbarer Größenordnung geführt100. Genauerer Betrachtung hält indessen auch diese Kritik nicht stand, selbst wenn in einigen Fällen die Kontrollmaßstäbe von den Gerichten übermäßig scharf angesetzt worden sein sollten101. Vielmehr zei96 Vgl. insb. Reich ZVP 1978, 236 ff. und Damm JZ 1978, 173 ff.; so auch Fehl Systematik, S. 90 ff.; Gilles JA 1980, 1 ff.; Göbel Prozesszweck der AGBG-Klage, 1980, S. 99 ff.; aus späterer Zeit etwa Pflug S. 24 ff., 219 u.a.; E. Schmidt JuS 1987, 929 (932) und Hart/ Köck ZRP 1991, 61 ff. (dort auch zu neueren Tendenzen wie etwa der Frage der „Ökologisierung“ des Verbraucherrechts sowie zur zunehmenden Verzahnung öffentlichund privatrechtlicher Verbraucherschutzkonzepte). 97 Vgl. nur die grundsätzlich positive Bilanz, die Erkelenz und Bultmann als Vertreter der Verbraucherseite in der Podiumsdiskussion „Zehn Jahre AGB-Gesetz“ zogen – dazu Diskussionsbericht von H. Schmidt in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 201 (214 f.); aber auch Hart/Köck ZRP 1991, 61 (66) unter Hervorhebung der Ausweitung der Inhaltskontrolle (restriktive Interpretation des § 307 Abs. 3 BGB; Entwicklung des Transparenzgebots) sowie der Auswirkungen der Verbandsklage. 98 So in der in der vorigen Fn. erwähnten Podiumsdiskussion die Stellungnahmen von Junge (DIHT) und Stumpf (VDMA), aber auch die Positionen der MdB Kleinert (Einbeziehung der Kaufleute in das Gesetz als „extremer Fehler“) und tendenziell Helmrich, zit. bei H. Schmidt in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 201 (215 f.); ferner Hellner in FS Steindorff, 1990, S. 573 (581 ff.). 99 So Stumpf BB 1985, 963; äußerst krit. auch Hellner in FS Steindorff, 1990, S. 573 (579 ff.). 100 So Thamm/Pilger Taschenkommentar zum AGB-Gesetz, 1998, S. 5, ähnlich auch dies. a.a.O. S. 47–50 u.a. 101 Genannt wurden vor allem BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 316 (318 f.) = NJW 1984, 2160 („Fahrtzeiten gelten als Arbeitszeiten“ als unangemessene Klausel) und BGH v. 8.3.1984 – VII ZR 349/82, BGHZ 90, 273 (278) = NJW 1984, 1750 (1751) (indizielle Wirkung der Klauselverbote des § 11 AGBG für die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG im kaufmännischen Verkehr), ferner die teilweise als zu eng empfundenen Schranken für Freizeichnungsklauseln im kaufmännischen Verkehr (dazu näher Schlosser in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 121 ff.; Lutz AGB-Kontrolle im Handelsverkehr unter Berücksichtigung der Klauselverbote, 1991, passim, und unten § 307 Rz. 269 ff.).

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gen insbesondere die relativ große Zahl von Urteilen zur Inhaltskontrolle von AGB im unternehmerischen Verkehr102 sowie die nach wie vor verbreitete inhaltliche Diskrepanz zwischen Ein- und Verkaufsbedingungen103, auch solchen desselben Unternehmens, dass eine Selbstregulierung der AGB-Problematik im unternehmerischen Verkehr nicht in Sicht ist104. Der Gesetzgeber hat deshalb auch bei der Umsetzung der Klauselrichtlinie im Jahr 1996 und bei der BGB-Integration des AGBG zu Recht an der umfassenden Geltung des AGB-Rechts festgehalten105. In jüngerer Zeit werden allerdings verbreitet Erleichterungen für den unternehmerischen Geschäftsverkehr angemahnt, und zwar überwiegend im Sinne eines Appells an Gesetzgeber oder Rechtsprechung, die Anforderungen an ein Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 zu lockern (dazu noch Rz. 67, Rz. 86; § 305 Rz. 52, Rz. 64 f.) und im Rahmen der Inhaltskontrolle stärker als bislang den Besonderheiten des unternehmerischen Geschäftsverkehrs Rechnung zu tragen (s. dazu § 307 Rz. 371 ff., § 310 Rz. 4 ff.)106. Auch die zivilrechtliche Abteilung des 69. DJT hat sich dafür ausgesprochen, im b2b-Bereich die Anforderungen an das Aushandeln der Vertragsbedingungen den Gepflogenheiten unternehmerischer Vertragsverhandlungen anzupassen und den Maßstab der Inhaltskontrolle an der „guten unternehmerischen“ Praxis einer Branche, eines Industriesektors bzw. eines Wirtschaftszweiges zu orientieren107. Die im Auftrag des BMJV erstellte Studie von Leuschner schließlich plädiert für Einführung einer an den Gegenstandswert des Vertrags anknüpfenden Wertgrenze, ab deren Erreichen Verträge des unternehmerischen Rechtsverkehrs der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen sein sollen, sowie dafür, im unternehmerischen Rechtsverkehr vorformulierte summenmäßige Haftungsbeschränkungen unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig anzusehen108. Namentlich die auf die 102 Vgl. die statistischen Angaben für die ersten zehn Jahre der Geltung des AGBG bei Ulmer in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 13. 103 Zur Problematik kollidierender AGB vgl. § 305 Rz. 182 ff. 104 Dazu eingehend Ulmer in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 1, 11 ff.; vgl. auch Rz. 83 zum Gutachterausschuss für Allgemeine Geschäftsbedingungen als Selbstkontrollinstrument der Wirtschaft. 105 Vgl. dazu Begr. RegE BT-Drucks. 13/2713 S. 4, 6 und § 310 Rz. 37, 41. 106 Berger NJW 2001, 2152 ff.; Berger ZIP 2006, 2149 ff.; Berger NJW 2010, 465 ff.; DaunerLieb ZIP 2010, 309 ff.; Drygala JZ 2012, 982 ff.; Kaufhold BB 2012, 1235 ff.; Kessel/Jüttner BB 2008, 1350 ff.; Kondring BB 2013, 73 ff.; Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441 ff.; Leuschner JZ 2010, 875 ff.; Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 ff.; Miethaner NJW 2010, 3121 (3127); Müller/Griebeler/Pfeil BB 2009, 2658 ff.; Müller BB 2013, 1355 ff.; Müller/ Schilling BB 2012, 2319 (2322 f.); Oetker AcP 212 (2012), 202 (221 ff.); Pfeiffer NJW 2012, 2609 (2611); s. ferner Gesetzgebungsvorschlag des Zivilrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins vom März 2012 (Nr. 23/2012), abrufbar unter www.anwalt verein.de; Gesetzgebungsvorschlag der Initiative zur Fortentwicklung des AGB-Rechts im unternehmerischen Geschäftsverkehr, abrufbar über www.frankfurt_main.ihk.de; dazu Kessel AnwBl. 2012, 293, 299 f.; a.A. – gegen Änderungen der bisherigen Praxis – von Westphalen ZIP 2007, 149 ff.; von Westphalen NJW 2009, 2977 ff.; von Westphalen BB 2010, 195 ff.; von Westphalen BB 2013, 67 ff.; von Westphalen BB 2013, 1357 ff.; ferner Brauch in FS von Westphalen, 2010, S. 31 ff.; Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 ff. 107 Verhandlungen des 69. DJT München 2012, Band II/1, 2013, S. I 90; zuvor namentlich das Referat von Kessel (Zur Frage einer Reform des ABG-Rechts im unternehmerischen Rechtsverkehr), ebenda, S. I 57 ff. 108 Leuschner, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen – Unter besonderer Berücksichtigung von Haftungsbeschränkungen, Abschlussbericht vom 30.9.2014, S. 43 ff., 287 ff.; dazu Leuschner ZIP 2015, 1045 ff.; krit. von Westphalen ZIP 2015, 1316 ff.; dagegen wiederum Leuschner ZIP 2015, 1326 ff.

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Inhaltskontrolle bezogenen Forderungen sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund zu sehen, dass das in § 307 Abs. 2 Nr. 1 in Bezug genommene dispositive Recht, auch soweit sein persönlicher Anwendungsbereich nicht auf Verbraucherverträge beschränkt ist, zunehmend dem Gedanken des Verbraucherschutzes verpflichtet ist109. Auch ist einzuräumen, dass zwischen Unternehmern situationsbedingt ggf. geringere Anforderungen an ein Aushandeln zu stellen sind. Doch lässt sich diesen berechtigten Anliegen unschwer im Rahmen des geltenden Rechts Rechnung tragen; eines gesetzgeberischen Eingriffs in die §§ 305 ff. bedarf es hierfür nicht (s. noch Rz. 67, Rz. 71, Rz. 86; § 305 Rz. 52, Rz. 64 f.). c) Folgerungen 51

Entsprechend dem in Rz. 48 umschriebenen Schutzzweck steht im Zentrum der Regelungen des AGB-Rechts das Bestreben, die AGB-Verwender daran zu hindern, die im Geschäftsverkehr mit Unternehmern und Verbrauchern aus Rationalisierungsgründen akzeptierte Verwendung von AGB durch unangemessene Ausgestaltung der Bedingungen zu einer davon nicht gedeckten Risikoverlagerung auszunutzen110. Bestimmten, für den Verbraucher als Kunden typischerweise nachteiligen Abreden in AGB treten die Vorschriften der §§ 308, 309 unabhängig von der Beurteilung ihrer Angemessenheit im Rahmen des konkreten Vertragstyps entgegen und lassen ihre Vereinbarung nur im Fall von Individualabreden zu111. Vom Nachweis wirtschaftlicher oder intellektueller Unterlegenheit des Kunden ist die Berufung auf die Vorschriften des AGB-Rechts nach ganz h.M. nicht abhängig112; ebenso hat auch die Marktmacht des Verwenders keinen Einfluss auf den Kontrollmaßstab innerhalb der Inhaltskontrolle113 (zum Sonderfall der Verbraucherverträge vgl. Rz. 54). Dementsprechend macht auch das Angebot des Verwenders, mit dem Kunden über den Inhalt der AGB zu verhandeln, diese nicht bereits zu Individualabreden (§ 305 Rz. 44, § 305 Rz. 50). Zwar hat das Gesetz in § 305 Abs. 2 den Versuch unternommen, dem nicht unternehmerisch handelnden Kunden den Vorgang der Einbeziehung stärker als früher bewusst zu machen. Eine Pflicht oder Obliegenheit des Kunden, vom In109 Vgl. dazu die Stellungnahme des Bundesrats zum RegE SMG, BT-Drucks. 14/6857 S. 17; ferner Berger ZIP 2006, 2149 (2150 f.); Dauner-Lieb ZIP 2010, 309 (310); Kessel in: Verhandlungen des 69. DJT München 2012, Band II/1, 2013, S. I 62 ff.; Kondring BB 2013, 73 ff.; Stoffels Rz. 65; Westermann JZ 2001, 530 (535 f.); vgl. auch BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, NJW 2006, 47 (49): Unangemessenheit einer Beweislastumkehr nach Art des § 476 in den Einkaufsbedingungen eines Baumarktbetreibers; speziell zur Leitbildfunktion des durch das SMG reformierten Leistungsstörungsrechts Canaris in FS Ulmer, 2003, S. 1073 ff. 110 OLG Frankfurt v. 21.12.1978 – 6 U 57/78, NJW 1979, 985; Ulmer Referat, S. H 22 m.w.N. 111 BGH v. 23.4.1980 – VIII ZR 80/79, BGHZ 77, 79 (86) = NJW 1980, 2133 (2134) (zu § 11 Nr. 1 AGBG). 112 Unzutr. deshalb im Zusammenhang mit § 9 AGBG LG Köln v. 28.4.1986 – 7 O 321/85, NJW-RR 1987, 1001 f. = BB 1987, 87 f. mit krit. Anm. Timm; dagegen auch Soergel/ Stein Einl. Rz. 8; Rabe NJW 1987, 1978 f.; Habersack S. 104 sowie zu einem entspr. Fall BGH v. 16.1.1986 – VII ZR 61/85, BGHZ 97, 21 (24 ff.) = NJW 1986, 1171 (1172), wo der BGH zutr. ohne nähere Begründung von der Anwendbarkeit des AGBG ausgeht. A.A. nur Neuhof NJW 1994, 1763 (1765), der den abstrakt-generalisierenden Ansatz nicht mit dem Schutzzweck des AGB-Rechts für vereinbar hält. 113 A.A. noch OLG Frankfurt v. 21.11.1985 – 6 U 20/85, NJW-RR 1986, 895 (897) = ZIP 1988, 374 (377); sympathisierend auch Bunte NJW 1987, 923; wie hier dagegen Lindacher ZIP 1986, 819.

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halt der AGB Kenntnis zu nehmen und in Verhandlungen darüber einzutreten, hat es aber realistischerweise nicht statuiert114. Sie kann sich nur in seltenen Ausnahmefällen ergeben, in denen der Verwender ein besonderes, sachlich berechtigtes Interesse daran hat, für eine bestimmte Frage trotz der Vielzahl der von ihm geschlossenen Verträge zu Individualabreden mit seinen Vertragspartnern zu kommen (§ 305 Rz. 51). Die Anwendung des AGB-Rechts beschränkt sich auch nicht etwa auf die Kontrolle der Verwendung von AGB innerhalb eines konkreten Vertragsverhältnisses im Rechtsstreit zwischen Kunde und Verwender. Mit Rücksicht darauf, dass vor allem nichtkaufmännische, rechts- und geschäftsunerfahrene Kunden nicht selten mit solchen AGB konfrontiert werden, die einen unangemessenen Inhalt aufweisen, wurde der Schutz des AGB-Rechts aus Gründen der Prävention auch auf den außervertraglichen Bereich erstreckt. Dementsprechend zielt der Zweck der in §§ 1, 8 ff. UKlaG geregelten Verbandsklage unabhängig vom Betroffensein eines konkreten Kunden darauf ab, die Verwendung oder Empfehlung von mit dem AGB-Recht unvereinbaren Standardabreden im Rechtsverkehr zu unterlassen, um so von vornherein der Gefahr einer Konfrontation potentieller Kunden mit unangemessenen Klauseln entgegenzuwirken115. Das hat Bedeutung auch für die der Effizienz der Verbandsklage dienende „kundenfeindliche“ Auslegung von AGB im abstrakten Verfahren (vgl. § 305c Rz. 65 f.).

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Aus dem Schutzgesetzcharakter der §§ 305 ff. und aus der Umgehungsnorm in 53 § 306a folgt schließlich, dass nicht nur die Inhaltskontrollvorschriften der §§ 307 ff., sondern auch die allgemeinen Vorschriften der §§ 305 ff. grundsätzlich zwingender Natur sind116. Von ihrem Inhalt können die Parteien nur abweichen, soweit sie auf die Verwendung von AGB verzichten und den Vertragsinhalt individuell vereinbaren. Eine begrenzte Ausnahme gilt für die in § 306 vorgesehenen Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB: sie sind abweichenden Vereinbarungen jedenfalls insoweit zugänglich, als diese individuell vereinbart werden (§ 306 Rz. 23, 39 ff., 55). Zur Frage eines Verzichts des Kunden auf die Einräumung zumutbarer Kenntnisnahmemöglichkeit durch den Verwender (§ 305 Abs. 2 Nr. 2) vgl. § 305 Rz. 146, § 305 Rz. 149. d) Zur Sonderregelung des § 310 Abs. 3 Die Ausführungen in Rz. 47 ff. bedürfen einer Einschränkung, soweit es um die Anwendung des AGB-Rechts auf die beiden durch die AGBG-Novelle 1996 neu geregelten Kategorien der Verbraucherverträge i.S.d. § 24a Nr. 1 und 2 AGBG (jetzt § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2) geht, d.h. auf Verträge zwischen einem gewerblich oder (frei-)beruflich handelnden Unternehmer (§ 310 Rz. 14, 52) und einem

114 Vgl. denn auch Staudinger/Schlosser Vor § 305 Rz. 26, wo die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Einbeziehungskontrolle aufgeworfen wird. 115 H.M., vgl. BGH v. 12.10.1989 – VII ZR 339/88, BGHZ 109, 29 (33) = NJW 1990, 317; BGH v. 2.7.1987 – III ZR 219/86, BGHZ 101, 271 (274) = NJW 1987, 2867; BGH v. 11.2.1981 – VIII ZR 335/79, NJW 1981, 1511 (1512); BGH v. 10.12.1980 – VIII ZR 295/79, NJW 1981, 867 (868); BGH v. 28.11.1979 – VIII ZR 317/78, NJW 1980, 831 (832); Erman/Roloff, 13. Aufl. 2011, Vor § 1 UKlaG Rz. 2; Löwe Vorbem. §§ 13–22 AGBG Rz. 10, § 13 AGBG Rz. 1; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 29; Wolf/Lindacher Vor § 1 UKlaG Rz. 8 ff.; Soergel/Stein Vorbem. § 13 AGBG Rz. 1; Hart/Köck ZRP 1991, 61 (66); Reinel Verbandsklage, S. 25 f. und unten Vor § 1 UKlaG Rz. 3. 116 So bereits OLG Frankfurt v. 21.12.1978 – 6 U 57/78, NJW 1979, 985 (986).

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private Zwecke verfolgenden Verbraucher (§ 310 Rz. 54 ff.). Denn für diesen Bereich steht außer Zweifel, dass das AGB-Recht insoweit entsprechend den Vorgaben der Klauselrichtlinie117 den speziellen Zweck des Verbraucherschutzes verfolgt. Das hat zwar zur Folge, dass bei der Anwendung des Gesetzes auf diese Art von Verträgen anders als im sonstigen Anwendungsbereich (Rz. 47 f.) auch das konkrete Machtgefälle zwischen den Parteien und der Erfahrungsvorsprung des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher zu berücksichtigen sind; die Vorschrift des § 310 Abs. 3 Nr. 3 bringt das durch Bezugnahme auf die konkret-individuellen Umstände bei Vertragsschluss im Rahmen der Inhaltskontrolle zutreffend zum Ausdruck. Im Übrigen verbinden sich mit dieser Modifikation des Schutzzwecks des Gesetzes jedoch keine grundsätzlichen Abweichungen für die Rechtsanwendung. Das beruht nicht zuletzt darauf, dass es sich beim Verbraucherschutz nicht um ein aliud, sondern um einen auf den besonderen Kundenkreis der Verbraucher zugespitzten Unterfall des allgemeinen, auf die Verhinderung des Missbrauchs einseitiger Vertragsgestaltungsfreiheit gerichteten Schutzzwecks des AGB-Rechts handelt118.

3. Die inhaltlichen Schwerpunkte 55

Inhaltlich lassen sich die Regelungen des AGB-Rechts vorbehaltlich der AGBGNovelle 1996 (dazu vgl. Rz. 56) und der seither eingetretenen, nicht AGB-spezifischen Ergänzungen (Rz. 26 f.) in drei Schwerpunkte aufteilen: die besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen der §§ 305 Abs. 2 und 305c Abs. 1, die materiellrechtlichen Inhaltskontrollvorschriften der §§ 307 bis 309 mit ihren Generalklauseln in § 307 und den beiden Verbotskatalogen sowie die zur Herstellung der Breitenwirkung eingeführte abstrakte Kontrollklage der §§ 1, 8 ff. UKlaG mit Klagebefugnis für Wirtschafts- und Verbraucherverbände und begrenzter Rechtskrafterstreckung. Sie stehen nicht nur im Mittelpunkt der Gesetzesregelung, sondern enthalten in den §§ 305 Abs. 2, 308, 309 und dem UKlaG zugleich die wesentlichen Neuerungen gegenüber dem Recht vor der gesetzlichen Regelung des AGB-Rechts.

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Besondere Erwähnung verdient der im Zuge der AGBG-Novelle 1996 teils neu eingeführte, teils verstärkte Verbraucherschutz als Schwerpunkt der Regelungen in § 24a AGBG (jetzt § 310 Abs. 3) in Bezug auf Verbraucherverträge. Unter ihnen enthalten die Nr. 1 und 2 eine Definition für zwei Kategorien dieser Verträge, nämlich die Standardverträge (Nr. 1) und die vorformulierten Einzelverträge (Nr. 2), wobei vor allem die Kategorie der Nr. 2 eine nicht unerhebliche, bisher freilich kaum praktisch gewordene Ausweitung des Anwendungsbereichs des

117 Ihr Zweck richtet sich – neben der Vereinheitlichung des Verbraucherschutzrechts der Mitgliedstaaten im Interesse des einheitlichen Binnenmarkts – auch auf die Einführung eines Mindestschutzniveaus zu Gunsten der Marktbürger in ihrer Rolle als Verbraucher beim Bezug von Waren und Dienstleistungen, vgl. Erwägungsgründe 1 bis 12 RL 93/13/EWG; ferner EuGH v. 6.10.2009 – Rs. C-40/08, Slg. 2009, I-9579 (Tz. 29) und EuGH v. 15.3.2012 – Rs. C-453/10, ZIP 2012, 2022 (Tz. 27): schwächere Verhandlungsposition und geringerer Informationsstand des Verbrauchers führen dazu, dass er den vom Unternehmer vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne auf deren Inhalt Einfluss nehmen zu können. 118 Vgl. dazu Ulmer EuZW 1993, 337 (341 ff.); Heinrichs NJW 1993, 1817 (1818); ähnlich auch Remien ZEuP 1994, 35 (52) (im Wesentlichen gleicher Schutzzweck); dezidiert a.A. aber Hommelhoff/Wiedenmann ZIP 1993, 562 (568, 571 f.).

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Gesetzes über die Fälle Allgemeiner, für eine Vielzahl von Verwendungsfällen bestimmter Geschäftsbedingungen hinaus auf eine bestimmte Art von Einzelverträgen zur Folge hat (vgl. § 310 Rz. 79 f.). Demgegenüber dient die Regelung der Nr. 3 der materiellrechtlichen Erweiterung des Maßstabs der Inhaltskontrolle im Fall von Verbraucherverträgen unter Einbeziehung auch der konkretindividuellen Umstände bei Vertragsschluss in die Kriterien zur Prüfung der Angemessenheit der Vertragsbedingungen (vgl. näher § 307 Rz. 402 ff.). Nennenswerte praktische Bedeutung hat die Vorschrift wohl nicht erlangt (vgl. § 310 Rz. 48). Unter den sonstigen Vorschriften dient ein Teil dazu, die AGB von den – durch 57 das Gesetz nicht betroffenen (Rz. 2) – Individualabreden abzugrenzen und den Anwendungsbereich des Gesetzes in sachlicher und persönlicher Hinsicht im Einzelnen festzulegen (vgl. §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 1 und 4 sowie zu den Grenzen der Inhaltskontrolle auch § 307 Abs. 3). In diesen Zusammenhang gehörte auch die Regelung des § 12 AGBG über den internationalen Geltungsbereich des Gesetzes, ehe sie im Zuge des Gesetzes über Fernabsatzverträge nach Art. 29a EGBGB (Rz. 27) und sodann nach Art. 46b EGBGB verlagert wurde119. Weitere Vorschriften enthalten die gesetzliche Verankerung bestimmter schon vor dem Inkrafttreten des AGB-Gesetzes praktizierter Auslegungsgrundsätze für AGB einschließlich derjenigen über den Fortbestand des Restgeschäfts und über die Lückenfüllung im Falle nichteinbezogener oder unwirksamer AGB (§§ 305b bis 306). Die früher in einem fünften, den Übergangs- und Schlussvorschriften (§§ 25 bis 30 AGBG) gewidmeten Abschnitt enthaltenen Vorschriften, darunter neben den Übergangsvorschriften für Altverträge (§ 28 AGBG) auch Ermächtigungen für den Bundesminister für Wirtschaft, im Einvernehmen mit dem Bundesjustizminister und mit Zustimmung des Bundesrats im Verordnungswege die Bedingungen für die Versorgung mit Energie (Elektrizität und Gas) sowie mit Wasser und Fernwärme und für die Entsorgung von Abwasser einheitlich festzusetzen, sind nicht in das BGB übernommen worden120.

4. Das Transparenzgebot Zur Verstärkung und Absicherung des Kundenschutzes gegenüber den Gefahren der AGB-Verwendung dient auch das sog. Transparenzgebot (dazu § 307 Rz. 323 ff. mit Nachw.). Danach gehört es zu den Obliegenheiten des AGB-Verwenders, die Rechte und Pflichten des Vertragspartners durch eine entsprechend transparente Ausgestaltung und geeignete Formulierung der Vertragsbedingungen durchschaubar, richtig, bestimmt und möglichst klar darzustellen121. Von 119 Vgl. näher 8. Aufl. (H. Schmidt) § 12 AGBG Rz. 9. 120 Sie finden sich für die Versorgung mit Energie in §§ 11 Abs. 2, 17 Abs. 3 EnWG, im Übrigen in Art. 243 EGBGB; s. ferner §§ 18 Abs. 3, 21i Abs. 2, 24 Abs. 2 Nr. 3, 39 Abs. 2, 41 Abs. 5 EnWG. 121 So der BGH in st. Rspr. seit Ende der 1980er Jahre, vgl. grundlegend BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (49 f.) = NJW 1989, 222; sodann auch BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, BGHZ 112, 115 (116 ff.) = NJW 1990, 2383; BGH v. 15.10.1991 – XI ZR 192/90, BGHZ 116, 1 (3) = NJW 1992, 179; BGH v. 30.4.1991 – XI ZR 223/90, NJW 1991, 1889; BGH v. 11.2.1992 – XI ZR 151/91, NJW 1992, 1097 (1098); BGH v. 10.12.1991 – XI ZR 119/91, NJW 1992, 1108; BGH v. 5.10.1993 – XI ZR 35/93, NJW 1993, 3261 (3262); BGH v. 23.5.1995 – XI ZR 129/94, NJW 1995, 2286 ff.; BGH v. 4.2.1997 – XI ZR 149/96, NJW 1997, 1068; BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, WM 1991, 1452 (1455); BGH

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seiner Berücksichtigung im Rahmen der Inhaltskontrolle abgesehen (Rz. 59), hat es seinen gesetzlichen Niederschlag einerseits in der Obliegenheit des Verwenders nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 gefunden, dem Kunden beim Vertragsschluss die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme zu verschaffen, sowie in dem mit dieser Obliegenheit zusammenhängenden Einbeziehungshindernis des § 305c Abs. 1 für überraschende Klauseln. Andererseits kommt das Gebot in der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 und in der Ablehnung der geltungserhaltenden Reduktion übermäßiger AGB durch die ganz h.M. (vgl. § 306 Rz. 14 f.) zum Ausdruck. Für den Bereich der Verbraucherverträge ist das Transparenzgebot durch Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG zur für die Mitgliedstaaten bindenden Vorgabe gemacht worden, was seine Bedeutung auch im Kontext des kodifizierten AGBRechts unterstreicht. 59

Über die in Rz. 58 genannten Aspekte hinausgehend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung unter grundsätzlicher Zustimmung des überwiegenden Schrifttums122 dem Transparenzgebot Einfluss auch auf die Inhaltskontrolle von AGB nach § 9 Abs. 1 AGBG eingeräumt123; im Zuge des SMG ist das Transparenzgebot klarstellend ausdrücklich in § 307 Abs. 1 Satz 2 verankert worden. Die Unangemessenheit von AGB kann sich danach auch aus ihrer unklaren oder unübersichtlichen Ausgestaltung oder daraus ergeben, dass der Verwender seiner Informationsfunktion bei Aufstellung der AGB nicht nachkommt, indem er den Kunden über dessen vertragliche Rechte und Pflichten im Unklaren lässt oder irreführt (vgl. näher § 307 Rz. 335 ff.). Bedeutung kommt dem, abgesehen von dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit von Leistungsbestimmungsrechten und dergleichen, namentlich für den Bereich von Preisnebenabreden zu; die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 sorgt dadurch für einen unverfälschten Wettbewerb hinsichtlich der Hauptleistung und relativiert zugleich die Vorschrift v. 3.12.1991 – XI ZR 77/91, WM 1992, 50 (51) (jeweils zu Tilgungsverrechnungsklauseln); vgl. auch BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 (264 ff.) = NJW 1989, 582 (Wertstellungsklausel); BGH v. 15.6.1989 – VII ZR 205/88, BGHZ 108, 52 (57) = NJW 1989, 2750 (Reisevertragsbedingung); BGH v. 19.9.1991 – IX ZR 296/90, BGHZ 115, 177 (185) = NJW 1991, 3025 (Mietbürgschaftsklausel); BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, BGHZ 118, 126 (131 f.) = NJW 1992, 1751 (Überziehungszinsen); BGH v. 10.3.1993 – VIII ZR 85/92, NJW 1993, 2052 (2054) (Vertragslaufzeit in Verlags-AGB); BGH v. 22.11.1995 – VIII ZR 57/95, NJW 1996, 455 (456) (Abrechnungsklausel in Leasingverträgen); BGH v. 12.10.1995 – I ZR 172/93, NJW 1996, 1407 (1408) (Haftungsausschluss bei Schadensdeckung); ebenso auch BAG v. 26.5.1993 – 5 AZR 219/92, NJW 1994, 213 (214) (Kaufverträge mit Arbeitnehmern). 122 Vgl. aus dem Schrifttum vor Inkrafttreten des SMG außer den Nachw. in Fn. 125, 126 etwa Wolf in Hadding/Hopt (Hrsg.), Verbraucherkreditrecht, AGB-Gesetz und Kreditwirtschaft, 1991, S. 73 (75 ff.); Heinrichs, ebenda, S. 103 (105 ff.); Heinrichs in FS Trinkner, 1995, S. 155 (161 ff.); Kreienbaum Transparenz und AGB-Gesetz, 1998, S. 229 ff.; auf der Grundlage des § 3 AGBG auch Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (674 ff.); im Ergebnis auch J. Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1992, S. 165 ff.; Pflug AG 1992, 1 (14 ff.), der zur Erfassung der einschlägigen Fälle § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG (jetzt: § 305 Abs. 2 Nr. 2) aktivieren will. Kritisch bis ablehnend noch Bruchner WM 1988, 1873 ff.; Wagner-Wieduwilt WM 1989, 37 ff.; Hellner in FS Steindorff, 1990, S. 573 (582 ff.); Westermann in FS Steindorff, 1990, S. 817 (820 ff.); Westermann in FS Heinsius, 1991, S. 931 (935 ff.); gänzlich ablehnend, freilich ohne weiterführenden Ansatz, insb. Hebestreit Transparenz im AGB-Recht der Bundesrepublik Deutschland?, 1995, passim (besonders S. 85 ff.). 123 Vgl. Nachw. in Fn. 121; ähnlich schon BGH v. 22.1.1986 – VIII ZR 318/84, BGHZ 97, 65 (73) = NJW 1986, 1335 (1336); BGH v. 29.9.1983 – VII ZR 225/82, NJW 1984, 171 (172 f.); BGH v. 11.3.1987 – VIII ZR 203/86, NJW 1987, 1886 (1887).

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des § 307 Abs. 3124. Darüber hinausgehend liegt dieser Rechtsprechung die Vorstellung zugrunde, das AGB-Recht in den Dienst wirtschaftsrechtlicher Zwecke zu stellen und mit seiner Hilfe – ähnlich wie mit den Vorschriften über die Informationspflichten des Unternehmers in Art. 246 ff. EGBGB, §§ 491 ff. u.a. – für bessere Markttransparenz und damit für eine Stimulierung des Konditionenwettbewerbs zu sorgen125. Dadurch erlangt das AGB-Recht über den Schutz betroffener Kunden hinaus eine im öffentlichen Interesse liegende wettbewerbspolitische Funktion; es wird zum Instrument der Kompensation von Marktversagen auf dem Gebiet des Konditionenwettbewerbs126. Vgl. hierzu auch vor § 307 Rz. 26 ff.; § 307 Rz. 333.

5. AGB-Recht und allgemeine Rechtsgeschäftslehre Die Übersicht über das AGB-Recht im Zweiten Abschnitt des BGB-Schuldrechts sei abgeschlossen mit einem Hinweis auf die Abweichungen namentlich der allgemeinen Vorschriften (§§ 305 bis 306) von der Rechtsgeschäftslehre des BGB. Dabei ist zu unterscheiden zwischen solchen – schon vor Erlass des AGBG praktizierten – Abweichungen, die auf dem generell-abstrakten Charakter der für eine Vielzahl von Verträgen aufgestellten AGB beruhen (Rz. 61 f.), und den zur Änderung der allgemeinen Rechtsgeschäftsgrundsätze führenden Vorschriften des AGB-Rechts (Rz. 63 f.).

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a) Abweichungen kraft Natur der Sache Die generell-abstrakte Natur der AGB macht es notwendig, bei ihrer rechtlichen Beurteilung zu einer Reihe von Modifikationen gegenüber den für Individualabreden geltenden Grundsätzen des bürgerlichen Rechts zu kommen. Diese sachbedingten Abweichungen waren – wenn auch nicht stets mit voller Deutlichkeit – von der Rechtsprechung bereits vor Erlass des AGBG herausgearbeitet worden. Der Gesetzgeber konnte sich insoweit darauf beschränken, die von ihr entwickelten Grundsätze gesetzlich zu verankern.

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Im Einzelnen gilt das namentlich für den Vorrang der Individualabrede (vgl. § 305b Rz. 4) sowie für die Unklarheitenregel als methodisches Hilfsmittel gegenüber solchen AGB, bei denen die objektive Auslegung zu einem mehrdeutigen Ergebnis führt (§ 305c Rz. 67, 85 ff.). Aber auch die in § 306 vorgesehene Aufrechterhaltung des Restgeschäfts in Abweichung von § 139 beruht auf den Besonderheiten der AGB als sekundärer Rahmenordnung des Vertrages und auf dem regelmäßigen Vertragsgeltungswillen der Parteien auch bei unvollständiger AGB-Regelung (§ 306 Rz. 4). Gleiches gilt für die in § 306 Abs. 2 vorgesehene Lückenfüllung durch dispositives Recht sowie für den Rückgriff auf ergänzende

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124 Vgl. insb. Heinrichs in FS Trinkner, 1995, S. 163 f. und Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (674 ff.); siehe auch BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, BGHZ 112, 115 (117) = NJW 1990, 2383: „Gerade bei Preisnebenabreden, die den Kunden belasten, kommt dem Transparenzgebot besondere Bedeutung zu.“ 125 So zu Recht Köndgen NJW 1989, 943 (946 ff.); tendenziell auch Reifner NJW 1989, 952 (958 f.). 126 Zutr. Köndgen NJW 1989, 946 (948, 951); ähnlich Adams BB 1989, 781 (783 f.); s. dazu bereits Rz. 48 mit Nachw. in Fn. 94; skeptisch im Hinblick auf das strukturell bedingte Marktversagen Wolf in Hadding/Hopt (Hrsg.), Verbraucherkreditrecht, AGB-Gesetz und Kreditwirtschaft, 1991, S. 73 (75); Pflug AG 1992, 1 (3); wohl auch Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (674 ff.).

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Vertragsauslegung bei dessen Fehlen (§ 306 Rz. 4, 34 ff.). Schließlich entspricht auch die Nichteinbeziehung überraschender Klauseln nach § 305c Abs. 1 zumindest im Ergebnis den bereits vor Erlass des AGBG praktizierten Grundsätzen. Durch deutlichere Trennung der überraschenden von den unbilligen Klauseln ist freilich eine methodische Klarstellung erzielt worden (§ 305c Rz. 9, 12). b) Zusätzliche Einbeziehungsvoraussetzungen 63

Zusätzliche, zu einer Änderung der allgemeinen Rechtsgeschäftsgrundsätze führende Voraussetzungen für die Einbeziehung von AGB im Verkehr mit Verbrauchern hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 AGBG (jetzt § 305 Abs. 2) aufgestellt. Die Vorschrift begründet zwei Obliegenheiten des Verwenders, von deren Erfüllung zwar nicht der Vertragsschluss als solcher (vgl. § 306 Abs. 1), wohl aber die vertragliche Einbeziehung der AGB abhängt. Die eine besteht in dem Erfordernis eines ausdrücklichen Hinweises des Verwenders auf seine AGB in § 305 Abs. 2 Nr. 1; sie modifiziert die Vorschriften der §§ 133, 157, indem sie im Verhältnis zu Verbrauchern als Kunden konkludente Einbeziehungserklärungen für grundsätzlich unbeachtlich erklärt und namentlich auch die Verkehrssitte als Auslegungsmittel für die Willenserklärung des Verwenders ausschließt (§ 305 Rz. 119). Die zweite Obliegenheit ist in § 305 Abs. 2 Nr. 2 geregelt. Danach ist es nicht Aufgabe des Verbrauchers als Kunde, sich die Möglichkeit der Kenntnis vom AGB-Inhalt zu verschaffen; vielmehr muss die Initiative hierzu vom Verwender ausgehen (§ 305 Rz. 120). Der Praxis scheint es gelungen zu sein, mit diesen Anforderungen ohne erhebliche Rechtsunsicherheit auch im für die AGB-Verwendung typischen, mit möglichst geringem Zeitaufwand zu Stande kommenden Massengeschäft des täglichen Lebens fertig zu werden, wie die nach wie vor relativ geringe Zahl der bekannt gewordenen Streitigkeiten über das Vorliegen der Einbeziehungsvoraussetzungen vermuten lässt127.

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Zu verweisen ist schließlich auf die in § 305 Abs. 3 vorgesehene Möglichkeit, unter den dort geregelten Voraussetzungen eine Rahmenvereinbarung über die Geltung der AGB des einen Vertragsteils für bestimmte künftige Rechtsgeschäfte mit dem anderen Teil zu schließen. Hiervon wird vor allem von Kreditinstituten im Verkehr mit ihren Kunden Gebrauch gemacht. Über den eigentlichen Regelungsinhalt hinaus liegt die Besonderheit dieser Vorschrift darin, dass sie zugleich die bisher in der Literatur umstrittene Frage beantwortet, ob „Normenverträge“ dieser Art mangels eines konkreten Regelungsinhalts überhaupt Rechtsgeschäftsqualität haben (§ 305 Rz. 203 ff.).

6. AGB-Recht und Wettbewerbsrecht 65

Zu den Zusammenhängen zwischen AGB und Wettbewerb und zur beschränkten Funktionsfähigkeit des Konditionenwettbewerbs mangels hinreichender Markttransparenz vgl. schon Rz. 8. Die – im GWB nach Maßgabe der §§ 2 Abs. 2, 22 Abs. 3 Nr. 2 a.F. bis zum Jahr 2005 zugelassenen – Konditionenkartelle und -empfehlungen hatten daher nicht notwendig wettbewerbsbeschränkende Funktionen, sondern konnten durch Vereinheitlichung der Nebenabreden je nach Lage des Falles auch zur Intensivierung des Wettbewerbs um die Hauptleistungen

127 Vgl. Rz. 68 und § 305 Rz. 107; dazu auch Schlosser ZIP 1985, 456, der von einem Funktionsverlust der allgemeinen Regeln des AGBG spricht.

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(Produktqualität und Preis) beitragen128. Zur daraus resultierenden Aufgabe der Kartellbehörden, bei Prüfung der Anmeldung von Konditionenkartellen und -empfehlungen sowie bei der Missbrauchsaufsicht über die Praktizierung der angemeldeten Regelwerke auch auf die Einhaltung der Maßstäbe des AGB-Rechts zu achten, vgl. Rz. 76 f. Auch im Hinblick auf §§ 3 bis 5 UWG kann die Verwendung unangemessener AGB relevant werden und zur Unlauterkeit der Wettbewerbsteilnahme des betreffenden AGB-Verwenders führen. Die Verwendung unangemessener AGB stellt eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar und verfügt im Allgemeinen auch über die erforderliche geschäftliche Relevanz i.S.d. § 3 Abs. 2 UWG129. Ihre Unlauterkeit kann sich insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung gemäß § 4 Nr. 11 UWG ergeben130; demgegenüber kommt Unlauterkeit unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit gemäß § 4 Nr. 2 UWG nicht in Betracht, wenn sich das Verhalten des Verwenders, wie im Regelfall, in der Ausnutzung seiner überlegenen Rechtskenntnis erschöpft131. Unlauterkeit nach § 5 UWG kommt darüber hinaus bei Irreführung der Kunden über den AGBCharakter der ihnen vom Verwender gestellten Vertragsbedingungen oder über den Inhalt sowie beim Vorspiegeln individuellen Aushandelns nach § 305 Abs. 1 Satz 3 in Betracht132. Ist Unlauterkeit nach §§ 3 bis 5 UWG gegeben, so kann der Unterlassungsanspruch auch von betroffenen Mitbewerbern geltend gemacht werden; die in §§ 1, 3 UKlaG vorgesehene Verbandsklage gegen unangemessene AGB hat keine Sperrwirkung im Verhältnis zu den wettbewerbsrechtlichen Klagebefugnissen aus §§ 3, 8 UWG133.

128 Vgl. allgemein dazu Fuchs in Immenga/Mestmäcker § 2 GWB Rz. 132 ff.; speziell zu entsprechenden Bestrebungen der bis 1994 bestehenden Versicherungsaufsicht siehe R. Schmidt/P. Frey in Prölss, VAG, 10. Aufl. 1989, § 10 Rz. 8 und Weigel daselbst, 11. Aufl. 1997, Vor § 15 Rz. 11. 129 Näher Köhler/Bornkamm § 4 UWG Rz. 11.156e, 156g. 130 BGH v. 31.5.2012 – I ZR 45/11, WRP 2012, 1086 (Tz. 45 ff.); OLG Frankfurt v. 4.12.2008 – 6 U 187/07, K&R 2009, 197 (200); Köhler/Bornkamm § 4 UWG Rz. 11.156f; Köhler NJW 2008, 177 (178 f.); Steckenborn BB 2012, 2324 (2325 f.); näher zur Rechtslage nach Umsetzung der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken durch die UWGNovelle 2008 Armgardt WRP 2009, 122; Tüngler/Ruess WRP 2009, 1336 ff.; siehe ferner Ernst/Seichter DB 2007, 1573 ff.; Mann WRP 2007, 1035 ff.; zur Rechtslage vor Inkrafttreten der UWG-Novelle 2008 siehe 10. Aufl. (Ulmer) Rz. 66, ferner BGH v. 16.10.2002 – IV ZR 307/01, WRP 2003, 76 (77); BGH v. 26.10.1989 – I ZR 242/87, BGHZ 109, 153 (158 ff.) = NJW 1990, 578 (Wettbewerbswidrigkeit einer Klausel in Aufnahmebedingungen eines Mietervereins, die rechtswidrig die freie Rechtsanwaltswahl ausschließt); Bernreuther WRP 1994, 853 (858); Schindler Die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Wettbewerbsrecht, 2007, S. 184 ff. 131 Köhler/Bornkamm § 4 UWG Rz. 11.156i; Peterek WRP 2008, 714 (721 f.); zur Rechtslage vor Inkrafttreten der UWG-Novelle siehe 10. Aufl. (Ulmer) Rz. 66; OLG Stuttgart v. 9.11.1987 – 2 W 25/87, BB 1987, 2394; OLG Stuttgart v. 1.6.1988 – 2 W 41/88, WRP 1989, 201 (202); AG Hamburg v. 13.12.1993 – 6 C 1408/93, VuR 1994, 19 (22). 132 Näher zur Irreführung über die Vertragsbedingungen Köhler/Bornkamm § 5 UWG Rz. 7.137 ff.; dazu auch Schulze zur Wiesche GRUR 1983, 656 (657), und Vor § 307 Rz. 91. 133 Vgl. § 1 UKlaG Rz. 3; so auch KG v. 3.4.2007 – 5 W 73/07, NJW 2007, 2266 (2267); OLG Köln v. 30.3.2007 – 6 U 249/06, WRP 2007, 1111; Köhler/Bornkamm § 4 UWG Rz. 11.17, 11.156a m.w.N.; a.A. Ullmann GRUR 2003, 817 (823).

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V. Erfahrungen mit dem AGB-Recht Schrifttum: J. Axmann Die praktische Bedeutung und Effizienz der Verbandsklage nach §§ 13 ff. AGB-Gesetz, 1986; Berger Abschied von der Privatautonomie im unternehmerischen Geschäftsverkehr?, ZIP 2006, 2149; Bohle/Micklitz Erfahrungen mit dem AGB-Gesetz im nichtkaufmännischen Bereich, BB 1983, Beil. 11; Bunte Zehn Jahre AGB-Gesetz – Rückblick und Ausblick, NJW 1987, 921; Bunte 10 Jahre AGB-Gesetz – ein Gewinn an Rechtssicherheit?, JA 1988, 311; Coester-Waltjen Das deutsche AGB-Gesetz, in Baudenbacher (Hrsg.), AGB – Eine Zwischenbilanz, 1991, S. 67; Hellner Quo vadis AGB-Recht?, in FS Steindorff, 1990, S. 573; Kessler Zur Frage einer Reform des AGB-Rechts im unternehmerischen Rechtsverkehr, in: Verhandlungen des 69. DJT, Band II/1, 2013, S. I 57; Lenkaitis/Löwisch Zur Inhaltskontrolle von AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr: Ein Plädoyer für eine dogmatische Korrektur, ZIP 2009, 441; Leuschner AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen – Unter besonderer Berücksichtigung von Haftungsbeschränkungen, Abschlussbericht vom 30.9.2014; Leuschner Reformvorschläge für die AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr, ZIP 2015, 1045; Löwe Instrumente der abstrakten Kontrolle, in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, RWS-Forum 2, 1987, S. 99; Micklitz Brauchen Konsumenten und Unternehmen eine neue Architektur des Verbraucherrechts?, Gutachten A zum 69. Deutschen Juristentag, 2012; Müller Die AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr – Standortnachteil für das deutsche Recht, BB 2013 1355; Pfeiffer Verbraucherrecht mit vielen Säulen – Auf der Suche nach funktionsgerechten Konstruktionsprinzipien eines Rechtsgebiets, NJW 2012, 2609; Chr. Schäfer Anerkannt, gut und bewährt – eine Analyse des Kampfs um das Kleingedruckte, BB 2012, 1231; Schatz-Bergfeld Verbraucherinteressen im politischen Prozess: das AGB-Gesetz, 1984; Schindler Die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Wettbewerbsrecht, 2007; Schlosser Entwicklungstendenzen im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ZIP 1985, 449; Schlosser 10 Jahre AGB-Gesetz, JR 1988, 1; Stumpf Sand im Getriebe unternehmerischen Handelns. Eine kritische Betrachtung anhand einiger Beispiele aus der jüngeren Rechtsprechung zum AGB-Gesetz, BB 1985, 963; Ulmer Zehn Jahre AGB-Gesetz – Rückblick und Ausblick, in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, RWS-Forum 2, 1987, S. 1; von Westphalen 30 Jahre AGB-Recht – eine Erfolgsbilanz, ZIP 2007, 149; von Westphalen AGB-Kontrolle – kein Standortnachteil, BB 2013 1357.

1. Allgemeine Vorschriften (§§ 305 bis 306a) 67

Die bewusst weitgefasste Begriffsbestimmung des § 305 Abs. 1 (früher § 1 Abs. 1 AGBG) hat sich im Grundsatz bewährt. Versuche, den Schutzzweck des AGBRechts durch gezielten Einsatz scheinbarer Individualverträge oder durch unter die Ausnahme des § 310 Abs. 4 fallende Gestaltungen zu unterlaufen, sind in spürbarem Umfang nicht bekannt geworden134; sie lassen sich auch kaum mit dem Rationalisierungszweck vereinbaren, der mit der AGB-Verwendung verfolgt wird. Eine noch vor Geltung des AGBG ergangene BGH-Entscheidung, die einen recht großzügigen Maßstab für die Bejahung des Aushandelns im Einzelnen (§ 305 Abs. 1 Satz 3) anzulegen schien135, ist vereinzelt geblieben, nachdem sie in der Literatur verbreitet Widerspruch gefunden hatte (vgl. näher § 305 Rz. 41 f., 50). Die Tendenz der Gerichte geht im Gegenteil dahin, die AGB-Definition in § 305 Abs. 1 nicht als abschließend anzusehen, sondern auch sonstige Fälle vorformulierter rechtsgeschäftlicher Erklärungen im Analogiewege dem Anwen134 So auch Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 36; Bunte AcP 181 (1981), 37. Solche Versuche waren allerdings für die Preisvereinbarung bei Neuwagenverkäufen mit längeren Lieferfristen in der Zeit vor der höchstrichterlichen Entscheidung über die Tagespreisklausel (vgl. Tagespreisklauseln § 309 Nr. 1 Rz. 20) zu beobachten. 135 BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624; a.A. OLG Celle v. 28.10.1977 – 11 U 72/77, NJW 1978, 326; AG Düsseldorf v. 26.9.1985 – 47 C 86/85, WM 1986, 463 (464).

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dungsbereich des AGB-Rechts zu unterstellen (vgl. § 305 Rz. 16 ff.). Den Besonderheiten des unternehmerischen Geschäftsverkehrs lässt sich im Rahmen der derzeitigen Fassung des § 305 Abs. 1 Satz 3 durchaus Rechnung tragen (§ 305 Rz. 52, 64 f.). Jüngst vorgeschlagene Reformen – etwa eine Ergänzung des § 305 um einen Katalog von Tatbeständen, bei deren Vorliegen ein Aushandeln vermutet werden136 oder eine AGB-Kontrolle gänzlich ausgeschlossen sein soll137, die Einführung einer an den Gegenstandswert des Vertrags anknüpfenden Wertgrenze, ab deren Erreichen Verträge des unternehmerischen Geschäftsverkehrs generell nicht mehr der Inhaltskontrolle unterliegen sollen138, oder ein bloßes Verhandeln des Vertragsinhalts ausreichen zu lassen139 – dürften entbehrlich sein (und in Teilen auch über das Ziel hinausschießen)140, wenn man nur anerkennt, dass zwischen Unternehmern situationsbedingt ggf. geringere Anforderungen an ein Aushandeln zu stellen sind (§ 305 Rz. 52, 64 f.). Hinsichtlich der allgemeinen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 68 (früher § 2 Abs. 1 AGBG) sind auch in neuerer Zeit nur wenige Urteile bekannt geworden, die die Einbeziehung der AGB hieran scheitern ließen141. Ob das darauf beruht, dass die Einbeziehungsvoraussetzungen trotz ihrer geringen Verkehrsfreundlichkeit ganz überwiegend beachtet werden, oder ob es seinen Grund im fehlenden Problembewusstsein der beteiligten Kreise hat, ist nicht bekannt (vgl. § 305 Rz. 107). Auch wenn die zweite Möglichkeit zutreffen sollte, wäre das damit verbundene Rechtsanwendungsdefizit wegen der problematischen Ausgestaltung der Vorschrift (§ 305 Rz. 102) und ihres geringen Schutzeffekts doch nicht schwerwiegend. Erhebliches Gewicht kommt dagegen, wie Zahl und Art der entschiedenen Fälle zeigen (§ 305c Rz. 26 ff., 52), dem Einbeziehungshindernis des § 305c Abs. 1 (früher § 3 AGBG) für den Fall überraschender Klauseln zu142. Sie entfaltet eine beachtliche Bereinigungsfunktion im Vorfeld der Inhaltskontrolle. Im Rahmen der Vorrangregelung des § 305b (früher § 4 AGBG) hat vor allem die Schriftformklausel Bedeutung erlangt. Zu Recht hat sich in der Rechtsprechung eine mittlere Linie herausgebildet. Sie lässt Schriftformklauseln nicht schlecht136 Müller/Griebeler/Pfeil BB 2009, 2658 (2660 ff.); zu weit. Nachw. s. Fn. 106; ferner § 305 Rz. 52, 64 f. 137 Leuschner JZ 2010, 875 (884); F. Becker JZ 2010, 1098 (1104); zu weit. Nachw. s. Fn. 106; ferner § 305 Rz. 52, 64 f. 138 So insb. Leuschner, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen – Unter besonderer Berücksichtigung von Haftungsbeschränkungen, Abschlussbericht vom 30.9.2014, S. 43 ff., 287 ff.; dazu Leuschner ZIP 2015, 1045 ff.; Leuschner ZIP 2015, 1326 ff.; krit. von Westphalen ZIP 2015, 1316 ff. 139 So der Vorschlag des Zivilrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins vom März 2012 (Nr. 23/2012), abrufbar unter www.anwaltverein.de; ferner Berger NJW 2001, 2152 ff.; Berger ZIP 2006, 2149 ff.; Berger NJW 2010, 465 ff.; Kaufhold BB 2012, 1235 ff. 140 Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 ff.; abl. auch von Westphalen BB 2010, 195 (197 ff.); Schäfer BB 2012, 1231 (1234). 141 Vgl. auch Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 37, MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 15 und Schlosser ZIP 1985, 456; siehe ferner Staudinger/Schlosser Vor § 305 Rz. 26, wo die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Einbeziehungskontrolle aufgeworfen wird. Die BunteSammlung wies für die Jahre 1977–1990 nur 83 von 1727 Entscheidungen unter § 2 AGBG aus. 142 Von den insgesamt 1727 Entscheidungen aus den Jahren 1977–1990, die bei Bunte AGBE veröffentlicht sind, entfielen immerhin 170 (9,84%) auf § 3 AGBG; siehe aber auch Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 38.

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hin hinter mündlichen Zusagen zurücktreten, sondern erkennt ein berechtigtes Interesse des Verwenders an, nicht durch unkontrollierte Zusagen von Hilfspersonen, die ihre Befugnisse erkennbar überschreiten, gebunden zu werden (§ 305b Rz. 29 ff., 38). Bei der Auslegung von AGB wurde die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 (früher § 5 AGBG) zunächst für die Zwecke der Verbandsklage und sodann auch im Individualprozess zutreffend dahin fortentwickelt, dass die Weiterverwendung problematischer Klauseln schon dann zu untersagen und ihre Unangemessenheit festzustellen ist, wenn die kundenfeindliche Auslegung einer mehrdeutigen Klausel zu ihrer Unvereinbarkeit mit §§ 307 bis 309 führt (vgl. § 305c Rz. 5 f.; § 1 UKlaG Rz. 13). Die durch Inhalt und Systematik des AGBRechts gebotene Abkehr vom Restriktionsprinzip als verkappter Inhaltskontrolle hat sich demgegenüber nur allmählich durchgesetzt (§ 305c Rz. 38). Im Rahmen der auf Gültigkeit des Restgeschäfts und Lückenfüllung gerichteten Vorschrift des § 306 (früher § 6 AGBG) ist die Unzulässigkeit geltungserhaltender Reduktion teilunwirksamer AGB inzwischen im Grundsatz nahezu einhellig anerkannt, wenn auch die Rechtsprechung diese Linie nach wie vor nicht strikt durchhält (§ 306 Rz. 14 ff.). Zu Recht schließt die h.M. aber den Rückgriff auf die ergänzende Vertragsauslegung insoweit nicht aus, als sich das dispositive Recht zur Lückenfüllung als ungeeignet erweist (§ 306 Rz. 33 ff.). Die Umgehungsnorm des § 306a (früher § 7 AGBG) hat, wie zu erwarten war, keine nennenswerte Bedeutung erlangt (§ 306a Rz. 1).

2. Materielle Inhaltskontrolle (§§ 307 bis 309) 70

Die Gefahr, der Anwendungsbereich der §§ 307 bis 309 könnte durch extensive Interpretation der in § 307 Abs. 3 enthaltenen Beschränkung der Inhaltskontrolle auf Nebenabreden unter Ausklammerung der Vereinbarungen über die beiderseitigen Hauptleistungen übermäßig eingeschränkt werden, hat sich – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen143 – nicht realisiert. Im Gegenteil geht die h.M. dahin, den Vorbehalt für Leistungsbeschreibungs- und Preisabreden als Ausnahmeregelung restriktiv auszulegen und alle nicht eindeutig deklaratorischen oder der Festlegung der Hauptleistung zuzurechnenden Klauseln der Inhaltskontrolle zu unterwerfen144. Allerdings bereitet es nach wie vor Schwierigkeiten, für den Bereich der Entgeltregelungen in AGB zu einer klaren Abgrenzung zwischen kontrollfähigen Preisnebenabreden und kontrollfreien Preisklauseln zu gelangen145.

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Bewährt hat sich allem Anschein nach auch die Generalklausel des § 307 Abs. 1 einschließlich ihrer beiden Unterfälle in § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2, auch wenn die Abgrenzung zwischen Abs. 1 und den Sondertatbeständen in Abs. 2 in der Rechtsprechung nicht durchweg konsequent praktiziert wird146. Die von den Gerichten angewandten Kontrollgrundsätze zeigten gegenüber der früheren, auf

143 BGH v. 27.2.1980 – V ZB 19/79, BGHZ 76, 371 = BB 1980, 859 und BayObLG v. 23.6.1980 – BReg 2 Z 45/79, BB 1980, 1185; dagegen Löwe BB 1980, 1241. 144 Vgl. § 307 Rz. 75 ff.; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 45; Stoffels Rz. 419, 431 ff.; Schlosser ZIP 1985, 453 ff.; krit. Hellner in FS Steindorff, 1990, S. 573 (580). 145 Vgl. § 307 Rz. 71 ff.; speziell für Bankentgelte Nobbe WM 2008, 185 ff.; Habersack WM 2008, 1857 ff.; Merkel in FS Nobbe, 2009, S. 141 ff. 146 So auch Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 43; Stoffels Rz. 496; Seifert BB 1984, 880; vgl. zur Abgrenzung näher Becker Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz, 1986.

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§ 242 gestützten Inhaltskontrolle eine z.T. deutliche Verschärfung147; seither kommt der Inhaltskontrolle der eindeutige Schwerpunkt in den Auseinandersetzungen um vorformulierte Vertragsbedingungen zu148. Dabei macht sich namentlich auch die Ausstrahlung der Klauselverbote der §§ 308 und 309 auf die Anwendung der Generalklausel bemerkbar (§ 307 Rz. 163 f., § 307 Rz. 381 ff., und § 310 Rz. 27 f., § 310 Rz. 31 f.). Nachdem sich die Klauselverbote der §§ 308 und 309 doch als lückenhaft erwiesen haben149, kommt dieser Ausstrahlung insbesondere für die Beurteilung solcher Klauseln Bedeutung zu, die zwar nicht unter den Verbotskatalog der §§ 308, 309 fallen, aber einen vergleichbaren Unangemessenheitsgehalt aufweisen. Das gilt etwa für Freizeichnungsklauseln, die nicht die Verbotsvoraussetzungen des § 309 Nr. 7 oder 8 erfüllen150, oder für Preiserhöhungsklauseln bei über vier Monate hinausgehenden Lieferfristen bzw. im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen151. Insoweit hat es die höchstrichterliche Rechtsprechung zutreffend abgelehnt, beim Nichteingreifen des Verbotskatalogs im Umkehrschluss die Angemessenheit der beanstandeten Klauseln zu bejahen152. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob den Klauselverboten der §§ 308, 309 für den unternehmerischen Geschäftsverkehr Indizwirkung zukommt; sie wird zunehmend und vor dem Hintergrund der zunehmenden Überlagerung des allgemeinen Zivilrechts durch Verbraucherschutzbelange durchaus mit Grund kritisiert153.

3. Verbandsklage (§§ 1 ff. UKlaG) Die Ausgestaltung der Verbandsklagebefugnis und die hierfür geltenden Verfahrensvorschriften haben nach den bisher damit gemachten Erfahrungen keine schwerwiegenden Mängel erkennen lassen (vgl. auch Vor § 1 UKlaG Rz. 8; zur geringen Verbandsaktivität bei Klagen namentlich gegen AGB im Verkehr zwischen Unternehmern vgl. aber Rz. 79 ff.). Zu Recht hat sich die Praxis weitgehend an der Verbandsklage des § 8 (§ 13 a.F.) UWG orientiert und die dort erarbeiteten Verfahrensgrundsätze auf die AGB-Verbandsklage übertragen. Anders als im UWG-Bereich ist das Verfahren der einstweiligen Verfügung jedoch bisher ohne große Bedeutung geblieben154. Die Prüfung der Wiederholungsgefahr berei147 Von „grundlegender Veränderung“ des Instituts der Inhaltskontrolle seit Inkrafttreten des AGBG sprach schon Heinrichs in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 23 ff. (36). 148 Vgl. dazu auch den Bericht von Schlosser ZIP 1985, 449 ff. über die im ersten Jahrzehnt zu beobachtenden Entwicklungstendenzen im Recht der AGB. 149 So zutr. schon Bunte AcP 181 (1981), 45 mit Bsp.; vgl. auch Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 43 f.; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 3. 150 BGH v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383 = NJW 1979, 1886; BGH v. 28.11.1979 – VIII ZR 317/78, NJW 1980, 831; BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 = NJW 1980, 1953. 151 Vgl. BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 = NJW 1984, 1177; BGH v. 27.9.1984 – X ZR 12/84, BGHZ 92, 200 = NJW 1985, 426; BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 198/84, BGHZ 94, 335 = NJW 1985, 2270; dazu auch § 309 Nr. 1 Rz. 26 f. 152 Vgl. Vor § 307 Rz. 8 ff.; krit. zur „übermäßigen Anwendung“ der Generalklausel Staudinger/Schlosser Einl. Rz. 24, der dadurch die „Wohlabgewogenheit“ des Katalogs der §§ 10, 11 AGBG ausgehöhlt sieht. 153 S. dazu bereits Rz. 50 mit Nachw. in Fn. 106; näher zur Frage einer Indizwirkung § 307 Rz. 371 ff.; § 310 Rz. 26 ff. 154 Vgl. § 5 UKlaG Rz. 9 und J. Axmann S. 104 f. Laut Auskunft des BKartA wurden bis 1996 lediglich 86 einstweilige Verfügungen erlassen; die letzten davon im Jahre 1988. Dem

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tet angesichts der insoweit eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Probleme (vgl. § 1 UKlaG Rz. 38). Ein Missbrauch der Klagebefugnis durch Pseudo-Verbraucherverbände ist – auch dank der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG enthaltenen zusätzlichen Anforderungen (vgl. § 3 UKlaG Rz. 5 ff.) – abweichend von den Erfahrungen mit der UWG-Klage nicht eingetreten, nachdem die Gerichte solche Bestrebungen früh abgewehrt hatten. 73

Die früher an Einzelpunkten der §§ 13 bis 21 AGBG geübte Kritik erschien allenfalls teilweise als berechtigt155. Dafür, dass sich die in § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (jetzt § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG) enthaltenen zusätzlichen organisatorischen Anforderungen an klagebefugte Verbraucherverbände und die Begrenzung ihrer Aktivlegitimation nach Abs. 3 wirklich hemmend auf ihre Klagetätigkeit ausgewirkt haben156, sind Ansatzpunkte nicht ersichtlich. Die in § 21 Satz 1 AGBG (jetzt § 11 Satz 1 UKlaG) gewählte Einredelösung157 unterscheidet sich im Ergebnis nicht wesentlich von der faktischen Rechtskraftwirkung eines gegen denselben Verwender ergangenen Unterlassungsurteils (§ 11 UKlaG Rz. 12). Auch die Kritik an der ursprünglich in § 22 AGBG enthaltenen, jetzt in § 48 Abs. 1 Satz 2 GKG eingestellten Streitwertregelung158 überzeugte nur bedingt, wenn man die hiermit in UWG-Sachen gemachten Erfahrungen berücksichtigte159; auch werden die Streitwerte für AGB-Unterlassungsklagen durchweg im unteren Bereich festgesetzt (§ 5 UKlaG Rz. 29). Kritisiert wurden schließlich auch Umfang und Praxis der – inzwischen aufgehobenen – Registerpublizität in § 20 AGBG. Soweit die Kritik sich gegen die Nichtberücksichtigung von Urteilen in Inzidentprozessen im Rahmen von § 20 Abs. 1 AGBG wendete160, stand dem nicht nur die außerordentlich große Zahl derartiger Prozesse entgegen, sondern auch die Schwierigkeit, den Gründen des jeweiligen Urteils einen eintragungsfähigen Text zu entnehmen; dem wollte Löwe161 durch Einführung eines Rechtsentscheids nach mietrechtlichem Muster im Interesse größerer Breitenwirkung auch der in Individualprozessen ergehenden Gerichtsentscheidungen

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standen Ende Juli 1996 knapp 3000 Urteile und sonstige Erledigungen im Verfahren nach § 13 AGBG gegenüber. Wie viele der - Stand 2005 - auf eine Zahl von über 3500 angewachsenen Verbands-(Klage-)verfahren auf einstweilige Verfügungen entfallen, ist wegen der Umstellung der vom BKartA bis Ende 2001 geführten Statistik, die keine Einzelaufschlüsselung der Gesamtzahl der Eintragungen im AGB-Register enthält (vgl. Fn. 230), nicht exakt feststellbar. So auch Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 46: „Das Verbandsklageverfahren … hat sich insgesamt gesehen bewährt,“, und Hensen in FS Ulmer, 2003, S. 1135 ff. (1151). So BGH v. 20.3.1986 – VII ZR 191/85, WM 1986, 618 (619) und MünchKomm/Gerlach (3. Aufl. 1993) Vor § 13 AGBG Rz. 15; vgl. auch Gerlachs Kritik an der Nichteinführung einer behördlichen Klagebefugnis (a.a.O. Rz. 16). Krit. gegenüber dem Erfordernis von mindestens 75 Personen als Mitglieder in § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG namentlich auch J. Axmann S. 77. Dazu krit. MünchKomm/Gerlach (3. Aufl. 1993) Vor § 13 AGBG Rz. 17; Bunte AcP 181 (1981), 58. MünchKomm/Gerlach (3. Aufl. 1993) Vor § 13 AGBG Rz. 19; Bunte AcP 181 (1981), 59; J. Axmann S. 107 ff. Vgl. die rechtstatsächlichen Feststellungen von Kur ZVP 1981, 93 ff. zu Häufigkeit und Erfolg des Antrags nach § 12 Abs. 4 UWG auf Streitwertherabsetzung. MünchKomm/Gerlach (3. Aufl. 1993) Vor § 13 AGBG Rz. 17; Bunte AcP 181 (1981), 57. Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (116 ff.); vgl. dazu auch die Stellungnahmen in der Podiumsdiskussion „Zehn Jahre AGB-Gesetz“, zit. bei H. Schmidt in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 201 (216 f.).

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Rechnung tragen. Was schließlich die Kritik an dem zu knappen Inhalt der Registereintragungen unter Nichtangabe der konkreten Beanstandungen angeht (vgl. 8. Aufl. [Hensen] § 20 AGBG Rz. 5 f.), so hätte sich ihr auch ohne Gesetzesänderung durch Modifizierung der Eintragungspraxis des BKartA begegnen lassen.

4. Inhaltskontrolle durch Verwaltungsbehörden a) Allgemeines Durch das AGB-Recht nicht berührt worden ist die in Spezialgesetzen vorgesehene Genehmigungspflicht von AGB, darunter namentlich Bausparkassen- und Pflichtversicherungsbedingungen162. Sie erstreckt sich der Sache nach auch auf Einhaltung der Angemessenheitsschranken der §§ 307 bis 309163; die Unbedenklichkeit der genehmigten AGB als Folge des Genehmigungsverfahrens ist dadurch freilich nicht gewährleistet164. Dementsprechend ist auch anerkannt, dass die behördliche Genehmigung von AGB der Anwendbarkeit des AGB-Rechts nicht entgegensteht165. Gleiches gilt für solche AGB, die – wie etwa die AGBBanken nach der in § 6 KWG, § 81 Abs. 2 VAG geregelten Missstandsaufsicht – mittelbar repressiver behördlicher Aufsicht unterliegen166. Im Fall gerichtlicher Inhaltskontrolle genehmigter AGB schreibt § 8 Abs. 2 UKlaG allerdings die Anhörung der zuständigen Aufsichtsbehörde durch das zur Entscheidung über die Verbandsklage berufene Gericht vor, um aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten Eingang in das gerichtliche Kontrollverfahren zu verschaffen.

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b) Konditionenkartelle und -empfehlungen Konditionenkartelle waren nach § 2 Abs. 2 GWB a.F. bis 2005 als Ausnahme vom Kartellverbot des § 1 GWB grundsätzlich zulässig, wenn sie die einheitliche Anwendung allgemeiner Geschäfts-, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen einschließlich der Skonti zum Gegenstand hatten und keine Regelungen in Bezug auf Preise oder Preisbestandteile enthielten. Ihre Legalisierung nach § 9 GWB a.F. setzte die Anmeldung bei der Kartellbehörde nach vorheriger Anhörung der von den vereinheitlichten AGB betroffenen Lieferanten oder Abnehmer und die Beifügung von deren Stellungnahme voraus167. Das Konditionenkartell wurde erst wirksam, wenn die Kartellbehörde nicht innerhalb von drei Monaten nach An162 Vgl. Vor § 307 Rz. 96 f.; zum Folgenden auch § 305 Rz. 76 und § 307 Rz. 55 ff.; speziell zur Kontrolle von Bausparbedingungen durch die BaFin Baums in FS Nobbe, 2009, S. 815 ff.; Habersack WM 2008, 1857 f. 163 Vgl. Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen Rz. 1; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 70; Palandt/ Grüneberg Vorb. § 305 Rz. 19; Löwe Vorb. § 8 AGBG Rz. 38. 164 Vgl. nur BGH v. 30.4.1969 – IV ZR 550/68, BGHZ 52, 86 (90 ff.) = NJW 1969, 1384 (1385); BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, NJW 1983, 1322 (1324); Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 69, 71 f.; Palandt/Grüneberg Vorb. § 305 Rz. 19. 165 Vgl. neben den Nachw. in voriger Fn. noch § 305 Rz. 75 f.,Vor § 307 Rz. 96; speziell zur Abschlussgebühr bei Bausparverträgen BGH v. 7.12.2010 – XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 = NJW 2011, 1801 (Tz. 17); OLG Hamm v. 1.2.2010 – I-31 U 130/09, WM 2010, 702; OLG Stuttgart v. 3.12.2009 – 2 U 30/09, ZIP 2010, 74; LG Heilbronn v. 12.3.2009 – 6 O 341/08, ZIP 2009, 609; siehe dazu auch die Nachw. in Fn. 162. 166 Dazu und zu weiteren Beisp. behördlicher Kontrolle vgl. § 307 Rz. 96 f.; MünchKomm/ Basedow, Vor § 307 Rz. 17; Löwe Vorb. § 8 AGBG Rz. 46 f.; Löwe in Heinrichs/Löwe/ Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz 1987, S. 99 (101 ff.); Stoffels Rz. 400 ff. 167 Dazu Sauter in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 9 GWB Rz. 15.

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meldung widersprach; als Widerspruchsgrund kam auch die unausgewogene Ausgestaltung der Konditionen zum Nachteil der betroffenen Vertragspartner in Betracht168. Der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 GWB a.F. wurde im Zuge der 7. GWB-Novelle 2005 durch die Legalausnahmen der §§ 2, 3 GWB n.F. ersetzt. Die bis dahin geltenden Freistellungen haben zum 1.7.2005 ihre Wirksamkeit verloren169. 75a

Eine vergleichbare Regelung fand sich in § 22 Abs. 3 Nr. 2 GWB a.F. für – unverbindliche – Konditionenempfehlungen durch Wirtschafts- und Berufsvereinigungen. Auch sie waren zum Zweck der Freistellung vom Empfehlungsverbot des § 22 Abs. 1 Satz 1 GWB a.F. bei der Kartellbehörde anzumelden, wobei der Anmeldung eine Stellungnahme der Wirtschafts- oder Berufsverbände der Marktgegenseite auf Grund vorangegangener Anhörung beizufügen war170. Der Kartellbehörde stand nach Maßgabe von § 22 Abs. 6 GWB a.F. das Recht zur Missbrauchsaufsicht zu; ihr Gegenstand deckte sich mit demjenigen im Widerspruchsverfahren gegen Konditionenkartelle nach § 9 Abs. 3 GWB a.F.171. Durch die 7. GWB-Novelle ist das Empfehlungsverbot des § 22 Abs. 1 GWB a.F. gestrichen worden. Vom Kartellverbot des § 1 GWB werden Empfehlungen nur erfasst, wenn sie zu abgestimmten Verhaltensweisen der Empfänger führen172.

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Die kartellbehördliche Aufsicht gegenüber Konditionenkartellen und -empfehlungen beschränkte sich nicht auf die wettbewerbspolitischen Wirkungen des Kartells oder der Empfehlung, darunter insbesondere die Gefahr, dass dadurch der letzte noch wirksame Wettbewerb auf dem betroffenen Markt ausgeschlossen wurde173. Nach einhelliger Ansicht umfasste sie vielmehr auch die Angemessenheitskontrolle der AGB. Kontrollmaßstab waren insoweit grundsätzlich die Regelungen der §§ 307 bis 309 (früher §§ 9–11 AGBG) in ihrer Auslegung durch die 168 Seinerzeit einh. M., vgl. Immenga in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 2 Abs. 2 GWB Rz. 12; Kiecker in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 8. Aufl. 1998, § 12 Rz. 8 ff. Vgl. auch unten § 307 Rz. 82. 169 Die Übergangsbestimmungen des § 131 GWB sind insoweit nicht anwendbar, doch ist davon auszugehen, dass die nach § 2 Abs. 2 GWB a.F. freigestellten Konditionenkartelle im Zweifel von der Legalausnahme des § 2 Abs. 1 GWB n.F. erfasst werden, sofern sie in den Anwendungsbereich des § 1 GWB n.F. fallen; näher dazu Vor § 307 Rz. 83 ff.; Fuchs in Immenga/Mestmäcker, § 2 GWB Rz. 138 ff. m. umf. Nachw.; mit Blick auf die früher nach § 22 Abs. 2 GWB a.F. freigestellten Mittelstandsempfehlungen Lutz WuW 2005, 718 (724) unter Hinweis auf die amtl. Begründung zur 7. GWB-Novelle, BTDrucks. 15/3640 S. 30. 170 Sauter in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 22 GWB Rz. 99. 171 Sauter in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 22 GWB Rz. 104; Hennig in Langen/ Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 8. Aufl. 1998, § 38 Rz. 134, 138. Zu dem in der Praxis üblichen Verfahren der formlosen Vorprüfung vor Anmeldung der Konditionenempfehlung vgl. BKartA, Tät.-Bericht 1987/88, BT-Drucks. 11/4611 S. 30; Tät.-Bericht 1991/92, BT-Drucks. 12/5200 S. 39 f.; Tät.-Bericht 1993/94, BT-Drucks. 13/1660 S. 34 f.; Tät.-Bericht 1995/96, BT-Drucks. 13/7900 S. 41; Tät.-Bericht 1997/98, BT-Drucks. 14/1139 S. 44 f.; Hennig in Langen/Bunte, a.a.O., § 38 Rz. 131; Hennig/Jarre DB 1980, 1431; Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (103 f.). 172 So zu Art. 101 AEUV (ex Art. 81 EG) zutr. EuGH v. 28.1.1986 – Rs. 161/84, Slg. 1986, 353 (374, 384 f.) (Pronuptia); zu § 1 GWB auch Lutz WuW 2005, 718 (724), und Hartog/ Noack WRP 2005, 1396 (1401); Stoffels Rz. 407; a.A. Schindler S. 44. – Näher dazu § 307 Rz. 85 m.w.N. 173 Vgl. dazu Immenga in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 12 GWB Rz. 35; Kiecker in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 8. Aufl. 1998, § 12 Rz. 9.

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höchstrichterliche Rechtsprechung174. Die Angemessenheit von Konditionen nach AGB-Maßstäben war allerdings kein Argument für ihre kartellrechtliche Unbedenklichkeit, wie auch umgekehrt aus der Vereinbarkeit von Konditionenempfehlungen mit dem GWB nicht auf deren inhaltliche Zulässigkeit geschlossen werden konnte. Vielmehr war anerkannt, dass AGB-Recht und GWB unterschiedliche Schutzzwecke haben, freilich ohne untereinander in einem Spannungsverhältnis zu stehen175. Das BKartA achtete bei der inhaltlichen Kontrolle von Konditionen in besonderem Maße auf Nachteile, die sich für die Marktgegenseite aus der Vereinheitlichung der AGB der Anbieterseite und aus der damit verbundenen Beschränkung der Auswahlmöglichkeiten ergeben176; das konnte je nach Lage des Falles zu einer Verschärfung des AGB-Kontrollmaßstabs gegenüber wettbewerbsrelevanten, das Marktgleichgewicht berührenden Klauseln führen177. Die Praxis des BKartA entsprach diesen von ihm selbst betonten hohen Kontrollmaßstäben nicht durchweg. So stellte der BGH mehrfach einen Verstoß von Klauseln aus Konditionenempfehlungen, die vom BKartA nicht beanstandet worden waren, gegen den Verbotskatalog der §§ 10, 11 AGBG (jetzt §§ 308, 309 BGB) fest178. Immerhin wurden aus neuerer Zeit keine offensichtlichen Verstöße

174 Vgl. BKartA, Tät.-Bericht 1981/82, BT-Drucks. 10/243 S. 36 und 1987/88, BT-Drucks. 11/4611 S. 29 f. (Maßstäbe des AGB-Rechts haben „nach wie vor erhebliche indizielle Bedeutung“); Kiecker in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 8. Aufl. 1998, § 12 Rz. 10. 175 KG v. 11.12.1991 – Kart 7/91, WuW/E OLG 4914, 4918; vgl. als Konsequenz auch die Rechtsprechung in Fn. 178. 176 BKartA, Tät.-Bericht 1978, BT-Drucks. 8/2980 S. 39 f.; Tät.-Bericht 1979/80, BTDrucks. 9/565 S. 40; Tät.-Bericht 1995/96, BT-Drucks. 13/7900 S. 41; so auch Immenga in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 2 GWB Abs. 2 Rz. 12; Kiecker in Langen/ Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 8. Aufl. 1998, § 12 Rz. 10; Hennig/Jarre DB 1980, 1431 ff.; Hennig BB 1984, 1509 (1511); vgl. zum Ganzen näher Schirmers Konditionenempfehlungen, kartellrechtliche Kontrolle und AGB-Gesetz, 1983, S. 58 ff. Gegenansichten vgl. in Fn. 177. 177 So wenn auf Grund der Kollektivierung der AGB mit verstärkten Störungen des Wirtschaftsablaufs zu rechnen ist, wie bei EV-Klauseln, die eine Übersicherung des Verwenders erwarten lassen (vgl. Tät.-Bericht 1983/84, BT-Drucks. 10/3550 S. 35) oder bei weit gehenden Freizeichnungsklauseln im kaufmännischen Verkehr; vgl. dazu Schirmers (Fn. 176) S. 61 ff. unter Hinweis auf BKartA Tät.-Bericht 1978, BT-Drucks. 8/2980 S. 40 (52); Hennig DB 1984, 1509 (1511 f.). Gegen jede Maßstabsverschärfung, für Kontrolle nach den auch für Einzel-AGB geltenden Maßstäben der §§ 307 bis 309, aber Staudinger/Schlosser, 12. Aufl. 1983, Einl. AGBG Rz. 28; Wolf, 4. Aufl. 1999, Einl. AGBG Rz. 29; Bunte Handbuch S. 50. 178 Vgl. etwa die vom BGH festgestellten Verstöße in den Konditionenempfehlungen für Neuwagen-Verkaufsbedingungen (Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 18 f.), in den Einheitsbedingungen für Textilveredelungsverträge (BGH v. 23.2.1984 – VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016), in den Allgemeinen Reisebedingungen (Teil 2, (37) Reiseverträge Rz. 3 ff.; BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 158 = NJW 1987, 1931) und in den Kfz-Reparaturbedingungen (BGH v. 14.7.1987 – X ZR 38/86, BGHZ 101, 307 = NJW 1987, 2818), aber auch die ebenfalls nicht korrekten Empfehlungen für Architekten-AGB (Teil 2, (4) Architekten- und Ingenieurverträge Rz. 2 ff.) und AGB des Möbelhandels (Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 22 f.); vgl. auch BKartA, Tät.-Bericht 1987/88, BT-Drucks. 11/4611 S. 29; Tät.-Bericht 1989/90, BT-Drucks. 12/847 S. 33; Tät.-Bericht 1991/92, BTDrucks. 12/5200 S. 39; Tät.-Bericht 1993/94, BT-Drucks. 13/1660 S. 34 und Tät.-Bericht 1995/96, BT-Drucks. 13/7900 S. 41: die Änderung von zwischen 19 und 33 Konditionenempfehlungen im jeweiligen Berichtszeitraum erfolgte überwiegend zur Anpassung an die Rechtsprechung zum AGBG bzw. an das Produkthaftungsgesetz. Krit. zur Kon-

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dieser Art mehr bekannt; auch wäre die Missbrauchsaufsicht nach §§ 12 Abs. 1, 22 Abs. 6 GWB a.F. überfordert gewesen, wenn man von ihr außer der Anlegung gesicherter AGB-Maßstäbe an die angemeldeten Konditionenkartelle und -empfehlungen und außer dem Bemühen, den Drang der Verbände nach immer umfangreicheren und dadurch zunehmend schwer verständlichen AGB einzuschränken179, auch noch eine – ggf. im Beschwerdeverfahren auszutragende – Klärung von Streitfragen zur AGB-Inhaltskontrolle erwartet hätte. Wohl aber bestand die Möglichkeit – und wurde von den Kartellbehörden auch genutzt180 – im Wege der Missbrauchsaufsicht höchstrichterlichen Entscheidungen, die die Unvereinbarkeit einer Klausel mit §§ 307 bis 309 (früher §§ 9–11 AGBG) feststellen, auch gegenüber Empfehlern gleich lautender oder vergleichbarer, schon früher angemeldeter Konditionen Wirksamkeit zu verschaffen. – Keine Gewähr bot die Aufsicht über Konditionenempfehlungen dafür, dass die Verwender als Adressaten der Empfehlung diese unverändert übernahmen, anstatt – wie nicht selten – teilweise zum Kundennachteil hiervon abzuweichen. Darin konnte eine Irreführungsgefahr für die Öffentlichkeit liegen; dies zumal dann, wenn der Verwender die Abweichungen nicht offenlegte, sondern im Gegenteil mit der Anmeldung der AGB beim BKartA als eine Art „Gütesiegel“ warb181. c) Missbrauchsverbot nach § 19 GWB 78

Einen nach wie vor relevanten Anwendungsfall kartellbehördlicher AGB-Kontrolle bildet das in § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB vorgesehene, nach Maßgabe von § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB bußgeldbewehrte Verbot missbräuchlicher Geschäftsbedingungen marktbeherrschender Unternehmen. Seine praktische Bedeutung war, auch abgesehen von dem beschränkten Adressatenkreis dieser Norm, allerdings schon deshalb gering, weil der BGH die Kontrolle zunächst nach einer Gesamtbetrachtung des aus Entgelt und Geschäftsbedingungen bestehenden „Leistungsbündels“ vorgenommen hat182, d.h. einen globalen Maßstab gewählt hat, der nur in seltenen Fällen zur Beanstandung einzelner Klauseln als missbräuchlich führen dürfte. Mit Urteil vom 6.11.2013 hat allerdings der Kartellsenat des BGH zu Recht anerkannt, dass die Verwendung unzulässiger AGB durch marktbeherrschende Unternehmen einen Missbrauch darstellen kann und ein Erheblichkeitszuschlag, wie er in der Rechtsprechung zum Preismissbrauch gefordert ist,

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trollpraxis des BKartA daher Bunte BB 1980, 325 (331 f.) und AcP 181 (1981), 62 f.; MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 28; a.A. MünchKomm/Gerlach, 3. Aufl. 1993, Vor § 13 AGBG Rz. 4, wohl auch Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (102 ff.). Vgl. die berechtigte Kritik des BKartA an überlangen, durch übertriebene Vorsorge der Verbände gekennzeichneten Verbands-AGB (Tät.-Bericht 1978, BT-Drucks. 8/2980 S. 39 und Tät.-Bericht 1979/80, BT-Drucks. 9/565 S. 40 f.) sowie WuW/E BKartA 1989, 1995 (Ablehnung einer zur Regelung seltener Sonderfälle bestimmten Klausel); krit. auch BGH v. 23.4.1980 – VIII ZR 80/79, BGHZ 77, 79 (86) = NJW 1980, 2133 (2134) zu den mehr als 200 Druckzeilen umfassenden Neuwagen-Verkaufsbedingungen der Kfz-Branche. Vgl. Tät.-Bericht 1981/82, BT-Drucks. 10/243 S. 37; Tät.-Bericht 1983/84, BT-Drucks. 10/3550 S. 35 f.; Tät.-Bericht 1985/86, BT-Drucks. 11/554 S. 30; Tät.-Bericht 1987/88, BT-Drucks. 11/4611 S. 22, 88; dazu auch Hennig DB 1984, 1509. Darauf wies zutr. Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (111) hin. BGH v. 6.11.1984 – KVR 13/83, WM 1985, 490 (492) = WuW/E BGH 2103 (Favorit); dazu krit. Bunte WM 1985, 1217 ff.; Fuchs/Möschel in Immenga/Mestmäcker § 19 GWB Rz. 254 ff. (256).

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schon deshalb nicht zu verlangen ist, weil die Rechtsfolge der Unwirksamkeit bereits eine Benachteiligung von einigem Gewicht voraussetzt183. Eine Abkehr vom Vergleichsmarktkonzept184 dürfte damit allerdings nicht verbunden sein (s. Vor § 307 Rz. 88). Dabei ist dieses Konzept als Grundlage einer gegenüber §§ 307 bis 309 verschärften Missbrauchskontrolle schon deshalb nicht geeignet, weil es zu Unrecht davon ausgeht, dass der Inhalt von AGB regelmäßig von bestehendem Wettbewerb beeinflusst wird (Vor § 307 Rz. 88)185. Da die Angemessenheit von Geschäftsbedingungen, anders als diejenige von Preisen, anhand der allgemeinen schuldrechtlichen Maßstäbe ohne besondere Schwierigkeiten geprüft werden kann, sollte die Rechtsprechung sich insoweit nicht nur von der Gesamtbetrachtung, sondern auch vom Vergleichsmarktkonzept lösen und stattdessen das Missbrauchsverbot unter Anlegung verschärfter Maßstäbe an den Wertungen der §§ 307 bis 309 orientieren186.

5. Bilanz nach 38 Jahren Kodifikation des AGB-Rechts a) Differenziertes Bild In der 4. Auflage dieses Kommentars (1982) war hinsichtlich der Wirksamkeit 79 des AGBG in den ersten Jahren seiner Geltung von einem zwiespältigen Befund die Rede. Er beruhte einerseits auf den insgesamt positiven Erfahrungen mit dem Gesetz und seiner Anwendung durch die Gerichte, andererseits auf der eher negativ zu bewertenden, nur langsamen Durchsetzung des Gesetzes gegenüber der Vielzahl in der Wirtschaft verwendeter AGB und auf der auffälligen Zurückhaltung der Wirtschaftsverbände und Kammern, von den ihnen durch die Klagebefugnis nach § 13 AGBG gebotenen Möglichkeiten Gebrauch zu machen187. Die Lagebeurteilung zum 1.4.2015, 38 Jahre nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes (Rz. 22), zeigt nach wie vor ein differenziertes Bild188. Grundsätzliche Änderungen haben sich auch in den letzten Jahren nicht ergeben; auch die vor 28 Jahren festgestellte Zunahme der Verbandsklagen im kaufmännischen Bereich189 scheint sich nicht fortgesetzt zu haben (Rz. 82). Bemerkenswert ist vor allem die große Zahl von Entscheidungen zum AGB-Recht, deren Strom seit vielen Jahren

183 BGH v. 6.11.2013 – KZR 58/11, BGHZ 199, 1 (Tz. 65 f.) = WM 2014, 759. 184 Für Maßgeblichkeit noch BGH v. 6.11.1984 – KVR 13/83, WM 1985, 490 (492) = WuW/E BGH 2103 (Favorit). 185 Bunte WM 1985, 1218; vgl. auch Baudenbacher Wirtschafts-, schuld- und verfahrensrechtliche Grundprobleme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1983, S. 206 ff. zur beschränkten wettbewerblichen Kontrolle von AGB namentlich auf Konsum- (im Unterschied zu Investitions-)gütermärkten. 186 In diesem Sinne auch Fuchs/Möschel in Immenga/Mestmäcker § 19 GWB Rz. 256; Lindacher ZIP 1986, 818 f.; ferner OLG München v. 15.1.2015 – U 1110/14 Kart – Pechstein, WuW/E DE-R 4543 = SchiedsVZ 2015, 40: Marktmissbrauch durch Verlangen einer Schiedsvereinbarung; zur Problematik siehe ferner Vor § 307 Rz. 88. 187 4. Aufl. Rz. 44 f. 188 So auch MünchKomm/Basedow, Vor § 305 Rz. 15; MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 22 ff.; a.A. einerseits von Westphalen ZIP 2007, 149 ff., der von durchaus positiver Bewertung spricht, andererseits Staudinger/Schlosser Einl. Rz. 24, der vor einer übermäßigen Anwendung der Generalklausel des § 307 warnt; speziell zur Beurteilung der Rechtsprechung zum unternehmerischen Geschäftsverkehr siehe Rz. 50, 80. 189 Vgl. die 5. Aufl. dieses Kommentars (Rz. 45, 48).

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anhält190. Auch in neuerer Zeit finden sich nur selten Hefte einschlägiger Fachzeitschriften, die nicht mindestens ein Urteil zu Fragen des AGB-Rechts enthalten. Eine Entscheidungssammlung für die Jahre 1977 bis 1989/90 enthielt über 1700 meist obergerichtliche Urteile191; sie betrafen überwiegend den Bereich der Inhaltskontrolle192. Auch die Fülle an Rechtsprechungsmaterial, das für die jeweiligen Neuauflagen dieses Kommentars zu verarbeiten war, bestätigt die dem AGB-Recht zukommende Breitenwirkung, aber auch die ihm innewohnende Dynamik193. Was insbesondere die BGH-Rechtsprechung angeht, lässt sich freilich nach wie vor eine gewisse Spannweite konstatieren, die zwischen den verschiedenen Zivilsenaten bei Auslegung und Anwendung des AGBG zu bestehen scheint194. – Der Gesetzgeber ging bei den Beratungen der AGBG-Novelle 1996 davon aus, dass sich das Gesetz in seinen bisherigen Teilen in der Praxis bewährt habe und dass ein über die Umsetzung der EG-Richtlinie hinausgehender Änderungsbedarf nicht bestehe195. 80

Eine flächendeckende Durchsetzung des AGB-Rechts gegenüber der Vielzahl der in der Wirtschaftspraxis verwendeten Klauselwerke ist noch immer nicht gewährleistet; jedoch sind Unterschiede je nach Branche und Marktstufe unverkennbar. Als zumindest offen erscheint nach wie vor insbesondere die Frage, inwieweit sich das AGB-Recht im Verkehr zwischen Unternehmern durchgesetzt hat. Repräsentative Untersuchungen hierzu liegen nicht vor. Engagierte Warnungen aus Wirtschaftskreisen am Ende des ersten Jahrzehnts der AGB-Geltung vor einer Überreaktion bei Anwendung des AGBG und vor unzureichender Berücksichtigung der damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen196 richteten sich wohl eher gegen das insgesamt als störend empfundene Gesetz197; als Beleg für seine weitgehende Durchsetzung im kaufmännischen Verkehr waren sie kaum geeignet198. Entsprechendes gilt für Hinweise auf die Tätigkeit des von zehn Wirtschaftsverbänden eingesetzten Gutachterausschusses für AGB199. Demgegenüber ist im Verkehr mit Verbrauchern nicht zu verkennen, dass die AGB wesentlicher Wirtschaftszweige wie diejenigen der Banken und Sparkassen oder des Kraftfahrzeug- und Möbelhandels im Wesentlichen der neuen Rechtslage an190 Nach Schlosser (ZIP 1985, 450) sollen bereits in der Zeit vom April 1977 bis Anfang 1985 mehr als 2000 Gerichtsentscheidungen zur Auslegung des AGBG veröffentlicht worden sein. 191 Vgl. die mittlerweile eingestellte Sammlung von Bunte; sie enthielt in Bd. III (1982) 163, in Bd. IV (1983) 188, in Bd. V (1984) 198 und in Bd. VI (1985) 168 Entscheidungen. 192 Allein auf § 9 AGBG entfielen 1108 Nummern. 193 Vgl. dazu auch Ulmer in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 1 (9 ff.). 194 Hierauf hat zu Recht schon Brandner in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 39 ff. hingewiesen. 195 Begr. RegE, BT-Drucks. 13/2713 S. 6. 196 So etwa Stumpf BB 1985, 963; ähnlich Thamm/Pilger (Fn. 100) S. 47 ff. 197 Bezeichnend hierfür war die Feststellung von Stumpf BB 1985, 963 (965), es möge sein, „dass es in früheren Jahren vereinzelt (sic) Geschäftsbedingungen gegeben hat, in denen die Interessen des Verwenders überwogen“. In solchen Fällen habe jedoch eine Korrektur der Bedingungen durch die Rechtsprechung zu § 242 ausgereicht. Vgl. dazu auch Rz. 50. 198 A.A. Staudinger/Schlosser Einl. Rz. 24, der im Gegenteil eine zu weitgehende Inhaltskontrolle durch die Gerichte beklagte und der großen Zahl von AGB-Urteilen jede Indizfunktion für noch verbliebene Missstände abspricht. 199 So Thamm BB 1986, 81 ff.; vgl. dazu näher Rz. 83.

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gepasst wurden. Auch haben die Klagetätigkeiten, die hier vor allem von zwei Verbraucherverbänden ausgingen, ihre sichtbaren Spuren hinterlassen (vgl. Rz. 84, 86). Von allgemeiner Rechtsdurchsetzung kann freilich vor allem im Hinblick auf die AGB kleiner und mittlerer, nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügender Unternehmen wohl noch immer nicht gesprochen werden200. Das vor allem in früheren Jahren veröffentlichte Meinungsspektrum bestätigte angesichts der weit auseinander gehenden Stellungnahmen jedenfalls im Ergebnis das vorstehend gezeichnete, differenzierte Bild201. Als mit dem Erfolg des AGBG rundum zufrieden hatte sich schon Mitte der 1980er Jahre Schlosser202 ausgesprochen; er war als Mitglied der ehemaligen Arbeitsgruppe beim BMJ und (Mit-)Verfasser zweier Kommentare zum AGBG diesem von Beginn an eng verbunden gewesen. Nach seiner Beurteilung aus den Jahren 1985 und 1988 habe es keine unseriösen Klauseln mehr gegeben, sondern allenfalls noch einige zweifelhafte sowie gelegentlich sorglos redigierte Quisquilien; dementsprechend hatte er es für veranlasst gehalten, vor „Übereifer“ bzw. „Überperfektionismus“ in Sachen AGB zu warnen203. Der Verbandsklage sei es binnen weniger Jahre gelungen, die Masse der eindeutig gesetzwidrigen Klauseln vom Markt zu fegen. Die mit der Verwendung angreifbarer Klauseln verbundenen Kostenrisiken hätten zu einem Meinungsumschwung in der Wirtschaft dahingehend geführt, Klauseln nicht mehr möglichst rigoros, sondern mit äußerster Vorsicht auszugestalten204. Auch für vernünftige Redaktoren von AGB sei es heute nicht mehr möglich, die zahllosen Fallstricke (!) zu vermeiden, die die Rechtsprechung ausgelegt habe205. Darüber noch hinaus ging die wirtschaftsfreundliche Perspektive von Stumpf, der befürchtete, das AGBG werde, nicht zuletzt wegen seiner extensiven Auslegung durch Literatur und Rechtsprechung, mehr und mehr zum „Sand im Getriebe unternehmerischen Handelns“206. Auf der anderen Seite des Spektrums standen die Bestandsaufnahmen von Löwe und Bohle/Micklitz (1983) sowie von Gerlach (1984). Für den damaligen Zeitpunkt beklagten sie übereinstimmend die geringe Durchsetzung des AGB-Rechts im kaufmännischen Bereich und meinten, in der Untätigkeit der Kammern und Wirtschaftsverbände einen „Boykott“ der Klagebefugnis nach § 13 AGBG sehen zu müssen207, während sich bei den Verbraucherverbänden die zu geringe finanzielle und personelle Ausstattung

200 So auch MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 29 ff.; ähnlich Bunte NJW 1987, 922, nach dessen Untersuchung namentlich fehlender Verbandseinfluss auf dem Weg über Konditionenempfehlungen zu den Missständen beigetragen habe. 201 Vgl. auch den Überblick zum Zehn-Jahres-Jubiläum bei Ulmer in Heinrichs/Löwe/ Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 1 (2 f.), sowie den Diskussionsbericht von H. Schmidt, ebenda, S. 201 (214 ff.). 202 Schlosser ZIP 1985, 449 ff. und JR 1988, 1 ff. Grundsätzlich positiv auch Schmidt-Salzer BB 1983, 1251 (1255). 203 So Schlosser JR 1988, 4 ff.; Staudinger/Schlosser Einl. Rz. 24; vgl. dagegen aber Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (112 f.). 204 Schlosser ZIP 1985, 449; Schlosser JR 1988, 1; vgl. dagegen aber Hensen EWiR § 11 Nr. 10 AGBG 1/86, der mit Bezug auf diese Aussagen von einem Traum sprach, den ein Blick auf die Schreibtische einer Verbraucherzentrale rasch beende. 205 So wörtlich Staudinger/Schlosser Einl. Rz. 24. 206 So Stumpf BB 1985, 963; ähnlich Hellner in FS Steindorff, 1990, S. 573 (579 ff.). 207 Löwe Vor § 13 AGBG Rz. 25; Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (113 f.); MünchKomm/Gerlach, 3. Aufl. 1993, Vor § 13 AGBG Rz. 29 f., 40; Bohle/Micklitz BB 1983, Beil. 11, S. 2 (7).

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bemerkbar mache208. Auch wenn die hierin zum Ausdruck kommende Skepsis gegenüber der Effizienz des AGBG und seiner Anwendungspraxis übertrieben scheint, lassen neuere Urteile209 und problematische Klauselwerke in einer Reihe von Branchen210 doch vermuten, dass die Realität auch heute noch hinter dem von Schlosser gezeichneten optimistischen Bild zurückbleibt211, mag auch einzuräumen sein, dass der Kontrollmaßstab zunehmend verfeinert worden ist und namentlich das – nunmehr in § 307 Abs. 1 Satz 2 geregelte – Transparenzgebot nicht unerheblich zur Marktbereinigung beigetragen hat (siehe noch Rz. 86). Auch soweit das jüngere Schrifttum Erleichterungen für den unterneh-

208 Löwe Vor § 13 AGBG Rz. 24; Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (115 f.); MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 41 f.; J. Axmann S. 140 f. Vgl. auch den Hinweis von Bohle/Micklitz BB 1983, Beil., S. 7 auf das hohe Prozessrisiko, das die Verbraucherverbände auf Grund der Regelung in § 22 (a.F.) AGBG treffe. Krit. aus verbraucherpolitischer Sicht auch Schatz/Bergfeld Verbraucherinteressen im politischen Prozess: das AGBG, 1984, S. 140 ff. 209 Vgl. etwa BGH v. 9.10.2014 – III ZR 32/14, ZIP 2015, 833; BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 326 = NJW 2014, 2269; BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 = NJW 2014, 1725; BGH v. 28.1.2014 – XI ZR 424/12, BGHZ 200, 121 = NJW 2014, 1441; BGH v. 14.1.2014 – XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 = NJW 2014, 924; BGH v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13, BGHZ 199, 281 = NJW 2014, 922; BGH v. 8.10.2013 – XI ZR 401/12, BGHZ 198, 250 = NJW 2013, 3716; BGH v. 31.7.2013 – VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 111 = NJW 2013, 3647; BGH v. 4.7.2013 – VII ZR 249/12, BGHZ 198, 23 = NJW 2013, 2502; BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 = NJW 2013, 995; BGH v. 25.7.2012 – IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 = NJW 2012, 3023; BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, BGHZ 194, 121 = NJW 2013, 291; BGH v. 31.5.2012 – I ZR 73/10, BGHZ 193, 268 = WRP 2012, 1107; BGH v. 22.5.2012 – XI ZR 290/11, BGHZ 193, 238 = NJW 2012, 2571; BGH v. 11.10.2011 – VI ZR 46/10, BGHZ 191, 150 = NJW 2012, 222; BGH v. 7.6.2011 – XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 = NJW 2011, 2640; BGH v. 6.4.2011 – VIII ZR 273/09, BGHZ 189, 131 = NJW 2011, 2501; BGH v. 17.2.2011 – III ZR 35/10, BGHZ 188, 351 = NJW 2011, 2122; BGH v. 7.12.2010 – XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 = NJW 2011, 1801; BGH v. 14.7.2010 – VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 = NJW 2011, 50; BGH v. 16.6.2010 – IV ZR 226/07, BGHZ 186, 171 = NJW 2011, 216; BGH v. 20.5.2010 – Xa ZR 68/09, BGHZ 185, 359 = NJW 2010, 2719; BGH v. 14.4.2010 – VIII ZR 123/09, BGHZ 185, 178 = NJW 2010, 2122; BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 = NJW 2010, 2789; BGH v. 9.12.2009 – XII ZR 109/08, BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671; BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 = NJW 2009, 2662; BGH v. 9.7.2009 – Xa ZR 19/08, BGHZ 182, 24 = NJW 2009, 3371; BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 = NJW 2009, 2051; BGH v. 16.7.2008 – VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 = NJW 2008, 3055; BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, BGHZ 170, 1 = NJW 2007, 1198; BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294 = NJW 2005, 1645; BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11 = NJW-RR 2005, 1496; BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294 = NJW 2005, 1645; BGH v. 30.11.2004 – XI ZR 200/03, BGHZ 161, 189 = NJW 2005, 1275; BGH v. 8.7.1998 – VIII ZR 1/98, BGHZ 139, 190 = NJW 1998, 3119; BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43 = NJW 1998, 309; BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261 = NJW 1997, 2752; BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 279/96, NJW 1997, 2753; BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, BGHZ 135, 316 = NJW 1997, 2042; BGH v. 18.1.1996 – IX ZR 69/95, BGHZ 132, 6 = NJW 1996, 924; BGH v. 4.10.1995 – XI ZR 215/94, BGHZ 131, 55 = NJW 1996, 191; BGH v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394 = NJW 1998, 454 (Versicherungsbedingungen); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060; BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 = NJW 1991, 1886. 210 Vgl. die Angaben in Fn. 235. 211 So für die Zeit Mitte der 1980er Jahre auch Bunte JA 1988, 312 f.; Heinrichs in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 37; auch neuerdings MünchKomm/Basedow, 5. Aufl. 2007, Vor § 305 Rz. 15; MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 22, 30 f.

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merischen Geschäftsverkehr fordert (Rz. 50, 67, 71), liegt dem gewiss nicht die Annahme zugrunde, dass sich das AGB-Recht flächendeckend durchgesetzt habe212; derlei Forderungen lässt sich im Übrigen, soweit sie berechtigt sind, unschwer im Rahmen des geltenden Rechts Rechnung tragen213. b) Zur Effizienz der Verbandsaktivitäten Wenn nach dem Vorstehenden auch heute noch ein Rechtsanwendungsdefizit nicht auszuschließen ist, so beruht es jedenfalls auch darauf, dass die Verbandsklage nicht in allen Branchen die Wirkung entfaltet hat, die von ihrer Einführung im Jahr 1977 erwartet worden war214. So war namentlich für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern von Anfang an eine überwiegende Abstinenz der nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AGBG (jetzt: §§ 3, 4 UKlaG) klagebefugten Verbände und Kammern zu konstatieren215; das hat sich auch in neuerer Zeit nicht spürbar geändert. Von den insgesamt 27 AGB-Verbandsprozessen, die in BGHZ 159 bis 200 veröffentlicht wurden, entfallen nur vier auf einen Verband gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG (s. noch Rz. 84); dies deckt sich mit den Zahlen für frühere Berichtszeiträume.216. Offenbar reicht die Selbstreinigungskraft der Verbände im Regelfall dort nicht aus, wo es um Konfliktregelung zwischen ihren Mitgliedern, vor allem solchen mit unterschiedlicher Marktstärke, geht. Bezeichnenderweise richteten sich denn auch diejenigen Verbandsklagen, die von Kammern und Wirtschaftsverbänden nach § 13 AGBG bzw. §§ 3, 4 UKlaG erhoben wurden, durchweg gegen AGB-Verwender der Marktgegenseite;

212 Vgl. die Nachw. in Fn. 106, darunter insb. Berger ZIP 2006, 2149 ff., der zwar für Erleichterungen im Zusammenhang mit dem Aushandeln gemäß § 305 Abs. 1 Satz 3 und gegen eine generelle Indizwirkung der §§ 308, 309 plädiert, die Kontrolle von AGB auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr indes als sinnvoll und geboten ansieht; ähnlich Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441 ff.; ferner von Westphalen ZIP 2007, 149 ff., der zwar von einer „Erfolgsbilanz“ spricht, dies indes auf den zwischenzeitlich erreichten Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung bezieht und vor Korrekturen warnt. 213 Zu den Anforderungen an das Aushandeln im Einzelnen siehe § 305 Rz. 48, 51, zum Maßstab der Inhaltskontrolle, insb. zur Frage einer Indizwirkung der §§ 308, 309 siehe § 307 Rz. 8, § 310 Rz. 31 ff. 214 Vgl. dazu Vor § 1 UKlaG Rz. 8 und Hensen in FS Ulmer, 2003, S. 1135 ff. 215 So auch Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 30 ff., 46; MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 30 f., 43 f.; Bunte BB 1980, 327 sowie die in Fn. 207 Genannten; auch insoweit optimistisch aber Schlosser JR 1988, 3. 216 Von den je 18 Kontrollklagen aus BGHZ 121 bis 134 (1993/99) und BGHZ 141 bis 158 (1999/2004) wurden immerhin fünf bzw. drei von Wirtschaftsverbänden erhoben. Von den 22 Entscheidungen in AGB-Verbandsprozessen, die in BGHZ 95 bis 120 veröffentlicht wurden, entfallen gar 21 auf Verbraucherverbände. Von den in der Sammlung Bunte für 1984 (Bd. V) zu § 13 AGBG ausgewiesenen 21 Urteilen entfallen nur zwei auf Wirtschaftsverbände, hingegen 16 auf Verbraucherverbände (bei drei ungeklärten Fällen). Von einem Verhältnis von 10% Kammer- und Wirtschaftsverbandsklagen zu 90% Verbraucherverbandsklagen ausgehend auch Bohle/Micklitz BB 1983, Beil. 11, S. 2, Hensen in FS Ulmer, 2003, S. 1135 (1136), MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 35; Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (112); J. Axmann S. 138 f. Nach Basedow AcP 182 (1982), 336 Fn. 2 haben jedenfalls die Kammern vielfach außergerichtlichen Einfluss auf die AGB ihrer Mitglieder ausgeübt.

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sie bezogen sich auf das Baugewerbe217, den Kraftfahrzeug- und Schmierölhandel218, die Versicherungsvermittlung219, die Stromversorgung220 und das Verlagswesen221. Bei diesem Befund handelt es sich allerdings nicht um ein spezifisches Problem der Anwendung des AGB-Rechts, sondern um den Ausdruck des aus der Kartellrechtsdiskussion bekannten Phänomens bestehender Machtungleichgewichte und der mangelnden Bereitschaft der Beteiligten, Ross und Reiter zu nennen. Abhilfe ist hier in erster Linie davon zu erwarten, dass es mit Hilfe von Konditionenempfehlungen seitens der beteiligten Verbände zur zunehmenden Anpassung problematischer Klauselwerke an das kodifizierte AGB-Recht kommt222. 83

Der im Jahre 1973 von zehn Trägerverbänden der Wirtschaft gegründete Gutachterausschuss für Allgemeine Geschäftsbedingungen hat demgegenüber keine erkennbar ins Gewicht fallenden Einflüsse auf die Durchsetzung des AGBG ausgeübt223. Das beruht neben seiner Struktur224 und seiner Verfahrensordnung225 217 So BGH v. 9.7.1981 – VII ZR 139/80, BGHZ 81, 229 = NJW 1981, 2351 (Architektenkammer gegen Baubetreuer); BGH v. 23.2.1989 – VII ZR 89/87, BGHZ 107, 75 = NJW 1989, 1602; BGH v. 25.1.1996 – VII ZR 233/94, BGHZ 131, 392 = NJW 1996, 1346 (Bauinnung gegen Bauunternehmen); BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 259/82, NJW 1983, 1671 und OLG München v. 3.11.1983 – 6 U 1390/83, BB 1984, 1386 (Handwerksinnung gegen Bauträger); OLG Frankfurt bei Bunte AGBE V § 9 Nr. 39 (Baugewerbeverband gegen Architekt); OLG Karlsruhe v. 22.7.1982 – 9 U 27/81, BB 1983, 725 und OLG Köln bei Bunte AGBE IV § 13 Nr. 11 (Handwerkskammer gegen Architekt bzw. Ingenieur); wohl auch OLG Nürnberg v. 25.9.1979 – 3 U 52/79, BB 1980, 179 (Innungsverband). 218 BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 = NJW 1985, 623 und BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 (Kfz-Händlerverband gegen Kfz-Hersteller); BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 = NJW 1985, 853 (Kfz-Händlerverband gegen Schmierölhersteller); BGH v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BGHZ 142, 358 = NJW 2000, 515 (Kfz-Händlerverband gegen Motorradhersteller); BGH v. 25.9.2002 – VIII ZR 253/99, BGHZ 152, 121 = NJW 2003, 290 (Tankstellenbetreiber-Verband gegen Mineralölgesellschaft); BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2269 (Kfz-Gewerbeverband gegen Kfz-Leasinggesellschaft). Vgl. auch BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 316 = NJW 1984, 2160 (Wirtschaftsverband gegen Betreuer von Datenverarbeitungsgeräten); LG Frankfurt bei Bunte AGBE VI § 9 Nr. 29 (Verband der Kreditvermittler gegen Kreditinstitut). 219 BGH v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, BGHZ 129, 186 = NJW 1995, 1552 (Verband von Versicherungsvertretern gegen Versicherer); BGH v. 20.11.2002 – VIII ZR 146/01, BGHZ 153, 6 = NJW 2003, 1241 (Verband von Versicherungskaufleuten gegen Versicherungsgesellschaft); BGH v. 4.12.2013 – IV ZR 215/12, BGHZ 199, 170 = NJW 2014, 630 (Rechtsanwaltskammer gegen Rechtsschutzversicherer). 220 BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, BGHZ 138, 118 = NJW 1998, 1640 (Zusammenschluss von Bauinnungen gegen Stromversorgungsunternehmen). 221 BGH v. 31.5.2012 – I ZR 73/10, BGHZ 193, 268 = WRP 2012, 1107 (Verband für angestellte und freie Journalisten gegen Zeitungs- und Zeitschriftenverlag). 222 Zur Zunahme der Empfehlung von Einkaufskonditionen in der Zeit seit 1979 vgl. Hennig/Jarre DB 1980, 1430 und Bunte AcP 181 (1981), 62. 223 So auch MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 31; schärfer Löwe Vor § 13 AGBG Rz. 25 („völlig unzulänglich“); a.A. Creutzig NJW 1979, 20 Fn. 7 und Thamm BB 1986, 81 ff., der (S. 83) über den wesentlichen Inhalt der Gutachten informiert. Vgl. auch die Zahlenangaben bei Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (107 f.). 224 Der „Ausschuss“ setzte sich aus 32 als Plenum amtierenden Juristen und Kaufleuten zusammen (Thamm BB 1986, 81). 225 Die Verfahrenseinleitung kann nicht durch das betroffene Unternehmen erreicht werden, sondern bedarf eines Antrags durch einen der zehn Trägerverbände, die als „sachverständiger Filter“ wirken sollen (so Thamm BB 1986, 81).

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auf der ihm gesetzten Aufgabe, allgemeine Empfehlungen für die angemessene Ausgestaltung von AGB zu erstellen. Hinzu trat das offenbar lange Zeit vorherrschende Grundverständnis der Ausschussmitglieder, dass das kodifizierte AGBRecht keine Zäsur im Hinblick auf die AGB-Verwendung gebracht habe226 und dass die zu § 9 AGBG ergangene Rechtsprechung und Literatur nicht immer die gewünschte klare praxisnahe Antwort gebe227. Auch die Zahl von nur 40 in den Jahren 1977 bis 1991 beschlossenen Gutachten zu bedenklichen AGB-Klauseln228 und die geringe Publizität der Ausschusstätigkeit waren wenig geeignet, die in Fachkreisen vorherrschende Skepsis gegenüber diesem Selbsthilfeorgan der Wirtschaft zu entkräften. Nach Ansicht von Insidern soll die Wirkung des Ausschusses allerdings größer sein als die Anzahl der verabschiedeten Gutachten vermuten lässt, da Streitfälle oft durch Hinweis auf Entscheidungen in früheren Gutachten gütlich beigelegt werden konnten229. Im Verbraucherbereich hat die Verbandsklage demgegenüber zwar deutlich grö- 84 ßere Wirkung entfaltet. Das belegt allein schon die Zahl von mehr als 3500 ganz überwiegend von Verbraucherverbänden in Gang gesetzten Gerichtsverfahren, die bis zur Schließung des nach § 20 AGBG geführten Verbandsklage-Registers zum 31.12.2001 registriert waren230. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich die Verbandsaktivitäten gegen unangemessene AGB nur zum geringeren Teil in Gerichtsverfahren niederschlagen; der überwiegende Teil der Beanstandungen erledigt sich vorprozessual durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung seitens des betroffenen Verwenders231. Indessen ist selbst unter Berücksichtigung dieses Umstands sowie der Breitenwirkung, die der (höchst-)richterlichen Klärung einer AGB-Streitfrage im Verbandsprozess über das konkret

226 So Thamm BB 1986, 83. 227 So Gutachterausschuss, zit. bei Thamm BB 1986, 83. 228 Die 1984 veröffentlichte „Gesamtausgabe“ der bis dahin beschlossenen Gutachten (Gutachten zu Klauseln in AGB im kaufmännischen Verkehr 1/74 – 2/83, Bergisch Gladbach) umfasste 36 Gutachten, davon 16 aus der Zeit bis 1976; die 1992 erschienene Zusammenstellung der Gutachten 1/1984–2/1991 enthielt weitere 20, überwiegend Gewährleistungs- und Haftungsklauseln betreffende Gutachten. Auch in den Folgejahren sind vereinzelt Gutachten erstattet worden, das Letzte freilich im Jahr 2004, während die Mehrzahl der Beschwerden im Vorfeld durch Schlichtung erledigt worden ist (Schreiben des Gutachterausschusses vom Mai 2000, vom Juni 2005 und vom April 2010). Zu einer weiteren Publikation von Gutachten des Ausschusses scheint es nicht gekommen zu sein. 229 Schriftl. Mitteilung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie vom März 1997. 230 Laut Auskunft des BKartA vom Mai 2000 wurden nach einer vorübergehenden Umstellung der Statistik rechtskräftige Urteile für eine Übergangszeit nicht mehr gesondert erfasst; es gab nur eine Gesamtzahl aller im Verbandsklageverfahren ergangener Urteile, einschließlich sonstiger Erledigungen und einstweiliger Verfügungen. 231 Nach den Angaben von Stillner (Prozessbevollmächtigter der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg) ZVP 1980, 143 erledigten sich sogar drei von vier Beanstandungen außergerichtlich. Ähnliche Angaben für die Tätigkeit auch des Verbraucherschutzvereins Berlin bei Bunte AcP 181 (1981), 55 sowie für diesen und die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bei J. Axmann S. 142, vgl. dort auch die Zahlenangaben S. 58 und 63. Auch Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99, 112 berichtete von ca. 300 Abmahnungen pro Jahr durch den Verbraucherschutzverein Berlin und die Verbraucherzentrale Stuttgart, von denen ca. 200 zum Erfolg führen. Zur Abmahntätigkeit des ADAC vgl. die Stellungnahme von Bethäuser bei H. Schmidt in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 201 (202).

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angegriffene Klauselwerk hinaus zukommt232, nicht zu verkennen, dass die Aktivitäten im Verbraucherbereich bisher in erster Linie von nur zwei Verbraucherverbänden getragen wurden233 und dass sie sich auch in neuerer Zeit nur auf einen relativ kleinen Teil unangemessener AGB erstreckt haben. Auch war zumindest in der Anfangsphase die Auswahl der angegriffenen Klauselwerke nicht selten vom Zufall gerade eintreffender Verbraucherbeschwerden beeinflusst. Demgegenüber hat seither das systematische Vorgehen unter Herausgreifen von Klauseln, die nach Inhalt und Verbreitung besonders ins Gewicht fallen, zugenommen234, wobei die Verbände sich auch nicht scheuten, heiße Eisen anzufassen235. Da die nach wie vor eingeschränkte Tätigkeit der Verbraucherver-

232 Vgl. etwa BGH v. 23.4.1980 – VIII ZR 80/79, BGHZ 77, 79 = NJW 1980, 2133 zur Unzulässigkeit der Überwälzung einer Mehrwertsteuererhöhung auf den Kunden in den zeitlichen Grenzen des § 11 Nr. 1 AGBG, und BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 = NJW 1982, 331 zur Tagespreisklausel; zu ihrer Umsetzung durch das BKartA gegenüber empfohlenen AGB vgl. Rz. 77. Die Effektivität der Verbraucherverbandsklage bejahend auch Stillner ZVP 1980, 142 (149); Bohle/Micklitz BB 1983, Beil. 11, S. 7; Schlosser ZIP 1985, 499; zweifelnd Bunte AcP 181 (1981), 56 f.; a.A. hinsichtlich der Breitenwirkung J. Axmann S. 146 ff. 233 In erster Linie vom Verbraucherschutzverein Berlin und der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (vgl. die Angaben bei Bohle/Micklitz BB 1983, Beil. 11, S. 9, bei J. Axmann S. 52 und bei MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 35 f.) sowie für bestimmte Branchen auch von den Verbraucherzentralen Niedersachen und Nordrhein-Westfalen. 234 Vgl. näher Bunte AcP 181 (1981), 56 und Hensen in FS Ulmer, 2003, S. 1135 (1142 ff.); a.A. J. Axmann S. 143 ff., der in der anhaltenden Zufälligkeit der Aufgreifpraxis eine wesentliche Schwäche des AGB-Kontrollsystems sieht. 235 Vgl. etwa BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 = NJW 1983, 1322 (Beförderungsbedingungen der Lufthansa); BGH v. 19.9.1985 – III ZR 213/83, BGHZ 95, 362 = NJW 1986, 46 (Schufa-Klausel); BGH v. 19.9.1985 – III ZR 214/83, BGHZ 95, 350 = NJW 1986, 43 (Trennungsklausel); BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 = NJW 1987, 1931 (Allgemeine Reisebedingungen); BGH v. 14.7.1987 – X ZR 38/86, BGHZ 101, 307 = NJW 1987, 2818 (Kfz-Reparaturbedingungen); BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, NJW 1989, 582; BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, BGHZ 135, 316 = NJW 1997, 2042 (Wertstellungsklauseln); BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261 = NJW 1997, 2752; BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 279/96, NJW 1997, 2753; BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43 = NJW 1998, 309 (Entgeltklauseln in AGB von Banken); BGH v. 8.7.1998 – VIII ZR 1/98, BGHZ 139, 190 = NJW 1998, 3119 (Versandhandelsbedingungen); BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, BGHZ 141, 124 = NJW 1999, 1864 (Einverständnis mit Telefonwerbung); BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203 = NJW 2001, 31 (Neuwagen-Verkaufsbedingungen); BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354 = NJW 2001, 2014 (Kapitallebensversicherungsbedingungen); BGH v. 12.6.2001 – XI ZR 274/00, BGHZ 148, 74 = NJW 2001, 2635 (Gültigkeitsbefristung von Telefonkarten); BGH v. 30.9.2003 – X ZR 244/02, BGHZ 156, 220 = NJW 2004, 681 (Flugpauschalreisebedingungen); BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149 = NJW 2004, 1588 (Zinsänderungsklausel in Sparkassen-AGB); BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/09, BGHZ 162, 294 = NJW 2005, 1645 (Entgeltklauseln in bankinternen Anweisungen); BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, BGHZ 164, 196 = NJW 2006, 47 (Einkaufsbedingungen eines Baumarktbetreibers); BGH v. 16.7.2008 – VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 = NJW 2008, 3055 (Formularmäßige Einwilligung in Nutzung von Kundendaten für Werbezwecke); BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 – NJW 2009, 2051 (Entgelt- und Zinsanpassungsklausel in AGB-Sparkassen); BGH v. 9.7.2009 – Xa ZR 19/08, BGHZ 182, 24 = ZIP 2009, 2004 (Beförderungsbedingungen eines Luftverkehrsunternehmens mit Sitz in Lettland); BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41 = NJW 2009, 2667 (Preisanpassungsklausel eines Gasversorgers); BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 = NJW 2010, 2789 (Spannungs- und Preisanpassungsklauseln in einem Erdgassondervertrag); BGH v. 20.5.2010 – Xa ZR 68/09,

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bände auch auf deren Knappheit an finanziellen Mitteln beruht, ließe sich eine Effektivierung auch durch vermehrte Förderung aus öffentlichen Mitteln erreichen. Das hätte zudem den Vorteil, das inzwischen erzielte Know-how dieser Verbände voll bei der weiteren Durchsetzung des AGBG nutzen zu können, während die Behördenkontrolle als theoretisch denkbare Alternative den Nachweis ihrer Effizienz auch auf den ihr schon bisher unterstellten Sektoren noch nicht überzeugend geführt hat (Rz. 74 ff.). c) Zum Einfluss von Konditionenkartellen und -empfehlungen Während die Zahl der freigestellten Konditionenkartelle mit rd. 50 bei BKartA und Landeskartellbehörden registrierten Verträgen in den letzten Jahrzehnten relativ konstant geblieben war und auch durch das AGB-Recht keine grundlegende Veränderung erfuhr236, galt anderes für den Bereich der Konditionenempfehlungen. Bei ihnen war in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des AGBG ein sprunghafter Anstieg zu verzeichnen von 18 angemeldeten Klauselwerken im April 1977 auf 128 bis Ende 1980237. Mit einer weiteren Zunahme auf 243 zum BGHZ 185, 359 = NJW 2010, 2719 (AGB eines Luftverkehrsunternehmens); BGH v. 7.12.2010 – XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 = NJW 2011, 1801 (Abschlussgebühr in Bausparverträgen); BGH v. 17.2.2011 – III ZR 35/10, BGHZ 188, 351 = NJW 2011, 2122 (AGB eines Mobilfunkanbieters); BGH v. 7.6.2011 – XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 = NJW 2011, 2640 (Kontoführungsgebühr bei Privatkrediten); BGH v. 22.5.2012 – XI ZR 290/11, BGHZ 193, 238 = NJW 2012, 2571 (Entgelt für Benachrichtigung des Kunden in AGB-Sparkassen); BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, BGHZ 194, 121 = NJW 2013, 291 (Stromversorgungsvertrag mit Endverbrauchern); BGH v. 25.7.2012 – IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 = NJW 2012, 3023 (Abschlusskostenverrechnung in Lebensversicherungsbedingungen); BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 = NJW 2013, 995 (Gebühr für Führung des Pfändungsschutzkontos in AGB-Sparkassen); BGH v. 4.7.2013 – VII ZR 249/12, BGHZ 198, 23 = NJW 2013, 2502 (Haftungsbegrenzung in Textilreinigungsbedingungen); BGH v. 8.10.2013 – XI ZR 401/12, BGHZ 198, 250 = NJW 2013, 3716 (Erbnachweisklausel in AGB-Sparkassen); BGH v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13, BGHZ 199, 281 = NJW 2014, 922 (Entgelt für Nacherstellen von Kontoauszügen); BGH v. 14.1.2014 – XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 = NJW 2014, 924 (Behaltensklausel für Vertriebsprovision); BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, ZIP 2014, 1266 (Bearbeitungsentgelt in Verbraucherdarlehensverträgen); BGH v. 9.10.2014 – III ZR 32/14, ZIP 2015, 833 (Mobilfunk-AGB). Näher dazu Hensen in FS Ulmer, 2003, S. 1135 (1142 ff.). 236 Die Zahl der freigestellten Konditionenkartelle belief sich zum 31.12.1975 auf 49 (davon beim BKartA 44, bei den Landeskartellbehörden 5); zum 31.12.1984 waren es 53 (46 und sieben) Kartelle; vgl. BKartA, Tät.-Bericht 1975, BT-Drucks. 7/5390 S. 210 (212), Tät.-Bericht 1983/84, BT-Drucks. 10/3550 S. 140 (142). Zum 31.12.2000 waren beim BKartA 48, bei den Landeskartellbehörden 13 Konditionenkartelle angemeldet (Tät.-Bericht 1999/2000, BT-Drucks. 14/6300 S. 226 ff.). Hinzu kamen bis 31.12.2002 24 (23 und eine) Neuanmeldungen (Tät.-Bericht 2001/2002, BT-Drucks. 15/1226 S. 276 f.). Der Tät.-Bericht 2003/2004 erwähnt drei Neuanmeldungen (BT-Drucks. 15/5790 S. 40 f.), der Tät.-Bericht 2005/2006 keine Neuanmeldungen (BT-Drucks. 16/5710 S. 38), der Tät.-Bericht 2007/2008 gleichfalls keine Neuanmeldung (BT-Drucks. 16/13500 S. 38, dort Hinweis auf Vorlage eines Entwurfs), der Tät.-Bericht 2009/2010 eine Neuanmeldung (BT-Drucks. 17/6640 S. 79 f.) und der Tät.-Bericht 2011/2012 keine Neuanmeldungen (BT-Drucks. 17/13675). Seit 1.5.2004 hat das BKartA allerdings aus Gründen des Unionsrechts nicht mehr auf einer Anmeldung von Konditionenkartellen und -empfehlungen bestanden (siehe Tät.-Bericht 2005/2006, BT-Drucks. 16/5710 S. 38), so dass zur Zahl der tatsächlich existierenden Konditionenkartelle und -empfehlungen keine genauen Angaben mehr vorliegen. 237 Vgl. die Zahlenangaben bei Hennig/Jarre DB 1980, 1429 und Bunte AcP 181 (1981), 60.

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31.12.1990238, auf 314 zum 31.12.1998239, auf 349 zum 31.12.2002240 sowie auf 373 zum 31.12.2006241 flachte sich die Kurve seither allerdings deutlich ab. Der anfänglich starke Anstieg erklärt sich nicht zuletzt aus dem Bedürfnis der mittelständischen Wirtschaft nach einer Richtschnur für die Ausgestaltung der eigenen AGB angesichts der aus dem AGB-Recht folgenden verschärften Anforderungen242. Auch wenn die Kontrollpraxis der Kartellbehörden weder in der Lage noch voll dazu geeignet war, die Angemessenheit aller in den Empfehlungen enthaltenen Klauseln zu gewährleisten (Rz. 77), war doch allein schon der mit der Vorbereitung der Anmeldung verbundene, von der Einschaltung von Experten und der Anhörung der betroffenen Kreise der Marktgegenseite zu erwartende Klärungseffekt nicht zu unterschätzen. Er nahm in dem Maße weiter an Bedeutung zu, in dem höchstrichterlich die Unangemessenheit bestimmter Klauseltypen – sei es auch in Bezug auf andere Wirtschaftssektoren – festgestellt wurde. Die mit dem Instrument der Konditionenempfehlung verbundene Breitenwirkung sollte daher nicht unterschätzt werden243. Zum Wegfall des Empfehlungsverbots des § 22 Abs. 1 GWB im Zuge der 7. GWB-Novelle vgl. Rz. 75a. d) Ausblick 86

Die Perspektiven für die Durchsetzung des AGB-Rechts sind nach allem trotz des nun 38 Jahre nach In-Kraft-Treten des AGBG noch immer differenzierten Bildes (Rz. 79 ff.) nicht schlecht244. Zwar bleibt eine weitere Intensivierung der Verbandsklagen zu wünschen; sie setzt neben finanzieller Stärkung der Verbraucherverbände durch vermehrte öffentliche Förderung namentlich auch ein stärkeres Engagement der für Klagen im kaufmännischen Bereich zuständigen Verbände und Kammern voraus. Für den Ruf nach einer grundlegenden Neuorientierung des Rechts der AGB oder auch nur nach dem Ausbau der Klagebefug238 239 240 241

BKartA, Tät.-Bericht 1989/90, BT-Drucks. 12/847 S. 33. BKartA, Tät.-Bericht 1997/98, BT-Drucks. 14/1139 S. 44. BKartA, Tät.-Bericht 2001/2002, BT-Drucks. 15/1226 S. 51. BKartA, Tät.-Bericht 2005/2006, BT-Drucks. 16/5710 S. 38; siehe ferner BKartA 2003/2004, BT-Drucks. 15/5790 S. 40: 370 Konditionenempfehlungen zum 31.12.2003. Zum Wegfall der Pflicht zur förmlichen Anmeldung seit 1.5.2004 siehe Fn. 236; zur Zahl der jährlichen Neuanmeldungen vgl. ferner MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 26; ferner Schindler S. 45; speziell zu den vom Verband der Automobilindustrie e.V. empfohlenen, im Jahr 2002 neu gefassten Einkaufsbedingungen siehe Kannowski BB 2007, 2301 ff.; Kessel/Passauer BB 2004, 1974 ff. 242 Bei den bis Ende 1990 angemeldeten Konditionenempfehlungen überwogen eindeutig diejenigen in den Sektoren Handel und Handwerk (Tät.-Bericht, BT-Drucks. 12/847 S. 164 ff.). Weitere Nachw. hierzu vgl. bei Bohle/Micklitz BB 1983, Beil. 11, S. 9. Die Bedeutung der Konditionenempfehlungen speziell für den Mittelstand betonen auch Staudinger/Schlosser Einl. Rz. 22 und Bunte AcP 181 (1981), 61. 243 Allerdings sind über den Grad der Befolgung der Konditionenempfehlungen in der jeweiligen Branche konkrete Daten nicht bekannt (vgl. BKartA, Tät.-Bericht 1983/84, BTDrucks. 10/3550 S. 34, Hennig/Jarre DB 1980, 1429 f. und Bunte AcP 181 (1981), 61 f.). Skeptisch gegenüber der mit Konditionenempfehlungen verbundenen Bereinigungswirkung daher Löwe in Heinrichs/Löwe/Ulmer, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99 (104 f.). 244 Positiv zur Kontrollintensität und Kontrollsensibilität Damm JZ 1994, 161 (177); Schäfer BB 2012, 1231 (1232 f.); von Westphalen ZIP 2007, 149 ff.; von Westphalen NJW 2009, 2977 ff.; von Westphalen BB 2010, 195 ff.; krit. in Bezug auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr (dazu bereits Rz. 50, 67, 80) Berger NJW 2001, 2152 ff.; Berger ZIP 2006, 2149 ff.; Kessel/Jüttner BB 2008, 1350 ff.; Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441 ff.; Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 ff.; Müller/Griebeler/Pfeil BB 2009, 2658 ff.

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nis unter Einschaltung von Verbraucherschutzbehörden besteht jedoch aus heutiger Sicht kein Anlass245. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass neben der Bereinigung mit Hilfe von Konditionenempfehlungen die fortlaufende Konkretisierung der Kontrollmaßstäbe durch die höchstrichterliche Rechtsprechung auch künftig für Durchsetzung des AGB-Rechts sorgen und zum Abbau noch verbleibender Rechtsanwendungsdefizite beitragen wird246. Auch die Auswirkungen der Inzidentkontrolle im Rahmen der anhaltend großen Zahl von Individualprozessen sollten nicht gering veranschlagt werden, selbst wenn ihnen keine der Verbandsklage vergleichbare Breitenwirkung zukommt. Außer dem allgemeinen BGB-Schuldrecht gibt es keine andere Rechtsmaterie, die bei Streitigkeiten im Rahmen von Schuldverträgen in den letzten Jahrzehnten so häufig herangezogen wurde und so deutliche Spuren hinterlassen hat wie das AGB-Recht. Das wird auch in der stark verbreiteten AGB-Rechtsprechung (Rz. 79) sichtbar, die den Kontrollmaßstab stetig verfeinert und hierdurch nach Kräften für Rechtssicherheit gesorgt hat247. Dem Umstand, dass das dispositive Recht auch jenseits des für Verbraucherverträge geltenden Sonderrechts zunehmend dem Gedanken des Verbraucherschutzes verpflichtet ist (Rz. 50), lässt sich, soweit durch ihn für den unternehmerischen Geschäftsverkehr die Gefahr einer übermäßigen Einschränkung der Gestaltungsfreiheit begründet wird, ohne Weiteres im Rahmen der §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 310 Abs. 1 Rechnung tragen248. Die Anhänger einer schlagkräftigen AGB-Kontrolle mögen zwar mit den Erfolgen bei der AGB-Inhaltskontrolle noch immer nicht ganz zufrieden sein. Dennoch ist ihre Durchsetzung auf gutem Wege.

VI. Europäische Angleichungsbestrebungen Schrifttum: Artz Vorschlag für eine vollharmonisierende Horizontalrichtlinie zum Verbraucherrecht, in Gsell/Herresthal (Hrsg.), Vollharmonisierung im Privatrecht, 2009, S. 209; Basedow Die Klauselrichtlinie und der Europäische Gerichtshof – eine Geschichte der verpassten Gelegenheiten, in Schulte-Nölke/Schulze, Europäische Rechtsangleichung, 1999, S. 277; Basedow Der Europäische Gerichtshof und die Klauselrichtlinie 93/13: Der verweigerte Dialog, in FS Hirsch, 2008, S. 51; Borges Die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen, 2000; Brandner Notarielle Verträge und EG-Richtlinie über Klauseln in Verbraucherverträgen, AnwBl. 1994, 335; Brandner Auslegungszuständigkeit des EuGH bei der Inhaltskontrolle von Entgeltklauseln der Banken bei Verbraucherverträgen, MDR 1999, 6; Brandner/Ulmer EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, BB 1991, 701; Canaris Verfassungs- und europarechtliche Aspekte der Vertragsfreiheit in der Privatrechtsgesellschaft, in FS Lerche, 1993, S. 873; Coester AGB-rechtliche Inhaltskontrolle im Lichte des europäischen Gemeinschaftsrechts, in FS Heinrichs, 1998, S. 99; Eckert Die EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und ihre Auswir-

245 Anders wohl MünchKomm/Gerlach, 3. Aufl. 1993, Vor § 13 AGBG Rz. 19; vgl. auch Bunte DB 1982, Beil. 13, S. 12, der den Gedanken der Registrierungspflicht von AGB und ihrer Grobkontrolle durch das BKartA wieder zur Diskussion gestellt hat, und J. Axmann S. 155, der eine Hinterlegungspflicht ohne Grobkontrolle empfiehlt. Wie hier im Grundsatz Löwe Vor § 13 AGBG Rz. 26; zu dessen Vorschlag zur Einführung eines Rechtsentscheids vgl. Rz. 73 a.E. 246 So wohl auch Bunte NJW 1987, 923; grundsätzlich a.A. Staudinger/Schlosser Einl. Rz. 24. 247 Bunte JA 1988, 315 f. (318). 248 S. bereits Rz. 50, 71; näher § 307 Rz. 371 ff.; § 310 Rz. 26 ff.; zu Besonderheiten des Aushandelns i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 s. Rz. 50, 67 sowie näher in § 305 Rz. 45 ff., 62 ff.

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kung auf das deutsche Recht, WM 1993, 1071; Franzen Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, 1999; Frey Wie ändert sich das AGB-Gesetz?, ZIP 1993, 572; Heinrichs Umsetzung der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen durch Auslegung, NJW 1995, 153; Heinrichs Das Transparenzgebot und die EGRichtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, in FS Trinkner, 1995, S. 157; Heinrichs Der Anhang zur EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und seine Bedeutung für das deutsche Recht, in FS N. Reich, 1997, S. 527; Hellwege Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010; von Hippel Verbraucherschutz in Europa, RabelsZ 45 (1981), 353; Hommelhoff Zivilrecht unter dem Einfluss europäischer Rechtsangleichung, AcP 192 (1992), 71; Hommelhoff/Wiedenmann Allgemeine Geschäftsbedingungen gegenüber Kaufleuten und unausgehandelte Klauseln in Verbraucherverträgen, ZIP 1993, 562; Jansen Klauselkontrolle im europäischen Privatrecht – Ein Beitrag zur Revision des Verbraucheracquis, ZEuP 2010, 69; Kapnopoulou Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der EU, 1997; Kieninger Die Vollharmonisierung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen – eine Utopie?, RabelsZ 73 (2009), 793; Markwardt Die Rolle des EuGH bei der Inhaltskontrolle vorformulierter Verbraucherverträge, 1999; Markwardt Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln durch den EuGH, ZIP 2005, 152; Micklitz Verbandsklage und EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln, ZIP 1998, 937; Micklitz/Radeideh CLAB Europa – Die europäische Datenbank missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen, ZEuP 2003, 85; Micklitz/Reich Der Kommissionsvorschlag vom 8.10.2008 für eine Richtlinie über „Rechte der Verbraucher“, oder: „der Beginn des Endes einer Ära …“, EuZW 2009, 279; Nassall Die Auswirkung der EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen auf nationale Individualprozesse, WM 1994, 1645; Nassall Die Anwendung der EURichtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, JZ 1995, 689; Niebling Keine unmittelbare Geltung der AGB-Richtlinie, EWS 1995, 185; Reich/Micklitz Verbraucherschutz in den EG-Staaten: Eine vergleichende Analyse, 1981, S. 185; Remien AGB-Gesetz und Richtlinie über missbräuchliche Verbraucherschutzklauseln in ihrem europäischen Umfeld, ZEuP 1994, 34; Riehm Umsetzungsspielräume der Mitgliedstaaten bei vollharmonisierenden Richtlinien, in Gsell/Herresthal (Hrsg.), Vollharmonisierung im Privatrecht, 2009, S. 83; M. Schmidt Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, 2009; Schmidt-Salzer Transformation der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in deutsches Recht und AGB-Gesetz, BB 1995, 733 und 1493; Staudinger Das Transparenzgebot im AGB-Gesetz: Klar und verständlich?, WM 1999, 1546; Tilmann Die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG durch den Europäischen Gerichtshof, GPR 2004, 182; Tonner/Tamm Der Vorschlag einer Richtlinie über Rechte der Verbraucher und seine Auswirkungen auf das nationale Verbraucherrecht, JZ 2009, 277; Ulmer Zur Anpassung an die EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, EuZW 1993, 337; Ulmer Das AGB-Gesetz nach der Umsetzung der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, in Karlsruher Forum 1997, 1998, S. 9; von Westphalen AGB-Richtlinie und AGB-Gesetz, EWS 1993, 161; von Westphalen AGBRecht ins BGB – eine erste Bestandsaufnahme, NJW 2002, 12; von Westphalen Verbraucherschutz nach zwei Jahrzehnten Klauselrichtlinie, NJW 2013, 961; von Westphalen Einige Überlegungen zu Grundlagen und Zielen der richterlichen Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln, in FS B. Kübler, 2015, S. 787.

1. Europäischer Verbraucherschutz gegen missbräuchliche Vertragsbedingungen a) Entwicklung 87

Bestrebungen zur Einführung von Schutzvorschriften gegen unbillige AGB auf europäischer Ebene unter gleichzeitiger Harmonisierung des Rechts der Mitgliedstaaten waren seit den 1970er Jahren sowohl im Rahmen des Europarats als auch innerhalb der EG zu verzeichnen. Nachdem die Beratende Versammlung des Europarats schon 1973 einen besseren Schutz der Verbraucher vor unbilligen Geschäftsbedingungen gefordert hatte, legte eine dafür eingesetzte Experten-

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gruppe im März 1976 einen Entschließungsentwurf vor, der im November 1976 vom Ministerrat des Europarats angenommen wurde249. Die Resolution empfahl den Mitgliedstaaten, wirksame Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers vor unbilligen (unfairen) Geschäftsbedingungen zu treffen, die Verwendung solcher Geschäftsbedingungen möglichst von vorneherein zu verhindern und dafür zu sorgen, dass beanstandete Klauseln auf Initiative von interessierten Personen, Verbraucher- oder Wirtschaftsverbänden oder Behörden im Rahmen eines angemessenen Kontrollsystems nachgeprüft und ggf. verboten werden können250. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft wurde die Forderung nach Schutz der 88 Verbraucher vor einseitigen Geschäftsbedingungen zunächst im Ersten Programm der EG zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher von 1975 aufgegriffen251; sie war auch im Zweiten Verbraucherschutzprogramm der EG enthalten252. Nachdem die EG-Kommission im Jahr 1976 ein rechtsvergleichendes Gutachten hatte erstellen lassen, um den Schutz der Verbraucher vor unlauteren AGB in den nationalen Rechten anzugleichen253, legte sie im August 1976 den Vorentwurf einer Richtlinie über Standardklauseln in Verträgen mit Verbrauchern vor, der eine Angleichung nicht nur des materiellen Rechts durch Einführung einer Generalklausel und eines Verbotskatalogs, sondern auch eine solche des Verfahrensrechts unter Einschaltung von Verbraucherschutzbehörden vorsah254. Die in der Folgezeit in einigen Mitgliedstaaten in Kraft getretenen Gesetze und die Ergebnisse der Beratungen mit den Regierungssachverständigen ließen den Vorentwurf bald als zumindest teilweise überholt erscheinen255. Daher beschloss die EG-Kommission im Jahr 1984 neue Vorschläge für eine Regelung auf Gemeinschaftsebene, um sie in den interessierten Kreisen zur Diskussion zu stellen256. Eine der darin aufgezeigten Möglichkeiten bestand im Erlass einer Richtlinie, die entweder eine Definition missbräuchlicher Klauseln enthalten oder katalogmäßig bestimmte missbräuchliche und deshalb unwirksame Klauseln aufzählen sowie Bestimmungen zur Kontrolle und Durchsetzung aufstellen sollte. Alternativ wurde vorgeschlagen, durch Gespräche zwischen Verbraucherverbänden und Vertretern des Handels unter Aufsicht einer Behörde der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen. Als Vorbild für die Behörde war an den dänischen Verbraucher-Ombudsmann oder die Regelung im Vereinigten Königreich gedacht257. Nach einem Vorentwurf vom Juni 1987 (vgl. dazu 6. Aufl., Rz. 74) legte die EGKommission im Juli 1990 den Vorschlag einer Richtlinie des Rates über miss-

249 Vgl. die Nachw. bei von Hippel RabelsZ 45 (1981), 365 f. Fn. 72 und 74, und bei Kapnopoulou S. 53 ff. 250 von Hippel RabelsZ 45 (1981), 366 f. 251 Entschließung des Rates v. 14.4.1975, ABl. EG Nr. C 92 v. 25.4.1975, S. 1 ff., abgedruckt bei von Hippel Verbraucherschutz, 3. Aufl. 1986, S. 454 ff. 252 Entschließung des Rates v. 19.5.1981, ABl. EG Nr. C 133 v. 3.6.1981, S. 1 ff. (7). 253 Durch von Hippel (abgedruckt in RabelsZ 41 (1977), 237 ff.). 254 Dok. ENV/384/76; dazu näher von Hippel RabelsZ 45 (1981), 367 f. 255 Vgl. den Hinweis der Kommission im Entwurf eines Zweiten Verbraucherschutzprogramms, ABl. EG 1979 Nr. C 218 v. 30.8.1979, S. 8 und Krämer EWG-Verbraucherrecht, 1985, Rz. 229. 256 EG-Bulletin 1984, Beil. 1, S. 16. 257 EG-Bulletin 1984, Beil. 1, S. 16; vgl. dazu auch Krämer EWG-Verbraucherrecht, 1985, Rz. 227 f.; zu den im Text angesprochenen Regelungsvorbildnern s. Voraufl. Einl. Rz. 113, 122.

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bräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vor258. Er sollte Klauseln in Verbraucherverträgen einer Missbrauchskontrolle unterwerfen, ohne dass zwischen vorformulierten und individuell ausgehandelten Abreden unterschieden wurde (Art. 2, 3). Der Maßstab der Inhaltskontrolle für alle Klauselarten war in einer Generalklausel (Art. 2) festgelegt. Allerdings stieß ihre Konkretisierung und Ausfüllung durch die in Art. 2 zusätzlich genannten Kriterien und durch einen – nach Auswahl und Zusammensetzung eher zufällig wirkenden – Anhang betreffend per se missbräuchliche Klauseln in Fachkreisen auf erhebliche Bedenken259. Entsprechendes galt für den im Entwurf enthaltenen Auftrag an die Mitgliedstaaten, für ein abstraktes Kontrollverfahren zu sorgen (Art. 4 Abs. 2), zumal ihm auch Individualklauseln unterworfen sein sollten260. Allgemeine Regelungen über Einbeziehungsvoraussetzungen sowie Unklarheiten- und Vorrangregelungen fehlten261. 90

Aufgrund der Stellungnahmen des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses262 beschloss die EG-Kommission im März 1992 einen geänderten Vorschlag einer Richtlinie des Rates über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen263. Er trug in vielen Punkten den Einwendungen Rechnung, die gegen den ersten Vorschlag erhoben worden waren264. So enthielt der Vorschlag Anforderungen an die Transparenz von AGB sowie eine Unklarheiten-, Vorrang- und Einbeziehungsregelung (Art. 5). Der Klauselkatalog des Anhangs war grundsätzlich überarbeitet und systematisiert. Unter Nr. 1 war ein generell geltender Katalog missbräuchlicher Klauseln zusammengestellt, unter Nr. 2 fanden sich Ausnahmen für bestimmte Bereiche. Während der ursprüngliche Vorschlag im Anhang den Ausschluss selbst solcher Gewährleistungsrechte untersagte, die dem dispositiven Recht mindestens der deutschen Rechtsordnung unbekannt waren265, wurde dieses Verbot (Anh. Nr. 1b) im Hauptteil des neuen Richtlinienvorschlags durch ein Gebot an die Mitgliedstaaten ergänzt, für entsprechende Rechte zu Gunsten des Leistungsempfängers zu sorgen (Art. 6). Eine Präzisierung des allgemeinen Kontrollmaßstabs erfolgte in den Art. 3 und 4. Dabei wurde hinsichtlich der Missbrauchskriterien differenziert zwischen Standardklauseln (Art. 3) und Einzelabreden, wobei für letztere engere Kontrollgrenzen bestimmt wurden (Art. 4). Für das abstrakte Kontrollverfahren stellte der Vorschlag klar, dass diesem nur Standardklauseln unterworfen sein sollten (Art. 8 Abs. 2). Beibehalten wurde die Begrenzung des Anwendungsbereichs auf Verbraucherverträge sowie die grundsätzliche Kontrollfähigkeit auch von Einzelabreden. b) EG-Richtlinie 93/13/EWG

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Am 22.9.1992 beschloss der Rat einen Gemeinsamen Standpunkt im Hinblick auf die Annahme der Richtlinie des Rates über missbräuchliche Klauseln in Ver258 KOM (90) 322 endg. – SYN 285, ABl. EG Nr. C 243 v. 28.9.1990, S. 2 ff., dazu Brandner/ Ulmer BB 1991, 701 ff.; Bunte in FS Locher, 1990, S. 325 ff.; Wagner-Wieduwilt Die Bank 1991, 710 ff.; Hommelhoff AcP 192 (1992), 71 ff. 259 Vgl. dazu im Einzelnen Brandner/Ulmer BB 1991, 701 (706 f.). 260 Dazu mit Recht krit. auch Hommelhoff AcP 192 (1992), 71 (90 ff.). 261 Brandner/Ulmer BB 1991, 701 (707 f.). 262 ABl. EG Nr. C 159 v. 17.6.1991, S. 34. 263 KOM (92) 66 endg. – SYN 285, ABl. EG Nr. C 73 v. 24.3.1992, S. 7. 264 Vgl. die Nachw. in Fn. 258 f. 265 Vgl. Brandner/Ulmer BB 1991, 701 (707).

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braucherverträgen; er wurde unverändert als Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen266 erlassen. Die Richtlinie findet nach wie vor – und vorbehaltlich der nach ihrem Art. 1 Abs. 2 ausgenommenen deklaratorischen Klauseln267 - nur auf Verträge zwischen einem Gewerbetreibenden268 und einem Verbraucher Anwendung, unterscheidet sich von den vorangegangenen Vorschlägen der Kommission aber durch eine deutliche Einschränkung der Regelungsintensität, verbunden mit der ausdrücklichen Ermächtigung an die Mitgliedstaaten, strengere Bestimmungen für diesen Rechtsbereich zu erlassen (Art. 8). Die bedeutsamste Änderung gegenüber den Kommissionsvorschlägen liegt im sachlichen Anwendungsbereich: Anstelle der Unterwerfung aller Arten von Individualabreden unter die Missbrauchskontrolle werden nur „nicht im Einzelnen ausgehandelte“ Klauseln von der Richtlinie erfasst269. Anders als der BGH (Rz. 47 f.) betont der EuGH freilich nicht die Gefahr einer einseitigen Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Verwender. Nach Ansicht des EuGH geht das mit der Richtlinie geschaffene Schutzsystem vielmehr davon aus, dass sich der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, was dazu führe, dass er den vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne auf deren Inhalt Einfluss nehmen zu können270. Für die von der RL allein erfassten Verbraucherverträge dürften damit aber keine ergebnisrelevanten Unterschiede verbunden sein. Eine Umschreibung der von der Missbrauchskontrolle betroffenen Vertragsklauseln gibt Art. 3 Abs. 2 RL 93/13/EWG: im Gegensatz zum deutschen AGB-Recht kommt es danach nur auf die Vorformulierung der Klauseln, nicht aber darauf an, dass diese im Hinblick auf eine Vielzahl von Verwendungsfällen erfolgt ist. Von der Kontrolle ausgenommen werden ausdrücklich Klauseln, die die Hauptleistung betreffen oder bei denen die Angemessenheit des Preis-Leistungsverhältnisses in Frage steht (Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG). Auf Einbeziehungs- und Vorrangregeln hat die Richtlinie verzichtet; die Erwägungsgründe stellen aber darauf ab, dass der Verbraucher tatsächlich die Möglichkeit haben muss, von allen Klauseln Kenntnis zu nehmen271. Transparenzgebot und Unklarheitenregel finden sich in Art. 5 Satz 1 und Satz 2 RL 93/13/EWG. Der Begriff der Missbräuchlichkeit wird in Art. 3 und 4 RL 93/13/EWG umschrieben. Die Rechtsfolgen der Missbräuchlichkeit einer Klausel unter Aufrechterhaltung des Restgeschäfts werden in Art. 6 RL 93/13/EWG geregelt. Die Regelung betreffend das Kontrollverfahren lässt den Mitgliedstaaten freie Hand in Bezug auf dessen Ausgestaltung und auf die Bindungswirkung von Entscheidungen in diesem Verfahren (Art. 7 Abs. 2 und 3 RL 93/13/EWG). Die Klauseln des Anhangs (in den Erwägungsgründen als Beispiele bezeichnet) entsprechen im Wesentlichen dem Katalog des geänderten Vorschlags der Kommission, erfahren eine rechtliche 266 ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff. (abgedruckt auf S. XLIII ff. dieses Kommentars). 267 Dazu EuGH v. 10.9.2014 – Rs. C-34/13, ZIP 2015, 116 (Tz. 71 ff.). 268 Zur Anwendbarkeit auf Anwaltsverträge s. EuGH v. 15.1.2015 – Rs. C-537/13, ZIP 2015, 275 (Tz. 20 ff.). 269 Die auf (nachträgliche) Aushöhlung dieser Kompromisslösung durch Einbeziehung aller Arten von Individualverträgen gerichteten Stimmen sind seither freilich nicht verstummt; vgl. den Bericht von Schulte-Nölke (NJW 1999, 3176) über einen Erfahrungsaustausch im Juli 1999 in Brüssel. 270 EuGH v. 10.9.2014 – Rs. C-34/13, ZIP 2015, 116 (Tz. 48) m.w.N.; dazu von Westphalen in FS B. Kübler, 2015, S. 787 (788 ff.). 271 20. Erwägungsgrund, S. 2.

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Umqualifizierung aber dadurch, dass die aufgelisteten Klauseln nicht mehr als missbräuchlich bezeichnet werden, was auf ein absolutes Verbot schließen ließe, sondern als Klauseln, die „für missbräuchlich erklärt werden können“ (Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG)272. c) Umsetzung in das nationale Recht 92

Die Umsetzung der EG-Richtlinie in das jeweilige nationale Recht der Mitgliedstaaten ist seit langem erfolgt, wenn auch teilweise mit erheblicher Verzögerung gegenüber der Befristung auf Ende 1994 oder mit Umsetzungsdefiziten273. Ihren auf Verstärkung des Verbraucherschutzes gerichteten Zweck hat die Richtlinie weitgehend erreicht, auch wenn das Schutzniveau der nationalen Rechte – nicht zuletzt wegen des Charakters der Richtlinie als Mindestregelung, die strengeres nationales Recht unberührt lässt (vgl. Art. 8 RL 93/13/EWG), – nach wie vor deutliche Unterschiede aufweist. Weniger erfolgreich war die EG-Richtlinie demgegenüber mit dem gleichrangig von ihr verfolgten Zweck der Angleichung des Rechts der Mitgliedstaaten, soweit es dem Schutz der Verbraucher gegen missbräuchliche Vertragsbedingungen dient274. Ihr stand neben den erheblichen, den Mitgliedstaaten in der EG-Richtlinie belassenen Regelungsspielräumen nicht zuletzt das verständliche Bestreben des jeweiligen Gesetzgebers entgegen, die auf Grund der Vorgaben der Richtlinie erforderlichen Rechtsänderungen auf das gebotene Minimum zu beschränken und das nationale Recht im Übrigen möglichst unberührt zu lassen. Symptomatisch für dieses Vorgehen war die in der deutschen AGBG-Novelle 1996 gewählte Minimallösung, die sich auf die Einführung eines neuen § 24a AGBG betreffend Verbraucherverträge bei im Übrigen unverändertem Fortbestand des alten Rechts beschränkte (vgl. Rz. 26). Auch die gebotene richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts275 und das Auslegungsmonopol des EuGH für EU-Richtlinien dürften nicht in der Lage sein, für eine weiter gehende Vereinheitlichung des auf ihrer Grundlage harmonisierten nationalen Rechts (Rz. 99 ff.) zu sorgen. Eine weitere Maßnahme der Kommission, den Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln zu stärken und innerhalb der Mitgliedstaaten anzugleichen, war die Gründung der 272 Zum Anwendungsbereich der RL 93/13/EWG und zu dem dort enthaltenen Kontrollmaßstab vgl. näher Kapnopoulou S. 78 ff., 103 ff.; zum Anhang siehe Heinrichs in FS Reich, 1997, S. 527 ff.; zur Rechtsprechung durch den EuGH vgl. den Bericht von Tilmann GPR 2004, 182. 273 Vgl. die Übersicht in Rz. 107; ferner den Bericht der EG-Kommission v. 27.4.2000 (KOM [2000] 248 endg.) über die Anwendung der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (insb. S. 34 ff.) sowie den Beitrag von Schulte-Nölke (NJW 1999, 3176) über die Ergebnisse einer von der EG-Kommission im Juli 1999 veranstalteten Expertenkonferenz über Umsetzung und Ergänzungsmöglichkeiten der Richtlinie 93/13/EWG. 274 Vgl. näher Bericht der EG-Kommission (Fn. 273), insb. S. 14 ff.; dort (S. 14) auch die – jedenfalls aus deutscher Sicht unzutreffende – Einschätzung der Kommission, die durchgängige Schaffung ausgewogener Vertragsbedingungen liege noch in weiter Ferne, missbräuchliche Klauseln erfreuten sich einer breiten Verwendung, und es würden täglich noch neue Arten von missbräuchlichen Klauseln erfunden. 275 Vgl. Rz. 96 ff.; speziell zu den Anforderungen des EuGH an die transparenzfördernde, gesetzgeberische Umsetzung der Vorgaben von Verbraucher-Richtlinien ungeachtet der Möglichkeit richtlinienkonformer Auslegung vgl. EuGH v. 10.5.2001 – Rs. C-144/99, Slg. 2001, I 3558 (3566) = NJW 2001, 2244 (Kommission/Niederlande), m. Anm. Leible EuZW 2001, 438 ff.; EuGH RIW 2005, 142 (143) (Kommission/Spanien); Staudinger EWS 2001, 330 f.; Micklitz EWS 2001, 486 ff.

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sog. CLAB-Datenbank. In ihr wurden bis 2001 die Rechtsprechung und andere Entscheidungen zum AGB-Recht der Mitgliedstaaten sowie freiwillige Vereinbarungen, die missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen betreffen, gesammelt, registriert und über das Internet allgemein zugänglich gemacht276. d) Weitere Entwicklung und Perspektiven Die Kommission hatte dem vorstehend (Rz. 92) skizzierten Befund durch ihren am 8.10.2008 vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher277 tragen wollen. Er ging auf das Anfang 2007 veröffentliche Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Verbraucherschutz zurück278 und war – wie zuvor schon die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen279, die Verbraucherkreditrichtlinie280 und die Timesharingrichtlinie281 – dem Grundsatz der Vollharmonisierung282 verpflichtet. In inhaltlicher Hinsicht fasste der Entwurf vier bis dahin dem Konzept der Mindestharmonisierung folgende Richtlinien, darunter die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln (Rz. 91 ff.)283, zu einer horizontalen Richtlinie zusammen. Die Vorschriften über missbräuchliche Klauseln hatte die Kommission in Kapitel V des Richtlinienvorschlags (Art. 30 bis 39) eingestellt. Eine wesentliche inhaltliche Abweichung gegenüber der RL 93/13/EWG bestand darin, dass der lediglich über Hinweisfunktion verfügende Anhang zu Art. 3 in zwei Anhänge aufgeteilt werden sollte, von denen einer – dem Katalog des § 309 vergleichbar – Klauseln enthalten sollte, „die unter allen Umständen als missbräuchlich gelten“, und ein anderer Klauseln auflisten sollte, „deren Missbräuchlichkeit vermutet wird“; für nicht in den Anhängen aufgeführte Klauseln sollte es bei der Kontrolle anhand der – in Art. 32 Abs. 1, 2 des Vorschlags enthaltenen – Generalklausel bewenden. Im Übrigen beließ es der Richtlinienvorschlag im Wesentlichen bei den Grundsätzen der RL 93/13/EWG. Die schlussendlich verabschiedete Richtlinie 2011/83/EU vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher284 hat indes das AGB-Recht ausgeklammert und sich darauf beschränkt, die – als solche 276 Vgl. dazu 10. Aufl. (Ulmer) Rz. 92, ferner den Bericht der EG-Kommission v. 27.4.2000, KOM (2000) 248 endg., S. 12 f. und eingehend Micklitz/Radeideh ZEuP 2003, 85 ff. 277 KOM (2008) 614 endg.; dazu Jansen ZEuP 2010, 69 ff.; Micklitz/Reich EuZW 2009, 279 ff.; Tonner/Tamm JZ 2009, 277 ff.; Artz in Gsell/Herresthal, (Hrsg.) Vollharmonisierung im Privatrecht, S. 209 ff. (freilich unter Ausblendung AGB-rechtlicher Fragestellungen). 278 KOM (2006) 744 endg.; siehe ferner Kommission Verbraucherpolitische Strategie 2002–2006, KOM (2002) 208 endg. 279 RL 2002/65/EG v. 23.9.2002, ABl. EG Nr. L 271 v. 9.10.2002, S. 16 ff. 280 RL 2008/48/EG v. 23.4.2008, ABl. EU Nr. L 133 v. 22.5.2008, S. 66 ff. 281 RL 2008/122/EG v. 14.1.2009, ABl. EU Nr. L 33 v. 3.2.2009, S. 10 ff. 282 Allgemein zu ihm die Beiträge in Gsell/Herresthal (Hrsg.) Vollharmonisierung im Privatrecht, 2009; krit. in Bezug auf das AGB-Recht Riehm ebenda S. 83 (108 f.); Jansen ZEuP 2010, 69 (76 ff., 95 ff.); siehe ferner Kieninger RabelsZ 73 (2009), 793 (801 ff.); allgemein in Bezug auf Fragen des Verbraucherschutzes Micklitz/Reich EuZW 2009, 279 (280 ff.); Tonner/Tamm JZ 2009, 277 (282 ff.). 283 Daneben die Richtlinie über Haustürgeschäfte (RL 85/577/EWG v. 20.12.1985, ABl. EG Nr. L 372 v. 31.12.1985, S. 31 ff.), die Fernabsatzrichtlinie (RL 97/7/EG v. 20.5.1997, ABl. EG Nr. L 144 v. 4.6.1997, S. 19 ff.) und die Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf (RL 1999/44/EG v. 25.5.1999, ABl. EG Nr. L 171 v. 7.7.1999, S. 12 ff.). 284 Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Euro-

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fortbestehende – Richtlinie 93/13/EWG um einen neuen Art. 8a zu ergänzen, der die Transparenz der über die Mindestvorgaben der Richtlinie hinausgehenden Vorschriften des nationalen Rechts sicherstellen soll. Das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie hat denn auch §§ 305 ff. nur redaktionell angepasst (Rz. 38). Namentlich die Zahlungsverzugsrichtlinie285 und die Zahlungsdiensterichtlinie286 verbieten zwar bestimmte Vereinbarungen oder regeln, unter welchen Voraussetzungen Vertragsbestimmungen geändert werden können, weisen aber keinen spezifischen AGB-Bezug auf. Abzuwarten bleibt, ob anderweitige Bestrebungen wie namentlich der – gleichfalls Regelungen über „standard terms“ enthaltende287 – Draft Common Frame of Reference288, der am 11.10.2011 von der Kommission vorgelegte und am 26.2.2014 vom Europäischen Parlament gebiligte Vorschlag eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts (GEKR)289 oder die von der Kommission am 6.5.2015 veröffentlichte Konsultation zu Vertragsbestimmungen für den Online-Erwerb von digitalen Inhalten und Sachgütern290 eine stärkere Harmonisierung der nationalen AGB-Rechte herbeizuführen vermögen.

2. Der mittelbare Einfluss der Richtlinie auf das nationale Recht a) Keine Direktwirkung im Verhältnis zwischen Marktbürgern 93

Im Unterschied zu EG-Verordnungen, die nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar und gegenüber jedermann in allen Mitgliedstaaten gelten, beschränkt sich die Verbindlichkeit von Richtlinien nach Art. 288 Abs. 3 AEUV auf die Mitgliedstaaten als Adressaten. Das schließt es je nach dem Regelungsinhalt einer Richtlinie zwar nicht aus, dass einzelne Marktbürger sich gegenüber Einrichtungen eines Mitgliedstaats auf deren Vorgaben bereits dann berufen können, wenn der Mitgliedstaat mit der Umsetzung in Verzug geraten ist (sog. vertikale Direktwir-

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päischen Parlaments und des Rates, ABl. EU Nr. L 304 v. 22.11.2011, S. 64 ff.; dazu Grundmann JZ 2013, 53 ff.; Unger ZEuP 2012, 270 ff. Richtlinie 2011/7/EU vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. EU Nr. L 48 v. 23.2.2011, S. 1. Richtlinie 2007/60/EG vom 13.11.2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, ABl. EU Nr. L 319 v. 5.12.2007, S. 1. Überblick bei Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 103. von Bar/Clive/Schulte-Nölke Draft Common Frame of Reference (DCFR), Outline Edition, 2009; allgemein dazu Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann JZ 2008, 529 ff.; zum AGB-rechtlichen Kontext Leyens/Schäfer AcP 210 (2010), 771 ff.; ferner Tonner/Tamm JZ 2009, 277 (289); zu den Principles of the Existing EC Contract Law (den sog. Aquis Principles, auf die wiederum der DCRF zurückgeht) siehe Jansen/ Zimmermann JZ 2007, 1113 ff.; Ranieri S. 434 ff.; Hellwege S. 377 ff. – Siehe ferner UNIDROIT (Hrsg.), Principles of International Commercial Contracts, 2. Aufl. 2004 (Art. 2.1.1920: überraschende Klauseln; Art. 4.6: Unklarheitenregel); O. Lando/H. Beale (Hrsg.), Principles of European Contract Law, Bd. I, II, 2000 (Art. 4:110); dazu Ranieri S. 431 f.; Hellwege S. 373 ff. KOM/2011/635 endg; dazu die Beiträge von Stadler, Grundmann, Zöchling-Jud, Looschelders und Lorenz in AcP 212 (2012), 473 ff.; Meyer ZEuP 2014, 441 ff.; Schulze ZEuP 2014, 691 ff.; M. Blüm Das Gemeinsame Europäische Kaufrecht als wesentlicher Zwischenschritt zu einem kodifizierten Europäischen Vertragsrecht?, 2015, passim; zum Zusammenhang mit dem AGB-Recht s. Drygala JZ 2012, 983 ff. KOM/2015/192 endg.

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kung)291. Für die Richtlinie 93/13/EWG könnte das der Fall sein, wenn die öffentliche Hand unter Verwendung vorformulierter Bedingungen in Rechtsbeziehungen zum Bürger tritt, sei es privatrechtlich oder auch durch öffentlich-rechtlichen Vertrag (vgl. § 305 Rz. 9 f., 14; § 310 Rz. 24)292. Anderes gilt jedoch für das – aus der Sicht der EG-Richtlinie 93/13/EWG in erster Linie relevante – Verhältnis zwischen Marktbürgern, da die Richtlinie insoweit erst durch ihre Umsetzung in nationales Recht Geltung erlangt. Zu Recht hat es der EuGH daher in ständiger Rechtsprechung abgelehnt, dem Inhalt von Richtlinien schon vor ihrer Umsetzung eine derartige horizontale Direktwirkung beizulegen293, und zwar auch dann, wenn die Richtlinie in sich klare, als solche anwendungsfähige Regelungen enthält294. Zur davon unberührten Möglichkeit richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts bereits vor Umsetzung der Richtlinie vgl. Rz. 96 ff. Ein auch durch richtlinienkonforme Auslegung (Rz. 96 ff.) nicht zu beseitigen- 94 des Umsetzungsdefizit hat allerdings nicht zur Folge, dass die davon betroffenen, durch den Verstoß des Mitgliedstaates gegen seine Pflichten aus Art. 288 Abs. 3 AEUV geschädigten Marktbürger schutzlos sind. Vielmehr steht ihnen nach der Rechtsprechung des EuGH als Sanktion ein Entschädigungsanspruch gegen den säumigen Mitgliedstaat zu, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind295: 291 Vgl. aus der st. Rspr. des EuGH v. 6.10.1970 – Rs. C-9/70, Slg. 1970, 825 ff. = NJW 1970, 2182 (Leber-Pfennig); EuGH v. 4.12.1974 – Rs. C-41/74, Slg. 1974, 1337 ff. = NJW 1975, 2165 (van Duyn); EuGH v. 19.1.1982 – Rs. C-8/81, Slg. 1982, 53 (71) = NJW 1982, 499 (Becker); EuGH v. 26.2.1986 – Rs. C-152/84, Slg. 1986, 723 = NJW 1986, 2178 (Marshall); EuGH v. 22.6.1989 – Rs. C-103/88, Slg. 1989, 1839 = NVwZ 1990, 649 (Fratelli Costanzo); EuGH v. 18.10.2001 – Rs. C-441/99, Slg. 2001, I 7687 Rz. 29 ff. = NZI 2001, 639 (Ghareveran); EuGH v. 5.10.2004 – Rs. C-397/01, Slg. 2004, I 8835 Rz. 103 = NJW 2004, 3547 (Pfeiffer); eine vertikale Direktwirkung scheitert jedoch dann, wenn sie zu einer Belastung des EG-Bürgers führen würde, vgl. nur EuGH v. 8.10.1987 – Rs. C-80/86, Slg. 1987, 3969 (3985) = RIW 1988, 826 (Kolpinghuis Nijmegen); näher zur Direktwirkung von Richtlinien Oppermann/Classen/Nettesheim Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 9 Rz. 100 ff. 292 Vgl. auch EuGH v. 26.2.1986 – Rs. C-152/84, Slg. 1986, 723 Rz. 49 = NJW 1986, 2178 (Marshall); MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 25 f. 293 EuGH v. 26.2.1986 – Rs. C-152/84, Slg. 1986, 723 = NJW 1986, 2178 (Marshall); EuGH v. 14.7.1994 – Rs. C-91/92, Slg. 1994, I 3347 = NJW 1994, 2473 (2174) (Dori); EuGH v. 7.3.1996 – Rs. C-192/94, Slg. 1996, I 1281 (1303) = NJW 1996, 1401 (Inglés); EuGH v. 16.7.1998 – Rs. C-355/96, Slg. 1998, I 4799 (4832 ff.) = NJW 1998, 3185 (Silhouette International Schmied). Weitergehend – für „unmittelbare negative“ Direktwirkung (und damit für Pflicht, richtlinienwidrige Bestimmungen unangewendet zu lassen) – GA Colomer Slg. 2005, I 10513 Rz. 43 ff.; GA Bott ZIP 2009, 1483 Rz. 57 ff. m. Anm. Mörsdörf; dagegen Jarass/Beljin JZ 2003, 769 (775); Schürnbrand JZ 2007, 910 f.; Thüsing ZIP 2004, 2301 (2303 ff.); wohl auch EuGH v. 5.10.2004 – Rs. C-397-403/01, Slg. 2004, I 8835 Rz. 102 ff. = ZIP 2004, 2342. 294 Vgl. EuGH v. 7.3.1996 – Rs. C-192/94, Slg. 1996, I 1281 (1303) = NJW 1996, 1401 (Inglés) betr. die verspätet umgesetzte Verbraucherkreditrichtlinie. 295 EuGH v. 8.10.1996 – Rs. C-178/94, Rs. C-179/94, Rs. C-188/94, Rs. C-189/94, Rs. C-190/94, Slg. 1996, I 4845 (4877 ff.) = NJW 1996, 3141 (3142 ff.) (MP Travel/Dillenkofer) m. Anm. Eidenmüller JZ 1997, 201 ff.; EuGH v. 5.3.1996 – Rs. C-46/93, Rs. C-48/93, Slg. 1996, I 1029 (1143 ff.) = NJW 1996, 1267 (Brasserie du Pecheur); EuGH v. 26.3.1996 – Rs. C-392/93, Slg. 1996, I 1631 ff. = EuZW 1996, 274 (British Telecommunications) (zur Staatshaftung bei Verstößen gegen primäres EG-Recht); EuGH v. 30.9.2003 – Rs. C-224/01 Slg. 2003, I 10239 = NJW 2003, 3539 (Köbler) (zur Staatshaftung bei Rechtsverletzung durch die Judikative); vgl. zuvor bereits EuGH v. 19.11.1991 – Rs.

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– die vom Mitgliedstaat nicht eingehaltene Norm des EG-Rechts muss die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezwecken, – der Verstoß des Mitgliedstaats muss „hinreichend qualifiziert“ sein, und – zwischen dem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden muss ein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehen. 95

Im Fall einer Verbraucherschutzregelung nach Art der EG-Richtlinie 93/13/EWG bereitet der Nachweis der ersten und je nach Fallkonstellation auch derjenige der dritten Voraussetzung meist keine Schwierigkeiten. Weniger eindeutig ist demgegenüber das Kriterium des hinreichend qualifizierten Verstoßes. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist ein solcher Verstoß jedenfalls dann zu bejahen, wenn über die Notwendigkeit der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht keine ernsthaften Zweifel bestehen, der nationale Gesetzgeber sich jedoch nicht an die Zeitvorgaben der Richtlinie hält296. Insbesondere kann sich der Mitgliedstaat zur Verteidigung nicht auf Umsetzungsschwierigkeiten aus seinem nationalen Recht berufen, sondern hat gegenüber geschädigten Marktbürgern für seine Säumnis einzustehen297. Anderes gilt demgegenüber in Fällen, in denen der Mitgliedstaat die Umsetzung zwar rechtzeitig durchgeführt, sich über deren erforderliche Tragweite jedoch geirrt hat. Insoweit ist für die Entschädigungspflicht entscheidend, dass der Mitgliedstaat die seinem Ermessen bei Umsetzung der Richtlinie gesetzten Grenzen „offenkundig und erheblich“ überschritten hat298, da nur dann von einem in der fehlerhaften Umsetzung liegenden, hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß die Rede sein kann299. b) Die richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts

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Die fehlende Direktwirkung des Inhalts von Richtlinien im Verhältnis zwischen Marktbürgern (Rz. 93) steht dessen indirekter Berücksichtigung jedenfalls nach Ablauf der Umsetzungsfrist bei Anwendung nationalen Rechts nicht entgegen. Die Notwendigkeit hierzu ergibt sich aus der Bindungswirkung, die das europäische Recht gegenüber den Mitgliedstaaten und ihren Staatsorganen einschließlich der Gerichte entfaltet. Dementsprechend geht der EuGH bei der ihm obliegenden Auslegung des Unionsrechts in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass diese kraft richtlinienkonformer Auslegung und innerhalb ihres Anwen-

296

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C-6/90, Rs. C-9/90, Slg. 1992, 5357 (5413) = NJW 1992, 165 (Francovich); EuGH v. 16.12.1993 – Rs. C-334/92, Slg. 1993, I 6911 = EuZW 1994, 182 (183) (Wagner Miret); EuGH v. 14.7.1994 – Rs. C-91/92, Slg. 1994, I 3347 = NJW 1994, 2473 (Dori); EuGH v. 7.3.1996 – Rs. C-192/94, Slg. 1996, I 1281 (1303) = NJW 1996, 1401 (Inglés). Dazu Herdegen/Rensmann ZHR 161 (1997), 522 (526 ff.); Deckert EuR 1997, 203 (204 ff.); Streinz/ Leible ZIP 1996, 1931 ff. EuGH v. 8.10.1996 – Rs. C-178/94, Rs. C-179/94, Rs. C-188/94, Rs. C-189/94, Rs. C-190/94, Slg. 1996, I 4845 (4879 f.) Rz. 25 f. = NJW 1996, 3141 (MP Travel/Dillenkofer); EuGH v. 26.3.1996 – Rs. C-392/93, Slg. 1996, I 1631 (1668 f.) Rz. 42 = EuZW 1996, 274 (British Telecommunications); vgl. ferner EuGH v. 5.3.1996 – Rs. C-46/93, Rs. C-48/93, Slg. 1996, I 1029 (1148 ff.) = NJW 1996, 1267 (Brasserie du Pecheur). Vgl. dazu auch Herdegen/Rensmann ZHR 161 (1997), 522 (540 ff.); Deckert EuR 1997, 203 (219 ff.). St. Rspr., vgl. nur EuGH v. 8.10.1996 – Rs. C-178/94, Rs. C-179/94, Rs. C-188/94, Rs. C-189/94, Rs. C-190/94, Slg. 1996, I 4845 (4885 f.) Rz. 53 f. = NJW 1996, 3141 (MP Travel/Dillenkofer) m.w.N. EuGH v. 26.3.1996 – Rs. C-392/93, Slg. 1996, I 1631 (1668 f.) Rz. 43 = EuZW 1996, 274 (British Telecommunications). EuGH v. 26.3.1996 – Rs. C-392/93, Slg. 1996, I 1631 (1668 f.) Rz. 43 = EuZW 1996, 274 (British Telecommunications); so auch Eidenmüller JZ 1997, 201 (202).

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dungsbereichs – im Falle der Klauselrichtlinie also beschränkt auf Verbraucherverträge300 – den Maßstab für die Auslegung des von der Richtlinie vorgegebenen, angeglichenen nationalen Rechts durch die nationalen Gerichte bildet301. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das auszulegende nationale Recht aus der Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene hervorgegangen ist, ob die Umsetzung noch aussteht oder ob der nationale Gesetzgeber im Vertrauen darauf, dass das nationale Recht den EU-Anforderungen auch ohne Umsetzung entspricht, von ihr ganz oder teilweise abgesehen hat302. Unter dem Gesichtspunkt der Effektivität erstreckt der EuGH die richtlinienkonforme Auslegung auch auf solche nationale Vorschriften, die nicht unmittelbar mit der Umsetzung der Richtlinie zusammenhängen, deren Anwendung aber die Verwirklichung der Ziele der Richtlinie verhindern würde303. Der BGH hat sich die Methode der richtlinienkonformen Auslegung seit langem in ständiger Rechtsprechung zu Eigen gemacht (s. noch Rz. 98)304. Bezogen auf das deutsche AGB-Recht bestand Bedarf für eine richtlinienkonfor- 97 me Auslegung zunächst für die Übergangszeit zwischen Anfang 1995 und dem 24.7.1996, in der sich die Bundesrepublik mit der Umsetzung der EG-Richtlinie 300 Zur Problematik der „überschießenden“ Umsetzung von Richtlinien sowie zur damit zusammenhängenden Frage einer „gespaltenen“ Auslegung des nationalen Rechts siehe BGH v. 7.5.2014 – IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 = WM 2014, 1030 (Tz. 27 ff.); BGH v. 9.4.2002 – XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248 (260 ff.) = WM 2002, 1181 (Heininger); Habersack/Mayer JZ 1999, 913 ff.; Mayer/Schürnbrand JZ 2004, 545 ff.; Habersack/Mayer in Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015, § 14 m.w.N.; siehe ferner EuGH v. 17.4.2008 – Rs. C-404/06, NJW 2008, 1433 (Quelle) (einschränkende Anwendung des § 439 Abs. 4 für Fälle des Verbrauchsgüterkaufs); dazu sodann BGH v. 26.11.2008 – VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 = NJW 2009, 427 (Tz. 26). 301 Vgl. nur EuGH v. 23.5.1985 – Rs. C-29/84 Slg. 1985, 1661 (1673) (Krankenschwestern); EuGH v. 9.4.1987 – Rs. C-363/85, Slg. 1987, 1733 (1742) = RIW 1987, 882; EuGH v. 13.11.1990 – Rs. C-106/89, Slg. 1990, 4135 (4159) = DB 1991, 157 (Marleasing); EuGH v. 16.7.1998 – Rs. C-355/96, Slg. 1998, I 4799 (4834) = NJW 1998, 3185 (Silhouette International Schmied); EuGH v. 5.10.2004 – Rs. C-397/01, Slg. 2004, I 8835 Rz. 113 ff. = NJW 2004, 3547 (Pfeiffer); EuGH v. 4.7.2006 – Rs. C-212/04, Slg. 2006, I 6057 Rz. 110 ff. = NJW 2006, 2465 (Adeneler); EuGH v. 17.4.2008 – Rs. C-404/06, NJW 2008, 1433 Rz. 22 (Quelle); aus dem Schrifttum insb. Brechmann Die richtlinienkonforme Auslegung, 1994; Canaris in FS Bydlinski, 2002, S. 47 ff.; Franzen S. 291 ff.; Hergenröder in FS Zöllner, 1999, S. 1139 ff.; Herresthal Rechtsfortbildung im europarechtlichen Bezugsrahmen, 2006, passim; W.H. Roth/Jopen in Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015, § 13; Schürnbrand JZ 2007, 910 ff. 302 EuGH v. 15.5.1986 – Rs. C-222/84 Slg. 1986, 1651 = DVBl. 1987, 227 (Johnston); EuGH v. 8.10.1987 – Rs. C-80/86, Slg. 1987, 3969 (3985) = RIW 1988, 826 (Kolpinghuis); Everling ZGR 1992, 376 (378 f.). 303 EuGH v. 27.6.2000 – Rs. C-240/98, Slg. 2000, I 4941 (4973) Rz. 29 ff. = NJW 2000, 2571 (Océano) (Beachtung der Missbräuchlichkeit einer Klausel von Amts wegen; bestätigt in EuGH v. 26.10.2006 – Rs. C-168/05, NJW 2007, 135 Rz. 26 ff.; EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08, NJW 2009, 2367 Rz. 21 ff. und EuGH v. 6.10.2009 – Rs. C-40/08, EuZW 2009, 852 Rz. 31 ff.), dazu Rörig Die Direktwirkung von Richtlinien in Privatrechtsverhältnissen, 2001, S. 61, 121 f.; Leible RIW 2001, 422 (427); Pfeiffer ZEuP 2003, 141 (146, 153 f.); krit. Borges NJW 2001, 2061 (2062); ferner EuGH v. 21.11.2002 – Rs. C-473/00, Slg. 2002, I 10875 = NJW 2003, 275 (Cofidis) (Unbeachtlichkeit einer Ausschlussfrist betr. die Berufung auf die Missbräuchlichkeit einer Klausel), m. Anm. Metzger ZEuP 2004, 153 ff.; zust. auch Rott EuZW 2003, 5 ff.; Rörig EuZW 2004, 18 ff. 304 Vgl. neben den Nachw. in Fn. 311 etwa BGH v. 11.1.1996 – IX ZR 56/95, ZIP 1996, 375 (378) (zu § 1 HWiG und Bürgschaft); BGH v. 5.2.1998 – I ZR 211/95, BGHZ 138, 55 (59 ff.) = NJW 1998, 2208 (Testpreis-Angebot) (zu § 1 UWG und vergleichender Werbung).

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in Verzug befand – vgl. 8. Aufl. (Ulmer) Rz. 74. Seither hat sich der Bedarf auf diejenigen Bereiche reduziert, in denen die von der Angleichung betroffenen Normen des AGBG bzw. der §§ 305 ff. Auslegungsfragen aufwarfen oder in denen die Umsetzung in das nationale Recht hinter den Anforderungen der EGRichtlinie zurückgeblieben war und der Mangel auch durch die Nachbesserungen im Zuge des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes305 nicht behoben wurde. Zu diesen Bereichen gehören in erster Linie die Missbrauchskriterien der Art. 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG einschließlich der Wertungen, die sich aus dem Katalog von Beispielen missbräuchlicher Klauseln im Richtlinien-Anhang ergeben. Anderes gilt für den Begriff der Vertragsklauseln in Art. 2a RL 93/13/EWG, da er sich mit demjenigen der Vertragsbedingung in § 305 Abs. 1 deckt und in gleicher Weise wie dieser Regelungen mit normativer Geltung nicht erfasst (vgl. § 305 Rz. 9)306. Nicht ausgeräumt wurde im Rahmen des SMG der Widerspruch zwischen § 306 Abs. 3 und Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG: kommt § 307 Abs. 1 Satz 2 zur Anwendung, so fragt sich, wie der Restvertrag trotz intransparenter und daher unwirksamer Hauptleistungsvereinbarung aufrechterhalten werden kann. Da § 306 Abs. 2 dazu keine Lösung bereit hält, bleibt nur der Weg ergänzender Vertragsauslegung307. Scheidet sie wegen Komplexität der zu ergänzenden Vertragsteile aus, so bewendet es trotz § 306 Abs. 1 (= Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG) bei der Gesamtunwirksamkeit des Vertrages (vgl. Rz. 98 und § 306 Rz. 42 ff.). 98

Ihre Grenze findet die richtlinienkonforme Auslegung in denjenigen Fällen, in denen Richtlinieninhalt und nationales Recht sich widersprechen und diese Kollision nicht im Auslegungswege behoben werden kann308. Eine richtlinienkonforme Auslegung contra legem würde letztlich doch auf die Anerkennung der Direktwirkung des Richtlinieninhalts unter Verdrängung nationalen Rechts hinauslaufen und wäre daher von Art. 288 Abs. 3 AEUV nicht gedeckt (vgl. Rz. 93). Bedeutung hat diese Schranke vor allem für den Widerspruch zwischen der in Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG vorgesehenen uneingeschränkten Aufrechterhaltung des Restgeschäfts und dem durch § 306 Abs. 3 zugelassenen Unzumutbarkeitseinwand zugunsten des Verwenders (vgl. dazu § 306 Rz. 45 ff.). Kann dieser Kollision nicht durch restriktive Anwendung des § 306 Abs. 3 in richtlinienkonformer Auslegung Rechnung getragen werden309, so bleibt nur die Einleitung eines auf Anpassung des § 306 Abs. 3 an die Vorgaben der EG-Richtlinie gerichteten Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen die Bundesrepu-

305 Darunter insb. die ausdrückliche Übernahme des Transparenzgebots in § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2, vgl. dazu § 307 Rz. 323 f. Der Gesetzgeber trug damit u.a. der Rechtsprechung des EuGH Rechnung, nach der eine richtlinienkonforme Auslegung von innerstaatlichen Rechtsnormen durch die nationalen Gerichte die Umsetzung in klarer und eindeutiger Form nicht ersetzt, EuGH v. 10.5.2001 – Rs. C-144/99, Slg. 2001, I 3558 (3566) = NJW 2001, 2244 (Kommission/Niederlande), m. Anm. Leible EuZW 2001, 438 f. und Staudinger EWS 2001, 330 f.; Micklitz EWS 2001, 486 ff.; vgl. auch EuGH v. 9.9.2004 – Rs. C-70/03, RIW 2005, 142 (143). 306 A.A. Rott/Butters VuR 1999, 107 (109 ff., 116); wohl auch D. Hoffmann, in Lehofer/ Mayer (Hrsg.), Geschäftsbedingungen in Österreich und der EU, 1998, S. 67 f. 307 So auch Heinrichs in FS Trinkner, 1995, S. 176. 308 Vgl. EuGH v. 4.7.2006 – Rs. C-212/04, Slg. 2006, I 6057 Rz. 110 = NJW 2006, 2465 (Adeneler); (nur) im Ausgangspunkt auch EuGH v. 17.4.2008 – Rs. C-404/06, NJW 2008, 1433 (Quelle); näher Brechmann Die richtlinienkonforme Auslegung, 1994, S. 200 ff.; Jarass/Beljin JZ 2003, 768 (775); Schürnbrand JZ 2007, 910 ff. 309 So aber Heinrichs NJW 1996, 2190 (2195 f.); Eckert ZIP 1996, 1238 (1241); Niebling EWS 1995, 186 (187); a.A. MünchKomm/Basedow § 306 Rz. 6.

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blik Deutschland310. Nicht zu verkennen ist allerdings, dass die neuere Rechtsprechung des BGH die Methode der richtlinienkonformen Auslegung in einer Weise praktiziert, die sich unter Hinweis auf den allgemeinen Umsetzungswillen des nationalen Gesetzgebers auch über den klaren Wortlaut des richtlinienwidrigen Gesetzes hinwegsetzt und damit im Ergebnis auf eine Direktwirkung der Richtlinie hinausläuft.311

3. Die Kompetenz des EuGH zur Vorabentscheidung a) Grundlagen Nach Art. 267 Abs. 1 AEUV entscheidet der EuGH im Wege der Vorabentscheidung nicht nur über die Auslegung des EG-Vertrags (lit. a), sondern auch über diejenige der auf seiner Grundlage erlassenen, als Handlungen der Organe der Gemeinschaft (lit. b) zu qualifizierenden Richtlinien. Zur Einholung einer Vorabentscheidung befugt sind nach Art. 267 Abs. 2 AEUV sämtliche Gerichte der Mitgliedstaaten, soweit sich ihnen eine derartige Frage als entscheidungserheblich stellt312. Eine Einholungspflicht besteht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV dann, wenn ein staatliches Gericht letztinstanzlich313 über eine derartige Frage zu entscheiden hat. Die Durchsetzung dieser Pflicht ist auf innerstaatlicher Ebene – wenn auch in engen Grenzen – durch die verfassungsrechtliche Gewährleistung des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gesichert314. Soweit es um die Anwendung nationalen Rechts geht, das den Gegenstand der EU-Rechtsangleichung bildet, greift Art. 267 AEUV zwar nicht unmittelbar ein. Wohl aber kann die Notwendigkeit richtlinienkonformer Auslegung des angeglichenen nationalen Rechts Anlass für die an den EuGH zu richtende Frage geben, wie der Inhalt der Richtlinie seinerseits auszulegen ist (Rz. 96, Rz. 104).

310 So auch MünchKomm/Basedow § 306 Rz. 6. 311 BGH v. 26.11.2008 – VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 = NJW 2009, 427 (Tz. 19 ff.); BGH v. 21.12.2011 – VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 = NJW 2012, 1073 (Tz. 24 ff.); BGH v. 7.5.2014 – IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 = WM 2014, 1030 (Tz. 22 ff.). 312 Umstritten ist, ob diese Befugnis auch in Fällen „überschießender“, den Anwendungsbereich einer Richtlinie überschreitender Anpassung des nationalen Rechts besteht; dafür der EuGH in st. Rspr., siehe EuGH v. 18.10.1990 – Rs. C-297/88, Slg. 1990, I 3793 (Tz. 36 f.) (Dzodzi); EuGH v. 17.7.1997 – Rs. C-28/95, Slg. 1997, I 4161 (Tz. 30 ff.) (LeurBloem); siehe ferner BGH v. 9.4.2002 – XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248 = WM 2002, 1181 (Heininger); Hirte RabelsZ 66 (2002), 553 (576 f.); krit. Habersack/Mayer JZ 1999, 913 ff.; Grigoleit/Herresthal JZ 2003, 118 (119); Hommelhoff in 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd. II, 2000, S. 889 (916 ff.). Zur davon zu unterscheidenden Frage der Vorabentscheidungszuständigkeit des EuGH für Sachverhalte, die sich vor dem Beitritt des Mitgliedstaats zugetragen haben, siehe EuGH v. 10.1.2006 – Rs. C-302/04, EuZW 2006, 128 (die Zuständigkeit verneinend). 313 Zur Maßgeblichkeit der „konkreten“ Betrachtungsweise siehe EuGH v. 4.6.2002 – Rs. C-99/00, Slg. 2002, I 4839; Oppermann/Classen/Nettesheim Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 13 Rz. 77. 314 Nach BVerfG v. 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339 (366 ff.) = NJW 1987, 577 (Solange II); BVerfG v. 8.4.1987 – 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223 (233 ff., 245) = NJW 1988, 1459 und BVerfG v. 31.5.1990 – 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87, BVerfGE 82, 159 (195 f.) = NVwZ 1991, 53 ist die Norm verletzt, wenn die unterbliebene Vorlage an den EuGH objektiv willkürlich war; dazu Oppermann/Classen/Nettesheim Europarecht, 5. Aufl. 2011, § 13 Rz. 84 m.w.N.

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b) Bei Anwendung des AGB-Rechts aa) Fragestellung 100

Im Rahmen der von der Rechtsangleichung erfassten Teile des AGB-Rechts kann sich die Notwendigkeit, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen, bei allen einer richtlinienkonformen Auslegung zugänglichen Vorschriften (Rz. 97) stellen. Außerhalb der Fragen nach dem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie, für die die Auslegungskompetenz des EuGH außer Zweifel steht (vgl. Rz. 103 f.), gilt das zwar nur dann, wenn das Gericht zu Lasten des Verbrauchers entscheiden will; denn angesichts des Umstands, dass strengeres, für den Unternehmer nachteiliges nationales Recht nach Art. 8 RL 93/13/EWG von der Rechtsangleichung unberührt bleibt, scheidet eine Kollision mit dem Richtlinieninhalt bei Urteilen zu Gunsten des Verbrauchers aus315. Aber auch mit dieser Eingrenzung bleibt ein weiter, für die Prozessdauer und die Effektivität des Rechtsschutzes nicht unbedenklicher Anwendungsbereich für das Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV, wenn es nicht gelingt, den Kreis der für eine Vorabentscheidung relevanten Fragen sachgerecht einzuschränken. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Generalklausel des § 307 Abs. 1 und ihre Auslegung im Lichte der Art. 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG sowie des Klauselkatalogs im Richtlinien-Anhang. Für eine derartige Einschränkung sind in der Literatur zwei Wege aufgezeigt worden. Sie vermögen freilich nicht ohne weiteres zu überzeugen (vgl. Rz. 101 f.). Die Lösung ist vielmehr unter strikter Unterscheidung zwischen den allgemeinen Anforderungen der Richtlinie an die Missbräuchlichkeit einer Klausel und der darauf basierenden konkreten Bewertung einer bestimmten Vertragsklausel zu suchen (Rz. 103 f.). bb) Ungeeignete Restriktionsansätze

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Nach der ersten Ansicht316 ist die Inhaltskontrolle von vorformulierten Vertragsbedingungen im Rahmen des § 307317 ein typischerweise allein durch die Normen des nationalen Rechts bestimmter Vorgang, für den entscheidend sei, welche Vorschriften des dispositiven Rechts ohne die zu überprüfende Klausel gelten würden (vgl. allgemein hierzu § 307 Rz. 208 ff.). Aber auch für die anschließende Abwägung, welches Gewicht der Abweichung vom dispositiven Recht zukomme, führe Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG nicht weiter; die maßgebenden Bewertungskriterien müssten vielmehr allein dem nationalen Recht entnommen werden318. Gegen diese Eingrenzung sprechen indessen zwei Gründe. Einerseits greift sie von vornherein nicht ein bei gesetzlich nicht geregelten Vertragstypen, wie sie vielfach den Gegenstand der Inhaltskontrolle bilden, da es insoweit an nationalem dispositivem Recht als Vergleichsmaßstab fehlt. Was zum anderen diejenigen Fälle angeht, in denen AGB oder vorformulierte Einzelverträ315 MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 30. 316 Heinrichs NJW 1996, 2190 (2196); so der Sache nach auch Franzen Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, 1999, S. 536 ff., 552 ff.; H. Roth JZ 1999, 529 (535); zu Recht a.A. MünchKomm/Wurmnest § 307 Rz. 26 ff.; Coester in FS Heinrichs, 1998, S. 99 (105 ff.); Coester-Waltjen/Coester in FS Köhler, 2014, S. 63 (67 ff.); Heiderhoff WM 2003, 509 (511); Markwardt Rolle des EuGH, S. 96 ff. 317 Anders bei Zweifeln über die Auslegung des Richtlinien-Anhangs, vgl. Heinrichs NJW 1998, 1447 (1454). 318 Heinrichs NJW 1996, 2190 (2196) unter Auseinandersetzung mit der Gegenauffassung von Nassall WM 1994, 1645 (1652); so auch Heinrichs NJW 1998, 1447 (1455) und im Grundsatz Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 25.

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ge von nationalem dispositiven Recht abweichen, bleibt gleichwohl die Frage zu beurteilen, wie groß das „erhebliche und ungerechtfertigte Missverhältnis“ i.S.v. Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG sein muss, um eine Klausel aus der Sicht des europäischen Rechts für unwirksam zu halten. Warum Art. 3 RL 93/13/EWG für diese Frage „wenig ergiebig“ sein soll319, ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, jedenfalls soweit es um die Feststellung des europäischen Mindeststandards geht. Ist diese Frage umstritten, so wird zumindest bis zum Vorliegen hinreichender Judikatur des EuGH an einer Vorlage seitens letztinstanzlich entscheidender Gerichte nach Luxemburg kaum ein Weg vorbeiführen. In jedem Fall aber stellt sich die Frage nach der Vorlagepflicht bei Anwendung der neuen Inhaltskontrollnorm des § 310 Abs. 3 Nr. 3, da sie unmittelbar auf das dem Verbraucherschutz dienende europäische Recht (Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG) zurückgeht320. Mit der Qualifikation der Inhaltskontrolle als Vorgang der Anwendung nationalen Rechts ist eine deutliche Begrenzung der Pflicht zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 AEUV daher nicht zu erreichen. Als zweiter Weg zur Eingrenzung der Vorlagepflicht ist auf das in Maastricht 102 eingeführte Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 Abs. 3 AEUV) verwiesen worden321. Danach kann die Union in Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig werden, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Unionsebene verwirklicht werden sollten. Diese Subsidiarität soll nach der hier referierten Ansicht auch für die Kompetenz des EuGH bei der Auslegung des durch EU-Richtlinien vereinheitlichten nationalen Rechts gelten. Eine Vorlage an den EuGH soll danach nur dann in Betracht kommen, wenn es um die Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit positiven Regeln des Unionsrechts (insbesondere höherrangigem Recht), um die Berücksichtigung anerkannter allgemeiner Grundsätze der EuGH-Rechtsprechung oder um grundlegende, den Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten gemeinsame Prinzipien geht322. Demgegenüber soll die autonome Auslegung von Rechtsbegriffen im sekundären Unionsrecht einschließlich ihrer Ausstrahlung auf das nationale Recht grundsätzlich den Gerichten der Mitgliedstaaten überlassen bleiben, soweit nicht aus Gründen der Effektivität ein einheitliches Vorgehen auf Unionsebene unverzichtbar ist323. Auch gegenüber dieser Ansicht überwiegen freilich die Bedenken. So ist schon schwer einsichtig, warum das Subsidiaritätsprinzip der Kontrolle der Umsetzung der Richtlinie und ihrer Beachtung im nationalen Recht Schranken setzen soll, nachdem es dem Erlass der Richtlinie offenbar nicht entgegenstand324. Auch müsste, wenn sich die Kompetenz des EuGH wirklich auf 319 So Heinrichs NJW 1996, 2190 (2196) li. Sp. unten. 320 So wohl auch Heinrichs NJW 1998, 1447 (1454) (unter Hinweis auf Zweifel über den Anwendungsbereich des § 24a AGBG). 321 Nassall JZ 1995, 689 (691); eingehend sodann unter Hinweis auf Auslegungsprobleme bei Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen W. H. Roth in FS Drobnig, 1998, S. 135 (140 ff.); dagegen zu Recht Markwardt Rolle des EuGH, S. 190 ff., 198; Remien RabelsZ 66 (2002), 503 (522). 322 Nassall JZ 1995, 689 (691) r. Sp. 323 Nassall JZ 1995, 689 (691 f.); auf die Zielsetzung der RL abstellend W. H. Roth in FS Drobnig, 1998, S. 148 ff. 324 A.A. W. H. Roth in FS Drobnig, 1998, S. 145 ff. (151, 153), der auf das jeweilige Ausmaß der in der Richtlinie unternommenen Konkretisierung der Begriffe abstellen will und jedenfalls bei „hochabstrakten“ Begriffen eine Kompetenz des EuGH verneint.

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die drei vorgenannten Prüfungsgegenstände beschränken sollte, dem EuGH jedenfalls Gelegenheit gegeben werden, selbst über das Vorliegen eines dieser Gründe im Zusammenhang mit der auslegungsbedürftigen Frage zu entscheiden. Mit der angestrebten Angleichung des harmonisierten nationalen Rechts ist es schließlich auch schwerlich vereinbar, dass der EuGH zwar bestimmte Kontrollbefugnisse haben, nicht aber zur autonomen Auslegung von Rechtsbegriffen des sekundären Unionsrechts berufen sein soll. Dafür, dass das Subsidiaritätsprinzip eine derart grundsätzliche Einschränkung der Auslegungskompetenz des EuGH nach Art. 267 AEUV zur Folge haben soll, genügt nicht schon der Hinweis darauf, dass dieses Prinzip für die gesamte Tätigkeit der Union unter Einschluss auch der Kontrolle der Anwendung des Unionsrechts gilt325. – Nach allem ist damit zu rechnen, dass es auch künftig Bedarf für Vorlageentscheidungen des EuGH geben wird, soweit Rechtsfragen aus dem Bereich der richtlinienbasierten Neuregelung über Verbraucherverträge in Frage stehen. cc) Sachgerechte Differenzierungskriterien 103

An der Vorlage nach Art. 267 AEUV durch letztinstanzliche nationale Gerichte führt einerseits dann kein Weg vorbei, wenn es für den Ausgang des Rechtsstreits auf den Anwendungsbereich der Richtlinie und die damit verbundene Notwendigkeit richtlinienkonformer Auslegung der von der Angleichung betroffenen Normen des nationalen AGB-Rechts ankommt326. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Regelungen betreffend Verbraucherverträge in § 310 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2, aber auch für die Grenzen, die der Inhaltskontrolle durch die Vorschrift des § 307 Abs. 3 unter Berücksichtigung des Transparenzgebots (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2) gesetzt sind327. Von einer Vorlage kann insoweit nur nach den Grundsätzen der acte-clair-Doktrin328 abgesehen werden. Ebenso ist im Hinblick auf das in Art. 4 Abs. 2, Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG verankerte, für die Rechtsangleichung zentrale Transparenzgebot und seine Berücksichtigung im Rahmen der einschlägigen Vorschriften der §§ 305, 305c und 307 zu verfahren, soweit es hierauf für die Entscheidung des nationalen Gerichts ankommt329. Demgegenüber empfiehlt sich eine Konzentration auf Grundsatzfragen, soweit es um die Maßstäbe für die Inhaltskontrolle nach § 307 vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG geht330. Insoweit ist zwar die Feststellung der aus dem maßgebenden nationalen Vertragsstatut folgenden Rechte 325 So aber Nassall JZ 1995, 689 (691); diff. W. H. Roth in FS Drobnig, 1998, S. 143 ff. 326 Ganz h.M., vgl. nur MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 34; MünchKomm/Wurmnest § 307 Rz. 30; insoweit zust. auch Heinrichs NJW 1998, 1447 (1454); Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 24; W. H. Roth in FS Drobnig, 1998, S. 135 (146 f.). 327 Vgl. Ulmer BB 1998, 1865 f.; so auch Brandner MDR 1999, 6 (7); Basedow in SchulteNölke/Schulze S. 277 (281 ff., 286); Basedow in FS Hirsch, 2008, S. 51 ff.; Basedow AcP 210 (2010), 157 (172 ff.); MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 34; anders zu Unrecht BGH v. 7.7.1998 – XI ZR 351/97, ZIP 1998, 1391 (1392). 328 EuGH v. 6.10.1982 – Rs. C-283/81, Slg. 1982, 3415 (Tz. 13 ff.) (C.I.L.F.I.T.); vgl. dazu Markwardt ZIP 2005, 152 (157). 329 So auch Coester in FS Heinrichs, 1998, S. 99 (109 ff.); s. denn auch EuGH v. 16.11.2010 – Rs. C-76/10, Slg. 2010, I 11557 (Tz. 29); EuGH v. 30.4.2014 – Rs. C-26/13, ZIP 2014, 2194 (Art. 4 Abs. 2). 330 So auch MünchKomm/Wurmnest § 307 Rz. 27; Borges NJW 2001, 2061 (2062); Heiderhoff WM 2003, 509 (511 f.); eingehend dazu schon Markwardt Rolle des EuGH, 1999, S. 235 ff., 249, jeweils in Auseinandersetzung mit anderen, weniger sachgerechten Restriktionsansätzen; vgl. auch Coester-Waltjen/Coester in FS Köhler, 2014, S. 63 (74 f.); Remien RabelsZ 66 (2002), 503 (517 ff.); Reich RabelsZ 66 (2002), 531 (543 ff.).

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und Pflichten als Vergleichsmaßstab notwendig Sache der nationalen Gerichte, soweit nicht im Einzelfall sekundäres Unionsrecht eingreift; entsprechendes gilt für den Vorbehalt bindender nationaler Rechtsvorschriften in Art. 1 Abs. 2 RL 93/13/EWG. Wohl aber unterliegt der Maßstab des „erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnisses“ in Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG und der daran zu knüpfenden Anforderungen als unbestimmter, für die Unwirksamkeitsfolge zentraler Rechtsbegriff dem Auslegungsmonopol des EuGH (s. noch Rz. 104)331. dd) Die Rechtsprechung des EuGH zur Generalklausel des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG Der EuGH schien zwar in seinem auf Vorlage des BGH332 ergangenen Urteil 104 vom 1.4.2004333 dem Eingreifen von Art. 267 AEUV mit Bezug auf die Generalklauseln der Art. 3 und 4 RL 93/13/EWG eine Absage erteilt zu haben. Denn er tenorierte, es sei Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob eine konkrete Vertragsklausel die Kriterien erfülle, um als missbräuchlich i.S.v. Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG qualifiziert zu werden334. Indessen zeigen bereits die Gründe des Urteils, dass eine generelle Absage an Vorlagen nationaler Gerichte mit Bezug auf Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG damit nicht intendiert war. Denn der EuGH führte zwar aus, dass der Anhang zu Art. 3 RL 93/13/EWG sich nicht für Vorabentscheidungen eigne, weil er nur eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste potentiell missbräuchlicher Klauseln enthalte (Tz. 20). Auch stellte er mit Blick auf Art. 4 RL 93/13/EWG fest, die Missbräuchlichkeit bestimmter Vertragsklauseln beurteile sich nach den dort genannten Einzelfallumständen, was eine Prüfung des konkreten Falles durch das nationale Gericht erforderlich mache (Tz. 21, 22)335. Zu Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG beschränkte er sich jedoch auf die – zutreffende – Aussage, die Bestimmung definiere nur abstrakt die Faktoren, die einer nicht im Einzelnen ausgehandelten Vertragsklausel missbräuchlichen Charakter verleihen (Tz. 19)336. Diese Feststellung und der

331 So im Grundsatz auch der EuGH in nunmehr st. Rspr., s. Rz. 104; a.A. außer den zu Rz. 101, 102 angeführten Autoren (Heinrichs, Nassall u.a.) wohl auch W. H. Roth in FS Drobnig, 1998, S. 135 (145 ff.) unter Hinweis auf die „generalklauselartige Unbestimmtheit“ des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG und die daraus folgende Konkretisierungskompetenz der nationalen Gerichte; siehe ferner M. Schmidt Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, 2009, S. 53 ff., 202 ff.; Riehm in Gsell/Herresthal (Hrsg.) Vollharmonisierung im Privatrecht, S. 83 (106 ff.). 332 BGH v. 2.5.2002 – VII ZR 178/01, ZIP 2002, 1197. 333 EuGH v. 1.4.2004 – Rs. C-237/02, Slg. 2004, I 3403 = NJW 2004, 1647 = ZIP 2004, 1053 (Freiburger Kommunalbauten); dazu Volmer ZfIR 2004, 460; Markwardt ZIP 2005, 152 ff.; Röthel ZeuP 2005, 421 ff.; Tilmann GPR 2004, 182 (188); von Westphalen NJW 2005, 1987 f. 334 Bestätigt in EuGH v. 26.10.2006 – Rs. C-168/05, NJW 2007, 135 (Tz. 22 f.); EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08, NJW 2009, 2367 (Tz. 37); EuGH v. 9.11.2010 – Rs. C-137/08, EuZW 2011, 27 (Tz. 43 f.); EuGH v. 16.11.2010 – Rs. C-76/10, Slg. 2010, I 11557 (LS 2, ferner Tz. 60); instruktiv zur Entwicklung Coester-Waltjen/Coester in FS Köhler, 2014, S. 63 (67 ff.); von Westphalen NJW 2013, 961 ff.; von Westphalen in FS B. Kübler, 2015, S. 787 ff. 335 So auch EuGH v. 26.10.2006 – Rs. C-168/05, NJW 2007, 135 (Tz. 22 f.); EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08, NJW 2009, 2367 (Tz. 42 f.); EuGH v. 9.11.2010 – Rs. C-137/08, EuZW 2011, 27 (Tz. 44); EuGH v. 16.11.2010 – Rs. C-76/10, Slg. 2010, I 11557 (Tz. 60 f.); EuGH v. 26.4.2012 – Rs. C-472/10, ZIP 2012, 2020 (Tz. 22). 336 So auch EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08, NJW 2009, 2367 (Tz. 37); EuGH v. 9.11.2010 – Rs. C-137/08, EuZW 2011, 27 (Tz. 40).

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Verweis in Tz. 23 auf das Océano-Urteil vom 27.6.2000337, in dem der EuGH nicht gezögert hatte, die Gerichtsstandsklausel in den AGB eines spanischen Unternehmens wegen der Begründung eines ausschließlichen Gerichtsstands des Verwenders als missbräuchlich i.S.d. Richtlinie zu qualifizieren (Tz. 21)338, ließen darauf schließen, dass der EuGH seine Auslegungskompetenz in Bezug auf die in der Richtlinie verwendeten Rechtsbegriffe nicht etwa grundsätzlich in Frage stellt und darüber hinaus in eindeutig scheinenden Fällen auch nicht zögert, die Missbräuchlichkeit entsprechender Klauseln von sich aus festzustellen339. Neuere Entscheidungen des EuGH bestätigen dies ausdrücklich. So hat die Große Kammer des EuGH im Urteil vom 9.11.2010 tenoriert, dass sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs auf die Auslegung des Begriffs „missbräuchliche Vertragsklausel“ in Art. 3 Abs. 1 und im Anhang der RL 93/13/EWG sowie auf die Kriterien erstrecke, die das nationale Gericht bei der Prüfung einer Vertragsklausel im Hinblick auf die Bestimmungen der Richtlinie anwenden darf oder muss, hingegen es Sache des nationalen Gerichts sei, unter Berücksichtigung dieser Kriterien über die konkrete Bewertung einer bestimmten Vertragsklausel anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden340.

VII. Rechtsvergleichende Hinweise Schrifttum: K. Baier Europäische Verbraucherverträge und missbräuchliche Klauseln – Die Umsetzung der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in Deutschland, Italien, England und Frankreich, 2004; MünchKomm/Basedow (6. Aufl.) Vor § 305 Rz. 22 ff.; Beckmann/Sandrock in Sandrock, Handbuch der Internationalen Vertragsgestaltung, Bd. 1, 1980, Abschn. B 66; von Caemmerer (Hrsg.) Richterliche Kontrolle von AGB, Gesellschaft für Rechtsvergleichung, Bd. 41, 1968, mit Beiträgen von Hauss, Neumayer, Raiser und Yadin; DACH Europäische Anwaltsvereinigung (Hrsg.), Allgemeine Geschäftsbedingungen in der europäischen Rechtspraxis, 1997; M. Ebers Klausel-Richtlinie (93/13/EG), Rechtsvergleichende Studie, in Schulte-Nölke/Twigg-Flesner/Ebers (Hrsg.), EGVerbraucherrechtskompendium, Rechtsvergleichende Studie, 2008, S. 364 ff. (Studie abrufbar unter www.eu-consumer-law.org/study_de.cfm); Ehle/Brunschweiler Schweizer AGB-Recht im Umbruch, RIW 2012, 262; Forstmoser Die rechtliche Behandlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im schweizerischen und deutschen Recht, in FS Kummer, 1980, S. 99; Hellwege Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010; von Hippel Der Schutz des Verbrau-

337 EuGH v. 27.6.2000 – Rs. C-240/98, Slg. 2000, I 4941 = NJW 2000, 2571; dazu Borges NJW 2001, 2061 f.; Leible RIW 2001, 422 (425 ff.); Pfeiffer ZEuP 2003, 141 (149). 338 Vgl. auch die weiteren Nachw. in Fn. 303 betr. die Pflicht zur Prüfung der Missbräuchlichkeit von Amts wegen. 339 So auch Markwardt ZIP 2005, 152 ff.; vgl. auch Röthel ZEuP 2005, 421 (427); a.A. (von uneingeschränkter Auslegungskompetenz der nationalen Gerichte in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG ausgehend) BGH v. 14.7.2004 – VIII ZR 294/03, EuZW 2004, 672. 340 EuGH v. 9.11.2010 – Rs. C-137/08, EuZW 2011, 27 (LS 2, ferner Tz. 43 f.); sodann EuGH v. 26.4.2012 – Rs. C-472/10, ZIP 2012, 2020 (Tz. 22); EuGH v. 3.4.2014 – Rs. C-342/13, BeckRS 2014, 81587 (Tz. 25); s. ferner EuGH v. 16.11.2010 – Rs. C-76/10, Slg. 2010, I 11557 (Tz. 29) (betr. Transparenzkontrolle); EuGH v. 30.4.2014 – Rs. C-26/13, ZIP 2014, 2194 (Art. 4 Abs. 2); EuGH v. 10.9.2014 – Rs. C-34/13, ZIP 2015, 116 (Tz. 73); zuvor EuGH v. 26.10.2006 – Rs. C-168/05, NJW 2007, 135 (Tz. 22 f.); EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08, NJW 2009, 2367 (Tz. 44); Überblick zur Rechtsprechung des EuGH bei MünchKomm/Basedow Vor § 305 Tz. 36 ff.; Coester-Waltjen/Coester in FS Köhler, 2014, S. 63 (67 ff.).

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chers vor unlauteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den EG-Staaten, RabelsZ 41 (1977), 237; Kapnopoulou Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, 1997; Kramer Vertragsrecht im Umbau, ÖJZ 1980, 233; W. Müller/Schilling AGBKontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr – eine rechtsvergleichende Betrachtung, BB 2012, 2319; Nörenberg Internationale Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen, NJW 1978, 1082, 1084; Otto Allgemeine Geschäftsbedingungen und Internationales Privatrecht, 1984; Pfeiffer Flucht ins schweizerische Recht?, in FS Graf von Westphalen, 2010, S. 555; Ranieri Europäisches Obligationenrecht, 3. Aufl. 2009, S. 325 ff.; Reich Wandlungen des Rechts der vertraglichen Schuldverhältnisse in neuen Mitgliedstaaten unter dem Einfluss des EG-Rechts, in Liber Amicorum E. Schmidt, 2005, S. 239; Reich/Micklitz Verbraucherschutz in den EG-Staaten: Eine vergleichende Analyse, 1981, S. 185; Schulte-Nölke/ Schulze (Hrsg.) Europäische Rechtsangleichung und nationale Privatrechte, 1999; Weick Unfair Contract Terms Act und AGB-Gesetz, ZHR 145 (1981), 68; Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht, 6. Aufl. 2013, Einl. Rz. 48 ff.

1. Allgemeines Die Verwendung von AGB und Formularverträgen ist ein allgemeines, seit über 100 Jahren zunehmend in allen europäischen Industriestaaten zu beobachtendes Phänomen des Massenverkehrs. Ähnlich wie im deutschen Recht sahen sich daher auch die Gerichte der anderen mittel- und westeuropäischen Staaten seit langem mit der Problematik unangemessener AGB konfrontiert. Sie reagierten darauf in erster Linie im Wege restriktiver Auslegung, insbesondere gegenüber weit gehenden Freizeichnungsklauseln, als Mittel verdeckter Inhaltskontrolle341; z.T. gingen sie auch zu offener Inhaltskontrolle über342. Demgegenüber wurden besondere Einbeziehungsschranken von der Rechtsprechung nur vereinzelt entwickelt343. Verbreitet begnügte man sich mit der auch aus dem deutschen Recht bekannten Formel vom „Wissen oder Wissenmüssen“ des Kunden, dass der andere Teil AGB verwendet344; Einschränkungen wurden nur für den Fall überraschender Klauseln gemacht345. Inzwischen sind in allen Mitgliedstaaten der EU sowie in einigen weiteren europäischen und überseeischen Staaten spezielle Gesetze gegen die Verwendung von unbilligen AGB (oder allgemeiner: unbilligen Vertragsbedingungen) erlassen worden. Für einen Überblick zu den

341 Vgl. z.B. das Schweizer Recht, dazu Forstmoser in FS Kummer, 1980, S. 135 f.; Sticher Die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen als wettbewerbsrechtliches Problem, Diss. St. Gallen 1981, S. 35 f.; Giger Geltungs- und Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen, 1983, S. 39; Baudenbacher Wirtschafts-, schuld- und verfahrensrechtliche Grundprobleme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1983, S. 261 f.; Otto S. 4 ff., 14; Weber SAG 1984, 155. 342 So neben Deutschland die Gerichtspraxis in den Niederlanden und in neuerer Zeit in Großbritannien, vgl. von Hippel RabelsZ 41 (1977), 244 (269, 275) und Otto S. 46 ff.; seit Anfang der 1990er Jahre auch in Frankreich (vgl. 11. Aufl. Rz. 119); zur Entwicklung in Europa siehe auch den Überblick bei Ranieri S. 325 ff.; Hellwege S. 530 ff. 343 So in Dänemark (von Hippel RabelsZ 41 (1977), 279) und Frankreich (Barfuss RIW 1975, 321 [326 f.]; von Hippel RabelsZ 41 (1977), 258 f. und Otto S. 20 ff.). Allgemein zu den seinerzeit bestehenden Einbeziehungsvoraussetzungen in den europäischen Auslandsrechten vgl. bereits Nörenberg NJW 1978, 1084 ff.; aus heutiger Sicht Ranieri S. 333 ff.; Hellwege S. 351 ff. 344 Vgl. von Hippel RabelsZ 41 (1977), 243. 345 So etwa in den Niederlanden – von Hippel RabelsZ 41 (1977), 268 – und in der Schweiz – Forstmoser in FS Kummer, 1980, S. 124; Sticher (Fn. 341) S. 33; Giger (Fn. 341) S. 32 ff.; Baudenbacher (Fn. 341) S. 260 f.; Otto S. 9 f.; weitere Nachw. bei von Hippel RabelsZ 41 (1977), 243.

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EU-Staaten s. 11. Aufl. Rz. 111 ff. und Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 52 ff.; zur kollisionsrechtlichen Problematik bei Sachverhalten mit Auslandsbezug vgl. Anh. § 305 Rz. 1 f.

2. Entwicklung der Gesetzgebung 106

Spezialgesetze für Abzahlungsgeschäfte, Konsumentenkredite, Versicherungsverträge und ähnliche Fälle typischer Gefährdungslagen finden sich in den Rechtsordnungen mittel- und westeuropäischer Staaten schon seit langem. Demgegenüber sind allgemeine Gesetze zum Schutz vor unbilligen AGB (oder generell: vor unangemessenen Vertragsbedingungen) nach einem Vorläufer in Italien 1942 mit aus heutiger Sicht untypischem, auf Formalisierung des Einbeziehungsvorgangs bei kritischen Klauseln gerichteten Regelungsinhalt erstmals während der 1960er Jahre in den USA346 und Israel347, sodann seit Beginn der 1970er Jahre zunehmend auch in den ursprünglichen EG-Ländern und anderen europäischen Staaten erlassen worden. Den Anfang machte hier Schweden im Jahre 1971, gefolgt von Großbritannien 1973/1977, Dänemark 1974/1975, der BR Deutschland 1976, Finnland 1978/1982, Frankreich 1978/1988/1993, Österreich 1979, Irland 1980, Luxemburg 1983/1987, Spanien 1984/1998, Portugal 1985, Belgien 1991, Griechenland 1991 und den Niederlanden 1992348. In der Schweiz wurde durch das neue UWG vom 19.12.1986 eine Generalklausel zur Kontrolle missbräuchlicher AGB eingeführt (Art. 8)349, die allerdings mit Wirkung zum 1.7.2012 in mehrfacher Hinsicht geändert worden ist350. Maßgebend ist nunmehr, dass in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil des Vertragspartners ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorgesehen ist; auf das Erfordernis der Irreführung kommt es nicht mehr an. Anders als § 8 UWG a.F. gilt die Neuregelung zudem nur noch für den Geschäftsverkehr mit Verbrauchern.

107

Die Umsetzung der EG-Richtlinie 93/13/EWG hat in den seinerzeit fünfzehn Mitgliedstaaten durchweg zu Anpassungen der vorhandenen Gesetze an die Vor-

346 Durch Gesetze der Einzelstaaten auf Grund des Uniform Commercial Code, der den Richter ausdrücklich zur offenen Kontrolle unbilliger Klauseln ermächtigt (vgl. näher G. Raiser Die richterliche Kontrolle von Formularbedingungen im amerikanischen und deutschen Recht, 1966; von Hippel RabelsZ 33 (1969), 564 ff.; Otto S. 68 ff.; Munz Allgemeine Geschäftsbedingungen in den USA und in Deutschland im Handelsverkehr, 1992, S. 27 ff.). 347 Durch das Standard Contracts Law von 1964, abgedruckt in von Caemmerer (Hrsg.), Richterliche Kontrolle, S. 175–179. Dazu vgl. Yadin in von Caemmerer (Hrsg.), Richterliche Kontrolle, S. 143 (152 ff.), Quittnat JZ 1973, 766 ff. sowie die weiteren Nachw. bei von Hippel RabelsZ 41 (1977), 239 Fn. 4. Das Gesetz ist inzwischen abgelöst durch das Gesetz Nr. 5743-1982 über Einheitsverträge; vgl. dazu Scheftelowitz RIW 1983, 565 ff. und Lusthaus RabelsZ 54 (1990), 551 ff. 348 Zu Einzelheiten s. 11. Aufl. Einl. Rz. 111 ff.; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 52 ff. 349 Zu Einzelheiten s. 11. Aufl. Einl. Rz. 141 f.; krit. Baudenbacher in Das UWG auf neuer Grundlage, St. Gallener Studien zum Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht 1988, S. 15, 30 m.w.N. 350 Näher Ehle/Brunschweiler RIW 2012, 262 ff.; s. ferner Pfeiffer in FS von Westphalen, 2010, S. 555 ff.

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gaben der Richtlinie geführt351. Eigene ausführliche Gesetze – allerdings nur als „secondary legislation“, in denen die Regelungen der EG-Richtlinie weitgehend, einschließlich des Klauselkatalogs, übernommen wurden – erließen Großbritannien und Irland. In Italien wurde zunächst dem Codice civile ein neuer Titel über Verbraucherverträge hinzugefügt, der in den Art. 1469-bis – 1469-sexies die Regelungen der EG-Richtlinie übernommen hatte; dieser Titel ist im Jahr 2005 ohne wesentliche Änderungen in den neu geschaffenen Codice del consumo eingestellt worden. Geringfügigere Neuregelungen oder Gesetzesänderungen erfolgten in Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien; in diesem Land wurde zum Zweck der Anpassung allerdings 1998 ein eigenes AGBG erlassen352. Die Niederlande haben der Kommission als Umsetzungsmaßnahme schon im Jahr 1991 erlassene Vorschriften notifiziert. Auch die im Zuge der Osterweiterung von 2004 und 2007 beigetretenen zwölf neuen Mitgliedstaaten haben – überwiegend schon im Vorgriff auf ihren Beitritt zur EU – die Richtlinie umgesetzt353.

3. Grundsätze der verschiedenen Regelungen a) Inhaltliche und materielle Schwerpunkte Inhaltlich weisen die einzelnen Kodifikationen in den Mitgliedstaaten z.T. deutliche Unterschiede auf354. Das gilt zum einen hinsichtlich des Anwendungsbereichs. Er ist in persönlicher Hinsicht z.T. umfassend ausgestaltet, unter grundsätzlicher Einbeziehung auch der Kaufleute oder Unternehmer in seinen Schutzbereich355, z.T. beschränkt er sich auf Verbraucher als Kunden des AGBVerwenders356. In sachlicher Hinsicht gelten die Gesetze – von der Frage bestimmter Bereichsausnahmen nach Art des § 310 Abs. 4 abgesehen – z.T. generell für unangemessene Vereinbarungen, dann allerdings oft personell begrenzt auf den Verkehr zwischen gewerblichen Anbietern von Waren oder Dienstleis-

351 Vgl. zum Folgenden die Übersicht im Anhang I des Berichts der EG-Kommission v. 27.4.2000, KOM (2000) 248 (endg.) über die Anwendung der RL 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen; ferner Ebers in EG-Verbraucherrechtskompendium, S. 379 ff.; 11. Aufl. Einl. Rz. 111 ff.; MünchKomm/Basedow (5. Aufl.) Vor § 305 Rz. 22 ff.; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 52 ff.; Ranieri S. 403 ff. 352 Näher dazu 11. Aufl. Einl. Rz. 145; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 88 ff. 353 Übersicht in 11. Aufl. Einl. Rz. 146 ff. sowie bei Ebers in EG-Verbraucherrechtskompendium, S. 379 ff.; MünchKomm/Basedow (5. Aufl.) Vor § 305 Rz. 39 ff.; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 52 ff. 354 Vgl. zum Folgenden auch Ebers in EG-Verbraucherrechtskompendium, S. 364 ff.; 403 ff.; MünchKomm/Basedow (5. Aufl.) Rz. 23; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 48 ff.; EG-Bulletin 1984, Beil. 1, S. 9 ff. 355 So in Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Italien, Litauen, Portugal, Schweden und – mit Einschränkungen – in Österreich, den Niederlanden, Slowenien, Ungarn sowie in Großbritannien und Irland durch die Regelungen von 1977 bzw. 1980; Überblick bei Müller/Schilling BB 2012, 2319 ff. 356 So namentlich in Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Lettland, Malta, Rumänien, Slowakei, Spanien, Tschechien, Zypern, ferner – seit 1.7.2012 – in der Schweiz (s. Rz. 106); näher Ebers in EG-Verbraucherrechtskompendium, S. 403 ff.; Müller/Schilling BB 2012, 2319 ff.

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tungen und Verbrauchern357, oder beschränkt auf bestimmte, weniger einschneidende Generalklauseln358. Überwiegend werden im Einzelnen ausgehandelte Klauseln vom Anwendungsbereich ausgenommen359; nicht wenige Mitgliedstaaten erstrecken die Inhaltskontrolle allerdings auch auf Individualabreden360. 109

Unterschiedlich sind zum Zweiten die materiellrechtlichen Regelungen der Gesetze. Einbeziehungsfragen werden darin – vom deutschen AGB-Recht (§ 305 Abs. 2 und 3) abgesehen – nur vereinzelt angesprochen361. Auslegungsregelungen sind dagegen häufiger zu finden, z.T. bedingt durch die Umsetzung von Art. 5 RL 93/13/EWG, der die dem Verbraucher günstigste Auslegung vorschreibt362. Den Schwerpunkt bilden Inhaltskontrollvorschriften, entweder unter Beschränkung auf eine Generalklausel363 oder in Kombination mit einem Klauselkatalog, wobei einige Gesetze generell verbotene Klauseln enthalten364, während andere den Klauselkatalog nur als Hinweisliste entsprechend dem Klauselanhang der RL 93/13/EWG ausgestaltet haben365. b) Kontrollverfahren

110

Fast alle anzutreffenden Regelungen sehen schließlich ein besonderes Kontrollverfahren vor, wobei die Lösungen im Einzelnen ebenfalls deutlich differieren366. Eine Verbandsklage nach deutschem Muster findet sich inzwischen u.a. im französischen, griechischen, italienischen, luxemburgischen, niederländischen, österreichischen, portugiesischen, schweizerischen, slowenischen und spanischen Recht. Früher herrschten demgegenüber solche Verfahrensregelungen vor, die Verbraucherbehörden367 oder speziell eingesetzte Kommissionen368 mit der Aufgabe betrauen, die Unangemessenheit von AGB zu prüfen und dagegen vorzugehen. Dabei finden sich als Instrumente neben Klagebefugnissen

357 In Frankreich, Griechenland, Großbritannien (bezüglich des Unfair Contract Terms Act 1977), Luxemburg, Rumänien, Zypern und teilweise in Österreich (vgl. die Übersicht bei Reich/Micklitz S. 191 f.). 358 So in Belgien, Dänemark, Finnland und Schweden. 359 So in Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Israel, Litauen, den Niederlanden, Österreich, Slowakei, Spanien, Portugal, Ungarn, Zypern und der Schweiz. 360 So namentlich in Slowenien und Ungarn; siehe ferner die Angaben bei Ebers in EG-Verbraucherrechtskompendium, S. 411 f. 361 So namentlich in Italien, Griechenland, Polen, Portugal, den Niederlanden und in Luxemburg sowie bezüglich der Nichteinbeziehung überraschender Klauseln in Österreich. 362 Schon früher in Deutschland, Italien, Österreich und Portugal, jetzt insb. auch in Dänemark, Griechenland, Großbritannien, Irland und Schweden. 363 So namentlich in Dänemark, Schweden, Finnland und der Schweiz. 364 So in Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Italien, Lettland, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Tschechien, Ungarn, Zypern, auch in Großbritannien und Irland in den älteren Vorschriften. 365 So Frankreich sowie Großbritannien und Irland in den Umsetzungsgesetzen; ferner wohl Slowenien. 366 Vgl. die Übersicht über die unterschiedlichen Arten von Kontrollverfahren bei Ebers in EG-Verbraucherrechtskompendium, S. 452 ff.; Reich/Micklitz S. 195 ff.; ferner die Länderberichte in 11. Aufl. Einl. Rz. 111 ff. sowie bei Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 52 ff. 367 So in Dänemark, Finnland, Irland, Schweden, Lettland und Großbritannien, hier neben dem seit 1999 auch zugelassenen Verbandsklageverfahren. 368 So in Belgien und Frankreich, hier neben dem neuerdings auch möglichen Verbandsklageverfahren.

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auch Empfehlungen gegenüber den AGB-Verwendern, wobei den Empfehlungen durch die Möglichkeit der empfehlenden Stelle, bei den zuständigen Instanzen auf ein Verbot der betreffenden Klauseltypen hinzuwirken, der erforderliche Nachdruck verliehen wird369. Aussagekräftige, rechtstatsächlich abgesicherte Effizienzvergleiche zwischen den einzelnen Verfahrensmodellen liegen bisher nicht vor370.

369 So in Frankreich und Großbritannien auf dem Weg über Rechtsnormen, in Dänemark, Finnland und Schweden durch gerichtliche Untersagung der Weiterverwendung. 370 Vgl. immerhin Reich/Micklitz S. 205 f., 210 und MünchKomm/Micklitz, 4. Aufl. 2001, Vor § 13 AGBG Rz. 51, die die in Schweden, Dänemark und Großbritannien praktizierte Verhandlungsmethode als am erfolgreichsten einstufen; ferner Ebers in EG-Verbraucherrechtskompendium, S. 365 f., dem zufolge in sämtlichen Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Litauen und Malta ein unmittelbares Klagerecht der Verbraucherorganisationen gegenüber dem Verwender besteht.

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Buch 2 Recht der Schuldverhältnisse Abschnitt 2 Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag (1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind. (2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss 1. die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und 2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist. (3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren. A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . .

1

B. AGB-Begriff (§ 305 Abs. 1) I. Grundlagen

76

1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . .

2

2. Funktion und systematische Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . .

2a

3. Entstehung der Vorschrift . . . . .

3

4. Rechtslage vor Inkrafttreten des AGBG . . . . . . . . . . . . . . . .

4

5. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . .

4a

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II. Die Legaldefinition für AGB 1. Grundlagen a) Der Schutzzweck als Auslegungsmaßstab . . . . . . . b) Keine Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenabreden; deklaratorische Klauseln . . . c) Das Absehen von der Verhandlungsmacht der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die einzelnen Begriffsmerkmale (§ 305 Abs. 1 Satz 1)

5 7 8

Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen in den Vertrag a) Vertragsbedingungen . . . . . . . aa) Zweiseitige Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . . . . bb) Art und Inhalt . . . . . . . . cc) Erweiterung auf bestimmte einseitige Rechtsgeschäfte dd) Einzelfälle . . . . . . . . . . . b) Vorformulierung . . . . . . . . . c) Vielzahl . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unbestimmte Zahl . . . . . bb) Bestimmte Zahl . . . . . . . d) Veranlassung der Einbeziehung durch den Verwender („Stellen“) aa) Einbeziehungsvorschlag und Verwenderbegriff . . . bb) Beiderseitiger Einbeziehungsvorschlag und vergleichbare Gestaltungen . . cc) Drittbedingungen . . . . . . 3. Unerhebliche Umstände (§ 305 Abs. 1 Satz 2) . . . . a) Äußerliche Gestaltung, Schriftart . . . . . . . . . b) Umfang . . . . . . . . . . c) Form des Vertrags . . . .

.....

9 9 14 16 19 20 23 24 25

26 29 31 33

..... ..... .....

34 37 38

III. Der Vorbehalt der Individualabrede (§ 305 Abs. 1 Satz 3) . . . .

39

1. Einschränkung der AGB-Definition durch § 305 Abs. 1 Satz 3 a) Fragestellung und Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . 2. Aushandeln a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . b) Die Anforderungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . .

40 43

2. Vertragsmuster . . . . . . . . . . . .

67

3. Interne Richtlinien . . . . . . . . .

68a

4. Notariell beurkundete Verträge

69

5. Wertpapierbedingungen a) Partielle Regelung in §§ 3, 5 ff. SchVG . . . . . . . . . b) Unmittelbare Platzierung . . . c) Mittelbare Platzierung . . . . .

70 70a 71

6. Kollektiv ausgehandelte Vertragsbedingungen . . . . . . . .

74

7. Behördlich genehmigte Vertragsbedingungen . . . . . . . .

75

8. Vertragsbedingungen der öffentlichen Hand . . . . . . . . . .

77

VI. Analogieprobleme und Inhaltskontrolle nach § 242 1. Erweiterung des Anwendungsbereichs des AGB-Rechts im Analogiewege . . . . . . . . . . . . .

78

2. Richterliche Inhaltskontrolle standardisierter Klauseln in Einzelverträgen . . . . . . . . . . .

80

3. Das Verhältnis von Inhaltskontrolle und Missbrauchseinwand nach § 242 . . . . . . . . .

82

VII. Verträge mit Unternehmern . . .

83

VIII. Verbraucherverträge . . . . . . . .

85

C. Einbeziehungsvoraussetzungen (§ 305 Abs. 2) I. Übersicht

45 47

3. Einzelfragen a) Bedeutung eines Machtgefälles zwischen Verwender und Kunde . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wahlmöglichkeiten des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . c) Günstige Hauptleistung . . . . d) Reichweite des Aushandelns („soweit“) . . . . . . . . . . . . . . e) Ergänzungsbedürftige Formulare . . . . . . . . . . . . . . f) Planmäßige Abweichungen . .

56 57

4. Kollektives Aushandeln . . . . . .

59

1. Inhalt und Zweck des § 305 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . .

101

2. Anwendungsbereich . . . . . . . .

103

3. Systematische Stellung . . . . . .

104

4. Zur Entstehungsgeschichte . . . .

106

52

5. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . 106a

53 54

6. Rechtstatsachen . . . . . . . . . . .

107

II. Frühere Rechtslage . . . . . . . . .

108

55

IV. Beweislastfragen 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . .

60

2. Nachweis der Individualabrede . .

62

V. Einzelfälle 1. Formularverträge . . . . . . . . . . .

§ 305 BGB

66

III. Grundlagen 1. Geltungsbereich des § 305 Abs. 2 a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . b) Persönliche Ausnahmen . . . . c) Sachliche Ausnahmen . . . . . d) Ausgabebedingungen bei Wertpapieren . . . . . . . . . . . e) Sog. faktische Vertragsverhältnisse . . . . . . . . . . . .

110 111 112 113 117

2. Verhältnis zu §§ 145 ff. . . . . . . a) Abweichungen vom allgemeinen Vertragsrecht . . . . . . . .

118 119

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77

§ 305 BGB

Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen in den Vertrag

b) Uneingeschränkt fortgeltende BGB-Vorschriften . . . . . . . . . 122 c) Geltung von AGB im vorvertraglichen Bereich . . . . . . . . 122a 3. Verhältnis zu §§ 312 ff., Art. 246a ff. EGBGB . . . . . . . . . 122b IV. Voraussetzungen der Einbeziehung 1. Hinweis des Verwenders (§ 305 Abs. 2 Nr. 1) a) Ausdrücklicher Hinweis (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 1) . . b) Einzelheiten . . . . . . . . . . . . aa) Schriftliches Angebot des Verwenders . . . . . . . . bb) Schriftliches Angebot des Kunden . . . . . . . . . . cc) Mündlicher Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . dd) Fernmündlicher Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . ee) Vertragsschluss im Internet u.a. . . . . . . . . . . c) Ausnahmen wegen der Art des Vertragsschlusses (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2) aa) Allgemeines . . . . . . . . . . bb) Konkludent geschlossene Massenverträge . . . . . . . cc) Sonstige Bagatellfälle . . . . dd) Deutlich sichtbarer Aushang . . . . . . . . . . . . 2. Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme (§ 305 Abs. 2 Nr. 2) a) Obliegenheit des Verwenders b) Die Anforderungen im Einzelnen aa) Schriftlicher Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . bb) Mündlicher Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . cc) Fernmündlicher Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . dd) Vertragsschluss im Internet u.a. . . . . . . . . . . c) Verständlichkeit und Lesbarkeit der AGB . . . . . . . . . . . . aa) Verständlichkeit . . . . . . . bb) Lesbarkeit . . . . . . . . . . . d) Körperliche Behinderung des Kunden . . . . . . . . . . . . .

166

8. Rechtsfolgen misslungener Einbeziehung . . . . . . . . . . . . .

168

9. Geltung von AGB gegenüber Dritten? . . . . . . . . . . . . . . . . 168a 1. Keine Geltung des § 305 Abs. 2

123 128 129 130 133

2. Voraussetzungen rechtsgeschäftlicher Einbeziehung a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs . . aa) Branchenüblichkeit . . . . bb) Laufender Geschäftsverkehr . . . . . . . . . . . . c) Kaufmännisches Bestätigungsschreiben . . . . . . . . . .

135

3. Geltung kraft Handelsbrauchs . .

135a

4. Kollision von AGB a) Fragestellung . . . . . . . . . . . b) Meinungsstand aa) Rechtsprechung . . . . . . . bb) Schrifttum . . . . . . . . . . c) Stellungnahme aa) Zustandekommen des Vertrags . . . . . . . . . . . . bb) Vertragsinhalt . . . . . . . . cc) Insbesondere: Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . .

136 138 139 141

169

170 172 173 176 177 180 182 185 187 188 191 195

VI. Verbraucherverträge 145

1. Vorgaben der EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . . . . . . .

198

147

2. Standardverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) . . . . . . . . .

199

148

3. Einzelverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200

149

D. Rahmenvereinbarung (§ 305 Abs. 3)

149a 150 151 154 154a

4. Einverständnis des Kunden . . . . 161 5. Schriftformerfordernisse . . . . . . 163a

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164

7. Beweisfragen . . . . . . . . . . . . .

V. Verträge mit Unternehmern

3. Maßgebender Zeitpunkt a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . 155 b) Erheblichkeit früherer Hinweise . . . . . . . . . . . . . . 158

78

6. Spätere Änderungen der AGB bei Dauerschuldverhältnissen . .

I. Überblick 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . .

201

2. Rechtsnatur und Gegenstand . .

203

II. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

206

III. Inhalt 1. Bestimmte Art von Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . .

207

2. Bestimmte AGB . . . . . . . . . . .

208

IV. Erfüllung der Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 . . .

209

§ 305 BGB

Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen in den Vertrag Stichwortverzeichnis Abfindungserklärung . . . . . . . . . . . . 19 Abschlussgehilfe . . . . . . . . . . . . . . . 27 Abwehrklauseln . . . . . . . . . . . 186 ff., 196 ADSp . . . . . . . 74, 108, 119, 173, 175, 181 Allgemeine Lagerbedingungen des deutschen Möbeltransports . . . . . . 152a allgemeine Rechtsgeschäftslehre . . . 118 ff. AllGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Änderung des Vertrages . . . . . . . . . . 159 Änderung von AGB . . . . . . 143, 164 f., 208 Angebote des Kunden . . . . . . 132, 170, 174 Angebotsformular . . . . . . . . . . . . . 19, 27 Angebotsklauseln . . . . . . . . . . . . . . 163 Anleihebedingungen . . . . 14, 19, 70 ff., 113 Anwendungsbereich von § 305 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . 103 f. Anzeigenverträge . . . . . . . . . . . 147a, 175 Architektenvertrag . . . . . . . . . . . . . 126 Arztvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17, 19 Aufklärung über Operationsfolgen . . . 19 Auftragsbestätigung . . . 122, 131, 171, 185 f. Auktions-AGB . . . . . . . . . . . . . . . . 139 ausdrücklicher Hinweis . . . . . . . . . 123 ff. Ausgleichsquittung . . . . . . . . . . . . . 19 Aushandeln – Änderungen des AGB-Textes . . . . . . . . . 47, 57, 63, 63a – berechtigtes Interesse des Verwenders am . . . . . . . . . . . . . . 51 – Bestätigungsklausel . . . . . . . . . . 49, 65 – bestimmte Vertragsbedingungen . . 45 – Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . 62 ff. – ergänzungsbedürftige Formulare 56, 63a – Erläuterungen von AGB . . . . . . . 44, 49 – Folgeverträge . . . . . . . . . . . . . . . 45 – kaufmännischer Geschäftsverkehr 83 f. – kollektives . . . . . . . . . . . . . . . . 59, 74 – nachträgliches . . . . . . . . . . . . . . . 46 – Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 ff. – notarielle Verträge . . . . . . . . . . . . 48 f. – planmäßig vorformulierte Abweichungen . . . . . . . . . . . . . 57, 63 – Preisfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 – Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 – unveränderte Textübernahme . . . . . . . . . . . . . 41, 48, 50 f., 64 – Verhandlungsbereitschaft . . 41, 50 f., 64 – Verhandlungspflicht des Kunden . . 51 – Wahlmöglichkeit zwischen mehreren AGB . . . . . . . . . . . . . . 53 f. – Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Aushändigung von AGB . . 109, 133, 146 ff. Aushändigungsanspruch . . . . . . . . . 146 Aushang . . . . . . . . . . . . . . . . 133, 136 ff. ausländischer Kunde . . . . . . . . . 124, 151 Auslobung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Ausschreibungsbedingungen . . . . . . . 173 äußerliche Gestaltung von AGB . . 34 ff., 61

Automatenbenutzung . . . . . . . . . . . Autowaschanlage . . . . . . . . . . . . . .

138 139

Bagatellfälle . . . . . . . . . . . . . . . . 136 ff. Bank-AGB 108, 139, 165, 175, 181, 201, 207 Bankdienstleistungen . . . . . . . . . . . 68a Basiszinssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Bauherrenmodell . . . . . . . . . . . . . . 27a Bausparkasse . . . . . . . . . . . . . . . 76, 112 Beförderungsbedingungen . . . . . . 112, 117 behördlich festgesetzte AGB . . . . . . . 10 behördlich genehmigte AGB . . . . . 10, 75 f. Bestätigungsklausel . . . . . 49, 65, 105, 166 Bestellformulare . . . . . . . . . . . . . 19, 132 Bevollmächtigungen . . . . . . . . . . . . 19 Bewachungsvertrag . . . . . . . . . . . . . 137 Beweisfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 f. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 ff. Bildschirmtext . . . . . . . . . . . . . . . . 135b Bitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11a Branchenüblichkeit . . . 108, 119, 123, 132, 139, 172 ff. chemische Reinigung . . . . . . . . . 134, 139 Daseinsvorsorge . . . . . . . . . Datenverarbeitungsklauseln . Dauerschuldverhältnis . . . . deklaratorische Klauseln . . . deliktische Haftung . . . . . . Deutsche Post AG . . . . . . . Dokumentenakkreditiv . . . . Drittbedingungen . . . . . . . . Dritte als AGB-Verfasser . . . Drittwirkung von AGB . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . 138 ... 19 . . . 164 ... 7a ... 18 . . . 112 . . . 181 . . . 31 ff. ... 31 168a, 175

EDV-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Eigentumsvorbehalt . . 127, 175, 192, 195 f. Eigentumswohnungen . . . . . . . . 12, 24 f. Einbeziehungsklauseln . . . . . . . . 105, 206 einseitige Erklärungen . . . . . . . . . . 16 ff. Eintragungsbewilligung . . . . . . . . . . 19 Eintrittskarten . . . . . . . . . . . . . . 116, 138 Einverständnis des Kunden . . . . . . 161 ff. Einwilligungserklärung . . . . . . . . . 17, 19 Einziehungsermächtigung . . . . . . . . 19 Empfangsbestätigung . . . . . . . . . . . 134 Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . 11a Ergänzung von Formularen . . . . . . 56, 63a Erläuterung von AGB . . . . . . . . . . 44, 49 Ersatzformulierungen . . . . . . . . . . 53, 57 Ersatzteilbestellung . . . . . . . . . . . . 159 Fachausdrücke . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Fahrkarten . . . . . . . . . . . . . 116, 134, 138 Fakturenvermerke . . . . . . . . 127, 157, 176 fehlerhafte Vertragsverhältnisse . . . . 117 fehlgeschlagene Einbeziehung . . . . . 168

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§ 305 BGB

Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen in den Vertrag

Fernabsatzgesetz . . . . . . . . fernmündlicher Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . Fernunterrichtsvertrag . . . . Flughafenunternehmen . . . Folgegeschäft . . . . . . . . . . Form des Hinweises . . . . . . Form des Vertrages . . . . . . Form von AGB . . . . . . . . . Formularbücher . . . . . . . . Formularvertrag . . . . . . . . Frachtbrief-Übergabeschein . Freiwilligkeitsvorbehalt . . . Freizeichnungsklauseln . . . fremdsprachliche AGB . . . . früherer Hinweis . . . . . . . .

. . . . . . . 149b . . . . . . . . . . . . . .

135, 149, 167 . . . . . . 147 . . . . 77, 175 . . . . . . 159 . . . . . . 128 . . . . . . 38 . . . . . 34 ff. . . . . . . 67 . 66, 129, 148 . . . . . . 127 . . . . . 18, 19 . 18, 32, 80 f. . . . 124, 151 . . . . . 158 f.

Garantiekarte . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Geltungsbereich des § 305 Abs. 2 . . . 110 ff. GEMA-Berechtigungsvertrag . . . . . . . 19 gemeinsame AGB-Verwendung . . . . . 29 f. Gemeinschaftsordnung von Wohnungseigentümern . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Genussschein . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Genussscheinbedingungen . . . . . . . . 113 Gesamtzusage . . . . . . . . . . . . . . . 18, 19 Geschäftsplan von Versicherern . . . . . 19 Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . 11 Giroverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68a Gliederung von AGB . . . . . . . . . . . . 152 Grundschuldbestellung . . . . . . . . 15, 113 Grundschuldbrief . . . . . . . . . . . . . . 113 Grundschuldzweckerklärungen . . . . . 19 Grundstücksverkauf . . . . . . . . . . 32, 80 f. Hafenbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Haftungsbeschränkung in GbR . . . . . 19 Handelsbrauch . . . . . . . 11, 84, 180 f., 195 handschriftliche AGB . . . . . . . . . . . 34 Hauptabreden . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Hausnotar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32a Hinweis auf AGB . . . . . . . . . . . . . 123 ff. Hinweis nach Vertragsschluss 127, 155, 157 Hinweisschild . . . . . . . . . . . . . . 140, 12 Holzhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Honorarscheine . . . . . . . . . . . . . . . 19 Hypothekenbedingungen . . . . . . . . . 15 Incoterms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Individualvertrag . . . . . . . . . . . . . . . 80 f. Inhaberpapiere . . . . . . . . . . . . 13 ff., 134 interne Richtlinien . . . . . . . . . . . . . 68a interne Vertragsmuster . . . . . . . . . . 31 ff. Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . 135b, 149a Internetauktion . . . . . . . . . . . . . . . 31 Irrtumsanfechtung 155, 162, 174, 179a, 190 „jeweilige geltende Fassung“ . . . . . . . 125

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Kapitalanlagegesellschaften 76, 112 f., 208 Katalogbestellungen . . . . . . 130, 147, 170a Kaufhäuser . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 kaufmännische Papiere . . . . . . . . . . 113 kaufmännischer Geschäftsverkehr . . . . . . . . . . . . . . 83 f., 169 ff. kaufmännisches Bestätigungsschreiben . . . . . . . . . . . . . 177 ff., 183 Kenntnisnahmemöglichkeit . . . . . . 146 ff. kommunale Betriebe . . . . . . . . . . . . 175 Konditionenempfehlungen, -kartelle 59 Kongruenzgeltung . . . . . . . . . . . . . 187 konkludente Verträge . . . . . . . . . . . 138 Konnossementsbedingungen . . . . . . 169 Konzertkarten . . . . . . . . . . . . . . . . 19 körperliche Behinderung . . . . . . . 154a ff. Kraftfahrzeughandel . . . . . . . . . . . . 59 Kraftfahrzeugvermietung . . . . . . . 152, 154 Krankenhausverträge 10a, 17, 19, 152, 175 Lagerschein . . . . . . . . . laufende Geschäftsverbindung . . . . . . . Legitimationspapiere . . Lesbarkeit von AGB . . . Lieferscheine . . . . . . . . Lizenzvertrag . . . . . . . . Löschungsbewilligungen Lotto- und Toto-AGB . . Luftverkehr . . . . . . . . .

.........

127

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. 160, 176, 206 . . . . . . 113 . . . . . . 154 . 127, 157, 159 . . . . . 25, 74 ...... 19 . . . . . 13, 143 . . . . 152, 169

Machtgefälle . . . . . . . . . . Maklerverträge . . . . . . . . maschinenschriftliche AGB Massenverträge . . . . . . . . mehrere AGB-Fassungen . . modifizierte Annahme . . . modifiziertes Angebot . . . . mündliche AGB . . . . . . . . mündlicher Vertragsschluss Musterbedingungen . . . . . Mustermietvertrag . . . . . .

. . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

. . . . . . . .

..... 52 . . . 127, 175 . . . . 34, 61 . . . 138, 140 . . . 126, 152 . . . . . 148a 130 f., 185 f. ..... 36 . . 133 f., 148 . 29 ff., 67 f. . 59, 67, 148

Nachbestellung . . . . . . . . . . . . . 159, 176 nachträgliche Einbeziehung . . . . . 127, 157 nachträglicher Eigentumsvorbehalt . . 127 Nebenabreden . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Normenverträge . . . . . . . . . . . . . . 202 ff. notarielle Verträge 31 ff., 38, 48 f., 69, 80 f. Obliegenheiten des Verwenders 120, 145 f. öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . 9 f., 77 öffentlich-rechtliche Körperschaften 111 öffentlich-rechtliche Verträge . . . 10, 14, 77 Orderpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . 113 ff. Parkhaus-AGB . . . . . . 108, 117, 137 f., 144 Pfandschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Preisausschreiben . . . . . . . . . . . . . . 18

§ 305 BGB

Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen in den Vertrag Preisfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Preislisten . . . . . . . . . 130, 147, 149, 170a Prospekte . . . . . . . . . . 130, 147, 149, 170a

Umfang von AGB . . . Umgehung von AGB . Umtauschrecht . . . . Unternehmer . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . . . . 37, 152 . . . . . . . . 68a . . . . . . . . 140 83 f., 111, 169 ff.

Quittungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Rahmenvereinbarungen . . . . . . . . . 201 ff. Rechnungen . . . . . . . . . . 28, 127, 157, 176 Rechtsanwälte . . . . . . . . . . . . . 19, 31 ff. rechtsgeschäftliche Einbeziehung 102, 170 rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen 17 f. Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . 82 Rechtsnormen . . . . . . . . . . . . 9, 77, 110 Rechtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . 7 Regelwerk des Neuen Marktes . . . . . 19 Rektapapiere . . . . . . . . . . . . . . 113, 115 Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . 4a, 106a sachenrechtliche Verträge . . . . . . . . . 15 Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Schifffahrtsunternehmen . . . . . . . . . 175 Schließfächer . . . . . . . . . . . . . . . . 137 f. Schriftart von AGB . . . . . . . . . 20, 34, 154 schriftlicher Vertragsschluss . . . . . . 129 ff. Schufa-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Schuldanerkenntnis, -versprechen . . 14, 19 Schweigen . . . . . . . . 161, 163, 177 ff., 180 Schweigepflichtentbindung . . . . . . . . 19 Schwimmbäder . . . . . . . . . . . . . 139, 144 Selbstbedienungsläden . . . . . . . . . . . 140 „soweit gesetzlich zulässig“ . . . . . . . 153 sozialtypisches Verhalten . . . . . . 117, 138 Sparbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Spielplatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18, 161 Sportanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Stammkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Stellen von AGB . . . . . . . . . . . . . . . 26 ff. Stempelaufdruck . . . . . . . . . . . . . . . 28 Sukzessivlieferungsvertrag . . . . . . . . 160 Tarifwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Tegernseer Gebräuche . . . . . . . . . . . 181 Telefonkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Telekommunikationsdienstleistungen 112 Teleshopping . . . . . . . . . . . 135a ff., 149 f. Theater-AGB . . . . . . . . . . . 113, 134, 139 Theorie des letzten Wortes . . . . . . . . 185 Trade-Terms . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Transparenzgebot . . . . . . . 102, 103a, 198 Treuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27a Trimm-Dich-Pfad . . . . . . . . . . . . . . 161 TV-Shopping . . . . . . . . . . . . . 135c, 149a Übersendung des AGB-Textes . . . 147a, 149 Übersichtlichkeit von AGB . . . . . . . . 152

VBL-Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Verbandsmitteilungen . . . . . . . . . . . 67 Verbandsprozess . . . . . . . . . . . . . . . 105 Verbraucherinformation 122b, 147, 149b f. Verbraucherverträge 2, 23, 26, 85 f., 198 ff. Verfügungsverträge . . . . . . . . . . . . . 15 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . 139 Verhandlungsbereitschaft . . . 41, 50 f., 64 Verkehrssicherungspflicht . . . . . . . . 18 Verkehrssitte . . . . . . . . 108, 119, 162, 180 Verlagsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Versandanzeige . . . . . . . . . . . . . . . 127 Versicherungsbedingungen 19, 76, 112, 165 Verständlichkeit von AGB . . . . . . . 150 ff. Versteigerungs-AGB . . . . . . . . . . . . 139 Verträge mit Unternehmern . . . . . . 169 ff. Vertragsabschlussklauseln . . . . . . . 13, 163 Vertragsänderung . . . . . . . . . . . . . . 159 Vertragsentwurf . . . . . . . . . . . . . . . 22 Vertragsmuster . . . . . . . . . . . . . 24, 29 ff. Vertreter . . . . . . . . . . . . . . 111, 127, 154b Vertriebsvertrag . . . . . . . . . . . . . . 25, 74 Verwendung von AGB . . . . . . . . . . . 27 ff. Vielzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 ff. VOB . . . . . . . . . . . . . . . . 29, 74, 145, 181 Vollmachtsformulare . . . . . . . . . . . 19 vollstreckungsrechtliche Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . 15 Vorformulierung . . . . . . . . . . . . . . 20 ff. Vorverkaufsstellen . . . . . . . . . . . . . 116 vorvertragliches Rechtsverhältnis . . . 13 VVaG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Weiterverweisung auf andere AGB . . 152a Werbeprospekte . . . . . . . . . . . . . . . 11a Wertpapiere . . . . . . . . 14, 19, 70 ff., 113 ff. Widerrufsrecht . . . 15, 19, 122b, 147, 149b f. Widerspruch gegen die Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . 110, 168 Wiederkehrschuldverhältnisse . . . . . 160 Wissen-Müssen-Formel . . . . . . . . . . 108 Wohnungseigentümergemeinschaft . . 12 Zeitpunkt der Obliegenheitserfüllung . . . . . . . . . . . . 16, 127, 155 ff. Zusammentreffen von AGB . . . . . . 182 ff. Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . 15 Zwischenhändler . . . . . . . . . . . . . . 25 Zwischenspediteur . . . . . . . . . . . . . 175

Schrifttum: Vgl. die Nachw. vor Rz. 9, 39, 69, 70, 77, 101, 113, 135a und Rz. 182.

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§ 305 BGB

Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen in den Vertrag

A. Einführung 1 Die im Zuge des SMG in das BGB eingefügte Vorschrift des § 305 geht auf die §§ 1 und 2 AGBG als Vorgängernormen zurück; sie sind – in wenig transparenter Weise – in § 305 zusammengefasst und unter eine nur auf die Absätze 2 und 3 bezogene Überschrift gestellt worden. Im Einzelnen hat Absatz 1 in den Sätzen 1 und 2 die AGB-Legaldefinition aus § 1 Abs. 1 AGBG übernommen; zugleich ist die Vorschrift in Satz 3 um den Vorbehalt der Individualabrede (früher § 1 Abs. 2 AGBG) erweitert worden. Die Absätze 2 und 3 befassen sich demgegenüber im Anschluss an § 2 Abs. 1 und 2 AGBG mit den für die Einbeziehung von AGB in Verträge mit Nichtunternehmern geltenden Anforderungen (Abs. 2) sowie mit der Möglichkeit des Verwenders, über die Einbeziehung bestimmter AGB in künftige Einzelverträge eine Rahmenvereinbarung mit dem anderen Vertragsteil zu treffen (Abs. 3). Nur auf diese Teile der Norm bezieht sich auch deren die Einbeziehung herausstellende Überschrift. Die Vorschriften des § 305 sind durchweg – und damit auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr – zwingender Natur. Die Parteien können deshalb die Geltung des AGB-Rechts nur nach Maßgabe des § 305 Abs. 1 Satz 3 und damit durch Übergang zu Individualabreden ausschließen1 (Rz. 40 ff.) und – vorbehaltlich des § 310 Abs. 1 – AGB nur unter Beachtung der Voraussetzungen des § 305 Abs. 2, 3 Eingang in den Vertrag verschaffen. Dem ist bei Beurteilung von Aushandlungs- und Bestätigungserklärungen Rechnung zu tragen (Rz. 49, 65, 166).

B. AGB-Begriff (§ 305 Abs. 1) I. Grundlagen 1. Normzweck 2 Die Vorschrift des § 305 Abs. 1 dient der Definition des im AGB-Recht verwendeten Begriffs der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1) und seiner Abgrenzung gegenüber individuell ausgehandelten Vertragsbestandteilen (§ 305 Abs. 1 Satz 3). In Verbindung mit der AGB-Definition legt § 305 Abs. 1 Satz 2 fest, welche Umstände für den AGB-Begriff keine Bedeutung haben. Die damit bezweckte Klarstellung richtete sich gegen Tendenzen aus der Zeit vor Erlass des AGBG, die die AGB-Definition an rein formalen Kriterien ausrichten („Druckerschwärze“, vgl. Rz. 34) bzw. bestimmte Formen oder Arten von Verträgen (kurz gefasste Formularverträge, notariell beurkundete Verträge) aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausklammern wollten. Aus heutiger Sicht ist die Frage längst überholt; das äußere Erscheinungsbild der Vertragsbedingungen kann nur im Rahmen des AGB-Nachweises Bedeutung erlangen (Rz. 61).

2. Funktion und systematische Stellung 2a Über die eigentliche Begriffsbestimmung hinaus besteht die Funktion des § 305 Abs. 1 darin, den Anwendungsbereich der §§ 305 bis 310 zu umschreiben. Die

1 BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 (Tz. 27 ff.) = NJW 2014, 1725; Palandt/ Grüneberg Vor § 305 BGB Rz. 7.

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Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen in den Vertrag

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Einbeziehung der jeweiligen Verträge oder Vertragsbestandteile in die AGB-Definition entscheidet also – vorbehaltlich der Ausnahme in § 307 Abs. 3 – nicht nur über die Maßgeblichkeit der Inhaltsschranken der §§ 307 bis 309. Vielmehr hängt davon grundsätzlich auch die Geltung der Einbeziehungsvoraussetzungen und der Auslegungsvorschriften der §§ 305 Abs. 2 und 3 bis 306 ab; Gleiches gilt für die Zulassung von Unterlassungs- und Widerrufsklagen nach Maßgabe des § 1 UKlaG. Gewisse Einschränkungen des Anwendungsbereichs trotz Erfüllung der Merkmale des AGB-Begriffs finden sich einerseits in den sachlichen Bereichsausnahmen des § 310 Abs. 4 für eine Reihe besonderer Vertragsmaterien, andererseits in der Vorschrift des § 310 Abs. 1, die den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes und seine Geltung gegenüber Unternehmern als Kunden betrifft. Demgegenüber hat die der Umsetzung der Klauselrichtlinie dienende AGBG-Novelle von 1996 eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Gesetzes über die AGB-Definition hinaus auf die beiden in § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 geregelten Typen von Verbraucherverträgen gebracht (vgl. die Erläuterungen daselbst).

3. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift geht auf § 1 AGBG zurück. Zu wesentlichen Inhaltsänderungen gegenüber den Vorentwürfen zur Erarbeitung der Definition ist es im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum AGBG nicht gekommen. Allerdings hat die Vorschrift des § 1 AGBG, die in der Endfassung auf einen Änderungsvorschlag des Bundesrats zurückging2, im Lauf der Beratungen klarere Konturen erlangt (vgl. Näheres in der 4. Aufl. § 1 AGBG Rz. Rz.3). Bei der Überführung in § 305 ist der Inhalt der Vorgängervorschrift unverändert geblieben.

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4. Rechtslage vor Inkrafttreten des AGBG Rechtsprechung und Literatur waren schon vor Erlass des AGBG zunehmend be- 4 strebt, den Anwendungsbereich der im Wege richterlicher Rechtsfortbildung entwickelten Grundsätze des AGB-Rechts klarer abzugrenzen. Mit der Intensivierung der Inhaltskontrolle von AGB verband sich die Tendenz, deren Anwendungsbereich auszuweiten und für den AGB-Begriff von formalen zu materiellen, am einseitigen Aufstellungs- und Einbeziehungsvorgang orientierten Kriterien überzugehen. So stellte das Reichsgericht schon 1932 für den AGBCharakter nicht auf das äußere Erscheinungsbild, sondern auf die verbreitete Verwendung der fraglichen Klausel ab3. Auch die Einbeziehung von Formularverträgen in die AGB-Rechtsprechung geht bereits auf das RG zurück4; sie wurde in der Folgezeit vom BGH jedenfalls in denjenigen Fällen fortgeführt, in denen es sich um umfangreiche und unübersichtliche Formulare handelte5. Auf notariell beurkundete Massenverträge wurden die AGB-Grundsätze erstmals in 2 3 4 5

Vgl. BT-Drucks. 7/3919 S. 47. RGZ 135, 136 (137). RG DR 1941, 53. St. Rspr., vgl. BGH v. 29.10.1956 – II ZR 79/55, BGHZ 22, 90 (94 f. und 97); BGH v. 20.2.1967 – III ZR 134/65, BGHZ 47, 207 (215 ff.); BGH v. 11.11.1968 – VIII ZR 151/66, BGHZ 51, 55 (59); BGH v. 29.3.1974 – V ZR 22/73, BGHZ 62, 251 (252 f.); BGH v. 19.4.1972 – VIII ZR 30/71, NJW 1972, 1227; BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624; BGH v. 8.6.1979 – V ZR 191/76, NJW 1979, 2387 (2388); zur abweichenden Beurtei-

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BGHZ 62, 2516 angewandt. Das Schrifttum hat dieser Rechtsfortbildung jeweils ganz überwiegend zugestimmt (vgl. Nachw. in Rz. 35, 38). Durch die Regelung in § 305 Abs. 1 und ihre Ergänzung in § 310 Abs. 3 Nr. 1 ist sie nicht nur voll übernommen, sondern auf weitere Fälle der Vorformulierung ausgedehnt worden.

5. EG-Richtlinie 93/13/EWG 4a Die Richtlinie 93/13/EWG (Einl. Rz. 91 ff.) ist nach ihrem Art. 3 Abs. 1 auf nicht im Einzelnen ausgehandelte Klauseln in Verbraucherverträgen anwendbar. Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie ist eine Vertragsklausel immer dann als nicht im Einzelnen ausgehandelt zu betrachten, wenn sie im Voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte. Damit weicht die Richtlinie nicht nur hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs, sondern auch in sachlicher Hinsicht von der Konzeption zunächst des § 1 AGBG und sodann auch des § 305 Abs. 1 ab. So ist das die AGBDefinition prägende Merkmal der Vielzahl in Art. 3 der Richtlinie nicht vorgesehen. Auch setzt die Richtlinie nicht voraus, dass die Vertragsbedingungen vom Unternehmer „gestellt“ werden; es genügt vielmehr, dass der Verbraucher infolge der Vorformulierung keinen Einfluss auf den Inhalt der Bedingungen nehmen konnte, so dass auch auf Veranlassung Dritter in den Vertrag einbezogene Klauseln erfasst werden. Die Umsetzung dieser Vorgaben ist in der Weise erfolgt, dass der AGB-Begriff des § 305 Abs. 1 nebst seiner Geltung auch für Unternehmerverträge beibehalten worden ist, in § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 indes Sondervorschriften für Standard-Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) und vorformulierte Einzelverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 2) geschaffen worden sind. Siehe dazu noch Rz. 85 f. sowie wegen sämtlicher Einzelheiten § 310 Rz. 36 ff.

II. Die Legaldefinition für AGB 1. Grundlagen a) Der Schutzzweck als Auslegungsmaßstab 5 Der Schutzzweck des AGB-Rechts geht vorbehaltlich der Sondervorschrift des § 310 Abs. 3 über Verbraucherverträge bekanntlich dahin, angesichts der fehlenden Richtigkeitsgewähr vorformulierter Vertragsbedingungen den anderen Teil vor solchen Gefahren zu schützen, die sich für ihn aus dem Sicheinlassen auf die vorformulierten Klauseln unter Verzicht auf das Aushandeln der Vertragsbedingungen ergeben (Einl. Rz. 47 ff.). Dem ist auch bei der Auslegung der AGBDefinition und der damit verbundenen Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Gesetzes (Rz. 2a) Rechnung zu tragen. Als tragende Definitionsmerkmale des § 305 Abs. 1 Satz 1 erweisen sich daher die einseitige Vorformulierung der Vertragsbedingungen und ihre Einbeziehung in den Vertrag auf Verlangen eines Vertragsteils, im Rahmen von Verbraucherverträgen auch auf Verlangen eines Dritten (§ 310 Abs. 3 Nr. 1). Sie bilden zugleich die maßgeblichen Abgrenzungslung bei Formularen mit wenigen, leicht verständlichen Klauseln vgl. 4. Aufl. (Ulmer) § 1 AGBG Rz. 4. 6 BGH v. 29.3.1974 – V ZR 22/73, BGHZ 62, 251 = NJW 1974, 1135.

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kriterien gegenüber Individualvereinbarungen. Wie nicht zuletzt die Einbeziehungsregelung in § 305 Abs. 2 zeigt, steht der Anwendung des Gesetzes nicht etwa der Umstand entgegen, dass der andere Teil nicht im Wege der Unterwerfung, sondern freiwillig und unter Verzicht auf mögliche Änderungswünsche das vorformulierte Angebot des Verwenders akzeptiert hat (Rz. 26 f.). Aus dem Schutzzweck erklärt sich zugleich das Bestreben des Gesetzgebers, die 6 Anwendung des AGB-Rechts nicht an formalen Kriterien der in Abs. 1 Satz 2 genannten Art (Form, Umfang oder Schriftart der Vertragsbedingungen) auszurichten, sondern auf die in Abs. 1 Satz 1 festgelegten, in erster Linie materiellen Elemente abzustellen7. Nicht die Art oder Form der Vervielfältigung der AGB oder die Zahl der Vertragsklauseln entscheidet danach über das Eingreifen des gesetzlichen Schutzes, sondern die durch die AGB-Verwendung bedingte typische Gefährdung des Vertragsgleichgewichts8. Das kann im Einzelfall zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen AGB-Klausel und Individualabrede führen (vgl. dazu näher Rz. 34 f., 45 ff.). Diese Unschärfe nimmt die Definition bewusst in Kauf. Angesichts der zahlreichen Abweichungen des AGB-Rechts vom allgemeinen Vertrags- und Prozessrecht darf sie allerdings nicht im Sinne einer möglichst umfassenden Interpretation von § 305 Abs. 1 unter Einbeziehung auch solcher Vertragsbestandteile gelöst werden, bei deren Vereinbarung das individuelle Aushandeln vorherrscht. Zum abweichenden Ansatz der Klauselrichtlinie siehe Rz. 4a, zur Frage einer Inhaltskontrolle nicht ausgehandelter Individualverträge vgl. Rz. 80 f. b) Keine Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenabreden; deklaratorische Klauseln Auf den Inhalt der Vertragsbedingungen, die die Merkmale des § 305 Abs. 1 Satz 1 erfüllen, kommt es für die AGB-Definition nicht an. Unter die Definition fallen grundsätzlich auch solche vorformulierten Verträge, die einen der in § 305a genannten Ausnahmebereiche zum Gegenstand haben; anderes gilt nur für die Materien des § 310 Abs. 4, auf die das AGB-Recht generell keine Anwendung findet9. Ebenso verzichtet die Definition auf eine Abgrenzung danach, ob die Vertragsbedingungen der Änderung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften dienen, ob sie mit anderen Worten im Sinne typischer AGB-Funktionen das „selbstgeschaffene Recht der Wirtschaft“10 an die Stelle dispositiven Gesetzesrechts setzen oder dieses nur wiederholen (zur Behandlung deklaratorischer Klauseln als AGB vgl. Rz. 7a); diese Frage wird erst für die Inhaltskontrolle relevant (vgl. § 307 Abs. 3). Entscheidend ist auch nicht, ob die Vertragsbedingungen Nebenabreden enthalten oder aber Kernbestandteile des Vertrags betreffen. Daher fällt auch die vorformulierte Festlegung der Hauptleistung einer oder beider Parteien im Rahmen von Formularverträgen unter den AGB-Begriff und unterliegt dementsprechend grundsätzlich den Vorschriften der §§ 305 bis 310 (einh. M.). Praktische Bedeutung hat diese Ausweitung gegenüber dem hergebrachten 7 Vgl. Dietlein NJW 1974, 971. 8 So zutr. schon OLG Celle v. 19.12.1975 – U 79/75, BB 1976, 1287 mit zu Unrecht abl. Anm. von Westphalen BB 1976, 1288. 9 Dietlein/Rebmann § 1 AGBG Rz. 2; so zum Recht vor Inkrafttreten des AGBG auch schon OLG Frankfurt BB 1978, 926: Satzungsbestimmungen einer Genossenschaft sind keine AGB. 10 Großmann-Doerth Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht, 1933.

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AGB-Verständnis allerdings nur für die Rechtsgeschäftsnormen der §§ 305 bis 306. Demgegenüber kommen die Vorschriften über die Unwirksamkeit unangemessener Klauseln einschließlich des hierauf bezogenen Kontrollverfahrens auf Grund der Einschränkung in § 307 Abs. 3 grundsätzlich nur gegenüber Nebenabreden zur Anwendung, während transparente Abreden über die beiderseitigen Hauptleistungen kontrollfrei bleiben. Eine Inhaltskontrolle dieser Vertragsteile auf Grund der §§ 307 bis 309 ist somit grundsätzlich ausgeschlossen (zur Abgrenzung vgl. § 307 Rz. 14 ff.). 7a Auch für sog. deklaratorische Klauseln, d.h. solche, die Rechtsvorschriften lediglich wiedergeben, ist der Charakter als vorformulierte Vertragsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 im Grundsatz überwiegend zu Recht anerkannt11. (Zur Unanwendbarkeit der §§ 305 ff., soweit der Inhalt des Rechtsverhältnisses durch zwingendes Gesetzesrecht festgelegt wird, siehe dagegen Rz. 9). Im Hinblick auf das Merkmal des „Stellens“ (dazu Rz. 26 ff.) ist die Aussage allerdings dahin einzuschränken, dass es sich um Vorschriften des dispositiven Rechts handeln muss, weil bei zwingend geltenden Vorschriften von einer einseitigen Auferlegung schlechterdings nicht die Rede sein kann12. Auch die Wiedergabe dispositiver Vorschriften stellt sich grundsätzlich als Ausübung privatautonomer Gestaltungsfreiheit dar. Insbesondere macht es einen Unterschied, ob lediglich auf einzelne Bestimmungen des dispositiven Rechts verwiesen wird oder ob dieses generell anwendbar sein soll13. Schließlich geht auch § 307 Abs. 3 (früher § 8 AGBG) davon aus, dass es sich bei deklaratorischen Klauseln um AGB handelt, weil andernfalls die Beschränkung der Inhaltskontrolle auf Klauseln, die das (dispositive) Recht ändern oder ergänzen, überflüssig wäre14. Praktische Auswirkungen hat die Einbeziehung deklaratorischer Klauseln in den AGB-Begriff z.B. im Hinblick auf § 306 Abs. 2, weil dem danach zur Lückenfüllung eingreifenden dispositiven Recht eine im Wege ergänzender Vertragsauslegung gefundene Regelung prinzipiell vorgeht (vgl. § 306 Rz. 30, 33 ff.); ferner im Hinblick auf § 305c Abs. 2, weil die für AGB geltenden Auslegungsregeln sich nicht mit denjenigen für Gesetze decken15. c) Das Absehen von der Verhandlungsmacht der Vertragsparteien 8 Auch auf das Bestehen oder den Nachweis einer etwaigen wirtschaftlichen und/ oder intellektuellen Unterlegenheit des Kunden gegenüber dem AGB-Verwender 11 Grundsätzlich bejahend auch BGH v. 14.7.1988 – IX ZR 254/87, NJW 1988, 2951; Erman/Roloff § 305 Rz. 4; Zoller BB 1987, 421 (425); inzident (da nur die Inhaltskontrolle ablehnend) auch BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (45); BGH v. 22.3.1989 – VIII ZR 155/88, BGHZ 107, 123 (126); BGH v. 15.5.1991 – VIII ZR 38/90, NJW 1991, 1750 (1754); BGH v. 24.5.2007 – III ZR 467/04, NJW 2007, 3344 f.; vgl. auch Palandt/Grüneberg § 307 Rz. 50 ff.; eingehend dazu Dylla-Krebs Schranken der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen, 1990, S. 51 ff.; a.A. Fehl BB 1983, 223 (225); Niebling BB 1984, 1713; Leonardy DRiZ 1976, 108 (110). 12 So auch Dylla-Krebs (Fn. 11) S. 52 f., 54. 13 Vgl. etwa die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 1 Satz 3 für die Vereinbarung von VOB; sie kommt nur dann zur Anwendung, wenn die VOB insgesamt vereinbart werden, nicht nur hinsichtlich der Gewährleistungsregelungen; denn nur dann trifft der Ausnahmegrund zu, dass die VOB insgesamt eine ausgewogene Regelung darstellen, vgl. § 310 Rz. 35a ff. sowie die Argumentation bei Dylla-Krebs (Fn. 11) S. 53. 14 So auch die Argumentation des BGH v. 14.7.1988 – IX ZR 254/87, in NJW 1988, 2951; vgl. zur Gesetzesgeschichte des § 8 AGBG Dylla-Krebs (Fn. 11) S. 54 f. m.w. N. 15 Näher dazu Dylla-Krebs (Fn. 11) S. 57 f.

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kommt es – abgesehen von den Sondervorschriften für Unternehmer bzw. Verbraucher als Kunden in § 310 Abs. 1 und 3 – für das Eingreifen des Gesetzes grundsätzlich nicht an. Entgegen einer Reihe rechtspolitischer Vorschläge hat der Gesetzgeber des AGBG im Jahr 1976 bewusst davon abgesehen, das AGBRecht als Gesetz zum Schutz des Schwächeren auszugestalten oder daraus ein spezifisches, an der typischen Unterlegenheit der Verbraucher orientiertes Verbraucherschutzgesetz zu machen (str., vgl. Einl. Rz. 47 ff.); daran hat sich auch durch die Einfügung von § 24a AGBG (jetzt § 310 Abs. 3) im Jahr 1996 nichts Grundsätzliches geändert. Daher sind auch alle diejenigen Umstände, die die relative Stärke der beteiligten Vertragspartner und die Möglichkeit der Durchsetzung abweichender Bestimmungen betreffen, für die AGB-Definition des § 305 Abs. 1 im Grundsatz ohne Belang. Sie können allerdings im Hinblick auf das Merkmal des Aushandelns bei Abgrenzung zur Individualabrede Bedeutung erlangen (Rz. 52, 64). Zur Anwendung der AGB-Definition auf Verträge mit Unternehmern vgl. Rz. 83, auf Vertragsbedingungen der öffentlichen Hand Rz. 77; zur Sonderregelung für Verbraucherverträge vgl. Rz. 85.

2. Die einzelnen Begriffsmerkmale (§ 305 Abs. 1 Satz 1) Schrifttum: Bartsch Der Begriff des „Stellens“ Allgemeiner Geschäftsbedingungen, NJW 1986, 28; F. Baur Die Auswirkungen des AGB-Gesetzes auf Bezugs- und Benutzungsordnungen der öffentlichen Hand, in FS Mallmann, 1979, S. 33; M. Berger Unwirksame Gewährleistungsausschlüsse von Verbrauchern bei eBay wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7a, b, Nr. 8b BGB, ZGS 2007, 257; Bettermann Über Flughafengebühren, in FS Reimers, 1979, S. 415; Borges Zur AGB-Kontrolle interner Richtlinien, ZIP 2005, 185; Brambring/Schippel Vertragsmuster des Notars und Allgemeine Geschäftsbedingungen, NJW 1979, 1802; Braun Die Stellung des AGB-Gesetzes im System des Privatrechts, BB 1979, 689; Bunte Inhaltskontrolle notariell beurkundeter Verträge, ZIP 1984, 1313; Ekkenga Wertpapierbedingungen als Gegenstand richterlicher AGB-Kontrolle?, ZHR 160 (1996), 59; von Falkenhausen Zur Auslegung des AGB-Gesetzes, BB 1977, 1124; Garrn Zur richterlichen Inhaltskontrolle notarieller Verträge, NJW 1980, 2782; Grunewald Die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Bestimmungen über den Vertragsabschluss, ZIP 1987, 353; Grunewald Was sind Vertragsbedingungen i.S.v. § 305 BGB?, in FS von Westphalen, 2010, S. 229; Habersack/Schürnbrand Unternehmenskauf im Wege des Auktionsverfahrens aus AGB-rechtlicher Sicht, in FS Canaris, Bd. 1, 2007, S. 359; Heiderhoff Die Wirkung der AGB des Internetauktionators auf die Kaufverträge zwischen den Nutzern, ZIP 2006, 793; Heinrichs Der Rechtsbegriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, NJW 1977, 1505; Hellgardt Privatautonome Modifikation der Regeln zu Abschluss, Zustandekommen und Wirksamkeit des Vertrags, AcP 213 (2013), 760; Hirte Öffentlichrechtliche Satzungen und Benutzungsordnungen als AGB, in FS Ulmer, 2003, S. 1153; Hönn Wirksamkeitskontrolle als Instrument des allgemeinen Privatrechts zur Bewältigung von Ungleichgewichtslagen, JZ 1983, 677; Jaeger „Stellen“ und „Aushandeln“ vorformulierter Vertragsbedingungen, NJW 1979, 1569; Joussen Die Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen nach dem AGBG, WM 1995, 1861; Kästle M&A-Verträge unterliegen nicht der AGB-Kontrolle, NZG 2014, 288; Kirchner/Giessen Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf M&A-Verträge?, BB 2015, 515; Kramer Nichtausgehandelter Individualvertrag, notariell beurkundeter Vertrag und AGB, ZHR 146 (1982), 105; Lischek/Mahnken Vertragsverhandlungen zwischen Unternehmen und AGB – Anmerkungen aus der Sicht der Praxis, ZIP 2007, 158; Löhnig/Jerger Von Sozietäten entworfene Verträge – maßgeschneidert oder doch AGB?, GWR 2013, 239; Maier-Reimer/Niemeyer Unternehmenskaufvertrag und AGB-Recht, NJW 2015, 1713; Michalski/Römermann Inhaltskontrolle von Einzelvereinbarungen anhand des AGB-Gesetzes, ZIP 1993, 1434; Niedenführ Informationsgebote des AGB-Gesetzes, 1985; Pawlowski Bemerkungen zur Auslegung des AGB-Gesetzes, BB 1978, 161; Pflug Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1986; Rott/Butters Öffentliche Dienstleistungen und Vertragsgerechtigkeit im Lichte des Gemeinschaftsrechts, VuR 1999, 75 und 107; Schippel/Brambring AGB-Gesetz und notariell beurkundete Formularverträge, DNotZ 1977, 131; Schlechtriem Der Kaufmann im Gesetz

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zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in FS Duden, 1977, S. 571; G. Stein Die Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge des allgemeinen Privatrechts, 1982; Stober Zur Anwendung des AGB-Gesetzes auf die öffentliche Hand, DÖV 1977, 398; Ulmer Notarielle Vertragsmuster und AGB-Inhaltskontrolle, DNotZ 1981, 84; Ulmer AGB-Gesetz und einseitig gesetzte Gemeinschaftsordnungen von Wohnungseigentümern, in FS Weitnauer, 1980, S. 205; J. F. Wagner Die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen kommunaler Einrichtungen, 1982; Wiedemann Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge, in FS Kummer, 1980, S. 175; Willemsen Schutz des Verbrauchers vor Aufrechterhaltung unwirksamer AGB-Klauseln als „Individualvereinbarungen“, NJW 1982, 1121.

a) Vertragsbedingungen aa) Zweiseitige Rechtsgeschäfte 9 Bei den AGB muss es sich um Vertragsbedingungen handeln, d.h. um Bestandteile eines zwischen dem Verwender und dem anderen Teil abzuschließenden, nicht notwendigerweise bereits zustande gekommenen (Rz. 13) Rechtsgeschäfts (zur Behandlung auch allgemeiner, auf Begründung eines vorvertraglichen Rechtsverhältnisses gerichteter Hinweise des Verwenders als AGB vgl. Rz. 13)16. Daher scheiden nach ganz h.M. solche Klauseln aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes aus, deren Geltung nicht auf der vertraglichen Einbeziehung beruht, sondern auf ihrem Charakter als zwingende Rechtsnormen17. In derartigen Fällen normativ geltender Geschäftsbedingungen, so namentlich bei satzungsrechtlich ausgestalteten Benutzungsordnungen, kommt allerdings, sofern das Benutzungsverhältnis als solches als öffentlich-rechtlicher Vertrag und nicht als Subordinationsverhältnis ausgestaltet ist, eine entsprechende Anwendung bestimmter kodifizierter Grundsätze des AGB-Rechts auch auf die satzungsrechtlichen Elemente in Betracht18 (vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 45). Zum AGBCharakter von deklaratorischen Klauseln, die das dispositive Recht wiedergeben, vgl. oben Rz. 7a; zur Anwendbarkeit auf öffentlich-rechtliche Verträge siehe Rz. 14; zu Gesamtzusagen des Arbeitgebers s. Rz. 18 f. 10

Die behördliche Genehmigung von Vertrags- oder Geschäftsbedingungen lässt ihren privatautonomen, auf Einbeziehung beruhenden Geltungsgrund unbe16 Krit. zur gesetzlichen Qualifikation der AGB als Vertragsbedingungen unter Betonung ihrer rechtssystematischen Nähe zu Rechtsnormen aber Pflug (insb. S. 32 ff., 298 ff.); vgl. dazu Einl. Rz. 39 ff. 17 Verordnung, Satzung u.a., vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 4; Wolf/Pfeiffer Rz. 8; Erman/ Roloff § 305 Rz. 8; Palandt/Grüneberg Rz. 2; Stoffels Rz. 112; Hilpert NZV 2007, 288 ff. (Beförderungsbedingungen im öffentlichen Personenverkehr); zu § 1 AGBG Soergel/ Stein § 1 AGBG Rz. 4; Rott/Butters VuR 1999, 107 (108) (abweichend allerdings für den Begriff der Vertragsklausel in Art. 2a RL 93/13/EWG, vgl. a.a.O. S. 107, 109 ff.); a.A. MünchKomm/Basedow Rz. 8 (für öffentlich-rechtliche Satzungen); Hirte in FS Ulmer, 2003, S. 1153 ff. (für öffentlich-rechtliche Satzungen und Benutzungsordnungen); tendenziell auch Hoffmann in Lehofer/Mayer (Hrsg.), Geschäftsbedingungen in Österreich und der EU, 1998, S. 67 f. 18 So zutr. OLG München v. 24.1.1980 – 1 U 2940/79, BB 1980, 496; Staudinger/Schlosser Rz. 4 und Baur in FS Mallmann, 1979, S. 36 ff.; weitergehend (für entsprechende Anwendung auch auf öffentlich-rechtlich ausgestaltete Benutzungsverhältnisse) LG Köln v. 20.10.1987 – 11 S 63/87, NJW-RR 1988, 430 (431); Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 24; Hirte in FS Ulmer, 2003, S. 1153 ff.; J. F. Wagner S. 86 f., 162 ff.; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 4; ebenso für die Auslegung von Freizeichnungsklauseln in öffentlich-rechtlich gestalteten Benutzungsordnungen BGH v. 27.4.1977 – VIII ZR 246/75, WM 1977, 557 (558); BGH v. 1.7.1971 – KZR 16/70, WM 1971, 1456 (1459); BGH v. 9.1.1980 – VIII ZR 36/79, WM 1980, 444 (445); a.A. aber BGH v. 8.7.1981 – VIII ZR 222/80, WM 1981, 1176 (1177) für die AVersorgB.

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rührt. Sie nimmt ihnen nicht den Charakter von AGB19; dies gilt auch bei weltweiter Verwendung der Bedingungen20. Ebenso steht grundsätzlich die Festsetzung der Benutzungsordnung durch Erlass o.ä. der Anwendbarkeit des AGBRechts nicht entgegen, solange nur das Benutzungsverhältnis selbst als privatrechtlicher Vertrag ausgestaltet und auch die Benutzungsordnung auf diesem Wege einbezogen ist21. Auch die privatrechtsgestaltende Natur der behördlichen Genehmigung nimmt den Zivilgerichten grundsätzlich nicht die Befugnis zur AGB-Inhaltskontrolle22. Eine Ausnahme von der Anwendbarkeit des AGB-Rechts ist insoweit geboten, als der Inhalt von Leistung oder Gegenleistung auf öffentlich-rechtlicher Bestimmung beruht, so wie es beispielsweise23 für die Krankenhauspflegesätze der Fall ist. Diese werden gemäß § 18 KHG i.V.m. §§ 9 ff. BPflV24 festgesetzt und führen zu einem Festpreis, von dem nicht abgewichen werden kann25. Für den im Übrigen privatrechtlich zu beurteilenden Vertrag zwischen Krankenhausträger und Patient sind sie unmittelbar verbindlich; einer Einbeziehung in den Vertrag bedarf es für ihre Geltung somit nicht26. Zur Überprüfung der Krankenhauspflegesätze ist der Verwaltungsrechtsweg durch § 18 Abs. 5 KHG gesetzlich vorge19 Ganz h.M., vgl. BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (291) = NJW 1983, 1322; BGH v. 5.12.2006 – X ZR 165/03, NJW 2007, 997 Rz. 9; BGH v. 24.5.2007 – III ZR 467/04, NJW 2007, 3344 Rz. 14; BGH v. 7.12.2010 – XI ZR 3/10, BGHZ 187, 360 = NJW 2011, 1801 (Tz. 17); OLG Hamm v. 1.2.2010 – 31 U 130/09, WM 2010, 702; OLG Stuttgart v. 3.12.2009 – 2 U 30/09, ZIP 2010, 74; LG Heilbronn v. 12.3.2009 – 6 O 341/08, ZIP 2009, 609 (611); Staudinger/Schlosser Rz. 3; Erman/Roloff § 305 Rz. 4; Palandt/Grüneberg Rz. 2; PWW/Berger Rz. 1; Stoffels Rz. 112; dazu näher Rz. 75 f. sowie Trittel BB 1980, 497 (501); a.A. aber Bettermann in FS Reimers, 1979, S. 437 ff. – Zur Frage der Kontrollfähigkeit von genehmigten Tarifwerken siehe BGH v. 24.5.2007 – III ZR 467/04, NJW 2007, 3344 Rz. 11 ff.; BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188; s. Vor § 307 Rz. 96. 20 BGH v. 5.12.2006 – X ZR 165/03, NJW 2007, 997 Rz. 9 (Luftfracht); PWW/Berger Rz. 1. 21 So auch BGH v. 30.5.1990 – IV ZR 266/89, BGHZ 111, 295 (297) = NJW 1990, 2686; BGH v. 7.3.1989 – KZR 15/87, BGHZ 107, 273 (275 f.) = NJW 1989, 3010 (Südlotto); BGH v. 23.6.1999 – IV ZR 136/98, BGHZ 142, 103 (105 f.) = NJW 1999, 3558; BGH v. 30.9.1998 – IV ZR 262/97, BGHZ 139, 333 (339) = NVersZ 1999, 88 (Satzung der VBLS als AVB); BGH v. 30.1.1979 – VI ZR 216/77, NJW 1979, 2353 (2354); OLG Koblenz bei Bunte AGBE I § 9 Nr. 104; grundsätzlich a.A. Bettermann in FS Reimers, 1979, S. 432 ff. 22 So auch BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 43/77, BGHZ 73, 114 (116) = NJW 1979, 597; BGH v. 27.10.1972 – KZR 9/71, LM LuftVZO Nr. 2; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 4. 23 Siehe ferner BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2920) betr. die von einer rechtsfähigen Anstalt öffentlichen Rechts im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses (Abfallentsorgung) nach Maßgabe landesrechtlicher Vorschriften festgesetzten Tarife und Leistungsbedingungen, die zwar als AGB anzusehen seien, indes ohne besondere Einbeziehungsvereinbarung Geltung beanspruchten; zur Kontrollfreiheit von genehmigten Tarifwerken siehe die Nachw. in Fn. 18. 24 Neufassung des KHG v. 10.4.1991, BGBl. 1991 I 886; VO v. 26.9.1994, BGBl. 1994 I 2750; zuletzt geändert durch Art. 16b Gesetz v. 21.7.2014, BGBl. 2014 I 1133. 25 So auch BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 43/77, BGHZ 73, 114 (117) = NJW 1979, 597; siehe ferner BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2920) (dazu bereits Fn. 23). 26 BGH v. 14.7.1988 – IX ZR 254/87, BGHZ 105, 160 (161 f.) = NJW 1988, 2951; BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 43/77, BGHZ 73, 114 (117) = NJW 1978, 597; OVG Lüneburg v. 22.9.1977 – VIII A 59/76, NJW 1978, 1211; OLG Koblenz bei Bunte AGBE I Nr. 8; Gitter JZ 1989, 98 (99); siehe ferner BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2920) (Abfallentsorgung, dazu bereits Fn. 22); offen gelassen von BVerwG v. 21.6.1979 – 7 B 68-73/79, NJW 1980, 660; a.A. LG Frankfurt/M. v. 17.9.1984 – 2/24 S 22/84, NJW 1985, 686 (687).

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schrieben. Auf Grund der unmittelbaren Bindungswirkung der Pflegesätze hat daher auch der betroffene Patient bei inhaltlichen Einwendungen gegen den Kostenbescheid Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten zu erheben27. Die Ausnahme beschränkt sich auf die Leistungsfestsetzung gegenüber dem Patienten als solche, während hinsichtlich der sonstigen Bestimmungen des Krankenhausvertrags das AGB-Recht uneingeschränkt Anwendung findet28; zur Anwendbarkeit von § 305c Abs. 1 vgl. § 305c Rz. 50. 11

Rechtssätze des Gewohnheitsrechts29 werden, sofern sie zwingender Natur sind, trotz Wiedergabe im vorformulierten Text nicht zu AGB. Anderes gilt dann, wenn sie lediglich nachgiebiges Recht darstellen30. Allerdings kommt selbst üblichen Klauseln in AGB keineswegs schon der Rang von Gewohnheitsrecht zu. Demgegenüber sind auf Handelsbrauch beruhende AGB wegen ihres rechtsgeschäftlichen Geltungsgrundes in die AGB-Definition einzubeziehen (Rz. 84). Vorformulierte Empfehlungen oder „Bitten“ sind dann nicht als AGB zu qualifizieren, wenn ihnen auch aus der Sicht des Empfängers keinerlei rechtsgeschäftliche Bedeutung zukommen soll31. Anderes gilt, wenn die Hinweise auf die Begründung eines vorvertraglichen Rechtsverhältnisses gerichtet sind (vgl. Rz. 13) oder wenn der Verwender mit der Empfehlung vertraglichen Aufklärungspflichten nachkommt32. Auch Hinweise in Werbeprospekten oder auf Preisschildern können AGB darstellen, sofern sie aus Sicht eines Durchschnittskunden den Eindruck erwecken, es solle der Inhalt eines (vertraglichen oder vorvertraglichen) Rechtsverhältnisses geregelt werden33.

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Auch vom Bauträger einseitig nach § 8 WEG errichtete Gemeinschaftsordnungen von Wohnungseigentümern erfüllen infolge fehlender Vertragsqualität nach 27 Vgl. BGHZ 73, 114 (117) = NJW 1979, 597. Zur Klagebefugnis von Patienten nach § 42 Abs. 2 VwGO vgl. Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 42 Rz. 465 mit Rspr.Nachw.; zur Klagebefugnis von Sozialversicherungsträgern und Wettbewerbern vgl. Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 2014, § 42 Rz. 320; zur entsprechenden Anwendung des § 315 Abs. 3 auf Tarife im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses und der daraus resultierenden Einrede der unbilligen Tariffestsetzung siehe hingegen BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2920) m.w.N. 28 Vgl. BGH v. 14.7.1988 – IX ZR 254/87, BGHZ 105, 160 (163 ff.) = NJW 1988, 2951. 29 Dazu allgemein Wolf/Neuner AT § 4 Rz. 5 ff. 30 Vgl. auch H. Roth BB 1992, Beil. 4, 3 (5), und zu deklarat. Klauseln oben Rz. 7a. 31 So zutr. schon BGH v. 3.11.1993 – VIII ZR 106/93, BGHZ 124, 37 (45 f.) = NJW 1994, 188 (betr. die Bitte, mitgeführte Taschen beim Betreten eines Kaufhauses abzugeben); ebenso OLG Schleswig bei Bunte AGBE IV § 1 Nr. 8; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 3; von Westphalen NJW 1994, 367; weitergehend dann BGH v. 3.7.1996 – VIII ZR 221/95, BGHZ 133, 184 (188) = NJW 1996, 2574 (2575) (dazu noch Rz. 13 mit Fn. 37); siehe ferner Heinrichs NJW 1997, 1407; MünchKomm/Basedow Rz. 12. 32 Erman/Roloff § 305BGB Rz. 3; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 21.12.2000 – 6 U 45/00, DB 2001, 806 (Hinweisschild im Einkaufsmarkt, dass mit dem Aufreißen einer Verkaufspackung eine Kaufverpflichtung begründet wird); ferner OLG München v. 21.6.2007 – 14 U 699/06, WM 2008, 299 (302) (Hinweis in Leasingbedingungen, dass Bank Forderung aus dem Leasingvertrag ankauft oder zu Gunsten des Leasingnehmers eine Höchstbetragsbürgschaft übernimmt, ist keine AGB). 33 BGH v. 4.2.2009 – VIII ZR 32/08, BGHZ 179, 319 Rz. 17 ff. = NJW 2009, 1337 (zu Recht verneint für Irrtums-/Änderungsvorbehalt in Produktkatalog); BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, ZIP 2014, 1077 (Tz. 24) (bejaht für zwischen Leasinggesellschaft und Vertragshändler verbindlich vereinbarte formularmäßige „Abwicklungsrichtlinien“); zuvor bereits OLG Hamm v. 29.11.2007 – 17 U 91/07, WM 2008, 499 (500); a.A. Grunewald in FS von Westphalen, 2010, S. 229 (234 ff.).

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zutreffender, wenn auch umstrittener Ansicht nicht die Voraussetzungen der AGB-Definition des § 305 Abs. 134. Freilich ist insoweit mit Rücksicht auf den Schutzzweck des AGB-Rechts dessen analoge Anwendung veranlasst35; die Ausnahmevorschrift des § 310 Abs. 4 findet auf sie keine Anwendung (str., vgl. § 310 Rz. 126). Die Rechtsprechung bevorzugt demgegenüber eine Inhaltskontrolle nach § 24236, beruft sich dabei aber ausdrücklich auf einen generalisierenden Prüfungsmaßstab, so dass hinsichtlich der im Mittelpunkt stehenden Inhaltskontrolle mit nennenswerten Abweichungen gegenüber der Analogie zu §§ 307 bis 309 nicht zu rechnen ist. Nicht erforderlich ist nach der Begriffsbestimmung, dass der Vertrag bereits zu- 13 stande gekommen ist und die AGB dabei rechtswirksam einbezogen wurden. Das folgt einerseits aus dem Merkmal des „Stellens“ bei Vertragsabschluss (Rz. 26 f.), zum anderen daraus, dass die Qualifikation als AGB auch darüber entscheidet, ob die besonderen, in § 305 Abs. 2 geregelten Einbeziehungsvoraussetzungen zur Anwendung kommen. Daher erfüllen auch solche Erklärungen des Verwenders die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1, die als Vertragsabschlussklauseln das Zustandekommen des Vertrages zum Gegenstand haben (vgl. § 308 Nr. 1 und dazu § 308 Nr. 1 Rz. 8; zur Frage der Einbeziehung derartiger Klauseln vgl. Rz. 163) oder aus Sicht des Kunden ein vorvertragliches Rechtsverhältnis begründen oder inhaltlich gestalten sollen37. Die Definition setzt also bereits im Vorfeld des Vertrages ein38. Auch die Zulässigkeit einer Klage gegen den Verwender nach § 1 UKlaG hängt nicht davon ab, dass die angegriffenen AGB-Klau34 BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, BGHZ 99, 90 (94) = NJW 1987, 650; Wolf/Pfeiffer Rz. 11; MünchKomm/Basedow, Rz. 10; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 8; Palandt/Grüneberg Rz. 3; Ulmer in FS Weitnauer, 1980, S. 209 ff. m.w.N.; Weitnauer DNotZ 1989, 430; Ertl DNotZ 1981, 152 (162); F. Schmidt BauR 1979, 189 ff.; a.A. BayObLG BB 1979, 857 (858); so zu § 1 AGBG auch Löwe/Trinkner § 1 AGBG Rz. 7; MünchKomm/Kötz, 3. Aufl. 1993, § 1 AGBG Rz. 4; offen lassend OLG Frankfurt v. 27.9.1985 – 20 W 426/84, OLGZ 1986, 45. 35 Str., vgl. näher Ulmer in FS Weitnauer, 1980, S. 215 ff. und Teil 2, (63) Wohnungseigentum/Verwalterverträge Rz. 1; Wolf/Dammann Klauseln Rz. W 91; so auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 8; H. Roth BB 1992, Beil. 4, S. 3. 36 So zumindest tendenziell BGH v. 29.5.1990 – XI ZR 231/89, NJW 1990, 2250 (2252); BGH v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, BGHZ 151, 164 (173 f.) = NJW 2002, 3240 (3244); BayObLG v. 23.9.1988 – BReg. 2 Z 97/87, DNotZ 1989, 428 (429); dafür auch Palandt/ Grüneberg Rz. 3; Weitnauer, 9. Aufl. 2005, § 7 WEG Rz. 10 f. und DNotZ 1989, 430; Ertl DNotZ 1981, 152 (162 f.); offen lassend noch BGH v. 11.11.1986 – V ZB 1/86, BGHZ 99, 90 (96 f.) = NJW 1987, 650; OLG Düsseldorf v. 17.11.1989 – 3 Wx 476/89, NJW-RR 1990, 154. Nachw. zur Gegenansicht siehe Fn. 35. 37 BGH v. 3.7.1996 – VIII ZR 221/95, BGHZ 133, 184 (188) = NJW 1996, 2574 (Hinweis auf Taschenkontrolle im Supermarkt); OLG Köln v. 12.6.1997 – 26 O 48/96, ZIP 1997, 1328 (1329) (Hinweis einer Direktbank auf „Beratungsverzicht“); für Änderungs- und Irrtumsvorbehalte in Katalogen verneint von BGH v. 4.2.2009 – VIII ZR 32/08, BGHZ 179, 319 Rz. 17 ff. = NJW 2009, 1337; OLG Hamm v. 29.11.2007 – 17 U 91/07, WM 2008, 499 (500); siehe ferner BGH v. 23.9.2010 – III ZR 246/09, BGHZ 187, 86 (Tz. 23) = WM 2011, 177; OLG München v. 21.6.2007 – 14 U 699/06, WM 2008, 299 (302) (dazu bereits Fn. 32); Grunewald in FS von Westphalen, 2010, S. 229 (230). 38 Ganz h.M., vgl. KG v. 15.2.1984 – 23 U 4544/83, NJW 1985, 151; OLG Hamburg v. 3.4.1985 – 5 U 134/84, NJW 1985, 3030 (3031); LG Tübingen bei Bunte AGBE II § 1 Nr. 6; Wolf/Pfeiffer Rz. 7; Erman/Roloff § 305 Rz. 5; Stoffels Rz. 110 f.; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 6; Grunewald ZIP 1987, 353 (354); H. Roth BB 1992, Beil. 4, S. 6; vgl. auch BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 175/87, BGHZ 104, 95 (98 f.) = NJW 1988, 1908; LG München v. 23.10.1991 – 15 S 158/91, NJW-RR 1992, 244; speziell zu Klauseln betr. das Bieterverfahren im Rahmen von Unternehmenskaufverträgen Habersack/Schürnbrand in FS Cana-

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seln Vertragsbestandteile geworden sind; wohl aber müssen sie über den abstrakten Vorgang der Vorformulierung hinaus in konkrete Vertragsverhandlungen eingebracht sein39. Anderes gilt für Klagen gegen den Empfehler; insoweit genügt, dass der vorformulierte Text Dritten zur Verwendung als AGB empfohlen wird (vgl. § 1 UKlaG Rz. 27). bb) Art und Inhalt 14

Die Art des Rechtsgeschäftes wird nach dem Wortlaut von § 305 Abs. 1 („Vertragsbedingungen“) nur dahin gehend konkretisiert, dass es grundsätzlich zweiseitiger Natur sein muss (vgl. aber Rz. 16 ff.). Geschäftsbedingungen in privatrechtlichen Verträgen, seien diese gegenseitiger oder unvollkommen zweiseitiger Art, bilden den Hauptanwendungsbereich des Gesetzes (siehe noch Rz. 15). Erfasst werden auch abstrakte Schuldanerkenntnisse oder -versprechen40 sowie die Ausgabebedingungen von Wertpapieren (zu diesen näher Rz. 70 ff.). Für das Vereinsrecht ist die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 zu beachten. Jedoch unterliegen die versicherungsrechtlichen Beziehungen zwischen einem VVaG und seinen Mitgliedern zumindest in denjenigen Fällen dem AGB-Recht, in denen diese vertragsrechtlich ausgestaltet sind41; zur Einbeziehung vereinsrechtlicher Regelungen unter Umgehungsgesichtspunkten in das AGB-Recht vgl. § 310 Rz. 130. Demgegenüber sollen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Regelungen in Vereinsordnungen auch gegenüber Nichtmitgliedern keine AGB darstellen, da sie anders als AGB von gleichgerichteten Interessen der Beteiligten geprägt seien42. Die Beurteilung öffentlich-rechtlicher Verträge richtet sich in erster Linie nach §§ 54 bis 61 VwVfG. Allerdings enthält § 62 Satz 2 VwVfG eine subsidiäre Verweisung auf die Vorschriften des BGB; das gestattet es, ergänzend auch die §§ 305 bis 310 heranzuziehen und sie entsprechend auf vorformulierte Bedingungen in öffentlich-rechtlichen Verträgen anzuwenden43. Unmittelbar

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ris, 2007, S. 359 (361 ff.); a.A. KG v. 16.9.1981 – 21 W 3129/81, NJW 1981, 2822 für eine Lotto-Klausel, die den Abschluss des Spielvertrags hinausschiebt. BGH v. 2.7.1987 – III ZR 219/86, NJW 1987, 2867; vgl. auch LG Frankfurt/M. v. 3.12.1991 – 2/13 O 253/91, WM 1992, 1103 (1104). BAG v. 15.3.2005 – 9 AZR 502/03, NJW 2005, 3164 (dort zugleich zum Nichteingreifen der Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG a.F. betr. das Arbeitsrecht); OLG Stuttgart v. 3.10.1978 – 8 W 340/78, NJW 1979, 222 (223); OLG München bei Bunte AGBE VI § 1 Nr. 4; LG Stuttgart v. 22.9.1977 – 1 T 27/77, WM 1977, 1318 (1319); Wolf/Pfeiffer Rz. 9; Palandt/Grüneberg Rz. 3; H. Roth BB 1992, Beil. 4, S. 2; näher MünchKomm/Habersack § 780 Rz. 23 f.; s. ferner BAG v. 23.10.2013 – 5 AZR 135/12, ZIP 2014, 642 (Tz. 15) (Ausgleichsquittung). Hierzu und zum Sonderfall der in die Satzung eines VVaG aufgenommenen AVB vgl. § 310 Rz. 125 sowie BGH v. 30.5.1990 – IV ZR 266/89, BGHZ 111, 295 = NJW 1990, 2686; OLG Hamm v. 17.6.1994 – 20 U 407/93, NJW-RR 1995, 1527. So – allerdings unter unzutr. Berufung auf den angeblichen Verbraucherschutzzweck des AGB-Rechts – BGH v. 28.11.1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 (101) = NJW 1995, 583 (betr. disziplinarische Regeln eines Sportverbands; diese werden vom BGH allerdings einer Inhaltskontrolle nach § 242 unterworfen); BGH v. 23.9.2010 – III ZR 246/09, BGHZ 187, 86 (Tz. 23) = WM 2011, 177 (Bedingungen eines Reitturniers); vgl. auch schon BGH v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, BGHZ 105, 306 (316 ff.) = NJW 1989, 1724. A.A. mit guten Gründen Fenn in FS Zivilrechtslehrer 1934/35, 1999, S. 103 (107 f.). Zur entsprechenden Anwendung des AGB-Rechts (ganz h.M.) vgl. Vor § 307 Rz. 45; dafür auch MünchKomm/Basedow Rz. 8; Erman/Roloff § 305BGB Rz. 8; Staudinger/Schlosser Rz. 5; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 25; H. Roth BB 1992, Beil. 4, S. 4; für entsprechende Anwendung jedenfalls der §§ 9 bis 11 AGBG a.F. J. F. Wagner S. 83 ff.; für unmittelbare Anwendung Koch/Stübing § 9 AGBG Rz. 17; F. Baur in FS Mallmann, 1979, S. 38 f.; Stober

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anwendbar sind §§ 305 ff. hingegen, soweit die öffentliche Hand im Rahmen privatrechtlicher Verträge auf AGB zurückgreift44. Zur Anwendbarkeit des AGBRechts auf behördlich genehmigte AGB und Vertragsbedingungen der öffentlichen Hand vgl. Rz. 9 f., 75 ff. Der Inhalt der Bedingungen ist für die AGB-Definition unerheblich, sieht man 15 von den Bereichsausnahmen des § 310 Abs. 4 Satz 1 ab45. Das Gesetz ist zwar in erster Linie auf schuldrechtliche Verträge zugeschnitten; es erfasst insoweit auch Klauseln, die das Rechtsverhältnis der Parteien schon vor dem Zustandekommen des Vertrags regeln sollen (vgl. Rz. 13) oder dem Kunden ein Rücktrittsoder Widerrufsrecht einräumen bzw. über ein gesetzliches Rücktritts- oder Widerrufsrecht belehren (s. Rz. 19). Der Geltungsanspruch des Gesetzes erstreckt sich aber auch auf vorformulierte Verträge mit Verfügungscharakter, insbesondere auf sachenrechtliche Geschäfte wie etwa die Abtretung von Forderungen, die Einigung über Hypotheken- oder Grundschuldbestellungen, auf prozessuale Vereinbarungen und Regelungen (namentlich solche vollstreckungsrechtlichen Inhalts46, aber auch Schiedsvereinbarungen47 (näher Teil 2, (40) Schiedsgutachten-/Schiedsklauseln Rz. 3 (H. Schmidt)) sowie nach – allerdings überprüfungsbedürftiger – h.M. auf Prozesserklärungen48. Der weite Anwendungsbereich ergibt sich nicht nur aus der umfassenden Formulierung von § 305 Abs. 1, sondern auch aus einem Umkehrschluss zu § 310 Abs. 4, der nur wenige, ausdrücklich genannte Materien aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes – und damit auch aus demjenigen der Definition (Rz. 7) – ausnimmt. Zum grundsätzlichen Verzicht auf eine Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenabreden vgl. Rz. 7

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DÖV 1977, 398 (400); einschränkend OVG Münster v. 19.8.1988 – 3 A 2570/86, NJW 1989, 1879 (1880), das bei Subordinationsverträgen im Bereich der Eingriffsverwaltung eine entsprechende Anwendung ablehnt; dem folgend Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 4; offen lassend BGH v. 27.4.1995 – IX ZR 123/94, WM 1995, 1345 (formularmäßige Lohnabtretung). Zu den damit verbundenen Fragen im Zusammenhang mit öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) siehe Kunkel/Weigelt NJW 2007, 2433 ff.; ferner KG v. 10.9.2012 – 23 U 161/11, NJW-RR 2013, 54 (ÖPP). So im Ausgangspunkt auch Wolf/Pfeiffer Rz. 9 f.; speziell zur Anwendbarkeit des AGBRechts auf Anstellungsverträge mit Vorstandsmitgliedern einer AG und Geschäftsführern einer GmbH Bauer/Arnold ZIP 2006, 2337 ff.; Oetker in FS Buchner, 2009, S. 691 ff. Ganz h.M., vgl. BGH v. 2.7.1987 – III ZR 219/86, NJW 1987, 2867 (Gerichtsstandsklausel); BGH v. 25.4.1988 – II ZR 17/87, NJW 1988, 3260 (3262) (Verpfändung); BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 342/83, WM 1985, 605 (607) (Vorausabtretung); BayObLG v. 18.12.1979 – BReg.2 Z 11/79, WM 1980, 222 (224); OLG Celle WM 1979, 1317 (1319); OLG Hamm NJW 1980, 116; OLG Oldenburg v. 18.6.1984 – 9 U 1/84, WM 1985, 728; Wolf/Pfeiffer Rz. 9; Staudinger/Schlosser Rz. 14; Erman/Roloff § 305BGB Rz. 4; MünchKomm/Basedow Rz. 9; zu § 1 AGBG M. Wolf in FS Baur, 1981, S. 151; von Westphalen ZIP 1984, 1 (5); a.A. aber Fehl Systematik, S. 144. A.A. Herresthal ZIP 2014, 345 (350 ff.); offengelassen von BGH v. 13.1.2005 – III ZR 265/03, BGHZ 162, 9 (15); BGH v. 1.3.2007 – III ZR 164/06, WM 2007, 959 (960). Vgl. für die Vollstreckungsunterwerfung BGH v. 27.9.2001 – VII ZR 388/00, NJW 2002, 138 (139); BGH v. 18.12.1986 – IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 (284) = NJW 1987, 904; BGH v. 5.3.1991 – XI ZR 75/90, BGHZ 114, 9 (12 f.) = NJW 1991, 1677; LG Hamburg v. 9.7.2008 – 318 T 183/07, NJW 2008, 2784 (2785); MünchKomm/Basedow Rz. 10; Wolf/ Pfeiffer Rz. 11; a.A. MünchKommZPO/Wolfsteiner, 4. Aufl. 2012, § 794 ZPO Rz. 130 ff., Zöller/Stöber ZPO, 30. Aufl. 2014, § 794 ZPO Rz. 32, jeweils m.w.N.; zweifelnd auch Habersack NJW 2008, 3173 (3174 f.). Zur Qualifizierung als Prozesserklärung siehe BGH v. 3.4.2001 – XI ZR 120/00, BGHZ 147, 203 (208 ff.); zur Unterwerfungsklausel siehe auch Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 26 ff.

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und Erläuterungen zu § 307 Abs. 3, zur Inhaltskontrolle von AGB durch die Grundbuchämter Vor § 307 Rz. 108. cc) Erweiterung auf bestimmte einseitige Rechtsgeschäfte 16

Vorformulierte einseitige Rechtsgeschäfte werden von der auf „Vertragsbedingungen“ abstellenden AGB-Definition zwar grundsätzlich nicht erfasst. Anderes gilt nach zutreffender h.M. jedoch für diejenigen einseitigen Rechtsgeschäfte des Kunden, die auf einer Vorformulierung des Verwenders beruhen; auf sie sind die Vorschriften des AGB-Rechts entsprechend anzuwenden49. Zu Vollmachtsklauseln siehe auch Teil 2, (60) Vollmachtsklauseln. Zwar stehen die entsprechenden vom Verwender vorformulierten Erklärungen des Kunden i.d.R. mit einem Vertrag zwischen Verwender und Kunden in Zusammenhang. Jedoch kann es darauf, ob sie einen Bestandteil des zweiseitigen Vertrags bilden, entgegen zunächst in der Instanzgerichtsbarkeit vertretener Ansicht50 nicht ankommen51. Der Schutz des AGB-Rechts darf nicht von der jeweiligen äußerlichen Gestaltung abhängen. Entscheidend ist, dass der Verwender bei einseitig von ihm vorformulierten „Kundenerklärungen“ die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit ebenso für sich in Anspruch nimmt wie bei der Ausarbeitung eines Vertragstextes; er muss daher auch insoweit die Kundeninteressen angemessen berücksichtigen52. Der Schutzzweck des AGB-Rechts (Einl. Rz. 51) erfasst auch diese Fälle, ohne dass es darauf ankommt, ob bereits die Klauselverbote der §§ 308 Nr. 1, 309 Nr. 12b den Schluss auf die Einbeziehung einseitiger Erklärungen zulassen53.

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Entsprechendes wie für einseitige Rechtsgeschäfte gilt auch für rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen des Kunden, die auf Vorformulierungen des anderen Teils

49 H.M., vgl. BGH v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14, ZIP 2015, 1692 (Tz. 6); BGH v. 15.5.2014 – III ZR 368/13, ZIP Rz.2014, 1485 (Tz. 30); BGH v. 19.11.2009 – III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 (Tz. 12) = ZIP 2009, 2446; BGH v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 (28) = NJW 1986, 2428; BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, BGHZ 141, 124 (126) = NJW 1999, 1864; BGH v. 27.1.2000 – I ZR 241/97, NJW 2000, 2677; BGH v. 9.4.1987 – III ZR 84/86, NJW 1987, 2011; BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 95/83, WM 1985, 59 (60); OLG Karlsruhe v. 24.10.1990 – 1 U 101/90, NJW 1991, 112; OLG Stuttgart v. 3.10.1978 – 8 W 340/78, NJW 1979, 222 (223); OLG Frankfurt v. 9.5.1985 – 6 U 93/84, WM 1986, 570 (571); OLG Hamm v. 20.11.1987 – 26 U 243/86, NJW-RR 1988, 944; OLG Koblenz v. 17.9.1993 – 2 U 1694/91, NJW-RR 1994, 58 (59); LG Stuttgart v. 22.9.1977 – 1 T 27/77, WM 1977, 1318; Staudinger/Schlosser Rz. 8; Wolf/Pfeiffer Rz. 11; Palandt/Grüneberg Rz. 5; Bamberger/ Roth/Becker Rz. 12 f.; Erman/Roloff § 305BGB Rz. 6; MünchKomm/Basedow Rz. 9; Stoffels Rz. 113; Grunewald in FS von Westphalen, 2010, S. 229 (231 ff.); so zu § 1 AGBG auch Löwe/Trinkner § 1 AGBG Rz. 7; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 8; H. Roth BB 1992, Beil. 4, S. 5; Heinrichs NJW 1977, 1505 (1506); Stürner JZ 1977, 431 und 639; a.A. Fehl Systematik, S. 131, 136 ff.; Dietlein JZ 1977, 637 f.; Schippel/Brambring DNotZ 1977, 131 (140 Fn. 14). 50 OLG Stuttgart v. 3.10.1978 – 8 W 340/78, NJW 1979, 222 (223); LG Stuttgart v. 22.9.1977 – 1 T 27/77WM 1977, 1318 (1319); so auch Fehl Systematik, S. 136 ff. 51 So zutr. auch BGH v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14, ZIP 2015, 1692 (Tz. 6) (Erklärung zur Restschuldbefreiung in Anlage zu abstraktem Schuldversprechen); BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, NJW 1999, 1864; OLG Frankfurt v. 9.5.1985 – 6 U 93/84, WM 1986, 570 (571); OLG Koblenz v. 17.9.1993 – 2 U 1694/91, NJW-RR 1994, 58 (59); MünchKomm/ Basedow Rz. 9; Staudinger/Schlosser Rz. 8. 52 Ebenso BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, NJW 1999, 1864 (Einverständniserklärung des Kunden mit Telefonwerbung in Kontoeröffnungsvertrag). 53 So aber Heinrichs NJW 1977, 1505 (1506).

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beruhen. Soweit sie für die Rechtsbeziehungen zwischen Kunde und Verwender von Bedeutung sind und die Stellung des Kunden verändern, ist das AGB-Recht auch auf sie entsprechend anwendbar54. Von Bedeutung ist dies namentlich für die Einwilligung in die Heilbehandlung sowie für die Enwilligung in Telefonoder sonstige Werbung und die Speicherung und Nutzung von Daten55. Zur Quittung siehe Rz. 19. Auf einseitige Rechtsgeschäfte oder rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen desjenigen, der den vorformulierten Text selbst aufgestellt oder ausgewählt hat, findet das AGB-Recht dagegen grundsätzlich keine Anwendung, da der Erklärende mit der Vorformulierung keine fremde, sondern lediglich eigene Gestaltungsmacht in Anspruch nimmt56. Davon betroffen sind namentlich Vollmachten und Auslobungen im Allgemeinen und Preisausschreiben im Besonderen57. Anderes gilt allerdings, soweit derlei Rechtsgeschäfte über die Regelung der eigenen Verhältnisse des Verwenders hinausgehen und auf geschützte Rechtspositionen Dritter zugreifen, wie dies namentlich bei in den Bedingungen eines Turnierveranstalters enthaltenen Beschränkungen der Haftung gegenüber den Teilnehmern58, bei Beschränkungen einer vom Verwender erteilten Vollmacht59 sowie bei der mit Teilnahme an einem Gewinnspiel verbundenen Einwilligung in Telefonwerbung60 der Fall ist. Gesamtzusagen des Arbeitgebers (Anh. § 310 Rz. 8 ff.) haben ebenso AGB-Charakter61 wie ein „Freiwilligkeitsvorbehalt“, 54 BGH v. 31.5.1990 – IX ZR 257/89, NJW 1990, 2313 (2314); ferner Staudinger/Schlosser Rz. 8; Wolf/Pfeiffer Rz. 11; MünchKomm/Basedow Rz. 9; vgl. auch Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 6; Stoffels Rz. 114; näher Kothe AcP 185 (1985), 105 (129); siehe ferner Hollmann NJW 1978, 2332 und Niebling MDR 1982, 194; Laufs/Kern Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl. 2010, § 62 Rz. 17. 55 Speziell zu derlei Einwilligungsklauseln siehe BGH v. 11.11.2009 – VIII ZR 12/08, WM 2010, 233 Rz. 15; BGH v. 16.7.2008 – VIII ZR 348/06, BGHZ 177, 253 (Tz. 18) = ZIP 2009, 1826 (1827); BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, BGHZ 141, 124 = NJW 1999, 1864; BGH v. 27.1.2000 – I ZR 241/97, NJW 2000, 2677; zur Bestätigung, ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt worden zu sein, siehe BGH v. 15.5.2014 – III ZR 368/13, ZIP 2014, 1485 (Tz. 30 f.). 56 BGH v. 23.9.2010 – III ZR 246/09, BGHZ 187, 86 (Tz. 23) = WM 2011, 177; Staudinger/ Schlosser Rz. 10; Bamberger/Roth/Becker Rz. 12; PWW/Berger Rz. 2; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 6; Stoffels Rz. 115; Heinrichs NJW 1997, 1408; vgl. ferner BGH v. 10.2.1999 – IV ZR 324/97, NJW 1999, 1633 (1635); a.A. Beckmann NJW 1996, 1378; Grunewald in FS von Westphalen, 2010, S. 229 (231 f.). 57 BGH v. 23.9.2010 – III ZR 246/09, BGHZ 187, 86 (Tz. 23) = WM 2011, 177 (Bedingungen eines Reitturniers); BGH v. 25.10.2012 – I ZR 169/10, ZIP 2013, 938 (Tz. 17 f.) (vom Veranstalter vorgegebene Einwilligung in Werbeanruf); BGH v. 10.2.1999 – IV ZR 324/97, NJW 1999, 1633 (1635) (Beschränkung des Umfangs einer vom Verwender erteilten Vollmacht); für (entsprechende) Anwendung der §§ 305 ff. auf die Einschränkung einer Gewinnzusage i.S.d. § 661a durch an versteckter Stelle abgedruckte Vergabebedingung OLG München v. 5.2.2004 – 19 U 4690/03, NJW 2004, 1671 (1672); berechtigte Bedenken bei Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 6. 58 So unter zutr. Hinweis auf die insoweit bestehende Sonderverbindung zwischen Veranstalter und Turnierteilnehmer (sowie in den Schutzbereich einbezogenen Dritten) BGH v. 23.9.2010 – III ZR 246/09, BGHZ 187, 86 (Tz. 23) = WM 2011, 177. 59 BGH v. 10.2.1999 – IV ZR 324/97, NJW 1999, 1633 (1635). 60 So unter zutr. Hinweis auf die insoweit bestehende Sonderverbindung zwischen Veranstalter und Teilnehmer BGH v. 25.10.2012 – I ZR 169/10, ZIP 2013, 938 (Tz. 19 f.); s. ferner BGH v. 27.1.2000 – I ZR 241/97, ZIP 2000, 1113. 61 BAG v. 29.9.2010 – 3 AZR 557/08 BAGE 135, 334 (Tz. 24 ff.) = ZIP 2011, 680; BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, ZIP 2014, 487 (Tz. 18); BAG v. 20.8.2014 – 10 AZR 453/13, ZIP 2015, 49 (Tz. 20); BAG v. 13.1.2015 – 3 AZR 897/12, ZIP 2015, 1244 (Tz. 23).

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durch den sich der Verwender die Entscheidung über die Gewährung eines Bonus o.ä. vorbehalten will62. Regelmäßig keinen AGB-Charakter haben auch Hinweis- oder Warnschilder auf Spielplätzen, Trimm-Dich-Pfaden u.a. Soweit diese der Beschränkung oder dem Ausschluss der deliktischen Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dienen sollen, unterliegen sie nicht dem AGB-Recht, wenn sie nicht dazu bestimmt sind, zum Abschluss eines Haftungsausschluss- oder -begrenzungsvertrags zu führen. Ihre rechtliche Bedeutung beschränkt sich nach den für das Handeln auf eigene Gefahr geltenden Grundsätzen ohnedies regelmäßig darauf, dem Verkehrssicherungspflichtigen den Einwand des Mitverschuldens (§ 254) bei unvorsichtigem Verhalten des Geschädigten zu eröffnen, während die Haftung für Verletzung der Verkehrssicherungspflicht im Grundsatz unberührt bleibt63. Anderes kann bei Sportanlagen o.Ä. in Betracht kommen, deren Benutzung nach der Eigenart der Anlage nicht ohne Gefährdung des Benutzers möglich ist64. Zur Ausnahme für einseitig errichtete Gemeinschaftsordnungen nach § 8 WEG vgl. Rz. 12; zur Behandlung bankinterner Richtlinien unter Umgehungsgesichtspunkten (§ 306a) als AGB vgl. Rz. 68a. dd) Einzelfälle 19

Das Vorliegen von AGB ist danach in folgenden Fällen einseitiger Vorformulierung zu bejahen: Abfindungserklärungen über den Verzicht auf weiter gehende Ansprüche im Zusammenhang mit Versicherungsleistungen (BGH WM 1985, 59 (60). Anwaltliche Honorarscheine (AG Krefeld NJW 1980, 1582 (1583); Bunte NJW 1981, 2657). Ärztliche Honorarvereinbarungen, die von den Gebührensätzen der GOÄ abweichen (BGHZ 115, 391 (394) = NJW 1992, 746. Vgl. aber auch die Regelung der GOÄ v. 9.2.1996 (BGBl. 1996 I 210), die viele detaillierte Voraussetzungen für wirksame Honorarvereinbarungen enthält; das spricht dafür, dass insofern gegenüber dem AGB-Recht abschließendes Sonderrecht geschaffen wurde, so bejahend Taupitz ArztR 1996, 209 (212) unter Berufung auf die VO-Begr. Auftragserteilung für die künftige Heizkostenabrechnung in dem vom Kunden zu unterzeichnenden Abrechnungsformular (OLG Stuttgart WRP 1989, 201, 202). Ausgleichsquittungen (so auch BAG ZIP 2014, 642 (Tz. 14 ff.); Wolf/Pfeiffer Rz. 12; zu § 1 AGBG auch Löwe/Trinkner § 1 AGBG Rz. 7; Preis AuR 1979, 101 f.; s. ferner BAG NJW 1979, 2267); ferner Erklärungen bei der Honorarabrechnung, gerichtet auf Übertragung von Urheber- und Verwertungsrechten (BGH WM 1984, 238 (239 f.). Ausübungsbedingungen für von einem Arbeitgeber gewährte Aktienoptionen (BAG WM 2008, 1923 Rz. 26; siehe dazu auch Habersack/Verse ZGR 2005, 451 (466 ff.).

62 BAG v. 19.3.2014 – 10 AZR 622/13, ZIP 2014, 1241 (Tz. 28 m.w.N.). 63 BGH v. 16.2.1982 – VI ZR 149/80, NJW 1982, 1144; BGH v. 13.7.1976 – VI ZR 99/75, VersR 1976, 1175 (1177); OLG Düsseldorf v. 4.3.1976 – 18 U 169/75, VersR 1976, 1160 (1161). 64 BGH v. 25.4.1978 – VI ZR 194/76, NJW 1978, 1626.

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Beendigung einer betrieblichen Übung, sofern entsprechende Mitteilung des Arbeitgebers von den Arbeitnehmern als Änderungsangebot verstanden wird (BAG NZA 2009, 601 Rz. 17; siehe ferner BAG NZA 2009, 49 Rz. 20). Bestellformulare und ähnliche als Vertragsangebot des Kunden vorgesehene vorformulierte Anträge auf Abschluss von Kaufverträgen (BGH NJW 1983, 1603 (1605); LG Frankfurt/M. NJW 1984, 2419 (2420), Darlehensverträgen (BGH NJW 1988, 2106 (2107); AG Bonn BB 1984, 497), Kreditkarten-Verträgen (LG Frankfurt/M. WM 1992, 1103 (1104). Bevollmächtigungen durch den Kunden (BGH NJW 1982, 2314 (2315); NJW 1987, 2011; OLG Nürnberg WM 1988, 1188 (1189); Staudinger/Schlosser Rz. 8). Anders jedoch bei Beschränkungen des Umfangs einer vom Verwender erteilten Vollmacht, vgl. BGH NJW 1999, 1633 (1635); Heinrichs NJW 1996, 1382; NJW 1997, 1408; Arnold BB 1996, 597 (601); abweichend Beckmann NJW 1996, 1378. In der Sache wie hier, aber ohne deutliche Abgrenzung BGH NJW-RR 1995, 80 (81) (formularmäßiger Hinweis auf nicht bestehende Vollmacht eines Bauleiters) und BGH NJW 2002, 3240 (3244). Bewerbungsbedingungen, die die Voraussetzungen für die Teilnahme von Anbietern an öffentlichen Ausschreibungen für Bauaufträge festlegen und ein Vertragsstrafeversprechen des Kunden (Anbieter) für den Fall enthalten, dass er sich an einer Submissionsabsprache beteiligt (BGHZ 105, 24 (27) = NJW 1988, 2536; OLG Frankfurt WM 1986, 680). Eintragungsbewilligungen (BGH NJW 1988, 558; OLG Stuttgart NJW 1979, 222 (223); OLG Celle RPfleger 1979, 261; LG Stuttgart WM 1977, 1318 f.; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 6; MünchKomm/Basedow Rz. 10; Wolf/Pfeiffer Rz. 11; Staudinger/Schlosser Rz. 8; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 8; Stürner JZ 1977, 431; dahingestellt lassend BayObLG WM 1980, 222 (224); a.A. OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 1707 (1709) (betr. Eintragungsbewilligung für Teilungsordnung nach dem WEG); Dietlein JZ 1977, 638 sowie grundsätzlich Fehl Systematik, S. 137). Einwilligungen in eine Operation und Bestätigung der Aufklärung über deren Folgen im Zusammenhang mit Arzt- oder Krankenhausverträgen (vgl. § 309 Nr. 12b; BGH NJW 1990, 2313 (2314) – Einwilligung in Obduktion; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 6; MünchKomm/Basedow Rz. 10; Wolf/Pfeiffer Rz. 11; Staudinger/Schlosser Rz. 7; Roth BB 1992, Beil. 4, 5; Gounalakis NJW 1990, 753; Deutsch NJW 1983, 1351; Niebling MDR 1982, 194 f.; Laufs/Kern Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl. 2010, § 62 Rz. 17; zum Ganzen vgl. auch Jungbecker Zivilrechtliche Probleme der klinischen formularmäßigen „Einverständniserklärung“, 1985). Einwilligung zur Erfassung personenbezogener Daten des Kunden (BGHZ 177, 253 = ZIP 2008, 1826 und WM 2010, 233, jeweils betr. die AGB des Betreibers eines Kundenbindungs- und Rabattsystems; BGH ZIP 2013, 938 betr. die bei Teilnahme an einem Gewinnspiel erklärte Einwilligung in Telefonwerbung; siehe ferner Schuster/Simon NJW 1980, 1288) und zu ihrer Weitergabe an die Schufa oder sonstige Dritte (BGHZ 95, 362, 366 ff. = NJW 1986, 46; OLG Hamburg ZIP 1983, 1435; Wolf/Pfeiffer Rz. 11; Schuster/Simon NJW 1980, 1288). Einziehungsermächtigungen (BGH NJW 1982, 164; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 6; Staudinger/Schlosser Rz. 8; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 5). Entbindung des den Versicherten untersuchenden Arztes von dessen Schweigepflicht gegenüber Versicherungsunternehmen und Ermächtigung zur Weitergabe der erlangten Daten an Dritte (Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 6; Soergel/Stein Ulmer/Habersack

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§ 1 AGBG Rz. 8; Hollmann NJW 1978, 2332 und NJW 1979, 1923; a.A. Schütte NJW 1979, 592). Entgeltfestlegung für die Ausfertigung von Löschungsbewilligungen bei Grundpfandrechten durch eine Bank (BGH NJW 1991, 1953). Freiwilligkeitsvorbehalt, durch den sich der Arbeitgeber die Entscheidung über die Gewährung einer Zusatzleistung vorbehält (BAG ZIP 2014, 1241 [Tz. 28]). GEMA-Berechtigungsvertrag und Verteilungsplan-Bestimmungen (BGH WRP 2002, 442, 444 f. m.w.N.). Gesamtzusagen des Arbeitgebers (BAGE 135, 334 [Tz. 24 ff.] = ZIP 2011, 680; BAG ZIP 2014, 487 [Tz. 18]; BAG ZIP 2015, 49 [Tz. 20]; BAG ZIP 2015, 1244 [Tz. 23]; s. auch § 310 Rz. 149). Geschäftsplan eines Versicherungsunternehmens, soweit AVB ausdrücklich hierauf verweisen (BGHZ 105, 140, 151 = NJW 1988, 2734; NJW 1995, 589 (591). Haftungsbeschränkung in Bedingungen für Reit- und Springturnier (BGH v. 23.9.2010 – III ZR 246/09, BGHZ 187, 86 [Tz. 23] = WM 2011, 177). Konzertkartenklauseln (LG München I NJW 1991, 1491). Regelwerk des Neuen Marktes (LG Frankfurt/M. ZIP 2001, 1498 (1501); Bachmann WM 2001, 1793 81795); Edelmann BB 2002, 1332 (1333); Wolf WM 2001, 1785 (1787); Römermann/Schröder BKR 2001, 83 (85); offen lassend OLG Frankfurt NJW 2002, 1958 (1959). Schuldanerkenntnis und Verzichtserklärung (OLG Karlsruhe NJW 1991, 112; Wolf/Pfeiffer Rz. 9). Telefonkarten: Gültigkeitsbeschränkung (BGHZ 148, 74, 76 = NJW 2001, 2635; OLG Köln ZIP 2000, 1836, 1837 f.). Teilnahmebedingungen eines Vielflieger- und Prämienprogramms (BGH NJW 2015, 687 [Tz. 19] – „Miles and More“). Überweisungsaufträge (so auf der Grundlage des nunmehr wieder maßgeblichen [s. MünchKomm/Casper § 675f Rz. 27] Weisungsmodells BGHZ 98, 24 (28) = NJW 1986, 2428; Wolf/Pfeiffer Rz. 11; zum Vertragscharakter der Überweisung nach §§ 676c ff., 676f ff. a.F. siehe Rösler/Werner BKR 2009, 1 (5 ff.). Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (vgl. Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 26 ff.; BGH ZIP 2010, 1072 [Tz. 23 ff.]; BGH NJW 2002, 138 (139); BGHZ 99, 274 (284) = NJW 1987, 904; BGHZ 114, 9 (12 f.) = NJW 1991, 1677; OLG Stuttgart NJW 1979, 222 (223); LG Stuttgart WM 1977, 1318; LG Hamburg NJW 2008, 2784 (2785); MünchKomm/Basedow Rz. 10; Wolf/Pfeiffer Rz. 11; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 6; Stürner JZ 1977, 431 und 639; a.A. Dietlein JZ 1977, 638; grundsätzlich auch Fehl Systematik, S. 138; aus dem prozessrechtlichen Schrifttum auch MünchKomm/Wolfsteiner, § 794 Rz. 133; Zöller/ Stöber § 794 ZPO Rz. 32, jeweils m.w.N.; zweifelnd auch Habersack NJW 2008, 3173 (3174 f.). Zur Qualifizierung als Prozesserklärung siehe BGHZ 147, 203, 208 ff.). Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL-)Satzung als Allgemeine Versicherungsbedingungen (BGHZ 139, 333 (339) = NVersZ 1999, 88; BGHZ 142, 103 (105 f). = NJW 1999, 3558). Verzicht auf Wirkungen der Restschuldbefreiung (BGH ZIP 2015, 1692 [Tz. 6]). Wertpapierbedingungen für Anleihen, Genussscheine u.a. (BGHZ 119, 305 (312) = NJW 1993, 57; BGHZ 163, 311 (314 ff.) = NJW 2005, 2914; BGH ZIP 2009, 98

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1558 [Tz. 20]; ZIP 2014, 1166 [Tz. 24]; OLG Düsseldorf WM 1991, 1375 (1379); OLG Frankfurt WM 1993, 2089; Palandt/Grüneberg Rz. 3; PWW/Berger Rz. 1; Wolf in FS Zöllner, 1999, S. 651; Stoffels Rz. 117; Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341 (364); Masuch Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, 2001, S. 58; (h.M.); a.A. für Fremdemissionen: Kallrath Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, 1994, S. 67 f.; von Randow ZBB 1994, 23 (26 f.); Joussen WM 1995, 1861 (1865 f.); Bungert DZWiR 1996, 185 (187 f.); grundsätzlich auch Assmann WM 2005, 1053 ff.; Ekkenga Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt, 1998, S. 51; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59 (69 ff.). Vgl. hierzu im Einzelnen Rz. 70 ff., 113 ff.). Widerrufsbelehrungen in Verbraucherverträgen, mögen sie gesetzlich geschuldet sein (BGH NJW-RR 2009, 709 [Tz. 16]; s. ferner BGH NJW 1982, 2313) oder freiwillig erfolgen (BGH NJW 2012, 1066 [Tz. 15 ff., 22]). Zweckerklärungen für Grundschulden (BGHZ 109, 197, 200 = NJW 1990, 576; NJW 1988, 558). b) Vorformulierung Mit dem Merkmal der Vorformulierung bezieht § 305 Abs. 1 ein formales Ele- 20 ment in die Definition ein65. Gegenüber den im Vordergrund stehenden materiellen Kriterien (Rz. 6) wird es in seiner Bedeutung zwar dadurch eingeschränkt, dass die äußere Form der Vertragsbedingungen für die Definition nicht maßgebend ist (§ 305 Abs. 1 Satz 2, vgl. Rz. 34 ff.). Daher lässt sich aus dem Merkmal der Vorformulierung auch nicht auf die Notwendigkeit schriftlicher Fixierung der Bedingungen als Voraussetzung der AGB-Definition schließen66. Vorformuliert sind vielmehr auch Klauseln, die der Verwender oder sein Vertreter „im Kopf gespeichert“ hat oder anderweitig – etwa auf einem Datenträger – zum Abruf bereithält, und zwar unabhängig davon, ob sie sodann bei Vertragsabschluss schriftlich fixiert werden oder es bei mündlichen Absprachen bewendet67 (siehe noch Rz. 33 ff.). Wohl aber kann der äußeren Form als Indiz für das Vorliegen von AGB nach den Regeln des Anscheinsbeweises Bedeutung zukommen (Rz. 61). Die Vorformulierung setzt voraus, dass die betreffenden Teile des Vertragsangebots des Verwenders von ihm nicht ad hoc für den konkreten Vertragsschluss entworfen, sondern als Grundlage oder Rahmen für gleichartige Rechtsverhält-

65 Begr. RegE AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 16. 66 So auch BGH v. 30.9.1987 – IVa ZR 6/86, NJW 1988, 410; BGH v. 12.6.2001 – XI ZR 274/00, NJW 2001, 2635 (2636); BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, ZIP 2012, 1679 (Tz. 12); OLG Köln v. 16.12.1994 – 19 U 84/94, NJW-RR 1995, 758; Wolf/Pfeiffer Rz. 14; Bamberger/Roth/Becker Rz. 16; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 9; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 6; Staudinger/Schlosser Rz. 22; a.A. noch Staudinger/Schlosser, 12. Aufl. 1983, § 1 AGBG Rz. 16; vgl. auch unten Rz. 36. 67 BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108 (111) = NJW 1999, 2180; BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, ZIP 2014, 1369 (Tz. 20 f.) (betr. Bearbeitungsentgelt in OnlineDarlehensvertrag); OLG Dresden v. 8.7.1998 – 8 U 3612/97, BB 1999, 228; AG Hamburg v. 7.11.1996 – 8a C 1727/95, NJW-RR 1997, 559; siehe ferner BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49 (Tz. 20) (mündliche oder durch betriebliche Übung begründete Vertragsbedingung); BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, ZIP 2012, 1679 (Tz. 12) (mündliche Zusage pauschalierter Vergütung von Überstunden); Palandt/Grüneberg Rz. 8; speziell zu auf dem Rechner einer Anwaltskanzlei vorgehaltenen Vertragsmustern Löhnig/ Jerger GWR 2013, 239.

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nisse mit verschiedenen Kunden aufgestellt sind68. Das folgt neben dem Merkmal der Vielzahl in § 305 Abs. 1 Satz 1 (Rz. 23) auch daraus, dass AGB ein typisches Phänomen des Massenverkehrs sind und hierdurch ihr Gepräge erhalten (Einl. Rz. 4). Die Vorformulierung muss nicht durch den Verwender selbst oder in seinem Auftrag erfolgt sein; sie kann auch von einem beliebigen Dritten (dem Empfehler) ausgehen69, wie dies insbesondere bei Verwendung von Vertragsmustern der Fall ist (s. noch Rz. 31 ff.). Zur Beurteilung hand- oder maschinenschriftlicher Ergänzungen vgl. Rz. 34; zur Vorformulierung mündlicher Abreden „im Kopf“ des Verwenders vgl. Rz. 36, zu vorformulierten Einzelverträgen zwischen Unternehmer und Verbraucher siehe § 310 Rz. 79 ff. 22

Das Erstellen eines Vertragsentwurfs für den Abschluss eines Einzelvertrags mit einem konkreten Vertragspartner als Kunden ist – vorbehaltlich der Sonderregelung über Einzel-Verbraucherverträge in § 310 Abs. 3 Nr. 2 – nicht als Vorformulieren anzusehen70. Das gilt auch dann, wenn der ausgehandelte Entwurf später gegenüber einer Mehrzahl sonstiger Vertragspartner als vorformulierter Text Verwendung findet71. Nur den weiteren Vertragspartnern gegenüber ist der AGBCharakter der vorformulierten Vertragsbedingungen daher zu bejahen, soweit nicht bereits der erste Vertragsentwurf in der Absicht späterer genereller Verwendung erstellt wurde72. Diese Differenzierung beruht nach dem Schutzzweck des AGB-Rechts auf dem Umstand, dass der Anbieter beim erstmaligen, noch nicht zur Verallgemeinerung bestimmten Gebrauch des Vertragsangebots i.d.R. Änderungswünschen des anderen Teils offener gegenübersteht und nicht etwa das Ziel verfolgt, diesen zur „Unterwerfung unter die vorformulierte Vertragsordnung“ zu veranlassen73. Erfolgt die Vorformulierung mit der Absicht, die Vertragsbedingungen auch künftigen Verträgen mit demselben Kunden zugrundezulegen, so steht das nach dem Schutzzweck der §§ 305 ff. der Bejahung des AGB-Charakters nicht entgegen74 (vgl. auch Rz. 24). Zur Frage einer Inhaltskontrolle der für einen Einzelfall vorformulierten Vertragsbedingungen nach § 242 vgl. Rz. 80 f.

68 BGH v. 7.11.1995 – XI ZR 235/94, NJW 1996, 249 (250); zu eng Maier-Reimer/Niemeyer NJW 2015, 1713 (1716), die im Zusammenhang mit M&A-Verträgen darauf abstellen, dass der gesamte Vertragstext vorformuliert ist. 69 BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 12) = ZIP 2010, 628; BGH v. 2.11.1983 – IVa ZR 86/82, WM 1983, 1408; LG München v. 2.3.1998 – 11 HKO 20623/97, I WM 1998, 1285 (1286); Staudinger/Schlosser Rz. 21; Wolf/Pfeiffer Rz. 14; MünchKomm/Basedow Rz. 14; Erman/Roloff § 305 Rz. 9; zu § 1 AGBG Ulmer DNotZ 1981, 86 f.; am Beispiel von kreditvertraglich vereinbarten Covenants Nouvertné ZIP 2012, 2139 (2143). 70 BGH WM 1974, 37 f.; vgl. auch BGH v. 22.9.1987 – IX ZR 220/86, WM 1987, 1430 (1431); BGH v. 29.5.1989 – II ZR 220/88, NJW 1989, 2683 (2685); BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, NJW 1999, 2180 (2181); BGH v. 13.9.2001 – VII ZR 487/99, ZIP 2001, 1921; Staudinger/Schlosser Rz. 21; Wolf/Pfeiffer Rz. 15; zu den Folgen für das Auktionsverfahren im Rahmen von Unternehmenskäufen siehe Habersack/Schürnbrand in FS Canaris, 2007, S. 359 (369). 71 So auch BGH v. 2.3.1994 – XII ZR 175/92, WM 1994, 1136 (1137). 72 Vgl. BGH v. 8.6.1979 – V ZR 191/76, NJW 1979, 2387 (2388); BGH v. 4.5.2000 – VII ZR 53/99, ZIP 2000, 1535 (1536 f.); Wolf/Pfeiffer Rz. 15; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 11. 73 Krit. zu dieser Unterscheidung aber Michalski/Römermann ZIP 1993, 1434 (1436 f.). 74 So zutr. BGH v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, NJW 2004, 1454 (1455); abw. noch 9. Aufl. (Ulmer) § 1 AGBG Rz. 22.

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c) Vielzahl Das Merkmal der Vielzahl betont ebenso wie dasjenige der Vorformulierung den 23 nicht an der individuellen Vertragsbeziehung, sondern am Massengeschäft ausgerichteten Charakter der AGB75. Darauf, ob die Vertragsbedingungen tatsächlich in eine Vielzahl von Rechtsgeschäften Eingang gefunden haben, kommt es nicht an; entscheidend ist der mit der Vorformulierung verfolgte Zweck und damit die Absicht der Mehrfachverwendung (Rz. 24 f.)76. Unerheblich ist auch, ob die Verwendung gegenüber verschiedenen Vertragspartnern beabsichtigt ist; das Vielzahlerfordernis ist auch dann erfüllt, wenn die mehrfache Verwendung gegenüber einem bestimmten Vertragspartner beabsichtigt ist77 (siehe aber auch Rz. 24 a.E.). Zum Verzicht auf die „Vielzahl“ bei Einzel-Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 vgl. § 310 Rz. 79. aa) Unbestimmte Zahl Ist wie im Regelfall der vorformulierte Text für eine unbestimmte Zahl künftiger Verwendungen bestimmt, so ist das Merkmal der Vielzahl schon deshalb erfüllt; darauf, in wie viele Rechtsgeschäfte der vorformulierte Text de facto Eingang gefunden hat, kommt es nicht an78. Greift der Verwender, sei es auch nur in einem Einzelfall (z.B. Veräußerung einer Eigentumswohnung), auf von einem Dritten vorformulierte Vertragsmuster oder Formulare zurück, so ist dem Merkmal der Vielzahl ebenfalls genügt79. Sind die Bedingungen dagegen vom Verwen75 Vgl. auch BGH v. 8.5.1973 – IV ZR 158/71, BGHZ 60, 377 (380); NJW 1975, 165 (166). Das Merkmal der Vielzahl grundsätzlich ablehnend und für Gleichbehandlung auch vorformulierter Individualverträge mit AGB aber Kramer ZHR 146 (1982), 110 ff. (vgl. auch Rz. 80 f.). 76 Ganz h.M., vgl. BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, NJW 1999, 2180 (2181); BGH v. 4.5.2000 – VII ZR 53/99, NJW 2000, 2988 (2989); BGH v. 27.9.2001 – VII ZR 388/00, NJW 2002, 138 (139); BGH v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, NJW 2004, 1454 (1455); OLG Düsseldorf v. 13.2.1997 – 6 U 137/96, NJW-RR 1997, 1147; OLG Frankfurt v. 21.11.1985 – 6 U 20/85, WM 1986, 680; OLG München v. 2.4.1982 – 23 U 4208/81, DB 1982, 1003 (1004); OLG Hamm v. 27.2.1981 – 4 REMiet 4/80, NJW 1981, 1049; OLG Stuttgart v. 3.10.1978 – 8 W 340/78, NJW 1979, 222 (223); vgl. auch OLG Frankfurt v. 22.11.1990 – 6 U 161/89, NJW 1991, 1489 (1490) (betr. einen aus Textbausteinen zusammengesetzten Verlagsvertrag), wonach es für die Vielzahl allein auf die einzelne Klausel ankommt, der Vertrag als solcher also durchaus „maßgeschneidert“ sein kann; MünchKomm/Basedow Rz. 18; Staudinger/Schlosser Rz. 19; Wolf/Pfeiffer Rz. 15; Bamberger/Roth/Becker Rz. 24; PWW/Berger Rz. 6; Schippel/Brambring DNotZ 1977, 144; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 7; a.A. Löwe/Trinkner § 1 AGBG Rz. 8; Michalski/Römermann ZIP 1993, 1434 (1436 f.). 77 BGH v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, NJW 2004, 1454 (1455); BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746 (Tz. 20). 78 H.M., vgl. BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600; BGH v. 26.9.1996 – VII ZR 318/95, NJW 1997, 135; MünchKomm/Basedow Rz. 18; Staudinger/Schlosser Rz. 19; Wolf/Pfeiffer Rz. 15; vgl. auch Erman/Roloff § 305 Rz. 11. 79 H.M., vgl. BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 10) = ZIP 2010, 628; BGH v. 24.11.2005 – VII ZR 87/04, WM 2006, 247 (249); BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 277/04, ZIP 2005, 1604; BGH v. 4.5.2000 – VII ZR 53/99, ZIP 2000, 1535 (1537); BGH v. 16.11.1990 – V ZR 217/89, NJW 1991, 843; ArbG Ulm NZA-RR 2009, 298 (299) (MusterSpielervertrag des DFB); ebenso Erman/Roloff § 305 Rz. 11; MünchKomm/Basedow Rz. 19; Wolf/Pfeiffer Rz. 15; PWW/Berger Rz. 5; a.A. BGH v. 13.9.2001 – VII ZR 487/99, ZIP 2001, 1921 und Michalski/Römermann ZIP 1993, 1434 (1437 f., 1443 f.), wonach es allein auf den Verwender selbst ankommen soll; dieser müsse sich in mindestens drei Fällen tatsächlich eines Vertragsmusters bedienen; zu eng auch Kirchner/Giessen BB

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der selbst oder in seinem Auftrag vorformuliert, so ist das Merkmal der Vielzahl nur gegeben, wenn er schon bei ihrer erstmaligen Einbeziehung beabsichtigt, sie auch künftigen Verträgen gleicher Art mit diesem (Rz. 22 a.E.) oder anderen Kunden zugrunde zu legen, und wenn er seine Geschäftspraxis erkennbar hieran ausrichtet. Hieran fehlt es, wenn die Vertragsbedingungen gegenüber mehreren Bietern verwendet werden, indes nur der Abschluss eines Vertrags gewollt ist, und zwar selbst dann, wenn die Beteiligten für die Durchführung eines bestimmten (Bau-)Vorhabens einheitliche Vertragsbedingungen nicht in einem einzigen Vertragswerk, sondern unter Aufspaltung in mehrere Einzelverträge mit denselben Parteien und weitgehend gleichem Inhalt niederlegen80. Werden inhaltlich übereinstimmende Vertragsbedingungen einer Mehrzahl von Rechtsgeschäften zugrunde gelegt, so begründet das die Vermutung für ihren Charakter als AGB81. Entsprechendes gilt im Fall eines gleich bleibenden, für Standardisierung sprechenden Regelungsinteresses des Verwenders82. Vgl. dazu näher Rz. 61. bb) Bestimmte Zahl 25

Die Vertragsbedingungen fallen auch dann unter die AGB-Definition, wenn sie zur Verwendung in einer bestimmten Zahl von Rechtsgeschäften aufgestellt sind83. Das für die Qualifikation als AGB entscheidende Kriterium der nicht auf Einzelfälle beschränkten, generellen Verwendung verändert sich nicht dadurch, dass der Kreis der in Betracht kommenden Vertragspartner des Verwenders von vornherein feststeht84. Daher werden grundsätzlich auch vorformulierte Verträge über den Verkauf einer begrenzten Zahl von Eigentumswohnungen eines Neubaus (BGHZ 150, 226, 230 = NJW 2002, 2470; NJW 1981, 2344, 2345) oder über die Bestellung einer bestimmten Zahl von Erbbaurechten (BGH NJW 1979, 2387) sowie die Einheitsverträge mit Zwischenhändlern im Rahmen eines geschlossenen Vertriebssystems erfasst85 (s. Teil 2, (57) Vertragshändlerverträge Rz. 1 ff.), ferner Standardlizenzverträge mit einer begrenzten Zahl ausschließlicher Lizenznehmer oder Verlagsverträge mit den Autoren eines Sammelwerks, soweit die betreffenden Vertragspartner nicht ausnahmsweise selbst maßgebend auf die Ausgestaltung der Verträge Einfluss nehmen (Rz. 59). Hinsichtlich der

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2015, 515 (517), die bei M&A-Verträgen generell Mehrfachverwendungsabsicht leugnen. BGH v. 2.10.1991 – XI ZR 92/90, WM 1991, 2069 (2070); vgl. auch BGH v. 26.9.1996 – VII ZR 318/95, NJW 1997, 135 und BGH v. 24.11.2005 – VII ZR 87/04, WM 2006, 247 (249) (Verwendung gegenüber einer Mehrzahl von Bietern in einer einmaligen Ausschreibung genügt nicht); für das Bieterverfahren im Rahmen eines Unternehmenskaufs Habersack/Schürnbrand in FS Canaris, 2007, S. 359 (369). So auch BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, NJW 1999, 2180 (2181) bei handschriftlicher Ergänzung in 15% aller Verträge während eines Dreijahreszeitraums. Anders noch BGH v. 29.5.1989 – II ZR 220/88, WM 1989, 1246 (1249) betr. die wiederholte Verwendung einer Vertragsbeendigungsklausel in den Vorstandsverträgen einer AG; dem im Grundsatz folgend auch OLG Köln v. 12.10.1995 – 18 U 47/95, ZIP 1996, 631 (632). BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 (Absicherung von Investorenpflichten gegenüber der Treuhandanstalt durch Vertragsstrafeversprechen); für von einer Anwaltskanzlei entworfene Musterverträge Löhnig/Jerger 2013, 239 (240). H.M., vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 20; Wolf/Pfeiffer Rz. 16; Erman/Roloff § 305BGB Rz. 11; MünchKomm/Basedow Rz. 18; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 7; a.A. Keller MDR 1977, 184. Begr. RegE AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 16 unter Hinweis auf die teilweise abweichende frühere Rechtsprechung, vgl. BGH v. 29.9.1960 – II ZR 25/59, BGHZ 33, 216 (218). Ulmer Der Vertragshändler, 1969, S. 359 ff.

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Frage, wie viele Verwendungsfälle für eine bestimmte „Vielzahl“ mindestens erforderlich sind, gingen die Meinungen früher auseinander86. Nach inzwischen h.M. ist eine Mindestzahl von drei Fällen als ausreichend anzusehen, da jedenfalls von dieser Größenordnung an ein Interesse des Verwenders an einheitlicher Ausgestaltung der Verträge unter Ablehnung von Änderungswünschen zu erwarten ist87. d) Veranlassung der Einbeziehung durch den Verwender („Stellen“) aa) Einbeziehungsvorschlag und Verwenderbegriff Vierte und letzte Voraussetzung der Begriffsbestimmung in § 305 Abs. 1 Satz 1 ist, dass der Verwender die vorformulierten Vertragsbedingungen der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Dieses Merkmal darf entgegen früher verbreiteter und auch heute noch begegnender Ansicht88 nicht dahin missverstanden werden, dass die Vertragsbedingungen dem anderen Teil auferlegt, d.h. vom Verwender ohne reale Verhandlungsbereitschaft oder auf Grund entsprechender Machtposition einseitig durchgesetzt werden müssen. Eine derartige, den Anwendungsbereich des AGB-Rechts einschränkende Auslegung stünde in Widerspruch zum Schutzzweck der §§ 305 ff. (Einl. Rz. 47 f.) und liefe zudem Gefahr, durch den ihr zu Grunde liegenden strikten Gegensatz zum Aushandeln die Ausnahmevorschrift des § 305 Abs. 1 Satz 3 leer laufen zu lassen89. Auch die Regelung des § 310 Abs. 3 Nr. 1 über die Fiktion des Stellens bei Standard-Verbraucherverträgen (§ 310 Rz. 71 ff.) spricht gegen das Erfordernis einseitiger Durchsetzung im Fall des § 305 Abs. 190. Aufgabe des Merkmals „Stellen“ ist es vielmehr, die Rolle des Verwenders, an die das AGB-Recht zahlreiche Rechtsfolgen knüpft, derjenigen Partei zuzuweisen, auf deren Veranlassung die

86 Die in der Diskussion genannten Zahlen variierten zwischen zwei und mehr als 20 Fällen, vgl. Nachw. in 8. Aufl. (Ulmer) § 1 AGBG Rz. 25. 87 So BGH v. 15.4.1998 – VIII ZR 377/96, NJW 1998, 2286 (2287); BGH v. 27.9.2001 – VII ZR 388/00, NJW 2002, 138 (139); BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746 Rz. 20; NZA-RR 2009, 18 Rz. 27; OLG München v. 2.2.2005 – 27 U 146/04, WM 2005, 931; dem folgend MünchKomm/Basedow Rz. 18; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 11; Palandt/Grüneberg Rz. 9; Bamberger/Roth/Becker Rz. 23; PWW/Berger Rz. 5; vgl. auch BGH WM 1984, 1610 (1611) (drei bis vier Verträge) sowie BGHZ 150, 226 (230) = NJW 2002, 2470 und zuvor schon WM 1981, 944 (946), wonach jedenfalls fünf Verwendungsfälle ausreichen; generell gegen eine abstrakte zahlenmäßige Festlegung und für ein Abstellen auf den Vertragstyp und die Zeitintervalle zwischen den einzelnen Vertragsabschlüssen noch Staudinger/Schlosser, 12. Aufl. 1983, § 1 AGBG Rz. 17a (anders jetzt Staudinger/Schlosser Rz. 20). 88 So namentlich Wolf/Pfeiffer Rz. 30; ferner Kästle NZG 2014, 288 (289 ff.), Kaufhold ZIP 2010, 631 (632), Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 (161 ff.) und Maier-Reimer/Niemeyer NJW 2015, 1713 (1718), jew. für M&A-Verträge; zu § 1 AGBG MünchKomm/Kötz, 3. Aufl. 1993, § 1 AGBG Rz. 10; Fehl Systematik, S. 156; von Falkenhausen BB 1977, 1124 (1127); Lieb DNotZ 1989, 291 (294); Pawlowski BB 1978, 161; Reich ZVP 1978, 241 f.; tendenziell auch BGH v. 21.2.1980 – III ZR 185/77, NJW 1980, 1574 (1575); OLG Stuttgart v. 26.6.1986 – 2 W 21/86, WM 1987, 114; Gegenansichten in Fn. 89, 91. 89 So zutr. namentlich Jaeger NJW 1979, 1569 (1571); Pflug S. 302 ff.; Willemsen NJW 1982, 1123; gegen das Erfordernis einseitiger Durchsetzung auch die h.M., vgl. dazu sowie zu Gegenstimmen die Nachw. in Fn. 91 f. und OLG Düsseldorf v. 5.4.1990 – 6 U 167/89, NJW-RR 1990, 1311; so zu § 1 AGBG auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 13; Koch/Stübing § 1 AGBG Rz. 20; Bunte ZIP 1984, 1420; Hensen JA 1981, 135; Sonnenschein NJW 1980, 1489 (1491 f.); Tilmann ZHR 142 (1978), 59; Ulmer ZVP 1978, 251. 90 So auch Heinrichs NJW 1996, 2190 (2192) a.A. Kästle NZG 2014, 288 (290).

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Einbeziehung der vorformulierten Bedingungen in den Vertrag zurückgeht91. Dem AGB-Recht liegt, seinem Schutzzweck (Einl. Rz. 51) entsprechend, eine Antinomie zwischen Verwender und Kunde zugrunde; seine Rechtsfolgen sind dazu bestimmt, den Kunden vor einseitiger Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Verwender zu schützen. Das macht es erforderlich, im Rahmen der AGB-Definition auch die Verwenderrolle festzulegen, d.h. diejenige Vertragspartei zu bestimmen, der die Einbeziehung der AGB zuzurechnen ist92. Unerheblich ist, wer die AGB entworfen hat (Rz. 21) und ob derjenige, der sie in den Vertrag einführt, die Absicht mehrmaliger Verwendung hat (Rz. 24). Auch kann nicht vom Inhalt der AGB auf die Verwendereigenschaft geschlossen und die Verwendereigenschaft demjenigen zugewiesen werden, der durch die AGB begünstigt wird (Rz. 27, 29). 27

Verwender ist danach regelmäßig derjenige, von dem das Angebot zur Einbeziehung der AGB in den konkreten Vertrag ausgeht, mag er über ein (wirtschaftliches oder intellektuelles) Übergewicht verfügen oder nicht93. Vertreterhandeln wird zugerechnet, ebenso das Handeln eines – weisungsgebundenen oder weisungsunabhängigem – Abschlussgehilfen94. Verwender ist jedoch auch, wer den anderen Teil – etwa auf einem vorgedruckten Auftragsformular – dazu veranlasst, in sein Angebot die Einbeziehung der AGB mit aufzunehmen95. Mit Sinn 91 Heute ganz h.M., vgl. BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 (Tz. 23) = NJW 2014, 1725; BGH v. 20.2.2014 – IX ZR 137/13, ZIP 2014, 1087 (Tz. 9); BGH v. 1.3.2013 – V ZR 31/12, NJW-RR 2013, 1028 (Tz. 17); BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 12) = ZIP 2010, 628 (betr. die Einbeziehung eines im Handel erhältlichen Vertragsmusters, dazu noch Rz. 29); ferner BGH v. 22.7.2009 – IV ZR 74/08, NZG 2009, 1224 (Tz. 3); BGH v. 24.5.1995 – XII ZR 172/94, BGHZ 130, 50 (57 f.) = NJW 1995, 2034; BGH v. 30.6.1994 – VII ZR 116/93, BGHZ 126, 327 (332) = NJW 1994, 2825; BGH v. 20.3.1985 – IVa ZR 223/83, NJW 1985, 2477; BGH v. 7.12.1983 – IVa ZR 52/82, WM 1984, 240 (241); BGH v. 28.2.1983 – II ZR 31/82, RIW 1983, 377 (378); BGH v. 11.2.1981 – VIII ZR 335/79, NJW 1981, 1511 (1512); OLG Hamburg v. 31.7.1985 – 5 U 133/84, DB 1986, 112; OLG Frankfurt v. 21.11.1985 – 6 U 20/85, ZIP 1986, 374 (375); OLG Köln v. 22.10.1993 – 19 U 34/93, NJW 1994, 59; Staudinger/Schlosser Rz. 26; PWW/Berger Rz. 6; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 12; Palandt/Grüneberg Rz. 10; Stoffels Rz. 132; wohl auch MünchKomm/Basedow Rz. 21; Bamberger/Roth/Becker Rz. 25; vgl. auch BGH v. 7.2.1996 – IV ZR 16/95, NJW 1996, 1676 (1677), wonach eine vorformulierte Klausel betr. die Vertragsdauer trotz einer dem Kunden eingeräumten Wahlmöglichkeit „gestellt“ bleibt (näher dazu Rz. 56). 92 So auch BGH v. 30.6.1994 – VII ZR 116/93, BGHZ 126, 327 (332) = NJW 1994, 2825; MünchKomm/Basedow Rz. 21; a.A. Garrn NJW 1980, 2782 (2783); Kramer ZHR 146 (1982), 115. 93 S. die Nachw. in Fn. 91, darunter insb. BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 12) = ZIP 2010, 628; Palandt/Grüneberg Rz. 10. 94 BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, NJW 1999, 2180 (2181); OLG Dresden v. 8.7.1998 – 8 U 3612/97, BB 1999, 228; für einen vom Kunden (Versicherungsnehmer) beauftragten Versicherungsmakler siehe hingegen BGH v. 22.7.2009 – IV ZR 74/08, NZG 2009, 1224. 95 BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, ZIP 2014, 1369 (Tz. 23 ff.) betr. Online-Kreditgeschäft: „Stellen“ auch bei Ergänzung der Vertragsmaske um anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrags errechnetes Bearbeitungsentgelt; BGH v. 4.3.1997 – X ZR 141/95, NJW 1997, 2043 (2044) und BGH v. 9.3.2006 – VII ZR 268/04, NJW-RR 2006, 740 (741): Schließt Verfasser von AGB Verträge i.d.R. nur unter deren Einbeziehung, so ist er auch dann Verwender der AGB, wenn sein Vertragspartner sie im Hinblick auf diese Übung – in vorauseilendem Gehorsam – in sein Angebot aufgenommen und damit formal in den Vertrag eingeführt hat; s. ferner BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, NJW 1988, 2536; Schlechtriem in FS Duden, 1977, S. 574 f.; MünchKomm/Basedow Rz. 25; Erman/Roloff

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und Zweck des AGB-Rechts wäre es unvereinbar, in diesem Fall auf Grund formaler Betrachtung den anderen Teil zum Verwender zu machen und den wirklichen Verwender vor seinen eigenen AGB zu schützen96. Für die Verwendereigenschaft reicht es allerdings nicht aus, dass sich eine der Vertragsparteien die auf beiderseitigen Wunsch in den Vertrag einbezogenen vorformulierten Klauseln inhaltlich zunutze macht (vgl. Rz. 29). Besondere Schwierigkeiten hat der Rechtsprechung die Bestimmung der Ver- 27a wenderrolle bei Bauherrenmodellen bereitet. Ihnen liegt typischerweise ein Bündel von rechtlich und wirtschaftlich zusammenhängenden, vorformulierten Verträgen zugrunde, die vom Treuhänder als Vertreter der Bauherren über die verschiedenen für das Bauvorhaben vorgesehenen Leistungen abgeschlossen werden97. Die Vertragsentwürfe sind meist schon erstellt, wenn mit dem Vertrieb, d.h. der Werbung von Bauherren für das Bauprojekt begonnen wird. Die Bauherren haben auf den notwendig einheitlichen Inhalt der einzelnen Verträge meist keinen Einfluss; ihnen wird allenfalls die Wahl hinsichtlich bestimmter, für das Projekt nicht unverzichtbarer, standardisierter Leistungen wie Finanzierungsvermittlung, Garantieübernahme u.a. eingeräumt. Für die Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf die vorformulierten Verträge entscheidend ist in derartigen Fällen, ob die Initiatoren hinsichtlich der mit den Bauherren abgeschlossenen Verträge als Verwender anzusehen sind, d.h. als diejenigen, die die Vertragsbedingungen „stellen“. Das ist entgegen einer zunächst deutlich zurückhaltenden Rechtsprechung98 jedenfalls in denjenigen – typischen – Fällen zu bejahen, in denen die Konzeption des Bauherrenmodells auf die Initiatoren zurückgeht oder in ihrem Auftrag entwickelt worden ist99; eine Ausnahme gilt bei Modellen, in denen die Vereinbarungen über die verschiedenen Leistungen von einer unabhängigen Vertriebsgesellschaft als Vermittler zusammengestellt werden100. Der Umstand, dass ein – häufig selbst an der Erarbeitung der Entwürfe beteiligter – Treuhänder formal als Vertreter der Bauherren auftritt und in dieser Eigenschaft auf den Abschluss der Formularverträge hinwirkt, steht der Anwendung des AGB-Rechts zum Schutze der Bauherren jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Treuhänder entweder dem Interessenkreis der Initiatorengruppe zuzurechnen ist101 oder wenn er vor Übernahme der Treuhandschaft an der Er-

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§ 305 BGB Rz. 12; PWW/Berger Rz. 8; siehe aber auch BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 271/07, NZA-RR 2009, 18 Rz. 27: Annahme inhaltsgleicher und auf Betriebsvereinbarung zurückgehender Änderungsangebote mehrerer Arbeitnehmer durch Arbeitgeber begründet kein Stellen der Vertragsbedingungen. So zutr. BGH v. 4.12.1986 – VII ZR 354/85, BGHZ 99, 160 (161) = NJW 1987, 837. Vgl. statt aller Bartsch NJW 1986, 28 f.; Wagner BB 1984, 1758 f.; jeweils m.w.N. Vgl. etwa BGH v. 7.12.1983 – IVa ZR 52/82, WM 1984, 240 (242); OLG Hamburg v. 31.7.1985 – 5 U 133/84, DB 1986, 112; LG München v. 9.11.1983 – 15 S 12971/83, I BB 1984, 1773; anders dann BGH v. 20.3.1985 – IVa ZR 223/83, NJW 1985, 2477; ebenso OLG Hamburg v. 17.2.1984 – 11 U 141/83, BB 1984, 934 und OLG Celle v. 25.7.1985 – 14 U 223/84, NJW 1986, 260 (261) in Fällen, in denen die Verwenderrolle des Vertragspartners (Initiators) offenbar problemlos zu bejahen war. So zutr. Bartsch NJW 1986, 28 f. und Wagner BB 1984, 1758 f.; ebenso BGH v. 20.3.1985 – IVa ZR 223/83, NJW 1985, 2477 bei Einschaltung des (späteren) Treuhänders in die Erstellung der Formularverträge im Auftrag des Initiators; bestätigt durch BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, WM 1992, 1989 (1992); BGH v. 30.6.1994 – VII ZR 116/93, BGHZ 126, 327 (332) = NJW 1994, 2825. Vgl. zu dieser Konstellation Wagner BB 1984, 1759. Bartsch NJW 1986, 30; Brych BB 1985, 160; wohl auch BGH v. 30.6.1994 – VII ZR 116/93, BGHZ 126, 326 (333) = NJW 1994, 2825; OLG München v. 8.10.1980 – 27 U

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arbeitung der Entwürfe in der Konzeptionsphase mitgewirkt hat102. Entgegen der älteren Rechtsprechung103 können sich die Bauherren im Wege des Anscheinsbeweises auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen berufen, da das Bestehen derartiger Verbindungen zwischen der Initiatorengruppe und dem meist von ihr ausgewählten Treuhänder typisch, der Nachweis ihres Vorliegens für die Bauherren als Außenstehende aber gewöhnlich nur schwer zu führen ist104. Im Übrigen handelt es sich vielfach um Verbraucherverträge, so dass die Fiktion des Stellens gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 zur Anwendung gelangt (§ 310 Rz. 71 ff.). 28

Der Zeitpunkt des Stellens („bei Abschluss eines Vertrages“) ist für den Verwenderbegriff nicht entscheidend. Auch wenn über die vorformulierten Bedingungen nicht schon bei den Vertragsverhandlungen gesprochen wird, sondern sie auf Vorschlag einer Seite erst nachträglich durch Vertragsänderung einbezogen werden sollen, ist die AGB-Definition des § 305 Abs. 1 erfüllt105; dem vorschlagenden Vertragspartner kommt die Rolle des Verwenders zu. Auch ein Klauselhinweis nach Vertragsschluss in einer Auftragsbestätigung106 oder auf Rechnungsformularen durch Stempelaufdruck u.a. macht mit Rücksicht auf den darin liegenden Einbeziehungsvorschlag den Verkäufer zum Verwender der betreffenden Klauseln. Das gilt auch dann, wenn der Vorschlag nicht zu einer Änderung des Vertragsinhalts durch Einverständnis des Kunden führt; die Voraussetzungen für die Erhebung einer Kontrollklage nach § 1 UKlaG sind dadurch erfüllt107. bb) Beiderseitiger Einbeziehungsvorschlag und vergleichbare Gestaltungen

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Bei der Einbeziehung von Vertragsmustern oder vorformulierten Bedingungen, die von dritter Seite aufgestellt sind, wird der Einbeziehungsvorschlag nicht selten entweder von beiden Vertragspartnern gemacht oder er geht zwar von der einen Seite aus, entspricht jedoch inhaltlich dem übereinstimmenden Willen beider Seiten. Zum davon zu unterscheidenden Fall sich kreuzender AGB vgl. Rz. 182 ff. Derartige Fallgestaltungen kommen namentlich dann vor, wenn die Beteiligten sich auf die Geltung der VOB einigen (vgl. näher Teil 2, (58) VOB/B Rz. 3), wenn sie ihren Beziehungen ein im Handel erhältliches Vertragsmuster (Gebraucht-

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303/80, NJW 1981, 2472; dahingestellt lassend noch BGH v. 7.12.1983 – IVa ZR 52/82, WM 1984, 240 (242); enger – für Erfordernis missbräuchlichen Zusammenwirkens – Wolf/Pfeiffer Rz. 30. BGH v. 20.3.1985 – IVa ZR 223/83, NJW 1985, 2477; OLG Hamburg v. 31.7.1985 – 5 U 133/84, DB 1986, 112; Stoffels Rz. 133; so zu § 1 AGBG auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 14. BGH v. 7.12.1983 – IVa ZR 52/82, WM 1984, 240 (242); OLG Hamburg v. 31.7.1985 – 5 U 133/84, DB 1986, 112; LG München v. 9.11.1983 – 15 S 12971/83, I BB 1984, 1773. Für Beweislastumkehr aber Brych BB 1984, 159 f.; dem folgend Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 15; a.A. wohl BGH v. 7.12.1983 – IVa ZR 52/82, WM 1984, 240 (242). OLG Frankfurt v. 9.5.1985 – 6 U 93/84, WM 1986, 570 (571); Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 12. BGH v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 (381) = NJW 1987, 1634. BGH v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 (381) = NJW 1987, 1634 mit zust. Anm. von M. Wolf JZ 1987, 727 f.; KG v. 15.2.1984 – 23 U 4544/83, NJW 1985, 151; LG Berlin bei Bunte AGBE III § 1 Nr. 11; LG Saarbrücken bei Bunte AGBE III § 13 Nr. 12a; LG München I bei Bunte AGBE IV § 1 Nr. 13; LG Stuttgart bei Bunte AGBE IV § 1 Nr. 11.

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wagenkaufvertrag, Mustermietvertrag u.a.) zugrundelegen108 oder wenn zwar eine Seite einen Textvorschlag unterbreitet, die andere Seite jedoch über die effektive Möglichkeit verfügt, einen alternativen Textvorschlag durchzusetzen109. Sie sind von solchen Fällen zu unterscheiden, in denen jede Seite bestimmte Klauseln vorschlägt und insoweit zum Verwender wird.110 Wollte man in derartigen Fällen, bei beiderseitigem Einbeziehungsvorschlag, beide Vertragspartner zugleich als Verwender und als Kunde behandeln111, so wäre das mit dem Zweck der §§ 305 ff. unvereinbar, den einen Vertragsteil gegen die einseitige Interessenverfolgung durch den anderen Teil zu schützen112. Gleiches muss aber auch für diejenigen Fälle gelten, in denen es letztlich vom Zufall oder von der zeitlichen Reihenfolge der beiderseitigen Willenserklärungen abhängt, welche der Parteien als erste auf die Einbeziehung der AGB verweist; für eine Zurechnung des Einbeziehungsvorschlags gegenüber einem der Vertragspartner unter entsprechender Verteilung der Rollen von Verwender und Kunde ist hier kein Raum113. Mit Systematik und Regelungszweck des AGB-Rechts unvereinbar wäre es schließlich auch, in derartigen Fällen aus dem Inhalt der Bedingungen auf die Verwendereigenschaft zu schließen und jeweils denjenigen Vertragspartner als Verwender anzusehen, den die betreffende Klausel unangemessen begünstigt114. Zur entspr. Anwendung dieser Grundsätze auch auf Standardverbraucherverträge vgl. § 310 Rz. 76. Das Fehlen eines bestimmten Verwenders und das dadurch bedingte grundsätzliche Nichteingreifen des AGB-Rechts schließen es allerdings nicht aus, einzel108 Dazu BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 13 ff.) = ZIP 2010, 628 Rz.; BGH v. 20.2.2014 – IX ZR 137/13, ZIP 2014, 1087 (Tz. 9); vgl. auch OLG Köln v. 11.10.1988 – 25 U 26/87, WM 1989, 93 (94) betr. die Verwendung der Richtlinien für den beleglosen Datenaustausch; s. dazu auch den – AGB-rechtlich unbedenklichen – Vorschlag von Schiffer/Weichel BB 2011, 1283 (1287), individualvertraglich zu vereinbaren, ob ein Vertragsentwurf als Diskussionsgrundlage zu verwenden ist, wer diesen zur Verfügung stellt und dass die andere Seite sodann Gegenvorschläge unterbreiten kann. 109 BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 18) = ZIP 2010, 628; BGH v. 20.2.2014 – IX ZR 137/13, ZIP 2014, 1087 (Tz. 9). 110 Zust. Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 12. 111 So namentlich Koch/Stübing § 1 AGBG Rz. 18; Schlechtriem in FS Duden, 1977, S. 576 f.; Sonnenschein NJW 1980, 1492; siehe ferner Staudinger/Schlosser Rz. 31. 112 Zu Recht ablehnend daher Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 12; Palandt/Grüneberg Rz. 13; Wolf/Pfeiffer Rz. 32; PWW/Berger Rz. 6; zu § 1 AGBG auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 15; Jaeger NJW 1979, 1572; Locher AGB, S. 22; Nicklisch/Weick VOB, 3. Aufl. 2001, Einl. Rz. 56; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 9; G. Stein S. 65; zumindest tendenziell (und jedenfalls die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. ablehnend) BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 21) = ZIP 2010, 628; vgl. auch OLG Köln v. 22.10.1993 – 19 U 34/93, NJW 1994, 59. 113 Ähnlich Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 (162); insoweit a.A. BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 16, 18) = ZIP 2010, 628 Rz.: Erforderlich sei, dass sich die Einbeziehung als das Ergebnis einer freien Entscheidung desjenigen darstelle, der vom anderen Vertragsteil mit dem Verwendungsvorschlag konfrontiert werde; dazu Kaufhold ZIP 2010, 631 (633); Koch BB 2010, 1810 (1813); von Westphalen ZIP 2010, 1110 ff.; Wittuhn NZG 2014, 131 (133 f.). 114 BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 13 f., 16) = ZIP 2010, 628; BGH v. 24.5.1995 – XII ZR 172/94, BGHZ 130, 50 (57) = NJW 1995, 2034; BGH v. 4.3.1997 – X ZR 141/95, NJW 1997, 2043 (2044); ferner Palandt/Grüneberg Rz. 12; a.A. OLG Düsseldorf v. 23.6.1994 – 10 U 152/93, BB 1994, 1521; MünchKomm/Basedow Rz. 28; Bartsch NJW 1986, 28 (31); auch noch BGHZ 74, 204 (211) = NJW 1979, 1406; NJW 1991, 1117.

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ne Vorschriften analog auf das Verhältnis der Vertragspartner anzuwenden115. Das gilt namentlich für die Einbeziehungs-, Auslegungs- und Gültigkeitsvorschriften der §§ 305c und 306; sie lassen sich, ebenso wie der Vorrang der Individualabrede (§ 305b), im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern auch ohne Zurechnung der Bedingungen zu einem bestimmten Verwender anwenden. Darüber hinaus sollte es in derartigen Fällen aber auch jedem der Vertragspartner möglich sein, sich im Rahmen der konkreten Inhaltskontrolle auf die Unangemessenheit vorformulierter Klauseln nach Maßgabe der §§ 307 bis 309 zu berufen116. Insoweit sind Rechtsanwendungsprobleme aus dem Fehlen der Möglichkeit, die vorformulierten Bedingungen dem einen Teil zuzurechnen, im Allgemeinen nicht zu erwarten. Dagegen ist für die besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2, für die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2117 oder für eine Kontrollklage nach § 1 UKlaG gegen einen oder beide Vertragspartner in derartigen Fällen kein Raum. cc) Drittbedingungen 31

Das Merkmal des Stellens, d.h. des von einer Vertragspartei ausgehenden Vorschlags zur Einbeziehung vorformulierter Vertragsbedingungen in einen konkreten Vertrag, führt schließlich auch dazu, von unabhängigen Dritten in den Vertrag eingeführte Vertragsbedingungen aus dem Anwendungsbereich des § 305 Abs. 1 auszuschließen; von Bedeutung ist dies für vom Betreiber einer InternetPlattform (Internet-Auktion u.a.) festgelegte Vertragsbedingungen, soweit nicht der Nutzungsvertrag, sondern der Inhalt118 des Vertrags zwischen zwei Teilnehmern in Frage steht119, sowie für von einem unabhängigen Dritten (Notar u.a.) nur intern als Arbeitshilfe herangezogene Vertragsmuster bzw. die auf ihrer Grundlage erstellten Verträge120 (s. ferner Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 6 (Chris115 So im Ergebnis auch Staudinger/Schlosser Rz. 31; Wolf/Pfeiffer Rz. 25; Stoffels Rz. 144; Canaris NJW 1988, 1243 (1245); zu § 1 AGBG auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 15; a.A. Medicus Zur gerichtlichen Inhaltskontrolle notarieller Verträge, 1989, S. 14; Nicklisch/ Weick VOB, 3. Aufl. 2001, Einl. Rz. 56; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 9. Für Inhaltskontrolle nach § 242 G. Stein S. 98 ff. 116 So im Ergebnis auch G. Stein S. 98 ff. (Kontrolle nach § 242) sowie – beschränkt auf Inhaltskontrollvorschriften ohne antinomischen Charakter – Staudinger/Schlosser Rz. 31. 117 So auch Wolf/Pfeiffer Rz. 25, wohl auch Staudinger/Schlosser Rz. 32. 118 Zur Relevanz der AGB des Unternehmens, das das Forum für die Auktion bietet, für das Zustandekommen des Vertrags s. BGH v. 8.6.2011 – VIII ZR 305/10, ZIP 2011, 2014 (Tz. 15 ff.); BGH v. 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, NJW 2005, 53; MünchKomm/Busche § 145 Rz. 14 m. umf. Nachw.; näher zur Problematik von den Vertragsschluss Dritter regelnder Marktplatzbedingungen und krit. zur Anwendbarkeit des AGB-Rechts Hellgardt AcP 213 (2013), 760 (802 ff.). 119 Vgl. OLG Hamm v. 14.12.2000 – 2 U 58/00, NJW 2001, 1142 (1143); Heiderhoff ZIP 2006, 793 ff.; offen gelassen von BGH v. 7.11.2001 – VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129 (137) = NJW 2002, 363. Zum AGB-Charakter der vom Teilnehmer an der Auktion (dem Verkäufer oder Käufer) selbst eingeführten Bedingungen siehe hingegen BGH v. 9.12.2009 – VIII ZR 219/08, ZIP 2010, 734; Berger ZGS 2007, 257 (258 f.). 120 So die h.M. in der Literatur (zur Rechtsprechung siehe Rz. 32), vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 54; PWW/Berger Rz. 7; Erman/Roloff § 305BGB Rz. 13; MünchKomm/Basedow Rz. 22; Bamberger/Roth/Becker Rz. 26; Palandt/Grüneberg Rz. 12; Wolf/Pfeiffer Rz. 31; Stoffels Rz. 134 ff.; Brambring in FS Heinrichs, 1998, S. 39 ff.; Brambring/Schippel NJW 1979, 1805 ff.; Bunte ZIP 1984, 1313 (1315); Habersack AcP 189 (1989), 403 (416 f.); Heinrichs RWS-Forum 13, 1998, S. 211 (215); Roth BB 1992, Beil. 4, S. 8; Ulmer DNotZ 1981, 90 und DNotZ 1982, 587 ff.; Wolfsteiner DNotZ 1987, 691 (693); im Er-

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tensen); Teil 2, (56) Versteigerungsbedingungen Rz. 5 (H. Schmidt)). Denn für die Definition in § 305 Abs. 1 Satz 1 ist entscheidend, dass die Einbeziehung vorformulierter Bestimmungen durch die als Verwender bezeichnete Vertragspartei veranlasst wird121. Auch wenn es gleichgültig ist, ob der „Verwender“ die Bestimmungen selbst aufgestellt oder ob er sie einem von Dritten aufgestellten Muster entnommen hat, muss er sich doch über ihren Charakter als vorformulierter, für eine Vielzahl von Verträgen bestimmter Text im klaren sein und muss sie von sich aus in den Vertrag einbringen. Diese Voraussetzung fehlt, wenn ein nicht als Vertragspartner oder dessen Berater beteiligter Dritter den für einen Einzelfall bestimmten Vertragsentwurf nach einem von ihm selbst erstellten oder ausgewählten internen Muster fertigt und den Parteien zur Billigung und Unterschrift vorlegt122. In diesen Fällen fehlt es auch regelmäßig an einer von der Vorformulierung durch den Verwender ausgehenden typischen Gefährdung des anderen Teils; daher scheidet auch eine analoge Anwendung des AGBRechts aus123. Zur Frage einer Inhaltskontrolle nach § 242 bei „formelhafter“ Verwendung unangemessener Klauseln in einseitig vorformulierten Individualverträgen vgl. unten Rz. 80 f., zur Behandlung derartiger von Dritten vorformulierter Texte im Rahmen von Verbraucherverträgen vgl. § 310 Rz. 73 f., 81 ff. Zweifel an der Beurteilung von notariellen Einzelverträgen, die vom beurkun- 32 denden Notar anhand eines internen Musters entworfen worden waren, als Individualabrede hatte eine auf Inhaltskontrolle von Freizeichnungsklauseln in Grundstückskaufverträgen über neue Gebäude gerichtete frühere BGH-Rechtsprechung hervorgerufen. In zwei noch zum alten Recht vor Inkrafttreten des AGBG ergangenen Urteilen hatte es der BGH für die Verwendereigenschaft genügen lassen, dass der beteiligte Grundstücksveräußerer sich auf eine ihm günstige, auf Freizeichnung von Sachmängelansprüchen gerichtete Vertragsbestimmung berief. Als entscheidend sah der BGH an, dass der Veräußerer sich die ihm günstige Freizeichnungsklausel zu Eigen gemacht hatte, ohne dass die Parteien vorher im Einzelnen darüber gesprochen hatten124. Die Urteile hatten zwar hinsichtlich des Ergebnisses überwiegend Zustimmung gefunden125; sie waren aber wegen ihrer mit der AGB-Definition des § 305 Abs. 1 Satz 1 (früher § 1 Abs. 1

121 122

123 124

125

gebnis auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 14; schon das Merkmal der Vorformulierung verneinend Kanzleiter DNotZ 1987, 651 (656). A.A. Koch/Stübing § 1 AGBG Rz. 18; Garrn NJW 1980, 2783. Zur anfänglich abweichenden BGH-Rechtsprechung vgl. Rz. 32, zur Inhaltskontrolle notarieller Verträge nach § 242 vgl. Rz. 80 f. H.M., vgl. Nachw. in Fn. 128; krit. Garrn NJW 1980, 2783. So wohl schon BGH v. 5.4.1984 – VII ZR 21/83, NJW 1984, 2094 und NJW 1979, 2387 (2388); OLG Hamm v. 21.1.1999 – 18 U 142/98, NJW-RR 1999, 999 (1000); zur davon abweichenden Rechtslage bei Rückgriff auf Musterverträge einer von einem der Vertragspartner mandatierten Kanzlei Löhnig/Jerger GWR 2013, 239 (240 f.). So auch Wolf/Pfeiffer Rz. 31; Stürner DNotZ 1984, 763 ff. BGH v. 5.4.1979 – VII ZR 308/77, BGHZ 74, 204 (211) = NJW 1979, 1406; BGH v. 6.5.1982 – VII ZR 74/81, NJW 1982, 2243 (2244); so zum AGBG sodann auch OLG München v. 8.10.1980 – 27 U 303/80, NJW 1981, 2472 (2473); OLG Frankfurt v. 23.5.1984 – 17 U 109/83, DNotZ 1985, 312 (314); OLG Karlsruhe v. 30.4.1986 – 13 U 52/85, DNotZ 1987, 688 (689 f.) (mit zu Recht abl. Anm. von Wolfsteiner); OLG Nürnberg v. 8.5.1990 – 11 W 361/90, NJW-RR 1990, 1467 (1468). So mit z.T. unterschiedlicher Begründung Staudinger/Schlosser, 12. Aufl. 1983, § 1 AGBG Rz. 42; MünchKomm/Kötz, 3. Aufl. 1993, § 1 AGBG Rz. 8; Garrn NJW 1980, 2782; Kramer ZHR 146 (1982), 113 ff.; Wiedemann in FS Kummer, S. 185; Locher AGB, S. 22; G. Stein S. 106 ff.; Hönn JZ 1983, 677 (685 ff.); Rieder DNotZ 1984, 226 (227); Nachw. zur Gegenansicht siehe Fn. 126.

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AGBG) schwer zu vereinbarenden Begründung auf berechtigte Kritik gestoßen126. Für nach Inkrafttreten des AGBG geschlossene Grundstückskaufverträge hat der BGH dann jedoch klargestellt, dass in derartigen Fällen, bei vom Notar nach einem internen Muster entworfenen Vertragsbestimmungen, das AGBRecht nicht eingreift127. Zur Inhaltskontrolle kam der BGH daher nicht nach §§ 307 bis 309. Vielmehr nahm er in derartigen Fällen eine davon zu unterscheidende Kontrollbefugnis nach § 242 in Anspruch, wenn die inhaltlich unangemessene Freizeichnungsklausel nicht Gegenstand ausführlicher Belehrung durch den Notar war und von den Parteien nicht besonders vereinbart wurde. Ob das auch heute noch gilt, erscheint zweifelhaft (vgl. näher Rz. 80 f., dort auch zu § 310 Abs. 3 Nr. 1). 32a

Eine Ausnahme von der AGB-Neutralität interner Vertragsmuster, Vorlagen u.a. des den Vertragsentwurf erstellenden Notars und anderer Drittbedingungen ist abweichend von Rz. 31 dann geboten, wenn die Bedingungen auf Veranlassung oder im Auftrag einer Partei nach deren Wünschen zur Verwendung auch für künftige Verträge oder zum Abschluss von Serienverträgen erstellt wurden128; in diesen Fällen gelangen die allgemein für auf einen Berater einer Partei zurückgehende Bedingungen geltenden Grundsätze (Rz. 31) zur Anwendung. Dem lässt sich der Fall der Einschaltung eines Hausnotars gleichstellen, wenn die ihn benennende Vertragspartei dessen Entwürfe kennt und sich zunutze machen will129. Nach der früheren BGH-Rechtsprechung sollte von einer solchen Konstellation im Zweifel schon dann auszugehen sein, wenn der notarielle Vertrag überwiegend Klauseln enthielt, die den anderen Vertragsteil einseitig belasteten130. Demgegenüber reicht der Umstand, dass eine Vertragspartei sich nach Vertragsschluss auf eine sie begünstigende Vertragsbestimmung beruft, keines-

126 Vgl. namentlich Wolf, 3. Aufl. 1994, § 1 AGBG Rz. 28; Brambring DNotZ 1984, 782 f.; Brambring/Schippel NJW 1978, 1802 ff.; Habersack AcP 189 (1989), 403 (416 ff.); Nettesheim BB 1979, 1220 f.; Peters NJW 1979, 1820; Stürner JZ 1979, 758; Stürner DNotZ 1984, 763; Ulmer DNotZ 1981, 98 f.; Ulmer DNotZ 1982, 587 (588 f.). 127 BGH v. 5.4.1984 – VII ZR 21/83, NJW 1984, 2094; BGH v. 20.2.1986 – VII ZR 318/84, WM 1986, 799; BGH v. 29.6.1989 – VII ZR 151/88, NJW 1989, 2748; BGH v. 16.11.1990 – V ZR 217/89, NJW 1991, 843; anders freilich BGH v. 12.10.1990 – V ZR 111/89, NJW 1991, 1117, wo im Anschluss an BGH v. 6.5.1982 -VII ZR 74/81, NJW 1982, 2243 (2242) erneut auf das „Sich-zu-eigen-machen“ der vom Notar entworfenen Klausel abgestellt wurde. Ausdrücklich offen lassend sodann auch BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229 (239) = NJW 1992, 2160 (VII. ZS). 128 Ganz h.M., vgl. BGH v. 1.3.2013 – V ZR 31/12, NJW-RR 2013, 1028 (Tz. 17); BGH v. 22.7.2009 – IV ZR 77/08, NJW-RR 2010, 39; BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229 (238) = NJW 1992, 2160; OLG Düsseldorf v. 11.10.1996 – 22 U 66/96, NJW-RR 1997, 659 (660); OLG Nürnberg v. 8.5.1990 – 11 W 361/90, WM 1991, 426; OLG Köln v. 27.4.1988 – 13 U 245/87, NJW-RR 1988, 1459; Staudinger/Schlosser Rz. 54; MünchKomm/Basedow Rz. 22; Erman/Roloff § 305BGB Rz. 13; PWW/Berger Rz. 8; Bamberger/Roth/Becker Rz. 26; zu § 1 AGBG Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 14; Ulmer DNotZ 1981, 89 f.; Brambring/Schippel NJW 1979, 1804. 129 MünchKomm/Basedow Rz. 23; Palandt/Grüneberg Rz. 12; PWW/Berger Rz. 7; Kramer ZHR 146 (1982), 123; Niedenführ S. 26; G. Stein S. 75 ff., 80 f.; Ulmer DNotZ 1981, 92; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 8; zweifelnd Rieder DNotZ 1984, 226 (228). 130 So BGH v. BGH, 5.4.1979 – VII ZR 308/77, BGHZ 74, 204 (211); BGH v. 6.5.1982 – VII ZR 74/81, NJW 1982, 2243; offen lassend dann BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229 (239) = NJW 1992, 2160; gegen Rückschluss vom Vertragsinhalt auf die Verwendereigenschaft aber BGH v. 24.5.1995 – XII ZR 172/94, BGHZ 130, 50 (57) = NJW 1995, 2034.

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falls aus, um sie zum Verwender des nach einem internen Muster vorformulierten Textes zu machen131.

3. Unerhebliche Umstände (§ 305 Abs. 1 Satz 2) In § 305 Abs. 1 Satz 2 werden ausdrücklich eine Reihe von Umständen genannt, denen für die Bestimmung des AGB-Begriffs keine Bedeutung zukommen soll. Darin dokumentiert sich die bereits erwähnte Tendenz, den Anwendungsbereich des Gesetzes nicht an formalen Kriterien, sondern an materiellen, durch den Schutzzweck geprägten Merkmalen auszurichten (Rz. 6). § 305 Abs. 1 Satz 2 schließt es freilich nicht aus, bestimmten dort als „gleichgültig“ bezeichneten Kriterien Indizfunktion für das Vorliegen von AGB einzuräumen (Rz. 61).

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a) Äußerliche Gestaltung, Schriftart Darauf, dass die vorformulierten Vertragsbedingungen gedruckt, vervielfältigt, im Geschäftslokal des Verwenders ausgehängt, auf der Homepage des Verwenders eingestellt oder auf sonstige Weise äußerlich in ihrem Charakter als Regelung einer Vielzahl von Rechtsgeschäften erkennbar sind, kommt es für die AGB-Definition nicht an132. Auch hand- oder maschinenschriftliche Texte sind daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 1 als AGB zu qualifizieren133. Entsprechendes gilt für handschriftliche Zusätze, wenn sie vom Verwender nach einem intern, sei es auch „im Kopf“ (Rz. 36), vorformulierten Text in die Vertragsurkunde aufgenommen werden134, sowie für Stempelaufdrucke135. Zur Frage des AGB-Charakters von Textergänzungen vgl. näher Rz. 56.

34

Unerheblich ist weiter, ob die vorformulierten Bestimmungen äußerlich einen Teil der Vertragsurkunde bilden oder ob sie getrennt hiervon niedergelegt sind. Damit ist die früher verbreitete Diskussion, ob und unter welchen Voraussetzungen Formularverträge als AGB zu behandeln sind136, generell im bejahenden

35

131 So auch Stoffels Rz. 137; a.A. wohl OLG München v. 8.10.1980 – 27 U 303/80, NJW 1981, 2472. 132 Heute ganz h.M., vgl. Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 16; MünchKomm/Basedow Rz. 32; Staudinger/Schlosser Rz. 34; Wolf/Pfeiffer Rz. 19, 21; zu § 1 AGBG Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 20; a.A. – für Maßgeblichkeit des Kriteriums der Druckerschwärze – noch Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. B. 25 ff., Braun BB 1979, 692 und Fehl Systematik, S. 151 f. 133 BGH v. 4.10.1995 – XI ZR 215/94, BGHZ 131, 55 (58) = NJW 1996, 191; BGH v. 15.4.2008 – X ZR 126/06, BGHZ 176, 140 Rz. 6 = NJW 2008, 2250; BGH v. 7.11.1995 – XI ZR 235/94, NJW 1996, 249 (250); BGH v. 2.7.1998 – IX ZR 255/97, NJW 1998, 2815 (2816) (maschinenschriftliche Ergänzung); OLG Frankfurt bei Bunte AGBE II § 1 Nr. 4; LG Berlin v. 5.2.1981 – 20 O 278/79, ZIP 1981, 744 (745); Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 16; Staudinger/Schlosser Rz. 34; Wolf/Pfeiffer Rz. 21; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 10; zu den damit im Hinblick auf § 305 Abs. 1 Satz 3 verbundenen Beweisproblemen vgl. Rz. 61. 134 BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108 (110) = NJW 1999, 2180 (2181); OLG Dresden v. 8.7.1998 – 8 U 3612/97, BB 1999, 228; LG Berlin v. 4.6.2013 – 10 S 2/13, ZIP 2013, 1613 (Aufnahme der konkret berechneten Bearbeitungskosten in Verbraucherkreditvertrag); zur durch betriebliche Übung begründeten Vertragsbedingung siehe BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49 (Tz. 20). 135 OLG Stuttgart v. 6.5.2010 – 2 U 7/10, juris. 136 Vgl. Rspr.-Nachw. oben Rz. 4 und BGH v. 10.11.1989 – V ZR 201/88, BGHZ 109, 197 (200) = NJW 1990, 576; BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, BGHZ 104, 233 (236) = NJW

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Sinn entschieden. Maßgebend ist ausschließlich die Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen. Ob sie sich in einer einheitlichen, sei es auch hinsichtlich der Hauptleistung noch ausfüllungsbedürftigen Vertragsurkunde niederschlägt oder ob die AGB im Wege der Vertragsergänzung in einer vom Hauptvertrag getrennten, durch Einbeziehungsabrede zum Vertragsbestandteil gemachten Urkunde niedergelegt sind, ist für die Anwendung des AGB-Rechts ohne Bedeutung137. Auch eine von den übrigen AGB räumlich getrennte Einzelklausel unterfällt dem AGB-Recht, sofern die Begriffsmerkmale des § 305 Abs. 1 vorliegen138. 36

Auch mündliche Abreden können, als „AGB aus dem Kopf“, die Voraussetzungen der AGB-Definition erfüllen, wenn sie vom einen Vertragsteil nach Art vorformulierter Bedingungen planmäßig in die Verträge mit seinen Kunden eingebracht werden139. Indem die Gegenmeinung einen „stofflichen Träger“ für die AGB verlangt und deshalb entweder schriftliche Fixierung140 oder jedenfalls Speicherung auf einem Tonträger141 voraussetzt, greift sie entgegen § 305 Abs. 1 Satz 2 doch auf äußere Umstände zurück. Ein solches Erfordernis lässt sich auch nicht etwa darauf stützen, dass in § 305 Abs. 1 Satz 2 die Schriftart für unerheblich erklärt ist; ein Umkehrschluss auf die Erforderlichkeit schriftlicher Form ist abzulehnen142. Auch mit dem Schutzzweck des AGB-Rechts wäre eine derartige Beschränkung seines Anwendungsbereichs nicht zu vereinbaren: mag dem schriftlich fixierten Vertragsangebot des Verwenders in den Augen des Kunden auch größere faktische Geltung zukommen als einer nur mündlich vorgeschlagenen Klausel, so genügt für die AGB-Definition doch bereits die Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen, ohne dass es darauf ankommt, welches Maß an Verbindlichkeit der Verwender den vorgeschlagenen Bestimmungen beimisst oder ob er zu Verhandlungen hierüber mit dem Kunden bereit ist (Rz. 26).

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1988, 2465. Übersicht über das ältere Schrifttum bei Ulmer Der Vertragshändler, 1969, S. 363 f. und Nicklisch BB 1974, 947. BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 (254) = NJW 1985, 853; BGH v. 6.3.1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212 (215) = NJW 1986, 1803; BGH v. 26.5.1986 – VIII ZR 229/85, NJW 1986, 2574 (2575); BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603; Wolf/Pfeiffer Rz. 19; zu § 1 AGBG Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 18. BGH v. 2.7.1987 – III ZR 219/86, BGHZ 101, 271 (272) = NJW 1987, 2867 (Gerichtsstandsklausel in Briefkopf); BGH v. 1.3.1982 – VIII ZR 63/81, NJW 1982, 1388 (1389) und OLG München v. 23.9.1982 – 6 U 1136/82, ZIP 1982, 1455 (vorformulierte Empfangsbestätigung auf der Vorderseite eines Vertrages); BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, BGHZ 104, 233 (236) = NJW 1988, 2465 (gesondert vereinbarte Schuldmitübernahme); BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544) (gesondert vereinbarter Kündigungsausschluss); OLG München bei Bunte AGBE VI § 1 Nr. 4 (gesondert vereinbartes Schuldanerkenntnis). H.M., vgl. BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108 (109 f.) = NJW 1999, 2180; BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544); BAG v. 27.8.2008 – 5 AZR 820/07, NZA 2009, 49 (Tz. 20) (dort auch zur betrieblichen Übung); BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, ZIP 2012, 1679 (Tz. 12); MünchKomm/Basedow Rz. 32; Palandt/Grüneberg Rz. 8; Wolf/Pfeiffer Rz. 21; Borges ZIP 2005, 185 (186). So noch Staudinger/Schlosser, 12. Aufl. 1983, § 1 AGBG Rz. 16; anders jetzt Staudinger/Schlosser, Rz. 22. So noch Löwe/Trinkner § 1 AGBG Rz. 9; Koch/Stübing § 1 AGBG Rz. 3. So auch schon BGH v. 30.9.1987 – IVa ZR 6/86, NJW 1988, 410 für eine „aus dem Gedächtnis“ übernommene Klausel und OLG Karlsruhe DNotZ 1987, 688 (690); a.A. wohl Kanzleiter DNotZ 1987, 651 (657).

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b) Umfang Auch dieser hat auf die AGB-Definition keinen Einfluss. Damit hat der Gesetzgeber es entgegen einer in der früheren Rechtsprechung verbreiteten Tendenz zu Recht abgelehnt, Formulare nur dann in den Anwendungsbereich des Gesetzes einzubeziehen, wenn ihr vorgedruckter Text sich nicht auf wenige, leicht verständliche Klauseln beschränkt143. Als AGB sind nach ganz h.M. selbst solche vorformulierten Vertragsbedingungen anzusehen, die aus nur wenigen Worten bestehen144. Schwierigkeiten können sich insoweit namentlich bei den Einbeziehungsvoraussetzungen im Fall mündlichen Vertragsschlusses ergeben; ihnen ist durch großzügige Handhabung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 vorgesehenen Ausnahme Rechnung zu tragen (Rz. 136 ff., 139).

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c) Form des Vertrags Dieser Zusatz stellt klar, dass auch notarielle Verträge dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen, sofern sie die Merkmale der AGB-Definition erfüllen. Das entspricht dem vom BGH seit 1974 in st. Rspr. eingenommenen Standpunkt145. Gegenüber den auf die Belehrungs- und Prüfungspflicht des Notars verweisenden Gegenstimmen insbesondere aus Notarkreisen in der Diskussion vor Erlass des AGB-Gesetzes146 hat sich das Schutzbedürfnis des Kunden gegenüber den Gefahren notarieller Massenverträge zu Recht als stärker erwiesen147. – Zur Behandlung notarieller Verträge, die nicht auf vorformulierten Texten eines der Vertragspartner beruhen, sondern auf Standardformulierungen des beurkundenden Notars, vgl. Rz. 31 f.

III. Der Vorbehalt der Individualabrede (§ 305 Abs. 1 Satz 3) Schrifttum: K. P. Berger Aushandeln von Vertragsbedingungen im kaufmännischen Geschäftsverkehr, NJW 2001, 2152; K. P. Berger Abschied von der Privatautonomie im unternehmerischen Geschäftsverkehr?, ZIP 2006, 2149; K. P. Berger Für eine Reform des AGBRechts im Unternehmensverkehr, NJW 2010, 465; Braun Die Stellung des AGB-Gesetzes im System des Privatrechts, BB 1979, 689; Dauner-Lieb Quo vadis AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr?, ZIP 2010, 309; Derleder Individuelle Abreden bei Vertragsdurchführung zur Rettung unwirksamer Schönheitsreparaturklauseln, NZM 2009, 227; von Falkenhausen Zur Auslegung des AGB-Gesetzes, BB 1977, 1124; Fuchs Der Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr – Überlegungen 143 So aber noch BGH v. 18.5.1973 – IV ZR 21/72, WM 1973, 867 (868); BGH v. 27.2.1974 – V ZR 85/72, WM 1974, 512 (515); vgl. auch Rz. 4 zur früheren Praxis gegenüber Formularverträgen. 144 Vgl. BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603 („Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Zahlung“, „Zahlung ohne Abzug“); BGH v. 2.7.1987 – III ZR 219/86, BGHZ 101, 271 (273) = NJW 1987, 2867 (Gerichtsstandsklausel auf Briefbogen); Erman/ Roloff § 305 Rz. 16; MünchKomm/Basedow Rz. 31; Wolf/Pfeiffer Rz. 20; zu § 1 AGBG Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 19; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 9 f. 145 Vgl. BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229 (239) = NJW 1992, 2160; BGH v. 5.3.1991 – XI ZR 75/90, BGHZ 114, 9 (12 f.) = NJW 1991, 1677; BGH v. 29.1.1982 – V ZR 82/81, BGHZ 83, 56 (58) = NJW 1982, 1035; BGH v. 29.3.1974 – V ZR 22/73, NJW 1974, 1135. 146 AGB und vorsorgende Rechtspflege, herausgegeben von der Bundesnotarkammer, 1975, S. 8 ff.; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. 14; Hitzlberger MittBayNot. 1973, 331 ff. u.a. 147 Für die Einbeziehung daher auch früher schon Weber DB 1970, 2357; Köbl DNotZ 1973, 389 ff.; Löwe NJW 1974, 337 ff.; Kötz Gutachten, S. 65; Nicklisch BB 1974, 948.

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zur normzweckorientierten Konkretisierung des „Aushandelns“ i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, in FS Blaurock, 2013, S. 91; Garrn Zur Abgrenzung von Aushandlungsvereinbarungen i.S.d. § 1 Abs. 2 AGBG, JZ 1978, 302; Gottschalk Neues zur Abgrenzung von AGB und Individualabrede (BGH NJW 2005, 2543), NJW 2005, 2493; Habersack Der Vorbehalt der Individualabrede (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB) – Zu den Anforderungen an das Aushandeln von Vertragsbedingungen insbesondere im unternehmerischen Geschäftsverkehr, in FS Köhler, 2014, S. 209; Habersack/Schürnbrand Unternehmenskauf im Wege des Auktionsverfahrens, in FS Canaris, Bd. 1, 2007, S. 359; Heinrichs Der Rechtsbegriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, NJW 1977, 1505; Jaeger „Stellen“ und „Aushandeln“ vorformulierter Vertragsbedingungen, NJW 1979, 1569; Kästle M&A-Verträge unterliegen nicht der AGB-Kontrolle, NZG 2014, 288; Kappus Strategische Individualabreden, in FS von Westphalen, 2010, S. 369; Kessel/Jüttner Der Vorbehalt der Individualabrede im unternehmerischen Geschäftsverkehr, BB 2008, 1350; Kirchner/Giessen Anwendbarkeit des AGB-Rechts auf M&A-Verträge?, BB 2015, 515; Leuschner Gebotenheit und Grenzen der AGB-Kontrolle, AcP 207 (2007), 491; Leuschner AGB-Kontrolle im unternehmerischen Verkehr, JZ 2010, 875; Lischek/Mahnken Vertragsverhandlungen zwischen Unternehmen und AGB – Anmerkungen aus Sicht der Praxis, ZIP 2007, 158; Löwe Das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz), JuS 1977, 421; Löwe Voraussetzungen für ein Aushandeln von AGB, NJW 1977, 1328; Maier-Reimer/Niemeyer Unternehmenskaufvertrag und AGB-Recht, NJW 2015, 1713; Michalski/Römermann Inhaltskontrolle von Einzelvereinbarungen anhand des AGB-Gesetzes, ZIP 1993, 1434; Michel/Hilpert Allgemeine Geschäftsbedingungen oder „aus“-gehandelter Individualvertrag – eine Risikoanalyse, DB 2000, 2513; Miethaner AGB oder Individualvereinbarung – die gesetzliche Schlüsselstelle „im Einzelnen ausgehandelt“, NJW 2010, 3121; Müller/Griebeler/Pfeil Für eine maßvolle AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr, BB 2009, 2658; Nielsen Die laufende Neubestimmung der Grenzen der Privatautonomie von Kaufleuten und Unternehmen im Wandel des Zeitgeistes, in FS von Westphalen, 2010, S. 533; Nouvertné Der Interessenausgleich zwischen Bank und Kreditnehmer bei Financial Covenants, ZIP 2012, 2139; Oetker AGB-Kontrolle im Zivil- und Arbeitsrecht, AcP 212 (2012), 202; Pawlowski Bemerkungen zur Auslegung des AGB-Gesetzes, BB 1978, 161; Schuhmann Die Verhandlung komplexer Vertragsverhältnisse unter dem Aspekt des AGBG, BB 1996, 2473; Schwerdtner Aushandeln einer erfolgsunabhängigen Maklerprovision, NJW 1990, 369; Wackerbarth Unternehmer, Verbraucher und die Rechtfertigung der Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge, AcP 200 (2000), 45; von Westphalen Grenzziehung zwischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Individualvereinbarungen, DB 1977, 943; von Westphalen 30 Jahre AGB-Recht – Eine Erfolgsbilanz, ZIP 2007, 149; von Westphalen Schattenseiten des Verbraucherschutzes, DB 1981, 61; von Westphalen Wider einen Reformbedarf beim AGB-Recht im Unternehmensverkehr, NJW 2009, 2977; von Westphalen Wider die angebliche Unattraktivität des AGB-Rechts, BB 2010, 195; Willemsen Schutz des Verbrauchers vor Aufrechterhaltung unwirksamer AGB-Klauseln als „Individualvereinbarungen“, NJW 1982, 1121; Wittuhn Unternehmenskaufverträge und das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, NZG 2014, 131; M. Wolf Individualvereinbarungen im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, NJW 1977, 1937; M. Wolf Haftungsbegrenzung durch Individualvereinbarungen, WPK-Mitteilungen 1998, 197.

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Der Vorbehalt des § 305 Abs. 1 Satz 3 für den Fall im Einzelnen ausgehandelter Vertragsbedingungen hat eine doppelte Funktion. Einerseits schränkt er die AGB-Definition des § 305 Abs. 1 Satz 1 im Hinblick auf ausgehandelte Vertragsbedingungen ein und führt damit zu einer gewissen Begrenzung des Anwendungsbereichs des Gesetzes (Rz. 40 ff.). Zum anderen bringt er zum Ausdruck, welche Mindestanforderungen an das Vorliegen einer Individualabrede abweichend von § 305 Abs. 1 Satz 1 zu stellen sind (Rz. 47 ff.). Der Vorbehalt der Individualabrede gilt auch für Standard-Verbraucherverträge i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 1 (§ 310 Rz. 39, 69 ff.). Zum Verhältnis zwischen der Regelung für vorformulierte Einzel-Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 2) und der Einschränkung des Abs. 1 Satz 3 vgl. § 310 Rz. 84 f.

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1. Einschränkung der AGB-Definition durch § 305 Abs. 1 Satz 3 a) Fragestellung und Meinungsstand Für die Abgrenzung der Individualabreden gegenüber AGB als Gegenstand der in § 305 Abs. 1 Satz 3 getroffenen Regelung ist von wesentlicher Bedeutung, ob der Vorschrift bloß klarstellende Funktion zukommt oder ob sie als Einschränkung der in § 305 Abs. 1 Satz 1 enthaltenen AGB-Definition zu verstehen ist148. Denn nur wenn § 305 Abs. 1 Satz 3 einschränkende Funktion hat, bleibt dem Verwender die Möglichkeit, darzulegen und zu beweisen, dass die fragliche Klausel trotz wörtlicher Übereinstimmung mit dem vorformulierten Text im Einzelnen ausgehandelt und dadurch zur kontrollfreien Individualabrede geworden ist. Die Rechtsprechung versteht § 305 Abs. 1 Satz 3 in einem die AGB-Definition einschränkenden Sinn (Rz. 41). Entsprechendes gilt für die überwiegende Meinung in der Literatur (Rz. 42). Zur Stellungnahme vgl. Rz. 43 ff.

40

Die höchstrichterliche Rechtsprechung versteht § 305 Abs. 1 Satz 3 im Sinne einer Einschränkung der AGB-Definition. Nach dem Grundsatzurteil BGH NJW 1977, 624 reicht für die Bejahung einer Individualabrede bereits die – dem anderen Teil bewusste – Bereitschaft des Verwenders aus, seine AGB zu ändern; der schwer zu führende Nachweis dieser Voraussetzung sei freilich Sache des Verwenders. Das Urteil ist in der Literatur zwar verbreitet angegriffen worden, weil es zu geringe Anforderungen an das Merkmal des „Aushandelns“ stelle149; auch wies die Rechtsprechung zu diesem Punkt in der Folgezeit zunächst keine einheitliche Linie auf (vgl. Rz. 50). Gleichwohl hat der BGH auch später im Grundsatz daran festgehalten, dass die unveränderte Übernahme von AGB in den Einzelvertrag, wenn sie sich als Ergebnis des Aushandelns darstellt, der Annahme einer Individualabrede nicht grundsätzlich entgegensteht150.

41

Auch in der Literatur versteht die überwiegende Ansicht die Vorschrift des § 305 Abs. 1 Satz 3 (früher § 1 Abs. 2 AGBG) im Sinne einer Einschränkung der AGB-Definition; sie lehnt die Annahme einer Individualabrede bei äußerlich unveränderter Übernahme der AGB des Verwenders daher nicht schlechthin ab151.

42

148 Nur scheinbar a.A. Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 22, die dem dogmatischen Verhältnis zwischen Abs. 1 und Abs. 2 des § 1 AGBG keine Bedeutung für den Begriff des „Aushandelns“ in Abs. 2 zumessen wollen, gleichwohl aber davon sprechen, dass Abs. 2 die „im Einzelnen ausgehandelten“ Vertragsbedingungen trotz ihrer Vorformulierung dem Anwendungsbereich des Gesetzes wieder „entzieht“. 149 Vgl. dazu noch Rz. 50 sowie die klärende Interpretation von Jaeger NJW 1979, 1569 (1572 ff.), ferner Koch/Stübing § 1 AGBG Rz. 37; Braun BB 1979, 692; Heinrichs NJW 1977, 1508; Löwe JuS 1977, 423; Löwe NJW 1977, 1328; Trinkner BB 1977, 717 f.; von Westphalen DB 1977, 944; a.A. namentlich von Falkenhausen BB 1977, 1128; Pawlowski BB 1978, 161 ff.; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. B. 52. 150 S. namentlich BGH v. 5.4.1979 – VII ZR 308/77, BGHZ 74, 204 (209 f.) = NJW 1979, 1406 (1407); BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 (111) = NJW 1982, 2309; BGH v. 25.6.1992 – VII ZR 128/91, NJW 1992, 2759 (2760); BGH v. 26.2.1992 – XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283 (2285); BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 (321) = NJW 2003, 1805; BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544); BGH v. 22.11.2012 – VII ZR 222/12, NJW 2013, 856 (Tz. 10); BGH v. 28.7.2015 – XI ZR 434/14, ZIP 2015, 1720 (Tz. 23); a.A. noch OLG Celle v. 28.10.1977 – 11 U 72/77, NJW 1978, 326. 151 MünchKomm/Basedow Rz. 39; Staudinger/Schlosser Rz. 44; Wolf/Pfeiffer Rz. 38; Palandt/Grüneberg Rz. 20, Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 20; PWW/Berger Rz. 12; Bamberger/Roth/Becker Rz. 36; Stoffels Rz. 148; zu § 1 AGBG auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 36; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. B. 52; Bunte ZIP 1984, 1314; von Falkenhausen BB 1977, 1128; Heinrichs NJW 1977, 1508; Pflug S. 312 f.; Schippel/Brambring DNotZ

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Demgegenüber waren namentlich nach Inkrafttreten des AGB nicht wenige Stimmen anzutreffen, die für das Eingreifen von Abs. 1 Satz 3 im Regelfall152 bzw. stets153 tatsächliche Änderungen der vorformulierten Vertragsteile verlangt haben. Damit haben sie den Ausnahmecharakter des Satzes 3 im Verhältnis zur AGB-Definition des Abs. 1 Satz 1 verneint und der Vorschrift lediglich klarstellende Funktion zugesprochen. b) Stellungnahme 43

Nach dem Wortlaut des § 305 Abs. 1 Satz 3 müssen die Vertragsbedingungen „im Einzelnen ausgehandelt“ sein. Offen bleibt dabei, ob mit „Vertragsbedingungen“ (auch) der vorformulierte Text als solcher gemeint ist oder ob das Aushandeln sich in Änderungen dieses Textes niedergeschlagen haben muss154. Eine aussagekräftige Stellungnahme zu Gunsten der einen oder anderen Ansicht lässt sich dem Wortlaut des Satzes 3 somit nicht entnehmen. Gleiches gilt beim Rückgriff auf § 305 Abs. 1 Satz 1, insbesondere auf das Merkmal des „Stellens“; es entfällt nicht schon dadurch, dass dem Kunden die Möglichkeit des Aushandelns eröffnet wird155. Auch die Entstehungsgeschichte lässt eine eindeutige Schlussfolgerung nicht zu. Zwar ging die Begründung zum AGBG (S. 15, 17) von der Möglichkeit des Verwenders aus, trotz übereinstimmenden Wortlauts des Einzelvertrags mit dem üblicherweise von ihm verwendeten, für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Muster den Nachweis zu führen, dass bestimmte oder alle Vertragsbestimmungen individuell ausgehandelt seien. Sie bezog sich jedoch auf eine nicht Gesetz gewordene Fassung in § 1 Abs. 2 RegE AGBG („Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht, soweit …“), die deutlicher im Sinne einer Einschränkung von Abs. 1 Satz 1 formuliert war. Ob die auf einem Vorschlag des Bundesrats156 beruhende Änderung des Abs. 2 (= § 305 Abs. 1 Satz 3) außer redaktionellen Zwecken auch einer inhaltlichen Änderung dienen sollte, ist nicht bekannt157. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG158 ordnet zwar die Inhaltskontrolle einer jeden Klausel an, die „nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde“, dürfte jedoch gleichfalls nicht verlangen, dass sich das Aushandeln in textlichen Änderungen niederschlägt; jedenfalls könnte das nationale Recht zumindest für Verträge zwischen Verbrauchern und für den unternehmerischen Geschäftsverkehr auf das Erfordernis einer textlichen Änderung verzichten159.

152 153 154 155 156 157 158 159

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1977, 155; Willemsen NJW 1982, 1123; Kaufhold ZIP 2010, 631 (633 f.), freilich auf der Grundlage einer zu restriktiven Interpretation des Erfordernisses des „Stellens“ (dazu Rz. 26 f.). Löwe/Trinkner § 1 AGBG Rz. 24; Braun BB 1979, 689 (692); Löwe NJW 1977, 1330 Fn. 9; von Westphalen DB 1977, 946. Koch/Stübing § 1 AGBG Rz. 42; Stübing NJW 1978, 1611; von Westphalen DB 1981, 67; Michalski/Römermann ZIP 1993, 1434 (1438 ff.). So zutr. Jaeger NJW 1979, 1570. Vgl. Rz. 26, 50, aber auch Rz. 29 f.; a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 30; Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 (161 f.); von Falkenhausen BB 1977, 1126 f.; Pawlowski BB 1978, 161. BT-Drucks. 7/3919 S. 47. Vgl. dazu näher Jaeger NJW 1979, 1571 (insb. Fn. 33 zu den Beratungen des BT-Rechtsausschusses). Dazu sowie zum Erfordernis richtlinienkonformer Auslegung siehe Einl. Rz. 91 ff. Habersack/Schürnbrand in FS Canaris, 2007, S. 359 (370 ff.), dort auch zum Nichtvorliegen einer „gespaltenen“ Auslegung des nationalen Rechts – dazu BGH v. 9.4.2002 – XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248 (260 ff.) = WM 2002, 1181 (Heininger); BGHZ 179, 27 (Tz. 26) = NJW 2008, 1433 (Quelle); BGH v. 7.5.2014 – IV ZR 76/11, WM 2014, 1030 (Tz. 27 ff.); Habersack/Mayer JZ 1999, 913 ff.; Mayer/Schürnbrand JZ 2004, 545 ff.; Ha-

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Damit gewinnt für die Auslegung von § 305 Abs. 1 Satz 3 und für die Bestim- 44 mung seines Verhältnisses zu § 305 Abs. 1 Satz 1 der Schutzzweck des Gesetzes entscheidende Bedeutung. Er geht bekanntlich dahin, der durch die Vorformulierung bedingten, typischen Gefährdung des Vertragsgleichgewichts entgegenzuwirken (Einl. Rz. 51). Dieser Zweck wird nicht schon dadurch gegenstandslos, dass die Parteien die einzelnen Klauseln genau durchsprechen und der Kunde der uneingeschränkten Einbeziehung der AGB in den Vertrag sodann ausdrücklich zustimmt. Denn einem Kunden, der sich mit Blick auf ein vom Verwender in die Verhandlungen eingebrachtes Klauselwerk typischerweise einer Vielzahl von AGB gegenübersieht, wird es in aller Regel an der realen Möglichkeit fehlen, gestaltend auf das ihm vorgelegte Klauselwerk Einfluss zu nehmen160. Das Schutzbedürfnis lässt sich in diesen Fällen daher nicht schon mit dem Hinweis auf die individuelle Zustimmungserklärung verneinen161. Anderes gilt, soweit es zu einem wirklichen Aushandeln unter Einzelerörterung des vorformulierten Textes und denkbarer Alternativen gekommen ist und der andere Teil sich als Verhandlungsergebnis mit der unveränderten Übernahme des vorformulierten Textes einverstanden erklärt hat (vgl. näher Rz. 48). Dem sind die Fälle gleichzustellen, in denen der Verwender sein – ernsthaftes – Verhandlungsangebot auf konkrete Klauseln von besonderem Gewicht bezieht und der Kunde sich nach Prüfung zu ihrer unveränderten Annahme entschließt; auch insoweit ist das Zustandekommen einer Individualabrede zu bejahen (Rz. 51). Mit Rücksicht auf diese Fälle ist § 305 Abs. 1 Satz 3 daher im Einklang mit der ganz h.M. als Einschränkung der AGB-Definition zu verstehen.

2. Aushandeln a) Allgemeines Die Mindestanforderungen an das Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 sind – 45 auch für den unternehmerischen Geschäftsverkehr – gesetzlich dahin umschrieben, dass das Aushandeln sich jeweils auf bestimmte Vertragsbedingungen beziehen muss und nur insoweit zur Nichtanwendung des AGB-Rechts führt162. Eine Individualabrede i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 3 liegt daher nicht schon vor, wenn sich die Vertragspartner angesichts der von jedem von ihnen verwendeten, inhaltlich differierenden Klauselwerke pauschal auf die Einbeziehung der AGB des einen oder des anderen Teils einigen; allerdings kann es in diesem Fall an einem Stellen der Bedingungen fehlen (s. Rz. 29). Sind freilich bestimmte Vertragsbersack/Mayer in Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, 2. Aufl. 2010, § 15 m.w.N. 160 So bereits OLG Celle v. 19.12.1975 – 11 U 79/75, BB 1976, 1287 mit zu Unrecht abl. Anm. von von Westphalen; OLG Celle v. 28.10.1977 – 11 U 72/77, NJW 1978, 326 (327); einschränk. OLG Stuttgart v. 15.8.1974 – 10 U 42/74, NJW 1975, 262 (263). 161 So in Bezug auf die Möglichkeit der Einflussnahme des Kunden auch BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305 (308) = NJW 1983, 385; BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624 (625); BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544). 162 H.M., vgl. BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81, WM 1982, 871 (872); BGH v. 28.5.1984 – III ZR 231/82, WM 1984, 1174; BGH v. 11.10.1984 – VII ZR 248/83, WM 1984, 1610 (1611); BGH v. 12.6.1985 – IVa ZR 261/83, BB 1986, 21 (22); OLG Celle v. 28.10.1977 – 11 U 72/77, NJW 1978, 326 (327); OLG Stuttgart v. 26.6.1986 – 2 W 21/86, WM 1987, 114; einschränkend aber Maier-Reimer/Niemeyer NJW 2015, 1713 (1717). - Zur Frage der „Ausstrahlungswirkung“ ausgehandelter Klauseln vgl.Rz. 55.

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bedingungen als zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt anzusehen, so verlieren sie ihren Charakter als Individualabrede nicht schon dadurch, dass dieselben Parteien sie unverändert auch späteren Verträgen zwischen ihnen ohne erneutes Aushandeln zugrundelegen163. Dem Vorliegen einer Individualabrede steht auch nicht entgegen, dass die Vereinbarung in mehreren Verträgen mit verschiedenen Parteien gleich lautend getroffen wurde; entscheidend ist, dass sie im konkreten Fall individuell ausgehandelt wurde164. Zum Verhältnis zwischen dem Aushandeln i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 3 und der Einflussnahmemöglichkeit des Verbrauchers nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 a.E. vgl. § 310 Rz. 84 f. 46

Da das Aushandeln dem Kunden die Möglichkeit verschaffen muss, auf den Vertragsinhalt Einfluss zu nehmen (Rz. 47 ff.), müssen dessen Voraussetzungen grundsätzlich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen. Ausnahmsweise können AGB jedoch auch nachträglich die Qualität von Individualabreden annehmen165, etwa wenn der Verwender die Unvereinbarkeit einer Klausel mit §§ 307 bis 309 erkannt hat und es deshalb auf seine Veranlassung zu Verhandlungen über deren Änderung gekommen ist. Darauf, ob die Verhandlungen tatsächlich zu einer Änderung der Klausel führen und ob die endgültige Fassung mit dem AGB-Recht vereinbar ist, kommt es für die Bejahung einer Individualabrede nicht an. Voraussetzung ist jedoch auch insoweit, dass der Verwender den gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel zur Disposition stellt und so dem Kunden Vertragsgestaltungsfreiheit einräumt (s. Rz. 48)166.

46a

Eine Individualabrede setzt nach § 305 Abs. 1 Satz 3 ein Aushandeln zwischen dem Verwender und dem Kunden voraus. Kollektives Aushandeln genügt nicht (Rz. 59). Bei einem Vertrag zu Gunsten Dritter muss sich nach § 334 auch der Dritte ein Aushandeln zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger entgegenhalten lassen167. Anders liegt es allerdings, wenn die Interessen des Dritten und diejenigen des Kunden (sei es des Versprechenden oder des Versprechensempfängers) nicht deckungsgleich sind und deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Drittinteressen im Rahmen des Aushandelns gewahrt werden, wie dies vom BGH zu Recht für einen individuell ausgehandelten Mittelverwendungskontrollvertrag zwischen einer Fondsgesell-

163 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 48; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 11; tendenziell Wolf/ Pfeiffer Rz. 41 (Indiz für Aushandeln); a.A. BGH v. 8.11.1978 – IV ZR 179/77, NJW 1979, 367 (368 f.) für Makler-AGB, die trotz Aushandelns inhaltlich unverändert nicht nur dem ersten, sondern auch den Folgeverträgen zugrunde gelegt wurden; Palandt/Grüneberg Rz. 20; zurückhaltend auch Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 20. 164 OLG Köln v. 16.4.1984 – 8 U 48/83, 8 U 49/83, BB 1984, 1388 (1389). 165 So im Ausgangspunkt auch BGH v. 28.7.2015 – XI ZR 434/14, ZIP 2015, 1720 (Tz. 23); BGH v. 7.3.2013 – VII ZR 162/12, ZIP 2013, 1028 (Tz. 30); OLG München v. 25.9.2012 – 9 U 4534/11 Bau, NJW-RR 2012, 1487; auch OLG Hamm v. 27.2.1981 – 4 REMiet 4/80, NJW 1981, 1049; OLG Hamm v. 23.3.1993 – 21 U 237/91, NJW-RR 1994, 531 (532); OLG Hamm v. 19.9.2001 – 11 U 39/01, NJW-RR 2002, 1487 (1488); Staudinger/ Schlosser Rz. 49; MünchKomm/Basedow Rz. 42; Wolf/Pfeiffer Rz. 45; Erman/Roloff Rz. 20; Palandt/Grüneberg Rz. 20. 166 BGH v. 7.3.2013 – VII ZR 162/12, ZIP 2013, 1028 (Tz. 30) (Fortbestand des AGB-Charakters, wenn an formularmäßiger Vorleistungspflicht festgehalten und der Umfang der Vorleistung reduziert wird); OLG München v. 25.9.2012 – 9 U 4534/11 Bau, NJW-RR 2012, 1487; Staudinger/Schlosser Rz. 49; MünchKomm/Basedow Rz. 42; Wolf/Pfeiffer Rz. 45; Palandt/Grüneberg Rz. 20. 167 So im Ausgangspunkt auch BGH v. 19.11.2009 – III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 (Tz. 18 ff.) = ZIP 2009, 2446.

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schaft als Versprechensempfänger und einem Wirtschaftsprüfer als Versprechendem angenommen worden ist168. Vergleichbare Fragen stellen sich im Übrigen bei mittelbarer Platzierung von Wertpapieren (Rz. 71). b) Die Anforderungen im Einzelnen Das Aushandeln einer Vertragsbedingung setzt nach ganz herrschender Meinung voraus, dass der Verwender den gesetzesfremden Kern169 der Klausel ernsthaft zur Disposition stellt und dem Kunden Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen beeinflussen zu können170. Es genügt, dass der gesetzesfremde Kern modifiziert wird; nicht erforderlich ist also, dass er vollständig oder „von Grund auf“ beseitigt wird171 (s. noch Rz. 50). Ein Aushandeln ist danach jedenfalls dann zu bejahen, wenn die Vertragspartner im Rahmen von Verhandlungen über die Einbeziehung der AGB des einen Teils in den Vertrag zu materiellen Änderungen des vorformulierten Textes kommen172. Insoweit fehlt es meist schon an der Vorformulierung i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1173. Wird demgegenüber lediglich die Formulierung, nicht aber der wesentliche Inhalt einer

168 BGH v. 19.11.2009 – III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 (Tz. 12 ff., 17 ff.) = ZIP 2009, 2446 Rz.; zu entsprechenden Überlegungen im Rahmen der Inhaltskontrolle siehe bereits Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen, 1992, S. 160 ff., aber auch § 307 Rz. 133 ff. 169 Dazu BGH v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 (Tz. 20) (AGB-rechtliche Relevanz allein der Ausgestaltung, nicht dagegen der Geltung eines Wettbewerbsverbots gem. § 90a HGB); ferner BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 289/90, NJW 1992, 1107 (1108); BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896 (Tz. 20). 170 BGH v. 26.3.2015 – VII ZR 92/14, ZIP 2015, 1026 (Tz. 33); BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 (Tz. 27) = NJW 2014, 1725; BGH v. 22.11.2012 – VII ZR 222/12, NJW 2013, 856 (Tz. 10); BGH v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 (Tz. 20); BGH v. 18.3.2009 – XII ZR 200/06, NZM 2009, 397 (398); BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544); BGH v. 14.4.2005 – VII ZR 56/04, NJW-RR 2005, 1040 (1041); BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 (321) = NJW 2003, 1805; BGHZ 150, 299 (302 f.) = NJW 2002, 2388; BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103 (111 f.) = NJW 2000, 1110; BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 (2601); BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 289/90, NJW 1992, 1107 (1008); BGH v. 25.6.1992 – VII ZR 128/91, NJW 1992, 2759 (2760); WM 1995, 1455 (1456); BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, BGHZ 104, 232 (236) = NJW 1988, 2465; BGH v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 (377) = NJW 1987, 1634; BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, WM 1988, 979 (981); BGH v. 3.7.1985 – IVa ZR 246/83, WM 1985, 1208 (1209); BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, ZIP 2014, 1136 (Tz. 31); BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, ZIP 2010, 1816 (Tz. 25); BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896 (Tz. 20); BAG v. 6.9.2007 – 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219 (Tz. 19); BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746 (748); OLG Stuttgart v. 26.6.1986 – 2 W 21/86, WM 1987, 114; OLG München v. 7.3.1986 – 23 U 1936/82, ZIP 1987, 849 (851); LG Heilbronn v. 12.3.2009 – 6 O 341/08, ZIP 2009, 609 (610). 171 BGH v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 (Tz. 20); BGH v. 16.7.1998 – VII 9/97, NJW 1998, 3488 (3489); von Westphalen ZIP 2015, 1316 (1326). 172 Ganz h.M., vgl. BGH v. 25.6.1987 – VII ZR 251/86, NJW 1988, 140; OLG Köln v. 16.4.1984 – 8 U 48/83, 8 U 49/83, BB 1984, 1388 (1389); Staudinger/Schlosser Rz. 52; Palandt/Grüneberg Rz. 24; Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 (216). 173 So auch Stoffels Rz. 147; siehe aber auch MünchKomm/Basedow Rz. 43 und Erman/ Roloff § 305 BGB Rz. 20.

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Klausel abgeändert, so greift § 305 Abs. 1 Satz 3 nicht ein (s. noch Rz. 56)174. Ob die Änderungen sich zu Gunsten oder zu Lasten des Kunden auswirken, ist für die Annahme einer Individualabrede grundsätzlich ohne Bedeutung175. Eine Anwendung des AGB-Rechts scheidet daher auch dann aus, wenn das Aushandeln im Ergebnis zu Vereinbarungen führt, die mit Inhaltskontrollvorschriften unvereinbar sind, soweit sich hiermit nicht ein planmäßiges Vorgehen des Verwenders verbindet176. Vgl. auch zu einseitig vorformulierten Änderungsvorschlägen Rz. 53, zur Vervollständigung ergänzungsbedürftiger Formulare oder Klauseln bei Vertragsschluss Rz. 56, zur Beweislast und zu Beweiserleichterungen Rz. 62 ff., zu Forderungen de lege ferenda Einl. Rz. 50, 67, 86. 48

Um ausgehandelte Vertragsbedingungen handelt es sich weiter auch dann, wenn der Verwender dem Kunden nicht nur allgemein seine Bereitschaft, belastende Klauseln abzuändern, erklärt, sondern beide in ein wirkliches Aushandeln, eine Einzelerörterung des vorformulierten Textes und denkbarer Alternativen eintreten177; eine Belehrung des Notars über die Bedeutung einer vorformulierten Klausel steht dem nicht gleich178. Kommt es in diesen Fällen schließlich doch zur unveränderten Übernahme des vorformulierten Textes, so hindert das die Annahme einer Individualabrede nach § 305 Abs. 1 Satz 3 für die zum Gegenstand des Aushandelns gemachten Klauseln nicht, solange und soweit der Vertragsinhalt von beiden Seiten in ihren rechtsgeschäftlichen Gestaltungswillen aufgenommen wird und nicht etwa der Kunde sich aus Gründen der Zeitersparnis, der Rationalisierung, des Fehlens akzeptabler Gegenvorschläge oder aufgrund der Erwägung, dass der Vertragswert außer Verhältnis zur näheren Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Klauseln steht, mit den vom Verwender vorgeschlagenen Vertragsbedingungen einverstanden erklärt179. Auch wenn mit Aushandeln 174 So zutr. BGH v. 18.5.1995 – X ZR 114/93, WM 1995, 1455 (1456); BGH v. 26.3.2015 – VII ZR 92/14, ZIP 2015, 1026 (Tz. 33); BGH v. 7.3.2013 – VII ZR 162/12, ZIP 2013, 1028 (Tz. 30); siehe dazu auch Staudinger/Schlosser Rz. 42. 175 Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 24; Braun BB 1979, 692; Schnur MDR 1978, 95; von Westphalen DB 1981, 67; a.A. – Aushandeln i.d.R. nur bei Besserstellung des Kunden – Reich ZVP 1978, 244. 176 Vgl. Rz. 57; a.A. – analoge Anwendung des AGB-Rechts auch auf derartige individuelle Änderungen – M. Wolf NJW 1977, 1942 f.; Michalski/Römermann ZIP 1993, 1434 (1442). 177 Instruktiv BGH v. 28.7.2015 – XI ZR 434/14, ZIP 2015, 1720 (Tz. 23 f.); s. ferner BGH v. 14.4.2005 – VII ZR 56/04, WM 2005, 1188 (1189); OLG München v. 2.4.1982 – 23 U 4208/81, DB 1982, 1003 (1004). 178 Vgl. Rz. 49; nicht eindeutig aber BGH v. 5.4.1984 – VII ZR 21/83, NJW 1984, 2094 (2095) (ausführliche Belehrung oder eingehende Erörterung). 179 St. Rspr., vgl. BGH v. 22.11.2012 – VII ZR 222/12, NJW 2013, 856 (Tz. 10); BGH v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 (Tz. 20); BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 (321) = NJW 2003, 1805; BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103 (111 f.) = NJW 2000, 1110; BGH v. 18.3.2009 – XII ZR 200/06, NZM 2009, 397 (398) = NJW-RR 2009, 947; BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544); BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 (2601); BGH v. 27.3.1991 – IV ZR 90/90, NJW 1991, 1678 (1679); BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 289/90, WM 1992, 401 (403); BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, ZIP 2014, 1136 (Tz. 31); BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746 (748); zust. MünchKomm/Basedow Rz. 37; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 20; Bamberger/Roth/Becker Rz. 34; Stoffels Rz. 148; Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91 (94 ff.); Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 (213 ff.); Heinrichs NJW 1977, 1508; Jaeger NJW 1979, 1572; Peters JR 1978, 1 (7); M. Wolf NJW 1977, 1938–1940; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 12; a.A. für den unternehmerischen Geschäftsverkehr ICC-Schiedsspruch Nr. 10279, SchiedsVZ 2005, 108 (110 f.) m. Anm. Hobeck – dazu Berger in FS

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nach der Entstehungsgeschichte des § 1 AGBG180 ein Mehr gegenüber dem bloßen Verhandeln gemeint war181, lässt sich daraus doch nicht auf die Notwendigkeit schließen, dass das Ergebnis des Aushandelns jeweils in einer Änderung der vorformulierten Texte bestehen müsste (Rz. 44). Entscheidend ist vielmehr, dass der Vertragsinhalt (und nicht nur die Geltung der AGB) Ausdruck der rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung und -verantwortung auch des Kunden ist und dass dieser sich ihn in freier Selbstbestimmung, insbesondere aus Einsicht in die Sachgerechtigkeit der Regelung, voll zu Eigen gemacht hat und in seinen Geschäftswillen aufnimmt182. In derartigen Fällen, für deren Vorliegen der Verwender den – vielfach nicht leicht zu führenden – Nachweis erbringen muss (Rz. 64 ff., dort auch zu Beweiserleichterungen), besteht nach dem Schutzzweck des AGB-Rechts (Einl. Rz. 51) kein Bedürfnis für dessen Eingreifen; der Individualcharakter des Vertragsinhalts ist trotz Vorformulierung zu bejahen. Zur Bedeutung des Aushandelns einer günstigeren Hauptleistung für den Individualcharakter vorformulierter Vertragsbedingungen vgl. Rz. 54. Unbeachtlich für die Abgrenzung zwischen AGB und Individualabrede ist dem- 49 gegenüber die bloße Erläuterung des Klauselwerks durch den Verwender und der Umstand, dass der Kunde von dessen Inhalt im Einzelnen Kenntnis genommen und das Vertragsangebot sodann akzeptiert hat183. § 305 Abs. 1 Satz 3 verlangt ein Aushandeln im Einzelnen, nach Art gewöhnlicher Verträge ohne vorformulierten Text. Es liegt nicht schon dann vor, wenn der Verwender oder ein am Vertragsschluss beteiligter Dritter dem anderen Teil die Klauseln im Einzelnen vor-

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von Westphalen, 2010, S. 13 (17 ff.); Wolf/Pfeiffer Rz. 38 f.; Palandt/Grüneberg Rz. 20, 22; PWW/Berger Rz. 12 f.; Berger NJW 2001, 2152 (2153 f.); Berger ZIP 2006, 2149 (2152 f.); Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 (160 f.); durchweg großzügiger Staudinger/ Schlosser Rz. 36a, 44. – Vgl. im Übrigen die Meinungsübersicht in Rz. 41 f. Vgl. Nachw. bei Heinrichs NJW 1977, 1508 Fn. 34 und von Westphalen DB 1977, 945. In diesem Sinne denn auch die st. Rspr., siehe aus neuerer Zeit namentlich BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 (321) = NJW 2003, 1805; BGH v. 14.4.2005 – VII ZR 56/04, NJW-RR 2005, 1040; BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544); BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110 (1111); BAG v. 6.9.2007 – 2 AZR 722/06, NZA 2008, 219 Rz. 19; zust. auch Wolf/Pfeiffer Rz. 39; a.A. für den unternehmerischen Verkehr ICC-Schiedsspruch Nr. 10279, SchiedsVZ 2005, 108 (110 f.) m. Anm. Hobeck; dazu Berger in FS von Westphalen, 2010, S. 13 (17 ff.); Berger NJW 2001, 2152 (2153 f.); Berger ZIP 2006, 2149 (2152 f.); Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 (160 f.); dazu noch Rz. 52, 64a m.w.N. BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544); BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 289/90, NJW 1992, 1107 (1108); BGH v. 27.3.1991 – IV ZR 90/90, NJW 1991, 1678 (1679); BGH v. 3.7.1985 – IVa ZR 246/83, WM 1985, 1208 (1209); näher Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 (213 ff.). Heute wohl einh. M., vgl. BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, BGHZ 104, 232 (236) = NJW 1988, 2465; BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110 (1111); BGH v. 25.6.1992 – VII ZR 128/91, NJW 1992, 2759 (2760); BGH v. 27.3.1991 – IV ZR 90/90, NJW 1991, 1678 (1679); BGH v. 30.9.1987 – IVa ZR 6/86, NJW 1988, 410; BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624 (625); WM 1984, 1208 (1209); BGH v. 9.10.1986 – VII ZR 245/85, WM 1987, 42; OLG Celle v. 19.12.1975 – 11 U 79/75, BB 1976, 1287; OLG Düsseldorf v. 11.10.1996 – 22 U 66/96, NJW-RR 1997, 659 (660); OLG Hamm v. 27.2.1981 – 4 REMiet 4/80, NJW 1981, 1049; OLG Karlsruhe v. 11.4.1985 – 9 U 261/83, BB 1986, 1118; OLG Stuttgart v. 26.6.1986 – 2 W 21/86, WM 1987, 114; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 18; MünchKomm/Basedow Rz. 40; Staudinger/ Schlosser Rz. 47; Wolf/Pfeiffer Rz. 37 f.; PWW/Berger Rz. 11, Palandt/Grüneberg Rz. 21; so zu § 1 AGBG auch Löwe/Trinkner § 1 AGBG Rz. 24; Heinrichs NJW 1977, 1507; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 12; a.A. Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. B. 52.

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liest und erläutert184. Die prägende Wirkung des vorformulierten Textes und die damit für den anderen Teil verbundenen Gefahren werden hierdurch nicht beseitigt185. Auch wird eine Klausel nicht dadurch zur Individualvereinbarung, dass sie in eine separate, von beiden Parteien unterzeichnete Zusatzvereinbarung186 oder in einen an den Kunden gerichteten Brief aufgenommen wird187. Aus den gleichen Gründen lässt sich die Anwendung des AGB-Rechts nicht etwa durch eine vom Kunden unterschriebene vorformulierte Erklärung des Inhalts ausschließen, dass die Vertragsbedingungen mit ihm ausgehandelt sind und seinen Wünschen entsprechen (zu Relevanz von Individualvereinbarungen s. Rz. 65)188. Mit Rücksicht auf § 309 Nr. 12b vermag sie auch die Beweislast des Verwenders dafür, dass die Bedingungen tatsächlich ausgehandelt wurden (Rz. 62 ff.), nicht umzukehren189. Umstände, die die Kenntnis des Kunden vom Inhalt der Vertragsbedingungen betreffen, sind zwar für die Einbeziehung der AGB und den Vorbehalt gegenüber überraschenden Klauseln von Bedeutung (§§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1). Den AGB-Charakter der Vertragsbedingungen lassen sie jedoch unberührt. 50

Schwierige Abgrenzungsprobleme stellen sich vor allem in den Fällen, in denen der Verwender dem Kunden seine ernsthafte Verhandlungsbereitschaft mitteilt, dieser jedoch das vorformulierte Angebot annimmt, ohne dass es zuvor zu konkreten Verhandlungen über den Vertragsinhalt kommt. Der BGH hat in derartigen Fällen die Möglichkeit eines Aushandelns ursprünglich offenbar bejaht, da er darauf abstellte, ob der Verwender zur Änderung seiner AGB bereit und dies dem Kunden bekannt war190 oder ob es zur eingehenden Erörterung einer erheb-

184 So zum Verlesen durch den Notar zutr. BGH v. 5.4.1979 – VII ZR 308/77, BGHZ 74, 204 (209) = NJW 1979, 1406 (1407); BGH v. 5.3.1991 – XI ZR 75/90, BGHZ 114, 9 (13) = NJW 1991, 1677 (in Bezug auf § 3 AGBG); BGH v. 29.1.1982 – V ZR 82/81, NJW 1982, 1035; BGH v. 6.5.1982 – VII ZR 74/81, NJW 1982, 2243 (2244); BGH v. 29.9.1983 – VII ZR 225/82, NJW 1984, 171 (172); BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, NJW 1988, 558 (559); OLG Nürnberg v. 8.11.1984 – 2 U 2923/81, BauR 1985, 320; Wiedemann in FS Kummer, 1980, S. 183. 185 Bedenklich daher Begründung zum AGBG S. 17, wonach die eingehende und unmissverständliche Aufklärung des Kunden über Inhalt und rechtliche Tragweite der Klausel ausreichen soll, um ein Aushandeln zu bejahen. 186 BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544); Gottschalk NJW 2005, 2493 (2494); krit. Staudinger/Schlosser Rz. 44. 187 So aber OLG München v. 29.3.1994 – 18 U 4719/93, NJW-RR 1995, 1524; zu Recht abl. Heinrichs NJW 1996, 1381 (1382). 188 Wohl einh. M., s. BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 (Tz. 27) = NJW 2014, 1725; BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544); BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305 (308) = NJW 1983, 385; BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624 (625); Palandt/Grüneberg Rz. 21; Wolf/Pfeiffer Rz. 37; Staudinger/Schlosser Rz. 47; zu § 1 AGBG auch Heinrichs NJW 1977, 1507; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 12. 189 BGH v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 (377 ff.) = NJW 1987, 1634; vgl. näher § 309 Nr. 12 Rz. 15; so auch LG Konstanz v. 19.12.1980 – 3 O 170/80, BB 1981, 1420 (1421); für Indizwirkung jedoch BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624 (626). 190 So ausdrücklich BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624 (625); BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305/81, NJW 1983, 385 (386); BGH v. 26.2.1981 – IVa ZR 99/80, BB 1981, 756 (757); vgl. weiter BGH v. 8.11.1978 – IV ZR 179/77, NJW 1979, 367 (368), wo – obiter – auf die Literaturkritik an dieser Rechtsprechung hingewiesen, von einer Auseinandersetzung mit ihr jedoch abgesehen wurde; offen lassend OLG Hamm v. 27.2.1981 – 4 REMiet 4/80, NJW 1981, 1049.

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lich in die Rechtsstellung des Kunden eingreifenden Klausel und ihrer eindeutigen Niederlegung im Vertrag gekommen war191. Demgegenüber ist festzuhalten, dass von einem „Aushandeln“ im Sinne eines intensiven Verhandelns (Rz. 48) bei bloß einseitiger, wenn auch ernsthaft bekundeter Verhandlungsbereitschaft nicht die Rede sein kann. Auch aus teleologischer Sicht reicht ein derartiges Verhalten des Verwenders grundsätzlich nicht aus, um die in den Vertrag einbezogenen AGB zu Individualabreden zu machen und dem Kunden dadurch den Schutz des AGB-Rechts zu nehmen. Mit Recht ist daher die Literatur den in der Rechtsprechung früher aufgestellten Maßstäben überwiegend nicht gefolgt192. Auch der BGH ist hierauf seither nicht zurückgekommen, sondern verlangt, dass der Verwender den in seinen AGB enthaltenen „gesetzesfremden Kerngehalt“ inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt193. Dabei betont er zu Recht, dass – insbesondere durch das Angebot mehrerer Alternativen194 – über den Inhalt der entsprechenden Klausel disponiert werden können muss. Soweit es daran auch dann fehlen soll, wenn nur, aber immerhin über die Höhe eines vereinbarten Entgelts195, über die rechnerische Anpassung der Fälligkeitsregelung in einem Bauvertrag196 oder über die Höhe einer Vertragsstrafe197 disponiert wird, dürften die Anforderungen an ein Aushandeln freilich überdehnt worden sein (s. bereits Rz. 47). Die für die AGB-Verwendung typische Unterwerfungssituation des Kunden und seine daraus folgende Schutzbedürftigkeit ändern sich hingegen nicht schon dadurch, dass ihm eine Verhandlungsmöglichkeit eingeräumt wird. Das gilt zumal in den Fällen, in denen sich die Erklärung global auf ein umfangreiches Klauselwerk bezieht und dem Kunden nicht etwa konkrete Verhandlungsalternativen hinsichtlich bestimmter, besonders ins Gewicht fallender Klauseln geboten werden198. Zur abw. Beurteilung mit Blick auf die Einflussnahmemöglichkeit des Verbrauchers i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 vgl. § 310 Rz. 84 f. Von dem eine Invidualabrede kennzeichnenden Konsens hinsichtlich des Klauselinhalts kann hingegen ausgegangen werden, wenn sich der Kunde im Rahmen der Verhandlungen über die Klausel mit deren Inhalt einverstanden erklärt

191 BGH v. 5.4.1979 – VII ZR 308/77, BGHZ 74, 204 (209 f.) = NJW 1979, 1406. 192 Vgl. MünchKomm/Basedow Rz. 39 f.; Wolf/Pfeiffer Rz. 38; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 19; Palandt/Grüneberg Rz. 20; zu § 1 AGBG auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 22; Koch/Stübing § 1 AGBG Rz. 37; Braun BB 1979, 692; Heinrichs NJW 1977, 1508; Löwe JuS 1977, 423; Löwe NJW 1977, 1328; Trinkner BB 1977, 717 f.; von Westphalen DB 1977, 944; a.A. namentlich Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 (160 f.); von Falkenhausen BB 1977, 1128; Pawlowski BB 1978, 161 ff.; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. B. 52; so grundsätzlich auch Staudinger/Schlosser Rz. 36a, 44; siehe ferner PWW/Berger Rz. 13, Berger NJW 2001, 2152 (2153 f.), Berger ZIP 2006, 2149 (2152 f.), dem zufolge für den unternehmerischen Verkehr die Möglichkeit des Aushandelns genügen soll; siehe dazu noch Rz. 52, 64a. 193 Vgl. die Nachw. in Fn. 170. 194 BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, BGHZ 153, 148 (151) = NJW 2003, 1313. 195 So klarstellend BGH v. 27.3.1991 – IV ZR 90/90, NJW 1991, 1678 (1679) (Maklerprovision) gegen OLG Schleswig v. 19.5.1989 – 14 U 190/88, NJW 1990, 394; vgl. auch Schwerdtner NJW 1990, 369. 196 BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 289/90, NJW 1992, 1107 (1108). 197 BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 (2601) = WM 1998, 2297. 198 OLG Celle v. 28.10.1977 – 11 U 72/77, NJW 1978, 326 (327); insoweit zust. auch Staudinger/Schlosser Rz. 44; Wolf/Pfeiffer Rz. 38.

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hat199. Das Einverständnis kann auch konkludent erklärt werden200, weshalb auch im Rahmen des § 305 Abs. 1 Satz 3 die Schwierigkeit in der Feststellung besteht, ob die Umstände des Vertragsschlusses im Allgemeinen und das äußere Erklärungsverhalten des Kunden im Besonderen auf ein entsprechendes Einverständnis und damit darauf schließen lassen, dass der Geschäftswille des Kunden auch den Klauselinhalt umfasst (s. noch Rz. 64 f.)201. Notwendige (aber nicht hinreichende, s. Rz. 48) Voraussetzung ist hierbei grundsätzlich, dass es zu Verhandlungen über den Klauselinhalt gekommen ist. Unerlässlich ist dies indes nicht. Von einer Individualabrede kann vielmehr auch dann ausgegangen werden, wenn der Verwender den Kunden auf ein einzelnes Regelungsproblem hinweist (Haftungsbeschränkung, Rücktrittsvorbehalt, Vertragsstrafe o.Ä.), an dessen wirksamer vertraglicher Vereinbarung er ein besonderes sachlich berechtigtes Interesse hat, und er ihm insoweit die reale Möglichkeit des Aushandelns eröffnet, insbesondere dadurch, dass er ihn nach Information über den Klauselinhalt um Alternativvorschläge bittet oder solche von sich aus zur Diskussion stellt202. In derartigen Fällen fehlt es wegen der Zuspitzung des Verhandlungsangebots auf eine bestimmte Abrede an der typischen Unterlegenheit (und damit auch Schutzbedürftigkeit) des Kunden gegenüber einem umfangreichen, in sich zusammenhängenden Klauselwerk. Berücksichtigt man zudem das berechtigte Interesse des Verwenders, trotz der durch die Vielzahl von Verträgen bedingten Vorformulierung zu einer Individualabrede in kritischen, für Vertragsabschluss oder -durchführung aus seiner Sicht wesentlichen Punkten zu kommen, so kann dieser Umstand zu einer Obliegenheit des Kunden auf Grund der Sonderverbindung der Vertragsanbahnung führen, das derart konkretisierte Angebot des Verwenders einer näheren Prüfung zu unterziehen und ggf. in ein Aushandeln der fraglichen Klausel einzutreten. Gibt der Kunde in derartigen Fällen seine Zustimmung zu der vom Verwender vorgeschlagenen Regelung, so wird diese trotz Vorformulierung zur Individualabrede, da sie als Ausdruck der rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung und -verantwortung des Kunden und nicht als bloße Unterwerfung unter das vom Verwender vorgeschlagene Klauselwerk zu werten ist203. 51a

Das Vorliegen einer Individualabrede ist auch nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn der Verwender eine bestimmte Klausel für unabdingbar erklärt204. Das auch in diesem Fall unerlässliche Einverständnis des Kunden mit dem Klau-

199 BGH v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 (Tz. 20); BGH v. 5.12.1995 – X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783 (787); BGH v. 26.2.1992 – XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283 (2285). 200 A.A. – das Erfordernis ausdrücklichen Einverständnisses betonend – BGH v. 5.12.1995 – X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783 (787); dagegen Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 (217); wohl auch BGH v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 (Tz. 20). 201 Näher Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 (215 ff.); ähnlich Wolf/Pfeiffer Rz. 38; Palandt/Grüneberg Rz. 20, 22. 202 Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91 (101 ff.); Jaeger NJW 1979, 1574; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 11; zurückhaltend Bunte ZIP 1984, 1420; weitergehend Wolf/Pfeiffer Rz. 38; Canaris JZ 1987, 993 (1003); für den kaufmännischen Verkehr auch Palandt/Grüneberg Rz. 22; Rabe NJW 1987, 1978 (1980); vgl. auch die Nachw. zur BGH-Rechtsprechung in Fn. 170; a.A. Erman/Roloff § 305 Rz. 19; Schuhmann JZ 1998, 127 (128); scharf ablehnend auch Michalski/Römermann ZIP 1993, 1434 (1440). 203 S. neben den Nachw. in voriger Fn. noch Heinrichs NJW 1977, 1508. 204 BGH v. 26.2.1992 – XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283 (2285); OLG Köln v. 23.6.1995 – 19 U 274/94, ZIP 1995, 1636 (1637); Staudinger/Schlosser Rz. 45; Wolf/Pfeiffer Rz. 38 f.; Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91 (100 ff.); Rabe NJW 1987, 1978 (1980); im Ausgangs-

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selinhalt lässt sich in diesem Fall zwar regelmäßig nicht schon aus der gründlichen Erörterung des Klauselinhalts herleiten205; anders kann es indes liegen, wenn die Klausel, obgleich nicht leistungsbeschreibend im Sinne des § 307 Abs. 3, gleichsam den Vertragsgegenstand prägt206 oder der Kunde eine Kompensation im Rahmen einer „Paketlösung“ erhält (Rz. 64a). An der für das Vorliegen einer Individualabrede unerlässlichen Abänderungsbereitschaft des Verwenders fehlt es hingegen, wenn eine Änderung der von ihm bereitgestellten Vertragsbedingungen aus Gründen des Vergaberechts ausgeschlossen ist und zum Ausschluss eines entsprechenden Angebots aus dem Vergabeverfahren führen müsste207. Entsprechendes gilt, wenn der Vertrag mit dem Kunden Teil eines Vertragsbündels ist und der Verwender – etwa aus kartellrechtlichen Gründen oder aufgrund einer vertraglichen Abrede gegenüber einem Projektbetreiber o.Ä. – zur Gleichbehandlung seiner Vertragspartner verpflichtet ist oder erkennbar ein anderweitiges Interesse an gleichförmiger Ausgestaltung dieser Verträge hat208. Zur Beweislast und zu weiteren Indizien s. noch Rz. 64.

3. Einzelfragen a) Bedeutung eines Machtgefälles zwischen Verwender und Kunde Das Vorhandensein oder Fehlen eines wirtschaftlichen oder intellektuellen Machtgefälles zwischen den Parteien ist für die Anwendung des Gesetzes im Grundsatz ohne Bedeutung (Rz. 8 sowie Einl. Rz. 51 ff.). Auch auf den Begriff des Aushandelns hat es keinen Einfluss209. Auch bei Fehlen eines wirtschaftlichen oder intellektuellen Machtgefälles hat es vielmehr dabei zu bewenden, dass die bloße Möglichkeit, in ein Aushandeln über einzelne Klauseln einzutreten, aus den vorformulierten Bedingungen noch keine Individualabreden macht; auch marktstarke Unternehmen dürfen sich mit anderen Worten auf den Standpunkt stellen, dass es nicht lohnt, Zeit und Mühe in das Studium der Bedingungen und in Verhandlungen über deren Ausgestaltung zu investieren, dass es vielmehr

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punkt auch BGH v. 22.11.2012 – VII ZR 222/12, NJW 2013, 856 (Tz. 13) – bring-or-payKlausel; a.A. noch Voraufl. Rz. 51. BGH v. 22.11.2012 – VII ZR 222/12, NJW 2013, 856 (Tz. 13) – bring-or-pay-Klausel (s. dazu noch Rz. 64a); großzügiger wohl BGH v. 26.2.1992 – XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283 (2285); OLG Köln v. 23.6.1995 – 19 U 274/94, ZIP 1995, 1636 (1637). S. am Beispiel der Privatisierung kommunalen Wohnungsbestandes unter Wahrung bestimmter Sozialbindungen Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91 (100 f.). Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 (218); vgl. dazu auch LG Paderborn v. 2.10.2013 – 4 O 32/13, ZIP 2013, 2410 (2411). Dazu BGH v. 11.5.2009 – VII ZR 11/08, NJW 2009, 2443 (Tz. 25). So neben der Rechtsprechung – siehe namentlich BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 (321) = NJW 2003, 1805; zu weiteren Nachw. siehe Fn. 170; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 19; von Westphalen DB 1981, 66 f.; von Westphalen ZIP 2007, 149 (150 ff.); von Westphalen BB 2010, 195 (197 ff.); im Grundsatz auch MünchKomm/Basedow Rz. 39; a.A. namentlich Garrn JZ 1978, 304; Reich ZVP 1978, 244; Fehl Systematik, S. 160 ff.; für den unternehmerischen Geschäftsverkehr im Ergebnis auch (freilich mit Unterschieden im Detail) Staudinger/Schlosser Rz. 36a; Palandt/Grüneberg Rz. 20; Wolf/Pfeiffer Rz. 39; PWW/Berger Rz. 13; Berger NJW 2001, 2152 f.; Berger ZIP 2006, 2149 (2152); Berger/Kleine BB 2007, 2137 (2140); Dauner-Lieb/Axer ZIP 2010, 309 (313 f.); Heinrichs NJW 1977, 1508; Kessel/Jüttner BB 2008, 1350 (1352 ff.); Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 (160 ff.); Michel/Hilpert DB 2000, 2513; Pawlowski BB 1978, 164; Rabe NJW 1987, 1978 (1980); de lege ferenda auch Berger NJW 2010, 465 (467 f.); Müller/Griebeler/Pfeil BB 2009, 2658 (2660 ff.).

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sinnvoll sein kann, sich auf die vorformulierten Bedingungen einzulassen (Rz. 58; siehe ferner Einl. Rz. 51). Ist es allerdings zu Verhandlungen (Rz. 48) der Parteien über die AGB gekommen, so kann dem Fehlen eines Machtgefälles Indizfunktion zukommen, soweit es um den Nachweis des Verwenders geht, dass seine AGB trotz unveränderter Übernahme durch Aushandeln zur Individualabrede geworden sind (Rz. 64 f.). b) Wahlmöglichkeiten des Kunden 53

Eine Individualabrede liegt nicht schon dann vor, wenn der Formulartext die Möglichkeit vorsieht, durch Streichung einzelner Klauseln auf den Inhalt des im Übrigen unveränderten Formularvertrags einzuwirken210. Auch die Eröffnung von Wahlmöglichkeiten in Bezug auf die vorformulierten Vertragsbedingungen macht die vom Kunden gewählte Alternative grundsätzlich noch nicht zur Individualabrede211. Ein echtes Aushandeln, eine inhaltliche Einflussnahme auch des Kunden auf die Vertragsgestaltung ist hiermit nicht verbunden (Ausnahmen vgl. in Rz. 53a, 56). Aus dem gleichen Grunde liegt eine Individualabrede auch nicht schon dann vor, wenn der Verwender dem Kunden im Fall von dessen Widerspruch gegen eine bestimmte Klausel eine –- von ihm ebenfalls in standardisierter Form verwendete –- Ersatzformulierung anbietet (Rz. 57). Von einer individuellen Änderung (Rz. 47) kann hier nicht die Rede sein. Entsprechendes gilt, wenn das Zustandekommen des Vertrags davon abhängig ist, dass der Kunde zuvor in einem Online-Anmeldeformular einen Kontrollkasten anklickt und damit eine vorformulierte Bestätigung abgibt; inhaltliche Gestaltungsmacht wird dem Kunden durch die Option, das Anklicken zu unterlassen, nicht eingeräumt212.

53a

Anderes gilt, wenn der Verwender dem Kunden eine Wahl- und Verhandlungsmöglichkeit hinsichtlich einer bestimmten Klausel und der ihr korrespondierenden Gegenleistung eröffnet; insoweit kann die Ausübung dieser Wahl durch den Kunden aus den oben (Rz. 51) genannten Gründen zur Annahme einer Individualabrede führen213. Zu denken ist vor allem an Wahlmöglichkeiten des Kunden hinsichtlich der Höhe des vom Verwender zu übernehmenden Haftungsrisi-

210 BGH v. 9.4.1987 – III ZR 84/86, NJW 1987, 2011. 211 Ganz h.M., vgl. BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 18) = ZIP 2010, 628; BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543 (2544); BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103 (109 f.) = NJW 2000, 1110; BGH v. 7.2.1996 – IV ZR 16/95, NJW 1996, 1676 (1677); BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 289/90, NJW 1992, 1107 (1108); BGH v. 3.12.1991 – XI ZR 77/91, NJW 1992, 503 (504); BGH v. 3.7.1985 – IVa ZR 246/83, WM 1985, 1208 (1209); BGH v. 8.1.1986 – VIII ZR 313/84, WM 1986, 388 (389); OLG Celle v. 19.12.1975 – 11 U 79/75, BB 1976, 1287 (1288); Wolf/Pfeiffer Rz. 40; MünchKomm/Basedow Rz. 43; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 21; Palandt/Grüneberg Rz. 21; so zu § 1 AGBG auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 24; Heinrichs NJW 1977, 1508; Sonnenschein NJW 1980, 1492; M. Wolf NJW 1977, 1941; im Grundsatz auch Staudinger/Schlosser Rz. 38, 40; zum Sonderfall von Alternativen bei einzelnen Klauseln vgl. Rz. 53a; im Zusammenhang mit dem Stellen der Vertragsbedingungen auch BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 18) = ZIP 2010, 628. 212 BGH v. 15.5.2014 – III ZR 368/13, ZIP 2014, 1485 (Tz. 31). 213 So auch BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, BGHZ 153, 148 (151 f.) = NJW 2003, 1313; BGH v. 27.3.1991 – IV ZR 90/90, NJW 1991, 1678 (1679); MünchKomm/Basedow Rz. 41; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 18; Staudinger/Schlosser Rz. 38; Schippel/Brambring DNotZ 1977, 154; von Westphalen DB 1977, 947; a.A. Michalski/Römermann ZIP 1993, 1434 (1440).

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kos, verbunden mit entsprechenden Preiszuschlägen214. Eröffnet der Verwender dem Kunden insoweit eine echte Auswahlmöglichkeit vor dem Hintergrund des jeweiligen, vertragsspezifischen Schadensrisikos, so steht dem Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 auch nicht der Umstand entgegen, dass der Verwender bestimmte Tarife entsprechend dem jeweils gewählten Haftungsumfang vorgibt. Auch in derartigen Fällen reicht freilich nicht bereits jedes Alternativangebot zur Berufung auf die Ausnahme des § 305 Abs. 1 Satz 3 aus; maßgebend ist vielmehr, ob ein sachlich berechtigtes Interesse des Verwenders an der wirksamen Offenhaltung derartiger Gestaltungsmöglichkeiten trotz der Vielzahl der von ihm geschlossenen Verträge über bestimmte Lieferungen oder Leistungen besteht. Zu „Paketlösungen“ siehe noch Rz. 64a. c) Günstige Hauptleistung Die gleichen Grundsätze gelten, wenn der Kunde die AGB mit Rücksicht darauf anerkennt, dass ihm der Verwender die Hauptleistung besonders günstig anbietet. Auch das reicht für sich genommen zur Bejahung des Individualcharakters der vorformulierten Vertragsteile nicht aus. Diesem Zusammenhang ist vielmehr dadurch Rechnung zu tragen, dass der Verwender sich hier ausnahmsweise unter Berufung auf § 306 Abs. 3 vom ganzen Vertrag lösen kann, wenn die inhaltliche Überprüfung der AGB nach Maßgabe der §§ 307 bis 309 trotz günstiger Gegenleistung zur Unwirksamkeit wesentlicher Teile des Klauselwerkes führen sollte215. Das AGB-Recht findet nach ganz h.M. auch dann Anwendung, wenn der Kunde zwischen „schlechten“ AGB zu billigem Preis und „guten“ AGB zu entsprechend höherem Preis wählen kann216. Zu „Paketlösungen“ siehe aber noch Rz. 64a.

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d) Reichweite des Aushandelns („soweit“) Sind von einem Klauselwerk nicht sämtliche Vertragsbedingungen, sondern nur 55 einzelne Klauseln Gegenstand des Aushandelns gewesen, so beschränkt sich nach dem Wortlaut des § 305 Abs. 1 Satz 3 („soweit“) grundsätzlich auch dessen Anwendungsbereich hierauf. Die restlichen Klauseln bleiben AGB; eine „Ausstrahlungswirkung“ von der Änderung zentraler Klauseln auf den Charakter der nicht in die Verhandlungen einbezogenen Teile besteht nicht217. Frage des Ein214 Vgl. dazu Wolf WPK-Mitt. 1998, 197 (199) zu Auswahlmöglichkeiten im Rahmen von § 54a Abs. 1 WPO, aber auch BGH v. 13.11.1997 – X ZR 135/95, NJW 1998, 1066 (1067 f.) zu alternativen Zahlungsfristen und Laufzeitangeboten; siehe ferner BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 (Tz. 18) = ZIP 2010, 628. 215 Zur Bedeutung des Preisfaktors bei der Angemessenheitskontrolle vgl. § 307 Rz. 145 ff. 216 Vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 40; Wolf/Pfeiffer Rz. 40; Schippel/Brambring DNotZ 1977, 154; von Westphalen DB 1977, 947. 217 BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 (254 f.) = NJW 1985, 853; BGH v. 6.3.1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212 (215) = NJW 1986, 1803; BGH v. 25.6.1992 – VII ZR 128/91, NJW 1992, 2759 (2760); BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 (2601); BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 253/09, ZIP 2010, 1816 (Tz. 26); BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, ZIP 2014, 1136 (Tz. 31); vgl. weiter die Rspr.-Nachw. in Fn. 162; so auch Bamberger/Roth/Becker Rz. 33, MünchKomm/Basedow Rz. 44; PWW/Berger Rz. 11; Palandt/Grüneberg Rz. 18; Staudinger/Schlosser Rz. 41; Wolf/Pfeiffer Rz. 41; vgl. auch Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 22; zu § 1 AGBG auch Dietlein/Rebmann § 1 AGBG Rz. 10; Jaeger NJW 1979, 1574; a.A. Maier-Reimer/Niemeyer NJW 2015, 1713 (1717; aus dem ältern Schrifttum Löwe/Trinkner § 1 AGBG Rz. 24; von Westphalen DB 1977,

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zelfalls ist es allerdings, welche Klauseln in den Prozess des Aushandelns einbezogen worden sind (siehe noch Rz. 56 f.). Der Umstand, dass das Klauselwerk an mehreren zentralen Stellen geändert wurde, kann ein Indiz dafür bilden, dass die Parteien das Aushandeln auf alle sachlich damit in Zusammenhang stehenden AGB-Teile oder sogar auf den gesamten Vertragsinhalt erstreckt und diesen insgesamt in ihren beiderseitigen rechtsgeschäftlichen Gestaltungswillen aufgenommen haben218. e) Ergänzungsbedürftige Formulare 56

Werden ergänzungsbedürftige Formulare im Verlauf der Vertragsverhandlungen ausgefüllt, so lässt dies den AGB-Charakter der fraglichen Vertragsbedingungen unberührt, soweit es sich um unselbständige Ergänzungen handelt, die den sachlichen Gehalt der Regelung nicht beeinflussen. Beispiele bilden die Einsetzung des aktuellen Listenpreises in die „Tagespreisklausel“ eines Kaufvertrags über Neuwagen219, die Einfügung des individuell kalkulierten Restwerts in die leasingvertragliche Regelung zum Restwertausgleich220, die Ergänzung einer formularmäßigen Sicherungsabrede für Grundschulden durch die Bezeichnung des Schuldners221 oder eines Bürgschaftsformulars durch Bezeichnung der Hauptforderung222, die Einfügung eines Steigerungssatzes in eine ärztliche Honorarvereinbarung223, das Ankreuzen einer vorformulierten Vertragslaufzeit, auch wenn eine andere Laufzeit hätte eingesetzt werden können224; die Spezifizierung des Vertragsobjekts in einem Bauträgervertrag225; die Festlegung des Beginns eines zweijährigen Wartungsvertrags226 oder der betroffenen Forderungen in einer Ab-

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947; tendenziell auch Soergel/Stein Rz. 28; Heinrichs NJW 1977, 1509. – Umgekehrt wird die Wirksamkeit einer nach Abschluss des Formularvertrags getroffenen Individualabrede nicht durch die Unwirksamkeit einzelner Formularklauseln berührt, siehe für Abreden über Schönheitsreparaturen im Übergabeprotokoll BGH v. 14.1.2009 – VIII ZR 71/08, NJW 2009, 1075 m. Anm. Kappus; siehe dazu auch Derleder NZM 2009, 227 ff.; Kappus in FS von Westphalen, 2010, S. 369 (370 ff.). S. noch Rz. 64a, ferner BGH v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 (Tz. 20); OLG Köln v. 19.1.2001 – 19 U 112/00, VersR 2002, 901 (902); LG Frankfurt/M. v. 20.3.2003 – 3/10 O 179/02, ZGS 2003, 396 f.; Wolf/Pfeiffer Rz. 41; Dietlein/Rebmann § 1 AGBG Rz. 10; Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 (217); Habersack/Schürnbrand in FS Canaris, 2007, S. 359 (374); Kirchner/Giessen BB 2015, 515 (518 f.); Koch BB 2010, 1810, 1811 f.; insoweit zutr. auch Maier-Reimer/Niemeyer NJW 2015, 1713 (1717); vgl. auch Begr. RegE, BT-Drucks. 7/3919 S. 7; ferner BGH v. 12.6.1985 – IVa ZR 261/83, BB 1986, 21 (22). BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603. BGH v. 28.5.2014 – VIII ZR 179/13, ZIP 2014, 1738 (Tz. 17). BGH v. 12.12.1986 – V ZR 282/85, BGHZ 99, 203 (205 f.) = NJW 1987, 1636; BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, BGHZ 102, 152 (158) = NJW 1988, 588; BGH v. 18.2.1992 – XI ZR 126/91, NJW 1992, 1822; BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, NJW 1988, 558 (559); entspr. für Sicherungsübereignung OLG Oldenburg v. 3.3.1993 – 4 U 63/92, WM 1993, 2162 (2165). BGH v. 2.7.1998 – IX ZR 255/97, NJW 1998, 2815 (2816). BGH v. 30.10.1991 – VIII ZR 51/91, BGHZ 115, 391 (394) = NJW 1992, 746. BGH v. 7.2.1996 – IV ZR 16/95, NJW 1996, 1676 (1677); BGH v. 18.12.1996 – IV ZR 60/96, NJW-RR 1997, 1000; Heinrichs NJW 1997, 1408; offener sodann aber BGH v. 13.11.1997 – X ZR 135/95, NJW 1998, 1066 (1067); OLG Karlsruhe v. 1.12.1994 – 12 U 253/94, VersR 1995, 645 (646); Leverenz NJW 1997, 421 (423); sehr weitgehend BGH v. 15.4.2008 – X ZR 126/06, BGHZ 176, 140 (Tz. 6) = NJW 2008, 2250. BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229 (238) = NJW 1992, 2160. BGH v. 17.3.1993 – VIII ZR 180/92, BGHZ 122, 63 (65) = NJW 1993, 1651.

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tretungsurkunde227, die Einsetzung des Datums des Ausscheidens und der Kündigungserklärung in eine Abwicklungsvereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber228, die Aufnahme konkret berechneter „Bearbeitungskosten“ eines Verbraucherkredits in das Darlehensformular229 und die Ergänzung der in einem Kreditvertrag enthaltenen Financial Covenants um die Finanzkennzahlen des Darlehensnehmers230. Entsprechendes gilt bei handschriftlichen, nicht auf Aushandeln beruhenden Ergänzungen oder bei bloß formaler, den Regelungsinhalt unberührt lassender Anpassung einer Klausel an den Einzelfall231. Eine andere Beurteilung kann bei individuell ausgehandelten Ergänzungen veranlasst sein, die selbst den wesentlichen Inhalt der Klausel festlegen oder modifizieren232. Soweit Ergänzungen über den Umfang abzutretender Forderungen oder als Sicherheit zu übereignender Sachen233 oder über die Höhe einer Schadens- oder Auslagenpauschale oder die Länge einer Frist in Frage stehen234, ist ein Rückschluss auf deren individuelles Aushandeln zwar nicht ohne Weiteres veranlasst (vgl. Rz. 63a). Zu Recht hat aber BGH WM 1994, 1136 (1137) eine Individualabrede bezüglich einer handschriftlichen Ergänzung bejaht, mit der zu Gunsten des Mieters ein vorformulierter Gewährleistungsausschluss des Vermieters substantiell geändert wurde.

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f) Planmäßige Abweichungen Hinzuweisen ist schließlich auf die Gefahr, die sich – auch mit Rücksicht auf die Nachweisprobleme (Rz. 62 ff.) – für den Kunden mit aus Sicht des Verwenders planmäßigen, ihrerseits vorformulierten Abweichungen verbindet235. Bietet etwa ein AGB-Verwender in scheinbarem Entgegenkommen gegenüber seinen Kunden diesen bei Vertragsschluss planmäßig bestimmte Abweichungen von einzelnen, inhaltlich unangemessenen Klauseln an, um für die abweichende Vereinbarung der Inhaltskontrolle zu entgehen, so ist auch die jeweilige Neufas-

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Vgl. M. Wolf in FS Baur, 1981, S. 150. BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896 (Tz. 20). LG Berlin v. 4.6.2013 – 10 S 2/13, ZIP 2013, 1613. Näher Nouvertné ZIP 2012, 2139 (2144); a.A. Merkel/Tetzlaff in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2011, § 98 Rz. 175. BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 289/90, NJW 1992, 1107 (1108); BGH v. 18.5.1995 – X ZR 114/93, WM 1995, 1455 (1456); LG Heilbronn v. 12.3.2009 – 6 O 341/08, ZIP 2009, 609 (610). BGH v. 7.2.1996 – IV ZR 16/95, NJW 1996, 1676 (1677); BGH v. 13.11.1997 – X ZR 135/95, NJW 1998, 1066 (1067). BGH v. 19.6.1991 – VIII ZR 244/90, NJW 1991, 2768 (2769) betr. den Mindestumfang abzutretender Forderungen im Rahmen einer Sicherungsglobalzession, bei dessen Unterschreitung die Pflicht zur Abtretung weiterer Forderungen bestehen soll; dazu auch M. Wolf in FS Baur, 1981, S. 150. Gegen Individualabrede in derartigen Fällen OLG Stuttgart v. 28.6.1985 – 2 U 264/85, NJW-RR 1986, 275 (276); im Ergebnis auch OLG Frankfurt v. 12.5.1981 – 14 U 15/80, NJW 1981, 2760 (2761), NJW-RR 1987, 548; OLG Frankfurt v. 1.10.1987 – 6 U 38/87, GRUR 1988, 482 (483); OLG Nürnberg v. 24.11.1982 – 4 U 2180/82, BB 1983, 1307; OLG Köln v. 16.12.1987 – 24 U 127/87, NJW-RR 1988, 654 (655); LG München v. 4.3.1981 – 15 S 16917/80, NJW 1982, 2130. Zu Recht anders sodann aber BGH v. 13.11.1997 – X ZR 135/95, NJW 1998, 1066 (1067 f.) und OLG Frankfurt v. 24.7.1997 – 1 U 45/96, NJW-RR 1997, 1485 betr. Wahlmöglichkeiten zur Vertragslaufzeit. Sie betont zu Recht auch Schuhmann BB 1996, 2473 ff. im Hinblick auf die Verhandlung komplexer Vertragsbedingungen.

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sung an den §§ 307 bis 309 zu messen236. Man denke etwa an die individuelle „Ausweitung“ der Haftung des Verwenders auf grob fahrlässige Verstöße angesichts einer unzulässigen Haftungsbeschränkung auf Vorsatz in den AGB oder an die „Verlängerung“ der in den AGB stark verkürzten Gewährleistungsfristen auf einen Zeitraum, der immer noch unterhalb der gesetzlichen Fristen liegt237. Entsprechendes gilt für vom Verwender angebotene, vom Kunden akzeptierte Abweichungen, die den Klauselinhalt im Ergebnis unverändert lassen oder sich sogar zu Lasten des Kunden auswirken. 58

Die in Rz. 57 genannten Fälle machen zugleich ein Grundproblem des § 305 Abs. 1 Satz 3 deutlich: da Kunden sich durch das Aushandeln von Vertragsbedingungen in Abweichung vom vorformulierten Text grundsätzlich außerhalb des Schutzbereichs des AGB-Rechts stellen, liegt es entgegen der mit §§ 305 bis 305c verfolgten, auf Förderung der Privatautonomie im Massenverkehr gerichteten Tendenz in ihrem wohlverstandenen Interesse, sich den AGB des Verwenders möglichst uneingeschränkt zu „unterwerfen“238. Die nicht geringe Zahl der Urteile zu § 305 Abs. 1 Satz 3 lässt vermuten, dass Verwender sich nicht selten auf den Einwand der Individualabrede berufen239. Ein Unterlaufen des Schutzzwecks des AGB-Rechts unter Berufung auf § 305 Abs. 1 Satz 3 ist allerdings angesichts der strengen Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Voraussetzungen des Aushandelns stellt (vgl. Rz. 50), nicht ernsthaft zu befürchten240.

4. Kollektives Aushandeln 59

Werden Vertragsbedingungen auf Verbandsebene oder in sonstiger kollektiver Art und Weise unter Einbeziehung von Repräsentanten beider Seiten ausgehandelt, so erfüllt das nicht die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 3 und macht die gemeinsam erstellten Bedingungen nicht etwa zu Individualabreden241. Da der Gesetzgeber des AGBG entgegen einer Reihe rechtspolitischer Vorschläge (Einl. Rz. 25) davon abgesehen hat, Ausnahmen zu Gunsten bestimmter Arten von Muster-AGB vorzusehen, sind kollektiv erarbeitete Klauselwerke grundsätzlich ebenso zu behandeln wie die einseitig vom Verwender oder einem ihm nahe stehenden Dritten vorformulierten Bestimmungen. Das gilt nicht nur für

236 So auch Bamberger/Roth/Becker Rz. 35; im Ergebnis auch BGH v. 20.10.1976 – IV ZR 135/75, BB 1977, 59 (60); Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 24; Braun BB 1979, 693; a.A. anscheinend von Westphalen DB 1977, 947. Weitergehend Michalski/Römermann ZIP 1993, 1434 (1442), die für eine entsprechende Anwendung des AGB-Rechts bei vorformulierten Abweichungen unabhängig vom Vielzahl-Kriterium plädieren. 237 Vgl. § 309 Nr. 8b; zu weiteren Beispielen vgl. Braun BB 1979, 693. 238 So auch Bunte DB 1982, Beil. 13, S. 5 f.; Schuhmann BB 1996, 2473 ff. 239 Vgl. die Rspr.-Nachw. in Fn. 170 und 217 ff. 240 Vgl. auch die in Fn. 209 genannten Befürworter eines großzügigeren Maßstabs für den unternehmerischen Geschäftsverkehr; a.A. Michalski/Römermann ZIP 1993, 1434 (1442). 241 Ganz h.M., vgl. schon Begründung zum AGBG S. 17; so auch BGH v. 17.9.1987 – VII ZR 166/86, BGHZ 101, 369 (374) = NJW 1988, 142 (betr. VOB/B); BGH v. 9.10.1981 – I ZR 188/79, NJW 1982, 1820 (1821) (betr. ADSp); BGH v. 23.6.1999 – IV ZR 136/98, NJW 1999, 3558 (betr. Satzung der Versorgungsanstalt Bund/Länder); BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896 (Tz. 20) (betr. Interessenausgleich und Sozialplan); OLG Köln v. 11.10.1988 – 25 U 26/87, WM 1989, 93 (94) (betr. Richtlinien für den beleglosen Datenträgeraustausch); ebenso Wolf/Pfeiffer Rz. 44; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 23; Palandt/Grüneberg Rz. 18; Schlosser ZIP 1985, 449 (452 f.).

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Mustermietverträge unter Beteiligung der Gegenseite oder für die unter Einschaltung des ADAC erstellten Kfz-Verkaufsbedingungen, sondern auch für GWB-konforme Konditionenkartelle und -empfehlungen (Einl. Rz. 75 ff.). Der Einfluss der Gegenseite ist zwar bei der Inhaltskontrolle derart ausgehandelter AGB zu berücksichtigen. Auf den Individualcharakter der Vereinbarungen kann der Verwender sich jedoch nur dann berufen, wenn Repräsentanten der Vertragsgegenseite im gemeinsamen Interesse der von ihnen vertretenen Kunden und in deren Auftrag durch Aushandeln im Einzelnen maßgebenden Einfluss auf den Vertragsinhalt genommen haben242. Vgl. auch Rz. 74.

IV. Beweislastfragen 1. Grundsatz Die Beweislast dafür, dass der Vertrag im Ganzen oder in Teilen die Voraussetzungen der AGB-Definition erfüllt, liegt im Grundsatz bei demjenigen, der sich im Prozess auf das Eingreifen des AGB-Rechts beruft, d.h. beim Kunden oder – im Rahmen der Unterlassungs- und Widerrufsklage nach § 1 UKlaG – bei den als Kläger beteiligten Verbänden und Kammern243. Abweichendes ergibt sich auch nicht etwa aus dem Ausnahmecharakter des § 305 Abs. 1 Satz 3; sein Eingreifen ist nur dann von Bedeutung, wenn im Grundsatz die – vom Kunden zu beweisenden – Voraussetzungen von Abs. 1 Satz 1 vorliegen. Allerdings kann sich der Kunde oder Verband nicht selten auf Indizien berufen (vgl. Rz. 61). Auch genügt er seiner Beweislast mit der Behauptung des AGB-Charakters, wenn der Verwender sie nicht substantiiert bestreitet244.

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Regelmäßig wird der Kläger der ihm nach § 305 Abs. 1 Satz 1 obliegenden Beweislast schon durch Hinweis auf die äußere Form der vorformulierten Vertragsbedingungen als Indiz für das Vorliegen von AGB genügen können. Dies gilt grundsätzlich in all denjenigen Fällen, in denen die Gestaltung der AGB (Druck, hektografierte oder in sonstiger Weise vervielfältigte Fassung, Niederlegung auf besonderem Blatt u.a.) auf deren Vorformulierung und standardisierte Verwendung schließen lässt245. Eine Ausnahme kommt nur bei solchen Vertragsmustern in Betracht, bei denen der Einbeziehungsvorschlag typischerweise nicht ei-

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242 Etwa Vertreter der Eigentümerinteressengemeinschaft in Verhandlungen mit dem Bauträger, vgl. Heinrichs NJW 1977, 1509; dem folgend auch Wolf/Pfeiffer Rz. 44. 243 Ganz h.M., vgl. Begründung zum AGBG S. 17; Staudinger/Schlosser Rz. 51; Wolf/Pfeiffer Rz. 57 ff.; MünchKomm/Basedow Rz. 38; Palandt/Grüneberg Rz. 23; so zu § 1 AGBG auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 29; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 14; aus der Rechtsprechung vgl. etwa BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229 (238) = NJW 1992, 2160; speziell zu § 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2 siehe BGH v. 15.4.2008 – X ZR 126/06, BGHZ 176, 140 Rz. 14 ff. = NJW 2008, 2250 und dazu § 310 Rz. 77, 89. 244 BGH v. 19.6.1996 – VIII ZR 189/95, WM 1996, 2025 (2027). 245 BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229 (238, 240) = NJW 1992, 2160; BGH v. 19.6.1996 – VIII ZR 189/95, WM 1996, 2025 (2027); BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103 (109 f.) = NJW 2000, 1110; BGH v. 27.11.2003 – VII ZR 53/03, BGHZ 157, 102 (106) = NJW 2004, 502; BGH v. 24.11.2005 – VII ZR 87/04, WM 2006, 247 (248 f.); BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 (Tz. 25) = NJW 2014, 1725; BAG v. 1.3.2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746 (Tz. 20); BAG v. 16.4.2008 – 7 AZR 132/07, ZIP 2008, 1892 (Tz. 14); BAG v. 19.3.2014 – 5 AZR 299/13, ZIP 2014, 2102 (Tz. 17); OLG Stuttgart NJW 1979, 222 (223); Staudinger/Schlosser Rz. 51; Wolf/Pfeiffer Rz. 58.

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ner bestimmten Marktseite zuzurechnen ist (VOB u.a., vgl. Rz. 29). Demgegenüber gestattet die maschinenschriftliche Form eines Vertrags in einer einheitlichen, Haupt- und Nebenabreden enthaltenden Urkunde, für sich genommen, nicht ohne Weiteres den Rückschluss auf den AGB-Charakter des Vertragsinhalts. Hier müssen vom Kunden weitere Umstände dargetan werden wie der Massencharakter von Geschäften der fraglichen Art aus der Sicht des Vertragspartners des Kunden, der nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmte, formelhafte Vertragsinhalt oder die tatsächliche Übereinstimmung der von jenem verwendeten Vertragsbedingungen in nicht nur vereinzelten Fällen, wenn er seiner Beweisführungslast genügen oder den Anscheinsbeweis erbringen will246. Zur beweisrechtlichen Relevanz handschriftlich ergänzter Klauseln in Formularverträgen vgl. Rz. 63, 63a.

2. Nachweis der Individualabrede 62

Der Nachweis des Individualcharakters von Vertragsbedingungen ist Sache des Verwenders247. Auf ihn kommt es zwar erst dann an, wenn der Kläger (Kunde, Verband u.a.) seiner Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 1 genügt hat oder der Anschein für das Vorliegen von AGB spricht. Angesichts der Indizfunktion der äußeren Form (Rz. 61) und der verbreiteten Verwendung vorformulierter Bedingungen kommt in AGB-Prozessen jedoch vor allem dem Nachweis des Aushandelns im Einzelnen Bedeutung zu. Dabei ist zu unterscheiden zwischen veränderter und unveränderter Übernahme des AGBTextes.

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Sind am vorformulierten Text nachträgliche Veränderungen in hand- oder maschinenschriftlicher Form248 vorgenommen worden, so kann darin je nach Art und Inhalt der Änderung ein Indiz dafür zu sehen sein, dass der Vertrag insoweit im Einzelnen ausgehandelt und zur Individualabrede geworden ist249. Selbst wenn derartige Indizien gegeben sind, bleibt dem Kunden freilich die Möglichkeit, den Anschein individuellen Aushandelns dadurch zu erschüttern, dass er die tatsächliche Übereinstimmung der ihm gegenüber konzedierten Abweichun-

246 BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229 (23) = NJW 1992, 2160; BGH v. 27.11.2003 – VII ZR 53/03, BGHZ 157, 102 (106) = NJW 2004, 502. 247 Ganz h.M., vgl. BGH v. 29.1.1982 – V ZR 82/81, BGHZ 83, 54 (58) = NJW 1982, 1035; BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 (2601); BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, BGHZ 153, 148 (152) = NJW 2003, 1313; BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, NJW 2003, 1313 (1314); BGH v. 15.4.2008 – X ZR 126/06, BGHZ 176, 140 (Tz. 14) = NJW 2008, 2250 (betr. § 310 Abs. 3 Nr. 1); BGH v. 20.2.2014 – IX ZR 137/13, ZIP 2014, 1087 (Tz. 9); BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 (Tz. 27) = NJW 2014, 1725; BGH v. 26.3.2015 – VII ZR 92/14, ZIP 2015, 1026 (Tz. 33); BAG v. 16.5.2012 – 5 AZR 331/11, ZIP 2012, 1679 (Tz. 12); BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, ZIP 2014, 1136 (Tz. 31); Staudinger/Schlosser Rz. 52; MünchKomm/Basedow Rz. 40; Wolf/Pfeiffer Rz. 60; Erman/Roloff § 305 Rz. 20; PWW/Berger Rz. 15; Palandt/Grüneberg Rz. 23; a.A. für notariell beurkundete Verträge Schippel/Brambring DNotZ 1977, 159. 248 Anders bei Stempelaufdruck, s. OLG Stuttgart v. 6.5.2010 – 2 U 7/10, juris. 249 So im Anschluss an die Begründung zum AGBG (BT-Drucks. 7/3919 S. 17) die h.M., vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 52; Wolf/Pfeiffer Rz. 60; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 20; Palandt/Grüneberg Rz. 23; Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 (216); so zu § 1 AGBG auch Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 30; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 14; Schuhmann JZ 1998, 127 (129); vgl. auch BGH v. 6.10.1971 – VIII ZR 14/70, NJW 1972, 46, die Rspr.-Nachw. in Fn. 250 f. sowie MünchKomm/Basedow Rz. 40.

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gen mit denjenigen in anderen vom beklagten Verwender geschlossenen Verträgen nachweist. Lässt sich eine solche Übereinstimmung in nicht nur vereinzelten Fällen feststellen und gestattet sie den Rückschluss auf eine gewisse Planmäßigkeit des Vorgehens des Verwenders (Rz. 57), so ist der auf eine Individualabrede hindeutende äußere Anschein widerlegt250. Auch in diesem Fall kann der Verwender freilich den Nachweis führen, dass die inhaltliche Übereinstimmung jeweils auf dem Ergebnis des konkreten Aushandelns mit dem Vertragspartner beruht und den Änderungen nicht etwa vorformulierte Vertragsbedingungen mit der faktischen Bindungswirkung von AGB zugrunde lagen (vgl. auch Rz. 64). Ist das Klauselwerk an mehreren zentralen Stellen geändert worden, kann das ein Indiz dafür bilden, dass die Parteien das Aushandeln auf alle sachlich damit in Zusammenhang stehenden AGB-Teile oder sogar auf den gesamten Vertragsinhalt erstreckt haben (Rz. 55); dies gilt zumal bei Hinzutreten weiterer Indizien für ein Aushandeln (Rz. 64 f.). Die Ausführungen in Rz. 63 gelten im Grundsatz auch für hand- oder maschinenschriftliche Ergänzungen von Vertragslücken in Formularverträgen (vgl. dazu schon Rz. 56). Auch insoweit kann der äußere Anschein für das Vorliegen einer Individualabrede in den ergänzten Punkten sprechen251. Die gegenteilige Annahme, dass sich die in der Verwendung von AGB zum Ausdruck kommende Gestaltungsmacht regelmäßig auch auf das Ausfüllen der Lücken auswirke, weshalb sie auch den Ergänzungen AGB-Charakter verleihe252, geht zu weit; einen derartigen, vom Gegenstand der Ergänzungen unabhängigen Erfahrungssatz gibt es nicht. Einzuräumen ist der Gegenansicht freilich, dass je nach Art und Inhalt der Ergänzung der Schluss auf ihren vorformulierten Charakter nahe liegt. Das gilt namentlich dann, wenn der Verwender das Vertragsformular üblicherweise oder nicht nur vereinzelt in gleicher Weise ergänzt253 oder wenn der zu ergänzende Text nicht zum Gegenstand der Verhandlungen bei Vertragsschluss gemacht wird. Letzteres wurde von der Rechtsprechung etwa für die Bestimmung der Höhe von Vertragsstrafen254, der Laufzeit eines Bierlieferungsvertrags255, der Einsetzung eines Steigerungssatzes bezüglich der Regelgebühr nach der GOÄ256 sowie der Einsetzung des Datums des Ausscheidens und der Kündigungserklä-

250 Vgl. nur BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108 (111) = NJW 1999, 2180; BGH v. 14.12.1987 – II ZR 89/87, NJW 1988, 1066; OLG Karlsruhe v. 1.12.1994 – 12 U 253/94, VersR 1995, 645 (647); einschränk. OLG Köln v. 16.4.1984 – 8 U 48/83, BB 1984, 1388 (1389). 251 Vgl. Nachw. in Fn. 249; einschränk. Roth BB 1992, Beil. 4, S. 14 (allenfalls Beweisanzeichen) und Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 30; vgl. auch BGH v. 30.10.1991 – VIII ZR 51/91 BGHZ 115, 391 (394) = NJW 1992, 746 (handschriftlich eingefügte Steigerungssätze in ärztlicher Honorarvereinbarung als AGB). 252 So OLG Stuttgart v. 28.6.1985 – 2 U 264/85, NJW-RR 1986, 275 (276); Wolf NJW 1977, 1942; Willemsen NJW 1982, 1121 (1125). 253 Vgl. Rspr.-Nachw. in Fn. 250. 254 OLG Köln v. 16.12.1987 – 24 U 127/87, NJW-RR 1988, 654 (655); OLG Nürnberg v. 24.11.1982 – 4 U 2180/82, BB 1983, 1307; vgl. auch OLG Frankfurt v. 26.11.1986 – 21 U 5/86, NJW-RR 1987, 548 (Ergänzung einer von einem Handelsvertreter nach Vertragsschluss zu zahlenden „Vertragssumme“). 255 OLG Frankfurt v. 1.10.1987 – 6 U 38/87 (Kart), GRUR 1988, 482 (483). 256 BGH v. 30.10.1991 – VIII ZR 51/91, BGHZ 115, 391 (394) = NJW 1992, 746; LG München v. 4.3.1981 – 15 S 16917/80, I NJW 1982, 2130.

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rung in eine Abwicklungsvereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber257 angenommen258. 64

Sind die AGB des Verwenders dagegen äußerlich unverändert in den Einzelvertrag einbezogen worden, so obliegt dem Verwender der volle Beweis dafür, ob und inwieweit es gleichwohl zum Aushandeln im Einzelnen kam (dazu vgl. Rz. 48–51). Der Nachweis eines ernsthaften, dem Kunden reale Einflussmöglichkeiten eröffnenden Verhandlungsangebots genügt hier nur im Allgemeinen dann, wenn sich das Angebot des Verwenders auf die Änderung bestimmter einzelner Klauseln bezieht (Rz. 51; siehe aber noch Rz. 64a). Die Anforderungen an den Nachweis sind dabei umso höher, je belastender die vorformulierte Klausel sich für den konkret betroffenen Kunden erweist259. Für die Ernsthaftigkeit des Angebots fällt auch ins Gewicht, ob der Verwender in sonstigen Fällen, im Verhältnis zu anderen gleichartigen Kunden, tatsächlich in Abänderungen eingewilligt hat; umgekehrt spricht es gegen ein Aushandeln, dass der Verwender gegenüber einem Dritten verpflichtet ist, seinen Kunden eine bestimmte Klausel aufzuerlegen260. Betraf das Verhandlungsangebot das Klauselwerk in seiner Gesamtheit, so muss der Verwender darüber hinaus den Nachweis eines wirklichen Aushandelns der fraglichen Vertragsbedingungen mit dem betreffenden Kunden führen (Rz. 50). Insoweit kann auch die Frage Bedeutung erlangen, ob für den Kunden nach seiner Marktstellung oder nach seinen intellektuellen Fähigkeiten eine reale Chance bestand, zu Abänderungen zu gelangen261.

64a

Auch beim Fehlen eines auf eine bestimmte einzelne Klausel bezogenen Verhandlungsangebots des Verwenders oder konkreter Verhandlungen über eine solche Klausel (Rz. 64) sind Indizien dafür denkbar, dass die Parteien äußerlich unveränderte Klauseln ausgehandelt haben. Zu denken ist hier zunächst an den Fall, dass das Klauselwerk an mehreren zentralen Stellen geändert worden ist (Rz. 55). Darüber hinaus kann ein Aushandeln anzunehmen sein, wenn es entweder tatsächlich zu Verhandlungen über das Klauselwerk gekommen ist oder der Verwender erkennbar verhandlungsbereit war und anzunehmen ist, dass der Kunde realistischerweise imstande war, seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen, und sei es auch nur im Rahmen einer „Paketlösung“ dergestalt, dass ihm nachteilige Klauseln anderweitig kompensiert werden262. Hiervon kann re-

257 BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896 (Tz. 20). 258 Vgl. auch BGH v. 3.12.1991 – XI ZR 77/91, WM 1992, 50 (51) (ausfüllungsbedürftige Zinsberechnungsklausel im Kreditvertrag): bei Vervollständigung einer Klausel zum Vorteil nur der Bank liegt die Annahme, die Regelung habe zur freien Disposition des Kunden gestanden, so fern, dass vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 3 nur auszugehen ist, wenn sie von der Bank substantiiert dargelegt und bewiesen worden sind. 259 BGH v. 5.4.1979 – VII ZR 308/77, BGHZ 74, 204 (209) = NJW 1979, 1406; BGH v. 4.6.1981 – VII ZR 212/80, WM 1981, 902. 260 LG Paderborn v. 2.10.2013 – 4 O 32/13, ZIP 2013, 2410 (2411). 261 Vgl. bereits Rz. 51, 52; so im Ausgangspunkt auch BGH v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624 (626); Staudinger/Schlosser Rz. 36a; Wolf/Pfeiffer Rz. 39 f.; MünchKomm/Basedow Rz. 39; Palandt/Grüneberg Rz. 22; PWW/Berger Rz. 14; Heinrichs NJW 1977, 1508; Pawlowski BB 1978, 164; M. Wolf NJW 1977, 1940; M. Wolf WPKMitt. 1998, 197 (200); zu weiteren Nachw. siehe Fn. 262; a.A. von Westphalen DB 1981, 67; wohl auch Bamberger/Roth/Becker Rz. 34, 37; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 19. 262 So oder ähnlich MünchKomm/Basedow Rz. 39; Wolf/Pfeiffer Rz. 38 f.; Staudinger/ Schlosser Rz. 36a; Palandt/Grüneberg Rz. 22; Dauner-Lieb/Axer ZIP 2010, 309 (313 f.); Habersack in FS Köhler, 2013, S. 209 (217 f.); Kessel/Jüttner BB 2008, 1350 (1352 ff.); Michel/Hilpert DB 2000, 2513; aus dem älteren Schrifttum namentlich Heinrichs

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gelmäßig ausgegangen werden263, wenn der Kunde bei Abschluss des Vertrags rechtskundige Berater hinzuzieht264, wenn sich die Vertragsverhandlungen über einen längeren Zeitraum erstrecken265 oder wenn das Geschäft aus Sicht des Kunden von so großem wirtschaftlichen Gewicht ist, dass es auch aus seiner Sicht lohnend war, den Inhalt der Klauseln im Einzelnen zur Kenntnis zu nehmen und in den Verhandlungsprozess einzubeziehen266. Bestätigt der Kunde von sich aus oder in einer individuell getroffenen Verein- 65 barung mit dem Verwender, dass die AGB des Verwenders Gegenstand eingehender Verhandlungen zwischen den Parteien waren und von ihm gleichwohl unverändert akzeptiert wurden, so vermag dies zwar ein Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 nicht zu ersetzen267. Dies schließt es indes nicht aus, eine entsprechende Bestätigung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen und ihr je nach Lage des Falles auch Indizwirkung für das Vorliegen eines Individualvertrags zuzusprechen268. Anderes gilt bei Unterzeichnung einer vorformulierten Bestätigungsklausel dieses Inhalts; ihr kommt regelmäßig keinerlei beweiserhebliche Bedeutung zu (Rz. 49).

V. Einzelfälle 1. Formularverträge Sie fallen in allen vorformulierten Teilen unter die AGB-Definition, unabhängig davon, ob es sich dabei um die Festlegung der Hauptleistung oder um Neben-

263

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267 268

NJW 1977, 1508; Pawlowski BB 1978, 164; Rabe NJW 1987, 1978 (1980); weitergehend PWW/Berger Rz. 13; Berger NJW 2001, 2152 f.; Berger ZIP 2006, 2149 (2152); Berger/ Kleine BB 2007, 2137 (2140); Leuschner AcP 207 (2007), 491 (524 f.); Lischek/Mahnken ZIP 2007, 158 (160 ff.); Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (69 ff., 82 ff.); siehe ferner die in Einl. Rz. 50 erwähnten Reformvorschläge; a.A. Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 19; von Westphalen DB 1981, 66 f.; von Westphalen ZIP 2007, 149 (150 ff.); von Westphalen BB 2010, 195 (197 ff.) – Nachw. zur Rspr. siehe in Fn. 170. Ähnlich der Kriterienkatalog von Müller/Griebeler/Pfeil BB 2009, 2658 (2662 f.), die freilich auf die Vornahme von Verhandlungen durchweg zu verzichten scheinen; allein auf die Relation von Transaktionskosten und Vertragswert abstellend auch Leuschner AcP 207 (2007), 491 (525); ebenso Wackerbarth AcP 200 (2002), 45 (82 ff.); de lege ferenda für Maßgeblichkeit des Vertragsvolumens Leuschner JZ 2010, 875 (883 f.); zu weiteren Reformvorschlägen s. Einl. Rz. 50. Zu eng wohl BGH v. 22.11.2012 – VII ZR 222/12, NJW 2013, 856 (Tz. 13) – bring-or-payKlausel. Speziell dazu LG Frankfurt/M. v. 20.3.2003 – 3/10 O 179/02, ZGS 2003, 396 f.: Annahme, Bestandteile eines Generalunternehmervertrag, dessen Abschluss intensive Verhandlungen (45 Stunden) vorausgegangen waren, seien AGB, sei „realitätsfremd“; dazu Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 (218 f.). Näher am Beispiel des Unternehmenskaufs Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91 (99 ff.); Habersack/Schürnbrand in FS Canaris, 2007, S. 359 (370 ff.); Kästle NZG 2014, 288 (291 ff.); Kirchner/Giessen BB 2015, 515 (518 f.); Wittuhn NZG 2014, 131 (132 ff.); zu Anstellungsverträgen mit Vorstandsmitgliedern einer AG siehe Bauer/Arnold ZIP 2006, 2337 (2340); Habersack in FS Coester-Waltjen, 2015, S. 1097 (1099 f.); Oetker in FS Buchner, 2009, S. 691 (701 f.); s. dazu noch Teil 2, (2) Anstellungsverträge für AGVorstandsmitglieder und GmbH-Geschäftsführer Rz. 1. Insoweit zutr. BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 (Tz. 27 ff.) = NJW 2014, 1725; ferner Staudinger/Schlosser Rz. 53; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 30. A.A. wohl BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, BGHZ 200, 326 (Tz. 27 ff.) = NJW 2014, 1725; Staudinger/Schlosser Rz. 53; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 30.

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abreden handelt (Rz. 7). Auf den Umfang des Formularvertrags kommt es nicht an (Rz. 37), ebenso nicht darauf, ob er für eine bestimmte oder unbestimmte Vielzahl von Vertragsabschlüssen gedacht ist (Rz. 24 f.). Typische in der Praxis verwendete Formularverträge sind etwa Mietverträge von Wohnungsunternehmen, Kfz-Kauf- und Mietverträge, Maklerverträge, Reiseveranstaltungsverträge, Fernlehrverträge, Versicherungsverträge aller Art sowie im gewerblichen Bereich Leasing-, Automatenaufsteller-, Handelsvertreter- und Vertragshändlerverträge. Zur Bedeutung der Ergänzung einzelner Vertragsteile bei Vertragsschluss für den AGB- oder Individualcharakter von Formularverträgen vgl. Rz. 56, zur Verwenderrolle bei beiderseitigem Einbeziehungsvorschlag vgl. Rz. 29 f.

2. Vertragsmuster 67

Vertragsmuster in Formularbüchern, Verbandsmitteilungen u.a., die für eine Vielzahl von Verwendungsfällen gedacht sind, erlangen AGB-Qualität i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 erst dadurch, dass sie von einem Verwender (Rz. 27) zur Grundlage eines konkreten Vertragsangebots gemacht werden269. Erst von diesem Zeitpunkt an ist auch die Überprüfung des Inhalts eines Vertragsmusters im Rahmen der gegen einen Verwender gerichteten Kontrollklage nach § 1 UKlaG möglich. Dagegen sind Kontrollklagen gegen den Empfehler schon vom Zeitpunkt der Publikation der Empfehlung an zulässig (§ 1 UKlaG Rz. 18). Auf die faktische Verbindlichkeit der Empfehlung für die Adressaten kommt es nicht an270.

68

Handelt es sich bei den für eine Mehrfachverwendung bestimmten Vertragsmustern um rein interne Vorlagen, die nicht von einem der Vertragspartner oder dessen Rechtsberater für den Vertragsinhalt herangezogen, sondern von einem mit der Vertragsausarbeitung beauftragten neutralen Dritten aus eigenem Antrieb dem Vertragsentwurf zugrunde gelegt werden, so reicht dieser Umstand auch dann nicht aus, den Einzelvertrag dem AGB-Recht zu unterstellen, wenn die Parteien auf ein näheres Aushandeln des Entwurfs verzichtet haben (Rz. 31). Zur Frage einer Inhaltskontrolle derartiger nicht ausgehandelter Einzelverträge nach § 242 vgl. Rz. 80 f., zur besonderen Rechtslage bei Verbraucherverträgen vgl. § 310 Rz. 79 ff.

3. Interne Richtlinien 68a

Als Reaktion auf die BGH-Rechtsprechung zur Unwirksamkeit unangemessener Entgeltklauseln für Bankdienstleistungen im Giroverkehr (Teil 2, (8) Banken (Kreditinstitute) Rz. 42 ff.) waren Kreditinstitute dazu übergegangen, die Höhe derartiger, den Bankkunden in Rechnung zu stellender Entgelte durch interne Rundschreiben bundesweit einheitlich festzulegen271. Den gegen diese Praxis und gegen die festgelegte Entgelthöhe gerichteten Verbraucherverbandsklagen traten sie mit dem Hinweis entgegen, es fehle insoweit an den für § 1 UKlaG er269 Vgl. Rz. 13; zum Sonderfall eines von beiden Seiten ausgehenden Einbeziehungsvorschlags vgl. Rz. 29 f. 270 A.A. Fehl BB 1978, 368. 271 Vgl. OLG Hamm v. 9.1.2002 – 31 U 95/01, BKR 2002, 1016 (Gebühren für die Nachlassbearbeitung); OLG Köln v. 31.3.2004 – 13 U 192/03, ZIP 2004, 1496 (Gebühr für die Lastschriftrückgabe mangels Kontodeckung); dazu näher Borges ZIP 2005, 185 ff.

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forderlichen Vertragsbedingungen. Denn die Rundschreiben hätten keinen Einfluss auf die jeweiligen Giroverträge, sondern dienten nur dazu, den Bankfilialen Berechnungsgrundlagen für die Kundenbelastung, sei es als Entgelt oder als Schadenspauschale wegen Vertragsverletzung, an die Hand zu geben. Während die Instanzgerichte272 dieser Ansicht folgten und die Verbandsklagen abwiesen, kam der BGH unter Berufung auf das Umgehungsverbot des § 306a (früher § 7 AGBG) zum gegenteiligen Ergebnis und gab der Verbandsklage statt273. Die Umgehung sah er darin, dass die beklagte Bank mit der bankinternen Anweisung die Absicht verfolgt habe, „AGB zu vermeiden, der Inhaltskontrolle nach § 307 zu entgehen und ebenso effizient wie bei der Stellung von AGB eine AGB-rechtlich unzulässige Gebühr zu erheben“274. Gegenüber diesem Rechtssatz liegt zwar der Einwand nahe, dass es nach heutigem Umgehungsverständnis nicht auf eine Umgehungsabsicht des Handelnden, sondern allein auf die objektive Vergleichbarkeit des zu beurteilenden Sachverhalts mit den gesetzlich geregelten Fällen ankommt (§ 306a Rz. 6). Auch wurde der Vergleichbarkeit mit einer als AGB vereinbarten Bankgebühr für Lastschriftrückgaben mit guten Gründen entgegengehalten, die Bank könne auf dem Weg eines internen Rundschreibens – ohne Ermächtigung nach § 315 in ihren AGB – keinen vertraglichen Entgeltanspruch begründen, sondern sei auf eine Schadensersatzforderung unter Darlegung sowohl der Pflichtverletzung des Kunden als auch der Schadenshöhe beschränkt275. Auch wenn diese Betrachtung im Ansatz zutrifft, ist doch das wirtschaftliche Ergebnis aus der Sicht des betroffenen Kunden das Gleiche wie im Fall der AGB-rechtlichen Begründung einer Entgeltforderung der Bank, zumal der Kunde angesichts der beschränkten Höhe der „Gebühr“ regelmäßig davon absehen wird, deren Berechtigung gerichtlich überprüfen zu lassen. Das spricht wohl doch dafür, in derartigen Fällen die Voraussetzungen des § 1 UKlaG in Analogie zu §§ 305 Abs. 1, 307 Abs. 1 i.V.m. 309 Nr. 5 zu bejahen276.

4. Notariell beurkundete Verträge Schrifttum: Brambring/Schippel Vertragsmuster des Notars und Allgemeine Geschäftsbedingungen, NJW 1979, 1802; Bunte Inhaltskontrolle notariell beurkundeter Verträge, ZIP

272 OLG Hamm v. 9.1.2002 – 31 U 95/01, BKR 2002, 1016 (1017) und OLG Köln v. 31.3.2004 – 13 U 192/03, ZIP 2004, 1496; a.A. LG Dortmund v. 16.3.2001 – 8 O 57/01, WM 2001, 1296 (bankinterne Preisverzeichnisse für Kontoführungsgebühren als „im Kopf gespeicherte AGB“). 273 BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294 (298 ff.) = NJW 2005, 1645; siehe ferner BGH v. 4.2.2009 – VIII ZR 32/08, BGHZ 179, 319 (Tz. 20) = NJW 2009, 1337 betr. einen Änderungs- und Irrtumsvorbehalt im Katalog (Umgehung verneint); BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, ZIP 2014, 1077 (Tz. 24) (AGB-Charakter bejaht für zwischen Leasinggesellschaft und Vertragshändler verbindlich vereinbarte formularmäßige „Abwicklungsrichtlinien“). 274 BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294 = NJW 2005, 1645 (LS 2). 275 Borges ZIP 2005, 185 (187 f.); Freitag ZIP 2005, 2062 (2063 f.). 276 So auch Palandt/Grüneberg § 306a Rz. 2; PWW/Berger Rz. 4; a.A. § 306a Rz. 6 (Harry Schmidt); ferner Wolf/Lindacher § 306a Rz. 8, Borges ZIP 2005, 185 (188 f.) und Freitag ZIP 2005, 2062 (2064 f.), die auf die den Verbraucherverbänden nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG eröffnete Möglichkeit verweisen, gegen derartige in den Rundschreiben zu sehende, planmäßige Wettbewerbsverstöße im Wege der wettbewerbsrechtlichen Verbandsklage vorzugehen; hierauf verweisend auch BGH v. 4.2.2009 – VIII ZR 32/08, BGHZ 179, 319 (Tz. 21) = NJW 2009, 1337; zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von AGB siehe auch Einl. Rz. 66.

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1984, 1313; Garrn Zur richterlichen Inhaltskontrolle notarieller Verträge, NJW 1980, 2782; Habersack Richtigkeitsgewähr notariell beurkundeter Verträge, AcP 189 (1989), 403; Schippel/Brambring AGB-Gesetz und notariell beurkundete Formularverträge, DNotZ 1977, 131; G. Stein Die Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge des allgemeinen Privatrechts, 1982; Ulmer Notarielle Vertragsmuster und AGB-Inhaltskontrolle, DNotZ 1981, 84; Wiedemann Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge, in FS Kummer, 1980, S. 175.

69

Für notariell beurkundete Verträge gelten im AGB-Recht keine Besonderheiten. Sie werden bei Vorliegen der Definitionsmerkmale des § 305 Abs. 1 Satz 1 wie sonstige vorformulierte Vertragswerke behandelt. Die Form des Vertrages ist für die Anwendung des AGB-Rechts ohne Bedeutung (Rz. 38). Auch die Prüfungsund Belehrungspflicht des Notars schließt die Anwendung des Gesetzes nicht aus. Sie verpflichtet den Notar zwar zur Inhaltskontrolle der vorformulierten Vertragsbedingungen nach Maßgabe der §§ 307 bis 309 (vgl. Vor § 307 Rz. 107), führt jedoch nicht etwa zu einer Vermutung des Inhalts, dass dem Vertrag trotz Vorformulierung durch den anderen Teil Individualcharakter zukommt277. Eine Berufung auf Einbeziehungsmängel, überraschende Klauseln oder den Vorrang von Individualabreden wird angesichts des Beurkundungsvorgangs in Anwesenheit der Parteien und der damit verbundenen Belehrung durch den Notar allerdings i.d.R. ausscheiden. Zur Sonderproblematik der Inhaltskontrolle „formelhaft“ verwendeter Vereinbarungen in notariellen Verträgen nach § 242 vgl. Rz. 80 f.

5. Wertpapierbedingungen Schrifttum: Assmann Anleihebedingungen und AGB-Recht, WM 2005, 1053; Bungert Wertpapierbedingungen und Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz, DZWiR 1996, 185; Ekkenga Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt, 1998; Ekkenga Wertpapierbedingungen als Gegenstand richterlicher AGB-Kontrolle?, ZHR 160 (1996), 59; Gottschalk Emissionsbedingungen und AGB-Recht, ZIP 2006, 1121; Hopt Änderungen von Anleihebedingungen – Schuldverschreibungsgesetz, § 796 BGB und AGBG, in FS Steindorff, 1990, S. 341; Horn Die Stellung der Anleihegläubiger nach neuem Schuldverschreibungsgesetz und allgemeinem Privatrecht im Licht aktueller Marktentwicklungen, ZHR 173 (2009), 12; Horn Das neue Schuldverschreibungsgesetz und der Anleihemarkt, BKR 2009, 446; Joussen Die Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen nach dem AGBG, WM 1995, 1861; Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, 1994; Lehnenbach Aktienanleihen: Ihre Behandlung im Zivil- und Börsenterminrecht und nach dem AGBG, NZG 2001, 481; Masuch Anleihebedingungen und AGB-Gesetz: die Bedeutung des AGB-Gesetzes für Emissionsbedingungen von Anleihen, 2001; von Randow Anleihebedingungen und Anwendbarkeit des AGBG, ZBB 1994, 23; Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014; Sester Transparenzkontrolle von Anleihebedingungen nach Einführung des neuen Schuldverschreibungsrechts, AcP 209 (2009), 628; Wolf Anlegerschutz durch Inhaltskontrolle von Emissionsbedingungen bei Kapitalmarkttiteln, in FS Zöllner, 1999, S. 651.

277 Ganz h.M., vgl. BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229 (238 ff.) = NJW 1992, 2160; BGH v. 29.1.1982 – V ZR 82/81, BGHZ 83, 56 (57 f.) = NJW 1982, 1035; BGH v. 5.4.1979 – VII ZR 308/77 BGHZ 74, 204 (209 ff.) = NJW 1979, 1406; BGH v. 29.1.1982 – V ZR 82/81, NJW 1982, 1035; BGH v. 29.9.1983 – VII ZR 225/82, NJW 1984, 171 (172); siehe ferner MünchKomm/Basedow Rz. 23; Staudinger/Schlosser Rz. 47; Wolf/Pfeiffer Rz. 37; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 13; a.A. Schippel/Brambring DNotZ 1977, 156 ff. Vgl. zum Ganzen auch Rz. 49.

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a) Partielle Regelung in §§ 3, 5 ff. SchVG Als Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 sind nach h.M. (Rz. 70a, 71) auch die als Wertpapier-, Emissions- oder Ausgabebedingungen bezeichneten Klauseln zu beurteilen, die der Erstausgabe (Emission) von Wertpapieren zugrunde gelegt werden. Dem ist zu folgen278, nachdem sich auch das Schuldverschreibungsgesetz (SchVG)279 der Problematik nicht im Grundsätzlichen angenommen hat, ihm vielmehr entnommen werden muss, dass der Gesetzgeber von dem AGB-Charakter von Wertpapierbedingungen ausgeht280. §§ 5 ff. SchVG lassen es zwar zu, dass die Mehrheit der Gläubiger mit Wirkung für alle Gläubiger derselben Anleihe Änderungen der Anleihebedingungen und die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters beschließt, und bescheinigen entsprechenden Klauseln, soweit sie die Mindestanforderungen des SchVG beachten, ihre AGB-rechtliche Unbedenklichkeit281; § 3 SchVG statuiert zudem ein spezielles Transparenzgebot282. Doch lässt das SchVG insoweit Raum für die Transparenz- und Inhaltskontrolle nach dem allgemeinen AGB-Recht, als der Emittent von der in §§ 5 ff. SchVG vorgesehenen Möglichkeit keinen Gebrauch macht283. Die Relevanz der Frage darf allerdings nicht überschätzt werden. Denn zum einen ist § 305 Abs. 2 auf massenweise emittierte Wertpapiere unanwendbar (Rz. 114a); zum anderen sind leistungsbeschreibende Abreden nach § 307 Abs. 3 der Inhaltskontrolle entzogen284.

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b) Unmittelbare Platzierung In Fällen unmittelbarer Platzierung folgt die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. nach h.M. schon daraus, dass hierbei der für den Wertpapiercharakter erforderliche

278 Die noch in MünchKomm, 5. Aufl. 2009, § 793 Rz. 44 geäußerten Bedenken sind aus den im Text genannten Gründen hinfällig geworden. 279 Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung v. 31.7.2009, BGBl. 2009, I 2512; siehe dazu auch Begr. RegE, BR-Drucks. 180/09 S. 1 (18 f.); zur Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift des § 24 Abs. 2 SchVG auf nach deutschem Recht begebene Schuldverschreibungen (nebst Genussrechten), die nicht dem Schuldverschreibungsgesetz von 1899 unterfielen, s. BGH v. 1.7.2014 – II ZR 381/13, ZIP 2014, 1876 (Tz. 9 ff.). 280 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/12814 S. 13 f.; zum Verlauf der Debatte siehe Horn in FS Graf von Westphalen, 2010, S. 353 (359 ff.); zur RL 93/13/EWG siehe einerseits (die Anwendbarkeit wohl zu Recht verneinend) Assmann WM 2005, 1053 (1058), andererseits Wolf/Pfeiffer Rz. 15. 281 Dazu Horn BKR 2009, 446 (452 f.); näher zur Restrukturierung von Anleihen nach dem SchVG Schlitt/Schäfer AG 2009, 477 ff. 282 Zur Maßgeblichkeit des sachkundigen Anlegers i.S.v. § 3 SchVG auch für die Transparenzkontrolle leistungsbeschreibender Klauseln nach § 307 Abs. 1 Satz 2 s. OLG Frankfurt v. 17.9.2014 – 4 U 97/14, ZIP 2014, 2176 (2179); Dippel/Preuße in Preuße § 3 SchVG Rz. 23, 65; Kümpel/Wittig/Müller Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rz. 15.341 m.w.N.; a.A. wohl BGH v. 29.4.2014 – II ZR 395/12, ZIP 2014, 1166 (Tz. 27). Eingehend Sester AcP 209 (2009), 628 (648 ff.). 283 Horn BKR 2009, 446 (453); a.A. Sester AcP 209 (2009), 628 (638 ff.), der auch unabhängig von der Frage, ob Anleihebedingungen die AGB-Definition erfüllen, für analoge Anwendung des § 310 Abs. 4 Satz 1 und für abschließende Transparenzkontrolle nach § 3 SchVG plädiert. 284 Dazu im Zusammenhang mit Wertpapierbedingungen BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305 (315) = NJW 1993, 57; § 307 Rz. 64 ff.; MünchKomm/Habersack § 793 Rz. 48 m.w.N.; Brandt BKR 2005, 328 (329 f.); Thomas ZHR 171 (2007), 684 (691 ff.).

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Begebungsvertrag285 unmittelbar zwischen dem Emittenten und einer Vielzahl von Anlegern zustande kommt, denen keinerlei Einfluss auf die Gestaltung des Wertpapierinhalts eingeräumt wird286. Dem lässt sich zwar entgegenhalten, dass die dem Begebungsvertrag zugrunde liegende Willenseinigung den Inhalt des verbrieften Rechts nicht zu umfassen braucht287. Doch steht dies zumindest der entsprechenden Anwendung der §§ 305 ff. nicht entgegen. Auf die Rechtsnatur des Vertrages kommt es bekanntlich nicht an (vgl.Rz. 14); die Verbriefung des Vertragsverhältnisses steht der AGB-Qualifikation mithin nicht entgegen288. Zur Einbeziehung siehe Rz. 113 ff. c) Mittelbare Platzierung 71

Die Ausgangslage ändert sich im Fall der sog. Fremdemission von Wertpapieren, wenn diese im Wege einer mittelbaren Platzierung erfolgt. Hierbei werden die Papiere zunächst an eine einzelne Emissionsbank oder an ein Bankenkonsortium begeben und erst von diesen am Markt platziert. Maßgebend hierfür ist mithin nicht die Einschaltung von Banken als solche, sondern allein die – nur teilweise damit einhergehende – Begebung der Wertpapiere an diese und nicht unmittelbar an die Anleger289. Die h.M. bejaht die AGB-Qualität der Wertpapierbedingungen auch in diesen Fällen290. Dagegen sind zwar verschiedentlich Einwände vorgebracht worden, weil es entweder schon an der Vielzahl von Verträgen

285 Zur nach ganz h.M. der Entstehung des Wertpapiers zugrunde liegenden Vertragstheorie vgl. MünchKomm/Habersack, Vor § 793 Rz. 24, 29; Staudinger/Marburger Vor § 793 Rz. Rz.19; Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen, 23. Aufl. 2008, WPR Rz. 28, 31 ff.; Hueck/Canaris Recht der Wertpapiere, 12. Aufl. 1986, § 3 I 2, S. 31; Zöllner Wertpapierrecht, 14. Aufl. 1987, § 6 V; a.A. (Theorie vom mehrgliedrigen Rechtsgeschäft) MünchKomm/Hüffer, 4. Aufl. 2004, Vor § 793 Rz. 29; von Randow ZBB 1994, 23 (25 f.); siehe auch schon Eugen Ulmer Das Recht der Wertpapiere, 1938, S. 36 ff., 48 ff., 116. 286 Ganz h.M., vgl. BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311 (314 ff.) = NJW 2005, 2917; BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, ZIP 2009, 1558 Tz. 20; BGH v. 28.5.2013 – II ZR 67/12, ZIP 2013, 1570 (Tz. 32); BGH v. 29.4.2014 – II ZR 395/12, ZIP 2014, 1166 (Tz. 24 ff.); OLG Frankfurt v. 17.9.2014 – 4 U 97/14, ZIP 2014, 2176 (2177 f.); OLG München v. 12.1.2012 – 23 U 2737/11, AG 2012, 339; OLG München v. 21.11.2013 – 23 U 1864/13, NZG 2014, 146; Wolf/Pfeiffer Rz. 15; Wolf in FS Zöllner, 1999, S. 651 f.; Horn ZHR 173 (2009), 12 (35 ff.); Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341 (364); Masuch S. 56 ff.; insoweit zust. auch die Gegner einer AGB-Qualifikation in Fällen mittelbarer Platzierung (vgl. Rz. 71): Kallrath S. 67; Joussen WM 1995, 1861 (1864); Bungert DZWiR 1996, 185 (187); Erman/Roloff § 305 Rz. 11; a.A. Assmann WM 2005, 1053 ff.; Ekkenga ZHR 160 (1996), 59 (66 ff.); de lege ferenda Reps, Rechtswettbewerb und Debt Governance bei Anleihen, 2014, S. 360 ff. 287 Zöllner Wertpapierrecht, 14. Aufl. 1987, § 6 V 4; Baumbach/Hefermehl/Casper (Fn. 286) WPR Rz. 33; im vorliegenden Zusammenhang Assmann WM 2005, 1053 (1058). 288 So aber Ekkenga ZHR 160 (1996), 59 (70 ff.); Ekkenga Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt, 1998, S. 51. 289 Vgl. zu den Rechtstatsachen Bosch Emissionsgeschäft in Hellner/Steuer (Hrsg.), Bankrecht und Bankpraxis, Loseblatt, Rz. 10/76 ff. und 10/126. 290 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305 (312) = NJW 1993, 57 (Klöckner) und als Vorinstanz OLG Düsseldorf WM 1991, 1375 (1379); OLG Frankfurt v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, WM 1993, 2089; Wolf/Pfeiffer Rz. 15; Wolf in FS Zöllner, 1999, S. 651 (657 ff.); Bosch (Fn. 289) Rz. 10/160 ff.; Hopt in FS Steindorff, 1999, S. 341 (364); Masuch S. 122 ff., 156; Than in FS Coing, 1982, Bd. 2, S. 521 (537 Fn. 36); Lutter DB 1993, 2441 (2442).

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i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 fehle291 oder die Bedingungen jedenfalls typischerweise nicht gestellt, sondern im Einzelnen ausgehandelt seien292. Der letztgenannten Auffassung ist schon in tatsächlicher Hinsicht die gegenwärtig vorherrschende Praxis beim Emissionsgeschäft entgegenzuhalten. Die den Markt dominierenden Emittenten pflegen ihre Emissionsbedingungen nämlich meist nicht mit dem Konsortium zu verhandeln. Vielmehr ist die Übernahme von Standardbedingungen meist Voraussetzung für die Auftragsvergabe an das Konsortium; verhandelt werden die Bedingungen gewöhnlich nur dann, wenn ein Emittent den Kapitalmarkt erstmalig oder nur selten in Anspruch nimmt293. Entscheidender als diese tatsächlichen Gesichtspunkte, die sich im Einzelfall auch anders darstellen können, spricht gegen die Mindermeinung in rechtlicher Hinsicht jedoch, dass entsprechend den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht auf das Verhältnis des Emittenten zu den Emissionsbanken abzustellen ist, sondern dass es bei teleologischer Betrachtung allein auf das Verhältnis zu den im Regelfall allein von den Emissionsbedingungen betroffenen Anlegern ankommt294. Aus dieser Sicht erweisen sich die von der Mindermeinung vorgebrachten Argumente letztlich als nicht tragfähig. Insbesondere verfängt der Hinweis auf ein eventuelles Aushandeln nicht, da die Banken weder als Vertreter der Anleger auftreten noch der Sache nach vorrangig die Interessen der späteren Anleger wahrnehmen295. Dementsprechend hat auch der BGH296 die unmittelbare Anwendung des AGBG auf die streitgegenständlichen Genussscheinbedingungen problemlos bejaht, obwohl diese nicht nur von einem Bankenkonsortium zur Platzierung übernommen, sondern im Hinblick auf die seinerzeit an deutschen Kapitalmärkten noch seltenen Genussscheinemissionen eingehend zwischen Konsortialführer und Emittent erörtert worden waren297. Sogar im Falle der echten Festübernahme, bei der die beteiligten Emissionsbanken die Papiere auf eigene Rechnung kaufen, nehmen sie typischer Weise keine Gläubigerinteressen wahr, weil sie die Papiere alsbald an die Anleger als zwar

291 So namentlich Kallrath S. 54 ff.; Joussen WM 1995, 1861 (1865); Ekkenga ZHR 193 (1996), 59 (70); Kümpel/Wittig/Müller, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rz. 15.335. 292 So Assmann WM 2005, 1053 (1057); von Randow ZBB 1994, 23 (25 f.) (allerdings für Anwendung des AGBG unter Hinweis auf § 7 AGBG); Joussen WM 1995, 1861 (1866); Kallrath S. 57 f. 293 Vgl. den Bericht über die Praxis am Kapitalmarkt bei Bosch (Fn. 289) Rz. 10/224 ff.; dazu auch Masuch S. 123 f. 294 Vgl. auch Bosch (Fn. 289) Rz. 10/163; Wolf/Pfeiffer 15; Wolf in FS Zöllner, 1999, S. 651 (659 ff.); eingehend Masuch S. 149 ff., 156; im Ansatz ebenso schon von Randow ZBB 1994, 23 (28). 295 Zur vergleichbaren Problematik bei einem (atypischen) Vertrag zu Gunsten Dritter siehe BGH v. 19.11.2009 – III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 (Tz. 12 ff., 17 ff.) = ZIP 2009, 2446 und dazu Rz. 46a; zu entspr. Überlegungen im Rahmen der Inhaltskontrolle siehe bereits Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen, 1992, S. 160 ff., aber auch § 307 Rz. 133 ff. 296 BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305 (312) = NJW 1993, 57; ebenso OLG Frankfurt v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, WM 1993, 2089 im Falle einer Fremdemission von Anleihen. BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311 = NJW 2005, 2917 und BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, ZIP 2009, 1558 betrafen hingegen Eigenemissionen. 297 Vgl. Bosch (Fn. 289) Rz. 10/164.

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technisch zweite Inhaber, wirtschaftlich jedoch Erstbetroffene weiterübertragen298. 73

Der Beurteilung der Emissionsbedingungen als AGB steht auch der Umstand nicht entgegen, dass – rechtlich gesehen – die Anleger selbst nur derivativ in ein zwischen Emittent und Emissionsbanken begründetes Rechtsverhältnis eintreten. Denn auch dieser Eintritt stellt ein Rechtsgeschäft des Anlegers dar, durch welches er sich ohne individuelles Verhandeln auf aus seiner Sicht für eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen vorformulierte Klauseln einlässt und dadurch mit den typischen AGB-rechtlichen Problemen im Hinblick auf die privatautonome Wahrung der eigenen Interessen konfrontiert ist. Damit geht die Gefahr einher, dass der Emittent seine faktische Vertragsgestaltungsfreiheit bei Aufstellung der Emissionsbedingungen zu seinen Gunsten ausnutzt, was angesichts der deshalb fehlenden Richtigkeitsgewähr die Inhaltskontrolle rechtfertigt299. Anderes gilt zwar im Hinblick auf § 305 Abs. 2, da insoweit auf einen originären, auf AGBEinbeziehung gerichteten Vertragsschluss nicht verzichtet werden könnte. Doch findet diese Vorschrift auf die Begebung von Kapitalmarktpapieren nach richtiger Auffassung ohnehin keine Anwendung (vgl. hierzu Rz. 114a).

6. Kollektiv ausgehandelte Vertragsbedingungen 74

Der Aufstellungsvorgang ist für die Qualifikation vorformulierter Vertragsbedingungen als AGB ohne Bedeutung. Daher sind auch solche Klauselwerke als AGB zu qualifizieren und unterfallen dem Anwendungsbereich des Gesetzes, die von Repräsentanten beider als Vertragspartner in Betracht kommender Wirtschaftsoder Verbraucherkreise erstellt sind (vgl. Rz. 59). Das gilt etwa für die ADSp, die VOB, aber auch für kollektiv erarbeitete Einheitsmietverträge, Lizenz- oder Vertriebsverträge, vorbehaltlich des § 310 Abs. 3 Satz 3 schließlich für Kollektivvereinbarungen arbeitsrechtlicher Natur; ein Aushandeln i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 3 ist hierin nicht zu sehen. Abweichendes gilt im Verhältnis zwischen dem Verwender und solchen Personen, die als Vertragspartner persönlich oder durch Vertreter am Aufstellungsvorgang beteiligt waren und denen gegenüber die verwendeten AGB daher den Charakter von Individualabreden annehmen (Rz. 59).

7. Behördlich genehmigte Vertragsbedingungen 75

Die behördliche Genehmigung von Vertragsbedingungen ist, wie §§ 305a Nr. 1, 309 Nr. 7b und 8a, § 8 Abs. 2 UKlaG erkennen lassen, für die AGB-Definition und damit für die Anwendbarkeit des Gesetzes ohne Bedeutung (Rz. 10). Demgegenüber wurde in der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des Gesetzes die Inhaltskontrolle im Falle behördlich vorkontrollierter Vertragsbedingungen nur zurückhaltend angewandt300. Dass auch die Genehmigungsbehörde bei Prüfung der ihr vorgelegten Bedingungen Angemessenheitsgesichtspunkte berücksich-

298 Dazu ausführlich Bosch (Fn. 289) Rz. 10/163. 299 Vgl. zu dieser Grundlage der Klauselkontrolle Einl. Rz. 29; Wolf/Neuner AT § 47 Rz. 4. 300 Vgl. etwa BGH v. 30.4.1969 – IV ZR 550/68, BGHZ 52, 86 (92); MDR 1973, 999 (1000).

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tigt, steht der Anwendung des AGB-Rechts nicht entgegen und macht sie auch nicht etwa überflüssig301. Vgl. Einl. Rz. 74; Vor § 307 Rz. 96. Eine gewisse Sonderstellung war staatlich genehmigten AGB von Versicherern, Bausparkassen und Kapitalanlagegesellschaften in § 23 Abs. 3 AGBG eingeräumt worden: auf sie fanden die strengen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 AGBG keine Anwendung. Diese Ausnahme wurde im Zuge des SMG gestrichen (vgl. § 305a Rz. 6). Auch im Übrigen hat es der Gesetzgeber schon für das AGBG abgelehnt, der verbreiteten Forderung nach einer generellen Bereichsausnahme für Versicherungsbedingungen nachzukommen. Ihren Besonderheiten wird vielmehr nur noch dadurch Rechnung getragen, dass § 309 Nr. 9 Halbs. 2 für sie eine Ausnahme betr. die Unzulässigkeit einer längerfristigen Bindung des Kunden an den Verwender vorsieht. Gewisse, auf einzelne Vorschriften begrenzte Bereichsausnahmen finden sich schließlich in §§ 305a Nr. 1, 309 Nr. 7b und 8a für auf behördlicher Genehmigung beruhende Beförderungsbedingungen, in § 310 Abs. 2 für die von Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen gegenüber ihren Sonderabnehmern angewandten AGB, soweit sie nicht zum Nachteil der Sonderabnehmer von den im Verordnungswege erlassenen Allgemeinen Bedingungen abweichen, sowie in § 309 Nr. 7b a.E. für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge.

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8. Vertragsbedingungen der öffentlichen Hand Schrifttum: F. Baur Die Auswirkungen des AGB-Gesetzes auf Bezugs- und Benutzungsordnungen der öffentlichen Hand, in FS Mallmann, 1979, S. 33; Bettermann Über Flughafengebühren, in FS Reimers, 1979, S. 415; Kunkel/Weigelt Anwendbarkeit des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP), NJW 2007, 2433; Stober Zur Anwendung des AGB-Gesetzes auf die öffentliche Hand, DÖV 1977, 398; J. F. Wagner Die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes auf Benutzungsregelungen kommunaler Einrichtungen, 1982.

Vertragsbedingungen der öffentlichen Hand unterfallen jedenfalls dann uneingeschränkt der AGB-Definition, wenn das jeweilige Benutzungsverhältnis privatrechtlich ausgestaltet ist, die öffentliche Hand also wie ein privater Verwender Verträge schließt302. Daher erfüllen auch Benutzungsordnungen und Entgeltregelungen i.S.v. § 43 LuftVZO303, § 19b LuftVG304 der in öffentlicher Hand befindlichen, privatrechtlich organisierten Flughafenunternehmen die Voraussetzungen

301 A.A. Bettermann in FS Reimers, 1979, S. 437 ff. 302 Einh. M., vgl. BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919; BGH v. 30.5.1990 – IV ZR 266/89, BGHZ 111, 295 (297) = NJW 1990, 2686; BGH v. 28.5.1984 – III ZR 231/82, WM 1984, 1174; BGH v. 9.7.1981 – VII ZR 123/80, ZIP 1981, 989 (990); KG v. 10.9.2012 – 23 U 161/11, NJW-RR 2013, 54 (ÖPP); OLG Celle WuW/E OLG 4222 (4223) (Privatstraße); OLG Düsseldorf v. 14.11.1991 – 6 U 91/91, WM 1992, 1895 (1896) (Bürgschaftsbedingungen des Landes NRW); so auch Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 8; MünchKomm/ Basedow Rz. 8; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 22; Staudinger/Schlosser Rz. 4; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 4; Roth BB 1992, Beil. 4, S. 3; J. F. Wagner S. 44; zu weiteren Nachw. siehe Fn. 20, 21. 303 I.d.F. v. 10.7.2008, BGBl. 2008 I 1229, zuletzt geändert durch Art. 1 Verordnung v. 17.12.2014, BGBl. I S. 2237. 304 I.d.F. v. 10.5.2007, BGBl. 2007 I 698, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 175 Gesetz v. 7.8.2013, BGBl. I S. 3154.

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des § 305 Abs. 1 Satz 1305. Gleiches gilt nach zutreffender, wenn auch umstrittener Ansicht für öffentlich-rechtlich ausgestaltete, auf Vertrag beruhende Benutzungsverhältnisse306. Nur wenn die Geschäftsbedingungen den Charakter von Rechtsnormen haben und als solche ohne vertragliche Einbeziehung die Rechtsbeziehungen öffentlicher Unternehmen zu den Abnehmern gestalten, greift die AGB-Definition nicht ein (vgl. Rz. 9 ff.). Zu den Bereichsausnahmen für Beförderungs- und Energieversorgungsbedingungen vgl. Rz. 76.

VI. Analogieprobleme und Inhaltskontrolle nach § 242 1. Erweiterung des Anwendungsbereichs des AGB-Rechts im Analogiewege 78

Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 fallen in den Anwendungsbereich des AGB-Rechts – einschließlich seiner Inhaltskontrollvorschriften – solche Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und von einem der Vertragspartner (dem Verwender) dem anderen Teil gestellt, d.h. auf seinen Vorschlag in den Einzelvertrag einbezogen werden. Hiervon ausgenommen sind nach § 305 Abs. 1 Satz 3 im Einzelnen ausgehandelte Vertragsbedingungen, d.h. individuelle Vereinbarungen zwischen Verwender und Kunde über die – modifizierte oder auch unveränderte – Aufnahme vorformulierter Vertragsbedingungen, die an sich die Begriffsmerkmale von § 305 Abs. 1 Satz 1 erfüllen, in den Einzelvertrag. Voraussetzung für diese Ausnahme – und damit für die Unanwendbarkeit des AGB-Rechts insoweit – ist somit, dass trotz grundsätzlichen Vorliegens der Tatbestandsmerkmale des § 305 Abs. 1 Satz 1 ein „Aushandeln im Einzelnen“ zwischen Verwender und Kunde stattgefunden hat (vgl. näher Rz. 45 ff.).

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Über die Begriffsbestimmung des § 305 Abs. 1 Satz 1 hinaus ist der Anwendungsbereich des AGB-Rechts im Analogiewege auf solche Fallkonstellationen der Vorformulierung für eine Vielzahl rechtsgeschäftlicher Erklärungen auszudehnen, die vom Wortlaut der Definition weder direkt noch unter Umgehungsaspekten (§ 306a Rz. 5 f.) erfasst werden, bei denen aber nach dem Normzweck des AGB-Rechts (Einl. Rz. 51) ein vergleichbares Schutzbedürfnis besteht. Das ist im Wesentlichen unbestritten hinsichtlich einseitiger, vom anderen Teil vorformulierter Erklärungen des Kunden wie Einwilligungen, Vollmachten, Anerkenntnisse u.a., die von jenem ähnlich wie vorformulierte Vertragsbedingungen dazu benutzt werden können, Rechtsvorteile aus der Inanspruchnahme der Gestaltungsmacht zu ziehen (Rz. 16 ff.). Ein Analogieschluss jedenfalls in Bezug auf Teile des AGB-Rechts bietet sich weiter gegenüber solchen vorformulierten Vertragsbestimmungen an, die auf Veranlassung beider Seiten ohne besonderes Aushandeln in den Vertrag einbezogen werden, bei denen es also am Merkmal des (einseitigen) Stellens fehlt (Rz. 29 f.). Schließlich ist in diesem Zusammen305 Vgl. – zum früheren Recht – BGH v. 24.11.1977- III ZR 27/76, WM 1978, 1097 (1098); BGH v. 27.10.1972- KZR 1/72, DVBl. 1974, 558 (560); OLG Karlsruhe VersR 1971, 159; a.A. Bettermann in FS Reimers, 1979, S. 432 ff. (440). 306 Vgl. Rz. 14 und Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 23; Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 8; MünchKomm/Basedow Rz. 8; Staudinger/Schlosser Rz. 4; Soergel/Stein § 1 AGBG Rz. 4; F. Baur in FS Mallmann, 1979, S. 38 f.; Stober DÖV 1977, 398 (400); J. F. Wagner S. 192; wohl auch BVerwG v. 6.3.1986 – 2 C 41/85, NJW 1986, 2589 (2590) (bzgl. § 9 AGBG); offen lassend BGH WM 1995, 1345; a.A. Dietlein/Rebmann § 1 AGBG Rz. 4.

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hang die richterliche Inhaltskontrolle vorformulierter Gesellschaftsverträge, Vereinssatzungen u.a. zu erwähnen; wegen der Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 wird sie allerdings nicht nach Maßgabe der §§ 307 bis 309, sondern weiterhin auf der Grundlage von § 242 ausgeübt (vgl. näher § 310 Rz. 134 ff.).

2. Richterliche Inhaltskontrolle standardisierter Klauseln in Einzelverträgen Für formelhaft verwendete, standardisierte Vertragsbestimmungen in Schuldverträgen hat der VII. Zivilsenat des BGH in einer Serie von Urteilen aus den Jahren 1979 bis 1989 eine Inhaltskontrollbefugnis auch dann für sich in Anspruch genommen, wenn sie im Rahmen eines Einzelvertrags, auf Vorschlag von dritter Seite (Notar), verwendet wurden und die Voraussetzungen der AGBDefinition daher nicht erfüllten307. Gestützt wurde diese Rechtsprechung von Anfang an auf § 242, ohne dass der Senat zunächst den Unterschied gegenüber der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht (§§ 307 ff. = §§ 9 bis 11 AGBG a.F.) besonders hervorhob308. Die Urteile lösten eine Fülle literarischer Stellungnahmen aus309; dabei überwog zunächst deutlich die Kritik310. Beanstandet wurden einerseits die methodischen Unklarheiten der Rechtsprechung und ihres Verhältnisses zum AGBG. Dem hat der Senat in der Folgezeit dadurch Rechnung getragen, dass er sein Vorgehen deutlich von der AGB-Inhaltskontrolle abgrenzte; statt dessen berief er sich auch für Neuverträge auf die allgemeine Billigkeitsvorschrift des § 242, die in ihrer Kontrollfunktion nicht etwa durch das AGBG verdrängt sei311. Weitere Bedenken bezogen sich auf die mit der Rechtsprechung verbundene Rechtsunsicherheit, darunter einerseits die Frage ihrer Tragweite in Bezug auf sonstige „formelhaft“ verwendete Klauseln in Einzelverträgen312, andererseits ihre negativen Auswirkungen gerade auf notarielle Verträge trotz des gesteigerten Interesses des Rechtsverkehrs an der Wirksamkeit dieser Verträge und trotz der – dem Schutz auch des Erwerbers dienenden – Prüfungs- und Belehrungsfunktion des zur Neutralität verpflichteten Notars. Einzelheiten vgl. in 8. Aufl. Rz. 76 ff.

80

Aus heutiger Sicht hat die Frage weitgehend an Bedeutung verloren; auf eine 81 eingehende Erörterung kann daher abweichend von früheren Auflagen verzichtet werden. Entgegen dem ersten Anschein beruht ihr Bedeutungsverlust allerdings 307 BGH v. 5.4.1979 – VII ZR 308/77, BGHZ 74, 204 (209) = NJW 1979, 1406; BGH v. 17.9.1987 – VII ZR 153/86, BGHZ 101, 350 (355) = NJW 1988, 135; BGH v. 29.6.1989 – VII ZR 151/88, BGHZ 108, 164 (168) = NJW 1989, 2748; BGH v. 6.5.1982 – VII ZR 74/81, NJW 1982, 2243 (2244); BGH v. 5.4.1984 – VII ZR 21/83, NJW 1984, 2094; BGH v. 20.2.1986 – VII ZR 318/84, WM 1986, 799; BGH v. 21.5.1987 – VII ZR 3/86, WM 1987, 1018 (1019); aus neuerer Zeit BGH v. 8.3.2007 – VII ZR 130/05, WM 2007, 1140 (Tz. 25 ff.). 308 So BGH v. 5.4.1979 – VII ZR 308/77, BGHZ 74, 204 (209) im Hinblick auf einen Altvertrag aus der Zeit vor Inkrafttreten des AGBG. 309 Vgl. die Literatur-Übersicht in der 8. Aufl. vor Rz. 76; seither auch Brambring in FS Heinrichs, 1998, S. 39 ff.; Heinrichs RWS-Forum 13 (Immobilienrecht), 1998, S. 211 (218 ff.). 310 Vgl. Nachw. in 8. Aufl. Rz. 76. 311 So deutlich erstmals in BGH v. 17.9.1987 – VII ZR 153/86, BGHZ 101, 350 (353 f.) = NJW 1988, 135; vgl. dazu auch Walchshöfer als damaliger Richter des VII. Zivilsenats, RWS-Forum 2, 1987, S. 155 (169 ff.). 312 Vgl. dazu 8. Aufl. Rz. 82, 84.

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nicht nur oder vorrangig auf der Sonderregelung des § 310 Abs. 3 Nr. 2 für Einzel-Verbraucherverträge313. Denn diese erfasst nur Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, nicht aber solche zwischen Verbrauchern; auch ist durchaus offen, ob von Dritten (Notaren) stammende Vorformulierungen in ihren Anwendungsbereich fallen (vgl. Rz. 31 a.E. und § 310 Rz. 81 f.). Entscheidend ist vielmehr, dass andere Senate des BGH dem Vorgehen des VII. Senats nicht gefolgt sind314 und dass auch dieser selbst sich ersichtlich um eine Eingrenzung bemüht hat. Diese betraf einerseits den Gegenstand der Inhaltskontrolle: er beschränkt sich nach heute wohl einh.M. auf „formelhafte“ Freizeichnungsklauseln in notariellen Kaufverträgen über neue Immobilien315. Und sie zeigte sich andererseits darin, dass der Senat selbst eine Ausnahme für diejenigen Fälle anerkannt hat, in denen die Bedeutung der Freizeichnungsklausel vom Notar mit dem Erwerber unter ausführlicher Belehrung über deren einschneidende Rechtsfolgen eingehend erörtert wurde316. Vor diesem Hintergrund hat die notarielle Praxis sich inzwischen offenbar auf die Linie des VII. Senats eingestellt und respektiert dessen Anforderungen; dafür spricht jedenfalls der Umstand, dass einschlägige Urteile seit den 1990er Jahren nur noch ganz vereinzelt bekannt geworden sind317. Der Anspruch auf eine umfassende Inhaltskontrolle „formelhaft“ verwendeter Vertragsbedingungen in Einzelverträgen lässt sich jedenfalls auf die Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des BGH nicht (mehr) stützen. Es bleibt bei der grundsätzlichen Respektierung der Privatautonomie außerhalb der Geltung des AGB-Rechts und dessen Analogiebereich (Rz. 78 ff.).

3. Das Verhältnis von Inhaltskontrolle und Missbrauchseinwand nach § 242 82

Die allgemeinen auf § 242 gestützten Rechtsbehelfe wie namentlich der Missbrauchseinwand im Falle treuwidriger Berufung einer Partei auf weitgehende vertraglich vorbehaltene Rechte oder die Herausarbeitung besonderer Rücksichtspflichten für bestimmte Vertragstypen bleiben von der Frage einer Ausweitung der Inhaltskontrolle unberührt. Sie greifen unabhängig davon ein, ob der betreffende Vertrag die Voraussetzungen für eine erweiterte Inhaltskontrolle er-

313 Zweifelnd Heinrichs RWS-Forum 13 (Immobilienrecht), 1998, S. 211 (222). 314 Vgl. insb. BGH v. 16.11.1990 – V ZR 217/89, NJW 1991, 843 (844) betr. Vereinbarung von Fälligkeitszinsen in einem Grundstückskaufvertrag unter Andeutung von Vorbehalten gegenüber der Rechtsprechung des VII. Senats, aber auch BGH v. 6.6.1986 – V ZR 67/85, BGHZ 98, 100 (107 f.) = NJW 1986, 2824 betr. den Haftungsausschluss des Verkäufers eines Altbaus sowie BGH v. 8.11.1985 – V ZR 113/84, BB 1986, 151 betr. die Ermächtigung für den Verkäufer von Wohnungseigentum zur Regelung der Teilungserklärung; so auch OLG Hamm v. 21.1.1999 – 18 U 142/98, BB 1999, 556 betr. Honorarklausel für Makler in notariellem Vertrag; a.A. nur KG v. 22.11.1988 – 21 U 1878/88, ZIP 1989, 924 (925) betr. eine Vertragsstrafenregelung in einem Grundstückskaufvertrag. 315 Vgl. nur BGH v. 8.3.2007 – VII ZR 130/05, WM 2007, 1140 (Tz. 25 ff.); Brambring in FS Heinrichs, 1998, S. 39 (41); Heinrichs RWS-Forum 13 (Immobilienrecht), S. 211 (219). 316 BGH v. 21.4.1988 – VII ZR 146/87, NJW 1988, 1972; BGH v. 29.6.1989 – VII ZR 151/88, NJW 1989, 2748; dazu auch Heinrichs RWS-Forum 13 (Immobilienrecht), S. 211 (220). 317 Vgl. namentlich BGH v. 8.3.2007 – VII ZR 130/05, WM 2007, 1140 (Tz. 25 ff.), dort auch zu Ausnahmen vom Erfordernis eingehender Erörterung und ausführlicher Belehrung.

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füllt318. Entsprechendes gilt für den in § 313 geregelten, indes auf die Rechtsprechung zu § 242 zurückgehenden Einwand fehlender oder geänderter Geschäftsgrundlage. Auch der Schutz vor überraschenden Klauseln lässt sich ohne analoge Anwendung des § 305c Abs. 1 bereits nach allgemeinen Rechtsgeschäftsgrundsätzen, darunter namentlich dem Arglisteinwand oder den Irrtumsvorschriften, gewährleisten (vgl. die Nachw. in § 305c Rz. 9 f. zur früheren Rechtslage). Solche Randkorrekturen sind dem geltenden Privatrechtssystem immanent und erlauben es, offenbaren Missbräuchen der Privatautonomie wirksam entgegenzutreten. Eine grundsätzliche Relativierung der Privatautonomie, wie sie mit der offenen Angemessenheitskontrolle nichtausgehandelter oder aus sonstigen Gründen ungleichgewichtiger Individualverträge verbunden wäre, ist davon nicht zu befürchten.

VII. Verträge mit Unternehmern Persönliche Eigenschaften des Verwenders oder des Kunden sind für die AGB- 83 Definition des § 305 Abs. 1 Satz 1 ohne Bedeutung319. Die vorstehenden Erläuterungen gelten daher uneingeschränkt auch für die Beantwortung der Frage, ob Vertragsbedingungen gegenüber Unternehmern als Kunden als AGB oder als Individualabreden zu beurteilen sind320. Soweit das AGB-Recht gewisse Einschränkungen erfährt bei seiner Anwendung auf den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern, beruht das nicht auf der Definition des § 305 Abs. 1 Satz 1, sondern auf den für diese Verträge in § 310 Abs. 1 vorgesehenen Ausnahmeregelungen. Zur Modifikation der AGB-Definition für den Bereich der Standard-Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) vgl. § 310 Rz. 69 ff.; zur Frage geringerer Anforderungen an das Aushandeln i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 3 im unternehmerischen Geschäftsverkehr vgl. Rz. 51 f., 64 f. Gewisse Zweifel gegenüber dem Eingreifen der Begriffsbestimmung des § 305 84 Abs. 1 Satz 1 bestehen allerdings für solche branchenüblichen Bedingungen, die sich nicht nur hinsichtlich der Einbeziehung in den Einzelvertrag, sondern auch inhaltlich zum Handelsbrauch entwickelt haben321. Die Zweifel beruhen darauf, dass derartige Bedingungen nicht erst durch vertragliche Einbeziehung, sondern bereits durch Nichtwiderspruch eines Vertragsteils Geltung im Verhältnis zwischen Kaufleuten erlangen (Rz. 180) und daher nicht ohne Weiteres als Vertragsbedingungen bezeichnet werden können. Soweit der Frage praktische Bedeutung zukommt322, sprechen angesichts des umfassenden Schutzzwecks des Gesetzes (Rz. 5) die besseren Gründe dafür, einseitig vorformulierte Vertragsbedingungen 318 So zutr. MünchKomm/Roth/Schubert § 242 Rz. 462 ff.; vgl. auch H. Roth BB 1987, 977 (984). 319 Rz. 8; eingehend von Westphalen DB 1981, 66 f. und DB 1977, 946 f.; zum fehlenden Einfluss von wirtschaftlichem oder intellektuellem Machtgefälle auf das Eingreifen des § 305 Abs. 1 Satz 3 vgl. Rz. 52, 64. 320 Für Unwirksamkeit von vorformulierten Bestätigungsklauseln über das Aushandeln der AGB (vgl. Rz. 49) auch im kaufmännischen Verkehr zutr. LG Konstanz v. 19.12.1980 – 3 O 170/80, BB 1981, 1420 (1421). 321 Dazu vgl. BGH v. 2.7.1980 – VIII ZR 178/79, BB 1980, 1552 und unten Rz. 180. 322 Das verneinen Wolf/Pfeiffer Rz. 147, die einen inhaltlich unangemessenen Handelsbrauch schon nach § 242 für unwirksam halten, eine Inhaltskontrolle von auf Handelsbrauch beruhenden Vertragsbedingungen aber auch an § 307 Abs. 3 scheitern lassen wollen (Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 283); dagegen zutr. Basedow ZHR 150 (1986), 489 f.

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unabhängig davon, ob sie sich infolge branchenweiter Verwendung als AGB zu einem Handelsbrauch entwickelt haben, in den Anwendungsbereich des AGBRechts einzubeziehen und auf die Handelsüblichkeit der Klausel im Rahmen der Kontrollmaßstäbe des § 307 abzustellen323. Anderes gilt für Handelsbräuche, die nicht auf branchenweiter Verwendung in AGB beruhen, sondern unabhängig davon entstanden sind; insoweit hat die Aufnahme in ein Klauselwerk ebenso wie bei dispositivem Gesetzesrecht rein deklaratorische Bedeutung324. Es gelten die Feststellungen zu deklaratorischen Klauseln entsprechend (Rz. 7a).

VIII. Verbraucherverträge 85

Für die AGB-Definition in § 305 Abs. 1 Satz 1 und für die Abgrenzung der AGB von im Einzelnen ausgehandelten Vertragsbedingungen nach § 305 Abs. 1 Satz 3 lassen sich der Richtlinie 93/13/EWG angesichts ihres besonderen, auf Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 und 2) abstellenden Regelungsbereichs keine unmittelbaren Vorgaben entnehmen (siehe bereits Rz. 4a). Zwar zeigen sich – sieht man von der Fiktion des Stellens in § 310 Abs. 3 Nr. 1 sowie von dem im Vergleich zum AGB-Begriff allgemeiner gefassten Begriff der „missbräuchlichen Klauseln“ in Art. 2 Abs. 1, Art. 3 RL 93/13/EWG ab – deutliche Parallelen zwischen AGB i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 und Standardverträgen i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 1. Sie gestatten es, für dessen Auslegung und für die Abgrenzung der Standardvertragsklauseln von im Einzelnen ausgehandelten Vertragsbedingungen weitgehend auf die zu § 305 Abs. 1 anerkannten Auslegungsmaßstäbe zurückzugreifen (vgl. § 310 Rz. 72).

86

Demgegenüber scheidet ein solcher Rückgriff auf allgemeines AGB-Recht in Bezug auf die in § 310 Abs. 3 Nr. 2 geregelten vorformulierten Einzelverträge aus, da der deutsche Gesetzgeber bei Umsetzung der Richtlinie bestrebt war, mit deren partieller Einbeziehung in das AGBG den Vorgaben des Art. 3 RL zum weitergefassten sachlichen Anwendungsbereich des europäischen Rechts in Bezug auf Verbraucherverträge Rechnung zu tragen. Aus dieser sachlichen Abweichung folgt zugleich, dass für eine Orientierung an den zu § 305 Abs. 1 entwickelten Auslegungsgrundsätzen in Bezug auf vorformulierte Einzelverträge kein Raum ist. Das gilt auch insoweit, als es um die in § 310 Abs. 3 Nr. 2 enthaltene Ausnahme für diejenigen Fälle geht, in denen der Verbraucher trotz der Vorformulierung eine Einflussnahmemöglichkeit auf den Inhalt der Vertragsbedingungen hat. Denn das Eingreifen dieser Ausnahme richtet sich nach zutr. Ansicht nicht nach den zu § 305 Abs. 1 Satz 3 anerkannten Abgrenzungsmaßstäben, sondern ist nach eigenständigen, weniger hohe Anforderungen stellenden Kriterien zu bestimmen (vgl. § 310 Rz. 84 f.).

87–100

Einstweilen frei.

323 So auch BGH v. 14.11.1984 – VIII ZR 283/83, BGHZ 92, 396 (398) = NJW 1985, 738 (Selbstbelieferungsvorbehalt); BGH v. 23.2.1984 – VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016 (3017) (Textilveredelungs-AGB); weitergehend Basedow ZHR 150 (1986), 482 ff. (489 f.) (für Inhaltskontrolle auch solchen Handelsbrauchs, der nicht auf AGB beruht); a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 8. 324 Eine Inhaltskontrolle daher zu Recht abl. BGH v. 23.4.1986 – IVa ZR 209/84, BB 1986, 1395 (für Tegernseer Gebräuche); a.A. Basedow ZHR 150 (1986), 482 ff. (489 f.).

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C. Einbeziehungsvoraussetzungen (§ 305 Abs. 2) Schrifttum (vgl. auch die Nachw. vor Rz. 113, 135a, 182): Derleder/Pallas Vertragsschluss und AGB-Einbeziehung im kreditwirtschaftlichen Distanzgeschäft, ZIP 1999, 1285; F. Fischer Praktische Probleme der Einbeziehung von AGB unter Kaufleuten, insbesondere bei laufenden Geschäftsverbindungen, BB 1995, 2491; Freund Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen, 1998; Freytag/Leible Grundfragen der Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen in Verträge, JA 2000, 887; Häublein Einbeziehung der wohnungseigentumsrechtlichen Hausordnung in Wohnraummietverträge, WuM 2009, 435; Hellwege Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010; Hensen Zur Einbeziehung von AGB in den Vertrag, ZIP 1984, 145; Kreienbaum Transparenz und AGB-Gesetz, 1998; Lindacher Kenntnisnahmemöglichkeit und Kenntnisnahmeobliegenheit bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, JZ 1981, 131; Locher Zur Anfechtung wegen Irrtums über die Einziehungsvoraussetzungen und über den Inhalt einzelner Klauseln in AGB, BB 1981, 818; Loewenheim Irrtumsanfechtung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, AcP 180 (1980), 433; Pflug Allgemeine Geschäftsbedingungen und „Transparenzgebot“, AG 1992, 1; Hubert Schmidt Einbeziehung von AGB im Verbraucherverkehr, NJW 2011, 1633; Schroeder Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach dem AGB-Gesetz und die Rechtsgeschäftslehre, 1983; Spindler Vertragsabschluss und Inhaltskontrolle bei Internet-Auktionen, ZIP 2001, 809; Thamm/Detzer Druckgröße und sonstige formelle Gestaltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, BB 1989, 1133; Thyssen Die Haftungsfreizeichnung im Deliktsrecht und in der Gefährdungshaftung, 1997; Vorderobermeier Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im kaufmännischen Geschäftsverkehr, 1992.

I. Übersicht 1. Inhalt und Zweck des § 305 Abs. 2 Die Vorschrift des § 305 Abs. 2 regelt die Voraussetzungen, unter denen AGB im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern (Rz. 111) Vertragsbestandteil werden. Vom Sonderfall der Rahmenvereinbarung (§ 305 Abs. 3) abgesehen, fordert sie einerseits einen grundsätzlich ausdrücklichen Hinweis des Verwenders gegenüber dem Vertragspartner auf die AGB (§ 305 Abs. 2 Nr. 1), andererseits die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme des anderen Teils (§ 305 Abs. 2 Nr. 2). Beide Voraussetzungen müssen bei Vertragsschluss vorliegen. Von einer Differenzierung zwischen schriftlichem, mündlichem, fernmündlichem oder Internet-Vertragsschluss sieht das Gesetz ab; sie kann sich aber bei Anwendung der verschiedenen Einbeziehungsvoraussetzungen auf Grund der Besonderheiten ergeben, die für das jeweilige Zustandekommen des Vertrags bestimmend sind (Rz. 128 ff.).

101

Der Zweck der Vorschrift ist nach der Begründung zum AGBG darauf gerichtet, die Einbeziehung von AGB in den Einzelvertrag von einem eindeutigen rechtsgeschäftlichen Willen auch des Kunden abhängig zu machen, ohne dadurch den Rechtsverkehr unnötig zu behindern325. Ob dem die Endfassung des § 2 Abs. 1 AGBG (jetzt § 305 Abs. 2) voll Rechnung getragen und ob darin nicht doch noch der ursprünglich von der Arbeitsgruppe326 mitverfolgte Zweck, durch Einbeziehungsschranken der Individualvereinbarung wieder mehr Raum zu verschaffen

102

325 Begr. RegE, BT-Drucks. 7/3919 S. 13; abw. Pflug Kontrakt und Status im Recht der AGB, 1986, S. 319 f. und AG 1992, 1 (18), der die Publizitätsfunktion der in Abs. 2 Nr. 1 und 2 enthaltenen Obliegenheiten des Verwenders hervorhebt; vgl. dazu Einl. Rz. 41 f. 326 Teilbericht I S. 37 (41); vgl. auch Dietlein NJW 1974, 971; Löwe BB 1974, 1034.

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und die AGB-Verwendung zum Schutz der Verbraucher zu erschweren, gewisse Spuren hinterlassen hat, mag zweifelhaft sein (vgl. 4. Aufl. § 2 AGBG Rz. 2). Berücksichtigt man jedoch die Wandlungen des Normzwecks während der Entstehungsgeschichte (Rz. 106) und den erklärten Verzicht des Gesetzgebers auf Maßnahmen, die „den Rechtsverkehr insbesondere bei Massengeschäften des täglichen Lebens unnötig behindern“327, so erscheint es legitim, die Einbeziehungsvorschriften zurückhaltend und in enger Verbindung mit dem allgemeinen Vertragsrecht des BGB auszulegen328. Dem trug der BGH im Ansatz zutreffend dadurch Rechnung, dass er beim Abschluss eines Formularvertrags auf die Erfüllung der besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 AGBG verzichtete, weil die Unterschrift des Kunden unter dem gesamten Vertrag ohnehin dessen vollen Inhalt decke329. Allerdings enthält Abs. 2 Nr. 2 eine gesetzliche Ausprägung des das gesamte AGB-Recht durchdringenden Transparenzgebots (§ 307 Rz. 323 ff.) und ist daher auch für die verständliche Ausgestaltung von Formularverträgen zu beachten. Zu Rechtstatsachen siehe Rz. 107.

2. Anwendungsbereich 103

Die Vorschrift des § 305 Abs. 2 gilt im Wesentlichen uneingeschränkt für den Geschäftsverkehr mit Nichtunternehmern (Rz. 111) unter Einbeziehung von AGB. Ausgenommen sind nach näherer Maßgabe des § 305a Nr. 1 bestimmte behördlich genehmigte oder amtlich veröffentlichte Tarife und Geschäftsbedingungen von Verkehrsunternehmen, Telekommunikationsdienstleistungsanbietern und der Deutschen Post AG (vgl. näher Rz. 112). In zeitlicher Hinsicht findet § 305 Abs. 2 in seiner gegenüber dem früheren § 2 Abs. 1 AGBG geänderten Fassung (Rz. 154a) auf seit dem 1.1.2002 (Inkrafttreten des SMG) geschlossene Verträge Anwendung; für eine Rückwirkung ist kein Raum330. Zur eingeschränkten Geltung von § 305 Abs. 2 für Versicherungsverträge mit Rücksicht auf § 5 Abs. 1, 2 VVG vgl. § 305a Rz. 7.

103a

Im Bereich der Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3) ist zu differenzieren. Nach der gesetzlichen Regelung gilt § 305 Abs. 2 nur für die Standard-Verbraucherverträge des § 310 Abs. 3 Nr. 1, da diese – von der Sonderregelung für die AGB-Definition in Nr. 1 abgesehen – in vollem Umfang dem allgemeinen AGB-Recht unterliegen (§ 310 Rz. 78). Demgegenüber finden auf die Einzel-Verbraucherverträge des § 310 Abs. 3 Nr. 2 im Grundsatz nur die in die Verweisung der Nr. 2 aufgenommenen Vorschriften des AGB-Rechts Anwendung (§ 310 Rz. 91); hierunter fällt nicht die Einbeziehungsvorschrift des § 305 Abs. 2. Kraft richtlinienkonformer Auslegung des § 310 Abs. 3 Nr. 2 ist bei ihnen freilich gleichwohl das Erfordernis der Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme des § 305 Abs. 2 Nr. 2 zu beachten, da es sich insoweit um eine gesetzliche Ausprägung des durch

327 Begr. RegE, BT-Drucks. 7/3919 S. 13. 328 Ebenso Stoffels Rz. 260. 329 BGH v. 27.10.1994 – IX ZR 163/93, NJW 1995, 190 (formularmäßiger Bürgschaftsvertrag) und zuvor schon BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, BGHZ 104, 232 (238) = NJW 1988, 2465; wie hier auch MünchKomm/Basedow Rz. 59; PWW/Berger Rz. 16; Bamberger/Roth/Becker Rz. 43; Palandt/Grüneberg Rz. 30; einschränk. Heinrichs NJW 1995, 1395 (1396); vgl. auch Heinrichs in FS Trinkner, 1995, S. 159; a.A. Stoffels Rz. 266. 330 So zutr. Heinrichs NZM 2003, 6 (8); zur Rechtslage für Altverträge aus der Zeit vor Inkrafttreten des AGBG vgl. 8. Aufl. (Ulmer) § 2 AGBG Rz. 3.

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Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG vorgegebenen Transparenzgebots handelt (vgl. Rz. 106a, 200). Keine Geltung hat § 305 Abs. 2 einerseits für den Geschäftsverkehr mit Unter- 103b nehmern, andererseits für Arbeitsverträge. Das folgt aus den Ausnahmevorschriften des § 310 Abs. 1 und 4. Weitere Ausnahmeregelungen für Sonderfälle finden sich in § 305a. Freilich verbleibt es in allen diesen Fällen bei der Notwendigkeit rechtsgeschäftlicher Einbeziehung der AGB des Verwenders in den Einzelvertrag (Rz. 170 ff.). Verzichtet wird nur auf die Anwendung der formalisierten Einbeziehungsvoraussetzungen, wie sie in § 305 Abs. 2 näher umschrieben sind. Nach Ansicht des BGH ist § 305 Abs. 2 zudem unanwendbar auf nach Maßgabe gesetzlicher Vorschriften festgesetzte Tarife und Leistungsbedingungen, die zwar als AGB anzusehen seien, indes ohne besondere Einbeziehungsvereinbarung Geltung beanspruchten331. Zur Einbeziehung von AGB bei Verträgen mit Unternehmern siehe noch Rz. 169 ff.; zu Arbeitsverträgen siehe § 310 Rz. 146 ff.

3. Systematische Stellung § 305 regelt die Einbeziehungsvoraussetzungen nicht vollständig. Seiner Ergänzung dient die Vorschrift des § 305c Abs. 1, die selbst bei Beachtung der in § 305 Abs. 2 genannten Voraussetzungen überraschende Klauseln von der vertraglichen Geltung ausschließt. Hinzuweisen ist auch auf den in § 305b geregelten, zur Nichtanwendung bestimmter AGB-Klauseln im Einzelfall führenden Vorrang der Individualabrede. Systematisch handelt es sich bei § 305b allerdings nicht um eine Einbeziehungs-, sondern um eine Auslegungsvorschrift (§ 305b Rz. 7).

104

Im Verhältnis zu den Inhaltskontrollvorschriften der §§ 307 bis 309 und zur 105 Kontrollklage nach §§ 1 ff. UKlaG stellt sich für § 305 Abs. 2 kein Rangproblem. Für den Verbandsprozess versteht sich das von selbst, da es insoweit nur auf die Unangemessenheit der angegriffenen Klauseln ankommt, nicht aber auf die Frage ihrer Einbeziehung in einen bestimmten Vertrag. Daher ist das Gericht an der abstrakten Kontrolle nicht deshalb gehindert, weil einer Einbeziehung der Klausel im Einzelfall bereits § 305 Abs. 2 entgegenstünde332. Demgegenüber kommt bei der Inzidentprüfung im Individualprozess der Einbeziehung zwar der logische Vorrang vor der Feststellung der Unwirksamkeit unangemessener Klauseln zu. Das hindert die Gerichte aber nicht, bei Streit über die Erfüllung der Einbeziehungsvoraussetzungen diese Frage dahingestellt zu lassen und den angegriffenen Klauseln die Wirksamkeit jedenfalls unter Hinweis auf §§ 307 bis 309 zu versagen333. Entsprechendes gilt, falls der Vertrag insgesamt, unter Berücksichti331 BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2920) betr. die von einer rechtsfähigen Anstalt öffentlichen Rechts im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses (Abfallentsorgung). 332 Vgl. BGH v. 25.2.1982 – VII ZR 268/81, NJW 1982, 1389 (1391); BGH v. 27.1.1983 – I ZR 76/81, NJW 1983, 2026; OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12 U 111/79, NJW 1981, 405 (406) sowie Vor § 307 Rz. 12. Zu der davon zu unterscheidenden Frage, ob § 305 Abs. 2 im Verfahren nach § 1 UKlaG als Prüfungsmaßstab herangezogen werden kann, vgl. § 1 UKlaG Rz. 13 f. 333 So auch Staudinger/Schlosser Vorb. zu §§ 305 ff. Rz. 20; Stoffels Rz. 264; zu § 2 AGBG auch Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 3; von Hoyningen-Huene Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz, 1991, Rz. 73; Becker Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz, 1986,

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gung der vorformulierten Teile, gegen § 138 verstoßen sollte334. Von der Angemessenheitsprüfung werden auch vorformulierte Einbeziehungs- bzw. Bestätigungsklauseln erfasst, soweit sie nicht bereits wegen Verstoßes gegen die zwingenden Vorschriften der §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1 gegenstandslos sind. Sie sind von einer Inhaltskontrolle auf Verstöße gegen §§ 307 bis 309 nicht etwa ausgenommen335 (gl. Einl. Rz. 74; Vor § 307 Rz. 96). Zur Beurteilung von Bestätigungsklauseln nach §§ 307, 309 Nr. 12 und zu ihrer Bedeutung für die Einbeziehungsvoraussetzungen vgl. Rz. 166, zum Verhältnis von § 305 Abs. 2 zu § 307 Abs. 3 vgl. § 307 Rz. 16.

4. Zur Entstehungsgeschichte 106

Die Gesetz gewordene Fassung des § 2 AGBG (jetzt § 305 Abs. 2 und 3) enthielt eine deutliche Abschwächung der Einbeziehungsvoraussetzungen gegenüber den ursprünglichen Reformvorschlägen (vgl. näher 4. Aufl. § 2 AGBG Rz. 6). Sie ging zurück auf die Vielzahl von Bedenken, wie sie namentlich auf dem 50. DJT sowie in der Anhörung der interessierten Wirtschafts- und Verbraucherkreise zum RefE I geäußert worden waren. Darin drückte sich die zutreffende Erkenntnis aus, dass der komplexen Problematik unangemessener AGB letztlich nicht über äußerliche Eingriffe in Gestalt erschwerter Einbeziehung, sondern nur über Inhaltsschranken nach Art der §§ 307 bis 309 wirksam Rechnung getragen werden kann. Bei Überführung in § 305 ist der Inhalt der Vorgängervorschrift im Wesentlichen unverändert geblieben. Eine Ausnahme findet sich jedoch in § 305 Abs. 2 Nr. 2: danach hat der Verwender bei der Verschaffung zumutbarer Kenntnisnahmemöglichkeit auf eine für ihn erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessene Rücksicht zu nehmen. Die seit jeher bestehenden berechtigten Zweifel an der Sinnhaftigkeit und Praktikabilität des § 2 Abs. 1 AGBG (vgl. Rz. 102) haben sich durch dieses systemfremde Zusatzerfordernis weiter verstärkt (Rz. 154a ff.).

5. EG-Richtlinie 93/13/EWG 106a

Die EG-Richtlinie 93/13/EWG enthält keine ausdrücklichen Vorgaben betr. die Einbeziehung „missbräuchlicher Klauseln“ i.S.d. Art. 2 Abs. 1, Art. 3 RL in Verbraucherverträge336. Sie gibt daher keinen unmittelbaren Anlass zur Vereinheitlichung des jeweiligen, die Einbeziehung betreffenden nationalen Rechts der Mitgliedstaaten, sondern lässt dieses im Grundsatz unverändert fortgelten. Aus S. 109 f.; siehe ferner BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, NJW 1989, 222 (223); a.A. BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1840) (unter II 2c); OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12 U 111/79, NJW 1981, 405 (406); Löwe Vor §§ 8–11 AGBG Rz. 25. 334 Unzutr. Bruse BB 1986, 483, der insoweit § 2 AGBG (= § 305 Abs. 2) den Vorrang einräumen will mit der für den Kunden im Zweifel nachteiligen Folge, den Restvertrag nach § 6 Abs. 1 AGBG (= § 306 Abs. 1) aufrechtzuerhalten. 335 BGH v. 25.2.1982 – VII ZR 268/81, NJW 1982, 1389 (1391); KG v. 11.3.1981 – 23 U 5052/80, ZIP 1982, 188; OLG Frankfurt v. 15.1.1981 – 6 U 30/80, DB 1981, 884; LG Frankfurt/M. bei Bunte AGBE I § 11 Nr. 134, 135 und LG Stuttgart bei Bunte a.a.O. § 2 Nr. 18; Schroeder Einbeziehung, S. 17 ff.; a.A. OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12 U 111/79, NJW 1981, 405 (406). 336 Zur Rechtslage in anderen Mitgliedstaaten sowie zu Regelungsvorschlägen auf europäischer Ebene (DCFR, PECL, ACQP) siehe Ranieri Europäisches Obligationenrecht, 3. Aufl. 2009, S. 333 ff.; Hellwege S. 351 ff.

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der Sicht der Regelungen in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 besteht ein indirekter Zusammenhang mit den Vorgaben der EG-Richtlinie allerdings insoweit, als es um das für die Mitgliedstaaten verbindliche Transparenzgebot des Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG geht. Zwar verzichtet die EG-Richtlinie darauf, den Mitgliedstaaten die Art und Weise der Umsetzung dieses Gebots in das nationale Recht näher vorzuschreiben. Mit Rücksicht hierauf hat daher auch der deutsche Gesetzgeber von einer Sonderregelung zunächst abgesehen und mit § 307 Abs. 1 Satz 2 eine solche erst im Rahmen der Schuldrechtsreform geschaffen (Einl. Rz. 33). Jedoch führt die Vorgabe in Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG dazu, dass die schon bisher vorhandenen Ausprägungen des Transparenzgebots im nationalen Recht (§ 307 Rz. 323 ff.) künftig richtlinienkonform auszulegen sind. Im Hinblick auf die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 hat dieses Erfordernis des europäischen Rechts zur Folge, dass die Anforderungen in Nr. 2 betr. die Verschaffung der Möglichkeit für den Kunden, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen (vgl. dazu näher Rz. 145 ff.), als Ausprägung des Transparenzgebots (Rz. 102) auch vor dem europäischen Hintergrund zu bestimmen sind; hiervon betroffen sind die Einzelverträge i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2337. Im Übrigen ist aus dem Anhang zu Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG die typischerweise als missbräuchlich zu beurteilende Klausel Nr. 1i zu berücksichtigen, wonach die Zustimmung des Kunden zu Vertragsbedingungen, von denen er vor Vertragsschluss nicht tatsächlich Kenntnis nehmen konnte, unwiderlegbar festgestellt wird; solche Klauseln sind schon vor dem Hintergrund der Wertung in § 309 Nr. 12b in aller Regel unangemessen nach § 307 Abs. 1.

6. Rechtstatsachen Entgegen den bei den Gesetzesberatungen geäußerten Erwartungen oder Befürchtungen (Rz. 102, 106) wurden – mit Ausnahme der Transparenzanforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 (Rz. 50 ff.) – bisher keine wesentlichen Erschwerungen des Geschäftsverkehrs unter Einbeziehung von AGB als Folge von § 2 AGBG, § 305 Abs. 2 bekannt338; auch für den Vertragsschluss im Internet ist eine abweichende Beurteilung nicht veranlasst (vgl. Rz. 135a ff., 149a f.). Nach einer – freilich lange zurückliegenden und wenig repräsentativen – rechtstatsächlichen Untersuchung soll allerdings den Anforderungen an die Hinweispflicht (§ 305 Abs. 2 Nr. 1) in mehr als 65% der untersuchten Fälle nicht genügt worden sein339. Selbst wenn dieser Befund in tatsächlicher Hinsicht seinerzeit zugetroffen haben sollte, lässt sich doch nicht ausschließen, dass die Autoren bei dessen Ermittlung von überzogenen rechtlichen Anforderungen ausgegangen sind und der in Nr. 1 vorgesehenen Ausnahme (Aushang) zu wenig Beachtung geschenkt haben; der veröffentlichten Untersuchung selbst sind dazu Feststellungen nicht zu entnehmen. Auffällig ist jedenfalls, dass bislang nur eine überschaubare Zahl von Urteilen bekannt geworden ist, in denen die Einbeziehung von AGB wegen Nichteinhaltung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Voraussetzungen

337 Vgl. näher in Rz. 200; so auch Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 18; Heinrichs NJW 1996, 2190 (2193); a.A. Wolf/Pfeiffer § 310 Rz. 27 f. 338 So auch Bunte AcP 181 (1981), 38, allerdings verbunden mit dem Hinweis, die tatsächliche Beachtung der Vorschrift sei unbekannt, und Schlosser ZIP 1985, 456. 339 Wolter u.a., Recht und Politik 1980, 175.

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verneint wurde340. Ob das auf weitgehender Beachtung der Einbeziehungsvoraussetzungen, auf mangelndem Problembewusstsein bei Beteiligten und Gerichten oder auf restriktiver Interpretation des § 2 Abs. 1 AGBG, § 305 Abs. 2 beruht, ist nicht bekannt341.

II. Frühere Rechtslage 108

Die frühere, heute noch im Rahmen der Ausnahmebereiche (Rz. 111, 112) und bei Einzel-Verbraucherverträgen (Rz. 103a) maßgebende Rechtslage nach allgemeinem bürgerlichen Recht wich von der Regelung in § 305 Abs. 2 in zwei Punkten ab. So ließ sie zum einen an Stelle eines ausdrücklichen auch einen konkludenten Hinweis des AGB-Verwenders auf die Einbeziehung der AGB genügen. Dementsprechend wurden AGB schon dann als Vertragsbestandteile angesehen, wenn das Vertragsangebot des Verwenders auf Grund seines für den Kunden erkennbaren Erklärungswerts (§§ 133, 157) die Einbeziehung der AGB umfasste und der Kunde dem bei der Annahmeerklärung nicht widersprach. Entsprechendes wurde sogar angenommen, wenn das Angebot vom Kunden ausging. Das führte in denjenigen Fällen, in denen die Einbeziehung von AGB branchen- oder verkehrsüblich geworden war, nach st. Rechtsprechung auch dann zur Bejahung der Einbeziehung, wenn es an einer Einbeziehungserklärung fehlte, der Kunde aber „wissen musste“, dass sein Angebot oder seine Annahmeerklärung als Einverständnis mit der AGB-Geltung zu werten sei. Diese Rechtsprechung wurde in der rechtspolitischen Diskussion z.T. heftig angegriffen; man sprach von der Konstruktion „fahrlässiger Willenserklärungen“342. Die Kritik ist indessen nicht berechtigt343. Vom Sonderfall des Geschäftsverkehrs mit Unternehmern abgesehen, bei dem der Branchenüblichkeit der AGB zu Recht Bedeutung für die Auslegung der Rechtsgeschäfte eingeräumt wird (Rz. 173 ff.), hat die Rechtsprechung die Wissen-müssen-Formel im Allgemeinen nur angewendet, soweit sich über die Verwendung von AGB (wenn auch nicht über deren Inhalt) eine übereinstimmende Überzeugung der beteiligten Verkehrskreise gebildet hatte, die Einbeziehung also einer nach § 157 für die Auslegung zu beachtenden Verkehrssitte entsprach344. Hierauf beruhten namentlich die Entscheidungen zur Einbeziehung der ADSp, der AGB der Banken und der Parkhaus-AGB, bei denen es nicht auf die Kaufmannseigenschaft des Kunden ankam345.

340 Vgl. Einl. Rz. 68. Schlosser ZIP 1985, 456 spricht in diesem Zusammenhang von einem „Funktionsverlust“ der allgemeinen Regeln des AGB-Rechts. 341 Zweifelnd auch Bunte AcP 181 (1981), 38. 342 Begr. zum AGBG S. 17; Löwe § 2 AGBG Rz. 4 und BB 1974, 1035. 343 Vgl. schon Raiser AGB, S. 163 ff., 168 f.; aber auch Canaris Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 215; näher zur historischen Entwicklung der Geltungsvoraussetzungen von AGB HKK/Hellwege §§ 305–310 (II) Rz. 9 ff.; Hellwege S. 93 ff., 224 ff. m. umf. Nachw. 344 Dazu statt aller Erman/Armbrüster § 157 Rz. 8 ff. m.w.N. 345 Vgl. BGH v. 11.7.1975 – I ZR 83/74, WM 1975, 1163 (1165); BGH v. 20.6.1996 – I ZR 94/94, NJW-RR 1996, 1313 (ADSp); BGH v. 6.3.1972 – II ZR 100/69, NJW 1972, 1200; BGH v.21.12.1972 – II ZR 132/71, WM 1973, 635 (636) (Bank-AGB); BGH v. 22.5.1968 – VIII ZR 133/66, NJW 1968, 1718 (1719); LG Köln v. 20.2.1970 – 12 S 469/69, NJW 1970, 1750 (1751) (Parkhaus-AGB); OLG München v. 20.2.1968 – 5 U 2440/67, DAR 1969, 129 (130); dazu Erman/W. Hefermehl, 6. Aufl., § 145 Vorbem. 34, 35; Palandt/ Heinrichs, 35. Aufl., § 145 Einf. 6 B d ff.; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. D. 33 ff., 37.

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Zum anderen wurde für die Einbeziehung jedenfalls in der neueren Rechtsprechung vor Erlass des AGBG nicht darauf abgestellt, ob der Kunde tatsächlich Kenntnis vom Inhalt der vom Verwender für den Vertrag vorgesehenen AGB hatte oder ob ihm die Möglichkeit hierzu vom Verwender in zumutbarer Weise verschafft worden war346. Zwar finden sich einige Entscheidungen, die darauf abhoben, ob der Kunde sich von sich aus in zumutbarer Weise Kenntnis vom Inhalt der AGB verschaffen konnte347. Im Übrigen wurde es vorbehaltlich der Sonderfälle überraschender oder schwer lesbarer Klauseln348 aber als genügend angesehen, dass die rechtsgeschäftliche Erklärung des Kunden als Einverständnis mit der Einbeziehung der AGB zu verstehen war. Die Frage, ob der Kunde die Aushändigung der AGB vor oder nach Vertragsschluss verlangen konnte, war umstritten349.

109

III. Grundlagen 1. Geltungsbereich des § 305 Abs. 2 a) Grundsatz Der Geltungsbereich des § 305 Abs. 2 bestimmt sich danach, ob die in Frage stehenden Vertragsbedingungen die Voraussetzungen der AGB-Definition in §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 3 Nr. 1 erfüllen350; auf Formularverträge findet § 305 Abs. 2 allerdings grundsätzlich keine Anwendung (Rz. 102). Soweit § 305 Abs. 2 in Nr. 1 und 2 über §§ 145 ff. hinausgehende Anforderungen für die Einbeziehung enthält, gelten sie nur für vorformulierte Bestimmungen, nicht auch für damit in Zusammenhang stehenden Individualvereinbarungen. Kommt es aus diesem Grunde zu rechtserheblicher Willensübereinstimmung der Parteien nur für die nicht vorformulierten Teile des Vertragsangebots des Verwenders, so wird der Vertrag nach § 306 Abs. 1 ohne die AGB wirksam. Anderes gilt mit Rücksicht auf § 154 Abs. 1 dann, wenn der Kunde der Einbeziehung eines Teils oder aller AGB widerspricht, der Verwender an ihnen jedoch festhält (str., vgl. näher Rz. 161, 168 a.E.). Zur Einbeziehung von AGB bei sog. faktischen Vertragsverhältnissen vgl. Rz. 117; zur Kollision von AGB im kaufmännischen Geschäftsverkehr vgl. Rz. 182 ff. – Soweit vorformulierte Bestimmungen Rechtsnormencharakter ha-

346 BGH v. 19.1.1951 – I ZR 53/50, BGHZ 1, 83 (86); BGH v. 24.9.1952 – II ZR 305/51, BGHZ 7, 187 (190); BGH v. 29.9.1960 – II ZR 25/59, BGHZ 33, 216 (219); BGH v. 16.6.1976 – VIII ZR 33/75, BB 1976, 1289; Raiser AGB, S. 170 ff.; Palandt/Heinrichs, 35. Aufl., § 145 Einf. 6 B b; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. D. 12 m.w.N. 347 BGH v. 7.6.1978 – VIII ZR 146/77, WM 1978, 978 (979) (insoweit in NJW 1978, 2243 nicht abgedruckt); BGH v. 20.12.1978 – VIII ZR 246/77, BB 1979, 185 (186); BGH v. 18.6.1971 – I ZR 83/70, NJW 1971, 2126 (2127); in diesem Sinn auch schon Raiser AGB, S. 172 f. m.w.N. 348 BGH v. 8.3.1955 – I ZR 109/53, BGHZ 17, 3; BGH v. 29.9.1960 – II ZR 25/59, BGHZ 33, 219; BGH v. 29.10.1962 – II ZR 31/61, BGHZ 38, 185; BGH v. 22.2.1967 – VIII ZR 215/64, NJW 1967, 1225 (1226); BGH v. 9.2.1970 – VIII ZR 97/68, NJW 1970, 992; BGH v. 8.10.1975 – VIII ZR 81/74, DB 1975, 2366 (2368). 349 Für Kundenanspruch aus § 242 Palandt/Heinrichs, 35. Aufl., § 145 Einf. 6 B b; ähnlich (Obliegenheit d. Verwenders) Erman/W. Hefermehl, 6. Aufl., § 145 Vorbem. 33; dagegen aber Schmidt-Salzer AGB 1971, Rz. 82. 350 A.A. für ausschließlich kundenbegünstigende AGB Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 45.

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ben (Rz. 9), bedarf es zu ihrer Geltung keiner vertraglichen Einbeziehung; für eine Anwendung von § 305 Abs. 2 ist in diesen Fällen kein Raum. b) Persönliche Ausnahmen 111

Eine generelle Ausnahme von § 305 Abs. 2 enthält § 310 Abs. 1 für die Einbeziehung von AGB gegenüber Unternehmern (§ 14) oder gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts einschließlich öffentlich-rechtlicher Sondervermögen (zur Abgrenzung dieses Personenkreises vgl. § 310 Rz. 14 ff.). Für die Begründung von Vertragsbeziehungen dieser Personengruppen zum AGB-Verwender gilt in vollem Umfang allgemeines Vertragsrecht weiter, auch soweit es um die Einbeziehung von AGB geht (Rz. 170 ff.). Erfolgt der Vertragsschluss unter Einschaltung von Vertretern, so kommt es entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes auf die Eigenschaften des Vertretenen an (§ 310 Rz. 17). Zur Rechtslage bei Einzel-Verbraucherverträgen vgl. Rz. 103a. c) Sachliche Ausnahmen

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Sachliche Ausnahmen von § 305 Abs. 2 finden sich, abgesehen von den generell ausgenommenen Materien des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie bestimmter Teile des Arbeitsrechts (§ 310 Abs. 4), einerseits in § 305a Nr. 1 für bestimmte behördlich genehmigte oder auf Grund von Rechtsnormen erlassene Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen sowie Beförderungsbedingungen der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr (vgl. § 305a Rz. 9 ff.; zur Rechtslage bei den Beförderungsbedingungen im Luftlinienverkehr vgl. § 305a Rz. 12). Daneben sind gemäß § 305a Nr. 2a und b die AGB für bestimmte dort genannte Briefbeförderungsleistungen und Leistungen der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen vom Anwendungsbereich des § 305 Abs. 2 ausgenommen, sofern sie amtlich veröffentlicht wurden und bei den jeweiligen Geschäftsstellen zur Einsichtnahme bereitgehalten werden (vgl. § 305a Rz. 13 ff.). Demgegenüber wurde die in § 23 Abs. 3 AGBG vorgesehene Bereichsausnahme für die Einbeziehung behördlich genehmigter AGB der Bausparkassen, Versicherungsunternehmen und Kapitalanlagegesellschaften (dazu näher 9. Aufl. [Ulmer] § 23 AGBG Rz. 52 ff.) im Zuge der BGB-Integration des AGB-Rechts als sachlich bzw. rechtspolitisch überholt gestrichen (vgl. § 305a Rz. 6 f.)351. Unberührt von den Ausnahmen nach §§ 305a, 310 Abs. 1 bleibt das schon nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen erforderliche Einverständnis des Kunden mit der Einbeziehung der AGB (§ 305 Abs. 2 a.E.; Rz. 161, § 305a Rz. 3 f.)352. Auf den Abschluss einer Rahmenvereinbarung (§ 305 Abs. 3) beziehen sich die Ausnahmeregelungen des § 305a nicht; § 305 Abs. 3 bleibt vielmehr anwendbar (§ 305a Rz. 1). Zur Gebührenordnung für Ärzte vgl. Teil 2, (5) Arztverträge Rz. 1. d) Ausgabebedingungen bei Wertpapieren Schrifttum: Assmann Anleihebedingungen und AGB-Recht, WM 2005, 1053; Bungert Wertpapierbedingungen und Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz, DZWiR 1996, 185; Ekkenga Wertpapierbedingungen als Gegenstand richterlicher AGB-Kontrolle?, ZHR 160 (1996), 351 Zur partiellen Durchbrechung von § 305 Abs. 2 durch §§ 5 Abs. 1, 2 VVG vgl. § 305a Rz. 7. 352 So auch OLG Nürnberg v. 27.5.1993 – 8 U 850/93, NJW-RR 1993, 1245; siehe ferner Wolf/Pfeiffer § 305a Rz. 2; a.A. Löwe/von Westphalen § 23 Abs. 3 AGBG Rz. 2.

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59; Gottschalk Emissionsbedingungen und AGB-Recht, ZIP 2006, 1121; Hirte Genussscheine und Kapitalherabsetzung, ZIP 1991, 1461; Hopt Änderungen von Anleihebedingungen, in FS Steindorff, 1990, S. 341; Joussen Die Inhaltskontrolle von Wertpapierbedingungen nach dem AGBG, WM 1995, 1861; Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, 1994; Masuch Anleihebedingungen und AGB-Gesetz, 2001; Sester Transparenzkontrolle von Anleihebedingungen nach Einführung des neuen Schuldverschreibungsrechts, AcP 209 (2009), 628; Wolf Anlegerschutz durch Inhaltskontrolle von Emissionsbedingungen bei Kapitalmarkttiteln, in FS Zöllner, 1999, S. 651.

Von der AGB-Definition des § 305 Abs. 1 werden auch solche Geschäftsbedingungen erfasst, die für eine Vielzahl von Wertpapieren der betreffenden Gattung vorformuliert und dazu bestimmt sind, die jeweilige wertpapiermäßige Verpflichtung zu konkretisieren (Rz. 14, 70 ff.). Daher hängt die Einbeziehung von Wertpapierbedingungen im Grundsatz (vgl. jedoch Rz. 114a) von der Einhaltung der Erfordernisse des § 305 Abs. 2 ab. Das kann für alle Arten von Wertpapieren Bedeutung erlangen. Unter den Inhaberpapieren hebt die Begründung zum AGBG (S. 18) die Anleihebedingungen bei Inhaberschuldverschreibungen als einen wesentlichen Fall ausdrücklich hervor (zu deren AGB-rechtlicher Behandlung siehe im Einzelnen Rz. 70 ff.); daneben finden sich AGB auch bei Genussscheinen353, bei Inhaberverpflichtungsscheinen (Inhaberzeichen, -karten nach § 807, vgl. dazu auch Rz. 134), bei Inhabergrund- und -rentenschuldbriefen (§§ 1195, 1199) sowie bei Inhaberanteilscheinen an Sondervermögen (§ 95 KAGB). Bei den Orderpapieren treten AGB namentlich im Rahmen der kaufmännischen Papiere nach § 363 HGB auf (Konnossementsbedingungen u.a.). In Bezug auf Rektapapiere ist – neben AGB auf kaufmännischen Papieren ohne Orderklausel – zu denken an standardisierte Bedingungen in Hypotheken- und Grundschuldbriefen von Finanzierungs- und Kreditinstituten oder an Ausgabebedingungen für qualifizierte, auf den Namen lautende Legitimationspapiere nach § 808 (Sparbücher, Pfandscheine, Theaterabonnements u.a.).

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Die Einbeziehung der AGB in das jeweilige Rechtsverhältnis zwischen Wertpapierinhaber und -schuldner vollzieht sich im Fall von Inhaber- oder Orderpapieren regelmäßig durch Ausstellung des Papiers und anschließenden Begebungsvertrag354. Dabei müssen die Bedingungen nach §§ 793, 796 durch Wiedergabe des Wortlauts im Text der Urkunde verankert sein. Durch die Übergabe der Urkunde an den ersten Gläubiger werden die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 daher regelmäßig gewahrt355. Die Frage stellt sich frei-

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353 Vgl. BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305 (312) = NJW 1993, 57; BGH v. 29.4.2014 – II ZR 395/12, ZIP 2014, 1166 (Tz. 24 ff.); OLG Düsseldorf v. 10.5.1991 – 17 U 19/90, WM 1991, 1375 (1379) m. Anm. Claussen AG 1991, 441; OLG München v. 12.1.2012 – 23 U 2737/11, AG 2012, 339; OLG München v. 21.11.2013 – 23 U 1864/13, NZG 2014, 146; Hirte ZIP 1991, 1461; A. Schäfer WM 1991, 1941; näher Rz. 70 ff. und § 305a Rz. 6. 354 Vertragstheorie, vgl. die Nachw. in Fn. 287; für Anknüpfung an den Begebungsvertrag auch Kallrath S. 41 f.; Joussen WM 1995, 1861 (1865) (die allerdings AGB-Charakter bei Fremdemission im Ergebnis ablehnen); a.A. Assmann WM 2005, 1053 (1058); Ekkenga ZHR 160 (1996), 59 (73). 355 BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, BGHZ 163, 311 (315 f.) = NJW 2005, 2917; MünchKomm/Habersack § 793 Rz. 45; vgl. aber auch BGH v. 30.5.1983 – II ZR 135/82, NJW 1983, 2772 (2773); BGH v. 3.2.1986 – II ZR 201/85, WM 1986, 769 (770) (zu „nur mit der Lupe lesbaren“ Konnossementbedingungen) sowie Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341 (368).

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lich nur für die erstmalige Begebung der Wertpapiere, da sich durch deren Weiterbegebung ihr Inhalt nicht ändert. Es bedarf im Rahmen der Weiterbegebung daher auch keines erneuten Aktes der Einbeziehung356. 114a

Gesetzliche Ausnahmen von der Einhaltung der Einbeziehungsvoraussetzungen finden sich außer im gewerblichen oder beruflichen Verkehr (§ 310 Abs. 1) auch in Bezug auf diejenigen Papiere, die zu den Regelungsmaterien des § 310 Abs. 4 gehören. Wie der BGH zu Recht entschieden hat, bedarf es einer funktionalen Reduktion des Anwendungsbereichs des § 305 Abs. 2 aber auch für massenweise emittierte Wertpapiere des Kapitalmarkts (Effekten)357, da andernfalls die Funktionsfähigkeit des Wertpapierhandels nicht gewährleistet werden könnte358. Denn der Kapitalmarkt setzt die Fungibilität der Wertpapiere voraus; diese wäre jedoch stark in Frage gestellt, wenn die Einbeziehung der Emissionsbedingungen jeweils vom Nachweis der Erfüllung der strengen Anforderungen des § 305 Abs. 2 abhinge359. Schon angesichts des heute fast ausnahmslos anzutreffenden sog. stückelosen Effektenverkehrs scheidet die Einhaltung der durch § 305 Abs. 2 aufgestellten Anforderungen durch Übergabe des Wertpapiers (vgl. Rz. 114) regelmäßig aus360. Für die erstmalige Einbeziehung käme es daher auf andere Einzelfallumstände an, die für Rechtsnachfolger jedoch nicht ohne Weiteres feststellbar sind. Auch ließe sich eine Prüfung des Inhalts des verbrieften Rechts vor jeder Transaktion mit dem Effektengeschäft schwerlich vereinbaren361. In Übereinstimmung mit dem Anliegen des Gesetzgebers, den Rechtsverkehr durch § 305 Abs. 2 nicht unnötig zu behindern (vgl. Rz. 102 mit Nachw.), ist der Anwendungsbereich dieser Vorschrift für Kapitalmarktpapiere daher funktional zu reduzieren. Dafür spricht auch, dass an die Klauseleinbeziehung gegenüber Verbrauchern und Unternehmern (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 1) andernfalls unterschiedliche Anforderungen gestellt werden müssten. Es gelten für Kapitalmarktpapiere folglich einheitlich die an §§ 145 ff. ausgerichteten Anforderungen des Unternehmensverkehrs.

356 OLG Frankfurt/M. v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, ZIP 1994, 26 m. Anm. von von Randow; so auch Begr. zum AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 18; MünchKomm/Habersack § 793 Rz. 45; Wolf/Pfeiffer Rz. 64; Dietlein/Rebmann § 2 AGBG Rz. 12; Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 43; Masuch S. 51 f.; Bosch in Hellner/Steuer (Hrsg.), Bankrecht und Bankpraxis, 1997, Rz. 10/166; mit Bedenken auch Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341 (366); a.A. von Randow ZBB 1994, 23 (30). 357 Vgl. hierzu Kümpel/Wittig/R. Müller Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rz. 15.335 ff.; Canaris Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1988, Rz. 1810 f. 358 BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, BGHZ 165, 311 (315 ff.) = NJW 2005, 2917 = BKR 2005, 323 m. Anm. Keller (326) und Anm. Brandt (328); so auch OLG Frankfurt v. 5.6.2008 – 16 U 205/07, WM 2008, 1917 (1918); LG Frankfurt/M. v. 25.7.2003 – 2-21 O 375/01 WM 2005, 1078 (1079); Wolf/Pfeiffer Rz. 64; PWW/Berger Rz. 18; Kümpel/Wittig/R.Müller, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rz. 15.339 ff.; Grundmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Aufl. 2011, § 112 Rz. 115; MünchKomm/Habersack § 793 Rz. 45; Bungert DZWiR 1996, 185 (193); Gottschalk ZIP 2006, 1121 (1126); Hopt in FS Steindorff, 1990, S. 341 (365–369); Masuch S. 73 ff.; im Ergebnis ebenso Wolf in FS Zöllner, 1999, S. 651 (652); a.A. OLG Frankfurt v. 13.10.2004 – 23 U 218/03, WM 2005, 1080 (1082); von Randow ZBB 1994, 23 (29 f.). 359 Vgl. Kümpel/Wittig/R.Müller Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rz. 15.336 ff.; Grundmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 4. Aufl. 2011, § 112 Rz. 115; Masuch S. 61 ff. 360 Vgl. auch Wolf in FS Zöllner, 1999, S. 651 (665). 361 Kümpel/Wittig/R.Müller Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2011, Rz. 15.338 f.

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Für die in Rektapapieren enthaltenen AGB, deren Funktion in der wertpapiermäßigen Verbriefung eines im Regelfall durch zweiseitiges Verpflichtungsgeschäft begründeten Anspruchs besteht, bewendet es bei den Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2, soweit nicht die in §§ 305a, 310 genannten Ausnahmen eingreifen. Für die Übertragung der verbrieften Ansprüche ist abweichend von den Wertpapieren im engeren Sinn (Inhaber- und Orderpapiere) im Grundsatz das allgemeine Zessionsrecht der §§ 398 ff. maßgebend, soweit das Gesetz keine Sonderregelungen trifft (§§ 792, 1154). Eine Inhaltsänderung der verbrieften Forderung tritt dadurch nicht ein (vgl. §§ 404, 406). Der Schuldner kann sich daher auf die Einwendungen aus den in das Schuldverhältnis einbezogenen AGB dem neuen Gläubiger (Zessionar) gegenüber auch dann berufen, wenn dieser von der Einbeziehung keine Kenntnis hatte362. Wegen etwaiger daraus resultierender Rechtsmängel muss sich der Zessionar an den Zedenten halten (vgl. §§ 434, 437).

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Schwierigkeiten kann die Bestimmung des Zeitpunkts bereiten, in dem es zur Begründung der verbrieften Forderung kommt, d.h. in dem die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 erfüllt sein müssen. Dies gilt namentlich beim „Verkauf“ von Eintrittskarten, Fahrscheinen u.a. durch dritte, nicht zum Unternehmen des Veranstalters gehörende Vorverkaufsstellen. Dabei ist i.d.R. davon auszugehen, dass die Vorverkaufsstellen nicht selbst die Karten u.a. vom Veranstalter erwerben, um sie an die Kunden weiterzuveräußern, sondern dass sie den jeweiligen Vertrag363 im Namen und für Rechnung des Veranstalters schließen. Das hat zur Folge, dass die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 seitens der Vorverkaufsstelle erfüllt werden müssen, wenn die AGB des jeweiligen Veranstalters beim Vertragsschluss mit dem Kunden einbezogen werden sollen364.

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e) Sog. faktische Vertragsverhältnisse Hinsichtlich der Einbeziehung von AGB in „faktische Vertragsverhältnisse“ ist 117 zu unterscheiden zwischen zwei unter dieser Bezeichnung zusammengefassten, heterogenen Gruppen von Rechtsverhältnissen: den fehlerhaften Verträgen und den Schuldverhältnissen kraft sozialen Kontakts. Voraussetzung für die Anerkennung fehlerhafter Verträge ist nach den hierfür im Gesellschafts- und Arbeitsrecht entwickelten Grundsätzen das Vorliegen entsprechender rechtsgeschäftlicher (wenn auch mangelhafter, anfechtbarer oder nichtiger) Willenserklärungen365. Das spricht dafür, für die Einbeziehung von AGB in den fehlerhaften Vertrag die Beachtung der Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 zu fordern, falls der Frage außerhalb der Ausnahmebereiche des § 310 Abs. 4 Bedeutung zukommen sollte. Anderes gilt für die Schuldverhältnisse kraft sozialen Kontakts366. Nach den hierzu in der Rechtsprechung entwickelten, dogmatisch al-

362 Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 43. 363 Meist Werkvertrag mit mietrechtlichen Elementen, vgl. Soergel/Mühl Vor § 631 Rz. 21; Palandt/Sprau Einf. v. § 631 Rz. 29. 364 Zur Anwendbarkeit der in Abs. 2 Nr. 1 vorgesehenen Ausnahme (Aushang) auf derartige Massengeschäfte des täglichen Lebens vgl. Rz. 138 f.; Staudinger/Schlosser Rz. 116, 121. 365 MünchKomm/Ulmer/Schäfer § 705 Rz. 327; Zöllner/Loritz/Hergenröder Arbeitsrecht, 6. Aufl. 2008, § 12 II 1b. 366 Vgl. dazu BGH v. 14.7.1956 – V ZR 223/54, BGHZ 21, 319; BGHZ 23, 175; Larenz AT § 28 II (bis zur 6. Aufl.; anders jetzt Wolf/Neuner AT, 10. Aufl. 2012 § 37 Rz. 47).

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lerdings fragwürdigen und heute fast durchweg abgelehnten367 Grundsätzen sollen Vertragsbeziehungen in derartigen, Verträge des Massenverkehrs und der Daseinsvorsorge betreffenden Fällen (Straßenbahn- oder Parkplatzbenutzung, Energiebezug u.a.) allein auf Grund der Inanspruchnahme der Leistung, unabhängig von einer entsprechenden Willenserklärung des Benutzers, zustandekommen. Ließe man diese Voraussetzungen genügen, so wäre auch für eine besondere Einbeziehungsvereinbarung nach Art von § 305 Abs. 2 kein Raum. Freilich wäre vom Verwender auch in Fällen dieser Art zu verlangen, dass er sich im Rahmen seines Angebots an die in Abs. 2 Nr. 1 und 2 aufgestellten Obliegenheiten hält, wenn die AGB im Schuldverhältnis kraft sozialen Kontakts Beachtung finden sollten (vgl. auch Rz. 138)368.

2. Verhältnis zu §§ 145 ff. 118

Die Regelungen in § 305 Abs. 2 haben ebenso wie diejenigen der §§ 305b bis 306 den Charakter von Sondernormen für vorformulierte Vertragsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1. Im Rahmen ihres Anwendungsbereichs verdrängen sie daher abweichende Vorschriften aus dem allgemeinen Vertragsrecht (vgl. Rz. 119 ff.). Im Übrigen bleiben aber auch für die vertragliche Vereinbarung von AGB die allgemeinen Rechtsgeschäftsgrundsätze des bürgerlichen Rechts maßgebend. a) Abweichungen vom allgemeinen Vertragsrecht

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Eine erste Abweichung ergibt sich aus § 305 Abs. 2 Nr. 1. Das dort aufgestellte Erfordernis, dass der Verwender gegenüber der anderen Vertragspartei auf die Einbeziehung der AGB ausdrücklich hinweist, formalisiert den Einbeziehungsvorgang. Danach ist es grundsätzlich ausgeschlossen, die Einbeziehungserklärung des Verwenders im Wege der Auslegung seines Vertragsangebots zu gewinnen369. Folge dieser Sonderregelung ist es, dass die Verkehrssitte abweichend von § 157 als Auslegungsmittel ausscheidet. Auch in Branchen wie etwa dem Banken- oder Speditionssektor, in denen die Verwendung von AGB nicht nur branchenüblich ist, sondern sich wegen der hierüber bestehenden Übereinstimmung der beteiligten Verkehrskreise zur Verkehrssitte entwickelt hat (Rz. 108), bedarf es also im Geltungsbereich des § 305 Abs. 2 jeweils eines ausdrücklichen Hinweises370, soweit die Einbeziehung sich nicht aus einer Rahmenvereinbarung nach § 305 Abs. 3 ergibt. Eine Ausnahme lässt § 305 Abs. 2 Nr. 1 freilich in denjenigen Fällen zu, in denen ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsabschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich 367 Vgl. Soergel/Wolf Vor § 145 Rz. 103; Staudinger/Bork Vor § 145 Rz. 39; MünchKomm/ Busche § 151 Rz. 9 ff., Vor § 145 Rz. 44; Erman/Armbrüster Vor § 145 Rz. 42 ff.; Winkler von Mohrenfels JuS 1987, 693, jeweils m.w.N. 368 So auch Wolf/Pfeiffer Rz. 66. 369 Für Qualifizierung von § 305 Abs. 2 als Formvorschrift i.S.v. § 125 daher Staudinger/ Schlosser Rz. 102 sowie – obiter – OLG Karlsruhe v. 21.5.1980 – 6 U 81/79 (Kart), WRP 1980, 640 (642); a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 62; Stoffels Rz. 268; Hellwege S. 457 f.; wohl auch BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, NJW-RR 1987, 112 (113). – Eingehend zur Herleitung des § 305 Abs. 2 aus der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre Hellwege S. 394 ff., 470 ff., der freilich den in Nr. 1 und 2 geregelten Einbeziehungsvoraussetzungen selbständigen Charakter abspricht und ihnen nur Bedeutung für die Frage beimisst, ob bei Fehlen eines ausdrücklichen Einverständnisses eine hinreichende Einbeziehungsabrede vorliegt. 370 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 105; Stoffels Rz. 262.

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ist (vgl. Rz. 136 ff.); insoweit bewendet es, sofern dem Aushangerfordernis genügt ist, bei §§ 133, 157. Eine zweite Abweichung folgt aus der in § 305 Abs. 2 Nr. 2 vorgesehenen Obliegenheit des Verwenders, dem Kunden die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme vom Inhalt der AGB zu verschaffen. Zusätzlich zum Vorliegen einer Einverständniserklärung des Kunden (Rz. 161 ff.), deren Wirksamkeit sich als Bestandteil der rechtsgeschäftlichen Geltungsabrede nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen richtet, statuiert das AGB-Recht damit eine weitere Einbeziehungsvoraussetzung. Auf die zum früheren Recht erörterte Frage, ob der Kunde in der Lage sein müsse, sich aus eigener Initiative in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu verschaffen (vgl. Rz. 109), kommt es nicht an. Es bleibt dem Kunden zwar auch unter der Geltung von § 305 Abs. 2 Nr. 2 unbenommen, der Einbeziehung der AGB ohne Kenntnisnahme von deren Inhalt zuzustimmen. Zu Rechtswirkungen führt diese Zustimmung aber nur, wenn dem Kunden zuvor die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme eingeräumt worden war371.

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Eine Sonderregelung gegenüber der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre des BGB findet sich schließlich auch in der Vorschrift des § 306. Sie modifiziert nicht nur die Teilnichtigkeitsregel des § 139, sondern führt auch zur Nichtanwendung von § 154 bei fehlgeschlagener Einbeziehung von AGB (vgl. Rz. 161, 168). Im Unterschied zu den beiden in § 305 Abs. 2 geregelten Einbeziehungsvoraussetzungen handelt es sich bei § 306 freilich um eine Vorschrift, die auf der Eigenart der AGB als Nebenabreden beruht und daher im Grundsatz auch schon bisher von der Rechtsprechung anerkannt worden war (§ 306 Rz. 4).

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b) Uneingeschränkt fortgeltende BGB-Vorschriften Soweit das AGB-Recht keine ausdrücklichen Abweichungen vorsieht, bleibt die Geltung der Vorschriften des Allgemeinen Teils über Rechtsgeschäfte gegenüber AGB als Vertragsbestandteilen unberührt. Auch durch die §§ 305 ff. werden AGB nicht etwa generell einer Sonderregelung unterstellt. Aus dem Bereich der Vorschriften über den Vertragsabschluss gelten danach für die AGB-Einbeziehung etwa die Bestimmungen über die Dauer der Bindungswirkung eines Vertragsangebots (§§ 145 bis 149) und über die verspätete Annahme (§ 150 Abs. 1) sowie die Vorschriften der §§ 151 bis 153 und 155. Auch die Möglichkeit des Kunden, ein Angebot des Verwenders konkludent anzunehmen (§ 151 Satz 1), ist durch § 305 Abs. 2 unberührt geblieben (Rz. 161); die rechtspolitische Forderung nach schriftlicher Einverständniserklärung des Kunden mit der AGB-Geltung hat sich nicht durchgesetzt. Anwendbar bleibt schließlich auch die Vorschrift des § 150 Abs. 2 betreffend die modifizierte Annahme eines Angebots. Ihr kommt vor allem dann Bedeutung zu, wenn der Verwender ein Angebot des Kunden unter Verweisung auf seine AGB annimmt. Im Hinblick auf das Erfordernis eines ausdrücklichen Hinweises auf die Einbeziehung der AGB bei Vertragsschluss lässt sich die Einbeziehung der AGB allerdings nicht allein dadurch herbeiführen, dass sie der Übersendung der „Auftragsbestätigung“ des Verwenders beigefügt werden (Rz. 130).

371 So offenbar schon nach früherem Recht Erman/W. Hefermehl (6. Aufl.) Vor § 145 Rz. 33.

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c) Geltung von AGB im vorvertraglichen Bereich 122a

Die Geltung von AGB kann auch schon im vorvertraglichen Bereich, vor Abschluss des Hauptvertrags, vereinbart werden. Das Gesetz selbst sieht die Möglichkeit solcher Absprachen in § 305 Abs. 3 durch Abschluss einer Rahmenvereinbarung vor (vgl. Rz. 201 ff.). Sie sind aber auch unter Begrenzung auf einzelne vorvertragliche Rechtsbeziehungen zulässig, wie das Beispiel der Haftungsbeschränkung bei culpa in contrahendo zeigt (§ 309 Nr. 7 letzter Halbs.)372. Einen Anwendungsfall dieser Art bilden die Lotto- und Toto-Spielbedingungen (vgl. § 309 Nr. 7 Rz. 20). Zulässig ist auch eine Haftungsfreizeichnung für den außervertraglichen Bereich; dabei geht es i.d.R. um die Frage der Reichweite von Freizeichnungsklauseln in AGB373.

3. Verhältnis zu §§ 312 ff., Art. 246a ff. EGBGB 122b

Die insbesondere in §§ 312 ff., 491 ff., Art. 246a ff. EGBGB geregelten Informationspflichten des Unternehmers und Widerrufsrechte des Verbrauchers finden neben § 305 ff. Anwendung. Soweit die Informationspflichten – wie regelmäßig – AGB-förmig erteilt werden, sind deshalb zusätzlich die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 zu beachten (s. für den Vertragsschluss im Internet noch Rz. 149a f.).

IV. Voraussetzungen der Einbeziehung 1. Hinweis des Verwenders (§ 305 Abs. 2 Nr. 1) a) Ausdrücklicher Hinweis (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 1) 123

Der ausdrückliche Hinweis des Verwenders gegenüber dem anderen Vertragsteil auf seine AGB bildet nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 die regelmäßige und zugleich wichtigste Einbeziehungsvoraussetzung (zur Ausnahme wegen der Art des Vertragsschlusses vgl. Rz. 136 ff.). Dadurch soll sichergestellt werden, dass das bloße „Wissen-müssen“ des Kunden von der Einbeziehungsforderung des Verwenders und sein Nichtwiderspruch bei Vertragsschuss entgegen der früheren Rechtsprechung (Rz. 108) nicht zur Einbeziehung von AGB in den Einzelvertrag führt, und dies auch in denjenigen Fällen, in denen die AGB-Verwendung nicht nur branchenüblich ist, sondern sich zur Verkehrssitte entwickelt hat (vgl. Rz. 119).

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Ein ausdrücklicher Hinweis liegt nur dann vor, wenn er vom Verwender bei Vertragsschluss (Rz. 155 ff.) unmissverständlich und für den Kunden klar erkennbar geäußert worden ist374. Ein fremdsprachlicher Hinweis reicht grundsätzlich

372 Vgl. näher St. Liese Vereinbarungen über vorvertragliche Rechtspflichten und ihre Begrenzung durch das AGB-Gesetz, 1993. 373 Vgl. dazu näher Thyssen Die Haftungsfreizeichnung im Deliktsrecht und in der Gefährdungshaftung, 1998, insb. S. 79 ff. 374 Vgl. BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, NJW-RR 1987, 112 (113); BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, ZIP 1986, 1126 (1128); BGH v. 29.11.1983 – VI ZR 137/82, NJW 1984, 801 (802); OLG Nürnberg v. 21.3.1990 – 4 U 3979/89, BB 1990, 1998; MünchKomm/Basedow Rz. 58; Wolf/Pfeiffer Rz. 69; Erman/Roloff § 305 Rz. 26; näher zum Hinweiserfordernis Hellwege S. 439 ff. (siehe bereits Fn. 369).

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nur dann aus, wenn er in der Verhandlungssprache erfolgt375. Das Erfordernis eines ausdrücklichen Hinweises gilt in gleicher Weise für schriftliche, mündliche und fernmündliche Abschlüsse376. Ein bloß konkludenter Hinweis oder die Berufung auf eine bestehende Verkehrssitte genügen nicht377. Der Hinweis ist in den Vertragsverhandlungen mit dem jeweiligen Kunden zu äußern; ein allgemeiner Hinweis, etwa durch Publikation in der Tagespresse oder durch Rundschreiben, reicht nicht aus378. Hat der Verwender einen ausdrücklichen Hinweis während der Vertragsverhandlungen versäumt, so ist der Vertrag durch Annahmeerklärung des Kunden ohne Einbeziehung der AGB zustande gekommen (Rz. 168). – Welche einzelnen Arten und Formen der Äußerung als ausdrücklicher Hinweis in Betracht kommen, lässt sich nur im Hinblick auf die Modalitäten des Vertragsschlusses entscheiden (Rz. 129–135c). Der ausdrückliche Hinweis setzt weiter voraus, dass er sich auf bestimmte Vertragsbedingungen bezieht379. Diesem Erfordernis ist regelmäßig durch Bezugnahme auf die AGB des Verwenders Genüge getan. Nicht erforderlich ist nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 eine Einzelaufzählung der darin enthaltenen Klauseln380 oder eine Beifügung des Wortlauts der AGB; das ergibt sich auch aus der in § 305 Abs. 2 Nr. 2 geregelten weiteren Obliegenheit des Verwenders, dem Kunden die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu verschaffen. Auch ein Hinweis auf die „jeweils gültige Fassung“ der AGB des Verwenders reicht aus, wenn er durch die Obliegenheit des § 305 Abs. 2 Nr. 2 konkretisiert wird381. Weist der Verwender allerdings nur auf einen Teil der Klauseln seiner AGB hin, so werden die übrigen Teile mangels Bezugnahme nicht Vertragsbestandteil382.

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An der Bestimmtheit des Hinweises fehlt es auch dann, wenn der Verwender mit mehreren AGB-Fassungen arbeitet und für den Kunden nicht offensichtlich ist, auf welche Fassung sich der Hinweis bezieht; der Vertrag kommt auch in

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375 OLG Frankfurt v. 27.4.1976 – 5 U 3/74, RIW 1976, 532 (533); LG Berlin v. 10.6.1981 – 28 O 236/80, NJW 1982, 343; Wolf/Pfeiffer Rz. 71; Staudinger/Schlosser Rz. 105; Palandt/Grüneberg Rz. 27; a.A. Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 7; näher zu den Voraussetzungen der Einbeziehung von AGB im Geschäftsverkehr mit Ausländern vgl. Anh. § 305 Rz. 13 ff. Zur Maßgeblichkeit der Verhandlungssprache auch im Verkehr mit Unternehmern siehe BGH v. 28.3.1996 – III ZR 95/95, NJW 1996, 1819. 376 Zur Rechtslage bei Warenbestellungen im Internet u.a. vgl. Rz. 135a ff. 377 Ganz h.M., vgl. Wolf/Pfeiffer Rz. 68; Löwe § 2 AGBG Rz. 11; a.A. für „eindeutige und unverkennbare“ konkludente Hinweise auf beigefügte AGB bei Übersendung eines Angebots Staudinger/Schlosser Rz. 105; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 8; zum Sonderfall mündlichen Vertragsschlusses vgl. Rz. 133. 378 Staudinger/Schlosser Rz. 110; a.A. Dirichs WM 1978, 626 zur Einbeziehung der Banken-AGB. 379 So auch Erman/Roloff § 305 Rz. 26; MünchKomm/Basedow Rz. 58; Staudinger/Schlosser Rz. 107; PWW/Berger Rz. 22; a.A. Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. D 40, der Bestimmbarkeit im Auslegungswege genügen lässt. 380 So auch Wolf/Pfeiffer Rz. 70; Staudinger/Schlosser Rz. 106. 381 So auch BGH v. 9.6.1983 – III ZR 105/82, NJW 1983, 2701 (2702) und OLG München v. 22.12.1981 – 9 U 2340/81, WM 1982, 550. Zu der davon zu unterscheidenden Frage, ob im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen die AGB des Verwenders „in ihrer jeweils gültigen Fassung“ vereinbart, d.h. aber einseitig geändert werden können, vgl. Rz. 165. 382 OLG Frankfurt v. 2.11.1988 – 17 U 148/87, WM 1989, 760 (761 f.) (Verweis auf „umseitige AGB“ erfasst nur die dort – unvollständig – abgedruckten AGB); OLG Düsseldorf v. 30.12.1964 – 5 U 237/62, NJW 1965, 762; Wolf/Pfeiffer Rz. 70; Erman/Roloff § 305 Rz. 26; H. Schmidt NJW 2011, 1633 (1634).

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diesem Fall nach § 306 Abs. 1 ohne AGB zustande383. Die erforderliche Individualisierung lässt sich in derartigen Fällen bei schriftlichem Vertragsschluss durch Beifügung der gemeinten Fassung, bei mündlichem durch einen entsprechenden Aushang am Ort des Vertragsschlusses erzielen384. Arbeitet der Verwender mit verschiedenen, auf den jeweiligen Vertragstyp besonders zugeschnittenen AGB-Werken, so muss dem Hinweis gleichwohl klar zu entnehmen sein, welcher Text in Bezug genommen wird385. Möglich ist auch die gleichzeitige Einbeziehung mehrerer verschiedener AGB-Werke; auch bedarf es keines gesonderten Hinweises auf in den AGB in Bezug genommene Klauslwerke386. Soweit ein ausdrücklicher Hinweis des Verwenders auf bestimmte AGB vorliegt, steht es deren Einbeziehung nicht entgegen, dass sie ihrem Inhalt nach nicht auf den konkreten Vertragstyp zugeschnitten sind387. Das Erfordernis der Verständlichkeit und Lesbarkeit der AGB (Rz. 150 ff.) bleibt freilich vorbehalten; es kann sich als Einbeziehungshindernis bei inhaltlich unpassenden AGB erweisen. 127

Generell unbeachtlich im Rahmen von § 305 Abs. 2 Nr. 1 sind alle Hinweise des Verwenders nach Vertragsschluss388. Daher kommt es nicht auf die Frage an, ob Aufdrucke mit Bezugnahme auf die AGB des Verwenders in Rechnungen („Fakturenvermerken“), Lieferscheinen, Versandanzeigen, Maklerexposés oder ähnlichen nach Vertragsschluss versandten Urkunden dem Erfordernis der Ausdrücklichkeit genügen. Sie sind in keinem Fall geeignet, den ohne AGB abgeschlossenen Vertrag nachträglich einseitig zu modifizieren389; auch eine den Vertragsschluss auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahmemöglichkeit hinausschiebende AGB-Klausel ändert hieran nichts390. Auch für den Abschluss späterer Verträge zwischen denselben Parteien kommt derartigen Aufdrucken im Rahmen von § 305 Abs. 2 keine Bedeutung zu (Rz. 159). – Zur Möglichkeit und zu 383 Vgl. schon BGH v. 24.4.1972 – VII ZR 74/71, VersR 1972, 791 betr. den Hinweis auf die – in mehreren Fassungen verwendeten – Allgemeinen Vertragsbedingungen für Architekten; so auch BGH v. 21.6.1990 – VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388 (390) = NJW 1990, 3197; BGH v. 16.3.2006 – I ZR 65/03, NJW-RR 2006, 1350 Rz. 24; Wolf/Pfeiffer Rz. 69; Erman/Roloff § 305 Rz. 26; Staudinger/Schlosser Rz. 107; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 10; a.A. Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. D. 40. 384 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 107. 385 BGH v. 11.11.1979 – I ZR 13/78, WM 1980, 164 (165); BGH v. 3.7.1981 – I ZR 190/80, ZIP 1981, 1220 (1221 f.); Staudinger/Schlosser Rz. 107. 386 Vgl. BGH v. 22.3.1979 – VII ZR 142/78, BB 1979, 804; H. Schmidt NJW 2011, 1633 (1634). – Zu den Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 vgl. aber Rz. 152a. 387 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 106; a.A. Erman/Roloff § 305 Rz. 26; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 10, die in diesen Fällen einen besonderen Hinweis auf die anwendbaren Klauseln verlangen. 388 Einh. M., vgl. etwa Staudinger/Schlosser Rz. 104, 114; Erman/Roloff § 305 Rz. 30; PWW/Berger Rz. 19. 389 H.M., vgl. BGH v. 7.6.1978 – VIII ZR 146/77, NJW 1978, 2243 (2244); OLG Hamburg v. 13.6.2002 – 3 U 168/00, WM 2003, 581 (583) (Lieferschein); OLG Hamburg v. 27.1.1983 – I ZR 76/81, NJW 1983, 2026 (2027) (Frachtbrief-Übergabeschein); OLG München bei Bunte AGBE II § 9 Nr. 23 (Frachtbrief-Übergabeschein); OLG Karlsruhe v. 9.10.1992 – 15 U 67/92, NJW-RR 1993, 567 (568) (Rechnung); OLG Düsseldorf v. 15.10.1981 – 18 U 50/81, BB 1983, 84 (Lagerschein); zur Problematik nachträglicher AGB-Einbeziehung im kreditwirtschaftlichen Distanzgeschäft über Direktbanken vgl. Derleder/Pallas ZIP 1999, 1285 (1291 f.); zu AGB auf einem dem Patienten überreichten Terminkärtchen oder auf dem Anamnesebogen siehe Poelzig VersR 2007, 1608 (1612 f.), ferner OLG Stuttgart v. 17.4.2007 – 1 U 154/06, VersR 2007, 951. 390 So zutr. unter Hinweis auf § 3 AGBG (jetzt § 305c Abs. 1) OLG Nürnberg v. 27.5.1997 – 3 U 4278/96, ZIP 1997, 1781 (1782).

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den Voraussetzungen nachträglicher einvernehmlicher Einbeziehung von AGB vgl. Rz. 157. Ein nach dem schuldrechtlichen Vertragsschluss, aber vor Vertragserfüllung geltend gemachter nachträglicher Eigentumsvorbehalt lässt den Inhalt des Kaufvertrags regelmäßig unberührt. Auf den Inhalt des Erfüllungsgeschäfts kann er allerdings dann Einfluss erlangen, wenn er sich entweder nicht auf einen Lieferscheinvermerk o.ä. beschränkt, sondern spätestens bei Übergabe in eindeutiger, dem Käufer oder seinem Vertreter tatsächlich zur Kenntnis gelangender Weise erklärt wird391, oder wenn er bereits bei Abschluss des Kaufvertrags erklärt worden war, seine wirksame Vereinbarung jedoch an einer Abwehrklausel in den Käufer-AGB oder an § 307 scheiterte392. b) Einzelheiten Für die Frage, welche Anforderungen im Einzelnen an den Hinweis des Verwen- 128 ders zu stellen sind, damit er dem Erfordernis der Ausdrücklichkeit genügt, kommt es auf die jeweiligen Modalitäten des Vertragsschlusses an. Verbindet sich der Hinweis wie meist mit dem Vertragsangebot des Verwenders (Rz. 129), so bestimmt die für das Angebot gewählte Form grundsätzlich auch die Form des Hinweises393. Gelten für den Vertrag gesetzliche Formerfordernisse oder haben die Parteien eine Formvereinbarung getroffen, so ist das auch für den Hinweis auf die AGB als Teil des Vertragsangebots zu beachten394. aa) Schriftliches Angebot des Verwenders Dieses setzt grundsätzlich einen ausdrücklichen schriftlichen Hinweis auf die AGB im Angebotstext voraus, soweit diese nicht – wie bei Formularverträgen (Rz. 66) – integraler Bestandteil des vorformulierten Angebots sind395. Zu fordern ist eine Bezugnahme auf die AGB im Text des Angebots. Die bloße Wiedergabe der AGB auf der Rückseite des Angebotsschreibens ohne Verweisung im Angebotstext reicht nicht aus396; gleiches gilt für die Beifügung der AGB auf ei391 BGH v. 6.7.1975 – VIII ZR 89/74, NJW 1975, 1699; BGH v. 25.10.1978 – VIII ZR 206/77, NJW 1979, 213 (214); BGH v. 30.5.1979 – VIII ZR 232/78, NJW 1979, 2199 (2200); OLG Hamburg v. 5.1.1977 – 5 U 158/76, BB 1977, 1735, Braun BB 1978, 22; von Westphalen BB 1980, 1405 ff.; Ulmer/Schmidt JuS 1984, 21 ff. mit ausführlichen Nachw. 392 BGH v. 30.3.1988 – VIII ZR 340/86, NJW 1988, 1774 (1776); BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1840); BGH v. 3.2.1982 – VIII ZR 316/80, NJW 1982, 1749; BGH v. 5.5.1982 – VIII ZR 162/81, NJW 1982, 1751; BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 165/85, ZIP 1986, 1052 (1054); de Lousanoff NJW 1982, 1727 (1728); vgl. näher Rz. 197. 393 So auch Wolf/Pfeiffer Rz. 73, 75 und 78; a.A. Staudinger/Schlosser Rz. 110; Soergel/ Stein § 2 AGBG Rz. 8. 394 So für die gesetzliche Form auch Staudinger/Schlosser Rz. 110, 176; Bamberger/Roth/ Becker Rz. 46; PWW/Berger Rz. 19; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 8; a.A. für gewillkürte Form jedoch dies. a.a.O. 395 Dazu namentlich BGH v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486 (Tz. 12), wo offen gelassen wird, ob der in einer Reiseanmeldung enthaltene und nicht weiter spezifizierte Hinweis des Inhalts, dass „die Reise- und Zahlungsbedingungen“ anerkannt würden und Vertragsbestandteil seien, den Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 genügt; zum ausdrücklichen Hinweis bei schriftlichem Vertrag siehe auch BGH v. 11.7.2012 – IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 (Tz. 34) = NJW 2012, 3647 (Hinweis im Versicherungsschein); BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, BGHZ 104, 232 (238) = NJW 1988, 2465; BGH v. 27.10.1994 – IX ZR 168/93, NJW 1995, 190; OLG Frankfurt v. 18.6.1986 – 9 U 89/85, NJW 1986, 2712 (2713); MünchKomm/Basedow Rz. 60. 396 Einh. M., vgl. BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1196); BGH v. 14.1.1987 – IVa ZR 130/85, NJW 1987, 2431 (2432) (Verweisung im Angebotstext erfasst

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nem Sonderblatt ohne Bezugnahme hierauf im Vertragsangebot397. Ein vorgedruckter Hinweis am Fußende des Angebotsschreibens unterhalb der für die Unterschrift des Kunden vorgesehenen Zeile genügt dem Erfordernis eines ausdrücklichen Hinweises nur dann, wenn er deutlich hervorgehoben ist und dadurch trotz seiner ungünstigen Platzierung einen klar erkennbaren Bestandteil des Angebots bildet398. Weist der Verwender in Ergänzung seines schriftlichen Angebots mündlich auf die AGB hin, so werden sie dann Vertragsbestandteil, wenn er nicht an seinen ursprünglichen Antrag gebunden ist und für den Vertrag auch nicht die Schriftform (§ 127) gelten soll (vgl. auch Rz. 128). – Zur Bedeutung der Vorkorrespondenz vgl. Rz. 159. bb) Schriftliches Angebot des Kunden 130

Sofern der Kunde von sich aus ein schriftliches Angebot abgibt, enthält es regelmäßig keine Bezugnahme auf die AGB des Verwenders (Ausnahmen vgl. in Rz. 132). Das gilt auch dann, wenn sich in den vom Verwender ausgegebenen Preislisten, Katalogen oder Prospekten ein entsprechender Hinweis findet, da mit Rücksicht auf den Schutzzweck des § 305 Abs. 2 nicht angenommen werden kann, dass der Kunde sich die Verwendung der AGB zu Eigen macht399. Ist der Verwender nicht bereit, ohne AGB abzuschließen, so muss er seinerseits ein neues Angebot unter ausdrücklichem Hinweis auf seine AGB abgeben (Rz. 129). Gleiches gilt für den Fall einer Annahmeerklärung unter Einbeziehung der AGB; ein neues Angebot nach § 150 Abs. 2 an Stelle der Vertragsannahme enthält sie daher nur, wenn der AGB-Hinweis deutlich erkennbar ist400. Das gilt auch dann, wenn der Verwender im Angebotsformular ermächtigt wurde, „alle weiteren Einzelheiten im banküblichen Rahmen für beide Vertragsteile verbindlich festzulegen“401. Sache des Kunden ist es sodann, über die Annahme des modifizierten Angebots zu entscheiden; bloßes Schweigen hat im Unterschied zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben keine Annahmewirkung402. Die vorstehenden

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400 401 402

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nur denjenigen Teil des auf der Rückseite abgedruckten Textes, der die Überschrift „AGB“ trägt, nicht aber etwaige Vorbemerkungen); OLG Nürnberg v. 21.3.1990 – 4 U 3979/89, WM 1990, 1370 (1371) (keine Einbeziehung, wenn die AGB zwar auf „Seite 1“ eines beidseitig bedruckten Formblatts enthalten sind, diese Seite sich dem durchschnittlichen Betrachter aber als Rückseite darstellt); MünchKomm/Basedow Rz. 58; Staudinger/Schlosser Rz. 110; Wolf/Pfeiffer Rz. 73; Palandt/Grüneberg Rz. 27. Wolf/Pfeiffer Rz. 73; Erman/Roloff § 305 Rz. 27. Wolf/Pfeiffer Rz. 73; Erman/Roloff § 305 Rz. 27; vgl. auch BGH v. 11.11.1979 – I ZR 13/78, WM 1980, 164 (165); BGH v. 3.7.1981 – I ZR 190/80, ZIP 1981, 1220 (1221 f.); OLG Köln v. 18.9.1986 – 12 U 136/85, NJW-RR 1987, 53 (54); vgl. auch OLG Hamm v. 14.3.1986 – 4 U 197/85, WM 1986, 1362 (1366) (Erkennbarkeit des Hinweises auch bei flüchtigem Lesen erforderlich); OLG Düsseldorf v. 15.10.1981 – 18 U 50/81, BB 1983, 84 (Hinweis in einer um 270 Grad gegenüber dem sonstigen Text gedrehten Randleiste ist unzureichend); großzügiger Staudinger/Schlosser Rz. 123. So auch LG Frankfurt/M. v. 3.12.1991 – 2/13 O 253/91, WM 1992, 1103 (1104); MünchKomm/Basedow Rz. 60; Erman/Roloff § 305 Rz. 27; Löwe § 2 AGBG Rz. 7; Schroeder Einbeziehung, S. 14, 21; wohl auch LG Berlin v. 29.10.1979 – 96 O 96/79, BB 1980, 1770; a.A. – obiter – AG Frankfurt/M. v. 6.2.1978 – 30 C 4630/77, BB 1978, 524 zur Buchung einer Reise nach einem Reisekatalog mit AGB-Abdruck; für den Fall eines auffälligen Hinweises in Prospekten u.a. auch Staudinger/Schlosser Rz. 119. BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 223/80, WM 1983, 313 (314); OLG Köln v. 23.1.1992 – 13 U 206/91, WM 1993, 369 (370); AG Freudenstadt v. 3.7.1992 – 4 C 798/91, NJW-RR 1994, 238 (239); Wolf/Pfeiffer Rz. 73; MünchKomm/Basedow Rz. 60. So zutr. BGH v. 24.3.1988 – III ZR 21/87, NJW 1988, 2106 (2108). Erman/Armbrüster § 147 Rz. 3; MünchKomm/Busche § 150 Rz. 8.

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Grundsätze gelten auch dann, wenn der Verwender das neue Angebot in die Form einer Auftragsbestätigung kleidet403. Auch hier muss der Hinweis auf die AGB deutlich erkennbar hervortreten, wenn die Auftragsbestätigung nicht als unveränderte Annahme des Kundenangebots erscheinen soll. Zur Bedeutung der Entgegennahme der Leistung vgl. Rz. 131. Ob das Verhalten des Kunden, insbesondere die Entgegennahme der auf Grund der Auftragsbestätigung erbrachten Leistung des Verwenders, als Annahme des modifizierten Antrags zu werten ist, richtet sich nach §§ 147 Abs. 2, 151404. Eine ausdrückliche Erklärung des Kunden zum Zeichen seines Einverständnisses mit den AGB des Verwenders ist weder in § 305 Abs. 2 vorgeschrieben (Rz. 161), noch ist sie im Regelfall nach der Verkehrssitte zu erwarten.

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Ist bereits das Angebot des Kunden auf Einbeziehung der AGB des Verwenders 132 gerichtet, so kommen Abweichungen von den in Rz. 130, 131 entwickelten Grundsätzen in Betracht. Denkbar sind insoweit namentlich drei Fälle. Einmal kann der Kunde den Antrag des Verwenders, der einen ausdrücklichen Hinweis auf dessen AGB enthält, verspätet angenommen haben; dann gilt er nach § 150 Abs. 1 als inhaltlich unveränderter Antrag des Kunden. Zum anderen kommt es vor, dass Kunden ihre Bestellungen auf vorgedruckten Angebotsformularen des Verwenders aufgeben, auf denen sich ein deutlicher, den Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 entsprechender Hinweis auf die Einbeziehung der AGB des anderen Teils findet. Hier bedarf es zur Einbeziehung der AGB neben dem ausdrücklichen „Selbsthinweis“ des Kunden nicht etwa eines nochmaligen Hinweises des Verwenders405; der Schutzzweck des § 305 Abs. 2 Nr. 1 ist angesichts des vom Kunden ausgehenden Einbeziehungsangebots auch ohne diese Formalität gewahrt. Entsprechendes gilt schließlich dann, wenn sich der Kunde von sich aus mit der Einbeziehung der AGB einverstanden erklärt und deren Inhalt ihm bekannt ist406. Allerdings setzt die Einbeziehung auch in diesen Fällen voraus, dass der Verwender seiner Obliegenheit nach Maßgabe von § 305 Abs. 2 Nr. 2 nachkommt (Rz. 145 ff.). Ein stillschweigendes Einbeziehungsangebot des Kunden wird man – auch abgesehen von den sonstigen Erfordernissen des § 305 Abs. 2 – freilich selbst in denjenigen Fällen nicht annehmen können, in denen die AGB-Verwendung branchenüblich ist407.

403 BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 223/80, WM 1983, 313 (314). Ebenso für den kaufmännischen Geschäftsverkehr: BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 223/80, NJW 1995, 1671 (1672); OLG Köln v. 4.3.1994 – 19 U 204/93, NJW-RR 1994, 1430 (1431); OLG Köln v. 7.12.1993 – 22 U 140/93, BB 1994, 741 (verlängerter Eigentumsvorbehalt); siehe auch Heinrichs NJW 1996, 1381 (1383). 404 Grundsätzlich für Einbeziehung von AGB in Fällen dieser Art Staudinger/Schlosser Rz. 201; wohl auch MünchKomm/Basedow Rz. 88; stark zurückhaltend demgegenüber Palandt/Grüneberg Rz. 43; im Grundsatz auch Erman/Roloff § 305 Rz. 27, 41. 405 H.M., vgl. BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1196); AG Freudenstadt v. 3.7.1992 – 4 C 798/91, NJW-RR 1994, 238 (239); MünchKomm/Basedow Rz. 60; Erman/Roloff § 305 Rz. 27; Löwe § 2 AGBG Rz. 7. 406 Erman/Roloff § 305 Rz. 27; offen gelassen von BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1196). 407 Vgl. Nachw. in Fn. 399; a.A. für das Anzeigengeschäft anscheinend Hörle AfP 1977, 266 (270).

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cc) Mündlicher Vertragsschluss 133

Bei mündlichem Vertragsschluss muss der Verwender den Kunden grundsätzlich durch ausdrückliche Erklärung auf die Einbeziehung der AGB hinweisen. Der Aushang der AGB im Geschäftslokal genügt nach gesetzlicher Regel selbst dann nicht, wenn er unübersehbar ist (zur Ausnahme bei typischen Massengeschäften des täglichen Lebens wegen unverhältnismäßiger Schwierigkeit des Hinweises nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 siehe Rz. 136 ff.). Gleiches gilt für AGB in Form von Garantiekarten u.a., die der Ware beigepackt sind und auf die der Kunde vom Verwender beim Kauf nicht besonders hingewiesen wird (zu ihrer Beurteilung nach § 309 Nr. 8b vgl. § 309 Nr. 8 Rz. 46). Um den Formalismus nicht zu übertreiben, wird man unbeschadet der grundsätzlichen Ablehnung konkludenter Hinweise (Rz. 119) einer ausdrücklichen Erklärung allerdings den Fall gleichzustellen haben, in dem der Verwender durch persönliche Aushändigung der AGB an den Kunden bei Vertragsschluss oder durch sonstigen unmissverständlichen Hinweis in einer für den Kunden klar erkennbaren Form deren Einbeziehung konkludent zum Ausdruck bringt408.

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Empfangsbescheinigungen, Quittungen, Inhaberkarten und -marken, die dem Kunden anlässlich des Vertragsschlusses ausgehändigt werden und einen aufgedruckten Hinweis auf die AGB des Verwenders enthalten, reichen zur Einbeziehung der AGB des Verwenders regelmäßig nicht aus409. Soweit es sich um Leistungen auf Grund des jeweiligen Schuldvertrags handelt (Theaterkarten, Fahrscheine), ist ihr Inhalt im Rahmen von § 305 Abs. 2 Nr. 1 schon deshalb unbeachtlich, weil ihre Aushändigung als Erfüllungshandlung typischerweise einen vorausgegangenen Vertragsschluss voraussetzt410 (zur wertpapierrechtlichen Problematik in derartigen Fällen vgl. Rz. 113 ff.). Gleiches gilt im Regelfall bei Empfangsbescheinigungen oder Quittungen wie etwa Einlieferungsscheinen von Reinigungsunternehmen u.a.; auch sie werden meist erst nach Vertragsschluss ausgehändigt411. Aber auch wenn sie ausnahmsweise bereits bei Vertragsschluss übergeben werden, ist vom Kunden angesichts des mündlichen Vertragsschlusses doch gewöhnlich nicht zu erwarten, dass er ohne besonderen Hinweis von dem meist wenig auffälligen schriftlichen Aufdruck Kenntnis nimmt412; daher führt regelmäßig auch der Rückgriff auf § 150 Abs. 2 nicht weiter413. In Fäl-

408 So auch Erman/Roloff § 305 Rz. 28; a.A. Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 25; wohl auch Wolf/Pfeiffer Rz. 76. 409 Str.; wie hier BGH v. 29.11.1983 – VI ZR 137/82, NJW 1984, 801 (802); Palandt/Grüneberg Rz. 28; Erman/Roloff § 305 Rz. 30; Wolf/Pfeiffer Rz. 77; Soergel/Stein § 2 Rz. 23; wohl auch LG Berlin v. 10.6.1981 – 28 O 236/80, NJW 1982, 343 (344) (zu Flugscheinen); a.A. Staudinger/Schlosser Rz. 121; Löwe § 2 AGBG Rz. 10, 20; Locher AGB, S. 34. 410 LG Trier v. 29.10.1992 – 3 S 191/92, NJW 1993, 1474 (1475) (Aufdruck auf Eintrittskarte). 411 A.A. – für Vertragsschluss erst mit Aushändigung – in allen diesen Fällen Staudinger/ Schlosser, Löwe, Locher (a.a.O. Fn. 409). 412 So auch BGH v. 29.11.1983 – VI ZR 137/82, NJW 1984, 801 (802); LG Trier v. 29.10.1992 – 3 S 191/92, NJW 1993, 1474 (1475). Gegen die Einbeziehung von AGB in derartigen Fällen auch früher schon RGZ 113, 425; JW 1931, 1958; OLG Nürnberg v. 3.3.1955 – U 7/54, VersR 1955, 444; Raiser AGB, S. 188 f.; Palandt/Heinrichs, 35. Aufl., § 145 Einf. 6 B d aa. 413 So zu § 2 AGBG aber Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 23.

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len der genannten Art wird freilich häufig die in § 305 Abs. 2 Nr. 1 genannte Ausnahme für typische Massengeschäfte des täglichen Lebens (Rz. 136 ff., 139) eingreifen, so dass sich der Verwender darauf beschränken kann, an Stelle eines jeweiligen ausdrücklichen Hinweises einen deutlich sichtbaren Aushang seiner AGB im Geschäftslokal anzubringen. dd) Fernmündlicher Vertragsschluss Für den fernmündlichen Vertragsschluss gelten die Ausführungen in Rz. 133, 134 grundsätzlich entsprechend. Ein Unterschied ergibt sich freilich daraus, dass ein ausdrücklicher Hinweis hier wegen der räumlichen Distanz bei Vertragsschluss nur in mündlicher Form, nicht aber durch Gesten mit gleichwertigem Erklärungsgehalt, in Betracht kommt. Aus denselben Gründen scheidet auch ein Hinweis durch Aushang aus (Rz. 136). Zur Bedeutung von vor Vertragsschluss abgegebenen Hinweisen des Verwenders vgl. Rz. 158 f., zur Problematik der Kenntnisverschaffung vom Inhalt der AGB im Fall fernmündlichen oder Internet-Vertragsschlusses Rz. 149 ff.

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ee) Vertragsschluss im Internet u.a. Schrifttum: Biernoth Zivilrechtlicher Erwerberschutz beim Teleshopping, 1999; Borges Verbraucherschutz beim Internet-Shopping, ZIP 1999, 130; Borsum/Hoffmeister Bildschirmtext und Vertragsrecht, 1984; Bultmann/Rahn Rechtliche Fragen des Teleshopping, NJW 1988, 2432; Degenhard Rechtliche Aspekte des Teleshopping, ZUM 1995, 353; Eckert Teleshopping – Vertragsrechtliche Aspekte eines neuen Marketingkonzepts, DB 1994, 717; Ernst Der Mausclick als Rechtsproblem – Willenserklärungen im Internet, CR 1997, 165; Ernst Vertragsgestaltung im Internet, 2003; Heiderhoff Die Wirkung der AGB des Internetauktionators auf die Kaufverträge zwischen den Nutzern, ZIP 2006, 793; Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Loseblatt, Stand: 39. Ergänzungslieferung 2014; Kamanabrou Vorgaben der E-Commerce-RL für die Einbeziehung von AGB bei Online-Rechtsgeschäften, CR 2001, 421; Köhler Rechtsgeschäfte mittels Bildschirmtext, in Hübner (Hrsg.), Rechtsprobleme des Bildschirmtextes, 1986, S. 51; Köhler Die Rechte des Verbrauchers beim Teleshopping (TV-Shopping, Internet-Shopping), NJW 1998, 185; Leupold/Glossner (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht, 3. Aufl. 2013; Löhnig Die Einbeziehung von AGB bei Internet-Geschäften, NJW 1997, 1688; Mehrings Verbraucherschutz im Cyberlaw: Zur Einbeziehung von AGB im Internet, BB 1998, 2373; Micklitz Verbraucherschutz und Bildschirmtext, NJW 1982, 263; von Münch Die Einbeziehung von AGB im Fernsehmarketing, MMR 2006, 202; Paefgen Bildschirmtext aus zivilrechtlicher Sicht, 1988; Ranke M-Commerce – Einbeziehung von AGB und Erfüllung von Informationspflichten, MMR 2002, 509; G. Schneider Die Geschäftsbeziehungen der Banken mit ihren Kunden auf dem Wege des Bildschirmtextes, 1990; Waldenberger Grenzen des Verbraucherschutzes beim Abschluss von Verträgen im Internet, BB 1996, 2365.

Besondere Probleme hinsichtlich des Hinweises auf die Einbeziehung von AGB bereitet der Fall, dass die Produktpräsentation unter Einsatz elektronischer Medien (Internet, TV) an den Betrachter übermittelt wird und mit einer direkten Bestellmöglichkeit per Telekommunikation verbunden ist414. Dabei ist davon auszugehen, dass die Präsentation der angebotenen Leistungen via Bildschirm

414 Eingehend zum elektronischen Geschäftsverkehr Leupold/Glossner/Glossner, Teil 2 Rz. 1 ff.; ferner Hörmann Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 2014, S. 49 ff.; zur speziellen Variante des Mobile-Commerce (M-Commerce) siehe Ranke MMR 2002, 509 (510 f.).

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im Regelfall415 noch kein bindendes Angebot darstellt416. Ähnlich wie bei Katalogen oder Schaufensterauslagen handelt es sich insoweit lediglich um eine invitatio ad offerendum417. Erst in der Bestellung des Kunden liegt das Angebot zum Vertragsschluss. Die Grundsätze betreffend ein vom Kunden ausgehendes schriftliches Angebot (Rz. 130 ff.) sind deshalb entsprechend anzuwenden. Soll der umständliche Weg einer modifizierten Annahme durch den Anbieter und einer dann erforderlichen neuerlichen Einverständniserklärung seitens des Kunden (Rz. 130) vermieden werden, muss bereits die Bestellung des Kunden die AGB des Anbieters ausdrücklich in Bezug nehmen. Die an diese Bezugnahme zu stellenden Anforderungen richten sich nach dem Medium, über das die Präsentation sowie der Vertragsschluss erfolgen (Rz. 135b, 135c). Zum Nichtvorliegen von AGB beim Vertragsschluss im Rahmen einer Internetauktion siehe Rz. 31. 135b

Ohne Weiteres möglich ist eine Bezugnahme des Bestellers auf die AGB des Anbieters in Fällen, in denen die Präsentation der Waren oder Dienstleistungen und der Vertragsabschluss über dasselbe Medium erfolgen, insbesondere also der Vertrieb über Internet418. Hierbei reicht es aus, wenn das vom Anbieter vorformulierte und auf den Bildschirm des Kunden übermittelte Bestellformular eine deutliche und unmissverständliche Einbeziehung der AGB enthält419. Ähnlich wie bei der Benutzung vorgedruckter Angebotsformulare durch den Kunden (Rz. 132) ist damit dem Erfordernis eines ausdrücklichen Hinweises Genüge ge-

415 Zum Vertragsschluss bei einer Internet-Auktion (insb. über die Plattform eBay) siehe aber BGH v. 7.11.2001 – VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129 (133 ff.) = NJW 2002, 363; BGH v. 3.11.2004 – VIII ZR 375/03, NJW 2005, 53; BGH v. 10.12.2014 – VIII ZR 90/14, ZIP 2015, 326 (Tz. 14 ff.); MünchKomm/Busche Vor § 145 Rz. 38, § 145 Rz. 11 m. umf. Nachw.; allg. zur Abgabe und Auslegung elektronischer Willenserklärungen BGH v. 16.10.2012 – X ZR 37/12, BGHZ 195, 126 (Tz. 13 ff.). 416 LG Gießen v. 4.6.2003 – 1 S 413/02, NJW-RR 2003, 1206; LG Essen v. 13.2.2003 – 16 O 416/02, NJW-RR 2003, 1207; MünchKomm/Busche § 145 Rz. 30; Palandt/Grüneberg § 312b Rz. 4; Paefgen Bildschirmtext, S. 25 ff., 38 ff.; Paefgen JuS 1988, 595; Biernoth S. 121 ff.; Woitkewitsch/Pfitzer MDR 2007, 61 (63); Waldenberger BB 1996, 2365; Ernst CR 1997, 165; Löhnig NJW 1997, 1688; Köhler NJW 1998, 185 (187); a.A. Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 11; Brinkmann BB 1981, 1183 (1189 f.); Micklitz NJW 1982, 263 (266); Mehrings BB 1998, 2373 (2375). 417 Vgl. dazu etwa Staudinger/Bork § 145 Rz. 3 ff. 418 Zur AGB-Einbeziehung in diesen Fällen BGH v. 28.10.2014 – X ZR 79/13, NJW 2015, 687 (Tz. 20 f.); BGH v. 14.6.2006 – I ZR 75/03, NJW 2006, 2976 (Tz. 16); OLG Hamburg v. 13.6.2002 – 3 U 168/00, MMR 2002, 677 (678); LG München v. 19.5.2004 – 21 O 6123/04, I MMR 2004, 693 (697); Leupold/Glossner/Glossner Teil 2 Rz. 129ff.; Redeker in Hoeren/Sieber/Holznagel Teil 12.1 Rz. 15 ff.; Gößmann in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2011, § 55 Rz. 39 ff.; Stoffels Rz. 271, 281; Biernoth S. 151 ff.; Borges ZIP 1999, 130 (135); Köhler NJW 1998, 185 (188 f.); Löhnig NJW 1997, 1688 f.; Mehrings BB 1998, 2373; H. Schmidt NJW 2011, 1633 (1637 f.); Waldenberger BB 1996, 2365 (2368); speziell zum M-Commerce siehe Nachw. in Fn. 414; zur Zahlung durch den Kunden im Rahmen des M-Commerce siehe Bach K&R 2005, 308 ff. – Vgl. zum interaktiven Shopping über Rückkanal sowie über den inzwischen eingestellten Dienst Btx die Nachw. in 9. Aufl. (Ulmer) § 2 AGBG Rz. 35b; Lachmann NJW 1984, 405 (408). 419 BGH v. 28.10.2014 – X ZR 79/13, NJW 2015, 687 (Tz. 21); Wolf/Pfeiffer Rz. 73; Biernoth S. 151; Löhnig NJW 1997, 1688; Mehrings BB 1998, 2373 (2376); H. Schmidt NJW 2011, 1633 (1637 f.); Waldenberger BB 1996, 2365 (2368). Ebenso früher zum Btx: Paefgen S. 38; Brinkmann BB 1981, 1183 (1189); Bartl DB 1982, 1097 (1101); Lachmann NJW 1984, 405 (408).

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tan420. Durch Wahl des Click Wrapping-Verfahrens kann die Erfüllung der Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 sichergestellt werden (Rz. 149a); rechtlich geboten ist dieses Verfahren freilich nicht. Zum Erfordernis der Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme bei einem Vertragsschluss im Internet vgl. Rz. 149a. Schwieriger gestaltet sich die Erfüllung der Anforderungen an den Einbeziehungshinweis beim TV-Shopping. Bei dieser Variante erfolgt die Produktpräsentation im Rahmen von Fernsehwerbespots oder -sendungen, während die Bestellung des Kunden über das Telefon aufgegeben wird421. Ein bloßer Hinweis auf die Geltung der AGB in der Präsentation reicht hier nicht aus, damit das Angebot des Kunden als Bezugnahme auf die AGB des Teleshoppingunternehmens zu verstehen ist. Denn im Gegensatz zur Bestellung über Internet kann die Kenntnisnahme des Kunden von dem Hinweis und sein Einverständnis mit den AGB wegen der Flüchtigkeit der Präsentation, die der Kunde anschließend nicht erneut abrufen kann, nicht erwartet werden422. In Betracht kommt ein Hinweis des Telefondienstes des Unternehmens anlässlich des zum Vertragsschluss führenden Telefonats423 und ggf. der Verzicht des Kunden auf die Einräumung der Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme durch Aufrechterhaltung seiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung (Rz. 149a f.).

135c

c) Ausnahmen wegen der Art des Vertragsschlusses (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2) aa) Allgemeines § 305 Abs. 2 Nr. 1 erfordert zwar grundsätzlich, dass der Verwender ausdrücklich 136 auf seine AGB hinweist, sieht jedoch eine Einschränkung für typische Massengeschäfte des täglichen Lebens mit geringer wirtschaftlicher Bedeutung vor. Maßgebend für das Eingreifen der Ausnahmevorschrift ist die Art des Vertragsabschlusses und die darauf beruhende unverhältnismäßige Schwierigkeit eines ausdrücklichen Hinweises. Liegen die beiden Voraussetzungen vor, so soll zur Einbeziehung der AGB an Stelle des ausdrücklichen Hinweises ein Hinweis durch deutlich sichtbaren Aushang (dazu vgl. Rz. 141 ff.) genügen. Da der Aushang grundsätzlich am Ort des Vertragsschlusses anzubringen ist, kommt der Ausnahmevorschrift Bedeutung nur für solche Verträge zu, die im Geschäftslokal oder im sonstigen Einzugsbereich des Verwenders unter persönlicher An420 Ebenso LG Essen v. 13.2.2003 – 16 O 416/02, NJW-RR 2003, 1207; LG München v. 19.5.2004 – 21 O 6123/04, MMR 2004, 693 (694) m. Anm. Kreutzer; siehe ferner BGH v. 14.6.2006 – I ZR 75/03, NJW 2006, 2976 Rz. 16 (betr. die Möglichkeit der Kenntnisnahme); siehe aber auch OLG Hamburg v. 13.6.2002 – 3 U 168/00, WM 2003, 581 (583): Einstellung der AGB ins Internet verbunden mit der Möglichkeit, sie kostenlos herunterzuladen, ersetzt nicht den nach Nr. 1 erforderlichen Hinweis auf die AGB-Einbeziehung, wenn der Kunde nicht bei der Bestellung auf diese AGB hingewiesen wird. Zur Positionierung des Hinweises siehe auch Ernst Vertragsgestaltung, Rz. 188 ff. 421 Zur Einbeziehung von AGB beim TV-Shopping vgl. Biernoth S. 147 ff.; Bultmann/Rahn NJW 1988, 2432 ff.; Eckert DB 1994, 717 (719); Köhler NJW 1998, 185 (187); von Münch MMR 2006, 202 ff. 422 So auch von Münch MMR 2006, 202 (203 f.), dort auch zu dem Fall, dass auf eine Webseite verwiesen wird, auf der die AGB eingesehen werden können (Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme zu Recht verneint). 423 Ggf. auch durch SMS, siehe von Münch MMR 2006, 202 (205); zum Erfordernis der Rechtzeitigkeit des Hinweises siehe aber Rz. 127; zur Frage, ob von auf dem Display des Mobiltelefons lesbaren AGB in zumutbarer Weise Kenntnis genommen werden kann, siehe noch Rz. 149a.

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wesenheit des Kunden oder seines Vertreters geschlossen werden. Bei schriftlich oder fernmündlich abgeschlossenen Verträgen scheidet die Ausnahme in aller Regel schon deshalb aus, weil der Kunde in diesen Fällen den im Aushang liegenden Hinweis des Verwenders nicht zur Kenntnis nehmen kann. Zum Hinweis durch Aushang gegenüber ausländischen Vertragspartnern vgl. Anh. § 305 Rz. 14. 137

Zweck der Ausnahmevorschrift ist es ausweislich der Begründung zum AGBG, die AGB-Einbeziehung zu erleichtern in Fällen „gleichmäßiger und häufiger Verträge des täglichen Lebens, bei denen AGB üblicherweise erwartet werden, ein ausdrücklicher Hinweis aber in der Praxis kaum möglich ist“424. Als Beispiele führt die Begründung an: Beförderungs- oder Bewachungsverträge, Parkhausbenutzung, Benutzung automatischer Schließfächer und Kleiderablage. Die Ausnahme beschränkt sich jedoch nicht auf typischerweise konkludent zustande kommende Verträge425, bei denen mündliche oder schriftliche Erklärungen des Verwenders schon aus technischen Gründen ausscheiden (Rz. 138). Vielmehr ist auch in sonstigen Bagatellfällen ein ausdrücklicher Hinweis entbehrlich, wenn mit der Verwendung von AGB üblicherweise gerechnet werden muss. Dem entspricht im Gesetzestext das Abstellen auf die unverhältnismäßige Schwierigkeit eines ausdrücklichen Hinweises (Rz. 139). bb) Konkludent geschlossene Massenverträge

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Sie bilden den wichtigsten Anwendungsfall der Ausnahmevorschrift, da bei ihnen auf Grund der Art des Vertragsschlusses der ausdrückliche Hinweis schon am Fehlen eines persönlichen Kontakts zwischen den Vertragsparteien scheitert426. Zu nennen sind namentlich einerseits Verträge, die durch Automatenbenutzung zustande kommen (Benutzung von Schließfächern, Erwerb von Eintritts- oder sonstigen Berechtigungskarten aus Automaten u.a.). Zum anderen fallen darunter auch diejenigen sonstigen Verträge des modernen Massenverkehrs und der Daseinsvorsorge, bei denen das Angebot in der Bereitstellung bestimmter, meist zu einem festen Tarif offerierter Leistungen durch den Verwender liegt und der Vertrag durch Inanspruchnahme der Leistung seitens des Kunden zustande kommt (auch Verträge kraft „sozialen Kontakts“ genannt; vgl. dazu schon Rz. 117). Unter ihnen scheidet ein nicht geringer Teil aus dem Anwendungsbereich von Abs. 2 Nr. 1 zwar schon deshalb aus, weil die Vorschrift auf behördlich genehmigte AGB bei Beförderungsverträgen im Linienverkehr nach § 305a Nr. 1 unanwendbar ist (Rz. 112), während bei Verträgen über die Versorgung mit Elektrizität und Gas, mit Wasser und Fernwärme sowie die Entsorgung von Abwasser die Ver- bzw. Entsorgungsbedingungen gegenüber Tarifabnehmern auf Grund der Verordnungsermächtigungen des § 11 Abs. 2 EnWG bzw. Art. 243 EGBGB (= §§ 26, 27 AGBG a.F.) durch Rechtsverordnung geregelt sind427. Es verbleiben aber weitere Fälle wie die Parkplatz- oder Parkhausbenutzung sowie die sonstige rechtsgeschäftliche Inanspruchnahme automatisierter

424 Begr. RegE, BT-Drucks. 7/3919 S. 18. 425 So aber noch Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 26; für enge Auslegung auch Löwe § 2 AGBG Rz. 10. 426 H.M., vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 129; Palandt/Grüneberg Rz. 29; Bamberger/Roth/ Becker Rz. 50. 427 Vgl. dazu 9. Aufl. (Ulmer) Erläut. zu §§ 26, 27 AGBG mit Nachw.

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Leistungen des Verwenders seitens des Kunden durch konkludenten Vertragsschluss. cc) Sonstige Bagatellfälle Wie das Abstellen auf die „unverhältnismäßigen Schwierigkeiten“ eines aus- 139 drücklichen Hinweises in § 305 Abs. 2 Nr. 1 zeigt, beschränkt sich der Anwendungsbereich der Ausnahme nicht auf die in Rz. 138 behandelten Fälle eines durch die Vertragsart bedingten konkludenten Vertragsschlusses. Vielmehr sind zur Vermeidung unnötiger Behinderung des Geschäftsverkehrs auch sonstige Bagatellfälle mit üblicher AGB-Verwendung von dem Erfordernis des ausdrücklichen Hinweises ausgenommen (Rz. 137). Mit diesem in § 305 Abs. 1 zum Ausdruck gekommenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre eine zu enge Interpretation der Ausnahmevorschrift unvereinbar428. Auch ist mit der Einhaltung bloß routinemäßiger Formalitäten niemandem gedient. Daher kann von einem ausdrücklichen Hinweis in Fällen des täglichen Massenverkehrs auch dann abgesehen werden, wenn der Vertrag in Anwesenheit beider Teile abgeschlossen wird und technisch gesehen eine entsprechende Erklärung des Verwenders oder seines Vertreters möglich wäre429. Es kann nicht das Ziel des Gesetzgebers gewesen sein, den Angestellten in Reinigungsunternehmen, Theatergarderoben, Schwimmbadkassen u.a. die Erfüllung ihrer Dienstpflichten durch das Erfordernis eines jeweils ausdrücklichen Hinweises wesentlich zu erschweren, zumal die Kunden in diesen Fällen auf Grund der Branchenüblichkeit ohnehin mit der Einbeziehung der AGB rechnen und überdies durch einen deutlich sichtbaren Aushang hierauf hingewiesen werden. Dementsprechend hat die Rechtsprechung einen Aushang als Einbeziehungsvoraussetzung bei Versteigerungen430 sowie beim Betrieb von Autowaschanlagen431 anerkannt. Fälle, in denen die Einbeziehung am Nichteingreifen der Ausnahmeregelung gescheitert wäre, sind nicht bekannt geworden432. Problematisch ist die Beurteilung der Rechtslage beim Vertragsschluss in Selbstbedienungsläden, Kaufhäusern und ähnlichen auf Massengeschäfte unter weit gehendem Verzicht auf Bedienungspersonal ausgerichteten Handelsunternehmen. Hier kann es zwar im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, der sich regelmäßig erst an der Kasse vollzieht433, zu mündlichen Vertragserklärungen kommen. Je428 A.A. Löwe § 2 AGBG Rz. 10. 429 So auch Wolf/Pfeiffer Rz. 81; Staudinger/Schlosser Rz. 130; Erman/Roloff § 305 Rz. 31; PWW/Berger Rz. 20, Stoffels Rz. 273; zu § 2 AGBG auch Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 14; a.A. Löwe § 2 AGBG Rz. 10, der hier durch Ausweichen auf schriftliche Hinweise in Quittungen, Karten und sonstigen im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss ausgehändigten Papieren helfen will, vgl. dazu aber Rz. 134; wohl auch MünchKomm/ Basedow Rz. 65; krit. auch Hellwege S. 451 ff. (siehe aber bereits Fn. 369). 430 BGH v. 23.5.1984 – VIII ZR 27/83, NJW 1985, 850 und BGH v. 19.12.1984 – VIII ZR 286/83, WM 1985, 389 (390) (Briefmarken-Auktionen). 431 BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422 (424); OLG Bamberg v. 8.12.1983 – 1 U 22/83, NJW 1984, 929; OLG Düsseldorf v. 31.1.1980 – 6 U 171/79, BB 1980, 388; OLG Hamburg v. 10.2.1984 – 11 U 184/83, DAR 1984, 260; LG Essen v. 10.3.1987 – 20 S 67/86, NJW-RR 1987, 949; LG Bayreuth v. 17.3.1982 – S 72/81, NJW 1982, 1766. 432 Zur Anwendung der (Bagatell-)Ausnahmeregelung auf einmalige Geschäfte eines Nichtkunden mit einer Bank (etwa bei Vorlage eines Schecks) vgl. Canaris Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981, Rz. 2491. 433 Vgl. MünchKomm/Busche § 145 Rz. 12; Erman/Armbrüster § 145 Rz. 10; Dietrich DB 1972, 958; offen gelassen v. BGH v. 28.1.1976 – VIII ZR 246/74, BGHZ 66, 51 (55 f.).

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doch wickelt sich der Verkehr auch zu diesem Zeitpunkt meist konkludent ab. Im Interesse einer generalisierenden, der Rechtssicherheit dienenden einheitlichen Beurteilung sollte die Entscheidung darüber, ob in Fällen dieser Art ein Aushang genügt oder ob es eines mündlichen Hinweises bedarf, nicht von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängen434. Nach dem Zweck der Ausnahmevorschrift (Rz. 137) reicht beim Verkauf von geringwertiger Massenware (Bagatellfälle) vielmehr im Regelfall ein Hinweisschild aus (etwa: „Umtausch ausgeschlossen“ o.ä.), soweit der Verkäufer hier überhaupt mit AGB arbeitet435. Handelt es sich dagegen um andere Waren als typische Massenartikel, etwa höherwertige technische Geräte, Oberbekleidung u.a., so erfolgt der Verkauf selbst in derartigen Unternehmen regelmäßig nicht konkludent oder im Massenverkehr. Für ein Abweichen vom Erfordernis des ausdrücklichen Hinweises besteht daher kein Anlass436. dd) Deutlich sichtbarer Aushang 141

Sofern die Ausnahme des § 305 Abs. 2 Nr. 1 eingreift, fällt die Hinweispflicht des Verwenders nicht etwa ersatzlos weg. Die Ausnahme beschränkt sich vielmehr darauf, an Stelle des ausdrücklichen Hinweises einen solchen in Gestalt eines deutlich sichtbaren Aushangs am Ort des Vertragsschlusses genügen zu lassen (Rz. 136). Dabei kommen neben Aushängen im wörtlichen Sinn auch aufgestellte Hinweisschilder oder in anderer Form ausgelegte Texte in Betracht. Darauf, ob der Kunde den Aushang zur Kenntnis genommen und als Hinweis auf die Einbeziehung der AGB verstanden hat, kommt es für die vertragliche Geltung der AGB nicht an. Es genügt entsprechend der „Wissen-müssen“-Formel der früheren Rechtsprechung (Rz. 108), dass das zum Vertragsschluss führende Verhalten des Kunden vom Verwender als Einverständnis mit der Einbeziehung der AGB verstanden werden konnte. Anderes gilt im Verkehr mit sprachunkundigen Ausländern bei einem in deutscher Sprache abgefassten Text (vgl. Anh. § 305 Rz. 14).

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Der Inhalt des Aushangs braucht grundsätzlich nicht die Wiedergabe der AGB des Verwenders zu umfassen437; der Begriff „Aushang“ ist insoweit missverständlich. Entsprechend der Funktion der Ausnahmeregelung, den in § 305 Abs. 2 Nr. 1 geforderten ausdrücklichen Hinweis zu ersetzen, genügt vielmehr ein deutlich sichtbares und klar verständliches Hinweisschild, das auf die AGB des Verwenders Bezug nimmt438. Beschränkt sich der vorformulierte Text freilich auf eine oder wenige Klauseln, so liegt es schon mit Rücksicht auf § 305 Abs. 2 Nr. 2 nahe, ihren Inhalt in den Aushang aufzunehmen. Gleiches gilt beim Fehlen von Personal des Verwenders am Ort des Vertragsschlusses, da dem Erfordernis des § 305 Abs. 2 Nr. 2, dem Kunden die Möglichkeit zumutbarer 434 Erman/Roloff § 305 Rz. 31; MünchKomm/Basedow Rz. 65; so auch Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 27. 435 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 130; Wolf/Pfeiffer Rz. 81; Palandt/Grüneberg Rz. 31; Bamberger/Roth/Becker Rz. 50. 436 Vgl. die Nachw. in voriger Fn.; weitergehend – Aushang genügt in Selbstbedienungsläden u.ä. generell – Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 27. 437 H.M., vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 131; Wolf/Pfeiffer Rz. 82; Palandt/Grüneberg Rz. 31; Erman/Roloff § 305 Rz. 32; PWW/Berger Rz. 20; Stoffels Rz. 275; so zu § 2 AGBG auch Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 16. 438 Vgl. neben den Nachw. in voriger Fn. noch Heinrichs NJW 1994, 1380 (1381); von Westphalen NJW 1994, 367.

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Kenntnisnahme zu verschaffen, hier nur durch Wiedergabe der AGB im Aushang selbst entsprochen werden kann. Bildet in derartigen Fällen der AGB-Text selbst den Inhalt des Aushangs und kann nach Lage der Dinge erwartet werden, dass er vom typischen Durchschnittskunden als Einbeziehungshinweis verstanden wird, so bedarf es daneben keines zusätzlichen Hinweises439. Bei Änderungen der AGB wird dem Erfordernis des Aushangs grundsätzlich bereits dadurch Genüge getan, dass die geänderte Fassung an Stelle der bisherigen in den Aushang aufgenommen oder auf sie hingewiesen wird. Ein Vorbehalt gilt im Verhältnis zu Stammkunden, die im Zweifel von der unveränderten Maßgeblichkeit der bisherigen AGB ausgehen; ihnen gegenüber bedarf es jedenfalls in der Übergangszeit eines zusätzlichen, deutlich sichtbaren Hinweises im Aushang auf die vorgenommene Änderung440. Zur Änderung von AGB im Rahmen bestehender Dauerschuldverhältnisse vgl. Rz. 164.

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Welche Anforderungen im Einzelnen an die deutliche Sichtbarkeit des Aushangs zu stellen sind, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Art des Vertrages, der örtlichen Gegebenheiten im Geschäftslokal, des Kundenkreises u.a. bestimmen. Entscheidend ist jeweils, dass der Aushang den beteiligten Verkehrskreisen ohne Weiteres ins Auge fällt und nicht etwa wegen seiner geringen Größe oder ungünstigen Platzierung erst bei näherem Hinsehen oder Suchen zu erkennen ist441. Der Aushang muss dem Kunden Gelegenheit geben, seine Entscheidung über das Einverständnis mit der Einbeziehung der AGB vor Vertragsschluss zu treffen. Daher reicht etwa ein AGB-Aushang am Parkwärterhaus oder im Kassenraum des Parkhauses im Allgemeinen nicht aus, wenn der Kunde ihn nicht bereits vor dem Abstellen des PKW zur Kenntnis nehmen kann und dadurch auf die AGB-Geltung hingewiesen wird442. Ebenso wenig genügt ein Aushang in einem Schwimmbad, der erst wahrzunehmen ist, nachdem der Kunde eine Eintrittskarte gelöst und das Bad betreten hat443. Zum AGB-Aushang beim Vertragsschluss mit Körperbehinderten vgl. Rz. 154a ff.

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2. Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme (§ 305 Abs. 2 Nr. 2) a) Obliegenheit des Verwenders Über die allgemeinen Vertragsgrundsätze hinausgehend (Rz. 109, 120), schreibt § 305 Abs. 2 Nr. 2 als weitere Einbeziehungsvoraussetzung vor, dass dem Kunden die Möglichkeit verschafft wird, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Es handelt sich um eine Obliegenheit des Verwenders444. Der Gesetzgeber hat sich hierauf im Interesse größerer Flexibilität des Geschäftsverkehrs und mit Rücksicht auf den zuweilen erheblichen Umfang der Klauselwerke (VOB) an Stelle der ursprünglich bei schriftlichen und fernmündlichen Verträgen geforderten Übermittlung der AGB als Einbeziehungsvoraussetzung (vgl. 4. Aufl. § 2 AGBG Rz. 6) beschränkt. Die Obliegenheit ist auch dann 439 A.A. wohl Erman/Roloff § 305 Rz. 32. 440 So zutr. OLG Hamm v. 8.6.1979 – 11 U 15/79, BB 1979, 1789 für die Änderung von Lotto-Bedingungen; zust. MünchKomm/Basedow Rz. 65. 441 Wolf/Pfeiffer Rz. 82; Staudinger/Schlosser Rz. 132; Palandt/Grüneberg Rz. 29. 442 Näher hierzu Staudinger/Schlosser Rz. 134. 443 OLG München v. 24.1.1980 – 1 U 2940/79, BB 1980, 496. 444 A.A. Staudinger/Schlosser Rz. 138, 145; Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 15: Formvorschrift.

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zu beachten, wenn der Verwender die andere Vertragspartei veranlasst, ein Angebot unter Einbeziehung seiner AGB abzugeben445. Die Erwartung des Verwenders, der Kunde kenne den AGB-Text aus früheren Verträgen oder sei an der Kenntnisnahme nicht interessiert, befreit ihn nicht von der Erfüllung der ihn treffenden Obliegenheit446. 146

Wird dem Kunden die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme eröffnet, so ist es für die Einbeziehung unerheblich, ob er hiervon auch Gebrauch macht447. Der Kunde kann bei Vertragsabschluss auf die Einhaltung der Obliegenheit des Verwenders auch verzichten448. Ein solcher Verzicht kommt namentlich bei einem Vertragsschluss per Telefon (Rz. 149) oder mittels Internet (Rz. 149a) in Betracht. Er ist jedoch nicht schon in dem Einverständnis mit der Einbeziehung der AGB zu sehen, wenn die Obliegenheit des § 305 Abs. 2 Nr. 2 nicht leer laufen soll. Von der Erfüllung des Einbeziehungserfordernisses des § 305 Abs. 2 Nr. 2 zu unterscheiden ist die Frage, ob der Kunde einen vertraglichen Anspruch auf Überlassung der AGB hat, nachdem diese unter Beachtung von § 305 Abs. 2 in den Vertrag einbezogen worden sind. Sie ist nach § 242 im Regelfall zu bejahen449. b) Die Anforderungen im Einzelnen aa) Schriftlicher Vertragsschluss

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Bei schriftlichem Vertragsschluss auf Grund von Katalogen, Preislisten oder Prospekten genügt der Verwender der ihn nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 treffenden Obliegenheit, wenn der Text der AGB in den genannten, dem Kunden zugegangenen Druckwerken publiziert ist450. Gleiches gilt bei Abdruck der AGB auf dem schriftlichen Vertragsangebot des Verwenders oder auf einer als neues Angebot zu behandelnden Auftragsbestätigung (Rz. 129, 131) sowie bei sonstiger Überlassung des AGB-Textes im Zusammenhang mit dem konkreten Vertragsschluss. Bei Formularverträgen folgt die zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit – vorbehaltlich der Verständlichkeit und Lesbarkeit der Bedingungen (Rz. 150 ff.) – bereits aus deren Abdruck im Text des Formulars451. Beschränkt sich der Verwender in seinem schriftlichen Vertragsangebot darauf, den Kunden auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme in seinem Geschäftslokal zu verweisen, so wird es regelmäßig an der Zumutbarkeit der Kenntnisverschaffung fehlen, sofern nicht das Geschäftslokal

445 BGH v. 24.3.1988 – III ZR 21/87, WM 1988, 607 (610). 446 BGH v. 9.11.1989 – VII ZR 16/89, BGHZ 109, 192 (196) = NJW 1990, 715; BGH v. 19.5.1994 – VII ZR 26/93, NJW 1994, 2547; Erman/Roloff § 305 Rz. 33; Hellwege S. 459. 447 Wolf/Pfeiffer Rz. 84; Bamberger/Roth/Becker Rz. 55; Erman/Roloff § 305 Rz. 33; vgl. auch schon Rz. 109; a.A. für Klauseln, die dem Kunden bestimmte Pflichten auferlegen, insb. Leistungspflichten begründen, über die bereits aus § 305c Abs. 1 folgenden Einbeziehungsschranken hinaus im Grundsatz Lindacher JZ 1981, 133. 448 Vgl. die Nachw. in Fn. 465, 471. 449 So auch Erman/Roloff § 305 Rz. 40; Wolf/Pfeiffer Rz. 95. Zur Beurteilung nach früherem Recht s. Rz. 109. 450 BGH v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486 (Tz. 13); Staudinger/Schlosser Rz. 145; Löwe § 2 AGBG Rz. 14; a.A. LG Berlin v. 29.10.1979 – 96 O 96/79, MDR 1980, 404. 451 So wohl auch BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, BGHZ 104, 232 (238) = NJW 1988, 2465; unklar BGH v. 27.10.1994 – IX ZR 168/93, NJW 1995, 190; vgl. auch OLG Frankfurt v. 2.11.1988 – 17 U 148/87, WM 1989, 760; zu weiteren Nachw. siehe Rz. 102.

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leicht erreichbar ist und der Übersendung des AGB-Textes dessen erheblicher Umfang oder sonstige technische Hindernisse entgegenstehen452. Unberührt bleiben die in Art. 242, 246 ff. EGBGB geregelten Informationspflichten sowie die an deren Erfüllung anknüpfenden Vorschriften der §§ 356 ff. über den Beginn der Widerrufsfrist, darunter insb. § 356b Abs. 1 i.V.m. §§ 492 Abs. 3, 506 Abs. 1, denen zufolge bei Verbraucherdarlehensverträgen und Finanzierungshilfen die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt, bevor nicht dem Kunden eine Abschrift des Vertrags oder des Antrags des Verbrauchers zur Verfügung gestellt wurde (s. noch Rz. 149b; zum AGB-Charakter vorformulierter Widerrufsbelehrungen s. Rz. 19). Im Reisevertragsrecht macht § 6 Abs. 3, 4 BGB-InfoV die AGB-Einbeziehung von der vollständigen Übermittlung der AGB vor Vertragsschluss abhängig, wenn diese nicht in einem dem Reisenden zur Verfügung gestellten Prospekt oder Katalog abgedruckt sind und der Reiseveranstalter hierauf verweist; die Möglichkeit der Einsichtnahme in den im Reisebüro ausliegenden Katalog genügt insoweit nicht453. Dem Kunden muss jeweils der vollständige AGB-Text zugänglich sein. Werden nur einige, etwa besonders wichtige Klauseln aus einem umfassenden Klauselwerk abgedruckt, während es im Übrigen bei einem bloßen Hinweis auf den vollständigen Text ohne Kenntnisnahmemöglichkeit für den Kunden bewendet, beschränkt sich die Einbeziehung auf die wiedergegebenen Klauseln (vgl. auch schon Rz. 125 a.E.). – Maßgeblicher Zeitpunkt für die Möglichkeit der Kenntnisnahme ist derjenige, in dem der Kunde eine ihn bindende Vertragserklärung abgibt (Rz. 155 ff.)454. Übersendet der Verwender die AGB erst im Zusammenhang mit der Annahme des Vertragsangebots des Kunden, so genügt er der Obliegenheit nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 nur dann, wenn seine Erklärung nach § 150 Abs. 2 als neues Angebot zu behandeln ist (Rz. 130).

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bb) Mündlicher Vertragsschluss Die Möglichkeit des Kunden, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen, ist unproblematisch zu bejahen in Fällen des mündlichen Vertragsschlusses im Geschäftslokal oder Einzugsbereich des Verwenders, soweit dort ein deutlich sicht452 Vgl. etwa LG Frankfurt/M. v. 9.4.1984 – 2/24 S 18/83, NJW 1984, 1626; AG Bad Homburg NJW 1984, 2637; generell für Pflicht zur Übersendung des AGB-Textes anscheinend AG Frankfurt/M. v. 6.2.1978 – 30 C 4630/77, BB 1978, 524 f. 453 Dazu BGH v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486 (Tz. 13) mit zust. Anm. Führich; BGH v. 12.6.2007 – X ZR 87/06, NJW 2007, 2549 (Tz. 25 ff.); LG Düsseldorf v. 25.7.2003 – 22 S 3/02, NJW 2003, 3062 (3063); MünchKomm/Busche § 651a Rz. 69. 454 So auch OLG Nürnberg v. 27.5.1997 – 3 U 4278/96, ZIP 1997, 1781 (1782) und AG Freudenstadt NJW-RR 1994, 238 (239) (keine Einbeziehung in Kreditkartenvertrag trotz Hinweis auf AGB, wenn Kunde Bestellformular ohne Kenntnis der AGB ausfüllt und ihm diese erst zusammen mit der Kreditkarte zugesandt werden); OLG Köln v. 4.3.1994 – 19 U 204/93, NJW-RR 1994, 1430 (1431); OLG Düsseldorf v. 15.10.1981 – 18 U 50/81, BB 1983, 84; ferner OLG Nürnberg v. 27.5.1993 – 8 U 850/93, NJW-RR 1993, 1245 (1246) (Versicherungsvertrag kommt mit dem Text der AVB zustande, der dem Versicherungsnehmer bei der Antragstellung überreicht wird, nicht aber mit dem Text der bei Vertragsabschluss geltenden Fassung); aus der Literatur vgl. in diesem Sinn Wolf/Pfeiffer Rz. 97; Palandt/Grüneberg Rz. 31; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 24; Derleder/Pallas ZIP 1999, 1285 (1286, 1291 f.); Heinrichs NJW 1997, 1407 (1410); Lorenz VersR 1997, 773 (779 f.); Reiff VersR 1997, 267 f.; Schirmer VersR 1996, 1045 (1047); a.A. Staudinger/Schlosser Rz. 149, der Kenntnisverschaffung nach Vertragsschluss genügen lassen will; ähnlich Wronka BB 1976, 1580 (1584) und Hörle AfP 1977, 266 (270) (bei eiligen schriftlichen Anzeigenaufträgen für teleologische Reduktion von Abs. 1).

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barer Aushang angebracht ist, der den Wortlaut der AGB enthält (Rz. 142)455. Fehlt es an einem Aushang oder wird der Vertrag an einem dritten Ort geschlossen, so muss der Verwender dem Kunden entweder einen Abdruck der AGB aushändigen oder ihm Gelegenheit zur Einsichtnahme in ein präsentes Exemplar geben456. Darüber hinausgehend verlangt die höchstrichterliche Rechtsprechung, dass der Verwender über den ausdrücklichen Hinweis auf die AGB nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 hinaus den Kunden auch noch gesondert auf die Möglichkeit der Einsichtnahme verweist oder ihm den AGB-Text unaufgefordert vorlegt457. Dem ist nicht zu folgen, da der Geschäftsverkehr mit AGB dadurch unnötig erschwert wird458. Vielmehr wird man im Hinweis auf die AGB regelmäßig zugleich die Bereitschaft des Verwenders sehen können, dem Kunden Einblick zu gewähren, und es ist diesem zumutbar, von sich aus einen entsprechenden Wunsch zu äußern. Ist der Verwender zu der vom Kunden gewünschten Kenntnisverschaffung freilich nicht bereit oder in der Lage, so scheitert die Einbeziehung an der Obliegenheitsverletzung des Verwenders. Insbesondere genügt er seiner Obliegenheit nicht dadurch, dass er den Kunden auf die Möglichkeit verweist, sich die entsprechenden Formulare (VOB, Mustermietvertrag u.a.) im Fachhandel oder über das Internet zu beschaffen459. Vorbehaltlich einer Rahmenvereinbarung nach § 305 Abs. 3 kann der Verwender den Kunden auch nicht darauf verweisen, dass ihm die AGB schon bei Gelegenheit eines früheren Vertragsschlusses vorlagen (vgl. Rz. 145 a.E.). Nur wenn der Verwender mit Sicherheit erwarten darf, dass der Kunde die fraglichen Geschäftsbedingungen bereits kennt, etwa weil sie sich in diesem Geschäftszweig als Vertragsmuster durchgesetzt haben, bedarf es trotz hierauf gerichteter Anforderung des Kunden keiner 455 Wie hier auch OLG Köln v. 18.9.1986 – 12 U 136/85, NJW-RR 1987, 53 (54); Palandt/ Grüneberg Rz. 35; a.A. Staudinger/Schlosser Rz. 132; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. D. 26. – Zum Sonderfall des Vertragsschlusses durch einen vom Kunden eingesetzten Boten siehe aber BayVerfGH v. 15.9.2008 – Vf. 104-VI-07, NJW 2008, 3770 (3771). 456 Vgl. BGH v. 29.6.2006 – I ZR 176/03, NJW-RR 2007, Rz. 32 (33): Hinweis auf Einlieferungsbeleg darauf, dass AGB gelten und zur Einsichtnahme bereitgehalten werden; Palandt/Grüneberg Rz. 34; für Aushändigungspflicht aber Staudinger/Schlosser Rz. 145. 457 BGH v. 9.11.1989 – VII ZR 16/89, BGHZ 109, 192 (196) = NJW 1990, 715 (ausdrücklicher Hinweis ohne Verschaffung der Informationsmöglichkeit reicht für Einbeziehung der VOB gegenüber einem nicht branchenkundigen Vertragspartner nicht aus); BGH v. 14.2.1991 – VII ZR 132/90, WM 1991, 1138 (1139) (keine umfassende Einbeziehung, wenn der Verwender den Text der AGB dem Kunden nicht überlässt und ihn nur über den Inhalt von den Verwender belastenden Klauseln informiert); BGH v. 10.6.1999 – VII ZR 170/98, DB 1999, 2308 (2309) (Hinweis, dem Vertragspartner werde der Text der VOB auf Wunsch kostenlos zur Verfügung gestellt, für Einbeziehung nicht ausreichend); vgl. auch OLG Frankfurt v. 2.11.1988 – 17 U 148/87, WM 1989, 760 (keine Einbeziehung, wenn in einem Formularvertrag auf „umseitige AGB“ Bezug genommen wird, diese aber nur teilweise abgedruckt sind); OLG Düsseldorf v. 4.3.1994 – 22 U 257/93, NJW 1994, 2421 (2422) (keine Einigung über die Weitergabe von PatientenDaten an Verrechnungsstelle bei bloßem Aushang der AGB in Arzt-Wartezimmer). 458 Ebenso Erman/Roloff § 305 Rz. 35; Stoffels Rz. 277; so zu § 2 AGBG auch AG Langenfeld v. 16.4.1992 – 23 C 563/91, WM 1992, 1564 (1566); LG Ansbach v. 24.7.1989 – 3 O 279/89, WM 1989, 1777 (1778); Löwe § 2 AGBG Rz. 14; Dietlein/Rebmann Rz. 5; Locher NJW 1977, 1802; a.A. außer den Nachw. in voriger Fn. Staudinger/Schlosser Rz. 145; wohl auch LG München v. 7.10.1980 – 7 O 9361/80, ZIP 1980, 992; LG Stuttgart bei Bunte AGBE I § 2 Nr. 15; PWW/Berger Rz. 21. 459 PWW/Berger Rz. 23; Bamberger/Roth/Becker Rz. 58; im Grundsatz auch Staudinger/ Schlosser Rz. 145 f., allerdings mit Ausnahme für die Beschaffung über das Internet; a.A. Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 31.

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zusätzlichen Kenntnisverschaffung460. Im Übrigen ist jedoch gegenüber Verbrauchern als Kunden am Erfordernis der Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme fest zu halten461. cc) Fernmündlicher Vertragsschluss Erhebliche Schwierigkeiten bereitet die Anwendung der in § 305 Abs. 2 Nr. 2 ge- 149 regelten Einbeziehungsvoraussetzungen im Fall fernmündlichen Vertragsschlusses462. Unproblematisch ist die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme hier nur, wenn dem Kunden bei Aufgabe der Bestellung die in Prospekten, Preislisten u.a. wiedergegebenen AGB des Verwenders in gedruckter Form vorliegen; nicht ausreichend ist ihre flüchtige Darstellung auf dem Bildschirm, wie sie insbesondere beim TV-Shopping erfolgt (vgl. bereits Rz. 135c)463. Soll das Erfordernis des § 305 Abs. 2 Nr. 2 sich nicht entgegen dem Gesetzeszweck als erhebliche Beeinträchtigung des Geschäftsverkehrs auswirken, indem AGB-Verwender dem an schneller Lieferung interessierten Kunden an Stelle der Ware zunächst ein schriftliches Vertragsangebot mit den AGB zusenden, um deren Einbeziehung zu erreichen, so bedarf es einer zurückhaltenden, dem Interesse des Kunden angemessen Rechnung tragenden Auslegung des in Nr. 2 aufgestellten Erfordernisses. Entsprechend den für den mündlichen Vertragsschluss maßgeblichen Grundsätzen (Rz. 148) genügt daher regelmäßig auch bei fernmündlicher Bestellung der ausdrückliche Hinweis des Verwenders auf die Einbeziehung seiner AGB. Es bleibt sodann dem Kunden überlassen, ob er sich telefonisch ihren wesentlichen Inhalt übermitteln lässt oder unter Abstandnahme vom sofortigen Vertragsschluss um Übersendung des AGB-Textes bittet464. Hält der Kunde in Fällen dieser Art trotz des AGB-Hinweises des Verwenders seine Bestellung kraft individueller Entscheidung aufrecht, so liegt darin ein wirksamer Verzicht auf die Einräumung der Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme (siehe dazu aber Rz. 149b)465. Zu den besonderen Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen siehe noch Rz. 149b.

460 So zutr. BGH v. 16.12.1982 – VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135 (138) = NJW 1983, 816 (Einbeziehung der VOB/B gegenüber einem im Baugewerbe tätigen Vertragspartner); ebenso bei Einschaltung eines mit den Geschäftsbedingungen Vertrauten durch Verbraucher als Auftraggeber, vgl. BGH v. 20.10.1988 – VII ZR 302/87, BGHZ 105, 290 (292) = NJW 1989, 836; OLG Köln v. 6.5.1994 – 19 U 205/92, NJW-RR 1994, 1501. 461 So auch BGH v. 19.5.1994 – VII ZR 26/93, NJW 1994, 2547; BGH v. 26.3.1992 – VII ZR 258/90, NJW-RR 1992, 913 (914); OLG Düsseldorf v. 1.8.1995 – 21 U 225/94, NJW-RR 1996, 1170; OLG Köln v. 21.1.1992 – 9 U 78/91, NJW-RR 1992, 1047; OLG Hamm v. 17.6.1992 – 26 U 69/91, NJW-RR 1993, 27; OLG Hamm v. 24.6.1988 – 26 U 199/87, NJW-RR 1988, 1366; Erman/Roloff § 305 Rz. 33; Staudinger/Schlosser Rz. 145 f.; Heinrichs NJW 1995, 1395 (1396); Wolf/Ungeheuer JZ 1995, 77 (80); a.A. Bartsch BB 1982, 1700; Bunte BB 1983, 734. 462 Näher H. Schmidt NJW 2011, 1633 (1637). 463 Vgl. ferner von Münch MMR 2006, 202 (203 f.). 464 Ebenso MünchKomm/Basedow Rz. 39; Erman/Roloff § 305 Rz. 36; Palandt/Grüneberg Rz. 35; PWW/Berger Rz. 22; wohl auch Löwe § 2 AGBG Rz. 16; weitergehend MüllerGraff JZ 1977, 245 (249), der vom Verwender die ausdrückliche Erklärung seiner Übermittlungsbereitschaft verlangt; für Übersendung nach Vertragsschluss aber Staudinger/ Schlosser Rz. 149; H. Schmidt NJW 2011, 1633 (1637). 465 Für Verzichtsmöglichkeit des Kunden auch OLG München bei Bunte AGBE II § 9 Nr. 23; LG Braunschweig v. 17.10.1985 – 7 S 128/85, NJW-RR 1986, 639; Erman/Roloff § 305 Rz. 36; Palandt/Grüneberg Rz. 37; Wolf/Pfeiffer Rz. 110; grundsätzlich auch MünchKomm/Basedow Rz. 67; gegen Wirksamkeit eines formularmäßigen Verzichts zutr. aber BGH v. 24.3.1988 – III ZR 21/87, NJW 1988, 2106 (2108); Wolf/Pfeiffer

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dd) Vertragsschluss im Internet u.a. Schrifttum: Vgl. die Nachw. vor Rz. 135a.

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Bei Vertragsschluss im Internet466 (vgl. Rz. 135b) können die AGB zunächst in der Weise einbezogen werden, dass der Anbieter dem Kunden die Möglichkeit einräumt, die AGB über einen gut sichtbaren Link gebührenfrei herunterzuladen und lokal zu speichern oder auszudrucken. Zumutbar ist diese Vorgehensweise dem Kunden jedenfalls dann, wenn der Anbieter wegen Art und Inhalt des Vertrags ein berechtigtes Interesse an der Einbeziehung längerer AGB hat; in diesem Fall kompensiert die Möglichkeit des für den Kunden bequemen Fernabschlusses etwaigen mit dem Download bzw. dem Ausdrucken verbundenen Aufwand an Zeit und Kosten467. Nicht erforderlich, aber aus Beweisgründen (Rz. 166) ratsam ist das Click Wrapping-Verfahren, bei dem der Kunde überhaupt nur eine Willenserklärung abgeben kann, nachdem er die AGB vermittels des auf diese verweisenden Link geöffnet und akzeptiert hat468; hierdurch wird zugleich dem Hinweiserfordernis des § 305 Abs. 2 Nr. 1 (Rz. 135b) Genüge getan und das Einverständnis des Kunden mit der Einbeziehung der AGB eingeholt (Rz. 161). Auch die Möglichkeit der lokalen Speicherns und des Ausdrucks ist nicht notwendige Voraussetzung einer Einbeziehung. Bei nicht allzu umfangreichen AGB genügt es vielmehr, dass deren Text unmittelbar am Bildschirm gelesen werden kann469; auch in diesem Fall bedarf es eines gut sichtbaren Links, sofern nicht

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Rz. 110; Palandt/Grüneberg Rz. 35; a.A. OLG Koblenz v. 9.2.1983 – 1 U 8/82, ZIP 1983, 557; Hellwege S. 467 ff. – Siehe auch Fn. 471. Zum Vertragsschluss mittels Fernseher mit Rückkanal siehe Fn. 418. H.M., vgl. BGH v. 14.6.2006 – I ZR 75/03, NJW 2006, 2976 (Tz. 16); OLG Hamburg v. 13.6.2002 – 3 U 168/00, WM 2003, 581 (583); OLG Hamm v. 14.4.2005 – 4 U 2/05, NJW 2005, 2319; LG Essen v. 13.2.2003 – 16 O 416/02, NJW-RR 2003, 1207; LG Münster v. 21.1.2000 – 4 O 424/99, DB 2000, 663 (664); Wolf/Pfeiffer Rz. 85; Palandt/Grüneberg Rz. 36; Staudinger/Schlosser Rz. 151; MünchKomm/Basedow Rz. 69; Leupold/ Glossner/Glossner Teil 2 Rz. 134 ff.; Waldenberger BB 1996, 2365 (2369); Heinrichs NJW 1997, 1407 (1409); Löhnig NJW 1997, 1688 (1689); Mehrings BB 1998, 2373 (2379); Köhler NJW 1998, 185 (189); a.A. Borges ZIP 1999, 130 (135). – Siehe ferner BGH v. 16.7.2009 – III ZR 299/08, NJW 2009, 3227 betr. die Zulässigkeit einer Klausel eines Mobilfunk-Service-Providers, wonach der Kunde bei Auswahl eines „Online-Tarifs“ nur eine Online-Rechnung erhält, die im Internet-Portal des Anbieters bereitgestellt und vom Kunden abgerufen und heruntergeladen werden kann. Vgl. BGH v. 28.10.2014 – X ZR 79/13, NJW 2015, 687 (Tz. 21); Leupold/Glossner/Glossner Teil 2 Rz. 145; s. ferner EuGH v. 21.5.2015 – Rs. C-322/14, ZIP 2015, 1540 (Tz. 24 ff.): Einbeziehung einer Gerichtsstandsvereinbarung in AGB per click-wrapping genügt Anforderungen des Art. 23 Abs. 2 Brüssel I-VO, wenn Ausdrucken und Speichern des Textes vor Abschluss des Vertrags ermöglicht wird. Ebenso OLG Köln v. 21.11.1997 – 19 U 128/97, NJW-RR 1998, 1277 (1278) (sieben Bildschirmseiten noch zumutbar, sofern der Text übersichtlich und klar gegliedert ist); LG Freiburg v. 7.4.1992 – 9 S 139/90, NJW-RR 1992, 1018; LG Bielefeld v. 30.10.1991 – 1 S 174/90, NJW-RR 1992, 955; LG Frankenthal v. 9.10.1991 – 2 S 167/91, NJW-RR 1992, 954; LG Aachen v. 24.1.1991 – 6 S 192/90, NJW 1991, 2159 (2160); LG Wuppertal v. 16.5.1990 – 8 S 21/90, NJW-RR 1991, 1148 (1149); Wolf/Pfeiffer Rz. 85; Palandt/Grüneberg Rz. 36; Leupold/Glossner/Glossner Teil 2 Rz. 144; Bartl DB 1982, 1101; Ernst CR 1997, 165 (167); Köhler NJW 1998, 185 (189); Brinkmann BB 1981, 1189; Brinkmann ZUM 1985, 341; Kleier WRP 1983, 537; krit. aber Paefgen Bildschirmtext, S. 39 f.; wohl auch LG Bielefeld v. 20.2.1990 – 18 S 295/89, NJW-RR 1991, 1145 (1146); Bultmann/Rahn NJW 1988, 2434 f.

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die AGB ohnehin ohne weiteres Zutun des Kunden eingeblendet werden. Bei Vertragsschluss über Mobiltelefon o.Ä.470 ist auf die geringe Größe des Displays der Endgeräte Rücksicht zu nehmen. Im Übrigen kommt ähnlich wie bei fernmündlichen Vertragsschlüssen (Rz. 149) ein individueller Verzicht des Kunden auf die Einräumung zumutbarer Kenntnisnahmemöglichkeit in Betracht, da dem Kunden die Vorteile eines Vertragsschlusses vermittels dieses Mediums sonst nicht erhalten bleiben (siehe aber auch Rz. 149b)471. Das Vorliegen einer solchen, nach einem unzweideutigen Hinweis auf die Einbeziehung der AGB erfolgten Verzichtserklärung hat im Streitfall der AGB-Verwender zu beweisen. Namentlich beim Vertragsschluss im Internet sind neben § 305 Abs. 2 auch die 149b Vorschriften der §§ 312c ff. über Fernabsatzverträge zu beachten. Sie gelten für Verträge über Waren oder Dienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems und unter ausschließlicher Verwendung von Telekommunikationsmitteln geschlossen werden; dies entspricht der typischen Abschlusssituation beim Vertragsschluss im Internet, kann aber auch bei schriftlichem oder fernmündlichem Vertragsschluss der Fall sein. Für diese Verträge stellt § 312d i.V.m. Art. 246a §§ 1, 2 EGBGB472 besondere Transparenzanforderungen bzw. Informationspflichten auf. Danach muss der Verbraucher informiert werden über die dort genannten Einzelheiten des Vertragsschlusses, die typischerweise auch in AGB anzutreffende Vertragsbedingungen enthalten. Anzugeben sind danach u. a. der Gesamtpreis und alle wesentlichen Eigenschaften der Ware bzw. Dienstleistung, die Abwicklungskosten sowie die Liefer- und Zahlungsbedingungen; hinzu kommt eine Belehrung über das Widerrufsrecht gemäß § 312g Abs. 1 und dessen Ausübung473. Mit Blick auf die Art und Weise des Vertragsschlusses werden die Regelungen zumeist nur in Form von AGB in den Vertrag eingeführt werden können; in diesem Fall sind die §§ 305 ff. neben § 312d anwendbar474. Dabei können nach Einschätzung der RegBegr. die Informationspflichten des Fernabsatzrechts im Einzelfall über diejenigen des AGBrechtlichen Transparenzgebotes hinausgehen475. Grundsätzlich ist freilich davon auszugehen, dass die Anforderungen des § 312d i.V.m. Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB an Klarheit und Verständlichkeit des Vertragsinhalts denjenigen betr. die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme i.S.v. § 305 Abs. 2 Nr. 2 entsprechen. Denn auch dieser Maßstab bestimmt sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Abschlusssituation (Rz. 147 ff.), so dass besondere Transparenzanforderun-

470 Sog. M-Commerce, dazu Ranke MMR 2002, 509 (510 f.); zur Zahlung durch den Kunden im Rahmen des M-Commerce siehe Bach K&R 2005, 308 ff. 471 Für Verzichtsmöglichkeit auch Wolf/Pfeiffer Rz. 110; Paefgen Bildschirmtext, S. 40; Biernoth S. 149 ff.; Eckert DB 1994, 717 (720); Heinrichs NJW 1997, 1407 (1409); zu weiteren Nachw. siehe Fn. 465. 472 Zuvor § 1 BGB-InfoV; siehe Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht v. 29.7.2009, BGBl. 2009 I 2355. 473 Speziell dazu EuGH v. 5.7.2012 – Rs. C-49/11, NJW 2012, 2637 (betr. Art. 5 Abs. 1 Richtlinie 97/7/EG); BGH v. 15.5.2014 – III ZR 368/13, ZIP 2014, 1485 (Tz. 18 ff.) m.w.N. (betr. § 355 a.F.). 474 Zurückhaltender die RegBegr. zum FernAbsG (BR-Drucks. 25/00 S. 103), die lediglich feststellt, dass die Übermittlung der Informationen „auch als bzw. im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ erfolgen könne. 475 RegBegr. zum FernAbsG, BR-Drucks. 25/00 S. 103.

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gen bei Fernabschlüssen auch für § 305 Abs. 2 zu berücksichtigen sind. Zum AGB-Charakter der Widerrufsbelehrung s. Rz. 19. 149c

Was das Erfordernis der Informationsübermittlung vor Abgabe der Willenserklärung des Verbrauchers (§ 312d i.V.m. Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB) anbelangt476, so bestimmen § 312d, Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB allgemein, dass der Unternehmer die Informationen „in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise zur Verfügung zu stellen“ hat und die Widerrufsbelehrung „in geeigneter Weise zugänglich“ machen kann; beides bereitet im Rahmen des Internet keine prinzipiellen Probleme (Rz. 149a). Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen diese Informationspflichten besteht nach § 356 Abs. 3 in der Verlängerung der Widerrufsfrist der §§ 312g Abs. 1, 355 Abs. 2 auf zwölf Monate und 14 Tage (§ 356 Abs. 3 Satz 2), sofern nicht das Widerrufsrecht gem. § 356 Abs. 4, 5 erlischt477. Zum AGB-Charakter vorformulierter Widerrufsbelehrungen s. Rz. 19. c) Verständlichkeit und Lesbarkeit der AGB

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Zur Verschaffung der Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme ist weiter erforderlich, dass der AGB-Text dem Kunden in verständlicher und lesbarer Form zugänglich gemacht wird. Das gilt für das Erfordernis der Verständlichkeit unbeschadet der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2; diese darf namentlich nicht dahin missverstanden werden, einen Freibrief für die Einbeziehung unverständlicher AGB in den Einzelvertrag zu gewähren und als einzige Sanktion dem Verwender das Auslegungsrisiko aufzuerlegen478. Vielmehr scheitert die Einbeziehung insgesamt unklarer Klauselwerke oder einzelner Klauselteile bereits am Transparenzgebot des § 305 Abs. 2, während für die Anwendung des § 305c Abs. 2 nur Raum bleibt, wenn im Grundsatz verständliche AGB sich in Einzelpunkten als mehrdeutig erweisen479. Zu den Rechtsfolgen bei Unverständlichkeit nur einzelner Klauseln vgl. Rz. 168. aa) Verständlichkeit

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Sie bestimmt sich grundsätzlich nach dem Verständnis eines rechtsunkundigen Durchschnittskunden480; dabei sind freilich je nach Geschäftsart und Kunden-

476 Es soll den Verbraucher in die Lage versetzen, eine informierte Entscheidung zu treffen, s. RegBegr. zum FernAbsG, BR-Drucks. 25/00 S. 102. 477 Zur Frage, ob dem Verbraucher in diesem Fall die Informationen nach Vertragsschluss auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stehen müssen, siehe von Westphalen NJW 2007, 2228 (2229). 478 So aber anscheinend Löwe § 2 AGBG Rz. 17 und Dietlein/Rebmann § 2 AGBG Rz. 5. 479 Ganz h.M., vgl. Palandt/Grüneberg Rz. 39; Erman/Roloff § 305 Rz. 38; Wolf/Pfeiffer Rz. 88; im Grundsatz auch MünchKomm/Basedow Rz. 73; Hellwege S. 462 ff. (siehe aber bereits Fn. 369); allgemein zum Transparenzgebot vgl. näher § 307 Rz. 323 ff.; zu seiner Ausprägung in § 305 Abs. 2 Nr. 2 vgl. Kreienbaum Transparenzgebot und AGBGesetz, 1998, S. 85 ff.; Basedow VersR 1999, 1045 (1046 f.); gegen Überspannung des Transparenzgebots BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, BGHZ 112, 115 (119) = NJW 1990, 2383; BGH v. 3.6.1998 – VIII ZR 317/97, NJW 1998, 3114 (3116) („nur im Rahmen des Möglichen“). 480 BGH v. 10.3.1993 – VIII ZR 85/92, NJW 1993, 2052 (2054); BGH v. 10.12.1980 – VIII ZR 295/79, NJW 1981, 867 (868 f.); OLG Frankfurt v. 18.6.1986 – 9 U 89/85, NJW 1986, 2712 (2713); OLG Karlsruhe v. 18.10.1985 – 3 REMiet 1/85, NJW-RR 1986, 91 (92); OLG Stuttgart v. 25.3.1988 – 2 U 155/87, NJW-RR 1988, 786 (787); dazu auch Wolf/Ungeheuer JZ 1995, 176 (180).

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kreis auch gruppentypische Differenzierungen möglich481. Unerheblich ist, ob der konkrete Kunde auf Grund seiner persönlichen Fähigkeiten in der Lage ist, den Inhalt der AGB ohne sachverständigen Rat Dritter zu verstehen482. Bei Verträgen zwischen einem inländischen Verwender und dessen deutschen Kunden setzt die Verständlichkeit des AGB-Textes voraus, dass dieser in deutscher Sprache abgefasst ist; die Verwendung einer anderen Sprache (insb. Englisch) reicht nur dann aus, wenn es sich um einen kurzen, leicht verständlichen Text handelt und die Kenntnis dieser Sprache von den betreffenden Kundenkreisen erwartet werden kann483. Im Verhältnis zu Ausländern richten sich die Einbeziehungsvoraussetzungen grundsätzlich nach der Verhandlungssprache484 vgl. Anh. § 305 Rz. 14. Zweifel an der Verständlichkeit können namentlich dann bestehen, wenn die AGB unübersichtlich aufgebaut sind oder keine Gliederung erkennen lassen485, wenn sie einen gegenüber der Bedeutung des Geschäfts oder dem sachlichen Regelungsgehalt unverhältnismäßigen Umfang aufweisen486 oder wenn sie vorformulierte Ersatzregelungen für den Fall der Unwirksamkeit einzelner Klauseln enthalten487. Der Verständlichkeit kann es auch entgegenstehen, wenn die auf einen bestimmten Vertragstyp zugeschnittenen AGB für den konkreten Vertrag nicht passen und deshalb unklar bleibt, inwieweit sie Geltung erlangen sollen488. Bedenken in Bezug auf die Verständlichkeit bestehen im Hinblick auf den juristisch ungeschulten Durchschnittskunden auch gegen die vermeidbare Verwendung juristischer Fachausdrücke489 und gegen generelle Verweisungen

481 Vgl. etwa BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (162) (auf die Verständnismöglichkeiten eines branchenkundigen Gastwirts abstellend). 482 Vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 142; Wolf/Pfeiffer Rz. 88; Erman/Roloff § 305 Rz. 38. 483 Vgl. auch LG Berlin v. 10.6.1981 – 28 O 236/80, NJW 1982, 343 (344): keine Kenntnisnahmemöglichkeit bei in englischer Sprache abgefassten Flugtickets und Allgemeinen Beförderungsbedingungen. 484 Dazu auch C. Schäfer JZ 2003, 879 (882 f.). 485 BGH v. 11.11.1968 – VIII ZR 151/66, BGHZ 51, 55 (59); BGH v. 21.5.1975 – VIII ZR 118/74, WM 1975, 739 (740); BGH v. 7.6.1978 – VIII ZR 146/77, WM 1978, 978 (979); Staudinger/Schlosser Rz. 140; Wolf/Pfeiffer Rz. 88. 486 Erman/Roloff § 305 Rz. 38; Palandt/Grüneberg Rz. 37; Staudinger/Schlosser Rz. 140; an der Verständlichkeit von Krankenhaus-AVB zweifelnd LG Bremen v. 1.6.1990 – 9 O 164/90, NJW 1991, 2353. 487 Vgl. Brandner ZIP 1984, 1189. 488 BGH v. 3.7.1981 – I ZR 190/80, ZIP 1981, 1220; OLG Celle v. 8.2.1996 – 14 U 23/95, NJW-RR 1997, 82; Erman/Roloff § 305 Rz. 38; Palandt/Grüneberg Rz. 37. 489 So im Grundsatz auch Staudinger/Schlosser Rz. 142; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 19; S. Müller NJW 1996, 1520; Thyssen Haftungsfreizeichnung im Deliktsrecht, S. 80 f.; zur fehlenden Verständlichkeit der Begriffe „Wandelung“ und „Minderung“ nach altem Recht vgl. BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, NJW 1982, 331 (333) und BGH v. 30.6.1982 – VIII ZR 259/81, NJW 1982, 2380; dazu § 309 Nr. 8 Rz. 57 mit Nachw.; zur entsprechenden Problematik bei Verwendung der Abkürzung VOB gegenüber Verbrauchern Teil 2, (58) VOB/B Rz. 4; zu Genussscheinbedingungen s. aber auch BGH v. 29.9.2014 – II ZR 395/12, ZIP 2014, 1166 (Tz. 24) (Maßgeblichkeit der juristischen Fachbedeutung des „Bilanzverlusts“); a.A. – für generelle Zulässigkeit der Verwendung von Begriffen des BGB – Fehl BB 1983, 223.

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auf dispositive Gesetzesregelungen490 oder auf allgemeine gesetzliche Garantieansprüche491. Nicht zu beanstanden ist aber, vorbehaltlich der Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 5, ein Verweis im Rahmen der Verzugsschadenspauschalierung auf den Basiszinssatz nach § 247. Dass das aus § 305 Abs. 2 Nr. 2 folgende Transparenzgebot nicht verletzt ist, folgt schon aus der Wertung der §§ 247, 288 Abs. 1 Satz 2, wonach der Schuldner Zahlungen, mit denen er in Verzug geraten ist, mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen hat. Der Kunde ist auch nicht über die Höhe des aktuellen Basiszinssatzes zu belehren oder auf dessen Schwankungen in der Vergangenheit hinzuweisen492. Bereits vor Einführung der EU-Währungsunion lag in dem Verweis auf den Diskont- oder Lombardsatz der Deutschen Bundesbank kein Verstoß gegen das Transparenzgebot, da dem Durchschnittskunden die Bedeutung von variablen Leitzinsen der Zentralbanken als Mittel der Zins- und Währungspolitik im Grundsatz bekannt war493. Allerdings besteht seit der Novellierung des § 288 Abs. 1 kaum noch ein Bedürfnis für eine solche Verzugsschadenspauschalierung mittels AGB. 152a

Auf Bedenken aus der Sicht des Abs. 2 Nr. 2 stößt namentlich auch die Weiterverweisung auf andere Klauselwerke in AGB. Der BGH (VII. Zivilsenat) hat sie zwar in einem Grundsatzurteil von 1990 zugelassen494. Gegen die Einbeziehung des zweiten Klauselwerks in den Vertrag spricht jedoch schon der Umstand, dass diese AGB regelmäßig nicht beigefügt sind und der Kunde sich daher von ihrem Inhalt nicht zumutbar Kenntnis verschaffen kann495. Darüber hinaus bleibt

490 Ebenso OLG Schleswig v. 27.3.1995 – 4 REMiet 1/93, NJW 1995, 2858 (2859); OLG Karlsruhe v. 18.10.1985 – 3 REMiet 1/85, NJW-RR 1986, 91 (92); AG Dortmund v. 14.5.1996 – 125 C 2909/96, NJW-RR 1996, 1355 (1356); AG Bad Homburg NJW 1984, 2637; Staudinger/Schlosser Rz. 142; Wolf/Pfeiffer Rz. 88; a.A. BayObLG bei Bunte AGBE V § 9 Nr. 99; LG Berlin v. 8.12.1978 – 21 O 274/78, WM 1979, 322; wohl auch OLG Köln v. 20.2.1981 – 6 U 151/80, ZIP 1981, 390 (392) (Unbedenklichkeit eines in den Lufthansa-AGB enthaltenen Vorbehalts zu Gunsten abweichender Haftungsbeschränkungen „in dem anwendbaren Recht“). S. ferner OLG Hamm v. 22.8.1997 – 30 RE-Miet 3/97, NJW-RR 1998, 1090 (Unbedenklichkeit der formularmäßigen Umlegung der „Betriebskosten gemäß der II. BerechnungsVO Anlage 3 zu § 27 I“ auf den Mieter); für wirksame Einbeziehung der in Bezug genommen Regelungen bei dynamischer Verweisung auf Tarifvertrag s. BAG v. 21.11.2012 – 4 AZR 85/11, NZG 2013, 594 (Tz. 33). Differenz. in Bezug auf dynamische Verweisungen Oetker JZ 2002, 337 ff. (am Beispiel des § 75 SGB XI). Zur Beurteilung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 s. BGH v. 14.1.2014 – XI ZR 355/12, ZIP 2014, 310 (Tz. 27); BGH v. 12.10.2007 – V ZR 283/06, WM 2008, 313 (Tz. 14 f.); BGH v. 8.11.2001 – III ZR 14/01, BGHZ 149, 146 (155) = NJW 2002, 507; § 307 Rz. 337 (Fuchs). 491 BGH v. 10.12.1980 – VIII ZR 295/79, NJW 1981, 867 (869). 492 So zur Rechtslage vor 1998 schon Casper NJW 1997, 240 f.; a.A. S. Müller NJW 1996, 1520 f. 493 So zutr. Casper NJW 1997, 240 f. entgegen S. Müller NJW 1996, 1520 f.; vgl. auch BGH v. 11.1.1995 – VIII ZR 61/94, NJW 1995, 954 (955). 494 BGH v. 21.6.1990 – VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388 (390 ff.) = NJW 1990, 3197 (Weiterverweisung beachtlich, obwohl sie einzelne unwirksame Klauseln in anderen Regelwerken mitumfasste); ebenso schon Willenbruch BGH v. 24.11.1980 – II ZR 182/79, BB 1981, 197. 495 Vgl. BGH v. 16.12.1982 – VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135 (138) = NJW 1983, 816; BGH v. 19.1.2005 – XII ZR 107/01, NJW 2005, 1183 (1184 f.); OLG München bei Bunte AGBE II § 9 Nr. 23; LG Karlsruhe v. 8.11.1985 – 3 O 277/85, NJW-RR 1986, 152; LG Braunschweig v. 17.10.1985 – 7 S 128/85, NJW-RR 1986, 639; Bohle/Micklitz BB 1983, Beil. 11, S. 4; H. Schmidt NJW 2011, 1633 (1636); speziell zur Bezugnahme im Wohnraummietvertrag auf eine wohnungsrechtliche Gebrauchsordnung siehe Häublein

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auch meist unklar, welche der in Bezug genommenen weiteren AGB für den konreten Fall Geltung haben sollen496. Zur Unwirksamkeit insgesamt unklarer AGB vgl. § 305c Rz. 89, § 306 Rz. 53 f.; zu von der Weiterverweisung auf andere Klauselwerke zu unterscheidenden Tages- oder Listenpreisklasueln s. § 307 Rz. 180 ff., 337, § 309 Nr. 1 Rz. 20, 47 f. Besondere Probleme in Bezug auf die Verständlichkeit wirft die nicht selten anzutreffende salvatorische Klausel „soweit gesetzlich zulässig“ auf. Insoweit geht es nicht etwa nur oder vorrangig um ein Auslegungsproblem i.S.v. § 305c Abs. 2497 und um die Frage der Vereinbarkeit mit § 307 Abs. 1 Satz 2 (Vor § 307 Rz. 101), sondern auch um die wirksame Einbeziehung derartiger Klauseln in den Einzelvertrag im Hinblick auf § 305 Abs. 2 Nr. 2. Weitgehende Einigkeit besteht heute darüber, dass AGB-Klauseln dieser Art jedenfalls dann nicht wirksam vereinbart werden können, wenn die Rechtslage nicht zweifelhaft und dem Verwender daher die Ausformulierung des von ihm angestrebten Vertragsinhalts in den AGB selbst möglich ist498. Gleiches hat entgegen einer verbreiteten Auffassung499 aber auch dann zu gelten, wenn die Grenzen zulässiger Abweichung vom dispositiven Recht durch AGB rechtlich zweifelhaft sind500. Denn die Unklarheit darf auch in derartigen Fällen nicht zu Lasten des Kunden gehen, ganz abgesehen von der damit dem Richter übertragenen Aufgabe, im Interesse des Klauselverwenders die Rechte des Kunden möglichst weitgehend einzuschränken (zur entsprechenden Problematik sog. salvatorischer Klauseln im Rahmen

496

497 498

499

500

WuM 2009, 435 ff.; zur arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf mehrgliedrige Zeitarbeitsverträge s. Stoffels/Bieder RdA 2012, 27 ff. (betr. § 307 Abs. 1 Satz 2). Vgl. etwa BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (298) = NJW 1983, 1322 (Lufthansa-Beförderungsbedingungen); OLG Stuttgart v. 25.3.1988 – 2 U 155/87, NJWRR 1988, 786 (787); OLG Hamburg v. 26.3.1986 – 5 U 119/85, NJW-RR 1986, 1440; dazu auch Staudinger/Schlosser Rz. 143; Fell ZIP 1987, 692. So aber LG München I v. 10.4.1979 – 7 O 431/79, BB 1979, 702; Thümmel/Oldenburg BB 1979, 1067 (1069 f.) sowie im Grundsatz Willenbruch BB 1981, 1977 f.; vgl. dagegen Rz. 150. BGH v. 20.1.1993 – VIII ZR 10/92, NJW 1993, 1061 (1062); BGH v. 20.1.1993 – VIII ZR 10/92, NJW 1996, 1407 (1408) für den kaufmännischen Verkehr; OLG Stuttgart v. 19.12.1980 – 2 U 122/80, NJW 1981, 1105 (1106); ferner BGH v. 5.5.2015 – XI ZR 214/14, ZIP 2015, 1380 (Tz. 16 f.): Unwirksamkeit gem. § 307 Abs. 1 Satz 2; wie hier auch MünchKomm/Basedow Rz. 75; Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 7 Rz. 30; Wolf/Pfeiffer Rz. 88; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 19; Garrn JA 1981, 156; Hensen JA 1981, 136; Löwe BB 1979, 1319; von Westphalen WM 1983, 974 (985); a.A. wohl BGH v. 9.6.1983 – III ZR 105/82, WM 1983, 926 (927) und OLG München v. 22.12.1981 – 9 U 2340/81, WM 1982, 550 (551) (die Klausel besage nur Selbstverständliches); LG Mönchengladbach v. 13.11.1980 – 1 O 596/79, WM 1981, 288 (289) sowie – jeweils zur früheren Fassung von Nr. 10 Abs. 1 AGB-Banken – Dirichs WM 1978, 626 f.; Lwowski Die Bank 1978, 122 f.; Rehbein DB 1977, 1351; Wolf/Ungeheuer JZ 1995, 176 (181); differenz. Canaris Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981, Rz. 2597. OLG Stuttgart v. 19.12.1980 – 2 U 122/80, NJW 1981, 1105 (1106); Wolf/Pfeiffer Rz. 88; Bunte NJW 1981, 2661 f.; Lindacher BB 1983, 154 (157); Schlosser WM 1978, 569; dagegen zutr. MünchKomm/Basedow Rz. 75; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 19; Garrn JA 1981, 156. Vgl. BGH v. 5.5.2015 – XI ZR 214/14, ZIP 2015, 1380 (Tz. 16 f.): Unwirksamkeit gem. § 307 Abs. 1 Satz 2; zur Unerheblichkeit derartiger Vorbehalte im Hinblick auf die Inhaltskontrolle von im Übrigen unangemessenen Klauseln vgl. BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (48) = NJW 1985, 623; OLG Frankfurt v. 30.6.1983 – 6 U 167/82, BB 1983, 1435 (1437); OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304 (1307); dazu auch Vor § 307 Rz. 101.

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von § 306 Abs. 2 vgl. § 306 Rz. 39). Die vorstehenden Bedenken entfallen zwar dann, wenn der salvatorische Zusatz nur die Aufgabe hat, im Interesse übersichtlicher Gestaltung des Klauselwerks auf die Aufnahme von Ausnahmen für außergewöhnliche Sachverhalte in den AGB-Text zu verzichten, und das Fehlen der Ausnahmeregelung zur (Teil-)Unwirksamkeit der Klauseln führen könnte501. Indessen bedarf es eines solchen Zusatzes in derartigen Fällen schon deshalb nicht, weil sich der Anwendungsbereich der Klausel nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen ohnehin nicht auf diese Ausnahmefälle erstreckt (vgl. § 305c Rz. 66, 86). bb) Lesbarkeit 154

Was die Lesbarkeit angeht, so ist eine bestimmte Mindestschriftgröße oder ein besonderes Druckverfahren gesetzlich nicht festgelegt502; das „Kleingedruckte“ gehört zum typischen, vom Gesetzgeber hingenommenen Erscheinungsbild der AGB (zur Bedeutung des Schriftbildes bei überraschenden Klauseln vgl. aber § 305c Rz. 23). Der Bereich des Zumutbaren wird erst dann überschritten, wenn die AGB wegen Art oder Größe des Schriftbilds nur mit Mühe zu entziffern sind503. Demgegenüber setzt sich die im Anschluss an die Begründung des RegE zum AGBG (BT-Drucks. 7/3919 S. 38) verbreitet erhobene weiter gehende Forderung, die AGB müssten „mühelos lesbar“ sein504, in Widerspruch zu dem typischen, vom Gesetzgeber nicht grundsätzlich in Frage gestellten Erscheinungsbild der AGB505. Beispiele schwer lesbarer AGB bieten die Konnossementsbedingungen (Fn. 576). d) Körperliche Behinderung des Kunden

154a

Der durch das SMG in Abs. 2 Nr. 2 eingefügte Zusatz, dass der Verwender bei der Ermöglichung zumutbarer Kenntnisnahme des Kunden vom Inhalt der AGB dessen für ihn erkennbare körperliche Behinderung angemessen berücksichtigen muss, soll nach der RegBegr.506 nur klarstellende Bedeutung haben. Dagegen spricht, dass das AGB-Recht und nicht zuletzt dessen Einbeziehungsvoraussetzungen in § 305 Abs. 2 (früher § 2 Abs. 1 AGBG), dem AGB-Charakter als Massenphänomen entsprechend, bisher (mit Ausnahme der §§ 305 Abs. 1 Satz 3, 305b) generell-objektiv angewendet wurden, ohne dass es auf die Besonderheiten des Einzelfalls ankam. Ob der Gesetzgeber gut beraten war, hiervon für die auf Ermöglichung der Kenntnisnahme gerichtete Obliegenheit des Verwenders nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 abzuweichen, soweit es um die körperliche (warum nicht die 501 Vgl. dazu Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 7 Rz. 31: offengelassen in BGH v. 5.5.205 – XI ZR 214/14, ZIP 2015, 1380 (Tz. 17). 502 Mühelose Lesbarkeit erst ab Neun-Punkt-Schrift (drei Zeilen pro cm) bejahend etwa Creutzig Recht des Autokaufs, Bd. I, 1980, S. 37 Rz. 004; großzügiger Thamm/Detzer BB 1989, 1133 ff. (fünf Zeilen pro cm noch zumutbar). 503 So erstmals BGH v. 30.5.1983 – II ZR 135/82, NJW 1983, 2772 (2773) (Konnossementsbedingungen); weitere Nachw. zum Verkehr zwischen mit Unternehmern und krit. Stimmen zu dieser Rechtsprechung vgl. in Fn. 577. Für den Verkehr mit Verbrauchern vgl. etwa OLG Köln EWiR § 2, 1/88 S. 417; OLG Saarbrücken v. 22.9.1987 – 2 U 135/85, VersR 1988, 1283. Nachw. zum früheren Recht vgl. 6. Aufl. § 2 AGBG Fn. 125. 504 So Staudinger/Schlosser Rz. 140; Wolf/Pfeiffer Rz. 88. 505 Mit der Feststellung, die Geschäftsbedingungen seien „gut lesbar“, begnügt sich etwa BGH v. 16.12.1982 – VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135 (137) = NJW 1983, 816; siehe ferner OLG Saarbrücken v. 12.6.2008 – 8 U 380/07, NJW-RR 2009, 989. 506 BT-Drucks. 14/6040 S. 150.

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auch mental-geistige?) Behinderung von Kunden geht, erscheint zumal vor dem Hintergrund des ohnehin problematischen Normzwecks des § 305 Abs. 2 (vgl. Rz. 102) zweifelhaft507. Jedenfalls empfiehlt sich eine zurückhaltende Anwendung des Zusatzerfordernisses nicht zuletzt im Eigeninteresse der Behinderten, die sich andernfalls beim Vertragsschluss unerwünschten Barrieren gegenübergestellt sehen könnten. Aus diesen Gründen bestehen auch gegen einen zur Erweiterung der Ausnahmeregelung führenden Analogieschluss Bedenken508. Eine Übertragung des Zusatzerfordernisses auf die Hinweisobliegenheit in § 305 Abs. 2 Nr. 1 scheidet aus. Als körperliche Behinderung kommt in erster Linie eine Sehschwäche in Betracht, die es dem Kunden erkennbar erschwert, vom Inhalt des „Kleingedruckten“ Kenntnis zu nehmen509. Zu denken ist auch an Kleinwuchs oder zur Rollstuhlbenutzung zwingende Gehbehinderung, wenn sie zur Folge haben, dass der betroffene Kunde einen in üblicher Höhe angebrachten Aushang nur mit erheblichen Schwierigkeiten zur Kenntnis nehmen kann510. Eine Hörschwäche fällt demgegenüber in erster Linie bei (fern-)mündlichem Vertragsschluss ins Gewicht; sie dürfte für den Verwender nur selten erkennbar sein511. Für die Erkennbarkeit ist wie auch sonst im AGB-Recht in erster Linie auf verkehrstypische, objektive Kriterien abzustellen, nicht aber auf die Sensibilität des jeweiligen Verwenders; dieser ist nicht verpflichtet, beim Vertragsschluss Erkundigungen nach dem Vorliegen einer körperlichen Behinderung auf Seiten des Kunden einzuziehen. Erfolgt der Vertragsschluss auf Kundenseite durch einen Vertreter, so kommt es für die Behinderung und deren Erkennbarkeit auf dessen Person an (Rechtsgedanke des § 166 Abs. 1). Die Beweislast für das Vorliegen einer erkennbaren körperlichen Behinderung als Einbeziehungshindernis trifft den sich hierauf berufenden Kunden.

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Soweit es um die angemessene Berücksichtigung der Körperbehinderung des Kunden seitens des Verwenders im Rahmen der ihn nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 treffenden Obliegenheit zur Ermöglichung der Kenntnisnahme geht, sind die Anforderungen situationsbedingt unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Behinderung zu definieren. Die Frage stellt sich in erster Linie beim Vertragsschluss unter Anwesenden, sei es mündlich oder in schriftlicher Form. Im Fall der Sehbehinderung kommt die Übergabe der AGB entweder in elektronischer bzw. akustischer Form oder in Braille-(Blinden-)Schrift in Betracht512. Den Fällen von Kleinwuchs oder Rollstuhlbenutzung lässt sich beim Aushang von AGB im Geschäftslokal durch einen zusätzlichen, abgesenkten Aushang Rechnung tragen. Bei Hörschwäche kann eine mündliche Information über den AGB-Inhalt durch Überlassung einer schriftlichen Unterlage ergänzt werden. Bei (insb. fernmündlichem) Vertragsschluss unter Abwesenden wird es meist schon an der Erkennbarkeit der Körperbehinderung für den Verwender fehlen. Andernfalls ist

154c

507 So zutr. auch C. Schäfer JZ 2003, 879 (880 f.); a.A. Heinrichs NZM 2003, 6 (8). 508 Einen Analogieschluss zu Gunsten von Analphabeten, sprachunkundigen Ausländern u.a. abl. auch RegBegr. BT-Drucks. 14/6040 S. 151; Wolf/Pfeiffer Rz. 91; Erman/Roloff § 305 Rz. 39; Heinrichs NZM 2003, 6 (8); a.A. von Westphalen NJW 2002, 12. 509 Nur diesen Fall erwähnt die RegBegr. BT-Drucks. 14/6040 S. 150. 510 So auch Erman/Roloff § 305 Rz. 39; Wolf/Pfeiffer Rz. 91. 511 Dazu sowie zu gesetzlich normierten Kommunikationshilfen für Gehörlose siehe Kreutz ZFSH/SGB 2008, 586 ff. (595 f.). 512 So schon RegBegr. BT-Drucks. 14/6040 S. 150; vgl. auch von Westphalen NJW 2002, 12 (13).

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insbesondere bei Sehbehinderung entsprechend den vorstehenden Anforderungen zu verfahren.

3. Maßgebender Zeitpunkt a) Allgemeines 155

Für die Erfüllung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 zur Einbeziehung von AGB geregelten Voraussetzungen stellt das Gesetz auf den Zeitpunkt bei Vertragsschluss ab. Handlungen des Verwenders nach Vertragsschluss können den Inhalt des Vertrages nicht mehr beeinflussen513. Im Fall der vom Verwender gewünschten, an der Nichteinhaltung der Erfordernisse des § 305 Abs. 2 scheiternden Einbeziehung von AGB ist mit Blick auf die Rechtsfolgen zu beachten, dass die Vorschrift des § 154 insoweit durch § 306 Abs. 1 verdrängt wird (Rz. 121, 168). Der Vertrag kommt daher in diesen Fällen ohne AGB zustande, unabhängig davon, ob der Verwender erkennbar, wenn auch nicht in einer den Erfordernissen von § 305 Abs. 2 entsprechenden Weise, seinen Willen zur Einbeziehung der AGB zum Ausdruck gebracht hat. Auch eine Irrtumsanfechtung des Verwenders ist hier ausgeschlossen (§ 306 Rz. 19). Zur Möglichkeit nachträglicher Einbeziehung von AGB vgl. Rz. 157.

156

Im Einzelnen bedarf die Zeitangabe „bei Vertragsschluss“ weiterer Konkretisierung im Hinblick auf die Art des Vertragsschlusses und die in Frage stehenden Obliegenheit des Verwenders514. So kommt es für den ausdrücklichen Hinweis nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 auf denjenigen Zeitpunkt an, in dem der Verwender ein ihn bindendes Angebot abgibt. Eine spätere Ergänzung zur Beseitigung des Einbeziehungshindernisses ist ihm nur möglich, wenn seine Bindung an das ursprüngliche Angebot erloschen ist oder der andere Teil der Abweichung zustimmt (vgl. auch Rz. 129). Geht das Angebot vom Kunden aus und umfasst es auf Grund entsprechender vom Verwender erstellter Antragsformulare schon die Einbeziehung der AGB, so ist dem Erfordernis eines ausdrücklichen Hinweises bereits dadurch genügt; andernfalls muss der Verwender den Hinweis mit seiner durch das Einbeziehungsverlangen veränderten, nach § 150 Abs. 2 als neues Angebot geltenden Annahmeerklärung verbinden (Rz. 130 ff.) Demgegenüber muss die Obliegenheit nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 erfüllt sein, bevor der Kunde sich seinerseits durch eine auf die Einbeziehung der AGB gerichtete Erklärung bindet515 (Rz. 147a). Da das Angebot zum Vertragsschluss unter Einbeziehung von AGB meist vom Verwender ausgeht, ist also im Regelfall erforderlich, dass dem Kunden zugleich mit dem Vertragsangebot die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme verschafft wird.

157

Den Parteien steht es frei, die AGB durch eine gesonderte Vereinbarung auch noch nach Vertragsschluss einzubeziehen. Für diese nachträgliche Einbeziehung gelten die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 sinngemäß. Der Verwender muss deutlich zum Ausdruck bringen, dass er eine nachträgliche Einbeziehung der AGB wünscht, und muss dem Kunden die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme verschaffen, während der Kunde sich mit dieser Vertragsänderung in ein513 Vgl. schon Rz. 127, 147a, insb. die Nachw. in Fn. 389; a.A. für die Obliegenheit nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 Staudinger/Schlosser Rz. 149. 514 Unscharf Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 40: im Augenblick des Vertragsschlusses. 515 A.A. nur Staudinger/Schlosser Rz. 149.

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deutiger Weise einverstanden erklären muss516. Daher ist eine konkludente Einverständniserklärung des Kunden nicht schon dann anzunehmen, wenn sich der Hinweis des Verwenders auf formularmäßige Erklärungen in nach Vertragsschluss übersandten Urkunden (Rechnungen, Lieferscheinen) beschränkt, auch wenn diesen die AGB des Verwenders beigefügt sind517. Auch die Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte des Kunden die AGB für anwendbar hält, führt nicht ohne Weiteres zu deren nachträglicher Einbeziehung518. b) Erheblichkeit früherer Hinweise Die Bezugnahme auf die Zeit bei Vertragsabschluss in § 305 Abs. 2 bedeutet nicht, dass frühere Erklärungen und Hinweise des Verwenders im Zuge der Vertragsverhandlungen außer Betracht bleiben. Ziehen sich die Vertragsverhandlungen länger hin oder behält sich der Kunde eine spätere Annahme des Angebots vor, so muss der Verwender nicht etwa erneut auf die Einbeziehung der AGB hinweisen519 oder dem Kunden ein weiteres Exemplar der AGB überlassen, wenn diese Vertragsbestandteil werden sollen. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme muss dem Kunden freilich bis zu seiner Annahmeerklärung erhalten bleiben520.

158

Für die Frage, welche Handlungen dem Verwender im Hinblick auf einen kon- 159 kreten Vertragsschluss nach Maßgabe von Rz. 158 zugerechnet werden, kommt es nicht auf den zwischenzeitlichen Zeitablauf an, sondern darauf, ob die Handlungen einen Teil der Vertragsverhandlungen bildeten und nach den zu §§ 145 ff. entwickelten allgemeinen Grundsätzen für den späteren Vertragsschluss rechtlich relevant geworden sind; in diesem Rahmen ist auch eine Ausweitung oder Ergänzung des Vertrags durch zusätzliche Vereinbarungen ohne erneute Beachtung von § 305 Abs. 2 möglich521. Kommt es demgegenüber zum Abschluss eines neuen selbständigen Vertrages, wie etwa bei wiederholter Bestellung des gleichen Kaufgegenstandes oder von Ersatzteilen, so sind die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 erneut zu erfüllen522. Dem Verwender ist es abweichend von

516 Vgl. BGH v. 16.12.1982 – VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135 (137) = NJW 1983, 816 (dazu zu Unrecht krit. Bunte BB 1983, 733); BGH v. 29.9.1982 – IVa ZR 309/80, NJW 1983, 1053 (1055); BGH v. 22.9.1983 – I ZR 40/81, NJW 1984, 1112; BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1197); KG v. 6.1.1994 – 10 U 1276/93, NJW-RR 1994, 1265; KG v. 12.5.1981 – 4 U 3014/80, MDR 1981, 933; LG Gießen v. 24.1.1996 – 1 S 394/95, NJW-RR 1996, 630; a.A. Micklitz BB 1988, 640. 517 Vgl. Rz. 127; so auch KG v. 12.5.1981 – 4 U 3014/80, VersR 1982, 372; KG v. 6.1.1994 – 10 U 1276/93, NJW-RR 1994, 1265; OLG Köln v. 4.3.1994 – 19 U 204/93, NJW-RR 1994, 1430 (1431); AG Freudenstadt v. 3.7.1992 – 4 C 798/91, NJW-RR 1994, 238 (239) (nachträgliche Übersendung der AGB zusammen mit der Kreditkarte); noch enger LG Frankfurt/M. v. 26.3.1991 – 2/13 O 295/90, NJW 1991, 2842 („Diners Club“); MünchKomm/ Basedow Rz. 79; Erman/Roloff § 305 Rz. 42; Heinrichs NJW 1995, 1395 (1396); wohl auch BGH v. 22.9.1983 – I ZR 40/81, WM 1984, 238 (239), die generell ein ausdrückliches Einverständnis fordern. 518 BGH v. 8.7.1999 – VII ZR 237/98, NJW 1999, 3261 (3262). 519 So aber Palandt/Grüneberg Rz. 28. 520 So auch Wolf/Pfeiffer Rz. 87. 521 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 118; Wolf/Pfeiffer Rz. 103. 522 So auch BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1196); OLG Hamburg v. 13.6.2002 – 3 U 168/00, WM 2003, 581 (582 f.); Staudinger/Schlosser Rz. 117; a.A. Wolf/ Pfeiffer Rz. 102 und zum früheren Recht OLG Düsseldorf v. 22.10.1976 – 22 U 150/76, NJW 1977, 253 (254).

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der früheren Rechtsprechung523 auch grundsätzlich verwehrt, sich im Falle einer laufenden Geschäftsverbindung hinsichtlich der Einbeziehungserfordernisse auf Umstände aus früheren Verträgen mit dem Kunden zu berufen524. Selbst wenn die AGB des Verwenders in sämtliche früheren Verträge mit dem Kunden einbezogen worden waren, ersetzt dieser Umstand nach der strikten Regel des § 305 Abs. 2 doch weder einen ausdrücklichen Hinweis bei erneutem Vertragsschluss, noch befreit er den Verwender von der Obliegenheit, dem Kunden erneut die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu verschaffen, soweit der Inhalt der AGB diesem nicht im Einzelfall wohl bekannt ist und die Berufung auf die nichterfüllte Obliegenheit sich daher als missbräuchlich erweist525 (vgl. Rz. 148 a.E.). Ebenso reichen Vermerke oder Aufdrucke auf Lieferscheinen nicht aus, um darin die Erfüllung der Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 für künftige Verträge zu sehen. 160

Abweichendes gegenüber den Ausführungen in Rz. 159 gilt dann, wenn entweder Verwender und Kunde nach Maßgabe von § 305 Abs. 3 eine Rahmenvereinbarung über die Geltung der AGB geschlossen haben und der neue Vertrag zu den darunter fallenden Rechtsgeschäften gehört (vgl. Rz. 207, 208), oder wenn die einzelnen Lieferungen rechtlich unselbständige Teile eines Sukzessivlieferungsvertrages bilden, bei dessen Abschluss die Erfordernisse des § 305 Abs. 2 beachtet wurden526. Das bloße Bestehen einer laufenden Geschäftsverbindung, bei der jeweils im Einzelfall die Einbeziehung von AGB unter Beachtung der Erfordernisse des § 305 Abs. 2 vereinbart wird, reicht nicht aus, um hierin eine – konkludent zustande gekommene – Rahmenvereinbarung nach § 305 Abs. 3 zu sehen (Rz. 206)527.

4. Einverständnis des Kunden 161

Die Annahmeerklärung der anderen Vertragspartei richtet sich nach §§ 145 ff. (vgl. Rz. 122). § 305 Abs. 2 enthält insoweit keine Sonderregelungen528. Der Hinweis am Ende von § 305 Abs. 2 stellt vielmehr nur klar, dass es für die Einbeziehung der AGB nicht ausreicht, wenn der Verwender die Voraussetzungen nach Nr. 1 und 2 erfüllt, sondern dass entsprechend der Vertragsnatur der AGB der Kunde mit ihrer Einbeziehung einverstanden sein muss. Daher setzt § 305 Abs. 2 auch nicht voraus, dass der Kunde den Inhalt der in den Vertrag einzubeziehenden AGB kennt (Rz. 109). Ebenso bedarf es keiner ausdrücklichen Zu523 BGH v. 15.6.1964 – VIII ZR 305/62, BGHZ 42, 53 (55); BGH v. 28.5.1973 – VIII ZR 143/72, WM 1973, 1199; vgl. auch Palandt/Heinrichs, 35. Aufl., § 145 6 B d cc; Erman/W. Hefermehl, 6. Aufl., § 145 Vorbem. 33. 524 BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1196); OLG Hamburg v. 13.6.2002 – 3 U 168/00, WM 2003, 581 (582 f.); Erman/Roloff § 305 Rz. 30; Staudinger/Schlosser Rz. 117; Müller-Graff JZ 1977, 250; differenz. Wolf/Pfeiffer Rz. 102. 525 Ähnlich Wolf/Pfeiffer Rz. 102; Staudinger/Schlosser Rz. 148; Löwe § 2 AGBG Rz. 14. 526 Erman/Roloff § 305 Rz. 30; Wolf/Pfeiffer Rz. 102; weitergehend – unter Einbeziehung auch der sog. Wiederkehrschuldverhältnisse – Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 36. 527 Vgl. OLG Hamburg v. 13.6.2002 – 3 U 168/00, WM 2003, 581 (582 f.); anders noch Raiser AGB S. 180 f. für das frühere Recht. 528 Ganz h.M., vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 163; Wolf/Pfeiffer Rz. 104; zu § 2 Abs. 1 AGBG BGH v. 1.3.1982 – VIII ZR 63/81, WM 1982, 444 (445); im Ansatz auch Hellwege S. 470 ff. (siehe aber bereits Fn. 369); a.A. Reich NJW 1978, 513 (517) sowie auf der Grundlage seines normtheoretischen Ansatzes Pflug Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1986, S. 320 und Pflug AG 1992, 1 (11) (dazu Einl. Rz. 39 ff.).

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stimmung des Kunden zur Einbeziehung der AGB; es genügt die konkludente Annahme nach Maßgabe von § 151529. Ist der Kunde mit der Geltung der AGB nicht einverstanden, so muss er dies im Regelfall ausdrücklich erklären530. Das gilt auch bei Benutzung eines Trimm-Dich-Pfades oder Spielplatzes, sofern die dort auf Schildern erklärten Haftungsfreizeichnungen als auf Abschluss eines entsprechenden Haftungsverzichtvertrags gerichtete Angebote zu qualifizieren sind531. Lehnt der Kunde die Einbeziehung der AGB des Verwenders ab, so scheitert der Vertragsschluss (§ 154 Abs. 1), wenn die Parteien nicht erkennen lassen, dass sie gleichwohl am Vertrag festhalten wollen (vgl. auch Rz. 182 ff. zum Sonderfall kollidierender AGB). – Zur verspäteten Annahmeerklärung des Kunden (§ 150 Abs. 1) sowie zu der im Einzelfall vom Kunden ausgehenden Einbeziehungserklärung vgl. Rz. 132. Hat der Kunde sich über die Einbeziehung der AGB geirrt, so kann er seine Erklärung nach § 119 Abs. 1 anfechten, wenn der Irrtum für den Vertragsabschluss kausal war, d.h. er den Vertrag bei Kenntnis der Sachlage nicht oder nicht so abgeschlossen hätte532. Zumal bei branchenüblicher AGB-Verwendung wird es an der Kausalität allerdings meist fehlen533. Die von einem Teil der früheren Literatur geäußerten grundsätzlichen Zweifel am Eingreifen von § 119 in Fällen dieser Art534 stützten sich auf die Einbeziehung der AGB in den Einzelvertrag kraft Verkehrssitte; sie sind durch Betonung der strikten rechtsgeschäftlichen Einbeziehungsvoraussetzungen in § 305 Abs. 2 unter Ausschluss weitergehender, auf die Verkehrssitte gestützter Auslegungsgrundsätze überholt535. Im Einzelnen wirft die auf die Einbeziehung der AGB des Verwenders gestützte Irrtumsanfechtung eine Reihe von – hier nur anzudeutenden – Fragen auf536. Dazu gehören der Umfang der Anfechtung – Beschränkung auf die Einbeziehungserklärung? – und 529 Vgl. BGH v. 1.3.1982 – VIII ZR 63/81, BB 1983, 15 m. Anm. Bohle; OLG Frankfurt NJWRR 1993, 790; OLG Köln v. 23.1.1992 – 13 U 206/91, WM 1993, 369 (370); näher Hellwege S. 423 ff., 432 ff. (siehe bereits Fn. 369). 530 OLG Hamm v. 8.6.1979 – 11 U 15/79, BB 1981, 148; Erman/Roloff § 305 Rz. 41; Staudinger/Schlosser Rz. 160; Hellwege S. 398 ff.; zu Sonderfällen vgl. Braun BB 1978, 22 (24). 531 Vgl. dazu Rz. 18 und Erman/Roloff § 305 Rz. 41; a.A. MünchKomm/Basedow Rz. 89; Staudinger/Schlosser Rz. 10; Palandt/Grüneberg Rz. 41 und Heinrichs NJW 1996, 1381 (1383) (Schweigen als Ablehnung); einschränk. auch BGH v. 16.2.1982 – VI ZR 149/80, NJW 1982, 1144 und BGH v. 19.1.1988 – VI ZR 188/87, NJW-RR 1988, 655 (657) sowie LG Trier v. 29.10.1992 – 3 S 191/92, NJW 1993, 1474 (1475): kein stillschweigender Verzicht auf Haftung wegen Verletzung grundlegender Verkehrssicherungspflichten. Das Vorliegen von Vertragsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 in diesen Fällen generell ablehnend OLG Düsseldorf v. 4.3.1994 – 22 U 257/93, NJW 1994, 2421 (2422); MünchKomm/ Basedow Rz. 89; Thyssen Haftungsfreizeichnung im Deliktsrecht, S. 59 f. 532 Heute einh. M., dazu eingehend namentlich Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (449 ff.); Hellwege S. 420 ff.; ferner Erman/Roloff § 305 Rz. 41; Wolf/Pfeiffer Rz. 108; Staudinger/ Schlosser Rz. 162; Stoffels Rz. 395; Locher BB 1981, 819 f.; Canaris Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 216; einschränk. noch Tilmann ZHR 142 (1978), 61. 533 So zutr. Loewenheim AcP 180 (1980), 453; Locher BB 1981, 820. 534 Raiser AGB, S. 160, 243 ff.; Soergel/Knopp, 10. Aufl., § 157 Rz. 40, 91; dagegen aber schon Erman/W. Hefermehl, 6. Aufl., Vor § 145 Rz. 37 m.w.N. 535 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 162; Löwe § 2 AGBG Rz.22; a.A. Tilmann ZHR 142 (1978), 61. 536 Zu den einzelnen Voraussetzungen des Anfechtungsrechts und zu den Anforderungen an den Nachweis ihres Vorliegens vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 162 und Loewenheim AcP 180 (1980), 438 ff.

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die Rechtsfolgen einer Teilanfechtung für die restlichen Vertragsteile (vgl. § 306 Rz. 20), aber auch die Zulässigkeit der Anfechtung beim Irrtum über den Inhalt der AGB537. – Ein Anfechtungsrecht des Verwenders wegen Irrtums über das Vorliegen der Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 ist dagegen grundsätzlich ausgeschlossen; die Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung bestimmen sich vielmehr ausschließlich nach § 306 (vgl. § 306 Rz. 19 f.). 163

Vertragsabschlussklauseln in AGB, die die Anforderungen der §§ 145 ff. im Hinblick auf die Annahmeerklärung des Kunden modifizieren, namentlich etwa den Vertrag bereits bei Schweigen des Kunden zustandekommen lassen oder dessen Zustimmung fingieren sollen, sind grundsätzlich538 unbeachtlich539. Das folgt unabhängig von den Schranken der §§ 305 ff. bereits daraus, dass ihnen trotz ihres auf Modifizierung der Abschlussvoraussetzungen gerichteten Inhalts Wirksamkeit erst nach Abschluss des Vertrags unter Einbeziehung der AGB zukommen könnte (zur Beurteilung sog. Bestätigungsklauseln, die das Einverständnis des Kunden mit der Geltung der AGB zum Ausdruck bringen, vgl. Rz. 166). Anderes gilt für Klauseln, die sich auf die Ausgestaltung des Angebots des Verwenders beziehen (Bindungswirkung; Zugangsverzicht betr. Annahmeerklärung) und dadurch Einfluss auf den Vertragsabschluss nehmen; ihnen kommt vorbehaltlich der Schranken aus §§ 305c Abs. 1, 307 bis 309 auch schon im vorvertraglichen Stadium Bedeutung zu540.

5. Schriftformerfordernisse 163a

Gilt für das Geschäft gesetzliche oder vereinbarte Schriftform (§ 126), so reicht für die Einbeziehung das Vorliegen der AGB in schriftlicher Fassung nicht aus. Die AGB müssen vielmehr in die Vertragsurkunde aufgenommen und von den Unterschriften der Parteien gedeckt werden541. Dies kann durch Abdruck im Vertragsformular selbst geschehen. Nach allgemeinen Grundsätzen genügt aber

537 Vgl. dazu Loewenheim AcP 180 (1980), 443 ff. und Locher BB 1981, 821 f.; eine Anfechtungsmöglichkeit insoweit konsequent verneinend E. Schmidt JuS 1987, 929 (932) (vgl. dazu Einl. Rz. 45 Fn. 93). 538 Zum Sonderfall der antizipierten Einbeziehung von AGB siehe OLG Düsseldorf v. 28.12.2004 – 21 U 68/04, NJW 2005, 1515 f.; Palandt/Grüneberg Rz. 42; zum Sonderfall von Änderungen bei Dauerschuldverhältnissen vgl. Rz. 164 f. 539 Ebenso Staudinger/Schlosser Rz. 163; Grunewald ZIP 1987, 356; vgl. auch AG Freudenstadt v. 3.7.1992 – 4 C 798/91, NJW-RR 1994, 238 (239) (durch AGB als Bestandteile eines Kreditkartenvertrages, kann nicht bestimmt werden, was Angebot und was Annahme ist); offen gelassen in BGH v. 7.11.2001 – VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129 (138) = NJW 2002, 363. – Siehe ferner BGH v. 30.3.2006 – I ZR 123/03, NJW-RR 2006, 1210, BGH v. 14.6.2006 – I ZR 75/03, NJW 2006, 2976 und BGH v. 13.7.2006 – I ZR 245/03, NJW-RR 2007, 179: Zustandekommen des Frachtvertrags auch dann, wenn der Verwender in seinen AGB einen Vertrag über die Beförderung bestimmter Güter ausschließt, die ausgeschlossene Sendung aber in Unkenntnis ihres Inhalts zur Beförderung angenommen wird. 540 Staudinger/Schlosser Rz. 165; so im Ergebnis auch KG v. 16.9.1981 – 21 W 3129/81, NJW 1981, 2822. 541 Staudinger/Schlosser Rz. 176; Wolf/Pfeiffer Rz. 109; für Gerichtsstandsvereinbarungen Stein/Jonas/Bork/Bork ZPO, 23. Aufl. 2014, § 38 Rz. 18; schriftliche Bezugnahme auf die beigefügten AGB genügen lassend Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, Art. 23 EuGVO Rz. 34 f.; für das Verbraucherkreditrecht MünchKomm/ Schürnbrand § 492 Rz. 19 m.w.N.

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auch eine erkennbar endgültige und dauerhaft gewollte Verbindung des AGBTextes mit der Vertragsurkunde542.

6. Spätere Änderungen der AGB bei Dauerschuldverhältnissen Die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 gelten entsprechend in denjenigen Fällen, in denen der Verwender während der Vertragsdauer eine Neufassung der AGB vornehmen will543. Es handelt sich um eine Vertragsänderung, deren Wirksamkeit den gleichen Anforderungen unterliegt wie der Vertragsschluss selbst. Das gilt im Grundsatz auch dann, wenn und insoweit die neuen AGB kundengünstiger sind; allerdings muss sich der Verwender bei unterlassenem Hinweis vom Kunden an deren Inhalt festhalten lassen544. Der Verwender muss danach den anderen Teil ausdrücklich auf die von ihm gewünschte Neufassung hinweisen und dem Kunden zugleich den geänderten Text zugänglich machen; dabei sind die geänderten Klauseln, zumal wenn sie zum Nachteil des Kunden vom bisherigen Vertragsinhalt abweichen, besonders hervorzuheben. Ein deutlicher Hinweis auf die Änderung ist namentlich auch in denjenigen – wohl seltenen – Fällen geboten, in denen AGB durch Aushang Inhalt eines Dauerschuldverhältnisses geworden sind (vgl. dazu auch Rz. 143). Setzt der Kunde nach Zugang des Hinweises das Dauerschuldverhältnis unverändert und ohne Widerspruch gegen die vorgeschlagene oder vollzogene Änderung fort, so wird man hierin im Regelfall eine konkludente Zustimmung nach § 151 sehen können545. Der Widerspruch des Kunden gegen die vom Verwender gewünschte Änderung der AGB berechtigt diesen nicht ohne Weiteres zur fristlosen Kündigung (Rz. 165). Unberührt bleibt die Möglichkeit individualvertraglicher Änderung der AGB; in diesem Fall bedarf es keiner neuen Einbeziehungsvereinbarung546.

164

Die vertragliche Einbeziehung von AGB in ihrer jeweiligen Fassung ist mit dem Schutzzweck des § 305 Abs. 2 nicht vereinbar547. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Hinweis auf die „jeweils gültige“ Fassung bei Vertragsabschluss ausreicht (vgl. dazu Rz. 125). Die Tatsache, dass lediglich Abs. 3 von der Vereinbarung der Geltung bestimmter AGB spricht, berechtigt nicht etwa zu einem Umkehrschluss für Abs. 2. Auch ein uneingeschränktes einseitiges Änderungsrecht kann sich der AGB-Verwender nicht wirksam in vorformulierter Form vor-

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542 BGH v. 13.11.1963 – V ZR 8/62, BGHZ 40, 255 (263); MünchKomm/Einsele § 126 Rz. 7 f.; Soergel/Hefermehl § 126 Rz. 4. 543 BGH v. 22.9.1983 – I ZR 40/81, NJW 1984, 1112; Erman/Roloff § 305 Rz. 43; Staudinger/Schlosser Rz. 172; Palandt/Grüneberg Rz. 47; PWW/Berger Rz. 28; eingehend Freund Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen, 1998. 544 Zutr. Palandt/Grüneberg Rz. 47; Heinrichs NJW 1994, 1380 (1381). Vgl. auch OLG Hamm v. 17.3.1993 – 20 U 360/92, NJW-RR 1993, 1247. 545 So auch MünchKomm/Basedow Rz. 83; Palandt/Grüneberg Rz. 47; Horn WM 1984, 453; ebenso für den Verkehr mit Unternehmern BGH v. 6.12.1990 – I ZR 138/89, NJWRR 1991, 570 (571); OLG Koblenz v. 6.5.1983 – 2 U 91/82, BB 1983, 1635; enger Staudinger/Schlosser Rz. 172 und Freund Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen, 1998, S. 67 ff., 70 (nur bei kundengünstigen Änderungen); anscheinend auch Schmidt-Salzer BB 1980, 1701 (1703); Ebel BB 1980, 477 (479). 546 Palandt/Grüneberg Rz. 47; PWW/Berger Rz. 29. 547 So auch Erman/Roloff § 305 Rz. 43; Staudinger/Schlosser Rz. 173; anders nach früherem Recht Raiser AGB, S. 225 ff., 228.

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behalten548; Anlass und Umfang möglicher Änderungen müssen vielmehr hinreichend konkretisiert werden549 (allgemein dazu § 308 Nr. 4 Rz. 9 ff.; siehe ferner Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 4 ff.; Teil 2, (65) Zinsanpassungsklauseln Rz. 1 ff.). Abgesehen vom Sonderfall der Änderung von Versicherungsbedingungen mit ihren möglicherweise weit reichenden Folgen für den Vertragsinhalt550 ist aber eine Änderungsklausel nach Art von Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken 2012, zulässig, wonach die dem Kunden schriftlich oder auf elektronischem Weg mitgeteilten Änderungen als Vertragsbestandteil gelten, wenn der Kunde nicht binnen angemessener Frist (AGB-Banken: mindestens zwei Monate nach Mitteilung) widerspricht551. Eine derartige Genehmigungsfiktion ist dann mit § 308 Nr. 5 vereinbar, wenn der Verwender sich in der Änderungsklausel verpflichtet, den Kunden bei Beginn der Frist auf die Bedeutung von dessen Verhalten besonders hinzuweisen552. Widerspricht der Kunde der Änderung der AGB, so berechtigt dieses Verhalten den Verwender nicht ohne Weiteres zur fristlosen Kündigung des Vertrags553.

7. Beweisfragen 166

Die Beweislast für die Erfüllung der in § 305 Abs. 2 genannten Obliegenheiten trifft denjenigen, der sich auf die Einbeziehung der AGB beruft; das ist im Regelfall der Verwender554. Hieran ändert auch eine Bestätigungsklausel des Inhalts nichts, der Kunde habe von den umstehenden AGB Kenntnis genommen und sei mit ihrer Geltung einverstanden; sie ist nach § 309 Nr. 12b unwirksam555. Steht 548 H.M., vgl. BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153 (154 f.) = NJW 1999, 1865; OLG Düsseldorf v. 4.9.1997 – 6 U 143/96, ZIP 1997, 1845; MünchKomm/Basedow Rz. 83; Staudinger/Schlosser Rz. 173 f.; ferner Palandt/Grüneberg Rz. 47; PWW/Berger Rz. 29; Horn WM 1984, 453; speziell zu Anleihebedingungen BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 Rz. 23 ff.; offener Freund Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen, 1998, S. 176 f. (in den Grenzen des § 308 Nr. 4). 549 MünchKomm/Basedow Rz. 84; PWW/Berger Rz. 29; speziell zu Anleihebedingungen BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 Rz. 23 ff. 550 Vgl. BGH v. 17.3.1999 – IC ZR 218/97, NJW 1999, 1865 betr. eine zu weit gefasste, auch „nicht unzumutbare“ Benachteiligungen der Versicherten gestattende, nach § 9 AGBG unwirksame Änderungsklausel; ebenso OLG Düsseldorf v. 4.9.1997 – 6 U 143/96, ZIP 1997, 1845 (1847) als Vorinstanz; zust. auch Baumann JZ 1999, 881 (882 ff.). 551 Ebenso Erman/Roloff § 305 Rz. 43; Staudinger/Schlosser Rz. 173 f.; zu § 2 AGBG auch Löwe/von Westphalen III Banken-AGB Rz. 90; Kirchherr/Stützle ZIP 1985, 515 (518); Freund Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen, 1998, S. 110; im Ergebnis auch Horn WM 1984, 453; ebenso wohl BGH v. 17.3.1999 – IC ZR 218/97, NJW 1999, 1865 (1866) (für die Änderung von AVB); enger PWW/Berger Rz. 28; MünchKomm/Basedow Rz. 84 ff. 552 Das gilt unter der Voraussetzung, dass die nach § 308 Nr. 5 zulässige Genehmigungsfiktion auch Vertragsänderungen umfasst; näher dazu § 308 Nr. 5 Rz. 6 f. 553 So zutr. OLG Köln v. 28.8.1995 – 16 W 45/95, NJW 1996, 1065; LG Hamburg v. 7.6.1995 – 318 S 40/95, ZIP 1995, 1583; Freund Die Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen, 1998, S. 115 ff., 131 f.; dazu auch Heinrichs NJW 1996, 1381 (1383). 554 H.M., vgl. KG v. 11.3.1981 – 23 U 5052/80, ZIP 1982, 188; Staudinger/Schlosser Rz. 126; Erman/Roloff § 305 Rz. 59; so zu § 2 AGBG auch Löwe § 2 AGBG Rz. 26. 555 So zutr. BGH v. 24.3.1988 – III ZR 21/87, WM 1988, 607 (610); Hensen ZIP 1984, 147; Bunte AcP 181 (1981), 38; a.A. noch KG v. 11.3.1981 – 23 U 5052/80, ZIP 1982, 188. S. auch BGH v. 11.7.2012 – IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 (Tz. 32) = NJW 2012, 3647 betreffend eine bloße Empfangsbestätigung.

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die Bestätigungsklausel deutlich sichtbar auf der Vorderseite der Vertragsurkunde oder wird sie vom Kunden zusätzlich unterschrieben, so ist das freilich ein Indiz sowohl für den ausdrücklichen Verwenderhinweis (Rz. 123 ff.) als auch für das Einverständnis des Kunden mit der Einbeziehung der AGB (Rz. 161)556. Anderes gilt demgegenüber für die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme seitens des Kunden (Rz. 147 ff.). Sie beurteilt sich nach der Lesbarkeit und Verständlichkeit des AGB-Textes; insoweit ist die Bestätigungsklausel irrelevant557. Ob allerdings schon deshalb, wegen der Gefahr von Missverständnissen für den Kunden, die Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 zu bejahen ist558, erscheint zweifelhaft (abw. § 1 UKlaG Rz. 14). Ohne Bedeutung ist die Bestätigungsklausel schließlich auch für etwaige in den AGB enthaltene überraschende Klauseln, da die tatsächliche Kenntnisnahme des Kunden daraus nicht abgeleitet werden kann559; der Einwand des § 305c Abs. 1 bleibt daher unberührt. – Eine abweichende Beurteilung ist gegenüber Bestätigungsklauseln veranlasst, die unauffällig in den klein gedruckten AGB-Text einbezogen sind. Sie haben keinerlei Indizwirkung und sind wegen der mit ihnen verbundenen Irreführungsgefahr für die Kunden als nach § 307 unzulässig anzusehen560. Beweisprobleme können sich namentlich im Falle mündlichen oder fernmündli- 167 chen Vertragsschlusses ergeben, soweit nicht die in § 305 Abs. 2 Nr. 1 enthaltene Ausnahme für typische Massengeschäfte des täglichen Lebens (Aushang statt Hinweis) eingreift. Der Verwender genügt seiner Beweispflicht nicht schon dadurch, dass er sich auf eine – im Regelfall befolgte – Weisung gegenüber seinen Angestellten beruft, jeden Kunden ausdrücklich auf die AGB hinzuweisen und ihm Einsicht in deren Wortlaut zu ermöglichen; eine solche Beweisführung ist nicht geeignet, den Anschein eines entsprechenden Vorgehens auch für den Einzelfall zu begründen. Anders mag es dann liegen, wenn dem Verwender der Nachweis gelingt, dass schon die früheren Verträge mit dem betreffenden Kunden unter Einbeziehung seiner AGB geschlossen wurden. Insgesamt dürfte es sich aus Beweisgründen aber empfehlen, bei denjenigen Geschäften, bei denen nicht ein Hinweis durch deutlich sichtbaren Aushang zur Einbeziehung ausreicht (Rz. 136 ff.), entweder zum schriftlichen Vertragsschluss überzugehen oder eine schriftliche Rahmenvereinbarung mit dem Kunden nach § 305 Abs. 3 zu treffen. Der Beweis wird ggf. geführt durch Vorlage der den Hinweis auf die 556 Ebenso Erman/Roloff § 305 Rz. 59. 557 Insoweit zutr. Bohle BB 1983, 17; Hensen ZIP 1984, 147. 558 So neben Bohle BB 1983, 17 und Hensen ZIP 1984, 147 auch OLG Hamburg v. 11.7.1984 – 5 U 64/84, DB 1984, 2504 (2505); Grunewald ZIP 1987, 356; ähnlich schon OLG Frankfurt v. 15.1.1981 – 6 U 30/80, DB 1981, 884. Für Unbedenklichkeit derartiger rein deklaratorischer Bestätigungsklauseln aber BGH v. 1.3.1982 – VIII ZR 63/81, NJW 1982, 1388 (1389); KG v. 11.3.1981 – 23 U 5052/80, ZIP 1982, 188 f.; OLG Frankfurt v. 26.5.1983 – 6 U 109/82, ZIP 1983, 1213 (1215); OLG Düsseldorf v. 19.11.1987 – 6 U 100/87, NJW-RR 1988, 884 (888); wohl auch Schroeder Einbeziehung, S. 18 f. 559 Vgl. § 305c Rz. 23 f.; die hierauf gestützten Befürchtungen von Bohle BB 1983, 17 und Hensen ZIP 1984, 147 schlagen daher nicht durch, auch ist mit der Gefahr eines Abschreckungseffekts gegenüber den Kunden im Hinblick auf den Einwand aus § 305c Abs. 1 wohl nicht ernsthaft zu rechnen. 560 So – unter Berufung auf § 11 Nr. 15b AGBG (jetzt § 309 Nr. 12b) – auch OLG Düsseldorf v. 19.11.1987 – 6 U 100/87, NJW-RR 1988, 884 (888); OLG Zweibrücken bei Bunte AGBE II Nr. 144 zu § 11 Nr. 15 sowie LG Frankfurt, LG Kiel und LG Saarbrücken bei Bunte AGBE III Nr. 62, 63 und 63a zu § 11 Nr. 15; a.A. wohl KG v. 11.3.1981 – 23 U 5052/80, ZIP 1982, 188 f. Wenig überzeugend (nach der Ausgestaltung der vorformulierten Klausel unterscheidend) Schroeder Einbeziehung, S. 17 f.

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AGB oder diese selbst enthaltenden, die Vereinbarung mit dem konkreten Kunden betreffenden Vertragsurkunden561. Zum Click Wrapping-Verfahren bei Vertragsschluss im Internet siehe Rz. 149a.

8. Rechtsfolgen misslungener Einbeziehung 168

Erfüllt der Verwender die ihn nach § 305 Abs. 2 treffenden Obliegenheiten nicht, so kommt der Vertrag ohne Einbeziehung der AGB zustande (§ 306 Rz. 11; zu den Besonderheiten bei Formularverträgen vgl. § 306 Rz. 10, zur Frage der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag ohne AGB vgl. § 306 Rz. 46). Der Mangel der Einbeziehung kann sich auch auf einzelne Klauseln beschränken, während die AGB im Übrigen Vertragsbestandteil werden; das gilt auch bei deren fehlender Verständlichkeit (vgl. Rz. 150). Soweit die Parteien nicht einverständlich die fehlgeschlagene Einbeziehung nachholen (Rz. 157) oder eine Individualabrede über in den AGB geregelte Punkte treffen562, treten an die Stelle der vorgesehenen AGB nach § 306 Abs. 2 grundsätzlich die Vorschriften des dispositiven Rechts (§ 306 Rz. 26 ff.). Für eine Anwendung des § 306 Abs. 1 ist dagegen kein Raum, wenn der Verwender zwar den Anforderungen des § 305 Abs. 2 genügt, der Kunde jedoch die Einbeziehung der AGB ablehnt; der Vertrag kommt dann nach § 154 Abs. 1 insgesamt nicht zustande, wenn der Verwender nicht auf die Einbeziehung verzichtet563 (vgl. Rz. 161 und § 306 Rz. 8).

9. Geltung von AGB gegenüber Dritten? 168a

Gemäß ihrer Rechtsnatur als Vertragsbestandteile beschränkt sich die Geltung von AGB grundsätzlich auf die Vertragsparteien. Geltung auch gegenüber Dritten können AGB aber nach den Grundsätzen über den Vertrag zu Gunsten Dritter oder mit Schutzwirkung für Dritte erlangen564. Das ist namentlich für Freizeichnungsklauseln von Bedeutung, die nicht nur die Haftung des Verwenders, sondern auch diejenige der für ihn tätigen Personen beschränken sollen565. Jedoch kann die Einbeziehung von AGB nicht auch zu Lasten Dritter erfolgen566. Vorbehaltlich einer Modifikation der Verwenderpflichten im Rahmen von Ver-

561 Vgl. OLG Frankfurt v. 1.4.1981 – 17 U 128/80, WM 1981, 972 (973). 562 Zu diesen Möglichkeiten vgl. auch Rz. 47 ff. 563 So auch Soergel/Stein § 6 AGBG Rz. 4; a.A. – für Anwendung von § 6 Abs. 1 ABGB (jetzt § 306 Abs. 1) bei Widerspruch des Kunden gegen die Einbeziehung nur einer Klausel – OLG Karlsruhe v. 21.5.1980 – 6 U 81/79 (Kart), WRP 1980, 640 (641). 564 Vgl. BGH v. 12.3.1985 – VI ZR 182/83, ZIP 1985, 687 (689); BGH v. 28.2.1983 – II ZR 31/82, RIW 1983, 377; BGH v. 26.11.1979 – II ZR 191/78, MDR 1980, 648; OLG Celle v. 23.12.1982 – 5 U 35/81, VersR 1983, 683; OLG Köln v. 13.1.1982 – 2 U 77/81, OLGZ 1982, 372; OLG München v. 22.5.1981 – 8 U 3046/79, NJW 1981, 1963; Staudinger/ Schlosser Rz. 170; Schreiber BB 1980, 1699; Blaurock ZHR 146 (1982), 244 ff., 255 f.; einschränk. aber Roussos Freizeichnungen von Schadensersatzansprüchen im Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1982, S. 113 ff., 141 ff. sowie Schmidt-Salzer Produkthaftung, Rz. 3.521, 3.540. Vgl. auch OLG Düsseldorf v. 21.1.1993 – 18 U 190/92, NJW-RR 1993, 823 (824) (Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 AGBG – jetzt § 305 Abs. 2 – müssen im Verhältnis zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger, nicht im Verhältnis zu dem Dritten vorliegen) sowie R. Schmidt NJW 1994, 2451 (2452). 565 Vgl. dazu Thyssen S. 81 ff., 92 f. sowie die Beisp. in Rz. 175. 566 Näher Staudinger/Schlosser Rz. 167 ff.

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trägen zu Gunsten Dritter oder mit Schutzwirkung für Dritte567, können AGB den nicht am Vertragsschluss beteiligten Dritten daher nicht entgegengehalten werden. Man denke an deliktische Schadensersatzansprüche Dritter als Eigentümer einer vom Verwender beschädigten Sache; ihnen gegenüber greift eine wirksam in den Vertrag mit dem Kunden einbezogene Freizeichnung des Verwenders nicht ein568. Zur Frage, ob sich der Dritte ein Aushandeln der Vertragsbedingungen entgegenhalten lassen muss, siehe Rz. 46a; zur möglichen Drittwirkung von AGB im unternehmerischen Verkehr vgl. Rz. 175, zur Frage der Berücksichtigung von Drittinteressen im Rahmen der Inhaltskontrolle vgl. § 307 Rz. 133 ff.

V. Verträge mit Unternehmern 1. Keine Geltung des § 305 Abs. 2 Auf Geschäfte zwischen Unternehmern findet § 305 Abs. 2 keine Anwendung 169 (§ 310 Abs. 1, vgl. Rz. 111). Das gilt nicht nur für die Einbeziehung in den Einzelvertrag, sondern auch für den Abschluss von Rahmenvereinbarungen569. Die Einbeziehung von AGB setzt daher abweichend von Abs. 2 Nr. 1 nicht voraus, dass der Verwender ausdrücklich auf seine AGB hinweist (Rz. 201). Wohl aber bedarf es auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern einer rechtsgeschäftlichen Einbeziehungsvereinbarung (vgl. Rz. 170), soweit nicht im Einzelfall eine Geltung der AGB kraft Handelsbrauchs570 in Betracht kommt (Rz. 180). Was andererseits die in § 305 Abs. 2 Nr. 2 genannte Obliegenheit des Verwenders zur Kenntnisverschaffung angeht, so war bereits vor Inkrafttreten des AGBG für den kaufmännischen Geschäftsverkehr anerkannt, dass der kaufmännische Kunde die Möglichkeit haben müsse, sich – freilich auf eigene Initiative – in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu verschaffen (vgl. Rz. 109)571. Jedoch bedarf es selbst bei schriftlichem Vertragsschluss nicht etwa der Überlassung des AGB-Textes an den unternehmerisch tätigen Kunden als Einbeziehungserfordernis572. Daher steht hier, anders als im Anwendungsbereich des § 305 Abs. 2 (Rz. 148), die als solche kenntlich gemachte, nur auszugsweise Wiedergabe der AGB in den dem Kunden zugegangenen Urkunden der

567 Vgl. dazu OLG Frankfurt v. 9.2.1984 – 1 U 74/83, BB 1984, 807; OLG Düsseldorf v. 11.2.1982 – 6 U 151/81, WM 1982, 575 (577); Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen, 1992, S. 95 ff., 190 f. 568 Vgl. AG Köln v. 8.7.1976 – 115 C 3481/75, NJW 1976, 2076: Freizeichnung für Beschädigung von Gepäckstücken in den Beförderungsbedingungen einer Fluggesellschaft unanwendbar auf Schadensersatzansprüche des Eigentümers, der das Gepäckstück dem Fluggast für eine Reise überlassen hatte; vgl. auch – zu den AGB-Banken – Canaris Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981, Rz. 2529. 569 Vgl. BGH v. 7.6.1978 – VIII ZR 146/77, NJW 1978, 2243; Erman/Roloff § 305 Rz. 52; Staudinger/Schlosser Rz. 185. 570 § 346 HGB, dazu GroßkommHGB/Koller § 346 HGB Rz. 5 ff. 571 So dann auch BGH BB 1979, 185 (186); OLG Düsseldorf NJW 1995, 733 (734); OLG Hamburg v. 1.10.1980 – 5 U 51/79, DB 1981, 470 f.; Staudinger/Schlosser Rz. 157 f.; Wolf/Pfeiffer Rz. 131. Vgl. auch Nachw. in Fn. 576. 572 St. Rspr., vgl. BGH v. 11.5.1989 – VII ZR 150/88, WM 1989, 1227 (1228); BGH v. 3.12.1987 – VII ZR 374/86, NJW 1988, 1210 (1212); BGH v. 20.12.1984 – VII ZR 340/83, WM 1985, 522; WM 1979, 302; NJW 1976, 1886 (1887); OLG Düsseldorf v. 30.3.1995 – 18 U 26/94, VersR 1996, 1394; so auch Staudinger/Schlosser Rz. 157; tendenziell strenger aber MünchKomm/Basedow Rz. 93.

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Einbeziehung des vollständigen AGB-Werkes nicht entgegen573. Auch eine in den AGB enthaltene Weiterverweisung auf ein zweites Klauselwerk ist bei hinreichender Deutlichkeit grundsätzlich unbedenklich (zur Beurteilung nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 vgl. Rz. 152a)574. Schließlich sind auch an die Verständlichkeit575 und die Lesbarkeit576 der AGB im Verkehr mit Unternehmern weniger weit gehende Anforderungen zu stellen als gegenüber Verbrauchern als Kunden (vgl. dazu Rz. 154).

2. Voraussetzungen rechtsgeschäftlicher Einbeziehung a) Allgemeines 170

Auch im Verkehr zwischen Unternehmern gelten die AGB – vorbehaltlich des Bestehens eines entsprechenden Handelsbrauchs (Rz. 180) – nur dann, wenn sie durch rechtsgeschäftliche Einbeziehung Vertragsbestandteil geworden sind577. Vom Sonderfall der Rahmenvereinbarung abgesehen, beruht die Einbeziehung dabei regelmäßig darauf, dass der Verwender im Vertragsangebot auf seine AGB verweist und der andere Teil das Angebot annimmt, ohne der Einbeziehung zu widersprechen; mit der Annahme des Angebots erklärt er zugleich sein Einverständnis mit der Geltung der AGB578. Eine ausdrückliche Verweisung ist entgegen § 305 Abs. 2 Nr. 1 im unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht vorgeschrieben. Vielmehr reicht auch ein stillschweigender oder konkludenter Hinweis aus, wenn er nach Maßgabe der §§ 133, 157 als Einbeziehungserklärung zu verstehen ist und wenn die Annahmeerklärung des anderen Teils nicht auf 573 OLG Hamburg v. 1.10.1980 – 5 U 51/79, DB 1981, 470. 574 Zu den hieran zu stellenden Anforderungen vgl. BGH v. 3.12.1987 – VII ZR 374/86, BGHZ 102, 293 (303 f.) = NJW 1988, 1210 (Verweisung auf „Vorschriften und Bedingungen der Straßenbauverwaltung von Rheinland-Pfalz“ erfasst nicht die „Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau“); BGH v. 11.5.1989 – VII ZR 150/88, WM 1989, 1227 (1228). 575 Vgl. aber BGH v. 12.10.1995 – I ZR 172/93, NJW 1996, 1407 (1408) (Klausel „soweit gesetzlich zulässig“ auch im kaufm. Verkehr unbeachtlich); dazu allgemein Rz. 153. 576 Die Rechtsprechung legt insoweit allerdings auch im kaufmännischen Verkehr relativ strenge Maßstäbe an, vgl. allgemein OLG Hamburg v. 14.4.1987 – 12 U 89/85, BB 1987, 1703 (1704) und OLG Hamm v. 20.11.1987 – 26 U 243/86, NJW-RR 1988, 944; großzügiger OLG Saarbrücken v. 12.6.2008 – 8 U 380/07, NJW-RR 2009, 989. Gegen Einbeziehung von „nur mit der Lupe lesbaren“ Konnossementsbedingungen BGH v. 30.5.1983 – II ZR 135/82, NJW 1983, 2772 (2773) und BGH v. 3.2.1986 – II ZR 201/85, WM 1986, 769 (770); a.A. wegen der insoweit geltenden Besonderheiten des Seefrachtverkehrs OLG Hamburg bei Bunte AGBE V Nr. 6; Hensen ZIP 1984, 146; Herber in FS Stimpel, 1985, S. 1026 und Rabe RIW 1984, 589. 577 Einh. M., vgl. etwa BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 111/13, NJW 2014, 1296 (Tz. 17); BGH v. 13.3.2007 – XI ZR 383/06, ZIP 2007, 905 Rz. 12; BGH v. 24.10.2002 – I ZR 104/00, NJW-RR 2003, 754 (755); BGH v. 3.12.1987 – VII ZR 374/86, NJW 1988, 1210 (1212); BGH v. 14.1.1987 – IVa ZR 130/85, NJW 1987, 2431 (2432); BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838; BGH v. 18.10.1978 – VIII ZR 230/77, WM 1979, 19 (20); BGH v. 7.6.1978 – VIII ZR 146/77, NJW 1978, 2243 (2244); Staudinger/Schlosser Rz. 127, 157 f.; Wolf/Pfeiffer Rz. 124; Erman/Roloff § 305 Rz. 47; MünchKomm/Basedow Rz. 93 f.; PWW/Berger Rz. 30 f.; Stoffels Rz. 304; Heinrichs NJW 1994, 1380 (1381). 578 BGH v. 12.2.1992 – VIII ZR 84/91, BGHZ 117, 190 (194 f.) = NJW 1992, 1232; BGH v. 13.3.2007 – XI ZR 383/06, ZIP 2007, 905 Rz. 12; aus der früheren Rechtsprechung siehe BGH v. 16.6.1976 – VIII ZR 33/75, BB 1976, 1289; BGH v. 28.9.1977 – VIII ZR 82/76, WM 1977, 1353 (1354); OLG Hamburg v. 21.12.1984 – 14 U 209/83, WM 1986, 383 (384); vgl. auch oben Rz. 108 f.

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Vertragsschluss ohne AGB lautet. Vorbehaltlich der Fälle branchenüblicher Verwendung oder ständiger Geschäftsverbindung (Rz. 173–176) bedarf es zur Annahme einer konkludenten Verweisung freilich entsprechend konkreter Umstände wie etwa eines deutlich sichtbaren Aushangs bei mündlichem Vertragsschluss im Geschäftslokal579. Die unübersehbare Beifügung eines Abdrucks der AGB im schriftlichen Angebot580, ja sogar deren Wiedergabe auf der Rückseite des Angebots ohne ausdrückliche Bezugnahme hierauf im Angebotstext reichen im Regelfall aus581, da sie im Verkehr zwischen Unternehmern im Zweifel als Einbeziehungshinweis verstanden werden. Abweichendes kann im Verkehr mit Kleinunternehmern wegen ihrer meist geringeren Geschäftserfahrung gelten, ferner auch dann, wenn der Inhalt der AGB zur Anwendung auf den konkreten Vertragstyp ungeeignet ist582. Nicht ausreichend für die Annahme einer konkludenten Einbeziehungsvereinbarung ist die bloße Kenntnis des unternehmerischen Kunden davon, dass der Verwender seinen Verträgen AGB zugrunde zu legen pflegt583. Gleiches gilt für Folgeverträge ohne besondere Einbeziehungsvereinbarung; eine ausdrückliche Vereinbarung im Erstvertrag rechtfertigt nicht schon die Annahme späterer stillschweigender Einbeziehung584. Nicht ausreichend ist auch der Abdruck einer Gerichtsstandsklausel auf der Rückseite der Rechnung585. Geht das Angebot vom Kunden aus, so umfasst es i.d.R. nicht die Einbeziehung der AGB des Vertragspartners, außer wenn dieser in den der Bestellung zugrunde liegenden Preislisten, Katalogen oder Prospekten unmissverständlich darauf hinweist, dass er nur zu seinen AGB abschließe586.

170a

Die allgemeinen Auslegungsgrundsätze sind auch maßgebend, wenn das Angebot ohne AGB-Einbeziehung vom Kunden ausgeht und der Verwender der Auftragsbestätigung seine AGB beifügt oder auf sie verweist (zum Fall gegenseitiger Verweisung auf die jeweiligen AGB vgl. Rz. 182 ff.). Insoweit handelt es sich um ein neues Angebot (§ 150 Abs. 2), das nur im Fall der Annahme durch den Kunden zum Vertragsschluss führt587. An diesen Grundsätzen hat auch die Kodifikation des AGB-Rechts nichts geändert.

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579 So auch Erman/Roloff § 305 Rz. 47; Schlosser Rz. 157. 580 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 127. 581 Wolf/Pfeiffer Rz. 125; Erman/Roloff § 305 Rz. 47; so zu § 2 AGBG auch Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 34; a.A. Staudinger/Schlosser Rz. 127; Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 35; Schmidt-Salzer BB 1980, 2; anscheinend auch BGH v. 3.7.1981 – I ZR 190/80, ZIP 1981, 1220. 582 Vgl. dazu auch BGH v. 11.11.1979 – I ZR 13/78, WM 1980, 164 (165) und BGH v. 3.7.1981 – I ZR 190/80, ZIP 1981, 1220 (1221 f.); siehe ferner OLG Hamm v. 6.2.2006 – 2 U 197/05, DAR 2006, 390 (391): Abdruck der Verkaufsbedingungen in den Leasingbedingungen des Leasinggebers genügt für Einbeziehung in Kaufvertrag zwischen Leasinggeber und Verkäufer nicht. 583 BGH v. 18.10.1978 – VIII ZR 230/77, WM 1979, 19 (20): Kenntnis des Vertreters des Kunden auf Grund früherer Tätigkeit im Unternehmen des Verwenders; Staudinger/ Schlosser Rz. 127. 584 BGH v. 12.2.1992 – VIII ZR 84/91, BGHZ 117, 190 (195) = NJW 1992, 1232. 585 OLG Hamburg v. 19.9.1984 – 5 U 56/84, ZIP 1984, 1241 (1242). 586 Zur entsprechenden Rechtslage bei branchenüblicher AGB-Verwendung vgl. Rz. 174; für Bestellungen von Verbrauchern vgl. demgegenüber Rz. 130. 587 St. Rspr., vgl. nur BGH v. 22.3.1995 – VIII ZR 20/94, NJW 1995, 1671 (1672); BGH v. 29.9.1955 – II ZR 210/54, BGHZ 18, 212 (216); BGH v. 26.9.1973 – VIII ZR 106/72, BGHZ 61, 282 (285); BGH v. 10.6.1974 – VII ZR 51/73, BB 1974, 1136; BGH v. 18.9.1977

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b) Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs 172

Auch wenn der rechtsgeschäftliche Charakter der Einbeziehung von AGB in den Einzelvertrag außer Streit steht, zeigte die Rechtsprechung doch schon vor Erlass des AGBG die Tendenz, das Zustandekommen einer Einbeziehungsvereinbarung im Handelsverkehr nach großzügigeren Maßstäben zu beurteilen als im Geschäftsverkehr mit Nichtkaufleuten588. Das beruhte auf dem Bedürfnis nach Schnelligkeit im kaufmännischen Verkehr und auf der typischerweise größeren Geschäftserfahrung der Kaufleute. Dementsprechend kam der Wissen-müssenFormel (Rz. 108) im Verkehr unter Kaufleuten stets größere Bedeutung zu als im Verhältnis des Verwenders zu Nichtkaufleuten589. Hieran ist trotz Ausdehnung der Ausnahmevorschrift des § 310 Abs. 1 auf selbständig beruflich Tätige fest zu halten. Ansätze für diese großzügigere Praxis im Rahmen von §§ 145 ff. bilden die Branchenüblichkeit der AGB-Verwendung (Rz. 173) sowie das Bestehen einer laufenden Geschäftsverbindung zwischen dem Verwender und dem anderen Teil (Rz. 176). aa) Branchenüblichkeit

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Die Branchenüblichkeit der Verwendung von AGB reicht zwar als solche nicht für die Beachtlichkeit der AGB aus, kann jedoch ein Indiz dafür sein, dass sich der Kunde auch dann stillschweigend mit der Einbeziehung einverstanden erklärt hat, wenn der Verwender von einem entsprechenden ausdrücklichen Hinweis absieht590. Anderes gilt in Sonderfällen wie bei der Verwendung der ADSp gegenüber typischerweise branchenunkundigen Personen591 (vgl. dazu Anh. § 305 Rz. 19), ferner bei atypischen Rechtsgeschäften wie demjenigen eines Kunden, das keinen Sachbezug zum Speditionsgewerbe hat592, oder bei detailliert ausgehandelten Sondervereinbarungen, deren Schwerpunkt außerhalb des Spedi-

588 589 590

591

592

200

– VIII ZR 82/76, WM 1977, 1353 f.; zum Sonderfall des kaufmännischen Bestätigungsschreibens vgl. Rz. 177 ff. BGH v. 24.9.1952 – II ZR 305/51, BGHZ 7, 188 (191); BGH v. 15.6.1967 – VIII ZR 205/62, NJW 1964, 1788 (1789); BGH v. 6.10.1971 – VIII ZR 95/70DB 1971, 2106; Erman/W. Hefermehl, 6. Aufl., Vor § 145 Rz. 34. Vgl. etwa BGH v. 18.6.1971 – I ZR 83/70, MDR 1971, 824; BGH v. 6.3.1972 – II ZR 100/69, NJW 1972, 1200; BGH v. 28.5.1973 – VIII ZR 143/72, WM 1973, 1199 (1240). BGH v. 20.3.1985 – VIII 327/83, NJW 1985, 1838 (1840); BGH v. 4.2.1992 – X ZR 105/90, NJW-RR 1992, 626; BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 111/13, NJW 2014, 1296 (Tz. 17); Wolf/ Pfeiffer Rz. 127; PWW/Berger Rz. 38; s. ferner OLG Hamburg v. 31.10.1985 – 6 U 117/85, RIW 1987, 149; OLG Hamm v. 16.4.1984 – 2 U 307/82, WM 1984, 1600; großzügiger (wohl) noch BGH v. 19.1.1951 – I ZR 53/50, BGHZ 1, 83 (86); BGH v. 5.10.1951 – I ZR 92/50, BGHZ 3, 200 (203); BGH v. 3.2.1953 – I ZR 61/52, BGHZ 9, 1 (3); BGH v. 22.1.1954 – I ZR 34/53, BGHZ 12, 136 (141); BGH v. 8.3.1953 – I ZR 109/53, BGHZ 17, 1 (3); BGH v. 22.5.1968 – VIII ZR 133/66, NJW 1968, 1718 (1719). A.A., für Notwendigkeit eines besonderen Hinweises auch in diesen Fällen, Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 32; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. D 37 und BB 1980, 2; wohl auch Staudinger/Schlosser Rz. 187; siehe ferner Hellwege S. 434 f. Vgl. BGH v. 7.7.1976 – I ZR 51/75, NJW 1976, 2075 (keine stillschweigende Einbeziehung der ADSp gegenüber einem nicht selbst als Spediteur tätigen Ausländer); BGH v. 4.3.2004 – IX ZR 185/02, WM 2004, 1177 (1178) (stillschweigende Einbeziehung der AGB-Banken gegenüber ausländischem Geschäftspartner nur, wenn dieser Kenntnis von der Verkehrssitte hat; dazu auch Weller IPRax 2005, 428 ff.). BGH v. 21.11.1975 – I ZR 93/74, BB 1976, 1386: Gebrauchsüberlassung eines Autodrehkrans.

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tionsbereichs liegen593. Eine Erkundigungspflicht des Kunden in derartigen Fällen, namentlich auch bei fehlender Branchenkunde, besteht nicht. An einer stillschweigenden Einbeziehung fehlt es trotz Branchenüblichkeit der AGB-Verwendung regelmäßig auch dann, wenn dem Vertrag ein Angebot zugrunde liegt, das umfangreiche besondere Regelungen enthält, ohne dabei auf die AGB des Verwenders Bezug zu nehmen594. Weist der Verwender ausdrücklich auf bestimmte AGB hin, so spricht auch dies gegen eine gleichzeitige stillschweigende Inbezugnahme anderer, branchenüblicher AGB. Liegen die Voraussetzungen eines auf stillschweigende Einbeziehung gerichteten Angebots des Verwenders nach Rz. 173 vor, d.h. ist der Kunde branchenkundig und handelt es sich um ein branchentypisches Geschäft, so muss der Kunde der Einbeziehung der AGB bei der Annahmeerklärung widersprechen, wenn er mit ihrer Geltung nicht einverstanden ist. Darauf, ob er die stillschweigende Einbeziehungserklärung des Verwenders tatsächlich erkannt und verstanden hat, kommt es nicht an; unberührt bleibt die Möglichkeit des Kunden, die Annahmeerklärung wegen Irrtums über die AGB-Einbeziehung anzufechten (§ 119 Abs. 1, vgl. Rz. 162). Geht das Vertragsangebot demgegenüber vom Kunden aus, so gestattet auch die Branchenüblichkeit der AGB-Verwendung nicht ohne Weiteres, hierin einen stillschweigenden Antrag auf Einbeziehung der AGB des Vertragspartners zu sehen595; anderes gilt bei Bestehen eines entsprechenden Handelsbrauchs (Rz. 180) oder dann, wenn der Kunde weiß oder wissen muss, dass der Verwender nur unter Einbeziehung seiner AGB zum Vertragsschluss bereit ist596. Liegen keine derartigen besonderen Voraussetzungen vor und fügt der Verwender gleichwohl der Auftragsbestätigung seine AGB bei oder weist er auf sie hin, so gibt er seinerseits ein entsprechendes neues Angebot ab (§ 150 Abs. 2, vgl. Rz. 171).

174

Die Branchenüblichkeit der AGB-Verwendung wurde bisher namentlich bejaht für Transport- und Speditionsgeschäfte (ADSp)597, für Versicherungsgeschäfte598, für den Bankverkehr599, für die Vorsorgung mit Fernwäre600 und für bestimmte

175

593 BGH v. 12.10.1979 – I ZR 160/77, NJW 1980, 1275: Fakturierung und Kaufpreiseinzug hinsichtlich vom Spediteur an Kunden des Auftraggebers auszuliefernder Ware. 594 BGH v. 16.1.1981 – I ZR 84/78, WM 1981, 789: Vertragsschluss auf Grund einer detaillierten Ausschreibung ohne Hinweis auf ADSp. 595 A.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 127; Erman/Roloff § 305 Rz. 49; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 36; Vorderobermeier Einbeziehung, S. 71. 596 BGH v. 5.6.1981 – I ZR 64/79, RIW 1982, 55; KG v. 3.7.2006 – 23 U 152/, WM 2006, 1953 (1954). 597 Vgl. BGH v. 3.2.1953 – I ZR 61/52, NJW 1953, 541; BGH v. 13.7.1973 – I ZR 72/72, WM 1973, 1238 (1239); BGH v. 12.7.1974 – I ZR 55/72 = WM 1974, 1118; BGH v. 11.7.1975 – I ZR 83/74, WM 1975, 1163 (1165); BGH v. 20.6.1996 – I ZR 94/94, NJW-RR 1996, 1313; OLG München v. 30.10.1992 – 23 U 3163/92, NJW-RR 1993, 167 (168); OLG Düsseldorf v. 11.2.1993 – 18 U 208/92, NJW-RR 1993, 1190; OLG Hamburg v. 31.10.1985 – 6 U 117/85, RIW 1987, 149. 598 Nachw. bei Raiser AGB S. 211. 599 BGH v. 26.9.1989 – XI ZR 178/88, BGHZ 108, 353 (362) = WM 1989, 1756; BGH v. 6.3.1972 – II ZR 100/69, NJW 1972, 1200; BGH v. 18.6.1971 – I ZR 83/70, NJW 1971, 2126 (2127); BGH v. 4.3.2004 – IX ZR 185/02, WM 2004, 1177 (1178); BGH v. 21.12.1973 – II ZR 132/71, WM 1973, 635 (636); KG v. 3.7.2006 – 23 U 152/04, WM 2006, 1953 (1954); OLG Hamm v. 16.4.1984 – 2 U 307/82, WM 1984, 1600. 600 BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 111/13, NJW 2014, 1296 (Tz. 17).

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Betriebe der öffentlichen Hand601; vgl. auch LG Frankfurt/M. MDR 1956, 616 (für Maklergeschäfte), sowie LG Braunschweig NJW 1975, 782 und Wronka BB 1976, 1580 (1583) (für das Anzeigengeschäft). – Weitere Rechtsprechungs-Beispiele: nach BGH WM 1974, 1118 muss ein Unternehmer, der einen Spediteur mit der Versendung von Waren beauftragt, auch die AGB des von ihm eingeschalteten Zwischenspediteurs gegen sich gelten lassen, wenn er weiß oder wissen muss, dass dieser nur unter Zugrundelegung der eigenen AGB tätig wird. Nach BGH MDR 1979, 120 finden die AGB des Schleppunternehmers gegenüber dem Schiffseigentümer auch dann Anwendung, wenn nicht dieser, sondern ein Dritter, der das Schiff beschäftigt, den Schleppauftrag erteilt hat. Entsprechendes gilt für Freizeichnungsklauseln u.a. in den AGB des Hauptfrachtführers, die im Wege der Drittwirkung nach § 328 auch dem Unterfrachtführer zugute kommen602. BGH NJW 1985, 1838 (1840) verneint Branchenüblichkeit des verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalts. bb) Laufender Geschäftsverkehr 176

Auch bei fehlender Branchenüblichkeit kann sich die Einbeziehung von AGB aus dem Nichtwiderspruch des Kunden im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung603 ergeben, wenn insoweit bisher regelmäßig die AGB des Verwenders vereinbart worden waren604. Der bloße Hinweis in Rechnungen („Fakturenvermerke“) und anderen nach Vertragsschluss übersandten Urkunden genügt allerdings im Regelfall nicht605. Auch ein einmaliger früherer Abschluss606, das nur gelegentliche Zustandekommen von Rechtsgeschäften zwischen den Betei601 Hafenbetriebe, BGH v. 25.10.1966 – VI ZR 282/64, LM AGB Nr. 21a; Krankenhäuser, OLG Karlsruhe v. 6.11.1974 – 1 U 97/74, NJW 1975, 597 (598); Flughafenunternehmen, OLG Karlsruhe v. 16.11.1970 – 1 U 146/69, VersR 1971, 158 (160). 602 BGH v. 28.4.1977 – II ZR 26/76, VersR 1977, 717; BGH v. 26.11.1979 – II ZR 191/78, VersR 1980, 572; zur Drittwirkung von AGB vgl. auch Rz. 169; Staudinger/Schlosser Rz. 170 sowie schon Raiser AGB, S. 211 ff., 216 ff. 603 Dazu vgl. K. Schmidt Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, § 20. 604 H.M., vgl. BGH v. 15.6.1964 – VIII ZR 105/62, BGHZ 42, 53 (55) = NJW 1964, 1788; BGH v. 6.10.1971 – VIII ZR 95/70, DB 1971, 2106; BGH v. 28.9.1977 – VIII ZR 82/76, WM 1977, 1353 (1354); BGH v. 24.10.2002 – I ZR 104/00, NJW-RR 2003, 754 (755); OLG Hamburg v. 13.6.2002 – 3 U 168/00, WM 2003, 581 (582); OLG Hamburg v. 15.5.1986 – 3 U 178/85, NJW-RR 1986, 1177 (1178); OLG Celle v. 28.10.1987 – 3 U 11/87, WM 1987, 1569 (1570); OLG Zweibrücken v. 21.11.1967 – 1 U 155/67, OLGZ 1968, 389; MünchKomm/Basedow Rz. 97; Staudinger/Schlosser Rz. 178; Wolf/Pfeiffer Rz. 126; Erman/Roloff § 305 Rz. 48; Bamberger/Roth/Becker Rz. 80; PWW/Berger Rz. 35; Palandt/Grüneberg Rz. 51; Stoffels Rz. 304; enger wohl Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 38; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 35. Zu einem Fall der Einbeziehung geänderter AGB durch schlüssiges Verhalten vgl. OLG Koblenz v. 6.5.1983 – 2 U 91/82, BB 1983, 1635. 605 Vgl. Rz. 127 sowie OLG Karlsruhe v. 9.10.1992 – 15 U 67/92, NJW-RR 1993, 567 (568); OLG Hamburg v. 19.9.1984 – 5 U 56/84, ZIP 1984, 1241 (1242); OLG Hamburg v. 1.6.1979 – 11 U 32/79, NJW 1980, 1232 (1233); MünchKomm/Basedow Rz. 98; Wolf/ Pfeiffer Rz. 126; so auch für Lieferscheine, offen gelassen aber für Rechnungen und Versandanzeigen in BGH v. 7.6.1978 – VIII ZR 146/77, NJW 1978, 2243 (2244); a.A. BGH v. 18.6.1979 – VII ZR200/78, WM 1979, 893 (Einbeziehung der AllGO auf Grund regelmäßiger Rechnungserteilung mit Hinweis auf die Ermittlung des Rechnungsbetrages nach der AllGO); OLG Düsseldorf v. 18.12.1959 – 5 U 36/59, BB 1960, 422; wohl auch Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 37; Wolf/Ungeheuer JZ 1995, 77 (80); O. Fischer BB 1995, 2491 (2492); differenz. Palandt/Grüneberg Rz. 51. 606 BGH v. 12.2.1992 – VIII ZR 84/91, NJW 1992, 1232 (1233); BGH v. 29.9.1955 – II ZR 210/54, NJW 1955, 1794.

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ligten607 oder die bisher nur kurze Dauer der Geschäftsverbindung608 reichen für die Annahme stillschweigender Einbeziehung im Allgemeinen nicht aus609. Anderes gilt für die Einbeziehung der Neufassung geänderter AGB in künftige Verträge610. Verbindet sie sich mit nachteiligen Änderungen der Rechtsstellung des Kunden, so kann jedenfalls dann, wenn der Verwender hierauf nicht besonders hinweist, in der Fortsetzung der Geschäftsverbindung kein konkludentes Einverständnis des Kunden mit der Einbeziehung gesehen werden611. c) Kaufmännisches Bestätigungsschreiben Haben die Parteien als Kaufleute Verhandlungen über den Abschluss eines Vertrages geführt und fasst der eine Teil deren wesentlichen Inhalt in einem „Bestätigungsschreiben“ zusammen, ohne dass der andere Teil dem Schreiben unverzüglich nach Eingang widerspricht, so gilt dessen Inhalt kraft Handelsbrauchs auch dann als vereinbart, wenn er von dem Ergebnis der Verhandlungen abweicht612. Die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben werden von der Rechtsprechung zwar auch auf den Verkehr mit bestimmten Nichtkaufleuten angewandt, soweit diese ähnlich wie Kaufleute am Geschäftsverkehr teilnehmen613. Mit Blick auf den Schutzzweck des § 305 Abs. 2 ist eine Ausdehnung dieser Rechtsprechung über den Personenkreis des § 310 Abs. 1 hinaus jedoch ausgeschlossen614.

177

Voraussetzung für das Eingreifen der für das kaufmännische Bestätigungsschreiben entwickelten Grundsätze ist jeweils, dass die „Bestätigung“ nicht bewusst unrichtig oder entstellt erfolgt. Auch dürfen etwaige Abweichungen sich nicht so weit vom Verhandlungsergebnis entfernen, dass der Bestätigende nicht mit dem Einverständnis des anderen Teils rechnen kann615. Bezogen auf die nachträgliche Aufnahme der AGB des Absenders in das Bestätigungsschreiben hat die Rechtsprechung die Wirksamkeit der Einbeziehung bei Nichtwiderspruch des Empfängers nach früherem Recht grundsätzlich bejaht616. Dem ist auch für die Zeit der Kodifikation des AGB-Rechts zu folgen617. In jedem Fall erforderlich

178

607 BGH v. 28.5.1973 – VIII ZR 143/72, LM AGB Nr. 47 WM 1973, 1198; OLG Hamburg v. 1.6.1979 – 11 U 32/79, NJW 1980, 1232 (1233): acht Kaufverträge innerhalb von drei Jahren. 608 BGH v. 7.6.1978 – VIII ZR 146/77, NJW 1978, 2243 (2244): drei Verträge innerhalb der seit acht Tagen bestehenden Geschäftsverbindung. 609 Ebenso MünchKomm/Basedow Rz. 98; Palandt/Grüneberg Rz. 51. 610 BGH v. 6.12.1990 – I ZR 138/89, WM 1991, 459 (460) (klarer und eindeutiger Änderungshinweis auf der Rechnung genügt). 611 OLG Koblenz v. 6.5.1983 – 2 U 91/82, BB 1983, 1635. 612 Dazu und zum Unterschied gegenüber der Auftragsbestätigung, bei der es an vorangegangenen Vertragsverhandlungen fehlt, vgl. näher Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 16 f.; GroßkommHGB/Koller § 346 HGB Rz. 61 ff. und K. Schmidt Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, § 19 III. 613 BGH v. 26.6.1963 – VIIIR ZR 61/62, BGHZ 40, 42 (44); BGH v. 19.2.1964 – I b ZR 203/62, NJW 1964, 1223; BGH v. 11.10.1973 – VII ZR 96/72, WM 1973, 1376. 614 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 202. 615 Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 27 m.w.N.; vgl. dazu Rz. 179. 616 BGH v. 22.1.1964 – VIII ZR 111/63, NJW 1964, 589; BGH v. 21.3.1966 – VIII ZR 44/64, MDR 1966, 583; BGH v. 30.9.1969 – VI ZR 254/69, DB 1969, 2126; BGH v. 14.10.1969 – VI ZR 208 – 209/68, DB 1969, 2172. 617 Einh. M., vgl. BGH v. 5.5.1982 – VIII ZR 162/81, NJW 1982, 1751; MünchKomm/Basedow Rz. 104; Staudinger/Schlosser Rz. 197; Wolf/Pfeiffer Rz. 135; PWW/Berger Rz. 36; Lindacher WM 1981, 707; zu Ausnahmen vgl. Rz. 179.

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ist mit Rücksicht auf die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Inhaltes des kaufmännischen Bestätigungsschreibens (vgl. § 305b Rz. 48) freilich, dass der Hinweis auf die Einbeziehung der AGB in den Text des Bestätigungsschreibens selbst aufgenommen ist; die bloße Beifügung des AGB-Textes genügt daher nicht618. Einer Beifügung des AGB-Textes bedarf es auch in diesem Fall nicht619; es genügt die Möglichkeit zumutbarer Kenntniserlangung auf Anforderung des Kunden (vgl. Rz. 169 a.E.). 179

Eine Ausnahme von den in Rz. 178 dargelegten Grundsätzen gilt dann, wenn die AGB erhebliche Abweichungen vom dispositiven Recht enthalten und der Verwender als Absender daher nicht auf das Einverständnis des Empfängers vertrauen darf620. Ebenso ist eine Einbeziehung durch Nichtwiderspruch gewöhnlich zu verneinen, wenn die Verhandlungen auf der Grundlage der AGB des einen Teils geführt wurden und der andere Teil im Bestätigungsschreiben sodann auf die eigenen AGB Bezug nimmt oder wenn der Empfänger der Einbeziehung der AGB des Absenders bereits bei den Vertragsverhandlungen eindeutig widersprochen hatte621. Entsprechendes gilt, wenn der Absender auf Grund mehrjähriger Geschäftsbeziehungen Kenntnis von den AGB des Empfängers hat, ohne dass bisher eine Vereinbarung über die Einbeziehung der AGB des einen oder anderen Teils getroffen wurde. Zumindest in denjenigen Fällen, in denen die verschiedenen AGB inhaltlich nicht unerheblich voneinander abweichen, kann der Bestätigende nicht auf Zustimmung des Empfängers vertrauen. Auf das Vorhandensein einer Abwehrklausel kommt es dann nicht an622. – Zum Problem sich kreuzender Bestätigungsschreiben mit unterschiedlichen AGB vgl. Rz. 183; zur Problematik überraschender AGB im kaufmännischen Bestätigungsschreiben vgl. § 305c Rz. 55.

179a

Eine Anfechtung des Empfängers wegen Irrtums über die Einbeziehung der vom Absender in Bezug genommenen AGB ist nicht möglich, da die Einbeziehung in diesen Fällen nicht auf einer anfechtbaren Erklärung des Empfängers beruht, sondern auf der Rechtswirkung, die dem Schweigen kraft Handelsbrauchs zukommt623.

618 So auch BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 111/13, NJW 2014, 1296 (Tz. 18); OLG Düsseldorf v. 30.12.1964 – 5 U 237/62, NJW 1965, 762 f.; Staudinger/Schlosser Rz. 197; MünchKomm/Basedow Rz. 104; nicht eindeutig OLG Frankfurt v. 27.10.1983 – 6 U 201/83, BB 1984, 177 (LS). 619 So auch PWW/Berger Rz. 36; a.A. für konstitutive Bestätigungsschreiben Lindacher WM 1981, 707. 620 BGH v. 8.3.1955 – I ZR 109/53, BGHZ 17, 1 (3); BGH v. 29.9.1960 – II ZR 25/59, BGHZ 33, 216 (219); BGH v. 29.10.1962 – II ZR 31/61, BGHZ 38, 183 (185); LG Frankfurt/M. v. 5.12.1973 – 3/3 O 290/73, BB 1974, 60; auch hier zwischen deklaratorischem und konstitutivem Bestätigungsschreiben differenzierend Lindacher WM 1981, 708 ff. 621 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 305/51, BGHZ 7, 187 (190); BGH v. 26.9.1973 – VIIIR ZR 106/72, BGHZ 61, 282 (286 f.); BGH v. 5.5.1982 – VIII ZR 162/81, NJW 1982, 1751; Staudinger/Schlosser Rz. 198; Lindacher WM 1981, 707; a.A. bei mündlichen Verhandlungen Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. D. 79. 622 Hierauf gleichwohl abstellend BGH v. 5.5.1982 – VIII ZR 162/81, NJW 1982, 1751. 623 BGH v. 27.10.1953 – I ZR 111/52, BGHZ 11, 1 (5); BGH v. 3.3.1956 – IV ZR 315/55, BGHZ 20, 149 (154); BGH v. 7.10.1971 – VII ZR 104/69, BB 1971, 1480 (1481); Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 33; GroßkommHGB/Koller § 346 HGB Anm. 118 ff.; Löwe/ von Westphalen § 2 AGBG Rz. 62.

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3. Geltung kraft Handelsbrauchs Soweit bestimmte AGB sich über die Branchenüblichkeit der Einbeziehung (Rz. 173 ff.) hinaus ihrem Inhalt nach624 zum Handelsbrauch entwickelt haben, d.h. einer nicht nur vorübergehenden, auf der Zustimmung der beteiligten Verkehrskreise beruhenden tatsächlichen Übung entsprechen625, gelten sie für die Geschäftsbeziehungen der Kaufleute dieser Branche auch ohne ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung kraft gesetzlicher Verweisung (§ 346 HGB). Hierin unterscheidet sich der Handelsbrauch namentlich auch von der Verkehrssitte, die nur für die Auslegung von Verträgen zu beachten ist, deren rechtsgeschäftliche Grundlage aber nicht verändert626. Der andere Vertragsteil muss somit der Einbeziehung der zum Handelsbrauch gewordenen AGB ausdrücklich widersprechen, wenn sie für die Parteien nicht bindend werden sollen627. Auf die Kenntnis des anderen Teils vom Bestehen des Handelsbrauchs kommt es nicht an. Eine auf den Nichtwiderspruch gestützte Irrtumsanfechtung ist ausgeschlossen. Vgl. Rz. 179a zur entsprechenden Problematik beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben. – Zur generellen Frage der Anwendbarkeit des Gesetzes auf AGB, die sich zu einem Handelsbrauch entwickelt haben, vgl. Rz. 84.

180

Als Handelsbrauch anerkannt worden sind AGB bisher nur vereinzelt628. Bejaht 181 wurde das Bestehen eines Handelsbrauchs für die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen (ADS) von 1919629, für die Tegernseer Gebräuche im Holzhandel630, für bestimmte Trade-Terms631 sowie für einzelne Klauseln in bestimmten Branchen632. Dagegen ist die Einbeziehung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) in den Einzelvertrag bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung jeweils auf eine, wenn auch wegen Branchenüblichkeit

624 Im Unterschied zu einem etwaigen, auf die Einbeziehung bestimmter AGB gerichteten Handelsbrauch; vgl. zu diesen beiden Alternativen näher Basedow ZHR 150 (1986), 485 ff. 625 Zum Begriff des Handelsbrauchs vgl. BGH v. 2.7.1980 – VIII ZR 178/79, BB 1980, 1552 sowie Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 1, 12 m.w.N. 626 Rz. 108; vgl. dazu Sonnenberger Verkehrssitten im Schuldvertrag, 1970, S. 109 f. 627 OLG Köln v. 16.3.1953 – 9 U 41/54, MDR 1954, 364; OLG Köln v. 10.10.1959 – 10 U 1141/59, NJW 1960, 632; Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 8. 628 Vgl. zum Folgenden auch Basedow ZHR 150 (1986), 480 f., 482 ff. 629 Palandt/Grüneberg Rz. 57. 630 BGH v. 23.4.1986 – IVa ZR 209/84, BB 1986, 1395; BGH v. 13.4.1983 – VIII ZR 33/82, WM 1983, 684; OLG Koblenz v. 10.3.1988 – 6 U 1286/85, BB 1988, 1138; OLG Koblenz v. 10.3.1988 – 6 U 1286/85, BB 1988, 1138 m.w.N.; LG Köln v. 1.12.1987 – 11 S 93/87, BB 1988, 1139 (1140) (anders aber für die VDH-Gebräuche); dazu auch Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 15; a.A. Roller BB 1981, 587. 631 Schlegelberger/Hefermehl § 346 HGB Rz. 51 ff. unter Differenzierung gegenüber den Incoterms, die nur kraft Vereinbarung Vertragsbestandteil werden; a.A. – für Geltung der c.i.f.-Klausel nach den Incoterms kraft Handelsbrauchs – OLG Düsseldorf v. 10.4.1980 – 6 U 66/79, IPRax 1982, 101 (102). 632 Zum (einfachen) Eigentumsvorbehalt kraft Handelsbrauchs in der Textilindustrie vgl. LG Marburg v. 17.6.1993 – 4 O 9/92, NJW-RR 1993, 1505 (bejahend); in der Lebensmittelbranche vgl. OLG Hamm v. 25.1.1993 – 8 U 250/91, NJW-RR 1993, 1445 (verneinend); zum verlängerten Eigentumsvorbehalt beim Handel mit Windkraftanlagen siehe BGH v. 22.9.2003 – II ZR 172/01, NJW-RR 2004, 555 (unentschieden); für Geltung einer Schiedsabrede im internationalen Fellhandel vgl. BGH v. 3.12.1992 – III ZR 30/91, NJW 1993, 1798; zur Geltung anderer internationaler Schiedsvereinbarungen vgl. OLG München v. 8.3.1995 – 7 U 5460/94, NJW-RR 1996, 1532 sowie Heinrichs NJW 1997, 1407 (1410).

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(Rz. 174) vereinfachte, rechtsgeschäftliche Vereinbarung zurückgeführt worden633. Daraus ist zu schließen, dass sich nach Feststellung der beteiligten Gerichte ein Handelsbrauch für sie noch nicht herausgebildet hat634. Gleiches ist für andere weit verbreitete AGB anzunehmen, wie etwa für die AGB der Banken, der Textilindustrie oder für die VOB635.

4. Kollision von AGB Schrifttum: Ebel Die Kollision Allgemeiner Geschäftsbedingungen, NJW 1978, 1033; Eckert/Nebel Abwehrklausel in Einkaufsbedingungen, verlängerter Eigentumsvorbehalt und Globalzession, WM 1988, 1545; Grasmann Das Zusammentreffen unterschiedlicher Einkaufs- und Verkaufsbedingungen, DB 1971, 561; Lieb Eigentumsvorbehalt und Abwehrklausel, in FS Baumgärtel, 1990, S. 311; de Lousanoff Neues zur Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts bei kollidierenden AGB, NJW 1985, 2921; Mayer Der Eigentumsvorbehalt bei sich widersprechenden AGB, NJW 1978, 1037; Ranieri Europäisches Obligationenrecht, 3. Aufl. 2009; Schlechtriem Die Kollision von Standardbedingungen beim Vertragsschluss, in FS Wahl, 1973, S. 67; Schlechtriem Die Kollision von Standardbedingungen nach BGB und Einheitlichem Kaufabschlussgesetz (EAG), BB 1974, 1309; Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen und Eigentumsvorbehalt, in Schlechtriem/Leser, Zum Deutschen und Internationalen SchuldR, 1983, S. 1; Schmidt-Salzer Auftragsbestätigung, Bestätigungsschreiben und kollidierende Allgemeine Geschäftsbedingungen, BB 1971, 591; Stahl Widerspruch zwischen Lieferungs- und Einkaufsbedingungen, DB 1956, 681; Striewe Kollidierende Allgemeine Geschäftsbedingungen: Vertragsschluss und Vertragsinhalt, JuS 1982, 728; Tengelmann Widerstreit der Einkaufs- und Verkaufsbedingungen, DB 1968, 205; Ulmer/ Schmidt Nachträglicher „einseitiger“ Eigentumsvorbehalt – BGH NJW 1982, 1749 und 1751, JuS 1984, 18; Vogt Kollidierende Geschäftsbedingungen, BB 1975, 200; von Westphalen Kollision von Einkaufs- und Verkaufsbedingungen beim Vertragsschluss, DB 1976, 1317; von Westphalen Einkaufs-AGB – Eine kritische Analyse der BGH-Judikatur, in FS Horn, 2006, S. 159.

a) Fragestellung 182

Eine praktisch bedeutsame, rechtlich schwierige Frage bei der Verwendung von AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr verbindet sich mit der Bezugnahme auf die jeweils eigenen AGB im Rahmen der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen der Parteien. Entsprechend der unterschiedlichen Interessenlage der als Anbieter oder Nachfrager auftretenden Vertragspartner weist der Inhalt ihrer AGB meist erhebliche Unterschiede auf; man denke nur an die unterschiedliche Gestaltung von Ein- und Verkaufsbedingungen selbst in Fällen, in denen sie vom gleichen Verwender aufgestellt werden. Vorbehaltlich der Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben, die trotz beiderseitiger Verwendung von AGB ausnahmsweise zum Vertragsschluss auf der Grund-

633 BGH v. 3.2.1953 – I ZR 61/52, BGHZ 9, 3; BGH v. 22.1.1954 – I ZR 34/53, BGHZ 12, 142; BGH v. 8.3.1955 – I ZR 109/53, BGHZ 17, 1; BGH v. 27.6.1952 – I ZR 146/51, LM HGB § 346 Nr. 1. 634 So auch OLG Hamm v. 27.5.1993 – 18a U 103/93, VersR 1994, 1374; Baumbauch/Hopt HGB ADSp Einl. Rz. 2; Striewe BB 1981, 1919 mit Nachw. auch zu abweichenden Ansichten im Schrifttum; offen lassend Staudinger/Schlosser Rz. 190. 635 Vgl. Basedow ZHR 150 (1986), 480 ff., jeweils m.w. Beisp.; zu den Einheitsbedingungen für Textilveredelungsaufträge (EBTV) vgl. BGH v. 23.2.1984 – VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016 (3017); zur Beurteilung der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA) als Handelsbrauch vgl. LG Frankfurt/M. v. 6.10.1995 – 3 – 11 O 31/95, WM 1996, 153 (für konkludente Einbeziehung kraft Handelsbrauchs), aber auch von Westphalen RIW 1994, 453 (verneinend).

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lage nur der AGB des Absenders führen können (Rz. 178 f.), fragt sich in diesen Fällen, ob trotz der sich teilweise widersprechenden Willenserklärungen der Parteien ein Vertrag zustande gekommen ist und welchen Inhalt der Vertrag ggf. hat. Die nachfolgend aufgezeigten Grundsätze (Rz. 188 ff.) finden auch dann Anwendung, wenn beide Parteien durch sich kreuzende Bestätigungsschreiben den Vertragsschluss unter jeweiligem Hinweis auf die eigenen AGB bestätigen636. Auch verliert eine vorformulierte Klausel ihren AGB-Charakter nicht etwa dadurch, dass sie selbst in den Text des Bestätigungsschreibens aufgenommen wird637. Dagegen scheidet ein Kollisionsproblem regelmäßig in denjenigen Fällen aus, in denen die Parteien im Wege der Rahmenvereinbarung (Rz. 201 ff.) die Geltung der AGB der einen Partei im Voraus festgelegt haben, die andere Partei aber gleichwohl bei einem konkreten Geschäft die Einbeziehung ihrer AGB anstrebt; insoweit geht die Bindung aus der Rahmenvereinbarung vor638.

183

Der Gesetzgeber hat auf eine Regelung dieser Fragen verzichtet639. Zwar hatte der Bundesrat als § 5a seiner Stellungnahme zum AGBG-E eine Vorschrift des Inhalts empfohlen, dass der Vertragsschluss nicht an der fehlenden Einigung über die AGB scheitern solle und die durch die Nichteinbeziehung der AGB entstandenen Lücken nach § 6 Abs. 2 und 3 AGBG (jetzt § 306 Abs. 2 und 3) zu behandeln seien640. Für diesen Lösungsansatz konnte er an neuere Entwicklungen in Rechtsprechung und Schrifttum anknüpfen (Rz. 186 f.). Entsprechend der Gegenäußerung der Bundesregierung641, dass gesetzestechnisch die Regelung einer Detailfrage nicht zu verantworten sei, wenn das Gesetz im Übrigen von Vorschriften über die Einbeziehungsvoraussetzungen für AGB im kaufmännischen Geschäftsverkehr absehe, ist die Vorschrift jedoch nicht Gesetz geworden. Das Schweigen des Gesetzes ist daher nicht als inhaltliche Ablehnung des Bundesratsvorschlags zu verstehen. Im Gegenteil gestattet es der in § 306 zum Ausdruck gekommene, für die Fortgeltung des Restgeschäfts unter Ergänzung durch dispositives Recht sprechende Rechtsgedanke, auch für die Fälle kollidierender AGB grundsätzlich vom Zustandekommen des Vertrags unter Lückenfüllung durch dispositives Recht auszugehen (Rz. 188 ff., 193).

184

b) Meinungsstand aa) Rechtsprechung Das Bestreben der Rechtsprechung geht in Fällen der genannten Art seit langem 185 dahin, den Vertragsschluss nicht an der Kollision sich widersprechender AGB scheitern zu lassen. Dabei lassen sich im Grundsatz zwei Lösungsansätze unterscheiden. Sie führen übereinstimmend zum Vertragsschluss, wirken sich jedoch unterschiedlich auf den Vertragsinhalt aus. Die frühere Rechtsprechung suchte

636 Im Ergebnis wie hier Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 41; Striewe JuS 1982, 729; a.A. wohl BGH v. 5.5.1982 – VIII ZR 162/81, NJW 1982, 1751; Staudinger/Schlosser Rz. 204, 209. 637 A.A. OLG Hamburg v. 9.7.1980 – 5 U 122/80, RIW 1981, 262 (263). 638 Vgl. auch BGH v. 30.5.1979 – VIII ZR 232/78, NJW 1979, 2199 f. 639 Zur Rechtslage in anderen Mitgliedstaaten sowie zu Regelungsvorschlägen auf europäischer Ebene (PECL, ACQP) siehe Ranieri S. 362 ff. 640 BT-Drucks. 7/3919 S. 47. 641 BT-Drucks. 7/3919 S. 60.

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die Konfliktlösung über § 150 Abs. 2642. Nach dieser treffend als „Theorie des letzten Wortes“ bezeichneten Auffassung wurden die AGB derjenigen Partei Vertragsinhalt, die zuletzt auf sie verwiesen hatte. Der Vollzug des Vertrags unter widerspruchslosem Hinnehmen einer solchen nach § 150 Abs. 2 als geänderter Antrag aufzufassenden Erklärung wurde im Zweifel als stillschweigendes Einverständnis mit den AGB der anderen Vertragspartei angesehen. Folge dieser Auffassung war es im Regelfall, dass sich der Lieferant mit seiner durch den Hinweis auf die eigenen AGB modifzierten Auftragsbestätigung durchsetzte. 186

Demgegenüber kam die BGH-Rechtsprechung seit den 1970er Jahren zu einer deutlichen Einschränkung dieser Konzeption. Der Lösungsweg über § 150 Abs. 2 wurde im Fall beiderseitiger Bezugnahme auf die jeweils eigenen AGB zwar nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Er sollte aber dann nicht eingreifen, wenn der Besteller in seinem Angebot – sei es auch durch Bezugnahme auf seine eigenen, eine Abwehrklausel enthaltenden AGB – zum Ausdruck brachte, dass er grundsätzlich nur zu seinen AGB beziehen wolle und die AGB des Lieferanten nicht anerkenne. Bezieht der Lieferant sich in Fällen dieser Art in der Auftragsbestätigung gleichwohl auf die eigenen AGB, so lässt sich in deren widerspruchsloser Hinnahme ein Einverständnis des Bestellers mit dem modifizierten Angebot nicht sehen. In Abweichung von der Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 soll der Vertragsschluss als solcher hieran freilich nicht scheitern, wenn das Verhalten der Parteien – insbesondere in Gestalt der späteren Vertragsdurchführung – ihren Willen erkennen lässt, den Bestand des Vertrags nicht von der Einigung über die Geltung der AGB abhängen zu lassen643. Rechtsfolge der unvollständigen Einigung über den Vertragsinhalt ist die Anwendung dispositiven Gesetzesrechts an Stelle der sich widersprechenden AGB. Die Lösung über § 150 Abs. 2 (Rz. 185) wird auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen es entweder an einer Abwehrklausel auf Seiten des Bestellers fehlt oder der Lieferant in der Auftragsbestätigung eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass er nur zu seinen Bedingungen zum Vertragsschluss bereit ist644.

642 S. namentlich BGH v. 29.9.1959 – II ZR 210/54, BGHZ 18, 212; BGH v. 14.3.1963 – VII ZR 257/61, NJW 1963, 1248; BGH v. 26.9.1973 – VIII ZR 106/72, DB 1973, 2135. 643 So insb. BGH v. 10.6.1974 – II ZR 51/73, BB 1974, 1136 (1137); BGH v. 9.2.1977 – VIII ZR 249/75, WM 1977, 451 (452); BGH v. 16.3.1977 – VIII ZR 194/75, WM 1977, 555 (556); BGH v. 7.11.1979 – VIII ZR 223/78, NJW 1980, 449; BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1839); BGH v. 28.6.1990 – IX ZR 107/89, WM 1990, 1671 (1672); BGH v. 19.6.1991 – VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633 (2634 f.); BGH v. 24.10.2000 – X ZR 42/99, NJW-RR 2001, 484 (485); BGH v. 9.1.2002 – VIII 304/00, NJW 2002, 1651 (1652 f.) (CISG); so im Ergebnis auch schon BGH v. 6.9.1973 – VIII ZR 106/72, BGHZ 61, 282 (288 f.); BGH v. 25.6.1957 – VIII ZR 257/56, WM 1957, 1064 (1066); BGH v. 28.5.1973 – VIII ZR 143/72, DB 1973, 1393. Weitergehend – für grundsätzliche Abkehr von der Lösung über § 150 Abs. 2 unabhängig vom Vorhandensein einer Abwehrklausel in den jeweiligen AGB – OLG Köln v. 19.3.1980 – 2 U 95/76, BB 1980, 1237 (1239); LG Düsseldorf v. 26.3.1980 – 12 O 452/79, WM 1980, 1272; wohl auch OLG Hamm v. 11.7.1983 – 2 U 86/83, BB 1983, 1814; OLG Hamm v. 20.6.1983 – 2 U 333/82, WM 1984, 507. 644 BGH v. 26.9.1973 – VIII ZR 106/72, BGHZ 61, 282 (287 f.); BGH v. 5.3.1986 – VIII ZR 97/85, WM 1986, 643 (644); a.A. die in Fn. 643 a.E. genannten, generell gegen die „Theorie des letzten Wortes“ Stellung nehmenden Entscheidungen.

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bb) Schrifttum Im Schrifttum herrscht bei im Einzelnen unterschiedlicher Begründung weitgehend Einigkeit darüber, dass das Zustandekommen des Vertrags nicht von einer Einigung der Parteien über ihre sich widersprechenden AGB abhängen sollte645. Bei der Feststellung des Vertragsinhalts weichen die Auffassungen freilich erheblich voneinander ab. Zwar ist die früher umstrittene Frage, ob der Inhalt der jeweiligen Abwehrklausel Einfluss auf die Durchsetzung der eigenen AGB trotz Widerspruchs der anderen Seite hat646, heute im Sinne grundsätzlicher Nichteinbeziehung der jeweiligen AGB unabhängig von Vorhandensein und Ausgestaltung einer Abwehrklausel geklärt647. Anderes gilt dagegen für den Inhalt des trotz widersprechender AGB zustandekommenden Vertrags, darunter die Frage, ob die gesetzlichen Vorschriften vollen Umfangs oder nur im Kollisionsbereich an die Stelle der AGB treten648 und wie Bestimmungen in AGB des einen Teils zu behandeln sind, wenn die AGB des anderen Teils hierzu weder übereinstimmende noch kollidierende Regelungen enthalten649. Insgesamt ist im neueren Schrifttum die Tendenz festzustellen, den Vertragsinhalt außerhalb des Kollisionsbereichs möglichst nach den AGB beider Vertragsparteien zu bestimmen, um dem Parteiwillen so weit wie möglich Rechnung zu tragen; hierfür hat sich der Begriff der Kongruenzgeltung etabliert (vgl. auch Rz. 191 ff.)650.

645 Ganz h.M., vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 205 ff.; Erman/Roloff § 305 Rz. 54; MünchKomm/Basedow Rz. 105; PWW/Berger Rz. 40; Palandt/Grüneberg Rz. 54; Bamberger/ Roth/Becker Rz. 82; Stoffels Rz. 320; Wolf/Neuner AT § 47 Rz. 35; so zu § 2 AGBG auch Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 45; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 41; Schlechtriem in FS Wahl, 1973, S. 67 (71); Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen, S. 11; Bunte JA 1982, 324; Honsell JuS 1981, 706; Lindacher JZ 1977, 605; Striewe JuS 1982, 729; von Westphalen DB 1976, 1317; Flume Das Rechtsgeschäft S. 676; im Grundsatz a.A. und für die Lösung der Kollisionsproblematik nach wie vor über § 150 Abs. 2 Ebel NJW 1978, 1034 ff.; teilweise abweichend auch Wolf/Pfeiffer Rz. 137 ff., die in weitergehendem Umfang an der „Theorie des letzten Wortes“ festhalten wollen. 646 So noch Grasmann DB 1971, 561 und Schmidt-Salzer BB 1971, 591 (595 ff.). 647 H.M., vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 206 f.; Stoffels Rz. 320; zu § 2 AGBG Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 45; Schlechtriem in FS Wahl, 1973, S. 67 (71) Fn. 17; von Westphalen DB 1976, 1317 (1319); einschränk. aber Wolf/Pfeiffer Rz. 140; siehe ferner von Westphalen in FS Horn, 2006, S. 159 (160 f.). 648 In diesem Sinne die h.M., vgl. schon Raiser AGB, S. 222 ff.; ebenso Staudinger/Schlosser Rz. 206 f., 209; MünchKomm/Basedow Rz. 105 f.; PWW/Berger Rz. 40; Palandt/ Grüneberg Rz. 54; Erman/Roloff Rz. 55; Stoffels Rz. 321 f.; Wolf/Neuner AT § 47 Rz. 35; zu § 2 AGBG auch Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 46; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 41; für grundsätzlich volle Ersetzung der AGB durch dispositives Recht aber Schmidt-Salzer Produkthaftung, Rz. 3.135; Emmerich JuS 1972, 365; Weber DB 1970, 2417 (2422). 649 Eine Geltung dieser einseitig geregelten AGB halten – mit Abweichungen im Einzelfall – grundsätzlich für möglich Raiser AGB, S. 223; Staudinger/Schlosser Rz. 209; Wolf/ Pfeiffer Rz. 144; so zu § 2 AGBG auch Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 47 f.; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 41; krit. aber Ebel NJW 1978, 1036 f.; generell gegen eine Berücksichtigung derartiger Klauseln Striewe JuS 1982, 732. 650 Wolf/Pfeiffer Rz. 142; PWW/Berger Rz. 40; Palandt/Grüneberg Rz. 54; Stoffels Rz. 321; Wolf/Neuner AT § 47 Rz. 35.

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c) Stellungnahme aa) Zustandekommen des Vertrags 188

Der heute h.M. in Rechtsprechung und Schrifttum ist darin zuzustimmen, dass beim Zusammentreffen unterschiedlicher AGB der Wille der Parteien im Regelfall nicht dahin zu verstehen ist, nach Maßgabe von § 150 Abs. 2 das – nicht selten zufällige – letzte Wort entscheiden zu lassen. Die Lösung ist vielmehr durch Umkehrung der Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 für den Fall kollidierender AGB zu gewinnen651. Angesichts der großen Verbreitung der AGB-Verwendung im Handelsverkehr und der Häufigkeit der dabei auftretenden Kollisionen kann im Zweifel davon ausgegangen werden, dass die Parteien den Vertrag trotz fehlender Einigung über die in den jeweiligen AGB fixierte Rahmenordnung schließen wollten652. Entgegen der BGH-Rechtsprechung653 hat das unabhängig vom Vorhandensein sowie von Art und Ausgestaltung etwaiger Abwehrklauseln in den AGB der Parteien zu gelten654. Der Vertrag kommt trotz der teilweisen Nichteinigung grundsätzlich bereits mit der Annahme des Angebots zustande655, nicht etwa erst konkludent mit Erbringung und Annahme der Erfüllungshandlung656. Der Vertragsdurchführung kommt freilich nach wie vor insoweit Bedeutung zu, als sie den Bindungswillen der Parteien indiziert.

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Eine Anwendung von § 150 Abs. 2 unter Abweichung von den in Rz. 188 genannten Grundsätzen kommt nur in denjenigen Ausnahmefällen in Betracht, in denen eine Partei ausdrücklich und unmissverständlich die Wirksamkeit des Vertrags und dessen Durchführung von der uneingeschränkten Einbeziehung der eigenen AGB abhängig macht und die andere Partei sich diesem Wirksamkeitsvorbehalt trotz anfänglichen Widerspruchs unterwirft657. Hierfür genügt allerdings nicht bereits die Aufnahme sog. Abwehrklauseln in die eigenen AGB, die sich gegen die Einbeziehung der AGB des jeweiligen Vertragspartners richten; das gilt mit der herrschenden Meinung im Schrifttum658 unabhängig von deren enger oder weiter Formulierung659. Angesichts der verbreiteten AGB-Verwen651 A.A. Ebel NJW 1978, 1036 f.; teilweise auch Wolf/Pfeiffer Rz. 137 ff. 652 Illustrativ hierzu eine von Kegel (JZ 1952, 501) mitgeteilte Szene aus einem Londoner Gerichtssaal: „Warum haben Sie nicht klargestellt, wessen allgemeine Geschäftsbedingungen gelten sollten, Ihre oder die des Gegners?“ „Wir würden keinen Vertrag hinkriegen, wenn wir so was machten, haben auch keine Zeit.“ „Na, wozu haben Sie dann überhaupt Bedingungen?“ „Wozu? Die hat doch jeder!“. 653 Vgl. Nachw. in Fn. 643; so auch Wolf/Pfeiffer Rz. 137 ff.; näher von Westphalen in FS Horn, 2006, S. 159 (160 f.), dort auch zu dem Fall beiderseitiger Abwehrklauseln. 654 So zutr. OLG Köln v. 19.3.1980 – 2 U 95/79, BB 1980, 1237 (1239 f.); OLG Hamm v. 11.7.1983 – 2 U 86/83, BB 1983, 1814; OLG Hamm v. 20.6.1983 – 2 U 333/82, WM 1984, 507; LG Düsseldorf v. 26.3.1980 – 12 O 452/79, WM 1980, 1272 sowie das in Fn. 647 genannte Schrifttum. 655 So zutr. Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen, S. 11. 656 So aber OLG Stuttgart v. 16.10.1980 – 3 U 130/80, ZIP 1981, 176; OLG Köln v. 19.3.1980 – 2 U 95/79, BB 1980, 1237; Staudinger/Schlosser Rz. 207; vgl. dagegen die überzeugenden Ausführungen von Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen, S. 10. 657 So auch BGH v. 26.9.1973 – VIII ZR 106/72, BGHZ 61, 282 (287 f.); OLG Köln v. 19.3.1980 – 2 U 95/79, BB 1980, 1237 (1239); Staudinger/Schlosser Rz. 207; Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 49; Schlechtriem in FS Wahl, 1973, S. 67 (76); von Westphalen DB 1976, 1317 (1319). 658 Vgl. die Nachw. in Fn. 647. 659 So auch OLG Köln v. 19.3.1980 – 2 U 95/79, BB 1980, 1237 (1239); Bunte ZIP 1982, 324; a.A. anscheinend BGH v. 9.2.1977 – VIII ZR 249/75, WM 1977, 451; BGH v. 16.3.1977

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dung und des typischen Abschlusswillens der Parteien auch bei kollidierenden AGB (Rz. 188) kommt derartigen Standardformeln regelmäßig keine Bedeutung zu; sie treten nach dem Grundgedanken des § 305b hinter dem in Angebot und Annahme zum Ausdruck kommenden, auf das Zustandekommen des Vertrags gerichteten übereinstimmenden individuellen Parteiwillen zurück. Ist im Einzelfall ausnahmsweise ein als solcher gewollter Wirksamkeitsvorbehalt betreffend die Einbeziehung der eigenen AGB gegeben, so bewendet es bei den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen des § 154 Abs. 1 mit der Folge, dass der Vertragsschluss bei Nichteinigung über die AGB der sich hierauf berufenden Partei scheitert. Die in den Rz. 188, 189 genannten Grundsätze gelten auch dann, wenn die Parteien von den tatsächlichen Regelungswidersprüchen in den jeweiligen AGB keine Kenntnis haben. Da die Kenntnis vom Inhalt der AGB keine Einbeziehungsvoraussetzung ist (Rz. 109, 161), kann auch nicht darauf abgestellt werden, welche konkreten Vorstellungen die Parteien über das Ausmaß der bestehenden Widersprüche haben. Es genügt die allgemein als bekannt vorauszusetzende Erfahrung, dass AGB der verschiedenen Marktpartner üblicherweise deutliche Abweichungen voneinander enthalten. Dementsprechend scheidet auch eine Irrtumsanfechtung wegen nicht konkret vorhergesehener Kollisionen aus.

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bb) Vertragsinhalt Der nicht durch Individualabreden festgelegte Inhalt des Vertrags bestimmt sich beim Zusammentreffen von AGB nicht etwa ausschließlich oder in erster Linie nach dispositivem Recht660. Eine solche Lösung würde dem übereinstimmenden Willen beider Parteien, vom dispositiven Recht abweichende Regelungen zu treffen, nicht gerecht. Vorrang gegenüber dem dispositiven Recht kommt vielmehr den sich nicht widersprechenden Teilen der AGB beider Parteien zu661. Im Einzelnen ist dabei zwischen übereinstimmenden, sich widersprechenden und einseitig geregelten AGB zu unterscheiden (Rz. 192–194). Zur Sonderproblematik des Eigentumsvorbehalts vgl. Rz. 195, 196.

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Soweit die AGB beider Parteien übereinstimmen, werden sie in vollem Umfang Vertragsinhalt662; insoweit ist dann auch keine der Parteien Verwender oder Kunde, eine Anwendung bestimmter Normen des AGB-Rechts kommt nur im

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– VIII ZR 194/75, WM 1977, 555 (557); für Unerheblichkeit selbst individueller Abwehrerklärungen OLG Köln v. 19.3.1980 – 2 U 95/79, BB 1980, 1237 (1239); Erman/Roloff Rz. 54. 660 So aber OLG Karlsruhe v. 8.8.1972 – 8 U 69/71, BB 1972, 1162 und OLG Hamm v. 6.7.1978 – 5 U 351/77, BB 1979, 701 (702) unter unzutr. Berufung auf die BGH-Rechtsprechung; wohl auch OLG Stuttgart v. 16.10.1980 – 3 U 130/80, ZIP 1981, 176 (177 f.); ferner Schmidt-Salzer Produkthaftung Rz. 3.135; Emmerich JuS 1972, 361 (365); Weber BB 1970, 2422; wohl auch von Westphalen WM 1981, 1161. 661 BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1839); BGH v. 24.10.2000 – X ZR 42/99, NJW-RR 2001, 484 (485); OLG Köln v. 19.3.1980 – 2 U 95/79, BB 1980, 1237 (1240); OLG Hamm v. 4.2.1985 – 5 U 65/84, WM 1985, 785 (786); LG Düsseldorf v. 26.3.1980 – 12 O 452/79, WM 1980, 1272; so auch die in der Literatur h.M. (vgl. Nachw. in Rz. 187 Fn. 648) sowie die Begründung zum Regelungsvorschlag des Bundesrats, BTDrucks. 7/3919 S. 48 (trotz des auf § 306 Abs. 2 verweisenden Wortlauts der Regelung); im gleichen Sinne schon früher BGH v. 25.6.1957 – VIII ZR 257/56, WM 1957, 1064 und Raiser AGB, S. 223. 662 Heute h.M., vgl. Nachw. in Fn. 648, 661.

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Analogiewege in Betracht (Rz. 30). Der Umfang der Übereinstimmung ist dabei im Wege der Auslegung der AGB (dazu § 305c Rz. 67) zu bestimmen. Sie darf nicht formal am Wortlaut der einzelnen AGB-Klauseln haften. Zu berücksichtigen ist vor allem das nach objektiver Auslegung zu bestimmende beiderseitige Interesse der Vertragsparteien an der Gestaltung ihrer Vertragsbeziehungen anhand von AGB an Stelle der gesetzlichen Vorschriften. Eine Einigung auf das in den differierenden Klauseln anzutreffende „gemeinsame Minimum“ ist im Regelfall freilich nicht anzunehmen663. Wie das Beispiel unterschiedlich langer Bindungszeiträume zeigt, würde sie sich im Ergebnis zu Gunsten desjenigen Vertragspartners auswirken, der die weniger weitgehenden Bedingungen aufgestellt hat; es wird daher vom Willen des anderen Teils gewöhnlich nicht umfasst. Anderes gilt dann, wenn die auf Grund der AGB verfügbaren Regelungsmöglichkeiten sich in einer für beide Parteien sinnvollen Weise nur auf diesem Wege harmonisieren lassen; so kann etwa die Kollision von einfachem Eigentumsvorbehalt und Kontokorrentvorbehalt zur Geltung des einfachen Eigentumsvorbehalts führen664. Vgl. im Übrigen auch § 306 Rz. 31 ff. zu den Möglichkeiten ergänzender Auslegung bei Lückenhaftigkeit des Restgeschäfts. 193

Die beiderseitigen AGB werden nicht Vertragsinhalt, soweit die von den Vertragsparteien getroffenen Regelungen miteinander unvereinbar sind. Nach einhelliger Meinung gelten an Stelle solcher sich widersprechender AGB entsprechend dem Rechtsgedanken des § 306 Abs. 2 die gesetzlichen Vorschriften665 vgl. dazu näher § 306 Rz. 26 ff. Ein Widerspruch zwischen den beiderseitigen AGB liegt auch insoweit vor, als die AGB einer Vertragspartei den Inhalt bestimmter gesetzlicher Vorschriften wiedergeben, während die andere Vertragspartei eine vom dispositiven Gesetzesrecht abweichende Regelung aufgestellt hat. Enthalten die AGB des einen Teils dagegen nur eine allgemeine Verweisung auf das dispositive Recht, so greifen die Grundsätze über einseitig geregelte AGB ein (Rz. 194).

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Denkbar ist schließlich, dass zu einer bestimmten Frage nur die AGB des einen Teils eine Regelung enthalten, während die AGB des anderen Teils hierzu schweigen. Insoweit handelt es sich um einseitig geregelte AGB. Ihre Geltung hängt von dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen des anderen Teils ab666. Dabei ist die Nichtregelung in seinen AGB nicht etwa notwendig oder regel663 So aber Bunte ZIP 1982, 449 (450); Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen, S. 12 Fn. 47; anscheinend auch die Begründung des Bundesrats, BT-Drucks. 7/3919 S. 48 sowie Dittmann/Stahl § 2 AGBG Rz. 160, jeweils unter Hinweis auf unterschiedliche Fristenregelungen; offen lassend Paulusch WM 1986, Beil. 10, S. 18 f.; wie hier demgegenüber Staudinger/Schlosser Rz. 209. 664 Offen lassend LG Düsseldorf v. 26.3.1980 – 12 O 452/79, WM 1980, 1272. 665 BGH v. 19.6.1991 – VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633 (2635); OLG Köln v. 19.3.1980 – 2 U 95/79, BB 1980, 1237 (1240); Staudinger/Schlosser Rz. 209; Wolf/Pfeiffer Rz. 143; PWW/Berger Rz. 40; Palandt/Grüneberg Rz. 54; so zu § 2 AGBG auch Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 46; Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen, S. 12; Wolf/Ungeheuer JZ 1995, 77 (81). 666 Vgl. schon Raiser AGB, S. 223; so auch BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1839); OLG Hamburg NJW 1978, 222; LG Düsseldorf v. 26.3.1980 – 12 O 452/79, WM 1980, 1272; Staudinger/Schlosser Rz. 209; Wolf/Pfeiffer Rz. 144; Schlechtriem in FS Wahl, 1973, S. 67 (78); Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 47; von Westphalen DB 1976, 1317 (1320); krit. hierzu Ebel NJW 1978, 1036 f.; grundsätzlich gegen Berücksichtigung derartiger Klauseln auch Erman/Roloff § 305 Rz. 55; Striewe JuS 1982, 732.

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mäßig dahin zu verstehen, dass er es bei den Regelungen des dispositiven Rechts bewenden lassen will. Vielmehr kann jedenfalls in denjenigen Fällen von einem stillschweigenden Einverständnis des anderen Teils mit der einseitig geregelten AGB-Klausel ausgegangen werden, in denen diese ihn begünstigt und kein erkennbarer Zusammenhang mit einer anderen Klausel besteht, die nach Kollisionsgrundsätzen keine Geltung erlangt667. Entsprechendes gilt, wenn die einseitig geregelte Klausel im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen handelsüblich ist668. Darauf, ob die AGB des anderen Teils eine allgemeine Abwehrklausel enthalten, kommt es nicht an669. cc) Insbesondere: Eigentumsvorbehalt Eine die Grundlage stillschweigender Einbeziehung bildende Handelsübung (Rz. 194) wird verbreitet für den einfachen Eigentumsvorbehalt bejaht670. Dem ist jedenfalls für diejenigen Branchen zuzustimmen, in denen die Lieferung nicht voll bezahlter Ware unter Eigentumsvorbehalt die Regel darstellt; hier bedarf es einer über den generellen Widerspruch gegen die AGB des Lieferanten hinausgehenden ausdrücklichen Ablehnung des von jenem gewünschten Eigentumsvorbehalts, wenn der Vorbehalt nicht Bestandteil des Kaufvertrags werden soll671. Ob darüber hinaus auch bereits für einen „Kerntatbestand“ des verlängerten Eigentumsvorbehalts angenommen werden kann, er sei branchenüblich und gestatte daher mangels ausdrücklicher Ablehnung durch den Kunden die

667 So zutr. Wolf/Pfeiffer Rz. 144, der Isolierbarkeit der Klausel verlangt; wie hier auch Staudinger/Schlosser Rz. 209; für generelle Wirksamkeit begünstigender Klauseln aber Flume Das Rechtsgeschäft, S. 675. 668 Ähnlich Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen, S. 15; enger BGH v. 5.3.1986 – VIII ZR 97/85, NJW-RR 1986, 984 (985); BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1840); de Lousanoff NJW 1985, 2921 (2925) (Indizwirkung hins. des Einverständnisses); a.A. Erman/Roloff § 305 Rz. 55; Staudinger/Schlosser Rz. 209; wohl auch OLG Hamm v. 4.2.1985 – 5 U 65/84, WM 1985, 785 (787). 669 Zutr. Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen, S. 20; a.A. offenbar BGH v. 5.3.1986 – VIII ZR 97/85, NJW-RR 1986, 984 (985); BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1839); Wolf/Pfeiffer Rz. 140, 144; Soergel/Stein § 2 AGBG Rz. 41; deutliche Betonung der Abwehrklausel auch bei Paulusch WM 1986, Beil. 10, S. 18. 670 Vgl. OLG Stuttgart v. 16.10.1980 – 3 U 130/80, ZIP 1981, 176 (178): stillschweigende Vereinbarung eines einfachen Eigentumsvorbehalts denkbar bei Anlagegütern, nicht dagegen bei zu alsbaldiger Verarbeitung und Weiterveräußerung bestimmten Waren; LG Hagen v. 27.2.1975 – 8 HO 10/75, BB 1976, 723 – obiter; Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 47; Schulte BB 1977, 269 ff. (274); von Westphalen DB 1977, 1637; im Ergebnis auch Flume Das Rechtsgeschäft, S. 675; für die Möglichkeit stillschweigender Einbeziehung bei entsprechenden Anhaltspunkten auch Serick Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung Bd. I, S. 85 ff.; Lambsdorff Handbuch des Eigentumsvorbehalts, 1983, Rz. 55 ff.; offen lassend BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1840); a.A. Bunte JA 1982, 325. 671 A.A. BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1840); BGH v. 5.3.1986 – VIII ZR 97/85, WM 1986, 643 (644); wie hier Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen, S. 20; Wolf/Pfeiffer Rz. 144; Eckert/Nebel WM 1988, 1550; vgl. auch OLG Hamburg v. 5.1.1977 – 5 U 158/76, NJW 1977, 1402; weitergehend OLG Hamburg v. 21.6.1977 – 7 U 7/77, NJW 1978, 222, das zur Bejahung des Eigentumsvorbehalts auf die über lange Jahre andauernde Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien und den Umstand abstellte, dass die Lieferungen bisher jeweils unter Eigentumsvorbehalt erfolgten; gegen jede Einschränkung bei Anerkennung des einseitig erklärten Eigentumsvorbehalts aber Mayer NJW 1978, 1037 f.; zur Möglichkeit eines nachträglich im Zuge des Erfüllungsgeschäfts einseitig erklärten Eigentumsvorbehalts vgl. Rz. 127, 197.

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Annahme stillschweigender Einbeziehung in den betreffenden Branchen672, erscheint nicht zuletzt wegen der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten derartiger Verlängerungsformen673 zweifelhaft674. Ein Handelsbrauch über den (einfachen) Eigentumsvorbehalt, der nach § 346 HGB die Konstruktion einer stillschweigenden Einbeziehung überflüssig machen würde, kommt allenfalls für wenige Branchen in Betracht675. – Zur Abbedingung eines Eigentumsvorbehalts in den Einkaufsbedingungen eines Handelsunternehmens vgl. BGH NJW 1979, 2199, dazu krit. Teil 2, (17) Einkaufsbedingungen Rz. 2. 196

Hat der Käufer in seine AGB eine allgemein gefasste Abwehrklausel aufgenommen, so lässt die höchstrichterliche Rechtsprechung daran die Einbeziehung des verlängerten und ebenso auch des einfachen Eigentumsvorbehalts in den Kaufvertrag (zur Frage aufschiebend bedingter Übereignung vgl. Rz. 127, 197) unabhängig von ihrer Branchenüblichkeit scheitern676. Dem ist jedenfalls im Falle der Branchenüblichkeit des Eigentumsvorbehalts nicht zu folgen677.

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Ist die wirksame Einbeziehung des Eigentumsvorbehalts des Verkäufers in den Kaufvertrag nach Maßgabe von Rz. 195, 196 an den widersprechenden AGB des Käufers oder an der Unwirksamkeit der in Frage stehenden Eigentumsvorbehaltsklausel gemäß § 307 gescheitert, so verbleibt ihm gleichwohl die Möglichkeit, im Zuge des Erfüllungsgeschäfts den Eigentumsvorbehalt einseitig zur Geltung zu bringen (vgl. dazu bereits Rz. 127). Dabei kann dem Vorbehalt des Eigentums in den nicht Vertragsinhalt gewordenen AGB wesentliche Bedeutung zukommen, soweit die Auslegung der Übereignungserklärung des Verkäufers in Frage steht. In diesen Fällen kann der Käufer in der Übergabe der Kaufsache nämlich nicht ohne Weiteres eine unbedingte Übereignungserklärung sehen, sondern muss mit einer lediglich aufschiebend bedingten Erklärung rechnen678. Das gilt selbst dann, wenn der Käufer von der Eigentumsvorbehaltsklausel keine Kenntnis genommen hat, zumutbarerweise 672 So Eckert/Nebel WM 1988, 1545 (1550) mit Hinweis auf die andernfalls dem Lieferanten aus der Vereinbarung einer Globalzession zwischen Käufer und Bank drohenden Nachteile; a.A. BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83, NJW 1985, 1838 (1840); BGH v. 5.3.1986 – VIII ZR 97/85, WM 1986, 643 (644); Wolf/Pfeiffer Rz. 144. 673 Hierauf weist zutr. OLG Hamm v. 4.2.1985 – 5 U 65/84, WM 1985, 785 (787) hin. 674 Ablehnend BGH v. 22.3.1995 – VIII ZR 20/94, NJW 1995, 1671 (1672); von Westphalen DB 1977, 1638; a.A. Schulte BB 1977, 274. 675 Vgl. Fn. 632; dazu auch Serick Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung Bd. I, S. 87; Lambsdorff Handbuch des Eigentumsvorbehalts, 1983, Rz. 47 ff. 676 So BGH v. 30.5.1979 – VIII ZR 232/78, NJW 1979, 2199 und BGH v. 28.6.1990 – IX ZR 107/89, WM 1990, 1671 (1672); zust. von Westphalen ZIP 1987, 1367. 677 Vgl. Rz. 194; weitergehend Lieb in FS Baumgärtel, 1990, S. 311 ff. (für generelle Unwirksamkeit der Abwehrklausel, da Verkäufer nicht vorleistungspflichtig). 678 So zu Recht BGH v. 30.3.1988 – VIII ZR 340/86, NJW 1988, 1774 (1776); BGH v. 3.2.1982 – VIII ZR 316/80, NJW 1982, 1749; BGH v. 5.5.1982 – VIII ZR 162/81, NJW 1982, 1751; BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 165/85, ZIP 1986, 1052 (1054); OLG Düsseldorf v. 6.7.1988 – 11 U 161/87, ZIP 1988, 1415 (1416); dem zust. de Lousanoff NJW 1982, 1727 (1728); Ulmer/Schmidt JuS 1984, 18 (23 f.); Schlechtriem Kollidierende Standardbedingungen, S. 18; im Ergebnis trotz anderen Ansatzes ebenso Lieb in FS Baumgärtel, 1990, S. 322 f.; a.A. jedoch Bunte ZIP 1982, 449 (451); Bunte JA 1982, 321 (326); Kemper BB 1983, 95; von Westphalen BB 1980, 1401 (1406 f.); hinsichtlich der gemäß § 9 AGBG/§ 307 BGB unwirksamen Klausel auch Tiedtke ZIP 1988, 784 (785 f.). Für ergänzende Auslegung des Kaufvertrags bei Unwirksamkeit bzw. Ungewöhnlichkeit (i.S.v. § 305c Abs. 1) des erweiterten Eigentums- oder Konzernvorbehalts M. Weber BB 1989, 1772 ff.

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aber hätte nehmen können, nachdem der Verkäufer während der Vertragsverhandlungen auf deren – angestrebte – Geltung hingewiesen hatte679.

VI. Verbraucherverträge 1. Vorgaben der EG-Richtlinie 93/13/EWG Die Richtlinie 93/13/EWG enthält zwar keine ausdrücklichen Vorgaben betreffend die Einbeziehung „missbräuchlicher Klauseln“ i.S.d. Art. 2 Abs. 1, Art. 3 RL 93/13/EWG in Verbraucherverträge (Rz. 106a). Ihr Art. 5 Satz 1 hat indes zur Folge, dass die Ausprägungen des Transparenzgebots im nationalen Recht richtlinienkonform auszulegen sind; im Zusammenhang mit den Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 ist hiervon betroffen die in Nr. 2 geregelte Obliegenheit betr. die Verschaffung der Möglichkeit für den Kunden, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen (vgl. bereits Rz. 106a sowie zu den Konsequenzen Rz. 199 f.).

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2. Standardverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) Insoweit gelten bei Anwendung von § 305 Abs. 2 und 3 keine Besonderheiten. Der Umstand, dass die Standardbedingungen kraft der Fiktion des § 310 Abs. 3 Nr. 1 auch von einem Dritten „gestellt“ sein können, ändert nichts daran, dass über ihre Einbeziehung in den Einzelvertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher Verständigung erzielt werden muss und dass der Unternehmer entweder selbst oder durch einen für ihn handelnden Dritten die Obliegenheiten des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 erfüllen muss, um die von ihm gewünschte Einbeziehung zu gewährleisten. Für Standard-Verbraucherverträge kann daher in vollem Umfang auf die vorstehende Kommentierung verwiesen werden.

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3. Einzelverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 2) Die Regelung des § 310 Abs. 3 Nr. 2 betr. vorformulierte Einzel-Verbraucherver- 200 träge bezieht die Vorschrift des § 305 Abs. 2 nicht in die Verweisung derjenigen Normen des AGB-Rechts ein, die auch auf derartige Einzelverträge Anwendung finden sollen. Das ist sachgerecht, soweit es um die in § 305 Abs. 2 Nr. 1 normierten Einbeziehungsvoraussetzungen geht, da sich bei Einzelverträgen die für AGB als Rahmenbedingungen typische Einbeziehungsproblematik nicht stellt, Vertragsabschluss und -inhalt sich vielmehr grundsätzlich nach §§ 145 ff. richten. Anderes gilt jedoch für die in § 305 Abs. 2 Nr. 2 genannten Obliegenheiten des Verwenders, dem Kunden die Möglichkeit zumutbarer Kenntnis von den AGB zu verschaffen; als Ausprägung des in Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG geregelten Transparenzgebots ist sie im Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher auch beim Abschluss eines vorformulierten Einzelvertrags zu beachten (Rz. 106a, 198). Die fehlende Verweisung hierauf in § 310 Abs. 3 Nr. 2 steht angesichts der Notwendigkeit richtlinienkonformer Auslegung dieser Vorschrift nicht entgegen (vgl. Rz. 106a und Einl. Rz. 96 ff.). Kommt der Unternehmer dieser Obliegenheit nicht nach, so liegt darin ein Einbeziehungshindernis für dieje679 BGH v. 3.2.1982 – VIII ZR 316/80, NJW 1982, 1749.

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nigen vorformulierten Vertragsteile, die den Anforderungen der Lesbarkeit und Verständlichkeit nicht entsprechen. Erstreckt sich der Mangel auf den gesamten Vertrag, so steht dem Verbraucher im Hinblick auf den mit Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG übereinstimmenden Rechtsgedanken des § 306 Abs. 1 allerdings das Recht zu, unter Verzicht auf die seinem Schutz dienenden Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 den Unternehmer an dem von diesem vorformulierten Vertrag fest zu halten.

D. Rahmenvereinbarung (§ 305 Abs. 3) I. Überblick 1. Allgemeines 201

Durch § 305 Abs. 3 trägt der Gesetzgeber den Erschwernissen des Geschäftsverkehrs auf Grund der Vorschriften des Abs. 2 Rechnung und lässt es zu, für bestimmte Arten von Geschäften mit Verbrauchern die Geltung bestimmter AGB des Verwenders im Voraus zu vereinbaren; für Geschäfte mit Unternehmern und öffentlich-rechtlichen Vertragspartnern (Rz. 111) besteht diese Möglichkeit nach § 310 Abs. 1 auch ohne Beachtung der Anforderungen des Abs. 3 (§ 310 Rz. 30). Bedeutung kommt der Regelung vor allem für diejenigen Fälle zu, die nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 305 Abs. 2 Nr. 1 für typische Massengeschäfte des täglichen Lebens fallen und für die daher zur Einbeziehung der AGB ein deutlich sichtbarer Aushang nicht ausreicht. Als Vorbild für die Regelung dienten offenbar die AGB der Banken und anderer Kreditinstitute, wie der entsprechende Hinweis der Begründung zum AGBG (BT-Drucks. 7/3919 S. 18) zeigt. Diese werden allerdings abweichend von § 305 Abs. 3 nicht isoliert, sondern zugleich mit der Kontoeröffnung zwischen dem Kunden und der Bank vereinbart und sind daher nach zutr. Ansicht als Bestandteil eines umfassenden Bankvertrags anzusehen (Rz. 204). Neben dem Girogeschäft gelten sie auch für sonstige Bankgeschäfte, darunter den Wertpapier- und Devisenhandel, das Verwahrungs- und Diskontgeschäft sowie den Wechsel- und Scheckverkehr (vgl. dazu sowie zu Sonderbedingungen Teil 2, (8) Banken (Kreditinstitute)680. Zur Rechtsnatur der Rahmenvereinbarung vgl. Rz. 203, 205.

202

Nach der Begründung zum AGBG (S. 18) enthält Abs. 3 nur eine klarstellende Verweisung auf die dort genannte Möglichkeit eines Rahmenvertrags. Das gilt freilich nur mit Einschränkungen. Denn einerseits war früher umstritten, ob „Normenvereinbarungen“ nach Art von Abs. 3, die sich ausschließlich auf die Einbeziehung der AGB des einen Teils in künftig zwischen den Parteien zustande kommende Verträge beziehen, mangels konkreten Verpflichtungsinhalts überhaupt den Mindesterfordernissen eines Schuldvertrags entsprechen (vgl. Näheres in Rz. 203 f.); mit der Anerkennung dieses Vertragstyps in § 305 Abs. 3 hat der Gesetzgeber zugleich den bisherigen Streit entschieden. Zum anderen ist der Abschluss einer Rahmenvereinbarung über die Einbeziehung von AGB in § 305 Abs. 3 an eine Reihe von Anforderungen geknüpft, die sich z.T. auf den Vertragsinhalt beziehen (Rz. 207, 208), z.T. den Vertragsabschluss selbst betreffen

680 Canaris Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981, Rz. 2496; Baumbach/Hopt AGB-Banken (8) § 1 Rz. 3 mit Bankgeschäfte (7) Rz. A/6 ff.

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Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen in den Vertrag

§ 305 BGB

(Rz. 209). Diese Anforderungen gehen in ihrer Wirkung auf das allgemeine Vertragsrecht sogar noch über die oben (Rz. 119 ff.) genannten Modifikationen nach § 305 Abs. 2 hinaus, da sie eine Einschränkung gegenüber der in §§ 315 ff. vorgesehenen Möglichkeit der Einräumung einseitiger Gestaltungsbefugnisse an eine Partei enthalten.

2. Rechtsnatur und Gegenstand Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung nach Art von § 305 Abs. 3 als Vertrag zu qualifizieren ist, war früher umstritten. Namentlich die Rechtsprechung lehnte es lange Zeit ab, solchen „Normen-“ oder „Richtlinienverträgen“681 eigene Rechtswirkungen zuzuerkennen und sie als Rechtsgeschäft zu qualifizieren682. Im Schrifttum fanden sich zwar auch abweichende Stimmen683. Von der Entwicklung allgemein anerkannter, dogmatisch abgesicherter Grundsätze war man aber weit entfernt684.

203

In der früheren Diskussion wurden „Normenverträge“ verbreitet gleichgesetzt mit dem Bankvertrag wegen der darin vereinbarten, vom Regelungsinhalt des Zahlungsdiensterahmenvertrags (§ 675f Abs. 2) zu unterscheidenden umfassenden Geltung der AGB-Banken für die Vertragsbeziehungen zwischen Bank und Kunden. Umstritten war und ist freilich der Inhalt eines solchen, die laufenden Geschäftsbeziehungen zwischen Bank und Kunde überwölbenden Bankvertrags als Dauerschuldverhältnis. Während ein Teil der Literatur den Bankvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag und Grundlage zumindest sekundärer rechtsgeschäftlicher Pflichten auf Seiten der Bank beurteilt685, sehen andere darin nur oder in erster Linie einen Rahmenvertrag über die Geltung der Banken-AGB im künftigen Geschäftsverkehr zwischen Bank und Kunde i.S.v. § 305 Abs. 3 (früher § 2 Abs. 2 AGBG)686. Der XI. Senat des BGH ist in einer Grundsatzentscheidung des Jahres 2002 keiner dieser Ansichten gefolgt, sondern hat sich unter Berufung auf andere Literaturansichten687 gegen die Anerkennung eines die Einbeziehung

204

681 Bezeichnungen nach A. Hueck Normenverträge, IherJb 73 1923, 33 ff. 682 Grundlegend RGZ 58, 151 (155); vgl. weiter die Nachw. aus dem Bankvertragsrecht bei Raiser AGB, S. 139 ff.; ähnlich Klausing Krediteröffnungsvertrag, 1932, S. 77 ff., 89; A. Hueck IherJb 73 1923, 37 f.; a.A. etwa BGH v. 28.1.1974 – III ZR 185/71, WM 1974, 272 (273), allerdings ohne Auseinandersetzung mit der früheren Rechtsprechung. 683 Vgl. namentlich Haupt Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken, 1937, S. 37 ff., 40, der von einer unmittelbaren Einbeziehungswirkung der im Normenvertrag vereinbarten AGB in die künftigen Einzelverträge der Vertragspartner ausging; zurückhaltend demgegenüber Raiser AGB, S. 127 ff., 140 f. wegen zu geringer wirtschaftlicher Basis eines auf die Regelung der AGB-Geltung beschränkten, nicht auf kollektiver Ebene ausgehandelten Vertrags. 684 Vgl. nur Lukes in FS Hueck, 1959, S. 478, der den „rechtlichen Erfolg“ des Richtlinienvertrags als Rechtsgeschäft darin sah, zur Aufstellung der AGB zu kommen, unabhängig von deren späterem Schicksal im Rahmen der Einzelverträge. 685 So etwa Raiser AGB, S. 145 f.; Baumbach/Hopt HGB BankGesch (7) Rz. A/6; Hopt in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2011, § 1 Rz. 15 ff. m. umf. Nachw.; siehe ferner Staudinger/Martinek (2006) § 675 Rz. B 31 ff.; Claussen Bank- und Börsenrecht, 3. Aufl. 2003, § 4 Rz. 10d ff.; Ulmer Vertragshändler, S. 317 f. 686 Vgl. etwa K. Schmidt Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, § 20 I 2b m.w.N. 687 Insb. Staub/Canaris, 4. Aufl. 1988, Bankvertragsrecht Rz. 2 ff., 11; MünchKommHGB/ Hadding/Häuser, 1. Aufl. 2001, ZahlungsV Rz. A 151 f.; MünchKomm/Westermann, 3. Aufl. 1992 ff., Vor § 607 Rz. 15 f.; Schwark ZHR 151 (1987), 325 (329 f.) u.a.

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§ 305 BGB

Einbeziehung Allgemeiner Geschftsbedingungen in den Vertrag

der Banken-AGB regelnden separaten Bankvertrags ausgesprochen688; dabei hat er offenbar die Vorschrift des § 2 Abs. 2 AGBG missverstanden689. 205

Die ausdrückliche Zulassung der Rahmenvereinbarung nach Abs. 3 hat diesen Streit zumindest für den AGB-Bereich entschieden. Die Vereinbarung ist als Dauerschuldverhältnis eigener Art anzusehen, gerichtet auf Festlegung eines durch die AGB konkretisierten Vertragsrahmens für die künftig zwischen den Parteien abzuschließenden Einzelgeschäfte690. In der Entscheidung darüber, ob sie derartige Einzelverträge abschließen wollen, bleiben die Parteien zwar frei. Kommt es aber zum Abschluss, so richtet sich das Wie der Durchführung – vorbehaltlich abweichender Individualabreden (§ 305b) – nach der in der Rahmenvereinbarung festgelegten Vertragsordnung691. Die Ansichten, die in Vereinbarungen dieser Art nur ein Hilfsmittel der Auslegung sahen692, erscheinen daher überholt.

II. Form 206

Eine bestimmte Form ist, abgesehen von der Einhaltung der teilweise693 als Formerfordernisse qualifizierten Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2, für die Rahmenvereinbarung nicht vorgesehen. Schon im Hinblick auf die erheblichen Beweisprobleme bei mündlichem Vertragsschluss (Rz. 166 f.) kommt aber praktisch nur die Schriftform in Betracht. Wird sie eingehalten, so lässt sich durch Vorlage der Vertragsurkunde nicht nur die übereinstimmende Erklärung beider Teile nachweisen, sondern in aller Regel auch die Erfüllung der in § 305 Abs. 3 in Bezug genommenen Obliegenheiten des Verwenders nach Abs. 2 Nr. 1 und 2. Ein konkludenter Abschluss der Rahmenvereinbarung auf Grund vielfach wiederholter Einbeziehungsvereinbarungen nach § 305 Abs. 2 in einer laufenden Geschäftsverbindung ist wegen der besonderen Abschluss- und Inhaltsvoraussetzungen des § 305 Abs. 3 kaum denkbar (Rz. 209). Die Einbeziehung der AGB in eine Vielzahl von Einzelverträgen des Verwenders mit dem gleichen Kunden reicht für sich genommen keinesfalls aus, um zu einer Rahmenvereinbarung zu kommen694. Daher ist es auch nicht möglich, unter Berufung auf § 305 Abs. 3 die frühere Rechtsprechung über die Geltung von AGB im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung beizubehalten (vgl. dazu Rz. 159). Enthalten AGB, die nach Maßgabe von § 305 Abs. 2 in einen Einzelvertrag einbezogen 688 BGH v. 24.9.2002 – XI ZR 345/01, BGHZ 152, 114 (118 f.) = NJW 2002, 3695; ebenso MünchKomm/K. P. Berger Vor § 488 Rz. 69; krit. M. Roth WM 2003, 480; a.A. BGH v. 26.4.2004 – II ZR 120/02, WM 2004, 1237 (1238) (II. ZS). 689 Nur so erklärt sich die Feststellung in BGH v. 24.9.2002 – XI ZR 345/01, BGHZ 152, 114 (119), eines allgemeinen Bankvertrags bedürfe es für die AGB-Einbeziehung „mit Rücksicht auf § 2 Abs. 2 AGBG“(?) nicht. 690 BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, ZIP 2014, 1077 (Tz. 46); entgegen BGH v. 24.9.2002 – XI ZR 345/01, BGHZ 152, 114 (118 f.) = NJW 2002, 3695 auch BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1195); ferner Erman/Roloff § 305 Rz. 44; Stoffels Rz. 309; Staudinger/Schlosser Rz. 183; terminologisch, aber wohl nicht in der Sache abweichend Wolf/Pfeiffer Rz. 114. 691 BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, ZIP 2014, 1077 (Tz. 46). 692 RGZ 58, 151 (155); dazu Raiser AGB, S. 127 ff., 140 f. m.w.N. 693 Vgl. die Nachw. in Fn. 369. 694 BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1195); Staudinger/Schlosser Rz. 178; Wolf/Pfeiffer Rz. 115, Löwe § 2 AGBG Rz. 23.

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werden, eine Klausel, die ihre Geltung entsprechend § 305 Abs. 3 zugleich auf alle künftigen Verträge dieser Art zwischen den Parteien ausdehnt, so wird darin regelmäßig eine überraschende und daher nach § 305c Abs. 1 nicht Vertragsbestandteil werdende Bestimmung zu sehen sein695.

III. Inhalt 1. Bestimmte Art von Rechtsgeschäften Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung nach § 305 Abs. 3 setzt die Bezeich- 207 nung derjenigen Rechtsgeschäfte voraus, für die es zur Einbeziehung der AGB des Verwenders kommen soll. Es ist daher nicht möglich, die Geltung der AGB für sämtliche künftig zwischen Verwender und Kunde zustande kommenden Verträge zu vereinbaren (einh. M.) oder die Rahmenvereinbarung auch nur auf alle künftigen, mit dem derzeitigen Geschäftsbetrieb des Verwenders zusammenhängenden Verträge auszudehnen696. Andererseits bestehen keine Bedenken, die Rahmenvereinbarung auf mehrere bestimmte Arten von Rechtsgeschäften zu erstrecken, soweit es sich um Rechtsgeschäfte verwandter Art handelt und die Verwendung der gleichen AGB keine Verwirrung stiftet697. Das zeigt das Beispiel der AGB-Banken, die der Regelung des § 305 Abs. 3 als Vorbild dienten (Rz. 201). Die Bezugnahme auf „eine bestimmte Art“ im Wortlaut von § 305 Abs. 3 steht nicht entgegen.

2. Bestimmte AGB Die Rahmenvereinbarung muss sich auf bestimmte AGB des Verwenders beziehen. Eine Bezugnahme auf die „jeweils geltende Fassung“ ist ausgeschlossen698. Zur entspr. Rechtslage bei Einbeziehung in den Einzelvertrag nach § 305 Abs. 2 vgl. Rz. 165. Die Anwendung neugefasster AGB durch den Verwender macht, sofern nicht das Klauselwerk eine Änderungsklausel enthält (Rz. 164 f.), eine Änderungskündigung unter Beachtung der in § 305 Abs. 2 geregelten Voraussetzungen erforderlich.

208

IV. Erfüllung der Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Als weitere Wirksamkeitsvoraussetzung für den außerhalb des unternehmerischen Geschäftsverkehrs (Rz. 201) geschlossenen Rahmenvertrag nennt § 305 Abs. 3 die Beachtung der in Abs. 2 genannten Erfordernisse, d.h. den ausdrücklichen Hinweis des Verwenders auf seine AGB (Nr. 1) und die Verschaffung der Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme (Nr. 2). Hierzu kann grundsätzlich auf die Erläuterungen zu § 305 Abs. 2 (Rz. 123 ff., 145 ff.) verwiesen werden. Eine 695 So im Ergebnis auch Staudinger/Schlosser Rz. 178; Wolf/Pfeiffer Rz. 115; im Ergebnis auch Löwe § 2 AGBG Rz. 23, der darin auch einen Anwendungsfall des § 4 AGBG (jetzt: § 305b BGB) sieht. 696 So aber A. Stein § 2 AGBG Rz. 36. 697 Ähnlich Wolf/Pfeiffer Rz. 116; Erman/Roloff § 305 Rz. 45; Stoffels Rz. 311; Soergel/ Stein § 2 AGBG Rz. 31; enger Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 38. 698 Einh. M., vgl. statt aller Wolf/Pfeiffer Rz. 117; Staudinger/Schlosser Rz. 180.

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Anh. § 305 BGB

Internationaler Geschftsverkehr

Abweichung ergibt sich nur daraus, dass die Rahmenvereinbarung sich im Unterschied zum Einzelvertrag meist auf Regelungen über die Einbeziehung der AGB beschränkt und daneben keine Hauptabreden über Leistung und Gegenleistung enthält (dazu und zum Sonderfall des Bankvertrags vgl. Rz. 203 ff.). Dem Hinweis auf die Einbeziehung der AGB i.S.v. § 305 Abs. 2 Nr. 1 entspricht daher für den Fall der Rahmenvereinbarung der auf ihren Abschluss gerichtete Antrag des Verwenders. Dabei muss der Verwender freilich hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen, dass die Vereinbarung sich auch auf die Einbeziehung der AGB in künftige Verträge erstrecken soll699. Der Antrag muss dem Kunden seinem vollen Wortlaut nach ausdrücklich zugehen, während der Kunde ihn auch konkludent annehmen kann (Rz. 161)700. Aus diesem Grunde scheidet regelmäßig auch die Möglichkeit eines stillschweigenden Abschlusses der Rahmenvereinbarung auf Grund einer laufenden Geschäftsverbindung aus (Rz. 206). Anderes könnte theoretisch zwar im Anwendungsbereich der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 geregelten Ausnahme für typische Massengeschäfte des täglichen Lebens gelten, da bei ihnen ein Hinweis in Gestalt eines deutlich sichtbaren Aushangs genügt und dieser Aushang bereits den Text der AGB enthalten kann (Rz. 136 ff.). Praktische Bedeutung im Rahmen von § 305 Abs. 3 dürfte diesem Sonderfall aber kaum zukommen.

Anhang zu § 305 Internationaler Geschäftsverkehr I. Geltung des AGB-Rechts in Vertragsbeziehungen mit Ausländern

2. Besonderheiten für Unternehmer als Kunden . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Einführung a) Geltungsgründe . . . . . . . . . . . b) Sonderanknüpfungen im IPR

1 2

2. Schuldstatut und Vertragsabschlussvoraussetzungen . . . . . . . . . . . .

3

3. Auswirkungen zwischenstaatlicher Übereinkommen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . b) Übereinkommen der Vereinten Nationen über internationale Warenkaufverträge (CISG) . . . .

7 8

II. Das Sprachenproblem 1. Die Anwendung von § 305 Abs. 2 gegenüber Nichtunternehmern bei Sprachenverschiedenheit zwischen Verwender und Kunde . . . . . . . .

13

16

III. Sonstige Einbeziehungsprobleme 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . .

17

2. Schweigen; kaufmännisches Bestätigungsschreiben . . . . . . . .

18

3. Einbeziehung von AGB bei branchenüblicher Verwendung . . . . .

19

IV. Gerichtsstandsvereinbarungen im europäischen Handelsverkehr 1. Die Regelung des Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . b) Räumlicher Geltungsbereich c) Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . .

20 21 23

2. Formerfordernisse für vorformulierte Gerichtsstandsvereinbarungen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 24

699 BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1195); Erman/Roloff § 305 Rz. 44; Staudinger/Schlosser Rz. 179. 700 Enger für den Abschluss von Rahmenvereinbarungen wegen ihrer „größeren Tragweite“ für den Kunden Dietlein/Rebmann § 2 AGBG Rz. 10. Demgegenüber hält SchmidtSalzer Produkthaftung, Rz. 3.091 einen „stillschweigenden Rahmenvertrag“ offenbar auch unter Nichtkaufleuten für denkbar.

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Schmidt

Anh. § 305 BGB

Internationaler Geschftsverkehr

Abweichung ergibt sich nur daraus, dass die Rahmenvereinbarung sich im Unterschied zum Einzelvertrag meist auf Regelungen über die Einbeziehung der AGB beschränkt und daneben keine Hauptabreden über Leistung und Gegenleistung enthält (dazu und zum Sonderfall des Bankvertrags vgl. Rz. 203 ff.). Dem Hinweis auf die Einbeziehung der AGB i.S.v. § 305 Abs. 2 Nr. 1 entspricht daher für den Fall der Rahmenvereinbarung der auf ihren Abschluss gerichtete Antrag des Verwenders. Dabei muss der Verwender freilich hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen, dass die Vereinbarung sich auch auf die Einbeziehung der AGB in künftige Verträge erstrecken soll699. Der Antrag muss dem Kunden seinem vollen Wortlaut nach ausdrücklich zugehen, während der Kunde ihn auch konkludent annehmen kann (Rz. 161)700. Aus diesem Grunde scheidet regelmäßig auch die Möglichkeit eines stillschweigenden Abschlusses der Rahmenvereinbarung auf Grund einer laufenden Geschäftsverbindung aus (Rz. 206). Anderes könnte theoretisch zwar im Anwendungsbereich der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 geregelten Ausnahme für typische Massengeschäfte des täglichen Lebens gelten, da bei ihnen ein Hinweis in Gestalt eines deutlich sichtbaren Aushangs genügt und dieser Aushang bereits den Text der AGB enthalten kann (Rz. 136 ff.). Praktische Bedeutung im Rahmen von § 305 Abs. 3 dürfte diesem Sonderfall aber kaum zukommen.

Anhang zu § 305 Internationaler Geschäftsverkehr I. Geltung des AGB-Rechts in Vertragsbeziehungen mit Ausländern

2. Besonderheiten für Unternehmer als Kunden . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Einführung a) Geltungsgründe . . . . . . . . . . . b) Sonderanknüpfungen im IPR

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2. Schuldstatut und Vertragsabschlussvoraussetzungen . . . . . . . . . . . .

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3. Auswirkungen zwischenstaatlicher Übereinkommen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . b) Übereinkommen der Vereinten Nationen über internationale Warenkaufverträge (CISG) . . . .

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II. Das Sprachenproblem 1. Die Anwendung von § 305 Abs. 2 gegenüber Nichtunternehmern bei Sprachenverschiedenheit zwischen Verwender und Kunde . . . . . . . .

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III. Sonstige Einbeziehungsprobleme 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Schweigen; kaufmännisches Bestätigungsschreiben . . . . . . . .

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3. Einbeziehung von AGB bei branchenüblicher Verwendung . . . . .

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IV. Gerichtsstandsvereinbarungen im europäischen Handelsverkehr 1. Die Regelung des Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . b) Räumlicher Geltungsbereich c) Verhältnis zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . .

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2. Formerfordernisse für vorformulierte Gerichtsstandsvereinbarungen a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 24

699 BGH v. 18.6.1986 – VIII ZR 137/85, WM 1986, 1194 (1195); Erman/Roloff § 305 Rz. 44; Staudinger/Schlosser Rz. 179. 700 Enger für den Abschluss von Rahmenvereinbarungen wegen ihrer „größeren Tragweite“ für den Kunden Dietlein/Rebmann § 2 AGBG Rz. 10. Demgegenüber hält SchmidtSalzer Produkthaftung, Rz. 3.091 einen „stillschweigenden Rahmenvertrag“ offenbar auch unter Nichtkaufleuten für denkbar.

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Schmidt

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Internationaler Geschftsverkehr b) Schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung oder mündliche mit schriftlicher Bestätigung (Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. a EuGVVO) aa) Schriftlicher Vertragsschluss bb) Mündliche, schriftlich bestätigte Vereinbarung . . . . . . c) Zwischen den Parteien entstandene Gepflogenheiten (Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. b EuGVVO) . . d) Internationale Handelsbräuche (Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO) . . . . . . . . . . . . . . .

V. Auslegung und Inhaltskontrolle im internationalen Handelsverkehr 26 27 28

1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . .

31

2. Auslegung internationaler AGB . .

32

3. Inhaltskontrolle internationaler AGB a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Berücksichtigung der Besonderheiten des internationalen Handelsverkehrs . . . . . . . . . .

33 34

29

Schrifttum (vgl. auch die Nachw. vor Rz. 7, 8, 13, 20 und Rz. 31): Brunner Allgemeine Geschäftsbedingungen im Internationalen Privatrecht, 1985; Canaris Bankvertragsrecht, Teil 1, Großkommentar zum HGB (Band 5), 4. Aufl. 1988; Drobnig Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen Handelsverkehr, in FS F. A. Mann, 1977, S. 591; Firsching Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, IPRax 1981, 37; Jayme Sprachrisiko und internationales Privatrecht beim Bankverkehr mit ausländischen Kunden, in FS Bärmann, 1975, S. 509; Koch Wider den formularmäßigen Ausschluss des UN-Kaufrechts, NJW 2000, 910; Kronke Zur Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verkehr mit Auslandsberührung, NJW 1977, 992; Mankowski Strukturfragen des Internationalen Verbrauchervertragsrechts, RIW 1998, 287; Müller/Otto Allgemeine Geschäftsbedingungen und Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 1991; Pfeiffer Gerichtsstandsklauseln und EG-Klauselrichtlinie, in FS Rolf A. Schütze, 1999, S. 671; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015; Sandrock Handbuch der Internationalen Vertragsgestaltung, 1980; Schlosser Rechtszersplitterung durch internationales Einheitsrecht?, in FS D. Medicus, 1999, S. 543; Schütze Allgemeine Geschäftsbedingungen bei Auslandsgeschäften, DB 1978, 2301; Sieg Internationale Gerichtsstands- und Schiedsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, RIW 1998, 102; Sieg Allgemeine Geschäftsbedingungen im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr, RIW 1997, 811; Stoll Internationalprivatrechtliche Probleme bei Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, in FS G. Beitzke, 1979, S. 759; Thole Gerichtsstandsklauseln in Anleihebedingungen und Verbrauchergerichtsstand, WM 2014, 1205; von Westphalen International-privatrechtliche Probleme und AGB-Gesetz, WM 1978, 1310.

I. Geltung des AGB-Rechts in Vertragsbeziehungen mit Ausländern 1. Einführung a) Geltungsgründe Für den Geschäftsverkehr mit Ausländern kann das AGB-Recht der §§ 305–310 1 aus zwei unterschiedlichen Anknüpfungsgründen Geltung erlangen. Den ersten Grund bildet die Geltung deutschen Rechts als Schuldstatut und dessen Anwendung auch auf den Vertragsabschluss (vgl. dazu näher Rz. 1a, 5 f.). Sie begründet vorbehaltlich der Auswirkungen internationaler Abkommen (Rz. 7 ff.) auch die Geltung des AGB-Rechts als grundsätzlich zwingendes (Einl. Rz. 53) Vertragsrecht. Als zweiter Grund kommen Sonderanknüpfungen in Betracht, die die Anwendung zwingenden deutschen Vertragsrechts trotz grundsätzlicher Geltung eines ausländischen Schuldstatuts sicherstellen sollen (vgl. Rz. 2 ff.). Zur Unterlassungsklage gegen ausländische AGB-Verwender nach dem UKlaG siehe unten § 4a UKlaG Rz. 3 ff. Schmidt

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Anh. § 305 BGB 1a

Internationaler Geschftsverkehr

Für die Bestimmung des Schuldstatuts werden für einen langen Übergangszeitraum zwei kollisionsrechtliche Systeme existieren. Für ab dem 17.12.2009 geschlossene Verträge1 richtet sich die Bestimmung des Schuldstatuts nach den Regelungen der in den EU-Mitgliedstaaten2 unmittelbar geltenden3 Rom I-Verordnung (Rom I)4. Auf Grund der unmittelbaren und vorrangigen Geltung von Rom I sind mit dem Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 25.6.20095 die Art. 27–37 EGBGB mit Wirkung ab dem 17.12.2009 aufgehoben worden; Art. 29a EGBGB ist in leicht veränderter Form in Art. 46b EGBGB überführt worden6. Gemäß Art. 23 Rom I wird Art. 46b EGBGB durch Rom I nicht verdrängt7. Da Rom I nur für ab dem 17.12.2009 geschlossene Verträge gilt, bleiben für vor dem 17.12.2009 geschlossene Verträge die aufgehobenen Bestimmungen der Art. 27–37 EGBGB anwendbar8. Das gilt auch für Art. 29a EGBGB, der in der Begründung zum IPRAnpassungsgesetz zwar nicht explizit bei der Aufzählung der aufgehobenen Bestimmungen genannt wird, aber ebenfalls erst mit Wirkung ab dem 17.12.2009 aufgehoben und in Art. 46b EGBGB überführt worden ist9. Daraus resultiert ein zweispuriges kollisionsrechtliches System10. Im Folgenden werden daher sowohl die für vor dem 17.12.2009 abgeschlossene Verträge maßgeblichen früheren Regelungen des EGBGB, als auch die für ab dem 17.12.2009 abgeschlossene Verträge geltenden Regelungen von Rom I berücksichtigt. b) Sonderanknüpfungen im IPR

2 Zur derzeitigen Zweispurigkeit des kollisionsrechtlichen Systems vgl. Rz. 1a. Nach dem für vor dem 17.12.2009 geschlossene Verträge weiterhin maßgeblichen früheren Art. 27 EGBGB gilt der Grundsatz der Freiheit der Rechtswahl der Parteien. Für ab dem 17.12.2009 geschlossene Verträge ergibt sich der Grundsatz der freien Rechtswahl aus Art. 3 Abs. 1 Rom I. Eine Inhaltskontrolle vorformulierter, auf ausländisches Recht verweisender Rechtswahlklauseln nach 1 Art. 29 Rom I i.V.m. Berichtigung Rom I v. 4.7.2008, ABl. EU Nr. L 309 v. 24.11.2009, S. 87. 2 Mit Ausnahme Dänemark, vgl. Palandt/Thorn (IPR) Rom I Vorbemerkung Rz. 2. 3 Art. 3 Nr. 1 lit. b EGBGB hebt das hervor. 4 VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. EU Nr. L 177 v. 4.7.2008, S. 6. Siehe dazu Leible/Lehmann RIW 2008, 528; Martiny RIW 2009, 737. 5 BGBl. 2009 I 1574; vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes. 6 Siehe dazu die Begründung zum Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des internationalen Privatrechts an die VO (EG) Nr. 593/2008, BT-Drucks. 16/12104 S. 8, 10. 7 Vgl. MünchKomm/Martiny Art. 23 Rom I-VO Rz. 3, 15. 8 Vgl. die Begründung zum Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des internationalen Privatrechts an die VO (EG) Nr. 593/2008, BT-Drucks. 16/12104 S. 10, die als „aufgehobene“ Bestimmungen allerdings nur die Art. 27 bis 29 und die Art. 30 bis 37 nennt. Vgl. weiterhin MünchKomm/Martiny, 6. Aufl. 2015, Art. 28 Rom I-VO Rz. 5; Palandt/Thorn (IPR) Rom I, Vorbemerkung Rz. 1. Siehe auch BGH v. 24.9.2014 – I ZR 35/11, NJW 2015, 1690 (Tz. 42); BAG v. 19.3.2014 – 5 AZR 252/12, BeckRS 2014, 70206 (Tz. 18); BGH v. 23.6.2010 – VIII ZR 135/08, BeckRS 2010, 17867 (Tz. 24). 9 Vgl. Art. 1 Nr. 4 des IPR-Anpassungsgesetzes vom 25.6.2009, der die Aufhebung des gesamten, die Art. 27 bis 37 umfassenden Unterabschnitts des Fünften Abschnitts des EGBGB in der damaligen Fassung vorsieht. Vgl. auch BGH v. 24.9.2014 – I ZR 35/11, NJW 2015, 1690 (Tz. 42); dort wird für die für vor dem 17.12.2009 geschlossene Verträge weiterhin anzuwendenden Regelungen des EGBGB auf die „aufgehobenen Bestimmungen der Art. 27 bis 34 EGBGB“ abgestellt und damit auch Art. 29a EGBGB erfasst. 10 Palandt/Thorn (IPR) Rom I, Vorbemerkung Rz. 1.

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§ 307 ist ausgeschlossen; die Wirksamkeit der Rechtswahlklausel richtet sich nach der gewählten ausländischen Rechtsordnung (vgl. näher Teil 2, (36) Rechtswahlklauseln Rz. 1 ff.). Die im früheren Art. 28 Abs. 2 EGBGB für den Fall fehlender Rechtswahl vorgesehene grundsätzliche Geltung des Rechts des Sitzes der Vertragspartei, die die für den Vertrag „charakteristische Leistung“ zu erbringen hat, begünstigt im Regelfall den ausländischen Verwender und führt zur Geltung ausländischen Rechts. Gleiches gilt für Art. 4 Rom I in einer Reihe der in Abs. 1 der Vorschrift für bestimmte Vertragstypen ausdrücklich geregelten Fälle und für Art. 4 Abs. 2 Rom I, der für nicht von Art. 4 Abs. 1 Rom I erfasste Fälle auf den Sitz der Vertragspartei, die die für den Vertrag „charakteristische Leistung“ zu erbringen hat, abstellt. Durch eine Reihe von Sonderanknüpfungen sorgt das IPR jedoch dafür, dass die dem Schutz des anderen Vertragsteils dienenden zwingenden Vertragsvorschriften des inländischen Rechts, darunter insbesondere auch diejenigen des AGB-Rechts der §§ 305–310, bei Geltung ausländischen Rechts gleichwohl zur Anwendung kommen (Rz. 2a, 2b). Der frühere Art. 29 EGBGB (zu Art. 29a EGBGB vgl. Rz. 2b) schreibt für Verbraucherverträge, die der Kunde zu nicht beruflichen oder gewerblichen Zwecken über die Lieferung beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen oder über die Finanzierung solcher Geschäfte schließt, nach näherer Maßgabe von Art. 29 Abs. 1 Nr. 1–3 EGBGB trotz Vereinbarung ausländischen Rechts die Anwendung derjenigen dem Verbraucherschutz dienenden Vorschriften vor, die am gewöhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers zwingende Geltung haben. Eine im Wesentlichen vergleichbare Regelung enthält Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I. Das bezieht sich für Kunden mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland vor allem auch auf die Vorschriften des AGB-Rechts (allg. M.). Besteht keine Rechtswahlvereinbarung, kommt es bei unter den in Art. 29 Abs. 1 EGBGB bezeichneten Umständen zustande gekommenen Verbraucherverträgen für das maßgebliche Recht nicht darauf an, zu welchem Staat der Vertrag i. S. v. Art. 28 EGBGB die engste Verbindung aufweist. Anzuwenden ist nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, was dann auch die Geltung des inländischen Verbraucherschutzrechts sicherstellt. Dazu führt auch Art. 6 Rom I. Diese Regelung sieht bei Vorliegen der in Art. 6 Abs. 1 lit. a und lit. b Rom I genannten Voraussetzungen grundsätzlich die Geltung des Rechts des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vor, und damit auch bei fehlender Rechtswahl. Damit findet für Verträge mit inländischen Verbrauchern, die einen Inlandsbezug nach Maßgabe von Art. 29 Abs. 1 EGBGB bzw. Art. 6 Abs. 1 Rom I aufweisen, das AGB-Recht der §§ 305–310 uneingeschränkt Anwendung. Eine weitere, nicht auf Verbraucherverträge beschränkte Sonderanknüpfung zu Gunsten der Geltung zwingenden innerstaatlichen Rechts trotz abweichender Rechtswahl enthält Art. 27 Abs. 3 EGBGB. Danach werden bei einem Sachverhalt, der im Zeitpunkt der Rechtswahl nur zu einem Staat eine Verbindung aufweist, die zwingenden Vorschriften dieses Staates durch die Rechtswahl nicht berührt. In vergleichbarer Weise stellt Art. 3 Abs. 3 Rom I darauf ab, ob „alle anderen Elemente des Sachverhalts“ in einem anderen als demjenigen Staat belegen sind, dessen Recht gewählt wurde, und sieht für diesen Fall vor, dass die Rechtswahl nicht die Anwendung derjenigen Bestimmungen des Rechts dieses anderen Staates berührt, von denen

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„nicht durch Vereinbarung abgewichen“ werden kann11. Zu den „zwingenden Vorschriften“ bzw. Bestimmungen, von denen „nicht durch Vereinbarung abgewichen“ werden kann, zählen auch die §§ 305–31012. Art. 27 Abs. 3 EGBGB und Art. 3 Abs. 3 Rom I haben daher namentlich Bedeutung für die Anwendung des AGB-Rechts auf Verträge mit inländischen Unternehmern (§ 14) trotz der Wahl eines ausländischen Schuldstatuts. – Zu den Sonderregelungen in Art. 31 EGBGB und Art. 10 Rom I über das für den Vertragsabschluss geltende Recht vgl. Rz. 6. 2b

Weiterhin kann für ab dem 17.12.2009 geschlossene Verträge (vgl. Rz. 1a) Art. 46b EGBGB zur Anwendung der §§ 305–310 bei grundsätzlicher Geltung ausländischen Rechts führen13 (zur Ersetzung des früheren Art. 29a EGBGB durch Art. 46b EGBGB siehe Rz. 1a). Das gilt auch für vorformulierte Einzelverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 2, dazu § 310 Rz. 79 ff.). Bei Vorliegen des engen Zusammenhangs i.S.v. Art. 46b Abs. 2 EGBGB mit dem Gebiet eines EU- oder EWR-Mitgliedstaats sind die im Gebiet dieses Staates geltenden Bestimmungen zur Umsetzung der in Art. 46b Abs. 4 EGBGB aufgeführten Verbraucherschutzrichtlinien auch dann anzuwenden, wenn der Vertrag auf Grund einer Rechtswahl nicht dem Recht eines EU- oder EWR-Mitgliedstaats unterliegt. Zu den erfassten Verbraucherschutzrichtlinien gehört nach Art. 46b Abs. 4 Nr. 1 EGBGB auch die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Besteht der von Art. 46b Abs. 1 und 2 EGBGB vorausgesetzte enge Zusammenhang mit dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, ist die Sonderanknüpfung für das AGB-Recht gegeben. Für vor dem 17.12.2009 geschlossene Verträge bleibt der frühere und mit Art. 46b EGBGB im Wesentlichen übereinstimmende Art. 29a EGBGB anwendbar (vgl. Rz. 1a). Zu den Bestimmungen, die i.S.v. Art. 46b EGBGB bzw. Art. 29a EGBGB zur Umsetzung der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen gelten, sind alle Vorschriften des AGB-Rechts zu zählen und nicht nur diejenigen Regelungen, die auf Grund der Richtlinie modifiziert oder neu eingeführt (vgl. dazu auch Einl. Rz. 26, 92) worden sind. Soweit die Richtlinie aus der Sicht des deutschen Gesetzgebers für das AGB-Recht keinen Änderungsbedarf begründet hat, gelten auch die hiervon betroffenen Vorschriften des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie, sei es, weil sie (aus der Sicht des deutschen Gesetzgebers) den Vorgaben der Richtlinie bereits entsprechen, oder weil sie gemäß Art. 8 RL 93/13/EWG zulässigerweise über die Richtlinie hinausgehen14 (vgl. auch Einl. Rz. 96).

2c Demgegenüber kann die Anwendung des AGB-Rechts bei Geltung ausländischen Rechts nicht auf Art. 34 EGBGB bzw. Art. 9 Rom I gestützt werden15 11 Vgl. schließlich auch noch die Sonderanknüpfungen an das Gemeinschaftsrecht in Art. 3 Abs. 4 Rom I für den Fall der Wahl des Rechts eines Drittstaates, wenn alle anderen Elemente des Sachverhalts in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegen sind. Für die Anwendung der §§ 305 ff. hat diese Regelung wegen der spezielleren Regelung in Art. 46b EGBGB (vgl. Rz. 1a), die ebenfalls zur Anwendung der §§ 305 ff. führt (Rz. 2b), im Ergebnis keine Bedeutung. 12 MünchKomm/Martiny, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 27 Rz. 90; MünchKomm/ Martiny, 6. Aufl. 2015, Art. 3 Rom I-VO Rz. 90. 13 Damit wird Art. 6 Abs. 2 RL 93/13/EWG – vgl. zu dieser Einl. Rz. 87 ff. – entsprochen, vgl. MünchKomm/Basedow § 306a BGB Rz. 2. 14 Vgl. LG München I v. 19.4.2011 – 12 O 7134/11, BeckRS 2011, 13161. Allgemein auf „§§ 305 ff.“ verweisend Staudinger/Magnus Art. 29a EGBGB Rz. 56; BeckOK/Spickhoff Art. 46b EGBGB Rz.15. 15 BGH v. 9.7.2009 – Xa ZR 19/08, NJW 2009, 3371 (Tz. 32); Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 13 f.; Stoffels Rz. 231 f.; MünchKomm/Martiny, 4. Aufl. 2006,

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und so über Art. 29, 29a EGBGB bzw. Art. 6 Rom I, Art. 46b EGBGB hinaus, also beim Nichteingreifen dieser Vorschriften wegen eines fehlenden engen Inlandsbezugs, die Anwendung des AGB-Rechts durchgesetzt werden. Ebenso, wie Art. 29 Abs. 1 EGBGB insoweit lex specialis gegenüber Art. 34 EGBGB ist16, trifft dies auch für das Verhältnis von Art. 29a EGBGB zu Art. 34 EGBGB zu. Auf die umstrittene Frage, ob verbraucherschützende Vorschriften überhaupt Eingriffsnormen i.S.v. Art. 34 EGBGB sein können17, kommt es daher für den Bereich des AGB-Rechts nicht an, was dann für ab dem 17.12.2009 geschlossene Verträge (Rz. 1a) auch für Art. 46b EGBGB zu gelten hat, in dem Art. 29a aufgegangen ist (vgl. Rz. 2b). Entsprechendes gilt bei ab dem 17.12.2009 geschlossenen Verträgen für Art. 9 Rom I. Die AGB-rechtlichen Bestimmungen des BGB sind keine Eingriffsnormen i.S.v. Art. 9 Rom I18.

2. Schuldstatut und Vertragsabschlussvoraussetzungen Zur derzeitigen Zweispurigkeit des kollisionsrechtlichen Systems vgl. Rz. 1a. Zur Bestimmung des für das Vertragsverhältnis maßgebenden Schuldstatuts vgl. die einschlägigen Darstellungen zum IPR19. Entsprechend dem das Schuldrecht beherrschenden Grundsatz der Privatautonomie ist in erster Linie der Parteiwille maßgebend (hierzu und zu Sonderanknüpfungen vgl. Rz. 2 ff.). Bestellt der ausländische Käufer auf einem Formular des deutschen Verkäufers und billigt er damit zugleich die AGB des Verkäufers, so gestattet das den Schluss auf die stillschweigende Vereinbarung deutschen Rechts als Vertragsstatut20.

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Beim Fehlen ausdrücklicher oder konkludenter Rechtswahlvereinbarungen entscheidet – vorbehaltlich Art. 29 Abs. 2 EGBGB bzw. Art. 6 Rom I (vgl. Rz. 2a) – für vor dem 17.12.2009 geschlossene Verträge der nach Maßgabe von Art. 28 EGBGB zu bestimmende Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses; er befindet

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Einführungsgesetz Art. 34 Rz. 111; MünchKomm/Martiny, 6. Aufl. 2015, Art. 9 Rom I-VO Rz. 88 f.; E. Lorenz RIW 1987, 578 (580); Mankowski RIW 1998, 289 f.; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (302); im Ergebnis auch OLG Hamm v. 1.12.1988 – 4 U 120/88, NJW-RR 1989, 496 (497). BGH v. 26.10.1993 – XI ZR 42/93, BGHZ 123, 380 (390 f.) m.w.N.; BGH v. 19.3.1997 – VIII ZR 316/96, BGHZ 135, 124 (136). Siehe dazu etwa MünchKomm/Martiny, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 34 Rz. 109 ff.; Felke RIW 2001, 30 ff.; Sonnenberger IPRax 2003, 104 ff. jeweils m.w.N. Offen gelassen von BGHZ 135, 124 (135 f.) zum früheren Haustürgeschäftewiderrufsgesetz. Abl. zum früheren Verbraucherkreditgesetz BGH WM 2006, 373 (376); die dortige, auf den individualschützenden Charakter des Verbraucherkreditgesetzes abstellende Begründung trifft auch für die AGB-rechtlichen Bestimmungen der §§ 305 ff. zu. Zu Recht gegen die Einordnung der §§ 307-309 als Eingriffsnormen i.S.v. Art. 34 EGBGB daher BGH v. 9.7.2009 – Xa 19/08, NJW 2009, 3371 (Tz. 32). MünchKomm/Martiny, 6. Aufl. 2015, Art. 9 Rom I-VO Rz. 89. Etwa MünchKomm/Martiny, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 27 Rz. 8 ff., Art. 28 Rz. 6 ff; MünchKomm/Martiny, 6. Aufl. 2015, Art. 3 Rom I-VO Rz. 8 ff., Art. 4 Rom I-VO Rz. 4 ff., 169 ff., 306 ff. OLG Karlsruhe RIW 1979, 642; OLG Hamm v. 18.10.1982 – 2 W 29/82, NJW 1983, 523 (524); Otto Allgemeine Geschäftsbedingungen und Internationales Privatrecht, 1984, S. 157 f.; MünchKomm/Martiny, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 27 Rz. 61; MünchKomm/Martiny, 6. Aufl. 2015, Art. 3 Rom I-VO Rz. 61; zurückhaltender Wolf/ Hau IntGV Rz. 16. Vgl. auch BGH NJW 2003, 288; BGH v. 14.1.1999 – VII ZR 19/98, NJW-RR 1999, 813 und BGH RIW 1976, 447 (448) zur Möglichkeit stillschweigender Rechtswahl durch Einigung auf die AGB einer Partei.

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sich nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB im Zweifel in dem Staat, in dem der Verkäufer als Schuldner der für den Kaufvertrag charakteristischen Leistung seinen Sitz hat21 (Rz. 2). Für ab dem 17.12.2009 geschlossene Verträge (vgl. Rz. 1a) richtet sich das mangels Rechtswahl anzuwendende Recht nach Art. 4 Rom I. Für eine Reihe von Vertragstypen legt Art. 4 Abs. 1 Rom I insoweit das anzuwendende Recht fest. Im Übrigen ist nach Art. 4 Abs. 2 Rom I ebenfalls der nach dieser Regelung zu bestimmende Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses maßgeblich. Für Kaufverträge über bewegliche Sachen bestimmt Art. 4 Abs. 1 lit. a Rom I die Anwendung des Rechts des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Rz. 2). 5 Das Schuldstatut entscheidet als Wirkungsstatut über das auf den zu Stande gekommenen Vertrag anwendbare Recht. Bei Maßgeblichkeit deutschen Rechts gehören hierzu aus dem AGB-Recht jedenfalls die Vorschriften der §§ 307–310. Aber auch die Normen der §§ 305b–306 sind dazu zu zählen, soweit sie sich mit der Auslegung von unter Verwendung von AGB geschlossenen Verträgen und mit den Rechtsfolgen der Teilunwirksamkeit befassen. Entsprechendes gilt nach Maßgabe der Sonderanknüpfungsregelungen (vgl. Rz. 2 ff.) bei grundsätzlicher Maßgeblichkeit ausländischen Rechts. 6 Nach Art. 31 Abs. 1 EGBGB bzw. Art. 10 Abs. 1 Rom I (zur derzeitigen Zweispurigkeit des kollisionsrechtlichen Systems vgl. Rz. 1a) ist das Schuldstatut grundsätzlich auch für den Vertragsabschluss und damit auch für die Voraussetzungen für die Einbeziehung von AGB (§ 305 Abs. 2 bzw. die für den Unternehmerverkehr geltenden Grundsätze; § 305c Abs. 1) maßgeblich; vgl. zur Einbeziehung von AGB näher Rz. 13 ff. Eine Ausnahme hiervon ist in Art. 31 Abs. 2 EGBGB und Art. 10 Abs. 2 Rom I hinsichtlich des zum Vertragsschluss führenden Verhaltens einer Partei vorgesehen: sie kann sich für dessen rechtliche Beurteilung auf das an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt geltende Recht („Umweltrecht“) berufen, wenn sie behauptet, sie habe dem Vertrag nicht zugestimmt, und wenn die Beurteilung der Wirkung ihres Verhaltens nach dem von ihrem Umweltrecht abweichenden Schuldstatut „nicht gerechtfertigt“ wäre. Damit ist hinsichtlich des Schweigens als Zustimmungsvoraussetzung im Zweifel auch das Umweltrecht der anderen Vertragspartei zu berücksichtigen22 (Rz. 18). Zur Frage der Berücksichtigung der Wertungen von § 305c Abs. 1 im Rahmen von Art. 31 Abs. 2 EGBGB bzw. Art. 10 Abs. 2 Rom I23 vgl. Teil 2, (36) Rechtswahlklauseln Rz. 6, 11.

3. Auswirkungen zwischenstaatlicher Übereinkommen Schrifttum: Drobnig Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen Handelsverkehr, in FS F.A. Mann, 1977, S. 591; Hausmann Zum teilweisen Ausschluss der einheitlichen Kaufgesetze durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, WM 1980, 726; Hausmann Stillschweigender Ausschluss der Einheitlichen Kaufgesetze durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, RIW 1977, 186; Hübner Allgemeine Geschäftsbedingungen und Internationales Privatrecht, NJW 1980, 2601; Landfermann AGB-Gesetz und Auslandsgeschäfte, RIW 1977, 445; Moecke Gewährleistungsbedingungen und Allgemeine Lieferbedingungen nach 21 MünchKomm/Martiny, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 28 Rz. 136. 22 BGH v. 19.3.1997 – VIII ZR 316/96, WM 1997, 980 (984); MünchKomm/Spellenberg, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 31 Rz. 87; Palandt/Thorn (IPR) Art. 10 Rom I Rz. 5; Firsching IPRax 1981, 42 und unten Rz. 18 m.w.N. 23 Dafür Wolf/Hau IntGV Rz. 13.

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dem UNCITRAL-Übereinkommen über den Warenkauf, RIW 1983, 885; Nörenberg Internationale Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen, NJW 1978, 1082; Schlechtriem Haager Einheitliches Kaufrecht und AGB-Gesetz, in Gedächtnisschrift für J. Rödig, 1978, S. 255; Stoll Internationalprivatrechtliche Probleme bei Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, in FS G. Beitzke, 1979, S. 759; von Westphalen International-privatrechtliche Probleme und AGB-Gesetz, WM 1978, 1310.

a) Allgemeines Zwischenstaatliche Übereinkommen, die durch Zustimmungsgesetz und Ratifi- 7 kation nach Art. 59 Abs. 2 GG für die Bundesrepublik verbindlich geworden oder darüber hinaus durch Ausführungsgesetz vollinhaltlich in innerstaatliches Recht transformiert sind, sind auch bei der Auslegung neueren innerstaatlichen Rechts in dem Sinn zu beachten, dass Kollisionsfälle im Zweifel vermieden werden. Das folgt aus der Vermutung für den Willen des Gesetzgebers, staatsvertragliche Bindungen nicht zu verletzen24. Ausdruck dieses Grundsatzes ist auch § 305a Nr. 1, der diejenigen Tarife und Beförderungsbedingungen öffentlicher Verkehrsmittel aus dem Anwendungsbereich des § 305 Abs. 2 ausnimmt, die auf internationalen Übereinkommen beruhen (vgl. § 305a Rz. 10). Bedeutung kommt der Frage nach den Auswirkungen internationaler Übereinkommen vor allem im Hinblick auf das UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG) zu (Rz. 8 ff.). Kollisionsmöglichkeiten gegenüber dem AGB-Recht können sich weiter bei internationalen Übereinkommen für den Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit ergeben, soweit diese das Zustandekommen von Schiedsverträgen regeln (vgl. namentlich das Europäische Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit25 und das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche26); auf Einzelheiten dieser Sondermaterien ist hier nicht einzugehen. b) Übereinkommen der Vereinten Nationen über internationale Warenkaufverträge (CISG) Schrifttum: Berger Die Einbeziehung von AGB in internationale Kaufverträge, in FS Norbert Horn, 2006, S. 3; Kröll/Hennecke Kollidierende Allgemeine Geschäftsbedingungen in internationalen Kaufverträgen, RIW 2001, 736; Schmidt-Kessel Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter UN-Kaufrecht, NJW 2002, 3444; Tiedemann Kollidierende AGB-Rechtswahlklauseln im österreichischen und deutschen IPR, IPRax 1991, 424; Wittmann Zum „Bedingungs-Ping-Pong“ nach einheitlichem Kaufrecht, CR 1989, 1078.

Der Anwendungsbereich des CISG erstreckt sich auf internationale Warenkäufe und Werklieferungsverträge (Art. 1, 3 CISG; zu ausgenommenen Bereichen vgl. Art. 2 CISG) zwischen Vertragsparteien mit Niederlassung oder gewöhnlichem 24 Herdegen in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 59 GG Rz. 187. 25 BGBl. 1964 II 427 und BGBl. 1965 II 271. 26 BGBl. 1961 II 122 und BGBl. 1962 II 102; zu den Voraussetzungen für die wirksame Vereinbarung vorformulierter Schiedsklauseln nach dem UN-Übereinkommen vgl. BGH v. 21.9.2005 – III ZB 18/05, NJW 2005, 3499 (3500) (lediglich in Rechnungen enthaltener Verweis auf AGB mit Schiedsgerichtsklausel nicht ausreichend); Lindacher in FS Habscheid, 1989, S. 170 ff. Vgl. weiterhin das Haager Übereinkommen vom 30.6.2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen, das für von ihm erfasste ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen Abschluss und Dokumentation „schriftlich oder durch jedes andere Kommunikationsmittel, das es ermöglicht, auf die Information später wieder zuzugreifen“ verlangt; zum Ratifizierungsstand für das Übereinkommen durch die EU vgl. Hau/ Eichel GPR 2015,96, Clausnitzer GmbHReport 2015, R 11.

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Aufenthalt in verschiedenen Vertragsstaaten (Art. 1, 10 CISG). Darüber hinaus findet das Übereinkommen nach Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG bereits dann Anwendung, wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates – und damit auch des CISG als innerstaatliches Recht – führen27; das gilt dann nicht, wenn der Forumstaat von der in Art. 95 CISG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Anwendungsvoraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG für unverbindlich zu erklären. Das ist bisher nur durch wenige Staaten, darunter aber die USA und China28, geschehen. Die Bundesrepublik Deutschland hat eine solche Unverbindlichkeitserklärung nicht abgegeben. Nach Art. 2 des Zustimmungsgesetzes zum CISG bleibt Art. 1 Abs. 1 lit. b des Übereinkommens jedoch außer Betracht, wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines solchen Staates führen, der eine Unverbindlichkeitserklärung abgegeben hat. In diesem Fall ist nicht das CISG, sondern das nationale Kaufrecht dieses Staates anzuwenden29. Staatsangehörigkeit und Kaufmannseigenschaft der Vertragsparteien sind für die Anwendung des CISG unerheblich. Für den Verkäufer erkennbare Konsumentengeschäfte (Kauf von Ware für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt) unterliegen nach Art. 2 lit. a jedoch nicht dem CISG. Insoweit scheidet daher eine Kollision mit dem AGB-Recht der §§ 305–310 von vornherein aus. 9 Der Ausschluss des CISG durch Parteivereinbarung ist nach Art. 6 CISG zulässig, und zwar auch durch stillschweigende Vereinbarung oder in AGB30. Allerdings genügt für den stillschweigenden Ausschluss des CISG regelmäßig nicht die Bezugnahme auf deutsches Recht oder das Recht eines anderen Vertragsstaates31. Gleiches gilt für die Vereinbarung eines Gerichtsstands oder Schiedsgerichts eines Vertragsstaates32. 10

Soweit §§ 305 Abs. 2 und 3, 305c Abs. 1 nicht wegen der für Konsumentengeschäfte geltenden Ausnahme (Rz. 8) anzuwenden sind, haben die Vertragsabschlussvorschriften des CISG Vorrang gegenüber zwingenden innerstaatlichen Einbeziehungsvoraussetzungen für AGB nach Art der §§ 305 Abs. 2 und 3, 305c Abs. 133. Auf Grund des Gültigkeitsvorbehalts in Art. 4 lit. a CISG richtet sich

27 Vgl. näher Pünder RIW 1990, 869 ff. und Siehr RabelsZ 52 (1988), 592 ff. 28 Vgl. Wolf/Hau IntGV Rz. 69; BeckOK/Saenger Art. 95 CISG Rz 1. 29 Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer Art. 1 CISG Rz. 79; BeckOK/Saenger Art. 95 CISG Rz. 2. 30 OLG Hamm v. 19.5.2015 – 7 U 26/15, BeckRS 2015, 11594 (Tz.24); Stoffels Rz. 257; Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer Art. 6 CISG Rz. 17 m.w.N., allerdings mit dem Hinweis, dass die Annahme einer überraschenden Klausel besonders nahe liege (vgl. dazu aber unten Rz. 10); Sieg RIW 1997, 813; so auch die Denkschrift zum Übereinkommen, BRDrucks. 372/88 S. 41. Zu den Vor- und Nachteilen eines Ausschlusses des CISG vgl. Stürner BB 2006, 2029 ff. Krit. zu der verbreiteten Praxis, das CISG in AGB auszuschließen, Piltz NJW 2012, 3061 ff.; Koch NJW 2000, 910 ff. 31 Stoffels Rz. 257; Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer Art. 6 CISG Rz. 22 ff.; Soergel/Lüderitz/Fenge Art. 6 CISG Rz. 2; Piltz NJW 2011, 2262. 32 Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer Art. 6 CISG Rz. 31 f.; Holthausen RIW 1989, 518; für stillschweigenden Ausschluss bei auf unvereinheitlichtem Recht aufbauenden AGB zutr. Kindler RIW 1988, 777; Schlechtriem JZ 1988, 1039. 33 So auch die ganz h.M., vgl. BGH v. 31.10.2001 – VIII ZR 60/01, WM 2002, 443 (444); OLG Naumburg v. 13.2.2013 – 12 U 153/12, NJOZ 2013, 1764 (1766); OLG Düsseldorf v. 15.2.2001 – 6 U 86/00, NJW-RR 2001, 1562; Soergel/Lüderitz/Fenge Art. 14 CISG Rz. 10; Staudinger/Magnus Art. 14 CISG Rz. 40; Wolf/Hau IntGV Rz. 72; Holthausen RIW

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demgegenüber die Inhaltskontrolle von AGB auch außerhalb des Bereichs der Konsumentengeschäfte (vgl. Rz. 8) nach dem nach IPR-Grundsätzen anwendbaren nationalen Recht. Bei Geltung deutschen Rechts finden daher die §§ 307–309 Anwendung34. Die Schranken der Inhaltskontrolle i.S.v. § 307 Abs. 3 bestimmen sich nach dem CISG35. Ebenso sind die Wertungsmaßstäbe für die Inhaltskontrolle in erster Linie den Regelungen des CISG einschließlich der nach Art. 7 Abs. 2 CISG erarbeiteten Lückenfüllung zu entnehmen36. Für die Lückenfüllung bei Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB ist § 306 Abs. 2 maßgeblich. Jedoch ist auch hier in erster Linie auf das CISG einschließlich seiner Ergänzungen nach Art. 7 Abs. 2 CISG zurückzugreifen37. In Art. 8 enthält das CISG allgemeine Auslegungsvorschriften. Sie entsprechen 11 im Wesentlichen den §§ 133, 157, ohne besonders auf die Auslegung von AGB einzugehen. Auf Grund der allgemeinen Regelung von Auslegungsgrundsätzen in Art. 8 CISG und des ausdrücklich nur auf die Wirksamkeitskontrolle beschränkten Vorbehalts in Art. 4 lit. a CISG ist zwar vom Vorrang des CISG gegenüber den §§ 305b, 305c Abs. 2 auszugehen38. Im Ergebnis dürfte dem aber nur geringe Bedeutung zukommen. Denn soweit Art. 8 CISG den Besonderheiten der AGB-Verwendung nicht Rechnung trägt, liegt eine Regelungslücke vor, die gemäß Art. 7 Abs. 2 (1. Alt.) CISG unter Heranziehung allgemeiner Grundsätze des Übereinkommens zu schließen ist. Da sich die §§ 305b, 305c Abs. 2 ohnehin auf eine Kodifizierung allgemeiner, offenbar nicht für das deutsche Recht spezifischer Auslegungsgrundsätze für AGB beschränken, dürften vergleichbare Ergebnisse eintreten39. Im Fall erkennbarer Konsumentengeschäfte verbleibt es ohnehin bei der Geltung der Auslegungsregeln des (unvereinheitlichten) AGB-Rechts (Rz. 8). Besondere Regelungen für die Einbeziehung von AGB in den Vertrag (vgl. dazu auch Rz. 10) enthält das CISG nicht40. Konsens besteht jedoch darüber, dass die Einbeziehung von AGB zunächst einmal den für den anderen Vertragsteil erkennbaren Willen des AGB-Verwenders voraussetzt, dieser wolle seine Bedingungen in den Vertrag einbeziehen41. Dies setzt – soweit sich nicht die AGB-

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1989, 517; Sieg RIW 1997, 814; differenzierend für § 305c Abs. 1 Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer Vor Art. 14–24 CISG Rz. 5.; Stoffels Rz. 252, 256. Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer Art. 4 CISG Rz. 20; Soergel/Lüderitz/Fenge Art. 4 CISG Rz. 6; Wolf/Hau IntGV Rz. 76; Schlechtriem JZ 1988, 1040; Sieg RIW 1997, 814. Wolf/Hau IntGV Rz. 53, 76. H.M., vgl. Ferrari in Schlechtriem/Schwenzer Art. 4 CISG Rz. 20; Stoffels Rz. 256; Staudinger/Magnus Art. 4 CISG Rz. 26; Wolf/Hau IntGV Rz. 76; a.A. Soergel/Lüderitz/Fenge Art. 4 CISG Rz. 6. Stadler Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen Handel, 2003, S. 108; Wolf/Hau IntGV Rz. 76; Soergel/Lüderitz/Fenge Art. 4 CISG Rz. 6. Vgl. BGH v. 28.5.2014 – VIII ZR 410/12, WM 2014, 1871 (Tz. 20). Einschränk. Wolf/Hau IntGV Rz. 77. So auch Stadler Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen Handel, 2003, S. 103 f. Zur Unklarheitenregel vgl. BGH v. 28.5.2014 – VIII ZR 410/12, WM 2014, 1871 (Tz. 21). Es handelt sich um eine bewusste Entscheidung bei der Ausarbeitung des CISG, vgl. Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer Art. 14 CISG Rz. 33. Allg. M., vgl. nur Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer Art. 14 CISG Rz. 36; so auch BGH WM 2002, 442 (444); OLG Hamm v. 19.5.2015 – 7 U 26/15, BeckRS 2015, 11594 (Tz. 28); OLG Jena v. 10.11.2010 – 7 U 303/10, BeckRS 2011, 03846; OLG Celle v. 24.7.2009 – 13 W 48/09, NJW-RR 2010, 136 (138). Zur umstrittenen Frage des Falles kollidierender AGB („Theorie des letzten Wortes“ oder „Restgültigkeitstheorie“?) vgl. – je-

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Geltung aus Gepflogenheiten oder Gebräuchen i.S.v. Art. 8 Abs. 3 CISG ergibt42 – einen ausdrücklichen oder stillschweigenden Hinweis auf die AGB voraus43. Umstritten ist demgegenüber, ob der Verwender dem Kunden den AGB-Text im Sinne einer Übersendungsobliegenheit des Verwenders unaufgefordert überlassen oder sonst zugänglich machen muss44 oder im Sinne einer Erkundigungsobliegenheit des Kunden die Verschaffung einer zumutbaren Kenntnisnahmemöglichkeit ausreicht (vgl. unten Rz. 16)45. Für die Praxis ist diese Frage durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für das CISG geklärt, die eine Erkundigungsobliegenheit des Kunden ablehnt und vom Verwender verlangt, dass er dem Kunden den AGB-Text unaufgefordert übersendet oder anderweitig zugänglich macht46. Zur Frage der Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf Fälle, in denen sich die AGB-Einbeziehung nach dem (unvereinheitlichten) deutschen AGB-Recht richtet, vgl. Rz. 16.

II. Das Sprachenproblem Schrifttum: Beckmann Die Bedeutung der Vertragssprache im internationalen Wirtschaftsverkehr, RIW 1981, 79; Berger Die Einbeziehung von AGB in internationale Kaufverträge, in FS Norbert Horn, 2006, S. 3; Drobnig Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen Handelsverkehr, in FS F.A. Mann, 1977, S. 591; Hepting Die ADSp. im Internationalen Speditionsverkehr, AWD 1975, 457; Jayme Allgemeine Geschäftsbedingungen und internationales Privatrecht, ZHR 142 (1978), 105; Kronke Zur Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verkehr mit Auslandsberührung, NJW 1977, 992; Linke Sonderanknüpfung der Willenserklärung?, ZVR 79 1980, 1; Reinhart Verwendung fremder Sprachen als Hindernis beim Zustandekommen von Kaufverträgen?, RIW 1977, 16; Rieble Sprache und Sprachrisiko im Arbeitsrecht, in FS Manfred Löwisch, 2007, S. 229; Schäfer Vertragsschluss unter Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Fremdmuttersprachlern, JZ 2003, 879; Schlechtriem Das „Sprachrisiko“ – ein neues Problem?, in FS H. Weitnauer, 1980, S. 129; Schwarz Das „Sprachrisiko“ im internationalen Geschäftsverkehr – ein deutsch-portugiesischer Fall, IPRax 1988, 278; Weimar Die vom Verwender von AGB anzuwendende Sprache bei Ausländern als Vertragspartner, DB 1978, 243; Weller Stillschweigende Einbeziehung der AGB-Banken im internationalen Geschäftsverkehr?, IPRax 2005, 428.

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weils mit Übersicht über den Meinungsstand – Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer Art. 19 CISG Rz. 19 ff.; Staudinger/Magnus Art. 19 CISG Rz. 20 ff.; Kröll/Hennecke RIW 2001, 736 ff. Der BGH hat sich noch nicht festgelegt, aber zu Recht auf Bedenken gegen die Theorie des letzten Wortes hingewiesen, vgl. BGH WM 2002, 1022 (1024). Soergel/Lüderitz/Fenge Art. 14 CISG Rz. 10; Staudinger/Magnus Art. 14 CISG Rz. 41. Wolf/Hau IntGV Rz. 73; Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer Art. 14 CISG Rz. 37; Soergel/Lüderitz/Fenge Art. 14 CISG Rz. 10. Dafür Stoffels Rz. 253; Staudinger/Magnus Art. 14 CISG Rz. 41; Schroeter in Schlechtriem/Schwenzer Art. 14 CISG Rz. 40 ff.; Huber/Kröll IPrax NJW 2003, 311; Piltz NJW 2003, 2060; wohl auch Soergel/Lüderitz/Fenge Art. 14 CISG Rz. 10. So Stadler Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen Handel, 2003, S. 94 f.; Schmidt-Kessel NJW 2002, 3445. BGH v. 31.10.2001 – VIII ZR 60/01, WM 2002, 442 (444); so auch OLG Hamm v. 19.5.2015 – 7 U 26/15, BeckRS 2015, 11594 (Tz. 28); OLG Jena v. 10.11.2010 – 7 U 303/10, BeckRS 2011, 03846; OLG Celle v. 24.7.2009 – 13 W 48/09, NJW-RR 2010, 136 (138). OLG Düsseldorf v. 15.2.2001 – 6 U 86/00, NJW-RR 2001, 1562 (1563). Dem BGH grds. folgend Wolf/Hau IntGV Rz. 73. Gegen den BGH dezidiert Berger in FS Horn, 2006, S. 3 (9 ff.).

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1. Die Anwendung von § 305 Abs. 2 gegenüber Nichtunternehmern bei Sprachenverschiedenheit zwischen Verwender und Kunde Besonderheiten aus der Sicht des AGB-Rechts bringt der internationale Ge- 13 schäftsverkehr namentlich mit sich, soweit es um die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 und um die Frage geht, in welcher Sprache der nach Nr. 1 erforderliche Hinweis sowie der dem Kunden nach Nr. 2 zugänglich zu machende AGB-Text abgefasst sein müssen. Die Frage stellt sich in grundsätzlich gleicher Weise für inländische Verwender gegenüber nichtkaufmännischen ausländischen Kunden bei Maßgeblichkeit deutschen Rechts wie für ausländische Verwender gegenüber nichtkaufmännischen inländischen Kunden, im letzteren Fall nach Maßgabe der Sonderanknüpfungen auch bei grundsätzlicher Geltung ausländischen Rechts für den Vertragsabschluss (vgl. Näheres oben Rz. 5 f.). Bei Arbeitsverträgen findet § 305 Abs. 2 (und Abs. 3) gem. § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 keine Anwendung47 (vgl. Anh. § 310 BGB Rz. 18 f.). Der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 geforderte Hinweis auf die AGB des Verwenders muss als Verdeutlichung der auf die Einbeziehung der AGB gerichteten Willenserklärung des Verwenders wie diese selbst in der Verhandlungssprache erfolgen48. Verhandlungssprache ist die Sprache, derer sich die Vertragspartner bei den Verhandlungen übereinstimmend tatsächlich bedienen; der Annahme eines besonderen, auf ausdrücklicher oder stillschweigender Sprachenwahl beruhenden „Sprachenstatuts“ neben dem Vertragsstatut bedarf es im Regelfall nicht49. Weicht die Vertragssprache von der Verhandlungssprache ab, so genügt ein Hinweis in jener nur dann, wenn der Kunde auch der Vertragssprache mächtig ist und den Hinweis unschwer versteht50. Dass der Kunde die Verhandlungssprache nicht selbst beherrscht, steht nicht entgegen, wenn für ihn ein sprachkundiger Vertreter handelt51. – Schwierigkeiten bei dem Hinweiserfordernis sind vor allem in den Fällen zu erwarten, in denen der inländische Verwender sich entsprechend der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 zugelassenen Ausnahme auf einen Aushang beschränkt, diesen aber nur in deutscher Sprache abfasst. Hierauf kann er sich sprachunkundigen Ausländern gegenüber nicht berufen, soweit nicht auch die Vertragsverhandlungen auf Deutsch geführt werden52; das gilt unabhängig davon, ob er mit deren Auftreten als Kunden rechnen musste53. Wohl aber sollte

47 Vgl. dazu BAG v. 19.3.2015 – 5 AZR 252/12, BeckRS 2014, 70206. 48 Einh. M., vgl. OLG Stuttgart v. 16.6.1987 – 2 U 291/86, IPRax 1988, 293 (294); Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 60; Wolf/Hau IntGV Rz. 40; Staudinger/Schlosser § 305 BGB Rz. 105; Schlechtriem in FS Weitnauer, 1980, S. 141. 49 Zutr. Linke ZVR 79 1980, 46 ff.; so auch MünchKomm/Spellenberg, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 31 Rz. 10; a.A. Beckmann/Sandrock in Sandrock, Handbuch der Internationalen Vertragsgestaltung, Bd. 1, 1980, Abschn. B Rz. 183 ff. 50 So auch OLG Stuttgart v. 16.6.1987 – 2 U 291/86, IPRax 1988, 293 (294); Wolf/Hau IntGV Rz. 40; Schwarz IPRax 1988, 280; weitergehend Weimar DB 1978, 243 für den Fall, dass der Kunde den vorformulierten, in einer anderen als der Verhandlungssprache abgefassten Einbeziehungsvertrag unterschreibt; Rieble in FS Löwisch, 2007, S. 229 (239) für das Arbeitsrecht; für undifferenzierte Gleichsetzung von Verhandlungs- und Vertragssprache wohl Beckmann/Sandrock Handbuch der Internationalen Vertragsgestaltung, Bd. 1, Rz. 180 ff., 251 ff.; Beckmann RIW 1981, 80 f.; Schütze DB 1978, 2304. 51 OLG Bremen WM 1973, 1228. 52 Staudinger/Schlosser § 305 BGB Rz. 133; Wolf/Hau IntGV Rz. 41. 53 Wolf/Hau IntGV Rz. 41. So aber Koch/Stübing § 2 AGBG Rz. 18; Reich NJW 1978, 513 (517).

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in derartigen Fällen ein Hinweis in einer Weltsprache (wie vor allem Englisch, ggf. auch Französisch) genügen54. 15

Entsprechendes gilt für die in § 305 Abs. 2 Nr. 2 geforderte Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme. In Übereinstimmung mit der überwiegenden Rechtsprechung schon vor In-Kraft-Treten des früheren AGBG55 ist es auch insoweit erforderlich und genügend, dass der AGB-Text in der Verhandlungssprache abgefasst ist56; darauf, ob oder wie gut der Kunde die Verhandlungssprache selbst beherrscht, kommt es jedenfalls dann nicht an57, wenn der der deutschen Verhandlungssprache überhaupt nicht mächtige Kunde bei dem Vertragsabschluss von einem Dolmetscher begleitet wird oder ein der deutschen Verhandlungssprache nur bedingt mächtiger Kunde die Gelegenheit hatte, vor Vertragsabschluss selbst für eine Übersetzung des AGB-Textes zu sorgen, was ihm im Regelfall zuzumuten ist. Liegt der AGB-Text nur in der von der Verhandlungssprache abweichenden Vertragssprache vor, so hat der Verwender für eine verständliche Übersetzung in jene zu sorgen58. Ausnahmen wird man dann zulassen, wenn entweder der Kunde auch die Sprache beherrscht, in der die AGB abgefasst sind59, oder wenn die AGB in einer Weltsprache abgefasst sind, mit deren Kenntnis im internationalen Geschäftsverkehr zu rechnen ist60. Dagegen reicht die Unterschrift des Kunden unter ein nicht in der Verhandlungssprache abgefasstes Vertragsformular gewöhnlich nicht aus, um darin einen Verzicht auf die Verschaffung zumutbarer Kenntnisnahme zu sehen61. 54 So zutr. Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 63, Drobnig in FS Mann, 1977, S. 595 und Reinhart RIW 1977, 20 für die Abfassung der AGB; a.A. OLG Düsseldorf AWD 1974, 103; Wolf/Hau IntGV Rz. 38 f., 41. 55 OLG Stuttgart MDR 1964, 412; OLG Karlsruhe NJW 1972, 2185; OLG Düsseldorf AWD 1974, 103; OLG Frankfurt RIW 1976, 532; a.A. OLG München RIW 1976, 477. 56 So die überwiegende Meinung, vgl. BGH v. 27.10.1994 – IX ZR 168/93, NJW 1995, 190; BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 302/82, BGHZ 87, 112 (115) = NJW 1983, 1489; Drobnig in FS Mann, 1977, S. 595; Schlechtriem in FS Weitnauer, 1980, S. 141; Kronke NJW 1977, 992; Schäfer JZ 2003, 883; wohl auch OLG Stuttgart v. 16.6.1987 – 2 U 291/86, IPRax 1988, 293 (294); einschränk. Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 2514 f., für Schaltergeschäfte einer Bank, bei denen ein deutscher AGB-Text auch dann genügen soll, wenn die Vertragssprache Deutsch ist, mögen auch die Vertragsverhandlungen in einer fremden Sprache geführt worden sein; a.A. – für Verhandlungs- oder Vertragssprache – Weimar DB 1978, 243; Staudinger/Schlosser § 305 BGB Rz. 141; für Vertragssprache Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. D. 110; Rieble in FS Löwisch, 2007, S. 229 (239) zum Arbeitsrecht. 57 BGH v. 27.10.1994 – IX ZR 168/93, NJW 1995, 190; BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 302/82, BGHZ 87, 112 (115); a.A. Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 71; MünchKomm/Spellenberg, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 31 Rz. 52; Löwe § 2 AGBG Rz. 17 sowie – unter (analoger) Berufung auf die mit § 305 Abs. 2 Nr. 2 eingeführte Berücksichtigung erkennbarer körperlicher Behinderungen des Kunden bei der Verschaffung der Kenntnisnahmemöglichkeit – von Westphalen NJW 2002, 13 f.; dagegen zutr. Schäfer JZ 2003, 880 f.; Rieble in FS Löwisch, 2007, S. 229 (239). 58 Vgl. dazu von Westphalen in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 175 (189 f.); a.A. zum Arbeitsrecht Rieble in FS Löwisch, 2007, S. 229 (239). 59 Staudinger/Schlosser § 305 BGB Rz. 141. 60 Oben Rz. 14 a.E.; enger LG Leipzig v. 9.5.2014 – 15 O 44/13, BeckRS 2014, 10679 und Staudinger/Schlosser § 305 Rz. 141 (zu erwartende Kenntnis der Vertragspartner); grds. a.A. Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2003, S. 69 f. 61 So auch Staudinger/Schlosser § 305 BGB Rz. 141 für den Fall des nicht in der Verhandlungssprache ergangenen Hinweises auf die Geltung der AGB; a.A. Löwe/von Westphalen Anh. § 2 AGBG Rz. 13; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. D. 107; Weimar DB 1978, 243 sowie nach früherem Recht OLG München/Augsburg NJW 1974, 2181 f.; dagegen zu Recht krit. Drobnig in FS Mann, 1977, S. 595. Zum Sonderfall des Arbeitsvertrages,

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2. Besonderheiten für Unternehmer als Kunden Für den internationalen Handelsverkehr gelten die Anforderungen des § 305 16 Abs. 2 zwar auch dann nicht, wenn der Vertragsabschluss deutschem Recht unterliegt (§ 310 Abs. 1). Daher kann die Einbeziehungserklärung abweichend von § 305 Abs. 2 Nr. 1 auch konkludent erfolgen62, sofern sie für den anderen Teil klar verständlich ist (§ 305 Rz. 170); ein ausdrücklicher Hinweis muss allerdings auch bei Unternehmern grundsätzlich in der gemeinsamen Verhandlungssprache63 oder – beim Fehlen einer solchen – in der Korrespondenzsprache des Verwenders64 erfolgen. An ihrer Stelle genügt namentlich im kaufmännischen Verkehr auch die Verwendung einer Weltsprache65. Auch hinsichtlich der im Handelsverkehr zu beachtenden Anforderungen an den AGB-Text ist im Grundsatz daran fest zu halten, dass dieser dem anderen Teil auf dessen Verlangen66 in der Verhandlungs- oder in einer Weltsprache zugänglich gemacht wird67. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen gilt auch im kaufmännischen Verkehr dann, wenn der Kunde der abweichenden Sprache mächtig ist68 oder ausdrücklich sein Einverständnis mit den (fremdsprachigen) AGB erklärt69. Das entspricht der in Rz. 15 angeführten bisherigen Rechtsprechung, die überwiegend die Verwendung von AGB gegenüber ausländischen Kaufleuten betraf. Zugleich

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bei dem § 305 Abs. 2 keine Anwendung findet, vgl. BAG v. 19.3.2015 – 5 AZR 252/12, BeckRS 2014, 70206. OLG Köln v. 29.10.1993 – 3 U 8/93, IPRax 1994, 465. OLG Hamm v. 19.5.2015 – 7 U 26/15, BeckRS 2015, 11594 (Tz. 27); OLG Koblenz v. 16.1.1992 – 5 U 534/91, IPRax 1994, 46 (48); OLG Koblenz v. 16.1.1992 – 5 U 534/91, RIW 1992, 1019 (1021); OLG Stuttgart v. 16.6.1987 – 2 U 291/86, IPRax 1988, 293 (294); OLG Frankfurt EWiR 1987, 31 (Thamm); NJW 1977, 506 (507); OLG Frankfurt v. 28.4.1981 – 5 U 119/80, ZIP 1981, 630; Staudinger/Schlosser § 305 BGB Rz. 105; Berger in FS Horn, 2006, S. 3 (18). Weitergehend Wolf/Hau IntGV Rz. 38: bei Distanzgeschäften reicht auch ein Hinweis in der Vertragssprache aus, wenn der Kunde die den Hinweis enthaltende Urkunde unterzeichnet; so auch OLG Hamm v. 20.9.2005 – 19 U 40/05, IPRax 2007, 125 (126); offen gelassen von OLG Stuttgart v. 16.6.1987 – 2 U 291/86, IPRax 1988, 293 (294). So zutr. Wolf/Hau IntGV Rz. 38; Staudinger/Schlosser § 305 BGB Rz. 105. Vgl. Rz. 14 a.E. So auch OLG Koblenz v. 16.1.1992 – 5 U 534/91, IPRax 1994, 46 (48); OLG Koblenz v. 16.1.1992 – 5 U 534/91, RIW 1992, 1019 (1021); OLG Hamburg NJW 1980, 1232 (1233); Berger in FS Horn, 2006, S. 3 (18); einschränk. MünchKomm/Spellenberg, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 31 Rz. 49; MünchKomm/Spellenberg Art. 10 Rom I-VO Rz. 77, 178; Wolf/Hau IntGV Rz. 38. Zur abweichenden Rechtsprechung des BGH zum CISG siehe Rz. 12. OLG Hamm v. 19.5.2015 – 7 U 26/15, BeckRS 2015, 11594 (Tz. 27); OLG Frankfurt NJW 1977, 506 (507); OLG Hamburg NJW 1980, 1232 (1233); Reinhart RIW 1977, 20; Hübner NJW 1980, 2606; einschränk. MünchKomm/Spellenberg, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz Art. 31 Rz. 49; MünchKomm/Spellenberg Art. 10 Rom I-VO Rz. 182 f.; Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 72 ff.; für Verhandlungs- oder Vertragssprache Staudinger/Schlosser § 305 BGB Rz. 141; Wolf/Hau IntGV Rz. 39 mit Einschränkungen für die Verwendung einer Weltsprache. Vgl. oben Rz. 15 f.; OLG Koblenz v. 16.1.1992 – 5 U 534/91, IPRax 1994, 46 (48); OLG Koblenz v. 16.1.1992 – 5 U 534/91, RIW 1992, 1019 (1021); OLG Hamburg NJW 1980, 1232 (1233); Wolf/Hau IntGV Rz. 39; offen gelassen von OLG Frankfurt v. 28.4.1981 – 5 U 119/80, ZIP 1981, 630. BGH v. 31.10.1989 – VIII ZR 330/88, WM 1989, 1941 f.; OLG Hamm v. 28.6.1994 – 19 U 179/93, RIW 1994, 877 (878); OLG Hamm v. 10.10.1988 – 2 U 196/87, IPRax 1991, 324 (326) (jeweils zur Vereinbarung von Gerichtsstandsklauseln nach Art. 17 EuGVÜ); krit. dazu Kohler IPRax 1991, 299 ff. Zum Fall laufender Geschäftsbeziehung vgl. OLG München IPRax 1991, 46 (50); LG Münster RIW 1992, 230.

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trägt es dem allgemein für das Zustandekommen von Verträgen geltenden Erfordernis Rechnung, dass der Kunde in der Lage sein muss, sich in zumutbarer Weise Kenntnis vom Inhalt der AGB zu verschaffen (§ 305 Rz. 109). Allerdings legen die nicht zwingend CISG-spezifischen Ausführungen des Bundesgerichtshofs in einer Entscheidung70 zu den Einbeziehungsanforderungen von AGB in Verträgen, die dem CISG unterliegen (vgl. näher Rz. 12), die Annahme nahe, dass der BGH die dort aufgestellten Anforderungen allgemein auf den internationalen Geschäftsverkehr übertragen und eine unaufgeforderte Überlassung des AGB-Textes an den Kunden verlangen könnte, auch wenn der Vertrag nicht dem CISG unterliegt71. Anderes wird man aber jedenfalls für die Fälle der Branchenüblichkeit der Verwendung von AGB (dazu Rz. 19) und Branchenzugehörigkeit des Kunden erwarten können.

III. Sonstige Einbeziehungsprobleme Schrifttum: Vgl. die Nachw. vor Rz. 13.

1. Überblick 17

Sonstige Probleme bei Einbeziehung von AGB im internationalen Geschäftsverkehr stellen sich einerseits im Hinblick auf die Bedeutung der Branchenüblichkeit bei fehlender ausdrücklicher Einbeziehungserklärung des Verwenders (dazu Rz. 19), zum anderen hinsichtlich der Wirkungen, die dem Schweigen des Kunden auf ein Vertragsangebot des Verwenders zukommen, einschließlich der Anwendbarkeit der Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben. Um kollisionsrechtliche Probleme geht es dabei nur im Rahmen der zweiten Fragestellung (Rz. 18). Besondere Voraussetzungen bestehen nach Art. 25 EuGVVO für die Geltung vorformulierter Gerichtsstandsklauseln (Rz. 20 ff.).

2. Schweigen; kaufmännisches Bestätigungsschreiben 18

Bei Anwendbarkeit deutschen Rechts sind Zustandekommen des Vertrages und Einbeziehung der AGB gemäß Art. 31 Abs. 1 EGBGB bzw. Art. 10 Abs. 1 Rom I (zur derzeitigen Zweispurigkeit des kollisionsrechtlichen Systems vgl. Rz. 1a) nach diesem Recht zu beurteilen. Das gilt nach Art. 31 Abs. 2 EGBGB bzw. Art. 10 Abs. 2 Rom I jedoch dann nicht, wenn es nach den Umständen nicht gerechtfertigt wäre, für die Beurteilung der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung der ausländischen Partei auf deutsches Recht abzustellen. In diesem Fall kann sich die ausländische Partei auf das an ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort geltende Recht berufen. Daher richtet sich namentlich die Bedeutung des Schweigens des Empfängers auf eine ihm zugegangene Offerte im internationalen Rechtsverkehr gemäß Art. 31 Abs. 2 EGBGB bzw. Art. 10 Abs. 2 Rom I regelmäßig nach dem an seinem Wohn- oder Geschäftssitz geltenden

70 BGH v. 31.10.2001 – VIII ZR 60/01, WM 2002, 442 (444); abl. dazu Berger in FS Horn, 2006, S. 3 (9 ff.). 71 Gegen eine Überlassungspflicht OLG Hamm v. 19.5.2015 – 7 U 26/15, BeckRS 2015, 11594 (Tz. 27).

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Recht72. Die Sonderanknüpfung beim Umweltrecht gilt auch für die Frage, ob die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben (§ 305 Rz. 177 ff.) Anwendung finden73. Ausnahmen sind nur in den Fällen veranlasst, in denen der Ausländer nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere bei Vertragsschluss im Inland oder auf Grund der bisherigen Geschäftspraxis zwischen den Vertragsparteien) nicht damit rechnen kann, dass sein Verhalten nach den Regeln seines Umweltrechts beurteilt wird74.

3. Einbeziehung von AGB bei branchenüblicher Verwendung Soweit es um die Anwendung der „Wissen-Müssen“-Formel (vgl. § 305 Rz. 174 f.) 19 für die Einbeziehung von AGB geht, d.h. um die Anerkennung einer konkludenten Einbeziehungserklärung des AGB-Verwenders bei branchenüblicher Verwendung (§ 305 Rz. 173 ff.), handelt es sich schwerpunktmäßig nicht um die Frage des für den Vertragsabschluss maßgebenden Rechts, sondern um ein Problem der Auslegung der Willenserklärung des Verwenders aus der Sicht des Empfängers. Diese richtet sich nach zutreffender Rechtsprechung des BGH entsprechend den für Inlandsverträge anerkannten Grundsätzen (§ 305 Rz. 173 ff.) danach, ob von dem ausländischen Kunden die Kenntnis der branchenüblichen Verwendung erwartet werden kann75. Dementsprechend wurde die stillschweigende Einbeziehung deutscher Bank-AGB im Verkehr mit Banken anderer EWG-Staaten bejaht76. Im Verkehr mit ausländischen Unternehmern, die nicht selbst Bankgeschäfte betreiben, bedarf es dagegen regelmäßig eines besonderen Einbeziehungshinweises, soweit sie nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben oder soweit aus sonstigen Gründen die Kenntnis von der Verwendung der Bank-AGB erwartet werden kann77. Auch für die stillschweigende Einbeziehung der ADSp im Verkehr mit ausländischen Kunden ist entscheidend, ob von ihnen die Kenntnis der branchenüblichen AGB-Verwendung durch deutsche Spediteure erwartet werden kann78. Das ist jedenfalls bei ausländischen Spediteuren zu

72 Zu Art. 31 Abs. 2 EGBGB vgl. BGH v. 19.3.1997 – VIII ZR 316/96, WM 1997, 980 (984); OLG Karlsruhe v. 9.10.1992 – 15 U 67/92, NJW-RR 1993, 567 (568); OLG München v. 28.9.1989 – 24 U 391/87, IPRax 1991, 46 (49). 73 Wolf/Hau IntGV Rz. 44 (zu Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO). Differenz. zu Art. 10 Abs. 2 Rom I MünchKomm/Spellenberg Art. 10 Rom I-VO Rz. 245 ff. 74 Wolf/Hau IntGV Rz. 46. Vgl. zum früheren IPR BGH NJW 1973, 2154 und BGH RIW 1976, 534. 75 Wolf/Hau IntGV Rz. 42 f.; Drobnig in FS Mann, 1977, S. 593 ff.; Kronke NJW 1977, 992 f.; Linke ZVR 79 1980, 44 ff. 76 BGH v. 4.3.2004 – IX ZR 185/02, WM 2004, 1177 (1178); BGH v. 9.3.1987 – II ZR 238/86, NJW 1987, 1825 (1826); BGH v. 18.6.1971 – I ZR 83/70, NJW 1971, 2126 mit abl. Anm. Schmidt-Salzer; krit. auch Jayme ZHR 142 (1978), 105 (109); dem BGH zust. Wolf/Hau IntGV Rz. 43; Pleyer/Ungnade NJW 1972, 681; Weller IPRax 2005, 430. 77 Wolf/Hau IntGV Rz. 43; für Differenzierung zwischen Vertragsabschluss im Inland, der einen Hinweis entbehrlich machen soll, und Distanzgeschäften Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 2511 ff. 78 OLG Schleswig v. 25.5.1987 – 16 U 27/87, NJW-RR 1988, 283 (284). Vgl. dazu näher Hepting AWD 1975, 457 ff.; für „Zurückhaltung“ plädierend MüchKommHGB/Bahnsen Band 7, Anhang zu 1. Teil, B. Allgemeine Bedingungen, Vorbemerkungen Rz. 12, 14; zweifelnd Schlüter in FS Horn, 2006, S. 537 (554). – Zum Sonderfall der beiderseitigen Verweisung auf Spediteurbedingungen bei Geschäftsbeziehungen zwischen ausländischem und deutschem Spediteur vgl. OLG Frankfurt v. 16.12.1986 – 5 U 28/86, IPRax 1988, 99.

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bejahen, die entweder in anderen EU-Staaten ansässig sind79 oder im Inland eine Niederlassung unterhalten80. Dagegen reicht die Tatsache des Vertragsabschlusses im Inland für sich allein nicht aus81. Gegenüber Ausländern, die nicht selbst in der Speditionsbranche tätig sind, bedarf es grundsätzlich einer ausdrücklichen Einbeziehungserklärung82.

IV. Gerichtsstandsvereinbarungen im europäischen Handelsverkehr Schrifttum: Geimer Salut für die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel I-VO), IPRax 2002, 69; Gottschalk/Breßler Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen im Europäischen Zivilprozessrecht, ZEuP 2007, 56; Grüter Gerichtsstandsvereinbarung durch Korrespondenz im EWG-Handel, DB 1978, 381; Hau Zu den Voraussetzungen gepflogenheitsgemäßer Einbeziehung von AGB-Gerichtsstandsklauseln, IPRax 2005, 301; von Hoffmann Das EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, AWD 1973, 57; Horn Einwand des Rechtsmissbrauchs gegen eine Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. Art. 23 EuGVO?, IPRax 2006, 2; Kohler Zur Revision des Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens, IPRax 1987, 201; Kohler Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen: Liberalität und Rigorismus im EuGVÜ, IPRax 1983, 265; Kröll Das Formerfordernis bei Gerichtsstandsvereinbarungen nach Art. 17 LugÜ – Unwirksamkeit trotz materieller Einigung?, IPRax 2002, 113; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011; Kropholler/Pfeifer Das neue europäische Recht der Zuständigkeitsvereinbarung, in FS Nagel, 1987, S. 157; Landfermann AGB-Gesetz und Auslandsgeschäfte, RIW 1977, 445; Leible Gerichtsstandsklauseln und EG-Klauselrichtlinie, RIW 2001, 422; Leible/Röder Missbrauchskontrolle von Gerichtsstandsvereinbarungen im Europäischen Zivilprozessrecht, RIW 2007, 481; Linke EG-Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen, RIW 1985, 1; Magnus Gerichtsstandsvereinbarungen unter der reformierten EuGVO, in FS Martiny, 2014, S. 785; Piltz Die Zuständigkeitsordnung nach dem EWG-Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen, NJW 1979, 107; Piltz Vom EuGVÜ zur Brüssel-I-Verordnung, NJW 2002, 789; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2009; M. J. Schmidt Kann Schweigen auf eine Gerichtsstandsklausel in AGB einen Gerichtsstand nach Art. 17 EuGVÜ/LuganoÜ begründen?, RIW 1992, 173; Weigel/Blankenheim Europäische Gerichtsstandsklauseln – Missbrauchskontrolle und Vermeidung von Unklarheiten bei der Auslegung widersprechender Vereinbarungen, WM 2006, 664.

1. Die Regelung des Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO a) Einführung 20

Besondere Einbeziehungsprobleme für Gerichtsstandsklauseln stellen sich im internationalen Handelsverkehr mit Rücksicht auf Art. 25 Abs. 1 Satz 3

79 So OLG Schleswig v. 25.5.1987 – 16 U 27/87, NJW-RR 1988, 283 (284); OLG Frankfurt v. 23.4.1980 – 17 U 105/79, RIW 1980, 666 (667); zust. Wolf/Hau IntGV Rz. 43; Schwenzer IPRax 1988, 87; offen lassend BGH NJW 1973, 2154; für Erstreckung auch auf international tätige Spediteure aus sonstigen europäischen Staaten OLG München NJW 1973, 1560 (1561). 80 BGH v. 5.6.1981 – I ZR 64/79, RIW 1982, 55; Wolf/Hau IntGV Rz. 43. 81 So aber anscheinend BGH NJW 1973, 2154; OLG München NJW 1973, 1560; OLG Frankfurt v. 23.4.1980 – 17 U 105/79, RIW 1980, 666 (667); wie hier Wolf/Hau IntGV Rz. 43. 82 BGH NJW 1976, 2075 m. abl. Anm. Buchmüller NJW 1977, 501; OLG Bremen RIW 1978, 747 (748).

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EuGVVO83. Mit dieser Regelung ist der frühere Art. 23 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO a.F. nahezu wortgleich in die im Jahr 2012 neugefasste EuGVVO („Brüssel IaVO“) übernommen worden, die die frühere EuGVVO84ersetzt. Anwendbar ist Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO gemäß Art. 81 EuGVVO seit dem 10.1.2015, und zwar für Verfahren, die nach dem 9.1.2015 eingeleitet worden sind (Art. 66 Abs. 1 EuGVVO); für vorher eingeleitete Verfahren bleibt die EuGVVO a.F. („Brüssel I-VO“) anwendbar85 (Art. 66 Abs. 2 EuGVVO). Für Gerichtsstandsvereinbarungen, die die Zuständigkeit eines Gerichts der EU-Mitgliedstaaten begründen86, verlangt Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO schriftliche oder, bei mündlichen Abreden, schriftlich bestätigte oder eine besonderen Gepflogenheiten zwischen den Vertragsparteien oder internationalen Handelsbräuchen entsprechende Form (vgl. näher Rz. 26 ff.). Art. 25 Abs. 2 EuGVVO stellt elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, der Schriftform gleich87. Art. 25 EuGVVO findet keine Anwendung auf Erfüllungsortvereinbarungen, auch soweit sie über Art. 7 Nr. 1 EuGVVO Bedeutung für den (besonderen) Gerichtsstand des Erfüllungsorts haben88, sowie auf Schiedsgerichtsklauseln89 (Art. 1 Abs. 2 lit. d EuGVVO); Erfüllungsortvereinbarungen, deren Funktion ausschließlich darin liegt, einen bestimmten Gerichtsstand festzulegen („abstrakte Erfüllungsortvereinbarungen“), unterfallen aber nur Art. 25

83 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung), ABl. EU Nr. L 351 v. 20.12.2012, S. 1. Vgl. dazu Magnus in FS Martiny, 2014, S. 785 ff.; Staudinger/Steinrötter JuS 2015, 1 ff.; Grohmann ZIP 2015, 16 ff.; von Hein RIW 2013, 97 ff. Gemäß Art. 26 Abs. 6 lit. a des Haager Übereinkommens vom 30.6.2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen verdrängt das Übereinkommen Art. 25 EuGVVO, es sei denn, dass beide Parteien der Gerichtsstandsvereinbarung ihren Aufenthalt in EuGVVO-Mitgliedstaaten haben; vgl. Kreuzer/Wagner in Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, 36. Ergänzungslieferung 2014, Q. Europäisches Zivilverfahrensrecht Rz. 74. Zu den Anforderungen an Abschluss und Dokumentation einer von dem Übereinkommen erfassten ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung siehe Art. 3 lit. c des Übereinkommens: „schriftlich oder durch jedes andere Kommunikationsmittel, das es ermöglicht, auf die Information später wieder zuzugreifen“. Zum Ratifizierungsstand des Übereinkommens durch die EU vgl. Hau/Eichel GPR 2015, 96; Clausnitzer GmbH-Report 2015, R 11. 84 VO (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen v. 22.12.2000, ABl. EG Nr. L 12 v. 16.1.2001, S. 1. Dazu Geimer IPRax 2002, 69 ff.; Piltz NJW 2002, 789 ff. 85 Vgl. BGH v. 15.1.2015 – I ZR 88/14, BeckRS 2015, 11652 (Tz. 8). 86 Art. 25 EuGVVO gilt nicht bei Vereinbarung eines Gerichtsstands in einem Drittstaat, vgl. nur Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 14. 87 Das betrifft vor allem E-Mails, vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 41. Diese Erleichterung war bereits zu Art. 17 EuGVÜ anerkannt, vgl. BGH WM 2005, 1949 (1050); BGH NJW 2001, 1731. 88 Dörner in Saenger, Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 7 EuGVVO Rz. 13. Vgl. zu Art. 5 EuGVVO a.F. OLG Hamm v. 19.5.2015 – 7 U 26/15, BeckRS 2015, 11594 (Tz. 32); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 5 EuGVVO Rz. 35 f. So zum EuGVÜ bereits EuGH v. 17.1.1980 – Rs. C-56/79, WM 1980, 720 (722 f.); BGH v. 7.7.1980 – III ZR 15/78, WM 1980, 1148 (1149); BGH v. 17.10.1984 – I ZR 130/82, NJW 1985, 560 (561); NJW 1996, 1819. Zur Einbeziehung einer Erfüllungsort-Klausel im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung vgl. BGH v. 28.3.1996 – III ZR 95/95, WM 2005, 1892 (1894 f.). 89 So zum EuGVÜ bereits BGH v. 28.3.1979 – VIII ZB 1/78, RIW 1979, 710 (712).

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Abs. 1 EuGVVO90. Der persönliche Anwendungsbereich von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO a.F. war nach dem Wortlaut von Satz 1 dahin umschrieben, dass mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat haben musste. Darauf stellt Art. 25 Abs. 1 EuGVVO nicht mehr ab; die Vorschrift greift daher auch ein bei Gerichtsstandsvereinbarungen zwischen Drittstaatenansässigen91. Auf die Kaufmannseigenschaft kommt es für die Anwendung von Art. 25 Abs. 1 EuGVVO nicht an92. Besonderheiten gelten gemäß Art. 25 Abs. 4 EuGVVO für Versicherungssachen (Art. 15 EuGVVO), Verbrauchersachen (Art. 19 EuGVVO) und für Arbeitsverträge (Art. 23 EuGVVO). b) Räumlicher Geltungsbereich 21

Die EuGVVO und damit auch Art. 25 EuGVVO gilt für alle EU-Mitgliedstaaten, im Ergebnis auch für Dänemark aufgrund eines Parallelabkommens zwischen der EU und Dänemark93.

22

Die Mitgliedstaaten der EG haben mit den EFTA-Staaten am 16.9.1988 das Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen abgeschlossen. Seit dem 30.10.2007 liegt ein revidiertes Übereinkommen vor, das Bedeutung u.a. für die Schweiz hat94. Dieses Übereinkommen enthält in seinem Art. 23 hinsichtlich der Formanforderungen für Gerichtsstandsvereinbarungen eine mit Art. 25 EuGVVO übereinstimmende Regelung. c) Verhältnis zu anderen Vorschriften

23

Art. 25 EuGVVO hat Vorrang nicht nur gegenüber der Regelung über Gerichtsstandsvereinbarungen in § 38 ZPO95, sondern auch gegenüber den abweichenden Einbeziehungsvoraussetzungen der §§ 305 Abs. 2, 305a, 305c Abs. 196 ein90 Dörner in Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 7 EuGVVO Rz. 13; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 5 EuGVVO Rz. 36; zum EuGVÜ EuGH v. 20.2.1997 – Rs. C-106/95, RIW 1997, 415 (418) mit zust. Anm. Moll; BGH RIW 1997, 871 (872). 91 Vgl. von Hein RIW 2013, 101; Staudinger/Steinrötter JuS 2015, 4. Zum Vorrang des Haager Übereinkommens vom 30.6.2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen vgl. aber oben Fn. 83. 92 OLG Karlsruhe v. 30.12.1981 – 14 U 4/81, NJW 1982, 1950 zum EuGVÜ. 93 Vgl. Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Vorbemerkung zur EuGVVO Rz. 6. 94 ABl. EU Nr. L 339 v. 21.12.2007, S. 3 und ABl. EU Nr. L 147 v. 10.6.2009, S. 5. Siehe dazu Zöller/Geimer ZPO, Art. 1 EuGVVO Rz. 16; Wagner/Janzen IPrax 2010, 298 ff. 95 Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 16; Stoffels Rz. 1059; OLG Frankfurt v. 30.3.2015 – 23 U 11/14, BeckRS 2015, 09133; OLG Hamburg v. 14.4.2004 – 13 U 76/03, NJW 2004, 3126 (3128). So bereits die allg. M. zu Art. 17 EuGVÜ, vgl. etwa BayObLG NJW-RR 2002, 359; OLG Saarbrücken v. 2.10.1991 – 5 U 21/91, NJW 1992, 987; OLG München v. 28.9.1989 – 24 U 391/87, IPRax 1991, 46 (47); OLG Hamm v. 10.10.1988 – 2 U 196/87, IPRax 1991, 324 (325). Die Vorrangproblematik verliert freilich an praktischer Bedeutung, da der BGH im Ergebnis für eine mit Art. 17 EuGVÜ übereinstimmende Auslegung von § 38 Abs. 2 ZPO eingetreten ist, vgl. BGH IPRax 1992, 377 (379) m. Anm. Heß S. 358; konsequent kann für Art. 25 EuGVVO nichts anderes gelten. 96 OLG Zweibrücken v. 7.2.2013 – 4 U 78/12, MDR 2013, 510; OLG Hamm v. 20.9.2005 – 19 U 40/05, BeckRS 2005, 11962; OLG Hamburg v. 14.4.2004 – 13 U 76/03, NJW 2004, 3126 (3128); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 19; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 7; Zöller/Geimer ZPO, Anh. I, Art. 23 EuGVVO Rz. 33; Stoffels Rz. 1064; Wolf/Hau Klauseln Rz. G 178.

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schließlich der für den kaufmännischen Geschäftsverkehr geltenden Besonderheiten. Entsprechendes gilt auch für den Bereich der Inhaltskontrolle nach § 307, da das mit der EuGVVO verfolgte Streben nach Rechtsvereinheitlichung unterschiedlichen nationalen Gültigkeitsanforderungen entgegensteht97; Schranken gegenüber unangemessenen Gerichtsstandsklauseln sind im Geltungsbereich der EuGVVO daher einheitlich nach gemeinschaftsrechtlich autonomen Maßstäben zu entwickeln98. Das gilt namentlich auch hinsichtlich der zum Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung zunächst einmal erforderlichen und von den in Art. 25 Abs. 1 EuGVVO geregelten Formfragen im Grundsatz zu unterscheidenden materiellen Willenseinigung zwischen den Parteien durch eine überhaupt vorliegende tatsächliche Einverständniserklärung mit der Wahl eines bestimmten Gerichts99. Auch insoweit ist bei der Frage, ob vorformulierte Gerichtsstandsklauseln überhaupt rechtsgeschäftlich vereinbart und damit Vertragsbestandteil sind, für einen Rückgriff auf nationales Recht kein Raum100. Anderes gilt auf der 97 So zutr. OLG Frankfurt v. 30.3.2015 – 23 U 11/14, BeckRS 2015, 09133; OLG Hamm v. 20.9.2005 – 19 U 40/05, BeckRS 2005, 11962; OLG Hamburg v. 14.4.2004 – 13 U 76/03, NJW 2004, 3126 (3128); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 19; Zöller/Geimer ZPO, Anh. I, Art. 23 EuGVVO Rz. 33; Stoffels Rz. 1069; Gottschalk/Breßler ZEuP 2007, 67. A.A. zu Art. 17 EuGVÜ noch OLG Karlsruhe NJW 1982, 1950 (1951); LG Rottweil v. 8.12.1986 – 4 O 865/86, IPRax 1989, 45 (46) und Landfermann RIW 1977, 448. Für eine Inhaltskontrolle bei Verbraucherverträgen unter Berufung auf die vorrangige EG-Klauselrichtlinie Pfeiffer in FS Schütze, 1999, S. 671 ff.; Leible RIW 2001, 429 f. Dagegen zu Recht Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 20 m.w.N. zum Meinungsstand, unter zutr. Hinweis darauf, dass die EuGVVO für einen hinreichenden Schutz des Verbrauchers vor Gerichtsstandsklauseln sorgt. Die Entscheidung EuGH NJW 2000, 2571 (Océano Grupo) über die Missbräuchlichkeit einer Gerichtsstandsklausel nach der EG-Klauselrichtlinie betrifft nicht den Fall der Vereinbarung der internationalen, sondern der örtlichen Zuständigkeit und geht auch nicht auf das Verhältnis von EuGVVO und EG-Klauselrichtlinie ein; siehe dazu Stoffels Rz. 1069; Borges RIW 2000, 933 ff.; Borges NJW 2001, 2061 ff. Gleiches gilt für EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08, NJW 2009, 2367 (Pannon GSM Zrt.) m. Anm. Pfeiffer. 98 EuGH v. 16.3.1999 – Rs. C-159/97, WM 1999, 1187 (1193) (zum EuGVÜ); BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 125/14, BeckRS 2015, 09080 (Tz. 43); Jayme/Kohler IPRax 1992, 353; Kohler IPRax 1982, 270. Gegen eine ungeschriebene europarechtliche Missbrauchskontrolle von in den Anwendungsbereich von Art. 23 EuGVVO a.F. fallenden Gerichtsstandsvereinbarungen OLG Frankfurt v. 30.3.2015 – 23 U 11/14, BeckRS 2015, 09133; OLG Hamburg NJW 2004, 3126 (3128); LG Mainz v. 13.9.2005 – 10 HK. O 112/04, WM 2005, 2319 (2323); Gottschalk/Breßler ZEuP 2007, 73 ff.; Horn IPRax 2006, 2; Weigel/ Blankenheim WM 2006, 666 f., jeweils m.w.N. zum Meinungsstand. Zu Art. 25 EuGVVO vgl. Stoffels Rz. 1069. A.A. Leible/Röder RIW 2007, 482 ff. („ungeschriebene europarechtliche Missbrauchskontrolle“). Für „wünschenswert“ hält Wolf/Hau Klauseln Rz. G 180 eine vom EuGH zu entwickelnde allgemeine Missbrauchskontrolle. 99 Vgl. Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 10 f.; Magnus in FS Martiny, 2014, S. 785 (791f.). 100 Vgl. zu Art. 25 EuGVVO Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 10; Magnus in FS Martiny, 2014, S. 785 (791f.); zu Art. 23 EuGVVO a.F. vgl. BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 125/14, BeckRS 2015, 09080 (Tz. 44); LG Mainz v. 13.9.2005 – 10 HK. O 112/04, WM 2005, 2319 (2322). Nicht entschieden von BGH v. 7.1.2014 – VIII ZR 137/13, BeckRS 2014, 03668 (Tz. 8); OLG Saarbrücken v. 18.10.2011 – 4 U 548/10-170, BeckRS 2011, 24777; OLG Düsseldorf v. 23.3.2011 – 15 U 18/10, BeckRS 2011, 17832. A.A. ausdrücklich OLG Düsseldorf RIW 1989, 577 (579). Zu den vertragsautonomen Einbeziehungsanforderungen im Hinblick auf fremdsprachige AGB zum EuGVÜ vgl. BGH WM 1989, 1941 (1942); OLG Hamm v. 20.9.2005 – 19 U 40/05, ZIP 2005, 2336; OLG Hamm v. 10.10.1988 – 2 U 196/87, IPRax 1991, 324 (325 f.); Kohler IPRax 1991, 299 ff.; zum Problem der Erkennbarkeit der Gerichtsstandsklausel, die in

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Grundlage von Art. 25 EuGVVO für die Frage, ob auch im Übrigen die materielle Wirksamkeit101 einer Gerichtsstandsvereinbarung autonom oder nach dem maßgeblichen nationalen Recht zu bestimmen ist. Durch die gegenüber Art. 23 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO a.F. ergänzende Regelung in Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO, „es sei denn, die Vereinbarung ist nach dem Recht dieses Mitgliedstaats materiell nichtig“, ist diese Frage dahingehend geklärt102, dass diese materielle Wirksamkeit – wie Fragen der Geschäftsfähigkeit, der Gesetzes- und Sittenwidrigkeit und des Fehlens von Willensmängeln (Irrtum, Täuschung, Drohung) – der Gerichtsstandsvereinbarung nach dem Recht103 des Mitgliedstaates zu beurteilen ist, in dem sich das in der Gerichtsstandsvereinbarung bestimmte Gericht befindet104.

2. Formerfordernisse für vorformulierte Gerichtsstandsvereinbarungen a) Allgemeines 24

Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. a EuGVVO verlangt das Vorliegen einer „schriftlichen oder … mündlichen, schriftlich bestätigten Vereinbarung“ zwischen den Parteien über den ausschließlichen Gerichtsstand. Die – die erste Fassung von Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ bildende – Formvorschrift soll nach st. Rspr. des EuGH105 zu Art. 17 EuGVÜ gewährleisten, dass die Einigung zwischen den Parteien über den Gerichtsstand „klar und deutlich zum Ausdruck kommt und tatsächlich feststeht“. Ob der EuGH damit nur das Erfordernis der Rechtssicherheit betonen wollte, das Formerfordernis also bloße Beweisfunktion106 haben sollte, oder ob es ihm auch um den – besonders im Hinblick auf Gerichtsstandsklauseln in AGB relevanten – Schutz des anderen Vertragsteils vor einer von ihm nicht bemerkten Gerichtsstandsvereinbarung ging, wurde aus der Formulierung nicht voll deutlich107. In einem späteren Urteil hat der EuGH diesen Schutzcharakter jedoch hervorgehoben108, ohne freilich hieraus für den internationalen Handels-

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einem umfangreichen AGB-Text enthalten ist, OLG Stuttgart v. 18.7.1988 – 5 U 85/87, IPRax 1989, 174; zur Kollision von Gerichtsstandsklauseln der Käufer- und Verkäuferseite vgl. LG Essen v. 12.12.1990 – 41 O 122/89, WM 1992, 1208 (1210 f.). Vgl. zu dieser Begrifflichkeit auch Magnus in FS Martiny, 2014, S. 785 (791). So Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 15. Unter Einschluss von dessen Kollisionsrecht; vgl. den 20. Erwägungsgrund zur Brüssel Ia-VO, ABl. EU Nr. L 351 v. 20.12.2012, S. 1; Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 15; Magnus in FS Martiny, 2014, S. 785 (791, 793 ff.). Vgl. Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 15 und Magnus in FS Martiny, 2014, S. 785 (791 ff.), jew. unter Hinweis auf Fälle der Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit oder der Anfechtbarkeit wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung; Staudinger/Steinrötter JuS 2015, 4; Stoffels Rz. 1058. Zur Frage der Geschäftsfähigkeit und Stellvertretung vgl. MünchKommZPO/Gottwald, Art. 23 EuGVVO Rz. 23 m.w.N.; Magnus in FS Martiny, 2014, S. 785 (792 f.). EuGH NJW 1977, 494 und 495; EuGH v. 6.5.1980 – Rs. C-784/79, RIW 1981, 58; EuGH v. 14.7.1983 – Rs. C-201/82, RIW 1984, 62 (64). So auch BGH v. 30.3.2006 – VII ZR 249/04, NJW 2006, 1672 (Tz. 13) zu Art. 17 EuGVÜ. Zu Art. 23 EuGVVO a.F. vgl. EuGH v. 21.5.2015 – Rs. C-322/14, BeckRS 2015, 80658 (Tz. 29 f.).; EuGH v. 7.2.2013 – Rs. C-543/10, RIW 2013, 245 (Tz. 28); BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 125/14, BeckRS 2015, 09080 (Tz. 31); OLG Düsseldorf v. 23.3.2011 – 15 U 18/10, BeckRS 2011, 17832. Dafür Kröll IPRax 2002, 115 f.; für Wirksamkeitsvoraussetzung Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 32. Vgl. zu dieser schon in Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ selbst angelegten Unklarheit auch Schlosser RIW 1984, 911 f. EuGH v. 20.2.1997 – Rs. C-106/95, RIW 1997, 415 (417).

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verkehr restriktive Kriterien für die Vereinbarung von Gerichtsstandsklauseln abzuleiten (vgl. Rz. 30). Das entspricht der bisherigen Tendenz in der Rechtsprechung des EuGH. Während der EuGH besonders in den ersten Vorabentscheidungen nach Art. 177 EWGV (später Art. 234 EG und jetzt Art. 267 AEUV) die Notwendigkeit enger Auslegung der Formerfordernisse des Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ betont109 und damit den Vertragspartner des Verwenders zumindest im Ergebnis weitgehend vor einer unbemerkten Gerichtsstandsvereinbarung geschützt hat, lassen spätere Urteile auf eine großzügigere, kaufmännischen Gepflogenheiten stärker Rechnung tragende Praxis schließen110. Sie ist bereits in Erleichterungen der früher in Art. 17 EuGVÜ auf schriftliche oder schriftlich bestätigte Vereinbarungen beschränkten Formerfordernisse in Art. 17 EuGVÜ eingeflossen und in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. b und c EuGVVO a.F. sowie nunmehr Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. b und c EuGVVO übernommen worden. Im internationalen Handelsverkehr kann eine Gerichtsstandsvereinbarung auch „in einer Form geschlossen werden, die den internationalen Handelsbräuchen entspricht, die den Parteien bekannt sind oder die als ihnen bekannt angesehen werden müssen“ (dazu näher Rz. 29 ff.)111. Auch kommt zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten Bedeutung für die Form einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung zu (vgl. Rz. 28). Ein besonderes Problem im Zusammenhang mit den Anforderungen an Ge- 25 richtsstandsvereinbarungen nach Art. 25 Abs. 1 EuGVVO stellt sich im Hinblick auf ihre Wirksamkeit gegenüber Dritten, wenn die Dritten zwar nicht am Vertragsschluss beteiligt gewesen, aber von dessen Inhalt betroffen sind. Insoweit stellte der EuGH zu Art. 17 EuGVÜ zunächst für einen Versicherungsvertrag zu Gunsten Dritter fest, dass der begünstigte Dritte sich auch seinerseits auf den formwirksam vereinbarten, dem Interesse des Versicherungsnehmers dienenden Gerichtsstand berufen könne112. In einem weiteren Urteil dehnte er diesen Rechtssatz auf wirksam zu Stande gekommene Gerichtsstandsklauseln in den Konnossementbedingungen eines Verfrachters aus, wenn das Konnossement anschließend an einen Dritten übertragen wurde und dieser sich nach dem maßgeblichen nationalen Recht den Inhalt des Konnossements einschließlich der darin enthaltenen AGB entgegenhalten lassen muss113. Demgegenüber kann eine im Rahmen einer Lieferkette zwischen dem Hersteller und dem Erstkäufer vereinbarte Gerichtsstandsklausel einem nachfolgendenen Käufer („Dritter“) nur dann entgegengehalten werden, wenn dieser der Gerichtsstandsvereinbarung zugestimmt hat114.

109 EuGH v. 14.12.1976 – Rs. 24/76, NJW 1977, 494 und 495; EuGH v. 12.7.1983 – Rs. C-170/78, RIW 1984, 58. So zu Art. 23 Abs. 1 EuGVVO a.F. allgemein auch EuGH v. 21.5.2015 – Rs. C-322/14, BeckRS 2015, 80658 (Tz. 25). 110 Vgl. namentlich EuGH v. 19.6.1984 – Rs. C-71/83, RIW 1984, 909 (911) und EuGH v. 20.2.1997 – Rs. C-106/95, RIW 1997, 415 (417). 111 Zu den Gründen für die Erleichterung vgl. Kohler IPRax 1987, 204. 112 EuGH v. 14.7.1983 – Rs. C-201/82, RIW 1984, 62 (64). Vgl. näher zur Drittwirkung Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 63 ff. 113 EuGH v. 9.11.2000 – Rs. C-387/98, NJW 2001, 501 (502 f.); EuGH v. 19.6.1984 – Rs. C-71/83, RIW 1984, 909 (911) mit im Ergebnis zust. Anm. Schlosser. Vgl. dazu auch BGH v. 15.2.2007 – I ZR 40/04, BGHZ 171, 141 (148 f.); LG Bremen v. 31.1.2014 – 11 O 7/14, BeckRS 2014, 15118. 114 Vgl. EuGH v. 7.2.2013 – Rs. C-543/10, RIW 2013, 245 (Tz. 29) (Refcomp SpA/Axa Corporate Solutions Assurance SA u. A.) = EuZW 2013, 316 m. Anm. Moebus.

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b) Schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung oder mündliche mit schriftlicher Bestätigung (Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. a EuGVVO) aa) Schriftlicher Vertragsschluss 26

Mit den Anforderungen an die schriftliche Vereinbarung von in AGB enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarungen hat der EuGH sich (zu Art. 17 EuGVÜ) wiederholt befasst115. So ließ er das Vorliegen übereinstimmender schriftlicher Erklärungen beider116 Seiten über den Gerichtsstand genügen, auch wenn sie nicht in einer Urkunde zusammengefasst waren117. Ebenso bejahte er die Frage, ob eine in der Vertragsurkunde enthaltene pauschale Verweisung auf die AGB des Verwenders dem Formerfordernis auch dann entspreche, wenn die in den AGB enthaltene Gerichtsstandsklausel weder in der Verweisung selbst noch im Klauseltext besonders hervorgehoben ist118. Dagegen ließ er die bloße Wiedergabe der AGB einschließlich der Gerichtsstandsklausel auf der Rückseite der von beiden Seiten unterschriebenen Vertragsurkunde nicht genügen119. Als nicht dem Formerfordernis entsprechend wurde auch die Bezugnahme auf ein früheres Angebot des Verwenders angesehen, wenn in diesem nicht ausdrück-

115 EuGH v. 14.12.1976 – Rs. 24/76, NJW 1977, 494 und EuGH v. 19.6.1984 – Rs. 71/83, RIW 1984, 909 (910). 116 Daran fehlt es, wenn eine Gerichtsstandsvereinbarung in einem nur vom Bürgen unterzeichneten, ihm von der Gläubigerbank übermittelten Bürgschaftsformular enthalten ist, BGH v. 22.2.2001 – IX ZR 19/00, NJW 2001, 1731; vgl. weiter BGH v. 16.1.2014 – IX 194/13, WM 2014, 534 (Tz. 7 ff.): Gerichtsstandsklausel in einem nur vom Vollmachtgeber unterzeichneten Vollmachtsformular; BGH v. 6.7.2004 – X ZR 171/02, WM 2005, 1049 (1050); OLG Karlsruhe v. 15.1.2009 – 4 U 72/07, NJOZ 2009, 2282 (2284) und OLG Stuttgart v. 18.4.2011 – 5 U 199/10, BeckRS 2011, 16756 (vom Verwender nicht unterzeichnete Auftragsbestätigung); abl. Kröll IPRax 2002, 114. 117 EuGH v. 14.12.1976 – Rs. 24/76, NJW 1977, 494; so auch BGH v. 16.1.2014 – IX ZR 194/13, WM 2014, 534 (Tz. 9); BGH v. 9.3.1994 – VIII ZR 185/92, RIW 1994, 508 (509); BGH v. 22.2.2001 – IX ZR 19/00, NJW 2001, 1731; BGH v. 9.3.1994 – VIII ZR 185/92, NJW 1994, 2699 f.; BGH v. 6.7.2004 – X ZR 171/02, WM 2005, 1049 (1050); OLG Saarbrücken v. 18.10.2011 – 4 U 548/10-170, BeckRS 2011, 24777; OLG Karlsruhe v. 15.3.2001 – 19 U 48/00, RIW 2001, 621 (622); OLG Hamm v. 28.6.1994 – 19 U 179/93, RIW 1994, 877 (878); OLG Hamburg v. 8.3.1996 – 14 U 86/95, EWS 1996, 365; Wolf/Hau Klauseln Rz. G 161; von Hoffmann AWD 1973, 57 (62 f.); Kohler IPRax 1983, 269; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 33; offen gelassen von OLG Karlsruhe v. 15.1.2009 – 4 U 72/07, NJOZ 2009, 2282 (2284); unzutr. OLG München v. 11.2.1981 – 7 U 3886/80, NJW 1982, 1951, das auf § 126 Abs. 2 abstellt. 118 EuGH NJW 1977, 494; so auch BGH v. 16.1.2014 – IX ZR 194/13, WM 2014, 534 (Tz. 10); BGH WM 1977, 795; BGH v. 26.3.1992 – VII ZR 258/91, RIW 1992, 756 (758); BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, WM 2004, 2150 (2151); BGH v. 9.3.1994 – VIII ZR 185/92, NJW 1994, 2699; OLG Dresden v. 14.1.2014 – 4 U 717/13, BeckRS 2014, 19767; BayObLG v. 11.4.2001 – 4Z AR 29/01, NJW-RR 2002, 359; OLG Hamm v. 10.10.1988 – 2 U 196/87, IPRax 1991, 324 (325); OLG Koblenz v. 9.1.1987 – 2 U 470/85, RIW 1987, 144 (146); LG Rottweil v. 8.12.1986 – 4 O 865/86, IPRax 1989, 45 (46); Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 25; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 35, a.A. – grundsätzlich auf „qualifizierte Kenntnisnahmemöglichkeit“ des Kunden abstellend – Wolf/Hau Klauseln Rz. G 163. Zu Schranken bei einem umfangreichen, klein gedruckten AGB-Text vgl. OLG Stuttgart v. 18.7.1988 – 5 U 85/87, IPRax 1989, 174. 119 EuGH v. 14.12.1976 – Rs. 24/76, NJW 1977, 494; EuGH v. 19.6.1984 – Rs. C-71/83, RIW 1984, 909 (910).

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lich auf die Gerichtsstandsklausel verwiesen war120. Nach Ansicht des BGH fehlt es an einer schriftlichen Vereinbarung schließlich auch dann, wenn die schriftlichen Erklärungen beider Seiten über die Einbeziehung der jeweiligen AGB sich nicht voll decken121. Erforderlich für eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung ist es weiterhin, dass der Vertragspartner bei normaler Sorgfalt von den die Gerichtsstandsklausel enthaltenden AGB Kenntnis nehmen konnte122. Das setzt voraus, dass die die Gerichtsstandsklausel enthaltenden AGB dem Kunden zugänglich gemacht werden123. Dazu genügt es nicht, wenn in der Auftragsbestätigung auf die Geltung der dem Schreiben nicht beigefügten AGB und auf deren Einsehbarkeit in den Geschäftsräumen des Verwenders hingewiesen wird124. Zu weit geht die Rechtsprechung jedoch, wenn sie ein Zugänglichmachen auch bei einem Hinweis auf die Einsehbarkeit der AGB im Internet verneint125. Das Schriftlichkeitserfordernis kann gemäß Art. 25 Abs. 2 EuGVVO auch durch elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, gewahrt werden. Das trifft namentlich für E-Mails zu126. Eine elektronische Verschlüsselung oder Signatur ist nicht erforderlich127. Bei einem Vertragsschluss über das Internet mit Anklicken eines Feldes zur Bestätigung der Geltung von AGB (mit einer Gerichtsstandsklausel) – „click wrapping“ – liegt eine elektronische Übermittlung i.S.v. Art. 25 Abs. 2 EuGVVO dann vor, wenn die Möglichkeit besteht, die AGB vor Abschluss des Vertrages auszudrucken oder anderweitig zu speichern und zu reproduzieren; dass eine derartige „Aufzeichnung“ tatsächlich erfolgt, ist für die Anwendbarkeit von Art. 25 Abs. 2 EuGVVO nicht erforderlich128.

120 EuGH v. 14.12.1976 – Rs. 24/76, NJW 1977, 494; so auch LG Siegen v. 6.6.1978 – 6 O 9/77, NJW 1978, 2456 (2457); Grüter DB 1978, 381 (382 f.); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 36; Linke RIW 1985, 6. 121 BGH v. 16.5.1977 – VIII ZR 225/75, WM 1977, 826 (827); so auch Grüter DB 1978, 383. 122 BGH v. 28.3.1996 – III ZR 95/95, NJW 1996, 1819; OLG Karlsruhe NJW-RR 2001, 621 (622); weitergehend Wolf/Hau Klauseln Rz. G 163 (qualifizierte Kenntnisnahmemöglichkeit). Für Annahme einer schriftlichen Gerichtsstandsvereinbarung bei deren Unterzeichnung durch den Kunden auch dann, wenn die die Gerichtsstandsklausel enthaltenden AGB in einer Sprache abgefasst sind, die der Kunde nicht versteht, OLG Hamm v. 20.9.2005 – 19 U 40/05, BeckRS 2005, 11962. 123 Vgl. OLG Zweibrücken v. 7.2.2013 – 4 U 78/12, BeckRS 2013, 05130; OLG Stuttgart v. 31.7.2012 -5 U 150/11, NJW 2013, 83 (87); OLG Oldenburg v. 20.12.2007 – 8 U 138/07, BeckRS 2008, 06401; Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 25; Wolf/Hau Klauseln Rz. G 162. 124 OLG Celle v. 24.7.2009 – 13 W 48/09, RIW 2010, 164 (165); Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 25. 125 So OLG Celle v. 24.7.2009 – 13 W 48/09, RIW 2010, 164 (165). A.A. OLG Dresden v. 7.5.2009 – 10 U 1816/08, NJW-RR 2009, 1295 (1296). 126 BGH v. 7.1.2014 – VIII ZR 137/13, BeckRS 2014, 03668 (Tz. 4); BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 125/14, BeckRS 2015, 09080 (Tz. 44); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 41; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 23 Rz. 29. Bereits zu Art. 17 EuGVÜ war anerkannt, dass das Schriftlichkeitserfordernis durch die Übermittlung mit „modernen Kommunikationsmitteln“, die keine handschriftliche Unterzeichnung ermöglichen, gewahrt werden konnte, vgl. BGH v. 6.7.2004 – X ZR 171/02, WM 2005, 1049 (1050); NJW 2001, 1731 m.w.N. 127 Vgl. BGH v. 7.1.2014 – VIII ZR 137/13, BeckRS 2014, 03668 (Tz. 3 f.). 128 Vgl. EuGH v. 21.5.2015 – Rs. C-322/14, BeckRS 2015, 80658 (Tz. 32 ff.), zu Art. 23 EuGVVO a.F.; Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 26; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 41. A.A.

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bb) Mündliche, schriftlich bestätigte Vereinbarung 27

Diese in Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. a EuGVVO vorgesehene Variante des Formerfordernisses unterscheidet sich von der schriftlichen Vereinbarung dadurch, dass die schriftliche Bestätigung durch eine der Parteien („halbe Schriftlichkeit“), ausreicht, wenn sie der anderen Partei zugegangen ist und diese ihr nicht widersprochen hat129. Die Bestätigung muss sich auf den Vertragsschluss selbst beziehen; ein Schreiben mit bloßer Rechnungsfunktion reicht hierfür nicht aus130. Darauf, ob die Bestätigung durch diejenige Partei erfolgt, die sich die Gerichtsstandsklausel entgegenhalten lassen muss, oder ob die begünstigte Partei die Vereinbarung bestätigt hat, soll es entsprechend der Beweisfunktion des Formerfordernisses nicht ankommen131. Allerdings verlangt der EuGH für diese Variante zusätzlich, dass der Gerichtsstand ausdrücklicher Gegenstand der hierauf bezogenen mündlichen Vereinbarung gewesen ist132. Die übereinstimmende mündliche Einbeziehung der AGB des einen Teils ohne besonderen Hinweis auf eine darin enthaltene Gerichtsstandsklausel reicht danach – vorbehaltlich der Anwendbarkeit von Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO im Hinblick auf handelsübliche Einbeziehungsvereinbarungen dieser Art (vgl. Rz. 29 ff.) – nicht aus. Das hat Bedeutung für Auftragsbestätigungen unter Hinweis auf die AGB des Bestätigenden, wenn der Kunde das darin liegende veränderte Vertragsangebot (§ 150 Abs. 2) nicht schriftlich, sondern durch Entgegennahme der Vertragsleistung konkludent annimmt; die schriftliche Bestätigung einer mündlich getroffenen Vereinbarung ist hierin nicht zu sehen133. Entsprechendes gilt aber auch für die erstmalige Verweisung auf die AGB des einen Teils oder auf die darin enthaltene Gerichtsstandsklausel in einem von ihm abgesandten kaufmännischen Bestätigungsschreiben und dessen widerspruchslose Hinnahme durch den anderen Teil; auch sie genügt dem Formerfordernis des Art. 25 Abs. 1 Satz 3

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noch AG Geldern v. 20.4.2011 – 4 C 33/11, BeckRS 2011, 08940: Bestätigung der AGB darf erst nach deren Ausdruck möglich sein. EuGH v. 11.7.1985 – Rs. C-221/84, RIW 1985, 736 (737); so auch BGH v. 5.12.1985 – I ZR 55/82, NJW 1986, 2196. So zutr. OLG Hamburg v. 19.9.1984 – 5 U 56/84, RIW 1984, 916; LG Köln v. 5.5.1988 – 83 O 42/87, IPRax 1989, 290 (291); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 43. EuGH v. 11.7.1985 – Rs. C-221/84, RIW 1985, 736 (737) unter zutr. Hinweis darauf, dass häufig ex ante nicht absehbar ist, wer von der Gerichtsstandsvereinbarung begünstigt wird; so auch BGH v. 5.12.1985 – I ZR 55/82, NJW 1986, 2196; BGH v. 14.11.1991 – IX ZR 250/90, WM 1992, 87 (89); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 47. EuGH v. 14.12.1976 –Rs. 24/76, NJW 1977, 494 (Colzani); EuGH v. 11.7.1985 – Rs. C-221/84, RIW 1985, 736 (737); weitergehend – konkludente Einbeziehung der AGB genügt – BGH v. 9.3.1994 – VIII ZR 185/92, RIW 1994, 508 (510); OLG Düsseldorf v. 23.3.2011 – 15 U 18/10, BeckRS 2011, 17832. Zu Unrecht für Anwendung von Art. 17 Abs. 1 lit. a EuGVÜ auf den Fall der mündlichen Bestätigung eines schriftlichen Angebotes mit einer Gerichtsstandsklausel LG Berlin v. 18.2.2000 – 94 = 93/99, WM 2000, 1060 (1061) zum EuGVÜ. Vgl. EuGH v. 14.12.1976 – Rs. 25/79, NJW 1977, 495 (Segoura); BGH v. 9.3.1994 – VIII ZR 185/92, NJW 1994, 2699 (2700); BGH v. 26.3.1992 – VII ZR 258/91, RIW 1992, 756 (758) und OLG Stuttgart RIW 1980, 365; so im Ergebnis auch schon OLG Frankfurt RIW 1976, 532 (533); OLG Hamburg RIW 1975, 498 (499 und 500). Unzutr. daher LG Berlin WM 2000, 1060 (1061).

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lit. a EuGVVO nicht134 (zur Anwendbarkeit von Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO vgl. Rz. 30). c) Zwischen den Parteien entstandene Gepflogenheiten (Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. b EuGVVO) Von dem Erfordernis einer schriftlichen bzw. schriftlich bestätigten Verein- 28 barung (Rz. 26 f.) hat bereits zu Art. 17 EuGVÜ der EuGH in denjenigen Fällen eine Ausnahme gemacht, in denen der mündlich geschlossene Vertrag sich in eine laufende Geschäftsverbindung der Parteien einfügt, der die eine Gerichtsstandsklausel enthaltenden AGB des einen Teils zugrunde liegen135. Die Ausnahme wurde damit begründet, das Bestreiten einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung verstoße gegen Treu und Glauben. Das dürfte dahin zu verstehen sein, dass es auf die Erfüllung des Formerfordernisses weder bezüglich des betreffenden Einzelvertrages noch auch im Hinblick auf die Begründung der laufenden Geschäftsverbindung etwa durch eine Rahmenvereinbarung nach Art von § 305 Abs. 3 ankommen soll136. Dementsprechend wurde etwa die Aufnahme einer Gerichtsstandsklausel in ein nur von einem Teil unterschriebenes Konnossement als wirksam anerkannt, wenn zwischen den Parteien schon in der Vergangenheit stets nach diesem Muster verfahren worden war137. Bereits das EuGVÜ hatte in einer Neufassung diesen Fall der laufenden Geschäftsverbindung138 in § 17 Abs. 1 Satz 2 lit. b erfasst und den Abschluss von Gerichtsstandsvereinbarungen auch in einer Form zugelassen, die den Gepflogenheiten entspricht, welche zwischen den Parteien entstanden sind. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. b EuGVVO a.F. hatte diese Regelung wortgleich übernommen und sie findet sich nunmehr in Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. b EuGVVO. Zwischen den Parteien entstandene Gepflogenheiten setzen eine tatsächliche, auf einer Einigung, also einer Willensübereinstimmung der Parteien beruhende Übung über die Geltung

134 So zum EuGVÜ EuGH NJW 1977, 495; so auch OLG Köln v. 16.3.1988 – 24 U 182/87, NJW 1988, 2182; OLG Celle 1985, 571 (572). Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 45. 135 So schon EuGH NJW 1977, 495, bestätigt durch EuGH RIW 1984, 909 (911). Zu den damit aufgeworfenen Auslegungsproblemen vgl. Grüter DB 1978, 382; drei geschäftliche Kontakte lässt OLG Stuttgart v. 31.7.2012 – 5 U 150/11, NJW 2013, 83 (86) für die Begründung einer „Gepflogenheit“ genügen; nach OLG Stuttgart v. 24.7.1979 – 6 U 31/79, RIW 1980, 365 sollen für eine laufende Geschäftsbeziehung drei Vertragsschlüsse genügen, wenn es bei ihnen über den Vertragsschluss und die Lieferung hinaus zu zahlreichen weiteren schriftlichen und mündlichen Kontakten gekommen ist; nach OLG Karlsruhe v. 15.1.2009 – 4 U 72/01, NJOZ 2009, 2282 (2285) reichen zwei Bauvorhaben innerhalb eines Jahres für eine längere Geschäftsbeziehung nicht aus; nach OLG Celle v. 2.3.1984 – 15 U 78/83, RIW 1985, 571 (573) begründet eine „Kontaktpflege“ nach einem mehr als zehn Jahre zurückliegenden Vertragsschluss keine laufende Geschäftsbeziehung. 136 So auch OLG Stuttgart v. 24.7.1979 – 6 U 31/79, RIW 1980, 365; wohl auch Grüter DB 1978, 382. 137 EuGH v. 19.6.1984 – Rs. C-71/83, RIW 1984, 909 (911). 138 Vgl. die Bezugnahme in den Materialien zu § 17 Abs. 1 Satz 2b EuGVÜ auf die Rechtsprechung des EuGH zum Sonderfall der laufenden Geschäftsverbindung, Cruz/Desontes Real/Jenard Bericht zum 3. Beitrittsübereinkommen zum EuGVÜ, ABl. EG 1990 Nr. C 189, S. 35 (47) und den Bericht zur wortgleichen Regelung in Art. 17 LuganoÜbereinkommen (vgl. Rz. 22) von Jenard/Möller ABl. EG Nr. C 189 v. 28.7.1990, S. 57 (77).

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der Gerichtsstandsvereinbarung voraus139. Der bloße laufende Abdruck von Gerichtsstandsklauseln auf Rechnungen oder Auftragsbestätigungen im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung reicht dafür nicht aus140. d) Internationale Handelsbräuche (Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO) 29

Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO lässt Gerichtsstandsvereinbarungen im internationalen Handelsverkehr auch in einer einem Handelsbrauch entsprechenden Form141 zu, wenn die Parteien den Handelsbrauch kannten oder kennen mussten, und wenn Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig den Handelsbrauch allgemein kennen und regelmäßig beachten. Eine auf einen Handelsbrauch abstellende Regelung war bereits im Rahmen einer Anpassung des EuGVÜ in Art. 17 aufgenommen worden, ohne jedoch auf die allgemeine Kenntnis und regelmäßige Beachtung des Handelsbrauchs in der Branche abzustellen. Diese Regelung verfolgte den Zweck, die formellen Anforderungen an Gerichtsstandsvereinbarungen zu lockern, um auf diese Weise den Gepflogenheiten des internationalen Handelsverkehrs stärker als bisher Rechnung zu tragen142. Die Funktion der Regelung, die Vereinbarung von Gerichtsstandsklauseln im internationalen Handelsverkehr zu erleichtern, findet ihren besonderen Ausdruck darin, dass der EuGH der Regelung Bedeutung auch für die materielle Einigung über den Gerichtsstand zuspricht; sie ist bei Bestehen eines entsprechenden Handelsbrauchs zu vermuten143. Dem ist zuzustimmen. Auch wenn mit dieser Regelung des EuGVÜ formelle Erleichterungen für Gerichtsvereinbarungen geschaffen werden sollten144, muss ihr Bedeutung auch für die Vorfrage der erforderlichen materiellen Einigung über den Gerichtsstand (vgl. Rz. 23) zuerkannt werden, wenn der Zweck der Vorschrift verwirklicht werden soll, das Zustandekommen von Gerichtsstandsvereinbarungen zu erleichtern145. 139 BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 125/14, BeckRS 2015, 09080 (Tz. 58); BGH v. 6.7.2004 – X ZR 171/02, WM 2005, 1049 (1050); offen lässt der BGH, ob „diese Gepflogenheiten bereits bei Vertragsschluss vorhanden sein müssen oder ob ihr Vorhandensein bei Klageerhebung ausreichend ist“; auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellend OLG Stuttgart v. 31.7.2012 – 5 U 150/11, NJW 2013, 83 (86). Vgl. zur erforderlichen Einigung weiterhin BGH v. 25.2.2004 – VIII ZR 119/03, WM 2004, 2230 (2231), dazu Hau IPRax 2005, 301 ff.; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 50; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 23. 140 BGH v. 25.2.2004 – VIII ZR 119/03, WM 2004, 2230 (2231); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 50; Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 32; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 23. Ein solcher Abdruck kann im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung aber zur Einbeziehung einer vorformulierten Festlegung des Erfüllungsortes i.S.v. Art. 7 Nr. 1 EuGVVO führen und damit zum besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes (vgl. Rz. 20), vgl. BGH v. 1.6.2005 – VIII ZR 256/04, IPRax 2006, 594 (596). 141 Ein Handelsbrauch allein über die Verwendung von AGB mit Gerichtsstandsklauseln genügt nicht, vgl. OLG Hamburg v. 8.3.1996 – 14 U 86/95, EWS 1996, 365 (366). 142 EuGH v. 20.2.1997 – Rs. C-106/95, RIW 1997, 415 (417) (Mainschifffahrts-Genossenschaft). 143 EuGH v. 16.3.1999 – Rs. C-159/97, WM 1999, 1187 (1191) (Castelletti); EuGH v. 20.2.1997 – Rs. C-106/95, RIW 1997, 415 (417); OLG Saarbrücken v. 18.10.2011 – 4 U 548/10-170, BeckRS 2011, 24777; Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz 34. 144 Vgl. den Bericht der Arbeitsgruppe des Rates über die Anpassungsverhandlungen zum EuGVÜ, verfasst von Schlosser ABl. EG Nr. C 59 v. 5.3.1979, S. 174 (179). 145 Ähnl. LG Essen v. 12.12.1990 – 41 O 122/89, WM 1992, 1208 (1209) mit Hinweisen auf den in Art. 17 EuGVÜ angelegten „unlösbaren Zusammenhang zwischen Form

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Das gilt jedenfalls hinsichtlich der Frage, ob eine materielle Einigung über den Gerichtsstand auch im Wege der widerspruchslosen Hinnahme einer Auftragsbestätigung oder eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens erfolgen kann146. Insoweit sind bei der autonomen Beurteilung der Frage keine strengeren, über Art. 17 Abs. 1 Satz 2 EuGVÜ hinausgehenden Anforderungen zu stellen; nichts anderes gilt für Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO. Unberührt hiervon bleiben aber – ebenfalls autonom zu bestimmende – weitere Voraussetzungen für die Vereinbarung vorformulierter Gerichtsstandsklauseln, etwa im Hinblick auf die Verständlichkeit bei fremdsprachigen Hinweisen auf die AGB oder von AGBTexten oder auf unverständliche, schlecht lesbare oder versteckte Gerichtsstandsklauseln147. Eine weitere Änderung von Art. 17 EuGVÜ hatte zu einer weiteren Modifizierung der Anforderungen an Gerichtsstandsvereinbarungen nach internationalen Handelsbräuchen geführt. Danach verlangte Art. 17 Abs. 1 Satz 2 lit. c EuGVÜ und damit übereinstimmend Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO a.F. und verlangt nunmehr Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO den Abschluss „im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten“. Die Aufnahme der zusätzlichen Voraussetzungen der Branchenüblichkeit des Handelsbrauchs geht auf das Lugano-Übereinkommen (Rz. 22) zurück148. Ob es sich dabei im Wesentlichen nur um eine Klarstellung einer schon für das EuGVÜ in der früheren Fassung geltenden Rechtslage handelt149, ist nicht klar150. Angesichts möglicher Schwierigkeiten bei der Feststellung der allgemeinen Branchenkenntnis und der regelmäßigen Beachtung eines Handelsbrauches in der Branche151 kann der Vorbehalt der Branchenüblichkeit und der Branchenkenntnis in seinen praktischen Auswirkungen wieder auf eine Erschwerung jedenfalls der Vereinbarung von Gerichtsstandsklauseln durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben hinauslaufen. Die Anforderungen an die Branchenüblichkeit sollten daher nicht überspannt werden, um der grundsätzlichen Zielsetzung von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 lit. c EuGVÜ und Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO, Gerichtsstandsvereinbarungen zu erleichtern, Rechnung tragen zu können.

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und Willenseinigung“; MünchKomm/Martiny, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz vor Art. 27 Rz. 84 („Grenze zu reinen Formfragen wird überschritten“). So auch MünchKomm/Martiny, 4. Aufl. 2006, Einführungsgesetz vor Art. 27 Rz. 84. EuGH WM 1999, 1187 (1192). Vgl. weiter die Nachw. in Fn. 100 sowie LG Köln IPRax 1991, 290 (291); LG Münster RIW 1992, 230; Sieg RIW 1998, 104. Siehe dazu auch Vorlagebeschluss BGH v. 26.3.1992 – VII ZR 258/91, RIW 1992, 756 (759) zum EuGH. Vgl. M. J. Schmidt RIW 1992, 178. So anscheinend Jenard/Möller Bericht zu Art. 17 Lugano-Übereinkommen. ABl. EG Nr. C 189 v. 28.7.1990, S. 57 (77); der Bericht zum 3. Beitrittsübereinkommen zum EuGVÜ von Cruz/Desantes Real/Jenard spricht demgegenüber von „zusätzlichen Bedingungen“, vgl. ABl. EG Nr. C 189 v. 28.7.1990, S. 35 (47). Der Sache nach stellt EuGH 1997, 415 (417) zu Art. 17 EuGVÜ in der früheren Fassung bei der Feststellung der Kenntnis eines Handelsbrauchs neben dem bisherigen Verhalten der Parteien auch auf die Branchenüblichkeit eines bestimmten Verhaltens ab. So auch zu Art. 23 EuGVVO a.F. OLG Saarbrücken v. 18.10.2011 – 4 U 548/10-170, BeckRS 2011, 24777. Dazu M. J. Schmidt RIW 1992, 178 f.

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Vorbehaltlich aus dem Erfordernis der Branchenüblichkeit resultierender Erschwerungen (Rz. 29a a.E.) liegt die praktische Bedeutung von Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO namentlich bei solchen AGB-Klauseln, die zusammen mit einer Auftragsbestätigung übersandt werden. Sie sollen entgegen der früheren Rechtsprechung des EuGH (Rz. 27) jedenfalls dann wirksam werden, wenn der Vertragspartner des Verwenders die Vertragsleistung widerspruchslos entgegennimmt152. Auch durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das einen vorgedruckten Hinweis auf den Gerichtsstand enthält, kommt eine Gerichtsstandsvereinbarung zu Stande, wenn diese Form der Vereinbarung einem bekannten Handelsbrauch entspricht153 und die weitere Voraussetzung der Branchenüblichkeit gegeben ist (Rz. 29a a.E.). Das Vorliegen eines Handelsbrauchs ist nach autonomen Maßstäben zu bestimmen und insbesondere dann zu bejahen, wenn in dem betroffenen Geschäftskreis bei Abschluss einer bestimmten Art von Verträgen ein bestimmtes Verhalten üblich ist154. Auf die Frage, ob das Heimatrecht des Empfängers eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens dem Schweigen rechtserhebliche Bedeutung zumisst, kommt es für das Bestehen eines Handelsbrauches daher nicht an155. Bedeutung kann das Heimatrecht aber für die Frage des Kennenmüssens des Handelsbrauchs sowie der Branchenüblichkeit erlangen156. Ein internationaler Handelsbrauch soll nach dem EuGH grundsätzlich auch in der Vereinbarung einer Gerichtsstandsklausel durch wiederholtes widerspruchsloses Bezahlen von Rechnungen, die eine solche Klausel enthalten, liegen können157. – Erleichterungen bringt Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO schließlich für die Wirksamkeit von Gerichtsstandsklauseln in Konnossementen158.

V. Auslegung und Inhaltskontrolle im internationalen Handelsverkehr Schrifttum: Berger Die Einbeziehung von AGB in internationale Kaufverträge, in FS Norbert Horn, 2006, S. 3; Hasse Die Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien der Internationalen Handelskammer, WM 1993, 1985; von Hoffmann Zur Auslegung von Formularbedingungen des internationalen Handelsverkehrs, AWD 1970, 247; Stoll Rechtliche Inhaltskontrolle bei internationalen Handelsgeschäften, in FS Kegel, 1987, S. 623; Wälzholz Zur Anwendbarkeit des AGBG auf die Einheitlichen Richtlinien der ICC, WM

152 Ohne diesen Umstand soll die Regelung nicht eingreifen, vgl. BGH v. 9.3.1994 – VIII ZR 185/92, RIW 1994, 508 (510). 153 EuGH v. 20.2.1997 – Rs. C-106/95, RIW 1997, 415 (417). Dort auch zur Feststellung des Handelsbrauchs und der Branchenüblichkeit; gegen das Bestehen eines entsprechenden Handelsbrauchs OLG Hamburg v. 8.3.1996 – 14 U 86/95, EWS 1996, 365 (366). Vgl. weiterhin BGH RIW 1997, 871 (872). 154 EuGH v. 16.3.1999 – Rs. C-159/97, WM 1999, 1187 (1191) m. Anm. Girsberger IPRax 2000, 87 ff.; EuGH v. 20.2.1997 – Rs. C-106/95, RIW 1997, 415 (417). Dazu Schlosser in FS Medicus, 1999, S. 543 (548 ff.). 155 EuGH v. 16.3.1999 – Rs. C-159/97, WM 1999, 1187 (1192). 156 OLG Köln v. 16.3.1988 – 24 U 182/87, NJW 1988, 2182 (2183). A.A. EuGH v. 16.3.1999 – Rs. C-159/97, WM 1999, 1187 (1192). 157 EuGH v. 20.2.1997 – Rs. C-106/95, RIW 1997, 415 (417); BGH RIW 1997, 871 (872); Saenger Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2015, Art. 25 EuGVVO Rz. 36. 158 Dazu näher Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuGVVO Rz. 62. Aus der Rechtsprechung vgl. BGH v. 15.2.2007 – I ZR 40/4, BGHZ 171, 141 (148 f.).

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1994, 1457; Wolf Auslegung und Inhaltskontrolle von AGB im internationalen kaufmännischen Verkehr, ZHR 153 (1989), 300.

1. Einführung Auf AGB in internationalen Handelsverträgen ist bei Geltung deutschen Rechts 31 grundsätzlich auch das AGB-Recht der §§ 305–310 anzuwenden (Rz. 1). Gleiches gilt für Verträge, die dem CISG unterfallen, soweit es um die Inhaltskontrollvorschriften geht (Rz. 8 ff.). Auch für den im internationalen Geschäftsverkehr tätigen kaufmännischen Kunden („Unternehmer“) ist ein Schutzbedürfnis gegenüber unangemessenen AGB grundsätzlich zu bejahen159; eine Bereichsausnahme für Auslandsgeschäfte enthalten die §§ 305–310 nicht. Soweit die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 1 vorliegen, darunter namentlich das Merkmal des Stellens (dazu § 305 Rz. 26 ff.), ist das AGB-Recht daher auch auf solche branchenüblichen Vertragsbedingungen anzuwenden, die mit dem Ziel einer international einheitlichen Regelung unter Beteiligung von Interessenverbänden beider Marktseiten oder von internationalen neutralen Organisationen160 im Interesse beider Vertragsseiten der betroffenen Branche ausgearbeitet worden sind161. An einem Stellen von AGB fehlt es zwar dann, wenn Vertragsbedingungen im Einverständnis beider Vertragsseiten dem Vertrag zugrunde gelegt werden162 (§ 305 Rz. 29). Das kann allerdings auch bei Verwendung branchenüblicher Klauselwerke im internationalen Handelsverkehr nicht als Regelfall vermutet werden163. Im Übrigen kann bei einverständlicher AGB-Einbeziehung eine analoge Anwendung der §§ 305–310 auch im internationalen Handelsverkehr gerechtfertigt sein164. Ein Aufstellen von AGB durch internationale neutrale Instanzen oder Interessenverbände beider Vertragsseiten ist aber im Rahmen der Inhaltskontrolle zu berücksichtigen (Rz. 34). Von der grundsätzlichen Anwendung des AGBRechts zu unterscheiden ist die Frage, ob für internationale AGB mit Rücksicht auf ihren international einheitlichen Regelungsanspruch Besonderheiten bei der Auslegung und Inhaltskontrolle gelten. Insoweit wird in Teilen der Literatur eine international einheitliche Auslegung165 und eine an internationalen Gerech-

159 Einschränk. Wolf/Hau IntGV Rz. 57; Berger in FS Horn, 2006, S. 3 (6) (tendenziell geringere Schutzbedürftigkeit). 160 Vgl. z.B. die von der Internationalen Handelskammer aufgestellten Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive und die einheitlichen Richtlinien für „Demand Guarantees“ (dazu von Westphalen DB 1992, 2017 ff. und RIW 1992, 961 ff.), die von der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen aufgestellten ECEBedingungen (Allgemeine Liefer- und Montagebedingungen) oder die von der IATA empfohlenen Flugbeförderungsbedingungen; weitere Beispiele bei GroßkommHGB/Koller Vor § 373 HGB Rz. 2. 161 Im Grundsatz allg. M., vgl. Wolf/Hau IntGV Rz. 57; Stoll in FS Kegel, 1987, S. 652; GroßkommHGB/Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 929; vgl. zu den IATA-Bedingungen BGHZ 86, 284 (288 ff.), zu Charter-AGB BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, VersR 1983, 549 (551). A.A. Wälzholz WM 1994, 1459. 162 Vgl. hierzu auch Stoll in FS Kegel, 1987, S. 654; Wolf/Hau IntGV Rz. 4, 57; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (310); Wälzholz WM 1994, 1460 f.; Hasse WM 1993, 1989. 163 Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 205. A.A. Stoll in FS Kegel, 1987, S. 655; einschränk. Wolf/Hau IntGV Rz. 4. 164 Vgl. allgemein § 305 Rz. 30; a.A. Stoll in FS Kegel, 1987, S. 655; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (310). 165 Dafür namentlich Wolf ZHR 153 (1989), 300 (305 ff.); so auch von Hoffmann AWD 1970, 249 (250 ff.); Baumbach/Hopt, HGB ERA Einl. Rz. 8; Steindorff in FS von Caem-

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tigkeitsstandards ausgerichtete Inhaltskontrolle166 befürwortet. Der mit diesen Ansichten verbundenen grundlegenden Modifikation der Maßstäbe für die Auslegung und Inhaltskontrolle nach den §§ 305–310 ist indessen nicht zuzustimmen (vgl. näher Rz. 32 ff.). Den Besonderheiten des internationalen Handelsverkehrs kann, soweit erforderlich, auch im Rahmen der bisher anerkannten Regeln für die Auslegung und Inhaltskontrolle angesichts ihrer flexiblen Wertungsmaßstäbe angemessen Rechnung getragen werden. Keine Besonderheiten gelten bei der Verwendung internationaler AGB gegenüber Verbrauchern. Hier geht das inländische Interesse an einem wirksamen und unbeschränkten Verbraucherschutz in jedem Fall der mit der Verwendung internationaler AGB bezweckten Vereinheitlichung vor167.

2. Auslegung internationaler AGB 32

Das nach IPR-Grundsätzen anzuwendende deutsche Recht ist, vorbehaltlich des Vorrangs zwischenstaatlicher Übereinkommen (vgl. zum CISG Rz. 8 ff.), auch für die Auslegung von im internationalen Handelsverkehr verwendeten AGB maßgeblich. Für internationale AGB gelten daher der Grundsatz der objektiven Auslegung und die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2168. Im Rahmen der objektiven, auf den Willen verständiger und redlicher Vertragspartner der betroffenen Verkehrskreise abstellenden Auslegung (§ 305c Rz. 80 ff.) ist das Verständnis eines am internationalen Handelsverkehr teilnehmenden Durchschnittskunden der betroffenen Branche zugrunde zu legen. Soweit sich für bestimmte Klauseln in der jeweiligen Branche eine Auslegung international durchgesetzt hat, ist diese maßgeblich169. Bei Auslegung von Incoterms sind die Anwendungshinweise der Internationalen Handelskammer zu berücksichtigen170. Ein allgemeiner Grundsatz international einheitlicher Auslegung bei im internationalen Handelsverkehr verwendeten AGB ist demgegenüber nicht anzuerkennen171. Auch für einen am internationalen Handelsverkehr teilnehmenden Kunden des AGB-Verwenders werden die Anforderungen an die typischerweise vorauszusetzenden Verständnismöglichkeiten überspannt, wenn von ihm Überlegungen darüber verlangt werden, welcher Klauselinhalt am ehesten zu einer international einheitlichen Regelung führt. Aus den gleichen Gründen kann vom Kunden regelmäßig nicht erwartet werden, bei der Auslegung internationaler AGB, die auf der Grundlage einer ausländischen Rechtsordnung aufgestellt worden sind, den

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merer, 1978, S. 765. Für eine international einheitliche Auslegung der Incoterms Hopt in FS Hommelhoff, 2012, S. 467 (472). Wolf ZHR 153 (1989), 300 (312 ff.); Stoll in FS Kegel, 1987, S. 657 (662). BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (290) – IATA-Flugbeförderungsbedingungen; Wolf/Hau IntGV Rz. 58. Wolf/Hau IntGV Rz. 63; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (305, 307); so im Grundsatz auch Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 932 f. Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 150; Wolf/Hau IntGV Rz. 64; von Hoffmann AWD 1970, 251; vgl. auch BGH AWD 1968, 228. Enger – auf das Vorliegen eines Handelsbrauchs abstellend – Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 930. Vgl. BGH v. 7.11.2012 – VIII ZR 108/12, NJW-RR 2013, 309 (Tz. 18, 22); Hopt in FS Hommelhoff, 2012, S. 467 (472). Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 151 ff. So im Grundsatz auch Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 930 unter zutr. Hinweis auf die praktischen Schwierigkeiten bei der Sicherstellung einer international einheitlichen Auslegung; a.A. namentlich Wolf ZHR 153 (1989), 300 (305 ff.) sowie die Nachw. in Fn. 165.

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Internationaler Geschftsverkehr

Anh. § 305 BGB

fremdsprachigen Originaltext der AGB heranzuziehen172 und die funktionale Bedeutung der jeweiligen Klausel innerhalb ihrer Ursprungsrechtsordnung zu beachten173; die Entstehungsgeschichte einer AGB-Regelung ist entsprechend den für die objektive Auslegung allgemein geltenden Grundsätzen (§ 305c Rz. 82) auch bei der Auslegung internationaler AGB unerheblich174. Nicht zu folgen ist schließlich dem Vorschlag einer national-konformen Auslegung175 internationaler AGB. Wie die hierzu im Schrifttum angeführten Beispiele zeigen, geht es im Ergebnis um eine einschränkende Auslegung zur Vermeidung der nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht und seiner AGB-Inhaltskontrolle drohenden Unwirksamkeit176. Sie wird heute ganz überwiegend zu Recht abgelehnt (vgl. § 305c Rz. 230 ff.).

3. Inhaltskontrolle internationaler AGB a) Grundsatz Im internationalen Handelsverkehr verwendete AGB unterliegen bei Geltung deutschen Rechts der Inhaltskontrolle nach § 307; zum CISG vgl. Rz. 10. Das gilt auch dann, wenn sie unter Beteiligung von Interessenverbänden beider Vertragsseiten oder von internationalen Organisationen ausgearbeitet worden sind177. Auch die Branchenüblichkeit oder die Erstarkung internationaler AGB zum Handelsbrauch stehen der Inhaltskontrolle nicht entgegen178. Diese Umstände sind freilich nach § 310 Abs. 1 Satz 2 bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob eine unangemessene Benachteiligung vorliegt (Rz. 34). Die Maßstäbe der Inhaltskontrolle richten sich ebenfalls nach deutschem Recht als dem von den Parteien gewählten oder sonst nach IPR-Grundsätzen maßgeblichen Recht. Als Leitbild der Inhaltskontrolle i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 sind daher grundsätzlich das deutsche dispositive Recht und die hieraus in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Angemessenheitsbeurteilung von AGB heranzuziehen179, soweit nicht zwischenstaatlichen Übereinkommen Vorrang zukommt (vgl. Rz. 8 ff. zum CISG). Der im Schrifttum vertretenen Gegenansicht, die der Inhaltskontrolle einen internationalen Gerechtigkeitsstandard im Sinne 172 Dagegen auch Wolf/Hau IntGV Rz. 67; Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 933; a.A. Wolf ZHR 153 (1989), 300 (306); wohl auch Steindorff in FS von Caemmerer, 1978, S. 766. 173 Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 164. A.A. Wolf/Hau IntGV Rz. 66; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (306); von Hoffmann AWD 1970, 249. Anderes kann für die Auslegung fremdsprachiger AGB gelten, vgl. BGH WM 1992, 612 (614) und OLG München IPRax 1989, 42 (jeweils zu englischen AGB-Texten). 174 Insoweit für eine „eng begrenzte Ausnahme“ Wolf/Hau IntGV Rz. 67. 175 Dafür Wolf ZHR 153 (1989), 300 (305 f.). 176 Vgl. Wolf ZHR 153 (1989), 300 (308 f.). 177 Ganz h.M., vgl. Wolf/Hau IntGV Rz. 56 f.; Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 929; Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 554; Stoll in FS Kegel, 1987, S. 651 f.; von Westphalen WM 1980, 178 ff.; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (310); im Ergebnis auch BGH v. 28.2.1983 – II ZR 31/82, VersR 1983, 549 (551) und – zum nichtkaufmännischen Verkehr – BGHZ 86, 284 (288 f.). Generell für Beschränkung des Anwendungsbereichs des AGBG auf deutsche Binnenmarkt-Beziehungen Basedow RabelsZ 52 (1988), 28. 178 Wolf/Hau IntGV Rz. 57; von Westphalen WM 1980, 178; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (319); vgl. allgemein § 305 Rz. 84 und § 307 Rz. 141, 143; a.A. Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 201 f.; Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 929; Baumbach/Hopt HGB, ERA Einl. Rz. 5. 179 Vgl. BGH v. 28.2.1983 – II ZR 31/82, VersR 1983, 549 (551); Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 208; so wohl auch Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 941.

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Anh. § 305 BGB

Internationaler Geschftsverkehr

eines „der durchschnittlichen Staatenmehrheit gemeinsamen Grundbestands von Rechtsgrundsätzen“ zugrunde legen will180, ist nicht zu folgen181. Sie läuft auf eine teleologische Reduktion des § 307 Abs. 2 Nr. 1 mit einer erheblichen Abschwächung der sich aus dieser Vorschrift ergebenden Prüfungsmaßstäbe hinaus182. Eine derart weit gehende Modifikation der Vorschrift lässt sich freilich nicht damit begründen, dass wegen der nach deutschem IPR weitgehend zulässigen Abwahl deutschen Rechts auch der Schutzbereich der Grundgedanken der gesetzlichen Regelung i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 in den Grenzen der Art. 27 Abs. 3, 29 EGBGB generell auf den innerstaatlichen Geschäftsverkehr beschränkt sei183. Dieses Argument trägt nur, soweit gem. Art. 27 EGBGB bzw. Art. 3 Rom I (dazu Rz. 1a, 2) tatsächlich eine andere als die deutsche Rechtsordnung vereinbart worden oder nach Art. 28 EGBGB bzw. Art. 4 Rom I maßgeblich ist. Allein aus der Geltung des Prinzips der freien Rechtswahl gemäß Art. 27 Abs. 1 EGBGB bzw. Art. 3 Rom I lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass auch ohne seine Ausübung deutsches Recht für die Inhaltskontrolle nach § 307 nicht mehr uneingeschränkt maßgeblich sein soll. Dem steht auch die ausdrückliche Anordnung in Art. 31 Abs. 1 EGBGB bzw. Art. 10 Abs. 1 Rom I entgegen, dass sich die Wirksamkeit des Vertrages und seiner einzelnen Bestimmungen nach dem anzuwendenden Recht beurteilen. Schließlich ist ein Bedürfnis für eine Reduktion der sich aus § 307 ergebenden Prüfungsmaßstäbe auf einen durchschnittlichen internationalen Rechtsstandard nicht ersichtlich: angesichts der flexiblen Prüfungsmaßstäbe des § 307 kann den Besonderheiten des internationalen Handelsverkehrs auch dann Rechnung getragen werden, wenn bei der Inhaltskontrolle grundsätzlich das Leitbild des deutschen dispositiven Rechts zugrunde gelegt wird (vgl. dazu Rz. 34)184. Das gilt auch im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1, da hier die Unwirksamkeit nur zu vermuten ist. Soweit zwischenstaatliche Übereinkommen, wie etwa das CISG, Anwendung finden, sind die Maßstäbe der Inhaltskontrolle allerdings in erster Linie dem vereinheitlichten Recht zu entnehmen (Rz. 10). b) Berücksichtigung der Besonderheiten des internationalen Handelsverkehrs 34

Angesichts der grundsätzlichen Geltung des deutschen Rechts als Maßstab der Inhaltskontrolle ist für eine generelle Modifikation der Prüfungsmaßstäbe des § 307 kein Raum (Rz. 33). Namentlich das Interesse an einer international möglichst einheitlichen Geltung von AGB rechtfertigt es nicht, im internationalen Handelsverkehr generell großzügigere Maßstäbe bei der Inhaltskontrolle nach § 307 anzulegen, um die aus der Sicht der AGB-Kontrolle anderer Staaten zu bejahende Wirksamkeit auch nach deutschem Recht zu erreichen185. Dieses Interesse ist kein selbständiger Wertungsgesichtspunkt bei der Inhaltskontrolle186. 180 Wolf ZHR 153 (1989), 300 (313); ähnlich Stoll in FS Kegel, 1987, S. 657 (662). 181 So auch Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 209. 182 Vgl. Wolf ZHR 153 (1989), 300 (313), der nur noch auf den „Kernbereich eines grundlegenden Interessenschutzes“ abstellen will. 183 So aber Wolf ZHR 153 (1989), 300 (312); Stoll in FS Kegel, 1987, S. 657. 184 Zutr. Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 929. 185 So aber im Ergebnis Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 223 ff.; Wolf/Hau IntGV Rz. 57; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (318 f.); tendenziell auch Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 929, der an Stelle der unangemessenen Benachteiligung einen an der „offenbaren Unbilligkeit“ ausgerichteten Prüfungsmaßstab für vertretbar hält. 186 A.A. Wolf/Hau IntGV Rz. 57; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (318 f.).

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Schmidt

Internationaler Geschftsverkehr

Anh. § 305 BGB

Der Konflikt zwischen unterschiedlich hohen Wirksamkeitsschranken in verschiedenen Staaten und dem Ziel einer einheitlichen Geltung internationaler AGB ist nicht in eher formaler Weise durch den Vorrang der mehrheitlichen, durchschnittlichen Wirksamkeitsschranken (vgl. Rz. 33) aufzulösen. Entscheidend ist vielmehr die materielle Prüfung, ob im Einzelfall eine Abweichung vom deutschen dispositiven Recht angesichts der Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts gerechtfertigt ist. Bei konsequenter Anwendung von § 310 Abs. 1 Satz 2 und bei der vor allem im internationalen Handelsverkehr besonders gebotenen Beachtung der internationalen Gewohnheiten und Gebräuche kann den Besonderheiten internationaler AGB angemessenen Rechnung getragen werden187. Damit ist es auch möglich, die Einheitlichkeit internationaler AGB in dem sachlich gerechtfertigten Umfang zu wahren. Die Branchenüblichkeit bestimmter Klauseln im internationalen Handelsverkehr oder ihre Erstarkung zum Handelsbrauch ist bei der Inhaltskontrolle internationaler AGB zudem in besonderem Maße zu beachten und spricht regelmäßig für ihre Wirksamkeit nach § 307188. Für die angemessene Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsseiten in internationalen AGB spricht außerdem deren Ausarbeitung durch internationale Organisationen oder durch Interessenverbände beider Vertragsseiten189. Bei einer neutralen oder kollektiven Erarbeitung von AGB ist weiterhin davon auszugehen, dass dem internationalen Handelsverkehr ein in sich geschlossenes und insgesamt ausgewogenes Vertragswerk zur Verfügung gestellt werden soll. Es ist deshalb jedenfalls bei branchenüblichen AGB gerechtfertigt, in diesen Fällen eine Gesamtwürdigung bei solchen Klauseln vorzunehmen, die in einem sachlichen Regelungszusammenhang stehen190. Eine isoliert betrachtet unangemessene Klausel kann daher doch wirksam sein, wenn der gesamte Regelungskomplex, dem sie zuzuordnen ist, zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Zu weit ginge es demgegenüber, einzelne Klauseln derartiger internationaler AGB generell nicht mehr der Inhaltskontrolle nach § 307 zu unterziehen, wenn die AGB insgesamt unverändert in den Vertrag einbezogen worden sind191. Schließlich sollte die Rechtsprechung des BGH zur Indizwirkung der Klauselverbote der §§ 308, 309 im kaufmännischen Verkehr (vgl. § 310 Rz. 27) jedenfalls nicht auf den internationalen Handelsverkehr übertragen werden192. Hinsichtlich der Rechtsfolgen unwirksamer AGB ist auch im internationalen Handelsverkehr an dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion fest zu halten193. Die allgemein zur Ablehnung der geltungserhaltenden Reduktion führen187 Als Beisp. aus der Rechtsprechung vgl. LG Stuttgart v. 3.5.2010 – 36 O 108/09 KfH, WM 2010, 1499 (1501): Zulässigkeit einer Garantie auf erstes Anfordern im internationalen Wirtschaftsverkehr. 188 Wolf/Hau IntGV Rz. 57 („Vermutung der Angemessenheit“). Zur Betonung der Branchenüblichkeit bei der Angemessenheitsprüfung vgl. BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 317 (329 f.) (Seeschiffswerft). 189 Wolf/Hau IntGV Rz. 57; Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 929; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (320). 190 Zutr. Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 228 ff.; Wolf/Hau IntGV Rz. 57; Wolf ZHR 153 (1989), 300 (320); Berger in FS Horn, 2006, S. 3 (11); a.A. anscheinend Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 929; vgl. dazu auch BGH v. 9.10.1981 – I ZR 188/79, NJW 1982, 1820 (1821) zu den ADSp. 191 So auch Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 929. 192 Im Ausgangspunkt a.A. Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 232. 193 So auch Wolf/Hau IntGV Rz. 61. A.A. Maidl Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000, S. 255; Canaris Bankvertragsrecht, Rz. 929; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 27b; Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 554; Stoll in FS Kegel, 1987, S. 661 f.; wie hier

Schmidt

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§ 305a BGB

Einbeziehung in besonderen Fllen

den Gründe (vgl. näher § 306 Rz. 14 ff.) gelten auch im internationalen Handelsverkehr.

§ 305a Einbeziehung in besonderen Fällen Auch ohne Einhaltung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Erfordernisse werden einbezogen, wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist, 1. die mit Genehmigung der zuständigen Verkehrsbehörde oder auf Grund von internationalen Übereinkommen erlassenen Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen und die nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr in den Beförderungsvertrag, 2. die im Amtsblatt der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen veröffentlichten und in den Geschäftsstellen des Verwenders bereitgehaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen a) in Beförderungsverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen durch den Einwurf von Postsendungen in Briefkästen abgeschlossen werden, b) in Verträge über Telekommunikations-, Informations- und andere Dienstleistungen, die unmittelbar durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln und während der Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung in einem Mal erbracht werden, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Vertragspartei nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten vor dem Vertragsschluss zugänglich gemacht werden können. I. Grundlagen

II. Verkehrstarife und Beförderungsbedingungen (§ 305a Nr. 1)

1. Regelungsinhalt und Normzweck der Ausnahmetatbestände . . . . . .

1

2. Das notwendige Einverständnis des Kunden mit der AGB-Einbeziehung

3

3. Entstehung des § 305a . . . . . . . .

5

4. Sonstige Ausnahmen von § 305 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . .

8

1. Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen (§ 305a Nr. 1 Halbs. 1) . . . . . . . .

9

2. Beförderungsbedingungen im Linienverkehr auf der Straße (§ 305a Nr. 1 Halbs. 2) . . . . . . . .

11

III. AGB für Post und Telekommunikation (§ 305a Nr. 2) 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . .

13

2. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . .

16

Schrifttum: Bidinger Personenbeförderungsrecht (Loseblattausgabe, 2. Aufl., Stand 2010); Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck Eisenbahn-Beförderungsrecht (Loseblattausgabe, Stand 2001); Ditscheid/Rudloff Das Verhältnis von § 305a Nr. 2 lit. b BGB zu den Informationspflichten im Fernabsatz- und E-Commerce-Recht, K&R 2005, 258; Dörner/Hoffmann Der Abschluss von Versicherungsverträgen nach § 5a VVG, NJW 1996, 153; Finger Eisenbahn-

Wolf ZHR 153 (1989), 300 (305, 308 f.), der freilich im Wege restriktiver Auslegung zu ähnlichen Ergebnissen wie bei einer geltungserhaltenden Reduktion gelangt (vgl. dazu § 305c Rz. 230 f., § 306 Rz. 14).

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Ulmer/Schäfer

§ 305a BGB

Einbeziehung in besonderen Fllen

den Gründe (vgl. näher § 306 Rz. 14 ff.) gelten auch im internationalen Handelsverkehr.

§ 305a Einbeziehung in besonderen Fällen Auch ohne Einhaltung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Erfordernisse werden einbezogen, wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist, 1. die mit Genehmigung der zuständigen Verkehrsbehörde oder auf Grund von internationalen Übereinkommen erlassenen Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen und die nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr in den Beförderungsvertrag, 2. die im Amtsblatt der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen veröffentlichten und in den Geschäftsstellen des Verwenders bereitgehaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen a) in Beförderungsverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen durch den Einwurf von Postsendungen in Briefkästen abgeschlossen werden, b) in Verträge über Telekommunikations-, Informations- und andere Dienstleistungen, die unmittelbar durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln und während der Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung in einem Mal erbracht werden, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Vertragspartei nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten vor dem Vertragsschluss zugänglich gemacht werden können. I. Grundlagen

II. Verkehrstarife und Beförderungsbedingungen (§ 305a Nr. 1)

1. Regelungsinhalt und Normzweck der Ausnahmetatbestände . . . . . .

1

2. Das notwendige Einverständnis des Kunden mit der AGB-Einbeziehung

3

3. Entstehung des § 305a . . . . . . . .

5

4. Sonstige Ausnahmen von § 305 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen (§ 305a Nr. 1 Halbs. 1) . . . . . . . .

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2. Beförderungsbedingungen im Linienverkehr auf der Straße (§ 305a Nr. 1 Halbs. 2) . . . . . . . .

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III. AGB für Post und Telekommunikation (§ 305a Nr. 2) 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . .

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2. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . .

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Schrifttum: Bidinger Personenbeförderungsrecht (Loseblattausgabe, 2. Aufl., Stand 2010); Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck Eisenbahn-Beförderungsrecht (Loseblattausgabe, Stand 2001); Ditscheid/Rudloff Das Verhältnis von § 305a Nr. 2 lit. b BGB zu den Informationspflichten im Fernabsatz- und E-Commerce-Recht, K&R 2005, 258; Dörner/Hoffmann Der Abschluss von Versicherungsverträgen nach § 5a VVG, NJW 1996, 153; Finger Eisenbahn-

Wolf ZHR 153 (1989), 300 (305, 308 f.), der freilich im Wege restriktiver Auslegung zu ähnlichen Ergebnissen wie bei einer geltungserhaltenden Reduktion gelangt (vgl. dazu § 305c Rz. 230 f., § 306 Rz. 14).

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Ulmer/Schäfer

Einbeziehung in besonderen Fllen

§ 305a BGB

transportrecht (Loseblattausgabe, Stand Januar 1999); Fischer/Galster Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung auf Telekommunikationsverträge, MMR 2002, 71; Freise Die Einbeziehung allgemeiner Beförderungsbedingungen in den Beförderungsvertrag, VersR 2004, 974; Freise Eisenbahntransportrecht und AGB-Gesetz, in Transportrecht und AGBRecht, 1987, S. 196; Gramlich/Orantek Postalischer Universaldienst und Kommunikationsgrundrechte – Grundlagen und Grenzen praktischer Konkordanz NJ 2013, 184; Gramlich, Das Postrecht in den Jahren 2012/2013, N&R 2013, 260; Kessel/Kuhlmann/Passauer/ Schriek Informationspflichten und AGB-Einbeziehung auf mobilen Endgeräten, K&R 2004, 519; Lorenz Zum Abschluss eines Versicherungsvertrages nach § 5a VVG, VersR 1995, 616; von Münch Die Einbeziehung von AGB im Fernsehmarketing, MMR 2006, 202; Schulz AGB der Anbieter für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit, CR 1998, 213; Schulz/Gaedtke Fahrgastrechte im Eisenbahnpersonenverkehr und die „Kundencharta“ der Deutschen Bahn AG, RRa 2005, 104; Späth Zustellung durch die Post – AGB Briefdienst Inland der Deutschen Post AG, NJW 1998, 1620; Spindler Neues im Vertragsrecht der Internet-Provider, CR 2004, 203; Staudinger Verspätungsschäden und Eisenbahnverkehrsordnung: Ein europarechtswidriger Anachronismus?, NJW 1999, 3664.

I. Grundlagen 1. Regelungsinhalt und Normzweck der Ausnahmetatbestände Die im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung 2002 eingeführte Vorschrift des § 305a regelt – unter partieller Fortführung der entsprechenden Ausnahmetatbestände der Vorgängernorm § 23 Abs. 2 Nr. 1–1b AGBG (Rz. 5) – in ihren Nrn. 1, 2a und 2b insg. drei Ausnahmetatbestände von den Einbeziehungserfordernissen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern als Kunden. Unter ihnen betrifft Nr. 1 amtlich legitimierte Verkehrs- und Beförderungsbedingungen; sie ist inhaltlich unverändert aus § 23 Abs. 2 Nr. 1 AGBG übernommen worden (Rz. 5). Demgegenüber wurden die beiden dem Tätigkeitsbereich der Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post unterfallenden Tatbestände der Nr. 2 abweichend von der vorherigen Rechtslage auf solche Vertragsabschlüsse unter Einbeziehung von AGB zurückgeführt, bei denen sich das Einhalten der Erfordernisse des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 aus praktischen Gründen als unmöglich bzw. unverhältnismäßig erweist (Rz. 13 ff.). Die Ausnahmen des § 305a Nr. 1 erstrecken sich über die erstmalige AGB-Einbeziehung in Beförderungsverträge hinaus auch auf spätere Änderungen der einbezogenen AGB; für die Ausnahmen des § 305a Nr. 2a und b stellt sich diese Frage wegen des jeweils einmaligen Charakters des konkreten Vertrags nicht (Rz. 13). Das Erfordernis des Einverständnisses des Kunden mit der AGB-Geltung bleibt von § 305a unberührt (Rz. 3). Nicht von der Ausnahmeregelung erfasst werden auch die Anforderungen des § 305 Abs. 3 an Rahmenvereinbarungen über die Einbeziehung von AGB in künftig zwischen den Parteien zustande kommende Verträge.

1

Hinsichtlich des Normzwecks ist zwischen den beiden Gruppen von Ausnahme- 2 tatbeständen klar zu unterscheiden. In den zwei auf Post und Telekommunikation bezogenen Tatbeständen des § 305a Nr. 2 besteht er darin, der besonderen, durch technische Gegebenheiten vorgeprägten Vertragsabschlusssituation beim Einwurf von Postsendungen in freistehende Briefkästen bzw. bei einmaliger Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen (Call-by-Call u.a.) Rechnung zu tragen. Denn insoweit kann, wie es in der RegBegr.1 heißt, die Ein1 BT-Drucks. 14/6040 S. 153.

Ulmer/Schäfer

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§ 305a BGB

Einbeziehung in besonderen Fllen

haltung der Erfordernisse des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 „aus praktischen Gründen nicht gefordert werden“. Der Sache nach bedeutet das eine partielle Rückkehr zur früher allgemein für die AGB-Einbeziehung geltenden Rechtslage vor Erlass des AGB-Gesetzes (vgl. § 305 Rz. 108 f.). – Weniger eindeutig ist der Ausnahmegrund im Fall des § 305a Nr. 1, betreffend die „Tarife und Ausführungsbestimmungen“ der Eisenbahnen sowie die Beförderungsbedingungen für Personen im Linienverkehr. Die RegBegr. zum SMG2 spricht davon, dass die aus § 23 Abs. 2 Nr. 1 AGBG übernommene Ausnahme wegen der fortbestehenden Sonderbedingungen in diesem Bereich auch weiterhin gerechtfertigt sei. Ob mit den „Sonderbedingungen“ die in Teilen fortbestehende, als zwingendes Recht für den Eisenbahnverkehr und die Personenbeförderung auch ohne AGB-Einbeziehung geltende Regulierung oder aber die Vorschriften über die Genehmigung und amtliche Publikation der Verkehrs- und Beförderungsbedingungen (Rz. 9 f.) bzw. beide Normengruppen gemeint sind, ist der RegBegr. nicht eindeutig zu entnehmen. Die Frage kann auch dahinstehen, weil die Märkte für den Eisenbahnverkehr und die Personenbeförderung im Linienverkehr insgesamt durch zahlreiche Besonderheiten geprägt sind und weil die Verbraucher als Kunden bei Abschluss eines Beförderungsvertrags keinen Einfluss auf die Tarife und Beförderungsbedingungen nehmen können. Schon deshalb wäre durch die Geltung der besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 und durch die damit verbundene Intention, dem Kunden die Möglichkeit einer privatautonomen Einbeziehungsentscheidung zu eröffnen (§ 305 Rz. 102), sachlich nichts gewonnen. Die Ausnahmetatbestände des § 305a Nr. 1 ziehen die zutreffenden Folgerungen aus dieser besonderen Marktlage und verzichten damit auf die Einhaltung überflüssiger, weil sachlich nicht weiterführender Formalitäten.

2. Das notwendige Einverständnis des Kunden mit der AGB-Einbeziehung 3 Bereits die frühere, in § 23 Abs. 2 Nr. 1 bis 1b AGBG geregelte Fassung der Ausnahmen von § 2 AGBG („keine Anwendung finden … § 2 AGBG“) wurde von Teilen der Literatur trotz des pauschalen Wortlauts der Norm zu Recht dahin verstanden, dass durch sie zwar auf die Geltung der besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AGBG verzichtet werden sollte, nicht aber auf das bereits aus §§ 145 ff. folgende, auch für die AGB-Einbeziehung geltende Konsensualprinzip3. Auf Anregung des Bundesrats4 und unter Übernahme eines Formulierungsvorschlags des BT-Rechtsausschusses5 wurde dieses Auslegungsproblem in § 305a dadurch gelöst, dass die Worte „wenn die andere Vertragspartei mit ihrer [der in § 305a Nr. 1 und 2 genannten AGB] Geltung einverstanden ist“ in den 1. Halbs. eingefügt wurden. Die Regelung erfasst auch die künftige Änderung der in einen Vertrag einbezogenen AGB, sofern eine solche der Sache nach in Betracht kommt (Rz. 1).

2 BT-Drucks. 14/6040 S. 151. 3 So bereits zur alten Rechtslage Ulmer (9. Aufl.) § 23 AGBG Rz. 36 f.; Wolf/Pfeiffer Rz. 2; so auch Erman/Roloff Rz. 2; MünchKomm/Basedow Rz. 3; Staudinger/Schlosser Rz. 1; a.A. zum früheren Recht noch BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3189); OLG Köln v. 8.9.2000 – 6 U 199/99, DB 2000, 2214; Michalski ZIP 1996, 1327 (1330). 4 BT-Drucks. 14/6857 S. 15. 5 BT-Drucks. 14/7052 S. 188.

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Nicht zu verkennen ist die mit der Betonung des Konsensualprinzips verbundene Problematik, dass das Einverständnis des Kunden mit der AGB-Einbeziehung in den Fällen des § 305a nicht selten auf eine fingierte Willenserklärung hinausläuft, weil viele Kunden schon wegen des abweichend von § 305 Abs. 2 Nr. 1 fehlenden Hinweises des Verwenders auf seine AGB die Einbeziehung weder ausdrücklich noch konkludent in ihre Willenserklärung aufnehmen werden6. Daran ändert auch die nach Maßgabe der einschlägigen Verkehrs- und Beförderungsnormen bzw. nach § 305a Nr. 2 vorgeschriebene amtliche Veröffentlichung der jeweiligen AGB nichts Wesentliches; sie dürfte nur einer Minderheit der potentiellen Kunden bekannt sein. Die Lösung dieses dogmatischen Problems ist durch Auslegung der Willenserklärungen der Kunden im Licht des § 157 zu gewinnen. Danach ist die AGB-Einbeziehung auf den von § 305a erfassten Märkten in den Fällen des regelmäßig vom Kunden ausgehenden, vom Verwender unverändert angenommenen Vertragsangebots als verkehrstypisch zu betrachten7. Keine funktionsfähige Lösung stellt hingegen der Vorschlag dar, die Zustimmung zur Einbeziehung im Wege einer Vertragsänderung in der Durchführung des Vertrages „in Kenntnis der AGB“ zu sehen8. Vertragsabschluss und -durchführung fallen vielmehr regelmäßig zusammen, so dass auch kein Raum ist für die Annahme, die positive Kenntnis des Kunden von den AGB sei erforderlich9.

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3. Entstehung des § 305a Wie schon erwähnt (Rz. 1), geht die durch das SMG eingeführte Vorschrift des § 305a partiell auf die Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 2 Nr. 1 bis 1b AGBG zurück. Unter diesen wurde der Tatbestand der Nr. 1 inhaltlich unverändert in § 305a Nr. 1 übernommen; am Fortbestand seiner sachlichen Rechtfertigung für die amtlich legitimierten Verkehrs- und Beförderungsbedingungen gab es im Gesetzgebungsverfahren keinen Zweifel. Demgegenüber wurden die in § 23 Abs. 2 Nr. 1a und 1b AGBG enthaltenen, im Zuge der Postreformen von 1989 und 1996/97 eingeführten bzw. modifizierten Ausnahmetatbestände zur vereinfachten Einbeziehung der Geschäftsbedingungen und Entgelte der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost (Deutsche Telekom AG, Deutsche Post AG) für Telekommunikations- und bestimmte Postdienstleistungen10 durch § 305a Nr. 2a und b drastisch auf die aus praktischen Gründen (Briefeinwurf; Call-byCall-Gespräche u.a.) unvermeidlichen Abweichungen von den Einbeziehungserfordernissen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 reduziert11. Der Gesetzgeber berücksichtigte mit dieser Änderung die fortschreitende Liberalisierung auf den Märkten für Postsendungen und Telekommunikation unter Beteiligung von Wettbewerbern der DBP-Nachfolgeunternehmen und trug zugleich dem Umstand Rechnung, dass die weiten Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 2 Nr. 1a

6 Krit. zur (vermeintlichen) Stärkung des Konsensualprinzips deshalb Freise VersR 2004, 974 (976 f.). 7 Ähnlich Erman/Roloff Rz. 2; im Grundsatz auch MünchKomm/Basedow Rz. 3; Dittscheid/Rudloff K&R 2005, 258 (259). 8 So aber anscheinend von Westphalen NJW 2002, 12 (15). 9 Zutr. Erman/Roloff Rz. 2. 10 Vgl. näher Ulmer (9. Aufl.) § 23 AGBG Rz. 36a und davor schon 8. Aufl., § 23 AGBG Rz. 36a–36c. 11 RegBegr. BT-Drucks. 14/6040 S. 151.

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und 1b AGBG schon bei ihrer Neufassung im Jahr 199712 als Übergangsregelungen angesehen und durch § 30 Satz 3 AGBG auf die Zeit bis zum 31.12.2002 befristet worden waren. Diese Frist hat das SMG um ein Jahr verkürzt, soweit nicht die engeren, ihrerseits unbefristeten Tatbestände des § 305a Nr. 2 eingreifen. – Eine Änderung hat § 305a Nr. 2 1. Halbs. zwischenzeitlich dadurch erfahren, dass die bisher dort genannte Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post im Zuge der Reform des Energiewirtschaftsrechts von 2005 durch die „Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen“ (§ 54 Abs. 1 EnWG) ersetzt wurde13. 6 Nicht nach § 305a übernommen wurden entgegen dem Vorschlag des RegE die früher in § 23 Abs. 3 AGBG geregelten Ausnahmetatbestände für die Einbeziehung der AGB von Bausparkassen in den Bausparvertrag bzw. der AGB von Kapitalanlagegesellschaften in den Anlagevertrag. Ihren Fortbestand sah man im Lauf des SMG-Gesetzgebungsverfahrens zu Recht schon deshalb als nicht mehr erforderlich an, weil bei Bausparverträgen die Verschaffung der Möglichkeit für den Kunden, von den Allgemeinen Bausparbedingungen Kenntnis zu nehmen, durch persönliche Aushändigung oder postalische bzw. elektronische Übersendung vor dem Vertragsabschluss problemlos zu realisieren ist14, während die AGB von Kapitalanlagegesellschaften dem Anteilserwerber nach § 297 Abs. 1 Satz 2 KAGB schon kraft Gesetzes als Teil des ausführlichen Verkaufsprospektes auszuhändigen sind, wenn der Prospekt nicht auf ihren leicht und kostenlos zugänglichen Publikationsort hinweist. Hiervon abgesehen wäre die fortbestehende Privilegierung dieser Geschäftszweige vor dem Hintergrund der drastischen Rückführung des entsprechenden Privilegs für Post und Telekommunikation auch sachlich nicht zu rechtfertigen15. 7 Was schließlich die ebenfalls noch in § 23 Abs. 3 AGBG enthaltene Ausnahme für staatlich genehmigte Versicherungsbedingungen angeht, wurde sie schon deshalb nicht nach § 305a übernommen, weil sie bereits im Jahr 1994 infolge Wegfalls der behördlichen Genehmigungspflicht für AVB16 obsolet geworden war17. Zu beachten ist allerdings die Spezialvorschrift des § 5 Abs. 1 VVG, die nach wie vor zu einer gewissen Privilegierung der Einbeziehung von AVB im Vergleich zu § 305 Abs. 2 führt. Denn nach § 5 Abs. 1 VVG gelten Abweichungen im Versicherungsschein vom Antrag des Versicherungsnehmers bzw. von den zwischen beiden Parteien getroffenen Vereinbarungen als genehmigt, wenn der Versicherungsnehmer ihnen nicht innerhalb eines Monats nach Empfang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht; das hat in erster Linie Bedeutung für vom Versicherungsnehmer beantragte Vertragsänderungen, denen der Versicherer unter Zugrundelegung zwischenzeitlich geänderter AVB entspricht. Der inzwischen aufgehobene § 5a Abs. 1 VVG a.F. sah darüber hinaus noch vor, dass AVB auch ohne Einhaltung der Erfordernisse des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 schon dann Vertragsbestandteil wurden, wenn der Versicherer die 12 Durch das Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz v. 17.12.1997 (BGBl. 1997 I 3108). 13 Art. 3 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts v. 7.7.2005, BGBl. 2005 I 1970. 14 So der Sache nach auch BReg. BT-Drucks. 14/6857 S. 52. 15 So zutr. BReg. BT-Drucks. 14/6857 S. 52. 16 Infolge Änderung des VAG durch Art. 1 des Dritten Durchführungsgesetzes/EWG v. 21.7.1994 (BGBl. 1994 I 1630). 17 Vgl. dazu Ulmer (9. Aufl.) § 23 AGBG Rz. 55.

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Versicherungsbedingungen nachträglich übersandte und der Versicherungsnehmer ihrer Geltung nicht innerhalb von 14 Tagen in Textform widersprach18. Dieser versicherungsvertragsrechtliche Sonderweg ist im aktuellen VVG jedoch weitgehend aufgegeben worden19.

4. Sonstige Ausnahmen von § 305 Abs. 2 Eine Reihe sonstiger, auf unterschiedlichen Gründen beruhender Ausnahmen 8 von den Einbeziehungserfordernissen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 findet sich, über § 305a hinausgehend, in den folgenden Vorschriften des § 310: – in § 310 Abs. 1 die persönliche Ausnahme von § 305 Abs. 2 (und Abs. 3) für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen; – in § 310 Abs. 4 Satz 1 die auf Verträge des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf arbeitsrechtliche Kollektivvereinbarungen bezogene Sachausnahme vom AGB-Recht unter Einschluss des § 305 Abs. 2 und 3; – in § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 die Ausnahme von § 305 Abs. 2 und 3 für Arbeitsverträge (vgl. dazu § 310 Rz. 110). Hinzu kommt die Regelung über Einzel-Verbraucherverträge in § 310 Abs. 3 Nr. 2, die neben § 305b und § 305c Abs. 1 auch in Bezug auf § 305 von einer Geltungsverweisung absieht, so dass auch für die Anwendung der Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 und 3 insoweit kein Raum ist (§ 310 Rz. 91).

II. Verkehrstarife und Beförderungsbedingungen (§ 305a Nr. 1) 1. Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen (§ 305a Nr. 1 Halbs. 1) Die Rechtsgrundlagen der Tarife (Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen, vgl. die Legaldefinition in § 12 Abs. 1 Satz 1 AEG) zur innerstaatlichen Beförderung von Personen durch Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs20 finden sich in § 12 AEG21 sowie in der vom Bundesverkehrsministerium mit Zustimmung des Bundesrats nach § 26 Abs. 1 Nr. 1a AEG erlassenen EVO22. Die Einzelheiten dieser überwiegend (halb-)zwingend geltenden Rechtsnormen sind

18 Vgl. hierzu Ulmer (10. Aufl.) Rz. 7; Prölss/Martin VVG, 27. Aufl. 2004, Vorbem. I zu §§ 5, 5a Rz. 25 und § 5a Rz. 70; ausführlich Dörner/Hoffmann NJW 1996, 153 ff.; E. Lorenz VersR 1995, 616 ff. 19 Einzelheiten bei Gaul VersR 2007, 21 ff.; vgl. auch Schimikowski r+s 2007, 309. 20 Dazu zählt nicht nur die Deutsche Bahn AG, sondern auch die am öffentlichen Verkehr beteiligten Privatbahnen. 21 Allgemeines Eisenbahngesetz v. 27.12.1993, BGBl. 1993 I 2378 (2396), zuletzt (mittelbar) geändert durch Art. 1 des Gesetzes v. 28.5.2015 (BGBl. I 824). Größere Änderungen erfolgten 2009 aufgrund der VO (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.10.2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl. EU Nr. L 315 v. 3.12.2007, S. 14), die einheitliche Regelungen für den Schutz von Fahrgästen im Eisenbahnverkehr in Europa festgelegt hat. 22 Eisenbahnverkehrsordnung in der Fassung der Bekanntmachung v. 20.4.1999 (BGBl. 1999 I 782), zuletzt geändert durch Art. 2 VO v. 21.5.2015 (BGBl. I 782).

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hier nicht darzustellen23. Soweit es um privatautonom gesetzte, nach Maßgabe des § 5 EVO zulässige Allgemeine Beförderungsbedingungen der Eisenbahnen (ABB) unter Abweichung von den dispositiven Regelungen der EVO geht24, bedürfen sie der „vorherigen Genehmigung“ durch die zuständige Bundes- oder Landesbehörde nach § 12 Abs. 3 AEG i.V.m. § 5 EVO sowie der Bekanntmachung nach § 12 Abs. 6 Satz 1 AEG; Bekanntmachungsorgan ist der Tarif- und Verkehrsanzeiger25. Sind diese Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt, greift für die Einbeziehung in den jeweiligen Beförderungsvertrag der Ausnahmetatbestand des § 305a Nr. 1 Halbs. 1 ein. Die Erfordernisse des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 sind nicht anwendbar; wohl aber bedarf es des – kraft § 157 regelmäßig zu unterstellenden (Rz. 4) – Einverständnisses des Kunden mit der Einbeziehung. Für Erhöhungen der Entgelte und für andere den Kunden benachteiligende Änderungen der ABB gilt § 12 Abs. 6 Satz 2 AEG: sie werden frühestens einen Monat nach Bekanntmachung der genehmigten Änderungen wirksam, wenn nicht die Genehmigungsbehörde eine Abkürzung der Bekanntmachungsfrist gestattet. – Besonderheiten gelten für die Regelung in § 12 EVO über den erhöhten Fahrpreis für Schwarzfahrer: Insoweit handelt es sich nach zutreffender Ansicht um objektives, auch ohne Beförderungsvertrag geltendes Recht26. 10

Für den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Schiene gelten die Rechtsvorschriften des Übereinkommens für den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF)27 in Verbindung mit den Einheitlichen Rechtsvorschriften für die Personen- und Gepäckbeförderung (Anhang A, CIV) sowie für die Güterbeförderung (Anhang B, CIM)28. Bisher mussten danach die jeweiligen ABB (Tarife und Tarifänderungen) bekannt gemacht werden und galten als „gehörig veröffentlicht, sobald die Eisenbahn den Benutzern alle Einzelheiten zur Verfügung gestellt hat“ (Art. 6 § 6 CIM; ähnlich auch Art. 5 § 4 CIV); dies führte zu ihrem „Erlass“ und damit zur Ausnahme nach § 305a Nr. 1 Halbs. 1 (10. Aufl. Rz. 10). Das COTIF selbst, wie auch die CIM, sind am 3.6.1999 mit Wirkung zum 1.7.2006 umfassend geändert worden29, um dem Strukturwandel des Eisenbahnsektors Rechnung zu tragen30. Auf die Beförderungs- und die Tarifpflicht (Art. 3 23 Zum Eisenbahnfrachtrecht vgl. MünchKommHGB/Blaschzok, 1. Aufl. 1997, Vor § 453 HGB Rz. 25 ff.; allgemein zur EVO vgl. Wolf/Dammann Klauseln, Rz. B 254; Finger § 1 EVO Anm. 1 (Loseblattsammlung, Stand 1999); Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck Eisenbahn-Beförderungsrecht, Vor § 1 EVO (Loseblattsammlung, Stand 2001). 24 Bei ihnen handelt es sich nach einh. M. um AGB, vgl. schon RGZ 101, 84 (86); MünchKomm/Basedow Rz. 6; Erman/Roloff Rz. 3. 25 Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck Eisenbahn-Beförderungsrecht, Einl. B.I. Nr. 1b. 26 So auch Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck Eisenbahn-Beförderungsrecht, § 12 EVO Anm. 1a aa; Finger § 12 EVO Anm. 1d; Pohar NZV 2003, 257 (259); vgl. dazu näher Trittel BB 1980, 497 (498 f.) m.w.N. Zur abweichenden Rechtslage beim erhöhten Beförderungsentgelt auf Grund besonderer Beförderungsbedingungen im Linienverkehr vgl. Fn. 33. 27 V. 9.5.1980 (BGBl. 1985, II 130) in der Fassung des Änderungsprotokolls v. 3.6.1999 (in Kraft getreten am 1.7.2006; siehe Bekanntmachung v. 2.8.2006, BGBl. 2006, II 827); Einzelheiten dazu bei MünchKommHGB/Freise Eisenbahntransport – Internationales Recht Vorbem. Rz. 1 ff. 28 ER/CIM abgedruckt in MünchKommHGB, Bd. 7, Transportrecht. 29 Bekanntmachung v. 2.8.2006, BGBl. 2006, II 827 (aktueller Stand v. 1.12.2010: www. cit-rail.org/de/eisenbahntransportrecht/cotif); Einzelheiten dazu bei MünchKommHGB/ Freise Eisenbahntransport – Internationales Recht Vorbem. Rz. 1 ff. 30 MünchKommHGB/Freise Eisenbahntransport – Internationales Recht, CIM, Vorbem. Rz. 1 ff.

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bis 6 CIM 1980) wurde hierbei verzichtet. Dementsprechend finden sich aktuell weder im COTIF noch in seinen Anhängen Bestimmungen zu internationalen ABB.

2. Beförderungsbedingungen im Linienverkehr auf der Straße (§ 305a Nr. 1 Halbs. 2) Die Beförderungsbedingungen im Linienverkehr mit Straßenbahnen, Obussen 11 und Kraftfahrzeugen sind generell durch die nach § 57 Abs. 1 Nr. 5 PBefG erlassene VO über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahnund Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27.2.197031 geregelt; sie gelten daher ohne vertragliche Einbeziehung32. Bedeutung hat die Ausnahme des § 305a Nr. 1 daher nur für diejenigen mit Zustimmung der Genehmigungsbehörde (§ 39 Abs. 6 PBefG, § 1 Satz 2 VO) verwendeten besonderen Beförderungsbedingungen, deren Geltung für den jeweiligen Beförderungsvertrag von der vertraglichen Einbeziehung abhängt33. Die Ausnahme des § 305a Nr. 1 gilt auch für besondere Beförderungsbedingungen in U-Bahnen34, aber nicht für den Taxiverkehr35. Für diesen können Beförderungsentgelte und -bedingungen durch Rechtsverordnung nach § 51 PBefG festgesetzt werden; wird hiervon Gebrauch gemacht, so gelten die Entgelte und Bedingungen ohne vertragliche Einbeziehung in die Beförderungsverträge. Auf den Luftlinienverkehr ist die Ausnahmevorschrift weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar36; insoweit fehlt es an der amtlichen Kundbarmachung der Beförderungsbedingungen als Ausnahmegrund.

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III. AGB für Post und Telekommunikation (§ 305a Nr. 2) 1. Anwendungsbereich Gegenüber den Vorgängernormen des § 23 Abs. 2 Nr. 1a und 1b AGBG hat § 305a Nr. 2 zur drastischen Einschränkung der beiden Ausnahmetatbestände geführt, d.h. zu ihrer Begrenzung auf diejenigen Fälle eines Vertragsschlusses 31 BGBl. 1970 I 230, zuletzt geändert durch Art. 1 VO v. 21.5.2015 (BGBl. I 782). 32 Vgl. §§ 39, 41, 45, 57 Abs. 1 Nr. 5 PBefG; OLG Karlsruhe v. 14.1.2005 – 15 U 13/03, ZGS 2005, 397 (398), zur auf Grundlage des § 58 Abs. 1 Nr. 3 PBefG a.F. erlassenen BefBedVO, abl. dazu Gregor NZV 2005, 518; siehe auch Bidinger Personenbeförderungsrecht C Anm. Nr. 6. Wie hier auch Wolf/Dammann Klauseln Rz. B 253. 33 GroßkommHGB/Helm § 460 HGB Rz. 27; MünchKomm/Basedow Rz. 8; Wolf/Dammann Klauseln Rz. B 253; vgl. auch BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774 für die Einordnung besonderer Beförderungsbedingungen als AGB und NJW 1981, 569 betr. die Einbeziehung im Fall späterer Änderungen. Zur Problematik der Verbindlichkeit erhöhter Beförderungsentgelte gegenüber Schwarzfahrern in diesen Fällen vgl. Wolf/Dammann Klauseln Rz. B 257; Jauernig NJW 1972, 1 ff.; Trittel BB 1980, 497 (500 f.). 34 BGH v. 4.12.1980 – VII ZR 217/80, NJW 1981, 569. 35 Erman/Roloff Rz. 3; Staudinger/Schlosser Rz. 6; vgl. auch Wolf/Dammann Klauseln Rz. B 254. 36 BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (292) = NJW 1983, 1322; LG Frankfurt/M. v. 12.1.1987 – 2/24 S 173/85, NJW-RR 1987, 823 (825); Erman/Roloff Rz. 3; Wolf/ Dammann Klauseln Rz. B 260; Staudinger/Schlosser Rz. 6; Gran Die IATA aus der Sicht deutschen Rechts, 1998, S. 147.

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über Postsendungen oder Telekommunikationsdienstleistungen, in denen die Erfüllung der Einbeziehungserfordernisse des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 entweder (so bei Beförderungsverträgen nach Nr. 2a) technisch ausgeschlossen oder (bei Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 2b) gänzlich unpraktikabel, weil zeitraubend und von den Verkehrsteilnehmern nicht gewünscht ist (dazu schon Rz. 1 f.). Entscheidend ist jeweils, dass es sich um ad hoc zustande kommende Verträge mit jeweils einmaliger Leistung seitens des AGB-Verwenders handelt, sodass eine Dauerbindung der Post- oder TelekomKunden durch die erleichterte AGB-Einbeziehung ausscheidet. Aus diesem Grund stellt sich auch nicht mehr die früher lebhaft diskutierte Frage37, ob und unter welchen Voraussetzungen nachträgliche Änderungen der Post- oder Telekom-AGB des Verwenders für die jeweiligen Verträge Wirksamkeit erlangen können. Andererseits spricht nichts dagegen, auch private Anbieter von Postdiensten zu erfassen, sofern diese Briefkästen aufstellen und ihre AGB von der Bundesnetzagentur genehmigt wurden38. 14

Soweit es um die AGB-Einbeziehung in Beförderungsverträge über Postsendungen39 (§ 305a Nr. 2a) geht, greift die Ausnahme nur in denjenigen Fällen ein, in denen der Vertrag durch Einwurf in einen freistehenden Briefkasten abgeschlossen wird; dem stehen ohne Personal betriebene „Paketboxen“ gleich40. Anderes gilt nicht nur bei der Aufgabe von Postsendungen am Schalter, sondern auch dann, wenn die Briefkästen in den Geschäftsräumen der Anbieter von Postdienstleistungen platziert sind41. Denn in derartigen Fällen steht nichts entgegen, den Erfordernissen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 durch einen AGB-Aushang in den Geschäftsräumen des AGB-Verwenders Rechnung zu tragen. Entsprechendes gilt auch für sog. „Packstationen“, die zwar personallos betrieben werden, aber nur mittels eines entsprechenden „Accounts“ bzw. einer Zugangskarte und somit nach vorherigem Abschluss einer besonderen Nutzungsvereinbarung genutzt werden können; denn diese Nutzungsvereinbarung zielt gerade auch auf die Teilnahme am Beförderungsverkehr, so dass die Erleichterung des § 305a nicht recht einleuchten würde. – Zu dem durch § 305a Nr. 2a unberührt bleibenden Erfordernis, dass der Kunde mit der AGB-Geltung einverstanden ist, vgl. Rz. 3 f.

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Im Bereich der Verträge über Telekommunikations-, Informations- und andere Dienstleistungen (§ 305a Nr. 2b) bestehen die entscheidenden Voraussetzungen für den Ausnahmetatbestand darin, dass (1) die Dienstleistung unmittelbar und in einem Mal durch den Einsatz des Fernkommunikationsmittels erbracht wird und dass (2) die AGB dem jeweiligen Kunden nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zugänglich gemacht werden können. Die erste Voraussetzung liegt nach der RegBegr42. nicht nur bei Vertragsschlüssen im sog. Call-by-Call-

37 Vgl. Ulmer (9. Aufl.) § 23 AGBG Rz. 36g und 36h. 38 Wolf/Pfeiffer Rz. 9 unter Hinweis BT-Drucks. 14/6040 S. 153. 39 Überblick über die einschlägigen rechtlichen Grundlagen des Postrechts, insb. entsprechende Rechtsverordnungen wie PDSV, PDLV und PUDLV bei Gramlich/Orantek NJ 2013, 184 (192 ff.); eingehend zu den Änderungen im Postrecht in den Jahren 2012/2013 auch Gramlich N&R 2013, 260. 40 Wolf/Pfeiffer Rz. 10. 41 Ebenso Erman/Roloff Rz. 5; Palandt/Grüneberg Rz. 4; Wolf/Pfeiffer Rz. 11; kritisch Staudinger/Schlosser Rz. 9: Von der Post das Aushängen der AGB in den Postdienststellen zu verlangen, stelle eine „funktionslose bürokratische Schikane“ dar. 42 BT-Drucks. 14/6040 S. 153.

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Verfahren43 vor, also beim Fehlen einer Dauerverbindung des Telefonkunden mit dem jeweiligen Anbieter von Fernkommunikationsleistungen, sondern auch bei Verträgen über sog. Mehrwert- und Informationsdienste, bei denen die – jeweils einmalige, mit der Telekom-Verbindung zeitlich zusammenfallende – Gegenleistung des AGB-Verwenders in der Erbringung bestimmter Dienste (0900-Nummern) oder Auskünfte besteht.44 In derartigen Fällen ist das Vorliegen auch der zweiten Voraussetzung (unverhältnismäßige Schwierigkeit für den Verwender, die Erfordernisse des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 zu erfüllen), auf Grund von Art und Gegenstand des Vertragsschlusses zu vermuten45. Denn die Kunden werden bei derartigen Verträgen aus Zeitgründen weder daran interessiert noch auch nur bereit sein, die Belehrung des Verwenders über die Einbeziehung seiner AGB in den jeweils in einem Zuge geschlossenen und erfüllten Vertrag hinzunehmen. Sofern – insb. für Sprachwertdienste (siehe Rz. 15a) – sowohl § 305a als auch § 312d (vormals § 312c a.F.) einschlägig sind, folgt aus den gemäß § 312d i.V.m. Art. 246a und 246b EGBGB zu beachtenden Informationspflichten nichts für die Einbeziehung der AGB46 im Übrigen. Umgekehrt wird man entsprechende (von § 305a privilegierte) Hinweise in den AGB für die Erfüllung der Pflichten aus § 312d ausreichen lassen müssen, um die Privilegierung nicht zu konterkarieren47. Mit anderen Worten ist die Privilegierung von § 305a Nr. 2b auf die Wahrnehmung der Informationspflichten nach § 312d zu erstrecken. Entsprechendes muss dann konsequenterweise auch für den Überschneidungsbereich von § 357 Abs. 7 und § 305a gelten, sofern der eingesetzte Teledienst mittels Sprache und nicht durch das Internet erbracht wird (Sprachcomputer, Audiotextplattformen o.Ä.)48. Neuerdings stellt § 312d Abs. 1 Satz 2 klar, dass die in Erfüllung der Informationspflichten gemachten Angaben des Unternehmers ebenfalls Inhalt des Vertrages werden, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird (§ 312d Abs. 1 Satz 2). Nicht einschlägig ist § 305a bei Leistungen, die im Internet unter Mehrwertrufnummern angeboten werden. Hier passen weder Wortlaut („nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten“) noch Zweck der Vorschrift49. Die Einbeziehung der AGB ist dort durch einen entsprechenden Hinweis (Link) ohne Weiteres möglich, namentlich bei Einsatz sog. Dialer, die mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er/0900er-Mehrwertdienstrufnummern50 eine separate sog. Einwahlgasse (0900-9) erhalten haben und sich

43 Zur Unanwendbarkeit § 305a Nr. 2 bei sog. Internet-by-Call-Verbindungen vgl. AG Meldorf v. 15.9.2009 – 87 C 554/09 (juris) = CR 2010, 725; zust. MünchKomm/Basedow § 305a BGB Rz. 15; im Ergebnis ebenso, wenn auch mit unzutr. Begründung OLG Saarbrücken v. 20.2.2014 – 4 U 442/12, K&R 2014, 439, 440; a.A. AG Charlottenburg Urt. v. 24.6.2010 – 235 C 191/09 = [Tz. 7 ff (juris)]. 44 Zum Eingreifen des § 312c a.F. (jetzt: § 312d) in den Fällen des § 305a eingehend Dittscheid/Rudloff K&R 2005, 258 (260) (für Call-by-Call verneinend – keine besondere Dienstleistung i.S.v. § 312b a.F. (jetzt: § 312c) –, für Mehrwertdienste dagegen bejahend). 45 BT-Drucks. 14/6040 S. 155. 46 So zur Rechtslage unter Geltung § 312c a.F.: Dittscheid/Rudloff K&R 2005, 258 (260); Struck MMR 2002, 600 (601). 47 Unter Geltung des § 312 a.F. str., in dem hier dargestellten Sinne auch Dittscheid/Rudloff K&R 2005, 258 (260); a.A. Härting CR 2003, 204 (205 f.). 48 Zu § 312e a.F.: Dittscheid/Rudloff K&R 2005, 258 (262 f.). 49 Zutr. Dittscheid/Rudloff K&R 2005, 258 (259). 50 BGBl. 2003 I 1590.

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so zweifelsfrei als Internetmehrwertdienste erkennen lassen. Nicht anwendbar ist § 305a ferner dann, wenn die Dienstleistung zwar während eines Telefonats vereinbart, aber erst danach erbracht wird, oder wenn die Leistung nicht „in einem Mal“ erbracht wird, weil es in diesen Fällen durchaus zumutbar (und sinnvoll) ist, die AGB dem Kunden noch zur Verfügung zu stellen51.

2. Voraussetzungen 16

Für das Eingreifen der Ausnahmetatbestände des § 305a Nr. 2a und b stellt Nr. 2 Halbs. 1 zwei für beide Tatbestände maßgebliche, den Transparenzerfordernissen des AGB-Rechts Rechnung tragende Voraussetzungen auf. Die erste geht dahin, dass die fraglichen AGB der Anbieter von Post- oder Telekommunikationsdienstleistungen im Amtsblatt der Bundesnetzagentur als der zuständigen Regulierungsbehörde veröffentlicht sein müssen. Das entspricht der in nun in § 45n TKG52 enthaltenen Pflicht dieser Anbieter zur Veröffentlichung allgemeiner Informationen für Endkunden, darunter auch der Nutzungs- und Lieferbedingungen.

17

Hinzu kommen muss zweitens das Bereithalten der AGB bei den Geschäftsstellen der Anbieter von Post- und Telekommunikationsdienstleistungen; nach allgemeinen Grundsätzen (§ 305 Rz. 146) steht den Kunden darüber hinaus in aller Regel das Recht zu, sich ein Exemplar der AGB für ihre Unterlagen aushändigen zu lassen. Unter Geschäftsstellen sind alle stationären Angebotspunkte zu verstehen, an denen ein Vertrag über die privilegierten Dienstleistungen abgeschlossen werden kann53. Zu ihnen gehören daher nicht nur Niederlassungen und (Post-) Filialen, sondern auch sonstige Geschäftslokale wie Supermärkte, T-Punkte u.a., die ein entsprechendes Angebot für die Kunden bereithalten54.

18

Mängel bei Erfüllung der Ausnahmevoraussetzungen sind schädlich, soweit sie die allgemeinen, in der Organisationssphäre des jeweiligen Anbieters liegenden Maßnahmen betreffen55. Dementsprechend greift die Ausnahme nicht ein, wenn entweder die jeweiligen AGB nicht im Amtsblatt der Regulierungsbehörde veröffentlicht wurden oder wenn der Anbieter keine ausreichenden Vorkehrungen dafür getroffen hat, dass sie in allen Geschäftsstellen zur Einsichtnahme bereitgehalten werden. In derartigen Fällen bewendet es im Verkehr mit Verbrauchern bei der Geltung des § 305 Abs. 2; der Nachweis, dass dessen Voraussetzungen eingehalten wurden, ist Sache des sich auf die Einbeziehung berufenden Verwenders (§ 305 Rz. 166). Demgegenüber steht das fehlende Bereithalten der jeweiligen AGB in einzelnen Geschäftsstellen, soweit es nicht auf vom Anbieter zu vertretenden Organisationsmängeln beruht, dem Eingreifen der Aus51 Wolf/Pfeiffer Rz. 14 f. und von Münch MMR 2006, 202 (205) (mit Hinweis auf das Beispiel der Klingelton-Abonnements, die über das Mobiltelefon abgeschlossen werden [„Jamba“]). 52 Telekommunikationsgesetz v. 22.6.2004 (BGBl. 2004 I 1190), zuletzt geändert durch Art. 22 Gesetz v. 25.7.2014 (BGBl. I 1266); die TKV ist entfallen; ihre hier relevanten Vorschriften wurden mit einigen Änderungen im Detail mit Gesetz v. 18.2.2007 (BGBl. 2007 I 106) in das TKG eingegliedert (vgl. dazu Begr. RegE. BT-Drucks. 16/2581; Überblick bei Gelberg GewArch 2007, 454). 53 Schulz CR 1998, 213 (215); so auch MünchKomm/Basedow Rz. 12; Erman/Roloff Rz. 4. 54 Vgl. Schulz CR 1998, 213 (215). 55 BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3190).

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Ulmer/Schäfer

§ 305b BGB

Vorrang der Individualabrede

nahme nicht entgegen56. Das gilt aus Gleichbehandlungsgründen57 auch gegenüber denjenigen Kunden, die den Vertrag in einer von dem Mangel betroffenen Geschäftsstelle abschließen, wenn sie der Einbeziehung nicht widersprechen, d.h. aber letztlich den Abschluss des – insgesamt vorformulierten – Vertrages ablehnen. Zuweilen wird zwar bezweifelt, dass diese Grundsätze und die zugrunde liegende Leitentscheidung des BGH angesichts der Hinwendung zum Konsensualprinzip in § 305a (Rz. 3 f.) noch Bestand hätten58. Diese Zweifel sind aber unbegründet, weil der BGH entscheidend darauf abgestellt hat, dass es sich beim „Bereithalten zur Einsichtnahme“ um ein generelles Erfordernis handele, „das für das Wirksamwerden der geänderten AGB in sämtlichen von der Bekl. abgeschlossenen Verträgen erfüllt sein muss, und das daher im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit einer hinreichend zuverlässigen Fixierung des Zeitpunkts, in dem diese Voraussetzung als gegeben angesehen werden kann, zugänglich sein muss.“59 Diese Argumentation bleibt auch bei (theoretisch, siehe Rz. 4) stärkerer Berücksichtigung des Konsensualprinzips gültig. Unverändert richtig ist auch, dass die in § 305a Nr. 2 angesprochenen Unternehmen, wenn sie geeignete organisatorische Maßnahmen getroffen haben, dem Zweck der Vorschrift gerecht werden und dass „einzelne Vorratslücken ein nicht zu rechtfertigendes Zufallsgeschenk an den Kunden“60 wären. Allemal unberührt bleibt ohnehin der vertragliche Anspruch des Kunden auf nachträgliche Aushändigung der AGB (§ 305 Rz. 146).

§ 305b Vorrang der Individualabrede Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. III. Grundlagen des Vorrangprinzips

I. Einleitung 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . .

1

1. Anwendungsbereich . . . . . . . . .

5

2. Systematische Stellung . . . . . . .

2

2. § 305b als Auslegungsregel . . . .

7

3. Entstehungsgeschichte . . . . . . .

3

4. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für Verbraucherverträge a) Vorgaben der EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . . . . . . b) Standardverträge . . . . . . . . . . c) Einzelverträge . . . . . . . . . . . .

3a 3b 3c

II. Frühere Rechtslage . . . . . . . . . .

4

IV. Voraussetzungen des Vorrangs 1. Individualabrede . . . . . . . . . . .

10

2. Abweichungen von AGB durch Individualabreden a) Unmittelbare und mittelbare b) Anfängliche und spätere . . . . c) Mündliche Individualabreden und AGB-Schriftformklausel

12 13 14

56 H.M., vgl. BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3190); Erman/Roloff Rz. 4; Wolf/Pfeiffer Rz. 7; Staudinger/Schlosser Rz. 11; differenz. Schulz CR 1998, 213 (215); a.A. Michalski ZIP 1996, 1327 (1329); von Westphalen NJW 2002, 12 (15); MünchKomm/Basedow Rz. 16. 57 BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3189 f.), der darüber hinaus auf das Erfordernis der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit hinweist. 58 MünchKomm/Basedow Rz. 16 und von Westphalen NJW 2002, 12 (15). 59 BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3190). 60 So BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3190).

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§ 305b BGB

Vorrang der Individualabrede

nahme nicht entgegen56. Das gilt aus Gleichbehandlungsgründen57 auch gegenüber denjenigen Kunden, die den Vertrag in einer von dem Mangel betroffenen Geschäftsstelle abschließen, wenn sie der Einbeziehung nicht widersprechen, d.h. aber letztlich den Abschluss des – insgesamt vorformulierten – Vertrages ablehnen. Zuweilen wird zwar bezweifelt, dass diese Grundsätze und die zugrunde liegende Leitentscheidung des BGH angesichts der Hinwendung zum Konsensualprinzip in § 305a (Rz. 3 f.) noch Bestand hätten58. Diese Zweifel sind aber unbegründet, weil der BGH entscheidend darauf abgestellt hat, dass es sich beim „Bereithalten zur Einsichtnahme“ um ein generelles Erfordernis handele, „das für das Wirksamwerden der geänderten AGB in sämtlichen von der Bekl. abgeschlossenen Verträgen erfüllt sein muss, und das daher im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit einer hinreichend zuverlässigen Fixierung des Zeitpunkts, in dem diese Voraussetzung als gegeben angesehen werden kann, zugänglich sein muss.“59 Diese Argumentation bleibt auch bei (theoretisch, siehe Rz. 4) stärkerer Berücksichtigung des Konsensualprinzips gültig. Unverändert richtig ist auch, dass die in § 305a Nr. 2 angesprochenen Unternehmen, wenn sie geeignete organisatorische Maßnahmen getroffen haben, dem Zweck der Vorschrift gerecht werden und dass „einzelne Vorratslücken ein nicht zu rechtfertigendes Zufallsgeschenk an den Kunden“60 wären. Allemal unberührt bleibt ohnehin der vertragliche Anspruch des Kunden auf nachträgliche Aushändigung der AGB (§ 305 Rz. 146).

§ 305b Vorrang der Individualabrede Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. III. Grundlagen des Vorrangprinzips

I. Einleitung 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Anwendungsbereich . . . . . . . . .

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2. Systematische Stellung . . . . . . .

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2. § 305b als Auslegungsregel . . . .

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3. Entstehungsgeschichte . . . . . . .

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4. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für Verbraucherverträge a) Vorgaben der EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . . . . . . b) Standardverträge . . . . . . . . . . c) Einzelverträge . . . . . . . . . . . .

3a 3b 3c

II. Frühere Rechtslage . . . . . . . . . .

4

IV. Voraussetzungen des Vorrangs 1. Individualabrede . . . . . . . . . . .

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2. Abweichungen von AGB durch Individualabreden a) Unmittelbare und mittelbare b) Anfängliche und spätere . . . . c) Mündliche Individualabreden und AGB-Schriftformklausel

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56 H.M., vgl. BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3190); Erman/Roloff Rz. 4; Wolf/Pfeiffer Rz. 7; Staudinger/Schlosser Rz. 11; differenz. Schulz CR 1998, 213 (215); a.A. Michalski ZIP 1996, 1327 (1329); von Westphalen NJW 2002, 12 (15); MünchKomm/Basedow Rz. 16. 57 BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3189 f.), der darüber hinaus auf das Erfordernis der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit hinweist. 58 MünchKomm/Basedow Rz. 16 und von Westphalen NJW 2002, 12 (15). 59 BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3190). 60 So BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3190).

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§ 305b BGB d) Erweiterung des Funktionsbereichs des Individualvertrags durch AGB als Abweichung? . . e) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . aa) Individuelle Umschreibung der Hauptleistung . . . . . . bb) Individuelle Entgeltvereinbarungen . . . . . . . . . . . . cc) Individuell vereinbarte Nebenabreden . . . . . . . . .

Vorrang der Individualabrede

15 16 17 19 22

3. Abweichungen innerhalb vorformulierter Vertragsteile . . . . . . . .

23

4. Individuelle Abweichungen zu Gunsten des Verwenders . . . . . .

25

V. Schranken der Wirksamkeit von Individualabreden 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schriftformklausel a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . b) Beurteilung nach § 307 . . . . . .

26 29 32

c) Zur Vorrangproblematik (§ 305b) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Folgerungen für die Schriftformklausel . . . . . . . . . . . . . . . . e) Bestätigungsvorbehalt und Abweichungsverbot . . . . . . . f) Vollständigkeitsklauseln . . . . 3. Vertreterhandeln a) Abschlussvertreter . . . . . . b) Vermittlungsvertreter . . . . c) Duldungs- und Anscheinsvollmacht . . . . . . . . . . . . d) Rechte des Kunden . . . . . .

33 35 38 39

.. ..

40 42

.. ..

44 45

1. Subsidiäre Geltung abweichender AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

2. Die Vollständigkeitsvermutung bei Vertragsurkunden . . . . . . . .

47

VII. Verträge mit Unternehmern . . . .

50

VI. Rechtsfolgen des Vorrangs und Beweisfragen

Schrifttum: Bartsch Abschied vom sog. kaufmännischen Bestätigungsschreiben?, NJW 1980, 1731; Baumann Schriftformklauseln und Individualabrede, BB 1980, 551; Coester Bestätigungsschreiben und AGB: Zum Vorrang der Individualabrede nach § 4 AGBG, DB 1982, 1551; Lindacher Zur Vertretungsbegrenzung durch formularmäßige Schriftform- und Bestätigungsvorbehaltsklauseln, JR 1982, 1; Lindacher Zur Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben, WM 1981, 702; Lingemann/Gotham Doppelte Schriftformklausel – gar nicht einfach!, NJW 2009, 268; Lode Formfreie Abweichungen vom notariellen Treuhandvertrag?, BB 1986, 84; Michalski Schriftformklauseln in Individual- und Formularverträgen, DStR 1998, 771; Neuhaus Schriftformklauseln im gewerblichen Mietvertrag, ZMR 2014, 15; Niedenführ Informationsgebote des AGB-Gesetzes, 1985; Ostermeier Die Wirksamkeit von AGB-Schriftformklauseln, ZGS 2007, 260; Preis Der langsame Tod der Freiwilligkeitsvorbehalte und die Grenzen betrieblicher Übung, NZA 2009, 281; Reiling Vorkehrungen gegen Vertragsänderungen durch den Vertragspartner: Schriftformklauseln, JA 2000, 866; Schulz Schriftformklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Jura 1995, 71; Sutschet Doppelte Schriftformklausel – AGB-Kontrolle, Besprechung des Urteils BAG v. 20.5.2008, RdA 2009, 386; Teske Schriftformklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1990; Trinkner Vorrang der Individualabrede bei Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, in Liber Amicorum Ernst J. Cohn, 1975, S. 191; Weigel Schriftformklauseln in AGB, Diss. Frankfurt/M. 1989; Zoller Dogmatik, Anwendungsprobleme und die ungewisse Zukunft des Vorrangs individueller Vertragsvereinbarungen vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 4 AGBG), JZ 1991, 850.

I. Einleitung 1. Normzweck 1 Die Vorschrift betrifft das Verhältnis von individuellen und vorformulierten Vertragsbedingungen. Sie räumt jenen den Vorrang ein gegenüber abweichenden AGB. Im Unterschied zu den Fällen der §§ 305 Abs. 2 und 305c Abs. 1, die die Voraussetzungen und Grenzen für die Einbeziehung von AGB in den Einzelvertrag festlegen, schließt § 305b angesichts abweichender Individualabreden die Beachtlichkeit solcher AGB-Klauseln, bei denen die Einbeziehungsvoraussetzungen der §§ 305, 305c erfüllt sind, für den Einzelvertrag aus. Es handelt sich 266

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Vorrang der Individualabrede

§ 305b BGB

um eine Kodifizierung allgemeiner Auslegungsgrundsätze über das Verhältnis zwischen speziellen und generellen Vereinbarungen (dazu näher Rz. 7); ihr kommt – wie die Begründung zum AGBG (S. 20) zu Recht feststellte – nur klarstellende Bedeutung zu. Sie macht die vom Vorrang betroffene AGB-Klausel weder unwirksam1 noch steht sie ihrer Einbeziehung in den Vertrag entgegen2, sondern führt im Zweifel lediglich dazu, dass die AGB-Klausel hinter die Individualabrede zurücktritt, soweit diese inhaltliche Abweichungen enthält (Rz. 12).

2. Systematische Stellung Für das Verhältnis des § 305b zu anderen Normen des AGB-Rechts ist zwischen Einbeziehungs-, Auslegungs- und Inhaltskontrollvorschriften zu unterscheiden. Das Eingreifen der Vorrangregel des § 305b setzt voraus, dass die fragliche AGBKlausel überhaupt Vertragsbestandteil geworden ist. Sie kommt daher grundsätzlich nur zum Zuge, soweit keine Einbeziehungshindernisse i.S.v. §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1 entgegenstehen; das schließt tatsächliche Überlagerungen und Abgrenzungsprobleme namentlich gegenüber § 305c Abs. 1 nicht aus (vgl. näher § 305c Rz. 4). Vorrangregel des § 305b und Auslegungs-(Unklarheiten-)regel des § 305c Abs. 2 ergänzen einander (vgl. auch Rz. 8); zur Feststellung einer Abweichung i.S.v. § 305b bedarf es nicht selten zuvor der Auslegung der betreffenden AGB-Klauseln auf ihren Regelungsgehalt3.

2

Gegenüber der Inhaltskontrolle von AGB nach §§ 307 bis 309 tritt § 305b im Grundsatz zurück.4 Der Vorrang nach § 305b setzt logisch voraus, dass zwischen AGB und Individualabrede eine Abweichung besteht. Die Frage stellt sich daher im Prinzip nur im Verhältnis zu an sich wirksamen, d.h. den Kunden nicht unangemessen benachteiligenden AGB5. Dies betrifft aber vor allem das Verhältnis zur Verbandsklage, die sich nur auf Verstöße gegen §§ 307 bis 309, nicht etwa auf die Verletzung der Vorrangregel durch abweichende Individualvereinbarungen stützen kann (vgl. § 1 UKlaG Rz. 4; zum Individualprozess sogleich bei Fn. 8). Ist aber eine AGB-Klausel darauf gerichtet, die Vorrangregel des § 305b außer Kraft zu setzen, so ist sie ihrerseits nach § 307 unwirksam, was naturgemäß auch zum Gegenstand einer Verbandsklage gemacht werden kann6. Über-

2a

1 So aber BGH v. 15.2.2007 – I ZR 40/04, NJW 2007, 2036 (2037); Palandt/Grüneberg Rz. 1, 3; Zoller JZ 1991, 850 (854); wie hier: BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NJW 2009, 316 (318) Rz. 28; BeckOK/H. Schmidt Rz. 1; Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 15; Teske S. 280; im Ergebnis auch Staudinger/Schlosser Rz. 11. 2 A.A. Wolf/Lindacher Rz. 2 (parteiwillensunabhängige gesetzliche AGB-Einbeziehungssperre). 3 Ebenso MünchKomm/Basedow Rz. 2; Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 4. 4 A.A. Staudinger/Schlosser Rz. 2 (für Gleichrang). 5 So auch BGH v. 19.9.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48 f.; Erman/Roloff Rz. 5; vgl. ferner BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012 81 (85) Rz. 38 f (Freiwilligkeitsvorbehalt zur Verhinderung einer betrieblichen Übung sei u.a. deshalb nach § 307 BGB unwirksam, weil er auch spätere Individualabreden gem. § 305b erfasse, s.a. Rz. 13); a.A. zu § 4 AGBG Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 12; Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 4, sowie für Individualprozesse im Unterschied zu Klagen nach § 1 UKlaG wohl auch BGH v. 25.2.1982 – VII ZR 268/81, NJW 1982, 1389 (1391) und OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12 U 111/79, NJW 1981, 405 (406); für den Individualprozess offen lassend BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320. 6 BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NJW 2009, 316 (319) Rz. 39; OLG Köln v. 31.7.2009 – 6 U 224/08, RRa 2009, 245 (248 f.) (Regelung, die den Eindruck zu erwecken sucht, indivi-

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§ 305b BGB

Vorrang der Individualabrede

dies bestehen zwischen § 305b und den Inhaltskontrollvorschriften schon deshalb sachliche Zusammenhänge, weil Teile der Klauselverbote, darunter namentlich diejenigen in § 308 Nr. 1, 3 sowie in § 309 Nr. 1, auf dem Gedanken des Vorrangs von Individualvereinbarungen über die jeweilige Hauptleistung und ihre Erbringung gegenüber abweichenden AGB beruhen7. Im Übrigen sind die Gerichte außerhalb der abstrakten Kontrollklage des § 1 UKlaG ohnedies nicht gehindert, die Unbeachtlichkeit einer streitigen AGB-Klausel je nach Lage des Falles auf diejenige Norm des AGB-Rechts zu stützen, deren Eingreifen sich ohne Weiteres aufdrängt, während sie logisch vorangehende Fragen dahinstehen lassen können8. Im Individualprozess spricht also nichts dagegen, die mangelnde Wirksamkeit einer Klausel sowohl mit § 305b als auch mit §§ 307 ff. zu begründen9.

3. Entstehungsgeschichte 3 Die Vorschrift ist durch das SMG unverändert aus § 4 AGBG übernommen worden. Dieser ging auf den Teilbericht I der Arbeitsgruppe zurück. Eine Änderung während der Entstehung des AGBG hatte er nur dadurch erfahren, dass im RefE II die bis dahin zusätzlich vorgesehene Regelung über die Unerheblichkeit der Form der Individualabrede gestrichen wurde. Zweck dieser Streichung war es, die Anwendbarkeit der Vorschrift auch auf den kaufmännischen Bereich zu ermöglichen; für das Verhältnis zu Nichtkaufleuten schien die Regelung angesichts des ursprünglich (in § 9 Nr. 17 RegE AGBG) vorgesehenen generellen Verbots vorformulierter Schriftformklauseln ohnedies entbehrlich. Im Zuge der Gesetzesberatungen wurde dann allerdings auf das generelle Verbot der Schriftformklausel in § 11 AGBG verzichtet; derartige Vertragsbedingungen unterliegen der Inhaltskontrolle vielmehr nur nach den allgemeinen Maßstäben des § 307 (dazu vgl. Teil 2, (41) Schriftformklauseln Rz. 7 ff.). Dem ist bei Anwendung von § 305b dadurch Rechnung zu tragen, dass auch im nichtkaufmännischen Verkehr etwaige Formvorschriften in AGB im Hinblick auf mündliche Individualabreden nicht als schlechthin unbeachtlich zu behandeln sind (Rz. 29 ff.).

4. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für Verbraucherverträge a) Vorgaben der EG-Richtlinie 93/13/EWG 3a Die EG-Richtlinie 93/13/EWG10 enthält keine ausdrückliche, dem Vorrang der Individualabrede nach § 305b entsprechende Regelung. Allerdings lässt sich den Bestimmungen des Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 RL 93/13/EWG mittelbar entnehmen, dass individuell ausgehandelten Abreden der Vorrang zukommen soll, da die Verbraucherschutzvorschriften nach Maßgabe der EG-Richtlinie auf sie kei-

7 8 9 10

duelle Abreden seien entgegen § 305b unbeachtlich, ist unwirksam gemäß § 307 Abs. 1); ebenso BeckOK/H. Schmidt Rz. 5; vgl. auch BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, NJW 1982, 331 (333). Vgl. dazu näher Staudinger/Schlosser Rz. 2 ff. unter detaillierter Darstellung der möglichen Überschneidungsbereiche zwischen § 305b und §§ 308 f. So auch Staudinger/Schlosser Rz. 2 und Wolf/Lindacher Rz. 4 unter Hinweis auf die Äquivalenz der Rechtsfolgen. Vgl. auch § 305 Rz. 105. Insofern übereinstimmend auch Staudinger/Schlosser Rz. 2 und Wolf/Lindacher Rz. 4; BeckOK/H. Schmidt Rz. 6. ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff.

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Vorrang der Individualabrede

§ 305b BGB

ne Anwendung finden11. Außerdem ist Nr. 1n des Klauselanhangs zu Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG zu beachten; danach gehört zu den Klauseln, die „für missbräuchlich erklärt werden können“, auch eine Bestimmung, durch welche die Verpflichtung des Gewerbetreibenden zur Einhaltung der von seinen Vertretern eingegangenen Verpflichtungen eingeschränkt wird oder diese Verpflichtung von der Einhaltung einer besonderen Formvorschrift abhängig gemacht wird. Sie bezieht sich in der ersten Alternative auf eine – selbst in AGB wohl nur selten anzutreffende – Klausel, wonach der Verwender nur eingeschränkt an eine von seinem Vertreter wirksam begründete („eingegangene“) Verpflichtung gebunden sein soll12, während sie in der zweiten Alternative den Fall der Schriftformklausel im Zusammenhang mit dem Vertreterhandeln betrifft und eine solche Klausel als im Zweifel missbräuchlich beurteilt. Damit deckt sie sich im Grundsatz mit der Beurteilung von Schriftformklauseln nach § 307 Abs. 1, soweit diese Klauseln dazu bestimmt sind, mündlichen Zusagen eines mit Vertretungsmacht für den Verwender Handelnden die Wirksamkeit zu versagen (Rz. 32)13. Demgegenüber steht sie der Wirksamkeit solcher Klauseln nicht entgegen, die nach Art einfacher Schriftformklauseln (Rz. 30, 33 ff.) die Vollmacht des Vertreters in für den Kunden erkennbarer Weise auf schriftliche Änderungen oder Ergänzungen der AGB beschränken bzw. solche Änderungen oder Ergänzungen von der Bestätigung des Verwenders abhängig machen14. Damit entspricht Nr. 1n RL-Anhang inhaltlich weitgehend der früheren Beurteilung von Schriftformklauseln nach §§ 4, 9 AGBG; eine Änderung dieser Praxis aus Gründen richtlinienkonformer Auslegung erscheint nicht geboten15. b) Standardverträge Für Standard-Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) gelten keine Besonderheiten im Hinblick auf § 305b; die Vorschrift findet auf sie ebenso Anwendung wie auf AGB i.S.d. § 305 Abs. 1. Soweit es um die Berücksichtigung der von Nr. 1n RL-Anhang erfassten Fälle eingeschränkter Vertretungsmacht des UnternehmerVertreters geht, folgt das aus der Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung zur Anwendung von § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1) auf Schriftformklauseln (vgl. Rz. 3a). Aber auch in denjenigen Teilen, in denen die Vorrangregel des § 305b über die EG-Richtlinie hinausgeht, bleibt ihre Geltung angesichts des in Art. 8 RL 93/13/EWG klargestellten Mindestschutzcharakters der EG-Richtlinie unberührt.

11 So im Ergebnis auch Schmidt-Salzer NJW 1995, 1641 (1643) und Kapnopoulou Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der EU, 1997, S. 89 ff.; anders wohl Schwerdtfeger DStR 1997, 499 (502), der Widersprüche zwischen AGB und Individualabreden bei Verbraucherverträgen im Wege der Auslegung lösen will. 12 Erman/Roloff Rz. 13; a.A. (auf Erfordernis wirksamer Begründung verzichtend) MünchKomm/Basedow Rz. 15. 13 Ebenso von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln) Rz. 39; Wolf RL Anh. Rz. 184. 14 So wohl auch Erman/Roloff Rz. 13; von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln)Rz. 39; für grundsätzliche Unwirksamkeit der Klausel aber MünchKomm/Basedow Rz. 15; Wolf RL Anh. Rz. 183. Vgl. zum Ganzen aus der Sicht der EG-Richtlinie auch Teil 2, (41) Schriftformklauseln Rz. 17. 15 So auch Erman/Roloff Rz. 13; von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln) Rz. 46; zweifelnd unter Betonung der Vorlage-Notwendigkeit an den EuGH MünchKomm/ Basedow Rz. 15 f.; Stoffels Rz. 356.

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3b

§ 305b BGB

Vorrang der Individualabrede

c) Einzelverträge 3c

Im Unterschied zu den Standardverträgen erstreckt sich die Verweisung in § 310 Abs. 3 Nr. 2 für vorformulierte Einzel-Verbraucherverträge nicht auf die Vorrangregel des § 305b; diese findet daher keine unmittelbare Anwendung. Das ist unschädlich, soweit es um die Wirksamkeitsgrenzen von Schriftformklauseln (Rz. 3b) geht, da sie sich nach der auch auf Einzel-Verbraucherverträge anwendbaren Vorschrift des § 307 bestimmen16. Ob darüber hinaus aus Gründen richtlinienkonformer Auslegung des § 310 Abs. 3 Nr. 2 dessen Erstreckung auf § 305b geboten ist, kann offen bleiben, wenn man aus den in Rz. 1, 7 genannten Gründen davon ausgeht, dass § 305b nur die Kodifizierung eines allgemeinen Grundsatzes der Rechtsgeschäftslehre enthält, wonach spezielle Abreden Vorrang gegenüber generellen, den Vertragsrahmen betreffenden Vereinbarungen genießen17. Vgl. dazu auch Rz. 5 f., 23 f.

II. Frühere Rechtslage 4 Der Vorrang der Individualabrede gegenüber abweichenden AGB war auch schon vor Erlass des AGBG im Grundsatz unbestritten18 und entsprach ständiger Rechtsprechung19. Seine Geltung beruhte darauf, dass die Auslegung der auf Massengeschäfte zugeschnittenen AGB beim typischen Parteiwillen ansetzte; Abweichungen auf Grund der Umstände des Einzelfalls waren dadurch freilich nicht ausgeschlossen20. Gegenüber dieser Rechtslage ist durch die gesetzliche Verankerung des Vorrangprinzips keine grundsätzliche Änderung eingetreten21. Auch das BAG hat das Vorrangprinzip als allgemeinen Rechtsgrundsatz qualifiziert und im Arbeitsvertragsrecht angewendet22.

III. Grundlagen des Vorrangprinzips 1. Anwendungsbereich 5 Abgesehen von den Bereichsausnahmen des § 310 Abs. 4 gilt der Vorranggrundsatz nach gesetzlicher Regel ohne sachliche und persönliche Einschränkungen für alle Arten von Vertragsbeziehungen, die unter Verwendung von AGB zustande kommen, einschließlich der Standard-Verbraucherverträge nach § 310 Abs. 3 16 Vgl. Teil 2, (41) Schriftformklauseln Rz. 7 f. sowie Wolf RL Anh. Rz. 185, der auch auf die Kontrolle mittels § 242 hinweist. 17 Ebenso im Ergebnis BeckOK/H. Schmidt Rz. 3 (wohl auf § 242 abstellend). 18 Vgl. nur Raiser AGB, S. 230 ff. 19 BGH v. 6.11.1967 – VIII ZR 81/65, BGHZ 49, 84 (86 f.) = VersR 1968, 254; BGH v. 26.3.1969 – VIII ZR 194/68, BGHZ 52, 30 (35); BGH v. 17.12.1959 – VIII ZR 167/58, BB 1960, 227; BGH v. 25.6.1975 – VIII ZR 244/73, NJW 1975, 1693; BGH v. 4.3.1977 – I ZR 83/75, WM 1977, 533 (534); dazu Erman/W. Hefermehl BGB, 6. Aufl. 1975, § 145 Vorbem. 41; Palandt/Heinrichs BGB, 35. Aufl. 1976, § 145 Einf. 6 B e aa. 20 Raiser AGB, S. 231, 233 ff.; zum Sonderfall der Schriftformklausel vgl. 4. Aufl. Rz. 31. 21 BGH v. 13.1.1982 – IVa ZR 162/80, WM 1982, 447 (450); zweifelnd Zoller JZ 1991, 850 (852) (das vor Erlass des AGBG gefundene Vorrangprinzip lasse sich nicht ohne Weiteres auf § 4 AGBG übertragen). 22 BAG v. 30.11.1994 – 5 AZR 702/93, AP Nr. 16 zu § 4 TVG; vgl. auch BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NJW 2009, 316 (318) Rz. 28.

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Vorrang der Individualabrede

§ 305b BGB

Nr. 1. Demgegenüber hat die AGBG-Novelle 1996 für Einzel-Verbraucherverträge in § 24a Nr. 2 AGBG (jetzt § 310 Abs. 3 Nr. 2) zwar von der Verweisung auf § 4 AGBG abgesehen. Angesichts der bloß klarstellenden Natur der Vorrangregel (Rz. 1) steht das dem Rückgriff auf die in § 305b kodifizierten Auslegungsgrundsätze in geeigneten Fällen jedoch nicht entgegen (vgl. auch Rz. 7). Im Hinblick auf die Natur des § 305b als Auslegungsregel (Rz. 7) lässt sich das 6 darin zum Ausdruck kommende Vorrangprinzip auch auf Abweichungen anwenden, die zwischen verschiedenen vorformulierten Teilen desselben Vertrages bestehen, so wenn im Rahmen eines Formularvertrages Nebenabreden im Widerspruch zu Vereinbarungen über die Hauptleistungen stehen oder wenn der Text der AGB durch vorformulierte Zusätze oder Nachträge ohne Anpassung des restlichen Inhalts ergänzt wird (Rz. 23, 24)23. Entsprechendes gilt im Fall von Einzel-Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2.

2. § 305b als Auslegungsregel Die Vorschrift des § 305b enthält eine Auslegungsregel für den Geltungsan- 7 spruch der in den Einzelvertrag einbezogenen AGB; sie schafft nicht etwa Vertragsbestandteile höheren und niedereren Ranges, vergleichbar dem Verhältnis unterschiedlicher Normenarten24. Das folgt aus der bloß klarstellenden, die frühere Rechtslage (Rz. 4) gesetzlich fixierenden Funktion der Vorschrift25, aber auch daraus, dass das AGB-Recht im Rahmen der Einbeziehungsvorschriften der §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1 konsequent die Vertragsnatur vereinbarter AGB betont. Von Vorrang der Individualvereinbarung kann daher nur im Sinne einer funktionalen, durch das Verhältnis des Speziellen zum Generellen geprägten Rangabstufung gesprochen werden26. Methodisch geht es in § 305b um die Kodifizierung des dem Charakter der AGB als vertraglicher Rahmenordnung entsprechenden allgemeinen Auslegungsgrundsatzes, dass AGB, die durch globale Einbeziehung Vertragsbestandteil geworden sind, nur insoweit Geltung beanspruchen, als die Parteien keine individuellen (oder vorformulierten, vgl. Rz. 23) Sonderregelungen für den konkreten Fall getroffen haben. Die speziellere Vereinbarung setzt sich also gegenüber der generellen durch27. Soweit dem-

23 So im Ergebnis auch Wolf/Lindacher Rz. 6; Staudinger/Schlosser Rz. 12; Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 2, die auf allgemeine Auslegungsregeln sowie auf § 305c Abs. 2 (bzw. § 5 AGBG) abstellen; die Anwendung des § 4 AGBG explizit ablehnend aber Zoller JZ 1991, 850 (855). 24 So aber Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E 7 (AGB als rangniedrigere, akzessorische Vereinbarungen) und Zoller JZ 1991, 850 (853) (AGB seien durch den Grundsatz der Privatautonomie schwächer legitimiert); folgerichtig für ein hierarchisches Verständnis auch E. Schmidt JuS 1987, 929 (933), der den AGB sachlichen Normcharakter zuspricht. Näheres zu diesem Ansatz vgl. 11. Aufl., Einl. Rz. 40 ff. 25 Begründung zum RegE AGBG S. 20. 26 So auch BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NJW 2009, 316 (318) Rz. 28; Palandt/Grüneberg Rz. 1; Wolf/Lindacher Rz. 1; Löwe § 5 AGBG Rz. 3; Trinkner in FS Cohn, 1975, S. 191 f.; der Sache nach auch Ostermeier ZGS 2007, 260 (262); wohl auch BGH v. 21.9.2005 – XII ZR 312/02, NJW 2006, 138 (139) und BGH v. 22.1.1990 – II ZR 15/89, NJW-RR 1990, 613 (614); vgl. auch schon den Hinweis von Raiser AGB, S. 231 auf das aus der Normenkonkurrenz bekannte Spezialitätsprinzip; a.A. MünchKomm/Basedow Rz. 1 f.; Zoller JZ 1991, 850 (851). 27 So schon Raiser AGB, S. 231 und ihm folgend MünchKomm/Basedow Rz. 1; wie hier für Auslegungsprinzip auch Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 1; Larenz AT § 43 Rz. 46; ähn-

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Vorrang der Individualabrede

gegenüber § 305b nicht als Auslegungs-, sondern als „Kollisionsregel“ eigener Art bezeichnet wird28, geschieht dies ebenfalls mit dem Ziel, den Vorrang der Individualabrede zu begründen, und führt deshalb nicht zu abweichenden praktischen Ergebnissen29. 8 Die in § 305b gesetzlich verankerte Auslegungsregel beschränkt Inhalt und Geltungsanspruch der AGB mit Blick auf die getroffenen Individualabreden, d.h. der Anwendungsbereich der AGB wird vom Geltungsbereich der Individualvereinbarung bestimmt.30 Die Auslegungsregel des § 305b bildet einen Teilaspekt der für AGB geltenden, zu einem weiteren Teil durch die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 partiell kodifizierten allgemeinen Auslegungsgrundsätze (dazu vgl. § 305c Rz. 85 ff.). Davon zu unterscheiden sind Auslegung und Inhalt der Vereinbarung über die Einbeziehung der AGB31: die Frage nach dem Vorrang der Individualabrede stellt sich nur insoweit, als die vom Vorrang betroffene Klausel in den Vertrag einbezogen wurde, d.h. die Einbeziehung nicht an §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1 gescheitert ist (Rz. 2). 9 Fraglich ist, ob es außer dem Vorrangprinzip und seiner Ergänzung durch Unklarheitenregel und objektive Auslegung von AGB (dazu § 305c Rz. 73 ff., 85 ff.) noch eines Prinzips der individualvertragskonformen Auslegung von AGB32 bedarf. Dagegen steht die Systematik des Gesetzes und die objektive Auslegung von AGB; ihnen entspricht es im Grundsatz besser, in den nicht durch die anerkannten Auslegungsregeln erfassten Fällen mit den Instrumenten der Inhaltskontrolle zu arbeiten (vgl. auch § 305c Rz. 69). Bei Verbraucherverträgen wird das durch die in § 310 Abs. 3 Nr. 3 angeordnete Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände bei der Inhaltskontrolle unterstrichen. Die objektive Auslegung der AGB hindert jedoch nicht die Berücksichtigung individueller, für die Auslegung bedeutsamer Umstände aus den Vertragsverhandlungen, insbesondere übereinstimmender Vorstellungen der Parteien von Inhalt und Bedeutung des vorformulierten Textes im Rahmen von § 305b33.

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lich Köndgen NJW 1989, 943 (951) (Interpretationsregel); a.A. Wolf/Lindacher Rz. 2 (Verträglichkeit mit Individualabreden als gesetzliche Einbeziehungsvoraussetzung), ihnen folgend Stoffels Rz. 346; Zoller JZ 1991, 850 (852) (auf den Willen des Verwenders komme es für den Vorrang nicht an, folglich stelle § 4 AGBG keinen Auslegungsgrundsatz dar). Erman/Roloff Rz. 1; MünchKomm/Basedow Rz. 2; BeckOK/H. Schmidt Rz. 1; noch anders Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 11 (§ 4 AGBG als Konkretisierung des Verbots des „venire contra factum proprium“). Staudinger/Schlosser Rz. 11; Erman/Roloff Rz. 1. BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 47/12, NJW 2013 2745 (2746 ff.) Rz. 20 ff.: Anwendbarkeit einer Preisanpassungsklausel in Energielieferungsvertrag wird durch individual verabredete Festpreisvereinbarung ausgeschlossen, dazu auch Rz. 20. A.A. Wolf/Lindacher Rz. 2; zu § 4 AGBG Koch/Stübing § 4 AGBG Rz. 2. So Staudinger/Schlosser § 305c Rz. 131 ff.; Wolf/Lindacher § 305c Rz. 117; zum AGBG Löwe § 5 AGBG Rz. 3, 5; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E 26; a.A. Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 10; Erman/Roloff § 305c Rz. 20. Vgl. BGH v. 15.6.1983 – IV a ZR 31/82, NJW 1983, 2638 (Auslegung von AVB im Lichte der individuellen Verhandlungen der Parteien bei Vertragsabschluss), dazu auch BGH v. 15.6.1983 – IVa ZR 31/82, NJW 1991, 1604 (1606); BGH v. 9.3.1995 – III ZR 55/94, NJW 1995, 1494 (1496); BGH v. 22.3.2002 – V ZR 405/00, NJW 2002, 2102 (2103); BAG v. 19.3.2009 – 6 AZR 557/07, NZA 2009, 896 (900) und Rz. 10a sowie § 305c Rz. 84.

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Vorrang der Individualabrede

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IV. Voraussetzungen des Vorrangs 1. Individualabrede Der Vorrang des § 305b setzt nach gesetzlicher Regel voraus, dass die Vertrags- 10 parteien von den AGB (bzw. von einzelnen Klauseln) durch individuelle Vertragsabreden abgewichen sind. Das Vorhandensein dispositiven Rechts für den betreffenden Vertragstyp ist als solches für das Eingreifen der Vorrangregel ohne Belang; es wird nicht etwa stillschweigend in den Vertrag einbezogen oder der Individualabrede auf sonstige Weise gleichgestellt34. Der Begriff der Individualabrede entspricht im Grundsatz demjenigen der im Einzelnen ausgehandelten Vertragsbedingungen in § 305 Abs. 1 Satz 335. Wie dort geht es um die Unterscheidung zwischen vertraglichen Regelungen auf Grund einseitiger Vorformulierung für eine Vielzahl von Verträgen (AGB) und solchen auf Grund individueller Vereinbarung. Der begrifflichen Gleichsetzung steht nicht entgegen, dass sich die Frage nach dem Vorliegen einer Individualabrede im Rahmen von § 305 Abs. 1 Satz 3, anders als bei § 305b, in erster Linie im Hinblick auf ursprünglich vorformulierte, beim Aushandeln nicht oder nur unwesentlich geänderte Vertragsbestandteile stellt36. Das Vorrangprinzip beruht auf der Überlegung, dass die Parteien individuell getroffenen Abreden größere Bedeutung beimessen als damit kollidierenden Teilen der generell aufgestellten „Vertragsordnung“ (Rz. 7); aus entsprechenden Erwägungen beschränkt § 305 Abs. 1 den Anwendungsbereich des Gesetzes auf generelle Vertragsbedingungen (AGB). Auf die zu § 305 herausgearbeitete Abgrenzung von Individualabreden gegenüber AGB kann daher im Grundsatz auch für § 305b zurückgegriffen werden (§ 305 Rz. 47 ff.). – Zur Möglichkeit entsprechender Anwendung des Vorrangprinzips auch bei Abweichungen innerhalb vorformulierter Vertragsteile in Erweiterung von § 305b vgl. Rz. 23, 24. Den Gegenstand des § 305b bilden seinem Wortlaut nach zwar nur vertragliche 10a Individualabreden. Mit Rücksicht auf seine Funktion als Auslegungsregel (Rz. 7) bestehen aber keine Bedenken dagegen, das Vorrangprinzip auch auf solche Fälle anzuwenden, in denen entweder einseitige individuelle Rechtshandlungen des Verwenders mit dem Inhalt seiner AGB in Widerspruch stehen, oder in denen sein Verhalten im Rahmen der Vertragsverhandlungen beim Kunden bestimmte, vom objektiven Inhalt der AGB abweichende Vorstellungen hervorruft (vgl. auch Rz. 9)37. Das gilt auch dann, wenn bereits das – vom Verwender vorformulierte – 34 A.A. anscheinend Batsch NJW 1980, 1732. 35 Offen gelassen von BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 289/90, NJW 1992, 1107 (1108); wie hier Pfeiffer WuB IV B § 1 AGBG I.92; a.A. Staudinger/Schlosser Rz. 13, der unter Individualabrede i.S.v. § 305b schlechthin jede – auch vorformulierte – speziellere Vereinbarung versteht. 36 Vgl. § 305 Rz. 47 ff.; enger Erman/Roloff Rz. 4 und Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 5, die unter § 305 Abs. 1 Satz 3 im Unterschied zu § 305b nur ausgehandelte Vereinbarungen subsumieren wollen. 37 Vgl. BGH v. 15.6.1983 – IVa ZR 31/82, NJW 1983, 2638 (Vorrang subjektiver, auf die Vertragsverhandlungen bezogener vor objektiver Auslegung von AGB); BGH v. 19.9.1985 – III ZR 214/83, NJW 1986, 43 (44) (Berücksichtigung des aus der Verhandlungssituation beim Kunden hervorgerufenen Eindrucks für die Auslegung des Vertragsinhalts); BGH v. 29.9.1998 – XI ZR 334/97, WM 1998, 2255 (2256) (wirksamer Sportwettenvertrag durch vorbehaltlose Annahme des Kundenangebots trotz des Ausschlusses von Kreditwetten in AGB); zust. Erman/Roloff Rz. 4; vgl. dazu auch Niedenführ Informationsgebote, S. 87 ff.

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Vorrang der Individualabrede

Angebot des Kunden die Einbeziehung der AGB umfasst (vgl. § 305 Rz. 132); auch hier kommt der spezielleren Erklärung Vorrang gegenüber der generellen zu. Das hat Bedeutung für Erklärungen des Verwenders, die auf das Zustandekommen des Vertrags gerichtet sind und daher i.d.R. nicht selbst Inhalt des von den Parteien angestrebten Vertrages werden, wie namentlich bei einem Widerspruch zwischen Vertragsabschlussklauseln und individuellen Erklärungen im Angebot38. Größere Zurückhaltung ist gegenüber einer betrieblichen Übung geboten39; mag ihr nach gewisser Zeit auch eine Rechtswirkung zukommen, so stellt sie doch keine einseitige Erklärung im hier angesprochenen Sinne dar. 11

Umstritten ist, ob das Vorrangprinzip die Wirksamkeit der Individualabrede voraussetzt oder ob es – mit der Folge der Anwendung dispositiven Rechts an Stelle der AGB-Regelung – auch dann zum Zuge kommt, wenn die Individualabrede wegen Formmangels, Dissenses, fehlender Vertretungsmacht o.Ä. unwirksam ist40. Wer das Vorrangprinzip als einen die Einbeziehungsabrede betreffenden Auslegungsgrundsatz ansieht, wird die widersprechenden AGB auch bei gescheiterter Individualabrede im Zweifel nicht als Vertragsbestandteile anerkennen41. Nach der hier vertretenen Ansicht (Rz. 7, 8) wird die in AGB fixierte Rahmenordnung durch die Einbeziehungserklärung dagegen insgesamt Vertragsbestandteil, unter Einschluss auch der vom Vorrang betroffenen Klauseln. Diese können zwar nicht im Kollisionsbereich, wohl aber außerhalb desselben zur Anwendung gelangen. Und auch im Kollisionsbereich selbst gelten die kollidierenden Klauseln im Zweifel subsidiär fort42. Daher setzt der Vorrang der Individualabrede deren Wirksamwerden voraus; sie kann namentlich am Fehlen der Vertretungsmacht der in die Vertragsverhandlungen eingeschalteten Hilfsperson scheitern (vgl. Rz. 40 ff.).

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Erledigt sich nach Vertragsschluss die Kollision durch Wegfall oder einverständliche Aufhebung der Individualabrede oder auf sonstige Weise, so greift gleichwohl nicht ohne weiteres dispositives Gesetzesrecht ein. Vielmehr ist dann grundsätzlich nach dem Inhalt der zunächst unanwendbaren AGB-Klausel zu verfahren43. Allerdings kann auch bei Unwirksamkeit der Individualabrede die 38 Ebenso AG Freudenstadt v. 3.7.1992 – 4 C 798/91, NJW-RR 1994, 238 (239); vgl. weiter Staudinger/Schlosser Rz. 1 zu Klauseln über die Bindung des Verwenders an sein Angebot; Wolf/Lindacher Rz. 7; dazu auch Rz. 42 zu Schriftformklauseln über die Annahme des Kundenangebots. 39 BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NJW 2009, 316 (318) Rz. 30 mit zust. Anm. Lingemann/Gotham NJW 2009, 268 (269), aber zu weit gefasstem Obersatz; ähnlich bereits BAG v. 24.6.2003 – 9 AZR 302/02, NJW 2003, 3725 (3727): Bei einer betrieblichen Übung liege „keine individuell ausgehandelte Verpflichtung“ vor und damit keine Individualabrede i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3. 40 Für Erfordernis der Wirksamkeit MünchKomm/Basedow Rz. 5, Erman/Roloff Rz. 5 und Stoffels Rz. 347; BeckOK/H. Schmidt Rz. 7; so zu § 4 AGBG auch Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 7; Zoller JZ 1991, 850 (854); Teske S. 280, 282; a.A. Koch/Stübing § 4 AGBG Rz. 3; Dietlein/Rebmann § 4 AGBG Rz. 2; nicht eindeutig Wolf/Lindacher Rz. 31; zur Bedeutung von Schriftformklausel und Vertreterhandeln für die Wirksamkeit von Individualabreden vgl. Rz. 29 ff., 40 ff. 41 So in der Tat Koch/Stübing § 4 AGBG Rz. 3, 7. 42 Vgl. schon BGH v. 26.3.1969 – VIII ZR 194/68, BGHZ 52, 30 (35); so auch Erman/Roloff Rz. 5; a.A. zu § 4 AGBG Koch/Stübing § 4 AGBG Rz. 7; Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 15; Zoller JZ 1991, 850 (854). 43 BGH v. 26.3.1969 – VIII ZR 194/68, BGHZ 52, 30 (35); so auch Erman/Roloff Rz. 5; auf Auslegung im Einzelfall abstellend Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 7; Dietlein/Rebmann § 4 AGBG Rz. 2 und Wolf/Lindacher Rz. 31, die bei Nichtfeststellbarkeit eines einschlä-

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Vorrang der Individualabrede

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Geltung von AGB daran scheitern, dass die Umstände bei Vertragsschluss im Auslegungswege auf deren konkludente Nichteinbeziehung entgegen § 305 Abs. 2 schließen lassen (vgl. auch Rz. 10a). In diesem Fall richtet sich die Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2; mangels wirksamer Individualabrede gilt im Zweifel dispositives Recht44.

2. Abweichungen von AGB durch Individualabreden a) Unmittelbare und mittelbare Der Vorrang nach § 305b erfordert keinen offenen Widerspruch zwischen Indivi- 12 dualabrede und AGB-Klausel45. Entsprechend dem Auslegungscharakter der Norm genügt vielmehr jede inhaltliche Abweichung zwischen den beiden Arten von Vertragsbestandteilen, die bei Anwendung der AGB-Klausel zur Folge hätte, dass die Individualabrede entgegen der ihr von den Parteien beigelegten Bedeutung (§§ 133, 157) nicht uneingeschränkt zur Wirkung käme. Abweichungen können sich sowohl als Folge von AGB-Klauseln ergeben, die die individuell vereinbarten Hauptleistungen modifizieren oder beschränken (Rz. 17–21), als auch auf Grund von Unterschieden, die sich auf die Regelung von Nebenbestimmungen des Vertrags beziehen (Rz. 22)46. Ob und inwieweit AGB-Klauseln Abweichungen von den zwischen den Parteien vereinbarten Individualabreden enthalten, beurteilt sich nicht nach dem Wortlaut der jeweiligen Vertragsteile, sondern nach ihrem im Wege der Auslegung zu ermittelnden Sinn und Zweck47. Daher kommt auch konkludenten Individualvereinbarungen der Vorrang vor abweichenden AGB-Regelungen zu48. Unerheblich ist zudem, ob den Parteien der Wi-

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gigen Parteiwillens dispositives Recht anwenden wollen. Differenz. Zoller JZ 1991, 850 (854), der dispositives Recht bei Unwirksamkeit der Individualabrede ex nunc, die AGBKlausel hingegen bei Unwirksamkeit ex tunc anwenden will. So auch Erman/Roloff Rz. 5; Ebenso BGH v. 9.11.1989 – VII ZR 255/88, NJW-RR 1990, 371 für den Spezialfall einer als abschließend zu verstehenden Individualabrede über die Verjährung, wenn der konkrete Fall zwar von der Individualabrede nicht erfasst ist, die AGB jedoch eine vom dispositiven Recht generell abweichende Verjährungsregelung vorsehen. Ganz h.M., vgl. OLG Köln bei Bunte AGBE I § 4 Nr. 3; OLG Karlsruhe v. 30.6.1983 – 12 U 123/82, VersR 1984, 829 (830); MünchKomm/Basedow Rz. 6; Wolf/Lindacher Rz. 11; so zu § 4 AGBG auch Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 16; für Behandlung der Fälle mittelbaren Widerspruchs nach § 305c aber Staudinger/Schlosser Rz. 16 und § 305c Rz. 24 f. Zum Ganzen auch Trinkner in FS Cohn, 1975, S. 191 (192 ff.) und Schmidt-Salzer Produkthaftung, S. 290 ff., jeweils mit Beispielen. Vgl. BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 47/12, NJW 2013 2745 (2746 ff.) Rz. 20 ff. (Ausschluss vorformulierter Preisanpassungsklausel durch individual verabredete Festpreisvereinbarung, s. schon Fn. 30 sowie Rz. 20), wie hier auch Erman/Roloff Rz. 6; MünchKomm/ Basedow Rz. 6; vgl. auch Rz. 2. BGH v. 6.2.1996 – XI ZR 121/95, NJW-RR 1996, 673 (674); BGH v. 29.5.1968 – VIII ZR 77/66, BGHZ 50, 200 (206 f.) und BGH v. 19.1.1977 – VIII ZR 319/75, WM 1977, 365 (366) zum Vorrang einer in der Eigenschaftszusicherung liegenden stillschweigenden Haftungsübernahme für Mangelfolgeschäden gegenüber einem formularmäßigen Haftungsausschluss; BGH v. 5.7.1972 – VIII ZR 74/71, BGHZ 59, 158 und BGH v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 (1888) zur stillschweigenden Eigenschaftszusicherung des Verkäufers; BGH v. 6.3.1986 – III ZR 234/84, NJW 1986, 1807 zum stillschweigenden Ausschluss von Mitwirkungspflichten des Darlehensnehmers bezüglich der Erfüllung der Auszahlungsvoraussetzungen; BGH v. 19.5.1988 – III ZR 38/87, BB 1988, 2060 (2061) zur Frage der Gläubigerstellung bei der Eröffnung eines Anderkontos; OLG Frankfurt v. 12.10.1982 – 5 U 25/82, ZIP 1982, 1331 (1333) zum Vorrang einer ständigen abweichen-

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Vorrang der Individualabrede

derspruch zwischen individueller und vorformulierter Regelung bewusst ist, wenn sie die individuelle Abrede treffen49. b) Anfängliche und spätere 13

Ob die Abweichung zwischen AGB-Inhalt und Individualabrede schon bei Vertragsschluss vorhanden war oder sich erst auf Grund späterer individueller Änderung oder Ergänzung des Vertrags ergab, ist für das Eingreifen des Vorrangprinzips ohne Belang50. Derartige spätere Änderungen können insbesondere dadurch eintreten, dass die Parteien im Zuge der Vertragsdurchführung einverständlich von der ursprünglich vereinbarten Vertragsordnung abweichen51. Ob und unter welchen Voraussetzungen es zu nachträglichen Vertragsänderungen kommt oder ob die Nichtbeachtung einer AGB-Regelung nur eine einmalige Ausnahme bleiben soll, entscheidet sich nach allgemeinen Grundsätzen. Die nachträgliche Individualvereinbarung kann sogar in dem Abschluss eines neuen Vertrags liegen, wenn dieser auf die im Erstvertrag vereinbarten AGB Bezug nimmt und eine Individualabrede enthält, die sich nach dem Willen der Parteien bereits auf den vorherigen Vertrag beziehen soll52. Entsprechend der Rechtslage bei Vertragsabschluss (Rz. 11) hängt auch bei nachträglichen Individualabreden der Vorrang von deren Wirksamwerden ab; dabei sind auch die Probleme von Schriftformklausel und Vertreterhandeln zu berücksichtigen (vgl. Rz. 29 ff., 40 ff.). c) Mündliche Individualabreden und AGB-Schriftformklausel

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Einen möglichen Anwendungsfall von § 305b bildet auch der Vorrang mündlicher Individualabreden vor dem in AGB enthaltenen Schriftformerfordernis (str., vgl. Näheres Rz. 29 ff., 35). Ihm kommt vor allem beim Vertreterhandeln (Rz. 40 ff.) Bedeutung zu. Da Voraussetzung für den Vorrang die Wirksamkeit der Individualabrede ist (Rz. 11), binden mündliche Zusagen gegenüber dem Kunden den Verwender nur, soweit sie von ihm selbst oder von einem wirksam in seinem Namen handelnden Vertreter abgegeben werden. In diesen Fällen wird durch die einverständlich getroffene mündliche Vereinbarung zugleich das Schriftformerfordernis konkludent abbedungen53. Die auch nach AGB-Recht relevante Bedeutung der Schriftformklausel besteht demgegenüber darin, die Vertretungsmacht von Hilfspersonen hinsichtlich mündlicher, AGB-widriger Abreden einzuschränken (Rz. 35, 40 ff.).

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den Vertragsdurchführung vor der entsprechenden AGB-Regelung; vgl. auch Palandt/ Grüneberg Rz. 3 f. BGH v. 21.9.2005 – XII ZR 312/02, NJW 2006, 138 (139); BAG v. 25.4.2007 – 5 AZR 504/06, NZA 2007, 801 (803); Stoffels Rz. 347; BeckOK/H. Schmidt Rz. 7. BGH v. 21.9.2005 – XII ZR 312/02, NJW 2006, 138 (139); BGH v. 20.10.1994 – III ZR 76/94, NJW-RR 1995, 179 (180); MünchKomm/Basedow Rz. 5; Staudinger/Schlosser Rz. 31, 37; Erman/Roloff Rz. 6; Stoffels Rz. 347; BeckOK/H. Schmidt Rz. 7; Zoller JZ 1991, 850 (854). Vgl. aber auch BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012 81 (85) Rz. 38 f (wo die Unwirksamkeit eines Freiwilligkeitsvorbehalts u.a. daraus hergeleitet wird, dass er auch spätere Individualabreden gem. § 305b erfassen soll); das lässt sich aus dem Vorrang des § 307 wohl gerade noch herleiten (s. Rz. 2a). Vgl. OLG Frankfurt v. 12.10.1982 – 5 U 25/82, ZIP 1982, 1331 (1333). BGH v. 20.10.1994 – III ZR 76/94, NJW-RR 1995, 179 (180). BGH v. 21.9.2005 – XII ZR 312/02, NJW 2006, 138 (139).

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d) Erweiterung des Funktionsbereichs des Individualvertrags durch AGB als Abweichung? Als weitere Fallgruppe widersprechender AGB findet sich im Schrifttum die Kategorie derjenigen Klauseln, die den Funktionsbereich des Individualvertrags erweitern und dadurch „den durch den Individualvertrag abgesteckten Bereich überschreiten“54. An dieser Betrachtung ist richtig, dass die AGB typischerweise – aber keineswegs ausschließlich (vgl. nur § 307 Abs. 3) – der Regelung der Rahmenordnung des jeweiligen Vertrages dienen, während die beiderseitigen Hauptleistungen meist individuell vereinbart werden. Enthalten die AGB Bestimmungen über die Veränderung (Erweiterung oder Einschränkung) dieser Hauptleistungen, so wird darin nicht selten ein unmittelbarer oder mittelbarer Widerspruch zur Individualabrede (Rz. 12) liegen, wenn die Einbeziehung der fraglichen Klauseln nicht bereits an § 305c Abs. 1 scheitert (vgl. § 305c Rz. 26 ff.). Außerhalb dieser Fälle ist eine Zurückdrängung von AGB wegen „Erweiterung des Funktionsbereichs“ dagegen abzulehnen. Insbesondere ist kein Grund ersichtlich, warum nicht durch vorformulierte Vertragsbedingungen in rechtlich zulässiger Weise die Mithaftung weiterer Personen oder Gegenstände begründet oder der Gläubigerkreis erweitert werden soll, solange es sich dabei nicht um überraschende Klauseln i.S.v. § 305c Abs. 1 handelt55. Soweit es auf diesem Wege zur Vereinbarung unangemessener Vertragsbedingungen kommt, scheitert deren Wirksamkeit nicht an § 305b, sondern an §§ 307 bis 309 (Rz. 2a). Eine besondere Kategorie von AGB, die der Individualabrede wegen Erweiterung von deren Funktionsbereich widersprechen, kann daher nicht anerkannt werden56.

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e) Einzelfälle Die Gestaltungsmöglichkeiten, bei denen Individualabreden zu Abweichungen von AGB-Klauseln führen können, sind unübersehbar57. Die Kommentierung muss sich darauf beschränken, die wichtigsten Grundfälle hervorzuheben und sie anhand der bisherigen Rechtsprechung zu verdeutlichen.

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aa) Individuelle Umschreibung der Hauptleistung Die Unanwendbarkeit widersprechender AGB kann sich einmal aus der indivi- 17 duellen Vereinbarung und Umschreibung der Hauptleistung ergeben; insoweit setzt das Vorrangprinzip freilich voraus, dass nicht die Inhaltsschranke des § 307 Abs. 2 Nr. 2 eingreift, d.h. die Abweichung nicht schon wegen der Unwirksamkeit der betroffenen AGB-Klausel entfällt (vgl. § 307 Rz. 238 ff.). Zu denken ist etwa an Fälle eines formularmäßig wirksam vereinbarten Selbstbelieferungsvor-

54 Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 14, 31 ff.; von Westphalen DB 1977, 1685; vgl. auch Staudinger/Schlosser Rz. 26 ff., der die Funktion der AGB ebenfalls lediglich in einer Konkretisierung des jeweiligen Individualvertrags sieht, freilich ohne daraus für die Anwendung von § 305b zu ähnlich weit gehenden Folgerungen zu kommen. 55 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 27; a.A. Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 32–34; von Westphalen DB 1977, 1685. 56 Ebenso Wolf/Lindacher Rz. 11. 57 Vgl. die Beispiele bei Erman/Roloff Rz. 7 ff. und bei Wolf/Lindacher Rz. 12 ff.; sowie zu § 4 AGBG bei Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 15 f.; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E 11, 19, 21, 25.

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behalts58 sowie eines nicht unter die Klauselverbote des § 309 Nr. 7, 8 fallenden Haftungsausschlusses für die Ordnungsmäßigkeit der Hauptleistung59 oder für die Richtigkeit einer auf vertraglicher Grundlage erteilten Auskunft oder eines Rates60. Ergibt sich z.B. bei der Vermittlung von Warenterminoptionsgeschäften aus einer dem Kunden vor Vertragsschluss zugegangenen Broschüre, dass der Vermittler vertraglich die Verantwortung für die Vermögensinteressen des Kunden durch Aufklärung und Beratung übernimmt, so kommt ein formularmäßiger Haftungsausschluss nicht zum Zuge61. Von einer individuell vereinbarten Eigenschaftszusicherung (Beschaffenheitsvereinbarung oder -garantie) weicht auch eine Klausel ab, derzufolge es sich bei derartigen Erklärungen nicht um Eigenschaftszusicherungen handeln soll62. Hierunter fällt etwa die Klausel in den AGB eines Kunstauktionshauses, wonach Katalogbeschreibungen keine zugesicherten Eigenschaften enthalten63, oder die vorformulierte Verneinung einer Zusicherung im Hinblick auf individuelle Kilometer-Angaben beim Verkauf eines gebrauchten Motors64. Auch individuelle Beschaffenheitsvereinbarungen i.S.v. § 434 dürfen somit in AGB lediglich konkretisiert, nicht aber inhaltlich zurückgenommen werden65. Hiervon unberührt bleiben §§ 444, 639, wonach Beschaffenheitsgarantien selbst individualvertraglich nicht zurückgenommen werden können. Für Verbraucherverträge ist zudem auf § 475 Abs. 1 hinzuweisen, wonach auch von § 434 nicht abgewichen werden kann. Ebenfalls von § 305b erfasst wird ein in den AGB enthaltener Unverbindlichkeitszusatz, wenn das schriftliche Angebot des Verwenders keinen solchen Vorbehalt enthält und daher nach § 145 Bindungswirkung entfaltet66. Sind Individualabreden über die gegenseitigen Hauptleistungen im Einzelfall dahin zu verstehen, dass mit der vollständigen Kaufpreiszahlung auch das Eigentum an der Kaufsache auf den Kunden übergehen soll (§§ 320, 449), so führt das Eingreifen von § 305b dazu, dass entgegenstehende formularmäßige Eigentumsvorbehaltsklauseln, insb. Kontokorrent- und Konzernklauseln, unanwendbar sind67 (zum Ganzen vgl. auch § 305c Rz. 33 und Teil 2, (43) Sicherungsklauseln Rz. 4, 12 ff.).

58 BGH v. 24.6.1958 – VIII ZR 52/57, NJW 1958, 1628 f.; BGH v. 12.2.1968 – VIII ZR 84/66, WM 1968, 400; BGH v. 6.3.1968 – VIII ZR 221/65, DB 1968, 702; Erman/Roloff Rz. 7; Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 11; a.A. Wolf/Lindacher Rz. 15: Anwendungsfall des § 305c Abs. 1; zur Inhaltskontrolle vgl. auch § 308 Nr. 3 Rz. 6. 59 Ähnlich M. Wolf NJW 1980, 2437; Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 11; weiter gehend Löwe/ Trinkner § 4 AGBG Rz. 16 ff. mit Beispielen. 60 Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 23 f.; Schmidt-Salzer Produkthaftung, S. 296. 61 OLG Düsseldorf v. 6.6.1990 – 17 U 237/89, WM 1990, 1707; Erman/Roloff Rz. 9. 62 So zu § 4 AGBG grundsätzlich auch Wolf/Lindacher Rz. 16 f.; Soergel/Stein Rz. 11. 63 So LG München I v. 6.12.1989 – 31 S 1383/89, NJW 1990, 1999; offen gelassen von BGH v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, NJW 1980, 1619 (1621). 64 So OLG Hamm v. 10.11.1982 – 19 U 115/82, BB 1983, 21 unter Abstellen auf § 4 neben § 3 AGBG. 65 Vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 29; BeckOK/H. Schmidt Rz. 9; a.A. offenbar Wolf/Lindacher Rz. 18, der den Vorrang nur bei Beschaffenheitsgarantien annehmen will. 66 So zutr. Schmidt-Salzer Produkthaftung, S. 298; vgl. auch AG Freudenstadt v. 3.7.1992 – 4 C 798/91, NJW-RR 1994, 238 (239). 67 Braun Kontokorrentvorbehalt und Globalvorbehalt, 1980, S. 144; Wolf/Lindacher Rz. 29; weiter gehend Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 33, 34; von Westphalen DB 1977, 1685; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E 25 Nr. 4; a.A. Thamm BB 1978, 21. Allgemein zur Beurteilung von Sicherungsabreden im Rahmen von § 305b vgl. Clemente ZIP 1985, 193 (198 f.).

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Die in den AGB eröffnete Möglichkeit des Verwenders, an seiner Stelle einen Dritten als Vertragspartner einzusetzen, steht im Widerspruch zur individualvertraglichen Festlegung der Person des Vertragspartners68. Anderes galt für die früher auf Überweisungsvordrucken der Banken enthaltene sog. Fakultativklausel; sie kollidierte nicht per se mit dem vom Kunden individuell erteilten Überweisungsauftrag69. Wird bei der Eröffnung eines „Und-Kontos“ ausdrücklich die ausschließliche gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis der Kontoinhaber vereinbart, so kann sich das Kreditinstitut bei Auszahlung des Guthabens an nur einen der Gesamtberechtigten nicht auf eine Oder-Kontoklausel in ihren AGB berufen70.

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Bedeutsam aus der Sicht abweichender Umschreibung der Hauptleistung sind namentlich auch Individualabreden im Rahmen von Versicherungsverträgen, die Art und Umfang des Versicherungsschutzes betreffen. Die Möglichkeit einer Abweichung zwischen vereinbarter Hauptleistung und AGB ist bei ihnen deshalb besonders groß, weil AVB – im Unterschied zu den in anderen Branchen verwendeten AGB – regelmäßig auch eine Leistungsbeschreibung zur Konkretisierung der Art und des Umfangs des zu gewährenden Versicherungsschutzes enthalten71. Zwar setzt die Berufung auf den Vorrang abweichender Individualabreden bei Versicherungsverträgen im Hinblick auf § 5 VVG zusätzlich voraus, dass die Wirksamkeit der Individualabrede nicht ihrerseits am abweichenden (vorformulierten) Inhalt des Versicherungsscheins scheitert72. Nach § 5 Abs. 2 VVG steht der Inhalt des Versicherungsscheins der Wirksamkeit davon abweichender individueller Vereinbarungen jedoch nur dann entgegen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins nicht nur auf die Genehmigungsfolge bei Nichtwiderspruch gegen den Inhalt des Scheins innerhalb eines Monats hingewiesen, sondern ihn darüber hinaus auch noch auf die einzelnen Abweichungen besonders aufmerksam gemacht hat.

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bb) Individuelle Entgeltvereinbarungen Abweichungen gegenüber AGB sind zweitens denkbar durch Individualabrede 19 über das Entgelt für die Hauptleistung (vgl. auch § 307 Rz. 71)73. Sie setzen voraus, dass die AGB Bestimmungen enthalten, die für die Preisabrede von Bedeutung sind, und erfordern demgemäß eine Differenzierung zwischen Preis-

68 So zutr. BGH v. 22.1.1990 – II ZR 15/89, NJW-RR 1990, 613 (614); BGH v. 4.2.1991 – II ZR 52/90, NJW 1991, 1420 (1421); OLG Hamburg v. 11.6.1981 – 6 U 12/81, RIW 1982, 205 (206); Wolf/Lindacher Rz. 14; vgl. dazu näher Rz. 50. 69 Vgl. näher Häuser WM 1984, 550 (551); zur Unwirksamkeit dieser Klausel nach § 9 AGBG vgl. aber BGH v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, NJW 1986, 2428 ff. 70 OLG Köln v. 22.12.1989 – 19 U 118/89, NJW-RR 1990, 1007; Erman/Roloff Rz. 7; Wolf/ Lindacher Rz. 30. 71 Vgl. statt aller Farny ZVersWiss 1975, 169 ff., 182 f. m.w.N.; Helm NJW 1978, 129 ff., 132; dazu näher § 307 Rz. 55 ff. 72 So wohl auch Wolf/Lindacher Rz. 13; Helm NJW 1978, 133; vgl. auch Staudinger/ Schlosser Rz. 34. 73 Vgl. OLG München v. 30.12.1982 – 24 U 514/82, WM 1983, 223 (224): individuelle Vereinbarung eines von den AGB der Bank abweichenden, niedrigeren Zinssatzes bei Darlehensgewährung; OLG Frankfurt v. 25.9.1997 – 15 U 213/96, NJW-RR 1998, 311 (312): individuelle Pauschalpreisvereinbarung hat Vorrang gegenüber AGB-Kürzungsmöglichkeiten bei Nichtausführung bestimmter Werkleistungen.

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bestandteilen und Nebenabreden über Zahlungsbedingungen, Kostenübernahme u.a. in AGB (vgl. dazu Näheres in § 307 Rz. 75 ff.). 20

Zu den Preisbestandteilen gehören danach vor allem Vereinbarungen über Rabatte und sonstige Preisnachlässe sowie über die Preiszusammensetzung einschließlich der Umsatzsteuer („Mehrwertsteuer“)74. Ist durch Individualvereinbarung ein bestimmter Preis festgelegt, so kommt ihm der Vorrang zu gegenüber einer AGB-Klausel, wonach der Kunde zusätzlich die Umsatzsteuer übernehmen soll75; anderes gilt für beiderseitige Handelsgeschäfte, soweit sich dort die Vereinbarung des Nettopreises unter Ausklammerung der Mehrwertsteuer als Handelsbrauch durchgesetzt hat76. Zu den Preisbestandteilen gehören weiter auch vorformulierte Preisvorbehalte, die den vereinbarten Preis offen halten sollen, sowie Preisanpassungs- oder Preisgleitklauseln, die dem Verwender ein Recht auf dessen Änderung einräumen. Nach allgemeinem, in § 309 Nr. 1 gesetzlich bestätigtem, Verständnis von Preisabreden in Zeiten schwankenden Geldwerts treten sie gegenüber einer individuellen Preisabrede allerdings nur dann zurück, wenn es sich bei dieser um einen Festpreis handelt77.

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Demgegenüber rechnen zu den Nebenabreden in AGB, bei denen Abweichungen durch die Preisvereinbarung regelmäßig ausscheiden, Klauseln über die Fälligkeit der Leistung, über Verzugszinsen und Skonti (zu ihrer Abgrenzung von Rabatten vgl. auch die einschlägigen Kommentierungen zu § 2 GWB a.F.). Daher sind Skontoklauseln in Einkaufsbedingungen aus der Sicht des § 305b grundsätzlich unbedenklich78; umgekehrt steht auch eine Vorschusspflicht in AGB nicht ohne Weiteres in Widerspruch zu der in einer individuellen Skontovereinbarung enthaltenen Stundungsabrede79. Entsprechendes gilt für Bestimmungen über die Übernahme von Transport-, Fracht-, Verpackungskosten u.a.80, soweit die Individualabrede über den Preis nicht im Einzelfall („frei Haus“, „netto“ u.a.) auch eine individuelle Regelung dieser Nebenkosten umfasst. Auch Teilzahlungszuschläge werden durch die Preisabrede regelmäßig nicht erfasst; im Verkehr mit Verbrauchern sind sie freilich nach Maßgabe von § 507 Abs. 2 i.V.m. Art. 247 §§ 3, 6 74 Vgl. BGH v. 24.2.1988 – VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284 (287) = NJW 1988, 2042, wonach die Mehrwertsteuer bei Fehlen einer besonderen Vereinbarung unselbständiger Bestandteil des Kaufpreises ist; Erman/Grunewald § 433 Rz. 44. 75 BGH v. 26.4.1973 – III ZR 174/70, WM 1973, 677; Palandt/Grüneberg Rz. 4; Erman/Roloff Rz. 8; Schaumburg NJW 1974, 1734 (1735) m.w.N.; BeckOK/H. Schmidt Rz. 14; nunmehr auch Wolf/Lindacher Rz. 19; für Beurteilung nach § 305c aber Staudinger/Schlosser § 305c Rz. 25; offen lassend, ob § 3 oder § 4 AGBG eingreift, Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 12. 76 Bejahend Schaumburg NJW 1975, 1261 unter Berufung auf eine Umfrage des DIHT von 1973/74; Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 12; ablehnend demgegenüber OLG Düsseldorf v. 27.2.1976 – 16 U 82/75, NJW 1976, 1268; ebenso Dittmann BB 1979, 712. 77 BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 47/12, NJW 2013 2745 (2746 ff.) Rz. 20 ff.; näher § 309 Nr. 1 Rz. 11; so auch Staudinger/Schlosser § 305c Rz. 133 (nicht eindeutig Staudinger/Schlosser Rz. 9); Wolf/Lindacher Rz. 21; Wolf ZIP 1987, 341 (345); Becker Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, 1986, S. 112 f.; Bilda MDR 1979, 89 (92 ff.); Paulusch RWS-Forum 2, S. 64 f.; a.A. Löwe/Trinkner, 2. Aufl. 1983, § 11 Nr. 1 AGBG Rz. 4 (Preisänderungsvorbehalte in AGB nur anwendbar gegenüber vorformulierten Preisbestimmungen). Zur Inhaltskontrolle von Preisänderungsvorbehalten vgl. § 309 Nr. 1 Rz. 28 ff. 78 So jetzt auch BeckOK/H. Schmidt Rz. 14; a.A. Staudinger/Schlosser Rz. 7; im Grundsatz auch Wolf/Lindacher Rz. 23, die jedoch vorrangig § 305c Abs. 1 anwenden wollen. 79 BGH v. 20.3.1981 – I ZR 36/79, NJW 1981, 1959 f. entgegen OLG Köln bei Bunte AGBE I § 4 Nr. 3 als Vorinstanz. 80 So auch Erman/Roloff Rz. 8; Wolf/Lindacher Rz. 22.

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EGBGB offen zu legen, auch wenn sie bei den vorvertraglichen Informationspflichten in Art. 247 § 3 EGBGB nicht mehr explizit erwähnt werden.81 In diesen Zusammenhang gehören auch Klauseln, die die Modalitäten der Zinsberechnung bei Annuitätendarlehen festlegen82. Sie stehen nicht in Widerspruch zu einem individuell vereinbarten Nominalzinssatz83. Zur Inhaltskontrolle derartiger Preisnebenabreden vgl. § 307 Rz. 75 ff. cc) Individuell vereinbarte Nebenabreden Abweichungen gegenüber AGB-Klauseln können auch auf individuell vereinbarten Nebenabreden beruhen, so wenn ein bestimmter Liefertermin oder eine Lieferfrist individuell zugesagt ist, während die AGB die Unter- oder Überschreitung der Lieferfrist um einen bestimmten Zeitraum zulassen84, oder wenn der Kunde dem Makler entgegen dem verwendeten AGB-Muster keinen Alleinauftrag zugesagt hat85. Im Widerspruch zur Individualabrede steht auch eine Klausel, wonach der Rechnungsbetrag ohne Abzug zu zahlen ist, wenn individuell eine Skontoabrede getroffen wurde86. Weitere Beispiele bilden die individuelle Beschränkung des Kündigungsrechts des Kreditgebers auf Kündigungen aus wichtigem Grund abweichend vom jederzeitigen Kündigungsrecht in AGB87 oder die im Einzelfall vereinbarte Schiedsgerichtsabrede abweichend von der Gerichtsstandsklausel in AGB88. Demgegenüber schließt die individuelle Vereinbarung einer Sicherheit nicht das Recht der Bank aus, nach Nr. 14 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken 2000 andere Sicherheiten in Anspruch zu nehmen89. Eine Individualabrede über die Verjährung kann auch dann als abschließend zu verstehen sein, wenn der konkret streitige Fall gar nicht geregelt ist; insoweit gelangen dann nicht die

81 So auch: LG Hamburg v. 3.5.2011 – 312 O 334/10, VuR 2011 269 (270) zu Ratenzuschlägen im Versicherungsvertrag. 82 Zu den unterschiedlichen Erscheinungsformen derartiger Klauseln vgl. Baums WM 1987, Beil. 2, S. 5 ff.; Bruchner WM 1987, 449 (451); Kollhosser ZIP 1986, 1429 (1431). 83 BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (44) = NJW 1989, 222; OLG Stuttgart v. 16.6.1987 – 12 U 39/87, ZIP 1987, 837 (839); Canaris NJW 1987, 609 (610), Kollhosser ZIP 1986, 1429 (1432 ff.). Zur Anwendbarkeit des § 305c Abs. 1 vgl. dort Rz. 41a, zur Inhaltskontrolle vgl. Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 11. 84 Vgl. BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, BGHZ 170, 1 (4 f.) = NJW 2007, 1198 (1199) (vorzeitige Lieferung); BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (25) = NJW 1984, 2468; BGH v. 27.10.1982 – VIII ZR 190/81, ZIP 1982, 1444 (1445); OLG Stuttgart v. 23.1.1981 – 2 U 140/80, ZIP 1981, 875 (876); Erman/Roloff Rz. 7; Palandt/Grüneberg Rz. 4; grundsätzlich auch Wolf/Lindacher Rz. 24, die freilich auch § 305c Abs. 1 AGBG heranziehen wollen. Soweit allerdings Klauseln über Lieferfristen oder -termine schon wegen Verstoßes gegen §§ 308 Nr. 1, 309 Nr. 1 unwirksam sind – vgl. etwa BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (292 f.) = NJW 1983, 1322; OLG Köln v. 8.6.1982 – 9 U 80/81, ZIP 1982, 1094 (1095); OLG Koblenz v. 25.2.1983 – 2 U 506/82, WM 1983, 1272 (1274) –, ist nach den Feststellungen in Rz. 2a für ein Eingreifen von § 305b grundsätzlich kein Raum. 85 BGH v. 6.11.1967 – VIII ZR 81/65, BGHZ 49, 84 (87); Erman/Roloff Rz. 8; Palandt/Grüneberg Rz. 3. 86 BGH v. 20.3.1981 – I ZR 36/79, NJW 1981, 1959. 87 OLG Frankfurt v. 2.9.1952 – 3 U 95/50 BB 1952, 871. 88 BGH v. 26.3.1969 – VIII ZR 194/68, BGHZ 52, 30 (35); Staudinger/Schlosser Rz. 22. 89 OLG München v. 22.12.1981 – 9 U 2340/81, WM 1982, 550 (551) (ohne ausdrücklichen Bezug auf § 4 AGBG). Zum Vorrang von Individualabreden vor Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken 1984 (jetzt Nr. 13 Abs. 1 AGB-Banken 2009) vgl. Pleyer/Weiser DB 1985, 2233 (2234).

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subsidiär geltenden AGB, sondern die dispositiven Vorschriften der §§ 195 ff. zur Anwendung90.

3. Abweichungen innerhalb vorformulierter Vertragsteile 23

Abweichungen der in Rz. 12 ff. genannten Art sind nicht auf das Verhältnis zwischen AGB-Klauseln und Individualabreden beschränkt, wenn sie hier auch besonders häufig auftreten werden. Sie finden sich vielmehr auch im Verhältnis zwischen einzelnen vorformulierten Teilen des Vertrags. Von den auf Aufstellungs- und Formulierungsmängeln beruhenden Widersprüchen innerhalb eines Klauselwerks abgesehen, die unter die Unklarheitenregel fallen91, geht es vor allem um zwei Fallgestaltungen: die Ergänzung oder Änderung eines Vertrags in seinen AGB-Teilen durch vorformulierte Zusätze, seien sie handschriftlich oder vorgedruckt, sowie das Vorhandensein von Abweichungen zwischen Haupt- und Nebenabreden im Rahmen vollständig vorformulierter Formularverträge.

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Nach dem Wortlaut des § 305b werden Kollisionen zwischen vorformulierten Vertragsteilen von dem dort verankerten Vorrangprinzip nicht erfasst. Gegen seine entsprechende Anwendung bestehen indessen keine Bedenken, da die Vorschrift keine Hierarchie verschiedenartiger Vertragsabreden schafft, sondern lediglich die Kodifizierung eines allgemeinen Auslegungsgrundsatzes enthält92. Demgemäß kommt es auch bei der Kollision zwischen verschiedenen vorformulierten Teilen eines Vertrages darauf an, welchem Teil die Parteien nach den im AGB-Recht geltenden Auslegungsgrundsätzen den Vorrang einräumen wollten. Daher gehen zusätzlich aufgenommene Vertragsbedingungen, auch wenn sie auf vorformulierten Texten beruhen, der ursprünglichen Vertragsfassung im Zweifel vor93. Und ebenso ist beim Widerspruch zwischen Haupt- und Nebenabreden (Rz. 17–21) anzunehmen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Festsetzung der beiderseitigen Hauptleistungen den Vorrang geben wollten gegenüber den ergänzenden Vertragsbedingungen in AGB. Entsprechendes gilt für Widersprüche innerhalb eines vorformulierten Einzel-Verbrauchervertrags (Rz. 5). Die Regelung des § 305c Abs. 2 greift demgegenüber nur dann ein, wenn kein Wille der Parteien feststellbar ist, dass bei sich widersprechenden Regelungen – insbesondere innerhalb desselben vorformulierten Textes (ohne Zusätze) – eine Regelung mit Vorrang vor der anderen gelten soll.

4. Individuelle Abweichungen zu Gunsten des Verwenders 25

Das Vorrangprinzip des § 305b wirkt sich grundsätzlich im Interesse des Kunden aus, indem es den Verwender daran hindert, sich gegenüber Individualzusagen auf den ihn begünstigenden abweichenden Inhalt von AGB zu berufen. Das schließt freilich nicht aus, dass die Vorschrift im Einzelfall auch zu Gunsten des Verwenders wirken kann, wenn etwa der Kunde sich in Unkenntnis des AGB90 BGH v. 9.11.1989 – VII ZR 255/88, NJW-RR 1990, 371; Erman/Roloff Rz. 9. 91 Vgl. BGH v. 5.5.1977 – VII ZR 36/76, WM 1977, 741 (742) und § 305c Rz. 88. 92 Vgl. Rz. 7, 8; so im Ergebnis auch Staudinger/Schlosser Rz. 12; a.A. Wolf/Lindacher Rz. 6; BeckOK/H. Schmidt Rz. 4 (Lösung über § 305c Abs. 2); Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 2; anscheinend auch Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 12. 93 Abweichend BeckOK/H. Schmidt Rz. 4, der offenbar generell § 305c Abs. 2 anwenden und so die dem Kunden günstigste Regelungsvariante zugrunde legen will.

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Inhalts auf eine individuelle Verschlechterung seiner Rechtsstellung eingelassen hat. Der Vorrang der spezielleren gegenüber der generellen Vertragsbestimmung (Rz. 7) kommt grundsätzlich auch hier zum Zuge94. Allerdings wird man in Fällen dieser Art nach dem Grundgedanken des § 305c Abs. 2 strenge Anforderungen an die Feststellung einer den Kunden benachteiligenden Abweichung stellen und vom Verwender eine entsprechend deutliche Sprache verlangen müssen95. Auch ist jeweils zu prüfen, ob der Verwender den Kunden über die individuelle Verschlechterung seiner Rechtsstellung im Vergleich zur Masse der gleichartigen Verträge hinreichend aufgeklärt hat. Selbst wenn eine Gleichbehandlungspflicht des Verwenders nicht besteht, kann in der nicht ausdrücklich erwähnten Verschlechterung der Kundenstellung durch Individualabrede doch ein Verschulden bei Vertragsschluss oder eine arglistige Täuschung liegen. Will der Verwender planmäßig den Inhaltsschranken der §§ 307 bis 309 dadurch entgehen, dass er den Kunden veranlasst, in für ihn nachteilige Individualabreden einzuwilligen, so kann darin auch ein Anwendungsfall des § 306a liegen.

V. Schranken der Wirksamkeit von Individualabreden 1. Allgemeines Der Vorrang nach § 305b setzt grundsätzlich voraus, dass die Individualabrede wirksam vereinbart ist; andernfalls bewendet es bei der – subsidiär geltenden – AGB-Regelung (Rz. 11). Wirksamkeitsprobleme unter AGB-Gesichtspunkten stellen sich für Individualvereinbarungen zwar nicht allgemein; insbesondere gibt es nicht etwa generelle gesetzliche Schranken für AGB-Verwender, einzelnen Kunden günstigere Konditionen anzubieten (Rz. 27 f.). Auch können in AGB schon mit Rücksicht auf § 305b nicht beliebige Wirksamkeitsvoraussetzungen für das Zustandekommen von Individualabreden aufgestellt werden. Anderes gilt jedoch für solche Wirksamkeitsgrenzen, die sich aus der häufig in AGB verwendeten Schriftformklausel (Rz. 29 ff.) sowie – in Verbindung damit – aus dem Fehlen einer Vollmacht des Vertreters für von AGB abweichende oder diese ergänzende Individualabreden (Rz. 40 ff.) ergeben. Allgemeine Wirksamkeitsschranken, wie etwa das Erfordernis der notariellen Form bei wesentlichen Änderungen formbedürftiger Verträge96, sind auch dann einzuhalten, wenn es um Abweichungen von vorformulierten Vertragsbedingungen geht97.

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Generelle gesetzliche Schranken für die Zulässigkeit solcher Individualabreden, die auf eine für den Kunden günstigere Vertragsgestaltung im Vergleich zum

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94 BGH v. 9.3.1995 – III ZR 55/94, NJW 1995, 1494 (1496); Palandt/Grüneberg Rz. 1; Stoffels Rz. 348. 95 BGH v. 22.1.1990 – II ZR 15/89, NJW-RR 1990, 613 (614); BGH v. 20.10.1994 – III ZR 76/94, NJW-RR 1995, 179 (180); Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 6; Zoller JZ 1991, 850 (853); so auch schon Raiser AGB, S. 231; weiter gehend für völlige Gleichstellung von Individualabreden zu Gunsten des einen oder anderen Teils Locher AGB S. 50; tendenziell auch Staudinger/Schlosser Rz. 14 (gegen Aufklärungspflicht des Verwenders bei Schlechterstellung des Kunden); grundsätzlich a.A. aber OLG Karlsruhe v. 30.6.1983 – 12 U 123/82, VersR 1984, 829 (830) und Reich ZVP 1978, 244: § 4 AGBG greife nur hinsichtlich dem Kunden günstiger Individualabreden ein. 96 Vgl. näher MünchKomm/Kanzleiter/Krüger § 311b Rz. 57 ff. 97 Erman/Roloff Rz. 5; zur Problematik individueller Änderungen bei formbedürftigen Bauherren- und sonstigen Treuhandverträgen vgl. Lode BB 1986, 84 (87).

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AGB-Inhalt gerichtet sind, bestehen nicht. Die Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Abs. 3 EVO, die grundsätzlich auch Abweichungen zu Gunsten der Kunden ausschloss, ist gegenstandslos geworden, weil die Vorschriften der EVO zum Gütertransport (Frachtrecht) mit der Transportrechtsreform 1998 ins HGB überführt worden sind98. Dort findet sich in §§ 407 ff. HGB seither ein einheitliches Transportrecht für Straße, Schiene, Binnenschifffahrt und Luftverkehr99, das den Vertragspartnern im Gütertransportverkehr mehr Vertragsfreiheit zubilligt, weshalb die zwingenden bzw. halbzwingenden Normen der EVO, insbesondere diejenigen zur Tarifgestaltung, weitgehend abgeschafft wurden. Außer Betracht bleiben können wegen des Rechtsnormcharakters der AVersorgB auch die danach ausgeschlossenen Abweichungen selbst zu Gunsten des Kunden100. Zu den Schranken aus § 5 VVG vgl. Rz. 18. 28

Nicht ausgeschlossen sind Verpflichtungen des Verwenders, keine günstigeren Vereinbarungen mit einzelnen Kunden zu treffen. Sie können sich aus einer Reihe von Gründen ergeben, darunter namentlich aus dem Genehmigungsbescheid der Aufsichtsbehörde bei staatlich genehmigten AGB, aus der Beteiligung an einem nach § 2 Abs. 2 a.F. GWB vom Kartellverbot freigestellten Konditionenkartell über einheitliche AGB sowie endlich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, soweit er nach Lage des Einzelfalls die Beziehungen des Verwenders zu den in gleicher Lage befindlichen Vertragspartnern beherrscht101. Derartige Pflichten stehen der Wirksamkeit von Individualvereinbarungen zwar nicht entgegen. Wohl aber können sie zu Ansprüchen desjenigen nicht ebenso begünstigten Teils führen, dem gegenüber der Verwender zur Gleichbehandlung im Hinblick auf die Verträge mit den anderen Kunden verpflichtet ist102.

2. Schriftformklausel a) Überblick 29

Die Beurteilung vorformulierter Schriftformklauseln und ihre Bedeutung für die Wirksamkeit mündlicher Individualabreden war lange Zeit durch erhebliche Rechtsunsicherheit geprägt (zur Rechtsprechung nach altem Recht vgl. 4. Aufl. Rz. 30 f.). Das beruhte neben den unterschiedlichen Gestaltungsarten derartiger Klauseln (Rz. 30) vor allem darauf, dass die Entstehungsgeschichte des § 4 AGBG den Schluss auf eine – in den Einzelheiten freilich ungeklärte – Tolerierung von Schriftformklauseln gestattete (Rz. 3). Zur verbreiteten Unsicherheit trug aber auch der Umstand bei, dass für die rechtliche Beurteilung derartiger Klauseln nicht nur § 305b, sondern auch – im Rahmen der Verbandsklage nach § 1 UKlaG sogar ausschließlich – § 307 Abs. 1 von Bedeutung ist und dass sich dabei unterschiedliche Wertungsgesichtspunkte ergeben können.

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Hinsichtlich der Gestaltungsarten ist zu unterscheiden zwischen einfachen Schriftformklauseln und den ihnen sachlich nahe kommenden qualifizierten Ar98 MünchKomm/Basedow § 305a Rz. 4 ff. 99 MünchKommHGB/Czerwenka §§ 407 ff. HGB Einl. Rz. 16. 100 Vgl. BGH v. 16.3.1978 – VII ZR 73/77, WM 1978, 730 f.; zum Rechtsnormcharakter der AVersorgB vgl. 9. Aufl. (Ulmer) §§ 26, 27 AGBG Rz. 3. 101 Vgl. namentlich § 20 Abs. 2 GWB; zum Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen selektiver Vertriebssysteme vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker § 19 GWB Rz. 148; Ulmer Der Vertragshändler, 1969, S. 380 ff. 102 Vgl. auch Raiser AGB, S. 231 f.

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ten der Bestätigungsvorbehalte und Abweichungsverbote (Rz. 38) einerseits103 sowie den Vollständigkeitsklauseln (Rz. 39) andererseits104. Die verschiedenen Arten der Schriftformklauseln zielen darauf ab, individuelle Abweichungen und Ergänzungen des vorformulierten Textes nur unter erschwerten Voraussetzungen wirksam werden zu lassen und insbesondere mündliche Zusagen zu unterbinden. Bei ihnen stellt sich daher die Frage ihrer Vereinbarkeit nicht nur mit § 307, sondern auch mit § 305b. Demgegenüber sollen Vollständigkeitsklauseln eine Bestätigung für die negative Tatsache liefern, dass die Parteien keine weiteren, aus der Vertragsurkunde nicht ersichtlichen schriftlichen oder mündlichen Abreden getroffen haben. Bei ihnen geht es daher nicht um ein Vorrangproblem nach § 305b, sondern ausschließlich um die Frage ihrer Vereinbarkeit mit §§ 307, 309 Nr. 12 (vgl. Rz. 39). Für die rechtliche Beurteilung der verschiedenen Arten von Schriftformklauseln ist aus heutiger Sicht im Grundsatz klar zu trennen zwischen der Inhaltskontrolle derartiger Klauseln nach § 307 und ihrer Relevanz nach § 305b im Hinblick auf die Wirksamkeit mündlicher Individualabreden. Die nach § 305b erhebliche Frage nach der Formbedürftigkeit von Individualabreden angesichts einer vorformulierten Schriftformklausel stellt sich im Grunde nur dann, wenn die Schriftformklausel wegen der Art ihrer Ausgestaltung der Inhaltskontrolle standhält (vgl. Rz. 32; allg. zur Bedeutung der Wirksamkeit abweichender AGB für die Vorrangfrage nach § 305b vgl. Rz. 2a) und wenn ihre Einbeziehung in den Einzelvertrag nicht an § 305c Abs. 1 scheitert105. Ein in der Schriftformklausel liegender tatsächlicher Hinweis des Verwenders auf die beschränkte Vertretungsmacht seines Personals kann allerdings auch dann Bedeutung erlangen, wenn die Klausel als solche sich auf Grund ihrer umfassenden Ausgestaltung als unangemessen und daher als nach § 307 unwirksam erweist106.

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b) Beurteilung nach § 307 Zur – logisch vorrangigen (Rz. 2a) – Beurteilung von Schriftformklauseln nach § 307 und zu den daraus folgenden Gestaltungsgrenzen vgl. näher Teil 2, (41) Schriftformklauseln Rz. 7 ff. Soweit die Notwendigkeit der Schriftform sich nicht bereits aus gesetzlichen Vorschriften wie § 550 ergibt, d.h. soweit die Schriftformklauseln nicht nur klarstellende Natur haben und der Inhaltskontrolle deshalb nach § 307 Abs. 3 entzogen sind, lässt sich der Diskussionsstand zu dieser Frage dahin zusammenfassen, dass vorformulierte Schriftformklauseln nicht schlechthin, unabhängig von ihrer Ausgestaltung, als unangemessen und

103 Vgl. dazu näher Michalski DStR 1998, 771 f.; Stoffels Rz. 349 f. 104 Ebenso von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln) Rz. 1; Wolf/Dammann Klauseln Rz. S 112 ff.; a.A. Teske S. 33 ff., der zwischen Vollständigkeitsklauseln im engeren Sinne sowie personalbezogenen und allgemeinen Bestätigungsvorbehalten unterscheidet. 105 Für regelmäßiges Eingreifen von § 305c Abs. 1 gegenüber Schriftformklauseln jedenfalls im Verkehr mit Verbrauchern Staudinger/Schlosser Rz. 41; Baumann BB 1980, 552 und Weigel Schriftformklauseln, S. 145 ff.; a.A. zu Recht Wolf/Dammann Klauseln Rz. S 92; U. Stein JZ 1991, 161 (162). Vgl. dazu auch § 305c Rz. 16. 106 So zutr. auch Wolf/Lindacher Rz. 48; von Olshausen ZHR 151 1987, 636 (639); ähnlich auch MünchKomm/Basedow Rz. 14; Erman/Roloff Rz. 12; a.A. anscheinend Wolf/ Dammann Klauseln Rz. S 102 ff.; wohl auch OLG Stuttgart v. 19.10.1984 – 2 U 39/84, BB 1984, 2218 (2219).

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daher unwirksam zu beurteilen sind107. Allerdings wird nach heute ganz h.M. die Wirksamkeit solcher Klauseln verneint, die individuelle Zusagen (Abänderungen oder Ergänzungen von AGB) entweder generell ausschließen oder sogar dann von einer schriftlichen Bestätigung des Verwenders abhängig machen, wenn die Zusagen vom Verwender selbst oder von einem Vertreter mit umfassender Vertretungsmacht (Prokurist, Generalbevollmächtigter) erteilt worden sind108. Eine restriktive Auslegung von zu umfassend formulierten Schriftformklauseln109 verbietet sich aus den in § 305c Rz. 300 f. genannten Gründen. Zu berücksichtigen ist freilich, dass die deutlich sichtbare Hervorhebung der Schriftformklausel Rückschlüsse auf den Umfang der Vertretungsmacht von Handlungsbevollmächtigten, Ladenangestellten und Agenten – nicht aber auf den gesetzlich fixierten Umfang der Vertretungsmacht der Organmitglieder und Prokuristen – des Verwenders gestatten kann (Rz. 34 f.). 32a

Demgegenüber sind Schriftformklauseln jedenfalls dann schlechthin unwirksam, wenn sie sich auf Abänderungen durch den Verwender bzw. durch vertretungsberechtigte Personen nach Vertragsschluss beziehen110 oder wenn der Kunde auf den Vorbehalt schriftlicher Bestätigung nicht vor oder bei Vertrags-

107 So jedenfalls die st. Rspr., vgl. BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (26) = NJW 1984, 2468; BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203 (206) = NJW 2001, 292; BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, NJW 1982, 331 (333); BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 246/82, NJW 1983, 1853; BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (322); BGH v. 26.3.1986 – VIII ZR 85/85, NJW 1986, 1809 (1810); BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, NJW 1991, 2559; BGH v. 15.2.1995 – VIII ZR 93/94, NJW 1995, 1488 (1489) und BGH v. 19.6.1985 – VIII ZR 238/84, NJW 1985, 2320 (2330); BGH v. 14.10.1999 – III ZR 203/98, NJW 2000, 207 (208); BGH v. 21.9.2005 – XII ZR 312/02, NJW 2006, 138 (139); OLG Frankfurt v. 16.10.1980 – 6 U 14/80, WM 1981, 598 (599) und OLG Stuttgart v. 19.10.1984 – 42 U 39/84, BB 1984, 2218 (2219); OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12 U 111/79, NJW 1981, 405 (406). Im Schrifttum wurde die Wirksamkeit der Schriftformklausel früher meist nur im Hinblick auf § 4 AGBG (jetzt § 305b) erörtert (vgl. etwa Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 29 und Löwe § 9 AGBG Rz. 107; für eine Überprüfung allein am Maßstab des § 9 AGBG dagegen Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 15; für differenzierte Beurteilung nach § 307 i.S.d. Rechtsprechung die heute überwiegende Ansicht im Schrifttum, vgl. nur Erman/Roloff Rz. 11, MünchKomm/Basedow Rz. 12 f.; Stoffels Rz. 354 f.; von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln) Rz. 13 ff.; zwischen „einfacher“ und „doppelter“ Schriftformklausel differenz. Wolf/Dammann Klauseln Rz. S 95 ff. 108 BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (26) = NJW 1984, 2468; BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, NJW 1991, 2559 (2560); BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 246/82, NJW 1983, 1853 (1854); OLG Frankfurt v. 16.10.1980 – 6 U 14/80, WM 1981, 598 (599) und OLG Frankfurt v. 26.5.1983 – 6 U 109/82, ZIP 1983, 1213 (1215 f.), so im Ergebnis auch Wolf/Lindacher Rz. 33; Lindacher JR 1982, 1 (5) (zu § 4 AGBG); weiter gehend – für generelle Unwirksamkeit von Schriftformklauseln – Teske S. 233 ff., 271 ff., 323 f. (anders nur für die Fälle der Eigenschaftszusicherung oder Garantievereinbarung). 109 Dafür aber Wolf/Lindacher Rz. 48, deren Hinweis auf das Gebot vernünftiger Auslegung von AGB (vgl. dazu § 305c Rz. 86) angesichts der Vorhersehbarkeit des Verwender- bzw. Repräsentantenhandelns sowie der Zumutbarkeit einer Differenzierung im Klauseltext fehlgeht; dagegen auch Teske S. 332 f. 110 BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 103 (106) = NJW 2001, 292; BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, NJW 1991, 2559; BGH v. 26.3.1986 – VIII ZR 85/85, NJW 1986, 1809 (1810); BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (322); BGH v. 26.11.1980 – VIII ZR 298/79, WM 1981, 121 (122); tendenziell auch BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NJW 2009, 316 (318) Rz. 32; MünchKomm/Basedow Rz. 13 f.; Erman/ Roloff Rz. 11; BeckOK/H. Schmidt Rz. 17; von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln) Rz. 14; Helm NJW 1978, 133; Wolf/Lindacher Rz. 34.

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abschluss in deutlich sichtbarer Form hingewiesen wird111. Sie erwecken dann den unzutreffenden Eindruck, mündliche Änderungen seien unwirksam, obwohl Schriftformklauseln nach allgemeinen Grundsätzen auch konkludent abbedungen werden können112. Eine abweichende Beurteilung für „doppelte“ Schriftformklauseln, die ausdrücklich eine schriftliche Abbedingung der Schriftformklausel verlangen, ist gleichwohl nicht veranlasst; denn solche Klauseln sind wegen Einschränkung der Vertragsfreiheit unter dem Aspekt des § 307 nur insofern anzuerkennen, als sie ausnahmsweise eine Beschränkung der Vertretungsmacht beinhalten113. Zu weit ginge es demgemäß, vorformulierte Vertretungsbeschränkungen schon dann als unangemessen anzusehen, wenn sie die Handlungsvollmacht nach § 54 Abs. 3 HGB einschränken oder den Rechtsscheinwirkungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht entgegentreten sollen114. Gegen eine Unwirksamkeit doppelter Schriftformklauseln spricht ferner, dass für den konkreten Vertrag eine gesetzliche Schriftform zu beachten ist115. c) Zur Vorrangproblematik (§ 305b) Rechtsprechung und Schrifttum waren mit unterschiedlicher Begründung lange Zeit bemüht, einer inhaltlich angemessenen, nach § 9 AGBG (heute: § 307) wirksamen (Rz. 32) Schriftformklausel gegenüber mündlichen Individualabreden entgegen dem Vorrangprinzip des § 4 AGBG (heute: § 305b) Beachtung zu verschaffen (vgl. Nachw. in 4. Aufl. § 4 AGBG Rz. 30 ff.). Dahinter stand die Tolerierung der Schriftformklausel bei den Gesetzesberatungen (Rz. 3) sowie die Anerkennung eines berechtigten Interesses des Verwenders, sich vor unkontrollierten Zusagen seines Verkaufs- oder Außendienstpersonals anlässlich des Vertragsschlusses zu schützen116. Inzwischen hat sich freilich gezeigt, dass die uneingeschränkte Vorrangregel des § 305b nach Wortlaut und Regelungsgehalt (Rz. 7) für eine Sonderbehandlung vorformulierter, mit § 307 vereinbarer Schriftformklauseln keinen Raum lässt. Das Offenhalten dieser Frage während der Entstehungsgeschichte der §§ 9 bis 11 AGBG (heute: §§ 307-309) berechtigt nicht dazu, zu einer teleologischen Reduktion des § 305b auf inhaltlich abweichende Individualabreden unter Nichtanwendung auf vorformulierte Formerfordernisse zu kommen. Der Vorrang der Individualabrede greift nach h.M. daher (theoretisch) auch gegenüber einer nach § 307 angemessenen Schriftformklausel

111 BGH v. 25.2.1982 – VII ZR 268/81, NJW 1982, 1389 (1390); MünchKomm/Basedow Rz. 12, 14; Erman/Roloff Rz. 12. 112 Insoweit auch BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NJW 2009, 316 (319) Rz. 32; OLG Koblenz v. 3.3.2011 – 6 U 943/10, juris Rz. 37; Wolf/Dammann Klauseln Rz. S 99 ff. 113 Wolf/Lindacher Rz. 34; a.A. Wolf/Dammann Klauseln Rz. S 99 ff. 114 A.A. OLG Stuttgart v. 19.10.1984 – 2 U 39/84, BB 1984, 2218 (2219) unter unzutr. Berufung auf Wolf/Horn/Lindacher, 1. Aufl. 1984, § 9 AGBG Rz. S 45 f. Das OLG übersieht, dass Vollmachterteilung (und -einschränkung) einseitige Rechtsgeschäfte des Verwenders sind, bei denen es nur darum geht, dass der andere Teil hiervon in geeigneter Form Kenntnis erlangt. Wie hier auch Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 19; Weigel Schriftformklauseln, S. 94. 115 OLG Frankfurt v. 18.3.2013 – 2 U 179/12, ZMR 2013, 708 wegen § 550, wonach eine Befristung auf mehr als ein Jahr ein Schriftformerfordernis auslöst; ebenso Neuhaus ZMR 2014, 15 (17); a.A. OLG Rostock v. 19.5.2009 – 3 U 16/09, NJW 2009 3376. 116 So zu Recht schon BGH v. 12.5.1976 – VIII ZR 33/74, BB 1977, 61 (62), bestätigt durch BGH v. 24.10.1979 – VIII ZR 235/78, NJW 1980, 234 (235); ebenso OLG Frankfurt v. 16.10.1980 – 6 U 14/80, WM 1981, 598 (599); OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12 U 111/79, NJW 1981, 405 (406 f.).

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ein117, ohne dass es auf deren Ausgestaltung im Einzelnen und auf die Art des darin aufgestellten Formerfordernisses ankommt. Praktische Bedeutung erlangt dieser Satz aber hinsichtlich späterer mündlicher (Änderungs-)Vereinbarungen schon deshalb nicht, weil Schriftformklauseln, die auf die eigene Versteinerung zielen, ohnehin nach § 307 unwirksam sind (Rz. 32)118, sofern sie nicht ausnahmsweise eine dem Kunden erkennbare Beschränkung der Vertretungsmacht der am Vertragsschluss beteiligten Hilfspersonen des Verwenders enthalten. Umgekehrt ist im letzteren Falle die nachfolgende Individualabrede wegen fehlender Vertretungsmacht unwirksam, weshalb sich aus diesem Grund kein Konkurrenzproblem ergibt (Rz. 34 f.). Werden hingegen schon bei Vertragsschluss mündliche Vereinbarungen getroffen, dann widersprechen sich Schriftformerfordernis in den AGB einerseits und der den Individualabreden immanente, konkludente Verzicht auf die Schriftform andererseits. Da Individualabrede und Schriftformerfordernis gleichzeitig „vereinbart“ werden, liegt ein Widerspruch vor, der nach § 305b aufzulösen ist, und zwar auch dann, wenn die Schriftformklausel eine zulässige Beschränkung der Vertretungsmacht enthalten sollte (anderenfalls ist sie wiederum ohnedies unwirksam). 34

Wie erwähnt, kann die Individualabrede deshalb unwirksam sein, weil dem in die Verhandlungen oder den Abschluss des Vertrages eingeschalteten Personal des Verwenders die Vertretungsmacht fehlt. Soweit der Verwender selbst mündliche Zusagen macht, kann er sich zwar unabhängig von deren Charakter als Haupt- oder Nebenabreden oder vom Zeitpunkt der Zusage nicht auf den Formmangel berufen119; Gleiches gilt für mündliche Zusagen von Vertretern mit typisierter, uneingeschränkter Vertretungsmacht wie Generalbevollmächtigte oder Prokuristen. Werden die mündlichen Zusagen dagegen nachträglich im Namen des Verwenders durch einen Vertreter abgegeben, dessen Vertretungsmacht der Verwender im Hinblick auf individuelle Abweichungen vom vorformulierten Text wirksam eingeschränkt oder ausgeschlossen hat, so sind sie dem Verwender nur zuzurechnen, soweit die Grundsätze über die Anscheins- und Duldungsvollmacht eingreifen (vgl. dazu Rz. 44). 117 BGH v. 21.9.2005 – XII ZR 312/02, NJW 2006, 138 (139) und BGH v. 20.10.1994 – III ZR 76/94, NJW-RR 1995, 179 (180); BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NJW 2009, 316 (318 Tz. 29); ebenso schon OLG Celle bei Bunte AGBE V § 9 Nr. 127; OLG Frankfurt v. 26.5.1983 – 6 U 109/82, ZIP 1983, 1213 (1215 f.); Wolf/Lindacher Rz. 33; Stoffels Rz. 351; Weigel Schriftformklauseln, S. 36 ff., insb. S. 47; offen lassend (jeweils in Verfahren nach § 13 AGBG) noch BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, NJW 1982, 331 (333); BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 246/82, NJW 1983, 1853; BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (321); BGH v. 30.9.1992 – VIII ZR 196/91, ZIP 1992, 1573 (1575); a.A. Erman/Roloff Rz. 10; Ostermeier ZGS 2007, 260 (261 f.). 118 Insoweit zutr. Erman/Roloff Rz. 10 und Ostermeier ZGS 2007, 260 (262 f.); zur Unwirksamkeit der Klauseln vgl. nur BGH v. 19.9.1966 – VIII ZR 106/64, BGH WM 1966, 1200; BGH v. 26.11.1964 – VII ZR 111/63, NJW 1965, 293; BGH v. 19.9.1966 – VIII ZR 106/64, JZ 1967, 287; BGH v. 2.6.1976 – VIII ZR 97/74, BGHZ 66, 378 ff.; BGH v. 8.10.2008 – XII ZR 66/06, NJW 2009, 433 (434) Rz. 30; im Grundsatz auch Mankowski JZ 2001, 357 (358 f.), Hau Vertragsanpassung und Anpassungsvertrag, 2003, S. 56 ff. und Larenz/ Wolf AT § 27 Rz. 84 m.w.N. 119 Einh. M., vgl. BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 246/82, NJW 1983, 1853; BGH v. 20.10.1994 – III ZR 76/94, NJW-RR 1995, 179 (180); OLG Frankfurt v. 16.10.1980 – 6 U 14/80, WM 1981, 598 (599); OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12 U 111/79, NJW 1981, 405 (406); KG bei Bunte AGBE I § 9 Nr. 116; OLG Schleswig bei Bunte AGBE III § 9 Nr. 87; MünchKomm/Basedow Rz. 13 f.; Erman/Roloff Rz. 11 f.; Stoffels Rz. 353; Staudinger/ Schlosser Rz. 43; Wolf/Lindacher Rz. 33, 35.

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d) Folgerungen für die Schriftformklausel Der Schriftformklausel kommt nach den Feststellungen in Rz. 33, 34 dann und insofern Bedeutung für den Umfang der Vertretungsmacht von Vermittlungsoder Abschlussvertretern zu, als sich daraus Hinweise für den Kunden auf das Fehlen einer Vertretungsmacht für individuelle Änderungen oder Ergänzungen des vorformulierten Textes ergeben können120. Das setzt neben der Einschränkbarkeit der Vertretungsmacht des beteiligten Vertreters nach Art des § 54 Abs. 3 HGB einerseits einen deutlich sichtbaren Hinweis im vorformulierten Vertragstext auf das Vorliegen der Einschränkung voraus. Dieser Anforderung genügt zwar im Regelfall ein drucktechnisch hervorgehobener Hinweis in Unterschriftsnähe, wonach Änderungen oder Ergänzungen des Textes vom Verwender schriftlich bestätigt werden müssen, nicht aber eine entsprechende Klausel auf der Rückseite der Vertragsurkunde als Teil des „Kleingedruckten“121. Hinzukommen muss andererseits die inhaltliche Verständlichkeit der Schriftformklausel im Sinne einer Einschränkung der Vertretungsmacht; sie ist jedenfalls in den Fällen qualifizierter Schriftformklauseln (Rz. 38) oder bei ausdrücklichen Vertretungsklauseln122 zu bejahen. Diese Anforderungen gelten nicht nur für die wirksame Einschränkung der Vertretungsmacht in Bezug auf Zusätze oder Ergänzungen des vorformulierten Textes, sondern auch für dessen Änderung; für eine Differenzierung zwischen den beiden Arten von Individualabreden ist kein Raum123. Wegen der Einzelheiten vgl. Rz. 40 ff.

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Auch wenn nach den vorstehenden Grundsätzen die Vertretungsmacht im Hinblick auf mündliche Zusagen bei Vertragsschluss wirksam beschränkt ist124, kann sich aus dem Vertreterhandeln im Einzelfall für den Verwender eine Haftung aus culpa in contrahendo gemäß §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 278 ergeben125. Auch kann je nach Lage des Falles dem Kunden ein Recht auf Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zustehen (Rz. 45). Klauseln, die dem Verwender das Recht geben sollen, eine trotz Schriftformklausel wirk-

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120 Ebenso MünchKomm/Basedow Rz. 12, 14 und Erman/Roloff Rz. 12 sowie Wolf/Lindacher Rz. 36 ff.; Staudinger/Schlosser Rz. 45 ff.; zu § 4 AGBG auch Lindacher JR 1982, 2 ff.; Weigel Schriftformklauseln, S. 79; mit z.T. deutlicher Einschränkung auch Löwe/ Trinkner § 4 AGBG Rz. 30; Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 19; a.A. – grundsätzlich gegen Berücksichtigung solcher Vollmachtsschranken und für volle Verlagerung des Risikos des Vertreterhandelns auf den Verwender – Koch/Stübing § 4 AGBG Rz. 16; SchmidtSalzer AGB 1977, Rz. E 15; Baumann BB 1980, 551 ff.; Micklitz NJW 1981, 408 und Teske S. 320 ff. 121 BGH v. 26.3.1986 – VIII ZR 85/85, NJW 1986, 1809 (1811); vgl. auch BGH v. 25.2.1982 – VII ZR 268/81, NJW 1982, 1389 (1390); BGH v. 27.2.2007 – XI ZR 195/05, NJW 2007, 2106 (2110); Erman/Roloff Rz. 12; MünchKomm/Basedow Rz. 14; Wolf/Lindacher Rz. 40; BeckOK/H. Schmidt Rz. 18; Stoffels Rz. 352; ebenso schon Lindacher JR 1982, 1 (3); Weigel Schriftformklauseln, S. 95; ähnlich von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln)Rz. 30; von Olshausen ZHR 151 1987, 636 (638 f.); OLG Hamm v. 22.1.1982 – 20 U 274/81, ZIP 1982, 594 und LG Stuttgart bei Bunte AGBE I Nr. 10; a.A. Soergel/ Stein § 4 AGBG Rz. 19 (erforderlich ist Hinweis außerhalb der AGB oder gesonderte Unterschrift unter die AGB-Klausel) im Anschluss an Teske S. 366 ff., 372: in Ermangelung einer Kenntnisnahmeobliegenheit des Kunden bezüglich des Inhalts der AGB könnten derartige Klauseln keine Einschränkung der Vertretungsmacht bewirken. 122 Vgl. das Beispiel OLG Stuttgart v. 19.10.1984 – 2 U 39/84, BB 1984, 2218 (dazu oben Fn. 114); so auch Wolf/Dammann Klauseln Rz. S 87 und S 107. 123 Dafür aber Wolf/Lindacher Rz. 37 im Anschluss an Raiser AGB, S. 236 f. 124 A.A. etwa OLG Stuttgart v. 19.10.1984 – 2 U 39/84, BB 1984, 2218 (2219). 125 BGH v. 9.3.1954 – I ZR 210/52, MDR 1954, 346 und 348; Wolf/Lindacher Rz. 46.

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Vorrang der Individualabrede

sam gewordene mündliche Individualabrede zu widerrufen, werden im Zweifel schon wegen ihres überraschenden Charakters (§ 305c Abs. 1) nicht Vertragsbestandteil. Sie sind regelmäßig auch inhaltlich unangemessen126. 37

Angesichts der grundsätzlichen Beachtlichkeit mündlicher Zusagen trotz entgegenstehender Schriftformklausel muss über die Behauptung des Kunden, ihm sei in Abweichung vom vorformulierten Vertragstext eine mündliche Zusage gemacht worden, jedenfalls dann in die Beweisaufnahme eingetreten werden, wenn ihre Erheblichkeit nicht bereits an der für den Kunden erkennbar fehlenden Vertretungsmacht dessen scheitert, der die Zusage namens des Verwenders gegeben hat. Die Beweislast trifft denjenigen, der sich auf die mündliche Abrede beruft127. Zur Anwendbarkeit der Beweisvermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit von Vertragsurkunden auf Verträge mit vorformuliertem Inhalt vgl. Rz. 48. e) Bestätigungsvorbehalt und Abweichungsverbot

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Die vorstehenden Grundsätze (Rz. 33–37) gelten entsprechend für qualifizierte Schriftformklauseln, die entweder individuelle Abreden von einer schriftlichen Bestätigung des Verwenders abhängig machen128 oder eine individuelle Abweichung vom vorformulierten Text generell ausschließen129. Sie sind bei umfassender Ausgestaltung regelmäßig schon nach § 307 unwirksam (Teil 2, (41) Schriftformklauseln Rz. 7 ff.). Unabhängig davon sind sie im Hinblick auf § 305b jedenfalls nicht geeignet, abweichenden Individualabreden des Verwenders selbst oder seiner über unbeschränkte Vertretungsmacht verfügenden Repräsentanten die Wirksamkeit zu nehmen. Bedeutung kommt ihnen vielmehr nur dann und insoweit zu, als sie die Vertretungsmacht sonstiger für den Verwender handelnder Personen wirksam beschränken (Rz. 35). Das dürfte – deutliche drucktechnische Hervorhebung vorausgesetzt – nach dem meist klaren und gut verständlichen Inhalt derartiger Klauseln regelmäßig zu bejahen sein. Die Beschränkung der Vertretungsmacht bezieht sich in diesen Fällen, anders als bei „einfachen“ Schriftformklauseln, nicht nur auf die mündliche Abweichung vom Erfordernis der Schriftform, sondern generell auf Abweichungen vom vorformulierten Vertragstext; sie können vom Vertreter daher auch in schriftlicher Form nicht wirksam vereinbart werden. f) Vollständigkeitsklauseln

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Besonderheiten gelten für Klauseln, die besagen, dass außer den schriftlich niedergelegten Bestimmungen keine weiteren Vereinbarungen getroffen und keine

126 Vgl. die Wertung in § 308 Nr. 3. 127 Vgl. Wolf/Lindacher Rz. 49; von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln) Rz. 23; und zu § 4 AGBG BGH v. 9.4.1987 – III ZR 84/86, NJW 1987, 2011; Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 29. 128 Sog. Bestätigungsvorbehalte, vgl. etwa BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, NJW 1991, 2559; BGH v. 26.3.1986 – VIII ZR 85/85, NJW 1986, 1809 (1810); BGH v. 25.2.1982 – VII ZR 268/81, NJW 1982, 1389; KG NJW-RR 1990, 544 (545); OLG Frankfurt v. 16.10.1980 – 6 U 14/80, WM 1981, 598 (599); OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12 U 111/79, NJW 1981, 405 (406); LG Köln v. 3.11.1982 – 26 O 317/82, ZIP 1983, 189 (190); Wolf/Lindacher Rz. 32, 36; Wolf/Dammann Klauseln Rz. S 87; von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln) Rz. 27 ff.; Niedenführ Informationsgebote, S. 129 ff.; Teske S. 407 ff. 129 Vgl. dazu LG München I bei Bunte AGBE II § 4 Nr. 10, 11.

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mündlichen Zusagen gemacht sind130. Bei ihnen handelt es sich nicht um Schriftformklauseln i.S.v. § 125 Satz 2, sondern um die vorformulierte Bestätigung einer negativen Tatsache; die Vorrangfrage stellt sich nicht131. Rechtlich kommt ihnen schon deshalb keine eigenständige Bedeutung zu, weil sich die Notwendigkeit für den Kunden, den Nachweis der von ihm behaupteten Individualabrede zu führen, regelmäßig bereits aus allgemeinen Grundsätzen, darunter namentlich der Vollständigkeitsvermutung von Vertragsurkunden (Rz. 47 f.), ergibt. Daher werden sie auch nicht von dem Klauselverbot des § 309 Nr. 12 erfasst132. Das schließt freilich die Unangemessenheit nach § 307 wegen unzutreffender Rechtsbelehrung des Kunden dann nicht aus, wenn die Klausel zu weit gefasst ist und zur Folge hat, dass Kunden zu Unrecht vom Nachweis mündlicher Abreden unter Ausräumung der Vollständigkeitsvermutung abgehalten werden, insbesondere wenn die Klausel den Eindruck erweckt, sie begründe eine unwiderlegliche Vermutung133.

3. Vertreterhandeln a) Abschlussvertreter Den wirtschaftlichen Hintergrund und Hauptanwendungsbereich der Schrift- 40 formklauseln bilden mündliche Individualzusagen von Hilfspersonen (Angestellten oder Agenten) des Verwenders bei der Gewinnung von Kunden. Auch soweit diese Personen nicht bloße Vermittlungsfunktion haben und sich auf die Entgegennahme von Bestellungen der Kunden zur Annahme durch den Verwender beschränken (Rz. 42), sondern mit Abschlussvollmacht ausgestattet sind, kann sich die Schriftformklausel nach den Feststellungen in Rz. 35, 38 doch mit der Beschränkung ihrer Vertretungsmacht auf den Abschluss von Geschäften unter unveränderter Übernahme der AGB des Verwenders verbinden134; anderes gilt für diejenigen Vertreter, denen typisierte, umfassende Vertretungsmacht (Prokura, Generalvollmacht u.a.) eingeräumt ist (Rz. 34).

130 Vgl. BGH v. 28.1.1981 – VIII ZR 88/80, BGHZ 79, 281 (287) = NJW 1981, 922; OLG Karlsruhe v. 10.11.1987 – 18 U 56/87, NJW-RR 1988, 1194. 131 So zutr. BGH v. 28.1.1981 – VIII ZR 88/80, BGHZ 79, 281 (287) = NJW 1981, 922; BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (60 f.) = NJW 1985, 623; BGH v. 19.6.1985 – VIII ZR 238/84, NJW 1985, 2329 (2331); OLG Karlsruhe v. 10.11.1987 – 18 U 56/87, NJW-RR 1988, 1194. 132 Vgl. näher § 309 Nr. 12 Rz. 22; so auch BGH v. 19.6.1985 – VIII ZR 238/84, NJW 1985, 2329 (2330) [zu § 11 Nr. 15b AGBG]; BGH v. 14.10.1999 – III ZR 203/98, NJW 2000, 207 (208); a.A. OLG Schleswig bei Bunte AGBE II § 4 Nr. 142 zu § 11 Nr. 15; Teske S. 194 f.; Wolf/Dammann Klauseln Rz. S. 116 f. 133 So für eine uneingeschränkte Schriftformklausel auch OLG Frankfurt v. 26.5.1983 – 6 U 109/82, ZIP 1983, 1213 (1215 f.); Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 18; Teske S. 165 f.; auch Wolf/Dammann Klauseln Rz. S 116 ff.; MünchKomm/Basedow Rz. 13; BeckOK/H. Schmidt Rz. 19. 134 So auch Erman/Roloff Rz. 12; MünchKomm/Basedow Rz. 14; Wolf/Lindacher Rz. 40; von Westphalen Vertragsrecht (Schriftformklauseln) Rz. 29 ff.; ähnlich Staudinger/ Schlosser Rz. 48 f.; im Ergebnis auch Lindacher JR 1982, 2, der anscheinend generell vom Fehlen der Vertretungsmacht für Abweichungen von den AGB ausgeht; einschränk. für Fälle der Außen-, Duldungs- oder Anscheinsvollmacht aber Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 19 und Teske S. 366 ff., die eine wirksame Beschränkung der Vertretungsmacht nur bei gesondertem Hinweis außerhalb der AGB zulassen wollen.

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Die gesetzliche Umschreibung des regelmäßigen Inhalts der Vertretungsmacht von Handlungsbevollmächtigten (§ 54 HGB) und Abschlussvertretern (§§ 55, 91 Abs. 1 HGB) in § 54 Abs. 1 HGB umfasst nicht nur die Vertretungsmacht zum Geschäftsabschluss als solchem, sondern im Zweifel auch diejenige zur Änderung oder Ergänzung der vom Unternehmer dafür vorgesehenen Vertragsbedingungen. Zu ihrer wirksamen Einschränkung nach § 54 Abs. 3 HGB bedarf es eines drucktechnisch deutlich hervorgehobenen, inhaltlich verständlichen Hinweises (Rz. 35); Entsprechendes gilt nach § 173 für eine nach §§ 170 bis 172 erteilte, auf den Vertragsabschluss bezogene Vollmacht. Erfolgt der diesen Anforderungen genügende Hinweis im Rahmen einer einfachen (Rz. 30) Schriftformklausel, so können die Kunden sich im Falle mündlicher Zusicherungen auf die Vertretungsmacht des Abschlussvertreters nicht verlassen135. Derartige Zusicherungen können daher nur entsprechend § 91a Abs. 2 HGB Vertragsbestandteil werden. Nimmt der Abschlussvertreter ausnahmsweise eine schriftliche Individualabrede über nicht in AGB geregelte Punkte in die Vertragsurkunde auf, so erlangt sie nach § 54 Abs. 1 HGB Wirksamkeit für den Vertrag, wenn die Schriftformklausel nicht – als qualifizierte (Rz. 38) – auch schriftliche Ergänzungen ausschließt und der Kunde diese Beschränkung der Vertretungsmacht des Abschlussvertreters kannte oder kennen musste. Für einen im Rahmen von § 54 Abs. 3 HGB beachtlichen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass Abschlussvertreter bei Verwendung von AGB grundsätzlich keine Vollmacht für ergänzende, seien es auch schriftlich erteilte Zusagen haben, gibt es auch im Verkehr zwischen Unternehmern keinen Anhalt136. b) Vermittlungsvertreter

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Die Funktion der bei Geschäften außerhalb eines festen Geschäftslokals wesentlich häufiger anzutreffenden Vermittlungsvertreter beschränkt sich abweichend von der Tätigkeit der Abschlussvertreter auf die Anwerbung von Kundenbestellungen. Vorbehaltlich der dem Verkehrsschutz dienenden Vorschrift des § 91a Abs. 1 HGB kommt es zum Vertragsabschluss erst durch Annahme seitens des Unternehmers. Insoweit hat es der Unternehmer als AGB-Verwender daher grundsätzlich in der Hand, zu welchen Bedingungen er zum Vertragsschluss bereit ist. Allerdings wird auch der Vermittlungsvertreter über § 91 Abs. 2 HGB hinaus grundsätzlich für befugt angesehen, als Empfangsvertreter des Unternehmers Vertragsangebote und Bestellungen der Kunden entgegenzunehmen137. Sind diese Vertragsangebote auf Grund entsprechender Erklärungen gegenüber dem Vermittlungsvertreter auf individuelle Abweichungen von den AGB des Unternehmers gerichtet, so werden sie bei unveränderter Annahme des Angebots durch den Unternehmer nach § 166 Abs. 1 grundsätzlich auch dann Vertragsbestandteile, wenn dieser die Abweichungen nicht kennt138. Weist der Kun-

135 Wolf/Lindacher Rz. 44; Lindacher JR 1982, 2; Weigel Schriftformklauseln, S. 84 f.; a.A. BGH v. 25.2.1982 – VII ZR 268/81, NJW 1982, 1389 (1391) (zu § 54 Abs. 1 HGB); Staudinger/Schlosser Rz. 48. 136 Für generelle Wirksamkeit schriftlicher Individualabreden ohne Differenzierung zwischen abändernden und ergänzenden Vereinbarungen auch BGH v. 24.10.1979 – VIII ZR 235/78, NJW 1980, 234 (235). 137 RG v. 3.4.1902 – VI 391/01, RGZ 51, 147 (150 f.); RG v. 28.2.1905 – II 494/04, RGZ 60, 187 (188). 138 Vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 48; zu § 4 AGBG auch Koch/Stübing § 4 AGBG Rz. 16; Lindacher JR 1982, 5.

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de nach, dass er sein Vertragsangebot mit mündlichen Änderungswünschen gegenüber der schriftlichen Offerte verbunden hat, so kann sich der Unternehmer nicht auf die beweisrechtliche Vermutung der Vollständigkeit des schriftlich Beurkundeten berufen, da diese Vermutung in Fällen der genannten Art nicht eingreift (Rz. 49). Der Unternehmer kann sich gegen ungewollte Abweichungen von seinen AGB freilich dadurch schützen, dass er in das Bestellformular einen deutlich sichtbaren Hinweis auf die Maßgeblichkeit der dem Kunden zur Kenntnis gelangten (§ 305 Abs. 2 Nr. 2) AGB aufnimmt139. Die unveränderte Unterzeichnung des Bestellformulars durch den Kunden ist in diesem Fall als Antrag zu verstehen, zu den AGB des Unternehmers und ohne abweichende oder ergänzende Individualabreden abzuschließen. Zur Entgegennahme hiervon abweichender Erklärungen des Kunden ist der Vermittler nach § 91 Abs. 2 HGB nicht vertretungsbefugt. Die Ausführungen in Rz. 42 gelten entsprechend für die Stellung des Ver- 43 mittlungsagenten im Versicherungsrecht und für die Frage, inwieweit dessen Erläuterungen über Sinn und Tragweite von Versicherungsbedingungen für den Versicherungsnehmer Rechte abweichend von den AVB begründen können. Gegenüber der früheren Rechtslage140 hat sich auch insoweit durch § 305b nichts Grundsätzliches geändert. Vorbehaltlich § 5 VVG (dazu Rz. 18) erfasst die Schriftformklausel in AVB im Zweifel alle diejenigen mündlichen Erklärungen von Versicherungsagenten und nimmt ihnen die rechtsgeschäftliche Wirkung, die von den AVB-Regeln abweichen oder sie ergänzen141. Ausnahmen sind allerdings auf Grund der Umstände des Einzelfalls denkbar; dies namentlich dann, wenn in den AVB der Ausschluss der ausdrücklich vom Kunden gewünschten Deckung eines bestimmten Risikos geregelt ist und der Kunde diesen Mangel weder kannte noch den AVB mit hinreichender Klarheit entnehmen konnte142. Das ist etwa dann anzunehmen, wenn die AVB beim Vertragsschluss nicht vorlagen oder wenn der Kunde zwar die Möglichkeit der Einsichtnahme in die AVB hatte, wegen des Umfangs des AVB-Textes und mangels eines ausdrücklichen Hinweises des Versicherungsagenten oder deutlicher Hervorhebung der betreffenden Einschränkungen in den AVB selbst aber den Ausschluss des fraglichen Risikos von der Deckungszusage nicht erkennen konnte. Zum Eingreifen des § 305c Abs. 1 in derartigen Fällen vgl. § 305c Rz. 44. c) Duldungs- und Anscheinsvollmacht Die in Rz. 40 bis 43 genannten Grundsätze gelten auch dann, wenn eine Hilfsperson ohne Vertretungsmacht im Namen des Verwenders auftritt und diesem ihr Handeln nach den Grundsätzen über die Duldungs- oder Anscheinsvoll139 Vgl. schon Raiser AGB, S. 238 f.; auch Staudinger/Schlosser Rz. 50; Wolf/Lindacher Rz. 44; Stoffels Rz. 352; so zu § 4 AGBG auch Lindacher JR 1982, 5; Weigel Schriftformklauseln, S. 107; weiter gehend – auch Hinweis durch Aushang genügt – Baumann BB 1980, 551; abl. Teske S. 387 ff. 140 Vgl. dazu Bruck/Möller VVG Bd. I, 8. Aufl. 1961, § 43 Rz. 27 ff.; Prölss/Martin VVG, 21. Aufl. 1977, § 43 Rz. 6, 7; Raiser AGB, S. 239 f., jeweils m.w.N. 141 So auch Bauer BB 1978, 477 f.; a.A. Helm NJW 1978, 133; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E 14 f. 142 RG v. 19.1.1915 – VII 335/14, RGZ 86, 128 (132); RG v. 2.4.1935 – VII 382/34, RGZ 147, 186 (188); RG v. 25.2.1919 – VII 830/18, JW 1919, 381 (382); BGH v. 9.5.1951 – II ZR 8/51, BGHZ 2, 87 (90); BGH v. 20.6.1963 – II ZR 199/61, BGHZ 40, 22; BGH v. 28.10.1963 – II ZR 193/62, NJW 1964, 244.

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macht143 zugerechnet wird. Durch eine deutlich sichtbare, einfache oder qualifizierte Schriftformklausel kann sich der Verwender daher im Regelfall ebenso gegen die Abänderung oder Ergänzung der AGB im Rahmen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht schützen, wie ihm das im Fall wirksam erteilter Vollmacht durch deren nach außen kundgemachte Einschränkung mittels vorformulierter Klauseln möglich ist (vgl. Rz. 35, 41 f.). Ein auf das Bestehen der Vollmacht hindeutender Rechtsschein kommt infolge der Klausel entweder nicht zur Entstehung oder wird durch sie zerstört; dass die fragliche Klausel vorformuliert ist, steht ihrer rechtsscheinhindernden Wirkung nicht entgegen144. Duldet der Verwender allerdings trotz vorhandener Schriftformklausel die Erteilung mündlicher Zusagen oder die Vereinbarung sonstiger von der Vertretungsmacht der Hilfsperson nicht gedeckter Abweichungen vom vorformulierten Vertragstext, so greifen insoweit die Grundsätze über die Duldungsvollmacht trotz der Schriftformklausel ein145; die individuelle Duldung hat Vorrang vor dem vorformulierten Text (vgl. auch Rz. 10a). Auf die Anscheinsvollmacht lässt sich dieser Gedanke demgegenüber schon deshalb nicht ohne Weiteres übertragen, weil die Schriftformklausel regelmäßig der Entstehung eines entsprechenden, dem Verwender zurechenbaren Anscheins entgegenstehen wird146. d) Rechte des Kunden 45

Ist nach dem in Rz. 40 bis 44 Ausgeführten die vom Kunden verlangte, von den AGB abweichende oder sie ergänzende Individualabrede ohne sein Wissen nicht Vertragsinhalt geworden und wurde der Kunde durch Täuschung hierüber seitens des Abschluss- oder Vermittlungsvertreters des Verwenders gleichwohl zum Vertragsschluss veranlasst, so kann er seine Erklärung nach § 123 Abs. 1 anfechten. § 123 Abs. 2 greift nicht ein, da der Vertreter oder Vermittler nach st. Rechtsprechung nicht Dritter ist; vielmehr wird seine Täuschungshandlung unabhängig vom Umfang seiner Vertretungsmacht dem Unternehmer (AGB-Verwender) voll zugerechnet147.

VI. Rechtsfolgen des Vorrangs und Beweisfragen 1. Subsidiäre Geltung abweichender AGB 46

Wie oben dargelegt (Rz. 7 f., 11), steht der Widerspruch zu einer Individualabrede der Einbeziehung der widersprechenden Klausel nicht etwa grundsätzlich entgegen, sondern lässt sie im Zweifel nur im Kollisionsbereich zurücktreten (str.). Die subsidiäre Geltung abweichender AGB hat vor allem dann Bedeutung, wenn 143 Vgl. dazu nur MünchKomm/Schramm § 167 Rz. 46 ff. 144 Vgl. OLG Hamm v. 22.1.1982 – 20 U 274/81, ZIP 1982, 594 (595); a.A. Teske S. 395 f.; so anscheinend auch OLG Stuttgart v. 19.10.1984 – 2 U 39/84, BB 1984, 2218 (2219); Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 19. 145 So auch Wolf/Lindacher Rz. 43; Niedenführ Informationsgebote, S. 131 f. 146 Ähnlich Weigel Schriftformklauseln, S. 101 f.; a.A. Wolf/Lindacher Rz. 43 und Teske S. 397 f. 147 RG v. 14.12.1920 – II 267/20, RGZ 101, 97 (98); RG v. 23.2.1928 – VI 200/27, JW 1928, 1740; BGH v. 8.2.1956 – IV ZR 282/55, BGHZ 20, 39; BGH v. 20.6.1962 – V ZR 209/60, NJW 1962, 1907 und v. 26.9.1962 – VIII ZR 113/62, NJW 1962, 2195; BGH v. 6.7.1978 – III ZR 63/76, NJW 1978, 2144; Soergel/Hefermehl § 123 Rz. 32; Erman/Arnold § 123 Rz. 33 f.; Palandt/Ellenberger § 123 Rz. 13.

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die Individualabrede nicht wirksam vereinbart worden ist oder später wegfällt. Sofern die Abrede nicht ausnahmsweise dahin zu verstehen ist, dass sie die abweichende AGB-Klausel generell verdrängen sollte, bestimmen sich die Rechtsbeziehungen der Parteien in diesem Fall nicht nach dispositivem Recht, sondern nach der subsidiär geltenden AGB-Klausel (vgl. Rz. 11).

2. Die Vollständigkeitsvermutung bei Vertragsurkunden Beweisprobleme treten im Rahmen von § 305b namentlich im Zusammenhang mit Schriftformklausel und Vertreterhandeln auf (Rz. 37). Dabei geht es jeweils um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich der Verwender gegenüber vom Kunden behaupteten mündlichen Zusatzabreden auf die in ständiger Rechtsprechung anerkannte Beweisvermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde148 berufen kann.

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Die Anwendbarkeit dieser Vermutungsregel auf Verträge, die unter Verwendung von AGB geschlossen wurden, setzt voraus, dass die Parteien eine Vertragsurkunde errichtet haben, sei es durch Unterzeichnung eines Formularvertrags oder durch schriftliche Vereinbarung der beiderseitigen Hauptleistungen unter Verweisung auf die AGB des einen Teils. In diesem Fall bestehen keine Bedenken dagegen, hierauf auch die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit anzuwenden149. Das kann sich auch zum Nachteil des Verwenders auswirken, so wenn er es versäumt hat, die Verweisung auf die AGB in die Urkunde aufzunehmen. Die Einbeziehung der AGB führt nicht etwa dazu, der Vertragsurkunde geringere Qualität beizumessen als im Falle der Beschränkung der Parteivereinbarungen auf die Hauptabreden. Für das Eingreifen der Vermutung kommt es auch nicht auf das Vorhandensein einer Schriftformklausel an150. Abgesehen von der beschränkten Bedeutung derartiger Klauseln im Rahmen von § 305b (Rz. 33) spricht gegen das Abstellen hierauf auch der Umstand, dass der in ständiger Rechtsprechung aufgestellte Beweissatz nicht auf der Auslegungsregel des § 125 Satz 2 beruht, sondern auf dem tatsächlichen Vorgang der schriftlichen Fixierung der Vertragsabreden in einer Urkunde151.

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Soweit es um mündliche Zusagen von Vertretern bei Vertragsschluss geht, ist zu unterscheiden zwischen dem Nachweis der Zusage, der im Hinblick auf die Vollständigkeitsvermutung der Urkunde grundsätzlich vom Kunden geführt werden muss, und der – von der Vollmacht des Vertreters abhängigen (Rz. 40 ff.) – Frage nach der Wirksamkeit einer in tatsächlicher Hinsicht unstreitigen Zusage. Beschränkt sich die Tätigkeit des Vertreters allerdings darauf, mündliche oder auf Bestellscheinen notierte Angebote des Kunden einzuholen und zur Annahme an den Unternehmer weiterzuleiten, so ist angesichts der Besonderheiten dieses Vertragsschlusses (Rz. 42) und des Fehlens einer gemeinsamen Fixierung des Vertragsinhalts für die mit der Vertragsurkunde verbundene Beweisvermutung kein Raum. Der Umstand, dass die in das Vertragsangebot des

49

148 RG v. 13.6.1902 – VII 126/02, RGZ 52, 23 (26); RG v. 4.2.1908 – II 315/07, RGZ 68, 15; Palandt/Ellenberger § 125 Rz. 21; Soergel/Hefermehl § 125 Rz. 24. 149 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 51; wohl auch Erman/Roloff Rz. 15; differenz. Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 20 (nicht bei einem insgesamt vorformulierten Vertrag); a.A. Teske S. 186 ff. (grds. keine Anwendung auf Verträge mit AGB). 150 So aber Raiser AGB, S. 235; wie hier Staudinger/Schlosser Rz. 51. 151 RG v. 13.6.1902 – VII 126/02, RGZ 52, 23 (25).

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§ 305b BGB

Vorrang der Individualabrede

Kunden eingegangenen Vertreterzusagen in der „Auftragsbestätigung“ des Unternehmers fehlen, reicht für sich genommen nicht aus, um die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Urkunde zu beweisen; anderes gilt bei deutlich sichtbarem Hinweis auf die ausschließliche Maßgeblichkeit der AGB des Unternehmers im Bestellformular152. Das ändert freilich nichts daran, dass die Beweislast für mündliche Zusagen den Kunden in diesen Fällen regelmäßig schon deshalb trifft, weil meist er es sein wird, der sich auf die Existenz derartiger Individualabreden in Abweichung von den AGB beruft153. Der Vortrag des Verwenders, seine typisierte Vertragsgestaltung verhindere das Zustandekommen einer Individualabrede, steht der Beweisführung nicht entgegen154.

VII. Verträge mit Unternehmern 50

Die Vorschrift des § 305b gilt – entsprechend dem ihr zu Grunde liegenden allgemeinen Auslegungsgrundsatz (Rz. 7) – uneingeschränkt auch für den Geschäftsverkehr mit Unternehmern155. Dementsprechend erlangt die „Identity of Carrier“-Klausel in den Konnossementbedingungen eines Stückgutfrachtvertrags keine Wirksamkeit, durch die an Stelle desjenigen, in dessen Namen der Frachtvertrag abgeschlossen ist, ein Dritter (der Eigner des gecharterten Schiffes) zum Verfrachter gemacht werden soll. Diese Klausel steht im Widerspruch zur individualvertraglichen Festlegung der Person des Verfrachters auf der Vorderseite des Konnossements, die den Namen des Charterers (des Verfrachters) trägt156. Nicht überzeugend ist die vereinzelt vertretene Auffassung, der Vermerk auf der Vorderseite des Konnossements sei keine Angabe über die Verfrachtereigenschaft und somit keine Individualabrede, sondern ergebe i.V.m. der IoC-Klausel, dass der Charterer als Vertreter des Reeders auftrete und letzterer Vertragspartner des Frachtvertrages sei157; sie ist unvereinbar mit der für die Auslegung von AGB maßgeblichen Sicht des (Durchschnitts-)Kunden (vgl. § 305c Rz. 77, 82 f.).

152 Vgl. BGH v. 29.4.1987 – VIII ZR 251/86, BGHZ 100, 373 (381 f.) = NJW 1987, 2012, zur Wirksamkeit von Formularklauseln in einem Zeitschriftsabonnementvertrag, wonach auch dem Bestellschein die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zukommt. 153 Wolf/Lindacher Rz. 49. 154 Vgl. BGH v. 9.4.1987 – III ZR 84/8, NJW 1987, 2011 und OLG Köln v. 22.12.1989 – 19 U 118/89, NJW-RR 1990, 1007 (1008). 155 Ganz h.M., vgl. BGH v. 22.1.1990 – II ZR 15/89, LM § 4 Nr. 9 = NJW-RR 1990, 613; Erman/Roloff Rz. 16; Wolf/Lindacher Rz. 51; Stoffels Rz. 345; so zu § 4 AGBG auch Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 35; Koch/Stübing § 4 AGBG Rz. 15; differenz. Staudinger/ Schlosser Rz. 2 ff. 156 So auch BGH v. 22.1.1990 – II ZR 15/89, LM § 4 Nr. 9 = NJW-RR 1990, 613 (614); BGH v. 4.2.1991 – II ZR 52/90, NJW 1991, 1420 (1421); BGH v. 15.2.2007 – I ZR 40/04, NJW 2007, 2036 (2037); OLG Hamburg v. 11.6.1981 – 6 U 12/81, RIW 1982, 205 (206); Rabe TranspR 1989, 81 (86 f.); MünchKomm/Basedow Rz. 10; Erman/Roloff Rz. 9; Palandt/ Grüneberg Rz. 3; im Ergebnis auch K. Schmidt TranspR 1991, 217 (218), der den Vorrang allerdings auf Widersprüche beim Vertragsinhalt beschränken will, während es bei der Frage nach dem richtigen Vertragspartner um ein Vertretungsproblem gehe. A.A. OLG Hamburg TranspR 1989, 70, wonach sich aus § 5 AGBG ergeben soll, dass der Reeder Vertragspartner des Frachtvertrags ist; Herber TranspR 1990, 147 (148). 157 So Herber TranspR 1990, 147 (148).

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§ 305c BGB

berraschende und mehrdeutige Klauseln

Die widersprechende IoC-Klausel in den Konnossementbedingungen ist wegen § 305b ohne Belang158. Auch gegenüber einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben, das die getroffene Individualabrede nicht enthält, kann § 305b eingreifen159. Dessen widerspruchslose Annahme durch den anderen Teil versperrt den Beteiligten nicht den Nachweis, dass über seinen Inhalt hinaus weitere zusätzliche Absprachen getroffen sind160. Das gilt zwar grundsätzlich unter dem Vorbehalt, dass die mündlichen Abreden dem Inhalt des Bestätigungsschreibens nicht entgegenstehen161. Im Fall einer Kollision zwischen mündlicher Individualabrede und pauschal einbezogenen AGB kann diese Einschränkung freilich nicht gelten162; allerdings scheitert die pauschale Einbeziehung abweichender AGB unabhängig davon, ob sie Gegenstand der Vertragsvereinbarungen war, nicht schon an § 305b163. Sind Individualabreden in den Text des Bestätigungsschreibens selbst aufgenommen, so wird ihre Wirksamkeit nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Parteien gleichzeitig oder nachträglich widersprechende AGB des einen Vertragsteils in den Vertrag einbeziehen164.

§ 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil. (2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders. A. Überraschende Klauseln (§ 305c Abs. 1) I. Einführung

1. Inhalt und Entstehung der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . .

1

2. Gesetzeszweck . . . . . . . . . . . . .

2

158 BGH v. 4.2.1991 – II ZR 52/90, NJW 1991, 1420 (1421); Rabe TranspR 1989, 81 (86 f.); abw. Palandt/Grüneberg Rz. 3 (unwirksam). 159 So zutr. Erman/Roloff Rz. 16; Lindacher WM 1981, 708; Wolf/Lindacher Rz. 52 f.; Coester DB 1982, 1551 (1553). 160 BGH v. 8.12.1976 – VIII ZR 108/75, BGHZ 67, 378 (381) = NJW 1977, 384; BGH v. 30.1.1985 – VIII ZR 238/83, BGHZ 93, 338 (341 f.) = NJW 1985, 1333; BGH v. 22.1.1964 – VIII ZR 111/63, NJW 1964, 589; Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 17; Erman/Roloff Rz. 16. 161 Vgl. Nachw. in Fn. 159. 162 So wohl auch BGH v. 30.1.1985 – VIII ZR 238/83, BGHZ 93, 338 (342) = NJW 1985, 1333; a.A. Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 21. 163 So aber Bartsch NJW 1980, 1731 f. Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einbeziehung von AGB durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben vgl. § 305 Rz. 178 f., § 305c Rz. 56. 164 BGH v. 20.10.1994 – III ZR 76/94, NJW-RR 1995, 179 (180); OLG Düsseldorf v. 15.11.1990 – 10 U 68/90, OLGZ 1991, 150 = DB 1991, 222; Lindacher WM 1981, 701 (708); Coester DB 1982, 1551 (1552); Erman/Roloff Rz. 16; Palandt/Ellenberger § 147 Rz. 11; MünchKomm/Kramer § 151 Rz. 31a.

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berraschende und mehrdeutige Klauseln

Die widersprechende IoC-Klausel in den Konnossementbedingungen ist wegen § 305b ohne Belang158. Auch gegenüber einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben, das die getroffene Individualabrede nicht enthält, kann § 305b eingreifen159. Dessen widerspruchslose Annahme durch den anderen Teil versperrt den Beteiligten nicht den Nachweis, dass über seinen Inhalt hinaus weitere zusätzliche Absprachen getroffen sind160. Das gilt zwar grundsätzlich unter dem Vorbehalt, dass die mündlichen Abreden dem Inhalt des Bestätigungsschreibens nicht entgegenstehen161. Im Fall einer Kollision zwischen mündlicher Individualabrede und pauschal einbezogenen AGB kann diese Einschränkung freilich nicht gelten162; allerdings scheitert die pauschale Einbeziehung abweichender AGB unabhängig davon, ob sie Gegenstand der Vertragsvereinbarungen war, nicht schon an § 305b163. Sind Individualabreden in den Text des Bestätigungsschreibens selbst aufgenommen, so wird ihre Wirksamkeit nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Parteien gleichzeitig oder nachträglich widersprechende AGB des einen Vertragsteils in den Vertrag einbeziehen164.

§ 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil. (2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders. A. Überraschende Klauseln (§ 305c Abs. 1) I. Einführung

1. Inhalt und Entstehung der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . .

1

2. Gesetzeszweck . . . . . . . . . . . . .

2

158 BGH v. 4.2.1991 – II ZR 52/90, NJW 1991, 1420 (1421); Rabe TranspR 1989, 81 (86 f.); abw. Palandt/Grüneberg Rz. 3 (unwirksam). 159 So zutr. Erman/Roloff Rz. 16; Lindacher WM 1981, 708; Wolf/Lindacher Rz. 52 f.; Coester DB 1982, 1551 (1553). 160 BGH v. 8.12.1976 – VIII ZR 108/75, BGHZ 67, 378 (381) = NJW 1977, 384; BGH v. 30.1.1985 – VIII ZR 238/83, BGHZ 93, 338 (341 f.) = NJW 1985, 1333; BGH v. 22.1.1964 – VIII ZR 111/63, NJW 1964, 589; Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 17; Erman/Roloff Rz. 16. 161 Vgl. Nachw. in Fn. 159. 162 So wohl auch BGH v. 30.1.1985 – VIII ZR 238/83, BGHZ 93, 338 (342) = NJW 1985, 1333; a.A. Soergel/Stein § 4 AGBG Rz. 21. 163 So aber Bartsch NJW 1980, 1731 f. Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einbeziehung von AGB durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben vgl. § 305 Rz. 178 f., § 305c Rz. 56. 164 BGH v. 20.10.1994 – III ZR 76/94, NJW-RR 1995, 179 (180); OLG Düsseldorf v. 15.11.1990 – 10 U 68/90, OLGZ 1991, 150 = DB 1991, 222; Lindacher WM 1981, 701 (708); Coester DB 1982, 1551 (1552); Erman/Roloff Rz. 16; Palandt/Ellenberger § 147 Rz. 11; MünchKomm/Kramer § 151 Rz. 31a.

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3. Systematische Stellung . . . . . . . .

3

4. Anwendungsbereich a) Persönlich . . . . . . . . . . . . . . . b) Sachlich . . . . . . . . . . . . . . . .

2. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben und § 305c Abs. 1 . . . .

6 7

B. Auslegung von AGB; mehrdeutige Klauseln (§ 305c Abs. 2)

5. Gemeinschaftsrechtlicher Hintergrund für Verbraucherverträge a) Vorgaben der EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . . . . . . . b) Standardverträge . . . . . . . . . . c) Einzelverträge . . . . . . . . . . . .

8a 8b 8c

II. Frühere Rechtslage . . . . . . . . . . .

9

I. Grundlagen

III. Inhalt der Vorschrift 1. Voraussetzungen des § 305c Abs. 1 a) Ungewöhnliche Klausel . . . . . b) Überraschung des Kunden . . . .

11 12 13

2. Ungewöhnlichkeit a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . 14 b) Unterscheidung zwischen vorformulierten Haupt- und Nebenabreden . . . . . . . . . . . . 14a c) Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . 18 3. Überraschungsmoment a) Subjektive Beurteilung aus Kundensicht . . . . . . . . . . . . . b) Ausschluss der Überraschung . . c) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . .

22 23 25

30

5. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . .

32

4. Gemeinschaftsrechtlicher Hintergrund für Verbraucherverträge a) Vorgaben der EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . . . . . . b) Standardverträge . . . . . . . . . . c) Einzelverträge . . . . . . . . . . . .

66a 66c 66d

II. Besonderheiten der Auslegung von AGB im Unterschied zu Individualabreden 1. Die verschiedenen Auslegungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . .

67

2. Die Revisibilität der Auslegung von AGB . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

73

28

76 78 80

3. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . .

82

2. Bürgschaftsklauseln . . . . . . . . . .

36

3. Darlehensbedingungen und Zweckbestimmungserklärungen in Grundschuldformularen . . . . .

40

4. AGB-Banken . . . . . . . . . . . . . . .

42

5. Versicherungsbedingungen . . . . .

44

6. Mietvertragsklauseln . . . . . . . . .

47 49 51 52 53

V. Verträge mit Unternehmern

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63 64 65

2. Auslegungsmaßstäbe a) Meinungsstand aa) Rechtsprechungsgrundsätze bb) Literatur . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . .

33

298

62

3. Anwendungsbereich und systematische Stellung . . . . . . . a) Individualprozess . . . . . . . . . b) Verbandsprozess . . . . . . . . . .

1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . .

1. Eigentumsvorbehaltsklauseln . . .

1. Modifizierte Anwendung von § 305c Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . .

61

2. Entstehungsgeschichte . . . . . . .

26

IV. Einzelfälle

8. Sonstige Klauseln . . . . . . . . . . . . a) ABC überraschender Klauseln b) ABC nicht überraschender Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Normzweck und Funktion des § 305c Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . .

III. Der Grundsatz der objektiven Auslegung

4. Fallgruppen a) Begründung oder Veränderung von Hauptpflichten des Kunden b) Beseitigung des vertraglichen Gegenseitigkeitscharakters . . . c) Sonstige Abweichungen vom Vertragstyp . . . . . . . . . . . . . .

7. Arzt- und Krankenhausbedingungen . . . . . . . . . . . . . . .

55

54

IV. Die Unklarheitenregel 1. Mehrdeutigkeit des vorformulierten Textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2. Auslegung zu Lasten des Verwenders a) Individualprozess . . . . . . . . . b) Verbandsprozess . . . . . . . . . . 3. Kasuistik a) Unklarheit im Individualprozess bejaht aa) Bank- und Sparkassenbedingungen . . . . . . . . . . bb) Versicherungsbedingungen cc) Verkaufs- und Leasingbedingungen . . . . . . . . . . dd) Mietvertragsbedingungen ee) Sonstige . . . . . . . . . . . . . b) Unklarheit verneint . . . . . . . .

90 94

95 107 124 134 146 165

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berraschende und mehrdeutige Klauseln

a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . .

227 230

2. Sonstige . . . . . . . . . . . . . . . . .

232

VI. Verträge mit Unternehmern . . . .

234

c) Kundenfeindliche Auslegung im Verbandsprozess bejaht . . . . 200 V. Weitere Auslegungsregeln für AGB? 1. Das Restriktionsprinzip

Schrifttum (vgl. auch die Nachweise vor Rz. 61): Niedenführ Informationsgebote des AGBGesetzes, 1985; Schmidt-Salzer Die Kontrolle ungewöhnlicher/überraschender AGB-Klauseln in FS Trinkner, 1995, S. 361.

A. Überraschende Klauseln (§ 305c Abs. 1) I. Einführung 1. Inhalt und Entstehung der Vorschrift Die durch das SMG unverändert aus § 3 AGBG übernommene Vorschrift des § 305c Abs. 1 enthält eine Sonderregelung in Ergänzung der generellen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 zur Erschwerung der Einbeziehung ungewöhnlicher AGB-Klauseln. Diese werden trotz Einigung beider Parteien auf die AGB des Verwenders dann nicht Vertragsbestandteil, wenn der Kunde nach den Gesamtumständen mit einer Bestimmung dieser Art in den AGB des Verwenders nicht zu rechnen braucht. Insoweit wird das für die Einbeziehung der AGB geltende rechtsgeschäftliche Konsensprinzip aus Gründen des Kundenschutzes eingeschränkt1. Entscheidendes Einbeziehungshindernis ist – im Unterschied zu den Inhaltsschranken der §§ 307 bis 309 – nicht die Unbilligkeit, sondern das Ungewöhnliche der Klausel angesichts des jeweiligen Vertragstyps und der Umstände bei seinem Abschluss sowie das darauf beruhende Überraschungsmoment auf Seiten des Kunden; es kann bei entsprechender Aufklärung entfallen (Rz. 23 f.). Die Vorschrift geht zurück auf eine st. Rspr. von RG und BGH gegenüber überraschenden AGB-Klauseln aus der Zeit vor Erlass des AGBG; diese war freilich nicht immer eindeutig (Rz. 9) und ging wegen der Berücksichtigung auch von Unbilligkeitsaspekten nicht selten zu weit. Die schon im Teilbericht I der Arbeitsgruppe vorgesehene Regelung ist inhaltlich unverändert Gesetz geworden.

1

2. Gesetzeszweck Der Gesetzeszweck des § 305c Abs. 1 geht dahin, den Verwender daran zu hin- 2 dern, zu Lasten des arglosen oder uninformierten Kunden überraschende Klauseln in den jeweiligen Vertrag einzubeziehen, zumindest aber vom Verwender eine entsprechende Einzelaufklärung des Kunden zu verlangen und den Kunden dadurch vor einer Überrumpelung durch den ungewöhnlichen Inhalt der AGB zu bewahren. Die Vorschrift enthält daher eine Ausprägung des allgemeinen Transparenzgebots (dazu § 307 Rz. 323 ff.)2. Zugleich schützt sie ein Mindest1 Ebenso Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 1; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 3; im Ergebnis auch E. Schmidt ZIP 1987, 1505 (1506). 2 Ganz h.M., vgl. MünchKomm/Basedow Rz. 2; Erman/Roloff Rz. 4; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 11 ff.; Stoffels Rz. 324; Westermann in FS Steindorff, 1990, S. 817 (827); Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (681); Köndgen NJW 1989, 943 (949); Reifner NJW 1989, 952 (959);

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maß an Vertrauen in den redlichen Geschäftsverkehr mit AGB; sie regelt nicht etwa den versteckten Dissens im AGB-Sektor3. Zugleich stellt sie klar, dass die Pauschalverweisung i.S.v. § 305 Abs. 2 sich nur auf diejenigen Klauseln erstreckt, mit deren Aufnahme in AGB der jeweilige Kunde rechnet oder rechnen muss.

3. Systematische Stellung 3 Die Vorschrift des § 305c Abs. 1 steht in systematischem und funktionalem Zusammenhang mit der Regelung der allgemeinen Einbeziehungsvoraussetzungen in § 305 Abs. 24. Sie kommt nur zum Zuge, wenn die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 erfüllt und die AGB daher an sich in den Vertrag einbezogen sind5. Ein Zusammenhang mit der Auslegungsvorschrift des § 305c Abs. 2 ergibt sich daraus, dass der Regelungsgehalt unklarer AGB-Klauseln und damit auch die Entscheidung über ihren überraschenden Charakter durch Auslegung nach den für AGB geltenden Grundsätzen (Rz. 67 ff.) zu gewinnen ist6. 4 Von der Vorrangregelung in § 305b unterscheidet sich § 305c Abs. 1 im Grundsatz deutlich dadurch, dass er kein bloßes Auslegungsprinzip (§ 305b Rz. 7) aufstellt, sondern eine negative Einbeziehungsvoraussetzung begründet7. Demgegenüber hindert § 305b nicht die Einbeziehung der vom Vorrang betroffenen Klausel in den Einzelvertrag, sondern lässt sie nur gegenüber der Individualabrede zurücktreten. Das schließt Zusammenhänge bei Anwendung beider Vorschriften namentlich dort nicht aus, wo das objektiv Ungewöhnliche einer Klausel noch verstärkt wird durch Individualabreden, die hierzu in mittelbarem Widerspruch stehen und eine entsprechend abweichende Erwartung des Kunden hervorrufen8. Das zur Nichteinbeziehung nach § 305c Abs. 1 führende Überraschungsmoment kann sich allerdings nicht schon aus einer Abweichung von individuellen Abreden ergeben („individualvertragsferne Klauseln“)9; anderenfalls erhielte das Einbeziehungserfordernis des Abs. 1 einen subjektiv-individuellen Bezug, der im Gesetz nicht angelegt und mit dem Massencharakter der AGBVerwendung und ihrer gesetzlichen Kontrolle nicht vereinbar ist; eine solche These widerspricht zudem der Systematik der §§ 305b, 305c Abs. 1. 5 Was schließlich das Verhältnis des § 305c Abs. 1 zu §§ 307 bis 309 angeht, so ist die im alten Recht verbreitete Gleichsetzung von überraschenden und unangemessenen Klauseln seit Erlass des AGBG überholt. Aus entsprechenden Grün-

3 4 5 6 7 8 9

Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der AGB, 1992, S. 94 ff.; zurückhaltend aber Gottschalk AcP 206 (2006), 555 (572 ff., 574 f.); § 305c Abs. 1 habe wichtige mittelbare Informationsfunktion, aber nur geringe Bedeutung für das Transparenzgebot. So zutr. Staudinger/Schlosser Rz. 4 gegen Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 5 f. Erman/Roloff Rz. 1; a.A. zu § 3 AGBG Koch/Stübing § 3 AGBG Rz. 4. Erman/Roloff Rz. 6; a.A. Wolf/Lindacher/Hau Rz. 9. Vgl. nur Stoffels Rz. 331. Kritik an der Zusammenlegung der §§ 3 und 5 AGBG in § 305c aber bei Weick JZ 2002, 442: beide Absätze hätten nichts miteinander zu tun. So auch Erman/Roloff Rz. 6; Palandt/Grüneberg Rz. 2; ebenso Wolf/Lindacher/Hau Rz. 4; im Ergebnis auch Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 2, die eine Ausnahme von § 305 Abs. 2 annehmen; a.A. Koch/Stübing § 3 AGBG Rz. 2, 4; Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 5. Vgl. OLG Hamm v. 10.11.1982 – 19 U 115/82, BB 1983, 21 (Ausschluss einer Zusicherung in Gebrauchtwagen-AGB, wenn Verwender auf Vorderseite des Kaufvertrags km-Angabe macht). So aber Staudinger/Schlosser Rz. 24.

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den wie zu § 305 Abs. 2 (vgl. § 305 Rz. 105) besteht grundsätzlich auch kein Rangproblem. Der überraschende Charakter einer Klausel schließt ihren inhaltlich unangemessenen Gehalt nicht aus, sondern wird im Gegenteil nicht selten mit diesem Mangel zusammenfallen (Rz. 12)10. Das gilt verstärkt seit Berücksichtigung des Transparenzgebots im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 (vgl. § 307 Rz. 323 ff.). Bedeutung kommt dieser Überschneidung vor allem für das abstrakte Kontrollverfahren nach § 1 UKlaG zu, da dieses sich nur gegen unangemessene, nicht aber gegen überraschende Klauseln richtet (vgl. auch § 1 UKlaG Rz. 16). Auch im Individualprozess behält die Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 ihren selbständigen Anwendungsbereich jedenfalls gegenüber solchen ungewöhnlichen Klauseln, auf die der Kunde besonders hingewiesen wurde, so dass das Überraschungsmoment entfallen ist (Rz. 23 f.). Umgekehrt kommt der Einbeziehungssperre des § 305c Abs. 1 Bedeutung namentlich gegenüber solchen überraschenden Klauseln zu, die nach § 307 Abs. 3 der Inhaltskontrolle entzogen sind11. Von diesen Sonderfällen abgesehen, steht es wegen der gleichartigen Rechtsfolgen von Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (§ 306 Abs. 1) dem Rechtsanwender auch im Individualprozess trotz des logischen Vorrangs des § 305c Abs. 1 frei, die Unwirksamkeit einer Klausel nach §§ 307 bis 309 festzustellen, ohne sich zuvor mit der Frage ihrer wirksamen Einbeziehung auseinanderzusetzen12. Einer restriktiven Handhabung des § 305c Abs. 1 im Interesse eines entsprechend umfassenderen Anwendungsbereichs der §§ 307 bis 309 bedarf es hierfür nicht13. Namentlich steht auch die Tatsache, dass bestimmte Klauseln in den Verbotskatalog der §§ 308, 309 aufgenommen sind, ihrer Behandlung als überraschende Klauseln je nach Lage des Falles (Rz. 22 ff.) nicht entgegen14. Zur vorrangigen Bedeutung der §§ 307 bis 309 im Fall von Einzel-Verbraucherverträgen wegen Nichtverweisung des § 310 Abs. 3 Nr. 2 auf § 305c Abs. 1 vgl. unten Rz. 8c sowie § 310 Rz. 91.

4. Anwendungsbereich a) Persönlich In persönlicher Hinsicht ist der Anwendungsbereich des § 305c Abs. 1 gegenüber überraschenden Klauseln in AGB einschließlich solcher in Standard-Verbrau10 Weitergehend Schlosser ZIP 1985, 449 (456): Überraschende Klauseln sind stets zugleich unangemessen. Grundsätzlich abweichend und systematisch nicht haltbar Niedenführ Informationsgebote des AGB-Gesetzes, 1985, insb. S. 99 ff., 115 ff., 126 f. – vgl. dazu 8. Aufl. (Ulmer) § 3 AGBG Fn. 7. 11 So auch BGH v. 10.11.1989 – V ZR 201/88, BGHZ 109, 197 (200) = NJW 1990, 576; OLG Düsseldorf v. 10.11.1983 – 6 U 240/82, WM 1984, 82 (83); Niedenführ S. 104; a.A. wohl Niebling BB 1984, 1713 (1715). 12 So zutr. namentlich Staudinger/Schlosser Rz. 2 und Vorbem. Rz. 20; Soergel/Stein zu § 3 AGBG Rz. 3; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 6; ebenso BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, WM 1988, 1780; a.A. einerseits – für Vorrang von § 305c Abs. 1 – Erman/Roloff Rz. 6 (allerdings mit der nicht ganz widerspruchfreien Einschränkung, dass „die Prüfung des Abs. 1 […] unter Berücksichtigung der Prozessökonomie entfallen“ könne, wenn die Klausel unangemessen ist); OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12 U 111/79, NJW 1981, 405 (406); andererseits – für Vorrang der Inhaltskontrolle – Stoffels Rz. 330; Koch/Stübing § 3 AGBG Rz. 5. 13 So aber Hansen WM 1990, 1521 (1524 f.). Wie hier Wolf/Lindacher/Hau Rz. 6. 14 So auch BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, WM 1988, 979 (982); Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 2; a.A. Koch/Stübing § 3 AGBG Rz. 5.

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cherverträgen (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) nicht beschränkt15. Die Vorschrift gilt auch gegenüber Unternehmern als Kunden. Bei ihrer Anwendung ist freilich zu berücksichtigen, dass von ihnen im Regelfall ein höheres Maß an Geschäftserfahrung erwartet werden kann mit der Folge, dass die Voraussetzungen des § 305c Abs. 1 in ihrem Fall weniger leicht vorliegen (Rz. 54). Soweit es demgegenüber um Einzel-Verbraucherverträge i.S.v. § 310 Abs. 3 Nr. 2 geht, spricht gegen die Anwendung des § 305c Abs. 1 im Grundsatz dessen Nichtaufnahme in die Verweisungskette dieser Vorschrift. Das hindert freilich nicht den Rückgriff hierauf aus Gründen richtlinienkonformer Auslegung, soweit dem Transparenzgebot in Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG nicht bereits im Wege der Inhaltskontrolle (Rz. 5) Rechnung getragen werden kann (vgl. § 310 Rz. 91 f.). b) Sachlich 7 Abgesehen vom Sonderfall der überraschenden Gesamtgestaltung (Rz. 8) sowie von den Bereichsausnahmen für das Erb-, Familien- und Gesellschaftsrecht in § 310 Abs. 4 Satz 1 ist der Anwendungsbereich des § 305c Abs. 1 sachlich nicht beschränkt. Die Vorschrift gilt für typische, auf Nebenabreden beschränkte AGB ebenso wie für Formularverträge16. 7a Eine Besonderheit wird in Teilen der Literatur zwar für aufsichtsbehördlich genehmigte AGB von Bausparkassen und Kapitalanlagegesellschaften (bis 1994 auch Versicherungen, vgl. § 305a Rz. 7) vertreten: Bei ihnen soll für die Anwendung von § 305c Abs. 1 regelmäßig kein Raum sein17. Soweit sich diese Ausnahme auf die Erwartung stützt, das Genehmigungsverfahren werde zur Ausschaltung etwaiger überraschender Klauseln führen, hat sich diese Erwartung jedoch nicht bestätigt18. Unzutreffend ist es daher auch, die behördliche Genehmigung als Indiz oder gar als Nachweis dafür anzusehen, dass die genehmigten Bedingungen keinen ungewöhnlichen19 oder überraschenden Charakter haben. Uneingeschränkt der Regelung des § 305c Abs. 1 unterstehen schließlich auch AGB, die bis zur 7. GWB-Novelle den Gegenstand von freigestellten Konditionenempfehlungen oder -kartellen bildeten20. Jedoch kann das Vorliegen eines Konditionenkartells Bedeutung bei der Frage nach der Üblichkeit einer Klausel erlangen (vgl. Rz. 20).

15 H.M., vgl. BGH v. 10.11.1989 – V ZR 201/88, NJW 1990, 576; Erman/Roloff Rz. 5; Palandt/Grüneberg Rz. 2. 16 So auch BGH v. 10.11.1989 – V ZR 201/88, BGHZ 109, 197 (200) = NJW 1990, 576; Erman/Roloff Rz. 5 sowie zum alten Recht BGH NJW 1978, 1519; BGH v. 8.6.1979 – V ZR 191/76, NJW 1979, 2387 (2388); vgl. auch Rz. 17. 17 So zu § 3 AGBG im Anschluss an die amtl. Begr. (S. 20) Dietlein/Rebmann § 3 AGBG Rz. 5; Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 30; Bruckner WM 1987, 449 (456); a.A. (gegen diese Einschränkung) Erman/Roloff Rz. 5; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 43 sowie zu § 3 AGBG Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 4; Koch/Stübing § 3 AGBG Rz. 3; Baums WM 1987, Beil. 2, S. 16 f.; im Grundsatz auch Staudinger/Schlosser § 3 AGBG Rz. 4, 8, jedoch unter Ausnahme allgemein verbreiteter AVB. 18 Den überraschenden Charakter von Klauseln in AVB bejahen etwa BGH v. 27.3.1991 – IV ZR 94/90, NJW-RR 1991, 855 f.; BGH v. 14.11.1984 – IVa ZR 60/83, NJW 1985, 971 f.; LG Bremen v. 10.10.1984 – 6 O 3240/83, NJW 1985, 868; vgl. auch BGH v. 13.11.1980 – IVa ZR 23/80, NJW 1981, 746 und OLG Hamburg v. 6.4.1978 – 10 U 144/77, VersR 1979, 154 (155) (zum alten Recht). Näheres vgl. in Rz. 44 f. 19 So aber Helm NJW 1978, 132; wie hier Erman/Roloff § 305c Rz. 5. 20 A.A. AG Flensburg v. 31.8.1979 – 63 C 365/78, MDR 1980, 319: kartellbehördliche Prüfung gibt einen Hinweis auf das Fehlen des Überraschungsmoments.

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Die Vorschrift des § 305c Abs. 1 ist darauf gerichtet, einzelne Klauseln in AGB, 8 die als solche ungewöhnlich sind, zum Schutz des redlichen Verkehrs erhöhten Einbeziehungsanforderungen zu unterstellen (Rz. 2)21. Daher ist für ihre Anwendung in denjenigen Fällen kein Raum, in denen die rechtliche Gestaltung der Vertragsbeziehungen durch den Verwender in einem Formularvertrag insgesamt für den Kunden überraschend ist22. Dem Gebrauch verschiedener Formulare durch den Verwender zur Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Rechtsgeschäfts in zwei selbständige Verträge über die Lieferung eines Computers sowie der entsprechenden dazugehörenden Programme in der Absicht, dass der Rücktritt des Kunden vom einen Vertrag den anderen unberührt lässt, kann nicht unter Berufung auf § 305c Abs. 1 die Wirksamkeit versagt werden23. Vielmehr sind die Folgen des Wegfalls oder der Fehlerhaftigkeit des einen Vertrags für den anderen nach § 13924 und den zum Einwendungsdurchgriff entwickelten Grundsätzen zu beurteilen. Da die Aufspaltung in zwei rechtlich getrennte Verträge auf der Vorformulierung durch den Verwender beruht, greift die im Rahmen von § 139 grundsätzlich anerkannte Vermutung gegen die Geschäftseinheit getrennter Verträge25 allerdings nicht ein; der Mangel des einen Vertrags schlägt im Zweifel auf den anderen durch26. Im Übrigen können Einwendungen gegen Ansprüche des Verwenders aus einem der Verträge nach Maßgabe des § 359 auch solchen aus dem anderen Vertrag entgegengesetzt werden.27

5. Gemeinschaftsrechtlicher Hintergrund für Verbraucherverträge a) Vorgaben der EG-Richtlinie 93/13/EWG Der Verzicht der EG-Richtlinie28 auf Regelungsvorgaben in Bezug auf die Einbeziehung von vorformulierten Texten in Verbraucherverträge (§ 305 Rz. 198) erstreckt sich auch auf Einbeziehungshindernisse nach Art der in § 305c Abs. 1 geregelten überraschenden Klauseln. Ein Umsetzungs- oder Novellierungsbedarf bestand für den AGB-Gesetzgeber insoweit daher nicht. Allerdings strahlt das Transparenzgebot des Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG aus entsprechenden Gründen wie im Fall des § 305 Abs. 2 Nr. 2 auf die Regelung des § 305c Abs. 1 aus (§ 305 Rz. 198). Nachdem die AGBG-Novelle 1996 darauf verzichtete, diese Vorgabe durch eine besondere Vorschrift umzusetzen, ist ihr in richtlinienkonformer Auslegung bei Anwendung der auf den Transparenzgedanken gestützten Vor21 Zur Frage, inwieweit einzelne nach § 305c Abs. 1 nicht einbezogene Klauseln bei der Prüfung nach § 138 Berücksichtigung finden, vgl. BGH v. 12.3.1981 – III ZR 92/79, BB 1981, 927 (931); NJW 1979, 2092 (2093) (bejahend); Bruse BB 1986, 478 (483) (ablehnend). 22 So auch LG Hamburg bei Bunte AGBE V § 3 Nr. 15. 23 So aber LG München v. 22.7.1980 – 12 O 5462/80, BB 1980, 1552 (1553). 24 Wegen Geschäftseinheit der rechtlich getrennten Verträge, vgl. dazu aus subjektiver Sicht Staudinger/Roth § 139 Rz. 37 ff.; Soergel/Hefermehl § 139 Rz. 15 ff.; Palandt/Ellenberger § 139 Rz. 5; a.A. (für objektive Betrachtung) MünchKomm/Busche § 139 Rz. 16 ff. 25 BGH v. 20.5.1966 – V ZR 214/64, LM Nr. 34 zu § 139; Soergel/Hefermehl § 139 Rz. 18; MünchKomm/Emmerich § 311 Rz. 42. 26 A.A. – nach Lage des Falles differenz.: Staudinger/Schlosser Rz. 6. 27 Näher MünchKomm/Habersack § 359 Rz. 9 ff., 24 ff., zum abschließenden Charakter des § 359 Rz. 20. 28 RL 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff.

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schriften des AGB-Rechts Rechnung zu tragen. Zu diesen für Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen sorgenden Vorschriften gehört auch § 305c Abs. 1 (Rz. 2). Er ist daher für den Bereich der Verbraucherverträge im Lichte des Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG zu interpretieren29. b) Standardverträge 8b

Für die gesetzlich vorgesehene Anwendung des § 305c Abs. 1 auf Standard-Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) gelten keine Besonderheiten. Die Einbeziehung ungewöhnlicher und daher für den Verbraucher überraschender Vertragsbedingungen scheitert bei ihnen ebenso an § 305c Abs. 1, wie es allgemein im Hinblick auf AGB der Fall ist. Darauf, ob die überraschenden Standardklauseln vom Unternehmer bzw. in seinem Auftrag oder aber von einem unabhängigen Dritten gestellt sind, kommt es für die Anwendung des § 305c Abs. 1 angesichts der Fiktion in § 310 Abs. 3 Nr. 1 nicht an. Die gewöhnlich geringere Geschäftserfahrung von Verbrauchern als Kunden ist im Rahmen des Beurteilungsmaßstabs für das Überraschungsmoment zu berücksichtigen (vgl. Rz. 13, 22a). Sie hat zur Folge, dass an das Eingreifen des Einbeziehungshindernisses des § 305c Abs. 1 im Verhältnis zu Verbrauchern weniger hohe Anforderungen gestellt werden, als es im Verhältnis zu Kunden mit typischerweise größerer Geschäftserfahrung der Fall ist. c) Einzelverträge

8c Nach den aus dem Transparenzgebot des Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG folgenden mittelbaren Vorgaben der EG-Richtlinie (Rz. 8a) hätte der Gesetzgeber gut daran getan, in die Verweisungskette des § 310 Abs. 3 Nr. 2 betr. die Geltung von AGB-Recht für vorformulierte Einzel-Verbraucherverträge auch die Vorschrift des § 305c Abs. 1 aufzunehmen30. Eine derartige Verweisung war denn auch ursprünglich in § 24a Nr. 2 RegE AGBG-Novelle vorgesehen; sie wurde jedoch in den Gesetzesberatungen auf Vorschlag des BT-Rechtsausschusses gestrichen31. 8d

Dieser Umstand aus der Entstehungsgeschichte würde es nach allgemeinen, für das nationale Recht geltenden Auslegungsgrundsätzen32 verhindern, die Vorschrift gleichwohl entsprechend auf vorformulierte Einzelverträge anzuwenden. Die im Rahmen der Rechtsvereinheitlichung gebotene richtlinienkonforme Auslegung (Einl. Rz. 96 ff.) ermöglicht es demgegenüber zwar, das aus der Entstehungsgeschichte abzuleitende Analogieverbot zu überwinden. Allerdings kommt die Anwendung des § 305c Abs. 1 auf vorformulierte Einzelverträge aus diesem Grunde nur als ultima ratio für den Fall in Betracht, dass den Vorgaben der EGRichtlinie nicht auf andere Weise Rechnung getragen werden kann, insbesondere dadurch, dass die Berücksichtigung des Transparenzgebots im Rahmen der In-

29 H.M., vgl. MünchKomm/Basedow Rz. 2; Stoffels Rz. 328; zurückhaltend Erman/Roloff Rz. 7; wohl auch Gottschalk AcP 206 (2006), 555 (572) ff. (vgl. schon Fn. 2). 30 Ebenso Heinrichs NJW 1996, 2190 (2193). 31 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/4699 S. 6. 32 Siehe z.B. Larenz/Canaris Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 149 ff., 165 f.

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haltskontrolle nach § 307 (§ 307 Rz. 323 ff.) zur Unwirksamkeit der in Frage stehenden überraschenden Klauseln führt33.

II. Frühere Rechtslage Der Rechtssatz, dass der Kunde sich durch die Einbeziehungsabrede nur solchen AGB unterwerfe, mit denen er billigerweise rechnen müsse, geht auf eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung aus der Zeit vor 1976 zurück34. Allerdings wurden dabei Überraschungsmoment und Unbilligkeit der betreffenden Klausel häufig nicht deutlich getrennt35. Dementsprechend wurde der Vorbehalt gegenüber überraschenden Klauseln nicht selten als Teilaspekt der Inhaltskontrolle von AGB behandelt.

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Im Schrifttum fanden sich von dieser Rechtsprechung abweichende, im Einzelnen unterschiedliche Begründungen für die Unbeachtlichkeit überraschender Klauseln. Zum Teil sah man den tragenden Grund für die Nichteinbeziehung im fehlenden Unterwerfungswillen des Kunden gegenüber überraschenden Klauseln und begründete das Zustandekommen des Vertrages in seinen übrigen Teilen mit der Vorschrift des § 155 über den versteckten Dissens36. Dagegen wurde jedoch mit Recht eingewandt, dass es an der für § 155 erforderlichen objektiven Mehrdeutigkeit einer der Willenserklärungen fehle37. Nach anderer Ansicht sollte das Ergebnis aus der Nichtaufklärung des Kunden über den ungewöhnlichen AGB-Inhalt folgen; sie begründe den Arglisteinwand gegenüber überraschenden Klauseln38. Von dritter Seite schließlich wurde – neben der Reduktion der Einbeziehungserklärung auf billigerweise zu erwartende Klauseln – dem Kunden ein Recht zur Irrtumsanfechtung eingeräumt39. Durch die Regelung des § 305c Abs. 1 hat sich die Frage erledigt.

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33 Letzteres wird in der Praxis zumeist der Fall sein, vgl. auch Heinrichs NJW 1996, 2190 (2196); Eckert ZIP 1996, 1238 (1240); von Westphalen BB 1996, 2101 (2104); Schmidt-Salzer in FS Trinkner, 1995, S. 361 ff. und Schmidt-Salzer NJW 1995, 1641 (1643); generell gegen Anwendung des § 305c Abs. 1 auf Einzelverträge Staudinger/Schlosser § 310 Rz. 67. 34 RG v. 26.10.1921 – I 132/21, RGZ 103, 84 (86); RG v. 22.12.1925 – II 128/25, RGZ 112, 253; RG JW 1931, 1958; BGH v. 8.3.1955 – I ZR 109/53, BGHZ 17, 1 (3) = WM 1955, 839 ff.; BGH v. 29.9.1960 – II ZR 25/59, BGHZ 33, 216 (219) = NJW 1961, 212 ff.; BGH v. 29.10.1962 – II ZR 31/61, BGHZ 38, 183 (185) = WM 1963, 27 ff.; BGH v. 4.6.1970 – VII ZR 187/68, BGHZ 54, 106 (109) = NJW 1970, 1596; BGH v. 28.2.1973 – IV ZR 34/71, BGHZ 60, 243 (245) = WM 1973, 611 ff.; BGH v. 8.10.1975 – VIII ZR 81/74, BB 1976, 157. 35 So zutr. schon Raiser AGB, S. 175 ff.; vgl. auch Löwe in FS Larenz, 1973, S. 379 Fn. 14; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. F. 21 ff.; Stoffels Rz. 325. 36 Fikentscher Schuldrecht, 6. Aufl. 1976, S. 101 f.; Lukes JuS 1961, 306; Trinkner BB 1972, 116 und BB 1973, 357; so zu § 3 AGBG auch Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 5. 37 Götz Zum Schweigen im rechtsgeschäftlichen Verkehr, 1968, S. 127; zur Beurteilung mehrdeutiger AGB nach der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 vgl. Rz. 90 ff. 38 So Raiser AGB, S. 175 ff., 178; ähnlich Staudinger/Weber BGB, 11. Aufl. 1967, § 241 Einleitung N 291. 39 So schon Raiser AGB, S. 246 f.; ferner Grunsky JURA 1969, 89 f.; vgl. dagegen aber Götz Zum Schweigen im rechtsgeschäftlichen Verkehr, 1968, S. 128 ff. und Canaris Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 216, jeweils unter Hinweis auf das regelmäßige Fehlen einer konkreten, der Anfechtung zugänglichen Vorstellung auf Seiten des Kunden.

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III. Inhalt der Vorschrift 1. Voraussetzungen des § 305c Abs. 1 11

Die Vorschrift des § 305c Abs. 1 knüpft die Nichteinbeziehung ungewöhnlicher Klauseln nach ihrem Wortlaut an zwei Voraussetzungen. Die fraglichen Klauseln müssen im Hinblick auf den typischen Inhalt des zwischen Verwender und Kunden geschlossenen Vertrages aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise nach den Gesamtumständen objektiv ungewöhnlich sein. Hinzu kommen muss in subjektiver Hinsicht die Überraschung des Kunden, der wegen des ungewöhnlichen Charakters der Klauseln und der fehlenden Aufklärung über ihren Inhalt nicht mit ihnen rechnete, als er sich mit der Einbeziehung der AGB einverstanden erklärte40. Zum generell-konkreten Maßstab bei Prüfung der subjektiven Voraussetzungen und zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 305c Abs. 1 auf Fälle, in denen die Überrumpelung des Kunden nicht auf dem objektiv ungewöhnlichen Klauselinhalt beruht, sondern lediglich auf den individuellen Begleitumständen des Vertragsschlusses, vgl. Rz. 13 bis 13b. a) Ungewöhnliche Klausel

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Das Ungewöhnliche einer Klausel bestimmt sich allein nach objektiven Kriterien. Maßgebend sind das Gesamtbild des konkreten Vertrags und die Erwartungen, die der redliche Verkehr typischerweise oder auf Grund des Verhaltens des Verwenders bei Vertragsschluss (Werbung, Ausgestaltung des Vertrags u.a.) an den typischen Vertragsinhalt knüpft (vgl. näher Rz. 14 ff., 18 ff.). Entsprechend dem Schutzzweck der Vorschrift (Rz. 2) soll die – vielfach ohne nähere Kenntnis vom AGB-Inhalt erklärte – Zustimmung des Kunden zur AGB-Einbeziehung nur so weit reichen, wie das mit seinem Vertrauen in die funktionsgerechte Verwendung der AGB vereinbar ist. Daraus folgt zugleich, dass für die Anwendung des § 305c Abs. 1 entgegen der früheren Rechtsprechung (Rz. 9) zwischen ungewöhnlichen und unbilligen AGB im Ansatz klar zu unterscheiden ist (vgl. schon Rz. 5). Zwar haben ungewöhnliche Bestimmungen in AGB häufig auch einen unangemessenen Inhalt; die Rechtsprechung hat nicht selten das Vorliegen beider Merkmale bejaht41. Für das Eingreifen des § 305c Abs. 1 kommt es jedoch auf die Unbilligkeit der Klausel nach zutreffend h.M. nicht an42; auch hat diese für sich allein noch nicht deren ungewöhnlichen oder überraschenden Charakter 40 Für grundsätzliche Zweistufigkeit der Prüfung auch Palandt/Grüneberg Rz. 3 f.; Erman/ Roloff Rz. 8; Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 10 ff.; ebenso in der Rechtsprechung OLG Düsseldorf v. 28.5.1986 – 8 U 151/85, BB 1986, 1464 (1465); OLG Köln v. 29.1.1980 – 15 U 163/79, ZIP 1980, 981 (982); OLG Karlsruhe bei Bunte AGBE I § 3 Nr. 8; Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 10, 13; a.A. insb. Stoffels Rz. 334, 336; wohl auch MünchKomm/Basedow Rz. 10 und Wolf/Lindacher/Hau Rz. 18 ff. Der BGH geht zwar meist zweistufig vor, hat sich jedoch nicht darauf festgelegt (so zutr. Stoffels Rz. 334). 41 BGH v. 28.2.1973 – IV ZR 34/71, BGHZ 60, 243 (245) = NJW 1973, 990; BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 = NJW 1995, 2553; BGH v. 17.1.1990 – VIII ZR 292/88, BGHZ 110, 88 (97) = NJW 1990, 2065; BGH v. 10.9.2002 – XI ZR 305/01, NJW 2002, 3627; BGH v. 7.11.1995 – XI ZR 235/94, NJW 1996, 249; BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (55) unter e); BGH v. 29.9.1983 – VII ZR 225/82, NJW 1984, 171 (172 f.); BGH v. 3.12.1981 – VII ZR 368/80, NJW 1982, 765 (766 f.); BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 95/83, BB 1985, 147 (148); vgl. dazu auch die Übersicht bei Wolf/Pfeiffer JZ 1988, 388 (390). 42 So auch Erman/Roloff Rz. 6 und zu § 3 AGBG Dietlein/Rebmann § 3 AGBG Rz. 1; Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 11; nicht eindeutig Staudinger/Schlosser Rz. 2 und 14; zum

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zur Folge43. So wird etwa eine unangemessene Haftungsbegrenzung im Rahmen von AGB nur dann zu einer ungewöhnlichen Klausel, wenn sie den Verwender in besonders weit gehendem, vom Üblichen eindeutig abweichendem Umfang von der Haftung freistellt (Rz. 16). Umgekehrt verliert die Regelung einer zusätzlichen Hauptpflicht des Kunden im Rahmen von AGB nicht dadurch ihren überraschenden Charakter, dass dem Kunden zugleich ein Anspruch auf angemessene Gegenleistung eingeräumt wird (Rz. 26). Die klare gesetzliche Unterscheidung zwischen Einbeziehungsvoraussetzungen und Inhaltskontrolle macht es notwendig, bei Anwendung des § 305c Abs. 1 ausschließlich auf das Ungewöhnliche der Klausel (dazu Rz. 14 ff.) und den damit verbundenen Überraschungseffekt abzustellen. Wird dieser durch einen ausdrücklichen Hinweis beseitigt (Rz. 23), so bleibt die etwaige Unangemessenheit der Klausel davon doch unberührt. b) Überraschung des Kunden Als weiteres Tatbestandsmerkmal stellt die Vorschrift des § 305c Abs. 1 auf den Überraschungseffekt der Klausel ab. Sie lässt nicht etwa schon deren ungewöhnlichen Charakter als solchen genügen, sondern setzt zusätzlich voraus, dass die Klausel so ungewöhnlich ist, dass der Kunde mit ihr nicht zu rechnen brauchte (Begründung zum AGBG-E S. 19: „ganz ungewöhnlich“). Das Vorliegen dieser Voraussetzung beurteilt sich im Grundsatz nach einem generellen Maßstab (zur Einbeziehung der konkreten Umstände vgl. Rz. 13a). Entscheidend sind entsprechend der im Zivilrecht vorherrschenden typisierenden Betrachtungsweise in erster Linie die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge typischerweise zu erwartenden Kundenkreises, wie sie sich auf Grund von dessen Geschäftserfahrung sowie auf Grund der drucktechnischen Ausgestaltung der fraglichen AGB ergeben44. Ist nach diesem Maßstab der überraschende Charakter der fraglichen Klausel zu verneinen, so kann sich ein gleichwohl überraschter Kunde vorbehaltlich konkreter Besonderheiten (Rz. 13a) nicht auf seine individuell geringere Erkenntnismöglichkeit berufen.

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Dieser generelle Maßstab kann durch die konkreten Verhältnisse beim Vertragsschluss modifiziert werden, und zwar sowohl hinsichtlich einer Ausweitung als auch hinsichtlich einer Einschränkung des Eingreifens von § 305c Abs. 1. Eine normzweckbedingte Ausweitung erfährt die Vorschrift nach st. Rspr. in denjenigen Fällen, in denen die fragliche Klausel zwar nicht objektiv ungewöhnlich ist, aber in denen sie angesichts der individuellen Begleitumstände des Vertrags-

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früheren Recht vgl. BGH v. 8.10.1975 – VIII ZR 81/74, NJW 1977, 195 (196); BGH v. 12.10.1978 – VII ZR 139/75, NJW 1979, 212. 43 OLG Karlsruhe bei Bunte AGBE I § 3 Nr. 8; wohl auch BGH v. 3.12.1981 – VII ZR 368/80, WM 1982, 202 (203); Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 7; a.A. von Westphalen ZIP 1980, 988. 44 Ganz h.M., vgl. BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150 (154) = NJW 1995, 2637; BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (49) = NJW 1989, 222; BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, BGHZ 102, 152 (159) = NJW 1988, 558; BGH v. 8.5.1987 – V ZR 89/86, BGHZ 101, 29 (33) = NJW 1987, 2228; BGH v. 20.9.1989 – VIII ZR 239/88, NJW 1990, 247 (249); BGH v. 24.9.1980 – VIII ZR 273/79, NJW 1981, 117 (118); BGH v. 26.3.1987 – VII ZR 196/86, WM 1987, 907; BGH v. 18.2.1992 – XI ZR 126/91, ZIP 1992, 386 (388); ebenso MünchKomm/Basedow Rz. 6; Erman/Roloff Rz. 8; Palandt/Grüneberg Rz. 4; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 35; Staudinger/Schlosser Rz. 13; a.A. – auf den Erkenntnisstand des konkreten Kunden abstellend – noch OLG Frankfurt v. 3.2.1981 – 3/7 O 36/80, DB 1981, 1459; LG Stuttgart v. 23.12.1986 – 25 O 539/86, WM 1987, 68 (70); Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 13; Koch/Stübing § 3 AGBG Rz. 7.

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schlusses, darunter dem Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen, den Werbeaussagen des Verwenders oder dem äußeren Zuschnitt des Vertrags, von den berechtigten Erwartungen des Kunden deutlich abweicht und bei ihm zu einer Überrumpelung führt45. Dabei kommt es nicht auf die Erkenntnismöglichkeiten des konkreten Vertragspartners, sondern auf diejenigen des typischerweise bei Verträgen der fraglichen Art zu erwartenden Durchschnittskunden an46. Demgegenüber kann der Verwender eine Einschränkung dadurch herbeiführen, dass er den jeweiligen Kunden ausdrücklich oder in sonstiger geeigneter Weise auf eine ungewöhnliche Klausel in seinen AGB hinweist und dadurch das im Überraschungsmoment liegende Einbeziehungshindernis beseitigt (Rz. 23 f.). 13b

Beide in Rz. 13a genannten Modifikationen beruhen auf dem Zweck der Vorschrift, den arglosen und uninformierten Kunden vor Überrumpelung zu schützen (Rz. 2). Sie haben zur Folge, dass es im Rahmen von § 305c Abs. 1 keine per se überraschenden Klauseln ohne Rücksicht auf die Umstände ihrer Einbeziehung gibt47. Das schließt zwar nicht die Bildung von Fallgruppen aus (Rz. 26 ff.). Sie können jedoch nur den Sinn haben, typische Fallgestaltungen zu kennzeichnen, bei denen es regelmäßig einer Aufklärung durch den Verwender gegenüber dem jeweiligen Kunden bedarf, wenn die betreffenden Klauseln Vertragsbestandteil werden sollen (zum Umfang der Aufklärungspflicht vgl. Rz. 24).

2. Ungewöhnlichkeit a) Grundsatz 14

Erste Voraussetzung für das Eingreifen von § 305c Abs. 1 ist der ungewöhnliche (nicht notwendig: unbillige, vgl. Rz. 12) Charakter der fraglichen Klausel. Er ist dann zu bejahen, wenn ihr Inhalt nach dem konkreten Vertragstyp48 nicht üblich ist. Die Üblichkeit ist nicht schon auf Grund der tatsächlichen Verbreitung der fraglichen Klausel zu bejahen. Nach dem Schutzzweck des § 305c Abs. 1 (Rz. 2), den uninformierten Kunden vor Überraschungen hinsichtlich des Inhalts der von ihm ohne nähere Kenntnis akzeptierten AGB zu bewahren, kommt es vielmehr darauf an, ob die als Kunden angesprochenen Verkehrskreise mit AGB dieses Inhalts im Zusammenhang mit dem jeweiligen Vertragstyp rechnen. Die brancheneinheitliche Verwendung der AGB, etwa auf Grund entsprechender Konditionenempfehlungen oder -kartelle oder auf Grund einer auf Einheitlichkeit drängenden Aufsichtspraxis, ist daher für sich allein nicht geeignet, das Un45 BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, BGHZ 102, 152 (159) = NJW 1988, 558; BGH v. 10.11.1989 – V ZR 201/88, BGHZ 109, 197 (201) = NJW 1990, 576; BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150 (154) = NJW 1995, 2637; BGH v. 16.1.2001 – XI ZR 84/00, NJW 2001, 1416 (1417); BGH v. 21.6.2001 – IX ZR 69/00, NJW-RR 2002, 485 (486); OLG Köln NZM 2008, 806; Erman/Roloff Rz. 8; Palandt/Grüneberg Rz. 4; Stoffels Rz. 338. 46 BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, BGHZ 102, 152 (159) = NJW 1988, 558; BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (49) = NJW 1989, 222; BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150 (154) = NJW 1995, 2637; Stoffels Rz. 336. 47 So auch OLG Koblenz v. 15.9.1989 – 2 U 52/88, NJW 1989, 2950 (2952); KG bei Bunte AGBE I § 3 Nr. 11; Staudinger/Schlosser Rz. 2; Trinkner BB 1973, 357; wohl auch Belke JA 1988, 480 f. und Kohte ZIP 1988, 1233; a.A. anscheinend Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 2; wohl auch Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 5, die ausschließlich auf objektive Umstände abstellen. 48 Anders Staudinger/Schlosser Rz. 8 und Wolf/Lindacher/Hau Rz. 27, die grundsätzlich auf die Gesamtheit der fraglichen Schuldverträge als Vergleichsbasis abstellen wollen.

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gewöhnliche der Klausel zu widerlegen (vgl. auch Rz. 42 f. zu den AGB-Banken, Rz. 44 ff. zu den Versicherungsbedingungen). b) Unterscheidung zwischen vorformulierten Haupt- und Nebenabreden Eine erste Fallgruppe ungewöhnlicher AGB bilden diejenigen Klauseln, mit deren Verwendung im Rahmen des konkreten Vertragstyps die beteiligten Verkehrskreise auf Grund ihrer Art nicht rechnen, so wenn die AGB auf die Begründung weiterer Hauptpflichten des Kunden gerichtet sind, oder wenn der Gegenseitigkeitscharakter eines Dauerschuldverhältnisses dadurch aufgelöst wird, dass die AGB den Kunden verpflichten, das Entgelt auch bei Nichterbringung der Leistung durch den Verwender weiterzuzahlen (Rz. 26, 28). Das Kennzeichen dieser Fälle und der nach dem Gesetzeszweck (Rz. 2) maßgebliche Grund für das Eingreifen der Vorschrift sind jeweils darin zu sehen, dass der Regelungsgehalt solcher AGB abweichend von deren üblichem, typischerweise vom Einverständnis des Kunden erfassten Inhalt nicht auf Nebenabreden beschränkt ist, sondern auch die Begründung oder wesentliche Modifizierung von Hauptverpflichtungen umfasst49. Ungewöhnlich sind daher auch solche Klauseln, die entgegen dem äußeren Anschein des Formulars vorzeitig zu einer rechtlichen Bindung des Kunden führen sollen (vgl. Beisp. in Rz. 29). Hierunter können auch Klauseln fallen, die in die Verbotskataloge der §§ 308, 309 aufgenommen sind (vgl. etwa § 309 Nr. 11 und 12, dazu oben Rz. 5, 12).

14a

Ungewöhnlich sind ferner solche AGB-Klauseln, die den Vertragscharakter entgegen dem äußeren Erscheinungsbild und den Werbeaussagen des Verwenders modifizieren sollen. Die Begründung zum AGBG-E (S. 19) verweist insoweit auf die Rechtsprechung zu Vermittlerklauseln solcher Reiseunternehmen, die nach außen den Eindruck erwecken, Eigenleistungen zu erbringen50. Da das werbemäßige Auftreten des Verwenders und das von ihm gestaltete äußere Erscheinungsbild des Vertrags zu den Umständen gehören, die nach §§ 133, 157 für die Auslegung des Vertrags von Bedeutung sind und die Art der Hauptleistung kennzeichnen, geht es auch in diesen Fällen um Modifikationen der Hauptabreden. – Zur Problematik von Eigentumsvorbehaltsklauseln vgl. Rz. 33 ff.

15

Soweit es bei den fraglichen Klauseln dagegen um Nebenabreden geht, wie sie zur Konkretisierung der Rahmenordnung des Vertrags üblicherweise in AGB geregelt werden, ist – auch abgesehen vom Überraschungsmoment – schon das Un-

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49 Vgl. BGH v. 11.10.1984 – IX ZR 73/83, BGHZ 92, 295 (300) = NJW 1985, 45 (Verpflichtung des Bürgen, zusätzliche Sicherheit zu bestellen); BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (31 f.) = NJW 1995, 2553 (Ausdehnung der Bürgenhaftung für betragsmäßig limitierten Kontokorrentkredit auf künftige Verbindlichkeiten); BGH v. 29.1.1982 – V ZR 82/81, BGHZ 83, 56 (59) = NJW 1982, 1035; BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, BGHZ 102, 152 (158) = NJW 1988, 558 und BGHZ 109, 197 (201) = NJW 1990, 576 (Erweiterung des Haftungsumfangs einer zur Sicherung fremder Schuld bestellten Grundschuld für fremde Schuld auf künftige Verbindlichkeiten des Dritten; BGH v. 1.10.2014 – VII ZR 344/13, BGHZ 202, 309 (313) = NJW 2015, 49 (50) Rz. 13 (Stoffpreisgleitklausel); anders BGH v. 8.5.1987 – V ZR 89/86, BGHZ 101, 29 (33) = NJW 1987, 2228 bei Erweiterung auf künftige eigene Verbindlichkeiten); OLG Hamburg v. 26.10.1982 – 12 U 202/80, ZIP 1982, 1421 (1423) (zusätzliche Übernahme einer Rückbürgschaft in Bürgschaftsformular); AG München CR 2007, 816 (Entgeltlichkeit einer Lebenserwartungsberechnung). 50 BGH v. 18.10.1973 – VII ZR 247/72, NJW 1974, 37; OLG Hamburg bei Bunte AGBE II § 3 Nr. 3a (Identity of Carrier-Klausel).

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gewöhnliche der Vereinbarung nur unter zusätzlichen Voraussetzungen zu bejahen. Dass Gewährleistungsbeschränkungen, Haftungsausschlussklauseln, Abnahme- und Zahlungsfristen u.a. in AGB geregelt werden, ist für sich genommen nicht ungewöhnlich. Anderes gilt dann, wenn die jeweils vorgesehene Regelung inhaltlich deutlich vom Maßstab des dispositiven Rechts oder der üblicherweise anzutreffenden Konditionen abweicht51. Ungewöhnlich sind danach etwa Gerichtsstandsvereinbarungen im kaufmännischen Verkehr, wenn sie sich auf einen von den üblichen Gerichtsständen abweichenden, in keinem konkreten Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis stehenden Ort beziehen52. Entsprechendes gilt für Freizeichnungsklauseln, wenn sie abweichend vom üblichen Inhalt zur Einschränkung oder Beseitigung des vertraglichen Gegenseitigkeitscharakters führen (Rz. 28). Ungewöhnlich sind erst recht Klauseln, mit denen weitere, selbständige Vertragsverhältnisse zu Dritten beeinflusst werden sollen53. Nicht ungewöhnlich sind angesichts ihrer weiten Verbreitung im Grundsatz Schriftformklauseln in AGB54; anderes kann im Einzelfall freilich mit Rücksicht auf die konkreten Umstände des Vertragsschlusses gelten (Rz. 19)55. 17

Sonstige Fälle, in denen typische Nebenabreden an der Einbeziehungsschranke des § 305c Abs. 1 scheitern können, bilden Klauseln, die nach der Aufmachung der AGB, deren Gliederung und Systematik nicht an der fraglichen Stelle zu erwarten sind und die aus diesem Grunde auch aufmerksame Kunden überraschen und das Vertrauen in die AGB-Ausgestaltung gefährden56. Entsprechendes gilt bei Formularverträgen, bei denen die äußere Gestaltung und Einteilung des Vertragstextes, insbesondere die Aufnahme von Hauptabreden in die Rahmenbedingungen des Formularvertrags, Anlass gibt, den ungewöhnlichen Charakter der Klauseln zu bejahen57. Auch bei AGB, die im Fernabsatz über Internet verwen51 H.M., vgl. BGH v. 21.11.1991 – IX ZR 60/91, NJW 1992, 1234 (1235); BGH v. 24.9.1980 – VIII ZR 273/79, NJW 1981, 117 (118) sowie zum früheren Recht st. Rspr., vgl. BGH v. 24.9.1980 – VIII ZR 273/79, NJW 1978, 1519 und BGH v. 30.1.1979 – VI ZR 216/77, NJW 1979, 2353 (2354); ebenso Erman/Roloff Rz. 9; Palandt/Grüneberg Rz. 3; Stoffels Rz. 342; Staudinger/Schlosser Rz. 11, 15 (in Bezug auf Gerichtsstandsvereinbarungen). 52 So zutr. OLG Köln v. 20.6.1989 – 24 U 44/89, ZIP 1989, 1068 (1069); LG Konstanz v. 23.6.1983 – 3 HO 31/83, BB 1983, 1372; Staudinger/Schlosser Rz. 11, 15; Schiller NJW 1979, 636 f.; im Ergebnis ebenso OLG Hamm v. 14.1.1994 – 12 U 128/93, NJW 1995, 2499. Zur Frage der Angemessenheit von Gerichtsstandsvereinbarungen vgl. Teil 2, (21) Gerichtsstandsklauseln Rz. 1 ff. 53 Vgl. BGH v. 11.12.2003 – III ZR 118/03, NJW-RR 2004, 780 f. (Einbeziehung von Drittunternehmen in eine AGB-Klausel mit verjährungsverkürzender Wirkung [auch] zu deren Gunsten). 54 So auch Wolf/Dammann Anh. 310 Rz. S 90 ff.; Erman/Roloff Rz. 17; a.A. Staudinger/ Schlosser § 305b Rz. 39 ff.; Baumann BB 1980, 552; wohl auch AG Passau BB 1978, 121. 55 Zu Schriftformklauseln in Mietverträgen vgl. Kreikenbohn/Niederstetter NJW 2009, 406 (409): (nur) bei Wohnraummietverträgen kommt ein Verstoß gegen § 305c Abs. 1 in Frage. 56 Vgl. BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 (113) = NJW 1982, 2309; BGH v. 29.9.1983 – VII ZR 225/82, NJW 1984, 171 (173); BB 1977, 61 (63); OLG Düsseldorf v. 6.1.1989 – 16 U 77/88, NJW-RR 1989, 1330; OLG Karlsruhe NJW 1987, 1489; OLG Hamm v. 2.5.1983 – 2 U 284/82, MDR 1984, 53; OLG Hamburg v. 26.10.1982 – 12 U 202/80, ZIP 1982, 1421 (1423); Staudinger/Schlosser Rz. 12, 27. 57 Vgl. BGH v. 22.12.1992 – VI ZR 341/91, BGHZ 121, 107 (113 f.) = NJW 1993, 779; WM 1976, 740; OLG Köln v. 21.1.1994 – 19 U 223/93, NJW 1994, 1483; OLG Hamburg v. 26.10.1982 – 12 U 202/80, ZIP 1982, 1421 (1423).

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det werden, kann eine irreführende Programmgestaltung den ungewöhnlichen Charakter der Klausel begründen58. Insbesondere werden versteckte Kostenklauseln nicht wirksam einbezogen, wenn nicht schon die „Registrierungsseite“ einen entsprechenden Hinweis auf die Entgeltlichkeit enthält59. Auf die Art und Weise des konkreten Vertragsschlusses kommt es im Grundsatz für das Ungewöhnliche der Klausel nicht an; die vorstehenden Schranken gelten daher ferner auch bei fernmündlichem Vertragsschluss oder in sonstigen Fällen, in denen einem Kunden die AGB nicht selbst vorliegen. c) Einzelheiten Für die Feststellung des objektiv ungewöhnlichen Charakters der jeweiligen 18 Klausel im Rahmen des konkreten Vertragstyps ist entscheidend, ob das Vertrauen des Verkehrs in eine funktionsgerechte Ausgestaltung der AGB und der darauf beruhende Verzicht des Kunden auf eine nähere Kenntnisnahme ihres Inhalts durch Aufnahme der ungewöhnlichen Klausel objektiv missachtet wird60. Dementsprechend stellt der Wortlaut von § 305c Abs. 1 auf Klauseln ab, mit denen der Kunde nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags nicht zu rechnen brauchte. In Übereinstimmung damit betont auch die Begründung zum AGBG-E (S. 19), dass in erster Linie an Fälle gedacht ist, in denen die ungewöhnliche AGB-Klausel zu einer vom Kunden nicht erwarteten, wesentlichen Änderung des Vertragscharakters führen würde, etwa durch Erstreckung eines Kaufvertrags auf die Wartung der gekauften Gegenstände oder durch Koppelung eines Mietvertrags mit einer Kaufverpflichtung des Mieters nach Ablauf der Mietzeit. Hierzu zählt auch eine Klausel in einem als Vorvertrag bezeichneten Formular, die schon zu einer endgültigen Bindung des Kunden führt61. Als weitere Beispiele berücksichtigungsfähiger Umstände nennt die Begründung (S. 19), freilich ohne eindeutige Trennung des ungewöhnlichen Inhalts vom Überraschungsmoment, die Werbung des Verwenders,62 den Gegenstand des Geschäfts sowie die Anordnung und das Schriftbild vertragskonstitutiver Urkunden. Die Verwendung deutschsprachiger AGB gegenüber sprachunkundigen Ausländern als Kunden kann zwar ein Einbeziehungshindernis nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 begründen (vgl. Anh. § 305 Rz. 14 f.), nicht aber dem Klauselinhalt ganz oder teilweise einen ungewöhnlichen oder überraschenden Charakter geben63. Neben dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags und der Werbung des Ver- 19 wenders sind unter den Gesamtumständen weiter zu berücksichtigen der Gang und der Inhalt der Vertragsverhandlungen sowie die Aufmachung der Vertrags58 Vgl. LG Dortmund v. 24.4.1991 – 1 S 466/90, NJW-RR 1991, 1529; siehe auch LG Bielefeld v. 20.2.1990 – 18 S 295/89, NJW-RR 1991, 1145; LG Wuppertal v. 16.5.1990 – 8 S 21/90, NJW-RR 1991, 1148 und AG Kassel NJW-RR 1991, 1146. 59 Zutr. Berger ZGS 2009, 252 (253); Ellbogen/Saerbeck CR 2009, 131. – Speziell zum Überraschungseffekt von AGB-Klauseln des Verkäufers im Rahmen einer Internetauktion Heiderhoff ZIP 2006, 793 (795). 60 OLG Düsseldorf v. 14.11.1991 – 6 U 91/91, WM 1992, 1895 (1897); Erman/Roloff Rz. 2; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 26. 61 Etwa die Begründung einer Bierbezugspflicht in einem Darlehensvorvertrag unabhängig vom Zustandekommen des Darlehensvertrags, vgl. BGH NJW 1978, 1519 (1520); ähnlich BGH NJW 1982, 765; OLG Celle v. 12.6.1981 – 8 U 30/81, VersR 1984, 68 (69); BKartA WuW/E BKartA 1989, 1994. 62 Beispiel: LG Berlin v. 30.5.2013 – 7 O 159/12, juris Rz. 17 ff: Werbung für Leasingvertrag mit reiner Kilometerabrechnung macht Restwertausgleichsklausel überraschend. 63 Schäfer JZ 2003, 879 (882); a.A. Schlechtriem in FS Weitnauer, 1981, S. 141 f.

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urkunde, namentlich auch deren Überschrift64, einschließlich der sich daraus objektiv ergebenden Rückschlüsse auf den Vertragsinhalt65. Ungewöhnlich können danach auch Klauseln sein, die andere, ihrerseits einen abschließenden Eindruck vermittelnde Regelungen modifizieren, soweit sie nicht im räumlichen Zusammenhang mit diesen angeordnet, sondern an anderer Stelle des Formulars oder der AGB oder in einem weiteren Formular oder AGB-Text wiedergegeben sind66. 20

Von Bedeutung sein kann auch die Häufigkeit von Klauseln der fraglichen Art67, jedenfalls soweit die beteiligten Verkehrskreise mit ihnen rechnen68 oder sie der Verkehrssitte entsprechen. Allerdings entfällt der Charakter des Ungewöhnlichen nicht allein auf Grund großer Verbreitung einer Klausel, ja selbst im Fall ihrer Branchenüblichkeit (Rz. 14). Das gilt namentlich dann, wenn sich das Ungewöhnliche aus den sonstigen Umständen ergibt, insbesondere aus dem Widerspruch der betreffenden Klausel zum gewählten Vertragstyp oder zum Inhalt der Vertragsverhandlungen69. Aus der Neuartigkeit bestimmter Regelungen kann sich, zumal wenn sie für einen verbreiteten Vertragstyp bestimmt sind, die Notwendigkeit eines Hinweises an die Kunden (Rz. 23 ff.) ergeben, um den Überraschungseffekt auszuschließen70. Allerdings lässt sich daraus nicht schlechthin auf den ungewöhnlichen Charakter neuer AGB schließen, insbesondere wenn es sich um Nebenabreden handelt (Rz. 16 f.). § 305c Abs. 1 begrenzt weder grundsätzlich die Gestaltungsfreiheit bei vorformulierten Verträgen, noch soll er die

64 Vgl. BGH v. 1.3.1978 – VIII ZR 70/77, NJW 1978, 1519 (1520); BGH v. 4.6.1987 – IX ZR 31/86, WM 1987, 924; BGH v. 18.12.1986 – IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 (282) = ZIP 1987, 439; OLG Nürnberg v. 20.6.1990 – 9 U 3650/89, NJW 1991, 232 (234). 65 Ganz h.M., vgl. BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150 (154) = NJW 1995, 2637; BGH v. 21.11.1991 – IX ZR 60/91, NJW 1992, 1234 (1235); BGH v. 24.9.1980 – VIII ZR 273/79, NJW 1981, 117 (118); BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, NJW 1988, 558 (560); OLG Saarbrücken v. 29.11.1995 – 5 U 300/95-20, NJW-RR 1996, 477 (479); OLG Hamm BB 1979, 1425 (1426); OLG Hamm v. 12.5.1986 – 5 U 180/85, ZIP 1986, 1547 (1549); Erman/Roloff Rz. 11, 13; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 21. 66 BGH v. 1.6.1989 – X ZR 78/88, NJW 1989, 2255 f.; WM 1978, 723 (725); LG Düsseldorf NJW 1979, 605; LG Essen NJW 1979, 555, jeweils zu die Vergütungsregelung modifizierenden Klauseln; weiterhin BGH v. 29.9.1983 – VII ZR 225/82, NJW 1984, 171; OLG Köln v. 21.1.1994 – 19 U 223/93, NJW 1994, 1483; OLG Hamm v. 2.5.1983 – 2 U 284/82, MDR 1984, 53; OLG Hamburg v. 17.2.1984 – 11 U 141/83, BB 1984, 934 (936); OLG Düsseldorf v. 28.5.1986 – 8 U 151/85, BB 1986, 1464 (1465). 67 Vgl. BGH v. 20.9.1989 – VIII ZR 239/88, NJW 1990, 247 (249) zum kündbaren, auf unbestimmte Zeit geschlossenen Leasingvertrag; BGH v. 24.4.1985 – VIII ZR 65/84, WM 1985, 638 (640) zur Ersetzung der Leasinggeberhaftung durch Abtretung der Gewährleistungsansprüche gegen den Hersteller; BGH v. 22.9.1983 – I ZR 40/81, NJW 1984, 1112 (1113) zur Übertragung des Rechts zur Schallplattenvervielfältigung; BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305/81, ZIP 1983, 76 (77) zur Vertragsstrafenvereinbarung im Bauvertrag; OLG Stuttgart v. 10.3.1982 – 8 REMiet 3/81, NJW 1982, 1294 zur Übernahme von Schönheitsreparaturen durch den Mieter; OLG Celle v. 26.4.1995 – 3 U 113/94, NJW 1998, 82 (83) zur Legitimationsklausel in Sparkassen-AGB, mit befreiender Wirkung an einen durch Testament ausgewiesenen Erben zu leisten. 68 So zutr. BGH v. 8.5.1987 – V ZR 89/86, BGHZ 101, 29 (33) = NJW 1987, 2228; LG Frankfurt/M. v. 17.9.1984 – 2/24 S 22/84, NJW 1985, 686. 69 So auch OLG Saarbrücken v. 29.11.1995 – 5 U 300/95-20, NJW-RR 1996, 477 (479); Erman/Roloff Rz. 11; Schünemann NJW 1988, 1945 f.; nicht eindeutig Staudinger/ Schlosser Rz. 8, 9 f. 70 Wolf/Lindacher/Hau Rz. 26; a.A. Staudinger/Schlosser Rz. 17.

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wirtschaftlich zweckmäßige Fortentwicklung vertraglicher Rahmenbedingungen erschweren71. Erweist sich eine Klausel ausnahmsweise wegen ihres den Kunden begünstigenden Inhalts als ungewöhnlich, so greift § 305c Abs. 1 schon mit Rücksicht auf seinen am Kundenschutz orientierten Zweck nicht ein72.

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3. Überraschungsmoment a) Subjektive Beurteilung aus Kundensicht Das Ungewöhnliche einer AGB-Klausel auf Grund ihrer Art, ihres Inhalts oder ihrer textlichen Anordnung reicht für das Eingreifen von § 305c Abs. 1 nicht aus. Hinzukommen muss das Überraschungsmoment auf Seiten des Kunden als Folge der Diskrepanz zwischen dem ungewöhnlichen Charakter der Klausel und der Kundenerwartung73. Zutreffend wird insoweit von dem – zum Eingreifen von § 305c Abs. 1 führenden – „Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt“ gesprochen74. Ob eine Klausel überraschend ist, richtet sich nach für den Verwender erkennbaren subjektiven Umständen in der Sphäre des Kunden; dabei ist ein generell-konkreter Maßstab zugrunde zu legen (Rz. 13, 13a), namentlich auf den Erwartungshorizont des für den konkreten Vertrag typischen Kunden abzustellen (Rz. 27)75. Es handelt sich um ein den Anwendungsbereich des § 305c Abs. 1 typischerweise einschränkendes Merkmal, das den an objektiven Kriterien orientierten Maßstab des Ungewöhnlichen aus der Sicht des Kundenhorizonts überprüft und ggf. entschärft.

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Ebenso wenig wie das bloß Ungewöhnliche einer Klausel reicht entgegen der 22a Überschrift der Vorschrift auch das Überraschungsmoment als solches für das Eingreifen von § 305c Abs. 1 aus76. Gegenüber einer üblichen, nach Art, Inhalt und Ausgestaltung des Vertrags für den fraglichen Geschäftsverkehr nicht ungewöhnlichen Klausel kann ein wenig geschäftserfahrener Kunde nicht einwenden, er sei durch ihren Inhalt überrascht worden. Der mit § 305c Abs. 1 be71 So zu § 3 AGBG zutr. Dietlein/Rebmann § 3 AGBG Rz. 2; Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 8; vgl. auch Koch/Stübing § 3 AGBG Rz. 8. 72 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 4. 73 BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 (112) = NJW 1982, 2309; BGH v. 6.12.1984 – IX ZR 115/83, NJW 1985, 848 (849). 74 Vgl. nur BGH v. 20.2.1987 – V ZR 249/85, BGHZ 100, 82 (85) = NJW 1987, 1885; BGH v. 10.11.1989 – V ZR 201/88, BGHZ 109, 197 (201) = NJW 1990, 576; BGH v. 26.3.1987 – VII ZR 196/86, WM 1987, 907; BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, NJW 1988, 558 (559); OLG Düsseldorf v. 28.5.1986 – 8 U 151/85, BB 1986, 1464 (1465); OLG Hamm v. 12.5.1986 – 5 U 180/85, ZIP 1986, 1547 (1549); OLG Stuttgart v. 16.6.1987 – 12 U 39/87, ZIP 1987, 837 (838); aus der Literatur etwa Schünemann NJW 1988, 1946; Paulusch WM 1986, Beil. 10, S. 20; Taupitz JuS 1989, 520 (522). 75 Vgl. z.B. München NZG 2009, 714 m. Anm. Staudinger für AVB-Klausel zur Geltung des sog. „claims-made-Prinzips“ in der D&O-Versicherung. 76 So auch Staudinger/Schlosser Rz. 7; OLG Celle v. 26.4.1995 – 3 U 113/94, NJW 1998, 82 (83); ebenso zum früheren Recht BGH v. 28.9.1978 – II ZR 10/77, NJW 1979, 105 (106): mit einer üblichen Klausel ist auch dann zu rechnen, wenn sie in einem klein gedruckten, wenig systematisch gestalteten Text enthalten und nicht besonders hervorgehoben ist; undifferenziert demgegenüber OLG Frankfurt v. 3.2.1981 – 3/7 O 36/80, DB 1981, 1459, wonach für die Anwendung des § 3 AGBG „Umfang, Aufbau, Lesbarkeit und Verständlichkeit“ der AGB entscheidend sind; weiter gehend wohl auch Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 10.

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zweckte Vertrauensschutz (Rz. 2) geht nicht so weit, zusätzliche Einbeziehungsschranken speziell zum Schutz geschäftsunkundiger Verbraucher aufzustellen77. Immerhin kann je nach Lage des Falles für das Überraschungsmoment das Verhalten des Verwenders von Bedeutung sein (Rz. 23). Entsprechendes gilt umgekehrt für das Verhalten des Kunden, wenn es dem Verwender den Schluss aufdrängt, dass der Kunde von einem bestimmten Charakter des Vertrags ausgeht und mit dem Vorhandensein damit unvereinbarer und daher ungewöhnlicher Klauseln nicht rechnet. b) Ausschluss der Überraschung 23

Aus dem subjektiven Gehalt des Überraschungsmerkmals folgt zugleich, dass der überraschende Charakter einer ungewöhnlichen Klausel dann zu verneinen ist, wenn der Kunde entweder die ungewöhnliche Klausel kennt oder doch mit ihr nach den gesamten Umständen rechnen muss78. Die Gegenansicht, die den überraschenden Charakter einer ungewöhnlichen Klausel rein objektiv bestimmen und den besonderen Hinweis des Verwenders auf die Klausel als konkretes Einbeziehungsangebot im Unterschied zur pauschalen AGB-Einbeziehung nach § 305 Abs. 2 werten will79, verkennt insoweit den geltenden generell-konkreten Maßstab (Rz. 13, 13a); sie kann auch nicht hinreichend erklären, warum es trotz des Erfordernisses gesonderter Einbeziehung bei der AGB-Qualität der ungewöhnlichen Klausel bleibt. Zur Überwindung des Überraschungseinwands reicht zwar der Umstand, dass der Kunde den die ungewöhnliche Klausel enthaltenden AGB-Text gelesen und dabei auch von der ungewöhnlichen Klausel Kenntnis erlangt hat, für sich allein nicht aus80. Auch ist der verständliche und systematisch geordnete Aufbau und Inhalt eines AGB-Textes nicht schon in der Lage, einer ihrem Regelungsgehalt nach ungewöhnlichen Klausel den überraschenden Charakter zu nehmen81. Macht aber der Verwender den Kunden durch eindeutigen Hinweis auf die betreffende Klausel aufmerksam oder hebt er diese in dem dem Kunden überlassenen AGB-Text durch die gewählte Drucktype, eine den Klauselinhalt bezeichnende, drucktechnisch herausgestellte Überschrift oder in anderer geeigneter Weise so deutlich hervor, dass ihre Kenntnisnahme durch den Kunden erwartet werden muss, so steht ihr ungewöhnlicher Charakter der Einbeziehung nicht entgegen82. Eine gesondert in unmittel77 BGH v. 24.9.1980 – VIII ZR 273/79, NJW 1981, 117 (118); Erman/Roloff Rz. 8, 12 m.w.N.; offen lassend aber BGH v. 22.9.1983 – I ZR 40/81, NJW 1984, 1112 (1113) angesichts einer seit vielen Jahren üblichen Klausel über die Urheberrechtsübertragung im Rahmen einer vorformulierten Gagen-Abrechnung. 78 Erman/Roloff Rz. 12; Palandt/Grüneberg Rz. 4; Koch/Stübing § 3 AGBG Rz. 11; enger Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 14; krit. OLG Düsseldorf v. 10.11.1983 – 6 U 240/82, WM 1984, 82 (84 f.). 79 So Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 5, 15. 80 BGH NJW 1978, 1519 (1520); OLG Düsseldorf v. 6.1.1989 – 16 U 77/88, NJW-RR 1989, 1330 (1333). 81 So auch BGH v. 22.12.1992 – VI ZR 341/91, BGHZ 121, 107 (113 f.) = NJW 1993, 779; OLG Hamm v. 23.3.1987 – 18 U 186/86, NJW-RR 1988, 687; Lindacher JR 1981, 158; a.A. anscheinend OLG Frankfurt v. 3.2.1981 – 3/7 O 36/80, DB 1981, 1459. 82 Ganz h.M., vgl. BGH v. 18.2.1992 – XI ZR 126/91, NJW 1992, 1822 (1823); BGH v. 6.12.1984 – IX ZR 115/83, NJW 1985, 848 (849); BGH v. 24.9.1980 – VIII ZR 273/79, NJW 1981, 117 (118 f.); BGH v. 24.6.1997 – XI ZR 288/96, WM 1997, 1615; Erman/Roloff Rz. 12; Palandt/Grüneberg Rz. 4; Staudinger/Schlosser Rz. 31; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 38a, 40; so auch schon früher BGHZ 47, 207 (210–212); BGH NJW 1978, 1519 (1520) und DB 1976, 1616; enger Lindacher JR 1981, 158; a.A. Schmidt-Salzer Produkthaftung,

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barer Nähe der Unterschrift des Kunden abgedruckte, drucktechnisch nicht besonders hervorgehobene Klausel ist allerdings nicht ohne Weiteres geeignet, das Überraschungsmerkmal auszuräumen83. Über die äußere Wahrnehmungsmöglichkeit durch besonderen Hinweis, drucktechnische Hervorhebung o.Ä. hinaus muss der typische Kunde auch inhaltlich Bedeutung und Tragweite der objektiv ungewöhnlichen Klausel erkennen können84. Drucktechnische Hervorhebung genügt daher nur, wenn die Klausel verständlich abgefasst ist oder wenn sie durch den Verwender erläutert wurde; nur so wird dem Regelungszweck des § 305c Abs. 1 genügt. Dabei sind an Art und Deutlichkeit des Hinweises um so höhere Anforderungen zu stellen, je ungewöhnlicher die betreffende AGB-Klausel ist85, je weiter gehende Verpflichtungen sich hieraus für den Kunden ergeben und je geringer typischerweise oder im konkreten Fall (Rz. 13 f.) Geschäftserfahrung und Verständnismöglichkeiten des Kunden sind86. Erhöhte Anforderungen an den Hinweis können auch wegen des Umfangs des Klauselwerks und der Vielzahl von Hervorhebungen87, ferner auf Grund der besonderen, die Aufnahmefähigkeit des Kunden beeinträchtigenden Umstände des Vertragsschlusses veranlasst sein88; in derartigen Fällen kann sich etwa ein Hinweis auf der Vorderseite der Vertragsurkunde empfehlen89.

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Die notarielle Belehrung bei Grundschuldbestellungen u.a. ist nicht ohne Weiteres geeignet, das Überraschungsmoment zu beseitigen90. Ein nachträglicher Hin-

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S. 87 (keine Kenntnisnahmeobliegenheit); Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 5. Vgl. aber auch OLG Hamm v. 29.6.1995 – 5 U 45/95, WM 1995, 1872 (1874): bei einem Bürgschaftsformular mit der klar herausgestellten Überschrift „Höchstbetragsbürgschaft“ ist eine Klausel, die die Nebenforderungen gegen den Hauptschuldner mit einbeziehen soll, trotz Fettdrucks der Worte „der Betrag“ und „erhöht sich“ überraschend; ähnlich auch BGH v. 21.6.2001 – IX ZR 69/00, NJW-RR 2002, 485, wonach bei einer formularmäßig verlängerten Bürgschaft die drucktechnische Hervorhebung einer Haftungsausschlussklausel nicht genügt, um ihr den Überraschungscharakter zu nehmen. Verneinend BGH v. 4.10.1995 – XI ZR 215/94, BGHZ 131, 55 (59) = NJW 1996, 191 betr. die formularmäßige Erweiterung des Sicherungszwecks einer vom betagten Eigentümer bestellten Grundschuld; bejahend BGH v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, NJW 1980, 1619 (1620). So zu § 3 AGBG auch Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 14; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 38a (sinnerfassende Kenntnisnahme); ähnlich BGHZ 131, 55 (60) = NJW 1996, 191; WM 1984, 1056 (1058); LG Frankfurt/M. v. 27.4.1987 – 2/24 S 276/86, NJW-RR 1987, 745 (746). BGH v. 21.6.2001 – IX ZR 69/00, ZIP 2001, 1408: wesentliche Änderung der Bürgschaftsbedingungen bei Verlängerung einer Bankbürgschaft; LG Aschaffenburg v. 1.6.2006 – 2 S 36/06, NJW-RR 2007, 1128: formularmäßige Erstattungspflicht für sog. „Einreisestrafen“ muss vollständig auf dem Flugschein abgedruckt sein. BGH v. 4.10.1995 – XI ZR 215/94, BGHZ 131, 55 (59) = NJW 1996, 191; OLG Oldenburg v. 26.7.1990 – 1 U 55/90, NJW-RR 1990, 1523 (1524); Erman/Roloff Rz. 12. BGH v. 25.3.1982 – III ZR 198/80, BB 1982, 1018 (1019); zust. Lindacher JR 1983, 20 (21). OLG Düsseldorf v. 10.11.1983 – 6 U 240/82, WM 1984, 82 (85); OLG Köln v. 9.11.1988 – 27 U 77/88, NJW 1990, 776; vgl. auch LG Düsseldorf NJW 1979, 605 und AG Bad Homburg bei Bunte AGBE I § 3 Nr. 17, jeweils unter Hinweis auf die psychische Belastung des einen Krankenhausaufnahmevertrag abschließenden Kunden. Weitergehend Lindacher JR 1984, 333 (334). Ebenso Erman/Roloff Rz. 12; weitergehend BGH v. 8.6.1979 – V ZR 191/76, BGHZ 75, 15 (20 ff.) = NJW 1979, 2387; BGH v. 18.11.1988 – V ZR 75/87, BGHZ 106, 19 (23 f.) = NJW 1989, 831; WM 1997, 1615 (1616) und ZIP 2001, 120 (123), die der Belehrung für § 3 AGBG keine Bedeutung zugemessen haben; krit. dazu Volmer WM 1998, 914 (916 f.); offener auch BGH v. 17.5.1991 – V ZR 140/90, NJW 1991, 2141 (2142); ferner OLG Saar-

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weis ist wegen der Ausgestaltung des § 305c Abs. 1 als Einbeziehungsschranke irrelevant und führt nicht etwa zur Modifizierung der AGB nach Vertragsschluss91. c) Beweislast 25

Der Nachweis dafür, dass der Kunde trotz des ungewöhnlichen, nach allgemeiner Erfahrung überraschenden Charakters der Klausel mit ihr rechnete, ist Sache des Verwenders92. Ebenso hat er einen das Überraschungsmoment ausschließenden Hinweis zu beweisen. Vorformulierte Bestätigungsklauseln, etwa in dem Sinne, der Kunde habe eine bestimmte Klausel zur Kenntnis genommen, erleichtern den Nachweis nicht; es gilt Entsprechendes wie für allgemeine, auf den gesamten Text bezogene Bestätigungsklauseln (vgl. dazu § 305 Rz. 166)93. Demgegenüber hat der Kunde nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen die objektiven und subjektiven Anwendungsvoraussetzungen des § 305c Abs. 1 zu beweisen. Bei notariell beurkundeten Verträgen kann die ordnungsmäßige Belehrung durch den Notar zwar im Einzelfall dazu beitragen, dass es am Überraschungsmoment fehlt94. Auch hier trägt aber der Verwender die Darlegungsund Beweislast dafür, dass eine zur Ausräumung des Überraschungsmerkmals im konkreten Fall geeignete Belehrung tatsächlich erfolgt ist95.

4. Fallgruppen a) Begründung oder Veränderung von Hauptpflichten des Kunden 26

Eine erste typische Fallgruppe bilden diejenigen AGB-Klauseln, die zusätzliche Hauptpflichten des Kunden begründen oder bestehende erweitern und dadurch den Gegenstand des Vertrags verändern oder den Vertrag abweichend von seinem äußeren Erscheinungsbild zu einem gemischten machen96. Zu denken ist an die Vereinbarung eines entgeltlichen Servicevertrages beim Kauf eines wartungsbedürftigen Produkts oder an die Begründung laufender Bezugspflichten

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brücken v. 19.11.2007 – 7 U 59/02, DNotZ 2004, 712 (ohne drucktechnische Hervorhebung im Text auch bei notariellen Verträgen kein Ausschluss der Überraschung); a.A. Palandt/Grüneberg Rz. 4; MünchKomm/Basedow Rz. 8 (bei Beurkundung ist Abs. 1 regelmäßig ausgeschlossen). Vgl. auch Text bei Fn. 93. BGH v. 2.3.1978 – VII ZR 104/77, WM 1978, 723 (725); Erman/Roloff Rz. 12; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 38a; teilweise abweichend Staudinger/Schlosser Rz. 33 für den Fall, dass die überraschende Klausel sich erst nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses auswirkt. Vgl. BGH v. 10.11.1989 – V ZR 201/88, BGHZ 109, 197 (203) = NJW 1990, 576; BGH v. 29.1.1982 – V ZR 82/81, BGHZ 83, 56 (60) = NJW 1982, 1035; BGH v. 18.2.1992 – XI ZR 126/91, ZIP 1992, 386 (389); OLG Köln v. 29.1.1980 – 15 U 163/79, ZIP 1980, 981 (982) sowie zum früheren Recht BGH v. 1.3.1978 – VIII ZR 70/77, NJW 1978, 1519 (1520); NJW 1979, 2387 (2388); so auch Erman/Roloff Rz. 33; Palandt/Grüneberg Rz. 14; Wolf/ Lindacher/Hau Rz. 39. So auch BGH v. 2.3.1978 – VII ZR 104/77, WM 1978, 723 (725); Wolf/Lindacher/Hau Rz. 39; a.A. Bohle BB 1983, 16 (18) – Überraschungsmoment entfällt. BGH v. 18.12.1986 – IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 (282 f.) = NJW 1987, 904; BGH v. 17.5.1991 – V ZR 140/90, NJW 1991, 2141 (2142); OLG Hamm v. 6.11.1986 – 5 U 108/86, WM 1987, 1064; vgl. aber auch Nachw. in Fn. 89. Vgl. BGH v. 8.6.1979 – V ZR 191/76, NJW 1979, 2387 (2388). Vgl. Staudinger/Schlosser Rz. 18 ff.; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 28; Stoffels Rz. 340 f.

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für die zum Betrieb der Kaufsache erforderlichen Hilfs- oder Betriebsstoffe97, ferner an Klauseln, die den Mieter zum Erwerb der Mietsache nach Ablauf des Vertrages verpflichten98 oder eine Ankaufspflicht in einem Erbbaurechtsvertrag begründen99. Ungewöhnlich sind auch Entgeltklauseln bei üblicherweise unentgeltlich angebotenen Leistungen (s.a. Rz. 30)100. Ob die Gegenleistung des Verwenders in einem angemessenen Verhältnis zu der zusätzlichen Hauptpflicht des Kunden steht, ist für das Eingreifen von § 305c Abs. 1 ohne Belang (Rz. 12). Ebenso fällt hierunter die Vereinbarung einer Provision für den Fall des späteren Erwerbs des vermittelten Mietobjekts, wenn der Makler den Kunden hierauf bei Auftragserteilung nicht deutlich hingewiesen hat101, sowie eine auf die Mithaftung des Kundenvertreters gerichtete AGB-Klausel (vgl. dazu auch § 309 Nr. 11 Rz. 5 ff.). Ungewöhnlich und beim Fehlen eines besonderen Hinweises überraschend ist auch die Ausdehnung der für eine bestimmte Bankforderung eingegangenen Bürgschaft oder der von einem Dritten geleisteten Sicherheit auf sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche der Bank gegen den Hauptschuldner102, nicht dagegen die Mithaftung der der Bank zur Verwahrung übergebenen Wertsachen für einen Bankkredit103. Eine die Hauptleistungspflicht modifizierende und daher grundsätzlich überraschende Klausel liegt schließlich auch vor, wenn sie im Falle eines auf Teilamortisation angelegten Leasingvertrags bei ordentlicher Kündigung die Abrechnung auf Vollamortisationsbasis vorsieht104. Zur Unwirksamkeit ungewöhnlicher, auf die Begründung weiterer Kundenpflichten gerichteter Klauseln in Fernunterrichtsverträgen vgl. § 2 Abs. 5 FernUSG. Ungewöhnliche Klauseln liegen demgegenüber trotz Modifikation der Hauptleistung in AGB nicht ohne Weiteres vor, wenn solche Modifikationen bei Verträgen der fraglichen Art typisch sind, wie namentlich bei Versicherungsverträgen (vgl. Rz. 44)105. Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise mit 97 Begründung zum AGBG-E S. 19; so auch Erman/Roloff Rz. 13; Staudinger/Schlosser Rz. 18. 98 Sonnenschein NJW 1980, 1493. 99 BGH v. 8.6.1979 – V ZR 191/76, NJW 1979, 2387 (2388); Staudinger/Schlosser Rz. 18; vgl. auch Rz. 30 f. 100 BGH v. 26.7.2012 – VII ZR 262/11, NJW-RR 2012, 1261, Rz. 10 ff (Eintragung in Internet-Branchenverzeichnis) mit zust. Anm. Schwab JuS 2013, 353 (354) und Niebling MDR 2014, 636 (367); LG Berlin v. 21.10.2011 – 50 S 143/10, NJW-RR 2012, 424 (425) (für Wohngemeinschaftsangebote und -gesuche auf Website); vgl. auch AG Bielefeld v. 20.2.2013 – 404 C 278/12, juris Rz. 7 ff. zur überraschenden Laufzeitverlängerung bei Immobilieninserat im Internet. 101 BGH v. 28.2.1973 – IV ZR 34/71, BGHZ 60, 243; Staudinger/Schlosser Rz. 18; vgl. auch Teil 2, (31) Maklerverträge Rz. 5. 102 Vgl. die Nachw. in Fn. 146, 147 (Bürgschaft) und in Fn. 185 (Grundschuld). Ebenso BGH v. 7.11.1995 – XI ZR 235/94, NJW 1996, 249 (Schuldbeitritt); zum Ganzen vgl. auch Wolf/Schmidt Anh. 310 Rz. B 359 f. und unter Rz. 36 ff., 40a. 103 Vgl. Rz. 42 zur Beurteilung von Nr. 14 Abs. 1 und 2 AGB-Banken v. 31.10.2009 (= Nr. 19 Abs. 2 AGB-Banken 1988) nach § 305c Abs. 1. 104 OLG Karlsruhe v. 23.4.1986 – 6 U 139/84, NJW-RR 1986, 1112; OLG Oldenburg v. 18.2.1987 – 3 U 211/86, NJW-RR 1987, 1003; LG Frankfurt/M. v. 6.5.1985 – 2/24 S 319/84, BB 1985, 2072 f.; vgl. auch BGH v. 15.10.1986 – VIII ZR 319/85, NJW 1987, 377 (379) und OLG Celle v. 5.1.1994 – 2 U 177/91, NJW-RR 1994, 743. 105 So auch OLG Saarbrücken v. 19.7.2006 – 5 U 53/06, NJW-RR 2006, 1623 (Beschränkung von Krankenversicherungsleistungen auf Behandlung durch niedergelassenen Arzt); OLG München v. 8.5.2009 – 25 U 5136/08, NZG 2009, 714 (Klauseln zur Geltung des „claims-made-Prinzips“ in der D&O-Versicherung, siehe schon Fn. 75); Staudinger/

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Leistungsbeschreibungen des fraglichen Inhalts im vorformulierten Text rechnen konnten106. Die formularmäßige Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens im Rahmen eines Darlehensvertrags wird wegen ihrer Üblichkeit im Regelfall nicht von § 305c Abs. 1 erfasst (vgl. Rz. 20 sowie Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 25). b) Beseitigung des vertraglichen Gegenseitigkeitscharakters 28

Eine zweite Gruppe typischerweise überraschender Klauseln bilden Bestimmungen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen und sonstigen Austauschverträgen, die die Pflicht des Kunden zur Fortzahlung des Entgelts auch für diejenigen Fälle vorsehen, in denen der Verwender seinerseits die Gegenleistung nicht erbringt. Das gilt etwa beim formularmäßigen Ausschluss der Vermieterverpflichtung, das Mietobjekt in vertragsgemäßem Zustand zu halten, und bei der Erstreckung der Zahlungspflicht des Mieters entgegen § 536 Abs. 1 auf Fälle der Gebrauchsstörung107, oder bei Vereinbarung eines Mietzinsanspruchs des Verwenders auch für den Fall, dass er die Mietsache zu Sicherungszwecken wieder an sich zieht108. Im Unterschied zu Haftungsbeschränkungsklauseln, deren Aufnahme in AGB üblich ist und deren Einbeziehung in den Vertrag daher im Regelfall nicht an § 305c Abs. 1 scheitert, geht es hier um Bestimmungen, die das Verhältnis der Hauptleistungen betreffen (vgl. auch § 308 Nr. 3 Rz. 16 zur ähnlichen Problematik bei unangemessenen Rücktrittsvorbehalten).

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Eine gewisse Ähnlichkeit mit der in Rz. 28 genannten Fallgruppe weisen zum einen Klauseln auf, die dem Verwender das Dispositionsrecht über den Gegenstand der von ihm zu erbringenden Leistung einräumen. Sie führen ebenfalls zu einer Verpflichtung des Kunden, das Entgelt ohne Erlangung der vertraglich vereinbarten Hauptleistung zu zahlen109. Zum anderen ist auf Klauseln in einem Vorvertrag hinzuweisen, die für den Kunden unabhängig vom Zustandekommen des Hauptvertrages Leistungspflichten begründen110.

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Schlosser Rz. 8; sowie zu § 3 AGBG Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 10; für generelles Nichteingreifen von § 305c Abs. 1 in derartigen Fällen aber AG Recklinghausen v. 10.4.1979 – 14 C 753/78, VersR 1979, 905. Zur Inhaltskontrolle von Regelungen über den Umfang des Versicherungsschutzes in AGB vgl. § 307 Rz. 55 ff., 58; Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen Rz. 7 ff. BGH v. 8.10.1975 – VIII ZR 81/74, WM 1975, 1203 (1205); so auch OLG Nürnberg v. 3.12.1976 – 1 U 179/75, NJW 1977, 1402. OLG Hamm v. 4.5.1976 – 4 U 294/75, BB 1976, 1049; a.A. BGH v. 1.3.1978 – VIII ZR 183/76, BB 1978, 523; vgl. auch AG Sinzig v. 16.12.1986 – 4 C 446/86, NJW-RR 1987, 498 (Fortzahlung einer Heimgebühr noch 14 Tage nach dem Tod des Bewohners nicht überraschend). Vgl. BGH v. 9.2.1970 – VIII ZR 97/68, NJW 1970, 992 betr. eine klauselmäßige Ersetzungsbefugnis des Lieferanten sowie BGH v. 1.12.1981 – KZR 37/80, NJW 1982, 644 (645) und OLG Karlsruhe v. 21.5.1980 – 6 U 81/79, WRP 1980, 640 (642) zum Fall des branchenüblichen und daher nicht ungewöhnlichen (vgl. Rz. 20) Dispositionsrechts des Grossisten gegenüber Zeitungs- und Zeitschrifteneinzelhändlern. Vgl. BGH v. 1.3.1978 – VIII ZR 70/77, NJW 1978, 1519 (1520): Bierbezugspflicht in einem Darlehensvorvertrag unabhängig vom Zustandekommen des Darlehensvertrages (zust. Staudinger/Schlosser Rz. 18); BGH v. 3.12.1981 – VII ZR 368/80, NJW 1982, 765: Berechnung einer Bearbeitungsgebühr für Kostenvoranschlag, wenn Reparaturauftrag nicht erteilt wird (anders KG v. 28.7.1982 – 23 W 3810/82, ZIP 1982, 1333 (1334) im Fall deutlicher Belehrung); OLG Köln v. 29.1.1980 – 15 U 163/79, ZIP 1980, 981: Berechnung einer Bearbeitungsgebühr für die Nichtabnahme eines Darlehens in einem Formular, mit dem der Kunde die Bank zur Abgabe eines Kreditangebots auffordert.

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c) Sonstige Abweichungen vom Vertragstyp Zu einer dritten Gruppe lassen sich solche Klauseln zusammenfassen, die dazu 30 dienen, dem Vertrag abweichend vom äußeren Erscheinungsbild einen qualitativ anderen Charakter zu geben111. Die Begründung zum AGBG-E (S. 19) verweist als Beispiel auf das Urteil des BGH112, in dem einem Reiseveranstalter angesichts seines Auftretens als Erbringer von Eigenleistungen die Berufung auf die Vermittlerklausel in den AGB versagt wurde113. Auf Grund der Vorschriften über den Reisevertrag (§§ 651a ff.) sind nunmehr Vermittlerklauseln nach der Sondervorschrift des § 651a Abs. 2 grundsätzlich auch dann rechtlich wirkungslos, wenn sie nicht unter die AGB-Definition fallen114. Hierher gehört weiter eine AGB-Klausel, die dem Verwender abweichend von § 652 unter bestimmten Voraussetzungen einen erfolgsunabhängigen Anspruch auf die Maklerprovision gewährt115, oder die die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung abweichend vom konkreten Inhalt des Darlehensvertrags vorsieht116. Die Fälle des in einer einheitlichen Urkunde niedergelegten finanzierten Teilzahlungskaufs, in denen das Auseinanderfallen von Darlehens- und Kaufvertrag durch eine formularmäßige Trennungsklausel offen gelegt wird, haben sich durch Anordnung der halbzwingenden Geltung des § 358 erledigt. Weitere Beispiele in diesem Zusammenhang bilden die Vereinbarung ungewöhnlicher, mit der Hauptleistung üblicherweise nicht verbundener Nebenabreden zu Lasten des Kunden wie die Ausschließlichkeitsbindung des als Käufer auftretenden Kunden117, die Verpflichtung des Kunden zur Versicherung der unter Eigentumsvorbehalt erworbenen Ware gegen andere als typische Schadensrisiken (vgl. schon Rz. 16)118 oder die Verpflichtung eines Bürgen, der Bank auf Verlangen eine weitere Sicherheit zu bestellen119. Nicht ungewöhnlich dürfte allerdings die Pflicht zur Vollkaskoversicherung von unter Eigentumsvorbehalt erworbenen oder gemieteten Kraftfahrzeugen sein120; entsprechendes gilt für die Verpflichtung des Käufers, entstandene Transportschäden festzustellen und dem

111 Vgl. Stoffels Rz. 343: „versteckte Klauseln“. 112 BGH v. 18.10.1973 – VII ZR 247/72, BGHZ 61, 275 = NJW 1974, 37. 113 Ebenso Staudinger/Schlosser Rz. 30 und OLG Hamburg v. 11.6.1981 – 6 U 12/81, RIW 1982, 205 (Identity of Carrier-Klausel). Offen gelassen von BGH v. 26.6.1980 – VII ZR 210/79, NJW 1980, 2192 (2193) wegen der Besonderheiten des Falles, weil einerseits Hinweise auf die Vermittlertätigkeit des Reisebüros nicht nur in den AGB, sondern auch im Vertragstext zu finden waren, andererseits das Reisebüro in der Werbung als Veranstalter auftrat; der BGH half mit dem Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. 114 Vgl. dazu MünchKomm/Tonner § 651a Rz. 90. 115 BGH v. 22.2.1967 – VIII ZR 215/64, NJW 1967, 1225 (1226); BGH v. 26.4.1973 – III ZR 174/70, NJW 1973, 1276; offen lassend AG Ulm v. 11.8.1983 – 6 C 1190/83, ZIP 1983, 1219. 116 OLG Schleswig v. 29.1.2004 – 5 U 106/03, ZIP 2004, 2087 (2088). 117 Staudinger/Schlosser Rz. 21. 118 Einschränk. LG Frankfurt/M. bei Bunte AGBE I § 9 Nr. 22: ungewöhnlich ist Versicherungspflicht bei Konsumgüterverträgen wie etwa dem Möbelkauf, nicht dagegen bei hochwertigen Maschinen. 119 BGH v. 11.10.1984 – IX ZR 73/83, BGHZ 92, 295 (300) = NJW 1985, 45 – zum alten Recht. 120 Einschränk. für den Verkehr mit Verbrauchern anscheinend von Westphalen ZIP 1980, 731; vgl. auch Teil 2, (43) Sicherungsklauseln Rz. 6.

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Verkäufer mitzuteilen121. Im Zweifel sind hierunter auch ungewöhnliche, für den Kunden überraschende Verfügungen wie Gehaltsabtretungsklauseln beim Kreditkauf122 oder im Formularmietvertrag123 zu rechnen, ferner die Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an eine Druckerei bei Zahlungsverzug des Bestellers,124 oder an urheberrechtlich geschützten nutzergenerierten Inhalten bei sog. „User Generated Content“-Plattformen (z. B. YouTube oder Facebook), sofern die Nutzungsrechte über das für die Plattformnutzung als solche Erforderliche hinausgehen125; ebenso auch die Abtretung der Kostenerstattungsforderung im Prozessvollmachtsformular126. Zum Eingreifen von § 305c Abs. 1 wegen der ungewöhnlichen, versteckten Platzierung bestimmter, ihrer Art nach nicht unüblicher Klauseln in einem umfangreichen Regelwerk vgl. Rz. 17.

5. Rechtsfolgen 32

Die Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung überraschender Klauseln bestimmen sich nach § 306. Der Vertrag kommt ohne die betroffenen Klauseln zustande (§ 306 Abs. 1); bei einer aus mehreren selbständigen Teilen zusammengesetzten Klausel beschränkt sich die Nichteinbeziehung auf den jeweils ungewöhnlichen und überraschenden Regelungsteil (§ 306 Rz. 12 f.). Soweit dadurch eine Lücke entsteht (§ 306 Rz. 25), wird sie durch dispositives Gesetzesrecht, hilfsweise durch ergänzende Auslegung geschlossen (§ 306 Abs. 2). Dazu und zum Sonderfall der Gesamtunwirksamkeit nach § 306 Abs. 3 vgl. die Erläuterungen daselbst. Die frühere Streitfrage, ob der Vertragsschluss unter Verwendung überraschender Klauseln nach § 155 zu beurteilen ist (Rz. 10), hat sich durch die Vorschriften der §§ 305c Abs. 1, 306 erledigt.

IV. Einzelfälle 1. Eigentumsvorbehaltsklauseln 33

Im Hinblick auf Eigentumsvorbehalts- und sonstige Sicherungsklauseln liegt der Schwerpunkt für ihre AGB-rechtliche Beurteilung nicht bei den allgemeinen Vorschriften (insb. den §§ 305b, 305c Abs. 1)127, sondern bei der Angemessen-

121 BGH v. 28.1.1987 – VIII ZR 46/86, WM 1987, 730 (auch wenn es sich um eine Bringschuld handelt). 122 Für ihren überraschenden Charakter OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304 (1307); OLG Celle bei Bunte AGBE I § 3 Nr. 9; LG Düsseldorf bei Bunte AGBE V § 3 Nr. 16; LG Nürnberg-Fürth bei Bunte AGBE I § 9 Nr. 140a; Löwe/Trinkner § 3 AGBG Rz. 9; a.A. OLG Frankfurt v. 18.6.1986 – 9 U 89/85, WM 1987, 131 (132); LG Nürnberg-Fürth v. 13.7.1987 – 3 O 9596/86, BB 1987, 1559; zur Wertung nach § 307 vgl. Teil 2, (43) Sicherungsklauseln Rz. 22. 123 AG Hamburg-Wandsbek bei Bunte AGBE V § 3 Nr. 18. 124 So OLG Frankfurt v. 8.12.1983 – 6 U 82/83, WRP 1984, 558 im Hinblick auf das von der Druckerei vorbehaltene Recht, sich durch Vertrieb der Druckerzeugnisse zu befriedigen; so auch Nordemann NJW 2012, 3121. 125 Dazu Solmecke/Dam MMR 2012, 71 (71 f.); Berberich MMR 2010, 736 (737). 126 LG Nürnberg-Fürth v. 27.2.1976 – 11 S 6905/75, AnwBl. 1976, 166; einschränk. OVG Münster v. 23.2.1987 – 11 B 43/87, NJW 1987, 3029 (außerhalb von Strafprozessen). 127 So aber noch Löwe/Trinkner/von Westphalen § 3 AGBG Rz. 18 ff.; Löwe/Trinkner § 4 AGBG Rz. 32 ff.; von Westphalen DB 1977, 1637 ff., 1685 ff.

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heitskontrolle nach § 307128. Angesichts der weiten Verbreitung des Eigentumsvorbehalts und seiner verschiedenen Ausgestaltungen als Sicherungsmittel für den Warenkredit kann sich die Frage nach dem Eingreifen von § 305c Abs. 1 meist nur für unübliche, den jeweils angesprochenen Kundenkreis überraschende Sonderformen stellen (vgl. Rz. 35). In jedem Fall unproblematisch aus der Sicht des § 305c Abs. 1 sind nach ganz h.M. der einfache und der verlängerte sowie der auf bereits bestehende Forderungen bezogene erweiterte Eigentumsvorbehalt129. Eine Einschränkung gilt nur beim nachträglichen, im Rahmen des Erfüllungsgeschäfts ausgesprochenen Eigentumsvorbehalt im Falle eines ohne diesen abgeschlossenen Verpflichtungsgeschäfts (vgl. § 305 Rz. 197), sofern der Kunde nicht auf Grund der vorangegangenen Vertragsverhandlungen damit rechnen musste130. Zumindest der einfache Eigentumsvorbehalt wird verbreitet schon als handelsüblich angesehen; teilweise wird dies auch für den verlängerten Eigentumsvorbehalt vertreten131. – Zur Beurteilung von Klauseln, die dem Eigentumsvorbehaltskäufer eine Anzeigepflicht bei Pfändungen in die Vorbehaltsware und die Kosten einer Drittwiderspruchsklage auferlegen, vgl. von Westphalen ZIP 1980, 732. Im Handelsverkehr sind grundsätzlich unproblematisch auch der in AGB be- 34 gründete Kontokorrentvorbehalt und der ihm wirtschaftlich gleichstehende, auf künftige Forderungen erstreckte erweiterte Eigentumsvorbehalt, und zwar unabhängig vom Bestehen eines Kontokorrentverhältnisses132. Wie der BGH133 zu Recht betont hat, steht dem Eingreifen von § 305c Abs. 1 in diesen Fällen allein schon die Häufigkeit der Verwendung derartiger Klauseln im kaufmännischen Verkehr entgegen. Wer im Handelsverkehr AGB des Lieferanten akzeptiert, muss auch mit Vorbehaltsklauseln der genannten Art rechnen, unabhängig davon, ob ihre Vereinbarung als angemessen i.S.v. § 307 zu werten ist134. Anderes

128 Vgl. Teil 2, (43) Sicherungsklauseln Rz. 2, 6 ff. Zur Einbeziehungsproblematik bei kollidierenden AGB vgl. im Übrigen § 305 Rz. 182 ff.; zum Vorrangproblem vgl. § 305b Rz. 17 sowie allgemein auch oben Rz. 5. 129 Erman/Roloff Rz. 15; Löwe/Trinkner/von Westphalen § 3 AGBG Rz. 23–25, 27; Hiddemann WM 1982, Sonderbeil. 5, S. 27; von Westphalen DB 1977, 1638 f.; einschränk. Wolf/Dammann Anh. 310 Rz. E 11 ff., E 49 ff., E 37 ff. (unbedenklich „jedenfalls“ für den Unternehmensverkehr). 130 Vgl. dazu auch von Westphalen BB 1980, 1406; a.A. Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 12 Fn. 51. 131 Vgl. Nachw. in § 305 Rz. 195. 132 So wohl auch Hiddemann WM 1982, Sonderbeil. 5, S. 27; a.A. OLG Karlsruhe v. 2.11.1977 – 13 U 174/76, DB 1977, 2324; Löwe/Trinkner/von Westphalen § 3 AGBG Rz. 20, 23 ff. und von Westphalen DB 1977, 1640. 133 BGH v. 28.9.1977 – VIII ZR 82/76, WM 1977, 1353 (1354); so auch Braun Kontokorrentvorbehalt und Globalvorbehalt, 1980, S. 143; Staudinger/Beckmann § 449 Rz. 129; M. Weber BB 1989, 1771. 134 Thamm BB 1978, 20 (21); vgl. aber auch OLG Saarbrücken v. 23.1.2007 – 4 U 311/06, ZInsO 2010, 92 (96) mit krit. Anm. Kaufmann ZInsO 2010, 65: Klausel zu umfassendem Eigentumsvorbehalt überraschend, soweit dieser auch auf Vorkasselieferungen des Lieferanten erstreckt wird. – Zur Beurteilung nach § 307 vgl. Teil 2, (43) Sicherungsklauseln Rz. 9 ff.; generell für Zulässigkeit derartiger Klauseln in AGB BGH v. 16.12.1957 – VII ZR 49/57, BGHZ 26, 185 (190) = NJW 1958, 457; BGH v. 15.6.1964 – VIII ZR 305/62, BGHZ 42, 53 (59) = NJW 1964, 1788; Palandt/Weidenkaff § 449 Rz. 19; Soergel/Mühl § 455 Rz. 44 ff., 49; Lambsdorff Handbuch des Eigentumsvorbehalts, 1974, Rz. 238 ff.; wohl auch Serick Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, S. 52 ff.

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kann im Verhältnis zu Verbrauchern gelten, doch dürfte die Frage dort selten praktisch relevant werden135. 35

Problematisch aus der Sicht des § 305c Abs. 1 waren bis zu ihrer Nichtigerklärung durch § 449 Abs. 3 im Zuge der Schuldrechtsreform in AGB vorgesehene Konzernvorbehalte und -klauseln, d.h. die Erstreckung der Sicherungsfunktion der jeweiligen dinglichen Sicherheiten über die dem Lieferanten (Sicherungsnehmer) selbst zustehenden Forderungen hinaus auf Ansprüche von mit ihm verbundenen Unternehmen136. Angesichts der eher geringen Verbreitung derartiger Klauseln137 und der in vielen Fällen für die Kunden bestehenden Schwierigkeit, das Vorhandensein von Unternehmensverbindungen auf Seiten des Verwenders festzustellen, waren sie auch im Verkehr zwischen Unternehmern im Zweifel als ungewöhnlich und überraschend anzusehen138. Als ungewöhnlich galten Konzernvorbehalte und -klauseln jedenfalls dann, wenn die Zugehörigkeit des Verwenders zu einem Konzern nicht durch die Firmenbezeichnung offensichtlich oder dem Geschäftsverkehr aus sonstigen Gründen bekannt war139 oder wenn der Kreis der „Konzern“-Unternehmen unerwartet weit gezogen wurde. Umstritten ist auch die Beurteilung von sog. Konzernverrechnungsklauseln140; insoweit gilt das zu Konzernvorbehaltsklauseln Gesagte entsprechend.

2. Bürgschaftsklauseln 36

Relativ häufig hatte sich die Rechtsprechung zu § 3 AGBG, aber auch schon zum alten Recht (Rz. 9) mit dem Überraschungseinwand im Hinblick auf Sicherungszweckbestimmungen in Bürgschaftsklauseln zu beschäftigen. Dabei ging es meist um Bürgschaftsformulare von Banken und Sparkassen mit einem vom gesetzlichen Leitbild der §§ 765 ff. z.T. stark abweichenden Inhalt (zur Inhaltskontrolle derartiger Klauseln vgl. Teil 2, (15) Bürgschaftsverträge Rz. 1 ff.). Der BGH neigte lange Zeit dazu, den Überraschungseinwand nur in engen Grenzen anzuerkennen. Soweit die Rechtsprechung sich dabei auf die Üblichkeit derartiger Klauseln stützte141, vermochte sie zumindest in denjenigen (verbreiteten) 135 Zur Unwirksamkeit des erweiterten Eigentumsvorbehalts im nichtkaufmännischen Verkehr gemäß § 307 vgl. OLG Koblenz v. 14.4.1989 – 2 U 1874/87, WM 1989, 892 (894); OLG Frankfurt v. 11.9.1980 – 6 U 184/79, NJW 1981, 130; Wolf/Dammann Anh. 310 Rz. E 46; dazu auch Teil 2, (43) Sicherungsklauseln Rz. 13 m.w.N. 136 Zum Begriff von Konzernvorbehalt und Konzernklausel vgl. Serick Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, S. 66; Lambsdorff Handbuch des Eigentumsvorbehalts, 1974, Rz. 284; zu ihrer Beurteilung nach § 449 Abs. 3 vgl. Teil 2, (43) Sicherungsklauseln Rz. 15. 137 Zu den stark differenz. Literaturangaben über die Häufigkeit des Konzernvorbehalts vgl. Wolf/Lindacher, 4. Aufl. 1999, § 3 AGBG Rz. 60. 138 A.A. Thamm BB 1978, 20 (21) in Auseinandersetzung mit Löwe/Trinkner/von Westphalen § 3 AGBG Rz. 20, 23 ff.; wie hier dagegen Locher AGB, 2. Aufl. 1990, S. 53; M. Weber BB 1989, 1772. 139 So auch Wolf/Lindacher, 4. Aufl. 1999, § 3 AGBG Rz. 60; weitergehend (stets ungewöhnlich und im Zweifel überraschend) Löwe/Trinkner/von Westphalen § 3 AGBG Rz. 18. 140 Für deren Üblichkeit Joussen ZIP 1982, 279 (280 f.); dagegen von Westphalen ZIP 1984, 529 (537) und Löwe/Trinkner/von Westphalen § 3 AGBG Rz. 28. Für Unbedenklichkeit nach § 3 AGBG bei hinreichender Konkretisierung des Kreises der einbezogenen Konzernunternehmen H. P. Westermann WM 1986, Sonderbeil. 2, S. 12 f. 141 So etwa BGH v. 6.12.1984 – IX ZR 115/83, NJW 1985, 848 (849); siehe auch OLG Karlsruhe v. 16.5.1984 – 1 U 299/83, WM 1984, 1049 (1050).

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Fällen nicht zu überzeugen, in denen es um Bürgschaften von Privatpersonen ging, die solche Verträge nicht laufend abschließen und von denen daher die Kenntnis der Abweichungen nicht erwartet werden kann142. Seither ist die Rechtsprechung dazu übergegangen, den Schutz des Bürgen zu verstärken (Rz. 37). Dies ist nicht zuletzt im Hinblick auf den Schutzzweck des § 766 (Warnfunktion) und seine Gefährdung infolge der Erweiterung der Bürgenhaftung durch AGB zu begrüßen; auch der Hinweis auf das Interesse des Hauptschuldners an der flexiblen Nutzung seiner Bankverbindung143 schlägt jedenfalls dem Bürgen gegenüber nicht durch. Zudem hat der BGH durch diese Trendwende eine Angleichung an seine Rechtsprechung zur Bestimmung des Sicherungsumfangs der Grundschuld (vgl. Rz. 40a) erreicht, indem er den Umständen des Vertragsschlusses, insbesondere den Kreditverhandlungen mit dem Hauptschuldner als Anlass der Besicherung, auch bei der Bürgschaft größere Bedeutung beilegt144. Besonders kritisch aus der Sicht des § 305c Abs. 1 sind Bürgschaftsklauseln zu 37 beurteilen, die das Haftungsrisiko des Bürgen gegenüber dem äußeren Erscheinungsbild der Bürgschaftsübernahme nicht unerheblich erhöhen; dabei ist für die Beurteilung des Überrumpelungseffekts neben dem durch die Vorformulierung gefährdeten Schutzzweck des § 766 auch das gesetzliche Leitbild der Bürgschaft zu berücksichtigen, wie es in § 767 Abs. 1 Satz 3 seinen Ausdruck gefunden hat. Wird demnach eine Bürgschaft für einen mit Kenntnis des Bürgen höhenmäßig begrenzten (Kontokorrent-)Kredit übernommen, so ist der vorformulierte Verzicht auf eine betragsmäßige Beschränkung ungewöhnlich und jedenfalls dann überraschend, wenn der Bürge bei Übernahme der Bürgschaft vom Gläubiger nicht besonders auf dieses Risiko hingewiesen wurde145; das ist seit BGHZ 130, 19 auch von der Rechtsprechung anerkannt146. Entsprechendes gilt, wenn die Bürgschaft auf Grund individuell getroffener Vereinbarung für ein Tilgungsdarlehen in bestimmter Höhe übernommen wird: hier ist die vorformu142 Vgl. dazu Rz. 14; ebenso Derleder NJW 1986, 97 (99); für Differenzierung zwischen kaufmännischen und nichtkaufmännischen Sicherungsgebern Lohmann Rechtsprobleme der Globalzweckerklärung, 1988, S. 51 ff., 89, 90 f. 143 So Rehbein in FS Werner, 1984, S. 697 (701). 144 Dafür bereits Reinicke/Tiedtke JZ 1985, 405 f. in krit. Auseinandersetzung mit BGH v. 6.12.1984 – IX ZR 115/83, NJW 1985, 848; vgl. auch Reinicke/Tiedtke JZ 1986, 426 (429 ff.). 145 Heute h.M., vgl. MünchKomm/Basedow Rz. 15; Erman/Roloff Rz. 14; Palandt/Grüneberg Rz. 11; Reinicke/Tiedtke JZ 1986, 426 (429 f.); Tiedtke ZIP 1994, 1237 (1241); von Westphalen/Vogt Vertragsrecht (Bürgschaft) Rz. 33 f.; unter Hinweis auf das gemeinschaftsrechtliche Transparenzgebot auch Reich NJW 1995, 1859 und Nachw. in Fn. 146. A.A. noch von Olshausen ZHR 151 (1987), 636 (638) und Derleder NJW 1986, 97 (100) (bei drucktechnischem Hinweis). 146 Vgl. BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (25 ff.) = NJW 1995, 2553 (IX. Senat) unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechung; bestätigt in BGH v. 7.3.1996 – IX ZR 43/95, NJW 1996, 1470 (1472 f.); BGH v. 21.6.2001 – IX ZR 69/00, NJW-RR 2002, 485 (486); OLG München v. 10.12.1997 – 3 U 3961/97, ZIP 1998, 731 (732). Ebenso bereits zuvor BGH v. 1.6.1994 – XI ZR 133/93, BGHZ 126, 174 (177 ff.) = NJW 1994, 2145 (XI. Senat); OLG Düsseldorf v. 10.11.1983 – 6 U 240/82, WM 1984, 82 (83 f.) (als Vorinstanz zu BGH v. 6.12.1984 – IX ZR 115/83, NJW 1985, 848). A.A. noch BGH v. 16.1.1992 – IX ZR 113/91, WM 1992, 391 (392); BGH v. 6.12.1984 – IX ZR 115/83, NJW 1985, 848 (849); BGH v. 7.11.1985 – IX ZR 40/85, NJW 1986, 928 (930); BGH v. 4.6.1987 – IX ZR 31/86, WM 1987, 924. Zum anders gelagerten Fall der Verbürgung für einen nicht begrenzten Kontokorrentkredit vgl. BGH v. 4.6.1987 – IX ZR 31/86, WM 1980, 770; OLG Düsseldorf v. 14.11.1996 – 6 U 246/95, BB 1997, 118 (119); OLG Karlsruhe v. 16.5.1984 – 1 U 299/83, WM 1984, 1049 (1050).

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lierte Ausdehnung auf die Sicherung aller gegenwärtigen und künftigen Forderungen des Kreditgebers gegen den Hauptschuldner regelmäßig überraschend147. Soweit die Haftung auf zukünftige Ansprüche erstreckt werden soll, liegt regelmäßig auch Unwirksamkeit gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor148 (vgl. dazu Teil 2, (15) Bürgschaftsverträge Rz. 4). Allerdings führt die Nichteinbeziehung (oder Unwirksamkeit) der Erstreckungsklausel nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Bürgschaftsvertrags, vielmehr bleibt die Zweckerklärung im Rahmen des Kreditlimits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wirksam149. Ebenfalls überraschend ist eine Klausel, die die vom Bürgen gegenüber dem Gläubiger übernommene Haftung im Sinne einer Rückbürgschaft auf solche Beträge ausdehnt, für die der Gläubiger seinerseits die Bürgschaft übernommen hat150. Überraschend ist im Falle einer Zeitbürgschaft eine „typengehaltsverändernde“ Klausel, die den Verwender von der Anzeigeobliegenheit nach § 777 Abs. 1 Satz 2 befreit151. Überraschend ist endlich eine Klausel, welche die Verjährung einer selbstschuldnerischen Bürgschaftsforderung dadurch zu Lasten des Bürgen verlängert, dass die Frist erst zu laufen beginnt, wenn der Gläubiger den Hauptschuldner zur Zahlung auffordert152. 37a

Auch bei betragsmäßiger Begrenzung der Bürgschaft auf die Höhe des ursprünglichen Kredits (Höchstbetragsbürgschaft) behält eine weite Zweckerklärung grundsätzlich ihren überraschenden Charakter153; anderes gilt im Falle eines 147 Ebenso BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (25 ff.) = NJW 1995, 2553 (IX. Zivilsenat); BGH v. 1.6.1994 – XI ZR 133/93, BGHZ 126, 174 (177 ff.) = NJW 1994, 2145 (XI. Zivilsenat); OLG Rostock v. 8.6.1995 – 1 U 315/94, WM 1995, 1535; OLG Karlsruhe v. 21.10.1992 – 1 U 73/92, WM 1993, 787; OLG Hamm v. 24.10.1984 – 11 U 103/84, WM 1985, 1221 (1222); OLG Stuttgart v. 26.11.20176 – 2 U 104/75, BB 1977, 415 (416); Wolf/Schmidt Anh. 310 Rz. B 359 f.; Derleder NJW 1986, 97 (101); offen lassend noch BGH v. 4.6.1987 – IX ZR 31/86, NJW 1987, 3126 (IX. Zivilsenat). Zur Abgrenzung von Individualabrede und Formularklausel in derartigen Fällen vgl. von Westphalen/Vogt Vertragsrecht (Bürgschaft) Rz. 28 f. 148 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (31 ff.) = NJW 1995, 2553; BGH v. 18.1.1996 – IX ZR 69/95, BGHZ 132, 6 (9) = NJW 1996, 924; BGH v. 7.3.1996 – IX ZR 43/95, NJW 1996, 1470 (1472); einschränk. BGH v. 13.6.1996 – IX ZR 229/95, NJW 1996, 2369 (2370) für den Fall, dass der Bürge den Umfang der künftigen Forderungen von Anfang an genau übersehen kann. 149 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (34 ff.) = NJW 1995, 2553; BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 114/94, ZIP 1995, 1888. Siehe aber auch OLG Koblenz v. 21.12.1995 – 5 W 649/95, BB 1997, 118 sowie OLG Düsseldorf v. 14.11.1996 – 6 U 246/95, BB 1997, 118 (119): Gesamtunwirksamkeit der Zweckerklärung bei Bürgschaft für eine künftige Hauptforderung bzw. für von vornherein betragsmäßig nicht limitierten Kontokorrentkredit. Vgl. auch § 306 Rz. 13a, 13b. 150 OLG Hamburg v. 26.10.1982 – 12 U 202/80, ZIP 1982, 1421 (1422 f.). 151 BGH v. 15.1.2004 – IX ZR 152/00, ZIP 2004, 843 (845). 152 So zu Recht OLG Frankfurt v. 21.2.2007 – 17 U 153/06, WM 2007, 1369 (1370 f.) mit zust. Anm. Vogel EWiR 2007, 683; abweichend aber OLG München v. 20.7.2006 – 19 U 3419/06, WM 2006, 1813 (1814); abweichend auch noch BGH v. 26.2.2013 – XI ZR 417/11, NJW 2013, 1803 Rz. 22 ff. (mit Anm. Gladenbeck EWIR 2013, 441 und Nobbe WuB I F 1 a Bürgschaft 3.13) für Klauseln, die vor dem 1.1.2002 vereinbart wurden, weil sie seinerzeit der geltenden Rechtsprechung entsprachen. Später vereinbarte Klauseln wären überraschend, weil eine Zahlungsaufforderung nach aktueller Rspr. keine Voraussetzung für Fälligkeit und Verjährungsbeginn mehr ist (BGH v. 29.1.2008 – XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 (168), NJW 2008, 1729 (1731)). 153 BGH v. 7.3.1996 – IX ZR 43/95, NJW 1996, 1470 (1472 f.) (für Kontokorrentkredit); OLG Rostock v. 8.6.1995 – 1 U 315/94, WM 1995, 1533 (1535) (für Tilgungsdarlehen). A.A. wohl Horn in FS Merz, 1992, S. 217 (222).

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Bürgen, der für alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten einer Gesellschaft einstehen soll, wenn er diese (als Geschäftsführer, Allein- oder Mehrheitsgesellschafter) nach Art und Höhe bestimmen kann154. Als überraschend wurde auch die formularmäßige Annäherung einer Ausfallbürgschaft an eine selbstschuldnerische Bürgschaft beurteilt155. Jedenfalls im Verhältnis zu Verbrauchern ist auch die Einbeziehung von Forderungen überraschend, die die Bank im Rahmen banküblicher Geschäfte durch Abtretung gegen den Hauptschuldner erworben hat156. Vom Leitbild der Bürgschaft deutlich abweichend und daher im Zweifel überraschend ist auch die Verpflichtung des Bürgen, auf Verlangen des Kreditgebers diesem weitere Sicherheiten zur Sicherung der Hauptschuld einzuräumen157. Die vom BGH zum Bürgschaftsrecht entwickelten Grundsätze sind auch auf den gesetzlich nicht geregelten Schuldbeitritt anzuwenden158. Daher ist eine Haftungserweiterungsklausel überraschend, die die Mithaftung eines an der Geschäftsführung unbeteiligten GmbH-Gesellschafters für eine Gesellschaftsschuld aus einem limitierten Kontokorrentkredit auf spätere Kontoüberziehungen und Krediterweiterungen erstreckt159. Gleiches gilt für den auf sämtliche künftige GmbH-Verbindlichkeiten erstreckten Schuldbeitritt eines Minderheitsgesellschafters bei Eröffnung eines Kontos für die Vor-GmbH160 sowie für die formularmäßige Erstreckung eines Pfandrechts, das für einen bestimmten Kredit bestellt wurde, auf alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen gegen den Hauptschuldner161.

37b

Nicht überraschend ist eine Klausel, die zu einer Addition verschiedener, vom Bürgen übernommener Höchstbetragsbürgschaften führt162; Gleiches gilt für eine sog. Gewährleistungsbürgschaft163 grundsätzlich unproblematisch, da üblich und der Regelung des § 767 im Wesentlichen entsprechend, ist auch die Ausdehnung der Bürgenhaftung auf die Nebenforderungen gegen den Hauptschuldner164.

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154 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (30) = NJW 1995, 2553; NJW 1996, 3205; BGH v. 16.12.1999 – IX ZR 36/98, DB 2000, 614 (615); OLG Hamm v. 29.1.1997 – 31 U 118/96, WM 1997, 1375 (1376); OLG Brandenburg v. 3.11.2010 – 4 U 13/10, juris Rz. 76 f.; zurückhaltender Wolf/Schmidt Anh. 310 Rz. B 360. 155 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 120/97, NJW 1998, 2138 (2141). 156 Vgl. dazu Lohmann Rechtsprobleme der Globalzweckerklärung, 1988, S. 82 ff., 89 ff. 157 BGH v. 11.10.1984 – IX ZR 73/83, BGHZ 92, 295 (300) = NJW 1985, 45 (zum alten Recht). 158 BGH v. 7.11.1995 – XI ZR 235/94, ZIP 1995, 1976 (1977); BGH v. 24.6.1997 – XI ZR 288/96, ZIP 1997, 1538 (1539). 159 BGH v. 7.11.1995 – XI ZR 235/94, NJW 1996, 249; die Klausel ist außerdem unwirksam gemäß § 307. 160 OLG Brandenburg v. 13.11.2001 – 1 U 53/01, ZIP 2001, 2126 (2130 f.). 161 LG Bonn v. 12.2.1996 – 9 O 541/95, NJW-RR 1997, 184 (185). 162 OLG Düsseldorf v. 9.6.1989 – 16 U 245/88, WM 1989, 1122 (1125); vgl. auch OLG Köln v. 17.1.2011 – 5 U 138/10, juris Rz. 4 ff.: Erstreckung auf Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Bierbezugspflicht des Hauptschuldners ist nicht überraschend bei Bürgschaft, die Brauereidarlehens sichert. 163 OLG Celle v. 9.9.2013 – 4 U 68/13, MDR 2013, 459 (460) für Bürgschaft, die vertragsgemäße Leistung sicherstellen soll (obiter). 164 BGH v. 6.12.1983 – IX ZR 73/82, WM 1984, 198 (199); LG Stuttgart v. 27.11.1992 – 21 O 330/92, WM 1993, 1181 (1182 f.); für abweichende Beurteilung im Falle einer Höchstbetragsbürgschaft aber Derleder NJW 1986, 97 f. sowie OLG Stuttgart ZIP 1996, 1508 (1510); OLG Hamm v. 29.6.1995 – 5 U 45/95, WM 1995, 1872 (1874); OLG Nürnberg v. 20.6.1990 – 9 U 3650/89, NJW 1991, 232 (234).

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Entsprechendes gilt angesichts der Regelung in § 774 Abs. 1 Satz 2 für eine Klausel, wonach Zahlungen auf die Bürgschaftsschuld solange nur als Sicherheit für den Gläubiger gelten, bis dieser wegen aller verbürgten Ansprüche gegen den Hauptschuldner befriedigt worden ist;165 allerdings hält eine solche Klausel der Inhaltskontrolle nur stand, sofern es sich um eine (wirksame) Globalbürgschaft handelt (s. Teil 2, (15) Bürgschaftsverträge Rz. 13). Ebenfalls nicht überraschend ist eine Klausel, nach der sich eine zur Darlehenssicherung bestellte Bürgschaft im Fall der Nichtigkeit des Darlehensvertrags auch auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung bezieht166. Großzügig im Hinblick auf die Einbeziehung hat die Rechtsprechung auch den vorformulierten Ausschluss der Einreden aus § 768167 sowie den Verzicht des Bürgen auf das Recht aus § 776 beurteilt168; insoweit stellen sich freilich Probleme der Vereinbarkeit mit § 307 Abs. 2 Nr. 1169. 39

Das vom Bürgen als Verwender (Kreditinstitut) vorbehaltene Recht, sich von der Bürgschaftsverpflichtung durch Hinterlegung zu befreien, ist jedenfalls gegenüber Verbrauchern als Gläubigern überraschend, wenn hierauf nicht besonders hingewiesen wird170. Auf die Frage, ob die Hinterlegung nach § 378 schuldbefreiende Wirkung hätte171, kommt es für die Wirksamkeit der Einbeziehung nicht an. Überraschend ist auch eine bei Bürgschaftsverlängerung neu aufgenommene Haftungsausschlussklausel des Verwenders, mit der der Gläubiger nicht rechnen musste172. Überraschend ist ferner die Klausel in einer Bürgschaftserklärung, welche die Leistung von einem rechtskräftigen Urteil über die Hauptforderung abhängig macht, obwohl der Bürge auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat173. Ebenfalls als überraschend ist eine Klausel gewertet worden, die den Beginn der Verjährung einer Bürgschaftsforderung hinausschieben sollte174. Nicht beanstandet wurde dagegen die in den „Allgemeinen Bestimmungen für Bürgschaften des Landes Nordrhein-Westfalen“ enthaltene Klausel betr. eine Kreditausfallbürgschaft, der zufolge sämtliche zu Gunsten der kreditgebenden Bank bestellten Sicherheiten nach ihrer Valutierung für den ausfallverbürgten Kredit haften (sog. nachrangige Mithaft)175. 165 BGH v. 30.10.1984 – IX ZR 92/83, BGHZ 92, 374 (382) = NJW 1985, 614 (zum alten Recht); a.A. OLG Köln v. 26.1.1989 – 1 U 97/88, WM 1989, 1883 (1886) mit krit. Anm. Reinicke/Tiedtke JZ 1990, 327 (328); Staudinger/Schlosser Rz. 39. 166 BGH v. 21.11.1991 – IX ZR 60/91, NJW 1992, 1234 ff. = LM Nr. 34 mit krit. Anm. Pecher, entgegen OLG Schleswig NJW 1991, 986 (988) (als Vorinstanz); a.A. auch Wolf/ Schmidt Anh. 310 Rz. B 360. 167 LG München I v. 18.2.1982 – 27 O 15791/81, WM 1982, 678 (679). 168 BGH v. 24.9.1980 – VIII ZR 291/79, BGHZ 78, 137 (142) = NJW 1981, 748 (zum alten Recht); BGH v. 19.9.1985 – III ZR 214/83, BGHZ 95, 350 (356 ff.) = NJW 1986, 43; vgl. dazu Hammen WM 1988, 1809 ff. 169 Vgl. dazu näher von Westphalen/Vogt Vertragsrecht (Bürgschaft) Rz. 52 f.; für Vereinbarkeit des Verzichts auf die Einreden des Bürgen aus § 770 Abs. 1 und 2, § 776 mit § 9 AGBG aber BGH v. 19.9.1985 – III ZR 214/83, BGHZ 95, 350 (356 ff.) = NJW 1986, 43. 170 Anders im Verhältnis zu Unternehmern wohl BGH v. 14.2.1985 – IX ZR 76/84, WM 1985, 475. 171 Hierauf stellt BGH v. 14.2.1985 – IX ZR 76/84, WM 1985, 475 (476) ab. 172 BGH v. 21.6.2001 – IX ZR 69/00, ZIP 2001, 1408 (1409 f.). 173 BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, NJW 2006, 3275 (3278) (betr. Bürgschaft gemäß §§ 2 Abs. 2, 7 MaBV). 174 OLG Frankfurt v. 21.2.2007 – 17 U 153/06, WM 2007, 1369; zust. Anm. Vogel EWiR 2007, 683. 175 OLG Düsseldorf v. 14.11.1991 – 6 U 91/91, WM 1992, 1895 ff.

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3. Darlehensbedingungen und Zweckbestimmungserklärungen in Grundschuldformularen Mit vorformulierten Darlehensverträgen hatte sich die Rechtsprechung im Hin- 40 blick auf den Einwand der Nichteinbeziehung überraschender Klauseln nicht selten zu beschäftigen. Als überraschend wurden freilich nur ganz ungewöhnliche Klauseln angesehen, auf die zudem bei den Vertragsverhandlungen nicht besonders hingewiesen worden war. Dabei ging es in erster Linie um die vorformulierte Begründung von Leistungspflichten des Kunden schon vor Abschluss des Hauptvertrags (vgl. auch Rz. 29), darunter insbesondere die Begründung einer Bierbezugspflicht bereits in einem Darlehensvorvertrag unabhängig davon, ob der Darlehensvertrag zustande kommt176. Die Vereinbarung eines Rangrücktritts i.S.v. § 39 Abs. 2 InsO ist jedenfalls bei einem Privatdarlehen zwar als grundsätzlich überraschend bewertet worden, jedoch dann nicht, wenn auf den Nachrang besonders hingewiesen wurde177. Auch das im umfangreichen, vom Kunden auszufüllenden Darlehensantrag enthaltene Versprechen einer Bearbeitungsgebühr beim Nichtzustandekommen des Darlehensvertrags wurde als überraschend angesehen178. Als überraschend qualifiziert wurde auch eine Tilgungsklausel, wonach der neu beantragte Kredit in erster Linie zur Tilgung eines bereits bestehenden Kredits verwendet werden sollte179, sowie die in einem Grundstückskaufvertrag enthaltene Klausel über die Vorfälligkeitsverzinsung des Kaufpreises180. Soweit Lohn- oder Gehaltsabtretungsklauseln im Rahmen eines Kreditkaufs vor Inkrafttreten des VerbrKrG als überraschend qualifiziert wurden181, ist diese Rechtsprechung im Hinblick auf § 492 Abs. 2 i.V.m. Art. 247 § 7 Nr. 2 EGBGB182 wohl überholt. Steht ein Sicherungsübereignungsvertrag in unmittelbarem Zusammenhang mit einem konkreten Darlehen, so kann die formularmäßige Erstreckung des Sicherungszwecks auch auf künftige Ansprüche überraschend sein183. Bei vorformulierten Sicherungszweckvereinbarungen, durch die der Haftungsumfang einer Grundschuld auf alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche des

176 BGH v. 1.3.1978 – VIII ZR 70/77, NJW 1978, 1519 (1520) (zum alten Recht); so auch Staudinger/Schlosser Rz. 18. Allgemein zu AGB in Bierlieferungsverträgen vgl. Teil 2, (13) Bierlieferungsverträge Rz. 1 ff. 177 BGH v. 20.2.2014 – IX ZR 137/13, WM 2014, 897 (898). 178 OLG Köln v. 29.1.1980 – 15 U 163/79, ZIP 1980, 981 (982); so auch von Westphalen ZIP 1984, 2. Zur abweichenden Beurteilung für sog. Nichtabnahmeentschädigungen vgl. Rz. 41; a.A. Tiffe VuR 2012, 127 (129), der Bearbeitungsgebühren in Verbraucherdarlehensverträgen generell für üblich hält (die dort in Fn. 2 zitierte Rechtsprechung befasst sich allerdings allein mit einer Inhaltskontrolle; s. etwa OLG Dresden v. 29.9.2011 – 8 U 562/11, WM 2011, 2320 (Unwirksamkeit einer Bearbeitungsgebühr gem. § 307 BGB)). 179 BGH v. 19.9.1985 – III ZR 214/83, NJW 1986, 43 (44). 180 BGH v. 6.3.1986 – VII ZR 195/84, NJW 1986, 1805 (1806): Verzinsung des Erwerbspreises schon von einem mehrere Monate vor Vertragsschluss liegenden Zeitpunkt an. 181 OLG Celle bei Bunte AGBE I § 3 Nr. 9; OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304 (1307); LG Düsseldorf bei Bunte AGBE V § 3 Nr. 16; LG Nürnberg bei Bunte AGBE I § 9 Nr. 140a; zur Wertung nach § 307 vgl. Teil 2, (43) Sicherungsklauseln Rz. 22. 182 Zum Erfordernis konkreter Benennung der zu bestellenden Sicherheiten vgl. MünchKomm/Schürnbrand § 492 Rz. 73; Seibert Handbuch zum Verbraucherkreditgesetz, 1991, § 4 Rz. 15. 183 OLG Oldenburg v. 3.3.1993 – 4 U 63/92, WM 1993, 2162 (2166).

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Gläubigers ausgedehnt wird, stellte die Rechtsprechung jeweils maßgeblich auf die konkreten Umstände bei Vertragsabschluss ab. Grundsätzlich wurde eine derartige Haftungsausweitung zu Lasten des Eigentümer-Schuldners nicht beanstandet184. Als überraschend wurde sie jedoch dann angesehen, wenn der Grundschuldbesteller nicht zugleich Darlehensschuldner, sondern Dritter war und von der Gläubigerbank nicht besonders auf die Haftungsausweitung hingewiesen wurde185. Das gilt grundsätzlich auch hinsichtlich der Einbeziehung bestehender und/oder zukünftiger Verbindlichkeiten des Ehegatten (vgl. Rz. 26)186. Als überraschend wurde eine weite Zweckerklärung ferner dann beurteilt, wenn die Grundschuld den Umständen nach nur der Sicherung des Anlassdarlehens dienen sollte.187 Eine – nicht leicht nachvollziehbare – Ausnahme vom Eingreifen des § 3 AGBG machte der XI. Zivilsenat allerdings in den Fällen, in denen der Grundschuldbesteller einige Zeit später eine erneute, jetzt auch die Haftung für Drittkredite einbeziehende Sicherungszweckerklärung unterzeichnete, da der ursprüngliche Anlass für die Grundschuldbestellung sich in der Zwischenzeit gewandelt habe und der Sicherungsgeber mit einer solchen Erweiterung rechnen müsse188. Der Identität von Schuldner und Grundschuldbesteller wurde andererseits der Fall gleichgestellt, in dem der Grundschuldbesteller (oder der Bürge) zugleich Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH als Schuldnerin war und dadurch Einfluss auf deren Kreditaufnahme nehmen konnte189. Gleiches wurde für die Ausdehnung der namens einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestellten Grundschuld auf Privatverbindlichkeiten der Gesellschafter angenommen190. Bestellen die Bruchteilseigentümer eines Grundstücks eine Grund184 BGH v. 23.5.2000 – XI ZR 214/99, NJW 2000, 2675 (2676); BGH v. 3.6.1997 – XI ZR 133/96, NJW 1997, 2320 (auch bei Gesamtschuld). 185 St. Rspr., vgl. BGH v. 4.10.1995 – XI ZR 215/94, BGHZ 131, 55 (58 f.) = NJW 1996, 191; BGH v. 10.11.1989 – V ZR 201/88, BGHZ 109, 197 (201) = NJW 1990, 576; BGH v. 23.5.2000 – XI ZR 214/99, NJW 2000, 2675 (2676); BGH v. 16.1.2001 – XI ZR 84/00, NJW 2001, 1416 (1417, 1419); BGH v. 20.3.2002 – IV ZR 93/02, NJW 2002, 2710 (2711); ebenso BGH v. 1.6.1994 – XI ZR 133/93, BGHZ 126, 174 (177) betr. Ausweitung auf Verbindlichkeiten des Ehegatten des Sicherungsgebers (vgl. aber auch OLG Saarbrücken v. 11.5.2006 – 8 U 449/05, OLGR 2006, 778). Vgl. näher Wilhelm in 50 Jahre BGH, Festgabe der Wissenschaft, 2000, S. 897 (899 ff.), der sich (a.a.O. S. 916) für die Anwendung von § 4 AGBG an Stelle von § 3 AGBG ausspricht. 186 Anderes soll nach OLG Saarbrücken OLGR 2006, 228 bei Belastung von Miteigentumsanteilen der Ehegatten gelten (Haftungserstreckung auf die Verbindlichkeiten des jeweils anderen Gatten). Generell krit. zum Differenzierungsmerkmal mangelnder Identität zwischen Schuldner und Sicherungsgeber Knops ZIP 2006, 1965 (1966 f.) m.w.N. 187 Vgl. OLG Karlsruhe v. 26.7.2012 – 9 U 154/11, WM 2013, 1072 (1075) bei Sicherung eines Darlehens, mit dem das Entgelt eines Testamentsvollstreckers finanziert werden sollte (unter Bezugnahme auf BGH v. 20.3.2002 – IV ZR 93/02, NJW 2002, 2710 [2711]). 188 BGH v. 16.1.2001 – XI ZR 84/00, NJW 2001, 1416 (1417, 1419). 189 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (30) = NJW 1995, 2553; NJW 1996, 3205; BGH v. 11.12.1997 – IX ZR 274/96, NJW 1998, 894; BGH v. 16.12.1999 – IX ZR 36/98, NJW 2000, 1179; OLG Köln ZIP 1999, 1480 (1482). 190 BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, BGHZ 102, 152 (160) = NJW 1988, 558; BGH v. 26.11.2002 – XI ZR 10/00, NJW 2003, 885; OLG Hamm v. 12.5.1986 – 5 U 180/85, ZIP 1986, 1547; Lohmann Rechtsprobleme der Globalzweckerklärung, 1988, S. 101 f.; Rainer WM 1988, 1659; Bork ZIP 2008, 2049 (2052). Das soll nach BGH v. 22.11.2005 – XI ZR 226/04, NJW-RR 2006, 490 (mit zust. Anm. Volmer MittBayNot 2006, 318) selbst dann noch gelten, wenn die Klausel mit „Form der Sicherheiten“ überschrieben ist. Vgl. zum Ganzen auch Tiedtke NJW 1991, 3421 ff.

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schuld für ein bestimmtes Darlehen, so ist eine vorformulierte Bestimmung nach § 305c Abs. 1 überraschend, in der sie sich gegenseitig ermächtigen, den Sicherungszweck zu erweitern oder die isolierte Abtretbarkeit der Rechte aus der Grundschuld zu ermöglichen191. Überwiegend nicht beanstandet hat die Rechtsprechung im Hinblick auf § 305c Abs. 1 die zusätzliche Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens bei der Bestellung einer Grundschuld192. Werden einer Bank von dem mit dem Schuldner nicht identischen Sicherungsgeber zugleich mit der Bestellung einer Grundschuld Rückgewähransprüche hinsichtlich anderer Grundschulden übertragen, soll die Erstreckung der umfassenden Sicherungsabrede auf diese (weiteren) Grundschulden nicht überraschend sein193. Als nicht überraschend gewertet wurden auch die Vereinbarung sog. Nichtabnahmeentschädigungen im Rahmen schon abgeschlossener Darlehensverträge194, ferner sog. vereinfachte Zinsstaffelmethoden bei vorzeitiger Tilgung von Ratenkrediten195 sowie Laufzeitklauseln, wonach die vereinbarten Konditionen nur für einen bestimmten Zeitraum gelten mit der Folge, dass für den danach noch offenen Restbetrag neue Konditionen auszuhandeln sind196.

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Umstritten ist der überraschende Charakter von Zinsberechnungsklauseln bei sog. Annuitätendarlehen. Sämtliche hierbei verwendeten Klauselarten197 haben zur Folge, dass sich die zu zahlenden Zinsen nicht am jeweils aktuellen Tilgungsstand orientieren, sondern zeitlich versetzt angepasst werden. Dies führt zu einer Erhöhung des Effektivzinssatzes. Die AGB-rechtliche Problematik derartiger Klauseln liegt schwerpunktmäßig bei der Inhaltskontrolle198; sie werden

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191 BGH v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, WM 1988, 446 (449) (der V. Senat vermeidet das Einbeziehungshindernis freilich mit – problematischer – restriktiver Auslegung der Klausel). 192 OLG Düsseldorf v. 7.3.1986 – 16 U 128/85, NJW-RR 1986, 1312 (1313); ebenso unter Abstellen auf die Mitwirkung eines Notars BGH v. 18.12.1986 – IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 (282 f.) = NJW 1987, 904 und WM 1990, 304; OLG Hamm v. 6.11.1986 – 5 U 108/86, WM 1987, 1064; a.A. OLG Oldenburg v. 26.7.1990 – 1 U 55/90, WM 1991, 221 (222 ff.). 193 OLG Koblenz v. 15.4.1988 – 10 U 1743/86, WM 1988, 1049 (1051 f.). 194 BGH v. 12.12.1985 – III ZR 184/84, WM 1986, 156; so im Ergebnis auch schon BGH v. 21.2.1985 – III ZR 207/83, WM 1985, 686 (687); OLG Koblenz v. 9.2.1983 – 1 U 8/82, WM 1983, 802; OLG Hamm v. 1.7.1985 – 13 U 143/85, ZIP 1985, 1385 (1386); anders wegen besonderer Umstände (gescheiterte Konzernfinanzierung) BGH v. 4.11.1997 – XI ZR 261/96, NJW 1998, 683 (684). Nach neuerer Rechtsprechung (BGH v. 4.11.1997 – XI ZR 261/96, NJW 1991, 1817) ist ein derartiges Zahlungsversprechen allerdings regelmäßig Bedenken aus § 309 Nr. 5a ausgesetzt; vgl. auch Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 8 und von Westphalen/Fandrich Vertragsrecht (Darlehensvertrag) Rz. 71 f. m.w.N. 195 OLG Hamm v. 5.1.1983 – 11 U 131/82, BB 1983, 404 (405); KG v. 9.1.1984 – 12 U 2407/83, WM 1984, 428 (429); zweifelnd noch Staudinger/K. Schmidt, 12. Aufl. 1983, § 246 Rz. 156, 175, 179. 196 OLG Hamm v. 7.12.1988 – 31 U 162/87, WM 1989, 598 (599). 197 Vgl. dazu Baums WM 1987, Beil. 2, S. 5 ff.; Bruchner WM 1987, 449 (451); Kollhosser ZIP 1986, 1429 (1431). 198 Vgl. dazu Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 11 ff.; dementsprechend bezogen sich die die Diskussion auslösenden Entscheidungen OLG Stuttgart NJW 1987, 193 und BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (47 ff.) = NJW 1989, 222 ausschließlich auf § 9 AGBG; vgl. auch BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, BGHZ 112, 115 (116 ff.) = NJW 1990, 2383. Zur Anwendbarkeit des § 305b vgl. § 305b Rz. 21.

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von der überw. M. nicht als überraschend eingestuft199. Allein ihr weit verbreiteter Gebrauch steht dem Eingreifen des § 305c Abs. 1 zwar nicht entgegen (Rz. 14). Anerkennt man jedoch Annuitätendarlehen als eigenständigen Darlehenstypus und stellt dementsprechend auf diesen Vertragstyp als Maßstab ab200, so fehlt es bereits an der Ungewöhnlichkeit derartiger Klauseln.

4. AGB-Banken 42

Mit der Frage, ob der Einbeziehung einzelner Klauseln der AGB-Banken der Einwand des § 305c Abs. 1 entgegengesetzt werden könne, hat sich die Rechtsprechung namentlich im Hinblick auf die Sicherheiten- und Pfandrechtsklauseln der Nr. 19 Abs. 1 und 2 in der bis 31.12.1992 geltenden Fassung (a.F.) befasst; sie wurden im Zuge der Neufassung der AGB-Banken zum 1.1.1993, (vgl. Teil 2, (8) Banken (Kreditinstitute) Rz. 59 f.) entschärft und finden sich jetzt in Nr. 14 Abs. 1 und 2 AGB-Banken (Fassung 31.10.2009). In beiden Fällen wurde der überraschende Charakter wegen der Üblichkeit und großen Verbreitung der AGBBanken und wegen ihres auch im Kundeninteresse an rascher Kreditgewährung liegenden Inhalts verneint201. Ebenso wurde gegenüber der Stornoklausel im Fall der Nichteinlösung von Schecks (Nr. 9 Abs. 1 Satz 4)202 und gegenüber der Kündigungsklausel in Nr. 17 a.F. (= Nr. 18, 19)203 das Eingreifen von § 305c Abs. 1 verneint.

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Auch gegenüber anderen Regelungen der AGB-Banken dürfte für ein Eingreifen von § 305c Abs. 1 kein Anlass bestehen. Die problematische Auskunfts-Klausel in Nr. 10 Abs. 1 AGB-Banken 1984 wurde bereits zum 1.1.1986 gegenüber Privatkunden gestrichen; nach Nr. 2 Abs. 3 Satz 3 AGB-Banken 2009 hängt die Auskunftserteilung von der Zustimmung des betroffenen Privatkunden ab. Der Vorbehalt gegenüber der in Nr. 28 Abs. 1 AGB-Banken 1988 enthaltenen Weiterverweisung auf andere AGB hatte sich schon mit der grundlegenden Überarbeitung der Banken-AGB zum 1.1.1993 erledigt. Seither verweist Nr. 1 Abs. 1 für einzelne Geschäftsbeziehungen zwar auf Sonderbedingungen, macht deren Gel199 OLG Frankfurt v. 27.6.1985 – 1 U 143/84, DB 1987, 42 mit zust. Anm. Brych; OLG Stuttgart v. 16.6.1987 – 12 U 39/87, NJW 1987, 2020; OLG Hamm v. 9.11.1987 – 5 U 151/87, WM 1988, 527; OLG Koblenz v. 9.6.1989 – 8 U 944/87, NJW 1989, 2268; OLG Nürnberg v. 14.3.1990 – 9 U 84/90, WM 1990, 976 (977); LG Stuttgart v. 23.12.1986 – 25 O 539/86, NJW 1987, 657; Baums WM 1987, Beil. 2, S. 16 ff.; Bruchner WM 1987, 449; Canaris NJW 1987, 609; Canaris NJW 1987, 2407; Kollhosser ZIP 1986, 1429; a.A. Trinkner/Wolfer BB 1987, 425; Löwe BB 1987, 571; Löwe BB 1988, 1902; wohl auch Köndgen NJW 1987, 160; offen lassend BGHZ 106, 42 (44 f.) = NJW 1989, 222. 200 Vgl. Rz. 14; wie hier Bruchner WM 1987, 449 (455); Canaris NJW 1987, 609 (610); Kollhosser ZIP 1986, 1429 (1434); a.A. Köndgen NJW 1987, 160 (163 f.) (keine eigenständige Vertragsart); ähnlich Trinkner/Wolfer BB 1987, 425 (426 f.) (nicht typenbildend). Vgl. auch LG Berlin v. 13.7.1988 – 26 O 71/88, ZIP 1988, 1311 (1318) zur entsprechenden Klausel in Bausparbedingungen (nicht überraschend). 201 Vgl. zu Nr. 19 a.F. Nachw. in 9. Aufl. (Ulmer) § 3 AGBG Rz. 42; zur Beurteilung von Nr. 14 n.F. nach § 307 vgl. Teil 2, (8) Banken (Kreditinstitute) Rz. 57 ff.; anders für die entsprechende Klausel in Nr. 21 Abs. 3 Satz 2 AGB-Sparkassen („Das Pfandrecht sichert auch Ansprüche gegen Dritte, für deren Erfüllung ihr der Kunde persönlich haftet“) OLG Schleswig v. 4.5.2006 – 5 U 192/05, ZIP 2006, 1199. Im Revisionsurteil hat BGH v. 13.3.2007 – XI ZR 383/06, ZIP 2007, 905 die Wirksamkeit der Klausel offen gelassen. 202 BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 135/96, BGHZ 135, 307 (314) = NJW 1997, 2112. 203 OLG München v. 25.2.1983 – 19 U 3659/82, WM 1984, 128 (129).

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tung aber von einer besonderen Einbeziehungsvereinbarung abhängig. Nicht überraschend, wohl aber unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 (vgl. Teil 2, (8) Banken (Kreditinstitute) Rz. 53) ist demgegenüber die sog. Wertstellungsklausel in AGBSparkassen 1986 Nr. 9, der zufolge Einzahlungen sowie eingehende Überweisungsbeträge auf ein Konto erst am folgenden Tag gutgeschrieben werden, während Auszahlungen sofort verbucht werden204. Branchenüblich und nicht überraschend ist schließlich auch die sog. Fakultativklausel „oder auf ein anderes Konto des Empfängers“ auf dem einheitlichen Überweisungsformular der Kreditwirtschaft205.

5. Versicherungsbedingungen Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) enthalten regelmäßig umfangreiche Teile leistungsbeschreibender Art, die der Begrenzung oder dem Ausschluss bestimmter Risiken aus der Versicherung sowie der Begründung von Obliegenheiten für den Versicherungsnehmer dienen (vgl. näher § 307 Rz. 55 ff.). Dieser Umstand steht dem Eingreifen des § 305c Abs. 1 zwar ebenso wenig entgegen wie derjenige, dass bis 1994 die meisten AVB der behördlichen Kontrolle im Rahmen der Versicherungsaufsicht unterlagen (vgl. dazu Rz. 7a)206. Wohl aber kann er dazu führen, dass der für die Nichteinbeziehung erforderliche „Überrumpelungseffekt“ weniger leicht zu bejahen ist (vgl. Rz. 22, 27). Allgemein gilt: Sofern eine Klausel mit dem zum Abschluss des Versicherungsvertrages beauftragten Versicherungsmakler abgestimmt wurde, muss sich der Versicherungsnehmer dessen Kenntnis nach § 166 Abs. 1 zurechnen lassen207.

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Fälle, in denen sich die Rechtsprechung mit dem Einwand des § 305c Abs. 1 gegenüber der Einbeziehung ungewöhnlicher AVB in den Einzelvertrag zu befassen hatte, waren zunächst eher selten, haben in letzter Zeit jedoch deutlich zugenommen. Als überraschend wurde eine Leistungsbeschreibung im Rahmen der Hausratversicherung angesehen, nach der sich die Versicherungssumme bei Eintritt eines Schadens für den Rest der Versicherungsperiode um den Betrag der Entschädigung vermindert, was eine entsprechende Unterversicherung für den Kunden zur Folge haben kann208; desgleichen eine Klausel, wonach kein Versicherungsschutz besteht, wenn ein Einbruch in die Einliegerwohnung erfolgt und der Dieb von dort ohne weitere Gewaltanwendung in die versicherte Wohnung gelangt, sofern die Einliegerwohnung von Verwandten des Versicherten bewohnt wird209. Bei einer Zusatzversorgung wurde die in einer Durchführungsvorschrift versteckte Zahlungspflicht als überraschend angesehen, weil der Versicherungsnehmer sich darauf verlassen dürfe, dass alle wesentlichen Re-

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204 Der BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, ging in BGHZ 106, 259 (264 ff.) = NJW 1989, 582 und BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, BGHZ 135, 316 (318 ff.) = NJW 1997, 2042 auf das Eingreifen des § 3 AGBG im Rahmen der auf Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG gerichteten Verbandsklage nicht ein. Für Unbedenklichkeit aus der Sicht des § 3 AGBG OLG Karlsruhe v. 13.11.1987 – 10 U 138/87, NJW 1988, 74 (75). 205 Vgl. dazu näher Häuser WM 1984, 550 f. Zur Unwirksamkeit dieser Klausel nach § 9 AGBG vgl. aber BGH v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, WM 1986, 875 (876 f.). 206 Vgl. Nachw. in Fn. 208 f., 211–213; so jetzt auch Staudinger/Schlosser Rz. 8. 207 OLG Bremen v. 18.11.2008 – 3 U 14/08, VersR 2009, 776. 208 BGH v. 14.11.1984 – IVa ZR 60/83, NJW 1985, 971 f. betr. § 19 Abs. 1 VHB 74. 209 OLG Saarbrücken v. 27.10.1993 – 5 U 197/93, NJW-RR 1994, 539 (540 f.).

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gelungen in der Kassensatzung selbst getroffen würden210. Im Rahmen einer Feuerversicherung wurde eine Klausel als überraschend angesehen, nach der eine fristgerechte Stichtagsmeldung nicht mehr als rechtzeitig gilt, wenn vorher der Versicherungsfall eingetreten ist211. Im Falle einer Krankentagegeldversicherung wurde die Einbeziehung einer drucktechnisch nicht besonders hervorgehobenen Klausel in den Versicherungsvertrag nach § 305c Abs. 1 verneint, nach der der Versicherungsschutz trotz anhaltender Arbeitsunfähigkeit spätestens drei Monate nach dem (zum Verlust der Versicherungsfähigkeit führenden) Wegfall des Arbeitsverhältnisses endet212. In einer Betriebshaftpflichtversicherung ist der Ausschluss von Vermögensschäden, die durch vom Versicherungsnehmer gelieferte Sachen oder geleistete Arbeiten entstehen, trotz seiner Üblichkeit dann überraschend, wenn es sich um die typischerweise zu erwartenden Schäden beim konkreten Versicherungsnehmer handelt und aus den Vertragsverhandlungen sowie dem äußeren Zuschnitt des Vertrages folgt, dass gerade dieses Risiko versichert werden sollte (vgl. auch Rz. 20)213. Ebenfalls als überraschend wurde die Klausel einer Berufshaftpflichtversicherung eingestuft, in der unter der Überschrift „Sozien“ ein Haftungsausschluss auch für Scheinsozien enthalten war214. Der überraschende Charakter wurde auch für eine Verzichtsklausel im Rahmen einer vom Versicherer vorformulierten Abfindungserklärung des Kunden bejaht, wonach der Verzicht des Kunden sich nicht nur auf Ansprüche gegen den Versicherer, sondern auch auf solche gegen Dritte erstreckt215. Als überraschend wurde schließlich der Verlust des Versicherungsschutzes in einer Rechtsschutzversicherung für versicherungsvertraglichen Streitigkeiten über einem Streitwert von 250.000 Euro angesehen, zumal es sich um eine Zusatzvereinbarung für Unternehmer und Freiberufler handelte216. 46

Nicht beanstandet wurde aus der Sicht des § 3 AGBG der Haftungsausschluss des Versicherers für bestimmte Sonderrisiken innerhalb des versicherten Gefahrenbereichs217, das Recht des Versicherers zur fristlosen Kündigung einer Kran210 BGH v. 5.12.2012 – IV ZR 110/10, VersR 2013, 219 (223) betr. sog. „Beitragszuschuss Ost“ aufgrund § 64 der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands (KZVKS). 211 BGH v. 27.3.1991 – IV ZR 94/90, NJW-RR 1991, 855 f. 212 LG Bremen v. 10.10.1984 – 6 O 3240/83, NJW 1985, 868 f.; anders anscheinend (ohne Auseinandersetzung mit § 3 AGBG) OLG Frankfurt v. 27.1.1983 – 16 U 128/82, VersR 1983, 1070. 213 OLG Saarbrücken v. 29.11.1995 – 5 U 300/95-20, NJW-RR 1996, 477 (479; anderes gilt aber für den Ausschluss von Vermögensschäden in Form von Erfüllungsschäden (etwa Nutzungsausfallschaden) beim Auftraggeber des Versicherungsnehmers, s. OLG Karlsruhe v. 31.10.2013 – 9 U 84/12, NJW-RR 2014, 464 (465 f.) betr. Bauhandwerkerhaftpflichtversicherung 2008. 214 OLG München v. 8.8.2208 – 25 U 5188/07, NJW-RR 2008, 1560 (1561); anders dann aber BGH v. 21.7.2011 – IV ZR 42/10, NJW 2011 3718 (3719 f.) als Revisionsentscheidung (Ausschluss von Scheinsozien habe nur klarstellende Funktion). 215 BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 95/83, NJW 1985, 970. 216 LG Heidelberg v. 21.9.2012 – 1 O 44/12, r + s 2012, 595 (596 f.) betr. § 28 Abs. 3 lit. a, dd, Satz 3 ARB 2000. 217 BGH v. 6.2.1991 – IV ZR 49/90, NJW-RR 1991, 668 f. (Risiken aus verantwortlicher Tätigkeit in Vereinigungen aller Art im Fall einer Privathaftpflichtversicherung); BGH v. 1.6.1983 – IVa ZR 152/81, NJW 1984, 47 (48) (Risiken aus dem Fehlverhalten des Bauunternehmers selbst oder seiner Repräsentanten im Fall einer Bauwesenversicherung); OLG Hamm v. 27.5.1994 – 20 U 406/93, NJW-RR 1994, 1506 (Leistungsausschluss einer Rechtsschutzversicherung für den Bereich des Handelsvertreterrechts); OLG Hamm v. 11.12.1990 – 20 W 49/90, NJW 1991, 1118 f. (Haftungsausschluss für bereits

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kenhaustagegeldversicherung bei Abschluss einer weiteren Versicherung des Kunden über dasselbe Risiko218, die Begrenzung des zu zahlenden Unfalltagegeldes von 50 DM auf höchstens 60 Tage (bei einer Versicherungsprämie von 18 DM monatlich)219, die Beendigung einer Krankenhaustagegeldversicherung bei Eintritt der Berufsunfähigkeit220 oder mit Bezug der Altersrente bzw. Vollendung des 65. Lebensjahres221 die Berechtigung zur Kürzung des Krankentagegeldes bei sinkendem Nettoeinkommens des Versicherungsnehmers222, der Ausschluss von Überspannungsschäden an elektronischen Einrichtungen in einer Neuwertversicherung von Hausrat223 und Entschädigungsgrenzen für Bargeld bei der Hausratversicherung224 sowie eine Klausel über die automatische Fortsetzung der Reparaturversicherung für Fernsehgeräte bei Anschaffung eines Ersatzgeräts auf Grund der Versicherungsleistung225. Als nicht überraschend gewertet wurde ferner die Klausel in einer Neuwertversicherung, wonach nur der Zeitwert zu ersetzen ist, wenn dieser weniger als 40% des Neuwertes beträgt

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bestehende Gesundheitsstörungen und deren Folgen im Fall einer Restschuldversicherung, siehe auch OLG Dresden v. 30.6.2005 – 4 U 232/05, VersR 2006, 61 und OLG Düsseldorf v. 26.4.1994 – 4 U 138/93, VersR 1995, 34); OLG Karlsruhe v. 15.11.2007 – 19 U 57/07, VersR 2008, 524 (Haftungsausschluss für Arbeitsunfähigkeit infolge behandlungsbedürftiger, psychologischer Erkrankung in Restschuldversicherung; so auch OLG Stuttgart VersR 2008, 1343); OLG München v. 12.10.1982 – 25 U 1495/82, NJW 1983, 53 und bei Bunte AGBE V § 3 Nr. 12 sowie LG Hamburg v. 20.10.1982 – 13 O 442/80, VersR 1984, 930 (Verlust der über Nacht in einem unbewacht abgestellten PKW verbliebenen Sachen im Fall einer Reisegepäckversicherung); BGH v. 6.7.2011 – IV ZR 217/09, VersR 2012, 48 (49) (Ausschluss des Schutzes einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Bezug auf Vorerkrankungen und deren Folgen); LG Hannover v. 3.4.2013 – 6 S 55/12, r+s 2013, 286 (287) (Ausschluss des Schutzes der Rechtsschutzversicherung bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der fremdfinanzierten eigenen Vermögensverwaltung); OLG Karlsruhe v. 15.4.2014 – 12 U 149/13, MDR 2014, 722 (Haftungsausschluss für Rennen und Übungsfahrten bei der KfZ-Versicherung); LG Karlsruhe v. 8.6.2012 – 9 S 99/11, VersR 2012, 1557 (Begrenzung der Kostenerstattung der Rechtsschutzversicherung im Vergleichsfall); OLG Hamm v. 28.8.2013 – 20 U 2/13, juris Rz. 28 ff. (Ausschluss von Schäden aus der Gebäudeversicherung, die durch bestimmungswidrigen Austritt von Wasser aus Versorgungsleitung entstehen);– Zu Recht abweichend aber LG München I v. 29.6.1988 – 14 S 1876/88, NJW-RR 1989, 417 im Fall einer Ausschlussklausel, die schwer verständlich formuliert ist und eine vorausgehende, an anderer Stelle gewährte Risikoeinbeziehung völlig außer Kraft setzt. Vgl. auch LG Berlin v. 15.11.1988 – 7 S 79/87, NJW-RR 1989, 990 zu einer Ausschlussklausel in Reisekrankenversicherungsbedingungen; BGH v. 25.6.2008 – IV ZR 313/06, VersR 2008, 1203 zum Ausschluss von Schäden bei der Kfz-Haftpflicht, die durch mitversicherte Person verursacht werden; OLG Hamm v. 16.5.2007 – 20 U 237/06, VersR 2008, 342 zum Ausschluss einer durch Zeckenbiss verursachten Infektion vom Unfallversicherungsschutz. BGH v. 21.11.1989 – Iva ZR 269/88, NJW 1990, 767 (769); BGH v. 13.11.1980 – IVa ZR 23/80, NJW 1981, 746 f. (zum alten Recht). OLG Hamburg v. 6.4.1978 – 10 U 144/77, VersR 1979, 154 (155) (zum alten Recht). OLG Hamm v. 20.12.1991 – 20 U 159/91, NJW-RR 1992, 1057. OLG Nürnberg v. 26.7.2012 – 8 U 760/12, VersR 2013, 1390 (betr. § 15 Abs. 1c MBKT). OLG München v. 27.7.2012 – 25 U 4610/11, r+s 2012, 607 (608) (betr. § 4 Abs. 4 der Musterbedingungen 2009 für die Krankentagegeldversicherung [MB/KT 2009]). AG Recklinghausen v. 10.4.1979 – 14 C 753/78, VersR 1979, 905. OLG Hamm v. 4.1.2012 – I-20 U 124/11, NJW-RR 2012, 995; s.a. OLG Hamm v. 3.5.2013 – 20 U 247/12, NJW-RR 2014, 146 (Verpflichtung, Bargeld in besonderem Sicherheitsbehälter aufzubewahren, nicht überraschend). OLG Celle bei Bunte AGBE V § 3 Nr. 11.

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(sog. Entwertungsklausel)226, die Subsidiaritätsklausel in einer Reparaturkostenversicherung227, die Klausel zur Begründung einer Obliegenheit zur ordnungsgemäßen Sicherung beladener Fahrzeuge in einem Transportversicherungsvertrag228. Ferner wurden als nicht überraschend klassifiziert die sechsmonatige Wartefrist bei einer Rechtsschutzversicherung229, der Ausschluss von Ansprüchen bei wohnsitzlosen Schädigern im Falle einer Forderungsausfallversicherung230, der Ausschluss des Kündigungsrechts bei einer Rentenversicherung gegen Einmalzahlung231, Führungsklauseln in D&O-Versicherungen232, die Auszahlung einer Rente statt Kapitalleistung bei einer Unfallversicherung, sofern der Versicherungsfall ab dem 65. Lebensjahr des Versicherten eintritt233. Die Tarifbestimmung der Krankenversicherung, die für die Erstattung der Kosten für psychotherapeutische Heilbehandlung deren Durchführung durch einen niedergelassenen und approbierten Arzt voraussetzt, ist ebenso wenig überraschend234 wie die Begrenzung der Kosten für eine physikalische Therapie auf GOÄ-Sätze235 und das Recht des Versicherers, von der Erstattung Rechnungen solcher Ärzte auszuschließen, die unangemessen überhöht abrechnen, wenn der Versicherer den Versicherten zuvor auf den Erstattungsausschluss hinweist236. Nicht überraschend ist ferner die abschließende Aufzählung erstattungsfähiger Hilfsmittel237 sowie eine Klausel, welche die Erstattung von Kosten privater Krankenhäuser auf 150% der den öffentlichen Kliniken vorgegebenen Entgelte begrenzt238. Das Gleiche gilt für eine Tarifklausel, die die Kostentragungspflicht des Versicherers bei zahnärztlicher Behandlung in Abhängigkeit von der Vertragsdauer begrenzt239. Gleiches gilt für § 4 Abs. 3b der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB), der den Versicherungsschutz für Fälle ausschließt, die dem Versicherer später als drei Jahre nach Vertragsbeendi-

226 BGH v. 30.9.2009 – IV ZR 47/09, NJW 2010, 294; abweichend OLG Stuttgart v. 17.2.2009 – 10 U 220/07, VersR 2009, 1262 als Vorinstanz. 227 OLG Celle v. 4.1.2007 – 8 U 156/06, NJW-RR 2007, 469. 228 OLG Frankfurt v. 15.3.2006 – 7 U 118/05, r+s 2007, 74. 229 LG Düsseldorf v. 15.12.2004 – 12 O 328/03, VersR 2005, 399; vgl. ferner OLG Karlsruhe v. 15.1.2008 – 12 U 89/07, VersR 2008, 675: auch Wartezeitklausel für nachträglich einbezogene Zusatzrisiken nicht überraschend. 230 OLG Hamm v. 26.1.2005 – 20 U 170/04, VersR 2005, 1527. 231 OLG Koblenz v. 4.6.2007 – 10 W 368/07, VersR 2007, 1640; OLG Hamm v. 17.8.2007 – 20 U 284/06, VersR 2008, 383. 232 OLG Köln v. 2.9.2008 – 9 U 151/07, VersR 2008, 1673; krit. dazu Kretschmer VersR 2008, 33 (38). 233 LG Dortmund v. 23.2.2006 – 2 O 529/05, NJW-RR 2007, 23. 234 BGH v. 15.2.2006 – IV ZR 305/04, VersR 2006, 643; BGH v. 22.5.1991 – IV ZR 232/90, NJW 1992, 753 f.; ähnlich auch BGH v. 27.10.2004 – IV ZR 141/03, VersR 2005, 64 (Beschränkung der Erstattungsfähigkeit auf ärztlich Behandelnde im Bereich der Stimmund Sprachübungsbehandlung). 235 AG München v. 16.12.2011 – 154 C 20217/11, VersR 2012, 1505. 236 OLG Köln v. 21.12.1995 – 5 U 82/94, NJW 1996, 3088. 237 BGH v. 19.5.2004 – IV ZR 29/03, NJW-RR 2004, 1397; den überraschenden Charakter ferner verneinend BGH v. 18.1.2006 – IV ZR 244/04, NJW-RR 2006, 750 (Beschränkung der Ersatzfähigkeit zahnärztlicher Sachkosten durch Sachkostenliste); OLG Koblenz v. 15.6.2007 – 10 U 770/06, NJW-RR 2007, 1669 (Beschränkung auf 20 psychotherapeutische Sitzungen pro Jahr); OLG Frankfurt v. 10.1.2007 – 7 U 193/05, VersR 2007, 828 (Notwendigkeit vorheriger schriftlicher Zusage zur Übernahme der Kosten einer Psychotherapie). 238 Nach BGH v. 24.6.2009 – IV ZR 212/07, VersR 2009, 1210. 239 BGH v. 14.12.1994 – IV ZR 3/94, NJW 1995, 784 (785).

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gung gemeldet werden240. Entsprechendes gilt für das sog. „claims-made-Prinzip“ (Anspruchserhebungsprinzip) bei D&O Versicherungen241. Und auch die Erhöhung der Selbstbeteiligung bei einer Kfz-Kaskoversicherung, falls der Versicherungsnehmer die Reparatur nicht in einer Partnerwerkstatt vornehmen lässt, wurde als nicht überraschend angesehen242.

6. Mietvertragsklauseln Aus dem Recht der Wohnungsmiete sind nur wenige Fälle bekannt geworden, in denen die Rechtsprechung das Eingreifen von § 3 AGBG gegenüber vorformulierten Klauseln bejahte243. Das mag nicht zuletzt an dem weitgehend standardisierten Inhalt der üblichen Wohnungsmietverträge liegen; er lässt für den Überraschungseinwand wenig Raum. Vorformulierte Vereinbarungen über Mieterdarlehen, bei denen der Einwand des § 305c Abs. 1 je nach Lage des Falles in Betracht käme244, sind heute kaum noch anzutreffen. Eine Klausel über die Beteiligung des Mieters an Schönheitsreparaturen wurde zu Recht als nicht überraschend qualifiziert245. Entsprechendes wurde auch für die Übertragung einer Schneeräumpflicht entschieden246 und soll für die Beteiligung eines Erdgeschossmieters an den Aufzugskosten247 und – jedenfalls im Ergebnis – für Klauseln gelten, die das Kündigungsrecht für bis zu vier Jahren ausschließen248. Nicht überraschend soll auch die Klausel in einem Geweberaummietvertrag sein, nach der die „Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwal-

240 BGH v. 15.4.1992 – IV ZR 198/91, NJW 1992, 2233 (2234) (zur Vorgängerklausel des § 4 Abs. 4 ARB 1975, die eine Meldefrist von zwei Jahren vorsah). 241 OLG München v. 8.5.2009 – 25 U 5136/08, VersR 2009, 1066; s.a. OLG Frankfurt v. 5.12.2012 – 7 U 73/11, r+s 2013 329 (332), aber ohne Aussage zu § 305c; wie OLG München auch Franz DB 2011, 1961 (1964); von Westphalen VersR 2011, 145 (155); vgl. ferner Heße NZI 2009, 790 (791). 242 AG Berlin-Mitte v. 21.7.2011 – 4 C 3045/11, juris Rz. 5 (zweifelhaft). 243 Als überraschend angesehen wurde etwa eine Klausel, nach der der Mieter die zur Beheizung notwendigen Öfen selbst zu stellen hat, wenn dieser solche bei Einzug in der Wohnung nicht vorfindet (AG Landsberg v. 21.6.2006 – 1 C 545/06, WuM 2007, 12); die Begründung einer Schneeräumpflicht in einer Hausordnung – LG Frankfurt/M. v. 3.11.1987 – 2/11 S 136/87, NJW-RR 1988, 782 (783) – sowie die Festlegung einer Wohnraumtemperatur von 18 Grad Celsius als vertragsgemäße Erfüllung (LG Heidelberg WuM 1982, 2; vgl. dazu auch Rz. 52); eine ausführliche Übersicht verschiedener als überraschend gewerteter Klauseln findet sich bei Horst DWW 2008, 134, die jedoch teilweise nicht zwischen Überraschung nach § 305c Abs. 1 und Unklarheit nach Abs. 2 unterscheidet. 244 Vgl. Teil 2, (32) Mietverträge Rz. 36 und Wolf/Lindacher/Hau Anh. 310 Rz. M 55. 245 BGH v. 6.7.1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71 (84) = NJW 1988, 2790; OLG Hamm v. 14.7.1981 – 4 REMiet 1/81, DB 1981, 2024; OLG Stuttgart v. 10.3.1982 – 8 REMiet 3/81, NJW 1982, 1294; vgl. auch Teil 2, (32) Mietverträge Rz. 10 ff. Zur Frage, wann eine formularmäßige Änderungsvereinbarung, durch die der Vermieter eine nach § 307 unwirksame Schönheitsreparaturklausel ersetzen will, unter § 305c Abs. 1 fällt, vgl. Klimke ZMR 2005, 161 (163) (Überrumpelungseffekt nur, wenn Vermieter die Hintergründe für die Änderung aktiv verdunkelt). 246 LG Köln v. 25.7.2013 – 1 S 201/12, juris Rz. 6 ff., näher dazu Harsch MDR 2014, 373 (376) und allgemein zur Delegation von Verkehrssicherungspflichten an den Mieter Schmid VersR 2011, 731 (732); Schmid ZMR 2012, 337 (338). 247 BGH v. 20.9.2006 – VIII ZR 103/06, NJW 2006, 3557 (zw.). 248 BGH v. 19.11.2008 – VIII ZR 30/08, NJW 2009, 912 (dort nur inhaltliche Unwirksamkeit gemäß § 307 Abs. 1 verneint).

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tung“ auf den Mieter umgelegt werden249. Als überraschend hat die Rechtsprechung aber eine Klausel im Rahmen eines Bauherrenmodells beurteilt, wonach dem Mietgaranten die Teile der Mieteinnahmen verbleiben sollten, die die Garantiemiete übersteigen250. Entsprechendes ist für eine Klausel angenommen worden, welche auf die pauschale Abgeltung der Kosten einer vorzeitigen Beendigung des Wohnraum-Mietverhältnisses in Höhe einer Monatskaltmiete zielte251. Ferner wurde die Klausel in einem umfangreichen Gewerberaummietvertrag als überraschend gewertet, die dem Mieter einer Apotheke in einem Einkaufszentrum ein Wettbewerbsverbot auferlegte252. Als überraschend wurde auch die formularmäßige Vereinbarung einer „Vertragsverwaltungsgebühr“ für die Aufbewahrung der Vertragsunterlagen in einem Gewerberaummietvertrag gewertet, die zu den abrechenbaren Verwaltungskosten hinzukommen sollte,253 ferner eine Klausel, die den Mieter verpflichtete, „sowohl eine Hausrat- wie auch eine Haftpflichtversicherung unter Einschluss von Mietsachschäden für das Mietobjekt für die Dauer der Mietzeit“ abzuschließen254 und endlich auch eine Klausel, nach der es für die Wirksamkeit einer Erklärung des Vermieters genügen sollte, wenn sie gegenüber einem der Mieter abgegeben wurde255. 48

Bei Mietverträgen über Gebrauchsgegenstände kam es demgegenüber häufiger zum Streit über die Einbeziehung ungewöhnlicher Klauseln. Der überraschende Charakter wurde bejaht bei Klauseln in einem Kfz-Mietvertrag, wonach der Mieter auch für nicht zu vertretende Schäden haftet256 oder wonach trotz Zahlung eines Haftungsfreistellungsentgelts durch den Mieter bestimmte, gewöhnlich durch eine Kaskoversicherung abgedeckte Risiken von der Freistellung ausgenommen sein sollten257; ebenso bei einer Klausel, die die Mithaftung des Fahrers bei Anmietung eines Kfz für die Firma begründen sollte258 sowie bei einer Klausel, wonach eine gegen gesonderte Vergütung vereinbarte Haftungsreduzierung ausnahmslos entfallen sollte, falls der Mieter bei einem Schadensfall die Polizei nicht einschaltete259. Demgegenüber verneinte der BGH den Überraschungseinwand im Hinblick auf eine Klausel im Mietvertrag über ein Fotokopiergerät, wonach der Vermieter bei Zahlungsverzug des Mieters das Gerät zur Sicherung seines Eigentums an sich nehmen und gleichwohl Weiterzahlung

249 BGH v. 9.12.2009 – XII ZR 109/08, NJW 2010, 671 (672) Rz. 11 ff.; BGH v. 4.5.2011 – XII ZR 112/09, NZM 2012, 83 (84) (kein Überraschungseffekt aus Kosten oder ihrer Höhe, sofern ortsüblich und daher abschätzbar); OLG Köln v. 18.1.2008 – 1 U 40/07, NJWRR 2008, 752; OLG Düsseldorf v. 27.3.2012 – I-24 U 123/11, 24 U 123/11, juris Rz. 72; a.A. OLG Köln v. 24.6.2008 – 22 U 131/07, NZM 2008, 806 und NJW 2006, 3358; siehe dazu auch Ludley NZM 2006, 851 und Schmidt NZM 2008, 563. 250 OLG Hamburg v. 17.2.1984 – 11 U 141/83, BB 1984, 934 (936); vgl. dazu auch OLG Düsseldorf v. 28.5.1986 – 8 U 151/85, BB 1986, 1464. 251 OLG Karlsruhe v. 15.2.2000 – 3 RE-Miet 1/99, NJW-RR 2000, 1538. 252 OLG Dresden v. 3.3.2006, NJ 2006, 181 [Revision wurde zurückgenommen]. 253 LG Magdeburg v. 21.12.2011 – 5 O 1245/11, juris Rz. 6. 254 AG Dresden v. 14.12.2011 – 141 C 6282/11, juris Rz. 9 ff. 255 AG Spandau v. 13.2.2013 – 14 C 215/12, juris Rz. 19. 256 AG Köln bei Bunte AGBE II Nr. 152 zu § 11 Nr. 15. 257 BGH v. 8.2.1978 – VIII ZR 240/76, BGHZ 70, 304 (308) = NJW 1978, 945; NJW 1981, 1211 (jeweils nach altem Recht); LG Lüneburg v. 1.10.1987 – 4 S 235/87, NJW-RR 1988, 473. 258 OLG Naumburg v. 8.5.1996 – 8 U 32/95, NJW-RR 1997, 49. 259 AG Hamburg-Bergedorf v. 17.3.2009 – 409 C 26/09, ZMR 2009, 764.

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des Mietzinses verlangen kann260. Nicht anerkannt wurde der Überraschungseinwand auch gegenüber einer Klausel in einem Kfz-Mietvertrag, nach der andere Personen als der Mieter das Fahrzeug nur kraft ausdrücklicher Vereinbarung führen dürfen261, oder nach der sich der vereinbarte Haftungsausschluss des KfzMieters nicht auf vorsätzlich und grob fahrlässig verursachte Schäden erstreckt262. Nicht überraschend ist ferner eine Klausel, wonach der Mieter eines Lkw für selbstverschuldete Schäden aufzukommen hat, auch wenn das Fahrzeug lediglich teilkaskoversichert ist, weil sie lediglich die Gesetzeslage wiedergibt263. Als nicht überraschend, da branchenüblich, wurde schließlich die Vereinbarung einer zehnjährigen Vertragslaufzeit im Mietvertrag über eine Fernsprechnebenstellenanlage angesehen264. Fälle von vorformulierten, in AGB verborgenen Kopplungsgeschäften (Miete und Kauf, Miete und Wartungsvertrag u.a.), die mitursächlich für die gesetzliche Regelung des § 3 AGBG waren265, sind in neuerer Zeit allenfalls vereinzelt aufgetreten. Für sowohl überraschend als auch unwirksam gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG erklärt wurde eine Klausel, wonach es jeweils zum Neubeginn der Mindestvertragslaufzeit führt, wenn der Mieter sein Recht auf technologische Nachrüstung einer EDV-Anlage geltend macht266.

7. Arzt- und Krankenhausbedingungen Vorformulierte Vertragsbedingungen in Arzt- und Krankenhausverträgen waren ebenfalls nicht selten Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzung (zur Inhaltskontrolle vgl. Teil 2, (5) Arztverträge Rz. 1 ff. und Teil 2, (28) Krankenhausverträge Rz. 1 ff.). Im Hinblick auf § 3 AGBG ging es bei den Arztverträgen meist um Gebührenvereinbarungen. Dabei wurden solche Klauseln nicht beanstandet, durch die die Honorierung auf der Grundlage der früher verbreiteten Privat-ADGO an Stelle der heute maßgeblichen GOÄ vereinbart wurde267. Als üblich und daher nicht überraschend wurde auch eine Klausel eingestuft, in der sich der Patient mit der Weitergabe seiner Behandlungsdaten und Abtretung der Honorarforderung an ein Abrechnungsunternehmen bereit erklärte268. Zwar als unangemessen nach § 9 AGBG, nicht aber als überraschend beurteilte der BGH auch eine Klausel, die dem Arzt das Recht gibt, seine Leistungen nach höheren Sätzen als in der Gebührenordnung vorgesehen zu berechnen269. In der Literatur wurde eine Klausel über die Haftungsbeschränkung eines praktizierenden Arztes oder Krankenhauses auf grobes Verschulden als ganz ungewöhnlich und daher über-

260 BGH v. 1.3.1978 – VIII ZR 183/76, WM 1978, 406 (408) entgegen OLG Hamm BB 1976, 1049 (als Vorinstanz), jeweils nach altem Recht. 261 OLG Karlsruhe bei Bunte AGBE I § 3 Nr. 8; wohl auch BGH v. 17.12.1980 – VIII ZR 316/79, NJW 1981, 1211. 262 BGH v. 8.1.1986 – VIII ZR 313/84, WM 1986, 388 (389) (unter Hinweis auf § 61 VVG); so auch schon BGH WM 1974, 218 (219) (zum alten Recht). 263 OLG Brandenburg v. 14.11.2007 – 4 U 67/07, BB 2008, 415. 264 BGH v. 13.2.1985 – VIII ZR 154/84, WM 1985, 542 (543). 265 Vgl. Rz. 26 sowie Sonnenschein NJW 1980, 1493. 266 OLG Köln v. 21.1.1994 – 19 U 223/93, NJW 1994, 1483. 267 OLG Düsseldorf v. 9.6.1983 – 8 U 125/82, VersR 1984, 370. 268 OLG Naumburg v. 20.12.2012 – 1 U 120/11, juris Rz. 22 f. 269 BGH v. 30.10.1991 – VIII ZR 51/91, BGHZ 115, 391 (394) = NJW 1992, 746; anders noch OLG Düsseldorf v. 9.6.1983 – 8 U 125/82, VersR 1984, 370; LG München v. 4.3.1981 – 15 S 16917/80, NJW 1982, 2130. Vgl. dazu näher Teil 2, (5) Arztverträge Rz. 1 ff.

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raschend gewertet270. Gleiches wurde von der Rechtsprechung für eine Vertreterklausel bejaht, die es einem Chefarzt ermöglicht, bei Verhinderung die Behandlung ohne Zustimmung des Patienten an einen Vertreter zu delegieren271. 50

Bei Krankenhausverträgen wurde der Überraschungseinwand von den Gerichten mehrfach für sog. Nachberechnungsklauseln anerkannt, wonach das Krankenhaus bei rückwirkender Erhöhung der öffentlich-rechtlich festgesetzten Pflegesätze eine entsprechende rückwirkende Weiterbelastung in den zivilrechtlichen Verträgen mit den Patienten vornehmen darf272. Die allgemeine Verbreitung der Klausel wurde mangels Kenntnis der beteiligten Kundenkreise zu Recht nicht als geeignet angesehen, den Überraschungseinwand zu entkräften (vgl. Rz. 14)273. Der überraschende Charakter wurde auch bei einer Klausel bejaht, die dem Kassenpatienten das Kostenrisiko für den Fall auferlegt, dass der Sozialversicherungsträger nicht einsteht274, oder durch die zusätzlich zu den Krankenhauskosten noch eine Zahlungspflicht gegenüber dem in die Behandlung eingeschalteten Chefarzt des Krankenhauses begründet wird275. Demgegenüber wurde eine Stellvertretervereinbarung mit namentlicher Benennung des Vertreters unter Beibehaltung des Liquidationsrechts des Chefarztes als wirksam erachtet, sofern der Patient die Möglichkeit hat, auf die Wahlleistung in diesem Falle zu verzichten276. Ebenfalls als überraschend wurde eine Klausel angesehen, durch die sich der Krankenhausträger von Schäden freizeichnet, die durch liquidationsberechtigte Ärzte oder deren Beauftragte verursacht wurden277; ebenso eine Klausel, die sämtliche ärztliche Leistungen zum Gegenstand eines gesonderten Vertrages erklärte, sofern hierauf nicht besonders hingewiesen wurde278. Entsprechendes

270 So Deutsch NJW 1983, 1351 (1353). 271 OLG Düsseldorf v. 16.2.1995 – 8 U 33/94, NJW 1995, 2421; OLG Karlsruhe v. 20.2.1987 – 15 U 160/86, NJW 1987, 1489; LG Fulda v. 11.6.1987 – 2 O 131/86, MDR 1988, 317 f.; a.A. Kubis NJW 1989, 1512 (1515); OLG Hamm v. 4.5.1994 – 3 U 198/93, NJW 1995, 794 für den Fall der drucktechnischen Hervorhebung der Klausel (dann allerdings Unwirksamkeit gemäß § 308 Nr. 4). Zur Inhaltskontrolle vgl. Teil 2, (28) Krankenhausverträge Rz. 3. 272 LG Frankfurt/M. v. 17.9.1984 – 2/24 S 22/84, NJW 1985, 686 (687); LG Düsseldorf v. 5.10.1978 – 22 S 10/78, NJW 1979, 605; LG Köln v. 10.4.1979 – 11 S 425/78, NJW 1979, 2356; AG Bad Homburg bei Bunte AGBE I § 3 Nr. 17; vgl. auch Staudinger/Schlosser Rz. 23 (Problem der Inhaltskontrolle). Zum AGB-Charakter derartiger Klauseln trotz öffentlich-rechtlicher Festsetzung der Pflegesätze vgl. § 305 Rz. 10 f., zu ihrer Unangemessenheit nach § 307 vgl. BGH v. 14.7.1988 – IX ZR 254/87, BGHZ 105, 160 (166 f.) = NJW 1988, 2951. 273 A.A. noch BGH v. 30.1.1979 – VI ZR 216/77, NJW 1979, 2353 (2354) (unter Verneinung des Erfordernisses der Kenntnis des Kunden von der inhaltlichen Tragweite der Klausel; vgl. dazu Rz. 24). 274 OLG Bremen v. 11.7.1990 – 10 S 551/89, NJW 1991, 2354; anders im Ansatz, insoweit aber nicht überzeugend LG Berlin v. 15.11.2007 – 13 O 218/05, NJW-RR 2008, 1375 (1376) (es falle allgemein in die Risikosphäre des Patienten, vor der Behandlung für einen ergänzenden Krankenversicherungsschutz Sorge zu tragen. Das kann aber nur nach entsprechendem Hinweis durch den behandelnden Arzt oder Krankenhausträger gelten. – Im Fall war freilich die Mitgliedschaft in der gesetzlichen KV streitig). 275 AG Michelstadt bei Bunte AGBE III § 3 Nr. 15. 276 LG Hamburg v. 12.11.2004 – 332 O 305/04, ArztR 2005, 268 und AG Wetzlar v. 28.2.2006 – 30 C 1447/05 (30), 30 C 1447/05, ArztR 2008, 39. 277 OLG Köln v. 9.11.1988 – 27 U 77/88, NJW 1990, 776; OLG Bamberg v. 14.12.1992 – 4 U 60/92, VersR 1994, 813. 278 BGH v. 22.12.1992 – VI ZR 341/91, BGHZ 121, 107 (112 ff.) = NJW 1993, 779. Siehe dazu auch Kramer NJW 1996, 2398 (2403 f.).

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gilt für Einwilligungserklärungen des Patienten in die Leichenöffnung und Verwertung im Rahmen von Krankenhaus-AGB279. Ein Verstoß gegen § 305c Abs. 1 liegt auch in einer Klausel, die dem einen Notfallpatienten einliefernden Begleiter als „Antragsteller“ die gesamtschuldnerische Mithaftung für die Behandlungskosten auferlegt280. Als überraschend wurde schließlich die Kostenersatzklausel in der einem Kurpatienten vorgelegten „Verpflichtungserklärung“ beurteilt, wonach dieser bei einer nicht medizinisch bedingten Unterbrechung der Kur oder deren Abbruch pauschale Ausfallkosten an das Zentrum zu entrichten hatte281.

8. Sonstige Klauseln Die beiden folgenden Kataloge (Rz. 52, 53) enthalten eine Auflistung sonstiger Entscheidungen, in denen Gerichte das Eingreifen von § 305c Abs. 1 (früher § 3 AGBG) bejaht bzw. verneint haben. Eine Verallgemeinerung ist mit Rücksicht auf die für das Überraschungsmoment relevanten Einzelfallumstände (Art der Vertragsverhandlungen, Anordnung im vorformulierten Text, drucktechnische Hervorhebung, Hinweis des Verwenders) nur in begrenztem Maße möglich.

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a) ABC überraschender Klauseln – Fristbestimmung für die Abnahme von Abrufware, jedenfalls wenn Fristversäumung weit reichende Folgen hätte (LG Dortmund bei Bunte AGBE IV § 3 Nr. 14). – Klausel auf der Rückseite eines im kfm. Geschäftsverkehr geschlossenen Anzeigen-Wiederholungsauftrags, der zufolge sich bei nicht rechtzeitiger Kündigung der Vertrag automatisch um die ursprüngliche Vertragsdauer verlängert, während auf der unterschriebenen Vorderseite in drucktechnisch hervorgehobener Form lediglich bestimmt ist, die Vertragsdauer betrage „jeweils ein Jahr“ (BGH NJW 1989, 2255 (2256)). – Nicht besonders hervorgehobene Klausel in einem Arbeitsvertrag, nach der dieser zusätzlich zu einer drucktechnisch hervorgehobenen einjährigen Befristung auch auf den Ablauf der sechsmonatigen Probezeit befristet werden soll (BAG NJW 2008, 2279; LAG Berlin NZA-RR 2013, 459 (aufgrund versteckter Position im Vertrag) mit abl. Anm. Hunold NZA-RR 2013, 463; abw. für die Verbindung von Befristung und Probezeit als solcher LAG Mainz v. 27.1.2011 – 11 Sa 404/10, juris Rz. 32.). – Neuabschlussklausel in Automatenaufstellvertrag, der zufolge bei einem Automatenaustausch ein neuer Vertrag mit zehnjähriger Laufzeit beginnt (BGH NJW 1985, 53 (55)). – In einem Bau-Einheitspreisvertrag die durch den Auftraggeber gestellte Klausel, dass „auch in einem Einheitspreisvertrag die Auftragssumme limitiert“ sei (BGH NJW-RR 2005, 246). Ferner bei Pauschalpreisvereinbarung die Befug-

279 So zutr. Kohte AcP 185 (1985), 105 (129) unter Bezugnahme auch auf Versicherungsverträge; offen gelassen in BGH v. 31.5.1990 – IX ZR 257/89, NJW 1990, 2313 (2314); dazu krit. Ackmann JZ 1990, 925 (927). 280 LG Düsseldorf v. 24.2.1995 – 22 S 518/94, NJW 1995, 3062. 281 AG Bremen v. 7.4.2003 – 22 C 188/02, NJW-RR 2004, 931 („Bettenausfallgeld“ – Der Vertrag über den Kuraufenthalt selbst wurde zwischen der Krankenkasse und dem Träger des Kurzentrums geschlossen).

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nis des Verwenders, vertragliche Bauleistungen als zusätzliche „Aufschließungskosten“ zu berechnen (BGH NJW 1984, 171). Umlageklausel in Detektivvertrag, die eine an anderer Stelle getroffene, abschließend erscheinende Regelung über die Stundenvergütung modifiziert (BGH WM 1978, 723 (725) zum alten Recht; Erman/Roloff § 305c Rz. 15, vgl. auch Rz. 19). Befugnis einer Druckerei, bei Zahlungsverzug des Auftraggebers den Vertrieb der bereits hergestellten Drucksachen (kraft abgetretenen Rechts) zwecks Befriedigung ihrer Forderungen auf eigene Rechnung vorzunehmen (OLG Frankfurt WRP 1984, 558). Sonderbedingungen für den ec-Service betr. die umfassende Haftung des Kunden für Missbrauch der ec-Karte (AG Aachen WM 1993, 292). Fixgeschäftsklausel in Einkaufsbedingungen (BGHZ 110, 88 (97) = NJW 1990, 2065). Ankaufsverpflichtung in Erbbaurechtsvertrag (BGH NJW 1979, 2387 (2388) zum alten Recht; Staudinger/Schlosser Rz. 18; vgl. auch Rz. 26). Nachzahlungspflicht in Flugbeförderungsbedingungen für den Fall, dass der gezahlte Preis auf Grund unzutreffender Angaben im Flugschein zu gering berechnet war (LG Essen NJW 1979, 555). Vorbehalt in Garantiebedingungen des Herstellers, statt kostenfreier Mängelbeseitigung den Kaufpreis ganz oder teilweise entsprechend dem Minderwert oder der bisherigen Nutzungsdauer zurückzuerstatten (OLG Hamm bei Bunte AGBE IV § 3 Nr. 8; vgl. allgemein zu „defizitären“ Garantien im Zusammenhang mit § 3 AGBG Schünemann NJW 1988, 1943, 1945 ff.). Vereinbarung eines Gerichtsstandes, der weder zum Hauptsitz noch zur Niederlassung des Verwenders in einer Beziehung steht (LG Konstanz BB 1983, 1372). Gesamtschuldnerklausel in vorformulierter Einzugsermächtigung, wonach der Ermächtigende zugleich die Gesamtschuld für das Fahrkarten-Jahresabonnement des Kartenbestellers übernimmt (LG Mönchengladbach NJW-RR 1998, 1359 (1360)). Gewährleistungsausschluss beim Kauf eines gebrauchten Motors, wenn der Verwender Kilometer-Angabe zugesichert hat (OLG Hamm BB 1983, 21). Klausel, der zufolge ein Nachbesserungsversuch des Verwenders die ursprünglichen Gewährleistungsfristen weder hemmt noch unterbricht (OLG Hamburg WM 1985, 586 (587)). Erlass entstandener Ansprüche des Handelsvertreters in einer Änderungsvereinbarung über einen Handelsvertretervertrag (OLG Karlsruhe BB 1980, 226); desgleichen Begründung einer Kostenersatzpflicht des Handelsvertreters bei Überlassung von Adressen (OLG Saarbrücken NJW-RR 1997, 99). Zur Inhaltskontrolle von AGB in Handelsvertreterverträgen vgl. Teil 2, (24) Handelsvertreterverträge Rz. 1 ff. „Identity of Carrier“-Klausel in den Konnossementbedingungen eines Stückgutfrachtvertrages im Liniendienst, durch die an Stelle des Vertragspartners ein Dritter (der Eigner des gecharterten Schiffes) zum Verfrachter gemacht wird (OLG Hamburg RIW 1982, 205, 206). Vgl. auch OLG Hamburg TranspR 1989, 70 (72); dazu krit. K. Schmidt TranspR 1989, 41 (43 ff.).

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– Haftungsbegrenzungsklausel der Fondsgesellschaft zu Gunsten eines selbständigen Vertriebsunternehmens in Immobilienfondsprospekt (BGH NJW-RR 2004, 780). – Die Klausel im Auftragsformular eines Internetanbieters, wonach bei Nichtverfügbarkeit von DSL auf ISDN verwiesen wird (AG Frankfurt/M. MMR 2006, 184). – Versteckte Zahlungspflichten bei Vertragsschlüssen über das Internet, soweit der Besucher der Internet-Seite zunächst über ein Gewinnspiel oder einen Gutschein gelockt und ihm hierdurch die Entgeltlichkeit zunächst vorenthalten wird (AG München CR 2007, 816) sowie dann, wenn – etwa durch die zahlreiche Verwendung irreführender Begriffe – der Eindruck der Unentgeltlichkeit vermittelt wurde (AG Hamm NJW-RR 2008, 1078 obiter dictum; dazu auch Berger, ZGS 2009, 252; Ellbogen/Saerbeck 2009, 131; zum Überraschungseffekt von AGB-Klauseln des Verkäufers im Rahmen einer Internetauktion Heiderhoff ZIP 2006, 793 (795); siehe auch Fn. 59). Drosselungsklausel bei einer Internet-Flatrate, die ab einem bestimmten Datenvolumen eingreift (LG Köln MMR 2014, 137 (139 f.) mit zust. Anm. Dinnes MMR 2014, 140). – Vorbehalt des Verkäufers „soweit ihm bekannt“ in Kfz-Kaufvertrag über gebrauchten Pkw (KG NJW-RR 1998, 131; a.A. LG Zweibrücken NJW 1999, 585 (586) bei privatem Verkäufer). Vgl. aber auch BGH NJW 1998, 2207 (2208) (Bestätigung des KG-Urteils mit anderer, auf die Unklarheitenregel des § 5 AGBG abstellender Begründung). – Vergütungspflicht für Kostenvoranschläge bei Nichtausführung der Reparatur in Reparaturbedingungen der Elektrobranche (BGH WM 1982, 202 (203); anders KG ZIP 1982, 1333 f. bei besonderer Hervorhebung der Klausel in der Vertragsurkunde). Zur Inhaltskontrolle von Klauseln über Kostenvoranschläge vgl. Teil 2, (27) Kostenvoranschläge Rz. 1 f. – Antragsklausel für Kreditkartenvertrag, wonach dieser erst nach Zusendung der Kreditkarte (mit AGB) durch Kartenunterschrift oder erstmalige Benutzung des Kunden zustande kommt (OLG Nürnberg ZIP 1997, 1781(1782); dazu Derleder/Pallas ZIP 1999, 1285 (1291 f.)). – Ausschluss der Gewährleistungshaftung in Versteigerungsbedingungen eines Kunstauktionators, der als Kommissionär handelt, mit der Maßgabe, dass er begründete Mängelrügen, die ihm innerhalb eines Jahres seit Übergabe der Sache vom Käufer angezeigt werden, gegenüber dem Einlieferer geltend machen wird, ohne jedoch dem Käufer einen Anspruch auf Auskehr einer Ersatzleistung des Einlieferers einzuräumen (OLG München v. 26.6.2012 – 5 U 2038/11, NJW 2012, 2891; offenlassend aber BGH v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, NJW 2013, 3570 (3571), der Klausel als nach § 309 Nr. 7 lit. a unwirksam ansah; dazu auch Elmenhorst ZUM 2014, 34 (35)). – Recht des Verwenders in einem auf Teilamortisation angelegten Leasingvertrag, im Falle vorzeitiger Vertragsbeendigung auf Vollamortisationsbasis abzurechnen (LG Frankfurt/M. BB 1985, 2072 f.; OLG Oldenburg NJW-RR 1987, 1003; OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 1112; zust. von Westphalen EWiR § 3 AGBG 1/86 S. 637 f., jeweils unter Abstellen auf die fehlende Transparenz derartiger Regelungen). Ebenso BGH NJW 1987, 376 (379) und OLG Celle NJWRR 1994, 743 betr. die Umstellung eines auf Kilometerabrechnungsbasis geschlossenen Leasingvertrages bei Kündigung auf Restwertabrechnung. RestUlmer/Schäfer

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wertausgleichsklausel nach Werbung mit Kilometerabrechnung (LG Berlin v. 30.5.2013 – 7 O 159/12, juris Rz. 17 ff. [s. schon Rz. 18]). Als überraschend wurde ferner eine Klausel bewertet, nach der der Leasingnehmer auch bei Leistungsstörungen seitens des Lieferanten weiter zur Zahlung verpflichtet sein sollte (BGH NJW 2009, 3295). Demgegenüber hielt das OLG Karlsruhe OLGZ 1988, 223 (225) ein Andienungsrecht des Leasinggebers nicht für überraschend. Lohn- oder Gehaltsabtretungen zur Sicherheit bei Kreditkauf (OLG Hamm BB 1983, 1304 (1307); LG Düsseldorf bei Bunte AGBE V § 3 Nr. 16; weitere Nachw. in Fn. 180; zur Rechtslage seit Geltung des Verbraucherkreditrechts siehe Rz. 40) und in Formularmietvertrag (AG Hamburg-Wandsbek bei Bunte AGBE V § 3 Nr. 18). Vgl. auch Fn. 126 zur Abtretung von Kostenerstattungsforderungen im Prozessvollmachtsformular. Ein durch einen Luftfrachtführer im Schadensfall regelmäßig zusammen mit einem Verrechnungsscheck verschicktes Schreiben, wonach mit der Einlösung des Schecks alle Ansprüche abgegolten sein sollen (OLG Frankfurt VersR 2006, 675). Ebenso die Überbürdung einer sog. Einreisestrafe durch die Fluggesellschaft auf den Reisenden, der nicht über die zur Einreise notwendigen Dokumente verfügt (LG Aschaffenburg NJW-RR 2007, 1128). Aufwendungsersatzanspruch in Maklervertrag für den Fall, dass das zu vermittelnde Geschäft nicht zustande kommt (tendenziell AG Ulm ZIP 1983, 1219 (1220)), ferner Bearbeitungsgebühr in einem Finanzmaklervertrag, die auch bei fristloser Kündigung anfallen soll (OLG Oldenburg NJW-RR 2005, 1287) sowie Gebühr für das Ausfüllen einer Mieterselbstauskunft (LG Bonn v. 5.12.2013 – 8 S 192/13, NJW-Spezial 2014, 98 (99)). Desgleichen Vereinbarung einer bestimmten Mindestprovision (KG MDR 1994, 985) sowie nachträgliche Verpflichtung des Käufers in einem von ihm unterzeichneten „Objektnachweis“ zur Zahlung einer Maklergebühr, wenn der Makler vom Verkäufer beauftragt wurde (OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 370; OLG Hamm NJW-RR 1988, 687). Klausel in Mobilfunk-AGB, die den Anbieter berechtigt, die Freischaltung der SIM-Karte von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 500 Euro abhängig zu machen (AG Berlin-Charlottenburg NJW-RR 2007, 1550). Einschränkung einer SMS-“Flatrate“ bei fehlendem Hinweis darauf, dass diese nicht für alle Netze gilt, (LG Kiel NJW-RR 2013, 301). Rechtswahlklausel, der zufolge für ein in Deutschland abgeschlossenes und abgewickeltes Börsentermingeschäft englisches Recht gelten soll (OLG Düsseldorf WM 1994, 376 und WM 1995, 1349, 1351). Ebenso der Verweis auf irisches Recht in einem Fluggastbeförderungsvertrag, der bei kundenfeindlicher Auslegung auch Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung erfasst (AG Bremen v. 5.12.2013 – 9 C 337/13, RRa 2014, 95 (96). A.A. Staudinger/Bauer NJW 2014, 895, (896); s.a. Meyer ZHR 174 (2010), 108, (132)). Absagerecht des Reiseunternehmers in Reisevertragsbedingungen bei einer Beteiligung von weniger als 25 Personen (LG München I bei Bunte AGBE II Nr. 41 zu § 10 Nr. 3). Ebenso Klausel in Reisebedingungen, der zufolge auch bei Handeln in fremdem Namen ausschließlich der Anmelder des Schadens berechtigt ist, Ersatzansprüche für den Geschädigten geltend zu machen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 888; anderes gilt bei Abschluss in eigenem Namen für mehrere Personen, OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, 636); sowie AGB-Klau-

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sel über den Ausschluss der Berechtigung des die Reise vermittelnden selbständigen Reisebüros, Anspruchsanmeldungen von Reiseteilnehmern entgegenzunehmen (LG Frankfurt/M. NJW-RR 1987, 745). Vereinbarung von Aufwendungsersatz auch bei vom Kunden unverschuldetem Scheitern der Vertragsverhandlungen (OLG Celle VersR 1984, 68 (69)). Abgabe eines negativen Schuldanerkenntnisses anlässlich der Übergabe der Arbeitspapiere an einen gekündigten Arbeitnehmer, da dieser lediglich damit rechne, den Erhalt dieser Papiere zu bestätigen, nicht aber, damit weitere Erklärungen abzugeben (BAG MDR 2005, 1300). Die HVA B-STB Stoffpreisgeltklausel (03/06) ist überraschend und wird bei fehlendem ausreichendem Hinweis nicht Vertragsbestandteil. Die vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. veröffentlichten Informationen zu dieser Stoffpreisklausel stehen der Annahme eines Überraschungseffekts nicht entgegen, weil nicht gewährleistet ist, dass sie europaweit alle Bieter hinreichend warnt. Scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung §§ 133, 157 BGB nach den Umständen aus, bleibt es bei den ursprünglich vereinbarten Preisen (BGHZ 202, 309 (314 ff.) = NJW 2015, 49 (50)). Klausel in Time-Sharing-Vertrag, durch die die Eintragung des Käufers eines anteiligen Dauerwohnrechts nach § 31 WEG in das Grundbuch ausgeschlossen und stattdessen die Eintragung eines Dritten als Treuhänder vereinbart wird (BGHZ 130, 150, 154 f. = NJW 1995, 2637; BGH NJW-RR 1996, 1034; dazu Hildenbrand NJW 1996, 3249 (3253) m.w. N.). Verkürzung von Verjährungsfristen gegenüber Vertreibern oder Vermittlern von Anteilen an Immobilienfonds (BGH NJW-RR 2004, 780 und DB 2004, 303 (304)) bzw. in Vollmachtformularen zur Beauftragung eines Rechtsanwalts (OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1150 (1152)). Weitgehende Vollmachterteilung in Kontoänderungsantrag zur Umwandlung eines Einzelkontos in ein Gemeinschaftskonto zwecks Bewilligung eines begrenzten Kredits (BGH NJW 1991, 923 (924)). Ebenso Klausel in Antrag auf Abschluss einer Restschuldversicherung, der zufolge die kreditgebende Bank bevollmächtigt wird, Erklärungen des Restschuldversicherers für den Kreditnehmer entgegenzunehmen (KG NJW-RR 1992, 859 (860)). Auf einem Internetportal unter der Überschrift „Datenschutz“ versteckte Einverständniserklärung zum Erhalt von Werbung per SMS-Mitteilung (LG Berlin CR 2003, 339). Die Verweisung in einem Werkvertrag zwischen Generalunternehmer und Nachunternehmer auf Bedingungen eines Pauschalpreisvertrages zwischen dem Generalunternehmer und seinem Auftraggeber, die eine Beschränkung des Werklohns für den Fall einer Nichtinanspruchnahme der Leistung vorsehen (BGH NJW 2007, 3423). Klausel in Wohnraummietvertrag, wonach eine Temperatur von 18 Grad Celsius in der Zeit von 8 bis 21 Uhr als vertragsgemäße Erfüllung gilt (LG Heidelberg WuM 1982, 2; für Unwirksamkeit gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG LG Göttingen ZMR 1988, 179 f.; AG Osnabrück WuM 1983, 30; vgl. auch Rz. 47).

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– Abtretungsverbot in Einkaufsbedingungen (BGH WM 1991, 554 (556)). – Ausschluss der Vollmacht des Architekten, für den Bauherrn Verträge abzuschließen, in Bauvertrag (OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1405). – Abgeltungsklausel in einem Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag (BAG NJW 2009, 1019 (1022)). – Ausschlussfrist von 13 Wochen für die gerichtliche Geltendmachung von Lotteriegewinnen (BGH NJW 1991, 1745; OLG Celle NJW-RR 1986, 833). – Änderungsbefugnis des Bauherrn als Verwender hinsichtlich einzelner Auftragsteile im Bauvertrag, ohne dass der Unternehmer zu Mehrforderungen oder Schadensersatzansprüchen berechtigt wäre (KG bei Bunte AGBE I § 9 Nr. 149). – Inanspruchnahme der für ein Bauspardarlehen geleisteten Sicherheiten für alle Forderungen gegen den Bausparer (LG Berlin ZIP 1988, 1311, 1316). Anspruch der Bausparkasse gegen den Bausparer auf Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (LG Berlin ZIP 1988, 1311 (1317)). – Vertragsstraferegelung in Bauvertrag, wenn feste Fertigstellungstermine vereinbart sind (BGH WM 1983, 87 (88)), oder dass abweichend von § 341 Abs. 3 die Vertragsstrafe – auch noch nach Abnahme – bis zur Schlussrechnung geltend gemacht werden kann (OLG Karlsruhe BB 1980, 600; so auch zum alten Recht BGH NJW 1979, 212; allgemein zu AGB in Bauverträgen vgl. Teil 2, (12) Bauverträge Rz. 1 ff.). – Vorleistungspflicht des Ersteigerers bei Briefmarkenauktion (BGH NJW 1985, 850 (851)). – Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 627 Abs. 1 in Direktunterrichtsvertrag (AG Göppingen NJW 1981, 1675, 1676; zu AGB in Direktunterrichtsverträgen vgl. auch Teil 2, (50) Unterrichtsverträge Rz. 1 ff.). – Gesamtschuldnerische Haftung des Arbeitnehmers – neben dem Arbeitgeber – für von ihm selbst veranlasste Zahlungen auf Grund einer Firmenkreditkarte (OLG München NJW-RR 1988, 1076; OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 1523; a.A. LG Bremen NJW-RR 1989, 1522; zweifelnd auch Wolf/Pamp Anh. 310 Rz. K 110 ff. – Gerichtsstandsklausel im kaufmännischen Verkehr, soweit sie keinen ungewöhnlichen Inhalt hat (vgl. Nachw. in Rz. 16; zur Inhaltskontrolle vgl. Teil 2, (21) Gerichtsstandsklauseln Rz. 1 ff.). – Gewährleistungsausschluss in notariellem Kaufvertrag über ein nicht neu errichtetes Haus (LG Nürnberg-Fürth DNotZ 1984, 550). – Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist im kaufmännischen Verkehr (BGH BB 1979, 185, 186 zum alten Recht; vgl. auch zur Inhaltskontrolle § 309 Nr. 8 Rz. 98, 101 ff.). Ferner Abweichung von den in den VOB/B geregelten Gewährleistungsfristen in Nr. 10 der von der öffentlichen Hand verwendeten ZTVStra (BGH WM 1987, 907). – Wiederkaufsrecht des kommunalen Veräußerers zum früheren Kaufpreis in einem Grundstückskaufvertrag, wenn der Erwerber entgegen der Vereinbarung mit der verkaufenden Gemeinde das Grundstück nicht bebaut (OLG Koblenz MDR 1995, 1110); Nutzungszins-Klausel für die Zeit zwischen Nutzungsübergang und Kaufpreiszahlung (BGH NJW-RR 2001, 195). 344

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– Qualifikation eines Pkw-Abstellvertrages über das Abstellen des Pkw des Hotelgastes in der hoteleigenen Tiefgarage nicht als Verwahrungsvertrag, sondern als bloßer Mietvertrag (LG Köln bei Bunte AGBE III § 9 Nr. 52). – Klausel in Tarifbedingungen einer Kaskoversicherung, wonach eine Herabstufung in der Schadenfreiheitsklasse nicht nur bei Schadensregulierung, sondern auch für den Fall erfolgen kann, dass Rückstellungen für einen über drei Jahre hinausgehenden Zeitraum seit der Schadensmeldung gebildet wurden (LG Köln v. 8.12.2010 – 20 S 22/10; AG Köln v. 2.3.2010 – 268 C 20/09, VersR 2011, 877). – Abtretungsverbot betr. Käuferansprüche in Kfz-Kaufverträgen (BGH NJW 1981, 117 (118); OLG Hamm BB 1979, 1425 (1426); a.A. von Westphalen ZIP 1980, 987 f.; allg. zu AGB in Kfz-Kaufverträgen vgl. Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 14 ff., 18 ff.). – Vertragsstrafeklausel in Konnossementbedingungen für den Fall des Schmuggels oder der Abgabe unrichtiger Erklärungen über Wert, Inhalt u.a. der zu verschiffenden Güter (BGH NJW 1979, 105 (106) zum früheren Recht). – Auskunftserteilungsvollmacht gemäß § 34 Abs. 2 BDSG in Kreditantragsformular eines Kreditvermittlers (OLG Düsseldorf WuW/E OLG 3028, 3031). – Klausel in AGB eines Kreditkartenausgebers, der zufolge Einwendungen und andere Beanstandungen aus dem Vertragsverhältnis ausschließlich gegenüber dem jeweiligen Vertragsunternehmen geltend zu machen sind (OLG Schleswig WM 1991, 453). Desgleichen Klausel über Entgeltlichkeit von Barauszahlungen mittels der Kreditkarte (LG Heilbronn WM 1995, 1621) und über die gesamtschuldnerische Haftung eines Zusatzkarteninhabers für die von ihm selbst getätigten Belastungen des Kreditkartenkontos (LG München NJW-RR 1992, 1019). Vgl. auch Teil 2, (29) Kreditkarten-AGB Rz. 1 ff. – Ermächtigung des zur Ersteigerung eines Kunstgegenstandes beauftragten Auktionshauses, die Höhe des im Auftrag angegebenen Gebotes um 5–10% zu überschreiten (BGH NJW 1980, 1619 (1620); zu AGB bei Kunstauktionen vgl. Teil 2, (56) Versteigerungsbedingungen Rz. 1 ff.). Der Haftungsausschluss in Versteigerungsbedingungen eines Auktionshauses für die Provenienz eines Werkes ist weder überraschend noch unangemessen benachteiligend (OLG Köln NJW 2012, 2665 (2666 f.)). – Regelung von Unterverpachtung und Pflugtausch in einem Landpachtvertrag (OLG Naumburg v. 13.9.2011 – 2 U 61/11 (Lw), juris Rz. 55). – Ersetzung der Leasinggeberhaftung durch Abtretung der Gewährleistungsansprüche, die diesem gegen den Hersteller zustehen (BGH WM 1985, 638 (640)). – Haftung des Leasingnehmers für unverschuldeten Untergang der Leasingsache im kaufmännischen Verkehr, wenn der Leasinggeber die Sache versichert hat und die Versicherungsleistungen auf die Ersatzpflicht angerechnet werden (OLG Frankfurt BB 1983, 1812 (1813)). – Regelung über den Umfang der bei Kündigung eines Leasingvertrages zu leistenden Restzahlungen (OLG Hamm DB 1980, 393, 394). Formularmäßige Festlegung des Restwertausgleichsanspruchs beim Finanzierungsleasing (OLG Hamm WM 1996, 492). Übernahme einer Restwertgarantie durch Leasingnehmer (OLG Frankfurt v. 12.4.2013 – 14 U 17/13, juris Rz. 27 und Hinweisbeschluss v. 7.3.2013 – 14 U 17/13, juris Rz. 25 ff. im Anschluss an BGH ZIP Ulmer/Schäfer

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1997, 1457 (1458)). Ferner Verfallklausel in Leasingvertrag, nach der bei Zahlungsverzug des Leasingnehmers sämtliche Raten fällig werden (OLG Frankfurt DB 1981, 1459 für den kaufmännischen Verkehr). Ebenso bei Verbindung der Verfallklausel mit dem Recht zur Rücknahme des Leasinggegenstandes (Quittnat BB 1979, 1530 f.; offen gelassen von BGH NJW 1978, 1432 (1434) zum alten Recht; dazu und allg. zu AGB in Leasingverträgen vgl. auch Teil 2, (30) Leasingverträge Rz. 1 ff.). Bestimmung, der zufolge ein kündbarer Leasingvertrag als auf unbestimmte Dauer, d.h. ohne Begrenzung auf den Zeitpunkt der Vollamortisation, abgeschlossen gilt (BGH NJW 1990, 247, 249; OLG Köln BB 1992, 2286 (2287)). Klausel in Möbelkaufvertrag, der zufolge sich die Holzbezeichnung bei Kastenmöbeln nur auf die Frontfläche bezieht (OLG Hamm NJW 1986, 2581). Entgeltregelung in Postzeitungsdienst-AGB betr. Verlegerbeilagen (BGH NJW 1996, 2374). Schiedsvereinbarung mit einem Verbraucher, bei der die Formerfordernisse des § 1031 Abs. 5 ZPO erfüllt werden, weil diese dem Schutz des Verbrauchers vor Überrumpelung Rechnung tragen sollen (BGH NJW 2005, 1125). Schriftformklausel (vgl. Nachw. in Rz. 16; dazu auch § 305b Rz. 29 ff. zur Bedeutung der Schriftformklausel für den Vorrang von Individualabreden nach § 305b; zur Inhaltskontrolle von Schriftformklauseln vgl. Teil 2, (41) Schriftformklauseln Rz. 7 ff.). Anzeigepflicht des Kunden von Bedarfsänderungen in Stromlieferungsvertrag (LG Düsseldorf v. 30.9.2011 – 40 O 29/10, juris Rz. 37 ff., RdE 2012, 116 (117 f.)) Klausel, nach der Provisionsansprüche eines Versicherungsmaklers auch bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrages bestehen bleiben sollen (BGH NJW 2005, 1357). Vorschussklausel in Umzugsvertrag mit einer Skontoabrede (BGH ZIP 1981, 624 (625)). Ausschluss des Anspruchs eines Werkunternehmers auf Einräumung einer Sicherungshypothek nach § 648 (BGH NJW 1984, 2100). Vereinbarung eines vertraglichen Pfandrechts in Werkvertrag, auch soweit dieses der Sicherung bereits entstandener Forderungen dienen soll (BGH WM 1983, 843 (844); OLG Köln ZIP 1986, 379 (380); vgl. aber auch LG Wuppertal bei Bunte AGBE III § 3 Nr. 13, das jedenfalls Erstreckung auf entstandene, aber bestrittene Forderungen als überraschend ablehnt). Fälligkeitsregelung in Werkvertrag, wonach 5% des vom Verwender geschuldeten Werklohns erst 60 Monate nach Abschluss aller Lieferungen und Leistungen fällig werden (OLG Hamm BB 1988, 868). Dispositionsrecht des Grossisten gegenüber Zeitungs- und Zeitschrifteneinzelhändlern (OLG Karlsruhe WRP 1980, 640 (642); für Üblichkeit auch BGH NJW 1982, 644 (645)).

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V. Verträge mit Unternehmern 1. Modifizierte Anwendung von § 305c Abs. 1 Die Vorschrift des § 305c Abs. 1 gilt im Grundsatz auch für Rechtsgeschäfte mit Unternehmern als Kunden. Abweichungen gegenüber dem Geschäftsverkehr mit Verbrauchern können sich freilich daraus ergeben, dass an die Geschäftserfahrung von Unternehmern gesteigerte Anforderungen zu stellen sind (vgl. Rz. 13, 22). Der überraschende Charakter ungewöhnlicher AGB wird ihnen gegenüber von der Rechtsprechung daher weniger leicht bejaht282.

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2. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben und § 305c Abs. 1 Zweifelhaft ist, ob der Einbeziehungsvorbehalt des § 305c Abs. 1 auch dann eingreift, wenn AGB dadurch Vertragsbestandteil werden, dass der Kunde einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben mit Verweisungsklausel nicht widerspricht (§ 305 Rz. 178 f.). Die Geltung von § 305c Abs. 1 in diesen Fällen scheitert zwar nicht daran, dass beim Bestätigungsschreiben der Vertragsschluss zu den im Schreiben genannten Bedingungen unabhängig von einem etwaigen Annahmewillen allein dadurch eintritt, dass der Empfänger nicht unverzüglich widerspricht. Berücksichtigt man aber die Funktion des Bestätigungsschreibens, den genauen Inhalt des auf Grund von Verhandlungen zustande kommenden Vertrags zu Beweiszwecken festzulegen und mögliche Irrtümer und Missverständnisse zwischen den Parteien auszuschließen283, so bestehen im Fall einzelner überraschender Nebenabreden keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, gegenüber seinem Inhalt den Einwand des § 305c Abs. 1 ebenso eingreifen zu lassen wie denjenigen der arglistigen Täuschung284.

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Hinsichtlich der Einbeziehung von AGB durch Verweisung hierauf in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben ist danach wie folgt zu differenzieren. Weichen die AGB des Absenders insgesamt erheblich vom Verhandlungsergebnis oder vom dispositiven Recht ab und konnte der Absender daher nicht damit rechnen, dass der Empfänger mit der Einbeziehung einverstanden ist, so ist das Bestätigungsschreiben insgesamt ohne Wirkung285. Der Nichtwiderspruch des Empfängers führt weder zur Änderung eines bereits ohne AGB des Absenders geschlossenen Vertrags noch auch zu dessen Abschluss, wenn die vorausgegangenen Verhandlungen ohne Vertragsschluss geendet hatten. Bezieht sich die erheb-

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282 Vgl. in Bezug auf Kaufleute (§ 24 a.F. AGBG) BGH v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, NJW 1988, 558; OLG Frankfurt v. 3.2.1981 – 3/7 O 36/80, DB 1981, 1459; OLG Hamburg v. 26.10.1982 – 12 U 202/80, ZIP 1982, 1421 (1423); OLG Oldenburg v. 18.2.1987 – 3 U 211/86, NJW-RR 1987, 1003 (1005); OLG Hamm v. 12.5.1986 – 5 U 180/85, ZIP 1986, 1547 (1549); OLG Karlsruhe v. 23.4.1986 – 6 U 139/84, NJW-RR 1986, 1112 (1114); so auch Erman/Roloff Rz. 5; Stoffels Rz. 333; Löwe/Trinkner/von Westphalen § 3 AGBG Rz. 15, 17 und Larenz/Wolf AT § 43 Rz. 28; weitergehend Wolf/Lindacher/ Hau Rz. 96. 283 Vgl. statt aller MünchKommHGB/K. Schmidt § 346 HGB Rz. 143. 284 So zu § 3 AGBG Koch/Stübing § 3 AGBG Rz. 12; Löwe/von Westphalen § 2 AGBG Rz. 56; einschränk. Lindacher WM 1981, 708 f. (nur für das inhaltsergänzende Bestätigungsschreiben). 285 Vgl. § 305 Rz. 179; K. Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl. 1999, § 19 III 5b S. 581; zur Gesamtunwirksamkeit bei Unrichtigkeit nur eines Teils des Bestätigungsschreibens vgl. nur BGH v. 3.7.1967 – VIII ZR 82/65, BB 1967, 978.

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liche Abweichung demgegenüber nicht auf die AGB als Ganzes, sondern nur auf einzelne überraschende Klauseln, so bewendet es wie in den sonstigen Fällen eines Vertragsschlusses unter Einbeziehung der AGB des einen Teils bei den Schranken des § 305c Abs. 1: Das Bestätigungsschreiben ist wirksam und führt ggf. zum Vertragsschluss unter Einbeziehung der AGB des Absenders, jedoch unter Ausklammerung der für den Empfänger überraschenden Klauseln286. Der Empfänger ist nicht etwa verpflichtet, die AGB des Absenders im Falle eines Bestätigungsschreibens sorgfältiger zu prüfen als bei sonstigen Vertragsschlüssen im kaufmännischen Verkehr. 57

Einstweilen frei.

B. Auslegung von AGB; mehrdeutige Klauseln (§ 305c Abs. 2) Schrifttum: Basedow Kollektiver Rechtsschutz und individuelle Rechte – Die Auswirkungen des Verbandsprozesses auf die Inzidentkontrolle von AGB, AcP 182 (1982), 335; Bernreuther Zum Maßstab der Auslegung von AGB und dem Transparenzgebot, BB 1993, 1823; Brandner Die Umstände des einzelnen Falles bei der Auslegung und Beurteilung von AGB, AcP 162 (1962), 237; Dreher Die Auslegung von Rechtsbegriffen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, AcP 189 (1989), 342; Dylla-Krebs Schranken der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen, 1990; Th. Honsell Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders, JA 1985, 260; Knütel Zur duplex interpretatio von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, JR 1981, 221; Krampe Die Unklarheitenregel, 1983; Micklitz Verbandsklage und die EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln, ZIP 1998, 937; H. Roth Funktion und Anwendungsbereich der Unklarheitenregel des § 5 AGBG, WM 1991, 2085 und 2125; Rüßmann Die „ergänzende Auslegung“ Allgemeiner Geschäftsbedingungen, BB 1987, 843; Sambuc Unklarheitenregel und enge Auslegung von AGB, NJW 1981, 313; Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der AGB, 1992; Schlechtriem Die sog. Unklarheitenregel des § 5 AGBG, in FS Heinrichs, 1998, S. 503; Schmidt-Salzer Recht der AGB und missbräuchliche Klauseln: Grundfragen, JZ 1995, 223; Wacke Ambiguitas contra stipulatorem, JA 1981, 666.

I. Grundlagen 1. Normzweck und Funktion des § 305c Abs. 2 61

Die unverändert aus § 5 AGBG in das BGB übernommene Vorschrift des § 305c Abs. 2 kodifiziert eine Auslegungsregel, die seit Jahrzehnten von Gerichten aller Instanzen bei Auslegung von AGB praktiziert worden war und sich zur ständigen Rechtsprechung entwickelt hatte (vgl. Nachw. in 3. Aufl. § 5 Rz. 16). Ihre Funktion besteht darin, bei objektiv mehrdeutigen AGB-Klauseln eine Auslegungs- (genauer: Entscheidungs-)hilfe zu geben und für diesen Fall die Interessen des Verwenders hinter diejenigen des Kunden zurücktreten zu lassen. Dadurch soll einerseits der Verwender im Sinn des Transparenzgebots (Rz. 81) zu klarer und deutlicher Ausgestaltung der AGB veranlasst werden287. Zum anderen soll derjenige, der die Vorteile der Vertragsgestaltungsfreiheit für sich in Anspruch nimmt, auch deren Nachteile tragen288. Das entspricht seiner Verant-

286 So im Ergebnis auch die in Fn. 284 Genannten. 287 Zur Unwirksamkeit vieldeutiger oder undurchschaubarer AGB vgl. Rz. 89. 288 So zutr. namentlich Knütel JR 1981, 223; ähnlich auch Wacke JA 1981, 667 f.

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wortung für den Inhalt der AGB289; ihr kann er sich auch nicht durch einen vorformulierten Änderungsvorbehalt entziehen290. Schließlich wird durch die Unklarheitenregel auch gewährleistet, dass die für den Fall objektiv mehrdeutiger Vertragsabreden vorgesehene Auslegungsregel des § 155, die beim versteckten Dissens das Risiko der Gesamtnichtigkeit des Vertrages begründet, für Verträge unter Einbeziehung mehrdeutiger AGB nicht eingreift291. Bei der Anwendung der Unklarheitenregel ist allerdings zu beachten, dass die darin vorgesehene kundenfreundliche Auslegung die Gefahr begründet, die Inhaltskontrolle leer laufen zu lassen und dadurch im Ergebnis den Kundenschutz einzuschränken. Mit Rücksicht hierauf hat sich nicht nur für den Verbandsprozess, sondern seit einiger Zeit auch für den Individualprozess die Tendenz kundenfeindlicher Auslegung mehrdeutiger Klauseln im Rahmen der Inhaltskontrolle durchgesetzt (Rz. 64 ff.).

2. Entstehungsgeschichte Die noch im RefE II zum AGBG enthaltene, im RegE AGBG gestrichene Vorschrift wurde auf Wunsch des Bundesrates trotz Widerspruchs der Bundesregierung wieder in das Gesetz aufgenommen292. Die Einwände der Bundesregierung galten in erster Linie der verfehlten Gesetzestechnik. Denn die Unklarheitenregel stellt nur einen – noch dazu einen logisch nachrangigen – unter mehreren zur Auslegung von AGB entwickelten Grundsätzen dar (Rz. 67). Hinzu kam als inhaltliches Bedenken, dass die gesetzliche Verankerung der Unklarheitenregel in § 305c Abs. 2 die restriktive Auslegung zu Lasten der offenen Inhaltskontrolle überbetonen und damit ein Hauptziel des Gesetzes, Klarheit über absolut oder relativ unangemessene AGB-Klauseln zu schaffen, verfehlen könnte293; dieser Gefahr hat die Praxis – nicht zuletzt durch die Methode „kundenfeindlicher“ Auslegung (Rz. 91, 93) – zu Recht widerstanden.

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3. Anwendungsbereich und systematische Stellung Als Teil der für die Auslegung von AGB maßgeblichen, gegenüber der Auslegung von Individualabreden abweichenden Grundsätze (Rz. 67 f.) normiert § 305c Abs. 2 die Unklarheitenregel, sofern AGB einen mehrdeutigen Inhalt haben (Rz. 85 ff.). Sie gilt nach dem Wortlaut des § 305c Abs. 2 generell für die Auslegung von AGB, unabhängig davon, ob diese in einen konkreten Vertrag einbezogen sind oder nicht. Sie soll aber, wenn es zum Vertragsschluss gekommen

289 Diesen Gesichtspunkt als Grund für die Unklarheitenregel betonen auch BGH v. 26.10.1977 – VIII ZR 197/75, WM 1978, 10 (11); OLG Köln v. 30.4.1986 – 2U 169/85, NJW-RR 1987, 371 (372); OLG Düsseldorf v. 13.10.1988 – 8 U 23/87, NJW-RR 1990, 821; Rüßmann BB 1987, 845; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 124 (h.M.); zu § 5 AGBG Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 1. 290 Für die Unwirksamkeit eines solchen, zur Beseitigung von Auslegungsrisiken bestimmten Vorbehalts daher zutr. BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, NJW 1999, 1865 (1866); Stoffels Rz. 369. 291 So treffend schon Raiser AGB, S. 260-262; zust. MünchKomm/Basedow Rz. 28; Sambuc NJW 1981, 313 sowie die Kommentierungen zu § 155: vgl. MünchKomm/Kramer § 155 Rz. 6; Soergel/Wolf § 155 Rz. 9; Staudinger/Bork § 155 Rz. 12. 292 BT-Drucks. 7/3919 S. 47, 60. 293 Begr. RegE AGBG S. 15, 60; vgl. auch Rz. 64 f.

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ist, nicht für die Frage gelten, wer Partei des vorformulierten Vertrages geworden und damit Verwender ist294. Das erscheint zweifelhaft: Ergibt sich die Unklarheit darüber, wer Vertragspartner des Kunden geworden ist, tatsächlich aus dem vorformulierten Vertragstext selbst, so erscheint es vorzugswürdig, vom Vertragsschluss auszugehen, wenn aus Sicht des Kunden eine von mehreren Auslegungsvarianten zur Annahme einer Vertragserklärung führt295. Zwar kann sich der Kunde dann in bestimmten Situationen seinen Vertragspartner gleichsam aussuchen; doch kommt dies ohnehin nur in Ausnahmesituationen in Betracht, wie das Beispiel des selbständigen Garantievertrages gezeigt hat. Voraussetzung ist zudem, dass beide potentiellen Vertragspartner die Unklarheit über den Vertragspartner mitveranlasst haben296. In Bezug auf die einzelne Vertragsbeziehung kommt ihr Bedeutung für die Entscheidung darüber zu, ob der – durch Auslegung zu ermittelnde – Inhalt von AGB überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 ist oder ob er nach Maßgabe von § 305b in Widerspruch zu einer Individualabrede steht (vgl. oben Rz. 4 und § 305b Rz. 2). Zur Anwendung des § 305c Abs. 2 auf Verbraucherverträge vgl. Rz. 66a ff. 63a

Vor allem für das Verhältnis zwischen Auslegung und Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 ist die Unklarheitenregel bei mehrdeutigen Klauseln zu beachten; dabei geht es um die Frage, welcher Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle neben der AGB-spezifischen Auslegung verbleibt. Im Ansatz ist hierfür zwischen Individualprozess (Rz. 64) und Verbandsprozess (Rz. 65 f.) zu unterscheiden. Allerdings sprechen die Gründe, die eine geltungserhaltende Reduktion unangemessener AGB-Klauseln verbieten (§ 306 Rz. 14 f.), auch dagegen, die Methode restriktiver Auslegung bei mehrdeutigen Klauseln überzubetonen und dadurch den Anwendungsbereich der im Zentrum des AGB-Rechts stehenden Normen über die Inhaltskontrolle von AGB zu verkürzen297. Im Übrigen kann die Unklarheit einer Klausel auch unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebots (§ 307 Rz. 323 ff.) dazu führen, ihr unabhängig von dem nach § 305c Abs. 2 zu ermittelnden Regelungsinhalt die Wirksamkeit zu versagen298. Anwendbar ist § 305c Abs. 2 auch auf die Auslegung von unter § 307 Abs. 3 fallenden, grundsätzlich der Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 entzogenen Klauseln. Soweit es allerdings um die Auslegung sog. deklaratorischer, den Inhalt der einschlägigen gesetzlichen Regelung wiederholender Klauseln (§ 307 Rz. 17) geht, richtet

294 BGH v. 29.1.2003 – VIII ZR 300/02, NJW-RR 2003, 926 – obiter (Unklarheit dort verneint); betr. den anlässlich eines Neuwagenkaufs geschlossenen selbständigen Garantievertrag. 295 Gsell EWiR 2004, 101. 296 Diese Voraussetzung war im Fall von BGH v. 29.1.2003 – VIII ZR 300/02, NJW-RR 2003, 926 erfüllt: Der verkaufende Autohändler verwendete beim Vertragsschluss ein vom Versicherungsunternehmen, das die Garantieleistungen versicherte, entworfenes Vertragsformular (allerdings war der Vertragspartner darin ausreichend klar bezeichnet). 297 So zu Recht auch Stoffels Rz. 358; Erman/Roloff Rz. 24; Wolf/Lindacher/Hau Rz.119 f; Müller-Graff JZ 1977, 252; Sambuc NJW 1981, 314; jetzt auch Staudinger/Schlosser Rz. 111; eingehend Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992, S. 21 ff. 298 BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82 (92 f.) = NJW 1988, 1726; BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 (264) = NJW 1989, 582; BGH v. 19.9.1991 – IX ZR 296/90, BGHZ 115, 177 (185) = NJW 1991, 3025; BGH v. 12.10.1995 – I ZR 172/93, NJW 1996, 1407 (1408); Heinrichs in FS Trinkner, 1995, S. 157 (159 f.) m.w.N. in Fn. 26.

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sich diese abweichend von § 305c Abs. 2 nach den allgemein für die Gesetzesauslegung geltenden Grundsätzen (Rz. 83)299. a) Individualprozess Der Individualprozess bildet den klassischen Anwendungsfall der Unklarheiten- 64 regel; in diesem Rahmen ist sie von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelt und schon lange vor Inkrafttreten des AGBG angewendet worden (vgl. Nachw. in 3. Aufl. § 5 AGBG Rz. 16). Stellt sich bei Auslegung einer Klausel nach den für AGB geltenden objektiven Auslegungsgrundsätzen (Rz. 73) deren Mehrdeutigkeit heraus, so gehen die damit verbundenen Auslegungszweifel zu Lasten des Verwenders. Im Individualprozess ist einer mehrdeutigen Klausel daher der Bedeutungsinhalt beizumessen, der sich typischerweise im Interesse der Kundenseite auswirkt (str., vgl. Rz. 90 f.). Das führt zwar im Allgemeinen zu dem am wenigsten weit reichenden, d.h. kundenfreundlichsten Auslegungsergebnis. Demgegenüber verdient jedoch die kundenfeindliche Auslegungsvariante dann den Vorzug, wenn sich ergibt, dass sie im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 bis 309 bzw. gemäß § 138300 die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat, da sich diese Rechtsfolge typischerweise günstiger für den Kunden auswirkt, als es nach der kundenfreundlichsten Auslegungsvariante der Fall wäre301. Diese Art des Vorgehens bewirkt zwar eine nicht unproblematische gespaltene Auslegung im Individualprozess302; auch weicht sie im Ergebnis von dem allgemeinen privatrechtlichen Grundsatz des Vorrangs der Auslegung vor der Wirksamkeitskontrolle ab303. Nachdem sich die kundenfeindliche Auslegung jedoch im Verbandsprozess allgemein durchgesetzt hat (vgl. Rz. 66), erscheint es im Interesse möglichst einheitlicher Anwendung des § 305c Abs. 2 folgerichtig, ihr auch für den Individualprozess dann den Vorrang einzuräumen, wenn die Klausel in ihrer kundenfeindlichsten Auslegungsvariante nach §§ 307 bis 309 unwirksam ist304. b) Verbandsprozess Im Unterschied zu dem auf Einzelfallgerechtigkeit zielenden Individualprozess 65 scheidet im Verbandsprozess nach § 1 UKlaG eine Anwendung des § 305c Abs. 2 in dem in Rz. 64 genannten, auf die kundenfreundlichste Auslegung zielenden Sinn schlechthin aus305. Sie würde die präventive, auf Beseitigung unangemesse299 A.A. offenbar Dylla-Krebs Schranken der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen, S. 81 f; speziell für mietrechtliche Haftungsklauseln auch Hau NZM 2006, 561 (565). 300 So BGH v. 16.6.2009 – XI ZR 539/07, NJW 2009, 2673. 301 BGH v. 11.2.1992 – XI ZR 151/91, NJW 1992, 1097 (1099); BGH v. 29.4.2008 – KZR 2/07, NJW 2008, 2172 (2173) Rz. 19 f.; BGH v. 16.9.2009 – XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 (3423) Rz. 21; BGH v. 23.9.2009 – VIII ZR 344/08, NJW 2009, 3716 (3716); BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, ZIP 2014, 924 (925); LAG Brandenburg v. 13.10.2005 – 9 Sa 141/05, DB 2006, 160; OLG Schleswig v. 23.3.1995 – 5 W 47/94, ZIP 1995, 759 (762); Erman/Roloff Rz. 28; MünchKomm/Basedow Rz. 35; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 133; ebenso zu § 5 AGBG Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 16. 302 Vgl. Roth WM 1991, 2088 f. und 6. Aufl. § 5 AGBG Rz. 4, 31. 303 Vgl. dazu Larenz/Wolf AT § 43 Rz. 30; Roth WM 1991, 2088 f.; Medicus RWS-Forum 2, 1987, S. 85 f. 304 Vgl. näher Rz. 91. 305 Die Präventivfunktion der Verbandsklage und deren Vereitelung im Falle der Anwendung von § 305c Abs. 2 im Sinne kundenfreundlicher Auslegung betonen zu Recht na-

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ner Geschäftsbedingungen im abstrakten Kontrollverfahren gerichtete Funktion der Verbandsklage wesentlich erschweren, wenn nicht vereiteln. Da vom meist rechtsunkundigen Kunden nicht erwartet werden kann, dass er sich mit Hilfe der Unklarheitenregel über den eingeschränkten Regelungsgehalt einer mehrdeutig formulierten Klausel entweder selbst Klarheit verschafft oder hierzu die Gerichte anruft, bestünde bei Anwendung der Unklarheitenregel entsprechend dem Wortlaut des § 305c Abs. 2 die Gefahr, dass problematische, den Kunden je nach Art der Auslegung unangemessen benachteiligende Klauseln nur deshalb nicht mit Hilfe der Verbandsklage untersagt werden könnten, weil sie bei kundenfreundlicher Auslegung die in §§ 307 bis 309 festgesetzten Angemessenheitsschranken nicht überschreiten. Das wäre mit dem nicht nur in den §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 2 zum Ausdruck kommenden, sondern auch als Kontrollmaßstab nach § 307 Abs. 1 dienenden Transparenzgebot nicht zu vereinbaren. 66

Zu Recht ist daher für den Verbandsprozess inzwischen die Methode kundenfeindlicher Auslegung mehrdeutiger Klauseln in Rechtsprechung306 und Literatur307 ganz überwiegend anerkannt (vgl. näher Rz. 93). Sie entspricht am besten der mit § 305c Abs. 2 verfolgten, dem Kundenschutz geltenden Zielsetzung der Vorschrift; der damit ursprünglich verbundene Nachteil unterschiedlicher Auslegung in Verbands- und Individualprozess (vgl. 6. Aufl. § 5 AGBG Rz. 5) hat sich dadurch relativiert, dass sich auch im Individualprozess je nach Lage des Falles die kundenfeindliche Auslegung durchzusetzen beginnt (Rz. 91). Vor Übertreibungen bei der Suche nach „Zweifeln“ als Voraussetzung der kundenfeindlichen Auslegung ist allerdings zu warnen (vgl. näher Rz. 86). Für eine kundenfeindliche Auslegung unter Berufung auf § 305c Abs. 2 ist insbesondere dann kein Raum, wenn die Klausel bei objektiver Auslegung einen eindeutigen Inhalt aufweist (vgl. Rz. 97 ff.).

mentlich Reinel Die Verbandsklage nach dem AGBG, 1979, S. 43; Knütel JR 1981, 224 und Wacke JA 1981, 668. So auch Staudinger/Schlosser Rz. 108; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 141; a.A., für eine branchen- und vertragsbezogene Differenzierung im Rahmen der kundenfeindlichen Auslegung MünchKommZPO/Micklitz § 1 UKlaG Rz. 15 ff. (näher hierzu Rz. 66a Fn. 310); Rspr.-Nachw. vgl. in Fn. 306. 306 BGH v. 8.7.1998 – VIII ZR 1/98, BGHZ 139, 190 (199) = NJW 1998, 3119 (3121); BGH v. 19.9.1985 – III ZR 214/83, BGHZ 95, 350 (353) = NJW 1986, 43 (44); BGH v. 19.9.1985 – III ZR 213/83, BGHZ 95, 362 (366) = NJW 1986, 46 (47); BGH v. 28.11.1979 – VIII ZR 317/78, NJW 1980, 831 (832); BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 259/82, NJW 1983, 1671; BGH v. 5.4.1984 – III ZR 2/83, NJW 1984, 2161 (2162); BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (321); BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856) und 2271 (2272); BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, NJW 1988, 1726 (1727); BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, NJW 1991, 1886 (1887); BGH v. 20.10.1992 – X ZR 74/91, NJW 1993, 657 (658) und 2369 (2370); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1062); BGH v. 23.1.2003 – III ZR 54/02, NJW 2003, 1237 (1238 f.); BGH v. 29.5.2008 – III ZR 330/07, NJW 2008, 2495; BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051. 307 MünchKomm/Basedow Rz. 34; Stoffels Rz. 371; Staudinger/Schlosser Rz. 108; Wolf/ Lindacher/Hau Rz. 141; Erman/Roloff § 1 UKlaG Rz. 8; vgl. auch Löwe § 13 AGBG Rz. 28 f.; Koch/Stübing § 13 AGBG Rz. 7; Bunte ZIP 1982, 591; Wacke JA 1981, 668; Knütel JR 1981, 224 f.; a.A. noch Erman/O. Werner, 10. Aufl., § 13 AGBG Rz. 28; Sambuc NJW 1981, 314. Auch Erman/Roloff Rz. 29 (anders aber Erman/Roloff § 1 UKlaG Rz. 8); Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 17; H. Roth WM 1991, 2089; Wolf/Pfeiffer JZ 1988, 391, die die für den Individualprozess kennzeichnende gespaltene Auslegung (vgl. Rz. 90 f.) unverändert bzw. in abgewandelter Form auch im Verbandsverfahren anwenden wollen.

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4. Gemeinschaftsrechtlicher Hintergrund für Verbraucherverträge a) Vorgaben der EG-Richtlinie 93/13/EWG Im systematischen Zusammenhang mit dem Transparenzgebot des Art. 5 Satz 1 66a hat die EG-Richtlinie308 in Art. 5 Satz 2 und 3 einige wenige Regelungen zur Auslegung von vorformulierten Klauseln in Verbraucherverträgen getroffen. Unter ihnen entspricht Art. 5 Satz 2 RL 93/13/EWG inhaltlich voll der Vorschrift des § 305c Abs. 2, da er sachlich übereinstimmend, wenn auch mit abweichender Terminologie, bei Zweifeln über die Bedeutung einer Klausel „die für den Verbraucher günstigste Auslegung“ als maßgebend erklärt. Sowohl diese Kongruenz als auch der ausdrückliche Zusatz in Art. 5 Satz 3 RL 93/13/EWG, dass im abstrakten Kontrollverfahren nach Art. 7 Abs. 2 RL 93/13/EWG die kundengünstige Auslegungsregel nicht gelte, lassen vermuten, dass die beiden – erst in den letzten Richtlinien-Entwurf 1992 aufgenommenen – Auslegungsregeln der EG-Richtlinie dem deutschen AGB-Recht mit seiner ursprünglich gespaltenen Anwendung des Grundsatzes kundenfreundlicher Auslegung in Individual- und Verbandsprozess (Rz. 64 ff.) nachgebildet worden sind. Aus diesem Befund folgt einerseits, dass die EG-Richtlinie sich ebenso wie das deutsche Recht auf die Unklarheitenregel beschränkt und auf sonstige allgemeine Vorgaben für die Auslegung von Verbraucherverträgen verzichtet; insoweit gelten somit die jeweils einschlägigen Auslegungsregeln des nationalen Rechts unverändert fort309. Andererseits scheint sie für mehrdeutige Klauseln die unterschiedliche Auslegung im Individual- und Verbandsprozess festzuschreiben; das könnte es in Bezug auf Verbraucherverträge notwendig machen, die inzwischen für die Anwendung von § 305c Abs. 2 auf den Individualprozess anerkannte zweistufige (kundenfeindliche/kundenfreundliche, vgl. Rz. 91) Auslegung aufzugeben310. Gegen diese Interpretation und für unveränderte Anwendung des § 305c Abs. 2 jedenfalls auf Standard-Verbraucherverträge (Rz. 66c) spricht jedoch, dass die primär „kundenfeindliche“ Auslegung auch im Individualprozess für höheren Verbraucherschutz sorgt und daher nach Art. 8 RL 93/13/EWG ungeachtet der Vorgabe in Art. 5 Satz 2 RL 93/13/EWG beibehalten werden kann311, wenn man nicht sogar so weit gehen will, trotz der missverständlichen Differenzierung zwischen 308 RL 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff. 309 So auch Wolf/Lindacher/Hau Rz. 145; a.A. namentlich Kapnopoulou Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der EU, 1997, S. 149 f., wonach bei Verbraucherverträgen ohne Rücksicht auf bestehende Auslegungszweifel auf die Unklarheitenregel zurückgegriffen werden könne; aber auch Wolf RL Art. 5 Rz. 9: zu berücksichtigen sei auch Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG und die „Ausstrahlungswirkung“ des Art. 5 Satz 2; die Auslegungsregeln der einzelnen Mitgliedstaaten würden daneben nur ergänzend gelten. 310 Noch weitergehend Micklitz ZIP 1998, 937 (938 f.), der die Methode kundenfeindlicher Auslegung unter Hinweis auf das EG-Leitbild des aufgeklärten Verbrauchers sogar für den Verbandsprozess in Frage stellt; vgl. ferner MünchKommZPO/Micklitz § 1 UKlaG Rz. 18 (an Stelle kundenfeindlicher Auslegung müsse eine bereichsbezogene und vertragstypenkonforme Differenzierung erfolgen). Das ist unvereinbar mit Art. 5 Satz 1 und 3 RL 93/13/EWG und setzt sich überdies in Widerspruch zum Vorbehalt des Art. 8 RL 93/13/EWG für weiter gehendes nationales Recht; wie hier von Westphalen NJW 2003, 1635 (1637). 311 So auch MünchKomm/Basedow Rz. 20; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 146; wohl auch Kapnopoulou Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der EU, 1997, S. 148; a.A. Michalski DB 1994, 665 (668).

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Art. 5 Satz 2 und Satz 3 RL 93/13/EWG auch die kundenfeindliche Auslegung zu der „für den Verbraucher günstigsten“ zu rechnen312. 66b

Zu erwähnen ist auch die im Richtlinien-Anhang unter Nr. 1 lit. m (Halbs. 2) angeführte, nach Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG im Zweifel für missbräuchlich zu erklärende Klausel, wonach dem Unternehmer das ausschließliche Recht zugestanden wird, die Auslegung einer Vertragsklausel vorzunehmen. Ein derartiges, vertraglich verankertes Auslegungsmonopol ist nicht nur unvereinbar mit dem für AGB geltenden Grundsatz objektiver Auslegung, sondern behält dem Unternehmer überdies eine sachlich unangemessene Vorzugstellung beim Auslegungsprozess vor. Beides führt zur Unangemessenheit der Klausel nach § 307 Abs. 1, ohne dass es hierzu des Grundsatzes richtlinienkonformer Auslegung bedarf313. b) Standardverträge

66c

Für Standard-Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) folgt aus den richtig verstandenen Vorgaben in Art. 5 Satz 2 und 3 RL 93/13/EWG, dass es in vollem Umfang bei den zur Auslegung von AGB bis dahin entwickelten Grundsätzen bewendet314. Die Auslegung vollzieht sich in aller Regel nach objektiven Maßstäben, wobei sich diese im deutschen Recht am Verständnis der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise orientieren (Rz. 82 ff.). Daran ändert auch die in Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG (= § 310 Abs. 3 Nr. 3) angeordnete zusätzliche Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände als konkret-individueller Maßstab nichts; sie beschränkt sich vielmehr auf die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen nach §§ 307 bis 309 und lässt deren davon zu unterscheidende Auslegung unberührt315. Ebenso ohne Bedeutung für die Auslegung ist der Umstand, dass Standardverträge im Unterschied zu AGB auch von Dritten gestellt sein können (vgl. § 310 Rz. 73); an der Maßgeblichkeit objektiver Auslegung ändert sich dadurch nichts. Die Unklarheitenregel greift auch aus der Sicht der EG-Richtlinie erst ein, wenn sich bei objektiver Auslegung die Mehrdeutigkeit der fraglichen Klausel ergibt316. Auch am Grundsatz „kundenfeindlicher“, zum leichteren Eingreifen der Unwirksamkeitsfolgen der §§ 307 bis 309 führender Auslegung ist nicht nur für den Verbandsprozess, sondern auch als erste Stufe im Individualprozess fest zu halten (Rz. 64 ff.). Zur Unangemessenheit von Klauseln, die dem Unternehmer ein Auslegungsmonopol vorbehalten sollen, vgl. Rz. 66b. c) Einzelverträge

66d

Für vorformulierte Einzel-Verbraucherverträge verweist § 310 Abs. 3 Nr. 2 ausdrücklich auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2. Sie greift bei Mehrdeutigkeit derartiger vorformulierter Vertragsbestimmungen somit ebenso ein wie bei

312 Dafür Wolf Art. 5 RL Rz. 10. 313 Ebenso MünchKomm/Basedow Rz. 21; Wolf RL Anh. Rz. 175–180; vgl. auch BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, NJW 1999, 1865 (1866). 314 Ebenso die in Fn. 309, 310 Genannten. 315 Ebenso von Westphalen EWS 1993, 161 (166); Michalski DB 1999, 677 (679); wohl auch Heinrichs NJW 1996, 2190 (2194); a.A. Wolf/Lindacher/Hau Rz. 148; Schmidt-Salzer JZ 1995, 223 (230 f.). 316 Ebenso Wolf/Lindacher/Hau Rz. 145; a.A. Kapnopoulou Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der EU, 1997, S. 149 f.

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Standardverträgen und kann aus den gleichen Gründen wie dort (Rz. 66c) im Individualprozess je nach Lage des Falles zu kundenfeindlicher oder kundenfreundlicher Auslegung führen317, während ein Verbandsprozess im Rahmen von § 310 Abs. 3 Nr. 2 ausscheidet (§ 310 Rz. 91). Demgegenüber ist im Fall von Einzelverträgen für die ausschließlich objektive, am Verständnis der typischerweise an derartigen Verträgen beteiligten Verkehrskreise orientierte Auslegung kein Raum, da bei ihnen unbeschadet der Vorformulierung die individuelle Vertragsbeziehung zwischen Unternehmer und Verbraucher im Mittelpunkt steht. Entsprechend den allgemein zu §§ 133, 157 anerkannten Grundsätzen setzt die Auslegung im Fall von Einzelverträgen daher trotz der einseitigen Vorformulierung beim übereinstimmenden Willen der Vertragspartner als subjektivem Maßstab ein318; auf objektive Kriterien wie Wortlaut, Systematik u.a. greift sie nur insoweit zurück, als sich ein derart übereinstimmender Wille nicht ermitteln lässt.

II. Besonderheiten der Auslegung von AGB im Unterschied zu Individualabreden 1. Die verschiedenen Auslegungsgrundsätze Die Unklarheitenregel bildet nur einen der in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannten Auslegungsgrundsätze für AGB319. Ihr Eingreifen setzt das Bestehen von Zweifeln, d.h. die Mehrdeutigkeit der fraglichen Klausel voraus (Rz. 85). Dazu ist der Klauselinhalt vorab durch objektive, nicht an den Umständen des Einzelfalles und den Vorstellungen der Partner des konkreten Geschäfts ausgerichtete Auslegung zu ermitteln (vgl. näher Rz. 73 ff.). Ob neben diesen beiden Methoden sonstige Besonderheiten für die Auslegung von AGB zu beachten sind, ist streitig. Das gilt namentlich für das früher verbreitet angewendete sog. Restriktionsprinzip, wonach Freizeichnungsabreden und andere zu Gunsten des Verwenders vom dispositiven Recht abweichende Klauseln eng auszulegen sind; nach zutreffender neuerer Auffassung ist für sein Eingreifen nach Zielsetzung und Systematik des AGB-Rechts kein Raum (Rz. 230 f.). Wohl aber kommt je nach Lage des Falles auch eine ergänzende Vertragsauslegung entsprechend den allgemein zu § 157 entwickelten Grundsätzen in Betracht (vgl. Näheres in § 306 Rz. 31 ff.).

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Die Anerkennung besonderer, für AGB geltender Auslegungsgrundsätze legt die Frage ihres Verhältnisses zur allgemeinen Vertragsauslegung nahe320. Auch wenn man berücksichtigt, dass die AGB Rechtsgeschäftsqualität nicht schon auf Grund ihrer einseitigen Aufstellung, sondern erst durch ihre Einbeziehung in den Einzelvertrag erlangen321, folgt daraus doch kein Einwand gegen die Anerkennung besonderer Grundsätze für die Auslegung von AGB. Vielmehr ist

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317 So auch Wolf/Lindacher/Hau Rz. 149. 318 Ähnlich (für konkret-individuellen Maßstab) Michalski DB 1999, 677 (679). 319 So Staudinger/Schlosser Rz. 101, 106; zu § 5 AGBG auch Löwe § 5 AGBG Rz. 1; a.A. Koch/Stübing § 5 AGBG Rz. 6. 320 Vgl. dazu näher Rüßmann BB 1987, 843 (845 f.). 321 So zutr. Brandner AcP 162 (1963), 251 f. Das gilt vorbehaltlich des in § 1 UKlaG zugelassenen abstrakten Kontrollverfahrens auch unter der Geltung des AGB-Rechts (vgl. dazu auch Einl. Rz. 23).

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auch im Rahmen des Einzelvertrags für die Auslegung zu unterscheiden zwischen vorformulierten und individuell ausgehandelten Vertragsabreden322. Die Auslegungsgrundsätze für AGB, darunter namentlich die objektive, vom Einzelfall losgelöste Auslegung (Rz. 73), gelten nur für vorformulierte Vertragsteile. Demgegenüber bleibt es für die Individualabreden dabei, dass bei der Auslegung in erster Linie die Umstände und Vorstellungen der Parteien des Einzelvertrags zu berücksichtigen sind (§ 133)323. 69

Aus dieser Unterscheidung folgt, dass die Auslegung von Verträgen, die unter Einbeziehung von AGB geschlossen sind, sich grundsätzlich in unterschiedlicher Weise vollzieht; einerseits durch Ermittlung des Inhalts und der Tragweite der Individualabreden nach §§ 133, 157, andererseits durch objektivierte Auslegung der AGB324. Dabei wirkt sich die nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu beantwortende Frage, ob und inwieweit die Parteien individuelle Abweichungen von den AGB vereinbart haben, die zur Unanwendbarkeit widersprechender AGB führen (§ 305b Rz. 7 f., 46), mittelbar auch auf die AGB und deren Beachtlichkeit aus, ohne freilich die AGB-Auslegung selbst zu beeinflussen. Die Berücksichtigung derartiger Einzelfallumstände setzt allerdings voraus, dass es – sei es auch konkludent – zu individuellen Vereinbarungen zwischen den Parteien gekommen ist oder dass auch ohne derartige Abreden übereinstimmende Vorstellungen der Parteien von Inhalt und Bedeutung des vorformulierten Textes feststellbar sind (Rz. 84). Insoweit kommt den subjektiven Vorstellungen Vorrang vor dem objektiv zu ermittelnden AGB-Inhalt zu (§ 305b Rz. 10). Dagegen ist der verschiedentlich (vgl. § 305b Rz. 9) vertretenen individualvertragskonformen Auslegung von AGB nicht zu folgen. Als selbständiger, neben das Vorrangprinzip des § 305b tretender Auslegungsgrundsatz ist hierfür kein Raum325. Setzt sich ein Vertrag schließlich – wie im Fall von Formularverträgen – ausschließlich aus vorformulierten Teilen zusammen, ohne dass es zu ergänzenden oder abweichenden Individualabreden gekommen ist, so bestimmt sich auch seine Auslegung allein nach AGB-Grundsätzen326.

2. Die Revisibilität der Auslegung von AGB 70

Die Auslegung vorformulierter Vertragsbedingungen einschließlich der Anwendung der Unklarheitenregel unterliegt sowohl im Individualprozess als auch im Verbandsprozess der vollen Nachprüfung durch die Revisionsinstanz. Das ent-

322 Vgl. auch § 305 Rz. 39 ff., § 305b Rz. 9. 323 So auch BGH v. 16.6.1982 – IVa ZR 270/80, NJW 1982, 2776 (2777); BGH v. 15.6.1983 – IVa ZR 31/82, NJW 1983, 2638; für Ausdehnung der allgemeinen Vertragsauslegung auch auf AGB aber Staudinger/Schlosser Rz. 130; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 106; zu § 5 AGBG Koch/Stübing § 5 AGBG Rz. 3. 324 Zutr. Rüßmann BB 1987, 843 ff.; im Ansatz ähnlich auch Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E 33, der die objektive Auslegung allerdings nur als „Zwischenstufe auf der Stufenleiter der Auslegungsmethoden“ ansieht. 325 So auch Erman/Roloff Rz. 20; MünchKomm/Basedow Rz. 26; Stoffels Rz. 381; a.A. Wolf/Lindacher/Hau Rz. 117; Staudinger/Schlosser Rz. 131 ff.; zu § 5 AGBG Löwe § 5 AGBG Rz. 3, 5; Schmidt-Salzer BB 1981, 462. 326 Vgl. zu diesen Grundsätzen aus der Rechtsprechung hier nur BGH v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 (1700); BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 331/07, WM 2008, 1350 (1352); näher zur objektiven Auslegung Rz. 73 ff.

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spricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung327 und ist auch im Schrifttum weitgehend anerkannt328. Die volle Nachprüfungsbefugnis des Revisionsgerichts erstreckt sich auch auf die Auslegung vorrangiger Individualabreden, wenn das Berufungsgericht die hierzu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen hat329. Nach früher h.M. setzte die Nachprüfung durch den BGH entsprechend § 545 Abs. 1 ZPO a.F. allerdings voraus, dass der Anwendungsbereich der AGB über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinausreichte und deshalb die Gefahr unterschiedlicher Auslegung gegeben war330. Dem waren diejenigen Fälle gleichzustellen, in denen sich in mehr als einem OLG-Bezirk entweder wörtlich übereinstimmende AGB331 oder AGB mit ähnlicher Fassung und sachlich gleichem Inhalt finden332. Der wörtlichen oder sachlichen Übereinstimmung bedurfte es jeweils nur hinsichtlich der auszulegenden Klausel. Darauf, ob die AGB insgesamt oder in ihrem wesentlichen Inhalt übereinstimmten, kam es nur dann an, wenn nicht nur die Auslegung einzelner Klauseln, sondern des ganzen Vertrages in Frage stand333. Seit Änderung des § 545 ZPO im Jahre 2009 ist die Grundlage für diese Rechtsprechung entfallen; die Neufassung stellt ausschließlich auf die Verletzung des Rechts ab334. Deshalb ist auch eine Beschränkung der Nachprüfbar-

327 RG v. 13.12.1912 – VII 228/12, RGZ 81, 117 (119); RG v. 18.10.1935 – II 55/35, RGZ 149, 96 (99); BGH v. 25.10.1952 – I ZR 48/52, BGHZ 7, 365 (368); BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11 (16) = NJW 2006, 46; BGH v. 1.12.1982 – IVa ZR 109/81, NJW 1983, 985 und BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, 1491 (1492); BGH v. 2.2.1984 – IX ZR 8/83, NJW 1984, 1184 (1185); BGH v. 2.7.1987 – III ZR 219/86, NJW 1987, 2867; BGH v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, NJW 1988, 1375; BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, NJW 1988, 1785 (1786) und BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, NJW 1988, 2536; BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2921); BGH v. 13.7.2005 – VIII ZR 351/04, NJW 2005, 3416; BGH v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 (1699); BGH v. 2.5.1990 – VIII ZR 139/89, WM 1990, 1059 (1060) und BGH v. 13.6.1990 – VIII ZR 130/89, WM 1990, 1389 (1390). 328 Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht, 17. Aufl. 2010, § 142 II 2 Rz. 15; Thomas/Putzo/Reichold, 35. Aufl. 2014, § 546 Rz. 7; MünchKommZPO/Krüger § 546 ZPO Rz. 8; MünchKomm/Basedow Rz. 46; Erman/Roloff Rz. 33; Stoffels Rz. 364; Wolf/ Lindacher/Hau Rz. 150. 329 BGH v. 25.9.1975 – VII ZR 179/73, NJW 1976, 43; Erman/Roloff Rz. 33; MünchKommZPO/Krüger § 546 ZPO Rz. 8, jeweils m.w.N. 330 Vgl. die bislang st. Rspr., vgl. RG v. 20.11.1936 – VII 111/36, RGZ 153, 62 (63); BGH v. 18.11.1952 – I ZR 60/52, BGHZ 8, 55 (56); BGH v. 19.9.1986 – V ZR 72/85, BGHZ 98, 256 (258) = NJW 1987, 319; BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24 (27) = NJW 1988, 2536; BGH v. 19.9.1990 – VIII ZR 239/89, BGHZ 112, 204 (210) = NJW 1991, 36; BGH v. 8.7.1998 – VIII ZR 1/98, BGHZ 139, 190 (198) = NJW 1998, 3119 (3121); BGH v. 9.5.2000 – XI ZR 276/99, BGHZ 144, 245 (248) = NJW 2000, 2503; für uneingeschränkte Nachprüfung unabhängig vom geografischen Anwendungsbereich aber Brandner AcP 162 (1963), 263 f.; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E. 56. Nachw. zum aktuellen Meinungsstand in Fn. 337 ff. 331 BGH v. 28.6.1952 – II ZR 215/51, BGHZ 6, 373 (375 f.); BGH v. 29.10.1956 – II ZR 64/56, BGHZ 22, 109 (112); BGH v. 27.2.1970 – VII ZR 68/68, BGHZ 53, 315 (320); BGH v. 29.3.1974 – V ZR 22/73, BGHZ 62, 251 (254); BGH v. 29.3.1974 – V ZR 22/73, NJW 1974, 1135 (1136); BGH v. 2.7.1987 – III ZR 219/86, NJW 1987, 2867. 332 BGH v. 30.5.1979 – VIII ZR 232, 78, NJW 1979, 2199. 333 BGH v. 18.6.1980 – VIII ZR 139/79, NJW 1980, 2184 (2185); weitergehend wohl BGH v. 2.2.1979 – V ZR 71/76, NJW 1979, 2393 f. 334 Ebenso BGH v. 9.6.2010 – VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877, Rz. 11; MünchKomm/Basedow Rz. 46; Eichel IPrax 2009, 389; Hess/Hübner NJW 2009, 3132; Aden RIW 2009, 475; a.A. Zöller/Heßler, 30. Aufl. 2014, § 545 Rz. 8; MünchKommZPO/Krüger § 545

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keit bei der Auslegung von AGB nicht mehr angezeigt. Die weitere in der Rechtsprechung gemachte Einschränkung für den Fall, dass AGB eine Gerichtsstandsklausel enthalten und deshalb im Regelfall vom gleichen OLG beurteilt werden335, hat schon seit der Neufassung der §§ 29, 38 ZPO im Jahr 2002 nur noch für diejenigen AGB Bedeutung, die ausschließlich im Verkehr zwischen Kaufleuten Verwendung finden336. 72

Für die Auslegung von AGB ausländischer Verwender lehnte der BGH bisher in st. Rspr. die Nachprüfung durch die Revisionsinstanz grundsätzlich auch dann ab, wenn die AGB in mehr als einem OLG-Bezirk verwendet wurden337. Soweit er zur Begründung hierfür darauf verwiesen hat, dass durch § 545 Abs. 1 ZPO die Revisibilität ausländischen Rechts ausgeschlossen ist, überzeugte dies schon deshalb nicht, weil es die Qualität der AGB als Vertragsbestandteil außer Acht ließ338. Gegen diese Praxis sprach schon unter der alten Fassung des § 545 ZPO namentlich das auf § 545 Abs. 1 ZPO gestützte Bedürfnis nach einheitlicher Auslegung, das den Grund für die Revisibilität inländischer AGB bildet. Es besteht jedenfalls auch in denjenigen – innerhalb des gemeinsamen Marktes nicht seltenen – Fällen, in denen die ausländischen AGB einen den inländischen nahe kommenden Verbreitungsgrad erreichen339. Mit Rücksicht auf dieses Bedürfnis hatte die Rechtsprechung denn auch schon bisher Ausnahmen von dem Grundsatz fehlender Revisibilität ausländischer AGB zugelassen: Sind zwar der Mieter einer Sache und deren Eigentümer Deutsche, nicht aber der Vermieter und Verwender ausländischer AGB, so soll die Frage, ob der in den ausländischen AGB enthaltene Haftungsausschluss auch gegenüber dem Eigentümer wirkt, wenn er gegen den Mieter deliktische Ansprüche geltend macht, gleichwohl revisibel sein340. Einigkeit bestand zudem darüber, dass die revisionsrechtliche Prüfung der Frage, ob es sich um aus- oder inländische AGB handelt, keinen Schranken unterliegt341. Durch die Änderung des § 545 ZPO 2009 hat sich die Problematik erledigt. Denn nunmehr lässt § 545 ZPO die Prüfung anhand jeglicher Rechtsnorm zu, also auch ausländischer Provenienz342. Deshalb ist auch bei AGB aus-

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Rz. 11 f.; Sturm JZ 2011, 74 (75 f.); Thomas/Putzo/Reichold, 35. Aufl. 2014, § 545 ZPO Rz. 8/9; Musielak/Ball, § 545 ZPO Rz. 9. RG v. 20.11.1936 – VII 111/36, RGZ 153, 62 (63); BGH v. 18.9.1963 – V ZR 169/61, NJW 1963, 2227; BGH v. 25.11.1976 – III ZR 126/74, WM 1977, 165 (166); so auch noch Erman/Roloff, 11. Aufl. 2004, Rz. 33. Vgl. BGH v. 15.3.1978 – IV ZR 77/77, BB 1978, 1088 (1089); BGH v. 1.12.1982 – IVa ZR 109/81, NJW 1983, 985; BGH v. 4.3.1983 – V ZR 209/81, WM 1983, 677. BGH v. 29.1.1968 – II ZR 18/65, BGHZ 49, 356 (362 f.) = NJW 1968, 1567; BGH v. 19.9.1990 – VIII ZR 239/89, BGHZ 112, 204 (210) = NJW 1991, 36; BGH v. 30.11.1992 – AnwZ (B) 27/92, NJW 1993, 1334; BGH v. 22.2.1994 – VI ZR 309/93, NJW 1994, 1408 (1409); BGH v. 14.1.1986 – X ZR 54/84, WM 1986, 461 (463) und 1115 (1117 f.) (betr. AGB eines Außenhandelsbetriebs der früheren DDR); BGH v. 14.4.1988 – III ZR 12/87, ZIP 1988, 943 (945); ebenso Palandt/Grüneberg Rz. 20. So zutr. Jayme ZHR 142 (1978), 105 (122 f.) und H. Roth WM 1991, 2131. So neben Jayme ZHR 142 (1978), 105 (122 f.) auch MünchKomm/Basedow Rz. 46; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E 56; einschränk. – Revisibilität nur, soweit das Vertragsstatut zur Auslegung nach deutschem Recht führt – Staudinger/Schlosser Rz. 140; Aden RIW 1989, 607 (609 f.); Aden RIW 2009 475 (476). Gegenansichten vgl. in Fn. 337. BGH v. 22.2.1994 – VI ZR 309/93, NJW 1994, 1408 (1409). Vgl. nur BGH v. 19.9.1990 – VIII ZR 239/89, BGHZ 112, 204 = ZIP 1990, 1348. Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht, 17. Aufl. 2010, § 142 Rz. 5.

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ländischer Verwender von einer uneingeschränkten Nachprüfbarkeit auszugehen.

III. Der Grundsatz der objektiven Auslegung 1. Grundlagen Der wichtigste Auslegungsgrundsatz in Bezug auf vorformulierte Vertragsbestandteile geht dahin, diese Teile objektiv, d.h. ohne Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalls auszulegen343. Er findet in gleicher Weise im Individual- und im Verbandsprozess Anwendung. Bedeutung kommt danach in erster Linie dem Wortlaut der vorformulierten Vertragsteile und seinem Verständnis aus der Sicht der typischerweise beteiligten Verkehrskreise zu344. Ein hiervon abweichendes Verständnis der konkreten Vertragsparteien kann nur in engen Grenzen, beim Eingreifen des Rechtsgedankens des § 305b, Berücksichtigung finden (vgl. Rz. 69, 84). Zur Frage der Beachtung von Sinn und Zweck sowie systematischer Stellung der auszulegenden Klauseln vgl. Rz. 81, zur abweichenden Beurteilung bei Auslegung von Einzel-Verbraucherverträgen vgl. Rz. 66d.

73

Die objektive Auslegung von AGB entspricht seit Jahrzehnten ständiger höchst- 74 richterlicher Rechtsprechung, wenn diese in ihrer Einzelausgestaltung auch eine Reihe von Schwankungen aufwies (vgl. näher Rz. 76). In ihrem heutigen Gehalt lässt sich die Auslegungsmethode dahin umschreiben, die Auslegung habe sich zu richten nach dem typischen Verständnis redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der an Geschäften dieser Art üblicherweise beteiligten Kreise345. Damit verlagert sich der Auslegungsschwerpunkt auf § 157 (vgl. Rz. 76); für die bei Individualverträgen gleichrangige, auf den wirklichen Willen

343 Raiser AGB, S. 252 ff.; MünchKomm/Basedow Rz. 22; Erman/Roloff Rz. 20; Stoffels Rz. 360, 362; Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 6; im Ergebnis auch Rüßmann BB 1987, 845; einschränk. Löwe § 5 AGBG Rz. 3-5; Schmidt-Salzer JZ 1995, 223 (227 ff.); a.A. Staudinger/Schlosser Rz. 130 und Wolf/Lindacher/Hau Rz. 106, 111 (für Berücksichtigung auch der Begleitumstände des Einzelvertrags). 344 Vgl. Rz. 74; so für das abstrakte Verfahren auch BGH v. 28.11.1979 – VIII ZR 317/78, NJW 1980, 831 (832); BGH v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 (1700); OLG Stuttgart v. 19.12.1980 – 2 U 122/80, WRP 1981, 167 (169); auf Wortsinn und Regelungszweck abstellend OLG Karlsruhe v. 8.4.1981 – 1 U 60/80, WRP 1981, 477 und OLG Stuttgart bei Bunte AGBE I § 9 Nr. 151; a.A. Bernreuther BB 1993, 1823 (1824) (mit schwer nachvollziehbarer Kritik). 345 Vgl. etwa BGH v. 29.10.1956 – II ZR 79/55, BGHZ 22, 90 (98); BGH 29.9.1960 – II ZR 25/59, BGHZ 33, 216 (218); BGH v. 26.1.1973 – V ZR 47/71, BGHZ 60, 174 (177); BGH v. 16.6.1982 – IVa ZR 270/80, BGHZ 84, 268 (272) = NJW 1982, 2776; BGH v. 30.10.1985 – VIII ZR 251/84, BGHZ 96, 182 (191) = NJW 1986, 424; BGH v. 17.12.1987 – VII ZR 307/86, BGHZ 102, 384 (389 f.) = NJW 1988, 1261; BGH v. 10.12.1980 – VIII ZR 295/79, NJW 1981, 867 (868); BGH v. 10.6.1983 – V ZR 252/80, NJW 1984, 169 (170); BGH v. 25.6.1992 – IX ZR 24/92, NJW 1992, 2629; BGH v. 17.2.1993 – VIII ZR 37/92, NJW 1993, 1381 (1382); BGH v. 14.1.1999 – IX ZR 140/98, NJW 1999, 1105 (1106); BGH v. 19.1.2005 – XII ZR 107/01, NJW 2005, 1183 (1184); BGH v. 23.11.2005 – VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056; BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051; BGH v. 20.5.2003 – KZR 19/02, NJW-RR 2003, 1635; BGH v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 (1700); krit. dazu auf Grund seines AGB-Normenverständnisses E. Schmidt ZIP 1987, 1505 (1508) (vgl. dazu Voraufl. Einl. Rz. 39 ff.).

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der konkreten Parteien abstellende Vorschrift des § 133 ist kein Raum346. In diesem Rahmen ist auch die am objektiven, typischen Parteiwillen auszurichtende ergänzende Auslegung lückenhafter AGB zulässig (str., näher § 306 Rz. 34). 75

Den tragenden Grund für die objektive Auslegung bilden die Besonderheiten vorformulierter Vertragsteile, darunter namentlich der Massencharakter der unter Verwendung von AGB geschlossenen Verträge und die fehlende Einflussnahme des Kunden auf ihren Inhalt. Diese Umstände sind auch dem Kunden bekannt, der sich auf den Vertragsschluss unter Einbeziehung der AGB des Verwenders einlässt347; das rechtfertigt im Regelfall die auf einheitliche Geltung im Verhältnis zu allen Kunden des Verwenders gerichtete Auslegung der AGB. Da zudem der legitime Rationalisierungszweck der AGB (Einl. Rz. 4) nur im Fall ihrer einheitlichen Auslegung zu erreichen ist, während der Vorrang der Individualabrede (§ 305b) hinreichende Gewähr bietet für die Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls (Rz. 68 f.), erweist sich die Kritik an der objektiven Auslegung348 für den Regelfall als unbegründet. Das gilt auch für die Befürchtung, die objektive Auslegung führe dazu, einseitig auf den Willen und die Interessen des Verwenders abzustellen349: Die Rechtsprechung ist dieser Gefahr durch die Bezugnahme auf den Willen und die Interessen verständiger und redlicher Parteien der beteiligten Geschäftskreise meist mit Erfolg entgegengetreten350. Soweit ausnahmsweise übereinstimmende, vom objektiven Gehalt abweichende Vorstellungen der konkreten Parteien feststellbar sind, kann ihnen auch außerhalb von § 305b Rechnung getragen werden (vgl. Rz. 84).

2. Auslegungsmaßstäbe a) Meinungsstand aa) Rechtsprechungsgrundsätze 76

Die Einzelheiten der objektiven Auslegung und die hierfür geltenden Maßstäbe haben im Lauf der Jahrzehnte eine Reihe von Wandlungen erfahren, wobei die Übergänge und Akzentverlagerungen fließend waren. Das Reichsgericht stellte ursprünglich vor allem auf den Wortlaut der Bedingungen ab351. In die gleiche

346 Ähnlich Larenz/Wolf AT § 43 Rz. 31; OLG Hamburg v. 26.10.1982 – 12 U 202/80, ZIP 1982, 1421 (1422); vgl. auch BGH v. 13.6.1990 – VIII ZR 130/89, WM 1990, 1389 (1390); nur scheinbar abweichend BGH v. 14.12.2005 – XII ZR 241/03, NJW-RR 2006, 337 (338): Dort werden zwar die §§ 133, 157 zitiert, aber allein auf den objektiven Wortlaut abgestellt. 347 So zutr. schon RG v. 13.12.1912 – VII 228/12, RGZ 81, 117 (119). 348 So schon Brandner AcP 162 (1963), 253; Emmerich JuS 1972, 366; Staudinger/Schlosser Rz. 130; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 106, 111; zu § 5 AGBG ähnlich auch Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E 34; Bernreuther BB 1993, 1823. 349 So Emmerich JuS 1972, 366. 350 BGH v. 30.6.1982 – V ARZ 115/81, NJW 1982, 2313 (2314) und BGH v. 16.6.1982 – IVa ZR 270/80, NJW 1982, 2776 (2777); BGH v. 19.1.2005 – XII ZR 107/01, NJW 2005, 1183 (1084); BGH v. 23.11.2005 – VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056; BGH v. 12.3.1985 – VI ZR 182/83, ZIP 1985, 687 (689); anders z.B. BGH v. 20.12.1972 – VIII ZR 113/71, WM 1973, 174: Auslegung einer Gerichtsstandsklausel in erster Linie nach der Interessenlage des Verwenders. 351 Vgl. schon RG v. 13.12.1912 – VII 228/12, RGZ 81, 117 (119) und sodann namentlich RG v. 18.10.1935 – II 55/35, RGZ 149, 96 (100); RG v. 6.4.1937 – II 238/36, RGZ 155, 26 (28).

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Richtung zielten diejenigen Urteile, die eine Parallele zwischen AGB- und Gesetzesauslegung hervorhoben352. Demgegenüber hat der BGH neben der Wortlautinterpretation verstärkt auch die Wertungen des § 157 herangezogen. So soll es ankommen auf den Willen verständiger und redlicher Vertragspartner353, wobei nicht auf die Parteien des konkreten Geschäfts abzustellen sei354, sondern auf diejenigen Verkehrskreise, denen gegenüber die betreffenden AGB gewöhnlich Verwendung finden355. Neben der gewählten Ausdrucksweise – oder sogar an ihrer Stelle356 – soll der mit den AGB verfolgte Sinn und Zweck Berücksichtigung finden357. Auch die systematische Stellung einer Klausel innerhalb des AGB-Werkes kann von Bedeutung sein358. Bei einem Widerspruch zwischen zwei Klauseln soll die speziellere der allgemeinen vorgehen, soweit zwischen den Regelungen eine derartige Abstufung feststellbar ist359. Fasst man die Grundsätze der neueren Rechtsprechung zur Auslegung von AGB zusammen, so gestatten sie die folgenden drei Feststellungen. Erstens verwendet die Rechtsprechung die Auslegung im Gegensatz zu früher nicht mehr als Mittel verdeckter Inhaltskontrolle, sondern bemüht sich darum, Sinn und Zweck des 352 RG v. 13.10.1942 – I 129/41, RGZ 170, 233 (241); RG v. 26.3.1943 – VI (VII) 144/42, RGZ 171, 43 (48); so auch BGH v. 4.12.1980 – IVa ZR 32/80, BB 1981, 452 (454 f.); zur Problematik dieses Vergleichs und zu den bei Auslegung von AGB erforderlichen Abweichungen vgl. demgegenüber schon Raiser AGB, S. 253-255. 353 BGH v. 8.3.1955 – I ZR 109/53, BGHZ 17, 1 (3); BGH v. 29.3.1974 – V ZR 22/73, BGHZ 62, 251 (254); BGH v. 10.6.1983 – V ZR 252/80, NJW 1984, 169 (170) und BGH v. 2.2.1984 – IX ZR 8/83, NJW 1984, 1184 (1185); BGH v. 6.11.1991 – VIII ZR 241/90, NJW 1992, 1032 (1034); BGH v. 17.2.1993 – VIII ZR 37/92, NJW 1993, 1381 (1382 f.) und BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369; BGH v. 14.1.1999 – IX ZR 140/98, NJW 1999, 1105 (1106); BGH v. 19.1.2005 – XII ZR 107/01, NJW 2005, 1183 (1184); BGH v. 23.11.2005 – VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056. 354 BGH v. 17.5.1960 – VIII ZR 61/59, NJW 1960, 1661 betr. die Verwendung von AGB gegenüber einem beschränkt sprachkundigen Ausländer. 355 So schon RG v. 26.3.1943 – VI (VII) 144/42, RGZ 171, 43 (48); vgl. weiter BGH v. 29.10.1956 – II ZR 79/55, BGHZ 22, 90 (98); BGH v. 29.9.1960 – II ZR 25/59, BGHZ 33, 216 (218); BGH v. 6.11.1967 – VIII ZR 81/65, BGHZ 49, 84 (88); BGH v. 26.1.1973 – V ZR 47/71, BGHZ 60, 174 (177); BGH v. 16.6.1982 – IVa ZR 270/80, BGHZ 84, 268 (272) = NJW 1982, 2776; BGH v. 17.12.1987 – VII ZR 307/86, BGHZ 102, 384 (389 f.) = NJW 1988, 1261; BGH v. 13.6.1990 – VIII ZR 130/89, WM 1990, 1389 (1390); BGH v. 17.6.2004 – VII ZR 75/03, NJW-RR 2004, 1248; BGH v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 (1700). 356 BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24 (27 f.) = NJW 1988, 2356; BGH v. 26.11.1986 – VIII ZR 260/85, ZIP 1987, 454; BGH v. 7.12.1961 – VII ZR 134/60, NJW 1962, 388 (389). 357 BGH v. 29.10.1956 – II ZR 64/56, BGHZ 22, 109 (113); BGH v. 6.11.1967 – VIII ZR 81/65, BGHZ 49, 84 (88); NJW 1968, 885; BGH v. 17.2.1993 – VIII ZR 37/92, NJW 1993, 1381 (1382); BGH v. 14.1.1999 – IX ZR 140/98, NJW 1999, 1105 (1106). 358 So vor allem BGH v. 4.5.1995 – I ZR 70/93, BGHZ 129, 345 (348) = NJW 1995, 3117; BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (324 bis 326) und BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, 623 (627); BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, NJW 1991, 2559; BGH v. 5.11.1991 – XI ZR 246/90, NJW 1992, 180 (181); BGH v. 11.2.1992 – XI ZR 151/91, NJW 1992, 1097 (1099) und BGH v. 19.2.1992 – VIII ZR 65/91, NJW 1992, 1236 (1237); OLG Köln v. 28.11.1991 – 5 U 64/91, VersR 1992, 490 (491); dazu krit. unter dem Gesichtspunkt der Klauseltransparenz Bunte NJW 1985, 600 f. 359 Vgl. OLG Hamm v. 5.2.1997 – 33 U 69/96, NJW-RR 1997, 1215; LG Essen v. 9.8.1978 – 1 S 279/78, NJW 1979, 555; zur Anwendung des Vorrangprinzips des § 305b bei einem Widerspruch zwischen formularmäßigen Haupt- und Nebenabreden oder bei Unvereinbarkeit von AGB und Zusätzen oder Änderungen mit AGB-Charakter vgl. § 305b Rz. 23 f.

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vorformulierten Textes zutreffend zu erfassen, soweit nicht – bei Mehrdeutigkeit – die Unklarheitenregel eingreift (Rz. 85). Zweitens entgeht die Rechtsprechung der Gefahr einseitiger, am Willen und Interesse des Verwenders orientierter Auslegung dadurch, dass sie auf die Interessen der auf beiden Seiten beteiligten Verkehrskreise abstellt360. Und drittens trägt sie dem typischen, standardisierten Charakter von AGB dadurch Rechnung, dass sie die Umstände des Einzelfalls im Grundsatz außer Betracht lässt und auf die Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten nicht des konkreten Vertragspartners abstellt, sondern auf diejenigen des Durchschnittskunden (vgl. dazu auch Rz. 83). bb) Literatur 78

Das Schrifttum stimmt der Rechtsprechung hinsichtlich der Betonung der objektiven Auslegung und des Abstellens auf das Verständnis der typischerweise beteiligten Verkehrskreise überwiegend zu361. Vorbehalte zeigen sich allerdings gegenüber der Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Regelung oder ihrer systematischen Stellung, da sie die Bedeutung des Wortlauts als oberstes Auslegungskriterium relativieren und das Transparenzgebot in Frage stellen (vgl. Rz. 81).

79

Eine hiervon im Grundsatz abweichende, für den Individualprozess entwickelte Theorie bildet die Lehre von der ex-post-Betrachtung übermäßiger, einen angemessenen Kern enthaltender Klauseln362. Als Beispiele werden der umfassende, nicht zwischen leichtem und grobem Verschulden differenzierende Haftungsausschluss oder ein uneingeschränkter, dem Verwender beliebigen Erhöhungsspielraum belassender Preisänderungsvorbehalt genannt363. In derartigen Fällen soll der der Inhaltskontrolle unterliegende Klauselinhalt ex post, d.h. beschränkt auf die im konkreten Fall verwirklichten Risiken, ermittelt werden. Dadurch will man für den Individualprozess nur dann und insoweit zur Unwirksamkeit einer Klausel gelangen, als sie sich im konkreten Fall unangemessen auswirkt, im Übrigen aber an ihrer Wirksamkeit im Interesse des Verwenders festhalten. Diese Ansicht ist unhaltbar; sie vermengt Fragen der Auslegung und der Inhaltskontrolle und zielt der Sache nach darauf ab, die im Grundsatz zu Recht abgelehnte geltungserhaltende Reduktion von AGB (vgl. § 306 Rz. 14 f.) mit anderer Begründung beizubehalten. Auf § 305c Abs. 2 können sich die Vertreter der ex-post-Betrachtung schon deshalb nicht stützen, weil die von ihnen propagierte Auslegungsmethode unabhängig von der Ein- oder Mehrdeutigkeit der fraglichen Klausel eingreifen soll. Im Übrigen wäre es auch eine Verkehrung der kundenfreundlichen Funktion dieser Vorschrift, wenn mit ihrer Hilfe die (Teil-)Aufrechterhaltung einer unangemessenen Klausel zum Nachteil des Kunden er-

360 Vgl. Nachw. in Fn. 353–355. 361 Vgl. MünchKomm/Basedow Rz. 22; Erman/Roloff Rz. 20; Palandt/Grüneberg Rz. 16; ebenso zu § 5 AGBG Löwe § 5 AGBG Rz. 4 ff.; Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 6; Rüßmann BB 1987, 845; a.A. Wolf/Lindacher/Hau Rz. 106; Staudinger/Schlosser Rz. 126, 130; einschränk. auch Schmidt-Salzer JZ 1995, 223 (224 ff.); Heinrichs NJW 1996, 1381 (1384); Bernreuther BB 1993, 1823 ff.; J. Schäfer, Das Transparenzgebot im Recht der AGB, 1992, S. 112 ff. 362 So namentlich Basedow AcP 182 (1982), 335 (357), ihm folgend Bechtold DB 1983, 539 und BB 1983, 1638; ähnlich schon Johannson DB 1981, 733 und Kötz BB 1982, 648; abl. etwa von Olshausen ZHR 151 (1987), 636 (639). 363 Vgl. Basedow AcP 182 (1982), 357.

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reicht und ihm die Berufung auf das nach § 306 Abs. 2 eingreifende dispositive Recht abgeschnitten würde. b) Stellungnahme Der Rechtsprechung des BGH ist zuzustimmen, soweit sie die objektive, vom Wortlaut ausgehende Auslegung vorformulierter Vertragsteile betont und für deren Verständnis auf den Horizont der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise abstellt. Die Richtigkeit dieses Ansatzes folgt aus den schon oben (Rz. 75) genannten Gründen. Der davon abweichenden, von Teilen der Literatur vertretenen ex-post-Betrachtung im Individualprozess ist nicht zu folgen (vgl. Rz. 79).

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Zweifeln begegnet die Rechtsprechung jedoch insoweit, als sie durch Berücksichtigung von Sinn und Zweck der auszulegenden Regelung sowie deren systematischer Stellung die Möglichkeit eröffnet, eine nach ihrem Wortlaut unklare oder unangemessene Regelung entgegen §§ 305c Abs. 2, 307 bis 309 mit dem vom Verwender gewollten, aber nicht deutlich zum Ausdruck gebrachten Gehalt aufrechtzuerhalten364. Für diese Auslegungsmethode spricht zwar, dass es nicht Sinn der objektiven Auslegung sein kann, unter Berufung auf den Wortlaut nur theoretisch denkbare und wenig interessengerechte Auslegungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, die den Kunden unangemessen benachteiligen könnten, und der Klausel allein deswegen unter Rückgriff auf die „kundenfeindliche“ Auslegung (Rz. 90 ff.) die Wirksamkeit zu versagen. Zu beachten bleibt jedoch das mit dem AGB-Recht verfolgte, dem Kundenschutz dienende Transparenzgebot, wie es namentlich in den §§ 305 Abs. 2 und 305c Abs. 1, aber auch in §§ 305c Abs. 2 und 307 Abs. 1 Satz 2 seinen Ausdruck gefunden hat. Es zielt darauf ab, im Interesse der Kunden für Verständlichkeit der AGB zu sorgen und den Verwender die Nachteile unklarer oder undurchsichtiger Vorformulierungen tragen zu lassen365. Erschließt sich der Regelungsgehalt einer Klausel nicht aus ihrem Wortlaut, sondern erst aus dem vom Verwender damit verfolgten, für den Kunden nicht ohne Weiteres erkennbaren Zweck oder aus ihrer systematischen Stellung, so handelt es sich um Umstände, auf die je nach Art der beteiligten Kundenkreise für die Auslegung nicht ohne Weiteres zurückgegriffen werden kann366. Es gilt Entsprechendes wie bei Verwendung von an sich klaren, den betreffenden Kundenkreisen jedoch nicht hinreichend geläufigen Rechtsbegriffen (Rz. 82 a.E., 83).

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364 Darauf weist zutr. Bunte NJW 1985, 600 f. hin. Gegen teleologische, den Verwenderabsichten Rechnung tragende Auslegung von AGB namentlich auch Rüßmann BB 1987, 845; J. Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der AGB, 1992, S. 115 f.; Weber/ Madaus EWiR 2004, 1113 (insoweit mit Kritik an BGH v. 17.6.2004 – VII ZR 75/03, NJW-RR 2004, 1248); LG Hamburg v. 7.6.1994 – 309 S 315/93, NJW-RR 1995, 923; einschränk. auch Dreher AcP 189 (1989), 342 (378 f.); Schlechtriem in FS Heinrichs, 1998, S. 503 (509 f.) und Erman/Roloff Rz. 21 a.E. A.A. – der Rechtsprechung uneingeschränkt zustimmend – demgegenüber Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 7. 365 Vgl. dazu § 305 Rz. 150 f., § 307 Rz. 323; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 124 und Wolf/Pfeiffer § 305 Rz. 88; Staudinger/Schlosser § 305 Rz. 139 ff.; J. Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der AGB, 1992, S. 39 ff., 104 ff. 366 So auch H. Roth WM 1991, 2128; J. Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der AGB, 1992, S. 115 f.

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3. Folgerungen 82

Folge der objektiven, typisierten Auslegung ist es zum einen, dass Umstände, die allein den konkreten Vertragspartnern bekannt waren oder den besonderen Einzelfall kennzeichnen, bei der Auslegung von AGB grundsätzlich keine Berücksichtigung finden können367; Ausnahmen kommen nur bei Konsens der Vertragspartner über ein abweichendes Verständnis der AGB in Betracht (Rz. 84). Zum anderen gestattet es die objektive Auslegung, nur diejenigen allgemeinen Auslegungsmittel heranzuziehen, die dem typischen Kunden des jeweiligen Geschäftskreises zugänglich sind368. Damit scheidet namentlich die Beachtung der Entstehungsgeschichte von AGB bei deren Auslegung regelmäßig aus369. Rechtskenntnisse können für die Auslegung von AGB nur berücksichtigt werden, wenn sie für die angesprochenen Verkehrskreise typisch sind; grundsätzlich gilt als Maßstab die Verständnismöglichkeit eines rechtsunkundigen Durchschnittskunden370.

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Nicht ausgeschlossen wird durch die objektive Auslegungsmethode, dass unterschiedliche Verständnismöglichkeiten verschiedener am Geschäftsverkehr mit dem AGB-Verwender beteiligter Kundenkreise Berücksichtigung finden371; etwas anderes gilt bei rein individuellen Verständnisunterschieden372. Das ist besonders dann von Bedeutung, wenn die AGB auf Fachausdrücke zurückgreifen, deren Bedeutung zwar nicht dem breiten Publikum, wohl aber den branchen-

367 BGH v. 15.3.1978 – IV ZR 77/77, BB 1978, 1088 (1089); BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 158/79, NJW 1980, 1947; Erman/Roloff Rm. 20. 368 BGH v. 26.10.1977 – VIII ZR 197/75, WM 1978, 10 (11); Staudinger/Schlosser Rz. 128; Palandt/Grüneberg Rz. 16. 369 Erman/Roloff Rz. 21; Staudinger/Schlosser Rz. 129; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 115; Dreher AcP 189 (1989), 342 (361); J. Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der AGB, 1992, S. 115; Baumann r+s 2005, 313 (speziell zu AVB); ebenso jetzt auch BGH v. 9.7.2003 – IV ZR 74/02, NJW-RR 2003, 1247; BGH v. 29.9.2004 – IV ZR 170/03, NJW-RR 2005, 257 (Vorgängerklausel darf nicht berücksichtigt werden); abweichend noch BGH v. 4.12.1980 – IVa ZR 32/80, NJW 1981, 870; BGH v. 4.5.1983 – IVa ZR 113/81, NJW 1983, 2088 (2089 f.): Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte bei der Auslegung von AVB. 370 Im Grundsatz st. Rspr., vgl. BGH v. 19.9.1986 – V ZR 72/85, BGHZ 98, 256 (260) = NJW 1987, 319; BGH v. 17.12.1987 – VII ZR 307/86, BGHZ 102, 384 (390) = NJW 1988, 1261; BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82 (88) = NJW 1988, 1726; BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (49) = NJW 1989, 222; BGH v. 19.1.1990 – V ZR 249/88, BGHZ 110, 108 (113) = NJW 1990, 1177 (1178); BGH v. 5.11.1996 – XI ZR 274/95, BGHZ 134, 42 (45) = NJW 1997, 257 (258); BGH v. 10.12.1980 – VIII ZR 295/79, NJW 1981, 867 (868); BGH v. 30.6.1982 – V ARZ 115/81, NJW 1982, 2313 (2314); BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 259/82, NJW 1983, 1671; BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (321); BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856) und BGH v. 21.2.1985 – IX ZR 129/84, NJW 1985, 1705 (1706); BGH v. 30.10.1985 – VIII ZR 251/84, NJW 1986, 424 (426); BGH v. 2.7.1987 – III ZR 219/86, NJW 1987, 2867; BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, NJW 1989, 582 (583); BGH v. 23.6.2004 – IV ZR 130/03, NJW 2004, 2589 (2590) (AVB); BGH v. 9.12.2009 – VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 (992); BGH v. 5.7.1995 – IV ZR 133/94, NJW-RR 1995, 1303 (1304). Eingehende Analyse der – im Einzelnen uneinheitlichen – Rechtsprechung (insb. zu den AVB) bei Dreher AcP 189 (1989), 342 (346 ff.). 371 So auch MünchKomm/Basedow Rz. 24; Erman/Roloff Rz. 20; Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 8. 372 BGH 17.5.1960 – VIII ZR 61/59, NJW 1960, 1661.

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kundigen Geschäftspartnern bekannt ist373. Es kann zu unterschiedlicher Auslegung der AGB je nach Zugehörigkeit des Kunden zum einen oder anderen Verkehrskreis führen374. Voraussetzung ist freilich stets, dass die unterschiedlichen Kenntnisse und Verständnismöglichkeiten generalisierungsfähig sind und sich bestimmten abgrenzbaren Kundengruppen zurechnen lassen. Das ist bei Rechtsbegriffen nicht ohne Weiteres zu erwarten375. Deren juristische Bedeutung ist für die Auslegung grundsätzlich nur dann maßgebend, wenn sich entweder kein hiervon abweichender allgemeiner Sprachgebrauch feststellen lässt oder wenn die Kenntnis des juristischen Begriffsinhalts vom jeweiligen Kundenkreis typischerweise zu erwarten ist376. Anderes gilt dann, wenn in AGB erkennbar der Wortlaut dispositiver Gesetzestexte wiederholt wird, ohne dass sich damit inhaltliche Abweichungen verbinden sollen: insoweit bewendet es bei der allgemeinen Gesetzesauslegung377. Sind bei Maßgeblichkeit des juristisch-technischen Sprachgebrauchs einzelne Kunden nicht in der Lage, die Bedeutung des AGB-Inhalts zu verstehen, so scheitert die Einbeziehung der entsprechenden Klauseln ihnen gegenüber bereits an § 305 Abs. 2 Nr. 2378. Eine Ausnahme vom Grundsatz objektiver Auslegung ist dann geboten, wenn Verwender und Kunde im Einzelfall übereinstimmende, vom Ergebnis der objektiven Auslegung abweichende Vorstellungen vom Sinngehalt einer Klausel entwickelt haben379. Zu denken ist namentlich an Fälle, in denen die Beteiligten sich vor Vertragsabschluss über die Bedeutung des vorformulierten Textes ver-

373 Vgl. BGH v. 17.6.2004 – VII ZR 75/03, NJW-RR 2004, 1248 (1249) (umstrittene Verkehrssitte); MünchKomm/Basedow Rz. 25; Erman/Roloff Rz. 25; Staudinger/Schlosser Rz. 128; Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 8; Dreher AcP 189 (1989), 342 (362); Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E 38. 374 Ebenso H. Roth WM 1991, 2129; wohl auch OLG Karlsruhe v. 28.11.1990 – 1 U 189/90, WM 1991, 184 (188); für Geltung der günstigeren, fachspezifischen Bedeutungsalternative auch gegenüber nicht fachkundigen Vertragspartnern aber Staudinger/Schlosser Rz. 128; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 113. 375 Eingehend zur Frage ihrer Auslegung in AGB Dreher AcP 189 (1989), 342 ff.; vgl. auch Schlechtriem in FS Heinrichs, 1998, S. 503 (509 f.). 376 Vgl. Rspr.-Nachw. in Fn. 369; ebenso MünchKomm/Basedow Rz. 25; Erman/Roloff Rz. 25; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 113; Staudinger/Schlosser Rz. 128; H. Roth WM 1991, 2130; für grundsätzliche Maßgeblichkeit der juristischen Bedeutung aber Palandt/Grüneberg Rz. 16; Dreher AcP 189 (1989), 342 (368 ff.). 377 Ebenso BGH v. 19.3.2003 – VIII ZR 135/02, ZIP 2003, 1095 (1096); Staudinger/Schlosser Rz. 104, 128; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 127; H. Roth WM 1991, 2130; Dreher AcP 189 (1989), 342 (375 f.); sowie Raiser AGB, S. 257; krit. aber Hau NZM 2006, 563 (565). 378 Vgl. § 305 Rz. 152 f. und unten Rz. 95; so für „Wandelung“ und „Minderung“ jedenfalls im Ergebnis BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, WM 1982, 9 (12); OLG Hamm v. 16.9.1981 – 19 U 42/81, BB 1981, 1914 (1915); OLG Koblenz v. 13.3.1981 – 2 U 244/80, ZIP 1981, 509; ebenso Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 8 Rz. 63; Wolf/Lindacher/ Hau Rz. 113; zweifelnd OLG Stuttgart v. 11.1.1980 – 2 U 148/79, WRP 1980, 444 (445); a.A. noch OLG Saarbrücken BB 1979, 1064 (1065); OLG Frankfurt v. 12.6.1980 – 6 U 185/79, BB 1980, 1550; zur bloßen Angabe von Gesetzesparagraphen vgl. OLG Schleswig v. 27.3.1995 – 4 REMiet 1/93, NJW 1995, 2858 m.w.N. 379 H.M., vgl. BGH v. 23.1.1991 – VIII ZR 122/90, BGHZ 113, 251 (259) = NJW 1991, 1604; NJW 2002, 2102; BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 331/07, WM 2008, 1350 (1352); BAG v. 15.9.2009 – 3 AZR 173/08, NJW 2010, 550; Stoffels Rz. 361, 381; Staudinger/Schlosser Rz. 127; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 104; H. Roth WM 1991, 2126; Rüßmann BB 1987, 845; Wacke JA 1981, 668 sowie schon Brandner AcP 162 (1963), 256; im Ergebnis ebenso unter Berufung auf eine in diesen Fällen anzunehmende konkludente Individualabrede MünchKomm/Basedow Rz. 26; Erman/Roloff Rz. 20.

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ständigt haben380. Das zur Ausnahme von der objektiven Auslegung erforderliche, vom Auslegungsergebnis abweichende gemeinsame Verständnis der Klausel kann auch darauf beruhen, dass der konkrete Kunde im Unterschied zur Lage der für die objektive Auslegung maßgeblichen Durchschnittskunden (Rz. 82) über besondere Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf den Vertragsgegenstand unter Einschluss der AGB verfügt381. Soweit in diesen Fällen nicht eine konkludente Individualabrede über den Klauselinhalt anzunehmen ist, der nach § 305b der Vorrang gebührt382, rechtfertigt jedenfalls der Rechtsgedanke des § 305b den Vorrang der übereinstimmenden individuellen Auslegung im Individualprozess (vgl. auch § 305b Rz. 9)383. Im Einzelfall kann der objektiven Auslegung auch entgegenstehen, dass der Verwender – für den Kunden erkennbar – im Rahmen der Vertragsabwicklung einer nach objektivem Verständnis mehrdeutigen Klausel eine ganz bestimmte Auslegung beimisst. Die Klausel ist dann nicht mehr zweideutig, so dass die Berufung auf § 305c Abs. 2 im Individualprozess ausscheidet384. Das Vorliegen einer dieser Voraussetzungen ist von demjenigen zu beweisen, der sich auf den Vorrang individueller Auslegung beruft. Allerdings wird es in derartigen Fällen meist gar nicht zum Streit zwischen den Parteien über das Klauselverständnis kommen. Die nicht zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemachte einseitige Erwartung des Verwenders, der Kunde werde auf Grund seines Erfahrungshorizonts die Klausel entgegen ihrem objektiven Gehalt i.S.d. Verwenders verstehen, reicht in keinem Fall aus, um eine Abweichung von der objektiven Auslegung zu rechtfertigen385.

IV. Die Unklarheitenregel 1. Mehrdeutigkeit des vorformulierten Textes 85

Das Eingreifen der Unklarheitenregel setzt voraus, dass bei der Auslegung von AGB Zweifel bestehen. Die vorrangige (Rz. 67) objektive Auslegung der fraglichen Klausel und der übrigen vorformulierten Teile des Vertrags (Rz. 69, 73 ff.) muss also zum Ergebnis geführt haben, dass die Klausel nach ihrem Wortlaut und dessen 380 Vgl. BGH v. 15.6.1983 – IV a ZR 31/82, NJW 1983, 2638 unter Bejahung einer konkludenten Individualabrede; ebenso BGH v. 22.3.2002 – V ZR 405/00, NJW 2002, 2102 (2103); vgl. ferner BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 331/07, WM 2008, 1350 (1352) Rz. 15 f. – Bestimmung des Sicherungszwecks eines Bürgschaftsformulars auf Grund individueller Umstände bei Vertragsschluss; siehe aber auch BGH v. 14.6.2006 – IV ZR 54/05, VersR 2006, 1246 – kein übereinstimmendes abweichendes Verständnis durch nachträgliche Erörterung des generellen Sinns einer Vorschrift während eines nachfolgenden Rechtsstreits. 381 Vgl. den Fall RG v. 22.2.1927 – II 342/26, RGZ 116, 198 (207) (beim Verwender angestellter Bankdirektor beauftragt die Bank (Verwender) mit einer Einkaufskommission zu ihren AGB); so auch Staudinger/Schlosser Rz. 127; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 104. Enger Raiser AGB, S. 259 f., der eine individualvertragliche Abweichung verlangt. 382 Vgl. Nachw. in Fn. 379 und 380. 383 So auch BGH v. 23.1.1991 – VIII ZR 122/90, BGHZ 113, 251 (259) = NJW 1991, 1604; BGH v. 9.3.1995 – III ZR 55/94, NJW 1995, 1494 (1496); BGH v. 22.3.2002 – V ZR 405/00, NJW 2002, 2102 (2103); vgl. dazu auch Schmidt-Salzer JZ 1995, 227 ff.; Schmidt-Salzer BB 1995, 733 (738); Heinrichs NJW 1996, 1381 (1384). 384 Vgl. BGH v. 16.9.1993 – VII ZR 206/92, WM 1993, 2093 (2094), der dieses Ergebnis allerdings auf § 242 stützt. 385 Ebenso H. Roth WM 1991, 2127; vgl. auch BGH v 14.6.2006 – IV ZR 54/05, VersR 2006, 1246 (dazu Fn. 380).

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Verständnis durch die typischerweise beteiligten Verkehrskreise (Rz. 74, 80) mehrdeutig ist, ohne dass die Mehrdeutigkeit sich im Rahmen der objektiven Auslegung beseitigen lässt386. Auf das subjektive Verständnis der konkreten Vertragsparteien kommt es auch für die Frage der Mehrdeutigkeit grundsätzlich nicht an (zu Ausnahmen vgl. Rz. 84). Mehrdeutigkeit kann auch bei einvernehmlicher Streichung einzelner vorformulierter Klauseln vorliegen, wenn andere, nicht gestrichene Klauselteile einen entsprechenden Regelungsgehalt aufweisen und infolgedessen unklar ist, welche Absicht mit der Streichung verfolgt wurde387. Trotz Mehrdeutigkeit kommt die Unklarheitenregel jedoch dann nicht zur Anwendung, wenn nicht feststellbar ist, welche Auslegungsvariante für den Vertragspartner als die günstigere anzusehen ist388. In diesen Fällen greift allein § 307. Zweifel bei der Auslegung von AGB als Voraussetzung für die Unklarheitenregel sind nicht schon dann zu bejahen, wenn die Klausel im Hinblick auf seltene Ausnahmefälle, bei theoretisch denkbaren, praktisch fern liegenden Fallgestaltungen, einen mehrdeutigen Inhalt aufweist. Nach ganz h.M. in Rechtsprechung und Schrifttum ist nicht auf rein theoretische oder abstrakte Auslegungszweifel abzustellen. Entscheidend ist, dass nach vernünftiger Auslegung aus der Sicht der typischerweise beteiligten Verkehrskreise relevante Zweifel am Aussagegehalt der Klausel bestehen389. Die Unklarheitenregel betont zwar zu Recht die 386 Ganz h.M., vgl. BGH v. 7.7.1982 – IVa ZR 50/81, NJW 1982, 2662 (2663); BGH v. 26.10.1983 – VIII ZR 132/82, NJW 1984, 289 (290); BGH v. 4.7.1990 – VIII ZR 288/89, NJW 1990, 3016 (3017); BGH v. 10.2.1993 – XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133 (1135) und 1381 (1382); NJW 1995, 1303 (1304); BGH v. 29.6.2010 – XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96, 108 = NJW 2011, 270, 273; vgl. auch BGH v. 4.7.2013 – I ZR 156/12, NJW-RR 2014, 215 (216 f.) (Klausel, wonach Wert eines Pakets den Gegenwert von 50.000 US-Dollar in der jeweiligen Landeswährung nicht überschreiten darf, bezieht sich auf Euro-Referenzkurs der EZB und ist daher nicht mehrdeutig); MünchKomm/Basedow Rz. 29; Erman/Roloff Rz. 27; Palandt/Grüneberg Rz. 15; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 129; Sambuc NJW 1981, 314; a.A. E. Schmidt ZIP 1987, 1505 (1508) auf Grund des von ihm betonten, durch sein AGB-Normenverständnis (vgl. dazu Einl. Rz. 39 ff.) verstärkten Erklärungsrisikos des Verwenders; ferner Krampe, Die Unklarheitenregel, 1983, S. 40 ff., 66 („Maxime innerhalb der Auslegung“), der verkennt, dass die für das Eingreifen von § 305c Abs. 2 erforderlichen Zweifel zunächst im Auslegungswege festgestellt werden müssen. 387 So zutr. OLG Koblenz v. 11.3.1999 – 5 U 1202/98, WM 2000, 28 betr. die Streichung einer Zinsregelung im vorformulierten Bürgschaftsvertrag unter Belassung der Klausel: „Die Bürgschaft dient zur Sicherstellung aller bestehenden und künftigen Ansprüche“ (daher: keine Bürgenhaftung für rückständige Zinsen). 388 Zutr. OLG Dresden v. 19.2.2009 – 4 U 1721/08, VersR 2009, 1260; ebenso für arbeitsvertragliche Klauseln die auf ein Tarifwerk Bezug nehmen auch BAG v. 17.1.2006 – 9 AZR 41/05, BB 2006, 2532; BAG v. 24.9.2008 – 6 AZR 76/07, MDR 2009, 271. 389 Vgl. etwa BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 93, 252 (261) = NJW 1984, 2161; BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, BGHZ 112, 115 (120) = NJW 1990, 2383; BGH v. 3.7.2002 – XII ZR 327/00, NJW 2002, 3232 (3233); BGH v. 15.11.2006 – VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504 (505) Rz. 20 ff. (dass eine Klausel in der Kommentarliteratur überwiegend in einem bestimmten Sinn verstanden wird, schließt objektive Zweifel nicht aus); BGH v. 11.7.1984 – VIII ZR 35/83, WM 1984, 1228 (1229); BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, WM 1985, 24 (25); BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, WM 1991, 1452 (1454); BGH v. 11.2.1992 – XI ZR 151/91, WM 1992, 395 (397); OLG Karlsruhe v. 31.5.2006 – 1 U 214/05, ZMR 2009, 33 (34) (Häufigkeit einer bestimmten Regelung schließt Mehrdeutigkeit nicht aus); ebenso mit z.T. unterschiedlicher Akzentsetzung Staudinger/ Schlosser Rz. 106 (mit weiteren Beisp.); Wolf/Lindacher/Hau Rz. 129, 141; Bunte NJW 1985, 600; Honsell JA 1985, 262 (264); Paulusch WM 1986, Beil. 10, S. 19; von Olshausen ZHR 151 (1987), 636 (640); J. Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der AGB, 1992, S. 105 ff.

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Verantwortung des Klauselverwenders für die Verständlichkeit des vorformulierten Textes und sichert dadurch das Transparenzgebot im Interesse der Kunden. Sie soll jedoch weder dazu dienen, über die Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle hinaus weitere Schranken gegen die Verwendung von AGB aufzustellen, wenn deren Auslegung nicht zu ernsthaften Zweifeln führt, noch den Verwender dazu zwingen, im vorformulierten Text zu Lasten der Transparenz alle denkbaren Fallgestaltungen zu berücksichtigen390. 87

Keine Mehrdeutigkeit besteht bei Zweifeln an der inhaltlichen Angemessenheit der Klausel. Diese sind nicht geeignet, die Unklarheitenregel eingreifen zu lassen; ihre Klärung richtet sich vielmehr ausschließlich nach den Vorschriften für die Inhaltskontrolle (§§ 307 bis 309). Auch bei Zweifeln über die Rechtsnatur des unter Einbeziehung von AGB geschlossenen Vertrags greift § 305c Abs. 2 nicht ein; der Verwender ist nicht etwa zu umfassender Ausgestaltung des Klauselwerks gehalten, um Zweifel über den Vertragscharakter zu beseitigen391. Auch die Verwendung von Rechtsbegriffen, deren Kenntnis von den betreffenden Kundenkreisen nicht erwartet werden kann oder der Klauselzusatz „soweit gesetzlich zulässig“ führen nicht etwa zur Mehrdeutigkeit der AGB; wohl aber können sie ein Einbeziehungshindernis bilden (Rz. 83, 95)392. Unanwendbar ist die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 schließlich bei beiderseitigem Einbeziehungsvorschlag (§ 305 Rz. 30); es bewendet bei der objektiven Auslegung393.

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Widersprechen sich Klauseln innerhalb eines AGB-Werks und lässt sich der Widerspruch nicht bereits durch den Vorrang der spezielleren vor der allgemeineren Regelung auflösen (vgl. Rz. 76), so ist grundsätzlich von der Unbeachtlichkeit derjenigen Klausel auszugehen, die sich typischerweise für den Kunden ungünstiger auswirkt394. Entsprechendes gilt, wenn der Widerspruch auf der gleichzeitigen Geltung unterschiedlicher, inhaltlich nicht aufeinander abgestimmter Klauselwerke beruht395. Ist allerdings selbst bei Unbeachtlichkeit einer der sich widersprechenden Klauseln keine Klarheit zu gewinnen, so sind beide Bestimmungen unwirksam (vgl. auch Rz. 89).

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Sind Klauselwerke insgesamt unverständlich ausgestaltet, so scheitert die Einbeziehung schon an § 305 Abs. 2 Nr. 2; bei Formularverträgen kann das zur Unwirksamkeit des ganzen Vertrages führen (§ 306 Rz. 54). Darüber hinausgehend kommt die Rechtsprechung auch schon bei Unverständlichkeit einzelner Klau390 BGH v. 21.6.1990 – VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388 (391) = NJW 1990, 3197; BGH v. 19.1.2005 – XII ZR 107/01, NJW 2005, 1183 (1184). 391 BGH v. 24.11.1980 – VIII ZR 339/79, NJW 1981, 388 (389); Erman/Roloff Rz. 27. 392 Ebenso OLG Hamm v. 18.6.1993 – 12 U 43/93, NJW-RR 1994, 888; H. Roth WM 1991, 2087. 393 Ebenso Staudinger/Schlosser Rz. 106; H. Roth WM 1991, 2135. 394 BGH v. 21.3.2002 – VII ZR 493/00, BGHZ 150, 226 (230) = NJW 2002, 2470; ebenso Erman/Roloff Rz. 27; zu § 5 AGBG auch Koch/Stübing § 5 AGBG Rz. 11; Staudinger/ Schlosser Rz. 124; im Ergebnis auch schon OLG Frankfurt v. 9.7.1980 – 17 U 29/80, MDR 1980, 939; OLG Hamm v. 25.9.1987 – 12 U 141/86, BB 1988, 301 (302); unklar aber BAG v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, NJW 2008, 3592 (3598) Rz. 44 ff. – Anwendbarkeit des § 305c Abs. 2 auf sich widersprechende Klauseln wird nicht erwogen, möglicherweise wegen Spezialität). 395 So bei Widerspruch zwischen den vom Kraftfahrzeughändler verwendeten Verkaufsbedingungen für Neuwagen und den entsprechenden Garantiebedingungen des Herstellers bzw. den Leasingbedingungen eines Leasinggebers, vgl. dazu OLG Frankfurt v. 17.12.1980 – 17 U 105/80, DB 1981, 637; OLG Köln v. 22.10.1987 – 1 U 40/87, NJW-RR 1988, 504 (505).

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seln zu deren Unwirksamkeit, ohne auf die Angemessenheitskontrolle nach §§ 307 bis 309 abzustellen396. Diese Abweichung von der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 rechtfertigt sich jedenfalls in denjenigen Fällen unklar gefasster Klauseln, in denen wegen der Vielzahl möglicher Inhalte ein eindeutiges Auslegungsergebnis selbst mit Hilfe der Unklarheitenregel nicht erzielt werden kann397. Auch trägt sie zutreffend der Textverantwortung des Verwenders und dem bei Verwendung von AGB zu beachtenden Transparenzgebot Rechnung. Zur Eliminierung derartiger wegen Unklarheit unwirksamer AGB ist die Verbandsklage auch in diesen Fällen, ohne Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 307 bis 309, zuzulassen (vgl. näher § 1 UKlaG Rz. 7).

2. Auslegung zu Lasten des Verwenders a) Individualprozess Die objektive Mehrdeutigkeit vorformulierter Vertragsbedingungen führt nicht zum Eingreifen des § 155 mit der Möglichkeit des Nichtzustandekommens des Vertrages398, sondern zum Eingreifen von § 305c Abs. 2. Für den Individualprozess war dessen Regelungsgehalt zunächst durchweg im Sinne kundenfreundlicher Auslegung verstanden worden (vgl. noch 6. Aufl. § 5 AGBG Rz. 30 f.). Danach war einer objektiv mehrdeutigen Klausel derjenige Bedeutungsgehalt beizumessen, der sich typischerweise am stärksten zu Gunsten der Kundenseite auswirkte. Das bedeutete namentlich für unklare Freizeichnungsklauseln, Haftungsausschlüsse u.a. eine begrenzte (von ihrer Mehrdeutigkeit abhängige) Beibehaltung des Restriktionsprinzips trotz seiner grundsätzlichen Ablösung durch die offene Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 (vgl. Rz. 230 f.). Im Ergebnis trug die Unklarheitenregel dadurch im Individualprozess zur Aufrechterhaltung der Wirksamkeit einer mehrdeutigen Klausel bei, obwohl sie bei extensiver (kundenfeindlicher) Auslegung als nach §§ 307 bis 309 unwirksam zu beurteilen gewesen wäre (zur schon früher abweichenden Auslegung im Verbandsprozess vgl. 6. Aufl. § 5 AGBG Rz. 5 f., 33).

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Um dieser nach dem Normzweck des § 305c Abs. 2 (Rz. 61) wenig überzeugenden Konsequenz zu entgehen, hat die neuere Literatur399 unter Zustimmung der

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396 BGH v. 28.10.1981 – VIII ZR 302/80, BGHZ 82, 121 (131) = NJW 1982, 870; BGH v. 22.1.1986 – VIII ZR 318/84, BGHZ 97, 65 (73 f.) = NJW 1986, 1335 (1336); BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (56) und 2253 (2255); BGH v. 21.11.1985 – VII ZR 22/85, NJW 1986, 924 (925) m. Anm. Brych; OLG Celle v. 8.2.1996 – 14 U 23/95, NJW-RR 1997, 82. 397 So schon Koch/Stübing § 5 AGBG Rz. 9; vgl. auch Schlosser ZIP 1985, 457; Kohte AcP 185 (1985), 129 (für vorformulierte Einwilligungen des Kunden mit unklarem Inhalt); Wolf/Pfeiffer JZ 1988, 391; Beike JA 1988, 480; J. Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der AGB, 1992, S. 104 ff.; a.A. Honsell JA 1985, 263; Sambuc NJW 1981, 314; H. Roth WM 1991, 2087. 398 BGH v. 30.1.1979 – VI ZR 216/77, NJW 1979, 2353 (2354); Sambuc NJW 1981, 314; Thümmel/Oldenburg BB 1979, 1069; missverständlich BGH v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 (1887) und von Westphalen NJW 1979, 840; für analoge Anwendung von § 306 Abs. 3 „in Extremfällen“ Löwe § 5 AGBG Rz. 10. 399 MünchKomm/Basedow Rz. 35; Palandt/Grüneberg Rz. 18; Erman/Roloff Rz. 28; Stoffels Rz. 375; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 133; Staudinger/Schlosser Rz. 108; so zu § 5 AGBG auch Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 16; von Olshausen ZHR 151 (1987), 636 (639 f.); Schlosser ZIP 1985, 449 (457 f.); Horn WM 1984, 449 (451); a.A. Roth WM 1981,

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Rechtsprechung400 für den Individualprozess einer Aufspaltung des methodischen Vorgehens im Rahmen von § 305c Abs. 2 bei Auslegung unklarer Klauseln der Vorzug gegeben. Danach ist zunächst zu prüfen, ob die mehrdeutige Klausel bei kundenfeindlicher Auslegung nach §§ 307 bis 309 Bestand hat. Ist die Frage zu verneinen, soll es trotz der Mehrdeutigkeit bei der Unwirksamkeit der Klausel bewenden. Demgegenüber soll, wenn sich die zwei oder mehr Auslegungsvarianten noch im Rahmen der durch §§ 307 bis 309 gesetzten Inhaltsschranken halten, die kundenfreundlichste Version maßgeblich sein. Diese Auslegungsmethode hat den Vorteil, dem Normzweck des § 305c Abs. 2 am besten zu entsprechen und einer ungewollten Verkürzung des Anwendungsbereichs der §§ 307 bis 309 vorzubeugen. Auch sorgt sie im Falle kundenfeindlicher Auslegung für übereinstimmende Auslegungsergebnisse in Individual- und Verbandsprozess. Ihr Nachteil liegt zwar in der mit den unterschiedlichen Auslegungsmaßstäben unvermeidlich verbundenen, die Auslegung weiter erschwerenden Rechtsunsicherheit, da hierdurch an die Stelle des zweistufigen, zwischen objektiver Auslegung und Anwendung der Unklarheitenregel bei mehrdeutigem Ergebnis differenzierenden Auslegungsverfahrens ggf. ein dreistufiges Verfahren (objektive/kundenfeindliche/kundenfreundliche Auslegung) tritt. Auch weicht diese Auslegungsmethode von dem Grundsatz ab, dass der Wirksamkeitsprüfung einer Klausel die Ermittlung ihres Bedeutungsgehalts mittels Auslegung vorangeht401. Nachdem sich inzwischen jedoch auch der BGH für die Möglichkeit gespaltener Auslegung ausgesprochen hat402 und dieses Vorgehen dazu beiträgt, die bisher bestehende Auslegungsdiskrepanz zwischen Individual- und Verbandsprozess zu überwinden, ist ihm der Vorrang vor der einheitlich kundenfreundlichen (restriktiven) Auslegung einzuräumen. 92

Regelt die mehrdeutige Klausel nicht Befugnisse des Verwenders, sondern begründet sie Rechte für den Kunden oder verbessert dessen Stellung im Vergleich zum dispositiven Recht, so führt die Unklarheitenregel nicht zu einer restriktiven, sondern ggf. zu einer erweiternden Auslegung ihres dem Kundeninteresse dienenden, unklaren Regelungsgehalts403. Auch hier ist Voraussetzung freilich die objektive Mehrdeutigkeit der Klausel. Ohne sie ist für die Anerkennung eines „umgekehrten Restriktionsprinzips“ bei Auslegung vorformulierter Texte kein Raum (vgl. auch Rz. 227 ff.).

400

401 402

403

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2088; Medicus RWS-Forum 2, 1987, S. 85 f.; Honsell JA 1985, 260 (263); Sambuc NJW 1981, 313 (314); im Ergebnis auch noch Basedow AcP 182 (1982), 355. BGH v. 11.2.1992 – XI ZR 151/91, NJW 1992, 1097 (1099); BGH v. 29.4.2008 – KZR 2/07, BGHZ 176 244 (250) = NJW 2008, 2172 (2173); BGH v. 23.9.2010 – III ZR 246/09, BGHZ 187 86 (94 f.) = NJW 2011, 139 (141); OLG Schleswig v. 23.3.1995 – 5 W 47/94, ZIP 1995, 759 (762); OLG München v. 12.1.2012 – 23 U 2737/11, ZIP 2012, 576 (579); OLG München v. 21.11.2013, NZG 2014, 146 (147); wohl auch BGH v. 10.5.1994 – XI ZR 65/93, NJW 1994, 1798 (1799); anders aber BGH v. 9.5.2001 – VIII ZR 208/00, NJW 2001, 2165 (2167). Vgl. Nachw. in Fn. 303. Vgl. Nachw. in Fn. 301, 400; ferner BGH v. 29.4.2008 – KZR 2/07, NJW 2008, 2172; BGH v. 12.3.2008 – XII ZR 147/05, NJW 2008, 2254; BGH v. 16.9.2009 – XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 und 3716; BGH v. 28.10.2009 – VIII ZR 320/07, NJW 2010, 993 (994 f.). Vgl. näher Staudinger/Schlosser Rz. 121; unzutr. daher BGH v. 24.6.1981 – VIII ZR 96/80, NJW 1981, 2248 (2249), wonach Rechte aus einer zehnjährigen Herstellergarantie nur durchgesetzt werden können, wenn der Mangel innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 477 Abs. 1 a.F. mit verjährungsunterbrechender oder -hemmender Wirkung geltend gemacht wird (zu Recht krit. Bunte NJW 1982, 1629).

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§ 305c BGB

Von mehrdeutigen, dem Kundeninteresse dienenden Klauseln zu unterscheiden sind diejenigen atypischen Sonderfälle, in denen sich die in § 305c Abs. 2 geregelte objektive, sei es restriktive oder extensive Auslegung für einzelne Kunden nachteilig auswirkt. Diesem Umstand kann im Rahmen der generalisierenden, auf die typische Kundensituation abstellenden Auslegung nach § 305c Abs. 2 ebenso wenig Rechnung getragen werden wie bei der ebenfalls von einer generalisierenden Betrachtung ausgehenden Inhaltskontrolle404. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass das Eingreifen von § 305c Abs. 2 im konkreten Fall dem Kunden nachteilig ist und der Verwender die bestehende Unklarheit für sich ausnutzen kann405. Nennenswerte praktische Bedeutung dürfte diesen Fällen zwar nicht zukommen. Sie geben aber ebenfalls Anlass, die Unklarheitenregel nicht schlechthin, sondern nur beim Bestehen ernsthafter Zweifel einzusetzen.

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b) Verbandsprozess Für den Verbandsprozess stellen sich die in Rz. 91 f. behandelten, auf dem Span- 94 nungsverhältnis zwischen generalisierender Anwendung des AGB-Rechts und Entscheidung des Einzelfalls beruhenden Probleme nicht. Insoweit ist heute nahezu einhellig anerkannt, dass die Auslegung mehrdeutiger Klauseln „zu Lasten des Verwenders“ im Sinne kundenfeindlicher, zur effizienten Anwendung der Kontrollnormen der §§ 307 bis 309 führender Auslegung zu verstehen ist406. Das kann sich auf dem Weg über § 11 UKlaG zum Schutze des Kunden auch auf künftige Individualprozesse auswirken. Es setzt freilich, ebenso wie im Individualprozess, eine objektive Mehrdeutigkeit der mit der Verbandsklage angegriffenen Klausel voraus (Rz. 85). Negative Rückwirkungen auf den Individualprozess sind aus dieser „kundenfeindlichen“ Auslegung schon deshalb nicht zu erwarten, weil das in § 11 UKlaG vorgesehene Recht, sich auf die Wirkung eines von anderer Seite gegen den Verwender erstrittenen Unterlassungsurteils zu berufen, nur zu Gunsten und nicht auch zu Lasten des Kunden besteht.

3. Kasuistik a) Unklarheit im Individualprozess bejaht aa) Bank- und Sparkassenbedingungen Die in den AGB für die Ausgabe von VISA-Karten enthaltene Klausel, wonach Inhaber von Haupt- und Zusatzkarten gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten aus der Kartenbenutzung haften, ist nach § 305c Abs. 2 dahin auszulegen,

404 Vgl. § 307 Rz. 110 ff.; zur abweichenden Beurteilung für Verbraucherverträge nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 vgl. § 307 Rz. 402 ff. 405 A.A. BGH v. 30.1.1979 – VI ZR 216/77, NJW 1979, 2353 (2354); LG Düsseldorf bei Bunte AGBE I § 9 Rz. 35; ebenso Staudinger/Schlosser Rz. 124; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 134; Soergel/Stein § 3 AGBG Rz. 15; wie hier aber OLG Hamm v. 23.5.1986 – 20 U 327/85, NJW 1986, 2888 (2890); H. Roth WM 1991, 2130 (2135); nach LG Berlin v. 9.1.2007 – 7 S 31/06, VersR 2007, 941 (943) (politischer statt geografischer Europa-Begriff in AVB) ist es dem Verwender dann aber nach § 242 verwehrt, sich auf eine für den konkreten Vertragspartner ungünstigere Auslegung zu berufen – dem wird man folgen können. 406 Vgl. die Nachw. in Fn. 305–307.

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dass die gesamtschuldnerische Haftung nur für die Verbindlichkeiten aus der Benutzung der Zusatzkarte eingreift407. 96

Aus der Formulierung „Reklamationen und Beanstandungen aus dem Verhältnis zwischen Karteninhaber und Vertragsunternehmen sind unmittelbar zwischen diesen zu klären“ in Nr. 9 der Eurocard-Kundenbedingungen ergibt sich nicht eindeutig, ob ein Widerrufsrecht des Karteninhabers gegenüber dem Kartenunternehmen, das die Entstehung eines Aufwendungsersatzanspruches verhindern könnte, vor dessen Leistungserbringung an das Vertragsunternehmen ausgeschlossen ist408.

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Die Formulierung, das Genusskapital gehöre zum „Eigenkapital (ohne nachrangige Verbindlichkeiten)“ in Genussscheinbedingungen ist mehrdeutig, hält aber auch bei kundenfeindlichster Auslegung Inhaltskontrolle stand, so dass der Inhalt kundenfreundlich zu bestimmen ist409; Gleiches gilt für die Bezeichnung „Bilanzverlust“, so dass dieser nicht zu Lasten der Genussscheininhaber um den Verlustvortrag des Vorjahrs zu mindern ist410). Zum AGB-Charakter von Genussscheinbedingungen s. näher § 310 Rz. 122.

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Eine formularmäßige Höchstbetragsbürgschaft unter der Überschrift „Betragsmäßig beschränkte Einzelbürgschaft“ wird durch Einführung des – ebenfalls vorformulierten – Zusatzes „zuzüglich evtl. Überziehungen“ unklar und ist zu Gunsten des Bürgen restriktiv auszulegen411.

99

Nr. 7 der Bürgschaftsbedingungen der Sparkassen, wonach Rechte der Sparkasse gegen den Hauptschuldner nur dann auf den zahlenden Bürgen übergehen, wenn die Sparkasse wegen aller ihrer Ansprüche gegen den Hauptschuldner volle Befriedigung erlangt hat, und die Zahlungen des Bürgen bis dahin nur als Sicherheitsleistungen gelten, bezieht sich gemäß § 305c Abs. 2 nur auf den Forderungsübergang gemäß § 774 Abs. 1 Satz 1 und steht der Geltendmachung eines Aufwendungsersatzanspruchs des Bürgen gegen den Hauptschuldner gemäß § 670 nicht entgegen412.

100

Eine Bürgschaft nach § 7 Abs. 1 MaBV ist unklar, weil diese Vorschrift nicht klar erkennen lässt, ob sie sich auch auf Gewährleistungsansprüche des Bauherrn erstrecken soll413.

101

Wird bei der Bestellung einer Grundschuld gleichzeitig die Abtretung der Ansprüche auf Rückgewähr vorrangiger Grundschulden vereinbart, so ist eine formularmäßige Zweckerklärung, wonach die abgetretenen Rechte als weitere Sicherheit dienen sollen, unklar bezüglich der Frage, ob der Zessionar nur den Vorrang ausnutzen darf oder aber über die Höhe der ihm zuvor bestellten nachrangigen Grundschuld hinaus Befriedigung verlangen kann. Bei kundenfreundlicher Auslegung im Individualprozess beschränkt sich die Bedeutung der Klausel 407 LG Wiesbaden v. 21.5.1984 – 1 S 13/84, BB 1984, 1966. 408 LG Tübingen v. 16.2.1995 – 1 S 268/94, NJW-RR 1995, 746 (747); zur Frage der Zulässigkeit eines Widerrufs vor Leistungserbringung vgl. näher Teil 2, (29) Kreditkarten-AGB Rz. 10. 409 OLG München v. 21.11.2013 – 23 U 1864/13 rkr., NZG 2014 146 (147). 410 OLG München v. 12.1.2012 – 23 U 2737/11 rkr., ZIP 2012 576 (579). 411 OLG München v. 10.12.1997 – 3 U 3961/97, ZIP 1998, 731 (732). 412 OLG Köln v. 26.1.1989 – 1 U 97/88, WM 1989, 1883 (1886); vgl. zu der Klausel auch BGHZ 92, 374 (380 ff.) = NJW 1985, 614 und Teil 2, (15) Bürgschaftsverträge Rz. 13. 413 BGH v. 14.1.1999 – IX ZR 140/98, NJW 1999, 1105 (1107).

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darauf, eine Rangverbesserung für den Grundschuldinhaber nach sich zu ziehen414. Unterwirft sich der Schuldner wegen aller Ansprüche an Kapital, Zinsen und Nebenleistung, welche der Gläubigerin aus einer Sicherungsgrundschuld zustehen, formularmäßig der sofortigen Zwangsvollstreckung, so kann daraus auch ein Dritter vollstrecken, wenn er zugleich in den Sicherungsvertrag eintritt; die mehrdeutige Unterwerfungsklausel ist demgemäß nur auf Ansprüche zu beziehen, die auch der Sicherungsnehmer auf Grund des Sicherungsvertrages hätte vollstrecken dürfen415.

102

Hinsichtlich der Schuldmitübernahme des Ehepartners in einem Darlehensvertrag ist eine Klausel mehrdeutig, die nicht klar erkennen lässt, ob künftige Forderungen nur dann erfasst werden, wenn sie sich gegen die Sicherungsgeberin und den Darlehensnehmer als Gesamtschuldner richten oder auch solche Forderungen von der Sicherheit erfasst werden sollen, die sich allein gegen den Darlehensnehmer richten. Sofern der mithaftende Ehegatte hierdurch krass finanziell überfordert würde, ist die Klausel kundenfeindlich dahin auszulegen, dass alle künftigen Ansprüche gesichert werden sollen416.

103

Die Bestimmung in einem Darlehensvertrag, wonach die Bank im Falle des Rücktritts vom Beleihungsvertrag eine Nichtabnahmeentschädigung fordern kann, erfasst gemäß § 305c Abs. 2 nur die vom Kreditnehmer verursachte Nichtgewährung des Darlehens417.

104

Der Begriff der „Bearbeitungskosten“ in einem Darlehensvertrag ist nach § 305c Abs. 2 mehrdeutig und in kundenfreundlichster Auslegung so auszulegen, dass es sich um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handelt; er ist als zusätzliches Entgelt für den Verwaltungsaufwand der Bearbeitung des Darlehensantrags zu verstehen und als solcher unwirksam nach § 307 Abs. 1418; zur Bejahung von Unklarheit und Unangemessenheit einer fast wortgleichen Klausel der AGBBanken im Verbandsprozess siehe OLG Frankfurt419 und dazu Rz. 96.

105

Wird aus einem vorformulierten Schuldbeitritt nicht deutlich, ob das beitretende, volljährige Kind für die Darlehensverbindlichkeiten seiner Eltern gegenüber einer Bausparkasse nur mit seinem Grundeigentum oder auch darüber hinaus unbeschränkt persönlich haften soll, so geht diese Unklarheit zu Lasten des Verwenders420.

106

bb) Versicherungsbedingungen Auf den in § 12 Nr. 1 IIe AKB vorgesehenen Ausschluss des Versicherungsschutzes, wonach die Fahrzeugversicherung nur die Beschädigungen am Kfz durch einen Unfall, d.h. durch ein unmittelbar von außen einwirkendes Ereignis, nicht aber Brems-, Betriebs- und Bruchschäden umfasst, kann sich der Versicherer nicht berufen, wenn der Campinganhänger des versicherten Pkw durch die Sog414 415 416 417

BGH v. 19.1.1990 – V ZR 249/88, BGHZ 110, 108 (113) = NJW 1990, 1177. BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, ZIP 2010, 1072 (1076) Rz. 34 ff. BGH v. 16.6.2009 – XI ZR 539/07, NJW 2009, 2671 (2673) Rz. 25 ff. OLG Celle v. 23.9.1987 – 3 U 273/86, WM 1987, 1484 (1486); vgl. auch OLG Celle v. 8.4.1987 – 3 U 167/86, WM 1987, 777 (778 f.). 418 LG Berlin v. 4.6.2013 – 10 S 2/13, WM 2013 1710 (1711 f. 419 v. 27.7.2011 – 17 U 59/11. 420 OLG Hamm v. 23.9.1992 – 31 U 93/92, NJW-RR 1993, 113.

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wirkung eines vorbeifahrenden Lkw gegen die Hinterfront des Pkw gestoßen wird, da unklar bleibt, ob ein Unfall oder ein bloßer Betriebsschaden vorliegt421. 108

Die Bestimmung des § 13 Abs. 2 AKB, wonach bei der Zerstörung eines kaskoversicherten Omnibusses nicht der Neupreis, sondern nur der Zeitwert zu ersetzen ist, lässt nicht erkennen, ob auch sog. Kleinbusse (hier: neunsitziger VWTransporter) unter den Neupreisausschluss fallen. Gemäß § 305c Abs. 2 hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf den Neupreis422.

109

Wird durch einen zulassungspflichtigen Gabelstapler ein Schaden verursacht, so muss die Betriebshaftpflichtversicherung dafür aufkommen, obwohl in deren Besonderen Versicherungsbedingungen ein Haftungsausschluss für zulassungspflichtige Fahrzeuge enthalten ist, sofern in dieser Haftungsausschlussklausel Gabelstapler als Beispiel für nicht zulassungs- und gesondert versicherungspflichtige Fahrzeuge genannt sind423.

110

Die Klausel „Kutschpferde sind nicht mitversicherbar“ im Antragsformular einer Pferdehaftpflichtversicherung wurde als unklar eingestuft und soll sich deshalb nicht auf Pferde beziehen, die nur gelegentlich vor einer Kutsche eingesetzt werden424.

111

§ 1 Abs. 2 Satz 2 der Allg. Feuerversicherungsbedingungen (in der bis 2010 geltenden Fassung), wonach solche Schäden nicht unter den Versicherungsschutz fallen, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, dass sie zur Bearbeitung einem Nutzfeuer oder der Wärme ausgesetzt werden, ist unklar hinsichtlich der Frage, ob auch Schäden an den Wärmequellen selbst vom Versicherungsschutz ausgenommen sind; gemäß § 305c Abs. 2 ist diese Frage zu verneinen425. Abschnitt A § 1 Nr. 5 AFB 2010 stellt inzwischen klar, dass die Wärmequellen vom Versicherungsschutz ausgenommen sind.

112

Die Haftungsbegrenzung auf Schäden „innerhalb des Gebäudes“ in den AVB einer Leitungswasserversicherung steht bei kundenfreundlicher Auslegung Ansprüchen wegen eines Rohrbruchs unterhalb des Kellerbodens, aber noch innerhalb der Streifenfundamente nicht entgegen426.

113

§ 9 Abs. 1 AVB für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden in der Fassung von 1962 (VGB 62) ist unklar hinsichtlich des Verschuldensmaßstabes einer den Haftungsausschluss herbeiführenden Gefahrenerhöhung durch Verletzung von Sicherheitsvorschriften427. Aus der Klausel ergibt sich nicht zweifelsfrei, ob mit schuldhafter Verletzung von Sicherheitsvorschriften in § 9 Abs. 2 Satz 1 VGB 62 wie in dessen Satz 2, der 421 BGH v. 6.3.1996 – IV ZR 275/95, NZV 1996, 233. 422 BGH v. 2.10.1985 – IVa ZR 184/83, NJW 1986, 431. 423 BGH v. 5.7.1995 – IV ZR 133/94, NJW-RR 1995, 1303 (1304); vgl. dazu auch Langheid/ Müller-Frank NJW 1996, 3122 (3123). 424 OLG Oldenburg v. 18.2.2004 – 3 U 93/03, NJW-RR 2004, 1029; krit. Wolf/Lindacher/ Hau Rz. 135 („lebensfremd“). 425 OLG Hamburg v. 14.5.1986 – 5 U 192/85, NJW-RR 1986, 1084 f., aufgehoben durch BGH v. 9.12.1987 – IVa ZR 151/86, NJW-RR 1988, 469 (dazu mit Recht krit. Wolf/Reiff Anh. 310 V 138). Mittlerweile sind die AFB in diesem Punkt eindeutig gefasst worden. 426 OLG Nürnberg v. 23.1.1997 – 8 U 1349/96, VersR 1998, 234 (235). 427 BGH v. 19.10.1994 – IV ZR 159/93, NJW 1995, 56 (57).

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die schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalles regelt, nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gemeint ist, oder ob infolge der Verweisung in Satz 4 auf §§ 8 Abs. 2 VGB 62, 23 bis 30 VVG auch einfache Fahrlässigkeit als Verschuldensform genügen soll. Für die in § 12 AVB für die Neuwertversicherung von Hausrat (VHB 1984) enthaltene Außenversicherung ist umstritten, ob die fehlende Erwähnung der Gebäudegebundenheit eines Diebstahls zur Unklarheit dieser Regelung führt. § 12 Nr. 1 Satz 1 VHB 1984 lautet: „Versicherte Sachen, die Eigentum des Versicherungsnehmers oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person sind oder deren Gebrauch dienen, sind innerhalb Europas … auch versichert, solange sie sich vorübergehend außerhalb der Wohnung befinden.“ Nach Ansicht des LG Hamburg428 ist der Regelung aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht eindeutig zu entnehmen, dass ein versicherter Einbruchsdiebstahl nur dann vorliegt, wenn in ein Gebäude eingebrochen wird; das beklagte Versicherungsunternehmen sei daher verpflichtet, Schäden aus einem Einbruch in ein Wohnmobil zu ersetzen, das außerhalb eines Parkhauses abgestellt war. A.A. OLG Köln429, OLG Stuttgart430, LG Konstanz431 und LG Landau432, die aus systematischen Erwägungen (insb. dem Verhältnis zu §§ 5, 10 VHB 1984) folgern, dass der durchschnittliche verständige Versicherungsnehmer den versicherten Einbruch in § 12 VHB als gebäudebezogen verstehe. Diese systematische Argumentation ist aus den in Rz. 81 genannten Gründen abzulehnen.

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Die sog. Europaklausel in einer Hausratsversicherung ist mehrdeutig und insbesondere nicht als Beschränkung auf Europa im geographischen Sinn zu verstehen, so dass auch Versicherungsschutz auf den kanarischen Inseln bejaht wurde433. Auch die Begrenzung auf „europäische Küstengewässer“ im Rahmen einer Yachtkaskoversicherung ist unklar und schließt insofern jedenfalls Zypern wegen der „kulturellen Zugehörigkeit“ ein434.

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§ 2 Abs. 1 der Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BB-BUZ) definiert den Eintritt einer Berufsunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen als Folge von Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall. Ob darunter auch die Schwangerschaft einer Berufspilotin falle, ist nach OLG Bremen435 unklar und geht zu Lasten der Versicherung, weshalb der Pilotin, deren Schwangerschaft zu einer Flugunfähigkeit führt, eine Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit der Schwangerschaft zustehe.

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§ 1 Abs. 1b der Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherungen, wonach bei „stationärer Behandlung“ ein Krankenhaustagegeld gewährt wird, lässt nicht erkennen, ob davon auch die Unterbringung in einer sog. Tagesklinik (Mo–Fr, jeweils von 8.30 Uhr bis 16.30 Uhr) erfasst wird436.

117

428 429 430 431 432 433 434 435 436

OLG Saarbrücken v. 19.10.1994 – 5 U 390/94 – 31, NJW-RR 1995, 923. OLG Köln v. 28.11.1991 – 5 U 64/91, VersR 1992, 490 (491). OLG Stuttgart v. 16.5.2013 – 7 U 83/13, r+s 2013, 398 (399). LG Konstanz v. 28.9.1990 – 1 S 132/90, VersR 1991, 883. LG Landau v. 2.5.1989 – 1 S 42/89, VersR 1989, 1045. LG Berlin v. 9.1.2007 – 7 S 31/06, VersR 2007, 941 (942). OLG Hamburg v. 14.5.2009 – 9 U 108/08, VersR 2010, 70. OLG Bremen v. 23.5.1995 – 3 U 149/94, NJW-RR 1995, 1179 (1180). OLG Hamm v. 23.5.1986 – 20 U 327/85, NJW 1986, 2888 (2889).

Ulmer/Schäfer

375

§ 305c BGB

berraschende und mehrdeutige Klauseln

118

§ 5 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK) in der 1987 gültigen Fassung, wonach für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- und Behandlungskosten und Arzneimittel kein Versicherungsschutz gewährt wird, ist hinsichtlich des Zusatzes „wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt“ mehrdeutig437. In der aktuellen Fassung der MB/KK von 2009 ist der Zusatz nicht mehr enthalten.

119

In einer Krankentagegeldversicherung ist die Wendung „nach medizinischem Befund“, durch die die Leistungspflicht der Versicherung bei Berufsunfähigkeit ausgeschlossen werden soll, unklar und daher nach § 305c Abs. 2 dahin zu verstehen, dass die rückwirkende Feststellung der Berufsunfähigkeit, z.B. durch gerichtliches Sachverständigengutachten, ausscheidet438.

120

Die in der Gliedertaxe einer Unfallversicherung enthaltene Wendung „Funktionsfähigkeit einer Hand im Handgelenk“ ist unklar, was dazu führt, dass es bei der Beurteilung des Invaliditätsgrades des Versicherungsnehmers auf die Funktionsbeeinträchtigung der Hand, nicht jedoch des ganzen Armes ankommt439.

121

§ 7 Abs. 1 Satz 2 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedindungen (AUB) 88 ist aufgrund des Klauselaufbaus nicht unklar, weil für den Versicherungsnehmer bereits aus § 7 Abs. 1 Satz 2 a und b AUB 88 ersichtlich sei, dass die Werte für die Beeinträchtigung eines Körpergliedes im Zusammenhang mit dem Invaliditätsgrad umso höher seien, je mehr Teile des Körpergliedes betroffen seien und dass sich der Wert eines Körpergliedes gerade nicht aus der Addition des Wertes aller seiner Teile ergebe440.

122

Das Verhältnis von § 7 I (3) AUB 95 (Leistungskürzung wegen Vorinvalidität) und § 8 AUB 95 (Leistungskürzung wegen Mitwirkung von Krankheit und Gebrechen) ist in den AUB 95 nicht geregelt und in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Zugunsten des VN hat das LG Dortmund441, nach § 305c Abs. 2 angenommen, dass die Vorschriften nicht kumulativ zur Anwendung kommen.

123

Durch einen drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis im Rahmen einer Lebensversicherung, wonach der Bezugsberechtige in den Bedingungen „nicht unmittelbar“ angesprochen wird, sondern diese „vorrangig nur den Versicherungsnehmer“ betreffen, ist unklar, ob ein in den AVB enthaltenes Anzeigeerfordernis auch Ansprüche des Bezugsberechtigten erfassen soll; dies ist deshalb gemäß § 305c Abs. 2 zu verneinen442.

437 AG Hamburg v. 27.7.1989 – 22a C 1217/87, VersR 1990, 477 (478). 438 OLG Karlsruhe v. 13.11.2003 – 12 U 73/03, NJW-RR 2004, 320 (321); dies gilt nicht, soweit die Tarifbestimmungen der Versicherung eine Klarstellung enthalten, AG Warburg v. 19.6.2001 – 1 C 443/00, NVersZ 2002, 76. 439 BGH v. 9.7.2003 – IV ZR 74/02, NJW-RR 2003, 1247; entsprechend für die Wendung „Funktionsfähigkeit eines Armes im Schultergelenk“ BGH v. 24.5.2006 – IV ZR 203/03, NJW-RR 2006, 1323. 440 OLG Frankfurt v. 3.2.2011 – 3 U 160/10, r+s 2011, 487 (488); ebenso zu Nr. 2.1.2.2. AUB 2000 bzw. 2008 OLG Hamm v. 12.1.2011 – I -20 U 122/10, VersR 2011, 14. 441 LG Dortmund v. 27.10.2011- 2 O 299/10, NJW-RR 2012, 606 (607). 442 OLG Karlsruhe v. 1.6.2006 – 12 U 21/06, VersR 2007, 341 (342).

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§ 305c BGB

cc) Verkaufs- und Leasingbedingungen Eine Klausel zur Abbedingung der Rügeobliegenheit aus § 377 HGB („Unser Vertragspartner verzichtet auf den Einwand verspäteter Mängelrüge. Bei verpackter Ware genügt die Feststellung des Mangels bei Öffnung der Verpackung bzw. Verarbeitung der verpackten Ware.“) ist unklar, weil sie keine eindeutige Differenzierung zwischen offenen und verdeckten Mängeln zulässt; die kundenfeindliche Auslegung führt zur Unwirksamkeit443.

124

Die in Verkaufsbedingungen für fabrikneue Kfz verwendete Klausel „Der Verkäufer leistet Gewähr für eine dem jeweiligen Stand der Technik des Kaufgegenstands entsprechende Fehlerfreiheit während eines Jahres nach Auslieferung“ ist dahin auszulegen, dass nach Übergabe des Kfz auftretende Mängel von der Garantie umfasst sind, sofern der Mangel nicht auf einem Verschulden des Käufers oder auf Eingriffen von außen in den Verantwortungs- und Einflussbereich des Käufers beruht444.

125

Die ebenfalls beim Verkauf eines fabrikneuen Kfz verwendete Klausel, wonach der Käufer den Verkäufer zu unterrichten hat, sofern er Ansprüche auf Mängelbeseitigung bei einer vom Hersteller/Importeur anerkannten Drittwerkstatt geltend macht, ist mehrdeutig und daher so zu verstehen, dass auch eine nachträgliche Unterrichtung möglich ist445.

126

Eine Verjährungsregelung hinsichtlich der Gewährleistung für Mängel der gelieferten Sache ist unklar, wenn sie offen lässt, ob davon auch entferntere Mangelfolgeschäden erfasst werden. Nach § 305c Abs. 2 ist dies im Individualprozess zu verneinen446.

127

Die Zusicherung einer bestimmten Fahrleistung in einem Kfz-GebrauchtwagenKaufvertrag wird durch den vorformulierten Zusatz „soweit ihm bekannt“ nicht relativiert; die Mehrdeutigkeit geht zu Lasten des Verwenders447.

128

Werden bei einem formularmäßigen Kraftfahrtleasingvertrag mit Restwertabrechnung unmittelbar im Zusammenhang mit der Vertragsdauer Angaben zur Gesamtfahrleistung gemacht, führt dies zu einer Unklarheit, die zu Lasten des Verwenders in der Weise zu beseitigen ist, dass ein Restwertausgleich erst bei Überschreitung der angegebenen Kilometerzahl stattfindet448.

129

Die Klausel in einem vom Leasinggeber verwendeten Leasingvertrag, wonach der Leasingnehmer den Leasinggegenstand bei Vertragsbeendigung an einen vom Leasinggeber bestimmten Ort zurückzuliefern hat, ist unklar, weil sie offen lässt, was zu geschehen hat, wenn der Leasinggeber eine solche Ortsbestimmung nicht trifft. Gemäß § 305c Abs. 2 greift dann auch nicht § 557 a.F. (= § 546a n.F.) ein; vielmehr braucht der Leasingnehmer keine Raten zu leisten449.

130

443 OLG Hamm v. 20.12.2011 – 19 U 139/11, juris Rz. 15. 444 BGH v. 19.6.1996 – VIII ZR 117/95, NJW 1996, 2504 (2505). 445 BGH v. 15.11.2006 – VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504; Zweifel daran bei Wolf/Lindacher/ Hau Rz. 135. 446 BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 199/81, WM 1982, 980 (982); ähnlich auch BGH v. 29.5.2013 – VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584 (2585) (unklar, ob Verjährung sich auch auf Schadensersatzansprüche bezieht; mit diesem Inhalt unwirksam) mit Anm. Schnell BB 2013, 2063 und Pottgiesser EWiR 2013, 671 (672). 447 BGH v. 13.5.1998 – VIII ZR 292/97, NJW 1998, 2207 (2208). 448 BGH v. 9.5.2001 – VIII ZR 208/00, NJW 2001, 2165. 449 BGH v. 31.3.1982 – VIII ZR 125/81, NJW 1982, 1747 (1748).

Ulmer/Schäfer

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§ 305c BGB

berraschende und mehrdeutige Klauseln

131

Die Klausel in einem Leasingvertrag, dass der Leasingnehmer bei Verzug mit den Leasingraten Verzugszinsen „bis zu 1,5% p.M.“ zu zahlen hat, lässt nicht erkennen, wann der Leasinggeber den vorgesehenen Höchstbetrag beanspruchen kann. Der Leasinggeber kann daher – bis zur Höchstgrenze von 1,5% p.M. – nur den tatsächlich entstandenen und im Streitfall zu beweisenden Zinsschaden geltend machen450. Zur Unklarheit infolge Angabe einer Gesamtfahrleistung und Restwertabrechnungsklausel vgl. BGH NJW 2001, 2165 (2166 f.).

132

Schließen die Parteien ein Bargeschäft unter Verwendung eines vom Verkäufer bereitgehaltenen Formulars, das auf Bargeschäfte zugeschnitten ist, jedoch einen vorgedruckten Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit bei einem Abzahlungskauf enthält, so bleibt unklar, ob der Hinweis nur für Abzahlungsgeschäfte oder auch für Bargeschäfte gelten soll. Nach § 305c Abs. 2 ist zu Gunsten des Käufers ein umfassendes vertragliches Rücktrittsrecht anzunehmen451.

133

Ein Eigentumsvorbehalt „bis zur restlosen Bezahlung“ sämtlicher Forderungen des Lieferanten ist unklar im Hinblick auf die Frage, ob die Hereinnahme eines Kundenwechsels und dessen Gutschrift auf dem Kundenkonto als Bezahlung i.S.d. Klausel anzusehen ist452. dd) Mietvertragsbedingungen

134

Eine vom Vermieter verwendete Vertragsklausel, nach der das Mietverhältnis einerseits befristet ist, andererseits aber fristgemäß gekündigt werden kann, ist unklar. Die Befristung steht einer ordentlichen Kündigung des Mieters nicht entgegen453.

135

Eine Klausel zwischen Mieter und Zwangsverwalter eines Grundstücks, mit der sich der Mieter mit der Weiterleitung der Kaution an den neuen Eigentümer einverstanden erklärt und der Entlassung des Zwangsverwalters aus seiner „bürgenähnlichen Haftung“ zustimmt ist mehrdeutig und zugunsten des Mieters so auszulegen, dass er nicht auf seinen Kautionsrückzahlungsanspruch aus § 566a Satz 2 gegen den früheren Eigentümer verzichtet454.

136

Bei einem vom Mieter gestellten Formularmietvertrag über Gewerberäume, der eine Verlängerungsoption nach Ablauf der regulären Vertragslaufzeit vorsieht, ist die weitere Klausel unklar, dass sich das Mietverhältnis „nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume)“ automatisch verlängert. Da diese Unklarheit zu Lasten des Verwenders geht, verlängert sich der Vertrag auch dann automatisch nach Ablauf der Mietzeit, wenn von den Optionsmöglichkeiten kein Gebrauch gemacht wurde455.

137

Die in einem Klammerzusatz aufgeführten Wartungsbeispiele „(Tore, Klimaanlage, Heizung, Aufzug etc.)“ sind unklar und zugunsten des Kunden als abschließend anzusehen456

450 451 452 453

OLG Hamm v. 8.7.1982 – 4 U 67/82, BB 1983, 2074. BGH v. 30.6.1982 – V ARZ 115/81, NJW 1982, 2313 (2314). OLG Karlsruhe v. 2.11.1977 – 13 U 174/76, DB 1977, 2324. LG Gießen v. 17.4.1996 – 1 S 529/95, NJW-RR 1996, 1293; vgl. auch LG Wiesbaden v. 12.10.1992 – 1 S 37/92, WuM 1994, 430. 454 BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 143/12, NJW 2013, 457 (458). 455 BGH v. 14.12.2005 – XII ZR 241/03, NJW-RR 2006, 337 (339). 456 OLG Düsseldorf v. 15.12.2011 – I-10 U 96/11, 10 U 96/11, MDR 2012, 635 (637.

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§ 305c BGB

Eine in einem Gewerbemietvertrag enthaltene Klausel, wonach Mängelrechte „für Veränderungen an der Mietsache oder Störungen in ihrer Benutzbarkeit infolge höherer Gewalt oder sonstiger Umstände, die die Vermieterin nicht zu vertreten hat“, ausgeschlossen werden, ist nach der Unklarheitsregel so auszulegen, dass die Haftung der Vermieterin für anfängliche Mängel nicht ausgeschlossen ist457.

138

Eine Klausel, wonach die Minderung der Miete für Gewerberäume ausgeschlossen ist, wenn die gewerbliche Nutzung der Räume durch Umstände beeinträchtigt wird, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, ist unklar, sofern sie keine weiteren Konkretisierungen enthält; denn sie lässt nicht erkennen, ob hierdurch lediglich der gesetzliche Abzug vom geschuldeten Mietzins ausgeschlossen wird. Im Rahmen der Inhaltskontrolle ist daher anzunehmen, dass auch die Rückforderung nach § 812 ausgeschlossen werden soll, was zur Unwirksamkeit der Klausel führt458.

139

Die Klausel in einem Kfz-Mietvertrag, dass der Mieter oder ein Fahrer eine gültige Fahrerlaubnis mit einjähriger Fahrpraxis nachweisen muss, ist unklar, da nicht deutlich wird, ob dies eine ununterbrochene einjährige Fahrpraxis erfordert oder ob ein Jahr Gesamtfahrpraxis während mehrerer Jahre Fahrerlaubnis ausreicht459.

140

Eine gegen zusätzliches Entgelt gewährte Haftungsfreistellung des Mieters eines Kfz ist nach kundenfreundlicher Auslegung auch bei allgemeinem Hinweis auf die Grundsätze einer Vollkaskoversicherung so zu verstehen, dass hierdurch auch Schäden erfasst sein sollen, die durch eine unsachgemäße Behandlung des Fahrzeuges verursacht wurden460.

141

Eine Klausel im Mietvertrag über einen Lkw, wonach der Vermieter im Fall des Rücktritts Schadensersatz in Höhe von 75 % der Mietraten für die restliche Mietzeit verlangen kann, ist unklar und zu Lasten des Kunden so auszulegen, dass der Vermieter unabhängig von der Restdauer 75 % der gesamten noch zu erwartenden Mieten schuldet; das führt zu ihrer Unwirksamkeit auch im kaufmännischen Verkehr461.

142

Die formularmäßige Verpflichtung des Wohnraummieters, Wände und Decken zu „weißen“, ist unklar und bei kundenfeindlicher Auslegung im Rahmen der Inhaltskontrolle (vgl. Rz. 91) so zu verstehen, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen stets in weißer Farbe durchzuführen hat, was zur Unwirksamkeit führt462.

143

Eine Klausel in Wohnraummietvertrag, wonach der Mieter bei Schönheitsreparaturen nur mit Zustimmung des Vermieters von der „bisherigen Ausführungsart erheblich abweichen“ darf, ist unklar und so auszulegen, dass der Mieter auch während des laufenden Mietverhältnisses den Vermieter um Zustimmung

144

457 OLG Karlsruhe v. 31.5.2006 – 1 U 214/05, ZMR 2009, 33. 458 BGH v. 23.4.2008 – XII ZR 62/06, NJW 2008, 2497 (2498); BGH v. 12.3.2008 – XII ZR 147/05, NJW 2008, 2254 (2255). 459 OLG Hamm v. 3.6.1992 – 30 U 301/91, NJW-RR 1992, 1275 (1276). 460 BGH v. 19.1.2005 – XII ZR 107/01, NJW 2005, 1183 (1184). 461 OLG Dresden v. 6.9.2011 – 5 U 1627/10, NJW-RR 2012, 421 (422). 462 BGH v. 23.9.2009 – VIII ZR 344/08, NJW 2009, 3716; BGH v. 21.9.2011 – VIII ZR 47/11, WuM 2011, 618.

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§ 305c BGB

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bitten muss, wenn er die z.B. die Wände in einer anderen Farbe streichen will, und als solche unwirksam463. 145

Eine Klausel in einem Mietvertrag über Ferienwohnungen, wonach der Vermieter unverzüglich vom Fehlen von Einrichtungsgegenständen oder sonstigen Mängeln zu unterrichten ist und dem Mieter anderenfalls keine Gewährleistungsrechte zustehen und er vom Vermieter haftbar gemacht werden kann, ist mehrdeutig und in kundenfeindlicher Auslegung (Verbandsklage) so auszulegen, dass den Mieter eine verschuldensunabhängige Haftung trifft; als solche ist sie unwirksam464. ee) Sonstige

146

Die Bestimmung in einem Formulararbeitsvertrag, wonach sämtliche Sonderzahlungen freiwillige Zuwendungen sind, auf die kein Rechtsanspruch besteht, werden durch einen Klammerzusatz unklar, wonach sich das Weihnachtsgeld nach den Bestimmungen des BAT richtet, die einen Rechtsanspruch begründen465.

147

Das Verhältnis der Klausel in einem Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag, wonach einem Anleger bei Beteiligung an einem Bauherrenmodell eine bestimmte Mieteinnahme garantiert wird, zu der nachfolgenden Klausel, nach der der Verwender ermächtigt ist, einen Mietvertrag mit geringerem Mietzins abzuschließen, ist unklar und führt gemäß § 305c Abs. 2 dazu, dass die Garantiemiete auch bei Vermietung unter dem garantierten Mietzins zu zahlen ist466.

148

Eine von einem Bauträger gestellte Klausel, wonach Gewährleistungsansprüche des Erwerbers nur insoweit bestehen sollen, als die anderen am Bau Beteiligten dem Bauträger vertraglich haften, steht im Widerspruch zu einer Klausel, die eine Haftung des Bauträgers nach den Vorschriften des Werkvertragsrechts vorsieht, und ist daher nach § 305c Abs. 2 unbeachtlich467.

149

Eine Klausel in den AGB eines Bauunternehmers, wonach „die Geltendmachung von Aufrechnungen mit nicht rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen sowie von Zurückbehaltungsrechten“ ausgeschlossen ist, ist dahin zu verstehen, dass Zurückbehaltungsrechte einschließlich Leistungsverweigerungsrechten generell ausgeschlossen werden sollen, was zu ihrer Unwirksamkeit führt468.

150

Eine Klausel, wonach der Gesellschafter einer Fondsgesellschaft Aufwendungsersatz für den Fall der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses zu leisten hat, ist unklar und nach § 305c Abs. 2 in kundenfreundlichster Auslegung so auszulegen, dass der Widerruf des Beitritts nicht zur Forderung von Aufwendungsersatz berechtigt. Die Folgen eines Widerrufs waren im Vertrag nicht geregelt469 (zur entsprechenden Anwendung der §§ 305 ff. in auf Anlagegesellschaften s. § 310 Rz. 120, 131).

463 LG Freiburg v. 12.7.2011 – 3 S 74/11, juris Rz. 37 ff, bestätigt durch BGH v. 11.9.2012 – VIII ZR 237/11, WuM 2012, 662. 464 LG Leipzig v. 16.9.2011 – 8 O 696/11, RRa 1/2012, 45, 46 f. 465 BAG v. 20.1.2010 – 10 AZR 914/08, NZA 2010, 445 (446). 466 OLG Celle v. 9.7.1987 – 14 U 227/86, NJW-RR 1988, 119. 467 BGH v. 21.3.2002 – VII ZR 493/00, NJW 2002, 2470 (2471). 468 BGH v. 31.3.2005 – VII ZR 180/04, NJW-RR 2005, 919. 469 OLG Bremen v. 29.2.2012 – 1 U 66/11, juris Rz. 54.

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§ 305c BGB

Regelungen im Gesellschaftsvertrag einer Fondsgesellschaft, wonach eine Ausschüttung „auf Darlehenskonto gebucht wird“ und bei einem Verzicht des Gesellschafters auf diese Entnahmen „die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit“ entfällt, sind nach Ansicht des II. Zivilsenats des BGH zulasten des Verwenders dahin auszulegen, dass kein Rückforderungsanspruch der Gesellschaft begründet wird470.

151

Die Klausel eines Bestellers von Bauleistungen „Garantieleistungen entsprechend VOB bzw. BGB“ lässt nicht erkennen, ob davon nur ein echtes Garantieversprechen oder auch die allgemeine Gewährleistung erfasst wird, sowie ob im letzteren Fall die Regelungen der VOB oder des BGB gelten sollen. Nach § 305c Abs. 2 ist zu Gunsten des Unternehmers die Geltung der VOB Teil B auch hinsichtlich der allgemeinen Gewährleistung anzunehmen471.

152

Eine Preisanpassungsklausel in einem Gaslieferungsvertrag, die nicht das gesetzliche Preisänderungsrecht aus § 4 ABs. 1 und 2 AVBGasV unverändert in einen Sonderkundenvertrag übernimmt, ist in kundenfeindlichster Auslegung so auszulegen, dass sie ein materielles Preisänderungsrecht enthält und aufgrund der Abweichung von § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV den Abnehmer unangemessen benachteiligt472. Die AVBGasV trat am 8.11.2006 außer Kraft und wurde durch die GasGVV ersetzt.

153

Weist die Vorderseite eines Konnossements den Charterer, die auf der Rückseite enthaltene „Identity-of-Carrier“-Klausel dagegen den Reeder als Verfrachter aus, so führt diese Abweichung nicht über § 305c Abs. 2 zur Haftung des Reeders, der den Charterer bevollmächtigt, ein die „Identity-of-Carrier“-Klausel enthaltenes Konnossement auszustellen. Vielmehr handelt es sich bei der Angabe des Charterers auf der Vorderseite um eine Individualabrede, der gemäß § 305b Vorrang zukommt, so dass die „Idendity-of-Carrier“-Klausel keine Wirkung entfaltet473.

154

Sieht eine Klausel in einem erneuerten Kfz-Vertragshändlervertrag vor, dass der Vertrag zu einem genau bestimmten Tag beginnt, auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist und jede Partei den Vertrag zum Ende eines Quartals unter Einhaltung bestimmter Kündigungsfristen, deren Dauer an die Laufzeit des Vertrages gekoppelt ist, kündigen kann, so bleibt unklar, ob diesem Vertrag vorangegangene ununterbrochene Vertragszeiten bei der Berechnung der Kündigungsfrist zu berücksichtigen sind oder ob allein der neu abgeschlossene Vertragshändlervertrag für die Dauer der Kündigungsfrist entscheidend ist. Nach § 305c Abs. 2 sind die vorangegangenen Vertragszeiten einzubeziehen474.

155

470 BGH v. 12.3.2013 – II ZR 73/11, ZIP 2013, 1222 Rz. 14 ff.; mit Recht kritisch Priester DStR 2013, 1786; tendenziell zust. aber K. Schmidt JuS 2013, 846 (848). 471 OLG Hamm v. 25.9.1987 – 12 U 141/86, BB 1988, 301 (302); vgl. zur Abgrenzung das in Fn. 396 genannte Urteil BGH v. 21.11.1985 – VII ZR 22/85, NJW 1986, 924. 472 BGH v. 9.2.2011 – VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 (1344). 473 BGH v. 22.1.1990 – II ZR 15/89, NJW-RR 1990, 613 (614); a.A. noch OLG Hamburg v. 15.12.1988 – 6 U 11/88, TranspR 1989, 70 (72); vgl. näher § 305b Rz. 50. 474 BGH v. 19.3.1987 – I ZR 166/85, WM 1987, 964 (965); BGH v. 19.3.1987 – I ZR 134/85, WM 1987, 962 (963).

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§ 305c BGB

berraschende und mehrdeutige Klauseln

156

Der vorformulierte Kündigungsausschluss in einem Vertrag über die Aufstellung von Werbetafeln, der alle Kündigungsmöglichkeiten bis auf den Spezialfall der Kündigung bei baulichen Veränderungen am Grundstück ausschließt, ist unklar, da nicht eindeutig ersichtlich ist, ob auch das Recht der Kündigung nach Ablauf von 30 Jahren gemäß § 544 mit umfasst sein soll475.

157

Die Klausel in einem Mobilfunkvertrag nach der die „Einrichtung kostenlos“ ist, ist so auszulegen, dass es einer Einrichtung des fraglichen Dienstes (hier: GPRS-Verbindung) bedarf; fand eine solche Einrichtung nicht statt, kommt auch kein Vertrag über diesen Dienst zustande476.

158

Der Kunde eines Spediteurs verzichtet mit einer vom Spediteur gestellten Klausel, „der Kunde erklärt sein ausdrückliches Einverständnis damit, dass eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den Umschlagstellen nicht durchgeführt wird“, gemäß § 305c Abs. 2 lediglich auf die schriftliche Niederlegung, nicht jedoch auf die Schnittstellenkontrolle als solche477.

159

Ein Stornorecht in Autoreisezugbedingungen „bis drei Tage vor Abfahrt“ lässt nicht eindeutig erkennen, ob der Rücktritt bis einschließlich des dritten Tages vor Abfahrt zulässig ist oder ob ab dem dritten Tag kein Rücktritt mehr möglich ist. Sofern eine genaue Definition nur an versteckter Stelle erfolgt, ist die Klausel im erstgenannten Sinn zu verstehen478.

160

Die Neukundenklausel in einem Stromlieferungsvertrag, wonach ein Bonus nach zwölf Monaten Belieferungszeit fällig wird, spätestens mit der ersten Jahresrechnung verrechnet wird und bei Kündigung innerhalb des ersten Belieferungsjahres entfällt, es sei denn, die Kündigung wird erst „mit Ablauf“ des ersten Belieferungsjahres wirksam, ist unklar und so auszulegen, dass ein Anspruch auf den Bonus bereits dann besteht, wenn der Vertrag mindestens ein Jahr bestand479.

161

Enthalten AGB im kaufmännischen Verkehr in sich widersprüchliche Regelungen über das Transportrisiko, so dass der in den AGB bestimmte Erfüllungsort sich nicht eindeutig bestimmen lässt, führt die Auslegung nach § 305c Abs. 2 zur Anwendung des § 269480.

162

Nach Ansicht des XI. Senats des BGH ist die freie Abtretbarkeit der Darlehensforderung in Kombination mit der formularmäßigen Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung auch in kundenfeindlichster Auslegung nicht unwirksam nach § 307. Die formularmäßige Unterwerfungserklärung, die alle Ansprüche an Kapital, Zinsen und Nebenleistungen „aus der Grundschuld“ erfasst, sei daher in kundenfreundlichster Auslegung nach § 305c Abs. 2 so auszulegen, dass sich die Vollstreckungsunterwerfung nur auf Ansprüche aus der treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld erstrecke. Demgemäß sei

475 476 477 478 479

LG Kassel v. 29.7.1993 – 4 O 802/93, NJW-RR 1995, 269 f. AG Hamburg v. 16.6.2011 – 14 C 16/11, K&R 2011, 679 (680):. BGH v. 15.11.2001 – I ZR 284/99, NJW-RR 2002, 1257. AG Dortmund v. 12.4.2006 – 104 C 983/06, NJW-RR 2007, 60 (61). BGH v. 17.4.2013 – VIII ZR 225/12, NJW 2013, 1805 (1806) mit Anm. Zabel BB 2013, 1364 und Just RdE 2013, 327 (328). 480 OLG Frankfurt v. 15.3.1994 – 5 U 94/93, BB 1995, 273 (274).

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berraschende und mehrdeutige Klauseln

§ 305c BGB

die Frage, ob ein Zessionar der Grundschuld auch in die Sicherungsabrede eingetreten sei, im Klauselerteilungsverfahren von Amts wegen zu prüfen481. Sieht eine Klausel vor, dass eine Vertragsstrafe fällig wird, sobald der Schuldner in Verzug gerät und dass es einer besonderen Inverzugsetzung nicht bedarf, so ist unklar, ob das Erfordernis der Mahnung generell abbedungen ist oder ob es lediglich einer zweiten Mahnung des sich bereits in Verzug befindenden Schuldners nicht bedarf. Nach § 305c Abs. 2 ist zu Gunsten des Schuldners vom Erfordernis der allgemeinen Verzugsvoraussetzungen auszugehen482.

163

Die Formulierung „Verzugszinsen ab Rechnungsstellung“ ist unklar, weil sie offen lässt, ob hiermit der Zeitpunkt der Erstellung der Rechnung oder deren Zugangs gemeint ist483.

164

b) Unklarheit verneint Klausel Nr. 1.1. in den Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen (AHB 2008), der den Versicherungsfall definiert, ist weder mehrdeutig noch intransparent i.S.v. § 307.484

165

Der Begriff „sonstige Leistungen“ in der Ausschlussklausel in Nr. 7.2. AHB kann nicht so ausgelegt werden, dass hierunter auch die Vermietung einer Sache fällt485.

166

Der Ausschlusstatbestand in Abschnitt VI Nr. 2 BBR (Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die erweiterte Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und beratenden Ingenieuren) in Verbindung mit den AVB 1999 ist nicht unklar486.

167

Abschnitt IV Nr. 9 Abs. 1 und 2 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zur Haftpflicht-Versicherung für Privatpersonen PHV Top 2000 (BBR) betr. die Forderungsausfallversicherung sind nicht unklar, auch wenn sie missverständlich formuliert sind487.

168

Die Regelung in Nr. 9 Abs. 1 Satz 4 AGB-Banken, wonach die Bank eine Vorbehaltsgutschrift rückgängig machen darf, wenn sie den Betrag aus dem „Einzugsauftrag“ nicht erhält, erfasst eindeutig auch den Einzug von Schecks488.

169

481 BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2042 f.); BGH v. 11.5.2012 – V ZR 237/11, NJW 2012 2354 (2355). A.A. BGH v. 29.6.2011 – VII ZB 89/10, BGHZ 190 172 = NJW 2011, 2803 (Klausel sei nicht stets so auszulegen, dass die Vollstreckung vom Eintritt in die Sicherungsabrede abhängt; ob dies konkret der Fall sei, sei nicht im Klauselerteilungsverfahren, sondern nur im Rahmen einer Klauselgegenklage des Schuldners gem. § 768 ZPO zu prüfen); dem zust. Herrler NJW 2011, 2732; Piepenbrock LMK 2011, 323694; differenzierend: Kolling BKR 2011, 501. 482 BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 324/83, NJW 1986, 2049 (2050). 483 OLG Düsseldorf v. 19.8.2008 – I-24 U 228/07, MDR 2008, 1265. 484 BGH v. 26.3.2014 – IV ZR 422/12, WM 2014, 851 (853), aber offen lassend, was nach den AHB unter Schadensereignis zu verstehen ist. 485 OLG München v. 7.10.2011 – 25 U 4990/10, r+s 2012, 484. 486 OLG Frankfurt v. 1.12.2010 – 12 U 99/09, VersR 2011, 616 (617). 487 BGH v. 13.2.2013 – IV ZR 260/12, juris Rz. 8 ff., 11 ff., ebenso OLG Stuttgart v. 19.7.2012 – 7 U 84/12, VersR 2013, 98. 488 BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 135/96, BGHZ 135, 307 (313) = NJW 1997, 2112 (2113).

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170

Die Klausel „gekauft wie besichtigt und unter Ausschluss jeder Gewährleistung“ ist entgegen LG München I489 nicht unklar490. Wohl aber ist sie nach §§ 307 bis 309 zu überprüfen491.

171

Die Klausel „sämtliche Ansprüche wegen Fehler der Kaufsache verjähren mit Ablauf der Gewährleistungsfrist von sechs Monaten ab Auslieferung“ erfasst neben dem vertraglich eingeräumten Nachbesserungsanspruch auch den Anspruch auf Wandelung. Sie kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Wandelungsanspruch erst zu verjähren beginnt, wenn feststeht, dass der Fehler nicht beseitigt werden kann492.

172

Die Klausel „alle Ansprüche aus dem Reisevertrag verjähren sechs Monate nach dem vereinbarten Rückkehrdatum“ erfasst unmissverständlich auch Ansprüche wegen Nichtleistung und ist somit klar493.

173

Ein Abtretungsausschluss in den Einkaufsbedingungen des Verwenders gilt, wenn uneingeschränkt formuliert, auch für die Zweitabtretung nach (mit Zustimmung des Verwenders) wirksamer Zession sowie im Konkurs des Kunden494.

174

Die Freizeichnung von der „außervertraglichen Haftung“ bringt im kaufmännischen Verkehr deutlich den Haftungsausschluss auch für deliktische Ansprüche zum Ausdruck; Gleiches kann sich für die Freizeichnung vom „Ersatz für Schäden irgendwelcher Art“ aus der systematischen Ausgestaltung der AGB herleiten495. Anderes gilt für eine mit „Haftung für Mängel der Lieferung“ überschriebene, insbesondere die vertraglichen Gewährleistungsansprüche regelnde Klausel496.

175

Sieht eine Klausel die Freizeichnung des Verkäufers bei Nichterfüllung vor, wenn er zur Erfüllung auf einen Dritten angewiesen ist und ihm die Erfüllung durch Nichtlieferung des Dritten unmöglich wird, so erfasst sie eindeutig auch den Fall, dass der Verkäufer die Nichtlieferung des Dritten verschuldet oder sonst für sie einzustehen hat497. Zum Selbstbelieferungsvorbehalt und seinem Verhältnis zu individualvertraglich vereinbarten Lieferpflichten vgl. auch § 305b Rz. 17.

176

Nr. 19 der Teilnahmebedingungen des Niedersächsischen Zahlenlottos, die eine Ausschlussfrist von drei Monaten nach dem Veranstaltungstag hinsichtlich aller

489 OLG München v. 20.12.1976 – 34 S 15242/76, NJW 1977, 766 (mit abl. Anm. Eggert NJW 1977, 2267). 490 BGH v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 (1887); BGH v. 16.3.1977 – VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055; OLG Hamm v. 28.11.1977 – 2 U 158/77, BB 1978, 63; LG Augsburg v. 17.5.1977 – 4 S 635/76, NJW 1977, 1543; Löwe BB 1976, 1061. 491 Vgl. dazu Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 6 ff.; für Unwirksamkeit beim Gebrauchtwagenverkauf LG Augsburg v. 17.5.1977 – 4 S 635/76, NJW 1977, 1543. 492 OLG Frankfurt v. 30.6.1982 – 19 U 180/81, DB 1982, 2397. 493 LG Frankfurt/M. v. 19.4.1982 – 2/24 S 301/81, NJW 1982, 1538. 494 BGH v. 11.3.1997 – X ZR 146/94, NJW 1997, 3434 (3435 f.). 495 So jeweils BGH v. 7.2.1979 – VIII ZR 305/77, NJW 1979, 2148 (2149). 496 BGH v. 24.11.1976 – VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359 (366) = NJW 1977, 379 (381); BGH v. 11.3.1986 – VI ZR 22/85, NJW 1986, 2757 (2758) – hier wohl ohne entspr. Überschrift. Ein solcher Leistungsausschluss ist auch nicht überraschend, s. OLG Köln v. 13.8.2010 – 20 U 43/10, VersR 2011, 201; LG Bochum v. 25.2.2013 – 4 O 206/12, I-4 O 206/12 sowie Rz. 46. Vgl. dazu auch Staudinger/Schlosser AGBG § 5 Rz. 12; enger von Westphalen NJW 1979 840 und WM 1983 975. 497 OLG Karlsruhe bei Bunte AGBE I § 5 Nr. 2.

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Ansprüche aus der Spielteilnahme enthält, erfasst auch Ansprüche gegen den Bezirksleiter der Lottogesellschaft498. Der in einer formularmäßigen Globalzession zu Gunsten einer Bank zur Bestim- 177 mung der Deckungsgrenze und der Freigabepflicht ohne nähere Erläuterung verwendete Begriff „Wert der Forderungen“ ist nicht unklar, da hierunter regelmäßig der Nennwert und nicht der realisierbare Wert zu verstehen ist499. Die Sicherungsübereignungsklausel eines Kreditinstituts ist entsprechend langjähriger Vertragspraxis nicht im Sinne auflösend bedingter Sicherungsübereignung zu verstehen.500 Bei einer Globalabtretung unterfallen der „bankmäßigen Geschäftsverbindung“ zwischen der Bank und dem Kreditgeber auch Ansprüche, die ursprünglich aus einer anderen Rechtsbeziehung entstammen; eine Unklarheit liegt insofern nicht vor501.

178

Eine Regelung in Krankenhaus-AGB über die rückwirkende Erhöhung von Kran- 179 kenhauspflegesätzen sowie des Ein- und Zweibettzimmerzuschlags ist nicht deshalb unklar, weil sie das Ausmaß der Erhöhung offen lässt502; jedoch scheitert ihre Einbeziehung im Zweifel an § 305c Abs. 1 (vgl. Rz. 50). Zur Rechtsnatur der formularmäßigen Regelungen in Krankenhausaufnahmeverträgen und zur Inhaltskontrolle vgl. § 305 Rz. 10a, Teil 2, (28) Krankenhausverträge Rz. 1 ff. Die AVB über Krankenhaustagegeld sind nicht unklar, soweit es um die – zu verneinende – Frage geht, ob dem Versicherten auch Tagegeld für Zeiten der Beurlaubung aus dem Krankenhaus zusteht503. Ebenso wenig besteht Unklarheit darüber, was mit der „vollständigen Arbeitsunfähigkeit“ als Voraussetzung für Krankentagegeld gemeint ist504.

180

Wird in einem Tarif für zahnärztliche Behandlung die Leistungspflicht des Versicherers dadurch eingeschränkt, dass die erstattungsfähigen Aufwendungen durch nach der Dauer des Versicherungsvertrages gestaffelte Rechnungshöchstbeträge pro Versicherungsjahr begrenzt werden, so liegt darin eine objektive, nicht unklare Risikobegrenzung505.

181

Die Klausel eines privaten Krankenversicherers im Elementartarif, wonach die volle Kostenerstattung für eine ambulante Heilbehandlung nur bei Erstbehandlung durch einen Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt für Gynäkologie, Augenheilkunde, Kinder- und Jugendmedizin oder einen Not- bzw. Bereitschaftsarzt vorsieht, schließt eine Behandlung durch einen an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Facharzt für innere Medizin nicht mit ein; für eine Anwendung des § 305c Abs. 2 besteht insofern kein Raum506.

182

Der Leistungsausschluss in der Unfallversicherung für krankhafte Störungen infolge „psychischer Reaktionen“ ist nicht unklar. Es wird hinreichend deutlich,

183

498 499 500 501 502 503 504 505 506

OLG Celle v. 26.11.1985 – 20 U 40/85, NJW-RR 1986, 833. BGH v. 8.12.1993 – VIII ZR 166/93, NJW 1994, 445. BGH v. 2.2.1984 – IX ZR 8/83, NJW 1984, 1184, 1185. OLG München v. 21.6.2007 – 14 U 699/06, WM 2008, 299 (301). A.A. BGH v. 30.1.1979 – VI ZR 216/77, NJW 1979, 2353 (2354). BGH v. 11.4.1984 – IVa ZR 38/83, BGHZ 91, 98 (103) = NJW 1984, 1818. OLG Koblenz v. 24.10.2008 – 10 U 230/07, VersR 2009, 626. BGH v. 14.12.1994 – IV ZR 3/94, NJW 1995, 784 (785). BGH v. 18.2.2009 – IV ZR 11/07, VersR 2009, 623 (624) (zweifelhaft).

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dass dieser Ausschluss jegliche seelischen Beschwerden auf Grund psychischer Reaktionen erfasst, nicht aber solche, die auf physischen Ursachen beruhen507. Ebenso eindeutig ist eine Klausel, wonach bei für den Fall einer Krebserkrankung geschlossenen Versicherungen eine Leistung für „Carcinoma in situ“ (Frühstadium eines Tumors ohne invasives Wachstum und ohne Tendenz zu Metastasierung) ausgeschlossen ist508. 184

Die in § 13 Abs. 1a Halbs. 3 der Allgemeinen Einbruchdiebstahlsversicherungsbedingungen (AEB a.F.) enthaltene Obliegenheit des Versicherungsnehmers, innerhalb von drei Tagen nach Feststellung des Verlustes infolge eines Einbruches eine Aufstellung der entwendeten Sachen bei der Polizeibehörde einzureichen, ist nicht unklar509.

185

Eine Regelung, die für den Fall der vorzeitigen Ablösung eines Darlehens für die nicht in Anspruch genommene Laufzeit eine „Rückvergütung von Teilzahlungsgebühren anteilig vom vorzeitig zurückgezahlten Restbetrag“ vorsieht, bringt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass nicht verbrauchte Zinsen anhand des effektiven Jahreszinses, nicht dagegen nach den im Darlehensvertrag angegebenen Zinssätzen pro Monat zu berechnen sind510.

186

Die Klausel in einem Annuitätendarlehensvertrag, wonach die in der Jahresleistung enthaltenen Zinsen nach dem Stand des Kapitals am Schluss des vorangegangenen Tilgungsjahres berechnet werden, ist klar511. Zu der Klausel vgl. auch Rz. 41a und Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 12.

187

Die unter der Überschrift „Inanspruchnahme aus der Bürgschaft“ aufgelisteten Voraussetzungen stellen auch dann echte Tatbestandsvoraussetzungen dar, wenn eine Verknüpfung lediglich durch das Wort „dann“ erfolgt, auch wenn eine Formulierung mit „erst dann“ eindeutiger wäre512.

188

Eine Klausel in einem Bürgschaftsvertrag, wonach der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptforderung „nach Aufforderung“ des Gläubigers „Zahlung zu leisten“ habe, ist nicht unklar; sie ist eindeutig so auszulegen, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung erst mit Leistungsaufforderung durch den Gläubiger eintritt513.

507 BGH v. 23.6.2004 – IV ZR 130/03, NJW 2004, 2589 (zweifelhaft). 508 OLG Oldenburg v. 10.12.2009 – 5 U 87/09, MDR 2010, 442. 509 OLG Hamm v. 19.6.1991 – 20 U 32/91, VersR 1992, 489. – Allerdings überholt, weil Abschnitt B § 8 Nr. 2 a) ff) AEB 2010 die Drei-Tages-Frist nicht mehr enthält, sondern das Wort „unverzüglich“. 510 BGH v. 16.11.1978 – III ZR 47/77, NJW 1979, 540 (542). 511 BGH v. 11.2.1992 – XI ZR 151/91, NJW 1992, 1097 (1099); OLG Stuttgart v. 16.6.1987 – 12 U 39/87, v. 16.6.1987 – 12 U 39/87, NJW 1987, 2020 und LG Stuttgart v. 23.12.1986 – 25 O 539/86, WM 1987, 68 (70); AG Wiesbaden v. 2.12.1987 – 96 C 921/87, WM 1988, 530; a.A. AG Hamburg v. 12.3.1987 – 7 C 142/86, NJW 1987, 1775; Löwe NJW 1987, 937 (940); offen lassend noch BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (44) = NJW 1989, 222. 512 OLG München v. 20.7.2006 – 19 U 3419/06, WM 2006, 1813 (1814). 513 BGH v. 26.2.2013 – XI ZR 417/11, NJW 2013, 1803 (1804) mit zust. Anm. Nobbe WuB I F 1 a Bürgschaft 3.13.; s.a. Gladenbeck EWIR 2013 441 (442). Das Urteil bezieht sich allerdings auf Klauseln, die vor dem 1.1.2002 unter Geltung der dreißigjährigen regelmäßigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB a.F. vereinbart wurden, so Anm. Gladenbeck EWIR 2013 441 (442). Nach heutiger Rechtslage ist die Klausel tendenziell überraschend, weil eine Zahlungsaufforderung keine Voraussetzung für die Fälligkeit und

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berraschende und mehrdeutige Klauseln

§ 305c BGB

Sieht eine Klausel für den Fall verschuldeter Leistungsstörungen vor, dass die vertragsbrüchige Partei dem Vertragspartner dessen Unkosten, Verdienstausfall und anderen Schaden zu ersetzen hat, so bestehen trotz ihres Hinweises auf § 340 keine Zweifel darüber, dass es sich um eine Schadenspauschale und nicht um eine Vertragsstrafe handelt514. Vgl. dazu auch Rz. 82; zur Abgrenzung von Vertragsstrafe und Schadenspauschale vgl. § 309 Nr. 5 Rz. 11 f.

189

Die Einräumung eines Vorschussanspruchs für den Verwender ist nicht deshalb unklar, weil die Höhe des Vorschusses nicht beziffert ist; vielmehr findet § 315 Anwendung515.

190

Der Klauselzusatz „soweit gesetzlich zulässig“ führt zwar trotz fehlender Konkretisierung der Reichweite der Klausel nicht zu ihrer Mehrdeutigkeit, da er deutlich zum Ausdruck bringt, dass die Regelung so weit reichen soll, wie es die gesetzlichen Vorschriften gestatten516. Ein derartiger Klauselzusatz ist jedoch unvereinbar mit der Vorschrift des § 305 Abs. 2 Nr. 2, vgl. § 305 Rz. 153.

191

Eine Klausel, wonach der Wohnraummieter die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt, ist dahin auszulegen, dass der Mieter nicht zur bloßen Kostentragung, sondern zur Ausführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet ist517.

192

Eine Klausel in einem Wohnungsmietvertrag, wonach das Kündigungsrecht „für vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen“ ist und „die Kündigung gemäß § 557a Abs. 3 frühestens zum Ablauf dieses Zeitraums zulässig ist“, schließt lediglich das Recht des Mieters zur ordentlichen Kündigung in diesem Zeitraum aus und ist insofern auch nicht mehrdeutig518.

193

Die Klausel in einem Kfz-Mietvertrag, die „bei Zuwiderhandlungen gegen die 194 Bestimmungen dieses Mietvertrages“ einen vereinbarten Haftungsausschluss des Mieters entfallen lässt, nimmt hinreichend deutlich auf eine an anderer Stelle des Formulars getroffene Regelung Bezug, die den Mieter bei einem Unfall mit dem Mietfahrzeug zur Hinzuziehung der Polizei verpflichtet519. Die Klausel kann aber überraschend sein, sofern auf diese Pflicht nicht hinreichend deutlich hingewiesen wird520. Eine Prorogation gemäß Art. 17 EuGVÜ, wonach bei allen Rechtsstreitigkeiten aus der Geschäftsverbindung der Verwender nur am Gerichtsstand des Erfüllungsortes verklagt werden kann, umfasst auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung, soweit sie sich mit einer Vertragsverletzung decken521.

514 515 516

517 518 519 520 521

den Verjährungsbeginn der Bürgschaft mehr ist (s. BGH v. 29.1.2008 – XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 (168), NJW 2008, 1729 (1731) und Nobbe WuB I F 1 a Bürgschaft 3.13) A.A. AG Frankfurt/M. bei Bunte AGBE I § 5 Nr. 17. BGH v. 20.3.1981 – I ZR 36/79, NJW 1981, 1959. Vgl. Rz. 87; gegen Unklarheit auch Honsell JA 1985, 263; MünchKomm/Basedow Rz. 31; Thümmel/Oldenburg BB 1970, 1070; einschränk. Staudinger/Schlosser Rz. 109 und Staudinger/Coester-Waltjen, 12. Aufl. 1983, § 11 Nr. 7 AGBG Rz. 30 sowie Willenbruch BB 1981, 1977 ff.; a.A. LG München bei Hardieck BB 1979, 1637 unter Ziff. 6; Löwe BB 1982, 158; von Westphalen WM 1980, 1414; von Westphalen NJW 1979, 840. BGH v. 14.7.2004 – VIII ZR 339/03, NJW 2004, 2961 (2962). BGH v. 23.11.2005 – VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056. BGH v. 11.11.1981 – VIII ZR 271/80, WM 1981, 1383 (1384). Zutr. AG Hamburg-Bergedorf v. 17.3.2009 – 409 C 26/09, ZMR 2009, 764 (dazu oben Rz. 48). OLG München v. 8.3.1989 – 15 U 5989/88, WM 1989, 602 (604 f.).

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Die Regelung in § 26 Nr. 4 VGB 02 (Allgemeine Wohngebäudeversicherungen; entspricht § 15 Nr. 3 VGB 88) zu ersatzfähigen notwendigen Mehrkosten infolge behördlicher Auflagen ist nicht unklar522.

197

Eine Schwammschadenklausel in Wohngebäudeversicherungsvertrag, die solche Schäden vom Versicherungsschutz ausnimmt, ist nicht unklar und umfasst alle holzzerstörenden Pilze.523

198

Die vorformulierte Klausel „zahlbar sofort netto ohne Abzug“ ist schon deshalb nicht unklar, weil sie als verkehrs- und handelsübliche, den gesetzlichen Grundvorstellungen für Kaufverträge entsprechende Abrede über Fälligkeit und Skontoausschluss einen vom Konsens aller an solchen Verträgen Beteiligten getragenen Bedeutungsgehalt hat524.

199

Eine formularmäßige Zahlungsanweisung der vermittelnden Bank an einen Notar („…, nachfolgend aufgeführte Beträge zu meinen Lasten und auf meine Rechnung an die aufgeführten Empfänger weiterzuleiten…“) kann nicht so ausgelegt werden, dass die dort genannte Courtage und Finanzvermittlungsgebühr eine abschließende Aufstellung der insgesamt zu erwartenden Provision darstellt525. c) Kundenfeindliche Auslegung im Verbandsprozess bejaht526

200

Die Klausel, wonach sich die Gewährleistung nicht auf handelsübliche Farbund Maserungsabweichungen bei Holzoberflächen erstreckt, ist dahin auszulegen, dass durch sie auch die Haftung wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft ausgeschlossen werden soll527.

201

Die Einräumung einer Garantie für die geleistete Sache ist aus der Sicht eines rechtsunkundigen Kunden dahin zu verstehen, dass sie abschließend dessen Gewährleistungsrechte festlegt und nicht neben die gesetzlichen Gewährleistungsregelungen tritt528.

202

Die Klausel eines Versandhandelsunternehmens, wonach offensichtliche Mängel an der gelieferten Sache innerhalb einer Woche nach Erhalt vorzubringen sind, lässt sich dahingehend verstehen, dass die Mängelanzeige dem Versandhandel binnen Wochenfrist zugegangen sein muss und hält daher der Inhaltskontrolle nach § 307 nicht stand529.

203

Die Klausel, dass die Gewährleistung beim Verkauf einer neuen Sache nach einem Eingriff in die Sache erlischt, lässt sich dahin verstehen, dass „Eingriffe“ in die Sache unabhängig davon zum Wegfall der Gewährleistungsansprüche führen sollen, ob sich mit ihnen ein Reparaturversuch verbindet530.

204

Verpflichtet sich der Verkäufer durch AGB, die verkaufte Sache nach Ablauf des vereinbarten Liefertermins einen Monat kostenlos „auf Gefahr des Käufers“ zu 522 523 524 525 526 527 528

OLG Köln v. 22.10.2010 – 9 U 104/10, VersR 2011, 879. BGH v. 27.6.2012 – IV ZR 212/10, NJW 2012, 3238 (3240). OLG Celle v. 11.3.1993 – 13 U 165/92, NJW-RR 1993, 1334. OLG Karlsruhe v. 4.6.2013 – 17 U 186/12, WM 2014, 556 (557). Vgl. dazu Rz. 65 f. BGH v. 18.1.1989 – VIII ZR 142/88, NJW-RR 1989, 625 (626). BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, NJW 1988, 1726 (1727); BGH v. 10.12.1980 – VIII ZR 295/79, NJW 1981, 867 (868). 529 BGH v. 8.7.1998 – VIII ZR 1/98, BGHZ 139, 190 (198) = NJW 1998, 3119 (3121). 530 BGH v. 28.11.1979 – VIII ZR 317/78, NJW 1980, 831 (832).

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§ 305c BGB

lagern, so ist das dahin zu verstehen, dass der Käufer danach sowohl die Leistungs- als auch die Preisgefahr zu tragen hat531. Der im Eingangsbereich eines Einzelhandelsmarktes angebrachte Hinweis, dass an den Kassen ggf. Taschenkontrollen durchgeführt werden, falls Kunden ihre Taschen nicht vor dem Betreten des Marktes am Informationsstand abgeben, ist zu Lasten des Verwenders dahin auszulegen, dass eine Taschenkontrolle unabhängig von einem konkreten Diebstahlsverdacht gestattet ist und ist deshalb unvereinbar mit § 307532.

205

Eine Klausel, die den „Einwand eines Preis- und Kalkulationsirrtums“ auf Seiten des anderen Vertragsteils ausschließt, kann dahin verstanden werden, dass sie nicht nur die Berufung auf einen ohnehin unbeachtlichen Motivirrtum oder einen u.U. beachtlichen Erklärungsirrtum abschneidet, sondern auch sonstige auf Grund des Preis- oder Kalkulationsirrtums entstehende Rechtsbehelfe wie z.B. die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung oder einen Anspruch aus § 311 Abs. 2533.

206

Eine Klausel in Kreditkartenverträgen, wonach sich die Haftung des Karteninhabers für missbräuchliche Verwendung der abhanden gekommenen Kreditkarte nach Eingang der Verlustanzeige beim Kreditkartenunternehmen auf grob fahrlässiges Verhalten beschränkt, ist im Verbandsprozess dahingehend zu verstehen, dass der Kunde vor Eingang der Verlustanzeige das Missbrauchsrisiko auch dann tragen soll, wenn ihm ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden kann534.

207

Die Einräumung eines Zurückbehaltungsrechts einer Bausparkasse wegen eigener Ansprüche gegen den Bausparer ist dahin auszulegen, dass sie nicht lediglich Forderungen aus der bausparkassenmäßigen Geschäftsverbindung erfasst535.

208

Räumt eine Klausel der Bausparkasse das Recht ein, das Bauspardarlehen zur so- 209 fortigen Rückzahlung zu kündigen, wenn fällige Leistungen nach Mahnung nicht innerhalb eines Monats gezahlt werden, so wird davon auch der Rückstand mit nur einer Rate erfasst536. Vgl. jetzt aber §§ 498, 511. Sieht eine Klausel vor, dass eine Bausparkasse die Bestellung eines gemeinsamen Bevollmächtigten mehrerer Bausparer verlangen kann, so beschränkt sich dieses Recht nicht auf die Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten, sondern umfasst auch die Einräumung einer auf die Abgabe von Willenserklärungen gerichteten Vollmacht537.

210

Ein vorformuliertes „Bearbeitungsentgelt“ bei einer Darlehensgewährung ist als Abgeltungsbeitrag für einen einmaligen Verwaltungsaufwand zu verstehen, weil es keine Entgeltfunktion habe; die Klausel sei mit diesem Verständnis unange-

211

531 532 533 534 535

BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (323). BGH v. 3.7.1996 – VIII ZR 221/95, BGHZ 133, 184 (189 f.) = NJW 1996, 2574 (2575). BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 259/82, NJW 1983, 1671 (1672). BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, NJW 1991, 1886 (1887). LG Berlin v. 13.7.1988 – 26 O 71/88, ZIP 1988, 1311 (1331); anders für das Individualverfahren BGH v. 21.12.1984 – V ZR 204/83, ZIP 1985, 149. 536 LG Berlin v. 13.7.1988 – 26 O 71/88, ZIP 1988, 1311 (1325). 537 LG Berlin v. 13.7.1988 – 26 O 71/88, ZIP 1988, 1311 (1327).

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messen, weil der Verwaltungsaufwand im Vorfeld der Darlehensvergabe allein im Interesse der Bank liege538. 212

Eine Klausel in den AGB Sparkassen, wonach, „soweit nichts anders vereinbart ist“, Entgelte von der Sparkasse nach billigem Ermessen festgelegt und geändert werden, enthält bei kundenfeindlicher Auslegung die Berechtigung der Sparkasse, Entgelte auch für Tätigkeiten zu erheben, zu deren Erbringung sie bereits auf Grund Gesetzes oder einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist, und ist folglich nach § 307 unwirksam539.

213

Sieht eine Klausel vor, dass Zahlungen nach § 367 verrechnet werden, so kann das dahin verstanden werden, dass dadurch auch hinsichtlich solcher Ratenzahlungen, die vor Entstehung der Kosten (hier: Verzugsschaden), d.h. vertragsgemäß geleistet wurden, die vorrangige Anrechnung auf die Kosten bestimmt ist540.

214

Die Klausel des Betreibers eines Trainingscenters, die den gesamten Restbetrag fällig stellt, wenn ein Teilnehmer mit zwei Raten in Rückstand gerät, lässt sich dahin auslegen, dass die Vorfälligkeit auch bei unverschuldeter Nichtzahlung eintritt541.

215

Eine Klausel, wonach bei Verschmutzung durch Bauschutt, die von mehreren Bauhandwerkern verursacht worden ist, diese sich der Aufschlüsselung der Beseitigungskosten durch den Bauträger (Verwender) unterwerfen, ist dahin auszulegen, dass die Bauhandwerker an die Aufschlüsselung gebunden sind und die Überprüfung gemäß § 315 Abs. 3 ausgeschlossen sein soll542.

216

Eine Klausel in einem Energielieferungsvertrag (Strom; Gas) für Sonderkunden, wonach Preisänderungen nur nach „individueller Bekanntgabe wirksam“ werden, ist in kundenfeindlichster Auslegung so auszulegen, dass die Bekanntgabe keiner Form bedarf. Dies führt zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307Abs. 1 Satz 2, weil sie damit vom gesetzlichen Leitbild in § 5 Abs. 2 Satz 2 GVV Strom bzw. Gas abweicht, der die briefliche Mitteilung und die Veröffentlichung im Internet vorsieht543.

217

Die Klausel in einem Gasliefervertrag, wonach der Gasanbieter bei Nichterfüllung der Zahlungspflichten gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 GasGVV berechtigt ist, die Gasversorgung vier Wochen nach Androhung einzustellen, ist nach der kundenfeindlichsten Auslegung so zu verstehen, dass die in § 19 Abs. 2 Satz 2 GasGVV genannten, in der Klausel aber nicht erwähnten Einschränkungen (Unverhältnismäßigkeit; Aussicht, dass Kunde Verpflichtungen nachkommt) nicht eingreifen sollen, und deshalb nach § 307 Abs. 1 unwirksam544.

218

Eine vorformulierte Schadenspauschale ohne den – heute obligatorischen – ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit des Gegenbeweises i.S.d. § 11 Nr. 5b

538 539 540 541

OLG Frankfurt v. 27.7.2011 – 17 U 59/11, juris Rz. 39 ff. BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2052). BGH v. 5.4.1984 – III ZR 2/83, NJW 1984, 2161 (2162). BGH v. 21.2.1985 – IX ZR 129/84, WM 1985, 604 (605); vgl. auch LG Berlin v. 13.7.1988 – 26 O 71/88, ZIP 1988, 1311 (1322) zu einer entspr. Klausel in Bausparbedingungen. 542 OLG München v. 24.11.1988 – 29 U 2858/88, NJW-RR 1989, 276. 543 OLG Hamm v. 22.11.2011 – I-19 U 51/11, 19 U 51/11, MDR 2012, 451 (452). 544 BGH v. 27.1.2010 – VIII ZR 326/08, WM 2010, 1038 (1042).

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AGBG (jetzt § 309 Nr. 5b) für den Kunden war dahin zu verstehen, dass dieser Gegenbeweis ausgeschlossen sein soll545. Die Klausel, nach der der Kunde Verzugsrechte erst nach dem Ablauf einer Nachfrist geltend machen kann, lässt sich dahin verstehen, dass Schadensersatzansprüche überhaupt erst nach Fristablauf entstehen und nicht nur ihre Geltendmachung aufgeschoben ist; sie verstößt damit gegen § 309 Nr. 8a546.

219

Die Verwendung einer Laufzeitverlängerungsklausel in einem Partnerschaftsvermittlungsvertrag kann aus der Sicht eines rechtsunkundigen Kunden dahin verstanden werden, dass eine feste vertragliche Bindung gewollt und damit ein Recht auf jederzeitige Kündigung des Vertrags nach § 627 ausgeschlossen ist. Sie ist daher unangemessen nach § 307547.

220

Die Klausel eines Telefonfestnetzanbieters, wonach der aus persönlichen Gründen an der Nutzung des Anschlusses gehinderte Kunde bis zum Ablauf der Vertragsdauer weiter zur Entrichtung des vereinbarten monatlichen Grundpreises verpflichtet ist, ist dahin auszulegen, dass eine Zahlungspflicht auch im Falle einer an anderer Stelle des Vertrages ausdrücklich vorbehaltenen außerordentlichen Kündigung besteht, sofern diese aus persönlichen Gründen erfolgt. Mit diesem Gehalt ist die Klausel unwirksam nach § 307 Abs. 1548.

221

Die Klausel eines Reiseveranstalters, nach der anfallende Telefon-, Telex- und Telegrammgebühren im Zusammenhang mit dem Rücktritt gesondert berechnet werden, kann so verstanden werden, dass die genannten Aufwendungen neben der Entschädigungspauschale gemäß § 651i Abs. 3 beansprucht werden549.

222

Unklar und unwirksam nach § 309 Nr. 7b ist eine Haftungsbegrenzungsklausel in den „Lieferungsbedingungen des Deutschen Textilreinigungsgewerbes vom 1.8.1997“. Nach Nr. 5 der Bedingungen haftet der Textilreiniger „für den Verlust des Reinigungsguts unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes. Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes.“550

223

Sieht eine Klausel vor, dass besondere Abreden ungültig sind, es sei denn, dass der Verwender sie ausdrücklich bestätigt, lässt sie sich dahin auslegen, dass davon auch nach Vertragsschluss getroffene Vereinbarungen erfasst werden sollen551.

224

Die in den AGB eines Sportstudios enthaltene Klausel „der Verzehr mitgebrachter Getränke ist nicht gestattet“ erfasst auch den Fall, dass dort lediglich Geträn-

225

545 OLG Hamburg v. 10.6.1981 – 5 U 78/81, ZIP 1981, 993 (994); OLG Karlsruhe v. 8.4.1981 – 1 U 60/80, WRP 1981, 477 (478); OLG Stuttgart v. 20.7.1979 – 2 U 53/79, BB 1979, 1468 und v. 19.12.1980 – 2 U 122/80, WRP 1981, 167 (169); vgl. dazu § 309 Nr. 5 Rz. 24 ff. 546 LG Heilbronn v. 18.10.1979 – 6 O 389/79, BB 1980, 177; LG Ravensburg bei Hardieck BB 1979, 1638 unter Ziff. 12; vgl. aber auch § 309 Nr. 8 Rz. 11 ff. 547 BGH v. 5.11.1998 – III ZR 226/97, NJW 1999, 276 (277 f.). 548 LG München v. 14.2.2008 – 12 O 19670/07, ZGS 2008, 357 (360). 549 OLG München v. 11.12.1986 – 29 U 3080/86, NJW-RR 1987, 493 (494). 550 BGH v. 4.7.2013 – VII ZR 249/12, BGHZ 198, 23 (27), NJW 2013, 2502 (2503) Rz. 16 ff.: Die Klausel könne auch so ausgelegt werden, dass selbst sonstige Schäden nur bis in Höhe des Zeitwertes des Reinigungsgutes ersetzt würden. 551 LG Berlin v. 13.7.1988 – 26 O 71/88, ZIP 1988, 1311 (1312).

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ke zu unangemessen hohen Preisen angeboten werden, und ist deshalb unwirksam552. 226

Nach Auffassung des OLG Brandenburg ist die Zustimmung zum Lastschriftverfahren in einem Strom-Liefervertrag jedenfalls dann als Zustimmung zur Erteilung einer Abbuchungsermächtigung zu verstehen, wenn an anderer Stelle von einem „Abbuchen“ des Betrages die Rede ist553. Demgegenüber hat der BGH die Klausel in einem Sportstudiovertrag über die Ermächtigung, den Beitrag „per Bankeinzug monatlich abzubuchen“, nicht als mehrdeutig eingestuft und die Auslegung abgelehnt, es handle sich um eine Ermächtigung zum Abbuchungsverfahren554.

V. Weitere Auslegungsregeln für AGB? 1. Das Restriktionsprinzip a) Meinungsstand 227

Als besondere Auslegungsmaxime des AGB-Rechts wird teilweise auch heute noch der Grundsatz angeführt, für den Kunden lästige AGB-Klauseln (namentlich Freizeichnungs-, Haftungsbeschränkungs- und sonstige Ausschlussklauseln im Interesse des Verwenders) seien eng auszulegen555. Die Rechtsprechung hat ihn auch nach Inkrafttreten des AGBG vor allem gegenüber umfassend formulierten Haftungsausschlussklauseln wiederholt herangezogen556. Zum Teil hat sie die restriktive Auslegung aber auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das Restriktionsprinzip mit der Abwägung der Interessen beider Seiten557 bzw. mit dem typischen Verständnis des Kunden558 begründet oder hat sich auf die Feststellung beschränkt, Freizeichnungsklauseln dürften nicht über ihren Wortlaut hinaus ausgedehnt werden559. Der Sache nach wurde das Restriktionsprinzip vor allem auch bei der Auslegung von Versicherungsausschlüssen in AVB angewandt, auch wenn die Gerichte sich nicht ausdrücklich darauf berufen haben560. 552 553 554 555 556

557 558 559 560

392

OLG Brandenburg v. 25.6.2003 – 7 U 36/03, NJW-RR 2004, 273. OLG Brandenburg v. 3.4.2002 – 7 U 185/01, 7 U 198/01, NJW-RR 2002, 1640. BGH v. 29.5.2008 – III ZR 330/07, NJW 2008, 2495. Vgl. etwa Wolf/Lindacher/Hau Rz. 137 ff.; Rechtsprechungsübersicht bei Paulusch WM 1986, Beil. 10, S. 19; Gegenansichten vgl. in Fn. 563. Vgl. z.B. BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 199/81, WM 1982, 980 (982); BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, WM 1983, 525 (526); BGH v. 2.12.1982 – I ZR 176/80, MDR 1983, 552 (553); BGH v. 11.3.1986 – VI ZR 22/85, NJW 1986, 2757 (2758); OLG Düsseldorf bei Bunte AGBE III § 5 Nr. 6; OLG Celle v. 25.7.1985 – 14 U 223/84, NJW 1986, 260; zum alten Recht vgl. RG v. 6.12.1933 – I 136/33, RGZ 142, 353 (356); RG v. 16.3.1934 – VII 299/33, RGZ 144, 163 = JW 1934, 2395; BGH v. 19.3.1957 – VIII ZR 74/56, BGHZ 24, 39 (45); BGH v. 10.1.1974 – VII ZR 28/72, BGHZ 62, 83 (88 f.); BGH v. 21.10.1958 – VIII ZR 145/57, NJW 1959, 38; BGH v. 17.5.1960 – VIII ZR 61/59, NJW 1960, 1661; BGH v. 7.12.1961 – VII ZR 134/60, NJW 1962, 388 (389). BGH v. 8.3.1955 – I ZR 109/53, BGHZ 17, 1 (4); BGH v. 29.11.1967 – Ib ZR 165/65, BGHZ 49, 167 (173 f.); BGH v. 10.11.1976 – VIII ZR 84/75, WM 1977, 112 (113). BGH v. 21.12.1984 – V ZR 204/83, ZIP 1985, 149. BGH v. 7.10.1970 – VIII ZR 218/69, NJW 1970, 2244 (2245). Vgl. etwa BGH v. 7.3.1984 – IVa ZR 135/82, WM 1984, 944 (945); BGH v. 17.10.1984 – IVa ZR 78/83, DB 1985, 485; BGH v. 19.10.1994 – IV ZR 159/93, NJW 1995, 56 (57 f.); gegen übermäßige Restriktion aber schon BGH v. 17.9.1975 – IV ZR 17/75, BGHZ 65, 142 (146).

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Demgegenüber lassen vor allem neuere, im Verbandsprozess ergangene Urteile 228 eine Ablehnung des Restriktionsprinzips oder doch eine deutliche Zurückhaltung ihm gegenüber und die Bevorzugung einer möglichst weit greifenden, kundenfeindlichen Auslegung im Interesse der Untersagung problematischer, den Kunden verunsichernder Klauseln nach §§ 307 bis 309 erkennen561, während im Individualprozess die Berufung auf das Restriktionsprinzip gelegentlich immer noch begegnet562. Auch in der neueren Literatur überwiegen deutlich die Stimmen, die der Anwendung des Restriktionsprinzips neben oder in Ergänzung zur Unklarheitenregel vor allem im Verbands-, aber auch im Individualprozess zurückhaltend, wenn nicht ablehnend gegenüberstehen563. Eng zusammen mit der Frage nach der Weitergeltung des Restriktionsprinzips 229 hängt diejenige nach seinem Verhältnis zur Unklarheitenregel. Die überwiegende Meinung fordert auch für das Eingreifen des Restriktionsprinzips die Mehrdeutigkeit der AGB als Ergebnis der objektiven Auslegung564 oder sieht das Restriktionsprinzip als Unterfall der Unklarheitenregel565 oder gar als mit ihr identisch566 an. Soweit dem Restriktionsprinzip ein eigenständiger Anwendungsbereich neben § 305c Abs. 2 zugebilligt wird, wird entweder auf Klauseln über Vertragsstrafen, Konkurrenzverbote u.a. verwiesen, die beide Seiten treffen und bei denen nach dem Restriktionsprinzip kein Unterschied zwischen Verwender und Kunde zu machen sei567, oder es wird ihm subsidiäre, dem Kundenschutz dienende Geltung gegenüber solchen Klauseln zugebilligt, die der Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 standhalten568. Teilweise wird schließlich auch hervorgehoben, mit Hilfe des Restriktionsprinzips lasse sich das Eingreifen einer einschränkungslos formulierten Klausel gegenüber nicht bedachten Ausnahmefällen vermeiden569. 561 Vgl. die Rechtsprechungsübersicht in Rz. 96, ferner OLG Karlsruhe bei Bunte AGBE I § 5 Nr. 14; LG Köln bei Bunte AGBE I § 10 Nr. 9; LG Nürnberg-Fürth bei Bunte AGBE I § 11 Nr. 125; eine restriktive Auslegung ausdrücklich abl. ferner LG Hamburg v. 23.3.2007 – 324 O 858/06, NJW-RR 2008, 439. 562 Vgl. die Nachw. in Fn. 556 und in 9. Aufl. (Ulmer) § 5 AGBG Rz. 38 Fn. 105; zu Recht zweifelnd jedoch schon BGH v. 13.2.1985 – VIII ZR 154/84, NJW 1985, 2328 (2329); BGH v. 30.10.1985 – VIII ZR 251/84, NJW 1986, 424 (426); BGH v. 8.10.1986 – VIII ZR 342/85, NJW 1987, 487 (489); unter zutr. Hinweis auf das Verbot geltungserhaltender Reduktion die enge Auslegung einer Gaststättenkonzessionsklausel abl. BGH v. 22.6.1988 – VIII ZR 232/87, NJW 1988, 2664 (2665); BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, ZIP 2000, 314 (319). 563 So die heute h.M., vgl. Erman/Roloff Rz. 24; MünchKomm/Basedow Rz. 27; Stoffels Rz. 377 ff.; ebenso zu § 5 AGBG Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 3, 9; Löwe § 5 AGBG Rz. 6; Koch/Stübing § 5 AGBG Rz. 8; Bunte NJW 1985, 600; Honsell JA 1985, 263; Knütel JR 1981, 223 (225); Meyer-Cording NJW 1981, 2338 f.; H. Roth WM 1991, 2133; Sambuc NJW 1981, 315; wohl auch Staudinger/Schlosser Rz. 125; a.A. neben den in Fn. 555 Benannten auch noch Helm BB 1977, 1110; Horn WM 1984, 452; Krampe Die Unklarheitenregel, 1983, S. 40 ff.; Lambsdorff ZIP 1981, 245; Lembcke VersR 2010, 723 (724); wohl auch Dietlein/Rebmann § 5 AGBG Rz. 2. 564 Staudinger/Schlosser Rz. 125; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 140; Knütel JR 1981, 223; Wacke JA 1981, 668. 565 Dietlein/Rebmann § 5 AGBG Rz. 2; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. E. 51. 566 So Krampe Die Unklarheitenregel, 1983, S. 40 ff. 567 So Wacke JA 1981, 668. 568 Wolf/Lindacher/Hau Rz. 139 f.; Knütel JR 1981, 225. 569 So Kümpel WM 1978, 971; offen lassend OLG Frankfurt v. 16.10.1980 – 6 U 14/80, WM 1981, 598 (599); für „vernünftige“ Auslegung BGH v. 20.11.1980 – VII ZR 70/80, NJW 1981, 816 (817 f.).

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b) Stellungnahme 230

Der ganz überwiegenden Meinung in der neueren Literatur ist darin zuzustimmen, dass seit der Kodifikation des AGB-Rechts im Jahr 1976 dem Restriktionsprinzip nicht die Bedeutung eines eigenständigen Auslegungsmittels für vorformulierte Vertragsbedingungen neben objektiver Auslegung und Unklarheitenregel zukommt. Auch handelt es sich bei diesem Auslegungsgrundsatz nicht etwa um einen Unterfall der Unklarheitenregel, denn anders als § 305c Abs. 2 setzt das Restriktionsprinzip nicht die objektive Mehrdeutigkeit der fraglichen Haftungsfreizeichnung u.a. voraus. Vielmehr wurde es vor Erlass des AGBG als ein zusätzlicher Auslegungsgesichtspunkt angewandt, der in die objektive, auf Wortlaut und Verständnismöglichkeiten der beteiligten Verkehrskreise abstellende Auslegung einfließt; es hatte dadurch die Funktion einer verdeckten Inhaltskontrolle570. Nachdem der Gesetzgeber des AGBG und der §§ 305 bis 310 sich für die systematisch klare Unterscheidung zwischen Auslegung und Inhaltskontrolle entschieden hat, ist für den Rückgriff auf das Restriktionsprinzip als neben § 305c Abs. 2 stehende AGB-Schranke kein Raum mehr; anderes gilt bei öffentlich-rechtlichen Bedingungen, die den Charakter von Rechtsnormen haben und deshalb der Inhaltskontrolle nicht unterliegen (Vor § 307 Rz. 46). Gegen seine Fortgeltung spricht außer der Gefahr eines Leerlaufens der auf §§ 307 bis 309 gestützten Verbandsklage vor allem auch der Wertungswiderspruch, der sich anderenfalls gegenüber der grundsätzlichen Ablehnung geltungserhaltender Reduktion von AGB (§ 306 Rz. 14 f.) ergeben würde571. Das wurde besonders deutlich, wenn im Individualverfahren eine Klausel restriktiv ausgelegt wurde, um sie – sic! – vor dem Verdikt der §§ 3, 9 AGBG (jetzt §§ 305c Abs. 1, 307) zu retten572. Bedenken bestehen aber auch gegen eine verbreitete Praxis, die, wenn auch ohne ausdrückliche Berufung auf das Restriktionsprinzip, unter Betonung der systematischen und teleologischen Auslegung zu einem eingeschränkten Klauselinhalt gelangt573.

231

Auch für die Zulassung von Ausnahmen gegenüber der grundsätzlichen Ablehnung des Restriktionsprinzips besteht entgegen den hierauf gerichteten Literaturstimmen kein Bedürfnis. Das gilt namentlich im Hinblick auf etwaige bei Formulierung einer Klausel nicht bedachte, nach Sinn und Zweck der Regelung nicht erfasste Sonderfälle574; ihre Ausgrenzung aus dem Anwendungsbereich der Klausel folgt vielmehr schon aus der richtig verstandenen, auf die Einbeziehung fern liegender oder rein theoretischer Gestaltungsmöglichkeiten verzich570 So zutr. namentlich Sambuc NJW 1981, 314 f.; vgl. aber auch schon Raiser AGB, S. 265, 267 ff.; und Löwe § 5 AGBG Rz. 6; zust. Erman/Roloff Rz. 24. 571 Auf diesen Aspekt weisen zutr. auch BGH v. 22.6.1988 – VIII ZR 232/87, BB 1988, 1627 (1628); Wolf/Lindacher/Hau Rz. 139; Knütel JR 1981, 222 und Sambuc NJW 1981, 316 hin. 572 So z.B. BGH v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (80) = NJW 1988, 1375; OLG Celle v. 8.4.1987 – 3 U 167/86, NJW 1987, 2823 (2824); LG Essen v. 22.9.1987 – 20 S 173/87, WM 1988, 493 (495). 573 Vgl. etwa BGH v. 8.5.1987 – V ZR 89/86, BGHZ 101, 29 (34) = NJW 1987, 2228; BGH v. 6.3.1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212 (217) = NJW 1986, 1803 (zutr. dagegen zu einer entspr. Klausel OLG Frankfurt v. 14.5.1985 – 5 U 210/84, NJW 1986, 1355); BGH v. 19.2.1986 – VIII ZR 91/85, BGHZ 97, 135 (143 f.) = NJW 1986, 1744; BGH v. 17.12.1987 – VII ZR 307/86, NJW 1988, 1261 (1262); BGH v. 21.12.1984 – V ZR 204/83, NJW 1985, 849. Krit. gegen diese Praxis im Zusammenhang mit Zinsanpassungsklauseln Schwarz NJW 1987, 628 f. 574 Vgl. dazu Kümpel WM 1978, 971 sowie schon oben Rz. 66 und 86.

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§ 305c BGB

tenden objektiven Auslegung (Rz. 86). Entsprechendes gilt für die Auslegung von Klauseln, die Rechte und Pflichten beider Seiten begründen575; auch hierfür genügt grundsätzlich der Rückgriff auf die objektive Auslegung, in verbleibenden Zweifelsfällen derjenige auf § 305c Abs. 2. Eine subsidiäre Geltung des Restriktionsprinzips schließlich gegenüber solchen Klauseln, die mit ihrem durch objektive Auslegung bestimmten, uneingeschränkten Regelungsgehalt der Inhaltskontrolle standhalten576, setzt sich entscheidenden methodischen Einwänden aus. Denn sie lässt das Verhältnis zwischen Auslegung und Inhaltskontrolle (Rz. 63 ff.) außer Acht und greift doch wieder auf das überholte Mittel verkappter Inhaltskontrolle durch Auslegung zurück. Nach allem ist das Restriktionsprinzip als selbständiger, neben die objektive Auslegung tretender oder diese beeinflussender Auslegungsgrundsatz nicht nur für den Verbandsprozess, sondern auch für den Individualprozess abzulehnen577.

2. Sonstige Unter den möglichen Auslegungsgrundsätzen für vorformulierte Vertragsbedingungen werden weiter geltungserhaltende Reduktion sowie ergänzende Vertragsauslegung angeführt. Bei der geltungserhaltenden Reduktion geht es um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine übermäßige und daher unangemessene Klausel im Rahmen der Inhaltskontrolle mit ihrem angemessenen Kern aufrechterhalten werden kann (vgl. näher § 306 Rz. 14 f.). Bei Anwendung der §§ 307 bis 309 ist für sie nach heute h.M. im Grundsatz kein Raum (§ 306 Rz. 15). Demgegenüber setzt die ergänzende Vertragsauslegung die Lückenhaftigkeit eines ganz oder teilweise vorformulierten Vertrags voraus, sei es infolge Unvollständigkeit des vorformulierten Textes oder infolge Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB; in den letztgenannten Fällen ergänzt sie die für diesen Fall in § 306 Abs. 2 vorgesehene, vom Vorhandensein geeigneten dispositiven Rechts abhängige Lückenfüllung (§ 306 Rz. 33 ff.). Ihre Zulässigkeit im Fall vorformulierter Vertragsteile ist, wenn auch in engen Grenzen, zu Recht ganz überwiegend anerkannt, setzt allerdings voraus, dass sich aus den Umständen eindeutig ergibt, welche Regelung die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit getroffen hätten578 (vgl. näher § 306 Rz. 31 ff.). Das gilt auch für den Fall der Lückenfüllung wegen Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB (§ 306 Rz. 33).

232

Im Zusammenhang mit dem Restriktionsprinzip findet sich gelegentlich auch die Ansicht, AGB seien je nach ihrem Inhalt erweiternd zu Gunsten des Kunden auszulegen579. Ob hierfür über die objektive Auslegung hinaus (Rz. 73 ff.) ein Bedürfnis besteht, erscheint jedoch fraglich. Zur kundenfreundlich erweiternden Auslegung mehrdeutiger AGB vgl. Rz. 92.

233

575 576 577 578 579

Dazu Wacke JA 1981, 668. So Wolf/Lindacher/Hau Rz. 139 f.; Knütel JR 1981, 225. Heute h.M., vgl. die Nachw. in Fn. 563. Deutlich etwa BGH v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, NJW 2006, 996 (999). Vgl. etwa BGH v. 7.6.1978 – VIII ZR 80/77, BGHZ 72, 15 (20): Erstreckung der Einziehungsermächtigung im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts auf Abtretungen auf Grund eines echten Factoring; so auch Staudinger/Schlosser Rz. 121; vgl. ferner Baumann r+s 2005, 313 (zu AVB); abl. Soergel/Stein § 5 AGBG Rz. 9; H. Roth WM 1991, 2134.

Ulmer/Schäfer

395

§ 306 BGB

Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit

VI. Verträge mit Unternehmern 234

Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 gilt, ebenso wie die sonstigen Auslegungsgrundsätze für vorformulierte Verträge (Rz. 67 ff.), uneingeschränkt auch für Rechtsgeschäfte, die mit Unternehmern als Kunden geschlossen werden. Ausnahmen nach Art des § 310 Abs. 1 sind nicht vorgesehen. Für die Auslegung von AGB im Geschäftsverkehr mit Unternehmern können sich Besonderheiten allerdings im Hinblick auf die typischerweise gesteigerten Erfahrungen und Verständnismöglichkeiten dieser Art von Kunden und ihre Berücksichtigung im Rahmen der objektiven Auslegung ergeben580.

§ 306 Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften. (3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. I. Grundlagen 1. Normzweck und Funktion . . . . .

1

2. Anwendungsbereich . . . . . . . . . .

2

3. Entstehungsgeschichte . . . . . . . .

3

4. Rechtslage vor dem AGB-Gesetz

4

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 1. Richtlinienregelung . . . . . . . . . .

4a

2. Inhalt der Vorschrift . . . . . . . . . .

4b

3. Bedeutung für § 306 . . . . . . . . . .

4c

III. Wirksamkeit der restlichen Vertragsteile (§ 306 Abs. 1) 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen der Wirksamkeit des Restgeschäfts a) Unvollständigkeit des Vertrages hinsichtlich der vorformulierten Teile . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Teilbarkeit des Vertrages . . . . .

5

6 10

3. Bestandteile des wirksamen Restgeschäfts a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Sprachlich zusammengefasste AGB-Regelungen . . . . . . . . . . c) Verbot der geltungserhaltenden Reduktion . . . . . . . . . . . . . . d) „Personale Teilunwirksamkeit“

11 12 14 16

4. Allgemeine Wirksamkeitsgrenzen a) Irrtumsanfechtung . . . . . . . . b) Gesamtunwirksamkeit des Vertrages nach § 138? . . . . . . .

17 18 21

5. Von § 306 Abs. 1 abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . .

23

IV. Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 1. Funktion der Vorschrift . . . . . . .

24

2. Ergänzung durch dispositives Recht a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Eignung zur Lückenfüllung . . .

26 28

580 H.M., vgl. BGH v. 7.2.1979 – VIII ZR 305/77, NJW 1979, 2148 (2149); Staudinger/ Schlosser Rz. 128; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 143, 112 ff.; zu § 5 AGBG Löwe § 5 AGBG Rz. 5. Dazu näher Rz. 83.

396

Schmidt

§ 306 BGB

Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit

VI. Verträge mit Unternehmern 234

Die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 gilt, ebenso wie die sonstigen Auslegungsgrundsätze für vorformulierte Verträge (Rz. 67 ff.), uneingeschränkt auch für Rechtsgeschäfte, die mit Unternehmern als Kunden geschlossen werden. Ausnahmen nach Art des § 310 Abs. 1 sind nicht vorgesehen. Für die Auslegung von AGB im Geschäftsverkehr mit Unternehmern können sich Besonderheiten allerdings im Hinblick auf die typischerweise gesteigerten Erfahrungen und Verständnismöglichkeiten dieser Art von Kunden und ihre Berücksichtigung im Rahmen der objektiven Auslegung ergeben580.

§ 306 Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit (1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam. (2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften. (3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. I. Grundlagen 1. Normzweck und Funktion . . . . .

1

2. Anwendungsbereich . . . . . . . . . .

2

3. Entstehungsgeschichte . . . . . . . .

3

4. Rechtslage vor dem AGB-Gesetz

4

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 1. Richtlinienregelung . . . . . . . . . .

4a

2. Inhalt der Vorschrift . . . . . . . . . .

4b

3. Bedeutung für § 306 . . . . . . . . . .

4c

III. Wirksamkeit der restlichen Vertragsteile (§ 306 Abs. 1) 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen der Wirksamkeit des Restgeschäfts a) Unvollständigkeit des Vertrages hinsichtlich der vorformulierten Teile . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Teilbarkeit des Vertrages . . . . .

5

6 10

3. Bestandteile des wirksamen Restgeschäfts a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Sprachlich zusammengefasste AGB-Regelungen . . . . . . . . . . c) Verbot der geltungserhaltenden Reduktion . . . . . . . . . . . . . . d) „Personale Teilunwirksamkeit“

11 12 14 16

4. Allgemeine Wirksamkeitsgrenzen a) Irrtumsanfechtung . . . . . . . . b) Gesamtunwirksamkeit des Vertrages nach § 138? . . . . . . .

17 18 21

5. Von § 306 Abs. 1 abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . . . . .

23

IV. Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 1. Funktion der Vorschrift . . . . . . .

24

2. Ergänzung durch dispositives Recht a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Eignung zur Lückenfüllung . . .

26 28

580 H.M., vgl. BGH v. 7.2.1979 – VIII ZR 305/77, NJW 1979, 2148 (2149); Staudinger/ Schlosser Rz. 128; Wolf/Lindacher/Hau Rz. 143, 112 ff.; zu § 5 AGBG Löwe § 5 AGBG Rz. 5. Dazu näher Rz. 83.

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Schmidt

§ 306 BGB

Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit

b) Kriterien für die Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . .

3. Die Möglichkeit ergänzender Vertragsauslegung a) Richterliche Vertragsergänzung bei vorformulierten Verträgen b) Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 durch ergänzende Auslegung aa) Meinungsstand . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . .

33 34

4. Abweichende Vereinbarungen (salvatorische Klauseln) . . . . . . .

39

31

V. Gesamtunwirksamkeit des Vertrages (§ 306 Abs. 3) 1. Unzumutbare Härte a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . .

45 48

2. Einzelfälle a) Begründung unzumutbarer Einstandspflichten . . . . . . . . 50 b) Unzumutbares Ungleichgewicht zwischen Leistung und Preis . . 52 c) Torsoverträge . . . . . . . . . . . . 53 d) Sicherungsvereinbarungen . . . 54a e) Weitere Kasuistik . . . . . . . . . 54b 3. Abweichende Vereinbarungen . . .

55

VI. Verträge mit Unternehmern . . . .

56

42

Stichwortverzeichnis Abnahmefristen . . . . . . . . . . . . . . . 1, 6 abweichende Vereinbarungen – § 306 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . 23 – § 306 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . . . 39 ff. – § 306 Abs. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . 55 ADSp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15b AGNB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15b Altverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15a analoge Anwendung . . . . . . . . . . 2, 9, 22 anfängliche Vertragslücken . . . . . . . . 31 Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . 7, 18 ff. Annahmefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . 2, 7 ff. Äquivalenzverhältnis . . . . . . . . . . . . 52 Arbeitsverträge . . . . . . . . . 14, 15a, 27, 33a atypische Verträge . . . . . . . . . . . . . 21, 35 Aufrechnungsverbot . . . . . . . . . . . . 12 Aushandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . . . . 27 Ausnahmesituationen . . . . . . . . . . . 15a Ausstrahlungswirkung der Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . 11 Automatenaufstellvertrag . . . . . . . . . 4 Automatenkauf . . . . . . . . . . . . . . . 28 Bedingungsanpassung nach VVG . . . . 2a Bestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 blue-pencil-test . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . 12, 13a, 13b CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 culpa in contrahendo . . . . . . . . 34a, 49, 53 Darlehensvertrag . . . . . Dauerschuldverhältnis . dispositives Recht . . . . Dissens . . . . . . . . . . .

. . . .

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. . . .

. . . . . . . 21 . . . . 2, 44, 47 24, 26 ff., 34 f. . . . . . 2, 5, 8

EG-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . 4a ff. Einbeziehungskontrolle . . . . . . 2, 5, 7 f., 10 f., 12, 45 f. einschränkende Auslegung . . . . . . . 14 Einzelvertragsklauseln . . . . . . . . . . 2, 4b Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . 3 ergänzende Vertragsauslegung – Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . 4c f. – Lückenfüllung . . . . . . . . . . . . 25, 33 ff. – Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . 32, 37 – mehrere Alternativen . . . . . . . . . 38 – Mindestvoraussetzung . . . . . . . . . 10 – Revisibilität . . . . . . . . . . . . . . . . 32 – Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 ff. – Vertragslücke . . . . . . . . . . . . . . 32, 35 Erhaltungsklauseln . . . . . . . . . . . . 23, 39 Ersatzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . 40 f. essentialia negotii . . . . . . . . . . . . . 10 EuGH-Rechtsprechung . . . . . . . . . . 4b ff. ex-post-Inhaltskontrolle . . . . . . . . . 14 Factoring . . . . . Formmängel . . . Formularvertrag . Freigabeklausel .

. . . .

. . . .

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.. 28 .. 7 2, 10, 29 11a, 54a

Gaslieferverträge . . . . . . . . . . . . 33a, 52 Gebrauchtwaren . . . . . . . . . . . . . . 51 geltungserhaltende Reduktion . . . . 4d, 14 gemischte Verträge . . . . . . . . . . . . . 28 Gerichtsstandsklausel . . . . . . . . . . . 9 Gesamtunwirksamkeit . . . . 4e, 21 f., 42 ff. Geschäftsgrundlagenlehre . . . . . . . 26, 44 gesetzesergänzende AGB . . . . . . . . . 33 gesetzliche Gebührenordnungen . . . . 10 gesetzliche Vorschriften . . . . . . . 24, 26 f. gesetzwidrige AGB . . . . . . . . . . . . . 2, 9

Schmidt

397

§ 306 BGB

Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit

gesonderte Wirksamkeitsprüfung . „geteilte Klauseln“ . . . . . . . . . . Gewährleistungsausschluss . . . . Globalsicherung . . . . . . . . . . . . Grundstückskaufvertrag . . . . . . . gruppentypisch unterschiedliche Wirksamkeitsbeurteilungen . .

. . 2, 13 . . 12 ff. . . 50 f. 11a, 54a . . . 52 ...

14

Haftungsausschluss . . . . . . . . . . . . . 50 Handelsbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Handelsgesetzbuch . . . . . . . . . 24, 27, 56 handelsübliche Klauseln . . . . . . . 15a, 15b Hauptleistungspflichten . . . . . . . . 10, 13a, 13b, 21, 25 Individualabrede . . . . . . . . . . . 6, 8, 11, 50 Interessenabwägung . . . . . . . . . . . 32, 43 internationaler Geschäftsverkehr . . 15a, 27 intransparente Klauseln . . . . . . . . . . 38a Irrtumsanfechtung . . . . . . . . . . . 7, 18 ff. kartellrechtliche Vorschriften . . . kaufmännischer Verkehr . . . . . . Kfz-Vermietung . . . . . . . . . . . . Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . kollidierende AGB . . . . . . . . . . . Krankenversicherung . . . . . . . . . Kündigung aus wichtigem Grund . Kündigungsklausel . . . . . . . . . .

. . . 2, 39 2, 24, 56 . . . 28 . . 4a ff. ... 8 . . . 2a . . 44, 47 . . . 37b

Lebensversicherung . . . . . . . . . . . . . 2a Lösungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Lohn- und Gehaltsabtretung . . . . . . . 54a Maklervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Neugestaltung des Vertrages . . . . . . . . . . . 12, 21 f., 42, 54 Nichteinbeziehung . . . . . . . . . . 5, 7 f., 46 Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1, 5 öffentlich-rechtliche Verträge . . . . . . 2 offensichtliche Verstöße gegen AGB-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 37, 45 pauschale Haftungs- und Gewährleistungsausschlüsse . . . . . . . . . . personale Teilunwirksamkeit . . . . . . Preisvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . Reisevertrag . . . . . . . . . . . . . . Restgeschäft . . . . . . . . . . . . . . 5 ff., 10 Revisibilität . . . . . . . . . . . . . . Richterrecht . . . . . . . . . . . . . . richtlinienkonforme Auslegung . Rücktrittsklausel . . . . . . . . . .

398

Schmidt

.... .... . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

13 16 52 9 32 27 4e 12

salvatorische Klauseln . . . . . . Schadensersatz . . . . . . . . . . Schutzfunktion von § 306 . . . Sicherheitenbestellung . . . . . Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . „soweit gesetzlich zulässig“ . . sprachlich zusammengefasste AGB-Regelungen . . . . . . . Staffelverweisung . . . . . . . . . Strafcharakter . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . 39 ff. 34a, 49, 53 . . . . 1, 5 . 11 ff., 54a . 2, 9, 21 f. . . . 14, 40

. . . . . 12 ff. ..... 40 ..... 15

Tagespreisklausel . . . . . . . . . . . . . . 33 Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . 7, 18, 44 tarifvertragliche Regelungen . . . . . . 37 Teilanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Teilbarkeit des Vertrages . . . . . . . . . 10 Teilbarkeit von AGB-Bestimmungen . 12 Teilnichtigkeit nach § 139 . . . . . . . . 4, 5 f. Teilunwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . 12 f. Teilunwirksamkeitsklauseln . . . . . . 23 Torsoverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Transparenzgebot . . . . . . . . . . 14, 34a, 38a Überprüfungsfristen . . . . . . . . . . . . 1, 6 überraschende Klausel . . . . . 7, 12, 25, 45 UKlaG § 11 . . . . . . . . . . . . . . . . 2, 9, 36 Umdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 ungeschriebenes Recht . . . . . . . . . . 27 Unklarheitenregel . . . . . . . . . . . 8, 12, 45 Unterlassungsurteil . . . . . . . . . . . . 2, 37 Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . 2, 24, 56 untypische Ausnahmefälle . . . . . . . . 15a unübersichtliche Vertragsgestaltung 21 f. Unwirksamkeit von AGB . . . . . . . . 9 unzumutbare Härte . . . . . . . . . . 42 f., 45 Verbandsprozess . . . . . . . . . . . . . . . 2, 36 Verbraucherverträge . . . . . . . . . . 2, 4a ff. Verbrauchsgüterkauf . . . . . . . . . . . . 51 Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . . 15 Versicherungsbedingungen 2a, 38a, 52, 54b Vertragsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Vertragslücke . . . . . . . . . . . . 25, 31 f., 35 Verwertungsregelung . . . . . . . . . . 11, 54a Vielzahl unwirksamer AGB . . . . . 21 f., 54 Vorrang der Individualabrede . . . . . . 8 vorwerfbare Verstöße gegen AGB-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Weiterverweisung auf subsidiäre AGB Widerruf nach § 355 . . . . . . . . . . . .

40 2

Zahlungsfristen . . . . . . . . . . . . . . . 1, 6 Zeitpunkt der Unzumutbarkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 zweifelhafte Rechtslage . . . . . . . 15, 37, 45

Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit

§ 306 BGB

Schrifttum (vgl. auch die Nachw. vor Rz. 14, 18, 33, 39): Boemke-Albrecht Rechtsfolgen unangemessener Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1989; Canaris Die Problematik der Sicherheitenfreigabeklauseln im Hinblick auf § 9 AGBG und § 138 BGB, ZIP 1996, 1109; Diederichsen Die Aufstellung allgemeiner Geschäftsbedingungen und ihre Aufrechterhaltung bei Nichtigkeit einzelner Klauseln, ZHR 132 (1969), 232; Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992; Medicus Rechtsfolgen für den Vertrag bei Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 83; Naendrup Die Teilnichtigkeit im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1966; Neumann Geltungserhaltende Reduktion und ergänzende Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1988; Roth Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1993; Harry Schmidt Vertragsfolgen der Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1986; Stoffels AGB-Recht, 3. Aufl. 2015; Thomas Preisfreiheit im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, AcP 209 (2009), 84; Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010.

I. Grundlagen 1. Normzweck und Funktion § 306 regelt die Folgen der fehlgeschlagenen Einbeziehung und der Unwirksam- 1 keit von AGB für Bestand und Inhalt des zwischen Verwender und Kunden geschlossenen Vertrages. Die Vorschrift hat eine Schutzfunktion zu Gunsten des Kunden1. Dem Schutzbedürfnis des Kunden vor den Gefahren der AGB-Verwendung wird am ehesten Rechnung getragen, wenn sich die Rechtsfolgen der AGBKontrolle auf die jeweils betroffenen AGB-Bestimmungen beschränken. § 306 schreibt deshalb – abweichend von § 139 (vgl. Rz. 5) – die grundsätzliche Wirksamkeit der restlichen Vertragsteile trotz deren durch ganzen oder teilweisen Ausfall der AGB eingetretener Lückenhaftigkeit vor (§ 306 Abs. 1). Die Lückenfüllung soll sich nach den „gesetzlichen Vorschriften“ richten (§ 306 Abs. 2); damit wird in erster Linie auf das dispositive Recht Bezug genommen (Rz. 26 f.), eine richterliche Vertragsergänzung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aber nicht ausgeschlossen (Rz. 33 ff.). Zur Unwirksamkeit des ganzen Vertrages unter Einschluss auch der restlichen Vertragsteile soll es als Ausnahme gegenüber § 306 Abs. 1 nur in denjenigen Fällen kommen, in denen das Festhalten an dem nach Abs. 2 ergänzten Vertrag für einen der Vertragspartner unzumutbar ist (§ 306 Abs. 3). Zur Anwendung von § 306 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 und zur Bedeutung der Klauselrichtlinie für § 306 vgl. Rz. 2, 4a ff. Bei Unwirksamkeit von – individualvertraglichen oder vorformulierten – Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen nach § 271a (vgl. § 308 Nr. 1a Rz. 6, § 308 Nr. 1b Rz. 6) sieht § 271a Abs. 4 „nach dem Vorbild von § 306 Abs. 1“2 die Fortgeltung des Vertrages im Übrigen vor. Geht es um vorformulierte Klauseln zu derartigen Fristen, ist allerdings § 306 Abs. 1 als speziellere Regelung heranzuziehen. Das gilt auch für § 306 Abs. 2 und Abs. 3, für die § 271a keine entsprechenden Regelungen enthält.

1 BGH v. 16.1.1992 – IX ZR 113/91, WM 1992, 391 (392); BGH v. 18.1.1996 – IX ZR 69/95, WM 1996, 436 (438); BGH v. 9.5.1996 – III ZR 209/95, WM 1996, 2018 (2020). 2 So ausdrücklich Gesetzesbegr. zu § 271a Abs. 4, BT-Drucks. 18/1309 S. 17.

Schmidt

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§ 306 BGB

Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit

2. Anwendungsbereich 2 Der Anwendungsbereich von § 306 deckt sich mit demjenigen der übrigen Vorschriften des zweiten Abschnitts. Vorbehaltlich der in § 310 Abs. 4 Satz 1 ausgenommenen Sondermaterien gilt § 306 für alle Verträge – einschließlich Dauerschuldverhältnissen3 –, die unter Verwendung von AGB geschlossen werden, darunter auch die in vollem Umfang standardisierten Formularverträge. Bei Verbraucherverträgen findet § 306 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 auch im Falle von Einzelvertragsklauseln Anwendung; vgl. dazu Rz. 4b. Auch für eine Differenzierung zwischen allgemeinem und Unternehmer-Geschäftsverkehr ist – vorbehaltlich der für die Lückenfüllung (Rz. 27) und die Wertung der Zumutbarkeit i.S.v. § 306 Abs. 3 zu beachtenden Besonderheiten (Rz. 56) – kein Raum. Nach dem Regelungszusammenhang der §§ 305–310 erstreckt sich der unmittelbare Anwendungsbereich der Vorschrift auf die Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle nach §§ 305 Abs. 2 und 3, 305a, 305c Abs. 1 und §§ 307–309 (vgl. auch Rz. 7 ff.); § 306 ist weiterhin heranzuziehen, wenn eine AGB-Bestimmung nach § 11 Satz 1 UKlaG (dazu unten § 11 UklaG Rz. 1) als unwirksam anzusehen ist; vgl. dazu auch Rz. 36. Darüber hinaus findet § 306 im Regelfall analoge Anwendung, wenn sich die Unwirksamkeit vorformulierter Vertragsteile aus allgemeinen Grundsätzen wie namentlich §§ 134, 138, § 242 (§ 305 Rz. 80) oder aus spezialgesetzlichen Regelungen innerhalb oder außerhalb des BGB ergibt und der Schutzzweck dieser Regelungen keine Gesamtunwirksamkeit des Vertrages zu Gunsten des Kunden verlangt4 (vgl. Rz. 9). Der Gesetzeszweck (Rz. 1) greift auch in diesen Fällen ein5. Daher ist § 306 auch anzuwenden, wenn sich die Unwirksamkeit vorformulierter Vertragsbedingungen aus kartellrechtlichen Vorschriften ergibt6. Zur Rechtslage beim Dissens über die Einbeziehung von AGB vgl. Rz. 8 sowie § 305 Rz. 183a ff. Die entsprechende Anwendung der §§ 305-310 auf vorformulierte Bedingungen in öffentlich-rechtlichen Verträgen (vgl. dazu § 305 Rz. 14; Vor § 307 Rz. 45) umfasst auch § 306. Mit Rücksicht auf den Schutzzweck von § 306 Abs. 1 (vgl. Rz. 1, 5) und der Einbeziehung auch öffentlichrechtlicher Verträge in den Anwendungsbereich der Klauselrichtlinie gem. Art. 2 lit. c (vgl. Vor § 307 Rz. 45) kommt § 306 Abs. 1 Vorrang gegenüber der – dem § 139 entsprechenden – Teilnichtigkeitsregelung des § 59 Abs. 3 VwVfG zu7. Keine Anwendung findet § 306 Abs. 1 dagegen im Grundsatz, wenn allgemeine Voraussetzungen für das Zustandekommen von Verträgen auf Grund allgemeiner oder spezialgesetzlicher Bestimmungen fehlen, wie es etwa beim Widerruf einer auf den Vertragsabschluss gerichteten Erklärung des Kunden nach § 355 der Fall ist8. Zum Sonderfall der Nichteinhaltung der Einbeziehungsvoraussetzungen nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 vgl. Rz. 5.

3 Einschränk. aber Seybold VersR 1989, 785 (zum früheren § 6 Abs. 2 AGBG). 4 Für diese Einschränkung tendenziell BGH v. 14.12.1994 – VIII ZR 46/94, BGHZ 128, 156 (166). 5 Im Ergebnis einh. M.; aus der Rechtsprechung vgl. z.B. BGH v. 16.1.1992 – IX ZR 113/91, WM 1992, 391 (392). 6 BGH v. 26.7.2005 – KZR 14/04, WRP 2005, 1535 (1538) zu nach Art. 81 Abs. 2 EG (jetzt: Art. 101 Abs. 2 AEUV) nichtigen Klauseln eines Kfz-Vertragshändlervertrages. 7 So auch BeckOK/Hubert Schmidt § 307 BGB Rz. 9; im Erg. auch Ruttloff DVBl 2013, 1421. 8 Offen gelassen von BGH v. 14.12.1994 – VIII ZR 46/94, BGHZ 128, 156 (166) (zum Widerrufsrecht nach dem früheren VerbrKrG).

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§ 306 ist auch bei Versicherungsverträgen anzuwenden9. Bei Lebensversicherun- 2a gen gemäß § 164 VVG und bei Krankenversicherungen gemäß §§ 203 Abs. 4, 164 VVG ist der Versicherer berechtigt, durch höchstrichterliche Entscheidung oder durch bestandskräftigen Verwaltungsakt für unwirksam erklärte Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) durch eine neue Regelung zu ersetzen, wenn dies zur Fortführung des Vertrages notwendig ist oder wenn das Festhalten an dem Vertrag ohne neue Regelung für eine Vertragspartei auch unter Berücksichtigung der Interessen der anderen Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde. Das Recht zur Bedingungsanpassung schließt eine Vertragsergänzung nach § 306 Abs. 2 nicht aus10. Gleiches gilt für eine Vertragsergänzung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung11. Die §§ 164, 203 Abs. 4 VVG geben dem Versicherer im Falle der Unwirksamkeit von AVB ein Verfahren an die Hand, um mit Wirkung für alle Versicherungsverträge eine unwirksame Klausel durch eine wirksame Regelung zu ersetzen. Dass damit für das Versicherungsunternehmen der Weg versperrt wäre, sich gegenüber einem konkreten Kunden im Einzelfall auf die Rechtsfolgen von § 306 Abs. 2 und eine Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung zu berufen, wenn eine Bedingungsanpassung nach den §§ 164, 203 Abs. 4 VVG noch nicht erfolgt ist, kann diesen Bestimmungen nicht entnommen werden. Bei einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Auseinandersetzung mit einem Versicherungsnehmer über die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit von AVB kann der Versicherer daher auch unabhängig von der vorherigen Durchführung einer Bedingungsanpassung nach den §§ 164, 203 Abs. 4 VVG eine Lückenfüllung durch dispositives Recht oder – soweit hierfür die weiteren Voraussetzungen vorliegen – durch ergänzende Vertragsauslegung geltend machen. Im Grundsatz würde einer ergänzenden Vertragsauslegung zwar entgegenstehen, dass der Versicherer die ihm – aufgrund höchstrichterlicher Entscheidung bzw. des Verwaltungsakts – bekannte Unwirksamkeit der betroffenen Klausel nicht zum Anlass genommen hat, die Klausel innerhalb einer angemessenen Frist nach den §§ 164, 203 Abs. 4 VVG durch eine angemessene Regelung zu ersetzen, sondern in Kenntnis von der Unwirksamkeit der Klausel an ihr festgehalten hat (vgl. Rz. 37). Diese Schranke für eine Lückenfüllung kann aber in den hier relevanten Fällen nicht eingreifen, da eine Bedingungsanpassung nach den §§ 164, 203 Abs. 4 VVG überhaupt nur in Betracht kommt, wenn die Ersetzung einer unwirksamen Regelung zur Vertragsfortführung notwendig ist oder der Vermeidung einer unzumutbaren Härte für eine Vertragspartei dient, was auch dann der Fall sein kann, wenn sich der Verwender zu Lasten des Kunden auf § 306 Abs. 3 berufen könnte (vgl. Rz. 37). Dann muss für eine Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung auch bei einer unterbliebenen Bedingungsanpassung Raum sein. Zur ergänzenden Vertragsauslegung bei intransparenten AVB vgl. Rz. 38a. Zur einschränkenden Anwendung von § 306 Abs. 2 bei vor dem 1. Januar 2008 abgeschlossenen Altverträgen nach der Rechtsprechung des BGH12 vgl. unten Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen (AVB) Rz. 18a. 9 Vgl. dazu auch Dreher in FS Schapp, 2010, S. 113 ff. 10 Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 14; Schneider in Prölss/Martin § 164 VVG Rz. 5. So auch zur Vertragsergänzung im Treuhänderverfahren nach §§ 172 Abs. 2, 178g VVG a.F. BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, WM 2005, 2279 (2285); Schünemann VersR 2002, 394. 11 Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 14. 12 Vgl. BGH v. 12.10.2011 – IV ZR 199/10, NJW 2012, 217 (Tz. 35); BGH v. 2.4.2014 – IV ZR 124/13, NJW 2014, 1813 (Tz. 23).

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3. Entstehungsgeschichte 3 Der mit dem SMG (dazu Einl. Rz. 28 ff.) in das BGB übernommene § 306 stimmt wortgleich mit dem früheren § 6 AGBG überein; allgemein zur Entstehungsgeschichte der AGB-rechtlichen Bestimmungen vgl. Einl. Rz. 16 ff. Die Absätze 1 und 3 waren im Wesentlichen unverändert aus dem Teilbericht I der Arbeitsgruppe (§ 10) übernommen worden. Bei § 6 Abs. 2 AGBG hatten sämtliche Entwürfe auch Regelungen für den Fall vorgesehen, dass zur Vertragsergänzung geeignetes dispositives Recht nicht vorhanden ist. Eine Lückenfüllung sollte dann „nach der Natur des Vertrages“ erfolgen, wobei der Teilbericht I und RefE I alternativ auch den Rückgriff auf „sein von der Verkehrsanschauung geprägtes Leitbild“ zuließen. Auf Vorschlag des BT-Rechtsausschusses wurde auch die im RegE noch verbliebene Verweisung auf die „Natur des Vertrages“ gestrichen, weil sie sich im Hinblick auf §§ 133, 157 von selbst verstehe13; vgl. dazu Rz. 26, 34.

4. Rechtslage vor dem AGB-Gesetz 4 Die Nichtanwendung der Unwirksamkeitsvermutung des § 139 auf Verträge, bei denen AGB-Klauseln sich als unwirksam erweisen, entspricht jahrzehntelanger höchstrichterlicher Rechtsprechung und war auch im Schrifttum schon vor Inkrafttreten des früheren AGBG im Grundsatz unbestritten14. Hinsichtlich der Art der Lückenfüllung herrschte allgemein die Auffassung vor, dass bei Unwirksamkeit einzelner Vertragsteile grundsätzlich dispositives Recht zur Anwendung komme15. Doch fanden sich schon vor Inkrafttreten des AGBG Urteile, in denen der BGH im Grundsatz auch die Möglichkeit bejahte, zu einer Lückenfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung entsprechend dem hypothetischen Parteiwillen zu kommen16. Zur Unwirksamkeit des ganzen Vertrages ist die Rechtsprechung nur in seltenen Fällen gelangt. Bei der Inhaltskontrolle vorformulierter Automatenaufstellverträge ist die Gesamtunwirksamkeit bejaht worden, wenn eine Vielzahl von AGB-Bestimmungen zu beanstanden war; vereinzelt hat die Rechtsprechung die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages auch auf die unübersichtliche und ungegliederte Fassung des Vertragsformulars gestützt; vgl. dazu Rz. 21.

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 1. Richtlinienregelung 4a

Artikel 6 RL 93/13/EWG (1) … sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann. 13 BT-Drucks. 7/5422 S. 5. 14 Vgl. nur BGH v. 29.10.1956 – II ZR 79/55 BGHZ 22, 90 (92) (Fabrikneue Möbel) = NJW 1957, 17; BGH v. 11.11.1968 – VIII ZR 151/66, BGHZ 51, 55 (57) = NJW 1969, 230; Raiser AGB, S. 321 ff.; Naendrup Teilnichtigkeit, S. 41 ff., 151 ff. 15 Schmidt-Salzer AGB 1971, Rz. 131; Naendrup Teilnichtigkeit, S. 171. 16 BGH v. 4.6.1970 – VII ZR 187/68, BGHZ 54, 106 (115) = NJW 1970, 1596; BGH v. 16.4.1973 – VII ZR 140/71, BGHZ 60, 353 (362) = NJW 1973, 1190; BGH v. 10.1.1974 – VII ZR 28/72, BGHZ 62, 83 (89) = NJW 1974, 551; BGH v. 5.5.1977 – VII ZR 36/76, WM 1977, 741 (743); so im Schrifttum auch Götz Zum Schweigen im rechtsgeschäftlichen Verkehr, 1968, S. 178–180.

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2. Inhalt der Vorschrift Art. 6 Abs. 1 Halbs. 2 RL 93/13/EWG – vgl. zur Klauselrichtlinie auch Einl. Rz. 91 4b ff. – sieht für die Unwirksamkeit vorformulierter Klauseln in Verbraucherverträgen (dazu § 310 Rz. 36 ff.) vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann. Nach dem 21. Erwägungsgrund soll es darauf ankommen, ob ein Fortbestehen des Vertrages ohne die missbräuchlichen Klauseln möglich ist17. Diese Einschränkung ist als objektives, von einer Interessenabwägung (Rz. 43) unabhängiges Kriterium zu verstehen, das insbesondere eine Berücksichtigung der Interessen des Verwenders an der Vermeidung einer für ihn unzumutbaren Situation ausschließt18. Insoweit bleibt § 306 Abs. 3 hinter den Anforderungen der Richtlinie zurück; dazu Rz. 4e. Anderes gilt für § 306 Abs. 1 und Abs. 2, die in jedem Fall nicht zu Lasten des Kunden von Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG abweichen (Rz. 4c f.). Die nach der Richtlinie erforderliche Anwendung von § 306 bei vorformulierten Einzelvertragsklauseln sieht § 310 Abs. 3 Nr. 2 vor.

3. Bedeutung für § 306 In Übereinstimmung mit Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG19 ordnet § 306 Abs. 1 die Fortgeltung des Rest-Vertrages bei Unwirksamkeit von AGB-Klauseln an. Auch § 306 Abs. 2 weicht nicht zu Lasten des Verbraucherschutzes (vgl. Art. 8 RL) von der Richtlinie ab. Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG sieht zwar eine Lückenfüllung durch dispositives Recht oder ergänzende Vertragsauslegung nicht ausdrücklich vor, schließt sie aber auch nicht aus20. Der Zielsetzung der Richtlinie, den Vertrag möglichst bestehen zu lassen (vgl. auch Rz. 59), entspricht es zudem, eine Gesamtunwirksamkeit durch Lückenfüllung des Vertrages eher zu vermeiden (zu diesem Zusammenhang vgl. Rz. 38, 53).

4c

Der EuGH hat entschieden, dass eine weggefallene missbräuchliche Klausel durch eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts ersetzt werden kann, eine Lückenfüllung durch dispositives Recht also mit Art 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG vereinbar ist21. Entsprechend der Vorlagefrage22 hat er diese Feststellung zwar nur für eine Fallkonstellation getroffen, in der der Vertrag nach Wegfall der missbräuchlichen Klausel ohne eine Lückenfüllung durch dispositives Recht nicht mehr durchführbar wäre23. Das lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass eine Lückenfüllung durch dispositives Recht in Fällen, in denen die enge Voraussetzung

4d

17 RL 93/13/EWG v. 5.4.1993, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 (30). 18 Vgl. EuGH v. 30.5.2013 – Rs. C-397/11, juris (Tz. 47) (Jörös); EuGH v. 15.3.2012 – Rs. C-453/10, NJW 2012, 1781 (Tz. 32) (Perenicˇová), mit der Feststellung, dass „die Lage einer der Vertragsparteien, im vorliegenden Fall der Verbraucher, nicht als das maßgebende Kriterium angesehen werden kann, das über das weitere Schicksal des Vertrages entscheidet“; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 5; Eckert WM 1993, 1077; Eckert ZIP 1996, 1241; Habersack/Kleindiek/Wiedenmann ZIP 1993, 1674. 19 Allg. M.; vgl. Wolf/Pfeiffer Art. 6 RL Rz. 1; Eckert WM 1993, 1077; Habersack/Kleindiek/Wiedenmann ZIP 1993, 1674. 20 BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 (Tz. 27); BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, WM 2005, 2279 (2286); MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 4; Wolf Art. 6 RL Rz. 7; Eckert WM 1993, 1077; Heinrichs NJW 1996, 2196. 21 Vgl. EuGH v. 30.4.2014 – Rs. C-26/13, NJW 2014, 2335 (Tz. 80 ff.) (Kásler). 22 Siehe dazu EuGH v. 30.4.2014 – Rs. C-26-13, NJW 2014, 2335 (Tz. 76). 23 Vgl. EuGH v. 30.4.2014 – Rs. C-26/13, NJW 2014, 2335 (Tz. 82, 85).

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der Undurchführbarkeit des Vertrages nicht gegeben ist, mit Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG nicht vereinbar wäre. Denn auch in diesen Fällen trägt eine Lückenfüllung durch dispositives Recht dem Zweck von Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG Rechnung, für einen beiderseits angemessenen Vertragsinhalt zu sorgen, in der Formulierung des EuGH „die formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so ihre Gleichheit wiederherzustellen“24. In einer weiteren Entscheidung ist der EuGH davon ausgegangen, dass eine „Abänderung“ einer missbräuchlichen Klausel mit Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG nicht vereinbar ist25. Das wird zu Recht als Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion (siehe dazu Rz. 14) verstanden26, steht aber einer davon zu unterscheidenden27 (vgl. Rz. 34) Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung nicht entgegen28. Denn ebenso wie eine Lückenfüllung durch dispositives Recht trägt – ist dafür geeignetes dispositives Recht nicht vorhanden – eine Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung dem auf einen angemessenen Vertragsinhalt gerichteten Ziel der Richtlinie29 Rechnung und ist deshalb mit Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG vereinbar30. Einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung mehrerer sprachlich zusammengefasster AGB-Regelungen (vgl. Rz. 12 ff.) stehen Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG und die EuGH-Rechtsprechung ebenfalls nicht entgegen31, da es in einem derartigen Fall nicht um die Abänderung einer missbräuchlichen Klausel geht, sondern um die Vorfrage, was Gegenstand der Inhaltskontrolle ist, wenn mehrere Regelungen mit einem jeweils eigenständigen materiellen Regelungsgehalt sprachlich zusammengefasst sind (Rz. 12). 4e § 306 Abs. 3 stimmt dagegen nicht mit Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG überein32 (Einl. Rz. 98, § 310 Rz. 43). Die Richtlinie sieht den – objektiv möglichen, vgl. Rz. 4b – Fortbestand des Vertrages uneingeschränkt vor, ohne für den Fall einer unzumutbaren Härte für eine Vertragspartei eine Ausnahme zu machen33. Die 24 Vgl. EuGH v. 30.4.2014 – Rs. C-26/13, NJW 2014, 2335 (Tz. 82). 25 Vgl. EuGH v. 14.6.2012 – Rs. C-618/10, NJW 2012, 2257 (Tz. 69 ff.) (Banco Español de Crédito). 26 Vgl. BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 (Tz. 25 ff.); Stoffels Rz. 614b, BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 2; Wolf/Pfeiffer Art. 6 RL Rz. 9; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 17a, 28a, 68; Micklitz/Reich EuZW 2013, 459; Pfeiffer LMK 2012, 339740; Wendenburg EuZW 2012, 754. 27 Vgl. BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 (Tz. 30). 28 So überzeugend auch BGH v. 23.1.2013, VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 (Tz. 24 ff.); im Erg. auch Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 12. A.A. BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 2 f. 29 Vgl. BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 (Tz. 32 ff.). 30 So auch BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 (Tz. 27); Wolf/Pfeiffer Art. 6 RL Rz. 10; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 17a; Stoffels Rz. 614b; Pfeiffer NJW 2014, 3072; von Westphalen NJW 2013, 964; Schlosser IPRax 2012, 514 f. A.A. BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 2. 31 So auch Wolf/Pfeiffer Art. 6 RL Rz. 11; zurückhaltender Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 42a. 32 So auch MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 5 f.; im Grundsatz auch BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 4; Stoffels Rz. 632. A.A. Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 1, 29; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 58a; Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 16; Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause, AGB-Arbeitsrecht, § 306 BGB Rz. 9; zum früheren § 6 Abs. 3 AGBG RegE zur AGBG-Novelle, BT-Drucks. 528/95, Begründung A II 4; Schmidt-Salzer BB 1995, 1494. 33 Vgl. EuGH v. 15.3.2012 – Rs. C-453/10, NJW 2012, 1781 (Tz. 32): Auf die „Lage einer der Vertragsparteien“ komme es nicht an.

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Voraussetzungen für eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrages sind damit nach Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG enger als nach dem diesen Unzumutbarkeitsvorbehalt aufweisenden § 306 Abs. 334. Dessen weiter gehende Regelung lässt sich mit Art. 8 RL 93/13/EWG nicht rechtfertigen, da die Geltendmachung einer unzumutbaren Härte und damit der Gesamtunwirksamkeit des Vertrages in erster Linie durch den Verwender und zum Nachteil des Kunden in Betracht kommt (vgl. Rz. 42, 50 ff.)35. Auch mit einer richtlinienkonformen Auslegung36 (Einl. Rz. 96 ff.) lässt sich der Konflikt nicht lösen37. Eine auf Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG gestützte restriktive, den ohnehin schon engen (Rz. 45) Bereich der unzumutbaren Härte noch weiter einschränkende Auslegung kann die volle Übereinstimmung mit der Richtlinie nicht herbeiführen, solange der Unzumutbarkeitsvorbehalt in § 306 Abs. 3 enthalten und damit für ihn noch ein Anwendungsbereich bleibt. Zur generellen Unanwendbarkeit des Unzumutbarkeitsvorbehalts contra legem kann aber eine richtlinienkonforme Auslegung nicht führen38 (vgl. auch Einl. Rz. 98). Zur Herbeiführung der vollen Übereinstimmung von § 306 Abs. 3 auf eine richtlinienkonforme Auslegung zu verweisen, würde auch nicht dem vom EuGH aufgestellten Gebot der Klarheit und Bestimmtheit der Umsetzung von Verbraucherschutzrichtlinien39 entsprechen. Eine Anpassung von § 306 Abs. 3 an Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG ist nur im Wege einer entsprechenden Regelung durch den Gesetzgeber möglich; zur Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens vgl. Einl. Rz. 98.

III. Wirksamkeit der restlichen Vertragsteile (§ 306 Abs. 1) 1. Grundsatz § 306 Abs. 1 enthält in erster Linie eine Sonderregelung gegenüber § 139 (und § 271a Abs. 4, vgl. Rz. 1 a.E.). Während diese Vorschrift bei Teilunwirksamkeit des Vertrages – eine im Einzelfall widerlegbare – Unwirksamkeitsvermutung für die übrigen Vertragsteile (das „Restgeschäft“) aufstellt, schreibt § 306 Abs. 1 den Fortbestand des Restgeschäfts bei ganzem oder teilweisem Nichtgelten von AGB unabhängig vom Parteiwillen vor; zur Übereinstimmung dieser Regelung mit Art. 6 Abs. 1 RL vgl. Rz. 4c. Begründet wird die Regelung sowohl mit dem auf den Fortbestand des Restgeschäfts gerichteten hypothetischen Parteiwillen der Beteiligten als auch mit dem Schutzbedürfnis des Kunden, dem mit dem 34 Zu einem anderen Ergebnis kommt die Auffassung, die die rechtliche Möglichkeit eines Fortbestands des Vertrages im Falle einer unzumutbaren Härte für eine der Vertragsparteien verneint, vgl. Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 1; Schlewing in Clemenz/Kreft/ Krause, AGB-Arbeitsrecht, § 306 BGB Rz. 9. Dagegen zu Recht MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 6; BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 4. 35 Anderes gilt, soweit sich eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrages zugunsten des Kunden auswirkt, vgl. EuGH v. 15.3.2012 – Rs. C-453/10, NJW 2012, 1781 (Tz. 34 f.). 36 Dafür Wolf/Pfeiffer Art. 6 RL Rz. 18; von Westphalen NJW 2012, 1772 f.; Eckert ZIP 1996, 1241; Heinrichs NJW 1996, 2195 f. 37 So auch MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 6; Stoffels Rz. 632. 38 Sie hätte die Wirkung einer unzulässigen horizontalen Drittwirkung, vgl. dazu Einl. Rz. 93, 98 und allgemein Brechmann Die richtlinienkonforme Auslegung, 1994, S. 200 ff. und – für Durchsetzung der Richtlinie auch in diesen Fällen – z.B. Lutter JZ 1992, 607. 39 Vgl. dazu EuGH v. 10.5.2001 – C-144/99, NJW 2001, 2244 (2245) (Kommission der EGKönigreich der Niederlande).

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Wegfall oder gar der Rückabwicklung des Vertrages bei erfolgreicher Beanstandung unangemessener Klauseln wenig gedient sei40. Angesichts der generellen Unbeachtlichkeit des hypothetischen Willens des Verwenders, der sich nicht immer auf einen Vertragsschluss auch ohne Geltung einzelner oder sogar aller AGB richten muss41, liegt der Schwerpunkt freilich bei der Schutzfunktion zu Gunsten des Kunden42 (vgl. Rz. 1). Sie wird dadurch verstärkt, dass der Verwender nach § 306 Abs. 3 auch gegen seinen Willen an den Vertrag bis zur Grenze der Unzumutbarkeit gebunden ist (vgl. Rz. 42 ff.). § 306 Abs. 1 trägt im Übrigen dem typischen Rahmencharakter der AGB und der mangelnden Eignung von § 139 als Auslegungsregel im Fall der AGB-Verwendung sowie den Schwierigkeiten Rechnung, die sich angesichts des objektiven Auslegungsmaßstabs bei AGB (§ 305c Rz. 73 ff.) für die Gewinnung anderer geeigneter Maßstäbe zur Abgrenzung zwischen aufrechtzuerhaltenden und gesamtunwirksamen Verträgen ergeben. Soweit es bei Einbeziehungsmängeln im Bereich von § 305 Abs. 2 Nr. 1 zu Fällen des offenen oder versteckten Dissenses kommt, sorgt § 306 Abs. 1 in teleologischer, am Normzweck ausgerichteter Anwendung für das Zustandekommen des Vertrages ohne AGB unter Verdrängung von §§ 154, 155. Erfüllt der Verwender schließlich sämtliche Einbeziehungsobliegenheiten des § 305 Abs. 2, lehnt jedoch der Kunde die Geltung der AGB ab, so fehlt es an den für den Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen nach §§ 145 ff. Dieser Mangel wird durch § 306 Abs. 1 nicht geheilt (Rz. 8).

2. Voraussetzungen der Wirksamkeit des Restgeschäfts a) Unvollständigkeit des Vertrages hinsichtlich der vorformulierten Teile 6 § 306 Abs. 1 setzt nach Wortlaut und systematischer Stellung im zweiten Abschnitt voraus, dass die Unvollständigkeit des Vertrages ihren Grund in den vorformulierten Vertragsteilen hat. Bei den nicht einbezogenen oder den unwirksamen Vereinbarungen muss es sich also um AGB-Bestimmungen handeln. Betrifft die Unwirksamkeit demgegenüber eine Individualabrede zwischen Verwender und Kunde, so bewendet es trotz der (wirksamen) Verwendung von AGB bei der Vermutungsregelung des § 139. Eine Besonderheit gilt allerdings für den Fall nach § 271a unwirksamer individualvertraglicher Zahlungs-, Überprüfungsund Abnahmefristen. § 271a Abs. 4 sieht abweichend von § 139 und nach dem Vorbild von § 306 Abs. 1 (vgl. Rz. 1 a.E.) vor, dass bei Unwirksamkeit derartiger Regelungen nach § 271a der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt. Zur Anwendung von § 306 bei Einzelvertragsklauseln in Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. Rz. 2, 4b. 7 Der Grund für die Lückenhaftigkeit der vorformulierten Vertragsteile kann einerseits darin liegen, dass AGB nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Nach Wortlaut und systematischer Stellung der Norm bezieht sich diese Voraussetzung auf das Scheitern der Einbeziehung nach §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1, sei es wegen Nichtbeachtung der Obliegenheiten des Verwenders nach § 305 Abs. 2 40 Begr. zu § 6 Abs. 1 AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 20 f. 41 So zutr. Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 83 (84). 42 BGH v. 9.5.1996 – III ZR 209/95, WM 1996, 2018 (2020); BGH v. 16.1.1992 – IX ZR 113/91, WM 1992, 391 (392); Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 83 (84).

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Nr. 1 und 2 oder wegen des überraschenden Charakters bestimmter ungewöhnlicher Klauseln. Einbeziehungshindernisse i.S.v. §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1 können weiterhin vorliegen, wenn die Einbeziehungserklärung des Verwenders deshalb unwirksam ist, weil sie außerhalb der §§ 305–310 geregelten Wirksamkeitserfordernissen nicht Rechnung trägt, etwa die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht einhält43, oder wenn die Einverständniserklärung des Kunden wegen Täuschung über den Inhalt der AGB der (Teil-)Anfechtung unterliegt (dazu näher Rz. 18), soweit nicht bereits der Überraschungseinwand des § 305c Abs. 1 eingreift. Auf § 306 Abs. 1 kommt es dagegen nicht an, wenn die Einbeziehung der AGB daran scheitert, dass der Verwender irrtümlich eine entsprechende Einbeziehungserklärung unterlässt: Erklärungs- und Vertragsinhalt fallen hier nicht auseinander44; der Vertrag kommt schon nach allgemeinen Rechtsgeschäftsgrundsätzen zustande45. Dem Verwender bleibt in diesem Fall freilich die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung (Rz. 19). § 306 Abs. 1 ist demgegenüber nicht anwendbar, wenn der Kunde mit der Gel- 8 tung der AGB nicht einverstanden ist, insbesondere der Einbeziehung ausdrücklich widerspricht46 (§ 305 Rz. 110, 161, 168 a.E.). Die Vorschrift verweist zwar uneingeschränkt auf das Scheitern der Einbeziehung und ihr Wortlaut bezieht sich deshalb auch auf den in § 305 Abs. 2 ausdrücklich geregelten Fall, dass der Kunde mit der Geltung der AGB nicht einverstanden ist. Der Schutzzweck rechtfertigt es indes nicht, § 306 Abs. 1 auch dann anzuwenden, wenn der Verwender die Einbeziehungsobliegenheiten beachtet hat, die wirksame Vereinbarung von AGB indessen am fehlenden Einverständnis des Kunden scheitert. Das Zustandekommen des Vertrages richtet sich vielmehr nach §§ 154, 155. Zum Sonderfall des Zustandekommens des Vertrages bei beiderseitiger Nichteinbeziehung kollidierender AGB vgl. § 305 Rz. 182 ff. Unanwendbar ist § 306 Abs. 1 auch im Fall von § 305b, beim Vorrang der Individualabrede, da dieser nicht zur Unwirksamkeit der betroffenen AGB-Bestimmung führt oder ihre Einbeziehung in den Vertrag scheitern lässt (§ 305b Rz. 11, 46)47; für die Anwendung von § 306 Abs. 1 ist deshalb kein Raum48. Im Hinblick auf die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 ist zu differenzieren. Die Voraussetzungen des § 306 Abs. 1 liegen hier vor, wenn es auf Grund der kundenfeindlichen Auslegung zur Unwirksamkeit einer mehrdeutigen AGB-Bestimmung kommt (vgl. dazu § 305c Rz. 91). Im Übrigen ist für eine Anwendung von § 306 Abs. 1 nur in den Sonderfällen mehrerer widersprüchlicher und daher insgesamt unbeachtlicher Bestimmungen oder bei mangelnder Verständlichkeit einzelner AGB-Bestimmungen Raum (§ 305c Rz. 88 f.).

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So auch Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 6. So zu Recht Grunsky JurA 1969, 92. Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 4; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 5. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 8; Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 4; Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 4; Roth Vertragsänderung, S. 10; a.A. Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 9; BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 5; Löwe § 6 AGBG Rz. 3; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 7; vgl. auch OLG Karlsruhe bei Bunte AGBE I § 9 Nr. 171: Anwendung des früheren § 6 Abs. 1 AGBG bei Widerspruch des Kunden gegen die Einbeziehung nur einer Klausel. 47 Unscharf BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (25) = NJW 1984, 2468, wonach die von einer Individualabrede abweichende AGB-Bestimmung nicht Vertragsinhalt werde. 48 Ganz h.M., vgl. nur Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 2.

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9 Praktisch bedeutsamer als das Scheitern der Einbeziehung ist die Unwirksamkeit von AGB-Bestimmungen. Nach dem Regelungszusammenhang der §§ 305–310 ist damit die Unwirksamkeit auf Grund der Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 gemeint; § 306 ist aber auch anzuwenden, wenn eine AGB-Bestimmung nach § 11 UKlaG als unwirksam anzusehen ist. Die unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 kann aber auch zu bejahen sein, wenn AGB-Bestimmungen gegen sonstige Schutzvorschriften zu Gunsten des Kunden verstoßen, die außerhalb der §§ 305–310 geregelt sind und ihrerseits die Unwirksamkeit abweichender Vereinbarungen vorsehen49. Zu denken ist etwa an die Unvereinbarkeit von AGB mit §§ 475, 487, 506, 651h, 651k BGB, § 38 Abs. 1 ZPO oder an gesetz- und sittenwidrige AGB-Regelungen (§§ 134, 138). In diesen Fällen greift auf Grund der Anwendung von § 307 auch § 306 Abs. 1 unmittelbar ein. Aber auch die Unwirksamkeit einzelner AGB-Bestimmungen auf Grund von allgemeinen Grundsätzen rechtfertigt eine analoge Anwendung von § 306 Abs. 1; der Gesetzeszweck greift auch in diesen Fällen ein (Rz. 2). Zur Anwendbarkeit von § 306 bei aus kartellrechtlichen Gründen unwirksamen Klauseln vgl. Rz. 2. b) Teilbarkeit des Vertrages 10

Entsprechend seiner Funktion als Sondervorschrift zu § 139 (Rz. 5) setzt § 306 Abs. 1 voraus, dass der lückenhafte Vertrag teilbar ist und die restlichen Vertragsteile für sich Bestand haben50. Im Wortlaut von § 306 Abs. 1 findet das seinen Ausdruck in der Formulierung, dass der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt. Für eine Ergänzung des Vertrages nach Abs. 2 und dessen ausnahmsweiser Unwirksamkeit nach Abs. 3 ist zudem nur Raum, wenn es nicht schon an den Grundvoraussetzungen für einen wirksamen Vertragsschluss fehlt. Mindesterfordernis für die Teilbarkeit und das Eingreifen von § 306 Abs. 1 ist es deshalb, dass die Schranken der §§ 305 bis 310 die Vereinbarungen über die für den Vertragsschluss objektiv wesentlichen Vertragspunkte, also die essentialia negotii, unberührt lassen51. Ist das nicht der Fall, so kann das Zustandekommen des Vertrages nicht auf § 306 Abs. 1 gestützt werden; auch eine richterliche Vertragsergänzung (vgl. dazu Rz. 31 ff.) scheidet in diesen Fällen aus52. Zum Sonderfall der AGB-Kontrolle bei Preisregelungen, die von gesetzlichen Gebührenordnungen abweichen, vgl. unten. Die Teilbarkeit des Vertrages ist im Regelfall der AGB-Verwendung freilich unproblematisch. Die typische Funktion von AGB be-

49 Bedeutung hat diese Frage namentlich für die Inhaltskontrolle im Verbandsprozess erlangt; vgl. BGH v. 14.4.1983 – VII ZR, BGHZ 87, 191 (197) = NJW 1983, 1612 (zu § 651h); BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (322 f.) (zu § 689 Abs. 2 Satz 1 ZPO); BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, BB 1983, 524 (527) (zu § 38 ZPO). 50 Stoffels Rz. 587; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 4; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 54; für Prüfung der Teilbarkeit unter Berücksichtigung der Ergänzungen nach § 306 Abs. 2 aber BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 7; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 8; Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 6. 51 Vgl. dazu näher Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 50; zust. BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 151 (156); Stoffels Rz. 587; Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 83 (87); Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 4; a.A. Löwe § 6 AGBG Rz. 15; Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 3. 52 A.A. Schlosser JURA 1984, 642 f.: Ersetzung unwirksamer Preisabrede im Wege richterlicher Rechtsfortbildung; für Geltung des üblichen oder angemessenen Entgelts bzw. Leistungsumfangs entspr. §§ 157, 315, 316 OLG Düsseldorf v. 28.5.1986 – 8 U 151/85, NJW-RR 1987, 48 (51); Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 3; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 21.

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steht in der Regelung von Nebenabreden; ihre ganze oder teilweise Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit lässt die Vereinbarungen über die Hauptleistungen grundsätzlich unberührt. Hinzu kommt, dass der Bereich der beiderseitigen Hauptabreden nach § 307 Abs. 3 nicht der (materiellen) Inhaltskontrolle unterliegt (vgl. hierzu näher § 307 Rz. 14 ff.), und damit jedenfalls hinsichtlich vorformulierter Abreden über die essentialia negotii des Vertrages eine Inhaltskontrolle regelmäßig ausscheidet53; für eine Unwirksamkeit nach §§ 307 bis 309 ist deshalb insoweit kein Raum. Eine Ausnahme gilt allerdings für die Anwendung des Transparenzgebotes auf Hauptleistungspflichten; vgl. § 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 2 (dazu Einl. Rz. 58 f.; § 307 Rz. 324, 368). Denkbar sind abweichende Gestaltungen weiterhin hinsichtlich der Nichteinbeziehung. Namentlich bei Formularverträgen kann der vorformulierte Charakter der Vertragsvereinbarungen auch die Hauptleistungspflichten umfassen und insoweit die Beachtung der Einbeziehungsobliegenheiten des § 305 Abs. 2 erfordern. Kommt es in diesen Fällen, etwa bei Unverständlichkeit von Preisvereinbarungen, ausnahmsweise zum Scheitern der Einbeziehung, so greift § 306 Abs. 1 nicht ein54. In dem Sonderfall der von gesetzlichen Gebührenordnungen abweichenden AGB steht § 307 Abs. 3 einer Inhaltskontrolle der Preisvereinbarung nicht entgegen55. Im Falle der Unwirksamkeit oder fehlgeschlagenen Einbeziehung vorformulierter Honorarregelungen bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam; an die Stelle unwirksamer oder nicht einbezogener Honorarklauseln treten nach § 306 Abs. 2 die Regelungen der Gebührenordnung.

3. Bestandteile des wirksamen Restgeschäfts a) Grundsatz Zu den nach § 306 Abs. 1 wirksamen Bestandteilen des Vertrages gehören zunächst die von der AGB-Kontrolle nicht betroffenen Individualabreden. Hinsichtlich der vorformulierten Vertragsteile richtet sich die Abgrenzung des wirksamen Vertragsrests nach dem Gegenstand der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle, denn nur insoweit treten nach §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1 und §§ 307 bis 309 (sowie § 11 UKlaG, vgl. Rz. 9) die Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit ein. Abgesehen vom Fall der gescheiterten Einbeziehung der gesamten AGB unterliegen der AGB-Kontrolle und damit auch ihren Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit einzelne Bestimmungen der vorformulierten Vertragsteile. Soweit sie selbst nach §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1 und §§ 307 bis 309 (sowie § 11 UKlaG) nicht zu beanstanden sind, bleiben sie nach § 306 Abs. 1 wirksam. Eine Ausstrahlungswirkung unangemessener oder nicht einbezogener AGB-Regelungen auf die nach den Kontrollvorschriften der §§ 305–310 wirksamen Vertragsteile lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen56. 53 Brandner in FS Hauß, 1978, S. 7 ff.; so auch BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358 (360) = NJW 1985, 3013: Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung und des Entgelts unterliegen nicht der Inhaltskontrolle. Zum Sonderfall der von gesetzlichen Vorschriften abweichenden Preisvereinbarung vgl. BGH v. 30.10.1991 – VIII ZR 51/91, WM 1991, 2157 (2158). 54 Nachw. zu abweichenden Ansichten vgl. in Fn. 52. 55 BGH v. 30.10.1991 – VIII ZR 51/91, WM 1991, 2157 (2158) zur Gebührenordnung für Ärzte. 56 So auch BGH v. 21.6.1990 – VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388 (393). Die Begründung zum früheren § 6 AGBG (BT-Drucks. 7/3919 S. 21) geht zwar davon aus, dass Vertragsteile

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Daher lässt die Unwirksamkeit einer Verwertungsregelung die formularmäßige Sicherheitenbestellung unberührt57. 11a

Für die Inhaltskontrolle von formularmäßigen Globalsicherungen, wie Globalzessionen und Sicherungsübereignungen von Warenlagern mit wechselndem Bestand, haben die in Rz. 11 getroffenen Feststellungen zur Folge, dass das Fehlen einer Freigabeverpflichtung oder deren unangemessene Ausgestaltung nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Sicherungsvereinbarung führt58. Abweichend von der früheren Rechtsprechung geht der BGH heute zutreffend davon aus, dass eine ausdrückliche vertragliche Regelung der Freigabeverpflichtung für eine wirksame Globalsicherungsabrede nicht erforderlich ist, da die Freigabeverpflichtung der Sicherungsabrede auf Grund einer ergänzenden Vertragsauslegung immanent ist59. Globalsicherungsvereinbarungen ohne Freigabeklauseln halten deshalb der Inhaltskontrolle stand60. Bei unangemessenen Freigabeklauseln sind nur diese Gegenstand der Inhaltskontrolle und unwirksam. Dagegen bleibt die Sicherungsvereinbarung nach § 306 Abs. 1 wirksam61. An die Stelle der unwirksamen Freigabeverpflichtung treten nach § 306 Abs. 2 die insoweit von der Rechtsprechung über den vertragsimmanenten Freigabeanspruch entwickelten Grundsätze62. Diese Rechtsprechung setzt sich bereits deshalb nicht dem Einwand aus, gegen das Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion (dazu Rz. 14) zu verstoßen, weil Gegenstand der Inhaltskontrolle nicht die gesamte Sicherungsabrede, sondern nur die unangemessene Freigabeklausel als selbständige Regelung ist63. Nur im Hinblick auf sie stellt sich dann die Frage einer geltungserhaltenden Reduktion; auf Grund der Unwirksamkeit der gesamten Freigabeklausel ist sie zu verneinen. Auf die Überlegung, dass der dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zugrunde liegende Präventionsgedanke und damit der Schutzzweck des Verbots in dieser Fallgruppe nicht eingreife64, braucht daher nicht abgestellt zu

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auch „mittelbar“ von der Unwirksamkeit einzelner Klauseln betroffen sein können; zust. Löwe § 6 AGBG Rz. 5. Diese – ohnehin unklare – Vorstellung hat im Gesetz freilich keinen Niederschlag gefunden. So zu Nr. 20 AGB-Banken 1986 BGH v. 12.12.1995 – XI ZR 10/95, NJW 1996, 847; BGH v. 21.11.1995 – XI ZR 255/94, WM 1996, 56 (57); BGH v. 27.6.1995 – XI ZR 8/94, BGHZ 130, 115 (120 f.); BGH v. 17.1.1995 – XI ZR 192/93, BGHZ 128, 295 (301). Anders die frühere Rechtsprechung, vgl. nur BGH v. 13.1.1994 – IX ZR 79/93, BGHZ 124, 380 (386 f., 390) sowie BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 m.w.N. BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 74/95, NJW 1996, 2786 (2787); BGH v. 11.7.1996 – XI ZR 234/95, NJW 1996, 2790; BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2093). Vgl. auch BGH v. 26.3.2015 – VII ZR 92/14 NJW 2015, 1952 (Tz. 48 f.) zur Gewährleistungsbürgschaft bei einem Bauvertrag. BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 74/95, NJW 1996, 2786 (2788); BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2093); dazu etwa Canaris ZIP 1996, 1109 ff. BGH v. 27.11.1997 – GSZ 1/97, WM 1998, 227 (230); BGHZ 138, 366 (370); BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 74/95, NJW 1996, 2786 (2788); zur gleichen Rechtslage bei Singularsicherungsabtretungen vgl. BGH v. 30.5.1995 – XI ZR 78/94, BGHZ 130, 59 (66). BGH v. 27.11.1997 – GSZ 1/97, WM 1998, 227 (230); BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 74/95, NJW 1996, 2786 (2788); BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2093); Canaris ZIP 1996, 1114 (1117). So auch Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 56. So BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 74/95, NJW 1996, 2786 (2788); für unzulässige geltungserhaltende Reduktion noch BGHZ 98, 303 (311). Zutr. gegen Vorliegen einer geltungserhaltenden Reduktion dagegen BGH v. 27.11.1997 – GSZ 1/97, WM 1998, 227 (230); BGH v. 13.1.1994 – IX ZR 2/93, BGHZ 124, 371 (375 f.); Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 56; Canaris ZIP 1996, 1114; Berger Aktuelle Rechtsprobleme bei Globalsicherheiten, in Horn (Hrsg.), Bankrecht 1998, S. 191 (217).

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werden. Eine Einschränkung oder gar Verletzung des Verbots liegt nicht vor, wenn die Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle auf deren Gegenstand beschränkt werden (vgl. Rz. 11, 12 und 14). Zu unberechtigten Einwänden könnte insoweit auch der Umstand verleiten, dass die Rechtsprechung den vertragsimmanenten Freigabeanspruch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ermittelt65. Sie darf jedoch mit einer geltungserhaltenden Reduktion nicht gleichgesetzt werden66 (Rz. 34). Ohnehin läuft die Rechtsprechung mehr auf eine richterliche Rechtsfortbildung für Globalsicherungsverträge hinaus als auf eine Lückenfüllung im jeweiligen Einzelfall67. Das zeigt sich auch an der zusätzlichen Begründung des vertragsimmanenten Freigabeanspruchs als gewohnheitsrechtliche Ausformung der fiduziarischen Kreditsicherheiten als Treuhandverhältnisse68. b) Sprachlich zusammengefasste AGB-Regelungen Nach dem in Rz. 11 aufgestellten Grundsatz richtet sich auch die Wirksamkeit des Vertragsrests bei sprachlicher Zusammenfassung mehrerer, einem einheitlichen Sachkomplex gewidmeter Regelungen in einem Satz, Absatz oder Regelungsabschnitt. Nach ganz h.M. beschränkt sich in diesen, teilweise auch unter dem Stichwort der „Teilbarkeit“ von AGB-Klauseln behandelten Fällen die Unwirksamkeit auf die unangemessenen Regelungsteile, wenn mehrere, äußerlich zusammengefasste Regelungen inhaltlich voneinander trennbar und aus sich heraus verständlich sind69. Entsprechendes gilt für die Nichteinbeziehung nach §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 170 und für die Unwirksamkeit unklarer Bedingungen71. Auch angesichts der formalen, sprachlichen Zusammenfassung liegen in diesen Fällen aus materieller, auf den selbständigen Regelungsinhalt abstellender Sicht mehrere Bestimmungen vor, die jeweils einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung zugänglich sind72; deren Rechtsfolgen erfassen dann nur die zu be65 66 67 68 69

70 71 72

Vgl. die Nachw. in Fn. 59. Dazu näher Canaris ZIP 1996, 1112 ff.; Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 178 f. So auch Berger in Horn (Hrsg.), Bankrecht 1998, S. 191 (223). BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 74/95, NJW 1996, 2786 (2788); BGH v. 11.7.1996 – XI ZR 234/95, NJW 1996, 2790; BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2093). Grundlegend BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (179, 181); seither st. Rspr., vgl. z.B. BGH v. 14.1.2015 – XII ZR 176/13, MDR 2015, 273; BGH v. 12.2.2009 – VIII ZR 39/08, NJW 2009, 1664 (1666); BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (37, 48) = NJW 1985, 623; BGH v. 4.4.1984 – VIII ZR 313/82, NJW 1984, 2687 (2688); BGH v. 9.5.1996 – VII ZR 259/94, WM 1996, 1322 (1324); BGH v. 10.10.1996 – VII ZR 224/95, WM 1997, 581 (582); BGH v. 23.6.2004 – VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586 (2587) (wo allerdings bei einem Mietvertrag die Trennbarkeit einer Schönheitsreparaturverpflichtung von der Regelung über die Mindestzeitfolge der Schönheitsreparaturen zu Unrecht abgelehnt wird); BGH v. 6.4.2005 – XII ZR 158/01, WM 2005, 2153 (2155); BGH v. 25.6.2003 – VIII ZR 344/02, NJW 2003, 2899 f.; BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 (Tz. 32). Aus dem Schrifttum vgl. Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 11; Wolf/ Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 40; Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 83 (89 ff.); Ulmer NJW 1981, 2031 f. A.A. noch Lachmann BB 1982, 1637; von Westphalen ZIP 1980, 988 f.; Hiddemann WM 1982, Sonderbeil. Nr. 5, S. 19. Vgl. zum früheren § 3 AGBG BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (56); BGH v. 7.11.1985 – IX ZR 40/85, NJW 1986, 928 (930); BGH v. 18.11.1988 – V ZR 75/87, NJW 1989, 831 (833). Im Ergebnis BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (56); zur Unwirksamkeit unklarer Regelungen vgl. § 305c Rz. 88 f., 91. BGH v. 14.1.2015 – XII ZR 176/13, MDR 2015, 273; BGH v. 6.4.2005 – XII ZR 158/01, BGH NJW-RR 2006, 84 (86); BGH v. 14.1.1999 – VII ZR 73/98, WM 1999, 808 (810);

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anstandende Bestimmung (Rz. 11); zur Vereinbarkeit dieser gesonderten Wirksamkeitsprüfung mit Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG vgl. Rz. 4d. Die Möglichkeit, bei einer für sich gesehen nicht zu beanstandenden Regelung eine unangemessene Benachteiligung unter Berücksichtigung anderer AGB-Bestimmungen zu bejahen (vgl. § 307 Rz. 155), wird durch den Grundsatz der gesonderten Wirksamkeitsprüfung nicht eingeschränkt73. In diesen Fällen geht es nicht um die Abgrenzung wirksamer Vertragsteile vom (unwirksamen) Gegenstand der Inhaltskontrolle bzw. um die Problematik der „Teilbarkeit“; insoweit sind vielmehr Gegenstand der Inhaltskontrolle und deren Art und Weise zu unterscheiden. Als Beispiele74 für die gesonderte Wirksamkeitsprüfung bzw. „Teilbarkeit“ sind zu nennen: Eine Rücktrittsklausel i.S.v. § 308 Nr. 3 mit mehreren alternativen Rücktrittsgründen enthält entsprechend viele Bestimmungen, die jede für sich der Inhaltskontrolle unterliegen; sind nur einzelne von ihnen unwirksam, so bleiben die übrigen Rücktrittsgründe hiervon nach § 306 Abs. 1 unberührt75; die Unwirksamkeit eines Verbots der Zurückbehaltung hat nicht die Unwirksamkeit eines angemessenen Aufrechnungsausschlusses zur Folge76; eine wirksame Annahmefrist i.S.v. § 308 Nr. 1 wird nicht durch die unangemessene Verlagerung des Risikos von Postlaufzeiten auf den Kunden ebenfalls unwirksam77; bei unangemessen kurzen Fristen für die Erklärung des Rücktritts nach § 323 durch den Kunden bleibt das für sich gesehen nicht zu beanstandende Schriftformerfordernis wirksam78. Eine Teilbarkeit lehnt der BGH demgegenüber ab, wenn bei Werkverträgen ein Sicherheitseinbehalt von 5% nur durch eine Bürgschaft abgelöst werden kann, die den – unwirksamen – Verzicht auf die Einrede nach § 768 enthält. In diesem Fall ist die Sicherungsvereinbarung insgesamt unwirksam79. 12a

Für die Abgrenzung des nach § 306 Abs. 1 wirksamen Restgeschäfts sind die in Rz. 12 dargestellten Grundsätze entgegen der einschränkenden Rechtsprechung auch dann maßgeblich, wenn einzelne Bestimmungen auf Grund der Unwirksamkeit sachnaher anderer Bestimmungen für sich allein keine sinnvolle Rege-

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BGH v. 7.6.1989 – VIII ZR 91/88, BGHZ 108, 1 (11 f.) = NJW 1989, 2247; BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 (2817); BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (181); BAG v. 12.3.2008 – 10 AZR 152/07, ZIP 2008, 1651 (1652); Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 155; Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 83 (91); Boemke-Albrecht Rechtsfolgen unangemessener Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1989, S. 126. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 42. So im Ergebnis auch BGH v. 26.6.1991 – VIII ZR 231/90, WM 1991, 1591 (1594) zur Unwirksamkeit des kumulativen Ausschlusses von Wandelung und Minderung im kaufmännischen Geschäftsverkehr. Vgl. weiterhin BGH v. 1.10.2014 – VII ZR 164/12, NJW 2014, 3642 (Tz. 28); BGH v. 7.11.2013 – VII ZR 167/11, NZM 2014, 172 (Tz. 24 ff.); BGH v. 10.10.2013 – III ZR 325/12, NJW 2014, 141 (Tz. 14 ff.); BGH v. 26.9.2012 – XII ZR 112/10, NJW 2013, 41 (Tz. 27). Allg. M.; vgl. zum früheren § 10 Nr. 3 AGBG nur BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (325); zu § 308 Nr. 3 vgl. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 41. BGH v. 18.4.1989 – X ZR 31/88, BGHZ 107, 185 (190 f.) = NJW 1989, 3215 (unter Aufgabe von BGH v. 16.10.1984 – X ZR 97/83, BGHZ 92, 312 = NJW 1985, 319). BGH v. 24.3.1988 – III ZR 21/87, NJW 1988, 2106 (2107). BGH v. 18.1.1989 – VIII ZR 142/88, WM 1989, 538 (539 f.) zu § 326 a.F. Vgl. weitere Beisp. bei Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 75 ff. Vgl. BGH v. 28.7.2011 – VII ZR 207/09, WM 2011, 1697; BGH v. 16.6.2009 – XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422 (3423 ff.) m.w.N. zu dieser Rechtsprechung.

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lung bilden80 oder wenn der beanstandete Regelungsteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass auf Grund seiner Unwirksamkeit von einer gänzlich neuen Vertragsgestaltung gesprochen werden muss81. Diese Rechtsprechung lässt die Möglichkeit außer Acht, den unvollständigen Vertragsinhalt nach § 306 Abs. 2 oder durch richterliche Vertragsergänzung (Rz. 33 ff.) zu einer sinnvollen Regelung zu ergänzen82. Scheidet das im Einzelfall aus, so kann unzumutbaren Vertragssituationen durch Vertragsauflösung nach § 306 Abs. 3 Rechnung getragen werden (Rz. 42 ff.). Für die Differenzierung zwischen verschiedenen Bestimmungen (Rz. 12) ist freilich nur Raum, wenn die der AGB-Kontrolle unterzogene Regelung bereits ihrem Wortlaut nach Anhaltspunkte für das Vorliegen mehrerer materiell selbständiger Bestimmungen enthält. Eine Zerlegung ihrem Wortlaut nach pauschaler Regelungen in mehrere selbständige Bestimmungen ist demgegenüber nicht zulässig, sondern verstieße gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (dazu Rz. 14); das gilt auch dann, wenn umfassende und deshalb unwirksame Regelungen, wie namentlich pauschale Haftungs- und Gewährleistungsausschlüsse, durch eine beispielhafte Aufzählung von teilweise angemessenen Tatbeständen konkretisiert werden83. Gegenstand der Wirksamkeitsprüfung ist in derartigen Fällen die umfassende pauschale Regelung, nicht aber das einzelne Beispiel. Weiterhin genügt es nicht, dass einzelne zur Unangemessenheit führende Regelungsteile oder Worte gestrichen werden können, solange nur der danach verbleibende Rest noch eine verständliche und inhaltlich selbständige Regelung bildet („bluepencil-test“)84. Das gilt unabhängig davon, ob der unangemessene Regelungsteil ohne inhaltliche Veränderung auch in einem sprachlich selbständigen Satz hätte ausgedrückt werden können85. Für den Umfang der Inhaltskontrolle und die Un80 A.A. BGH v. 1.10.2014 – VII ZR 164/12, NJW 2014, 3642 (Tz. 28); BGH v. 10.10.2013 – III ZR 325/12, NJW 2014, 141 (Tz. 14); BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (41 f.) = NJW 1985, 623; BGH v. 29.1.1986 – VIII ZR 49/85, BB 1986, 690 (691); BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 (2817); BGH v. 6.6.1984 – VIII ZR 65/83, WM 1984, 1217 (1219); BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (179). 81 BGH v. 1.10.2014 – VII ZR 164/12, NJW 2014, 3642 (Tz. 28); BGH v. 10.10.2013 – III ZR 325/12, NJW 2014, 141 (Tz. 14); BGH v. 18.4.1989 – X ZR 31/88, BGHZ 107, 185 (191) = NJW 1989, 3215; BGH v. 16.1.1992 – IX ZR 113/91, WM 1992, 391 (393); BGH v. 18.1.1989 – VIII ZR 142/88, WM 1989, 538 (540); so auch schon obiter BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 (2817) unter Hinweis auf die zur Gesamtunwirksamkeit von Automatenaufstellverträgen entwickelte Rechtsprechung, vgl. dagegen näher Rz. 22. 82 Gegen die BGH-Rspr. auch Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 161 ff. 83 Wie hier Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 40. 84 So aber z.B. BAG v. 12.3.2008 – X AZR 152/07, ZIP 2008, 1651 (1652); MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 18; Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 7; Stoffels Rz. 600; Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause, AGB-Arbeitsrecht, § 306 BGB Rz. 21; Zimmermann ArbRAktuell 2012, 105; in der Sache auch Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 20. Krit. zum blue-pencil-test auch Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 157 ff.; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 40. 85 Vgl. demgegenüber BGH v. 18.4.2007 – VIII ZR 117/06, WM 2007, 1856 (1861): Beschränkung der Unwirksamkeit auf einen intransparenten Klammerzusatz einer Klausel; dagegen Berger/Kleine NJW 2007, 3528; BGH v. 12.2.2009 – VII ZR 39/08, NJW 2009, 1664 (1966) zur Vertragserfüllungsbürgschaft unter – dem unwirksamen – Verzicht auf die Einrede nach § 768; dazu Reichelt/Wenke ZfIR 2009, 407 ff.; Pützenbacher LMK 2009, 279583; BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 (2817): im Ergebnis allein Streichung des zur Unangemessenheit führenden Wortes „unwiderruflich“ aus der Rege-

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wirksamkeitsfolge allein entscheidend ist die im Wege objektiver Auslegung zu klärende Frage, ob mehrere Bestimmungen vorliegen. Bei der hiervon zu unterscheidenden Streichung einzelner Worte, die für sich betrachtet mangels eines selbständigen materiellen Regelungsgehalts nicht Gegenstand der Inhaltskontrolle sein können, handelt es sich in Wahrheit um eine geltungserhaltende Reduktion unangemessener Bestimmungen, für die im Geltungsbereich der §§ 305–310 kein Raum ist (Rz. 14). 13a

Nur scheinbar um das in Rz. 12 ff. behandelte Problem der „Teilbarkeit“ von AGB-Klauseln und deren Grenzen geht es bei vorformulierten Bestimmungen, die Nebenabreden enthalten und Hauptleistungspflichten festlegen. Der Inhaltskontrolle unterliegt nach § 307 Abs. 3 von vornherein nicht die Regelung über die Hauptleistungspflicht; die Frage nach einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung mehrerer materiell zu unterscheidender (kontrollfähiger) AGB-Regelungen stellt sich insoweit nicht. Es geht vielmehr um die Abgrenzung des von der Inhaltskontrolle von vornherein nicht betroffenen, restlichen Vertragsinhalts i.S.v. § 306 Abs. 186. Schwierigkeiten bereitet freilich die Frage, ob derartige Hauptund Nebenabreden ohne sprachliche Differenzierung umfassende Klauseln überhaupt nach § 307 Abs. 3 kontrollfähig sind. Hält man in diesem Fall mit einer Entscheidung des BGH eine Inhaltskontrolle des die Nebenabreden betreffenden Klauselteils nur dadurch für möglich, dass die sprachlich einheitliche Klausel in einen die Hauptleistungspflicht umfassenden und in einen die Nebenabreden betreffenden Teil zerlegt wird87, ist es nur konsequent, als Gegenstand der Inhaltskontrolle und ihrer Unwirksamkeitsfolge nur den nach § 307 Abs. 3 kontrollfähigen materiellen Regelungsteil der Nebenabrede anzusehen. Die hiervon nicht betroffene Regelung über die Hauptleistungspflicht bleibt dann nach § 306 Abs. 1 wirksam88. Das ist dann aber eine Folge der bei Anwendung von § 307 Abs. 3 vorgenommenen Teilung einer Klausel im Vorfeld der Heranziehung von § 306. Daher kann – ohne Systembrüche bei der Anwendung von § 306 hervorzurufen – der Rechtsprechung des BGH zugestimmt werden, nach der bei einer betragsmäßig nicht beschränkten Bürgschaft nur die formularmäßige Ausdehnung der Bürgenhaftung auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten

lung über die Erteilung eines Überweisungsauftrages; zust. Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 11 f.; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 43; Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 11; Schlachter JuS 1989, 813; Seybold VersR 1989, 785; allgemein auch Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 20; wie hier abl. Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992, S. 337; Neumann Geltungserhaltende Reduktion und ergänzende Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1988, S. 93. 86 Zumindest unscharf daher BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (35, 37). 87 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (32, 36). Offen gelassen in BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, JZ 1998, 730; zu Recht krit. dazu Masuch BB 1998, 2592 f. Vgl. aber auch BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995 (Tz. 40); dort wird eine Preishaupt- und Preisnebenabreden enthaltende, sprachlich nicht teilbare Klausel „zum Zwecke der Kontrolle der Preisnebenabrede insgesamt der Inhaltskontrolle unterworfen“. Anders BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, ZIP 2014, 1435 (Tz. 22): Bei einer Gaspreis-Berechnungsformel, aus der sich sowohl Anfangspreis als auch spätere Preisanpassungen ergeben, unterliegt nur die Preisanpassungsfunktion der Inhaltskontrolle. 88 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (34). Seit BGH v. 13.11.1997 – IX ZR 289/96, JZ 1998, 730 (731) geht der BGH offenbar von der Unwirksamkeit der gesamten Klausel aus und schließt die Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, vgl. etwa BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, WM 2000, 64 (66); dazu Rz. 13b. Abl. Tiedtke JZ 1998, 734.

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des Hauptschuldners aus der Bankverbindung unwirksam ist, die Zweckerklärung jedoch aufrechterhalten bleibt, soweit sie den Kontokorrentkredit bis zu dem Limit betrifft, wie es bei Abgabe der Bürgschaftserklärung bestand89. Das Ergebnis der in Rz. 13a behandelten Fallgruppe beruht – entgegen missverständlichen Bemerkungen in der Rechtsprechung90 – nicht auf einer geltungserhaltenden Reduktion91, so dass insoweit von deren grundsätzlichem Verbot (Rz. 14) auch keine Ausnahme erfolgt92. Die geltungserhaltende Reduktion richtet sich darauf, eine insgesamt der Inhaltskontrolle unterliegende Klausel mit einem nicht zu beanstandenden Kern aufrechtzuerhalten. Um diese materielle Wirkung geht es dagegen nicht, wenn im Vorfeld der Inhaltskontrolle und ihrer Rechtsfolge die Aufspaltung einer Regelung erfolgt, um mit Rücksicht auf die Schranken des § 307 Abs. 3 überhaupt erst eine Inhaltskontrolle zu ermöglichen (vgl. Rz. 13a). Im Kern geht es deshalb um die Frage, ob der Rechtsprechung in dem Ausgangspunkt zu folgen ist, dass sowohl Hauptleistungspflichten als auch Nebenabreden umfassende Klauseln nicht etwa insgesamt nach § 307 Abs. 3 der Inhaltskontrolle entzogen sind, sondern ihre Teilung zur Abgrenzung des kontrollfähigen Regelungsteils zulässig ist. Mit Rücksicht auf den Schutzzweck der §§ 307–309 ist diese Frage zu bejahen. Die Wirksamkeit der Abrede über die Hauptleistungspflicht ist dann aber nach § 306 Abs. 1 folgerichtiges Ergebnis dieser methodischen Vorgehensweise, ohne dass es eines Rückgriffs auf eine geltungserhaltende Reduktion bedürfte. Aus diesem Grund liegt auch keine im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließende Vertragslücke vor93. Für sie wäre im Bereich der Hauptleistungspflichten ohnehin kein Raum (Rz. 10). Als problematisch erweisen sich nach der hier vertretenen Auffassung allerdings Fälle, in denen die zu weit reichende Zweckerklärung (vgl. Rz. 13a a.E.) als überraschend angesehen wird94. Die Vorschrift des § 307 Abs. 3 steht der Anwendung von § 305c Abs. 1 mit der Folge der insgesamt gescheiterten Einbeziehung auch dann nicht entgegen, wenn die vorformulierte Zweckerklärung auch die Hauptleistungspflicht regelt95. Auch scheidet eine ergänzende Vertragsausle-

89 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (34 f.); BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 114/94, ZIP 1995, 1888; zur Grundschuld BGH v. 20.3.2002 – IV ZR 93/01, WM 2002, 1117 (1118). Das gilt auch für die Fälle des unlimitierten Kontokorrentkredites, wenn man § 767 die gesetzliche Wertung entnimmt, dass sich hier die Bürgenhaftung und damit die nicht kontrollfähige Hauptleistung auf den Tagessaldo bei Übernahme der Bürgschaft beschränkt; a.A. Masuch BB 1998, 2592 ff. 90 Vgl. BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (35 f.): Keine „unzulässige“ geltungserhaltende Reduktion; Totalnichtigkeit als vom Schutzzweck nicht verlangte „überschießende“ Rechtsfolge. 91 A.A. Nobbe Das AGB-Recht in den Händen des Bundesgerichtshofs, in Dauner-Lieb/ Henssler/Preis (Hrsg.), Inhaltskontrolle im Arbeitsrecht, 2006, S. 38 (52 f.); Häsemeyer in FS Ulmer, 2003, S. 1097 (1103 f.); Hager JZ 1996, 175; Canaris ZIP 1996, 1113; Schmitz-Herscheidt ZIP 1997, 1142. 92 So aber Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 9; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 37 f.; Hager JZ 1996, 175; Reich/Schmitz NJW 1995, 2534. 93 A.A. BGH v. 24.3.1992 – XI ZR 205/91, BGHR AGBG § 6 Abs. 1 – ergänzende Auslegung 3; BGH v. 13.11.1997 – IX ZR 289/96, JZ 1998, 730; BGH v. 28.10.1999 – IX ZR 364/97, WM 2000, 64 (66); Nobbe in Dauner-Lieb/Henssler/Preis (Hrsg.), Inhaltskontrolle im Arbeitsrecht, 2006, S. 38 (53); Fischer WM 1998, 1710; Richrath WM 1999, 1707. 94 BGH v. 4.10.1995 – XI ZR 215/94, WM 1995, 2133 (2135); dazu auch BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (25 ff.); BGH v. 18.11.1988 – V ZR 75/87, BGHZ 106, 19 (23). 95 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (24 a.E., 25).

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gung aus (vgl. oben)96. Eine Lösung der damit verbundenen Probleme, insbesondere auch im Hinblick auf die Vermeidung von Wertungswidersprüchen zum Ergebnis bei der Inhaltskontrolle, wird man darin finden können, dass sich aus dem gesetzlichen Leitbild der Bürgschaft97 auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung eine – dispositive – begrenzte Haftung des Bürgen ergibt. Danach beschränkt sich die Haftung des Bürgen auf den Forderungsumfang, der den Anlass für die Übernahme der Bürgschaft gebildet hat98. c) Verbot der geltungserhaltenden Reduktion Schrifttum (vgl. auch Nachw. vor Rz. 1): Boemke-Albrecht Rechtsfolgen unangemessener Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1989; Canaris Gesamtunwirksamkeit und Teilgültigkeit rechtsgeschäftlicher Regelungen, in FS Ernst Steindorff, 1990, S. 519; Canaris Die Unanwendbarkeit des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion, ergänzenden Auslegung oder Umdeutung von AGB bei den Kunden begünstigenden Klauseln, NJW 1988, 1243; Götz Rechtsfolgen des teilweisen Verstoßes einer Klausel gegen das AGB-Gesetz, NJW 1978, 2223; Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung und Aufrechterhaltung von Rechtsgeschäften, 1983; Hager Der lange Abschied vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, JZ 1996, 175; Häsemeyer Geltungserhaltende oder geltungszerstörende Reduktion, in FS Peter Ulmer, 2003, S. 1097; Johannson Die Teilunwirksamkeit oder „geltungserhaltende Reduktion“ von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, DB 1981, 732; Kötz Zur Teilunwirksamkeit von AGB-Klauseln, NJW 1979, 785; Leyens/Schäfer Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen; AcP 210 (2010), 771; Lindacher Reduktion oder Kassation übermäßiger AGB-Klauseln?, BB 1983, 154; von Mettenheim Methodologische Gedanken zur geltungserhaltenden Reduktion im Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, in FS Henning Piper, 1996, S. 937; Neumann Geltungserhaltende Reduktion und ergänzende Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1988; Roth Geltungserhaltende Reduktion im Privatrecht, JZ 1989, 411; Schlachter Folgen der Unwirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen für den Restvertrag, JuS 1989, 811; Schlewing Geltungserhaltende Reduktion und/oder ergänzende Vertragsauslegung im Rahmen der AGB-Kontrolle arbeitsvertraglicher Abreden?, RdA 2011, 92; E. Schmidt Teil- oder Totalnichtigkeit angreifbarer Klauseln?, JA 1980, 401; Seybold Geltungserhaltende Reduktion, Teilunwirksamkeit und ergänzende Vertragsauslegung bei Versicherungsbedingungen, VersR 1989, 784; Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010; Ulmer Teilunwirksamkeit von teilweise unangemessenen AGB-Klauseln?, NJW 1981, 2025; Zimmermann Richterliches Moderationsrecht oder Totalnichtigkeit?, 1979.

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Von den Problemen des Gegenstands der Inhaltskontrolle und des Unwirksamkeitsumfangs bei mehreren, nicht sämtlich unangemessenen Bestimmungen einer äußerlich zusammengefassten AGB-Regelung (Rz. 12 f.) zu unterscheiden99 ist die geltungserhaltende Reduktion oder Teilunwirksamkeit, bei der die einzelne unangemessene Bestimmung durch das Gericht auf ihren (ggf. gerade noch) zulässigen Inhalt zurückgeführt werden würde, mit diesem abgeänderten Inhalt wirksam bliebe, deshalb eine Vertragslücke nicht entstehen ließe und damit den aus § 306 Abs. 2 folgenden Vorrang des dispositiven Rechts (vgl. Rz. 34)

96 A.A. – ohne Problematisierung – BGH v. 4.10.1995 – XI ZR 215/94, WM 1995, 2133 (2135). 97 In diesem Sinne wohl BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (32). 98 So auch BGH v. 18.11.1988 – V ZR 75/87, BGHZ 106, 19 (25), allerdings unter – problematischer – Berufung auf die Trennbarkeit des unzulässigen Klauselteils. 99 So auch Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 152 ff. A.A. Boemke-Albrecht Rechtsfolgen, S. 125, Roth Vertragsänderung, S. 46. Auf deutliche Ähnlichkeiten in den Ergebnissen hinweisend Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Recht, S. 83 (89, 96).

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nicht wahren würde (geltungserhaltende Reduktion im „klassischen Sinne“)100; zu deren Unvereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1 RL siehe Rz. 4d. Sie ist bei Verträgen mit Verbrauchern und mit Unternehmern jedenfalls als regelmäßige Rechtsfolge der AGB-Kontrolle ebenso abzulehnen101 wie die ihr im Ergebnis gleichkommende einschränkende Auslegung (§ 305c Rz. 100) und Umdeutung unwirksamer Bestimmungen; zur Frage einer geltungserhaltenden Reduktion in Ausnahmefällen vgl. Rz. 15, 15a. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion gilt auch für vorformulierte Arbeitsverträge102. Unbeachtlich sind auch salvatorische Klauselzusätze i.S.v. „soweit gesetzlich zulässig“ oder „soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen“; sie stehen der Unwirksamkeit einer zu weit reichenden Klausel nicht entgegen103. Gleiches gilt für die „ex-post-Inhaltskontrolle“, bei der die Unwirksamkeit davon abhängen soll, dass der Verwender von der mit §§ 307–309 unvereinbaren AGB-Regelung im konkreten Einzelfall auch tatsächlich in einem für den Kunden unangemessenen Umfang Gebrauch macht104. Die eine Reduktion oder Aufrechterhaltung nicht generell

100 Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 215, 266 f., versteht eine geltungserhaltende Reduktion dagegen nicht als methodische Vorgehensweise zur Rückführung einer unwirksamen Bestimmung auf einen angemessenen Gehalt bzw. einer teilweisen Aufrechterhaltung der Bestimmung, sondern als ein Instrument der Lückenfüllung, wenn geeignetes dispositives Recht dafür nicht zur Verfügung steht. Um eine geltungserhaltende Reduktion im „klassischen Sinne“ geht es dann aber nicht. Vgl. dazu bereits H. Schmidt ZHR 175 (2011), 584 (586 f.). 101 So auch die Rechtsprechung, grundlegend BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 (114 ff.) = NJW 1982, 2309; seither st. Rspr., vgl. etwa BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (73) = NJW 1984, 1177; BGH v. 16.10.1984 – X ZR 97/83, BGHZ 92, 312 (314 f.) = NJW 1985, 319; BGH v. 24.9.1985 – VI ZR 4/84, BGHZ 96, 18 (25) = NJW 1986, 1610; BGH v. 10.10.1991 – III ZR 141/90, BGHZ 115, 324 (326); BGH WM 1998, 723 (725); BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, WM 2000, 629 (634); BGH NJW-RR 2004, 1498; BGH v. 30.11.2004 – XI ZR 200/03, DB 2005, 1212 (1213); BGH NJW 2005, 1574 (1576); BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 (324); BGH v. 27.6.2007 – XII ZR 54/05, NJW 2007, 3421 (3423); BGH v. 27.9.2013 – V ZR 52/12, NJW 2014, 854 (Tz. 18). So auch von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle, Rz. 69; Stoffels Rz. 595; Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 6; Löwe § 6 AGBG Rz. 2, § 13 AGBG Rz. 31 f.; Häsemeyer in FS Ulmer, 2003, S. 1097 (1103 ff.); Ulmer NJW 1981, 2028 f. sowie eingehend Neumann Geltungserhaltende Reduktion, S. 58 ff., 81 und Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 107 ff., jeweils m.w.N.; mit Einschränkungen auch Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 31 ff.; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 8 f. Für Zulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion bei den Kunden begünstigenden Klauseln Canaris NJW 1988, 1243 ff. 102 BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, ZIP 2014, 1136 (Tz. 42); BAG v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 (Tz. 19); BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 (Tz. 29 f.); BAG v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/07, DB 2009, 569 (572); BAG v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, NJW 2008, 458 (461); BAG NJW 2006, 795 (798); BAG ZIP 2005, 1699 (1703); BAG ZIP 2004, 1277 (1285). 103 BGH v. 4.2.2015 – VIII ZR 26/14, NJW-RR 2015, 738 (Tz. 17); BGH v. 5.5.2015 – XI ZR 214/14, BeckRS 2015, 12004 (Tz. 14 ff.); BGH v. 5.3.2013 – VIII ZR 137/12, NJW 2013, 1668 (Tz. 2 f.); BGH v. 20.11.2012 – VIII ZR 137/12, juris (Tz. 3); BGH v. 7.9.2002 – X ZR 70/00, WM 2003, 798 (800); BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (48); BGH v. 20.1.1993 – VIII ZR 10/92, WM 1993, 660 (662); BGH v. 5.12.1995 – X ZR 14/93, WM 1996, 967 (975); a.A. BGH v. 27.1.1993 – XII ZR 141/91, WM 1993, 914 (915). Einschränk. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 45 f. Vgl. dazu auch § 305 Rz. 153. 104 BAG v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 (Tz. 21); BGH v. 6.10.2010 – VIII ZR 183/09, NJW 2010, 3645 (Tz. 28); BGH NJW 2005, 2006 (2008); BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 (267); BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24 (32); BGH v. 28.10.1981 – VIII ZR 302/80, BGHZ 82, 121 (128) = NJW 1982, 870; Wolf/ Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 26; Roth Vertragsänderung, S. 26; a.A. Basedow AcP

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ablehnende oder sogar grundsätzlich befürwortende Gegenansicht105 verträgt sich nicht mit dem Ziel der AGB-Inhaltskontrolle, auf einen von vornherein angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten AGB hinzuwirken und dem Kunden die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihm aus den vorformulierten Vertragsbedingungen erwachsenden Rechte und Pflichten zu verschaffen. Mit diesem Transparenzgebot wäre es unvereinbar, wenn durch Zulassung geltungserhaltender Reduktion dem Verwender das mit unangemessenen AGB-Bestimmungen verbundene Risiko der Gesamtunwirksamkeit der Klausel genommen und er dadurch der Aufgabe enthoben würde, selbst für die vom Gesetz angestrebte Bereinigung der AGB-Praxis zu sorgen106. – Nicht um die Frage der geltungserhaltenden Reduktion geht es, wenn bei der Inhaltskontrolle unterschiedliche Interessen verschiedener Verkehrskreise, in denen die AGB verwendet werden, berücksichtigt werden und sich daraus gruppentypisch unterschiedliche Wirksamkeitsbeurteilungen ergeben107. 15

Angesichts der eindeutigen Unvereinbarkeit mit den §§ 305–310 ist eine Reduktion oder Teilunwirksamkeit der einzelnen unangemessenen Bestimmung selbst in Ausnahmefällen nicht zuzulassen108. Sie scheidet daher auch im Falle des gutgläubigen Verwenders aus, also wenn die Unangemessenheit einer Bestimmung aus der Sicht des Verwenders zweifelhaft war und dieser die Bestimmung nach sorgfältiger Prüfung für wirksam halten durfte109 oder wenn der Verwender

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182 (1982), 357 ff.; Bechtold DB 1983, 539; Bechthold BB 1983, 1638; Johannson DB 1981, 733. Dazu auch § 305c Rz. 79, Vor § 307 Rz. 63 f. Teilweise mit Einschränkungen für den Fall eindeutiger Verstöße gegen §§ 307–309 bzw. §§ 9–11 AGBG – MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 13 f.; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 25; Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 547 ff., insbesondere 552 ff.; Boemke-Albrecht Rechtsfolgen, insbesondere S. 38 ff., 115 ff.; Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung und Aufrechterhaltung von Rechtsgeschäften 1983, S. 72 f., 200 f.; Hager JuS 1985, 267 ff.; Hager JZ 1996, 175 ff.; von Mettenheim in FS Piper, 1996, S. 950; Roth Vertragsänderung, S. 34 ff.; Witte Inhaltskontrolle und deren Rechtsfolgen im System der Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, Diss. Münster 1983, S. 98 ff.; Roth JZ 1989, 418 f. So zutr. BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 (116) = NJW 1982, 2309; BGH v. 19.9.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48 (49); vgl. auch BGH v. 31.7.2013 – VIII ZR 162/09, NJW 2013, 3647 (Tz. 63), mit der Ablehnung eines Vertrauensschutzes zugunsten des Verwenders in einem Fall, in dem eine Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung auf das Ergebnis einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion hinausliefe; zu weiteren Einwänden vgl. Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 116 ff., 141 ff. sowie – aus der Sicht des Befürwortens einer Reduktion – Boemke-Albrecht Rechtsfolgen, S. 38 ff. BGH v. 9.2.1990 – V ZR 200/88, BGHZ 110, 241 (244); BGH v. 28.10.1999 – IX ZR 364/97, NJW 2000, 658 (660); BAG v. 27.4.2000 – 8 AZR 286/99, NJW 2000, 3299 (3301); OLG Frankfurt am Main v. 3.2.1998 – 5 U 267/96, BB 1998, 2230; Stoffels Rz. 604; Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 6. A.A. namentlich Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 552 ff. Im Ergebnis für geltungserhaltende Reduktion bei Dauerschuldverhältnissen, insb. unangemessenen Versicherungsbedingungen, Seybold VersR 1989, 785 f.; ausdrücklich dagegen BGHZ 111, 278 (279); BGHZ 127, 35 (47). Vgl. auch Herr CR 1992, 343. Offengelassen zum Klauselzusatz „soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen“ von BGH v. 5.5.2015 – XI ZR 214/14, BeckRS 2015, 12004 (Tz. 17). Dafür indessen Leyens/Schäfer AcP 210 (2010), 771 (801); Bunte NJW 1982, 2298; Bunte AcP 181 (1981), 42; von Hippel BB 1985, 1631; offengelassen zur salvatorischen Klausel „soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen“ von BGH v. 5.5.2015 – XI ZR 214/14, BeckRS 2015, 12004 (Tz. 17); z.T. ähnlich – Reduktion zur Vermeidung von „Härtefällen“ oder der Gesamtunwirksamkeit nach dem früheren § 6 Abs. 3 AGBG

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die Unangemessenheit weder kannte noch sich ihr verschlossen hat110; vgl. auch § 305 Rz. 153 zum Klauselzusatz „soweit gesetzlich zulässig“. Soweit zur Begründung der Ausnahme auf ähnliche Überlegungen zu § 138 verwiesen wird111, beruhen diese Ansichten auf dem unzutreffenden Verständnis der Unwirksamkeitsfolge als einer Art Strafsanktion für die vorwerfbar unangemessene Ausgestaltung der AGB; schon deshalb sind sie nicht haltbar112. Aber auch soweit man der Inhaltskontrolle und ihrer Unwirksamkeitsfolge präventiven Charakter zumisst und die Präventionswirkungen durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt, muss dies nicht zur Anerkennung einer geltungserhaltenden Reduktion führen113. Die etwaige Unverhältnismäßigkeit der Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle zeigt sich weniger darin, dass auch der gutgläubige AGB-Verwender die vollständige Unwirksamkeit einer übermäßigen Regelung hinnehmen muss. In erster Linie geht es um die Frage, ob infolge des Wegfalls der betroffenen AGBBestimmung unverhältnismäßige Ergebnisse auf Grund der Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 eintreten. Insoweit hat aber § 306 Abs. 3 – ersichtlich zu Lasten des Verwenders – eine Wertentscheidung getroffen, die die Vertragsparteien bis zur Grenze der Unzumutbarkeit am Vertrag festhält und deshalb auch ein Verhältnismäßigkeitsprinzip einschränkt; diese gesetzliche Grundentscheidung darf nicht im Interesse einer Reduktion oder Aufrechterhaltung unangemessener Klauseln außer Acht gelassen werden. Darüber hinaus lässt die Gegenansicht aber auch die Möglichkeiten außer Betracht, die die Vorschrift des § 306 Abs. 2 bei Lückenhaftigkeit des vorformulierten Vertrages eröffnet, darunter den Weg der – freilich am typischen Interesse beider Seiten ausgerichteten und dadurch von der geltungserhaltenden Reduktion zu unterscheidenden – ergänzenden Vertragsauslegung (Rz. 33 ff.). Schließlich bedarf es der Reduktion auch nicht in Fällen, in denen die Unangemessenheit von AGB-Bestimmungen darauf beruht, dass ihr Wortlaut untypische Ausnahmefälle einschließt114. Bei der gebotenen objektiven, an Sinn und Zweck orientierten Auslegung werden diese Ausnahmesituationen von der Bestimmung trotz ihres u.U. weiter gehenden Wortlauts ohnehin nicht erfasst (§ 305 Rz. 153, § 305c Rz. 86, 231); für eine Unwirksamkeit der Bestimmung ist schon deshalb kein Raum. Das gilt auch für vorformulierte Arbeitsverträge115. Entsprechendes kommt im kaufmännischen Geschäftsverkehr für handelsübliche Klauseln in Betracht, wenn ihr gegenüber dem weiterreichenden Wortlaut

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(heute § 306 Abs. 3) – Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 556 f.; a.A. Lindacher BB 1983, 156; E. Schmidt JA 1980, 406; Ulmer NJW 1981, 2029 f. Unhaltbar LG Hamburg NJW 1986, 262 (263), das mit der genannten Begründung eine Reduktion bei Verstoß einer Klausel gegen den früheren § 11 Nr. 16 AGBG bejahte. Dafür Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 557, der darüber hinaus auch bei Gutgläubigkeit des Verwenders hinsichtlich der Unanwendbarkeit des AGBG a.F. eine Aufrechterhaltung befürwortet (S. 563 f.). Vgl. die frühere Bezugnahme von Palandt/Heinrichs, 42. Aufl. 1981, Vorbem. § 8 AGBG Anm. 3b, auf den Beitrag von Lindacher AcP 173 (1973), 124 ff., in dem der subjektive, der Abschreckung oder Strafsanktion dienende Charakter von § 138 betont wird; so auch Lindacher BB 1983, 156. Gegen die Überbetonung dieses Aspekts und für grundsätzliches Abstellen auf objektive Sittenwidrigkeitskriterien zu Recht MünchKomm/Mayer-Maly, 3. Aufl. 1993, § 138 BGB Rz. 1 ff., 111 ff. m.w.N. Gegen die Strafsanktion der Inhaltskontrolle zu Recht auch E. Schmidt JA 1980, 402 in Auseinandersetzung mit Götz NJW 1978, 2225 und Kötz NJW 1979, 788. A.A. namentlich Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 547 f. So aber Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 553 f. BAG v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, ZIP 2005, 1699 (1701).

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eingegrenzter Anwendungsbereich allgemein anerkannt ist116; der Rückgriff auf eine geltungserhaltende Reduktion ist auch hier nicht erforderlich. Abzulehnen ist schließlich auch die Rechtsprechung des BGH117, die bei Altverträgen, auf die das frühere AGBG noch nicht uneingeschränkt Anwendung fand, eine teilweise Aufrechterhaltung unangemessener AGB unter Berufung auf die frühere AGB-Rechtsprechung zuließ. Auch abgesehen von den allgemeinen, aus dem Schutzzweck der Inhaltskontrolle abgeleiteten Bedenken gegen eine geltungserhaltende Reduktion (Rz. 14) setzt sich diese Rechtsprechung dem Einwand aus, dass die teilweise Aufrechterhaltung unangemessener AGB schon nach früherem Recht mit der offenen Inhaltskontrolle von AGB und der damit verbundenen Unwirksamkeitsfolge nicht zu vereinbaren war118. Zur Unzulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion auch bei im internationalen Handelsverkehr verwendeten Klauseln vgl. Anh. § 305 Rz. 34. 15b

Von dem bis heute aufrechterhaltenen (vgl. Rz. 14) grundsätzlichen Verbot ist der BGH für Sonderfälle abgewichen und hat damit Bereichsausnahmen vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion begründet. Unter Berufung auf einen Charakter der AGNB und ADSp als „fertig bereitliegende Rechtsordnung“ hält er bei diesen Bedingungswerken eine Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion für gerechtfertigt119. Dieser Begründung ist nicht zu folgen; mit der vertragsrechtlichen Natur von AGB-Bestimmungen ist es nicht zu vereinbaren, ihnen einen gesetzesgleichen oder -ähnlichen Charakter beizumessen (dazu auch Einl. Rz. 39). Allerdings bedarf es einer geltungserhaltenden Reduktion auch nicht in Fällen, in denen sich bei handelsüblichen Klauseln oder Bedingungswerken über Jahrzehnte hinweg eine bestimmte, gegenüber dem Wortlaut weniger weit reichende Auslegung herausgebildet hat (vgl. Rz. 15), mit deren Inhalt Klauseln dann der Inhaltskontrolle unterliegen120. Auf diesem Wege lassen sich auch Wertungswidersprüche zur Rechtslage einer etwaigen Inhaltskontrolle der in Rede stehenden Klauseln im abstrakten Kontrollverfahren vermeiden, in dem eine teilweise Aufrechterhaltung im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion von vornherein ausscheidet. Die Rechtsprechung zu weit reichenden Sicherungszweckerklärungen läuft ohnehin nicht auf eine gel-

116 Vgl. BGH v. 14.11.1984 – VIII ZR 283/83, BGHZ 92, 396 (398); ähnlich Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 9; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 16 sowie – freilich zu Unrecht von einer geltungserhaltenden Reduktion ausgehend – Rabe NJW 1987, 1984 f. 117 BGH v. 20.6.1984 – VIII ZR 337/82, BGHZ 91, 375 (386 f.) = NJW 1984, 2404; unter Berufung auf das Gebot einer verfassungskonformen Auslegung des früheren AGBG; vgl. auch BGH v. 27.2.1985 – VIII ZR 85/84, NJW 1985, 2693 (2695); zust. Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 13, § 28 AGBG Rz. 5. 118 Vgl. näher Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 221 ff. Gegen geltungserhaltende Reduktion auf der Grundlage des früheren Rechts schon BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305 (312) = NJW 1983, 385; BGHZ 114, 338 (342 f.). 119 BGH v. 4.5.1995 – I ZR 90/93, BGHZ 129, 323 (328) (AGNB); BGHZ 129, 345 (349) (ADSp); anders aber für die Betriebsordnung der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft BGH v. 4.5.1995 – I ZR 70/93, WM 1998, 2064 (2066); jeweils I. ZS; im Ergebnis zust. von Mettenheim in FS Piper, 1996, S. 954; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 20; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 25; Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 10; abl. Stoffels Rz. 603; BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 16; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 39; Löwe ZIP 1995, 1273. Zur Charakterisierung der ADSp als fertig bereitliegende Rechtsordnung und einer daraus resultierenden Gesamtwürdigung vgl. bereits BGHZ 127, 175 (281); dazu Schott in FS Piper, 1996, S. 1027 ff. 120 Schott in FS Piper, 1996, S. 1035.

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tungserhaltende Reduktion hinaus (Rz. 13b). Ein Abrücken von deren Verbot ist daher in den behandelten Urteilen im Ergebnis weder zu sehen noch sollten sie zum Anlass genommen werden, an dem Verbot nicht mehr fest zu halten121. d) „Personale Teilunwirksamkeit“ Von der in Rz. 14 f. behandelten sachlichen Teilunwirksamkeit einer übermäßi- 16 gen AGB-Bestimmung zu unterscheiden ist das Problem der sog. „personalen Teilunwirksamkeit“. Es stellt sich in denjenigen Fällen, in denen eine Bestimmung eine für Verwender und Kunden einheitlich geltende Regelung vorsieht, wie etwa einen Preisänderungsvorbehalt oder die Pflicht zur Zahlung einer Schadenspauschale oder Vertragsstrafe, während die Inhaltskontrolle sich nur gegen unangemessene Benachteiligungen des Kunden richtet. Die gegen die geltungserhaltende Reduktion bestehenden Bedenken (Rz. 14) greifen insoweit nicht durch. Denn §§ 307 bis 309 knüpfen schon nach ihrem Wortlaut die Unwirksamkeitsfolge nur an die unangemessene Benachteiligung des Kunden an. Ebenso beschränkt sich auch die Zielsetzung der §§ 305 bis 310 darauf, den Verwender an der einseitigen Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit zu seinen Gunsten zu hindern, steht aber der Anerkennung vorformulierter Bestimmungen zu seinen Lasten nicht entgegen122. Anders als im Falle der geltungserhaltenden Reduktion stellt sich hier auch nicht die Problematik einer richterlichen Vertragsgestaltung im Verwenderinteresse, da es nur darum geht, die Anwendbarkeit der Bestimmung zu Gunsten des Kunden unberührt zu lassen. Eine nach ihrem Wortlaut für beide Vertragsteile gleichermaßen geltende Regelung, die in ihrem den Kunden belastenden Teil einen für diesen unangemessenen eigenständigen Regelungsgehalt aufweist, bleibt somit hinsichtlich ihres den Verwender belastenden Teils von der Inhaltskontrolle unberührt123. Dem steht auch nicht etwa § 139 entgegen124, da diese Auslegungsvorschrift auf vorformulierte Vertragsbestandteile keine Anwendung findet (Rz. 1, 5). Die hier vertretene Auffassung trägt schließlich Art. 6 Abs. 1 RL Rechnung, nach dem die Mitgliedsstaaten vorsehen müssen, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind. Das wird zu Recht dahin verstanden, dass sich der Verwender unangemessener AGB nicht zu Lasten des Kunden auf die Unwirksamkeit berufen können darf125; vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 53.

121 A.A. Hager JZ 1996, 175 ff.; tendenziell auch Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 9. 122 Vgl. BGH v. 30.10.1990 – IX ZR 9/90, NJW 1991, 353 (354); BGH v. 4.12.1986 – VII ZR 354/85, NJW 1987, 837 (838). 123 OLG Düsseldorf v. 28.4.1999 – 11 U 69/98, NJW-RR 2000, 279 (284); OLG Celle v. 21.11.2013 – 2 U 179/13, IBRRS 95548; Stoffels Rz. 601; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 15; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 19; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 44; a.A. – für Gesamtunwirksamkeit – Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 12; von Bernuth BB 1999, 1285 f.; Feiber NJW 1980, 1148. 124 So aber Feiber NJW 1980, 1148. 125 Kapnopoulu Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, 1997, S. 151. So allgemein, ohne Berufung auf die EG-Klauselrichtlinie, auch BGH v. 13.10.2004 – I ZR 249/01, NJW-RR 2005, 34 (36); BGH WM 1998, 767 (768); BAG v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, NZA 2006, 257 (258).

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4. Allgemeine Wirksamkeitsgrenzen 17

Die grundsätzliche Wirksamkeit des Vertrages trotz der Lücken im vorformulierten Teil findet ihre Grenze nicht nur in der Ausnahmevorschrift des § 306 Abs. 3. Vielmehr ist bereits im Rahmen von Abs. 1 und vor einer etwaigen Lückenfüllung nach Abs. 2 zu prüfen, ob die vertragliche Bindung nicht im Einzelfall aus sonstigen Gründen entfällt. Das kann zu bejahen sein, wenn der Kunde der Einbeziehung der AGB in den Vertrag widerspricht und es deshalb an übereinstimmenden Willenserklärungen als Voraussetzung eines wirksamen Vertragsschlusses fehlt (Rz. 8); Entsprechendes gilt in den seltenen Fällen, in denen die essentialia negotii des Vertrages auf Grund der AGB-Kontrolle nicht wirksam vereinbart worden sind (Rz. 10). Als Gründe für die Gesamtunwirksamkeit kommen weiter die Irrtumsanfechtung (Rz. 18 ff.), das Eingreifen von § 138 (Rz. 21 f.) und diejenigen Fälle in Betracht, in denen auf Grund einer Vielzahl unwirksamer AGB-Bestimmungen die Inhaltskontrolle unter Aufrechterhaltung des Vertrages zu erheblichen Änderungen des Vertragsinhalts führt (Rz. 22). a) Irrtumsanfechtung Schrifttum: Lass Zum Lösungsrecht bei arglistiger Verwendung unwirksamer AGB, JZ 1997, 67; Locher Zur Anfechtung wegen Irrtums über die Einbeziehungsvoraussetzungen und über den Inhalt einzelner Klauseln in AGB, BB 1981, 818; Loewenheim Irrtumsanfechtung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, AcP 180 (1980), 433.

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Zum Eingreifen von § 119 Abs. 1 gegenüber Willenserklärungen des Kunden, die nach §§ 133, 157 als auf die Einbeziehung der AGB des Verwenders gerichtet zu verstehen sind und bei denen sich der Kunde über den Erklärungsinhalt irrt, vgl. schon § 305 Rz. 162. Zumindest im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern als Kunden werden derartige Fälle nur selten eintreten, da die Vorschrift des § 305 Abs. 2 Nr. 1 insoweit im Regelfall einen ausdrücklichen Hinweis des Verwenders im Rahmen seines Vertragsangebots fordert. Die Anfechtung kann sich einerseits auf die gesamte Einbeziehungserklärung richten126. Sie setzt voraus, dass der Kunde irrtümlich von der Vorstellung ausging, ohne AGB abzuschließen, d.h. also konkrete, wenn auch falsche Vorstellungen vom Inhalt seiner Erklärung hatte; hieran fehlt es, wenn er sich über die Einbeziehung keine Gedanken machte127. Außerdem muss der Irrtum nach § 119 Abs. 1 kausal für die Erklärung gewesen sein; das ist bei branchenüblicher AGB-Verwendung regelmäßig zu verneinen128. Neben der Anfechtung der Einbeziehung sämtlicher AGB kommt auch diejenige einzelner AGB-Bestimmungen in Betracht, wenn der nach § 119 Abs. 1 relevante Irrtum sich hierauf beschränkte, so namentlich bei Unkenntnis des Kunden von zwischenzeitlichen Änderungen des Inhalts der ihm an sich bekannten AGB129; dagegen ist eine Anfechtung wegen Irrtums über Bedeutung oder Rechtsfolgen einzelner Bestimmungen grundsätzlich ausge-

126 Erman/Roloff § 305 BGB Rz. 41; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 7; Locher BB 1981, 819; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (455); a.A. Tilmann ZHR 142 (1978), 61. 127 So zutr. Locher BB 1981, 819; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (441). 128 Locher BB 1981, 820; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (453). 129 Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 8; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 7; Locher BB 1981, 821; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (445 f.); a.A. Löwe Vorbem. §§ 8–11 AGBG Rz. 27.

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schlossen130. Ist der Inhalt einzelner Bestimmungen überraschend – wie etwa im Fall der arglistigen Täuschung über ihren Inhalt oder ihre Bedeutung (vgl. Rz. 7) –, so scheitert ihre Einbeziehung schon an § 305c Abs. 1; einer Anfechtung bedarf es nicht. Die Rechtsfolge einer auf die Einbeziehung einzelner oder aller AGB beschränkten Anfechtung131 bestimmt sich nur dann nach § 306, wenn der Anfechtungsgrund im Verantwortungsbereich des Verwenders liegt, wie im Falle der arglistigen Täuschung über Inhalt und Bedeutung von AGB und bei unklaren oder unverständlichen Bestimmungen132. In diesen Fällen scheitert freilich die Einbeziehung der AGB regelmäßig schon an §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1 (vgl. auch § 305 Rz. 150 ff.); einer Anfechtung bedarf es nicht. In den übrigen Fällen einer (Teil-)Anfechtung richtet sich die Restwirksamkeit des Vertrages nach § 139133. Soweit die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 123, insbesondere die Arglist des Verwenders und die Kausalität der Täuschung für den Vertragsabschluss vorliegen134, stehen weder die Nichteinbeziehung überraschender Klauseln nach § 305c Abs. 1 noch die besonderen Rechtsfolgen der AGB-Kontrolle nach § 306 der Anfechtung der gesamten Willenserklärung durch den Kunden entgegen. Deren Folge ist nach § 142 Abs. 1 die Nichtigkeit des ganzen Vertrages. Eine die allgemeinen Anfechtungsregelungen über die Fälle der Teilanfechtung (vgl. oben) hinaus generell verdrängende Wirkung der §§ 305c Abs. 1, 306 wäre mit dem Schutzzweck der §§ 305–310 auch nicht zu vereinbaren. Der Begründung eines Lösungsrechts im Rahmen von § 306 Abs. 3 bedarf es in diesen Fällen daher nicht135. Soweit es demgegenüber um den Irrtum des Verwenders über die Einbeziehung seiner AGB geht, sind aus der Sicht von § 119 Abs. 1 unproblematisch diejenigen Fälle, in denen der Verwender das Angebot irrtümlich ohne Bezugnahme auf seine AGB abgibt (Rz. 7)136; die Anfechtung bezieht sich dabei – mit der Folge des § 122 – auf das Restgeschäft. Hiervon abgesehen kann der Irrtum des Verwenders auf zwei Gründen beruhen: entweder darauf, dass er zu Unrecht annimmt, die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 beim Vertragsschluss erfüllt zu haben, oder darauf, dass er von ihrem Bestehen keine Kenntnis hat und deshalb irrtümlich von der Einbeziehung der AGB auf Grund der übereinstimmenden Willenserklärungen beider Seiten ausgeht. Beiden Fällen ist gemeinsam, dass Wille und Erklärung insoweit zusammenfallen, als es um die Einbeziehung der AGB geht. Diese scheitert nicht an den entsprechenden Erklärungen, sondern an

130 Vgl. näher Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (445 f.) mit Nachw. in Fn. 49 f. (so jedenfalls bei Irrtum über die Nebenfolgen); a.A. anscheinend BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 83/82, NJW 1983, 1854. 131 Zur Teilanfechtung und ihren Voraussetzungen vgl. statt aller Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (445 f.) mit Nachw. 132 So auch Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 9; a.A. Schroeder Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach dem AGB-Gesetz und die Rechtsgeschäftslehre, 1983, S. 45, 47 f.; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 4; im Grundsatz auch Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (457 ff.). 133 Zutr. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 9; so schon Canaris Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 216 Fn. 100. 134 Zu weitgehend Lass JZ 1997, 72: im Regelfall arglistige Täuschung wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht über die überraschende Klausel. 135 A.A. Lass JZ 1997, 73 f. 136 Für Anfechtungsmöglichkeit auch Locher BB 1981, 820; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (446). A.A. BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 9; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 5.

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der Nichterfüllung der Obliegenheiten des § 305 Abs. 2. Prüft man die Erheblichkeit eines Irrtums der beiden vorgenannten Arten nach § 119 Abs. 1, so scheiden zunächst diejenigen Fehlvorstellungen des Verwenders aus, die sich auf die Erfüllung der in § 305 Abs. 2 vorgeschriebenen, zur Willenserklärung hinzukommenden Obliegenheiten beziehen, wie etwa auf das Vorhandensein eines für die Kenntnisnahme des Kunden nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 erforderlichen, auf die AGB hinweisenden Aushangs137. Es handelt sich um Umstände außerhalb der Willenserklärung, die auf deren Formulierung oder Inhalt keinen Einfluss haben und schon deshalb für eine Anfechtung nicht in Betracht kommen138. 20

Weniger eindeutig ist die Rechtslage, wenn der Irrtum des Verwenders sich auf die Rechtsfolgen der Willenserklärung bezieht, und der Verwender in Rechtsunkenntnis der Meinung ist, seine vom Kunden angenommene Einbeziehungserklärung werde zum gewünschten Erfolg führen, so etwa bei Beschränkung auf einen Aushang an Stelle des nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 gebotenen ausdrücklichen Hinweises. Insoweit könnte es nahe liegen, auf eine – freilich wenig konsistente – Rechtsprechung des RG zurückzugreifen, wonach der Rechtsfolgenirrtum dann als beachtlicher Inhaltsirrtum zu werten ist, wenn die Willenserklärung von der gewollten wesentlich verschiedene Rechtswirkungen erzeugt, nicht aber beim Irrtum über nicht erkannte und nicht gewollte Nebenfolgen139. Indessen kann diese Unterscheidung hier letztlich dahinstehen. Denn im Unterschied zu den vom Reichsgericht entschiedenen Fällen geht es bei der Nichteinbeziehung von AGB – bzw. bei der ihr im Ergebnis gleichstehenden Unwirksamkeit einzelner Klauseln – nicht um die irrtümliche Herbeiführung anderer, namentlich weiter gehender Rechtsfolgen, sondern um ein Problem der nicht auf Willensmängeln, sondern auf Rechtsgründen beruhenden Teilunwirksamkeit140. Ihre Rechtsfolgen richten sich aber nicht nach § 119 Abs. 1, sondern nach der Vorschrift des § 306. Für eine Irrtumsanfechtung des Verwenders in denjenigen Fällen, in denen er sich über die Rechtsfolgen seiner Einbeziehungserklärung irrte, ist daher kein Raum141. b) Gesamtunwirksamkeit des Vertrages nach § 138?

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An einem wirksamen Vertragsrest i.S.v. § 306 Abs. 1 fehlt es, wenn der ganze Vertrag wegen sittenwidriger Hauptleistungspflichten nach § 138 unwirksam ist. Bedeutung hat das in der Praxis namentlich für Darlehensverträge erlangt, bei denen die sittenwidrige Gesamtbelastung des Kunden nach st. Rspr. nicht allein mit der Zinshöhe, sondern unter zusätzlicher Heranziehung der zu einer weiteren wirtschaftlichen Belastung des Kunden führenden, unangemessenen AGB begründet wird142. Kollisionen mit § 306 Abs. 1 können in diesen Fällen bereits deshalb nicht auftreten, weil es in erster Linie um die – nach § 307 Abs. 3 137 Allg. M., vgl. nur Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (447). 138 RGZ 51, 281 (283); Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (447); unklar RGZ 85, 221 (223); dagegen zu Recht Flume Das Rechtsgeschäft, § 234d. 139 RGZ 88, 278 (285) in Abgrenzung zu RGZ 51, 281 (283); RGZ 57, 270 (273) und RGZ 76, 439 (440); so auch RGZ 98, 136 (138 f.); RGZ 134, 195 (197 f.). 140 So auch Soergel/Lange/Hefermehl, 11. Aufl. 1978, Vorbem. § 145 BGB Rz. 124. 141 Soergel/Lange/Hefermehl, 11. Aufl. 1978, Vorbem. § 145 BGB Rz. 124; Locher BB 1981, 820; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (447). 142 Vgl. nur BGH v. 12.3.1981 – III ZR 92/79, NJW 1979, 805 f.; BGHZ 80, 153 (161, 171 f.) = NJW 1981, 1206. Zur Bürgschaft vgl. BGH NJW 1997, 3372 (3374).

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der Inhaltskontrolle entzogene – Kontrolle der Hauptleistungspflichten nach § 138 und nicht um die Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen nach §§ 307 bis 309 geht. Entgegen verbreiteter Ansicht im Schrifttum schränkt die Unwirksamkeit von AGB nach §§ 307 bis 309 die umfassendere Sittenwidrigkeitsprüfung des gesamten Vertrages auch nicht etwa in der Weise ein, dass unangemessene Bestimmungen nicht mehr berücksichtigt werden dürften143. Hiervon zu unterscheiden sind diejenigen Fälle, in denen zwar die Hauptleistungspflichten selbst – auch unter Berücksichtigung damit im Sachzusammenhang stehender AGB – nicht nach § 138 zu beanstanden sind, jedoch eine Häufung unangemessener oder unübersichtlicher AGB die Sittenwidrigkeit des ganzen Vertrages rechtfertigen könnte. Von dieser Möglichkeit ist die frühere Rechtsprechung wiederholt ausgegangen144. Zur Gesamtunwirksamkeit ist sie jedoch nur in seltenen Fällen gelangt, wenn bei atypischen Verträgen eine Vielzahl von Klauseln zu beanstanden war und ihre Anpassung im Wege der Auslegung oder ihr ersatzloser Wegfall zu einem „völlig anderen Vertragsinhalt“ geführt hätte145. Nachfolgende Urteile zum früheren AGBG haben diese Rechtsprechung wiederholt bestätigt, ohne freilich die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages tatsächlich zu bejahen146. Im Ergebnis übereinstimmend mit der restriktiven Haltung der Rechtsprechung 22 ist eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrages bei einer Vielzahl zu beanstandender AGB abzulehnen147; einschränkend aber Vor § 307 Rz. 61. Zwar hat die Sittenwidrigkeitskontrolle nach § 138 angesichts ihres den ganzen Vertrag umfassenden Prüfungsansatzes und ihrer weiter gehenden, auf die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages gerichteten Rechtsfolgen grundsätzlich Vorrang vor der Inhaltskontrolle einzelner Klauseln nach §§ 307 bis 309148. Dem Schutz des Kunden (Rz. 1, 5) wäre jedoch wenig gedient, wenn er den Verwender gerade bei einer Häufung unangemessener AGB nicht an einem angemessenen Vertragsinhalt festhalten könnte149. Auch wäre der Wertungswiderspruch nicht zu erklären, dass der wegen einer Vielzahl unangemessener AGB schon sittenwidrig handeln143 Vgl. näher Vor § 307 Rz. 60. Zutr. BGH v. 18.9.1997 – IX ZR 283/96, NJW 1997, 3372 (3374); BGH v. 12.3.1981 – III ZR 92/79, BGHZ 80, 153 (172); MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 8; Stoffels Rz. 386; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 53; Wolf/Pfeiffer § 307 BGB Rz. 26; Nüßgens in FS Werner, 1984, S. 594 ff. A.A. z.B. Bunte ZIP 1985, 10; Löwe NJW 1980, 2079; Bruse BB 1986, 478 ff. (482). 144 Grundlegend BGHZ 51, 55 (59 f.) = NJW 1969, 230. Vgl. weiter BGH NJW 1970, 29 (30); BGH NJW 1971, 1034 (1035); BGH NJW 1977, 1058 (1059); BGH WM 1978, 723 (724); BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (160, 162). Zust. aus dem früheren Schrifttum Grunsky JurA 1969, 100; Schmidt-Salzer NJW 1971, 1034; a.A. Wolf Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, 1970, S. 291 f.; im Grundsatz auch Däubler JuS 1971, 401 ff. 145 BGHZ 51, 55 (59 f.) (Automatenaufstellvertrag); vgl. weiter BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (160, 162); BGH NJW 1971, 1034 (1035). 146 BGH v. 21.3.1990 – VIII ZR 196/89, WM 1990, 1198 (1200); BGH NJW 1990, 567 (569); BGH v. 7.11.1985 – IX ZR 40/85, NJW 1986, 928 (930); BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (54, 56); BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 (2817); OLG Hamburg v. 9.3.1983 – 5 U 114/82, ZIP 1983, 588. 147 A.A. – ergänzungsfähiger Vertragsrest i.S.v. § 6 Abs. 1 AGBG (jetzt § 306 Abs. 1) fehlt – Stoffels Rz. 590; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 54; Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung, S. 199 f.; für Anwendung von § 138 bei einer Vielzahl unwirksamer Klauseln Soergel/Hefermehl, 12. Aufl. 1987, § 138 BGB Rz. 149 (anders bei Unverständlichkeit von AGB). 148 Vgl. Nachw. in Fn. 143. 149 Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 83 (87).

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de Verwender insgesamt von seinen Vertragspflichten, namentlich auch den Hauptleistungspflichten befreit sein soll, während der Verwender nur einzelner unangemessener Klauseln am Vertrag zu für den Kunden angemessenen Bedingungen bis zur Unzumutbarkeitsgrenze des § 306 Abs. 3 festgehalten wird. Die Unwirksamkeitsfolge des § 138 beschränkt sich deshalb in den Fällen einer Häufung unangemessener oder unübersichtlicher AGB auf die zu beanstandenden vorformulierten Vertragsteile150; der Restvertrag bleibt in analoger Anwendung von § 306 Abs. 1 wirksam (Rz. 2). Das gilt entgegen der Rechtsprechung (Rz. 21) auch dann, wenn der Wegfall zahlreicher Klauseln den Vertragsinhalt wesentlich verändern würde. Auch bei einer Vielzahl unangemessener AGB sind Vertragslücken durch dispositives Recht oder ergänzende Vertragsauslegung (Rz. 31 ff.) zu schließen; eine Einschränkung enthält § 306 Abs. 2 insoweit nicht. Soweit es darum geht, den Vertragsparteien keine unzumutbare Umgestaltung des Vertrages aufzudrängen, kann diesem Interesse nach § 306 Abs. 3 Rechnung getragen werden151. Die Anwendung von § 306 Abs. 3 als Lösungsrecht vom Vertrag (Rz. 48) weist zudem gegenüber einer kraft Gesetzes eintretenden Gesamtunwirksamkeit den Vorzug auf, dass die unzumutbar belastete Vertragspartei über die Herbeiführung der Unwirksamkeit des Vertrages entscheiden kann. Darin liegt nicht zuletzt angesichts der erheblichen Rechtsunsicherheit, die sich mit der Feststellung einer völligen Neugestaltung des Vertrages verbindet (Rz. 21), die sachgerechtere Rechtsfolge.

5. Von § 306 Abs. 1 abweichende Vereinbarungen 23

Angesichts der in AGB auch heute noch regelmäßig enthaltenen, dem § 306 Abs. 1 entsprechenden Teilunwirksamkeitsklauseln („Erhaltungsklauseln“)152 hat die Frage nach dem zwingenden Charakter der Vorschrift kaum praktische Bedeutung. Sie ist jedenfalls zu bejahen, soweit es um vorformulierte Abweichungen geht153 (Vor § 307 Rz. 100). Zu weit ginge es demgegenüber, auch individualvertragliche Abweichungen von § 306 Abs. 1 generell nicht zuzulassen154 (Vor § 307 Rz. 102). Mit dem Schutzzweck von § 306 Abs. 1 (Rz. 1, 5) wäre es zwar nicht zu vereinbaren, wenn der Kunde auf Grund einer individualvertraglichen Vereinbarung generell, unabhängig von den im Einzelfall betroffenen Klauseln und ihrer Bedeutung für den Kunden und Verwender vor die Wahl gestellt wird, entweder die Unangemessenheit einzelner Bestimmungen oder die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages hinzunehmen, zumal er die Tragweite derartiger Vereinbarungen bei Vertragsschluss regelmäßig nicht überblicken kann155. Diese Bedenken greifen demgegenüber nicht ein, wenn die Wirksamkeit des Vertrages 150 So auch BGH v. 16.10.1986 – III ZR 92/85, WM 1986, 1466. 151 Begr. zum früheren § 6 AGBG, S. 22. 152 Die Funktion derartiger Klauseln liegt nach BGH DB 2002, 2646 in einer von § 139 abweichenden Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Vertrag entgegen der Erhaltungsklausel insgesamt unwirksam ist. Für das AGB-Recht hat das wegen der Unanwendbarkeit von § 139 (Rz. 6) keine Bedeutung. 153 Im Ergebnis allg. M. – Zur Wirksamkeit vorformulierter Abweichungen von § 139 siehe BGH v. 6.4.2005 – XII ZR 132/03, WM 2005, 1291 (1293); Ulmer in FS Steindorff, 1990, S. 805. 154 A.A. BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 9; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 13; Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 7. 155 Generell für Wirksamkeit individualvertraglicher Abweichungen aber MünchKomm/ Basedow § 306 BGB Rz. 9.

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individualvertraglich davon abhängig gemacht wird, dass bestimmte vorformulierte Vertragsbedingungen des Verwenders Bestand haben156 (Vor § 307 Rz. 102). § 306 Abs. 1 hindert den Verwender im Übrigen nicht daran, sein Vertragsangebot und damit auch das Zustandekommen des Vertrages von der Rechtsbedingung der wirksamen Vereinbarung bestimmter oder aller AGB – i.S.d. Einverständnisses des Kunden mit ihrer Einbeziehung – abhängig zu machen157 (vgl. auch Rz. 8).

IV. Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 1. Funktion der Vorschrift Für den Fall, dass das Restgeschäft nach Maßgabe von Abs. 1 trotz ganzen oder 24 teilweisen Nichtgeltens der AGB des Verwenders wirksam bleibt, sieht Abs. 2 eine Ergänzung des Vertragsinhalts nach den gesetzlichen Vorschriften vor158; zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit Art. 6 Abs. 1 RL vgl. Rz. 4c f. § 306 Abs. 2 entspricht im Wesentlichen der früheren Rechtslage bereits vor Geltung des früheren AGBG (Rz. 4); die Vorschrift weist auf das dispositive Gesetzesrecht aus dem allgemeinen und besonderen Schuldrecht des BGB sowie – für den kaufmännischen Geschäftsverkehr – auf die Sondervorschriften im dritten Buch des HGB hin (Rz. 56). Da bei Unvollständigkeit vertraglicher Regelungen dispositives Recht im Zweifel ohnehin eingreift, kommt der Vorschrift insoweit nur klarstellende Bedeutung zu159; zur Frage richterlicher Vertragsergänzung (ergänzender Vertragsauslegung) in Abweichung vom dispositiven Recht oder auf Gebieten, in denen es an dispositivem Recht fehlt, vgl. Rz. 33 ff. § 306 Abs. 2 schließt es nicht aus, dass überraschende oder unangemessene 25 AGB-Bestimmungen ersatzlos wegfallen160. Namentlich bei Nichteinbeziehung überraschender Klauseln wird eine Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 nur ausnahmsweise in Betracht kommen, etwa wenn Klauseln nicht wegen ihres Inhalts, sondern wegen ihres ungewöhnlichen Standorts innerhalb des AGB-Textes überraschenden Charakter haben (vgl. § 305c Rz. 17, 19)161. Denn typisches Kennzeichen der überraschenden Klauseln ist es gerade, dass sie nicht in den Regelungszusammenhang des betreffenden Vertragstyps passen (§ 305c Rz. 12, 14 ff.). Scheitert eine Provisionsvereinbarung für den Fall des späteren Erwerbs des vom Makler vermittelten Mietobjekts an § 305c Abs. 1, so macht das den Maklervertrag nicht etwa lückenhaft162. Ähnlich können die Dinge liegen bei Unwirksamkeit einzelner unangemessener Bestimmungen, namentlich solcher, die die Vereinbarung über die Hauptleistung einschränken oder ändern (vgl. §§ 307 Abs. 2 Nr. 2, 308 Nr. 3, 4 u.a.). Auch die Begründung zum früheren § 6

156 A.A. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 13; Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 7. 157 So auch Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 9; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 13. 158 Zur Anwendung von § 306 Abs. 2 im Fall der gescheiterten Einbeziehung kollidierender AGB vgl. BGH v. 19.6.1991 – VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633 (2634) (zum früheren § 6 Abs. 2 AGBG) sowie oben Rz. 8 und § 305 Rz. 193. 159 Vgl. auch BGH NJW 1972, 1227 (1228). Zur Anwendbarkeit von § 306 Abs. 2 im Geltungsbereich des CISG vgl. Anh. § 305 Rz. 10. 160 Vgl. auch BGH v. 11.10.1984 – VII ZR 248/83, NJW 1985, 852 (853). 161 Zust. Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause, AGB-Arbeitsrecht, § 306 BGB Rz. 51. 162 BGHZ 60, 243 = NJW 1973, 990 zum früheren § 3 AGBG.

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AGBG163 weist zu Recht darauf hin, dass überraschende oder unbillige Klauseln im Einzelfall ersatzlos wegfallen können.

2. Ergänzung durch dispositives Recht a) Grundsatz 26

Bei den in § 306 Abs. 2 in Bezug genommenen gesetzlichen Vorschriften164 handelt es sich um Vorschriften mit sachlich-rechtlichem Regelungsgehalt, deren Eingreifen unmittelbar zu einer Ergänzung des auf Grund der Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB lückenhaften Vertrages führt. Gesetzliche Vorschriften bilden daher vor allem solche Normen des dispositiven Rechts, von denen die nicht einbezogenen oder die unwirksamen AGB zu Gunsten des Verwenders abweichen sollten. Dementsprechend weist die Begründung zum früheren § 6 AGBG165 darauf hin, dass an die Stelle missbilligter AGB das durch diese verdrängte Gesetzesrecht tritt. Hiervon zu unterscheiden sind methodische Vorschriften zur Lückenfüllung, die nicht selbst schon eine konkrete Ersatzregelung vorsehen, sondern den Richter zur Vertragsergänzung ermächtigen. Entgegen verbreiteter Ansicht, die den Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften im früheren § 6 Abs. 2 AGBG und in § 306 Abs. 2 auch auf §§ 133, 157 als Rechtsgrundlage der ergänzenden Vertragsauslegung erstreckt166, werden sie von § 306 Abs. 2 nicht erfasst167. Deshalb sind Rechtsnormen oder -grundsätze, die die Grundlage für eine richterliche Vertragsgestaltung bilden, darunter namentlich die ergänzende Vertragsauslegung und die Vertragsanpassung auf Grund einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313), nicht zu den gesetzlichen Vorschriften i.S.v. § 306 Abs. 2 zu zählen (vgl. Rz. 34, 44).

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Zu den von § 306 Abs. 2 in Bezug genommenen gesetzlichen Vorschriften gehören vor allem die dispositiven Rechtsnormen des allgemeinen und besonderen Schuldrechts des BGB sowie die Sondervorschriften des Handelsrechts einschließlich ihrer Fortentwicklung durch die Rechtsprechung und der Möglichkeit analoger Anwendung. Auch Auslegungsregeln sind zur Lückenfüllung im Rahmen von § 306 Abs. 2 heranzuziehen, soweit in AGB von der „im Zweifel“ geltenden Regelung abgewichen wird168. Von der Rechtsprechung entwickeltes,

163 BT-Drucks. 7/3919 S. 21. 164 Unter § 306 Abs. 2 fallen nicht weit verbreitete Klauselwerke wie etwa die VOB/B, vgl. BGH v. 27.11.2003 – VII ZR 53/03, WM 2004, 290 (293). 165 BT-Drucks. 7/3919 S. 21. 166 BGH v. 30.10.1984 – VIII ARZ 1/84, BGHZ 92, 363 (370) = NJW 1985, 480; BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (75 f.) = NJW 1984, 1177; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 10; Dietlein/Rebmann § 6 AGBG Rz. 4; Bechtold DB 1983, 540; Bunte NJW 1984, 1147; Karsten Schmidt ZIP 1983, 641; so auch Löwe BB 1982, 154 zur Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage. Differenz. Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 556. Offen gelassen von BGH WM 2005, 2279 (2283). Zu § 306 Abs. 2 vgl. z.B. BGH v. 28.10.2009 – VIII ZR 320/07, NJW 2010, 993 (997); BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 225/07, NJW 2009, 2662 (2666); BGH v. 13.1.2010 – VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 (484). 167 Vgl. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 15; Ulmer BB 1982, 1130; Canaris ZIP 1996, 1116; insoweit zutr. auch Löwe BB 1983, 2015; Trinkner BB 1983, 1875; ausdrücklich a.A. BGH v. 3.12.2014 – VIII ZR 370/13, juris (Tz. 25); BGHZ 90, 69 (76) = NJW 1984, 1177. 168 LAG Niedersachsen v. 23.5.2007 – 17 Sa 746/06 II, BeckRS 2008, 53438.

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ungeschriebenes Recht fällt ebenfalls unter § 306 Abs. 2169. Das gilt namentlich dann, wenn solche aus der Natur des Vertrages entwickelte Rechtsgrundsätze den Maßstab der Inhaltskontrolle bilden (vgl. Rz. 11a zum vertragsimmanenten Freigabeanspruch bei Sicherungszweckerklärungen). Sie stehen dem geschriebenen dispositiven Recht i.S.v. § 306 Abs. 2 gleich170. Soweit im internationalen Geschäftsverkehr das CISG Anwendung findet, erfolgt die Vertragsergänzung in erster Linie unter Heranziehung des vereinheitlichten Rechts (Anh. § 305 Rz. 10). Bei Arbeitsverträgen kann auch die Heranziehung tarifvertraglicher Normen zur Lückenfüllung in Betracht kommen171. Zu weit ginge es dagegen, kollektive Regelungen i.S.v. § 310 Abs. 4 Satz 3 aufgrund dieser Vorschrift allgemein als „gesetzliche Vorschriften“ i.S.v. § 306 Abs. 2 zu behandeln. Keine gesetzliche Vorschrift i.S.v. § 306 Abs. 2 liegt vor, wenn eine gesetzliche Regelung nicht zu einer unmittelbar geltenden materiellen Regelung führt, die eine Vertragslücke „automatisch“ schließt (vgl. Rz. 26), sondern es dem Verwender bzw. den Vertragsparteien gestattet, eine bestimmte Regelung im Vereinbarungswege zu treffen, wie es etwa bei § 675g Abs. 2 Satz 1 der Fall ist. b) Eignung zur Lückenfüllung Das Eingreifen dispositiven Rechts bereitet in denjenigen Fällen keine Schwierigkeiten, in denen der unter Verwendung von AGB geschlossene Vertrag zu den gesetzlichen Vertragstypen gehört oder ihnen doch in seinen wesentlichen Zügen entspricht und auch durch die fortgeltenden AGB keine entscheidenden Abwandlungen gegenüber dem gesetzlichen Leitbild erfahren hat. Dementsprechend hat die Rechtsprechung keine Bedenken getragen, einen Vertrag über einen Automatenkauf trotz einiger abweichender Bestimmungen dem Kaufrecht zu unterstellen172. Entsprechend ist beim Factoringvertrag danach zu unterscheiden, ob er stärker kaufrechtliche oder geschäftsbesorgungsrechtliche Züge enthält173. Auch bei sonstigen kombinierten oder gemischten Verträgen ist ein solches Vorgehen grundsätzlich möglich, soweit sich die durch die Nichtgeltung bestimmter AGB eingetretene Vertragslücke dem einen oder anderen gesetzlichen Vertragstyp zuordnen lässt. Haben sich bestimmte Regelungen eines Vertragstyps an Leitbildern eines anderen Vertragstyps zu orientieren, so kommt dispositives Recht dieses anderen Vertragstyps zur Lückenfüllung in Betracht, wie z.B. bei der Orientierung der Haftungsfreistellung bei der gewerblichen KfzVermietung am Leitbild der Fahrzeugversicherung174.

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Fehlt es an einem gesetzlichen Vertragstyp, der zur Lückenfüllung herangezogen 29 werden kann, so bleibt gleichwohl zu prüfen, ob nicht die generellen Vorschrif-

169 BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2093); BGH NJW 1996, 2788; Stoffels Rz. 610; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 14; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 7; Canaris ZIP 1996, 1115. 170 So zutr. BGH NJW 1996, 1213 (1215); dazu Rz. 11a m.w.N. Klarstellend, dass die VOB/B nicht unter § 6 Abs. 2 AGBG (jetzt § 306 Abs. 2) fällt, BGH v. 10.6.1999 – VII ZR 365/98, NJW 1999, 3260 (3261). 171 Vgl. LAG Niedersachsen v. 23.5.2007 – 17 Sa 746/06 II, BeckRS 2008, 53438. 172 BGH NJW 1972, 1227. 173 Vgl. statt aller Serick BB 1976, 425 ff. m.w.N. 174 Vgl. BGH v. 15.7.2014 – VI ZR 452/13, NJW 2014, 3234 (Tz. 9 ff.); BGH v. 24.10.2012 – XII ZR 40/11, WM 2013, 2238 (Tz. 18 ff.); BGH v. 14.3.2012 – XII ZR 44/10, NJW 2012, 2501 (Tz. 26 ff.); BGH v. 11.10.2011 – VI ZR 46/10, NJW 2012, 222 (Tz. 16 ff.).

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ten des Allgemeinen Teils des BGB oder des allgemeinen Schuldrechts einschließlich der im Wege der Rechtsfortbildung entwickelten Rechtsinstitute zur Anwendung kommen. Hinsichtlich der Formen, Fristen, Zugangserfordernisse, Haftungsmaßstäbe, Leistungsstörungen und ihrer Folgen u.a. bieten sie Regelungen auch für die vielfältigen Vertragsbeziehungen an, die sich außerhalb der gesetzlichen Typen in der Wirtschaftspraxis entwickelt haben. Eine Lückenfüllung kommt dabei freilich nur in Betracht, wenn trotz der Mängel im AGB-Teil ein Restgeschäft vorhanden ist, das durch dispositives Recht ergänzt werden kann. Hieran kann es bei Formularverträgen fehlen, wenn der Verwender eine der Einbeziehungsobliegenheiten des § 305 Abs. 2 nicht erfüllt hat (Rz. 10). 30

Grenzen für das Eingreifen von dispositivem Recht können sich trotz Vorhandenseins eines entsprechenden gesetzlichen Vertragstyps weiter auch daraus ergeben, dass die durch AGB gesetzte vertragliche Rahmenordnung grundsätzliche Abweichungen von der gesetzlichen Ausgestaltung enthält175. Ist in solchen Fällen nur eine einzelne AGB-Klausel unwirksam, so wird es nicht ohne Weiteres möglich sein, sie durch eine ganz andersartige, für den gegebenen Regelungszusammenhang ungeeignete Vorschrift des dispositiven Rechts zu ersetzen. Vielmehr können insoweit Ausgestaltung und Systemzusammenhang des nach § 306 Abs. 1 wirksamen Restgeschäfts im Einzelfall dem Eingreifen des dispositiven Rechts entgegenstehen. Für einen Teil dieser Fälle wird sich eine Lösung im Wege ergänzender Vertragsauslegung finden lassen (Rz. 33 ff.). Im Übrigen bleibt zu prüfen, ob der betroffene Vertrag trotz der fortbestehenden Lücke aufrechterhalten werden kann oder ob wegen Überschreitens der Zumutbarkeitsgrenze die Ausnahmevorschrift des § 306 Abs. 3 eingreift.

3. Die Möglichkeit ergänzender Vertragsauslegung a) Richterliche Vertragsergänzung bei vorformulierten Verträgen 31

Das Institut der ergänzenden Vertragsauslegung (richtiger: der am hypothetischen Parteiwillen orientierten richterlichen Ergänzung planwidrig lückenhafter Verträge)176 ist von der Rechtsprechung auf der Grundlage der Auslegungsvorschrift des § 157 entwickelt worden177. Es wird von der h.M. zu Recht auch für die Lückenfüllung ganz oder teilweise vorformulierter Verträge angewandt, jedenfalls soweit es um die Schließung anfänglicher, nicht auf Einbeziehungsoder Inhaltskontrollschranken beruhender Lücken geht178. Das folgt aus der grundsätzlich rechtsgeschäftlichen Natur (vgl. Einl. Rz. 39) auch einseitig vorformulierter Vertragsbedingungen.

175 Vgl. BGH NJW 1979, 1705, wo im Hinblick auf die verbreitete Abweichung der Personengesellschaftsverträge vom dispositiven Recht sogar der Vorrang ergänzender Vertragsauslegung betont wird. 176 Vgl. H. Wiedemann in FS Canaris, 2007, S. 1281 (1287). 177 Vgl. nur MünchKomm/Mayer-Maly, 3. Aufl. 1993, § 157 BGB Rz. 24 ff. 178 Wolf/Lindacher/Hau § 305c BGB Rz. 122; Häsemeyer in FS Ulmer, 2003, S. 1097 (1099 f.). Aus der Rechtsprechung vgl. etwa BGH v. 4.3.2009 – XII ZR 141/07, NJW-RR 2009, 880; BGH v. 27.6.2007 – VIII ZR 202/06, NJW 2007, 3060 (3061); BGH v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 (1701); BGH NJW-RR 2004, 262; BGHZ 92, 363 (370) = NJW 1985, 480; BGHZ 103, 228 (234) = NJW 1988, 1590 (1591). Zu Allgemeinen Versicherungsbedingungen vgl. Dreher in FS Schapp, 2010, S. 113 ff.

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Auch die von der Gegenansicht angeführte Besonderheit, dass es sich bei AGB 31a um generell- abstrakte Vertragsbestandteile handelt und auf Grund des einseitigen Stellens der Bedingungen durch den Verwender eine konkrete Aushandlungssituation und ein konkreter gemeinsamer Parteiwille oder gemeinsamer Regelungsplan hinsichtlich der einzelnen Regelungsgegenstände nicht gegeben ist179, zwingt nicht zu einer generellen Absage an die richterliche Vertragsergänzung, soweit nur diesen Besonderheiten bei der Ergänzung durch einen objektivgeneralisierenden, an den typischen Interessen beider Vertragsseiten ausgerichteten Maßstab Rechnung getragen wird (Rz. 32). Soweit nicht das AGB-Recht abweichende Sonderregelungen trifft, kann deshalb das in der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre anerkannte Rechtsinstitut der richterlichen Vertragsergänzung im Wege ergänzender Vertragsauslegung mit den sich aus der generell-abstrakten Rechtsnatur der AGB ergebenden Besonderheiten (Rz. 32) auch gegenüber AGB Anwendung finden. Da die Gegenansicht auch bei vorformulierten Vertragsbedingungen eine richterliche Vertragsrechtsfortbildung zulässt180, sind deutliche Parallelen zu der hier vertretenen objektiv-generalisierenden richterlichen Vertragsergänzung unverkennbar181. Übereinstimmung besteht im Ergebnis aber vor allem darin, dass bei der Lückenfüllung im praktisch wichtigen Fall nicht einbezogener oder unwirksamer AGB der Vorrang des dispositiven Rechts auch nach der hier vertretenen Auffassung gewährleistet ist (Rz. 34), soweit es eine passende Regelung enthält182. Ein wesentlicher Unterschied liegt freilich darin, dass das Ergebnis der richterlichen Vertragsergänzung – auch in ihrer objektiv-generalisierenden Form – nicht den Anspruch erheben und ihm Rechnung tragen muss, eine generelle Fortbildung des Gesetzesrechts zu bilden183. Zu Recht wird zwar darauf hingewiesen, dass eine solche, gegenüber einer richterlichen Vertragsergänzung qualitativ weiter gehende Rechtsfortbildung gesteigerten Begründungsanforderungen unterliegt184. Da dies vor allem auch für das Ergebnis der Rechtsfortbildung gilt, liegt hierin aber die Gefahr, dass es selbst in sachlich gerechtfertigten Fällen zu einer im Interesse beider Vertragsseiten liegenden Vertragsergänzung nicht mehr kommt185 und damit auch eine im Grundsatz unerwünschte Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 306 Abs. 3 eintritt (vgl. auch Rz. 38). Diese Konsequenzen wären aus den genannten Gründen

179 So namentlich Hart KritV 1989, 184 (189 ff.); E. Schmidt ZIP 1987, 1508 f.; E. Schmidt JuS 1987, 935, wohl auch Rüßmann BB 1987, 845 f., die aber eine – sich der hier vertretenen objektiv-generalisierenden richterlichen Vertragsergänzung stark annähernde – objektive Rechtsfortbildung des dispositiven Rechts zulassen; dafür im Ergebnis auch Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle, S. 343 f. 180 Vgl. Nachw. in Fn. 179. So insb. auch Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 194 f., die die von der h.M. praktizierte ergänzende Vertragsauslegung als „verdeckte richterliche Rechtsfortbildung“ einstuft. 181 So im Grundsatz auch Hart KritV 1989, 194. Zu den fließenden Übergängen zwischen Fortbildung des objektiven Rechts und ergänzender Vertragsauslegung vgl. auch Canaris ZIP 1996, 1116. Vgl. dazu auch die Rechtsprechung zum vertragsimmanenten Freigabeanspruch bei Sicherungserklärungen, der aus einer ergänzenden Vertragsauslegung folgen soll, aber eher Ergebnis einer Rechtsfortbildung sein dürfte; siehe näher Rz. 11a m.w.N. 182 Auf die Eignung des dispositiven Rechts zur Lückenfüllung abstellend auch Hart KritV 1989, 190 (192). 183 Vgl. auch H. Schmidt ZHR 175 (2011), 584 (588). 184 Vgl. Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 197; Hart KritV 1989, 194. 185 Vgl. auch H. Schmidt ZHR 175 (2011), 584 (588).

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mit der generell-abstrakten Natur von AGB freilich nicht zu rechtfertigen. Jedenfalls bei anfänglichen Vertragslücken wird ein Eingreifen der richterlichen Vertragsergänzung durch die Vorschriften der §§ 305–310 auch nicht ausgeschlossen, da sich § 306 Abs. 2 nur auf den Fall der Unwirksamkeit oder Nichteinbeziehung von AGB bezieht186. Der Vertragsergänzung steht weiterhin nicht die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 entgegen, da sie nur bei mehrdeutigen, nicht aber bei lückenhaften Regelungen eingreift187; vgl. § 305c Rz. 85. Auch die Annahme, AGB dürften nicht über ihren Wortlaut hinaus ausgelegt werden188, lässt sich einer nach § 157 am Interesse beider Seiten orientierten Vertragsergänzung nicht entgegenhalten. Von Bedeutung ist das vor allem beim Fehlen geeigneten dispositiven Rechts, auf das für die Lückenfüllung zurückgegriffen werden könnte. Zum Fall der Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 vgl. im Einzelnen Rz. 33 ff. 32

Steht nach den Ausführungen in Rz. 31 f. der ergänzenden Vertragsauslegung von AGB somit im Grundsatz nichts entgegen, so ist doch eine Besonderheit gegenüber der Ergänzung von Individualvereinbarungen nach § 157 zu beachten. Sie besteht darin, dass die Vertragsergänzung sich nicht nach dem hypothetischen Willen bzw. den Interessen der am lückenhaften Vertrag beteiligten, konkreten Parteien richtet, sondern dass hier ebenso wie im Regelfall der AGB-Auslegung auf einen objektiv-generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab abzustellen ist189 (vgl. grundsätzlich § 305c Rz. 73 ff., 77); nach entsprechenden Grundsätzen richtet sich auch schon die Feststellung einer Vertragslücke190. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein191. Mit Rücksicht auf das Gebot des beiderseitigen Interessenausgleichs darf die Vertragsergänzung weder die Interessen des Verwenders noch diejenigen des Kunden einseitig bevorzugen192. – Auf Grund der objektiv-genera186 187 188 189

So zutr. BGH v. 30.10.1984 – VIII ARZ 1/84, BGHZ 92, 363 (370) = NJW 1985, 480. A.A. E. Schmidt JuS 1987, 935. Rüßmann BB 1987, 845. So auch BGH v. 3.12.2014 – VIII ZR 370/13, juris (Tz. 26); BGH v. 21.12.2010 – XI ZR 52/08, NJW-RR 2011, 625 (Tz. 16); BGH v. 13.4.2010 – XI ZR 197/09, WM 2010, 933 (Tz. 20); BGH v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 (1701); BGH WM 2005, 2279 (2285); BGH NJW-RR 2004, 262 (263); BGHZ 107, 273 (277) = NJW 1989, 3010; BGH ZIP 1989, 1196 (1198); MünchKomm/Basedow § 305c BGB Rz. 43; Erman/ Roloff § 305c BGB Rz. 23; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 12; Roth JZ 1989, 416; im Grundsatz ebenso Boemke-Albrecht Rechtsfolgen, S. 134 ff.; der Sache nach auch BGHZ 92, 363 (373) = NJW 1985, 480; BGHZ 90, 69 (78 ff.) = NJW 1984, 1177; BGH NJW 1985, 2585 (2587). A.A. – für Abstellen auf die individuellen Verhältnisse der konkreten Vertragspartner – Wolf/Lindacher/Hau § 305c BGB Rz. 122; Neumann Geltungserhaltende Reduktion, S. 206; so auch BAG v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423 (428). 190 A.A. im Ergebnis BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 198/84, BB 1985, 1351 (1353): keine Vertragsergänzung durch eine Preisänderungsklausel beim Bauvertrag, da die Bindung an die Festpreisabrede für den Verwender auf Grund der konkreten Vertragsumstände nicht als unbillig angesehen wurde. 191 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, WM 2005, 2279 (2285); OLG Düsseldorf v. 8.1.1981 – 2 U 57/80, ZIP 1981, 172 (174). Zu der hieraus resultierenden starken Annäherung der richterlichen Vertragsergänzung von AGB an eine objektive Rechtsfortbildung vgl. Rz. 31a. 192 A.A. – im Zweifel Vorrang der Interessen des Kunden – Löwe § 6 AGBG Rz. 9; so auch Steindorff ZHR 148 (1984), 277 Fn. 18.

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lisierenden Interessenabwägung ist – entsprechend den für die Auslegung von AGB allgemein geltenden Grundsätzen (§ 305c Rz. 70 f.) – die Revisibilität der ergänzenden Auslegung zu bejahen193. b) Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 durch ergänzende Auslegung Schrifttum (vgl. auch die Nachw. vor Rz. 1): Bieder Richterliche Vertragshilfe durch ergänzende Auslegung vorformulierter Arbeitsvertragsbestimmungen, NZA-Beil. 2011, 142; Boemke-Albrecht Rechtsfolgen unangemessener Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1989; Bunte Ergänzende Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit von AGBKlauseln, NJW 1984, 1145; Coester-Waltjen Inhaltskontrolle von AGB – geltungserhaltende Reduktion – ergänzende Vertragsauslegung, Jura 1988, 113; Hart Zivilrechtspraxis zwischen Vertragskonsolidierung und Vertragsrechtsfortbildung, KritV 1989, 179; Lindacher Reduktion oder Kassation übermäßiger AGB-Klauseln?, BB 1983, 154; Linck Rechtsfolgen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen, in FS Bauer, 2010, S. 645; Neumann Geltungserhaltende Reduktion und ergänzende Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1988; Rüßmann Die „ergänzende Auslegung“ Allgemeiner Geschäftsbedingungen, BB 1987, 843; Schlewing Geltungserhaltende Reduktion und/oder ergänzende Vertragsauslegung im Rahmen der AGB-Kontrolle arbeitsvertraglicher Abreden?, RdA 2011, 92; Schlewing Vertragsgestaltung – Auslegung, Unklarheitenregel, geltungserhaltende Reduktion, blue-pencil-Test, ergänzende Vertragsauslegung und Verweisungsklausel, NZA-Beil. 2012, 33; E. Schmidt Grundlagen und Grundzüge der Inzidentkontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen nach dem AGB-Gesetz, JuS 1987, 929; E. Schmidt AGB-Gesetz und Schuldvertragsrecht des BGB, ZIP 1987, 1505; Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010; Uffmann Die Unzumutbarkeitsschwelle als neue Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung im Arbeitsrecht? – Zur Abkehr des BAG von der grundsätzlichen Zulässigkeit richterlicher Vertragsergänzung, RdA 2011, 154; Uffmann Richtungswechsel des BGH bei der ergänzenden Vertragsauslegung – Dargestellt am Beispiel der Preisanpassungsklausel in Energielieferungsverträgen, NJW 2011, 1313; Uffmann Vertragsgerechtigkeit als Leitbild der Inhaltskontrolle – der BGH und die ergänzende Vertragsauslegung, NJW 2012, 2225; Ulmer Teilunwirksamkeit von teilweise unangemessenen AGB-Klauseln, NJW 1981, 2025; H. Wiedemann Ergänzende Vertragsauslegung – richterliche Vertragsergänzung, in FS Canaris, 2007, S. 1282; von Westphalen § 306 Abs. 2 BGB: Das Ende der ergänzenden Vertragsauslegung?, in FS Meilicke, 2010, S. 105; Zimmermann Rechtsfolgen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträgen, ArbRAktuell 2012, 105.

aa) Meinungsstand Die Zulässigkeit richterlicher Vertragsergänzung194 als Instrument der Lückenfüllung beim Fehlen hierzu geeigneten dispositiven Rechts195 ist vom BGH in dem grundlegenden Urteil zur Tagespreisklausel bejaht worden196. Zwar gingen 193 BGH v. 13.4.2010 – XI ZR 197/09, WM 2010, 933 (935); BGH v. 4.3.2009 – XII ZR 141/07, NJW-RR 2009, 880; BGH v. 24.4.2001 – IV ZR 69/01, NJW-RR 2002, 1346 (1347); Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 201 ff. Allgemein zur ergänzenden Vertragsauslegung durch das Revisionsgericht BGH v. 12.12.1997 – V ZR 250/96, WM 1998, 626 (627). 194 Bei einer Vertragsabschlussklausel lehnt der BGH eine Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung ab, da eine solche Klausel nicht Gegenstand eines Vertrages ist, vgl. – jew. zu Annahmefristklauseln in Verträgen über den Erwerb einer Eigentumswohnung – BGH v. 27.9.2013 – V ZR 52/12, NJW 2014, 854 (Tz. 18); BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 (Tz. 10). 195 Nach BVerfG v. 7.9.2010 – 1 BvR 2160/09, 1 BvR 851/10, NJW 2011, 1339 (Tz. 41) ist eine Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. 196 BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (75 ff.) = NJW 1984, 1177; BGH NJW 1984, 1180 (1181), bestätigt in BGH NJW 1985, 621 (622) (jeweils VIII. ZS). Für Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung z.B. auch BGH v. 26.3.2015 – VII ZR 92/14,

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die Normen des dispositiven Rechts der ergänzenden Vertragsauslegung vor; für sie sei aber dann Raum, wenn dispositives Recht im Sinne konkreter materiellrechtlicher Regelungen nicht zur Verfügung stehe und auch die ersatzlose Streichung der unwirksamen Bestimmung keine angemessene, den typischen Interessen beider Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung biete197. Einen weiteren Anwendungsfall198 der ergänzenden Vertragsauslegung bildet nach der Rechtsprechung die Unwirksamkeit sog. gesetzesergänzender Klauseln, die nicht von nachgiebigen Vorschriften abweichen, sondern eine bewusste oder unbewusste Gesetzeslücke – unangemessen – ausfüllen199. Ist danach die Zulässigkeit richterlicher Vertragsergänzung als gegenüber dem früheren § 6 Abs. 2 AGBG und damit auch § 306 Abs. 2 subsidiäres Instrument der Lückenfüllung vor allem vom VIII. Zivilsenat im Grundsatz anerkannt worden, so sind doch Unterschiede oder Vorbehalte in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nach wie vor unverkennbar. Sie zeigen sich zum einen darin, dass in Urteilen des VII. Zivilsenats die Zulässigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung wiederholt offen gelassen wurde200 oder in anderen, mittlerweile zahlreichen Urteilen insoweit besonders strenge, über die Grundsätze des Tagespreisklausel-Urteils hinausgehende Anforderungen aufgestellt worden sind (vgl. Rz. 33a). Zum anderen ist auf diejenigen Urteile hinzuweisen, in denen die richterliche Vertragsergänzung mangels Anhaltspunkten darüber abgelehnt worden ist, welche von verschiedenen in Betracht

197 198

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NJW 2015, 1952 (Tz. 46); BGH v. 1.2.1984 – VII ZR 106/83, WM 2005, 2279 (2285); BGH v. 28.10.1981 – VIII ZR 302/80, BGHZ 82, 121 (131) = NJW 1982, 870; BGH v. 4.11.1992 – VIII ZR 235/91, BGHZ 120, 108 (122) = NJW 1993, 326 (jeweils VIII. ZS); BGH v. 7.3.1989 – KZR 15/87, BGHZ 107, 273 (276) = NJW 1989, 3010 (KZR, zu § 3 AGBG); BGH v. 12.7.1989 – VIII ZR 297/88, ZIP 1989, 1196 (1198); BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, BB 1984, 1508 (1511); BGH v. 31.3.1982 – VIII ZR 125/81, NJW 1982, 1747 (1748) (jeweils VIII. ZS); BGH NJW 1985, 2585 (2587) (IX. ZS); BGH NJW 1996, 1213 (1215); BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2093 f.) (jeweils XI. ZS); grundsätzlich auch BGH v. 24.9.1985 – VI ZR 4/84, BGHZ 96, 18 (26) = NJW 1986, 1610. Nachw. zu abweichenden Urteilen vgl. in Fn. 200. BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (75) = NJW 1984, 1177. Besondere Bedeutung hat die ergänzende Vertragsauslegung in der BGH-Rechtsprechung zu Bauverträgen für die Ersetzung einer unwirksamen Verpflichtung zur Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern durch eine Verpflichtung zur Stellung einer (einfachen) unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft erlangt, vgl. BGH v. 9.12.2010 – VII ZR 7/10, NJW 2011, 2125 (Tz. 20); BGH v. 25.3.2004 – VII ZR 453/02, NJW-RR 2004, 880 (881); BGH v. 4.7.2002 – VII ZR 502/99, WM 2002, 1876 (1878); BGH v. 8.10.2003 – VIII ZR 55/03, WM 2004, 1179 (1180); BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 (316); so auch zum Garantievertrag auf erstes Anfordern BGH WM 2002, 2192 (2194), ohne allerdings eine ergänzende Vertragsauslegung für erforderlich zu halten. Abgelehnt hat es BGH v. 10.9.2002 – XI ZR 305/01, WM 2002, 133 (134), BGH WM 2005, 268 (269 f.) und BGH WM 2005, 1188 (1189), bei einem Bauvertrag eine Ablösbarkeit eines Gewährleistungseinbehalts nur durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern durch eine Regelung zu ersetzen, die eine Ablösung durch eine einfache Bürgschaft zulässt. BGH v. 6.7.1983 – IVa ZR 206/81, BGHZ 88, 78 (85) = NJW 1983, 2632. BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 (116 a.E., 117) = NJW 1982, 2039; BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 198/84, BB 1985, 1351 (1353); BGH BB 1986, 222 (223). Abl. – allerdings wohl unter Vermengung von geltungserhaltender Reduktion und ergänzender Vertragsauslegung – BGHZ 87, 309 (321) = NJW 1983, 2817 (IVa. ZS); BGH NJW 1979, 2095 (VII. ZS); vgl. auch BGH v. 3.12.1987 – VII ZR 363/86, WM 1988, 168.

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kommenden Gestaltungsmöglichkeiten die Vertragsparteien an Stelle der unwirksamen Klausel gewählt hätten201 (dazu Rz. 38). Auch wenn der BGH die Möglichkeit der Lückenfüllung durch ergänzende Ver- 33a tragsauslegung bei unwirksamen AGB-Klauseln in st. Rspr. bejaht, hat er – vom Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet202 – eine solche Lückenfüllung in einer Reihe von Entscheidungen von besonders hohen Anforderungen abhängig gemacht. So soll für eine ergänzende Vertragsauslegung bei einer nach dem früheren § 11 Nr. 7 AGBG unwirksamen Bestimmung eine zwingende Sonderlage erforderlich sein, die die gesetzliche Risikoverteilung für den Verwender selbst bei voller Berücksichtigung der Interessen des Kunden typischerweise unangemessen erscheinen lasse203. Nach einer ähnlichen Formulierung soll eine Lückenschließung durch ergänzende Vertragsauslegung nur in Betracht kommen, wenn das dispositive Gesetzesrecht das Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten des Kunden verschöbe204. Bei unwirksamen Preisänderungsklauseln in Gaslieferverträgen hat der BGH eine ergänzende Vertragsauslegung abgelehnt, da das Festhalten an dem ursprünglichen Preis zu keinem für den Verwender unzumutbaren Ergebnis führe205. Verneint wurde vom BGH das unzumutbare Ergebnis jeweils angesichts der nur noch kurzen festen Laufzeit des Vertrages. Nur unter engen Voraussetzungen lässt schließlich das BAG206 eine ergänzende Ver-

201 BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 (117) = NJW 1982, 2309; BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, WM 1985, 576 (579); BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, BB 1984, 1508 (1510 a.E., 1511); BGH v. 7.3.1989 – KZR 15/87, BGHZ 107, 273 (276) = NJW 1989, 3010; BGH v. 12.7.1989 – VIII ZR 297/88, ZIP 1989, 1196 (1198); BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, WM 2000, 629 (635); BGH v. 26.4.2005 – XI ZR 289/04, WM 2005, 1168 (1170); BGH v. 14.4.2005 – VII ZR 56/04, WM 2005, 1188 (1189); BGH v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, ZIP 2006, 474 (479); BGH v. 1.10.2014 – VII ZR 344/13, NJW 2015, 49 (Tz. 24); BAG v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NJW 2008, 680 (684). So auch BGHZ 93, 29 (41) = NJW 1985, 623, allerdings im abstrakten Kontrollverfahren, in dem für eine Lückenfüllung ohnehin kein Raum ist (vgl. Rz. 36). Zum früheren Recht vor Inkrafttreten des AGBG vgl. BGHZ 85, 305 (312) = NJW 1983, 385; BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 62, 323 (327) = NJW 1974, 1322. Relativierend aber BGHZ 90, 69 (80 f.) = NJW 1984, 1177, wonach nicht für jede Einzelheit der technischen Ausgestaltung der Vertragsergänzung Anhaltspunkte im Willen oder in den Erklärungen der Vertragsparteien erforderlich seien. Gegen diese Einschränkung insb. bei „Massenverträgen“ BGH WM 2005, 2279 (2285) (zum Versicherungsvertrag für die kapitalbildende Lebensversicherung); vgl. auch BGH v. 22.12.2003 – VIII ZR 90/02, NJW-RR 2004, 262 (263) (Stromlieferungsvertrag). 202 Vgl. BVerfG v. 7.9.2010 – 1 BvR 2160/09, 1 BvR 851/10, NJW 2011, 1339 (Tz. 41 f.). 203 BGHZ 96, 18 (26 f.). 204 BGH v. 1.10.2014 – VII ZR 344/13, NJW 2015, 49 (Tz. 24); BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 (Tz. 20); BGH v. 31.7.2013 – VIII ZR 162/09, NJW 2013, 3647 (Tz. 61); BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, WM 2010, 1514 (1516); BGH v. 13.1.2010 – VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 (484); BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 225/07, NJW 2009, 2662 (2666); BGH v. 14.7.2010 – VIII ZR 246/08, juris (Rz. 50). 205 BGH v. 14.7.2010 – VIII ZR 246/08, juris (Rz. 51); BGH v. 13.1.2010 – VIII ZR 81/08, WM 2010, 481 (484); BGH v. 28.10.2009 – VIII ZR 320/07, WM 2010, 228 (232); BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 225/07, NJW 2009, 2662 (2667); BGH v. 17.12.2008 – VIII ZR 274/06, NJW 2009, 578 (580); BGH v. 29.4.2008 – KZR 2/07, WM 2008, 1465 (1469). Vgl. auch BGH v. 12.10.1011 – IV ZR 199/10, NJW 2012, 217 (Tz. 50) zum Versicherungsvertrag. 206 Zur Möglichkeit der ergänzenden Vertragsauslegung in sog. „Altfällen“ vgl. BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 191/10, NJW 2011, 2153 (Tz. 13 ff.).

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tragsauslegung zu, wenn sie von einer krassen Störung des Gleichgewichts207 abhängig gemacht oder nur dann zugelassen wird, wenn das Festhalten am Vertrag ohne eine ergänzende Vertragsauslegung für eine Vertragspartei eine unzumutbare Härte darstellen würde208. Vgl. zu dieser einschränkenden Rechtsprechung des BGH und des BAG Rz. 37a. 33b

Im Schrifttum wird die Lückenfüllung durch richterliche Vertragsergänzung von der ganz überwiegenden Ansicht bejaht209; das gilt insbesondere für die Kommentare zum AGB-Recht210. Die Gegenstimmen sind in der Minderzahl geblieben. Zur Begründung berufen sie sich auf den Gesetzeszweck und den abschließenden, nur auf dispositives Recht verweisenden Charakter des früheren § 6 Abs. 2 AGBG; diese Argumentation muss dann auch für den inhaltsgleichen § 306 Abs. 2 gelten211. Grundsätzlichere Ansätze (vgl. Rz. 31a) schließen eine ergänzende Auslegung unter Hinweis auf die qualitative Einstufung von AGB als einseitig gesetztes Recht und damit deren „faktische Normqualität“ aus oder berufen sich auf das Fehlen eines gemeinsamen Regelungsplanes als Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung, lassen jedoch auch bei der Ergänzung vorformulierter Verträge nach dem früheren § 6 Abs. 2 AGBG bzw. heute § 306 Abs. 2 eine richterliche Fortbildung lückenhaften dispositiven Rechts zu212; vgl. dazu Rz. 31a. Eine weitere, ebenfalls im Grundsätzlichen ansetzende Auffassung lehnt die Möglichkeit einer Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung bereits deshalb ab, weil es auf Grund der Unwirksamkeit der Klausel an einer „bestandskräftigen Auslegungsgrundlage“ fehle213; vgl. dazu Rz. 31a. Soweit die

207 BAG v. 23.1.2007 – 9 AZR 482/06, NJW 2007, 3018 (3020); BGH v. 11.4.2006 – 9 AZR 610/05, NJW 2006, 3083 (3086). 208 BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957 (Tz. 22); BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, ZIP 2014, 1136 (Tz. 43);BAG v. 15.9.2009 – 3 AZR 173/08, NJW 2010, 550 (Tz. 49); BAG v. 14.1.2009 – 3 AZR 900/07, DB 2009, 1129 (1130); BAG v. 18.12.2008 – 8 AZR 31/08, DB 2009, 2269 (2272); BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, BB 2007, 1624 (1627). Ohne eine solche Einschränkung aber BAG v. 23.4.2013 – 3 AZR 475/11, NZA 2013, 1275 (Tz. 14 f.). BAG v. 28.11.2007 – 5 AZR 992/06, NZA 2008, 293 (Tz. 29). Offengelassen von BAG v. 28.6.2012 – 6 AZR 217/11, BeckRS 2012, 72924 (Tz. 57 f.). 209 Vgl. die Nachw. in Fn. 210; Stoffels Rz. 613; Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung, S. 159, 162, 203 f.; Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGBGesetz, S. 83 (96); Neumann Geltungserhaltende Reduktion S. 154 ff.; Bunte NJW 1984, 1146 ff.; Lindacher BB 1983, 158; Ulmer NJW 1981, 2030 f. So auch Boemke-Albrecht Rechtsfolgen, S. 89 ff., 99 ff., freilich unter methodisch zweifelhafter Gleichsetzung von geltungserhaltender Reduktion und ergänzender Vertragsauslegung. 210 Nahezu einh. M.; vgl. nur Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 13; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 22 f.; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 12; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 15; von Hoyningen-Huene Inhaltskontrolle Rz. 68; Stoffels Rz. 613. 211 Niebling MDR 2010, 962; zum früheren § 6 AGBG vgl. Götz NJW 1978, 2224; Niebling BB 1984, 1717; Steindorff ZHR 148 (1984), 276 f.; grundsätzlich auch Löwe BB 1984, 492 ff.; Löwe BB 1983, 2014 f.; Trinkner BB 1984, 490 ff.; Trinkner BB 1983, 1875 f. 212 Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 194 ff., 265 ff.; Hart KritV 1989, 184 (192); Rüßmann BB 1987, 845 ff.; E. Schmidt JuS 1987, 929 ff. (935) mit Fn. 85; E. Schmidt ZIP 1987, 1505 ff. (1508 f.); für richterliche Rechtsfortbildung des Gesetzesrechts auch Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle, S. 343 f.; Coester-Waltjen JURA 1988, 116; Trinkner BB 1983, 1875 f. 213 Häsemeyer in FS Ulmer, 2003, S. 1097 (1100), der es außerdem nicht mit der Privatautonomie für vereinbar hält, dass eine Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung zu einer „richterrechtlichen Versteinerung“ rechtsgeschäftlicher Regelungen durch Ausformung von Geschäftstypen führt.

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Möglichkeit ergänzender Vertragsauslegung bejaht wird, findet sich allerdings verbreitet eine Einschränkung für Fälle, in denen für die Vertragsergänzung mehrere Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen214. Abgelehnt wird die ergänzende Vertragsauslegung weiterhin auch dann, wenn dem Verwender die Unangemessenheit der Klausel bekannt oder für ihn doch voraussehbar war215. Teilweise wird für eine ergänzende Vertragsauslegung schließlich eine krasse Störung des Gleichgewichts verlangt216. bb) Stellungnahme Im Unterschied zur unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion (vgl. dazu Rz. 14) richtet sich eine ergänzende Vertragsauslegung nicht darauf, den unangemessenen Regelungsinhalt einer Klausel abmildernd anzupassen, sondern setzt eine durch die Unwirksamkeit einer Klausel entstandene Vertragslücke voraus217. Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung und geltungserhaltende Reduktion können daher nicht gleichgesetzt werden und das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion steht einer solchen Lückenfüllung nicht entgegen218. Soweit es um die ergänzende Auslegung von Verträgen geht, die nach § 306 Abs. 1 infolge der Nichteinbeziehung219 oder Unwirksamkeit von AGB lückenhaft220 sind, ist zunächst zu beachten, dass Abs. 2 nach seinem Wortlaut 214 MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 29; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 13; Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 16; Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause, AGB-Arbeitsrecht, § 306 BGB Rz. 65; Trinkner BB 1983, 1876; Trinkner BB 1984, 491; relativierend Bunte NJW 1984, 1148 im Anschluss an BGHZ 90, 69 (80 f.); abl. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 21; Bechtold BB 1983, 1638. 215 Ulmer NJW 1981, 2031; Ulmer BB 1982, 1130 f.; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 20; Lindacher BB 1983, 158; so auch Bunte NJW 1984, 1147; von Hippel BB 1985, 1631; a.A. Neumann Geltungserhaltende Reduktion, S. 157 f.; Boemke/Albrecht Rechtsfolgen, S. 159 ff. 216 Vgl. Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 13: Vertragslücke müsse das Vertragsgefüge „völlig einseitig“ zugunsten des Vertragspartners des Verwenders verschieben. So auch Stoffels Rz. 615 mit der zusätzlichen Feststellung, dass das Absehen von einer Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung zu einer für den Verwender unzumutbaren Härte führen müsse. 217 Vgl. BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 (Tz. 26, 30); Wolf/Lindacher/ Hau § 306 BGB Rz. 30. 218 Nicht zu folgen ist daher BGH V. 16.4.2010 – V 175/09, WM 2010, 1861 (Tz. 22 f.), wenn dort im Hinblick auf die vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung ausgeführt wird, dass das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion „ausnahmsweise im Ergebnis nicht zum Tragen“ komme. 219 Zur Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung auch in diesem Fall vgl. BGH v. 3.12.2014 – VIII ZR 370/13, juris (Tz. 23, 25); BGH v. 1.10.2014 – VII ZR 344/13, NJW 2015, 49 (Tz. 24). 220 Für Annahme einer planwidrigen Lücke bei einem langfristigen Gasversorgungsverhältnis, wenn ein Preisanpassungsrecht vollständig entfällt, BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, NJW 2012, 1865 (Tz. 21), mit dem Ergebnis, dass der Kunde „die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat“; so auch BGH v. 15.4.2015 – VIII ZR 59/14, BeckRS 2015, 09081 (Tz. 25); BGH v. 3.12.2014 – VIII ZR 370/13, juris (Tz. 27 ff.); BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 (Tz. 36). Begründet wird das mit dem bei langfristigen Vertragsverhältnissen anzuerkennenden Bedürfnis, „das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten“; vgl. BGH v.

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für die Lückenfüllung auf dispositives Recht verweist. Für die Vertragsergänzung im Bereich vorformulierter Vertragsbedingungen folgt hieraus – wiederum im Unterschied zu geltungserhaltenden Reduktion – jedenfalls der Vorrang der Lückenfüllung durch dispositives Recht gegenüber derjenigen im Wege richterlicher Vertragsergänzung. Auch lässt sich entgegen verbreiteter Ansicht (vgl. Rz. 26) der Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften in § 306 Abs. 2 nicht etwa als Bezugnahme auch auf die für die ergänzende Vertragsauslegung maßgebende Vorschrift des § 157 auslegen. Diesem bei der Entstehungsgeschichte von Abs. 2 aufgetretenen Missverständnis (Rz. 3) liegt eine Vermengung sachlich-rechtlicher (dispositiver) und methodischer Vorschriften zugrunde; an der Eindeutigkeit des Wortlauts von Abs. 2 ändert es nichts. Allerdings bedarf die ergänzende Vertragsauslegung als anerkanntes Rechtsinstitut der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre auch nicht erst ausdrücklicher Zulassung durch die §§ 305–310, um bei vorformulierten Vertragsbedingungen Anwendung finden zu können (Rz. 31). Entscheidend ist vielmehr, dass § 306 Abs. 2 die richterliche Vertragsergänzung nicht ausschließt, soweit es an zur Lückenfüllung geeignetem dispositiven Recht fehlt221. Das gilt auch angesichts der Besonderheiten von AGB als generell-abstrakte Vertragsbestandteile, vgl. Rz. 31. Zur Vereinbarkeit einer Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung mit Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG vgl. Rz. 4c, 4d. 34a

Auch der Zweck des AGB-Rechts der §§ 305–310222 steht einer richterlichen Vertragsergänzung nicht entgegen. Dem Schutz des Kunden vor einer unangemessenen Benachteiligung durch vorformulierte Vertragsbedingungen ist Rechnung getragen, wenn an ihre Stelle eine beiderseits interessengerechte Regelung tritt. Mit dieser Feststellung erledigt sich auch der gegenüber einer geltungserhaltenden Reduktion erhobene Einwand, dass der Richter nicht zum Sachwalter der Verwenderinteressen werden dürfe, indem er unangemessene Bedingungen in einem gerade noch zulässigen Umfang aufrechterhält223. Zwar bleibt bei der richterlichen Vertragsergänzung das Problem, dass die letztlich geltende Vertragsregelung für den Kunden nicht von vornherein transparent ist (vgl. dazu Rz. 14). Da aber die ergänzende Vertragsauslegung ohnehin nur beim Fehlen ge14.3.2012 – VIII ZR 113/11, NJW 2012, 1865 (Tz. 26). Für Übertragung dieser Rechtsgrundsätze allgemein auf Dauerschuldverhältnisse bei Unwirksamkeit von Klauseln, „die greifbar kostenwirksam sind und für die eine spezifische Lösung nicht zur Verfügung steht“, Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 13a, der dafür beispielhaft den Fall unwirksamer Schönheitsreparatur-Klauseln in Mietverträgen anführt. 221 So auch Stoffels Rz. 613; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 15; Canaris ZIP 1996, 1116. Entgegen Häsemeyer in FS Ulmer, 2003, S. 1097 (1100), steht der Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung nicht entgegen, dass es bei einer unwirksamen Klausel an einer „bestandskräftigen Auslegungsgrundlage“ fehle; bei der Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung geht es nicht mehr um Auslegung des tatsächlichen Parteiwillens, sondern um eine am hypothetischen Parteiwillen orientierte richterliche Vertragsergänzung (Rz. 31). 222 Für ergänzende Vertragsauslegung unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrenden Gesetzesauslegung, wenn dadurch vermieden wird, dass eine Rechtsprechung über formale Anforderungen an die wirksame AGB-Gestaltung eine echte Rückwirkung auf Altverträge entfaltet, BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, BB 2007, 1624 (1627); BAG NJW 2005, 1820 (1822). 223 Zutr. BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (81 f.) = NJW 1984, 1177 - Tagespreisklausel; a.A. – unter Vermengung von geltungserhaltender Reduktion und ergänzender Vertragsauslegung – namentlich Löwe BB 1984, 492 ff. in scharfer Kritik am Tagespreisklausel-Urteil.

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eigneten dispositiven Rechts eingreift (Rz. 34), lässt sich auch bei ihrer Ablehnung dem Transparenzgebot nicht Rechnung tragen. Das Offenlassen von Vertragslücken, deren Ausfüllung im Interesse beider Vertragsparteien geboten ist, würde zudem die Gefahr des Eingreifens von § 306 Abs. 3 erhöhen224 (vgl. Rz. 53). Dem Interesse des Kunden wäre hiermit weniger gedient als mit einer auch für ihn sachgerechten Vertragsergänzung225. Soweit sich mit der mangelnden Transparenz der auf Grund richterlicher Vertragsergänzung geltenden Bestimmung für den Kunden Rechtsnachteile verbinden, bleibt ihm grundsätzlich die Möglichkeit, gegenüber dem Verwender Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2) geltend zu machen (Vor § 307 Rz. 104; vgl. auch Rz. 49)226. Die Vorschrift des § 306 Abs. 2 steht daher der Lückenfüllung durch ergänzende 35 Vertragsauslegung vor allem nicht entgegen, wenn es sich bei dem lückenhaften Vertrag um ein atypisches, gesetzlich nicht geregeltes Schuldverhältnis handelt und ein Rückgriff auf dispositives Recht schon aus diesem Grunde ausscheidet. Entsprechendes gilt dann, wenn dem Rückgriff auf dispositives Recht die starke inhaltliche Abwandlung des lückenhaften Vertrags vom gesetzlichen Leitbild entgegensteht. Aber selbst bei den gesetzlichen Typen entsprechenden Verträgen kann für eine richterliche Vertragsergänzung Raum sein, wenn das vorhandene dispositive Recht den beiderseitigen Interessen nicht (mehr) hinreichend Rechnung trägt227 oder von vornherein sachgerechte Regelungen fehlen228. Dispositives Recht kann sich auch dann nicht zur Lückenfüllung eignen, wenn nur eine einzelne Bestimmung aus einem sachlich zusammenhängenden, vom dispositiven Recht grundsätzlich in angemessener Weise abweichenden Regelungskomplex unwirksam ist (Rz. 30). Die Darlegungslast für das Fehlen oder die man224 Für ergänzende Vertragsauslegung auch dann, wenn dadurch zu Gunsten des Kunden die Rechtsfolge von § 306 Abs. 3 abgewendet werden kann, Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 17. 225 Vgl. zutr. BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (77) = NJW 1984, 1177 unter Hinweis auf das Ziel von § 6 Abs. 1 AGBG (jetzt § 306 Abs. 1), den Vertrag möglichst aufrechtzuerhalten. – Für Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung auch angesichts der von ihm verlangten gesetzlichen oder vertraglichen „Vorregelung“ der Vertragsergänzung Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung, S. 199, 203 f. 226 Allgemein zur Schadensersatzhaftung des Verwenders bei der Verwendung unwirksamer AGB vgl. BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, WM 2010, 1514 (1517 f.); BGH v. 12.3.2008 – XII ZR 147/07, NJW 2008, 2254 (2256); Hubert Schmidt WuM 2010, 191 ff. 227 Vgl. zum Preisanpassungsrecht die Nachw. in Fn. 220 (zu Gaslieferverträgen) sowie BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 = NJW 1984, 1177 (Kfz-Kaufvertrag); BGH v. 12.7.1989 – VIII ZR 297/88, ZIP 1989, 1196 (1198) (Fernmeldeanlagen-Vermietung); zur Abschlusskostenverrechnung bei der kapitalbildenden Lebensversicherung BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, WM 2005, 2279 (2284 ff.); vgl. auch BGH v. 24.9.1985 – VI ZR 4/84, BGHZ 96, 18 (26 f.), wo eine richterliche Vertragsergänzung mit dem Ergebnis einer Haftungsbeschränkung bei einer gegen den früheren § 11 Nr. 7 AGBG verstoßenden Klausel wohl nicht generell für unzulässig gehalten wird; a.A. insoweit Bunte NJW 1984, 1147; Lindacher BB 1983, 158; wohl auch Neumann S. 154 f., 206 f. – Weitergehend – grundsätzlich für Vorrang der ergänzenden Vertragsauslegung gegenüber dem dispositiven Recht – wohl Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung, S. 160 ff. 228 Vgl. BGH v. 6.7.1983 – IVa ZR 206/81, BGHZ 88, 78 (85) = NJW 1983, 2632 (2633) zu gesetzesergänzenden Klauseln (vgl. Rz. 33); OLG Nürnberg v. 20.6.1990 – 9 U 3650/89, WM 1991, 985 (991) (Höchstbetragsbürgschaft); a.A. Trinkner BB 1984, 490, soweit nicht eine planwidrige (unbewusste) Gesetzeslücke vorliegt.

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gelnde Eignung vorhandenen dispositiven Rechts liegt, auch wenn es insoweit um eine Rechtsfrage geht, im Regelfall beim Verwender als derjenigen Vertragspartei, die sich auf das Eingreifen der richterlichen Vertragsergänzung abweichend vom dispositiven Recht beruft. 36

Auch unter der Geltung der §§ 305–310 bleibt somit im Individualprozess die früher praktizierte (Rz. 4) ergänzende Vertragsauslegung zur Füllung der durch AGB-Mängel aufgetretenen Lücken grundsätzlich möglich; anderes gilt für den auf Unterlassung gerichteten Verbandsprozess nach dem UKlaG (dazu unten Teil 3), bei dem sich die Frage der Lückenfüllung des Einzelvertrags nicht stellt229. Sie erlangt im Individualprozess sogar einen breiteren Anwendungsbereich, da einerseits die Einbeziehungs- und Inhaltskontrollschranken durch das AGB-Recht vermehrt wurden, andererseits aber eine begrenzte Aufrechterhaltung unangemessener Klauseln im Wege restriktiver Auslegung oder geltungserhaltender Reduktion ausscheidet (vgl. Rz. 14 f.; § 305c Rz. 100, 102). In der Zulassung ergänzender Vertragsauslegung trotz Ablehnung geltungserhaltender Reduktion liegt auch nicht etwa ein Wertungswiderspruch; denn anders als diese sucht die ergänzende Vertragsauslegung von vornherein und „definitionsgemäß“ nach einer den Interessen beider Seiten Rechnung tragenden Lösung (vgl. Rz. 31 f., 34a, 37)230, während diese Zielsetzung kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einer geltungserhaltenden Reduktion ist. Außerdem liegt ein Wertungswiderspruch auch deshalb nicht vor, weil sich die ergänzende Vertragsauslegung auf eine Lückenfüllung unter Wahrung des Vorrangs des dispositiven Rechts richtet, während es bei der geltenden Reduktion um eine Abänderung der nicht gänzlich wegfallenden Klausel geht (Rz. 34).

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Mit dem Hinweis auf die Interessen beider Seiten sind zugleich die Schranken der Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung angesprochen. Ihr Sinn ist es nicht, der einseitigen Interessenverfolgung des Verwenders in den Grenzen der §§ 307–309 zum Ziel zu verhelfen. Das Ergebnis der Vertragsergänzung muss vielmehr einen beiderseits angemessenen Interessenausgleich bilden (Rz. 32); auch eine einseitige Bevorzugung der Interessen des Kunden wäre damit nicht zu vereinbaren231. Normative Vorgaben für die danach gebotene Interessenabwä-

229 BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1057). Krit. dazu und für eine Berücksichtigung der ergänzenden Vertragsauslegung im Verbandsprozess zu Unrecht von Westphalen in FS Meilicke, 2010, S. 105 (106 ff.); von Westphalen übersieht vor allem, dass es bei der ergänzenden Vertragsauslegung um eine Frage der Lückenfüllung des konkreten Vertrages geht, die sich aber im Verbandsprozess nicht stellt. Auch werden – entgegen von Westphalen in FS Meilicke, 2010, S. 105 (108) – die in § 11 UKlaG vorgesehenen Wirkungen des Unterlassungsurteils nicht „unterlaufen“, wenn der Kunde im Individualprozess erfolgreich die Unwirksamkeit einer Klausel auf der Grundlage von § 11 Satz 1 UKlaG geltend macht und das Gericht – sei es aufgrund eines entsprechenden Vortrags des Verwenders oder unabhängig davon – eine Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung vornimmt. Denn eine solche Lückenfüllung schränkt die Unwirksamkeitsfolgen von § 11 UKlaG nicht ein, sondern setzt die aus § 11 UKlaG folgende uneingeschränkte Unwirksamkeit gerade voraus. 230 So zutr. BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (81 f.) = NJW 1984, 1177 gegen Löwe BB 1982, 154 f. (649); Trinkner BB 1983, 925, 1876, 2014 und Jung BB 1983, 1059. Wie hier auch Bunte NJW 1984, 1148. Krit. zu dieser Gegenüberstellung von geltungserhaltender Reduktion und ergänzender Vertragsauslegung z.B. Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 551; Canaris ZIP 1996, 1112 f.; Hager JZ 1996, 176. 231 BGH v. 4.7.2002 – VII ZR 502/99, WM 2002, 1876 (1878). A.A. anscheinend BGHZ 96, 18 (27) (zur Feststellung der Vertragslücke) und Schrifttumsnachw. in Fn. 192.

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gung bilden namentlich auch die Vorschriften der §§ 307–309, über die sich das Gericht bei der Vertragsergänzung nicht hinwegsetzen darf232; aus diesem Grunde bedarf das Ergebnis der Lückenfüllung nicht seinerseits der Inhaltskontrolle nach §§ 307–309. Schließlich bleibt auch der Grundsatz der Eigenverantwortung des Verwenders für die von ihm dem Einzelvertrag zugrunde gelegten AGB unberührt. Namentlich in Fällen offensichtlicher Verstöße gegen die Inhaltsschranken der §§ 307–309 ist für den Rückgriff auf § 157 daher kein Raum233. Dazu wird man auch die Fälle zählen müssen, in denen die Unwirksamkeit einer Klausel durch höchstrichterliche Rechtsprechung entschieden und die Entscheidung veröffentlicht ist, die Klausel nach Ablauf einer „Schonfrist“234 in Neuverträgen aber gleichwohl (weiter) verwendet wird235; vgl. aber auch Rz. 2a a.E.). Entsprechendes gilt für dem Verwender sonst – etwa auf Grund eines ihm gegenüber ergangenen Unterlassungsurteils hinsichtlich der Klausel – bewusste oder vorwerfbar nicht bekannte Verstöße gegen das AGB-Recht236. Eine Einschränkung ist in diesen Fällen freilich dann veranlasst, wenn sich die Ablehnung der richterlichen Vertragsergänzung zu Lasten des Kunden auswirken würde, z.B. das Eingreifen von § 306 Abs. 3 zur Folge hätte237. Für die richterliche Vertragsergänzung ist dagegen vor allem Raum bei nicht erkennbaren Risiken oder zweifelhafter, höchstrichterlich noch ungeklärter Rechtslage. Durch das AGB-Recht soll der Kunde zwar vor unangemessener Benachteiligung durch einseitige Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit seitens des Verwenders geschützt werden, während es dem Verwender grundsätzlich selbst überlassen bleibt, durch entsprechende Vertragsgestaltung seine Interessen wahrzunehmen. Auch dem Kunden soll jedoch kein Anwartschaftsrecht auf unverhoffte, aus der ersatzlosen Streichung einer unbilligen Vertragsklausel resultierende und die Erreichung des Vertragszwecks ihrerseits gefährdende Vorteile verschafft werden238. 232 So im Ergebnis auch BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 220/83, NJW 1985, 621 (622 f.) unter Zurückweisung der unberechtigten Kritik von Löwe BB 1984, 493 und Trinkner BB 1984, 491 f. an BGHZ 90, 69 (82). Weitergehend Boemke-Albrecht Rechtsfolgen, S. 146 ff., der in den früheren §§ 10, 11 AGBG – heute §§ 308, 309 – grundsätzlich den angemessenen Aufrechterhaltungsmaßstab sieht. 233 Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 20. 234 BGH v. 25.3.2004 – VII ZR 453702, WM 2004, 1079 (1080) setzt diese Übergangsfrist bei rund sechs Monaten an. 235 BGH v. 25.3.2004 – VII ZR 453702, WM 2004, 1079 (1080); BGH v. 4.7.2002 – VII ZR 502/99, WM 2002, 1876 (1878), mit der Feststellung, dass bei einer Weiterverwendung einer derartigen Klausel nicht angenommen werden könne, dass deren Unwirksamkeit zu einer planwidrigen Lücke (vgl. Rz. 31) führe. Zu Arbeitsverträgen vgl. BAG v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 (Tz. 19); BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 (Tz. 37). Gegen diese Rspr. Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 13. 236 Vgl. BGH v. 12.10.2011 – IV ZR 199/10, NJW 2012, 217 (Tz. 47 f.); OLG Karlsruhe bei Bunte AGBE V § 6 Nr. 13 und die Nachw. in Fn. 215; im Ergebnis zutr. daher BGHZ 96, 18 (26 f.), wo eine ergänzende Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit einer pauschalen, klar gegen § 11 Nr. 7 AGBG (jetzt: § 309 Nr. 7) verstoßenden Freizeichnungsklausel abgelehnt wird. Vgl. dazu und zur Parallele gegenüber der für diese Fälle verbreitet abgelehnten geltungserhaltenden Reduktion schon Ulmer NJW 1981, 2031. – Differenz. Bunte NJW 1984, 1147; Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 556 (562). 237 Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 205 f.; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 20. 238 So zutr. BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (77 f.) = NJW 1984, 1177; Bunte ZIP 1983, 767; Ulmer BB 1982, 1125. Vgl. auch BAG NJW 2005, 1820 (1822): Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung müsse unter dem Gesichtspunkt einer verfassungskonformen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrenden Gesetzesauslegung vermieden werden, dass vom BAG entwickelte Anforderungen an die formale AGB-Ge-

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Wenn das dispositive Recht keine zur Lückenschließung sachgerechte Regelung enthält und auch die ersatzlose Streichung der unwirksamen Bestimmung keine angemessene, den typischen Interessen beider Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet (vgl. Rz. 33), ist es sachlich nicht gerechtfertigt, eine Lückenschließung durch ergänzende Vertragsauslegung von deutlich darüber hinausgehenden und damit besonders hohen Anforderungen abhängig zu machen, wie von einer zwingenden Sonderlage, von einer krassen Störung des Gleichgewichts oder von einer unzumutbaren Härte für die Vertragsparteien (vgl. Rz. 33a)239. Denn wenn einerseits ein Unterbleiben der Lückenschließung nicht zu einem angemessenen Interessenausgleich führt, andererseits aber ein solcher Interessenausgleich das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, leuchtet es nicht ein, dieses Ergebnis zusätzlich von gesteigerten Anforderungen abhängig zu machen, zumal solche für den Regelfall der Vertragsergänzung durch dispositives Recht in § 306 Abs. 2 nicht vorgesehen sind240. Führt das Festhalten an einem lückenhaften Vertrag zu einer unzumutbaren Härte, knüpft § 306 Abs. 3 daran die Gesamtunwirksamkeit des Vertrages. Damit ist es kaum zu vereinbaren, die unzumutbare Härte zur Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung zu machen mit der Folge, dass sich dann die Frage der Gesamtunwirksamkeit nicht mehr stellt.

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Insgesamt muss es bei der Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung somit darum gehen, die richtige Mitte zu finden zwischen einer der unwirksamen Klausel so nahe wie möglich kommenden Lückenschließung und der vom BGH241 zu Recht beschworenen Versuchung, den Parteien die vom Gericht für angemessen gehaltene Vertragsgestaltung aufzudrängen. Mit Rücksicht auf die für die ergänzende Vertragsauslegung maßgebliche objektiv-generalisierende Interessenabwägung (Rz. 32) steht den Gerichten bei der Lückenfüllung freilich ein größerer Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu als bei der Ergänzung individualvertraglicher Abreden. Denn das Gericht hat nicht den Willen der konkreten Vertragsparteien festzustellen und fortzuschreiben, sondern eine allgemein gültige, den typischen Interessen Rechnung tragende Ersatzregelung zu bestimmen (Rz. 32)242; daher kommt es bei der ergänzenden Vertragsauslegung auch nicht darauf an, den tatsächlichen Willen der jeweiligen Vertragsparteien

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staltung Rückwirkung auf Altverträge entfalten, bei denen der Verwender diese Anforderungen noch nicht beachten konnte. Gegen derartige Verschärfungen für die Voraussetzungen für eine Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung auch Uffmann Geltungserhaltende Reduktion, S. 186; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 13a; Schlewing in Clemenz/Kreft/Krause, AGB-Arbeitsrecht, § 306 BGB Rz. 60; von Westphalen in FS Meilicke, 2010, S. 105 (113 ff.); Thomas AcP 209 (2009), 85 (122 ff.); Uffmann NJW 2012, 2226; Uffmann NJW 2011, 1316 f.; von Westphalen NJW 2011, 2099. So auch für Arbeitsverträge Lincke in FS Bauer, 2010, S. 645 (657); Schlewing NZA-Beil. 2012, 37; Uffmann RdA 2011, 160 ff.; Zimmermann ArbRAktuell 2012, 105. Der Rspr. folgend aber Stoffels Rz. 615; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 13. Darauf zu Recht hinweisend Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 186. BGHZ 51, 55 (56 f.) = NJW 1969, 230; BGH NJW 1979, 2095; vgl. auch BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (77) = NJW 1984, 1177. BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, WM 2005, 2279 (2285); BGH v. 7.3.1989 – KZR 15/87, BGHZ 107, 273 (277) = NJW 1989, 3010; wohl auch BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (76, 80) = NJW 1984, 1177, wenn auch in Anknüpfung an den hypothetischen Willen der konkreten Parteien.

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zu ermitteln und als Grenze der Lückenfüllung zu beachten243. Zwar darf auch die Lückenfüllung im Bereich vorformulierter Abreden nicht zu einer dem sonstigen Vertragsinhalt widersprechenden und den Vertrag inhaltlich abändernden Regelung führen. Diese Schranke wird allerdings schon dadurch eingehalten, dass die richterliche Vertragsergänzung dem in der unwirksamen Bestimmung zum Ausdruck gekommenen Regelungsziel durch eine daran orientierte, beiderseits interessengerechte Regelung Rechnung trägt. Dieser Grundsatz darf allerdings nicht dahin missverstanden werden, dass das Gericht bei der – zur Lückenfüllung erforderlichen – Vertragsergänzung an den „technischen“ Regelungsgehalt der unwirksamen Klausel gebunden wäre, also unter grundsätzlicher Beibehaltung des konkreten, vom Wortlaut der Klausel erfassten Regelungsgegenstands nur die unangemessene Reichweite der Regelung abmildern könnte. Aus diesem Grund muss sich eine richterliche Vertragsergänzung bei einem auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Vertrag mit einer im Hinblick auf unangemessen kurze Fristen unwirksamen Kündigungsklausel nicht zwangsläufig auf eine Verlängerung der Kündigungsfristen beschränken; in Betracht kommt grundsätzlich auch eine Vertragsergänzung, nach der – unter Beibehaltung der bisherigen kurzen Fristen – eine Kündigung vom Vorliegen bestimmter Gründe abhängig gemacht wird244. Vorbehalte sind gegenüber der verbreiteten Ansicht angebracht, die eine Lücken- 38 füllung bei mehreren denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten ablehnt (vgl. Rz. 33). Auf eine exakte Bestimmung der Ersatzregelung wird es häufig schon deshalb nicht ankommen, weil sich das Gericht im Individualprozess zwischen Kunde und Verwender auf die Feststellung beschränken kann, dass die streitentscheidende Rechtsfolge jedenfalls von einer sachgerechten und beiderseits interessengerechten Vertragsergänzung gedeckt wäre und diese zu den mehreren denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten zählt245. Aber auch wenn es der Festlegung auf eine von mehreren denkbaren Vertragsergänzungen aus den Gründen des Einzelfalles bedarf, sollten doch die Grenzen richterlicher Vertragsgestaltung nicht zu eng gezogen werden246. Dafür spricht, dass § 306 Abs. 1 einerseits die grundsätzliche Fortgeltung des Vertrages bestimmt, andererseits aber für eine ergänzende Vertragsauslegung nur dann Raum ist, wenn es an zur Lückenfüllung geeignetem dispositivem Recht fehlt. Lehnt man bei mehreren denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten eine Vertragsergänzung demgegenüber ab, so vergrößert sich die Ge243 A.A. BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (77) = NJW 1984, 1177. 244 Siehe dazu BGH v. 7.3.1989 – KZR 15/87, BGHZ 107, 273 (277) = NJW 1989, 3010. Vgl. als weiteres Beispiel die BGH-Rspr. zur ergänzenden Vertragsauslegung beim Wegfall einer Preisanpassungsklausel eines langfristigen Gasversorgungsvertrages, oben Fn. 220. 245 Ulmer NJW 1981, 2031; Stoffels Rz. 620; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 21. Als Beisp. vgl. BGHZ 120, 108 (122). 246 Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 15a; BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 14; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 21; Boemke-Albrecht Rechtsfolgen, S. 158 f.; im Erg. auch Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, S. 204 ff. Aus der Rspr. vgl. BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, WM 2005, 2279 (2285), mit der zutr. Feststellung, dass insb. bei Massenverträgen die Vertragsergänzung „auf einer höheren Abstraktionsebene und damit ohne Rücksicht auf Anhaltspunkte für eine bestimmte Lösungsvariante“ vorzunehmen sei; tendenziell auch BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (80 f.) = NJW 1984, 1177 (vgl. Fn. 201); Bunte NJW 1984, 1148. Vgl. auch OLG Brandenburg MMR 2002, 679 (681): Ersetzung einer unwirksamen 25-jährigen Laufzeit bei einem Breitbandkabelgestattungsvertrag durch eine 12-jährige Laufzeit im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung.

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fahr, dass der Vertrag nach § 306 Abs. 3 unwirksam ist (Rz. 53). Damit wäre im Regelfall weder den Interessen des Kunden noch denjenigen des Verwenders Rechnung getragen. Hinzu kommt die erhebliche Rechtsunsicherheit, die sich mit dem Merkmal der mehreren Gestaltungsmöglichkeiten verbindet und die die Grenzen dieser Einschränkung nicht erkennen lässt. Angesichts dieser Umstände und des auf Grund der objektiv-generalisierenden Interessenabwägung größeren Gestaltungsspielraums bei der richterlichen Vertragsergänzung sollte diese Einschränkung daher für den Bereich der vorformulierten Vertragsbedingungen aufgegeben werden247. 38a

Da die Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung zu einem beiderseits angemessenen Interessenausgleich führen muss (Rz. 37), darf die Vertragsergänzung nicht ihrerseits zu einer nach den §§ 307–309 unangemessenen Regelung führen248, kann dies aber „definitionsgemäß“ auch nicht. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob intransparente und deshalb unwirksame AGB-Regelungen bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Lückenschließung durch ergänzende Vertragsauslegung durch inhaltsgleiche, aber transparente Regelungen ersetzt werden können. Für Allgemeine Versicherungsbedingungen hat der BGH entschieden, dass eine Vertragsergänzung durch inhaltsgleiche (aber nunmehr transparente) Bestimmungen auf der Grundlage des sog. Treuhänderverfahrens gemäß § 172 Abs. 4 VVG a.F. unwirksam ist, weil sie die gesetzliche Sanktion der Unwirksamkeit nach dem früheren § 9 Abs. 1 AGBG bzw. nach § 307 Abs. 1 unterläuft249 (siehe dazu auch oben Fuchs § 307 Rz. 363 ff.). Entsprechendes wird dann aus der Sicht des BGH für die Bedingungsanpassung nach § 164 VVG gelten250; vgl. dazu auch Rz. 2a. Dem ist nicht zu folgen, und aus dieser Rechtsprechung sollte auch nicht allgemein, über den Bereich der Bedingungsanpassung bei AVB hinaus, eine Schranke für die ergänzende Vertragsauslegung bei intransparenten und deshalb unwirksamen Klauseln hergeleitet werden. Mit der Vertragsergänzung durch eine transparente Klausel wird das Ziel der Transparenzkontrolle, das sich auf eine transparente Vertragsgestaltung richtet, erreicht. Entscheidend ist, ob die transparente Regelung inhaltlich dem Ergebnis einer am hypothetischen Willen und am Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise (vgl. Rz. 32) entspricht251. Sollten dem Kunden aus der Verwendung der intransparenten Klausel Nachteile entstanden sein, kommen Schadensersatzansprüche gegen den Verwender aus vorvertraglicher Pflichtverletzung in Betracht (Rz. 34a).

247 So insb. bei „Massenverträgen“ BGH WM 2005, 2279 (2285) (zur kapitalbildenden Lebensversicherung). A.A. aber erneut z.B. BGH v. 1.10.2014 – VII ZR 344/13, NJW 2015, 49 (Tz. 24); BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, WM 2005, 1168 (1170); BGH v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, ZIP 2006, 474 (479). 248 BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1057). 249 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, WM 2005, 2279 (2285); so auch BGH v. 26.9.2007 – IV ZR 20/04, BGH v. 26.9.2007 – IV ZR 20/04, NJW-RR 2008, 188 (189); BGH v. 26.9.2007 – IV ZR 321/05, BGH v. 26.9.2007 – IV ZR 321/05, WM 2007, 2164 (2165); BGH v. 18.7.2007 – IV ZR 254/03, NJW-RR 2007, 1629. 250 Zust. Schneider in Prölss/Martin § 164 VVG Rz. 19. Abl. Armbrüster in Prölss/Martin Einl. Rz. 203 m.w.N. 251 Abl. gegenüber der BGH-Rechtsprechung auch Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 12 a.E.; Wolf/Reiff Klauseln Rz. V 205.

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4. Abweichende Vereinbarungen (salvatorische Klauseln) Schrifttum (vgl. auch die Nachw. vor Rz. 1): Baumann Salvatorische Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, NJW 1978, 1953; J. F. Baur Salvatorische Klauseln, in FS Vieregge, 1995, S. 31; Fell Hintereinandergeschaltete Allgemeine Geschäftsbedingungen, ZIP 1987, 690; Garrn Zur Zulässigkeit salvatorischer Klauseln bei der Vereinbarung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, JA 1981, 151, Michalski/Boxberger Gestaltungsformen und Zulässigkeitsschranken bei Ersetzungsklauseln, in FS H. P. Westermann, 2008, S. 459; Michalski/ Römermann Die Wirksamkeit der salvatorischen Klausel, NJW 1994, 886.

Zum weit verbreiteten Inhalt von AGB zählen salvatorische Klauseln, wonach an die Stelle nicht einbezogener oder unwirksamer Bestimmungen eine Regelung treten soll, die dem Inhalt der ursprünglichen Bestimmung möglichst nahe kommt. Häufig wird auch dem Verwender ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt. Ungeachtet der unterschiedlichen rechtsgeschäftlichen Ausgestaltung252 ist es das gemeinsame Ziel salvatorischer Klauseln, die in § 306 Abs. 2 vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts zu verdrängen und damit das nach § 306 Abs. 1 und 2 grundsätzlich den Verwender treffende, zum Eingreifen des dispositiven Rechts führende Risiko der Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit vorformulierter Vertragsbedingungen zum Nachteil des Kunden einzuschränken253. Aus diesem Grunde sind vorformulierte salvatorische Klauseln nach § 307 unwirksam254. Das gilt namentlich für Bestimmungen, die dem Verwender ein einseitiges Recht zur Lückenfüllung einräumen, die Parteien verpflichten, eine dem wirtschaftlichen Erfolg der ursprünglich geplanten Gestaltung möglichst nahe kommende Regelung zu treffen oder vorsehen, dass eine solche Regelung an die Stelle der unwirksamen Klausel tritt255, aber auch für sonstige salvatorische Klauseln, soweit sie die Rechtsfolge des § 306 Abs. 2 mo-

252 Vgl. dazu Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 225 f.; Witte Inhaltskontrolle und deren Rechtsfolgen im System der Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, Diss. Münster 1983, S. 277 f.; Michalski/Boxberger in FS H. P. Westermann, 2008, S. 459 (461 ff.); Garrn JA 1981, 151 f. 253 So zutr. BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159. 254 Eine unwirksame salvatorische Klausel lässt die Wirksamkeit einer Teilunwirksamkeitsklausel („Erhaltungsklausel“, vgl. Rz. 23) unberührt, vgl. BGH v. 6.4.2005 – XII ZR 132/03, WM 2005, 1291 (1293). 255 Im Ergebnis ganz h.M.; vgl. BGH v. 26.3.2015 – VII ZR 92/14, NJW 2015, 1952 (Tz. 45); BGH v. 8.5.2007 – KZR 14/04, NJW 2007, 3568 (3570); BAG v. 28.5.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 (Tz. 20); BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738 (Tz. 38); BAG v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, ZIP 2005, 1699 (1703); jew. zum Arbeitsvertrag; BGH v. 22.11.2001 – VII ZR 208/00, WM 2002, 133 (134); OLG München v. 19.6.2008 – U (K) 4252/07, BeckRS 2008, 12473; LG Köln v. 4.2.1987 – 26 O 120/86, NJW-RR 1987, 885 (886); LG Hamburg bei Bunte AGBE IV § 6 Nr. 24; LG Dortmund bei Bunte AGBE I § 6 Nr. 11 und AGBE III § 11 Nr. 46; LG Bielefeld bei Bunte AGBE III § 9 Nr. 17; vgl. auch OLG Köln v. 17.5.1989 – 24 U 275/88, ZIP 1989, 1319 (1320) und BGH NJW 1983, 159 (162) (zur Rechtslage vor dem früheren AGBG); Stoffels Rz. 625 f.; BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 19; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 20; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 30; J. F. Baur in FS Vieregge, 1995, S. 31 (41); Ebel DB 1979, 1975 f. Insoweit zust. auch Witte Inhaltskontrolle, S. 299 ff.; Garrn JA 1981, 153. A.A. Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 18.; Michalski/Boxberger in FS H. P. Westermann, 2008, S. 459 (475 ff.); Michalski/Römermann NJW 1994, 888 ff.; Baumann NJW 1978, 1954 f.; bei objektiv gerechtfertigter Gutgläubigkeit des Verwenders hinsichtlich der Wirksamkeit seiner AGB auch Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 48 f.; ähnl. Bunte AcP 181 (1981), 42.

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difizieren256 oder an Stelle einer richterlichen Vertragsergänzung (Rz. 33 ff.) eine Lückenfüllung vorsehen, die von einem beiderseits angemessenen Interessenausgleich zu Lasten des Kunden abweicht. Soweit Unwirksamkeitsgründe außerhalb des AGB-Rechts auf Grund ihres Schutzcharakters zu Gunsten eines Vertragsteils (Kunden) eine Anwendung von § 306 rechtfertigen (vgl. Rz. 2, 9), sind von dessen Rechtsfolgen abweichende vorformulierte salvatorische Klauseln ebenfalls nach § 307 unwirksam. Anderes kommt bei Unwirksamkeitsgründen in Betracht, die nicht dem Schutz einer Vertragspartei dienen, sondern anderen, im Falle kartellrechtlicher Vorschriften z.B. wettbewerbspolitischen Zielen. Die Wirksamkeit daran anknüpfender salvatorischer Klauseln scheitert im Regelfall nicht an § 307257. Die bisher üblichen pauschalen salvatorischen Klauseln, die in dem vorstehenden Sinne nicht unterscheiden und deshalb auch gegen § 307 verstoßen, sind allerdings insgesamt unwirksam (Rz. 14)258. Unproblematisch sind in beiden Fallgruppen salvatorische Klauseln, nach denen bei Unwirksamkeit einzelner Vertragsteile die Fortgeltung des Vertrages im Übrigen unberührt bleiben soll259. Sie entsprechen ohnehin der Regelung von § 306 Abs. 1 (Rz. 23). 40

Den in Rz. 39 genannten Bedenken sind entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht260 (vgl. auch Vor § 307 Rz. 101) grundsätzlich auch vorformulierte konkrete Ersatzklauseln ausgesetzt. Auch wenn die Ersatzregelung selbst mit §§ 307–309 vereinbar und hinreichend verständlich ausgestaltet ist, so weicht sie doch von der Rechtsfolge des § 306 Abs. 2 ab und schränkt das Unwirksamkeitsrisiko des Verwenders zu Lasten des Kunden ein. Auch würde die auf die Inhaltsschranken der §§ 307–309 beschränkte Überprüfung der Ersatzklausel dem Verwender doch die Möglichkeit verschaffen, eine der ursprünglichen möglichst nahe kommende, gerade noch zulässige Bestimmung zu treffen. Mit dem Regelungsziel von § 306 Abs. 2 ist das nicht zu vereinbaren. Unwirksam nach § 307 sind daher grundsätzlich auch solche – in der Vertragspraxis bisher allerdings nicht festzustellende – Ersatzklauseln, die bestimmten Vertragsbedingungen zugeordnet sind261. Auf Grund der konkreten lückenfüllenden Funktion der Ersatzklausel gilt das, entsprechend der Beurteilung einer richterlichen Vertragsergänzung (Rz. 37), allerdings dann nicht, wenn der Verstoß der zu ersetzenden

256 BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, WM 1999, 1367 (1368); BGH v. 5.12.1995 – X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783 (789); KG NJW 1998, 829 (831); OLG Stuttgart v. 15.12.1993 – 9 U 216/93, WM 1994, 626 (631); Abram NVersZ 2000, 253; Matusche-Beckmann NJW 1998, 116. 257 Weitergehend – generell für Wirksamkeit von salvatorischen Klauseln bei Unwirksamkeitsgründen außerhalb des früheren AGBG – J. F. Baur in FS Vieregge, 1995, S. 31 (40). 258 A.A. wohl J. F. Baur in FS Vieregge, 1995, S. 31 (40). 259 Ulmer in FS Steindorff, 1990, S. 805. Dazu Rz. 23. 260 Fehl Systematik des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1979, S. 103 f.; BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 20; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 17; Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung, S. 202 f. (einschränk. aber S. 209); Witte Inhaltskontrolle, S. 288 ff.; von Olshausen ZHR 151 (1987), 640 f.; einschränk. Garrn JA 1981, 155. 261 OLG München v. 15.4.1988 – 23 U 6557/88, NJW-RR 1988, 786; MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 30; Stoffels Rz. 627; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 20; Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 18; tendenziell auch BGHZ 109, 240 (248); a.A. BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 20; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 17.

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Klausel gegen das AGB-Recht nicht vorhersehbar war262. Die aufgezeigten Bedenken bestehen in verstärktem Maße gegenüber Klauseln, die zur Lückenfüllung bei nicht einbezogenen oder unwirksamen AGB auf subsidiär geltende AGB-Werke weiterverweisen263. Der Sinn dieser Staffelverweisungen264 besteht typischerweise darin, ergänzende Regelungen für diejenigen Fälle vorzusehen, in denen der in erster Linie geltende AGB-Text von vornherein lückenhaft ist265. Davon zu unterscheiden ist der Fall der Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB; er führt nach § 306 Abs. 2 zum Eingreifen des dispositiven Rechts. – Zur rechtlichen Bedeutungslosigkeit salvatorischer Klauselsätze i.S.v. „soweit gesetzlich zulässig“ vgl. Rz. 14 und § 305 Rz. 153. Im Unterschied zu vorformulierten salvatorischen Klauseln sind individualvertragliche Vereinbarungen, die von der Rechtsfolge von § 306 Abs. 2 abweichen, aus entsprechenden Gründen wie im Fall von § 306 Abs. 1 (Rz. 23) nicht grundsätzlich ausgeschlossen266 (Vor § 307 Rz. 102). Im Interesse des Kundenschutzes ist allerdings auch hier (zu § 306 Abs. 1 vgl. schon Rz. 23) eine Einschränkung für diejenigen Fälle zu machen, in denen individualvertragliche salvatorische Vereinbarungen dem Verwender allgemein, ohne Bezugnahme auf die Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit bestimmter Vertragsbedingungen, entweder ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht einräumen oder beide Vertragspartner zu einer einverständlichen Regelung über eine Ersatzbestimmung verpflichten, die der ursprünglichen Klausel möglichst nahe kommt. Die weit reichende Bedeutung derartiger salvatorischer Vereinbarungen vermag der Kunde typischerweise nicht zu überblicken. Ähnlich wie bei vorformulierten salvatorischen Klauseln (Rz. 39) besteht deshalb die Gefahr, dass der Verwender abweichend von § 306 Abs. 2 das ihn treffende Risiko der Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB zu Lasten des Kunden einschränkt. Außerdem würden derartige Vereinbarungen im Ergebnis auf eine auch individualvertraglich unzulässige267 Aushebelung der AGB262 Zust. Stoffels Rz. 627. Weitergehend Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 50: Konkrete Ersatzklausel zulässig, wenn für die ursprüngliche Klausel ein „konkreter Anlass zu Gültigkeitszweifeln“ besteht. 263 OLG München v. 15.4.1988 – 23 U 6557/88, NJW-RR 1988, 786; BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 20; Fell ZIP 1987, 692 f. A.A. Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 17; Heiermann DB 1977, 1737; mit Einschränkungen auch Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 24 f. Vgl. auch BGH v. 27.11.2003 – VII ZR 53/03, WM 2004, 290 (293) zur subsidiären Geltung der VOB/B, wobei der BGH allerdings nicht zu der Frage Stellung nimmt, ob die subsidiäre Geltung auch in AGB vorgesehen werden kann. – Zu Bedenken hinsichtlich der wirksamen Einbeziehung bei mehrstufigen Subsidiaritätsregelungen vgl. § 305 Rz. 152a. 264 Vgl. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 24. Zur Unwirksamkeit bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot BGH v. 21.6.1990 – VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388 (390 f.). 265 BGH v. 16.3.2006 – I ZR 65/03, NJW-RR 2006, 1350; OLG München v. 15.4.1988 – 23 U 6557/88, NJW-RR 1988, 786. Zu auf eine Umgehung von § 306 Abs. 2 gerichteten Sonderfällen vgl. Fell ZIP 1987, 691 ff. 266 H.M., vgl. Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 20; Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 17; Garrn JA 1981, 152 (154 f.). A.A. Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung, S. 209, mit Ausnahme konkreter Ersatzklauseln; für Unwirksamkeit eines individualvertraglichen Leistungsbestimmungsrechts bei Bösgläubigkeit des Verwenders hinsichtlich der Unvereinbarkeit der ursprünglichen Klausel mit dem früheren AGBG Wolf/Lindacher/ Hau § 306 BGB Rz. 48; Lindacher BB 1983, 159. 267 Vgl. BGH v. 20.3.2014 – VII ZR 248/13, NZM 2014, 440 (Tz. 30); danach ist es mit dem Schutzzweck der §§ 305 ff. „nicht zu vereinbaren, wenn die Vertragsparteien unabhängig von den Voraussetzungen des § 305 I 3 BGB die Geltung des Rechts der AGB individualrechtlich ausschließen“.

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rechtlichen Kontrolle hinauslaufen. Soweit danach im Einzelfall, namentlich bei konkreten Ersatzklauseln (Rz. 40), gegen individualvertragliche salvatorische Vereinbarungen keine Bedenken bestehen, unterliegt die darin vorgesehene Ersatzregelung nicht noch der Inhaltskontrolle nach §§ 307–309268. Wohl aber kann es bei auf einzelne Klauseln bezogenen einseitigen Leistungsbestimmungsrechten des Verwenders unter den Voraussetzungen von § 315 Abs. 1 zur gerichtlichen Überprüfung und Korrektur der Ersatzregelung kommen, wenn sie nicht der Billigkeit entspricht (§ 315 Abs. 3 Satz 2).

V. Gesamtunwirksamkeit des Vertrages (§ 306 Abs. 3) 1. Unzumutbare Härte a) Grundsatz 42

Die Ausnahmevorschrift269 des § 306 Abs. 3 – zu ihrer Unvereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG vgl. Rz. 4e – schränkt die Fortgeltung des Restgeschäfts nach Abs. 1 ein. Sie setzt voraus, dass zwar ein – lückenhaftes (Rz. 25) – Restgeschäft vorhanden ist, dessen Fortgeltung unter Ergänzung nach Maßgabe von § 306 Abs. 2 in Betracht kommt (Rz. 10), dass sich diese Fortgeltung aber für eine der Parteien als unzumutbar erweist. Der Anwendungsbereich von § 306 Abs. 3 ist umso geringer, je flexibler man bei der Lückenfüllung durch Zulassung auch der ergänzenden Vertragsauslegung im Rahmen von § 306 Abs. 2 bei Fehlen geeigneten dispositiven Rechts verfährt270 (vgl. Rz. 33 ff.). Im Übrigen wird die Unzumutbarkeit in erster Linie auf Seiten des Verwenders auftreten, da sich durch Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von Vertragsbedingungen der von ihm angestrebte Vertragsinhalt – auch unter Berücksichtigung der Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 – meist zu seinen Ungunsten verändert. Für den Kunden kann das Festhalten am Vertrag allenfalls dann unzumutbar sein, wenn dieser zwar noch einen bestandsfähigen Rest enthält, aber infolge der Vielzahl unwirksamer Vereinbarungen durch Lückenfüllung eine grundlegende Änderung erfährt271. Der Grund für die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag dürfte in diesem Fall freilich weniger in der – auf eine interessengerechte Vertragsgestaltung ausgerichteten – Änderung des Vertragsinhalts liegen als in der Ungewissheit des Kunden über das Ergebnis der Vertragsergänzung (Rz. 54)272. Dagegen kann sich der Kunde nicht auf § 306 Abs. 3 berufen, um sich aus einer für ihn nur lästig gewordenen Bindung zu lösen273. – Entsprechend ihrem Ausnahmecharakter ist die praktische Bedeutung der Vorschrift eher gering geblie268 A.A. Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 17; Garrn JA 1981, 152. 269 Vgl. Gesetzesbegr., BT-Drucks. 7/3919 S. 21 („Ausnahmefälle“); BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2094) („eng auszulegende Ausnahme“); Staudinger/ Schlosser § 306 BGB Rz. 31; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 60. 270 Hierzu auch Medicus in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 83 (95 f.). 271 Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 16; vgl. auch BGH WM 1978, 723 (724). 272 Vgl. OLG Düsseldorf v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436; OLG München v. 19.6.2008 – U (K) 4252/07, BeckRS 2008, 12473. 273 LAG Rheinland-Pfalz v. 15.1.2015 – 5 Sa 531/14, BeckRS 2015, 66281; OLG München v. 11.1.1984 – 7 U 3291/83, WM 1984, 469 (471); MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 33; so auch Begr. zum früheren § 6 AGBG, S. 21. Unzutr. OLG Zweibrücken v. 14.4.2005 – 4 U 132/04, NJW-RR 2005, 1652 (1653), das eine durch dispositives Recht

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ben. Aus der Rechtsprechung sind bisher nur wenige Fälle bekannt geworden, in denen die Gesamtunwirksamkeit des Vertrages nach dem früheren § 6 Abs. 3 AGBG bzw. § 306 Abs. 3 bejaht worden ist; vgl. dazu Rz. 52, 54a. Das Vorliegen einer unzumutbaren Härte ist im Wege der Interessenabwägung zu ermitteln. Zu berücksichtigen ist nicht nur die nachteilige Veränderung der Austauschbedingungen für den Verwender, sondern auch das berechtigte Interesse des Kunden an der Aufrechterhaltung des Vertrages274. Unerheblich sind etwaige Interessen Dritter, die nicht Vertragspartei sind, für die aber die Gesamtunwirksamkeit des Vertrages vorteilhaft wäre275. § 306 Abs. 3 stellt auf die unzumutbare Härte für eine Vertragspartei ab. Entsprechend den für die Auslegung (§ 305c Rz. 80) und Inhaltskontrolle (§ 307 Rz. 110 f.) geltenden Regeln läge es nahe, auch für die Interessenabwägung im Rahmen von § 306 Abs. 3 auf objektiv-generalisierende Kriterien abzustellen. Dem Ausnahmecharakter der Vorschrift (Rz. 42) wird allerdings eher Rechnung getragen, wenn bei der Interessenabwägung alle Einzelfallumstände des konkreten Vertrages Berücksichtigung finden276; das reduziert den Anwendungsbereich von § 306 Abs. 3 auf diejenigen Fälle, in denen das Festhalten am Vertrag für den konkreten Vertragspartner tatsächlich unzumutbar ist. Für die Würdigung der Einzelfallumstände kommt es nicht auf das subjektive Empfinden des Vertragspartners an, der sich auf § 306 Abs. 3 beruft (dazu Rz. 48), sondern auf eine objektivierte Prüfung aus der Sicht eines vernünftigen Betrachters.

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Im Verhältnis zu außerordentlichen Anpassungs- oder Lösungsmöglichkeiten nach der Vorschrift über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313) kommt der Vorschrift des § 306 Abs. 3 Vorrang zu277. Das Festhalten an einem nach § 306 Abs. 1 lückenhaften Vertrag kann beim Fehlen geeigneter Ergänzungsmöglichkeiten nach Abs. 2 also nicht mit dem Hinweis verlangt werden, die Beseitigung der eingetretenen Äquivalenzstörung sei bei entsprechender Erheblichkeit auch durch Anpassung nach § 313 möglich278. Die gegenteilige Ansicht, nach der die Grundsätze über den Wegfall oder die Störung der Geschäftsgrundlage im Vorfeld von § 306 Abs. 3 eingreifen, lässt sich auch nicht darauf stützen, dass der Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften in § 306 Abs. 2 auch § 313 bzw. früher die Geschäftsgrundlagenlehre als richter- bzw. gewohnheitsrechtliches Rechts-

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ergänzte Arbeitnehmerbürgschaft nach § 306 Abs. 3 für insgesamt unwirksam hält, da die Bürgschaft den Arbeitnehmer unzumutbar belastet. BGH v. 12.10.2011 – IV ZR 199/10, NJW 2012, 217 (Tz. 51); BGH v. 22.2.2002 – V ZR 26/01, WM 2002, 2337 (2338). BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2094) und BGH 1996, 1213 (1216) im Hinblick auf das Interesse ungesicherter Gläubiger eines in Konkurs gefallenen Sicherungsgebers an einer Gesamtunwirksamkeit einer Globalsicherheit. So auch Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle, S. 351; Roth Vertragsänderung, S. 70; BeckOK/Hubert Schmidt § 306 BGB Rz. 20; der Sache nach auch BGH v. 22.2.2002 – V ZR 26/01, WM 2002, 2337 (2338); BGH NJW 1996, 1213 (1216); auf objektiv-generalisierende Kriterien abstellend BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2094). Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 25; Hart KritV 1989, 195; Ulmer BB 1982, 1130; a.A. Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle, S. 356 f.; Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 546 (556). So aber (zur auf der Grundlage von § 242 entwickelten, früheren „Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage“) Bunte ZIP 1983, 769 und Löwe BB 1982, 154, im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Tagespreisklausel in den Neuwagen-Verkaufsbedingungen (vgl. BGHZ 82, 21 = NJW 1982, 331); vgl. dagegen Ulmer BB 1982, 1130; Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 25.

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institut einschlösse (vgl. Rz. 26)279. Mit der Regelung des § 306 Abs. 3, die den Verwender bis zur Grenze der unzumutbaren Härte an den – ergänzten oder ggf. auch lückenhaften – Vertrag bindet, wäre es insbesondere auch unvereinbar, eine Vertragsanpassung unter Berufung auf eine Geschäftsgrundlagenstörung bereits unter weniger strengen Voraussetzungen, also z.B. bereits dann zuzulassen, wenn eine durch die Inhaltskontrolle hervorgerufene Äquivalenzstörung „nach Treu und Glauben Berücksichtigung verdient“280. An der Unzumutbarkeit i.S.v. Abs. 3 fehlt es aber regelmäßig dann, wenn die betroffene Partei die Möglichkeit hat, sich durch Kündigung aus wichtigem Grund vom Vertrag zu lösen281. Anderes gilt, wenn sich die Unzumutbarkeit i.S.v. § 306 Abs. 3 nur durch eine – im Wege außerordentlicher Kündigung nicht mögliche – Aufhebung des Vertrages mit ex-tunc-Wirkung abwenden lässt282. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über den Inhalt von AGB durch den Kunden mit der Folge der Gesamtunwirksamkeit des Vertrages wird durch die Sonderregelungen des § 306 sowie § 305c Abs. 1 nicht ausgeschlossen (vgl. Rz. 18). Es ist daher nicht erforderlich, als Fall einer unzumutbaren Härte den Umstand anzusehen, dass sich der Kunde nach allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen vom Vertrag lösen könnte, wenn deren Anwendung durch das AGB-Recht nicht ausgeschlossen wäre283. b) Kriterien für die Unzumutbarkeit 45

Die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag bildet nach § 306 Abs. 3 die Ausnahme (Rz. 42). Es müssen daher besondere Gründe vorliegen, wenn die Vorschrift eingreifen soll284. Die Unwirksamkeit einzelner AGB-Klauseln, insbesondere solcher aus dem Katalog der §§ 308 und 309, reicht hierfür im Allgemeinen nicht aus, da sie ja dazu dient, ein vorhandenes Ungleichgewicht des Vertrages im Interesse des Kunden zu beseitigen und weil der Vertrag durch dispositives Recht oder richterliche Vertragsergänzung (Rz. 33 ff.) einen beiderseits interessengerechten Inhalt erhält285. Das gilt zumal dann, wenn die Rechtslage nicht zweifelhaft war und der Verwender sich über die Unzulässigkeit derartiger Klauseln vorher informieren konnte286; ihre Aufnahme in den AGB-Text trotz 279 A.A. Löwe BB 1982, 154; gegen ihn schon Ulmer BB 1982, 1130. 280 Dafür aber Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle, S. 355 (zum früheren § 6 Abs. 3 AGBG); für eine darauf gerichtete teleologische Ergänzung von § 306 Abs. 3 ist entgegen Fastrich (S. 357) bereits deshalb kein Raum, weil sie sich regelmäßig zu Gunsten des Verwenders auswirkt und dies mit der vornehmlich kundenschützenden Funktion der Vorschrift (Rz. 1, 5) nicht zu vereinbaren ist. 281 Allg. M.; vgl. nur Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 16; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 63. 282 Zust. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 63. 283 A.A. – mit freilich methodisch wenig überzeugender Begründung – Lass JZ 1997, 74. 284 Für enge Auslegung als Ausnahmevorschrift etwa BGH v. 22.2.2002 – V ZR 26/01, WM 2002, 2337 (2338); BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2094); BGH NJW 1996, 1213 (1216). 285 Vgl. BGH v. 22.2.2002 – V ZR 26/01, WM 2002, 2337 (2338); BGH v. 7.11.1985 – IX ZR 40/85, NJW 1986, 928 (930); OLG Köln v. 5.7.1989 – 2 U 197/88, WM 1989, 1500 (1503): In der Abwicklung eines Bürgschaftsvertrages nach den gesetzlichen Normen könne eine unzumutbare Härte nicht gesehen werden; BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, NJW-RR 2003, 1056 (1060) zum Kommissionsvertrag. Vgl. weitere Beispiele in Rz. 54a. 286 Vgl. BGH v. 12.10.2007 – V ZR 283/06, WM 2008, 313 (316): Der Annahme einer unzumutbaren Härte steht es entgegen, wenn die Intransparenz einer Klausel für den Verwender ohne Weiteres vorhersehbar war. Vgl. weiterhin BGH v. 22.2.2002 – V ZR 26/01, NJW-RR 2002, 1136 (1137).

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der aus §§ 308 und 309 folgenden Schranken fällt daher grundsätzlich in seinen Risikobereich287 (vgl. aber auch Rz. 50). Eine entsprechende Wertung wird vielfach auch dann veranlasst sein, wenn es um die Unwirksamkeit einzelner Nebenabreden auf Grund der Generalklausel (§ 307) geht oder wenn die Einbeziehung einer ungewöhnlichen, nicht zu dem konkreten Vertrag passenden AGB-Klausel an deren überraschendem Charakter scheitert (§ 305c Abs. 1). Im Einzelfall können die Verhältnisse hier freilich anders liegen. Namentlich dann, wenn es dem Verwender maßgeblich auf die nicht wirksam gewordene Klausel ankam und die Rechtsfolge der Unwirksamkeit oder Nichteinbeziehung nicht ohne Weiteres vorhersehbar war, mag die Bejahung der Unzumutbarkeit nach Lage des Falles geboten sein288. – Liegen die Voraussetzungen der Unzumutbarkeit vor, so kann § 306 Abs. 3 auch eingreifen, wenn AGB-Bestimmungen auf Grund ihres widersprüchlichen oder unverständlichen Inhalts unwirksam sind (vgl. § 305c Rz. 88 f.). Zu weit ginge es dagegen, die Vorschrift auch bei Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 heranzuziehen289. Insoweit fehlt es einmal an der in § 306 Abs. 3 vorausgesetzten Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB. Auch muss der Verwender im Fall unklarer AGB die Auslegung nach § 305c Abs. 2 hinnehmen und kann sich gegenüber ihrem dem Kundeninteresse dienenden Ergebnis nicht auf die Unzumutbarkeit berufen. Problematischer sind demgegenüber diejenigen Fälle, in denen die AGB des Verwenders wegen Nichtbeachtung der Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 insgesamt nicht Vertragsbestandteil werden. Zwar ist auch insoweit der Ausnahmecharakter von § 306 Abs. 3 zu beachten, so dass allein die Nichteinbeziehung sämtlicher AGB das Eingreifen der Vorschrift noch nicht rechtfertigt290. Soweit das Scheitern der AGB-Einbeziehung nicht ausnahmsweise dazu führt, dass ein selbständig bestandsfähiges Restgeschäft, dessen Fortgeltung nach § 306 Abs. 1 in Betracht käme, überhaupt fehlt (Rz. 10), vielmehr die Hauptabreden trotz Nichteinbeziehung der vorformulierten Vertragsteile Bestand haben, kann allerdings die Ersetzung der AGB durch dispositives Recht nach Maßgabe von § 306 Abs. 2 doch eine wesentliche Veränderung des Vertragscharakters bewirken und das Festhalten am Vertrag für den Verwender, im Einzelfall auch für 287 So auch Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 61; Schmidt-Salzer AGB 1977, Rz. F. 53; Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung, S. 178 f.; ähnl. Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle, S. 352 f.; weniger eng anscheinend Dietlein/Rebmann § 6 AGBG Rz. 6, die auf den Gesichtspunkt der Geschäftsgrundlage abstellen. Zu den Sonderfällen der gescheiterten Individualabrede vgl. Rz. 50. 288 Vgl. BGH v. 22.2.2002 – V ZR 26/01, WM 2002, 2337 (2338) zur Unwirksamkeit einer Nachzahlungsklausel bei einem Grundstückskaufvertrag. So auch Wolf/Lindacher/ Hau § 306 BGB Rz. 61; enger anscheinend BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 (28) = NJW 1982, 331 – Tagespreisklausel, wonach der Verwender einer gegen § 9 AGBG (jetzt § 307) verstoßenden Klausel sich nicht darauf berufen kann, er habe auf die Rechtswirksamkeit vertraut. 289 Dafür aber Hager Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung, S. 52; für „Extremfälle“ auch Löwe § 5 AGBG Rz. 10; a.A. wohl auch Thümmel/Oldenburg BB 1979, 1069. 290 OLG Dresden NJW-RR 1998, 1351 (zum Kaufvertrag); Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 62. Vgl. auch BGH NJW 1982, 824 (825): Die Nichteinbeziehung Allgemeiner Versicherungsbedingungen in eine Deckungszusage des Kaskoversicherers eines Motorsportbootes bildet keine unzumutbare Härte, da es sich nur um einen kurzfristigen Vertrag handele und der Versicherer den Bindungszeitraum durch zügige Bearbeitung der Versicherungsunterlagen selbst abkürzen könne. Im Grundsatz für Anwendung von § 306 Abs. 3 bei Nichteinbeziehung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen OLG Oldenburg WM 1996, 1397 (1398); a.A. Dörner/Hoffmann NJW 1996, 155.

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den Kunden, unzumutbar machen (Rz. 51). – Zum Sonderfall des nicht ergänzungsfähigen Torsovertrages und zu seiner Behandlung nach § 306 Abs. 3 vgl. Rz. 53. 47

Soweit es um den Zeitpunkt geht, der der Prüfung der Unzumutbarkeit im Wege der Interessenabwägung zugrunde zu legen ist, sprechen die besseren Gründe gegen den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und für denjenigen der Geltendmachung der AGB-Mängel291. Das folgt sowohl aus dem Wortlaut von § 306 Abs. 3, der auf das „Festhalten“ am Vertrag abstellt, als auch daraus, dass die nicht wirksam gewordenen AGB ganz oder teilweise durch zwischenzeitliche Vertragsdurchführung an Bedeutung für das Vertragsgleichgewicht verloren haben können; sie sind dann bei der Unzumutbarkeitsprüfung nicht mehr zu berücksichtigen. Gegen die Unzumutbarkeit kann weiterhin die nur kurze Vertragsdauer sprechen, sei es, dass der Vertrag von vornherein nur auf eine kurzfristige Laufzeit angelegt ist292 oder dass die im konkreten Fall noch ausstehende Vertragsdauer nur gering ist (vgl. auch Rz. 52). Andererseits kann aber gerade auch die voraussichtlich noch längere Vertragsdauer zur Unzumutbarkeit führen, soweit nicht eine Vertragsbeendigung durch außerordentliche Kündigung in Betracht kommt (vgl. Rz. 44). c) Rechtsfolgen

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Der Wortlaut von § 306 Abs. 3 scheint für eine automatische, kraft Gesetzes eintretende Gesamtunwirksamkeit des Vertrages in Abweichung von Abs. 1 unabhängig davon zu sprechen, ob seine Fehlerhaftigkeit von den Parteien festgestellt wird und sich eine von ihnen auf die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag beruft. Dagegen spricht nicht nur, dass die Zumutbarkeitsfrage je nach Zeitablauf verschieden beantwortet werden kann (Rz. 47). Vielmehr ist es auch denkbar, dass der Vertrag ganz oder teilweise reibungslos abgewickelt wurde, ohne dass es auf die – etwa wegen § 305 Abs. 2 nicht einbezogenen – AGB des Verwenders ankam. Da in derartigen Fällen ein „Festhalten“ einer Seite am Vertrag gegen ihren Willen gar nicht in Frage steht, besteht kein Anlass, die Unwirksamkeitsfolge eingreifen zu lassen. Die Vorschrift ist daher einschränkend dahin auszulegen, dass die Unwirksamkeit über das objektive Vorliegen der Unzumutbarkeit hinaus auch voraussetzt, dass die durch die Lückenhaftigkeit belastete Partei sich hierauf beruft293. Es handelt sich also um ein dem Rücktritt oder der Kündigung bei Dauerschuldverhältnissen (§ 314) vergleichbares einseitiges Lösungsrecht294; Rückwirkung kommt der Unwirksamkeit nur bis zu dem Zeitpunkt zu, von dem an die Unzumutbarkeit zu bejahen war (Rz. 47); das kann

291 So auch BGH v. 27.6.1995 – XI ZR 8/94, BGHZ 130, 115 (122) = NJW 1995, 2221; BGH NJW 1996, 1213 (1216); BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2094); MünchKomm/Basedow § 306 BGB Rz. 31; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 18; Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 64; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 30. 292 Vgl. BGH v. 21.12.1981 – II ZR 76/81, NJW 1982, 824 (825) (dazu Fn. 290). 293 Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 237 f.; so auch BGHZ 130, 151 (157); Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 19; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 32; a.A. Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle, S. 360; anscheinend auch BGH v. 26.7.2005 – KZR 14/04, WRP 2005, 1535 (1538). 294 Für Notwendigkeit außerordentlicher Kündigung eines Mietvertrags unter Berufung auf den früheren § 6 Abs. 3 AGBG LG Berlin v. 19.4.1979 – 82 S 298/78, MDR 1980, 315.

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je nach Lage des Falles auch zur Unwirksamkeit des Vertrages ex-tunc führen295. Trifft den Verwender wegen des zum Eingreifen von § 306 Abs. 3 führenden fehlerhaften Vertragsschlusses ein Vorwurf, so haftet er dem Kunden im Fall der Unwirksamkeit des Vertrages auf Schadensersatz wegen culpa in contrahendo296; vgl. Vor § 307 Rz. 104. Das folgt aus der Verantwortlichkeit des Verwenders als Initiator der AGB-Verwendung für Vertragsmängel, die auf der Unvereinbarkeit von vorformulierten Vertragsbedingungen mit dem AGB-Recht beruhen297. Die Haftung ist vor allem dann von Bedeutung, wenn sich der Kunde auf das Eingreifen von § 306 Abs. 3 beruft (vgl. dazu Rz. 42, 53 f.). Eine Berufung des Verwenders auf die Unzumutbarkeit setzt voraus, dass er den Mangel weder kannte noch kennen musste (Rz. 45); in diesen Fällen scheidet aber mangels Verschuldens des Verwenders eine Haftung wegen culpa in contrahendo aus298.

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2. Einzelfälle a) Begründung unzumutbarer Einstandspflichten Soweit es um den Abschluss von Geschäften geht, deren Risiken nach dispositi- 50 vem Gesetzesrecht unabsehbar sind, kann die weit gehende Einschränkung oder der Ausschluss von Gewährleistungs- oder sonstigen Einstandspflichten im Einzelfall die Voraussetzung dafür bilden, dass Anbieter von Waren oder Leistungen zum Vertragsschluss bereit sind. Diese Möglichkeit ist ihnen – in den Grenzen des § 276 und beim Verbrauchsgüterkauf des § 475 – grundsätzlich auch durch das AGB-Recht nicht genommen, solange sie den Ausschluss der entsprechenden Rechte des anderen Teils im Wege der Individualabrede mit diesem vereinbaren. Allerdings ist die Grenzziehung zwischen AGB und Individualabrede wegen der weitgefassten Definition in § 305 Abs. 1 im Einzelfall schwierig; die Beweislast für das Aushandeln als Voraussetzung der Individualabrede trägt der Verwender (§ 305 Rz. 62). Sollte ihm der Nachweis der Individualabrede in Fällen dieser Art nicht gelingen und sind die Haftungsausschlussklauseln daher als unwirksam anzusehen, so liegt die Annahme nahe, dass das Festhalten am Vertrag dem Verwender nicht zugemutet werden kann. Erforderlich ist freilich, dass sich der Verwender ernsthaft um das Zustandekommen einer Individualabrede i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 3 bemüht hat und ihm deren Scheitern nicht vorzuwerfen ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob dem Verwender die Unvereinbarkeit der betroffenen Bestimmung mit dem AGB-Recht bewusst war oder hätte sein müssen, denn mit dem Versuch des Aushandelns wollte er die Anwendung der §§ 307–309 gerade ausschließen. Die hier geschilderte Problematik verschärft

295 Vgl. näher Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 238 f. 296 H.M.; vgl. OLG Oldenburg v. 28.2.1996 – 2 U 295/95, WM 1996, 1397 (1398); Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 65 f.; Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 19; Bauer BB 1978, 477; Brandner in FS Oppenhoff, 1985, S. 15 (17, 24). Krit. dazu und für eine deliktsrechtliche Haftung des Verwenders Tilmann ZHR 142 (1978), 55 ff. 297 Zur früheren c.i.c.-Haftung in diesen Fällen BGH v. 8.10.1987 – VII ZR 358/86, NJW 1988, 197 (198); BGH NJW 1984, 2816 (2817); BGHZ 99, 101 (107) = NJW 1987, 639; OLG Oldenburg v. 28.2.1996 – 2 U 295/95, WM 1996, 1397 (1398); Brandner in FS Oppenhoff, 1985, S. 11 ff. 298 So auch Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 65.

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sich im Hinblick auf die Anwendung des AGB-Rechts auf Einzelvertragsklauseln i.S.v. § 310 Abs. 3. 51

Die gleichen Grundsätze gelten dann, wenn der – infolge des Eingreifens des AGB-Rechts fehlgeschlagene – Ausschluss der gesetzlichen Gewährleistungspflichten kennzeichnend ist für einen bestimmten Vertragstyp und der Vertrag daher in seinem Wesensgehalt verändert würde, wenn er nach dispositivem Recht aufrechterhalten werden sollte299. Zu denken ist namentlich an den Handel mit Gebrauchtwaren, bei dem Gewährleistungsrechte des Käufers üblicherweise ausgeschlossen werden. An dieser Möglichkeit hat auch das AGB-Recht nichts geändert; es beschränkt das Verbot des Haftungsausschlusses in § 309 Nr. 8 b auf Verträge über neu hergestellte Sachen300; vgl. § 309 Nr. 8 Rz. 23. Für Fälle des Verbrauchsgüterkaufs schränken allerdings die §§ 474, 475 die Möglichkeit eines Gewährleistungsausschlusses erheblich ein. Scheitert der Haftungsausschluss des Verwenders in dem danach noch zulässigen Bereich in Fällen dieser Art aus einem anderen Grund, so liegt die Lösung vom Vertrag nach § 306 Abs. 3 nahe301. Anderes gilt, soweit die mit dem Wesensgehalt des Vertrages unvereinbaren Vertragslücken im Wege richterlicher Vertragsergänzung durch vertragstypische Regelungen geschlossen werden können und es nicht zum Eingreifen des zu einer sachgerechten Vertragsergänzung ungeeigneten dispositiven Rechts kommt (Rz. 33 ff.). b) Unzumutbares Ungleichgewicht zwischen Leistung und Preis

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Unzumutbar kann das Festhalten am Vertrag weiter dann sein, wenn infolge der Vertragskorrekturen nach den einschlägigen Schutznormen des AGB-Rechts i.V.m. § 306 Abs. 2 das – ursprünglich vorhandene – Vertragsgleichgewicht grundlegend gestört ist302. Derartige Fälle sind trotz der grundsätzlichen Ausnahme der Abreden über Leistung und Preis von der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3) nicht auszuschließen303. Hierzu trägt auch der Umstand bei, dass dem Preisargument als Rechtfertigungsgrund für AGB, die das dispositive Recht deutlich zum Nachteil des Kunden abwandeln, im Regelfall keine Bedeutung zukommt (vgl. § 307 Rz. 145). Denkbar ist daher namentlich auch die Unwirksamkeit von AGB-Klauseln in Verträgen, die der Verwender in unrichtiger Beurteilung der Rechtslage zu einem deutlich unter dem Marktpreis liegenden Entgelt geschlossen hat. Auch in derartigen Fällen muss ihm die Möglichkeit erhalten bleiben, sich im 299 Vgl. auch Begr. S. 22. 300 Für Zulässigkeit eines Haftungsausschlusses im Gebrauchtwagenhandel vgl. auch BGH NJW 1966, 1070 (1071); BGH NJW 1972, 46; BGH v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, NJW 1979, 1886 (1887). 301 So auch Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 22. 302 BGH v. 12.10.2011 – IV ZR 199/10, NJW 2012, 217 (Tz. 51); BGH v. 22.2.2002 – V ZR 26/01, WM 2002, 2337 (2338); BGH v. 9.5.1996 – III ZR 209/95, WM 1996, 2018 (2020). Allgemein gegen das Vorliegen einer unzumutbaren Härte bei einer Störung des Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung, wenn die Intransparenz einer Klausel für den Verwender ohne Weiteres vorhersehbar war, BGH v. 12.10.2007 – V ZR 283/06, WM 2008, 313 (316). 303 Vgl. etwa BGH NJW 1982, 331 (332) (Tagespreisklausel), wo der BGH (obiter) eine Berufung des Verwenders auf § 6 Abs. 3 AGBG (jetzt: § 306 Abs. 3) im Fall noch nicht abgewickelter Verträge auszuschließen scheint. Für Anpassung nach § 242 in diesem Fall Löwe BB 1982, 154. Vgl. weiterhin BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, WM 2002, 2337 (2338) zur Unwirksamkeit einer Nachzahlungsklausel bei einem Grundstückskaufvertrag.

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Einzelfall auf die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag zu berufen304. Allerdings genügt nicht schon jeder wirtschaftliche Nachteil auf Seiten des Verwenders für das Eingreifen von § 306 Abs. 3. Erforderlich ist eine einschneidende Störung des Äquivalenzverhältnisses305. In der Rechtsprechung ist das Eingreifen von § 306 Abs. 3 für den Fall bejaht worden, dass eine Nachzahlungsklausel für Wertsteigerungen in einem Grundstückskaufvertrag unwirksam ist306. c) Torsoverträge Eine dritte Gruppe von Verträgen, bei denen ein Eingreifen von § 306 Abs. 3 in Betracht kommt, bilden schließlich diejenigen Fälle, in denen zwar ein restlicher Vertragsteil vorhanden ist, der für sich bestehen könnte (Rz. 10), in denen es aber an Möglichkeiten zur Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 oder durch richterliche Vertragsergänzung fehlt und das Restgeschäft keine hinreichende Grundlage für einen Interessenausgleich bildet307. Solche Fälle kommen umso eher in Betracht, je enger die Grenzen für eine richterliche Vertragsergänzung gezogen werden (vgl. Rz. 35, 38, 42). Bei dieser Sachlage werden freilich meist beide Seiten nicht daran interessiert sein, den Torsovertrag aufrechtzuerhalten, so dass die Berufung des Verwenders auf die Ausnahmevorschrift des § 306 Abs. 3 nicht auf den Widerspruch des Kunden stößt. Dem Kunden bleibt aber grundsätzlich die Möglichkeit, nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo Schadensersatz vom Verwender zu fordern, wenn diesen wegen des zum Eingreifen von § 306 Abs. 3 führenden fehlerhaften Vertragsschlusses ein Vorwurf trifft (Rz. 49).

304 Soergel/U. Stein § 6 AGBG Rz. 23; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 33; vgl. auch LG Frankfurt bei Bunte AGBE III § 9 Nr. 60; das Gericht hält ein Eingreifen des früheren § 6 Abs. 3 AGBG für möglich, wenn der Kfz-Verkäufer auf Grund der unwirksamen Tagespreisklausel selbst in die Lage geraten würde, etwas zum Kaufpreis zuzahlen zu müssen, weil er die für ihn verbindliche Preiserhöhung des Kfz-Herstellers nicht an den Kunden weitergeben kann. Grundsätzlich abl. noch Raiser AGB, S. 324 f. 305 BGH v. 22.2.2002 – V ZR 26/01, WM 2002, 2337 (2338); BGH v. 9.5.1996 – III ZR 209/95, WM 1996, 2018 (2020); OLG Naumburg VIZ 1998, 412 (415); Wolf/Lindacher/ Hau § 306 BGB Rz. 62; Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 31; vgl. auch OLG Nürnberg bei Bunte AGBE I § 11 Nr. 95. Für eine vorrangige Vertragsanpassung unter wohl leichteren Voraussetzungen Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle, S. 355 (vgl. Rz. 44). 306 BGH v. 22.2.2002 – V ZR 26/01, WM 2002, 2337 (2338). Vgl. weiterhin BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 (Tz. 37): Bei einem langfristigen Energielieferungsvertrag würde die aus einem ersatzlosen Wegfall eines Preisanpassungsrechts ohne Lückenfüllung durch ergänzende Vertragsauslegung resultierende Versorgung des Kunden zum Ausgangspreis eine für den Verwender unzumutbare Härte darstellen, „wenn der bei dem lange Zeit zurückliegenden Vertragsschluss vereinbarte Preis seit vielen Jahren nicht mehr kostendeckend ist“. Dagegen hat BGH v. 7.9.2011 – VIII ZR 25/11, ZNER 2011, 620 eine unzumutbare Härte bei ersatzlosem Wegfall eines Preisänderungsrechts eines Gasversorgungsvertrages verneint, da sich der Versorger aufgrund eines vertraglichen Kündigungsrechts mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten jeweils zum Ende des Abrechnungsjahres vom Vertrag lösen könne. 307 Vgl. BGH v. 8.5.2007 – KZR 14/04, NJW 2007, 3568 (3570) und BGH v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2005, 1535 (1538) zu einem Kfz-Vertragshändlervertrag mit aus kartellrechtlichen Gründen zahlreichen unwirksamen Klauseln und mit der zutr. Annahme, dass daraus resultierende ungeordnete Verhältnisse innerhalb des Vertriebsnetzes für den Automobilhersteller nicht zumutbar sind; OLG München v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 (2523) zu einem Franchisevertrag mit zahlreichen unwirksamen Klauseln.

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Sind abweichend von den in Rz. 53 genannten Fällen die Voraussetzungen für eine richterliche Vertragsergänzung zu bejahen, so fehlt es trotz der damit verbundenen Änderung des Vertragsinhalts regelmäßig an einer unzumutbaren Härte308. Die Lückenfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung richtet sich auf einen für beide Parteien interessengerechten Vertragsinhalt. Auch beschränkt sich die AGB-Kontrolle auf die Rahmenbedingungen des Vertrages, soweit es nicht in seltenen Ausnahmefällen zur Nichteinbeziehung vorformulierter Hauptabreden kommt (vgl. Rz. 10). Anderes kann bei einer Vielzahl unwirksamer oder nicht einbezogener AGB gelten, wenn es an geeignetem dispositivem Recht zur Lückenfüllung fehlt und die deshalb in zahlreichen Vertragspunkten erforderliche richterliche Vertragsergänzung eine so erhebliche Ungewissheit über den Vertragsinhalt zur Folge hat, dass dem Kunden ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann (vgl. Rz. 42)309. Bei dieser Prüfung sind freilich nur diejenigen Bestimmungen in den AGB zu berücksichtigen, deren Wegfall und die damit verbundene Vertragslücke für die weitere Vertragsabwicklung von Bedeutung ist (Rz. 47). Auch kann sich nur der Kunde, nicht aber auch der Verwender auf das Lösungsrecht aus § 306 Abs. 3 berufen310, da sich anderenfalls gerade derjenige Verwender von der Vertragsbindung befreien könnte, der besonders zahlreich unangemessene Klauseln verwendet hat. Mit dem Schutzzweck des AGBRechts und der dem § 306 Abs. 3 zu Grunde liegenden Risikoverteilung (Rz. 45) wäre das nicht zu vereinbaren. d) Sicherungsvereinbarungen

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Mit der Anwendbarkeit des früheren § 6 Abs. 3 AGBG – heute § 306 Abs. 3 – wiederholt befasst hat sich der BGH im Zusammenhang mit der Inhaltskontrolle von Sicherungsvereinbarungen. Die Gesamtunwirksamkeit nach dem früheren § 6 Abs. 3 AGBG bzw. heute nach § 306 Abs. 3 wird zutreffend abgelehnt bei revolvierenden Sicherheiten, d.h. dem erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt, der Globalzession sowie der Sicherungsübereignung von Warenlagern mit wechselndem Bestand, bei denen die Freigabeklausel auf Grund ihrer unangemessenen Ausgestaltung unwirksam ist311. Der Fortbestand der Sicherungsvereinbarung mit dem an die Stelle der unwirksamen Freigabeklausel tretenden allgemeinen Freigabeanspruch (Rz. 11a) kann bereits deshalb nicht zu einer unzumutbaren Härte für einen oder beide Vertragsteile führen, weil dieser Freigabeanspruch das Ergebnis einer an den Interessen beider Vertragsteile orientierten richterlichen Rechtsfortbildung oder zumindest ergänzenden Vertragsauslegung ist (Rz. 11a)312. Entsprechendes gilt, wenn bei einer Sicherungsübereignung be-

308 So auch Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 59. 309 BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, WM 2004, 132 (138); OLG Düsseldorf v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, juris; OLG Köln v. 10.1.2012 – 24 U 103/10, BeckRS 2012, 03590; OLG München v. 19.6.2008 – U (K) 4252/07, juris; OLG Frankfurt v. 23.1.1997 – 12 U 237/95, juris; Erman/Roloff § 306 BGB Rz. 16; Palandt/Grüneberg § 306 BGB Rz. 18; insoweit a.A. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 58. 310 A.A. BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, NJW-RR 2003, 1056 (1060). 311 BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2094) und NJW 1996, 1213 (1216) (jeweils XI. ZS); so auch BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 74/95, NJW 1996, 2786 (2789); anders noch BGH v. 9.11.1995 – IX ZR 179/94, WM 1995, 2173 (2174). 312 Vgl. zu weiteren Gründen BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 74/95, NJW 1996, 2786 (2789); BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, NJW 1996, 2092 (2094).

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stimmter Gegenstände eine unangemessene Freigabeklausel entfällt313. Zu folgen ist der Rechtsprechung auch, wenn sie das Fehlen einer angemessenen vertraglichen Verwertungsregelung bei Globalzessionen außerhalb des Bereiches der Lohn- und Gehaltsabtretung mit Rücksicht auf die eingreifenden gesetzlichen Verwertungsregelungen nicht als unzumutbare Härte ansieht und eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrages ablehnt314. Anders entscheidet der BGH bei formularmäßigen Lohn- und Gehaltsabtretungen. Die Unwirksamkeit einer Verwertungsregelung soll hier nach dem früheren § 6 Abs. 3 AGBG die Gesamtunwirksamkeit der Abtretung zur Folge haben315. Begründet wird dies mit der besonderen Schutzbedürftigkeit des privaten Kreditschuldners vor einer Offenlegung der Abtretung ohne vorherige Androhung und Einhaltung einer Wartefrist316. Da die gesetzlichen Verwertungsregelungen derartige Ankündigungsund Wartefristen für eine Offenlegung nicht vorsehen, kann in dem Fortbestand einer Lohn- und Gehaltsabtretung ohne entsprechende Pflichten des Sicherungsnehmers angesichts der besonders nachteiligen Auswirkungen der sofortigen Offenlegung für den Sicherungsgeber317 eine unzumutbare Härte gesehen werden. Allerdings liegt es nahe, auf Grund der für den Fall der Lohn- und Gehaltsabtretung mangels einer Regelung über die Androhung der Offenlegung und eine Wartefrist nicht interessengerechten gesetzlichen Regelung – ebenso wie hinsichtlich des Freigabeanspruchs bei Globalsicherheiten (vgl. Rz. 11a) – von einer vertragsimmanenten Verpflichtung zur Androhung der Offenlegung und Einhaltung einer Wartefrist auszugehen; § 306 Abs. 3 greift dann nicht ein318. e) Weitere Kasuistik Das Vorliegen einer unzumutbaren Härte hat der BGH bei einem Versicherungsvertrag verneint, wenn der Versicherer aufgrund einer mit § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG unvereinbaren und unwirksamen Klausel die Verletzung einer Obliegenheit des Versicherungsnehmers sanktionslos hinnehmen muss319. Bei einem Arbeitsvertrag mit einer Reihe unwirksamer Klauseln, an deren Stelle aber disposi-

313 BGHZ 124, 381 (390). Vgl. weiter BGH WM 1995, 1394 (1396): keine unzumutbare Härte, wenn auf Grund des Wegfalls einer unwirksamen Klausel eine Unterdeckung für den Sicherungsnehmer entstehen kann. 314 BGH v. 27.6.1995 – XI ZR 8/94, BGHZ 130, 115 (120 f.) = NJW 1995, 2221; BGH v. 17.1.1995 – XI ZR 192/93, BGHZ 128, 295 (301); BGH v. 21.11.1995 – XI ZR 255/94, WM 1996, 56 (57); BGH v. 12.12.1995 – XI ZR 10/95, NJW 1996, 847 (jeweils zur Unwirksamkeit der Verwertungsregelung in Nr. 20 Abs. 2 AGB-Banken 1986). 315 So – im Anschluss an die Urteile BGH v. 7.7.1992 – XI ZR 274/91, WM 1992, 1359 (1361) und BGH v. 14.6.1994 – XI ZR 210/93, WM 1994, 1613 (1614), die allerdings nicht ausdrücklich auf den früheren § 6 Abs. 3 AGBG gestützt werden – BGHZ 130, 115 (120 ff.); BGH v. 17.1.1995 – XI ZR 192/93, BGHZ 128, 295 (301); BGH v. 12.12.1995 – XI ZR 10/95, NJW 1996, 847 f.; BGH v. 21.11.1995 – XI ZR 255/94, WM 1996, 56 (57); BGH v. 26.4.2005 – XI ZR 289/04, WM 2005, 1168 (1169 f.). 316 Vgl. z.B. BGH v. 27.6.1995 – XI ZR 8/94, BGHZ 130, 115 (121 f.). 317 Vgl. BGH v. 27.6.1995 – XI ZR 8/94, BGHZ 130, 115 (121): sofortiger und überraschender Entzug des gesamten pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens, Gefährdung der Sicherheit des Arbeitsplatzes, Beeinträchtigung der Kreditwürdigkeit. 318 So auch OLG Köln v. 21.7.2004 – 13 U 205/03, WM 2005, 742 (745); im Ergebnis auch Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 33. Dagegen BGH v. 26.4.2005 – XI ZR 289/04, WM 2005, 1168 (1169 f.). 319 Vgl. BGH v. 12.10.2011 – IV ZR 199/10, NJW 2012, 217 (Tz. 51 f.).

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Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit

tives Recht treten kann, wurde eine unzumutbare Härte für den Arbeitnehmer verneint320.

3. Abweichende Vereinbarungen 55

Da die Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit von AGB sich in aller Regel zum Nachteil des Verwenders auswirken wird, wird er kaum daran interessiert sein, Vereinbarungen über das Festhalten am Vertrag selbst im Falle unzumutbarer Härten zu treffen. Von § 306 Abs. 3 abweichende Vereinbarungen haben daher kaum praktische Bedeutung. Keine Bedenken bestehen grundsätzlich bei individualvertraglichen Abweichungen321. Unzulässig wäre es demgegenüber, die Unzumutbarkeitsschwelle zu Lasten des Kunden in vorformulierten Bedingungen heraufzusetzen322. Zur Möglichkeit, die Schwelle für die Gesamtunwirksamkeit abweichend von Abs. 1 zu senken, vgl. Rz. 23.

VI. Verträge mit Unternehmern 56

§ 306 ist grundsätzlich in gleicher Weise auch bei Verträgen mit Unternehmern anwendbar. Abgesehen davon, dass für die Geltung von AGB bei Verträgen mit Unternehmern wegen des Nichteingreifens von § 305 Abs. 2 geringere Risiken bestehen, ergeben sich Besonderheiten nur einerseits daraus, dass als dispositives Recht zur Lückenfüllung nach § 306 Abs. 2 bei Verträgen mit Kaufleuten in erster Linie auf die Sondervorschriften über Handelsgeschäfte (§§ 343 ff. HGB) einschließlich etwaiger Handelsbräuche zurückzugreifen ist. Zum anderen liegt es nahe, bei der Interessenabwägung nach Abs. 3 auch der Unternehmereigenschaft des Kunden Rechnung zu tragen. Angesichts der gesteigerten Anforderungen an die Teilnehmer am Handelsverkehr oder an sonstige Unternehmer i.S.v. § 310 Abs. 1 und deren entsprechend geringerer Schutzwürdigkeit kommt dem Interesse des Kunden an der Aufrechterhaltung des Restgeschäfts (Rz. 43) bei Verträgen mit Unternehmern daher gewöhnlich geringeres Gewicht zu. Das bedeutet, dass die Interessenabwägung bei Verträgen mit Unternehmern im Zweifel eher zum Eingreifen von Abs. 3 führen kann als bei Verträgen mit Verbrauchern323. Art. 6 Abs. 1 RL 93/13/EWG (vgl. Rz. 4e) hat bei Verträgen mit Unternehmern keine Bedeutung.

320 Vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 15.1.2015 – 5 Sa 531/14, BeckRS 2015, 66281. 321 So auch Staudinger/Schlosser § 306 BGB Rz. 32; zu Einschränkungen vgl. Harry Schmidt Vertragsfolgen, S. 240. 322 Vgl. auch BGH v. 26.5.1986 – VIII ZR 218/85, ZIP 1986, 919 (920) zur unangemessenen Benachteiligung durch AGB, die das außerordentliche Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen ausschließen. 323 A.A. Wolf/Lindacher/Hau § 306 BGB Rz. 67; Stoffels Rz. 635.

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§ 306a Umgehungsverbot Die Vorschriften dieses Abschnitts finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Inhalt der Vorschrift 1. Allgemeines a) Umgehungsvoraussetzungen . . b) Eingrenzung der umgehungsfähigen Normen der §§ 305–310 . . .

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2. Einzelne Umgehungstatbestände a) Schranken der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . b) Sachliche Bereichsausnahmen (§ 310 Abs. 4 Satz 1) . . . . . . . .

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3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . .

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III. Verträge mit Unternehmern . . . .

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IV. Verbraucherverträge . . . . . . . . .

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Schrifttum: Borges Zur AGB-Kontrolle interner Richtlinien, ZIP 2005, 185; Freitag Vom Missbrauch der AGB-Kontrolle zur Umgehung des Wettbewerbsrechts, ZIP 2005, 2052.

I. Einleitung Das inhaltlich mit dem früheren § 7 AGBG übereinstimmende (vgl. Rz. 2) Um- 1 gehungsverbot des § 306a ist dazu bestimmt, die ungeschriebenen allgemeinen Umgehungsgrundsätze1 für den Anwendungsbereich der §§ 305 bis 310, die den in § 306a in Bezug genommenen „Abschnitt“ bilden2, zu konkretisieren. Es soll deren Durchsetzung auch gegenüber solchen Gestaltungen absichern, die zwar der äußeren Form nach abweichen, in der Sache aber ebenso wie die gesetzlich geregelten Fälle dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen. Die Vorschrift findet ihre Parallele in anderen Spezialregelungen mit Umgehungsnormen, vgl. §§ 312k Abs. 1 Satz 2, 475 Abs. 1 Satz 2, 487 Satz 2, 511 Satz 2 und 655e Abs. 1 Satz 2. Sachlich ist dieses Vorgehen des Gesetzgebers allerdings wenig überzeugend, da es Zweifel nicht nur an der eigenen Normsetzung, sondern auch und vor allem am Rechtsanwendungsprozess durch die Gerichte erkennen lässt3. Die Zweifel an der Notwendigkeit der Vorschrift und am Sinn der gewählten Regelungstechnik wurden bis in das Jahr 2005 hinein dadurch unterstrichen, dass das AGBrechtliche Umgehungsverbot über Jahrzehnte hinweg keine ins Gewicht fallende Bedeutung erlangt hatte. Mit einer im Jahr 2005 ergangenen Entscheidung des BGH zur Inhaltskontrolle bankinterner Anweisungen über ein geschäftliches Vorgehen gegenüber Kunden4 hat sich das allerdings geändert; vgl. dazu im Einzelnen Rz. 6. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift – allgemein zur Entstehungsgeschich- 2 te der AGB-rechtlichen Bestimmungen vgl. Einl. Rz. 16 ff. – verlief wechselhaft. Das von der Arbeitsgruppe im Teilbericht I als § 9 vorgeschlagene Umgehungs1 Dazu insbes. Teichmann Die Gesetzesumgehung, 1962; vgl. auch Flume Das Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 17, 5, S. 350 f. 2 BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, WM 2005, 874 (875). 3 Krit. auch Stoffels Rz. 91; Staudinger/Schlosser § 306a BGB Rz. 1; a.A. Löwe § 7 AGBG Rz. 4. 4 Vgl. BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, WM 2005, 874.

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Umgehungsverbot

verbot wurde nicht in den RegE zum früheren AGBG übernommen. An dieser Auffassung hielt die Bundesregierung auch gegenüber dem Ergänzungswunsch des Bundesrats mit der Begründung fest, einer Umgehung des Klauselkatalogs der §§ 10, 11 AGBG würde bereits durch die Generalklausel des § 9 AGBG als Auffangvorschrift Rechnung getragen; soweit das Umgehungsverbot sich auf den Anwendungsbereich des Gesetzes (§§ 1, 23 AGBG) beziehe, begründe es die Gefahr unerwünschter Rechtsunsicherheit. Der BT-Rechtsausschuss setzte sich über diese Bedenken hinweg und nahm, der Anregung des Bundesrats folgend, das Umgehungsverbot als § 7 in das AGBG auf5. Mit dem SMG (dazu Einl. Rz. 28 ff.) ist der frühere § 7 AGBG mit geringfügigen sprachlichen Änderungen, inhaltlich aber übereinstimmend in § 306a überführt worden. Die Klauselrichtlinie (vgl. dazu Einl. Rz. 91 ff.) hat für § 306a keine Bedeutung6.

II. Inhalt der Vorschrift 1. Allgemeines a) Umgehungsvoraussetzungen 3 Soweit es um die Umgehung von Verbotsgesetzen geht, ist Voraussetzung für die Annahme einer Gesetzesumgehung, dass der zu beurteilende Sachverhalt nach Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift zwar von ihr erfasst sein sollte, trotz teleologischer, am Gesetzeszweck orientierter Auslegung aber nicht darunter subsumiert werden kann. Diese Art der Umgehung setzt also eine planwidrige Gesetzeslücke voraus. Ihre rechtliche Bewältigung erfolgt nicht mit den Mitteln der Auslegung, sondern mit denjenigen der Analogie7; ist das Verbotsgesetz im Wege der Auslegung anwendbar, so bleibt für die Annahme eines Umgehungstatbestands kein Raum8. Die Vorschrift hat daher letztlich nur klarstellenden, auf die zwingende Geltung der Vorschriften des AGB-Rechts hinweisenden und die Gerichte zu teleologischer Rechtsanwendung ermutigenden Charakter9. Vom Fall der Umgehung von Verbotsgesetzen zu unterscheiden ist derjenige der Inanspruchnahme einer begünstigenden Norm entgegen deren Sinn und Zweck (sog. Tatbestandserschleichung); er ist regelmäßig bereits mit Hilfe restriktiv-teleologischer Auslegung zu lösen10. 4 Auf eine Umgehungsabsicht der beteiligten Parteien kommt es für das Eingreifen des Umgehungsverbots nicht an11. Dem methodischen Ansatz bei der Geset5 Vgl. Ergänzungsvorschlag des BR (BT-Drucks. 7/3919 S. 48) sowie Bericht des BT-Rechtsausschusses (BT-Drucks. 7/5422 S. 5 f.). 6 Vgl. MünchKomm/Basedow § 306a BGB Rz. 2. 7 Dazu namentlich Teichmann Die Gesetzesumgehung, 1962, S. 50 ff., 78, 89 ff.; für Behandlung als Auslegungsproblem Flume Das Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 17, 5, S. 350 f.; im Grundsatz auch Soergel/Hefermehl § 134 BGB Rz. 37. 8 Teichmann Die Gesetzesumgehung, 1962, S. 50 ff., 62. 9 So auch Stoffels Rz. 91; Müller-Graff JZ 1977, 248; nicht eindeutig Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 1, 3; dezidiert a.A. zum früheren § 7 AGBG Löwe § 7 AGBG Rz. 2 ff.; Zoller Die formularmäßige Vorleistungspflicht und das funktionelle Synallagma im Lichte des AGBG, 1986, S. 60 ff. 10 Vgl. Teichmann Die Gesetzesumgehung, 1962, S. 48 f.; Erman/Roloff § 306a BGB Rz. 2. 11 Ganz h.M., vgl. z.B. OLG Frankfurt am Main v. 4.12.2014 – 1 U 170/13, BeckRS 2015, 02704 (Tz. 57); Palandt/Grüneberg § 306a BGB Rz. 2; Erman/Roloff § 306a BGB Rz. 2; Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 4; ebenso BGH v. 12.3.2014 – IV ZR 295/13, NJW

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zesanalogie entsprechend ist für das Vorliegen eines Umgehungsfalls allein entscheidend, ob der zu beurteilende Sachverhalt in objektiver Hinsicht den gesetzlich geregelten Fällen vergleichbar ist und ebenso wie diese gegen Sinn und Zweck des Gesetzes verstößt12. Das Erfordernis einer Umgehungsabsicht vermag auch deshalb nicht zu überzeugen, weil die Gesetzesgeltung nicht von subjektiven Momenten abhängen kann. b) Eingrenzung der umgehungsfähigen Normen der §§ 305–310 Für die §§ 305–306 (und die früheren §§ 1–6 AGBG) war das Umgehungsverbot 5 über Jahrzehnte hinweg im Wesentlichen ohne Interesse13; zur diese Situation aber ändernden, im Jahr 2005 zu § 305 Abs. 1 ergangenen BGH-Rechtsprechung über die Anwendung des Umgehungsverbots des § 306a auf bankinterne Anweisungen vgl. Rz. 6. Wie die Materialien zum früheren § 7 AGBG (Rz. 2) mit Recht ausführen, besteht bei einer sachgerechten Interpretation dieser Vorschriften für einen Rückgriff auf das Umgehungsverbot meist kein Bedürfnis. Das gilt zunächst für die AGB-Definition in § 305 Abs. 1 und ihre Abgrenzung von Individualabreden14. Hinsichtlich der AGB-Definition kann ein Umgehungsfall allerdings vorliegen, wenn sich der Verwender auf von ihm gegenüber dem Kunden gegebene Hinweise im Katalog des Verwenders, denen keine AGB-Qualität zukommt und die damit den Vertragsinhalt nicht gestalten, gegenüber seinen Kunden systematisch wie auf AGB beruft15 (Rz. 6a). Sind im Einzelfall die Vertragsbedingungen tatsächlich ausgehandelt, so ist auch ein Eingreifen der §§ 305 Abs. 2, 305a ff. nicht veranlasst, da das AGB-Recht die Privatautonomie außerhalb vorformulierter Vertragsbedingungen nicht einschränken soll16. Soweit das Aushandeln dagegen nur zum Schein erfolgt ist, wird der AGB-Charakter der Vereinbarungen nicht berührt (§ 305 Rz. 6, 47 ff.). Umgehungsmöglichkeiten der

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2014, 1658 (Tz. 19) (zu § 169 VVG); BGH v. 21.12.2005 – VIII ZR 85/05, WM 2006, 495 (497) (zu § 475 Abs. 1 Satz 2); BGHZ 110, 64 (zur verdeckten Sacheinlage bei Kapitalerhöhung im Aktienrecht); offen gelassen zu § 306a von BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, WM 2005, 874 (875) und OLG Düsseldorf v. 13.2.2014 – I-6 U 84/13, NJW-RR 2014, 729 (731). Vgl. aber auch BGH v. 4.2.2009 – VIII ZR 32/08, NJW 2009, 1337 (1339); dort soll eine Umgehung von § 305 in Betracht kommen, wenn Kataloghinweise „bewusst“ nicht als AGB ausgestaltet worden sind. Teichmann Die Gesetzesumgehung, 1962, S. 69 f. m.w.N.; Palandt/Grüneberg § 306a BGB Rz. 2; Erman/Roloff § 306a BGB Rz. 2. So auch BGH v. 19.9.1990 – VIII ZR 239/89, BGHZ 112, 204 (217) = NJW 1991, 36; klarstellend dazu BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, WM 2005, 874 (875). Vgl. weiter Staudinger/Schlosser § 306a BGB Rz. 1; MünchKomm/Basedow § 306a BGB Rz. 3; Erman/Roloff § 306a BGB Rz. 3; a.A. Soergel/Stein § 7 AGBG Rz. 4 (zu § 1 Abs. 2 und § 6 Abs. 2 AGBG); Fell ZIP 1987, 692 f. (zu § 6 Abs. 2 AGBG); vgl. dazu § 305 Rz. 57 f., § 306 Rz. 23, 39 f., 55) und den folgenden Text. So auch Erman/Roloff § 306a BGB Rz. 3; Willemsen NJW 1982, 1120 m.w.N.; a.A. Soergel/Stein § 7 AGBG Rz. 4; Fehl Systematik S. 152, 154, 163, wohl auch AG Langen NJWRR 1995, 823 und Müller-Graff JZ 1977, 247. BGH v. 4.2.2009 – VIII ZR 32/08, NJW 2009, 1337 (1339) zu Hinweisen im Katalog des Verwenders („Änderungen und Irrtümer vorbehalten“; „Abbildungen ähnlich“). BT-Drucks. 7/3919 S. 49; vgl. auch Einl. Rz. 47; MünchKomm/Basedow § 306a BGB Rz. 3; krit. M. Wolf NJW 1977, 1943 und dort Fn. 56. Zur Frage einer Inhaltskontrolle von Individualverträgen vgl. § 305 Rz. 78 ff. und § 310 Abs. 3 Nr. 2, der ebenfalls nicht auf das Erfordernis der Vorformulierung verzichtet.

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§§ 305 Abs. 2 bis 305c sind nicht ersichtlich17; insbesondere kann auch der ausdrückliche Hinweis des Verwenders auf eine ungewöhnliche AGB-Klausel, der zur Ausschaltung des Überraschungsmoments bestimmt ist, nicht etwa als Umgehung des § 305c Abs. 1 beurteilt werden (§ 305c Rz. 23 f.). Auch eine Umgehung des § 306, etwa durch Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Rechtsverhältnisses in mehrere getrennte Verträge (vgl. dazu auch § 305c Rz. 8), ist schwer vorstellbar. Bei Gestaltungen, die auf eine Abweichung von den Rechtsfolgen des § 306 gerichtet sind, kommt es entscheidend darauf an, ob die Parteien damit von der ihnen im Rahmen des § 306 verbliebenen Dispositionsfreiheit Gebrauch gemacht haben (vgl. § 306 Rz. 23, 39 f., 55); eines Rückgriffs auf § 306a bedarf es auch in diesen Fällen nicht18. 6 Nach einem Urteil des BGH19 kann § 306a für § 305 Abs. 1 Bedeutung gewinnen, wenn Unternehmen mit unternehmensinternen Anweisungen oder Richtlinien über ein geschäftliches Vorgehen gegenüber Kunden die Absicht verfolgen, ein für das Unternehmen günstiges Ergebnis zu erreichen, dessen vertragliche Regelung durch AGB unangemessen wäre. Das gilt jedenfalls dann, wenn derartige Anweisungen oder Richtlinien ersichtlich die Reaktion auf eine Rechtsprechung sind, die Klauseln, deren wirtschaftliches Ergebnis durch die Anweisungen oder Richtlinien erreicht werden soll, für unwirksam erklärt hat. In derartigen Fällen wird der Versuch unternommen, die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit einer AGB-Klausel durch Anweisungen oder Richtlinien mit dem Ziel einer einheitlichen tatsächlichen Vorgehensweise gegenüber Kunden zu unterlaufen. Hierauf hat der BGH reagiert, indem er bankinterne Anweisungen über die Geltendmachung eines pauschalierten Schadensersatzes gegenüber Kunden bei der Rückgabe von Lastschriften mangels Deckung unter Anwendung von § 306a der Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 unterworfen und im Verbandsklageverfahren nach dem UKlaG für nach § 307 Abs. 1 unangemessen gehalten hat20. Begründet wird die Anwendung von § 306a vom BGH mit der Feststellung, dass die bankinterne Anweisung zum gleichen Erfolg wie eine unzulässige und unwirksame

17 Zust. BGH v. 19.9.1990 – VIII ZR 239/89, BGHZ 112, 204 (217) = NJW 1991, 36; Erman/ Roloff § 306a BGB Rz. 3. Das gilt wohl auch für die Ausnahmetatbestände des § 305a angesichts ihrer begrenzten Tragweite. 18 So auch Michalski/Römermann NJW 1994, 890, die allerdings derartige Klauseln in weitem Umfang zulassen wollen. 19 BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, WM 2005, 874. Bestätigt von BGH v. 4.2.2009 – VIII ZR 32/08, NJW 2009, 1337 (1339). Dem folgend OLG Düsseldorf v. 13.2.2014 – I-6 U 84/13, NJW-RR 2014, 729 (730) (systematisches Inrechnungstellen von pauschalen Rücklastschriftkosten und Mahnkosten bei der Abwicklung von Telefon- und DSL-Verträgen); LG Düsseldorf v. 5.6.2013 – 12 O 649/12 U, BeckRS 2014, 05561; LG Hamburg v. 16.9.2014 – 312 O 36/14, BeckRS 2015, 08704 (Geltendmachung einer Bearbeitungsgebühr in Mahnschreiben). Vgl. auch LG Leipzig v. 7.3.2014 – 8 O 1980/13, juris (Gebühren für Pfändungsschutzkonto). 20 BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, WM 2005, 874 (875 f.); zust. Erman/Roloff § 306a BGB Rz. 3; Palandt/Grüneberg § 306a BGB Rz. 2; Bamberger/Roth/H. Schmidt BeckOK, § 306a BGB Rz. 5; von Westphalen NJW 2006, 2228; Roller BKR 2008, 224; im Ergebnis auch Ulmer/Habersack oben § 305 Rz. 68a. Gegen die Anwendung von § 306a OLG Köln WM 2005, 276 (278); Stoffels, Rz. 92; Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 8; Staudinger/Schlosser § 306a BGB Rz. 5; Borges ZIP 2005, 187 f.; Borges WuB I D 2 Lastschriftverkehr 2.05; Haertlein BGH EWiR § 306a BGB 1/05, 536; Freitag ZIP 2005, 2053 f.; Pfeiffer LMK 2005, 149701. Zur Unwirksamkeit von Klauseln über die Belastung des Kunden mit Rücklastschriftkosten vgl. BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43 = WM 1997, 2298 und BGH WM 1997, 2300.

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§ 306a BGB

Entgeltklausel oder Schadenspauschale über Rücklastschriftkosten in AGB führe und nur den Zweck habe, Ersatz für die von der BGH-Rechtsprechung für unwirksam erklärte Entgeltklausel zu schaffen und diese Konstruktion der bankinternen Anweisung eine AGB-rechtliche Überprüfung durch die Gerichte verhindern solle21. Auch wenn es nachvollziehbar ist, dass der BGH einer Praxis entgegentreten will, mit der durch bankinterne Anweisungen „erklärtermaßen“22 seine Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Klauseln über Rücklastschriftkosten unanwendbar gemacht werden soll, dürfte diese Rechtsprechung doch die Grenzen von § 306a überschreiten. Denn diese Vorschrift muss im Zusammenhang mit dem Zweck der AGB-rechtlichen Regelungen gesehen und ausgelegt werden, der sich darauf richtet, der Gefahr einer einseitigen Ausnutzung der faktischen Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Verwender zu Lasten des Kunden entgegenzutreten (Einl. Rz. 47 f.) Dieser Gesetzeszweck rechtfertigt es, das Umgehungsverbot auf Umgehungsgestaltungen anzuwenden, die wie bei der Verwendung vorformulierter Vertragsbedingungen zu einer vertraglichen Ausgestaltung des Verhältnisses mit dem Kunden und seiner rechtsgeschäftlichen Bindung führen sollen23. Das trifft für unternehmensinterne Verhaltensanweisungen, mit denen ein einheitliches tatsächliches Verhalten gegenüber Kunden erreicht werden soll, nicht zu24. Die Anwendung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle auf unternehmensinterne Anweisungen und Richtlinien über § 306a birgt zudem die Gefahr in sich, den AGB-rechtlichen Schutz des Kunden vor einer unangemessenen Vertragsgestaltung auf eine allgemeine Missbrauchskontrolle von Marktverhalten auszudehnen. Das ist jedoch nicht Zweck und Aufgabe des AGB-Rechts. Ein Umgehungsfall kommt demgegenüber in Betracht, wenn sich der Verwender auf den Hinweis in einem Produktkatalog „Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Abbildungen ähnlich.“, der keine AGB darstellt und damit nicht § 308 Nr. 4 unterfällt (vgl. § 308 Nr. 4 Rz. 1a), gegenüber Verbrauchern „stets wie auf AGB berufen würde“. Denn hier würde gegenüber dem Kunden der unzutreffende Eindruck einer rechtsgeschäftlichen Bindung durch einen Änderungsvorbehalt erweckt werden25; vgl. zu dem Aspekt der rechtsgeschäftlichen Bindung Rz. 6. Ähnlich gelagert können Fälle sein, in denen der Verwender im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss im Vertrag enthaltene unwirksame vorformulierte Verpflichtungen des Kunden umsetzt, indem er den Kunden vorformulierte gesonderte Erklärungen unterzeichnen lässt. Im Ergebnis zu Recht

21 BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, WM 2005, 874 (876). 22 Vgl. den Sachverhalt in BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, WM 2005, 874. 23 So auch OLG Köln WM 2005, 276 (278): Das Umgehungsverbot des § 306a setzt eine inhaltliche Gestaltung des Rechtsverhältnisses durch den Umgehungssachverhalt voraus; Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 8; Haertlein BGH EWiR § 306a BGB 1/05, 536. 24 So auch Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 8, Borges ZIP 2005, 188 und Freitag ZIP 2005, 2053 f. (jeweils mit dem Hinweis, dass der Verbraucherschutz in derartigen Fällen mit wettbewerbsrechtlichen Mitteln erfolgen könne). Daher kann § 306a auch nicht auf interne Ermessensleitlinien über die Ausübung eines mit dem Kunden vereinbarten Preisbestimmungsrechts nach § 315 (oder eines sonstigen Leistungsbestimmungsrechts) Anwendung finden; a.A. Borges ZIP 2005, 190. Für Anwendung des § 306a auf „strategische Anweisungen“ des Vermieters an sein Personal, die Endrenovierung der Wohnung vom Mieter zu verlangen, um das Ziel unwirksamer Dekorations-AGB zu erreichen, Kappus in FS von Westphalen, 2010, S. 369 (381 f.); Kappus NZM 2010, 541. 25 Vgl. BGH v. 4.2.2009 – VIII ZR 32/08, NJW 2009, 1337 (1339); krit. dazu Wolf/Lindacher/ Hau § 306a BGB Rz. 8.

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ist daher in der Rechtsprechung unter Anwendung von § 306a die Erklärung des Mieters über einen Beitritt zu einer Werbegemeinschaft für unwirksam gehalten worden, der eine unwirksame mietvertragliche Klausel über die Pflicht zum Beitritt zur Werbegemeinschaft zugrunde lag26. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Werbegemeinschaft und dem Vermieter um unterschiedliche Parteien handelt, wenn – was der Regelfall sein wird – der geschilderten Vorgehensweise ein zwischen der Werbegemeinschaft und dem Vermieter abgestimmtes Verhalten zugrunde liegt. 7 Im Rahmen der §§ 307–309 ist das Umgehungsverbot des § 306a für die Vorschriften der §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 über die Inhaltskontrolle von AGB entgegen den Stellungnahmen aus der Entstehungszeit des früheren AGBG (Rz. 2) im Grundsatz ohne Belang27. Das folgt aus der Auffangfunktion der Generalklausel des § 307 Abs. 1. Sie führt auch in den Fällen zur Unwirksamkeit unangemessener AGB-Klauseln, in denen diese wegen der abweichenden äußeren Gestaltung nicht unter den Klauselkatalog der §§ 308, 309 subsumiert werden können28. Damit fehlt es insoweit an einer Regelungslücke als Voraussetzung für das Eingreifen von § 306a (Rz. 3). Führt die Inhaltskontrolle nach § 307 zur Angemessenheit der Klausel, scheidet ein Umgehungsfall aus29. Soweit gelegentlich geprüft wurde, ob bestimmte Klauselgestaltungen auf eine Umgehung absoluter Klauselverbote des früheren § 11 AGBG hinausliefen und daher nach §§ 7, 11 AGBG unwirksam waren30, beruhte dies auf einer Unterschätzung der Auffangfunktion des § 9 AGBG; die Generalklausel des § 9 AGBG gestattete es, im Rahmen der Inhaltskontrolle die in §§ 10, 11 AGBG enthaltenen, auf ein relatives oder absolutes Klauselverbot abzielenden Wertungen auch außerhalb die-

26 Vgl. LG Halle/Saale v. 9.1.2012 – 3 O 1482/11, juris. A.A. LG Frankenthal v. 19.11.2014 – 2 S 95/14, juris. 27 H.M., vgl. BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82 (92) = NJW 1988, 1726 (Verstoß gegen das Transparenzgebot); Stoffels Rz. 95; Erman/Roloff § 306a BGB Rz. 4; Usinger NJW 1987, 936; Wolf in FS Zöllner, 1998, S. 651 (660 f.); grundsätzlich auch Soergel/ Stein § 7 AGBG Rz. 2, 5; a.A. Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 3; Löwe § 7 AGBG Rz. 2, 3; Wolf/Pfeiffer JZ 1988, 392; Palandt/Grüneberg § 306a BGB Rz. 2. 28 Vgl. als Beisp. BGH v. 19.12.2007 – XII ZR 61/05, NZM 2008, 243. 29 BGH v. 20.11.2008 – III ZR 60/08, NJW 2009, 1199 (1200). 30 So – jeweils zu den Vorschriften des früheren AGBG – zu unmittelbaren oder mittelbaren Vorleistungspflichten als Umgehung von § 11 Nr. 2 AGBG BGH v. 11.10.1984 – VII ZR 248/83, NJW 1985, 852; BGH v. 21.4.1986 – II ZR 126/85, NJW-RR 1986, 959 (960) = WM 1986, 784 (785); für Anwendung des § 7 AGBG nur in Ausnahmefällen BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (161) = NJW 1987, 1931; offen lassend, ob Verstoß gegen den früheren § 11 Nr. 2 i.V.m. § 7 AGBG oder gegen § 9 AGBG BGH NJW 1986, 3199 (3200) und ebenso, wenn auch verstärkt auf § 9 AGBG eingehend, BGH v. 10.7.1986 – III ZR 19/85, WM 1992, 401 (402); zu Verfallklauseln oder vertragsstrafeähnlichen Gestaltungen als Umgehung von § 11 Nr. 6 AGBG OLG Hamm v. 4.12.1979 – 4 U 244/79, WM 1980, 474 (478); Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 6 AGBG Rz. 6; Ebenroth DB 1978, 2114; zu arbeitskampfbedingten Verlängerungen der Lieferzeit als Umgehung von § 11 Nr. 8 AGBG OLG Stuttgart v. 19.12.1980 – 2 U 122/80, NJW 1981, 1105 f.; LG Freiburg bei Bunte AGBE II Nr. 2, oder zum Vertragsschluss durch Abschlussvertreter zugleich im eigenen Namen als Umgehung von § 11 Nr. 14a AGBG BGH NJW 1988, 1908 (1910) (der BGH verneint das Vorliegen einer Umgehung). Zu § 306a vgl. OLG Frankfurt/M. v. 31.3.2005 – 1 U 230/04, NJW-RR 2005, 1170 und LG Würzburg v. 11.11.2008 – 42 S 1527/08, juris (Laufzeit des Mietvertrags für Verbrauchserfassungsgeräte; zu § 309 Nr. 9a); dazu BGH v. 19.12.2007 – XII ZR 61/05, NZM 2008, 243.

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ser Vorschriften zur Anwendung zu bringen31 (vgl. Vor § 307 Rz. 10). Nichts anderes gilt heute für § 307 Abs. 1 und 2 im Hinblick auf die Klauselverbote der §§ 308, 309. Anderes gilt für die Begrenzung der Inhaltskontrolle durch die Vorschrift des § 307 Abs. 3. Sie eröffnet jedenfalls bei wörtlicher Interpretation die Möglichkeit, auch vorformulierte Vertragsbestandteile der Inhaltskontrolle zu entziehen, und kann daher unter Umgehungsaspekten Bedeutung erlangen (Rz. 9 f.). Dagegen sind die Ausnahmetatbestände der §§ 309 Nr. 1, Nr. 7 und Nr. 9 sowie des § 310 Abs. 2 in ihrer Tragweite so eng begrenzt, dass eine Umgehung aller Voraussicht nach ausscheidet. Bei § 310 kommt nur die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 Satz 1 für Umgehungszwecke in Betracht (Rz. 11). Die Sondervorschrift für den Geschäftsverkehr mit Unternehmern (§ 310 Abs. 1) ist schon im Hinblick darauf, dass sie an persönliche Eigenschaften der Parteien anknüpft, unter Umgehungsaspekten ohne Belang. Im Hinblick auf die Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der §§ 305 Abs. 1, 305c Abs. 2, 306, 307–309 durch § 310 Abs. 3 Nr. 2 besteht wie im Fall des § 305 Abs. 1 (Rz. 5) kein Bedürfnis für einen Rückgriff auf § 306a. Soweit § 310 Abs. 3 Nr. 2 zur Anwendung der §§ 307–309 auf vorformulierte Einzelverträge führt, gilt das in Rz. 7, 9 f. Gesagte. Auch was die Erweiterung des Maßstabs der Inhaltskontrolle bei Verbraucherverträgen durch § 310 Abs. 3 Nr. 3 anbelangt, sind mögliche Umgehungsfälle nicht erkennbar.

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2. Einzelne Umgehungstatbestände a) Schranken der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3) Eine Umgehung der Inhaltskontrolle trotz Vorformulierung der Vertragsbedingungen ist – von den Bereichsausnahmen des § 310 Abs. 4 Satz 1 abgesehen (Rz. 11) – wegen der Generalklausel des § 307 Abs. 1 und 2 nur denkbar, wenn sich der Verwender auf den in § 307 Abs. 3 vorgesehenen Vorbehalt gegenüber der gerichtlichen Angemessenheitskontrolle berufen kann32. Dazu müssen die fraglichen AGB-Klauseln zu den nach § 307 Abs. 3 von der Inhaltskontrolle ausgenommenen, von Rechtsvorschriften weder abweichenden noch diese ergänzenden Regelungen gehören, und diese Rechtsfolge darf auch nicht an der restriktiv-teleologischen Auslegung des § 307 Abs. 3 scheitern (Rz. 3 a.E.). Erfüllen derartige Vereinbarungen die Voraussetzungen der AGB-Definition, sind sie ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach einer AGB-Klausel vergleichbar und lassen sie sich nicht bereits im Auslegungswege in Haupt- und Nebenabrede aufspalten, ist im Fall der Umgehung des § 307 Abs. 3 die Vorschrift des § 306a ihnen gegenüber anwendbar mit der Folge, dass sie abweichend von § 307 Abs. 3 der Inhaltskontrolle unterworfen werden (vgl. Rz. 10).

31 So – jeweils zu den Vorschriften des früheren AGBG – auch BGHZ 104, 82 (92) = NJW 1988, 1726; BGH NJW 1984, 2816 und BGH NJW 1985, 850 (851) (anders dann aber BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1985, 852); OLG Karlsruhe v. 9.9.1988 – 10 U 62/88, NJW-RR 1989, 243 (244); a.A. – für Anwendung der §§ 10, 11 AGBG über § 7 AGBG – Löwe § 7 AGBG Rz. 2, 3; Zoller Die formularmäßige Vorleistungspflicht und das funktionelle Synallagma im Lichte des AGBG, 1986, S. 60 ff. 32 So auch Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 2. Vgl. demgegenüber Stoffels Rz. 93, der „überzeugende Fälle“ des „Erschleichens des Ausnahmetatbestandes“ des § 307 Abs. 3 bisher nicht dargetan sieht.

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Eine Umgehung des § 307 Abs. 3 liegt nicht schon dann vor, wenn der Verwender seine AGB mosaikartig aus einer Vielzahl unterschiedlicher, nicht für den konkreten Vertragstyp vorgesehener Vorschriften des dispositiven Rechts zusammensetzt. Da der Vorbehalt des § 307 Abs. 3 sich nur auf diejenigen dispositiven Normen bezieht, die auch ohne AGB für den fraglichen Vertrag Geltung hätten und deren Aufnahme in die vorformulierten Vertragsteile daher rein deklaratorische Bedeutung zukommt (§ 307 Rz. 14), steht § 307 Abs. 3 der Inhaltskontrolle hier nicht entgegen. Auch das Gebrauchmachen von gesetzlichen Vertragstypen wie dem abstrakten Schuldversprechen (§ 780) in vorformulierten Darlehensbedingungen ist – vorbehaltlich seines möglicherweise überraschenden Charakters (§ 305c Abs. 1) – aus der Sicht von § 306a ohne Belang33 (zur Inhaltskontrolle vgl. § 309 Nr. 12 Rz. 13). Anderes gilt im Hinblick auf die ebenfalls in § 307 Abs. 3 geregelte Herausnahme der vorformulierten Hauptabreden aus dem Anwendungsbereich der §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 (vgl. § 307 Rz. 14 ff.). Angesichts der Wechselbeziehungen zwischen Haupt- und Nebenabreden ist nicht auszuschließen, dass die wirtschaftlichen Wirkungen einer nach §§ 308, 309 unwirksamen oder einer nach § 307 Abs. 1 und 2 unangemessenen Nebenabrede auch durch scheinbar kontrollfreie Ausgestaltung der Hauptabrede erreicht werden können34. So kann das Verbot eines unangemessen hohen Aufwendungsersatzes beim Rücktritt des Kunden vom Vertrag (§ 308 Nr. 7) durch Vereinbarung einer Beratungsgebühr mit der Maßgabe umgangen werden, dass sie bei Durchführung des Vertrags auf die Gegenleistung angerechnet wird35. Ein Umgehungsfall (§ 308 Nr. 7) liegt auch vor, wenn bei einem Partnerschaftsanbahnungsdienstvertrag die vom Kunden zu zahlende Gesamtvergütung sachwidrig den bei Vertragsbeginn erbrachten Leistungen des Verwenders zugeordnet wird und die nachfolgenden, den Schwerpunkt des Vertrages bildenden Leistungen ausgeblendet werden; insoweit steht der Begriff der Hauptleistung nicht zur Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen36. Der nach § 309 Nr. 1 unzulässige Vorbehalt kurzfristiger Preiserhöhungen in AGB lässt sich durch eine Regelung ersetzen, wonach als Entgelt an Stelle eines festen Preises von vornherein der am Tag der Lieferung geltende Listen- oder Marktpreis vereinbart oder dem Verwender ein sonstiges Preisbestimmungsrecht nach § 316 eingeräumt wird. Nach h.M. greift hier allerdings gleichwohl § 309 Nr. 1 ein37 (vgl. § 309 Nr. 1 Rz. 14). Das gilt namentlich auch für eine Klausel, die eine Preisabrede in einen Nettopreis plus Umsatzsteuer aufspaltet („Der Kaufpreis versteht sich zuzüglich Umsatzsteuer“). Sie wird nicht vom

33 So zu § 7 AGBG zutr. OLG Düsseldorf v. 7.3.1986 – 16 U 128/85, NJW-RR 1986, 1312 (1314); OLG Stuttgart NJW 1979, 222 (223); Staudinger/Schlosser § 306a BGB Rz. 4. 34 Zust. Erman/Roloff § 306a BGB Rz. 4. Vgl. auch Preis/Bleser/Rauf DB 2006, 2817 zur Aufspaltung der üblichen arbeitsrechtlichen Ausgleichsquittung in eine „Empfangsbestätigung/Quittung“ über den Erhalt von Unterlagen und eine nach § 307 Abs. 3 grundsätzlich kontrollfreie „isolierte Verzichtserklärung“ über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung. 35 Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 5. Vgl. den Sachverhalt OLG Stuttgart bei Bunte AGBE II § 7 Nr. 1. 36 BGH v. 8.10.2009 – III ZR 93/09, NJW 2010, 150. 37 Für Anwendbarkeit von § 7 AGBG (jetzt § 306a) aber Burck DB 1978, 1391; für generelle Unwirksamkeit der Vereinbarung eines Preisbestimmungsrechts des Verwenders in AGB Löwe BB 1982, 155 f.

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Vorbehalt des § 307 Abs. 3 erfasst und unterliegt daher auch ohne Rückgriff auf § 306a der Inhaltskontrolle38 (vgl. § 309 Nr. 1 Rz. 15). b) Sachliche Bereichsausnahmen (§ 310 Abs. 4 Satz 1) Gewisse Umgehungsmöglichkeiten bieten schließlich die in § 310 Abs. 4 Satz 1 11 geregelten Bereichsausnahmen, darunter namentlich die Ausnahme für das Gesellschafts- und das diesem gleichzustellende (§ 310 Rz. 124) Vereinsrecht (vgl. auch § 310 Rz. 130). Denkbar ist etwa, dass Anbieter periodisch zu liefernder Waren oder zu erbringender Leistungen die Rechtsbeziehungen zu ihren Abnehmern in Gesellschafts- oder Vereinsform organisieren und deren Gegenleistung in die Form von Beiträgen kleiden, um den für Dauerschuldverhältnisse geltenden Beschränkungen vorformulierter Laufzeiten (§ 309 Nr. 9) zu entgehen39. Soweit es sich bei der Wahl der Rechtsform nicht um nach § 117 unwirksame Scheingeschäfte handelt, sondern die Organisation in Vereinsform rechtlich gewollt ist, findet die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 Satz 1 doch jedenfalls am Umgehungsverbot des § 306a ihre Grenze40. An das Vorliegen der Umgehungsvoraussetzungen sind hier im Interesse der Rechtssicherheit freilich strenge Anforderungen zu stellen41.

3. Rechtsfolgen Soweit das Umgehungsverbot ausnahmsweise eingreift, richten sich seine Rechtsfolgen nach der umgangenen Norm. Eine vorformulierte Vereinbarung, die ihrem äußeren Gehalt nach unter den Vorbehalt des § 307 Abs. 3 fällt (Rz. 11), ist im Falle sachlicher Unangemessenheit nach §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 unwirksam und kann im Wege der Verbandsklage nach dem UKlaG (unten Teil 3) angegriffen werden42.

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III. Verträge mit Unternehmern Es gelten keine Besonderheiten. Soweit die Normen des AGB-Rechts auf Unternehmer anwendbar sind und ihre Umgehung in den oben (Rz. 3 ff.) genannten

38 Unscharf daher BGH v. 28.1.1981 – VIII ZR 165/79, BB 1981, 520 (521), wonach die Unwirksamkeit aus der Umgehung von § 11 Nr. 1 AGBG (jetzt § 309 Nr. 1) folgt, wenn die Klausel der Abwälzung einer Umsatzsteuererhöhung auf den Kunden abweichend von § 11 Nr. 1 AGBG (jetzt § 309 Nr. 1) dienen soll. 39 So schon Teilbericht I, S. 92 f.; aus der Rechtsprechung vgl. OLG Frankfurt v. 1.11.1983 – 11 U 4/83, NJW 1984, 180 (entgeltliche Mitgliedschaft in einem Freizeitclub als Dienstvertrag); zum Umgehungstatbestand nach § 5 HWiG vgl. OLG München v. 17.1.1991 – 29 U 5325/90, ZIP 1991, 756; OLG Karlsruhe v. 27.6.1990 – 6 U 2/90, NJW 1991, 433; LG München v. 29.6.1994 – 1 HKO 4830/94, ZIP 1994, 1191 (Flugrettungsvereine). 40 So auch MünchKomm/Basedow § 306a BGB Rz. 3; Palandt/Grüneberg § 306a BGB Rz. 2; im Ergebnis auch Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 7; für teleologische Reduktion von § 310 Abs. 4 Stoffels Rz. 96. 41 Im Erg. ähnl. Wolf/Lindacher/Hau § 306a BGB Rz. 7. Vgl. auch die Stellungnahme der BReg., BT-Drucks. 7/3919 S. 60 zum AGBG. 42 Vgl. zur Umgehung von § 305 Abs. 1 BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, WM 2005, 874 (876); dazu Rz. 6.

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Vor § 307 BGB

Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

engen Grenzen in Frage steht, greift das Umgehungsverbot des § 306a auch gegenüber Verträgen mit Unternehmern ein (§ 310 Abs. 1 Satz 1).

IV. Verbraucherverträge 14

Nach Regelungsgehalt und Systematik des § 310 Abs. 3 gilt § 306a zwar für Standardverträge (Nr. 1), nicht aber für vorformulierte Einzelverträge (Nr. 2). Da in Bezug auf diese Umgehungssachverhalte nicht ohne weiteres vorstellbar sind (vgl. Rz. 8), kommt der Frage keine praktische Bedeutung zu. Eine analoge Anwendung des § 305 Abs. 2 Nr. 2 und des § 305c Abs. 1 auf vorformulierte Einzelverträge beruht nicht auf § 306a, sondern auf dem Gebot richtlinienkonformer Auslegung (vgl. § 305 Rz. 200, § 305c Rz. 8c f.).

Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle I. Normative und konzeptionelle Grundlagen der Inhaltskontrolle 1. Allgemeine Charakterisierung . . . 2. Gesetzliche Systematik a) Funktion und Aufbau des § 307 b) Verhältnis zu den Klauselverboten der §§ 308, 309 . . . . . . . c) Rechtssystematischer Standort im AGB-Recht . . . . . . . . . . . . 3. Historische Entwicklung a) Kontrollansätze in der Rechtsprechung vor 1977 . . . . . . . . . b) Die Kodifikation der Inhaltskontrolle im AGBG . . . . . . . . c) Die Integration der materiellen AGB-Kontrolle in das BGB durch die Schuldrechtsreform 2001 . . d) Die Bedeutung der EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . . . . . . . e) Allgemeine Bewertung und Reformdiskussion . . . . . . . . . 4. Konzeptionelle Grundlagen zur Rechtfertigung der Inhaltskontrolle a) Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . b) Vertragstheoretische und rechtsökonomische Legitimation der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . .

1 4 7 12

15 16 17 20 25

26 31

II. Anwendungsbereich der §§ 307–309 1. Sachlicher Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle a) AGB und vorformulierte Klauseln in Verbraucherverträgen . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . .

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2. Persönlicher Anwendungsbereich a) Differenzierungen beim Kontrollmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Kein Schutz des Verwenders . . 53 III. Verhältnis der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu anderen Vorschriften 1. Allgemeine zivilrechtliche Kontrollansätze . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zu § 134 und zum zwingenden Recht . . . . . . . . . b) Sittenwidrigkeit (§ 138) . . . . . c) Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 . . . . . . . . d) Billigkeitskontrolle nach § 315 2. Irrtumsanfechtung a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . b) Irrtum über die Einbeziehung der AGB . . . . . . . . . . . . . . . . c) Irrtum über den Inhalt der AGB d) Rechtsfolgen der Anfechtung 3. Verhältnis zum Wettbewerbsund Kartellrecht a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . b) Kartellbehördliche Präventivkontrolle von Konditionenkartellen und -empfehlungen aus der Zeit vor der 7. GWB-Novelle . . . . . c) Rechtslage im System der kartellrechtlichen Legalausnahme . . . . . . . . . . . d) Besondere Schranken für marktmächtige AGB-Verwender . . . e) Verhältnis zum UWG . . . . . . .

54 55 58 62 66 68 70 72 75

76

78 83 86 89

Vor § 307 BGB

Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

engen Grenzen in Frage steht, greift das Umgehungsverbot des § 306a auch gegenüber Verträgen mit Unternehmern ein (§ 310 Abs. 1 Satz 1).

IV. Verbraucherverträge 14

Nach Regelungsgehalt und Systematik des § 310 Abs. 3 gilt § 306a zwar für Standardverträge (Nr. 1), nicht aber für vorformulierte Einzelverträge (Nr. 2). Da in Bezug auf diese Umgehungssachverhalte nicht ohne weiteres vorstellbar sind (vgl. Rz. 8), kommt der Frage keine praktische Bedeutung zu. Eine analoge Anwendung des § 305 Abs. 2 Nr. 2 und des § 305c Abs. 1 auf vorformulierte Einzelverträge beruht nicht auf § 306a, sondern auf dem Gebot richtlinienkonformer Auslegung (vgl. § 305 Rz. 200, § 305c Rz. 8c f.).

Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle I. Normative und konzeptionelle Grundlagen der Inhaltskontrolle 1. Allgemeine Charakterisierung . . . 2. Gesetzliche Systematik a) Funktion und Aufbau des § 307 b) Verhältnis zu den Klauselverboten der §§ 308, 309 . . . . . . . c) Rechtssystematischer Standort im AGB-Recht . . . . . . . . . . . . 3. Historische Entwicklung a) Kontrollansätze in der Rechtsprechung vor 1977 . . . . . . . . . b) Die Kodifikation der Inhaltskontrolle im AGBG . . . . . . . . c) Die Integration der materiellen AGB-Kontrolle in das BGB durch die Schuldrechtsreform 2001 . . d) Die Bedeutung der EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . . . . . . . e) Allgemeine Bewertung und Reformdiskussion . . . . . . . . . 4. Konzeptionelle Grundlagen zur Rechtfertigung der Inhaltskontrolle a) Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . b) Vertragstheoretische und rechtsökonomische Legitimation der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . .

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II. Anwendungsbereich der §§ 307–309 1. Sachlicher Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle a) AGB und vorformulierte Klauseln in Verbraucherverträgen . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . .

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2. Persönlicher Anwendungsbereich a) Differenzierungen beim Kontrollmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Kein Schutz des Verwenders . . 53 III. Verhältnis der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu anderen Vorschriften 1. Allgemeine zivilrechtliche Kontrollansätze . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zu § 134 und zum zwingenden Recht . . . . . . . . . b) Sittenwidrigkeit (§ 138) . . . . . c) Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 . . . . . . . . d) Billigkeitskontrolle nach § 315 2. Irrtumsanfechtung a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . b) Irrtum über die Einbeziehung der AGB . . . . . . . . . . . . . . . . c) Irrtum über den Inhalt der AGB d) Rechtsfolgen der Anfechtung 3. Verhältnis zum Wettbewerbsund Kartellrecht a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . b) Kartellbehördliche Präventivkontrolle von Konditionenkartellen und -empfehlungen aus der Zeit vor der 7. GWB-Novelle . . . . . c) Rechtslage im System der kartellrechtlichen Legalausnahme . . . . . . . . . . . d) Besondere Schranken für marktmächtige AGB-Verwender . . . e) Verhältnis zum UWG . . . . . . .

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76

78 83 86 89

Vor § 307 BGB

Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle 4. Behördliche Kontrolle von AGB a) Präventive Genehmigung . . . . b) Nachträgliche Missstandsaufsicht . . . . . . . . .

V. Ausübung der Inhaltskontrolle 96

1. Prüfungsreihenfolge . . . . . . . . .

105

97

2. Beachtung der Unwirksamkeit von Amts wegen . . . . . . . . . . . .

106

IV. Rechtsfolgen 1. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . . .

98

2. Unterlassungs-, Widerrufs- und Schadensersatzansprüche . . . . . . 103

3. Darlegungs- und Beweislast . . . .

109

4. Revisibilität . . . . . . . . . . . . . . .

110

Schrifttum: Vgl. die Angaben vor Rz. 26, 68, 76 sowie bei § 307.

I. Normative und konzeptionelle Grundlagen der Inhaltskontrolle 1. Allgemeine Charakterisierung Die §§ 307–309 enthalten die Bestimmungen über die Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge und damit das Kernstück der besonderen Vorschriften über die „Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch AGB“ im zweiten Abschnitt des zweiten Buches des BGB. Sie entsprechen mit relativ geringen Modifikationen den früheren §§ 8–11 AGBG und unterwerfen AGB engeren Grenzen, als nach den allgemeinen Schranken der Vertragsfreiheit gemäß §§ 134, 138 bestehen. Nach § 310 Abs. 3 (früher § 24a AGBG) gelten sie auch für vorformulierte Klauseln in Verbraucherverträgen, die nicht in jeder Hinsicht die begrifflichen Anforderungen von AGB nach § 305 Abs. 1 Satz 1 erfüllen (vgl. näher § 307 Rz. 386 ff., § 310 Rz. 79 ff.).

1

Der Terminus der „Inhaltskontrolle“, wie er sich seit dem SMG in der amtlichen 2 Überschrift des § 307 findet1, bezeichnet eine Rechtskontrolle, der vorformulierte Vertragsbedingungen, insb. AGB, im Hinblick auf besondere inhaltliche Schranken der Gestaltungsfreiheit unterliegen. Deren Überschreitung führt ohne weiteres zur Unwirksamkeit der vorformulierten Klauseln2, die bei der Rechtsanwendung von Amts wegen zu berücksichtigen ist, ohne dass sich eine (dadurch belastete) Partei darauf berufen müsste3. Neben dieser inzident erfolgenden Überprüfung konkreter Klauseln hat der Gesetzgeber auch die Möglichkeit einer abstrakten Klauselkontrolle im Verbandsverfahren geschaffen: Nach §§ 1, 3 UKlaG können bestimmte qualifizierte Einrichtungen, Verbände und Kammern gegen die Verwendung oder Empfehlung von AGB, die nach §§ 307–309 unwirksam sind, einen Unterlassungs- und ggf. Widerrufsanspruch geltend machen. Bei beiden Formen der Klauselkontrolle handelt es sich nicht um ein allgemeines Instrument der Vertragskontrolle, das immer dann eingreifen könnte, wenn die Gefahr unausgewogener oder einseitig belastender vertraglicher Gestaltun-

1 Im AGBG war der Begriff nur in der Überschrift des § 8 („Schranken der Inhaltskontrolle“) zu finden (nunmehr § 307 Abs. 3), nachdem ihn die Rechtsprechung des BGH zuvor schon lange Jahre verwendet hatte, vgl. nur BGHZ 60, 243 (245); BGHZ 64, 238 (241). 2 Das Gesetz und nicht erst ein rechtsgestaltender Akt des Richters erklärt die AGB und vorformulierte Klauseln in Verbraucherverträgen, die gegen §§ 307 ff. verstoßen, für unwirksam. 3 Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 25; vgl. näher unten Rz. 106.

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

gen droht. Vielmehr ist die Inhaltskontrolle auf die tatbestandlich abgegrenzten Fälle (AGB und vorformulierte Einzelvertragsklauseln in Verbraucherverträgen) beschränkt, bei denen nach der gesetzlichen Wertung auf Grund besonderer Umstände typischerweise mit einem Verhandlungsungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern zu rechnen ist. Anknüpfungspunkt für die Schutzbedürftigkeit des Vertragspartners ist dabei nicht etwa eine wirtschaftliche Überlegenheit des Verwenders, sondern eine funktionale Ungleichgewichtslage in der Vertragsabschlusssituation, die zur AGB-typischen situativen Überlegenheit des Klauselverwenders gegenüber der anderen Partei führt4. Bei Individualverträgen vertraut der Gesetzgeber dagegen grundsätzlich auf die Selbstverantwortung der Parteien und die Funktionsfähigkeit des Vertragsschlussmechanismus. Kommt es im Einzelfall dennoch zu schwerwiegenden Störungen der Vertragsparität, kann eine richterliche Inhaltskontrolle auf der Grundlage der allgemeinen Vorschriften, vor allem der §§ 138, 242, gerechtfertigt oder gar geboten sein5, eine allgemeine Angemessenheitskontrolle mit der gesteigerten Kontrollintensität des § 307 findet jedoch nicht statt6.

2. Gesetzliche Systematik a) Funktion und Aufbau des § 307 4 Die Vorschriften über die Inhaltskontrolle beginnen in § 307 Abs. 1 Satz 1 mit der zentralen Grundsatznorm, die den allgemeinen Kontrollmaßstab („unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners entgegen den Geboten von Treu und Glauben“) und die prinzipielle Rechtsfolge (Unwirksamkeit der Klausel) festlegt. Die folgenden Vorschriften konkretisieren und ergänzen diese Generalklausel: § 307 Abs. 1 Satz 2 stellt auf die Klarheit und Verständlichkeit der AGB ab (Transparenzgebot)7, während § 307 Abs. 2 mit der Abweichung von wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Gesetzesrechts (§ 307 Abs. 2 Nr. 1) und der vertragszweckgefährdenden Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben (§ 307 Abs. 2 Nr. 2), zwei Regelbeispiele für die unangemessene Benachteiligung enthält („im Zweifel“). Diese beiden Sondertatbestände, die einerseits das dispositive Recht, andererseits den

4 Vgl. vorerst nur Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91, 96 ff. m.w.N.; näher zur Rechtfertigung der Inhaltskontrolle unten Rz. 26 ff. 5 Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind die Zivilgerichte verpflichtet, bei schweren Störungen der Vertragsparität im Einzelfall insb. im Rahmen der Anwendung der zivilrechtlichen Generalklauseln (§§ 138, 242) zum Schutz der schwächeren Partei einzugreifen, vgl. insb. BVerfG v. 7.2.1990 – 1 BvR 26/84, ZIP 1990, 573 (Handelsvertreter); BVerfG v. 19.10.1993 – 1 BvR 567/89, 1 BvR 1044/89, ZIP 1993, 1775 (Bürgschaft von Familienangehörigen); aus der Literatur hierzu z.B. Zöllner AcP 196 (1996), 1 ff.; Canaris AcP 200 (2000), 273 (296 ff.). Vor allem mit den beiden Entscheidungen zur Kapitallebensversicherung BVerfG v. 26.7.2005 – 1 BvR 80/95, NJW 2005, 2376 (Überschussbeteiligung) und NBerfG v. 15.2.2006 – 1 BvR 1 BvR 1317/96, NJW 2006, 1783 (Rückkaufswert) hat das BVerfG die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Schutz der materiellen Vertragsfreiheit weiter konkretisiert, vgl. hierzu Leuschner AcP 207 (2007), 491 (509 ff.) m.w.N., der daraus ableitet, dass „die Inhaltskontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen zur Gewährleistung der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten materiellen Vertragsfreiheit geboten ist“, a.a.O., S. 514 f. 6 Stoffels Rz. 383. 7 Zum Verhältnis von Inhalts- und Transparenzkontrolle vgl. § 307 Rz. 10 ff., 323 ff., 330 ff.

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Sinngehalt und Zweck der grundsätzlich vereinbarten Vertragsordnung zum Vergleichsmaßstab für die Bewertung konkreter Klauseln machen, entfalten trotz ihrer ebenfalls generalklauselartigen Weite bereits eine gewisse Konkretisierungswirkung gegenüber dem allgemeinen Maßstab der „unangemessenen Benachteiligung“, schöpfen diesen aber auch nicht voll aus8. Eine erheblich weiter gehende, auf ganz bestimmte typische Regelungsgegenstände bezogene Konkretisierung enthalten sodann die speziellen Klauselverbote der §§ 308, 309. § 307 Abs. 3 (früher § 8 AGBG) grenzt den kontrollunterworfenen Bereich ab. § 307 Abs. 3 Satz 1 knüpft die Kontrollfähigkeit von AGB hinsichtlich ihrer Angemessenheit daran, dass sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen enthalten9. § 307 Abs. 3 Satz 2 unterwirft auch solche AGB, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, einer Transparenzkontrolle (i.V.m. § 307 Abs. 1). Hinter der etwas kryptischen Formulierung der Modifikation oder Ergänzung von Rechtsvorschriften als Voraussetzung der Klauselkontrolle stehen zwei unterschiedliche Aspekte: zum einen der Gedanke, dass deklaratorische Klauseln, die nur den Inhalt gesetzlicher Vorschriften wiedergeben, einer richterlichen Kontrolle entzogen sein müssen, weil sonst – im Widerspruch zum Grundsatz der Gewaltenteilung – mittelbar das Gesetz selbst zum Gegenstand der zivilgerichtlichen Kontrolle würde; zum anderen fehlt es insoweit an einem geeigneten rechtlichen Beurteilungsmaßstab. Aus diesem Aspekt wird eine weitere Eingrenzung abgeleitet. Danach darf sich die Inhaltskontrolle in Ermangelung objektiver, rechtlicher Richtigkeitsmaßstäbe auch nicht auf die Bestimmung der gegenseitigen Hauptleistungspflichten und das Preis-/Leistungsverhältnis beziehen (so die klarere, in der Sache mit § 307 Abs. 3 Satz 1 übereinstimmende Formulierung in Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG). Denn in einer wettbewerblich organisierten Marktwirtschaft muss zumindest die Festlegung der essentialia negotii – innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138 – der freien Entscheidung der Parteien überlassen bleiben (näher hierzu und zu der im Detail umstrittenen Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs § 307 Rz. 14 ff.).

5

Obwohl erst § 307 Abs. 3 das Tor zur Inhaltskontrolle öffnet („gelten nur“), 6 stellt die Kontrollfreiheit tatsächlich die Ausnahme dar. Jedenfalls quantitativ unterfällt der größte Teil der AGB-Bestimmungen der Angemessenheitskontrolle. Trotz des umfassend angelegten Konzeptes der Klauselkontrolle bleibt es aber wichtig, das Bewusstsein dafür zu erhalten, dass materiell rechtfertigungsbedürftig nicht die Kontrollfreiheit, sondern die Kontrollunterworfenheit von AGB ist (zu den konzeptionellen Grundlagen zur Rechtfertigung der Inhaltskontrolle sogleich Rz. 26 ff.). Dies kam unter der Geltung des AGB-Gesetzes insofern besser zum Ausdruck, als die „Schranken der Inhaltskontrolle“ (§ 8 AGBG) den Beginn des Abschnitts über die Angemessenheitskontrolle markierten. Auch wenn die Änderung der Reihenfolge der Vorschriften über die Inhaltskontrolle im Zuge des SMG (dazu unten Rz. 17) eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers war, um den Ausnahmecharakter der Kontrollfreiheit zu betonen10, hat sich an der materiellen Rechtslage insofern nichts geändert. Jedenfalls lässt sich daraus nicht die Notwendigkeit einer (noch) restriktiveren Auslegung des § 307 Abs. 3 Satz 1 ableiten (zu Einzelheiten siehe § 307 Rz. 7 ff.). 8 Ebenso Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 20. 9 Satz 2 ermöglicht darüber hinaus i.V.m. Abs. 1 eine erweiterte Transparenzkontrolle, vgl. dazu § 307 Rz. 353 ff. 10 Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040 S. 154.

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Vor § 307 BGB

Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

b) Verhältnis zu den Klauselverboten der §§ 308, 309 7 Die in den Katalogen der §§ 308, 309 aufgelisteten Klauseln stuft der Gesetzgeber tendenziell als so gefährlich für den Vertragspartner ein, dass er sie teilweise selbst unmittelbar mit dem Verdikt der Unwirksamkeit belegt („Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit“, § 309), teilweise der besonderen Aufmerksamkeit des Rechtsanwenders empfiehlt, dem aber durch die Zwischenschaltung unbestimmter Rechtsbegriffe wie „unangemessen lang“, „zumutbar“ oder „ohne sachlich gerechtfertigten Grund“ ein zusätzlicher Wertungsspielraum eröffnet wird, den er bei der Beurteilung konkreter Klauseln ausschöpfen kann und soll („Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit“, § 308). Die richterliche Wertung gehört hier konstitutiv zum Verbotstatbestand11. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass auch § 309 Begriffe enthält, die einer wertenden Konkretisierung durch den Rechtsanwender bedürfen12. 8 Die speziellen Klauselverbote in den §§ 308, 309 regeln exemplarisch wichtige Anwendungsfälle, in denen bedeutende Wertungsgrundlagen der Inhaltskontrolle konkretisiert und ohne Anspruch auf Vollständigkeit zum Ausdruck gebracht werden13. Da sie keinen abschließenden Charakter haben, behalten die Generalklauseln des § 307 Abs. 1 und Abs. 2 im Verhältnis zu ihnen die Funktion einer Auffangvorschrift14. Ihr kommt in der Praxis eine überragende Bedeutung zu, zumal sie im unternehmerischen Verkehr (§ 310 Abs. 1) den alleinigen Prüfungsmaßstab bildet15. Bei der Prüfung einer konkreten kontrollfähigen Klausel ist – umgekehrt zur gesetzlichen Reihenfolge – mit dem speziellen Verbotskatalog ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309) zu beginnen, sodann auf § 308 einzugehen, bevor § 307 Abs. 2 und zuletzt (hilfsweise) der allgemeine Grundtatbestand des § 307 Abs. 1 herangezogen wird16. Folgt die Unwirksamkeit bereits aus einem speziellen Klauselverbot, ist § 307 verdrängt17; eine Anwendung des allgemeinen Maßstabs der Inhaltskontrolle mit der Notwendigkeit einer umfassenden Interessenabwägung (dazu § 307 Rz. 102 ff.) kommt nur in Betracht, wenn die besonderen Tatbestände nicht eingreifen. 9 Allerdings darf der Rückgriff auf die Generalklausel nicht dazu führen, dass die in den Verbotskatalogen zum Ausdruck kommenden Wertungen konterkariert werden18. Hält eine Klausel z.B. der vorgeschriebenen Würdigung im Rahmen des § 308 Nr. 1 stand, weil das Gericht eine „unangemessen lange“ Annahmefrist verneint, kann sie insoweit nicht durch eine Anwendung des § 307 Abs. 1 oder Abs. 2 in Frage gestellt werden. Ein Abstellen auf den allgemeinen Maßstab der Unangemessenheit ist nur möglich, wenn und soweit der in dem speziellen Klauselverbot eröffnete Wertungsspielraum nicht zugleich die letztlich ent11 12 13 14 15 16 17 18

Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 21. MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 5. Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 2. Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 22; BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 174/79, NJW 1980, 2518 (2519); Staudinger/Coester § 307 Rz. 8, 11; Stoffels Rz. 464; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 6. Stoffels Rz. 463; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 5 (mit dem zusätzlichen Hinweis, dass die Generalklausel des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG dazu zwinge, bei Verbraucherverträgen weit über die Klauselkataloge der §§ 308, 309 hinauszugehen). Allg. Meinung, siehe nur Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 23. Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 2; a.A. Wolf/Dammann Vor §§ 308, 309 Rz. 10–12, 14 (§ 307 grds. parallel anwendbar, aber ohne praktische Bedeutung). BGH v. 4.12.1996 – XII ZR 193/95, NJW 1997, 739; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 2.

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

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scheidende Gesamtwertung im Rahmen der Generalklausel ausschöpft19. Dies wird z.B. für fingierte Erklärungen verneint, wenn zwar die Voraussetzungen des § 308 Nr. 5 erfüllt sind, aber kein berechtigtes Interesse an der Erklärungsfiktion besteht20. Verträge mit Laufzeiten von weniger als zwei Jahren, die nicht von § 309 Nr. 9a erfasst werden, können dennoch unwirksam sein, wenn im Einzelfall weitere Gründe für eine Unangemessenheit bestehen21. Scheitert eine Subsumtion unter die definitiven Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, kann die AGB-Klausel nur aus besonderen, von diesen Vorschriften nicht erfassten Gründen nach § 307 unwirksam sein22. Dies wird etwa für Laufzeitregelungen i.S.d. § 309 Nr. 9 bei Verträgen über Partnerschaftsvermittlungen unter dem Aspekt des scheinbaren Ausschlusses des Kündigungsrechts aus § 627 bejaht, wenn die AGB dieses nicht ausdrücklich erwähnen23. Eine Haftungsfreizeichnung für einfache Fahrlässigkeit kann trotz Vereinbarkeit mit § 309 Nr. 7 gegen § 307 verstoßen, ebenso eine nach § 309 Nr. 1 nicht zu beanstandende Preisänderungsklausel24. Teilweise lassen sich einzelnen Klauselverboten auch gesetzliche Wertungen für die Zulässigkeit der in ihren Regelungsbereich fallenden Klauseln entnehmen25. Beispielsweise folgt aus dem Verbot einer strengeren Form als der Schriftform in § 309 Nr. 13, dass grundsätzlich keine Bedenken gegen die Festlegung der einfachen Schriftform in AGB bestehen und eine solche Regelung daher auch nicht gegen § 307 verstößt26. Die in den Klauselverboten zum Ausdruck kommenden Wertungen sind somit auch für die Konkretisierung der Generalklausel nach § 307 von Bedeutung27.

10

Darüber hinaus können die für den privaten Verkehr und in Verbraucherverträgen geltenden Klauselverbote der §§ 308 Nr. 1, Nr. 2-8, 309 grundsätzlich eine Ausstrahlungswirkung auf den unternehmerischen Verkehr haben und insoweit über § 310 Abs. 1 zur Konkretisierung des § 307 herangezogen werden28. Dabei ist allerdings auf die Besonderheiten des unternehmerischen Verkehrs gebüh-

11

19 Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 21. 20 Vgl. OLG Düsseldorf v. 19.11.1987 – 6 U 100/87, NJW-RR 1988, 884 (886); Palandt/Grüneberg § 308 Rz. 28. 21 BGH v. 8.3.1984 – IX ZR 144/83, NJW 1984, 1531 (1532). 22 BGH v. 29.4.1987 – VIII ZR 251/86, BGHZ 100, 373; BGH v. 4.12.1996 – XII ZR 193/95, NJW 1997, 739; Palandt/Grüneberg § 307 Rz. 1; differenz. Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 49, der Klauselverbote „mit Umkehrschluss“, „mit Analogiebasis“ und „neutrale“ Klauselverbote unterscheidet und aus der Einordnung in die ersten beiden Kategorien jeweils Anhaltspunkte für die grundsätzliche Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der nicht vom speziellen Klauselverbot erfassten AGB nach § 307 ableiten will. 23 BGH v. 5.11.1998 – III ZR 226/97, NJW 1999, 276; BGH v. 8.3.1984 – IX ZR 144/83, NJW 1984, 1531 (1532). 24 BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 23; BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 174/79, NJW 1980, 2518; aus der jüngeren Rechtsprechung BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054; BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361); BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051; BGH v. 237.10.2010 – VIII ZR 326/08, WM 2010, 1044; näher dazu § 307 Rz. 181 ff. 25 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 2; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 49 mit weiteren Beispielen für derartige „Klauselverbote mit Umkehrschluss“. 26 BGH v. 18.1.1989 – VIII ZR 142/88, NJW-RR 1989, 625. 27 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 2. 28 Vgl. vorerst nur Palandt/Grüneberg § 307 Rz.40 m.w.N.; näher hierzu unten § 307 Rz. 381 ff.; § 310 Rz. 27 f.; a.A. Berger NJW 2010, 465; kritisch auch Oetker AcP 210 (2010), 202 (224). § 308 Nr. 1a, 1b gelten unmittelbar auch im unternehmerischen Verkehr (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 1).

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

rend Rücksicht zu nehmen und eine vorschnelle oder pauschale Erstreckung von Wertungen der speziellen Klauselverbote auf das B2B-Geschäft zu vermeiden29. c) Rechtssystematischer Standort im AGB-Recht 12

Bei der Anwendung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle ist der Vorrang der Einbeziehungskontrolle und der besonderen Bestimmungen über die Auslegung von AGB zu beachten. Ersteres gilt allerdings nur im Individualprozess. Hier geht der Inhaltskontrolle logisch die Prüfung voraus, ob die fraglichen AGB überhaupt in den konkreten Vertrag einbezogen worden sind. Dazu gehört neben der Prüfung der Einbeziehungsvoraussetzungen nach § 305 Abs. 2 (bzw. nach den allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen im unternehmerischen Verkehr) auch die Untersuchung, ob das spezielle Einbeziehungshindernis des § 305c Abs. 1 (überraschende Klauseln) vorliegt. AGB, die schon nicht Vertragsbestandteil geworden sind, können den Vertragspartner des Verwenders von vornherein nicht unangemessen benachteiligen und bedürfen daher keiner Kontrolle ihres Inhalts30. In der Praxis kann der Richter aber aus Gründen der Prüfungsökonomie die (möglicherweise nur schwierig zu beantwortende) Frage der Einbeziehung bestimmter Klauseln offen lassen, wenn jedenfalls deren Unwirksamkeit nach §§ 307 ff. eindeutig ist31. Relevant werden kann das z.B. bei ungewöhnlichen Klauseln, die häufig auch inhaltlich unangemessen sind, wenn etwa ungewiss ist, ob das Überraschungsmoment auf Seiten des Vertragspartners durch entsprechende Aufklärung entfallen ist32. Im Verbandsprozess mit seiner abstrakten Klauselkontrolle kann es dagegen mangels Überprüfung bestimmter Verträge von vornherein nicht auf die tatsächliche Einbeziehung der AGB ankommen.

13

Der Inhaltskontrolle vorgeschaltet ist auch die Ermittlung des (genauen) Inhalts der AGB-Klausel durch deren Auslegung. Erst der nach AGB-rechtlichen Grundsätzen bestimmte Inhalt (dazu § 305c Rz. 61 ff., 67 ff.) ist sodann an den §§ 307 ff. zu messen33. Dabei dürfen Klauseln nicht so ausgelegt werden, dass sie der Inhaltskontrolle gerade noch standhalten34. Eine „verdeckte Inhaltskontrolle“ durch eine restriktive, „geltungserhaltende“ Auslegung ist grundsätzlich abzulehnen, da sie die gesetzlichen Beurteilungsmaßstäbe und Rechtsfolgen der

29 Nicht zuletzt die Neigung vieler Gerichte zu einer pauschalen Erstreckung der Klauselverbote auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr hat in den letzten Jahren zu einer intensiven Debatte über die Reformbedürftigkeit des AGB-Rechts geführt, vgl. hierzu unten Rz. 25a ff. 30 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 15; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 9; Palandt/Grüneberg § 307 Rz. 2. 31 BGH v. 6.7.1983 – IVa ZR 206/81, NJW 1983, 2632; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 15; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 9; Palandt/Grüneberg § 307 Rz. 2. 32 Näher zum Verhältnis der Einbeziehungssperre des § 305c Abs. 1 zur Inhaltskontrolle § 305c Rz. 5, 12, 23 f. m.w.N. Sofern die fragliche Klausel (z.B. über die Begründung einer neuen vertraglichen Hauptpflichten) nach § 307 Abs. 3 nicht kontrollfähig sein sollte, kommt eine Ausschaltung aus dem Vertrag allerdings nur nach § 305c Abs. 1 in Betracht. 33 BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (42); BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83 (85); BGH v. 10.2.1999 – IV ZR 324/97, NJW 1999, 1633 (1634); Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 9; Palandt/Grüneberg § 307 Rz. 8. 34 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 9; Palandt/Grüneberg § 307 Rz. 8.

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

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§§ 307 ff. aushebelt35. Eine die offene Inhaltskontrolle ergänzende Schutzfunktion kann dem Restriktionsgrundsatz heute nur noch bei Bedingungen zugebilligt werden, die den Charakter von Rechtsnormen haben und daher der Inhaltskontrolle entzogen sind36. Die Rechtsprechung ist freilich uneinheitlich: Einerseits finden sich immer wieder Urteile, die zum Schutz des Vertragspartners auf eine restriktive Interpretation zurückgreifen37, andererseits wird das „Hineininterpretieren“ zusätzlicher Tatbestandsmerkmale oder die Einschränkung weit gefasster belastender Klauseln im Wege der Auslegung konsequent abgelehnt38. Die dargelegte rechtssystematisch bedingte Prüfungsreihenfolge darf nicht dahin missverstanden werden, dass die Inhaltskontrolle etwa auch im materiellen Sinne ein nachrangiges Instrument gegenüber der Einbeziehung und Auslegung von AGB wäre. Das Gegenteil ist richtig. In dem für ihre Breitenwirkung besonders wichtigen Bereich der Unterlassungsklagen nach § 1 UKlaG kommt es ohnehin weder auf die Einbeziehung noch den eventuellen Vorrang von Individualabreden an, und bei der objektiven Auslegung von mehrdeutigen AGB-Klauseln ist im Rahmen des § 305c Abs. 2 die „kundenfeindlichste“ Variante zugrunde zu legen (dazu § 305c Rz. 65 f., 93). Aber auch im Individualprozess sind übertriebene Anforderungen im Rahmen der §§ 305 Abs. 2, 305b, 305c zu vermeiden, um die Reichweite und Funktion der offenen Inhaltskontrolle nicht zu schwächen39, der für den individuellen Schutz der betroffenen Vertragspartner ebenso wie für den Rechtsverkehr insgesamt überragende Bedeutung zukommt und das Herzstück des AGB-Rechts darstellt.

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3. Historische Entwicklung a) Kontrollansätze in der Rechtsprechung vor 1977 Das Bedürfnis für eine spezifische Kontrolle der in der Praxis schon früh weit verbreiteten (Einl. Rz. 10) und oft sehr einseitig gestalteten AGB wurde in der gebotenen Deutlichkeit zunächst in der Rechtswissenschaft aufgedeckt40. Bei

35 Für eine strikte Unterscheidung zwischen Auslegung und Inhaltskontrolle auch Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992, S. 21 ff. 36 Siehe etwa BGH v. 4.6.1975 – VIII ZR 55/74, BGHZ 64, 355 (359) (zu den Allgemeinen Bedingungen der Elektrizitätsversorger). 37 Vgl. z.B. BGH v. 19.4.1978 – VIII ZR 39/77, BGHZ 71, 226 = NJW 1978, 1430 (Haftungsausschluss in den Lieferbedingungen eines Wasserversorgungsverbands); BGH v. 12.10.1983 – VIII ZR 19/82, NJW 1984, 357 (Aufrechnungsverbot, Zurückbehaltungsrecht); BGH v. 23.2.1984 – VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016 (vertraglicher Haftungsausschluss); BGH v. 15.1.1988 – V ZR 183/86, ZIP 1988, 899 (Vollmachtklausel); BGH v. 15.4.1992 – IV ZR 198/91, NJW 1992, 2233 (geltungserhaltende Ergänzung einer Ausschlussfrist in Rechtsschutzversicherungsbedingungen um eine Entlastungsmöglichkeit für den Versicherungsnehmer); BGH v. 6.3.1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212 (217) (Zinsänderungsklausel in Darlehensvertrag). 38 Vgl. insb. BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 259/82, NJW 1983, 1671 (Ausschlussklausel); BGH v. 25.3.1987 – VIII ZR 71/86, NJW 1987, 2506 (Kündigungsklausel in Pachtvertrag); BGH v. 22.6.1988 – VIII ZR 232/87, NJW 1988, 2664 (Haftungsausschluss in Mietvertrag); BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, NJW 2004, 1588 (Zinsanpassungsklausel in Sparvertrag). 39 Vgl. zur „gespaltenen“ Anwendung der Unklarheitenregel im Individualprozess § 305c Rz. 64, 90 ff. 40 Vgl. die beiden berühmten Monographien von Ludwig Raiser, Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (1935, unveränderter Nachdruck 1961), sowie Grossmann-

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der Bekämpfung der schlimmsten Missbräuche blieb die Rechtsprechung des Reichsgerichts lange dem Gedanken der sittenwidrigen Ausnutzung einer Monopolstellung (§ 138) verhaftet41, bevor sie die Berufung auf bestimmte AGBKlauseln auch ohne Vorliegen regelrechter Sittenwidrigkeit als möglichen Verstoß gegen Treu und Glauben bezeichnete42. Den Durchbruch zu einer offenen, primär auf § 242 gestützten Inhaltskontrolle von AGB brachte erst die grundlegende Entscheidung des BGH vom 29.10.1956, in der er einen völligen Ausschluss der Gewährleistung beim Kauf neuer Möbel unter Hinweis auf die nur schwache privatautonome Legitimationsbasis von AGB uneingeschränkt für unwirksam erklärte43. In der Folgezeit schwankte die Rechtsprechung anfangs noch zwischen einer einschränkenden Auslegung harter Klauseln, einer „Ausübungskontrolle“, die eine Berufung auf belastende Klauseln im Einzelfall ausschloss, und einer regelrechten Inhaltskontrolle mit der Rechtsfolge der (generellen) Unwirksamkeit der gegen § 242 verstoßenden Klauseln44. Letztere setzte sich dann in den 1960er Jahren endgültig durch45. Teilweise wurde – insb. im Arbeitsrecht – auch § 315 Abs. 3 als Grundlage für eine Angemessenheitskontrolle herangezogen46. b) Die Kodifikation der Inhaltskontrolle im AGBG 16

Mit dem AGBG, das nach langer und kontroverser Reformdiskussion (dazu ausführlich Einl. Rz. 13 ff., 16 ff.) Ende 1976 erlassen wurde und am 1.4.1977 in Kraft trat, wurde die materielle Inhaltskontrolle auf eine spezielle gesetzliche Grundlage gestellt. Zum Kontrollmaßstab wurde die Generalklausel der unangemessenen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 9 Abs. 1 AGBG), die durch zwei Regelbeispiele in § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der dispositiven gesetzlichen Regelung) und Nr. 2 (vertragszweckgefährdende Einschränkung wesentlicher Rechte oder Pflichten) sowie durch zwei spezielle Kataloge unzulässiger Klauseln mit

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Doerth, Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht, 1933 (erneut abgedruckt in Blaurock/Goldschmidt/Hollerbach (Hrsg.), Das selbstgeschaffene Recht der Wirtschaft – Zum Gedenken an Hans Großmann-Doerth (1894-1944), 2005, S. 77 ff.); knapper Überblick hierzu bei Stoffels Rz. 16 ff.; ausführlicher Blaurock in Blaurock/ Goldschmidt/Hollerbach (Hrsg.), a.a.O., S. 57, 59 ff. Krit. zu dieser verbreiteten Sicht des AGB-Rechts als Errungenschaft des 20. Jahrhunderts jetzt aber Hellwege, Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010, S. 1 ff. mit ausführlicher rechtshistorischer Aufbereitung der rechtlichen Behandlung Allgemeiner Geschäftsbedingungen im 19. Jahrhundert (a.a.O., S. 21 ff., zur Inhaltskontrolle S. 138 ff.) sowie der Entstehung des AGB-Rechts im 20. Jahrhundert (a.a.O., S. 201 ff., zur Inhaltskontrolle S. 287 ff.). Vgl. nur RGZ 62, 264 (266); RGZ 99, 107 (109); RGZ 102, 396 (397); RGZ 103, 82 (83); RGZ 115, 218 (219 f.). Näher hierzu und zu weiteren Ansätzen in der Rechtsprechung des Reichsgerichts Stoffels Rz. 20 ff. m.w.N. RGZ 168, 329. BGH v. 29.10.1956 – II ZR 79/55, BGHZ 22, 90 (97 ff.). Vgl. ausführlich zur Rechtsprechung Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 3. Eine prägnante zusammenfassende Darstellung der anerkannten Rechtsprechungsgrundsätze findet sich in dem Urteil BGH v. 27.11.1974 – VIII ZR 9/73, BGHZ 63, 256 aus dem Jahre 1974. Vgl. zur früheren sog. „Billigkeitskontrolle“ im Arbeitsrecht nur Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992, S. 159 ff. m.w.N.; zur vereinzelten Heranziehung des § 315 im Allgemeinen Zivilrecht z.B. BGH v. 29.10.1962 – II ZR 31/61, BGHZ 38, 183 (186).

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und ohne Wertungsmöglichkeit (§§ 10, 11 AGBG) konkretisiert wurde. Letztere sind vor allem aus der einschlägigen Rechtsprechung entwickelt worden. Auch wenn ihr unmittelbarer Anwendungsbereich auf den Geschäftsverkehr mit Verbrauchern beschränkt ist, strahlen die Wertungen dieser Klauselverbote – unter angemessener Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche – auch auf den Rechtsverkehr mit Unternehmern aus (§ 24 AGBG, jetzt § 310 Abs. 1); näher dazu § 307 Rz. 381 ff. c) Die Integration der materiellen AGB-Kontrolle in das BGB durch die Schuldrechtsreform 2001 Das 1976 als Sondergesetz für vorformulierte Vertragsbedingungen kodifizierte AGB-Recht wurde im Zuge des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (SMG) 2001 in das BGB integriert, indem in das zweite Buch ein neuer Abschnitt 2 „Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen“ als §§ 305–310 eingeführt wurde (vgl. zu den Gründen hierfür und zur Kritik Einl. Rz. 28 ff.). Die geschlossene Übernahme in das BGB hat zwar die Einheit und den sachlichen Zusammenhang des materiellen AGB-Rechts gewahrt, freilich um den Preis einer partiell eingeschränkten Transparenz und systematischer Verwerfungen innerhalb des BGB (Einl. Rz. 32 ff.). Regelungsmaterien, die eigentlich in den Allgemeinen Teil (z.B. §§ 305–306a) oder in das Dritte Buch gehören (etwa die Inhaltskontrolle vorformulierter sachenrechtlicher Verfügungsgeschäfte), finden sich nunmehr im Allgemeinen Schuldrecht des BGB47. Aus diesem (neuen) Regelungsstandort lassen sich jedenfalls keinerlei Schlussfolgerungen für die Auslegung der AGB-Vorschriften ableiten, etwa im Sinne einer Beschränkung der materiellen Inhaltskontrolle (§§ 307–309) auf schuldrechtliche Verträge48. Die Gesetzesbegründung stellt ausdrücklich klar, dass der Gesetzgeber mit der gesetzessystematischen Positionierung der AGB-Vorschriften im Allgemeinen Schuldrecht lediglich dem tatsächlichen Schwerpunkt ihres Anwendungsbereichs Rechnung tragen wollte, ohne ihre Anwendung auf Verträge aus anderen Gebieten oder auf einseitige Rechtsgeschäfte, die mit einer vertraglichen Beziehung in Zusammenhang stehen, in Frage zu stellen49. Das eher pragmatische Vorgehen des Gesetzgebers ohne (besondere) Rücksichtnahme auf gesetzessystematische Zusammenhänge entwertet das Kriterium der systematischen Auslegung auch in anderen Fällen. So kann aus der Umkehrung der Reihenfolge zwischen den Schranken der Inhaltskontrolle (früher § 8 AGBG, jetzt § 307 Abs. 3) und ihren Maßstäben (früher § 9 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 und Abs. 2) nicht auf eine (weitere) Zurückdrängung des Bereichs kontrollfreier Klauseln als restriktiv zu handhabende Ausnahme geschlossen werden50 (näher § 307 Rz. 7 ff.).

47 Für den Allgemeinen Teil als richtigen Standort innerhalb des BGB zu Recht Wolf/Pfeiffer ZRP 2001, 303 ff.; Stoffels Rz. 60. 48 So auch Micklitz in Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann, Das neue Schuldrecht – Kompaktkommentar, 2003, Vor §§ 305 ff. Rz. 2. 49 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/6040 S. 149. 50 So aber Begr. RegE, BT-Drucks. 14/6040 S. 154 (Verdeutlichung des Regel-AusnahmeVerhältnisses); zust. Huber in Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, § 19 Rz. 35; für praktisch irrelevant hält den Streit um den Ausnahmecharakter der Kontrollfreiheit Stoffels Rz. 419; ähnlich schon zum AGBG Staudinger/Coester, 13. Bearbeitung 1998, § 8 AGBG Rz. 6; krit. zur neuen Gesetzessystematik Weick JZ 2002, 442 (444).

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Die im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung ausdrücklich implementierten inhaltlichen Änderungen in Bezug auf die Inhaltskontrolle halten sich in relativ engen Grenzen51. Sie bestehen zum einen aus expliziten Folgeänderungen, die insbesondere wegen der Umstellung des Systems der Leistungsstörungen notwendig wurden (z.B. Aufhebung des § 11 Nr. 10 AGBG und Ersetzung in rudimentärer Form durch § 309 Nr. 8b). Zum anderen betreffen sie einen zusätzlich zum ehemaligen § 24a AGBG diagnostizierten Anpassungsbedarf an die Vorgaben der RL 93/13/EWG52. Dazu gehört die ausdrückliche Aufnahme des Transparenzgebotes in § 307 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2. Diese hat zwar primär nur eine klarstellende Funktion, weil seine Geltung einschließlich der Anwendung auf die beiderseitigen vertraglichen Hauptpflichten in Rechtsprechung und Literatur schon lange weitgehend anerkannt war53. Nach Auffassung des EuGH genügt aber die bloße tatsächliche Übereinstimmung der nationalen Rechtsprechung mit der von der Richtlinie vorgegebenen Rechtslage für eine korrekte Umsetzung der Richtlinie nicht54. Daher war eine ausdrückliche Gesetzesänderung geboten55. Eine potentiell weit reichende Entscheidung stellt allerdings die Streichung der bisherigen Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht (§ 23 Abs. 1 AGBG) dar. Kontrollfrei bleiben lediglich Kollektivvereinbarungen (Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen), während Arbeitsverträge einer leicht modifizierten AGB-Kontrolle (unter angemessener Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten) unterworfen werden (§ 310 Abs. 4); näher dazu § 310 Rz. 108, Anh. § 310 Rz. 23 ff.

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Auch wenn die Stoßrichtung der AGB-Kontrolle durch ihre Integration in das BGB nicht geändert werden sollte56, haben sich in anderer Weise durch die Schuldrechtsreform mittelbar erhebliche Folgewirkungen für die Inhaltskontrolle ergeben, weil sich implizit der anzulegende Prüfungsmaßstab geändert hat. Das gilt insbesondere für das neue Leistungsstörungsrecht (§§ 275 ff.) und das Kaufrecht. Angesichts der weitgehend zwingenden Regeln über den Verbrauchsgüterkauf (§ 475) stellt sich hier primär die Frage, inwieweit das neue Leitbild des (Verbrauchsgüter-)Kaufrechts Ausstrahlungswirkungen auf den Kaufvertrag zwischen Unternehmern entfaltet57. Daraus resultierende Befürchtungen vor einer zu weit gehenden Einschränkung des Gestaltungsspielraums im unternehmerischen Geschäftsverkehr sind schon im Gesetzgebungsverfahren geäußert 51 Ebenso Stoffels Rz. 54; Huber in Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, § 19 Rz. 28. 52 Begr. RegE, BT-Drucks. 14/6040 S. 150; Micklitz in Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann, Das neue Schuldrecht – Kompaktkommentar, 2003, Vor §§ 305 ff. Rz. 4. 53 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/6040 S. 153 f.; widersprüchlich zu § 307 Abs. 3 Satz 2 Micklitz in Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann, Das neue Schuldrecht – Kompaktkommentar, 2003, § 307 Rz. 4 (erhebliche Erweiterung der AGB-Kontrolle, die insoweit bislang nur eingeschränkt möglich war) und Rz. 5 (entspricht dem, was von jeher Intention des § 8 AGBG war, nur der Inhalts-, nicht der Transparenzkontrolle Schranken zu setzen). 54 EuGH v. 10.5.2001 – Rs. C-144/99, NJW 2001, 2244 (Kommission/Niederlande). 55 Vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/7052 S. 188. 56 Micklitz in Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann, Das neue Schuldrecht – Kompaktkommentar, 2003, Vor §§ 305 ff. Rz. 4. 57 Auch die meisten Klauselverbote des § 309 haben insoweit wegen der Ausweitung zwingenden Kaufrechts ihr Hauptanwendungsfeld verloren, könnten dafür aber mittelbar eine größere Bedeutung im Rahmen der Auslegung des § 307 bei seiner Anwendung auf den unternehmerischen Verkehr gewinnen; näher zur Bedeutung der Klauselverbote für die Konkretisierung der Generalklausel im unternehmerischen Verkehr § 307 Rz. 381 ff.

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worden58 und nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen59. Tendenzen in diese Richtung ist jedoch entschieden entgegenzutreten60. Aber auch in anderen Bereichen haben sich die „wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung“ (§ 307 Abs. 2 Nr. 1, früher § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG), die als Leitbild fungieren und den Prüfungsmaßstab für die Bewertung der Abweichungen vom dispositiven Gesetzesrecht determinieren, erheblich geändert, so z.B. im Verjährungsrecht. Insoweit ist es Aufgabe der Rechtsprechung, die äußerlich im Prinzip unveränderten Normen der Inhaltskontrolle innerhalb des durch das SMG teilweise modifizierten Bezugsrahmens dispositiver Gesetzesregeln neu zu justieren. Dafür sind vor allem die Generalklauseln nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 prädestiniert, auf die sich schon vor dem SMG der Schwerpunkt der richterlichen Inhaltskontrolle verlagert hatte61. d) Die Bedeutung der EG-Richtlinie 93/13/EWG Neue Impulse für die Rechtsentwicklung in Deutschland brachte die europäische Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen62. Ihre Umsetzung in § 24a AGBG (jetzt § 310 Abs. 3) führte für „Verbraucherverträge“ (Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher) in mehrfacher Hinsicht zu einer Erweiterung der Inhaltskontrolle: Zum einen erstreckt sich der Anwendungsbereich nunmehr – durch die Fiktion des „Stellens“ (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) – auf Vertragsbedingungen, die auf Vorschlag beider Parteien oder eines Dritten einbezogen werden. Zum anderen werden über die gewöhnliche Definition der AGB hinaus auch vorformulierte Einzelverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 2) erfasst und der (generalisierende) Maßstab der Inhaltskontrolle mit der Berücksichtigung der „den Vertragsschluss begleitenden Umstände“ (§ 310 Abs. 3 Nr. 3) um eine individuell-konkrete Prüfung ergänzt (näher dazu § 307 Rz. 386 ff., § 310 Rz. 36 ff.). Zumindest die Abwägungsmethode bei der Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung wurde damit für Verbraucherverträge modifiziert63.

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Nicht als Unterfall der Inhaltskontrolle, sondern als selbständige Kategorie der Missbrauchskontrolle64 erscheint in der Klauselrichtlinie die Transparenzkontrolle, die in Art. 5 Satz 1 und Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG ihren Niederschlag gefunden hat: Danach müssen AGB-Klauseln in Verbraucherverträgen „stets klar und verständlich abgefasst sein“; auch die Kontrollfreiheit von Klauseln, die den Hauptgegenstand des Vertrages oder die Angemessenheit des Preis-/Leistungsverhältnisses betreffen, hängt davon ab. Eine Umsetzung dieser RL-Vorschrift

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58 Vgl. Stellungnahme des BR, BR-Drucks. 338/01 S. 29. 59 So konstatiert die Begr. RegE, BT-Drucks. 14/6040 S. 91 eine Ausrichtung des Kaufrechts (insgesamt) am Verbrauchsgüterkauf als der typischen Erscheinung des Kaufvertrages. 60 Ebenso Stoffels Rz. 65 m.w.N. Vgl. zur Änderung gesetzlicher Leitbilder durch die Schuldrechtsreform § 307 Rz. 233 ff. 61 Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 5, der zutreffend nicht nur auf die größere Unschärfe und damit schwächere Orientierungskraft für die Verwender, sondern auch auf die Auffangfunktion der Norm gegenüber den speziellen Klauselverboten und ihre alleinige Maßgeblichkeit im unternehmerischen Verkehr verweist. 62 Ausführlich zur europäischen Rechtsvereinheitlichung bei der Klauselkontrolle Einl. Rz. 87 ff. 63 Nach Brandner (9. Aufl.) Vor § 8 Rz. 4 liegt darin eine „Erweiterung und Verfeinerung der Inhaltskontrolle, nicht notwendig deren Verschärfung“; offen sei die Übertragung dieses methodischen Ansatzes auf die Inhaltskontrolle außerhalb von Verbraucherverträgen. 64 Stoffels Rz. 429.

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unterblieb zunächst, da die deutsche Rechtsprechung seinerzeit ebenfalls – wenn auch aus dem Verbot unangemessener Benachteiligung gemäß § 9 Abs. 1 AGBG – eine Transparenzkontrolle entwickelt hatte, die nicht (so sehr) auf den Regelungsgehalt einer Klausel, sondern (primär) auf deren Klarheit, Deutlichkeit und Verständlichkeit blickt65. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass vorformulierte Vertragsbedingungen nicht zuletzt auch eine Informationsaufgabe haben und die Unklarheit oder Unverständlichkeit von AGB bereits per se geeignet sind, die Position des Vertragspartners zu gefährden66. Hinzu kommt, dass die Transparenz von AGB auch Voraussetzung dafür ist, dass sich überhaupt ein Konditionenwettbewerb entfalten kann67, wenn auch nicht zu verkennen ist, dass die Wirksamkeit eines solchen Wettbewerbs sehr eingeschränkt ist (näher Rz. 34). 22

Erst mit dem SMG 2001 hat der deutsche Gesetzgeber die Transparenzkontrolle auch im Normtext ausdrücklich verankert (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2). In Fortführung der Rechtsprechung, in der das Transparenzgebot eine ständig zunehmende Bedeutung gewonnen hat, siedelt der deutsche Gesetzgeber die Unklarheit und Unverständlichkeit von Klauseln allerdings als Unterfall der unangemessenen Benachteiligung an. Das steht in einem gewissen Kontrast zur europäischen Klauselrichtlinie und wirft Fragen hinsichtlich der Reichweite der Transparenzkontrolle und der etwaigen Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung bei Verbraucherverträgen auf (dazu § 307 Rz. 394 ff., allg. zur richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts Einl. Rz. 96 ff.).

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Die Klauselkataloge der §§ 10 und 11 AGBG (jetzt §§ 308, 309) blieben bei der Umsetzung der Klauselrichtlinie unverändert68. Aus der lediglich beispielhaften Liste potentiell missbräuchlicher Klauseln (Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG) im Anhang der Richtlinie wurde nichts in das AGBG übernommen. Dennoch kann diese Klauselliste nicht gänzlich unbeachtet bleiben. Jedenfalls im Rahmen der bei Verbraucherverträgen gebotenen richtlinienkonformen Auslegung der § 307 Abs. 1 und Abs. 2 ist die Indizwirkung der aufgeführten Klauseln, ihr Beitrag zur Konkretisierung der europäischen Generalklausel des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG, zu berücksichtigen69 (näher dazu § 307 Rz. 399). Dem steht auch das Urteil des EuGH vom 1.4.2004 in Sachen „Freiburger Kommunalbauten“70 nicht entgegen. Danach ist es zwar grundsätzlich Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob eine bestimmte Klausel die Kriterien erfüllt, um als missbräuchlich i.S.d. Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG eingestuft zu werden. Aus den Urteilsgründen ergibt sich jedoch, dass der EuGH mit dieser Aussage nur die einzelfallbezogene Anwendung – insbesondere die gebotene Berücksichtigung der konkret-individuellen Begleitumstände des Vertragsschlusses – in die Hände der nationalen Gerichte gelegt, ihnen aber keine uneingeschränkte Auslegungskompetenz in Bezug auf 65 Grdl. BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, NJW 1989, 222 (Tilgungsberechnung bei Hypothekendarlehen); BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, NJW 1989, 582 (Wertstellung von Bareinzahlungen), seither st. Rspr.; näher zum Transparenzgebot § 307 Rz. 323 ff. 66 So zutreffend Brandner (9. Aufl.) Vor § 8 Rz. 6. 67 Vgl. exemplarisch Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.). 68 Zu Modifikationen in den Klauselkatalogen kam es erst durch das SMG 2001; diese hatten aber keinen Bezug zur europäischen Klauselrichtlinie. 69 Vgl. § 310 Rz. 94; ebenso Heinrichs in FS Norbert Reich, 1997, S. 527; Brandner (9. Aufl.) Vor § 8 Rz. 5, § 9 Rz. 172. 70 EuGH v. 1.4.2004 – Rs. C-237/02, NJW 2004, 1647 = ZIP 2004, 1053; vgl. dazu insb. Markwardt ZIP 2005, 152 ff.; Röthel ZEuP 2005, 421 ff.; von Westphalen NJW 2005, 1987 f.

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die Interpretation (der abstrakten Kriterien) des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG überlassen hat (vgl. näher Einl. Rz. 104)71. Diese Deutung hat sich die durch nachfolgende Rechtsprechung des EuGH bestätigt72. In Anlehnung an die verfassungsgerichtliche Kontrolle der zivilgerichtlichen Rechtsprechung, insbesondere bei der Anwendung von Generalklauseln, wird man wohl formulieren können, dass der EuGH i.d.R. nur prüfen wird, ob die nationalen Gerichte bei ihren Einzelfallentscheidungen die Bedeutung der Kriterien des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG, wie sie in den potentiell missbräuchlichen Klauseln der Liste im Anhang zur RL 93/13/EWG zum Ausdruck kommen, in ihrer Tragweite grundsätzlich verkannt hat. Konnte damit zunächst noch davon ausgegangen werden, dass der EuGH in eindeutigen Fällen die Missbräuchlichkeit gewisser Klauseln auch weiterhin selbst feststellen dürfte73, hat der EuGH dem nunmehr eine klare Absage erteilt74. Soweit sich bei der Anwendung des nationalen Rechts die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung ergibt, ist ggf. auch eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung über den genauen Inhalt der fraglichen Richtlinienvorschrift möglich und für das letztinstanzliche nationale Gericht obligatorisch (näher dazu Einl. Rz. 99 ff.). Zu beachten ist, dass die Richtlinie nur auf ein einheitliches Mindestschutzniveau zielt (Art. 8 RL 93/13/EWG), so dass strengere Schutzvorschriften des deutschen AGB-Rechts ohne weiteres zulässig sind75. Das gilt selbst für den Bereich des Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG, so dass die Mitgliedstaaten nicht gehindert sind, die Hauptgegenstände des Vertrags und das Preis-/Leistungsverhältnis in den Kontrollbereich einzubeziehen76.

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Eine fundamentale Änderung dieser Rechtslage wäre freilich eingetreten, wenn der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die Rechte der Verbraucher realisiert worden wäre, der auch für den Bereich der Kontrolle missbräuchlicher Klauseln einen Übergang zum Prinzip der Vollharmonisierung vorsah77. Dagegen bestanden jedoch durchgreifende Bedenken78. Denn es dürften zum einen kaum überwindbare Schwierigkeiten bestehen, die tatsächliche Reichweite der Vollharmonisierung im Sinne der Gewährleistung eines bestimmten Verbraucherschutzniveaus, von dem weder nach oben noch nach unten abgewichen werden darf, festzustellen. So ist z.B. unklar, ob oder inwieweit die Mitgliedstaaten zur Unterbindung einer in ihren Augen unbilligen, mit der künftigen Richt-

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71 A.A. BGH v. 14.7.2004 – VIII ZR 294/03, NZM 2004, 734. 72 EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08 (Pannon), NJW 2009, 2367 (2369) (mit Anm. Pfeiffer) = EuZW 2009, 503 (505); EuGH v. 9.11.2010 – Rs. C-137/08, EuZW 2011, 27; vgl. auch EuGH v. 26.4.2012 – Rs. C-472/10, GRUR 2012, 939 (940). 73 Einl. Rz. 104 unter Hinweis auf EuGH v. 27.6.2000 – Rs. C-240/98, Slg. 2000, I 4941 = NJW 2000, 2571 (Océano) (ausschließliche Gerichtsstandsklausel zu Gunsten des Verwenders missbräuchlich); ebenso die Einschätzung bei Markwardt ZIP 2005, 152 ff.; Röthel ZEuP 2005, 421 (427); a.A. BGH v. 14.7.2004 – VIII ZR 294/03, NZM 2004, 734. 74 EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08 (Pannon), NJW 2009, 2367 (2369) (mit Anm. Pfeiffer) = EuZW 2009, 503 (505); von Westphalen NJW 2013, 961 (962). 75 BGH v. 22.11.2000 – IV ZR 235/99, NJW 2001, 1132 (1133); Stoffels Rz. 45 a.E. 76 EuGH v. 3.6.2010 – Rs. C-484/08, NJW 2010, 2265 (Ausbanc). 77 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher v. 8.10.2008, KOM (2008) 614 endg. 78 Generell zu den Schwierigkeiten und Grenzen der Vollharmonisierung Riehm in Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2009, 2010, S. 159 ff.; zur Kritik speziell im Bereich der Klauselkontrolle Rott/Terryn ZEuP 2009, 456 (482 ff.); Kieninger RabelsZ 73 (2009,) 793 (795 ff.) jeweils m.w.N.; vgl. auch § 307 Rz. 401a.

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linie aber vereinbaren AGB-Praxis auf den Erlass von zwingenden Normen des mitgliedstaatlichen Zivilrechts oder Wirtschaftsverwaltungsrechts ausweichen könnten79. Zum anderen erschien – und dies gilt immer noch – der neue Ansatz bereits deshalb als grundsätzlich nicht geeignet, das Ziel europaweit annähernd gleicher Ergebnisse bei der Klauselkontrolle zu erreichen, weil es insoweit schon an einem einheitlichen Maßstab fehlte, blieb doch der maßgebliche Bezugspunkt für die Bewertung der Klausel, d.h. für die Frage eines durch sie bewirkten Ungleichgewichts der vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien, das weiterhin ganz überwiegend nicht angeglichene dispositive Zivilrecht der Mitgliedstaaten80. In der Konsequenz wurde der Vorschlag der Kommission nicht in eine durch die Mitgliedstaaten durchzuführende Richtlinie umgesetzt, sondern scheiterte. Stattdessen blieb der von der RL 93/13/EWG erfasste Bereich der AGB-Kontrolle durch die dann tatsächlich verabschiedete RL 2011/83/EU81 nahezu unberührt. Lediglich mit deren Art. 32 wurde in die AGB-Richtlinie ein Art. 8a eingefügt, der jedoch ausschließlich Informationspflichten des Mitgliedstaates bzw. Kontrollaufgaben der Kommission betrifft. Eine unmittelbare Vollharmonisierung wird also auf absehbare Zeit nicht stattfinden82. e) Allgemeine Bewertung und Reformdiskussion 25

Im Vergleich zu den anderen materiellen Schutzansätzen des AGBG (Einbeziehungskontrolle, Auslegungs- und Lückenfüllungsregeln) hat sich die materielle Inhaltskontrolle als der bei weitem wichtigste und wirkungsvollste erwiesen. Durch ergänzende verfahrensrechtliche Maßnahmen wie die Zulassung abstrakter Kontrollklagen durch Verbände und Kammern (früher §§ 13 ff. AGBG, jetzt §§ 1, 3, 5 ff. UKlaG) konnte zudem eine erhebliche Breitenwirkung erreicht werden. Auch wenn zuweilen eine Überdehnung der Klauselkontrolle durch die Rechtsprechung83 und die nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit angesichts einer überbordenden Fülle von (nicht immer konsistent erscheinenden) Einzelfallentscheidungen beklagt worden sind, wird doch überwiegend eine insgesamt positive Bilanz der Anwendung der gesetzlichen AGB-Inhaltskontrolle gezogen (Einl. Rz. 70 f., 79 ff.)84.

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Stärker in die Kritik geraten ist allerdings in den letzten Jahren die konkrete Handhabung der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr85. Diese wird vielfach als zu starr, den spezifischen Bedürfnissen und der unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit der Vertragspartner nicht angemessen sowie die Gestal-

79 Vgl. Hellwege S. 588 f. 80 Kieninger RabelsZ 73 (2009,) 793 (795 ff.). 81 Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 304 v. 25.10.2011, S. 64. 82 Vgl. aber Oetker AcP 212 (2012), 202 (209 f.), zu einer rechtsfolgenbezogenen Vollharmonisierung über das Lauterkeitsrecht. 83 Vgl. z.B. Hellner in FS Steindorff, 1990, S. 573 (580) („Kontrollhektik“); Canaris in FS Steindorff, 1990, S. 548 (558) („Kontrolltyrannei“). 84 Ebenso schon Ulmer EuZW 1993, 337 (347); Hensen in FS Brandner, 1996, S. 231 ff.; Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 6 jeweils m.w.N. 85 Vgl. den Überblick bei Stoffels Rz. 148b, 553 f.; näher hierzu auch § 307 Rz. 371 ff.

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tungsmöglichkeiten als zu sehr einengend empfunden86. Insbesondere lasse die strenge Rechtsprechung (vgl. zu deren Anforderungen § 309 Nr. 7 Rz. 43 ff.) praktisch keinen Raum für eine rechtssichere summenmäßige Haftungsbegrenzung, für die es im unternehmerischen Verkehr vielfach ein Bedürfnis gebe87. Vor allem aber werden die Anforderungen der Rechtsprechung an das Vorliegen einer Individualvereinbarung als überzogen kritisiert und teilweise Vorschläge für eine gesetzliche Klarstellung unterbreitet88. Bislang hat die Diskussion allerdings keinen eindeutigen Befund für oder gegen einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf ergeben89. Zwar hat sich auch die zivilrechtliche Abteilung des 69. Deutschen Juristentags 2012 mehrheitlich gegen eine Indizwirkung der §§ 308, 309 im b2b-Bereich ausgesprochen und insbesondere verlangt, „die Anforderungen an das Aushandeln von Vertragsbedingungen den Gepflogenheiten unternehmerischer Vertragsverhandlungen anzupassen“90. Gleichwohl kann weder von einer eindeutigen Ablehnung des derzeitigen ge-

86 Vgl. z.B. Brachert/Dietzel ZGS 2005, Heft 12 (Editorial); Berger/Kleine BB 2007, 2137; Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441; Acker/Bopp BauR 2009, 1041; Berger NJW 2010, 465; Dauner-Lieb/Axer ZIP 2010, 309; Leuschner JZ 2010, 875 (882 ff.); a.A. von Westphalen BB 2010, 195; von Westphalen NJW 2009, 2977 (2982). 87 Vgl. Leuschner, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen – unter besonderer Berücksichtigung von Haftungsbeschränkungen, Abschlussbericht vom 30.9.2014, abrufbar unter www.oscar-uos.de, S. 7 ff. sowie den Vorschlag eines neuen § 309a zur Begrenzung der Haftung für fahrlässige Pflichtverletzungen bei Leuschner ZIP 2015, 1045 ff.; dazu krit. und mit eigenem Alternativvorschlag von Westphalen ZIP 2015, 1316 (1323 ff. 1326); Replik von Leuschner ZIP 2015, 1326 (1330 ff.). 88 Vgl. etwa Berger NJW 2010, 465 (467 ff.); Dauner-Lieb/Axer ZIP 2010, 309 (312, 314) (moderate Kurskorrektur de lege lata durch die Rechtsprechung möglich und sinnvoll, aber gesetzgeberisches Signal hilfreich und wünschenswert); Koch BB 2010, 1810; Fornasier in FIW, Schwerpunkte des Kartellrechts, 2011, S. 113 ff.; Drygala JZ 2012, 983; Kieninger AnwBl. 2012, 301; vgl. auch schon Berger NJW 2001, 2152 ff.; Berger ZIP 2006, 2149 (2153). Näher zum Begriff des „Aushandelns“ § 305 Rz. 45 ff., zu notwendigen Differenzierungen bei der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr § 307 Rz. 371 ff.; für eine gesetzliche Neugestaltung Becker JZ 2010, 1098 (1104 ff.) (keine AGB-Kontrolle ab einer bestimmten Wertgrenze sowohl im unternehmerischen Verkehr als auch bei Verbraucherverträgen); Leuschner ZIP 2015, 1045 (1047 ff.) (Vorschlag zum Ausschluss großvolumiger Verträge von mind. 1 Mio. Euro aus dem Anwendungsbereich der AGBKontrolle im unternehmerischen Verkehr mit Rückausnahme bei qualifizierter wirtschaftlicher Abhängigkeit des Vertragspartners vom Verwender). 89 Gegen eine pauschale Kritik an der Rechtsprechung z.B. von Westphalen ZIP 2007, 149; von Westphalen NJW 2009, 2977 (2982); von Westphalen BB 2010, 195; von Westphalen ZIP 2010, 110; ähnlich Leuschner AcP 207 (2007), 491 (523) (gegen (stärkere) Differenzierung zwischen Verbraucherverträgen und unternehmerischem Geschäftsverkehr); vgl. auch Micklitz in Verhandlungen des 69. DJT 2012, Gutachten A33 f. (mit Hinweis auf Art. 86 des Vorschlags der Kommission zu einem „Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht“ und für eine weitere Differenzierung zwischen den Schutzadressaten jenseits der bloßen Dichotomie zwischen Unternehmern und Verbrauchern) Zu empirischen Erkenntnissen siehe Leuschner, „AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen“, Abschlussbericht vom 30.9.2014 zum Forschungsprojekt im Auftrag des BMJ, abrufbar unter www.oscar-uos.de. 90 Verhandlungen des 69. DJT 2012, in München, 2013, Bd. II/1, Abschnitt I., S. 90 (Beschlüsse IV. 1. und 2), (auch abrufbar im Internet unter www.djt.de). Ein weiterer Vorschlag richtet sich auf die Orientierung des materiellen Prüfungsmaßstabs im B2B-Bereich „an der guten unternehmerischen Praxis (good commercial practice) einer Branche, eines Industriesektors bzw. eines Wirtschaftszweigs“ (Beschluss IV. 3.).

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setzlichen Regelungskonzepts gesprochen werden91 noch ist in der Reformdiskussion eine einheitliche konzeptionelle Linie erkennbar, an welchen Maßstäben sich der Gesetzgeber bei einer Neujustierung der AGB-Kontrolle im unternehmerischen Verkehr ausrichten sollte. Manch ein Vorschlag wäre – offen oder verdeckt – mit einem (partiellen) Paradigmenwechsel beim Schutzkonzept der Inhaltskontrolle verbunden, etwa in Richtung auf einen Schutz des wirtschaftlich Schwächeren (z.B. kleiner und mittelständischer Unternehmen gegenüber Großunternehmen)92. Vor einem solch weitreichenden Schritt, der jedenfalls mit erheblicher Rechtsunsicherheit und möglicherweise mit weiteren nachteiligen Nebenwirkungen verbunden wäre, bleibt zunächst in erster Linie die Rechtsprechung aufgerufen, unter Besinnung auf die konzeptionellen Grundlagen des AGB-Rechts den Maßstab, die Kriterien und die Grenzen seiner Anwendung im unternehmerischen Verkehr angemessen zu konkretisieren (näher hierzu § 307 Rz. 371 ff.) und dabei teilweise auch neu zu justieren93. Dabei sollte vorrangig – nicht zuletzt vor dem Hintergrund möglicher verfassungsrechtlicher Bedenken94 – eine Reduzierung der übermäßigen Anforderungen an das Vorliegen einer Individualvereinbarung i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 erfolgen, die durch eine konsequente normzweckorientierte Interpretation schon de lege lata ohne weiteres möglich ist95, angesichts der bereits seit langem praktizierten (zu) strengen Rechtsprechung zum Merkmal des „im Einzelnen Aushandelns“ aber vielleicht eines (klarstellenden) gesetzgeberischen Hinweises als Anstoß bedarf. Darüber hinaus sollte de lege ferenda eine spezielle Erleichterung für legitime Haftungsbeschränkungen im unternehmerischen Verkehr geschaffen werden96. 91 Keinen gesetzgeberischen Korrekturbedarf sehen etwa von Westphalen BB 2013, 67 (s.a. die Nachw. oben Fn. 89); Habersack in FS Köhler, 2014, S. 209 ff.; vgl. ferner die Initiative von Verbänden mittelständischer Unternehmen unter www.pro-agb-recht.de. 92 So explizit (Paradigmenwechsel durch Schutz vor wirtschaftlicher Unterlegenheit als zweiter Schutzzweck neben dem originären Schutzzweck der Inhaltskontrolle) Leuschner ZIP 2015, 1045 (1051), der vorschlägt, im Falle relativer Marktmacht des Verwenders i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB trotz Überschreitung der von ihm befürworteten Wertgrenze von 1 Mio. Euro an der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr festzuhalten. Generell für einen Schutz vor wirtschaftlicher Übermacht als Normzweck der AGBKontrolle im unternehmerischen Verkehr Schmidt-Kessel AnwBl. 2012, 308 ff. (Beschränkung auf die Fälle einer Durchsetzung von Marktmacht); vgl. auch Schäfer BB 2012, 1231, 1233 (AGB-Kontrolle als „Ersatzkartellrecht“); dagegen Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91 (92 Fn. 5); ebenso Stoffels Rz. 553 Fn. 383. 93 Vgl. z.B. zu den Grenzen der AGB-Kontrolle am Beispiel von Unternehmenskaufverträgen Habersack/Schürnbrand in FS Canaris, Bd. 1, 2007, S. 359 ff.; siehe auch Leuschner AcP 207 (2007), 491 (515 ff.), der beim Merkmal des „Aushandelns“ in § 305 Abs. 1 Satz 3 für eine „schutzzweckkonforme Reinterpretation des AGB-Begriffs“ anhand des Kriteriums der „Transaktionskosten-Vertragswert-Relation“ plädiert (a.a.O., S. 522 ff.); ebenfalls für einen normzweckorientierten Ansatz, der aber am Fehlen einer situativ bedingten Unterlegenheit beim Vertragsabschluss und Vorliegen einer freien, eigenverantwortlichen Zustimmung zum Klauselinhalt ausgerichtet ist, Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91 ff.; zust. Stoffels Rz. 148b; in der Tendenz ähnlich von Westphalen ZIP 2015, 1316 (1317 f.). 94 Vgl. zu übermäßigen Anforderungen an eine Individualvereinbarung über Zahnarzthonorare bei Überschreitung des Gebührenrahmens der GOZ die Entscheidung des BVerfG v. 25.10.2004 – 1 BvR 1437/02, NJW 2005, 1036 (1037 f.) und hierzu Leuschner JZ 2010, 875 (881 f). 95 Dazu im Einzelnen Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91, 96 ff.; zust. Stoffels Rz. 148b. 96 Anstelle einer prozeduralen Lösung im Sinne geringerer Anforderungen an das Vorliegen einer Individualvereinbarung, wie sie von Westphalen ZIP 2015, 1316 (1326) vorschlägt (die Abänderung der vorformulierten Klausel zugunsten des Vertragspartners soll als

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4. Konzeptionelle Grundlagen zur Rechtfertigung der Inhaltskontrolle Schrifttum: Adams Ökonomische Begründung des AGBG, BB 1989, 781; Bieder Kompensatorische Vertragsgestaltung im Arbeits- und Wirtschaftsrecht, 2015; Coester-Waltjen Die Inhaltskontrolle von Verträgen außerhalb des AGBG, AcP 190 (1990), 1; Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992; Fuchs Der Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr – Überlegungen zu einer normzweckkonformen Konkretisierung des „Aushandelns“ i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, in FS Blaurock, 2013, S. 91; Hellwege Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010; Köndgen Grund und Grenzen des Transparenzgebots im AGB-Recht, NJW 1989, 943; Kötz Der Schutzzweck der AGB-Kontrolle – Eine rechtsökonomische Skizze, JuS 2003, 209; Leuschner Gebotenheit und Grenzen der AGB-Kontrolle, AcP 207 (2007), 491; Lieb Sonderprivatrecht für Ungleichgewichtslagen? Überlegungen zum Anwendungsbereich der so genannten Inhaltskontrolle privatrechtlicher Verträge, AcP 178 (1978), 196; Rittner Über das Verhältnis von Vertrag und Wettbewerb, AcP 188 (1988), 101; Wackerbarth Unternehmer, Verbraucher und die Rechtfertigung der Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge, AcP 200 (2000), 45; Zöllner Regelungsspielräume im Schuldvertragsrecht, AcP 196 (1996), 1.

a) Schutzzweck Nach st. Rspr. dient die Inhaltskontrolle dem Ausgleich der Gefahren für den Rechtsverkehr, die daraus resultieren, dass der Verwender von AGB mit der Vorformulierung die Vertragsgestaltungsfreiheit einseitig für sich in Anspruch nimmt97. Während dem Individualvertrag wegen des (möglichen) Aushandelns der Vertragsbedingungen grundsätzlich eine gewisse „Richtigkeitsgewähr“ innewohnt98, kommt es bei der Verwendung vorformulierter AGB zu einem funktionalen Ungleichgewicht zwischen den Vertragsparteien. Die einseitige Vorformulierung der maßgeblichen Vertragsbedingungen durch eine Partei birgt typischerweise die Gefahr in sich, dass sie ausschließlich oder übermäßig auf die Interessen des Verwenders zugeschnitten sind und nicht (in ausreichendem Maße) die berechtigten Belange und Interessen der anderen Vertragspartei berücksichtigen.

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Mit der Einführung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle wollte der Gesetzgeber einen Beitrag zur Vertragsgerechtigkeit leisten. Dabei ging es ihm freilich nicht in erster Linie darum, ganz allgemein den (wirtschaftlich) schwächeren Vertragspartner zu schützen99. Andernfalls wäre es konsequent gewesen, den Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle einerseits auf besonders schutzbedürftige, wirtschaftlich unterlegene Personengruppen wie Verbraucher zu beschränken und andererseits bei typischerweise gestörter Vertragsparität auch auf Indi-

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Nachweis ausreichen anstelle des ernsthaften zur Disposition Stellens des gesamten gesetzesfremden Kerngehalts der Klausel) erscheint insofern die gesetzliche Festlegung gewisser materieller Kriterien für die summenmäßige Beschränkung der Haftung für fahrlässige Pflichtverletzungen vorzugswürdig, vgl. dazu Leuschner ZIP 2015, 1045 (1046 f.); Leuschner ZIP 2015, 1326 (1330 ff.). 97 Vgl. nur BGH v. 8.7.1978 – VIII ZR 240/76, BGHZ 70, 304 (310); BGH v. 30.6.1994 – VII ZR 116/93, BGHZ 126, 326 (332) = NJW 1994, 2825 (2826); BGH v. 4.12.1986 – VII ZR 354/85, NJW 1987, 837 (838); Fastrich S. 90; Palandt/Grüneberg Überbl. v. § 305 Rz. 8. 98 Grundlegend Schmidt-Rimpler AcP 147 (1941), 130 ff.; näher zu Begriff und Kritik an der „Theorie der Richtigkeitsgewähr“ Fastrich S. 51 ff. m.w.N. 99 Das wird leider immer wieder verkannt, so auch Leuschner ZIP 2015, 1045 (1050), der von einer „weit verbreiteten (Fehl-)Vorstellung“ spricht, „die AGB-Kontrolle diene dem Schutz vor wirtschaftlicher Überlegenheit“.

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vidualabreden zu erstrecken (vgl. Einl. Rz. 24)100. Der Gesetzgeber ist dem nicht gefolgt, sondern hat sich für einen umfassenden Schutzansatz entschieden101, der unabhängig vom Vorliegen eines wirtschaftlichen Machtgefälles oder einer anderweitigen (sozialen oder intellektuellen) Unterlegenheit102 generell, auch im unternehmerischen Verkehr, auf die situativ bedingte Gefährdung der inhaltlichen Ausgewogenheit des Vertrags durch Verwendung von AGB reagiert103. Das schließt nicht aus, der unterschiedlichen Intensität der Gefährdung verschiedener Personengruppen durch abgestufte Modifikationen beim Maßstab der Inhaltskontrolle Rechnung zu tragen und insbesondere Verbrauchern ein erhöhtes Schutzniveau zuzubilligen (näher zu Differenzierungen im persönlichen Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle unten Rz. 49 ff.). Doch verfolgen die §§ 307 ff. jedenfalls keinen rein verbraucherschutzrechtlichen Ansatz104. 28

Das gilt nach wie vor, obwohl mit § 310 Abs. 3 (früher § 24a AGBG) der Gedanke eines rollenspezifischen Verbraucherschutzes explizit Eingang in das AGBRecht gefunden hat105. Diese Norm, die der Umsetzung der EG-Klauselrichtlinie dient, erweitert und modifiziert die Inhaltskontrolle, indem auch vorformulierte Klauseln in Individualverträgen erfasst und ein konkret-individueller Beurteilungsmaßstab unter Berücksichtigung der den Vertragsabschluss begleitenden Umstände eingeführt wird. Dabei handelt es sich lediglich um eine partielle Ergänzung und Erweiterung des Schutzkonzepts, jedoch keinen Paradigmenwechsel, der auf andere Bereiche der Inhaltskontrolle ausstrahlen würde106.

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Darüber hinaus werden die Vorschriften des AGB-Rechts verbreitet auch als „wirtschaftsrechtliche Normen“ qualifiziert, da sie auch Nachteile abwenden sollen, die dem Rechts- und Wirtschaftsverkehr infolge von Funktionsdefiziten

100 Ebenso Stoffels Rz. 88. 101 BGH v. 30.6.1994 – VII ZR 116/93, NJW 1994, 2825 (2826); BGH v. 23.6.1999 – IV ZR 136/98, NJW 1999, 3558 (3559); Palandt/Grüneberg Überbl. v. § 305 Rz. 8; Stoffels Rz. 89; Einl. Rz. 24. 102 In der rechtspolitischen Diskussion vor Erlass des AGBG war vielfach gefordert worden, die Anwendung der Inhaltskontrolle von der konkreten Schutzbedürftigkeit des Kunden im Einzelfall, insb. seiner wirtschaftlichen, sozialen oder intellektuellen Unterlegenheit gegenüber dem Verwender abhängig zu machen, vgl. z.B. Wolf JZ 1974, 465 (468 ff.); Nicklisch BB 1974, 941 (944 ff.). 103 Vgl. Stoffels Rz. 83; Fastrich S. 91, 93 („situativ bedingte Schutzbedürftigkeit“ des Vertragspartners, „situative Überlegenheit des Verwenders“); Fuchs in FS Blaurock, 2013, S. 91, 96 f. („AGB-typische situative Überlegenheit des Klauselverwenders“, „in der Vertragsabschlusssituation bestehende funktionale Ungleichgewichtslage zwischen den Parteien“); Leuschner AcP 207 (2007), 491 (494 ff.) („situative Unterlegenheit“ des Klauselgegners); krit. Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (55 f.). 104 Palandt/Grüneberg Überbl. v. § 305 Rz. 8; Stoffels Rz. 88. 105 Vgl. MünchKomm/Basedow § 305 Rz. 4; zu dem aus europäischer Sicht intendierten „rollenspezifischen Unterlegenheitsschutz“ Hommelhoff/Wiedenmann ZIP 1993, 565 ff. 106 Ähnlich Stoffels Rz. 90 (Modifikation, aber keine grundlegende Neubestimmung des Schutzzwecks des AGB-Rechts); Leuschner AcP 207 (2007), 491 (505 ff.) (grds. Gleichartigkeit des ursprünglichen Schutzkonzepts des ABG-Rechts und des ebenfalls situationsbezogenen Verbraucherschutzansatzes in § 310 Abs. 3); a.A. Hellwege S. 563 ff. mit einem Plädoyer für eine Trennung der individualschützenden Inhaltskontrolle, die generell lediglich an einseitig gestellte Vertragsbedingungen anknüpfen soll, und der überindividuellen, auf Marktbereinigung ausgerichteten AGB-Kontrolle bezüglich der zur Mehrfachverwendung vorgesehenen Klauseln; vgl. dazu auch unten Rz. 29 a.E. (Fn. 110) und § 307 Rz. 114 Fn. 440.

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des Konditionenwettbewerbs drohen107. Die überindividuelle Komponente der Inhaltskontrolle zeigt sich in besonderem Maße in der Zulassung der Verbandsklage, mit der unabhängig von der konkreten Einbeziehung von Klauseln in bestimmte Verträge der Rechtsverkehr allgemein von missbräuchlichen Klauseln freigehalten werden soll. Neben dem Individualschutz zu Gunsten der jeweiligen Vertragspartner des Verwenders weist die AGB-Kontrolle somit auch eine institutionelle, marktbezogene Schutzfunktion auf108 und ergänzt insoweit (auch) die wettbewerbs- und kartellrechtlichen Vorschriften (zum Verhältnis der §§ 307 ff. zu GWB und UWG vgl. unten Rz. 76 ff.). Im älteren Schrifttum und in der Rechtsprechung vor Erlass des AGBG ist dieser Gedanke freilich weniger wettbewerbs- und marktbezogen formuliert, als vielmehr auf den Gedanken des institutionellen Rechtsmissbrauchs gestützt worden109. In der neueren Literatur wird nicht selten der Eindruck erweckt, bei den beiden Schutzkonzepten oder Rechtfertigungen der AGB-Kontrolle handele es sich um Alternativen. Doch schließen sich der individuelle, auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Verwender und dem Klauselgegner sowie dessen Schutzbedürftigkeit bezogene Ansatz und der auf die (langfristigen) Auswirkungen der AGB im Markt, auf dessen Funktionsfähigkeit und damit letztlich die allgemeine Wohlfahrt ausgerichtete überindividuelle Ansatz keineswegs gegenseitig aus110. Die Identifizierung des Schutzanliegens der Kontrolle von Vertragsbedingungen mit seinen beiden Komponenten des Individual- und Institutionenschutzes stellt jedoch für sich noch keine hinreichende Legitimation für den damit verbundenen Eingriff in die Privatautonomie dar. Die maßgebliche übergreifende Rechtfertigung für die richterliche Korrektur von AGB kann letztlich nur in der Kompensation von Funktionsdefiziten der Privatautonomie liegen. Deren nähere Analyse ist Voraussetzungen dafür, um insbesondere in Zweifelsfällen bei der Anwendung der Inhaltskontrolle im Rahmen einer teleologischen Auslegung die Reichweite der erforderlichen und damit legitimierten richterlichen Korrektur bestimmen zu können. Im Folgenden kann nur knapp auf die wichtigsten vertragstheoretischen und rechtsökonomischen Erwägungen eingegangen werden, die dabei eine maßgebliche Rolle spielen111.

107 Palandt/Grüneberg Überbl. v. § 305 Rz. 8 a.E. 108 Ähnlich Fastrich S. 93, der neben dem individuellen Schutz des Vertragspartners des Verwenders als zweiten Schutzzweck die „Verhinderung des Missbrauchs der Vertragsfreiheit“ ansieht; Schutzobjekt sei insoweit „die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs sowie die Integrität der Privatautonomie“. 109 Vgl. dazu Stoffels Rz. 84 m.w.N. 110 Ebenso im Ergebnis Leuschner AcP 207 (2007), 491 (494); anders Hellwege S. 563 ff., der strikt zwischen dem individuellen und dem überindividuellen Schutzkonzept trennt und die (auf alle einseitig gestellten Vertragsbedingungen bezogene) individualschützende Inhaltskontrolle mit einem Ungleichgewicht zwischen den Parteien, die (nur für zur Mehrfachverwendung vorgesehene AGB geltende) überindividuell ausgerichtete Inhaltskontrolle dagegen mit ihrer marktbereinigenden Funktion rechtfertigt; vgl. zur Kritik an diesem Ansatz § 307 Rz. 114 Fn. 440. 111 Ausführlich zur Rechtfertigung der AGB-Inhaltskontrolle insb. Fastrich S. 29 ff., 79 ff.; Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 ff.; vgl. auch den Überblick bei Stoffels Rz. 81 ff.; Hellwege S. 540 ff.

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b) Vertragstheoretische und rechtsökonomische Legitimation der Inhaltskontrolle 31

Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Privatautonomie in Art. 2 Abs. 1 GG lassen sich keine konkreten Folgerungen für die Notwendigkeit und die Grenzen einer AGB-Kontrolle ableiten. Die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Herstellung einer nicht nur formal, sondern materiell verstandenen Vertragsfreiheit, die bei strukturell gestörter Vertragsparität eine richterliche Korrektur von Vertragsergebnissen über die Anwendung der zivilrechtlichen Generalklauseln (§§ 138, 242, 315) verlangen könne112, rechtfertigt nur eine Kontrolle der Extremfälle, erfordert aber keineswegs „eine proportionale Reaktion auf jede Risikoverlagerung durch vorformulierte Verträge oder auf alle ungleichen Kräfteverhältnisse zwischen Vertragspartnern“113. So ist es verfassungsrechtlich lediglich geboten, mittels privatrechtlicher Instrumente zu verhindern, dass sich die grundrechtlich verbürgte Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung umwandelt114. Auch der Topos der „Ungleichgewichtslage“ (in wirtschaftlicher, sozialer oder intellektueller Hinsicht) ist viel zu unbestimmt, um eine tragfähige Grundlage für eine justitiable Feststellung des Fehlens vertraglicher Selbstbestimmung als Funktionsvoraussetzung der Privatautonomie und damit Legitimation einer Inhaltskontrolle zu bilden115. Zudem lässt sich so die grundsätzliche Einbeziehung von Verträgen im unternehmerischen Verkehr nicht hinreichend rechtfertigen.

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Selbst wenn man insoweit nicht auf die konkreten Parteien, sondern auf die typischerweise fehlende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt des Vertrags wegen der Vorformulierung oder mangelnden Verhandlungsbereitschaft des Verwenders abstellt, genügt dies allein noch nicht zur Rechtfertigung einer Kontrolle des Vertragsinhalts. Denn „take it or leave it“-Situationen in dem Sinne, dass ein fertiges Angebot präsentiert wird, auf dessen Ausgestaltung der potentielle Vertragspartner keinen Einfluss gehabt hat und das er lediglich annehmen oder ablehnen kann, treten im Rechtsverkehr ständig auf und werden in den §§ 145 ff. geradezu als Regelzustand angesehen116. Hierin liegt kein generelles Versagen 112 Vgl. BVerfG v. 7.2.1990 – 1 BvR 26/84, BVerfGE 81, 242 (256) (Handelsvertreter) = NJW 1990, 1469 (1470); BVerfG v. 19.10.1993 – 1 BvR 567/89, 1 BvR 1044/89, BVerfGE 89, 214 (233) (Bürgschaft) = NJW 1994, 36 (38); BVerfG v. 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, NJW 2001, 957 (Ehevertrag über Unterhalt); dazu auch BVerfG v. 29.3.2001 – 1 BvR 1766/92, NJW 2001, 2248. 113 Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (50 f.). Das schließt nicht aus, das geltende AGB-Recht „als Umsetzung des vom Bundesverfassungsgericht akzentuierten Schutzauftrags für ein wichtiges Teilgebiet“ zu verstehen, so Stoffels Rz. 80, doch lassen sich daraus keinerlei Schlussfolgerungen für die konkrete Ausgestaltung und Interpretation der AGBKontrolle und insb. ihrer Grenzen in Zweifelsfällen ableiten; a.A. Leuschner AcP 207 (2007), 491 (511 ff., 514 f.) (Inhaltskontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen „verfassungsrechtlich determiniert“); einschränkend jetzt aber Leuschner JZ 2010, 875 (880 f.) (Primat der formalen Vertragsfreiheit; „flächendeckende Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB“ nicht „[vollständig] verfassungsrechtlich determiniert“). 114 BVerfG v. 7.9.2010 – 1 BvR 2160/09, 1 BvR 851/10, NJW 2011, 1339 (1341), siehe auch von Westphalen BB 2011, 195. 115 Vgl. nur MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 4 sowie die ausführliche Kritik bei Fastrich S. 216 ff.; Coester-Waltjen AcP 190 (1990), 1 (19 ff.); Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht?, 1994, S. 19 ff.; Rittner AcP 188 (1988), 101 (127 f.); Zöllner AcP 196 (1996), 1 (25 ff.), jeweils m.w.N. 116 Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (64); Leuschner AcP 207 (2007), 491 (498); vgl. auch schon Zöllner AcP 176 (1976), 221 (235 f.).

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der „Richtigkeitsgewähr“ des Vertragsschlussmechanismus, weil und solange Markt und Wettbewerb als Korrektiv wirken, indem sie Ausweichmöglichkeiten schaffen und dadurch wirtschaftliche Macht begrenzen117. Da der Verwender mit negativen Reaktionen seiner potentiellen Kunden auf unangemessene Vertragsbedingungen rechnen muss, insbesondere mit dem Verzicht auf einen Vertragsschluss, wird er dies bei der Ausgestaltung der Konditionen berücksichtigen und von einer einseitigen Risikoüberwälzung Abstand nehmen. Erst wenn diese mittelbare Steuerungsfunktion von Markt und Wettbewerb zur Verhinderung unangemessener Vertragsbedingungen entfällt oder erheblich gestört ist, entsteht somit Kontrollbedarf. Gerade das ist bei Verwendung von AGB weitgehend der Fall, weil der Wettbewerb hier – anders als bei den vertraglichen Hauptleistungen – regelmäßig nicht hinreichend funktionsfähig ist, um die Angemessenheit von AGB zu gewährleisten118. In engem Zusammenhang damit steht die grundsätzlich fehlende Möglichkeit der anderen Partei, sich vor einer unangemessenen Benachteiligung durch AGBKlauseln selbst zu schützen. Zum einen wird sich der Verwender – jedenfalls bei Massengeschäften des täglichen Lebens oder sonstigen standardisierten Vertragsabschlüssen – in aller Regel nicht auf ein individuelles Aushandeln der Vertragsbedingungen einlassen. Vielmehr entspricht es seinem Interesse und seiner Geschäftsstrategie, schon aus Gründen der Rationalisierung, aber auch zur Durchsetzung eigener Interessen die von ihm erstellten AGB möglichst einheitlich, unverändert und ohne Aushandeln den Geschäftsabschlüssen zugrunde zu legen. Zum anderen ist es regelmäßig auch für den Vertragspartner rational, sich den vom Verwender gestellten AGB zu „unterwerfen“. Denn eine eingehende Kenntnisnahme und Bewertung der vorformulierten Klauseln würde einen erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten verursachen, der – selbst bei angenommener Verhandlungsbereitschaft des Verwenders – häufig in keinem angemessenen Verhältnis zu den damit erzielbaren Vorteilen stünde119. Der Vertragspartner des Verwenders konzentriert sich daher (auch aus einem wirtschaftlich vernünftigen Kalkül) bei Ausübung seiner Vertragsabschlussfreiheit auf die essentialia negotii (Preis/Leistung) und (ggf.) zusätzlich auf die Beachtung Einzelner wichtiger Produkteigenschaften oder Regelungsgegenstände, während er auf die (sonstige) inhaltliche Ausgestaltung des Vertrags keinen Einfluss nimmt.

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Da beim Individualvertrag im Prinzip beide Parteien gleichermaßen für den In- 34 halt des Vertrags verantwortlich sind, wird hier jeder Abrede bis zu den Grenzen der §§ 134, 138 und sonstiger zwingender Rechtsnormen Wirksamkeit zugebilligt. Bei AGB nimmt dagegen allein der Verwender die inhaltliche Gestaltungsfreiheit für sich in Anspruch. Das dadurch hervorgerufene funktionale Ungleichgewicht zu Gunsten des Verwenders kann wegen der sehr eingeschränkten Wirksamkeit des Konditionenwettbewerbs nicht durch den Markt ausgeglichen

117 Vgl. Rittner AcP 188 (1988), 101 (126 ff.); Fastrich S. 81, 82, 93. 118 Vgl. nur Adams BB 1989, 781 (784); Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.); Canaris NJW 1987, 609 (613); Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (668 f.); Fastrich S. 80, 86 jeweils m.w.N.; näher sogleich Rz. 34. 119 MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 5; Stoffels Rz. 86 Leyens/Schäfer AcP 210 (2010), 771 (783 f., 787 f.). In diesem Transaktionskostenproblem der negativen Relation zwischen Transaktionskosten und Vertragswert sieht Leuschner JZ 2010, 875 (879 f.) die entscheidende Rechtfertigung für die AGB-Kontrolle; kritisch hierzu Oetker AcP 212 (2012), 202 (219).

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werden120. Dafür sind vor allem die folgenden Umstände verantwortlich: In aller Regel verhindern schon die prohibitiv hohen Transaktionskosten121 für die Beschaffung und Auswertung der notwendigen Informationen über die meist sehr umfangreichen, vielfältige Eventualitäten berücksichtigenden Klauseln einen umfassenden Konditionenvergleich als Voraussetzung für die Ausübung wettbewerblicher Handlungsfreiheiten. Selbst wenn dem Vertragspartner eine zutreffende Analyse und Bewertung der AGB gelingt, besteht für ihn vielfach keine realistische Möglichkeit, auf eine Streichung oder Änderung problematischer Klauseln hinzuwirken, da es insoweit meist an Ausweichmöglichkeiten fehlt und vielfach eine Tendenz zur branchenweiten Einheitlichkeit der AGB zu erkennen ist (zu Konditionenkartellen und -empfehlungen vgl. unten Rz. 78 ff.). Die regelmäßig fehlende Markttransparenz und die meist geringe Aufmerksamkeit der Kunden gegenüber AGB führen dazu, dass es auch aus Verwendersicht i.d.R. nicht als lohnend erscheint, sich durch kundenfreundliche Konditionen im Wettbewerb zu profilieren122, zumal Reputationseffekte bei AGB nur in Ausnahmefällen eine Rolle spielen123. Im Gegenteil – es droht eher ein „race to the bottom“, da der Verwender durch eine (nicht erkannte) möglichst weit gehende Überwälzung von Risiken auf die Kunden seine Kosten senken, damit (scheinbar) attraktivere Preise und Leistungen anbieten und somit Wettbewerbsvorteile erzielen kann. 35

Da die in AGB und vorformulierten Klauseln enthaltenen Regelungen vom Kunden bei der Entscheidung über den Vertragsschluss typischerweise nicht berücksichtigt werden, liegt insoweit in aller Regel keine bewusste rechtsgeschäftliche Entscheidung vor. In der Gefahr, dass die sonstigen Vertragskonditionen außerhalb der essentialia negotii keine Relevanz für die Willensbildung und privatautonome Abschlussentscheidung entfalten, wird teilweise das vertragstheoretische Element der Rechtfertigung der Inhaltskontrolle gesehen124. In der Konsequenz dieses Ansatzes liegt es, dass schon die eingehende Aufklärung über bestimmte Regelungen ausreichen soll, um die entsprechenden Klauseln der Kontrolle zu entziehen125. Dies widerspricht jedoch klar dem geltenden AGB-Recht, nach dem der eindeutige Hinweis auf eine belastende Klausel dieser zwar den überraschenden Charakter i.S.d. § 305c Abs. 1 nehmen, sie aber nicht der materiellen 120 Vgl. zu den Zusammenhängen zwischen AGB und Wettbewerb Einl. Rz. 8 f.; ferner Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (69 ff.); Coester-Waltjen AcP 190 (1990), 1 (24); Reuter AcP 189 (1989), 199 (201 ff.). 121 Erman/Roloff Vor §§ 305–310 Rz. 1; Fastrich S. 84; Stoffels Rz. 86; Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (669 ff.); MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 5 m.w.N.; hieran knüpft der Vorschlag an, die Anwendung des AGB-Rechts von einer Transaktionskosten-Vertragswert-Relation abhängig zu machen, so zuerst Leuschner AcP 207 (2007), 491 (524 f.); grundsätzlich zustimmend Becker JZ 2010, 1098 (1104 ff.); differenzierend Leyens/Schäfer AcP 210 (2010), 771 (790 ff.); zuletzt mit konkretem Gesetzesvorschlag für einen neuen § 310 Abs. 1a Leuschner ZIP 2015, 1045 (1047 ff.) (Ausnahme von der Anwendung des AGB-Rechts im unternehmerischen Verkehr ab einer Wertgrenze von 1 Mio. Euro mit Rückausnahme bei relativer Marktmacht des Verwenders i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB); abl. von Westphalen ZIP 2015, 1316 ff.; vgl. dazu die Replik von Leuschner ZIP 2015, 1326 ff. 122 Vgl. z.B. Fastrich S. 86; MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 5; Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.); Adams BB 1989, 781 (783 f.). 123 Becker JZ 2010, 1098 (1102). 124 Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (77 ff., 79). 125 Vgl. Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (80 f.) (unter der Voraussetzung einer „beherrschbaren Datenmenge“).

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Inhaltskontrolle entziehen kann. Die als Lösung vorgeschlagene Neuinterpretation des „Aushandelns“ i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 (früher § 1 Abs. 2 AGBG), das schon dann vorliegen soll, wenn der Kunde beim Vertragsschluss in die Lage versetzt wird, die Auswirkungen der Klauseln zu überblicken und in seine Abschlussentscheidung einzubeziehen126, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Denn dieser Vorschlag vernachlässigt zum einen die realen Wettbewerbs- und Marktbedingungen, unter denen die Vertragsabschlussentscheidungen der potentiellen Kunden getroffen werden, zum anderen blendet er die institutionelle Komponente des Schutzzwecks der AGB-Inhaltskontrolle weitgehend aus. Zudem würden in der Praxis eine Vielzahl rein formaler „Informationen“ des Kunden über den Inhalt von mehr oder weniger problematischen Klauseln provoziert, um sie der Kontrolle zu entziehen; dadurch würden die Transaktionskosten erhöht und der Rationalisierungszweck von AGB zumindest teilweise konterkariert127. Zutreffend ist allerdings, dass die Rechtfertigung für die Inhaltskontrolle dann entfallen kann, wenn bestimmte Regelungsgegenstände von AGB-Klauseln nicht nur im Einzelfall auf Grund einer Erörterung mit dem Verwender Beachtung finden, sondern generell im Wettbewerb auf dem Markt Bedeutung für die Abschlussentscheidung von potentiellen Kunden gewinnen. Dann besteht nicht mehr die Gefahr eines Marktversagens und die betreffenden Klauseln unterliegen nach dem hier vertretenen Ansatz ebenso wie die essentialia negotii nach § 307 Abs. 3 nicht der Inhaltskontrolle (näher dazu § 307 Rz. 43 ff.). Denn die Vorschriften der AGB-Kontrolle bezwecken die Wiederherstellung des durch die Verwendung von AGB typischerweise gefährdeten Vertragsgleichgewichts. Nach der Gesetzesbegründung soll die tendenzielle Überlegenheit des Klauselverwenders ausgeglichen werden, ohne die Privatautonomie mehr als zur Erreichung dieses Zieles erforderlich einzuschränken128. Es geht somit um die Kompensation von Marktversagen129, um die Bewahrung des Vertrages als Mittel zur materiellen Verwirklichung der Privatautonomie. Unter diesem Blickwinkel gleicht die verschärfte Kontrolle des Vertragsinhalts durch die Gerichte am Maßstab der „unangemessenen Benachteiligung“ (lediglich) die – auf Grund der geschilderten Funktionsdefizite von Markt und Wettbewerb – fehlenden Selbstschutzmöglichkeiten des Vertragspartners bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Vertrags aus. Die Inhaltskontrolle sorgt somit dafür, dass auch die berechtigten Interessen des Vertragspartners zur Geltung kommen, weil wegen des erheb-

126 Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (82 ff.). 127 In der Senkung der Transaktionskosten und damit ihrem Beitrag zur Verbesserung der volkswirtschaftlichen Allokationseffizienz liegt gerade ein wesentlicher ökonomischer Vorteil der Verwendung von AGB, siehe nur Stoffels Rz. 85. Leuschner AcP 207 (2007), 491 (503 ff.) erblickt in der wohlfahrtssteigernden Wirkung von AGB durch Minimierung der Transaktionskosten sogar die entscheidende überindividuelle Rechtfertigung der Inhaltskontrolle, die auf die Angemessenheit der vorformulierten Klauseln hinwirke und damit zu einer Steigerung der Akzeptanz von AGB führe. Der „soziale Gewinn“ (Adams BB 1989, 781 [788]) aus der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle (durch Senkung der Such- und Informationsverarbeitungskosten der Kunden, geringere Gleichgewichtspreise und verminderte Kosten für die Unternehmen) würde durch das von Wackerbarth vorgeschlagene individuelle Informationsmodell weitgehend aufgezehrt. 128 Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 13. 129 MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 5; Köndgen NJW 1989, 943 (946); zust. Stoffels Rz. 86; krit. insoweit Leuschner AcP 207 (2007), 491 (502 f.) (Verhinderung von Marktversagen als unzureichender Erklärungsansatz). Siehe auch Leyens/Schäfer AcP 210 (2010), 771 (798).

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lichen Informations- und Motivationsgefälles zwischen Verwender und Vertragspartner typischerweise nicht zu erwarten ist, dass dieser sie von sich aus beim Vertragsabschluss einbringt. 37

Dagegen führt die Inhaltskontrolle nicht etwa zu einer Wiederherstellung oder Stärkung des Konditionenwettbewerbs, sondern im Gegenteil zu dessen weiterer Schwächung, wenn nicht völliger Ausschaltung. Denn wegen der Inhaltskontrolle verliert die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Verwender und Kunde für letzteren weiter an Bedeutung als Entscheidungsfaktor beim Vertragsschluss130. Die andere Vertragspartei kann sich daher noch mehr auf Preis und Qualität des Angebots konzentrieren – ein Aspekt, der früher auch als Legitimation für die Sonderbehandlung von Konditionenkartellen (§ 2 Abs. 2 GWB a.F.) herangezogen wurde (näher hierzu und zur Rechtslage nach der 7. GWB-Novelle Rz. 80 f., 83 ff.). Aus wirtschaftsrechtlicher und wettbewerbspolitischer Sicht ist das allerdings nicht unproblematisch. Denn oft ist die hierbei implizit vorausgesetzte Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs um Güter und Dienstleistungen ebenfalls beeinträchtigt durch individuelle oder kollektive Marktmacht von marktstarken oder gar marktbeherrschenden Unternehmen. Jedenfalls in diesen Fällen kann dem Konditionenwettbewerb erhöhte Bedeutung zukommen (vgl. auch Einl. Rz. 9, näher unten Rz. 80).

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Teilweise wird dem Transparenzgebot eine wettbewerbsfördernde Funktion im Sinne einer mittelbaren Stärkung des Konditionenwettbewerbs zugebilligt131. Dies ist zwar insoweit zu relativieren, als der Kunde den AGB beim Vertragsschluss regelmäßig keine (besondere) Aufmerksamkeit schenkt. Eine erhöhte Klarheit und Verständlichkeit von AGB-Bestimmungen wird sich aber (jedenfalls) im Bereich der Hauptleistungspflichten positiv auswirken sowie bei solchen Nebenbedingungen, die auf Grund besonderer Umstände (z.B. Herausstellung in der Werbung) Bedeutung für die Abschlussentscheidung des potentiellen Kunden erlangen.

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Aus diesen Überlegungen ergeben sich zugleich die Grenzen für die Reichweite der Inhaltskontrolle. Keiner Kompensation von typischen Marktunvollkommenheiten bedarf es hinsichtlich der Hauptgegenstände des Vertrags, der essentialia negotii (Preis und Leistung) sowie sonstiger „identitätsstiftender“ Produktmerkmale (hierzu näher § 307 Rz. 47 ff.). Denn diese stehen generell im Fokus der Entscheidung über den Vertragsschluss, weisen eine größere Transparenz als die sonstigen Konditionen auf und sind grundsätzlich einem wirksamen Wettbewerb ausgesetzt. Insoweit ist der Vertragspartner des AGB-Verwenders prinzipiell in der Lage, seine berechtigten Interessen selbst zur Geltung zu bringen, so dass kein Grund für einen Eingriff in die Privatautonomie wegen einseitiger Inanspruchnahme der Vertrags(-gestaltungs-)freiheit besteht. Vielmehr sind unnötige Eingriffe in den Preis- und Produktwettbewerb zu vermeiden, zumal unterhalb des Bereiches der §§ 134, 138 und der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle gegenüber marktbeherrschenden und marktstarken Unternehmen (§§ 19, 20 GWB) grundsätzlich keine rechtlichen Maßstäbe für die Beurteilung der Angemessenheit von Preisen sowie Art und Umfang der angebotenen Leistungen existieren. In einer prinzipiell vom Wettbewerb gesteuerten Marktwirtschaft kann und muss die vertragliche Festlegung der beiderseitigen 130 Insoweit zutreffend Wackerbarth AcP 200 (2000), 45 (71 f., 75). 131 Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.); dagegen Leyens/Schäfer AcP 210 (2010), 771 (798).

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Hauptleistungen der autonomen Entscheidung der Vertragsparteien überlassen bleiben. Die gebotene Kontrollfreiheit preisbestimmender und leistungsbeschreibender 40 Regelungen in AGB wird durch § 307 Abs. 3 Satz 1 (früher § 8 AGBG) gewährleistet. Danach ist die Inhaltskontrolle auf Regelungen begrenzt, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Dies ist im gleichen Sinne zu verstehen wie der klarer formulierte Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG, der ausdrücklich auf den Hauptgegenstand des Vertrages und das Preis-/Leistungsverhältnis abstellt. Die Kontrollfreiheit steht in beiden Fällen unter dem Vorbehalt hinreichender Transparenz; unklare oder unverständliche Preis- und Leistungsbestimmungen können wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sein (§ 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2). Keiner Inhaltskontrolle unterliegen auch sog. deklaratorische Klauseln, die nur eine ohnehin geltende gesetzliche Regelung wiederholen. Denn durch die §§ 307 ff. sollen keine anderen gesetzlichen Vorschriften modifiziert werden. Die europäische Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (RL 93/13/EWG) nimmt „Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften oder auf Bestimmungen und Grundsätzen internationaler Übereinkommen beruhen“, sogar gänzlich von ihrem Anwendungsbereich der Klauselrichtlinie aus. Nach Erwägungsgrund 13 der Klauselrichtlinie wird bei den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten einschließlich ihres dispositiven Gesetzesrechts davon ausgegangen, dass sie keine missbräuchlichen Klauseln enthalten; zudem werden die Mitgliedstaaten als verpflichtet angesehen, dafür zu sorgen, dass dies tatsächlich der Fall ist (Erwägungsgrund 14). Zur näheren Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs nach § 307 Abs. 3 siehe § 307 Rz. 14 ff.

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II. Anwendungsbereich der §§ 307–309 1. Sachlicher Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle a) AGB und vorformulierte Klauseln in Verbraucherverträgen Der sachliche Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle wird in erster Linie 42 durch den Begriff der AGB gesteuert, wie er in § 305 Abs. 1 (früher § 1 Abs. 1 AGBG) definiert ist. Hervorzuheben sind die drei wesentlichen Kriterien der einseitigen Aufstellung (Vorformulierung), der auf Verwendung für eine Vielzahl von Verträgen gerichtete Zweck der Vorformulierung sowie die Einordnung als Vertragsbedingungen (vgl. Einl. Rz. 1). Die beiden zuletzt genannten Merkmale sind freilich unter bestimmten Voraussetzungen verzichtbar. Das gilt zunächst für das Erfordernis einer Vorformulierung für eine Vielzahl 43 von Verwendungen. Bei Verträgen, die ein Unternehmer mit Verbrauchern schließt, werden nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 (früher § 24 Nr. 2 AGBG) auch vorformulierte Einzelverträge der Inhaltskontrolle unterworfen (vgl. § 310 Rz. 79 ff.). Hinzu kommt ein erweiterter Kontrollmaßstab, der auch die individuell-konkrete Situation („die den Vertragsschluss begleitenden Umstände“) einbezieht (§ 310 Abs. 3 Nr. 3, früher § 24 Nr. 3 AGBG); näher § 307 Rz. 402 ff.; § 310 Rz. 93. Schließlich unterliegen bei Verbraucherverträgen auch die auf Vorschlag eines Dritten einbezogenen Standardbedingungen der Inhaltskontrolle, weil ein „Stellen“ dieser Bedingungen durch den Unternehmer als Vertragspartner (vorFuchs

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behaltlich des Nachweises einer Einbeziehung auf Wunsch des Verbrauchers) fingiert wird (§ 310 Abs. 3 Nr. 1, früher § 24 Nr. 1 AGBG); vgl. § 310 Rz. 69 ff. Auch durch diese Regelung hat die Problematik der Verwendung eigener formelhafter Klauseln durch einen Notar in zu beurkundenden Verträgen, die den BGH zu seiner umstrittenen Rechtsprechung über eine unter bestimmten Voraussetzungen eingreifende Inhaltskontrolle nach § 242 veranlasst hat132, erheblich an Bedeutung verloren133. 44

Auch das Merkmal der Vertragsbedingungen (dazu ausführlich § 305 Rz. 9 ff.) kann im Rahmen einer auf Schutzzweckerwägungen gestützten analogen Anwendung des AGB-Rechts entbehrlich sein, etwa in Bezug auf vom Verwender vorformulierte einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen des Kunden (h.M., vgl. § 305 Rz. 16 ff.) oder einseitig errichtete Gemeinschaftsordnungen nach § 8 WEG (str., dazu § 305 Rz. 12, Teil 2, (63) Wohnungseigentum/Verwalterverträge Rz. 1). Eine analoge Anwendung der §§ 307 ff. kann auch beim funktionsäquivalenten Einsatz unternehmensinterner Richtlinien angebracht sein, mit denen einerseits die Verfolgung einer einheitlichen rechtsgeschäftlichen Praxis gegenüber den Vertragspartnern gesichert, andererseits die explizite Aufstellung und Einbeziehung von AGB im Außenverhältnis überflüssig gemacht werden soll134. Um eine solche Konstellation handelt es sich bei der in den letzten Jahren zu beobachtenden Praxis von Kreditinstituten, an Stelle der von der Rechtsprechung vielfach für unwirksam erklärten Entgeltklauseln für Bankdienstleistungen im Giroverkehr (z.B. bei Lastschriftrückgabe mangels Kontodeckung) die Höhe der von den Kunden als Entgelt oder Schadenspauschale verlangten Beträge bundesweit einheitlich in internen Rundschreiben festzulegen135. Auch wenn diese keinen rechtlichen Einfluss auf den Girovertrag mit dem Kunden haben und somit keine „Vertragsbedingungen“ sind, haben die internen Richtlinien doch einen fast ebenso engen Bezug zur Durchführung des Vertrags, weil sie das Verhalten der Mitarbeiter in der gleichen Richtung und mit der gleichen faktischen Wirksamkeit wie eine ausdrückliche vertragliche Fixierung des Verhaltens des AGB-Verwenders im Außenverhältnis determinieren136. Den betroffenen Kunden werden damit in ähnlicher Weise Handlungsalternativen genommen, da kein Mitarbeiter mehr bereit sein wird, einem Protest des Kunden gegen die Erhebung oder die Höhe der verlangten Entgelte oder Pauschalen nachzugeben, würde er hiermit doch gegen die interne Anwei-

132 Vgl. BGH v. 15.4.1987 – VIII ZR 97/86, BGHZ 100, 353 (362); BGH v. 17.9.1987 – VII ZR 153/86, BGHZ 101, 350; BGH v. 29.6.1989 – VII ZR 151/88, BGHZ 108, 164; zur Kritik z.B. Fastrich S. 95 ff. m.w.N. 133 Erman/Roloff § 305 Rz. 14; näher hierzu § 305 Rz. 80 f. m.w.N. und dem Hinweis auf die heute konsentierte inhaltliche Eingrenzung auf „formelhafte“ Freizeichnungsklauseln in notariellen Kaufverträgen über neue Immobilien. 134 Im Ergebnis ebenso, allerdings auf den Umgehungstatbestand des § 306a (früher § 7 AGBG) abstellend BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, NJW 2005, 1645; zust., aber wie hier für Analogie § 305 Rz. 68a a.E.; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 306a Rz. 5; Borges ZIP 2005, 185 ff.; abl. H. Schmidt § 306a Rz. 6. 135 Vgl. BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, NJW 2005, 1645; OLG Hamm v. 9.1.2002 – 31 U 95/01, BKR 2002, 1016 (Gebühren für die Nachlassbearbeitung); OLG Köln v. 31.3.2004 – 13 U 192/03, ZIP 2004, 1496 (Lastschriftrückgabe mangels Kontodeckung). 136 Diesen Aspekt übersieht Borges ZIP 2005, 185 ff. bei seiner dogmatisch durchaus zutreffend ansetzenden Kritik an der Entscheidung des BGH. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist der Kunde im Ergebnis in gleicher Weise betroffen wie bei einer Begründung der Entgeltforderung in den AGB der Bank, so auch § 305 Rz. 68a.

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sung verstoßen. Die Festlegung des vertragsbezogenen Verhaltens des „Verwenders“ in den internen Bereich von Rundschreiben oder dergleichen zu verlagern, widerspricht materiell auch dem Transparenzgebot. Denn diese Praxis führt zur „Verheimlichung“ der tatsächlich praktizierten „Konditionen“ und schließt einen Konditionenwettbewerb bei den tatsächlich verlangten Nebenentgelten oder Schadenspauschalen von vornherein aus. Diese auf den Schutzzweck bezogenen Erwägungen sprechen dafür, die AGB-Kontrolle im Wege der Analogie zu §§ 305 Abs. 1, 307 Abs. 1 auf vertragsbezogene interne Richtlinien zu erstrecken und somit die Voraussetzungen der AGB-rechtlichen Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG zu bejahen137. Auch dann, wenn die öffentliche Hand zur Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen mit Privaten öffentlich-rechtliche Verträge (§§ 54 ff. VwVfG) abschließt, ist das AGB-Recht nach zutreffender herrschender Auffassung jedenfalls analog anwendbar138. Das folgt schon aus der Verweisung in § 62 Satz 2 VwVfG auf die ergänzende entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB, die seit dem SMG unmittelbar einschlägig ist139. Zudem ist die EG-Klauselrichtlinie auch auf öffentlich-rechtliche Verträge anzuwenden (vgl. Art. 2c RL 93/13/EWG). Aber auch über den Bereich der Verbraucherverträge hinaus ist eine Anwendung des AGB-Rechts bei der Verwendung vorformulierter Vertragsklauseln in öffentlichrechtlichen Verträgen geboten. Denn hier besteht in gleicher Weise die Gefahr einer einseitigen Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit, die auch nicht deshalb entfällt, weil die öffentliche Hand sich grundsätzlich alternativ auch der Entscheidungsform des Verwaltungsakts bedienen könnte. In diesem Fall stünde den Adressaten der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz offen. Bedient sich die Verwaltung aber einer Handlungsform auf der Ebene der Gleichordnung mit privaten Rechtssubjekten, unterliegt sie grundsätzlich auch den gleichen Anforderungen und Beschränkungen der Gestaltungsfreiheit wie diese.

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Für Bedingungen mit Rechtsnormcharakter (z.B. die als Rechtsverordnung erlassenen Grundversorgungsordnungen (GVV) für Strom oder Gas und die AVB für die Versorgung mit Fernwärme und Wasser sowie die Entsorgung von Abwasser) gilt das jedoch nicht, sie unterliegen mangels rechtsgeschäftlicher Basis nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle140. Die Rechtsprechung hat insoweit eigene Schranken entwickelt, wie etwa das Erfordernis sachgerechter Erwägungen zur Rechtfertigung von belastenden Regelungen und eine prinzipiell enge Auslegung von Haftungsbeschränkungen141. Teilweise kann auch eine ergänzende

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137 A.A. Borges ZIP 2005, 185 (188 f.), der auf die wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage nach §§ 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Satz 3 UWG verweist. 138 Erman/Roloff § 305 Rz. 8 (wohl für eine direkte Anwendung); von Hoyningen-Huene Rz. 54; Wolf/Pfeiffer Einl. Rz. 24; Prütting/Wegen/Weinreich/Berger § 307 Rz. 1; offen gelassen von BGH v. 27.4.1995 – IX ZR 123/94, WM 1995, 1345. 139 Wegen der (historischen) Grundlage der AGB-Kontrolle in § 242 wurde die Verweisung aber auch schon vor der Integration der AGB-Vorschriften in das BGB einschlägig betrachtet, siehe nur von Hoyningen-Huene Rz. 54 m.w.N. 140 Allg. M., siehe nur Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 14; Prütting/Wegen/Weinreich/ Berger § 307 Rz. 1; von Hoyningen-Huene Rz. 50 f. m.w.N. 141 Vgl. z.B. BGH v. 24.9.1987 – VII ZR 187/86, NJW 1988, 128 (129); BGH v. 9.1.1980 – VIII ZR 36/79, WM 1980, 444; BGH v. 21.1.1980 – II ZR 111/79, WM 1980, 891; von Hoyningen-Huene Rz. 52; für analoge Anwendung des AGB-Rechts auf öffentlich-rechtliche Leistungsbeziehungen, auch wenn sie in Satzungen und Benutzungsordnungen normativ geregelt werden, Koch/Stübing § 9 AGBG Rz. 17.

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

Ausübungskontrolle nach § 242 helfen142. Außerhalb des normativen Anwendungsbereichs der GVV/AVB, also für die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser sowie für die Entsorgung von Abwasser bei diesen Kunden, bleibt die AGB-Kontrolle dagegen grundsätzlich anwendbar. § 310 Abs. 2 schließt lediglich die Heranziehung der spezifischen Klauselverbote nach §§ 308, 309 auf derartige Verträge aus, sofern diese nicht zum Nachteil der Abnehmer von den GVV/AVB für Tarifkunden abweichen. Praktische Bedeutung entfaltet diese Beschränkung der Inhaltskontrolle nur bei Verträgen mit Verbrauchern, da die §§ 308, 309 auf unternehmerische Sonderabnehmer ohnehin nicht anwendbar sind (näher zum Anwendungsbereich des § 310 Abs. 2 unten § 310 Rz. 99 ff.). Nach Ansicht des BGH kann den normierten AVB zwar keine generelle, aber eine gewisse Leitbildfunktion im Einzelfall für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle in diesem Bereich zukommen143. b) Ausnahmen 47

An den ausdrücklichen Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich für Verträge auf den Gebieten des Familien-, Erb- und Gesellschaftsrechts hat der Gesetzgeber im Zuge des SMG festgehalten. Im Bereich des Arbeitsrechts bleiben Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen weiter von einer gerichtlichen Inhaltskontrolle verschont (§ 310 Abs. 4 Satz 1), während diese nunmehr auf Individualarbeitsverträge in vollem Umfang anzuwenden ist, allerdings mit der Maßgabe einer angemessenen Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 Satz 2). Dies kann zu gewissen Modifikationen bei der Inhaltskontrolle führen (vgl. hierzu § 310 Rz. 108 ff., Anh. § 310 Rz. 23 ff.).

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Darüber hinausgehende ungeschriebene Bereichsausnahmen für die Anwendung der Inhaltskontrolle sind dagegen grundsätzlich nicht anzuerkennen. So ändert die Ausübung einer gesetzlichen Anpassungsklausel mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders zur Änderung oder Ergänzung von Versicherungsbedingungen (vgl. z.B. § 163 VVG (§ 172 VVG a.F.) für die Lebensversicherung, § 203 VVG (§ 178g Abs. 2 und 3 VVG a.F.) für bestimmte Prämien- und Bedingungsanpassungen in der Krankenversicherung) nichts daran, dass es sich bei den auf diese Weise in die betroffenen Versicherungsverträge eingeführten Regelungen um AGB handelt, die in vollem Umfang der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. unterliegen144. Allerdings hat der BGH für privatrechtliche städtebauliche Ver142 Z.B. unter bestimmten Voraussetzungen Treuwidrigkeit der Berufung auf ein Aufrechnungsverbot oder – in Einzelfällen – auf sonstige Rechte, die sich aus einer Satzung zur Regelung von öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen ergeben, vgl. MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 14 f. m.w.N., die weiter gehend für eine generelle Berücksichtigung der in §§ 307 ff. niedergelegten Grundsätze bei „vertragsähnlichen“ öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen plädiert (a.a.O., Rz. 13). 143 BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, BGHZ 138, 118 (126) = NJW 1998, 1640 (1642) („Leitbildfunktion im weiteren Sinne“ als mögliche Indizwirkung im Einzelfall für die Angemessenheit der mit der Tarifklausel übereinstimmenden Regelung für Sonderkunden); aus der jüngeren Rechtsprechung BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 225/07, NJW 2009, 2662 (2663); BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 56/08, NJW 2009, 2667; BGH v. 27.1.2010 – VIII ZR 326/08, WM 2010, 1039; grds. abl. Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 23 AGBG Rz. 143; vgl. dazu auch die Vorlagefrage des BGH zur AGB-Kontrolle bei privatautonomer Übernahme anderweitig geltender gesetzlicher Bestimmungen BGH v. 9.2.2011 – VIII ZR 162/09, NJW 2011, 1392 und hierzu von Westphalen NJW 2013, 961 (965 f.). 144 Vgl. zuletzt BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2112 ff.) (zum Treuhänderverfahren nach § 172 Abs. 2 VVG a.F.); BVerfG v. 28.12.1999 – 1 BvR 2203/98, VersR

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

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träge der öffentlichen Hand, bei denen nach § 11 Abs. 2 BauGB die vereinbarten Leistungen „den gesamten Umständen nach angemessen“ sein müssen, keinen Raum mehr für eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle gesehen145. Ob eine solche ungeschriebene Ausnahme wirklich gerechtfertigt ist, erscheint jedoch zweifelhaft, nicht nur im Hinblick auf die Vorgaben der EG-Klauselrichtlinie bei Verbraucherverträgen, die keine derartige Privilegierung kennt. Jedenfalls ist sonst allgemein anerkannt, dass bei Verwendung privatrechtlicher Verträge zur Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen der Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts und privaten Benutzern oder Leistungsbeziehern ohne weiteres AGB i.S.d. § 305 Abs. 1 vorliegen und damit auch die Vorschriften zur Inhaltskontrolle in vollem Umfang Anwendung finden (siehe § 305 Rz. 77 m.w.N.).

2. Persönlicher Anwendungsbereich a) Differenzierungen beim Kontrollmaßstab Innerhalb des sachlichen Anwendungsbereichs der Inhaltskontrolle findet eine (vor allem) an der unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit der angesprochenen Adressatenkreise orientierte Differenzierung statt. Das gilt sowohl für die Intensität der Kontrolle als auch die Berücksichtigung spezifischer Kriterien im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung. So sind bei Verwendung von AGB gegenüber Unternehmern, juristischen Personen des öffentlichen Rechts und öffentlich-rechtlichen Sondervermögen die besonderen Klauselverbote der §§ 308, 309 nicht anwendbar (§ 310 Abs. 1 Satz 1); zudem ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen (§ 310 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2); näher hierzu § 307 Rz. 371 ff.

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Am weitesten geht die Inhaltskontrolle bei Verwendung von AGB durch Unternehmer gegenüber Verbrauchern. Außer der Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Dritt- und Einmalbedingungen (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2) erfolgt bei diesen Verbraucherverträgen die Interessenabwägung auch nach einem konkret-individuellen Maßstab: Die Konsequenz der gebotenen Berücksichtigung (auch) der jeweiligen Umstände in der konkreten Situation des Vertragsschlusses (§ 310 Abs. 3 Nr. 3) ist ein potentiell weiterreichender Schutz als bei einer lediglich generell-abstrakten, typisierenden Betrachtungsweise.

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Nach der (umstrittenen) Rechtsprechung des BAG sind auch Arbeitsverträge als Verbraucherverträge zu qualifizieren146. Allerdings kommt es jedenfalls insofern zu Abweichungen gegenüber den typischen Verbraucherverträgen, als nach § 310 Abs. 4 Satz 2 „die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen“ sind. Welche konkreten Konsequenzen sich daraus insbesondere im Rahmen der Inhaltskontrolle ergeben, ist freilich noch nicht abschließend geklärt (näher dazu Anh. § 310 Rz. 23 ff.).

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2000, 214; BGH v. 16.6.2004 – IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323 (zu § 178g Abs. 2 VVG a.F.). 145 BGH v. 29.11.2002 – V ZR 105/02, NJW 2003, 888 (jedenfalls für Verträge, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist der europäischen Klauselrichtlinie abgeschlossen worden sind); siehe auch OLG Celle v. 29.6.2005 – 4 U 56/05, NJW-RR 2005, 1332; zust. Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 14. 146 BAG v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NJW 2005, 3305 (3308 f.). Näher hierzu Anh. § 310 Rz. 12.

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

Grundsätzlich keine Besonderheiten gelten dagegen für die (in der Praxis wohl eher seltene) Verwendung von AGB in Verträgen zwischen Privaten. Hier sind einerseits die §§ 307–309 in vollem Umfang anwendbar, andererseits gelten die Verschärfungen der Kontrolle durch § 310 Abs. 3 mangels Vorliegens eines Verbrauchervertrages nicht. Bei Verwendung von Drittbedingungen (z.B. von Mietvertragsformularen der Haus- und Grundeigentümervereine oder von ADACFormularen für Kaufverträge über Gebrauchtwagen) ist daher im Einzelfall nachzuweisen, wer Verwender ist. Findet die Einbeziehung auf beiderseitiges Verlangen statt, ist eine Inhaltskontrolle ausgeschlossen147. Eine Verwendereigenschaft kann dann nicht festgestellt werden, wenn beide Seiten bei der Auswahl des in Betracht kommenden Vertragstextes frei waren und Gelegenheit bestand, alternativ eigene Textvorschläge mit der tatsächlichen Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungen einzubringen148. Unerheblich ist dann, welche Seite am Ende – mehr oder weniger zufällig – den Vertragstext zur Unterzeichnung mitbringt. b) Kein Schutz des Verwenders

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Die Inhaltskontrolle dient ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders149; dieser selbst kann sich nicht auf die Unwirksamkeit einer von ihm gestellten Klausel berufen150. Daher muss er z.B. zu seinen Lasten gehende Formerfordernisse einer von ihm verwendeten Kündigungsklausel beachten, auch wenn diese (wegen unangemessener Benachteiligung der anderen Partei) unwirksam ist. Im Ergebnis führt dies zu einer „personalen Teilunwirksamkeit“ von AGB-Klauseln, die gleichermaßen für Kunden und Verwender gelten (vgl. § 306 Rz. 16 m.w.N.). Nur in seltenen Ausnahmefällen kann der Verwender der Berufung des Vertragspartners auf die Unwirksamkeit von AGB-Bestimmungen den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten151.

III. Verhältnis der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle zu anderen Vorschriften 1. Allgemeine zivilrechtliche Kontrollansätze 54

Die §§ 307–309 stellen Spezialvorschriften für die Überprüfung von AGB mit einer gegenüber dem allgemeinen Vertragsrecht gesteigerten Kontrollintensität dar152 und sind daher im Prinzip vorrangig zu prüfen. Sie sind aber für ihren Anwendungsbereich nicht durchweg als eine abschließende Sonderregelung zu qualifizieren153. Vielmehr bleiben andere Vorschriften, insbesondere die zivilrecht-

147 Palandt/Grüneberg § 305 Rz. 13 m.w.N.; Erman/Roloff § 305 Rz. 12. 148 So BGH v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, NJW 2010, 1131 (1133) (einvernehmlicher Einsatz eines Mustervertrags für Gebrauchtwagenkauf von privat). 149 Begr. RegE BT-Drucks. 7/5422 S. 6; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 15; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 1; von Hoyningen-Huene Rz. 23; Stoffels Rz. 89 m.w.N. 150 BGH v. 30.10.1990 – IX ZR 9/90, ZIP 1990, 1541; BGH v. 2.4.1998 – IX ZR 79/97, NJW 1998, 2280; BAG v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, BB 2006, 1003 (1004). 151 Vgl. Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 15 a.E.; näher dazu unten Rz. 63 ff. 152 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 10; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 10; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 8; Stoffels Rz. 382. 153 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 10.

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lichen Generalklauseln, grundsätzlich ebenfalls anwendbar (zu Ausnahmen siehe Rz. 62) und können jedenfalls insofern ergänzend hinzugezogen werden, als sie einen anderen Schutzansatz verfolgen154. Auch kann hiernach eine Kontrolle von Hauptleistungspflichten stattfinden, die der AGB-Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 entzogen sind155. a) Verhältnis zu § 134 und zum zwingenden Recht Die Klauselverbote der §§ 307–309 stellen keine Verbotsgesetze i.S.v. § 134 dar156. Dies ergibt sich aus dem eigenen Rechtsfolgensystem des § 306157. Hält eine Klausel der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. nicht stand, ist sie daher nicht (automatisch) zugleich nach § 134 nichtig. Dies kann aber der Fall sein, wenn sie gleichzeitig gegen ein anderes Gesetz verstößt, das als Verbotsgesetz zu qualifizieren ist.

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Beide Regelungen sind (dann) nebeneinander anwendbar158. Denn weder ver- 56 drängt die zivilrechtliche Generalklausel des § 134 die spezielleren Vorschriften der AGB-Inhaltskontrolle, noch sperren diese einen Rückgriff auf die allgemeine Regelung, die sich in ihren Rechtsfolgen – im Zweifel Gesamtnichtigkeit nach §§ 134, 139 – von denen nach ABG-Recht (im Zweifel Wirksamkeit der übrigen Vertragsbestandteile) unterscheidet. Verstößt eine Klausel gegen ein Verbotsgesetz, stellt sie zumeist auch eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 dar159. Eine Inhaltskontrolle würde sich im Individualprozess allerdings wegen der Nichtigkeit erübrigen160. Aus Gründen der Praktikabilität empfiehlt sich insoweit grundsätzlich eine vorrangige Prüfung des § 134 vor § 307161. Ein (paralleler) Rückgriff auf die spezielleren Vorschriften der §§ 307 ff. ist aber nicht ausgeschlossen und ergibt vor allem im Verbandsprozess (§§ 1, 3 UKlaG) Sinn, damit auf Unterlassung der weiteren Verwendung der nichtigen Klauseln in den AGB geklagt werden kann162. Die gleichen Grundsätze gelten bei sonstigen Verstößen gegen zwingende oder halbzwingende Normen, von denen zum Nachteil des Kunden (i.d.R. eines Ver154 Vgl. MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 5; weiter gehend Stoffels Rz. 382, der generell von einer untergeordneten, ergänzenden Funktion der allgemeinen Vorschriften spricht. 155 Vgl. EuGH v. 3.6.2010 – Rs. C-484/08, NJW 2010, 2265. 156 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 10 a.E.; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 14; im Ergebnis ebenso, wenn auch mit unpassender Terminologie Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 11. 157 Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 14. 158 Vgl. BGH v. 3.12.1981 – VII ZR 368/80, NJW 1982, 765 (767); BGH v. 14.4.1983 – VII ZR 199/82, NJW 1983, 1612 (1614); BGH v. 14.4.1983 – VII ZR 199/82, BGHZ 87, 197; BGH v. 25.9.2002 – VII ZR 253/99, NJW 2003, 290 (293); Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 11; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 10; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 9. 159 Vgl. BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931 (1938); BGH v. 22.3.1989 – VIII ZR 154/88, NJW 1989, 1673 (1674); BGH v. 25.9.2002 – VII ZR 253/99, NJW 2003, 290 (293); Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 10; Brandner (9. Aufl.) § 9 Rz. 41. 160 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 10. 161 Siehe Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 14, der systematisch § 134 den Vorrang einräumen will. 162 Vgl. BGH v. 22.3.1989 – VIII ZR 154/88, NJW 1989, 1673 (1674) (Unwirksamkeit nach § 554 Abs. 2 Nr. 3 steht Verbandsklage nicht entgegen); Becker Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz, 1986, S. 106 f.; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 10.

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brauchers) nicht abgewichen werden kann (vgl. z.B. §§ 312k Abs. 1, 475 Abs. 1, 487, 511 Abs. 1, 651m, 655e). Die Nichtigkeit der gegen solche Normen verstoßenden AGB-Klauseln hindert nach Auffassung der Rechtsprechung deren Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. nicht; vielmehr soll in dem Verstoß gegen (halb-)zwingende Normen zugleich eine unangemessene Benachteiligung des Kunden liegen163 mit der Folge, dass damit auch entsprechende Verbandsklagen auf Unterlassung ihrer weiteren Verwendung möglich sind164. b) Sittenwidrigkeit (§ 138) 58

Nach der Rechtsprechung des BGH und Teilen der Literatur ist § 138 auf Grund seiner unterschiedlichen Schutzrichtung grundsätzlich neben § 307 anwendbar165. Während dieser auf den Schutz der (individuellen) Vertragsgerechtigkeit zielt, sanktioniert jener Verstöße gegen die allgemeine Rechtsordnung. Zudem bestehen unterschiedliche Eingreifschwellen und Rechtsfolgen. Die Voraussetzungen des Sittenverstoßes liegen ungleich höher, da eine grobe Interessenbeeinträchtigung von erheblicher Stärke sowie subjektive Vorwerfbarkeit erforderlich sind166. Der bloße (objektive) Verstoß gegen ein Klauselverbot vermag daher für sich allein keinen gleichzeitigen Verstoß gegen § 138 zu begründen167. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen, etwa das Ausnutzen einer wirtschaftlichen Machtposition, die unangemessene Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Vertragspartners („Knebelung“) oder die grobe Benachteiligung von Dritt- oder Allgemeininteressen168. Rechtsfolge ist die Gesamtnichtigkeit des Vertrags, während die Inhaltskontrolle bei Unwirksamkeit einzelner Klauseln die Wirksamkeit des Restgeschäfts regelmäßig unberührt lässt (vgl. § 306).

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Nach anderer Ansicht stellen die §§ 307 ff. leges speciales zu § 138 dar mit der Folge, dass dieser in ihrem Anwendungsbereich verdrängt wird169. Dies wird u.a. mit dem Hinweis auf das besondere Rechtsfolgensystem des § 306 begründet170. Deshalb komme ein Rückgriff auf § 138 nur in Betracht, soweit es um Individualabreden gehe oder wenn sich die Anstößigkeit der AGB-Regelung aus Um-

163 BGH v. 27.1.2015 – XI ZR 174/13, ZIP 2015, 517 Rz. 18; BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 = ZIP 2014, 1077 Rz. 20, 42; BGH v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13, BGHZ 199, 281 = ZIP 2014 259 Rz. 10; BGH v. 25.9.2002 – VIII ZR 253/99, BGHZ 152, 121 (133); BGH v. 6.5.1992 – VIII ZR 129/91, BGHZ 118, 194 (198). 164 Der dogmatisch korrekte Weg zu der in der Tat gebotenen Erstreckung der AGB-rechtlichen Unterlassungsklage auf Klauseln, die gegen (halb-)zwingendes Recht verstoßen, ist freilich eine analoge Anwendung des § 1 UKlaG, vgl. hierzu § 307 Rz. 208. 165 BGH v. 16.4.1996 – XI ZR 234/95, ZIP 1996, 957 (960 f.); Brandner (9. Aufl.) § 9 Rz. 32 f.; Staudinger/Coester § 307 Rz. 32 ff.; Stoffels Rz. 384; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 24. 166 BGH v. 2.5.1996 – 1 BvR 696/96, ZIP 1996, 956 (961); BGH v. 18.9.1997 – IX ZR 283/96, NJW 1997, 3372 (3374); BGH v. 25.4.2001 – VIII ZR 135/00, NJW 2001, 2331 (2333); vgl. auch Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 11; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 15. 167 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 12; unklar Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 32 (unter Verweis auf von Hoyningen-Huene Rz. 105), wonach die AGB-rechtliche Rechtsfolgenanordnung anwendbar bleibe, wenn die „Sittenwidrigkeit des Vertrags gerade aus der Unangemessenheit der einbezogenen AGB“ folge. 168 Vgl. Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 11; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 32. 169 MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 10; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 15; Palandt/Ellenberger § 138 Rz. 16; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 11. 170 Vgl. MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 10; Bruse BB 1986, 478 (482 f., 484); Löwe NJW 1980, 2078 (2079).

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Vor § 307 BGB

ständen ergebe, die im Rahmen der §§ 307 ff. keine Relevanz besäßen171, wie etwa die grobe Benachteiligung von Drittinteressen172. Weitere Konsequenz dieser Ansicht ist, dass AGB-Klauseln, die schon nach §§ 307 ff. unwirksam sind, nicht in die nach § 138 vorzunehmende Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls einbezogen werden können. Gegen eine derartige partielle Verdrängung des § 138 durch die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle spricht jedoch, dass die §§ 307 ff. auf diese Weise eine Art Bereinigungsfunktion im Vorfeld der Prüfung von § 138 übernehmen würden, die ihnen nach dem Schutzzweck der AGB-Kontrolle nicht zukommt173. Zudem würde dadurch der Gesetzeszweck des § 138, einen als Ganzes gesehen sittenwidrigen Vertrag keine Rechtswirkungen entfalten zu lassen (Eliminierungsfunktion)174, beeinträchtigt. Denn die gebotene Würdigung des Gesamtcharakters des Rechtsgeschäfts nach Inhalt, Zweck und Beweggrund kann nicht erfolgen, wenn die (schon) nach §§ 307 ff. unwirksame Klauseln nicht mit in die Prüfung einbezogen werden175. Der Praxis des BGH, bei der gebotenen Gesamtwürdigung nach § 138 auch die (nach §§ 307 ff.) unwirksamen oder nicht einbezogenen Formularklauseln zu berücksichtigen176, ist daher zuzustimmen.

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Der BGH hat § 138 auch dann angewandt, wenn eine Vielzahl von AGB-Klau- 61 seln der Inhaltskontrolle nicht standhielt177. Dahinter steht offenbar der Gedanke, dass eine Vertragsgestaltung, die über weite Strecken oder in zahlreichen Einzelpunkten durch anstößige Klauseln geprägt ist, wegen der Notwendigkeit, wesentliche Vertragsbestandteile durch anderweitige Regelungen zu ersetzen, die Möglichkeiten der Inhaltskontrolle überfordert, so dass die Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit nach § 138 als angemessen erscheint178. Der Anwendung des § 138 in derartigen Fällen ist zuzustimmen, sofern nicht lediglich die bloße An-

171 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 11; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 10. 172 Vgl. z.B. zu Sicherungsklauseln BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (180); BGH v. 8.10.1986 – VIII ZR 342/85, NJW 1987, 487 (489); BGH v. 16.4.1996 – XI ZR 234/95, ZIP 1996, 957 (959); vgl. aber näher zur Frage der Berücksichtigungsfähigkeit von Drittinteressen § 307 Rz. 133 ff. 173 Staudinger/Coester § 307 Rz. 34 m.w.N.; im Ergebnis auch Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 26. 174 BGH v. 18.9.1997 – IX ZR 283/96, NJW 1997, 3372 (3374); Bamberger/Roth/Wendtland § 138 Rz. 2; Erman/A. Arnold § 138 Rz. 1; Stoffels Rz. 386. 175 BGH v. 12.3.1981 – III ZR 92/79, BGHZ 80, 153 (172); BGH v. 10.7.1986 – III ZR 133/85, BGHZ 98, 174 (177); BGH v. 18.9.1997 – IX ZR 283/96, NJW 1997, 3372 (3374); Stoffels Rz. 386. 176 BGH v. 12.3.1981 – III ZR 92/79, BGHZ 80, 153 (172) = NJW 1981, 1206 (1210); BGH v. 10.7.1986 – III ZR 133/85, BGHZ 98, 174 (177); BGH v. 27.1.1988 – VIII ZR 155/87, NJW 1988, 1373 (1375) (Möbelkauf); BGH v. 20.2.1990 – XI ZR 195/88, NJW 1990, 1597; BGH v. 18.9.1997 – IX ZR 283/96, NJW 1997, 3372 (3374) (Bürgschaft); Staudinger/ Coester § 307 Rz. 34; Prütting/Wegen/Weinreich/Berger Vor §§ 305 ff. Rz. 10. 177 BGH v. 11.11.1968 – VIII ZR 151/66, BGHZ 51, 55; BGH v. 19.4.1972 – VIII ZR 30/71, NJW 1972, 1227; BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (160 f.); BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53; Staudinger/Coester § 307 Rz. 34; Stoffels Rz. 388. 178 Vgl. BGH v. 11.11.1968 – VIII ZR 151/66, BGHZ 51, 55 (57 f.); BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (162); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 32 a.E.; ähnlich Staudinger/Coester § 307 Rz. 34 a.E. (nicht Aufgabe und Kompetenz der Gerichte, Verträge in ihrem konstitutiven Inhalt neu zu schreiben).

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

zahl der unwirksamen Klauseln als ausschlaggebend erachtet wird179, sondern die Einzelverstöße in ihrer Gesamtheit tatsächlich auch qualitativ ein solches Gewicht erlangen, dass die hinter der AGB-Gestaltung stehende Geschäftsstrategie als Verstoß gegen die allgemeine Rechtsordnung erscheint, z.B. weil sie ein den Rechtsverkehr gefährdendes Maß an Rücksichtslosigkeit gegenüber berechtigten Belangen des Vertragspartners offenbart180, zu einer erheblichen Einschränkung von dessen wirtschaftlicher Bewegungsfreiheit führt181 und/oder mit der missbräuchlichen Ausnutzung einer wirtschaftlichen Machtstellung zusammenfällt. Dabei spielt auch eine Rolle, ob der Vertrag möglicherweise in anderen Teilen, etwa dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, schon nahe an der Grenze zur Sittenwidrigkeit liegt; diese Grenze kann dann durch zusätzliche unangemessene AGB-Klauseln überschritten werden182. c) Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 62

Das Gebot von Treu und Glauben war die Rechtsgrundlage, aus der die Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des AGBG die Grundsätze der Inhaltskontrolle abgeleitet hat183. Nachdem die Rechtsprechungsgrundsätze in die gesetzliche Regelung der früheren §§ 9–11 AGBG und jetzigen §§ 307–309 eingeflossen sind, stellen diese Vorschriften die speziellere Regelung und eine abschließende Konkretisierung dar; in ihrem Anwendungsbereich ist daher ein Rückgriff auf § 242 ausgeschlossen, soweit es um die Beurteilung der Wirksamkeit von AGB-Klauseln geht184. Etwas anderes gilt jedoch für formularmäßige Klauseln außerhalb des Anwendungsbereiches der §§ 307–309185, also insb. in Verträgen auf den Gebieten des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts, in Tarifverträgen sowie Betriebs- und Dienstvereinbarungen (vgl. § 310 Abs. 4 Satz 1).

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Daneben behält § 242 auch die Funktion der sog. „Ausübungskontrolle“: Im Gegensatz zur Inhaltskontrolle, die sich auf die Frage der Wirksamkeit einer Klausel bezieht, geht es hier darum, ob die Berufung auf eine Klausel im konkreten

179 Insoweit zutreffend Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 11 a.E. In diesem Fall muss es bei den Rechtsfolgen des § 306 bleiben, so dass es nur unter den Voraussetzungen des Abs. 3 zur Gesamtunwirksamkeit des Vertrages kommt. 180 Vgl. BGH v. 26.4.2001 – IX ZR 337/98, NJW 2001, 2466 (2468) (Verwender hat die Vertragsbedingungen „insgesamt aus sittlich verwerflicher Gesinnung so einseitig abgefasst, dass nur der eine Vertragsteil seine Rechte durchsetzt, während wesentliche, berechtigte Belange des anderen Teils missachtet werden“). 181 BGH v. 11.11.1968 – VIII ZR 151/66, BGHZ 51, 55 (57); BGH v. 19.4.1972 – VIII ZR 30/71, NJW 1972, 1227 (1229); BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (160). 182 Vgl. BGH v. 12.3.1981 – III ZR 92/79, BGHZ 80, 153 (171) = NJW 1981, 1206 (1209); BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (162); Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 15 a.E.; Stoffels Rz. 387; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 26. 183 Vgl. nur BGH v. 29.10.1956 – II ZR 79/55, BGHZ 22, 90 (96) sowie oben Rz. 15, Einl. Rz. 11. 184 BGH v. 17.5.1991 – V ZR 140/90, BGHZ 114, 338 (340); Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 14; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 12; Staudinger/Coester § 307 Rz. 35; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 11 Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 16; Stoffels Rz. 389; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 28; a.A. Fehl Systematik S. 109, 115; Roussos JZ 1988, 997 (1006). 185 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 14; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 12; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 16 aE.

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Fall rechtsmissbräuchlich ist186. Beide Fragen sind strikt voneinander zu trennen: Zu einer Ausübungskontrolle kann es nur kommen, wenn die Wirksamkeit der fraglichen AGB-Bestimmung nach §§ 307–309 bereits eindeutig anerkannt ist187. Andernfalls geriete man in einen Konflikt mit Prinzipien des AGB-Rechts. So würde es z.B. gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verstoßen, wenn man dem Verwender lediglich die Berufung auf einen zu weit gefassten Haftungsausschluss im Übermaßbereich verwehrte, ohne die Wirksamkeit der Klausel im Übrigen zu hinterfragen188. Abzulehnen ist es daher z.B., in Kunstversteigerungsbedingungen die umfassende Haftungsfreizeichnung des Auktionators vom Fälschungsrisiko zu billigen und dem Kunden lediglich den individuellen Einwand des Rechtsmissbrauchs einzuräumen, wenn der Auktionator seine Prüfungspflicht verletzt hat189. Im Gegensatz zur generalisierend-typisierten Betrachtungsweise bei der Inhaltskontrolle190 beschränkt sich die Ausübungskontrolle auf das Verhalten des Verwenders im konkreten Fall und untersagt ihm gegebenenfalls die Berufung auf eine bestimmte AGB-Regel wegen individuellen Rechtsmissbrauchs, während die Wirksamkeit der Klausel im Übrigen dadurch nicht angetastet wird191. Der Vertragspartner des Verwenders soll hierdurch zusätzlich vor atypischen Konstellationen geschützt werden192. Für die Abgrenzung zur Inhaltskontrolle (mit der potentiellen Folge der Unwirksamkeit zu weit gefasster Klauseln) kommt es vor allem darauf an, ob eine tatbestandliche Konkretisierung in der Klausel selbst erwartet werden kann193. Ist dies nicht der Fall, z.B. wegen sehr seltener Konstellationen, unüberschaubarer Verhältnisse oder der Notwendigkeit, insb. im unternehmerischen Verkehr, auf unterschiedliche Situationen flexibel reagieren zu können194, ist eine Korrektur im Wege der einzelfallbezogenen Ausübungskon186 BGH v. 12.2.1985 – X ZR 31/84, BGHZ 93, 391 (399 f.); BGH v. 6.7.1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71 (88); BGH v. 25.11.1999 – VII ZR 22/99, ZIP 2000, 78 (79); BGH v. 15.1.2013 – XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519; OLG Nürnberg v. 27.2.1997 – 8 U 3754/96, NJW 1997, 2186 (2186 f.); OLG Karlsruhe v. 30.6.2009 – 17 U 497/08, WM 2009, 1741 (1742 f.); Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 14; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 12; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 1; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 16; Stoffels Rz. 389; Staudinger/Coester § 307 Rz. 36; Roussos JZ 1988, 997 (998); Prütting/Wegen/Weinreich/Berger Vor §§ 305 ff Rz. 11. 187 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 12; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 36; Roussos JZ 1988, 997 (998 f.). 188 So zutr. Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 12 a.E. gegen BGH v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, NJW 1980, 1619 (1621). 189 So aber BGH v. 13.2.1980 – VIII ZR 26/79, NJW 1980, 1619 (1621); OLG Hamm v. 28.9.1993 – 29 U 18/92, NJW 1994, 1967. 190 Vgl. BGH v. 16.4.1996 – XI ZR 234/95, ZIP 1996, 957 (960 f.). 191 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 14; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 12; Stoffels Rz. 389; Roussos JZ 1988, 997 (998 f.). 192 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 12; enger Stoffels Rz. 389 („auf exzeptionell gelagerte Sachverhaltskonstellationen beschränkt“). 193 Vgl. BGH v. 28.1.1987 – VIII ZR 46/86, BB 1987, 2258 (2259); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1064); BGH v. 3.6.1998 – VIII ZR 317/97, NJW 1998, 3114 (3116); Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 30, 248, 260, 272. Ähnlich, aber wohl noch enger Staudinger/Coester § 307 Rz. 37, der dafür plädiert, die Zulässigkeit und Grenzen eines (möglichen) Verweises auf die Ausübungskontrolle in Übereinstimmung mit den Grundsätzen zur Auslegung von AGB zu bestimmen und nur bei rein theoretischen oder völlig fern liegenden Konstellationen sowie dann zuzulassen, wenn „eine weitere generell-abstrakte Präzisierung sachbedingt nicht möglich“ sei. 194 Vgl. Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 30, 248.

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trolle angebracht. Die Voraussetzungen des Einwands rechtsmissbräuchlichen Verhaltens richten sich nach den allgemeinen Grundsätzen195. Dieser kann gegebenenfalls auch die Berufung des Verwenders auf die Unwirksamkeit einer Klausel, die sich im Einzelfall zu Gunsten des Kunden auswirkt, entgegenstehen196. 65

Schließlich kann in bestimmten Konstellationen auch dem Vertragspartner die Berufung auf die Unwirksamkeit einer Klausel wegen Rechtsmissbrauchs verwehrt sein197, etwa nach dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium198. Dazu reicht es aber nicht aus, dass der Vertragspartner nach längerer Erörterung mit dem Verwender die Klausel letztlich als wirksam akzeptiert hat199. Auch hier ist vielmehr auf die allgemeinen Grundsätze abzustellen. Danach kommt ein Rechtsmissbrauch des Vertragspartners etwa dann in Betracht, wenn dieser bei Vertragsschluss ausreichend über den Inhalt der AGB informiert war oder ähnliche Formulierungen gar selbst in anderen Verträgen verwendet hat und sich später dennoch auf die Intransparenz (§ 307 Abs. 1 Satz 2) der Klauseln beruft200. Im Übrigen kommt eine unzulässige Rechtsausübung des Vertragspartners „nur unter besonderen Voraussetzungen“201 in Betracht. So hat das OLG Karlsruhe dem Vertragspartner des Verwenders die Berufung auf die Klausel über eine Bonuszahlung in einem vorformulierten Sparvertrag versagt, weil der Kunde die dem Verwender nachteilige Bonusregelung nicht nur ausgenutzt, sondern durch die exorbitante Erhöhung der Sparrate von 30 Euro auf 20.000 Euro zweckentfremdet habe und die Vertragsdurchführung für den Verwender im Hinblick auf die (relativ kurzfristige) Vervielfachung des Vertragsumfangs schlechthin unzumutbar sei202. d) Billigkeitskontrolle nach § 315

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Der auf die Begrenzung einseitiger Gestaltungsmacht ausgerichtete § 315 ist vor Erlass des AGBG gelegentlich als Rechtsgrundlage für eine Inhaltskontrolle von AGB herangezogen worden203. Die Einräumung eines Leistungsbestimmungsrechts an eine Vertragspartei mag zwar gewisse Parallelen zur unbesehenen Akzeptanz der von einer Partei gestellten AGB aufweisen, bleibt aber etwas grundlegend anderes. Jedenfalls divergieren Maßstab und Rechtsfolgen beider

195 Vgl. BGH v. 6.7.1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71 (88). 196 BGH v. 4.12.1997 – VII ZR 187/96, NJW-RR 1998, 594 (595); dazu Bernuth BB 1999, 1284 (1286 f.); BGH v. 31.8.2010 – VIII ZR 28/10, NZM 2011, 31; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 16; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 14. 197 Vgl. BGH v. 30.9.1987 – IVa ZR 6/86, NJW 1988, 410 (411); MünchKomm/Roth/Schubert § 242 Rz. 456 ff.; OLG Karlsruhe v. 30.6.2009 – 17 U 497/08, WM 2009, 1741 (1743); a.A. Staudinger/Coester § 307 Rz. 38. 198 Vgl. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 37; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 31; a.A. Staudinger/ Coester § 307 Rz. 38. 199 BGH v. 30.9.1987 – IVa ZR 6/86, NJW 1988, 410 (411); Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 14. 200 Vgl. Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 31. 201 OLG Karlsruhe v. 30.6.2009 – 17 U 497/08, WM 2009, 1741 (1743) (gleiche Anforderungen wie für treuwidrige Ausnutzung eines Kalkulationsirrtums, daher Rechtsmissbrauch nur, wenn die Vertragsdurchführung für den Erklärenden schlechthin unzumutbar sei). 202 OLG Karlsruhe v. 30.6.2009 – 17 U 497/08, WM 2009, 1741 (1743). 203 Vgl. z.B. BGH v. 29.10.1962 – II ZR 31/61, BGHZ 38, 183 (186); Lukes NJW 1963, 1900; Flume Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Zweiter Band, Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl. 1992, § 37, 2 S. 671.

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Kontrollansätze in wesentlichen Punkten: Die an einer überindividuell-generalisierenden Betrachtungsweise ausgerichtete Rechtskontrolle der Wirksamkeit von AGB ist mit der auf die Verwirklichung der Einzelfallgerechtigkeit konzipierten Billigkeitskontrolle, bei der an die Stelle der unbilligen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 ein Akt richterlicher Vertragsgestaltung (im Sinne einer Vertragshilfe im Einzelfall) tritt, nicht zu vergleichen204. Taugte daher § 315 nach zutreffender Auffassung schon damals nicht als Basis für eine umfassende Inhaltskontrolle von AGB, so ist nach deren expliziter gesetzlicher Normierung erst recht kein Raum mehr für eine allgemeine Überprüfung von AGB anhand dieser Vorschrift. § 315 ist dagegen anwendbar, sofern tatsächlich in AGB (ausdrücklich) ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht wirksam vereinbart wird (Beispiel: Vorbehalt des Automobilherstellers, das einem Vertragshändler zugewiesene „Marktverantwortungsgebiet“ aus Gründen „der Marktabdeckung“ einseitig zu verkleinern)205. Die vorformulierte Einräumung eines solchen einseitigen Gestaltungsrechts (in AGB) unterliegt der Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 307–309, wobei insbesondere die §§ 308 Nr. 4, 309 Nr. 1 und die Anforderungen des Transparenzgebotes zu beachten sind. Nur wenn diese erste Prüfungsstufe erfolgreich absolviert und die Klausel wirksam ist206, kommt es auf einer zweiten Stufe zu der Untersuchung, ob die Ausübung der eingeräumten Gestaltungsmacht im Einzelfall billigem Ermessen entspricht207.

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2. Irrtumsanfechtung Schrifttum: Lass Zum Lösungsrecht bei arglistiger Verwendung unwirksamer AGB, JZ 1997, 67; Locher Zur Anfechtung wegen Irrtums über die Einbeziehungsvoraussetzungen und über den Inhalt einzelner Klauseln in AGB, BB 1981, 818; Loewenheim Irrtumsanfechtung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, AcP 180 (1980), 433.

a) Ausgangspunkt Die Regeln der Irrtumsanfechtung stehen selbständig neben den Vorschriften über die Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle. Die AGB erlangen nur mit dem Einverständnis des anderen Vertragspartners Geltung208, beruhen also auf dessen rechtsgeschäftlichem Willen und können daher bei Vorliegen von Willensmängeln genauso wie andere Vertragsbestandteile im Wege der Irrtumsanfechtung 204 Vgl. Stoffels Rz. 390 f.; Staudinger/Coester § 307 Rz. 40; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 41. 205 BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, NJW 1984, 1182. Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, NJW 1985, 623; BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358 (361); BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, NJW 1991, 2559 (2564). 206 Dafür muss die Einräumung eines einseitigen Bestimmungsrechts sachlich notwendig sein, z.B. um die gebotene Anpassung der AGB an veränderte Umstände zu erlauben, und darf nicht auf ein freies Ermessen erweitert werden, vgl. Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 42. Ferner verlangt der BGH (vorherige Fn. 205) vor dem Hintergrund des Transparenzgebotes eine klauselmäßige Konkretisierung des Leistungsbestimmungsrechts nach Voraussetzungen und Umfang. Näher zu den Anforderungen an die wirksame Einräumung von Leistungsbestimmungsrechten im Rahmen des § 307 siehe § 307 Rz. 173 ff. 207 Ebenso für zwei getrennte Prüfungsschritte Staudinger/Coester § 307 Rz. 42 ff.; Stoffels Rz. 393; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 42 f. 208 Vgl. § 305 Abs. 2 a.E., der insoweit nur einen allgemeinen Grundsatz des Vertragsrechts wiederholt, der auch im unternehmerischen Verkehr gilt.

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

beseitigt werden209. Da die AGB-Vorschriften dem Schutz des Vertragspartners dienen und keine anderweit bestehenden Gestaltungsrechte beschneiden sollen, verdrängen sie die Anwendung der §§ 119, 123 nicht, zumal diese sich in ihrem Schutzzweck von den §§ 305 ff. unterscheiden: Es geht nicht um den Schutz des Kunden vor unangemessener Benachteiligung, sondern darum, ihm die Möglichkeit einzuräumen, seinen tatsächlichen rechtsgeschäftlichen Willen zur Geltung zu bringen210. Ein rechtlich relevantes Auseinanderfallen von Wille und Erklärung liegt insoweit vor, wenn der Kunde nach dem Empfängerhorizont objektiv sein Einverständnis mit den AGB erklärt hat (§§ 133, 157), dies aber nicht seinem wirklichen Willen entspricht211. Dabei ist zwischen dem Irrtum über die Einbeziehung der AGB in den Vertrag und dem Irrtum über den Inhalt der AGB zu differenzieren. In bestimmten Fällen kann allerdings das Anfechtungsrecht mangels Erheblichkeit des Irrtums oder wegen fehlender Kausalität zwischen Irrtum und Vertragsschluss entfallen, insbesondere bei branchenüblichen AGB und wenn der Vertragspartner keine Alternativen hat, sondern auf den Vertragsschluss angewiesen ist212. 69

Fraglich ist, ob auch dem Verwender ein Anfechtungsrecht nach § 119 Abs. 1 zusteht, wenn er z.B. versehentlich den erforderlichen Hinweis nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 unterlassen hat und es dadurch zum Vertragsschluss ohne Einbeziehung der AGB gekommen ist. Dies wird teilweise unter Hinweis auf allgemeine rechtsgeschäftliche Grundsätze bejaht213, von der h.M. aber wegen des vorrangigen Schutzzwecks der §§ 305 Abs. 2, 306 abgelehnt214. Weist der Verwender nicht ordnungsgemäß auf seine AGB hin oder werden diese aus anderen Gründen nicht Vertragsbestandteil, soll der Vertrag im Übrigen wirksam bleiben und der Vertragspartner den vollen Schutz des dispositiven Rechts genießen. Dem widerspräche es, wenn sich der Verwender durch Anfechtung vom Vertrag lösen könnte. Das Risiko, dass der Vertrag insbesondere durch Fehler bei der Einbeziehung nicht mit dem vom Verwender auf Grund seiner AGB gewollten Inhalt zu Stande kommt, ist dem Verwender zugewiesen, eine Anfechtung daher insoweit ausgeschlossen. Gleiches gilt bei inhaltlichen Abweichungen des in den AGB Erklärten vom wirklichen Willen des Verwenders, weil das AGB-Recht ihm auch das Risiko von Missverständnissen durch unklare Formulierung der AGB zuweist (vgl. § 305c Abs. 2). b) Irrtum über die Einbeziehung der AGB

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Bei der Einbeziehung von AGB in den Vertrag kann sich der Kunde insofern in zweierlei Hinsicht irren: Zum einen kann er zu Unrecht der Auffassung sein, der Verwender nutze überhaupt keine AGB, zum anderen kann er fälschlich an209 Vgl. nur Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 13; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 18; Stoffels Rz. 394; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (437 f.); Staudinger/Coester § 307 Rz. 23; a.A. E. Schmidt ZIP 1987, 1505 (1506). 210 Siehe nur Stoffels Rz. 394. 211 Vgl. Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (438 f.). 212 Vgl. Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (453). Selbst bei arglistiger Täuschung über die Einbeziehung oder den Inhalt von AGB ist eine Anfechtung ausgeschlossen, vorausgesetzt die Konkurrenten des Verwenders verwenden nahezu dieselben (branchenüblichen) AGB und der Kunde hätte einen solchen Vertrag auf jeden Fall abschließen müssen. Das dürfte allerdings nur in Extremfällen anzunehmen sein. 213 Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (446). 214 Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 18 aE; Stoffels Rz. 398.

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nehmen, die AGB seien im konkreten Fall nicht Vertragsbestandteil geworden215. In der ersten Konstellation muss der Kunde die konkrete Vorstellung haben, sein Vertragspartner verwende keine AGB216. Dann unterliegt er einem Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 Var. 1), da er sich über die Bedeutung seiner Erklärung (Zustimmung zur Einbeziehung der AGB) irrt217. Macht er sich dagegen überhaupt keine Gedanken über die mögliche Verwendung von AGB, fehlt es mangels eines konkretisierten rechtsgeschäftlichen Willens (über die Nichtverwendung der AGB) schon an der erforderlichen Inkongruenz zwischen Wille und Erklärung218. Bei der zweiten Konstellation nimmt der Kunde irrig an, die AGB des Verwenders seien (nur) im konkreten Fall nicht einbezogen worden, etwa weil der Vertrag mit dem Inhalt seines eigenen Angebots (ohne die AGB des Verwenders) zustande gekommen sei. Verkennt der Vertragspartner etwa, dass er mit der widerspruchslosen Durchführung des vom Verwender nur unter Zugrundelegung seiner AGB angenommen Vertragsangebots konkludent sein Einverständnis mit den AGB erklärt, unterliegt er ebenfalls einem zur Anfechtung berechtigenden Irrtum über den Inhalt seiner Erklärung, da er annimmt, den AGB nicht zugestimmt zu haben219. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über die Einbeziehung von AGB nach § 123 dürfte nicht nur im Anwendungsbereich der ausdrücklichen Hinweispflicht nach § 305 Abs. 2 Nr. 1, sondern auch im unternehmerischen Verkehr grundsätzlich ausscheiden, da es kaum vorstellbar ist, einerseits eine zumindest konkludente Zustimmung des Vertragspartners zur Geltung der AGB, andererseits aber dessen arglistige Täuschung über deren Einbeziehung anzunehmen. Eher in Betracht kommt eine durch widerrechtliche Drohungen beeinflusste Bestimmung zur Abgabe des Einverständnisses mit der Geltung der AGB.

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c) Irrtum über den Inhalt der AGB Möglich ist auch, dass sich der Vertragspartner falsche Vorstellungen über den Inhalt der AGB macht, die freilich hinreichend konkret sein müssen, um ein Anfechtungsrecht begründen zu können220. Hat der Kunde die AGB schlicht nicht gelesen und sich daher überhaupt keine näheren Gedanken über deren (möglichen) Inhalt gemacht, so scheidet ein relevanter Irrtum aus. Eine konkrete Fehlvorstellung liegt z.B. dann vor, wenn der Vertragspartner die AGB deshalb nicht liest, weil er sie auf Grund ständiger Geschäftsbeziehungen zum Verwender zu kennen glaubt, der Verwender sie aber kürzlich geändert hat221. Dann unterliegt der Kunde einem Irrtum über die Bedeutung seiner Erklärung, da er die objektiv erklärte Zustimmung zu den geänderten AGB so nicht gewollt hat. Ei215 Vgl. Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (440). 216 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 13; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 18; Stoffels Rz. 395; Loewenheim AcP 180 1980, 433 (441 f.). 217 Vgl. Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (442). 218 Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (441). Dies entspricht der Sachlage beim Unterschreiben ungelesener Urkunden: Der Kunde gibt zu erkennen, er wolle den Vertrag mit dem in der Urkunde festgelegten Inhalt so gegen sich gelten lassen, vgl dazu RGZ 62, 201 (205); RGZ 77, 309 (312); BGH, WM 1956, 316 (317); BAG v. 27.8.1970 – 2 AZR 519/69, NJW 1971, 639 (640); Palandt/Ellenberger § 119 Rz. 9. 219 Vgl. Stoffels Rz. 395; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (443). 220 Stoffels Rz. 396; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (444). 221 Vgl. Stoffels Rz. 396; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (445).

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ner Anfechtung nach § 119 Abs. 1 Var. 1 bedarf es allerdings nicht, wenn die fraglichen Klauseln so überraschend sind, dass sie schon nach § 305c Abs. 1 nicht Vertragsbestandteil geworden sind222. 73

Problematisch sind die Fälle, in denen der Vertragspartner den Inhalt der AGB oder einzelner Klauseln falsch versteht. Er könnte insoweit einem Rechtsfolgenirrtum unterliegen, da nicht die von ihm gewollten (Inhalt der AGB nach seiner Vorstellung), sondern andere Rechtsfolgen (objektiver Gehalt, §§ 133, 157) eintreten. Ein Rechtsfolgenirrtum ist nur beachtlich, wenn die tatsächliche unmittelbar auf der Erklärung beruhende Rechtsfolge wesentlich von der irrig angenommenen abweicht223 und der Vertragspartner sich somit über die rechtliche Bedeutung der von ihm abgegebenen Willenserklärung irrt. Kein zur Anfechtung berechtigender Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1 Var. 1 liegt dagegen vor, wenn das Rechtsgeschäft außer der erstrebten Rechtsfolge weitere nicht erkannte und nicht gewollte mittelbare Folge- oder Nebenwirkungen hat. Die Abgrenzung kann im Einzelnen sehr schwierig sein224. Eine Anfechtung wegen irriger Vorstellungen des Vertragspartners über den Inhalt (einzelner Klauseln) der AGB dürfte vor allem bei gesetzlich nicht geregelten Verträgen in Betracht kommen, soweit sich der Irrtum auf AGB-Klauseln bezieht, die wesentliche Rechte oder Pflichten der Parteien regeln. Dagegen scheidet eine Anfechtung aus, wenn der Vertragspartner z.B. irrtümlich von der Übereinstimmung bestimmter AGB-Klauseln mit dem dispositiven Gesetzesrecht ausgeht oder wenn er weitere (gesetzliche) Konsequenzen oder Nebenwirkungen bestimmter AGB-Regelungen übersieht.

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Das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung (oder widerrechtlicher Drohung) nach § 123 wird durch die §§ 305 ff. nicht berührt225. Das gilt auch dann, wenn die Klauseln, über deren Inhalt der Vertragspartner arglistig getäuscht worden ist, nach AGB-rechtlichen Grundsätzen nicht wirksam Vertragsbestandteil geworden sind226. Der Vertragspartner hat insoweit die Wahl, sich nur auf die Unwirksamkeit der betreffenden Klauseln zu berufen, am Vertrag im Übrigen aber nach § 306 fest zu halten, oder sich mit der binnen Jahresfrist (§ 124) auszuübenden Anfechtung ganz vom Vertrag zu lösen227. d) Rechtsfolgen der Anfechtung

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Grundsätzlich führt die Anfechtung zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages mit Wirkung ex tunc (§§ 142 Abs. 1, 139). Im AGB-Recht schützt jedoch § 306 Abs. 1 als lex specialis gegenüber § 139 das Interesse des Kunden an der Durchführung des Vertrages und lässt daher bei unwirksamen und nicht einbezogenen Klauseln die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen bestehen bleiben228. Dieses vor222 Vgl Staudinger/Coester § 307 Rz. 26; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (445). 223 Vgl. RGZ 88, 278 (284); BGH v. 29.11.1996 – BLw 16/96, BGHZ 134, 152 (156); Bamberger/Roth/Wendtland § 119 Rz. 32; Palandt/Ellenberger § 119 Rz. 15. 224 Vgl. zu Einzelfällen allgemein Palandt/Ellenberger § 119 Rz. 15 f. m. Nachw. Grundsätzlich gegen die Beachtlichkeit des Irrtums über die rechtlichen Folgen einzelner AGB-Bestimmungen Stoffels Rz. 397; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (445 f.); vgl. auch § 306 Rz. 18 ff. 225 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 13; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz.18; Lass JZ 1997, 67 (72); Prütting/Wegen/Weinreich/Berger Vor §§ 305 ff. Rz. 12. 226 Vgl. Staudinger/Coester § 307 Rz. 25. 227 Vgl. Lass JZ 1997, 67 (72 ff.); Staudinger/Coester § 307 Rz. 26. 228 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 306 Rz. 1; MünchKomm/Basedow § 306 Rz. 2, 7; Palandt/Grüneberg § 306 Rz. 1; gegen generelle Anwendung des § 306 bei der Anfech-

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rangige Kundeninteresse ist auch bei der Anfechtung nach § 119 Abs. 1 zu berücksichtigen, indem sich diese auch nur gegen einzelne Klauseln richten oder nur auf die Einbeziehung selbst beschränken kann (Teilanfechtung)229. Dem Vertragspartner bleibt es allerdings unbenommen, sich durch Anfechtung ganz vom Vertrag zu lösen230. Dem Verwender steht unter den Voraussetzungen des § 122 ein Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens zu231. Entgegen einer teilweise im Schrifttum vertretenen Auffassung kann der Verwender nach dieser Norm aber nicht die Aufhebung des gesamten Vertrages verlangen232, da dies dem Zweck der §§ 305 Abs. 2, 306 zuwiderliefe.

3. Verhältnis zum Wettbewerbs- und Kartellrecht Schrifttum: Alexander Vertragsrecht und Lauterkeitsrecht unter dem Einfluss der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken – zugleich Besprechung der Entscheidung EuGH, 15.3.2012 – C-453/10 – Perenicˇová und Perenicˇ/SOS, WRP 2012, 515; Armgardt Verbraucherschutz und Wettbewerbsrecht: unwirksame AGB-Klauseln im Licht der neueren Rechtsprechung zum UWG und zur UGP-Richtlinie, WRP 2009, 122; Bechtold, GWB, 7. Aufl. 2013; Bechtold/Bosch/Brinker EU-Kartellrecht, 3. Aufl. 2014; Bornkamm/Köhler Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), 32. Aufl. 2014; Bunte Zur Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen und Konditionenempfehlungen, BB 1980, 325; Bunte Kartellrecht, 1. Aufl. 2003, 2. Aufl. 2008; Emmerich Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, 13. Aufl. 2014; Emmerich Unlauterer Wettbewerb, 9. Aufl. 2012; Ernst/Seichter Zur Wettbewerbswidrigkeit von Verstößen gegen das AGB-Recht, DB 2007, 1573; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig UWG, 3. Aufl. 2013; Hennig Zur Praxis des Bundeskartellamtes bei Konditionenkartellen und -empfehlungen, DB 1984, 1509; Hennig/Jarre Zur Praxis des Bundeskartellamtes bei Konditionenempfehlungen DB 1980, 1429; Hennig/Paetow Zur Praxis des Bundeskartellamtes bei Konditionenempfehlungen DB 1978, 2349; Immenga/Mestmäcker GWB, 3. Aufl. 2001; Immenga/Mestmäcker Wettbewerbsrecht, Bd. 1, EU/Teil 1, EU/Teil 2, 5. Aufl. 2012, Bd. 2, GWB, 5. Aufl. 2014; Kling/Thomas Kartellrecht, 2007; Köhler Konkurrentenklage gegen die Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen?, NJW 2008, 177; Köhler Zur Mitbewerberklage gegen die Verwendung unwirksamer AGB zugleich Besprechung von BGH, Urteil vom 31.5.2012 – I ZR 45/11 – Missbräuchliche Vertragsstrafe, WRP 2012, 1475; Langen/Bunte Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 12. Aufl. 2014; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff Kartellrecht, 2. Aufl. 2009; Mann Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, WRP 2007, 1035; Piper/Ohly/Sosnitza UWG, 6. Aufl. 2014; Reich Zur Möglichkeit und Durchsetzung eines sog. Folgenbeseitigungsanspruchs im UWG- und AGB-Recht – das Flexstrom-Urteil des KG v. 27.3.2013 und die Folgen für unberechtigt geforderte Energiepreis“anpassungen“ durch die Versorger, VuR 2014, 247; Schindler Die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Wettbewerbsrecht, 2007; Schirmers Konditionenempfehlungen, kartellrechtliche Kontrolle und AGB-Gesetz, 1983; Steckenborn Verstoß gegen AGB als Wettbewerbsverletzungen, BB 2012, 2324; Tüngler/Ruess In welchem Verhältnis stehen die

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tung Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 10; für Beschränkung auf Anfechtungsgründe im Verantwortungsbereich des Verwenders oben H. Schmidt § 306 Rz. 18; ebenso Stoffels Rz. 397. Vgl. Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 18 (Beschränkung der Anfechung auf die Einbeziehungsvereinbarung). Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 10; Stoffels Rz. 397; a.A. (Wahlrecht des Vertragspartners nur in Fällen arglistiger Täuschung) Lass JZ 1997, 67 (72); Staudinger/Coester § 307 Rz. 26. Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 13; Stoffels Rz. 397; Lass JZ 1997, 67 (72); Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (454 f., 458 ff.); Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 10; a.A. Locher BB 1981, 818 (821). So aber Staudinger/Coester § 307 Rz. 24; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 40; von Hoyningen-Huene Rz. 95; Loewenheim AcP 180 (1980), 433 (460).

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Schutzvorschriften des AGB-Rechts zu den Bestimmungen des UWG?, WRP 2009, 1336; Woitkewitsch Konkurrentenabmahnung wegen fehlerhafter AGB, GRUR-RR 2007, 257.

a) Ausgangspunkt 76

Das AGB-Recht dient zwar vorwiegend dem Schutz der einzelnen Vertragspartner des Verwenders vor unangemessener Benachteiligung233, weist aber, insbesondere mit dem Verbandsklageverfahren sowie mit der Förderung des Transparenzgedankens, auch eine überindividuelle Komponente auf, die sich auf die Wahrung allgemeiner marktwirtschaftlicher Belange richtet234. Die Freihaltung des Rechtsverkehrs insgesamt von unangemessenen und damit unwirksamen Klauseln sowie das Erfordernis klarer und verständlicher Bestimmungen in AGB stärken zugleich die Funktionsbedingungen eines fairen und freien Wettbewerbs in der Marktwirtschaft und wirken damit in die gleiche Richtung wie die wettbewerbsrechtlichen Gesetze. Deren primäres Ziel ist der Schutz des Wettbewerbs als Ordnungsprinzip mit den beiden Komponenten der Sicherung der Freiheit des Wettbewerbs vor Beschränkungen (GWB)235 einerseits und der Verhinderung unlauterer Wettbewerbsmethoden (UWG) andererseits. Beide Gesetze dienen zwar zum großen Teil auch dem Individualschutz der von wettbewerbswidrigen Maßnahmen Betroffenen236. Ansatzpunkt und Eingreifschwellen der wettbewerbsschützenden Vorschriften unterscheiden sich aber deutlich von der AGB-Kontrolle, so dass die verschiedenen Normenkomplexe prinzipiell nebeneinander anwendbar sind237.

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Dabei können sich Überschneidungen ergeben. So kann die (bewusste und planmäßige) Verwendung unwirksamer AGB eine unlautere Wettbewerbshandlung i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 2 und Nr. 11 UWG darstellen und zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen führen238. Die Verwendung besonders belastender AGB kann einen Missbrauch von Marktmacht durch marktbeherrschende Unternehmen nach der Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB bzw. einen Konditionenmissbrauch nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB darstellen und bei marktstarken Unternehmen (mit relativer Marktmacht gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen) auch gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 233 Vgl. nur Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 1, 9; MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 3 ff.; Palandt/Grüneberg Überbl. v. § 305 Rz. 8. 234 Vgl. Stoffels Rz. 404; Köndgen NJW 1989, 943 (946 f. m.w.N.). 235 Vgl. nur Begr. RegE BT-Drucks. 2/1158 S. 21; Immenga/Mestmäcker in Immenga/Mestmäcker GWB, 3. Aufl. 2001, Einl. Rz. 1. 236 Vgl. § 1 UWG 2008 (Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher und der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauterem Wettbewerb, zugleich Wahrung des Interesses der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb); näher zur Schutzgutdiskussion in historischer Perspektive Emmerich Unlauterer Wettbewerb, S. 18 f. m.w.N. Auch die Vorschriften des GWB haben weitgehend individualschützenden Charakter. Während es früher auf eine Qualifikation der einzelnen verletzten Norm als „Schutzgesetz“ ankam (§ 33 Satz 1 GWB a.F.), stehen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche seit der 7. GWB-Novelle (näher dazu Rz. 83 ff.) allen von dem Verstoß gegen die kartellrechtliche Norm „Betroffenen“ zu, vgl. § 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB sowie zur kartellrechtlichen Verbandsklage § 33 Abs. 2 GWB. „Betroffen“ ist nach § 33 Abs. 1 Satz 3 GWB, wer „als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist“. 237 Allg. Meinung, vgl. nur Staudinger/Coester § 307 Rz. 47; KG v. 11.12.1991 – Kart 7/91, WuW 1992, 538 (542) = WuW/E OLG 4914, 4918. 238 Näher hierzu und zu weiteren Möglichkeiten unlauterer Wettbewerbshandlungen im Zusammenhang mit der Verwendung von AGB unten Rz. 89 ff.

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i.V.m. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB verstoßen; marktstarke Nachfrager dürfen ihre Marktstellung nach § 20 Abs. 2 i.V.m. § 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB nicht dadurch missbrauchen, dass sie die von ihnen abhängigen Lieferanten (ohne Begrenzung auf kleine oder mittlere Unternehmen) dazu auffordern oder veranlassen, ihnen ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren (sog. Anzapfverbot). Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen in Vereinbarungen zwischen Unternehmen auf verschiedenen Marktstufen, insb. in Vertriebsverträgen239, können kartellrechtswidrig sein und zugleich den Vertragspartner unangemessen belasten. Absprachen zwischen konkurrierenden Unternehmen über die Verwendung einheitlicher AGB gegenüber Dritten (Konditionenkartelle) und unter bestimmten Umständen auch (unverbindliche) Empfehlungen (insb. von Wirtschafts- und Berufsverbänden) zur Gestaltung von AGB (Konditionenempfehlungen) können ebenfalls das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen und abgestimmter Verhaltensweisen nach § 1 GWB verletzen, sofern nicht die gesetzlichen Ausnahmen nach §§ 2, 3 GWB (einschließlich der nach § 2 Abs. 2 GWB entsprechend anwendbaren europäischen Gruppenfreistellungsverordnungen) eingreifen. Diese von vornherein ex lege wirkenden Befreiungen vom Kartellverbot sind mit der am 1.7.2005 in Kraft getretenen 7. GWB-Novelle an die Stelle der früher erforderlichen Anmeldung und Freistellung von Konditionenkartellen und -empfehlungen in einem behördlichen Widerspruchsverfahren nach §§ 2 Abs. 2, 9 Abs. 1 und 3, 22 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 GWB a.F. getreten (näher zur früheren Rechtslage und Übergangsregelung für Altkartelle Rz. 78 ff., zur jetzigen Rechtslage im System der Legalausnahme Rz. 83 ff.). Sofern wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen oder Verhaltensweisen geeignet sind, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der EU zu beeinträchtigen, sind auch Art. 101 und 102 AEUV anwendbar. Die Vorschriften des europäischen Kartellrechts haben in den letzten Jahren auf Grund der zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtungen und Realisierung des Binnenmarkts eine immer größere Bedeutung in der Praxis gewonnen. Hinzu kommt der mittelbare Einfluss durch die weitestgehende Angleichung der materiellen Beurteilungsstandards im Bereich der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen, die sich nicht zuletzt in dem dynamischen Verweis des § 2 Abs. 2 GWB auf die europäischen Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) zeigt. Im Bereich des Lauterkeitsrechts hat das europäische Sekundärrecht zuletzt mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL)240 starken Einfluss auf die Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts genommen. Der Umstand, dass hierbei der Verbraucherschutzaspekt im Vordergrund stand, führt im Gleichklang mit dem entsprechenden Schutzansatz im Vertragsrecht und ähnlichen Tendenzen im Kartellrecht zu weiteren Überschneidungen und erheblichen wechselseitigen Einflüssen.

239 Vgl. zu kartellrechtlichen Schranken bei Vertragshändlerverträgen Teil 2, (57) Vertragshändlerverträge Rz. 9 ff. 240 Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, RL 2005/29/EG v. 11.5.2005, ABl. EU Nr. L 149 v. 11.6.2005, S. 22; siehe auch die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung, RL 2006/114/EG v. 12.12.2006, ABl. EU Nr. L 376 v. 27.12.2006, S. 21.

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b) Kartellbehördliche Präventivkontrolle von Konditionenkartellen und -empfehlungen aus der Zeit vor der 7. GWB-Novelle 78

Die Vereinheitlichung der von verschiedenen Unternehmen verwendeten AGB wirft Fragen des Wettbewerbsschutzes auf, da die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite verringert werden. Bis zum 30.6.2005 bestand die Möglichkeit, Vereinbarungen zwischen Unternehmen über die einheitliche Anwendung von AGB (Konditionenkartelle, § 2 Abs. 2 GWB a.F.) sowie Empfehlungen von Wirtschafts- und Berufsverbänden zur einheitlichen Anwendung von AGB (Konditionenempfehlungen, § 22 Abs. 3 Nr. 2 GWB a.F.) vom allgemeinen Kartellverbot (§ 1 GWB a.F.) bzw. Empfehlungsverbot (§ 22 Abs. 1 GWB a.F.) freistellen zu lassen. Die kartellrechtliche Immunisierung erforderte lediglich, dass die Vereinbarungen und Empfehlungen – begleitet von einer Stellungnahme der betroffenen Wirtschafts- und Berufsvereinigungen – bei der Kartellbehörde angemeldet wurden und diese innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nicht widersprach (§§ 9 Abs. 1 und 3, 22 Abs. 4 GWB a.F.). Nach Ablauf der Widerspruchsfrist galt die Freistellung als erteilt, ohne dass es einer förmlichen Entscheidung oder auch nur formlosen Äußerung der Kartellbehörde bedurfte241. Die Abschaffung dieser Legalisierungsmöglichkeiten zum 1.7.2005 durch die 7. GWB-Novelle ließ die an diesem Tag bestehenden Freistellungen für eine Übergangszeit von zweieinhalb Jahren unberührt. Nach § 131 Abs. 1 GWB wurden die Freistellungen erst am 31.12.2007 unwirksam242.

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Die tatsächliche Bedeutung von Konditionenkartellen ist allerdings schon seit längerem relativ gering, während Konditionenempfehlungen, meist von den Spitzenverbänden in diversen Branchen ausgearbeitet und ihren Mitgliedsunternehmen zur Verfügung gestellt, in der Praxis eine größere Rolle spielen243. Schon im Rahmen der 6. GWB-Novelle war die Abschaffung der Freistellung für Konditionenkartelle erwogen worden, für die neben der Legalisierungsmöglichkeit von Konditionenempfehlungen kein praktisches Bedürfnis mehr gesehen wurde244. Der Gesetzgeber hielt aber an dem Freistellungstatbestand fest, insbesondere um kleinen und mittleren Unternehmen mit der Vereinheitlichung (zumindest) ihrer Einkaufs- und Verkaufsbedingungen gegenüber einer marktstarken Gegenseite die Durchsetzung ihrer Interessen zu erleichtern245. Ob der damit angesprochene Gedanke der Schaffung von gegengewichtiger Marktmacht tragfähig ist, erscheint jedoch mehr als zweifelhaft, da ein Aufbau von Gegenmacht zwar Ausbeutungsmissbräuchen entgegenwirken kann, im Übrigen aber 241 Sauter in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 9 GWB Rz. 4. Die Freistellungswirkung trat mit Ablauf der Widerspruchsfrist ex nunc und kraft Gesetzes ein, vgl. BGH v. 8.4.1965 – KVR 2/64, BGHZ 43, 307 (310) = WuW/E BGH 680, 681 „Linoleum III“; Sauter, a.a.O., Rz. 25. 242 Auch danach können die Empfehlungen und Vereinbarungen über die Vereinheitlichung der Konditionen weiter praktiziert werden, sofern sie die Voraussetzungen der Legalausnahme nach § 2 GWB n.F. (bzw. Art. 101 Abs. 3 AEUV) erfüllen, die für Teilbereiche durch Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) verbindlich konkretisiert werden; vgl. unten Rz. 83 ff. 243 Ende 2004 wurden noch 45 Konditionenkartelle praktiziert (BKartA, Tätigkeitsbericht (TB) 2003/2004, S. 234 ff.), während die Zahl der beim BKartA angemeldeten Konditionenempfehlungen 370 betrug (TB 2003/2004, S. 40, 266 ff.); vgl. ferner eine Aufstellung der angemeldeten Konditionenempfehlungen in der 9. Aufl. im Anh. §§ 9–11 AGBG Rz. 1000. 244 Monopolkommission Hauptgutachten XI (1994/95) Tz. 953. 245 Vgl. Bunte Kartellrecht, S. 115.

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leicht zu einer weiteren Vermachtung von Märkten führt, ohne den Wettbewerb in anderer Hinsicht funktionsfähiger zu machen246. Jedenfalls vermag das Gegenmachtprinzip keine Bedingungen zu rechtfertigen, die für die andere Marktseite unangemessene Belastungen bewirken247. Auch in anderer Hinsicht bleibt die wettbewerbspolitische Beurteilung von Konditionenkartellen und -empfehlungen ambivalent. Die grundsätzlich eingeschränkte Funktionsfähigkeit des Konditionenwettbewerbs und seine im Vergleich zum Preis- und Qualitätswettbewerb regelmäßig geringere Bedeutung als Aktionsparameter im Markt sprechen prima facie für eine geringere Schutzwürdigkeit dieser Wettbewerbsform. Auf der anderen Seite kann gerade der Ausgestaltung der Konditionen – jedenfalls auf oligopolistisch vermachteten Märkten, auf denen kein (hinreichender) Preis- und Produktwettbewerb (mehr) herrscht – ausschlaggebende Bedeutung zukommen248, so dass man nicht pauschal von einem Wettbewerb minderer Qualität sprechen kann. Gleichwohl hat der deutsche Gesetzgeber bislang Absprachen über Konditionen grundsätzlich nicht als nachteilig angesehen, da diese insoweit zu einer höheren Markttransparenz beitragen und damit zugleich den Wettbewerb um Preise und Produkteigenschaften fördern könnten249. Der Erwartung, dass als Folge einer Vereinheitlichung der Konditionen das Angebot übersichtlicher und der Preiswettbewerb intensiver werde, weil sich sowohl die Marktgegenseite als auch die Mitbewerber auf diese Wettbewerbsfaktoren konzentrierten250, mag ein gewisser Erfahrungswert zukommen, solange eine größere Zahl von Wettbewerbern vorhanden ist. Diese Einschätzung gilt aber jedenfalls nicht mehr für oligopolistisch vermachtete Märkte, auf denen unterschiedliche AGB (z.B. zu Haftungs- und Gewährleistungsfragen) zu den letzten verbliebenen Wettbewerbsparametern gehören können251. Hinzu kommt, dass die Gefahr der Risikoabwälzung auf die Geschäftspartner mit der Vereinheitlichung von AGB wächst. Denn die im Vergleich zum Einzelunternehmen größere Marktmacht des Konditionenkartells erleichtert die Durchsetzung unangemessener AGB, da die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite verkürzt werden252. Diesen Gefahren sollte nach der früheren Regelung die kartellbehördliche Missbrauchsaufsicht entgegenwirken (dazu Rz. 82).

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Zu den materiellen Freistellungsvoraussetzungen der Konditionenkartelle gehörte, dass sich die Vereinbarungen oder Beschlüsse, welche die einheitliche Anwendung von allgemeinen Geschäfts-, Lieferungs- oder Zahlungsbedingungen einschließlich der Skonti zum Gegenstand hatten, nicht auf Preise oder Preisbestandteile beziehen durften. Die Abgrenzung zwischen der zulässigen Rege-

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246 Fuchs in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 2 GWB Rz. 134. 247 BKartA Tätigkeitsbericht 1978, BT-Drucks. 8/2980 S. 39. 248 Vgl. Monopolkommission, Hauptgutachten XI (1994/95) Tz. 955; noch kritischer Emmerich Kartellrecht, 13. Aufl. 2014, § 22 Rz. 6 ff., der sie heute zu den grds. verbotenen Kernbeschränkungen rechnet. 249 Vgl. Immenga in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 2 Abs. 2 GWB Rz. 5; Bunte in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht (FK), § 2 GWB 1999 Rz. 57 ff. jeweils m.w.N. 250 Vgl. KG v. 2.11.1982 – Kart 22/82, WuW 1983, 577 (580) = WuW/E OLG 2843 „Druckereikonditionen“; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 6. Aufl. 1999, § 8 Rz. 35. 251 Fuchs in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 2 GWB Rz. 136 a.E. 252 Immenga in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 2 Abs. 2 GWB Rz. 4. Für einen strengeren Maßstab bei der Beurteilung kollektiver AGB im Vergleich zu denen einzelner Unternehmen schon Emmerich Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, S. 64; a.A. Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 54.

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

lung von Nebenleistungen und der Angleichung der Preise oder Preisbestandteile war teilweise schwierig. So konnte z.B. die Übernahme der Frachtkosten geregelt werden, doch durften dabei keine bestimmten prozentualen oder pauschalen Grenzen festgelegt werden253. Die Höhe des gewährten Skontos durfte vereinbart werden, doch konnte die Einräumung eines ungewöhnlich hohen Prozentsatzes ein Indiz für eine unzulässige Regelung eines Preisbestandteils sein254. 82

Bis zum Ablauf der Übergangsfrist am 31.12.2007 (§ 131 Abs. 1 GWB a.F.) blieb die kartellbehördliche Missbrauchsaufsicht nach §§ 12 Abs. 1, 22 Abs. 6 GWB a.F. auf Altkartelle und -empfehlungen anwendbar. Die auch schon während der Widerspruchsfrist als „antizipierte Missbrauchsaufsicht“255 erfolgende Prüfung durch die Kartellbehörde umfasste nicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen sowie die wettbewerbs- und marktbezogenen Aspekte der Vereinheitlichung der Konditionen, sondern erstreckte sich auch auf die materielle Angemessenheit der AGB am Maßstab der §§ 307 ff.256. Kam es nicht zu einer Missbrauchsverfügung, so präjudizierte dies nicht die zivilgerichtliche Kontrolle. Vielmehr blieb diese unabhängig von der kartellbehördlichen (Vor-)Kontrolle in vollem Umfang anwendbar257, wobei das Nichteinschreiten der Behörde noch nicht einmal als Indiz für die Angemessenheit der AGB-Klauseln zu werten war258. Denn im Rahmen der Missbrauchsaufsicht fand zum einen nur eine nicht abschließende „prima-facie-Kontrolle“ statt259, aus deren positivem Ausgang nicht auf die definitive Zulässigkeit der vereinheitlichten oder empfohlenen Geschäftsbedingungen nach dem AGB-Recht geschlossen werden darf260. Zum anderen konnte das Bundeskartellamt im Rahmen seines Einschreitensermessens (Opportunitätsprinzip) von einem Widerspruch absehen und z.B. geringfügige Verstöße gegen das AGB-Recht unbeanstandet lassen261. In der Praxis wurden mehrfach Klauseln, welche die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht passiert hatten, von den Zivilgerichten verworfen262.

253 Bunte Kartellrecht, 1. Aufl. 2003, S. 115. 254 Bunte Kartellrecht, 1. Aufl. 2003, S. 115 f. 255 Vgl. BGH v. 24.10.1963 – KVR 3/62, BGHZ 41, 42 (44 f.); Sauter in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 9 GWB Rz. 27. 256 Immenga in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 2 Abs. 2 GWB Rz. 12; Staudinger/ Coester § 307 Rz. 48; Stoffels Rz. 409 f.; BKartA Tätigkeitsbericht 1987/88, BT-Drucks. 11/4611 S. 29 f.; offen gelassen von KG v. 11.12.1991 – Kart 7/91, WuW 1992, 538 (542) = WuW/E OLG 4914 (4918). Weitere Beispiele aus der Anwendungspraxis des BKartA bei Emmerich Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, S. 64; Immenga in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 12 GWB Rz. 36 ff. 257 Allg. Ansicht, siehe nur Stoffels Rz. 410; Staudinger/Coester § 307 Rz. 50; Bamberger/ Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 7. Das Gleiche gilt für andere Formen der behördlichen Kontrolle, siehe dazu unten Rz. 96 f. 258 OLG Hamm v. 24.9.1980 – 20 U 143/80, ZIP 1980, 1102; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 20; a.A. OLG Karlsruhe v. 21.5.1980 – 6 U 81/79 (Kart), WRP 1980, 640 (643). 259 Sauter in Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl. 2001, § 9 GWB Rz. 31; Staudinger/Coester § 307 Rz. 50 a.E.; Stoffels Rz. 410. 260 Stoffels Rz. 410. 261 Vgl. BKartA Tätigkeitsbericht 1977, BT-Drucks. 8/1925 S. 15. 262 Vgl. z.B. BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292; OLG Hamm v. 24.9.1980 – 20 U 143/80, ZIP 1980, 1102 (1103).

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c) Rechtslage im System der kartellrechtlichen Legalausnahme Das System der Administrativfreistellung (durch einen behördlichen Verwaltungsakt bzw. dessen Ersetzung durch eine gesetzliche Freigabe bei Unterlassen eines fristgemäßen behördlichen Widerspruchs) ist durch die 7. GWB-Novelle zu Gunsten eines Systems der Legalausnahme nach europäischem Vorbild abgeschafft worden263. Das nach § 1 GWB – ebenso wie nach dem weitgehend gleich lautenden Art. 81 EG (jetzt Art. 101 Abs. 1 AEUV) – bestehende umfassende Verbot wettbewerbsbeschränkender (horizontaler und vertikaler) Vereinbarungen, Beschlüsse und abgestimmter Verhaltensweisen gilt nicht, wenn die – dem Art. 81 Abs. 3 EG (jetzt Art. 101 Abs. 3 AEUV) nachgebildeten – gesetzlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 GWB erfüllt sind. Durch § 2 Abs. 2 GWB werden zudem die auf europäischer Ebene erlassenen Gruppenfreistellungsverordnungen für entsprechend anwendbar erklärt, auch wenn Verhaltensweisen ohne zwischenstaatlichen Bezug betroffen sind. Damit soll ein möglichst vollständiger Gleichklang des deutschen mit dem europäischen Kartellrecht im Bereich wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen erreicht werden. Das ist sinnvoll, weil mit der Einführung der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art. 81 Abs. 3 EG (jetzt Art. 101 Abs. 3 AEUV) durch die VO 1/2003 zugleich der Anwendungsvorrang des europäischen vor dem nationalen Kartellrecht erheblich ausgedehnt worden ist (vgl. Art. 3 Abs. 2 VO 1/2003). Nunmehr scheidet eine abweichende Beurteilung nach nationalem Kartellrecht bei allen Unternehmensabsprachen aus, die spürbare Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel haben können. Angesichts der weiten Auslegung dieses Merkmals in der Rechtsprechung des EuGH264 dürfte das in der Mehrzahl der Fälle zutreffen und nur für Sachverhalte mit lediglich regionaler oder lokaler Bedeutung zu verneinen sein265.

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Da die Befreiung vom Kartellverbot immer ex lege eintritt, wenn die tatbestand- 84 lichen Voraussetzungen dafür nach Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 Abs. 1 GWB erfüllt sind, ist für eine präventive behördliche Kontrolle (vor Erlass eines konstitutiven Freistellungsakts oder eines nur befristet möglichen Widerspruchs gegen eine Freistellung) kein Raum mehr. Dementsprechend entfällt auch die Anmeldung und Veröffentlichung von Konditionenkartellen und -empfehlungen in einem Register. Wenn die Kartellbehörde von wettbewerbswidrigen Absprachen erfährt, die nicht den Freistellungskriterien des Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 Abs. 1 GWB genügen und auch nicht unter eine über § 2 Abs. 2 GWB entsprechend anwendbare GVO fallen, wird sie dagegen im Rahmen ihres Einschreitensermessens ebenso wie gegen sonstige Kartellverstöße nach §§ 32 ff. GWB repressiv vorgehen und z.B. die weitere Verwendung der vereinheitlichten Konditionen untersagen266 und/oder nach § 81 GWB Bußgelder verhängen.

263 Näher zu Anlass und Zielsetzung der Reform sowie den wesentlichen Neuerungen Fuchs WRP 2005, 1384 ff. m.w.N. 264 Danach liegt eine Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels bereits dann vor, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher und tatsächlicher Umstände mit hinreichender Sicherheit voraussehen lässt, dass die Vereinbarung unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell den Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten beeinflussen kann, vgl. EuGH v. 11.12.1980 – Rs. 31/80, Slg. 1980, 3775 Tz. 18 (L’Oréal). 265 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 15/3640 S. 21. 266 So auch Schindler S. 41; Stoffels Rz. 405.

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Die Unternehmen müssen demnach die kartellrechtliche Zulässigkeit ihrer Absprachen und Empfehlungen im Hinblick auf AGB selbst beurteilen. Der mit dem neuen System der Legalausnahme verbundene Verlust an Rechtssicherheit wird nur teilweise durch eine Entschärfung des materiellen Beurteilungsstandards abgemildert. So existiert nunmehr auch im deutschen Kartellrecht (ebenso wie bislang schon im europäischen Wettbewerbsrecht) kein allgemeines Empfehlungsverbot mit der Folge, dass Konditionenempfehlungen tatbestandlich nur dann vom Kartellverbot (Art. 101 Abs. 1 AEUV, § 1 GWB) erfasst werden, wenn sie als (für ihre Mitglieder) verbindlicher Beschluss einer Unternehmensvereinigung ergehen oder die Merkmale einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise der Adressaten erfüllen267. Ist das ausnahmsweise nicht der Fall268, bestehen aus wettbewerblicher Sicht keine Bedenken gegen bloße Konditionenempfehlungen. Auf der anderen Seite führt die Harmonisierung mit dem europäischen Kartellrecht partiell zu einer Verschärfung der Anforderungen, da dort Preis- und Konditionenkartelle prinzipiell gleich behandelt werden (vgl. Art. 101 Abs. 1 lit. a AEUV). Engere Grenzen als im deutschen Recht vor der 7. GWB-Novelle bestehen jedenfalls für eine horizontale Vereinheitlichung von Skonti, da diese nicht von einem speziellen Freistellungstatbestand privilegiert, sondern wie andere preisbezogene Abreden beurteilt werden269. Inwieweit die unmittelbare Anwendung des Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 GWB i.V.m. den zahlreichen Gruppenfreistellungsverordnungen im Übrigen zu einer vom bisherigen deutschen Recht abweichenden Anwendungspraxis führen wird, lässt sich noch nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilen, da Konditionenempfehlungen wie Konditionenkartelle in der europäischen Kartellrechtspraxis bislang keine besonders bedeutende Rolle gespielt haben270. d) Besondere Schranken für marktmächtige AGB-Verwender

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Ist der AGB-Verwender ein marktbeherrschendes Unternehmen i.S.d. § 18 GWB oder als marktstarkes Unternehmen (§ 20 Abs. 1 GWB) Normadressat des 267 Vgl. nur Emmerich in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2012, Bd. 1, EG/Teil 1, Art. 101 Abs. 1 AEUV Rz. 103 f.; Bechtold/Bosch/Brinker EU-Kartellrecht, Art. 101 AEUV Rz. 52, 91, Art. 4 VO 316/2014 Rz. 9. Sofern danach ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV zu bejahen ist, sind vertikale Preisempfehlungen dennoch zulässig, sofern sie nicht infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen wie Fest- oder Mindestverkaufspreise wirken, vgl. Art. 4 lit.a Vertikal-GVO (VO 330/2010) und dazu Bechtold/Bosch/Brinker EU-Kartellrecht, Art. 4 VO 330/2010 Rz. 6 ff. 268 Die Voraussetzungen sind in der Praxis oftmals erfüllt, insb. bei den verbreiteten Verbandsempfehlungen (Beispiele bei Stoffels Rz. 406), denn es genügt, wenn sich das Zusammenspiel von Abgabe der Empfehlung (etwa auf Grund eines unverbindlichen Beschlusses) und ihrer (erwarteten) Befolgung durch (eine Mehrzahl von) Mitgliedsunternehmen als eine abgestimmte Verhaltensweise hinsichtlich der Verwendung der einheitlichen AGB darstellt, Fuchs in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 2 GWB Rz. 133 a.E.; im Ergebnis ebenfalls für grds. Erfassung von Konditionenempfehlungen durch § 1 GWB Schindler S. 44. 269 Näher hierzu Fuchs in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 2 GWB Rz. 152 f. 270 Vgl. z.B. EuGH v. 21.1.1999 – Rs. C-215/96 u. C-216/96, Slg. 1999, I 161 (183) (Carlo Bagnasco u.a.) (kein ipso iure Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG (jetzt Art. 101 Abs. 1 AEUV) durch einheitliche Bankbedingungen für die Gewährung von Krediten und Bürgschaften) = EuZW 1999, 212 sowie die Nachweise aus der Entscheidungspraxis der Kommission bei Wägenbaur in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff Art. 81 Abs. 1 EG Rz. 239 ff.; Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2012, Bd. 1, EG/Teil 1, Art. 101 Abs. 1 AEUV Rz. 238.

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allgemeinen Missbrauchsverbots nach der Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB bzw. einzelner Regelbeispiele nach § 19 Abs. 2 GWB wie insbesondere des Diskriminierungs- und Behinderungsverbots (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB), kann es auch insoweit zu Überschneidungen bei der Anwendung der kartellrechtlichen Vorschriften mit der AGB-Inhaltskontrolle kommen. Beide Normenkomplexe sind – mit unterschiedlicher Zielrichtung – nebeneinander anwendbar271. Die Feststellung einer unbilligen Behinderung oder sachlich nicht gerechtfertigten Diskriminierung setzt eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB voraus272. In diesem Rahmen ist auch die zivilrechtliche Unangemessenheit einer Klausel nach § 307 zu berücksichtigen, ohne jedoch das allein ausschlaggebende Kriterium zu sein273. Das gilt – entgegen einer in der AGB-rechtlichen Literatur verbreiteten Auffassung274 – auch für den umgekehrten Fall: Da § 20 Abs. 1 GWB den Normadressaten wegen ihrer Marktmacht weiter gehende Beschränkungen ihrer Handlungsfreiheit auferlegt als anderen Unternehmen275, impliziert der Verstoß gegen das Diskriminierungs- und Behinderungsverbot nicht (ohne weiteres) die Unangemessenheit i.S.v. § 307276. Vielmehr können Konditionen, die grundsätzlich rechtmäßig sind, bei Praktizierung durch marktmächtige Unternehmen wettbewerbsschädliche Auswirkungen haben, die zur Begründung eines Wettbewerbsverstoßes führen, ohne dass die betreffenden Klauseln bei objektiv-genereller Betrachtung eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner i.S.d. § 307 bewirken277. Die kartellrechtliche Kontrolle stellt eine Form der Ausübungskontrolle dar, die z.B. eingreift, wenn ein marktmächtiger Hersteller gegenüber wirtschaftlich von ihm abhängigen Unternehmen nur zu diskriminierenden Bedingungen lieferbereit ist278. In diesem Fall hat das benachteiligte Unternehmen einen Anspruch auf Belieferung, ohne dass die Lieferbedingungen des Herstellers insoweit generell unwirksam wären. Voraussetzung für die Nichtigkeit von vertraglichen Bedingungen nach § 134 wegen Verstoßes gegen §§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB ist, dass sich der Verstoß unmittelbar aus dem Rechtsgeschäft ergibt und nicht ohne dessen Aufhebung beendet werden kann279. Daran fehlt es z.B. bei unterschiedlicher Behandlung durch Bevorzugung einzelner Marktteilnehmer, da eine Beendigung

271 Vgl. Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 55, 57, 59; Staudinger/Coester § 307 Rz. 51 f.; Stoffels Rz. 411. 272 St. Rspr., vgl. nur BGH v. 12.5.1988 – KZR 23/96, WuW/E DE-R 206 (209) „Depot-Kosmetik“; Markert in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 19 GWB Rz. 124 ff. jeweils m.w.N. 273 BGH v. 21.2.1995 – KZR 33/93, WuW 1995, 733, 739 = WuW/E BGH 2983 (2989); Staudinger/Coester § 307 Rz. 51; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 59 f. 274 Vgl. von Hoyningen-Huene Rz. 119; Stoffels Rz. 411 (Verstoß führt häufig zur Unangemessenheit i.S.v. § 307). 275 Z.B. bei der Ausgestaltung von Rabattsystemen, die bei marktbeherrschenden Unternehmen wegen der Behinderung von Konkurrenten grundsätzlich keine am Gesamtumsatz anknüpfenden Rabatte oder Treuerabatte vorsehen dürfen, vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 19 GWB Rz. 175, 177 m.w.N. 276 Offen gelassen in BGH v. 1.12.1981 – KZR 37/80, NJW 1982, 644 (646); OLG Stuttgart v. 15.2.1985 – 2 U 227/84, NJW-RR 1986, 1488 (1489). 277 Vgl. auch den zutreffenden Hinweis auf den unterschiedlichen Maßstab (individuelle Interessenabwägung) im Rahmen des Diskriminierungs- und Behinderungsverbots bei Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 59; Staudinger/Coester § 307 Rz. 51. 278 Vgl. etwa BGH v. 1.12.1981 – KZR 37/80, NJW 1982, 644 (646). 279 Markert in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 19 GWB Rz. 226 m.w.N.

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der Diskriminierung auch durch Abschluss entsprechend vorteilhafter Verträge mit den benachteiligten Unternehmen möglich ist und zu deren Schutz Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche ausreichen280. 87

Gleiches gilt auch für die Feststellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB. Die Wertungen der §§ 307 ff. sind als Maßstab für missbräuchliches Verhalten zu berücksichtigen, ohne allein den Ausschlag zu geben281. Nutzt ein marktbeherrschendes Unternehmen seine Marktmacht dazu aus, seinen Vertragspartnern unangemessen belastende Konditionen aufzuerlegen, hat dies die Nichtigkeit der dadurch beeinflussten Verträge nach § 134 zur Folge. Die §§ 307 ff. sowie die Vorschriften über die Verbandsklage nach UKlaG bleiben daneben anwendbar. Auf der anderen Seite ist der Umstand, dass der AGB-Verwender über besondere Marktmacht verfügt, für die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 grundsätzlich ohne Bedeutung. Etwas anderes kann für Verbraucherverträge gelten, da hier nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 die konkreten Begleitumstände des Vertragsschlusses zu berücksichtigen sind und dazu auch die Marktmacht des Verwenders gehört. Diese kann auch dann relevant werden, wenn sie die Marktsituation so prägt, dass die typische Belastungswirkung der fraglichen Klausel beträchtlich gesteigert wird (vgl. § 307 Rz. 170).

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Bei der Feststellung eines wettbewerbswidrigen Konditionenmissbrauchs im Rahmen des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB282 hat der BGH bisher die belastende Wirkung von AGB relativiert, indem er diese als Bestandteil eines „Leistungsbündels“ zusammen mit den Regelungen über Preis und Leistung würdigte283. Dies erklärt sich aus der Einbettung der kartellrechtlichen Prüfung in ein Vergleichsmarktkonzept, widerspricht aber dem AGB-rechtlichen Grundsatz der Unbeachtlichkeit des sog. Preisarguments (dazu § 307 Rz. 145 ff.). Dass eine stärkere Orientierung am Gerechtigkeitsmodell des dispositiven Gesetzesrechts auch bei der marktbezogenen Kontrolle missbräuchlicher Konditionengestaltungen angebracht ist284, hat der BGH nunmehr in einer neueren Entscheidung grundsätzlich anerkannt285. Die Berücksichtigung der gesetzlichen Wertentscheidung, die der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. zugrunde liegt, wendet er im Rahmen der Missbrauchsprüfung nach der Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB mit der wei-

280 Van Venrooy BB 1979, 557 f. 281 Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 56, 58; Staudinger/Coester § 307 Rz. 52. 282 Der von § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB erfasste Fall des Strukturmissbrauchs (Forderung unterschiedlicher Preise oder Konditionen von gleichartigen Abnehmern ohne sachliche Rechtfertigung durch den Marktbeherrscher selbst) hat in Bezug auf eine Konditionenspaltung, soweit ersichtlich, bislang keinerlei praktische Bedeutung erlangt; anderes gilt für die Preisspaltung, vgl. hierzu nur Bechtold, GWB, § 19 Rz. 63 ff. m.w.N. 283 Vgl. die Leitentscheidung BGH v. 6.11.1984 – KVR 13/83, WuW/E BGH 2103 (2105) („Favorit“) = WM 1985, 490 (492); krit. Bunte WM 1985, 1217 (1218 f.). 284 So schon Voraufl. unter Hinweis auf Möschel in Immenga/Mestmäcker, 4. Aufl. 2007, § 19 GWB Rz. 174. 285 BGH v. 6.11.2013 – KZR 58/11, WuW/E DE-R 4037 (4047 Rz. 65) – VBL Gegenwert (unter Berufung auf Möschel in Immenga/Mestmäcker, 4. Aufl. 2007, § 19 GWB Rz. 174); vgl. näher hierzu Fuchs in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 19 GWB Rz. 86; Fuchs/Möschel, ibid., Rz. 256; Wolf in MünchKomm. WettbewerbsR, 2. Aufl. 2015, § 19 GWB Rz. 123. In seiner „Favorit“-Entscheidung (BGH v. 6.11.1984 – KVR 13/83, WuW/E BGH 2103 (2107)) hatte der BGH die Frage, inwieweit eine stärkere Orientierung an den Maßstäben des AGB-Rechts im Rahmen der Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB möglich wäre, noch ausdrücklich offen gelassen.

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teren Konsequenz an, dass der sonst (im Rahmen des ausbeuterischen Preis- und Konditionenmissbrauchs nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB) von der Rechtsprechung verlangte Erheblichkeitszuschlag286 entbehrlich sei, weil die Unwirksamkeitsfolge nach § 307 bereits eine Benachteiligung voraussetze287. Dem ist zuzustimmen. Denn soweit das dispositive Gesetzesrecht Leitbildcharakter für einen angemessenen Interessenausgleich unter der Annahme funktionierenden Wettbewerbs entfaltet, besteht kein Grund, einem marktbeherrschenden Verwender bei einem gerade durch seine Marktmacht eingeschränkten Wettbewerb einen größeren Handlungsspielraum zuzubilligen. Nicht ganz klar, wegen der Ausrichtung der Wertungen der §§ 307 ff. und der daraus ggf. resultierenden Unwirksamkeit jeweils an den einzelnen Klauseln aber wohl zu bejahen ist die weitere Folge, dass jedenfalls im Rahmen der Missbrauchsprüfung nach der Generalklausel des § 19 Abs. 1 GWB das Konzept der „Gesamtbetrachtung des Leistungsbündels“ nicht anwendbar ist. Ob der BGH auch für den Tatbestand des ausbeuterischen (Preis- und) Konditionenmissbrauchs nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB (bzw. der Preis- und Konditionenspaltung nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB) davon abrücken wird, bleibt dagegen abzuwarten288. Unterfälle des Konditionenmissbrauchs stellen auch Koppelungspraktiken dar, soweit es primär um die Ausbeutung des Vertragspartners geht, indem z.B. der Verkauf einer attraktiven Eintrittskarte vom gleichzeitigen Erwerb einer weiteren Karte für ein unattraktives Ereignis abhängig gemacht wird289. e) Verhältnis zum UWG Zwischen den Vorschriften des AGB-Rechts und des Lauterkeitsrechts besteht wegen des prinzipiell unterschiedlichen Regelungsansatzes grundsätzlich Gesetzeskonkurrenz290. Daran hat auch die ausdrückliche Aufnahme des Verbraucherschutzes (neben den Interessen der Mitbewerber und der Allgemeinheit) in § 1 UWG und damit die Bestätigung der schon bisher anerkannten Schutzzwecktrias des Lauterkeitsrechts291 nichts geändert. Anknüpfungspunkt des UWG bleibt die umfassende Beurteilung der Lauterkeit von Wettbewerbshandlungen, während das AGB-Recht die jeweiligen Vertragspartner vor der unangemessenen, einseitigen Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Verwender schützen soll, aber weder den fairen Wettbewerb als Institution noch die Mitbewerber des AGB-Verwenders schützt292.

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Zu Überschneidungen im Anwendungsbereich der §§ 307 ff. und des UWG kann es bei der planmäßigen Verwendung unwirksamer Klauseln kommen. Hierin könnte zunächst ein wettbewerbswidriges Ausnutzen der Rechtsunkenntnis des

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286 Vgl. dazu Fuchs in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 19 Rz. 275 ff. m.w.N. 287 BGH v. 6.11.2013 – KZR 58/11, WuW/E DE-R 4037 (4047 Rz. 66) – VBL Gegenwert. 288 Nothdurft in Langen/Bunte, § 19 GWB Rz. 142 ff. unterscheidet generell zwischen einem quantitativen, auf die Preiswirkung der Konditionen abstellenden Ansatz und einem normativen, auf die Interessengerechtigkeit der Konditionen rekurrierenden Ansatz. 289 Vgl. BGH v. 26.5.1987 – KVR 4/86, NJW 1987, 3007 (3009) = WuW/E BGH 2406 (2410) („Inter Mailand-Spiel“); Nothdurft in Langen/Bunte, § 19 GWB Rz. 145; Fuchs/Möschel in Immenga/Mestmäcker, 5. Aufl. 2014, § 19 GWB Rz. 257 jeweils m.w.N. 290 Vgl. Staudinger/Coester § 307 Rz. 53; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 47. 291 Näher dazu statt aller Podszun in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 1 UWG Rz. 11; Fezer UWG, 2010, § 1 Rz. 10. 292 Vgl. Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 63.

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Vertragspartners293 bzw. nunmehr der geschäftlichen Unerfahrenheit nach § 4 Nr. 2 UWG liegen. Das setzt zumindest voraus, dass hierdurch ein nicht unerheblicher Teil der Vertragspartner von der Geltendmachung bestehender Rechte abgehalten oder zur Erfüllung nicht existierender Pflichten und damit zu einem Geschäftsverhalten veranlasst wird, das sie bei Kenntnis der wahren Rechtslage nicht getätigt hätten294. Ob in der (vorsätzlichen) Weiterverwendung unwirksamer AGB-Klauseln allein, d.h. ohne Hinzutreten besonderer Umstände, schon eine relevante Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit liegen kann, ist jedoch umstritten. Teilweise wird dies ganz abgelehnt295, teilweise nur bei der Verletzung gesetzlicher Informationspflichten bejaht, die spezielle Belehrungspflichten zum Schutz des Verbrauchers (z.B. über Widerrufs-, Rücktritts- oder Rückgaberechte bei Kredit-, Abzahlungs-, Fernabsatz-, Haustür- oder Versicherungsgeschäften) vorschreiben296. Letzterem ist zuzustimmen: Schon eine Parallelwertung zu den alternativen Tatbestandsmerkmalen des § 4 Nr. 2 UWG (Ausnutzung geistiger oder körperlicher Gebrechen, des Alters, der Leichtgläubigkeit und der Angst oder Zwangslage) zeigt, dass nicht jede Unkenntnis des Verbrauchers über die Unwirksamkeit irgendeiner AGB-Klausel bereits als Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit qualifiziert werden kann297. 90a

Die Verwendung unwirksamer AGB im Geschäftsverkehr könnte aber zur Erringung eines unlauteren Wettbewerbsvorsprungs vor den rechtstreuen Konkurrenten durch Rechtsbruch führen. Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG kommt allerdings nicht bei jeder Rechtsverletzung, sondern nur dann in Betracht, wenn die verletzte Norm wettbewerbliche Relevanz besitzt und zumindest auch das Marktverhalten regeln soll. Diese Voraussetzung ist bei den §§ 307 ff. jedenfalls insofern erfüllt, als es um die Verletzung des Transparenzgebotes geht. Denn dieses dient in Bezug auf die Haupt- wie auf die Nebenleistungen auch der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des (Konditionen-)Wettbewerbs298. Lange Zeit umstritten war dagegen, ob die §§ 307 ff. darüber hinaus generell als Marktverhaltensregeln im Interesse der Verbraucher und sonstigen Marktbeteiligten zu qualifizieren sind299. Seit die Umsetzung der europäischen Richtlinie über

293 Darin lag nach der Rechtsprechung eine anerkannte Fallgruppe im Rahmen der früheren Generalklausel des § 1 UWG 1909, vgl. z.B.: BGH v. 24.11.1999 – I ZR 171/97, GRUR 2000, 731 (733); BGH v. 7.5.1986 – I ZR 95/84, GRUR 1986, 816 (818). 294 Vgl. Staudinger/Coester § 307 Rz. 53a; aus der früheren Entscheidungspraxis z.B. OLG Stuttgart v. 1.6.1988 – 2 W 41/88, WRP 1989, 201 (202). 295 So z.B. Köhler/Bornkamm § 4 UWG Rz. 2.42, 2.45, 11.156e (nur Fall des Rechtsbruchs nach § 4 Nr. 11 UWG); Peterek WRP 2008, 714 (721 f.) (lediglich Ausnutzung der eigenen überlegenen Rechtskenntnis); Ernst/Seichter DB 2007, 1573 (1575). 296 Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, 6. Aufl. 2014, § 4 UWG Rz. 2/15. 297 Vgl. BGH v. 31.3.2010 – I ZR 34/08, GRUR 2010, 1117 Rz. 17 = WRP 2010, 1475 – Gewährleistungsausschluss im Internet; OLG Köln v. 30.3.2007 – 6 U 249/06, WRP 2007, 1111 – Marktverhaltensregeln; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, 6. Aufl. 2014, § 4 UWG Rz. 2/15 a.E. 298 Zust. Stoffels Rz. 413. 299 Dies war schon unter der Geltung des UWG 2004 umstritten, grds. ablehnend z.B. OLG Hamburg v. 13.11.2006 – 5 W 162/06, NJW 2007, 2264 = GRUR-RR 2007, 287; OLG Köln v. 30.3.2007 – 6 U 249/06, NJW 2007, 3647 = GRUR-RR 2007, 285 = WRP 2007, 1111; OLG Köln v. 16.5.2008 – 6 U 26/08, MMR 2008, 540; Ullmann GRUR 2003, 817 (823); differenz. Ernst/Seichter DB 2007, 1573 (1575 f.); bejahend dagegen KG v. 4.2.2005 – 5 W 13/05, MMR 2005, 466; KG v. 25.1.2008 – 5 W 344/07, GRUR-RR 2008, 308 (309) = WRP 2008, 383; OLG Frankfurt v. 9.5.2007 – 6 W 61/07, CR 2008, 124;

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

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unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL)300 durch die UWG-Novelle 2008 zu einer starken verbraucherschutzrechtlichen Überlagerung des Lauterkeitsrechts geführt hat, ist dies unter Berufung auf das Gebot einer richtlinienkonformen Auslegung zunehmend bejaht worden301, zumal die Verwendung unwirksamer AGB auch als Verstoß gegen die „fachliche[n] Sorgfalt“ i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG gewertet werden könne302. In seiner jüngeren Rechtsprechung hat sich auch der BGH zunehmend diesem Ansatz genähert303, bis er nunmehr in der Entscheidung „Missbräuchliche Vertragsstrafe“ die §§ 307–309 grds. als Marktverhaltensregeln i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG qualifiziert hat304. Das ist in der Literatur überwiegend auf Zustimmung gestoßen305. Jeden Verstoß gegen die §§ 307 ff. zugleich als unlauteren Wettbewerb zu qualifizieren, erscheint allerdings sehr bedenklich. Denn dies hätte zur Folge, dass neben den betroffenen Vertragspartnern und den in §§ 1, 3 UKlaG genannten anspruchsberechtigten Stellen auch jeder Wettbewerber des Verwenders dagegen mit der Konkurrentenklage nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG vorgehen könnte306. Eine derartige flächendeckende wettbewerbsrechtliche Sanktionierung von AGBVerstößen als Rechtsbruch nach § 4 Nr. 11 UWG ist unionsrechtlich jedenfalls nicht geboten, sondern birgt im Gegenteil erhebliche Missbrauchsgefahren und überdehnt den Anwendungsbereich des Lauterkeitsrechts. Im Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie, also im Geschäft zwischen Unternehmern und Verbrauchern, sorgen die europäischen Vorgaben für eine vollständige Harmo-

300 301

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Mann WRP 2007, 1035 (1042 f.); Woitkewitsch GRUR-RR 2007, 257 (258 f.); Peifer WRP 2008, 556 (558). RL 2005/29/EG v. 11.5.2005, ABl. EU Nr. L 149 v. 11.6.2005, S. 22. Köhler/Bornkamm § 4 UWG Rz. 11.156f; Köhler NJW 2008, 177 (179 ff.); a.A. Armgardt WRP 2009, 122 (126) („Umdeutung des gesamten AGB-Rechts von einer Inhaltskontrolle inter partes zu einer allgemeinen Marktverhaltensregel“); generell gegen eine Subsumtion der §§ 307 ff. unter den Begriff der Marktverhaltensregel auch Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, 5. Aufl. 2010, § 4 UWG Rz. 11/78; differenzierend von Jagow in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 4 UWG Rz. 82. Köhler/Bornkamm § 3 UWG Rz. 53b, § 4 UWG Rz. 11.156f; Tüngler/Ruess WRP 2009, 1336 (1341). Vgl. (jeweils zu § 2 UKlaG) BGH v. 31.3.2010 – I ZR 34/08, NJW 2011, 76 – Gewährleistungsausschluss im Internet; BGH v. 14.4.2011 – I ZR 133/09, NJW 2011, 2653 Rz. 23 – Werbung mit Garantie; dies wurde im Schrifttum vielfach bereits als Vorentscheidung für eine lauterkeitsrechtliche AGB-Kontrolle gewertet, vgl. z.B. Köhler GRUR 2010, 1047 (1051); dagegen Ahrens ZGE 2012, 242 ff. BGH v. 31.5.2012 – I ZR 45/11, WRP 2012, 1086 Rz. 45 ff. („jedenfalls im Hinblick auf die Anwendung der Klauselverbote der §§ 307, 308 Nr. 1, § 309 Nr. 7a auf die im Streitfall verwendeten Geschäftsbedingungen“, Rz. 46). Vgl. z.B. Köhler WRP 2012, 1475 ff.; Steckenborn BB 2012, 2324 ff.; abl. (gegenüber der Zubilligung des lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruchs an Mitbewerber) aber Ahrens in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, Einl G Rz. 166 aE. Nach h.M. kommt dem UKlaG kein abschließender Charakter zu, sondern die Unterlassungsklage der in § 3 UKlaG genannten Verbände und Einrichtungen und die Konkurrentenklage nach UWG können uneingeschränkt nebeneinander Anwendung finden, sofern ihre jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind, siehe nur OLG Köln v. 30.3.2007 – 6 U 249/06, GRUR-RR 2007, 285; Köhler NJW 2008, 177 f.; Ernst/Seichter DB 2007, 1573 (1574 f.), jeweils m.w.N.; a.A. Ahrens in Harte-Bavendamm/HenningBodewig, Einl G Rz. 166 (§ 1 UKlaG als abschließende Regelung zur abstrakten AGBKontrolle).

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

nisierung des Lauterkeitsrechts307. Ein Verstoß gegen mitgliedstaatliche Regelungen kann daher nur noch dann eine Unlauterkeit wegen Rechtsbruchs nach § 4 Nr. 11 UWG begründen, wenn die fraglichen Vorschriften ihre Grundlage im Unionsrecht haben. Bei den (meisten) Vorschriften der §§ 307 ff. ist das der Fall, da sie die Bestimmungen der Klauselrichtlinie 93/13/EG umsetzen308. Daraus folgt aber noch nicht, dass Mitbewerbern die Klagebefugnis eingeräumt werden müsste, gegen jedwede Verwendung unwirksamer AGB vorzugehen. Zwar verlangt Art. 7 Abs. 1 der Klauselrichtlinie, dass „im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird“. Nach Art. 7 Abs. 2 Klauselrichtlinie müssen auch „Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben“, gerichtlich gegen unwirksame AGB vorgehen können. Eine ähnliche Regelung mit Bezug zur Verhinderung unlauterer Geschäftspraktiken enthält Art. 11 UGP-Richtlinie. Von einem berechtigten Interesse eines Mitbewerbers, die Verwendung unwirksamer Klauseln durch Konkurrenten zu verhindern, kann nicht die Rede sein, sofern die betreffende AGB-Klausel lediglich das Individualverhältnis zwischen Kunde und Verwender betrifft, ohne zugleich eine gewisse Wettbewerbs- oder Marktrelevanz zu entfalten. Nur wenn das der Fall ist, besteht eine sachliche Rechtfertigung für eine Sanktionierung durch Mitbewerber309. 90c

Erforderlich ist somit die Identifizierung eines hinreichenden (hypothetischen) Wettbewerbs- oder Marktbezugs der unwirksamen AGB-Klausel. Ausgangspunkt ist insofern der Transparenzgedanke310: Sofern die unangemessene Benachteiligung des Kunden auch aus einem Verstoß gegen das Transparenzgebot resultiert oder damit verbunden ist, besteht jedenfalls ein hinreichender potentieller Bezug zu Entscheidungen des Kunden zwischen konkurrierenden Angeboten im Markt. Die wettbewerbliche Relevanz beschränkt sich dabei aber nicht auf das Stadium der Vertragsanbahnung, sondern gilt auch für die Phase der Vertragsdurchführung. Insoweit muss es genügen, wenn die Klausel geeignet erscheint, das Verhalten des typischen Kunden oder Unternehmers im Markt während der Vertragsabwicklung zu beeinflussen311. Denn auch in diesem Fall können von der 307 Vgl. Art. 4 der RL sowie EuGH v. 14.1.2010 – Rs. C-304/08, GRUR 2010 244 Rz. 41 = WRP 2010 232 – Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs/Warenhandelsgesellschaft. 308 Vom BGH im Fall „Missbräuchliche Vertragsstrafe, BGH v. 31.5.2012 – I ZR 45/11, WRP 2012, 1086 Rz. 47 f., ausdrücklich bejaht für die entscheidungsrelevanten §§ 307, 308 Nr. 1, 309 Nr. 7a. 309 Anders Köhler WRP 2012 1475 (1477), der aus dem fehlenden Spürbarkeitserfordernis in Art. 7 Abs. 1 der Klauselrichtlinie folgert, dass auch die Bagatellklausel des § 3 Abs. 1 UWG im Falle der Verwendung unwirksamer AGB nicht anwendbar sei. 310 In diese Richtung auch KG v. 3.4.2007– 5 W 73/07, GRUR-RR 2007, 291 (intransparente Lieferfrist); Stoffels Rz. 413. 311 Anders OLG Köln v. 30.3.2007 – 6 U 249/06, GRUR-RR 2007, 285 (286) zum UWG 2004. Die lauterkeitsrechtlichen Tatbestände knüpfen jetzt aber im Gegensatz zu früher nicht mehr an eine „Wettbewerbshandlung“ an, sondern an den Begriff der „geschäftlichen Handlung“, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 „jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss“ im Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem „Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages“ erfasst.

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

Vor § 307 BGB

Verwendung der Klausel Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen ausgehen. Daher betrifft etwa die Verwendung unwirksamer Klauseln zu den Rechten des Kunden bei Leistungsstörungen durchaus das Marktverhalten, während unwirksame Schriftform- oder Verjährungsbestimmungen keine hinreichende (hypothetische) Marktrelevanz aufweisen. Die im Fall „Missbräuchliche Vertragsstrafen“ beanstandeten Klauseln weisen diesen qualifizierten Markt- und Wettbewerbsbezug auf, wenngleich der BGH explizit nur auf die Eignung zur spürbaren Beeinflussung der wirtschaftlichen Interessen des Durchschnittsverbrauchers und damit die Bagatellklausel des § 3 Abs. 1 UWG abstellt312. Des Weiteren kann das Werben mit günstigeren Vertragsbedingungen, als sie in den AGB tatsächlich niedergelegt sind, den Tatbestand der irreführenden Werbung (§ 5 UWG) erfüllen313. In diesem Fall sind (und bleiben) die AGB als solche wirksam, der (etwaige) Wettbewerbsverstoß begründet nur Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprüche. Eine Irreführung kann vor allem darin liegen, dass der Verwender das in seiner Werbung herausgestellte Leistungsversprechen in den AGB wieder erheblich einschränkt oder von vornherein bestehende (gesetzliche) Beschränkungen in der Werbung verschweigt314. Eine wettbewerbswidrige Irreführung ist z.B. gegeben, wenn der Verwender beim verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck erweckt, für bestimmte Risiken einzustehen, für die aber in den AGB keine Verantwortung übernimmt oder sich sogar ausdrücklich freizeichnet315, sofern die tatsächlich gewährten Rechte im Ergebnis erheblich hinter den durch die allgemeine Beschreibung geweckten berechtigten Erwartungen des Verkehrs zurückbleiben316. Auf die Frage der Wirksamkeit der betroffenen AGB Klausel kommt es dabei nicht an317.

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Für die Auslegung des Irreführungsverbots ist nach der neueren Rechtsprechung des BGH das Verständnis des „durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers“ maßgebend. Da dessen Aufmerksamkeit von der jeweiligen Bedeutung des Angebots für ihn abhängt, kommt es insoweit auf die „situationsadäquate Aufmerksamkeit des verständigen Durchschnittsverbrauchers“ an318.

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312 BGH v. 31.5.2012 – I ZR 45/11, WRP 2012, 1086 Rz. 46. Die fraglichen Klauseln betrafen unangemessen lange Annahme- und Lieferfristen (§ 308 Nr. 1), eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 durch die pauschale Abbedingung verschuldensunabhängiger Haftung sowie einen Haftungsausschluss für fahrlässig begangene Körperverletzungen entgegen § 309 Nr. 7a. 313 Köhler/Bornkamm § 5 UWG Rz. 7.143; Dreyer in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 5 UWG Rz. A.30, B.3, E.54, 56; Weidert in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 5 UWG Rz. D. 106 f. jeweils m.w.N.; ebenso schon zum früheren Recht OLG Stuttgart v. 4.5.1981 – 2 U 182/80, WRP 1981, 604 (605); Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 63; Staudinger/Coester § 307 Rz. 53a. 314 Vgl. KG v. 10.9.1985 – 5 U 2260/85, NJW 1986, 2715 (2716) (angebliche Gleichwertigkeit von Bausparguthaben und Sparbuch). 315 BGH v. 9.6.1983 – I ZR 106/81, GRUR 1983, 654 (655) – Kofferschaden; Weidert in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 5 UWG Rz. 606. 316 Vgl. BGH v. 9.6.1983 – I ZR 106/81, GRUR 1983, 654 (655 f.) – Kofferschaden; BGH v. 7.11.1996 – I ZR 138/94, GRUR 1997, 472 (473) – Irrtum vorbehalten; OLG Stuttgart v. 4.5.1981 – 2 U 182/80, WRP 1981, 604 (605) (Werbung für Reisegepäckversicherung). 317 Dreyer in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 5 UWG Rz. E. 54. 318 Vgl. z.B. BGH v. 17.5.2001 – I ZR 216/99, BGHZ 148, 1 (7 f.) = NJW 2001, 3262 – Mitwohnzentrale; BGH v. 2.10.2003 – I ZR 150/01, BGHZ 156, 250 (252 f.) = NJW 2004, 1163 – Marktführerschaft; BGH v. 29.6.2000 – I ZR 155/98, NJW 2001, 153 – Möbelumtauschrecht; BGH v. 18.10.2001 – I ZR 193/99, NJW 2002, 1718 – Elternbriefe;

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

Während es bei „Erfahrungsgütern“ des täglichen Lebens, mit denen der Verbraucher vertraut ist und die meist spontan gekauft werden, i.d.R. auf den flüchtigen Eindruck ankommt, kann bei „Such- oder Vertrauensgütern“, die erst auf Grund einer sorgfältigen Prüfung der Marktlage erworben werden, eine höhere Aufmerksamkeit des verständigen Durchschnittsverbrauchers erwartet werden319. § 3 Abs. 2 Satz 2 UWG 2008 legt nunmehr auch gesetzlich den „durchschnittlichen Verbraucher“ bzw. ein „durchschnittliches Mitglied“ einer bestimmten Gruppe von Verbrauchern, an die sich die geschäftliche Handlung richtet, als verbindlichen Maßstab fest, wobei dies europarechtskonform in Übereinstimmung mit Art. 2 lit. b UGP-RL im Sinne eines „verständigen“ Durchschnittsverbrauchers zu lesen ist320. 92a

Mit der Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 lit.b, d, g UGP-RL in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1–3, Nr. 7 UWG 2008 hat der Gesetzgeber zudem den Irreführungstatbestand konkretisiert und z.B. klargestellt, dass eine relevante Irreführung insb. durch unzutreffende Angaben über den Kundendienst, Beschwerdeverfahren, Art und Zeitpunkt der Lieferung, den Umfang der Verpflichtungen und die Rechte des Verbrauchers hervorgerufen werden kann – Umstände die typischerweise in AGB geregelt werden. Hinzu kommt, dass § 5a UWG das wettbewerbsrechtliche Verbot der Irreführung durch Unterlassen für den Geschäftsverkehr mit Verbrauchern grundlegend neu geregelt und erweitert hat. Danach begründet schon das Vorenthalten von Informationen, die für Entscheidungen des Verbrauchers wesentlich sind, einen Wettbewerbsverstoß321. Zu den wesentlichen Informationen zählen nach § 5a Abs. 3 Nr. 4 UWG insbesondere die „Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen sowie Verfahren zum Umgang mit Beschwerden, soweit sie von den Erfordernissen der fachlichen Sorgfalt abweichen“. Der Begriff der „fachlichen Sorgfalt“ bzw. „beruflichen Sorgfaltspflicht“ (so Art. 5 UGP-RL) wiederum knüpft an die „anständigen Marktgepflogenheiten“ und den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben an (Art. 2 lit.h UGP-RL)322, so dass sich auch insoweit bei Verwendung unangemessen benachteiligender Klauseln in Verbraucherverträgen Überschneidungen zwischen AGB-Recht und Lauterkeitsrecht ergeben.

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Das reformierte UWG kennt auch spezielle Transparenzgebote: So müssen z.B. bei Verkaufsförderungsmaßnahmen, die dem Kunden bei Kontaktaufnahme oder Geschäftsabschluss bestimmte Vergünstigungen wie etwa Preisnachlässe, Zugaben oder Geschenke in Aussicht stellen (früher meist Wertreklame genannt)323, die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme klar und eindeutig angegeben werden (§ 4 Nr. 4 UWG). Unlauter handelt auch, wer bei Preisausschreiben oder Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen nicht klar und ein-

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BGH v. 2.10.2003 – I ZR 252/01, NJW 2004, 439 – Mindestverzinsung; BGH v. 11.12.2003 – I ZR 50/01, NJW 2004, 2235 (2236) – Dauertiefpreis; Emmerich Unlauterer Wettbewerb, S. 188 m.w.N. So für die Rechtsberatung BGH v. 19.4.2001 – I ZR 46/99, NJW 2001, 3193; für den Erwerb eines Kfz BGH v. 13.3.2003 – I ZR 212/00, NJW 2003, 2096 (2097) – Umgekehrte Versteigerung II. Schünemann in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 3 UWG Rz. 294. Näher hierzu Dreyer in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 5a UWG Rz. 11 ff. m.w.N. Vgl. im Einzelnen Schünemann in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 3 UWG Rz.179 ff. Vgl. Emmerich Unlauterer Wettbewerb, S. 149 ff. m.w.N.

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

Vor § 307 BGB

deutig angibt (§ 4 Nr. 5 UWG). Zudem darf nach § 4 Nr. 6 UWG die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel grundsätzlich nicht von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig gemacht werden (Koppelungsverbot). Liegt ein Wettbewerbsverstoß im Zusammenhang mit der Verwendung von AGB vor, führt dies (für sich genommen) nicht zur Unwirksamkeit der AGB, da aus dem UWG nur Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche resultieren. Auch kann der jeweilige Vertragspartner diese Rechtsfolgen nicht selbst nach § 8 Abs. 1 UWG geltend machen, klagebefugt sind vielmehr nur die Mitbewerber des Verwenders und (Verbraucherschutz-)Verbände gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1–3 UWG. Der Schutz des lauteren Wettbewerbs wirkt sich jedoch mittelbar auch zu Gunsten der (potentiellen) Vertragspartner des Verwenders aus, da die Sanktionierung wettbewerbswidrigen Verhaltens bei der Verwendung von AGB dazu beiträgt, die Verbreitung unangemessen benachteiligender AGB weiter zurückzudrängen.

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Umgekehrt können im Einzelfall auch die Wertungen des Lauterkeitsrechts für die Interessenabwägung bei der Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung im Rahmen des § 307 von Bedeutung sein324, jedenfalls wenn sich die Wettbewerbswidrigkeit gerade aus der gravierenden Verletzung der individuellen Interessen der von einer Wettbewerbshandlung betroffenen Adressaten ergibt. Das gilt etwa für die strenge Ächtung der Telefon- und Telefaxwerbung, die schon lange von der Rechtsprechung bei fehlender vorheriger Einwilligung des Adressaten wegen der damit verbundenen unzumutbaren Belästigung grundsätzlich als unzulässig beurteilt wird325; daran hat sich auch durch die UWG-Reformen 2004 und 2008 nichts geändert (vgl. § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 UWG). Vor diesem Hintergrund hat der BGH AGB-Klauseln, mit denen sich Werbungtreibende formularmäßig das Einverständnis ihrer Kunden für eine künftige telefonische Kontaktaufnahme geben lassen326, als eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 angesehen und somit für unwirksam erklärt327. Gleiches gilt bzgl. der Werbung durch E-Mail oder SMS, wenn das Einverständnis des Kunden nicht als (von diesem gesondert anzukreuzende) „Opt-in“-Erklärung ausgestaltet wird328. Diese Grundsätze gelten jedenfalls bei Verbrauchern. Bei sonstigen Marktteilnehmern, insb. gewerblichen Adressaten, genügt für die Zulässigkeit eines Werbeanrufs auch eine mutmaßliche vorherige Einwilligung (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Voraussetzung dafür ist aber, dass sich die Vermutung eines sachlichen Interesses des Adressaten an dem Telefonanruf auf konkrete tatsächliche Umstände

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324 A.A. Staudinger/Coester § 307 Rz. 53b. 325 Siehe nur BGH v. 24.1.1991 – I ZR 133/89, BGHZ 113, 282 (283 f.) = NJW 1991, 2087; BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, BGHZ 141, 124 (127 f.) = NJW 1999, 1864; BGH v. 27.1.2000 – I ZR 241/97, NJW 2000, 2677 – Telefonwerbung VI; BGH v. 20.12.2001 – I ZR 227/99, NJW 2002, 2038 – Werbefinanzierte Telefongespräche; BGH v. 1.6.2006 – I ZR 167/03, NJW 2006, 3781 – Telefax-Werbung II; zur prinzipiellen Unlauterkeit von E-Mail-Werbung BGH v. 11.3.2004 – I ZR 81/01, NJW 2004, 1655 (1656). 326 So auch Emmerich Unlauterer Wettbewerb, S. 179. 327 Grdl. BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, BGHZ 141, 124 (128) = NJW 1999, 1864; bestätigt durch BGH v. 27.1.2000 – I ZR 241/97, NJW 2000, 2677 – Telefonwerbung VI; krit. Köhler in FS Koppensteiner, 2001, S. 431 (442 ff.). 328 BGH v. 16.7.2008 – VIII ZR 348/06, NJW 2008, 3055 (3057 f.).

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

stützen lässt329. Ohne Differenzierung zwischen privatem und geschäftlichem Verkehr erklärt § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG die Werbung unter Verwendung von automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post, insb. also E-Mails, für unlauter, wenn keine (ausdrückliche oder konkludente) Einwilligung der Adressaten vorliegt. Eine Rechtfertigung durch eine mutmaßliche Einwilligung ist hier nicht möglich. Neben dem Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG, der den Unternehmen im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung unter bestimmten Voraussetzungen die Aufnahme der elektronischen Kontaktdaten ihrer Kunden sowie die spätere Verwendung zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen gestattet, dürften andere Formen einer formularmäßigen Einholung des Einverständnisses ausscheiden.

4. Behördliche Kontrolle von AGB a) Präventive Genehmigung 96

Trotz der weit reichenden Kompetenzen der Zivilgerichte zur Inhaltskontrolle von AGB werden allgemeine Vertragsbedingungen in bestimmten besonders sensiblen Bereichen zusätzlich einer behördlichen Kontrolle unterworfen. Meist handelt es sich um Sondergebiete, die bereits vor Erlass des AGBG einer umfassenden Regulierung unterlagen. Von der strengsten Form der behördlichen Kontrolle, der Pflicht zur vorherigen Genehmigung der AGB, wird in jüngerer Zeit allerdings zurückhaltender Gebrauch gemacht. An ihre Stelle tritt mehr und mehr eine nachträgliche Missstandsaufsicht (vgl. z.B. § 81 Abs. 2 VAG für allgemeine Versicherungsbedingungen, die früher ebenfalls einem Genehmigungserfordernis unterfielen)330. Heute unterliegen etwa noch die AGB der Bausparkassen (§ 9 Abs. 1 BausparkG) und Kapitalanlagegesellschaften (§ 163 und § 267 KAGB, früher § 43 Abs. 2 und 3 InvG) einer präventiven Kontrolle im verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren. Diese bezieht sich zwar auch auf die Einhaltung der §§ 307–309331, da die Vertragsbedingungen nur dann „den gesetzlichen Anforderungen“ (§ 163 Abs. 2 Satz 1 bzw. § 267 Abs. 2 Satz 1 KAGB, früher § 43 Abs. 2 Satz 2 InvG) entsprechen. Ebenso wie bei der früheren antizipierten kartellbehördlichen Missbrauchsaufsicht über Konditionenkartelle und -empfehlungen (oben Rz. 78 ff.) schließt die behördliche Genehmigung aber eine 329 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 15/1487 S. 21; BGH v. 25.1.2001 – I ZR 53/99, GRUR 2001, 1181 – Telefonwerbung für Blindenwaren; BGH v. 11.3.2004 – I ZR 81/01, NJW 2004, 1655 (1656) – E-Mail-Werbung. 330 Während die Genehmigungspflicht für Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) bereits durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften, BGBl. 1994 I 1630, mit Wirkung zum 29.7.1994 aufgehoben wurde, ist die zuvor nach § 15 HypBankG bestehende Genehmigungspflicht für die Geschäftsbedingungen der Hypothekenbanken erst mit der Ersetzung des HypBankG durch das Pfandbriefgesetz (PfandBG) v. 22.5.2005 (BGBl. 2005 I 1373) entfallen. Vorgeschrieben ist eine staatliche Genehmigung nach wie vor für die AGB der Pflichtversicherungen (§§ 8 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 5 Nr. 1 VAG) sowie für die Beförderungsbedingungen im Luft-, Zug- und Straßenverkehr (§§ 21 Abs. 1 LuftVG; 39 Abs. 6 PersBefG). Bei AVB findet nach § 81 VAG eine Missbrauchsaufsicht statt, die sich auch auf Verstöße gegen die §§ 307 ff. erstreckt, vgl. BVerwG v. 25.6.1998 – 1 A 6/96, NJW 1998, 3216; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 19. 331 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 14; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 19; Stoffels Rz. 401.

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nachträgliche zivilgerichtliche Überprüfung der AGB nicht aus und entfaltet insoweit grundsätzlich keinerlei präjudizielle Wirkung332. Denn angesichts der vielfältigen anderweitigen Zwecke verwaltungsrechtlicher Genehmigungsverfahren und ermessensleitender Kriterien ist nicht gewährleistet, dass die Kriterien der §§ 307 ff. immer voll zum Tragen kommen333; außerdem folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, dass die Kontrolle der Rechtskonformität von AGB letztverantwortlich der Judikative obliegt334. Behördlich genehmigte AGB können somit durchaus unwirksam sein335. Auf der anderen Seite wird der Zivilrichter bei seiner unabhängigen AGB-Kontrolle die größere Sachkunde der Fachaufsichtsbehörde in technischen Fragen sowie etwaige branchenspezifische Bedürfnisse angemessen berücksichtigen336. Im Verbandsverfahren sind die in § 8 Abs. 2 UKlaG genannten Behörden anzuhören. Eine gerichtliche Inhaltskontrolle von AGB ist allerdings ausgeschlossen, soweit eine behördliche Genehmigungsentscheidung auf eine abschließende Gestaltung der Rechtsbeziehung der Vertragsparteien gerichtet ist. Mangels eines privatautonomen Gestaltungsspielraums des Verwenders (etwa im Rahmen der Entgeltregulierung nach §§ 27 ff. TKG)337 scheidet insoweit eine Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 aus338.

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b) Nachträgliche Missstandsaufsicht Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) unterliegen gemäß § 81 VAG lediglich einer allgemeinen Missstandsaufsicht unter dem Gesichtspunkt der „ausreichenden Wahrung der Belange der Versicherten“. Prüfungsmaßstab sind auch hier die §§ 307 ff., die im Rahmen einer „anlassbezogenen nachträglichen Inhaltskontrolle“ zum Tragen kommen339. Stellt die (an die Stelle des früheren Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen getretene) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einen Verstoß gegen ein Klauselverbot fest, rechtfertigt dies ein Einschreiten gegenüber dem Versicherungsunterneh-

332 BGH v. 5.12.2006 – X ZR 165/03, NJW 2007, 997 (998); BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774 (zur Genehmigung nach § 39 Abs. 6 PBefG); OLG Karlsruhe v. 27.9.1990 – 11 U 158/89, NJW 1991, 362 (363) (zu Allgemeinen Bausparbedingungen); Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 13; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 14; Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 19; Stoffels Rz. 401; differenzierend aber Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 71. 333 Vgl. BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (291) = NJW 1983, 1322 (1324) – Flugbeförderungsbedingungen. 334 Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 69 f.; Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 13 m.w.N. 335 Vgl. z.B. BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 ff. zu den als Konditionenkartell angemeldeten Neuwagenverkaufsbedingungen, bei denen eine Vielzahl von Klauseln der zivilgerichtlichen Inhaltskontrolle nicht standhielt. Ob umgekehrt nicht genehmigte AGB wirksamer Vertragsbestandteil werden können, hängt davon ab, ob deren Verwendung schlechthin verboten ist oder nur aufsichtsrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, vgl. dazu näher Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 66 f. mit Beispielen. 336 Wolf AGB-Recht, 4. Aufl. 1999, § 9 AGBG Rz. 47. 337 Vgl. dazu BGH v. 24.5.2007 – III ZR 467/04, NJW 2007, 3344 (Rz. 11, 12, 15). 338 BGH v. 12.2.2009 – III ZR 179/08, NJW 2009, 1334 (Herabsetzung der ordentlichen Kündigungsfrist für die Kunden des Telekommunikationsanbieters von drei Monaten auf sechs Werktage zur Vermeidung einer zu langen Kundenbindung und zur Stärkung der Wettbewerbs durch einen leichteren Wechsel auf konkurrierende Anbieter). 339 Vgl. BVerwG v. 25.6.1998 – 1 A 6/96, NJW 1998, 3216 (3217).

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men nach § 81 Abs. 1 VAG340. Umgekehrt sind die Zivilgerichte jedoch nicht gehindert, unbeanstandete AVB für unwirksam zu erklären341. Dabei sind die Grenzen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 für Leistungsbeschreibungen und Preisbestimmungen zu beachten (näher zur Inhaltskontrolle von Versicherungsbedingungen Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen (AVB) Rz. 1 ff.).

IV. Rechtsfolgen 1. Unwirksamkeit 98

Bestimmungen in AGB, die den Vertragspartner unangemessen benachteiligen, sind gemäß §§ 307–309 unwirksam, d.h. sie entfalten von Anfang an keinerlei Rechtswirkungen. Die Konsequenzen der Nichtigkeit der nachteiligen Bestimmung für den Bestand und Inhalt des Vertrages im Übrigen richtet sich nach § 306. Danach bleibt der restliche Vertrag (entgegen der allgemeinen Auslegungsregel des § 139) grundsätzlich wirksam (§ 306 Abs. 1), sofern nicht das Festhalten an ihm für eine Partei eine unzumutbare Härte darstellt (§ 306 Abs. 3). Diese Vorschrift greift jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen ein (vgl. dazu § 306 Rz. 42 ff.), da die Lücke im Vertrag infolge der Unwirksamkeit der unangemessenen AGB-Klausel in aller Regel durch dispositives Gesetzesrecht (§ 306 Abs. 2) oder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist342.

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Nicht statthaft ist eine teilweise Aufrechterhaltung der unwirksamen Klausel mit einem auf das (gerade noch) angemessene Maß reduzierten Regelungsgehalt. Keine unzulässige geltungserhaltende Reduktion liegt aber vor, wenn sprachlich und inhaltlich abtrennbare Teile einer Regelung jeweils selbständig geprüft werden und im Ergebnis nur bestimmte Teile einer äußerlich und sachlich zusammenhängenden Regelung der Kontrolle standhalten343. Wird eine problematische Klausel in unterschiedlichen Konstellationen eingesetzt, kommt es ebenfalls darauf an, ob sich die Anwendungsfälle klar nach bestimmten objektiven Kriterien unterscheiden lassen: Bei Verwendung der AGB für unterschiedliche Geschäftsarten oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen kann sich die Unwirksamkeit auf eine bestimmte Fallgruppe beschränken344. Andernfalls ist eine nicht teilbare Klausel, die (jedenfalls) für einen Teil der erfassten Fälle unwirksam ist, insgesamt nichtig345.

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Der Grundsatz, dass eine Beibehaltung der beanstandeten Regelung in einem reduzierten, gerade noch angemessenen Umfang nicht zulässig ist, muss auch beachtet werden, wenn die infolge der Unwirksamkeit der Klausel entstandene Lü-

340 BVerwG v. 25.6.1998 – 1 A 6/96, NJW 1998, 3216 (3217); Stoffels Rz. 403. 341 Palandt/Grüneberg Überbl v § 305 Rz. 19 aE. 342 Zur Möglichkeit einer objektiv-generalisierenden richterlichen Vertragsergänzung bei vorformulierten Verträgen § 306 Rz. 31 ff. 343 Näher zum Grundsatz der gesonderten Wirksamkeitsprüfung bzw. zur Teilbarkeit von AGB-Klauseln § 306 Rz. 12 ff. sowie zum Verbot der geltungserhaltenden Reduktion § 306 Rz. 14 ff.; krit. gegenüber dem „Mythos“ von der prinzipiellen Unzulässigkeit Uffmann Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, passim; differenzierend Leyens/Schäfer AcP 210 (2010), 771 (799 ff.). 344 Vgl. BGH v. 9.2.1990 – V ZR 200/88, BGHZ 110, 241 (244); näher § 307 Rz. 111. 345 Vgl. BGH v. 10.12.1997 – VIII ZR 107/97, NJW-RR 1998, 629.

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cke im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen wird346. Nicht unzulässig ist dabei aber die die entsprechende Heranziehung dispositiven Gesetzesrechts mit dem Ergebnis, dass die unwirksame Regelung durch eine den Kunden in zulässiger Weise belastende Klausel ersetzt wird347. Besondere Fragen stellen sich bei unwirksamen Preisanpassungsklauseln, insb. in langfristigen Energielieferverträgen, wenn der Kunde Preiserhöhungen längere Zeit ohne Beanstandung hingenommen und später deren Unwirksamkeit auch für weit zurückliegende Abrechnungsperioden geltend macht. Bei einem Festhalten des Verwenders am ursprünglichen vertraglich festgelegten Ausgangspreis würde es regelmäßig zu einer unzumutbaren Störung des Vertragsgefüges zu Lasten des Verwenders kommen, obwohl ein anerkennenswertes Bedürfnis besteht, das bei Vertragsschluss vorhandene Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten348. Daher hat der BGH zur Schließung der Regelungslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung eine Lösung entwickelt, nach der die Unwirksamkeit (oder unwirksame Einbeziehung) einer Preisanpassungsklausel vom Kunden nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnungen beanstandet hat, in der die Preiserhöhung erstmals angewandt worden ist349. Der danach maßgebliche Preis tritt sodann endgültig an die Stelle des Anfangspreises, ohne dass es darauf ankäme, ob der Verwender nach der erstmaligen Beanstandung von einer Kündigungsmöglichkeit des Energieliefervertrags Gebrauch gemacht hat350. Vorformulierte Regelungen, die von § 306 abweichende Rechtsfolgen vorschreiben, unterliegen ihrerseits der Inhaltskontrolle und sind im Ergebnis grundsätzlich unwirksam. Das gilt etwa für eine Bestimmung, nach der bei Unwirksamkeit einer AGB-Klausel der gesamte Vertrag nichtig sein soll. Denn die grundsätzliche Aufrechterhaltung des restlichen Vertrages nach § 306 Abs. 1 (in den Grenzen des Abs. 3) weist eine wichtige Schutzfunktion zu Gunsten des Kunden auf351, so dass in der Abweichung von dieser gesetzlichen Leitlinie eine unangemessene Benachteiligung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1) liegt. Diese Bewertung muss auch für eine Klausel gelten, nach der das Zustandekommen des Vertrags unter die Bedingung gestellt wird, dass sämtliche oder bestimmte AGB-Klauseln Bestand haben352. Die Frage hat allerdings kaum praktische Relevanz, da die Erhaltung des Vertrages im Übrigen prinzipiell auch dem Interesse des Verwenders entspricht und die AGB in der Praxis meist mit § 306 Abs. 1 übereinstimmende Regelungen der Teilunwirksamkeit enthalten. Möglich erscheint dagegen, dass 346 347 348 349

Vgl. BVerfG v. 7.9.2010 – 1 BvR 2160/09, 1 BvR 851/10, NJW 2011, 1339 (1341). BGH v. 11.10.2011 – VI ZR 46/10, NJW 2012, 222 (224). S. nur BGH v. 15.4.2015 – VIII ZR 59/14, BB 2015, 1548 Rz. 28 ff. m.w.N. St. Rspr., s. nur BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rz. 21 ff. (Gas); BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rz. 20, 23 (Strom); BGH v. 24.9.2014 – VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3693 Rz. 16 ff. (Fernwärme); BGH v. 3.12.2014 – VIII ZR 370/13, WM 2015, 306 Rz. 28 ff. (fehlerhafte Einbeziehung); zuletzt bestätigt durch BGH v. 15.4.2015 – VIII ZR 59/14, BB 2015, 1548 m. BB-Komm. Zabel. 350 BGH v. 15.4.2015 – VIII ZR 59/14, BB 2015, 1548 LS b) und Rz. 38 ff. (m. BB-Komm. Zabel). 351 Siehe nur BGH v. 9.5.1996 – III ZR 209/95, WM 1996, 2018 (2020). 352 Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass der Verwender den Vertragsschluss als solchen davon abhängig macht, dass seine AGB durch den Vertragspartner akzeptiert werden; geschieht dies nicht, kommt schon kein Vertrag zustande, so zutreffend Wolf/Lindacher/Hau § 306 Rz. 13; ebenso wohl, aber nicht ganz eindeutig § 306 Rz. 23 a.E.

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der Verwender in bestimmten Fällen ein anerkennenswertes Interesse daran hat, die Gründe für die Unzumutbarkeit eines Festhaltens am Restvertrag nach § 306 Abs. 3 zu konkretisieren. Jedenfalls im unternehmerischen Verkehr sollte der Verwender nicht gehindert sein, mit objektiv angemessenen und transparenten Kriterien besondere Konstellationen zu identifizieren, in denen ausnahmsweise die Gesamtnichtigkeit eintreten soll. 101

Vorformulierte Ersatzklauseln, die für den Fall der Unwirksamkeit der primär anwendbaren Klausel gelten sollen und eine konkrete Alternativregelung enthalten, verstoßen zwar nicht per se gegen § 306 Abs. 2353, können aber leicht zur Intransparenz des betreffenden Regelungskomplexes in den AGB führen354. Die Schwelle ist überschritten, wenn ein durchschnittlicher Vertragspartner den gültigen Vertragsinhalt nicht klar und eindeutig zu erkennen vermag. Das gilt etwa für pauschale salvatorische Klauseln, nach denen bestimmte AGB-Regelungen „soweit gesetzlich zulässig“ gelten sollen355. Auch dann, wenn explizit klargestellt wird, dass eine bestimmte Klausel „nach dem heutigen Stand“ nicht wirksam ist, aber gelten soll, „sofern dies die Gesetzeslage bzw. die Rechtsprechung erlauben“, liegt keine wirksame salvatorische Klausel vor356. Unwirksam wegen Unbestimmtheit ist auch die Klausel, nach der eine ungültige Klausel in den AGB durch eine andere Regelung ersetzt werden soll, die der unwirksamen Bestimmung (in ihrem wirtschaftlichen Erfolg) möglichst nahe kommt357. Diese wie andere Klauseln, die auf eine teilweise Aufrechterhaltung einer beanstandeten Bestimmung mit „reduziertem“ Regelungsgehalt abzielen oder dem Verwender ein einseitiges Recht zur Lückenfüllung einräumen, verstoßen zudem gegen die § 306 Abs. 2 zugrunde liegenden Prinzipien der Lückenfüllung und damit auch gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 (näher hierzu § 306 Rz. 39).

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Grundsätzlich möglich bleiben individualvertragliche Abweichungen von § 306358. Die in der Literatur zuweilen vertretene generelle Qualifikation dieser Vorschrift als zwingendes Recht359 geht zu weit und ist durch den Schutzzweck des AGB-Rechts nicht gerechtfertigt. Dem Verwender muss es jedenfalls im unternehmerischen Verkehr möglich sein, im Einzelfall die Wirksamkeit des Vertrags unter die Bedingung zu stellen, dass bestimmte, genau identifizierte Klauseln der vereinbarten AGB Bestand haben360. Denn letztlich wird damit nur

353 Für eine grundsätzliche Zulässigkeit auch Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 306 Rz. 20, der jedoch die Praktikabilität derartiger Regelungen bezweifelt; Bedenken unter dem Aspekt der Abweichung von § 306 Abs. 2 aber bei § 306 Rz. 40. 354 Wie hier Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 266; näher zum Transparenzgebot § 307 Rz. 323 ff. 355 BGH v. 26.6.1991 – VIII ZR 231/90, NJW 1991, 2630; BGH v. 20.1.1993 – VIII ZR 10/92, NJW 1993, 1061; BGH v. 12.10.1995 – I ZR 172/93, NJW 1996, 1407; ebenso zur Klausel „soweit das Gesetz nicht etwas anderes zwingend vorschreibt“ BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (48) = NJW 1985, 623. 356 BGH v. 5.3.2013 – VIII ZR 137/12, NJW 2013, 1668 unter Hinweis darauf, dass „salvatorische Klauseln in AGB jedenfalls dann nicht wirksam vereinbart werden können, wenn die Rechtslage … nicht zweifelhaft ist“. In casu ging es um eine sog. Parkettklausel in einem formularmäßigen Mietvertrag. 357 BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (162); näher zu den verschiedenen Formen salvatorischer Klauseln § 306 Rz. 39 ff. m.w.N. 358 So MünchKomm/Basedow § 306 Rz. 9; dagegen Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 306 Rz. 9. 359 Siehe insb. Wolf/Lindacher/Hau § 306 Rz. 13; Soergel/Stein § 6 AGBG Rz. 7. 360 In diesem Sinne, aber ohne Beschränkung auf den unternehmerischen Verkehr Staudinger/Schlosser § 306 Rz. 9; auch § 306 Rz. 23.

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die Unzumutbarkeit des Festhaltens am restlichen Vertrag für den Einzelfall konkretisiert. Ein individualvertraglicher Vorbehalt hinsichtlich der generellen Wirksamkeit jedweder AGB-Klausel als Bedingung für die Gültigkeit des Vertrages insgesamt würde dagegen dem Schutzanliegen des § 306 widersprechen und dürfte daher eine unzulässige Umgehung der Rechtsfolgen der AGB-Kontrolle darstellen. Praktisch kein Raum für eine individualvertragliche Regelung der Rechtsfolgen unwirksamer Klauseln besteht bei Verbraucherverträgen, da hier § 306 bereits bei der Vorformulierung einer Klausel zur einmaligen Verwendung eingreift (§ 310 Abs. 3 Nr. 2). Die Unwirksamkeit einer Klausel kann aber generell durch Bestätigung (§ 141) im Wege der nachträglichen Individualvereinbarung in Kenntnis der Unwirksamkeit geheilt werden361. Dafür bedarf es zwar nicht zwingend einer ausdrücklichen Vereinbarung, doch ist eine konkludente Neuvornahme des Rechtsgeschäfts nur mit größter Zurückhaltung anzunehmen, weil ein Verzicht des Vertragspartners auf den Schutz vor unangemessener Benachteiligung grundsätzlich nicht zu erwarten ist.

2. Unterlassungs-, Widerrufs- und Schadensersatzansprüche Neben der Sanktion der Unwirksamkeit der gegen §§ 307–309 verstoßenden AGB-Bestimmungen ist der Verwender auch Unterlassungsansprüchen im Verbandsprozess nach §§ 1, 3 UKlaG ausgesetzt. Im Falle der Empfehlung unwirksamer AGB kann auch ein Anspruch auf Widerruf gegenüber dem Empfehlenden geltend gemacht werden. Zu den anspruchsberechtigten Stellen gehören Verbraucherschutzverbände („qualifizierte Einrichtungen“), rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern (§ 3 Abs. 1 Nr. 1–3 UKlaG; vgl. dazu die Kommentierung zum UKlaG in Teil 3).

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Soweit die Verwendung unwirksamer oder irreführender AGB (zugleich) einen 103a Verstoß gegen die Vorschriften des § 3 (i.V.m. §§ 4 ff.) oder § 7 UWG darstellt (dazu oben Rz. 89 ff.), können neben Verbänden und Einrichtungen auch Mitbewerber den Klauselverwender nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG auf Unterlassung, ggf. auf Beseitigung (z.B. Widerruf einer Empfehlung) oder bei Verschulden auch auf Schadensersatz (§ 9 UWG) in Anspruch nehmen. Von praktischer Relevanz kann die ergänzende Heranziehung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche dabei nicht nur im Hinblick auf die Erweiterung der Aktivlegitimation, sondern auch inhaltlich in der Ergänzung des Sanktionspotentials im Vergleich zu BGB und UKlaG sein. So hat das Kammergericht bei unwirksamen und zugleich i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG irreführenden Preisanpassungen eines Energieversorgers als Sonderfall des wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 UWG einen sog. Folgenbeseitigungsanspruch anerkannt362. Dieser richtete sich in casu darauf, dass der Versorger nach einem irreführenden Informationsschreiben über eine Preiserhöhung363 verpflichtet wurde, in einem Berichtigungsschreiben an die Bestandskunden auf die tatsächliche Rechtslage hinzuweisen, um auf diese 361 BGH v. 20.10.1976 – IV ZR 135/75, DB 1977, 158 f.; BGH v. 11.7.1984 – VIII ZR 35/83, NJW 1985, 56 (57); Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 350. 362 KG v. 27.3.2013 – 5 U 112/11 – VZ Hamburg gegen Flexstrom (zit. nach Reich VuR 2014, 247). 363 Obwohl der Vertrag keine Anpassungsklausel enthielt, erhöhte der Energieversorger die Preise und wies seine Bestandskunden in einem Informationsschreiben auf die Möglichkeit einer Kündigung hin. Zugleich hieß es: „Wenn Sie nach Ablauf der Kündi-

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Weise deren Irrtum über die Wirksamkeit der Preiserhöhung zu beseitigen und sie damit in die Lage zu versetzen, Rückzahlungsansprüche geltend zu machen. 104

Soweit der Vertragspartner durch eine unwirksame Klausel oder das Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertrags trotz dessen ausnahmsweiser Gesamtnichtigkeit nach § 306 Abs. 3 einen Schaden erlitten hat, kann ihm unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluss (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280) ein Schadensersatzanspruch gegen den Verwender zustehen364. Als ersatzfähige, durch unwirksame AGB kausal verursachte Schadenspositionen kommen neben Rechtsberatungs- und Prozesskosten insbesondere Aufwendungen in Betracht, die in oder wegen der Unkenntnis der Unwirksamkeit der Klausel gemacht worden sind, die unterbliebene Geltendmachung von Rechten sowie (neben dem Anspruch aus § 812)365 die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen366. Ersatzfähig sind aber nur solche Schäden, die vom Schutzzweck der verletzten Norm erfasst sind; bei einem Verstoß gegen § 308 Nr. 1 können daher nur solche Schäden geltend gemacht werden, die „gerade und lediglich durch die überlange Bindung des Vertragspartners verursacht worden sind“367. Anknüpfungspunkt der Haftung ist die vorvertragliche Pflicht des Verwenders zur angemessenen Rücksichtnahme auf die Belange des Vertragspartners. Diese ist jedenfalls verletzt, soweit Klauseln verwendet werden, die wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam sind. Gleiches muss aber auch für die Verwendung intransparenter AGB gelten, die es dem Vertragspartner verwehren, die Rechte und Pflichten der Parteien klar und eindeutig zu erkennen. Trotz des grundsätzlich dem Verwender zugewiesenen Risikos der Unwirksamkeit von AGB und der regelmäßigen Vermeidbarkeit einer Schädigung des Vertragspartners durch (intransparente oder unangemessen belastende und daher) unwirksame Klauseln darf das erforderliche Verschulden des Verwenders aber nicht per se unterstellt werden. Vielmehr sind bestimmte, freilich seltene, Fälle denkbar, in denen dem Verwender kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann, etwa bei einer unvorhersehbaren Änderung einer etablierten Rechtsprechung, nach der eine bislang anerkanntermaßen zulässige Klauselgestaltung nunmehr als unwirksam angesehen wird368. Zudem wird vom Verwender nicht verlangt, schon dann auf

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gungsfrist weiterhin günstigen Flexstrom beziehen, behandeln wir dies als Zustimmung zu den neuen Vertragspreisen“ (zit. nach Reich VuR 2014, 247). Vgl. BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 (2817); BGH v. 12.11.1986 – VIII ZR 280/85, NJW 1987, 639 (640); BGH v. 8.10.1987 – VII ZR 358/86, NJW 1988, 197 (198); BGH v. 27.5.2009 – VIII ZR 302/07, NJW 2009, 2590 m.w.N.; Brandner in FS Oppenhoff, 1985, S. 11 (18, 20 f.); Fastrich S. 69; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 366; grds. zust. Stoffels Rz. 636; ausführlich jüngst Hubert Schmidt WuM 2010, 191 ff., auch zur Haftung aus positiver Vertragsverletzung (§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1), dazu ebenfalls BGH v. 14.6.1994 – XI ZR 210/93, NJW 1994, 2754; KG v. 18.5.2009 – 8 U 190/08, NJW 2009, 2688. Vgl. hierzu BGH v. 27.5.2009 – VIII ZR 302/07, NJW 2009, 2590 (2592) (Rz. 21 ff.) (Anspruch des Mieters auf Wertersatz nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 bei Durchführung von Schönheitsreparaturen trotz unwirksamer Endrenovierungsklausel). Vgl. Brandner in FS Oppenhoff, 1985, S. 11 (13); Stoffels Rz. 638; Palandt/Grüneberg § 306 Rz. 19. BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, ZIP 2010, 1854 (1857). Vgl. dazu jetzt BGH v. 27.5.2009 – VIII ZR 302/07, NJW 2009, 2590 f. (unwirksame Endrenovierungsklausel, die kurz zuvor in einem anderen Fall, BGH v. 27.5.2009 – VIII ZR 302/07, NJW 1998, 3114 (3115), von demselben Senat noch als wirksam behandelt worden war); zust. Hubert Schmidt WuM 2010, 191 (197). Dies ändert nichts an der Unwirksamkeit der Klausel, allerdings sollte in geeigneten Fällen Raum für einen be-

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Vor § 307 BGB

eine Klausel zu verzichten, wenn sich deren Gesetzeskonformität nach dem Stand der bisherigen Rechtsprechung nicht sicher beurteilen lässt369. Schließlich ist der Einwand des Mitverschuldens gegenüber dem auf die Wirksamkeit vertrauenden Vertragspartner nicht schlechthin ausgeschlossen370.

V. Ausübung der Inhaltskontrolle 1. Prüfungsreihenfolge Bei der Prüfung von AGB ist zunächst die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. festzustellen371. Dabei sind einerseits die Ausnahmebereiche nach § 310 Abs. 4 zu berücksichtigen (insb. für Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts), andererseits festzustellen, ob überhaupt AGB i.S.v. § 305 Abs. 1 (oder vorformulierte Einzelverträge mit Verbrauchern, § 310 Abs. 3 Nr. 2) vorliegen. Ist das der Fall, ist zunächst die Einbeziehung der AGB nach §§ 305 Abs. 2 und 3, 305a–305c zu prüfen (vgl. bereits oben Rz. 12). Im Anschluss daran gilt es, den Inhalt der AGB durch Auslegung zu ermitteln und sodann an den §§ 307–309 zu messen (vgl. oben Rz. 13), sofern die Inhaltskontrolle nicht nach § 307 Abs. 3 ausgeschlossen ist. Dabei sind – umgekehrt zur gesetzlichen Paragrafenfolge – vorrangig die speziellen Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309) und sodann die mit Wertungsmöglichkeit (§ 308) heranzuziehen, bevor § 307 Abs. 1 und Abs. 2 zur Anwendung kommen; insoweit sind wiederum zunächst die konkreteren Regelbeispiele (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2) zu prüfen, bevor auf die allgemeine Generalklausel des § 307 Abs. 1 zurückgegriffen wird. Die Gerichte und die übrigen Rechtsanwender sind freilich nicht gehindert, aus pragmatischen Gründen von dieser logischen Prüfungsreihenfolge abzuweichen und die Unwirksamkeit einer Klausel sogleich auf die als „jedenfalls“ einschlägig beurteilte Bestimmung zu stützen (vgl. Rz. 12).

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2. Beachtung der Unwirksamkeit von Amts wegen Die §§ 307–309 enthalten zwingendes Recht, das in gerichtlichen Verfahren wie Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu beachten ist, ohne dass sich eine Partei darauf berufen müsste372. Im Verbandsprozess beschränkt sich die Entscheidungskompetenz des Gerichts allerdings nach dem allgemeinen Grundsatz des

369 370 371 372

grenzten Vertrauensschutz durch ausnahmsweise Gestattung einer teleologischen Reduktion sein, vgl. § 307 Rz. 118. Stoffels Rz. 637; ähnlich Hubert Schmidt WuM 2010, 191 (196) (bei Ungewissheit „nicht ohne weiteres“ Sorgfaltsverstoß). Brandner in FS Oppenhoff, 1985, S. 11 (23); Stoffels Rz. 639 m.w.N. Vgl. Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 307 Rz. 15; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 6. Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 25; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 351 ff. Bei Verbraucherverträgen ist die Beachtung der Unwirksamkeit von Amts wegen auch europarechtlich geboten, vgl. EuGH v. 27.6.2000 – Rs. C-240-244/98, ZIP 2000, 1165 (1167); EuGH v. 9.11.2010 – Rs. C-137/08, EuZW 2011, 27 (28); EuGH v. 21.2.2013 – Rs. C-472/11, NJW 2013, 987 (988 f.). Verfahrensrechtliche Regeln, die eine Prüfung von Amts wegen ausschließen sind richtlinienwidrig, EuGH v. 14.6.2012 – Rs. C-618/10, NJW 2012, 2257 (2259); EuGH v. 14.3.2013 – Rs. C-415/11, EuZW 2013, 464 (468).

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Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO („ne ultra petita“) darauf, die weitere Verwendung der im Klageantrag beanstandeten Bestimmungen (§§ 1, 8 Abs. 1 UKlaG) zu verbieten. 107

Im Rahmen seiner Erörterungs- und Belehrungspflichten nach § 17 BeurkG obliegt auch dem Notar eine Prüfung der Wirksamkeit von AGB373. Bei Zweifeln an der Gesetzeskonformität ist der Notar gehalten, die Bedenken mit den Beteiligten zu erörtern, grundsätzlich aber nicht gehindert, die Beurkundung dennoch vorzunehmen, wenn die Beteiligten darauf bestehen; er muss dann aber die Belehrung der Parteien und die von ihnen dazu abgegebenen Erklärungen in der Niederschrift vermerken (§ 17 Abs. 2 BeurkG). Nur bei eindeutigen Verstößen greift das Mitwirkungsverbot nach § 14 Abs. 2 BNotO, § 4 BeurkG ein, namentlich wenn erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Verletzt der Notar seine Amtspflichten, kann er sich sowohl der anderen Vertragspartei als auch dem Verwender gegenüber schadensersatzpflichtig machen374. Bei Verbraucherverträgen unterliegen auch vom Notar selbst oder von Dritten vorformulierte (Einzel-)Vertragsbedingungen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, soweit die Initiative zur Einbeziehung nicht vom Verbraucher ausging und er auf Grund der Vorformulierung keinen Einfluss auf sie nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2)375. Bei der Beglaubigung von Unterschriften muss der Notar nur bei offensichtlicher Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts seine Mitwirkung versagen (vgl. § 40 Abs. 2 BeurkG), während eine allgemeine Prüfungs- oder Belehrungspflicht nicht besteht376.

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Das Grundbuchamt wird zwar regelmäßig nur auf Antrag tätig (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GBO), in den dadurch eingeleiteten Eintragungsverfahren sind aber die AGB-rechtlichen Vorschriften von Amts wegen zu beachten377. Prüfungsgegenstand ist allerdings nur die Berechtigung am und der Inhalt des einzutragenden dinglichen Rechts. Der Rechtspfleger muss und darf eine Eintragung nur ablehnen, wenn sie zur Unrichtigkeit des Grundbuchs führen würde378. Unter der Geltung des formellen Konsensprinzips (§ 19 GBO) ist das auf rasche und eindeutige Eintragungen angelegte Grundbuchverfahren nicht der Ort für eine umfassende Prüfung des zur Eintragung bewilligten Grundstücksrechts auf seine vollständige Vereinbarkeit mit dem materiellen Recht, zumal das Grundbuchamt insoweit nur über beschränkte Erkenntnismöglichkeiten verfügt. Es darf daher die Eintragung nur ablehnen, wenn sich die Unwirksamkeit des dinglichen

373 Allg. M., siehe nur Battes in FS Möhring, 1975, S. 21 (27 ff.); Schippel/Brambring DNotZ 1977, 131 ff.; Ulmer DNotZ 1981, 84 ff.; Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 27; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 358. 374 Vgl. zur Haftung nach § 19 Abs. 1 BNotO z.B. BGH v. 7.1.1993 – IX ZR 199/91, NJW 1993, 1587 (1588). 375 Vgl. zu der damit verbundenen Erweiterung der Prüfungs- und Belehrungspflichten bei der Vertragsbeurkundung Kanzleiter DNotZ 1996, 867; Brandner AnwBl. 1994, 335 f. 376 Schippel/Brambring DNotZ 1977, 138; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 359. 377 Vgl. BayObLG v. 18.12.1979 – BReg.2 Z 11/79, NJW 1980, 2818; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 17; Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl. 2009, § 16 Rz. 61 ff. m.w.N.; offen gelassen von BGH v. 27.2.1980 – V ZB 19/79, BGHZ 76, 371 (374); zurückhaltend OLG Köln v. 10.3.1989 – 2 Wx 4/89, Rpfleger 1989, 405; gegen AGB-Kontrolle OLG Hamburg v. 14.2.1996 – 2 Wx 16/94, FGPrax 1996, 132. 378 Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 17 a.E.

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Rechtsgeschäfts zweifelsfrei aus den Eintragungsunterlagen ergibt379. Prüfungsmaßstab sind dabei zwar vorrangig, aber nicht ausschließlich die speziellen Klauselverbote der §§ 308, 309380, da auch im Rahmen des § 307 klare und eindeutige Verstöße auftreten können, die zur Ablehnung der Eintragung berechtigen381. In der Praxis kommt es dementsprechend nur in relativ wenigen Fällen zur Ablehnung beantragter Grundbucheintragungen wegen Verstößen gegen das AGB-Recht, obwohl bei einer Hypothek wegen ihrer Akzessorietät auch die AGB des Darlehensvertrages zu beachten sind, soweit sie sich auf den Inhalt der gesicherten Forderung auswirken382. In ganz ähnlicher Weise sind auch in familienrechtlichen Genehmigungsverfahren nach §§ 1643, 1821 f. nur klare und eindeutige Verstöße gegen das AGB-Recht zu berücksichtigen383.

3. Darlegungs- und Beweislast Nach allgemeinen Grundsätzen hat jede Partei die Tatsachen darzulegen und im 109 Bestreitensfall zu beweisen, aus denen sie eine für sich günstige Rechtsfolge ableiten will. Daher gehen Lücken im Tatsachenmaterial für die notwendige Interessenabwägung regelmäßig zu Lasten der Partei, die sich auf die Unwirksamkeit einer Klausel beruft, also bei § 307 Abs. 1 des Vertragspartners384. Sind allerdings auf der Basis seiner Darlegungen die Regelbeispiele des § 307 Abs. 2 erfüllt, obliegt es dem Verwender, die daraus folgende Vermutung einer unangemessenen Benachteiligung durch Rechtfertigungsgründe zu entkräften385, was namentlich bei § 307 Abs. 2 Nr. 2 nur selten gelingen wird386. Ferner legt § 308 Nr. 4 dem Verwender die Darlegungs- und Beweislast für die ausnahmsweise Zumutbarkeit eines Änderungsvorbehalts auf. Auch insoweit geht es jedoch nur um die im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden tatsächlichen Umstände (z.B. den Nachweis, dass die Höhe einer Schadenspauschale dem gewöhnlichen Schaden entspricht)387; deren abschließende rechtliche Bewertung im Sinne der Bejahung oder Verneinung einer unangemessenen Benach-

379 Für Beschränkung auf eindeutige Fälle auch Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl. 2009, § 16 Rz. 61; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 17 a.E.; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 16; Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 26; Stoffels Rz. 417; Wolf/ Pfeiffer § 307 Rz. 354. Bei der Übereignung von Grundstücken oder der Bestellung eines Erbbaurechts, für die nach § 20 GBO im Grundbuchverfahren das materielle Konsensprinzip gilt, ist die Eintragung ebenfalls nur bei eindeutigen Anhaltspunkten für eine Unwirksamkeit der dinglichen Einigung abzulehnen, von Hoyningen-Huene Rz. 46 a.E. 380 So aber OLG Celle v. 25.5.1979 – 4 Wx 16/79, DNotZ 1979, 622; Schippel/Brambring DNotZ 1977, 197; noch enger (nur § 309) Schöner DNotZ 1979, 624. 381 Vgl. BayObLG v. 12.9.2002 – 2Z BR 75/02, NJW-RR 2002, 1669; OLG Celle v. 25.5.1979 – 4 Wx 16/79, DNotZ 1979, 622; MünchKomm/Wurmnest Vor § 307 Rz. 16; Erman/Roloff Vor §§ 307–309 Rz. 17 m.w.N. 382 Vgl. z.B. BayObLG v. 18.12.1979 – BReg. 2 Z 11/79, NJW 1980, 2818 (Verstoß gegen § 308 Nr. 6 durch Fiktion des Zugangs einer fristlosen Kündigung in den Darlehensbedingungen einer Hypothekenbestellung). 383 Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 26 a.E.; Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 357. 384 Siehe nur BGH v. 21.11.1995 – XI ZR 255/94, NJW 1996, 388; von Hoyningen-Huene Rz. 308 f. m.w.N. 385 Vgl. BGH v. 29.5.1991 – IV ZR 187/90, NJW 1991, 2763; von Hoyningen-Huene Rz. 310. 386 Vgl. BGH v. 20.6.1984 – VIII ZR 137/83, NJW 1985, 914 (915). 387 Vgl. BGH v. 10.11.1976 – VIII ZR 115/75, BGHZ 67, 312.

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Vor § 307 BGB

Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle

teiligung ist allein Sache des Gerichts, das sich nicht wegen rechtlicher Zweifel für die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Klausel entscheiden darf388. Tatsachen- und Beweisfragen spielen bei der Inhaltskontrolle in der Praxis allerdings kaum eine Rolle, da die wesentlichen tatsächlichen Grundlagen für die Beurteilung meist unstreitig sind (insb. Wortlaut der fraglichen Klausel, Inhalt der gesamten AGB, Art des Rechtsgeschäfts und typische Interessenlage)389.

4. Revisibilität 110

Die Anwendung der §§ 307–309 auf den festgestellten Sachverhalt – einschließlich aller Abwägungs- und Beweislastfragen – ist ohne Einschränkung revisibel390. Dem Tatrichter vorbehalten bleibt die Feststellung des Sachverhalts sowie solcher tatsächlichen (Begleit-)Umstände (§ 559 ZPO), die Einfluss auf die Bewertung von AGB-Klauseln haben können wie Verkehrssitte, Handelsbrauch oder (bei Verbraucherverträgen) die „den Vertragsschluss begleitenden Umstände“ (§ 310 Abs. 3 Nr. 3).

111

Da AGB keine Rechtsnormen sind, ist ihre Auslegung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Unter bestimmten Voraussetzungen hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs ist das Revisionsgericht aber nicht an das tatrichterliche Verständnis gebunden, sondern kann AGB-Klauseln (wie revisible Rechtsnormen) frei auslegen. Nach st. Rspr. des BGH gebietet das Bedürfnis nach einheitlicher Auslegung überörtlich geltender AGB eine revisionsgerichtliche Überprüfung, wenn die Gefahr widerstreitender Berufungsurteile besteht391. Das ist seit Einführung des reformierten Revisionsrechts zum 1.1.2002, das eine Revision gegen die Urteile aller Berufungsgerichte (LG oder OLG) ermöglicht hat (§ 542 ZPO), bereits dann der Fall, wenn – je nach Streitwert – einmal das Amtsgericht, ein andermal das Landgericht entscheidet und damit unterschiedliche Berufungsgerichte zuständig sind392. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es damit nicht mehr darauf an, ob die AGB über den Bezirk eines OLG hinaus gelten393 oder eine inhaltlich übereinstimmende Klausel in mehr als einem OLG-Bezirk verwendet wird394. Selbst bei Verwendung der AGB nur innerhalb einer Stadt (z.B. Berlin) können diese „über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus“ gelten, wenn wegen eines streitwertabhängigen unterschiedlichen Instanzenzugs im Berufungsverfahren entweder Landgericht oder OLG zuständig sein können395. Bei 388 Vgl. Becker, Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz, 1986, S. 38, 47 ff. 389 Vgl. BGH v. 28.2.1985 – IX ZR 92/84, NJW 1985, 2585 (2586); von Hoyningen-Huene Rz. 308. 390 BGH v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022 (3023); Prütting/Wegen/Weinreich/ Berger § 307 Rz. 5; Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 30. 391 Vgl. z.B. BGH v. 19.9.1986 – V ZR 72/85, BGHZ 98, 256 (258); BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24 (27). 392 BGH v. 21.7.2005 – I ZR 172/04, WRP 2005, 1253 (1255). 393 So noch BGH v. 19.9.1990 – VIII ZR 239/89, BGHZ 112, 204 (210); BGH v. 9.5.2000 – XI ZR 276/99, BGHZ 144, 245 (248); nach dem Urteil BGH v. 21.7.2005 – I ZR 172/04, WRP 2005, 1253 (1255) war damit aber schlicht „Berufungsgericht“ gemeint, da es damals eine Revision nur gegen Urteile des OLG gab. 394 BGH v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022 (3023); BGH v. 17.12.2002 – X ZR 220/01, NJW 2003, 886 (887). 395 BGH v. 21.7.2005 – I ZR 172/04, WRP 2005, 1253 (1255). Zur uneingeschränkten Revisibilität von AGB nach § 545 ZPO in der seit 1.9.2009 geltenden Fassung siehe BGH v. 9.6.2010 – VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877 Rz. 11.

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§ 307 BGB

Inhaltskontrolle

der Neufassung des § 545 Abs. 1 ZPO durch das FGG-Reformgesetz hat der Gesetzgeber an diese Rechtsprechung des BGH angeknüpft. Ob der BGH unter diesen Umständen an seiner in st. Rspr. vertretenen, im Schrifttum aber zutreffend kritisierten Auffassung zur grundsätzlich fehlenden Revisibilität ausländischer AGB (siehe dazu § 305c Rz. 72 m.w.N.) festhalten wird, erscheint offen.

§ 307 Inhaltskontrolle (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. (3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein. I. Inhalt und Zweck der Norm 1. Festlegung des generellen Prüfungsmaßstabs (§ 307 Abs. 1 Satz 1) . . .

1

2. Konkretisierung durch Regelbeispiele (§ 307 Abs. 2) . . . . . . . . . .

3

3. Bestimmung der Reichweite der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 Satz 1)

5

4. Gesetzliche Anerkennung einer eigenständigen Transparenzkontrolle (§ 307 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 II. Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs (§ 307 Abs. 3 Satz 1) 1. Schranken der Inhaltskontrolle – konzeptionelle Grundlagen a) Funktion der Norm . . . . . . . . b) Deklaratorische Klauseln . . . . c) Preis- und Leistungsbestimmungen . . . . . . . . . . .

14 17 18

2. Übereinstimmung mit Rechtsvorschriften (deklaratorische Klauseln) a) Notwendigkeit eines Rechtslagenvergleichs . . . . . . . . . . b) Einzelheiten zur Feststellung der Regelungsidentität . . . . . . c) Ausfüllung gesetzlich eröffneter Gestaltungsspielräume . . . . . d) Transparenzanforderungen . . .

25 29 32 35

3. Leistungsbeschreibungen a) Ansätze zur Konkretisierung der kontrollfreien Leistungsbestimmung . . . . . . . . . . . . aa) Unmittelbarer Gegenstand der Hauptleistungen . . . . bb) Normzweckkonforme Berücksichtigung von Markt und Wettbewerb . . . . . . . cc) Insbesondere: Identifizierung der wettbewerbsrelevanten „Produktmerkmale“ . . . . dd) Zusammenfassende Charakterisierung . . . . . .

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37 40 43 47 53

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§ 307 BGB

Inhaltskontrolle

der Neufassung des § 545 Abs. 1 ZPO durch das FGG-Reformgesetz hat der Gesetzgeber an diese Rechtsprechung des BGH angeknüpft. Ob der BGH unter diesen Umständen an seiner in st. Rspr. vertretenen, im Schrifttum aber zutreffend kritisierten Auffassung zur grundsätzlich fehlenden Revisibilität ausländischer AGB (siehe dazu § 305c Rz. 72 m.w.N.) festhalten wird, erscheint offen.

§ 307 Inhaltskontrolle (1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. (3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein. I. Inhalt und Zweck der Norm 1. Festlegung des generellen Prüfungsmaßstabs (§ 307 Abs. 1 Satz 1) . . .

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2. Konkretisierung durch Regelbeispiele (§ 307 Abs. 2) . . . . . . . . . .

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3. Bestimmung der Reichweite der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 Satz 1)

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4. Gesetzliche Anerkennung einer eigenständigen Transparenzkontrolle (§ 307 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 II. Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs (§ 307 Abs. 3 Satz 1) 1. Schranken der Inhaltskontrolle – konzeptionelle Grundlagen a) Funktion der Norm . . . . . . . . b) Deklaratorische Klauseln . . . . c) Preis- und Leistungsbestimmungen . . . . . . . . . . .

14 17 18

2. Übereinstimmung mit Rechtsvorschriften (deklaratorische Klauseln) a) Notwendigkeit eines Rechtslagenvergleichs . . . . . . . . . . b) Einzelheiten zur Feststellung der Regelungsidentität . . . . . . c) Ausfüllung gesetzlich eröffneter Gestaltungsspielräume . . . . . d) Transparenzanforderungen . . .

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3. Leistungsbeschreibungen a) Ansätze zur Konkretisierung der kontrollfreien Leistungsbestimmung . . . . . . . . . . . . aa) Unmittelbarer Gegenstand der Hauptleistungen . . . . bb) Normzweckkonforme Berücksichtigung von Markt und Wettbewerb . . . . . . . cc) Insbesondere: Identifizierung der wettbewerbsrelevanten „Produktmerkmale“ . . . . dd) Zusammenfassende Charakterisierung . . . . . .

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37 40 43 47 53

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§ 307 BGB b) Exemplarische Anwendungsfälle aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen . . . . . . . . . . bb) Telekommunikationsverträge . . . . . . . . . . . . . cc) Finanzprodukte . . . . . . . . dd) Weitere Beispiele . . . . . . . 4. Preisvereinbarungen a) Unmittelbare Preisabreden . . . b) Preisnebenabreden . . . . . . . . . c) Entgelte für Neben- oder Zusatzleistungen . . . . . . . . . . d) Eigener Ansatz: marktkonforme Konkretisierung . . . . . . . . . .

Inhaltskontrolle

55 60 64 69 71 75 79 85

III. Die unangemessene Benachteiligung als Maßstab der Inhaltskontrolle 1. Tatbestandsmerkmale und Prüfungsschritte der Generalklausel (§ 307 Abs. 1) a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 93 b) Zweistufige Angemessenheitsprüfung . . . . . . . . . . . . . 98 aa) Benachteiligung von nicht unerheblichem Gewicht . . 100 bb) Unangemessenheit . . . . . . 102 c) Schutzrichtung . . . . . . . . . . . 108 2. Generelle Anwendungs- und Bewertungsrichtlinien a) Generalisierende und typisierende Betrachtungsweise . . . . . . . b) Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts . . . . . . . . . . . c) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . d) Berücksichtigungsfähige Interessen . . . . . . . . . . . . . . aa) Typische Interessen des Verwenders . . . . . . . . . . . bb) Relevante Interessen des Vertragspartners . . . . . . . cc) Berücksichtigung von Drittund Allgemeininteressen 3. Einzelne Abwägungsgesichtspunkte a) Übereinstimmung mit etablierten Standards . . . . . . . b) Möglichkeiten zur Kompensation nachteiliger Regelungen aa) Ausgangspunkt . . . . . . . . bb) Grundsätzliche Unbeachtlichkeit des Preisarguments cc) Rechtliche Kompensation durch funktionsgleiche Regelungen . . . . . . . . . . . c) Summierungs- oder Verstärkungseffekte . . . . . . . . . . . . .

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110 116 117 120 121 127 133

140 144 145 151 155

d) Risikobeherrschung und Versicherbarkeit . . . . . . . . . . e) Gleichbehandlung . . . . . . . . f) Ausstrahlungswirkung anderer gesetzlicher Regelungen aa) Konkretisierungsfunktion der Verbotskataloge der §§ 308, 309 . . . . . . . . . . bb) Ableitung von Wertungen aus den Vorgaben des zwingenden Rechts . . . . . . . . g) Sonstige Kriterien . . . . . . . . . 4. Exemplarische Fallgruppen und Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einseitige Bestimmungsrechte (§§ 315 ff.) aa) Grundproblematik . . . . . bb) Nachträgliche Modifikation der vereinbarten Leistung cc) Preisanpassungsklauseln und Preisvorbehalte . . . . . b) Vertragslaufzeit . . . . . . . . . . c) Einzelfälle aus der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . .

156 161

163 165 169 172 173 176 180 186 190

IV. Regelfälle unangemessener Benachteiligung (§ 307 Abs. 2) 1. Bedeutung der Vorschrift a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis der beiden Regelbeispiele in § 307 Abs. 2 zueinander . . . . . . . . . . . . . c) Relevanz der vertragstypologischen Einordnung von Vereinbarungen . . . . . . . . . .

193 197 200

2. Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1) a) Das Merkmal der „gesetzlichen Regelung“ aa) Überblick . . . . . . . . . . . 206 bb) Normen des dispositiven Rechts . . . . . . . . . . . . . . 208 cc) Ungeschriebene Rechtsgrundsätze und Richterrecht . . . . . . . . . . 211 dd) Einbeziehung vertragstypenspezifischer Grundgedanken? . . . . . . . . . . . 220 b) Problematik und Bedeutung der Identifizierung „wesentlicher Grundgedanken“ aa) Die Leitbildfunktion des dispositiven Gesetzesrechts 221 bb) Ansätze zur Abgrenzung 222 c) Unvereinbarkeit mit wesentlichen Schutzbedürfnissen aa) Konzeptioneller Ansatz . . 227

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Inhaltskontrolle bb) Änderungen gesetzlicher Leitbilder durch die Schuldrechtsreform . . . . . . . . . . 233 cc) Die Bedeutung des Verbraucherrechterichtlinie-Umsetzungsgesetzes . . . . . . . . . 235a dd) Weitere Einzelfälle . . . . . . 236 3. Gefährdung des Vertragszwecks (§ 307 Abs. 2 Nr. 2) a) Funktion und rechtsdogmatisches Fundament der Vorschrift 238 b) Wesentliche Rechte oder Pflichten aus der Natur des Vertrages aa) Grundlagen . . . . . . . . . . . 244 bb) Grundsätze und Kriterien für die Entwicklung eines normativen Leitbilds bei Fehlen dispositiver Gesetzesvorschriften . . . . . . . . . . . . . 246 c) Einschränkung vertragswesentlicher Rechte oder Pflichten . . 259 d) Gefährdung des Vertragszwecks 261 e) Beispiele aus der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 4. Haftungsfreizeichnung a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 269 b) Allgemeine Grundsätze . . . . . 273 c) Absolutes Freizeichnungsverbot für Verletzungen des Lebens, des Körpers und der Gesundheit . . 283 d) Modifikationen des Haftungsmaßstabs aa) Ausschluss der Haftung für grobes Verschulden . . . . . 284 bb) Ausschluss der Haftung für leichtes Verschulden . . . . 287 e) Beschränkungen des Haftungsumfangs . . . . . . . . . . . . . . . . 299 f) Beschränkung der Haftung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . 307 g) Sonderfälle aa) Deliktsrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . 310 bb) Vorvertraglicher Bereich . . 313 cc) Haftungserweiterungen zum Nachteil der Verwendergegenseite . . . . . . . . . . . . 314 dd) Beschränkung verschuldensunabhängiger Haftung . . . 315 ee) Haftungsbegrenzungen im Kaufrecht . . . . . . . . . . . . 316 ff) Gesellschafterhaftung für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . 318 V. Das Transparenzgebot 1. Grundlagen

a) Inhalt und Anwendungsbereich 323 b) Verhältnis zwischen (formeller) Intransparenz und (materieller) Benachteiligung . . . . . . . . . . 330 2. Inhaltliche Ausprägungen des Transparenzgebots a) Klarheit und Verständlichkeit der Regelungen . . . . . . . . . . b) Konkretisierungs- und Bestimmtheitsgebot . . . . . . . c) Verschleierungs- und Täuschungsverbot . . . . . . . . 3. Beurteilungsmaßstab und Grenzen der Transparenzanforderungen a) Verständnishorizont des typischen Vertragspartners . . . . . b) Heilung der Intransparenz durch individuelle Aufklärung . . . . c) Grenzen der Transparenzanforderungen . . . . . . . . . . . d) Besonderheiten bei Preisund Leistungsbestimmungen (§ 307 Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . e) Weitere beispielhafte Einzelfälle 4. Rechtsfolgen der Intransparenz a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten bei Preis- und Leistungsbestimmungen . . . .

335 338 342

344 346 348 353 357 360 368

VI. Besonderheiten im unternehmerischen Geschäftsverkehr 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . .

371

2. Kriterien für bereichsspezifische Konkretisierungen der Kontrollmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . .

375

3. Berücksichtigung der Wertungen der §§ 308, 309 . . . . . . . . . . . . .

381

VII. Besonderheiten bei Verbraucherverträgen 1. Verbraucherschutz durch Inhaltskontrolle vorformulierter Klauseln a) Ausgangspunkt . . . . . . . . . . 386 b) Regelungsgegenstand und Anwendungsbereich des § 310 Abs. 3 . . . . . . . . . . 389 2. Verbraucherspezifische Maßstäbe der Inhaltskontrolle a) Die Vorgaben der Klauselrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . 392 b) Richtlinienkonforme Auslegung des § 307 aa) Schranken der Inhaltskontrolle und Transparenzgebot 394 bb) Die Maßstäbe der Missbräuchlichkeit und der Unangemessenheit . . . . . 397

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§ 307 BGB c) Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände (§ 310 Abs. 3 Nr. 3) . . . . 402

Inhaltskontrolle 3. Ausstrahlungswirkung des Verbraucherschutzrechts? . . . . .

413

Schrifttum: Basty Der Bauträgervertrag: Schwerpunkte der Vertragsgestaltung, 8. Aufl. 2014; Becker Die Reichweite der AGB-Inhaltskontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr, JZ 2010, 1098; Berger Für eine Reform des AGB-Rechts im Unternehmerverkehr, NJW 2010, 465; Clemenz/Kreft/Krause (Hrsg.) AGB-Arbeitsrecht, 2013; Bieder Kompensatorische Vertragsgestaltung im Arbeits- und Wirtschaftsrecht, 2015; Coester Allgemeine Geschäftsbedingungen, in Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, Neubearb. 2008, S. 159; Dammann/Ruzik Vereinbarungen der VOB/B ohne inhaltliche Abweichungen i.S. des § 310 I 3 BGB, NZBau 2013, 265; Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992; Hellwege Allgemeine Geschäftsbedingungen, einseitig gestellte Vertragsbedingungen und die allgemeine Rechtsgeschäftslehre, 2010; Hennrichs Die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, 2002, S. 188; von Hoyningen-Huene Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz, 1991; Koch Auswirkungen der Schuldrechtsreform auf die Gestaltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, WM 2002, 2173 (Teil I) und 2217 (Teil II); Leyens/Schäfer Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen – Rechtsökonomische Überlegungen zu einer einheitlichen Konzeption von BGB und DCFR, AcP 2010 (2010), 771; Locher Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 3. Aufl. 1997; Oetker AGB-Kontrolle im Zivil- und Arbeitsrecht, AcP 212 (2012), 201; Pfeiffer Neues Schuldrecht – neues Leitbild im AGB-Recht, in Dauner-Lieb/ Konzen/Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S. 225; Pfeiffer Europäisch-autonome Auslegung der Klauselrichtlinie am Beispiel der Hauptleistungsklauseln, NJW 2014, 3069; Pres Maßgaben für die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Handelsverkehr, 2005; Ring/Klingelhöfer AGB-Recht in der anwaltlichen Praxis, 3. Aufl. 2014; Roussos Die Anwendungsgrenzen der Inhaltskontrolle und die Auslegung von § 9 AGBG, JZ 1988, 997; Stoffels AGB-Recht, 3. Aufl. 2015; Stuyck Unfair Terms, in Howells/Schulze (Eds.), Modernising and Harmonising Consumer Contract Law, 2009, S. 115; Ulmer Das AGB-Gesetz – ein eigenständiges Kodifikationswerk, JZ 2001, 491; von Westphalen AGB-Recht ins BGB – Eine erste Bestandsaufnahme, NJW 2002, 12; von Westphalen AGB-Recht im Jahre 2002, NJW 2003, 1635 und 1981; von Westphalen AGB-Recht im Jahre 2003, NJW 2004, 1993; von Westphalen AGB-Recht im Jahre 2004, NJW 2005, 1987; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2005, NJW 2006, 2228; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2006, NJW 2007, 2228; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2007, NJW 2008, 2234; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2008, NJW 2009, 2355; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2009, NJW 2010, 2254; von Westphalen AGB-rechtliche Schutzschranken im unternehmerischen Verkehr: Rückblick und Ausblick, BB 2011, 195; von Westphalen Verbraucherschutz nach zwei Jahrzehnten Klauselrichtlinie, NJW 2013, 961; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2013, NJW 2014, 2242; Wittchen Die Wirksamkeit der Sanktionsregelung bei vertraglich vereinbarten Obliegenheiten, NJW 2012, 2480; Wolf Bedeutung und Funktion des AGBRechts in einem neuen Umfeld, in Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung (Hrsg. E. Lorenz), 2003, S. 101. Vgl. zudem die Angaben vor Rz. 14, 71, 133, 144, 156, 173, 180, 186, 193, 269, 318, 323, 371, 386.

I. Inhalt und Zweck der Norm 1. Festlegung des generellen Prüfungsmaßstabs (§ 307 Abs. 1 Satz 1) 1 § 307 Abs. 1 Satz 1 legt – insoweit wortgleich mit dem früheren § 9 Abs. 1 AGBG – den allgemeinen Prüfungsmaßstab für die Inhaltskontrolle generalklauselartig fest: Die unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben führt zur Unwirksamkeit der betreffenden AGB-Klauseln. Mit der inhaltlichen Bezugnahme auf § 242 hat der Gesetzgeber an die frühere, von der Rechtsprechung entwickelte und vor al540

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lem aus dieser Norm abgeleitete gerichtliche Inhaltskontrolle angeknüpft1. Zugleich mit der Einführung einer formellen gesetzlichen Grundlage für die Inhaltskontrolle ist der Maßstab für die Überprüfung von Verträgen unter Verwendung von AGB objektiviert und verschärft worden. Es handelt sich nicht um einen nur im Einzelfall aus besonderen Billigkeitsgründen in Betracht kommenden richterlichen Vertragseingriff, sondern eine generelle Schranke der Vertragsgestaltungsfreiheit. Zudem ist die Kontrolle gegenüber der fallweisen Anwendung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben strenger und intensiver. Das ergibt sich insbesondere aus den speziellen Klauselverboten der §§ 308, 309, die – neben den Regelbeispielen des § 307 Abs. 2 – die Generalklausel des § 307 Abs. 1 Satz 1 konkretisieren und damit wiederum den allgemeinen Kontrollmaßstab beeinflussen (vgl. zu derartigen „Ausstrahlungswirkungen“ Rz. 163 ff. sowie allgemein zum Verhältnis der §§ 308, 309 zur Generalklausel Vor § 307 Rz. 7 ff.). Rechtstechnisch stellt § 307 Abs. 1 Satz 1 eine Auffangvorschrift dar, die erst nach den besonderen Klauselverboten der §§ 308, 309 zu prüfen ist2. Wegen des exemplarischen, nicht auf Vollständigkeit angelegten Charakters dieser Klauselkataloge3 und wegen deren Unanwendbarkeit im unternehmerischen Verkehr (§ 310 Abs. 1) ist die Generalklausel jedoch materiell die Grundnorm für die Kontrolle aller nicht speziell geregelten Fälle. Sie soll im Ergebnis einen lückenlosen Schutz vor unangemessenen AGB gewährleisten4. Dabei dürfen allerdings die Konturen der speziellen Klauselverbote nicht durch den unbesehenen Rückgriff auf die Generalklausel verwischt werden: Fällt eine Klausel in den Anwendungsbereich der §§ 308, 309, ohne dass sich insoweit Gründe für eine Beanstandung ergeben, kann sie grundsätzlich nur aus besonderen, von diesen Vorschriften nicht erfassten Gründen nach § 307 unwirksam sein5. Jedenfalls darf ein in den speziellen Klauselverboten zum Ausdruck kommendes Regelungsanliegen des Gesetzgebers nicht umgangen werden6.

2

2. Konkretisierung durch Regelbeispiele (§ 307 Abs. 2) Als eine erste Orientierungshilfe für die Praxis und zur Erleichterung der Rechtsanwendung7 hat der Gesetzgeber in § 307 Abs. 2 zwei Tatbestände geschaffen, bei denen „im Zweifel“ eine unangemessene Benachteiligung vorliegt: die Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1) und die vertragszweckgefährdende Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben (§ 307 Abs. 2 Nr. 2). Entgegen einer vereinzelten Auffassung handelt es sich insoweit

1 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 60; Staudinger/Coester Rz. 35 (Teilpositivierung der von der Rspr. aus § 242 entwickelten Grundsätze). 2 Palandt/Grüneberg Rz. 1; Staudinger/Coester Rz. 8, 11; näher zum Verhältnis des § 307 Abs. 1 zu §§ 308, 309 Vor § 307 Rz. 7 ff. 3 Vgl. schon Begr. RegE, BT-Drucks. 7/3919 S. 23 ff. (zu §§ 8, 9 AGBG). 4 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 61. 5 Palandt/Grüneberg Rz. 1. 6 Vgl. z.B. BGH v. 4.12.1996 – XII ZR 193/95, NJW 1997, 739 (zu Laufzeitregelungen, die den Anforderungen des § 309 Nr. 9 genügen). 7 Begr. RegE, BT-Drucks. 7/3919 S. 23.

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nicht nur um eine bloße Beweislastregelung8, sondern um gesetzliche Regelbeispiele für eine unangemessene Benachteiligung9. Ihr Beitrag zur Konkretisierung der Generalklausel erschöpft sich allerdings darin, dem Rechtsanwender gewisse Ordnungskriterien im Sinne eines objektiven Gerechtigkeitsmodells als Maßstab für die notwendige Interessenabwägung im Einzelfall an die Hand zu geben: zum einen die Abweichung von wesentlichen, im (dispositiven) objektiven Recht vorfindbaren Gerechtigkeitsvorstellungen (§ 307 Abs. 2 Nr. 1), zum anderen die Abweichung von einem in der „Natur des Vertrages“ angelegten, vom Rechtsanwender zu erarbeitenden Modell eines angemessenen Interessenausgleichs (§ 307 Abs. 2 Nr. 2)10. Beide Tatbestände sind ähnlich weit und unbestimmt wie die Generalklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und bieten daher weniger eine echte Konkretisierung als eine weitere Entfaltung des Maßstabs der Unangemessenheit11. Dennoch empfiehlt es sich, bei der Anwendung der Inhaltskontrolle im Einzelfall – nach Prüfung der speziellen Klauselverbote der §§ 308, 309 – zunächst die Regelbeispiele des § 307 Abs. 2 heranzuziehen, bevor auf die Generalklausel des § 307 Abs. 1 Satz 1 zurückgegriffen wird (näher hierzu sowie zum Verhältnis der Nr. 1 und Nr. 2 untereinander unten Rz. 193 ff., 197 ff.). 4 Die eigentliche Konkretisierung der unangemessenen Benachteiligung erfolgt sowohl nach § 307 Abs. 1 wie nach § 307 Abs. 2 in der Anwendung durch die Gerichte im Einzelfall. Dabei sind die allgemeinen Wertungsvorgaben des Gesetzes für eine bestimmte Klausel und den betreffenden Lebenssachverhalt in wertender Abwägung zu aktualisieren. Ebenso wie andere Generalklauseln hat auch die weithin offene Fassung des Tatbestands der „unangemessenen Benachteiligung“ die Funktion, die Gerichte zur konkreten Auslotung der entsprechenden (objektiven) Grenzen der Vertragsgestaltungsfreiheit zu ermächtigen12. Sie stehen dabei vor der schwierigen Aufgabe, sich bei der Entscheidung von Einzelfällen einerseits kasuistisch vorantasten zu müssen, andererseits dabei zugleich einer stimmigen rechtspolitischen und -dogmatischen Konzeption zu folgen, damit das Gesamtbild nicht aus dem Blickfeld gerät. Dass dies in der Vergangenheit nicht immer gelungen ist, zeigt die nicht selten geäußerte Kritik an einer „überbordenden“ und wenig vorhersehbaren Rechtsprechung. Vor allem bei der Abgrenzung des Bereiches kontrollfreier Bestimmungen erscheint eine stärkere Rückbesinnung auf die Funktionsbedingungen einer Marktwirtschaft und die Aufgabe der Inhaltswie Transparenzkontrolle von AGB zur Kompensation von Marktdefiziten erforderlich (dazu unten Rz. 43 ff.). Ähnliches gilt bei der Anwendung der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr, bei der die unterschiedlichen Schutzbedürfnisse und die daraus resultierenden notwendigen Differenzierungen im Vergleich zur Klauselkontrolle gegenüber privaten Kunden nicht immer hinreichend berücksichtigt werden (dazu näher unten Rz. 371 ff.).

8 So aber Wolf/Pfeiffer Rz. 99 (vom Verwender widerlegbare Vermutung); dagegen zutr. Staudinger/Coester Rz. 222 m.w.N.; den Unterschied verkennt OLG Düsseldorf v. 24.4.2013 – VI-U 4/12, Rz. 91. 9 Becker Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGBG, 1986, S. 41 ff.; von Hoyningen-Huene Rz. 236, 239; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 129; teilweise krit. Staudinger/Coester Rz. 225 f. (eigenständige, in sich abgeschlossene Sondertatbestände der Inhaltskontrolle); ebenso Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause (Hrsg.) § 307 Rz. 57. 10 Staudinger/Coester Rz. 221. 11 Vgl. Palandt/Grüneberg Rz. 1 (kein großer Gewinn an inhaltlicher Bestimmtheit). 12 Ulmer in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 1 (10 f.); Westermann in FS Steindorff, 1990, S. 817 (819); Staudinger/Coester Rz. 9.

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3. Bestimmung der Reichweite der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 Satz 1) Die Aufgabe, den sachlichen Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 sowie nach den speziellen Klauselverboten der §§ 308, 309 festzulegen, übernimmt – in inhaltlich unveränderter Form gegenüber dem früheren § 8 AGBG – § 307 Abs. 3 Satz 1. Danach beschränkt sich der Kreis kontrollfähiger Klauseln auf solche Bestimmungen in AGB, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen.

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Daran fehlt es zum einen bei sog. „deklaratorischen Klauseln“, die lediglich den Inhalt der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften wiederholen. Hier verbietet sich eine gerichtliche Inhaltskontrolle schon deshalb, weil es nicht Aufgabe des Richters sein kann, die in der wiedergegebenen Norm vollzogene gesetzliche Interessenbewertung inhaltlich zu hinterfragen. Keinen geeigneten normativen Maßstab zur Überprüfung der von den Parteien mittels AGB getroffenen Regelung gibt es zum anderen bezüglich des unmittelbaren Hauptgegenstands des Vertrages, insbesondere des Inhalts der vereinbarten Leistung und des dafür zu zahlenden Entgelts. Deren Festlegung führt ebenfalls zu keiner Modifikation oder Ergänzung von Rechtsvorschriften. In einer durch Vertragsfreiheit und Wettbewerb geprägten Marktwirtschaft obliegt die Bestimmung von Leistung und Gegenleistung (jedenfalls in ihrem Kern) ausschließlich der freien Vereinbarung der Parteien. Daher kann und darf insbesondere auch die Ermittlung des „richtigen“ oder eines „angemessenen“ Preis-/Leistungsverhältnisses keiner richterlichen Inhaltskontrolle unterworfen werden (näher zu den Gründen für die Kontrollfreiheit unten Rz. 14 ff.).

6

Die grundlegende Bedeutung der Vorschrift über die Schranken der Inhaltskon- 7 trolle kam schon im Wortlaut der Vorgängernorm des § 8 AGBG nur unvollkommen zum Ausdruck13. Mit dem SMG ist die Regelung zudem nicht mehr der Generalklausel und den Regelbeispielen zur Inhaltskontrolle vorangestellt, sondern folgt ihnen nach. Aus dieser gesetzessystematischen Stellung, die sich aus der Zusammenführung der früheren §§ 8, 9 AGBG in einer einheitlichen Vorschrift erklärt, lassen sich jedoch keine Schlussfolgerungen im Sinne einer etwaigen reduzierten Bedeutung ableiten14. Das gilt auch für die umstrittene Frage, ob die Inhaltskontrolle von AGB die Regel und die Kontrollfreiheit nach Abs. 3 Satz 1 (= § 8 AGBG) die Ausnahme darstellt15 oder umgekehrt16. Darauf kommt es letztlich nicht an17: Denn einerseits ist in einem freiheitlichen, auf der Privatautonomie basierenden Vertragsrechtssystem die richterliche Inhaltskontrolle die Ausnahme, die einer tragfähigen Legitimation bedarf (siehe hierzu Vor § 307 Rz. 26 ff., 31 ff.). Andererseits hat der Gesetzgeber bei Verwendung von AGB wegen eines situationsbedingten Funktionsversagens der Privatautonomie und der Gefahr einseitiger Interessenverfolgung durch den Verwender generell Bedarf für eine Inhaltskontrolle zum Schutz der Kunden gesehen, so dass

13 Vgl. Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 8 AGBG Rz. 1. 14 Vgl. bereits Vor § 307 Rz. 6; a.A. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/6040 S. 154, derzufolge die geänderte Reihenfolge den Ausnahmecharakter der Kontrollfreiheit betonen soll. 15 So Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 5. 16 So Joost ZIP 1996, 1685 f. (1690); Wolf/Pfeiffer Rz. 279. 17 Vgl. Stoffels Rz. 419 („eher von akademischem Interesse“); a.A. Staudinger/Coester Rz. 281 („dies ist nicht eine eher müßige Streitfrage, sondern berührt das Grundverständnis von Abs. 3“).

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sich im Rahmen des allgemeinen Anwendungsbereichs des AGB-Rechts die Kontrollfreiheit von AGB insoweit als Ausnahme begreifen lässt. 8 In der Sache entscheidend ist die konkrete Bestimmung der Reichweite des gebotenen Kundenschutzes: Wird die Legitimationsbasis für Eingriffe in die Vertragsfreiheit überschritten – sei es, dass es mangels normativer Maßstäbe an der Kontrollfähigkeit bestimmter Klauseln fehlt, sei es, dass kein Kontrollbedürfnis besteht, weil die Kunden sich in zumutbarer Weise selbst schützen können –18, ist eine richterliche Inhaltskontrolle nicht nur unnötig, sondern stünde sogar im Widerspruch zu übergreifenden Prinzipien der Rechtsordnung (Privatautonomie und Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz, Art. 20 Abs. 3 GG)19. Weder eine besonders enge noch eine weite Auslegung des § 307 Abs. 3 Satz 1 ist daher angezeigt20. Vielmehr kommt es darauf an, den Bereich kontrollfähiger und kontrollbedürftiger Klauseln nach sachlichen, am Normzweck orientierten Kriterien zu bestimmen und damit zugleich die Grenzen der rechtlich legitimierten Intervention in die Vertragsfreiheit abzustecken. 9 Die europäische Klauselrichtlinie (RL 93/13/EWG) verfolgt einen ganz ähnlichen Ansatz, indem – vorbehaltlich einer Transparenzprüfung – der Hauptgegenstand des Vertrages und die Angemessenheit des Preis-/Leistungsverhältnisses von der Inhaltskontrolle ausgenommen werden (Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG; vgl. auch Erwägungsgrund 19). Gleiches gilt für Klauseln, die auf „bindenden Rechtsvorschriften beruhen“ (Art. 1 Abs. 2 RL 93/13/EWG); dazu gehören nach Erwägungsgrund 13 auch dispositive Gesetzesnormen. In der Literatur wird es als „überwiegend wahrscheinlich“ betrachtet, dass damit der sachliche Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle nicht weiter reicht als nach der deutschen Gerichtspraxis21. Dennoch wird eine vorsorgliche Klärung durch Vorlage an den EuGH angeregt, ob im Rahmen der Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bei Verbraucherverträgen eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung geboten ist22. Umgekehrt ist der nationale Gesetzgeber wegen des Charakters der Klauselrichtlinie als Mindestharmonisierung frei, strengere nationale Regelungen zu erlassen und dabei auch solche Vertragsklauseln einer richterlichen Missbrauchskontrolle zu unterwerfen, die den Hauptgegenstand des Vertrags oder die Angemessenheit des Preis-/Leistungsverhältnisses betreffen, selbst wenn sie klar und verständlich abgefasst sind23. Dies hätte sich freilich grundlegend geändert, wenn es zum Erlass der Verbraucherrechterichtlinie mit dem von der Kommisssion vorgeschlagegen Inhalt gekommen wäre24. Denn vorgesehen war darin ein Übergang zum Prinzip der Vollharmonisierung unter Einbeziehung des Bereichs der Klauselkontrolle25. 18 Ebenso zwischen Kontrollfähigkeit und Kontrollbedürftigkeit unterscheidend Staudinger/Coester Rz. 283 ff. 19 Staudinger/Coester Rz. 283. 20 Pfeiffer NJW 2014, 3069 (3071). Für eine enge Auslegung des § 8 AGBG (= § 307 Abs. 3 Satz 1) aber Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 1; für eine enge Auslegung des Art. 4 Abs. 2 Klauselrichtlinie EuGH v. 30.4.2014 – Rs. C-26/13, NJW 2014, 2335 (2336). 21 Palandt/Grüneberg Rz. 43. 22 Vgl. Ulmer BB 1998, 1864 gegen BGH v. 7.7.1998 – XI ZR 351/97, NJW-RR 1998, 1661 (1662). 23 EuGH v. 3.6.2010 – Rs. C-484/08, NJW 2010, 2265 (2266) Rz. 28 ff. (Ausbanc). 24 Vorschlag für eine RL über Rechte der Verbraucher vom 8.10.2008, KOM (2008) 614 endg. 25 Vgl. zur Problematik einer Vollharmonisierung des AGB-Rechts z.B. Kieninger RabelsZ 73 (2009), 793 ff. sowie allgemein zu den Grenzen der Vollharmonisierung am Beisp. des Verbrauchervertragsrechts Riehm in Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler

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Angesichts der fortbestehenden Unterschiede im nicht harmonisierten dispositiven Recht der Mitgliedstaaten außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie hätte die Einführung einer vollharmonisierten Inhaltskontrolle zu erheblichen Friktionen und Rechtsunsicherheiten geführt. Die berechtigte Kritik fand Gehör mit der Folge, dass die letztlich verbschiedete Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU) keine (neuen) materiellen Vorgaben im Bereich der Klauselkontrolle enthält, sondern in die Klauselrichtlinie (Art. 8a) lediglich eine Regelung zu Informationspflichten der Mitgliedstaaten und Kontrollaufgaben der Kommission einfügt (vgl. hierzu Vor § 307 Rz. 24a).

4. Gesetzliche Anerkennung einer eigenständigen Transparenzkontrolle (§ 307 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2) Die im Zuge des SMG neu eingefügte Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 2 kodifi- 10 ziert zusammen mit dem ebenfalls neuen Abs. 3 Satz 2 das in Rechtsprechung und Literatur schon zuvor anerkannte Transparenzgebot. Eine inhaltliche Änderung der bisher entwickelten Grundsätze der Transparenzkontrolle wurde damit nicht bezweckt26. Obwohl die Vorschrift wie eine (weitere) Konkretisierung der Generalklausel des § 307 Abs. 1 Satz 1 formuliert ist („Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist“), führt sie der Sache nach eine eigenständige Transparenzkontrolle ein, deren Anwendungsbereich über den der materiellen Inhaltskontrolle hinausgeht. Denn nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers soll sie auch solche Bestimmungen erfassen, die nach § 307 Abs. 3 Satz 1 der Inhaltskontrolle entzogen sind, weil sie keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen enthalten. Damit sind auch die unmittelbaren Preis- und Leistungsbestimmungen, also selbst die essentialia negotii, nicht mehr völlig kontrollfrei, sondern unterliegen einer Überprüfung auf Klarheit und Verständlichkeit. Dieser Maßstab unterscheidet sich im Ansatz von der inhaltlichen Unangemessenheit, auch wenn sich in bestimmten Bereichen Überschneidungen ergeben können (näher dazu unten Rz. 330 ff.). Das Gebot der Transparenz gilt auch bei der Einbeziehung von AGB; im Rahmen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 geht es jedoch um die formal-sprachliche Transparenz27, deren Fehlen dazu führt, dass die AGB schon nicht Vertragsbestandteil werden. Demgegenüber ist in § 307 Abs. 1 Satz 2 die inhaltliche Klarheit und Verständlichkeit der in den Vertrag einbezogenen AGB zu prüfen28. Erschließt sich der Regelungsgehalt der AGB-Bestimmungen für den durchschnittlichen Adressaten (Vertragspartner) nicht oder nur unter (erheblichen) Schwierigkeiten, kann darin eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners liegen, weil die ihm 2009, Europäische Methodik: Konvergenz und Diskrepanz europäischen und nationalen Privatrechts, 2010, S. 159 ff. m.w.N. 26 BT-Drucks. 14/6040 S. 153; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 40; Erman/Roloff § 307 Rz. 18; MünchKomm/Basedow § 305 Rz. 73; Palandt/Grüneberg; so im Ergebnis auch von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 1, die jedoch die besondere Bedeutung einer legislativen Kodifizierung für den Rechtsverkehr hervorheben. 27 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 42; MünchKomm/Basedow § 305 Rz. 73; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 4. 28 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 43; Erman/Roloff § 307 Rz. 19; MünchKomm/ Wurmnest Rz. 51.54.

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zustehende Rechtsposition verschleiert und/oder er von der Geltendmachung seiner Rechte abgehalten wird (näher zum Transparenzgebot unten Rz. 323 ff.). Ist unklar, ob die zu beurteilenden Bestimmungen überhaupt (grundsätzlich verbindliche) allgemeine Vertragsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 darstellen oder von vornherein nur unverbindliche Empfehlungen bzw. Hinweise tatsächlicher Art, muss diese Frage im Wege der Auslegung entschieden werden, wobei auf den Empfängerhorizont eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden abzustellen ist29. Zur Anwendung des inhaltlichen Transparenzgebotes nach § 307 Abs. 1 Satz 2 kommt es erst, wenn feststeht, dass es sich bei der fraglichen Bestimmung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt und diese auch wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist. Die Transparenzprüfung bezieht sich dabei auf die inhaltliche Klarheit und Verständlichkeit der Regelung, nicht dagegen (erneut) auf das Vorliegen einer etwaigen Unklarheit hinsichtlich ihrer Rechtsverbindlichkeit30. Die bei der Prüfung des Vorliegens von AGB festgestellte Rechtsverbindlichkeit einer Klausel kann nicht nachträglich wieder in Frage gestellt werden, dadurch dass sie einer Transparenzkontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 2 unterzogen wird. 11a

Die inhaltlichen Transparenzanforderungen sind nicht nur im Bereich der Nebenbedingungen zu beachten, sondern gelten nach § 307 Abs. 3 Satz 2 auch für den eigentlich kontrollfreien Bereich der Festlegung der Hauptgegenstände des Vertrags und des Preis-/Leistungsverhältnisses sowie der mit Rechtsvorschriften übereinstimmenden Regelungen (deklaratorische Klauseln). Die Einhaltung des Transparenzgebots wird damit zur Vorbedingung der Kontrollfreiheit31.

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Probleme bereitet allerdings die Bestimmung der Rechtsfolgen einer reinen Transparenzkontrolle bei den Klauseln, die keiner materiellen Inhaltskontrolle unterliegen. Zum einen ist fraglich, ob die intransparente Darstellung oder Ausgestaltung des Hauptgegenstands des Vertrags, insbesondere der (gegenseitigen) Hauptleistungspflichten oder des Preis-/Leistungsverhältnisses stets zur Unwirksamkeit der entsprechenden Klauseln führt. Der Wortlaut („kann“) in § 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 und Satz 1 deutet insoweit die Notwendigkeit qualifizierender Plus-Faktoren (über die bloße Unklarheit oder Unverständlichkeit hinaus) an, ohne dass sich aufdrängen würde, worin diese bestehen könnten32.

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Zum anderen läuft die in § 306 vorgesehene Regelung der Rechtsfolgen prima facie weitgehend leer. Bei intransparenten deklaratorischen Klauseln tritt an die Stelle der „unwirksamen“ Klausel das mit dieser übereinstimmende dispositive Gesetzesrecht (§ 306 Abs. 2). Im Bereich der übrigen kontrollfreien Klauseln (Preis- und Leistungsbestimmungen) fehlt es dagegen definitionsgemäß an dispositivem Gesetzesrecht, das zur Lückenfüllung herangezogen werden könnte. Sind die essentialia negotii nicht hinreichend transparent, ist zudem von vornherein kein Raum für die von § 306 Abs. 1 vorgesehene Aufrechterhaltung des Vertrags „im Übrigen“. Daher stellt sich die Frage, inwieweit die sich dann aufdrängende Folge einer Gesamtunwirksamkeit des Vertrages, die der Regelungstendenz und Schutzintention des AGB-Rechts zuwiderläuft, noch vermieden 29 BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2269 (2271 f.). 30 BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2269 (2271 f.). 31 So jetzt auch Stoffels Rz. 428 ff. im Anschluss an Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 8a; Wolf/Pfeiffer Rz. 277. 32 In diese Richtung auch Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause (Hrsg.), § 307 BGB Rz. 81.

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werden kann (z.B. durch eine ergänzende Vertragsauslegung, dazu näher unten Rz. 360 ff.).

II. Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs (§ 307 Abs. 3 Satz 1) Schrifttum: Baumann Zur Inhaltskontrolle von Produktbestimmungen in Allgemeinen Geschäfts- und Versicherungsbedingungen, VersR 1991, 490; Bieder Kompensatorische Vertragsgestaltung im Arbeits- und Wirtschaftsrecht, 2015, S. 251; Billing Die Bedeutung von § 307 III 1 BGB im System der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, 2006; Bitter Wirksamkeit von Rangrücktritten und vorinsolvenzrechtlichen Durchsetzungssperren – AGB-rechtliche Grenzen der Hybridisierung von Fremdkapitalinstrumenten, ZIP 2015, 345; Bitter/Rauhut Zahlungsunfähigkeit wegen nachrangiger Forderungen, insbesondere aus Genussrechten, ZIP 2014, 1005; Brandner Schranken der Inhaltskontrolle, in FS Hauß, 1978, S. 1; Canaris Zinsberechnungs- und Tilgungsklauseln bei Annuitätendarlehen – Zugleich ein Beitrag zur Abgrenzung von § 8 und § 9 AGB-Gesetz, NJW 1987, 609; Dylla-Krebs Schranken der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen, 1990; Felsch Verhüllte Obliegenheiten – ein Nachruf, r+s 2015, 53; Frantzen Genussscheine, 1993; Joost Der Ausschluss der Inhaltskontrolle bei Entgeltregelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ZIP 1996, 1686; Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, 1994; Kappus Inhaltskontrolle gesetzesrezitierender Klauseln NJW 2003, 322; Koch Abschied von der Figur der verhüllten Obliegenheit, VersR 2012, 283; Krüger Richterliche Überprüfbarkeit von Preisklauseln in der Kreditwirtschaft, WM 1999, 1402; Kuffer, Hat die Privilegierung der VOB/B weiter Bestand? – Zur neuesten Rechtsprechung des BGH, NZBau 2009, 73; Langheid § 8 AGB-Gesetz im Lichte der EG-AGB-Richtlinie: Kontrollfähigkeit von Leistungsbeschreibungen durch Intransparenz, NVersZ 2000, 63; Niebling Die Schranken der Inhaltskontrolle nach § 8 AGB-Gesetz, 1988; Niebling Die Schranken der Inhaltskontrolle nach § 8 AGB-Gesetz, BB 1984, 1713; Niebling Die Inhaltskontrolle von Preisen und Leistungen nach dem AGBG, WM 1992, 845; Niebling Formularmäßige Freiwilligkeitsvorbehalte im Arbeitsrecht – Kernfragen der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, NJW 2013, 3011; Pfeiffer Europäisch-autonome Auslegung der Klauselrichtlinie am Beispiel der Haupt-Leistungsklauseln, NJW 2014, 3069; Pfeiffer Die Reichweite der Inhaltskontrolle nach Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG und § 8 AGBG im Kontext der „Schuldrechtsmodernisierung“, VuR 2001, 95; Poelzig Nachrangdarlehen als Kapitalanlage – Im „Bermuda-Dreieck“ von Bankaufsichtsrecht, Kapitalmarktrecht und AGB-Recht, WM 2014, 917; Schmidberger Inhalt und Reichweite von Verlustteilnahme- und Wiederauffüllungsklauseln von Genussscheinen – zugleich eine kritische Betrachtung der Entscheidung des LG München I v. 31.7.2014 – 5 HK O 27989/12, BKR 2015, 274; Schmidt-Salzer Leistungsbeschreibungen insbesondere in Versicherungsverträgen und Schranken der Inhaltskontrolle, in FS Brandner, 1996, S. 259; Schünemann Allgemeine Versicherungsbedingungen – „Leistungsbeschreibungen“ oder inhaltskontrollierte Vertragskonditionen?, VersR 2000, 144; Schwab Zur Bedeutung des § 8 AGBG für die Inhaltskontrolle von Vollmachtsklauseln – BGH NJW 1997, 3437, JuS 2001, 951; Sethe Genussscheine mit Verlustbeteiligung an den Klippen des AGB-Rechts, WM 2012, 577; Stoffels Schranken der Inhaltskontrolle, JZ 2001, 843; H. P. Westermann Abgrenzung von Nebenund Hauptleistungspflichten im Hinblick auf die Inhaltskontrolle, in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 135; Zoller Voraussetzungen und Rechtsnatur deklaratorischer AGB i.S.d. § 8 AGBG, BB 1987, 421.

1. Schranken der Inhaltskontrolle – konzeptionelle Grundlagen a) Funktion der Norm Die Inhaltskontrolle beschränkt sich nach § 307 Abs. 3 Satz 1 auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Inhalt und Tragweite dieser Norm kommen in ihrem Wortlaut nur unvollkommen Fuchs

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zum Ausdruck (vgl. Vor § 307 Rz. 5). Das Kriterium der Abweichung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften als Voraussetzung für die Kontrollfähigkeit von AGB-Klauseln hat nach ganz herrschender Auffassung eine doppelte Funktion33: Es ist einerseits Ausdruck der Bindung des Richters an Gesetz und Recht34 und dient andererseits der Wahrung marktwirtschaftlicher Prinzipien35. Durch die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle „soll weder eine Kontrolle der Preise oder Leistungsangebote ermöglicht noch sollen Vorschriften anderer Gesetze modifiziert werden“36. Daher unterliegen weder Klauseln, die Art, Inhalt und Umfang der zu erbringenden Leistung oder Gegenleistung festlegen (sog. Leistungsbeschreibungen bzw. Preisbestimmungen), noch AGB, die lediglich den Inhalt gesetzlicher oder sonstiger normativer37 Regelungen wiedergeben (sog. deklaratorische Klauseln), der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle38. 15

In der Sache im Wesentlichen übereinstimmend39 unterwirft die europäische Klauselrichtlinie solche vorformulierten Klauseln in Verbraucherverträgen nicht der Inhaltskontrolle, die auf „bindenden Rechtsvorschriften“40 oder internationalen Übereinkommen beruhen (Art. 1 Abs. 2 RL 93/13/EWG) oder die den „Hauptgegenstand des Vertrages“ sowie das Preis-/Leistungsverhältnis betreffen (Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG). Damit wird der kontrollfreie Bereich teilweise deutlicher beschrieben als durch § 307 Abs. 3 Satz 1. Es hätte daher nahe gelegen, den Wortlaut der Vorschrift an die insoweit klarer und verständlicher gefasste Formulierung der Richtlinie anzupassen41, zumal der deutsche Gesetzgeber im Zuge des SMG die früher verneinte Notwendigkeit einer expliziten Umsetzung des Transparenzgebotes anerkannt hat. Dem Vorbehalt in der Richtlinie, dass die Kontrollfreiheit nur eintritt, „sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst

33 Ebenso Stoffels Rz. 422 ff. („doppelter Normzweck“). 34 Vgl. z.B. BGH v. 5.4.1984 – III ZR 2/83, NJW 1984, 2161; BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 138/99, NJW 2001, 2012 (2013); Dylla-Krebs S. 65 f.; Staudinger/Coester Rz. 290; Niebling BB 1984, 1713; Stoffels Rz. 424. 35 Vgl. nur Wolf/Pfeiffer Rz. 276; Stoffels Rz. 423; Bieder S. 253 f.; Baumann VersR 1991, 490 (492); Staudinger/Coester Rz. 285; Niebling BB 1984, 1713 (1716 Fn. 31); Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 10. 36 Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 22 (zu § 6 des Entwurfs). 37 Der Begriff der „Rechtsvorschriften“ in § 307 Abs. 3 Satz 1 (früher § 8 AGBG) beschränkt sich nicht auf das (dispositive) Gesetzesrecht, sondern umfasst auch allgemeine Rechtsgrundsätze und ungeschriebene Rechtsnormen einschließlich solcher, die ggf. erst im Wege der Rechtsfortbildung zu entwickeln sind, siehe nur Wolf/Pfeiffer Rz. 282 m.w.N.; näher unten Rz. 26 ff.; zur „gesetzlichen Regelung“ i.S.d. Abs. 2 Nr. 1 siehe unten Rz. 206 ff. 38 Vgl. nur Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 22. 39 So die fast einhellige Auffassung, siehe nur Wolf/Pfeiffer Rz. 277; Staudinger/Coester Rz. 316; Heinrichs NJW 1996, 2190 (2196 f.); Ulmer EuZW 1993, 337 (344); zweifelnd Damm JZ 1994, 161 (171); Brandner (9. Aufl.) § 8 Rz. 4c (nicht auszuschließen, dass Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG der Inhaltskontrolle einen weiteren Raum gewährt); nach Heinrichs NJW 1999, 1596 (1602) setzt Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG der Inhaltskontrolle eher engere Schranken als die deutsche Gerichtspraxis zu § 8 AGBG (= § 307 Abs. 3 Satz 1). 40 Nach Erwägungsgrund 13 umfassen „bindende Rechtsvorschriften“ auch solche, die nach dem Gesetz zwischen den Vertragsparteien gelten, wenn diese nichts anderes vereinbart haben, so dass neben dem zwingenden auch das dispositive Recht erfasst ist, und zwar unabhängig davon, ob es sich um formelle Gesetze oder ungeschriebene Rechtsgrundsätze bzw. richterliche Rechtsfortbildungen handelt, so zutr. Eckert WM 1993, 1070 (1072); Wolf/Pfeiffer RL Art. 1 Rz. 22; Stoffels Rz. 425. 41 So schon anlässlich der Umsetzung der Klauselrichtlinie Ulmer EuZW 1993, 337 (340); Damm JZ 1994, 161 (170).

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sind“ (Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG), trägt das deutsche Recht nunmehr ausdrücklich Rechnung, indem die (zuvor bereits von der Rechtsprechung entwickelte) Transparenzkontrolle im Gesetz verankert und auch auf die beiderseitigen Hauptleistungspflichten erstreckt worden ist (§ 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1, näher dazu Rz. 323 ff.). Auch wenn das Gebot richtlinienkonformer Auslegung nur für die Anwendung des § 307 Abs. 3 auf vorformulierte Verbraucherverträge gilt, wird in der Literatur zu Recht vorgeschlagen, die Norm einheitlich nach den in der Richtlinie zugrunde gelegten Kriterien auszulegen und Art. 4 Abs. 2 wie Art. 1 Abs. 2 RL 93/13/EWG gleichsam als „autoritative Leseanleitung“ des § 307 Abs. 3 zu begreifen42. Bei Auslegungszweifeln kann die Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV erforderlich sein43. Die fehlende Abweichung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften entzieht die entsprechenden Klauseln nicht nur der Inhaltskontrolle im Individualprozess, sondern auch in abstrakten Kontrollverfahren nach §§ 1, 3 ff. UKlaG, weil diese die mögliche Unwirksamkeit nach §§ 307–309 voraussetzen. Anwendbar bleiben dagegen außer der Transparenzkontrolle (§ 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1) auch die allgemeinen Vorschriften über die Einbeziehung in den Vertrag, den Vorrang der Individualabrede, die Auslegung von AGB und die Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung (§§ 305–306). Allerdings darf das Kontrollverbot des § 307 Abs. 3 nicht über die extensive Anwendung der Nichteinbeziehung überraschender (ungewöhnlich belastender) Klauseln (§ 305c Abs. 1) ausgehöhlt werden44.

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b) Deklaratorische Klauseln Die Begründung für die Kontrollfreiheit deklaratorischer AGB-Klauseln erschließt sich aus der Überlegung, dass eine Angemessenheitskontrolle vorformulierter Vertragsbestimmungen, die lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholen oder jedenfalls inhaltlich vollkommen mit dem objektiven Recht übereinstimmen, mittelbar das Gesetz selbst zum Gegenstand richterlicher Kontrolle machen würde.45 Dabei soll dieses gerade umgekehrt den vorgegebenen Maßstab für die Überprüfung vertraglicher Klauseln durch den Richter darstellen46. Die AGBKontrolle dient auch nicht dazu, anderweit getroffene gesetzliche Interessenbewertungen zu modifizieren oder gar durch richterliche Erwägungen im Einzelfall zu überspielen, vielmehr ist der Vorrang (spezial-)gesetzlicher Regelungen zu respektieren47. Hinzu kommt, dass bei Übereinstimmung der AGB-Klauseln mit Rechtsvorschriften kein (anderer) rechtlicher Kontrollmaßstab erkennbar ist, an dem die Klausel gemessen werden könnte, und keine (andere) gesetzliche Ersatz-

42 Stoffels Rz. 427; für grundsätzlich übereinstimmenden Inhalt von § 307 Abs. 3 (früher § 8 AGBG) und Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG auch schon ohne richtlinienkonforme Auslegung Staudinger/Coester Rz. 316. 43 Verneinung der Vorlagepflicht im Hinblick auf die vom Gesetzgeber angenommene inhaltliche Übereinstimmung des § 8 AGBG (= § 307 Abs. 3 Satz 1) mit der Klauselrichtlinie BGH v. 7.7.1998 – XI ZR 351/97, NJW-RR 1998, 1661 (1662); zust. Heinrichs NJW 1999, 1596 (1602); krit. Ulmer BB 1998, 1865; Brandner MDR 1999, 6 (7). 44 Wolf/Pfeiffer Rz. 278; Niebling S. 60 f. 45 Dazu grdl. (zu § 8 AGBG) BGH v. 8.4.1984 II ZR 2/83, NJW 1984, 2161; jüngst BGH v. 8.10.2014 – XII ZR 164/12, NJW-RR 2015, 114 (115). 46 Stoffels Rz. 424. 47 Vor allem auf den Vorrang spezialgesetzlicher Regelungen vor dem AGB-Recht stellt die Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 22 ab.

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regelung existiert, die an die Stelle einer unwirksamen deklaratorischen Klausel treten könnte48. c) Preis- und Leistungsbestimmungen 18

Die mangelnde Kontrollfähigkeit von preis- und leistungsbestimmenden Klauseln wird in der Literatur – mit im Einzelnen unterschiedlicher Akzentsetzung – vor allem auf drei Argumente gestützt: das Fehlen eines tauglichen normativen Kontrollmaßstabs, die mangelnde Schutzbedürftigkeit der Kunden des AGB-Verwenders, die beim Vertragsschluss hinreichend aufmerksam in Bezug auf Preis und Leistung seien, sowie der Widerspruch zu marktwirtschaftlichen Prinzipien, die eine Steuerung der Preise und Leistungsangebote durch den Wettbewerb auf den relevanten Märkten vorsähen und in die der Richter nicht eingreifen dürfe49. Diese drei Gründe schließen sich nicht etwa gegenseitig aus, sondern ergänzen sich und beleuchten jeweils einen anderen Aspekt der Gesamtproblematik50. Der letztlich entscheidende Gesichtspunkt für die Kontrollfreiheit der vertraglichen Hauptleistungspflichten ist allerdings die notwendige Wahrung von Privatautonomie und marktwirtschaftlichen Prinzipien51: Denn eine materielle Angemessenheitskontrolle ist nur legitimiert, wenn und soweit Markt und Wettbewerb als primäre Kontrollinstrumente nicht hinreichend funktionieren. Nur dann besteht überhaupt ein Kontrollbedürfnis.

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Bereits an der Kontrollfähigkeit fehlt es, wenn kein normativer Kontrollmaßstab existiert und auch nicht aus der objektiven Rechtsordnung entwickelt werden kann oder darf52. Das trifft nicht nur auf deklaratorische Klauseln zu, sondern gilt in gleicher Weise für die Ausgestaltung des Leistungsangebots und die Bestimmung der dafür verlangten Gegenleistung. Insoweit gibt es – innerhalb des allgemein durch §§ 134, 13853 sowie im Einzelfall durch zwingende Spezialge-

48 Nach § 306 Abs. 1 müsste an die Stelle einer unwirksamen deklaratorischen Klausel wieder die inhaltsgleiche gesetzliche Regelung treten, so dass die Inhaltskontrolle im Ergebnis leerliefe; vgl. zu diesem argumentum ad absurdum nur BGH v. 5.4.1984 – III ZR 2/83, NJW 1984, 2161; BGH v. 23.10.1996 – XII ZR 55/95, NJW 1997, 193 (194); BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 138/99, NJW 2001, 2012 (2013); BGH v. 9.4.2002 – XI ZR 245/01, NJW 2002, 1950 (1951); BGH v. 8.5.2012 – XI ZR 61/11, NJW 2012, 2337; MünchKomm/ Wurmnest Rz. 6; Stoffels Rz. 424 m.w.N. Gegen eine Berücksichtigung des Fehlens eines (normativen) Kontrollmaßstabs, da dieses Kriterium in Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG nicht angelegt sei, Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 4b. 49 Vgl. zu diesen drei Aspekten statt aller Dylla-Krebs S. 118 ff. sowie aus jüngerer Zeit den detaillierten Überblick über den Meinungsstand bei Bieder S. 260 ff. jeweils m.w.N. 50 Insoweit anders Dylla-Krebs S. 154 ff., 157 f., die von der Alternativität der drei Motive für die Kontrollfreiheit ausgeht und sich allein auf die Unzulässigkeit einer richterlichen Preis- und Leistungskontrolle wegen Verstoßes gegen marktwirtschaftliche Grundsätze stützt. Dabei wird übersehen, dass die anderen Aspekte wichtige Elemente zur Konkretisierung der für sich allein recht pauschalen Bezugnahme auf den Wettbewerb und marktwirtschaftliche Prinzipien sind. 51 So auch Wolf/Pfeiffer Rz. 276; Stoffels Rz. 449. 52 Vgl. nur BGH v. 28.10.2014 – X ZR 79/13, WM 2015, 639 (641); BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 Rz. 16; BGH v. 20.5.2010 – Xa ZR 68/09, NJW 2010, 2719 Rz. 26; aus der Literatur z.B. Staudinger/Coester Rz. 284; Wolf/Pfeiffer Rz. 276. 53 Vgl. allgemein zum Verhältnis der Inhaltskontrolle zu diesen Normen Vor § 307 Rz. 55 ff.; im Übrigen werden auch im Rahmen des § 138 die üblichen Marktkonditionen (z.B. der Marktzins) als Vergleichsmaßstab für die Bestimmung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung herangezogen, siehe nur Pa-

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setze abgesteckten Rahmens der Privatautonomie – keine (konkreten) rechtlichen Maßstäbe. Schon aus diesem Grund würde eine allgemeine Kontrollbefugnis hinsichtlich der auf den Massenverkehr zugeschnittenen Preis- und Leistungsbestimmungen in AGB die Gerichte überfordern54. Doch stellt dieser Aspekt eher ein pragmatisches Hilfsargument ohne wirklich eigenständigen Charakter dar. Entscheidend ist nicht das aktuelle Fehlen eines anwendbaren normativen Kontrollmaßstabs, sondern der Umstand, dass ein solcher für die richterliche Kontrolle des Leistungsangebots und der Preise wegen eklatanten Widerspruchs zu den Prinzipien einer auf Privatautonomie und Wettbewerb gegründeten Marktwirtschaft nicht gebildet werden kann und darf. Denn es muss grundsätzlich der freien Entscheidung der einzelnen Privatrechtssubjekte als Anbieter und Nachfrager überlassen bleiben, Art und Umfang der im Markt angebotenen Leistungen und der dafür zu erbringenden Gegenleistung festzulegen55. Jedenfalls die essentialia negotii als innerster Kern privatautonomer Regelungen müssen von einer allgemeinen materiellen Angemessenheitskontrolle unterhalb der Sittenwidrigkeitsschwelle verschont bleiben56. Gesetzlich ungeregelte Vertragstypen sind dagegen nicht von der Inhaltskontrol- 20 le ausgenommen, obwohl es (auch) bei ihnen an dispositivem Gesetzesrecht und damit an einer den Kontrollmaßstab konstituierenden (formellen) Rechtsvorschrift fehlt57. AGB-Bestimmungen, die gesetzlich nicht geregelte Verträge konstituieren und näher ausgestalten bzw. neue Realtypen von Verträgen durch wesentliche Abweichungen oder die Neukombination von vorhandenen Vertragstypen schaffen, stellen Rechtsvorschriften „ergänzende Regelungen“ i.S.d. § 307 Abs. 3 Satz 1 dar, die insbesondere an § 307 Abs. 2 Nr. 2 zu messen sind.

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landt/Ellenberger § 138 Rz. 25 ff. (zur überhöhten Verzinsung bei Kreditverträgen), Rz. 34 ff. (zu anderen wucherähnlichen Rechtsgeschäften) jeweils m.w.N. Entgegen Dylla-Krebs S. 124 f. wird dieses Argument nicht dadurch widerlegt, dass dem Richter in einer Vielzahl einzelner Normen (z.B. §§ 315, 319, 612 Abs. 2, 632 Abs. 2, 653 Abs. 2, 655 Satz 1 BGB, 22 Abs. 2 VerlG) eine Preis- oder Leistungskontrolle ohne konkrete, gesetzlich fixierte Maßstäbe lediglich anhand der „Üblichkeit“ (der Vergütung), der „Angemessenheit“ oder der „Billigkeit“ zugetraut wird. Denn davon sind immer nur individuelle Ausnahmefälle betroffen, in denen eine ausdrückliche vertragliche Festlegung unterblieben ist, während es sich bei der AGB-Kontrolle um ein Massenphänomen von volkswirtschaftlicher Bedeutung handelt. Dieser Aspekt wird auch in der höchstrichterlichen Rspr. betont, vgl. insb. BGH v. 10.6.1999 – VII ZR 365/98, NJW 1999, 3260; BGH v. 16.11.1999 – KZR 12/97, NJW 2000, 577 (579); BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, NJW 2014, 2420 (2422); BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 (369). Ferner BVerfG v. 28.8.2000 – 1 BvR 1821/97, NJW 2000, 3635 (3636) (Freiheit der Entgeltbestimmung als Bestandteil der grundrechtlich gewährleisteten Berufsfreiheit). Im Ergebnis übereinstimmend Stoffels Rz. 423 („besonders hohe Eingriffsschwelle“); zur Handhabung des kontrollfreien Bereiches in anderen europäischen Ländern MünchKomm/Wurmnest Rz. 5. Ganz h.M., vgl. nur BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 316 (318); BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, NJW 1985, 3013; BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, NJW 1995, 2637 (2638); BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, NJW 1998, 383; Staudinger/Coester Rz. 293, 295; Dylla-Krebs S. 127 ff.; Niebling WM 1992, 845; Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 6; a.A. Joost ZIP 1996, 1685 ff. (1691) (Inhaltskontrolle nur bei Abweichungen vom dispositiven Gesetzesrecht, da sonst Kontrollmaßstab fehle; Möglichkeit der Vertragsergänzung nach Treu und Glauben bei Fehlen einer entsprechenden AGB-Klausel genüge dafür nicht); ähnlich von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 2 („gesetzliche Normen sind nicht allgegenwärtig, so dass auch […] die Schaffung neuer Vertragstypen unter § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB fällt.“).

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In diesen Fällen ist der Maßstab für die Inhaltskontrolle, das „Leitbild“ einer angemessenen Regelung, statt aus dem dispositiven Gesetzesrecht aus den geschäftstypischen Gerechtigkeitserwartungen des Rechtsverkehrs unter Berücksichtigung von Zweck und Natur des Vertrags (ggf. im Wege einer objektivierten ergänzenden Vertragsauslegung) zu gewinnen (näher dazu Rz. 255 ff.). Dabei sind auch allgemeine Rechtsgrundsätze zu berücksichtigen58. Entgegen manch missverständlicher Äußerung führt dies nicht dazu, dass insofern „jeder Vertrag seinen eigenen Kontrollmaßstab“ enthält59. Dieser ist vielmehr in Ansehung des konkreten Vertrages vom Richter in objektivierender Weise vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung als (neue) Rechtsregel (ggf. ad hoc) zu entwickeln. Die Legitimation zur (rechtsfortbildenden) Maßstabsgewinnung aus dem zu kontrollierenden Vertrag heraus (bei Fehlen etablierter objektiver Rechtsregeln) ergibt sich insoweit aus dem abgestimmten Zusammenspiel von § 307 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 mit seiner Bezugnahme auf Rechtsvorschriften „ergänzende“ Regelungen60. 21

Zudem ist es in einer marktwirtschaftlich verfassten Wirtschaftsordnung zuvörderst Aufgabe des Wettbewerbs, das „richtige“ Preis-/Leistungsverhältnis aufzudecken („Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“)61. Eingriffe der Gerichte in die Steuerungsmechanismen des Marktes sind möglichst zu vermeiden, soweit diese (noch) funktionsfähig sind62. Dafür besteht bei preis- und leistungsbestimmenden Klauseln eine tatsächliche Vermutung, zumindest eine erheblich größere Wahrscheinlichkeit als bei sonstigen vertraglichen Konditionen. Denn grundsätzlich ist zu erwarten, dass die Kunden des Klauselverwenders beim Vertragsschluss Preis und Leistung hinreichende Aufmerksamkeit widmen, so dass insoweit der Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern wirksam werden kann63. Die typische und weithin auch rationale (vgl. Vor § 307 Rz. 33 f.) Unaufmerksamkeit der Kunden hinsichtlich der Nebenbedingungen des Angebots – einer der Hauptgründe für das situativ bedingte Marktversagen bei Verwendung von AGB, aus dem ein entsprechendes Kontrollbedürfnis resultiert – besteht bei den beiderseitigen Hauptleistungspflichten gerade nicht. Vielmehr können und werden die Kunden als Marktteilnehmer ihr Interesse an einem Leistungsaustausch zu angemessenen, marktgerechten Konditionen insoweit grundsätzlich selbst hinreichend wahren. Zugleich entfällt damit die Legitimation für einen Eingriff in die Privatautonomie in Form der richterlichen Inhaltskontrolle.

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Das gilt allerdings nur, sofern die Funktionsvoraussetzungen für die Entfaltung wirksamer wettbewerblicher Prozesse im Markt nicht durch andere Umstände gefährdet sind wie etwa intransparente Preis- oder Leistungsbestimmungen. Denn ein Mindestmaß an korrekter Information (jedenfalls) über die Grund58 MünchKomm/Wurmnest Rz. 7. 59 So aber Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 6 a.E.; dagegen zu Recht krit. Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 8 AGBG Rz. 8. 60 Staudinger/Coester Rz. 295. 61 F. A. von Hayek Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, in Freiburger Studien (Gesammelte Aufsätze), 1969, S. 249 ff. 62 Gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen ist generell das kartellrechtliche Instrumentarium einzusetzen (§§ 19, 20, 29 GWB, Art. 102 AEUV). Für den Bereich Telekommunikation hat der Gesetzgeber sektorspezifische Regelungen in den §§ 27 ff. TKG getroffen. 63 Übereinstimmend Stoffels Rz. 423; Staudinger/Coester Rz. 322, 324; MünchKomm/ Wurmnest Rz. 12; Pfeiffer NJW 2014, 3069 (3071).

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daten des angestrebten Vertrages ist erforderlich, damit der Kunde verschiedene Angebote im Markt vergleichen und ggf. Änderungswünsche vorbringen oder auf andere Angebote ausweichen kann64. In Übereinstimmung mit Art. 4 Abs. 2 Klauselrichtlinie erweist sich somit die Einhaltung des Transparenzgebots als systemkonforme Vorbedingung der Kontrollfreiheit65. Dem trägt § 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich Rechnung, nachdem die Rechtsprechung bereits zuvor die beiderseitigen Hauptpflichten ebenfalls der Transparenzkontrolle unterworfen hat66. Auch in der Literatur wird zunehmend anerkannt, dass eine Transparenzkontrolle im Bereich der Preis- und Leistungsbestimmungen „nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern geradezu gefordert“ ist67. Denn sie sichert die Funktionsvoraussetzungen für eine privatautonome Entscheidung und entzieht erst damit einer auf Marktversagensgründe gestützten materiellen Angemessenheitskontrolle die Legitimationsbasis68. Noch nicht abschließend geklärt ist allerdings, wie weit dieser „informationspolitische“ Ansatz im AGB-Recht tatsächlich trägt69. Dies betrifft zum einen die Frage, welchen Stellenwert die „Informationsverbesserung“ im Leistungsbereich vor dem Hintergrund der grundsätzlich eingeschränkten Wirksamkeit des Konditionenwettbewerbs hat, zum anderen, welchen (spezifischen) Anforderungen die Klauseltransparenz gerade im Leistungsbereich genügen muss, um insoweit hinreichenden Wettbewerb im Markt zu ermöglichen. Nicht geklärt ist insbesondere, ob die Transparenzkontrolle im Leistungsbereich (§ 307 Abs. 3 Satz 2) den gleichen Maßstäben folgt wie diejenige nach § 307 Abs. 1 Satz 2 im materiell kontrollfähigen Bereich (bei Abweichung oder Ergänzung von Rechtsvor-

64 Vgl. zu diesen Zusammenhängen insb. BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, NJW 1990, 2383; BAG v. 26.5.1993 – 5 AZR 219/92, NJW 1994, 213 (214); OLG Celle v. 15.3.1995 – 3 U 86/94, NJW-RR 1995, 1133; Köndgen NJW 1989, 943 (948); Wolf/Pfeiffer Rz. 235 ff.; Staudinger/Coester Rz. 315 m.w.N., vgl. zum Verhältnis von § 307 Abs. 1 Satz 2 und Art. 246b § 1 Abs. 1 EGBGB Bamberger/Roth/Schmidt-Räntsch EGBGB Art. 246b § 1 Rz. 53 f. 65 Ebenso Stoffels Rz. 428 ff. im Anschluss an Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 8a; vgl. auch BGH 13.5.2014 – XI ZR 405/12, NJW 2014, 2420 (2423 f.); BGH v. 31.10.2013 – I ZR 139/12, NJW-RR 2014, 725 (726). 66 Vgl. z.B. BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 = NJW 1989, 222 (Preisverschleierung durch Zinsberechnungsklausel); BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, BGHZ 118, 126 = NJW 1992, 1751 (Unklarheit der Zinsbelastung bei einer Klausel bzgl. Überziehungszinsen); BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, NJW 1988, 1726 (irreführende Wirkung der Bedingungen einer Herstellergarantie); BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, NJW 1995, 2637 (Intransparenz der geschuldeten Leistung bei einem Time-Sharing-Vertrag); vgl. auch BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, ZIP 1990, 980 f.; BAG v. 26.5.1993 – 5 AZR 219/92, NJW 1994, 213 (214). 67 Stoffels Rz. 428 a.E.; ebenso Staudinger/Coester Rz. 315; Wolf/Pfeiffer Rz. 239; Horn WM 1997, Beil. 1, 3 (18); vgl. auch Heinrichs NJW 1996, 2190 (2196); Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (669 f., 678, 680); Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, § 13 VIII 3; a.A. aber noch von Hoyningen-Huene in FS Trinkner, 1995, S. 179 (187, 189); Dylla-Krebs S. 148 ff. 68 Vgl. Börner JZ 1997, 595 (597 f.); Canaris NJW 1987, 609 (613); Köndgen NJW 1989, 943 (948). 69 Ausführlich und befürwortend Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, § 10 III (S. 452 ff.); Niedenführ, Informationsgebote des AGB-Gesetzes, 1986, passim; vgl. auch Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (669 ff.) (Transparenzbedarf vor allem auf der Vertragsabwicklungsstufe); a.A. (gänzlich untauglich im AGB-Recht) Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts, 1983, S. 73 f.

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schriften). Davon wiederum hängt ab, ob die in Rechtsprechung und Lehre bislang angestellten diffizilen Überlegungen zur Abgrenzung des inhaltskontrollfreien Leistungsbereichs tatsächlich überflüssig werden70. Das erscheint fraglich, jedenfalls solange nicht geklärt ist, welche Rückwirkungen die erweiterte Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2 auf die Bestimmung des Anwendungsbereichs der materiellen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 (früher § 8 AGBG) hat. 24

Die Charakterisierung des Transparenzgebots als Fortführung des Kundenschutzes, wie er in § 305c Abs. 1 (früher § 3 AGBG) vor überraschenden Klauseln gewährt werde71, vermag insoweit ebenfalls nur teilweise zu überzeugen: Die Ausklammerung „überraschender Klauseln“ aus dem Vertrag ist einzelfall- und individualbezogen, sie kann durch Hinweise und Aufklärung des einzelnen Kunden über den konkreten Regelungsgegenstand beim Vertragsschluss vermieden werden. Für intransparente Leistungsbestimmungen und Preisklauseln gilt das (wohl) nicht, da es hier um die generelle Verbesserung der Markttransparenz und Ermöglichung bzw. Intensivierung des Wettbewerbs geht. Im Gegensatz zur Einbeziehungskontrolle ist die Transparenzkontrolle kein aliud gegenüber der Inhaltskontrolle, sondern hat nur einen etwas anderen Bezugspunkt (Form, Klarheit, Verständlichkeit der Klausel gegenüber ihrer inhaltlichen Angemessenheit)72.

2. Übereinstimmung mit Rechtsvorschriften (deklaratorische Klauseln) a) Notwendigkeit eines Rechtslagenvergleichs 25

Die Kontrollfähigkeit von AGB-Bestimmungen setzt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 die Abweichung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften voraus. Nur bei völliger Übereinstimmung mit dem objektiven Recht bleiben die betreffenden AGBKlauseln kontrollfrei. Zur Feststellung einer solchen Regelungsidentität oder einer etwaigen Abweichung bedarf es des Vergleichs zweier Rechtslagen73: Die Regelung, die gemäß der Klausel gelten soll, ist derjenigen gegenüberzustellen, die sich ohne die Klausel aus den geltenden Rechtsvorschriften (ohnehin) ergeben würde. Daher ist es zunächst erforderlich, den Regelungsgehalt der fraglichen Klausel im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des AGB-Rechts (insb. objektive Auslegung, Unklarheitenregel) zu ermitteln. In einem zweiten Schritt ist sodann zu untersuchen, ob die Klausel gestrichen werden könnte, ohne dass irgendeine Änderung der vertraglichen, durch das dispositive Recht ergänzten Rechtslage eintreten würde74. Denn an einer Rechtslagendivergenz fehlt es (jedenfalls dann), wenn bei Unwirksamkeit einer Klausel eine

70 So (ohne Problematisierung) Stoffels Rz. 430. 71 So Staudinger/Coester Rz. 315. 72 Vgl. Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 8 AGBG Rz. 17; anders wohl Stoffels Rz. 429 (in der EG-RL „nicht etwa als Unterfall der Inhaltskontrolle, sondern als selbständige Kategorie der Missbrauchskontrolle konzipiert“). Vgl. auch Rz. 11. 73 Stoffels Rz. 432; Niebling Schranken der Inhaltskontrolle, S. 126 („Rechtslagenvergleich“); Niebling NJW 2013, 3011; Staudinger/Coester Rz. 292; Wolf/Pfeiffer Rz. 331 („deren Inhalt auch ohne AGB gelten würde“). 74 So auch BGH v. 8.5.2012 – XI ZR 61/11, NJW 2012, 2337 (2338) (Wiedergabe der Rechtslage „in jeder Hinsicht zutreffend“).

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inhaltsgleiche gesetzliche Vorschrift gemäß § 306 Abs. 2 an ihre Stelle treten würde. Zu den „Rechtsvorschriften“ i.S.d. § 307 Abs. 3 Satz 1 (früher § 8 AGBG) gehören alle materiellen Gesetze, auch wenn diese ausgestaltungsbedürftige Preisregelungen enthalten75, einschließlich der ungeschriebenen Rechtsgrundsätze und der Regeln des Richterrechts76. Darüber hinaus werden nach ganz überwiegender Auffassung auch die auf Grund ergänzender Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 242 und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses ermittelten Rechte und Pflichten einbezogen77. Auf diese Weise erhält der Begriff der „Rechtsvorschriften“ i.S.d. § 307 Abs. 3 Satz 1 im Vergleich zur „gesetzlichen Regelung“ in Abs. 2 Nr. 1 bewusst einen größeren Anwendungsbereich78. Die dahinter stehende Befürchtung, dass andernfalls die gesetzlich nicht besonders geregelten Vertragstypen aus dem Schutzbereich der materiellen Inhaltskontrolle herausfielen79, ist allerdings nicht berechtigt. Dabei wird verkannt, dass sich die vertragliche Vereinbarung „eines dem Gesetz nicht bekannten Regelungsmodells oder einer atypischen Regelungsvariante generell als „Ergänzung der notwendig fragmentarischen Vertragstypenordnung betrachten“80 lässt. Eine Reduktion des Bedeutungsgehalts der „ergänzenden Regelung“ auf die Konkretisierung oder Weiterführung vorhandener Regelungsansätze im objektiven Recht81 ist jedenfalls nicht zwingend82. Abzulehnen ist eine solche restriktive Interpretation, wenn man den Zweck der Kontrollfreiheit deklaratorischer Klauseln lediglich darin sieht, die richterliche Korrektur (spezieller) gesetzlicher Regelungsanordnungen im Wege der Inhaltskontrolle zu vermeiden83.

75 BGH v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13, NJW 2014, 922. 76 BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, NJW 1985, 3013 (3014); BGH v. 8.10.2013 – XI ZR 401/12, NJW 2013, 3716; BGH v. 10.12.2013 X ZR 24/13, NJW 2014, 1168; Palandt/Grüneberg Rz. 51; Wolf/Pfeiffer Rz. 282; H. P. Westermann in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz S. 141; Niebling Schranken der Inhaltskontrolle, S. 67; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 71. 77 Siehe nur BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, NJW 1985, 3013 (3014); BGH v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, NJW 1993, 721 (722); BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, NJW 1998, 383; BGH v. 9.4.2002 – XI ZR 245/01, NJW 2002, 1950 (1951); BGH v. 13.1.2011 – III ZR 78/10, NJW 2011, 1726 (1727); BGH v. 9.10.2014 – III ZR 33/14, NJW 2014, 152; Wolf/ Pfeiffer Rz. 282; vgl. auch Soergel/Stein § 8 AGBG Rz. 3 (Einschluss der „vertragstypprägenden Parteivereinbarungen bei gesetzlich nicht geregelten Verträgen“); einschränk. Fastrich S. 253 (Begrenzung auf objektivierte ergänzende Vertragsauslegung, die einer Fortbildung des dispositiven Rechts entspreche); besonders weitgehend dagegen Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 30 (Einbeziehung des „Regelungsgehalts des jeweiligen Vertrags“); a.A. Stoffels Rz. 434 f. (nur Gesetze im materiellen Sinn); Staudinger/Coester Rz. 295; gegen Berücksichtigung der ergänzenden Vertragsauslegung auch Dylla-Krebs S. 73 ff. 78 Fastrich S. 253. 79 Besonders deutlich BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, NJW 1985, 3013 (3014). 80 Stoffels Rz. 434 a.E.; zust. Staudinger/Coester Rz. 295. 81 So aber z.B. Sonnenberger in FS Ferid I, 1978, S. 377 ff.; Schaefer VersR 1978, 4 (9). 82 Gegen ein derart eingeschränktes Verständnis der „Ergänzung“ von Rechtsvorschriften Staudinger/Coester Rz. 293; Becker Auslegung des § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz, S. 170. 83 So explizit Stoffels Rz. 434, dessen Ansatz aber auch nicht ganz widerspruchsfrei ist, da die bloße Sicherung des Vorrangs legislativer Setzungen eine Begrenzung auf formelle Gesetze nahe legt, der Richter aber nach Art. 20 Abs. 3 GG ausdrücklich an Gesetz „und Recht“ gebunden ist.

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Im Ergebnis macht es aber praktisch keinen relevanten Unterschied84, ob man die prinzipielle Kontrollunterworfenheit von AGB-Bestimmungen, mit denen neue Vertragstypen, Regelungsmodelle oder atypische Varianten bekannter Vertragsarten geschaffen werden, sogleich mit der „Ergänzung“ von Rechtsvorschriften begründet oder ob man – wie die h.M. – auf die Divergenz einer Vertragsklausel zu einer (Ersatz-)Regelung abstellt, die der Richter ggf. erst aus ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen oder einer objektivierten85 ergänzenden Vertragsauslegung gewinnen muss. Denn spätestens auf der nächsten Stufe, bei der materiellen Inhaltskontrolle, muss für die Bewertung der Angemessenheit als kontrollfähig erkannter Klauseln ein Kontrollmaßstab bzw. normatives „Leitbild“ ermittelt werden, wobei (wiederum) die Abweichung der vorformulierten Regelung von der ohne sie geltenden (hypothetischen) Rechtslage ein entscheidendes Kriterium darstellt (näher zur zweistufigen Angemessenheitsprüfung unten Rz. 98 ff.). Die weite Auslegung der „Rechtsvorschriften“ i.S.d. § 307 Abs. 3 Satz 1 durch die h.M. stellt daher nicht lediglich eine „hypertrophe Interpretation“ dieses Merkmals dar86, sondern führt bei der Feststellung einer Rechtslagendivergenz teilweise zu einer Vorverlagerung der Ermittlung des Kontrollmaßstabs und damit im Ergebnis zu einer Entlastung der Angemessenheitsprüfung: Legt eine Klausel nur fest, was im Falle ihres Fehlens bei objektiver Interessenbewertung im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung ohnehin in den Vertrag „hineingelesen“ werden müsste, erübrigt sich eine (weiter gehende) Kontrolle (durch eine umfassende Interessenbewertung). Die Gegenauffassung, die bei gesetzlich ungeregelten Vertragstypen immer ohne weiteres eine kontrollfähige „Ergänzung“ von Rechtsvorschriften annimmt, verneint zwar insoweit eine „deklaratorische Klausel“, muss aber letztlich die gleichen Überlegungen im Rahmen der umfassenden materiellen Angemessenheitsprüfung anstellen und führt daher zu keinen Vorteilen gegenüber der vorherrschenden Praxis.

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Festzuhalten bleibt aber, dass es auch bei Fehlen von Gesetzesvorschriften im materiellen Sinn um die Ermittlung eines objektiven Vergleichsmaßstabs geht. Abzulehnen ist daher, als „Rechtsvorschrift“ und damit als Maßstab für einen Rechtslagenvergleich einfach den „Regelungsgehalt des jeweiligen Vertrags“ oder die Bestimmungen, die sich bei einem „Zuendedenken“ der vertraglichen Regelung im Wege einer an den subjektiven Maßstäben der Parteien (und damit maßgeblich des Verwenders) orientierten ergänzenden Vertragsauslegung ergeben, heranzuziehen87. b) Einzelheiten zur Feststellung der Regelungsidentität

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Die globale oder partielle Verweisung in AGB auf gesetzliche Vorschriften genügt für sich allein nicht, um eine Regelungsidentität mit Rechtsvorschriften zu bejahen. Vielmehr müssten die in Bezug genommenen Rechtsvorschriften auch 84 Vgl. Niebling Schranken der Inhaltskontrolle, S. 127 (Unterscheidung zwischen Abweichung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften lediglich terminologischer Art). 85 Zur Notwendigkeit einer objektivierten Betrachtungsweise im Rahmen der AGB-Kontrolle, die sich von einer konkreten Vertragsergänzung bei Individualverträgen unterscheidet, vgl. Fastrich S. 253 sowie ausführlich unten Rz. 239, 246 ff., 255 ff.; diesen Unterschied würdigt Stoffels Rz. 434 nicht hinreichend bei seiner Kritik an der Berücksichtigung der ergänzenden Vertragsauslegung, die er primär mit der Formel vom „Zuendedenken des Vertrags“ charakterisiert. 86 So aber Stoffels Rz. 435. 87 Insoweit zutr. Stoffels Rz. 434 gegen Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 30.

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ohne die Klausel in gleicher Weise auf das konkrete Vertragsverhältnis anwendbar sein. Die (völlig unveränderte oder sinngemäße) Übertragung auf andere Vertragsarten, für die sie gesetzlich nicht vorgesehen sind, stellt eine Abweichung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften dar88. Die Inhaltskontrolle ist z.B. eröffnet, wenn in den AGB auf eine gesetzliche Gewährleistungsregelung verwiesen wird, die sonst nicht anwendbar wäre89, oder wenn eine gesetzliche Vorschrift auf einen Vertrag für anwendbar erklärt wird, für den sie nach dem „Vorstellungsbild des Gesetzgebers“ nicht passt90. Gleiches gilt für Klauseln, mit denen ein Vertragsverhältnis allgemein rechtlich eingeordnet wird, um es einer gesetzlichen Regelung zu unterstellen; derartige rechtliche Qualifizierungen bleiben nur dann kontrollfrei, wenn sie lediglich das ohnehin kraft objektiven Rechts geltende Regelungsregime bestätigen91. Andernfalls haben sie keinen rein deklaratorischen, sondern konstitutiven Charakter, weil sie das Vertragsverhältnis näher ausgestalten. Bei gesetzlich geregelten Vertragstypen bleiben alle Klauseln, die mit den für diese Verträge ohnehin geltenden speziellen Vorschriften übereinstimmen, kontrollfrei, selbst wenn sie Regelungen treffen, die bei anderen Vertragsarten unangemessen wären und z.B. gegen die Klauselverbote der §§ 308, 309 verstießen92. So kann z.B. trotz § 309 Nr. 9a der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG durch Formularvertrag für bis zu fünf Jahre bestellt werden93. Ist allerdings die gesetzliche Regelung, die im Vertrag wiederholt wird, selbst unwirksam, wirkt die Klausel konstitutiv und unterliegt daher der Inhaltskontrolle94. Die Übereinstimmung einer Klausel mit Verkehrssitte oder Handelsbrauch entzieht sie nicht der Inhaltskontrolle, zumal beide ihrerseits nur in den Grenzen von Treu und Glauben gelten95 (zur Bedeutung im Rahmen der Interessenabwägung unten Rz. 140, 143).

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Weitere Beispiele für deklaratorische Klauseln sind dagegen Regelungen, die der Inkassobank erlauben, den Scheckeinreicher mit den Gebühren zu belasten, die diese der bezogenen Bank bei Nichteinlösung des Schecks bezahlen muss, da sie lediglich den der Inkassobank nach §§ 670, 675 Abs. 1 ohnehin zustehenden Aufwendungsersatzanspruch bestätigen96, oder die Klausel in einem Finanzie-

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88 Wolf/Pfeiffer Rz. 334 f.; Staudinger/Coester Rz. 297. 89 Vgl. z.B. BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 30/78, NJW 1979, 2207 (Verweisung auf Kaufrecht statt Werkvertragsrecht bei einer vom Veräußerer herzustellenden Eigentumswohnung). 90 BGH v. 23.10.1996 – XII ZR 55/95, NJW 1997, 193 (194) (Wiederholung des § 552 a.F. – jetzt: § 537 – in den AGB eines Fitness-Studios); vgl. auch BGH v. 5.4.1984 – III ZR 2/83, NJW 1984, 2161 (Verweisung auf § 367 in Darlehensbedingungen kann bei „kundenfeindlichster“ Auslegung im Verbandsprozess eine konstitutive Wirkung haben). 91 Stoffels Rz. 432. 92 Zum Vorrang der spezialgesetzlichen Vorschriften vor den Normen des AGB-Rechts vgl. schon Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 22 (zu § 6 AGBG). 93 Vgl. BGH v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, NJW 2002, 3240; Schlosser/Graba § 8 AGBG Rz. 8. 94 Vgl. BGH v. 14.7.1988 – IX ZR 254/87, BGHZ 105, 160 = NJW 1988, 2951 (zum rückwirkenden Inkrafttreten von Krankenhauspflegesätzen); Wolf/Pfeiffer Rz. 334. 95 Differenz. Wolf/Pfeiffer Rz. 283 (keine Inhaltskontrolle, soweit Handelsbrauch Rechtsnormqualität aufweist, sich aus ihm unmittelbar Rechte und Pflichten ergeben; dagegen Basedow ZHR 150 (1986), 469 (489 f.). 96 BGH v. 9.4.2002 – XI ZR 245/01, NJW 2002, 1950 (1951).

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rungsleasingvertrag, die eine Pflicht zur Weiterzahlung der Leasingraten bei verspäteter Rückgabe der Sache vorschreibt; denn auch dies stimmt mit der ohne sie geltenden Rechtslage (§ 557 Abs. 1) überein97. Gleiches gilt, wenn in AGB eine Rückzahlungspflicht für eine zu Unrecht geleistete Zahlung bestimmt wird, da dies den Regelungsinhalt des § 812 wiedergibt98. c) Ausfüllung gesetzlich eröffneter Gestaltungsspielräume 32

AGB-Bestimmungen, mit denen der Klauselverwender von einer oder mehreren der zahlreichen gesetzlich vorgesehenen rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch macht, stellen grundsätzlich keine lediglich deklaratorische Wiedergabe von Rechtsvorschriften dar. Solche Regelungen wie z.B. Bestimmungen in AGB über eine Vollmachterteilung, die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) oder die Vereinbarung einer Vertragsstrafe (§§ 339 ff.), eines Rücktrittsvorbehalts (§ 346), Abtretungsausschlusses (§ 399), Eigentumsvorbehalts (§ 449), Gewährleistungsausschlusses oder einer Haftungsbeschränkung usw. sind zwar in Individualvereinbarungen zulässig und „entsprechen“ insofern dem Gesetz. Ob sie aber in AGB vorgeschrieben werden können und ihre Gestaltung im Vertragskontext angemessen ist, ist erst im Rahmen der Inhaltskontrolle zu beantworten, die ja gerade vor den Gefahren einer einseitigen Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Klauselverwender schützen soll. Eröffnet das Gesetz Wahlmöglichkeiten (z.B. bedingte oder unbedingte Übereignung), stellt die Festlegung in den AGB auf eine Alternative keine bloße Wiederholung der gesetzlichen Vorschrift dar, sondern eine eigenständige Regelung der Rechtslage in bestimmter Weise99. Der Umstand, dass die Klausel sich dabei innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Bandbreite möglicher Regelungen bewegt und insbesondere nicht gegen zwingendes Recht verstößt, vermag sie keinesfalls der Inhaltskontrolle zu entziehen. Sie weicht zwar insoweit nicht von Rechtsvorschriften ab, ergänzt diese aber mit einer konstitutiven, konkretisierenden Regelung und ist deshalb zu kontrollieren100.

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Eine Freistellung von der Inhaltskontrolle wird allerdings für Fälle sog. „Erlaubnis- oder Rechtfertigungsnormen“ diskutiert, die eine positive Entscheidung des Gesetzgebers über die Zubilligung besonderer Gestaltungsspielräume enthalten. Die Identifizierung und Abgrenzung derartiger Vorschriften von den normalen zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des dispositiven Rechts ist jedoch mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, zumal eine Reihe im Gesetz ausdrücklich zugelassener Bestimmungen sogar von speziellen Klauselverboten erfasst werden wie z.B. Rücktrittsvorbehalte (§ 308 Nr. 3), Vertragsstrafeversprechen (§ 309 Nr. 6) oder Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen (§ 309

97 BGH v. 22.3.1989 – VIII ZR 155/88, ZIP 1989, 647 (648). 98 BGH v. 16.3.2004 – XI ZR 13/03, NJW-RR 2004, 1124 (1125). 99 Kontrollfähig ist daher z.B. auch der in Einkaufs-AGB vorgeschriebene Ausschluss eines Eigentumsvorbehalts, vgl. BGH v. 29.10.1980 – VIII ZR 262/79, BGHZ 78, 305 = NJW 1981, 280. 100 Unzutr. daher BGH v. 27.2.1980 – V ZB 19/79, BGHZ 76, 371 (375) = NJW 1980, 1625 (Kündigungsklausel in Hypothekenbedingungen für den Fall der Grundstücksveräußerung könne nicht unwirksam sein mangels Verstoßes gegen § 1136); richtig Löwe BB 1980, 1241 (1243); BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, NJW 1989, 222.

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Nr. 7, 8). Die Einräumung von Gestaltungsspielräumen durch den Gesetzgeber führt grundsätzlich nicht zur Kontrollfreiheit der darauf gestützten AGB-Klauseln, weil sie in aller Regel Individualvereinbarungen in gleicher Weise wie AGB erfasst und das besondere Schutzbedürfnis bei Verwendung von AGB nicht berücksichtigt101. Besonders deutlich wird diese Differenzierung an § 475 Abs. 3, der zwar den Ausschluss oder die Beschränkung des kaufrechtlichen Schadensersatzanspruchs zulässt, aber ausdrücklich die Anwendung der §§ 307–309 vorbehält. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Gesetzesauslegung klar und eindeutig ergibt, dass eine qualifizierte Erlaubnisnorm vorliegt, die gerade auch für formularmäßige Vereinbarungen gelten soll102. Dazu gehören z.B. § 651h (zulässige Beschränkung der Vertragshaftung des Reiseveranstalters auf den dreifachen Reisepreis)103 und die zugelassenen Haftungsbeschränkungen bei Freiberuflern (z.B. §§ 52 BRAO, 45b PatAnwO, 67a StBerG, 54a Abs. 1 Nr. 2 WPO)104, nicht dagegen die frühere Verbotsnorm des § 20 Abs. 2 HypBankG, die einen gewissen Spielraum für die Tilgungsverrechnung ließ105 oder die Ermöglichung von Preisänderungsvorbehalten in Reiseverträgen durch § 651a Abs. 4106. Auch wenn die Inhaltskontrolle zulässig bleibt, kann sich aus der Norm ergeben, dass die bloß formale Abweichung oder Ergänzung noch keine unangemessene Benachteiligung indiziert, sondern im Rahmen der Generalklausel (§ 307 Abs. 1) gesondert festgestellt werden muss107. Die im Regierungsentwurf des Überweisungsgesetzes noch vorgesehene weiter gehende Regelung, nach der eine unangemessene Benachteiligung „im Zweifel“ nicht anzunehmen sei, „wenn eine Bestimmung von der gesetzlichen Regelung abweicht und dabei von einer dort ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit der Abweichung Gebrauch macht“108, ist nach vehementer und berechtigter Kritik im Schrifttum109 zu Recht fallen gelassen worden, da sie zu einer weit gehenden Aushöhlung der Inhaltskontrolle geführt hätte110.

101 Wolf/Pfeiffer Rz. 338; vgl. auch Löwe NJW 1987, 937 (938); Trinkner/Wolfer BB 1987, 425 (427). 102 Stoffels Rz. 436; Wolf/Pfeiffer Rz. 340; Staudinger/Coester Rz. 302 ff.; ebenfalls den Ausnahmecharakter betonend, aber selbst bei „positivem Wertungsgehalt“ offenbar nur für eine „Privilegierung“ im Rahmen der Inhaltskontrolle statt völliger Freistellung („nur aus besonderen Gründen als unangemessen zu betrachten“) Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 34. 103 Stoffels Rz. 436 unter Hinweis auf Begr. RegE BT-Drucks. 8/2343 S. 11 f.; a.A. BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931 (1937); Staudinger/Coester Rz. 304. 104 Wolf/Pfeiffer Rz. 340; Stoffels Rz. 436 a.E.; Palandt/Grüneberg Rz. 54. 105 BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, NJW 1989, 222 (223); Wolf/Pfeiffer Rz. 340; a.A. Canaris NJW 1987, 609 (610 ff.). 106 BGH v. 19.11.2002 – X ZR 243/01, NJW 2003, 507 (508); OLG Düsseldorf v. 22.11.2001 – 6 U 29/01, NJW 2002, 447 f.; Stoffels Rz. 436. 107 So z.B. ausdrücklich Rechtsausschuss, BT-Drucks. 14/1301 S. 18; in diese Richtung generell Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 34 bei Feststellung eines „positiven Wertungsgehalts“ der fraglichen Gesetzesbestimmung. 108 BR-Drucks. 163/99, auszugsweise abgedruckt in ZIP 1999, 680. 109 Köndgen ZBB 1999, 105; Löwe ZIP 1999, 830 ff. 110 Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 34.

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d) Transparenzanforderungen 35

Die Wiedergabe einschlägiger gesetzlicher Vorschriften muss nicht in jedem Fall dem Transparenzgebot genügen111. So ist insbesondere bei Vertragsverhältnissen mit einem besonderen Aufklärungsbedarf (z.B. Versicherungsverträgen) vorstellbar, dass der abstrakte Gesetzestext dem durchschnittlichen Vertragspartner nicht die notwendige Klarheit über die wirtschaftlichen Vertragsfolgen zu vermitteln vermag. Auch wenn die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes rein deklaratorisch bleibt, steht dies einer auf § 307 Abs. 3 Satz 2 gestützten Transparenzkontrolle nicht entgegen112. Umgekehrt kann eine Klausel der Inhaltskontrolle entzogen sein, wenn eine gesetzliche Bestimmung zwar nicht wörtlich wiedergeben wird, jedoch eine inhaltliche Übereinstimmung vorliegt113. Die Anforderungen an die Formulierungskunst des Klauselverwenders dürfen zwar nicht überspannt werden, doch kann erwartet werden, dass er statt einer „Flucht“ in die bloße Wiedergabe (einer Fülle) komplexer Gesetzesbestimmungen eine an den Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden orientierte sinnvolle Hervorhebung oder Zusammenfassung der wesentlichen Regelungsgegenstände oder -parameter sowie ggf. klar verständliche ergänzende Hinweise oder Informationen gibt.

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Einen besonderen Anwendungsfall des Transparenzgebots kann die (pflichtwidrig) unterlassene Ausfüllung eines ergänzungsbedürftigen gesetzlichen Regelungsrahmens darstellen. Unterbleibt die gebotene Konkretisierung, obwohl ein Bedürfnis der anderen Vertragspartei nach vorheriger Bestimmung besteht, kann in der bloßen deklaratorischen Wiedergabe des gesetzlichen Rahmens eine unzureichende und damit intransparente Regelung liegen114. Das gilt z.B. bei unterbliebener Konkretisierung des gesetzlichen Rahmens, den die §§ 169 Abs. 3 Satz 1 und 165 Abs. 2 VVG zur Bestimmung des Rückkaufswertes von Lebensversicherungen vorgeben115.

3. Leistungsbeschreibungen a) Ansätze zur Konkretisierung der kontrollfreien Leistungsbestimmung 37

Im Ausgangspunkt besteht weitgehend Einigkeit, dass alle Regelungen in AGB, die lediglich Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen, ohne von den dafür ggf. geltenden gesetzlichen Vorschriften abzuweichen, der Inhalts-

111 Zu den Transparenzanforderungen beim Verweis auf gesetzliche oder andere Regelungen siehe Rz. 337. 112 Ebenso schon zu § 8 AGBG Brandner (9. Aufl.) Rz. 32a; Staudinger/Coester Rz. 309; a.A. (keine Transparenzprüfung bei wörtlicher Wiedergabe des Gesetzes) BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2920); Palandt/Grüneberg Rz. 50 f.; MünchKomm/Wurmnest Rz. 6; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 2; Armbrüster DNotZ 2004, 437 (443). 113 Wolf/Pfeiffer Rz. 331. 114 Stoffels Rz. 437; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 2. 115 Vgl. BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 138/99, NJW 2001, 2012 (2013); BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 121/00, NJW 2001, 2014 (2015 f.).

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kontrolle entzogen sind116. Dazu gehören z.B. Baubeschreibungen117, Produktangaben in Prospekten und Katalogen sowie formularmäßige Beschaffenheitsvereinbarungen118, DIN-Vorschriften und sonstige technische Normen, die in den Vertrag einbezogen werden119. Als Musterbeispiel nicht kontrollfähiger AGB gilt die Beschreibung und Ausgestaltung von nichtgegenständlichen „Produkten“ wie etwa Versicherungsleistungen120 oder die Zuteilung von zinsgünstigen Bauspardarlehen121. Allerdings wird hier der Ausschluss der Inhaltskontrolle jeweils auf den „engsten Kern der Leistungszusage“ beschränkt122. Kontrollunterworfen sind dagegen Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen123, es modifizieren oder auch nur näher ausgestalten124. Die konkrete Abgrenzung der nicht kontrollierbaren Leistungsbeschreibung von kontrollfähigen Einschränkungen oder Modifikationen der Leistungspflicht bereitet oft erhebliche Schwierigkeiten. Sie darf jedenfalls nicht von der Formulierungskunst des AGB-Verwenders abhängen. Daher kann es keine Rolle spielen, ob ein zunächst umfassend formuliertes Leistungsversprechen vorliegt, das durch andere Klauseln wieder eingeschränkt wird, oder ob von vornherein eine so begrenzte Leistungszusage abgegeben wird, dass sich weitere modifizierende Regelungen (z.B. besondere Risikoausschlüsse bei Versicherun-

116 Vgl. nur BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 316 (318); BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358 (360); BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (174); BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 (256); BGH v. 29.9.1983 – VII ZR 225/82, NJW 1984, 171 (172); BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, NJW 1988, 1726; BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, NJW 1989, 222; BGH v. 19.11.1991 – X ZR 63/90, NJW 1992, 688 (689); BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2280); BGH v. 23.6.1999 – IV ZR 136/98, NJW 1999, 3558 (3559); BGH v. 6.7.2000 – VII ZR 73/00, NJW 2000, 3348; BGH v. 26.9.2007 – IV ZR 252/06, NJW-RR 2008, 189 (190); BGH v. 12.3.2014 IV ZR 295/13, NJW 2014, 1658 (1660); BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, NJW 2014, 2269 (2272); Wolf/Pfeiffer Rz. 292; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 1; Soergel/Stein § 8 AGBG Rz. 6; MünchKomm/Wurmnest Rz. 12; Dylla-Krebs S. 34, 39 ff. m.w.N. 117 BGH v. 26.9.1996 – VII ZR 318/95, NJW 1997, 135; Basty Bauträgervertrag Rz. 852; MünchKomm/Wurmnest Rz. 13; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 7. 118 Vgl. Palandt/Grüneberg Rz. 44 m.w.N.; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 7. 119 Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 26; MünchKomm/Wurmnest Rz. 13; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 7. 120 Näher zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unten Rz. 55 ff. sowie allgemein Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen (AVB) Rz. 1 ff. 121 Palandt/Grüneberg Rz. 44. 122 Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 26. 123 BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931 (1935); BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369; BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 (256) = NJW 1994, 318; BGH v. 19.11.1997 – IV ZR 348/96, NJW 1998, 1069; BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2280); BGH v. 23.6.1999 – IV ZR 136/98, NJW 1999, 3558 (3559); BGH v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, NJW 2001, 751 (752); BGH v. 22.11.2000 – IV ZR 235/99, NJW 2001, 1132 (1133); BGH v. 23.10.2008 – IX ZB 35/05, NJW-RR 2009, 189 (190); NJW-RR 2009, 813 (815); BGH v. 29.4.2010 – Xa ZR 5/09, NJW 2010, 1958 (1959); BGH v. 6.7.2011 – XII ZR 293/10, NJW 2011, 3510 (3511); BGH v. 12.3.2014 IV ZR 295/13, NJW 2014, 1658 (1660); BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, NJW 2014, 2269 (2272); BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014 1168; Palandt/Grüneberg Rz. 44; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 1; Stoffels Rz. 441. 124 Brandner (9. Aufl.) § 8 Rz. 10.

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gen) erübrigen. Vielmehr muss die Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs nach einem sachlichen Kriterium erfolgen, das dem generellen Schutzanliegen des AGB-Rechts und speziell der ratio legis des § 307 Abs. 3 (früher § 8 AGBG) gleichermaßen Rechnung trägt. 39

In der bisherigen Diskussion haben sich insofern – bei allen Unterschieden im Detail – vor allem zwei Grundkonzeptionen herauskristallisiert: ein vertragsbezogener Ansatz, der die Kontrollfreiheit auf den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungen beschränkt (Rz. 40 ff.), und ein marktbezogenes Verständnis der Norm, das danach fragt, ob die formularmäßige Regelung ihrem Gegenstand nach den Kontrollmechanismen von Markt und Wettbewerb ausgesetzt ist (Rz. 43 ff.). Vereinzelt wird versucht, den Kontrollbereich generell auf die Abweichung von rechtsnormativ vorgegebenen Interessenbewertungen zu begrenzen, ohne zwischen Haupt- und Nebenabreden zu differenzieren125. Diese statische und die Funktionsbedingungen des Konditionenwettbewerbs vernachlässigende Auffassung vermag jedoch ebenso wenig zu überzeugen wie eine andere vereinzelt gebliebene Ansicht, nach der § 307 Abs. 3 keine eigenständige Bedeutung, sondern nur deklaratorischen Charakter habe und jede Regelung im Widerspruch zu den Maßstäben der §§ 307–309 auch kontrollfähig sei126. Dies steht jedoch deutlich im Widerspruch zu Normzweck und Intention des Gesetzgebers. aa) Unmittelbarer Gegenstand der Hauptleistungen

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Die Rechtsprechung und die herrschende Auffassung im Schrifttum legen § 307 Abs. 3 restriktiv aus und beschränken den kontrollfreien Bereich der leistungsbestimmenden Klauseln auf solche Regelungen, bei deren Fehlen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertragsschluss nicht mehr angenommen werden könne127. Die nicht kontrollfähige Leistungsbeschreibung deckt sich also im Wesentlichen mit dem Begriff der essentialia negotii128.

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Begründet wird diese Auffassung vor allem mit dem Schutzzweck der Inhaltskontrolle, den Vertragspartner des Verwenders vor einer inhaltlich unangemes125 Joost ZIP 1996, 1685 ff. 126 Koch/Stübing § 8 AGBG Rz. 3; Niebling S. 201 ff.; Niebling WM 1992, 845 (852); dagegen zutr. Dylla-Krebs S. 189. 127 BGH v. 13.7.1994 – IV ZR 107/93, BGHZ 127, 35 (41); BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83 (84); BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (174); BGH v. 21.4.1993 – IV ZR 33/92, VersR 1993, 830 (831); BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2280); BGH v. 23.6.1999 – IV ZR 136/98, NJW 1999, 3558 (3559); BGH v. 22.11.2000 – IV ZR 235/99, NJW 2001, 1132 f.; BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 121/00, NJW 2001, 2014 (2016); BGH v. 15.2.2006 – IV ZR 192/04, NJW 2006, 1876 (1878); BGH v. 26.9.2007 – IV ZR 252/06, NJW-RR 2008, 189 (190); BGH v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, NJW 2008, 214 (215); BGH v. 29.4.2010 – Xa ZR 5/09, NJW 2010, 1958 (1959); BGH v. 6.7.2011 – XII ZR 293/10, NJW 2011, 3510 (3511); BGH v. 12.3.2014 IV ZR 295/13, NJW 2014, 1658 (1660); BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, NJW 2014, 2269 (2272); Brandner (9. Aufl.) § 8 Rz. 28 („der enge Bereich der vertraglichen Leistungsspezifikation, ohne deren Vorliegen wegen Fehlens der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertragsschluss nicht mehr angenommen werden kann“). 128 BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (174); Kallrath S. 71; vgl. auch Römer in FS Egon Lorenz, 1995, S. 449 (471); Wolf/Pfeiffer Rz. 288; wegen des unterschiedlichen Zwecks dieses Begriffes gegen seine Verwendung im vorliegenden Zusammenhang aber Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 28 Fn. 70; Niebling S. 167 f.

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senen Verkürzung der vollwertigen Leistung, wie er sie nach Gegenstand und Zweck des Vertrages erwarten dürfe, zu bewahren129. Der Hinweis auf § 307 Abs. 2 Nr. 2 verdeutlicht, dass implizit eine gewisse Wechselwirkung zwischen Anwendungsbereich (§ 307 Abs. 3) und Maßstab (Definition der „unangemessenen Benachteiligung“ in § 307 Abs. 1 und 2) der Inhaltskontrolle besteht: Die von § 307 Abs. 3 vorausgesetzte Abweichung von Rechtsvorschriften lenkt den Blick auf die Rechtslage, die ohne die fragliche Klausel bestehen würde. Fehlt es an einem gesetzlichen Leitbild (oder ist dieses nur unvollkommen ausgebildet), stellen die Grundgedanken der vertraglichen Regelung selbst, die „Natur des Vertrages“ und der „Vertragszweck“, den Prüfungsmaßstab dar. Ob eine die Erreichung des Vertragszwecks gefährdende Einschränkung wesentlicher Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben (§ 307 Abs. 2 Nr. 2), vorliegt, setzt die Ermittlung des spezifischen Vertragszwecks voraus, der dem jeweiligen Vertrag seine Eigenart verleiht. Dieser Vertragszweck, der vor allem (aber nicht ausschließlich) von den charakteristischen Hauptleistungspflichten der Parteien und den von ihnen verfolgten wirtschaftlichen Zwecken bestimmt wird, bildet den Maßstab der Kontrolle; und dieser Prüfungsmaßstab – nach h.M. aber auch nur dieser – ist seinerseits nicht kontrollierbar130. Im Ergebnis ist nur der eigentliche Kern der Leistungszusage, der bei Fehlen gesetzlicher Leitbilder nach Maßgabe des nicht zu gefährdenden Vertragszweckes zu ermitteln ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2), der Inhaltskontrolle entzogen131. Dieser Ansatz birgt allerdings die Gefahr in sich, dass die Kontrollmöglichkeit immer dann bejaht wird, wenn die Klausel im Ergebnis inhaltlich missbilligt wird. In der Rechtsprechung zeigt sich deutlich eine dahingehende Tendenz132. Auf diese Weise würde § 307 Abs. 3 dann doch zu einer lediglich „deklaratorischen“ Norm, deren Bedeutung sich in der Klarstellung erschöpfte, dass die In-

129 BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (174); BGH v. 19.11.1997 – IV ZR 348/96, BGHZ 137, 174 (175); BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2280); Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 27. 130 Römer in FS Egon Lorenz, 1995, S. 449 (466, 468); im Ansatz auch Wolf/Pfeiffer Rz. 290. 131 Für Risikobeschreibungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen z.B. gilt daher nach h.M., dass sie nur insoweit nicht kontrollfähig sind, als sie den Typ des Versicherungsvertrags konstituieren und den Kern des versicherten Risikos festlegen, siehe statt vieler nur Palandt/Grüneberg Rz. 45; Dreher VersR 1995, 247 (249). Sie unterliegen hingegen der Inhaltskontrolle, wenn sie das Deckungsversprechen in einer dem Schutzzweck des AGB-Gesetzes und den berechtigten Erwartungen des Kunden widersprechenden Weise einschränken, BGH v. 16.11.1992 – II ZR 184/91, BGHZ 120, 223; BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 85; BGH v. 10.2.1993 – XII ZR 74/1, NJW 1993, 1134. Näher zum überaus breit gefächerten Meinungsstand bzgl. der Reichweite der AGB-Kontrolle von AVB etwa U. Hübner Allgemeine Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz, 5. Aufl. 1997; Dylla-Krebs S. 228 ff. sowie Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen (AVB) Rz. 1 ff. 132 Römer in FS Egon Lorenz, 1995, S. 449 (457 f.); H. P. Westermann ZBB 1989, 36 (39); vgl. auch H. P. Westermann in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 135 (144) („Erlaubt ist’s (zu kontrollieren), wenn’s missfällt.“); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 100 ff. unter besonderer Berücksichtigung der europarechtlich gebotenen Vorgaben; grundsätzlich zust. Ulmer BB 1982, 584 (586); Wolf/Pfeiffer JZ 1988, 388 (392); Koch/Stübing § 8 AGBG Rz. 3; vgl. ferner Roth AcP 190 (1990), 292 (314) („Die Rechtsprechung kontrolliert nicht, wo sie darf, sondern wo sie will.“).

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haltskontrolle nach §§ 307 ff. eine „Rechtslagendivergenz“ erfordert133: Die Rechtslage, wie sie ohne die Klausel bestünde, muss sich lediglich von der Regelung durch die Klausel unterscheiden. § 307 Abs. 3 hätte dann letztlich keine eigenständige Filterfunktion für den Einstieg in die Inhaltskontrolle mehr. Um zu verhindern, dass die Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs im Einzelfall von eher zufälligen deskriptiven Merkmalen abhängig wird134, ist eine stärkere Besinnung auf den Normzweck des § 307 Abs. 3 erforderlich. Dieser liegt vor allem darin, das Eingreifen der materiellen Vertragskontrolle an das prinzipielle Versagen von Markt und Wettbewerb als den primären Kontrollmechanismen zu binden (vgl. Rz. 14, 18 ff. sowie Vor § 307 Rz. 32 ff.). bb) Normzweckkonforme Berücksichtigung von Markt und Wettbewerb 43

In der Literatur mehren sich dementsprechend die Stimmen, die an den grundsätzlichen Vorrang der regulierenden Wirkung des Wettbewerbs in einer auf Privatautonomie gegründeten Marktwirtschaft erinnern und bei der konkreten Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Inhaltskontrolle, der Definition kontrollfreier Leistungsbeschreibungen bzw. Preisbestimmungen, zur Geltung bringen wollen135. Gemeinsamer Ausgangspunkt dieser Strömung in der Literatur ist die besondere Betonung des Umstands, dass in einem marktwirtschaftlichen System die Bestimmung von Preis und Leistung dem Markt und seinen Steuerungsmechanismen überlassen bleiben müsse und § 307 Abs. 3 daher die Funktion habe, eine gewisse Eingangshürde für die Anwendung der AGB-rechtlichen Angemessenheitskontrolle zu errichten. Der Kreis der „leistungsbeschreibenden“ und „preisbestimmenden“ Klauseln, der keiner Inhaltskontrolle zugänglich ist, wird demgemäß tendenziell (erheblich) weiter als nach dem herrschenden vertragsbezogenen Ansatz gezogen136.

133 So in der Tat Niebling S. 201 ff.; vgl. auch Koch/Stübing § 8 AGBG Rz. 3 (keine eigenständige Bedeutung der Norm). 134 Vgl. die Kritik bei Börner JZ 1997, 595 (597) (deskriptive Abgrenzungskriterien mit eher zweifelhafter materieller Werthaltigkeit); Stoffels Rz. 448 („unübersichtliche und widersprüchliche Kasuistik“). 135 Vgl. insb. Köndgen NJW 1989, 943 (946 ff.); Dylla-Krebs S. 154 ff.; Fuchs in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, Teil IV Rz. 72 ff.; Stoffels Rz. 449 ff.; Wolf/Pfeiffer Rz. 288; Staudinger/Coester Rz. 320 ff., 324; grds. zust., aber mit stärkerem Fokus auf eine typologische Gesamtbetrachtung Bieder S. 267 ff. 136 Dabei wird nicht verkannt, dass sich die h.M. durchaus auf den Wortlaut des § 307 Abs. 3 Satz 1 (früher § 8 AGBG) stützen kann. Denn eine Abweichung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften lässt sich letztlich immer unter Rückgriff auf §§ 157, 242 bejahen, sofern nur das rechtsgeschäftliche Minimum der essentialia negotii gewahrt bleibt: Denn ohne die fragliche AGB-Klausel müsste die vertragliche Regelung unter Heranziehung dieser Normen konkretisiert werden, so dass man in der Klausel eine Modifikation oder Ergänzung zumindest der §§ 157, 242 erblicken kann, vgl. zu dieser in der Rspr. verbreiteten Argumentation insb. BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 316 (318); BGH v. 16.1.1985 – VII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 (261); BGH v. 28.2.1985 – IX ZR 92/84, NJW 1985, 2585 (2587). In der Ausgestaltung eines gesetzlich nicht geregelten Vertragstyps sui generis kann man zudem eine Ergänzung der §§ 241, 311 sehen, vgl. Dylla-Krebs S. 60; Soergel/Stein § 8 AGBG Rz. 2; H. P. Westermann in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 135 (140). Gemessen an dem im Gesetzgebungsverfahren betonten Zweck des § 8 AGBG, eine richterliche Kontrolle der Preise und Leistungsangebote zu verhindern, ist der Wortlaut der Norm aber zu weit gefasst und bedarf der teleologischen Reduktion, so insb. Dylla-Krebs S. 63 ff.; ähnlich bereits Canaris NJW 1987, 609 (613 f.).

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Ein Vorschlag geht dahin, zur Bestimmung des kontrollfreien Bereichs auf das Kriterium der effektiven Gesamtbelastung des Vertragspartners, wie sie sich bei planmäßiger, störungsfreier Durchführung des Vertrags ergeben würde, abzustellen. Ausgehend von der Frage, was in Markt und Wettbewerb als „Preis“ und „Leistung“ angesehen werde, wird unter Rückgriff auf den Maßstab der Preiskontrolle nach § 138, die Preisangabenverordnung sowie die kartellrechtliche Herausnahme von Absprachen über „Preise oder Preisbestandteile“ aus den nach § 2 GWB a.F. zulässigen Konditionenkartellen abgeleitet, dass für Verbraucher und Konkurrenten allein der Endpreis, die Gesamtkostenbelastung, entscheidend sei137. Für die Leistung des anderen Partners sei spiegelbildlich auf dessen Gesamt(-leistungs-)belastung abzustellen. Dabei seien lediglich mittelbare Einflüsse auszuscheiden; es komme auf die prognostizierte effektive Gesamtbelastung an, wie sie sich bei planmäßiger, störungsfreier Durchführung des Vertrages ergebe138. Zinsberechnungsklauseln beim Annuitätendarlehen z.B. werden nach dieser Ansicht nicht als kontrollfähige Preisnebenabreden, sondern als nicht der Inhaltskontrolle zugängliche Entgeltvereinbarung gewertet, weil sie unmittelbar den Effektivzins mitbestimmten und dieser das Entgelt für das Darlehen bilde139.

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Die effektive Gesamtbelastung als Kriterium zur Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs vermag jedoch aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen140. Zum einen steht dieses eher wirtschaftliche denn rechtliche Kriterium in einem Spannungsverhältnis zu dem gesetzgeberischen Grundkonzept, dass Gegenstand der Angemessenheitsprüfung grundsätzlich die einzelne AGB-Klausel ist141; eine Saldierung von Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Klauseln ist nur ausnahmsweise und in engen Grenzen zulässig (vgl. zur möglichen Kompensation nachteiliger Regelungen Rz. 144 ff.). Zum anderen besteht ein Konflikt mit dem Transparenzgebot: Nach eigener Aussage mutet dieses Konzept dem Kunden des Verwenders zu, sich selbst ein Bild von der auf ihn zukommenden Gesamtbelastung und der Summe der zu erwartenden Leistungen zu machen142. Die Beseitigung einer nach herrschender Meinung kontrollauslösenden Intransparenz des Leistungsangebots bzw. der Preisbestimmung143 wird anderen Normen als der materiellen Inhaltskontrolle zugewiesen (z.B. der Preisangabenverordnung oder

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137 Dylla-Krebs S. 185 ff.; im Ansatz ähnlich bereits Canaris NJW 1987, 609 (613 f.). 138 Dylla-Krebs S. 187. 139 Insoweit übereinstimmend Canaris NJW 1987, 609 (613 f.) und NJW 1987, 2407; zust. auch Bruckner WM 1987, 458. 140 Wie hier abl. insb. Staudinger/Coester Rz. 311; Wolf/Pfeiffer Rz. 289; Stoffels Rz. 448; Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 11; Fastrich S. 252. 141 Vgl. Stoffels Rz. 448. 142 Dylla-Krebs S. 273, die sich – insoweit im Gegensatz zu Canaris NJW 1987, 609 (613 f.) – ausdrücklich dagegen ausspricht, die Transparenz (der Preisgestaltung) als kontrollauslösendes Element in das Konzept zur Abgrenzung der preis- oder leistungsbestimmenden Klauseln zu integrieren, a.a.O., S. 142 ff., 188. 143 BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (Hypothekenzins-Urteil); BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 (Wertstellungs-Urteil); krit. zum Transparenzgebot in dieser Ausprägung, d.h. als eigenständiges Merkmal der Unangemessenheit im Rahmen des § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1 und 2), z.B. H. P. Westermann in FS Steindorff, 1990, S. 817 (825 ff., 830) m.w.N.; für Ableitung des Transparenzgebotes aus § 3 AGBG (§ 305c Abs. 1), soweit es um den Informationsbedarf des Kunden vor Vertragsschluss geht, auch Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (672 f., 677 ff., 681 ff., 685).

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§ 305c Abs. 1)144. Diese Auffassung vermochte schon unter der Geltung des § 9 AGBG nicht zu überzeugen, ist aber jedenfalls nach der expliziten Anerkennung der Transparenzkontrolle durch § 307 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 nicht mehr haltbar. 46

So begrüßenswert es grundsätzlich ist, gegenüber der zuweilen erkennbaren Tendenz zu einer ausufernden Inhaltskontrolle die Eigenverantwortlichkeit des Vertragspartners des Verwenders Allgemeiner Geschäftsbedingungen für die Entscheidung über die Akzeptanz der angebotenen Leistung und des dafür verlangten Preises hervorzuheben, so pauschal bleibt der Hinweis auf die Steuerungsfunktion des Wettbewerbs in der Marktwirtschaft für die Bestimmung der Preise und des laufenden Angebots an Leistungen nach den Präferenzen der Nachfrager. Da die materielle Angemessenheitskontrolle ihre Legitimation gerade aus der eingeschränkten Funktionsfähigkeit des Konditionenwettbewerbs empfängt145, soll die Inhaltskontrolle nach der ratio des § 307 Abs. 3 (früher § 8 AGBG) (nur) dort nicht eingreifen, wo typischerweise trotz der Verwendung von AGB die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs gewahrt ist. Während die herrschende Sicht insoweit zu eng nur auf die vertragscharakteristischen Hauptleistungspflichten blickt, überschätzt das pauschale Abstellen auf die effektive Gesamtbelastung insoweit tendenziell die Wirksamkeit des Wettbewerbs; denn dieses Kriterium ist nicht immer der (oder auch nur ein) entscheidende(r) Wettbewerbsparameter im Markt. Daher ist es erforderlich – neben der Berücksichtigung des Transparenzgedankens als Vorbedingung der Kontrollfreiheit (dazu Rz. 22) – konkret auf die typischen Bedingungen für funktionsfähigen Wettbewerb in Bezug auf einzelne Regelungsgegenstände abzustellen. Ein Konzept, das wirklich Ernst macht mit der Orientierung an dem, was „in Markt und Wettbewerb als Preis und Leistung angesehen“146 wird, darf nicht völlig von den realen Marktverhältnissen abstrahieren. Vielmehr müssen auch die tatsächlich herrschenden Wettbewerbsbedingungen berücksichtigt werden, die nicht einheitlich über alle Branchen hinweg bestimmt werden können, sondern z.B. auch von der jeweiligen Eigenart des betroffenen Produkts oder Leistungsgegenstands abhängen. Dies führt zu einem Konzept, das die charakteristischen Merkmale der angebotenen „Leistungen“ oder „Produkte“, soweit sie im relevanten Markt tatsächlich eine wichtige Rolle im Wettbewerb spielen, in die Analyse einbezieht147. Nur so kann bei der Konkretisierung der kontrollfreien Leistungsbeschreibung beurteilt werden, ob der betroffene Regelungsgegenstand der fraglichen Klausel typischerweise in die Abschlussentscheidung des Kunden einbezogen wird und damit in ausreichendem Maße den auf einen angemessenen Interessenausgleich hinwirkenden Kräften von Markt und Wettbewerb ausgesetzt ist148. 144 Vgl. Dylla-Krebs S. 273, die ausdrücklich offen lässt, ob sich im Wege der Rechtsfortbildung „ein dem § 8 AGBG vorgelagertes, umfassendes (formales) Transparenzgebot“ begründen ließe. 145 Ausdrücklich für ein wirtschaftsrechtliches Verständnis des AGB-Gesetzes als Vorbeugung und Ausgleich gegenüber den Folgen „informationsbedingten Marktversagens“ beim Konditionenwettbewerb Köndgen NJW 1989, 946 (948), allgemein zum Transparenzgebot S. 950 „Intransparenz als marktbezogene Unangemessenheit“). 146 So die programmatische Frage von Dylla-Krebs S. 185, mit der sie die Entwicklung ihres Abgrenzungskriteriums einleitet. 147 Fuchs in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, Teil IV Rz. 72 ff. 148 Im Grundsatz übereinstimmend der Ansatz von Stoffels Rz. 449 ff., der aber – noch zu abstrakt – nur auf die fraglichen Regelungsgegenstände der AGB-Klauseln abstellt und

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cc) Insbesondere: Identifizierung der wettbewerbsrelevanten „Produktmerkmale“ Betrachtet man die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle primär als Instrument zur 47 Kompensation marktwirtschaftlicher Defizite, muss man konsequenterweise für die Abgrenzung des Bereiches kontrollfreier „preis-“ bzw. „leistungsbestimmender“ AGB (auch) auf die konkreten Wettbewerbsbedingungen im jeweils betroffenen (Produkt-)Markt abstellen149. Damit ist nicht gemeint, dass „die Gerichte nunmehr ihre Kriterien in der Marktstruktur finden und gewissermaßen die Möglichkeit unverfälschten Wettbewerbs trotz Geltung der untersuchten Klausel zum Kontrollmaßstab machen“150 sollten. Es geht vielmehr darum, mögliche für den Vertragsabschluss wesentliche Regelungen (Kriterien) – jenseits des rechtsgeschäftlichen Minimums der essentialia negotii – zu identifizieren, die im Wettbewerb der AGB-Verwender um Kunden eine vergleichbar bedeutende Rolle spielen. Dieser Aspekt dürfte zwar in aller Regel bei Sachgütern ausscheiden, bei denen es vor allem auf die Leistungs- und Qualitätsmerkmale der physischen Ware ankommt. Doch sowohl bei „Rechtsprodukten“ wie z.B. Versicherungen als auch bei Dienstleistungen etwa von Telekommunikationsunternehmen erscheint dieser Ansatz vielversprechend, ist doch hier durchaus denkbar, dass im Wettbewerb um Kunden auch Regelungen, die nicht zu den es-

die realen Wettbewerbs- und Marktverhältnisse außer Betracht lässt. Insoweit bleibt er mehr dem vertragsbezogenen Ansatz der h.M. verhaftet als die hier vorgeschlagene stärker wettbewerbsorientierte Konzeption; in die gleiche Richtung jetzt wohl auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 12, wonach „derjenige Teil des Vertrages einer richterlichen Kontrolle zu unterwerfen [ist], der nicht schon auf Grund ihrer besonderen Bedeutung Gegenstand der Aufmerksamkeit beider Vertragsparteien sind.“ Dies verkennt dagegen BGH v. 7.11.2010 – XI ZR 3/10, NJW 2011, 1801 (1802 ff.), näher dazu Fuchs/ Neideck LMK 2011, 317569. Dem hier vertretenen Ansatz grds. zust. auch Bieder S. 267 ff. mit dem zutreffenden Hinweis, dass (wegen Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG) dem Merkmal der Kundenaufmerksamkeit nicht die allein ausschlaggebende Bedeutung für die Abgrenzung des kontrollfreien Bereichs eingeräumt werden darf, sondern auch ein enger Bezug zum „Hauptgegenstand des Vertrags“ oder dem Preis-/Leistungsverhältnis gewahrt bleiben muss. Diese Voraussetzung ist bei identitätsstiftenden, wettbewerbsrelevanten Produktmerkmalen (dazu Rz. 48 ff.) prinzipiell gegeben. 149 Ansätze dazu finden sich bereits bei Canaris NJW 1987, 609 (613), der die von ihm befürwortete Kontrollfreiheit unmittelbar preisbestimmender Regelungen (mit Einfluss auf den Gesamtpreis) davon abhängig macht, dass deren „Vorhandensein – nicht dagegen notwendigerweise auch ihr Inhalt! – marktkonform oder zumindest nicht marktirregulär ist“. Daher unterfielen Preisregelungen in Nebenbestimmungen der Inhaltskontrolle, wenn sie sich „gemessen an der markttypischen Vertragsgestaltung“ als seltene oder gar singuläre Ausnahme darstellten. Ebenso sei die ausgesprochen marktirreguläre Klausel über eine „Bearbeitungsgebühr“ in einem Kaufvertrag grundsätzlich kontrollfähig, während eine entsprechende – marktkonforme – Klausel in Ratenkreditverträgen kontrollfrei bleibe, Canaris NJW 1987, 614. Dieser Ansatz überzeugt jedoch letztlich nicht, da er zum einen kein Kriterium für die Abgrenzung der Hauptleistung von Leistungsnebenabreden bietet, sondern sich lediglich auf Preisbestimmungen bezieht. Zum anderen ist das Kriterium der „Marktkonformität“ bei Canaris klauselstatt wettbewerbsbezogen. Entscheidend für die Bewertung der hinreichenden Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs als Steuerungsmechanismus für Preise und Leistungsangebote muss aber eine an den Gegebenheiten des jeweiligen Produktmarktes orientierte wettbewerbliche Würdigung sein. 150 So die Kritik von H. P. Westermann in FS Steindorff, 1990, S. 817 (826); die daraus abgeleitete Schlussfolgerung, dass „eine materiell nicht zu beanstandende Klausel keinen wettbewerbsverfälschenden Charakter haben kann“, trifft allerdings nicht zu.

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sentialia negotii gehören, eine entscheidende Bedeutung für den „Kaufentschluss“ gewinnen können151. 48

Insoweit gilt es daher, die typischen wettbewerbsrelevanten „Produkteigenschaften“ zu identifizieren. Ein gewichtiges Indiz ist, worauf die Kunden gewöhnlich achten, wenn sie sich zwischen den Angeboten konkurrierender Anbieter entscheiden. Es gilt, die charakteristischen Eigenschaften des „Produkts“ zu ermitteln, die seine Identität als spezifisch eigenständiges Angebot im Vergleich zu anderen Produkten ausmachen und nicht lediglich eine Abweichung in Ausstattung oder Qualität begründen152. Dabei kann das gleiche Merkmal, z.B. die Laufzeit des Vertrages, je nach dem Gegenstand der Leistung eine andere Bedeutung haben. So gehört z.B. die Laufzeit einer Anleihe zu den „identitätsstiftenden“ Merkmalen des Produktes153, was sich schon daran zeigt, dass die Endfälligkeit in den Kursnotierungen erwähnt wird. Anders dagegen bei Versicherungen: Die Laufzeit des Versicherungsschutzes spielt, auch wenn sie einen gewissen Einfluss auf die zu zahlende Prämie hat, typischerweise nur eine untergeordnete Rolle bei der Wahl des Kunden zwischen verschiedenen Angeboten. Entscheidend ist in aller Regel nur die Art des Versicherungsschutzes (i.S.d. Kernbereichs des abzudeckenden Risikos) sowie die dafür zu zahlenden Prämie. So macht der durchschnittliche Verbraucher den Vertragsabschluss nicht davon abhängig, ob etwa eine Unfallversicherung eine Laufzeit von einem Jahr, fünf Jahren oder gar zehn Jahren hat. Der BGH unterwirft daher im Ergebnis zu Recht die Laufzeit von Versicherungsverträgen der Inhaltskontrolle, auch wenn die Vertragsdauer Einfluss auf die Prämienkalkulation hat154.

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Der hier vorgeschlagene Ansatz, den kontrollfreien Bereich bloßer „Leistungsbeschreibungen“ bei nicht gegenständlichen Produkten („Rechtsprodukten“ und Dienstleistungen) unter Rückgriff auf die „identitätsstiftenden“ und wettbewerbsbewerbsrelevanten „Produktmerkmale“ und somit in gewissem Umfang auf wettbewerbsrechtliche Wertungen zu konkretisieren, versteht sich nicht im strengen Sinn als Alternative, sondern primär als Ergänzung zur herrschenden vertragsbezogenen Konzeption. Sie soll helfen, die schwierige Feststellung des kontrollfreien Bereichs im Einzelfall zu erleichtern. Diese vollzieht sich auf einer gleitenden Skala, die beim engsten Kern der Leistungszusage beginnt, deren Vorliegen gerade noch die Annahme eines wirksamen Vertrages erlaubt (essentialia negotii), und im Ausnahmefall bis zur Erstreckung auf alle Re151 Diese Überlegung wird schon dadurch bestätigt, dass nicht alle Hauptleistungspflichten zu den essentialia negotii gehören, vgl. auch Dylla-Krebs S. 126. Dem hier vertretenen Ansatz der wettbewerbsrelevanten Produktmerkmale im Kern zust. Thomas ZHR 171 (2007), 684 (696 f.). 152 Ähnlich der Ansatz von Bieder S. 268 ff., der für eine typologische Gesamtbetrachtung plädiert, in deren Rahmen „insbesondere das Näherverhältnis der betreffenden Klausel zum Hauptgegenstand des Vertrags sowie das Ausmaß, in dem die Klausel infolge ihrer Fähigkeit, die Aufmerksamkeit eines durchschnittlichen Vertragspartners zu erregen, an der Regulierungsfunktion des Marktes teilhat“ (S. 278). 153 Das gilt auch für den Sonderfall der „ewigen Anleihe“, bei der keine bestimmte Laufzeit und kein Kündigungsrecht des Inhabers der Anleihe vorgesehen ist, vgl. dazu ausführlich Thomas ZHR 171 (2007), 684 ff. (697) (Unkündbarkeit durch den Inhaber gehört zum „Kern der Leistungszusage“) sowie unten Rz. 64. 154 Vgl. BGH v. 13.7.1994 – IV ZR 107/93, BGHZ 127, 35 (41 f.) (Unfallversicherung); bestätigt in BGH v. 7.2.1996 – IV ZR 16/95, BB 1996, 611 (612). Zur Begründung stellt er freilich darauf ab, dass der wesentliche Vertragsinhalt auch ohne die Festlegung einer zehnjährigen Laufzeit bestimmt werden könnte.

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gelungen reichen kann, die einen unmittelbaren Einfluss auf die effektive Gesamtbelastung der anderen Partei bei planmäßiger Vertragsabwicklung haben. Wo auf dieser Skala im Einzelfall die Nadel stehen bleibt, hängt nach dem Sinn und Zweck des § 307 Abs. 3 von der hinreichenden Wirksamkeit des Wettbewerbs als Kontroll- und Steuerungsinstrument für Preise und Leistungsangebote ab. Im einen Fall mag dies nur hinsichtlich des engsten Kerns der Leistungszusage zutreffen (etwa bei Allgemeinen Versicherungsbedingungen, näher dazu Rz. 55 ff.), im anderen Fall können durchaus auch Leistungsversprechen außerhalb der essentialia negotii eine wesentliche Bedeutung für die Individualisierung des „Produkts“ und seine Vermarktungsfähigkeit im Wettbewerb haben (z.B. Laufzeit bei Anleihen), und schließlich ist es denkbar, dass sich der Wettbewerb im Markt ausnahmsweise an der effektiven Gesamtbelastung der anderen Vertragspartei orientiert (z.B. am Effektivzins für ein Darlehen unter Einbeziehung aller Nebenkosten). Eine wichtige Rolle spielt insoweit auch die Werbung, da sie geeignet ist, die Aufmerksamkeit des Kunden auf bestimmte Eigenschaften eines Produkts (Ware oder Dienstleistung) zu lenken und damit zum Gegenstand des marktwirtschaftlichen Austauschprozesses zu machen155. Dazu können nicht nur Sacheigenschaften, sondern auch rechtlich vermittelte Produktcharakteristika gehören, also bestimmte vertragliche Regelungen, die typischerweise in AGB enthalten sind. Dies darf allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, dass allein die Herausstellung bestimmter Regelungsgegenstände in der Werbung die entsprechenden Klauseln der AGB-Kontrolle entziehen könnte. Erforderlich ist vielmehr, dass die fraglichen Bestimmungen zum Gegenstand des Wettbewerbs im Markt werden. Ist die Marktgegenseite – nicht zuletzt auf Grund von Marketingmaßnahmen – für bestimmte Regelungsgegenstände so sensibilisiert, dass ein durchschnittlicher Kunde auch diesen Punkt typischerweise in seine Überlegungen bei der Entscheidung über den Vertragsabschluss mit einbezieht, kann der Wettbewerb insoweit seine Funktion wahrnehmen. Damit entfällt grundsätzlich die materielle Rechtfertigung für eine richterliche Inhaltskontrolle des vorformulierten Leistungsangebots.

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In der Regel sind Modifikationen des Leistungsversprechens auch bei einem marktbezogenen Verständnis kontrollfähig. Denn der Kunde wird regelmäßig seine Aufmerksamkeit auf das zentrale Leistungsversprechen (und ggf. einige wesentliche Zusatzaspekte) konzentrieren, sich aber nicht damit aufhalten, zu erkunden, ob davon „im Kleingedruckten“ wieder Abstriche oder Änderungen hinsichtlich der Leistungsmodalitäten vorgenommen werden. Insoweit ergeben sich grundsätzlich keine Unterschiede zur Rechtsprechung, die auch nach ihrem Ansatz Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen156, der Inhaltskontrolle unterwirft. Ein wichtiges Kriterium ist insoweit die berechtigte Erwartungshaltung des Kunden, die durch das zentrale

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155 Für die Anerkennung dieses Kriteriums auch MünchKomm/Kieninger (5. Aufl.) Rz. 15, 156 a.E. unter Hinweis auf die Rspr. zur Kontrolle allgemeiner Versicherungsbedingungen. 156 BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931 (1935); BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369; BGH v. 19.11.1997 – IV ZR 348/96, NJW 1998, 1069; BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2280); BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 121/00, NJW 2001, 2014; BGH v. 12.6.2001 – XI ZR 274/00, NJW 2001, 2635; BGH v. 29.4.2010 – Xa ZR 5/09, NJW 2010, 1958 (1959); BGH v. 6.7.2011 – XII ZR 293/10, NJW 2011, 3510 (3511); BGH v. 12.3.2014 IV ZR 295/13, NJW 2014, 1658 (1660); BGH v. 9.4.2014

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Leistungsversprechen und ggf. das sonstige Verhalten im Wettbewerb geweckt worden ist. Dabei zeigen sich enge Verbindungen zum Maßstab des § 307 Abs. 2 Nr. 2157: Der Vertragspartner des Verwenders ist insbesondere davor zu schützen, dass wesentliche Rechte und Pflichten so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird. Der Kunde darf daher darauf vertrauen, dass die für eine ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags erforderlichen Rechte und Pflichten gewährt und nicht durch einschränkende Klauseln wieder ausgehöhlt werden. Wird z.B. beim Online-Banking der Eindruck einer 24-stündigen Erreichbarkeit erweckt (und als besonderer Vorteil dieses Dienstleistungsangebots herausgestellt), stellt ein Haftungsausschluss für zeitweilige Unterbrechungen des Zugangs zum Online-Service eine kontrollfähige Einschränkung des Hauptleistungsversprechens dar158 und nicht lediglich eine Beschreibung des Umstands, dass nach der Eigenart der erbrachten Leistung keine dauerhafte ständige Erreichbarkeit zu 100% gewährt wird. Bei hinreichend klarer und deutlicher Definition dessen, was der Kunde erwarten darf, wäre jedoch das Angebot einer von vornherein entsprechend eingeschränkten Leistung (z.B. Online-Service von 6–24 Uhr) kontrollfrei möglich. 52

Ob eine bestimmte Regelung als autonome Definition der angebotenen Leistung oder als eine Einschränkung dessen, was der Kunde berechtigterweise erwarten darf, anzusehen ist, kann sich auch im Zeitablauf ändern und insbesondere von dem konkreten Entwicklungsstand abhängen, in dem sich der relevante Markt gerade befindet. Die Bedeutung der Marktphase lässt sich am Beispiel des Mobilfunkmarktes exemplifizieren: Als es zu Beginn noch um den Aufbau leistungsfähiger Netze ging, spielte die gebotene Netzabdeckung eine wichtige Rolle für die Entscheidung der potentiellen Kunden zwischen verschiedenen Mobilfunkbetreibern. Es konnte daher erwartet werden, dass sie diese in den AGB geregelte Frage zur Kenntnis nahmen und bei ihrer Entscheidung zwischen den verschiedenen Angeboten im Markt berücksichtigten. Vom Zustand des Netzausbaus abhängige Einschränkungen der Reichweite des Leistungsangebots stellten daher eine (vorbehaltlich ihrer Transparenz) kontrollfreie Leistungsbeschreibung dar. Heutzutage können dagegen potentielle Mobilfunkkunden eine bundesweite Netzabdeckung erwarten, so dass etwaige Abweichungen davon als Einschränkung des Leistungsangebotes grundsätzlich kontrollfähig sind (zur Frage des Haftungsausschlusses für temporäre Einschränkungen des Mobilfunkdienstes auf Grund von nicht auszuschließenden Empfangs- oder Betriebsstörungen vgl. Rz. 63). dd) Zusammenfassende Charakterisierung

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Festzuhalten bleibt somit, dass im Rahmen einer wettbewerbs- und marktkonformen Konkretisierung des Anwendungsbereichs der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 im Ergebnis diejenigen charakteristischen Merkmale/Leistungspflichten kontrollfrei bleiben, welche die „Identität des Produkts“ als Ge-

– VIII ZR 404/12, NJW 2014, 2269 (2272); BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168; Wolf/Pfeiffer Rz. 298; Palandt/Grüneberg Rz. 44. 157 Vgl. BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931 (1935); zust. Stoffels Rz. 452; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 12; vgl. auch schon oben Rz. 39 ff. 158 BGH v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, NJW 2001, 751 = LM § 8 AGBG Nr. 43 (LM H. 8/2001) m. Anm. Fuchs.

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genstand des Wettbewerbs im Markt konstituieren. Für die Identifizierung der wettbewerbsrelevanten Charakteristika des (Rechts-)Produkts ist von den essentialia negotii auszugehen. Darüber hinaus sind aber auch alle Regelungen einzubeziehen, die nach den Gegebenheiten des betroffenen Marktes typischerweise eine erhebliche Bedeutung für den konkreten Vertragsschluss, d.h. für die Entscheidung zwischen den (vergleichbaren) Produkten oder Leistungen verschiedener Anbieter (AGB-Verwender) haben. Von den Bestimmungen, die das Hauptleistungsversprechen näher ausgestalten, gehören dazu nur diejenigen, die nach den jeweiligen Marktverhältnissen mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Durchschnittskunden bei seiner Abschlussentscheidung berücksichtigt werden. Die Einbeziehung von Kriterien mit vermuteter Abschlussrelevanz führt zu einer wettbewerbsorientierten Auflockerung der vertragstypenbezogenen Bestimmung (des Kerns) der charakteristischen (Haupt-)Leistungspflichten. Zu weitgehend ist es dagegen, formularmäßige Leistungsbeschreibungen nach § 307 Abs. 3 Satz 1 (vorbehaltlich der Transparenzkontrolle nach Satz 2) stets als „kontrollfrei wirksam“ zu betrachten, sofern sie nur die Spielräume nutzen, die sich innerhalb eines etwaigen nach Berücksichtigung von Vertragszweck, Interessenlage und Verkehrserwartung begründeten Rahmens bewegen, und nur bei Überschreitung dieses Rahmens Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 anzunehmen159. Mit dieser Formulierung wird zwar der Bereich umschrieben, der einer Inhaltskontrolle im Ergebnis standhält, nicht aber der kontrollfreie Bereich, der einer Interessenabwägung von vornherein entzogen ist. Das hier vorgeschlagene zweistufige Vorgehen bei der Konkretisierung der Schranken für die materielle Inhaltskontrolle – zunächst Ermittlung der essentialia negotii, sodann Identifizierung weiterer (bei marktbezogener Betrachtung) abschlussrelevanter Kriterien bei der Ausgestaltung der (Haupt-)Leistungspflichten – führt einerseits in Übereinstimmung mit dem Normzweck des § 307 Abs. 3 Satz 1 zu einer vorsichtigen Einschränkung der Inhaltskontrolle wegen fehlender Kontrollbedürftigkeit bei funktionierendem Wettbewerb. Andererseits reduziert es die mit einer unmittelbar und ausschließlich wettbewerbs- oder marktorientierten Betrachtungsweise potentiell einhergehenden Rechtsunsicherheiten.

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b) Exemplarische Anwendungsfälle aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen Die Problematik der Abgrenzung eines kontrollfreien Bereichs der unmittelbaren 55 Festlegung von Art und Umfang der Hauptleistungspflicht einerseits und kontrollfähigen Modifikationen, Einschränkungen und Ergänzungen andererseits zeigt sich in besonderem Maße bei den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Denn im Bereich der Privatversicherung wird die vom Versicherungsunternehmen als Verwender zu erbringende Hauptleistung, das „Produkt“ Versicherungsschutz, vor allem durch ein System von Beschreibungen, Risikoeinschlüssen, -ausschlüssen und Obliegenheitsklauseln in den AVB definiert und ausgestaltet. Der durch das VVG vorgegebene Rahmen für die Vertragsgestaltung enthält zwar eine Reihe von zwingenden und halbzwingenden Rechtsvorschriften (z.B. §§ 18, 32, 42 VVG), lässt aber der Vertragsgestaltung noch einen weiten Spielraum. Inwieweit hier die AGB-Kontrolle einen über die versicherungsrecht159 So aber die These von Pfeiffer in Dauner-Lieb/Konzen/Karsten Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S. 225 (236 f.).

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lichen Vorschriften hinausgehenden Schutz gewährleisten kann, war und ist Gegenstand einer kontroversen Debatte. Die (früheren) Versuche im Schrifttum, eine weit gehende Kontrollfreiheit zu erreichen, haben sich zu Recht nicht durchsetzen können160. Die Rechtsprechung neigt ganz im Gegenteil zu einer sehr weit reichenden Anwendung der Inhaltskontrolle, die kaum noch Raum für einen kontrollfreien Bereich lässt. Dieser wird im Ergebnis auf den engen Kernbereich der Leistungsspezifikation beschränkt, ohne den mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der vertragsgegenständlichen Leistung kein wirksamer Vertrag mehr vorläge161. Der BGH selbst spricht insoweit von einem „kontrollfreien Minimum“162, das nur die Vertragsbestandteile umfasst, die für ein wirksames Vertragsverhältnis unabdingbar sind. 56

Dem Konzept der Rechtsprechung, dem die neuere Literatur überwiegend folgt163, ist im Grundsatz auch bei einer markt- und wettbewerbsorientierten Sicht zuzustimmen. Bei Versicherungsleistungen handelt es sich um komplexe Rechtsprodukte, die nur eingeschränkt – im Hinblick auf einige besonders wichtige „identitätsstiftende“ Merkmale – am Wettbewerb teilnehmen können. Der vom Versicherer offerierte Leistungsgegenstand, das übernommene Risiko und die Nachteile, die dem Versicherten bei Verwirklichung der Gefahr vom Versicherer zu ersetzen sind, ergibt sich in ihrer konkreten Form erst aus der umfassenden Beschreibung und Ausgestaltung in den AVB. Diese enthalten nicht nur Regelungen über die versicherten Ereignisse, Gegenstände und Personen sowie über Art und Umfang der Versicherungsleistung, sondern weitere Bestimmungen über positive und negative Anspruchsvoraussetzungen. Die letztlich vom Versicherer zu tragende Gefahr – und damit spiegelbildlich die konkrete Leistung für den Versicherten – ergibt sich somit nicht nur aus der (primären) Risikobeschreibung oder -abgrenzung, sondern auch aus den (sekundären) Risikobeschränkungen und -ausschlüssen, (tertiären) Rückausnahmen sowie aus Leistungsbefreiungstatbeständen (insbesondere Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers). Diese (umfassende) „Leistungsbeschreibung“ kann jedoch wegen ihrer Komplexität vom durchschnittlichen Kunden nicht in allen Einzelheiten zutreffend beurteilt und ggf. mit den Angeboten anderer Versicherer verglichen werden. Bei seiner Abschlussentscheidung orientiert sich der Versicherungsnehmer vielmehr an wenigen Produktmerkmalen, die für ihn den Kern, die charakteristische Eigenart oder „Identität“ der begehrten Versicherungsleistung ausmachen164. Nur die160 Vgl. dazu Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 36 ff. m.w.N. 161 Vgl. nur BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (174); BGH v. 21.4.1993 – IV ZR 33/92, VersR 1993, 830 (831); BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, VersR 1993, 957; BGH v. 6.12.1995 – IV ZR 364/94, NJW-RR 1996, 595; BGH v. 26.9.2007 – IV ZR 252/06, NJW-RR 2008, 189 (190); BGH v. 26.3.2014 – IV ZR 422/12, NJW 2014, 2038 (2040); Stoffels Rz. 442. 162 BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2280); ebenso BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 137/98, VersR 1999, 745 (747); vgl. auch BGH v. 19.11.1997 – IV ZR 348/96, BGHZ 137, 174 (175); Römer NVersZ 1999, 97 (98); Kieninger VersR 1998, 1071 (1072); noch weiter gehend Schünemann VersR 2000, 144 (147) (unbeschränkte Inhaltskontrolle von Risikobeschreibungen auch im Kernbereich). 163 Siehe nur Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 9 AGBG Rz. 565; Stoffels Rz. 442; Dreher VersR 1995, 245 (249); krit. Reinhard VersR 1996, 497 (499). 164 Ähnlich Palandt/Grüneberg Rz. 45 (Kontrollfreiheit von Risikobeschreibungen, soweit sie den Typ des Versicherungsvertrages konstituieren und den Kernbereich des versicherten Risikos festlegen); vgl. auch MünchKomm/Kieninger, 5. Aufl. 2007, Rz. 156 sowie bereits oben Rz. 47; zust. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 6.

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ser Kernbereich der Leistungszusage nimmt grundsätzlich am Wettbewerb teil und ist daher kontrollfrei. Dazu gehören als unmittelbare Hauptleistungspflicht wohl lediglich die Art der Versicherung, die Höhe der Deckungssumme, die Pflicht zur Zahlung der Prämie sowie das Verhältnis von Prämie und Umfang des Versicherungsschutzes165. Insoweit ist anerkannt, dass unter dem Gesichtspunkt der Tarifwahl günstigere Prämien eine weitergehende Risikobeschränkung rechtfertigen können166. Eine andere Beurteilung wird auch nicht von der europäischen Richtlinie über 57 missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen verlangt (RL 93/13/EWG). Aus der Freistellung des Hauptgegenstands des Vertrages sowie des Preis-/Leistungsverhältnisses von der Inhaltskontrolle nach Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG wird im letzten Satz des Erwägungsgrunds 19 abgeleitet, dass „bei Versicherungsverträgen die Klauseln, in denen das versicherte Risiko und die Verpflichtung des Versicherers deutlich festgelegt oder abgegrenzt werden, nicht als missbräuchlich beurteilt werden, sofern diese Einschränkungen bei der Berechnung der vom Verbraucher gezahlten Prämie Berücksichtigung finden“. Daran hat sich eine Diskussion darüber entzündet, ob Risikobeschreibungen, Risikoausschlüsse oder -beschränkungen in Versicherungsverträgen mit Verbrauchern grundsätzlich kontrollfrei bleiben müssen, sofern die Voraussetzungen der deutlichen Festlegung und der Prämienrelevanz der Risikoeinschränkung erfüllt sind167. Eine derartige Schlussfolgerung ist jedoch schon deshalb unangebracht, weil Art. 8 RL 93/13/EWG eine strengere Inhaltskontrolle nach nationalem Recht, die zu einem höheren Schutzniveau für die Verbraucher führt, zulässt. Der EuGH hat dazu ausdrücklich bestätigt, dass die Mitgliedstaaten selbst klar und verständlich abgefasste Klauseln, die den Hauptgegenstand des Vertrags bzw. die Angemessenheit des Leistungsentgelts betreffen, einer richterlichen Missbrauchskontrolle unterwerfen dürfen168. Prinzipiell kontrollfähig sind dagegen alle Regelungen, die eine Modifizierung oder Ergänzung dieses (generell charakterisierten) Leistungsversprechens des Versicherers enthalten. Dazu gehören vor allem (sekundäre) Risikoausschlüsse und -beschränkungen, aber auch solche (primären) Risikoabgrenzungen, die „– trotz positiver Formulierung – Risiken ausscheiden, die nach Gesetz oder nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte in den Deckungsumfang der Versicherung fallen können und die vollwertige Leistung, die der Versicherungsnehmer nach Gegenstand und Zweck des Vertrags zu erwarten berechtigt ist, modifizieren oder einschränken“169. Etwas anderes kann aber gelten, wenn dem (potentiellen) Vertragspartner deutlich besondere Alternativen hinsichtlich des primären Risiko- oder Deckungsumfangs eröffnet werden, die – auch für den 165 Vgl. Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 9 AGBG Rz. 565 m.w.N. 166 BGH v. 9.10.1981 – I ZR 188/79, VersR 1982, 486 (488); weitergehend für Kontrollfreiheit z.B. von Prämienrabattklauseln Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 9 AGBG Rz. 566; vgl. allgemein zu Preisargument und Tarifwahl Rz. 145 ff. 167 Vgl. Kieninger ZEuP 1994, 277; Schmidt-Salzer in FS Brandner, 1996, S. 259 (272 ff.); Kapnopolou Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, 1997, S. 109 ff. 168 EuGH v. 3.6.2010 – Rs. C-484/08, NJW 2010, 2265 (2266 f.) (Ausbanc): Prinzip der Mindestharmonisierung nach Art. 8 RL 93/13/EWG erstreckt sich auch auf Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG. 169 So im Ergebnis zutr., wenn auch von einem anderen Ansatz aus bereits Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 37.

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durchschnittlichen Kunden leicht erkennbar – spezielle Leistungsangebote („neue Produkte“ mit einem besonderen „Profil“) darstellen, deren Ausgestaltung insoweit einem Markttest unterworfen wird. Die Rechtsprechung des BGH weist inzwischen eine ganze Reihe von Fällen auf, in denen Einschränkungen oder Modifikationen des Versicherungsschutzes einer Inhaltskontrolle unterzogen worden sind170. Auch die vorformulierte Festlegung der vertraglichen Laufzeit (Dauer des Versicherungsschutzes) ist kontrollfähig171. Dagegen finden sich, soweit ersichtlich, bislang nur sehr wenige Beispiele für Entscheidungen zu AVB, in denen die Kontrollfreiheit nach § 307 Abs. 3 Satz 1 (früher § 8 AGBG) bejaht wurde172. 59

Obliegenheitsklauseln, die zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen, wenn der Versicherungsnehmer die darin beschriebene Verhaltenspflicht verletzt (§ 28 VVG), unterliegen dagegen in jedem Fall der Inhaltskontrolle173. Ebenso wie andere Regelungen hinsichtlich der Vertragsabwicklung werden sie typischerweise beim Vertragsabschluss nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls in ihrer Bedeutung unterschätzt, weil der Kunde nicht mit ihrer möglichen Verletzung rechnet. Schon gegen das Transparenzgebot verstoßen Klauseln, die so genannte „verhüllte Obliegenheiten“ enthalten. Denn sie sind als Risikoausschluss for-

170 Vgl. insb. BGH v. 28.11.1990 – IV ZR 184/89, VersR 1991, 175 (Serienschadenklausel in Berufshaftpflichtversicherung); BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369 (Wissenschaftsklausel in der Krankenversicherung); BGH v. 21.4.1993 – IV ZR 33/92, VersR 1993, 830 (Risikobeschränkung in der Hausratversicherung); BGH v. 2.3.1994 – IV ZR 109/93, VersR 1994, 549 m. Anm. Prölss S. 1216 (Haftungsausschluss in der Reisekrankenversicherung); BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 137/98, VersR 1999, 745 (747) (Beschränkung der Anzahl der psychotherapeutischen Behandlungssitzungen in der privaten Krankenversicherung); BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2280) (private Vorsorge bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit); BGH v. 22.11.2000 – IV ZR 235/99, NJW 2001, 1132 (Ausschluss bestimmter Sachverhalte in der Auslandsreisekrankenversicherung); BGH v. 28.3.2001 – IV ZR 19/00, NJW 2001, 1934 (1935) (Beschränkungen des Schutzumfangs in der Reiseinsolvenzversicherung); BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 121/00, NJW 2001, 2014 (2016) (Regelungen zum Rückkaufswert in der kapitalbildenden Lebensversicherung bei Kündigung oder Befreiung von der Beitragspflicht); BGH v. 21.2.2001 – IV ZR 11/00, NJW 2001, 3406 (Verwandtenklausel in der Krankheitskostenversicherung); BGH v. 30.10.2002 – IV ZR 60/01, NJW 2003, 294 (Schulmedizinklausel) NJW 2006, 750 (Beschränkung durch Sachkostenliste), BGH v. 24.6.2009 – IV ZR 212/07, VersR 2009, 1210 (Kopplung an Bundespflegesatz), BGH v. 18.2.2009 – IV ZR 11/07, NJW-RR 2009, 813 (815) (hausärztliche Erstbehandlungsklausel); BGH v. 6.7.2011 – IV ZR 217/09, NJOZ 2012, 204 (Einschränkung des Berufsunfähigkeitsversicherungsschutzes wegen Vorerkrankung) sowie zu weiteren Fällen Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen (AVB) Rz. 7 ff. 171 BGH v. 13.7.1994 – IV ZR 107/93, NJW 1994, 2693; BGH v. 18.12.1996 – IV ZR 60/96, VersR 1997, 345; näher zu Laufzeitklauseln Leverenz NJW 1997, 421 ff.; Staudinger/ Coester (Bearb. 1998) § 9 AGBG Rz. 580; Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen (AVB) Rz. 17 jeweils m.w.N. 172 Vgl. BGH v. 13.7.2005 – IV ZR 83/04, NJW-RR 2005, 1479; BGH v. 25.11.1992 – IV ZR 187/91, VersR 1993, 297 (298); OLG Frankfurt v. 16.4.1992 – 16 U 107/91, VersR 1993, 174 (175); BGH v. 24.9.1998 – III ZR 219/97, NJW 1999, 864; BGH v. 26.3.2014 – IV ZR 422/12, NJW 2014, 2038 (2040); anders Römer NVersZ 1999, 97 (98) (keine Fälle bekannt). 173 Wolf/Pfeiffer Rz. 302, 477 ff.; Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 9 AGBG Rz. 567, 570; Stoffels Rz. 442 jeweils m.w.N., vgl. auch BGH v. 14.3.2012 – XII ZR 44/10, NJW 2012, 2501 und BGH v. 24.10.2012 – VII ZR 40/11, NZM 2013, 165 (Obliegenheit des KfzMieters zur Hinzuziehung der Polizei in quasi-versicherungsrechtlicher Beziehung), zur ersten Entscheidung siehe auch Wittchen NJW 2012, 2480.

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muliert, obwohl es materiell um die Sanktionierung der Verletzung einer Verhaltenspflicht des Versicherungsnehmers geht, und verschleiern auf diese Weise die einschränkenden Voraussetzungen für die Leistungsfreiheit bei Obliegenheitsverletzungen174. bb) Telekommunikationsverträge Bei Telefondiensten im Festnetz besteht die wesentliche Leistung des Netzanbieters in der Ermöglichung des allgemeinen Netzzugangs durch Überlassung des Telefonanschlusses, über den der Kunde mit Hilfe von angeschalteten Endeinrichtungen Telefonverbindungen entgegennehmen und zu anderen Anschlüssen herstellen lassen kann. Dazu wird dem Nutzer (mindestens) eine Rufnummer zugeordnet. Ein ISDN-Anschluss stellt demgegenüber bereits ein besonderes Produkt dar, das sich vom normalen Telefonanschluss in für den Nutzer wesentlichen Punkten unterscheidet (u.a. Überlassung von mindestens zwei Nutzkanälen mit jeweils eigener Rufnummer und mit höherer Übertragungsgeschwindigkeit). Bei der Festlegung der Anzahl der nutzbaren Basiskanäle und ihrer Übertragungsgeschwindigkeit in den AGB handelt es sich um kontrollfreie Leistungsbeschreibungen. Lediglich technisch davon zu unterscheiden sind sog. „Next Generation Access Network“-Lösungen, die an die Stelle der herkömmlichen ISDN-Lösungen treten, aber letzlich ähnliche Leistungsbeschreibungen beinhalten (müssen), die ebenfalls nicht kontrollunterworfen sind. Kontrollfähig sind hingegen Klauseln, die den Anbieter während der Vertragslaufzeit zu einer einseitigen Leistungsanpassung ermächtigen175 (allgemein zu Leistungsbestimmungsrechten siehe Rz. 173 ff.).

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In Bezug auf die weitere Hauptleistung des Telekommunikationsanbieters, die 61 Herstellung der gewünschten Netzverbindung, sind im Markt zwei unterschiedliche „Verfahren“ verbreitet. Während beim sog. Call-by-Call-Verfahren das (nicht unbedingt mit dem Netzanbieter identische) Telekommunikationsunternehmen im Einzelfall die Herstellung von Fernverbindungen anbietet, sofern die dem Unternehmen zugeordnete Vorwahl 010xy gewählt wird, erfolgt die Herstellung der gewünschten Netzverbindung bei entsprechender Vorauswahl (sog. Preselection) ständig über den vorbestimmten Telekommunikationsanbieter. Die Regelung, welches Verfahren der Telekommunikationsanbieter anwendet, sowie die Frage, ob das Call-by-Call-Verfahren nur zuvor angemeldeten und zugelassenen Nutzern offen steht, ist ebenfalls nicht kontrollfähig176. Bei Verträgen über Mobilfunkdienstleistungen bereitete die Abgrenzung des Bereichs der kontrollfreien Leistungsbeschreibung von kontrollfähigen Einschränkungen oder Modifikationen des Leistungsversprechens besondere Schwierigkeiten. Diese resultieren daraus, dass hier im Gegensatz zum Festnetzanschluss die 174 Vgl. z.B. BGH v. 14.12.1994 – IV ZR 3/94, NJW 1995, 784; zust. von Westphalen NJW 2002, 1688; siehe auch BGH v. 19.11.1997 – IV ZR 348/96, NJW 1998, 1069; krit. dazu Prölss/Martin/Prölss § 28 Rz. 27; Schwintowski NVersZ 1998, 97; näher Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen (AVB) Rz. 13 m.w.N., umfassend Koch VersR 2014, 283 (285 ff.) mit Hinweis auf BGH v. 12.10.2012 – IV ZR 99/10, NJW 2012, 365; Felsch r+s 2015, 53 (56 ff.); vgl. aber auch BGH v. 20.6.2011 – IV ZR 39/11, VersR 2011, 1113. 175 BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134. 176 Es liegt nicht etwa eine Abweichung vom „Leitbild“ des § 45h TKG vor, wenn TK-Anbieter mit ihren Kunden eine gesonderte, nicht über den Teilnehmernetzbetreiber erfolgende Rechnungserstellung vereinbaren; in diese Richtung aber wohl Großkopf/Taubert CR 1998, 603 (607) zum alten § 15 Abs. 1 TKV.

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Verbindungen nicht lückenlos über gegenständliche Telefonleitungen hergestellt werden und auf Grund technischer Gegebenheiten der Netzbetreiber keine Garantie für den Aufbau der gewünschten Verbindung übernehmen kann. Solange sich die Mobilfunknetze noch im Aufbau befanden, kam hinzu, dass es unabhängig von den funktechnischen Ausbreitungsbedingungen regional zu Versorgungslücken kommen konnte, weil bestimmte Gebiete vom Netzbetreiber noch nicht erschlossen worden waren. Derartigen Umständen kann und muss der Telekommunikationsanbieter in der Leistungsbeschreibung Rechnung tragen. Sie dürften hinsichtlich der allgemeinen Funktionsbedingungen von Mobilfunknetzen grundsätzlich auch dem Kunden bekannt sein und daher seine Vorstellung von dem, was er nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung von Gegenstand und Zweck des Vertrages zu erwarten berechtigt ist, prägen. Eine einseitige, unangemessene Verkürzung der vollwertigen Leistung durch eine entsprechende formularmäßige Leistungsbestimmung des Mobilfunkanbieters ist insoweit nicht zu erwarten. Für die anderen genannten Kriterien gilt das aber nur, wenn der (potentielle) Vertragspartner darüber vor Vertragsschluss hinreichend deutlich informiert und aufgeklärt worden ist. Aufgrund der technischen Entwicklung, die eine lückenlose Gewahrleistung des Aufbaus von Telefonverbindungen grundsätzlich ernöglicht, hat die Problematik praktisch an Gewicht verloren. Sie findet sich jedoch in gleicher Form wieder bei Verträgen über mobile Datenverbindungen. Auch hier kann (bisher) nicht jeder Anbieter lückenlos gewährleisten, dass der Kunde eine mobile Internetverbindung zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort aufbauen kann. Hinzu kommt, dass die Übertragungsgeschwindigkeiten hier in Abhängigkeit von dem lokal verfügbaren Übertragungsstandard differieren. Umso mehr muss es dem Telekommunikationsanbieter hier möglich sein, seine Leistungsbeschreibung entsprechend auszugestalten, ohne dass dies zwingend die Kontrollfreiheit entfallen lässt. 63

Sieht man insoweit zunächst von den Anforderungen an die Bestimmtheit der Leistungsbeschreibung ab, die aus dem Transparenzgebot abgeleitet werden (vgl. dazu unten Rz. 338 ff., 353 ff.), dürften die prinzipiellen Entscheidungen über die Regionen, für die Mobilfunkdienstleistungen angeboten werden, sowie über die grundsätzliche technische und wirtschaftliche Dimensionierung des Netzes (u.a. Anzahl und Sendestärke der Funkstationen) unmittelbaren Einfluss auf die wettbewerbsrelevanten Produkteigenschaften des Mobilfunkdienstes haben. So werden die (potentiellen) Kunden insbesondere darauf achten, welchen Grad an Netzabdeckung und welche Sprachqualität bzw. welche Datenübertragungsgeschwindigkeit das fragliche Mobilfunknetz bietet. Diese Kriterien sind demzufolge in der Vergangenheit von Netzbetreibern intensiv in der Werbung herausgestellt worden. Derartige Merkmale stellen charakteristische „Produkteigenschaften“ von Mobilfunknetzen dar und unterliegen damit keiner Inhaltskontrolle. Gleiches gilt für die Frage, ob und in welcher Form Sonderdienste wie z.B. SMS (short message service) angeboten werden. Anders sind jedoch Bestimmungen zu beurteilen, nach denen ein im Voraus bezahltes Guthaben („prepaid“-Verfahren) nach Zeitablauf oder Vertragskündigung (innerhalb bestimmter Fristen) entschädigungslos verfallen soll177. Hierbei handelt es sich um eine kontrollfähige Einschränkung der Hauptleistungspflicht. In der Instanzrecht-

177 OLG München v. 22.6.2006 – 29 U 2294/06, NJW 2006, 2416 (2417) (Verfallklausel in „Prepaid“-Mobilfunk-AGB); vgl. auch OLG Köln v. 1.12.2000 – 6 U 63/00, CR 2001, 232; BGHZ 148, 74 = NJW 2001, 2635 (zur Befristung von Telefonkarten).

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sprechung ist dagegen die Kontrollfreiheit einer Klausel streitig, die die Auszahlung des bezahlten Guthabens an die Entrichtung eines separaten Entgelts knüpft178. Richtigerweise ist diese zu bejahen179. Auch wenn sich der Telekommunikationsanbieter das Recht einräumen lässt, die versprochenen Dienste zeitweise – etwa aus Gründen der Wartung des Systems – nicht oder nur in eingeschränktem Umfang zu erbringen, liegt darin keine kontrollfreie Leistungsbeschreibung, sondern ein problematischer Leistungs(-änderungs-)vorbehalt oder gar unzulässiger Haftungsausschluss180. Im Bereich von Internet- und Telekommunikationsdiensten kann zwar (auch nach der vernünftigen Erwartung des durchschnittlichen Kunden) keine Garantie für einen jederzeitigen Verbindungsaufbau ohne jegliche Verzögerung abgegeben werden, andererseits müssen aber Einschränkungen der Leistungszusage, die über unvermeidbare temporäre Störungen oder Überlastungen des Netzes hinausgehen, einer Kontrolle unterliegen181. cc) Finanzprodukte Besonderheiten ergeben sich auch im Bereich von Finanzprodukten. Bei Anleihen182 gehört z.B. neben der Stückelung (Festlegung des Nennbetrags), der Höhe und Ausgestaltung der Verzinsung (fest, variabel, abgezinst bei Zero-Bonds) auch die Festlegung der Laufzeit (des Zeitpunkts der Rückzahlung) zu den wettbewerbsrelevanten Produkteigenschaften, die ihre „Identität“ im Wettbewerb mitbestimmen. Denn auf den Finanzmärkten steht die Zinshöhe in direktem Zusammenhang mit der Dauer der Kapitalüberlassung. Auch im Kursteil der Zeitungen umfassen die Angaben zu der jeweiligen Anleihe neben dem Namen des Emittenten und der Zinshöhe immer auch die Laufzeit/Endfälligkeit. Die Dauer der Kapitalüberlassung gehört zwar nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen nicht zu den essentialia negotii – bei fehlender Festlegung gilt eine unbestimmte Dauer, verbunden mit einem Kündigungsrecht –, bei (kapital-) marktorientierter Betrachtung ist die Laufzeit bei Anleihen aber eine wettbewerbsrelevante Produkteigenschaft, die keiner Kontrolle zugänglich ist. Das gilt auch für „ewig laufende“ Titel ohne festgelegten Rückzahlungstermin, so dass in einer solchen Laufzeitregelung keine unangemessene Benachteiligung liegen kann183.

178 Für Kontrollfreiheit OLG Frankfurt v. 13.7.2010 – 1 U 129/09, MMR 2010, 679; OLG Schleswig v. 27.3.2012 – 2 U 2/11, NJW-RR 2013, 496; a.A. OLG Hamburg v. 1.7.2010 – 3 U 129/08, MMR 2011, 170. 179 So auch MünchKomm/Wurmnest § 307 Rz. 164. 180 Vgl. BGH v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, NJW 2001, 751 = LM Nr. 43 zu § AGBG (LM H. 8/2001) m. Anm. Fuchs (pauschaler Hinweis auf mögliche Einschränkungen und Unterbrechungen des Zugangs zum Online-Service einer Bank als unzulässiger Haftungsausschluss unter Verstoß gegen § 11 Nr. 7 AGBG = § 309 Nr. 7b). 181 Fuchs in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, Teil IV Rz. 78 f., 114 f., 128 m.w.N. 182 Vgl. zur Qualifizierung der Anleihebedingungen als AGB BGH v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, ZIP 2005, 1410 = NJW 2005, 2917 sowie näher § 305 Rz. 70 ff. m.w.N.; a.A. Ekkenga ZHR 160 (1996), 59 (66 ff., 73) sowie Assmann WM 2005, 1053 (1054, 1057 f., 1063, 1065 ff.), der auf die „Überlegenheit der Schutzmechanismen des Kapitalmarkts und des Kapitalmarktrechts“ setzt, a.a.O. S. 1054, 1066 ff., dabei aber zu undifferenziert vorgeht und insb. die eingeschränkte Funktionsfähigkeit des Konditionenwettbewerbs völlig ausblendet. 183 Zust. Thomas ZHR 171 (2007), 684 (694 ff., 697).

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Bei Wandel- und Optionsanleihen bleibt zudem die Ausgestaltung des Umtausch- bzw. Bezugsrechts kontrollfrei, das durch Art und Zahl der zu erwerbenden Aktien sowie das dafür ggf. noch zusätzlich zu entrichtende Entgelt bestimmt wird. Demnach unterliegen weder das Umtauschverhältnis zwischen Anleihe und Aktie noch der bei Ausübung des Optionsrechts zu zahlende Optionspreis (Bezugskurs der Aktie) sowie etwaige im Voraus festgesetzte Zuzahlungen der Inhaltskontrolle184.

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Zu Finanzierungszwecken ausgegebene Genussscheine können sehr unterschiedliche Formen der Gewinnbeteiligung bzw. Verzinsung aufweisen185. Eine Grundform stellen gewinnorientierte Ausschüttungsregelungen dar, bei denen der an die Genussrechtsinhaber auszuzahlende Betrag von vornherein in Grund und Höhe an die Dividende der Aktionäre, den Bilanzgewinn oder den Jahresüberschuss gekoppelt ist. Hierdurch wird unmittelbar der Inhalt des Gewinnbeteiligungsrechts und damit eine charakteristische Hauptleistungspflicht des Emittenten bestimmt, die der Inhaltskontrolle entzogen ist186. Fraglich ist dagegen, was bei lediglich gewinnabhängigen Ausschüttungsregelungen (mit oder ohne Mindestverzinsung) gilt. So wird bei der Zusage einer „festen Verzinsung“, die aber unter der Bedingung steht, dass ein ausreichender Bilanzgewinn erwirtschaftet wird, teilweise eine kontrollfähige Einschränkung der Festverzinsung gesehen187. Gegen die Annahme einer lediglich leistungsmodifizierenden Klausel spricht jedoch, dass beim Fortfall der Gewinnabhängigkeit der Vergütungsregelung überhaupt kein Genussrecht mehr vorläge, sondern eine festverzinsliche Anleihe. Die Gewinnabhängigkeit ist für Genussscheine ein „identitätsstiftendes“ Merkmal und zugleich eine wettbewerbsrelevante „Produkteigenschaft“, weil die Höhe der gebotenen Verzinsung wegen des größeren Risikos eines Ausfalls der Ausschüttung über derjenigen für (rein) festverzinsliche Anleihen liegen muss. Diese Form der Beteiligung des Genussrechtsinhabers am wirtschaftlichen Risiko des Emittenten stellt ein charakteristisches Kennzeichen der im Genussschein verbrieften Forderung dar und unterliegt daher ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle188. Etwas anderes gilt aber hinsichtlich der Frage, ob ausgefallene Ausschüttungen aus künftigen Gewinnen nachzuholen sind. Hier ist nicht mehr unmittelbar der Gegenstand der Hauptleistungspflicht des Emittenten betroffen, sondern deren nähere Ausgestaltung, die auch nicht mehr im Fokus der Aufmerksamkeit des Anlegers ist, wenn er über den Erwerb eines Genussscheins entscheidet.

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Die in der Praxis häufig vorgesehenen Bestimmungen über die Verlustteilnahme der Genussscheininhaber189 sind zwar kein begriffsnotwendiges Ausstattungs-

184 Wolf/Pfeiffer Rz. 296; im Ergebnis ebenso Kallrath S. 72; zur Kontrollfähigkeit einer einseitigen Änderungsbefugnis von Optionsbedingungen durch den Emittenten siehe BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 (1502 f.) (Unwirksamkeit nach § 308 Nr. 4 und im unternehmerischen Verkehr nach § 307 Abs. 1 und 2). 185 Vgl. hierzu insb. Frantzen Genussscheine, 1993, S. 100 ff.; MünchKommAktG/Habersack, 4. Aufl. 2016, § 221 Rz. 94 ff. jeweils m.w.N. 186 Übereinstimmend Kallrath S. 72. 187 Frantzen S. 33 f.; Kallrath S. 72 f. 188 Im Ergebnis ebenso Hammen BB 1990, 1918; Thielemann Das Genussrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der Anlegerschutz, 1988, S. 189 (keine Inhaltskontrolle bzgl. der „Berechnungsmethode des gewinnabhängigen Anspruchs“). 189 Vgl. hierzu z.B. MünchKommAktG/Habersack, 4. Aufl. 2016, § 221 Rz. 101 ff.; Frantzen S. 122 ff. jeweils m.w.N.

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merkmal des Genussscheins. Soll das Genussrechtskapital jedoch als Eigenkapital(-surrogat) anerkannt werden, ist eine Partizipation an den unternehmerischen Risiken des Emittenten erforderlich, die über einen Ausfall der (gewinnbezogenen) Verzinsung hinausgeht (vgl. § 10 Abs. 5 KWG). Die Regelung des Ob und der Art der Verlustbeteiligung in den Genussrechtsbedingungen muss jedenfalls insoweit kontrollfrei bleiben, als davon die intendierte Eigenkapitalqualität abhängt. Zumindest die Frage, ob (nur) eine Teilnahme am Endverlust im Insolvenz- bzw. Liquidationsfall (nachrangiges Haftkapital) oder (auch) eine Beteiligung an den Verlusten aus laufender Geschäftstätigkeit erfolgen soll, gehört zur Festlegung des Gegenstands der Hauptleistung. Aber auch die Entscheidung zwischen den beiden Grundformen der laufenden Verlustbeteiligung (bilanzmäßige Abschreibungen auf die Rückzahlungsansprüche im Rahmen eines „beweglichen Kapitalkontos“ oder Koppelung der Herabsetzung eines festen Nennwerts [Grundbetrags] des Genussrechtskapitals an eine entsprechende Kapitalherabsetzung des Emittenten zur Abdeckung aufgelaufener Verluste) legt fest, inwieweit das Genusskapital dem Eigenkapital angenähert und dem Emittenten als Eigenkapital zur Verfügung gestellt wird190. Erst die nähere Ausgestaltung der Verlustbeteiligung innerhalb dieser Grundtypen betrifft die Art und Weise der Erbringung der Hauptleistung und unterliegt insoweit der Inhaltskontrolle191. Die Gegenauffassung, die für eine vollumfängliche Inhaltskontrolle plädiert192, verkennt, dass der vom Emittenten verfolgte spezifische Finanzierungszweck die Koppelung der von ihm zu erbringenden Leistung an Gewinn und Verlust erfordert. Erst dadurch wird Charakter wie Umfang der Leistung (aus der Perspektive der Anleger der Gegenleistung für ihre „Kapitaleinlage“) endgültig bestimmt. Die u.a. davon abhängende Eigenkapitalqualität, die zum Ausgleich der höheren Risiken aus der Sicht des Kapitalmarkts eine entsprechende Kompensation im Rahmen der Vergütungsregelung (Erfolgsbeteiligung) erfordert, macht die Verlustteilhabe insoweit zu einer wettbewerbsrelevanten „Produkteigenschaft“ von Genussscheinen, die deren Identität im Markt mitbestimmt. Die nähere Ausgestaltung der Verlustteilhabe, insbesondere ihr Ver190 So ist beispielsweise umstritten, ob eine Koppelung der Verlustteilnahme des Genusskapitals an eine Kapitalherabsetzung des Emittenten als ausreichende Beteiligung am Verlust „bis zur vollen Höhe“ i.S.d. § 10 Abs. 5 KWG anzusehen ist, verneinend z.B. Schick BB 1985, 2137 (2138); Lutter in Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 1995, § 221 AktG Rz. 299 a.E.; a.A. Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung durch Genussscheine, 2. Aufl. 1992, S. 74 ff.; Möschel ZHR 149 (1985), 206 (226). 191 Im Ergebnis weitgehend übereinstimmend BGH v. 5.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305 (314 f.) (Klöckner), wo der BGH die Koppelung der Herabsetzung des Genusskapitals an die Herabsetzung des Grundkapitals als bloße Folge der Leistungsbeschreibung bezeichnet, nach der das Genusskapital u.a. im Hinblick auf die „Verlustbeteiligung bei Kapitalherabsetzung“ als Eigenkapital zur Verfügung gestellt werde. Nur die „Art und Weise, in der das Genusskapital herabgesetzt wird“, sieht der BGH als kontrollfähig an. Später hat er klargestellt, dass auch die Anknüpfung am Bilanzverlust und nicht etwa am Jahresfehlbetrag, die Definition des Bilanzverlustes sowie die Festsetzung, nach welchem Maßstab sich die Minderung des Rückzahlungsanspruchs vollzieht, zu den kontrollfreien Elementen des Inhalts der Hauptleistungspflicht gehören, BGH v. 29.4.2014 – II ZR 395/12, ZIP 2014, 1166 (1169); vgl. auch LG München I v. 16.6.2011 – 5 HKO 20632/10, WM 2011, 1601 (1603) (kontrollfähig ist „wie der Umfang der Herabsetzung ermittelt wird“); ohne diese Differenzierung dagegen OLG Frankfurt v. 16.11.2011 – 19 U 12/11, BeckRS 2012, 12853. Im Ergebnis der hier vertretenen Ansicht zustimmend wohl auch Sethe WM 2012, 577 (583). 192 Vgl. Kallrath S. 73 f.; Rid-Niebler Genussrechte als Instrument zur Eigenkapitalbeschaffung über den organisierten Kapitalmarkt für die GmbH, 1989, S. 118 f.

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hältnis zu den Anknüpfungspunkten für die Gewinnteilhabe, die nicht zu einer unangemessenen asymmetrischen Beteiligung der Genussscheininhaber führen darf, unterliegt dagegen der Inhaltskontrolle. 68

Die gleichen Grundsätze gelten für sog. strukturierte Wertpapiere, die Merkmale verschiedener Grundformen von Finanzinstrumenten (Aktien, Schuldverschreibungen, Optionen etc.) miteinander kombinieren und zu einem einheitlichen neuen Produkt verbinden. Hier sind die einzelnen, den Produkttyp prägenden Ausstattungsmerkmale kontrollfrei. Dazu gehört z.B. bei Aktienanleihen die besondere Rückzahlungsmodalität, nach der dem Emittenten das Recht zusteht, die Anleihesumme bei Fälligkeit statt in Form eines Geldbetrags durch Lieferung einer bestimmten Anzahl und Art von Aktien zurückzuzahlen (meist für den Fall, dass ein im Voraus festgesetzter Kurs der Aktie unterschritten wird). Darin liegt keine Einschränkung, Veränderung, Aushöhlung oder Modifikation eines anderweitigen Hauptleistungsversprechens, sondern ein charakteristisches Produktmerkmal, das konstitutiv für die Eigenart dieses Finanztitels ist und sein Chance/Risiko-Profil als Kapitalanlage bestimmt193.

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Die Vereinbarung eines Rangrücktritts194 stellt im Zusammenhang mit Genussrechten, Anleihen bzw. Darlehen („Nachrangdarlehen“)195 oder anderen Finanzinstrumenten ebenfalls grundsätzlich ein identitätsstiftendes Produktmerkmal dar. Die Nachrangigkeit der (verbrieften) Forderung ist (aus Sicht des Emittenten) insbesondere für die Qualifizierung als (bankaufsichtsrechtliches) Eigenkapital(surrogat) von Bedeutung (vgl. § 10 Abs. 5, Abs. 5a KWG)196. Aus Sicht des Kapitalanlegers korrespondiert mit dem daraus resultierenden höheren Risiko prinzipiell auch eine höhere Verzinsung im Vergleich zu „normalen“ Anleihen. Bei Kapitalmarktpapieren geht das Gestaltungselement des Nachrangs zudem in die Kursbildung am Sekundärmarkt ein, so dass es in aller Regel auch der Aufmerksamkeit der Anleger bei der Entscheidung zwischen verschiedenen Anlagemöglichkeiten nicht entgeht, sondern die Anlageentscheidung mit beeinflusst. Jedenfalls bei Finanztiteln, die für den Gläubiger der Kapitalanlage dienen und für den Emittenten der Aufnahme von dem Eigenkapital ähnlichen oder angenäherten Mitteln („Hybridkapital“), ist eine formularmäßige Nachrangabrede somit nach § 307 Abs. 3 Satz 1 grundsätzlich kontrollfrei197. Etwas anderes gilt

193 Nur insoweit zutr. (bzgl. der Rückzahlungsmodalitäten bei Aktienanleihen) Assmann WM 2005, 1053 (1058 ff.), der aber zu Unrecht darüber hinaus sämtliche Anleihebedingungen unter Hinweis auf § 793 Abs. 1 Satz 1 („Leistung nach Maßgabe des Versprechens“) als kontrollfreie Leistungsbeschreibung ansieht; dagegen ist Wolf in FS Zöllner, 1999, S. 651 (654 f.) zu restriktiv, wenn er allein die essentialia negotii zum kontrollfesten Kernbestand der Anleihebedingungen zählt. 194 Die Vereinbarung eines Rangrücktritts führt dazu, dass die Forderung gemäß § 39 Abs. 2 InsO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst nach allen übrigen, nicht nachrangigen Gläubigern (aber vor dem etwaigen Anspruch der Eigenkapitalgeber auf einen Liquidationserlös) befriedigt werden. Davon zu unterscheiden ist eine sog. vorinsolvenzrechtliche Durchsetzungssperre, vgl. Bitter ZIP 2015, 345 f. m.w.N. 195 Näher hierzu Poelzig WM 2014, 917 ff. m.w.N. 196 Vgl. zur Bedeutung der Nachrangigkeit des Rückzahlungsanspruchs des Kapital- bzw. Darlehensgebers für die Anerkennung als aufsichtsrechtliches Eigenkapital z.B. Boos in Boos/Fischer/Schulte/Mattler, KWG, 4. Aufl. 2012, § 10 Rz. 109 ff., 153 ff. 197 Im Ergebnis ebenso Habersack NZG 2014, 1041 f.; Habersack in MünchKomm AktG, 4. Aufl. 2015, § 221 Rz. 259; Bork ZIP 2014, 997; Poelzig WM 2014, 917 (923 f.) für explizit als „Nachrangdarlehen“ bezeichnete Finanztitel; a.A. Bitter ZIP 2015, 345 (351); Bitter/Rauhut ZIP 2014, 1005 (1015) (kontrollfähige, mit „Preisnebenabrede“ vergleich-

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jedoch im Zusammenhang mit Finanzierungen, bei denen die Frage der Eigenkapitalqualität der aufgenommenen Mittel auf Seiten des Empfängers keine Rolle spielt, sondern mit dem Rangrücktritt andere Ziele verfolgt werden. So hat der BGH im Ergebnis zu Recht, ohne allerdings explizit auf § 307 Abs. 3 einzugehen, die Kontrollfähigkeit einer Nachrangklausel in Darlehensverträgen zwischen Eltern und einem Schulträger bejaht, da hiermit von den allgemeinen insolvenzrechtlichen Vorschriften abgewichen werde198. Gleiches gilt nach instanzgerichtlicher Rechtsprechung für den Forderungskauf von Lebensversicherungspolicen199, bei der die formularmäßige Vereinbarung eines (qualifizierten)200 Rangrücktritts sich ebenfalls in einer Abweichung von der grundsätzlichen Einstandspflicht für die finanzielle Leistungsfähigkeit erschöpft, ohne zu einem identitätsstiftenden Produktmerkmal der vertriebenen Anlage zu werden. Denn der eigentliche Grund für die Nachrangklausel ist in diesen Fällen der Versuch, durch die Vermeidung eines unbedingten Rückzahlungsanspruchs die Qualifikation des Geschäftsmodells als Einlagengeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG und damit als Betreiben eines erlaubnispflichtigen Bankgeschäfts (§ 32 KWG) auszuschließen. Im Rahmen der damit eröffneten Inhaltskontrolle wird in der Vereinbarung eines sog. „qualifizierten Rangrücktritts“ mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners liegen201, sofern nicht besondere Umstände vorliegen wie im „Schulträger-Fall“202. dd) Weitere Beispiele Für Kontrollfreiheit: Bei der Ausgestaltung von Garantiebedingungen, die über das dispositive Recht hinausgehen, ist der Verwender grundsätzlich frei, negati-

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bare Regelung). Jedes Finanzierungsinstrument, das sich nicht ohne weiteres in eine der beiden Grundkategorien „Eigenkapital“ oder „Fremdkapital“ einordnen lässt, in vollem Umfang der Inhaltskontrolle zu unterwerfen, so im Grundsatz Bitter ZIP 2015, 345 (351 f.), stellt keine überzeugende Lösung dar, sondern überdehnt den Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle und schränkt die Vertragsfreiheit unnötig und zu weitgehend ein. BGH v. 20.2.2014 – IX ZR 137/13, ZIP 2014, 1087 (1090) = NJW 2014, 8. Im Ergebnis hat der BGH in den zinslosen nachrangigen Darlehen der Eltern, die damit vorrangig für ihre Kinder den Schulbetrieb nach einem besonderen pädagogischen Konzept sicherstellen wollten, keine unangemessene Benachteiligung gesehen. Vgl. hierzu LG Hamburg v. 16.1.2013 – 332 O 72/12, ZIP 2015, 368; VG Frankfurt/M. v. 26.11.2013 – 9 L 2958/13.F, ZIP 2015, 367; VG Frankfurt/M. v. 13.6.2014 – 7 L 1262/14.F, ZIP 2014, 2278. Von einem „qualifizierten“ Rangrücktritt wird häufig gesprochen, wenn ein „technischer“, für das Insolvenzverfahren vereinbarter Rangrücktritt nach § 39 Abs. 2 InsO mit einer vorinsolvenzrechtlichen Durchsetzungssperre verbunden wird. Dies wird von der h.M. jedenfalls verlangt, um das Vorliegen eines nach § 32 KWG erlaubnispflichtigen Einlagegeschäfts (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG) auszuschließen; ob für die Nichtberücksichtigung einer Forderung im Überschuldungsstates nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO ein „einfacher“ Rangrücktritt ausreicht, ist heftig umstritten; näher zum Ganzen Bitter ZIP 2015, 345 (346 ff.) m.w.N. Vgl. LG Hamburg v. 16.1.2013 – 332 O 72/12, ZIP 2015, 368 („Policenaufwertung“); hierzu Bitter ZIP 2015, 345 (353 ff.). In einem ähnlichen Fall hat das VG Frankfurt/M. v. 26.11.2013 – 9 L 2958/13.F, ZIP 2015, 367 f. eine solche Klausel jedenfalls als intransparent eingestuft, da dem Anlegerpublikum die mit dem Rangrücktritt verbundenen Risiken nicht klar, verständlich und eindeutig vor Augen geführt worden seien. BGH v. 20.2.2014 – IX ZR 137/13, ZIP 2014, 1087 = NJW 2014, 8; dazu Dörner, EWiR 2014, 423.

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ve Anspruchsvoraussetzungen aufzustellen, die keiner Inhaltskontrolle unterliegen203. Da insoweit eine zusätzliche Leistung geboten wird, kann z.B. der Autohersteller die Gewährung einer dreijährigen Garantie davon abhängig machen, dass der Kunde die im Kundendienstscheckheft vorgeschriebenen Inspektionen und Wartungsmaßnahmen durch einen autorisierten Vertragshändler durchführen lässt204. Die entsprechende Einschränkung einer gegen Entgelt gewährten Anschlussgarantie ist dagegen kontrollfähig und im Ergebnis wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, wenn die Leistungen aus der Garantie unabhängig davon ausgeschlossen werden, ob ein Wartungsmangel ursächlich für den Schaden war.205 Gleiches gilt auch wenn der Eindruck erweckt wird, dass unabhängig von der Garantie bestehende Rechte des Vertragspartners eingeschränkt würden206, oder wenn der Garantieumfang im Widerspruch zu berechtigten Erwartungen der (potentiellen) Kunden beschränkt wird207. 69a

Als Hauptleistungsabrede nicht der Inhaltskontrolle unterworfen ist auch die Rückkaufverpflichtung eines Autohändlers gegenüber der Leasinggesellschaft in einer formularmäßigen Rahmenvereinbarung („Abwicklungsrichtlinien für das Leasinggeschäft“)208: Die generell übernommene Verpflichtung, Leasingfahrzeuge nach Ablauf des Leasingvertrags zu einem vorab fixierten Restwert zurückzukaufen, ist nach der Rechtsprechung des BGH – ebenso wie die dann jeweils für das konkrete Leasingfahrzeug abgegebene formularmäßige „Ankaufsgarantie zum Gebrauchtwagenwert“209 – weder eine Nebenabrede zum Kaufvertrag über das Leasingfahrzeug noch zur Vermittlungstätigkeit des Händlers bezüglich des Zustandekommen des Leasingsvertrags mit dem Kunden210. Vielmehr handelt es sich um eine eigenständige Pflicht aus dem Rahmenvereinbarung, die insoweit erst nach Ablauf des Leasingvertrags ihre Wirkung entfaltet und ein gesetzlich nicht geregeltes Wiederverkaufsrecht der Leasinggesellschaft begründet211. Die gleichen Grundsätze gelten für die beim Abschluss konkreter Leasinggeschäfte jeweils abgegebene formularmäßige „Ankaufsgarantie zum Gebrauchtwagenwert“, die ebenfalls nach § 307 Abs. 3 als einzelvertragliche Hauptleistungspflicht der Inhaltskontrolle entzogen ist212.

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Auch bei Kundenbindungsprogrammen, wie sie insbesondere in Form von Vielfliegerprogrammen der Luftverkehrsunternehmen (z.B. „Miles and More“ der Lufthansa AG) verbreitet sind, besteht nach der Rechtsprechung des BGH eine weitgehende Freiheit des Veranstalters zur Ausgestaltung des Leistungsversprechens. Eine Klausel, nach der die bei Einlösung der Meilengutschriften aus203 Wie hier im Ergebnis von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 7; a.A. MünchKomm/Wurmnest Rz. 15. 204 OLG Nürnberg v. 27.2.1997 – 8 U 3754/96, NJW 1997, 2186; zust. Stoffels Rz. 440. 205 BGH v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, NJW 2008, 214 (214 f.); BGH v. 6.7.2011 – VIII ZR 293/10, NJW 2011, 3510 (3511 f.); BGH v. 25.9.2013 – VIII ZR 206/12, NJW 2014, 209 (210). 206 BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82 (91) = NJW 1988, 1726; a.A. (als Ausgestaltung eines ungeregelten Vertragstyps kontrollfähig auch ohne Eignung zur Irreführung) Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 12. 207 BGH v. 24.4.1991 – VIII ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1013; BGH v. 15.5.2007 – 28 C 633/06, NJW-RR 2008, 214; Palandt/Grüneberg Rz. 44. 208 BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2275 Rz. 45. 209 BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2275 Rz. 56 ff. 210 BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2275 Rz. 48 ff. 211 BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2275 Rz. 49 f. 212 BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 = NJW 2014, 2275 Rz. 56, 59 f.

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gestellten Prämiendokumente nicht frei übertragbar sind, sondern ausschließlich vom Teilnehmer selbst genutzt oder an Personen verschenkt werden können, mit denen er persönlich verbunden ist, z.B. Verwandte, Freunde und Bekannte, wird vom BGH ebenso wie das ergänzende ausdrückliche Weitergabeverbot an Dritte als eine zulässige Bestimmung der vom Anbieter versprochenen Leistung qualifiziert, die nicht der Inhaltskontrolle unterliege213. Wenig tragfähig ist allerdings die Begründung des BGH, wenn er darauf verweist, dass „(m)angels eines gesetzlich geregelten Leitbilds für Kundenbindungsprogramme und entsprechender Vorgaben hierfür“ die Fluggesellschaft „autonom bestimmen“ könne, „welche Anreize sie zur Bindung ihrer Kunden an ihr Unternehmen setzen will“214. Denn dieser Ansatz verkennt, dass gesetzlich nicht geregelte Vertragstypen nicht wegen fehlenden dispositiven Gesetzesrechts von der Inhaltskontrolle freigestellt sind; vielmehr ist der Kontrollmaßstab, das „Leitbild“ einer angemessenen Regelung, in derartigen Fällen aus den geschäftstypischen Gerechtigkeitserwartungen des Rechtsverkehrs unter Berücksichtigung von Zweck und Natur des Vertrags (ggf. im Wege einer objektivierten ergänzenden Vertragsauslegung) zu gewinnen (vgl. schon oben Rz. 20 sowie ausführlich unten Rz. 255 ff.)215. Daher kommt es darauf an, ob die Klausel in der Sache tatsächlich als eine autonome Definition der angebotenen Leistung oder als eine Einschränkung dessen, was der Kunde berechtigterweise erwarten darf, anzusehen ist216. Im Ergebnis – Zulässigkeit der Ausgestaltung der zugesagten Hauptleistung in Form von Prämientickets nur für den Kunden selbst oder ihm persönlich nahestehende Personen und nicht als frei übertragbare Ansprüche – ist dem BGH aber für Flugprämien zuzustimmen217. Denn schon nach dem Vertragszweck – Belohnung der Kundentreue – und dem erkennbaren weiteren Interesse der Fluggesellschaft, keinen Zweitmarkt für ihre Flugtickets zu eröffnen, darf der Teilnehmer nicht erwarten, für die gesammelten Meilen frei weiterveräußerliche Flugprämien zu erhalten. Die Festlegung eines Weitergabeverbots an Dritte stellt sich (auch) nach dem hier vertretenen wettbewerbsorientierten Ansatz (vgl. Rz. 43 ff.) nicht als eine (kontrollfähige) Einschränkung oder Modifikation des Hauptleistungsversprechens dar, sondern gehört zu den charakteristischen Merkmalen von Prämien in Kundenbindungsprogrammen218. Demgegenüber ist die Begrenzung der Gültigkeit von (bislang innerhalb von fünf Jahren nach Flugdatum) einlösbaren

213 BGH v. 28.10.2014 – X ZR 79/13, WM 2015, 639 (642) = VuR 2015, 229 m. Anm. Böse. 214 BGH v. 28.10.2014 – X ZR 79/13, WM 2015, 639 (642 Rz. 28). 215 Krit. dazu, dass der BGH „nicht einmal die Möglichkeit in Betracht gezogen (hat), einen eigenen Maßstab für den Erwerb von Prämien aus Kundenbindungsprogrammen zu entwickeln“, zu Recht auch Böse VuR 2015, 232. 216 Nicht entscheidend ist dagegen, ob die Bedingungen so formuliert sind, dass dem Teilnehmer von vornherein keine frei handelbaren Ansprüche zugesagt werden, oder ob die Übertragbarkeit mittels einer weiteren Klausel ausgeschlossen bzw. weitgehend eingeschränkt wird. 217 Bzgl. anderer Prämien werden Meilen und Bonuspunkte dagegen üblicherweise geldähnlich zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen, die von dritten Anbietern stammen, eingesetzt. Deshalb zweifelnd, ob beim Erwerb von Prämienflügen ein anderer Maßstab als der des Werkvertrags (in Form des Luftbeförderungsvertrags) angelegt werden sollte, Böse VuR 2015, 232, der zwar die Kontrollfähigkeit der Klausel bejaht, aber im Ergebnis das Weitergabeverbot wegen der spezifischen Bindungswirkung bei Flugprämien für angemessen und daher wirksam hält. 218 Vgl. auch BGH v. 28.10.2014 – X ZR 79/13, WM 2015, 639 (642 Rz. 30) (Weitergabeverbot an Dritte ist „der Hauptleistung immanent“).

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Bonuspunkten im Falle einer Kündigung des Teilnahmevertrags oder Beendigung des Prämienprogramms auf einen Zeitraum von sechs Monaten nach Zugang der Kündigung eine Einschränkung des Leistungsversprechens, die der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 unterliegt219. 70

Für Kontrollfähigkeit: Lässt der Verwender beim Abschluss eines Vertrages die andere Partei zusätzlich ein vorformuliertes abstraktes Schuldanerkenntnis abgeben, um eine bessere Zugriffsmöglichkeit und Beweisposition zu erlangen, unterliegt diese Gestaltung der Inhaltskontrolle220. Gleiches gilt auch bei einer nachträglichen Ausstellung des Schuldanerkenntnisses, da hierdurch die Konditionen des Grundgeschäfts ergänzt und geändert werden221. Eine Charakterisierung als selbständiges Geschäft durch Begründung einer (neuen) abstrakten Verpflichtung222 kommt auch bei wettbewerbsorientierter Sicht nicht in Betracht, da es wegen des konkreten und feststehenden Bezugs zum Grundgeschäft insoweit keinen „Markt“ mit Ausweichmöglichkeiten gibt. In den Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle fallen grundsätzlich alle Regelungen, die Modalitäten der Leistung betreffen (das Ob, Wie, Wann oder die Dauer), also z.B. Liefertermin und -ort, Mengen-, Gewichts- und Qualitätstoleranzen223, Rücktritts- und Leistungsänderungsvorbehalte (§ 308 Nr. 3, Nr. 4), Wahlrechte224 sowie Leistungsbestimmungsrechte (§ 315)225 zu Gunsten des Verwenders. Als kontrollfähige Einschränkung des Leistungsversprechens ist auch anzusehen, wenn ein Reiseveranstalter seine Angebote dem generellen Vorbehalt „unter Berücksichtigung der Landesüblichkeit“ unterstellt226. Gleiches gilt für Verpflichtung des Mieters, Schönheitsreparaturen oder Renovierungen vorzunehmen, da es sich auch hier um eine Neubegründung einer Nebenpflicht handelt227.

219 BGH v. 28.10.2014 – X ZR 79/13, WM 2015, 639 (642 Rz. 30) unter Hinweis auf BGH v. 28.1.2010 – Xa ZR 37/09, NJW 2010, 2046 Rz. 9. 220 BGH v. 18.12.1986 – IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 = NJW 1987, 904. 221 Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 13 gegen BGH v. 15.1.1987 – III ZR 153/85, NJW 1987, 2014. 222 So BGH v. 15.1.1987 – III ZR 153/85, NJW 1987, 2014. 223 BGH v. 11.3.1987 – VIII ZR 203/86, NJW 1987, 1886 (handelsübliche Abweichungen gegenüber dem Ausstellungsstück); Wolf/Pfeiffer Rz. 299. 224 OLG Frankfurt v. 22.4.1983 – 6 U 90/82, ZIP 1983, 702 (Wahlrecht des Verwenders, bei Wartungsarbeiten Neu- oder Austauschteile zu verwenden). 225 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1500); BGH v. 9.5.2012 – XII ZR 79/10, NJW 2012, 2187 (2188); BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 (1168 f.); insoweit a.A. Dylla-Krebs S. 199 ff., 256; krit. auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 16. 226 BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931 (1935); zust. Stoffels Rz. 441; abl. Dylla-Krebs, S. 275. 227 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Leistungsbeschreibungen) Rz. 12; ob die Klausel einer Inhaltskontrolle im Ergebnis standhält, richtet sich nach der konkreten Ausgestaltung. So liegt in der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nach einem starren Fristenplan eine unangemessene Benachteiligung (siehe nur BGH NJW 2004, 2586), während die Verpflichtung zur Vornahme entsprechend dem Grad der konkreten Abnutzung zulässig ist (siehe nur BGH v. 23.6.2004 – VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2087). Seitdem ständige Rspr. Eine Übersicht der relevanten Rspr. findet sich bei Beyer NJW 2008, 2065; siehe ferner Schlösser JurA 2008, 81; zu Details siehe Christensen Teil 2, (32) Mietverträge Rz. 10, 37 f.

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4. Preisvereinbarungen Schrifttum: Berger/Rübsamen Verfassungsrechtliche Grenzen der gerichtlichen Kontrolle von Klauseln über Bearbeitungsentgelte in Verbraucherkreditverträgen, WM 2011, 1877; Billing Die Bedeutung von § 307 III 1 BGB im System der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, 2006; Brandner Auslegungszuständigkeit des EuGH bei der Inhaltskontrolle von Entgeltklauseln der Banken bei Verbraucherverträge, MDR 1999, 6; Cahn Inhaltskontrolle von Überziehungsentgelten in Banken-AGB, WM 2010, 1197; Casper/Möllers Kennt der Darlehensvertrag nur Zinsen? – Überlegungen anlässlich der aktuellen Debatte um die AGBrechtliche Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten, BKR 2014, 59; Derleder/Metz Die Nebenentgelte der Banken – Rechtsgrundlagen und rechtliche Grenzen, ZIP 1996, 573; Godefroid Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherratenkrediten, ZIP 2011, 947; Horn Die richterliche Kontrolle von Entgeltklauseln nach dem AGB-Gesetz am Beispiel der Kreditwirtschaft, WM 1997, Beil. 1; Jungmann Bankgebühren für die Nichteinlösung von Lastschriften, NJW 2005, 1621; Kropf/Habl Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit von Bankentgelten, BKR 2013, 103; Kropf/Habl Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit von Bankentgelten, BKR 2014, 145; Krüger Zulässigkeit von „Bankgebühren“ bei irregulären Geschäftsvorfällen, WM 2000, 2021; Krüger Richterliche Überprüfbarkeit von Preisklauseln in der Kreditwirtschaft, WM 1999, 1402; Krüger/Bütter Recht der Bankentgelte: Nebenentgelte im Kreditgeschäft, WM 2005, 673; Linker Die Rechtmäßigkeit der Entgelte der Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2004; Niebling Überziehungszinsen und AGB-Recht, BKR 2013, 463; Nobbe Zulässigkeit von Bankentgelten, WM 2008, 185; Steppeler Der Rechtsrahmen für Bankentgelte – Die Rechtsprechungsgrundsätze sowie die kreditwirtschaftlichen Leistungsinhalte, WM 2001, 1176; Steuer Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Preisen und Entgelten – eine kritische Bestandsaufnahme, in FS für Walther Hadding, 2004, S. 1169; Weber Inhaltskontrolle von Bearbeitungsentgelten im Kreditgeschäft – von der Dogmatik zur Interessenlage und zurück, BKR 2013, 450; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2011, NJW 2012, 2243.

a) Unmittelbare Preisabreden Die Festlegung der Preise gehört in marktwirtschaftlichen Systemen zum Kern- 71 bereich der Ausübung privatautonomer Handlungsfreiheiten und unterliegt daher primär einer Kontrolle durch den Wettbewerb. Auch wenn Preisbestimmungen nicht individuell ausgehandelt werden, sondern in AGB enthalten sind, kann und soll der Markt über ihre Angemessenheit entscheiden; eine Preiskontrolle durch die Gerichte muss dagegen nach der Konzeption des AGB-Rechts grundsätzlich ausscheiden228. Als kontrollfreie Preisvereinbarungen sind (jedenfalls) die Bestimmungen anzusehen, die unmittelbar Art und Umfang der Vergütung festlegen229. Die autonome Festlegung bestimmter Bewertungsfaktoren ist ebenso wenig kontrollunterworfen wie die Vereinbarung eines bestimmten Preisfindungsverfahrens230. Dementsprechend hat der BGH Nachbewertungsklauseln in Privatisierungsverträgen der ehemaligen Treuhandanstalt, die seinerzeit wegen Fehlens eines funktionsfähigen Marktes vereinbart worden wa228 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 7/3919 S. 22. 229 BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (46); BGH v. 19.11.1991 – X ZR 63/90, BGHZ 116, 117 (119); BGH v. 20.10.1992 – X ZR 95/90, NJW 1993, 1128 (1129); BGH v. 24.9.1998 – III ZR 219/97, NJW 1999, 864; BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, NJW 2002, 2386; OLG Stuttgart v. 3.12.2009 – 2 U 30/09, NJOZ 2010, 558; BGH v. 18.3.2010 – III ZR 254/09, NJW 2010, 3222 (3224); BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, NJW 2010, 2789 (2790); BGH v. 7.6.2011 – XI ZR 388/10, NJW 2011, 2640; BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995; MünchKomm/Wurmnest Rz. 16. 230 Vgl. BGH v. 16.11.1999 – KZR 12/97, NJW 2000, 577 (579); BGH v. 13.7.2005 – IV ZR 83/04, NJW-RR 2005, 1479; BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, NJW 2010, 2789 (2790); BGH v. 28.5.2014 – VIII ZR 179/13, NJW 2014, 2940 (2942); BGH v. 8.10.2014 – XII ZR 164/12, NJW-RR 2015, 114 (115 f.); Stoffels Rz. 443.

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ren, als integralen Bestandteil der zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung zählenden und damit kontrollfreien Preisvereinbarung gewertet231. Bei langfristigen Energielieferverträgen sind Preisfindungsformeln, aus deren Parametern sich mittels Einsetzung aktueller Marktdaten der zu zahlende Preis ergibt, hinsichtlich der Ermittlung des Ausgangspreises ebenfalls als kontrollfreie Preishauptabrede zu qualifizieren, während nachträgliche Preisanpassungen in vollem Umfang kontrollfähig sind232. Die Bestimmung eines pauschalierten Entgelts für die Lieferung von Bauwasser in AGB über die Vergabe von Bauaufträgen233 ist als Preisabrede ebenso der Inhaltskontrolle entzogen wie eine Klausel, die einen prozentual bestimmten Abzug von der Schlusssumme als Entgelt für eine vom Auftraggeber abzuschließende Bauwesenversicherung vorsieht234. Gleiches gilt für die im Rahmen von Gestattungsverträgen formularmäßig festgelegten Entgelte oder Entschädigungen für die Nutzung eines Grundstücks zum Betrieb von Telekommunikationslinien235. Auch die in den AGB der Bausparkassen vorgesehene Abschlussgebühr (i.H.v. 1% der Bausparsumme) ist richtigerweise als Preisabrede der Inhaltskontrolle entzogen236, nicht dagegen die Bearbeitungsgebühr in Verbraucherdarlehensverträgen237. Ob in einem Pflegekostentarif die Einbeziehung des Aufnahme- und Entlassungstages in die Entgeltpflicht für Wahlleistungen eine kontrollfreie unmittelbare Preisregelung darstellt238, erscheint zweifelhaft. 72

Ausnahmsweise unterliegen auch unmittelbare Preisabreden der Inhaltskontrolle, wenn sie von einer einschlägigen gesetzlichen Preisregelung (z.B. GOÄ, GOZ, RVG, HOAI) abweichen oder diese ergänzen239. In diesen Fällen hat der Gesetzgeber aus bestimmten Gründen einer direkten Preisregulierung den Vorzug gegenüber den Mechanismen von Markt und Wettbewerb gegeben. Die gesetzlichen Gebührenordnungen oder Preisrichtlinien selbst sind von einer Angemessenheitskontrolle ausgeschlossen, bilden aber als Rechtsvorschriften den Kontrollmaßstab und ermöglichen insoweit eine Überprüfung formularmäßiger 231 BGH v. 26.1.2001 – V ZR 452/99, NJW 2001, 2399; BGH v. 22.2.2002 – V ZR 251/00, WM 2002, 1970. Die Freistellung des Vertragspartners von Restitutionsansprüchen Dritter durch die Treuhandanstalt wurde dagegen als kontrollfähig eingestuft, BGH v. 22.2.2002 – V ZR 251/00, NJW-RR 2004, 263. 232 BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2708; s. dazu die Anm. von Kühne NJW 2014, 2714 f. und Büdenbender EWiR 2015, 45 f.; Bestätigung und Fortführung durch BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807; BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, BB 2014, 3023. 233 BGH v. 10.6.1999 – VII ZR 365/98, NJW 1999, 3260 f. 234 BGH v. 6.7.2000 – VII ZR 73/00, NJW 2000, 3348. 235 BGH v. 7.11.2014 – V ZR 305/13, WM 2015, 637. 236 OLG Stuttgart v. 3.12.2009 – 2 U 30/09, ZIP 2010, 74 f. = NJOZ 2010, 558; LG Hamburg v. 22.5.2009 – 324 O 777/08, WM 2009, 1315; näher hierzu Teil 2, (10) Bausparbedingungen Rz. 8; Stoffels BKR 2010, 359 (361 ff.). AA aber BGH v. 7.12.2010 – XI ZR 3/10, NJW 2011, 1801 (1802), dazu Fuchs/Neideck LMK 2011, 317569. 237 Hier zutreffend BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, NJW 2014, 2420 (2422 f.); näher hierzu Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 3. 238 So BGH v. 24.9.1998 – III ZR 219/97, NJW 1999, 864. 239 Vgl. BGH v. 9.7.1981 – VII ZR 139/80, NJW 1981, 2351 (Architektenhonorar); BGH v. 30.10.1991 – VIII ZR 51/91, NJW 1992, 746 (ärztliche Honorarvereinbarung); BGH v. 19.2.1998 – III ZR 106/97, NJW 1998, 1786 (1789) (zahnärztliche Honorarvereinbarung); BGH v. 17.9.1998 – IX ZR 237/97, NJW 1998, 3567 (Anwaltshonorar in Abweichung von der früheren BRAGO), BGH v. 22.12.2005 – VII ZR 84/05, NJW-RR 2006, 597 (Abweichung von § 10 Abs. 2 HOAI); BGH v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13, NJW 2014, 922; zuletzt bestätigt durch BGH v. 7.11.2014 – V ZR 305/13, WM 2015, 637 (638).

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Entgeltabreden240. Die Kontrolle richtet sich insbesondere darauf, ob die Preisklausel die Grenzen einhält, die durch die Grundgedanken der Preisvorschriften und die in ihnen verkörperten Leitlinien gezogen werden (§ 307 Abs. 2 Nr. 1) oder dem vom Gesetzgeber verfolgten Schutzzweck zuwiderläuft. Sie ist auch geboten, wenn die Preisvorschriften selbst keine starre Regelung treffen, sondern dem Verwender einen Spielraum für die Höhe des Entgelts belassen241. AGB-Preisklauseln, die einen Gebührenrahmen ausfüllen, weichen zwar nicht von Rechtsvorschriften ab, ergänzen diese aber. Nicht in diese Kategorie fallen die Vorschriften des TKG, die unter bestimmten Voraussetzungen die Nutzung privater Grundstücke zu Telekommunikationszwecken auch ohne das Einverständnis des Grundstückseigentümers ermöglichen und diesem als Kompensation dem Grunde nach einen Geldanspruch gewähren242. Denn die rechtsgeschäftliche Gestaltungsmacht der Parteien, beim Abschluss privatrechtlicher Gestattungsverträge frei aushandelbare Regelungen über Inhalt und Umfang der Grundstücksnutzung und den hierfür zu entrichtenden Preis zu treffen, wird hierdurch nicht eingeschränkt. Zudem enthält das TKG insoweit keinen (etwa der Regelung des § 315 entsprechenden) Maßstab für die Kontrolle der Angemessenheit des in einem privatrechtlichen Gestattungsvertrag vereinbarten Entgelts243. Keine Preisregulierung mit normativer Richtlinienfunktion enthalten auch die §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2, 653 Abs. 2, nach denen bei Dienst-, Werk- und Maklerverträgen mangels anderer Bestimmung die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist. Denn Preisregelungen in wirksam einbezogenen AGB stellen gerade eine vertragliche Bestimmung der Vergütung dar, so dass die entscheidende tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendung dieser vertragsergänzenden Vorschriften fehlt244. Eine dennoch am Maßstab der Üblichkeit vorgenommene Kontrolle der vertraglich bestimmten Vergütung ist mit § 307 Abs. 3 nicht vereinbar. Gleiches gilt für § 354 Abs. 1 HGB, der für Geschäftsbesorgungen oder Dienstleistungen in Ausübung eines Handelsgewerbes auch ohne Verabredung einen Provisionsanspruch nach den ortsüblichen Sätzen gewährt. Denn auch diese Vorschrift bezweckt keine Regelung der Preishöhe, sondern soll lediglich die Unwirksamkeit des Vertrages bei Fehlen einer Entgeltabrede verhindern245. Sieht dagegen im Anwendungsbereich der genannten Normen eine AGB-Klausel vor, dass bestimmte Leistungen des Kunden unentgeltlich erbracht werden sollen, liegt darin eine Abweichung vom dispositiven Grundsatz der entgeltlichen

240 Im Ergebnis allgemeine Ansicht, siehe nur Staudinger/Coester Rz. 325; Wolf/Pfeiffer Rz. 312. 241 Ebenso Stoffels Rz. 444; BGH v. 7.11.2014 – V ZR 305/13, WM 2015, 637 m.w.N.; vgl. auch BGH v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13, NJW 2014, 922. 242 BGH v. 7.11.2014 – V ZR 305/13, WM 2015, 637 (638) (zu § 57 Abs. 2 TKG 1996 und der entsprechenden Regelung in § 76 Abs. 2 TKG 2004). 243 BGH v. 7.11.2014 – V ZR 305/13, WM 2015, 637 (638). 244 BGH v. 19.11.1991 – X ZR 63/90, NJW 1992, 688 (689) unter Aufgabe der gegenteiligen Entscheidung BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 316 (318); ebenso BGH v. 20.10.1992 – X ZR 95/90, NJW 1993, 1128 (1129); Canaris WM 1996, 237 (240); Niebling BB 1984, 1713 (1718); Dylla-Krebs S. 216 f.; Staudinger/Coester Rz. 325 a.E.; Wolf/ Pfeiffer Rz. 312; Linker S. 58; a.A. noch Koch/Stübing § 8 AGBG Rz. 10; von Westphalen NJW 1980, 2227 (2230); Soergel/Stein § 8 AGBG Rz. 9. 245 Staudinger/Coester Rz. 325; Linker S. 139 ff. jeweils m.w.N.

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Leistungserbringung bei diesen Vertragstypen, so dass die Inhaltskontrolle eröffnet ist246. 74

Regelungen, die mittelbar die Höhe des letztlich geschuldeten Preises beeinflussen, stellen grundsätzlich – nach dem häufig, aber nicht durchgängig verwendeten Sprachgebrauch des BGH247 – sog. „Preisnebenabreden“ dar, die in vollem Umfang kontrollfähig sind (näher dazu Rz. 75 ff.). Die Preisklauseln bleiben aber dann kontrollfrei, wenn sie aus der Sicht des Kunden klar und verständlich die in Geld geschuldete Leistung festlegen oder die zukünftige, bei Vertragsschluss noch nicht bezifferbare Geldforderung nach allgemeinen Kriterien deutlich bestimmbar umschreiben248. Dazu gehören etwa Klauseln über einen bestimmten Preisnachlass und betragsmäßig angegebene Preisbestandteile für bestimmte Haupt- und Nebenleistungen249. Die Bildung eines Gesamtpreises muss dabei nicht in der Regelung durch Addition vollzogen werden250. Denn es kann keinen relevanten Unterschied machen, ob ein Gesamtpreis ohne Aufschlüsselung angegeben ist oder ob zur Erläuterung oder Errechnung des Gesamtpreises einzelne Bestandteile betragsmäßig gesondert aufgeführt werden. Zu prüfen ist allerdings stets, ob die fragliche Tätigkeit oder Leistung nach dem Verständnis des Durchschnittskunden bereits im vereinbarten Preis enthalten ist. In diesem Fall stellt die Klausel über die zusätzliche Vergütung aus der Sicht des Rechtsverkehrs eine verdeckte Preiserhöhung dar, die als Preisnebenabrede kontrollfähig ist251 (näher zu Entgeltklauseln für Sonder- oder Zusatzleistungen unten Rz. 79 ff.). b) Preisnebenabreden

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Eine kontrollfähige Preisnebenabrede nimmt die Rechtsprechung bei Änderungen und Erhöhungen des als solchen erkennbar angegebenen Preises und bei sonstigen Abreden vor, die sich mittelbar auf den Preis auswirken, an deren Stelle aber bei Fehlen einer vertraglichen Regelung dispositives Recht treten könnte252. Zur Begründung der Kontrollfähigkeit wird darauf verwiesen, dass bei derartigen Abreden eine Abweichung vom dispositiven Recht vorliege. Wären sie in den AGB nicht enthalten, könnte ihr Regelungsgehalt aus dem dispositi-

246 Im Ergebnis übereinstimmend von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisnebenabreden) Rz. 8. 247 Der BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, selbst nennt diese Bezeichnung „etwas missverständlich“, siehe BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, ZIP 2000, 16 (17); näher zur Kritik Linker S. 59 ff. m.w.N. 248 BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358 (361); Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 19 m.w.N.; vgl. auch BGH v. 7.12.2010 – XI ZR 3/10, NJW 2011, 1801 (1802). 249 Hierzu zählt z.B. die gesonderte Ansetzung bestimmter Beträge für Zubehörteile, Anlieferung, Aufstellung und Installation, Verpackung, Muster und Entwürfe, Versicherungskosten, Teilzahlungsaufschläge usw., vgl. Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 19. 250 Vgl. BGH v. 8.10.1998 – III ZR 278/97, ZIP 1998, 2097 (2098) („Wildschadenpauschale“ als Bestandteil des vom Inhaber einer Jagderlaubnis zu zahlenden Gesamtentgelts). 251 Vgl. z.B. BGH v. 7.5.1991 – XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330; BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254. 252 BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (46); BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 (256); BGH v. 12.5.2004 – VIII ZR 159/03, NJW-RR 2004, 1206; BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, NJW 2010, 2789 (2790); BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2708 (2709); MünchKomm/Wurmnest Rz. 16 m.w.N.; Palandt/ Grüneberg Rz. 47; näher hierzu unten Rz. 77, 79 ff.

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ven Gesetzesrecht oder einer (objektivierten) ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 157, 242 ermittelt werden253. In der Sache geht es um zwei verschiedene Arten von Klauseln, die jeweils nicht unmittelbar die als Vergütung geschuldete Hauptleistung festsetzen: Sog. „echte“ Preisnebenabreden enthalten keine eigenständige Regelung zu Ob und Umfang des Entgelts, sondern nehmen auf eine bestehende kontrollfreie Vergütungsregelung Bezug und modifizieren oder ergänzen diese eigentliche Preisvereinbarung254. Sie regeln insbesondere die Modalitäten der Zahlung oder andere Bedingungen, die sich mittelbar auf den Endpreis auswirken (können). Dazu gehören namentlich Bestimmungen über die Fälligkeit255, Verzinsung256 oder Wertstellung257, die Art und Weise der Zahlung258 sowie sonstige Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs259. Auch die Einräumung eines einseitigen Rechts zur Festsetzung oder nachträglichen Anpassung des Preises (Preisvorbehalts- und Preisanpassungsklauseln)260 unterliegen der Inhaltskontrolle. Etwas anderes kann al253 Vgl. BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, NJW 1985, 3013 (3014); BGH v. 8.10.1998 – III ZR 278/97, NJW-RR 1999, 125 (126); BGH v. 16.11.1999 – KZR 12/97, NJW 2000, 577 (579); zust. Horn WM 1997, Sonderbeil. Nr. 1, S. 12; Wolf/Pfeiffer Rz. 315; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preis-Preisnebenabreden) Rz. 16. 254 Linker Die Rechtmäßigkeit der Entgelte der Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2004, S. 54 f.; Wolf/Pfeiffer Rz. 314; Krüger WM 1999, 1402 (1410); Horn WM 1997, Sonderbeil. Nr. 1, S. 12, der insoweit von „sekundären Entgeltbestimmungen“ spricht. 255 Z.B. BGH v. 30.10.1985 – VIII ZR 251/84, BGHZ 96, 182 = NJW 1986, 424 (Vorfälligkeit bei unverschuldetem Zahlungsrückstand); BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 289/90, NJW 1992, 1107 (Fälligkeit der Werklohnraten beim Fertighausvertrag); OLG Düsseldorf v. 21.12.1994 – 15 U 181/93, NJW-RR 1995, 1015 (Vorleistungspflicht des zahlungspflichtigen Auftraggebers); BGH v. 8.11.2012 – VII ZR 191/12, NJW 2013, 219 (Fälligkeit von Abschlagszahlungen im Werkvertrag). 256 Verzugs-, Fälligkeits- oder Vorfälligkeitszinsen, BGH v. 31.1.1985 – III ZR 105/83, NJW 1986, 376 (377) und 1805 (1806); BGH v. 16.10.1986 – III ZR 92/85, NJW 1987, 184 (185); Stundungszinsen, BGH v. 19.9.1985 – III ZR 213/83, NJW 1986, 46 (48); Überziehungszinsen, BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, NJW 1992, 1751; BGH v. 29.3.1994 – XI ZR 69/93, BGHZ 125, 343 = NJW 1994, 1532; die Höhe der Darlehenszinsen ist dagegen kontrollfrei, da es insoweit um die Festsetzung des Preises für die Hauptleistung (Kapitalüberlassung) geht; vgl. BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (46) = NJW 1989, 222 (223) auch zur Abgrenzung von die Zinsbelastung modifizierenden Klauseln; ebenso BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, BGHZ 118, 126 = NJW 1992, 1751; siehe auch unten Rz. 90. 257 BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 = NJW 1989, 582 (Regelung der Wertstellung, d.h. des Zeitpunkts, zu dem eine Gutschrift oder Belastungsbuchung für die Zinsberechnung wirksam wird). 258 Z.B. die Verpflichtung des Vertragspartners, am Lastschrifteinzugsverfahren teilzunehmen, BGH v. 10.1.1996 – XII ZR 271/94, NJW 1996, 988 (in AGB eines Breitbandkabelverteilers); vgl. auch BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, NJW 1994, 318 f. (Gebührenklausel für Ein- und Auszahlungen am Bankschalter in den AGB für Girokonten); BGH v. 23.1.2003 – III ZR 54/02, NJW 2003, 1237 (1238); zuletzt BGH v. 20.5.2010 – Xa ZR 68/09, NJW 2010, 2719 (2720) (Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit in AGB eines Luftverkehrsunternehmens). 259 BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, NJW 1985, 3013; BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, ZIP 1992, 751. 260 Während ein Preisvorbehalt dem Verwender ermöglicht, den Preis für eine Leistung zunächst offen zu lassen und erst später einseitig festzulegen, gewähren Preisanpassungsklauseln das Recht, den festgelegten Preis später einseitig zu modifizieren, BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603 (1604); zur Terminologie auch Wolf ZIP 1987, 341 f. In beiden Fällen handelt es sich um einseitige Leistungsbestimmungsrechte nach § 315, für die weitgehend anerkannt ist, dass sie kontrollfähig sind, vgl. z.B.

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lerdings dann gelten, wenn die Preisbestimmung durch regulierungsrechtliche Vorgaben überformt und dem Verwender ein gesetzlicher Gestaltungsauftrag bei der Entgeltbemessung eingeräumt worden ist261. 77

Davon zu unterscheiden sind primäre Entgeltregelungen, die für andere Leistungen als die vertragliche Hauptleistung vorgesehen sind. Die Frage nach der Kontrollunterworfenheit derartiger Nebenentgelte, die sich mittelbar auf den Gesamtpreis auswirken, lässt sich allerdings nicht mit der Unterscheidung von Haupt- und Nebenleistung beantworten262, da eine Überprüfung der Preise durch den Richter unabhängig davon ausscheiden muss, soweit es an gesetzlichen Kontrollmaßstäben fehlt263. Daher bleibt es grundsätzlich eine kontrollfreie unternehmerische Entscheidung, ob nur ein Gesamtpreis angegeben oder dieser in einzelne Teilpreise oder Preisbestandteile für einzelne Leistungsele-

BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27; BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, NJW 1985, 853; BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651; BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496; BGH v. 9.5.2012 – XII ZR 79/10, NJW 2012, 2187; BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2078; Horn WM 1997, Sonderbeil. Nr. 1, S. 11; Wolf/Pfeiffer Rz. 324; Linker S. 20 f. jeweils m.w.N.; a.A. Dylla-Krebs S. 199 ff., 209; zur Kontrollfähigkeit des Verweises auf die Preisregelung in einem Preisverzeichnis BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, NJW 1998, 383 (384); Stoffels Rz. 445. Zu den inhaltlichen Maßstäben für die Wirksamkeit der Einräumung des Leistungsbestimmungsrechts Rz. 173 ff.; die Anpassung selbst ist nach § 315 Abs. 3 zu beurteilen. Ausführlich zu Preisanpassungsklauseln und Preisvorbehalten unten Rz. 180 ff. 261 Vgl. BGH v. 8.10.2014 – XII ZR 164/12, NJW-RR 2015, 114 (115 f.) = WM 2015, 643, 644 ff. zur Kontrollfreiheit der Verweise auf die „Entgeltliste in ihrer jeweils gültigen Fassung“ bzw. auf die „jeweils gültige Liste der Entgelte für Trassen“ im Grundsatz-Infrastrukturnutzungsvertrag und in den AGB für die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur der DB Netz AG. Zur Begründung verweist der BGH darauf, dass nach den eisenbahnrechtlichen Vorgaben die Höhe des Entgelts für die Benutzung der Schienenwege individuell nicht verhandelbar sein solle, sondern das Eisenbahninfrastrukturunternehmen das Recht und die Pflicht habe, unter Beachtung der Maßstäbe aus § 14 AEG und §§ 21 ff. EIBV bei gleichzeitiger Belassung eines gewissen unternehmerischen Ermessensspielraums allgemeine Entgelte für die Netznutzung zu bilden, ohne die Zugangsberechtigten daran mitwirken lassen zu müssen. Von dieser Rechtslage weiche eine Vertragsklausel, „durch die sich das EVU der Möglichkeit des freien Aushandelns der Nutzungsentgelte“ begebe, nicht ab, BGH, NJW-RR 2015, 114 Rz. 19. Die üblichen Anforderungen der Rspr. an die tatbestandliche Konkretisierung von Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Preisanpassungsrechts seien hier ebensowenig zu beachten wie das Transparenzerfordernis im Hinblick auf die Erkennbarkeit von Umfang und Grundlage für etwaige Preiserhöhungen bei Aktualisierungen der Preisliste. Denn eine Anwendung dieser Maßstäbe liefe angesichts der öffentlich-rechtlichen Überformung der von der DB Netz AG geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarungen über die Netznutzung letztlich auf eine unzulässige Angemessenheitskontrolle des Gesetzes hinaus (BGH, NJW-RR 2015, 114 Rz. 20 f.). 262 BGH v. 19.11.1991 – X ZR 63/90, BGHZ 116, 117 (120 f.) unter Aufgabe der gegenteiligen Entscheidung BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 316 (317 f.); BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2052) m.w.N. (Kontrollfreiheit der Entgelte für die vertragliche Hauptleistung und gesetzlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistungen); seitdem ständige Rspr. siehe nur BGH v. 22.5.2012 – XI ZR 290/11, NJW 2012, 2571; BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995; BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, NJW 2014, 2420 (2422). Aus dem Schrifttum vgl. nur Reifner JZ 1994, 454 (455); von Westphalen WM 1995, 1209 (1217); Soergel/Stein § 8 AGBG Rz. 10; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preis-Preisnebenabreden) Rz. 6. 263 BGH v. 19.11.1991 – X ZR 63/90, BGHZ 116, 117 (120); BGH v. 10.6.1999 – VII ZR 365/98, NJW 1999, 3260 f.; BGH v. 8.10.1998 – III ZR 278/97, ZIP 1998, 2097 (2099); ebenso die h.L., vgl. nur Wolf/Pfeiffer Rz. 306, 310.

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mente aufgeschlüsselt wird264. Keine Inhaltskontrolle findet etwa statt, wenn bei einem Mietvertrag die zu entrichtetende Miete für die Nebenflächen im Verhältnis zur Hauptmiete gesondert ausgewiesen wird265. Die grundsätzliche Kontrollfreiheit von Preisaufspaltungen findet ihre Grenze aber einerseits im Transparenzgebot266, andererseits im dispositiven Recht. Nach der Rechtsprechung des BGH sind auch solche Klauseln als „Preisnebenabreden“ kontrollfähig, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Recht treten könnte267. Dazu zählen neben Gesetzesvorschriften im materiellen Sinn auch allgemeine Rechtsgrundsätze sowie die Gesamtheit der wesentlichen Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben268. Letzteres ist im Wege einer objektivierten ergänzenden Vertragsauslegung festzustellen. Dagegen bleibt die Entgeltklausel für eine Sonderleistung kontrollfrei, wenn dafür keine rechtlichen Regelungen bestehen269, die Leistung also nicht schon kraft Gesetzes, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen oder der Natur des jeweiligen Vertragstyps ohne weiteres geschuldet wird, sondern nur auf Grund einer besonderen Vereinbarung270 (näher Rz. 79 ff.). Die Unterscheidung zwischen den kontrollunterworfenen „Preisnebenabreden“ und der kontrollfreien unmittelbaren Festsetzung des Preises ist in der Literatur wegen der erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten vielfach auf Kritik gestoßen271. Als besonders problematisch hat sich diese Differenzierung bei den Entgeltvorschriften im Privatkundengeschäft der Banken erwiesen, die in Preisaus264 BGH v. 7.12.2010 – XI ZR 3/10, NJW 2011, 1801; BGH v. 7.6.2011 – XI ZR 388/10, NJW 2011, 2640 (2641); BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, NJW 2014, 2420 (2424). Vgl. Staudinger/Coester Rz. 329; Horn WM 1997, Sonderbeil. Nr. 1, S. 9 f.; Wolf/Pfeiffer Rz. 130. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass in solchen Fällen alle Teilentgelte nebeneinander stehen und eine Unterscheidung nach Haupt- oder Nebenentgelt oft nicht möglich oder willkürlich erscheint, vgl. Horn a.a.O. S. 12; Meder NJW 1996, 1849 (1850). 265 KG v. 3.6.2004 – 8 U 8/04, ZMR 2004, 752. 266 Eine Aufspaltung des Preises kann in einigen Fällen zur Intransparenz führen, in anderen Fällen dagegen die Übersichtlichkeit fördern, BGH v. 8.11.2001 – III ZR 14/01, NJW 2002, 507 (511), oder sogar geboten sein, näher Staudinger/Coester Rz. 317, 329. 267 BGH v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380 (383); BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (29 f.); BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261 (264); BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 (256); BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (46); BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, NJW 2010, 2789 (2790); BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2708 (2709). 268 BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261 (264); BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (29 f.); BGH v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, BGHZ 121, 13 (18); zust. Wolf/Pfeiffer Rz. 314; Joost ZIP 1996, 1685 (1690 f.). 269 BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2052); BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (30); BGH v. 7.5.1996 – XI ZR 217/95, BGHZ 133, 10 (17); BGH v. 7.7.1998 – XI ZR 351/97, WM 1998, 1623 (1624); BGH v. 22.5.2012 – XI ZR 290/11, NJW 2012, 2571; BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995; BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, NJW 2014, 2420 (2422). 270 Linker S. 57; auch Horn WM 1997, Sonderbeil. Nr. 1, S. 10 („Sonderentgelte“); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preis-Preisnebenabreden) Rz. 6 m.w.N. 271 Vgl. z.B. Derleder/Metz ZIP 1996, 573 und 621; Joost ZIP 1996, 1685; Canaris WM 1996, 237; Canaris AcP 200 (2000), 273 (327 ff.); Horn WM 1997, Sonderbeil. Nr. 1; Staudinger/Coester Rz. 313; MünchKomm/Wurmnest Rz. 18; zusammenfassend Nobbe WM 2008, 185 ff.; Linker Die Rechtmäßigkeit der Entgelte der Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2004, S. 59 ff., jeweils m.w.N.

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hängen und ergänzenden Preisverzeichnissen für eine Vielzahl von Leistungen besondere Zinsen und Entgelte vorschreiben272. Vergleichbare Schwierigkeiten ergeben sich bei den AGB der Kreditkartenunternehmen273. In den meisten Fällen geht es dabei um die Möglichkeit der Rechtfertigung eines zusätzlichen Entgelts unter dem Gesichtspunkt einer vergütungsfähigen Neben- oder Sonderleistung. c) Entgelte für Neben- oder Zusatzleistungen 79

Die Erhebung gesonderter Entgelte für (echte) Neben- oder Zusatzleistungen ist (ebenso wie die unmittelbare Preisfestsetzung für die Hauptleistung) im Grund-

272 BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 = NJW 1989, 222 – Zinsberechnungsund Tilgungsverrechnungsklauseln (jedoch nur Transparenzkontrolle!); BGH v. 7.5.1991 – XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330 = NJW 1991, 1953 – Entgelt für Löschungsbewilligungen (unwirksame Preisnebenabrede); BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, BGHZ 118, 126 = NJW 1992, 1751 – höhere Überziehungszinsen bei Kredit ohne ausdrückliche Vereinbarung oder über den vereinbarten Betrag hinaus (kontrollfähig, aber wirksam); BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 = NJW 1994, 318 – Gebühren für Ein- und Auszahlungen am Bankschalter (kontrollfähig und unwirksam); BGH v. 7.5.1996 – XI ZR 217/95, NJW 1996, 2032 = ZIP 1996, 1079 – Postenpreise für Einund Auszahlungen am Kassenschalter (kontrollfähig und in dieser Ausgestaltung wirksam), ferner Vergütung für die Inanspruchnahme von Geldautomaten (nicht kontrollfähig, weil gesetzlich ungeregeltes Entgelt für eine Sonderleistung des Kreditinstituts); BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261 (264) – Entgelt für die Bearbeitung von Anträgen auf Freistellung von der Kapitalertragsteuer (kontrollfähig und unwirksam, weil Erfüllung einer eigenen gesetzlichen Pflicht der Bank); BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43 (45) – Entgelt bei Nichtausführung von Kundenaufträgen bei fehlender Deckung (kontrollfähig und unwirksam, weil Entgelt ohne „echte Gegenleistung“ der Bank); BGH v. 7.7.1998 – XI ZR 351/97, NJW-RR 1998, 1661 – EntgeltKlausel bei Ausstellung eines Ersatzsparbuchs (nicht kontrollfähig, weil Vergütung für eine besondere Zusatzleistung, bedenklich siehe Rz. 91); BGH v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, NJW 1999, 2276 (2277 ff.) und BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 – Entgelt für Bearbeitung und Überwachung von Pfändungsmaßnahmen gegen den Bankkunden (kontrollfähig und unwirksam, weil die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung nicht als entgeltpflichtige „Leistung“ für den Vertragspartner deklariert werden darf); BGH v. 30.11.2004 – XI ZR 200/03, NJW 2005, 1275 (Entgelt für Wertpapierdepotwechsel); BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (allgemeine Klausel über uneingeschränkte Berechtigung zur Erhebung von Entgelten und über Entgeltanpassung unter Berücksichtigung der Marktlage und des entstandenen Aufwands nach billigem Ermessen unwirksam; Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB-Sparkassen a.F.); BGH v. 7.12.2010 – XI ZR 3/10, NJW 2011, 1801 – Klausel über Abschlussgebühren bei einem Bausparvertrag (kontrollfähig, aber wirksam); BGH v. 7.6.2011 – XI ZR 388/1, NJW 2014, 2640 – Entgeltklausel für Kontoführungsgebühr für Darlehenskonto (kontrollfähig und unwirksam); BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995 – Klausel über ein erhöhtes Entgelt bei Pfändungsschutzkonten (kontrollfähig und unwirksam); BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, NJW 2014, 2420 – Klausel betreffend Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen (in Abkehr von der vorherigen Rspr. kontrollfähig und unwirksam). 273 Vgl. z.B. BGH v. 29.3.1994 – XI ZR 69/93, BGHZ 125, 343 = NJW 1994, 1532 – rückwirkende Zinsen für den Fall der Überschreitung eines Zahlungszieles in Kreditkartenbedingungen (kontrollfähig und unwirksam); BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (30) = NJW 1998, 383 – Sonderentgelt für den Auslandseinsatz von Kreditkarten (nicht kontrollfähig, weil Entgelt für eine zusätzliche Sonderleistung ohne gesetzliche Regelung; bedenklich, näher dazu Rz. 90); anders zu Recht die Vorinstanz OLG Hamburg v. 15.5.1996 – 5 U 246/95, NJW 1996, 1902; vgl. zu dieser Frage auch Wand WM 1996, 289; Meder NJW 1996, 1849.

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satz kontrollfrei274. Allerdings darf die Frage der Erbringung einer derartigen Sonderleistung nicht im dispositiven Recht geregelt sein; zudem muss es sich nach der Rechtsprechung wirklich um Leistungen im Rechtssinne handeln, die im Interesse der anderen Partei liegen und daher eine eigene Vergütung rechtfertigen275. Dies wurde etwa bejaht bei Inanspruchnahme der Geldautomaten der Banken276, für den Auslandseinsatz einer Kreditkarte277, die Ausstellung eines neuen Sparbuchs als Ersatz für ein verloren gegangenes278, den Bezug von Wasser und Strom bei einem Bauvorhaben279 sowie den Abschluss einer Bauwesenversicherung280, die Bereitstellung eines Gerätewagens281 oder die gesonderte Berechnung der Anfahrt282. An einer echten Leistung für die andere Vertragspartei fehlt es dagegen, wenn ihre Erbringung einer gesetzlichen Pflicht des AGB-Verwenders entspricht, für die keine gesonderte Vergütung vorgesehen oder sogar explizit ausgeschlossen ist. So kann eine Bank keine Entgelte für die Bearbeitung von Freistellungsaufträgen283 sowie Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen284 verlangen, da sie insoweit keine besondere Dienstleistung für den Kunden erbringt, sondern im eigenen Interesse eine ihr obliegende gesetzliche Pflicht erfüllt, die ihr vom Staat im öffentlichen Interesse auferlegt worden ist. Gleiches gilt für die gesonderte Entgelterhebung der Führung eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto285. Die Inhaltskontrolle ist in diesen Fällen eröffnet, weil die Abwälzung von Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten des Verwenders als Abweichung von einem ungeschriebenen Rechtsgrundsatz zu werten ist. Dieser Gedanke trifft auch auf Klauseln zu, die dem Kunden ein gesondertes Entgelt abverlangen z.B. für die Erteilung von Löschungsbewilligungen286, die Herausgabe von Wertpapieren oder ihre Übertragung in ein anderes Depot287 sowie Ein- und Auszahlungen am Bankschalter288 oder obligatorische Benachrichtigun-

274 Palandt/Grüneberg Rz. 48; Wolf/Pfeiffer Rz. 310; krit. und an der Vereinbarkeit mit europäischem Recht zweifelnd MünchKomm/Wurmnest Rz. 18 a.E. 275 Vgl. z.B. BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, NJW 2002, 2386. 276 BGH v. 7.5.1996 – XI ZR 217/95, NJW 1996, 2032. 277 BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 = NJW 1998, 383; vgl. aber unten Rz. 90. 278 BGH v. 7.7.1998 – XI ZR 351/97, NJW-RR 1998, 1661 = BB 1998, 1864 m. Anm. Ulmer; OLG Celle v. 19.11.1997 – 3 U 48/97, WM 1998, 651. 279 BGH v. 10.6.1999 – VII ZR 365/98, NJW 1999, 3260. 280 BGH v. 6.7.2000 – VII ZR 73/00, ZIP 2000, 1730. 281 BGH v. 17.11.1992 – X ZR 12/91, NJW-RR 1993, 430 (431). 282 BGH v. 19.11.1991 – X ZR 63/90, BGHZ 116, 117 (119). 283 BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261 (263 f.) = NJW 1997, 2752 f.; BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 279/96, NJW 1997, 2753 f. 284 BGH v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380; BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651; BGH v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, NJW 1999, 2276. 285 BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995; BGH v. 16.7.2013 – XI ZR 260/12, NJW 2013, 3163. 286 BGH v. 7.5.1991 – XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330 (333); OLG Köln v. 28.2.2001 – 13 U 95/00, BB 2001, 2078 (Abweichung von § 369). 287 BGH v. 30.11.2004 – XI ZR 200/03, NJW 2005, 1275; OLG Köln v. 23.6.2004 – 13 U 224/03, ZIP 2004, 1703. 288 BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 wegen Abweichung von § 362; ebenso BGH v. 7.5.1996 – XI ZR 217/95, BGHZ 133, 10 (für Postenpreisklauseln bei Girokonten, wenn sie auch für Zahlungsvorgänge am Bankschalter gelten).

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gen289. Die Rechtsprechung ordnet derartige Klauseln daher allesamt als kontrollfähige Preisnebenabreden ein. 81

Diese Grundsätze sind auf andere Bereiche übertragbar. So muss z.B. ein Telekommunikationsanbieter nach § 45e Abs. 2 TKG dem Kunden die Standardform eines Einzelverbindungsnachweises unentgeltlich zur Verfügung stellen290. Für darüber hinaus gehende Formen der Rechnungserstellung mit besonderen Leistungsmerkmalen können die Unternehmen dagegen Gebühren verlangen, ohne dass insoweit eine Inhaltskontrolle stattfindet. Nicht generell unzulässig ist auch das Verlangen eines Entgelts für die (zusätzliche) Erstellung einer Rechnung in Papierform291. Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses, die der Klauselverwender im eigenen Interesse vornimmt, stellen ebenfalls keine zusätzliche „Leistung“ für den Kunden dar, so dass eine „Deaktivierungsgebühr“ in den AGB von Telekommunikationsdienstleistern für die Stilllegung eines Telefonanschlusses kontrollfähig ist292.

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Keine eigenständige Neben- oder Zusatzleistung liegt auch in der Bearbeitung von Stornierungen. So nimmt etwa ein Reisender mit der Stornierung seines Fluges lediglich sein gesetzliches Kündigungsrecht nach § 649 Satz1 als Besteller einer werkvertraglichen Leistung wahr. Mit der Bearbeitung dieser Gestaltungserklärung des Fluggastes kommt das Luftverkehrsunternehmen lediglich einer vertraglichen Nebenpflicht nach, erbringt aber ihm gegenüber weder eine vertragliche Haupt- noch eine zusätzliche, rechtlich nicht geregelte Sonderleistung. Die formularmäßige Auferlegung eines Bearbeitungsentgelts für nicht angetretene oder stornierte Flüge stellt daher eine kontrollfähige Preisnebenabrede dar293.

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Besteht das Leistungsinteresse des Kunden in einem bestimmten Erfolg (z.B. Erwerb eines Wertpapiers, Erstattung zu Unrecht vereinnahmter Beträge), sind Preisregeln, die schon für die bloße Tätigkeit des Klauselverwenders eine Entgeltpflicht begründen, kontrollfähig. Dazu gehören etwa Entgeltklauseln für die Zeichnung von Neuemissionen, die auch für den Fall der Nichtzuteilung gelten sollen294, oder für Nachforschungen über Kontobewegungen durch eine Bank, 289 BGH v. 13.2.2001 – XI ZR 197/00, NJW 2001, 1419 (Benachrichtigung des Kontoinhabers über die Nichteinlösung von Schecks und Lastschriften sowie die Nichtausführung von Überweisungen und Daueraufträgen); vgl. auch BGH v. 16.7.2013 – XI ZR 260/12, NJW 2012, 2571. 290 Daraus folgt, dass auch keine Bearbeitungsgebühr für die Einrichtung des Einzelverbindungsnachweises verlangt werden darf, OLG Schleswig v. 11.3.1999 – 2 U 22/99, K&R 1999, 330 f.; Fuchs in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, Teil IV Rz. 134 m.w.N. 291 BGH v. 9.10.2014 – III ZR 32/14, NJW 2015, 328 (331). 292 BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, NJW 2002, 2386. Anders dagegen sog. „Endschaftsbestimmungen“ in Konzessionsverträgen, die den Preis für die Übertragung des Versorgungsnetzes festsetzen, vgl. dazu BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, NJW 2000, 577. 293 KG v. 12.8.2014 – 5 U 2/12, GRUR 2015, 395 Rz. 74 ff. Sofern das Luftverkehrsunternehmen ohnehin vom Reiseteilnehmer gemäß § 649 Satz 2 (oder nach einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung) die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und Einnahmen aus einer anderweitigen Verwendung der ursprünglich gebuchten Leistungen verlangen kann, stellt die zusätzliche formularmäßige Auferlegung eines Bearbeitungsentgelts von 25 Euro pro Reiseteilnehmer und Buchung eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken des § 649 Satz 2 und damit eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 dar, KG a.a.O., Rz. 96 ff. 294 BGH v. 28.1.2003 – XI ZR 156/02, NJW 2003, 1447.

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die Rückerstattungsansprüchen ihres Kunden ausgesetzt ist295. Auch in anderen Fällen der Nichtausführung der begehrten Leistung (z.B. Ablehnung der Ausführung eines Dauerauftrags, einer Überweisung, Lastschrift oder Scheckeinlösung)296, besteht (nach den Grundsätzen des Geschäftsbesorgungsrechts) keine Grundlage für eine Entgeltfestsetzung, mag die Ablehnung (z.B. wegen fehlender Deckung) auch berechtigt gewesen sein; denn die Bank handelt hier auch oder primär im eigenen Interesse, erbringt aber gerade keine (zusätzliche) Leistung für den Kunden297. Da die Klauseln in diesen Fällen im Grunde nur dazu dienen, allgemeine Aufwendungen, die dem Verwender im Rahmen seiner Tätigkeit entstehen, anteilig auf den Vertragspartner abzuwälzen, sind sie nach der Rechtsprechung des BGH kontrollfähig298. Die Rechtsprechung ist z.T. auf erhebliche Kritik in der Literatur gestoßen299. 83 Das gilt zum einen für den allgemeinen Grundsatz, dass der Verwender für die Erfüllung eigener gesetzlicher Pflichten kein besonderes Entgelt verlangen dürfe (Rz. 80), zumal der BGH dies jüngst noch ausgeweitet hat und eine lediglich mittelbare Verpflichtung zur Leistung insofern ausreichen lässt300. Der Gesichtspunkt der Erfüllung gesetzlicher Pflichten allein wäre in der Tat ein viel zu pauschaler Ansatz, kann es doch durchaus Pflichten geben, die der Verwender speziell im Interesse bestimmter Begünstigter erfüllen muss (z.B. Kontrahierungszwang zur Führung eines Girokontos auf Guthabenbasis) und bei denen eine kostenlose Tätigkeit evident nicht erwartet werden kann301. Aber auch das differenzierende Abstellen auf die Erfüllung einer im Allgemeininteresse auferlegten Pflicht erweist sich bei näherer Betrachtung nur als ein Hilfsargument neben der eigentlich entscheidenden Wertung: der Frage, ob tatsächlich eine „Leistung“ an den Vertragspartner des Verwenders erbracht wird302. In engem Zusammenhang zu der Ansicht des BGH, dass Entgelte nur für „Leistungen“ auf rechtsgeschäftlicher Grundlage verlangt werden könnten, steht die weitere These, dass eine gesonderte Vergütung anteiliger allgemeiner Betriebskosten grundsätzlich ausscheide, weil sie bereits im Preis der Hauptleistung enthalten sei303. Hier besteht die Gefahr einer Preiskalkulation durch den Richter 295 OLG Schleswig v. 24.2.2000 – 5 U 116/98, ZIP 2000, 789 (790) = NJW-RR 2001, 1270 (Abweichung von § 249). 296 BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, NJW 1998, 309 (310); BGH v. 16.10.1997 – VII ZR 64/96, NJW 1998, 456; Rohe NJW 1998, 1284. Vgl. auch BGH v. 9.4.2002 – XI ZR 245/01, NJW 2002, 1950 (1951) (Entgelt für Rücklastschrift). 297 Diesen Aspekt würdigt Linker S. 62 nicht hinreichend, der insoweit lediglich von Klauseln für „irreguläre Geschäftsvorfälle“ spricht; wie hier von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preis-Preisnebenabreden) Rz. 15. 298 BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (30); BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43 (45 f.); Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 21b. 299 Vgl. von Westphalen NJW 2012, 2243 (2244) („bereitet es der Praxis beträchtliche Schwierigkeiten, die Rspr. des BGH im voraus abzuschätzen“); insb. zu Bearbeitungsentgelten bei Darlehensverträgen Kropf/Habl BKR 2014, 145 (146 f.). 300 So Kropf/Habl BKR 2013, 103 (107) unter Bezugnahme auf BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995. 301 Vgl. Steppeler WM 2001, 1176 ff. 302 Genau dies hat der BGH in den Fällen der Entgeltklauseln für die Bearbeitung und Überwachung von Pfändungsmaßnahmen oder für die Benachrichtigung über die Nichtausführung von Kundenaufträgen mangels Kontodeckung verneint, vgl. die Nachw. oben Rz. 80; ebenso Linker S. 135. 303 BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 (258); hiergegen insb. Canaris AcP 200 (2000), 273 (334).

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an Stelle des Unternehmers304. Die grundsätzliche Berechtigung des Verwenders, die Gesamtvergütung für seine Leistung in mehrere Teilentgelte aufzuspalten, wird zwar auch von der Rechtsprechung nicht in Frage gestellt (vgl. Rz. 74, 77). Doch unterwirft sie Entgeltklauseln einer Kontrolle, wenn nach der Natur des Vertrags bestimmte (Abwicklungs-)Leistungen unentgeltlich zu erbringen sind305. In der Literatur wird insoweit vor allem kritisiert, dass der BGH aus dem bloßen Fehlen einer Entgeltregelung im dispositiven Recht im Umkehrschluss folgert, dass die Berechnung einer gesonderten Vergütung nicht statthaft sei306. Dem kann in der Tat so pauschal nicht gefolgt werden. Zum einen ist stärker zwischen der Kontrollfähigkeit und der Angemessenheit einer Entgeltklausel zu differenzieren307. Zum anderen bleibt der maßgebliche Gesichtspunkt für die Kontrollfreiheit einer Nebenentgeltklausel auch insoweit, ob damit eine gesonderte oder zusätzliche (Teil-)Leistung des Verwenders an den Vertragspartner abgegolten oder ob lediglich eine Begründung für eine (allgemeine oder anlassbezogene) Kostenabwälzung durch einen Preisaufschlag geliefert werden soll308. Die Entscheidung, ob eine vergütungsfähige Zusatzleistung oder eine ohnehin zu den Vertragspflichten gehörende Nebenleistung vorliegt, ist stark wertungsabhängig309. Die Unterscheidung lässt sich letztlich nur im Rahmen einer am Normzweck des § 307 Abs. 3 orientierten marktbezogenen Betrachtung treffen. Das wird in der bisherigen Diskussion nicht ausreichend beachtet. d) Eigener Ansatz: marktkonforme Konkretisierung 85

Bei einer stärkeren Rückbesinnung auf den Normzweck des § 307 Abs. 3 Satz 1 ist für die Abgrenzung zwischen Kontrollfreiheit und Kontrollfähigkeit auch bei Preisklauseln zu fragen, ob und unter welchen Umständen sie einer hinreichenden Kontrolle durch den Wettbewerb im relevanten Markt unterliegen. Die Testfrage muss insoweit lauten, ob damit gerechnet werden kann, dass der durchschnittliche Kunde sie zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung über

304 Vgl. Kropf/Habl BKR 2012, 141 (145); Berger/Rübsamen WM 2011, 1877 (1879 f.); dagegen Weber BKR 2013, 450 (453) (BGH quasi als „Wettbewerbshüter“). 305 BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, NJW 1998, 383; BGH v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, NJW 1999, 2276; BGH v. 30.11.2004 – XI ZR 200/03, NJW 2005, 1275. 306 Casper/Möllers BKR 2014, 59 (62 f.); Godefroid ZIP 2011, 947 (949); Linker S. 136; abl. insb. auch Canaris AcP 200 (2000), 273 (333 f.); Stoffels JZ 2001, 843 (846 f.); Staudinger/Coester Rz. 329a; teilweise ebenfalls krit., aber im Ergebnis dem dogmatischen Ansatz des BGH wegen des höheren Schutzniveaus zu Gunsten der Verbraucher zust. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preis-Preisnebenabreden) Rz. 16. 307 In diese Richtung auch Weber BKR 2013, 450 (452 f.), der am Beispiel der Bearbeitungsentgelte für Darlehen die Kontrollfähigkeit bejaht, aber eine „sachgerechte Ausgestaltung dieser Inhaltskontrolle“ anmahnt. 308 Insoweit übereinstimmend Staudinger/Coester Rz. 329a, der die Kontrollunterworfenheit und Unangemessenheit von Entgeltklauseln für „schon mitbezahlte“, mit dem Grundpreis abgegoltene (Neben-)Leistungen damit begründet, dass sie das Äquivalenzverhältnis veränderten und die vertragliche Vereinbarung aushöhlten; so auch Billing S. 108 ff., 166, der die maßgebliche Wertung dem § 307 Abs. 2 Nr. 2 (Vertragszweckgefährdung) entnimmt und dem Abs. 3 Satz 1 nur deklaratorische Bedeutung beimisst. 309 Dies betont zu Recht Brandner MDR 1999, 6 (7) und in 9. Aufl. § 8 AGBG Rz. 21b. Auch der Aushöhlungsansatz nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 kommt bei der Bestimmung, ob eine (Neben-)Leistung nach der berechtigten Verkehrserwartung bereits abgegolten ist, nicht ohne die Wertung des Gesetzes aus, so zutr. Billing S. 108.

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den Vertragsschluss in die Abwägung einbezieht310. Nur dann können sich Markt- und Wettbewerbsprozesse in einer Art und Weise entfalten, die regelmäßig einen gerechten Interessenausgleich erwarten lässt. Diese Voraussetzung ist jedenfalls bei direkten und bezifferten Entgeltfestsetzungen für die Hauptleistung sowie für die Bewertung des Äquivalenzverhältnisses zwischen Preis und Leistung erfüllt311. Vorbehaltlich einer stets zulässigen Transparenzkontrolle (dazu näher Rz. 323 ff., 353 ff.) bleiben solche Preisabreden daher grundsätzlich kontrollfrei (Rz. 71, zu Ausnahmen bei gesetzlichen Preisvorschriften Rz. 72). Ein Beispiel für eine kontrollfreie preisrelevante Regelung ist etwa im Bereich von Telekommunikationsverträgen die Festlegung der Höhe der Telefongebühren sowie der Zeittakte312. Ob ein Telekommunikationsanbieter z.B. eine sekundengenaue Abrechnung überhaupt anbietet, von der ersten Sekunde an, erst ab der zweiten Minute oder später, stellt eine für den Kunden durchaus wesentliche, sein Nachfrageverhalten im Wettbewerb beeinflussende Eigenschaft des „Produkts“ Telefonverbindung dar. Etwas anderes könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn die Tarifgestaltung des einzelnen Anbieters so unübersichtlich und intransparent ist, dass der Nutzer auch mit zumutbaren Anstrengungen nicht mehr erkennen kann, welche Zahlungspflichten auf ihn zukommen. Eine gegen das Transparenzgebot verstoßende Verschleierung der für das angebotene Produkt geforderten Preise dürfte jedoch nur im Ausnahmefall vorliegen. Von einer derartigen Intransparenz der Entgeltabreden in den AGB des einzelnen Anbieters313 zu unterscheiden ist die Unübersichtlichkeit im Markt auf Grund der sehr unterschiedlichen und heterogenen Tarifgestaltung einer Vielzahl von Anbietern. Der Umstand mangelnder Markttransparenz (allein) hat als solcher keine rechtlichen Auswirkungen auf die Wirksamkeit der AGB der Marktteilnehmer. Vielmehr bieten sich hierdurch für einzelne Anbieter Möglichkeiten zur Profilierung im Wettbewerb, indem sie z.B. mit einer besonders einfachen und übersichtlichen Tarifstruktur oder Preisgestaltung werben (und z.B. im Telefonbereich nur einen einheitlichen Minutentarif oder nur ein oder zwei unterschiedliche, von der Tageszeit abhängige Minutentarife festlegen).

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Vorsorgliche Preisregelungen für hypothetische Fälle, mit deren Eintritt der Kunde im normalen Verlauf der Geschäftsbeziehung nicht rechnet oder deren

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310 So auch der generelle Ansatz bei Stoffels Rz. 449; Fastrich S. 265; MünchKomm/Wurmnest Rz. 16; Staudinger/Coester Rz. 322, 324 m.w.N. (fehlende Kontrollbedürftigkeit bei funktionierender Selbstregulierung durch den Markt) a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 303, der die Funktionsfähigkeit der Marktregulierung für schwer feststellbar hält und allein auf das Fehlen eines rechtlichen Kontrollmaßstabes abstellen will; krit. auch Billing S. 120 ff. 311 Ebenso Stoffels Rz. 450 a.E. 312 Vgl. zu den Leistungsentgelten der Deutsche Telekom AG z.B. OLG München v. 22.7.1997 – 25 U 5688/96, NJW 1997, 3246 (3248); bestätigt von BGH v. 2.7.1998 – III ZR 287/97, NJW 1998, 3188 (3192). 313 Gefahren für die Transparenz können aber von einem ständigen Wechsel nicht nur der Entgelthöhe, sondern auch der Entgeltstrukturen ausgehen, wie er in der Praxis bei einigen Telekommunikationsanbietern im Bereich des Call-by-Call-Verfahrens (Vorwahl 010xy) festzustellen ist. Der Schwerpunkt der Problematik liegt insoweit allerdings bei der wirksamen Einbeziehung der Entgeltbestimmungen, für die § 305a Nr. 2b eine Sonderregelung in Bezug auf die AGB bestimmter Telekommunikationsverträge enthält. Die aus der Perspektive des Kundenschutzes vorzugswürdige und von manchen Anbietern freiwillig praktizierte Ansage des jeweils geltenden Tarifs vor Herstellung einer Verbindung ist seit 1.8.2012 gesetzlich vorgeschrieben.

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Auswirkungen er im Voraus kaum einschätzen kann, interessieren ihn dagegen beim Vertragsschluss in aller Regel nicht, so dass für derartige Klauseln ein Kontrollbedürfnis besteht314. Das gilt insbesondere für „irreguläre Geschäftsvorfälle“, die nicht den Charakter einer „Leistung“ für den Kunden aufweisen (z.B. Bearbeitung von gegen ihn gerichteten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen; Nichtausführung von Daueraufträgen oder Überweisungen, Rückgabe von Lastschriften oder Schecks mangels Deckung; Nachforschungen über Kontobewegungen zur Verfolgung von Rückforderungsansprüchen)315, aber auch für Preisanpassungsklauseln und Änderungsvorbehalte, über deren mögliche Auswirkungen auf das Äquivalenzverhältnis im Falle ihrer Ausübung sich der durchschnittliche Kunde beim Vertragsschluss keine näheren Gedanken macht316. Für die generelle Kontrollfähigkeit der Einräumung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte spricht zusätzlich die Ausstrahlungswirkung des § 309 Nr. 1. Auch wenn die engen Tatbestandsvoraussetzungen dieses speziellen Klauselverbots bezüglich kurzfristiger Preiserhöhungen nicht erfüllt sind, lässt sich der Vorschrift die gesetzliche Wertung entnehmen, dass bei AGB-Bestimmungen, die eine vergleichbare Thematik behandeln (nachträgliche Preisänderungen), jedenfalls ein Kontrollbedürfnis im Rahmen des § 307 besteht317. 88

Nicht dem Konditionenwettbewerb ausgesetzt sind aber auch typische „Routineangelegenheiten“, deren Erledigung durch den Klauselverwender der durchschnittliche Kunde als selbstverständlichen Teil des Angebots erwartet, sofern er sich insoweit überhaupt Gedanken macht (z.B. Entgegennahme und Änderung von Freistellungsaufträgen für Zinserträge)318. Die meisten Fälle, in denen die Rechtsprechung mit dem Kriterium der Überwälzung allgemeiner Betriebskosten oder der Aufwendungen für die Erfüllung einer eigenen gesetzlichen Pflicht des Klauselverwenders arbeitet (vgl. Rz. 80, 83), sind bei einer marktbezogenen Betrachtung nicht anders zu lösen, zumal insoweit die fragliche Tätigkeit aus Sicht der Marktgegenseite grundsätzlich nicht als eigenständige Leistung bewertet wird319. Ein wichtiges (Hilfs-)Kriterium oder Indiz kann insofern sein, ob es für die fragliche Leistung ein isoliertes Angebot oder eine entsprechende Nachfrage und damit einen funktionsfähigen (Teil-)Markt geben könnte. Jedenfalls ist die – durch die zentrale Leistungsbeschreibung und durch das sonstige Verhalten des Klauselverwenders im Wettbewerb (Werbung etc.) geweckte –

314 Wolf/Pfeiffer Rz. 321 f.; für die Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen ebenso Stoffels Rz. 452 a.E. 315 Vgl. die Nachw. oben Rz. 80. Auf den Aspekt des Vorliegens einer „Dienstleistung“ stellt auch Krüger WM 1999, 1402 (1407) entscheidend ab, freilich ohne insoweit auf Markt und Wettbewerb einzugehen; für Kontrollfähigkeit irregulärer Geschäftsvorfälle auch Canaris AcP 200 (2000), 273 (336 f.). 316 Der durchschnittliche Kunde bringt derartigen Klauseln keine besondere Aufmerksamkeit entgegen, weil insoweit die allgemeine Erwartung vorherrscht, davon werde nur im üblichen Rahmen Gebrauch gemacht, ohne das Preis-/Leistungsverhältnis zu ändern. 317 Im Ergebnis ebenso Stoffels Rz. 455. Allgemein zur „Ausstrahlungswirkung“ der besonderen Klauselverbote auf die Generalklausel des § 307 Abs. 1 Rz. 163 f.; auch Wolf/ Pfeiffer Rz. 321. 318 BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, NJW 1997, 2752 f.; BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 279/96, NJW 1997, 2753 f.; für die Kontrollfähigkeit auch Wolf/Pfeiffer Rz. 317 m.w.N.; Staudinger/Coester Rz. 329a. 319 Das übersieht Stoffels Rz. 452, der in dem Aspekt der gesetzlichen Pflicht pauschal ein „normzweckfremdes Kriterium“ (ibid. Fn. 118) erblickt.

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berechtigte Erwartungshaltung des Kunden zu berücksichtigen320. Die damit zusammenhängende (potentielle) Marktkonformität eines gesonderten Entgelts darf dabei allerdings nicht in einem empirischen Sinne nach der tatsächlichen Verbreitung derartiger Klauseln beurteilt werden321, sondern ist normativ zu verstehen im Sinne der soeben erwähnten potentiellen Marktfähigkeit der in Frage stehenden Tätigkeit. Damit ist gewährleistet, dass auch die Einführung neuer Entgeltbestimmungen durch einen AGB-Verwender nicht automatisch als „marktirregulär“ zu qualifizieren ist322. So wäre etwa (bei entsprechend deutlichen Hinweisen zur Vermeidung von Problemen mit § 305c Abs. 1 und bei hinreichender Transparenz, sowie aus wertpapierrechtlicher Sicht bei entsprechender Beachtung des § 31 Abs. 4b WpHG) die Einführung eines gesonderten Entgelts für die Anlageberatung durch Banken kontrollfrei möglich, obwohl dies derzeit (noch) unüblich ist. Denn die Anlageberatung stellt eine besondere Leistung für den Bankkunden dar, die potentiell marktfähig ist und mit deren Inanspruchnahme er regelmäßig rechnet (zu dem letzteren Aspekt näher Rz. 90). Festzuhalten bleibt aber, dass der Begriff der Leistung nicht zur Disposition des Verwenders steht323, sondern einem objektivierten hypothetischen Markttest zu unterwerfen ist. Problematisch ist insoweit die Einordnung von Fahrtkostenklauseln bei Werkverträgen. Der BGH hatte sie zunächst als typische kontrollunterworfene Preisnebenabrede qualifiziert324, bevor er eine Anfahrtskostenpauschale im Rohrreinigungsgewerbe als kontrollfrei einstufte325. Letzteres lässt sich insoweit durchaus rechtfertigen, als die Anfahrt eine notwendige und der jeweiligen individuellen Werkleistung für den konkreten Besteller direkt zurechenbare Vorleistung darstellt (im Gegensatz zu allgemeinen Vorhaltekosten). Andererseits kommt ein isoliertes Angebot ohne die eigentlich geschuldete Hauptleistung nicht in Betracht326, so dass sich der Zuschlag für die Anfahrt auch als Modifikati-

320 Vgl. auch Staudinger/Coester Rz. 327 (verkehrstypische berechtigte Erwartungen als das entscheidende Leitkriterium); insoweit übereinstimmend Billing S. 106 ff., 115 ff., 149 f. 321 So aber Dylla-Krebs S. 181; Linker S. 68 f. in ihrer Kritik an diesem von Canaris NJW 1987, 609 (613 ff.) im Zusammenhang mit der Problematik der Annuitätendarlehen entwickelten Kriterium, das sich allerdings von dem hier entwickelten Verständnis der Marktkonformität unterscheidet. Wieder anders Billing S. 121 f., der die Unentbehrlichkeit und den Vorrang normativer Wertungen (insb. aus § 307 Abs. 2 Nr. 2) betont und sich gegen eine maßgebliche Berücksichtigung der regulierenden Wirkung von Markt und Wettbewerb ausspricht. Zuzustimmen ist ihm nur insoweit, als es nicht (allein) auf die tatsächliche, empirisch zu ermittelnde Erwartungshaltung des Kunden im Markt ankommen kann, sondern darauf, was der Kunde berechtigterweise erwarten darf. Letzteres kann aber durchaus auch von den tatsächlich herrschenden Markt- und Wettbewerbsverhältnissen mit beeinflusst werden. 322 So die Befürchtung von Linker S. 69. 323 So ausdrücklich BGH v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, WM 1999, 1271 (1272); BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, NJW 2002, 2386; vgl. auch BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261 (264); Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 21b; a.A. Horn WM 1997, Sonderbeil. Nr. 1, S. 9 f., 16, 22; Canaris AcP 200 (2000), 273 (335 f.). 324 BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 316 = NJW 1984, 2160 („Fahrzeiten gelten als Arbeitszeiten“). 325 BGH v. 19.11.1991 – X ZR 63/90, BGHZ 116, 117 (120) = NJW 1992, 688 („Kfz-Kostenanteil pro Anfahrt pauschal … DM“). 326 Vgl. Canaris AcP 200 (2000), 273 (336); Linker S. 136 (unselbständiger Akt im Vorfeld der vertraglich geschuldeten Leistung).

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on des Preises für die vertragliche (Haupt-)Leistung begreifen lässt327. Die Entscheidung zwischen kontrollfreier Preisaufspaltung und kontrollfähiger Modifikation des Preises hängt davon ab, ob die gesondert bepreiste „Leistung“ im Markt auch als solche bewertet wird oder werden kann. Das dürfte hier zu bejahen sein, da der durchschnittliche Kunde – hinreichende Transparenz der Regelung vorausgesetzt – die in jedem Fall zu zahlende Anfahrtkostenpauschale für eine zutreffende Bewertung des (Gesamt-)Leistungsangebots ohne weiteres mit einkalkulieren kann und muss. Das gilt freilich nur, sofern es sich um einen genau bezifferten Aufschlag handelt. In diesem Fall unterliegt die Regelung in gleicher Weise wie die Preisregelung für die eigentliche Werkleistung den Kontrollmechanismen von Markt und Wettbewerb mit der Folge, dass sie nach Sinn und Zweck des § 307 Abs. 3 kontrollfrei bleibt328. Bei allgemein gehaltenen Kostentragungsklauseln (z.B. über Transport-, Fracht-, Lager-, Verpackungskosten oder Bearbeitungsgebühren, in Mietverträgen auch für Schönheits- und Kleinreparaturen) ist dagegen die konkret auf den Vertragspartner zukommende Belastung nicht so leicht erkennbar. Sie werden daher nicht in gleichem Maße wie die unmittelbare Preisregelung in die Abschlussentscheidung des Vertragspartners eingehen und unterliegen der Inhaltskontrolle, da sie die sonst geltenden dispositiven Rechtsvorschriften über die Kostentragung abändern oder ergänzen329. 90

Entgeltklauseln für zusätzliche Leistungen, deren bewusste oder freiwillige Inanspruchnahme durch den durchschnittlichen Kunden während der laufenden Geschäftsbeziehung in der Regel erwartet werden kann, bleiben kontrollfrei. Das gilt etwa für die Überziehung des Girokontos, zumal in der Praxis die Höhe der Überziehungszinsen vielfach zu einem Instrument der Werbung um neue Kunden geworden ist330. Zweifelhaft ist dagegen, ob die anfallenden Sondergebühren für den Auslandseinsatz von Kreditkarten tatsächlich als Entgelt für eine zusätzliche eigenständige Leistung im Markt wahrgenommen werden. Die Möglichkeit des Auslandseinsatzes ist sicher für die meisten Kunden ein wichtiges Kriterium bei ihrer Entscheidung, ob sie überhaupt ein solches Zahlungsund Kreditbeschaffungsmittel erwerben wollen. Der durchschnittliche Kunde dürfte diese „Produkteigenschaft“ der Kreditkarte als selbstverständlich ansehen und sich keine weiteren Gedanken über eine mögliche gesonderte Entgeltpflichtigkeit für den Einsatz im Ausland als spezifische Verwendungsform machen. Selbst wenn er damit rechnet, für den Auslandseinsatz ein zusätzliches Entgelt entrichten zu müssen, wird er seine Abschlussentscheidung in aller Regel nicht von dessen Höhe abhängig machen, sondern sich vornehmlich an der Jahresgebühr und der Höhe der Kredit- bzw. Guthabenzinsen orientieren. Dies spricht dafür, insoweit den Konditionenwettbewerb nicht als hinreichend funktions-

327 So Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 24, der das Urteil BGH v. 19.11.1991 – X ZR 63/90, BGHZ 116, 117 für unzutr. hält, weil durch die Klausel der für den durchschnittlichen Vertragspartner erkennbar angegebene Preis modifiziert werde. 328 So im Ergebnis auch Wolf/Pfeiffer Rz. 322; a.A. Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 23. 329 Insoweit übereinstimmend Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 22. 330 Wie hier Niebling BKR 2013, 463 (464); Stoffels Rz. 452; im Ergebnis auch Steiner WM 1992, 425 (429 f.); ausführlich Cahn WM 2010, 1197 ff. m.w.N.; a.A. aber BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, NJW 1992, 1751 f.; BGH v. 29.3.1994 – XI ZR 69/93, NJW 1994, 1532 (1533) (Kreditkarten-AGB); Brandner (9. Aufl.) § 8 Rz. 21 sowie Wolf/Pfeiffer Rz. 322, der in der Inanspruchnahme eines Überziehungskredits eine „ursprünglich nicht vorgesehene Vertragsabwicklung“ sieht, dies dürfte jedoch nicht der tatsächlichen Erwartungshaltung von Bank und Kunden entsprechen.

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fähig anzusehen und entsprechende Klauseln einer Inhaltskontrolle zu unterwerfen331. Kontrollfähig sind auch Entgelte für fakultative Sonderleistungen332, mit deren 91 Inanspruchnahme der durchschnittliche Kunde während der Dauer der Vertragsbeziehung nicht rechnet. Denn auch insoweit entfalten die Marktkräfte grundsätzlich keine begrenzende Wirkung, weil der Kunde der Angemessenheit dieser Entgelte nicht die gleiche Aufmerksamkeit widmet wie den sonstigen Entgeltbestimmungen333. Die Rechtsprechung ist in dieser Hinsicht freilich nicht konsistent. So hätte mit dieser marktkonformen Begründung z.B. die Kontrollfähigkeit eines gesonderten Entgelts für die Ersatzausstellung eines Sparbuchs bejaht werden müssen, da der Kunde auf eine derartige Vergütungsregelung beim Vertragsschluss nicht zu achten pflegt334. Der BGH hat gleichwohl in diesem Fall Kontrollfreiheit angenommen. Das entwertet freilich nicht die Tauglichkeit dieses Kriteriums, sondern zeigt nur, dass in der Rechtsprechung insoweit noch Unsicherheiten bestehen, die gerade durch eine stärkere Berücksichtigung wettbewerbs- und marktorientierter Kriterien behoben werden können. Generell ist zu beachten, dass die Bejahung der Kontrollfähigkeit einer Entgeltklausel noch keine Entscheidung über ihre Unangemessenheit darstellt. Die Rechtsprechung erweckt zwar gerade bei Entgeltklauseln mitunter den Eindruck, dass die Eröffnung der Inhaltskontrolle praktisch schon eine Vorentscheidung gegen die Zulässigkeit einer entsprechenden (Neben-)Entgeltklausel sei335. Diese Tendenz erklärt sich (zumindest teilweise) aus den Wechselwirkungen zwischen der notwendigen Feststellung einer Rechtslagendivergenz (Abweichung vom oder Ergänzung zum dispositiven Recht) nach § 307 Abs. 3 und dem Kontrollmaßstab speziell des § 307 Abs. 2 Nr. 2 bei gesetzlich nicht geregelten Vertragstypen (vgl. dazu bereits Rz. 20). Aus ihr lässt sich jedoch nicht per se die mangelnde Eignung der Abgrenzungskriterien für die Bestimmung des kontroll-

331 In der Tendenz wie hier für eine Kontrolle und gegen das „wuchernde, unkalkulierbare Zweitentgeltsystem“ der Banken Derleder/Metz ZIP 1996, 573 (577); a.A. BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, NJW 1998, 383 (384); Stoffels Rz. 452; im Ergebnis dem BGH zust., aber für generelle Kontrolle differenzierter Preisstrukturen am Maßstab des § 307 Abs. 2 Nr. 2 (Vertragszweckgefährdung unter dem Aspekt der Störung des Äquivalenzverhältnisses durch Doppelbepreisung) Billing S. 11 f., 115 f., 118 f. 332 Der Unterschied zu den Fällen oben Rz. 86 liegt darin, dass bei den dort erfassten Tätigkeiten schon keine „Leistung“ für den Kunden vorliegt. 333 Daraus leitet die Rspr. zutr. die Schutzbedürftigkeit des Kunden ab, vgl. BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, BGHZ 118, 126 (127); BGH v. 19.9.1985 – III ZR 213/83, BGHZ 95, 362 (370); Wolf/Pfeiffer Rz. 321 (Kontrollfähigkeit „außerplanmäßiger Kosten“); vgl. auch Joost ZIP 1996, 1685 (1692); krit. Linker S. 65; a.A. Fahr Inhaltskontrolle, Transparenzgebot und § 9 AGBG, 1999, S. 126 ff., 166 ff. (Kontrollfreiheit aller Klauseln, die die „Leistungsebene“ betreffen im Gegensatz zur „Schutzpflichtebene“ und zur „sekundären Leistungsebene“ bei Störungen der Vertragsabwicklung); Staudinger/ Coester Rz. 329a, der auf das Äquivalenzinteresse von Leistung und Gegenleistung abstellt. 334 Ebenso Linker S. 65 f.; Wolf/Pfeiffer Rz. 322 gegen BGH v. 7.7.1998 – XI ZR 351/97, NJW-RR 1998, 1661 = WM 1998, 1623 (1624), wo die Kontrollfähigkeit verneint wurde, obwohl der BGH erkannte, dass der Kunde den Fall des Abhandenkommens des Sparbuchs für unwahrscheinlich halten und deshalb bei seiner Vertragsabschlussentscheidung nicht in Betracht ziehen würde. 335 In diesem Sinne auch Staudinger/Coester Rz. 329a.

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freien Bereichs ableiten336. Vielmehr ist die Unterscheidung zwischen Eröffnung und Durchführung der Inhaltskontrolle ernst zu nehmen und die Notwendigkeit einer umfassenden Interessenabwägung und wirklich tragfähigen Begründung gerade der Unangemessenheit einer gesonderten Bepreisung von Neben- oder Zusatzleistungen zu betonen. Das gilt vor allem in den Fällen, in denen zwar gewisse Normen hinsichtlich einer fraglichen Leistung existieren, denen sich aber keine Aussage bezüglich der Entgeltfreiheit oder -pflichtigkeit entnehmen lässt. Hier geht der BGH grundsätzlich von der Entgeltfreiheit aus337. Im Rahmen des § 307 Abs. 3 erscheint das hinnehmbar, um in Zweifelfällen nicht von vornherein die Möglichkeit einer Kontrolle auszuschließen. Umso gewichtiger aber sollten in diesen Fällen die Gründe sein, um die (gesetzlich nicht eindeutig geregelte) Frage, ob das Verlangen einer Zusatzvergütung unangemessen ist, beantworten zu können338. In diesem Zusammenhang kann dann z.B. auch anderen materiellen Bewertungskriterien, die sich etwa an dem geregelten Lebenssachverhalt oder Besonderheiten der Branche orientieren, eine verstärkte Bedeutung zukommen. Für die abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Bankentgelten im bargeldlosen Zahlungsverkehr kann z.B. das Kriterium des einheitlichen Netzzwecks im Sinne der möglichst effizienten und kostengünstigen Zahlungsabwicklung mit herangezogen werden339.

III. Die unangemessene Benachteiligung als Maßstab der Inhaltskontrolle 1. Tatbestandsmerkmale und Prüfungsschritte der Generalklausel (§ 307 Abs. 1) a) Allgemeines 93

§ 307 Abs. 1 stellt den Grundtatbestand der materiellen Inhaltskontrolle von AGB dar und erfüllt insoweit zugleich zwei Funktionen: Zum einen legt die Norm übergreifend den allgemeinen Maßstab und die Rechtsfolgen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle fest, zum anderen bildet sie einen eigenständigen, subsumtionsfähigen Auffangtatbestand von generalklauselartiger Weite für all die Gestaltungen, die von den konkreteren nachfolgenden Vorschriften nicht erfasst werden (vgl. bereits oben Rz. 1 ff.). Im Gegensatz zu den speziellen Klauselverboten der §§ 308, 309 verlangt die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 eine umfassende Interessenabwägung. Gegenüber den (etwas stärker konturierten) Regelbeispielen 336 Anders der Ansatz von Billing S. 2 ff., 59 f., 138 f., 165 ff., der dem § 307 Abs. 3 Satz 1 eine selbständige Bedeutung als Eingangshürde oder Filter für die Inhaltskontrolle abspricht und Leistungsbeschreibungen wie Entgeltklauseln grundsätzlich unter dem Aspekt der Vertragszweckgefährdung (§ 307 Abs. 2 Nr. 2) für überprüfbar hält. 337 Vgl. Horn WM 1997, Sonderbeil. Nr. 1, S. 13 ff. mit Hinweis auf BGH v. 7.5.1991 – XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330 (333); dazu krit. Canaris WM 1996, 237 (239). 338 Insoweit zutr. daher die Kritik bei Canaris AcP 200 (2000), 273 (333); Köndgen ZBB 1997, 117 (134). 339 Vgl. dazu ausführlich Linker S. 141 ff. m.w.N., der allerdings zu weit geht, wenn er dieses Kriterium nicht nur im Rahmen der Angemessenheitskontrolle als einen Abwägungspunkt berücksichtigen (dazu näher unten Rz. 122), sondern sowohl für die Bestimmung des Bereichs der Kontrollfreiheit nach § 307 Abs. 3 als auch im Rahmen der Interessenbewertung nach Abs. 1 und 2 maßgeblich zugrunde legen will.

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(„im Zweifel“) nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 liegt darin allerdings kein relevantes Unterscheidungsmerkmal, da deren Tatbestände (Unvereinbarkeit mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung; Gefährdung des Vertragszwecks) ebenfalls hinreichenden Spielraum für umfängliche Interessenbewertungen lassen340. Zur Prüfungsreihenfolge, auch im Verhältnis zu den speziellen Klauselverboten der §§ 308, 309, vgl. Vor § 307 Rz. 105. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind die einzelnen vorformulierten Vertragsbedingungen (Bestimmungen, Klauseln)341, deren Angemessenheit zwar zunächst jeweils für sich, letztlich aber nicht ohne Rücksicht auf den gesamten Vertragsinhalt geprüft werden kann (dazu näher unten Rz. 116)342. Zu seiner praktischen Anwendung bedarf das Verbot der unangemessenen Benachteiligung der Konkretisierung, die maßgeblich durch die Rechtsprechung im Wege der Bildung von AGB-typischen Anwendungs- und Bewertungsrichtlinien erfolgt (unten Rz. 110 ff.). Die im Gesetz selbst (§ 307 Abs. 2) teilweise vorgegebenen Kriterien bleiben ihrerseits recht unbestimmt und decken nicht alle kritischen Fälle ab. Die Generalklausel des § 307 Abs. 1 hat daher auch gegenüber Abs. 2 eigenständige Bedeutung343.

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Ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 307 Abs. 1 kommt insbesondere in folgenden typischen Anwendungsfällen in Betracht: – Berücksichtigung der kumulativen belastenden Wirkung verschiedener Vorschriften, die für sich betrachtet jeweils (gerade noch) der Inhaltskontrolle standhalten, in ihrem Zusammenwirken aber eine unangemessene Benachteiligung ergeben344 (dazu näher Rz. 155); – Prüfung, ob gerade die klauselmäßige Verwendung einer bestimmten Regelung trotz fehlender inhaltlicher Abweichung von einem gesetzlichen Leitbild (und damit Unanwendbarkeit von § 307 Abs. 2 Nr. 1) für ein bestimmtes Le-

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340 Ebenso Staudinger/Coester Rz. 88; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 71, 141 a.E.; a.A. von Hoyningen-Huene Rz. 267 f. (unzulässige Einebnung der Unterschiede zwischen § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1; „wertender Ergebnisvergleich“ statt umfassender Interessenabwägung). 341 Etwaige Zweifel über den Regelungscharakter einer Klausel (z.B. Ankündigung einer Taschenkontrolle im Supermarkt, dazu BGH v. 3.7.1996 – VIII ZR 221/95, NJW 1996, 2574; Irrtumsvorbehalt in Katalogangaben eines Mobilfunktanbieters, BGH v. 4.2.2008 – VIII ZR 32/08, NJW 2009, 1337; Abwicklungsrichtlinien für Leasinggeschäft, dazu BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, NJW 2014, 2269 (2270 f.)) sind bei der Frage der Anwendbarkeit des AGB-Rechts im Rahmen des § 305 Abs. 1 zu klären. Soweit gebotene Regelungen in den AGB fehlen, können diese Lücken als solche zwar nicht Kontrollgegenstand sein, aber dazu führen, dass vorhandene Bestimmungen mangels erforderlicher Konkretisierungen oder Einschränkungen unangemessen sind, Staudinger/Coester Rz. 89. 342 Nach Ansicht von Becker Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz, 1986, S. 201 ist diese Gesamtschau nur im Rahmen des Abs. 1 möglich; allerdings dürfte auch eine „Gefährdung des Vertragszwecks“ (Abs. 2 Nr. 2) wohl ebenfalls nur unter Berücksichtigung sämtlicher Vertragsbedingungen zu beurteilen sein. Für Verbraucherverträge folgt die Notwendigkeit der Betrachtung des gesamten Vertragsinhalts aus Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG. 343 Staudinger/Coester Rz. 85; Becker S. 197 ff.; Wolf/Pfeiffer Rz. 157. 344 Becker S. 200 f.; Koch/Stübing § 9 AGBG Rz. 25; von Hoyningen-Huene Rz. 130 m.w.N.; Staudinger/Coester Rz. 85.

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bensverhältnis zu unangemessenen Folgen führt345; dies betrifft vor allem Fälle, in denen der Verwender in seinen AGB von gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten oder Regelungsalternativen Gebrauch macht346, z.B. durch Vereinbarung von Abtretungs- oder Übertragungsverboten347 (zur Kontrollfähigkeit Rz. 32 ff.); – Kontrolle von AGB-Bestimmungen in gesetzlich nicht geregelten Vertragstypen (daher Unanwendbarkeit des § 307 Abs. 2 Nr. 1), soweit es nicht um den Aushöhlungsaspekt (§ 307 Abs. 2 Nr. 2) geht348; dies betrifft insbesondere Laufzeitregelungen von Verträgen349; – das bereits früher von der Rechtsprechung in § 9 Abs. 1 AGBG angesiedelte Transparenzgebot ist nunmehr in § 307 Abs. 1 Satz 2 tatbestandlich verselbständigt, aber nach wie vor als Anwendungsfall der Generalklausel formuliert („Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben …“); vgl. dazu im Einzelnen Rz. 323 ff.; zur Anwendung auch auf Preis- und Leistungsbestimmungen gemäß Abs. 3 Satz 2 siehe Rz. 353 ff.; – falsche Darstellung der Rechtslage oder gar bewusste Irreführung des Vertragspartners, soweit diese Fälle nicht unter das Transparenzgebot subsumiert werden350. 96

Das Verbot unangemessener Benachteiligung setzt einer einseitigen Interessenverfolgung des Verwenders Grenzen und soll allzu starke, treuwidrige Abweichungen von einem (nicht: dem) angemessenen vertraglichen Interessenausgleich verhindern. Es ist verletzt, wenn der Verwender bei der Vertragsgestaltung von vornherein keine hinreichende Rücksicht auf berechtigte Belange des Vertragspartners nimmt, sondern einseitig seine eigenen Interessen durchzusetzen versucht351. Die Interventionsschwelle ist erreicht, wenn das Gleichgewicht der 345 Verneint z.B. in BGH v. 10.9.1997 – VIII ARZ 1/97, NJW 1997, 3437 (3439); zust. Roth JZ 1998, 251 (für formularmäßige gegenseitige Empfangsbevollmächtigung bei einer Mehrzahl von Mietern). 346 Str., wie hier für Kontrolle nach § 307 Abs. 1 von Hoyningen-Huene Rz. 123 ff.; Staudinger/Coester Rz. 85 jeweils m.w.N.; a.A. (Anwendung des Abs. 2 Nr. 1) z.B. Brandner (9. Aufl.) Anh. zu §§ 9–11 AGBG Rz. 285a; Stürner JZ 1977, 431 (432) (zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). 347 Vgl. zum Ausschluss der Abtretbarkeit nach § 399 Satz 2 etwa BGH v. 17.4.2012 – X ZR 76/11, NJW 2012, 2107 (Ausschluss der Abtretbarkeit von Mängelansprüchen aus Reiseverträgen); Zenker NJW 2003, 1915 (1916 f.) (Unübertragbarkeit von Flugtickets); Weller NJW 2005, 934 (Übertragungsverbot bei Fußball-WM-Tickets); Ensthaler/Zech NJW 2005, 3389 (Abtretungsverbote für Fußball-Bundesliga-Karten) jeweils m.w.N.; Slapnicar VuR 2006, 348. 348 Staudinger/Coester Rz. 86. 349 Vgl. z.B. BGH v. 13.7.1994 – IV ZR 107/93, NJW 1994, 2693 (2694) (Laufzeit bei Versicherungsvertrag, keine gesetzliche Regelung vorhanden); BGH v. 23.10.1996 – XII ZR 55/95, NJW 1997, 193 (Verwendungsrisiko bei Fitness-Studio-Vertrag, mietvertragliche Regelung unpassend); BGH v. 4.12.1996 – XII ZR 193/95, NJW 1997, 739 (Verlängerungsklausel bei Fitness-Studio-Vertrag, keine Verletzung des früheren § 11 Nr. 12b AGBG – jetzt § 309 Nr. 9b), aber Prüfung nach § 9 Abs. 1 AGBG – jetzt § 307 Abs. 1); näher hierzu unten Rz. 186 ff. 350 In diese Richtung Staudinger/Coester Rz. 87. 351 St. Rspr., vgl. nur BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, NJW 1984, 1182; BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 und 2328; BGH v. 30.10.1985 – VIII ZR 251/84, NJW 1986, 424; BGH v. 30.6.1994 – VII ZR 116/93, NJW 1994, 2825 (2826); BGH v. 24.5.1995 – XII ZR 172/94, NJW 1995, 2034 (2035); BGH v. 5.6.1997 – VII ZR 324/95, BGHZ 136, 27 (31); BGH v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022 (3023);

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Rechte und Pflichten zum Nachteil des Vertragspartners nicht unerheblich gestört ist, insb. durch eine Verlagerung des Vertragsrisikos, die seine Interessen erheblich beeinträchtigt352. Soweit keine individuell ausgehandelten Vertragsbedingungen vorliegen, darf der gebotene Schutz nicht mit der Erwägung relativiert werden, dass der Vertragspartner des AGB-Verwenders seine Interessen selbst wahrnehmen könne. Denn bei Verwendung von AGB (und gegenüber Verbrauchern auch bei sonstigen vorformulierten Bedingungen) trifft dies wegen der eingeschränkten Funktionsfähigkeit des Konditionenwettbewerbs gerade nicht zu353. Ob der in § 307 Abs. 1 Satz 1 neben der Unangemessenheit genannte Verstoß ge- 97 gen Treu und Glauben wirklich eigenständige Bedeutung im Sinne eines separaten, zusätzlichen Tatbestandsmerkmals hat, ist zweifelhaft354, kann letztlich aber dahingestellt bleiben. Das Kriterium der Treuwidrigkeit entfaltet jedenfalls mehrere wichtige Funktionen im Rahmen der Prüfung der Unangemessenheit einer Regelung355. Zum einen wird die Anknüpfung der Inhaltskontrolle an den objektiven Maßstab des § 242, wie er schon der früheren Rechtsprechung zugrunde lag, verdeutlicht356. In engem Zusammenhang damit steht der weitere Aspekt, dass dem Verwender, „der faktisch die Vertragsgestaltung einseitig okkupiert, … mittelbar die treuhandähnliche Obliegenheit zugewiesen (wird), dabei auch die Interessen der Gegenseite angemessen zu berücksichtigen“357. Als treuwidrig ist es demnach anzusehen, wenn die AGB-Aufstellung zur einseitigen, rücksichtslosen Verfolgung der eigenen Interessen genutzt wird358. Zum anderen weist die Treubindung des Verwenders auch in anderer Hinsicht den Weg zu einer inhaltlichen Ausrichtung des wertungsausfüllungsbedürftigen Begriffs der Unangemessenheit. So besteht ein enger Bezug zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch im AGB-Recht als Bewertungskriterium anerkannt ist359.

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BGH v. 5.11.1998 – III ZR 95/97, NJW 1999, 635 (636); BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110 (1112); BGH v. 14.3.2012 – XII ZR 44/10, NJW 2012, 2501 (2502); BGH v. 3.12.2014 – VIII ZR 224/13, NZM 2015, 79 (81); Stoffels Rz. 468; Staudinger/Coester Rz. 97; Wolf/Pfeiffer Rz. 158; von Hoyningen-Huene Rz. 133 m.w.N. BGH v. 5.11.1998 – III ZR 95/97, NJW 1999, 635 (637); BGH v. 9.5.1996 – III ZR 209/95, VersR 1997, 319; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 71 a.E. Zum Schutzzweck des AGB-Rechts siehe Vor § 307 Rz. 26 ff.; problematisch oder zumindest missverständlich daher BGHZ 90, 280 (286) = NJW 1984, 1531, wonach es nicht die Aufgabe des früheren § 9 AGBG (jetzt § 307) sei, „voll geschäftsfähige Personen vor den nachteiligen Folgen voreiliger oder nicht hinreichend überlegter Vertragsschlüsse zu bewahren“; das ist unzutr., soweit es um die nachteiligen Folgen aus dem Inhalt der AGB geht. Verneinend Staudinger/Coester Rz. 97 (kein „zusätzliches Tatbestandsmerkmal neben der Unangemessenheit“, sondern „Verdeutlichung ihres Bezugspunkts“ und insoweit in mehrerlei Hinsicht „hilfreich“); ähnlich Stoffels Rz. 468 („Bewertungseinheit“); für eigenständige Bedeutung dagegen Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 70, 73; von Hoyningen-Huene Rz. 139 ff.; wohl auch Wolf/Pfeiffer Rz. 173 („Die Gebote von Treu und Glauben […] sind der entscheidende Maßstab der Inhaltskontrolle“). Zutr. für Bewertungseinheit im Sinne einer engen, unauflöslichen Verbindung des Angemessenheitskriteriums mit dem Gebot von Treu und Glauben Stoffels Rz. 468. von Hoyningen-Huene Rz. 139; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 73; MünchKomm/ Wurmnest Rz. 32; Wolf/Pfeiffer Rz. 173. Staudinger/Coester Rz. 97. Vgl. die Nachw. oben Fn. 351. BGH v. 29.4.2010 – Xa ZR 5/09, NJW 2010, 1958 (1960); Staudinger/Coester Rz. 98; Wolf/Pfeiffer Rz. 177; Fastrich S. 317 m.w.N.; vgl. auch die Rspr. zur Vertragsstrafe Rz. 106.

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Dagegen hätte es der Implementierung des Gebotes von Treu und Glauben in den Tatbestand des § 307 Abs. 1 nicht bedurft, um das Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung zu begründen360, das Tor für eine mittelbare Drittwirkung der Grundrechte zu öffnen361 oder die Kontrolle auf Benachteiligungen von nicht unerheblichem Gewicht zu beschränken362. All dies lässt sich vielmehr auch schon aus dem Begriff der Unangemessenheit ableiten. b) Zweistufige Angemessenheitsprüfung 98

Die AGB-rechtliche Wirksamkeitskontrolle am Maßstab der unangemessenen Benachteiligung erfolgt in einem zweistufigen Prüfungsverfahren363: In einem ersten Schritt gilt es festzustellen, ob eine „Benachteiligung“ des Vertragspartners vorliegt. Das ist der Fall, wenn er durch die fragliche Klausel schlechter gestellt wird im Vergleich zur Rechtslage ohne die betreffende Bestimmung364. Dieser wertneutralen, deskriptiven Feststellung einer für den Kunden nachteiligen Rechtslagendivergenz, die weitgehend mit der Ermittlung der Kontrollfähigkeit der Abrede übereinstimmt365, schließt sich in einem zweiten Schritt die wertende Beurteilung der Angemessenheit oder Unangemessenheit der abweichenden Regelung an. Diese setzt eine eingehende Analyse und Abwägung der Interessen der Vertragsparteien voraus. Auch insoweit entfaltet jedoch das zuvor aufgedeckte normative Leitbild (die ohne die fragliche Klausel geltende Regelung) eine Orientierungsfunktion. Denn die Interessenbewertung durch den Richter darf nicht nach eigenen (subjektiven) Gerechtigkeitsvorstellungen erfolgen, sondern ist an den gesetzlichen Vorgaben auszurichten366.

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Die Aufspaltung der Prüfung in die Ermittlung des (objektiven) rechtlichen Vergleichsmaßstabs und den eigentlichen Abwägungsvorgang führt dazu, der erforderlichen umfänglichen Berücksichtigung und Bewertung der beiderseitigen Interessen klarere Konturen zu geben und der Gefahr einer uferlosen Kasuistik und Billigkeitsrechtsprechung (zumindest tendenziell) entgegenzuwirken367. Denn gegenüber einer unstrukturierten umfänglichen Interessenabwägung hat diese Vorgehensweise den Vorteil, dass die Analyse und Gewichtung an normativ vorgegebenen Wertungen ausgerichtet wird. Der Fokus liegt von vornherein darauf, ob die fragliche Klausel von dem Maßstab oder Leitbild einer angemessenen Regelung und der darin zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Interessenbewertung zu Lasten der geschützten Partei in nicht mehr hinnehmbarer Weise abweicht. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff der Unangemessenheit selbst weitgehend unbestimmt und damit ausfüllungsbedürftig ist368. Das Tatbestandsmerkmal enthält insoweit primär die Aufforderung an den Rechtsanwen360 Anders von Hoyningen-Huene Rz. 142; wohl auch Wolf/Pfeiffer Rz. 174 ff.; wie hier Staudinger/Coester Rz. 97. 361 So aber Wolf/Pfeiffer Rz. 176; näher dazu mit Anwendungsbeispielen Rz. 161. 362 Daran anknüpfend aber die h.M., vgl. näher unten Rz. 100 ff., 128. 363 Fastrich S. 280 ff.; Stoffels Rz. 466; PWW/Berger Rz. 7; a.A. Staudinger/Coester Rz. 108 (untrennbare hermeneutische Verknüpfung der einzelnen Schritte der Interessenabwägung). 364 von Hoyningen-Huene Rz. 134; Staudinger/Coester Rz. 90. 365 Staudinger/Coester Rz. 90; siehe Rz. 27. 366 Fastrich S. 281. 367 Fastrich S. 280 f. 368 Vgl. von Hoyningen-Huene Rz. 137 f., der aber zu weit geht, wenn er dem Begriff der Angemessenheit bzw. Unangemessenheit selbst keinerlei Wertung entnehmen will; insoweit krit. auch Staudinger/Coester Rz. 96.

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der, „das Ausmaß der Benachteiligung zu messen und zu bewerten“369. Eine gewisse inhaltliche Richtung gewinnt es durch die Bezugnahme auf das Gebot von Treu und Glauben, mit dem es eine unauflösliche Bewertungseinheit bildet370. aa) Benachteiligung von nicht unerheblichem Gewicht Den ersten Schritt stellt die notwendige Feststellung einer rechtlichen Schlech- 100 terstellung im Vergleich zur Rechtslage ohne die fragliche AGB-Bestimmung dar371. Sie deckt sich zunächst weitgehend mit der Prüfung der Kontrollfähigkeit, da es sich bei fehlender Abweichung lediglich um eine kontrollfreie deklaratorische Klausel handeln würde. Der erforderliche (objektive) rechtliche Vergleichsmaßstab für die Inhaltskontrolle ist in möglichst enger Anbindung an normative Wertungen zu entwickeln (vgl. zur „Leitbildfunktion“ des dispositiven Gesetzesrechts unten Rz. 221 ff. und zu den Grundsätzen für die Entwicklung eines normativen Leitbilds bei Fehlen derartiger Vorschriften unten Rz. 246 ff.). Selbstverständlich ist nicht jede Verschlechterung der Rechtsposition des Vertragspartners eines AGB-Verwenders problematisch, sondern nur eine „unangemessene“ Benachteiligung. Fraglich könnte aber sein, ob bereits die Feststellung einer (geringen) Rechtslagendivergenz zu Lasten des Vertragspartners die Notwendigkeit einer umfänglichen Interessenabwägung auslöst372. Das ist zu verneinen. Soweit ersichtlich, wird ganz überwiegend verlangt, dass die Benachteiligung von nicht unerheblichem Gewicht sein muss373. Diese nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut folgende Einschränkung der Kontrollintensität wird überwiegend aus dem Erfordernis eines Verstoßes gegen Treu und Glauben abgeleitet374, ließe sich aber auch als integraler Bestandteil der Unangemessenheitsprüfung begreifen375, zumal das Erfordernis einer nicht nur ganz geringfügigen Benachteiligung auf der Grenze zwischen Feststellung und Wertung liegt376. Für 369 von Hoyningen-Huene Rz. 138; ebenso Staudinger/Coester Rz. 96 („Wertungsaufgabe für den Rechtsanwender im Einzelfall“). 370 Treffend Stoffels Rz. 468; vgl. bereits oben Rz. 97. 371 BGH v. 26.1.1994 – VIII ZR 39/93, NJW 1994, 1069 (1070); von Hoyningen-Huene Rz. 134; Staudinger/Coester Rz. 90; Stoffels Rz. 467. 372 Vgl. aber BGH v. 9.6.2011 – III ZR 157/10, MMR 2012, 24 (26), der die Feststellung des Berufungsgerichts unwidersprochen lässt, dass eine unangemessenen Benachteiligung bestehe, „weil“ erheblich vom gesetzlichen Leitbild abgewichen werde. 373 Staudinger/Coester Rz. 91; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 73; ähnlich (Nachteile „von erheblicherem Gewicht“) schon Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/5422 S. 6 zu § 9; auch in der übrigen Literatur wird mit im Einzelnen unterschiedlichen Formulierungen fast einhellig die Überschreitung einer gewissen Relevanzschwelle der Benachteiligung verlangt, vgl. nur Wolf/Pfeiffer Rz. 177; von HoyningenHuene Rz. 143, 266; Palandt/Grüneberg Rz.12 (Nachteile „von einigem Gewicht“); Koch/Stübing § 9 AGBG Rz. 18 (Benachteiligung „von erheblichem Gewicht“); a.A. (geringfügige Benachteiligung nicht per se irrelevant) Stoffels Rz. 471. 374 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 73; von Hoyningen-Huene Rz. 143; Wolf/Pfeiffer Rz. 177. 375 Staudinger/Coester Rz. 91, der auf die „von Verfassungs wegen herzustellende Konkordanz zwischen Privatautonomie und rechtlicher Schutzintervention“ verweist. 376 Vgl. z.B. aus der Rspr. zuletzt BGH v. 8.11.2005 – KZR 18/04, ZIP 2006, 288 (289) = EWiR § 9 AGBG 1/06, 180 (Hensen) (Zurückweisung des Arguments der nicht nennenswerten Belastung des Tankstellenverwalters mit der Vorfinanzierung kreditierter Verkaufserlöse, die schon vor Zahlungseingang beim Tankstellenbetreiber im Rahmen monatlicher Abschlagszahlungen an das Mineralölunternehmen abzuführen sind, mit

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die Ausgrenzung von Bagatellnachteilen auf einer möglichst frühen Stufe der Prüfung sprechen die Gesichtspunkte der Verfahrensökonomie und Rechtssicherheit. In derartigen Fällen sollte man grundsätzlich erst gar nicht in eine umfängliche Interessenanalyse und -bewertung eintreten. Vielmehr kommt dem Merkmal eine Filterfunktion zu: Die Notwendigkeit der Identifizierung eines nicht unerheblichen Nachteils für den Vertragspartner bereits auf der ersten Stufe entlastet die Angemessenheitsprüfung und fördert die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Zugleich wirkt sie tendenziell der Gefahr einer Erstarrung des dispositiven zum zwingenden Recht entgegen, indem sie deutlich macht, dass auch bei Verwendung von AGB weiterhin ein – wenn auch begrenzter – Gestaltungsspielraum verbleibt377. Die Rechtsprechung wird dem leider nicht immer gerecht378, sondern lässt vielfach eine „Tendenz zur Kleinlichkeit“ und „geradezu pedantische Urteile“ erkennen379. Ist kein legitimes Interesse des Verwenders an der Klauselregelung erkennbar, kann allerdings auch eine nur geringfügige Belastung des Vertragspartners bereits als unangemessene Benachteiligung angesehen werden380. Ein Sonderproblem stellt die (notwendige) Erfassung der massenhaften Zufügung individueller Bagatellnachteile dar (z.B. durch die Wertstellungspraxis der Banken) (dazu unten Rz. 129 ff.). bb) Unangemessenheit 102

Wird eine nicht nur unerhebliche Benachteiligung festgestellt, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die rechtliche Schlechterstellung unangemessen ist und den Geboten von Treu und Glauben widerspricht. Die Bestimmung der Schwelle, von der an die Abweichung von dem im Leitbild manifestierten angemessenen Interessenausgleich (der ja grundsätzlich nicht der einzig mögliche ist!) nicht mehr hinnehmbar erscheint, ist im Wege einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts vorzunehmen381. Für diesen Wertungsakt müssen die einschlägigen Interessen der Parteien identifiziert, gewichtet und – nach Feststellung des Ma-

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einer Mischung aus tatsächlichen und normativen Erwägungen: Eine generelle Aussage in Bezug auf die Spürbarkeit der Belastung sei nicht möglich, da sie allein von der tatsächlichen Kreditgewährung im Einzelfall abhänge und der Wortlaut der Klausel keine Einschränkung enthalte. Schon vorher hatte der BGH konstatiert, die Vorfinanzierung solcher Beträge sei „regelmäßig mit finanziellen Nachteilen verbunden, die einem Handelsvertreter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen billigerweise nicht auferlegt werden können.“ Vgl. Fastrich S. 299 f. Vgl. zum erforderlichen Gewicht der Benachteiligung z.B. BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (180); BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919; OLG Hamm v. 27.2.1981 – 4 REMiet 4/80, NJW 1981, 1049 (1050); OLG Frankfurt v. 10.11.1986 – 4 U 147/85, NJW-RR 1987, 1462 (1463); OLG Stuttgart v. 12.2.1988 – 2 U 159/87, NJW 1988, 1150 (1151). So ausdrücklich Fastrich S. 299 f.; krit. auch Schlosser JR 1988, 1 (4 ff.) („Übereifer“ der Rspr.). So BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, NJW 2005, 2919 (2923) (Verpflichtung der Kunden eines Versorgungsunternehmens, auch bei rechtzeitigem Widerspruch gegen die Rechnung das Entgelt zu bezahlen und die möglicherweise bestehenden Einwände in einem Rückforderungsprozess geltend zu machen); zust. Staudinger/Coester Rz. 91 („Gewicht des Nachteils keine statische Größe“). Vgl. allgemein zum Erfordernis einer Interessenabwägung im Rahmen der Inhaltskontrolle nach Abs. 1 statt aller Fastrich S. 306 ff.; von Hoyningen-Huene Rz. 142, 154 ff.; Staudinger/Coester Rz. 107 ff. (auch zur methodischen Grundstruktur); Wolf/Pfeiffer Rz. 174.

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ßes ihrer Beeinträchtigung bzw. Förderung durch die fragliche Klausel – gegeneinander abgewogen werden382. Die Unterscheidung dieser Teilakte oder Elemente der erforderlichen umfassenden Interessenabwägung trägt dazu bei, die Transparenz und Konturen dieses Bewertungsvorgangs zu erhöhen383. Zunächst gilt es, die durch eine Regelung der fraglichen Art typischerweise tan- 103 gierten Interessen der Vertragsparteien zu identifizieren. Dabei ist im Rahmen einer generalisierenden Betrachtungsweise grundsätzlich auf die typischen Interessen der an Geschäften dieser Art üblicherweise Beteiligten abzustellen384. Auszugehen ist von der konkreten Klausel, deren Angemessenheit in Frage steht, doch ist deren Einbindung in den und Funktion im Gesamtvertrag zu berücksichtigen. Eine zutreffende Erfassung setzt voraus, dass der wirtschaftliche Zweck der jeweiligen vertraglichen Gestaltung aufgedeckt wird385. Die berücksichtigungsfähigen Interessen der Vertragsparteien sowie Dritter, die aus dem Vertrag Rechte herleiten können oder durch ihn unmittelbar berechtigt sind386, sind vielfältig und entziehen sich einer erschöpfenden Aufzählung (näher Rz. 120 ff.). Die Äquivalenz der vertraglichen Hauptleistungen, das Preis-/Leistungsverhältnis als solches, bleibt nach § 307 Abs. 3 kontrollfrei und ist daher für die Interessenabwägung nicht unmittelbar relevant, doch kann die letztlich entscheidende Frage, ob das Gleichgewicht der Rechte und Pflichten durch die Vertragsgestaltung zum Nachteil des Vertragspartners des Verwenders nicht unerheblich gestört ist, nur unter Berücksichtigung der (Charakteristika der) beiderseitigen Hauptleistungen und der daraus resultierenden Interessenlage der Parteien beantwortet werden. Im nächsten Schritt erfolgt eine Gewichtung und Abwägung der betroffenen In- 104 teressen. In die Einschätzung des Stellenwerts des jeweils tangierten Interesses geht die Frage ein, ob es sich um ein (verfassungs-)rechtlich besonders geschütztes Interesse oder lediglich um ein solches wirtschaftlicher oder sonstiger Art handelt, das allgemein von der Rechtsordnung anerkannt ist387. Die Beeinträchtigung eines verfassungsrechtlich unter besonderem Schutz stehenden Rechtsguts des Kunden wie z.B. seiner Privatsphäre388 oder seiner Informations- und 382 Vgl. zu diesen drei Gedankenschritten auch von Hoyningen-Huene Rz. 155 ff.; Staudinger/Coester Rz. 107; MünchKomm/Wurmnest Rz. 33. 383 Übereinstimmend Stoffels Rz. 468 ff. 384 BGH v. 29.10.1956 – II ZR 79/55, BGHZ 22, 90 (98); BGH v. 8.10.1986 – VIII ZR 342/85, BGHZ 98, 303 (308) und st. Rspr.; Wolf/Pfeiffer Rz. 77; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 78 m.w.N.; vgl. näher Rz. 111 ff. 385 Vgl. Stoffels Rz. 469, bei dem aber unklar bleibt, ob er auf die konkrete Klausel oder den Gesamtvertrag (das Austauschverhältnis) abstellt. Siehe auch BAG 7.6.2011 – 1 AZR 807/09, NZA 2011, 1234 (1236); BAG v. 8.12.2010 – 10 AZR 171/09, NZA 2011, 628 (630). 386 BGH v. 23.6.1999 – IV ZR 136/98, NJW 1999, 3558 (3559); BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2044); siehe auch Staudinger/Coester Rz. 142 ff.; näher unten Rz. 133 ff. 387 Abwägungsfähig sind alle rechtlich anerkannten Interessen der Parteien, vgl. nur Wolf/ Pfeiffer Rz. 175; näher dazu unten Rz. 120 ff. 388 Vgl. BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, NJW 1999, 1864 f.; BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2282); BGH v. 27.1.2000 – I ZR 241/97, NJW 2000, 2677 (2678) (formularmäßiges Einverständnis mit Telefonwerbung unwirksam, da die Klausel ein praktisch unkontrolliertes Eindringen in die Privatsphäre des Kunden ermöglicht und diese schwerwiegende Beeinträchtigung des hohen Schutzguts nicht durch die Werbeund Gewinninteressen der Verwender gerechtfertigt werden kann); siehe Jankowski GRUR 2010, 495.

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Meinungsfreiheit kann nur durch sehr gewichtige Interessen des Verwenders gerechtfertigt werden. Ferner gilt als generelle Leitlinie, dass einerseits bloße Praktikabilitätsgründe eine erhebliche Benachteiligung des Vertragspartners nicht rechtfertigen können389, andererseits bedeutende Rationalisierungsvorteile auf Seiten des Verwenders sich gegenüber einer lediglich untergeordneten Benachteiligung des Vertragspartners durchsetzen390. Im Übrigen lässt sich allgemein sagen, dass der Rechtfertigungsdruck umso stärker ist, je tiefer der Verwender in die geschützte Interessensphäre des Vertragspartners eingreift und je weiter sich die Gestaltung vom normativen Leitbild entfernt391. Allerdings darf bei atypischen Vertragsgestaltungen trotz einer womöglich großen Diskrepanz zum gesetzlichen Modell nicht vorschnell auf die Unangemessenheit geschlossen werden, da bei abweichenden oder ungewöhnlichen Geschäftsmodellen ein angemessener Interessenausgleich auch auf einem alternativen Weg verwirklicht sein kann392. 105

Aus der Bezugnahme auf das Gebot von Treu und Glauben in § 307 Abs. 1 folgt, dass die Grundsätze der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit i.e.S. zu beachten sind393. Die den Vertragspartner belastende Bestimmung muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem Verwenderinteresse stehen. Das bedeutet zunächst, dass sie die Belange des Kunden nicht stärker beeinträchtigen darf, als es zur Förderung des anerkennenswerten Interesses des Verwenders geboten ist. Daraus wird häufig abgeleitet, dass die Bestimmung nur möglichst geringfügig von der gesetzlichen oder vertragstypischen Regelung abweichen darf394 und möglichst kundenfreundlich ausgestaltet werden soll395. Allerdings darf das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben im Privatrecht nicht in der Weise interpretiert werden, dass sich aus der Interessenabwägung immer nur eine einzige angemessene Lösung des Interessenkonflikts zwischen Verwender und Kunde ableiten ließe. Vielmehr ist auch der Gestaltungsfreiheit des AGB-Verwenders angemessen Raum zu geben und Klauseln nur bei einer erheblich einseitigen, unfairen Verteilung von Rechten und Pflichten die Anerkennung zu versagen, nicht aber bereits dann, wenn eine al389 BGH v. 16.11.1992 – II ZR 184/91, NJW 1993, 2442 (2444). 390 So z.B. BGH v. 10.1.1996 – XII ZR 271/94, NJW 1996, 988 (Lastschriftklausel); vgl. BGH v. 14.1.2014 – XI ZR 355/12, NJW 2013, 307 (312) (Herausgabeanspruch Wertpapiergeschäft). 391 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 141. 392 Vgl. Stoffels Rz. 471. 393 Vgl. Staudinger/Coester Rz. 98, 162; Wolf/Pfeiffer Rz. 177; Fastrich S. 317 jeweils m.w.N. 394 Vgl. z.B. BGH v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 = NJW 1986, 2428 (Fakultativklausel in Überweisungsformularen von Banken); BGH v. 11.2.1987 – VIII ZR 56/86, NJW 1987, 1692 (freie Widerruflichkeit der Erlaubnis zur Untervermietung als zu weit gehende Abweichung von § 549 a.F., vgl. jetzt §§ 540, 553). 395 Vgl. etwa BGH v. 17.5.1991 – V ZR 140/90, BGHZ 114, 338 = NJW 1991, 2141 (Gebot erträglicher Ausgestaltung einer Kaufzwangklausel im Erbbaurechtsvertrag); BGH v. 7.6.1989 – VIII ZR 91/88, NJW 1989, 2247 (Beschränkung der Kleinreparaturklausel in Wohnraummietverträgen auf die dem Zugriff des Mieters ausgesetzten Sachen und Höchstbetrag für den Fall eines gehäuften Reparaturbedarfs innerhalb eines Jahres); BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 174/79, NJW 1980, 2518; BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 (27) = NJW 1982, 331; BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 198/84, BGHZ 94, 335 (341) = NJW 1985, 2270; BGH v. 6.4.1989 – III ZR 281/87, NJW 1989, 1796 (Wirksamkeit von Preis- und Konditionenanpassungsklauseln nur unter konkret festgelegten Voraussetzungen oder – im Falle fehlender Konkretisierungsmöglichkeit – bei Einräumung eines angemessenen Vertragslösungsrechts für den Kunden als Ausgleich); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 74 m.w.N.

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ternative Gestaltung denkbar erscheint, die den Kunden noch geringfügig besser stellen würde396. Das grundsätzliche Gebot zur weit gehenden Schonung der Kundeninteressen im Sinne der Erforderlichkeit einer belastenden Regelung zur Wahrung des Verwenderinteresses wird ergänzt durch ein Übermaßverbot397: Pflichten und Sanktionen, die dem Vertragspartner zum Schutz eines berechtigten Interesses des Verwenders auferlegt werden, dürfen nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehen, insbesondere dürfen leichte Verstöße nicht mit allzu schweren Sanktionen geahndet werden398. Für Vertragsstrafenklauseln folgt daraus, dass sie (sofern sie nicht schon nach § 309 Nr. 6 unwirksam sind) einer konkreten und angemessenen Eingrenzung bedürfen, die das Gewicht der Vertragsverletzung nicht außer Acht lässt und eine Begrenzung der Gesamtsumme nach oben vorsieht399. Diese darf in einem Bauvertrag zu Lasten des Auftragnehmers nicht mehr als 5% der Auftragssumme betragen400. Für unterschiedliche Verstöße nebeneinander muss dagegen eine Summierung von Vertragsstrafen nicht durch ei396 Vgl. z.B. BGH v. 24.10.2002 – I ZR 3/00, NJW 2003, 2014 (2016) (Angemessenheit einer CPU-Klausel [Bindung des Programmeinsatzes an einen bestimmten Rechner] in Softwarelizenzvertrag wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Lizenzgeber sich auch bestimmte Auskunftspflichten, Kontrollbefugnisse etc. ausbedingen könnte, um eine Beschränkung des Nutzungsumfangs der Software bei einem Austausch des Rechners zu überwachen, da ihm eine derartige komplizierte Regelung nicht zur Pflicht gemacht werden könne); BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774 (1776); unklar insoweit Staudinger/Coester Rz. 98, der einen „möglichst geringfügigen“ Eingriff verlangt; damit würden jedoch die Anforderungen überspannt. 397 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 74; Staudinger/Coester Rz. 98. 398 BGH v. 4.10.1989 – IVa ZR 220/87, NJW 1990, 767 (768 f.) (Leistungsfreiheit einer privaten Krankenversicherung bei geringfügiger Obliegenheitsverletzung); BGH v. 24.4.1991 – VIII ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1013 (1014); BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774 (1775) (keine Ersatzpflicht eines Busreiseunternehmens bei abhanden gekommenen Fahrscheinen); Staudinger/Coester Rz. 98, 162; Wolf/Pfeiffer Rz. 177. 399 Vgl. aus der älteren Rspr. BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305 (314) = NJW 1983, 385; BGH v. 25.9.1986 – VII ZR 276/84, NJW 1987, 380; BGH v. 14.1.1999 – VII ZR 73/98, NJW 1999, 1108; BGH v. 22.10.1987 – VII ZR 167/86, ZIP 1988, 169; BGH v. 19.1.1989 – VII ZR 348/87, ZIP 1989, 243 und 1066; für Vertragshändlerverträge BGH NJW 1997, 3233 und aus der jüngeren Rspr. BGH v. 13.11.2013 – I ZR 77/12, NJW 2014, 2180 (2180 f.). Gegenüber den Vertragsstrafeversprechen in den Veräußerungsverträgen der Treuhandanstalt zur Absicherung von Investitions- und Arbeitsplatzzusagen der Erwerber hat die Rspr. einen etwas großzügigeren Maßstab angelegt, vgl. BGH v. 7.5.1997 – VIII ZR 349/96, NJW 1998, 2600; BGH v. 26.5.1999 – VIII ZR 102/98, NJW 1999, 2662. Bei formularmäßigen Sicherungsverträgen ist dagegen seit dem Beschluss des Großen Senats BGH v. 27.11.1997 – GSZ 1797, GSZ 2/97, BGHZ 137, 212 (222) die ausdrückliche Festlegung einer zahlenmäßig bestimmten, angemessenen Deckungsgrenze keine Wirksamkeitsvoraussetzung, vgl. näher Teil 2, (43) Sicherungsklauseln Rz. 18. 400 BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805 (Aufgabe von BGH v. 25.9.1986 – VII ZR 276/84, NJW 1987, 380). Der BGH billigte aber den Verwendern für Altverträge, die vor Bekanntwerden der neuen Rspr. geschlossen wurden und eine Auftragssumme von etwa 13 Mio. DM nicht überschritten, Vertrauensschutz hinsichtlich der Zulässigkeit einer Obergrenze von 10% zu, BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, NJW 2003, 1805 (1809) (im konkreten Fall aber verneint, da es um eine mehr als doppelt so hohe Auftragssumme ging); bestätigt und konkretisiert durch BGH v. 8.7.2004 – VII ZR 24/03, ZIP 2004, 1855 (1856 f.) (Unwirksamkeit einer Vertragsstrafe mit 10% Obergrenze bei 15 Mio. DM Abrechnungssumme; Vertrauensschutz nur für Verträge mit einer geringeren Abrechnungssumme und Abschlussdatum bis zum 30.6.2003); BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133/11, NZBau 2013, 222; BAG v. 21.4.2005 – 8

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ne Obergrenze beschränkt werden401. Generell problematisch ist der Vorbehalt einer schadensunabhängigen Privatstrafe für den Fall gesetzlich oder vertraglich verbotenen Verhaltens des Vertragspartners (z.B. Beteiligung an Submissionsabsprachen)402. 107

Das Ziel der Interessenabwägung ist ein Werturteil über die Frage, ob die AGBKlausel von einem fairen Interessenausgleich zu Lasten des Vertragspartners erheblich abweicht und daher eine nicht mehr hinnehmbare Regelung darstellt. Zumindest missverständlich sind dagegen die in Rechtsprechung und Literatur vielfach anzutreffenden Formulierungen, nach denen die Inhaltskontrolle „einen angemessenen Interessenausgleich sicherstellen“ solle403. Richtigerweise geht es lediglich um die Verhinderung einer treuwidrigen Benachteiligung404. Denn auch im Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle besteht ein gewisser, wenngleich limitierter privatautonomer Gestaltungsspielraum405. Andernfalls, d.h. bei starrem Festhalten an einem „Optimum“ an inhaltlicher Ausgewogenheit jedweder AGB-Bestimmung, wären Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und die Anpassungsfähigkeit der Privatautonomie gefährdet. Gewisse Einschränkungen der Rechtsposition der Kunden im Vergleich zum Leitbild können durchaus durch überwiegende Interessen des Verwenders gerechtfertigt sein. c) Schutzrichtung

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Die Inhaltskontrolle soll den Vertragspartner des Verwenders vor einer unangemessenen Benachteiligung schützen. Ob eine Klausel den Verwender selbst (ebenfalls) belastet, ist dagegen unerheblich406. Dieser kann keinen Schutz vor den von ihm verwendeten AGB beanspruchen und sich nicht auf deren Unwirksamkeit berufen407. Das gilt auch für Klauselwerke, die von Dritten entworfen worden sind, dem Verwender aber bei Verbraucherverträgen nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 zugerechnet werden408. Die Nachteile, vor denen der Vertragspartner geschützt wird, können ihm gegenüber dem Verwender, aber auch im Verhältnis

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AZR 425/04, NZA 2005, 1053 (1056) (Vertragsstrafe für Arbeitnehmerpflichtverletzung); BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, NZA 2006, 34 (37) (Wettbewerbsverstöße). BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600. BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24 = NJW 1988, 2536. So z.B. BGH v. 23.10.1996 – XII ZR 55/95, NJW 1997, 193 (195); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 70. Zu Recht auf den Unterschied zwischen positiver und negativer Formulierung der Kontrollfrage hinweisend Staudinger/Coester Rz. 95 a.E.; für „akademisch“ hält den Streit Stoffels Rz. 468 Fn. 24, obwohl er erkennt, dass die Entstehungsgeschichte des AGBGesetzes eindeutig für die negative Fassung der Kontrollfrage spricht. Die ursprünglich vorgesehene Formulierung des Tatbestands (Unwirksamkeit einer AGB-Bestimmung bei nicht angemessenem Ausgleich der Interessen; siehe § 7 Abs. 1 RegE, BT-Drucks. 7/3919 S. 5) ist auf Intervention des Rechtsausschusses nicht Gesetz geworden, vgl. BTDrucks. 7/5422, S. 6 zu § 9. Vgl. Fastrich S. 299 f. m.w.N. BGH v. 10.10.1991 – VII ZR 2/91, NJW 1992, 433 (Schiedsgutachtenklausel); Wolf/Pfeiffer Rz. 95; Staudinger/Coester Rz. 94. Vgl. z.B. BGH v. 4.12.1986 – VII ZR 354/85, NJW 1987, 837 (838); BGH v. 14.7.1987 – X ZR 38/86, NJW 1987, 2818 (2820); BGH v. 30.10.1990 – IX ZR 9/90, NJW 1991, 353 (354); BAG v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05, BB 2006, 1003 (1004); OLG Düsseldorf v. 28.4.1999 – 11 U 69/98, NJW-RR 2000, 279 (284); OLG Köln v. 12.4.1995 – 19 U 169/94, BauR 1995, 708 (Vertragsstrafenklausel in Bauvertrag); von Hoyningen-Huene Rz. 23; Wolf/Pfeiffer Rz. 95; Stoffels Rz. 89 m.w.N. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 75.

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zu Dritten drohen409. Dem Verwender selbst müssen aus der Benachteiligung des Vertragspartners keine (auch nur mittelbaren) Vorteile erwachsen410. In den Schutz des § 307 einbezogen sind die Interessen Dritter, die eigene Rechte 109 aus dem Vertrag herleiten können, sei es infolge der Einbeziehung in die Schutzwirkungen des Vertrages, sei es als Begünstigte eines Vertrages zu Gunsten Dritter (§ 328)411. Auf Grund ihrer unmittelbaren Rechtsbeziehung zum Verwender stehen solche Dritten einer direkten Vertragspartei gleich412. Dies gilt auch für den (Einzel-)Rechtsnachfolger des Vertragspartners413, während seine künftigen Erben wie andere Dritte zu behandeln sind414, sofern die fragliche Klausel nicht von vorneherein auf deren Benachteiligung nach dem Tod des Erblassers gerichtet ist415. Aus der auf den Vertragspartner des Verwenders bezogenen Schutzrichtung folgt, dass die Interessen Dritter oder gar der Allgemeinheit jedenfalls für sich genommen nicht die Unwirksamkeit einer Klausel begründen können. Nicht ausgeschlossen ist dagegen die (Mit-)Berücksichtigung von Dritt- oder Allgemeininteressen im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung, sofern sie in die gleiche Richtung wie die Interessen des Vertragspartners laufen (näher unten Rz. 134 ff.).

2. Generelle Anwendungs- und Bewertungsrichtlinien a) Generalisierende und typisierende Betrachtungsweise Für die Identifizierung und Abwägung der relevanten Interessen kommt es nach allgemeiner Auffassung – im Einklang mit dem generell-abstrakten Charakter von AGB – nicht auf die konkreten Vertragsparteien und Umstände des Einzelfalls an, sondern auf eine überindividuell generalisierende und typisierende Betrachtungsweise416. Da der Verwender mit seinen AGB eine einheitliche Grundlage für eine Vielzahl von Geschäftsabschlüssen schaffen will, muss er bei ihrer Formulierung Rücksicht auf die typischen Interessen der anderen Seite neh-

409 Palandt/Grüneberg Rz. 11 a.E.; Staudinger/Coester Rz. 93; vgl. z.B. BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 (unwiderruflicher Überweisungsauftrag in AGB der kreditgebenden Bank führt zum Verlust von Rechten des Kreditnehmers gegenüber dem Bauunternehmer). 410 BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82 (93) = NJW 1988, 1726 (1728 f.); Staudinger/Coester Rz. 93. 411 BGH v. 15.6.1989 – VII ZR 205/88, NJW 1989, 2750; BGH v. 16.11.1992 – II ZR 184/91, NJW 1993, 2442; Wolf/Pfeiffer Rz. 166; vgl. aber hierzu auch BGH v. 5.11.2011 – VIII ZR 289/09, MMR 2011, 447 (449). 412 Zur Berücksichtigung der Interessen (sonstiger) Dritter und der Allgemeinheit siehe Rz. 134 ff. 413 BGH v. 30.5.1990 – IV ZR 266/89, NJW 1990, 2686; a.A. Dörner NJW 1991, 409. 414 BGH v. 5.5.1982 – IVa ZR 264/80, NJW 1982, 2314 (2316); zust. Wolf/Pfeiffer Rz. 169. 415 BGH v. 8.10.2013 – XI ZR 401/12, NJW 2013, 3716 (3719). 416 St. Rspr., siehe nur BGH v. 8.10.1986 – VIII ZR 342/85, BGHZ 98, 303 = NJW 1987, 487; BGH v. 9.2.1990 – V ZR 200/88, BGHZ 110, 241 = NJW 1990, 1601; BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369 (2371); BGH v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022 (3024); BGH v. 18.9.1997 – IX ZR 283/96, NJW 1997, 3372 (3374); BGH v. 20.1.2000 – VII ZR 46/98, NJW 2000, 2106 (2107); BGH v. 13.12.2001 – I ZR 41/99, NJW 2002, 1713 (1715); BGH v, 17.4.2012 – X ZR 76/11, NJW 2012, 2107 (2108);BGH v. 10.10.2013 – VII ZR 19/12, NJW 2014, 206 (208); aus der Literatur z.B. Staudinger/ Coester Rz. 109 f.; Erman/Roloff § 307 Rz. 5; MünchKomm/Wurmnest Rz. 37; Palandt/ Grüneberg Rz. 8.

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men417. Abzustellen ist daher auf die typische Interessenlage der an Geschäften der betreffenden Art beteiligten Verkehrskreise418. In die Beurteilung fließen neben dem Vertragstyp (Art und Gegenstand des Vertrags) der (wirtschaftliche) Zweck und spezielle Eigenarten des Geschäfts ein419. Die besonderen Verhältnisse des in concreto betroffenen individuellen Vertragspartners bleiben dagegen ebenso außer Betracht wie die Handhabung der Klausel im Einzelfall420. Unbeachtlich ist daher z.B., ob der Betreiber eines Fitness-Studios bereit wäre, im Falle einer längeren verletzungs- oder krankheitsbedingten Verhinderung des Kunden auf die Zahlung des nach seinen AGB unabhängig von der Nutzungsmöglichkeit fällig werdenden Monatsbeitrags zu verzichten oder den Kunden aus dem Vertrag zu entlassen421. Persönliche Umstände wie z.B. die konkrete Schutzbedürftigkeit, Geschäftserfahrung oder Rechtskenntnis des Vertragspartners sind ebenso auszublenden wie die konkreten Auswirkungen einer Klausel auf den individuellen Vertrag422. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich das schädliche Potential einer unangemessenen Klausel im Einzelfall nicht realisiert hat423 oder ob umgekehrt eine für den typischen Normalfall akzeptable Bestimmung sich ausnahmsweise besonders negativ auswirkt424. Im ersten Fall hält die Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand, im zweiten bleibt sie trotz ungewöhnlich belastender Folgen im Ausnahmefall grundsätzlich wirksam. Berücksichtigt eine Wertstellungsklausel den typischen Zeitablauf bei Scheckeinreichungen, wird ihre Angemessenheit nicht dadurch in Frage gestellt, dass in Einzelfällen auch eine frühere Gutschrift durch die bezogene Bank nicht auszuschließen ist425. Sind dem Verwender im Einzelfall besonders gelagerte individuelle Interessen oder Verhältnisse des konkreten Vertragspartners bekannt, kann die Berufung auf eine damit unverträgliche Klausel ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich sein (zum Einwand des individuellen Rechtsmissbrauchs Vor § 307 Rz. 63 ff.). 111

Abzustellen ist grundsätzlich auf den typischerweise beteiligten Durchschnittskunden426. Werden die AGB gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet, deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschied417 Vgl. BGH v. 6.5.1992 – VIII ZR 129/91, BGHZ 118, 194 (200) = NJW 1992, 1759; BGH v. 16.7.2013 – XI ZR 260/12, NJW 2013, 3163 (3165); BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 (1170). 418 BGH v. 8.10.1986 – VIII ZR 342/85, NJW 1987, 487; BGH v. 9.2.1990 – V ZR 200/88, NJW 1990, 1601 (1602); BGH v. 8.5.2012 – XI ZR 61/11, NJW 2012, 2337 (2338); Stoffels Rz. 473; Staudinger/Coester Rz. 109. 419 BGH v. 1.7.1987 – VIII ARZ 9/86, NJW 1987, 2575 (2576); BGH v. 8.1.1986 – VIII ARZ 4/85, NJW 1986, 2102 (2103). 420 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 78; BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, ZIP 1988, 1126 (1128); vgl aber auch BGH v. 20.3.2013 – VIII ZR 168/12, NJW 2013, 1526 (1527) wo die persönlichen Verhältnisse zur Ermittlung des Vertragsleitbildes gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 herangezogen werden. 421 Vgl. BGH v. 23.10.1996 – XII ZR 55/95, NJW 1997, 193 (194); vgl. ferner BGH v. 28.10.1981 – VIII ZR 302/80, NJW 1982, 870 (872); zur Möglichkeit der Kündigung für solche Fälle siehe BGH v. 8.2.2013 – XII ZR 42/10, NJW 2012, 1431 (1432). 422 Staudinger/Coester Rz. 110; MünchKomm/Wurmnest Rz. 37. 423 Vgl. Staudinger/Coester Rz. 110; MünchKomm/Wurmnest Rz. 37. 424 Vgl. BGH v. 9.5.1996 – VII ZR 259/94, DB 1996, 1562 (1563). Eine ausnahmsweise Berücksichtigung individueller Umstände findet jedoch statt, wenn die Berufung auf eine an sich wirksame Klausel im Einzelfall wegen Rechtsmissbrauchs rechtswidrig ist (Ausübungskontrolle nach § 242), dazu BGH v. 6.7.1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71 (88) = NJW 1988, 2790 (2794). 425 BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, ZIP 1997, 1146 (1148). 426 Stoffels Rz. 473; Palandt/Grüneberg Rz. 8.

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lich gelagert sind, kann die Abwägung jedoch zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen427. Schon das Gesetz differenziert zwischen Verbrauchern (§ 310 Abs. 3), Unternehmern (§ 310 Abs. 1) und „Normalkunden“, die als Vertragspartner einem nicht unternehmerisch handelnden Verwender gegenüberstehen und auch selbst nicht als Unternehmer zu qualifizieren sind. Weitere sachliche Differenzierungen auf Grund gruppentypischer Interessenlagen sind möglich, selbst innerhalb bestimmter Bereiche428, etwa eine weitere Unterteilung der Unternehmer in Kaufleute, Kleingewerbetreibende, Freiberufler, Großund Einzelhändler, Produzenten bestimmter Güter usw.429. Insoweit darf es jedoch nicht zu einer Aufsplitterung der Vertragspartner in eine Vielzahl schwer abgrenzbarer, nicht eindeutig homogener Untergruppen kommen430. Vielmehr müssen aussagekräftige Kriterien für eine hinreichend klare und sachlich berechtigte Abgrenzung von unterschiedlichen gruppenspezifischen Interessenlagen existieren. Neben Differenzierungen nach den auf Kundenseite beteiligten Personen können sich (fall-)gruppentypische Unterschiede vor allem nach der Art des Geschäfts, Vertragstyps oder der betroffenen Branche ergeben431. Offenkundig ist etwa die Differenzierung zwischen dem Kauf neuer und gebrauchter Waren bei der angemessenen Verteilung des Risikos von Sachmängeln, die ihren Ausdruck auch in § 309 Nr. 8b gefunden hat. Unterschiedliche Geschäftstypen mit divergierenden Regelungserfordernissen und Interessenlagen können auch in anderen Geschäftsbereichen auftreten (z.B. bei Reiseveranstaltern: Abenteuerreisen und inländische (Pauschal-)Erholungsreisen)432. Klar erkennbaren gruppentypischen Interessenunterschieden muss der Inhalt der AGB Rechnung tragen. Andernfalls kann die gleiche Klausel je nach der Art des Geschäfts einmal wirksam, das andere Mal unwirksam sein. Das an sich abdingbare Kündigungsrecht des Vertragspartners nach § 627 kann im Eheanbahnungs- oder Partnervermittlungsvertrag formularmäßig nicht wirksam ausgeschlossen werden433. Mehrjährige Vertragsbindungen sind zwar außerhalb des Anwendungsbereichs von § 309 Nr. 9 vielfach zulässig, können aber in Bereichen oder bei Gegenständen, die einem raschen technischen Wandel unterliegen, unangemessen und damit unwirksam sein434. 427 BGH v. 9.2.1990 – V ZR 200/88, BGHZ 110, 241 (244) = NJW 1990, 1601 (1602); BGH v. 28.10.1999 – IX ZR 364/97, BGHZ 143, 95 (101) = NJW 2000, 658 (660); Staudinger/ Coester Rz. 111; Wolf/Pfeiffer Rz. 84; Stoffels Rz. 474 m.w.N. 428 Vgl. etwa BGH v. 9.2.1990 – V ZR 200/88, NJW 1990, 1601 (1602) (Differenzierung bei der Abtretbarkeit des Grundschuld-Rückübertragungsanspruch danach, ob der Sicherungsgeber Eigentümer des haftenden Grundstücks ist oder nicht); weitere Beispiele bei Staudinger/Coester Rz. 112; Wolf/Pfeiffer Rz. 83 f.; 183 f., 186; vgl. auch Hromadka NJW 2002, 2523 (2527 f.) (Unterscheidung zwischen tarifgebundenen Arbeitnehmern und AT-Angestellten). 429 Zur Bedeutung von Unternehmensgröße, -funktion und Branche vgl. Wolf/Pfeiffer Rz. 196 ff. 430 Vgl. z.B. BGH v. 11.2.1992 – XI ZR 151/91, NJW 1992, 1097 (1098) (Ablehnung einer Differenzierung zwischen privaten Klein- und Großkreditnehmern bei der Beurteilung einer Tilgungsverrechnungsklausel); Wolf/Pfeiffer Rz. 85 (zur einheitlichen Behandlung von Wertpapier-Emissionsbedingungen). 431 Staudinger/Coester Rz. 112 m.w.N.; Wolf/Pfeiffer Rz. 185 ff. 432 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 80. 433 BGH v. 1.2.1989 – IVa ZR 354/87, BGHZ 106, 341 (346 f.) = NJW 1989, 1479; BGH v. 19.5.2005 – III ZR 437/04, NJW 2005, 2543; siehe dazu auch BGH v. 8.10.2009 – III ZR 93/09, NJW 2010, 150. 434 Vgl. BGH v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022 (Kabelanschlussvertrag); näher Rz. 186 ff.

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Der generalisierende Maßstab gilt allerdings nur auf Seiten des geschützten Vertragspartners und nicht für den Verwender selbst435. In die Feststellung und Bewertung der (eigenen) Interessen des Verwenders können vielmehr auch besondere individuelle Umstände einfließen, die beim jeweiligen Abschluss der fraglichen Art von Rechtsgeschäften nur für ihn und nicht auch für seine Wettbewerber im Markt oder andere vergleichbare AGB-Verwender eine Rolle spielen. Denn schon aus der Funktion der AGB und dem begrenzten Schutzzweck der Inhaltskontrolle (Verhinderung einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners) folgt die Notwendigkeit, dem Verwender auch im Rahmen des AGB-Rechts einen – wenn auch gegenüber Individualabreden eingeschränkten – Bereich privatautonomer Gestaltungsfreiheit zu belassen, den er zur Erfüllung seiner speziellen Bedürfnisse nach eigenen Präferenzen ausfüllen kann.

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Die überindividuell-generalisierende Betrachtungsweise bei der Interessenabwägung ist nicht nur im Verbandsprozess zu beachten436, sondern gilt auch im Individualprozess (Rz. 114). Bei ersterem kann es von vornherein allein auf den Inhalt der Klausel ankommen, während das Ob und Wie ihrer tatsächlichen Verwendung bei Vertragsabschlüssen unbeachtlich ist437. Daher trägt im Verbandsprozess auch der Einwand nicht, dass eine unangemessene Klausel in der konkreten Anwendung regelmäßig durch Individualabreden begleitet werde, welche den Nachteil beheben würden438. Das Unterlassungsurteil betrifft jeweils eine bestimmte „Art der Rechtsgeschäfte“, für welche die beanstandete Klausel nicht verwendet oder empfohlen werden darf (§ 9 Nr. 2 UKlaG) und bei denen die Bestimmung im Falle der Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot als unwirksam anzusehen ist (vgl. § 11 UKlaG). Bereits im Klageantrag ist möglichst genau zu spezifizieren, für welche Arten von Rechtsgeschäften die fragliche Klausel beanstandet wird (§ 8 Nr. 2 UKlaG)439. Andernfalls droht eine Teilabweisung der Klage, insbesondere wenn die AGB für mehrere Geschäftsarten mit ggf. unterschiedlichen gruppentypischen Interessen verwendet werden.

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Die generalisierende und typisierende Betrachtungsweise gilt auch im Individualprozess440. Denn die Inhaltskontrolle ist keine Vertragshilfe im Einzelfall, 435 Fastrich S. 311; zust. Staudinger/Coester Rz. 109; allerdings kann die Typizität des durch die Klausel verfolgten Interesses für dessen Legitimität sprechen, womit allerdings noch keine Aussage über die Angemessenheit getroffen ist, vgl. BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 (1170). 436 BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, NJW 1999, 1864; vgl. ferner BGH v. 5.11.1998 – III ZR 226/97, NJW 1999, 276 (277); BGH v. 23.1.2003 – III ZR 54/02, NJW 2003, 1237 (1238 f.); von Westphalen NJW 2004, 1993 (1995) (auch zum Gebot der „kundenfeindlichsten Auslegung“ von AGB-Klauseln im Verbandsprozess). 437 BGH v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 = NJW 1987, 1634; BGH v. 28.10.1981 – VIII ZR 302/80, ZIP 1982, 64 (66). 438 Staudinger/Coester Rz. 114 m.w.N. 439 Die Konkretisierung kann entweder nach Vertragstyp, Geschäftsart, Gegenstand der Leistung oder besonderen Fallgruppen mit speziellen Eigenheiten erfolgen, vgl. näher § 8 UKlaG Rz. 4 f. 440 BGH v. 7.7.1992 – XI ZR 274/91, NJW 1992, 2626; MünchKomm/Wurmnest Rz. 37; differenz. Hellwege, der strikt zwischen dem individuellen und überindividuellen Schutzkonzept des AGB-Rechts trennen will (S. 563 ff.) und nur im Rahmen des letzteren, auf die Korrektur eines Marktversagens (nicht funktionierender Konditionenwettbewerb) bezogenen Schutzkonzepts, das für eine Mindestqualität mehrfach verwendeter Vertragsklauseln sorgen soll, eine überindividuell-generelle Angemessenheitsprüfung für angebracht hält (S. 585 f.). Bei der lediglich an den Akt des einseitigen Stellens anknüpfenden individualschützenden Inhaltskontrolle soll dagegen (nur) eine individuell-kon-

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sondern gewährleistet einen am dispositiven Recht orientierten Mindeststandard441, von dem nur individualvertraglich abgewichen werden kann. Der Vertragspartner kann aber keine (weiter gehende) Berücksichtigung seiner individuellen Verhältnisse verlangen, zumal im Falle der Unwirksamkeit einer Klausel das ebenfalls generell-abstrakte dispositive Gesetzesrecht an ihre Stelle tritt. Allerdings entscheidet das konkrete Vertragsverhältnis (sowie ggf. eine ergänzende Individualabrede) über die Zuordnung zu einer bestimmten gruppentypischen Interessenlage, wenn der generelle Anwendungsbereich der AGB mehrere unterschiedliche Fall- oder Personengruppen mit je eigenständigem Interessenprofil erfasst. Die Kontrolle beschränkt sich dann im Individualprozess auf den konkret betroffenen gruppenspezifischen Interessenmaßstab. In einem Rechtsstreit zwischen zwei Unternehmern kann daher eine Klausel nicht deshalb als unwirksam behandelt werden, weil sie auch im Privatrechtsverkehr verwendet wird und dort unangemessen ist442. Die überindividuell generalisierende Betrachtungsweise bei der Interessenabwä- 115 gung gilt im Ausgangspunkt auch bei Verbraucherverträgen. Für diese schreibt allerdings § 310 Abs. 3 Nr. 3 (früher § 24a Nr. 3 AGBG) zusätzlich („auch“) die Berücksichtigung der den Vertragsabschluss begleitenden Umstände vor443 (Einzelheiten Rz. 402 ff.). Damit wird den Anforderungen von Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/ EWG in diesem Punkt explizit Rechnung getragen, während die übrigen in dieser Vorschrift genannten Abwägungsgesichtspunkte ohnehin von § 307 erfasst werden444. Für die Beurteilung im Verbandsprozess scheidet dagegen die Berücksichtigung individueller, den einzelnen Vertragsschluss begleitender Umstände weiterhin aus, da der Vertragsschluss dort keine Rolle spielt445. b) Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts Gegenstand der Inhaltskontrolle sind zwar immer nur ganz bestimmte Klauseln, 116 niemals das Vertragswerk als Ganzes (vgl. oben Rz. 94). Das bedeutet jedoch nicht, dass die Bewertung der einzelnen AGB-Bestimmung isoliert und unter Ausblendung der übrigen Vertragsbestandteile erfolgen müsste. Vielmehr setzt eine zutreffende Würdigung voraus, dass die fragliche Klausel in ihrem Zusammenwirken mit anderen Vertragsbedingungen (einschließlich Individualabreden446) so-

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krete Prüfung der Unangemessenheit erfolgen (S. 579 f.). Die Postulation zweier getrennter Schutzkonzepte führt jedoch zu einer unnötigen Vertiefung und Erstreckung der nach § 310 Abs. 3 für Verbraucherverträge geltenden Besonderheiten der Inhaltskontrolle auf alle zur einmaligen Verwendung vorformulierten Vertragsbedingungen; zudem wird verkannt, dass die Berücksichtigung der individuellen, den Vertragsschluss begleitenden Umstände nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 nur eine ergänzende Funktion („auch“) hat. Vgl. Fastrich S. 310. Staudinger/Coester Rz. 113; Wolf/Pfeiffer Rz. 84. Für ergänzende Anwendung dieser konkret-individuellen Betrachtungsweise auch Heinrichs NJW 1996, 2190 (2193 f.); Damm JZ 1994, 161 (174); Staudinger/Coester Rz. 116 f.; a.A. (Ersetzung des generalisierenden Prüfungsmaßstabs) Schmidt-Salzer JZ 1995, 223; Hommelhoff/Wiedenmann ZIP 1993, 562 (568 f.) (Vorrang des konkret-individuellen Maßstabs); ähnlich jetzt Hellwege S. 579 f. Siehe statt aller Heinrichs NJW 1993, 1817 (1819 f.). Wolf/Pfeiffer Rz. 90; Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 20. Darin liegt kein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG, der insoweit eine ausdrückliche Einschränkung („unbeschadet des Art. 7“) enthält. BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 (263) = NJW 1989, 582; BGH v. 15.10.1991 – XI ZR 192/90, BGHZ 116, 1 (4) = NJW 1992, 179; BGH v. 2.12.1992 – VIII

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wie unter Berücksichtigung des Zwecks des Gesamtvertrages betrachtet wird447. Für Verbraucherverträge ergibt sich das explizit aus Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG, der darüber hinaus sogar die Berücksichtigung eines anderen Vertrages, von dem die fragliche Klausel abhängt, vorschreibt. Mittelbare Einflüsse anderer Vertragsbestimmungen oder Wechselwirkungen kann es in zwei Richtungen geben: Einerseits kann die Benachteiligung in einem Punkt möglicherweise durch Vorteile bei anderen Regelungsgegenständen ausgeglichen werden (Kompensation nachteiliger Regelungen, dazu näher Rz. 144 ff.). Andererseits kann die Kumulation einer Mehrzahl für sich genommen unbedeutender Belastungen des Vertragspartners in der Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung führen (Summierungs- oder Verstärkungseffekt, dazu näher Rz. 155). c) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt 117

Für die Wirksamkeit einer Klausel nach § 307 kommt es – ebenso wie bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 – grundsätzlich auf die Verhältnisse zurzeit des Vertragsschlusses an448. Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG schreibt dies für die von ihr erfassten Verbraucherverträge ausdrücklich vor; gleiches gilt jedoch auch für die Beurteilung aller anderen Verträge im Individualprozess. Korrekt einbezogene und zu diesem Zeitpunkt angemessene AGB können ebenso wenig wie Individualvereinbarungen durch die (bloße) nachträgliche Änderung der tatsächlichen Umstände ihre Wirksamkeit verlieren. Bei einer grundlegend neuen Sachlage kann aber die Geltendmachung der vertraglichen Rechte dem Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242) ausgesetzt sein oder eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313) vorliegen449. Kommt es auf der normativen Ebene zu einem tief greifenden Bewertungswandel, führt dies ebenfalls nicht dazu, dass eine zunächst wirksame Klausel nachträglich unwirksam wird450, vielmehr bleiben die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses herrschenden Bewertungskriterien maßgeblich. Das gilt freilich nur, soweit der auf die Interessenabwägung im Rahmen des § 307 durchschlagende Wertewandel einer Änderung des Prüfungsmaßstabs (und damit gewissermaßen einer Gesetzesänderung) gleichkommt451.

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ARZ 5/92, NJW 1993, 532; BayObLG v. 6.5.1993 – REMiet 1/93, NJW-RR 1993, 1097 (1098); Palandt/Grüneberg Rz. 13; vgl. auch Erwägungsgrund 19 der RL 93/13/EWG: „Jedoch können der Hauptgegenstand des Vertrages und das Preis-/Leistungsverhältnis bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit anderer Klauseln berücksichtigt werden“; einschränk. auf die Fälle, in denen eine Kompensations- oder Summierungswirkung (dazu Rz. 144 ff., 155) in Betracht kommt, Staudinger/Coester Rz. 115 a.E., 124 a.E. BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, NJW 1989, 582; BGH v. 2.12.1992 – VIII ARZ 5/92, NJW 1993, 532; NJW 2006, 2116; Stoffels Rz. 485; MünchKomm/Wurmnest Rz. 34; Wolf/Pfeiffer Rz. 212; vgl. auch Staudinger/Coester Rz. 124 (vertraglicher Gesamtzusammenhang als „Verständnis- und Bewertungshintergrund“ für die zu beurteilende Klausel, aber nur in Fällen relevanter Kompensations- oder Verstärkungswirkungen). BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110 (1113); BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2043 f.); BGH v. 25.6.2014 – VIII ZR 344/13, NJW 2014, 3016 m. Anm. Rottnauer EWiR 2015 13; Staudinger/Coester Rz. 100; Medicus NJW 1995, 2577 (2578, 2580); Palandt/Grüneberg Rz. 7; Stoffels Rz. 472; Wolf/Pfeiffer Rz. 93; PWW/Berger Rz. 3. Palandt/Grüneberg Rz. 7. Staudinger/Coester Rz. 101; Medicus NJW 1995, 2577 (2580); offen gelassen von BGH v. 18.1.1996 – IX ZR 69/95, BGHZ 132, 6 (12) = NJW 1996, 924 (925). In diese Richtung bereits Medicus NJW 1995, 2577 (2581) (Wandel von Wertmaßstäben für Generalklauseln); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 74a (Vertrauen auf den Bestand

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Dagegen steht eine weitere Verfeinerung oder Perfektionierung von Rechtspre- 118 chungsgrundsätzen ihrer Anwendung in der modifizierten Form auf früher abgeschlossene Verträge nicht entgegen452. Denn der Richter muss § 307 in der von ihm im Urteilszeitpunkt als richtig erkannten Bedeutung und Reichweite anwenden, selbst wenn die zu entscheidende Frage bisher noch nicht in diesem Sinne oder gar jahrelang anders beurteilt worden ist453. In der Sache kann allerdings die Änderung einer etablierten Rechtsprechung wie eine Gesetzesänderung wirken. Ebenso wie der Gesetzgeber in diesen Fällen grundsätzlich eine Rückwirkung vermeidet oder zumindest eine Übergangsregelung schafft, sollte auch in diesen Fällen ein gewisser Vertrauensschutz gewährt werden. Der Vorschlag, hier ausnahmsweise eine geltungserhaltende Reduktion zuzulassen454, verdient Zustimmung: Die Klausel bleibt in dem Umfang, in dem sie nunmehr noch mit § 307 vereinbar ist, aufrechterhalten, selbst wenn sie sprachlich nicht teilbar ist455. In die gleiche Richtung geht der Versuch, durch ergänzende Vertragsauslegung über § 306 Abs. 2 ein interessengerechtes Ergebnis zu erreichen456. Jedenfalls im Falle der Änderung einer etablierten Rechtsprechung, nach der eine im Zeitpunkt ihrer Verwendung eindeutig zulässige Klausel nunmehr auf Grund einer Weiterentwicklung der richterlichen Bewertungskriterien oder Maßstäbe der Inhaltskontrolle für unwirksam erklärt wird, steht dem weder der Präventionsgedanke noch der Umstand entgegen, dass der Verwender das AGB-typische Formulierungs- und Wirksamkeitsrisiko zu tragen hat457. Im Verbandsprozess kommt es nicht auf die typischen Interessen, tatsächlichen Umstände und rechtlichen Maßstäbe im Zeitpunkt der Aufstellung der AGB an,

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des Prüfungsmaßstabs, nicht aber der Betrachtungsweise höchstrichterlicher Entscheidungen schutzwürdig). BGH v. 30.6.1983 – III ZR 114/82, NJW 1983, 2692; BGH v. 24.9.1998 – IX ZR 425/97, NJW 1998, 3708; vgl. auch BVerfG v. 9.5.1984 – 1 BvR 1279/83, NJW 1984, 2345; Palandt/Grüneberg Rz. 7; Wolf/Pfeiffer Rz. 363. So hat der BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, z.B. seine geänderte „Anlassrechtsprechung“ bei AGB von Bürgschaften ohne weiteres auf einen „Altvertrag“ angewendet, BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (31) = NJW 1995, 2553, dabei allerdings eine Tendenz zur teilweisen Aufrechterhaltung der beanstandeten Klausel erkennen lassen. Medicus NJW 1995, 2577 (2583) m.w.N.; im Ergebnis ebenso für partielle Aufrechterhaltung der beanstandeten Klauseln BGH v. 4.7.2002 – VII ZR 502/99, NJW 2002, 3098 (Verpflichtung zur Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern); BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, NJW 2003, 1805 (Vertragsstrafe in Bauvertrag mit Obergrenze von 10%); a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 365 (keine ausnahmsweise geltungserhaltende Reduktion, sondern ggf. Vertrauensschutz im Einzelfall im Rahmen von § 242). Palandt/Grüneberg, § 307 Rz. 7 a.E. BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 (468); Willemsen/Grau RdA 2003, 321 (325); Wolf/Pfeiffer Rz. 365 a.E. Vgl. Staudinger/Coester Rz. 102, der weitergehend nur bei uneinheitlicher oder unklarer Rechtslage den Vertrauensschutz zurücktreten lassen will, im Ergebnis aber zur Abmilderung der Rückwirkungsproblematik neben einer geltungserhaltenden Reduktion alternativ auch eine großzügige ergänzende Vertragsauslegung für möglich hält; enger BGH v. 18.1.1996 – IX ZR 69/95, BGHZ 132, 6 (12) = NJW 1996, 924 (925), der auch (potentielle) Änderungen der Rspr. dem AGB-typischen Formulierungs- und Wirksamkeitsrisiko zuschlägt; ausdrücklich gegen einen Vertrauensschutz des Verwenders von AGB, die sich auf Grund einer Änderung der höchstrichterlichen Rspr. als unwirksam erweisen, BGH v. 5.3.2008 – VIII ZR 95/07, ZIP 2008, 1121 (1123); ein schutzwürdiges Vertrauen des AGB-Verwenders in die Beständigkeit der Rspr. abl. auch Tiedtke NJW 2002, 3733 (3734); Schimansky WM 2001, 1889; Lecheler WM 1994, 2049 (2050).

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sondern auf deren Bewertung zurzeit der gerichtlichen Entscheidung458. Die Unwirksamkeitserklärung einer Klausel soll nach der Rechtsprechung nicht nur für zukünftige Vertragsschlüsse zu beachten sein, für die sich noch kein schutzwürdiges Vertrauen bilden konnte, sondern auch die Berufung des Verwenders auf entsprechende Klauseln in Altverträgen ausschließen459. d) Berücksichtigungsfähige Interessen 120

Im Ausgangspunkt kommen alle rechtlich anerkannten Interessen in Betracht; es ist insoweit unerheblich, ob spezielle gesetzliche Schutzvorschriften existieren oder das Interesse nur allgemein von der Rechtsordnung respektiert wird460 (anders freilich bei der Bewertung und Gewichtung der Interessen, Rz. 104, zu einzelnen Bewertungskriterien Rz. 140 ff.). Aus dem Schutzzweck der Inhaltskontrolle und dem Bezugspunkt der Interessenabwägung, der Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners, folgt allerdings, dass grundsätzlich nur auf die Interessen der Kontrahenten abzustellen ist und Drittoder Allgemeininteressen (jedenfalls) keine unmittelbar ausschlaggebende Rolle spielen können461. Nicht ausgeschlossen ist es dagegen, Interessen des Gemeinwohls und Dritter mittelbar über diejenigen des geschützten Partners oder des Verwenders bei der Interessengewichtung und -abwägung zu berücksichtigen (näher dazu Rz. 133 ff.). Bei den auf Seiten des Vertragspartners in die Interessenabwägung eingehenden Nachteilen muss es sich nicht um solche handeln, die ihn gerade in seiner Rechtsbeziehung zum Verwender der Klausel treffen; berücksichtigungsfähig sind vielmehr auch solche Nachteile des Vertragspartners, die im Verhältnis zu einem Dritten eintreten462. aa) Typische Interessen des Verwenders

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Die generell berücksichtigungsfähigen Interessen des Verwenders, die in die Abwägung einfließen können, resultieren zunächst aus den (auch gesamtwirtschaftlich) positiven Funktionen von AGB. An erster Stelle steht naturgemäß die Rationalisierung der Geschäftsabwicklung, die durch einheitliche Regeln gegenüber allen Kunden erreicht werden kann: Sie tragen zur Standardisierung sowohl der Vertragsanbahnung als auch der Durchführung der Geschäfte bei, ersparen dadurch nicht nur Kosten und Zeit für das Aushandeln der Vertragsbedingungen oder die Beilegung späterer Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt des Vertrages, sondern erleichtern auch die Kalkulation und vereinfachen letztlich die gesamte Organisation des Unternehmens463. Die Rechtsprechung erkennt dieses Rationalisierungsinteresse des Verwenders grundsätzlich als berechtigt an, soweit es darum geht, die Vertragsanbahnung und/oder -abwicklung zu verein-

458 Medicus NJW 1995, 2577 (2580); Staudinger/Coester Rz. 100; Stoffels Rz. 472; Wolf/ Pfeiffer Rz. 93; PWW/Berger Rz. 3. 459 BGH v. 15.10.1991 – XI ZR 192/90, BGHZ 116, 1 (6) = NJW 1992, 179; insoweit krit. Medicus NJW 1995, 2577 (2580). 460 Wolf/Pfeiffer Rz. 159; Staudinger/Coester Rz. 119. 461 MünchKomm/Wurmnest Rz. 50; Fastrich S. 306 m.w.N. 462 BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2044 Rz. 31); BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82 (93) = NJW 1988, 1726 m.w.N. 463 Näher zu den Rationalisierungswirkungen Stoffels Rz. 67 ff. m.w.N.; siehe auch Staudinger/Coester Rz. 156, der in dem berechtigten Rationalisierungsinteresse des Verwenders den „Hauptgrund für die grundsätzliche Akzeptanz von AGB“ sieht.

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fachen und zu vereinheitlichen464. Denn die daraus resultierenden Vorteile kommen regelmäßig – zumindest partiell – auch den Kunden zugute, jedenfalls wenn auf Grund hinreichenden Wettbewerbsdrucks die erzielten Kosteneinsparungen und sonstigen Vorteile des Unternehmers über den Preis teilweise an die Kunden weitergegeben werden. Besonders deutlich wird dieses Rationalisierungspotential z.B. bei der formularmäßigen Anordnung der Teilnahme am Lastschrift- oder Einzugsermächtigungsverfahren, das wegen des taggenau kalkulierbaren Geldeingangs zu erheblichen Liquiditäts- und Zinsvorteilen sowie organisatorischen Vereinfachungen (Buchhaltung, Mahnwesen) führt465. Nur eine spezielle Ausprägung des Rationalisierungsinteresses ist das in der Literatur genannte Kriterium des einheitlichen Netzzwecks, das insbesondere für die Beurteilung von (Neben-)Entgeltklauseln im bargeldlosen Zahlungsverkehr herangezogen werden soll466. Hier ebenso wie bei anderen Netzen (z.B. Telefon, Internet) hängen der ökonomische Nutzen des Angebotes und der mögliche Effizienzgrad vom Zusammenwirken vieler Beteiligter und der Teilnahme einer möglichst großen Zahl von Nutzern ab. Während es beim (auch massenhaften) Abschluss von Verträgen über den Austausch isolierter Einzelleistungen (Waren oder Dienstleistungen) bei den primär gegenläufigen Interessen der Parteien bleibt und das Rationalisierungsinteresse vor allem auf Seiten des Verwenders liegt, gewinnt der Aspekt der möglichst einfachen, reibungslosen, kostengünstigen und damit effizienten Leistungserbringung bei Verträgen, die Teil eines umfassenden Netzverbundes oder Vertragssystems sind467, größeres Gewicht auch für die Kunden des Verwenders. Denn hier hängt nicht nur der Preis, sondern die inhaltliche Attraktivität des Angebotes selbst von der einfachen und kostengünstigen Erreichbarkeit einer möglichst großen Anzahl anderer Nutzer oder Kunden ab. Auch wenn zweifelhaft bleibt, ob man hier tatsächlich von einem „gemeinsamen Zweck“ aller den Netzverbund nutzenden Teilnehmer in dem Sinne sprechen kann, dass der Netzzweck „Inhalt aller Transaktionen“ wird und unmittelbar auf die vertraglichen Rechte und Pflichten der Beteiligten durchschlägt468, sind Regelungen, die der Aufrechterhaltung oder Stärkung der Funktionsfähigkeit des Netzverbundes dienen, prinzipiell geeignet, vorformulierte Vertragsbedingungen mit belastender Wirkung für einzelne Kundengruppen zu rechtfertigen, zumal sie nicht nur im einseitigen (Rationalisierungs-)Interesse des Verwenders liegen, sondern zugleich dem einheitlichen Netzzweck 464 Vgl. z.B. BGH v. 24.9.1980 – VIII ZR 273/79, NJW 1981, 117 (118); BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (180); BGH v. 10.1.1996 – XII ZR 271/94, NJW 1996, 988 (989); BGH v. 20.5.2010 – Xa ZR 68/09, NJW 2010, 2719 (2720 f.); BGH v. 5.6.2013 – VIII ZR 131/12, NZM 2013, 804 (806); grds. zust. die Literatur, siehe nur Staudinger/ Coester Rz. 156; Wolf/Pfeiffer Rz. 161; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 31. 465 BGH v. 10.1.1996 – XII ZR 271/94, NJW 1996, 988 (989); vgl. auch BGH v. 20.5.2010 – Xa ZR 68/09, NJW 2010, 2719 (2720 f.) (Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit in den AGB eines Luftverkehrsunternehmens, das seine Leistungen nahezu ausschließlich im Fernabsatz anbietet, durch das Rationalisierungsinteresse gerechtfertigt). 466 Vgl. dazu Linker Die Rechtmäßigkeit der Entgelte der Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2004, S. 141 ff., der dieses Kriterium aber nicht nur im Rahmen der Angemessenheitsprüfung, sondern auch schon bei der Abgrenzung der Kontrollfähigkeit von Entgeltklauseln im Rahmen von § 307 Abs. 3 heranziehen will; Letzteres ist abzulehnen, siehe oben Rz. 92. 467 Vgl. allgemein Rohe Netzverträge, 1998, passim, insb. S. 65 ff.; krit. zum Modell des Netzvertrages Stoffels Gesetzlich nicht geregelte Schuldverträge, 2001, S. 268 f. m.w.N. 468 In diesem Sinne Linker S. 143 f.

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dienen und anderen Nutzergruppen zugute kommen. In engem Zusammenhang mit dem Rationalisierungsinteresse steht auch das auf Vereinheitlichung gerichtete Interesse an Rechtssicherheit und Gleichbehandlung469. 123

Seine Grenze findet das Rationalisierungsargument bei schwerwiegenden Interessenbeeinträchtigungen der anderen Vertragspartei, die es nicht zu rechtfertigen vermag470. So genügen bloße Berechnungsvereinfachungen nicht, um den Zwang zur Neuwertversicherung von gebrauchten Sachen und die damit einhergehende Belastung des Kunden mit höheren Prämien zu legitimieren471; die umgekehrte Argumentation, ohne die Verwaltungsvereinfachung müssten höhere Prämien verlangt werden, ist ebenfalls nicht anzuerkennen, da sie auf das unzulässige Preisargument hinausläuft (dazu Rz. 145 ff.)472. Auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten und schließt die Rechtfertigung überschießender oder außer Verhältnis zu den erzielbaren Vorteilen stehender Interessenbeeinträchtigungen aus473. Unbeachtlich sind reine Kostenargumente oder Umstellungsschwierigkeiten, mit denen z.B. eine Aufbrauchfrist für die Verwendung von AGB-Formularen mit unwirksamen Klauseln für eine Übergangszeit gerechtfertigt werden soll, da der Schutzzweck der AGB-Kontrolle eine kurzfristige Anpassung verlangt474.

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Neben der Förderung einer effizienten Vertragsanbahnung und -abwicklung haben AGB auch die Funktion, im Falle fehlenden oder nicht passenden dispositiven Gesetzesrechts eine dem Verwendungszweck angemessene einheitliche „Ersatzordnung“ zu schaffen. Insoweit wird auch von Lückenausfüllungs-475 bzw. Typisierungsfunktion476 gesprochen. Das gilt für die Entwicklung gänzlich neuer Geschäftsmodelle, die kein Vorbild im dispositiven Gesetzesrecht haben, wie auch die Modifikation bestehender Vertragstypen zur Erfüllung besonderer Zwecke oder Bedürfnisse des Verwenders oder seiner Kunden. Letztlich kommt es für die Analyse der Interessenlage primär auf Art und Gegenstand des jeweiligen Geschäfts an. Dem Verwender ist es dabei im Grundsatz unbenommen, seine AGB oder sonstige vorformulierte Vertragsbedingungen ganz auf seine individuellen Bedürfnisse zuzuschneiden. Die daraus resultierenden konkreten Interessen des einzelnen Verwenders – und nicht etwa nur die typischen Interessen eines durchschnittlichen Verwenders aus der gleichen Branche oder bei Vertragsschlüssen der gleichen Art – sind auch in der Interessenabwägung zu berücksichtigen (Rz. 112).

469 Wolf/Pfeiffer Rz. 162. Dieses „Vereinheitlichungsinteresse“ kommt auch bei der Verwendung von Vertragsmustern zum Tragen, da der Verwender hier ein anerkennenswertes Interesse an einer einheitlichen Klauselbewertung hat. 470 von Hoyningen-Huene Rz. 188; Wolf/Pfeiffer Rz. 161; Staudinger/Coester Rz. 156. 471 BGH v. 16.11.1992 – II ZR 184/91, NJW 1993, 2442 (2444); weitergehend (bloße Praktikabilitätserwägungen schon nicht berücksichtigungsfähig) Wolf/Pfeiffer Rz. 103. 472 So ausdrücklich auch Staudinger/Coester Rz. 156. 473 Staudinger/Coester Rz. 157; Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 16. 474 Vgl. BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1322); zust. Wolf/Pfeiffer Rz. 165. 475 Locher AGB, S. 7. 476 Stoffels Rz. 71; MünchKomm/Basedow Vor § 305 Rz. 3.

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Regelmäßig spielen auch sonstige wirtschaftliche Interessen im weitesten Sinn eine Rolle, etwa die Erhaltung der eigenen Dispositionsfreiheit477, die Absicherung gegenüber Forderungsausfällen oder einer nicht korrekten Vertragserfüllung478 sowie die Bewahrung von Refinanzierungsmöglichkeiten durch Abtretung der Forderungen und Sicherungsmittel479. Auch die Kundenbindung (etwa an das Werkstättennetz eines Kfz-Herstellers480 oder das Prämienprogramm eines Flugunternehmens481) kann als wirtschaftliches Interesse berücksichtigt werden. Das Interesse an einer Amortisation hoher vertragsbezogener Investitionen kann eine vergleichsweise längere Vertragsbindung rechtfertigen482. Als prinzipiell schützenswert anerkannt ist auch das Interesse der Inhaber geistiger Eigentumsrechte wie z.B. eines Urhebers, an jeder wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke angemessen beteiligt zu werden. Da sie heutzutage meist mit geringem Aufwand vervielfältigt und verbreitet werden können, kann schon die Vorbeugung gegenüber nahe liegenden Missbrauchsgefahren Verwendungsbeschränkungen wie z.B. bei sog. CPU-Klauseln in Softwarelizenzverträgen rechtfertigen, die den Einsatz der Software auf anderen Rechnern von der Mitwirkung des Lizenzgebers und ggf. einem zusätzlichen Entgelt abhängig machen483. Das Interesse eines Kfz-Vermieters an der Aufklärung des Unfallgeschehens kann es rechtfertigen, die dem Mieter gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährte Haftungsfreistellung davon abhängig zu machen, dass er bei einem Unfall die Polizei hinzuzieht484.

477 Vgl. z.B. BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (628 f.) (Einsetzung weiterer Vertragshändler) BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, NJW 2013, 3434 (3436) (Widerrufsmöglichkeit bei überlanger Angebotsfrist); Staudinger/Coester Rz. 158 m.w.N. 478 BGH v. 27.5.2010 – VII ZR 165/09, NJW 2010, 2272 (2274) (berechtigtes Interesse des vorleistungspflichtigen Werkunternehmers an einer über § 648 hinausgehenden Absicherung des Vergütungsanspruchs – wirksame Verpflichtung des privaten Bauherrn zur Stellung einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bürgschaft in AGB eines Fertighausanbieters); BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2044) (zulässige Sicherung durch formularmäßige Vollstreckungsunterwerfung); BGH v. 18.4.2002 – VII ZR 192/01, ZIP 2002, 1198 (1200) (anerkennenswertes Sicherungsinteresse des Auftraggebers bzgl. seiner Ansprüche bei unzureichender Vertragserfüllung, daher Verpflichtung des Auftragnehmers zur Stellung einer selbstschuldnerischen Vertragserfüllungsbürgschaft zulässig, aber nicht Pflicht zur Bürgschaft auf erstes Anfordern); bestätigt durch BGH v. 4.7.2002 – VII ZR 502/99, ZIP 2002, 1690 (1692); BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 133/11, NJW 2013, 1362 (1363) (Sicherung des Abschlusses von Hochwassersicherungsmaßnahmen bis zur Hochwassersaison durch Vertragsstrafe); nach BGH v. 19.4.2007 – I ZR 35/04, ZIP 2007, 1625 kann auch die Befugnis eingeräumt werden, die Hinterlegung des Sicherheitseinbehaltes zu verlangen. 479 BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2044 Rz. 31); BGH v. 27.2.2007 – XI ZR 195/05, BGHZ 171, 180 = NJW 2007, 2106 Rz.15 m.w.N. 480 BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 132/06, BB 2008, 469; dies gilt allerdings nur für Neuwagen, BGH v. 25.9.2013 – VIII ZR 206/12, NJW 2014, 209 (2011). 481 BGH v. 28.1.2010 – Xa ZR 37/09, NJW 2010, 2046 (2047). 482 Vgl. BGH v. 13.2.1985 – VIII ZR 154/84, NJW 1985, 2328 (Wirksamkeit eines zehnjährigen Mietvertrages über Fernmeldenebenstellenanlagen); BGH v. 21.12.2011 – VIII ZR 262/09, NJW 2012, 249 (249 f.) (Laufzeitklausel in einem Wärmelieferungsvertrag); vgl. auch OLG Hamm v. 8.4.2010 – I-17 U 203/09, MMR 2010, 607 (608); näher zur Laufzeitkontrolle unten Rz. 186 ff. 483 BGH v. 24.10.2002 – I ZR 3/00, NJW 2003, 2014 (2016). 484 BGH v. 10.6.2009 – XII ZR 19/08, NJW 2009, 3229 (3230); einschränkend insoweit BGH v. 14.3.2012 – XII ZR 44/10, NJW 2012, 2501 (2502) (Unwirksamkeit bei völligem Entfall der Haftungsfreistellung).

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Die ebenfalls mögliche Verfolgung nichtkommerzieller anderer Interessen, z.B. pädagogischer Art bei Unterrichtsverträgen485, liegt nicht selten an der Grenze zur Berücksichtigung von Dritt- oder Allgemeininteressen, auf die sich der Verwender nur unter bestimmten Voraussetzungen berufen kann. Ähnliches gilt für Versuche des Verwenders, die Belastung einzelner Kunden mit der Verfolgung von „Solidarinteressen“ seiner Kunden (z.B. Gleichbehandlung, Sicherstellung der Versorgung, Bewahrung eines für alle niedrigen Preisniveaus etc.) zu rechtfertigen (näher zu beidem Rz. 133 ff.). bb) Relevante Interessen des Vertragspartners

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Die vielfältigen Interessen der (potentiellen) Vertragspartner, die durch den Vertragsschluss mit dem Verwender von AGB tangiert werden können, lassen sich grob in vier Kategorien einteilen: In erster Linie ist der Vertragspartner daran interessiert, das mit dem Vertrag verfolgte Ziel zu erreichen, also insbesondere die Leistung und/oder Rechtsposition ungeschmälert zu erhalten, die er nach dem Vertrag berechtigterweise erwarten darf (Leistungsinteresse). Dazu gehört die Gewährung und Erhaltung eigener vertraglicher Rechte, die ihm eine Verwirklichung des Vertragszwecks und insbesondere die Durchsetzung des geplanten Leistungsaustauschs ermöglichen486; anerkennenswert ist dabei namentlich das Interesse, das vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung auch bei langfristigen Verträgen über die gesamte Laufzeit aufrechtzuerhalten487 sowie zusätzliche Kosten zu vermeiden, etwa durch die Beibringung von Sicherheiten für den Zahlungsanspruch des (vorleistungspflichtigen) Verwenders488. Hinzu tritt das Integritätsinteresse, das sich auf die Erhaltung des vorhandenen eigenen Vermögens489 und sonstiger Rechtsgüter des Vertragspartners wie z.B. des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, auf Wahrung der Privatsphäre sowie der informationellen Selbstbestimmung (Datenschutz490) richtet. Zudem ist der Vertragspartner typischerweise an der Erhaltung seiner wirtschaftlichen und persönlichen Entscheidungsfreiheit491 (Dispositions- und Handlungsfreiheit) inte-

485 BGH v. 28.2.1985 – IX ZR 92/84, NJW 1985, 2585 (2586 f.) (Internat); BGH v. 17.1.2008 – III ZR 74/07, WM 2008, 1883 (1885) („Interesse einer Privatschule an der effektiven Verwirklichung ihrer Bildungsziele“). 486 Etwa durch Erhalt von Aufrechnungs- oder Zurückbehaltungsrechten, vgl. OLG Düsseldorf v. 21.12.1994 – 15 U 181/93, NJW-RR 1995, 1015. 487 BGH v. 12.7.1989 – VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115; BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; Wolf/Pfeiffer Rz. 160. Näher zum Äquivalenzprinzip zwischen Leistung und Gegenleistung als Kriterium der Inhaltskontrolle unten Rz. 215 ff. 488 BGH v. 27.5.2010 – VII ZR 165/09, NJW 2010, 2272 (2274) Rz. 24 ff. (z.B. Avalprovision des Kreditinstituts für beizubringende Bürgschaft); meist steht dem jedoch ein mindestens gleichwertiges Sicherungsinteresse des Verwenders gegenüber, das sich im Ergebnis durchsetzt. 489 Z.B. Schutz vor Nachteilen im Falle der Insolvenz des Verwenders, vgl. BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931 (1933); BGH v. 24.9.1992 – VII ZR 36/92, NJW 1993, 263 (264) (Vorleistungspflicht beim Reisevertrag), oder vor Haftungsrisiken, die nicht weitergegeben werden können, vgl. BGH v. 24.9.1992 – VII ZR 36/92, NJW 1985, 623; OLG Frankfurt v. 30.6.1983 – 6 U 167/82, ZIP 1983, 952 (955). 490 Vgl. etwa BGH v. 19.9.1985 – III ZR 213/83, NJW 1986, 46; OLG Hamburg v. 23.11.1983 – 5 U 222/82, ZIP 1983, 1435 (1436) (Schufa-Klausel); OLG Karlruhe v. 17.7.1987 – 14 U 234/85, NJW-RR 1988, 302 (Veröffentlichung von Bild und Daten bei Gewinnspiel); weitere Beispiele und Nachw. bei Staudinger/Coester Rz. 161. 491 BGH v. 22.6.1989 – III ZR 72/88, NJW 1989, 2383 (2384); von Hoyningen-Huene Rz. 234a ff.; Wolf/Pfeiffer Rz.160; Staudinger/Coester Rz. 159.

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ressiert, die ihm die weitere Teilnahme am Geschäftsverkehr ermöglicht. Einschränkungen können sich insoweit vor allem aus überlangen Vertragsbindungen, Abtretungsverboten oder Übersicherungen ergeben. Die Schwelle der Unangemessenheit ist dabei weit vor der Grenze einer wirtschaftlichen Knebelung (§ 138) überschritten492 und greift z.B. bereits bei der nahe liegenden Gefahr, durch eine vertragswidrige Inanspruchnahme von Sicherheiten in erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten zu geraten493. Neben wirtschaftlichen oder finanziellen Interessen494 sind auch ideelle Interessen prinzipiell anerkennenswert495. Hierzu gehört das Interesse an einer freien Entfaltung in der persönlichen Lebensgestaltung, das vor allem durch pauschale Verbote, die ohne Rücksicht auf im Einzelfall wichtige Interessen des Vertragspartners dessen Verhalten in bestimmter Weise regeln wollen, beeinträchtigt wird. Dieses Problem tritt insbesondere im Zusammenhang mit Mietverträgen über Wohnraum auf (z.B. pauschale Tierhaltungs-, Rauch- oder Parabolantennenverbote)496. Die Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Vertragspartners durch eine Klausel ist freilich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie „Nachteile von einigem Gewicht“ begründet497. Dieses im Wortlaut nicht explizit zum Ausdruck kommende zusätzliche Erfordernis leitet man aus dem Maßstab der „Unangemessenheit“498, überwiegend aber auch aus der zusätzlichen Bezugnahme des Gesetzes auf den Widerspruch zu „Treu und Glauben“ her499. Letztlich 492 Staudinger/Coester Rz. 159; von Hoyningen-Huene Rz. 234a. 493 Vgl. aus der jüngeren Rspr. z.B. BGH v. 18.4.2002 – VII ZR 192/01, ZIP 2002, 1198 (1200) = NJW 2002, 2388 (Unwirksamkeit der Verpflichtung zur Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern); bestätigt von BGH v. 4.7.2002 – VII ZR 502/99, ZIP 2002, 1690 = NJW 2002, 3098; ebenso OLG München v. 2.2.2005 – 27 U 146/04, WM 2005, 931; vgl. auch BGH v. 10.9.2002 – XI ZR 305/01, NJW 2002, 3627 (3628) (Unwirksamkeit der Verpflichtung zu einer Garantie auf erstes Anfordern zu Gunsten des Factoringnehmers); BGH v. 14.4.2005 – VII ZR 56/04, WM 2005, 1188 (Unwirksamkeit einer Klausel, die dem Besteller gegenüber dem Bauunternehmer das Recht zu einem Bareinbehalt von 5% der Schlussrechnungssumme für die Dauer der Gewährleistungsfrist einräumt, der allein durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann). 494 Vgl. z.B. BGH v. 8.11.2005 – KZR 18/04, ZIP 2006, 288 = EWiR § 9 AGBG 1/06, 129 (Hensen) (finanzielle Nachteile des Tankstellenunternehmers durch Vorfinanzierung kreditierter Verkaufserlöse gegenüber dem Mineralölunternehmen). 495 Vgl. BGH v. 28.2.1985 – IX ZR 92/84, NJW 1985, 2585 (2586) (pädagogische Qualität bei einem Internatsvertrag); Staudinger/Coester Rz. 161 m.w.N. 496 Vgl. z.B. zur Unwirksamkeit eines vollständigen Verbots der Tierhaltung BGH v. 20.1.1993 – VIII ZR 10/92, NJW 1993, 1061 (1062), eines in das Ermessen des Vermieters gestellten Genehmigungsvorbehalts bzgl. der Haltung von Hunden oder Katzen BGH v. 14.11.2007 – VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218, eines starren Verbots der Anbringung von Parabolantennen BGH v. 16.5.2007 – VIII ZR 207/04, NJW-RR 2007, 1243 (1244) oder eines vollständigen Rauchverbots BGH v. 5.3.2008 – VIII ZR 37/07, NJW 2008, 1439. Ein fast vollständiges, nur durch unklare Ausnahmeregelungen aufgelockertes Verbot der Haltung und Nutzung von Kfz stellt selbst dann eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar, wenn der Vermieter in einem städtebaulichen Vertrag die Verpflichtung übernommen hat, die Umsetzung eines autofreien Wohnkonzepts („Gartensiedlung“) mit allen ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen und tatsächlichen Mitteln zu unterstützen, LG Münster v. 5.5.2014 – 3 S 37/14, NJW 2015, 94 f. 497 Fast allg. M., siehe nur OLG Hamm v. 27.2.1981 – 4 REMiet 4/80, NJW 1981, 1049 (1050); Palandt/Grüneberg Rz. 12; a.A. Stoffels Rz. 471; vgl. bereits oben Rz. 100 ff. 498 Vgl. Rechtsausschuss, BT-Drucks. 7/5422 S. 6. 499 Siehe nur Wolf/Pfeiffer Rz. 177.

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geht es nur um eine wertende a priori Ausgrenzung lediglich geringfügiger Beeinträchtigungen500 (vgl. bereits Rz. 101). 129

Auf der Grenze zur Berücksichtigung von Dritt- bzw. Allgemeininteressen liegt das Problem der Häufung individueller Bagatellnachteile im Massenverkehr. Beispiele sind etwa Wertstellungsregelungen der Banken oder die unberechtigte Auferlegung von im Einzelfall geringen Zusatzkosten. Bei isolierter Betrachtung der konkreten Auswirkungen einer solchen Klausel in jedem Einzelfall käme man (im Individualprozess) vielfach zu einer nur unerheblichen Benachteiligung des jeweiligen Vertragspartners. Eine solche Beurteilung würde jedoch der realen (volkswirtschaftlichen) Bedeutung der beanstandeten AGB-Regelung in keiner Weise gerecht und würde geradezu einen Anreiz geben zu der sozial besonders unerwünschten breiten Streuung von Bagatellnachteilen mittels massenhaft verwendeter AGB.

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Der BGH hat in seinen Urteilen, in denen er die Wertstellungsklauseln der Banken und Sparkassen für unwirksam erklärte, den Bagatellaspekt zurückgewiesen, weil sich das Kreditinstitut durch die Summe der Wertstellungsgewinne zusätzliche Einnahmen in erheblicher Höhe erschließe und die Verbandsklage nicht dem Schutz des Einzelnen, sondern des Rechtsverkehrs insgesamt diene501. Letztere Argumentation spielt auf die Berücksichtigung überindividueller oder öffentlicher Interessen an, ist allerdings insoweit weder konsequent noch überzeugend. Denn die Frage der unangemessenen Benachteiligung kann im Verbandsprozess nicht anders beantwortet werden als im Individualverfahren502. Konsequenter erscheint es, dem Einzelkunden zur Überwindung des Bagatelleinwands zu gestatten, sich auf die Summe der unberechtigten Verwendervorteile zu berufen, jedenfalls wenn sie sich in gleicher Weise auch aus dem von ihm zu tragenden Nachteil speisen503. Allerdings stellt sich die Frage, woher die Kriterien der Unangemessenheit genommen werden, wenn Bezugspunkt des Werturteils (nur oder primär) der (Gesamt-)Vorteil des Verwenders ist, zumal es keine Legitimation für die Kontrolle und Begrenzung „unangemessener“ Gewinne gibt504.

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Systemkonform ist es dagegen, die nur geringfügige Belastung des Einzelkunden durch die Zurechnung der Nachteile aller Dritten, die sich im Markt in der gleichen Lage befinden, zu überspielen505. Für die Zurechnung parallel gerichteter Interessen Dritter spricht schon die erforderliche generalisierende und typisierende Betrachtung von AGB (dazu oben Rz. 110 ff.). Ihre Wirkung darf – auch im Individualprozess – nicht völlig isoliert bewertet werden. Vielmehr ist der wirt500 In diese Richtung Staudinger/Coester Rz. 91. 501 BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, WM 1989, 126 (129) = NJW 1989, 582; BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, NJW 1994, 318 (319); BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, ZIP 1997, 1146 (1147). 502 Krit. auch Staudinger/Coester Rz. 92; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 126. 503 So Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 126. 504 Vgl. die Kritik bei Staudinger/Coester Rz. 92 a.E. 505 Einen etwas anderen, aber ebenfalls marktbezogenen Ansatz verfolgt Staudinger/Coester Rz. 92, der nicht auf den finanziellen Nachteil abstellen will, sondern auf die ungerechtfertigte Erhebung des Entgeltes, etwa weil dieses durch eine zu zahlende Grundgebühr bereits abgedeckt worden ist. In der damit einhergehenden Beeinträchtigung der Marktentscheidung des Kunden liege stets eine AGB-rechtlich relevante Benachteiligung. Damit wird der „Nachteil von einigem Gewicht“ letztlich normativ bestimmt.

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schaftliche und wettbewerbliche Kontext der Klauselverwendung im Markt, die kumulativen Auswirkungen der massenhaften Verwendung zu berücksichtigen. Ebenso wie das Rationalisierungsinteresse des Verwenders sich aus der Vielzahl der Einzelabschlüsse zusammensetzt, muss auch für die Überwälzung kleinerer Nachteile auf die Marktgegenseite eine Zusammenrechnung erfolgen und in der Summe in die Abwägung einfließen. Die Gesamtauswirkung der Klausel im Verhältnis zur Marktgegenseite ist dabei ein wichtiger Aspekt. Die Mitberücksichtigung der Belastungen anderer Vertragspartner, die zum gleichen Kundenkreis gehören, wird auch durch den Schutzzweck des AGB-Rechts legitimiert, der über den Individualschutz des einzelnen Vertragspartners hinaus eine institutionelle, wirtschaftsrechtliche Dimension aufweist und generell auf eine Kompensation von Marktversagen bei der Verwendung von AGB im Privatrechtsverkehr gerichtet ist. Gerade wegen des Bagatellcharakters ist die Funktionsfähigkeit des Konditionenwettbewerbs in diesen Fällen noch erheblich stärker eingeschränkt und findet praktisch keine Gegenwehr der Kunden statt506. Die Ausnutzung dieser Lage durch den Verwender erscheint als unfair, gewissermaßen als ein „fraud on the market“, der langfristig das Vertrauen in die privatautonom gesteuerte Marktwirtschaft untergraben könnte. Auch wenn jeder einzelne Kunde nur relativ geringfügig betroffen ist, sind daher AGB-Bestimmungen, die zu massenhaften Bagatellnachteilen der Vertragspartner führen, nicht hinzunehmen, sondern im Rahmen einer teleologischen Auslegung als unangemessen und treuwidrig zu qualifizieren. Im Ergebnis wird die aus dem Gebot von Treu und Glauben bzw. dem Unangemessenheitskriterium abgeleitete Erheblichkeitsschwelle (oben Rz. 101) für diese Fälle marktbezogen interpretiert.

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cc) Berücksichtigung von Dritt- und Allgemeininteressen Schrifttum: Baetge Allgemeininteressen in der Inhaltskontrolle, AcP 202 (2002), 972; Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen, 1992.

Für die Feststellung der unangemessenen Benachteiligung sind grundsätzlich nur die Interessen der Vertragspartner gegeneinander abzuwägen507. Allerdings kann es in besonderen Konstellationen erforderlich werden, neben den eigenen Interessen des Verwenders und seines unmittelbaren Vertragspartners auch die Interessen dritter Personen zu berücksichtigen. Das gilt jedenfalls, wenn die betroffenen Dritten aus dem Vertrag eigene Rechte herleiten können508, wie etwa beim Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328)509, oder in seinen Schutzbereich (auf

506 Vgl. Derleder/Metz ZIP 1996, 573 (574, 577). 507 Ganz h.M., siehe nur BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (180); OLG Celle v. 26.4.1995 – 3 U 113/94, NJW 1998, 82 (84); vgl. auch BGH v. 25.9.2013 – VIII ZR 206/12, NJW 2014, 209 (2011); Staudinger/Coester Rz. 145; von Hoyningen-Huene Rz. 148 ff.; Palandt/Grüneberg Rz. 12; a.A. Habersack Drittinteressen, S. 172 ff. (insb. S. 175), der Interessen Dritter grundsätzlich berücksichtigen will; allerdings wird ein Gleichlauf der Interessen von Vertragspartner und Drittem verlangt, so dass der Ansatz kaum zu abweichenden Ergebnissen führt. 508 BGH v. 28.3.2001 – IV ZR 19/00, NJW 2001, 1934 (1935); BGH v. 23.6.1999 – IV ZR 136/98, NJW 1999, 3558 (3559); Staudinger/Coester Rz. 146; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 25; Stoffels Rz. 469 a.E.; Wolf/Pfeiffer Rz. 166. 509 Vgl. BGH v. 16.11.1992 – II ZR 184/91, NJW 1993, 2442 (2444); Habersack Drittinteressen, S. 189 f.; Staudinger/Coester Rz. 146; Wolf/Pfeiffer Rz. 166.

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Seiten des Kunden) einbezogen sind510. Auf Grund ihrer unmittelbaren Rechtsbeziehung zum Verwender stehen solche Dritte direkten Vertragsparteien gleich511. So kann beispielsweise der Vertragspartner bei einem Reisevertrag die Unwirksamkeit einer Klausel geltend machen, die seine Reisebegleiter unangemessen benachteiligt512. Interessen nicht unmittelbar Berechtiger kann der Vertragspartner dem Verwender dann entgegenhalten, wenn er für den Schutz des Dritten verantwortlich ist oder durch dessen Benachteiligung selbst einen Nachteil erleidet513. 134

Fraglich und umstritten ist dagegen, ob auch die Interessen der vom Inhalt des Vertrages nur mittelbar betroffenen Personen, wie z.B. der Gläubiger des Kunden, berücksichtigungsfähig sind514. Die h.M. verneint das grundsätzlich515. Eine Ausnahme soll aber gelten, wenn die benachteiligenden Wirkungen mittelbar auch den Vertragspartner treffen, dieser also durch die Beeinträchtigung der Drittinteressen selbst einen Nachteil erleidet516, z.B. Regressansprüchen Dritter ausgesetzt ist. Eine weitere Ausnahme soll dann gelten, wenn im Verbandsprozess Klauseln gerügt werden, welche auf Grund ihrer „faktisch-psychologischen“ Wirkung eine besondere Gefährdungslage gerade für Dritte herbeiführen und sie z.B. durch Schaffung einer „Scheinrechtslage“ zu einer nicht geschuldeten Zahlung veranlassen könnten517.

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Der Verwender kann sich (jedenfalls dann) zur Rechtfertigung der beanstandeten Regelung auf Drittinteressen berufen, wenn er gleichgerichtete Interessen der durch die Regelung insgesamt begünstigten Parteien zu wahren hat518. Das kann 510 Vgl. BGH v. 15.6.1989 – VII ZR 205/88, NJW 1989, 2750 (2751 f.) (Anmelderklausel in Reisebedingungen); zust. Teichmann JZ 1989, 1009 Fn. 6; im Ergebnis zust., aber gegen Einordnung als Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Habersack Drittinteressen, S. 121. 511 Im Ergebnis ebenso, aber mit anderem Begründungsansatz Staudinger/Coester Rz. 145, der auf die Verantwortlichkeit des Vertragspartners für die Drittinteressen im Rahmen eines rechtlichen oder kraft persönlicher Verbundenheit bestehenden Fürsorgeverhältnisses abstellt. 512 BGH v. 15.6.1989 – VII ZR 205/88, NJW 1989, 2750 (2751). 513 BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (180); Erman/Roloff § 307 Rz. 10. 514 Abl. z.B. BGH v. 12.5.1980 – VIII ZR 167/79, NJW 1980, 2473 (keine Berücksichtigung der Belange anderer Gläubiger bei Prüfung einer Sicherungsklausel); BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (180); vgl. auch Wolf/Pfeiffer Rz. 165 ff.; von Hoyningen-Huene Rz. 165. 515 Palandt/Grüneberg Rz. 11; MünchKomm/Wurmnest Rz. 51; BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (180); a.A. Habersack Drittinteressen S. 162 ff., 173 ff., 196. 516 Vgl. BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (180); Wolf/Pfeiffer Rz. 172; Staudinger/Coester Rz. 147; Palandt/Grüneberg Rz. 11 (mit den Beispielen Verhinderung weiterer Kreditaufnahme des Kunden und Ausschluss des Schutzes von diesem nahe stehenden Personen); vgl. auch BGH v. 9.6.2011 – III ZR 157/10, MMR 2012, 24 (27) (Klausel eines Mobilfunkanbieters mit dem Verbot der Benutzung der Verbindung zu urheberrechtswidrigen Handlungen). 517 Vgl. Staudinger/Coester Rz. 150, der als Beispiel die Einzugskosten eines vom Verwender beauftragten Inkassobüros erwähnt, die nach §§ 280, 286 nicht (voll) ersatzfähig wären, und zur Begründung der Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Dritten auf den generalpräventiven Charakter der AGB-Kontrolle und das Transparenzgebot abstellt. 518 Vgl. BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816; ohne Einschränkung für Berücksichtigung von Drittvorteilen zu Gunsten des Verwenders Palandt/Grüneberg Rz. 11; krit. Staudinger/Coester Rz. 148.

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vor allem im Rahmen „kollektiver Vertragssysteme“ (z.B. bei Versicherungen, Bausparkassen) gelten519, aber auch dann, wenn der Verwender zur Vermeidung möglicher Konflikte zwischen seinen verschiedenen Vertragspartnern gehalten ist, eine allgemeine Regelung zum Ausgleich der unterschiedlichen Individualinteressen und zu Gunsten des kollektiven Vorteils zu treffen, wie etwa im Falle einer Benutzungsregelung für eine Mehrzahl der im selben Haus wohnenden Mieter520. Zwar ist der Verwender bereits nach dem allgemeinen Grundsatz, dass für die Interessenabwägung nicht das individuelle Interesse des einzelnen Vertragspartners, sondern die typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise maßgeblich sind, befugt, atypische Sonderinteressen einzelner Kunden zu vernachlässigen521. Das genügt jedoch nicht zur Erfassung aller relevanten Fälle, in denen es um den Ausgleich von Interessenkonflikten zwischen verschiedenen Kundengruppen (bzw. Kunden und Dritten) geht522. Allerdings ist immer genau zu prüfen, ob sich hinter einer angeblichen Verfolgung von Drittinteressen oder „Solidarinteressen“ der Kunden nicht doch nur ein eigenes (Rationalisierungs-) Interesse des Verwenders oder das grundsätzlich unzulässige Preisargument (Rz. 145) verbirgt523. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob auch öffentliche Interessen, Interessen der Allgemeinheit, Einfluss auf die Wirksamkeit von AGB haben können524. Insoweit geht es nicht um massenhafte, gleichgerichtete Individualinteressen von Dritten (Einzelpersonen oder Gruppen)525, sondern um öffentliche Belange wie den Schutz des Wettbewerbs vor Verfälschungen (z.B. durch die Aufnahme von Strafgeldklauseln gegen die Beteiligung an Submissionskartellen in die Ausschreibungsbedingungen öffentlicher Unternehmen)526, oder sonstige Interessen der Allgemeinheit, d.h. des Staates oder der Gesellschaft insgesamt527. Überwiegend wird eine Berücksichtigung von Gemeinwohlinteressen bei Prüfung der 519 Vgl. BT-Drucks. 7/3919 S. 23; BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 (180); von Hoyningen-Huene Rz. 152; Palandt/Grüneberg Rz. 12; Wolf/Pfeiffer Rz. 171; krit. Staudinger/Coester Rz. 148. 520 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 124 a.E.; vgl. auch von Hoyningen-Huene Rz. 221 (Solidargemeinschaft der Versicherten bzw. der Bausparer). 521 Allein darauf abstellend Fastrich S. 308. 522 Insoweit übereinstimmend Staudinger/Coester Rz. 148, der aber seinerseits zu weit geht, wenn er meint, der Verwender müsse erkennbaren Interessenunterschieden bei seinen Kunden Rechnung tragen; damit würde seine Gestaltungsfreiheit zu sehr eingeengt. Sachgerechte Differenzierungen, die den Interessen einer Kundengruppe den Vorrang einräumen und die einer anderen Gruppe vernachlässigen, müssen keine unangemessene Benachteiligung der letzteren darstellen. 523 Insoweit zutr. Staudinger/Coester Rz. 148; vgl. z.B. die zutr. Zurückweisung des Arguments prämienwirksamer Kostenersparnis in der Sachverständigenkosten-Entscheidung BGH v. 3.3.1982 – IVa ZR 256/80, BGHZ 83, 169 (180). 524 Vgl. Baetge AcP 202 (2002), 972 ff.; Wolf/Pfeiffer Rz. 231; Wolf in Hadding/Hopt, Verbraucherkredit, AGB-Gesetz und Kreditwirtschaft (Bankrechtstag 1990), S. 37, 81 f. 525 Bei den gelegentlich in diesem Zusammenhang erörterten „Solidarinteressen“ der Kundengemeinschaft, vgl. Wolf/Pfeiffer Rz. 231, handelt es sich um das soeben behandelte Problem der Berücksichtigung von „Drittinteressen“. 526 Vgl. BGH v. 21.12.1995 – VII ZR 286/94, BGHZ 131, 356 (357 ff.) (Einordnung als Schadenspauschale); a.A. Baetge AcP 202 (2002), 972 (976 Fn. 20) (Vertragsstrafe); Staudinger/Rieble Vorbem. zu §§ 339 ff. Rz. 26 (Garantieerklärung); differenz. Dreher in FS Traub, 1994, S. 63 (66 ff.). 527 Vgl. etwa die Vertragsstrafeklauseln der Treuhandanstalt in ihren Privatisierungsverträgen, mit denen Arbeitsplatzgarantien und Investitionszusagen der Unternehmenskäufer abgesichert werden sollten; dazu Baetge AcP 202 (2002), 972 (974 ff.) m.w.N.

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Unangemessenheit von AGB-Klauseln abgelehnt528, insbesondere weil sich der Zweck der Inhaltskontrolle auf den individuellen Schutz des Vertragspartners beschränke und es keine Rechtfertigung dafür gebe, im Zusammenhang mit der Inhaltskontrolle private Verträge zur Verfolgung des Gemeinwohls in Dienst zu nehmen. 137

Bei dieser Argumentation wird jedoch übersehen, dass es für die Gewichtung und Bewertung der einschlägigen Interessen durchaus von Bedeutung sein kann, ob eine Partei mit einer bestimmten Klausel (oder mit dem Vorgehen gegen eine problematische Regelung) ausschließlich im Eigeninteresse handelt oder zugleich auch Belange der Allgemeinheit mitverfolgt. Für eine Mitberücksichtigung der relevanten Gemeinwohlaspekte streitet zum einen die (sonst allgemein konsentierte) Notwendigkeit einer umfassenden Interessenabwägung, zum anderen der Gedankte der Einheit der Rechtsordnung. Denn das Ausmaß der von einer Partei hinzunehmenden Nachteile hängt auch davon ab, ob die Klausel ein Verhalten verhindern soll, dass nicht nur dem Interesse des unmittelbar Betroffenen zuwiderläuft, sondern zugleich dem Allgemeininteresse widerspricht529. Andernfalls würde man ein generell missbilligtes Verhalten (z.B. Submissionsabsprachen) künstlich vor privatrechtlichen Sanktionen immunisieren, obwohl diese zielkonform die Effektivität der staatlichen Regelung erheblich verbessern können.

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Allerdings bedarf die Berufung auf die (angebliche) Förderung von Gemeinwohlinteressen einer Begrenzung, die an die Legitimation der Inhaltskontrolle (Kompensation des gestörten Vertragsmechanismus, beschränkte Funktionsfähigkeit des Konditionenwettbewerbs) anknüpft. Daher genügt kein beliebiger oder formaler Gemeinwohlbezug wie z.B. „besonderer öffentlicher Auftrag“ oder „Schutz öffentlicher Güter“530. Vielmehr muss der Vertrag bzw. die Klausel gerade dazu dienen, ein spezifisches wettbewerbliches bzw. auf den Abschluss oder die Durchführung des Vertrages bezogenes Defizit zu überwinden. Dieser Aspekt trifft auf die Überführung der ehemaligen Staatsbetriebe der DDR in privatrechtliche Organisationsformen und ihre materielle Privatisierung durch die Treuhandanstalt zu, da es hierfür keinen funktionsfähigen Markt gab und die Arbeitsplatz- und Investitionszusagen, deren Einhaltung mit der Vertragsstrafe abgesichert werden sollte, einen Ausgleich für die nominell meist erheblich unter Wert erfolgende Veräußerung des Unternehmens und somit den größten Teil der Gegenleistung des Käufers ausmachten. Durch die Sanktionierung verbotener Submissionsabsprachen will der Verwender nicht nur sich selbst vor Nachteilen schützen, sondern zugleich einer nahe liegenden Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs und des besonderen Vertragsschlussmechanismus der Ausschreibung entgegenwirken531. Auch bei den sog. Sektionsklauseln in Krankenhausaufnahmeverträgen, die unter bestimmten Voraussetzungen eine vorformulierte Einwilligungserklärung des Patienten in eine innere Leichenschau enthalten, spielt die besondere Situation des Vertragsschlusses eine wichtige Rolle, da typi-

528 Fastrich S. 241 f.; Staudinger/Coester Rz. 151; a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 231 f. 529 Ähnlich Baetge AcP 202 (2002), 972 (979) (keine unangemessene Benachteiligung, wenn der dem Vertragspartner zugefügte Nachteil durch gewichtige öffentliche Interessen gerechtfertigt ist). 530 So aber der Ansatz von Baetge AcP 202 (2002), 972 (981 ff.). 531 Näher zu den schädlichen Auswirkungen von Submissionsabsprachen Baetge AcP 202 (2002), 972 (983 f.) m.w.N.

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scherweise eine explizite Erörterung der Frage mit dem Patienten ausscheiden wird. Die Rechtsprechung stellt freilich zur Begründung der Zulässigkeit von Sektionsklauseln insoweit nur auf das wissenschaftliche Interesse an der Leichenöffnung sowie auf den Beitrag zur Entwicklung der Medizin und der öffentlichen Gesundheitsvorsorge ab, hinter die das Interesse des Patienten oder seiner Angehörigen an der Unversehrtheit des Leichnams für die Bestattung zurücktreten müsste532. In den genannten Fällen kommt dem Interesse des Verwenders an der Vereinbarung einer formularmäßigen Vertragsstrafe533 bzw. einer vorformulierten Einwilligungserklärung des Patienten534 wegen der gleichzeitigen Förderung des Gemeinwohls zusätzliches Gewicht zu. Allerdings muss die Ausgestaltung der konkreten Klausel in jedem Fall die Grenze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit i.e.S. beachten (dazu Rz. 105 ff.). Nicht nur Interessen des Verwenders können durch ihre Konnexität mit dem Allgemeininteresse aufgewertet werden, sondern auch solche des Vertragspartners. So handelt z.B. ein privater Kläger, der wegen einer kartellrechtswidrigen Absprache nach § 33 GWB auf Schadensersatz klagt, nicht nur zur individuellen Schadenskompensation, sondern trägt zugleich zur (effektiveren) Sanktionierung von Verstößen gegen die Wettbewerbsordnung im Interesse der Allgemeinheit bei. Die repressiven wie präventiven Elemente der privaten Kartellrechtsdurchsetzung (Abschreckungsfunktion) gewinnen nicht nur in den Augen der Europäischen Kommission zunehmend an Bedeutung, sondern hatten auch den deutschen Gesetzgeber veranlasst, im Rahmen der 7. GWB-Novelle 2005 die Bedingungen von Privatklagen im Kartellrecht zu verbessern. Klauseln, die eine Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche wegen Verletzung der Wettbewerbsvorschriften erschweren oder ausschließen sollen, sind daher besonders kritisch zu sehen. Letztlich zeigt sich in der mittelbaren Berücksichtigung von Allgemeininteressen im Rahmen der Gewichtung und Abwägung der von einer beanstandeten Klausel betroffenen Interessen die wirtschaftsrechtliche Dimension des AGB-Rechts, die sich insbesondere auf wettbewerbsbezogene Schutzzweckerwä-

532 BGH v. 31.5.1990 – IX ZR 257/89, NJW 1990, 2313 (2315); OLG Koblenz v. 15.9.1989 – 2 U 52/88, NJW 1989, 2950 (2952) (Vorinstanz); zust. Baetge AcP 202 (2002), 972 (986 f.); a.A. (Verstoß gegen das fortwirkende Persönlichkeitsrecht und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten) Ackmann JZ 1990, 925 (926); Deutsch NJW 1990, 2315; Giesen/Kloth JR 1991, 203 (204); Teil 2, (28) Krankenhausverträge Rz. 2. 533 Vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Arbeitsplatz- und Investitionspönalen im Hinblick auf „die öffentliche und gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Unternehmensprivatisierung der Treuhandanstalt“ BGH v. 26.5.1999 – VIII ZR 102/98, BGHZ 141, 391 (397 f.); BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 (2602); zust. z.B. Wächter/Stender NJW 2000, 395 (399); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 74; Baetge AcP 202 (2002), 972 (987 ff.) m.w.N. auch zur unterschiedlichen Rspr. der Instanzgerichte; a.A. Kiethe VIZ 2001, 345 (350). In Abkehr von seiner früheren Rspr. – BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 177/87, BGHZ 105, 24 (32) – hält der BGH nunmehr auch Strafgeldklauseln gegen Submissionsabsprachen für AGB-rechtlich zulässig, BGH v. 21.12.1995 – VII ZR 286/94, BGHZ 131, 356; ebenso OLG München v. 29.9.1994 – U (K) 7111/93, NJW 1995, 733 (Vorinstanz); zust. Baetge AcP 202 (2002), 972 (991 ff.) m.w.N.; ebenso OLG Karlsruhe v. 31.7.2012 – 6 U 51/12, BeckRS 2014, 03524. 534 Soweit das OLG Koblenz v. 15.9.1989 – 2 U 52/88, NJW 1989, 2950 (2952) das Bestehen eines Eigeninteresses des Verwenders bei der Sektionsklausel ausdrücklich verneint, ist dem nicht zu folgen, da das Krankenhaus durchaus ein eigenes Interesse an der raschen und genauen Aufklärung der Todesursache haben kann, etwa zur Entkräftung etwaiger Vorwürfe wegen angeblicher ärztlicher Kunstfehler oder organisatorischer Mängel.

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gungen (Marktversagen, Funktionsdefizite beim Konditionenwettbewerb, vgl. Vor § 307 Rz. 32 ff., ferner § 307 Rz. 43 ff., 85 ff.) zurückführen lässt.

3. Einzelne Abwägungsgesichtspunkte a) Übereinstimmung mit etablierten Standards 140

Verstößt eine Klausel gegen anerkannte Standards korrekten Verhaltens (Verkehrssitte, Handelsbrauch, Standesrichtlinien, Branchenüblichkeit), stellt dies regelmäßig ein Indiz für die Unangemessenheit der Regelung dar535. Diese Indizwirkung kann jedoch entfallen, wenn der (faktische) Standard in Konflikt mit normativen, insbesondere verfassungsrechtlichen Anforderungen gerät, wie es teilweise in Bezug auf Standesrichtlinien der Fall gewesen ist536. Im Übrigen kann die mangelnde Konformität mit der „üblichen“ Regelung oder Vorgehensweise auch Ausdruck innovativen Wettbewerbs sein; in derartigen Fällen sind daher in besonderem Maße der (ggf. spezielle) Geschäftszweck, die Einbindung der beanstandeten Klausel in das gesamte Vertragswerk sowie etwaige Kompensationswirkungen durch anderweitige Vorteile (dazu Rz. 144 ff., 151 ff.) zu berücksichtigen. Starke Indizwirkung hat die Abweichung von einer dem Kunden günstigen Verkehrssitte oder einem entsprechenden Handelsbrauch. Denn über § 157 BGB bzw. § 346 HGB wird eine damit konforme Verhaltensweise grundsätzlich zu einer vertraglichen Pflicht; deren Abbedingung stellt regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung dar537.

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Umgekehrt kann dagegen nicht ohne weiteres von der Konformität einer Klausel mit etablierten Standards auf ihre AGB-rechtliche Zulässigkeit geschlossen werden. Vielmehr ist zwischen den verschiedenen Formen von Verhaltensstandards zu differenzieren. Die Übereinstimmung mit einer branchenüblichen Regelung ist zwar durchaus ein berücksichtigungsfähiger Aspekt538 (unter vielen anderen), kann aber als lediglich faktischer Befund das Werturteil über die Angemessenheit einer Klausel nicht präjudizieren, zumal sich aus der Üblichkeit keine Aussage über die Einhaltung normativer Vorgaben und die Anerkennung durch die

535 Staudinger/Coester Rz. 153 m.w.N.; ebenso Erman/Roloff § 307 Rz. 14 (für Verstöße gegen Verkehrssitte und Standesrichtlinien); Palandt/Grüneberg Rz. 17; von HoyningenHuene Rz. 196 ff. (Standesrichtlinien); vgl. ferner BGH v. 29.4.1987 – VIII ZR 251/86, NJW 1987, 2012 (2013) (zweijährige Laufzeit beim Zeitschriftenabonnement möglicherweise unangemessen, wenn sie als „unüblich“ nachgewiesen worden wäre); BGH v. 2.7.2014 – VIII ZR 316/13, NZM 2014, 705 („normierende Kraft der Verkehrssitte“). 536 Vgl. BVerfG v. 14.7.1987 – 1 BvR 537/81, 1 BvR 195/87, NJW 1988, 191 (194) (zu bestimmten Regeln des anwaltlichen Standesrechts); die fortdauernde Indizwirkung bezweifelnd daher Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 24; daran festhaltend jedoch von Hoyningen-Huene Rz. 196. 537 BGH v. 13.6.1988 – II ZR 324/87, NJW 1988, 3149 (3158) (jederzeitige Beachtung eines Scheckwiderrufs durch die Bank); zust. Staudinger/Coester Rz. 153; Erman/Roloff § 307 Rz. 14. 538 Vgl. z.B. BGH v. 9.6.2010 – VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877 (2878); BGH v. 14.7.2004 – VIII ZR 339/03, NJW 2004, 2961; BGH v. 28.4.2004 – VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087 (formularmäßige Überbürdung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter); BGH v. 27.2.1985 – VIII ZR 85/84, NJW 1985, 2693 (zweijährige Laufzeit von Bierlieferungsverträgen).

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beteiligten Verkehrskreise ableiten lässt539. Auch wenn eine Bestimmung über lange Zeit unbeanstandet geblieben oder sogar durch die Rechtsprechung ausdrücklich gebilligt worden ist, ist nicht ausgeschlossen, dass sie in einem neuen Urteil als unwirksam erkannt wird540. Gegenüber Änderungen der Rechtsprechung genießt der Verwender insoweit keinen Vertrauensschutz, doch sollten die Folgen für ihn aus der Abweichung von einer bislang ganz überwiegend anerkannten, etablierten Rechtsprechung begrenzt werden, indem das grundsätzliche Verbot der geltungserhaltenden Reduktion in diesen Fällen zurücktritt und die unangemessene Klausel in ihrem auch nach der Rechtsprechungsänderung noch zulässigen Kern wirksamer Vertragsbestandteil bleibt (vgl. oben Rz. 118). Größeres Gewicht kommt der „Üblichkeit“ einer die Vertragspartei belastenden Klausel nur zu, wenn die weite Verbreitung der Regelung darauf beruht, dass sich im Verkehr ein Vertragstyp mit spezifischen Eigenarten herausgebildet hat, für den aus sachlich anzuerkennenden Gründen eine vom Gesetz abweichende Lastenverteilung rechtlich zu billigen ist541. Die standesrechtliche Zulässigkeit einer Klausel erlaubt keinen definitiven Schluss auf ihre Angemessenheit, da Standesrichtlinien freier Berufe (insb. der Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte) lediglich Mindeststandards zur Sicherung einer verantwortlichen Berufsausübung festlegen und nur wiedergeben, was die Angehörigen des jeweiligen Berufsstandes selbst für angemessen halten, ohne dass Vertreter der anderen Vertragsseite beteiligt worden wären542. So bleibt eine Haftungsbeschränkung in AGB ungeachtet standesrechtlicher Zulässigkeit unangemessen, wenn der Verwender nur für die üblichen Risiken haftet, Restrisiken jedoch vom Vertragspartner zu tragen sind, ohne dass er insoweit angemessene Möglichkeiten zur Versicherung des Restrisikos hat543.

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Größere Aussagekraft hat die Übereinstimmung einer formularmäßigen Vertragsbedingung mit Verkehrssitte und Handelsbrauch, weil zu der tatsächlichen Praktizierung auch die Kenntnis und Billigung durch die betroffenen Verkehrskreise hinzukommen544. § 310 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 schreibt die angemessene Berücksichtigung der „im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche“ bei der Inhaltskontrolle ausdrücklich vor545. Gleiches gilt – trotz fehlender

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539 Vgl. z.B. BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931 (1935) (Vorleistungsklauseln beim Reisevertrag); BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, NJW 1989, 222 (224) (Zinsund Tilgungsberechnung bei Annuitätendarlehen); BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, NJW 1989, 582 (583) (Wertstellung bei Kontoeinzahlungen); BGH v. 5.3.1991 – XI ZR 75/90, NJW 1991, 1677 (1678) (persönliche Haftung des Grundschuldbestellers); von Hoyningen-Huene Rz. 211; Erman/Roloff § 307 Rz. 14; Staudinger/Coester Rz. 153 jeweils m.w.N. 540 BGH v. 11.2.1981 – VIII ZR 335/79, NJW 1981, 1511 (1512); BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, NJW 1989, 222 (224); BGH v. 18.1.1996 – IX ZR 69/95, NJW 1996, 924 (925); vgl. BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, NJW 2014, 2420. 541 BGH v. 1.7.1987 – VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253 (262) = NJW 1987, 2575 f.; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 118; vgl. zum Argument typischer Branchenbedürfnisse auch BGH v. 14.1.1986 – X ZR 54/84, ZIP 1986, 653 (656) (Videokatalog). 542 Staudinger/Coester Rz. 154; von Hoyningen-Huene Rz. 197; Wolf/Pfeiffer Rz. 201, 207. 543 BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133 f.) = NJW 1980, 1953 (1954 f.). 544 Staudinger/Coester Rz. 154; von Hoyningen-Huene Rz. 212; Wolf/Pfeiffer Rz. 203, 205. 545 Die zu einem Handelsbrauch erstarkten AGB werden nach § 346 HGB im kaufmännischen Verkehr Vertragsinhalt, ohne dass es einer Einbeziehung bedarf, Palandt/Grüneberg § 305 Rz. 57. Als Handelsbrauch anerkannt sind etwa die Tegernseer Gebräuche

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expliziter Regelung – auch für die Verkehrssitten im Allgemeinen Geschäftsverkehr546. Eine bloß einseitige, wenn auch übliche Formularpraxis der Verwenderseite begründet allerdings noch keine Verkehrssitte. Der fragliche Regelungsgehalt der Klausel muss von den beteiligten Verkehrsgruppen generell als maßgeblich und angemessen erachtet werden547. Unter dem Vorbehalt, dass sie sich in den gesetzlichen Grenzen hält und den Geboten von Treu und Glauben entspricht548, entfaltet die entsprechende Verkehrssitte eine Indizwirkung für die Angemessenheit mit ihr übereinstimmender AGB-Klauseln. Eine definitive Legitimation für eine den Kunden belastende Regelung dürfte aber grundsätzlich nur dann eintreten, wenn sich im Verkehr ein Vertragstyp mit spezifischen Eigenarten herausgebildet hat, für den eine vom Gesetz abweichende Lastenverteilung auch aus sachlichen Gründen zu billigen ist549. b) Möglichkeiten zur Kompensation nachteiliger Regelungen Schrifttum: Bieder Kompensatorische Vertragsgestaltung im Arbeits- und Wirtschaftsrecht, 2015.

aa) Ausgangspunkt 144

Fraglich ist, ob eine Klausel, die an sich, isoliert betrachtet zu einer unangemessenen Benachteiligung der anderen Partei führt, dennoch aufrechterhalten werden kann, wenn die daraus resultierende Belastung durch anderweitige Vorteile aus demselben Rechtsverhältnis ausgeglichen wird. Diese Möglichkeit scheint zunächst in der Konsequenz des Grundsatzes zu liegen, dass die Inhaltskontrolle einer bestimmten Klausel stets vor dem Hintergrund des gesamten Vertragsinhalts erfolgen muss (Rz. 116). Andererseits würde eine unbeschränkte Zulassung der „Aufrechnung“ von Vor- und Nachteilen dazu führen, dass letztlich doch das Gesamtvertragswerk und nicht einzelne problematische Klauseln einer Angemessenheitsprüfung unterzogen würden. Nach allgemeiner Auffassung besteht daher nur in eingeschränktem Umfang die Möglichkeit, die Qualifikation einer problematischen Klausel als unangemessen durch anderweitige Besserstel-

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im Holzhandel, BGH v. 23.4.1986 – IVa ZR 209/84, NJW-RR 1987, 94; eine einzelne Klausel (z.B. Schiedsabrede) kann ebenfalls zu einem Handelsbrauch werden, siehe BGH v. 3.12.1992 – III ZR 30/91, NJW 1993, 1798. BGH v. 28.4.2004 – VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087 (2087 f.); BGH v. 30.10.1984 – VIII ARZ 1/84, BGHZ 92, 363 (368) = NJW 1985, 480 (481); BGHZ 108, 6; BGH v. 1.7.1987 – VIII ARZ 9/86, NJW 1987, 2575 (2576); Palandt/Grüneberg Rz. 17; Erman/Roloff § 307 Rz. 14; von Hoyningen-Huene Rz. 213; a.A. Niebling NJW 1987, 2564 (2565). In prozessualer Hinsicht ergeben sich insofern Unterschiede zwischen Verkehrssitte und Handelsbrauch, als erstere im Bestreitensfall eine zu beweisende Tatsache ist, während beim Handelsbrauch die Beweisaufnahme wegen der eigenen Sachkunde der zuständigen Kammer grundsätzlich entbehrlich erscheint, so Oestmann JZ 2003, 285 (287 f.). Vgl. zu dieser Voraussetzung BGH v. 30.10.1984 – VIII ARZ 1/84, BGHZ 92, 363 (368) = NJW 1985, 480 (481); siehe auch BGH v. 9.6.2010 – VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877 (2878). Erman/Roloff § 307 Rz. 14; Palandt/Grüneberg Rz. 17; von Hoyningen-Huene Rz. 214; vgl. zur Unbeachtlichkeit einer missbräuchlichen Verkehrsübung z.B. auch BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 319; BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 267. Staudinger/Coester Rz. 154; BGH v. 1.7.1987 – VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253 (262) = NJW 1987, 2575 f.

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lung des Vertragspartners abzuwenden550. Zu unterscheiden ist dabei zum einen zwischen wirtschaftlicher und rechtlicher Kompensation, zum anderen zwischen funktionsgleichen und nicht zweckkongruenten Ausgleichsregelungen. bb) Grundsätzliche Unbeachtlichkeit des Preisarguments Man könnte zunächst daran denken, dass nachteilige Vertragsbestimmungen dann nicht mehr als unangemessen zu betrachten sind, wenn sie durch eine besonders günstige wirtschaftliche Ausstattung der Produkte aufgewogen werden. Nach allgemeiner Auffassung kann jedoch eine unangemessene Benachteiligung durch AGB-Klauseln grundsätzlich nicht mit einem niedrigen Preis gerechtfertigt werden551. Denn der behauptete Preisvorteil ist mangels Feststellbarkeit des sonst angemessenen Preises nicht nachprüfbar552. Für die grundsätzliche Unmaßgeblichkeit des sog. Preisarguments spricht außerdem, dass sich einerseits jede rechtliche Benachteiligung irgendwie ökonomisch rechtfertigen ließe, andererseits der Kunde wohl kaum jemals eine ausreichende Kompensation für den Haftungsverzicht oder die sonstige Schlechterstellung erhielte553. Für die Inhaltskontrolle spielt es daher keine Rolle, ob den Kunden überdurchschnittlich günstige Tarife geboten werden; eine eventuelle Verkürzung ihrer nach Treu und Glauben zu erwartenden Rechtsposition würde dadurch nicht ausgeglichen554.

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Die Rechtsprechung erkennt jedoch gewisse Ausnahmen von der Unbeachtlichkeit einer wirtschaftlichen Kompensation an sich unangemessener Klauseln an. So hat sie bisweilen das Preisargument (mit-)berücksichtigt, etwa wenn eine unbeschränkte Haftung des Verwenders sich derart ausgewirkt hätte, dass ein Angebot zu einem für die Allgemeinheit tragbaren Preisniveau nicht mehr möglich

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550 So betont der BGH in einer Entscheidung zur Beurteilung eines privatrechtlichen städtebaulichen Vertrags nach dem in § 11 Abs. 2 BauGB geregelten Gebot angemessener Vertragsgestaltung, dass bei diesem im Unterschied zum AGB-Recht die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung bestehe, so dass Vertragsklauseln, die für sich genommen unangemessen sind, durch vorteilhafte Bestimmungen im Übrigen Vertrag kompensiert werden könnten, BGH v. 29.11.2002 – V ZR 105/02, ZIP 2003, 535 (538) = EWiR § 9 AGBG 4/03, 843 (Gronemeyer). 551 BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (131) = NJW 1980, 1953 (1954); OLG München v. 18.2.1993 – 29 U 4048/92, NJW-RR 1993, 736 (737); BGH v. 16.11.1992 – II ZR 184/91, NJW 1993, 2442 (2444); BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, BGHZ 138, 118 (132) = NJW 1998, 1640 (1644); MünchKomm/Wurmnest Rz. 44; Staudinger/Coester Rz. 129 ff.; Palandt/Grüneberg Rz. 18; von Hoyningen-Huene Rz. 179 ff.; Sternel NZW 1998, 833 (846); Stoffels Rz. 493; krit. MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 82 f.; Bieder S. 279 ff. 552 Palandt/Grüneberg Rz. 18; Köhler ZHR 144 (1980), 589 ff. (603); in diese Richtung auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 44. 553 Vgl. zu letzterem Wolf/Pfeiffer Rz. 224; Stoffels Rz. 493. Bei Haftungsregelungen kommt hinzu, dass die Übernahme des Risikos durch den Verwender und seine Umlegung auf den Preis für alle Kunden die ökonomisch effizientere Lösung ist: Sie wirkt wie eine Versicherung zu Gunsten der Kunden, die einen geringfügig höheren Preis zahlen, dafür aber nicht mehr befürchten müssen, in den wenigen Fällen, in denen sich das Risiko verwirklicht, von einem erheblichen Schadenspotential betroffen zu sein; vgl. Fastrich S. 303 f.; Staudinger/Coester Rz. 133. 554 Wolf/Pfeiffer Rz. 224; zu weiteren Gründen gegen das Preisargument, insb. der Gefahr eines „Konditionenwettbewerbs nach unten“, vgl. Staudinger/Coester Rz. 132 m.w.N.

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wäre555. In derartigen Fällen geht es meist um eine geringwertige Hauptleistung, der ein zwar selten eintretendes, dann aber sehr hohes Schadenspotential gegenübersteht, wie etwa bei bewachten Parkplätzen oder Reinigungen. Die Argumentation vermag jedoch nur zu überzeugen, wenn als zusätzliche Voraussetzung auch eine Versicherung des Risikos durch den Verwender (jedenfalls für typischerweise zu erwartende Schäden) keine ökonomisch sinnvolle Lösung darstellen würde556 und zugleich dem Kunden zumutbare Möglichkeiten der Eigenvorsorge (z.B. durch eigenen Versicherungsschutz) offen stehen557. Auch im Bereich der Elektrizitätsversorgung kann sich das Preisargument unter bestimmten Voraussetzungen auf die Angemessenheit einer Haftungsfreizeichnung gegenüber Unternehmern und Verbrauchern auswirken. Zu rechtfertigen ist eine solche Ausnahme allerdings nur dann, wenn die Freizeichnung ein überschaubares Risiko betrifft, der Kunde den Umfang des zu versichernden Interesses am ehesten beurteilen kann und der Abschluss einer Versicherung durch einzelne Kunden ökonomischer ist als eine andernfalls erforderliche Preiserhöhung, die jeden Kunden zusätzlich belasten würde558. Ob diese Argumentation auf sämtliche Massengeschäfte übertragbar ist559, erscheint dagegen sehr fraglich. 147

Auf einer anderen Linie liegen die Fälle der Abwälzung von regelmäßig und kalkulierbar entstehenden Kosten auf den Kunden. Im Gegensatz zu Schadensersatz- oder Gewährleistungsrisiken besteht hier nicht die Gefahr einer Disproportionalität zwischen Risiko und Vorteil für den Kunden, da der Verwender ohne die Klausel die zu erwartenden Kosten, wie z.B. für Schönheitsreparaturen bei Mietverträgen560, in den Preis für die Hauptleistung einberechnen würde561.

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Als einen Fall der ausnahmsweise zulässigen Berücksichtigung des Preisarguments behandelt die h.M. auch die Konstellation der sog. offenen Tarifwahl562, bei der unterschiedliche Preise für eine jeweils andere Ausgestaltung des Vertrags oder einer bestimmten Einzelregelung offen ausgewiesen werden und der 555 Palandt/Grüneberg Rz. 18; vgl. BGH v. 22.5.1968 – VIII ZR 133/66, NJW 1968, 1718 (1720) (Haftungsausschluss in Bewachungsvertrag eines Parkplatzbetreibers); BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133) (Reinigung). 556 Vgl. KG v. 14.11.1990 – 23 U 5029/89, NJW-RR 1991, 698 (699); Staudinger/Coester Rz. 137. 557 So z.B. für Reinigungen BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133) (Offenlegung der Haftungsbegrenzung bei Vertragsschluss und fakultatives Angebot einer Zusatzversicherung für den Kunden); MünchKomm/Wurmnest Rz. 4645 f.; näher zum Versicherungsargument Rz. 156, 159 f. 558 LG Frankfurt/M. v. 20.8.2001 – 2/4 O 339/00, NJW-RR 2002, 785; BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, BGHZ 138, 118 (133) = NJW 1998, 1640 (1644); BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133); krit. Stoffels Rz. 495; Staudinger/Coester Rz. 137 a.E. 559 So die verallgemeinernde Charakterisierung der Rspr. bei Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 113; krit. Stoffels Rz. 495. 560 Dazu z.B. BGH v. 30.10.1984 – VIII ARZ 1/84, NJW 1985, 480 (481 ff.); BGH v. 1.7.1987 – VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575; BGH v. 6.7.1988 – VIII ARZ 1/88, NJW 1988, 2790; BGH v. 3.6.1998 – VIII ZR 317/97, NJW 1998, 3114. 561 Staudinger/Coester Rz. 135; Wolf/Pfeiffer Rz. 228; a.A. von Hoyningen-Huene Rz. 186 f. 562 LG Mönchengladbach v. 30.5.2003 – 2 S 22/03, NJW-RR 2004, 416; OLG Karlsruhe v. 9.9.1988 – 10 U 62/88, NJW-RR 1989, 243; BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133 f.) = NJW 1980, 1953 (1955); Palandt/Grüneberg Rz. 18; Erman/Roloff § 307 Rz. 17; Stoffels Rz. 494; Wolf/Pfeiffer Rz. 227; von Westphalen NJW 2008, 2234 (2238); von Westphalen NJW 2010, 2254 (2259).

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Kunde frei wählen kann zwischen der ungünstigeren Kondition zum niedrigen Preis und der günstigeren Kondition (z.B. volle statt beschränkte Haftung des Verwenders) zum höheren Preis. Voraussetzung soll allerdings sein, dass die Preisdifferenz angemessen ist und z.B. den kalkulatorischen Kosten des übernommenen Risikos entspricht563. Damit wird im Ergebnis trotz § 307 Abs. 3 das Preis-/Leistungsverhältnis einer gewissen inhaltlichen Kontrolle unterworfen. Das ist insofern konsequent und wohl unvermeidlich, als eine bloße Offenlegung des Preis-/Risikoverhältnisses verschiedener Regelungsalternativen nicht genügt, um die Gefahr der Unangemessenheit der jeweiligen zur Wahl gestellten Bestimmung auszuräumen564. Eine Überschreitung der Kontrollbefugnis ist darin nicht zu sehen, weil sich die notwendige Überprüfung der zur Wahl gestellten Regelungsalternative nicht abstrakt auf deren „Angemessenheit“ richtet, sondern von vornherein nur auf die ökonomische Relation zu der vom Verwender selbst stammenden „Hauptregelung“ bezieht. Auch die in der Literatur teilweise vorgeschlagene abweichende dogmatische Verortung der offenen Tarifwahl als eine Frage des Abschlusses einer Individualvereinbarung565 kommt daran nicht vorbei: Denn der Verwender stellt die (problematische) Risikoabwälzung nur dann ernsthaft zur Disposition (mit der Konsequenz einer kontrollfreien Individualvereinbarung), wenn er dem Kunden eine „echte“ Wahlmöglichkeit zwischen ökonomisch vernünftigen Alternativen lässt566. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, kann ebenfalls nur bei einer (zumindest groben) Kontrolle des Preis-/Risiko-Verhältnisses der angebotenen Regelungsalternative beurteilt werden. Wegen der in jedem Fall notwendigen Bewertung der zur Auswahl gestellten Regelungsalternativen ist die herrschende Ansiedelung der Problematik im Rahmen der Unangemessenheitsprüfung vorzugswürdig. Im Streitfall muss aber der Verwender darlegen und ggf. beweisen, dass die Preisdifferenz zwischen den alternativ angebotenen Tarifen den kalkulatorischen Kosten des Risikos entspricht und nicht nur den Anschein eines wirtschaftlichen Interessenausgleichs erweckt567. Die Eröffnung einer Wahlmöglichkeit des Kunden zwischen verschiedenen Regelungsalternativen in den AGB kann auch in Fällen, in denen finanzielle Aspekte nicht im Vordergrund stehen, geeignet sein, eine sonst drohende unangemessene Benachteiligung auszuschließen. So wäre nach Ansicht des BGH ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 „wohl dann zu bejahen“, wenn die Kunden eines MobilfunkService-Providers generell auf den Erhalt lediglich einer Online-Rechnung über das Internet-Portal des Verwenders verwiesen würden568. Denn der „elektronische Rechtsverkehr“ könne derzeit noch nicht als allgemein üblich angesehen werden. Habe der Kunde aber die freie Wahl zwischen einem „Online-Tarif“ mit einer entsprechend abzurufenden Rechnung und einem „Standard-Tarif“ mit Rechnungsversand per Briefpost, scheide eine unangemessene Benachteiligung des Kunden aus569. 563 Erman/Roloff § 307 Rz. 17; Wolf/Pfeiffer Rz. 227; es darf sich gerade nicht um ein „Scheinangebot“ handeln, MünchKomm/Wurmnest Rz. 47. 564 Insoweit zutr. der Hinweis von von Hoyningen-Huene Rz. 182, jede der dem Kunden angebotenen Regelungsalternativen bleibe eine vom Verwender gestellte. 565 So Fastrich S. 305; ihm folgend Staudinger/Coester Rz. 138 a.E.; explizit abl. von Hoyningen-Huene Rz. 182. 566 Staudinger/Coester Rz. 138 a.E. 567 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 112 a.E. 568 Insofern jetzt ausdrücklich BGH v. 9.10.2014 – III ZR 32/14, NJW 2015, 328. 569 BGH v. 16.7.2009 – III ZR 299/08, NJW 2009, 3227 (3228) Rz. 21 („Time & More Web“).

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Eine der Tarifwahl zumindest vergleichbare Situation tritt ein, wenn dem Kunden zusätzliche Vorteile angeboten werden, die einerseits über eine Ermäßigung der ohnehin geschuldeten Gegenleistung hinausgehen, andererseits aber in einem engen funktionalen Zusammenhang mit dem Vertragszweck stehen. So kann etwa die gleichzeitig mit dem Vertragsschluss erfolgende Abgabe eines Mobiltelefons zu einem erheblich reduzierten Preis oder gar zum „Nulltarif“ in gewissem Umfang eine längere Bindungsfrist des Mobilfunkvertrages rechtfertigen, die isoliert betrachtet unangemessen lang wäre570. Dass der Vorteil in diesem Fall nicht unbedingt aus demselben Vertrag, sondern einem gleichzeitig geschlossenen zweiten Vertrag resultiert, spielt wegen des engen Bezugs beider Verträge keine Rolle571.

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Der Grundsatz der offenen Tarifwahl führt aber nur dann zur Kompensation nachteiliger AGB-Bestimmungen, wenn die Tarife von ein und demselben Anbieter stammen. Die Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen Konditionen verschiedener Anbieter zu wählen (Wettbewerbslage), wirkt sich hingegen grundsätzlich nicht auf die in einen Vertrag einbezogenen AGB aus572. Dies folgt aus der eingeschränkten Funktionsfähigkeit des Konditionenwettbewerbs und dem daraus resultierenden Schutzzweck der Inhaltskontrolle (vgl. dazu Vor § 307 Rz. 26 ff.). Daher ist es zumindest zweifelhaft, den Gesichtspunkt der Tarifwahl nur bei „übersichtlichen Marktverhältnissen“ zu berücksichtigen573. cc) Rechtliche Kompensation durch funktionsgleiche Regelungen

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Die nachteiligen Wirkungen einer problematischen Klausel können auch durch andere vertragliche Regelungen konterkariert werden, die ihrerseits die Rechtsposition des Vertragspartners verbessern. Gegen eine derartige rechtliche Kompensation bestehen keine Bedenken, sofern im Ergebnis durch funktionsgleiche Regelungen ein prinzipiell gleichwertiger Schutz des Kunden gewährleistet ist. Voraussetzung dafür ist zweierlei: Die vorteilhafte Klausel muss in einem sachlichen Regelungszusammenhang mit der zu kontrollierenden Bestimmung stehen und darüber hinaus einen so gewichtigen Vorteil gewähren, dass er einen angemessenen Ausgleich für die nachteilige Regelung bietet574. Im Ergebnis kommt dann die (für sich betrachtet) unangemessene Bestimmung nicht zum Tragen575.

570 Fuchs in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikations-Anbieter, 2000, S. 237 (Teil IV Rz. 106). 571 Vgl. auch Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG: Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel unter Berücksichtigung „aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt“. 572 Dass die Wettbewerbssituation zwischen verschiedenen im Markt gebräuchlichen AGB nicht berücksichtigungsfähig ist, wird heute praktisch allgemein anerkannt, siehe nur Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 127 m.w.N.; zust. Wolf/Pfeiffer Rz. 229. 573 So aber Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 112, 127. 574 BGH v. 29.11.2002 – V ZR 105/02, NJW 2003, 888 (891); BGH v. 17.12.1998 – VII ZR 243/97, NJW 1999, 942 (943); Stoffels Rz. 487; Staudinger/Coester Rz. 125; Wolf/Pfeiffer Rz. 212; Palandt/Grüneberg Rz. 14 (zusammengehörende Regelungen, die zueinander in einem „Wechselverhältnis“ stehen). 575 Vgl. z.B. BGH v. 20.3.1985 – VIII ZR 342/83, BGHZ 94, 105 = NJW 1985, 1836 (1838) (Entschärfung einer zur Übersicherung des Verwenders tendierenden Sicherungsabtretung durch schuldrechtliche Freigabeansprüche); siehe auch Niebling BB 1992, 717 (719); Bunte in FS Korbion, 1986, S. 17 (24).

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Beispiele für eine „zweckkongruente“576 oder „funktionsgleiche“577 Regelung 152 sind etwa das Remissionsrecht des Einzelhändlers im Pressewesen, das geeignet ist, seine Belastung durch die umfassende Sortimentsführungspflicht und das Dispositionsrecht des Gebietsgroßhändlers auszugleichen578, die Abmilderung der Auswirkungen eines Preiserhöhungsrechts des Verwenders durch ein Rücktrittsrecht des Kunden579 oder Mankogeldzusagen im Zusammenhang mit Vereinbarungen über die Haftung des Arbeitnehmers für Kassen- oder Warenfehlbestände580. Ein ähnlicher Kompensationseffekt lässt sich bei Rücktrittsklauseln des Verwenders feststellen, die einem Telekommunikationsanbieter unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. negativer Ausgang einer Bonitätsprüfung des Kunden) das Recht einräumen, innerhalb einer relativ kurzen Frist (meist 10–14 Tage) nach Vertragsschluss wieder vom Vertrag zurückzutreten581. Denn der Telekommunikationsanbieter, der in der Regel vorleistungspflichtig ist und daher ein berechtigtes Interesse daran hat, die Kreditwürdigkeit seines künftigen Vertragspartners zu prüfen, könnte sich auch eine angemessene und hinreichend bestimmte Frist (vgl. § 308 Nr. 1) zur Annahme des Kundenantrags auf Abschluss eines Vertrags einräumen lassen. Erst die Rücktrittsklausel verschafft dem Kunden also den Vorteil, auf Grund des sogleich wirksamen Vertragsschlusses schneller die Freischaltung zur Nutzung des Telefon- bzw. Mobilfunknetzes zu erlangen. Die Alternative, den Vertrag erst nach positivem Abschluss der Bonitätsprüfung wirksam werden zu lassen, würde den Kunden im Zweifel eher stärker belasten582. Die im Schrifttum vereinzelt geforderte Anerkennung einer Kompensationswirkung auch bei nicht funktionsgleichen Klauseln583 ist mit der Rechtsprechung584 und ganz überwiegenden Ansicht in der Literatur abzulehnen. Dies folgt zwar nicht schon daraus, dass die Rechtsprechung mit der Kontrolle des gesamten Vertragsgefüges überfordert wäre585. Doch gibt es keinen operationalen Maßstab dafür, verschiedene Rechte, die ganz unterschiedlichen Interessen dienen, zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Eine Kompensationswirkung ist daher mangels Sachzusammenhangs zu verneinen, wenn z.B. eine kurze Ausschlussfrist für den Vergütungsanspruch des Verwenders zur Rechtfertigung einer unangemessenen Freizeichnungsklausel dienen soll586. Keinen hinreichend gewichtigen Ausgleich hat die Rechtsprechung dagegen in der Einräumung des 576 577 578 579 580 581 582

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Bunte in FS Korbion, 1986, S. 17 (24); Wolf/Pfeiffer Rz. 212. Fastrich S. 301. BGH v. 1.12.1981 – KZR 37/80, BGHZ 82, 238 (240 f.) = NJW 1982, 644 (645). BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69. Stoffels Rz. 487. Vgl. näher zu derartigen Rücktrittsklauseln mit Beispielen aus der Praxis Hahn MMR 1999, 251 (254 f.). A.A. OLG Düsseldorf v. 31.10.1996 – 6 U 206/95, BB 1996, 2643 f. = NJW-RR 1997, 374 (378), das eine Rücktrittsklausel in einem Mobilfunkvertrag, die an „begründete Zweifel an der Kreditwürdigkeit des Kunden“ anknüpfte, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam hielt und keinen wesentlichen Nachteil darin sah, wenn der Kunde noch weitere zehn Tage bis zum Abschluss einer Bonitätsprüfung auf den Vertragsschluss und die Aushändigung der Mobilfunknetzkarte warten müsse); dagegen zu Recht Hahn MMR 1999, 251 (254 f.); Fuchs in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikations-Anbieter, 2000, Teil IV Rz. 108. von Hoyningen-Huene Rz. 171 ff., insb. 173. BGH v. 29.11.2002 – V ZR 105/02, BGHZ 153, 93 (102) = NJW 2003, 888 (890). So aber Bunte in FS Korbion, 1986, S. 17 (22); Lieb AcP 178 (1978), 196 (223). Palandt/Grüneberg Rz. 14.

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Rechts gesehen, einen unangemessen hohen Gewährleistungseinbehalt in AGB von Bauverträgen (5% der Auftragssumme für die fünfjährige Gewährleistungszeit) durch Beibringung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern abzulösen587. 154

Einen großzügigeren Maßstab legt die Rechtsprechung in den Fällen kollektiv ausgehandelter Vertragswerke an, die von den beteiligten Kreisen als insgesamt ausgewogen anerkannt sind wie die VOB/B588 und die ADSp589. Hier soll auf eine Gesamtbilanz der beiderseitigen Interessenlagen abgestellt werden mit der Folge, dass die Nachteile einzelner Bestimmungen auch durch die Vorteile anderer, nicht kongruenter Vorschriften kompensiert werden können590. Werden derartige Klauselwerke als Ganzes ohne Änderungen in den Vertrag einbezogen, können einzelne Klauseln nicht mehr isoliert angegriffen werden591. Voraussetzung ist, dass die AGB kollektiv ausgehandelt worden sind und in den beteiligten Kreisen als ausgewogene Gesamtregelung anerkannt werden592. Eine bloße Beteiligung der Marktgegenseite bei der Aufstellung der AGB genügt nicht593. Diese privilegierte Behandlung erstreckt sich allerdings nur auf die Angemessenheitsprüfung nach § 307, während die speziellen Klauselverbote der §§ 308, 309 uneingeschränkt anwendbar bleiben594. Die ehemals bestehenden speziellen Privilegierungen aus § 308 Nr. 5 letzter Halbs. für fingierte Erklärungen und aus § 309 Nr. 8b ff letzter Halbs. für Verkürzungen der Verjährung sind durch das Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen vom 23.10.2008595 aufgehoben worden596. Dafür schließt nunmehr § 310 Abs. 1 Satz 3 im Verkehr zwischen Unternehmern sowie bei Verwendung gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts 587 BGH v. 5.6.1997 – VII ZR 324/95, NJW 1997, 2598; BGH v. 22.11.2001 – VII ZR 208/00, NJW 2002, 894; siehe weitere Beispiele aus der Rspr. bei Wolf/Pfeiffer Rz. 218. 588 BGH v. 16.12.1982 – VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135 (141); BGH v. 17.12.1988 – VII ZR 243/97, BGHZ 140, 241 (246) = NJW 1999, 942 (943); BGH v. 22.1.2004 – VII ZR 419/02, WM 2004, 1242 = NJW 2004, 1597; Hartung NJW 2004, 2139; für die Verwendung gegenüber Verbrauchern BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, NZBau 2008, 640; zust. von Westphalen NJW 2009, 2355 (2357); krit. Schwenker/Wessel ZfBR 2008, 754 (756). 589 BGH v. 3.11.1994 – I ZR 100/92, BGHZ 127, 275 (281). 590 BGH v. 16.12.1982 – VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135 (141); Staudinger/Coester Rz. 128 m.w.N. Seit Änderung der Rspr. durch BGH v. 22.1.2004 – VII ZR 419/02, NJW 2004, 1597 führt jede (!) vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu, dass diese nicht mehr als Ganzes vereinbart wurde, während zuvor nur gewichtige Änderungen den Effekt auslösten, die einzelnen Klauseln der Inhaltskontrolle zu unterwerfen; siehe auch Kuffer NZBau 2009, 73. 591 BGH v. 16.12.1982 – VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135 (141); BGH v. 11.10.1990 – VII ZR 120/89, NJW-RR 1991, 535; BGH v. 14.2.1991 – VII ZR 132/90, NJW-RR 1991, 727; Palandt/Grüneberg 144. In der Entscheidung BGH v. 22.1.2004 – VII ZR 419/02, NJW 2004, 1597 wird allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob die Rspr. zur Privilegierung der VOB/B als Ganzes auch für nach Inkrafttreten des SMG abgeschlossene Neuverträge gilt. 592 Palandt/Grüneberg Rz. 15; Wolf/Pfeiffer Rz. 205; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 86 m.w.N. 593 Vgl. BGH v. 14.7.1987 – X ZR 38/86, BGHZ 101, 307 = BGH v. 14.7.1987 – X ZR 38/86, ZIP 1987, 989 (991) (Kfz-Reparaturbedingungen); BGH v. 27.11.1990 – X ZR 26/90, BGHZ 113, 55 (AGB für EDV-Programme). Staudinger/Coester Rz. 128 und Wolf/Pfeiffer Rz. 205 weisen allerdings zu Recht darauf hin, dass die Beteiligung der Marktgegenseite zumindest eine Indizwirkung haben kann. 594 Palandt/Grüneberg Rz. 15. 595 FoSiG, BGBl. 2008 I 2022. 596 Zu Rechtslage vor der Gesetzesänderungen: Palandt/Heinrichs, 67. Aufl. 2008, § 309 Rz. 76 m.w.N.

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oder öffentlich-rechtlichen Sondervermögen ausdrücklich eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen der VOB/B aus, sofern sie als Ganzes einbezogen worden ist. Daran fehlt es nach der neueren Rechtsprechung des BGH bereits dann, wenn einzelne Abweichungen vom Klauselwerk vereinbart werden, ohne dass es noch (wie früher) auf das Gewicht der Änderung ankäme597. Sobald der Vertrag Abweichungen von der VOB/B enthält, unterliegen die einzelnen VOB/BKlauseln der uneingeschränkten Inhaltskontrolle mit der Folge, dass eine Reihe von deren Vorschriften unwirksam sind598. Auch bei einer unmodifizierten Vereinbarung der VOB/B als Ganzes haben die Gerichte zu prüfen, ob die jeweilige Fassung dieses Klauselwerks insgesamt einen einigermaßen ausgewogenen Interessenausgleich der beteiligten Verkehrskreise enthält, also als Ganzes den Maßstäben von § 307 Abs. 1 und Abs. 2 genügt599. Eine vollständige Inhaltskontrolle der einzelnen VOB/B-Klauseln erfolgt auch dann, wenn die für den unternehmerischen Verkehr entwickelten Regeln gegenüber Verbrauchern verwendet werden600. c) Summierungs- oder Verstärkungseffekte Die belastende Wirkung einer für sich allein betrachtet noch hinnehmbaren 155 Klausel kann durch eine oder mehrere andere Vertragsbestimmungen derart verstärkt werden, dass der Vertragspartner im Ergebnis unangemessen benachteiligt wird601; im Falle eines solchen Summierungs- oder Verstärkungseffekts sind grundsätzlich beide (bzw. alle) sich gegenseitig in ihrer nachteiligen Wirkung ergänzenden oder verstärkenden602 Klauseln unwirksam603. So führt etwa die Kombination einer Vorauszahlungspflicht in einem Mietvertragsformular mit einer Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis des Mieters mit Gegenforderungen in ihrer Gesamtwirkung zu einer schwerwiegenden Einschränkung des Minderungsrechts nach § 536. Der BGH hat dies zu Recht als unangemessene Benachteiligung qualifiziert und die Vorauszahlungsklausel für unwirksam erachtet, obwohl sie als solche nicht zu beanstanden wäre604. Als unwirksam wurde auch die Kumu-

597 BGH v. 22.1.2004 – VII ZR 419/02, NJW 2004, 1597; dem zust. Staudinger/Coester Rz. 128; a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 206; Motzke NZBau 2009, 308; unklar Palandt/Grüneberg Rz. 15, 144; zu lediglich sprachlichen Abweichungen Dammann/Ruzik NZBau 2013, 265 (266). 598 Dazu im Einzelnen Palandt/Grüneberg (s.o.). 599 Kuffer NZBau 2009, 73 (78); insoweit unklar Palandt/Grüneberg Rz. 144. 600 Palandt/Grüneberg Rz. 144; PWW/Berger Rz. 4; BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1939 f.). 601 BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (160); BGH v. 2.12.1992 – VIII ARZ 5/92, NJW 1993, 532; BGH v. 26.10.1994 – VIII ARZ 3/94, NJW 1995, 254; BGH v. 14.5.2003 – VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234; BGH v. 25.6.2003 – VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192; BGH v. 5.12.2006 – X ZR 165/03, NJW 2007, 997 (999); von HoyningenHuene Rz. 177; Wolf/Pfeiffer Rz. 213; Staudinger/Coester Rz. 139 m.w.N. 602 Auf die Notwendigkeit eines „inneren Sachzusammenhangs“ bzw. „Verstärkungszusammenhangs“ weist vor allem Staudinger/Coester Rz. 139 hin; vgl. aber auch BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (Vielzahl unangemessener Klauseln in Automatenaufstellvertrag). 603 BGH v. 14.5.2003 – VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234; BGH v. 25.6.2003 – VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192; Stoffels Rz. 486; Palandt/Grüneberg Rz. 13: Staudinger/Coester Rz. 139. 604 BGH v. 26.10.1994 – VIII ARZ 3/94, NJW 1995, 254 (die Aufrechnungsklausel war nicht Gegenstand der Vorlage); differenz. jedoch BGH NJW 2004, 3045 (3046 f.) (Zusammentreffen von Mietkaution und Bürgschaftsbeibringung).

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lation der Mieterpflichten zur Anfangsrenovierung und zu Schönheitsreparaturen beurteilt605, nicht aber die Kumulation der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen und der Rückgabe im „bezugsfertigen“ Zustand606. Die Kumulation mehrerer, für sich betrachtet nicht besonders gravierender Nachteile kann im Ergebnis auch die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Vertragspartners übermäßig einengen607. Stehen zwei Klauseln in Wechselwirkung, von denen eine schon isoliert betrachtet eine unangemessen Benachteiligung enthält, während die andere für sich gesehen nicht oder kaum zu beanstanden ist, erstreckt sich die Unwirksamkeit ebenfalls auf beide Klauseln608. Das folgt aus der generalpräventiven Funktion der AGB-Kontrolle sowie aus dem Transparenzgebot, da für den Vertragspartner nicht klar erkennbar ist, welche Klausel gelten soll, so dass er von der Geltendmachung eigener Rechte abgehalten wird. Zudem ist es dem Verwender nicht gestattet, sich selbst etwa auf die Unwirksamkeit einer Klausel zu berufen, um die andere Klausel in ihrem Bestand zu „retten“. d) Risikobeherrschung und Versicherbarkeit Schrifttum: M. Fuchs Gewillkürte Haftungsersetzung durch Versicherungsschutz, BB 1992, 1217; Kötz Zur Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln, NJW 1984, 2447; Koller Die Wirksamkeit formularmäßiger Haftungsfreizeichnungsklauseln zwischen Schadensausgleich und Schadensprävention, ZIP 1986, 1089; Sieg Die Versicherbarkeit als Beurteilungsfaktor für die Zulässigkeit von Haftungsüberwälzungen, BB 1994, 299.

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Soweit Haftungsfreizeichnungsklauseln die Hürde des § 309 Nr. 7 passieren, ist für ihre Beurteilung im Rahmen des § 307 von entscheidender Bedeutung, welche Partei das Schadensrisiko besser beherrschen609 und seine Interessen durch Erlangung von Versicherungsschutz wahren kann610. Auszugehen ist zunächst von der Frage, aus wessen Sphäre das Risiko stammt (Gedanke der Risikonähe). Entscheidend ist dann aber die Beherrschbarkeit des konkreten Schadensrisikos. Insoweit ist zu prüfen, ob eher der Verwender oder der Kunde in der Lage ist,

605 BGH v. 2.12.1992 – VIII ARZ 5/92, NJW 1993, 532 f.; ebenso stellt die Kombination der Verpflichtungen zu Schönheitsreparaturen und zur Endrenovierung beim Auszug (ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparatur) eine unangemessene Benachteiligung dar, BGH v. 14.5.2003 – VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234; BGH v. 25.6.2003 – VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192. 606 BGH v. 12.3.2014 – VII ZR 108/13, NJW 2014, 1444 (mit krit. Anm. Kappus). 607 Vgl. BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 (Automatenaufstellvertrag); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 85 m.w.N. 608 BGH v. 14.5.2003 – VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234 (2235); BGH v. 26.10.1994 – VIII ARZ 3/94, NJW 1995, 254; Staudinger/Coester Rz. 140; a.A. (Aufrechterhaltung der isoliert nicht zu beanstandenden Klausel) BayObLG v. 6.5.1993 – REMiet 1/93, NJW-RR 1993, 1097 (1098). 609 BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422 = WRP 2005, 345 (348) (Autowaschanlage); vgl. ferner BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, NJW 1988, 1785 (1787); BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, NJW 1991, 1886 (1888); BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89 (98 f.) = NJW 2002, 673 (675); OLG Frankfurt v. 15.3.2000 – 7 U 47/99, NJW 2000, 2114 (2115); von Hoyningen-Huene Rz. 190 ff.; Staudinger/Coester Rz. 167, 441. 610 Vgl. BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89 (98 f.) = NJW 2002, 673 (675); Erman/Roloff § 307 Rz. 13; MünchKomm/Wurmnest Rz. 45 f.; Palandt/Grüneberg Rz. 19; Staudinger/Coester Rz. 441; krit. Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 36, demzufolge aus der Versicherbarkeit nicht stets die Angemessenheit zu folgern sei.

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kostengünstige und zumutbare Präventionsmaßnahmen zu ergreifen611. Für die Zuweisung des Risikos einer Vertragsstörung nach dem Kriterium des „cheapest cost avoider“ spricht auch die ökonomische Analyse des Rechts612. Das Gesetz hat zwar den Sphärengedanken nicht zur Grundlage des Haftungssystems gemacht613, doch bietet er eine überzeugende Ausgangsbasis für die Beurteilung der Unangemessenheit einer Risikoüberwälzung614. Er setzt sich daher zu Recht auf der Ebene der Versicherbarkeit fort: Angemessen erscheint, dass die letztlich unvermeidbaren Risiken von der Vertragspartei getragen werden, der es leichter und kostengünstiger möglich oder eher zumutbar ist, Versicherungsschutz für das verbleibende Risiko zu beschaffen615. Dieser „cheapest insurer“ sollte auch aus ökonomischer Sicht haften616. Demnach sind Klauseln, mit denen Schadensrisiken, die eindeutig aus der Sphäre des Verwenders stammen, auf den Vertragspartner abgewälzt werden sollen, grundsätzlich unangemessen617. Das gilt etwa für Schäden aus der Nichteinhaltung von Lieferfristen oder durch Produktmängel618. Aus dem gleichen Grunde kann sich ein Kreditkartenunternehmen nicht der Haftung für Schäden aus gefälschten Kreditkartenbelegen entledigen619. Denn diese Gefahr geht von den Vertragsunternehmen aus, die vom Kreditkartenunternehmen ausgewählt werden und daher seiner Sphäre zuzurechnen sind. Der Kunde hat darauf keinen Einfluss und zudem vor Ort keine Überwachungsmöglichkeit, da er die Karte zur Anfertigung des Belastungsbelegs aus der Hand geben muss620. Die Gefahr des Kreditkartenmissbrauchs durch unbefugte Dritte nach einem Kartenverlust kann ebenfalls nicht verschuldensunabhängig auf den Kunden abgewälzt werden621. Zwar ist der Verlust der Karte nach ihrem Zugang beim Kunden622 entweder vom diesem zu vertreten oder seiner Sphäre zuzurechnen, doch die imma611 BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422 = WRP 2005, 345 (348) (Autowaschanlage); Stoffels Rz. 490; MünchKomm/Wurmnest Rz. 48 f. m.w.N. 612 Vgl. dazu Schäfer/Ott Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 252 ff.; so auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 48 m.w.N. 613 BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 (240 f.) = NJW 1991, 1886; BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 = NJW 1997, 1700 = BGH ZIP 1997, 838 (839). 614 Staudinger/Coester Rz. 167; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungsund Haftungsbegrenzungsklauseln) Rz. 102. 615 BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 (246) = NJW 1991, 1886 (1888); BGH v. 1.4.1992 – XII ZR 100/91, NJW 1992, 1761 (1762); BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 (122) = NJW 1997, 1700 (1702); von Hoyningen-Huene Rz. 216 ff.; Staudinger/Coester Rz. 169; MünchKomm/Wurmnest Rz. 45. 616 Vgl. Schäfer/Ott Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 437 f. 617 BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89 (98) = NJW 2002, 673 (675); BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 = NJW 1997, 1700 (1701 f.); Reiser WM 1986, 1401 (1402); Joachim NZM 2003, 387 (390). 618 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1321). 619 BGH v. 17.5.1984 – II ZR 280/83, BGHZ 91, 221 = NJW 1984, 2460. 620 BGH v. 17.5.1984 – II ZR 280/83, BGHZ 91, 221 = NJW 1984, 2460; zust. z.B. Stoffels Rz. 490; Staudinger/Coester Rz. 168. 621 Vgl. BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 = NJW 1991, 1886; OLG Bamberg v. 23.6.1993 – 8 U 21/93, NJW 1993, 2813; ebenso für das Risiko der Scheckfälschung BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 = NJW 1997, 1700 (zu § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). 622 Das Transportrisiko bei Übersendung der Karte auf dem Postweg ist nicht dem Gefahrenbereich des Kunden zuzurechnen und daher auch nicht auf ihn abwälzbar, BGH v.

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nente Missbrauchsanfälligkeit des vom Verwender betriebenen Systems steht einer uneingeschränkten Überwälzung des Schadensrisikos entgegen623. Anders sind jedoch Fälle zu beurteilen, in denen das Risiko allein aus der Sphäre des Kunden stammt und gerade nicht in der Missbrauchsanfälligkeit des Systems begründet ist624. Eine vollständige Schadenszuweisung auf den Vertragspartner hat der BGH im unternehmerischen Verkehr anerkannt, falls eine fehleranfällige Rationalisierungsmaßnahme beide Vertragspartner betrifft625. 158

Die noch wichtigere und oft ausschlaggebende Bedeutung des Gedankens der Risikobeherrschung wird deutlich bei der Frage, ob ein Heizöllieferant sich von der Verpflichtung freizeichnen kann, den Tank des Käufers zu überprüfen und für Schäden aus einem Überlaufen des Tanks zu haften. Obwohl der Tank im Eigentum und Herrschaftsbereich des Käufers steht, kann vom Durchschnittskunden eine Überprüfung des Tanks auf etwaige technische Mängel und eine Überwachung des Abfüllvorgangs nicht erwartet werden. Der Lieferant dagegen hat sowohl die nötige Sachkunde und Erfahrung als auch die technischen Mittel dafür, etwaige Defekte aufzudecken, so dass eine Abwälzung des Risikos auf den Kunden unangemessen ist626. Gleiches gilt für Schäden, die beim Betrieb von Autowaschanlagen entstehen, da nur der Anlagenbetreiber die Vorgänge beeinflussen und Schadensprävention betreiben kann, etwa durch ständige Wartung und Überwachung der Anlage sowie sorgfältige Auswahl des Bedienungspersonals627. Anders stellt sich die Sachlage in Fällen der Durchführung von Reparaturarbeiten in Seeschiffswerften dar, da hier die Besatzung regelmäßig auch während der Reparaturdauer an Bord bleibt und die Arbeiten daher mit überwachen kann628.

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Die Rechtsprechung macht die Angemessenheit einer Haftungsfreizeichnung allerdings regelmäßig auch davon abhängig, dass dem Kunden – neben der Beherrschbarkeit des Risikos – Vorsorgemaßnahmen, insb. Versicherungsschutz,

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23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 (243) = NJW 1991, 1886; OLG Bamberg v. 23.6.1993 – 8 U 21/93, NJW 1993, 2813 (2815). So auch Staudinger/Coester Rz. 168 m.w.N., der aber eine zeitlich und summenmäßig begrenzte Risikobeteiligung des Kunden für zulässig hält. Auch bei schuldhaft verzögerter Verlustanzeige ist eine uneingeschränkte Haftung des Kunden unangemessen, OLG Bamberg v. 23.6.1993 – 8 U 21/93, NJW 1993, 2813 (2814). OLG Oldenburg v. 19.7.2004 – 15 U 37/04, NJW 2004, 2907 (2908); OLG Koblenz v. 21.6.2004 – 12 U 786/03, NJW 2004, 3563 (3565) (Haftung des Hauptkreditkarteninhabers für die mit der Zusatz-/Partnerkarte verursachten Belastungen bis zur Rückgabe der Zusatzkarte keine unangemessene Benachteiligung). Behandlung von Zahlungsaufträgen im elektronischen Verkehr allein nach nummerischen Angaben. BGH v. 24.2.1971 – VIII ZR 22/70, NJW 1971, 1036; Stoffels Rz. 490; zust. aus der Perspektive der ökonomischen Analyse Kittner Schuldrecht, 3. Aufl. 2003, Rz. 152. BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422 = WRP 2005, 345 (348 f.) m.w.N. Der BGH hat sich daher der überwiegenden Meinung angeschlossen und die Freizeichnung von der Haftung für fahrlässig verursachten Schäden am Fahrzeug (auch bei gegenständlicher Begrenzung auf die außen an der Karosserie angebrachten Teile) sowie für typische Folgeschäden (Nutzungsausfall, Unkostenpauschale) als unangemessene Benachteiligung gewertet. BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 (330 f.) = NJW 1988, 1785 (1787). Dies war allerdings nicht der einzige Grund für die Zulässigkeit der Freizeichnungsklausel in den Dock- und Reparaturbedingungen; hinzukam, dass branchenüblich ein praktisch lückenloser Kaskoversicherungsschutz der Auftraggeber bestand.

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möglich (Versicherbarkeit des speziellen Risikos) und zumutbar sind629. Die Zumutbarkeit (im Hinblick auf die Prämienbelastung und die versicherungstechnische Abwicklung) kann sich insbesondere daraus ergeben, dass ein eigener Versicherungsschutz des Vertragspartners wesentlich ökonomischer ist als eine Risikoabdeckung durch den Verwender630. Ein starkes Indiz dafür ist es, wenn Versicherungsschutz auf Seiten des Vertragspartners branchenüblich ist631. Unter diesem Aspekt hat der BGH z.B. einen Haftungsausschluss einer Werft für Beschädigungen bei Schiffsreparaturarbeiten akzeptiert, weil entsprechend allgemeiner Branchenübung ein praktisch lückenloser Kaskoversicherungsschutz der Schiffseigner bestand632. Umstritten ist dagegen, ob auch bei bewachten Kraftfahrzeugen oder Schiffen eine Freizeichnungsklausel damit gerechtfertigt werden kann, dass der Kunde der „bessere“ Versicherungsnehmer zur Abdeckung des Diebstahls- und Beschädigungsrisikos ist633. Die in der Regel ohnehin bestehende Sachversicherung durch den einzelnen Kunden dürfte effizienter sein als die Verpflichtung sämtlicher Bewachungsunternehmer, ihrerseits jeweils Haftpflichtversicherungen eingehen zu müssen, zumal infolge der Kostensteigerung die Nutzungsgebühren bewachter Parkplätze erheblich (u.U. prohibitiv) angehoben werden müssten. Den Gedanken, dass der mit einer allgemeinen Preiserhöhung verbundene Abschluss einer Versicherung durch den Verwender unter Umständen ökonomisch weniger sinnvoll ist als eine Versicherung durch dessen Vertragspartner, hat der BGH inzwischen auch in Zusammenhang mit einer Haftungsbeschränkung in Stromlieferverträgen anerkannt634. Dagegen besteht für den Kunden einer Garderobe oder einer Reinigung keine wirtschaftlich sinnvolle und zumutbare Möglichkeit, sich durch eine eigene Sachversicherung gegen das Risiko der Beschädigung oder der Ausgabe des Kleidungsstückes an eine andere Person zu versichern, während dies dem Unternehmer unschwer möglich ist. In diesen Fällen würde daher eine Haftungsfreizeichnung des Unternehmers den Kunden im Zweifel unangemessen benachteiligen635. Zwischen Unternehmern und Verbrauchern ist hinsichtlich der Versicherbarkeit zu differenzieren636. Gleiches gilt für die Beschränkung oder den Ausschluss der Haftung für Lackschäden und äußeren Einrichtungen von Kraftfahrzeugen in den AGB automatischer Autowaschanlagen, da deren Betreiber unschwer eine Haftpflichtversiche629 BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89 (99) = NJW 2002, 673 (675); MünchKomm/Wurmnest Rz. 45, die sich jedoch gegen das Kriterium der „Branchenüblichkeit“ einer Versicherung ausspricht und eine Interessenabwägung im Einzelfall fordert; grds. gegen das Versicherungsargument Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 36. 630 BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89 (99) = NJW 2002, 673 (675); Erman/ Roloff § 307 Rz. 13; Stoffels Rz. 491. 631 MünchKomm/Wurmnest Rz. 46; einschränk. (unter Hinweis auf die nachfolgend zitierte BGH-Entscheidung) Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 115 (bloße Üblichkeit genügt nicht, sondern tatsächlich praktisch lückenloser Schutz durch Abschluss von Versicherungen seitens der Kunden erforderlich); nach von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbegrenzungsklauseln) Rz. 105 besteht nur in wenigen Branchen ein solcher Versicherungsschutz. 632 BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 (332) = NJW 1988, 1785 (1789). 633 So MünchKomm/Wurmnest Rz. 46 m.w.N.; a.A. Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 36 (keine Freizeichnungsmöglichkeit, da Bewachung Kardinalpflicht). 634 BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, NJW 2013, 291. 635 AG Düsseldorf v. 21.11.1988 – 53 C 485/88, NJW-RR 1989, 497 (498); BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 = NJW 1980, 1953; vgl. auch BGH v. 4.7.2013 – VII ZR 249/12, NJW 2013, 2502 (2504). 636 Vgl. BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, NJW 1980, 1953 (1954); BGH v. 4.7.2013 – VII ZR 249/12, NJW 2013, 2502 (2504).

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rung abschließen können, deren Prämien bei einer Weitergabe an die Kunden den Preis für die Autowäsche kaum erhöhen würden, während die Vertragspartner keine Möglichkeit haben, derartige Schäden abzudecken (auch nicht durch eine Vollkaskoversicherung)637. Ein Haftungsausschluss des Vermieters für leicht fahrlässig verursachte Schäden an eingebrachten Sachen des Mieters ist ebenfalls regelmäßig unangemessen, weil dieses Risiko mit einer weithin üblichen Haus- und Grundbesitzerpflichtversicherung abgedeckt werden kann, während die Hausratversicherung des Mieters solche Schäden vielfach nicht umfasst, die aus Mängeln der Wohnung oder des Hauses resultieren638. 160

Eine nach den vorstehenden Ausführungen zulässige Haftungsfreizeichnung muss zusätzlich vor § 309 Nr. 7 Bestand haben. Problematisch – zumindest unter Transparenzgesichtspunkten639 – ist insoweit die Klausel, der Verwender hafte „nur im Umfang seines Versicherungsschutzes“, da nicht in jedem Fall eine Haftung für grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist. Sofern eine Haftpflichtversicherung des Verwenders gesetzlich vorgeschrieben ist (z.B. bei Steuerberatern, Anwälten und Ärzten), stellt eine Freizeichnung von der Haftung für die erfassten Risiken regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar640. Regelmäßig nicht zu beanstanden sind Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen, wenn dem Kunden bei Vertragsschluss eine offene Tarifwahl gelassen wird, er also zwischen günstigerem Preis bei reduzierter Haftung und höherem Preis bei voller Haftung wählen kann, vorausgesetzt die Preisdifferenz zwischen den verschieden teuren Vertragsmodellen korreliert angemessen mit den unterschiedlich hohen Versicherungskosten und die Wahl der Alternative mit voller Haftung scheidet nicht aus sonstigen Gründen als unrealistisch aus641.

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Auch außerhalb der Beurteilung von Haftungsfreizeichnungen wird für die Bewertung der Angemessenheit einer Bestimmung zuweilen der Sphärengedanke herangezogen, etwa bei der Einräumung von weitreichenden Vertragslösungsrechten. So hat das BAG eine Kündigungsklausel in einem Vertrag über ein Arbeitgeberdarlehen wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers als unwirksam angesehen, weil sie dem Arbeitgeber eine vorzeitige Abwicklung des Darlehensvertrags in allen Fällen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht, also auch dann, wenn die Gründe dafür in der Sphäre des Arbeitgebers liegen, also z.B. auf sein eigenes vertragswidriges Verhalten zurückzuführen sind642. Bei einer vom Arbeitgeber veranlassten Eigenkündigung des Arbeitnehmers habe der Arbeitgeber kein schützenswertes Interesse an einer vorzeitigen Beendigung des Darlehensvertrags643.

637 Für Unwirksamkeit daher BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422; OLG Hamburg v. 10.2.1984 – 11 U 184/83, DAR 1984, 260; KG v. 14.11.1990 – 23 U 5029/89, NJW-RR 1991, 698; Palandt/Grüneberg Rz. 63; Stoffels Rz. 491 m.w.N. auch zur Gegenansicht. 638 BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, NJW 2002, 673 (675). 639 Siehe dazu von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbegrenzungsklauseln) Rz. 16. 640 von Hoyningen-Huene Rz. 216 m.w.N. 641 MünchKomm/Wurmnest Rz. 47 m.w.N. 642 BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, NJW 2014, 2138 Rz. 35 ff. 643 BAG v. 12.12.2013 – 8 AZR 829/12, NJW 2014, 2138 Rz. 39.

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e) Gleichbehandlung Da schon die Rationalisierungsfunktion der AGB in Richtung einer Gleichbe- 161 handlung aller Vertragspartner des Verwenders wirkt, dürfte sich die Frage nach einer möglichen Pflicht zur Gleichbehandlung aller potentiellen Kunden in der Praxis wohl nur selten stellen. Häufiger wird es umgekehrt darum gehen, ob oder inwieweit den Verwender eine Pflicht zur Differenzierung trifft, um unterschiedlichen gruppentypischen Interessenlagen Rechnung zu tragen. Wie schon dargelegt (Rz. 111), dürfen die Anforderungen insoweit nicht überspannt werden, da sonst die privatautonome Gestaltungsfreiheit des Verwenders zu sehr beschränkt und die typischen Funktionen und Vorteile von AGB gefährdet werden. Immerhin denkbar erscheint aber, dass AGB-Klauseln zu einer willkürlichen Diskriminierung bestimmter Gruppen (z.B. aus rassen-, geschlechts-, glaubens- oder nationalitätsbezogenen Gründen) eingesetzt werden, indem diese entweder ganz vom Vertragsschluss ausgeschlossen644 oder durch schlechtere Konditionen als „Normalkunden“ benachteiligt werden. In derartigen Fällen lässt sich ein Kontrahierungszwang (zu den gleichen allgemeinen Bedingungen wie mit anderen Vertragspartnern) außerhalb spezialgesetzlicher Regelungen645 nur über einen Schadensersatzanspruch nach § 826 oder § 823 Abs. 2 i.V.m. einem Schutzgesetzbegründen646. Darüber hinaus ist die Generalklausel des Abs. 1 Eingangstor für die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte647. Insoweit ist auch der Gleichheitssatz des Art. 3 GG zu berücksichtigen mit der Folge, dass die AGB keine willkürlichen Differenzierungen zwischen Vertragspartnern mit gleicher Interessenlage vornehmen dürfen648. Nach der Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungs-Richtlinien durch das AGG649 ist der Spielraum für derartige sachfremde Differenzierungen im Privatrechtsverkehr und damit auch im AGB-Recht weiter eingeschränkt worden650. Neben einem auf Arbeits- und sonstige Beschäftigungsverhältnisse einschließlich Annexbereichen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1–4 AGG) bezogenen Schutz vor Benachteiligung (§§ 6 ff. AGG) enthält das Gesetz ein zivilrechtliches Benachteiligungsverbot (§§ 19–21 AGG) für Verträge über Güter und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG), sowie für zivilrechtliche Verträge über Güter des Sozialschutzes, soziale Vergünstigungen und Bildungsleistungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5–7 AGG). Hauptanwendungsfall sind „Massengeschäfte“, die „typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zu Stande kommen“ (§ 19 Abs. 1 Nr. 1) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses nachrangige Bedeutung hat (Nr. 2), sowie Versicherungsver644 Vgl. z.B. einerseits OLG Frankfurt v. 8.1.1985 – 5 Ss 286/84, NJW 1985, 1720 (ein Schild „Türken dürfen dieses Lokal nicht betreten“ erfülle nicht den Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB) m. krit. Anm. Lohse NJW 1985, 1677, andererseits BayObLG v. 7.3.1983 – RReg. 2 St 140/82, NJW 1983, 2040 (Beleidigung wegen grundloser Zurückweisung eines bestimmten Personenkreises, hier: US-Soldaten). 645 Vgl. dazu Palandt/Ellenberger Einf. v. § 145 Rz. 8 f.; Fikentscher/Heinemann Schuldrecht, 10. Aufl. 2006, Rz. 112. 646 Vgl. Kittner Schuldrecht, 3. Aufl. 2003, Rz. 566. 647 Wolf/Pfeiffer Rz. 176; krit. Roussos JZ 1988, 997 (1001). 648 Vgl. BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761 (763); Wolf/Pfeiffer Rz. 176; offen gelassen von BGH v. 4.5.1983 – IVa ZR 113/81, NJW 1983, 2088 (2089); zu dessen Grenzen BGH v. 15.1.2013 – XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519 (1520f.). 649 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz v. 14.8.2006, BGBl. 2006 I 1897. 650 Vgl. zu den europarechtlichen Vorgaben und ihrer Umsetzung nur den Überblick bei Palandt/Ellenberger Einl. v. AGG Rz. 1 ff. m.w.N.

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träge. Während insoweit eine Diskriminierung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung oder Beendigung des Schuldverhältnisses (vorbehaltlich einer sachlichen Rechtfertigung nach § 20 AGG) unzulässig ist, beschränkt sich der Schutz bei anderen zivilrechtlichen Schuldverhältnissen im Anwendungsbereich des AGG auf eine Benachteiligung wegen der Rasse oder ethnischen Herkunft (§ 19 Abs. 2 AGG). Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot können Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche (§ 21 Abs. 1 und 2 AGG) bestehen; deliktische Ansprüche bleiben unberührt (§ 307 Abs. 3)651. 162

Von einer Diskriminierung bestimmter Kunden(-gruppen) gegenüber anderen zu unterscheiden ist die weitere Frage, ob auch im Verhältnis zwischen Verwender und Vertragspartner eine grundsätzliche Gleichbehandlung im Sinne einer „Waffengleichheit“ herrschen muss652. Dagegen spricht, dass der Verwender nur gehalten ist, eine „unangemessene“ Benachteiligung der anderen Partei zu vermeiden, eine faire Berücksichtigung von deren Interessen aber weder formal noch materiell eine Gleichbehandlung verlangt. Vielfach ist das auch gar nicht möglich, da z.B. einem Preisanpassungsrecht des Verkäufers kein korrespondierendes Recht des Käufers (auf Anpassung oder Austausch des Kaufgegenstands?) entgegengesetzt werden kann; in Betracht kommt vielmehr oft nur eine angemessene Kompensation durch eine anderweitige Berechtigung (hier z.B. Rücktrittsrecht des Käufer im Falle der nachträglichen Preiserhöhung durch den Verkäufer)653. Selbst bei inhaltlich gleichen Rechten (etwa Kündigungsfristen, Zurückbehaltungsrecht) können die Interessen beider Parteien sich derart unterscheiden, dass die Gleichbehandlung eine Benachteiligung zu Lasten einer Partei nicht ausschließt. Andererseits kann eine stark asymmetrische Ausgestaltung des Vertrages, insbesondere durch die Vereinbarung sehr unterschiedlicher Kündigungsoder Bindungsfristen (z.B. Verwender: vier Wochen, Kunde: ein Jahr)654 im Einzelfall das Äquivalenzverhältnis stören und wegen der erheblichen Einseitigkeit zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden führen655. f) Ausstrahlungswirkung anderer gesetzlicher Regelungen aa) Konkretisierungsfunktion der Verbotskataloge der §§ 308, 309

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Die Klauselverbote mit und ohne Wertungsmöglichkeit in den §§ 308, 309 entfalten nach allgemeiner Meinung über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus in mehrfacher Hinsicht Ausstrahlungswirkungen auf den allgemeinen Maßstab der Unangemessenheit nach § 307. Das gilt zum einen für den unternehmerischen Geschäftsverkehr, für den sie nach § 310 Abs. 1 zwar keine unmittelbare Geltung beanspruchen, aber mittelbar Berücksichtigung finden können, soweit sie Ausdruck übertragbarer Grundwertungen sind. Das ist in nicht

651 Zur Frage eines (ausnahmsweisen) Kontrahierungszwangs bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vgl. Palandt/Grüneberg § 21 AGG Rz. 7 m.w.N. 652 Als besondere Form des Kompensationseinwands behandelt Wolf/Pfeiffer Rz. 222 dieses Kriterium. 653 Staudinger/Coester Rz. 164; vgl. zur rechtlichen Kompensation für sich unangemessener Regelungen durch anderweitige Vorteile Rz. 144 ff., 151 ff. 654 So im Fall OLG Koblenz v. 30.10.2003 – 2 U 504/03, K&R 2004, 195 (InternetproviderVertrag). 655 Vgl. BGH v. 30.5.2001 – XII ZR 273/98, NJW 2001, 3480 (3482) m.w.N.

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unerheblichem Umfang der Fall, da die speziellen Klauselverbote regelmäßig verbindliche Konkretisierungen des § 307 Abs. 1 darstellen und teilweise auch an Rechtsgedanken des Abs. 2 anknüpfen656. Allerdings verbietet sich eine pauschale Übertragung auf den unternehmerischen Rechtsverkehr, der durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet ist, die nicht selten abweichende Interessenbewertungen erfordern (vgl. näher Rz. 371 ff.). Während diese in Bezug auf die wertungsoffenen Tatbestände des § 308 ohne weiteres berücksichtigt werden können (hierzu näher unten Rz. 383), bieten die strikten Klauselverbote des § 309 kaum Ansatzpunkte für eine Anpassung an die Bedürfnisse des unternehmerischen Verkehrs. Notwendig bleibt aber auch insoweit eine sorgfältige, auf das einzelne Klauselverbot nach Gegenstand und Zweck bezogene Analyse vor dem Hintergrund der besonderen Art und des wirtschaftlichen Kontextes der fraglichen Vereinbarung657. Das gilt bereits für die Heranziehung der Klauselverbote als Indiz für eine unangemessene Regelung658. Ohne die gebotene Rückkoppelung an die besonderen Gegebenheiten des unternehmerischen Verkehrs stellen die Klauselverbote daher zunächst nicht mehr als bloße Aufgreifkriterien für eine eingehende Inhaltskontrolle dar (näher unten Rz. 382)659. Zum anderen lassen sich einigen der strikten Klauselverbote des § 309 Wertungen entnehmen, die teilweise über den tatbestandlich geregelten Bereich hinaus Anhaltspunkte für die Konkretisierung des Maßstabs der Unangemessenheit bieten (vgl. oben Vor § 307 Rz. 10)660. So können einige Klauselverbote auch insoweit, als ihr Tatbestand nicht unmittelbar einschlägig ist, dennoch die Wertungsgrundlage für eine Erfassung ähnlicher Konstellationen im Rahmen der Generalklausel darstellen (etwa bei der Laufzeit von in § 309 Nr. 9 nicht ausdrücklich genannten Dauerschuldverhältnissen661 oder bei nicht explizit durch § 309 Nr. 6 erfassten Vertragsstrafen662). Aus anderen Klauselverboten kann dagegen im Wege des Umkehrschlusses abgeleitet werden, dass die vom Tatbestand nicht erfassten Regelungen grundsätzlich auch nach § 307 nicht zu beanstanden sind (z.B. Schadenspauschalen, die den Vorgaben des § 309 Nr. 5

656 Palandt/Grüneberg § 308 Rz. 1; MünchKomm/Wurmnest § 308 Rz. 3. 657 Wolf/Pfeiffer Rz. 185 (selbständige Würdigung der besonderen Interessenlage der Unternehmer vor dem Hintergrund des Zwecks jedes einzelnen Klauselverbotes); ähnlich Bunte NJW 1987, 921 (925); Rabe NJW 1987, 1978 (1982); Ohlendorf-von Hertel Kontrolle von AGB im kaufmännischen Geschäftsverkehr gemäß § 24 AGB-Gesetz, 1988, S. 112 ff. 658 Ebenfalls gegen eine pauschale Indizwirkung der Klauselkataloge z.B. Berger NJW 2010, 465; Staudinger/Coester Rz. 14; Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441 (445); krit. Oetker AcP 210 (2010), 202 (224); jetzt auch Stoffels Rz. 557; anders aber vielfach die Rspr., vgl. z.B. BGH v. 8.3.1984 – VII ZR 349/82, BGHZ 90, 273 (278) = NJW 1984, 1750 (1751); BGH v. 27.2.1985 – VIII ZR 85/84, NJW 1985, 2693 (2695); BGH v. 23.2.1984 – VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016 (3017); BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774 (3775); und Teile des Schrifttums, vgl. z.B. Palandt/Grüneberg Rz. 40 (generelle Heranziehung der Klauselverbote des § 309 als Indiz für eine unangemessene Benachteiligung auch im unternehmerischen Verkehr); näher unten Rz. 382. 659 Zust. Stoffels Rz. 557. 660 Vgl. Staudinger/Coester Rz. 12 sowie die Einteilung bei Wolf (4. Aufl. 1999) Vor §§ 10, 11 AGBG Rz. 11 f. in „Klauselverbote mit Analogiebasis“, „Klauselverbote mit Umkehrschluss“ und „neutrale Klauselverbote“, in der Sache weiterhin übereinstimmend Wolf/Pfeiffer Rz. 49 sowie Wolf/Dammann Vor §§ 308, 309 Rz. 15 ff. 661 Vgl. BGH v. 8.3.1984 – IX ZR 144/83, NJW 1984, 1531 (1532); BGH v. 4.12.1996 – XII ZR 193/95, NJW 1997, 739 (740); MünchKomm/Wurmnest § 309 Rz. 5. 662 Wolf/Pfeiffer Rz. 49.

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genügen, oder der nicht von § 309 Nr. 8 erfasste Ausschluss einer verschuldensunabhängigen Haftung bei gebrauchten Sachen)663. Daneben gibt es neutrale Klauselverbote ohne Ausstrahlungswirkung auf § 307, die weder als Basis für eine Analogie noch als Grundlage für einen Umkehrschluss taugen. So bleibt es z.B. für Preiserhöhungsklauseln nach Ablauf der Viermonatsfrist des § 309 Nr. 1 bei der Notwendigkeit einer umfassenden Abwägung im Rahmen des § 307664. 164a

Einen in der Praxis zunehmend wichtiger werdenden Anwendungsfall für die Konkretisierungsfunktion und Ausstrahlungswirkung der speziellen Klauselverbote bilden die AGB von Nachfragern („Einkaufsbedingungen“, „Kunden-AGB“). Hier kommt eine „spiegelbildlich-analoge Anwendung“ einzelner Katalogtatbestände665 bzw. eine maßgebliche Berücksichtigung der dort zum Ausdruck gekommenen Wertungen in Betracht. Da die Klauselverbote der §§ 308, 309 grundsätzlich aus der Perspektive des Klauselverwenders als Anbieter der vertragscharakteristischen Hauptleistung formuliert sind, passen sie oft nicht direkt auf Regelungen in den AGB der Abnehmer der Leistung (z.B. des Käufers oder des Bestellers einer Werkleistung). Die geregelten Tatbestände geben aber zumindest Anhaltspunkte für die Identifizierung von problematischen Klauseln und die für einen angemessenen Interessenausgleich maßgeblichen Wertungen. So dürfen etwa in Kunden-AGB dem Lieferanten keine unangemessen kurzen Leistungs- oder Nachfristen (vgl. § 308 Nr. 1, Nr. 2) oder unangemessen niedrige Beträge als Nutzungs- oder Aufwendungsersatz (vgl. § 308 Nr. 7) festgesetzt werden666. Eine Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungspflichten durch den Besteller ist zwar möglich, muss sich aber ebenfalls in einem angemessenen Rahmen bewegen667. bb) Ableitung von Wertungen aus den Vorgaben des zwingenden Rechts

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Zwingende gesetzliche Vorschriften außerhalb des AGB-Rechts können ebenfalls für die Interessenabwägung maßgebliche Wertungsgesichtspunkte enthalten. Zu beachten ist, dass es auch insoweit nicht um die unmittelbare Anwendung der zwingenden Rechtsvorschriften als Maßstab der Inhaltskontrolle geht. Eine solche erübrigt sich im direkten Anwendungsbereich, da die Parteien mangels Rechtsgestaltungsmacht von ihnen ohnehin nicht abweichen können. Für nicht erfasste Sachverhalte können derartigen Vorschriften aber darin zum Ausdruck kommende grundlegende normative Wertungen zu entnehmen sein, die dann als Leitbild oder Bewertungsfaktor bei der Interessenabwägung herangezogen werden können668.

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In diesem Sinne sind zunächst ganz allgemein die Vorschriften höherrangigen Rechts wie der nationalen Verfassung, insbesondere der Grundrechte im Wege

663 Siehe Wolf/Dammann Vor §§ 308, 309 Rz. 18 m.w.N.; zu § 309 Nr. 5 auch MünchKomm/Wurmnest § 309 Rz. 5 a.E. 664 Wolf/Dammann Vor §§ 308, 309 Rz. 20. 665 Staudinger/Coester Rz. 13. 666 Staudinger/Coester Rz. 13. 667 Vgl. BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, NJW 2006, 47 (48, 50) (Erweiterung auf drei Jahre zulässig, nicht aber auf zehn Jahre). 668 Fastrich S. 284; Staudinger/Coester Rz. 232 a.E.; ebenso für die speziellen Klauselverbote nach §§ 308, 309, sofern sie nicht unmittelbar einschlägig sind, Stoffels Rz. 508; vgl. BGH v. 24.10.2012 – XII ZR 40/11, r+s 2013, 12 (13).

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mittelbarer Drittwirkung669, und des Europarechts (Grundfreiheiten, Verordnungen, Richtlinien) in ihren indirekten Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Verwender und der anderen Vertragspartei zu berücksichtigen670. Dazu gehört vor allem die unionsrechts- und richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts einschließlich des § 307671. Aber auch andere Normen des einfachen Gesetzesrechts sowie Rechtsverordnungen können normative Grundsätze enthalten, deren Wertungen über ihren direkten Anwendungsbereich hinaus Bedeutung gewinnen können. So können z.B. manche Vorschriften von TKG, TKV und TDSV vorsichtig als Leitbild auch für die Bewertung von nicht unmittelbar normierten vertraglichen Gestaltungen in Telekommunikationsverträgen herangezogen werden672. Das gilt etwa für § 45k TKG, der Mindestvoraussetzungen für eine Sperre des Anschlusses festlegt (Zahlungsverzug i.H.v. 75 Euro und Ankündigung zwei Wochen im Voraus). Dieser für den Festnetzbereich geltenden Regelung kommt erhebliche Bedeutung für die Beurteilung entsprechender Klauseln in Mobilfunk-AGB zu673. Fraglich ist allerdings, ob die Vorgaben für eine Sperre auch Auswirkungen auf die Bewertung der Angemessenheit von Kündigungsklauseln haben, die an einen Zahlungsverzug des Kunden anknüpfen. Im Gegensatz zu dahingehenden Äußerungen in der Literatur674 sieht der BGH keinen Wertungswiderspruch zu § 45k TKG, wenn die AGB an eine einseitige Vertragsbeendigung durch das Telekommunikationsunternehmen geringere Anforderungen als an eine Sperre des Anschlusses stellten, da die Sperre als besondere Form des Leistungsverweigerungsrechts ein aliud gegenüber der Kündigung sei675. Er hat daher in einer Kündigungsfrist von mindestens sechs Werktagen keine unangemessene Benachteiligung des Kunden gesehen, da diese Frist ausreichend sei, um den Anspruch des Kunden auf Teilhabe an der Grundversorgung mit Telefondienstleistungen (§ 78 Abs. 2 TKG) zu gewährleisten.

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Die Rechtsprechung wendet allerdings vielfach § 307 Abs. 2 Nr. 1 an, ohne den Unterschied zwischen einer Berücksichtigung der „Ausstrahlungswirkung“ zwingenden Rechts auf nicht unmittelbar geregelte Sachverhalte und einer Prüfung der Unvereinbarkeit mit „wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird“ zu reflektieren. So hat der BGH z.B. in ei-

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669 Vgl. von Hoyningen-Huene Rz. 86 ff., 144 mit dem Beispiel der Unangemessenheit einer Mietvertragsklausel, die eine Aufnahme von Familienangehörigen in die Wohnung verbietet und damit den Wertungen des Art. 6 GG über den besonderen Schutz von Ehe und Familie widerspricht; ohne Beachtung der Drittwirkungsproblematik für unmittelbare Zurechnung zur „gesetzlichen Regelung“ dagegen Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 134. 670 Vgl. insb. zur Frage der „Leitbildfähigkeit“ von EG-kartellrechtlichen Gruppenfreistellungsverordnungen Rz. 188, 209. 671 Vgl. Wolf/Pfeiffer Rz. 233 m.w.N.; näher zur Bedeutung der RL über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (RL 93/13/EWG) für die Maßstäbe der Inhaltskontrolle Rz. 392 ff. 672 Näher hierzu Fuchs in Spindler (Hrsg.) Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, S. 233 ff. (Teil IV Rz. 99 ff.) (auch mit Gegenbeispielen). 673 BGH v. 17.2.2011 – III ZR 35/10, NJW 2011, 2122 (2125) (unangemessene Benachteiligung durch eine Klausel in den AGB eines Mobilfunkunternehmens, die eine Sperre schon bei einem Zahlungsverzug von 15,50 Euro erlaubte). 674 Vgl. Imping CR 1999, 425 (428); Bornhofen K&R 1999, 500 (504 f.) (zum früheren § 19 TKV). 675 BGH v. 12.2.2009 – III ZR 179/08, NJW 2009, 1334 (1335 ff.).

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nem Vertragshändlervertrag die formularmäßige Gewährung eines außerordentlichen Kündigungsrechts auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes mit dem bloßen Hinweis auf eine „Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 314 BGB, § 89a HGB“ beanstandet676. Die Entscheidung ist zwar im Ergebnis zutreffend, in ihrer Begründung aber methodisch verfehlt. Zum einen gehören zwingende Normen schon deshalb nicht zu der gesetzlichen Regelung i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1, weil von ihnen nicht abgewichen werden kann (näher Rz. 208). Zum anderen gewähren die zitierten Normen zwar ein unabdingbares Kündigungsrecht bei Unzumutbarkeit des weiteren Festhaltens am Vertrag, sagen aber nichts über die Gestaltungsfreiheit der Parteien hinsichtlich der Einräumung erweiterter Vertragslösungsrechte aus. Eine entsprechende „Sperrwirkung“ für erweiterte außerordentliche Kündigungsrechte lässt sich den Vorschriften selbst auch nicht entnehmen. Die maßgebliche Wertung, den Vertragshändler vor einer vorzeitigen Vertragsbeendigung ohne die ihm sonst zustehende zweijährige ordentliche Kündigungsfrist zu schützen, liegt vielmehr in seinem vertragsspezifischen Bestands- und Amortisationsinteresse, das nicht ohne triftigen Grund beeinträchtigt werden soll. g) Sonstige Kriterien 169

Eine abschließende Aufzählung relevanter Abwägungskriterien ist nicht möglich. Keine Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass bestimmte AGB eine behördliche Vorkontrolle durchlaufen oder im Rahmen einer nachträglichen Missstandsaufsicht unbeanstandet geblieben sind. Dadurch verlieren sie weder ihre Eigenschaft als AGB, noch wird ihre Kontrollfähigkeit eingeschränkt677.

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Auch die Wettbewerbssituation auf dem Markt, in dem die AGB eingesetzt werden, hat für die Unangemessenheitsbeurteilung allenfalls eine sehr begrenzte Bedeutung. Wegen der prinzipiell eingeschränkten Funktionsfähigkeit des Konditionenwettbewerbs insbesondere auf Grund hoher Informationskosten und des rationalen Desinteresses der potentiellen Vertragspartner678 spielt der Umstand keine Rolle, ob dem Kunden auch angemessene Klauseln anderer Anbieter zur Wahl gestanden hätten679. Solange es nicht im Einzelfall zu einem Aushandeln der Klauseln i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 kommt, bleibt die Inhaltskontrolle in vollem Umfang anwendbar und eine danach als unangemessen beurteilte Klausel trotz lebhaften Wettbewerbs auf dem Markt unwirksam. Ist auf Grund einer marktbeherrschenden Stellung des Verwenders auch der Produktwettbewerb eingeschränkt, kann dies allerdings ausnahmsweise (mittelbar) zu einer Verschärfung des Angemessenheitsmaßstabs führen680. Zwar unterliegt der Marktbeherrscher grundsätzlich keiner weiter gehenden Rücksichtnahmepflicht auf die Belange der Marktgegenseite als seine Konkurrenten, doch können die Auswirkungen nachteiliger AGB die Vertragspartner in einer wettbewerbsarmen Si676 BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 (1385) (Citroën). 677 Ebenso zuletzt BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774 (Zustimmung der Genehmigungsbehörde zu Besonderen Beförderungsbedingungen nach § 39 Abs. 6 PBefG); Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 13; Wolf/Pfeiffer 64 ff.; vgl. auch Vor § 307 Rz. 96 f. 678 Näher zur vertragstheoretischen und rechtsökonomischen Legitimation der Inhaltskontrolle Vor § 307 Rz. 31 ff. 679 Wolf/Pfeiffer Rz. 229; von Hoyningen-Huene Rz. 178 m.w.N. 680 Vgl. OLG Frankfurt v. 21.11.1985 – 6 U 20/85, NJW-RR 1986, 895 (897); a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 230.

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tuation möglicherweise noch härter treffen (z.B. bei Beschränkung ihrer Dispositionsfreiheit). Daher ist es durchaus denkbar, dass eine Klausel, deren Belastungswirkung unter normalen Wettbewerbsverhältnissen noch hinnehmbar ist, bei Verwendung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen in einem verkrusteten Markt eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner darstellt681. So hat z.B. für die Beurteilung der Gültigkeitsbefristung von Telefonkarten der Umstand eine wichtige Rolle gespielt, dass die Deutsche Telekom die einzige Anbieterin ist, die ein flächendeckendes Netz von öffentlichen Fernsprechern unterhält und diese ganz überwiegend von Münz- auf Kartenbetrieb umgestellt hat682. Das hat die belastenden Auswirkungen eines ersatzlosen Verfalls der verbliebenen Guthaben am Ende der Gültigkeitsdauer erheblich verstärkt, weil auch alle potentiellen Kunden, die nur ganz gelegentlich öffentliche Fernsprecher benutzen, auf den Erwerb einer Telefonkarte (mit einem Mindestgegenwert von damals 12 DM) angewiesen sind. Von einzelnen Abwägungskriterien oder -topoi, die im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung herangezogen werden können, sind materielle Wertungsregeln zu unterscheiden, die bereits den Charakter leitbildfähiger allgemeiner Rechtsgrundsätze angenommen haben (z.B. Äquivalenzprinzip, haftungsrechtlicher Verschuldensgrundsatz) und daher unter die gesetzlichen Vorschriften i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 fallen (vgl. Rz. 211 ff.).

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4. Exemplarische Fallgruppen und Einzelfälle Im Folgenden sollen ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Themenkomplexe exemplarisch behandelt werden, die in der Rechtsprechung schwerpunktmäßig nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 beurteilt werden, ohne dass sich Überschneidungen mit § 307 Abs. 2 ausschließen lassen. Ergänzend und zur Vertiefung wird auf die Kommentierung typischer Verträge und Klauselgegenstände in Teil 2 verwiesen.

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a) Einseitige Bestimmungsrechte (§§ 315 ff.) Schrifttum: Baur Vertragliche Anpassungsregelungen, 1983; Jesgarzewski Die Grenzen formularmäßiger Vereinbarung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte – unter besonderer Berücksichtigung des Bank- und Arbeitsvertragsrechts, 2006; Paulusch Vorformulierte Leistungsbestimmungsrechte des Verwenders, in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 55.

aa) Grundproblematik Das BGB sieht vor, dass einer Vertragspartei (§ 315) oder einem Dritten (§ 317) vertraglich das Recht eingeräumt werden kann, die Leistung oder die Gegenleistung (§ 316) zu bestimmen, den Preis oder sonstige Konditionen nachträglich zu ändern oder eine andere für das Rechtsverhältnis erhebliche Bestimmung zu

681 Näher zum Verhältnis der Inhaltskontrolle zu den besonderen kartellrechtlichen Vorschriften für marktbeherrschende und marktstarke Unternehmen Vor § 307 Rz. 86 ff. m.w.N. 682 BGH v. 12.6.2001 – XI ZR 274/00, BB 2001, 1543 (1545).

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treffen683. Lässt sich ein AGB-Verwender ein solches einseitiges (Leistungs-)Bestimmungsrecht formularmäßig gewähren, unterliegt die Klausel der Inhaltskontrolle. Denn sie regelt nicht unmittelbar den Gegenstand der Hauptleistung, sondern stellt eine Rechtsvorschriften ergänzende Nebenabrede dar684. Für die Kontrollfähigkeit spricht auch, dass der Gesetzgeber zwei Sonderfälle des Leistungsbestimmungsrechts in speziellen Klauselverboten erfasst hat: § 309 Nr. 1 (früher § 11 Nr. 1 AGBG) verbietet Regelungen, die kurzfristige Preiserhöhungen innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss ermöglichen, soweit es um Lieferungen oder Leistungen außerhalb von Dauerschuldverhältnissen geht. Nach § 308 Nr. 4 (früher § 10 Nr. 4 AGBG) ist ein Änderungsvorbehalt des Verwenders hinsichtlich der versprochenen Leistung grundsätzlich unwirksam, sofern nicht die Vereinbarung einer möglichen Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. 174

Die Frage einer möglichen unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners schon durch die Begründung eines Leistungsbestimmungsrechts des Verwenders oder eines Dritten stellt sich aber auch außerhalb des Anwendungsbereichs dieser speziellen Klauselverbote. Der gesetzliche Schutz nach §§ 315 Abs. 3, 319 Abs. 1 beschränkt sich auf die gerichtliche Überprüfung, ob bei einer nach billigem Ermessen zu treffenden Bestimmung685 die Grenzen der Billigkeit im Einzelfall (offensichtlich686) überschritten worden sind. Unabhängig von der Möglichkeit einer nachträglichen Ausübungskontrolle (zum Verhältnis von Ausübungs- und Inhaltskontrolle vgl. Vor § 307 Rz. 63 ff.) tangiert bereits die Existenz eines einseitigen Bestimmungsrechts die Interessen der Vertragspartner, weil sie über die konkret zu erwartende Leistung bis zur Ausübung des Bestimmungsrechts im Ungewissen bleiben oder bei Anpassungsrechten ggf. Abweichungen von dem ursprünglich vereinbarten Leistungsinhalt oder Preis hinnehmen müssen. Das beeinträchtigt nicht nur die Transparenz des Vertragsinhalts, sondern bedeutet im Ergebnis auch eine Lockerung der vertraglichen Bindung des Verwenders. Die unterschiedlichen Aspekte lassen sich am besten im Rahmen der Generalklausel des § 307 Abs. 1 erfassen, auch wenn teilweise Kriterien der Regelbeispiele nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 hineinspielen wie die potentielle Störung der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung durch die Ausübung

683 Ein Sonderfall der Bestimmung durch einen Dritten ist Gegenstand des Schiedsgutachtenvertrags, dazu Teil 2, (40) Schiedsgutachtenklauseln, Schieds-, Schlichtungs- und Mediationsklauseln. 684 BGH v. 9.7.1981 – VII ZR 139/80, NJW 1981, 2351; BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, NJW 1985, 853; BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1063) = BGHZ 124, 351 (362); vgl. bereits oben Rz. 70, 76. Soweit allerdings gesetzliche Regelungen ein konkretes einseitiges Bestimmungsrecht für bestimmte Leistungen gewähren, z.B. für öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hinsichtlich der Festsetzung der Kosten der Abfallentsorgung, stellen entsprechende AGB-Klauseln kontrollfreie deklaratorische Regelungen dar, vgl. BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, WRP 2005, 1253 (1254) (zu § 8 Abs. 1 KrW-/AbfG Berlin). 685 Die Einräumung eines weiter gehenden Ermessens bei der Bestimmung wäre allenfalls im Wege der Individualvereinbarung möglich, in AGB aber in jedem Fall unwirksam, vgl. BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, WRP 2005, 1253 (1257) (§ 315 Abs. 3 enthält „ein formularmäßig nicht abdingbares Gerechtigkeitsgebot“). 686 Auf die offenbare Unbilligkeit kommt es nach § 319 bei der Leistungsbestimmung durch Dritte an.

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von Änderungsrechten oder die Gefahr der Aushöhlung vertragswesentlicher Rechte oder Pflichten. Vorformulierte Leistungsvorbehalte und andere Bestimmungsrechte können daher auch außerhalb des direkten Anwendungsbereichs von §§ 308 Nr. 4, 309 Nr. 1 nur hingenommen werden, wenn besondere Gründe vorliegen, die ihre Einräumung rechtfertigen, und wenn sie möglichst transparent ausgestaltet sind sowie die berechtigten Belange der anderen Vertragspartei hinreichend wahren687. Der Umstand, dass materiell nur eine der Billigkeit entsprechende Bestimmung verbindlich ist, genügt dafür nicht, zumal der Bestimmende einen nicht unerheblichen Entscheidungsspielraum hat, den er prinzipiell in seinem Interesse ausfüllen kann688. Ein anerkennenswertes Interesse des Verwenders, das die Begründung eines einseitigen Bestimmungsrechts legitimieren kann, besteht vielmehr grundsätzlich nur, soweit ein solches wegen unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist und es den Anlass sowie die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst genau beschreibt689. Schon durch die Ausgestaltung des Leistungsbestimmungsrechts ist das Risiko einer unangemessenen Belastung des Vertragspartners im Falle seiner Ausübung möglichst gering zu halten. Bei den konkreten Anforderungen ist zwischen verschiedenen Arten von Bestimmungsrechten zu differenzieren.

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bb) Nachträgliche Modifikation der vereinbarten Leistung In besonderem Maße schutzwürdig ist die Erwartung des Vertragspartners, die vertraglich zugesagte Leistung des Verwenders auch tatsächlich (weiterhin) ungeschmälert zu erhalten. Das gilt vor allem dann, wenn er im Vertrauen darauf nicht unerhebliche Investitionen getätigt oder sonstige Dispositionen getroffen hat. Das ist insbesondere bei Vertragshändlern der Fall, die weitgehend in die Vertriebsorganisation eines Herstellers eingegliedert und von dessen Weisungen und Entscheidungen abhängig sind. Einseitige Leistungsänderungsrechte sind daher nur aus schwerwiegenden Gründen, die in der Klausel genannt sein müssen, und nur unter der Voraussetzung zulässig, dass dem Vertragspartner ein angemessener Ausgleich gewährt wird690. So kann etwa ein Direktbelieferungsvorbehalt eines Kfz-Herstellers, der die einem Vertragshändler zugesicherte Exklusivität ein-

687 Staudinger/Coester Rz. 42 ff.; vgl. insb. BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652); BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1501); näher zum Transparenzgebot Rz. 323 ff., 340. 688 BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 (26) = NJW 1982, 331 (332); BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 (213) = NJW 1984, 1182 (1183). 689 Wolf/Stoffels Klauseln L 214; aus der Rspr.: BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652); BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 (211) = NJW 1984, 1182 (1183); BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (47) = NJW 1985, 623 (627); BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (362) = NJW 1994, 1060 (1063); BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1501); vgl. BGH v. 16.9.2014 – X ZR 1/14, NJW 2014, 3721. 690 Wolf/Stoffels Klauseln L 214; BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 (211 f.) (einseitige Verkleinerung des einem selbständigen Vertragshändler zugewiesenen „Marktverantwortungsgebiets“ durch den Hersteller); BGH v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BGHZ 142, 358 (365) = NJW 2000, 515 (516); BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 (1383) (Citroën).

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schränkt691, nur dann wirksam begründet werden, wenn er zum einen eine klare tatbestandliche Eingrenzung aufweist (z.B. Direktbelieferung von Großabnehmern, die über einen Zeitraum von 12 Monaten mindestens 50 Fahrzeuge erwerben) und zum anderen eine Ausgleichsregelung enthält, welche die Nachteile für den Vertragspartner kompensiert oder zumindest möglichst gering hält (z.B. angemessener finanzieller Ausgleich für erlittene Absatzbeeinträchtigungen)692. Auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr dürfen die Vertragskonditionen nicht durch eine zu weite Fassung der Gründe, aus denen ein Bestimmungsrecht entstehen und innerhalb derer es ausgeübt werden soll, zur Disposition des Verwenders gestellt werden693. 177

Ist eine hinreichend konkrete Formulierung der Voraussetzungen und Richtlinien für die Ausübung des Bestimmungsrechtes aus sachlichen Gründen nicht möglich, kann ggf. die Einräumung eines Lösungsrechts für den Vertragspartner (für den Fall der Überschreitung bestimmter Grenzwerte) eine unangemessene Benachteiligung verhindern694. Eine solche Möglichkeit scheidet jedoch aus, wenn dem Vertragspartner eine Beendigung des Vertrags nicht zuzumuten ist, etwa weil er erhebliche Investitionen getätigt und somit ein besonderes Bestandsinteresse hat695.

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Eine Klausel, die dem Verwender ein freies, an keine Voraussetzungen gebundenes Recht einräumt, die Leistungen oder die einzelnen Komponenten zu bestimmen, ist stets – auch im unternehmerischen Verkehr – unwirksam696. Daher dürfte auch der pauschale Vorbehalt (in den AGB eines Internet-Versandhandelsunternehmens), „anstatt des bestellten Produkts ein in Qualität und Preis gleichwertiges Produkt zu liefern“, der im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern

691 Vgl. hierzu und zum folgenden BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 = ZIP 2005, 1785 (Honda) = BGH EWiR § 307 BGB 7/05, 815 (Emde); ferner BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351= NJW 1994, 1060. 692 Nach BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1498) genügt eine Ausgleichsregelung, nach der ein Vertragshändler einen angemessenen Ausgleich verlangen kann, der gegebenenfalls vom Hersteller nach billigem Ermessen bestimmt wird, dem Transparenzgebot. 693 BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (47) = NJW 1985, 623 (627); BGH v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182 (unwirksamer Vorbehalt der Änderung des Vertragsgebiets oder der Einsetzung eines weiteren Händlers bei Vertragshändler mit Alleinvertriebsrecht); vgl. auch BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 (1382 f.) (Festlegung von Mindestabsatzmengen in Vertragshändlervertrag durch Sachverständigen unter Berücksichtigung der „Modellpolitik“ des Herstellers zulässig, nicht dagegen unter Berücksichtigung der „Vertriebspolitik“, da mit Hilfe dieses konturlosen Begriffs die Festsetzung nahezu beliebig vom Verwender gesteuert werden könnte und somit ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliegt; kein Bedürfnis für eine ergänzende Klausel, die den Verwender zur vorläufigen einseitigen Festlegung der Mindestabsatzmengen ermächtigt). 694 BGH v. 17.12.2002 – X ZR 220/01, WM 2003, 448 (449 f.); Schöne WM 2004, 262 (266 ff.) m.w.N.; siehe auch OLG München v. 21.9.2006 – 29 U 2612/06, MMR 2007, 50 (52). 695 Vgl. BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (47) = NJW 1985, 623 (627). 696 Wolf/Stoffels Klauseln L 217–220; Staudinger/Coester Rz. 44; vgl. z.B. BGH v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394 = NJW 1998, 454 (uneingeschränkter Änderungsvorbehalt in AVB); ferner BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, NJW 2005, 3420 (3421) (Änderungsvorbehalt bzgl. Bauausführung und Materialwahl, „soweit sie gleichwertig sind“, in einem Bauträgervertrag gegenüber Verbrauchern).

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grundsätzlich schon nach § 308 Nr. 4 unwirksam ist697, auch im unternehmerischen Verkehr regelmäßig zu beanstanden sein, jedenfalls wenn das Interesse des Kunden an Produkten mit einem bestimmten Design oder mit bestimmten Funktions- und Nutzungsmerkmalen nicht berücksichtigt wird. Denn für die Zumutbarkeit einer Leistungsänderungsklausel verlangt der BGH, dass die Interessen des Verwenders die für das jeweilige Geschäft typischen Interessen des anderen Vertragsteils überwiegen oder zumindest gleichwertig sind und die Klausel so formuliert ist, dass sie nicht zur Rechtfertigung einer unzumutbaren Änderung dienen kann. Das setzt regelmäßig „zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderungen“ voraus698. Bei zahlreichen Produkten, bei denen es auf die individuellen Wünsche, Vorlieben und Geschmacksrichtungen des Kunden ankommt (z.B. Kleidung, Accessoires), bleibt bei einer lediglich auf gleichwertige Qualität und den gleichen Preis beschränkten Ermächtigung zur Leistungsänderung ein weiter Spielraum für Abweichungen von der bestellten Ware, die dem Kunden unzumutbar sein können699. Dies gilt auch dann, wenn die Klausel eine Leistungsänderung nur „zum Vorteil“ des Kunden ermöglicht, da hier weder ein nachvollziehbarer Grund für die Einräumung des Bestimmungsrechtes gewählt noch das Transparenzgebot eingehalten wird700. Im unternehmerischen Verkehr dürfte zwar die Verwendbarkeit der Sache im Hinblick auf ihre Spezifikation, Materialeigenschaften, Weiterveräußerbarkeit usw. im Vordergrund stehen, so dass tendenziell ein (etwas) größerer Bereich für zumutbare Abweichungen besteht, doch Änderungsvorbehalte ohne nähere Begrenzungen auch insoweit unangemessen bleiben. Bei Pauschalreiseverträgen hat der Veranstalter in Bezug auf Flugreisen, insbesondere bei erheblichem zeitlichen Abstand zwischen Buchung und Reiseantritt, regelmäßig ein anerkennenswertes Interesse daran, sich die genaue Festlegung der Zeiten für den Hin- und Rückflug noch für einen späteren Zeitpunkt vorzubehalten. In der Klausel muss allerdings bereits ein gewisser Rahmen für die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts genannt werden (etwa der Ka-

697 LG Frankfurt/M. v. 9.3.2005 – 2-02 O 341/04, WRP 2005, 922 (923) (Mobiltelefone); ebenso BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 284/04, NJW 2005, 3567 = ZIP 2005, 2262 (Verbauchsgüterkauf mit Internet-Versandhandelsunternehmen), dazu EWiR 2006, 3 (Christensen); OLG Düsseldorf v. 2.5.2013 – I-6 U 123/12, NJW-RR 2013, 1391 (Flugreisen); Dohmgoergen K&R 2006, 27 ff. 698 BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 284/04, NJW 2005, 3567 (3569) = ZIP 2005, 2262 (2264); BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149 (154 f.) = NJW 2004, 1588 = ZIP 2004, 798; BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 f.; OLG München v. 21.9.2006 – 29 U 2612/06, MMR 2007, 50 (52). 699 BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 284/04, NJW 2005, 3567 (3569), demzufolge (beim Verbrauchsgüterkauf) auch die Einräumung eines 14-tägigen Rückgaberechts hinsichtlich des gelieferten Ersatzartikels nicht geeignet ist, die unangemessene Benachteiligung zu kompensieren, da der Kunde insoweit schlechter gestellt werde als nach der gesetzlichen Lage. Vgl. zu einem Vorschlag für eine (auch unter Transparenzgesichtspunkten) zulässige Ersatzlieferungsklausel Dohmgoergen K&R 2006, 27 (30). 700 BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (362) (unangemessene Benachteiligung durch Vorbehalt eines Pay-TV-Anbieters, „das Programmangebot, die einzelnen Kanäle, die Nutzung der einzelnen Kanäle sowie die Zusammensetzung der Programmpakete zum Vorteil der Abonnenten zu ergänzen, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu verändern“, da das Änderungsrecht weder auf hinreichend konkretisierte und triftige Änderungsgründe beschränkt noch für den Kunden einschätzbar und objektivierbar war, welche Programmänderungen seinem Vorteil dienen würden); grds. zust. von Westphalen NJW 2007, 2228 (2232) (zur Vorinstanz).

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lendertag innerhalb eines definierten Zeitraums, die gesamte Zeitspanne während eines bestimmten Kalendertages, gewisse Tageszeiten – vormittags, mittags, abends – oder auch stundenmäßig definierte Zeitfenster)701. Eine allgemeine Kennzeichnung als „voraussichtliche“ oder „vorläufige“ Abflugzeit kann dafür genügen, sofern damit zumindest annähernd die geschuldete Leistungszeit festgelegt wird, d.h. Abweichungen hiervon nur in einem verhältnismäßig geringen Ausmaß erlaubt sind702. In der Literatur wird insoweit ein Zeitraum von drei oder vier Stunden vorgeschlagen703. Pauschale Klauseln wie „Die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen.“ oder „Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind unverbindlich.“ sind dagegen unwirksam, da es dem Reisenden nicht zumutbar ist, unbegrenzt Abweichungen von dem vertraglich vereinbarten Zeitrahmen hinnehmen zu müssen704. 179

Ein formularmäßiger Änderungsvorbehalt, der ein nicht näher konkretisiertes Recht des Verwenders zur Änderung von AGB auch für bereits bestehende Verträge umfasst, ist nur im Ausnahmefall auf Grund besonderer gesetzlicher Rahmenbedingungen wirksam705. cc) Preisanpassungsklauseln und Preisvorbehalte Schrifttum: Armbrüster Wirksamkeitsvoraussetzungen von Prämienanpassungsklauseln, r+s 2012, 365; Büdenbender Die neue Rechtsprechung des BGH zu Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen, NJW 2009, 3125; Büdenbender Neugestaltung von Preisanpassungsklauseln in Energie-Lieferungsverträgen über Elektrizität und Gas, NJW 2013, 3601; Halfmeier Gaspreiskontrolle im Vertragsrecht, VuR 2006, 417; Kessel/Schwedler Preisanpassungsklauseln in AGB und ihre Bewertung durch die Rechtsprechung, BB 2010, 585; Linker Die Rechtmäßigkeit der Entgelte der Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2004, S. 19, 35; Rott Preiserhöhungsklauseln der Gasbranche unter verschärfter AGB-Kontrolle – Anmerkung zum Urteil des BGH vom 21.9.2005, VIII ZR 38/05, VuR 2006, 1; Schöne Einseitige Preisänderungsklauseln – am Beispiel der Stromversorgungswirtschaft –, WM 2004, 262; Uffmann Richtungswechsel des BGH bei der ergänzenden Vertragsauslegung, NJW 2011, 1313; von Westphalen Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen mit Normsonderkunden, ZIP 2008, 669. Vgl. auch die Nachw. bei § 309 Nr. 1.

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Die formularmäßig eingeräumte Möglichkeit, einen bei Vertragsschluss vereinbarten Preis nachträglich an geänderte Verhältnisse anpassen, insbesondere erhöhen zu können, bezeichnet man als Preisanpassungsklausel (auch Preisänderungsvorbehalt bzw. -recht)706. Die Möglichkeit zur Modifikation des ursprünglich vereinbarten Preises dient namentlich dazu, dem Verwender bei Dauerschuldverhältnissen die Abwälzung im Laufe der Zeit gestiegener Kosten auf den Kunden zu ermöglichen. Dadurch wird dem Verwender nicht nur das Ri-

701 BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014 1168 Rz. 21 m. zust. Anm. Führich. 702 BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014 1168 Rz. 22 f., 26. 703 Führich NJW 2014, 1171 (vier Stunden); Kappus in von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht (Allg. Reisebedingungen) Rz. 54 (drei Stunden). 704 Vgl. BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 Rz. 36 ff. (Verstoß der ersten Klausel gegen § 308 Nr. 4, der zweiten bzgl. Informationen durch Reisebüros gegen § 307 Abs. 1 Satz 1); großzügiger OLG Düsseldorf v. 22.11.2013 – I-7 U 271/12, BeckRS 2013, 21116 (Revision anhängig unter X ZR 1/14), das keine Einwände gegen die Klauseln „Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt!“ sowie „Die aktuellen Flugzeiten entnehmen Sie Ihren Flugtickets“ hat. 705 Vgl. BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, NJW 1991, 2559 (2564) (wirksam bei Bausparbedingungen, für die eine behördliche Genehmigung erforderlich ist). 706 Linker S. 19.

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siko langfristiger Kalkulation abgenommen, sondern auch der Anreiz genommen, mögliche Kostensteigerungen durch vorsorgliche Risikozuschläge schon bei Vertragsschluss aufzufangen707. Für die Umsetzung einer nachträglichen Preisänderung kommen grundsätzlich drei Arten von Anpassungsklauseln in Betracht: Kostenelemente-Klauseln sind dadurch gekennzeichnet, dass die Preisanpassung an die Veränderung ganz bestimmter Kostenarten (z.B. Rohstoffpreise, Tariflöhne) anknüpft, die in die Kalkulation des Gesamtpreises eingehen. Bei sog. Spannungsklauseln wird der Preis an die Preisentwicklung vertragsfremder, aber vergleichbarer Güter gekoppelt (z.B. Koppelung des Erdgaspreises an den Marktpreis für leichtes Heizöl)708. Bei einem Preisvorbehalt dagegen bleibt das Entgelt für eine Leistung bei Vertragsschluss zunächst offen und soll erst später einseitig bestimmt werden709. Man spricht auch von „offenen Preisanpassungsklauseln“710. Beispiele aus der Praxis sind etwa das Entgeltfindungsrecht der Banken und Sparkassen in ihren AGB711 oder die Festlegung von Aufwendungsersatzansprüchen, die den Vertragshändlern für die Erbringung von Garantieleistungen zustehen, durch den Hersteller nach billigem Ermessen712. Derartige Klauseln sind nicht etwa deshalb kontrollfrei, weil sie den Preis betreffen. Die Einräumung und nähere Ausgestaltung eines Leistungsbestimmungsrechts weicht vielmehr von der Grundregel des § 311 Abs. 1 (= § 305 a.F.) und dem Leitbild der §§ 145 ff. ab, dass Leistung und Gegenleistung im Vertrag festzulegen sind713. Für die Kontrollfähigkeit von Preisanpassungsklauseln sprechen zudem das besondere Klauselverbot des § 309 Nr. 1 für kurzfristige Preiserhöhungen714 sowie der im Anhang Nr. 1 lit. l der RL 93/13/EWG als Beispiel für eine missbräuchliche Klausel aufgeführte Tatbestand eines einseitigen Bestimmungs- oder Änderungsrechts des Verkäufers zum Zeitpunkt der Lieferung.

707 Vgl. nur BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335 (2336) (Kostenelementeklauseln bei langfristigen Lieferverträgen über Flüssiggas mit Verbrauchern); auch BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361); BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2053). 708 Vgl. hierzu einerseits BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 304/08, NJW 2010, 2793 (2796) = BB 2010, 1365 m. Anm. Zabel (unwirksam in Verbraucherverträgen); andererseits BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2708; BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 3508 = BB 2014, 3023 m. Anm. Zabel (wirksam im unternehmerischen Geschäftsverkehr). 709 Vgl. BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603 (1604); Wolf ZIP 1987, 341 f.; Linker S. 19; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 1. 710 Kessel/Schwedler BB 2010, 585 (586). 711 Art. 12 Abs. 1 Satz 3 AGB-Banken, Art. 17 Abs. 2 Satz 3 AGB-Sparkassen; näher dazu Teil 2, (8) Banken (Kreditinstitute) Rz. 42 ff. 712 Vgl. dazu BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1501 f.). 713 BGH v. 9.7.1981 – VII ZR 139/80, BGHZ 81, 229 (232) = NJW 1981, 2351 (2352); BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 (255) = NJW 1985, 853; BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (362) = NJW 1994, 1060 (1063); BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1500); BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1055); BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361)BGH, Urteil vom 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2708 (2709); aus dem Schrifttum: Wolf/ Stoffels Klauseln L 211; näher zur Kontrollfähigkeit von preisbezogenen AGB-Bestimmungen oben Rz. 71 ff., 76. 714 BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 (255); Paulusch in Heinrichs/Löwe/ Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 64; vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 28.

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Für Preisvorbehalte hat sich – nach anfänglichen Unsicherheiten715 – ebenfalls die Auffassung durchgesetzt, dass sie in gleicher Weise kontrollfähig sind wie Preisänderungsklauseln716. Dabei legt die Rechtsprechung allerdings das Hauptaugenmerk auf die Transparenzkontrolle717, deren Geltung selbst für sonst nicht kontrollfähige Preis- und Leistungsvereinbarungen § 307 Abs. 3 Satz 2 klarstellt; näher zur Transparenzkontrolle Rz. 323 ff., 353 ff. 182

Preisänderungsvorbehalte treten in Lieferverträgen namentlich als Tagespreisoder Listenpreisklauseln auf. Soweit nicht schon nach § 309 Nr. 1 verboten, sind sie grundsätzlich nur wirksam, wenn sie für die Preisbestimmung eine konkrete Richtlinie enthalten und jede Erhöhung über die zwischen Vertragsschluss und Lieferzeit eingetretene Kostensteigerung hinaus ausschließen718. Denn andernfalls, wenn sie auch die Erzielung eines höheren Gewinns ermöglichen, ist das Äquivalenzprinzip verletzt719. Die Anforderungen an die Ausgestaltung von zulässigen Preisänderungsklauseln hat der BGH in seiner jüngeren Rechtsprechung zunehmend verschärft. So hat er eine detaillierte Kostenelementeklausel in einem langfristigen Flüssiggasbelieferungsvertrag im Wesentlichen aus drei Gründen für unwirksam erklärt: (1) die mangelnde Eignung der zur Begründung des Preiserhöhungsrechts heranzuziehenden Kosten, die lediglich betriebsinterne Berechnungsgrößen darstellten und vom Verwender selbst beeinflussbar, vom Kunden dagegen nicht kontrollierbar seien; (2) die unklare Gewichtung der einzelnen Kostenelemente und (3) die Bevorzugung der Preiserhöhung gegenüber der Preissenkung, die der Kunde nur theoretisch verlangen, praktisch aber nicht durchsetzen könne, schon weil er von etwaigen Kostensenkungen beim Verwen715 Vgl. BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 198/84, BGHZ 94, 335 (338); BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603 (1605) mit Nachw. zum früheren Meinungsstand; gegen Kontrollfähigkeit z.B. Bartsch DB 1983, 214. 716 Paulusch in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, S. 64 m.w.N. 717 BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652); BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (33 f.); vgl. zu Transparenzverstößen bei Preisanpassungsklauseln in Reiseverträgen BGH v. 19.11.2002 – X ZR 243/01, NJW 2003, 507 („Kerosinzuschlag I“); BGH v. 19.11.2002 – X ZR 253/01, NJW 2003, 746 („Kerosinzuschlag II“), zu beiden Urteilen Schmid NJW 2003, 947; OLG Düsseldorf v. 22.11.2001 – 6 U 29/01, NJW 2002, 447; BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361); BGH v. 17.12.2008 – VIII ZR 274/06, NJW 2009, 578 (579). 718 BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 = NJW 1982, 331; BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603; BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 220/83, NJW 1985, 621 (623) (Tagespreisklauseln beim Neuwagenkauf); BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (Fensterhersteller); BGH v. 12.7.1989 – VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115 (Vermietung von Fernmeldeanlagen, auch zur Vertragsergänzung bei langfristigen Verträgen im Falle der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel); BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 3508 (3510) (Preisanpassungsklauel bei Gaslieferungsvertrag). Regelungen über Beitragsanpassungen und -rückzahlungen bei Versicherungen sind dagegen in relativ weitem Umfang zulässig, vgl. z.B. BGH v. 1.7.1992 – IV ZR 191/91, NJW 1992, 2356 (2357) (Krankenversicherung), ausführlich zu Prämienanpassungsklauseln Armbrüster r+s 2012, 365 (366 ff.). 719 Aus der neueren Rspr.: BGH NJW 2009, 2666 (2669); NJW 2009, 2051 (2053); BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361); BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 (135); BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1055); siehe auch BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 198/84, BGHZ 94, 335 (339 f.); BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 (25); Köndgen/König ZIP 1984, 129 (134) sprechen anschaulich von den Geboten der Klauselbestimmtheit und der Kostenorientierung; vgl. zum Erfordernis der hinreichenden tatbestandlichen Konkretisierung von Voraussetzungen und Umfang des Leistungsbestimmungsrechts auch Staudinger/Coester Rz. 638; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 26.

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der nichts erfahre720. In anderen neueren Urteilen finden sich diese Kriterien ebenfalls wieder721, so dass bereits von einer gefestigten Rechtsprechung gesprochen werden kann722. Als kritischer Punkt hat sich insb. das von der Rechtsprechung entwickelte Saldierungsgebot erwiesen: Danach muss durch die Klausel gewährleistet sein, dass keine Anpassung erfolgt, wenn der Anstieg bei einem Kostenfaktor durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen kompensiert wird. In die Saldierung gehen allerdings nicht sämtliche Preisfaktoren, sondern nur die ausdrücklich als Bezugsgrößen benannten Faktoren ein723. Für die Beurteilung eines berechtigten Interesses an der Einräumung einer Preis- 182a änderungsklausel spielt zunächst – auch außerhalb der Viermonatsfrist des § 309 Nr. 1 – die Laufzeit des Vertrages eine Rolle. Denn bei einer relativ kurzen Laufzeit kann der Klauselverwender mögliche Preisrisiken eher überblicken und in der anfänglichen Kalkulation berücksichtigen724 und ihm damit regelmäßig auch die Übernahme der Gefahr einer dennoch eintretenden unvorhergesehenen Äquivalenzstörung (in den Grenzen der §§ 313, 314) zugemutet werden. Bei Vorliegen einer Festpreisvereinbarung dürfte eine Änderungsklausel grundsätzlich schon am Vorrang der Individualabrede (§ 305b) scheitern (vgl. dazu § 309 Nr. 1 Rz. 11)725, jedenfalls ist das Risiko einer Veränderung der Kalkulationsgrundlage in diesem Fall eindeutig dem Verwender (Lieferanten) zugewiesen mit der Folge, dass ein formularmäßiges Preiserhöhungsrecht generell unwirksam ist726. Besondere Bedeutung hat der Aspekt der Transparenz der Preisanpassung. Daran fehlt es, wenn der Kunde nicht bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, in welchem Umfang ggf. Preiserhöhungen auf ihn zukommen, und er später nicht in der Lage ist, die Berechtigung der vorgenommener Erhöhungen an der Anpassungsklausel zu messen727. Hieraus ergeben sich auch Anforderungen an die 720 BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335 (2336 f.); vgl. hierzu auch Rott VuR 2006, 1 (2). 721 Vgl. BGH v. 21.4.2005 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2053); BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361); BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 (135); BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1055). Diese Kriterien gelten auch für sog. Spannungsklauseln, BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, WM 2010, 1043 (1049); BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 (1055). 722 So zu Recht von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 26. 723 So zutr. Kessel/Schwedler BB 2010, 585 (586, 587 f.). 724 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 22 m.w.N. 725 So im Fall BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 47/12, NJW 2013, 2745 (2746 f.); krit. von Westphalen NJW 2014, 2242 (2245). 726 BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 198/84, BGHZ 94, 335 = NJW 1985, 2270 (Hausbau zum Festpreis); vgl. näher § 309 Nr. 1 Rz. 11. 727 BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335 (2337) (Kostenelementeklausel in langfristigen Flüssiggasbelieferungsverträgen mit Verbrauchern); BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 174/79, NJW 1980, 2518 (2519); vgl. auch BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652); BGH v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394 (402); BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361) (Pflicht zur Angabe der einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises); vgl. auch BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NZM 2014, 867 (868) (keine Intransparenz bei Möglicheit des Kunden, den Preis anhand zugänglich gemachter Formel zu berechnen); die Zuordnung des Erfordernisses der Klauselbestimmtheit zum Transparenzgebot wird in der Literatur geteilt, vgl. nur Wolf/Pfeiffer Rz. 259 ff.; Heinrichs in FS Trinkner, S. 167 m.w.N. Näher hierzu unten Rz. 338 ff.; ausführlich zum Transparenzgebot bei Preisanpassungsklauseln von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 36 ff.

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Eignung der gewählten Parameter, an deren Erhöhung (bzw. Veränderung, da spiegelbildlich auch Kostensenkungen an die Kunden weitergegeben werden müssen, vgl. dazu unten Rz. 182d) angeknüpft wird. Dabei muss es sich vorzugsweise um externe (insb. marktbezogene) Größen handeln, da lediglich betriebsinterne Berechnungsgrößen von Außenstehenden und damit auch vom Vertragspartner nicht nachvollzogen und überprüft werden können728. 182c

In den Fällen, in denen die Angabe einer derartigen nachvollziehbaren und transparenten Berechnungsgrundlage für eine Preisanpassung tatsächlich nicht möglich ist, soll die Einräumung eines Lösungsrechts der pauschal gehaltenen Klausel zur Angemessenheit verhelfen729. Dabei ist jedoch im Einzelfall kritisch zu hinterfragen, ob nicht doch eine weiter gehende Konkretisierung der Klausel möglich gewesen wäre. Ist dies der Fall, kann auch die Einräumung eines Lösungsrechts der Klausel nicht zur Gültigkeit verhelfen730. Zudem muss sich das Lösungsrecht selbst am Transparenzgebot messen lassen und bereits vor der Preiserhöhung wirksam werden können731. Die Einräumung eines Lösungsrechts vom Vertrag wird schließlich darüber hinaus für den Fall einer den Vertragspartner übermäßig belastenden Preiserhöhung verlangt732.

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Durch das Zusammenwirken der Gebote der Klauselbestimmtheit, der Kostenorientierung und der Einräumung eines Lösungsrechts werden die berechtigten Belange des Vertragspartners im Regelfall hinreichend gewahrt. Hinzu kommt in der neueren Rechtsprechung ein Gebot der Reziprozität: So wird verlangt, dass der Verwender im Rahmen einer Preisanpassungsklausel verpflichtet ist, nicht nur Kostensteigerungen, sondern auch Kostenersparnisse weiterzureichen733. Durch eine Preisanpassungsklausel bei einem Dauerschuldverhältnis entledigt sich der Verwender des Risikos, dass Leistung und Gegenleistung zu seinen Ungunsten auseinander laufen. Ein angemessener Interessenausgleich ist in diesem Fall nach der neueren Rechtsprechung jedoch nur dann gewahrt, wenn er auch bereit ist, bei einer gegenteiligen Entwicklung (etwa wenn ein Vorlieferant die Preise senkt oder sich die Herstellungskosten auf andere Weise vermindern) die Kostenersparnis an den Kunden weiterzugeben. Andernfalls werde das 728 Vgl. BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335 (2337). 729 So ausdrücklich OLG München v. 21.9.2006 – 29 U 2612/06, MMR 2007, 50 (52) m.w.N.; in diese Richtung auch Kessel/Schwedler BB 2010, 584 (588); siehe aber folgende Fn. 730 BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (363 f.) gegen das o.g. Urteil des OLG München („… gibt es keinen ausnahmslos gültigen Grundsatz, dass ein unangemessen benachteiligendes Preisanpassungsrecht stets durch eine Vertragslösungsmöglichkeit kompensiert werden kann.“); BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134; zu pauschal daher von Westphalen NJW 2006, 2228 (2230 f.), der die Angabe einer tragfähigen Kalkulationsgrundlage für „nahezu ausgeschlossen“ und gar „unmöglich“ hält; differenzierter von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 27 ff. (Rz. 36: „Es ist ein verflixt harter Weg, aber er ist gangbar“), Rz. 37 ff. (zu den Anforderungen an eine Lösungsmöglichkeit); gegen das „faktische Ende von Preisanpassungsklauseln“ auch Kessel/Schwedler BB 2010, 585 (587); zu den praktischen Schwierigkeiten, eine Klausel zu formulieren Halfmeier VuR 2006, 417 (418). 731 BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1057); BGH v. 27.1.2010 – VIII ZR 326/08, WM 2010, 1039 (1041). 732 BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 (26) = NJW 1982, 331 (332); vgl. bereits oben Rz. 177. 733 BGH v. 29.4.2008 – KZR 2/07, NJW 2008, 2172 (2174); BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051; BGH v. 28.10.2009 – VIII ZR 320/07, NJW 2010, 993 (995); zust. Büdenbender NJW 2009, 3125 (3129).

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Äquivalenzverhältnis des Vertrages nachhaltig gestört und der Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Diese Auffassung vermag jedoch nur insoweit zu überzeugen, als es um die Bewältigung von Veränderungen bestimmter Kostenelemente geht, die der Verwender als so wichtig erachtet, dass er sie zum (transparenten) Anknüpfungspunkt eines Preisänderungsrechts gemacht hat. Das Reziprozitätsgebot zur zeitnahen734 Berücksichtigung von Kostensenkungen kann sich vernünftigerweise ebenfalls nur auf die Veränderung gerade der konkreten (externen) Parameter beziehen, die in der Klausel als Auslöser für eine etwaige Preiserhöhung identifiziert worden sind. Keineswegs kann es um eine pauschale oder generelle Gewinnbegrenzung bzw. um die Festschreibung des zu Vertragsbeginn durch bestimmte Verträge oder in einem bestimmten Geschäftszweig erzielbaren Renditeniveaus gehen. Kostensenkungen, die nach Vertragsschluss aus eigenen unternehmerischen Anstrengungen des Verwenders, z.B. Rationalisierungen des Betriebsablaufs, besonderen Investitionen oder Innovationen, resultieren, müssen nicht weitergegeben werden; sie mögen zwar den betriebswirtschaftlichen Gewinn erhöhen, führen aber nicht zu einer Veränderung des Äquivalenzverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung735. Keine Einwände gegen die neuere Rechtsprechung können dagegen aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Anforderungen an die transparente Darlegung der einzelnen Kostenelemente in der Klausel den Verwender zu einer Offenlegung seiner inter-nen Kostenkalkulation zwingen. Denn im Ausgangspunkt bleibt es allein seine Entscheidung, ob und in welchem Umfang er überhaupt das Risiko von Kostensteigerungen durch eine Preisanpassungsklausel auf seine Vertragspartner abwälzen will. Wenn er aber davon Gebrauch macht, muss er dies in angemessener und transparenter Weise tun. Von besonderer Bedeutung sind Preisanpassungsklauseln in langjährigen Energielieferungsverträgen. Sie bilden einen regelrechten Schwerpunkt in der gerichtlichen Entscheidungspraxis der letzten Jahre. Für Verträge über die Versorgung mit Strom, Gas, Fernwärme und Wasser gelten in weitem Umfang Sonderregeln, die ausdrücklich besondere Anforderungen an Preisanpassungsklauseln formulieren736 und teilweise zur Unanwendbarkeit der §§ 307 ff. führen. Das gilt etwa in der Grundversorgung mit Strom und Gas. Insoweit werden Preisänderungen einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 unterzogen, während die AGBrechtliche Inhaltskontrolle bei Verträgen mit Sonderkunden anwendbar bleibt. Hier gelten zum Teil gesteigerte Transparenzanforderungen. So ist etwa ein bloßer Verweis auf § 5 GasGVV (früher: § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV) nach der Rechtsprechung nicht ausreichend. Vielmehr muss die Anpassungsklausel Angaben

734 Der BGH verlangt eine zeitnahe Weitergabe von Kostensenkungen an den Kunden in Form einer Preisreduzierung, weil nur so die Erzielung eines zusätzlichen Gewinns zum Nachteil der Kunden vermieden werden könne; zudem muss für die Weitergabe der Kostensenkungen der genaue Zeitpunkt in der Klausel angegeben werden, vgl. BGH NJW 2009, 2666 (2669) (Erdgas); krit. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 53 (Anforderungen „praktisch nicht zu bewältigen“). 735 In diese Richtung auch von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 54 („diese Kostensenkungen haben mit der Wahrung des ursprünglichen Äquivalenzverhältnisses nicht viel gemein“), aber ohne daraus definitive Konsequenzen für die Bewertung von Preisanpassungsklauseln zu ziehen. 736 Vgl. etwa § 24 Abs. 4 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme – AVBFernwärmeV – oder § 24 Abs. 3 AVBWasserV für Verträge mit privaten Wasserversorgern.

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zu Anlass, Modus und Umfang von möglichen Preiserhöhungen enthalten737. Vgl. näher zur jüngeren Entscheidungspraxis im Bereich der Energieversorgung § 309 Nr. 1 Rz. 39 ff. 182f

Ist eine Preisanpassungsklausel unwirksam (oder mangels wirksamer Einbeziehung nicht Vertragsbestandteil geworden), nimmt der BGH regelmäßig eine ergänzende Vertragsauslegung vor, da ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Energielieferungsvertrag ohne die Möglichkeit einer Preisanpassung eine planwidrige Lücke aufweise, sofern nicht ausnahmsweise eine Festpreisabrede vorliege738. Denn bei langfristigen Vertragsverhältnissen bestehe „ein anerkennenswertes Bedürfnis der Parteien, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten“739. Könnte der Verwender wegen einer unwirksamen oder nicht in den Vertrag einbezogenen Preisanpassungsklausel nur den anfänglich vereinbarten Preis beanspruchen, wenn der Kunde – unter Umständen erst viele Jahre später – sich für den gesamten Zeitraum auf die Unwirksamkeit aller inzwischen erfolgten Preisanpassungen beruft, entstünde ein gravierendes Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung, das auch nicht durch die Einräumung eines nur ex nunc wirkenden Kündigungsrechts des Energieversorgers vermieden werden könnte. Daher schließt der BGH die durch Nichteinbeziehung oder Unwirksamkeit eines formularmäßigen Preisanpassungsrechts in Energieversorgungsverträgen entstandene planwidrige Regelungslücke in der Weise, dass „der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtig worden ist, beanstandet hat“740.

737 So die Vorgabe durch EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, Rz. 55; dem folgend BGH v. 31.7.2013 – VIII ZR 162/09, NJW 2013, 3467. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Möglichkeit gerichtlicher Billigkeitskontrolle nach § 315 ist nicht erforderlich, so OLG Karlsruhe v. 8.8.2014 – 4 U 109/14, WRP 2014, 1234 (zu einer Klausel, die dem Verwender gestattete, unter bestimmten Voraussetzungen seine Preise „nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anzupassen“). Das Gericht hat – angesichts des Korrektivs der Billigkeitskontrolle – auch keine durchgreifenden Bedenken gegen eine ergänzende Regelung, die Anpassungen nicht nur bei Änderungen ausdrücklich genannter preisbestimmender Faktoren, sondern auch dann vorsieht, wenn „sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen“. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liege darin nicht, weil eine präzisere Formulierung zur Orientierung des Verbrauchers über die weitere Entwicklung und maßgeblichen Preisbildungsfaktoren über die geannten Faktoren hinaus „angesichts der Änderungsanfälligkeit der Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft“ in zumutbarer Weise praktisch nicht geleistet werden könne. 738 BGH v. 3.12.2014 – VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167; Fortführung von BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 = NJW 2012, 1865. 739 BGH v. 3.12.2014 – VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167 Rz. 27 unter Hinweis auf BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 = NJW 2012, 1865 Rz. 26. 740 BGH v. 3.12.2014 – VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167 (1169 Rz. 29); vgl. auch BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 = NJW 2012, 1865 Rz. 21; BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 93/11, BeckRS 2012, 07968; BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 23/12, BeckRS 2013, 02653; BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877; BGH v. 24.9.2014 – VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639; zuletzt und weiterführend BGH v. 15.4.2015 – VIII ZR 59/14, BB 2015, 1548 Rz. 25.

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Auch in anderen Bereichen existieren gesetzliche Sonderregelungen. Detaillierte und abschließende Vorgaben für private Krankenversicherungen enthält die „Verordnung über die versicherungsmathematischen Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsrückstellung in der privaten Krankenversicherung (Kalkulationsverordnung – KalV)“. Für Pauschalreiseverträge sind für etwaige Preiserhöhungen nach erfolgter Buchung die Anforderungen des § 651a Abs. 4 Satz 1 zu beachten, vor Vertragsschluss die Anfoderungen der BGB-Informationspflichtenverordnung.

182g

Bei langfristigen Bezugsverträgen im unternehmerischen Geschäftsverkehr werden teilweise weitergehend auch Listenpreisklauseln für wirksam gehalten, wenn der Vertragspartner vor übermäßigen Preiserhöhungen bereits dadurch hinreichend geschützt ist, dass sich der Verwender im gemeinsamen Interesse am Absatz der Vertragsprodukte bei der Preisbestimmung an einem Marktpreis orientieren muss, den der Vertragspartner seinerseits weitergeben kann741. Neben der angemessenen Berücksichtigung der Interessen des Kunden setzt eine Preisanpassungsklausel im unternehmerischen Verkehr zumindest voraus, dass sie an schwerwiegende Änderungsgründe anknüpft742. In neuerer Zeit zeichnet sich aber eine zunehmend strengere Haltung ab. So hat der BGH in einer jüngeren Entscheidung die Klausel in einem Vertragshändlervertrag, dass sich der Händlereinkaufspreis nach dem zurzeit der Auslieferung der Ware an den Händler geltenden Preis richte, als unwirksam angesehen, da sie dem Hersteller ein Leistungsbestimmungsrecht gewähre, das ohne einschränkende Voraussetzungen ermögliche, den Preis auch nach der Bestellung des Händlers noch „beliebig“ zu ändern und für diesen verbindlich einseitig festzusetzen743. Dadurch wird der Händler unangemessen benachteiligt, weil er sich nicht mehr auf den zurzeit der Auftragsbestätigung geltenden Händlereinkaufspreis verlassen kann. Vielmehr ist der Hersteller in der Lage, nachträglich und ohne Einschränkungen in die Kalkulationsgrundlagen des Händlers einzugreifen. Ein derartiges einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ist weder tatbestandlich hinreichend konkretisiert, noch werden die berechtigten Belange des Vertragspartners ausreichend gewahrt. Für die Berechnung des Aufwendungsersatzes, den der Hersteller den Händlern für die Durchführung von Garantieleistungen zu erstatten hat, erkennt der BGH zwar ein berechtigtes Bedürfnis des Herstellers für ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht an, weil sich die maßgeblichen Faktoren wie der technisch notwendige Arbeitsaufwand und die bei verschiedenen Gruppen von Vertragshändlern dafür anfallenden Kosten im Zeitablauf ändern. Die erforderliche tatbestandliche Konkretisierung muss jedoch klar und verständlich sein, um den Anforderungen des Transparenzgebotes zu genügen. Das hat der BGH für eine Klausel verneint, die u.a. auf die „betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten bei dem Durchschnitt der hinsichtlich ihrer Betriebsgröße und Kostenstruktur vergleichbaren Händlerbetriebe“ abstellt744.

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741 BGH v. 27.9.1984 – X ZR 12/84, BGHZ 92, 200 (203) = NJW 1985, 426 (427) (Zündholzschachteln); BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, NJW 1985, 853 (langfristiger Bezug von Schmiermitteln durch Vertragshändler); vgl. auch BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (363 f.) = NJW 1994, 1060 (1063) (Daihatsu). 742 Vgl. BGH v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, NJW 2000, 515 (520); BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652); BGH v. 17.12.2002 – X ZR 220/01, NJW 2003, 886; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 73 f. 743 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1500 f.). 744 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1501 f.).

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Einseitige Bestimmungsvorbehalte für Entgelte der Banken sind nach der Rechtsprechung des BGH mit dem Transparenzgebot nur vereinbar, „soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind sowie Anlass, Richtlinien und Grenzen der Ausübung möglichst konkret angeben“745. Wegen der besonderen Veränderlichkeit der Markt- und Kostensituation im Bank- und Kapitalmarktbereich haben Leistungsbestimmungsrechte hier generell eine herausragende Bedeutung746. Angesichts des unabweisbaren Bedürfnisses nach einer flexiblen Anpassung des Zinssatzes an die jeweiligen Bedingungen des Kapitalmarkts und die bestehenden Refinanzierungskonditionen hat die Rechtsprechung insoweit bislang grundsätzlich eine großzügigere Haltung eingenommen und weitgehend auf nähere tatbestandliche Konkretisierungen verzichtet, da diese praktisch nicht möglich seien747. Abgesehen von der notwendigen Einräumung einer angemessen ausgestalteten Auflösungsbefugnis als „Ausgleich“ für den Vertragspartner hat der BGH (zumindest bei Bankdarlehen) den zu Grunde liegenden Zweck des Änderungsvorbehalts herangezogen, um die Grenzen für Anlass und Umfang der Änderung zu bestimmen748. Auf das Kriterium der Kostenorientierung wurde dabei offensichtlich verzichtet749. Gerechtfertigt wurde dies damit, dass eine strikte Kostenorientierung wegen tatsächlicher Schwierigkeiten der Berechnung und Zuordnung bestimmter Kostenteile zu einzelnen Bankdienstleistungen750 auf unüberwindliche praktische Schwierigkeiten stoßen würde751. Durch Urteil vom 21.4.2009 hat der BGH jedoch eine Korrektur dieser Rechtsprechung vorgenommen und die Kostenorientierung ausdrücklich für beachtlich erklärt752. Trotz der Vielfalt der in Frage kommenden Bankdienstleistungen müsse die Klausel einen eindeutigen Maßstab für die Preiserhöhung angeben und auch etwaige Kostenersparnisse an den Endkunden weitergeben. Die Entscheidung steht im Einklang mit der Tendenz

745 BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652) (Gebührenklausel für die Bearbeitung von Pfändungen). 746 BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2052 f.). 747 Vgl. z.B. für die Anpassung der zu zahlenden Überziehungszinsen BGH v. 6.3.1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212 = NJW 1986, 1803; BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, NJW 1992, 1751; für die Anpassung der Entgelte in Kreditkarten-AGB BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (34). Auffällig ist der Kontrast zu den sehr strengen Anforderungen in anderen Bereichen, z.B. bei Kostenelementeklauseln in langfristigen Flüssiggasbelieferungsverträgen BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 98/05, WM 2005, 2335 (2336 f.) (oben Rz. 182). In einer anderen Entscheidung hat der BGH allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob er an der einschränk. Auslegung inhaltlich unbeschränkter Zinsänderungsklauseln bei Bankdarlehen festhalten wird, BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, ZIP 2004, 798 (800) (Unwirksamkeit einer unbegrenzten Zinsänderungsbefugnis bei „Combi-Sparverträgen“); näher hierzu Teil 2, (65) Zinsanpassungsklauseln Rz. 14, 43. 748 BGH v. 6.3.1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212 = NJW 1986, 1803; krit. Schwarz NJW 1987, 626 (628) („geltungserhaltende Auslegung“). 749 So auch Linker S. 25 ff. unter Hinweis auf BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 ff., der darin eine „Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung“ sieht. Es dürfte sich jedoch lediglich um eine bereichsspezifische Sonderbehandlung für Bankentgelte handeln, da in anderen Bereichen (z.B. im Verhältnis Hersteller-Vertragshändler in der Kfz-Branche) auch in der jüngeren Entscheidungspraxis sehr viel strengere Anforderungen gestellt werden, vgl. Rz. 183. 750 Derleder/Metz ZIP 1996, 573 (583). 751 Fuchs (10. Aufl.) Rz. 184. 752 BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2053) = ZIP 2009, 1106.

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in der jüngeren Rechtsprechung des BGH753, immer strengere Anforderungen an Preisanpassungsklauseln zu stellen. Zwar ist die Entscheidung im Ergebnis zu begrüßen (die in Frage stehende Klausel verstieß darüber hinaus gegen das Transparenzgebot und ließ die Erhebung von zusätzlichem Entgelt für Leistungen zu, welche bereits durch die Grundgebühr abgedeckt waren), der BGH versäumt es jedoch zu klären, wie eine Regelung aussehen könnte, die einer AGB-Kontrolle standhält. Zwar ist es nicht Aufgabe der Gerichte, dem Rechtsanwender eine konkrete Formulierung an die Hand zu geben. Der bloße Hinweis, dass zulässige Berechnungsgrundlagen und Schwellenwertangaben „angesichts der Vielzahl der von der Beklagten angebotenen entgeltpflichtigen Dienstleistungen nur schwer formulierbar sein mögen“754, ist jedoch wenig hilfreich. Für den Bereich der Zinsänderungsklauseln im Passivgeschäft (bei Geld- und Kapitalanlagen der Kunden) stellt der BGH ebenfalls strengere Voraussetzungen auf und wertet ein inhaltlich uneingeschränktes Leistungsbestimmungsrecht als Verstoß gegen § 308 Nr. 4, weil die Bank damit den Sparer in unzumutbarer Weise einem unkalkulierbaren Zinsänderungsrisiko aussetze755. Eine einschränkende Auslegung der Klausel im Sinne einer Bindung der Zinsänderungsbefugnis an bestimmte Parameter des Kapitalmarkts, wie sie der BGH bislang bei Krediten (also im Aktivgeschäft der Banken) hinsichtlich der kapitalmarktbedingten Änderungen der Refinanzierungskonditionen praktiziert, lehnt der BGH ausdrücklich ab756.

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Die früher in den AGB der Banken (Nr. 12 Abs. 1 Satz 3 a.F.) und Sparkassen 185 (Nr. 17 Abs. 3 a.F.) enthaltenen Preisvorbehalte waren im Grundsatz zulässig757. Für ein solches „Entgeltfindungsrecht“ sprach ein sachliches Bedürfnis, weil es der Bank auch im Interesse ihrer Kunden möglich sein muss, neue Leistungen anzubieten und dafür ein Entgelt zu berechnen. Den berechtigten Belangen der Kunden war bereits durch die Pflicht der Bank zur Information über AGB-Änderungen und ein Kündigungsrecht des Kunden sowie eine Beschränkung auf die Erhebung „angemessener Entgelte“ Rechnung getragen758. Zudem war die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts von gewissen einschränkenden Voraussetzungen abhängig759. Im Hinblick auf die immer strenger werdende Rechtsprechung sind beide Bestimmungen modifiziert worden (zu Nr. 12 AGB-Banken s. Teil 2, (8) Banken Kreditinstitute Rz. 42 ff.), wobei nur Nr. 17 AGB-Sparkassen im Kern noch einen Preisvorbehalt enthält760. 753 Siehe nur BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361); BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 (135); BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1055). 754 BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2053). 755 BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, ZIP 2004, 798 (800 f.) (Unwirksamkeit einer unbegrenzten Zinsänderungsklausel bei „Combi-Sparverträgen“); BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 211/07, NJW 2008, 3422. 756 BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, NJW 2004, 1588 = ZIP 2004, 798 (800); näher hierzu und zu möglichen Konsequenzen für andere Arten von Zinsanpassungsklauseln Teil 2, (65) Zinsanpassungsklauseln Rz. 14, 43. 757 BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (34); Linker S. 36 f.; näher dazu Teil 2, (8) Banken (Kreditinstitute) Rz. 42 ff.; Voraufl. Rz. 185. 758 BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (34). 759 Voraufl. Rz. 185 Fn. 696. 760 Nach Nr. 17 Abs. 3 n.F. AGB-Sparkassen setzt die Erhebung eines Entgelts für Leistungen, die nicht Gegenstand einer Vereinbarung oder im Preisaushang bzw. im Preisund Leistungsverzeichnis aufgeführt sind, voraus, dass sie im Auftrag des Kunden oder

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Steht allerdings die (Art der) Leistung bereits fest (z.B. Bearbeitung von Pfändungen eines Giro- oder Sparguthabens)761, besteht keine Notwendigkeit für den Rückgriff auf einen Preisvorbehalt. Vielmehr ist dann, sofern überhaupt eine für den einzelnen Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbrachte Leistung vorliegt762, ein bestimmtes Entgelt in das Preisverzeichnis aufzunehmen. b) Vertragslaufzeit Schrifttum: Pfeifer Die Inhaltskontrolle von Franchiseverträgen, 2005, S. 205; Stoffels Laufzeitkontrolle von Franchiseverträgen, DB 2004, 1871.

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Im Anwendungsbereich des speziellen Klauselverbots nach § 309 Nr. 9 (für Dauerschuldverhältnisse über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen durch den Verwender) kommt ein Rückgriff auf § 307 Abs. 1 bei Einhaltung der speziellen Vorgaben, also insbesondere bei einer kürzeren Bindungsdauer als zwei Jahre, nur selten in Betracht, wenn ausnahmsweise besondere, sich aus der Natur des Vertragsverhältnisses ergebende Gesichtspunkte dafür sprechen, dass nur eine geringere Laufzeit angemessen ist763. Umgekehrt kann auch außerhalb des sachlichen oder persönlichen Anwendungsbereichs des speziellen Klauselverbots in einer langen vertraglichen Bindung eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 liegen. Denn langfristige Vertragslaufzeiten schränken seine Entscheidungsfreiheit ein und belasten ihn mit dem Risiko, dass er wegen veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse das Interesse an der Leistung verliert und sie dennoch weiter beziehen muss764. Der Schutz der Dispositionsfreiheit des Kunden durch Verhinderung unangemessen langer Vertragsbindungen wirkt zugleich einer Verkrustung und Abschottung des Marktes entgegen, indem Wettbewerbern die Möglichkeit künftiger Vertragsabschlüsse offen gehalten wird765. Dieses (doppelte) Grundanliegen des AGB-Rechts beansprucht auch jenseits der engen Tatbestandsvoraussetzungen des § 309 Nr. 9 Geltung. Die Vorschrift entfaltet zwar keine „Ausstrahlungswirkung“ in dem Sinne, dass ihre starren Fristen über die Generalklausel mittelbar auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr anzuwenden oder auf andere Vertragstypen zu erstrecken wären766. Ein davon unabhängiger Rückgriff auf die Generalklausel des § 307 Abs. 1 bleibt jedoch möglich und ist auch erforderlich, um eine un-

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in dessen mutmaßlichem Interesse erbracht werden und nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind. In diesem Fall soll die Sparkasse berechtigt sein, „ein nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften angemessenes Entgelt“ zu verlangen. Vgl. dazu BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652). Vgl. zu dieser Voraussetzung für die zulässige Erhebung eines gesonderten Entgelts BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, NJW 2002, 2386; näher Rz. 79 ff. BGH v. 29.4.1987 – VIII ZR 251/86, NJW 1987, 2012 (2013); BGH v. 4.12.1996 – XII ZR 193/95, NJW 1997, 739 (zur Vorgängerregelung in § 11 Nr. 12a AGBG); zust. OLG Hamm v. 8.4.2010 – I-17 U 203/09, MMR 2010, 607; krit. Wolf/Dammann § 309 Nr. 9 Rz. 106–108 (auch bei kürzeren Laufzeiten immer eigenständige Interessenabwägung erforderlich). BGH NJW 2002, 3240 (3245) in Anlehnung an Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 37. Im Ergebnis ebenso Staudinger/Coester Rz. 527 (auch Schutz des Wettbewerbs); Stoffels DB 2004, 1871 (Schutz der „Mobilität des Marktes“); MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 9 Rz. 1 ff. (heilsame Funktion für den Wettbewerb). BGH v. 17.12.2002 – X ZR 220/01, NJW 2003, 886 (888) (Wartung einer Telefonanlage); BGH v. 8.4.1997 – X ZR 62/95, WM 1997, 1624 (1625).

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angemessene Benachteiligung durch überlange Laufzeiten von Verträgen auch unterhalb der Schwelle einer wirtschaftlichen Knebelung (§ 138) zu verhindern. Die Regelbeispiele des § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 sind dagegen nicht anwendbar, da es keine dispositiven gesetzlichen Bestimmungen zur Begrenzung der Länge von Dauerschuldverhältnissen gibt767 und die vorgesehene Vertragslaufzeit auch nicht geeignet ist, wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, einzuschränken768. Ob die klauselmäßig vorgesehene lange Laufzeit eines Vertrages die Dispositionsfreiheit des Vertragspartners übermäßig einschränkt, kann nur im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung festgestellt werden769. Dabei kommt es auf die typische Interessenlage der beteiligten Verkehrskreise an, für die insoweit vor allem Art und Gegenstand sowie der Zweck des jeweiligen Geschäfts maßgeblich sind. Auch lange Laufzeiten von zehn oder zwölf Jahren können im Hinblick auf die Notwendigkeit einer angemessenen Amortisation von Investitionen, Entwicklungs- oder Vorhaltekosten des Verwenders wirksam sein770. Neben dem generellen Interesse des Vertragspartners an der Wahrung seiner Dispositionsfreiheit ist bei bestimmten Vertragsgegenständen in Zeiten raschen technischen Wandels auch das Interesse an einer wirtschaftlich nutzbaren und dem jeweils aktuellen technischen Standard einigermaßen entsprechenden Aus-

767 Soweit ausnahmsweise zwingende gesetzliche Grenzen z.B. für die Dauer der Bestellung von Vorstandsmitgliedern einer AG (§ 84 Abs. 1 AktG) oder des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 26 Abs. 1 Satz 2 WEG) bestehen, sind diese Vorgaben auch bei der Ausgestaltung der (davon zu unterscheidenden) Anstellungsverträge zu beachten, BGH v. 20.6.2002 – V ZB 39/01, NJW 2002, 3240 (3245 f.) (zu § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG, der als Sonderregelung zugleich eine Anwendung des Klauselverbots nach § 111 Nr. 12a AGBG = § 309 Nr. 9a BGB auf formularmäßige Laufzeitvereinbarungen ausschließt); MünchKommAktG/Spindler, 3. Aufl. 2008, § 84 Rz. 67 ff. (zu Laufzeitgestaltungen bei Vorstandsverträgen). 768 BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, NJW 2003, 1313 (1314) (Gestattungsvertrag über Breitbandkabelanlage). 769 BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, NJW 2003, 1313 (1314 f.); BGH v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022 (3023); OLG Frankfurt v. 31.3.2005 – 1 U 230/04, NJW-RR 2005, 1170 (1171); Wolf/Dammann § 309 Nr. 9 Rz. 109 ff.; Stoffels DB 2004, 1871 f.; Staudinger/Coester Rz. 527. 770 Vgl. BGH v. 13.2.1985 – VIII ZR 154/84, NJW 1985, 2328 (zehn Jahre, Miete von Fernsprechnebenstellenanlage durch Kaufleute); OLG Stuttgart v. 18.3.1993 – 19 U 248/92, NJW-RR 1994, 952 (zehn Jahre, Wartung von Telefonanlagen); BGH v. 10.2.1993 – XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133 (zwölf Jahre, Breitbandkabelanschluss); unwirksam ist dagegen eine zehnjährige Laufzeit für die Miete eines Anrufbeantworters, LG Hildesheim v. 21.9.1988 – 7 S 192/88, NJW-RR 1989, 56, oder eines Tankstellenvertrags mit Alleinbezugsverpflichtung, wenn der Verwender (Lieferant) keine nennenswerten Gegenleistungen oder Investitionen in die Tankstelle erbracht hat, BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110 (1112 f.); vgl. auch BGH v. 17.12.2002 – X ZR 220/01, NJW 2003, 886 (888) (zehn Jahre Laufzeit eines Wartungsvertrages hinsichtlich einer vom Verwender gekauften Telefonanlage unangemessen wegen fehlenden Amortisationsinteresses und des zusätzlich bestehenden Preisanpassungsrechts des Verwenders ohne entsprechendes Lösungsrecht des Vertragspartners für den Fall der Preiserhöhung); BGH v. 21.12.2011 – VIII ZR 262/09, NJW 2012, 249 (250) (zehnjährige Laufzeit in Wärmelieferungsvertrag); OLG Frankfurt v. 31.3.2005 – 1 U 230/04, NJW-RR 2005, 1170 (1171) (zehn Jahre, Miete eines Heizkostenerfassungsgeräts); vgl. auch Borges NJW 2007, 1437 (1443).

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stattung gebührend zu berücksichtigen771. Etwaige Pflichten des Verwenders, den Vertrag oder seine Leistungen geänderten Bedürfnissen des Kunden anzupassen, können daher bei der Bewertung der höchstzulässigen Laufzeit ebenfalls eine Rolle spielen772. Entscheidend sind die typischen Erfordernisse des Geschäfts und seine rechtlichen Grundlagen. Dabei ist auf die Wirtschaftlichkeit des Geschäfts insgesamt abzustellen, nicht auf einzelne Aspekte wie die Dauer der Abschreibung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten773. Letztlich kommt es im Rahmen einer Gesamtwürdigung des betroffenen Vertrags auf das „Maß des Eingriffs in die Dispositionsfreiheit … und das hierfür gewährte Äquivalent“ an, um feststellen zu können, ob die vorgesehene Laufzeit „zu einer treuwidrigen Verschiebung des Vertragsgleichgewichts“ führt774. 188

Je nach Vertragstyp können sich daher die akzeptablen Laufzeiten im Ergebnis erheblich unterscheiden775. Als Tendenz oder Grundregel wird man aber festhalten können, dass eine zehn bis zwölf Jahre übersteigende Vertragsdauer selbst bei erheblichen Investitionen häufig als unangemessen zu beurteilen ist oder jedenfalls einer ganz besonderen Rechtfertigung bedarf776, während darüber hinausgehende Laufzeiten nur in ganz seltenen Ausnahmefällen zulässig sein werden und selbst als Individualvereinbarung an § 138 zu scheitern drohen777. Ohne Rechtfertigung durch den Amortisationsgedanken ist grundsätzlich bereits eine fünf Jahre übersteigende Laufzeit bedenklich778. Das gilt jedenfalls, soweit Ausschließlichkeitsbindungen vorliegen und spürbare wettbewerbsbeschränkende 771 In diese Richtung auch Wolf/Dammann § 309 Nr. 9 Rz. 111 a.E.; MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 9 Rz. 11; Staudinger/Coester Rz. 540 mit Verweis auf BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, NJW 2003, 1313 (1315). 772 Staudinger/Coester Rz. 527 a.E. unter Hinweis auf BGH v. 13.2.1985 – VIII ZR 154/84, NJW 1985, 2328; BGH v. 10.2.1993 – XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133; BGH v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022. 773 BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, NJW 2003, 1313 (1315); BGH v. 4.7.1997 – V ZR 405/96, NJW 1997, 3022 (3024). 774 BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, NJW 2003, 1313 (1315); vgl. zur notwendigen Würdigung des gesamten Vertragsinhalts unter Gegenüberstellung der insgesamt begründeten gegenseitigen Rechte und Pflichten auch BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103 (114); BGH v. 17.12.2002 – X ZR 220/01, K&R 2003, 354 (356) m.w.N. 775 Vgl. z.B. näher Teil 2, (13) Bierlieferungsverträge; Teil 2, (19) Franchiseverträge; Teil 2, (45) Sportstudioverträge. 776 So für Bierlieferungsverträge Wolf/Dammann Klauseln Rz. B 331; ähnlich für Franchiseverträge Stoffels DB 2004, 1871 (1873 ff., 1875). 777 Nach Palandt/Grüneberg Rz. 78 liegt die zulässige Höchstdauer (bei Bierlieferungsverträgen) insoweit bei 15 Jahren, ähnlich Stoffels DB 2004, 1871 (1873) (20 Jahre nicht mehr akzeptabel); vgl. aber auch BGH v. 6.12.2002 – V ZR 220/02, NJW 2003, 1313 (1315) – Mindestlaufzeit von 25 Jahren eines Gestattungsvertrags über eine Breitbandkabelanlage (mit Anpassungsklausel) nicht ohne weiteres unwirksam, sondern Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung. 778 So für Bierlieferungsverträge Wolf/Dammann Klauseln Rz. B 331; Staudinger/Coester Rz. 539. Wenn die Brauerei dem Gastwirt ein Darlehen oder Inventar zur Verfügung gestellt hat, können längere Laufzeiten als fünf Jahre gerechtfertigt sein, vgl. BGH v. 25.4.2001 – VIII ZR 135/00, NJW 2001, 2331 (zehn Jahre noch nicht unangemessen). Bei anderen Vertragstypen sind dagegen auch schon erheblich kürzere Laufzeiten unangemessen, selbst wenn der Amortisationsgedanke mitberücksichtigt wird; vgl. etwa zu Fitnessstudioverträgen AG Brandenburg v. 6.11.2003 – 32 C 202/02, NJOZ 2003, 3374 (Unwirksamkeit einer Erstlaufzeit von sechs Monaten) und LG Bielefeld v. 7.7.2004 – 21 S 43/04, NJOZ 2005, 2224 (Wirksamkeit einer 24-monatigen Erstlaufzeit). Bei Mobilfunkverträgen hält eine Erstlaufzeit von 24 Monaten der Inhaltskontrolle stand, OLG Hamm v. 8.4.2010 – I-17 U 203/09, MMR 2010, 607.

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Wirkungen im Markt (auch infolge der weiten Verbreitung paralleler Bindungen) auftreten. Denn dann treten zu den individuellen Belastungen der Vertragspartner wettbewerbliche Bedenken hinzu, die zwar insoweit wegen der primär andersartigen Zielrichtung der kartellrechtlichen Normen nicht allein ausschlaggebend sind, aber die Bewertung der widerstreitenden Interessen der Parteien im Rahmen der Interessenabwägung nicht unerheblich beeinflussen können. Hier zeigt sich erneut die wirtschaftsrechtliche Dimension des AGB-Rechts. Zu beachten bleibt allerdings, dass die kartellrechtliche Beurteilung bestimmter Klauseln insoweit nur erste Anhaltspunkte i.S.v. Aufgreifkriterien für eine notwendige eingehendere Interessenbewertung liefern kann. Dies gilt z.B. für die Regelung des Art. 5 Abs. 1a der europäischen Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalvereinbarungen (Vertikal-GVO)779, der ein vertragliches Wettbewerbsverbot von mehr als fünf Jahren als nicht freigestellte Klausel qualifiziert. Dies mag durchaus einen gewissen Einfluss auf die AGB-rechtliche Beurteilung der zulässigen Laufzeit von Verträgen mit beschränkenden Klauseln entfalten, kann aber keine abschließende Bewertung rechtfertigen, zumal eine Freistellung in Anwendung der Legalausnahme nach Art. 101 Abs. 3 AEUV möglich bleibt780. Ob und ggf. inwieweit anderen Vorschriften kartellrechtlicher GVO eine echte Leitbildfunktion für die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle zukommen kann781, bedarf einer eingehenden Untersuchung im jeweiligen Einzelfall (vgl. näher Rz. 209). Bei Verlängerungsklauseln ist (zusätzlich) zu prüfen, ob die Gründe für die Länge der Erstlaufzeit weiter bestehen oder die Intervalle insoweit kürzer zu bemessen sind782. Hierfür spricht § 309 Nr. 9b (zulässige Verlängerung um ein Jahr bei Erstlaufzeit von zwei Jahren) und der Umstand, dass automatische Verlängerungen (im Fall des nicht rechtzeitigen Widerspruchs des Kunden) häufig übersehen oder Kündigungsrechte nicht fristgerecht ausgeübt werden. Andererseits dienen solche Vorschriften häufig dem Rationalisierungsinteresse beider Parteien, jedenfalls wenn es um die Befriedigung eines mutmaßlich dauerhaft fortbestehenden Bedarfs des Kunden geht783. Eine strenge Bindung an den Grundgedanken in 779 VO (EU) Nr. 330/2010 v. 20.4.2010, ABl. EU Nr. L 102 v. 23.4.2010, S.1; ebenso schon die Vorgängerregelung in der VO (EG) Nr. 2790/1999 v. 22.12.1999, ABl. EG Nr. L 336 v. 29.12.1999, S. 21. 780 Hinzu kommt im Fall des Wettbewerbsverbots die Ausnahmebestimmung in Art. 5 Abs. 2 Vertikal-GVO, nach der die Beschränkung auf fünf Jahre nicht gilt, wenn der Abnehmer für den Vertrieb Räumlichkeiten oder Grundstücke des Anbieters nutzt, solange das Wettbewerbsverbot nicht über den Zeitraum der Nutzung hinausreicht. 781 Bejahend für Bierlieferungsverträge Palandt/Grüneberg Rz. 78; ebenso Staudinger/ Coester Rz. 539; unklar Wolf/Dammann Klauseln Rz. B 327; a.A. OLG Karlsruhe v. 18.10.2001 – 19 U 97/01, MDR 2002, 445; offen gelassen von BGH v. 25.4.2001 – VIII ZR 135/00, NJW 2001, 2331 (2332); ebenso von BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110 (1112) (für Tankstellenverträge im Hinblick auf die seinerzeitig geltende Höchstfrist von zehn Jahren in der GVO für Alleinbezugsvereinbarungen); für die GVO im Bereich des Kfz-Vertriebs von BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (353) = NJW 1994, 1060 (Daihatsu); BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WuW/E DE-R 1335, 1338 = WRP 2004, 1378 (1380) (Citroën). 782 Vgl. OLG Karlsruhe v. 9.9.1988 – 10 U 62/88, NJW-RR 1989, 243 (Verlängerung des Vertrags mit einem Fitness-Studio um jeweils 18 Monate nach entsprechender Erstlaufzeit, wenn nicht drei Monate vor Ablauf gekündigt wird, unwirksam); OLG Hamm v. 8.4.2010 – I-17 U 203/09, MMR 2010, 607 (Zulässigkeit der Verlängerung eines Mobilfunkvertrags um 12 Monate bei Erstlaufzeit von 24 Monaten). 783 Staudinger/Coester Rz. 535.

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§ 309 Nr. 9b (Verlängerungszeit = halbe Erstlaufzeit) kommt nicht in Betracht784. Im Rahmen der Interessenabwägung fallen aber die Kundeninteressen an der Wahrung der Dispositionsfreiheit, am Schutz vor Überrumpelung und ungewollten finanziellen Belastungen durch eine automatische Vertragsverlängerung hier stärker ins Gewicht als bei der Erstlaufzeit, so dass regelmäßig nur erheblich kürzere Vertragsverlängerungszeiten als gerechtfertigt angesehen werden785. c) Einzelfälle aus der Rechtsprechung 190

Die gelegentlich in der Literatur anzutreffende Aussage, Abtretungsverbote (§ 399) seien wegen des berechtigten Interesses des Verwenders an der Vereinfachung der Vertragsabwicklung grundsätzlich wirksam786, ist viel zu pauschal. Ein solches besteht nicht automatisch oder zumindest nicht immer mit einem solchen Gewicht, dass es ein erhebliches Kundeninteresse an der Abtretbarkeit aufwiegen könnte787.

191

Die Verpflichtung des Lieferanten in den Einkaufs-AGB eines Baumarkts, auf Anforderung seine Vorlieferanten mitzuteilen und diese durch den Verwender genehmigen zu lassen sowie deren Qualifikation nachzuweisen, benachteiligt den Vertragspartner unangemessen, weil sie in die vom Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützten Vertragsbeziehungen des Lieferanten einbricht und die Gefahr begründet, aus der Lieferbeziehung gedrängt zu werden788. Das Interesse des Verwenders, das hohe Qualitätsniveau seines Sortiments zu sichern und sich vor Produkthaftungsrisiken zu schützen, vermag den schwerwiegenden Eingriff in die geschäftlichen Beziehungen der Lieferanten nicht zu rechtfertigen, da hierfür mildere Alternativen in Betracht kommen wie z.B. Abreden über den Produktionsort und die Herkunft von Zulieferteilen.

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Keine unangemessene Benachteiligung sieht die Rechtsprechung z.B. in der jahrzehntelangen Praxis der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO durch den mit dem persönlichen Kreditschuldner identischen Grundschuldbesteller789. Dies hat der BGH jüngst in einer Grund784 Vgl. BGH v. 15.4.2010 – Xa ZR 89/09, NJW 2010, 2942 (2943 f.) (Verlängerung um ein Jahr zulässig bei Erstlaufzeit von drei Monaten – „Fan BahnCard 25“); BGH v. 4.12.1996 – XII ZR 193/95, NJW 1997, 739 (Billigung einer Verlängerung um sechs Monate bei gleicher Erstlaufzeit, Fitness-Studio); ebenso OLG Celle v. 19.10.1994 – 13 U 38/94, NJW-RR 1995, 370; a.A. OLG Karlsruhe v. 9.9.1988 – 10 U 62/88, NJW-RR 1989, 243. 785 Für Verlängerung um maximal zwei Jahre bei einer Erstlaufzeit von zehn Jahren und lediglich ein Jahr bei fünf Jahren ursprünglicher Laufzeit Staudinger/Coester Rz. 539 a.E. (Bierlieferungsverträge); siehe auch Wolf/Dammann § 309 Nr. 9 Rz. 142; vgl. auch BGH v. 23.6.2010 – VIII ZR 230/09, NJW 2010, 3431(Verlängerung eines Mietvertrages jeweils um 5 Jahre). 786 So aber Palandt/Grüneberg Rz. 56. 787 So schon BGH v. 8.12.1975 – II ZR 64/74, BGHZ 65, 364; differenz. auch BGH v. 13.7.2006 – VII ZR 51/05, NJW 2006, 3486 (3487); vgl. zur Problematik des Abtretungsausschlusses z.B. Zenker NJW 2003, 1915 (1916 f.) (Unübertragbarkeit von Flugtickets); Weller NJW 2005, 934 (Übertragungsverbot bei Fußball-WM-Tickets); Ensthaler/Zech NJW 2005, 3389 (Abtretungsverbote für Fußball-Bundesliga-Karten); von Westphalen/ Thüsing Vertragsrecht (Abtretungsausschluss) Rz. 10 ff., jeweils m.w.N. 788 BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, ZIP 2006, 235 (242 f.). 789 BGH v. 18.12.1986 – IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 (283 ff.) = NJW 1987, 904; BGH v. 5.3.1991 – XI ZR 75/90, BGHZ 114, 9 (12 f.); bestätigt u.a. durch BGH v. 26.11.2002 – XI ZR 10/00, ZIP 2003, 247 (249) für formularmäßige Vollmacht zur Abgabe einer Unterwerfungserklärung; BGH v. 2.12.2003 – XI ZR 421/02, NJW 2004, 839 (840 f.); BGH

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satzentscheidung auch für den Fall bestätigt, dass die Bank die Darlehensforderung nebst Grundschuld an beliebige Dritte abtreten kann790. Stimmen in Teilen der jüngeren Literatur und instanzgerichtlichen Rechtsprechung791, die in der formularmäßigen Unterwerfungserklärung in Kombination mit der freien Abtretbarkeit der Darlehensforderung eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners nach § 307 Abs. 1 gesehen haben, ist der BGH damit – in Übereinstimmung mit der ganz vorherrschenden Ansicht792 – nicht gefolgt793. Allerdings hat er klargestellt, dass der Zessionar einer Sicherungsgrundschuld aus der Unterwerfungserklärung nur vorgehen könne, wenn er auch in den Sicherungsvertrag eintrete794. Ob dies der Fall sei, müsse bereits im Klauselerteilungsverfahren die für die Titelumschreibung zuständige Stelle von Amts wegen prüfen795. Dadurch ist die Gefahr, dass der Zessionar aus einer einredefrei erworbenen isolierten Grundschuld sogleich die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben könnte, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe die gesicherte Forderung besteht, weitgehend gebannt. Allerdings stützt sich der BGH für seine Lösung, dass nur Grundschuldansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld tituliert seien, maßgeblich auf eine entsprechende Auslegung der Vollstreckungsunterwerfung796 und nicht etwa auf einen entsprechenden Grundsatz des materiellen Rechts. Daher bleibt insoweit ein Fragezeichen, wie bei Unterwerfungserklärungen mit ausdrücklich abweichendem Wortlaut zu verfahren wäre797.

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v. 22.7.2008 – XI ZR 389/07, BGHZ 177, 345 = NJW 2008, 3208 (Rz. 32); BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2043) = BB 2010, 1495 (1497) m.w.N.; krit. Vollkommer NJW 2004, 818 ff.; wie hier für Zulässigkeit Freitag/Riemenschneider WM 2004, 2470 (2471 ff.) m.w.N. In Bauträgerverträgen ist die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung dagegen wegen Verstoßes gegen die Makler- und Bauträgerverordnung unwirksam, BGH v. 22.10.1998 – VII ZR 99/97, BGHZ 139, 387; siehe auch BGH v. 27.9.2001 – VII ZR 388/00, NJW 2002, 138; LG Hamburg v. 9.7.2008 – 318 T 183/07, NJW 2008, 2784. BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2043 f.) = BB 2010, 1495; vgl. dazu Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 26, 28. Zuerst Schimansky WM 2008, 1049 (1050 f.); ihm folgend LG Hamburg v. 9.7.2008 – 318 T 183/07, NJW 2008, 2784 = WM 2008, 1450 (1451). Siehe nur OLG Schleswig v. 26.2.2009 – 5 U 71/08, WM 2009, 1193 (1196) = ZIP 2009, 1802; Binder/Piepenbrock WM 2008, 1816 (1821 ff.); Bork ZIP 2008, 2049 (2053 ff.); Bork ZIP 2009, 1261 (262 f.); Habersack NJW 2008, 3173 (3175 f.), jeweils m.w.N. Auch der Gesetzgeber ist in Kenntnis der Problematik offensichtlich von der Wirksamkeit formularmäßiger Vollstreckungsunterwerfungen ausgegangen, hat er doch im Rahmen des Gesetzes zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (RisikobegrenzungsG) v. 12.8.2008, BGBl 2008 I 1666, mit § 799a ZPO lediglich einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch des Schuldners gegen den zu Unrecht aus der Urkunde vollstreckenden Neugläubiger geschaffen, Habersack NJW 2008, 3173 (3176 f.); BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2045) m.w.N. BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2043), BGH v. 16.6.2013 – V ZR 148/12, MittBayNot 2014, 268 (269); vgl. zur Thematik auch BGH v.11.5.2012 – V ZR 237/11, NJW 2012, 2354. BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2045) Rz. 40; krit. Stürner JZ 2010, 774 (776 ff.). BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 (2042 f.) Rz. 24 und 2044 f. Rz. 34 ff. Ob der BGH derartige formularmäßige Unterwerfungserklärungen nach § 307 Abs. 1 für unwirksam halten würde, muss zumindest als offen angesehen werden, da der BGH bislang z.B. eine Inhaltskontrolle „weiter“ Sicherungszweckerklärungen, die auf die Sicherung aller bestehenden und zukünftigen Forderungen aus der Geschäftsverbindung mit dem Kreditnehmer unabhängig vom konkreten Anlass für die Bestellung der

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Zulässig sind auch Verwendungsbeschränkungen in bestimmten Softwarelizenzverträgen (CPU-Klausel), die eine Nutzung der auf begrenzte Zeit überlassenen Software auf einem im Vergleich zum vertraglich vereinbarten Rechner leistungsstärkeren Rechner oder auf weiteren Rechnern von der Einigung über die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abhängig machen798. Gleiches gilt für ein Verbot zur Aufspaltung von Softwarelizenzen799. Unwirksam sind dagegen Rücktrittsklauseln in den AGB für Softwareleasingverträge, wenn sie dem Leasinggeber die Möglichkeit zur Vertragslösung einräumen, obwohl er oder seine Erfüllungsgehilfen den Rücktrittsgrund selbst zu vertreten haben800. Dies gilt umso mehr, wenn als Rücktrittsfolge nicht die Rückgewähr der empfangenen Leistung vorgesehen ist, sondern eine Eintrittsverpflichtung des Leasingnehmers in den mit dem Lieferanten geschlossenen Vertrag bei gleichzeitiger Ersatzpflicht für alle vom Leasinggeber bereits geleisteten Zahlungen801.

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Weitere Beispielsfälle aus der kaum noch zu überblickenden Rechtsprechung des BGH: BGHZ 72, 174 = NJW 1979, 105 (Wirksamkeit von Straffrachtklauseln in Konnossementsbedingungen wegen überwiegenden Interesses des Verfrachters); BGHZ 72, 222 = NJW 1979, 212 (keine unangemessene Benachteiligung durch eine Bauvertragsklausel, wonach der Besteller sich eine Vertragsstrafe nicht schon bei Abnahme vorbehalten muss, sondern den Vorbehalt noch bis zur Schlusszahlung geltend machen kann); BGHZ 78, 305 = NJW 1981, 280 (Wirksamkeit des Ausschlusses des Eigentumsvorbehalts in den Einkaufsbedingungen eines Verbrauchermarktunternehmens wegen erheblicher Belastung des Verwenders durch den Eigentumsvorbehalt bei geringem Sicherungswert für den Lieferanten); BGH ZIP 1984, 1234 (die Rechtsverfolgungsnachteile durch eine Musterprozessklausel für den Vertragspartner wiegen schwerer als die Kostenersparnis); BGH NJW 1985, 53 (die Sicherung des Automatenaufstellers durch eine Nachfolgeklausel belastet den Gastwirt übermäßig); BGHZ 93, 29 (49) = NJW 1985, 623 (überwiegendes Interesse des Kraftfahrzeugherstellers, sich die Änderung oder Einstellung seiner Produktion vorzubehalten, gegenüber dem Bestandsinteresse des Vertragshändlers); BGHZ 100, 157 = NJW 1987, 1931 (Abwägung des Interesses des Reiseveranstalters an Vorauszahlungen des Reisepreises gegen Insolvenzrisiko der Kunden); BGHZ 112, 65 = NJW 1990, 3016 (Ausschluss der Untervermietung im Finanzierungsleasingvertrag interessengerecht); BGH NJW 1993, 2442 (2444) (bloße Praktikabilitätsgesichtspunkte rechtfertigen eine erhebliche Benachteiligung des Vertragspartners nicht); BGH NJW 1994, 1788 (mittelbare Verlängerung der Verjährung nach § 558 durch zeitlich unbegrenztes Hinausschieben der Fälligkeit); BGH NJW 1996, 988 (Abwägung des Rationalisierungsvorteils des Verwenders gegen untergeordnete Benachteiligung des Vertragspartners bei einer Lastschriftklausel); BGH NJW 1999, 2181 (2182) („Restzahlung vor Lieferung“); BGH ZIP 2000, 138 (entschädigungslose Verkleinerung des Vertragsgebiets eines Vertragshändlers); BGH ZIP 2000, 314 (überlan-

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Sicherungsgrundschuld gerichtet sind, unter Hinweis auf das Fehlen eines gesetzlichen Leitbilds der Sicherungsgrundschuld abgelehnt hat, siehe BGH v. 20.2.1987 – V ZR 249/85, BGHZ 100, 82 (84) = ZIP 1987, 695 (696); a.A. Knops ZIP 2006, 1965 (1969 ff.) m.w.N. zum Streitstand. BGH v. 24.10.2002 – I ZR 3/00, NJW 2003, 2014; siehe allgemein zu Nutzungsbeschränkungen von Software Osterloh GRUR 2009, 311 ff. LG Mannheim v. 22.12.2009 – 2 O 37/09, MMR 2010, 323. BGH v. 29.10.2008 – VIII ZR 258/07, NJW 2009, 575 (576). BGH v. 29.10.2008 – VIII ZR 258/07, NJW 2009, 575 (577).

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ge Vertragsverlängerungsoption); BGH ZIP 2002, 1198 (unwirksame Verpflichtung eines Bauunternehmers in Besteller-AGB zur Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern; selbstschuldnerische Vertragserfüllungsbürgschaft zulässig); BGH NJW 2004, 2965 (Unwirksamkeit einer Ausschlussfrist von einem Monat für deliktische Ansprüche in Reise-AGB); BGH NJW 2005, 3567 = ZIP 2005, 2262 (Unwirksamkeit einer Ersatzlieferungsklausel in Versandhandels-AGB); KG CR 2005, 255 (unangemessen kurze Ausschlussfrist für Mängelanzeige, wenn dem Käufer für offensichtliche Mängel nur eine tatsächliche Prüfungsund Überlegungsfrist von weniger als einer Woche verbleibt; bzgl. versteckter Mängel Verstoß gegen § 309 Nr. 8b ee); BGH ZIP 2006, 288 (Belastung des Handelsvertreters mit der Vorfinanzierung kreditierter Verkaufserlöse durch Abbuchung noch nicht vereinnahmter Verkaufserlöse in Tankstellenvertrag mit Mineralölunternehmen); BGH NJW 2006, 3134 (Anzahlungsklausel in ReiseAGB); BGH NJW 2007, 1198 (Liefertermine und Kaufpreisfälligkeit in Küchenliefer-AGB); BGH NJW 2007, 2106 (Abtretung einer Bankdarlehensforderung); BGH BB 2007, 1750 (unzulässige Verpflichtung zur Teilnahme eines Tankstellenpächters am Franchisesystem); BGH NJW 2007, 3421 (Unzulässigkeit eines Aufrechnungsverbots); BGH NJW 2008, 2499 (unzulässige Farbwahlklausel in Miet-AGB); BGH NJW 2008, 3772 (Unwirksamkeit starrer Fristen für Schönheitsreparaturen bei Gewerberäumen); BGH NJW 2009, 1075 (Zusammentreffen starrer Formularklauseln für Schönheitsreparaturen in Mietverträgen mit Individualabreden); BGH NJW 2010, 2046 (unzulässiger vorzeitiger Verfall von Bonuspunkten eines Flugprämienprogrammes bei Kündigung des Teilnehmervertrags durch Flugunternehmen); BGH NJW 2010, 2272 (wirksame Verpflichtung des privaten Bauherrn zur Stellung einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bürgschaft über die geschuldete Gesamtvergütung in AGB eines Fertighausanbieters); BGH NJW 2010, 2719 (Wirksamkeit des Ausschlusses der Barzahlung in den AGB einer Fluggesellschaft, die ihre Leistungen nahezu ausschließlich im Fernabsatz anbietet, aber Unwirksamkeit einer Gebührenregelung für die Zahlung mit Kredit- oder Zahlungskarte, wenn kein gängiger und zumutbarer Zahlungsweg ohne Gebühren eröffnet wird – „Ryanair“); BGH NJW 2010, 2877 (unwirksamer Ausschluss von Eigenleistungen des Mieters bei Durchführung von Schönheitsreparaturen – „ausführen zu lassen“). BGH v. 20.3.2013 – VIII ZR 168/12, NJW 2013, 1526 m. Anm. Beuermann GE 2013, 650; Grützmacher Info M 2013, 120 (zum Verbot, Hunde und Katzen zu halten). Einzelfälle aus der instanzgerichtlichen Rechtsprechung: Teilweise Unwirksamkeit von Google AGB802; unzulässige Videoüberwachung im Fitnessstudio und Speicherung der Aufnahmen803; unzulässiger Zustimmungsvorbehalt für die Weitergabe von Standardsoftware in den AGB eines Softwareherstellers804;

IV. Regelfälle unangemessener Benachteiligung (§ 307 Abs. 2) Schrifttum: Armbrüster Kehrtwende des BGH bei der AGB-Kontrolle in der Lebensversicherung, NJW 2012, 3001; Becker Die Auslegung des § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz, 1986; Berberich 802 LG Berlin v. 19.11.2013 – 15 O 402/12, CR 2014, 404 = MMR 2014, 563 = VuR 2014, 183 m. Anm. Skutnik. 803 LG Koblenz v. 19.12.2013 – 3 O 205/13, CR 2014, 340 = VuR 2014, 158 m. Anm. Korff. 804 LG Hamburg v. 25.10.2013 – 315 O 449/12, MMR 2014, 102 m. krit. Anm. Heydn.

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Zum Leitbildcharakter urheberrechtlicher Rechtsgrundsätze, WRP 2012, 1055; Emmerich Mietrecht: Schönheitsreparaturen und Farbwahlklauseln, JuS 2014, 360; Frohnecke BGH beendet langjährigen Streit Nettopolicenmodell zur Lebensversicherung mit separater Kostenausgleichsvereinbarung (KAV) wirksam, VW 2014, 82; Heitmann BFH zur versicherungssteuerlichen Behandlung einer entgeltlichen Risikoabrede im Rahmen von Leasingverträgen, BB 2011, 1244; Hoeren Softwareauditierung – Zur Zulässigkeit von Audit-Klauseln in IT-Verträgen, CR 2008, 409; Löw Weihnachtsgeld, Boni & Co. Neue Spielregeln für die Vertragsgestaltung, AuA 2012, 717; Löw/Glück Incentivepläne und ihre Terms & Conditions – AGB-Kontrolle bei Bonuszahlungen – Eine Bestandsaufnahme im Lichte der aktuellen Rechtsprechung, DB 2015, 187; Oechsler Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997; Pfeiffer Neues Schuldrecht – neues Leitbild im AGB-Recht, in Dauner-Lieb/Konzen/ Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S. 225; Pletzer Rechtsvergleichung: Das mietrechtliche Verbot der Katzen- und Hundehaltung in Deutschland und Österreich, NZM 2014, 329; Richter Arbeitsvertragliche Standardregelungen auf dem Prüfstand (Teil 2), ArbRAktuell 2014, 193; Roussos Die Anwendungsgrenzen der Inhaltskontrolle und die Auslegung von § 9 AGBG, JZ 1988, 997; Schapp Die Leitbildfunktion des dispositiven Rechts für die Inhaltskontrolle von AGB nach § 9 Abs. 2 AGBG, DB 1978, 621; Schroth Kritische Klauseln in Heimverträgen, PKR 2013, 2; Weick Die Idee des Leitbildes und die Typisierung im gegenwärtigen Vertragsrecht, NJW 1978, 11; Zwarg Zu den rechtlichen Anforderungen an eine Bindungsklausel bei Sonderzahlungen, DB 2014, 2972; siehe ferner die Nachweise vor Rz. 1.

1. Bedeutung der Vorschrift a) Allgemeines 193

§ 307 Abs. 2 konkretisiert den unbestimmten Rechtsbegriff der „unangemessenen Benachteiligung“ durch zwei Regelbeispiele805: Danach ist der Tatbestand „im Zweifel“ erfüllt, wenn entweder eine AGB-Bestimmung von „wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung“ abweicht (§ 307 Abs. 2 Nr. 1) oder wenn „wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise eingeschränkt werden“ (§ 307 Abs. 2 Nr. 2). Dem Rechtsanwender werden damit gesetzliche Ordnungskriterien an die Hand gegeben, die ihn bei der erforderlichen Interessenbewertung leiten und die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung erleichtern sollen806: Anstelle einer Gesamtwürdigung aller Umstände wird die Aufmerksamkeit zum einen auf das dispositive Gesetzesrecht (Nr. 1) gelenkt, das als Modell eines gelungenen Interessenausgleichs und Muster einer angemessenen Regelung dient und damit zum wichtigsten Leitbild für die Inhaltskontrolle wird. Je stärker davon abgewichen wird, desto eher sind wesentliche Grundgedanken betroffen und es besteht die Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung807. Zum anderen ist auf die Natur des Vertrages und den Vertragszweck (Nr. 2) abzustellen. Diese Kriterien sind vor allem für nicht kodifizierte 805 So die herrschende Einordnung, vgl. nur Becker S. 41 ff.; von Hoyningen-Huene Rz. 236, 239; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 129; auch Palandt/Grüneberg Rz. 28 (allerdings mit der weiteren, nicht zutr. Qualifikation als Vermutung der Unwirksamkeit; dazu unten Rz. 195); PWW/Berger Rz. 18; abl. Stoffels Rz. 500; Staudinger/Coester Rz. 225 f. (Generalklausel normiert konkrete Anwendungsfälle). 806 Staudinger/Coester Rz. 220; Stoffels Rz. 496; Becker S. 24, 48; krit. Palandt/Grüneberg Rz. 1 (kein großer Gewinn an Bestimmtheit mangels klarer Konturen der beiden Tatbestände). 807 Neben seiner Funktion Prüfungsmaßstab wird das dispositive Gesetzesrecht auch inhaltlich zur Lückenfüllung herangezogen, wenn die Inhaltskontrolle zur Unwirksamkeit einer Klausel geführt hat (§ 306 Abs. 2).

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Vertragstypen von Bedeutung, bei denen nicht auf gesetzliche Wertungen zurückgegriffen werden kann, sondern das Vorbild einer angemessenen Regelung erst aus dem (objektivierten) Vertragszweck und der Rechtsnatur des Vertrags erschlossen werden muss. Maßstab der Inhaltskontrolle ist damit in beiden Fällen ein objektives Gerechtigkeitsmodell808. Die gesetzliche Regelwertung809 bezieht sich nicht nur auf die unangemessene 194 Benachteiligung, sondern auch auf den Verstoß gegen Treu und Glauben, also den gesamten Tatbestand des § 307 Abs. 1 Satz 1810. Sind die Merkmale der Nr. 1 oder der Nr. 2 des § 307 Abs. 2 erfüllt, führt dies grundsätzlich ohne weiteres zur Unwirksamkeit der fraglichen AGB-Klausel811. Nur wenn tatsächliche Umstände dafür vorliegen, dass diese Rechtsfolge der zu entscheidenden Fallkonstellation bei objektiv-generalisierender Betrachtung812 (bei Verbraucherverträgen nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 auch unter Berücksichtigung der konkreten, den Vertragsabschluss begleitenden Umstände) nicht gerecht wird, ist vom Gericht zu prüfen, ob auf Grund dieser Besonderheiten eine andere Beurteilung angebracht ist, die vom Regelfall abweicht. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände kann sich dann ergeben, dass keine unangemessene Benachteiligung vorliegt813. Die Regelbeispiele des § 307 Abs. 2 haben damit in erster Linie eine (wenn auch wegen der ihrerseits unbestimmten Fassung geringe) Kanalisierungsfunktion: Sie führen (jedenfalls zunächst) zu einer Entlastung der umfassenden Interessenabwägung, indem sie die Argumentation auf die in Nr. 1 und Nr. 2 genannten Leitkriterien fokussieren. In einem eher untechnischen Sinn bewirken sie insoweit zugleich eine gewisse Verlagerung der Darlegungslast auf den Verwender, als er die Nachteile zu tragen hat, falls es ihm nicht gelingt, hinreichende (tatsächliche) Gründe vorzubringen, die trotz Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 307 Abs. 2 die Benachteiligung des Vertragspartners durch die fragliche Klausel bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände doch nicht als (treuwidrig und) unangemessen erscheinen zu lassen814. Sofern sich derartige „entlastende Umstände“ bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben, muss sie das Gericht seiner Beurteilung aber schon von Amts wegen zugrunde legen; die rechtliche Bewertung als unangemessene Benachteiligung darf keine Zweifelsent-

808 Staudinger/Coester Rz. 221. 809 So namentlich Becker S. 51 ff. 810 Staudinger/Coester Rz. 221; Stein § 9 AGBG Rz. 24; im Ergebnis ebenso von Hoyningen-Huene Rz. 239. 811 von Hoyningen-Huene Rz. 239. In der Rspr. heißt es häufig, die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 indiziere die unangemessene Benachteiligung, so z.B. BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 (1385) – Citroën (bzgl. § 307 Abs. 2 Nr. 1). 812 An diesem Beurteilungsmaßstab für die Inhaltskontrolle (dazu Rz. 110) ändert sich nichts; insoweit missverständlich, weil nur auf den „konkreten Fall“ abstellend, von Hoyningen-Huene Rz. 239; Becker S. 50; insoweit ist die Kritik von Stoffels Rz. 500 berechtigt. 813 Vgl. BGH v. 28.1.2003 – XI ZR 156/02, NJW 2003, 1447; ähnlich auch schon BGH v. 20.6.1984 – VIII ZR 137/83, BB 1984, 1449 (1451); BGH v. 1.4.1992 – XII ZR 100/91, JZ 1993, 629 f. 814 Auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll dem Klauselverwender die Möglichkeit einer ausnahmsweisen Rechtfertigung erhalten bleiben, vgl. Begr. RegE BTDrucks. 7/3919 S. 23; Stoffels Rz. 497.

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scheidung sein, sondern stellt eine revisible Rechtsfrage dar815. § 307 Abs. 2 ist daher (im zivilprozessualen Sinn) weder als Beweislastregelung816 noch als widerlegliche Vermutung der Unwirksamkeit817 zu qualifizieren818. 196

In der Literatur wird teilweise bestritten, dass es überhaupt Anwendungsfälle für eine tatsächliche Aktualisierung der „Zweifelsregelung“ zu Gunsten der Wirksamkeit von AGB-Klauseln trotz ihrer Abweichung von wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts oder einer prima facie vertragszweckgefährdenden Einschränkung von Rechten oder Pflichten geben könne819. In den Fällen der Nr. 2 erscheint dies in der Tat praktisch ausgeschlossen, doch die Entfernung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung dürfte bei atypischen, vom Gesetzgeber nicht bedachten Sachverhaltskonstellationen einer Rechtfertigung in (seltenen) Ausnahmefällen zugänglich sein820. Die generelle Qualifikation der Regelungen des § 307 Abs. 2 als „in sich abgeschlossene Sondertatbestände der Inhaltskontrolle“, die „für ihren Bereich die Angemessenheitsbeurteilung endgültig determinieren“821 ist daher abzulehnen. Eine solche Uminterpretation widerspräche nicht nur dem Wortlaut822 – aus „im Zweifel“ würde „insbesondere“ –, sondern auch der Intention des Gesetzgebers, der dem Verwender insoweit eine ausnahmsweise Rechtfertigungsmöglichkeit einräumen wollte823. Soweit darauf verwiesen wird, den Besonderheiten konkreter Fälle könne im Rahmen der weiten, ihrerseits wertausfüllungsbedürftigen Kriterien der Nr. 1 und Nr. 2 Rechnung getragen werden, steht dies in einem Spannungsverhältnis zu der in beiden Tatbeständen angelegten Kanalisierung der Bewertung auf einen Vergleich mit den genannten objektiven Gerechtigkeitsmodellen. Letztlich sind die Unterschiede zwischen der Einordnung als Regelbeispiele oder als abgeschlossene Sondertatbestände der Inhaltskontrolle aber relativ gering, zumal nach beiden Auffassungen § 307 Abs. 2 stets vor der Generalklausel des § 307 Abs. 1 zu prüfen ist824. Zudem ist die intendierte Entlastungswirkung in der Praxis auch deshalb kaum relevant geworden, weil die Rechtsprechung nicht selten auf eine genaue Unterscheidung der einzelnen Tatbestände verzichtet und nur pauschal § 307 zitiert

815 von Hoyningen-Huene Rz. 237. 816 So aber Wolf/Pfeiffer Rz. 100. 817 So aber BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 (1386); PWW/Berger Rz. 20; Palandt/Grüneberg Rz. 28; Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 31; Wolf/Pfeiffer Rz. 100 ff. 818 Wie hier abl. Becker S. 37 ff.; Staudinger/Coester Rz. 222 f.; von Hoyningen-Huene Rz. 237 f.; MünchKomm/Wurmnest Rz. 63; Stoffels Rz. 498 m.w.N. 819 Stoffels Rz. 500 hält eine Korrektur des auf § 307 Abs. 2 beruhenden Unwirksamkeitsurteils generell für „bei methodisch korrekter Vorgehensweise von vornherein ausgeschlossen“; krit. auch Staudinger/Coester Rz. 225. 820 So die h.M., vgl. nur Wolf/Pfeiffer Rz. 100 a.E.; Becker S. 68; Roussos JZ 1988, 997 (1003); Beispiele aus der Rspr. lassen sich dementsprechend kaum finden, siehe aber BGH v. 1.12.1981 – KZR 37/80, NJW 1982, 644 (645); LG Frankfurt/M. v. 19.4.1982 – 2/24 S 301/81, NJW 1982, 1538 (1539). 821 So Stoffels Rz. 500 a.E. im Anschluss an Staudinger/Coester Rz. 226. 822 Das räumen auch Stoffels Rz. 500 a.E. („überflüssige Formel“) und Staudinger/Coester Rz. 226 („überflüssig und funktionslos“) ein; krit. zu diesem Ansatz auch Canaris in FS Ulmer, 2003, S. 1073, (1076). 823 Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 23. 824 So übereinstimmend z.B. von Hoyningen-Huene Rz. 236 einerseits; Stoffels Rz. 496, Staudinger/Coester Rz. 227 andererseits.

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oder (zusätzlich) die Generalklausel des § 307 Abs. 1 heranzieht, obwohl bereits Abs. 2 einschlägig ist825. b) Verhältnis der beiden Regelbeispiele in § 307 Abs. 2 zueinander Die Anwendungsbereiche der beiden Tatbestände nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 lassen sich nicht im Sinne wechselseitiger Ausschließlichkeit strikt voneinander abgrenzen, sondern überlappen und ergänzen sich teilweise826. Eine mit wesentlichen Gedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbare Klausel kann gleichzeitig den Vertragszweck gefährden, was insbesondere für unangemessene Freizeichnungsklauseln zutrifft827. Bei gesetzlich geregelten Vertragstypen kommt aber der Nr. 1 ein tendenzieller Anwendungsvorrang zu828, während die Nr. 2 vor allem für ungeregelte Vertragstypen einschlägig ist, bei denen das Vorbild einer angemessenen Regelung erst aus der Rechtsnatur und dem verobjektivierten Vertragszweck abgeleitet werden muss. Einen weiteren eigenständigen Anwendungsbereich hat die Nr. 2 zudem bei der Aushöhlung von vertragswesentlichen (Kardinal-)Pflichten829. Denn zu einer Kollision mit vertragstypischen Zweckgedanken i.S.d. Nr. 2 kann es auch dann kommen, wenn eine Klausel mit dem gesetzlichen Leitbild vereinbar ist, etwa bei Haftungsausschlüssen für leichte Fahrlässigkeit (näher dazu unten Rz. 287 ff.) oder bei erheblicher Diskrepanz zu einer individuellen Festlegung oder Modifikation des Vertragszwecks. Trotz der grundsätzlich gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise, die auf den typischen Vertragszweck abstellt, wie er sich aus dem Vertragsinhalt mit Rücksicht auf Treu und Glauben und die Verkehrssitte ergibt, kann der Inhalt der Individualabrede nicht ausgeblendet werden, da sich aus ihr der Geschäftszweck und die besondere Natur des Vertrags ergibt. Lediglich untypische Individualinteressen bleiben unbeachtlich830.

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Für einen tendenziellen Anwendungsvorrang des § 307 Abs. 2 Nr. 1 vor Nr. 2 bei 198 normativen Regeltypen spricht die größere Nähe zu gesetzlich autorisierten Interessenbewertungen, das jeweils relevante „Leitbild des dispositiven Gesetzesrechts“ (näher dazu Rz. 221 ff.), während der normative Maßstab für die Inhaltskontrolle im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 („Natur“ des Vertrags und der sich daraus ergebende Vertragszweck) regelmäßig erst ad hoc aus objektivierten ver-

825 Vgl. z.B. BGH v. 24.5.1995 – XII ZR 172/94, NJW 1995, 2034 (2035); BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496; weitere Nachw. und Kritik bei Staudinger/Coester Rz. 84, 227; von Hoyningen-Huene Rz. 132; dem pragmatischen Ansatz der Rspr. zust. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 131. 826 von Hoyningen-Huene Rz. 281; Wolf/Pfeiffer Rz. 97; Staudinger/Coester Rz. 225. 827 Vgl. z.B. BGHv. 22.6.1988 – VIII ZR 232/87, NJW 1988, 2664 (Unwirksamkeit einer Mietvertragsklausel, nach der ein Gaststättenvermieter keine Haftung für die Konzessionsfähigkeit des Objekts übernimmt, nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2); näher zu Freizeichnungsklauseln Rz. 269 ff. 828 Wie hier Wolf/Pfeiffer Rz. 97; Staudinger/Coester Rz. 264; weitergehend für generelle Vorrangstellung der Nr. 1 gegenüber Nr. 2 Stoffels Rz. 501; von Hoyningen-Huene Rz. 282 (in Widerspruch zu Rz. 281); Becker S. 191 ff. a.A. (gegen jeden Vorrang) Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 130. 829 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 23; Stoffels Rz. 501 a.E.; Staudinger/Coester Rz. 264 (für Heranziehung des Aushöhlungsaspekts nach Nr. 2 ggf. auch neben Nr. 1) mit Nachw. zur Rspr. insb. zu Versicherungsverträgen; zur Frage, ob die Qualifikation als „Kardinalpflicht“ nach der Schuldrechtsreform 2002 ihre Bedeutung verloren hat, vgl. Rz. 289. 830 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 143.

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tragsspezifischen Gerechtigkeitserwartungen zu ermitteln ist831. Dadurch dürfen etwaige vorhandene gesetzliche Interessenbewertungen nicht überspielt werden. Die in der Literatur teilweise befürwortete Einbeziehung nicht nur der allgemein anerkannten ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, sondern auch von vertragstypenspezifischen Grundgedanken als „gesetzliche Regelung“ in den Tatbestand des § 307 Abs. 2 Nr. 1 verwischt ohne Not diese unterschiedlichen Wertungsgrundlagen832. Andererseits ist keine strenge Abgrenzung geboten, da das Aushöhlungsverbot des § 307 Abs. 2 Nr. 2 ein wichtiges Bewertungskriterium herausstellt, das gleichzeitig neben der Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung herangezogen werden kann833. Zudem sind die Tatbestände der Nr. 1 und Nr. 2 beide Konkretisierungen der einheitlichen Bewertung als „unangemessene Benachteiligung“ i.S.d. § 307 Abs. 1 und stimmen in den Rechtsfolgen überein. 199

Auf der anderen Seite kann es bei gemischten und atypischen Verträgen zu Verzerrungen kommen, wenn auch dort immer zunächst die (grundsätzliche) Zuordnung zu einem gesetzlichen Leitbild versucht und erst in einem zweiten Schritt (bei einzelnen Regelungsgegenständen) nach etwaigen gebotenen Modifikationen gefragt wird. In der Rechtsprechung und Literatur besteht insoweit eine starke Tendenz, auch neuartige Vertragstypen zunächst im Wege typologischer Betrachtung einem bekannten gesetzlichen Regeltypus zuzuordnen834 – etwa den Leasingvertrag der Miete835 oder den Kreditkartenvertrag dem Forderungskauf oder abstrakten Schuldversprechen836. Dementsprechend hat der BGH einen „Internet-System-Vertrag“, der sich auf die Erstellung und Betreuung einer Website des Kunden sowie die Gewährleistung ihrer jederzeitigen Abrufbarkeit im Internet für einen festgelegten Zeitraum bezog, insgesamt als Werkvertrag eingeordnet und von diversen anderen (atypischen oder gemischten) Vertragstypen 831 Staudinger/Coester Rz. 264; näher dazu unten Rz. 246 ff. 832 Im Ergebnis wie hier von Hoyningen-Huene Rz. 282 (Vorrang des § 307 Abs. 2 Nr. 1 vor Nr. 2, der als eigenständigen Anwendungsbereich gesetzlich nicht geregelte Vertragstypen erfasst); a.A. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 140, der selbst einräumt, dass nach seinem Ansatz § 307 Abs. 2 Nr. 2 kaum ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt (Rz. 142). 833 Vgl. zur gleichzeitigen Feststellung des Verstoßes gegen ein gesetzliches Leitbild und einer Gefährdung des Vertragszwecks aus der Rspr. z.B. BGH v. 16.11.1992 – II ZR 184/91, NJW 1993, 2442 (2444); BGH v. 2.3.1994 – IV ZR 109/93, NJW 1994, 1534 (1536); ebenso Staudinger/Coester Rz. 264 m.w.N. 834 Vgl. dazu näher Oechsler S. 296 ff., 315 ff.; Staudinger/Coester Rz. 246 jeweils m.w.N.; eingehend zur Qualifizierung eines „Internet-System-Vertrags“ als Werkvertrag und zu seiner Abgrenzung von anderen Verträgen über IT-Leistungen BGH v. 4.3.2010 – III ZR 79/09, NJW 2010, 1449 (1450 ff.) m.w.N. = CR 2010, 327 (328 ff.) m. Anm. Hilber/ Rabus. 835 So die st. Rspr., siehe nur BGH v. 4.7.1990 – VIII ZR 288/89, BGHZ 112, 65 (71); BGH v. 19.2.1986 – VIII ZR 91/85, BGHZ 97, 135 (139); BGH v. 16.9.1981 – VIII ZR 265/80, BGHZ 81, 298 (310); BGH v. 8.11.1989 – VIII ZR 1/89, NJW-RR 1990, 182 (183); zuletzt BGH v. 26.11.2014 – XII ZR 120/13, WM 2015, 1157 (1160 f.); näher Teil 2, (30) Leasingverträge Rz. 1 ff. 836 Aufgabe der früheren Einordnung des Kreditkarten(-rahmen-)vertrags (zwischen Kreditkartenemittentin und angeschlossenen Vertragsunternehmen) als Forderungskauf (BGH v. 2.5.1990 – VIII ZR 199/89, NJW 1990, 2880) durch BGH v. 2.5.1990 – VIII ZR 139/89, NJW 2002, 2234 = JZ 2002, 1167 m. Anm. Heermann (S. 1170 ff.) (abstraktes Schuldversprechen i.S.d. § 780); bestätigt durch BGH v. 13.1.2004 – XI ZR 479/02, ZIP 2004, 402 = ZBB 2004, 395; dazu Hofmann ZBB 2004, 405 ff. m.w.N.; näher Teil 2, (29) Kreditkarten-AGB Rz. 1 ff.

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im Bereich der Internet-Provider-Verträge wie insbesondere „Access-Provider-“, „Application-Service-Provider-“, „Web-Hosting-“ und „Webdesign-“Verträgen abgegrenzt, obwohl dies für die Lösung der konkreten Rechtsfrage (Zulässigkeit einer jährlichen Vorleistungspflicht des Kunden im unternehmerischen Verkehr) nicht unbedingt erforderlich schien837. Dieses Vorgehen kann dazu führen, dass statt einer unmittelbar problembezogenen Sicht die Rechtfertigung der Abweichung von dem primär zugeordneten gesetzlichen Lösungsmodell838 den ausschlaggebenden Einfluss auf die Bewertung der Sachgerechtigkeit einer Klausel gewinnt839. Um diese Gefahr zu vermeiden, sollte immer dann, wenn sich für den konkreten Regelungsgegenstand einer Klausel in einem atypischen Vertrag keine entsprechend anwendbare gesetzliche Regelung findet, das Gerechtigkeitsmodell im Rahmen der Nr. 2 ad hoc entwickelt werden840. c) Relevanz der vertragstypologischen Einordnung von Vereinbarungen Daraus folgt zugleich eine erhebliche Relativierung der Bedeutung der vertragstypologischen Einordnung von Vertragsverhältnissen, die sich nicht eindeutig einem bekannten, gesetzlich geregelten Vertragstyp zuordnen lassen. Zwar ist es immer möglich und sinnvoll, nach normativen Bewertungselementen im dispositiven Gesetzesrecht zu suchen, bevor mehr oder weniger „freihändig“ neue Kriterien für die richterliche Beurteilung der involvierten Interessen „aus der Natur des Vertrages“ geschaffen werden. Andererseits kann eine unbedachte oder voreilige Zuordnung zu gesetzlich geregelten Vertragstypen zur Verkennung legitimer Regelungsinteressen, zu unzutreffenden Bewertungen im Rahmen der Interessenabwägung und damit letztlich zu einer ungerechtfertigten Be-

837 Der BGH scheint „dankbar die Gelegenheit ergriffen“ zu haben, allgemein für eine Orientierung bei der vertragsrechtlichen Einordnung von IT-Leistungen zu sorgen, Hilber/ Rabus CR 2010, 331, und geht seither von einem Werkvertrag bei „Internet-SystemVerträgen“ aus, vgl. etwa BGH v. 28.7.2011 – VII ZR 45/11, WM 2011, 2011; BGH v. 8.1.2015 – VII ZR 6/14, NJW-Spezial 2015, 110. 838 So musste der BGH im Falle des „Internet-System-Vertrags“ mit erheblichem Begründungsaufwand darlegen, dass die Klausel über die Vorleistungspflicht des Kunden trotz ihres Widerspruchs zum gesetzlichen Leitbild (§ 641) durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei (besonders hohe Anfangsinvestitionen des Verwenders) und den berechtigten Interessen des Kunden (verbleibendes Druckmittel bzgl. der späteren Jahresraten) hinreichend Rechnung trage, BGH v. 4.3.2010 – III ZR 79/09, CR 2010, 327 (330). Zumindest für das letzte Vertragsjahr, in dem der Provider im Wesentlichen nur noch für die Aufrechterhaltung der Internetpräsenz sorgen musste und dem Kunden keinerlei Zurückbehaltungsrecht mehr blieb, hätte die formularmäßige Vorleistungspflicht durch die Einordnung der noch geschuldeten Leistung (Webhosting) als Mietvertrag überzeugender begründet werden können, so Hilber/Rabus CR 2010, 331 (332). 839 Vgl. auch die Kritik an der Rspr. zur (eingeschränkt entsprechenden) Anwendung der Vorschriften über den Wiederkauf (§§ 456 ff., früher §§ 497 ff.) auf das Wiederverkaufsrecht des Leasinggebers an den Lieferanten (BGH v. 19.3.2003 – VIII ZR 135/02, BB 2003, 1303 [1304]; BGH v. 31.1.1990 – VIII ZR 280/88, BGHZ 110, 183 [191 f.]; BGH v. 11.12.1998 – V ZR 377/97, BGHZ 140, 218 [221 f.]; BGH v. 7.11.2001 – VIII ZR 213/00, NJW 2002, 506) bei Schulze-Schröder NJW 2003, 3031 (3032 f.). 840 In diese Richtung auch Staudinger/Coester Rz. 265, der darüber hinaus zu Recht auf die Möglichkeit eines „Hinüberwachsens“ der Inhaltskontrolle von § 307 Abs. 2 Nr. 2 in Nr. 1 hinweist, wenn sich aus den von der Rspr. zunächst ad hoc entwickelten Lösungen für atypische Verträge allmählich rechtliche Strukturen herausbilden und zu verfestigtem Richterrecht werden (Rz. 266).

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schränkung der Privatautonomie führen841. Einer sorgfältigen, objektivierten Analyse des konkreten Regelungsgegenstands der zu prüfenden Klausel vor dem Hintergrund der (wirtschaftlichen und sonstigen rechtlichen) Charakteristika der zu beurteilenden Art des Rechtsgeschäfts gebührt daher der Vorrang vor einer vorschnellen oder zweifelhaften Zuordnung zu einem gesetzlich geregelten Vertragstyp. Gerade für viele Verträge im modernen Wirtschaftsleben gilt, dass sie nicht ohne weiteres einem bestimmten, im BGB geregelten Vertragstyp zugeordnet werden können842, insbesondere die aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum „importierten“ Geschäftsmodelle wie z.B. Leasing, Franchising oder Factoring, aber auch Telekommunikations- und Internetverträge, Forschungs- und Entwicklungsverträge, Just-in-time-Lieferverträge usw. Diese und andere kombinierte, typengemischte, atypische und Verträge sui generis haben sich oft erst in der Praxis herausgebildet und ihre Regelung zum großen Teil von vornherein nur in AGB gefunden843. Teilweise ist zwar für einzelne Regelungsgegenstände oder -komplexe eine Anlehnung an gesetzlich geregelte Vertragstypen möglich844, das gilt aber meist nicht flächendeckend, so dass nicht allein auf die Abweichung von dispositiven Gesetzesvorschriften abgestellt werden kann, sondern für die Beurteilung der Unangemessenheit daneben gleichzeitig eine Bewertung anhand der speziellen Natur des neuartigen Vertragstyps und seines besonderen Geschäftszwecks erfolgen muss. 201

Daher ist es nicht zu beanstanden, sondern im Gegenteil zu begrüßen, dass die Rechtsprechung sich in jüngerer Zeit häufig scheut, (sogleich) eine definitive Zuordnung neuer Vertragsarten zu bestimmten gesetzlich geregelten Typen vor841 Vgl. BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774 (1775) („Das Berufungsgericht hat sich durch seine Einordnung des Fahrscheins als kleines Inhaberpapier den Blick auf die Interessenabwägung verstellt und hierzu keine Feststellungen getroffen.“). Für einen Verzicht auf eine Rechtsnaturbestimmung des Vertrages in problematischen Fällen und eine Konzentration auf die spezielle Regelungsthematik der fraglichen Klausel auch Stoffels Rz. 517. 842 Krit. gegenüber der Methode der typologischen Zuordnung auch Oechsler in Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, 2008, S. 539, 548 ff. m.w.N. 843 Vgl. zu den methodischen Ansätzen bei der Behandlung der verschiedenen Formen sog. Innominatverträge, die im Gesetz nicht unmittelbar geregelt sind, Martinek Moderne Vertragstypen, Band 1, 1991, S. 19 ff. m.w.N. 844 Für eine Prüfung der analogen Anwendbarkeit der Rechtsnormen des Vertragsrechts jeweils im Einzelfall auch Oechsler in Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, 2008, S. 551 f., 555 f., der in der typologischen Zuordnung einen logischen Umweg sieht. Die Nachteile einer (zu frühen) Festlegung auf die vertragstypologische Einordnung eines neuartigen Geschäftsmodells zeigt anschaulich das Beispiel des Finanzierungsleasing, bei der die Qualifikation durch die Rspr. als atypische Miete (BGH NJW 1977, 195 [196]; NJW 1977, 848 [849]; a.A. insb. Canaris AcP 190 (1990), 410 [452] unter Betonung der geschäftsbesorgungs- und darlehensrechtlichen Charakteristika) nichts an der Notwendigkeit von Differenzierungen geändert hat mit der Folge, dass z.B. die im Allgemeinen nicht freizeichnungsfähige Sachmängelhaftung des Vermieters hier abbedungen und – bei Mobilien – durch die Abtretung der Gewährleistungsansprüche gegen den Hersteller oder Lieferanten der Leasingsache ersetzt werden kann (vgl. BGH v. 27.4.1988 – VIII ZR 84/87, NJW 1988, 2465 [2467]; BGH v. 17.12.1986 – VIII ZR 279/85, NJW 1987, 1072 [1073]), während es beim Immobilienleasing eines vom Leasingnehmer selbst herzustellenden Gebäudes keiner Abtretung bedarf (BGH v. 25.1.1989 – VIII ZR 302/87, BGHZ 106, 304 [312 f.] = NJW 1989, 1279 [1280]). Problematisch ist dabei vor allem die Zugrundelegung eines – so nicht gegebenen – Regel-/Ausnahme-Verhältnisses, das zu unzutr. (impliziten) Ausgangsbewertungen und damit Verwerfungen führen kann; näher zur Inhaltskontrolle von Leasingverträgen Teil 2, (30) Leasingverträge Rz. 1 ff.

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zunehmen, sondern regelmäßig eher vorsichtig und tastend vorgeht845. Oft werden jeweils nur einzelne Gesichtspunkte hervorgehoben, wie etwa der Umstand, dass die Herstellung von Mobilfunkverbindungen nicht an jedem Ort garantiert werden kann846. Für ein derartiges Vorgehen (allenfalls) im Wege der (beschränkten) Einzelanalogie847 spricht zudem, dass es für die Beurteilung, ob ein bestimmtes Klauselverbot eingreift oder eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, nicht in jedem Fall auf die genaue vertragstypologische Einordnung des (gesamten) Vertrages ankommt. So ist etwa für die Frage der Wirksamkeit eines Einwendungsausschlusses auf Rechnungen durch eine Erklärungsfiktion (vgl. § 308 Nr. 5) nur relevant, ob der Verwender auf ein berechtigtes Interesse an der organisatorischen Bewältigung eines Massenverkehrs durch die Herbeiführung klarer Verhältnisse nach einer angemessenen Frist verweisen kann848, nicht aber die „Rechtsnatur“ der vertraglichen Beziehung mit dem Kunden. In anderen Fällen dagegen kann die nähere dogmatische Einordnung des fragli- 202 chen Vertragsverhältnisses durchaus bedeutsam sein, da hiervon z.B. die Anwendbarkeit bestimmter Klauselverbote der §§ 308, 309 abhängt. So gilt z.B. § 308 Nr. 3 nicht für Dauerschuldverhältnisse, und § 309 Nr. 8 ist etwa auf Dienstleistungen nicht anwendbar. Der Einordnung als Franchise- bzw. Eigenhändlervertrag einerseits oder als Handelsvertreter-, Kommissions- oder Kommissionsagenturvertrag andererseits kommt wegen des nur bei letzteren bestehenden Weisungsrechts des Geschäftsherrn (Kommittenten) im Hinblick auf die Zulässigkeit von Preisbindungsbestimmungen wie auch die Beurteilung der angemessenen Risikoverteilung im Vertrag entscheidende Bedeutung zu849. Jedenfalls in derartigen Fällen, aber auch generell zur Beeinflussung des maßgeblichen Leitbilds und damit des Prüfungsmaßstabs für die Inhaltskontrolle könnte der AGB-Verwender ein Interesse daran haben, den Vertragstyp oder rechtlichen Charakter des Vertrages in den AGB selbst festzulegen, etwa als Dienstvertrag oder auch als Mitgliedschaftsverhältnis, um etwa in den Genuss der Bereichsausnahme für das Gesellschaftsrecht nach § 310 Abs. 4 Satz 1 zu kommen850. Derartige Qualifizierungsklauseln entfalten jedoch insoweit keine Bindungswirkung, weder für die rechtliche Einordnung des Vertrags noch für die 845 Fuchs in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, S. 232 (Teil IV Rz. 97) in Bezug auf die Rspr. zu Festnetz-, Mobilfunk- oder anderen Telekommunikationsverträgen. Dementsprechend hat der BGH z.B. die Rechtsnatur der Telefonkarte und des ihrer Ausgabe zu Grunde liegenden Vertrages mangels Entscheidungsrelevanz für die Frage nach der Angemessenheit einer Gültigkeitsbefristung offen gelassen und nur eine Qualifikation als Darlehen abgelehnt; BGH v. 12.6.2001 – XI ZR 274/00, BGHZ 148, 74 = NJW 2001, 2635 = BB 2001, 1543 (1544). Anders aber wieder BGH v. 4.3.2010 – III ZR 79/09, NJW 2010, 1449 (1450 ff.) = CR 2010, 327 (328 ff.) m. Anm. Hilber/Rabus (Qualifizierung eines „Internet-System-Vertrags“ als Werkvertrag und Abgrenzung zur typologischen Einordnung einer Vielzahl weiterer gemischter und atypischer Verträge über IT-Leistungen; siehe dazu bereits oben Rz. 199). 846 Vgl. OLG Düsseldorf v. 31.10.1996 – 6 U 206/95, BB 1996, 2643 (2647); a.A. AG Offenburg v. 12.3.1996 – 1 C 596/95, NJW-RR 1996, 1014 (Werkleistung). 847 Im Ergebnis ebenso Oechsler in Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, 2008, S. 555 f. 848 Vgl. z.B. OLG Köln v. 25.6.1997 – 27 U 130/96, MMR 1998, 106 m. Anm. Schorling. 849 Vgl. BGH WRP 2003, 981 (985 ff.), wo der BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, auf Grund der vom Berufungsgericht abweichenden typologischen Einordnung des Vertrags (Kommissions[-agentur-]vertrag statt Franchisevertrag) bei einer ganzen Reihe von wichtigen Klauseln zu anderen Ergebnissen der Inhaltskontrolle kommt. 850 Derartige Klauseln finden sich z.B. in den AGB von Internet-Providern, vgl. Spindler BB 1999, 2037 (2039).

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Durchführung der Inhaltskontrolle851. Entscheidend ist die tatsächliche Ausgestaltung der geschuldeten (Haupt-)Leistungen. 204

Selbst wenn im Grundsatz eine einigermaßen zuverlässige vertragstypologische Einordnung gelingt, stellen sich in der Praxis oft Fragen, für die das Gesetz gerade kein passendes Regelungsmuster enthält. Eine weitere Orientierung für eine angemessene Verteilung der Rechte und Pflichten können in begrenztem Umfang andere (untergesetzliche) Normen geben. Dies wird etwa diskutiert im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge für die AVB Wasser sowie für die Strombzw. GasGVV852. Auch soweit diese Regelungen nicht unmittelbar einschlägig sind, können sie eine gewisse Ausstrahlungswirkung auf nicht unmittelbar erfasste (zwingende geregelte) Fragen haben und so das gesetzliche Leitbild der betroffenen Leistungen wesentlich mitprägen853. Andererseits schließt die Übereinstimmung mit einem derart gewonnenen Leitbild eine weiter gehende Inhaltskontrolle anhand privatrechtlicher Grundsätze nicht aus854.

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Die vertragstypologische Einordnung der Vereinbarung ist somit letztlich nur ein Faktor bei der Ermittlung des Prüfungsmaßstabs, an dem problematische AGB-Klauseln einerseits zu messen sind und der andererseits die (ungeschriebenen) Regeln enthält, die im Falle der Unwirksamkeit der AGB-Bestimmung auf das Vertragsverhältnis anzuwenden wären. Dabei darf man jedoch nicht schematisch vorgehen, sondern muss einen etwaigen besonderen Geschäftszweck, typische Abweichungen oder neue Kombinationen von bekannten Vertragsmodellen ebenso wie die Ausstrahlungswirkung branchenspezifischer Regulierungen zum Schutz bestimmter Marktteilnehmer berücksichtigen. Keine Lösung ist die gelegentlich vorgeschlagene Freistellung gesetzlich nicht geregelter Vertragstypen von jeglicher Inhaltskontrolle. Vielmehr ist es in diesen Fällen Aufgabe der Rechtsprechung, entsprechende Maßstäbe zu entwickeln, gewissermaßen ein hypothetisches oder ungeschriebenes dispositives Gesetzesrecht, das an Stelle der konkreten AGB gelten würde (näher dazu Rz. 246 ff., 255 f.). Das entspricht im Ergebnis der ganz h.M., wobei lediglich umstritten ist, ob die Prüfung im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 vorzunehmen ist, was die Qualifikation der vertragstypenspezifischen Grundgedanken als „gesetzliche Regelung“ voraussetzt855, oder ob – wie hier befürwortet – der geeignete Ort dafür § 307 Abs. 2 Nr. 2 ist856.

851 Vgl. nur BGH v. 4.3.1997 – X ZR 141/95, NJW 1997, 2043 (2045); Staudinger/Coester Rz. 245 m.w.N. 852 Vgl. BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, BGHZ 138, 118 (126 f.); BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, WRP 2005, 1253 (1256 f.) (zu den früheren AVB Strom, Gas und Wasser). 853 Fuchs in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, S. 233 ff. (Teil IV Rz. 99 ff.) zur inzwischen außer Kraft getretenen Telekommunikations-Kundenschutzverordnung; MünchKomm/Wurmnest Rz. 65; vgl. auch Rz. 167. 854 Vgl. BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, WRP 2005, 1253 (1256 f.). 855 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 140; Wolf/Pfeiffer Rz. 113. 856 Dafür auch Stoffels Rz. 514; Becker S. 96 ff., 175 f., 208; Fastrich S. 286; von Hoyningen-Huene Rz. 246 f.; differenz. Staudinger/Coester Rz. 265 f.

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2. Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1) a) Das Merkmal der „gesetzlichen Regelung“ aa) Überblick Die in § 307 Abs. 2 Nr. 1 in Bezug genommene „gesetzliche Regelung“ bildet den normativen Vergleichsmaßstab, an dem kontrollfähige, von „Rechtsvorschriften“ (§ 307 Abs. 3 Satz 1) abweichende oder diese ergänzende AGB zu messen sind. Rechtsprechung und weite Teile der Literatur legen in beiden Fällen ein denkbar weites Verständnis zugrunde, das neben formellen und materiellen Gesetzen auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts und die mittels ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 sowie aus der Natur des jeweiligen Rechtsverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten umfasst857. Gegen eine derart ausufernde Auslegung bestehen jedoch im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 Bedenken858, weil damit die ohnehin nicht sehr trennscharfen Konturen dieses Tatbestands vollends aufgelöst werden und § 307 Abs. 2 Nr. 2 kaum noch ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt. Der Terminus „gesetzliche Regelung“ in § 307 Abs. 2 Nr. 1 ist jedoch nicht identisch mit den in § 307 Abs. 3 erwähnten „Rechtsvorschriften“. Dafür spricht nicht nur die unterschiedliche Wortwahl des Gesetzgebers, sondern auch die unterschiedliche Funktion der beiden Tatbestände: In § 307 Abs. 3 geht es um die Kontrollfähigkeit von Klauseln, um die Eröffnung der Möglichkeit einer materiellen Inhaltskontrolle, daher ist der Terminus „Rechtsvorschriften“ tendenziell weiter auszulegen als das konkretisierende Regelbeispiel in § 307 Abs. 2 Nr. 1, das für einen Teil der erfassten Fälle den Maßstab für die Durchführung der Inhaltskontrolle präzisiert.

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Ausgangspunkt für die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals „gesetzlich“ in § 307 Abs. 2 Nr. 1 sollte die Definition des Art. 2 EGBGB sein, die als „Gesetz“ i.S.d. BGB „jede Rechtsnorm“ bezeichnet. Darunter fallen Gesetze im formellen859 wie im materiellen Sinn; letztere umfassen alle Rechtssätze, die mit Außenwirkung verbindliche Vorschriften für das Verhalten der Menschen aufstellen860. Da es gleichgültig ist, in welcher Form sie wirksam geworden sind, werden auch Normen des Gewohnheitsrechts erfasst861. Zudem gehören die in Rechtsprechung und Lehre durch Analogie und Rechtsfortbildung entwickelten Rechtssätze zur „gesetzlichen Regelung“862. Nicht erfasst werden dagegen Ver-

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857 BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, NJW 1998, 1640 (1642); BGH v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, NJW 1993, 721 (722); MünchKomm/Wurmnest Rz. 68; Wolf/Pfeiffer Rz. 108, 112 f.; Staudinger/Coester Rz. 234 f.; mit dem letzten Teil der Aufzählung dürften auch die von Brandner (9. Aufl.) § 9 Rz. 140 einbezogenen „vertragstypenspezifischen Grundgedanken“ abgedeckt sein. 858 Für eine restriktivere Handhabung auch von Hoyningen-Huene Rz. 247 ff.; Stoffels Rz. 505 ff.; Becker S. 78 ff. 859 Dazu zählen alle Regelungen, die in dem verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Verfahren von den dafür zuständigen Gesetzgebungsorganen erlassen worden sind, vgl. Staudinger/Merten Art. 2 EGBGB Rz. 2; Larenz/Wolf Allgemeiner Teil des BGB, 9. Aufl. 2004, § 3 Rz. 12. 860 Vgl. Staudinger/Merten Art. 2 EGBGB Rz. 2. 861 Staudinger/Coester Rz. 88, 231; von Hoyningen-Huene Rz. 248; Palandt/Grüneberg Rz. 29; Erman/Roloff § 307 Rz. 24. 862 BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 211; BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 163; BGH v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, BGHZ 121, 18; BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 259/82, NJW 1983, 1671 (1672); BGH v. 2.2.1984 – IX ZR 8/83, NJW 1984, 1184

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kehrssitten, Handelsbräuche oder etablierte AGB-Regelwerke863 wie z.B. die VOB oder Handelsrichtlinien für den Freiverkehr an den Börsen. Auch wenn ihre Beachtung teilweise vom Gesetz angeordnet wird (§§ 157 BGB, 346 HGB), ändert dies nichts daran, dass ihnen der Charakter eines objektiven gesetzlichen Gerechtigkeitsmodells und damit die Leitbildfähigkeit fehlt. Im Rahmen der Interessenabwägung können sie dagegen als Angemessenheitskriterium berücksichtigt werden (vgl. oben Rz. 140 ff.). bb) Normen des dispositiven Rechts 208

Die teilweise befürwortete Einbeziehung zwingender Gesetzesvorschriften864 in den Vergleichsmaßstab nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 ist abzulehnen865. Denn eine dem zwingenden Recht widersprechende Parteivereinbarung kann von vornherein keine Rechtswirkungen entfalten, weil sie die Grenzen überschreitet, die das Gesetz der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsmacht gesetzt hat866. Bei einem Verstoß gegen ein Verbotsgesetz folgt die Nichtigkeit aus § 134. Für einen Rückgriff auf eine „Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung“ i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 ist in beiden Fällen kein Raum. Eine wertende Vergleichsprüfung kommt im Individualprozess nur bei dispositiven Vorschriften in Betracht. Für die – in der Sache gebotene – Erstreckung der Verbandsklage (§§ 1, 3 ff. UKlaG) auf AGB, die zwingende Rechtsvorschriften verletzen, bedarf es deren Einbeziehung in § 307 Abs. 2 Nr. 1 nicht867. Vielmehr besteht der methodisch korrekte Weg in der teleologischen Extension des zu engen Wortlauts von § 1 UKlaG („unwirksam nach §§ 307–309 BGB“)868 bzw. in der analogen Anwendung dieser Norm auf Verstöße gegen zwingendes Recht869. In der Rechtsprechung wird regelmäßig aus der Nichtigkeit einer Klausel wegen Verletzung einer

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(1186); BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, NJW 1987, 1931 (1932 f.); Palandt/Grüneberg Rz. 29; Wolf/Pfeiffer Rz. 108; PWW/Berger Rz. 20; von Hoyningen-Huene Rz. 246; für methodisch korrekte Analogieschlüsse auch Stoffels Rz. 506. Staudinger/Coester Rz. 239. So z.B. BGH v. 19.9.1985 – III ZR 213/83, BGHZ 95, 362 (366 f.); BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1322); vgl. auch BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 (1382) (Citroën); BGH v. 25.1.2006 – VIII ZR 3/05, NJW 2006, 1059 (1060); BGH v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 (300 Rz. 26); Wolf/Pfeiffer Rz. 111; Erman/Roloff § 307 Rz. 24. Wie hier für Beschränkung auf das dispositive Recht wohl BGH v. 5.6.2014 – III ZR 557/13, DB 2014, 2465, der klar zwischen einer Unwirksamkeit wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Leitbild nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 und einem Verstoß gegen § 134 differenziert; Stoffels Rz. 507; Palandt/Grüneberg Rz. 29; Becker S. 103 ff.; von Hoyningen-Huene Rz. 252; Staudinger/Coester Rz. 232; wohl auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 68. Siehe nur von Hoyningen-Huene Rz. 90 m.w.N. So aber BGH v. 2.7.1987 – III ZR 219/86, NJW 1987, 2867; BGH v. 22.3.1989 – VIII ZR 154/88, NJW 1989, 1673; den konstruktiven Weg offen lassend („ohne wesentliche Bedeutung“) Hensen (10. Aufl.) § 1 UKlaG Rz. 6. Zutr. Stoffels Rz. 507 m.w.N.; im Ergebnis übereinstimmend Wolf/Lindacher § 1 UKlaG Rz. 17 („Erst-recht-Schluss“). Wie hier für Analogie z.B. Staudinger/Coester Rz. 232 m.w.N. auch zur ganz überwiegend abweichenden Rspr. Dass auch Verfahrensvorschriften analogiefähig sind, hat der BGH in anderem Zusammenhang anerkannt; vgl. z.B. zur Ersteckung des aktienrechtlichen Spruchverfahrens auf gesetzlich nicht geregelte Fälle BGH v. 25.11.2002 – II ZR 133/01, BGHZ 153, 47 (57 f.) (Macroton).

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anderen Norm automatisch die Unwirksamkeit auch nach § 307 abgeleitet870 bzw. die Abweichung einer Klausel von zwingendem Recht unmittelbar als unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 qualifiziert871. Nicht ausgeschlossen ist dagegen, die in (für den konkreten Fall nicht unmittelbar einschlägigen) zwingenden Normen zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen als Leitbild bei der Interessenabwägung heranzuziehen872. Die zwingenden Rechtsnormen dienen insoweit nicht unmittelbar als Referenzmaßstab, sondern lediglich als Indizien z.B. für die Existenz eines über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinausreichenden allgemeinen Rechtsgrundsatzes (zur Berücksichtigungsfähigkeit ungeschriebener Rechtsgrundsätze unten Rz. 211 ff.) oder als Bewertungsfaktor im Rahmen der Interessenabwägung. In diesem Sinne sind auch die verfassungsmäßigen Grundrechte und die unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Europarechts in ihrer Ausstrahlungswirkung auf das Rechtsverhältnis zwischen Verwender und der anderen Vertragspartei zu berücksichtigen873. Dementsprechend lassen sich die Regeln der EG-kartellrechtlichen Gruppenfreistellungsverordnungen (GVOen) nicht als generelle Maßstäbe für die Inhaltskontrolle heranziehen, etwa in dem Sinne, dass die Kartellrechtskonformität bestimmter Klauseln nach der GVO zugleich die AGB-rechtliche Unbedenklichkeit begründen und die Qualifikation als „schwarze“ oder sonst nicht freigestellte Klausel stets zugleich als unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 gewertet würde. Der BGH hat zwar die Frage der Leitbildfähigkeit europäischer GVO bislang ausdrücklich offen gelassen874, in der Sache aber der kartellrechtlichen Beurteilung nicht den allein ausschlaggebenden Einfluss auf die AGB-rechtliche Angemessenheitsprüfung eingeräumt, sondern z.B. die Unwirksamkeit einer Kündigungsklausel in einem Vertragshändlervertrag „ungeachtet ihrer etwaigen Vereinbarkeit mit EG-Kartellrecht“ festgestellt875. Den 870 So z.B. BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 (1382) (Citroën) („Klausel nach Art. 81 Abs. 2 EG nichtig und aus diesem Grund zugleich nach § 307 BGB unwirksam“). Vgl. Vor § 307 Rz. 57 m.w.N. 871 Siehe nur BGH v. 27.1.2010 – VIII ZR 326/08, WM 2010, 1038 (1042 f.) (zur Abweichung von zwingenden Bestimmungen der GasGVV). 872 Zust. BGH v. 27.5.2010 – VII ZR 165/09, NJW 2010, 2272 (2273 Rz. 15); ebenso Fastrich S. 284; Staudinger/Coester Rz. 232 a.E.; ebenso für die speziellen Klauselverbote nach §§ 308, 309, sofern sie nicht unmittelbar einschlägig sind, Stoffels Rz. 508; differenz. Staudinger/Coester Rz. 242 (regelmäßig nur im Rahmen von § 307 Abs. 1 berücksichtigungsfähig). 873 Ohne Beachtung der Drittwirkungsproblematik für unmittelbare Zurechnung zur „gesetzlichen Regelung“ dagegen Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 134. 874 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (353) = NJW 1994, 1060 (Daihatsu); BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WuW/E DE-R 1335, 1338 = WRP 2004, 1378 (Citroën). 875 Vgl. BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 (1384 f.) (Citroën) (unangemessene Benachteiligung durch außerordentliches Kündigungsrecht des Herstellers wegen Nichterreichens von Absatzzielen durch den Vertragshändler, obwohl die Mindestlaufzeit des Vertrages eingehalten wurde und der Mindestfrist für eine ordentliche Kündigung nach Art. 3 Abs. 5b VO 1400/2002 entsprach; Unangemessenheit einer Klausel über die Festsetzung des vorzuhaltenden Bestands an Vorführwagen „unabhängig von der kartellrechtlichen Beurteilung“, BGH a.a.O. S. 1383). Für den umgekehrten Fall der fehlenden Freistellung einer Klausel nach der GVO lehnt der BGH eine negative Ausstrahlungswirkung der GVO im Sinne einer Begründung der Unangemessenheit unter Hinweis auf die mögliche unmittelbare Anwendbarkeit des primärrechtlichen Freistellungstatbestands Art. 81 Abs. 3 EG (jetzt Art. 101 Abs. 3 AEUV) sogar für „schwarze Klauseln“ ab, obwohl die Kommission in diesen Fällen eine Freistellung

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Regelungen von GVOen können aber, soweit sie nicht nur wettbewerblich motiviert sind, sondern auch die Rechtsposition des Vertragspartners stärken sollen876, ggf. wichtige Anhaltspunkte für die Unangemessenheit kartellrechtswidriger AGB-Klauseln entnommen werden (vgl. Teil 2, (57) Vertragshändlerverträge Rz. 12 ff.: „Indizwirkung“)877. 210

Die allgemeinen Vorschriften des AGB-Rechts (§§ 305–306) scheiden ebenfalls als Vergleichsmaßstab im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 aus, schon weil sie zwingende Vorschriften sind, die nicht über Einbeziehungs-, Schriftform- oder salvatorische Klauseln außer Kraft gesetzt werden können878. Auch gegen sie kann aber mit der Verbandsklage entsprechend § 1 UKlaG vorgegangen werden. Häufig greifen ohnehin spezielle Klauselverbote ein879. cc) Ungeschriebene Rechtsgrundsätze und Richterrecht

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Normative Leitbilder entnimmt die h.M. nicht nur den positiv gesetzten oder gewohnheitsrechtlich anerkannten Vorschriften des dispositiven Rechts, sondern letztlich der gesamten Rechtsordnung unter Einschluss daraus abgeleiteter allgemeiner Rechtsgrundsätze880. Darüber hinaus wird verbreitet auch das „Richterrecht“ pauschal einbezogen881. Die Erkenntnisse der Gerichte, insbesondere

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für „unwahrscheinlich“ erachtet, vgl. die Mitteilung der Kommission, Leitlinien für vertikale Beschränkungen v. 10.5.2010, SEK (2010) 411 endg. (Vertikal-Leitlinien Rz. 47); allerdings betonte die Kommission später, dass einzelne Kernbeschränkungen unter besonderen Umständen nicht unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen oder die Voraussetzungen der Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllen können, vgl. Vertikal-Leitlinien Rz. 60 ff.; siehe zur Bedeutung der Kfz-GVO für Vertragshändlerverträge auch Teil 2, (57) Vertragshändlerverträge Rz. 10. So verfolgen z.B. in der KfZ-GVO die Regelungen über die Zulässigkeit des Mehrmarkenvertriebs (Art. 5 Abs. 1a und c GVO), die Übertragbarkeit der Rechtsstellung auf andere Händler/Werkstätten (Art. 3 Abs. 3) und die Mindestlaufzeit/-kündigungsfrist des Vertrages (Art. 3 Abs. 5) das Ziel, die Unabhängigkeit der Händler gegenüber den Herstellern zu stärken, vgl. Erwägungsgrund 9 der Kfz-GVO (VO 1400/2002). Weitergehend die Leitbildfähigkeit der europäischen GVOen ausdrücklich bejahend MünchKomm/Wurmnest Rz. 68; ebenso Palandt/Grüneberg (zur Vertikal-GVO). Stoffels Rz. 508; Becker S. 107 ff.; von Hoyningen-Huene Rz. 256 ff.; Staudinger/Coester Rz. 241 f.; a.A. BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 83/82, NJW 1983, 1854 (1855); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 136; Erman/Roloff § 307 Rz. 24. Vgl. z.B. BGH v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 = NJW 1987, 1634 (Verstoß gegen § 11 Nr. 15b AGBG [jetzt § 309 Nr. 12b] durch vorformulierte Aushandelnsbestätigung); BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761 (untergeschobene Einverständniserklärung mit Geltung der AGB als verbotene Beweislaständerung). Auch die vorformulierte Festlegung, dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung einer Klausel stets die für den Verwender günstigere Bedeutung gelten solle, ist wegen Verstoßes gegen § 305c Abs. 2 ohne weiteres unwirksam, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 307 Abs. 2 Nr. 1 (oder § 307 Abs. 1) bedürfte, vgl. aber BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1986, 924 (Verstoß gegen § 9 AGBG). BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (163) = NJW 1987, 1931; BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 259/82, NJW 1983, 1671; BGH v. 24.4.1991 – VIII ZR 180/90, BB 1991, 2252; BGH v. 8.7.1993 – VII ZR 79/92, NJW 1993, 2738 (2739); eine Rechtsprechungsübersicht findet sich bei Woitkewitsch VuR 2007, 252; Brandner (9. Aufl.) § 9 Rz. 137; a.A. Becker S. 79 ff., 89 (nur subsumtionsfähige Rechtssätze); ähnlich Stoffels Rz. 512 f. (nur „rechtssatzförmige Prinzipien“; noch enger wohl von Hoyningen-Huene Rz. 250 (nur Rechtsnormen i.S.d. Art. 2 EGBGB). Siehe insb. BGH v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, NJW 1993, 721 (722); BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, NJW 1998, 1640 (1642); MünchKomm/Wurmnest Rz. 68; Staudinger/ Coester Rz. 234, 236 m.w.N.

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wenn sie zu einer ständigen Rechtsprechung verfestigt sind, stellen zwar keine Rechtsnormen i.S.d. Art. 2 EGBGB dar882. Sie tragen aber entscheidend zur Konkretisierung gesetzlicher Wertungen bei, vor allem durch Analogien und Rechtsfortbildung. Die Entwicklung ist gleichwohl nicht unbedenklich, weil sie die Konturen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 (insb. im Verhältnis zu Nr. 2, dem kaum ein eigener Anwendungsbereich verbleibt) zu überdehnen droht883. Die mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 erstrebte Entlastung der Unangemessenheitsprüfung wird dadurch konterkariert, ohne dass die Ausweitung dieses Tatbestands für einen lückenlosen Schutz gegen die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit erforderlich wäre. Vielmehr stehen mit § 307 Abs. 2 Nr. 2 sowie der allgemeinen Generalklausel nach § 307 Abs. 1 weitere Kontrolltatbestände zur Verfügung. In deren Rahmen ist allerdings ebenfalls zunächst ein „Leitbild“ (ohne Beschränkung auf die „gesetzlichen Regelungen“) herauszuarbeiten, das als Maßstab für die umfassende Interessenbewertung dienen kann. Da es insoweit letztlich nur um die gesetzessystematisch vorzugswürdige dogmatische Verortung der „Leitbilddiskussion“ geht, ohne dass sich diese im Ergebnis auswirken würde, wird hier auf eine umfassende Einzelkritik der ausufernden Heranziehung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 zu Gunsten einer kritischen Analyse der Leitbildfähigkeit allgemeiner Rechtsgrundsätze und des Richterrechts verzichtet, die auch Relevanz für die anderen Tatbestände der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 1) besitzt.

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Im Schrifttum finden sich zuweilen Ansätze, welche die Leitbildfähigkeit allgemeiner Rechtsgrundsätze von der Erfüllung qualifizierter Voraussetzungen abhängig machen wollen. Von einer „gesetzlichen Regelung“ könne nur die Rede sein, wenn der ungeschriebene Rechtsgrundsatz zum einen so im positiven Recht verankert sei, dass er sich zuverlässig und in einem methodisch gesicherten Verfahren daraus ableiten lasse884, zum anderen müsse er eine rechtssatzförmige Struktur aufweisen, also einen konturierten Tatbestand und eine ihm zugeordnete Rechtsfolge885. Richtig ist, dass die als „gesetzliches“ Leitbild herangezogenen allgemeinen Prinzipien nicht nur ad hoc gebildete Argumente zur Verdeutlichung oder Überhöhung der bei der Angemessenheitsprüfung vollzogenen Abwägung sein dürfen886. Andererseits ist es überzogen, einen subsumtionsfähigen Rechtssatz zu verlangen, da es nicht auf die bloße Abweichung von Rechtsnormen, sondern den Widerspruch zu darin verkörperten Grundgedanken ankommt, die als solche nicht subsumtionsfähig sind887. Vereinzelt wird lediglich eine „rechtssatzförmige Struktur“ gefordert, doch bleiben die Anforderungen an den notwendigen Konkretisierungsgrad letztlich unklar, wenn einerseits auf die regelmäßig fehlende Eignung allgemeiner Rechtsgrundsätze als subsumtionsfähige, der Abwendung auf den Einzelfall fähige Regeln verwiesen wird, an-

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Staudinger/Merten Art. 2 EGBGB Rz. 39 f.; Stoffels Rz. 510. Ebenso Stoffels Rz. 510. Vgl. Stoffels Rz. 511; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 137. Stoffels Rz. 511, 512. So aber vielfach die Tendenz in der Rspr., vgl. z.B. BGH v. 7.5.1991 – XI ZR 244/90, NJW 1991, 1953; BGH v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, NJW 1993, 721 (722); BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, NJW 1994, 318 (319); dagegen zu Recht Stoffels Rz. 511; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 137. 887 So zutr. und besonders klar Staudinger/Coester Rz. 234 gegen Becker S. 87 ff., 103 ff., von Hoyningen-Huene Rz. 250.

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dererseits aber kein unmittelbar subsumtionsfähiger Rechtssatz verlangt wird888. Die Eignung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes als „Leitbild“ für die Inhaltskontrolle setzt jedenfalls konkretere Aussagen voraus als die allgemeinen Maßstäbe der Unangemessenheit, „Vertragsgerechtigkeit“889, Fairness, Treu und Glauben etc. Dem Verhältnismäßigkeitsprinzip kommt zwar ein hoher Stellenwert als Bewertungsgrundsatz im Rahmen der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 zu890, ist aber viel zu unbestimmt, um allein daran die Kontrolle eines in bestimmter Weise vertraglich geregelten Interessenkonflikts ausrichten zu können891. Das Gleiche gilt für die in der Rechtsprechung nicht selten vorkommende generelle Bezugnahme auf Vertragstypen oder sonstige Gesamtregelungen wie z.B. das „gesetzliche Leitbild des Werkvertrags“892, „der Bürgschaft“893, „des Erbbaurechts“894 oder auf „Grundgedanken des Dienstvertragsrechts“895. Solche allgemeinen Wendungen ersetzen meist nur die gebotene differenzierte Interessenabwägung im Rahmen des eigentlich anzuwendenden § 307 Abs. 1896. 214

Trotz eines relativ bescheidenen Konkretisierungsgewinns ist der Grundsatz der Bindung beider Vertragsparteien eine materielle Wertungsregel, die durchaus geeignet erscheint, der Beurteilung einer bestimmten Verteilung von Rechten und Pflichten die Richtung zu weisen897. Weitere Beispiele für leitbildfähige allgemeine Rechtsgrundsätze sind das Äquivalenzprinzip898, die Pflicht zur Erfüllung eigener gesetzlicher Verpflichtungen ohne Anspruch auf gesonderte Vergütung899, der 888 So Stoffels Rz. 512 f. 889 Insoweit zutr. Stoffels Rz. 512 gegen BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, NJW 1985, 3013 (3014); vgl. auch Staudinger/Coester Rz. 235. 890 Dazu Staudinger/Coester Rz. 162 m.w.N. (Verbot übermäßiger Interessenbeeinträchtigung des Vertragspartners); näher Rz. 105 f. 891 In diesem Sinne wohl auch Stoffels Rz. 512; die von ihm als Gegenbeispiel zitierte Entscheidung BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, NJW 1985, 3013 (3014) betraf eine Entgeltregelung in Wasserversorgungsverträgen, für die eine Geltung des Äquivalenz- und Verhältnismäßigkeitsprinzips postuliert wurde; ersteres hält auch Stoffels Rz. 513 für leitbildfähig, näher dazu sogleich in Rz. 214 f. 892 BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, NJW 1984, 2160; BGH v. 27.11.1990 – X ZR 26/90, NJW 1991, 976. 893 BGH v. 11.10.1984 – IX ZR 73/83, BGHZ 92, 295 (300) = NJW 1985, 45; BGH v. 10.11.1988 – III ZR 215/87, NJW 1989, 1284; vgl auch BGH v. 25.9.1990 – XI ZR 142/89, NJW 1991, 100. 894 BGH v. 17.5.1991 – V ZR 140/90, BGHZ 114, 338 = NJW 1991, 2141 (Unwirksamkeit einer zeitlich unbegrenzten Kaufzwangklausel zu Lasten des Erbbauberechtigten); zust. aber Mayer-Maly NJW 1996, 2015. 895 OLG Frankfurt v. 1.11.1983 – 11 U 4/83, NJW 1984, 180; OLG Düsseldorf v. 29.6.2006 – 24 U 196/04, NJW-RR 2007, 129 (130 f.). 896 Ebenso bereits Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 139 a.E. 897 Vgl. BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 (211) (Verletzung dieses Grundsatzes durch einseitiges Veränderungsrecht des Verwenders); a.A. Stoffels Rz. 512 (zu allgemein). 898 Dieses bezieht sich auf den „Bestand der synallagmatischen Pflichten“ beim gegenseitigen Vertrag und liegt den §§ 320 ff. zugrunde, so von Hoyningen-Huene Rz. 251 und die ganz h.L., siehe nur Stoffels Rz. 513; Staudinger/Coester Rz. 235. 899 Vgl. insb. BGH v. 7.5.1991 – XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330 (335) = NJW 1991, 1953 (1954) (Erteilung der Löschungsbewilligung bei Grundpfandrechten); ferner BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43 (45 f.); BGH v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, NJW 1999, 2276 f.; BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, ZIP 2000, 16 (18); BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, NJW 2002, 2386 (2387) sowie jüngst BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, NJW-RR 2014, 1133 m. Anm. Radke jM 2015, 64; Bunte EWiR 2014, 439; BGH v. 7.6.2011 – XI ZR 388/10, DB 2011, 2078 m. Anm. Bunte EWiR 2011, 453.

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haftungsrechtliche Verschuldensgrundsatz (keine Schadensersatzhaftung ohne schuldhaftes Verhalten)900, die Anrechnung ersparter Aufwendungen auf Schadensersatzforderungen901 sowie die Vermeidung einer sonstigen Besserstellung als bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung902. Das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung zählt nach der 215 Rechtsprechung zu den wesentlichen Grundgedanken der für schuldrechtliche Verträge geltenden Regeln des bürgerlichen Rechts903 und wird z.B. verletzt, wenn eine Tagespreisklausel dem Verwender ermöglicht, durch nachträgliche Preisänderungen das bei Vertragsschluss bestehende Gleichgewicht der Leistungen nachträglich zu ändern, ohne dass der Vertragspartner sich vom Vertrag lösen kann904. Gleiches gilt für die Gültigkeitsbefristung einer Telefonkarte, wenn der Erwerber die im Voraus bezahlten Gesprächseinheiten nur innerhalb einer bestimmten Geltungsdauer beanspruchen kann und keine Möglichkeit erhält, den Gegenwert der nicht verbrauchten Einheiten erstattet oder zumindest beim Erwerb einer neuen Telefonkarte angerechnet zu bekommen905. Auch eine zeitliche Gültigkeitsbeschränkung von Gutscheinen entgegen den gesetzlichen Verjährungsfristen (im konkreten Fall auf die Dauer von einem Jahr) beeinflusst das Äquivalenzverhältnis906. Eine Klausel in den AGB eines Mobilfunkanbieters, nach der ein bei Beendigung des Vertragsverhältnisses eventuell bestehendes Guthaben des Kunden verfällt, es sei denn, der Vertrag ende aus nicht vom Kunden zu vertretenden Gründen oder auf Grund eines vom Anbieter zu vertretenden Umstands, stellt ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung dar907. An900 Siehe nur BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, ZIP 2006, 235 (240 f.); BGH v. 9.4.2002 – XI ZR 245/01, NJW 2002, 1950 (1952); BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, NJW 1997, 1700 (1702); Stoffels Rz. 513; Staudinger/Coester Rz. 235 jeweils m.w.N. 901 BGH v. 11.1.1995 – VIII ZR 61/94, NJW 1995, 954. 902 Vgl. BGH v. 26.6.2002 – VII ZR 147/01, NJW 2002, 2713 (2714 f.) (Verstoß dagegen durch Klausel in Leasingvertrag, nach der bei vorzeitiger Vertragsbeendigung im Gegensatz zur ordnungsgemäßen Beendigung nur 90% des erzielten Gebrauchtwagenerlöses berücksichtigt werden). 903 BGH v. 9.10.1985 – VIII ZR 217/84, BGHZ 96, 103 (109) m.w.N.; siehe auch OLG Düsseldorf v. 29.6.2006 – 24 U 196/04, NJW-RR 2007, 129 (130). 904 BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, WM 1982, 9 (10); BGH v. 26.3.1986 – VIII ZR 85/85, NJW 1986, 1809. Vgl. zu weiteren Fällen z.B. BGH v. 26.3.1986 – VIII ZR 85/85, NJW 1988, 204 (206); BGH v. 16.10.1996 – VIII ZR 54/96, NJW-RR 1997, 304 (305) (Bereitstellung eines Darlehens); siehe auch BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NZA 2005, 465 (467) (Widerrufsvorbehalt für übertarifliche Leistungen). 905 BGH v. 12.6.2001 – XI ZR 274/00, BGHZ 148, 74 = NJW 2001, 2635 = BB 2001, 1543 (1545) = ZIP 2001, 1418 = CR 2001, 596 m. Anm. Moritz CR 2001, 832 ff.; vgl. zur Möglichkeit zulässig ausgestalteter Ausschlussfristen unter Wahrung der berechtigten Belange der anderen Partei BGH v. 13.3.1991 – VIII ZR 34/90, NJW 1991, 1746 (1749); s. auch OLG Frankfurt v. 15.4.2010 – 6 U 49/09, K&R 2010, 517 (520) (Zulässigkeit der Befristung der Gültigkeitsdauer von ermäßigten Bahntickets auf ca. 11 Wochen). 906 OLG München v. 17.1.2008 – 29 U 3193/07, K&R 2007, 428 (429) = NJW-RR 2008, 1233 (1234); zust. von Westphalen NJW 2009, 2355 (2359). 907 OLG Köln v. 1.12.2000 – 6 U 63/00, CR 2001, 232 f. Das Gericht deutet an, dass es einen Verfall nur des Restguthabens aus den monatlichen Mindestaufladungen i.H.v. 50 DM wohl nicht beanstandet hätte; unangemessen sei es aber, den Verfall auch auf freiwillige Mehreinzahlungen zu erstrecken; weitergehend für generelle Unangemessenheit des Verfalls von Restguthaben aus einem Telefonkartenvertrag über eine nicht chipgebundene CallingCard durch Gültigkeitsbefristung OLG Nürnberg EWiR § 307 BGB 2/03, 901 (m. abl. Anm. Lindacher); ebenso OLG Köln v. 7.3.2003 – 6 U 137/02, WRP 2003, 1014 (1017) für eine „XtraCash-Karte“ (Telefonguthaben zum Aufladen für ein Mobiltelefon) mit lediglich einjähriger Gültigkeit mangels eines anerkennenswer-

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dererseits ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass nicht jede zeitliche Begrenzung der Gültigkeitsdauer als nicht hinnehmbarer Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip anzusehen ist. Voraussetzung ist aber ein gewichtiges, schützenswertes Interesse des Verwenders und eine die Interessen des Vertragspartners möglichst schonende Ausgestaltung der Ausschlussfrist908. 215a

Zu einer gravierenden und nicht hinnehmbaren Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses der Leistungsbeziehung zu Lasten des Kunden führt das pauschale Verbot des „cross-ticketing“ in den Beförderungsbedingungen einer Fluggesellschaft; danach soll ein Flugschein seine Gültigkeit verlieren, wenn nicht alle Flight Coupons (Teilstrecken) in der gebuchten Reihenfolge ausgenutzt werden909. Derartige Klauseln weichen von der zu den wesentlichen Grundgedanken des Schuldrechts zählenden Regel ab, dass der Gläubiger einer teilbaren Leistung grundsätzlich berechtigt ist, nur einen Teil der ihm vertraglich zustehenden Gesamtleistung zu verlangen, sofern dem nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegensteht910. Das Interesse der Fluggesellschaft an der privatautonomen, unterschiedlichen Nachfragesituationen angepassten Ausgestaltung seines Tarifsystems und der Verhinderung eines „Unterlaufens“ der gewählten Tarifstruktur vermag den generellen Ausschluss des Rechts des Kunden, die Beförderungsleistung nur teilweise in Anspruch zu nehmen, nicht zu rechtfertigen, weil die vollständige Versagung der Gegenleistung gegen das Übermaßverbot verstößt911. Eine unangemessene Benachteiligung stellt auch eine Klausel dar, nach der die im Rahmen eines Flugprämienprogramms bereits erworbenen Bonuspunkte nach einer Kündigung des Teilnehmervertrags durch das Luftverkehrsunternehmen erheblich schneller verfallen sollen912.

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ten Interesses des Verwenders an der Befristung; LG München I v. 26.1.2006 – 12 O 16098/05, VuR 2006, 104 f. (unwirksame Verfallklausel in Prepaid-Mobilfunkvertrag – „LOOP/O2“); OLG München v. 22.6.2006 – 29 U 2294/06, MMR 2006, 614 (615) = NJW 2006, 2416 (2417) (Verfallklauseln in „Prepaid“-Mobilfunk-AGB). Als grundsätzlich zulässig wurden z.B. angesehen eine dreimonatige Ausschlussfrist für Schadensersatzansprüche wegen Verlustes oder Beschädigung der von der Krankenhausverwaltung verwahrten Wertsachen (BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761 [764], anders aber im konkreten Fall wegen des möglichen Zwanges zur Geltendmachung der Ansprüche noch während der fortdauernden Behandlung, a.a.O. S. 765), das Erlöschen aller Ansprüche gegen die Lotterieverwaltung aus der Teilnahme an einer wöchentlich stattfindenden Pferdewette innerhalb von 13 Wochen (BGH v. 21.3.1991 – III ZR 94/89, NJW 1991, 1745), eine einjährige Ausschlussfrist für die klageweise Geltendmachung von abgelehnten Ansprüchen des Bausparers (BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1991, 2559). BGH v. 29.4.2010 – Xa ZR 5/09, NJW 2010, 1958 (1960); AG Köln v. 5.1.2005 – 117 C 269/04, NJW 2005, 2716; LG Frankfurt/M. v. 14.12.2007 – 2/2 O 249/07, NJOZ 2008, 3657 (3659); siehe auch Purnhagen VuR 2009, 72; Kappus in von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht (Allgemeine Reisebedingungen) Rz. 10 m.w.N. zur instanzgerichtlichen Rspr. BGH v. 29.4.2010 – Xa ZR 5/09, NJW 2010, 1958 (1959). BGHv. 29.4.2010 – Xa ZR 5/09, NJW 2010, 1958 (1960 f.). Als milderes, zur Interessenwahrung des Verwenders ausreichendes Mittel kommt nach Ansicht des BGH v. 29.4.2010 – Xa ZR 5/09, die Vereinbarung eines Aufpreises für die verbleibende Teilleistung bei Nichtinanspruchnahme einer Teilleistung in Betracht. BGH v. 28.1.2010 – Xa ZR 37/09, NJW 2010, 2046 (2047 f.) (keine Rechtfertigung für teilweisen Entzug des gewährten Rabatts durch Einschränkung des Einlösungszeitraums der Bonuspunkte von bislang 60 Monaten ab Flugdatum auf sechs Monate ab Zugang der Kündigung), in Abgrenzung dazu BGH v. 28.10.2014 – X ZR 79/13 (das Verbot, Prämiendokumente an Dritte weiterzugeben, stellt eine im Rahmen eines Kun-

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Eine Abwesenheitsklausel in einem Heimvertrag, nach der für den Fall einer Ab- 215b wesenheit von bis zu drei Tagen keine Erstattung ersparter Aufwendungen vorzunehmen ist, ist dagegen grundsätzlich wirksam913. Bindungsklauseln in Arbeitsverträgen, die sich auf Sonderzahlungen beziehen, die (auch) Gegenleistung sind, stellen eine unzulässige nachträgliche Veränderung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dar und sind nicht durch ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers zu rechtfertigen914. Wird dem Kunden mit dem Umwandlungsverlangen bzw. der Umwandlung des vorhandenen Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto ein bestehender Kredit sozusagen „automatisch“ entzogen, stellt dies ebenfalls einen einseitigen Eingriff in das Äquivalenzverhältnis dar915. Der allgemeine Grundsatz des Haftungsrechts, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz regelmäßig nur bei schuldhaftem Verhalten besteht, gilt nach der Rechtsprechung als Ausdruck des Gerechtigkeitsgebots sowohl für vertragliche wie für gesetzliche Ansprüche916. Ausnahmen bestehen für gesetzlich geregelte Fälle der Gefährdungshaftung, für ein vom Verkäufer übernommenes Beschaffungsrisiko und eine von ihm erklärte Garantie der Beschaffenheit der Kaufsache (§ 276 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2). Vor diesem Hintergrund hält der BGH die formularmäßige Statuierung einer generell verschuldensunabhängigen Rechtsmängelhaftung des Verkäufers für unvereinbar mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung917. Es findet sich jedoch kein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der Art und Umfang des versicherungsrechtlichen Schadensbegriffes beschreibt918. Die formularmäßige Begründung eines verschuldensunabhängigen Vertragsstrafeanspruchs für die Verletzung wesentlicher Vertragspflichten ist

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denbindungsprogramms zulässige Bestimmung der vom Anbieter versprochenen Leistung dar und unterliegt damit nicht der Inhaltskontrolle; näher hierzu Rz. 69b). BGH v. 27.10.2005 – III ZR 59/05, NJW 2005, 3632 (unter Bezugnahme auf die am 1.1.2002 in Kraft getretene und bis zum 30.9.2009 geltende Regelung des § 5 Abs. 8 HeimG); anders noch BGH v. 5.7.2001 – III ZR 310/00, BGHZ 148, 233 = NJW 2001, 2971 für die zuvor geltende Rechtslage. Seit dem 1.10.2009 sieht § 7 Abs. 5 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG, BGBl. 2009 I 2319) ausdrücklich vor, dass eine Anrechnung erst nach mehr als drei Tagen Abwesenheit erfolgen muss. In anderen Fällen ersparter Verpflegungsaufwendungen bleibt der Heimträger dagegen zur vollen Erstattung verpflichtet, vgl. für die (dauerhafte) Angewiesenheit auf Sondernahrung BGH v. 22.1.2004 – III ZR 68/03, BGHZ 157, 309 (315) = NJW 2004, 1104; BGH v. 4.11.2004 – III ZR 371/03, NJW 2005, 824 (826); bestätigt durch BGH v. 27.10.2005 – III ZR 59/05, NJW 2005, 3632 (3633). Derartige Fälle werden von § 7 Abs. 5 WBVG nicht erfasst, so auch von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Heimvertrag) Rz. 20; allgemein zu kritischen Klauseln in Heimverträgen Schroth PKR 2013, 2 ff. BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136 m. Anm. Zwarg DB 2014, 2972; ausführlich dazu Richter ArbRAktuell 2014, 193 (194); Löw AuA 2012, 717 ff.; Löw/ Glück DB 2015, 187 ff. BGH v. 16.7.2013 – XI ZR 260/12, NJW 2013, 3163; BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995 m. Anm. Brögelmann NJ 2013,167; Sudergat ZVI 2013, 22; Vos GWR 2013, 424. Vgl. z.B. BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 (240) = NJW 1991, 1886 (1887) (Haftung für Missbrauch einer Kundenkreditkarte); BGH v. 9.7.1992 – VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152 (168); BGH v. 1.4.1992 – XII ZR 100/91, NJW 1992, 1761 (Haftung des Mieters für versicherbare Schäden); BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 (121) = NJW 1997, 1700 (1701 f.); BGH v. 9.4.2002 – XI ZR 245/01, BGHZ 150, 269 (276); BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, ZIP 2006, 235 (240); OLG Brandenburg BB 2007, 415. BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, ZIP 2006, 235 (240 f.) (Einkaufs-AGB eines Baumarkts). BGH v. 24.5.2006 – IV ZR 263/03, NJW 2006, 2545 (2546 f.).

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auch im unternehmerischen Verkehr unwirksam919. Gleiches gilt für eine Schadenspauschalierung, die dem Unternehmer den Nachweis eines geringeren Schadens abschneidet920. Auch die Qualifizierung eines Verhaltens als Schuldgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung kann in AGB nicht wirksam vereinbart oder anerkannt werden921. 217

Der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Pflichten zu erfüllen habe, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können, spielt in der Praxis bei der Inhaltskontrolle von Preisnebenabreden eine herausragende Rolle, insb. bei Banken (ausführlich oben Rz. 78 ff. m.w.N.) und Telekommunikationsunternehmen922. Eine Kostenerstattung kann danach nur verlangt werden, wenn sie im Gesetz vorgesehen ist. Darüber hinaus lässt sich nach gefestigter Rechtsprechung des BGH formularmäßig eine Entgeltpflicht des Kunden nur begründen, wenn sie eine auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbrachte Leistung abgelten soll, wobei der Begriff der Leistung nicht zur Disposition des Verwenders steht923. Eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung stellt es auch dar, wenn Gebühren für die Entgegennahme einer vom Vertragspartner geschuldeten Leistung verlangt werden, z.B. für die Zahlung mit Kredit- oder Zahlungskarten; jedenfalls wenn kein gängiger und zumutbarer alternativer Zahlungsweg ohne Zusatzkosten eröffnet wird, liegt darin eine unangemessene Benachteiligung des Kunden924.

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Der Ausschluss von Einwendungen des Kunden gegen die Rechnung eines Versorgungsunternehmens und der Verweis auf deren Geltendmachung in einem Rückforderungsprozess widerspricht der grundlegenden gesetzlichen Regel, dass der Gläubiger die Entstehung, Begründetheit und Fälligkeit einer Forderung darlegen und ggf. beweisen muss, bevor er berechtigterweise Erfüllung verlangen kann, und dass umgekehrt kein Anspruch auf die Leistung besteht, wenn der Schuldner berechtigte Einwände geltend macht925.

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Weitere Einzelfälle: Zusammenfassung fortgesetzter Handlungen bei der Vertragsstrafenbildung als „anerkannte Regel“926; Taschenkontrolle im Kaufhaus nur bei konkretem Diebstahlverdacht927; Abwicklung gegenseitiger Verträge „Zug um Zug“928; keine Abbedingung einer angemessenen Vergütung für geleis919 BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, WRP 2003, 981 (987) (Kommissionsagenturvertrag). 920 BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, WRP 2003, 981 (987) (verschuldensunabhängige Haftung für einen Warenschwund, der einen bestimmten Prozentsatz übersteigt); vgl. auch BGH v. 28.5.1984 – III ZR 231/82, NJW 1984, 2941 (2942); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1068). 921 BGH v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14, ZIP 2015, 1692 (1694). 922 BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, NJW 2002, 2386 (Unzulässigkeit einer Deaktivierungsgebühr bei Beendigung eines Mobilfunkvertrages). 923 BGH v. 18.5.1999 – XI ZR 219/98, WM 1999, 1271 (1272); näher oben Rz. 79 ff., 88. 924 BGH v. 20.5.2010 – Xa ZR 68/09, NJW 2010, 2719 (2721 f.). 925 BGH v. 5.7.2005 – X ZR 60/04, WRP 2005, 1253 (1257). 926 BGH v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, BGHZ 121, 13 (18) = NJW 1993, 721. 927 BGH v. 3.7.1996 – VIII ZR 221/95, NJW 1996, 2574. 928 Vgl. zur Leitbildfunktion des § 320, BGH v. 7.3.2013 – VII 162/12, NJW 2013, 1431; ebenso schon BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (163) = NJW 1987, 1931, wo daraus enge Grenzen für Vorkasseklauseln abgeleitet werden; daran anknüpfend BGH v. 20.6.2006 – X ZR 59/05, NJW 2006 3134 sowie aus jüngster Zeit BGH v. 9.12.2014 – X ZR 85/12, NJW 2015, 1444 = WM 2015, 1249 (Klausel über Anzahlung i.H.v. mehr als 20% des Reisepreises bei Vertragsschluss sowie über Fälligkeit des rest-

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tete Berufsarbeit929, kein vollständiger Ausschluss des Rückgewähranspruchs bei Bestellung dinglicher Sicherheiten930, kein formularmäßiger Ausschluss von „Überhangprovisionen“ eines Handelsvertreters für die Vermittlung von Telefondienstverträgen entgegen § 87a Abs. 3, Abs. 5 HGB931; kein formularmäßiger Verzicht auf die Wirkungen der Restschuldbefreiung932. dd) Einbeziehung vertragstypenspezifischer Grundgedanken? Die Rechtsprechung und weite Teile des Schrifttums rechnen zu den „gesetzli- 220 chen Vorschriften“ nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 auch solche Rechte und Pflichten der Parteien, die im Wege ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 aus der Natur des Schuldverhältnisses abgeleitet werden933. Richtig ist die Diagnose, dass sich für eine wachsende Zahl von (modernen) Vertragstypen die tragenden Grundpfeiler für eine ausgewogene Regelung nicht mehr unmittelbar dem positiven Gesetz entnehmen lassen, weil entweder keine (geschlossene) gesetzliche Regelung existiert oder sich der Realtyp des Vertrages so weit von dem gesetzlichen Modell entfernt hat, dass wesentliche Teile der bestehenden Vorschriften keine

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lichen Reisepreises früher als 30 Tage vor Reiseantritt unwirksam); ebenso BGH v. 9.12.2014 – X ZR 147/13, WM 2015, 1253; OLG Düsseldorf v. 18.9.2014 – I-6 U 161/13, NJW 2015, 174 (Unwirksamkeit von Klauseln in Pauschalreisebedingungen über eine Anzahlungspflicht i.H.v. 30% des Reisepreises sofort nach Erhalt der Reisebestätigung/ Rechnung sowie der Fälligkeit der Restzahlung 40 Tage vor Reiseantritt); erheblich großzügiger dagegen BGH v. 4.3.2010 – III ZR 79/09, NJW 2010, 1449 = CR 2010, 327 (330) m. Anm. Hilber/Rabus (Auferlegung einer jährlichen Vorauszahlung des Kunden bei einem als Werkvertrag qualifizierten „Internet-System-Vertrag“ zulässig, da dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt und den berechtigten Interessen des Kunden [noch] hinreichend Rechnung getragen sei; vgl. dazu bereits oben Rz. 199); ähnlich für Luftbeförderungsverträge OLG Frankfurt v. 4.9.2014 – 16 U 15/14, WRP 2014, 1350 (1352 ff.) (kein Verstoß gegen §§ 307 Abs.1, Abs. 2 Nr. 1, 309 Nr. 2a durch Vorleistungsklausel in den AGB einer Fluglinie, da einerseits aufgrund von Besonderheiten bei Beförderungsleistungen ein überwiegendes Interesse der Fluggesellschaft an der sofortigen Bezahlung bei Buchung des Fluges bestehe und andererseits weder die Übernahme des allgemeinen Insolvenzrisikos der Fluggesellschaft noch der Verlust des Leistungsverweigerungsrechts für den Kunden besonders ins Gewicht falle angesichts der Ansprüche nach der FluggastrechteVO (EG) Nr. 261/2004, der staatlichen Überwachung von Luftfahrtunternehmen und der Möglichkeit, für ein geringes Entgelt eine Fluginsolvenzverischerung abzuschließen). BGH v. 17.9.1998 – IX ZR 237/97, BGHZ 139, 309 = NJW 1998, 3567. Vgl. nur BGH v. 9.2.1989 – IX ZR 145/87, NJW 1989, 1349 (1350), wo der BGH v. 9.2.1989 – IX ZR 145/87, vom „Leitbild der Bestellung einer Sicherungsgrundschuld“ spricht und den uneingeschränkten Ausschluss des Rückgewähranspruchs bei Erlöschen der Forderung für unwirksam erklärt; fortgeführt durch BGH v. 18.7.2014 – V ZR 178/13, NJW 2014, 3772 m. Anm. Clemente EWiR 2014, 637 („Eine (…) Klausel, die den auf Rückgewähr der Grundschuld gerichteten Anspruch des Sicherungsgebers auf die Löschung des Grundpfandrechts beschränkt, hält der richterlichen Inhaltskontrolle jedenfalls dann nicht stand, wenn sie auch Fallgestaltungen erfasst, in denen der Sicherungsgeber im Zeitpunkt der Rückgewähr nicht mehr Grundstückseigentümer ist.“). BGH v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 (299 ff.). BGH v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14, ZIP 2015, 1692. BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 259/82, NJW 1983, 1671; BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157; BGH v. 10.12.1992 – I ZR 186/90, BGHZ 121, 13; BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, NJW 1998, 1640; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 140; Erman/Roloff § 307 Rz. 24; MünchKomm/Wurmnest Rz. 68 m.w.N.; vgl. auch Weick NJW 1978, 11 ff.; Schapp DB 1978, 621 ff. (Ausdifferenzierung gesetzlicher Regeltypen in spezifische Leitbilder für besondere vertragliche Realtypen).

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interessengerechte Lösung mehr bieten (vgl. bereits oben Rz. 200 ff.). Mangels eines passenden gesetzlichen Leitbilds obliegt es dem Rechtsanwender, sich an den wirtschaftlichen Zusammenhängen und übergreifenden Ordnungsvorstellungen zu orientieren und ein vertragstypenspezifisches Leitbild zu entwickeln934. Das hat die Rechtsprechung auch (im Ergebnis zu Recht) in weitem Umfang getan935, doch ist bei atypischen, gesetzlich nicht geregelten Verträgen nicht § 307 Abs. 2 Nr. 1, sondern der auf solche Fälle zugeschnittene § 307 Abs. 2 Nr. 2 anzuwenden936, jedenfalls solange ein neues (ungeschriebenes) Leitbild noch nicht normativ verfestigt ist937. b) Problematik und Bedeutung der Identifizierung „wesentlicher Grundgedanken“ aa) Die Leitbildfunktion des dispositiven Gesetzesrechts 221

Den Vorschriften des dispositiven Gesetzesrechts ist von der Rechtsprechung schon vor Erlass des AGBG eine Leitbildfunktion für die Inhaltskontrolle zugemessen worden938. Da es vom Gesetzgeber als fertige Regelung bereitgestellt wird und zur Anwendung kommt, wenn die Parteien nicht im Einzelfall abweichende Vereinbarungen treffen, gilt es als objektives Modell eines angemessenen Interessenausgleichs zwischen den Vertragspartnern939. Allerdings kommt dabei nicht allen Vorschriften des dispositiven Gesetzesrechts die gleiche Bedeutung zu, schon weil es sonst kaum Spielraum für abweichende Regelungen in AGB gäbe und die Abweichung von Rechtsvorschriften nach § 307 Abs. 3 gerade Voraussetzung der Kontrollfähigkeit ist. Zudem kann sich das Gesetz mit seinen Regelungen nur an bestimmten abstrakten Vertragstypen und Problemkreisen orientieren, aber keine für besondere Bedürfnisse bestimmter Personenkreise

934 Insoweit zutr. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 140; Erman/Roloff § 307 Rz. 24. 935 Vgl. nur BGH v. 11.11.1968 – VIII ZR 151/66, BGHZ 51, 55 (Automatenaufstellvertrag); BGH v. 16.9.1981 – VIII ZR 265/80, BGHZ 81, 298 (Leasingvertrag); BGH v. 5.11.1997 – VIII ZR 351/96, NJW 1998, 540 (Franchisingvertrag); BGH v. 11.11.1981 – VIII ZR 271/80, NJW 1982, 167 (Beurteilung eines dem Kfz-Mieter vom Vermieter gegen Aufpreis angebotenen Versicherungsschutzes nach dem „Leitbild der Kaskoversicherung“); vgl. auch BGH v. 8.2.1978 – VIII ZR 240/76, BGHZ 70, 304 = NJW 1978, 945; BGH v. 19.6.1985 – VIII ZR 250/84, NJW 1986, 581; LG Paderborn v. 20.9.2001 – 1 S 106/01, NJW-RR 2002, 27. 936 So zu Recht Becker S. 92 ff., 134 f.; Stoffels Rz. 514; Fastrich S. 286; vgl. näher Rz. 198 f., 246 ff. 937 Vgl. die differenz. Ansicht von Staudinger/Coester Rz. 246, 265 f.; ähnlich wohl Wolf/ Pfeiffer Rz. 113 (Erfassung der „spezifischen Grundgedanken im Verkehr anerkannter Vertragstypen, auch wenn sie gesetzlich nicht geregelt sind“ nach § 307 Abs. 2 Nr. 1), Rz. 69 (Beurteilung nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 bei vertragsspezifischen Regelungen, „die ohne gesetzliche Konkretisierung allein aus dem Vertragszweck hergeleitet werden“); es besteht somit die Möglichkeit eines „Hinüberwachsens“ der Inhaltskontrolle von § 307 Abs. 2 Nr. 2 nach Nr. 1. Modifikationen des Leitbilds bei Realtypen, die sich (allmählich) aus gesetzlich geregelten Vertragstypen „herausentwickeln“, mag man von Anfang an im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 beurteilen, doch sollte sich der Rechtsanwender generell der begrenzten Bedeutung der vertragstypologischen Einordnung bewusst sein, vgl. dazu Rz. 200 ff. 938 Vgl. z.B. BGH v. 17.2.1964 – II ZR 98/62, BGHZ 41, 151 (153 f.); BGH v. 4.6.1970 – VII ZR 187/68, BGHZ 54, 106 (109 f.); BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 (211); BGH v. 10.2.1971 – IV ZR 85/69, NJW 1971, 1133 (1135); BGH v. 28.2.1973 – IV ZR 34/71, NJW 1973, 990; BGH v. 8.5.1973 – IV ZR 158/71, NJW 1973, 1194. 939 Vgl. Staudinger/Coester Rz. 229.

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oder Geschäftsarten „maßgeschneiderten“ Lösungen anbieten und muss daher – auch durch AGB – in gewissem Umfang abdingbar bleiben. Daher wird nicht jede formularmäßige Abbedingung dispositiver Vorschriften erfasst, sondern nur die „Unvereinbarkeit“ mit „wesentlichen Grundgedanken“. Damit hat der Gesetzgeber den Spielraum für privatautonome Gestaltungen, die von Normen des dispositiven Gesetzesrechts abweichen, bei Verwendung von AGB wegen der damit verbundenen Gefahr einseitiger Regelungen zwar im Vergleich zu Individualvereinbarungen enger gezogen, aber nicht beseitigt: Nur die grundlegende Veränderung eines vom Gesetzgeber als gerecht angesehenen Interessenausgleichs soll verhindert werden. bb) Ansätze zur Abgrenzung Der gesetzlichen Regelung liegt die Vorstellung zugrunde, dass den Normen des 222 dispositiven Rechts ein unterschiedlicher Gerechtigkeitsgehalt und differenzierte Schutzfunktionen zukommen. Die Rechtsprechung stellt daher den Vorschriften mit wesentlichem Gerechtigkeitsgehalt, die wichtige Schutz- und Ordnungsfunktionen erfüllen, andere gegenüber, die überwiegend oder lediglich auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen940. Die Abgrenzung zwischen beiden Normgruppen ist jedoch mit großen Schwierigkeiten verbunden, wenn nicht gar „willkürlich und praktisch nicht durchführbar“941. Der Unterschied zwischen Vorschriften, die als Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots erscheinen, und solchen, die eher technisch anmutende Fragen (wie z.B. die Verjährung) einer zweckmäßigen Lösung zuführen, ist (jedenfalls für den Vertragspartner des Verwenders) vielfach nur gering und in bestimmten Konstellationen können derartige Vorschriften mit einem zunächst eher „technisch“ anmutenden Regelungsgehalt wie Verjährungs- oder Gerichtsstandsklauseln einen erheblichen Gerechtigkeitsgehalt gewinnen942. In der Literatur vorgeschlagene alternative Abgrenzungskriterien lösen das zugrunde liegende Sachproblem ebenfalls nicht, sondern verlagern es nur auf eine (etwas) andere Ebene943. Das gilt etwa für die Konzentration auf Regelungen, die einem wesentlichen Schutzbedürfnis des Vertragspartners dienen oder maßgebliche Ordnungsvorstellungen des geltenden Rechts verkörpern944, ebenso wie für die Identifizierung von Vorschriften, die einen „Gerech940 BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, NJW 1984, 1182; BGH v. 16.1.1986 – VII ZR 61/85, NJW 1986, 1171 (1172); BGH v. 8.1.1986 – VIII ZR 313/84, NJW 1986, 1608; BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, NJW 1991, 1886 (1887); BGH v. 7.5.1991 – XI ZR 244/90, NJW 1991, 1953 (1954); BGH v. 1.4.1992 – XII ZR 100/91, NJW 1992, 1761; BGH v. 9.5.1996 – III ZR 209/95, NJW-RR 1996, 1009; BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 (121) = NJW 1997, 1700; BGH v. 5.11.1998 – III ZR 95/97, NJW 1999, 635 (636); jüngst BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, NJW-RR 2014, 1133 m. Anm. Radke jM 2015, 64; Bunte EWiR 2014, 439; BGH v. 17.10.2013 – I ZR 41/12, NJW 2014, 1949 (keine Leitbildfunktion bloßer Auslegungsregeln). 941 So z.B. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 132; ähnlich Stoffels Rz. 503 („nicht durchführbar“); diese Unterscheidung abl. ferner Wolf/Pfeiffer Rz. 117; Staudinger/Coester Rz. 249; von Hoyningen-Huene Rz. 242 f. 942 Vgl. Stoffels Rz. 503; von Hoyningen-Huene Rz. 243; Beispiele aus der Rspr.: BGH v. 16.1.1986 – VII ZR 61/85, BGHZ 97, 21 = NJW 1986, 1171 (zur Verjährung von Ansprüchen gegen Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer); BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (Gerichtsstandsklausel). 943 Ebenso Palandt/Grüneberg Rz. 30 (Verwendung einer in der Sache praktisch übereinstimmenden Abgrenzung). 944 Brandner (9. Aufl.) § 9 Rz. 133; vgl. auch Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 35 sowie – ohne den Bezug auf allgemeine Ordnungsvorstellungen – Wolf/Pfeiffer Rz. 115.

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tigkeitskern“ dispositiven Rechts konstitutieren945. Zu weitgehend ist es aber, wenn dem Kriterium der „wesentlichen Grundgedanken“ die Eigenschaft als eigenständiges Tatbestandsmerkmal abgesprochen und es lediglich als „Hinweis auf die Beachtlichkeit der Schutzrichtung und des Gerechtigkeitsgehalts der verdrängten Regelung für die beim Merkmal der Unvereinbarkeit angesiedelte abschließende Interessenbewertung“ verstanden wird946. Damit wäre zwar in der Tat das Abgrenzungsproblem gelöst, freilich in einer Weise, die „das Kind mit dem Bade ausschüttet“. 223

Erforderlich ist vielmehr eine Besinnung auf die Funktion des Merkmals, die Rechtsanwendung durch einen – im Vergleich zur Generalklausel des § 307 Abs. 1 – schärfer konturierten Tatbestand zu erleichtern947. Damit ist notwendig eine gewisse Filter- oder Ausschlussfunktion verbunden, die bestimmte Fälle aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausklammert. Die Reduktion zu einem bloßen „Abwägungskriterium“948 wird dem nicht gerecht. Vielmehr dient die Konzentration auf die „wesentlichen Grundgedanken“ der gesetzlichen Regelung ersichtlich (auch) der Ausgrenzung von solchen Vorschriften, die von vornherein nicht als Leitbild für die Inhaltskontrolle taugen. Die Abweichung von derartigen Vorschriften soll erst gar nicht in die zentrale und abschließende Interessenbewertung, die im Rahmen der „Unvereinbarkeitsprüfung“ stattfindet, eingehen. Die damit intendierte Entlastungswirkung kann jedoch nicht eintreten, wenn bereits die Zuordnung von Vorschriften zu den „wesentlichen Grundgedanken“ ähnlich schwierige Wertungsfragen aufwirft wie eine umfassende Interessenbewertung der Parteien. Soll es nicht zu einer problematischen Aufteilung der Interessenabwägung auf zwei verschiedene Tatbestandsmerkmale kommen, muss es sich hier um ein relativ einfach zu handhabendes Kriterium handeln, das nur ein verhältnismäßig grobes Raster darstellt und schwierige Wertungsfragen der abschließenden Gesamtbeurteilung überlässt949. Das lässt 945 Staudinger/Coester Rz. 247 (in Abgrenzung zum „AGB-disponiblen Randbereich“); ähnlich auch Wolf/Pfeiffer Rz. 115. 946 So aber Stoffels Rz. 504. 947 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 23; von Hoyningen-Huene Rz. 244, der die intendierte Erleichterung der Inhaltskontrolle allerdings zu Unrecht in dem Verzicht auf eine besondere Abwägung im Einzelfall sieht. 948 So aber ausdrücklich Stoffels Rz. 503. Nach hier vertretener Auffassung hat das Merkmal dagegen eine Doppelfunktion als Ausschlusskriterium für gänzlich leitbildungeeignete Normen und als Abwägungskriterium im Sinne der Beachtlichkeit von Schutzrichtung und Gerechtigkeitsgehalt der verdrängten Vorschrift. 949 Eine teilweise vergleichbare Normstruktur wies z.B. das Diskriminierungs- und Behinderungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB a.F. auf, dessen Anwendbarkeit sich auf einen „Geschäftsverkehr“ beschränkte, „der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist“. Der BGH hat die Funktion des Kriteriums der Gleichartigkeit der Unternehmen allein darin gesehen, „zunächst nur eine verhältnismäßig grobe Sichtung“ zu erreichen (siehe nur BGH v. 24.9.1979 – KZR 20/78, WuW/E BGH 1629 [1631] „Modellbauartikel II“; BGH v. 17.3.1998 – KZR 30/96, WuW/E DE-R 134 „Bahnhofsbuchhandel“ = NJW-RR 1998, 1730; BGH v. 27.4.1999 – KZR 35/97, WuW/E DE-R 357 (358) – Feuerwehrgeräte), während die nähere Beurteilung erst im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung bei der Prüfung einer unbilligen Behinderung oder sachlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung erfolgte; vgl. dazu Markert in Immenga/Mestmäcker, 4. Aufl. 2007, § 20 GWB Rz. 93, 99 ff. m.w.N. Mit der Reform des GWB durch das Achte Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen v. 26.6.2013, BGBl. 2013 I 1738, wurde das Merkmal des gleichartigen Unternehmen zugänglichen Geschäftsverkehrs aufgehoben. Nur für das Diskriminierungsverbot, das sich nunmehr – ebenso wie das allgemeine Behinderungsverbot – für

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sich erreichen, wenn man als leitbildfähig grundsätzlich jede Norm des dispositiven Rechts anerkennt, die einem berechtigten Interesse des Vertragspartners zu dienen bestimmt ist950. Darüber hinaus entfaltet das Merkmal der „wesentlichen Grundgedanken“ eine Orientierungsfunktion für die abschließende Interessenbewertung, indem es das Augenmerk des Rechtsanwenders auf den Gerechtigkeitsgehalt der gesetzlichen Regelung richtet, die ihm als Richtschnur für die Bewertung von Abweichungen dienen soll951. In diesem Zusammenhang, also bei der Unvereinbarkeitsprüfung, können graduelle Abstufungen berücksichtigt werden, die sich insbesondere auch daraus ergeben, dass die dispositiven gesetzlichen Normen je nach Kontext einen unterschiedlichen Schutz- und Gerechtigkeitsgehalt aufweisen können: Je nach Art der betroffenen Dienstleistung kann z.B. der Kündigungsvorschrift des § 627 eine mehr oder weniger bedeutende Schutzfunktion zukommen952. Die besondere Eigenart des jeweiligen (realen) Vertragstyps und der Geschäftsart (z.B. Softwarekauf953, Kauf über gebrauchte oder neue Sachen, unterschiedliche Arten des Leasing954 oder Franchising usw.) ist ebenfalls hier zu berücksichtigen955. Die Feinabstimmung des Maßstabs und die Bewertung der Abweichung als noch tolerabel oder als unvereinbar mit den wesentlichen Grundgedanken sollte somit im Rahmen einer einheitlichen abschließenden Interessenbewertung erfolgen (dazu Rz. 227 ff., zur Bedeutung der vertragstypologischen Einordnung bereits oben Rz. 200).

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In der Rechtsprechung, die – wie dargelegt – einem etwas anderen Ansatz folgt, finden sich zahlreiche Beispiele für einzelne Normen des dispositiven Rechts, denen Leitbildcharakter und damit die Eigenschaft als wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zugeschrieben worden ist956. Eine abschließende

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marktbeherrschende Unternehmen in § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB findet und über § 20 Abs. 1 GWB auch auf marktstarke Unternehmen mit relativer Marktmacht anwendbar ist, hat der Gesetzgeber aber die Voraussetzung einer unterschiedlichen Behandlung von „gleichartigen Unternehmen“ beibehalten. In diese Richtung bereits Wolf/Pfeiffer Rz.117; auch Stoffels Rz. 503 erkennt an, dass sich hiermit die „Entscheidungsnot … mildern“ ließe, beklagt aber weiterhin die „unglückliche Verteilung der wertenden Überlegungen auf zwei Merkmale“. Vgl. Stellungnahme des Rechtsausschusses BT-Drucks. 7/5422 S. 6. Vgl. BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 114/09, NJW 2010, 1520 (1522 Rz. 27) (grds. kein formularmäßiger Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 627 in Steuerberaterverträgen, aber gewisse Einschränkungen bei überwiegender Tätigkeit des Steuerberaters auf Dauer gegen feste Bezüge sowie Vorhaltung von Betriebseinrichtungen und Personal für den Mandanten denkbar, allerdings nicht auf lediglich eine Kündigungsmöglichkeit im Jahr); BGH v. 1.2.1989 – IVa ZR 354/87, NJW 1989, 1479; Brandner (9. Aufl.) § 9 Rz. 132. A.A. (Bewertung des Gerechtigkeitsgehalts dispositiver Normen losgelöst von der zu beurteilenden Vertragsgestaltung) von Hoyningen-Huene Rz. 260; Becker S. 134 ff. Vgl. dazu BGH v. 4.3.1997 – X ZR 141/95, NJW 1997, 2043. Vgl. dazu BFH v. 8.12.2010 –II R 21/09, DB 2011, 340; ausführlich dazu Heitmann BB 2011, 1244 ff. Insoweit im Ergebnis übereinstimmend von Hoyningen-Huene Rz. 260; Stoffels Rz. 518 f.; a.A. Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Geschäftstyps bereits bei der Ermittlung der „wesentlichen Grundgedanken“ Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 133. Vgl. zu den von der Rspr. anerkannten Rechtsgrundsätzen und Prinzipien oben Rz. 214 ff.; vgl. auch die Übersicht bei Erman/Roloff § 307 Rz. 27 ff. und bei Staudinger/ Coester Rz. 250.

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Aufzählung ist weder möglich noch erforderlich. Erwähnenswert sind etwa: die Möglichkeit zur Kündigung aus wichtigem Grund bei einem Verstoß gegen vertragliche Pflichten eines Dauerschuldverhältnisses nach § 314 Abs. 2 Satz 1957, das Leistungsverweigerungsrecht nach § 321958, die Entbehrlichkeit der Fristsetzung zur Nacherfüllung (§§ 323 Abs. 2, 326 Abs. 5, 636)959, das Tilgungsbestimmungsrecht des Schuldners nach § 366 Abs. 1960, im Bereich des Bankgeschäfts die Wertstellung eingehender Beträge auf dem Empfängerkonto am Tag des Eingangs (vgl. §§ 271 Abs. 1, 667)961, im Bürgschaftsrecht insbesondere die sog. „Anlassrechtsprechung“ als Ausprägung des § 767 Abs. 1 Satz 3962 und die Haftungsbefreiung des Bürgen bei Aufgabe von Sicherheiten (§ 776)963, die Verpflichtung des Verkäufers, dem Käufer den Besitz an der Kaufsache einzuräumen964, die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des Handelskäufers965, die Erfolgsabhängigkeit der Maklervergütung nach § 652, dessen Abbedingung zur Beanstandung zahlreicher AGB geführt hat966, im Mietrecht die Gebrauchserhaltungspflicht 957 BGH v. 9.6.2011 – III ZR 157/10, NJW-RR 2011, 1618. 958 BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 188/83, NJW 1985, 1220 (1221); vgl. zu § 320 BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, NJW 1999, 2180 (2182) (Vorleistungspflicht des Käufers nur bei sachlich berechtigtem Grund); BGH v. 9.6.2011 – III ZR 157/10, NJW-RR 2011, 1618 (Unwirksamkeit von Klauseln in einem Mobilfunkvertrag, die gegen das gesetzliche Leitbild der §§ 273, 320 verstoßen). 959 BGH v. 6.6.2013 – VII ZR 355/12, NJW 2013, 3022. 960 BGH v. 9.3.1999 – XI ZR 155/98, NJW 1999, 2043 (2044). 961 Vgl. für Bareinzahlungen BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, NJW 1989, 582; ebenso im unternehmerischen Verkehr BGH v. 17.6.1997 – XI ZR 239/96, NJW 1997, 3168; für Banküberweisungen BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, NJW 1997, 2042. Im Gegensatz dazu hat der BGH für die Tilgungsverrechnung bei Darlehensverträgen das (ungeschriebene) Prinzip, dass der vereinbarte Zinssatz von der tatsächlich noch bestehenden Kapitalschuld berechnet wird, nicht zu den wesentlichen Grundgedanken gezählt, BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, NJW 1989, 222 (223 f.) (unter Hinweis auf § 20 Abs. 2 HypBankG); BGH v. 15.10.1991 – XI ZR 192/90, NJW 1992, 179; a.A. OLG Bremen v. 18.3.1991 – 6 U 4/91, NJW 1991, 1837; Brandner (9. Aufl.) Anh. §§ 9–11 AGBG Rz. 283a; vgl. zur Würdigung der Tilgungsverrechnungsklauseln unter dem Blickwinkel des Transparenzgebotes unten Rz. 336. 962 Vgl. zur Unwirksamkeit der formularmäßigen Ausdehnung der Haftung des Bürgen über die Forderung hinaus, die Anlass für die Bürgschaftserklärung war, auf alle gegenwärtigen und künftigen Verbindlichkeiten des Hauptschuldners aus der Geschäftsverbindung mit dem Gläubiger BGH v. 15.4.1997 – IX ZR 112/96, NJW 1997, 3230 (3232); BGH v. 13.11.1997 – IX ZR 289/96, NJW 1998, 450 (451); BGH v. 2.7.1998 – IX ZR 255/97, NJW 1998, 2815 (2816); BGH v. 15.7.1999 – IX ZR 243/98, NJW 1999, 3195; BGH v. 28.10.1999 – IX ZR 364/97, NJW 2000, 658 (659); BGH v. 2.3.2000 – IX ZR 328/98, NJW 2000, 1566 (1567); BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 2/98, NJW 2000, 2580 (2582); NJW 2002, 3167 (3168). 963 BGH v. 2.3.2000 – IX ZR 328/98, NJW 2000, 1566 (1568 f.) (Aufgabe der vorherigen Rspr., BGH v. 2.3.2000 – IX ZR 328/98, NJW 1986, 43 [45]); bestätigt durch BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 2/98, NJW 2000, 2580 (2581); BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 185/00, NJW 2002, 295; näher zur Inhaltskontrolle von Bürgschaftsverträgen Teil 2, (15) Bürgschaftsverträge Rz. 1 ff. 964 BGH v. 19.3.2003 – VIII ZR 135/02, BB 2003, 1303 (1304) (Unwirksamkeit des vollständigen Ausschlusses der Besitzverschaffungspflicht in der Rückkaufvereinbarung zwischen Lieferantin und Leasinggeberin; Zulässigkeit der formularmäßigen Beschränkung der Verpflichtung des Verkäufers auf die Übertragung des mittelbaren Besitzes offen gelassen). 965 BGH v. 19.6.1991 – VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633. 966 BGH v. 4.11.1964 – VIII ZR 46/63, NJW 1965, 246; BGH v. 22.2.1967 – VIII ZR 215/64, NJW 1967, 1225; BGH v. 18.12.1974 – IV ZR 89/73, NJW 1975, 647 (erfolgsunabhängige Provision); BGH v. 10.2.1971 – IV ZR 85/69, NJW 1971, 1133; BGH v. 7.7.1976 – IV ZR

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des Vermieters nach § 535967, die Regelungen über Kündigungsrechte zu Gunsten des Mieters968, die Pflicht der Vermieters (§ 537 Abs. 1 Satz 2 = § 552 Satz 2 a.F.) und des Dienstverpflichteten (§ 615 Satz 2), sich den Wert ersparter Aufwendungen anrechnen lassen zu müssen969, der Aufwendungsersatzanspruch des Beauftragten (§ 670)970, die grundsätzliche Unentgeltlichkeit von Kostenvoranschlä-

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229/74, NJW 1976, 2346 (Vorkenntnisklauseln); BGH v. 8.5.1973 – IV ZR 158/71, BGHZ 60, 377; BGH v. 26.2.1981 – IVa ZR 99/80, WM 1981, 561 (Verweisungs- und Hinzuziehungsklauseln); BGH v. 2.11.1983 – IVa ZR 86/82, NJW 1984, 360 (2162); BGH v. 20.3.1985 – IVa ZR 223/83, NJW 1985, 2477; BGH v. 27.3.1991 – IV ZR 90/90, NJW 1991, 1678; zusammenfassend BGH v. 28.1.1987 – IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374 = NJW 1987, 1634 (auch zur beschränkten Zulässigkeit einer Aufwendungsersatzpauschale); BGH v. 24.6.1992 – IV ZR 240/91, BGHZ 119, 32 = NJW 1992, 2568 (keine Gleichstellung des Erwerbs durch Zwangsversteigerung); OLG Stuttgart v. 29.3.1996 – 2 U 236/95, NJW-RR 1996, 822 (824) (erfolgsunabhängige Provision im Gewand einer Aufwandsentschädigung); wirksam ist dagegen eine Modifikation des § 652 für den Fall unbefugter Informationsweitergabe, BGH v. 14.1.1987 – IVa ZR 130/85, NJW 1987, 2431; zur Leitbildfunktion der Norm für die private Arbeitsvermittlung BGH v. 18.3.2010 – III ZR 254/09, NJW 2010, 3222 (3225). BGH v. 7.6.1989 – VIII ZR 91/88, NJW 1989, 2247 (2248) (zur beschränkten Zulässigkeit der Überwälzung von Kleinreparaturen auf den Mieter); die Abwälzung von Schönheitsreparaturen ist dagegen grundsätzlich nicht zu beanstanden, sofern sie nicht über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen und der Mieter nur zu den auf seine eigene Vertragszeit entfallenden Renovierungsleistungen verpflichtet wird, st. Rspr., BGH v. 30.10.1984 – VIII ARZ 1/84, BGHZ 92, 363 = NJW 1985, 480; BGH v. 1.7.1987 – VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575; BGH v. 9.6.2010 – VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877 (2878); BGH v. 12.9.2007 – VIII ZR 316/06, NJW 2007, 3776 m.w.N., unzulässig ist aber die Auferlegung eines „starren Fristenplans“, BGH v. 23.6.2004 – VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586 (2587); ebenso BGH v. 31.1.2012 – VIII ZR 141/11, NJW 2012, 1572 sowie die Kombination mit einer Renovierungspflicht bei Vertragsende ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen, BGH v. 12.9.2007 – VIII ZR 316/06, NJW 2007, 3776; BGH v. 25.6.2003 – VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192; unwirksam ist die formularmäßige Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen nach neuester Rspr. auch dann, „wenn die Wohnung bei Vertragsbeginn … den Mietern ohne angemessenen Ausgleich unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen wird“, BGH v. 18.3.2015 – VIII ZR 185/14, NJW 2015, 1594 Rz. 15 (insoweit Aufgabe von BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575; auch an seiner früheren Rspr. zur Wirksamkeit sog. „Quotenabgeltungsklauseln – dazu BGH v. 6.7.1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, 84 ff.; BGH v. 26.9.2007 – VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632 Rz. 20 hält der BGH nicht mehr fest); zust. Lehmann-Richter NJW 2015, 1598 f. BGH v. 24.5.1995 – XII ZR 172/94, NJW 1995, 2034 (zum Sonderkündigungsrecht nach § 549 Abs. 1 a.F.); zu den wesentlichen Grundgedanken gehören z.B. auch die Festlegung der ordentlichen Kündigungsfristen in § 573c sowie das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund, BGH v. 30.5.2001 – XII ZR 273/98, NJW 2001, 3480 (3482). Näher zur Inhaltskontrolle von Mietverträgen Teil 2, (32) Mietverträge. Vgl. BGH v. 5.7.2001 – III ZR 310/00, BGHZ 148, 233 (238) = NJW 2001, 2971 (2972) (Unwirksamkeit einer Klausel in Heimverträgen über die undifferenzierte Pflicht zur Weiterzahlung des vollen Betreuungsentgelts auch bei vorübergehender Abwesenheit bis zu drei Tagen); im Ergebnis anders auf Grund einer veränderten Gesetzesfassung des (zum 30.9.2009 aufgehobenen) § 5 Abs. 8 HeimG BGH v. 27.10.2005 – III ZR 59/05, NJW 2005, 3632 f., aber ohne die grundsätzliche Leitbildfähigkeit der genannten Vorschriften für die Frage der Anrechnung ersparter Aufwendungen in Frage zu stellen. Siehe z.B. BGH v. 8.5.2012 – XI ZR 61/11, NJW 2012, 2337 (zur Vergütung einer Sparkasse für Auslagen im Auftrag oder im mutmaßlichen Interesse des Kunden oder im Zusammenhang mit Sicherheiten); BGH v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 (1386) (für die Frage der Vergütung eines Vertragshändlers für die Ausführung von Gewährleistungs- und Kulanzarbeiten im Auftrag des Automobilherstellers); vgl. auch

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gen beim Werkvertrag (§ 632 Abs. 3)971, das Kündigungsrecht des Bestellers nach § 649972, beim Darlehensvertrag die laufzeitabhängige Vergütung nach § 488 Abs. 1 Satz 2, nicht aber die Kostenregelungen in §§ 491 Abs. 2 Nr. 3, 492 oder 501973, der Umfang des bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruchs nach § 818974, die Rückgewähr der empfangenen Leistung nach § 346975. Wenn für einen Kaufvertrag das UN-Kaufrecht gilt, sind dessen Rechtsvorschriften als Maßstab der Inhaltskontrolle heranzuziehen976. Keine Leitbildfunktion für vertragliche Sicherungsabreden entwickelt die zwingende Norm des § 648a, die nur das einseitige Sicherungsverlangen des Unternehmers nach Vertragsschluss regelt, so dass z.B. die AGB eines Fertighausanbieters die Verpflichtung des Kunden zur Vorlage einer selbstschuldnerischen Bürgschaft vorsehen können977. Finanzierungsleasingverträge sind zwar erster Linie nach den Maßstäben des Mietrechts zu beurteilen, doch muss nach der Rechtsprechung dem „Eigengepräge des Leasingsvertrags unter sachgerechter Bewertung der von den Parteien typischerweise verfolgten Interessen“ Rechnung getragen werden978. Nach st. Rspr. gehört die (formularmäßige) Abwälzung der Sach- und Preisgefahr auf den Leasingnehmer zum typischen Inhalt eines Leasingvertrags und stellt keine unangemessene Benachteiligung dar979. 226

Grundgedanken der gesetzlichen Regelung sind jeweils auch bei vorformulierten Einwilligungserklärungen des Vertragspartners in die Beeinträchtigung (höchstpersönlicher) subjektiver Rechte betroffen, z.B. in die Verletzung der körperlichen Unversehrtheit beim ärztlichen Heileingriff980, in das (postmortale) Per-

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BGH v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, BGHZ 124, 254 (256); BGH v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261 (264). OLG Karlsruhe v. 29.12.2005 – 19 U 57/05, VuR 2006, 114; im Ergebnis ebenso schon (lange vor Einführung der Norm durch das SMG) BGH v. 3.12.1981 – VII ZR 368/80, NJW 1982, 765. BGH v. 8.7.1999 – VII ZR 237/98, NJW 1999, 3261; OLG Düsseldorf v. 3.9.1999 – 12 U 118/99, NJW-RR 2000, 166 (167); zur Empfangszuständigkeit des forderungsberechtigten Werklohngläubigers siehe BGH v. 21.6.1990 – VII ZR 109/89, BGHZ 111, 394 (397) = NJW 1990, 2384 (2385 ff.). BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, NJW-RR 2014, 1133 m. Anm. Radke jM 2015, 64; Bunte EWiR 2014, 439. BGH v. 8.10.1987 – VII ZR 185/86, BGHZ 102, 41 (43) = NJW 1988, 258. Die Verweisung des Kunden auf die Erteilung einer Gutschrift im Falle der Ausübung eines Rückgabe- oder Rücktrittsrechts weicht davon ab, da die Eingehung einer neuen Verbindlichkeit durch den Schuldner (hier: abstraktes Schuldversprechen) nicht mit der Rückgewähr des erhaltenen Gegenstands selbst gleichgesetzt werden kann. Denn der Berechtigte kann damit noch nicht wieder über die zurück zu gewährende Leistung verfügen, sondern ist weiterhin gehalten, zunächst einen Anspruch gegen den Rückgewährverpflichteten (nunmehr aus der Gutschrift) geltend zu machen, vgl. BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 382/04, CR 2006, 120 (122 f.); siehe auch BGH v. 29.10.2008 – VIII ZR 258/07, NJW 2009, 575 (577) (Umfang der Rückgewähr beim Rücktritt). Staudinger/Coester Rz. 238; Hausmann WM 1980, 726 (729); Wolf/Pfeiffer Rz. 107. BGH v. 27.5.2010 – VII ZR 165/09, WM 2010, 1215 = NJW 2010, 2272 (2273 f.). BGH v. 26.11.2014 – XII ZR 120/13, WM 2015, 1157 (1160 f.). BGH v. 26.11.2014 – XII ZR 120/13, WM 2015, 1157 (1161) m.w.N. Daraus folgert der BGH, a.a.O., dass es auch beim Immobilienleasing gerechtfertigt sei, den Leasingnehmer bzgl. der Sach- und Preisgefahr bei der AGB-Kontrolle „ähnlich wie einen Käufer zu behandeln“. BGH v. 8.1.1985 – VI ZR 15/83, NJW 1985, 1399.

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sönlichkeitsrecht981 oder bei sonstigen Eingriffen in die Privatsphäre982. An die Rechtfertigung derartiger formularmäßiger Einwilligungserklärungen sind sehr strenge Maßstäbe anzulegen, die neben einem engen Sachzusammenhang oder Bezug zur vertraglichen Leistung des Verwenders ggf. auch eine die Interessen des Vertragspartners möglichst schonende Ausgestaltung verlangen983. c) Unvereinbarkeit mit wesentlichen Schutzbedürfnissen aa) Konzeptioneller Ansatz Nicht jede Abweichung von dispositiven Gesetzesvorschriften, sondern nur die „Unvereinbarkeit“ mit „wesentlichen Grundgedanken“ indiziert eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners. Ebenso wie nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 die Benachteiligung ein nicht unerhebliches Gewicht haben muss (Rz. 100 ff.), genügt auch im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 nicht jede Diskrepanz zu der ohne die problematische Klausel geltenden Rechtslage. Vielmehr besteht insoweit eine doppelte Erheblichkeitsschwelle in Bezug auf Gegenstand und Ausmaß der Abweichung: Die Abweichung darf zum einen als solche nicht bloß marginal sein und sie muss sich zum anderen auf Vorschriften erstrecken, die – nach der Terminologie der Rechtsprechung – nicht lediglich auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen, sondern einen zentralen Gerechtigkeitsgehalt des dispositiven Rechts verkörpern984. Das ist der Fall, wenn sie einem wesentlichen Schutzbedürfnis des Vertragspartners dienen bzw. Ausdruck wesentlicher Ordnungsvorstellungen des geltenden Rechtssystems sind und damit Bedeutung für eine ausgewogene Gestaltung der Interessenlage haben985. Dabei kommt dem Merkmal der „wesentlichen Grundgedanken“ nach der hier vertre981 BGH v. 5.11.1991 – X ZR 91/90, NJW 1992, 1450 (1451) (unwirksame Einwilligung des Auftraggebers in das Öffnen eingegangener Chiffre-Angebote in AGB für Zeitungsanzeigen); BGH v. 31.5.1990 – IX ZR 257/89, NJW 1990, 2313 (2315) („Sektionsklausel“, Einwilligung in Leichenschau zu pathologischen Zwecken, die der BGH v. 31.5.1990 – IX ZR 257/89, für wirksam erachtet). 982 BGH v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, NJW 1999, 1864 (Einverständnis mit Telefonwerbung in einem Kontoeröffnungsformular); BGH v. 27.1.2000 – I ZR 241/97, WRP 2000, 722, aufgegeben durch BGH v. 25.10.2012 – I ZR 169/10, NJW 2013, 2683 (eine Einwilligung ist nicht bereits deshalb unwirksam, weil sie im Rahmen einer vorformulierten Erklärung abgegeben wurde, die der Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterliegt.); OLG Hamm v. 15.11.2007 – 4 U 29/07, VuR 2008, 54. 983 In diese Richtung (aber ohne Hervorhebung des engen Leistungs- oder Sachbezugs) bereits Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 135 a.E., der die Voraussetzungen im Fall der „Sektionsklausel“ nicht als erfüllt ansieht, vgl. dazu aber näher oben Rz. 138. 984 BGH v. 4.6.1970 – VII ZR 187/68, BGHZ 54, 106 (109 f.); BGH v. 8.5.1973 – IV ZR 158/71, BGHZ 60, 377 (380); BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 (240) = NJW 1991, 1886 (1887); BGH v. 1.4.1992 – XII ZR 100/91, NJW 1992, 1761; BGH v. 9.5.1996 – III ZR 209/95, ZIP 1996, 1347 (1348); BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 (121) = NJW 1997, 1700 (1701) sowie jüngst etwa BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, NJW-RR 2014, 1133 m. Anm. Radke jM 2015, 64; Bunte EWiR 2014, 439; vgl. zur Kritik Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 132; Wolf/Pfeiffer Rz. 117; von Hoyningen-Huene Rz. 242 f. sowie bereits oben Rz. 222. 985 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 133; oben Rz. 222. Vgl. jetzt auch BGH v. 25.6.2015 – IX ZR 199/14, ZIP 2015, 1692 (1693) zur Unwirksamkeit des formularmäßigen Verzichts auf die Wirkungen der Restschuldbefreiung, die der BGH nicht nur mit dem persönlichen Schutz und dem Persönlichkeitsrecht des Schuldners, sondern auch mit dem allgemeinwirtschaftlichen und sozialpolitischen Ziel begründet, den „Schuldner wieder in den Markt zu integrieren und sein Abdriften in graue Kredit- und Arbeitsmärkte zu verhindern“.

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tenen Auffassung allerdings nur die Funktion zu, als relativ grobes Raster materiell unbedeutende Abweichungen vom dispositiven Recht vorab auszufiltern986, während der entscheidende Wertungsakt für die Beurteilung der Angemessenheit einer Klausel im Rahmen der abschließenden Interessenabwägung bei dem Merkmal der „Unvereinbarkeit“ erfolgt987. 228

Im Schrifttum wird vielfach vorgeschlagen, bei der Inhaltskontrolle einer Klausel nach Ermittlung des anwendbaren Leitbilds eine zweiteilige Vergleichsprüfung daraufhin durchzuführen, ob erstens eine für den Vertragspartner nachteilige Abweichung von der sonst geltenden gesetzlichen Regelung vorliege und ob zweitens die Rechtslagendivergenz mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar sei988. Eine Abweichung von der ohne die Klausel geltenden Rechtslage ist freilich schon Voraussetzung für deren Kontrollfähigkeit nach § 307 Abs. 3, und die Aussonderung unbedeutender Modifikationen oder Ergänzungen erfolgt implizit bei der Ermittlung des als Maßstab heranzuziehenden Leitbilds. Daher spricht nichts dagegen, die kontrollfähige Klausel sogleich in Beziehung zum Leitbild zu setzen und im Rahmen eines einheitlichen wertenden Vergleichs auf seine Vereinbarkeit damit zu prüfen989.

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Mit den gesetzlichen Grundgedanken unvereinbar ist eine Klausel, wenn sie von dispositiven Normen, die einem berechtigten Interesse des Vertragspartners zu dienen bestimmt sind, nicht nur unwesentlich abweicht990, sondern ihnen diametral widerspricht. Daran fehlt es, wenn die Belastungen für die andere Vertragspartei gering bleiben991, das gesetzliche Schutzanliegen aber im Grundsatz gewahrt oder auf andere Weise erreicht wird, z.B. durch Bestimmungen, die nachteilige Auswirkungen einer Klausel (weitgehend) kompensieren992. Wird im Ergebnis eine der gesetzlichen Lösung gleichwertige Lasten- und Risikoverteilung erreicht, haben die AGB Bestand, auch wenn sie dabei regelungstechnisch einen (gänzlich) anderen Weg beschreiten993. Ein wichtiges Indiz für die Unvereinbarkeit ist vielfach das Ausmaß der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht, da es regelmäßig den Grad oder die Intensität der Benachteiligung bestimmt994. 986 Leitbildfähig ist daher grundsätzlich jede Norm des dispositiven Rechts, die typischerweise einem berechtigten Interesse des Vertragspartners zu dienen bestimmt ist, vgl. oben Rz. 223. 987 Insoweit übereinstimmend Stoffels Rz. 518. 988 Stoffels Rz. 515 ff. m.w.N. 989 Dass dem Unvereinbarkeitsurteil ein wertender Vergleich der durch die Klausel intendierten Regelung mit der gesetzlich vorgesehenen Rechtslage zugrunde liegt, entspricht der allgemeinen Auffassung, siehe nur Staudinger/Coester Rz. 254; von HoyningenHuene Rz. 268; Stoffels Rz. 518 jeweils m.w.N. 990 Unklar Erman/Roloff § 307 Rz. 26 („prinzipiell jede Abweichung“ unvereinbar, aber „in engen Grenzen“ Bewertungsspielraum, Abweichung muss „von einer gewissen Schwere sein“); wie hier Wolf/Pfeiffer Rz. 128 (kein Verstoß bei unerheblicher und geringfügiger Beeinträchtigung). 991 Vgl. z.B. BGH v. 19.11.1991 – X ZR 28/90, NJW 1992, 1628 (1630) (Entgeltklausel in Schlüsseldienst-AGB); BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, NJW 2006, 47 (48, 50); Becker S. 128 ff., 206; von Hoyningen-Huene Rz. 266; Wolf/Pfeiffer Rz. 128. 992 Zum Kompensationsgedanken und den Voraussetzungen vgl. oben Rz. 144, 151 ff. 993 Ebenso Stoffels Rz. 520; von Hoyningen-Huene Rz. 268; Staudinger/Coester Rz. 257 f.; Wolf/Pfeiffer Rz. 126. 994 Vgl. Staudinger/Coester Rz. 254; Erman/Roloff § 307 Rz. 26; aus der Rspr. z.B. BGH v. 12.10.1978 – VII ZR 139/75, BGHZ 72, 222 (227) = NJW 1979, 212 (Vertragsstrafenvorbehalt bis zur Schlusszahlung des Bestellers zulässig), OLG Karlsruhe v. 17.1.1980 – 12

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Ob eine Klausel mit dem wesentlichen Schutz- und Regelungsgehalt der gesetzlichen Vorschriften unvereinbar ist, kann letztlich nur im Rahmen einer Interessenabwägung festgestellt werden995, in die einerseits die für die Abweichung sprechenden Gründe, andererseits die berechtigten Belange der anderen Vertragspartei eingehen. Die Grenze zur „Unvereinbarkeit“ ist jedenfalls überschritten, wenn der Vertragspartner durch die Abweichung gegenüber dem Leitgedanken weitgehend recht- oder schutzlos gestellt wird996. Es kann aber auch schon eine nicht unerhebliche Belastung genügen997, wenn die nachteilige Regelung nicht durch ausreichend gewichtige Gründe auf Seiten des Verwenders gerechtfertigt werden kann998. Anders ausgedrückt: Weicht eine formularmäßige Bestimmung von einer gesetzlichen Regelung ab, die für das Vertragsverhältnis im Sinne eines ausgewogenen Interessenausgleichs wesentlich ist, dann bedarf es (bei voller Würdigung des Kundeninteresses) gewichtiger Gründe des Verwenders für die Abweichung999.

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Darin zeigt sich, dass die Interessenabwägung im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 nicht gleichermaßen umfassend und ergebnisoffen wie nach § 307 Abs. 1 ausfällt1000, sondern stärker auf die gesetzlichen Interessenbewertungen und die

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U 53/79, BB 1980, 600; OLG Nürnberg v. 8.11.1979 – 8 U 179/78, MDR 1980, 398 (vollständiger Ausschluss des Vertragsstrafenvorbehalts unwirksam); BGH v. 23.2.1989 – VII ZR 89/87, NJW 1989, 1602 (1605) („keine erhebliche Abweichung von der gesetzlichen Regelung“ durch die Kombination der fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 638 a.F. mit § 13 VOB/B a.F.); vgl. auch BGH v. 1.3.1978 – VIII ZR 183/76, WM 1978, 406 (408) (keine „so wesentliche“ Abweichung vom dispositiven Recht). Ebenso Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 141 a.E.; a.A. von Hoyningen-Huene Rz. 267 (Einebnung der Unterschiede zwischen Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1). Vgl. etwa zur Rechtslage vor dem SMG BGH v. 11.6.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383 = NJW 1979, 1886 (keine Rechtlosstellung des Gebrauchtwagenkäufers durch umfassende Freizeichnung des Verkäufers, da der Käufer das Fahrzeug überprüfen lassen, sich für ihn wesentliche Eigenschaften zusichern lassen und den arglistigen Verkäufer in Anspruch nehmen kann). Palandt/Grüneberg Rz. 31 (Eingriff in die rechtlich geschützten Interessen des Vertragspartners in nicht unerheblichem Maße); siehe auch Staudinger/Coester Rz. 254 (Recht- und Schutzlosstellung muss als Grad der Benachteiligung nicht unbedingt erreicht sein). Siehe z.B. BGH v. 30.10.1991 – VIII ZR 51/91, NJW 1992, 746 (747) (keine besonderen Interessen ersichtlich, die Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der GOÄ durch formularmäßige Honorarvereinbarung rechtfertigen könnten) oder etwa jüngst BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136 (kein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers daran, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nachträglich zu verändern); ausführlich dazu Zwarg DB 2014, 2972 ff.; weiterhin Löw AuA 2012, 717 ff.; Richter ArbRAktuell 2014, 193 ff. BGH v. 22.2.1979 – VII ZR 256/77, NJW 1979, 1550 (Verjährungsregelung in AGB eines Steuerberaters); BGH v. 9.5.1996 – VII ZR 259/94, NJW 1996, 2155 (Verjährungsverlängerung auf zehn Jahre für Flachdacharbeiten); OLG Köln v. 23.6.1995 – 19 U 274/94, WM 1995, 1593 (1595) und OLG Hamm v. 7.3.1996 – 22 U 268/94, DtZ 1996, 351 (verschuldensunabhängige Vertragsstrafe bei Investitions- und Arbeitsplatzgarantien gegenüber der Treuhandanstalt); jüngst BGH v. 14.1.2014 – XI ZR 355/12, DB 2014, 352 (Behaltensklausel für Vertriebsvergütungen); BGH v. 8.10.2013 – XI ZR 401/12, NJW 2013, 3716 = GWR 2014, 16 m. Anm. Bürge; Fest JZ 2014, 152; Linardatos/Schwarz EWiR 2013, 731 (Vorlagepflicht eines Erbscheins). Staudinger/Coester Rz. 253; Becker S. 131 f.; von Hoyningen-Huene Rz. 267; Stoffels Rz. 518 und (entgegen Stoffels) wohl auch Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 141 („… löst die Frage aus, ob die Klausel durch besondere Interessen des Verwenders gerechtfertigt wird“). Die Rspr. ist nicht ganz einheitlich, vgl. z.B. einerseits BGH v. 17.1.1990 – VIII ZR 292/88, NJW 1990, 2065 (2066) (Rechtfertigung durch ein besonde-

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Gründe des Verwenders für ihre Modifikation fokussiert ist. Schon die Abweichung vom gesetzlichen Regelungsmodell wirkt sich zu Lasten des Verwenders aus, wenn er die Waagschale nicht durch schwerwiegende Gründe zu seinen Gunsten zum Ausgleich bringen kann. Bei einem Verstoß gegen das Leitbild liegt somit zwar im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung vor, deren Vorliegen kann aber in bestimmten Fällen oder Fallgruppen bei gewichtigen Interessen des Verwenders gleichwohl noch im Wege einer umfassenden Interessenabwägung ausgeschlossen werden1001. Welches Gewicht die berechtigten Interessen des Verwenders letztlich haben müssen, um das Unvereinbarkeitsverdikt zu vermeiden, hängt zum einen vom Gerechtigkeitsgehalt der verdrängten Regelung, zum anderen vom Ausmaß des Eingriffs in die schutzwürdigen Interessen des Vertragspartners ab. Beides hängt von der jeweiligen Fallgestaltung ab, die einer typisierenden Bewertung unterliegt. So ist der Gerechtigkeitsgehalt der kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln beim Verkauf gebrauchter Sachen deutlich geringer einzuschätzen als bei der Veräußerung neuer Sachen, für die schon wegen § 309 Nr. 8b aa ein nur geringer Spielraum für Abweichungen existiert. 232

Auch ohne ausdrückliche Abbedingung einer Norm des dispositiven Rechts kann eine Klausel im Ergebnis die gleiche Wirkung entfalten und deshalb unwirksam sein. So wird durch eine formularmäßige gegenseitige Bevollmächtigung der Kreditnehmer zur Entgegennahme sämtlicher Erklärungen der Grundsatz der Einzelwirkung bei Gesamtschuldnern (§ 425) praktisch ausgeschlossen1002. Sind dagegen Abweichungen gesetzlich ausdrücklich zugelassen, kann der formale Umstand der Abbedingung der gesetzlichen Regelung nicht als Indiz für eine unangemessene Benachteiligung gewertet werden. Bei derartigen „Erlaubnisnormen“, wie sie etwa in weitem Umfang die §§ 676 ff. enthalten1003, muss es daher bei einer umfassenden Interessenabwägung im Rahmen der Generalklausel des § 307 Abs. 1 bleiben1004. bb) Änderungen gesetzlicher Leitbilder durch die Schuldrechtsreform

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Das SMG hat zu erheblichen gesetzlichen Änderungen vor allem im Verjährungsrecht, im Allgemeinen Leistungsstörungsrecht sowie im Kaufrecht geführt. Der Werklieferungsvertrag ist dabei neu justiert und dem Kaufrecht weiter angenähert worden. In all diesen Bereichen kann die vorherige Rechtsprechung nicht unbesehen als weiterhin maßgeblich betrachtet werden, sondern ist darauf zu überprüfen, ob sich die maßgeblichen gesetzlichen Wertungen geändert haben (vgl. näher zu Haftungsfreizeichnungen unten Rz. 269 ff., zu Kaufverträgen

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res Interesse des Verwenders erforderlich), andererseits BGH v. 3.7.1996 – VIII ZR 221/95, NJW 1996, 2574 (2576); fortgeführt durch BGH v. 9.4.2014 – VIII ZR 404/12, NJW 2014, 2269; OLG Düsseldorf v. 5.5.1988 – 6 U 194/87, NJW-RR 1988, 1051 (1053) (ergebnisoffene, umfassende Interessenabwägung). Vgl. BGH v. 14.1.2014 – XI ZR 355/12, DB 2014, 352; ebenso BGH v. 8.10.2013 – XI ZR 401/12, NJW 2013, 3716 = GWR 2014, 16 m. Anm. Bürger; Fest JZ 2014, 152; Linardatos/Schwarz EWiR 2013, 731; vgl. auch BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995; BGH v. 28.1.2003 – XI ZR 156/02, NJW 2003, 1447; OLG Frankfurt v. 4.9.2014 – 16 U 15/14, WRP 2014, 1350 (1352). BGH v. 22.6.1989 – III ZR 72/88, BGHZ 108, 98 (100) = NJW 1989, 2383. Dazu Begr. RegE BT-Drucks. 14/745 S. 28; Gegenäußerung zur Stellungnahme des BR, BT-Drucks. 14/1067 S. 21 f. So auch Palandt/Grüneberg Rz. 31; näher oben Rz. 34; so grundsätzlich auch Staudinger/Coester Rz. 252.

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Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 1 ff.). Auf der anderen Seite bleibt es dabei, dass die entscheidende Wertung im Rahmen der Unvereinbarkeitsprüfung erfolgt und nicht schon die bloße Abweichung von einem neuen gesetzlichen Leitbild geeignet ist, das Verdikt der Unangemessenheit auszulösen. Den grundlegend umgestalteten Verjährungsvorschriften, die sich durch ein kombiniertes System kurzer, kenntnisabhängiger Fristen und längerer Maximalfristen (§§ 195, 199) auszeichnen, kommt ein hoher Gerechtigkeitsgehalt zu1005, auch wenn Modifikationen in beide Richtungen (Verkürzung wie Erschwerung) grundsätzlich zulässig sind (§ 202). Sowohl den relativ kurzen Fristen als auch der prinzipiell kenntnisabhängigen Verjährung soll Leitbildcharakter zukommen1006. Der BGH hat in den Einkaufs-AGB eines Baumarkts zwar eine maßvolle Verjährungsverlängerung von zwei auf drei Jahre als wirksam angesehen1007, nicht aber eine Verlängerung auf zehn Jahre für Rechtsmängel1008 und auch keinen generellen Neubeginn des Laufes der Verjährungsfrist bei neu gelieferten oder nachgebesserten Teilen ohne notwendige Differenzierung nach Umfang und Kosten der Nachlieferung1009.

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Die weitgehend zwingenden Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (§§ 475 ff.) haben keine über ihren unmittelbaren (zwingenden) Anwendungsbereich hinausgehende Leitbildfunktion für Verträge zwischen Unternehmern oder zwischen Privatleuten (Verbrauchern)1010. Bei den in das allgemeine Kaufrecht eingestellten Vorschriften ist zu differenzieren: Soweit sie – wie etwa das Wahlrecht des Käufers hinsichtlich der Art der Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1) oder die Begründung eines Sachmangels durch eine fehlerhafte Montageanleitung (§ 434 Abs. 2 Satz 2, sog. „Ikea-Klausel“) – auf der Verbrauchsgüterkauf-RL beruhen, dürften sie jedenfalls im Rechtsverkehr zwischen Unternehmern formularmäßig abdingbar sein1011. Die nunmehr mögliche Kumulation von Rücktritt und Schadensersatz (§ 325)1012 kann der Verwender wohl im Wege der Freizeichnung abwenden (vgl. dazu Rz. 292 ff.). Der Umstand, dass die Lieferung einer mangelfreien Sache nunmehr eine Hauptpflicht des Verkäufers ist (§ 433 Abs. 1 Satz 2), ändert nichts an dem allgemeinen Grundsatz, dass eine Schadensersatzhaftung nur bei Vertretenmüssen eintritt1013. Auch nach neuem Schuldrecht wi-

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1005 Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040 S. 100 ff.; Erman/Roloff § 307 Rz. 30; Wolf/Pfeiffer Rz. 120, 122. 1006 Vgl. AnwKomm/Mansel § 202 Rz. 20 ff. (mit differenzierter Argumentation). 1007 BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, NJW 2006, 47 = ZIP 2006, 235 (236 ff.); siehe aber auch BGH v. 17.1.1990 – VIII ZR 292/88, BGHZ 110, 88 zur Rechtslage vor dem SMG. 1008 BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, ZIP 2006, 235 (241). Der Umstand, dass nach früherem Recht eine Regelverjährung von 30 Jahren für Rechtsmängelansprüche des Käufers galt, vermag nach Ansicht des BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05 die zu weit gehende Abweichung (Verfünffachung!) von der jetzigen gesetzlichen Regelung nicht zu rechtfertigen. 1009 BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, ZIP 2006, 235 (238). 1010 Ebenso Palandt/Grüneberg Rz. 28; Westermann JZ 2001, 530 (535 f.); a.A. Staudinger/ Coester Rz. 251 a.E. (Einzelfallprüfung); vgl. auch Schubel JZ 2001, 1113 ff., der für die Inhaltskontrolle unternehmerischer AGB im Ergebnis für ein Zurückschneiden auf eine „echte Missbrauchskontrolle“ plädiert, a.a.O. S. 1120. 1011 Ebenso Palandt/Grüneberg Rz. 29. 1012 Anders zum alten Recht BGH v. 27.11.1990 – X ZR 26/90, NJW 1991, 976 (977 f.) (überholt). 1013 Erman/Roloff § 307 Rz. 28; AnwKomm/Dauner-Lieb § 276 Rz. 26; a.A. Canaris DB 2001, 1815 f.; Litzenberger NJW 2002, 1244 (1245).

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derspricht die formularmäßige Überbürdung einer verschuldensunabhängigen Haftung der gesetzlichen Risikoverteilung (§ 276 Abs. 1), sofern nicht die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos gesondert vereinbart worden ist oder sich aus der Natur des Schuldverhältnisses ergibt (vgl. zum Verschuldensprinzip bereits oben Rz. 216). cc) Die Bedeutung des Verbraucherrechterichtlinie-Umsetzungsgesetzes 235a

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.9.20131014 kam es vor allem zu Änderungen im Widerrufsrecht (vgl. §§ 312a ff., §§ 355 ff.). § 312g regelt nunmehr einheitlich für die vorangehenden Vertragstypen das Widerrufsrecht und §§ 312 i, j den elektronischen Verkehr, während § 312k eine Abweichung von diesen Vorschriften zulasten des Verbrauchers ausschließt. §§ 355 ff. enthalten Änderungen in Bezug auf die Ausübung und die Rechtsfolgen des Widerrufsrechts, § 361 Abs. 2 normiert auch hier, dass keine Abweichung zulasten des Verbrauchers zulässig ist. § 443 betrifft zwar mit der Garantie das allgemeine Kaufrecht, enthält aber kein neues Leitbild, sondern konkretisiert lediglich die alte Fassung. § 474 betrifft den Verbrauchsgüterkauf, so dass das oben zur Schuldrechtsreform Gesagte entsprechend gilt. Im Übrigen enthält nun auch § 241a Abs. 3 die Neuregelung, dass die Vorschrift für Verbraucher zwingend ist, während in den übrigen Normen vorwiegend redaktionelle Änderungen, insbesondere Anpassungen an den dauerhaften Datenträger als Textform i.S.d. § 126b und an das neue Widerrufsrecht, vorgenommen wurden (vgl. etwa § 308, §§ 491 ff.). Entweder sind die Neuerungen also wie im Rahmen der Schuldrechtsreform zwingend für den Verbraucher und darum nicht abdingbar und enthalten darüber hinaus kein Leitbild für Verträge zwischen Unternehmer oder Verbraucher, oder, wenn es sich nicht um zwingende Verbraucherschutznormen handelt, führen auch diese Änderungen zumindest nicht zu einer Leitbildänderung. Für die Anwendung und Auslegung des § 307 ergeben sich insofern keine Neuerungen. dd) Weitere Einzelfälle

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Nicht hinreichend gewahrt werden die berechtigten Belange des Vertragspartners z.B. in den folgenden Fällen: vollständiger Ausschluss der Besitzverschaffungspflicht des Leasinggebers gegenüber dem Lieferanten in einer leasingtypischen Rückkaufvereinbarung, bei der sich der Kaufpreis unabhängig vom noch vorhandenen Wert der Kaufsache nach den offenen Forderungen des Leasinggebers gegen den Leasingnehmer richtet1015; Vorsehen einer formularmäßigen Nutzungsentschädigung bei Nichtrückgabe des Leasingobjekts1016; Einräumung umfassender Rechte zur Mängelbeseitigung oder Ersatzbeschaffung auf Kosten des Lieferanten „in dringenden Fällen“ ohne Fristsetzung und unter Verzicht auf ein Verschuldenserfordernis1017; formularmäßige Ausdehnung der Rückgriffsregelung der §§ 478, 479 auf sämtliche Verkäufe (ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Verbrauchsgüterkäufe handelt) wegen Abweichung von dem gesetzgebe1014 BGBl. 2013 I 3642. 1015 BGH v. 19.3.2003 – VIII ZR 135/02, BB 2003, 1303 (1304) m. zust. Anm. Leyens BB 2003, 1529 f.; abl. Schulze-Schröder NJW 2003, 3031 ff. 1016 BGH v. 7.1.2004 – VIII ZR 103/03, ZIP 2004, 858. 1017 BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, ZIP 2006, 235 (239 f.).

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rischen Grundgedanken des Ausgleichs spezifisch verbraucherschutzrechtlicher Nachteile des Einzelhandels beim Verbrauchsgüterkauf1018. Wird bei einem Verbrauchsgüterkauf ein Eigentumsvorbehalt vereinbart und dem Verkäufer durch AGB das Recht eingeräumt, bei Zahlungsverzug die Sache vorläufig, also ohne Ausübung eines endgültigen Rücktrittsrechtes, zurückzunehmen, steht dies nicht im Einklang mit § 449 Abs. 2. Eine „Zeittaktklausel“ (im konkreten Fall: Abrechnung im 15-minütigen Zeittakt) in einer anwaltlichen Honorarvereinbarung verstößt gegen die dem Dienstvertragsrecht zu Grunde liegenden Prinzipien1019. Die mietvertragliche Klausel, keine Hunde und Katzen zu halten, widerspricht dem Grundgedanken des § 535, wenn keine Abwägung der Interessen im Einzelfall zugelassen wird, sondern pauschal jegliche Tierhaltung verboten wird1020. Unwirksam ist die formularmäßige Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen, wenn der Mieter nicht nur zu den auf seine eigene Vertragszeit entfallenden Renovierungsleistungen, sondern auch zur Beseitigung von Gebrauchsspuren aus einem vorherigen Zeitraum verpflichtet wird; überlässt der Vermieter dem Mieter eine unrenovierte oder renovierungsbedürftige Wohnung, muss er ihm dafür einen angemessenen Ausgleich gewähren, andernfalls ist die formularmäßige Abwälzung der Schönheitsreparaturen unwirksam1021. Eine nachträgliche Veränderung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung eines Arbeitsvertrages durch Bindungsklauseln für Sonderzahlungen, die (auch) Gegenleistung sind, widerspricht dem Grundgedanken des § 6111022. Eine Entgeltklausel für die Nacherstellung von Kontoauszügen, die sich nicht an den tatsächlichen Kosten der Bank orientiert, verstößt gegen das gesetzliche Leitbild des § 675d Abs. 3 Satz 21023. Eine Berechnung eines zusätzlichen Entgeltes für die Führung eine Girokontos nach Umwandlung in ein Pfändungsschutzkonto verstößt gegen das gesetzliche Leitbild des § 850k Abs. 7 ZPO1024. Sog. „Software-Audit“-Klauseln lassen sich nicht mit urheberrechtlichen Grundgedanken in Einklang bringen1025. Keine Benachteiligung des Kunden kann jedoch fest1018 BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, ZIP 2006, 235 (241 f.) (auch keine Rechtfertigung durch praktische Schwierigkeiten der Feststellung und Dokumentation der Verbrauchereigenschaft, zweifelhaft). 1019 OLG Düsseldorf v. 29.6.2006 – 24 U 196/04, NJW-RR 2007, 129 (130 f.). Im konkreten Fall kam hinzu, dass der Anwalt die Klausel tatsächlich nutzte, um die Honorarforderung unberechtigt zu erhöhen. 1020 BGH v. 20.3.2013 – VIII ZR 168/12, NJW 2013, 1526 m. Anm. Beuermann Grundeigentum 2013, 650; Grützmacher Info M 2013, 120; ausführlich dazu Pletzer NZM 2014, 329 ff. 1021 BGH v. 18.3.2015 – VIII ZR 185/14, NJW 2015, 1594 Rz. 15 (insoweit Aufgabe von BGH v. 1.7.1987 – VIII AZR 9/86, BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575; auch an seiner früheren Rspr. zur Wirksamkeit sog. „Quotenabgeltungsklauseln – dazu BGH v. 6.7.1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, 84 ff.; BGH v. 26.9.2007 – VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632 Rz. 20 hält der BGH nicht mehr fest); zust. Lehmann-Richter NJW 2015, 1598 f. 1022 BAG v. 22.7.2014 – 9 AZR 981/12, NZA 2014, 1136 m. Anm. Zwarg DB 2014, 2972; ausführlich dazu Löw AuA 2012, 717 ff.; Richter ArbRAktuell 2014, 193 (194). 1023 BGH v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13, BGHZ 199, 281 = NJW 2014, 922. 1024 BGH v. 16.7.2013 – XI ZR 260/12, NJW 2013, 3163; BGH v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995 m. Anm. Brögelmann NJ 2013,167; Sudergat ZVI 2013, 22; Vos GWR 2013, 424. 1025 Hoeren CR 2008, 409 (411); vgl. auch Kotthoff/Wieczorek MMR 2014, 3, 6 ff., 10, die zwar die formularmäßige Vereinbarung einer rechtmäßigen Auditklausel im Softwareüberlassungsvertrag für grundsätzlich möglich halten, aber wegen der hohen AGB-rechtlichen Anforderungen eine individualvertragliche Regelung empfehlen.

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gestellt werden, wenn in den AGB eines Mobilfunkunternehmers eine Zahlungspflicht für das zurechenbare Nutzungsverhalten von unbefugten Dritten bestimmt wird1026. Die Forderung eines Energieversorgers in Gaslieferungsverträgen, „sämtliche Rechnungsbeträge ohne Abzug im Wege des Lastschriftverfahrens oder von Jahreszahlern mittels Überweisung zu zahlen“ widerspricht dem Leitbild des § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 EnWG1027. 237

Die formularmäßige Begründung vertraglicher Aufhebungsrechte im außerbörslichen Handel mit Wertpapieren für den Fall der Bildung nicht marktgerechter Preise (sog. Mistrade-Klausel)1028 ist nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam. Ein solches regelmäßig zwischen Emittenten und Online- oder Direktbanken vereinbartes Stornierungsrecht wirkt sich materiell zu Lasten der Bankkunden aus, deren über die Bank als Kommissionärin getätigten Wertpapiergeschäfte1029 nachträglich aufgehoben und rückabgewickelt werden müssen, wenn sich der Emittent darauf beruft, der zugrunde gelegte Kurs weiche auf Grund eines Irrtums bei der Eingabe im Handelssystem oder auf Grund eines Fehlers im technischen System erheblich von dem beim Zustandekommen des Geschäfts marktgerechten Preis ab. Wegen der besonderen Bedingungen und Risiken im außerbörslichen Wertpapierhandel dürfte zwar ein berechtigtes Interesse der Emittenten an einer Erweiterung der zur nachträglichen Aufhebung von Geschäften berechtigenden Fehler und „Irrtumsgründe“ gegenüber den §§ 119 ff. bestehen. Den Belangen der betroffenen Kunden ist jedoch durch eine sachliche und vor allem sehr enge zeitliche Eingrenzung1030 für die Ausübung des Stornierungsrechts sowie zusätzlich durch die Gewährung eines Anspruchs auf Ersatz des Vertrauensschadens analog § 122 Rechnung zu tragen1031. Fehlt es daran, liegt eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners (Bank) vor, da ihrem Kunden, in dessen Interesse sie nach §§ 383 ff. HGB tätig wird, bei Anwendung der Mistrade-Klausel ggf. erhebliche Vermögensschäden drohen1032. 1026 OLG Köln v. 22.1.2010 – 6 U 119/09, MMR 2010, 238 (239); BGH v. 17.2.2011 – III ZR 35/10, NJW 2011, 2122. 1027 BGH v. 5.6.2013 – VIII ZR 131/12, NJW 2013, 2814 m. Anm. Rümpker WuB IV C § 307 BGB 8.13; Zabel BB 2013, 1875. 1028 Vgl. hierzu BGH v. 25.6.2002 – XI ZR 239/01, ZIP 2002, 1436 (1438) (kein Verstoß gegen § 138); Koch ZBB 2005, 265 ff.; Fleckner/Vollmuth WM 2004, 1263 ff.; OLG Schleswig v. 9.1.2004 – 5 U 130/03, ZIP 2004, 1845 (1846 f.) (Verstoß einer MistradeKlausel zwischen Bank und Kunde gegen § 9 Abs. 1 AGBG) = EWiR § 122 BGB 1/04, 835 (Vollmuth); OLG Frankfurt v. 4.3.2009 – 16 U 174/08, WM 2009, 1032 (1034); Fridrich/Seidel BKR 2008, 497. 1029 So der Regelfall, vgl. BGH v. 25.6.2002 – XI ZR 239/01, ZIP 2002, 1436 (1437); OLG Schleswig v. 9.1.2004 – 5 U 130/03, ZIP 2004, 1845 (1846); Koch ZBB 2005, 265 (267) m.w.N.; nur ganz ausnahmsweise dürfte ein Festpreisgeschäft (Kauf des Wertpapiers durch den Kunden von der Bank zu einem bestimmten Preis) vorliegen, so z.B. im Fall OLG Düsseldorf v. 27.1.2000 – 6 U 168/98, RIW 2001, 226 (227 f.). 1030 Vgl. die bei Koch ZBB 2005, 265 (266) wiedergegebene typische Klausel (Mistrade-Meldung z.B. spätestens innerhalb von 30 Minuten bei Aktien, 120 Minuten bei Optionsscheinen erforderlich, bei Überschreitung eines Gesamtbelastungsbetrags von 50.000 Euro spätestens bis 11 Uhr des folgenden Handelstags). 1031 Ebenso Koch ZBB 2005, 265 (270 f.); a.A. Fleckner/Vollmuth WM 2004, 1263 (1273 ff., 1275), die eine enge zeitliche Eingrenzung des Aufhebungsrechts für ausreichend halten. 1032 Vgl. auch BGH v. 25.6.2002 – XI ZR 239/01, ZIP 2002, 1436 (1438), der sich allerdings im konkreten Fall an einer AGB-rechtlichen Überprüfung der Klausel aus formalen Gründen gehindert sah und einen Verstoß gegen § 138 verneinte. Bei Wirksamkeit der Klausel steht dem Bankkunden ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 we-

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3. Gefährdung des Vertragszwecks (§ 307 Abs. 2 Nr. 2) a) Funktion und rechtsdogmatisches Fundament der Vorschrift Das Verbot der vertragszweckgefährdenden Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten in § 307 Abs. 2 Nr. 2 knüpft an die Rechtsprechung vor Erlass des AGBG an1033 und wurde in erster Linie für die Fälle geschaffen, in denen für den Vertragstyp oder das Regelungsproblem „eine Orientierungshilfe in Form einer dispositiven gesetzlichen Regelung“ nicht existiert1034. Dies betrifft nicht nur neuartige, bislang gänzlich ungeregelte Vertragstypen, sondern auch Abweichungen oder Kombinationen von gesetzlich normierten Vertragsarten im Sinne eines eigenständigen Realtyps, für den das gesetzliche Regelungsprogramm nicht passt, sowie Regelungsgegenstände, für die das Gesetz trotz grundsätzlicher Erfassung des Vertragstyps keine Vorschriften enthält1035. Selbst wenn man mit dem BGH zu den „gesetzlichen Regelungen“ i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 alle Rechtssätze zählt, die von der Rechtsprechung und Rechtslehre durch Auslegung, Analogie oder Rechtsfortbildung aus den Gesetzesbestimmungen hergeleitet werden können1036, bleibt ein weiter Bereich, in dem (vorerst)1037 auf keine gesetzlichen Regelungsvorbilder zurückgegriffen werden kann1038. Das erschwert zwar die Durchführung einer Inhaltskontrolle, macht sie aber nicht unmöglich1039. Insbesondere scheitert sie nicht an § 307 Abs. 3, der eine Abweichung von „Rechtsvorschriften“ als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Inhaltskontrolle verlangt. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 307 Abs. 2 Nr. 2 klargestellt, dass der Schutz des Vertragspartners vor einseitiger Interessenverfolgung durch den Ver-

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gen Verletzung der kommissionsrechtlichen Interessenwahrungspflicht nach § 384 Abs. 1 Halbs. 2 zu, vgl. auch Koch ZBB 2005, 265 (268). Zur Abgrenzung der MistradeKlausel von einem nach § 308 Nr. 4 unwirksamen Änderungsvorbehalt (bei offensichtlichen Irrtümern) in den Emissionsbedingungen eines Optionsscheins vgl. BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 (1502). Vgl. z.B. BGH v. 29.5.1968 – VIII ZR 77/66, BGHZ 50, 200 (206) (Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses bei Zusicherung einer Eigenschaft der Kaufsache). Teilbericht I S. 55 f.; vgl. auch Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 9 sowie aus dem Schrifttum statt aller von Hoyningen-Huene Rz. 278; Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 41; Wolf/Pfeiffer Rz. 133; für Beschränkung der Anwendbarkeit der Vorschrift auf diese Fallgruppe Becker S. 153 ff., 166 ff. Staudinger/Coester Rz. 261 m.w.N.; siehe zur Anwendung des § 307 Abs. 2 Nr. 2 bei lückenhafter gesetzlicher Regelung etwa BGH v. 17.1.1985 – VII ZR 375/83, NJW 1985, 1165 (1166) (Reisevertrag). BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (163); BGH v. 24.4.1991 – VIII ZR 180/90, BB 1991, 2252; BGH v. 7.5.1991 – XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330; BGH v. 25.6.1991 – XI ZR 257/90, BGHZ 115, 38; noch weitergehend Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 137 (auch allgemeine Rechtsgrundsätze, die aus der Rechtsordnung insgesamt abzuleiten sind); a.A. von Hoyningen-Huene Rz. 245 ff. (nur materielle Gesetze i.S.d. Art. 2 EGBGB); vgl. näher oben Rz. 206 ff. Vgl. zur Möglichkeit eines „Hinüberwachsens“ der Inhaltskontrolle von § 307 Abs. 2 Nr. 2 in Abs. 2 Nr. 1 durch die Bildung verfestigten Richterrechts als dann „gesetzlicher“ Regelung Staudinger/Coester Rz. 226 m.w.N. A.A. MünchKomm/Wurmnest Rz. 70 (Unterschiede zwischen § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 „mit der Lupe zu suchen“). Der vereinzelte Versuch, bei Fehlen dispositiver Gesetzesvorschriften aus dem früheren § 8 AGBG (jetzt § 307 Abs. 3 Satz 1) die Unanwendbarkeit der Inhaltskontrolle abzuleiten, so Schaefer VersR 1978, 7 ff., ist zu Recht auf allgemeine Ablehnung gestoßen, siehe nur BGH v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358 (362); BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 (211); BGH v. 9.10.1985 – VIII ZR 217/84, BGHZ 96, 103 (109); JZ 1991, 1141; Fastrich S. 253.

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wender nicht davon abhängt, dass ein (konkreter) gesetzlicher Maßstab für die Kontrolle vorformulierter Klauseln existiert. Bei Fehlen eines gesetzlichen Leitbildes ist als Prüfungsmaßstab auf die – aus Natur und Zweck des Vertrages abzuleitenden – vertragstypischen Gerechtigkeitserwartungen abzustellen, die im Wege einer generalisierenden und typisierenden Betrachtung zu ermitteln sind1040. 239

Nach verbreiteter Vorstellung soll sich daher die Inhaltskontrolle hier nach einem „vertragsimmanenten, aus dem Inhalt und Zweck des Vertrages abgeleiteten Maßstab“ richten1041. Das ist freilich insofern missverständlich, als nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass auch in diesem Zusammenhang nicht etwa singuläre, atypische Interessen maßgeblich sind, wie sie sich gerade im konkreten Einzelvertrag und seinen Regelungen niedergeschlagen haben, sondern dass im Wege einer objektiv-generalisierenden Betrachtungsweise auf die typischen Regelungsinteressen von Parteien eines Vertrages dieser Art abzustellen ist. Es geht nicht um die Aufdeckung und Abwägung der maßgeblichen individuellen Interessen im konkreten Fall oder um das bloße Zu-Ende-Denken der im konkreten Vertrag angelegten Regelungen1042, sondern um die Entwicklung eines normativen Leitbilds für gesetzlich nicht geregelte Vertragstypen (oder Regelungsgegenstände). Angesichts der vielfach kritisierten Unbestimmtheit der gesetzlichen Formulierung1043 in § 307 Abs. 2 Nr. 2 stellt die Vorschrift insoweit einen Auftrag an die Rechtsprechung zur normativen Konkretisierung ungeregelter Vertragsverhältnisse dar, soll doch nach dem Willen des Gesetzgebers in gleicher Weise wie im Bereich des dispositiven Gesetzesrechts ein Schutz vor einseitiger Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Verwender gewährleistet werden. Allerdings ist die Rechtsprechung, anders als der Gesetzgeber, nicht dazu berufen, anlässlich der Entscheidung von Einzelfällen gewissermaßen am Reißbrett umfassende abstrakte Leitbilder für neue Vertragstypen zu entwerfen; vielmehr besteht ihre Aufgabe insoweit darin, sich über die Wirksamkeitskontrolle und Ausgrenzung Einzelner problematischer Klauseln unter Heranziehung allgemeiner Grundsätze und normativer Wertungen allmählich an das Leitbild eines im Rechtsleben praktizierten und sich weiterentwickelnden Vertragstyps heranzutasten1044.

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Bedeutung hat die Vorschrift nicht nur für die Inhaltskontrolle gesetzlich nicht geregelter Vertragstypen, sondern generell auch für den Schutz vor einer Aushöhlung vertragswesentlicher Rechte oder Pflichten1045, namentlich im Zusammenhang mit Freizeichnungsklauseln (näher dazu unten Rz. 269 ff.). Ausweis-

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Vgl. Staudinger/Coester Rz. 270. So insb. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 142; Wolf/Pfeiffer Rz. 135. So aber Lieb DB 1988, 946 (953 f.); näher dazu unten Rz. 245 ff. Vgl. nur Staudinger/Schlosser, 12. Aufl. 1980, § 9 AGBG Rz. 27 („unglückliche Formulierung“, „denkbar blasseste Wortwahl“). 1044 Vgl. Fastrich S. 287; Staudinger/Coester Rz. 268 („nur Ausgrenzung, jedenfalls unangemessener Gestaltungen“); zust. Stoffels Rz. 530 („Entwicklung problembezogener Teillösungen“ statt eines umfassenden Ordnungsentwurfs für den fraglichen Vertragstyp). 1045 Vgl. etwa BGH v. 11.2.2009 – IV ZR 28/08, VersR 2009, 533; BGH v. 21.7.2011 – IV ZR 43/10, AnwBl 2011, 783; BGH v. 6.7.2011 – IV ZR 217/09, VersR 2012, 48. Einen Wertungsgesichtspunkt mit eigenständiger Bedeutung erkennen hierin auch Staudinger/Coester Rz. 262; von Hoyningen-Huene Rz. 279; Palandt/Grüneberg Rz. 33; a.A. Becker S. 153 ff.

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lich der Gesetzesmaterialien1046 knüpft der Gesetzgeber mit dem Merkmal der Vertragszweckgefährdung an die Rechtsprechung zum Verbot der „Aushöhlung von Kardinalpflichten“ an1047. Allerdings sind die formularmäßig nicht einschränkbaren wesentlichen Rechte oder Pflichten nicht allein mit den (gegenseitigen) Haupt- oder „Kardinalpflichten“ im technischen Sinne gleichzusetzen, sondern können auch Neben- und Schutzpflichten erfassen1048. Entscheidend ist der Bezug zu den zentralen Leistungs- und Schutzerwartungen des Kunden1049; dazu gehören auch solche Pflichten, deren Beachtung überhaupt erst die Voraussetzungen für die Erfüllung des Vertrages schafft oder auf andere Weise unentbehrlich für die Erreichung des Vertragszwecks ist1050. Durch § 307 Abs. 2 Nr. 2 soll insbesondere verhindert werden, dass der Verwender das, was er dem Kunden mit der einen Hand gibt, diesem sogleich mit der anderen Hand wieder wegnimmt, indem er etwa eine Pflicht übernimmt, sich aber zugleich von ihrem charakteristischen Inhalt wieder freizeichnet1051 und damit insoweit den Vertrag seines Sinnes entleert1052. In diesem in gewisser Weise widersprüchlichen Verhalten des Verwenders zeigt sich eine deutliche Nähe des Aushöhlungs- und Zweckvereitelungsverbots zum Verbot des venire contra factum proprium. Andeutungen in diese Richtung aus dem Schrifttum1053 aufgreifend hat in jüngerer Zeit Stoffels den Versuch unternommen, das Aushöhlungsverbot dogmatisch als regelrechte Ausprägung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens zu fundieren1054. Dabei verkennt er nicht, dass dieser Rechtsgrundsatz herkömmlich der unzulässigen Rechtsausübung, also dem individuellen Rechtsmissbrauch und damit der Ausübungskontrolle zugerechnet wird1055. Er hält jedoch die Ausdehnung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens auf Fälle eines widersprüchlichen Vertragsinhalts für möglich und wegen der vergleichbaren Grundkonstellation geboten: Der Kunde dürfe berechtigterweise darauf vertrauen, dass seine vom Verwender im Rahmen der Vertragsanbahnung geweckte Erwartungshaltung hinsichtlich des angebotenen Leistungsspektrums und der ihm einzuräumenden Rechtsposition nicht durch

1046 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 9, 23. 1047 Vgl. BGH v. 29.10.1962 – II ZR 31/61, BGHZ 38, 183 (186); BGH v. 2.7.1973 – II ZR 125/71, NJW 1973, 2107 (2108);BGH v. 20.3.1978 – II ZR 19/76, BGHZ 71, 167 (173); BGH v. 19.1.1984 – VII ZR 220/82, NJW 1984, 1350 (1351); BGH v. 20.6.1984 – VIII ZR 137/83, NJW 1985, 914 (916) sowie den Überblick bei Roussos JZ 1988, 997 (1003 f.). 1048 Vgl. nur Wolf/Pfeiffer Rz. 132, 134, 138. Der verbreitete Sprachgebrauch, § 307 Abs. 2 Nr. 2 schließe eine Beeinträchtigung von Haupt- oder Kardinalpflichten aus, ist ungenau, Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 144. 1049 Vgl. z.B. BGH v. 24.2.1971 – VIII ZR 22/70, NJW 1971, 1036 (1037 f.) (Pflicht zur Überwachung der ordnungsgemäßen Befüllung des Heizöltanks bei der Lieferung von Heizöl); vgl. auch Staudinger/Coester Rz. 262; näher dazu unten Rz. 245, 247 ff. 1050 Vgl. z.B. BGH v. 25.6.1973 – II ZR 72/71, NJW 1973, 1878; BGH v. 20.12.1984 – VII ZR 340/83, NJW-RR 1986, 271 (272); von Hoyningen-Huene Rz. 277. 1051 Vgl. z.B. BGH v. 20.6.1984 – VIII ZR 137/83, NJW 1985, 914 (916) (Übernahme der Pflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung, aber zugleich Freizeichnung von der Haftung bei nicht ordnungsgemäßer Abrechnung). 1052 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 23; von Hoyningen-Huene Rz. 279 a.E.; ebenso Staudinger/Coester Rz. 262 (Sicherung der inneren Stimmigkeit der vertraglichen Abreden). 1053 Lieb DB 1988, 946 (953 f.); Staudinger/Coester Rz. 272. 1054 Stoffels Rz. 523 ff. 1055 Soergel/Teichmann § 242 Rz. 27 m.w.N.

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einschränkende Klauseln in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise entwertet werde. Denn durch derartige Leistungs- oder Rechtsverkürzungen würde sich der Verwender in Widerspruch zu seinem früheren, im Stadium der Vertragsanbahnung liegenden Verhalten setzen1056. 242

So zutreffend die Anknüpfung am Vertrauensgedanken und dem auf ihm beruhenden Verbot widersprüchlichen Verhaltens im Ansatz ist, so bleiben doch erhebliche Unterschiede zwischen einer Wirksamkeitskontrolle des Vertrages selbst und einer Kontrolle der Ausübung erworbener Rechtspositionen wegen Widerspruchs zu einem früheren (außervertraglichen) Verhalten bestehen. So kommt es für die Inhaltskontrolle grundsätzlich nicht auf das frühere Verhalten des Verwenders im Stadium der Vertragsanbahnung an, sondern nur auf den Akt des Vertragsschlusses selbst, da sich erst in diesem Zeitpunkt die Frage der Einbeziehung der AGB und deren etwaige Modifikation durch Individualabreden entscheidet. Der Widerspruch tritt hier uno actu auf, er liegt in der Diskrepanz zwischen der Rechtsposition, die der Kunde (berechtigterweise) erlangt zu haben glaubt, und derjenigen, die er nach dem Vertragsinhalt unter Einbeziehung des „Kleingedruckten“ (vorbehaltlich dessen Wirksamkeit) tatsächlich erworben hat. Ein Abstellen auf das „Vorverhalten“ des Verwenders im Stadium der Vertragsanbahnung wirkt dagegen eher gekünstelt. Das zeigt sich auch darin, dass die nach den allgemeinen Grundsätzen des venire contra factum proprium neben dem zurechenbaren (vertrauensbegründenden) Vorverhalten der Gegenseite erforderliche anschließende Vertrauensdisposition hier nur im Vertragsschluss selbst liegen kann1057, was sonst generell ausgeschlossen wird1058. Entscheidend ist vielmehr, dass der Kunde mit dem Abschluss des Vertrages bei Zugrundelegung der AGB nicht das bekommt, was er nach dem typischen Vertragszweck berechtigterweise erwarten darf. Festzuhalten bleibt damit, dass sich der Aspekt des Vertrauensschutzes primär auf den Vertragsinhalt selbst bzw. die (berechtigte) Vorstellung (Erwartungshorizont) des Kunden davon bezieht und grundsätzlich nicht auf ein „Vorverhalten“ des Verwenders, obwohl dieses ausnahmsweise, z.B. bei irreführender Werbung, auf den typischen Erwartungshorizont der Kunden einwirken kann.

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Hilfreich für die gebotene Konkretisierung des vagen Tatbestands des § 307 Abs. 2 Nr. 2 erscheint eine Orientierung an der Struktur der Vorschrift und der Funktion ihrer Tatbestandselemente. So ist bemerkenswert, dass § 307 Abs. 2 Nr. 2 eine vergleichbare Normstruktur wie § 307 Abs. 2 Nr. 1 aufweist1059: An die Stelle der „Grundgedanken der gesetzlichen Regelung“ treten hier die „wesentlichen Rechte und Pflichten aus der Natur des Vertrages“, dem Merkmal des „Abweichens“ entspricht die „Einschränkung“ und die abschließende Wertung der „Unvereinbarkeit“ wird durch die Beurteilung der „Gefährdung des Vertragszwecks“ ersetzt. Dementsprechend unterscheidet sichdie Durchführung der Inhaltskontrolle auch nur graduell von der nach § 307 Abs. 2 Nr. 1. Die wesentliche Abweichung liegt im Fehlen eines dispositiven Gesetzesrechts als nor-

1056 Stoffels Rz. 525. 1057 So auch Stoffels Rz. 544, der das zurechenbare Vorverhalten des Verwenders in der „Präsentation des vorformulierten Vertragswerks“ und die Vertrauensdisposition durch den Kunden im „Abschluss des Vertrages als solchen“ sieht. 1058 Vgl. Canaris Vertrauenshaftung S. 295 (bloßer Abschluss des Vertrags reiche niemals aus). 1059 Staudinger/Coester Rz. 261 a.E.

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mativem Bewertungsmaßstab: Im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 muss sich der Rechtsanwender das erforderliche Leitbild zur Ermittlung der „wesentlichen Rechte oder Pflichten aus der Natur des Vertrages“ erst ad hoc erarbeiten. b) Wesentliche Rechte oder Pflichten aus der Natur des Vertrages aa) Grundlagen Ausgangspunkt für die Bestimmung des AGB-festen, formularmäßig nicht ein- 244 schränkbaren Regelungsbestands ist nach dem Wortlaut des § 307 Abs. 2 Nr. 2 zunächst die „Natur des Vertrages“. Diese manifestiert sich maßgeblich im typischen Vertragszweck, wie er sich aus dem Vertragsinhalt mit Rücksicht auf Treu und Glauben und die Verkehrssitte ergibt1060. Welche Rechte des Vertragspartners oder Pflichten des Verwenders danach als „wesentlich“, d.h. als „grundlegend und prägend“ für den Vertrag erachtet werden1061 oder „zum Schutz vertragsspezifischer Interessen erforderlich“ sind1062, lässt sich nicht im Wege der einfachen Subsumtion feststellen, sondern bedarf einer wertenden Konkretisierung. Abzustellen ist insoweit primär auf die Perspektive der geschützten Partei: Das berechtigte Vertrauen des Vertragspartners in die ihm zustehenden Rechte und in die dem Verwender obliegenden Pflichten bildet die Basis für die Entwicklung des normativen Vergleichsmaßstabs, an dem die konkreten AGB-Bestimmungen zu messen sind. Eine gewisse Parallele besteht insofern zu Art. 25 UN-Kaufrecht, demzufolge eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt, wenn Nachteile entstehen, durch die einer Partei im Wesentlichen das entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen. Entscheidend für die Bestimmung der „wesentlichen Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben“ (§ 307 Abs. 2 Nr. 2) ist der durch den Vertragsschluss begründete Erwartungshorizont des Kunden1063. Diesen gilt es zu konkretisieren und auf seine Berechtigung, d.h. Übereinstimmung mit normativen Grundwertungen, zu überprüfen. Dabei markieren die Parteivereinbarungen zwar den Ausgangspunkt der Überlegungen, doch können diese nicht bei einer vertragsimmanenten Kontrolle der Stimmigkeit der getroffenen Regelungen und bloßen Beseitigung tief greifender innerer Widersprüche stehen bleiben1064. Vielmehr sind zur Gewährleistung eines vergleichbaren Schutzniveaus auch im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 – ebenso wie nach Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 – die vorformulierten Vertragsbestimmungen an einem das konkrete Vertragsgefüge übersteigenden Gerechtigkeitsmodell zu messen. Die gebotene Trennung zwischen Prüfungsgegenstand (der konkreten vertraglichen Regelung) und Kontrollmaßstab (i.S. eines außervertraglichen Referenzmodells) ist schon im Begriff der „Natur des Vertrages“ angelegt1065. Zur Gewinnung eines tauglichen normativen Vergleichsmaßstabs für die Inhaltskontrolle ist somit von den konkret getroffenen Vereinbarungen zu abstrahieren. Das geschieht zum einen

1060 1061 1062 1063

Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 143; ähnlich Palandt/Grüneberg Rz. 34. Vgl. von Hoyningen-Huene Rz. 287; ähnlich Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 43. Wolf/Pfeiffer Rz. 138. Stoffels Rz. 531; Staudinger/Coester Rz. 270 mit weiteren Kriterien zur Konkretisierung. 1064 So aber Lieb DB 1988, 946 (953 f.); wohl auch Oechsler S. 320 („trägt jede vorformulierte Parteivereinbarung ihren Maßstab in sich …“); dagegen zutr. Fastrich S. 282, 287 f.; Stoffels Rz. 529, 536; Staudinger/Coester Rz. 268. 1065 Vgl. Stoffels Rz. 529 a.E.; Staudinger/Coester Rz. 268.

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im Rahmen der erforderlichen generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise, zum anderen sind über die privatautonom abgesteckten Interessenfelder hinaus auch normative Wertungen aus der Rechtsordnung zu integrieren. Soweit einschlägige Rechtsvorschriften fehlen, ist auf die vertragstypenspezifischen Gerechtigkeitsvorstellungen des redlichen Geschäftsverkehrs1066 abzustellen und für den gesetzlich nicht geregelten (neuartigen oder atypischen) Vertrag ein passendes normatives Leitbild herauszuarbeiten. bb) Grundsätze und Kriterien für die Entwicklung eines normativen Leitbilds bei Fehlen dispositiver Gesetzesvorschriften 246

Auszugehen ist dabei trotz der grundsätzlich gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise vom Inhalt der Individualabrede1067, vor allem von den vereinbarten Hauptleistungspflichten, da sie maßgeblich den Geschäftszweck, die spezifischen Leistungserwartungen der Kunden und die sonstige vertragstypische Interessenlage festlegt. Auszublenden sind lediglich untypische Individualinteressen sowie die persönlichen Umstände des Vertragspartners (z.B. seine Geschäftserfahrung, aktuelle finanzielle Situation, besonderen persönlichen Motive für den Vertragsschluss). Das „privatautonom gestaltete Pflichtenarrangement“1068 bildet somit die Plattform, auf der sich die vertragsspezifischen, typischen Leistungs- und Schutzerwartungen der Vertragspartner entfalten.

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Dabei kommt es freilich nicht auf die konkreten, tatsächlichen Vorstellungen des jeweiligen Vertragspartners an, sondern auf den Erwartungshorizont des durchschnittlichen Kunden1069. Das folgt zum einen schon aus dem prinzipiellen Erfordernis der generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise im AGBRecht, zum anderen aus dem Begriff der „Natur des Vertrages“, der auf ein den Einzelvertrag übersteigendes Modell der Austauschgerechtigkeit verweist1070. Für die gebotene Gewinnung eines normativen Leitbilds sind somit generelle Aspekte der Vertragsgerechtigkeit und objektive Wertungen aus der Rechtsordnung in ein vertragstypenspezifisches Modell eines angemessenen Interessenausgleichs zu integrieren. Abzustellen ist darauf, „was ein objektiver Durchschnittskunde bei Geschäften dieser Art regelmäßig zu erwarten pflegt“1071. Bei der Identifizierung des maßgeblichen (neuartigen) Vertragstyps sind in mancherlei Hinsicht Differenzierungen möglich, die an sachliche Kriterien (z.B. Teiloder Vollamortisation bei Leasingverträgen, besondere branchenbezogene Anfor-

1066 Staudinger/Coester Rz. 271; zust. Palandt/Grüneberg Rz. 34. 1067 Vgl. BGH v. 2.12.1992 – VIII ARZ 5/92, NJW 1993, 532; a.A. Becker S. 53 ff.; so dem Grunde nach auch Wolf/Pfeiffer Rz. 135, der zur Bestimmung der Vertragsnatur „in erster Linie auf die Zwecke und Vorstellung der Parteien“ abstellt, „wie sie in der Individualabrede ihren Ausdruck finden“. Damit wird der generell-typisierende Prüfungsansatz der AGB-Kontrolle nicht hinreichend gewürdigt. 1068 Stoffels Rz. 534. 1069 Vgl. z.B. BGH v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, NJW 1986, 2428 (2429) (Sicht „des durchschnittlichen Bankkunden“ maßgeblich); ferner Stoffels Rz. 532 f.; Oechsler S. 320 f.; Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 42; krit. Staudinger/Coester Rz. 270 (berechtigte Erwartung des Durchschnittskunden ist in Wahrheit Hilfsvorstellung für rechtspolitischverantwortliche Leitbilderarbeitung); a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 135 (Vorstellung der Parteien). 1070 Staudinger/Coester Rz. 268. 1071 Stoffels Rz. 532 m.w.N.

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derungen oder Einsatzfelder) oder Kundengruppen (z.B. Unternehmer, Verbraucher, Absatzmittler, Endkunden) anknüpfen1072. Als wesentlich sind generell vor allem die Rechte und Pflichten anzusehen, „deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags überhaupt erst ermöglicht und auf deren Erfüllung der Vertragspartner daher vertraut und auch vertrauen darf“1073. Dazu gehören in erster Linie die Hauptleistungspflichten, die den Kern der Leistungserwartung der anderen Vertragspartei ausmachen. Prägend sind insbesondere die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Rechte oder Pflichten. Beim Mietvertrag zählt dazu z.B. auch die Instandhaltungspflicht des Vermieters und der korrespondierende Schadensersatzanspruch des Mieters1074.

248

Daneben werden von § 307 Abs. 2 Nr. 2 aber auch vertragliche Neben- und Schutzpflichten erfasst, sofern sie von grundlegender Bedeutung für den Kunden sind1075. Das ist der Fall, wenn sie einen engen Bezug zur Hauptleistung haben, etwa als notwendige Voraussetzung oder Ergänzung1076, oder wenn ihre Abbedingung oder Einschränkung die Rechtsposition des Vertragspartners so verschlechtern würde, dass nicht mehr von einer angemessenen Risikoverteilung gesprochen werden könnte1077. Je nach Vertragsart und Gefährdungslage kann daher auch die Schutzerwartung des anderen Vertragsteils wesentliche Bedeutung für die Durchführung des Vertrages erlangen1078.

249

In die Konkretisierung des Erwartungshorizonts des Durchschnittskunden fließen – ausgehend von der privatautonom gewählten Pflichtenstruktur – auch außervertragliche Faktoren sowohl faktischer als auch normativer Art ein1079. So werden die Vorstellungen des durchschnittlichen Vertragspartners über das, was er typischerweise von einem solchen Vertrag erwarten kann, maßgeblich durch die übliche Klauselpraxis und die Verkehrsanschauung geprägt. Auf diese Weise sind zahlreiche neuere Vertragsarten in den Rechtsverkehr gelangt und haben zunächst als „Realtypus“ Bedeutung erlangt. Dabei spielen auch Aussagen in der Werbung eine wichtige Rolle für die Herausbildung typischer Leistungserwartungen der Kunden1080. Inhalt und Grenzen der vertraglichen Ausgestaltung werden bei gesetzlich ungeregelten Vertragstypen sodann vor allem durch die Rechtsprechung, aber auch durch rechtswissenschaftliche Stellungnahmen unter Heranziehung normativer Wertungen ausgelotet und in die allgemeine Rechtsordnung eingepasst. Die in vielen (höchstrichterlichen) Entscheidungen

250

1072 Vgl. Stoffels Rz. 533 sowie bereits oben Rz. 111 zu gruppentypischen Differenzierungen im Rahmen des § 307 Abs. 1. 1073 BGH v. 23.2.1984 – VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016 (3018); BGH v. 20.12.1984 – VII ZR 340/83, NJW-RR 1986, 271 (272); BGH v. 26.1.1993 – X ZR 90/91, NJW-RR 1993, 560 (561); von Hoyningen-Huene Rz. 286; Stoffels Rz. 528; Palandt/Grüneberg Rz. 35. 1074 BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, NJW 2002, 673 (674 f.); zust. Palandt/Grüneberg Rz. 35. 1075 Palandt/Grüneberg Rz. 35; Wolf/Pfeiffer Rz. 143; Staudinger/Coester Rz. 273 f.; PWW/Berger Rz. 26. 1076 Staudinger/Coester Rz. 273. 1077 von Hoyningen-Huene Rz. 288 f. 1078 Vgl. z.B. BGH v. 23.2.1984 – VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016 (3018); Stoffels Rz. 531; Staudinger/Coester Rz. 272; Wolf/Pfeiffer Rz. 136. 1079 Vgl. Staudinger/Coester Rz. 270; Stoffels Rz. 538 ff. m.w.N. 1080 Im Kaufrecht hat der Gesetzgeber dies im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung explizit anerkannt, vgl. § 434 Abs. 1 Satz 3.

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entwickelten Beurteilungsgrundsätze und eigenständigen Regeln prägen schließlich das Erscheinungsbild eines gesetzlich nicht geregelten Vertragstyps und damit die verkehrsübliche Erwartungshaltung1081. Bei einer rechtlichen Verfestigung gewinnen sie letztlich eigenständige normative Qualität und begründen unmittelbar entsprechende Maßstäbe für die Inhaltskontrolle. 251

Zu beachten ist, dass die bloße Üblichkeit einer vertraglichen Gestaltung oder weite Verbreitung eines in der Praxis vorgefundenen gesetzlich nicht geregelten Vertragstyps nicht ausreicht1082, um diesen gegenüber einer Inhaltskontrolle zu immunisieren. Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich eine entsprechend reduzierte Erwartungshaltung existiert, weil etwa die objektiv problematischen Klauseln weit verbreitet sind oder gar mit Verkehrssitte oder Handelsbrauch übereinstimmen (vgl. bereits oben Rz. 143). Vielmehr wird der maßgebliche Erwartungshorizont auch durch objektive normative Wertungen aus der Rechtsordnung mitbestimmt1083. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass sich inhaltlich bedenkliche Vertragsbedingungen allein auf Grund ihrer großen faktischen Verbreitung und der davon ausgehenden tatsächlichen Prägung des Erwartungshorizonts der Kundenseite durchsetzen. Erforderlich ist demgegenüber die Vorschaltung eines normativen Filters, der einer kautelarjuristischen, einseitig interessengebundenen Usurpation der Vertragsgestaltungsfreiheit durch die Verwender Grenzen zieht.

252

Vielfach fehlt es allerdings bei neuartigen Geschäftsmodellen an einschlägigen normativen Grundsätzen oder verfestigten Vorstellungen zur Vertragsnatur. Aber auch Geschäftsformen in der Entwicklungsphase, die vielleicht noch keine einheitliche etablierte Ausgestaltung erfahren haben, sind nicht von der Inhaltskontrolle freigestellt. Sie unterliegen auch nicht nur einer eingeschränkten Überprüfung ihrer vertragsimmanenten Logik oder der „inneren Stimmigkeit“ des ansonsten kontrollfrei bleibenden Vertrages1084. Diese vereinzelt vertretene These wird damit begründet, dass sich die Natur des Vertrages aus seinen Hauptpflichten ergebe, die nach § 307 Abs. 3 (früher § 8 AGBG) keiner Kontrolle unterfielen, und dass dies zugleich ein Verbot der Kontrolle anhand eines externen, aus der Rechtsordnung zu gewinnenden Leitbilds impliziere. Diese Auffassung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Außerhalb des Kernbereichs der kontrollfreien vertragscharakteristischen Hauptleistungspflichten (näher zur Abgrenzung oben Rz. 37 ff.) müssen sich auch die normativ noch nicht gefestigten atypischen Vertragsgestaltungen an bestimmten übergreifenden Gerechtigkeitsvorstellungen und Wertungen des objektiven Rechts messen lassen1085. Fehlt es mangels einschlägigen dispositiven Gesetzesrechts, etablierter Rechtsgrundsätze oder Richterrechts an anerkannten Bewertungsrichtlinien, so ist ein normatives Leitbild

1081 Beispiele aus der Rspr. sind etwa das Finanzierungsleasing (dazu z.B. BGH v. 16.9.1981 – VIII ZR 265/80, NJW 1982, 105; BGH v. 25.10.1989 – VIII ZR 105/88, NJW 1990, 314; BGH v. 13.3.1991 – VIII ZR 34/90, NJW 1991, 1746; näher Teil 2, (30) Leasingverträge Rz. 1 ff.) oder der Vertragshändlervertrag (dazu z.B. BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060; BGH v. 23.11.1994 – VIII ZR 254/93, NJW 1995, 524; BGH v. 7.5.1997 – VIII ZR 349/96, NJW 1997, 3233; BGH v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, NJW 2000, 515; näher Teil 2, (57) Vertragshändlerverträge Rz. 1 ff.). 1082 So auch Staudinger/Coester Rz. 266, 270. 1083 Ebenso Stoffels Rz. 541. 1084 So aber Lieb DB 1988, 946 (953 f.); ähnlich Oechsler S. 320 („trägt jede vorformulierte Parteivereinbarung ihren Maßstab in sich …“). 1085 Wie hier gegen ein rein vertragsimmanentes Gerechtigkeitsmodell Staudinger/Coester Rz. 268.

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für den in Frage stehenden neuartigen Vertrags- oder Regelungstyp ad hoc zu entwickeln. Es geht insoweit um die Entfaltung „vertragstypenspezifischer Gerechtigkeitserwartungen“1086. Ausgehend von einer Analyse des wirtschaftlichen Zwecks eines Vertrages dieser Art und der mit ihm verfolgten (typischen) Interessen der Parteien sind materielle Kriterien und normative Wertungsgesichtspunkte zu identifizieren, die maßstabsbildende Bedeutung gewinnen und zur Konkretisierung der zentralen Leistungs- und Schutzerwartungen des durchschnittlichen Kunden beitragen können. Im Hinblick auf die nähere Charakterisierung des zu beurteilenden Vertrags ist 253 etwa zu unterscheiden1087, ob es sich um einen einmaligen Leistungsaustausch oder ein Dauerschuldverhältnis handelt, ob es um ein wirtschaftliches Risikogeschäft geht oder eher personenbezogene Elemente im Vordergrund stehen, ob die Vereinbarung durch ein bipolares Gläubiger-Schuldner-Verhältnis gekennzeichnet ist oder sich in ein kollektiv ausgerichtetes Geschäftssystem mit aufeinander abgestimmten Einzelverträgen einfügen muss (vgl. bereits Rz. 122, 135). Ist letzteres der Fall, wie etwa bei Franchising-, Vertragshändler-, Kreditkartenoder sonstigen Verträgen, die Bestandteil eines Netzwerks sind, verlangt auch das gemeinsame Interesse an der Funktionsfähigkeit des Verbundes Berücksichtigung. Dies kann dazu führen, dass etwaige Kundenerwartungen, die nicht mit den übergreifenden Systeminteressen vereinbar sind, als nicht leitbildkonform aus dem Bereich der berechtigten Leistungs- und Schutzerwartungen auszugrenzen sind1088. Weitere normativ relevante Aspekte für eine nähere Abgrenzung der schützens- 254 werten zentralen Vertragsinteressen des Kunden sind neben dem Rationalisierungsinteresse des Verwenders, von dessen Berücksichtigung die (wirtschaftliche) Durchführbarkeit des Vertrages insbesondere im Massengeschäft abhängen kann, vor allem die Beherrschung und Versicherbarkeit von Risiken durch die jeweilige Vertragspartei (Rz. 156 ff.). Die neben seinem Interesse am Erhalt der versprochenen Leistung relevanten Schutzerwartungen des Kunden beziehen sich nicht nur auf die Wahrung seiner Integrität in persönlicher und vermögensmäßiger Hinsicht, sondern auch auf die Vermeidung unnötiger oder übermäßiger Einschränkungen seiner Dispositions- und Handlungsfreiheit (vgl. Rz. 127). Auf der anderen Seite können insbesondere die Erforderlichkeit einer Amortisation hoher vertragsbezogener Investitionen und einer Vorbeugung gegenüber nahe liegenden Missbrauchsgefahren (vgl. Rz. 125) den Umfang der berechtigten Leistungs- und Schutzerwartungen des Kunden begrenzen. Generell ist allerdings zu beachten, dass sich der Schutz anerkennenswerter Vertragsinteressen nur insoweit durchsetzen kann, als sich die damit für den Verpflichteten verbundenen Belastungen in zumutbaren Grenzen halten1089. Eine abschließende Katalogisierung oder Systematisierung der relevanten materiellen Kriterien und normativen Wertungsgesichtspunkte, die bei der Ermittlung berechtigter zentraler Leistungs- und Schutzerwartungen und damit des normativen Leitbilds für den gesetzlich nicht geregelten Vertragstypus eine Rolle spielen, ist nicht möglich.

1086 Staudinger/Coester Rz. 271; von Hoyningen-Huene Rz. 285; Palandt/Grüneberg Rz. 34; Stoffels Rz. 542. 1087 Vgl. auch Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 42; von Hoyningen-Huene Rz. 285; Staudinger/ Coester Rz. 271. 1088 Stoffels Rz. 542. 1089 Vgl. Wolf/Pfeiffer Rz. 138.

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Als methodisches Denkmodell oder Leitlinie bei der Entwicklung eines (neuen) normativen Leitbilds im Einzelfall für einen gesetzlich nicht geregelten Vertragstypus kommt eine Anlehnung an die Methode der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht1090, auch wenn es bei der Orientierung an Zweck und Natur des Vertrages (§ 307 Abs. 2 Nr. 2) nicht lediglich um die Verweisung auf einen vertragsimmanenten Maßstab1091, sondern um die Aufdeckung objektiver, den konkreten Vertrag übersteigender Gerechtigkeitskriterien und damit letztlich um objektive Normbildung geht1092. Maßstab und Gegenstand der Inhaltskontrolle dürfen sich nicht (vollständig) decken; andernfalls erschöpfte sich ihre Durchführung in einem bloßen Zirkelschluss. Da das Leitbild der Inhaltskontrolle notwendigerweise außervertragliche Aspekte einbeziehen muss, würde eine „echte“ ergänzende Vertragsauslegung, die wirklich noch als Auslegung und nicht als objektive Vertragsergänzung verstanden wird, nicht weiterführen. Als bloßes „Zu-Ende-Denken“ der von den Parteien getroffenen Vereinbarungen müsste die Auslegung an den jeweiligen Vertragsinhalt anknüpfen; die zu kontrollierende Klausel ist insoweit aber in der Regel weder auslegungsbedürftig noch könnte sie (unter Bezugnahme auf die von den Parteien vorgenommenen Wertungen!) durch eine inhaltlich wesentlich andere Regelung ersetzt werden1093. Ein normatives Leitbild, das Anspruch auf Verbindlichkeit gegenüber abweichenden Vertragsgestaltungen erhebt und zugleich den Maßstab für die notwendige Ergänzung des bei Unwirksamkeit abweichender Klauseln lückenhaft gewordenen Vertrages darstellt, lässt sich nicht im Wege der bloßen Auslegung des kontrollunterworfenen Vertrages, sondern nur durch Bildung objektiver Rechtssätze entwickeln. Man mag das (noch) als ergänzende Vertragsauslegung bezeichnen, muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass es hier um eine „als Auslegung bezeichnete Art objektiver Regelbildung im Sinne der Entwicklung dispositiven Rechts“1094 geht.

256

Das steht im Einklang mit Tendenzen im neueren Schrifttum, das die (sog.) ergänzende Vertragsauslegung häufig nicht mehr als echte Auslegung versteht, sondern entweder generell1095 oder jedenfalls im Zusammenhang mit der Entfaltung vertragstypenspezifischer Regelungsmuster1096 dem dispositiven Recht gleichstellt. Das mag hier auf sich beruhen, entscheidend ist, dass der in § 307 Abs. 2 Nr. 2 in Bezug genommene Kontrollmaßstab der Natur des Vertrages und des Vertragszwecks eine den konkreten Vertrag (= Kontrollgegenstand) übersteigende objektiv-normative Ausrichtung hat. Er verweist letztlich auf eine Art hypothetisches, vom Richter unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung

1090 Becker S. 171 ff.; von Hoyningen-Huene Rz. 285; Wolf/Pfeiffer Rz.139; einschränk. Stoffels Rz. 542 („gewisse Nähe“). 1091 So aber Lieb DB 1988, 946 (953). 1092 Dies zu Recht besonders betonend Staudinger/Coester Rz. 269; Fastrich S. 288. 1093 Fastrich S. 288. 1094 Fastrich S. 288. 1095 Flume Rechtsgeschäft S. 322, 324. 1096 Canaris AcP 184 (1984), 201 (216 Fn. 52); Canaris, Lücken, S. 53; ähnlich Rüßmann BB 1987, 843 (845); Sandrock Ergänzende Vertragsauslegung, 1966, S. 48 ff.; vgl. auch Lüderitz Auslegung, S. 399 ff., 453 (Zwischenstufe zwischen Vertragsauslegung und objektiver Vertragsergänzung).

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aufzudeckendes dispositives Recht1097, in dem sich vertragstypenspezifische Gerechtigkeitserwartungen des Rechtsverkehrs1098 spiegeln. Die Verkehrsüblichkeit einer Regelung oder die typischen Erwartungen der Beteiligten sind zwar von wesentlicher Bedeutung bei der Suche nach dem Leitbild eines objektiv angemessenen Interessenausgleichs, vermögen jedoch dessen normative Verbindlichkeit im Ergebnis nicht zu begründen1099. Aus der weiten Verbreitung einer Regelung lässt sich nicht auf ihre inhaltliche Angemessenheit schließen, sind doch die im Rechtsverkehr üblichen Klauseln häufig gerade das Ergebnis der einseitigen Gestaltungsmacht des oder der AGB-Verwender1100. Die Entwicklung und Konkretisierung eines Leitbilds für die Inhaltskontrolle gesetzlich nicht (näher) geregelter Verträge ist „nicht eine empirische Aufgabe, sondern ein normativer Prozess“1101, letztlich eine Frage der Rechtsfortbildung1102. Dabei sind die Wertungen zu berücksichtigen, die in nicht unmittelbar einschlägigen Gesetzen und der gesamten Rechtsordnung enthalten sind1103, soweit sie eine ähnliche Interessenlage regeln. Der Rechtsanwender sollte sich dabei um eine möglichst systemkonforme Ergänzung der normativen Vertragstypenordnung bemühen1104.

257

Im Ergebnis erfordert die Konkretisierung der berechtigten zentralen Leistungs- 258 und Schutzerwartungen des Kunden und die damit zusammenhängende Entwicklung eines normativen Leitbilds für die Inhaltskontrolle bei Fehlen dispositiven Gesetzesrechts ein komplexes Zusammenspiel zwischen der Entfaltung vertragsimmanenter, vor allem aus dem privatautonom gesetzten Pflichtenprogramm entnommener Richtlinien und der Berücksichtigung normativer, aus der bestehenden Rechtsordnung abgeleiteter Wertungen. Auch wenn damit zwangsläufig erhebliche Rechtsunsicherheiten verbunden sind, kommt ein Verzicht auf die Ausrichtung der Inhaltskontrolle an einem normativen Leitbild in den Fällen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 nicht in Betracht. Denn sonst bestünde die Gefahr einer konturlosen Billigkeitsrechtsprechung und eines unterschiedlichen Schutzniveaus je nach der (zufälligen) gesetzlichen Regelungsdichte des betroffenen Bereiches1105. Das widerspräche der in § 307 Abs. 2 zum Ausdruck gekommenen 1097 Schlosser/Graba § 9 AGBG Rz. 31; Gilles NJW 1983, 2819 (2820); Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 42; vgl. auch Sandrock Ergänzende Vertragsauslegung, 1966, S. 77 ff.; Fastrich S. 287 f. 1098 Staudinger/Coester Rz. 271. 1099 Fastrich S. 289; Staudinger/Coester Rz. 270; anders offenbar OLG Düsseldorf v. 10.5.1991 – 17 U 19/90, ZIP 1991, 1070 (Klöckner). 1100 Fastrich S. 288 f.; von Hoyningen-Huene Rz. 211, 284; Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, 1994, S. 86 m.w.N. 1101 Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, 1994, S. 86. 1102 Ausführlich Fastrich S. 289 ff., der zutr. darauf hinweist, dass die Kompetenz zur Entwicklung von Leitbildern für gesetzlich nicht (vollständig) geregelte Vertragstypen nicht aus der Befugnis zur Inhaltskontrolle abgeleitet werden kann, sondern eine allgemeine Frage der Legitimation richterlicher Rechtsfortbildung ist. Denn das der Kontrolle zugrunde zu legende Leitbild hat Rechtsnormcharakter, hierzu Fastrich S. 284 ff. 1103 Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, 1994, S. 85; vgl. auch BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 (163) (zu § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). 1104 Stoffels Rz. 542. 1105 Vgl. hierzu und zum Folgenden grundlegend Fastrich S. 280 ff.

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Wertung des Gesetzgebers, der beide Fälle, die Kontrolle anhand des dispositiven Gesetzesrechts (Nr. 1) und – bei Fehlen solcher Vorschriften – die Prüfung am Maßstab von Natur und Zweck des Vertrages (Nr. 2), gleich behandelt wissen will, indem er sie nebeneinander als Regelbeispiele der Generalklausel des § 307 Abs. 1 ausgestaltet hat1106. c) Einschränkung vertragswesentlicher Rechte oder Pflichten 259

Sind bestimmte Rechte des Vertragspartners oder Pflichten des Verwenders als im Rahmen der Leitbildkonkretisierung als wesentlich qualifiziert worden, ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob sie durch eine Klausel eingeschränkt werden. Als Einschränkung ist dabei jede nachteilige Veränderung der Rechtsposition des Vertragspartners im Vergleich zu der Rechtslage zu werten, die ohne die fragliche AGB-Klausel gelten würde1107. Die hypothetische Rechtslage, wie sie sich nach der „Natur des Vertrags“ ohne die fragliche Klausel ergeben würde, ist also der zu kontrollierenden konkreten AGB-Bestimmung gegenüberzustellen. Neben dem völligen oder partiellen Ausschluss von Rechten des Vertragspartners oder Pflichten des Verwenders fällt darunter auch die bloße Erschwerung oder faktische Vereitelung ihrer Durchsetzung1108. Dies kann durch unzureichende Information des Vertragspartners1109, eine unangemessene Beweislastregel1110 oder auch dadurch geschehen, dass die Verletzung einer vertraglichen Pflicht sanktionslos gestellt wird1111.

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Aus dem Schutzzweck der Inhaltskontrolle folgt, dass nur die wesentlichen Rechte und Pflichten in den Rechtslagenvergleich einzubeziehen sind, die im Interesse des Vertragspartners liegen1112. Das sind die Hauptleistungspflichten sowie für zentrale Interessen des Vertragspartners bedeutsame Neben- und Schutzpflichten des Verwenders, also vor allem solche, die einen engen Bezug zur Hauptleistung haben, indem sie diese erst ermöglichen oder vervollständigen. Erfasst sind aber auch solche Pflichten, deren Beschränkung zu einer empfindlichen Störung einer angemessenen Risikoverteilung zwischen Verwender und Kunden führen würde. d) Gefährdung des Vertragszwecks

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Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 liegt nur vor, wenn die Einschränkung vertragswesentlicher Rechte oder Pflichten derart qualifiziert ist, dass sie die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet. Obwohl bereits die Ermittlung des norma1106 Die Zuordnung der Inhaltskontrolle bei Fehlen dispositiver Gesetzesnormen zu § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG ist allerdings umstritten, wie hier Fastrich S. 286; von HoyningenHuene Rz. 282; Wolf/Pfeiffer Rz. 133; a.A. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 137 f., 142; wohl auchBGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 (240). Irgendeine praktische Relevanz hat dieser Streit nicht, zumal die Rspr. angesichts der identischen Rechtsfolgen häufig ganz auf eine konkrete Zuordnung zu einem der (drei) Tatbestände des § 307 (§ 9 AGBG) verzichtet. 1107 Vgl. von Hoyningen-Huene Rz. 290; Staudinger/Coester Rz. 277. 1108 von Hoyningen-Huene Rz. 292. 1109 Vgl. z.B. BGH v. 17.1.1985 – VII ZR 375/83, NJW 1985, 1165 (1166) (Informationspflicht des Reiseveranstalters über Einreisebestimmungen im Ausland). 1110 Vgl. z.B. LG München v. 18.5.1983 – 31 S 22912/82, I NJW 1983, 1685 (unwirksame Beweislastverteilung bei Reisegepäckversicherung). 1111 BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, NJW 2002, 673 (675). 1112 von Hoyningen-Huene Rz. 291.

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tiven Vergleichsmaßstabs der „Natur des Vertrages“ im Wege der Bildung hypothetischen dispositiven Gesetzesrechts (oben Rz. 256) eine Abwägung der typischerweise betroffenen Interessen umfasst und in engem Zusammenhang mit der Bestimmung des „Vertragszwecks“ steht, stellt dieses Tatbestandsmerkmal nach herrschender Auffassung eine eigenständige Prüfungsstation für die Feststellung der Unangemessenheit dar1113. Dem Merkmal kommt insoweit eine vergleichbare Funktion wie der „Unvereinbarkeit“ mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 307 Abs. 2 Nr. 1 zu. Unter dem „Vertragszweck“ ist hier in erster Linie der (unmittelbare) wirtschaftliche oder rechtliche Erfolg zu verstehen, den der Vertragspartner in Gestalt der vertragsgemäßen Leistung durch den Abschluss des Vertrages zu erlangen sucht1114. Dieser Zweck muss nicht unbedingt (mit mehr oder weniger großer Sicherheit) vereitelt werden1115, es genügt, wenn seine Verwirklichung durch die für den Kunden nachteilige Abweichung vom Leitbild einer angemessenen Regelung gefährdet wird1116. Welches Ausmaß diese Gefährdung erreichen muss, lässt sich nicht exakt bestimmen; man wird wohl zumindest eine nicht unerhebliche Gefährdung verlangen müssen1117. Neben der erforderlichen Intensität der Gefahr ist auch die Bedeutung des betroffenen Interesses für den Kunden zu berücksichtigen, beide stehen in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zueinander: Je gewichtiger die tangierten Interessen oder Güter des geschützten Vertragspartners sind, desto geringere Anforderungen sind an den Grad der Gefährdung zu stellen. Bei nicht besonders gewichtigen Interessen wird man daher wohl eine nahe liegende oder ernsthafte Gefährdung verlangen müssen, während in den zentralen Bereichen der Leistungs- und Schutzerwartung je-

1113 BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 (324); NJW 1993, 335; Palandt/Grüneberg Rz. 36; Stoffels Rz. 546, 548; Staudinger/Coester Rz. 278 („abschließende und entscheidende Wertungsstation“); teilweise krit. Becker S. 182 f. 1114 Vgl. von Hoyningen-Huene Rz. 294 („Ziel des Geschäfts sowie der vertraglich angestrebte wirtschaftliche Erfolg“); ähnlich Staudinger/Coester Rz. 278 (die zum Vertragsinhalt erhobene „berechtigte, zentrale Leistungserwartung“ des Kunden); Wolf/ Pfeiffer Rz. 147. 1115 Wolf/Pfeiffer Rz. 147; Staudinger/Coester („Sichere Zweckvereitelung ist nicht erforderlich.“); im Ergebnis ebenso jüngst i.R.d. „Zillmer“-Rspr. BGH v.19.12.2012 – IV ZR 200/10, VersR 2013, 565; BGH v. 14.11.2012 – IV ZR 198/10, VersR 2013, 1116; BGH v. 17.10.2012 – IV ZR 202/10; VersR 2013, 213 = GWR 2013, 159 m. Anm. Kerst; BGH v. 25.7.2012 – IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 m. Anm. Reiff VersR 2013, 785; kritisch Armbrüster NJW 2012, 3001 ff. 1116 Palandt/Grüneberg Rz. 36; im Ergebnis ebenso jüngst i.R.d. „Zillmer“-Rspr. BGH v.19.12.2012 – IV ZR 200/10, VersR 2013, 565; BGH v. 14.11.2012 – IV ZR 198/10, VersR 2013, 1116; BGH v. 17.10.2012 – IV ZR 202/10; VersR 2013, 213 = GWR 2013, 159 m. Anm. Kerst; BGH v. 25.7.2012 – IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 m. Anm. Reiff VersR 2013, 785; kritisch Armbrüster NJW 2012, 3001 ff. 1117 Ähnlich Soergel/Stein § 9 AGBG Rz. 44; Stoffels Rz. 548; von Hoyningen-Huene Rz. 295 (Erzielung des angestrebten Erfolgs „mehr als nur geringfügig in Frage gestellt“; ausreichend sei die „nahe liegende Möglichkeit, dass der Vertragszweck ganz oder teilweise nicht erreicht wird“); Staudinger/Coester Rz. 279 („realistische Möglichkeit“ der Nichterreichung des Vertragszwecks); der BGH spricht von einer Aushöhlung des Vertrages seinem Gegenstand nach und einem Zwecklosmachen in Bezug auf das zu versichernde Risiko, wobei eine reine Leistungsbegrenzung grds. nur Ausdruck der unternehmerischen Entscheidung ist, soweit sie nicht mit der Beschreibung der Hauptleistungspflicht falsche Vorstellungen beim Kunden weckt, vgl. etwa BGH v. 11.2.2009 – IV ZR 28/08, VersR 2009, 533; BGH v. 21.7.2011 – IV ZR 43/10, AnwBl 2011, 783; BGH v. 6.7.2011 – IV ZR 217/09, VersR 2012, 48.

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de nicht nur geringfügige Gefahr genügen muss. Im Ergebnis stellt das Merkmal der Vertragszweckgefährdung jedenfalls insoweit eine zusätzliche inhaltliche Schranke für die Unangemessenheit dar, als es auch für die Einschränkung vertragswesentlicher Rechte und Pflichten eine weitere Erheblichkeitsschwelle im Sinne einer erhöhten Eingriffsintensität konstituiert. 263

Daneben tritt in sachlicher Hinsicht eine Fokussierung auf bestimmte zentrale Kundeninteressen ein. Nicht geschützt werden insoweit Interessen des Vertragspartners, die außerhalb des eigentlichen Vertragszwecks liegen, wie etwa die Obhut über eingebrachte Sachen beim Krankenhausvertrag1118. Aus der Einbeziehung der berechtigten Schutzerwartungen des Kunden bei der Bestimmung der „wesentlichen Rechte und Pflichten“ folgt allerdings, dass nicht immer nur Leistungsinteressen den „Vertragszweck“ ausmachen, sondern dass dazu – je nach der Eigenart des Vertragsverhältnisses – für den Vertragspartner auch die Bewahrung seiner physischen und vermögensmäßigen Integrität oder seiner wirtschaftlichen Bewegungs- und Dispositionsfreiheit gehören können. Letzteres spielt etwa bei der Einräumung fiduziarischer Sicherheiten wie Globalzession oder Sicherungsübereignung eine entscheidende Rolle: Hier ist (neben dem Sicherungsinteresse des Gläubigers) auch die verbleibende wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Vertragspartners Bestandteil des Vertragszwecks, und dieser wird durch Einschränkungen des Rechtsanspruchs auf Freigabe von Sicherheiten bei dauerhafter Überschreitung der Deckungsgrenze gefährdet1119. Gleiches gilt, wenn in Bürgschaftsverträgen formularmäßig die Möglichkeit zu einer nachträglichen Erhöhung oder Erweiterung der Hauptschuld vorgesehen ist, da neben dem Verbot der Fremddisposition (§ 767 Abs. 1 Satz 3) auch das Recht des Bürgen aushöhlt wird, seine Verpflichtung auf den von ihm bestimmten Sicherungsanlass zu beschränken1120. Das Integritätsinteresse wird vor allem dann Teil des Vertragszwecks, wenn die Leistungshandlungen des Verwenders notwendig oder bestimmungsgemäß auf die Rechtsgüter des Vertragspartners einwirken. Eine derart enge Beziehung zwischen dem Leistungs- und Integritätsinteresse ist z.B. bei der Lagerung von Lebensmitteln in Kühlhäusern gegeben, so dass eine Beschränkung der Haftung für die Verletzung der Pflicht zur sorgfältigen Einlagerung und Kühlung den Vertragszweck gefährdet1121.

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Fraglich erscheint, ob über das Merkmal der Gefährdung des Vertragszwecks auch im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 Kumulations- und Kompensationseffekte (in gleicher Weise wie bei § 307 Abs. 1, dazu Rz. 144 ff., 155) berücksichtigt werden können. Gegen ersteres spricht, dass die Norm den Fokus bewusst auf die Einschränkung vertragswesentlicher Rechte und Pflichten lenkt. Diese Kanalisierungswirkung ginge verloren, wenn schon unterhalb dieser Schwelle eine Mehrzahl für sich unbedeutender nachteiliger Abweichungen von der ermittelten hypothetischen Gesetzeslage auf ihre Relevanz für die Erreichung des Vertragszwecks zu prüfen wäre. Der passende Ort für die Berücksichtigung von Summierungswirkungen bleibt die Generalklausel des § 307 Abs. 1. Die umge1118 BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761 (764); Palandt/Grüneberg Rz. 36. 1119 BGH v. 27.11.1997 – GSZ 1/97, GSZ 2/97, NJW 1998, 671 (673, 675); Staudinger/Coester Rz. 280. 1120 Vgl. BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, ZIP 1995, 1244 (1249); BGH v. 13.11.1997 – IX ZR 289/96, NJW 1998, 450 (451). 1121 BGH v. 19.1.1984 – VII ZR 220/82, NJW 1984, 1350 f.; vgl. auch OLG München v. 2.3.1994 – 7 U 5918/93, NJW-RR 1994, 742 f. (Geldtransport); OLG Köln v. 26.5.1993 – 27 U 216/92, NJW-RR 1994, 25 (bewachte Parkplätze).

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kehrte Frage nach der möglichen Einbeziehung kompensatorischer Effekte in die Prüfung nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 ist demgegenüber insoweit zu bejahen, als das Tatbestandsmerkmal der Vertragszweckgefährdung eine Gesamtschau (jedenfalls) der wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen impliziert mit der Folge, dass die Erreichung des Geschäftsziels trotz Einschränkung vertragswesentlicher Rechte oder Pflichten (in Ausnahmefällen) durch andere wesentliche, den Kunden begünstigende Bestimmungen gesichert werden kann1122. Letztlich ist auch hier im Rahmen einer entsprechend strukturierten Interessenabwägung festzustellen, ob eine relevante Gefährdung des Vertragszwecks vorliegt. e) Beispiele aus der Rechtsprechung Die wohl größte praktische Bedeutung kommt dem Aushöhlungsverbot bei der 265 Kontrolle von Haftungsfreizeichnungen und Haftungsbeschränkungen zu, für die § 307 Abs. 2 Nr. 2 eine die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 und Nr. 8 ergänzende Funktion erfüllt. Die damit zusammenhängenden Fragen werden im Anschluss (Rz. 269 ff.) erörtert. Als sonstige Verstöße gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 hat die Rechtsprechung z.B. an- 266 gesehen: die Fakultativklausel auf Banküberweisungsformularen, nach der die Bank den Betrag auch einem anderen Konto des Empfängers gutschreiben kann, da hierdurch der Erfüllungszweck der Überweisung gefährdet wird1123; die ermessensabhängige Ausgestaltung des Freigabeanspruchs in einem Sicherungsvertrag bei Eintritt einer dauerhaften Übersicherung1124; die Überschreitung des vereinbarten Höchstbetrags der Bürgschaft durch eine Erstreckung der Haftung auf Zinsen, Provisionen und Kosten1125; in einem Bauträgervertrag die Verweisung des Immobilienerwerbers auf zumutbare eigene Bemühungen zur außergerichtlichen Durchsetzung der an ihn abgetretenen Ansprüche gegen Bauhandwerker (Subsidiaritätsklausel), da hierdurch der vom Kunden berechtigterweise erwartete Vorteil der koordinierten Gesamtabwicklung des Erwerbs durch den Bauträger ausgehöhlt würde1126; den Ausschluss der Informationspflicht des Reiseveranstalters über Einreisebestimmungen bei Auslandsreisen, da deren Verletzung zur Zurückweisung des Kunden an der Grenze und damit Vereitelung des Vertragszwecks führt1127; den Ausschluss der Leistungspflicht einer Krankenversicherung für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungs- oder Untersuchungsmethoden (sog. Wissenschaftlichkeitsklausel)1128 oder die Abbedingung des § 6 VVG a.F. (siehe nun aber § 28 Abs. 2 VVG) mit der Folge, dass der Versicherer bei nur leicht fahrlässigen oder folgenlosen Obliegenheitsverletzungen des Versicherten von seiner Leistung frei wird1129; die Unabhängigkeit einer Kostenausgleichsvereinbarung von einer Auflösung oder Aufhebung des Versicherungsvertrages sowie der ausdrückliche Ausschluss des Kündigungs1122 Für Einbeziehung kompensatorischer Aspekte, aber ohne ausdrückliche Beschränkung auf wesentliche Rechte oder Pflichten, auch Stoffels Rz. 548; Staudinger/Coester Rz. 280; vgl. auch BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, NJW 1988, 1785 (1788) (Werftvertrag). 1123 BGH v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, NJW 1986, 2428 (2429). 1124 BGH v. 27.11.1997 – GSZ 1/97, GSZ 2/97, NJW 1998, 671 (672 f.). 1125 BGH v. 18.7.2002 – IX ZR 294/00, NJW 2002, 3167 (3168 f.). 1126 BGH v. 21.3.2002 – VII ZR 493/00, NJW 2002, 2470 (2471 f.). 1127 BGH v. 17.1.1985 – VII ZR 375/83, NJW 1985, 1165 (1166). 1128 BGH v. 23.6.1993 – IV ZR 135/92, NJW 1993, 2369 (2370 f.). 1129 BGH v. 9.5.1984 – IVa ZR 176/82, NJW 1985, 559 (560).

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rechts1130; die Klausel in einer Warenkreditversicherung, welche bestimmt, dass nach Beendigung des Versicherungsschutzes eines Kunden sämtliche beim Versicherungsnehmer eingehenden Zahlungen dieses Kunden in Ansehung des Versicherungsverhältnisses auf die jeweils älteste offene Forderung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Kunden anzurechnen sind1131; Abschlusskostenverrechnungsklauseln eines Versicherers in Form der Zillmerung1132; die Klausel in den Honorarregelungen Zeitungen, die bestimmt, dass der Verlag an den auftragsgemäß abgelieferten bzw. an den zur Veröffentlichung angenommenen Unterlagen Eigentum erwirbt1133. 267

Bei Vertragshändlerverträgen untergräbt ein unbegrenzter Vorbehalt des Herstellers zu Direktlieferungen nach Ansicht des BGH die Repräsentantenfunktion des Händlers vor Ort und beeinträchtigt seine Marktchancen so nachhaltig, dass der Vertragszweck gefährdet erscheint1134. Im Verhältnis zwischen einem Kreditkartenunternehmen und den angeschlossenen Vertragsunternehmen hat der BGH die vollständige und verschuldensunabhängige Belastung der Vertragsunternehmen mit dem verfahrensimmanenten Missbrauchsrisiko bei Nutzung der Kreditkarte im sog. Telefon- oder Mailorderverfahren als vertragszweckgefährdenden Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 eingestuft1135. Dabei spielte auch eine Rolle, dass der Betreiber des Kreditkartensystems das grundsätzlich von ihm selbst zu tragende verfahrensimmanente Missbrauchsrisiko wesentlich besser als das einzelne Vertragsunternehmen auffangen könne und sich die Teilnahme am Telefon- und Mailorderverfahren noch durch eine zusätzliche Servicegebühr entlohnen lasse1136.

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Der uneingeschränkte Ausschluss von Ersatz für abhanden gekommene Fahrscheine in den Beförderungsbedingungen eines Busreiseunternehmens widerspricht dem Verbot der Aushöhlung zentraler Vertragspflichten, da es dem Fahrgast praktisch unmöglich gemacht wird, seinen fortbestehenden Beförderungsanspruch geltend zu machen. Die daraus resultierende Belastung des Kunden ist unangemessen, wenn für das Busreiseunternehmen keine relevante Ge1130 BGH v. 10.9.2014 – IV ZR 352/13, VuR 2015, 37; BGH v. 23.7.2014 – IV ZR 330/13, VersR 2014, 1189; BGH v. 12.3.2014 – IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 m. Anm. Reiff; ausführlicher dazu Frohnecke VW 2014, 82; zum Kündigungsrecht BGH v. 2.4.2014 – IV ZR 393/13, NJW-RR 2014, 1247. 1131 BGH v. 22.1.2014 – IV ZR 343/12, NJW-RR 2014, 604. 1132 BGH v.19.12.2012 – IV ZR 200/10, VersR 2013, 565; BGH v. 14.11.2012 – IV ZR 198/10, VersR 2013, 1116; BGH v. 17.10.2012 – IV ZR 202/10, VersR 2013, 213 = GWR 2013, 159 m. Anm. Kerst; BGH v. 25.7.2012 – IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 m. Anm. Reiff VersR 2013, 785 (durch die mit der „Zillmerung“ verbunden Nachteile wird das Recht des Versicherungsnehmers auf die Versicherungssumme unzulässig beeinträchtigt; die Kapitallebensversicherung dient nicht nur der Absicherung des Todesfallrisikos, sondern auch der Kapitalanlage und Vermögensbildung); kritisch Armbrüster NJW 2012, 3001 ff. 1133 BGH v. 31.5.2012 – I ZR 73/10, BGHZ 193, 268 = NJW 2012, 3173; ausführlich dazu Berberich WRP 2012, 1055 ff. 1134 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1061). 1135 BGH v. 25.9.2001 – XI ZR 375/00, NJW 2002, 285 (287 f.); BGH v. 16.4.2002 – XI ZR 375/00, NJW 2002, 2234 (2236 f.); vgl. hierzu auch Meder NJW 2002, 2215 f. 1136 Das Vertragsverhältnis zwischen Kartenunternehmen und Vertragsunternehmen stuft der BGH nunmehr als abstraktes Schuldversprechen ein, BGH v. 25.9.2001 – XI ZR 375/00, NJW 2002, 285 (287 f.); BGH v. 16.4.2002 – XI ZR 375/00, NJW 2002, 2234 (2236), nachdem er früher von einem Forderungskauf ausgegangen war, BGH v. 2.5.1990 – VIII ZR 139/89, NJW 1990, 2880 (2881).

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fahr der doppelten Leistung (an den Berechtigten und den unredlichen neuen Inhaber des Fahrscheins oder zweimal an den Berechtigten bei Nutzung sowohl des Original- als auch des Ersatzfahrscheins) besteht, weil es den Namen des berechtigten Fahrgasts in den Fahrschein einträgt und dem Busfahrer eine Liste der Fahrgäste aushändigt1137. Die umfassende Formulierung von Ausschlussklauseln, die auch Fälle erfasst, in denen der Verwender die Doppelleistungsgefahr leicht abwenden kann, berücksichtigt die Belange der Kunden nicht hinreichend und verletzt das Übermaßverbot1138.

4. Haftungsfreizeichnung Schrifttum: Arnold Freizeichnungsklauseln für leichte Fahrlässigkeit in AGB, ZGS 2004, 16; Brandi-Dohrn Die Besonderheiten von Haftungsklauseln in IT-Verträge, CR 2014, 417; Bunte/Heinrichs Aktuelle Rechtsfragen zur Freizeichnung nach dem AGB-Gesetz, RWSSkript 157, 1985; Derleder Die unbegrenzte Kreditbürgschaft, NJW 1986, 97; Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992; Fliegner Der Leistungsbegriff der §§ 280 ff. BGB und Fragen des Haftungsausschlusses, JR 2002, 314; A. Fuchs, AGB-Kontrolle im Bereich der Telekommunikation, in Spindler, Vertragsrecht der Telekommunikations-Anbieter, 2000, S. 185; M. Fuchs Gewillkürte Haftungsersetzung durch Versicherungsschutz, BB 1992, 1217; Furmans Haftungsbegrenzung in der gemischten Sozietät und AGB-Kontrolle, NJW 2007, 1400; Grams Geltung der VOB/B und VOB/C 2012 aufgrund dynamischer Verweisung in älterem Bauwerkvertrag?, ZfIR 2013, 321; Henseler Beispiele zur Haftung und Haftungsbegrenzung im kaufmännischen Geschäftsverkehr – § 24 AGB-Gesetz, DZWiR 1992, 192; Jaeger Einfluss der Rechtsprechung auf die Entwicklung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen am Beispiel von Haftungsausschlussklauseln, VersR 1990, 455; Joachim Haftungsfreizeichnung im modernen Mietrecht NZM 2003, 387; Kötz Zur Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln, NJW 1984, 2447; Koller Die Wirksamkeit formularmäßiger Haftungsfreizeichnungsklauseln zwischen Schadensausgleich und Schadensprävention, ZIP 1986, 1089; Paulusch Haftung und Haftungsbegrenzung im kaufmännischen Geschäftsverkehr, DZWiR 1992, 182; Pfeiffer Neues Schuldrecht – neues Leitbild im AGB-Recht, in Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt, Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S. 225; Schlosser Freizeichnungsklauseln im kaufmännischen Verkehr, in Heinrichs/Löwe/Ulmer (Hrsg.), Zehn Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 121; Schöttler/Diekmann Typische Haftungsklauseln in IT-AGB, ITRB 2012, 84; Schumacher Materielle Neuregelungen im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, MDR 2002, 973; Tettinger Zu den Freizeichnungsmöglichkeiten des Verkäufers einer mangelhaften Sache, AcP 205 (2005), 1; Tiedtke/Burgmann Gewährleistungs- und Haftungsausschluss beim Verkauf gebrauchter Sachen an und zwischen Verbrauchern, NJW 2005, 1153; von Westphalen Eigenschaftszusicherungen – Haftungsbegrenzungen und Haftungsfreizeichnungen in kaufmännischen AGB-Klauseln, DB 1978, 2061; von Westphalen Produkthaftung – Haftungsfreizeichnung und Haftungsfreistellung nach dem AGB-Gesetz, NJW 1979, 838; von Westphalen Die Nutzlosigkeit von Haftungsfreizeichnungs- und Haftungsbegrenzungsklauseln im kaufmännischen Verkehr, DB 1997 1805; von Westphalen AGB-Recht ins BGB – Eine erste „Bestandsaufnahme“, NJW 2002, 12; von Westphalen Nach der Schuldrechtsreform: Neue Grenzen für Haftungsfreizeichnungs- und Haftungsbegrenzungsklauseln, BB 2002, 209; Wiedemann Schadenersatz und Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Individualverträgen, in FS für Peter Ulmer, 2003, S. 1273; Wolf Freizeichnungsverbote für leichte Fahrlässigkeit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, NJW 1980, 2433; Zimmermann/Bischoff Haftungsausschluss für zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang entstehende Mängel bei Gebrauchtimmobilien, NJW 2003, 2506.

1137 BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774 (1775). 1138 BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774 (1776).

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a) Überblick 269

Der Begriff „Haftung“1139 kann zweierlei bedeuten: Zum einen kann damit die mit einer Schadensersatzpflicht sanktionierte Verantwortung einer Person für eigenes oder fremdes Verhalten oder für bestimmte Gefahren gemeint sein. Um Haftung in diesem Sinne geht es üblicherweise, wenn von Haftungsfreizeichnung die Rede ist. Die Behandlung der Frage, inwieweit der Verwender von AGB sie ausschließen oder beschränken kann, bildet den Schwerpunkt dieses Abschnitts. Zum anderen kann „Haftung“ auch das Unterworfensein des Vermögens des Schuldners unter den Zugriff des Gläubigers in der Zwangsvollstreckung bezeichnen. Auch diese zweite Bedeutung der Haftung als Vermögenshaftung kann im Zusammenhang der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle eine Rolle spielen. Dies ist dann der Fall, wenn der Verwender versucht, die grundsätzlich unbeschränkte Vermögenshaftung formularmäßig zu begrenzen, was vor allem im Recht der BGB-Gesellschaft praktische Bedeutung erlangt hat. Zu dieser Art der Haftungsbeschränkung siehe unten Rz. 318 ff.

270

Die Schadensersatzhaftung des Verwenders begrenzende Klauseln bilden regelmäßig einen der Schwerpunkte von AGB. Das Gesetz unterscheidet in § 309 Nr. 7 zwischen dem Ausschluss und der Begrenzung der Haftung. Diese begriffliche Unterscheidung ist jedoch unergiebig1140; für die Inhaltskontrolle ist allein die Wirkung einer Freizeichnungsklausel und damit entscheidend, ob diese die andere Vertragpartei unangemessen benachteiligt. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich, ob eine Freizeichnungsklausel die Haftung des Verwenders unmittelbar (z.B. durch einen Modifikation des Haftungsmaßstabs oder eine Begrenzung des Haftungsumfangs) oder mittelbar beschränkt. Letzteres kann beispielsweise dadurch geschehen, dass bereits der Umfang der vertraglichen Pflichten des Verwenders beschränkt wird1141. Auch Klauseln, die eine Verwirkung oder einen Ausschluss von Ansprüchen vorsehen, den Verwender bei der Verjährung begünstigen oder ihm ein Rücktrittsrecht einräumen, können eine mittelbare Haftungsfreizeichnung bewirken.

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Grenze für individualvertragliche Haftungsbegrenzungen ist vor allem § 276 Abs. 3, der den Ausschluss der Haftung wegen Vorsatzes „im Voraus“ untersagt1142. In allgemeinen Geschäftsbedingungen sind Haftungsfreizeichnungsklauseln gegenüber Verbrauchern vorrangig an § 309 Nr. 7, 8 zu messen. Ergänzend – sowie allgemein im unternehmerischen Geschäftsverkehr – unterliegen sie der Inhaltskontrolle nach § 307. Freizeichnungsklauseln verfolgen das Ziel, Rechte des Vertragspartners des Verwenders einzuschränken. Daher liegt der Schwerpunkt der Prüfung regelmäßig bei dem Aushöhlungsverbot des § 307 Abs. 2 Nr. 2. Zudem kann eine Haftungseinschränkung mit wesentlichen Grundgedanken gesetzlicher Vorschriften i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 unvereinbar sein. Allge-

1139 Grundlegend Larenz Schuldrecht I S. 21 ff. 1140 Zutr. Staudinger/Coester Rz. 434: Entscheidend für die begriffliche Einordnung ist der Bezugspunkt; beispielsweise ist der „Ausschluss“ der Haftung für leichte Fahrlässigkeit – bezogen auf die Haftung des Verwenders insgesamt – eine „Haftungsbeschränkung“. 1141 Siehe z.B. BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, NJW 1983, 1322 (1324); BGH v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, NJW 2001, 751 (752); Brandi-Dohrn CR 2014, 417 f.; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 148; Staudinger/Coester Rz. 435; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungsklauseln) Rz. 114 ff. 1142 Siehe dazu nur MünchKomm/Grundmann § 276 Rz. 182.

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mein zum Verhältnis der Generalklausel des § 307 zu den Klauselverboten der §§ 308, 309 vgl. Vor § 307 Rz. 7 ff., § 307 Rz. 2, 93, 163 f. Nicht um die Inhaltskontrolle von Freizeichnungsklauseln geht es, wenn der Verwender sich nicht auf eine Haftungsbegrenzung berufen darf, weil er im Einzelfall besonderes Vertrauen1143 für sich in Anspruch genommen hat. In diesen Fällen ist die Berufung auch auf eine an sich wirksame Freizeichnungsklausel wegen Treuwidrigkeit unzulässig. Allgemein zu dieser Ausübungskontrolle vgl. Vor § 307 Rz. 63 ff. Besonderes Vertrauen nimmt der Verwender beispielsweise dann in Anspruch, wenn er auf die Frage, ob er zur selbständigen Planung und Einrichtung in der Lage sei, zum Ausdruck bringt, dass er Spezialist auf diesem Gebiet sei1144 oder mehrfach beteuert, ein Problem in den Griff zu bekommen1145. Wer bei Risikogeschäften gegenüber der Gegenseite seine besondere Kompetenz und Erfahrung herausstellt, kann das Risiko nicht auf den Vertragspartner verlagern1146. Wenn beispielsweise ein Fachunternehmen, welches das besondere Vertrauen des Bestellers genießt, selbständig die Errichtung einer Klimaanlage geplant und ausgeführt hat und diese – wie der Unternehmer weiß – vor allem dem Schutz wertvoller, hoch empfindlicher EDV-Maschinen dienen soll, kann sich der Unternehmer nicht auf einen formularmäßigen Ausschluss seiner Haftung für entferntere Mangelfolgeschäden berufen, wenn die Geräte infolge eines Planungsfehlers beschädigt werden1147. Ist der Aspekt der besonderen Vertrauensstellung des AGB-Verwenders dagegen nicht auf sein individuelles Auftreten gegenüber einzelnen Kunden beschränkt, kann er generell auf die Qualifikation der von ihm zu erbringenden Leistungen bzw. zu erfüllenden Pflichten als vertragswesentlich ausstrahlen und damit zur Beurteilung einer Haftungsfreizeichnungsklausel (auch für leichte Fahrlässigkeit) als unangemessene Benachteiligung seiner Kunden führen1148.

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b) Allgemeine Grundsätze Der Schwerpunkt der Klauselkontrolle von formularmäßigen Haftungsfreizeichnungen liegt auf dem Aushöhlungsverbot des § 307 Abs. 2 Nr. 21149. Die AGB dürfen dem Vertragspartner nicht solche Rechtspositionen nehmen oder einschränken, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren

1143 Nimmt der Verwender kraft seines Berufes eine besondere Vertrauensstellung ein, gelten z.T. berufsrechtliche Sonderregelungen. Zu Sonderregeln für Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer siehe Palandt/Grüneberg Rz. 123; Stoffels Rz. 987 ff. Speziell zu Haftungsbegrenzungen in den Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer siehe Schlechtriem BB 1984, 1177. 1144 Vgl. BGH v. 20.12.1984 – VII ZR 340/83, NJW-RR 1986, 271 (272). 1145 Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 28. 1146 Staudinger/Coester Rz. 256. 1147 BGH v. 20.12.1984 – VII ZR 340/83, NJW-RR 1986, 271. 1148 Vgl. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungsklauseln) Rz. 51 m.w.N., der allerdings (insoweit im Gegensatz zur Rspr. und h.L.) an einen Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 (statt Nr. 2) anknüpft (a.a.O., Rz. 44). 1149 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 148; anders von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungsklauseln) Rz. 49, der eine Anknüpfung an die im Zuge der Schuldrechtsreform in den Vordergrund des Haftungsrechts gerückte Rechtsfigur der „Pflichtverletzung“ bevorzugt und ihre Sanktionslosigkeit im Falle der Freizeichnung oder Haftungsbegrenzung als maßgebliche Abweichung vom dispositiven Recht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 ansieht, die zur unangemessenen Benachteiligung des Kunden führt.

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hat1150. Der BGH hat dabei den Grundsatz aufgestellt, dass wesentliche Pflichten – (früher) auch als „Kardinalpflichten“ bezeichnet1151 – nicht unangemessen eingeschränkt werden dürfen. Die betroffene wesentliche Pflicht muss dabei nicht ausdrücklich aufgehoben werden; ausreichend ist die nicht mehr angemessene Sanktionierung oder Sanktionslosigkeit ihrer Verletzung1152. Folge dieser Rechtsprechung war in erster Linie, dass ein Ausschluss der Haftung für die leicht fahrlässige Verletzung wesentlicher Pflichten gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG verstieß (vgl. zu Einzelheiten und zu der Frage, welche Änderungen sich durch die Schuldrechtsreform ergeben haben, unten Rz. 289 ff.). 274

Welche Rechte und Pflichten vertragswesentlich sind, richtet sich bei gesetzlich ausgeformten Verträgen nach dem gesetzlichen Typus; subjektive Vorstellungen der Vertragsparteien treten in den Hintergrund1153. Bei den typisierten Vertragsarten zählen zu den wesentlichen Rechten und Pflichten jedenfalls die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptleistungspflichten1154, denn sie machen den jeweiligen Vertragstypus aus.

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Gibt es kein gesetzliches Leitbild, ist auf die – aus Natur und Zweck des konkreten Vertrages abzuleitenden – Gerechtigkeitserwartungen abzustellen, die im Wege einer generalisierenden und typisierenden Betrachtung zu ermitteln sind1155. Bei gemischttypischen und atypischen Verträgen ist also maßgeblich, was man sich typischerweise bei einem derartigen Vertragsschluss von der Vertragsausführung verspricht1156. Der Vertragspartner ist unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes besonders schutzwürdig bei besonderem Berufsstand des Verwenders (Ärzte, Rechtsanwälte) oder bei bestimmtem Vertragsinhalt (Transport gefährlicher Güter, Vertragspartner bringt eigene Vermögensgüter in die Organisation des Verwenders ein). Daher sind allgemeine Freizeichnungsklauseln hier regelmäßig unangemessen1157; die besondere Vertrauensstellung beeinflusst die typischen Erwartungen bezüglich der Vertragswesentlichkeit der Pflicht (allg. zur Leistungserwartung des Kunden Rz. 244 ff.).

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Zu beachten ist, dass eine Einschränkung vertragswesentlicher Rechte und Pflichten den Vertragspartner gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 nur dann unangemessen benachteiligt, wenn dadurch der Vertragszweck tatsächlich gefährdet wird1158. Diese Formulierung des Gesetzes gebietet Spielraum für eine umfassende Interessenabwägung1159. Die Abwägung erfolgt – wie stets – in generalisierender, ty-

1150 So z.B. BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, NJW 1988, 1785 (1786); BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, NZM 2002, 116 (117); Henseler DZWiR 1992, 192 (194). 1151 Diesen Ausdruck hat der BGH in seiner „Honda“-Entscheidung – BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW 2006, 46 – als „intransparent“ i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 2 bezeichnet; krit. Kappus NJW 2006, 15. 1152 Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 21. 1153 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, NJW 1995, 2553 (2556). 1154 Siehe z.B. (bereits zu § 307 Abs. 2 Nr. 2) BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774; Arnold ZGS 2004, 16 (17); Palandt/Grüneberg Rz. 35; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 64; Tettinger AcP 205 (2005), 1 (13). 1155 Fuchs in Spindler, Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, S. 185 (226 Rz. 86); Staudinger/Coester Rz. 268 f. 1156 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 65; siehe aus der jüngeren Rspr. BGH v. 4.3.2010 – III ZR 79/09, NJW 2010, 1449. 1157 Vgl. Wiedemann in FS Ulmer, 2003, S. 1273 (1287). 1158 Paulusch DZWiR 1992, 182 (188); vgl. auch Arnold ZGS 2004, 16 (18). 1159 Staudinger/Coester Rz. 88; vgl. oben Rz. 261 ff.

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pisierender Betrachtungsweise. Da es nicht auf das individuelle Interesse des einzelnen Vertragspartners, sondern auf die typischen Interessen der beteiligten Kreise ankommt, ist es konsequent, dass der BGH in der Parkplatz-Entscheidung1160 und im Chemischreinigerfall1161 die Benachteiligung Einzelner auf Grund deren atypischer Interessen gebilligt hat1162. Zu den bei der Abwägung zu berücksichtigenden Interessen des Verwenders mit Blick auf Freizeichnungsklauseln gehört in erster Linie das Rationalisierungsinteresse (näher oben Rz. 121 ff.). So können beispielsweise Selbstbehalte und Eigenbeteiligungen vermeiden, dass der Kunde die Haftung missbraucht, indem er Schäden anzeigt, für die der Verwender nicht einzustehen hat. Aus diesem Grund und weil gerade Bagatellschäden mit hohen Regulierungskosten verbunden sind, sind sie – auch in AGB – grundsätzlich zulässig1163.

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Zu den auf Seiten des Vertragspartners im Hinblick auf Freizeichnungsklauseln 278 typischerweise zu berücksichtigenden Interessen zählt vor allem das Leistungsinteresse, also das Interesse, das mit dem Vertrag verfolgte Ziel zu erreichen, insbesondere, den vereinbarten Leistungsaustausch durchzuführen. Daneben sind das Integritätsinteresse im Sinne eines Erhalts der eigenen Rechtsgüterwelt und das Interesse an der Erhaltung der eigenen Dispositions- und Handlungsfreiheit zu nennen (zu Einzelheiten siehe oben Rz. 127 ff.). Die Angemessenheit einer Klausel kann gruppenspezifisch unterschiedlich zu beurteilen sein, je nach Art des Geschäftes, des Vertrages und der Branche1164. Unterschiedliche Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürftigkeiten können bei der Abwägung zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen1165. Im Individualprozess (nicht jedoch im Verbandsprozess) sind Umstände des Einzelfalles insoweit zu berücksichtigen, als sie im generellen Anwendungsbereich der AGB einen Sonderbereich mit gruppentypischen Interessen bezeichnen1166. So führt bei einem Werftvertrag die praktisch lückenlose und branchenübliche Kaskoversicherung des Schiffseigners sowie dessen der Üblichkeit entsprechenden Anwesenheit bei der Schiffsreparatur mit der Möglichkeit der Gefahrenbeherrschung dazu, dass eine ansonsten zu missbilligende Freizeichnungsklausel wirksam ist1167. Zu beachten ist aber, dass der Aspekt der (Branchen-)Üblichkeit zwar als ein Gesichtspunkt unter vielen berücksichtigt werden kann, er für sich allein aber noch nichts über die Angemessenheit einer Klausel aussagt1168. Anders die Verkehrssitte bzw. der Handelsbrauch: Da hier die tatsächliche Übung den beteiligten Verkehrskreisen bekannt ist und gebilligt wird, ist ihre Beachtung im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gerechtfertigt. Dass Handelsbräuche zu berücksichtigen sind, ergibt sich überdies aus § 310 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 (vgl. dazu im Einzelnen oben Rz. 140 ff.). 1160 1161 1162 1163 1164 1165 1166 1167 1168

BGH v. 22.5.1968 – VIII ZR 133/66, NJW 1968, 1718 (1720). BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133). Fastrich Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, 1992, S. 308. MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 31. Staudinger/Coester Rz. 111; zu Besonderheiten bei IT-Verträgen Brandi-Dohrn CR 2014, 417 (425 f.). Staudinger/Coester Rz. 111. Vgl. auch BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320; BGH v. 8.1.1986 – VIII ARZ 4/85, NJW 1986, 2102; BGH v. 1.7.1987 – VIII ARZ 9/86, NJW 1987, 2575. Staudinger/Coester Rz. 113. Vgl. BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 = NJW 1988, 1785. Vgl. nur Staudinger/Coester Rz. 153.

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Ein entscheidendes Kriterium für die Angemessenheit von Haftungsfreizeichnungsklauseln ist auch, welche Partei das Schadensrisiko besser beherrschen und Versicherungsschutz erlangen kann (ausführlich dazu oben Rz. 156 ff.). So spricht es für die Angemessenheit einer formularmäßigen Haftungseinschränkung, wenn der Kunde durch die Haftungsüberwälzung von günstigeren Vertragskonditionen profitiert, wenn das Risiko durch eine beim Kunden üblicherweise bestehende Versicherung abgedeckt ist, wenn die Verpflichtung zum Abschluss einer Versicherung für fremde Rechnung branchenüblich ist oder eine vergleichbare Interessenlage wie in Fällen vorliegt, in denen eine Haftungsüberwälzung oder eine Versicherung im Fremdinteresse gesetzlich vorgesehen ist1169. Wenn es allgemeiner Übung entspricht, dass die Verwendergegenseite in praktisch lückenloser Verbreitung ein bestimmtes Schadensrisiko versichert hat und die Inanspruchnahme des Versicherungsschutzes zumutbar sowie auch möglich ist, kann dies für die Zulässigkeit des Haftungsausschlusses sprechen1170. Umgekehrt spricht es für die Unzulässigkeit eines Haftungsausschlusses, wenn der Verwender sich im Gegensatz zum Vertragspartner gegen diese versichern kann1171.

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Fraglich ist, ob ein günstigerer Preis eine Haftungsfreizeichnung kompensieren kann. Dies wird in der Literatur bejaht unter der Voraussetzung, dass dem Vertragspartner der Zusammenhang zwischen dem Preisvorteil und der Freizeichnung bewusst ist1172. Zu diesem „Preisargument“ ist generell anzumerken, dass ein Kausalzusammenhang zwischen Preis und Benachteiligung praktisch nicht nachweisbar ist und die Prüfung einer derartigen Kompensationswirkung zu einer unstatthaften Kontrolle des Äquivalenzverhältnisses führen kann1173. Bei Freizeichnungsklauseln im Besonderen mangelt es oft am angemessenen Verhältnis zwischen Belastungen der Verwendergegenseite und unterstelltem Preisvorteil: Für den Kunden ist es in der Regel günstiger, wenn der Verwender das Risiko trägt und das Risiko auf die Preise umlegt, da dann alle Kunden für das sich in wenigen Fällen realisierende Risiko wie bei einer Versicherung zahlen. Eine Ausnahme ist zu machen, wenn einer geringwertigen Hauptleistung ein sich selten verwirklichendes, dann aber sehr hohes Schadensrisiko gegenübersteht1174 und der Verwender die Haftungsbegrenzung bei Vertragsschluss offen legt und dem Kunden eine Zusatzversicherung anbietet1175. Grund ist, dass die Masse der Kunden für die wenigen, bei denen ein erheblicher Schaden überhaupt eintreten kann, mitzahlen müsste, was zu erheblichen, unverhältnismäßigen Preissteigerungen führt. Damit würde die große Masse der Kunden z.B. denjenigen, der seinen teuren Luxusmantel in die Reinigung gibt, quersubventionieren. Diese Überlegung rechtfertigt zwar keinen vollständigen Haftungsausschluss, eine Beschränkung auf den voraussehbaren, vertragstypischen Schaden dürfte

1169 MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 11. 1170 Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 30. 1171 Vgl. BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, NJW 2002, 673 (675 f.): Unzulässigkeit eines formularmäßigen Ausschlusses der Haftung für mängelbedingte, auf leichter Fahrlässigkeit des Vermieters beruhender Schäden des Mieters; vgl. auch von Westphalen BB 2002, 209 (213); Koch WM 2002, 2173 (2180); Wolf NJW 1980, 2433 (2438 f.). 1172 MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 25; Wolf/Dammann § 309 Nr. 7 Rz. 105. 1173 Staudinger/Coester Rz. 129. 1174 Vgl. BGH v. 22.5.1968 – VIII ZR 133/66, NJW 1968, 1718 (1720) (Parkplatzbewachung); BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133) (Reinigung). 1175 Staudinger/Coester Rz. 136 ff.; vgl. auch BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133).

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den Vertragszweck aber regelmäßig nicht gefährden1176. Der BGH berücksichtigt das Gebot der Preisgünstigkeit im Bereich der Elektrizitätsversorgung, macht dabei aber deutlich, dass dies eine Ausnahme von der Regel darstellt. Da der Kunde den Umfang des zu versichernden Interesses am besten beurteilen und die Versicherung durch den Kunden hier ökonomischer sei als eine sonst erforderliche Preiserhöhung, die jeden Kunden zusätzlich belasten würde, billigt er eine Haftungsfreizeichnungsklausel1177. Eine Kompensation kommt zudem in Betracht, wenn kollektiv ausgehandelte oder insgesamt ausgewogene und anerkannte Klauselwerke, z.B. VOB/B1178, ADSp1179, AGNB1180 als Ganzes einbezogen werden1181. Da AGB in der Praxis regelmäßig durchgesetzt werden, teilweise überregionale Geltung erlangen und darüber hinaus auch Individualverträgen als Vorlage dienen können, wird vertreten, dass eine ökonomische Analyse – nicht nur in Bezug auf den einzelnen Verbraucher, sondern im Hinblick auf den gesamten Markt – angebracht sein kann1182. Vertreten wird insbesondere, dass bei Freizeichnungsklauseln die Präventionswirkung der Haftung in die Abwägung eingestellt werden soll1183, bei Verfügbarkeit von Versicherungen sollen deren Auswirkungen auf die Schadensverhütung beachtet werden1184.

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c) Absolutes Freizeichnungsverbot für Verletzungen des Lebens, des Körpers und der Gesundheit Europarechtlichen Vorgaben entsprechend1185 ist ein Ausschluss oder eine Be- 283 grenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit unwirksam, § 309 Nr. 7a1186. Der Verbotstatbestand des § 309 Nr. 7a greift ein, wenn die Schädigung pflichtwidrig und vom Verwender zu vertreten ist; Maßstab ist § 2761187. Die Rechtsgrundlage des Schadensersatzanspruches ist irrelevant. Erfasst werden deliktische Ansprüche, Ansprüche aus Gefährdungshaftung sowie vorvertragliche und vertragliche Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzung1188 (siehe dazu im Einzelnen § 309 Nr. 7 Rz. 10 ff.). Das Verbot der Freizeichnung von der Haftung für Personenschäden gilt über § 307 unstrei1176 Arnold ZGS 2004, 16 (20). 1177 BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, NJW 1998, 1640 (1644). 1178 BGH v. 31.7.2013 – VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 135 (141); BGH v. 21.6.1990 – VII ZR 109/89, NJW 1990, 2384; BGH v. 31.1.1991 – VII ZR 291/88, BGHZ 113, 315 (322); insb. kritisch zum Verweis auf das Klauselwerk „in der jeweils aktuellen Fassung“ Grams ZfIR 2013, 321 ff. 1179 BGH v. 9.10.1981 – I ZR 188/79, NJW 1982, 1820; BGH v. 3.11.1994 – I ZR 100/92, NJW 1995, 1490; BGH v. 4.5.1995 – I ZR 70/93, NJW 1995, 3117 (3118). 1180 BGH v. 4.5.1995 – I ZR 90/93, NJW 1995, 2224 (2226). 1181 Staudinger/Coester Rz. 128. 1182 Wiedemann in FS Ulmer, 2003, S. 1273 (1287). 1183 Koller ZIP 1986, 1089 (1100); MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 25. Hierzu ist anzumerken, dass die Haftung für Fahrlässigkeit regelmäßig kaum eine ausreichende Präventionswirkung hat, vgl. Wolf NJW 1980, 2433 (2439 f.). 1184 Koller ZIP 1986, 1089 (1100); MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 25. 1185 Art. 3 i.V.m. Anhang Nr. 1a RL 93/13/EWG; vgl. auch EuGH v. 27.6.2000 – Rs. C-240/98, EuZW 2000, 506 (508) = NJW 2000, 2571. 1186 Vor der Schuldrechtsmodernisierung wurde die Unzulässigkeit einer derartigen Freizeichnung auf § 9 AGBG a.F. gestützt, siehe nur Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 2 m.w.N. 1187 von Westphalen NJW 2002, 12 (21). 1188 Schumacher MDR 2002, 973 (978) m.w.N.

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tig auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr1189; da derartige Schäden regelmäßig nur unzureichend ausgeglichen werden können, überwiegt im Rahmen des § 307 das Integritätsinteresse des Vertragspartners auch im Verkehr mit Unternehmern. d) Modifikationen des Haftungsmaßstabs aa) Ausschluss der Haftung für grobes Verschulden 284

Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist § 11 Nr. 7 AGBG a.F. (redaktionell verändert1190) in § 309 Nr. 7b übernommen worden. Im Anwendungsbereich dieser Vorschrift, also im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern, ist eine Haftungseinschränkung für grobes Verschulden des Verwenders, seiner gesetzlichen Vertreter und seiner Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen. Bei grober Fahrlässigkeit ist auch eine summenmäßige Begrenzung der Haftung, ein Ausschluss mittelbarer oder unvorhersehbarer Schäden oder des entgangenen Gewinns sowie eine Beschränkung auf versicherbare Schäden unzulässig1191 (zu den Einzelheiten § 309 Nr. 7 Rz. 26 ff.).

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Aber auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern besteht grundsätzlich ein Freizeichnungsverbot für grobes Verschulden1192. Grobes Verschulden stellt einen schwerwiegenden Vorwurf dar, der auch in gegenüber Unternehmern verwandten AGB dazu führt, dass ein Ausschluss der Haftung dafür eine unangemessene Benachteiligung im Sinne einer Vertragszweckgefährdung nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 anzunehmen ist. Dies war auch vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform anerkannt; Änderungen haben sich insoweit nicht ergeben. Zu beachten ist, dass das Freizeichnungsverbot für grobes Verschulden unabhängig von der Grundlage des Schadensersatzanspruchs und damit von der Art der verletzten Pflicht gilt.

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Im Gegensatz zum Geschäftsverkehr mit Verbrauchern ist es im unternehmerischen Geschäftsverkehr jedoch zulässig, auch bei grober Fahrlässigkeit die Haf1189 BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774 (3775); fortgeführt von BGH v. 19.6.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 m. Anm. Gsell EWiR 2014, 147; OLG München v. 23.6.1993 – 7 U 3294/92, BB 1993, 1753; OLG Hamm v. 10.10.1995 – 7 U 12/95, NJW-RR 1996, 969; vgl. auch § 309 Nr. 7 Rz. 43 ff.; Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 55; Pfeiffer in Dauner-Lieb/Konzen/Karsten Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 248 f.; Stoffels Rz. 980 m.w.N.; Wolf in Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S. 101 (115); MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 33; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 34; Furmans NJW 2007, 1400 (1401). 1190 Der Gesetzgeber spricht nun allgemein von „Pflichtverletzung“ statt von „Vertragsverletzung“ sowie „Verletzung von Pflichten bei den Vertragsverhandlungen“. 1191 Siehe dazu auch MünchKomm/Grundmann § 276 Rz. 184; Schöttler/Diekmann ITRB 2012, 84 (85 f.). 1192 Noch zum AGBG: BGH v. 6.3.1956 – I ZR 154/54, BGHZ 20, 164; BGH v. 8.2.1978 – VIII ZR 20/77, BGHZ 70, 364; BGH v. 3.7.1985 – VIII ZR 102/84, BGHZ 95, 170 (182 f.); BGH v. 12.10.1995 – I ZR 172/93, NJW 1996, 1407; BGH v. 15.9.2005 – I ZR 58/03, NJW-RR 2006, 267 (269 f.). Zur Rechtslage nach der Schuldrechtsreform: MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 36; Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 48; Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 55; Schöttler/Diekmann ITRB 2012, 84 (86), die allenfalls Haftungsfreizeichnungen für grobe Fahrlässigkeit für Erfüllungsgehilfen für möglich halten; Stoffels Rz. 981; Staudinger/Coester Rz. 445; von Westphalen BB 2002, 209 (212); von Westphalen NJW 2002, 12 (21); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 38.

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tung auf den typischerweise bei Geschäften der fraglichen Art entstehenden Schaden zu beschränken1193. Ferner sind branchentypische Freizeichnungen, die allseits gebilligt und anerkannt werden, akzeptabel, z.B. die ADSp1194 und Haftungsbeschränkungen der Stromversorger1195 (zu Begrenzungen des Haftungsumfangs siehe auch unten Rz. 299 ff.). bb) Ausschluss der Haftung für leichtes Verschulden Bei Körperschäden ist der vorformulierte Haftungsausschluss gegenüber Verbrauchern auch für nur leichte Fahrlässigkeit gemäß § 309 Nr. 7a unzulässig (Einzelheiten § 309 Nr. 7 Rz. 23). § 309 Nr. 7b erklärt für den Verkehr mit Verbrauchern eine Einschränkung der Haftung für sonstige, grob fahrlässig verursachte Schäden für unwirksam. Daraus kann jedoch nicht im Wege eines argumentum e contrario geschlossen werden, die Haftung für leichte Fahrlässigkeit könne ohne weiteres ausgeschlossen werden. Vielmehr ist – sowohl gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber Unternehmern – stets nach den Maßstäben des § 307 zu ermitteln, ob die Haftungsbeschränkung den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt (vgl. § 309 Nr. 7 Rz. 32)1196.

287

Auch vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform wurden Fälle der Freizeichnung 288 für leichte Fahrlässigkeit in aller Regel über § 9 AGBG gelöst. Der BGH entwickelte dabei ein Verbot der Freizeichnung für die Haftung bei Verletzung von so genannten Kardinalpflichten, d.h. von Pflichten, deren Erfüllung die Voraussetzung für eine korrekte Vertragserfüllung schafft. Außerdem sah der BGH das Aushöhlungsverbot des § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG bei einem Haftungsausschluss für die Verletzung vertraglicher Hauptpflichten und sonstiger wesentlicher Pflichten als verletzt an. Für eine ausführliche Zusammenfassung dieser Rechtsprechung mit weiteren Nachweisen siehe die Kommentierung zu § 309 Nr. 7 Rz. 33 ff. Nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform ist eine Unterscheidung zwischen vorgelagerten Verhaltenspflichten und eigentlichen, im Synallagma stehenden Hauptpflichten bzw. wesentlichen Nebenpflichten nicht mehr sinnvoll. Die „Pflichtverletzung“ bildet im reformierten Schuldrecht einen Zentralbegriff; der Gesetzgeber hat in § 280 sämtliche schuldnerseitigen Störungstatbestände erfasst und mit der Schadensersatzpflicht sanktioniert1197. Vor allem löst auch die Verletzung von Nebenpflichten gemäß § 241 Abs. 2 unter den Voraussetzungen des § 282 einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung aus. Daher sollte bei der Prüfung im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 nur noch von wesentlichen Pflichten gesprochen werden. Der Begriff „Kardinalpflicht“ wird vom BGH ohnehin teilweise gleich bedeutend mit „wesentliche Vertragspflicht“ verwen-

1193 So auch Wolf/Dammann § 309 Nr. 7 Rz. 110; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 39; Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 56 m.w.N. 1194 Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 57; vgl. auch BGH v. 10.10.1985 – I ZR 124/83, NJW 1986, 1434 (1435); aber BGH v. 15.9.2005 – I ZR 58/03, NJW-RR 2006, 267. 1195 Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 57; vgl. auch BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, NJW 1998, 1640. 1196 MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 25, 37; Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 20. 1197 MünchKomm/Ernst § 280 Rz. 10 ff.; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 48.

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det1198. Auf dieser begrifflichen Grundlage kann an die frühere Rechtsprechung des BGH angeknüpft werden1199. Auch der BGH selbst will offenbar seine Rechtsprechung im Rahmen der §§ 307 ff. fortführen1200. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob nach wie vor ein Ausschluss der Haftung für leicht fahrlässige Verletzung wesentlicher Pflichten generell unwirksam ist. Diese Frage ist differenziert nach Anspruchsgrundlagen zu beantworten: 290

Geht es um die Freizeichnung von Schadensersatzansprüchen neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 Satz 1 wegen einfach fahrlässiger Pflichtverletzung (z.B. Verletzung von Schutz- und Rücksichtnahmepflichten des Verwenders), so ist Ausgangspunkt einer Prüfung am Maßstab des § 307 Abs. 2 Nr. 2 die Frage, ob die verletzte Pflicht eine wesentliche im dargelegten Sinne ist. Dabei ist zu unterscheiden: Der Ausschluss der Haftung für Körper- und Gesundheitsschäden ist, wie bereits oben unter Rz. 283 behandelt, in jedem Fall unzulässig. Geht es um Sachschäden, die z.B. durch ein vom Verwender verkauftes oder hergestelltes Produkt verursacht wurden, so ist nach allgemeinen Grundsätzen (dazu im Einzelnen oben Rz. 273 ff.) ein Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit unter den Gesichtspunkten der Risikonähe und -beherrschbarkeit sowie vor allem der Versicherbarkeit des Risikos grundsätzlich unangemessen. Beispielsweise hat der BGH1201 zu den Geschäftsbedingungen des Betreibers einer Autowaschanlage entschieden, dass ein Ausschluss der Haftung für leicht fahrlässige Beschädigungen der „außen an der Karosserie angebrachten Teile“ vor allem unter dem Gesichtspunkt der Risikobeherrschung eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstelle. Nur der Anlagenbetreiber könne Schadensprävention betreiben, indem er die Anlage ständig warte und kontrolliere und das Bedienungspersonal sorgfältig auswähle. In einem anderen Fall hielt der BGH1202 zu Recht eine Klausel in einem Wohnraummietvertrag für unwirksam, die eine Haftungsfreistellung bei leichter Fahrlässigkeit auch auf Schäden erstreckte, die durch Mängel der Mietsache an Einrichtungsgegenständen des Mieters entstehen. Entscheidend war, dass der Mieter zumindest bei bestimmten Mängeln (wie hier einem Wassereintritt durch das Dach) keine Möglichkeit zur Schadensbeherrschung hat; zudem konnte sich im entschiedenen Fall der Vermieter, nicht aber der Mieter durch eine Versicherung schützen. Für reine Vermögensschäden ist im Einzelfall anhand der oben unter Rz. 273 ff. beschriebenen allgemeinen Grundsätze im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 eine Interessenabwägung anzustellen. Als Beispiel dafür lässt sich die bereits genannte Autowaschanlagen-Entscheidung des BGH1203 heranziehen: Die AGB des Betreibers sahen auch vor, dass leicht fahrlässig verursachte Folgeschäden nicht ersetzt werden sollten. Dies erfasste auch vertragstypische Vermögensschäden wie den Nutzungsausfall während einer Reparatur. Unter dem Gesichtspunkt der Risikonähe und -beherrschbarkeit

1198 Siehe nur BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774; BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1505). 1199 Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 64; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 40; wohl auch Palandt/Grüneberg Rz. 35. 1200 Vgl. BGH v. 1.2.2005 – X ZR 10/04, NJW 2005, 1774; BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1505 f.). 1201 BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422. 1202 BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, NZM 2002, 116. 1203 BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422.

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ist diese Klausel ebenfalls als unangemessen zu beurteilen. In allen Fallgruppen kann somit an die ältere Rechtsprechung des BGH angeknüpft werden. Die Pflicht zur rechtzeitigen Leistung, deren Verletzung unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 2, 286 zu einem Schadensersatzanspruch führt, ist jedenfalls dann eine wesentliche Pflicht, wenn ein Fixgeschäft i.S.d. § 376 HGB gegeben ist1204. Denn bei einem solchen steht und fällt der Vertrag mit der rechtzeitigen Leistungserbringung. Aber auch außerhalb dieses Bereichs benachteiligt der vollständige Ausschluss der Verzugshaftung des Verwenders die andere Vertragspartei unangemessen: Die fristgerechte Leistung ist nämlich auch allgemein als eine vertragswesentliche Pflicht einzustufen (vgl. § 309 Nr. 7 Rz. 38)1205. So hat der BGH beispielsweise entschieden, dass die fristgerechte Lieferung durch einen Neuwagenimporteur als Hauptleistungspflicht eine wesentliche Vertragspflicht i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG darstellt1206. Zudem kann man erwägen, eine Klausel, welche die Verzugshaftung insgesamt ausschließt, auch wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 als unwirksam anzusehen, da § 280 Abs. 2 i.V.m. § 286, also der Schadensersatzhaftung des im Verzug befindlichen Schuldners durchaus Leitbildfunktion zukommt1207. Zur grundsätzlich zulässigen Begrenzung des ersatzfähigen Verzugsschadens vgl. unten Rz. 303.

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Die Frage, ob Schadensersatzansprüche statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 3, 281 ausgeschlossen werden können, ist umstritten. So vertritt von Westphalen die Ansicht, dass stets dann eine wesentliche Vertragspflicht verletzt sei, wenn die Voraussetzungen des § 281 vorlägen1208. Von Westphalen geht dabei zunächst vom Tatbestand der Anspruchsgrundlage aus: §§ 280 Abs. 3, 281 setzt voraus, dass der Vertragspartner dem Verwender entweder eine Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt hat oder dass die Fristsetzung entbehrlich war, weil der Verwender die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat oder weil besondere Umstände vorlagen, die die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigten. Zudem ist nach § 281 Abs. 1 Satz 3 in dem Fall, das die Leistung nicht wie geschuldet erbracht wurde, Voraussetzung, dass die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist. Damit soll nach von Westphalen bereits feststehen, dass der Vertragszweck, der auf der Erfüllungsebene in dem Austausch der primär geschuldeten Leistungen bestehe, nicht mehr erreicht werden könne. Der Vertragspartner des Verwenders würde bei einem wirksamen Haftungsausschluss als Gegenleistung für die von ihm erbrachte Leistung weder die geschuldete Erfüllung noch Schadensersatz statt der Leistung erhalten. Dies sei – auch im unternehmerischen Verkehr – eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 21209. Als weiteres Argument für die Freizeichnungsfestig-

292

1204 von Westphalen BB 2002, 209 (214); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 81. 1205 Vgl. § 309 Nr. 7 Rz. 38; Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 23; MünchKomm/ Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 28; von Westphalen BB 2002, 209 (214); von Westphalen NJW 2002, 12 (24); siehe ferner Staudinger/Coester Rz. 456. 1206 BGHv. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1063); siehe zur fristgerechten Leistung auch BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, NJW-RR 2003, 1056 (1060). 1207 So von Westphalen BB 2002, 209 (214). 1208 von Westphalen BB 2002, 209 (212 ff.); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 65 ff.; ähnlich § 309 Nr. 7 Rz. 38; Koch WM 2002, 2173 (2179); Fliegner JR 2002, 314 (321). 1209 von Westphalen BB 2002, 209 (213) erwägt, den Schadensersatzanspruch statt der Leistung als wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung einzuordnen, so dass auch § 307 Abs. 2 Nr. 1 einschlägig wäre.

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keit des Anspruchs aus §§ 280 Abs. 3, 281 wird angeführt, dass ein dem Vertragspartner etwa verbleibendes Rücktrittsrecht gemäß § 323 keine ausreichende Kompensation für diese Benachteiligung darstelle1210. 293

Daran ist zunächst richtig, dass nach der Schuldrechtsreform gemäß § 325 das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen wird. Dennoch ist die These von der generellen Freizeichnungsfestigkeit des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung zweifelhaft: Problematisch ist bereits die Annahme, der Ausschluss dieses Anspruchs gefährde den Vertragszweck i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2. Der Zweck eines gegenseitigen Vertrages besteht zwar im Austausch der primär geschuldeten Leistungen. Sind jedoch die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 3, 281 erfüllt, bedeutet dies, dass der Austausch dieser Leistungen nicht mehr erfolgen kann. Der eigentliche Vertragszweck kann nicht mehr erreicht werden; dies gilt jedoch unabhängig davon, ob der Anspruch aus §§ 280 Abs. 3, 281 ausgeschlossen wurde1211. Das bedeutet: Immer wenn ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung besteht, ist der eigentliche Vertragszweck eines gegenseitigen Vertrages nicht mehr erreichbar. Dieser Vertragszweck kann deshalb nicht mit dem Vertragszweck i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 gleichgesetzt werden. Stattdessen ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Rechte dem Vertragspartner bei einem Ausschluss des Anspruchs aus §§ 280 Abs. 3, 281 verbleiben und ob er in unangemessener Weise rechtlos gestellt wird1212. Insoweit ist zunächst fest zu halten, dass in jedem Fall der Erfüllungsanspruch verbleibt. Bei Abbedingung des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung schließt § 281 Abs. 4 den Anspruch auf die Leistung gerade nicht aus; dies gilt auch, wenn in Unkenntnis der Freizeichnung Schadensersatz beansprucht wird1213. Zumindest gegen die grundlose Verweigerung der Leistung ist der Vertragspartner des Verwenders damit geschützt, denn bei einer solchen wäre ohne weiteres Vorsatz zu bejahen, so dass ein Schadensersatzanspruch bestünde. Ihm verbleibt zudem die Möglichkeit, sich durch Rücktritt vom Vertrag zu lösen. Zu kurz greift auch die Annahme, dass der Ausschluss eines Anspruchs aus § 281 gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 verstoße1214. Ob der Ausschluss einer Haftung bei leichter Fahrlässigkeit wirklich mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar ist, kann auf Grund der zahlreichen möglichen Sachverhaltskonstellationen nicht pauschal beantwortet werden. Vielmehr ist eine Prüfung im Einzelfall notwendig. § 325 hat darüber hinaus eher den Zweck, vor einem nach altem Recht möglichen Verlust des Schadensersatzanspruchs durch eine voreilige Rücktrittserklärung zu schützen, und nicht das Wahlrecht zwischen Schadensersatz und Rücktritt als Grundgedanken des Gesetzes i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 festzuschreiben1215.

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Aus diesen Gründen sollte jedenfalls im unternehmerischen Verkehr ein Ausschluss des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung bei leichter Fahrlässigkeit nicht als generell unzulässig erachtet werden. Stattdessen ist zu prüfen, ob

1210 1211 1212 1213 1214

von Westphalen BB 2002, 209 (213). So zutr. Tettinger AcP 205 (2005), 1 (15). So auch MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 28; Erman/Roloff § 309 Rz. 74. Tettinger AcP 205 (2005), 1 (11 Fn. 30); a.A. von Westphalen, NJW 2002, 12 (22 f.). So aber von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 69. 1215 Arnold ZGS 2004, 16 (19); Tiedtke/Burgmann NJW 2005, 1153 (1155); a.A. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 68.

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der Vertragspartner des Verwenders durch den Ausschluss des Anspruchs aus §§ 280 Abs. 3, 281 tatsächlich rechtlos gestellt wird oder ob andere Rechtspositionen verbleiben, so dass die Freizeichnungsklausel ihn nicht unangemessen benachteiligt. Bei dieser Prüfung kann auch der Vertragstyp eine wichtige Rolle spielen. So dürfte z.B. beim Dienstvertrag der Schadensersatzanspruch statt der Leistung das Hauptsanktionsmittel für eine Erfüllung der Pflichten des Verwenders sein1216, so dass ein Ausschluss dieses Anspruchs problematisch ist. Bei Kauf- oder Werkvertrag dürfte dagegen das Verbleiben von Erfüllungsanspruch und Rücktrittsmöglichkeit dazu führen, dass Freizeichnungsklauseln grundsätzlich aufrechtzuerhalten sind. Obwohl also die Hauptleistungspflicht eine wesentliche im Sinne der Rechtsprechung ist, lässt sich festhalten, dass bei ihrer Verletzung der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung unter Geltung des reformierten Schuldrechts bei leichter Fahrlässigkeit grundsätzlich ausgeschlossen werden kann1217. Ob gegenüber Verbrauchern ein Ausschluss des Anspruchs aus §§ 280 Abs. 3, 295 281 generell als unangemessen anzusehen ist, erscheint ebenfalls fraglich. Zwar ist vor dem Hintergrund der richtlinienkonformen Auslegung das Verbot in Nr. 1b des Anhangs der KlauselRL 93/13/EWG zu beachten. Danach können Klauseln missbräuchlich sein, die Ansprüche des Verbrauchers ausschließen oder „ungebührlich einschränken“, „wenn der Gewerbetreibende eine der vertraglichen Verpflichtungen ganz oder teilweise nicht erfüllt oder mangelhaft erfüllt“. Daraus jedoch abzuleiten, ein Ausschluss des Anspruchs aus §§ 280 Abs. 3, 281 bei leichter Fahrlässigkeit verstoße bereits gegen § 307 Abs. 2 Nr. 11218, ist nicht überzeugend. Wie dargelegt ist bei einer derartigen Freizeichnung nicht notwendig eine unangemessene oder „ungebührliche“ Beschränkung der Rechte der anderen Vertragspartei anzunehmen. Dafür, dass – außerhalb des Anwendungsbereichs des § 309 Nr. 8b – nicht zwischen Unternehmern und Verbrauchern zu differenzieren ist, spricht auch die kaufrechtliche Norm des § 475 Abs. 3: Selbst beim Verbrauchsgüterkauf hat der Gesetzgeber den Ausschluss von Schadensersatzansprüchen nicht ausdrücklich verboten, sondern lediglich einen Verweis auf die §§ 307 ff. aufgenommen1219. Damit sollte auch im Verkehr mit Verbrauchern die Freizeichnung vom Schadensersatzanspruch statt der Leistung bei leichter Fahrlässigkeit als grundsätzlich zulässig angesehen werden, was jedenfalls bei Kauf- und Werkvertrag zu bejahen ist, wenn dem Verbraucher der Nacherfüllungsanspruch und das Rücktrittsrecht verbleiben.

1216 Vgl. Tettinger AcP 205 (2005), 1 (19). 1217 Für die Möglichkeit der Freizeichnung auch Tettinger AcP 205 (2005), 1 (18 f.) mit Betonung des „Sanktionsdrucks“ durch die Pflicht zur Nacherfüllung; Erman/Roloff § 309 Rz. 74; siehe auch Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 25 – Einschränk. auch Arnold ZGS 2004, 16 (19), nach dem der vollständige Ausschluss des Schadensersatzanspruchs statt der Leistung nicht generell unzulässig ist, sondern „nur bei Verletzung von Kardinalpflichten“. Arnold will damit aber im Ergebnis an der früheren Rspr. festhalten. 1218 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 71. 1219 Siehe dazu auch Tiedtke/Burgmann NJW 2005, 1153 (1155). – Die Äußerungen der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drucks. 14/6857 S. 53) zur Unzulässigkeit des vollständigen Ausschlusses der Schadensersatzhaftung nach (vor der Schuldrechtsreform ergangener!) Rspr. haben demgegenüber wenig Bedeutung, vgl. dazu auch § 309 Nr. 7 Rz. 38; Arnold ZGS 2004, 16 (18); siehe auch Erman/Roloff § 309 Rz. 74.

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Die vorstehenden Ausführungen gelten auch, wenn gemäß § 284 an Stelle des Schadensersatzes statt der Leistung Aufwendungsersatz gefordert wird.

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Nach den §§ 280 Abs. 3, 282 kann Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer Pflicht zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils i.S.v. § 241 Abs. 2 gefordert werden, wenn dem Gläubiger die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist. Da es auch insoweit um Schadensersatz statt der Leistung geht, wird man genauso wie im Rahmen von §§ 280 Abs. 3, 282 nicht an die ältere Rechtsprechung anknüpfen können, sondern eine Freizeichnung für nicht generell unzulässig halten müssen1220.

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Zu den im Kaufrecht bestehenden Besonderheiten siehe auch unten Rz. 316 f.; weitere Sonderfälle sind in Teil 2, (28) Kaufverträge kommentiert, siehe insb. zu Haftungsbeschränkungen des Krankenhausträgers Teil 2, (28) Krankenhausverträge Rz. 5, zur Verlagerung des Missbrauchsrisikos bei Kreditkarten Teil 2, (29) Kreditkarten-AGB Rz. 6 f., zu Freizeichnungsklauseln beim Mietvertrag Teil 2, (32) Mietverträge Rz. 21 ff. und zur Sonderregelung des § 651h Abs. 1 im Reiserecht Teil 2, (37) Reiseverträge Rz. 14. e) Beschränkungen des Haftungsumfangs

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Beschränkungen des Haftungsumfanges können unterschiedliche Gestalt annehmen. Das Spektrum reicht von der summenmäßigen Haftungsbeschränkung (z.B. Begrenzung der Haftungssumme auf ein Vielfaches des Leistungsentgelts oder absoluter Höchstbetrag) über den Ausschluss bestimmter Schäden (wie des entgangenen Gewinns und nicht vorhersehbarer oder mittelbarer Schäden) oder der Vereinbarung einer bloß subsidiären Haftung bis hin zu zeitlichen Haftungseinschränkungen wie der Vereinbarung von Ausschlussklauseln oder einer Verkürzung von Verjährungsfristen1221.

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Haftungsbegrenzungen sind grundsätzlich unbedenklich, soweit der Verwender seine Haftung sogar ausschließen könnte1222 oder das Gesetz sie ausdrücklich zulässt, wie in manchen berufsrechtlichen Bestimmungen (z.B. § 52 BRAO1223, § 67a StBerG, § 54a WPO, § 8 Abs. 3 PartGG)1224. Allerdings muss der Mandant bei einem die Haftungshöchstsumme erkennbar übersteigenden Schadensrisiko auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Einzelversicherung hingewiesen werden1225. Zur Sondervorschrift des § 651h bei Reiseverträgen vgl. Teil 2, (37) Reiseverträge Rz. 14.

1220 A.A. MünchKomm/Wurmnest Rz. 28; von Westphalen BB 2002, 209 (213); vgl. auch Pfeiffer in Dauner-Lieb/Konzen/Karsten Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 225 (235). 1221 Vgl. MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 23; Palandt/Grüneberg. 1222 Das Transparenzgebot ist jedoch zu beachten, dazu allgemein Rz. 323 ff. 1223 Zur Reichweite des § 51a BRAO a.F. vgl. Zimmermann NJW 2005, 177. Durch das Gesetz zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer v. 15.7.2013, BGBl. 2013 I 2386, wurde ein neuer § 51a BRAO zur Berufshaftpflichtversicherung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung eingeführt, so dass der bisherige § 51a BRAO a.F. zur vertragliche Begrenzung von Ersatzansprüchen inhaltsgleich in § 52 BRAO übernommen wurde. 1224 Palandt/Grüneberg Rz. 54; zur Haftungsbeschränkung in einer gemischten Sozietät Furmans NJW 2007, 1400. 1225 Vgl. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 156.

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Eine Sonderregelung enthielt auch § 676c a.F.: Gemäß § 676c Abs. 1 Satz 4 a.F. war vor der Neuregelung des Rechts der Zahlungsdienste (§§ 675c–676c n.F.) durch das VerbrKrRL-UG1226 eine betragsmäßige Haftungsbegrenzung bei Überweisungen auf ein Konto im Ausland für nach § 676c Abs. 1 Satz 3 a.F. zugerechnetes Verschulden auf wenigstens 25.000 Euro zulässig. Grund dafür war, dass das zwischengeschaltete ausländische Kreditinstitut nach ausländischem Recht von der Haftung freigestellt sein konnte. Mit dieser Erwägung durfte man auch eine formularmäßige Haftungsbeschränkung als zulässig ansehen, und zwar selbst im Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7b, da § 676c Abs. 1 Satz 4 a.F. andernfalls im praktischen Ergebnis leer zu laufen drohte1227. Die Haftung für den durch die Verzögerung oder Nichtausführung einer Überweisung entstandenen Schaden konnte nach Maßgabe des § 676c Abs. 1 Satz 5 a.F. auf 12.500 Euro begrenzt werden; in dem vom Gesetz vorgegebenen Rahmen war auch eine Haftungsbegrenzung in AGB zulässig1228.

300a

Nach neuem Recht besteht eine vergleichbare Regelung nach § 675z; danach kann die Haftung des Zahlungsdienstleisters bei nicht erfolgter oder fehlerhafter Ausführung eines Zahlungsauftrags für den Schaden, der über die ungekürzte Erstattung des Zahlungsbetrags nebst etwaiger für die Durchführung des Zahlungsauftrags gezahlter Entgelte und Zinsen (§ 675y Abs. 1 Satz 1, Abs. 4) hinausgeht, unter bestimmten Voraussetzungen auf 12.500 Euro begrenzt werden1229. Darüber hinaus ist es möglich, von dem grundsätzlich halbzwingenden Charakter der Vorschriften (§ 675e Abs. 1) ausnahmsweise zu Lasten des Zahlungsdienstnutzers – auch durch AGB1230 – abzuweichen, wenn Zahlungsdienste in der Währung eines nicht zum EWR gehörenden Staates (Fremdwährung) oder unter Beteiligung von Zahlungsdienstleistern (des Zahlers und/oder des Empfängers) aus Drittstaaten erbracht werden (§§ 675e Abs. 2, 675d Abs. 1 Satz 2). Gewisse weiter gehende Spielräume für privatautonome Regelungen öffnet § 675e Abs. 4, sofern es sich bei dem Zahlungsdienstnutzer nicht um einen Verbraucher handelt.

300b

Die Unzulässigkeit eines vollständigen Haftungsausschlusses bedeutet nicht zwingend, dass Begrenzungen des Haftungsumfangs gleichfalls unzulässig wären1231. Nur Klauseln, die vertragstypisch vorhersehbare Schäden von der Haftung ausnehmen, sind von vornherein mit § 307 Abs. 2 Nr. 2 unvereinbar1232.

301

1226 Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht v. 29.7.2009, BGBl. 2009 I 2355. Die neuen Vorschriften über Zahlungsdienste sind gemäß Art. 11 VerbrKrRL-UG/Art. 229 § 22 EGBGB am 31.10.2009 in Kraft getreten; für Zahlungsvorgänge, die vor diesem Datum begonnen wurden, bleibt es bei der Anwendung des früheren Rechts, vgl. auch Palandt/ Sprau EGBGB 229 § 22 Rz. 2. 1227 Krit. dagegen Risse/Lindner BB 1999, 2201 (2206). 1228 Risse/Lindner BB 1999, 2201 (2206). 1229 Umgekehrt besteht nunmehr für den Ersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler für Schäden durch nicht autorisierte Zahlungsvorgänge unter bestimmten Voraussetzungen eine betragsmäßige Grenze von 150 Euro (§ 675v Abs. 1). 1230 Palandt/Sprau § 675e Rz. 3. 1231 Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 19; MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 23. 1232 BGH v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335; BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (302); BGH v. 14.11.2000 – X ZR 211/98, NJW-RR 2001, 342; Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 48.

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Mangels Vertragszweckgefährdung in der Regel wirksam ist jedenfalls bei leichter Fahrlässigkeit und gegenüber Unternehmern auch bei grobem Verschulden1233 eine Haftungsbeschränkung, die den Ersatz des vertragstypischen vorhersehbaren Schadens unberührt lässt und nur untypische, unvorhersehbare Schadensrisiken ausschließt1234. Grund dafür ist, dass die Vermeidung von typischen Schäden in der Regel günstiger durch den Verwender als durch den Kunden erfolgen kann. Dies ist bei untypischen Schadensrisiken anders: Hier liegen die Kostenvorteile bei der Schadensvermeidung regelmäßig beim Kunden1235. So sahen beispielsweise in einem vom BGH entschiedenen Fall1236 die Bedingungen einer Teppichreinigung eine Beschränkung des Haftungsumfangs vor. Hier wäre es grundsätzlich zulässig gewesen, das aus der Bearbeitung kostbarer Teppiche fließende hohe Haftungsrisiko auszuschließen. Andernfalls hätte dieses Risiko in den Reinigungspreis einbezogen und damit auf alle Kunden gleichmäßig umgelegt werden müssen. Eine solche Subventionierung der Eigentümer von wertvollen Teppichen durch die Kunden mit weniger wertvollen Teppichen darf durch einen Haftungsausschluss für untypische und unvorhersehbare Schäden vermieden werden1237. 302

Summenmäßige Haftungsbegrenzungen müssen in einem angemessenen Verhältnis zum vertragstypischen Schadensrisiko stehen1238. Die Höchstsumme muss die vertragstypisch vorhersehbaren Schäden abdecken1239. Denn ansonsten wäre der Schadensersatzanspruch für die Erreichung des Vertragszwecks praktisch bedeutungslos; dem Vertragspartner würde eine Rechtsposition genommen, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren hat. Dies würde gegen das Aushöhlungsverbot des § 307 Abs. 2 Nr. 2 verstoßen1240. Darüber hinaus muss der Verwender für untypische Schäden entweder einen besonderen Tarif anbieten oder eine entsprechende Versicherung zum sofortigen Abschluss bereithalten und auf die Versicherung oder den anderen Tarif deutlich hinweisen1241. Denn nur so kann die andere Partei frei entscheiden, ob sie die 1233 BGH v. 15.9.2005 – I ZR 58/03, NJW-RR 2006, 267 (269 f.); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 124. 1234 Wolf/Dammann § 309 Nr. 7 Rz. 110; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 39; ebenso schon Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 156. 1235 MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 30. Allgemein zur Berücksichtigung von Schadensvermeidungskosten oben Rz. 156 ff., 280. 1236 Vgl. BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (123 f.) = NJW 1980, 1953. 1237 Im entschiedenen Fall war kein Haftungsausschluss für untypische Schäden, sondern eine Beschränkung der Haftung auf das Fünfzehnfache des Reinigungspreises vorgesehen. Zu solchen summenmäßigen Beschränkungen siehe sogleich im Text. 1238 Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 51; Staudinger/Coester Rz. 448. Eine Haftungsbeschränkung auf den Deckungsumfang einer Haftpflichtversicherung ist möglich, wenn durch diese angemessene Vorsorge für alle vorhersehbaren Schäden gewährleistet ist, vgl. M. Fuchs BB 1992, 1217 (1224). 1239 BGH v. 19.1.1984 – VII ZR 220/82, BGHZ 89, 363 = NJW 1984, 1350; BGH v. 23.2.1984 – VII ZR 274/82, NJW 1985, 3016; Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 29; MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 31; Stoffels Rz. 977; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 122, 124. 1240 BGH v. 19.1.1984 – VII ZR 220/82, BGHZ 89, 363 = NJW 1984, 1350; BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (123 f.) = NJW 1980, 1953; Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 29. 1241 In diesem Sinne schon BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133 f.) = NJW 1980, 1953. Vgl. auch Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 29; M. Fuchs BB 1992, 1217 (1225); Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 51.

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riskantere billigere Alternative oder die teurere Absicherung wählt (offene Tarifwahl). Im nichtunternehmerischen Verkehr ist die Tarifwahl dagegen regelmäßig schon wegen des Transparenzgebotes problematisch1242. So enthalten die AGB des Textilreinigungsgewerbes eine Begrenzung der Haftung für leicht fahrlässig verursachte Bearbeitungsschäden auf das Fünfzehnfache des Reinigungsentgelts und weisen darauf hin, dass der Kunde eine unbegrenzte Haftung „z.B. durch den Abschluss einer Versicherung“ vereinbaren könne. Diese Klausel ist als unwirksam anzusehen (vgl. dazu Teil 2, (47) Textilreinigungsverträge Rz. 5 m.w.N. und allgemein zur offenen Tarifwahl oben Rz. 148 ff.). Formularmäßige Begrenzungen des ersatzfähigen Verzugsschadens bei leichter Fahrlässigkeit können mit § 307 Abs. 2 Nr. 2 vereinbar sein. So hat der BGH entschieden, die Begrenzung des Verzugsschadens in Neuwagenverkaufsbedingungen auf 5% des vereinbarten Kaufpreises sei zulässig. Der Käufer könne den Schaden gering halten, indem er eine kurz bemessene Nachfrist setze und sich nach deren Ablauf vom Vertrag löse und Schadensersatz statt der Leistung verlange1243. Eine Beschränkung des Nichterfüllungsschadens auf 10% des Kaufpreises hielt der BGH in diesem Fall aber für zu gering bemessen1244. Entscheidend ist auch hier, dass die Haftungsbegrenzung den vorhersehbaren, typischen Schaden abdeckt1245.

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Subsidiaritätsklauseln, die die Inanspruchnahme des Verwenders von der vorherigen erfolglosen Inanspruchnahme eines Dritten abhängig machen, sind ebenfalls als Haftungsfreizeichnungen zu qualifizieren1246. § 309 Nr. 8b aa verbietet es, Verbraucher mit ihren Rechten aus § 437 oder § 634 ausschließlich auf Dritte zu verweisen. Grundsätzlich zulässig ist es danach jedoch, den Kunden auf die außergerichtliche Inanspruchnahme eines Dritten zu verweisen1247. Der Schutzzweck der Norm gebietet es, auch solche Klauseln als unwirksam anzusehen, die auf Grund ihrer inhaltlichen Gestaltung die Gefahr begründen, dass der Kunde davon ausgeht, er müsse den als gewährleistungspflichtig bezeichneten Dritten erfolglos gerichtlich in Anspruch nehmen, bevor der Verwender haftet1248. Für Bauträgerverträge hat der BGH seine Rechtsprechung geändert: Da diese gerade den Zweck haben, die Abwicklung durch einen Vertragspartner sicherzustellen, ist eine Subsidiaritätsklausel auch dann wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 unwirksam, wenn sie nicht gegen § 309 Nr. 8b aa verstößt1249 (zu den Einzelheiten vgl. Teil 2, (11) Bauträgerverträge Rz. 6). Im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist eine vollständige Ersetzung der Eigenhaftung durch

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1242 Siehe auch Bunte/Heinrichs, Aktuelle Rechtsfragen zur Freizeichnung nach dem AGB-Gesetz, 1985, S. 9; in diese Richtung auch von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 127. 1243 BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (295); MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 30; zweifelnd von Westphalen BB 2002, 209 (214). 1244 BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (295 f.). 1245 Zutr. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbeschränkungen) Rz. 122. 1246 Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 15; MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 23. 1247 BGH v. 6.4.1995 – VII ZR 73/94, NJW 1995, 1675; BGH v. 4.12.1997 – VII ZR 6/97, NJW 1998, 904; Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 65; MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 8 Rz. 28. 1248 BGH v. 6.4.1995 – VII ZR 73/94, NJW 1995, 1675; BGH v. 4.12.1997 – VII ZR 6/97, NJW 1998, 904. 1249 BGH v. 21.3.2002 – VII ZR 493/00, BGHZ 150, 226 = NJW 2002, 2470.

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die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte ebenfalls problematisch1250. Eine Klausel, die den Vertragspartner auf die vorherige gerichtliche Inanspruchnahme Dritter verweist, die subsidiäre Haftung des Verwenders jedoch offen hält, kann im unternehmerischen Geschäftsverkehr aber durchaus wirksam sein. In die im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 erforderliche Abwägung ist dann insbesondere einzubeziehen, welche Partei einen Rechtsstreit mit dem Dritten mit geringeren Kosten betreiben kann. Auch spielt eine Rolle, ob die Rechtsverfolgung bereits von vornherein aussichtslos ist1251. 305

Individualvertragliche Vereinbarungen über Verjährungsfristen (d.h. in der Regel Verjährungsverkürzungen) sind durch die Schuldrechtsreform in weitem Umfang möglich geworden (§ 202 Abs. 1). Beschränkungen der insoweit gegebenen Vertragsfreiheit finden sich außerhalb des AGB-Rechts z.B. in den §§ 475 Abs. 21252, 478 Abs. 4, 651m und in § 439 Abs. 4 HGB. Bei gegenüber Verbrauchern verwendeten Geschäftsbedingungen beschränkt § 309 Nr. 8b ff die Verkürzungsmöglichkeiten für Verträge über Lieferung neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen. In jedem Fall ist für Klauseln, welche die Verjährung auch für grob fahrlässig verursachte Schäden oder sogar Schäden aus der Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit verkürzen oder erschweren, das Verbot des § 309 Nr. 7 zu beachten1253. Dieses hat mittelbar auch im Verkehr mit Unternehmern Bedeutung1254 (vgl. Rz. 385). Im Übrigen sei zu den Einzelheiten auf § 309 Nr. 8 Rz. 93 ff. und allgemein zu Verjährungsklauseln auf Teil 2, (52) Verjährungsklauseln verwiesen.

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Im Rahmen des § 307 bedeutet eine Verkürzung von Verjährungsfristen jedenfalls dann keine unangemessene Benachteiligung der anderen Vertragspartei, wenn die Verkürzung einem anerkennenswerten Interesse der Vertragspartner an einer zügigen Abwicklung des Vertrages dient und Ansprüche wegen groben Verschuldens von der Verkürzung ausgenommen sind1255. Im Übrigen muss dem Vertragspartner des Verwenders genügend Zeit zur Geltendmachung seiner Ansprüche verbleiben (zu den Einzelheiten vgl. Teil 2, (52) Verjährungsklauseln Rz. 3 ff.). f) Beschränkung der Haftung für Dritte

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Die Grenzen des § 309 Nr. 7 gelten auch für Freizeichnungsklauseln, welche die Haftung für gesetzliche Vertreter oder Erfüllungsgehilfen einschränken. Der Verwender kann auf Grund der vertraglichen Beziehung zu seinem Erfüllungsgehilfen das Schadensrisiko besser beherrschen; seine Vermeidungskosten sind in aller Regel geringer als die des Kunden. Auch bei der Schadensregulierung ist der

1250 Vgl. MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 8 Rz. 32; Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 67. 1251 MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 8 Rz. 32; Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 8 Rz. 54. 1252 Vgl. Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 3. 1253 BGH v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674 (675); festgehalten durch BGH v. 29.5.2013 – VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584; BGH v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12, NJW 2013, 3570; BGH v. 17.12.2014 – VIII ZR 88/13, NJW 2013, 3570; fortgeführt durch BGH v. 19.6.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 m. Anm. Gsell EWiR 2014, 147; siehe auch Schumacher MDR 2002, 973 (978). 1254 Dazu BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774; fortgeführt durch BGH v. 19.6.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014 211 m. Anm. Gsell EWiR 2014, 147. 1255 BGH v. 4.5.1995 – I ZR 90/93, BGHZ 129, 323 = NJW 1995, 2224.

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Verwender in einer besseren Position1256. Diese Wertung ist auch im Rahmen des § 307 zu berücksichtigen. Im unternehmerischen Verkehr ist daher eine Haftungsfreizeichnung für einfache Fahrlässigkeit von einfachen Erfüllungsgehilfen, leitenden Angestellten oder Organmitgliedern gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 im gleichen Umfang unwirksam wie eine Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit des Verwenders selbst1257. Mangels Vertragszwecksgefährdung hat der BGH einen Haftungsausschluss in einem Werftvertrag für grobes Verschulden einfacher Erfüllungsgehilfen gebilligt, da die geschuldete Schiffsreparatur unter der fachkundigen Aufsicht des Schiffseigners erfolgte, der die Gefahrenabwehr entscheidend beeinflussen konnte und weil der Schiffseigner – wie branchenüblich – gegen die freigezeichneten Risiken versichert war1258. Wäre der Verwender gezwungen, ebenfalls eine Versicherung abzuschließen, würden die Prämien über einen höheren Werklohn auf die Schiffseigner abgewälzt mit der Folge, dass die Eigner besonders risikoträchtiger Schiffe von einer Quersubventionierung profitierten1259. Auf Grund dieser Besonderheit des Falles ist die Entscheidung jedoch kaum verallgemeinerungsfähig1260.

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Für einen Verwender könnte es insbesondere bei Geschäftsbesorgungsverträgen nahe liegend sein, seine Haftung für einen Erfüllungsgehilfen dadurch zu beschränken, dass er diesen als Substitut einsetzt, d.h. ihm die selbständige Ausführung des ganzen Auftrages oder seiner wesentlichen Teile überträgt. Nach einer Ansicht soll § 309 Nr. 7 unanwendbar sein, wenn sich der Verwender im Rahmen der §§ 675, 664 Abs. 1 Satz 2 wirksam das Recht der Substitution vorbehalten hat1261. Dies ist jedoch unzutreffend: Gegenüber Verbrauchern ist zunächst § 309 Nr. 10 zu beachten, der auf Geschäftsbesorgungsverträge analog anwendbar ist1262 und zur Unwirksamkeit vieler Substitutionsklauseln führen dürfte. Aber auch im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 begegnen derartige Klauseln Bedenken. Es gehört nämlich grundsätzlich zum wesentlichen Vertragsinhalt, dass sich der Beauftragte nicht der Haftung für Fremdverschulden i.S.d. § 664 Abs. 1 Satz 2 entziehen kann1263. Dafür spricht auch, dass nach der Auslegungsregel des § 664 Abs. 1 Satz 1 selbst im Individualvertrag die Ausführung des Auf-

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1256 MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 22. 1257 BGH v. 19.1.1984 – VII ZR 220/82, BGHZ 89, 363 = BB 1984, 746; BGH v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335; BGH v. 19.2.1998 – I ZR 233/95, NJW-RR 1998, 1426; BGH v. 17.10.2013 – I ZR 226/12, TransPR 2014, 200 (m. Anm. Herber) entschied, dass bei nur leichter Fahrlässigkeit eines einfachen Erfüllungsgehilfen selbst bei Verletzung von sogenannten Kardinalpflichten eine wirksame Haftungsbeschränkung durch eine summenmäßige Haftungsbegrenzung und durch die Möglichkeit einer entgeltlichen Wertdeklaration seitens des Auftraggebers erreicht werden kann; zur Unwirksamkeit eines Ausschlusses der Haftung für ein Verschulden des Transportunternehmers BGH v. 6.11.2013 – VIII ZR 353/12, NJW 2014, 454; Bamberger/ Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 47; siehe auch MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 35; Staudinger/Coester Rz. 431. 1258 Vgl. BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 (320, 324 ff.). 1259 BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 (327). 1260 Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 49; MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 27 („gilt ausnahmsweise“). 1261 Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 44. 1262 OLG Saarbrücken v. 10.3.1999 – 1 U 449/98-83, NJW-RR 1999, 1397. 1263 OLG Saarbrücken v. 10.3.1999 – 1 U 449/98-83, NJW-RR 1999, 1397 (1398).

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trags im Zweifel nicht einem Dritten übertragen werden darf1264. Substitutionsklauseln, die nicht den Anforderungen des § 309 Nr. 10a, b genügen, sind daher auch im unternehmerischen Verkehr grundsätzlich als unwirksam einzustufen1265. g) Sonderfälle aa) Deliktsrechtliche Ansprüche 310

§ 309 Nr. 7 erstreckt sich nach seinem eindeutigen Wortlaut1266 sowie nach Sinn und Zweck auf jede Pflichtverletzung, so dass gleichgültig ist, ob die Pflicht auf Vertrag oder Gesetz beruht. Insbesondere findet das Freizeichnungsverbot der § 309 Nr. 7 auch auf die Haftung aus unerlaubter Handlung Anwendung1267. Auch vor der Schuldrechtsreform wurde § 11 Nr. 7 AGBG zumindest analog auf unerlaubte Handlungen angewandt, vgl. § 309 Nr. 7 Rz. 15 m.w.N. Von dieser Vorschrift nicht erfasste Freizeichnungen von Gefährdungshaftungstatbeständen sind gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 unzulässig1268.

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Grundsätzlich umfasst eine Freizeichnung nur vertragliche Ansprüche und gesetzliche Ansprüche, die sich unmittelbar aus der Verletzung der vertraglichen Pflichten ergeben; deliktsrechtliche Ansprüche sind wegen § 305c Abs. 2 nur erfasst, wenn dies deutlich aus der Klausel hervorgeht1269. Deliktische Ansprüche können ausgeschlossen oder beschränkt werden, wenn für den konkurrierenden vertraglichen Anspruch ebenfalls eine Freizeichnung zulässig ist1270, da sonst die sachlich berechtigte Freizeichnungsklausel leer liefe.

1264 Siehe dazu MünchKomm/Seiler § 664 Rz. 21. 1265 So auch MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 22, der zu Recht auf die Gefahr der Umgehung des § 309 Nr. 7 hinweist. 1266 Während die Vorgängerregelung des § 11 Nr. 7 AGBG auf eine Vertragsverletzung abstellte, spricht § 309 Nr. 7 allgemein von „Pflichtverletzung“, was gesetzliche Pflichtverletzungen einschließt, vgl. Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 4; Wolf/Dammann § 309 Nr. 7 Rz. 14. 1267 Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 4; vgl. (zu § 309 Nr. 7a) auch Wolf in Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S. 101 (114); Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 7; Wolf/Dammann § 309 Nr. 7 Rz. 14. Dies übersieht MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 9, der meint, dass Fälle, in denen der Verwender für den Schaden des Kunden (auch) aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung verantwortlich ist, durch § 309 Nr. 7 nicht erfasst seien. Wenn sich eine Freizeichnungsklausel auch auf deliktsrechtliche Ansprüche des Kunden bezieht, sei „dieser Klausel in zumindest entsprechender Anwendung des § 309 Nr. 7 insoweit die Wirksamkeit zu versagen, als in der unerlaubten Handlung zugleich eine Vertragsverletzung liegt und der Kunde den Deliktsanspruch auf die in § 309 Nr. 7 genannten schweren Verschuldensformen stützt.“ 1268 Wolf in Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S. 101 (114). Zur Haftungsfreizeichnung im Bereich der Produkthaftung siehe von Westphalen NJW 1979, 838. 1269 BGH v. 24.11.1976 – VIII ZR 137/75, NJW 1977, 379; BGH v. 7.2.1979 – VIII ZR 305/77, NJW 1979, 2148; BGH v. 5.5.1992 – VI ZR 188/91, NJW 1992, 2016; Bamberger/Roth/Becker § 309 Nr. 7 Rz. 39. Daher ist ein Haftungsausschluss unter der Überschrift Mängelrüge und Gewährleistung gemäß § 305c Abs. 2 so auszulegen, dass er lediglich vertragliche Ansprüche erfasst. Vgl. auch Bunte/Heinrichs, Aktuelle Rechtsfragen zur Freizeichnung nach dem AGB-Gesetz, 1985, S. 12, 31 ff., 34. 1270 BGH v. 7.2.1979 – VIII ZR 305/77, NJW 1979, 2148; BGH v. 12.3.1985 – VI ZR 182/83, VersR 1985, 595; Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 49; Staudinger/Coester Rz. 431.

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Die weit gefasste gesetzliche Ermächtigung zur Haftungsbegrenzung des Reiseveranstalters nach § 651h Abs. 1 gilt nicht für außervertragliche Schadensersatzansprüche1271.

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bb) Vorvertraglicher Bereich Die Erwähnung der c.i.c. in § 11 Nr. 7 AGBG konnte in § 309 Nr. 7 gestrichen werden, da die Haftung für ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen nun über §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 von § 309 Nr. 7 erfasst wird. Die Ausführungen in der Kommentierung zu § 309 Nr. 7 Rz. 13 f. gelten auch im Rahmen des § 307.

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cc) Haftungserweiterungen zum Nachteil der Verwendergegenseite Klauseln, die eine Haftung des Kunden begründen, die über die gesetzliche Haftung hinausgeht, unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307. So sind Haftungserweiterungen, die zu einer verschuldensunabhängigen Haftung der anderen Partei führen, regelmäßig unwirksam1272. Denn die Haftung für Verschulden bildet einen wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 11273. Wird die Bürgenhaftung formularmäßig über die Forderung, die Anlass der Verbürgung war, hinaus auf alle gegenwärtigen und künftigen Verbindlichkeiten des Hauptschuldners ausgedehnt, ist dies zum einen mit der gesetzlichen Leitentscheidung des § 767 Abs. 1 Satz 3 nicht zu vereinbaren. Zum anderen werden wesentliche Rechte des Bürgen, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2)1274. Der Bürge übernimmt mit der weiten Zweckerklärung ein unkalkulierbares, u.U. ruinöses Risiko, da er die Entstehung und ordnungsgemäße Tilgung neuer Schulden nicht beeinflussen kann. Hat er dafür einzustehen, kann sich seine Haftung unversehens auf ein Vielfaches dessen belaufen, womit er schlimmstenfalls gerechnet hat1275. Zu weiteren Einzelfällen der Haftungserweiterung siehe § 309 Nr. 7 Rz. 42, zur Erweiterung der Haftung von Arbeitnehmern über das durch Richterrecht festgelegte Maß hinaus vgl. Anh. § 310 Rz. 87 ff.

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dd) Beschränkung verschuldensunabhängiger Haftung Will der Verwender eine verschuldensunabhängige Haftung ausschließen, die 315 auf Grund vertraglicher (Übernahme einer Garantie) oder gesetzlicher Grundlage besteht, so ist zu unterscheiden: Bei vertraglich vereinbarter verschuldensunabhängiger Haftung wird eine Beschränkung dieser Haftung – sofern sie überhaupt durch AGB erfolgt und nicht von vornherein der beschränkte Umfang der Garantie durch Individualvertrag festgelegt wird – an dem Vorrang der Individualabrede scheitern. Schreibt das Gesetz eine verschuldensunabhängige Haftung vor, sind häufig Sondervorschriften zu beachten, wie z.B. §§ 444, 639, 702a (siehe dazu § 309 Nr. 7 Rz. 41). Unabhängig davon sind Beschränkungen der verschuldensunabhängigen Haftung an § 307 Abs. 2 zu messen. Wegen der gesetzlichen 1271 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 159; Staudinger/Coester Rz. 431. 1272 § 309 Nr. 7 Rz. 42; MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 8; differenz. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Haftungserweiterungsklauseln) Rz. 7. 1273 BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 = NJW 1991, 1886; von Westphalen/ Thüsing Vertragsrecht (Haftungserweiterungsklauseln) Rz. 5. 1274 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, NJW 1995, 2553 (2556); Derleder NJW 1986, 97 (100). 1275 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, NJW 1995, 2553 (2556).

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Wertungen, die der Gefährdungshaftung und auch § 287 Satz 2 zugrunde liegen, dürfte zumindest in diesen Fällen eine Haftungsbeschränkung in aller Regel ausscheiden (vgl. dazu § 309 Nr. 7 Rz. 41 m.w.N.). ee) Haftungsbegrenzungen im Kaufrecht 316

Für die Inhaltskontrolle von AGB in Kaufverträgen haben sich durch die Schuldrechtsreform tief greifende Änderungen ergeben. Dies betrifft insbesondere den in den §§ 474 ff. geregelten Verbrauchsgüterkauf. Zu den Einzelheiten sei auf die Kommentierung in Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 2 ff. verwiesen. Für die an dieser Stelle interessierende Frage, inwieweit der Verwender seine Haftung auf Schadensersatz ausschließen oder beschränken kann, ist § 437 Nr. 3 Ausgangspunkt. Für die Einschränkung dieses Anspruchs legt das Kaufrecht selbst keine Grenzen fest, dies gilt sogar für den Verbraucherkauf, § 475 Abs. 3. Hintergrund dafür ist, dass die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie keine Schadensersatzansprüche des Verbrauchers vorsieht; der deutsche Gesetzgeber konnte damit Schadensersatzansprüche aus dem Anwendungsbereich des § 475 ausnehmen1276. Sowohl gegenüber Unternehmern als auch gegenüber Verbrauchern sind formularmäßige Einschränkungen der Haftung des Verkäufers auf Schadensersatz somit an den §§ 307 ff. zu messen. Dies gilt für Schadensersatz neben der Leistung nach den §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, für Schadensersatz statt der Leistung nach den §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3 (auch für Nacherfüllungskosten als Schaden, § 439 Abs. 2) sowie für den Aufwendungsersatzanspruch nach § 2841277. Zu den Möglichkeiten, diese Ansprüche zu beschränken, gilt das, was oben in den Rz. 287 ff. zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht bereits ausgeführt wurde. Das bedeutet, dass bei leichter Fahrlässigkeit eine Freizeichnung vom Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung grundsätzlich möglich ist, auch wenn die Pflicht des Verkäufers zur Verschaffung des Besitzes und des Eigentums an einer sach- und rechtsmängelfreien Sache als wesentliche Vertragspflicht einzustufen ist1278. Eine Differenzierung zwischen dem Kauf gebrauchter und neuer Sachen1279 oder danach, ob ein Mangelfolgeschaden oder ein Mangelschaden1280 vorliegt, ist dagegen nicht angebracht. Zur Freizeichnung von der Haftung nach UN-Kaufrecht vgl. § 309 Nr. 7 Rz. 48.

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Auch im Kaufrecht relevant sind das absolute Freizeichnungsverbot für Verletzungen des Lebens, des Körpers und der Gesundheit sowie der auch im unternehmerischen Verkehr geltende Grundsatz, die Haftung für grobes Verschulden nicht ausgeschlossen werden kann; dazu bereits oben Rz. 284 ff. So ist beispielsweise der Ausschluss der Haftung für Schäden, die durch eine vom Käufer abgeschlossene Versicherung gedeckt sind, unwirksam, wenn sie sich auch auf private Krankenversicherungen bezieht1281. Denn dann schließt sie auch die Haftung für Körperschäden aus und verstößt damit gegen § 309 Nr. 7a. 1276 Vgl. nur MünchKomm/Lorenz § 475 Rz. 13. 1277 MünchKomm/Lorenz § 475 Rz. 14; siehe auch Palandt/Weidenkaff § 475 Rz. 14. 1278 Vgl. BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (302); Tiedtke/Burgmann NJW 2005, 1153 (1155). 1279 Litzenburger NJW 2002, 1244 (1245); MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 29; Tiedtke/Burgmann NJW 2005, 1153 (1156 f.). 1280 Vgl. Litzenburger NJW 2002, 1244 (1245); Tiedtke/Burgmann NJW 2005, 1153 (1156 f.). 1281 Siehe dazu (Klauselwerk des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V.) Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 16.

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ff) Gesellschafterhaftung für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts Schrifttum: Armbrüster Die Schranken der „unbeschränkten“ persönlichen Gesellschafterhaftung in der BGB-Gesellschaft, ZGR 2005, 34; Böken Die Immobilien-GbR – Aktuelle Rechtsprechung zur Gesellschafterhaftung und zu Fondsbeteiligungen, DStR 2004, 558; Canaris Die Übertragung des Regelungsmodells der §§ 125–130 HGB auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als unzulässige Rechtsfortbildung contra legem, ZGR 2004, 69; Casper Anmerkung zu BGH Urt. v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, JZ 2002, 112; Dauner-Lieb Das Ende der BGB-Gesellschaft mit beschränkter Haftung – was nun?, DStR 1999, 1992; Dauner-Lieb Ein neues Fundament für die BGB-Gesellschaft, DStR 2001, 356; Furmans Haftungsbegrenzung in der gemischten Sozietät und AGB-Kontrolle, NJW 2007, 1400; Goette Anm. zu BGH v. 27.9.1999 – II ZR 371/98, DStR 1999, 1707; Goette Anmerkung zu BGH Urt. v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, DStR 2002, 818; Hasenkamp Die formularvertragliche Haftungsbeschränkung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, BB 2004, 230; Meyer Der Grundsatz der unbeschränkten Verbandsmitgliederhaftung, Diss. Osnabrück, 2005; Reiff Die Beschränkung der persönlichen Gesellschafterhaftung in der GbR nach der Akzessorietätstheorie, ZIP 1999, 1329; Reiff Die unbeschränkte Gesellschafterhaftung in der (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Ausnahmen, ZGR 2003, 550; Schäfer Offene Fragen der Haftung des BGB-Gesellschafters, ZIP 2003, 1225; Specks Vollmachts-beschränkungen bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, NZG 2009, 293; Ulmer Gesellschafterhaftung in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Durchbruch der Akzessorietätstheorie?, ZIP 1999, 554; Ulmer Unbeschränkte Gesellschafterhaftung in der Gesellschat bürgerlichen Rechts, ZGR 2000, 339; Ulmer Die Haftungsverfassung der BGB-Gesellschaft, ZIP 2003, 1113; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2002 – Besonderer Teil: Einzelne Vertragstypen, NJW 2003, 1981; Wössner Akzessorische Gesellschafterhaftung und „Vielgestaltigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts – ein Widerspruch?, ZIP 2003, 1235.

Die Gesellschafter einer BGB-Außengesellschaft1282 haften akzessorisch für die Gesellschaftsverbindlichkeiten, was insoweit der Rechtslage gemäß §§ 128 f. HGB bei der OHG entspricht1283. Bereits mit Urteil vom 27.9.1999 hatte der II. Zivilsenat entschieden, dass die Gesellschafterhaftung nicht durch einen einseitigen Akt wie insbesondere einem Namenszusatz begrenzt werden kann, sondern dass es hierzu einer individualvertraglichen Vereinbarung bedarf1284. Da die akzessorische Gesellschafterhaftung zu den Grundgedanken des GbR-Rechts1285 zählt, ist eine formularmäßige Haftungsbeschränkung der GbR-Gesellschafter ge-

1282 Die Frage nach der Gesellschafterhaftung stellt sich bei der Innen-GbR naturgemäß nicht, da sie nicht als solche am Rechtsverkehr teilnimmt und folglich keine die Gesamthand treffende Verbindlichkeiten mit entsprechender Gesellschafterhaftung begründet werden, vgl. nur Ulmer ZIP 2003, 1113 (1114). Zur Rechtsfähigkeit der BGBAußengesellschaft BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341. 1283 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 (358). Vgl. auch BGH v. 27.9.1999 – II ZR 371/98, NJW 1999, 3483 = BGHZ 142, 315; BGH v. 24.11.2004 – XII ZR 113/01, NZG 2005, 209 (210); Ulmer ZIP 2003, 1113 (1114); Casper JZ 2002, 1112 f. 1284 BGH v. 27.9.1999 – II ZR 371/98, NJW 1999, 3483; zust. Dauner-Lieb DStR 1999, 1992 (1994); vgl. auch BGH v. 24.11.2004 – XII ZR 113/01, NZG 2005, 209 (210). Ein Auftreten als „GbR mbH“ als einseitiger Akt führt daher zu keiner Einschränkung der Haftung. Ein solcher Namenszusatz kann auch nicht als AGB-förmiges Angebot auf Abschluss einer Haftungsbeschränkungsvereinbarung interpretiert werden, denn firmenähnlichen Haftungsbeschränkungszusätzen im GbR-Namen fehlt der rechtsgeschäftliche Erklärungswert, vgl. Dauner-Lieb DStR 1999, 1992 (1994); Reiff ZIP 1999, 1329 (1334); Ulmer ZGR 2000, 339 (347). 1285 Statt aller Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechtes, Band 1, 4. Aufl. 2014, § 18 Rz. 11 m.w.N.

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mäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 im Zweifel unwirksam1286. Die Gesellschafter einer GbR müssen mangels gesetzlicher Kapitalschutzvorschriften grundsätzlich auch die mit der Gesellschaftertätigkeit verbundenen Risiken tragen1287. Soll die Haftung aller Gesellschafter abbedungen werden, ist die Abweichung von der gesetzlichen Regelung evident. Aber auch der Ausschluss der persönlichen Haftung einzelner Gesellschafter bei einer unternehmerisch tätigen GbR verstößt gegen das gesetzliche Leitbild, zumal von der Option des § 105 Abs. 2 HGB Gebrauch gemacht und eine KG errichtet werden könnte1288. Umstritten ist, ob formularmäßige Ausschlüsse der Gesellschafterhaftung bei der GbR stets unzulässig sind1289 oder ob das Regelbeispiel des § 307 Abs. 2 Nr. 1 auf Grund von Billigkeitserwägungen in bestimmten Fallgruppen nicht eingreift1290. 319

Eine Ausnahme von dem strengen Erfordernis der Individualvereinbarung hat der BGH bei einem als BGB-Außengesellschaft organisierten geschlossenen Immobilienfonds1291 zugelassen. Er hält „angesichts der Eigenart dieser Gesellschaften“1292 eine Ausnahme von den Grundsätzen der Entscheidungen BGHZ 142, 315 und BGHZ 146, 341 für geboten: Wenn der Gesellschaftsvertrag des Fonds eine Haftungsfreizeichnung für rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten auf das Fondsvermögen enthalte, so dass die Gesellschafter entweder nur mit ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen oder quotal, d.h. mit einem ihrer Gesellschaftsbeteiligung entsprechenden Anteil haften sollen, bedürfe es keiner Individualvereinbarung mit dem Vertragspartner, damit die Haftungsregelung gelte1293. Vielmehr genüge „in der Regel auch die formularmäßige Abbedingung der unbeschränkten gesamtschuldnerischen Haftung, wenn die Haftungsbeschränkung wirksam in den Vertrag einbezogen wird.“1294 Ein Verstoß gegen § 307 liege im Allgemeinen nicht vor: „Die Beschränkung der persönlichen Haftung kann, da sie durch die Eigenart des Immobilienfonds als reine Kapitalanlagegesellschaft gerechtfertigt ist, im Regelfall nicht als Treu und Glauben widersprechende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners angesehen

1286 Hasenkamp BB 2004, 230 (233 ff., 237); Reiff ZIP 1999, 1329 (1336 ff.); Ulmer ZIP 1999, 554 (562). 1287 Ulmer ZIP 2003, 1113 (1118). 1288 Reiff ZIP 1999, 1329 (1338). 1289 So Dauner-Lieb DStR 1999, 1992 (1995); Goette DStR 1999, 1707 f.; vgl. auch OLG Stuttgart v. 9.11.2001 – 2 U 138/01, NZG 2002, 84. 1290 Ulmer ZIP 2003, 1113 (1119 f., 1122); MünchKomm/Schäfer/Ulmer § 714 Rz. 66. Das Standesrecht gestattet bei freiberuflichen GbR bestimmte Haftungsbeschränkungen, vgl. § 52 BRAO (§ 51a BRAO a.F.), § 67a StBerG, § 54a WPO. Dass eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 2 PartGG auf andere Freiberuflersozietäten ausscheiden muss, hat Ulmer ZIP 2003, 1113 (1119) überzeugend dargelegt. Ulmer erwägt aber eine Übertragung der standesrechtlichen Vorschriften auf Freiberuflersozietäten mit ähnlicher Interessenlage. Die Reichweite des § 51a BRAO a.F. hat Zimmermann NJW 2005, 177 untersucht. 1291 Einen Überblick über die aktuelle Rspr. zur Immobilien-GbR gibt Böken DStR 2004, 558. 1292 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, DStR 2002, 816 (818) = BGHZ 150, 1. 1293 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, DStR 2002, 816 (818 i.V.m. 817). 1294 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, DStR 2002, 816 (818); zust. Goette DStR 2002, 818 (819); Armbrüster BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, ZGR 2005, 34 (44). In diesem Sinne auch schon Ulmer ZGR 2000, 339 (348). Für Altfälle genügt auf Grund des Vertrauensschutzgedankens sogar die einseitige Haftungsbeschränkung, soweit sie dem Gläubiger erkennbar war, vgl. BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 = DStR 2002, 816.

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werden“1295. Dem BGH wird in der Literatur teilweise beigepflichtet1296. Ob die Fondsgläubiger durch das vom Fonds gebildete Gesamthandsvermögen hinreichend gesichert sind, erscheint aber zumindest zweifelhaft. Vor allem ist zu bedenken, dass Art oder Umfang des Gesellschaftsvermögens nichts an dem gesetzlichen Grundgedanken ändern, dass die Gesellschafter die mit der Gesellschaftertätigkeit verbundenen Risiken tragen sollen. Auch bei der Bauherrengemeinschaft wird die Möglichkeit gesehen, formularmäßig Haftungsbeschränkungen im Sinne einer anteiligen persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Herstellungskosten zu vereinbaren1297. Die Vertreter dieser Auffassung gehen davon aus, dass die Gesellschafter einer GbR analog § 128 HGB gesamtschuldnerisch haften1298. Der BGH nimmt demgegenüber entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des für Bausachen zuständigen VII. Zivilsenats1299 eine nur anteilige Haftung künftiger Wohnungseigentümer für die Herstellungskosten (Aufbauschulden) auch dann an, wenn sie im Verkehr als Außengesellschaft bürgerlichen Rechts auftreten1300. Eine formularmäßige Haftungsbeschränkung auf eine anteilige persönliche Haftung erübrigt sich danach bei der Bauherrengemeinschaft.

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In der Literatur wird zudem für die GbR mit ideellem Zweck eine erleichterte Beschränkbarkeit der Haftung gefordert1301 und unter anderem auch die Zuläs-

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1295 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, DStR 2002, 816 (818). 1296 Ulmer ZIP 2003, 1113 (1119); MünchKomm/Schäfer/Ulmer § 714 Rz. 66; Goette DStR 2002, 818 (819); Armbrüster ZGR 2005, 34 (44); Palandt/Sprau § 714 Rz. 18; a.A. Reiff ZGR 2003, 550 (575); Wössner ZIP 2003, 1235 (1237). 1297 Vgl. Casper JZ 2002, 1112 (1113 f.); Schäfer ZIP 2003, 1225 (1232); Ulmer ZIP 2003, 1113 (1118). 1298 Obwohl der zweite Zivilsenat des BGH sich nicht ausdrücklich zur analogen Anwendung des § 128 HGB bekennt – vgl. BGH v. 27.9.1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 (319); BGH v. 7.4.2003 – II ZR 56/02, ZIP 2003, 899 (900) – wird sie in der Literatur teilweise als selbstverständlich vorausgesetzt, siehe nur Grunewald, Gesellschaftsrecht, 9. Aufl. 2014, 1. A. Rz. 107 ff. m.w.N. (die jedoch bei ideellen GbR § 128 HGB nicht analog anwendet). Meyer Verbandsmitgliederhaftung 4. Teil, B, V, 2, 198 ff., hat demgegenüber herausgearbeitet, dass nach der Konzeption des historischen Gesetzgebers bei Personengesellschaften die unbeschränkte Verbandsmitgliederhaftung auf ihrer Schuldnerstellung beruhe, weshalb § 128 HGB insoweit lediglich deklaratorisch verstanden wurde und nicht als eine handelsrechtliche Haftungsverschärfung. Der ursprünglich eingreifende Gleichlauf von Schuld und Haftung müsse sich auf Basis der heute anerkannten rechtssubjektiven Verselbständigung der Personengesellschaften in einer unbeschränkt-akzessorischen Haftung fortsetzen; der eigentliche Regelungsgehalt des § 128 Satz 1 HGB liege in der Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung. 1299 Grundlegend BGH v. 18.6.1979 – VII ZR 187/78, BGHZ 75, 26. 1300 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, DStR 2002, 816 = BGHZ 150, 1; zust. Goette DStR 2002, 818 (819); Reiff ZGR 2003, 550 (558 f.): Die gesamtschuldnerische Haftung gehe über das dem einzelnen Wohnungseigentümer wirtschaftlich zumutbare hinaus, zudem würde der Zweck des Wohnungseigentumsgesetzes von 1951, weniger begüterten Personen zum Erwerb eigenen Wohnraums zu verhelfen, ansonsten kaum erreicht. 1301 Vertreten werden zwei Wege, nämlich rechtsgeschäftliche Konstruktion und institutionelle Haftungsfreistellung. Einen ausführlichen, über die AGB-rechtliche Fragestellung hinausgehenden Gesamtüberblick, gibt Meyer, Verbandsmitgliederhaftung 5. Teil, E, IV, 304 ff.

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sigkeit der Haftungsfreizeichnung mittels AGB angenommen1302. Dafür spricht, dass formularmäßige Haftungsfreizeichnungen für Gesellschafter einer GbR mit ideellem Zweck mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 vereinbar sein dürften, wenn dem Geschäftsverkehr diese Zweckrichtung und das Fehlen erwerbswirtschaftlicher Interessen der Gesellschafter erkennbar ist1303. 322

Wird dem Vertragspartner einer GbR in den AGB in aller Deutlichkeit offen gelegt, dass die Vertretungsmacht des jeweils handelnden Gesellschafters für die rechtssubjektiv verselbständigte GbR in der Weise beschränkt ist, dass er nur Geschäfte abschließen darf, bei denen die akzessorische Gesellschafterhaftung wirksam ausgeschlossen ist1304, unterliegt die Beschränkung der Vertretungsmacht als solche nicht der Inhaltskontrolle1305. Auch das Umgehungsverbot des § 306a ist nicht einschlägig, da keine vom Verwender gestellte Vertragsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 vorliegt1306.

V. Das Transparenzgebot Schrifttum: Basedow Transparenz als Prinzip des (Versicherungs-)Vertragsrechts, VersR 1999, 1045; Bauer/von Medem Rettet den Freiwilligkeitsvorbehalt – oder schafft eine Alternative!, NZA 2012, 894; Brandner Transparenz als Maßstab der Inhaltskontrolle, in FS Locher, 1990, S. 317; Bunte Das Transparenzgebot in der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats, in FS Schimansky, 1999, S. 19; Cian Auslegung und Transparenzgebot in der Regelung der AGB und der Verbraucherverträge nach italienischem und deutschem Recht, ZEuP 1998, 586; Evermann Die Anforderungen des Transparenzgebots an die Gestaltung von allgemeinen Versicherungsbedingungen unter besonderer Berücksichtigung der Richtlinie 93/13/EWG, 2002; Gwose Rückforderungen von Fort- und Weiterbildungskosten, P&R 2012, 186; Hansen Das sog. Transparenzgebot im System des AGB-Gesetzes, WM 1990, 1521; Hebestreit Transparenz im AGB-Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1995; Heinrichs Das Transparenzgebot und die EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, in FS Trinkner, 1995, S. 157; Hellner Quo vadis AGB-Recht?, in FS Steindorff, 1990, S. 573; von Hoyningen-Huene Unwirksamkeit von AGB bei bloßer Intransparenz?, in FS Trinkner, 1995, S. 179; Hromadka Was bleibt vom vertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalt?, DB 2012, 1037; Hunold Überstunden – Überblick und aktuelle Fragen, DB 2014, 361; Jesgar-

1302 Ulmer ZIP 1999, 554 (562); Ulmer ZGR 2000, 339 (343); Ulmer ZIP 2003, 1113 (1119); Casper JZ 2002, 1112 (1114); Hasenkamp BB 2004, 230 (236 f.); Schäfer ZIP 2003, 1125 (1232); Wössner ZIP 2003, 1235 (1237). 1303 Ulmer ZIP 2003, 1113 (1119); ähnlich Casper JZ 2002, 1112 (1114); Hasenkamp BB 2004, 230 (236 f.). 1304 Siehe Armbrüster ZGR 2005, 34 (47, 62); Schäfer ZIP 2003, 1225 (1233); Ulmer ZIP 1999, 554 (561); MünchKomm/Schäfer/Ulmer § 714 Rz. 69. Specks NZW 2009, 293 (295). Auch der BGH hält es in BGH v. 27.9.1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 (322) für denkbar, „die Vertretungsbefugnis der für die Gesellschaft Handelnden insoweit einzuschränken, dass sie nur solche Geschäfte abschließen dürfen, bei denen eine persönliche Haftung der Gesellschafter ausgeschlossen wird“. 1305 A.A. Canaris ZGR 2004, 69 (96 ff.), der über § 306a eine Inhaltskontrolle der Vertretungsmachtbegrenzung vornehmen möchte. Die Offenlegung begrenzter Vertretungsmacht habe eine doppelte Funktion: Zum einen werde dadurch nach §§ 133, 157 die Haftungsbeschränkung z.T. des Vertragsangebots gegenüber dem Dritten und zum anderen werde der Verlust des Einwands aus § 177 verhindert, weil der Vertragspartner anderenfalls vom Vorliegen einer (insoweit) unbeschränkten Vertretungsmacht ausgehen dürfe und der Vertrag daher eventuell auf Grund einer Rechtsscheinhaftung trotz Fehlens der Haftungsbeschränkung wirksam zustande komme. 1306 Armbrüster ZGR 2005, 34 (41); ausführlich Meyer Verbandsmitgliederhaftung, 5. Teil, D, II, 3, e, 257 ff.

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zewski Rückzahlung von Fortbildungskosten bei Eigenkündigungen, AA 2014, 178; Joppich Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, 2009; Kappus BGH „Sucurrit ignoranti“ – Transparenz des „Kardinalpflichten“-Begriffs im Unternehmerverkehr, NJW 2006, 15; Koch Kontrollfähigkeit/-freiheit formularmäßiger Haftpflichtversicherungsfalldefinitionen?, VersR 2014, 1277; Köndgen Grund und Grenzen des Transparenzgebot im AGB-Recht, NJW 1989, 943; Koller Das Transparenzgebot als Kontrollmaßstab Allgemeiner Geschäftsbedingungen, in FS Steindorff, 1990, S. 667; Kreienbaum Transparenz und AGB-Gesetz, 1998; Leithoff Transparenz und Verständlichkeit von Allgemeinen Versicherungsbedingungen und Prämien, NVersZ 1999, 555; Löw Weihnachtsgeld, Boni & Co. Neue Spielregeln für die Vertragsgestaltung, AuA 2012, 717; Löw/Glück Incentivepläne und ihre Terms & Conditions – AGB-Kontrolle bei Bonuszahlungen – Eine Bestandsaufnahme im Lichte der aktuellen Rechtsprechung, DB 2015, 187; Maack Die Durchsetzung des AGB-rechtlichen Transparenzgebots in internationalen Verbraucherverträgen, 2001; Niebling Formularmäßige Freiwilligkeitsvorbehalte im Arbeitsrecht, NZA 2013, 3011; Pflug AGB und Transparenzgebot, AG 1991, 1; Präve Versicherungsbedingungen und Transparenzgebot, VersR 2000, 138; Richter Arbeitsvertragliche Standardregelungen auf dem Prüfstand (Teil 1), ArbRAktuell 2014, 141; Richter Arbeitsvertragliche Standardregelungen auf dem Prüfstand (Teil 2), ArbRAktuell 2014, 193; Rosenow/Schaffelhuber Neues zur Transparenzkontrolle im AGBRecht, ZIP 2001, 2111; J. Schäfer Das Transparenzgebot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1992; Schmid Die (intransparenten) Urteile des BGH zu Reisepreisänderungsklauseln – Kerosinzuschlag I und II, NJW 2003, 947; Schwintowski Transparenz und Verständlichkeit von Allgemeinen Versicherungsbedingungen und Prämien, NVersZ 1998, 97; Staudinger Das Transparenzgebot im AGB-Gesetz: Klar und verständlich?, WM 1999, 1546; Wagner-Wieduwilt Das „Transparenzgebot“ als Angemessenheitsvoraussetzung i.S.d. § 9 AGBG, WM 1989, 37; Weick Schuldrechtsreform, Transparenz und Gesetzgebungstechnik, JZ 2002, 442; H. P. Westermann Das Transparenzgebot – ein neuer Oberbegriff der AGB-Inhaltskontrolle?, in FS Steindorff, 1990, S. 817.

1. Grundlagen a) Inhalt und Anwendungsbereich Eine unangemessene Benachteiligung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 auch daraus ergeben, dass Bestimmungen in AGB „nicht klar und verständlich“ sind. Mit diesen knappen Worten hat die erst durch das SMG 2001 eingeführte Vorschrift das sog. Transparenzgebot als Teil der Generalklausel kodifiziert, nachdem dieses bereits seit Ende der 1980er-Jahre durch eine bemerkenswerte Reihe höchstrichterlicher Entscheidungen unter überwiegender Zustimmung der Literatur als eine tragende Säule des AGB-Rechts im Rahmen des früheren § 9 Abs. 1 AGBG entwickelt und anerkannt worden war1307. Für Verbraucherverträge hat das Transparenzgebot sodann Eingang in die europäische Klauselrichtlinie gefunden (vgl. Art. 5 Satz 1; Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG)1308. Auf eine explizite 1307 Grundlegend BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 = NJW 1989, 222; BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259; BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, BGHZ 118, 126; BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, NJW 1989, 582; seither st. Rspr., siehe nur BGH v. 10.3.1993 – VIII ZR 85/92, NJW 1993, 2052 (2054); vgl. aus der Literatur z.B. Heinrichs in FS Trinkner, 1995, S. 157 (als „ein tragendes Prinzip des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen etabliert“); Bunte in FS Schimansky, 1999, S. 19 ff.; Brandner in FS Locher, 1990, S. 317 ff.; Schäfer, Das Transparenzgebot, 1992, S. 39 ff.; Staudinger/Coester Rz. 170; abl. etwa Hansen WM 1990, 1521 ff.; Bruchner WM 1988, 1873 ff.; Wagner-Wieduwilt WM 1989, 37 ff.; krit. auch Horn WM 1997, Beil. Nr. 1, S. 1, 18 ff.; Benedict NJW 2000, 190 ff.; Westermann in FS Steindorff, 1990, S. 817 ff.; Überblick zum Meinungsstand bei Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 9 AGBG Rz. 121 m.w.N. 1308 Nach Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG müssen schriftlich niedergelegte Klauseln „stets klar und verständlich abgefasst sein“; von der Erfüllung dieser Voraussetzung macht

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Umsetzung dieser Vorschriften verzichtete der deutsche Gesetzgeber zunächst, weil er den Transparenzgedanken bereits im geltenden Recht hinreichend verankert sah1309, nicht nur im Hinblick auf die etablierte Rechtsprechung zur Generalklausel, sondern auch wegen einer Reihe von anderen gesetzlichen Vorschriften, in denen das Transparenzgebot zum Ausdruck gekommen ist (insb. die nach § 305 Abs. 2 erforderliche Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme der AGB als Voraussetzung ihrer Einbeziehung, das Verbot überraschender Klauseln in § 305c Abs. 1 sowie die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2)1310. In der Tat bestand ein weitgehender Konsens, dass sich aus diesen Einzelregelungen sowie dem Zweck der AGB-Kontrolle eine grundsätzliche, übergreifende Obliegenheit des Verwenders ergibt, die von ihm einseitig gestellten Vertragsbedingungen für die andere Seite möglichst klar und verständlich zu gestalten, und dass eine Verletzung dieses Transparenzgebotes sowohl bei Prüfung der Einbeziehung der AGB als auch bei der materiellen Inhaltskontrolle beachtlich sein kann1311. 324

In der Literatur stieß die Verneinung eines Umsetzungsbedarfs dennoch teilweise auf Kritik, die im Ergebnis durch ein Urteil des EuGH bestätigt wurde1312. Danach sind die Mitgliedstaaten zur klaren und eindeutigen Umsetzung der Richtlinie 93/13/EWG durch entsprechende Rechts- und Verwaltungsvorschriften verpflichtet. Eine einzelstaatliche Rechtsprechung, die bestehende Vorschriften ohne Änderung lediglich richtlinienkonform auslege, weise nicht die erforderliche Klarheit und Bestimmtheit auf, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen. Daraufhin hat der deutsche Gesetzgeber im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung die Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 2 in die Generalklausel eingefügt und zugleich in Abs. 3 Satz 2 klargestellt, dass sich das nunmehr gesetzlich anerkannte Transparenzgebot auch auf die nicht der Inhaltskontrolle unterliegenden preis- und leistungsbestimmenden Klauseln erstreckt. Diese müssen ebenfalls klar und verständlich sein (zur Problematik der Rechtsfolgen bei Intransparenz der vertraglichen Hauptpflichten unten Rz. 368 ff.), wie es bereits zuvor unter der Geltung des § 8 AGBG in Rechtsprechung und Literatur überwiegend anerkannt war1313. Ausweislich der Gesetzesmaterialien beabsichtigte der Gesetzgeber mit keiner der beiden Regelungen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2) eine sachliche Änderung der schon bestehenden Rechtslage1314. Die vor der

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Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG die Kontrollfreiheit der vertraglichen Hauptleistungspflichten und des Preis-/Leistungsverhältnisses abhängig; vgl. ferner Erwägungsgrund 20 mit der Forderung nach klarer und verständlicher Vertragssprache und der Möglichkeit der Kenntnisnahme durch den Verbraucher. Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 13/2713 S. 6; Rechtsausschuss BT-Drucks. 13/4699 S. 6. Vgl. näher zu den Ausprägungen des Transparenzgedankens in einzelnen Vorschriften der Einbeziehungs- und der Inhaltskontrolle Staudinger/Coester Rz. 171 ff. Vgl. nur Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 9 AGBG Rz. 121 m.w.N. zum Meinungsstand. EuGH v. 10.5.2001 – Rs. C-144/99, NJW 2001, 2244 = EWS 2001, 484 m. Anm. Micklitz. Siehe nur Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 8 AGBG Rz. 15; Brandner (9. Aufl.) § 8 AGBG Rz. 8a, § 9 AGBG Rz. 87 jeweils m.w.N.; ebenso BGH v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, ZIP 2006, 474 (476). Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040 S. 153 f.; ebenso (sachlich keine Neuerung) BGH v. 23.2.2005 – IV ZR 273/03, NJW-RR 2005, 902; Wolf/Pfeiffer Rz. 234; Palandt/Grüneberg Rz. 20; Weick JZ 2002, 442 (444 f.) (mit berechtigter Kritik an der Textfassung – „Meisterstück der Camouflage“, a.a.O. S. 444); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 1 weisen jedoch auf die allgemeine Wirkung einer legislativen Kodifizierung hin.

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Inhaltskontrolle

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Schuldrechtsreform ergangenen Gerichtsentscheidungen und literarischen Stellungnahmen können daher weiterhin in vollem Umfang zur Konkretisierung der Transparenzanforderungen herangezogen werden. Nach der bislang gängigen Formulierung der Rechtsprechung ist der Verwender 325 entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur auf die Verständlichkeit der Klauselformulierung für den durchschnittlichen Vertragspartner an. Vielmehr muss die Klausel auch die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann1315. Darin zeigen sich zwei Komponenten, die nicht unverbunden nebeneinander stehen, sondern aufeinander bezogen sind: die formelle Unklarheit und die materielle Benachteiligung1316. Während die Einbeziehung von AGB-Klauseln schon an deren lediglich formeller Intransparenz scheitern kann, ist fraglich, ob dies auch im Rahmen der Inhaltskontrolle gilt oder ob hier beide Kriterien zugleich vorliegen müssen. Umgekehrt entfällt die Notwendigkeit einer Inhaltskontrolle und mögliche Unwirksamkeit einer Klausel nicht schon dann, wenn die AGB klar und durchschaubar gestaltet sind. Die Verständlichkeit einer Klausel sagt noch nichts über ihre materielle Berechtigung aus, die Transparenz ist zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung, denn sie schließt eine etwaige inhaltliche Unangemessenheit der klaren und verständlichen Regelung nicht aus1317. Bevor das Verhältnis formeller Unklarheit und materieller Benachteiligung näher beleuchtet werden kann (dazu Rz. 330 ff.), ist zunächst der Schutzzweck des Transparenzgebotes zu konkretisieren. Dieser besteht in der verständlichen und zutreffenden Information des (potentiellen) Kunden über die Rechts- und Pflichtenstellung der Parteien, die mit dem Vertrag verbunden ist. Dabei sind wiederum zwei Aspekte oder Ansatzpunkte zu unterscheiden: Erstens die Bedeutung zutreffender Information für den Akt des Vertragsschlusses und zweitens ihre Relevanz im Rahmen der Vertragsabwicklung1318. Der erste Aspekt1319 hängt eng mit der Rechtfertigung der Inhaltskontrolle als Mittel zur Kompensation der fehlenden Wirksamkeit des Konditionenwettbewerbs zusammen (vgl. Vor § 307 Rz. 34). Die korrekte und durchschaubare Vermittlung der mit einem beabsichtigten Vertragsschluss verbundenen Rechte und Pflichten ist Voraussetzung für eine informierte Sachentscheidung des Kunden, ohne die sich von vornherein 1315 BGH v. 10.12.2014 – IV ZR 289/13, WM 2015, 223; BGH v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08, NJW 2010, 3152 (3154); BGH v. 24.2.2010 – XII ZR 69/08, NJW-RR 2010, 739 (740); BGH v. 16.5.2007 – XII ZR 13/05, NJW 2007, 2176; BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 121/00, NJW 2001, 2014 (2016); BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2280); BGH v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, NJW 1998, 454; BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, NJW 1990, 2383. 1316 Vgl. Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 42; Palandt/Grüneberg Rz. 24; von Westphalen NJW 2002, 12 (17); Staudinger/Coester Rz. 174; näher hierzu unten Rz. 330 ff. 1317 Vgl. Bunte in FS Schimansky, 1999, S. 19 (30); siehe Staudinger/Coester Rz. 179 m.w.N. 1318 Die Unterscheidung zwischen der Transparenz im Rahmen des Vertragsabschlusses und im Rahmen der Vertragsdurchführung geht zurück auf Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (671 ff.); ihm folgend Fastrich S. 321 ff. („Anwendungs- und Abschlusstransparenz“); siehe auch Staudinger/Coester Rz. 176 m.w.N. 1319 Vgl. zur Anerkennung der Funktion des Transparenzgebotes bei Vertragsschluss z.B. BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 (264).

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kein funktionsfähiger Wettbewerb entfalten kann. Die Transparenz von AGB trägt zumindest tendenziell dazu bei, dass sich die Bedingungen für einen Konditionenwettbewerb verbessern1320. Kein durchschlagender Einwand ist insoweit, dass die AGB regelmäßig vor Vertragsschluss gar nicht gelesen werden1321. Denn schon die Möglichkeit, sich ggf. vor Vertragsschluss unschwer über die klar und verständlich dargelegten (nachteiligen) Regelungen zu informieren, erweitert das Potential für einen Selbstschutz der Kunden und bewirkt indirekt einen über den Marktprozess vermittelten erhöhten Schutz, auch wenn nicht jeder Einzelne sich selbst tatsächlich anhand der AGB informiert. Denn für den Kunden nachteilige Regelungen werden im Markt schneller erkannt und Informationen darüber im Wege anderer Kommunikationsformen rascher verbreitet, wenn sie eindeutig und durchschaubar formuliert sind, als wenn es sich um versteckte Regelungen oder die (wirtschaftlichen bzw. rechtlichen) Nachteile verschleiernde Klauseln handelt. Die mit der Transparenz der (jeweiligen) AGB zugleich erhöhte Markttransparenz ist kein ausschließlich marktbezogener Umstand, sondern bewirkt zugleich (zumindest potentiell) einen stärkeren Individualschutz für den einzelnen Kunden. 327

Der weitere Einwand, die Gewährleistung der für den Vertragsabschluss erforderlichen Transparenz sei ein Kriterium der Einbeziehungs- und nicht der Inhaltskontrolle1322, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Dass es insoweit Überschneidungen gibt, zeigt schon das Beispiel der überraschenden Klauseln (§ 305c Abs. 1 = § 3 AGBG)1323. Außerdem lässt sich kein Verhältnis strikter Alternativität zwischen Abschlusstransparenz und Inhaltskontrolle konstruieren1324. Ebenso wie transparente Klauseln inhaltlich unangemessen sein können, ist es möglich, dass (mehr oder weniger) intransparente Klauseln, welche die Einbeziehungskontrolle (noch) passieren, zusätzlich materiell benachteiligende Wirkung haben und dass gerade aus der Intransparenz eine unangemessene Benachteiligung folgt (näher Rz. 331 ff.).

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Der zweite Aspekt bezieht sich auf das Stadium der Vertragsdurchführung. Hier gilt es zu „verhindern, dass Rechte und Pflichten durch unklar oder schwer verständlich gefasste Klauseln verschleiert oder für den Vertragspartner schwer durchschaubar werden“1325. Darin kann insbesondere deshalb eine unangemessene Benachteiligung des Kunden liegen, weil er davon abgehalten wird, die ihm 1320 Vgl. zur wettbewerbsunterstützenden, marktbezogenen Wirkung des Transparenzgebots insb. Köndgen NJW 1989, 943 ff.; zust. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 90. 1321 In diese Richtung aber BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, BGHZ 118, 126 (131 f.), wonach es nicht Aufgabe des Transparenzgebots sei, den Kunden vor Nachteilen zu schützen, die er dadurch erleide, dass er die AGB gar nicht lese; ähnlich BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 (33 f.); vgl. auch Fastrich S. 323; Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (668), die das Postulat der Abschlusstransparenz bei kontrollfähigen AGB für widersprüchlich halten, da ihre fehlende Durchschaubarkeit in der Abschlusssituation gerade als Legitimationsbasis für die Inhaltskontrolle diene. Das Gebot der Abschlusstransparenz stelle insoweit eine Alternative zur Inhaltskontrolle dar und betreffe daher nur Klauseln, die der Inhaltskontrolle nach § 8 AGBG (jetzt § 307 Abs. 3 Satz 1) entzogen seien, so Fastrich, S. 323. 1322 Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (679 ff.); H. P. Westermann in FS Steindorff, 1990, S. 817 (831 f.). 1323 Hier kann sich der überraschende Charakter häufig gerade aus der (groben) inhaltlichen Unangemessenheit von Klauseln in einem bestimmten Kontext ergeben. 1324 Ebenso Staudinger/Coester Rz. 176. 1325 BGH v. 23.1.1996 – XI ZR 257/94, ZIP 1996, 542.

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zustehenden Rechte im Rahmen der Abwicklung des Vertrags geltend zu machen1326. Insoweit geht es nicht darum, dass dem Vertragspartner bestimmte Rechte, die er nach der Natur des Vertrags typischerweise erwarten darf, vorenthalten werden. Vielmehr liegt der Schwerpunkt des Vorwurfs darin, dass die ihm nach dem Vertrag tatsächlich zustehenden Rechte zumindest faktisch wieder genommen werden, weil er über deren Bestehen oder die Voraussetzungen ihrer Durchsetzung (bewusst) im Unklaren gelassen wird. Eine vergleichbare Gefahr besteht, wenn dem Verwender zu weit gehende oder unbestimmte Leistungsbestimmungsrechte eingeräumt werden, mit denen er – für den Vertragspartner undurchschaubar und nicht im Voraus kalkulierbar – in das ursprünglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis eingreifen kann (vgl. zur Unangemessenheit unbeschränkter Leistungsbestimmungsrechte bereits oben Rz. 174 ff.; speziell zur Intransparenz unten Rz. 340). Eine zu beanstandende Intransparenz folgt allerdings nicht schon daraus, dass die AGB nicht sämtliche auf den Vertrag anwendbaren gesetzlichen oder sonstigen einschlägigen Regelungen enthalten. Denn der Zweck des Transparenzgebots besteht nicht darin, dem Kunden durch einen Blick in die AGB eine zutreffende Darstellung und ein komplettes Bild der gesamten für den Vertrag relevanten Rechtslage zu verschaffen. Vielmehr soll eine Störung des Rechtsverkehrs verhindert werden, die aus der konkreten Gefahr resultiert, dass der Kunde durch eine unklare und schwer durchschaubare Regelung in den AGB davon abgehalten wird, seine Rechte geltend zu machen, insbesondere weil sich der Verwender (zu Unrecht) auf die Klausel beruft. Aus dem bloßen Fehlen einer Regelung in den AGB kann dagegen grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung hergeleitet werden1327.

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b) Verhältnis zwischen (formeller) Intransparenz und (materieller) Benachteiligung Fraglich ist, ob schon die bloße Unklarheit einer Regelung ihre Unwirksamkeit begründen kann, ohne dass es auf eine materielle Benachteiligung ankommt. Unter der alten Generalklausel des § 9 Abs. 1 AGBG hielt die überwiegende Auffassung einen lediglich formalen Transparenzverstoß nicht für ausreichend, sondern verlangte, dass die Klausel auch eine Komponente inhaltlicher Unangemessenheit aufwies1328. Für das Erfordernis einer auch materiellen Benachteiligung spricht nunmehr der Wortlaut des § 307 Abs. 1 Satz 2: Danach kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung 1326 Vgl. etwa BAG v. 18.5.2011 – 10 AZR 206/10, BAGE 138, 80; BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81 m. Anm. Rolfs EWiR 2012, 131; Worzalla SAE 2012, 92; BAG v. 15.5.2013 – 10 AZR 679/12, NJW-Spezial 2013, 563; Bunte in FS Schimansky, 1999, S. 19 (31); Staudinger/Coester Rz. 178. 1327 Bunte in FS Schimansky, 1999, S. 19 (32); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 14 m.w.N. 1328 Vgl. BGH v. 5.11.1998 – III ZR 95/97, BGHZ 140, 25 (31); BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (49); Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 9 AGBG Rz. 124; Wolf, 4. Aufl. 1999, § 9 AGBG Rz. 146; Köndgen NJW 1989, 943 (947); Benedict NJW 2000, 190 f.; Hellner in FS Steindorff, 1990, 573 (583 ff.); ebenso für die Rechtslage nach der Schuldrechtsreform Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 42; Palandt/Grüneberg Rz. 24; Staudinger/Coester Rz. 174; Wolf/Pfeiffer Rz. 250; im Ergebnis auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 53; im Ansatz auch Stoffels Rz. 564, allerdings mit der weiter gehenden, uneingeschränkten These einer unwiderleglichen Vermutung der unangemessenen Benachteiligung.

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nicht klar und verständlich ist. Die Unangemessenheit und damit Unwirksamkeit einer Klausel wird somit nicht als eine automatische, sondern nur als eine mögliche Konsequenz der Unklarheit oder Unverständlichkeit einer Klausel angesprochen. Nach der Gegenauffassung1329 kommt es auf eine materiell benachteiligende Wirkung nicht an, weil es sich bei der Transparenzkontrolle um ein eigenständiges Kontrollinstrument handele und die Intransparenz einen selbständigen Unwirksamkeitsgrund enthalte. Zur Begründung wird vor allem auf Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG sowie auf die Gesetzesbegründung zum SMG verwiesen, in der es heißt, intransparente Klauseln seien per se, ohne Hinzutreten einer inhaltlich unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners, als unwirksam zu betrachten1330. Dieses Argument wird allerdings dadurch relativiert, dass der Regierungsentwurf das Transparenzgebot noch als einen (neuen dritten) Fall der Regelvermutung („im Zweifel“) des § 307 Abs. 2 eingeordnet hatte1331 und diese systematische Verortung gerade nicht Gesetz geworden ist. Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 307 Abs. 1 Satz 2 sprechen daher eher dafür, dass (nach wie vor) zusätzlich zur Intransparenz eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners vorliegen muss1332. Einer lediglich formellen Sicht des Transparenzgebotes steht auch entgegen, dass dann auch zwar unklare, aber für den Kunden günstige Klauseln – entgegen dem Schutzzweck des AGB-Rechts – dem Unwirksamkeitsverdikt unterfallen würden1333. 331

Der Umstand, dass die Unwirksamkeit einer unklaren oder unverständlichen Klausel im Rahmen des § 307 Abs. 1 Satz 2 auch eine materielle Benachteiligung des Kunden voraussetzt, bedeutet indes nicht, dass bei der Anwendung der Norm in jedem Einzelfall neben der Darlegung der Intransparenz stets eine gesonderte Feststellung der Unangemessenheit erforderlich wäre. Vielmehr kann und wird eine unangemessene Benachteiligung des Kunden regelmäßig gerade aus der Unklarheit resultieren1334. Die vereinzelt vorgebrachte These einer generellen unwiderleglichen Vermutung für eine unangemessene Benachteiligung durch intransparente Klauseln1335 ist allerdings als zu weitgehend und pauschal abzulehnen, zumal sie Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 307 Abs. 1 1329 BGH v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394 (401) = NJW 1998, 454 (456); BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 89, 175; Heinrichs NJW 1997, 1407 (1413); Frey ZIP 1993, 572 (575 ff.); ebenso wohl Micklitz in Kohte/Micklitz/Rott/Tonner/Willingmann, Das neue Schuldrecht, Kompaktkommentar, 2003, § 307 Rz. 2 a.E. („Die unangemessene Benachteiligung resultiert oft genug gerade aus der intransparenten Formulierung der AGB, so dass jenseits der Feststellung der Intransparenz keine weiteren Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen“). 1330 Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040 S. 154. 1331 Dies wurde im Rechtsausschuss geändert, weil sonst für § 305c Abs. 2 praktisch kein Raum mehr geblieben wäre, vgl. Beschlussempfehlung Rechtsausschuss, BT-Drucks. 14/7052 S. 188. 1332 In diese Richtung offenbar (wenn auch nicht ganz klar, näher dazu unten Rz. 363 ff.) BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2115 f.); ebenso Stoffels Rz. 564. 1333 Staudinger/Coester § 307. 1334 Vgl. Staudinger/Coester Rz. 174 a.E. (sachliche Benachteiligung durch die Intransparenz als solche im Regelfall zu unterstellen); Wolf/Pfeiffer Rz. 250; Palandt/Grüneberg Rz. 24 (grds. Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung gegeben, anders praktisch nur bei Klauseln, die die Rechtsstellung des Kunden verbessern sollen); ebenso von Westphalen NJW 2002, 12 (17); vgl. auch Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 45 (Intransparenz als „starkes Indiz für eine unangemessene Benachteiligung“); 1335 So Stoffels Rz. 564.

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Satz 2 widerspricht (Rz. 330). Geboten ist eine differenzierende, an die beiden Schutzdimensionen des Transparenzgebotes anknüpfende Sicht: Bei Verletzung der gebotenen Abschlusstransparenz wird der (potentielle) Kunde 332 von vornherein an einem sachgerechten Marktvergleich und der Aufnahme etwaiger Verhandlungen mit dem Verwender gehindert. Der dadurch eintretende Verlust von Marktchancen ist vor dem Hintergrund des Schutzzwecks der AGBKontrolle, einem informationsbedingten Marktversagen bei Verwendung von AGB entgegenzuwirken, stets als eine unangemessene Benachteiligung zu werten1336. Für eine an den Transparenzverstoß anknüpfende unwiderlegliche Vermutung einer auch materiellen Beeinträchtigung spricht im Bereich der nach § 307 Abs. 3 kontrollfreien Hauptleistungspflichten zweierlei: Zum einen richtet sich die Aufmerksamkeit der Kunden vor Vertragsschluss erfahrungsgemäß gerade auf diese Punkte, so dass sie von einem Transparenzdefizit bei ihrer Abschlussentscheidung typischerweise tatsächlich besonders betroffen sind. Zum anderen fehlt es hier für die gesonderte Feststellung einer materiellen Benachteiligung an einem normativen Maßstab. Die (typischen) Abschlusserwägungen potentieller Kunden sind aber nicht auf die kontrollfreien essentialia negotii oder identitätsstiftenden Produktmerkmale (dazu Rz. 47 ff.) beschränkt, sondern beziehen regelmäßig weitere wettbewerbsrelevante Nebenbedingungen (z.B. Finanzierungsmöglichkeiten, Zahlungsmodalitäten, Garantie- und vertragliche Bindungsfristen) in die Betrachtung mit ein1337. Diese unterliegen einerseits in weitem Umfang der materiellen Inhaltskontrolle, spielen aber andererseits schon für die Abschlussentscheidung des Kunden eine wesentliche Rolle. Art und Umfang der abschlussrelevanten AGB-Bestimmungen können dabei branchen- und situationsbedingt unterschiedlich ausfallen. Die klare, verständliche und zutreffende Information über derartige abschlussrelevante Daten gehört daher ebenfalls zur notwendigen Abschlusstransparenz, deren Verletzung die unwiderlegliche Vermutung einer unangemessenen Benachteiligung wegen der dadurch verursachten (abstrakten) Gefahr eines Verlustes von (alternativen) Marktchancen auslöst. In dem auf die Abschlusssituation bezogenen Aspekt des Verlustes von alternativen Marktchancen zeigt sich die wirtschaftsrechtliche Dimension des AGB-Rechts. Auch wenn man insoweit von einer Form der „marktbezogenen Unangemessenheit“ sprechen kann, ändert dies nichts an der generell individualschützenden Funktion der Inhalts- und Transparenzkontrolle1338. Die Schutzrichtung des § 307 wird damit nicht auf einen allgemeinen Marktschutz umgepolt, sondern bleibt primär auf die Person und Rechtsposition des Vertragspartners bezogen. Über dessen Individualschutz verwirklicht das AGB-Recht aber konzeptionell zugleich eine Verbesserung der Markt- und Wettbewerbsbedingungen. Soweit eine marktorientierte Betrachtung wie hier zur Aufdeckung in-

1336 Insoweit übereinstimmend Staudinger/Coester Rz. 175 f.; Stoffels Rz. 564. 1337 Staudinger/Coester Rz. 176. 1338 Tendenziell in die Richtung eines allgemeinen Marktschutzes neigend aber Köndgen NJW 1989, 943 (950), auf den der Terminus der „marktbezogenen Unangemessenheit“ zurückgeht; für Beibehaltung des individualschützenden Ansatzes auch bei marktorientierter Betrachtung zutr. Staudinger/Coester Rz. 175; Stoffels Rz. 564 Fn. 12.

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dividueller Benachteiligungen beiträgt, besteht kein Anlass, sie aus der AGBKontrolle auszuklammern1339. 334

Im Rahmen der Abwicklungstransparenz stellt sich die Situation teilweise anders dar: Hier besteht die Gefahr, dass der Vertragspartner durch unklare oder unverständliche Klauseln seine eigenen Rechte oder die Pflichten des Verwenders nicht erkennt oder nicht richtig einschätzt und deshalb nicht wahrnimmt oder durchsetzt. Ob dies tatsächlich der Fall ist, muss aber jeweils im Einzelfall gesondert festgestellt werden. Denn ein Kausalzusammenhang zwischen der Intransparenz einer die Vertragsabwicklung betreffenden Klausel und der rechtlichen Beeinträchtigung ist nicht zwangsläufig gegeben1340. Wollte man die bloße formelle Unklarheit genügen lassen, könnte die paradoxe Situation eintreten, dass eine unübersichtliche oder unverständliche Regelung selbst dann unwirksam wäre, wenn mit ihr (objektiv) die Rechtsstellung des Kunden gegenüber dem dispositiven Recht verbessert würde. Im Stadium der Anbahnung oder Ermöglichung eines informierten marktmäßigen Austausches ist mit dem Vertragsschluss (ohne die vom Kunden an sich benötigten Informationen oder die gebotene Rechtsklarheit und Durchschaubarkeit der Regelungen) die ursprüngliche Wahlmöglichkeit so nicht mehr herstellbar oder wiederholbar; ein „Schaden“ i.S.d. Verlustes alternativer Marktchancen ist daher ein für allemal eingetreten. Demgegenüber geht es im Stadium der Vertragsabwicklung um die Bewahrung oder Verwirklichung der dem Kunden nach dem Kontrakt zustehenden Rechtsposition. Ob die intransparente Regelung insoweit die Gefahr einer nachträglichen (faktischen) Entwertung der Rechtsstellung des Vertragspartners herbeiführt, folgt nicht allein aus der Intransparenz einer Klausel, sondern hängt auch vom Regelungsinhalt ab. Voraussetzung für eine unangemessene Benachteiligung ist, dass die intransparente Klausel ihrem Inhalt nach die materielle Rechtslage zu Lasten des Kunden verschlechtert1341.

2. Inhaltliche Ausprägungen des Transparenzgebots a) Klarheit und Verständlichkeit der Regelungen 335

Die grundlegende, aus dem Gebot von Treu und Glauben fließende Obliegenheit des Verwenders von AGB besteht darin, die standardisierten Bestimmungen so auszugestalten, dass sie die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darstellen. Daraus resultieren Anforderungen sowohl an den Inhalt der einzelnen Bestimmungen als auch an den Aufbau des Klauselwerkes insgesamt. Zunächst muss die einzelne Klausel in ihrer Formulierung verständlich sein und auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen verdeutlichen1342. Die den Kunden belastenden (wirtschaftlichen oder rechtlichen) Folgen dürfen nicht verschleiert werden. Die tatbestand-

1339 In diese Richtung aber Schäfer S. 161 ff.; Joost ZIP 1996, 1685 (1686 f.); wie hier Staudinger/Coester Rz. 175. 1340 Staudinger/Coester Rz. 178; vgl. z.B. BGH v. 23.11.1994 – IV ZR 124/93, WM 1995, 27 (29 f.) (Überschussverteilung bei Lebensversicherung gemäß „Geschäftsplan“ zwar intransparent, aber keine Gefahr der Beeinträchtigung der Rechtsdurchsetzung); a.A. Stoffels Rz. 564 (Unangemessenheit als notwendige Folge der Intransparenz). 1341 Wolf/Pfeiffer Rz. 250; von Westphalen NJW 2002, 12 (17). 1342 Vgl. BGH v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08, NJW 2010, 3152 (3154) sowie die Nachw. oben Rz. 325; zuletzt BGH v. 10.12.2014 – IV ZR 289/13, WM 2015, 223.

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lichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen in Formularbedingungen müssen vielmehr so genau beschrieben werden, dass „einerseits für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und andererseits der Vertragspartner seine Rechte und Pflichten ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach feststellen kann“1343. Dementsprechend wurde etwa der pauschale Verweis auf die „zeitanteilige Entschädigung angelaufener Renovierungsintervalle“ in einem Mietvertrag als nicht hinreichend klar und verständlich gewertet1344. Eine zu beanstandende Intransparenz kann sich dabei nicht nur bei einzelnen Klauseln aus ihrer inhaltlichen Unklarheit, mangelnden Verständlichkeit oder der unzureichenden Erkennbarkeit ihrer Konsequenzen ergeben, sondern auch aus der Gesamtregelung in den AGB. So kann etwa die formale Aufteilung eines an sich einheitlichen Regelungsgegenstands auf verschiedene Klauseln, die sich an unterschiedlichen, in keinem erkennbaren Zusammenhang stehenden Stellen finden, oder durch die Unterbringung einer Klausel an versteckter Stelle, wo eine solche Regelung nicht erwartet wird1345, zur Intransparenz führen1346. In dem grundlegenden Urteil zu Tilgungsverrechnungsklauseln in Hypothekendarlehensbedingungen hat der BGH die schwer zu durchschauende preiserhöhende Wirkung aus dem Zusammenspiel zweier Bestimmungen als Transparenzverstoß gerügt1347. Auch die Verwendung von „und/oder“-Kombinationen in AGB erfüllt nicht die Transparenzanforderungen1348. Die Verwendung solcher Klauseln ist im Regelfall auf mangelnde Sorgfalt bei der Formulierung zurückzuführen; wann welche Regelungsfolge eintreten soll, muss klar und verständlich zum Ausdruck kommen. Dazu gehört auch, dass mögliche Widersprüche oder Unklarheiten über das Verhältnis zwischen einer Klausel und einer ebenfalls in Bezug genommenen gesetzlichen Bestimmung vermieden werden1349.

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Gerade im Bereich der Preisnebenabreden kommt dem Transparenzgebot eine besondere Bedeutung zu1350. Modifikationen der eigentlichen Preis- und Leistungsbestimmung spielen für die Abschlussentscheidung des Kunden eine wichtige Rolle. Eine informierte Entscheidung unter Einbeziehung vergleichbarer Angebote im Markt setzt voraus, dass der Kunde etwaige zusätzliche Belastun-

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1343 BGH v. 5.3.2008 – VIII ZR 95/07, ZIP 2008, 1121 (1122) = NJW 2008, 1438. 1344 BGH v. 5.3.2008 – VIII ZR 95/07, ZIP 2008, 1121 (1122 f.). 1345 Vgl. dazu Staudinger/Coester Rz. 192 m.w.N.; siehe für die „40-Euro-Klausel“ bei Ausübung eines Widerrufrechtes vor der Reform durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.9.2013, BGBl. 2013 I 3642, OLG Hamburg v. 17.2.2010 – 5 W 10/10, MMR 2010, 320 (321). 1346 Siehe nur Stoffels Rz. 569. 1347 BGH v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, NJW 1989, 222 (224 f.) (Bestimmung des auf die Zinszahlungen entfallenden Teils der gleich bleibenden Jahreszahlung des Kunden nach dem Kapitalstand am Ende des vergangenen Tilgungsjahres; Entrichtung der Jahresleistung aber nicht am Jahresende, sondern bereits unterjährig in vierteljährlichen Teilbeträgen mit der schwer erkennbaren Folge, dass Zinsen auch auf bereits im Laufe des Jahres getilgte Darlehensbeträge zu zahlen waren); vgl. ferner BGH v. 15.10.1991 – XI ZR 192/90, NJW 1992, 179. 1348 von Westphalen NJW 2009, 2355 (2359); a.A. OLG Celle v. 30.10.2009 – 11 U 78/08, BB 2009, 129. 1349 Vgl. OLG Köln v. 27.4.2010 – 3 U 160/09, MMR 2010, 619 (Intransparenz einer Klausel, die eine schriftliche Schadensanzeige statt einer nach § 438 HGB zulässigen Anzeige in Textform verlangt, wenn diese Norm zugleich „i.Ü. unberührt“ bleiben soll). 1350 Ebenso Stoffels Rz. 566.

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gen oder einen erhöhten Effektivpreis unschwer erkennen und die Ausgestaltung des Leistungspakets ohne weiteres verstehen kann. Daher sind hier grundsätzlich strenge Anforderungen an die gebotene Transparenz zu stellen, wobei eine Konkretisierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Marktverhältnisse erfolgen muss. Unnötig ist allerdings die zusätzliche Heranziehung des Transparenzgebotes in Fällen, in denen klar formulierte Klauseln sachlich unangemessene wirtschaftliche Folgen herbeiführen wie etwa die Berechnung von Sollzinsen trotz eines durch Bareinzahlung oder Überweisung geschaffenen Guthabens infolge verspäteter Wertstellung der eingehenden Beträge, da dies keine Frage der Transparenz, sondern der sachlichen (Un-)Angemessenheit ist1351. 337

Problematisch können undifferenzierte Bezugnahmen oder pauschale Verweisungen in den AGB auf gesetzliche oder sonstige anderweitige Regelungen (z.B. weitere Klauselwerke des Verwenders oder Dritter) sein1352. So hat z.B. das OLG Köln1353 in dem pauschalen Verweis in den AGB eines Telekommunikationsunternehmens auf die Vorschriften der (inzwischen außer Kraft getretenen) TKV zum Zahlungsverzug, ohne die Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen zu nennen, einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gesehen1354. Der Kunde könne aus dieser Klausel nicht ersehen, unter welchen Bedingungen der Telekommunikationsanbieter zur Sperrung des Anschlusses berechtigt und wann er trotz der Sperrung zur Weiterzahlung des Grundentgelts verpflichtet sei. Denn es werde weder der Betrag (von seinerzeit 150 DM), mit dem der Kunde mindestens in Verzug sein müsse, noch überhaupt die einschlägige Vorschrift der TKV genannt. Andererseits können Verweisungen durchaus einem berechtigten Rationalisierungsinteresse des Verwenders entsprechen und ein probates Mittel sein, um ein Klauselwerk übersichtlich zu halten. Auch pauschale Verweisungen stellen daher keinen per se-Verstoß gegen das Transparenzgebot dar1355. Erforderlich ist vielmehr eine genaue Prüfung, ob ein berechtigtes Interesse des Verwenders an der Verweisung besteht, welche alternativen Formulierungs- oder Gestaltungsmöglichkeiten dem Verwender offen stehen1356 und welche zumutbaren Möglichkeiten der Kenntnisnahme die Vertragspartner haben (zur Einbeziehungsproblematik bei Verweisungsregeln vgl. § 305 Rz. 152 f.)1357. Die Verweisung in einer formularmäßigen Entgeltregelung auf ein Preisverzeichnis, aus dem sich die einzelnen entgeltpflichtigen Leistungen ergeben, verstößt z.B. nicht gegen das Transpa-

1351 Vgl. BGH v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, BGHZ 135, 316 (320); BGH v. 17.6.1997 – XI ZR 239/96, NJW 1997, 3168; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 103 a.E. gegen BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 (264 f.) = NJW 1989, 582 (583). 1352 Vgl. Spindler in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004, Teil IV Rz. 23; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 7; Staudinger/Coester Rz. 200 m.w.N. 1353 OLG Köln v. 8.2.1998 – 6 U 149/96, K&R 1999, 27 (32 f.). 1354 Die Klausel lautete: „Bei Zahlungsverzug des Kunden ist die Telekom nach den Vorschriften der Telekommunikationsverordnung berechtigt, den Anschluss zu sperren. Der Kunde bleibt in diesem Fall verpflichtet, die monatlichen Preise zu bezahlen.“ 1355 Vgl. z.B. BGH v. 23.11.1994 – IV ZR 124/93, NJW 1995, 589 (590) (Verweisung auf Geschäftsplan in AVB einer Lebensversicherung); BGH v. 8.11.2001 – III ZR 14/01, NJW 2002, 507 (dynamische Verweisung auf einen Rahmenvertrag in vorformuliertem Heimvertrag); zu den verbreiteten Bezugnahmen auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in Arbeitsverträgen von Westphalen/Thüsing Vertragrecht (Arbeitsverträge) Rz. 79 ff. m.w.N. 1356 Vgl. Stoffels Rz. 567; Oetker JZ 2002, 337 (340 ff.). 1357 Wolf/Pfeiffer § 305 Rz. 88.

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renzgebot1358, ebenso wenig die Verpflichtung des Mieters, die „jeweils gesetzlich zulässige Miete“ zu zahlen1359. Verweise auf ein dynamisches Regelwerk, deren Inhalt häufig geändert wird, können zulässig sein, soweit es sich nach den Umständen des Einzelfalls um eine hinnehmbare Regelungstechnik handelt. Dies kann etwa ein Verweis auf den jeweils gültigen Tarifvertrag sein1360 oder das Abstellen auf § 75 SGB XI, wenn es um die Zulässigkeit von Sozialleistungen geht1361 oder aber das WpHG, insb. § 31d WpHG, wenn es um Vertriebvergütungen geht1362. Der BGH stellt in diesem Bereich jedoch erhöhte Anforderungen an die Transparenz1363. b) Konkretisierungs- und Bestimmtheitsgebot Von erheblicher Bedeutung für die Durchschaubarkeit und Verständlichkeit eines Klauselwerks ist, dass der Vertragspartner Gewissheit über Inhalt und Umfang seiner Rechte und Pflichten erhält. Als Bestandteil des Transparenzgebots wird es daher zu Recht angesehen, dass der Verwender gehalten ist, den Klauselinhalt möglichst weitgehend zu konkretisieren und hinreichend bestimmt zu fassen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass zum einen für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und zum anderen der Vertragspartner ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen kann1364. Daran fehlt es z.B. bei einem Verweis auf die „Landesüblichkeit“ der angebotenen Leistungen in Reisebedingungen1365 oder bei der Verpflichtung des Mieters auf die Einhaltung einer Mindest-Heiztemperatur in den „hauptsächlich benutzten Räumen“1366. Lohnvorausabtretungen und ähnliche Klauseln im Ratenkredit- oder Abzahlungskaufgeschäft müssen Zweck und Umfang der Abtretung sowie die Voraussetzungen der Verwertungsbefugnis klar, bestimmt und für den Kunden durchschaubar beschreiben1367.

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Inakzeptable Unklarheiten über den gültigen Regelungsgehalt der AGB können dadurch erzeugt werden, dass von mehreren den gleichen Gegenstand regelnden

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1358 BGH v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, NJW 1998, 383 (384). 1359 BGH v. 5.11.2003 – VIII ZR 10/03, NJW 2004, 1598. 1360 Staudinger/Coester Rz. 201; BAG v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, NZA 2008, 45; BAG v. 23.7.2014 – 7 AZR 771/12, NZA 2014, 1341; BAG v. 17.7.2012 – 1 AZR 476/11, NZA 2013, 338. 1361 BGH v. 8.11.2001 – III ZR 14/01, NJW 2002, 507. 1362 BGH v. 14.1.2014 – XI ZR 355/12, NJW 2014, 924. 1363 Siehe BGH v. 12.10.2007 – V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251 (253); zu weit geht jedoch von Westphalen NJW 2008, 2234 (2236), der eine dynamische Verweisung für „stets misslich und im Zweifel unwirksam“ hält. 1364 BGH v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, ZIP 2006, 474 (477); jüngst BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361; BAG v. 15.3.2013 – 10 AZR 679/12, NJW-Spezial 2013, 563; BAG v. 20.3.2013 – 10 AZR 8/12, NZA 2013, 970; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 22; Wolf/Pfeiffer Rz. 258 f. 1365 BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 = NJW 1987, 1931. 1366 BGH v. 15.5.1991 – VIII ZR 38/90, NJW 1991, 1750 (1753); vgl. ferner BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (56) (Automatenaufstellvertrag mit Darlehensrückzahlungspflicht bei „ungünstigen Auskünften über den Wirt“); BAG v. 26.5.1993 – 5 AZR 219/92, NJW 1994, 213 (Nichtangabe des vom Jahreswagen-Käufer bei fristloser Entlassung zurückzuzahlenden Geldbetrags); OLG Düsseldorf v. 12.4.1984 – 6 U 144/83, ZIP 1984, 719 (720 f.) (unbestimmte Kreditwürdigkeitsklausel in Kaufvertragsbedingungen). 1367 BGH v. 22.6.1989 – III ZR 72/88, BGHZ 108, 98 (104 f.) = NJW 1989, 2383 (2384).

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Bestimmungen die für den Verwender günstigere oder rechtlich gerade noch zulässige wirksam sein soll1368. Als Verstoß gegen das Transparenzgebot sind regelmäßig Ersatzklauseln zu werten, die für den Fall der Unwirksamkeit der primären Regelung an deren Stelle treten sollen1369. In all diesen Fällen kann der durchschnittliche Vertragspartner den gültigen Vertragsinhalt nicht mehr in zumutbarer Weise erkennen (zur Problematik der Verweisungstechnik siehe Rz. 337). 340

Als Verstoß gegen das Transparenzgebot erachtet es die Rechtsprechung insbesondere, wenn sich der Verwender ungerechtfertigt weite Gestaltungsmöglichkeiten einräumen lässt, mit denen er nach Vertragsschluss auf die konkrete Ausgestaltung des Rechte- und Pflichtenprogramms einwirken und insbesondere das Äquivalenzverhältnis nachträglich zu seinen Gunsten verändern kann. Uneingeschränkte Änderungsvorbehalte oder Anpassungsklauseln verstoßen nach der Rechtsprechung des BGH gegen das Transparenzgebot, wenn der Kunde nicht vorhersehen kann, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ihn z.B. höhere oder weitere Kosten oder Gebühren treffen1370. Wie schon an anderer Stelle dargelegt (Rz. 173 ff.), sind formularmäßige Leistungsbestimmungsrechte demnach nur akzeptabel, wenn deren tatbestandliche Voraussetzungen und die Folgen ihrer Ausübung so bestimmt und genau beschrieben werden, dass der Vertragspartner erkennen kann, in welcher Weise und in welchem Ausmaß der Verwender von seinem Bestimmungsrecht Gebrauch machen wird1371. Zudem müssen sie als Anpassungsinstrument notwendig sein, um einer unsicheren Entwicklung der Verhältnisse Rechnung tragen zu können. Daran fehlt es z.B. bei der Festsetzung einer Rahmengebühr („bis zu 75 DM“) für eine von vornherein feststehende Leistung (Bearbeitung von Pfändungen); hier ist kein Grund ersichtlich, den Kunden über die konkret regelbare Gegenleistung im Unklaren zu lassen1372. Auch bei Preisanpassungsklauseln und Preisvorbehalten liegt der Schwerpunkt der Prüfung in der neueren Rechtsprechung auf dem Transparenzgebot (näher dazu Rz. 182b ff.).

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Die notwendig generalisierenden Regelungen in AGB brauchen jedoch nicht einen solchen Grad an Konkretisierung anzunehmen, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen mehr auftreten können1373.

1368 Vgl. BGH v. 21.11.1985 – VII ZR 22/85, NJW 1986, 924 (Haftung und Gewährleistung bei einem Bauvertrag nach VOB/B bzw. BGB und bei Unterschieden nach der jeweils für den Verwender günstigeren Vorschrift); BGH v. 5.12.1995 – X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783 (789) (Haftungsausschluss „soweit gesetzlich zulässig“); ebenso LG Köln v. 29.1.2003 – 26 O 33/02, WRP 2003, 663 (Online-Flugbuchung); siehe ferner BGH v. 30.9.2003 – X ZR 244/02, NJW 2004, 681 (683) (Haftungsausschluss in Reise-AGB für „Leistungsstörungen im Bereich von Fremdleistungen“). 1369 Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 101; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 24; a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 264, 266 (Wirksamkeit von Ersatzklauseln mit konkretem Regelungsgehalt). 1370 Staudinger/Coester Rz. 42 ff.; vgl. insb. BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652); BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1501) sowie jüngst BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 3508 m. Anm. Zabel BB 2014, 3027. 1371 Der Anlass für die Entstehung eines solchen Bestimmungsrechts sowie die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung sind möglichst konkret anzugeben, vgl. BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652) sowie näher oben Rz. 173 ff. 1372 BGH v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, NJW 2000, 651 (652). 1373 Allgemein zum Umfang der notwendigen Konkretisierung Staudinger/Coester Rz. 197 ff.; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 14.

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Weder müssen theoretisch denkbare Ausnahmefälle (explizit) erfasst, noch müssen Selbstverständlichkeiten in den Text aufgenommen werden1374. Die AGB müssen ausreichend flexibel bleiben, um künftigen Entwicklungen und besonderen Fallgestaltungen Rechnung tragen zu können, ohne dass von ihnen ein unangemessener Benachteiligungseffekt ausgeht. Die Anforderungen an die mögliche Konkretisierung dürfen nicht überspannt werden, sie hängen auch von der Komplexität des Sachverhalts und den spezifischen Gegebenheiten des Regelungsgegenstands und der betroffenen Branche ab1375. Problematisch ist auch die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen in AGB. So hält der BGH den Terminus „Kardinalpflichten“ ohne weiter gehende Erläuterung in den AGB selbst im unternehmerischen Verkehr für zu ungenau1376 (näher Rz. 345). Die pauschale Bezeichnung „Verwaltungskosten“ hat er dagegen als zulässig erachtet1377, ebenso wie die Erstattung von „üblichen Lagerkosten“1378. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen in AGB ist eine einheitliche Linie in der Rechtsprechung kaum zu erkennen1379. c) Verschleierungs- und Täuschungsverbot Das Transparenzgebot dient insbesondere auch dem Schutz vor Klauseln, denen auf Grund ihrer unklaren Formulierung ein Element der Täuschung oder Eignung zur Irreführung des Kunden über seine Rechte oder Pflichten innewohnt; eine Täuschungsabsicht ist nicht erforderlich1380. Eine unangemessene Benachteiligung liegt hier in der Gefahr einer Behinderung des Kunden bei der effektiven Wahrnehmung seiner Rechte, sei es, dass der Verwender durch die intransparente Regelung (scheinbar) in die Lage versetzt wird, bereits im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung unter Berufung auf die Klausel berechtigte Ansprüche seines Vertragspartners abzuwehren, sei es, dass dieser von vornherein von der Geltendmachung ihm zustehender Rechte abgeschreckt wird1381. Daher ist z.B. eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen un1374 BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, NJW 1983, 1491; BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320; BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (629); BGH v. 18.4.1989 – X ZR 31/88, BB 1989, 1295 (Zulassung der Aufrechnung mit unbestrittenen Gegenforderungen erfasst „sinngemäß“ auch die rechtskräftig festgestellten); BGH v. 10.2.1993 – XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133 (1135); BGH v. 9.6.2005 – III ZR 436/04, WM 2005, 1667 (außerordentliches Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen). 1375 Siehe zur Berücksichtigung des Vertragsinhalts auch von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 15; vgl. etwa zu Besonderheiten von Leistungsbestimmungsrechten im Bankbereich Rz. 184 f., Teil 2, (65) Zinsanpassungsklauseln Rz. 1 ff. 1376 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1500); krit. von Westphalen NJW 2006, 2228 (2232); Kappus NJW 2006, 15 ff. 1377 BGH v. 24.2.2010 – XII ZR 69/08, NJW-RR 2010, 739 (740), nachgehend BGH v. 17.12.2014 – XII ZR 170/13; jüngst BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722 m. Anm. Ludley. 1378 BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 (1201). 1379 MünchKomm/Wurmnest Rz. 57 m.w.N.; krit. auch Kappus NJW 2006, 15 ff. 1380 Siehe nur Palandt/Grüneberg Rz. 27. 1381 Vgl. aus der Rspr. z.B. BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82 (92 f.); BGH v. 23.11.1994 – IV ZR 124/93, NJW 1995, 589 (590); BGH v. 17.3.1999 – IC ZR 218/97, NJW 1999, 1865 (1866); BGH v. 22.3.2000 – IV ZR 23/99, NJW 2000, 2103 (2106); BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (296); BGH v. 27.1.2010 – VIII ZR 326/08, WM 2010, 1038 (1041); aus der Literatur z.B. Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (670 ff., 677 f.); Heinrichs in FS Trinkner, 1995, S. 157 (162 f.).

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wirksam, die den unzutreffenden Anschein erweckt, der Versicherungsnehmer habe keinen Anspruch auf Leistungen, wenn er aus irgendwelchen Gründen ein in den AVB enthaltenes Schriftformerfordernis verletzt habe1382. Andererseits ist der Verwender nicht gehalten, den Kunden von sich aus rechtlich zu belehren oder umfassend über dessen Rechtsposition aufzuklären. Etwaige Missverständnisse oder Fehldeutungen muss er sich nur dann zurechnen lassen, wenn er die Gefahr solcher Fehlvorstellungen bei seinen Kunden durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselformulierung oder -gestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat1383. 343

Generell ist der Verwender gehalten, die Voraussetzungen und Ausschlussgründe für die vertraglichen Leistungen klar, deutlich und vollständig zu beschreiben. Das gilt auch für deklaratorische Klauseln, die nur eine gesetzliche Regelung wiederholen. Ist aus der bloßen Wiedergabe des Gesetzestextes für den angesprochenen Personenkreis nicht ablesbar, welche konkreten Rechte und Pflichten sie unter welchen Voraussetzungen haben, so kann der Verwender u.U. zur Aufnahme weiter gehender Informationen in die AGB verpflichtet sein1384. Das gilt ungeachtet des Grundsatzes, dass der Verwender weder zu einer ausdrücklichen Regelung der sich aus dem Gesetz oder der Natur des Vertrags ergebenden Rechte des Vertragspartners noch zu entsprechenden Rechtsbelehrungen verpflichtet ist1385. Sofern er sich aber für die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in den AGB entscheidet, muss die Wiedergabe der gesetzeskonformen Regelungen prinzipiell auch vollständig und unverkürzt sein1386. Bei einer nur ausschnittsweisen deklaratorischen Regelung oder Information des Kunden über dessen gesetz1382 BVerwG v. 25.6.1998 – 1 A 6/96, NJW 1998, 3216 (3220). Vgl. ferner BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (296) (Erweckung des Eindrucks, ein Rücktrittsrecht entstehe erst vier Monate nach Eintritt der Störung). 1383 BGH v. 5.11.1998 – III ZR 226/97, NJW 1999, 276 (277); Stoffels Rz. 569. 1384 Erman/Roloff § 307 Rz. 20; vgl. auch BGH v. 19.5.2001 – IV ZR 138/99, NJW 2001, 2012, wonach es, bezogen auf die Besonderheiten eines Rückkaufwertes bei einer kapitalbildenden Lebensversicherung, nicht ausreichen soll, lediglich den Gesetzeswortlaut wiederzugeben, wenn dieser – im Sinne einer für den Verbraucher bestimmten Klarheit und Verständlichkeit – einer klauselmäßigen Ergänzung bedarf, denn die gesetzlichen Bestimmungen stellten lediglich einen ausfüllungsbedürftigen Rahmen dar; fortgeführt durch BGH v. 14.7.2010 – IV ZR 208/09, NJW 2011, 73; LG Stuttgart v. 5.10.2010 – 20 O 87/10, VuR 2011, 108. Andererseits hat der BGH v. 8.11.2001 – III ZR 14/, in der Entscheidung in NJW 2002, 507 das Transparenzgebot des § 9 Abs. 1 AGBG mit Blick auf die Gestaltung eines Heimvertrages nicht dahingehend ausgedehnt, den Verwender zu verpflichten, für pflegebedürftige Bewohner das Entgelt für die Leistungen der stationären Pflege gemäß § 43 SGB XI im Kostenblock „Unterkunft und Verpflegung“ nach diesen beiden Merkmalen aufzugliedern, da auch das Heimgesetz nicht diesen hohen Grad an Transparenz biete; von Westphalen NJW 2002, 1688 (1692) hat mit Verweis auf die faktisch nicht transparent umzusetzende, komplexe Bestimmung des § 440 beim „Fehlschlagen“ der Nacherfüllung die Frage aufgeworfen, ob der BGH generell so verstanden werden dürfe, dass der Verwender hinter der Transparenz des Gesetzgebers zurückbleiben oder sich zumindest an diese anlehnen könnte. Das ist jedoch zu verneinen. Auch stellt die Intransparenz vieler Gesetzesbestimmungen kein überzeugendes Gegenargument dar, in diese Richtung aber K. Schmidt JZ 1995, 313 (314). Denn in der konkreten Vertragsbeziehung zwischen dem Verwender und der anderen Partei hat ein aus Treu und Glauben abzuleitendes Informationsgebot ganz anderes Gewicht als für den Gesetzgeber hinsichtlich generell-abstrakter Regelungen, so zutr. bereits Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 91 a.E. 1385 BGH v. 22.3.2000 – IV ZR 23/99, NJW 2000, 2103 (2106). 1386 Erman/Roloff § 307 Rz. 41.

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liche Rechtsbehelfe besteht das Risiko, dass dem Kunden hierdurch ein unzutreffender Eindruck der ihm zustehenden Rechtsposition vermittelt wird. So ist z.B. mit Blick auf die nach § 475 Abs. 2 zwingend ausgestalteten Rechte des Käufers im Falle von Mängeln erforderlich, entweder nur auf das Gesetz zu verweisen oder die sich aus § 437 Abs. 1 ergebende Rechtslage vollständig in den AGB abzubilden1387.

3. Beurteilungsmaßstab und Grenzen der Transparenzanforderungen a) Verständnishorizont des typischen Vertragspartners Ob die AGB hinreichend klar und durchschaubar formuliert sind, richtet sich im 344 Grundsatz nach den Verständnismöglichkeiten und Erwartungen der typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden1388. Dabei ist nicht auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr abzustellen1389. Doch ist der Verwender generell gehalten, in den AGB keine unnötig juristische Sprache zu verwenden. Die AGB müssen vielmehr grundsätzlich so formuliert und gestaltet sein, dass auch juristisch und kaufmännisch nicht vorgebildete Kunden sie ohne besondere Erläuterung verstehen können1390. Andernfalls sind entsprechende Erläuterungen in die AGB aufzunehmen. Auch scheiden Fachbegriffe, die keine fest umrissenen Begriffe der Rechtssprache sind, als objektive Verständnisvorgaben aus1391. Im unternehmerischen Verkehr genügen wegen der besonderen beruflichen Kenntnisse und Geschäftserfahrungen der Vertragspartner vielfach geringere Transparenzanforderungen1392. So kann regelmäßig die Kenntnis einschlägiger rechtlicher und wirtschaftlicher Fachausdrücke erwartet werden, insbesondere der üblichen Handelsklauseln1393. Ob das generell auch für die Kenntnis ihrer gesetzlichen Rechte und Pflichten gilt, so dass von Unternehmern formular1387 Koch WM 2002, 2173 (2176). 1388 St. Rspr., siehe nur BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, BGHZ 112, 115 (118) = NJW 1990, 2383; BGH v. 15.10.1991 – XI ZR 192/90, BGHZ 116, 1 (7) = NJW 1992, 179; BGH v. 24.3.1999 – IV ZR 90/98, NJW 1999, 2279 (2280); BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 (1202); BGH v. 15.4.2010 – Xa ZR 89/09, WM 2010, 1237 (1240); jüngst BGH v. 10.12.2014 – IV ZR 289/13, WM 2015, 223; zur transparenten Verwendung von deutsch-englischer Kunstsprache in einem internationalen IT-Unternehmen BGH v. 20.8.2014 – 10 AZR 453/13, NZA 2014, 1333; Hoyningen-Huene Rz. 200; Wolf/Pfeiffer Rz. 244; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Transparenzgebot) Rz. 2. 1389 Palandt/Grüneberg Rz. 23 m.w.N. 1390 BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259. 1391 Zum Versicherungsrecht BGH v. 8.5.2013 – IV ZR 84/12, NJW 2013, 2739. 1392 BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, NJW 1983, 1491; BGH v. 30.10.1984 – VIII ARZ 1/84, NJW 1985, 480 (481); BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, NJW 1990, 2383; BGH v. 17.12.1998 – VII ZR 243/97, NJW 1999, 942; ebenso für den Gesellschafter einer GmbH bei Übernahme einer Garantie für Gesellschaftsschulden, obwohl er weder Kaufmann noch Unternehmer ist, BGH v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, ZIP 2006, 474 (477). 1393 Vgl. z.B. BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (361) = NJW 1994, 1060 (1062) (Vorbehalt der Liefermöglichkeit); Staudinger/Coester Rz. 206 m.w.N.; Gegenbeispiel: Berechnung des Ablösewertes in einem Leasingvertrag bei vorzeitiger Beendigung des Vertrags unter Bezugnahme u.a. auf die „vorschüssige Rentenbarwertformel“ zur Berechnung der abgezinsten restlichen Leasingraten intransparent auch im

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mäßige Abweichungen von der tatsächlichen Rechtslage erkannt werden, ohne dass es eines besonderen Hinweises bedürfte1394, erscheint angesichts der Heterogenität des Adressatenkreises dagegen sehr zweifelhaft. Die Transparenzerfordernisse dürfen auch im unternehmerischen Verkehr nicht zu stark und pauschal abgesenkt werden. So betont der BGH zu Recht: „Verstöße gegen das Transparenzgebot entsprechen nicht den Gebräuchen und Gepflogenheiten des Handelsverkehrs (vgl. § 310 abs. 1 Satz 2) und führen daher auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit formularmäßiger Geschäftsbedingungen“)1395. Kein Kriterium bei der Beurteilung eines möglichen Verstoßes gegen das Transparenzgebot im unternehmerischen Verkehr ist, ob der Klauselgegner über eine bedeutende Marktstellung verfügt und durchaus hätte versuchen können, andere Vertragsbedingungen auszuhandeln1396. 345a

Bei mehrdeutigen AGB-Klauseln sollen keine weiteren Erläuterungen im Text der AGB erforderlich sein, wenn sie eine inhaltliche Konturierung und Konkretisierung durch eine ständige Rechtsprechung erfahren haben1397. Dies wird allerdings durch ein 2005 ergangenes Urteil des BGH in Frage gestellt. Eine Klausel, durch die der Hersteller seine Haftung auf den aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung resultierenden Schaden begrenzen wollte, „soweit es sich nicht um die Haftung für die Verletzung von Kardinalpflichten handelt“, hält der BGH für intransparent und deshalb unwirksam. Von einem durchschnittlichen Vertragshändler als juristischem Laien könne nicht erwartet werden, dass er den Inhalt der BGH-Rechtsprechung zu den so genannten „Kardinalpflichten“ kenne. Ihm erschließe sich daher ohne nähere Erläuterung auch bei aufmerksamer und sorgfältiger Lektüre des Vertrags nicht, was damit gemeint sei1398. Zwar müssten die für den Typus des Vertragshändlervertrags wesentlichen Vertragspflichten, bei deren Verletzung der Vertragszweck gefährdet sei, nicht abschließend aufgezählt werden. Erforderlich sei aber eine abstrakte Erläuterung des Begriffs der Kardinalpflicht, wie sie von der Rechtsprechung definiert werde1399. Diese Entscheidung des BGH erscheint überzogen1400. Jedenfalls von einem unternehmerischen Kunden kann erwartet werden, dass er sich bei Eintritt eines möglichen Haftungsfalles selbst Rechtsrat einholt, zumal es hier um eine ihn begünstigende Klausel handelt, welche die Haftungsfreizeichnung des Herstellers teilweise zurücknimmt. Außerdem dürfte selbst für den juristischen Laien deutlich werden, dass es insoweit um die Verletzung wesentlicher Pflichten gehen soll. Die Auferlegung einer paternalistischen Erläuterungspflicht des Gemeinten ist nicht nur unnötig, sondern sogar kontraproduk-

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unternehmerischen Verkehr, BGH v. 22.11.1995 – VIII ZR 57/95, NJW 1996, 455 (456). Koch WM 2002, 2173 (2177). BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722 (3725 Rz. 25) (Überwälzung der „Kosten für Center-Manager“ in einem Gewerberaummietvertrag nicht hinreichend bestimmt, da mangels hinreichend klarer Eingrenzung der darunter fallenden Maßnahmen nicht einmal eine grobe Schätzung der Höhe der Kosten möglich ist). BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722 (3725 Rz. 25 a.E.); BGH v. 3.8.2011 – XII ZR 205/09, NJW 2012, 54 Rz. 16; BGH v. 26.9.2012 – XII ZR 112/10, NJW 2013, 41 Rz. 11. BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (361) = NJW 1994, 1060 (1062) (Selbstbelieferungsklausel). BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1505). BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1505 f.). Krit. z.B. auch Kappus NJW 2006, 15 ff.; von Westphalen NJW 2006, 2228 (2232).

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tiv, da sie tendenziell zu einer Überfrachtung der AGB führt, vom Wesentlichen ablenkt und damit wiederum selbst zu einer Quelle der Intransparenz wegen „Unübersichtlichkeit“ werden kann1401. b) Heilung der Intransparenz durch individuelle Aufklärung In einem gewissen Spannungsverhältnis zum Erfordernis der typisierenden und 346 generalisierenden Betrachtungsweise steht es, wenn die h.M. dem Verwender die Möglichkeit einräumt, die Rechtsfolgen intransparenter Klauseln durch eine individuelle Aufklärung des einzelnen Kunden bei Vertragsschluss zu vermeiden1402. Danach kann etwa eine für sich gesehen intransparente Zinsberechnungsklausel dann unbeanstandet bleiben, wenn zugleich der Effektivzinssatz zutreffend angegeben wird1403. Dem ist zuzustimmen, soweit sich das Ergebnis mit der entsprechenden Heranziehung des anerkannten Gedankens der Kompensation einer nachteiligen Bestimmung durch eine funktionsgleiche (Individual-) Regelung (vgl. Rz. 144 ff.) rechtfertigen lässt1404. Daher kann das auf einer unklaren Klausel beruhende Informationsdefizit durch eine geeignete (individuelle) Aufklärung vor oder bei Vertragsschluss behoben werden. Dafür genügen mündliche Erläuterungen nur, soweit es um ausschließlich abschlussrelevante Informationen geht, während die Beseitigung einer (auch) auf die Vertragsabwicklung bezogenen Intransparenz klare schriftliche Zusatzinformationen erfordert, die dem Vertragspartner auch noch im Falle eines später auftretenden Konflikts verfügbar sind1405. Erläuterungen erst nach Vertragsschluss kommen dagegen zu spät und können die bereits eingetretene Benachteiligung durch eine unklare oder unverständliche Regelung nicht mehr ausgleichen1406. Im Einzelfall kommt auch die Geltendmachung des Einwands des Rechtsmissbrauchs in Betracht, wenn dem Kunden, der sich auf die Unwirksamkeit wegen Intransparenz beruft, wegen der Aufklärung seitens des Verwenders oder auf Grund eigener Vorkenntnisse die Bedeutung der Klauseln nicht unklar sein konnte1407. Im Rahmen der am Maßstab des Durchschnittskunden ausgerichteten Kontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 ist dagegen der individuelle Wissensstand des Kunden nach zutreffender Auffassung nicht zu berücksichtigen1408, soweit sich nicht aus § 310 Abs. 3 Nr. 3 etwas anderes ergibt.

1401 Vgl. zur Schädlichkeit zu großer „Detailverliebtheit“ bei der AGB-Gestaltung BGH v. 19.1.2005 – XII ZR 107/01, NJW 2005, 1183 (1184); BGH v. 21.6.1990 – VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388 (391) = NJW 1990, 3197. 1402 BGH v. 15.10.1991 – XI ZR 192/90, NJW 1992, 179; BGH v. 11.2.1992 – XI ZR 151/91, NJW 1992, 1097 (1098); BGH v. 23.5.1995 – XI ZR 129/94, NJW 1995, 2286; BGH v. 13.6.1996 – IX ZR 229/95, ZIP 1996, 1289 (1291); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 106; Staudinger/Coester Rz. 203; Wolf/Pfeiffer Rz. 241. 1403 Vgl. BGH v. 11.2.1992 – XI ZR 151/91, NJW 1992, 1097 (1099). 1404 Staudinger/Coester Rz. 203. 1405 Staudinger/Coester Rz. 203; Wolf/Pfeiffer Rz. 242. 1406 Vgl. OLG Celle v. 15.3.1995 – 3 U 86/94, NJW-RR 1995, 1133. 1407 Vgl. von Hoyningen-Huene Rz. 203, der die Individualaufklärung nur in dieser Weise berücksichtigen will, und sich insb. gegen die von Köndgen NJW 1989, 943 (951) vorgeschlagene analoge Anwendung des § 4 AGBG (jetzt § 305b) wendet; vgl. zur ausnahmsweise möglichen Berufung des Verwenders auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs auch Erman/Roloff § 307 Rz. 21. 1408 Ebenso Staudinger/Coester Rz. 204; insoweit unklar Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 106; a.A. BGH v. 13.6.1996 – IX ZR 229/95, ZIP 1996, 1289 (1291).

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Im Verbandsprozess bleibt die individuelle Aufklärung einzelner Kunden naturgemäß unbeachtlich. Berücksichtigungsfähig sind nur generell zur Verfügung gestellte schriftliche Zusatzinformationen, soweit sie in einem engen Sinnzusammenhang mit den gesamten Vertragsbedingungen stehen. Dafür müssen sie nach der Rechtsprechung in den AGB selbst oder in einem Schriftstück enthalten sein, das mit den AGB „in einem Formular zusammengefasst“ ist1409. Letzteres erscheint übertrieben. Es muss genügen, wenn die AGB deutliche Hinweise auf die Notwendigkeit zusätzlicher schriftlicher Informationen in einem weiteren Schriftstück enthalten und dieses nach ständiger Praxis vor oder bei Vertragsschluss tatsächlich ausgehändigt wird1410. Das sonstige Verhalten des Verwenders vor, bei oder nach Vertragsabschluss ist nicht zu berücksichtigen1411. c) Grenzen der Transparenzanforderungen

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Die Verpflichtung des Verwenders, den Inhalt der AGB-Regelungen klar und verständlich zu formulieren, besteht allerdings nur im Rahmen des tatsächlich Möglichen1412. Bei objektiven Schwierigkeiten, die Kombination verschiedener rechtlicher und tatsächlicher Umstände bei der Formulierung einer Klausel zu erfassen, wird die Wirksamkeit nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich dem Durchschnittskunden Inhalt und Tragweite erst nach näherer Befassung mit der Gesamtheit der Regelung erschließt1413. Welche Anstrengungen dem Kunden zumutbar sind, richtet sich u.a. nach der Art und Bedeutung des Vertrags(-typs). Komplexe Vertragsgestaltungen erfordern eine intensivere Lektüre und größere Verständnisbemühungen als Standardverträge im täglichen Leben.

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Eine Überspannung der Transparenzanforderungen ist aus mehreren Gründen zu vermeiden. Zum einen könnten AGB ihre Rationalisierungsfunktion nicht mehr erfüllen, wenn jede Vereinfachung oder kleinere Ungenauigkeit bereits unzulässig wäre. Eine Fokussierung der dargebotenen Informationen auf einige zentrale Parameter oder den Kern einer Regelung ist auch deshalb erforderlich, weil sonst die Gefahr einer Informationshypertrophie besteht, die dann selbst wieder einen Grund für Intransparenz darstellt. Man wird daher auch nicht verlangen können, die Folgen einer Vorschrift für alle denkbaren Fallgestaltungen zu erläutern1414 oder Regelungen im Einzelnen zu erörtern, die so kompliziert sind, dass sie einem Durchschnittsverbraucher schlechthin nicht im Detail verständlich gemacht werden können1415. Hier ist dem Kunden der (für ihn) wesentliche Kern 1409 BGH v. 4.2.1997 – XI ZR 149/96, ZIP 1997, 496 (497); ferner BGH v. 15.10.1991 – XI ZR 192/90, ZIP 1991, 1474 (1476); BGH v. 5.11.1991 – XI ZR 246/90, ZIP 1991, 1566 (1567). 1410 Ähnlich Staudinger/Coester Rz. 205; so wohl auch Wolf/Pfeiffer Rz. 242 (Verfügbarkeit bei Vertragsabwicklung muss gewährleistet werden). 1411 BGH v. 5.11.1991 – XI ZR 246/90, NJW 1992, 180 (Bausparbedingungen). 1412 BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, NJW 1990, 2383 (2384); BGH v. 10.3.1993 – VIII ZR 85/92, NJW 1993, 2052 (2054); BGH v. 3.6.1998 – VIII ZR 317/97, NJW 1998, 3114 (3116); BGH v. 3.11.1998 – XI ZR 346/97, ZIP 1999, 103 (104); BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1498); Staudinger/Coester Rz. 195. 1413 BGH v. 3.6.1998 – VIII ZR 317/97, NJW 1998, 3114 (Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter); vgl. auch BGH v. 3.11.1998 – XI ZR 346/97, ZIP 1999, 103 (Darlehensvertrag zur Finanzierung von Time-Sharing in Spanien). 1414 Bamberger/Roth/Hubert Schmid Rz. 46; Wolf/Pfeiffer Rz. 247. 1415 Erman/Roloff § 307 Rz. 22; vgl. auch Rosenow/Schaffelhuber ZIP 2001, 2211 (2223), die bei komplexen Rechtsprodukten (z.B. Versicherungen) zwischen produktimmanenter und darstellungsrelevanter Intransparenz unterscheiden und nur letztere der

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der Regelung mit aller Deutlichkeit vor Augen zu führen. Dabei gilt: Je wichtiger eine Klausel für die Entscheidung des Kunden und je schwerwiegender die Konsequenz aus dieser Entscheidung sind, desto klarer und verständlicher muss die Klausel sein1416. Zum anderen können berechtigte Interessen des Verwenders einer zu weit ge- 350 henden Offenlegung bestimmter Umstände entgegenstehen. Zu Recht hat der BGH nicht die Aufdeckung der Kalkulationsgrundlagen in einem Leasingvertrag für die Berechnung des mit dem Leasingnehmer vereinbarten und von diesem garantierten Restwertes verlangt, sofern dieser nur den geschuldeten Betrag unschwer ermitteln kann1417. Ebenso wenig muss die konkrete Berechnungsmethode für die Ermittlung der Überschussbeteiligung bei Kapitellebensversicherungen in den AVB dargestellt werden, wenn dem Kunden deutlich gemacht wird, dass die Überschüsse variieren können1418. Bei der Konkretisierung der Transparenzanforderungen spielt auch eine Rolle, ob es sich um Regelungen handelt, die schon für den oder beim Vertragsschluss von Bedeutung sind, oder um Klauseln im Zusammenhang mit der Abwicklung oder der Bewältigung von Störungen bei Durchführung des Vertrags. Ist letzteres der Fall, kann z.B. erwartet werden, dass die einschlägigen AGB-Bestimmungen nach Auftreten eines Konflikts sorgfältig und eingehend gelesen werden, während bei Klauseln, die schon für den Vertragsschluss relevant sind, höhere Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit zu stellen sind. Denn sofern in dieser Situation AGB-Bestimmungen überhaupt zur Kenntnis genommen werden, was allenfalls für einige wenige wettbewerbsrelevante Regelungen zutreffen dürfte, kann grundsätzlich keine bis ins einzelne gehende Lektüre vorausgesetzt werden.

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Vor diesem Hintergrund erscheinen die Anforderungen der Rechtsprechung an die Transparenz im Stadium der Vertrags(-rück-)abwicklung zuweilen übertrieben hoch. So soll die Klausel „Wenn Sie uns keinen bestimmten Wunsch mitteilen, wird der Wert der Rücksendung Ihrem Kundenkonto gutgeschrieben oder Sie erhalten beim Nachnahmekauf einen Verrechnungsscheck“ in den AGB eines Online-Versandhändlers dem Transparenzgebot widersprechen, weil die Klausel mehrere Fälle der Rückabwicklung regele und dadurch den Eindruck erwecke, diese abschließend und vollständig zu erfassen1419. Dadurch könne beim Verbraucher der Eindruck entstehen, dass in anderen Fällen als dem Nachnahmekauf die Übersendung eines Schecks nicht möglich und der Kunde auf die Erteilung einer Gutschrift beschränkt sei. Ob und was der Kunde darüber hinaus verlangen oder auch nur „wünschen“ könne und welche Verbindlichkeit einem etwaigen Wunsch zukomme, bleibe gerade offen und damit unklar, so dass die Klausel am Transparenzgebote scheitere1420. Dem kann nicht gefolgt werden.

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AGB-Kontrolle unterwerfen wollen, wobei jedoch die Produktbeschreibung auf die unvermeidbare produktimmanente Intransparenz klar hinweisen müsse. Rosenow/Schaffelhuber ZIP 2001, 2211 (2215). BGH v. 4.6.1997 – VIII ZR 312/96, NJW 1997, 3166; im Anschluss auch OLG Frankfurt v. 12.4.2013 – 14 U 17/13. BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 121/00, NJW 2001, 2014 (1017 ff.) m. Anm. Reiff ZIP 2001, 1058 ff.; fortgeführt durch BGH v. 14.7.2010 – IV ZR 208/09, NJW 2011, 73; LG Stuttgart v. 5.10.2010 – 20 O 87/10, VuR 2011, 108; festgehalten von BGH v. 14.11.2012 – IV ZR 198/10, VersR 2013, 1116. BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 382/04, NJW 2006, 211 (213 f.) = CR 2006, 120 (123). BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 382/04, NJW 2006, 211 (214) = CR 2006, 120 (123).

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Bei unbefangenem Lesen wird vielmehr der durchschnittliche Kunde erkennen, dass die Klausel lediglich eine Auffangregelung für den Fall treffen will, dass kein Rückzahlungsverlangen oder eine andere Form der Erfüllung des Rückgewähranspruchs vom Kunden gewählt wird. Dabei versteht sich die abweichende Regelung für Nachnahmekäufe von selbst, da dem Versandhandelsunternehmen in diesem Fall keine Kontoverbindung des Kunden bekannt ist. Warum sich der Kunde durch den Konditionalsatz „Wenn Sie uns keinen bestimmten Wunsch mitteilen …“ von einem Rückzahlungsverlangen abhalten lassen sollte, ist nicht erkennbar, zumal kein Anlass zu Zweifeln besteht, dass der geäußerte „bestimmte Wunsch“ des Kunden vom Verwender erfüllt werden wird. Fraglich könnte allenfalls sein, ob die implizite „Auferlegung einer Äußerungsobliegenheit“ materiell eine den Kunden unangemessen belastende Regelung darstellt. Insoweit ist das Interesse des Verwenders zu berücksichtigen, die Kunden möglichst an sich zu binden und bei solchen Kunden, die sich für den Erwerb anderer Produkte bei ihm entscheiden, unnötige Hin- und Herzahlungen zu vermeiden. Demgegenüber fällt die „Belastung“ mit der expliziten Aufforderung zur Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises im Zusammenhang mit der Ausübung des Rückgaberechts nicht ins Gewicht. d) Besonderheiten bei Preis- und Leistungsbestimmungen (§ 307 Abs. 3 Satz 2) 353

Die Geltung des Transparenzgebotes auch für preisbestimmende und leistungsbeschreibende Klauseln wird durch den im Zuge des SMG eingeführten § 307 Abs. 3 Satz 2 ausdrücklich klargestellt. Sie war aber auch schon vorher in Rechtsprechung und h.L. überwiegend anerkannt1421. Da eine informierte Entscheidung zwischen verschiedenen Angeboten ohne zutreffende Informationen zumindest über die Grunddaten des Vertrages nicht möglich ist, müssen gerade die beiderseitigen Hauptleistungen hinreichend klar und verständlich geregelt werden. Nur wenn die (potentiellen) Kunden die preisbestimmenden und leistungsbeschreibenden Klauseln im Einzelnen verstehen und nachvollziehen können, besteht die Möglichkeit einer informierten Auswahl unter verschiedenen Angeboten1422. Transparenz ist somit die Voraussetzung für die Entfaltung wirksamer wettbewerblicher Prozesse und damit auch für die Entbehrlichkeit einer materiellen Angemessenheitskontrolle der Hauptleistungen (vgl. bereits Rz. 22). Eine Ausnahme macht der BGH aber, wenn eine gesetzliche Auffangregelung fehlt, sodass die Unwirksamkeit von essentialia negotii die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge hätte und der Klauselgegner jeglichen Schutz verlöre; eine reine Transparenzkontrolle des Vertragskerns, die in Unwirksamkeit

1421 Vgl. z.B. BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, NJW 1995, 2637 (2638) (Intransparenz der geschuldeten Leistung bei einem Time-Sharing-Vertrag); BGH v. 10.7.1990 – XI ZR 275/89, ZIP 1990, 980 f.; BAG v. 26.5.1993 – 5 AZR 219/92, NJW 1994, 213 (214) sowie aus der Literatur namentlich Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 8 AGBG Rz. 15 ff., § 9 AGBG Rz. 145 ff.; Wolf, 4. Aufl. 1999, § 8 AGBG Rz. 14, § 9 AGBG Rz. 143 jeweils m.w.N.; Horn WM 1997, Beil. 1, S. 3 (18); Koller in FS Steindorff, 1990, S. 667 (675); a.A. Dylla-Krebs, Schranken der Inhaltskontrolle, S. 148 ff.; von Hoyningen-Huene in FS Trinkner, 1995, S. 179 (187, 189). 1422 Siehe nur Koch WM 2002, 2173 (2175). Nicht aus dem Transparenzgebot ableitbar ist dagegen eine Pflicht zur Erläuterung der Rechtsgrundlage für eine Entgeltforderung, BGH v. 28.1.2003 – XI ZR 156/02, NJW 2003, 1447 (1449); Stoffels Rz. 428.

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des gesamten Vertrages resultiert, ist deshalb im Hinblick auf die Garantie der Vertragsfreiheit unzulässig.1423 Auch wenn § 307 Abs. 3 Satz 2 nur von der Möglichkeit einer Unwirksamkeit 354 wegen Intransparenz spricht („… können nach Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 unwirksam sein“) dürfte die europäische Klauselrichtlinie damit hinreichend klar und korrekt umgesetzt worden sein. Seinem Wortlaut nach unterwirft Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG zwar intransparente Hauptleistungsklauseln offenbar schlechthin der Missbrauchskontrolle. Aus dem Fehlen hinreichender Transparenz als Voraussetzung der Kontrollfreiheit lässt sich jedoch keineswegs (ohne weiteres) der Umkehrschluss ableiten, dass damit jede Intransparenz schon für sich genommen (ohne materielle Belastungswirkung) stets zur Unwirksamkeit führen müsse. Vielmehr bleibt die genaue Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG genauso offen wie bei Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG (soweit es dort um weitere Folgen neben der Unklarheitenregel des Satzes 2 geht). Es spricht viel dafür, dass die Sanktion der Unverbindlichkeit für missbräuchliche Klauseln (Art. 6 Satz 1 RL 93/13/EWG) nicht bei jeglichem formalen Verstoß gegen die Transparenzanforderungen der Art. 4 Abs. 2, Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG eingreift, sondern nur dann, wenn die intransparenten Klauseln – entsprechend dem allgemeinen Maßstab des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG – „entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers“ belastende Wirkungen entfalten. Ebenso eröffnen nach hier vertretener Auffassung unklare oder unverständliche Preisoder Leistungsbestimmungen zwar die Kontrolle dieser Klauseln selbst, aber eben nicht darüber hinausgehend auch den Weg zu einer richterlichen Überprüfung des Preis-/Leistungsverhältnisses1424. Das europäische Transparenzgebot dürfte daher im Ergebnis keine strengeren oder weiter gehenden Anforderungen als die Vorschriften des deutschen Rechts stellen1425. Dafür spricht auch eine Vorabentscheidung des EuGH auf Vorlage eines ungarischen Gerichts, in der Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG so auslegt wird, dass die betreffende Vertragsklausel nicht nur in grammatikalischer Hinsicht für den Verbraucher nachvollziehbar sein muss, sondern die wirtschaftlichen Gründe für die Verwendung der Vertragsklausel sowie ihr Verhältnis zu weiteren Klauseln transparent sein müssen, damit der betroffene Verbraucher in der Lage ist, die sich für ihn daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien einzuschätzen1426. Im Übrigen hielt der EuGH dabei fest, dass Art. 4 RL 93/13/EWG dieselbe Tragweite hat wie das Erfordernis in Art. 5 RL 93/13/EWG und verwies für die Bedeutung des Transparenzgebotes auf Art. 3 und 5 RL 93/13/EWG. Problematisch unbestimmt sind häufig Leistungsbeschreibungen im Bereich der Telekommunikation, insb. von Mobilfunknetzbetreibern und Online-Diens1423 BGH v. 26.3.2014 – IV ZR 422/12, NJW 2014, 2038 (mangels gesetzlicher Definition des Versicherungsfalls in der Haftpflichtversicherung gäbe es bei Intransparenz der vorliegenden Klausel keine Regelung zum Versicherungsschutz als solchem und zur Einordnung des Versicherungsfalls); näher dazu Koch VersR 2014, 1277 ff. 1424 Anders wohl Struck MMR 2002, 600 (604), der das nicht für ausgeschlossen hält; wie hier. 1425 Vgl. Palandt/Grüneberg Rz. 43 (restriktive deutsche Gerichtspraxis überschreitet nicht den von Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG gezogenen Bereich der kontrollfreien Klauseln); Weick JZ 2002, 442 (445); in diese Richtung auch Staudinger/Coester Rz. 211 f.; krit. Kappus NJW 2003, 322. 1426 EuGH v. 30.4.2014 – Rs. C-26/13, NJW 2014, 2335.

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ten1427. So hat das OLG Köln z.B. folgende (früher) in Mobilfunk-AGB verbreitete Klausel für unwirksam gehalten: „Die Verbindungen werden vom Anbieter im Rahmen der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten hergestellt. Auf Grund der technischen und wirtschaftlichen Dimensionierung des Netzes und in Abhängigkeit von den funktechnischen Ausbreitungsbedingungen (z.B. Funkschatten) muss der Kunde damit rechnen, dass eine Telefonverbindung nicht jederzeit hergestellt werden kann bzw. beeinträchtigt oder unterbrochen wird“1428. Anlass zu Beanstandungen gibt vor allem das Abstellen auf die „wirtschaftliche Dimensionierung“ des Netzes, da hiermit die Erbringung der geschuldeten Leistung von ökonomischen Entscheidungen des Verwenders selbst abhängig gemacht und mittelbar einem (nicht konkretisierten) Leistungsvorbehalt unterstellt wird1429. Jedenfalls die prozentuale Festlegung einer mittleren Durchlasswahrscheinlichkeit, wie sie etwa die Leistungsbeschreibung der Deutschen Telekom AG für den Festnetzbereich (in Höhe von 97%) enthält1430, dürfte grundsätzlich erforderlich, aber auch ausreichend sein, um die Leistungsbeschreibung entsprechend den Anforderungen des Transparenzgebots hinreichend zu konkretisieren1431. Bei Netzen im Aufbau müssen wohl zusätzlich die Regionen, in denen derzeit keine Mobilfunkdienstleistungen erbracht werden können (oder sollen), beschrieben werden, damit der (potentielle) Kunde die charakteristische Eigenart der angebotenen Leistung hinreichend genau einschätzen kann. Nicht erforderlich ist aber z.B. die Übergabe einer Liste mit allen betriebenen Funkstationen, damit der Kunde deren räumlichen Empfangs- und Sendebereich bis ins Detail nachvollziehen und sich auf jedes „Funkloch“ im Netz einstellen kann1432. 356

Bei Erfüllung der Transparenzanforderungen findet insoweit keine materielle Inhaltskontrolle statt, denn die grundsätzliche Entscheidung über die wirtschaftliche Dimensionierung des Netzes, die Festlegung dessen, was der Anbieter als technisch und wirtschaftlich machbar ansieht und für welche Regionen er Mobilfunkdienstleistungen anbietet, gehören zur kontrollfreien Leistungsbestim-

1427 Vgl. aus der Rspr. z.B. BGH v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, NJW 2001, 751 = LM H. 8/2001, § 8 AGBG Nr. 43 m. Anm. Fuchs (Bl. 1556 ff.); OLG Köln v. 15.5.1998 – 6 U 83/97, MMR 1999, 51; OLG Köln v. 3.5.2000 – 2 W 79/00, CI 1999, 135 f.; OLG Düsseldorf v. 31.10.1996 – 6 U 206/95, BB 1996, 2643 (2647). 1428 OLG Köln v. 15.5.1998 – 6 U 83/97, MMR 1999, 51 (Leitsatz). 1429 Vgl. allgemein zur Beurteilung von Leistungsvorbehalten Rz. 173 ff., zu den Transparenzanforderungen Rz. 340. 1430 Vgl. dazu näher Imping in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, S. 329, 355 f. (Teil VI Rz. 61). 1431 Vgl. näher Fuchs in Spindler (Hrsg.), Vertragsrecht der Telekommunikationsanbieter, 2000, S. 185, 242 f., 249 (Teil IV Rz. 114 f., 128) m.w.N.; a.A. z.B. OLG Köln v. 3.5.2000 – 2 W 79/00, CI 1999, 135 f., das die Klausel in einem Mobilfunkdienstleistungsvertrag trotz der Angabe der mittleren Durchlasswahrscheinlichkeit (von 95%) nicht für hinreichend transparent hält. Das überzeugt jedoch nicht, zumal bei der Prüfung der Transparenz kein unterdurchschnittliches technisches Verständnis zugrunde zu legen ist, wenn der Kunde eine komplexe technische Leistung in Anspruch nimmt, vgl. Klimek K&R 2002, 633 (641). 1432 So aber AG Offenburg v. 12.3.1996 – 1 C 596/95, NJW-RR 1996, 1014, das in der Klausel, die Dienstleistungen seien räumlich auf den Empfangs- und Sendebereich der vom Netzbetreiber in der Bundesrepublik Deutschland betriebenen Funkstationen beschränkt, mangels Übergabe einer Liste der Funkstationen wegen Unklarheit über den räumlichen Funkempfangsbereich einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gesehen hat; dagegen zu Recht Schöpflin BB 1997, 106 (107 Fn. 20).

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mung. Keine reine Leistungsbeschreibung oder Angabe von Toleranzgrenzen, sondern die (kontrollfähige) Einräumung des Rechts zur temporären Abänderung oder Aussetzung der versprochenen Dienste liegt allerdings vor, wenn sich der Verwender vorübergehende Einschränkungen und Unterbrechungen des Dienstes vorbehält, etwa aus Gründen der fortlaufenden Wartung des Systems1433. Derartige Hinweise auf die Möglichkeit von zeitweiligen Unterbrechungen des Zugangs zum Netz oder zu einem Online-Service hat die Rechtsprechung als umfassenden (verdeckten) Haftungsausschluss für Schäden aus Zugangsstörungen und damit Verstoß gegen § 11 Nr. 7 AGBG (jetzt § 309 Nr. 7b) gewertet1434. Zugleich dürfte insoweit eine Verletzung des Transparenzgebotes vorliegen, da dem Kunden unklar bleibt, welche Leistung er eigentlich beanspruchen und welche Rechte er ggf. bei Zugangsstörungen geltend machen kann. Keine intransparente (und unangemessene) Modifikation der Hauptleistungspflicht, sondern eine kontrollfreie klare Bestimmung des (zeitlichen) Umfangs der Leistung liegt aber vor, wenn die Leistung (z.B. Zugang zum Online-Banking) von vornherein eindeutig nur in einem bestimmten Zeitfenster (etwa werktags 6–22 Uhr) angeboten wird. Voraussetzung ist allerdings, dass nicht in Informationsbroschüren oder in der Werbung der unzutreffende gegenteilige Eindruck der jederzeitigen Erreichbarkeit „rund um die Uhr“ erweckt und damit ein entsprechender Erwartungshorizont des Kunden geprägt wird. Festzuhalten bleibt aber, dass die prinzipielle Freiheit, Art und Umfang der angebotenen Dienste zu definieren, den Verwender nicht davon befreit, den Kunden diese Umstände hinreichend deutlich zu machen und sie vor oder spätestens bei Vertragsschluss klar darauf hinzuweisen, dass sie keine jederzeitige Zugangsmöglichkeit oder flächendeckende Versorgung mit den angebotenen Dienstleistungen erwarten können. e) Weitere beispielhafte Einzelfälle Wegen Intransparenz unwirksam ist z.B. eine Klausel in den AGB eines InternetVersandhändlers, nach der es dem Kunden „obliegt“, die Ware „in der Originalverpackung samt Innenverpackung und – soweit mitgeliefert – in einer Antistatikhülle zurückzusenden“, da hierdurch der unzutreffende Eindruck einer Einschränkung des fernabsatzrechtlichen Rückgaberechts entsteht1435. Gleiches gilt für eine Bestimmung in Reisebedingungen, die für den Fall der unterbliebenen Benachrichtigung des Veranstalters den Verlust aller Rechte des Reisekunden suggeriert, selbst wenn die Benachrichtigung nicht möglich oder nicht zumutbar ist1436. Eine Preiserhöhungsklausel in Reiseverträgen, die nicht klar erkennen lässt, welcher Preis Grundlage und Ausgangspunkt der Forderung nach einem erhöhten Reisepreis im Rahmen des § 651a Abs. 4 Satz 1 ist, scheitert schon deshalb am Transparenzgebot1437. Eine Klausel, wonach der Verbraucher entgegen

1433 Insoweit zutr. Spindler K&R 1999, 488 (492), der allerdings nicht auf die hier vorgenommene Differenzierung zwischen der grundsätzlichen Dimensionierung des Netzes und dem Vorbehalt vorübergehender Einschränkungen und Unterbrechungen des Dienstes eingeht. 1434 BGH v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, NJW 2001, 751 = LM H. 8/2001, § 8 AGBG Nr. 43 m. Anm. Fuchs (Bl. 1556 ff.). 1435 LG Frankfurt/M. v. 9.3.2005 – 2-02 O 341/04, WRP 2005, 922 (923 f.). 1436 BGH v. 9.7.1992 – VII ZR 7/92, BGHZ 119, 170. 1437 BGH v. 19.11.2002 – X ZR 243/01, NJW 2003, 507 („Kerosinzuschlag I“); vgl. ferner BGH v. 19.11.2002 – X ZR 253/01, NJW 2003, 746 („Kerosinzuschlag II“); OLG Düsseldorf v. 22.11.2001 – 6 U 29/01, NJW 2002, 447; krit. Schmid NJW 2003, 947.

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§ 357 Abs. 2 Satz 2 a.F. bei einem Widerruf die Rücksendungskosten zu tragen hat, durfte nicht allein in der Widerrufsbelehrung enthalten sein1438. 358

Weitere Einzelfälle: formularmäßige Garantieklauseln, mit denen ein Gesellschafter oder Geschäftsführer die Haftung für Verbindlichkeiten der GmbH übernimmt, müssen Art und Umfang der übernommenen Haftung sowie den Eintritt des Garantiefalls hinreichend bestimmt festlegen1439; die „Deckelung“ einer Kaufpreisrentenanpassung muss den Umfang der Begrenzung erkennen lassen1440; eine Rechtswahlklausel im Rahmen eines grenzüberschreitenden Arzneimittelkaufvertrages ohne aufklärende Hinweise, die durch die Wortwahl „alle (…) Ansprüche“ den Eindruck erweckt, deutsches Recht sei in keiner Hinsicht anwendbar1441; die Klausel in den Ausführungsbestimmungen zum Verteilungsplan der GEMA, bei Fehlen eines „sachlichen Grundes“ für die auffallend häufige Nennung einzelner Bezugsberechtigter werden Programme von der Verrechnung ausgeschlossen“1442; unklare Lieferzeitregelung1443; Vereinbarung eines Stundensatzes mit einem Rechtsanwalt ohne Konkretisierung, mit welchem Gesamtaufwand bis zum Abschluss des Mandats zu rechnen ist1444; Transparenz der „Fan Bahncard“1445; Berechnung der Preisentwicklung für leichtes Heizöl („HEL“)1446; unklare und nicht hinreichend verständliche Darlegung der mit einem qualifizierten Rangrücktritt verbundenen Risiken1447; in Arbeitsverträgen z.B. die Kombination aus Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt bzgl. Zusatzleistungen1448; eine Arbeitszeitklausel, die mit 150 Stunden „im monatlichen Durschnitt“ den maßgeblichen Ermittlungszeitraum nicht angibt1449; die Verwendung der Begriffe „krankheitsbedingte Fehltage“ und „Krankheitstage“ im Zusammenhang mit einer Kürzung der Urlaubsdauer, ohne dass deutlich wird, ob beide Begriffe identisch angewendet werden sollen, so dass nicht erkennbar ist, ob jeder Krankheitstag zur Kürzung führen soll oder nur solche, an denen der Arbeitnehmer die Leistung schuldet1450; die sog. „Haupternährerklausel“ in einer Pensionszusage, nach der eine Witwenrente voraussetze, dass der Berechtigte „den

1438 OLG Hamburg v. 17.2.2010 – 5 W 10/10, MMR 2010, 320 (321). Seit der Änderung des § 357 durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung v. 20.9.2013, BGBl. 2013 I 3642, hat der Verbraucher nach § 357 Abs. 6 die Kosten der Rücksendung i.d.R. ohnehin zu tragen. 1439 Vgl. BGH v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, ZIP 2006, 474, 477 f. = NJW 2006, 996; OLG Nürnberg v. 31.7.2014 – 13 U 658/14, ZIP 2014, 2039 f. 1440 BGH v. 12.10.2007 – V ZR 283/06, NJW-RR 2008, 251 (253). 1441 BGH v. 19.7.2012 – I ZR 40/11, WRP 2013, 479. 1442 BGH v. 5.12.2012 – I ZR 23/11, WRP 2013, 518. 1443 LG Frankfurt/M. v. 9.3.2005 – 2-02 O 341/04, WRP 2005, 922 f. 1444 OLG Frankfurt v. 1.3.2000 – 9 U 83/99, NJW-RR 2000, 1367. 1445 BGH v. 15.4.2010 – Xa ZR 89/09, WM 2010, 1237. 1446 BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 (1051), zwar hielt die Klausel einer Transparenzkontrolle stand, die dadurch ermöglichte Preisanpassung verstieß jedoch gegen § 307 Abs. 1 Satz 1. 1447 VG Frankfurt/M. v. 26.11.2013 – 9 L 2958/13.F, ZIP 2015, 367 (368). 1448 BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81 m. Anm. Rolfs EWiR 2012, 131; Worzalla SAE 2012, 92; näher zum Freiwilligkeitsvorbehalt Bauer/von Medem NZA 2012, 894 ff.; Hromadka DB 2012, 1037 ff.; Löw AuA 2012, 717 (719); Löw/Glück DB 2015, 187 ff.; Niebeling NZA 2013, 3011 ff.; Richter ArbRAktuell 2014, 193 f. 1449 BAG v. 16.9.2012 – 9 AZR 736/10; näher zu Überstundenregelungen in AGB Hunold DB 2014, 361 ff.; Richter ArbRAktuell 2014, 141 (142 f.). 1450 BGH v. 15.10.2013 – 9 AZR 374/12, NZA-RR 2014, 234.

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Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat“1451; in einem Gewerberaummietvertrag ist zwar die Verwendung der Bezeichnungen „Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung“1452 und „Verwaltungskosten“1453 für sich gesehen nicht intransparent, wohl aber die Auferlegung weiterer, nicht näher aufgeschlüsselter Kosten (neben den Kosten der „Verwaltung“), die als Kosten des „Center-Managements“ bezeichnet werden1454; in Versicherungsbedingungen z.B. die intransparente Ermittlung des Rückkaufswertes in den AVB einer Lebensversicherung, insbesondere hinsichtlich der negativen Folgen einer Kündigung oder Beitragsfreistellung1455; intransparente Risikoausschlussklausel bei „ernstliche(n) Erkrankungen“ in Ratenschutz-Versicherungen für Bankkredite1456; eine Klausel in Versicherungsbedingungen für eine Rechtsschutzversicherung, die den Rechtsschutz ausschließt „für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)“, da der Versicherungsnehmer nicht erkennen kann, welche Geschäfte vom Ausschluss erfasst sind1457; der Verweis auf die Berechnung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen als Berechnungsgrundlage des Ausgleichsbetrages eines ausgeschiedenen Mitgliedes einer kommunalen Zusatzversorgungskasse1458. Kein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt in der Gültigkeitsbeschränkung einer Telefonkarte durch den Aufdruck „Gültig bis (Monat/Jahr)“, da ein durchschnittlicher Kunde dies nicht lediglich als Begrenzung der Dauer der technischen Verwendbarkeit der Karte als solcher, sondern zutreffend als Beschränkung des vertraglichen Leistungsanspruchs verstehen wird1459; in der Klausel eines „prepaid“-Vertrages, dass bei bestimmten Diensten aufgrund verzögerter Datenübermittlung und Abbuchung ein Negativsaldo auf dem Guthabenkonto des Kunden entstehen kann, den dieser auszugleichen hat1460; in der arbeitsvertraglichen Vereinbarung, dass Leistungsboni nach billigem Ermessen verteilt werden, da selbst bei erschwerter Verständnismöglichkeit des Arbeitnehmers

1451 BAG v. 30.9.2014 – 3 AZR 930/12, DB 2015, 320 = NZA 2015, 231. 1452 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 24/09, NJW-RR 2010, 671. 1453 BGH v. 24.2.2010 – XII ZR 69/08, NJW-RR 2010, 739 BGH v. 9.12.2009 – XII ZR 109/08, BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671; BGH 3.8.2011 – XII ZR 205/09, NJW 2012, 54; BGH v. 26.9.2012 – XII ZR 112/10, NJW 2013, 41; BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722 (3724) m. Anm. Ludley; BGH v. 17.12.2014 – XII ZR 170/13, NZM 2015, 132. 1454 BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722 (3725) m. Anm. Ludley im Anschluss an BGH 3.8.2011 – XII ZR 205/09, NJW 2012, 54; BGH v. 26.9.2012 – XII ZR 112/10, NJW 2013, 41. 1455 BGH v. 9.5.2001 – IV ZR 138/99, NJW 2001, 2012 (2013 f.); vgl. auch Rz. 343; BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 ff. 1456 BGH v. 10.12.2014 – IV ZR 289/13, WM 2015, 223. 1457 BGH v. 5.8.2013 – IV ZR 84/12, NJW 2013, 2739; im Gegensatz dazu aber transparent ist eine Klausel, die den Rechtsschutz ausschließt „für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen…in ursächlichem Zusammenhang mit dem Ankauf, der Veräußerung, der Verwaltung von Beteiligungen“ BGH v. 8.5.2013 – IV ZR 233/11, NJW 2013, 2742. 1458 BGH v. 13.2.2013 – IV ZR 131/12. 1459 BGH v. 12.6.2001 – XI ZR 274/00, NJW 2001, 2635; vgl. zur Frage der inhaltlichen Unangemessenheit von derartigen Verfallklauseln Rz. 215. 1460 BGH v. 9.10.2014 – III ZR 33/14, NJW 2015, 152.

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angesichts seines Anspruchs auf Ausübung des billigen Ermessens keine Gefahr besteht, dass er seine Rechte nicht wahrnimmt1461; in der Klausel, der Arbeitgeber könne jährlich neu über die Höhe der Gratifikation entscheiden1462; in der Rückzahlungsklausel für Weiterbildungskosten, wenn diese die Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreibt, dass es keine ungerechtfertigten Bewertungsspielräume gibt und die Art und Berechnungsgrundlage der ggf. zu erstattenden Kosten angibt1463; in der Verwendung einer deutsch-englischen Kunstsprache („Denglisch“) im Rahmen einer Gesamtzusage in einem internationalen IT-Unternehmen1464; in der Klausel eines Energielieferungsvertrages, das Stromversorgungsunternehmen sei nicht zur Lieferung verpflichtet „bei Störung des Netzbetriebes einschließlich des Netzanschlusses (… und) aufgrund höherer Gewalt oder sonstiger Umstände, deren Beseitigung (…) nicht möglich ist oder wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann“1465; in der Angabe einer Berechnungsformel mit erläuternden Beispielen und Verweis auf die Monatsberichte des Statistischen Bundesamtes zur Ermittlung des Heizölpreises in einem Erdgaslieferungsvertrag1466; in der Klausel, die eine Entgeltanpassung des Vermieters davon abhängig macht, dass das Entgelt „noch ortsüblich oder sonst angemessen ist“1467; in der Klausel in einem Gewerberaummietvertrag, wonach als sonstigen Betriebskosten „die Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung der Mietsache“ umlagefähig sind1468; in der Garantie des Leasingnehmers beim Privatleasing mit Restwertabrechnung, dem Leasinggeber bei einem Verwertungserlös unterhalb des kalkulierten Restwertes den Differenzbetrag inklusive Umsatzsteuer auszugleichen1469; in der Klausel einer Ratenschutz-Arbeitsunfähigkeitsversicherung, der Anspruch erlösche, wenn die versicherte Person unbefristet berufs- oder erwerbsunfähig wird1470; in der Klausel einer privaten Unfallversicherung, dass die Invalidität innerhalb vom 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und geltend gemacht werden muss1471; in der Stichtagsregelung und der Regelung zur Umverteilung des Sanierungsgeldes in der VBL-Satzung1472; in der Klausel, nach welcher der Käufer bei Nichtabnahme eines Neuwagens 15% des Bruttokaufpreises als Schadenspauschale zahlen muss1473.

1461 BAG v. 15.5.2013 – 10 AZR 679/12, NJW-Spezial 2013, 563; BAG v. 20.3.2013 – 10 AZR 8/12, NZA 2013, 970. 1462 BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020. 1463 BAG v. 6.8.2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361; BAG v. 21.8.2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428; allgemein zur Rückzahlung von Fortbildungskosten Gwose P&R 2012, 186 ff.; Jesgarzewski AA 2014, 178. 1464 BAG v. 20.8.2014 – 10 AZR 453/13, BeckRS 2014, 73516 („Krankheitspolicy“); s. auch BAG v. 20.8.2014 – 10 AZR 453/13, NJW-Spezial 2014, 722 f. 1465 BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 202/11, NJW-RR 2012, 1333. 1466 BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 3508. 1467 BGH v. 27.6.2012 – XII ZR 93/10, MietRB 2012, 318. 1468 BGH v. 4.5.2011 – XII ZR 112/09, ZMR 2011, 788. 1469 BGH v. 18.5.2014 – VIII ZR 241/13, BGHZ 201, 271 = NJW 2014, 2940. 1470 BGH v. 11.9.2013 – IV ZR 303/12, NJW 2014, 377. 1471 BGH v. 20.6.2012 – IV ZR 39/11, NJW 2012, 3184. 1472 BGH v. 15.5.2013 – IV ZR 33/11, NVwZ-RR 2013, 807. 1473 BGH v. 27.6.2012 – VIII ZR 165/11, VRR 2012, 464.

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4. Rechtsfolgen der Intransparenz a) Allgemeines § 306 unterscheidet hinsichtlich der Rechtsfolgen nicht nach dem Grund der Unwirksamkeit, so dass seine Vorschriften auch im Falle eines Transparenzmangels anzuwenden sind, der zu einer unangemessenen Benachteiligung und damit Unwirksamkeit (nur) der unklaren Klausel selbst führt, während der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt (§ 306 Abs. 1). Zur Lückenfüllung sind nach § 306 Abs. 2 vorrangig gesetzliche Vorschriften im Sinne einer konkreten Ersatzregelung in Betracht zu ziehen. Falls solche nicht zur Verfügung stehen, ist nach allgemein anerkannten Grundsätzen zu prüfen, ob ein ersatzloser Wegfall eine sachgerechte Lösung darstellt. Erst wenn auch das zu verneinen ist, kommt ein Rückgriff auf die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht1474. Es besteht also eine doppelte Nachrangigkeit gegenüber der Lückenfüllung durch dispositives Gesetzesrecht und der Hinnahme eines ersatzlosen Wegfalls einer unangemessen benachteiligenden Klausel als sachgerechte Lösung.

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Soweit danach eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommt, erfolgt sie – ebenso wie die Auslegung, Inhalts- und Transparenzkontrolle – nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab, der an Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise und nicht (nur) der konkret beteiligten Parteien ausgerichtet sein muss1475. Das gilt ungeachtet des § 310 Abs. 3 Nr. 3 auch für Verbraucherverträge, da gerade bei Massenverträgen die Ergänzung des Vertrages „auf einer höheren Abstraktionsebene und damit ohne Rücksicht auf Anhaltspunkte für eine bestimmte Lösungsvariante vorzunehmen ist“1476. Vielmehr geht es hier darum, für den betroffenen Vertragstyp eine akzeptable allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessenkonflikts zu finden. Dabei scheitert die ergänzende Vertragsauslegung nicht daran, dass mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung der entstandenen Regelungslücke in Betracht kommen1477.

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Mit der ergänzenden Vertragsauslegung wird eine anfängliche Regelungslücke in dem von der Unwirksamkeitssanktion des § 307 Abs. 1 betroffenen Vertrag geschlossen. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Feststellung und Bewer-

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1474 Grundlegend BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, NJW 1984, 1177 (1178); aus der jüngeren Rspr. insb. BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2114 f.) (zur Ersetzung unwirksamer intransparenter Klauseln in Lebensversicherungsverträgen) = BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, NJW 2005, 3559; festgehalten durch BGH v. 12.9.2012 – IV ZR 189/11, GWR 2013, 159; fortgeführt durch BGH v. 11.9.2013 – IV ZR 17/13, NJW 2013, 3240; Schwintowski DStR 2006, 429; Staudinger/Schlosser § 306 Rz. 12; Stoffels Rz. 612 m.w.N. 1475 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2116); BGH v. 14.4.2005 – VII ZR 56/04, NJW-RR 2005, 1040 (1041); BGH v. 7.3.1989 – KZR 15/87, BGHZ 107, 273 (276 f.); Erman/Roloff § 306 Rz. 13; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 306 Rz. 12 f.; a.A. Stoffels Rz. 616, der darauf abstellt, „wie die Parteien den Vertrag gestaltet hätten, wenn ihnen die nicht bedachte Klauselunwirksamkeit bewusst gewesen wäre. Es tritt mit anderen Worten diejenige Gestaltungsmöglichkeit ein, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten (…)“. 1476 So (ohne Erwähnung des § 310 Abs. 3 Nr. 3) BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2116); Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 306 Rz. 13. 1477 Vgl. schon BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (78 ff.) (Tagespreisklausel im Autohandel).

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tung des mutmaßlichen typisierten Willens der Parteien sowie ihrer Interessenlage ist daher der Zeitpunkt des Vertragsschlusses1478. 363

Darüber hinaus ist für die ergänzende Vertragsauslegung zu beachten, dass diese nicht dazu führen darf, „an die Stelle der unwirksamen, weil den Vertragspartner unangemessen benachteiligenden Klausel … eine inhaltsgleiche Bestimmung zu setzen“1479. Die inhaltsgleiche Ersetzung unwirksamer Klauseln würde die Sanktion des § 307 unterlaufen und auch Art. 6 RL 93/13/EWG widersprechen, nach dem das nationale Recht sicherstellen muss, dass missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen für den Verbraucher unverbindlich sind1480. Das gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn die Unwirksamkeit auf einem Verstoß gegen das Transparenzgebot beruht1481. Während man in der Literatur teilweise die Ersetzung einer unwirksamen intransparenten Klausel durch eine materiell inhaltsgleiche transparente Klausel für möglich hält, sofern lediglich eine formelle Intransparenz vorliege, die Bestimmung aber inhaltlich angemessen sei1482, lehnt der BGH dies ab1483.

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Dabei setzt er allerdings die Intransparenz mit der (nach dem Wortlaut des § 307 Abs. 1 Satz 2 erforderlichen) unangemessenen Benachteiligung weitgehend gleich: Wenn die AGB die Rechte und Pflichten des Vertragspartners „nicht klar und durchschaubar darstellen, insbesondere die wirtschaftlichen Nachteile nicht so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen erwartet werden kann, wird er unangemessen benachteiligt“1484. Hinsichtlich der in concreto beanstandeten Klauseln stellte der BGH fest, dass sie (bei Kündigung und Beitragsfreistellung) „einen wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers von erheblichem Gewicht“ bewirkten, der durch die Intransparenz verdeckt werde1485. Dadurch werde der Versicherungsnehmer gehindert, seine Entschließungsfreiheit bei Eingehung des Vertrages in voller Kenntnis von dessen Inhalt, insbesondere der wirtschaftlichen Nachteile, auszuüben und sei damit nicht mehr in der Lage, „schon die Produktwahl auf der Grundlage der wirklichen, mit dem Versicherungsvertrag bei frühzeitiger Beendigung verbundenen Nachteile zu treffen“1486.

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Durch die mehrfache nur beispielhafte Erwähnung der Verdeckung erheblicher wirtschaftlicher Nachteile („insbesondere“) bleibt die Reichweite der Äußerungen des BGH letztlich unklar. Sie könnten dahin zu verstehen sein, dass es nach seiner Ansicht auf diese Nachteile letztlich nicht ankommt, sondern die In-

1478 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2116). 1479 So BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2115) in Bestätigung von BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (78). 1480 Vgl. EuGH v. 21.11.2002 – Rs. C-473/00, NJW 2003, 275 f.; EuGH v. 27.6.2000 – Rs. C-240/98, NJW 2000, 2571 (2572); Wolf/Pfeiffer RL Art. 6 Rz. 4; Bamberger/Roth/Hubert Schmidt § 306 Rz. 2. 1481 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2115 ff.); festgehalten durch BGH v. 12.9.2012 – IV ZR 189/11, GWR 2013, 159; fortgeführt durch BGH v. 11.9.2013 – IV ZR 17/13, NJW 2013, 3240 (Ersetzung unwirksamer intransparenter Klauseln in der kapitalbildenden Lebensversicherung). 1482 Wandt VersR 2001, 1449 (1455); Kirscht VersR 2003, 1072 (1075 f.). 1483 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2115) („greift … zu kurz“). 1484 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2115 f.) (zu Allgemeinen Versicherungsbedingungen in der kapitalbildenden Lebensversicherung). 1485 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2116). 1486 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2116).

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transparenz per se eine unangemessene Benachteiligung mit sich bringt. Dafür könnte vor allem die Betonung der Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit bei Eingehung des Vertrages sprechen. Denn die Intransparenz verhindert immer, dass die Vereinbarung „in voller Kenntnis des Inhalts des Vertrages“ abgeschlossen wird. Auf der anderen Seite erscheint es unangebracht, jede Intransparenz bei irgendeiner AGB-Klausel als Eingriff in die Entschließungsfreiheit zu qualifizieren, zumal es für AGB geradezu typisch ist, dass sie bei Vertragsschluss nicht (eingehend) zur Kenntnis genommen werden. Es muss daher auf die hypothetische Relevanz einer Klausel für die „Produktwahl“1487 ankommen. Zu beurteilen ist, ob der potentielle Vertragspartner, wenn er die AGB vor dem Vertragsschluss eingehend zur Kenntnis nähme, in der Lage wäre, aus ihnen die bei verständiger Betrachtung für den Vertragsschluss wesentlichen Informationen zu erfahren. Ist das infolge der Intransparenz bestimmter Klauseln nicht der Fall, etwa weil wesentliche wirtschaftliche Nachteile nicht deutlich werden, liegt darin eine unangemessene Benachteiligung (in Form der hypothetischen Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit). Das gilt auch dann, wenn der dem Vertragspartner auferlegte wirtschaftliche (oder sonstige) Nachteil für sich gesehen (noch) keine unangemessene Benachteiligung darstellt. Erst die Verschleierung dieses Umstands, also die Kombination der Auferlegung eines erheblichen Nachteils und der Intransparenz der dafür maßgeblichen Klausel, führt somit zur materiellen Unangemessenheit und damit Unwirksamkeit. Andernfalls müsste etwa auch eine unklare Haftungsprivilegierung oder sonstige Begünstigung des Vertragspartners unwirksam sein, obwohl sie ihn besser stellt als das dispositive Recht. In diese Richtung weist auch ein Urteil des BGH, in welchem er sich zwar nicht explizit der überwiegenden Ansicht anschließt, die eine Intransparenz allein nicht für eine unangemesse Benachteiligung ausreichen lassen will, diese aber zitiert und feststellt, dass über die mangelnde Transparenz hinausgehende Gefahren einer Benachteiligung im vorliegenden Fall jedenfalls gegeben seien, weil die unklare Klausel die Haftung des Vertragspartners nicht lediglich auf die Höhe einer vereinbarten Selbstbeteiligung begrenze, sondern in bestimmten Konstellationen erst begründe.1488 Dagegen handelt es sich um eine lediglich formelle Intransparenz, die nicht als unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 2 zu qualifizieren ist, wenn nur solche Klauseln intransparent sind, die weder für den Vertragsschluss noch für die Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Vertrages eine relevante Bedeutung haben. Wird der Vertragspartner durch eine intransparente Klausel von der Geltendmachung der ihm (sonst) zustehenden Rechte abgehalten oder wird diese erheblich erschwert, liegt darin ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung. Fraglich ist allerdings, ob in diesen Fällen – im Gegensatz zur Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit, die nicht rückwirkend wiederhergestellt werden kann – die Intransparenz durch eine klare und verständliche inhaltsgleiche Klausel „geheilt“ werden könnte. Auch das dürfte grundsätzlich 1487 Vgl. BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2116) (der Versicherungsnehmer wird gehindert, „schon die Produktwahl auf der Grundlage der wirklichen, mit dem Versicherungsvertrag bei frühzeitiger Beendigung verbundenen Nachteile zu treffen“). 1488 BGH v. 23.2.2011 – XII ZR 101/09, NJW-RR 2011, 1144 (1145 f.) (Intransparenz einer Klausel in den AGB eines Carsharing-Unternehmens, nach deren Wortlaut die Auslegung möglich ist, dass eine vereinbarte Selbstbeteiligung doppelt zu erbringen ist).

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zu verneinen sein, weil schon mit Vertragsschluss die Gefährdung der Rechtsposition des Kunden eingetreten ist und jede zeitweise Nichtausübung bestimmter Rechte infolge der intransparenten Regelung als Nachteil zu begreifen ist, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. 367

Trotz der Argumentation mit der (hypothetischen) Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit beim Vertragschluss hat der BGH zu Recht eine Kompensation des durch den Transparenzmangel verursachten Informationsdefizits durch die Zubilligung eines Widerspruchsrechts analog § 5a VVG a.F. abgelehnt1489. Denn damit würde der Vertragspartner in die Lage versetzt, den Vertrag insgesamt zu Fall zu bringen, obwohl sich nach § 306 Abs. 1 die Unwirksamkeit grundsätzlich auf die unangemessene Klausel beschränkt. b) Besonderheiten bei Preis- und Leistungsbestimmungen

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Die Erweiterung der Transparenzkontrolle auf vorformulierte Preis- und Leistungsbestimmungen führt zu erheblichen Problemen bei der Ermittlung der angemessenen Rechtsfolgen, sofern es sich nicht lediglich um Preisnebenabreden handelt, an deren Stelle bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Gesetzesrecht treten kann1490. Ist der Hauptgegenstand des Vertrags von der Intransparenz betroffen, passen die Regelungen des § 306 nicht (richtig), da es insoweit grundsätzlich keine Ersatzregelung im dispositiven Gesetzesrecht gibt1491. Erstreckt sich die Unwirksamkeit gar auf die essentialia negotii, bleibt meist nichts anderes übrig, als die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages anzunehmen1492. In der Praxis wird es allerdings meist um Fallgestaltungen gehen, bei denen es gerade um die Abgrenzung geht, ob eine Klausel noch unmittelbar den Inhalt der Hauptleistung festlegt oder sie diesen schon oder lediglich modifiziert. In derartigen Fällen führen intransparente Regelungen tendenziell zu einer Ausweitung des Bereichs der Kontrollfähigkeit, sofern noch ein – für einen wirksamen Vertragsschluss hinreichender – Kern einer Leistungsbestimmung erkennbar ist.

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Bei der Annahme einer Gesamtunwirksamkeit des Vertrags wegen intransparenter Hauptleistungen ist große Zurückhaltung angebracht, da dieses Ergebnis der Regelungsintention des § 306 zuwiderläuft. Daher ist hier in besonderem Maße der Vorrang der Auslegung unklarer AGB-Klauseln – im Zweifel zu Lasten des Verwenders – nach § 305c zu beachten. Im Übrigen sollte – bei festgestellter „unheilbarer“ Intransparenz und unangemessener Benachteiligung des Kunden – der Tendenz des Gesetzgebers, die Wirksamkeit des „Restvertrages“ ohne die 1489 BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (2116); ebenso OLG München v. 1.7.2003 – 25 U 2283/03, VersR 2003, 1024 (1026); OLG Celle v. 20.6.2003 – 8 U 170/02, VersR 2003, 1113 f.; Wandt VersR 2001, 1449 (1455 f.); Werber VersR 2003, 148 (150 ff.); a.A. Schünemann JZ 2002, 134 (137); zur neuen Rechtslage siehe § 8 Abs. 2 VVG. 1490 Vgl. Staudinger/Schlosser § 306 Rz. 2; 13 f. 1491 Im Ergebnis ebenso BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150 (156); Erman/ Roloff § 306 Rz. 4; vgl. auch § 306 Rz. 10; a.A. Palandt/Grüneberg § 306 Rz. 12; Staudinger/Schlosser § 306 Rz. 2, die für die Anwendbarkeit des § 306 auf Hauptleistungen plädieren und eine Lückenschließung durch Abstellen auf das übliche oder angemessene Entgelt (bzw. den entsprechenden Leistungsumfang) nach §§ 157, 315, 316 in vielen Fällen für möglich halten; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 28.5.1986 – 8 U 151/85, BB 1986, 1465 = NJW-RR 1987, 48 (49). 1492 Staudinger/Coester Rz. 318.

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unwirksame Klausel nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten, dadurch entsprochen werden, dass die durch intransparente Preis- oder Leistungsbestimmungsklauseln gerissenen Lücken im Vertrag möglichst weitgehend im Rahmen einer objektivierten ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. Nicht selten wird man die Lücke durch ein Abstellen auf das übliche oder angemessene Entgelt bzw. den entsprechenden Leistungsumfang schließen können1493. Scheitert dagegen die formularmäßige Festlegung der (Sach-)Leistungspflichten des Verwenders, dürfte die Aufrechterhaltung des (Rest-)Vertrages regelmäßig ausscheiden1494. Ist aber eine sinnvolle Ausfüllung der Lücke, die z.B. durch den Wegfall einer Leistungsbeschreibung oder einer für die Preisbestimmung entscheidenden Schätzklausel entstanden ist, weder durch dispositives Recht noch durch ergänzende Vertragsauslegung möglich, tritt Gesamtnichtigkeit nach § 306 Abs. 3 ein1495. Diese Vorschrift ist mit der Klauselrichtlinie vereinbar1496. Ist der Vertrag gemäß § 306 Abs. 3 unwirksam, hat der Verwender aber seine 370 Leistung schon erbracht, kann er diese nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 kondizieren. Ist eine Rückgabe in natura nicht möglich, wie bei allen Dienstleistungen, hat der Kunde den objektiven Wert (§ 818 Abs. 2) zu erstatten. Dem Kunden steht in diesen Fällen regelmäßig ein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. (§ 311 Abs. 2) zu (vgl. Vor § 307 Rz. 104)1497. Dieser richtet sich allerdings prinzipiell nur auf das negative Interesse und steht hinsichtlich der auf Grund von unwirksamen Klauseln erbrachten Leistungen in Konkurrenz zu § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1.

VI. Besonderheiten im unternehmerischen Geschäftsverkehr Schrifttum: Berger Abschied von der Privatautonomie im unternehmerischen Geschäftsverkehr?, ZIP 2006, 2149; Berger Für eine Reform des AGB-Rechts im Unternehmerverkehr, NJW 2010, 465; Berger/Kleine AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr, BB 2007, 2137; Dauner-Lieb/Axer Quo vadis AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr?, ZIP 2010, 309; Hilber Preisanpassungsklauseln im unternehmerischen Verkehr – Rechtliche Grenzen und Möglichkeiten, BB 2011, 2691; Kessel/Jüttner Der Vorbehalt der Individualabrede im unternehmerischen Geschäftsverkehr, BB 2008, 1350; Kessel/Stomps Haftungsklauseln im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen – Plädoyer für eine Änderung der Rechtsprechung, BB 2009, 2666; Kondring Die „gute unternehmerische Praxis“ in einem möglichen künftigen AGB-Recht für den unternehmerischen Rechtsverkehr, BB 2013, 73; Kropf Der Verordnungsvorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht – Teil I -, WM 2012, 1268; Lehmann-Richter Die AGB-Kontrolle in der Wohn- und Geschäftsraummiete, AL 2014, 96; Lenkaitis/Löwisch Zur Inhaltskontrolle von AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr: Ein Plädoyer für eine dogmatische Korrektur, ZIP 2009, 441; Leuschner AGB-Kontrolle im unternehmerischen Verkehr, JZ 2010, 875; Lischek/Mahnken Vertragsverhandlungen zwischen Unternehmen und AGB – Anmerkungen aus der Sicht der Praxis, ZIP 2006, 158; Lutz AGB-Kontrolle im Handelsverkehr unter Berücksichtigung der Klauselverbote, 1991; Mansel Der Verordnungsvorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht – Teil I, WM 2012, 1253; Müller/Schilling AGB-Kontrolle im unternehmeri1493 So unter Hinweis auf §§ 157, 315, 316 Palandt/Grüneberg § 306 Rz. 13; krit. Staudinger/Coester Rz. 318. 1494 Staudinger/Schlosser § 306 Rz. 2; Palandt/Grüneberg § 306 Rz. 13. 1495 Vgl. BGH v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150 (155 f.); OLG Stuttgart v. 10.12.2002 – 12 U 150/02, NJW-RR 2003, 419. 1496 Wolf/Lindacher/Hau § 306 Rz. 68; Palandt/Grüneberg § 306 Rz. 16 (der aber eine restriktive Auslegung für erforderlich hält wegen Art. 6 Abs. 2 RL 93/13/EWG). 1497 Palandt/Grüneberg § 306 Rz. 19; Staudinger/Coester Rz. 318.

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schen Geschäftsverkehr – eine rechtsvergleichende Betrachtung, BB 2012, 2319; Munz Allgemeine Geschäftsbedingungen in den USA und Deutschland im Handelsverkehr, 1992; Niebling AGB-Verwendung bei Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen (b2b), MDR 2011, 1399; Ohlendorf-von Hertel Kontrolle von AGB im kaufmännischen Verkehr gemäß § 24 AGBG, 1988; Pres Maßgaben für die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Handelsverkehr, 2005; Staudenmayer Der Kommissionsvorschlag für eine Verordnung zum Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht, NJW 2011, 3491; Tramm Das Gemeinsame Europäische Kaufrecht als optionales Instrument – eine kritische Analyse zur Binnenmarktharmonisierungskompetenz der Kommission, VuR 2012, 3; Verse Das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ZIP 2014, 1809; von Westphalen 30 Jahre AGB-Recht – eine Erfolgsbilanz, ZIP 2007, 149; von Westphalen, Wider einen Reformbedarf beim AGB-Recht im Unternehmerverkehr, NJW 2009, 2977; von Westphalen Wider die angebliche Unattraktivität des AGB-Rechts, BB 2010, 195; von Westphalen AGBrechtliche Schutzschranken im unternehmerischen Verkehr: Rückblick und Ausblick, BB 2011, 195; Wichert AGB-Kontrolle: Der Wohnungsmieter als Maßstab für den Schutz des Gewerbemieters?, ZMR 2014, 612. Vgl. ferner die Angaben bei § 310 vor Rz. 4.

1. Allgemeines 371

Die prinzipielle Einbeziehung von Kaufleuten in den Schutzbereich des AGBRechts war bis zum Erlass des AGB-Gesetzes umstritten1498. Aus heutiger Sicht gehört die Entscheidung gegen ein reines Verbraucherschutzgesetz und für die Bekämpfung von Funktionsdefiziten der Privatautonomie bei der Verwendung von AGB im gesamten rechtsgeschäftlichen Verkehr zu den grundlegenden und in der Sache richtigen Weichenstellungen1499. Sie ist vom Gesetzgeber mehrfach implizit bestätigt worden, sowohl bei der Umsetzung der EG-Klauselrichtlinie 1996 als auch bei der Ersetzung des Kaufmannsbegriffs durch den des Unternehmers mit dem HRefG 1998 sowie zuletzt im Zuge der Überführung des AGB-Rechts in das BGB durch das SMG 2001. Als kritikwürdig wird dagegen nicht selten die konkrete Handhabung der Inhaltskontrolle gegenüber Unternehmern durch die Rechtsprechung empfunden, weil sie die unterschiedliche Schutzbedürftigkeit der Vertragspartner und die Besonderheiten des unternehmerischen Geschäftsverkehrs im Vergleich zum allgemeinen Rechtsverkehr nicht hinreichend berücksichtige und die Gestaltungsmöglichkeitenzu sehr einenge1500. Zumindest in Teilen der Praxis wird die AGB-Rechtsprechung offenbar zunehmend als „Rechtsrisiko“ und „Standortnachteil“ empfunden und scheint vor allem bei größeren Unternehmen eine Tendenz zur „Flucht“ in ausländische Rechtsordnungen

1498 Vgl. MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 3; Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 24 AGBG Rz. 2; der Teilbericht 1, S. 30, 99 f. und der RefE zum AGB-Gesetz – DB 1974, Beil. Nr. 18, S. 4 (23) – hatten sich noch für die Ausklammerung des kaufmännischen Geschäftsverkehrs aus dem Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle ausgesprochen; näher zur Entstehungsgeschichte Einl. Rz. 16 ff., § 310 Rz. 9 f. m.w.N.; in den meisten anderen Mitgliedstaaten ist die Klauselrichtlinie als reines Verbraucherrecht umgesetzt worden, siehe nur Staudinger/Schlosser § 310 Rz. 36 m.w.N. 1499 Vgl. nur Brandner DZWiR 1992, 177. 1500 Siehe etwa Hellner in FS Steindorff, 1990, S. 573 (581 f.); Stumpf BB 1985, 963; Thamm/Pilger, Taschenkommentar zum AGB-Gesetz, 1998, S. 5, 47 ff.; Berger/Kleine BB 2007, 2137; Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441; Acker/Bopp BauR 2009, 1041; Berger NJW 2010, 465; Dauner-Lieb/Axer ZIP 2010, 309; Leuschner JZ 2010, 875 (882 ff.); a.A. von Westphalen BB 2010, 195; im Ergebnis auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 79, die sich im Rahmen der §§ 308, 309 für eine weitgehende Gleichbehandlung von Unternehmern und Verbrauchern ausspricht.

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(insb. zur Anwendung des Schweizer Rechts) zu befördern1501. Ob die Kritik überzogen ist, mag hier dahingestellt bleiben, zumal es auch vielfach gegenläufige Äußerungen gibt, die eher auf AGB-rechtliche Anwendungsdefizite im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern hindeuten1502. Jedenfalls ist es den Kritikern lange nicht gelungen, klare und verlässliche Kriterien herauszuarbeiten, die im unternehmerischen Verkehr eine „gerechtere“ Vertragspraxis ermöglichen würden1503. Die Kritik sollte jedoch ein Warnzeichen und für Rechtsprechung und Literatur Anlass für eine kritische Auseinandersetzung mit den Maßstäben und der praktischen Handhabung der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr sein. Das gilt umso mehr, als sich das gesetzliche Kaufrecht nach dem Vollzug der Schuldrechtsmodernisierung am Leitbild des Verbraucherkaufs orientiert und damit die gerichtliche Inhaltskontrolle von AGB auch beim Handelskauf zu beeinflussen droht1504. Zur neueren Diskussion über eine Reform des AGB-Rechts im unternehmerischen Verkehr vgl. Vor § 307 Rz. 25a f. Die vom Gesetzgeber selbst in § 310 Abs. 1 angeordneten Abweichungen gegen- 372 über dem allgemeinen Standard der AGB-Kontrolle beschränken sich auf die Ausklammerung der besonderen Einbeziehungskontrolle nach § 305 Abs. 2 und 3, die Nichtanwendbarkeit der speziellen Klauselverbote (§§ 308 Nr. 1, 2-8, 309) sowie die vorgeschriebene angemessene Berücksichtigung der „im Handelsverkehr geltenden Sitten und Gebräuche“ (§ 310 Abs. 1)1505. Dabei wurden durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 22.7.20141506 in § 308 die Nr. 1a und 1b zur Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefrist eingefügt und in § 310 Abs. 1 die Nichtanwendbarkeit der Klauselverbote (bisher §§ 308, 309) im Rahmen des § 308 auf Nr. 1, 2-8 beschränkt, so dass Nr. 1a und 1b im unternehmerischen Verkehr gelten. Ausgangspunkt und alleinige Grundlage für die Inhaltskontrolle bleibt im unternehmerischen Verkehr neuerdings neben § 308 Nr. 1a, 1b der allgemeine Maßstab des § 307, der ohne Rücksicht auf die individuelle Schutzbedürftigkeit des einzelnen Vertragspartners im Rahmen einer überindividuellen, typisierenden und von den konkreten Umständen des Einzelfalls abstrahierenden Betrachtungsweise anzuwenden ist1507. Modifikationen dieses Maßstabs sind unter zwei Aspekten gerechtfertigt und geboten: zum einen wegen der typischerweise größeren rechtsgeschäftlichen Erfahrung der Beteiligten, zum 1501 Vgl. Brachert/Dietzel ZGS 2005, Heft 12 (Editorial); Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441 (442 f., 444 f., 447 f.); Berger NJW 2010, 465 (466); einen Rechtsvergleich geben Müller/Schilling BB 2012, 2319 ff. 1502 Vgl. Einl. Rz. 79 ff. m.w.N. und einem differenzierten Bild der Erfahrungen mit dem AGB-Recht in diesem Bereich; vgl. auch von Westphalen BB 2010, 195 (200), der darauf hinweist, dass von der Kontrollklage nach §§ 1 ff. UKlaG gegenüber unwirksamen AGB-Klauseln im unternehmerischen Geschäftsverkehr kaum Gebrauch gemacht werde; seltenes Gegenbeispiel: BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, NJW 2006, 47 (Einkaufsbedingungen eines Baumarkts). 1503 So zu Recht von Westphalen NJW 2009, 2977 (2982). 1504 Vgl. hierzu näher Dauner-Lieb JZ 2001, 8 (13); Schubel JZ 2001, 1113 ff. m.w.N.; einen Rückblick auf die Lage vor der Schuldrechtsmodernisierung und einen Ausblick gibt von Westphalen BB 2011, 195 ff. 1505 Die Norm schließt die Anwendung der §§ 305 Abs. 2 und 3, 308, 309 auch bei Verwendung von AGB gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie öffentlich-rechtlichen Sondervermögen aus. 1506 BGBl. 2014 I 1218; näher dazu Verse ZIP 2014, 1809 ff. 1507 Stoffels Rz. 552; Palandt/Grüneberg Rz. 39; Wolf/Pfeiffer Rz. 186; PWW/Berger Rz. 29; ebenso BGH v. 6.4.2005 – XII ZR 308/02, NJW 2005, 2006 (2008).

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anderen wegen der besonderen Regelungsbedürfnisse im Handelsverkehr, der in weitaus stärkerem Maße als der Rechtsverkehr mit dem Endverbrauchern oder zwischen Privaten auf flexible, den spezifischen Marktverhältnissen angepasste vertragsrechtliche Rahmenbedingungen angewiesen ist1508. Ihren Ausdruck finden die besonderen Bedürfnisse regelmäßig in bestimmten Usancen, Handelsbräuchen oder einer branchenüblichen Regelungspraxis, was den Gesetzgeber dazu veranlasst hat, die angemessene Berücksichtigung der im Handelsverkehr herrschenden Gewohnheiten und Gebräuche vorzuschreiben (§ 310 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2). 373

Darin erschöpfen sich allerdings die Besonderheiten im unternehmerischen Verkehr nicht. Vielmehr muss es in einer dynamischen, innovativen Wettbewerbswirtschaft jederzeit (also auch schon vor der Herausbildung branchenüblicher Standards oder Handelsbräuche) möglich sein, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und zu testen, ohne dabei von vornherein in ein auf die Schutzbedürfnisse des Verbrauchers bzw. privaten Rechtsverkehrs zugeschnittenes Korsett gezwängt zu werden. Die von § 307 eröffneten Wertungsspielräume erlauben im unternehmerischen Geschäftsverkehr durchaus stärkere Differenzierungen nach branchen-, gruppen- und geschäftstypischen Regelungserfordernissen, als dies in der Rechtsprechung bislang vielfach praktiziert wird. Dort herrscht eher die Tendenz zu einer weit gehenden Gleichbehandlung des unternehmerischen und privaten Geschäftsverkehrs vor1509. Diese zeigt sich vor allem in einer oftmals allzu raschen Bejahung der Ausstrahlungswirkung der speziellen Klauselverbote der §§ 308 Nr. 1, 2-8, 309 im Rahmen des allgemeinen Maßstabs nach § 307 (dazu Rz. 163 f., 381 ff.) und in der Betonung des Ausnahmecharakters der Zulassung abweichender Risikoallokationen im unternehmerischen Geschäftsverkehr1510. Letzteres ist zwar insoweit nicht zu beanstanden, als der Normzweck des § 310 Abs. 1 nicht in der generellen Absenkung des Schutzniveaus für Unternehmer und öffentlich-rechtliche Vertragspartner besteht, sondern in erster Linie in der Flexibilisierung der AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr (vgl. § 310 Rz. 7 f.)1511. Allerdings bedeutet eine größere Beweglichkeit bei der Anwendung der Schutzmaßstäbe, dass für bestimmte Fallgruppen auch materiell abweichende Lösungen für die Auferlegung von Kosten, Risiken oder sonstigen Nachteilen gerechtfertigt sein können. Aufgabe der Rechtsanwendung ist 1508 Ebenso Wolf/Pfeiffer § 310 Abs. 1 Rz. 3 f. (besondere Interessenlage der Unternehmer wegen des Bedürfnisses nach „Vertrauensschutz, Einfachheit und Schnelligkeit, aber auch Flexibilität“, geringere Schutzbedürftigkeit wegen der üblicherweise zu erwartenden Geschäftserfahrenheit und Geschäftsgewandtheit), siehe ferner Wolf/Pfeiffer Rz. 185 ff. 1509 Ausdrücklich und dezidiert dafür MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 8. Die von ihm ergänzend herangezogenen rechtsökonomischen Überlegungen belegen freilich nur die (unbestrittene) Notwendigkeit einer Inhaltskontrolle auch im unternehmerischen Bereich, treffen aber keine Aussage über den anzulegenden Kontrollmaßstab und dabei mögliche Differenzierungen; für eine stärkere Differenzierung auch Wolf/Pfeiffer Rz. 196 ff., der verschiedene Branchen und Unternehmensgrößen exemplarisch als Kriterien nennt; in diese Richtung auch Berger/Kleine BB 2007, 2137 (2138 ff.) („Differenzierung anhand der typischen Schutzbedürftigkeit der Kundenschicht“). 1510 Vgl. dazu etwa BGH v. 26.6.1997 – I ZR 248/94, NJW-RR 1997, 1253 (1255); BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, NJW 1988, 1785 (1788); zust. Stoffels Rz. 553. 1511 Anders Wolf/Pfeiffer § 310 Abs. 1 Rz. 3 u. § 307 Rz. 185 („geringeres Schutzbedürfnis“); sogar für Begrenzung auf „erhebliche“ oder „offensichtliche“ unangemessene Benachteiligungen Ohlendorf-von Hertel S. 122 f.; dagegen zu Recht Stoffels Rz. 553 m.w.N.

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es, sorgfältig und unvoreingenommen die maßgeblichen Kriterien zu identifizieren, die letztlich zu einer bereichs- und gruppenspezifischen Konkretisierung der Kontrollmaßstäbe führen. Viel zu weitgehend wäre es aber, aus § 310 Abs. 1 pauschal einen „Grundsatz AGB-rechtlicher Liberalität im b2b-Verkehr“ und eine „Prima-facie Vermutung unternehmerischer Angemessenheit“ abzuleiten mit der Konsequenz, dass der sich auf die Unwirksamkeit berufende Verwendungsgegner konkret darlegen und beweisen müsse, dass die fragliche Klausel weder üblich sei noch ein typisches Regelungsbedürfnis des unternehmerischen Geschäftsverkehrs (in der betroffenen Branche) widerspiegele1512. Notwendig, aber auch ausreichend ist eine stärkere Differenzierung im Rahmen des bisherigen Kontrollkonzepts. Für ein gestiegenes Bedürfnis nach der Bildung von Untergruppierungen spricht auch, dass die Unterschiede in der typischen Schutzbedürftigkeit der betroffenen Vertragspartner seit der Erweiterung des persönlichen Ausnahmebereichs von Kaufleuten auf Unternehmer mit dem HRefG 1998 noch größer geworden sind (vgl. § 310 Rz. 12). Da es für die Qualifikation als Unternehmer nach der Legaldefinition des § 14 nur darauf ankommt, dass die Person beim Abschluss des Rechtsgeschäfts „in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt“, werden insbesondere auch Freiberufler, Handwerker, Landwirte und Kleingewerbetreibende erfasst (vgl. im Einzelnen § 310 Rz. 14 ff.). Gleiches gilt nach zutreffender Auffassung für Existenzgründer1513 (jedenfalls) im Hinblick auf den Vertrag, der unmittelbar zur erstmaligen Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit dient (z.B. Abschluss eines Franchisevertrages, Erwerb eines Anteils an einer freiberuflichen Gemeinschaftspraxis). Denn es ist zu erwarten, dass eine derart bedeutende Entscheidung nicht ohne eine entsprechend eingehende Vorbereitung und ggf. Beratung in die Tat umgesetzt wird, so dass insoweit typischerweise keine höhere Schutzbedürftigkeit als unmittelbar nach Beginn der selbständigen Tätigkeit selbst besteht. Auf das (konkrete) Vorhandensein geschäftlicher Erfahrung kommt es dagegen nicht an, zumal das Gesetz nur auf die objektive Zweckrichtung des Verhaltens, auf die generelle Zuordnung zum privaten oder zum gewerblich-beruflichen Bereich abstellt1514. Nicht erfasst sind aber solche Rechtsgeschäfte, die 1512 So aber der Vorschlag von Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441 (445 ff.), die andererseits den postulierten „Liberalitätsgrundsatz“ durch die Bildung von Fallgruppen einschränken, in denen eine Gleichstellung des unternehmerischen Verwendungsgegners mit einem Verbraucher angebracht sei (Monopolstellung des Verwenders, Absatzgeschäfte auf der letzten, dem Endkunden vorgelagerten Stufe der Absatzkette, Inanspruchnahme von Leistungen des Verwenders „wie ein Verbraucher“, z.B. Einkauf von Hilfsmitteln oder Einrichtungsgegenständen). Letzteres erscheint wiederum problematisch, da nicht einzusehen ist, wieso etwa Großunternehmen bei der Beschaffung von Büromaterial oder Möbeln Verbrauchern gleichgestellt werden sollten. 1513 BGH v. 24.2.2005 – III ZB 36/04, NJW 2005, 1273 (1274); § 310 Rz. 23 jeweils m.w.N. auch zur Gegenansicht. 1514 Nur auf diesen Aspekt, nicht auch auf die typischerweise fehlende Schutzbedürftigkeit des Existenzgründers stützt der BGH v. 24.2.2005 – III ZB 36/04, NJW 2005, 1273 (1274) seine Entscheidung. Bei unzureichender Transparenz und fehlenden objektiven Anhaltspunkten für eine Zuordnung zum privaten oder gewerblichen Bereich kommt ggf. eine Umkehr der Beweislast für das Vorliegen der Unternehmereigenschaft in Betracht, vgl. OLG Koblenz v. 17.10.2005 – 5 U 1145/05, MMR 2006, 236 m. Anm. Mankowski (Beweislast eines „Powersellers“ bei Abschluss von Verträgen über die Internetplattform eBay für fehlende Unternehmereigenschaft). Erste Ansätze für die Berücksichtigung eines eklatanten Geschäftserfahrungsgefälles zwischen Unternehmern als Umstand bei der Klauselkontrolle finden sich in der instanzgerichtlichen

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nur vorbereitenden Charakter haben und der tatsächlichen Umsetzung der Entscheidung über die Existenzgründung vorausgehen (z.B. Beschaffung der erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Informationen über Fachkurse oder Bücher)1515. Die Gleichstellung des Existenzgründers mit einem Verbraucher durch die Sondervorschrift des § 507 für Darlehen und Ratenlieferungsverträge bis 50.000 Euro ist nicht verallgemeinerbar, sondern im Gegenteil nach h.M. Grundlage für einen Umkehrschluss1516. Die Ausklammerung von Existenzgründern aus dem Verbraucherbegriff steht schließlich auch in Übereinstimmung mit europarechtlichen Vorschriften1517.

2. Kriterien für bereichsspezifische Konkretisierungen der Kontrollmaßstäbe 375

Im Prinzip ist anerkannt, dass AGB, die in gleicher Weise gegenüber Verbrauchern wie gegenüber Unternehmern verwendet werden, im ersten Fall unwirksam, im zweiten aber wirksam sein können1518. Voraussetzung ist allerdings, dass gerade im Hinblick auf die problematische Klausel tatsächlich generell (und nicht nur im konkreten Einzelfall) eine unterschiedliche Interessenlage und geringere Schutzbedürftigkeit des unternehmerischen Vertragspartners besteht. Besonderheiten gegenüber privaten Kunden können sich etwa daraus ergeben, dass der als Unternehmer handelnde Vertragspartner Geschäfte der betreffenden Art häufiger abschließt, daher mit den Risiken besser vertraut ist und sich ggf. selbst dagegen absichern kann1519. Das im Handelsverkehr oftmals besonders ausgeprägte (beiderseitige) Interesse an einer zügigen Abwicklung des Vertrages kann für die Beurteilung bestimmter Regelungsgegenstände wie z.B. Pauschalierung von Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüchen, Herbeiführung klarer Rechtsverhältnisse durch kurze Erklärungsfristen oder -fiktionen Bedeutung gewinnen.

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Rspr., vgl. LG Itzehoe v. 21.5.2002 – 1 S 285/01, NJW 2002, 2479 (großes Beratungsunternehmen als Verwender gegenüber handwerksähnlichem Betrieb). Im Ergebnis wohl übereinstimmend BGH v. 24.2.2005 – III ZB 36/04, NJW 2005, 1273 (1274), der zum unternehmerischen Geschäftsverkehr zwar auch „vorbereitende Geschäfte“ wie die Anmietung von Geschäftsräumen zählt, damit aber offenbar nicht die Vorbereitung der Entscheidung zur Existenzgründung, sondern die Vorbereitung der tatsächlichen Geschäftseröffnung zählt („Es besteht … kein Anlass, demjenigen Verbraucherschutz zu gewähren, der sich für eine bestimmte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit entschieden hat und diese vorbereitende oder unmittelbar eröffnende Geschäfte abschließt.“). Als Kriterium für die objektive Zuordnung von Rechtsgeschäften zur Unternehmersphäre vor der tatsächlichen Geschäftsaufnahme sollte man darauf abstellen, ob sie der Umsetzung einer definitiven Entscheidung für eine bestimmte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit dienen, wie es etwa bei der Anmietung von Geschäftsräumen der Fall ist; wie hier Wolf/Pfeiffer § 310 Abs. 1 Rz. 14; a.A. PWW/Berger § 310 Rz. 2. Section Two: General Rules 33. Vgl. EuGH v. 3.7.1997 – Rs. C-269/95, RIW 1997, 775 (Benincasa/Dentalkrit Srl.) = JZ 1998, 896 (897) m. Anm. Mankowski. Allg. M., siehe nur Palandt/Grüneberg Rz. 39 a.E.; MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 7; einen Überblick über typische Verträge und Klauseln im unternehmerischen Verkehr bietet Niebling MDR 2011, 1399 ff. Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 43; Palandt/Grüneberg Rz. 39; näher zur geringeren Schutzbedürftigkeit des Unternehmers auf Grund seiner besseren „Fähigkeit zur Nachteilsvermeidung“ Wolf/Pfeiffer Rz. 185, 188.

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Inhaltskontrolle

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Besondere Regelungsbedürfnisse haben vielfach, aber keineswegs immer zur Herausbildung von Handelsbräuchen geführt. Diese sind nach § 310 Abs. 1 Satz 2 bei der Interessenabwägung angemessen zu berücksichtigen; das gilt allerdings nur, soweit sie nicht selbst gegen Treu und Glauben verstoßen1520. Ist das der Fall, scheidet eine Heranziehung des Handelsbrauchs als Maßstab für die Angemessenheitsbeurteilung im Rahmen des § 307 aus. Eine Inhaltskontrolle der Handelsbräuche selbst findet nicht statt, da diese keine AGB sind1521.

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Kein geeignetes Differenzierungskriterium zum privaten Geschäftsverkehr ist dagegen die Möglichkeit der Kostenabwälzung. Zwar sind Unternehmer im Unterschied zu Endkunden theoretisch in der Lage, die finanziellen Belastungen aus einer benachteiligenden Klausel in ihre Preise einzukalkulieren und an die nachfolgende Marktstufe weiterzugeben. Doch darf dies nicht generell unterstellt werden, da durchaus zweifelhaft ist, ob die jeweilige Marktsituation eine solche Abwälzung erlaubt1522. Hinzu kommt, dass sich mit diesem Abwälzungsargument letztlich jede Benachteiligung unternehmerisch handelnder Kunden rechtfertigen ließe. Diesen kann aber nicht zugemutet werden, die aus einer Verkürzung ihrer gesetzlichen Rechte resultierenden finanziellen Nachteile durch eine mit geschäftlichen Risiken verbundene Erhöhung ihrer Preise aufzufangen1523.

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Ein großzügigerer Maßstab bei der Angemessenheitsbeurteilung im unterneh- 378 merischen Verkehr ist nicht gerechtfertigt, wenn die fragliche Regelung alle Kunden letztlich in gleicher Weise trifft. So hat der BGH z.B. für einen Formularmietvertrag über Geschäftsräume bei einer Kombination der Auferlegung turnusmäßiger Schönheitsreparaturen mit einer Endrenovierungsklausel eine geringere Schutzbedürftigkeit verneint. Der dabei auftretende Summierungseffekt führe vielmehr in gleicher Weise wie bei einem Wohnraummietvertrag zur Unwirksamkeit beider Klauseln1524. Der Geschäftsraummieter sei nicht generell weniger schutzbedürftig als der Wohnraummieter; dieser genieße zwar in bestimmten Teilbereichen besonderen Schutz (z.B. bezüglich Kündigungen und des Rechts zur Mietminderung), doch bei Schönheitsreparaturen behandle der Gesetzgeber beide Arten der Miete gleich. Zudem könne sich der Mieter von Geschäftsräumen nicht besser auf die Situation einstellen, da die Problematik einer Endrenovierung nicht häufig, sondern erst am Ende einer meist langen Vertragslaufzeit auftrete1525. Eine tendenziell vergleichbare Schutzbedürftigkeit wie bei 1520 BGH v. 5.6.1984 – X ZR 75/83, BGHZ 91, 316 (319); von Hoyningen-Huene Rz. 303; Basedow ZHR 150 (1986), 469 (489); Kritik am Wortlaut der Norm äußert Staudinger/ Schlosser § 310 Rz. 13. 1521 So ausdrücklich BGH v. 23.4.1986 – IVa ZR 209/84, BB 1986, 1395 (Tegernseer Gebräuche im Holzhandel); von Hoyningen-Huene Rz. 304. 1522 BGH v. 6.4.2005 – XII ZR 308/02, NJW 2005, 2006 (2008) (Geschäftsraummiete); a.A. Wolf/Pfeiffer Rz. 189, der jedoch auch anerkennt, dass die Möglichkeit zur Kostenabwälzung nicht „unbeschränkt“ besteht. 1523 BGH v. 6.4.2005 – XII ZR 308/02, NJW 2005, 2006 (2008). 1524 BGH v. 6.4.2005 – XII ZR 308/02, NJW 2005, 2006 (2007 f.) m.w.N. auch zur Gegenansicht; ebenso BGH v. 14.5.2003 – VIII ZR 308/02, NJW 2003, 2234 (2235); BGH v. 25.6.2003 – VIII ZR 335/02, NJW 2003, 3192 (für Wohnraummietverträge); kritisch Wichert ZMR 2014, 612 ff.; allgemein zum Summierungseffekt oben Rz. 155; allgemein zur AGB-Kontrolle in der Wohn- und Geschäftsraummiete Lehmann-Richter AL 2014, 96 ff. 1525 BGH v. 6.4.2005 – XII ZR 308/02, NJW 2005, 2006 (2007); kritisch Wichert ZMR 2014, 612 ff.

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privaten Kunden dürfte regelmäßig auch dann bestehen, wenn die Marktverhältnisse durch eine starke wirtschaftliche Abhängigkeit der unternehmerischen Vertragspartner vom Verwender geprägt sind oder wenn es um Geschäfte geht, die außerhalb des Kerns der unternehmerischen Tätigkeit des Vertragspartners liegen und daher ähnlich wie bei Privatkunden nur einen einmaligen oder gelegentlichen Vorgang darstellen1526. Anders stellt es sich hingegen bei Spannungsklauseln dar, nach denen sich der Gaspreis entsprechend der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ändert. Diese Klauseln sind wegen unangemessener Benachteiligung gegenüber Verbraucher unwirksam1527, allerdings nicht gegenüber Unternehmern1528. Ob die Bindung des Gaspreises an den Marktpreis für leichtes Heizöl sachgerecht und akzeptabel erscheint, unterliegt der kaufmännischen Beurteilung und Entscheidung des als Unternehmer handelnden Gaskunden, die einer gerichtlichen Überprüfung im Rahmen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht zugänglich ist1529. 379

Zu beachten ist ferner, dass innerhalb des Kreises der Unternehmer weitere gruppenspezifische Abstufungen nach der Größe oder Funktion des Unternehmens (z.B. Hersteller, Großhändler, Einzelhändler) angezeigt sein können, wenn sich derartige Untergruppierungen durch erhebliche Besonderheiten bezüglich Interessenlage oder Geschäftserfahrung auszeichnen, die im Rahmen der Angemessenheitsprüfung Beachtung verdienen1530. So unterliegen etwa Einzelhändler im Verhältnis zu ihren Abnehmern, den Endverbrauchern, den Verboten des § 309. Eine im Rahmen des § 478 zulässige Beschneidung der Regressmöglichkeiten gegen den Lieferanten dürfte daher ihnen gegenüber eher die Voraussetzungen des § 307 erfüllen, als bei Verwendung der gleichen AGB gegenüber Vertragspartnern, die übernommene Risiken formularmäßig auf ihre Abnehmer weiterwälzen können1531. In einem Einmannbetrieb fehlt es an einem schutzwürdigen Interesse, sich gegen Zusagen Nichtberechtigter zu schützen, so dass eine Klausel über die Notwendigkeit einer schriftlichen Bestätigung mündlicher Abreden unwirksam ist1532. Bei Verträgen, die mit erheblichen Investitionen seitens des Vertragspartners verbunden sind (z.B. Vertragshändler, Franchisenehmer, insbesondere im Zusammenhang mit Existenzgründungen), besteht ein gewichtiges und schützenswertes Interesse an angemessenen Amortisationsmöglichkeiten, dem der Verwender bei der Gestaltung seiner AGB Rechnung tragen muss1533. Zudem besteht bei Beendigung der Vertragsbeziehung aus nachvertraglicher Treuepflicht 1526 MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 8; Wolf/Pfeiffer Rz. 199. 1527 BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 = NJW 2010, 2789. 1528 BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 = NJW 2014, 2708; BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 350. 1529 BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 = NJW 2014, 2708; BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 350; allgemein zu Preisanpassungsklauseln im unternehmerischen Verkehr Hilber BB 2011, 1691 ff. 1530 Palandt/Grüneberg Rz. 39; Wolf/Pfeiffer Rz. 196 ff.; im Ansatz auch von HoyningenHuene Rz. 307 (Unterscheidung „nach Art des Gewerbes“ sowie hinsichtlich der Unternehmensgröße); vgl. bereits oben Rz. 111. 1531 Palandt/Grüneberg Rz. 40; ähnlich MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 8, der anschaulich davon spricht, in derartigen Fällen werde der Unternehmer von seinen Abnehmern einerseits und Lieferanten andererseits „in die Zange genommen“; zust. Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441 (446). 1532 BGH v. 28.4.1983 – VII ZR 246/82, NJW 1983, 1853 (1854). 1533 BGH v. 20.5.2003 – KZR 19/02, ZIP 2003, 2030 (2035) („Apollo-Optik“): Unwirksamkeit einer Kündigungsklausel in einem Franchisevertrag, nach der jede Partei den Vertrag bei ernsthafter Störung des Vertrauensverhältnisses auch ohne Vorliegen eines

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ein Anspruch des Händlers gegen den Hersteller auf Rücknahme der sich noch im Lager befindlichen Vertragsware, sofern der Händler zur Unterhaltung eines solchen Lagers verpflichtet war1534. Diese Rückkaufverpflichtung darf der Hersteller nicht auf die (direkt) von ihm erworbene Ware beschränken, da hierfür kein berechtigtes Interesse besteht, wenn der Händler auch mit nicht unmittelbar vom Hersteller bezogener Vertragsware seine Pflicht zur Lagerhaltung erfüllt1535. Auf der anderen Seite greift eine formularmäßige Verpflichtung des Händlers, auf Verlangen des Herstellers seinen gesamten Lagerbestand an diesen zu verkaufen, unangemessen in die Dispositionsfreiheit des Händlers ein, soweit die Klausel auch Vertragsware erfasst, die der Händler bereits anderweitig verkauft aber noch nicht ausgeliefert hat. Denn dieser sieht sich damit kollidierenden Pflichten und der Gefahr von Schadensersatzansprüchen entweder des Herstellers oder des Dritten ausgesetzt1536. Entscheidend ist letztlich immer die typische Interessenlage und Schutzbedürf- 380 tigkeit gerade hinsichtlich des konkreten Klauselgegenstands. Dabei gilt auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr generell, dass sich der Verwender von vertragswesentlichen Pflichten i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 nicht freizeichnen kann1537 und insoweit auch für jedes Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen einzustehen hat1538.

3. Berücksichtigung der Wertungen der §§ 308, 309 Die etwas kryptische Formulierung in § 310 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 wird allgemein so verstanden, dass bei der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr die in den (direkt nicht anwendbaren) speziellen Klauselverboten zum Ausdruck kommenden Wertungen berücksichtigt werden können (und sollen), sofern sie übertragbar sind1539. Inwieweit das der Fall ist, darüber bestehen allerdings unterschiedliche Auffassungen. Meist werden die Katalogtatbestände des § 308 auch im unternehmerischen Verkehr für grundsätzlich anwendbar gehalten, weil den kaufmännischen Besonderheiten im Rahmen der bestehenden

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wichtigen Grundes mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen konnte. BGH v. 21.10.1970 – VIII ZR 255/68, BGHZ 54, 338 (344 ff.) = NJW 1971, 29 (30); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (369 f.) = NJW 1994, 1060 (1066); BGH v. 23.11.1994 – VIII ZR 254/93, BGHZ 128, 67 (70) = NJW 1995, 524 (525). BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1502 f.). Keine unangemessene Benachteiligung bei der Festlegung des Rücknahmepreises stellt die Außerachtlassung von Fracht- und Nebenkosten, die der Händler beim Erwerb der Vertragsware gezahlt hat, sowie ein Abschlag von 10% für den zu erwartenden Verwertungsverlust dar, BGH a.a.O. S. 1503 f. BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-RR 2005, 1496 (1504 f.). Vgl. z.B. BGH v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335; BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1066); BGH v. 19.2.1998 – I ZR 233/95, NJW-RR 1998, 1426; BGH v. 14.11.2000 – X ZR 211/98, NJW-RR 2001, 342. Als wirksam wurde dagegen der formularmäßige Ausschluss der verschuldensunabhängigen Gewährleistung des Vermieters für anfängliche Mängel der Mietsache (§ 536a Abs. 1 Fall 1) in einem gewerblichen Mietvertrag angesehen, BGH v. 11.10.2001 – VII ZR 475/00, NJW 2002, 749 (750). MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 38 m.w.N.; näher § 309 Nr. 7 Rz. 25; § 307 Rz. 307 ff. Grundlegend BGH v. 8.3.1984 – VII ZR 349/82, BGHZ 90, 273 = NJW 1984, 1750.

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Wertungsmöglichkeiten ausreichend Rechnung getragen werden könne1540. Das ist bei den strikten Verboten des § 309 nicht der Fall. Diese sollen aber nach herrschender Auffassung Indizien für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr1541 und jedenfalls dann grundsätzlich zu beachten sein, wenn sie Konkretisierungen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 sind1542. Auch wenn zugleich anerkannt wird, dass die besonderen Gegebenheiten des Rechtsverkehrs zwischen Unternehmern eine eigenständige Beurteilung der involvierten Interessen gebieten1543, wird den Katalogtatbeständen im Ergebnis generell eine ganz erhebliche Ausstrahlungswirkung auf die allgemeinen Maßstäbe der Inhaltskontrolle nach § 307 zugebilligt (vgl. bereits oben Rz. 163 f.). 382

Diese zur grundsätzlichen Berücksichtung der speziellen Klauselverbote im unternehmerischen Geschäftsverkehr tendierende Vorgehensweise, die ihnen fast schon eine Art Vermutungswirkung zubilligt mit der Folge, dass sie nur im Ausnahmefall vom Verwender widerlegt werden könnten1544, erscheint nicht unproblematisch1545, zumal der Wortlaut des § 310 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 (zunächst) nur die (prinzipielle) Anwendbarkeit der Generalklausel auf die in den Katalogtatbeständen behandelten Sachverhalte klarstellt1546. Doch wird man den speziellen Klauselverboten auch für den unternehmerischen Verkehr jedenfalls die Funktion als Aufgreifkriterien für eine eingehende Inhaltskontrolle zubilligen 1540 Palandt/Grüneberg Rz. 40; Koch/Stübing § 9 AGBG Rz. 8; Stoffels Rz. 556; krit. Lutz S. 28 ff. 1541 Vgl. insb. BGH v. 8.3.1984 – VII ZR 349/82, BGHZ 90, 273 (278) = NJW 1984, 1750 (1751); BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, NJW 1988, 1785 (1788); BGH v. 27.2.1985 – VIII ZR 85/84, NJW 1985, 2693 (2695); BGH v. 27.6.2007 – XII ZR 54/05, NJW 2007, 3421 (3422); BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774 (Indizwirkung eines Verstoßes gegen die Klauselverbote für Unwirksamkeit auch im unternehmerischen Verkehr); fortgeführt durch BGH v. 19.6.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 m. Anm. Gsell EWiR 2014, 147; zust. MünchKomm/Wurmnest Rz. 77; MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 8 a.E.; a.A. Acker/Bopp BauR 2009, 1041 (1048 f.); Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441 (445); Wolf/Pfeiffer Rz. 185 m.w.N.; krit. auch Stoffels Rz. 557. 1542 BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 (328); BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774 (3775); BGH v. 25.10.1995 – VIII ZR 258/94, NJW 1996, 389; Palandt/Grüneberg Rz. 40. 1543 BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 f. 1544 In diese Richtung Palandt/Grüneberg Rz. 40, der darauf verweist, der Verwender könne dartun, dass im Ergebnis keine unangemessene Benachteiligung des anderen Teils vorliege; ähnlich Stoffels Rz. 554, der es generell für „nahe liegend“ hält, dass eine nach §§ 308, 309 zu beanstandende Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr unwirksam ist (vgl. aber auch Rz. 557: Indizwirkung „nicht unproblematisch“); unklar von Hoyningen-Huene, der einerseits erklärt, der Verstoß gegen ein spezielles Klauselverbot könne „im Einzelfall auch im kaufmännischen Verkehr“ zur Unwirksamkeit der Klausel führen (Rz. 305), andererseits in einem solchen Verstoß einen „wesentlichen Anhaltspunkt“ für die Unwirksamkeit der Klausel sieht, die aber „im Einzelfall … im kaufmännischen Verkehr gleichwohl wirksam“ sei (Rz. 306). 1545 Krit. gegenüber der vielfach befürworteten Indizwirkung bereits Bunte NJW 1987, 921 (925); Ohlendorf-von Hertel S. 109 ff.; Rabe NJW 1987, 1978 (1982) sowie in neuerer Zeit prononciert Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441 (445); Acker/Bopp BauR 2009, 1041 (1048 f.); Wolf/Pfeiffer Rz. 185 m.w.N. 1546 Vgl. MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 7 (Vermeidung des Umkehrschlusses und Ermunterung des Richters zur Prüfung, ob die im Verkehr mit Verbrauchern stets unzulässige Klausel im konkreten Fall auf Grund einer „Parallelwertung in der Unternehmersphäre“ auch im unternehmerischen Bereich als nach § 307 unwirksam anzusehen sei).

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müssen. Eine weiter gehende Indiz- oder gar Vermutungswirkung darf ihnen aber nicht pauschal, sondern nur bezogen auf das einzelne Klauselverbot und nach eingehender Prüfung der Übertragbarkeit entnommen werden. Denn bestimmte Rechtsgedanken oder Rechte, die bei Verbrauchergeschäften wesentlich sind, können im Verkehr zwischen Unternehmen einen gänzlich anderen Stellenwert haben, etwa weil Haftungsrisiken auf nachfolgende Marktstufen abgewälzt1547 oder wegen der Vielzahl von Vertragsschlüssen auch für den Vertragspartner über Versicherungen abgesichert werden können. Grundsätzlich entsprechend anwendbar im unternehmerischen Geschäftsverkehr sind die Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit. Wegen des gleichermaßen gebotenen Schutzes vor unangemessenen Einschränkungen der Dispositionsfreiheit des Vertragspartners sind dem Verwender hier regelmäßig keine längeren Annahmefristen (§ 308 Nr. 1) als bei Geschäften mit Verbrauchern zuzubilligen1548, während längere Leistungsfristen oder kompliziertere Fristenberechnungen nicht unbedingt zu beanstanden sind1549. Die Ausübung von Rücktritts- und Kündigungsrechten darf ebenfalls nicht durch übermäßig hohe pauschalierte Aufwendungsersatz- und Vergütungsansprüche erschwert werden1550. Das vorrangige Interesse an einer raschen Geschäftsabwicklung und Klärung der Vertragssituation kann zwar kürzere Nachfristsetzungen (§ 308 Nr. 2), aber keinen völligen Verzicht darauf rechtfertigen1551. Ebenso sind bei Erklärungsfiktionen (§ 308 Nr. 5) gewisse Modifikationen bei der Ausgestaltung des Hinweises und der Bemessung der Erklärungsfrist, aber letztlich keine wesentlich geringeren Anforderungen gerechtfertigt1552. Einschränkungen der vertraglichen Bindung (§ 308 Nr. 3) sind im Rahmen handelsüblicher Selbstbelieferungs- und Lieferfähigkeitsklauseln gestattet, dürfen aber nicht auf ein willkürliches Lösungsrecht hinauslaufen1553. Die ergänzende Regelung des § 308 Nr. 8 hat dagegen wegen der weiten Verbreitung und Üblichkeit von Selbstbelieferungs- und Vorratsklauseln im unternehmerischen Rechtsverkehr keine Indizwirkung1554. Bei Leistungsänderungsvor-

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Vgl. Palandt/Grüneberg Rz. 40. Siehe BGH v. 19.12.2007 – XII ZR 13/06, NJW 2008, 1148 (1149). Erman/Roloff § 308 Rz. 12; Palandt/Grüneberg § 308 Rz. 10. § 308 Nr. 7 stellt eine wertungsmäßige Konkretisierung der Generalklausel dar, näher § 308 Nr. 7 Rz. 24 m.w.N.; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 7 Rz. 1; siehe auch Palandt/Grüneberg § 308 Rz. 41; einschränk. Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 Rz. 80. Vgl. BGH v. 18.12.1985 – VIII ZR 47/85, NJW 1986, 842 (843); OLG Köln v. 25.11.1988 – 6 U 69/88, WM 1989, 526. Vgl. BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722 (3725 f.) (Indizwirkung des § 308 Nr. 5 im unternehmerischen Geschäftsverkehr); Erman/Roloff § 308 Rz. 51; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 Rz. 16 („Der Rechtsgedanke der Nr. 5 gilt grundsätzlich auch für Verträge mit Unternehmern“); vgl. aber § 308 Nr. 5 Rz. 12 (Hinweis auf Bedeutung des Schweigens entbehrlich). Vgl. BGH v. 29.10.2008 – VIII ZR 258/07, NJW 2009, 575 (576) (Rücktrittsrecht ohne sachlichen Grund bei Software-Leasing); BGH v. 14.11.1984 – VIII ZR 283/83, ZIP 1985, 105 (106) (keine unangemessene Benachteiligung durch Selbstbelieferungsvorbehalt, da kraft Verkehrssitte auf Fälle nicht zu vertretender Nichtbelieferung trotz Abschlusses eines kongruenten Deckungsgeschäfts beschränkt); OLG Köln v. 28.2.1997 – 19 U 194/95, NJW-RR 1998, 926 (Unwirksamkeit eines jederzeitigen Stornierungsrechts vor Erhalt der Ware für Besteller von Software); Erman/Roloff § 308 Rz. 29; siehe dazu auch Wiese VuR 2008, 161; näher § 308 Nr. 3 Rz. 18. Erman/Roloff § 308 Rz. 69 a.E.; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 8 Rz. 5; näher § 308 Nr. 8 Rz. 8.

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behalten (§ 308 Nr. 4) können teilweise größere Spielräume als im Rechtsverkehr mit Verbrauchern bestehen, doch dürfen auch die unternehmerischen Vertragspartner insoweit nicht schutzlos gestellt werden (vgl. im Einzelnen Rz. 173 ff.; § 308 Nr. 4 Rz. 12)1555. Teilweise sind die unternehmerischen Vertragspartner aber sogar in besonderem Maße auf die exakte Einhaltung der vereinbarten Leistung angewiesen1556, so dass sie durch einen Änderungsvorbehalt unangemessen benachteiligt werden. In bestimmten Fällen sprechen (zusätzliche) übergeordnete Gesichtspunkte wie etwa das Bedürfnis des Kapitalmarkts nach einheitlichen, standardisierten Wertpapierbedingungen für eine Gleichbehandlung zwischen privaten und unternehmerischen Vertragspartnern1557. 384

Die Indizwirkung der Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit beschränkt sich im Wesentlichen auf die Unzulässigkeit von Aufrechnungsverboten (§ 309 Nr. 3)1558, die Unabdingbarkeit einer Nachfristsetzung (§ 309 Nr. 4)1559, die Voraussetzungen für eine Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen1560 (§ 309 Nr. 5) mit Ausnahme des hier entbehrlichen ausdrücklichen Hinweises auf die Möglichkeit des Gegenbeweises1561, die Freizeichnungsverbote nach § 309 Nr. 7 mit Ausnahme von Haftungsbegrenzungen auf die vertragstypischen vorhersehbaren Schäden1562, den Ausschluss von Vertragslösungsrechten der anderen Partei (§ 309 Nr. 8a) sowie (mit gewissen Modifikationen1563) der Mängelhaftung (§ 309 Nr. 8b), die Auswechselung des Vertragspartners (§ 309 Nr. 10), die Ausdehnung der Haftung des Abschlussvertreters (§ 309 Nr. 11)1564 und Änderungen der Beweislastverteilung (§ 309 Nr. 12).

1555 Erman/Roloff § 308 Rz. 37. 1556 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 Rz. 11. 1557 Vgl. BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 (1502 f.) (Unwirksamkeit eines Änderungsvorbehalts zur Berichtigung offensichtlicher Irrtümer in Optionsscheinbedingungen nach § 308 Nr. 4 und in gleicher Weise nach § 307 Abs. 1 und 2 im unternehmerischen Geschäftsverkehr). 1558 BGH v. 27.6.2007 – XII ZR 54/05, NJW 2007, 3421 (3422); Erman/Roloff § 309 Rz. 33; MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 3 Rz. 10. 1559 BGH v. 18.12.1985 – VIII ZR 47/85, NJW 1986, 842 (843); MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 4 Rz. 12. Demgegenüber kann sich der Verwender nach h.M. vom Erfordernis der Mahnung im unternehmerischen Geschäftsverkehr regelmäßig wirksam befreien, Erman/Roloff § 309 Rz. 40b; einschränkend unten § 309 Nr. 4 Rz. 12; a.A. Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 23; Wolf/Dammann § 309 Nr. 4 Rz. 60. 1560 Vgl. BGH v. 28.5.1984 – III ZR 231/82, NJW 1984, 2941 f.; BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1068); BGH v. 21.12.1995 – VII ZR 286/94, NJW 1996, 1209 (1210); BGH v. 11.11.1997 – XI ZR 13/97, ZIP 1998, 20; PWW/Berger § 309 Rz. 31; näher unten § 309 Nr. 5 Rz. 33 ff. 1561 BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, WRP 2003, 981 (987) = NJW-RR 2003, 1056 (1059); Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 32; Erman/Roloff § 309 Rz. 51; a.A. von Westphalen NJW 2002, 12 (20); Koch WM 2002, 2173 (2177). 1562 BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774 (3775); MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 7 Rz. 33 ff. Näher dazu Rz. 302 ff.; § 309 Nr. 7 Rz. 43 ff., 46. 1563 Nicht übertragbar ist § 309 Nr. 8b ee (Ausschlussfrist für Mängelanzeige) wegen des vorrangigen Maßstabs des § 377 HGB, Erman/Roloff § 309 Rz. 117; für eine weitere Anwendung Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 8 Rz. 97; näher § 309 Nr. 8 Rz. 92. Auch das Verbot der Verkürzung gesetzlicher Verjährungsfristen lässt sich nicht pauschal auf den unternehmerischen Rechtsverkehr anwenden, von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Verjährungsklausel) Rz. 23; a.A. Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 77; näher hierzu § 309 Nr. 8 Rz. 98 ff. 1564 Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 11 Rz. 14.

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§ 307 BGB

Dagegen gelten für Preiserhöhungsklauseln im unternehmerischen Verkehr nicht 385 die gleichen strengen Voraussetzungen wie im Verkehr mit Verbrauchern. Vielmehr bestehen insoweit teilweise größere Gestaltungsspielräume1565. Keine maßgebliche Ausstrahlungswirkung kommt auch § 309 Nr. 2 zu. Die in bestimmten Bereichen (insb. bei Auslandsgeschäften) weithin übliche Vereinbarung von Vorleistungspflichten ist auch nach der Schuldrechtsreform bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig1566. Der Umstand, dass die mangelfreie Lieferung nunmehr eine Hauptpflicht des Verkäufers ist, macht den Ausschluss der Einrede des § 320 im unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht ohne weiteres unwirksam1567. Keine Anwendung finden im unternehmerischen Verkehr die speziellen Anforderungen an Vertragsstrafeversprechen nach § 309 Nr. 61568 sowie die starren Höchstfristen für die Laufzeit und Verlängerung von Dauerschuldverhältnissen1569. Auch die Wertung des § 309 Nr. 13 (Form von Anzeigen und Erklärungen) kann nicht ohne weiteres auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr übertragen werden, da wegen des gesteigerten Bedürfnisses nach Rechtsklarheit, aus Gründen der Beweissicherung oder in Fällen eilbedürftiger Mitteilungen ein anerkennenswertes Interesse für die formularmäßige Vorgabe bestimmter Erklärungsformen bestehen kann, deren Beachtung einem Unternehmer auch regelmäßig (eher) zumutbar ist1570. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Kommentierung der §§ 308, 309 verwiesen, in deren Rahmen jeweils auch die Anwendbarkeit im unternehmerischen Verkehr ausführlich behandelt wird.

VII. Besonderheiten bei Verbraucherverträgen Schrifttum: Börner Die „Heilung“ von AGB durch die Berücksichtigung vertragsabschlussbegleitender Umstände nach § 24a Nr. 3 AGBG, JZ 1997, 595; Borges Die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen, 2000; Borges Die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen nach § 24a AGBG, DZWiR 1997, 402; Borges AGB-Kontrolle durch den EuGH NJW 2001, 2061; Brandner Maßstab und Schranken der Inhaltskontrolle bei Verbraucherverträgen, MDR 1997, 312; Burckhard Das AGB-Gesetz unter dem Einfluss der EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln, 2000; Förster Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in §§ 312 ff. BGB – Eine systematische Darstellung für Studium und Examen – Teil I, JA 2014, 721; Franzen Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, 1999; Hart Verbraucherrechtliche Grundlagen des AGBG, Jura 2001, 649; Heiderhoff Die Berücksichtigung des Art. 3 Klauselrichtlinie bei der AGB-Kontrolle, WM 2003, 509; Kapnopoulou Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, 1997; Meller-Hannich Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005; Michalski Die Berücksichtigung von vertragsabschlussbegleitenden Umständen nach § 24a Nr. 3 AGB-Gesetz, DB 1999, 677; Nobis

1565 BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, BGHZ 201, 230 = NJW 2014, 2708; BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 350; Erman/Roloff § 309 Rz. 17; Hilber BB 2011, 1691 ff.; Wolf ZIP 1987, 341 (342 ff.) (keine auch nur mittelbare Bedeutung des § 309 Nr. 1); Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 9; vgl. bereits oben Rz. 183 sowie zu Einzelheiten § 309 Nr. 1 Rz. 45 ff. m.w.N. 1566 Vgl. BGH v. 16.10.1984 – X ZR 97/83, NJW 1985, 319 (320); Erman/Roloff § 309 Rz. 26; Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 2 Rz. 10. 1567 Erman/Roloff § 309 Rz. 26; a.A. von Westphalen NJW 2002, 12 (20). 1568 Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 38; Erman/Roloff § 309 Rz. 58a m.w.N. 1569 BGH v. 17.12.2002 – X ZR 220/01, NJW 2003, 886 (887); MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 9 Rz. 21; näher unten § 309 Nr. 9 Rz. 22; Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 9 Rz. 25. 1570 Vgl. MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 13 Rz. 6; Erman/Roloff § 309 Rz. 159; Palandt/Grüneberg § 309 Rz. 111; vgl. auch § 309 Nr. 13 Rz. 12.

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Missbräuchliche Vertragsklauseln in Deutschland und Frankreich, 2005. Weitere Angaben vor Einl. Rz. 87, § 310 Rz. 36.

1. Verbraucherschutz durch Inhaltskontrolle vorformulierter Klauseln a) Ausgangspunkt 386

Im Schutz der Verbraucher vor unangemessenen Bestimmungen in AGB lag schon immer – zumindest faktisch – ein Schwerpunkt der AGB-Kontrolle. Die besondere Schutzbedürftigkeit dieses Personenkreises im Hinblick auf typischerweise bestehende Informationsasymmetrien, fehlende Geschäftserfahrung, Verhandlungs- und Durchsetzungsstärke sowie die wirtschaftliche Unterlegenheit gegenüber unternehmerisch handelnden AGB-Verwendern war für den Gesetzgeber aber (zunächst) kein Grund für die Einführung eines speziellen rechtlichen Maßstabs der Inhaltskontrolle für Verbraucherverträge. Vielmehr gab es lediglich Erleichterungen für den kaufmännischen (seit 1998 unternehmerischen) Geschäftsverkehr, indem namentlich die speziellen Klauselverbote – anders als im Verhältnis zu Verbrauchern, aber auch im Unterschied zum privaten Geschäftsverkehr zwischen Verbrauchern – für unanwendbar erklärt wurden. Besonderen Schutzbedürfnissen bestimmter Personenkreise konnte (und kann) im Rahmen gruppentypischer Differenzierungen bei der Anwendung der allgemeinen Maßstäbe des früheren § 9 AGBG (jetzt § 307) Rechnung getragen werden (vgl. oben Rz. 111).

387

Erst die Umsetzung der europäischen Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (RL 93/13/EWG) hat mit der am 25.7.1996 in Kraft getretenen Sondervorschrift des § 24a AGBG (jetzt § 310 Abs. 3) den Verbraucherschutz als eigenständigen tragenden Gedanken im AGB-Recht verwirklicht. Die maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruhen dabei auf dem Konzept eines „rollenspezifischen Unterlegenheitsschutzes“1571. Erfasst werden Verträge, die eine natürliche Person zu anderen als geschäftlichen oder beruflichen Zwecken mit einem gewerblich handelnden Anbieter (Unternehmer) abschließt (Art. 2b und c RL 93/13/EWG)1572. Die private Zwecksetzung einerseits und die rechtsgeschäftliche Begegnung mit einem Unternehmer andererseits konstituieren den Verbrauchervertrag, der im Hinblick auf die Verwendung vorformulierter Klauseln einer Inhaltskontrolle unterworfen wird. Die Schutzbedürftigkeit als typischerweise schwächerer Vertragspartner hängt somit nicht von der (abstrakten) Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe ab, die durch einen besonderen sozialen, wirtschaftlichen, intellektuellen oder rechtlichen Status qualifiziert wird, sondern leitet sich aus der asymmetrischen Zwecksetzung und unter-

1571 Hommelhoff/Wiedenmann ZIP 1993, 562 (565); Staudinger/Schlosser § 310 Rz. 25; vgl. auch Erwägungsgrund 6 der RL (Schutz des Bürgers „in seiner Rolle als Verbraucher“); rechtspolitische Kritik z.B. bei H. Roth JZ 1999, 529 (531). 1572 Näher zum europäischen Verbraucherbegriff Meller-Hannich S. 73 ff. m.w.N. Dass der deutsche Gesetzgeber mit § 13 bewusst darüber hinaus gegangen ist (Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040 S. 243) und auch die unselbständige berufliche Zwecksetzung in die Verbraucherdefinition einbezieht, ist unter gemeinschaftsrechtlichen Aspekten unbedenklich, da das europäische (Verbraucher-) Recht insoweit nur einen Mindestschutz vorgibt, Meller-Hannich S. 126. Zur äußerst umstr. Frage der Verbrauchereigenschaft des Arbeitnehmers vgl. Anh. § 310 Rz. 12 ff.

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schiedlichen Rolle der Beteiligten beim Vertragsschluss ab1573. Das Aufeinandertreffen einer zweckrationalen ökonomischen Motivation des Unternehmers mit der Verfolgung privater Zwecke, die nicht dem modellhaften Entscheidungskalkül des homo oeconomicus entspricht, durch den Verbraucher führt aber erst in Verbindung mit einem inhaltlichen (auf den Vertragstyp)1574 oder situativen (auf den Vertragsabschluss bezogenen) Element zum Eingreifen eines (spezifisch) verbraucherschutzrechtlichen Instruments. Letzteres ist der Fall bei der Inhaltskontrolle missbräuchlicher Vertragsklauseln, da diese an einen Vertragsschluss unter Verwendung vorformulierter Vertragsklauseln anknüpft, auf deren Inhalt der Verbraucher keinen Einfluss nehmen konnte (Art. 3 Abs. 2 RL 93/13/EWG). Die Einführung der Sondervorschrift für Verbraucherverträge (§ 24a AGBG, jetzt § 310 Abs. 3) hat entgegen manchen Stimmen in der Literatur keine grundlegende Änderung von Inhalt und Schutzzweck der AGB-Kontrolle bewirkt1575, sondern nur zu Modifikationen in der Reichweite (§ 310 Abs. 3 Nr. 1, 2) sowie beim Prüfungsmaßstab (§ 310 Abs. 3 Nr. 3) geführt. Von einem Paradigmenwechsel bei der Inhaltskontrolle in Bezug auf Verbraucherverträge – etwa mit der Folge einer (generell) gespaltenen Bedeutung der nach wie vor gleich lautenden Vorschriften des § 307 bei Anwendung auf Verbraucherverträge einerseits und auf sonstige Verträge andererseits – kann keine Rede sein. Etwaige gebotene Differenzierungen können ohne weiteres im Rahmen der gruppentypischen Anwendung der Unangemessenheitskriterien im Rahmen des § 307 vorgenommen werden (vgl. oben Rz. 111).

388

b) Regelungsgegenstand und Anwendungsbereich des § 310 Abs. 3 Für die Inhaltskontrolle der Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher1576 (Verbraucherverträge) trifft § 310 Abs. 3 drei besondere Regelungen: Zum einen verzichtet die Vorschrift auf zwei Voraussetzungen, die sonst zum Begriff der AGB gehören, nämlich das „Stellen“ der Vertragsbedingungen (§ 310 Abs. 3 Nr. 1) und die Vorformulierung für eine „Vielzahl“ von Verträgen (§ 310 Abs. 3 Nr. 2) und erweitert damit deren Anwendungsbereich auf sog.

1573 Vgl. ausführlich Meller-Hannich S. 119 ff., 133 (zum Verbraucherbegriff des BGB), die zu Recht betont, dass die Rollenbezogenheit des Verbraucher- wie des Unternehmerbegriffs „nicht rollensoziologisch verstanden“ werden darf, a.a.O., S. 141; ausführlich zu den unterschiedlichen Konzepten des Verbrauchers („strukturell unterlegen, informiert und aufgeklärt, situativ schutzbedürftig“) MünchKomm/Micklitz Vor §§ 13, 14 Rz. 67 ff. m.w.N. 1574 So z.B. bei den europäischen RL über Teilzeitwohnrechte und Verbraucherkreditverträge. 1575 So u.a. auch Eckert ZIP 1996, 1238 (1241); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 166; a.A. aber z.B. Hommelhoff/Wiedenmann ZIP 1993, 562 (571); tendenziell wohl auch Staudinger/Coester Vorbem. zu §§ 307–309 Rz. 7 (Nebeneinander zweier inhaltlich überlappender, konzeptionell aber verschiedener Schutzansätze gegen AGB); prononciert Hellwege S. 563 ff., 599 f., der strikt zwischen individuellem und überindividuellem Schutzkonzept trennt, wobei Ersteres an einseitig gestellte Vertragsbedingungen, Letzteres an zur Mehrfachverwendung vorgesehene AGB anknüpft (vgl. dazu krit. bereits oben Rz. 114), und in § 310 Abs. 3 den Anfang vom Ende des AGB-Begriffs als Systembegriff des BGB sieht (a.a.O. S. 600). 1576 Es gelten die Legaldefinitionen in §§ 13, 14; näher hierzu § 310 Rz. 14 ff., 52 ff.

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Drittbedingungen1577 sowie vorformulierte Einzelverträge1578. Zum anderen wird der materielle Prüfungsmaßstab modifiziert, indem bei Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung „auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen“ sind (§ 310 Abs. 3 Nr. 3). Diesen gewissermaßen „verbraucherspezifischen“ Maßstab der Inhaltskontrolle gilt es im Folgenden im Hinblick auf seinen Inhalt und Anwendungsbereich näher zu beleuchten, während für die tatbestandliche Erfassung der Weiterungen der Inhaltskontrolle auf die Kommentierung der Nr. 1 und Nr. 2 im Rahmen des § 310 Abs. 3 verwiesen wird (§ 310 Rz. 36 ff.). 390

Abgesehen von den auch insoweit geltenden Bereichsausnahmen des § 310 Abs. 4 Satz 1 für Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts1579, ist die Sondervorschrift für Verbraucherverträge und damit auch der besondere individuell-konkrete Kontrollmaßstab des § 310 Abs. 3 Nr. 3 in seinem sachlichen Anwendungsbereich nicht auf bestimmte Vertragstypen beschränkt. § 310 Abs. 3 erfasst grundsätzlich alle Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern1580, auch wenn die europäische Klauselrichtlinie in Art. 4 Abs. 1 und zahlreichen Erwägungsgründen nur von Verträgen über Waren oder Dienstleistungen spricht1581. Die Frage, ob sie tatsächlich nur einen entsprechend eingeschränkten Anwendungsbereich hat, wird nicht einheitlich beurteilt, kann jedoch dahingestellt bleiben, da der deutsche Gesetzgeber wegen Art. 8 RL 93/13/EWG jedenfalls befugt war, über das (Mindest-)Schutzniveau der Klauselrichtlinie hinauszugehen und einen stärkeren Verbraucherschutz zu verwirklichen1582.

391

Nach den allgemeinen Grundsätzen einzubeziehen sind auch einseitige Rechtsgeschäfte des Verbrauchers, soweit sie auf einer Vorformulierung des Unternehmers oder eines Dritten beruhen (§ 310 Rz. 45). Die in der Literatur teilweise befürwortete pauschale Erstreckung der Inhaltskontrolle auch auf einseitige 1577 Dabei handelt es sich um die von einer neutralen (keiner Vertragspartei zuzurechnenden) Person (wie z.B. einem Notar) für eine Vielzahl von Fällen entworfenen Klauseln (AGB); diese gelten als vom Unternehmer gestellt, solange der Verbraucher selbst die Klauseln nicht vorgegeben hat, vgl. zu den Einzelheiten dieser Fiktion des „Stellens“ der AGB § 310 Rz. 69 ff. 1578 Die Vorformulierung für einen einzigen Vertrag erfüllt nicht die Definition der AGB in § 305 Abs. 1; ihre Einbeziehung in die Inhaltskontrolle durchbricht daher das ursprüngliche Konzept des AGBG, vgl. näher § 310 Rz. 79 ff. 1579 Gleiches gilt für Tarifverträge sowie Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Die Anwendung auf Arbeitsverträge (§ 310 Abs. 4 Satz 2) hängt davon ab, ob dem Arbeitnehmer bei Verträgen mit seinem Arbeitgeber die Eigenschaft als „Verbraucher“ zukommt. Das BAG hat diese äußerst umstrittene Frage – nach anfänglichem Zögern (offen gelassen noch in BAG v. 27.11.2003 – 2 AZR 135/03, NJW 2004, 2401 [2404]) – nunmehr bejaht, BAG v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NJW 2005, 3305 (3308 f.); näher zum Meinungsstand Anh. § 310 Rz. 12 ff. m.w.N. 1580 Näher zum sachlichen Anwendungsbereich § 310 Rz. 45 f. 1581 Vgl. die Erwägungsgründe 1, 1, 5–7, 9. 16, 18, 19; für entsprechende Begrenzung des Anwendungsbereichs der RL Kappus NJW 1994, 1847 (1848); a.A. (Geltung der RL für alle Vertragsarten) namentlich Pfeiffer NJW 1996, 3297 (3301); MünchKomm/ Wurmnest § 310 Rz. 34; Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 24a AGBG Rz. 24; Wolf/Pfeiffer RL Art. 1 Rz. 29 m.w.N. 1582 So auch Staudinger/Schlosser § 310 Rz. 51; vgl. § 310 Rz. 45. Nach EuGH v. 3.6.2010 – Rs. C-484/08, NJW 2010, 2265 (Ausbanc) gilt das auch für den Bereich der vertragsgegenständlichen Hauptleistung und des Preis-/Leistungsverhältnisses (Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG).

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Rechtsgeschäfte des Unternehmers, sofern sie sich auf einen Verbrauchervertrag beziehen1583, ist dagegen abzulehnen1584. Denn in diesen Fällen beruht die fehlende Einflussmöglichkeit des Verbrauchers auf den Inhalt des Vertrages nicht – wie es die Richtlinie als Legitimation für das Eingreifen der Inhaltskontrolle voraussetzt1585 – auf der Vorformulierung, sondern schlicht auf dem Umstand, dass es sich um eine einseitige Erklärung des Unternehmers handelt. Es besteht kein Grund, bei Verbraucherverträgen insoweit von den allgemeinen Grundsätzen abzuweichen, die zur (zumindest analogen) Anwendbarkeit des AGB-Rechts führen, wenn es sich bei einer Klausel nur scheinbar um eine einseitige Erklärung handelt, die aber in Wahrheit in die vertragliche Regelung eingehen oder sie modifizieren soll (vgl. § 305 Rz. 16 ff.).

2. Verbraucherspezifische Maßstäbe der Inhaltskontrolle a) Die Vorgaben der Klauselrichtlinie Die Missbräuchlichkeit einer nicht im Einzelnen ausgehandelten Klausel in einem Verbrauchervertrag beurteilt sich nach Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG danach, ob sie „entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht“. Für die Prüfung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel gibt sodann Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG explizit eine Reihe von Kriterien vor, die dabei zu berücksichtigen sind, nämlich die Art der vertragsgegenständlichen Güter oder Dienstleistungen, alle den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie alle anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt. Zusätzlich enthält der Anhang zu Art. 3 RL 93/13/EWG eine „als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste von Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können“ (Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG). Diese Klauselbeispiele sind zwar für die Mitgliedstaaten bei Umsetzung der Richtlinie nicht verbindlich, begründen also nicht zwingend deren Unzulässigkeit, verdeutlichen aber Wertungen und entfalten daher insoweit eine gewisse Indizwirkung für die Unangemessenheit entsprechender Vertragsbedingungen in Verbraucherverträgen1586. Zusätzliche Hinweise auf die Auslegung des Tatbestands der missbräuchlichen Klauseln lassen sich den Erwägungsgründen der Richtlinie entnehmen, insb. Nr. 16, 18 und 19.

392

Die unterschiedlichen Formulierungen des Maßstabs der Inhaltskontrolle in der europäische Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen einerseits und des deutschen Rechts in § 307 Abs. 1 und 2 andererseits werfen

393

1583 Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 11; Heinrichs NJW 1996, 2190 (2194); Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 24a AGBG Rz. 25. 1584 Gegen eine generelle Einbeziehung einseitiger Erklärungen auch MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 32, der zutr. darauf abstellt, ob nach dem Empfängerhorizont der Inhalt eines (vor-)vertraglichen Rechtsverhältnisses geregelt werden soll. 1585 Nach Art. 3 Abs. 2 RL 93/13/EWG liegt eine nach Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG kontrollfähige Vertragsklausel, „die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde“, immer dann vor, wenn sie „im Voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb … keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte“ (Hervorhebung hinzugefügt). 1586 Wolf/Pfeiffer RL Art. 3 Rz. 32; vgl. auch Vor § 307 Rz. 23, § 310 Rz. 94 m.w.N. Die einzelnen Beispiele missbräuchlicher Klauseln werden jeweils im Sachzusammenhang mit den einschlägigen Klauselverboten der §§ 308, 309 erläutert, vgl. die Übersicht in § 310 Rz. 95.

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die Frage nach etwaigen Divergenzen auf1587, die im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Rechts aufzulösen wären1588, sofern die Bestimmungen der Richtlinie „strenger“ sind, d.h. ein „höheres Schutzniveau für die Verbraucher“ begründen (vgl. Art. 8 RL 93/13/EWG). Gleiches gilt für die Abgrenzung des kontrollfreien Bereiches nach § 307 Abs. 3. Dieser weicht ebenfalls von der Umschreibung in Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG ab, der (nur) den Hauptgegenstand des Vertrages und die Angemessenheit des Preis-/Leistungsverhältnisses – vorbehaltlich der Klarheit und Verständlichkeit der entsprechenden Klauseln – von der Inhaltskontrolle ausnimmt. Die gesetzlichen Änderungen im Zuge des SMG, insbesondere die ausdrückliche Aufnahme des Transparenzgebotes in den Normtext (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2), mit denen der Gesetzgeber den Anforderungen des EuGH nach klarer und eindeutiger Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht nachkam1589, haben das Spannungsverhältnis insoweit erheblich gemildert, aber nicht völlig beseitigt (dazu Rz. 394 ff.). Bedarf für eine richtlinienkonforme Auslegung im Bereich der Generalklausel1590 könnte aber insbesondere bei den Missbrauchskriterien der Art. 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG einschließlich der aus dem Beispielskatalog im Anhang abzuleitenden Wertungen bestehen (dazu Rz. 397 ff.). Besonderes Augenmerk ist auf die Bedeutung und Reichweite des individuell-konkreten Prüfungsmaßstabs nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 zu richten (dazu Rz. 402 ff.). Für den nach § 310 Nr. 1 und Nr. 2 erweiterten Anwendungsbereich ist zu klären, ob sich die für AGB vorgeschriebene Inhaltskontrolle ohne weiteres übertragen lässt (Rz. 403 ff.). Bei alledem bleibt zu beachten, dass die Richtlinie nur einen einheitlichen Mindestschutz (Art. 8 RL 93/13/EWG) für Verbraucher verwirklichen will, so dass strengere Schutzvorschriften ohne weiteres zulässig sind1591. b) Richtlinienkonforme Auslegung des § 307 aa) Schranken der Inhaltskontrolle und Transparenzgebot 394

Die Klauselrichtlinie steckt zwar den kontrollfreien Bereich in ihrem Art. 4 Abs. 2 mit dem „Hauptgegenstand des Vertrages“ und der Angemessenheit des Preis-/Leistungsverhältnisses (vorbehaltlich ihrer Transparenz) sowie in Art. 1 Abs. 2 hinsichtlich deklaratorischer Klauseln teilweise deutlicher als die Formulierung in § 307 Abs. 3 Satz 1 ab. In der Sache bestehen jedoch so gut wie keine Unterschiede1592, so dass die ganz herrschende Auffassung schon vor dem SMG 1587 Siehe dazu auch Staudinger/Coester Rz. 106. 1588 Vgl. allgemein zum Gebot richtlinienkonformer Auslegung des AGB-Rechts und seiner Reichweite Einl. Rz. 96 ff. Die Flexibilität der Generalklausel dürfte es ausschließen, dass im (theoretischen) Konfliktfall eine solche Auslegung nicht möglich sein sollte, Heinrichs NJW 1996, 2190 (2196); in diese Richtung auch Staudinger/Coester Rz. 80. 1589 EuGH v. 10.5.2001 – Rs. C-144/99, Slg. 2001, I 3558, 3566 = NJW 2001, 2244 (Kommission/Niederlande), vgl. näher Einl. Rz. 97 m.w.N. 1590 Vgl. zu weiteren Bereichen Einl. Rz. 97 f., § 310 Rz. 43 (§§ 306 Abs. 3, 308 Nr. 5, 309 Nr. 8b ff). 1591 EuGH v. 3.6.2010 – Rs. C-484/08, NJW 2010, 2265 (Ausbanc); BGH v. 22.11.2000 – IV ZR 235/99, NJW 2001, 1132 (1133); Stoffels Rz. 44 a.E. 1592 Einen konkretisierenden Hinweis für die Transparenzanforderungen bei Leistungsbeschreibungen enthält Erwägungsgrund 19, der das Erfordernis einer „deutlichen“ Festlegung des versicherten Risikos bei Versicherungsverträgen betont; näher zur Inhaltskontrolle von Versicherungsverträgen Teil 2, (54) Versicherungsbedingungen (AVB).

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zutreffend beide Regelungen für (im Wesentlichen) übereinstimmend hielt (vgl. bereits oben Rz. 15 m.w.N.). Mit der ausdrücklichen Verankerung des Transparenzgebots im Normtext des Abs. 3 Satz 2 hat sich das Bedürfnis für eine etwaige richtlinienkonforme Bestimmung des kontrollfreien Bereichs praktisch erledigt. Da es insoweit nicht um verbraucherspezifische Aspekte geht, ist dem Vorschlag zuzustimmen, die deutlichere Formulierung des Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG nicht nur für Verbraucherverträge, sondern generell als „autoritative Leseanleitung“ für Abs. 3 zu begreifen1593. Im Rahmen der Generalklausel des § 307 Abs. 1 hat der deutsche Gesetzgeber 395 die Unklarheit und Unverständlichkeit von Klauseln (Satz 2) allerdings als Unterfall der unangemessenen Benachteiligung angesiedelt, während die Transparenzkontrolle nach der Klauselrichtlinie (Art. 5 Satz 1 RL 93/13/EWG) als eigenständige Kategorie erscheint (vgl. bereits Vor § 307 Rz. 21 f.)1594. Daraus resultiert die Frage, ob die Feststellung der Unangemessenheit einer unklaren oder unverständlichen Klausel (zusätzlich) die Identifizierung einer materiellen Benachteiligung (und damit scheinbar mehr als nach der Richtlinie) voraussetzt oder ob schon allein die Intransparenz eine Klausel unwirksam macht. Die Frage ist umstritten1595. Nach dem hier vertretenen Ansatz bestehen in der Sache praktisch keine Differenzen, da § 307 Abs. 1 Satz 2 in Bezug auf (auch) abschlussrelevante Klauseln als unwiderlegliche Vermutung der unangemessenen Benachteiligung zu lesen ist, da dem Vertragspartner wegen der Intransparenz per se alternative Marktchancen entgangen sind und bereits darin eine unangemessene Benachteiligung liegt (näher Rz. 332). Daher kann auch eine nachträgliche Beseitigung der Intransparenz einer Klausel deren Unwirksamkeit bei einem bereits geschlossenen Vertrag nicht heilen, selbst wenn der Verwender zu einer nachträglichen Vertragsergänzung befugt ist1596. Bezüglich solcher Klauseln, die ausschließlich die Abwicklung des Vertrags betreffen, ist zwar nach deutschem Recht eine relevante Beeinträchtigung festzustellen. Diese wird aber in den meisten Fällen vorliegen (vgl. Rz. 334, 342 f.). Zudem spricht einiges dafür, dass auch das gemeinschaftsrechtliche Transparenzgebot lediglich formell unklare Klauseln ohne materiell beeinträchtigende Wirkung nicht per se der Unwirksamkeitssanktion unterwirft (vgl. näher Rz. 354). Klarheit über die Reichweite des gemeinschaftsrechtlichen Transparenzgebotes, seine Rechtsfolgen und sein Verhältnis zum Missbräuchlichkeitstatbestand des Art. 3 RL 93/13/EWG kann aber nur eine Entscheidung des EuGH herbeiführen. Auch in der Sache stellt das europäische Transparenzgebot jedenfalls keine höheren Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit von vorformulierten

1593 Stoffels Rz. 427 und oben Rz. 15. 1594 Dies hängt u.a. damit zusammen, dass Art. 5 RL 93/13/EWG insoweit nicht hinreichend zwischen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle trennt und dementsprechend auch die Rechtsfolgen der Intransparenz offen lässt, vgl. Wolf/Pfeiffer RL Art. 5 Rz. 1, 8. 1595 Für bloße Intransparenz als Unwirksamkeitsgrund Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 175; BGH v. 5.11.1998 – III ZR 95/97, ZIP 1998, 2059 („Barter System“); dagegen Bamberger/Roth/Hubert Schmidt Rz. 42; Palandt/Grüneberg Rz. 24; Staudinger/ Coester Rz. 174; Stoffels Rz. 564; Wolf/Pfeiffer Rz. 250; im Ergebnis auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 56. 1596 Vgl. BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, ZIP 2005, 2109 (keine wirksame Ersetzung einer intransparenten Klausel durch eine inhaltsgleiche transparente Bestimmung im Treuhänderverfahren nach VVG); näher oben Rz. 363 ff.

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Klauseln als das deutsche AGB-Recht1597. Verlangt wird, dass der Verbraucher die Möglichkeit erhält, tatsächlich „von allen Vertragsklauseln Kenntnis zu nehmen“ (Erwägungsgrund 20), was durch die Einbeziehungskontrolle nach § 305 Abs. 2 gewährleistet ist. Hinzu kommt das Gebot verbraucherfreundlicher Auslegung bei Unklarheiten (Art. 5 Satz 2 RL 93/13/EWG), das schon immer fester Bestandteil des deutschen AGB-Rechts war (§ 5 AGBG, jetzt § 305c Abs. 2). Zur weiteren Konkretisierung der Transparenzanforderungen ist (wohl) entsprechend der Rechtsprechung des EuGH zum Wettbewerbsrecht auf den sorgfältigen und aufmerksamen Verbraucher abzustellen1598. Da die deutsche Rechtsprechung an die Aufmerksamkeit und Sorgfalt des Verbrauchers sicherlich keine höheren Anforderungen stellt1599, bewirkt die RL 93/13/EWG keinen weiter gehenden Schutz als das nationale Recht. Somit erweisen sich die Unterschiede in der Formulierung des bei der materiellen Inhaltskontrolle zu beachtenden Transparenzgebots als lediglich terminologische Differenz ohne Unterschied in der Substanz. bb) Die Maßstäbe der Missbräuchlichkeit und der Unangemessenheit 397

Die beiden im Wortlaut unterschiedlichen Generalklauseln der Inhaltskontrolle – Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG und § 307 Abs. 1 – verwenden beide das Gebot von Treu und Glauben als entscheidenden rechtsethischen Maßstab1600. Im letzten Satz des 16. Erwägungsgrundes der Richtlinie findet sich die Erläuterung, dass der Unternehmer sich „gegenüber der anderen Partei, deren berechtigten Interessen er Rechnung tragen muss, loyal und billig“ verhalten soll. Darin liegt kein sachlicher Unterschied gegenüber § 307 Abs. 1. Zwar setzt Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG mit dem Abstellen auf die Unausgewogenheit der vertraglichen Rechte und Pflichten bei der Verfolgung des Ziels der „Vertragsgerechtigkeit“ einen anderen Akzent als § 307, der das Hauptaugenmerk auf die für den Vertragspartner nachteilige Abweichung von der Rechtslage ohne die fragliche Klausel richtet. Doch lässt sich daraus nicht die Annahme ableiten, die „unangemessene Benachteiligung“ sei im Vergleich zur Missbräuchlichkeit (stets) der strengere Maßstab1601. Umgekehrt ist aber derzeit auch keine Fallgestaltung ersichtlich, bei der Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG ein höheres Verbraucherschutzniveau vorgäbe, zumal die Richtlinie kein Äquivalent zu der (eher strengeren) Konkretisierungsregel des § 307 Abs. 2 enthält. Im Übrigen kann und wird die besondere Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers im Rahmen einer gruppentypischen Ausgestaltung der Interessenabwägung bei § 307 Abs. 1 und Abs. 2 hinreichend berücksichtigt.

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Auch die in Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG und in den Erwägungsgründen enthaltenen zusätzlichen Regeln und Hinweise zur Konkretisierung des Maßstabs der 1597 Siehe nur Heinrichs in FS Trinkner, 1995, S. 157 (171 ff.) („weitgehend deckungsgleich“); Staudinger/Coester Rz. 211 („stimmen in wesentlichen Punkten überein“). 1598 EuGH v. 6.7.1995 – Rs. C-470/93, NJW 1995, 3243; Bunte in FS Schimansky, 1999, S. 19 (38). 1599 Palandt/Grüneberg Rz. 23. 1600 Wolf/Pfeiffer RL Art. 3 Rz. 12; Stoffels Rz. 44; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 170. 1601 So aber z.B. Heinrichs NJW 1993, 1817 (1818 f.); Ulmer EuZW 1993, 337 (345 f.); dagegen Wolf/Pfeiffer RL Art. 3 Rz. 12 (keine großzügigere Bewertung nach Art. 3 RL 93/13/EWG); Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 170; Staudinger/Coester Rz. 106.

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Inhaltskontrolle stimmen mit dem Regelungsprogramm des § 307 überein. Das gilt für die Berücksichtigung der „Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind“1602 ebenso wie für die „aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt“1603. Auch die in den Erwägungsgründen enthaltenen Vorgaben, die Inhaltskontrolle „durch die Möglichkeit einer globalen Bewertung der Interessenlagen der Parteien“ zu ergänzen1604 und den Hauptgegenstand des Vertrages sowie das Preis-/ Leistungsverhältnis bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit anderer Vertragsklauseln berücksichtigen zu können1605, sind unabhängig von der Richtlinie bereits im Prüfungsmaßstab des § 307 Abs. 1 und Abs. 2 angelegt und generell – nicht nur bei Verbraucherverträgen – zu beachten. Die einzige Ausnahme bildet insofern die vom generell-typisierenden Maßstab abweichende Heranziehung „aller den Vertragsschluss begleitenden Umstände“, zu deren Implementierung die Sondervorschrift des § 310 Abs. 3 Nr. 3 geschaffen wurde (näher Rz. 402 ff.). Nicht ohne weiteres zu beantworten ist dagegen die Frage, ob die im Anhang der 399 Richtlinie beigefügte Klauselliste in Teilbereichen gegenüber den §§ 307–309 einen „strengeren“ Maßstab der Inhaltskontrolle im Sinne eines höheren Verbraucherschutzniveaus vorschreibt. Auch wenn der Katalog mit Beispielen missbräuchlicher Klauseln nach Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG für die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten unverbindlich ist, enthält er doch „Hinweise“ auf die Missbräuchlichkeit und kann daher im Hinblick auf die in den Klauselbeispielen zu Tage tretenden Wertungen Indizwirkung für die Unzulässigkeit bestimmter Klauseltypen entfalten1606. Dem ist vor allem bei den speziellen Klauselverboten der §§ 308, 309 Rechnung zu tragen (vgl. die Auflistung in § 310 Rz. 95). Im Rahmen der Generalklausel des § 307 Abs. 1 könnte dagegen die Frage eine Rolle spielen, ob Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG i.V.m. den Klauselbeispielen Nr. 1c, d und insb. f ein Grundsatz gleicher Rechte und Pflichten der Vertragspartner zu entnehmen ist, der ggf. strengere Anforderungen an die Ausgewogenheit des Vertrages als der Maßstab der unangemessenen Benachteiligung stellt1607. Im Ergebnis dürfte das jedoch zu verneinen sein, da in der Sache keine Unterschiede zwischen beiden Maßstäben auszumachen sind1608. 1602 Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG und Erwägungsgrund 18; vgl. zu diesem Aspekt oben Rz. 111. 1603 Vgl. zur notwendigen Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhalts oben Rz. 116, zur Einbindung in ein Netz aber Vertragssystem oben Rz. 122. 1604 Erwägungsgrund 16; vgl. zur generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise bei der Inhaltskontrolle oben Rz. 110 ff. 1605 Erwägungsgrund 19 Satz 2; siehe zu diesem Aspekt oben Rz. 146 ff.; für stärkere Berücksichtigung des Preisarguments bei Verbraucherverträgen (auch bei Preisnachlässen im Einzelfall) MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 82 f. 1606 Vgl. EuGH v. 7.5.2002 – Rs. C-478/99, EuZW 2002, 465 (Kommission/Königreich Schweden); EuGH v. 16.11.2010 – Rs. C-76/10, Slg 2010, I-11557 (als Hinweis dienende, nicht erschöpfende Liste von Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können); etwas weiter geht wohl EuGH v. 26.4.2012 – Rs. C-472/10, EWS 2012, 198 (wesentliche Grundlage, auf die das nationale Gericht seine Beurteilung der Missbräuchlichkeit konkreter Klauseln stützen kann) m. Anm. Vogel IBR 2012, 737, der darin nicht mehr lediglich eine Indiz- und Hinweisfunktion sieht, sondern ein Vermutung; Wolf/Pfeiffer RL Art. 3 Rz. 32; ähnlich Bunte DB 1996, 1389 (1390); Schmidt-Salzer BB 1995, 1493 (1494 f.); im Ergebnis auch Kapnopoulou, Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der EU, 1997, S. 139 ff.; vgl. auch Stoffels Rz. 578 f.; Damm JZ 1994, 161 (175). 1607 Vgl. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 172; Heinrichs NJW 1996, 2190 (2197). 1608 So auch Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 22.

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Gewissheit könnte freilich erst ein Urteil des EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV bringen. Nachdem der EuGH im Jahre 2000 in seiner ersten Entscheidung zur Konkretisierung des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/ EWG eine Gerichtsstandsklausel wegen Unvereinbarkeit mit Nr. 1q des Klauselanhangs selbst als missbräuchlich verworfen hat1609, beurteilt er in neueren Entscheidungen seine Kompetenz zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Zusammenhang mit der Anwendung der Klauselrichtlinie erheblich zurückhaltender1610. Er könne nur die zur Definition der missbräuchlichen Klausel verwendeten allgemeinen Kriterien auslegen, sich aber nicht zur Anwendung dieser allgemeinen Kriterien auf eine bestimmte Klausel äußern, die anhand der Umstände des konkreten Falles zu prüfen sei. Denn dazu gehörten die Folgen einer Klausel, die sie im Rahmen des anwendbaren nationalen Rechts haben könne, und zu einer Prüfung des nationalen Rechtssystems sieht sich der EuGH insoweit weder befugt noch in der Lage. Etwas anderes gelte nur, wenn – wie bei der Gerichtsstandsklausel im Fall Océano – die Missbräuchlichkeit einer Klausel ohne Prüfung aller Umstände des Vertragsschlusses und der mit ihr verbundenen Vorund Nachteile im Rahmen des nationalen Rechts festgestellt werden könne. Ansonsten sei es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob eine Vertragsklausel die Kriterien erfülle, um als missbräuchlich i.S.d. Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG qualifiziert zu werden.

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Mit seinem Urteil im Fall „Freiburger Kommunalbauten“ hat der EuGH seine Letztentscheidungsbefugnis zur Konkretisierung wertungsausfüllungsbedürftiger Rechtsbegriffe des Gemeinschaftsrechts in deutlicher Selbstbescheidung auf die Entfaltung und Ausdifferenzierung des Maßstabs der Missbräuchlichkeit i.S.d. Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG anhand abstrakter Kriterien zurückgenommen, die Durchführung der Missbrauchkontrolle bestimmter Klauseln im Einzelfall aber grundsätzlich den nationalen Gerichten überlassen1611. Das ist im Prinzip zu begrüßen, zumal die Konkretisierung des Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG erst an ihrem Beginn steht1612. Der EuGH vermeidet damit, die Anwendung der Missbräuchlichkeitskriterien in jedem Einzelfall auf Konformität mit dem europäischen Maßstab überprüfen zu müssen und damit zu einer Art „Superrevisionsinstanz“ zu werden. Soweit in der Literatur eingewandt wird, dadurch werde eine gemeinschaftsweit einheitliche Klauselkontrolle verhindert und der Rechtsangleichungsprozess verzögert, ist dem zu entgegnen, dass es nicht dem Konzept der Klauselrichtlinie entspräche, über den Hebel des Maßstabs der Missbräuchlichkeit i.S.d. Art. 3 Abs. 1 RL 93/13/EWG die Rechtsordnungen der

1609 EuGH v. 27.6.2000 – Rs. C-240-244/98, Slg. 2000, I 4941 = ZIP 2000, 1165 (1167) („Océano“); vgl. hierzu z.B. Leible RIW 2001, 422. 1610 EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08, NJW 2009, 2367 (2369) m. Anm. Pfeiffer („Pannon“); EuGH v. 1.4.2004 – Rs. C-237/02, NJW 2004, 1647 („Freiburger Kommunalbauten“); vgl. hierzu z.B. Markwardt ZIP 2005, 152 ff.; Röthel ZEuP 2005, 418 (421 ff.); Freitag/ Riemenschneider WM 2004, 2470 ff. jeweils m.w.N. 1611 So schon zuvor Generalanwalt Geelhoed, siehe dazu Kindler NZG 2003, 1086 (1089 f.); BGH v. 14.7.2004 – VIII ZR 294/03, NZM 2004, 734; Heinrichs NJW 1996, 2190 (2196); Heinrichs NJW 1998, 1447 (1454); Stoffels Rz. 475 f.; Borges S. 78 ff.; Borges NJW 2001, 2061 f.; a.A. (für autonome Auslegung des Art. 3 Abs. 1 RL) z.B. Wolf/ Pfeiffer RL Art. 3 Rz. 2; Staudinger/Coester (Bearb. 1998) § 9 AGBG Rz. 57 ff. m.w.N. 1612 Röthel ZEuP 2005, 418 (426); im Ergebnis zust. auch Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 25; a.A. Markwardt ZIP 2005, 152 ff.

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Mitgliedstaaten breitflächig zu harmonisieren1613. Mit seiner Entscheidung hat der EuGH zu Recht klargestellt, dass der Referenzmaßstab für die Klauselkontrolle im Einzelfall auf die jeweilige nationale Rechtsordnung begrenzt ist, in deren Rahmen die vertragliche Bestimmung ihre Wirkung entfaltet1614. Seine eigene Aufgabe und Kompetenz sieht der EuGH im Grundsatz lediglich in der Präzisierung der abstrakten Kriterien der Missbräuchlichkeitskontrolle nach der Klauselrichtlinie. Diese Kompetenz der Mitgliedstaaten betont er auch in neueren Urteilen zu anderen Artikeln der Klauselrichtlinie (vorliegend Art. 6, 2, 5 und 11)1615. Eine weitaus größere, in der Praxis wohl kaum zu bewältigende Aufgabe wäre 401a aber auf den EuGH zugekommen, wenn der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher1616 vom 2.10.2008 in der ursprünglichen Form verwirklicht worden wäre Das ag weniger an den vorgeschlagenen materiellen Änderungen bei den Regelungen zur Kontrolle missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen, die in Kapitel V (Art. 30 ff.) des Vorschlags zu finden waren und insgesamt zu nur geringfügigen Verschärfungen der Inhaltskontrolle geführt hätten1617, als vielmehr an dem beabsichtigten Wechsel zum Konzept der Vollharmonisierung. Danach dürfen die Mitgliedstaaten keine von den Bestimmungen der Klauselrichtlinie abweichenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften aufrechterhalten oder einführen; das soll explizit auch für „strengere oder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus“ (Art. 4 RL-Vorschlag) gelten. Ein derartiger Paradigmenwechsel gegenüber dem Konzept der Mindestharmonisierung ist (jedenfalls) im Bereich des AGB-Rechts abzulehnen; er hätte gravierende, kaum absehbare Auswirkungen auf die Privatrechtsordnung der Mitgliedstaaten und würde vielfältige, neue und schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen, insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen Reichweite der Vollharmonisierung in diesem Bereich1618, jedenfalls solange nicht durchgängig einheitliche europäische Standards im Vertragsrecht existieren. Da der Bezugspunkt des im Rahmen der Missbrauchskontrolle zu beurteilenden Ungleichgewichts der vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien das weithin nicht angeglichene nationale Zivilrecht ist und bleibt, bestanden schon gegen die grundsätzliche Eignung des neuen Ansatzes, bei der Klauselkontrolle (annähernd) gleiche Ergebnisse zu erzielen, durchgrei1613 Hierin liegt zugleich einer der Haupteinwände gegen das Konzept der Vollharmonisierung, wie es die Kommission in ihrem Vorschlag für eine RL des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher vom 8.10.2008, KOM (2008) 614 endg. auch für den Bereich der Kontrolle missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen (Kapitel V, Art. 30 ff. RL-Vorschlag) verfolgt; näher dazu sogleich in Rz. 401a. 1614 Röthel ZEuP 2005, 418 (425); a.A. Markwardt ZIP 2005, 152 (156). 1615 EuGH v. 14.6.2012 – Rs. C-618/10, NJW 2012, 2257; EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253; vgl. hierzu die Besprechung von Fornasier ZEuP 2014, 410 (414 ff.); vgl. ferner Vor § 307 Rz. 23. 1616 KOM (2008) 614 endg. 1617 So auch die Einschätzung von Rott/Terryn ZEuP 2009, 456 (482 ff.); Wagner ZEuP 2010, 243 (266 f.). Beispielsweise enthält Art. 34 i.V.m. Anhang II RL-Vorschlag eine „schwarze“ Liste von per se missbräuchlichen Klauseln; eine zweite „graue“ Liste (Anhang III) führt Klauseln auf, deren Unangemessenheit vermutet wird, aber vom Verwender widerlegt werden kann; näher zu den Tatbeständen des Richtlinienvorschlags im Bereich der Klauselkontrolle Jansen ZeuP 2010, 69 ff. m.w.N. 1618 Vgl. allgemein zu den Problemen und Grenzen der Vollharmonisierung Riehm in Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2009, 2010, S. 159 ff. m.w.N.

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fende Bedenken und Zweifel1619. Ein Einsatz der Missbrauchskontrolle gewissermaßen als „trojanisches Pferd“ zur mittelbaren großflächigen Harmonisierung des Vertragsrechts der Mitgliedstaaten ist abzulehnen. Auch eine de lege ferenda überlegenswerte Bezugnahme auf den DCFR oder vergleichbare Regelwerke erscheint schon wegen der vielfach vorhandenen Regelungslücken im Vergleich zum nationalen Zivilrecht ebenfalls als nicht tragfähig1620. Dementsprechend ist es zu begrüßen, dass die im Oktober 2011 letztlich erlassene VerbraucherrechteRichtlinie1621 den Bereich der Vertragsklauseln weitgehend unberührt gelassen hat. Die verbliebenen Änderungen der Klauselrichtlinie (vgl. den neuen Art. 8a RL 93/113/EWG zur Meldung über den Erlass und die Änderung von strengeren nationalen Bestimmungen nach Art. 8 RL 93/113/EWG) führen zu keinen neuen inhaltlichen Vorgaben für das mitgliedstaatliche AGB-Recht. Fraglich ist, ob eine vollständig europäisierte Inhaltskontrolle künftig überhaupt noch angestrebt werden sollte. Sie dürfte jedenfalls nur im Zusammenhang mit der Verabschiedung einer Verordnung über das Europäische Vertragsrecht in Form eines optionalen Instruments in Betracht kommen, das den Parteien ein von ihnen frei wählbares, in sich geschlossenes Regelwerk zur Verfügung stellen und insoweit zugleich einen einheitlichen Referenzmaßstab für die Beurteilung davon abweichender Klauselgestaltungen liefern würde1622. Der Erlass einer solchen Maßnahme ist jedoch in näherer Zukunft nicht zu erwarten, zumal der Vorschlag der Kommission für ein einheitliches europäischen Kaufrecht nach anhaltendem Widerstand in wichtigen Mitgliedstaaten inzwischen auf den Fernabsatz, insb. über das Internet, beschränkt wurde1623. c) Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände (§ 310 Abs. 3 Nr. 3) 402

Bei der Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen erweitert § 310 Abs. 3 Nr. 3 den Prüfungsmaßstab über die generell-abstrakten Kriterien der Unangemessenheit hinaus „auch“ auf konkret-individuelle Umstände, die im Zusammenhang mit dem jeweiligen Vertragsschluss stehen. Ausgangspunkt bleibt demnach eine generalisierende und typisierende Betrachtungsweise, die sodann um die Berücksichtigung der (relevanten) den konkreten Vertragsabschluss begleitenden Umstände zu ergänzen ist1624. Diese „Kombinationslösung“1625, nach der die individuellen Verhältnisse des Einzelfalls erst auf einer zweiten Stufe der Abwägung 1619 Vgl. zur Kritik am Konzept der Vollharmonisierung allg. nur Rott/Terryn ZEuP 2009, 456 (457 ff.) m.w.N.; speziell für den Bereich der Klauselkontrolle Rott/Terryn ZEuP 2009, 456 (482 ff.); Kieninger RabelsZ 73 (2009), 793 (795 ff.). 1620 Kieninger RabelsZ 73 (2009), 793 (812 ff.). 1621 Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EU Nr. L 304 v. 22.11.2011, S. 64; genauer dazu Förster JA 2014, 721 ff. 1622 Kieninger RabelsZ 73 (2009), 793 (815 f.). 1623 Vgl. Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments v. 26.2.2014 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (COM(2011)0635 – C7-0329/2011 – 2011/0284 (COD) Oral P7_TA-PROV (2014) 0159). 1624 MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 81; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 178; Erman/ Roloff § 310 Rz. 24; a.A. Staudinger/Schlosser § 310 Rz. 70. 1625 Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 19; Stoffels Rz. 477, 479.

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Inhaltskontrolle

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einbezogen werden, ist mit Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG vereinbar1626. Denn die Vorschrift erfordert keine ausschließlich individuell-konkrete Beurteilung1627. Das ergibt sich zum einen daraus, dass die Richtlinie zur effektiven Durchsetzung der Klauselkontrolle verpflichtend die Institution der Verbandsklage vorsieht (Art. 7 Abs. 2 RL 93/13/EWG), bei der eine Berücksichtigung der Begleitumstände des Vertragsschlusses naturgemäß nicht möglich ist. Dementsprechend stellt Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG durch die Worte „unbeschadet des Art. 7“ klar, dass die Pflicht zur Einbeziehung der konkret-individuellen Umstände des Vertragsschlusses nicht für die abstrakte Kontrolle im Verbandsverfahren gilt1628. Die Notwendigkeit einer Inhaltskontrolle (jedenfalls auch) nach generell-abstrakten Kriterien bestätigt zum anderen Erwägungsgrund 16, der (zumindest ergänzend) die „Möglichkeit einer globalen Bewertung der Interessenlagen der Parteien“ verlangt. Zu beachten ist ferner, dass die „den Vertragsschluss begleitenden Umstände“, also die tatsächlichen Verhältnisse außerhalb des Textes der AGB, auch solche sein können, die generell oder beim Abschluss einer großen Gruppe von Verträgen in gleicher Weise auftreten (z.B. Ort des Angebots oder das zu seiner Übermittlung benutzte Medium)1629. Eine von den konkreten Parteien und Umständen abstrahierende Beurteilung ist bei für eine Vielzahl von Verwendungen aufgestellten AGB generell nicht nur angemessen, sondern sogar geboten. Das gilt unabhängig davon, ob sie der Unternehmer dem Verbraucher beim Vertragsschluss tatsächlich „gestellt“ hat. Auch Standard-Verbraucherverträge mit sog. Drittbedingungen, die dem erweiterten Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 unterliegen, sind daher zunächst nach den allgemeinen Maßstäben und Kriterien des § 307 zu prüfen, bevor sodann zusätzlich die den konkreten Vertragsabschluss begleitenden Umstände ins Blickfeld genommen werden.

403

Bei vorformulierten Einzelvertragsklauseln i.S.d. § 310 Abs. 3 Nr. 2 dagegen kommt eine Abwägung nach Maßgabe der typischen Interessenlagen der beteiligten Personenkreise nicht ohne weiteres in Betracht. Hier muss primär auf die individuellen Interessen der konkreten Vertragspartner abgestellt werden, so dass die Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls eine gesteigerte Bedeutung erlangt und nicht auf bloße Randkorrekturen beschränkt bleibt1630. Für die abschließende Beurteilung der Klauseln im Rahmen der vollumfänglich anwendbaren §§ 307–309 bleiben allerdings letztlich die gleichen normativen Wertungen maßgeblich, die auch für Standardverträge gelten.

404

Auf der anderen Seite ist die im Schrifttum zuweilen befürwortete Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 310 Abs. 3 Nr. 3 auf vorformulierte Einzelvertragsklauseln i.S.d. Nr. 2 abzulehnen1631. Sie würde in direktem Widerspruch

405

1626 Heinrichs NJW 1996, 2190 (2193); Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 19. 1627 Wolf/Pfeiffer RL Art. 4 Rz. 3. 1628 Daher gilt auch § 310 Abs. 3 Nr. 3 (trotz fehlender Einschränkung im Wortlaut) nach einhelliger Auffassung nicht im Verbandsprozess, siehe nur BGH v. 11.12.1997 – IX ZR 274/96, NJW 1998, 894; BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, NJW 1999, 2180 (2181); BGH v. 5.7.2001 – III ZR 310/00, NJW 2001, 2971 (2973); Erman/Roloff § 310 Rz. 23; Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 20; Staudinger/Schlosser § 24a AGBG Rz. 54; Stoffels Rz. 483 m.w.N. 1629 Darauf weist zutr. Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 24a AGBG Rz. 46 hin. 1630 Stoffels Rz. 482; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 183. 1631 Im Ergebnis ebenso Heinrichs NJW 1996, 2190 (2194); Staudinger/Schlosser § 310 Rz. 69; Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 19; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 176 a.E.;

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Inhaltskontrolle

zum klaren Wortlaut der Richtlinie wie der Umsetzungsvorschrift stehen und ist auch nicht erforderlich, um unangemessene Ergebnisse zu vermeiden. Denn eine Berücksichtigung auch der konkret-individuellen Begleitumstände des Vertragsschlusses ist im Individualprozess durchaus möglich und beeinträchtigt weder die Prozessökonomie noch die Gestaltungsfreiheit des Verwenders bei der Konzeption von AGB, wenn sie im Sinne der Kombinationslösung auf einer generalisierenden und typisierenden Interessenanalyse aufbaut und letztlich auf Randkorrekturen im Einzelfall beschränkt bleibt. Das ist mit Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG vereinbar, auch wenn diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach verlangt, alle den Vertragsabschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Gemeint sein kann damit nur, dass die jeweils rechtlich relevanten Umstände zu beachten sind1632. Dazu gehört z.B. nicht die Gutgläubigkeit des Verwenders bei der Formulierung der Klausel oder ihrer Einführung in den Vertrag, selbst wenn angesichts des Standes der Rechtsprechung und Literatur mit einer Beurteilung als unangemessen oder intransparent noch nicht zu rechnen war; vgl. zum Aspekt des Vertrauensschutzes oben Rz. 118. 406

Als Beispiele für berücksichtigungsfähige Begleitumstände nennt Erwägungsgrund 16 die Kriterien, „welches Kräfteverhältnis zwischen den Verhandlungspositionen der Parteien bestand, ob auf den Verbraucher in irgendeiner Weise eingewirkt wurde, seine Zustimmung zu der Klausel zu geben, und ob die Güter oder Dienstleistungen auf eine Sonderbestellung des Verbrauchers hin verkauft bzw. erbracht wurden“. Diese Hinweise, die bei der Auslegung des § 310 Abs. 3 Nr. 3 zu beachten sind, lassen sich durch Bildung von drei Kategorien systematisieren1633. Danach sind zu berücksichtigen:

407

(1) persönliche Eigenschaften des jeweiligen Vertragspartners, die seine Verhandlungsstärke und die sonstigen Möglichkeiten, auf den Vertragsinhalt Einfluss zu nehmen, positiv oder negativ beeinflussen; dazu gehören u.a. besondere (für den Vertragsgegenstand relevante) Kenntnisse und Erfahrungen sowie das Angewiesensein auf die vertragliche Leistung1634; bei Standardverträgen werden allerdings schon aus Gründen der Praktikabilität und Rechtssicherheit nur sehr deutliche Abweichungen von der Norm die Interessenabwägung beeinflussen können;

408

(2) Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation; hierzu zählen z.B. Art und Umfang einer dem Vertragsschluss vorausgehenden Aufklärung und Beratung durch den Verwender, die Erteilung oder Verweigerung sonstiger Auskünfte, Länge und Intensität etwaiger Vertragsverhandlungen, aber auch Überraschungs- oder Überrumpelungstaktiken des Verwenders, die Verschleierung wichtiger Aspekte oder das Verharmlosen kritischer Punkte; a.A. Wolf/Pfeiffer RL Art. 4 Rz. 4; Remien ZEuP 1994, 34 (57) (Beschränkung auf Einzelvertragsklauseln). 1632 So zutr. Wolf/Pfeiffer RL Art. 4 Rz. 3, der auch darauf hinweist, dass bestimmte Umstände wie Geschlecht, Rasse, Alter etc. schon aus Gründen verbotener Diskriminierung unbeachtlich sein müssen. 1633 Vgl. etwa BAG v. 18.10.2008 – 8 AZR 81/08, NZA-RR 2009, 519; BAG v. 19.8.2010 – 8 AZR 645/09, Stbg 2011, 323; BAG v. 23.8.2012 – 8 AZR 804/11, NZA 2013, 268; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 179; zust. Stoffels Rz. 478. 1634 Diese kann von der Art des Angebots (z.B. öffentliche Verkehrsmittel, Energieversorgung), aber auch von den herrschenden Wettbewerbsverhältnissen abhängen, vgl. Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 24a AGBG Rz. 50; vgl. auch Erman/Roloff § 310 Rz. 25 (Ausnutzung einer akuten Notlage des Verbrauchers, z.B. durch Klempner oder Schlüsseldienste).

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Inhaltskontrolle

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(3) Vorliegen untypischer Sonderinteressen des Verbrauchers; sofern dem Verwender eine außergewöhnliche Interessenlage oder ein ganz besonderer Zweck erkennbar ist, den der Verbraucher mit dem Vertrag verbindet, kann der Verwender nach Treu und Glauben verpflichtet sein, dem bei der Vertragsgestaltung Rechnung zu tragen; dies kann zur Folge haben, dass bestimmte für Standardfälle durchaus unbedenkliche AGB-Klauseln in diesem Einzelfall nicht passen und ihre Verwendung daher ausnahmsweise missbräuchlich ist.

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Die Verbindung der generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise, wie 410 sie allgemein für die Prüfung von (für eine Vielzahl von Verwendungen aufgestellten) AGB angemessen und erforderlich ist, mit der Beachtung der individuellen Begleitumstände des Vertragsabschlusses weist letzterer eine Korrekturfunktion im Einzelfall1635 zu und ermöglicht damit eine Verfeinerung der Analyse, die im Hinblick auf die Vielfalt der Vertragsabschlusstechniken, der Vertragszwecke und der teilweise ganz unterschiedlichen persönlichen Eigenschaften und Erfahrungshorizonte der Partner auf der Verbraucherseite die Wirksamkeit und Akzeptanz der Inhaltskontrolle steigern können. Die damit verbundene Erweiterung des Spektrums berücksichtigungsfähiger Umstände bei Verbraucherverträgen um die konkret-individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss bedeutet nicht notwendig eine Verschärfung der Inhaltskontrolle. Vielmehr kann die Berücksichtigung der Begleitumstände in beide Richtungen wirken, d.h. sie kann nicht nur bei sonst wirksamen Klauseln zur Unzulässigkeit führen, sondern auch umgekehrt eine im Allgemeinen problematische Klausel angesichts der besonderen Umstände des Vertragsschlusses als akzeptabel erscheinen lassen1636. Letzteres kommt etwa in Betracht, wenn auf der Verbraucherseite ein besonders erfahrener und kenntnisreicher, mit dem Vertragsgegenstand bestens vertrauter Vertragspartner involviert ist (z.B. ein im konkreten Fall zu privaten Zwecken handelnder Freiberufler) oder wenn vor Vertragsschluss eine intensive individuelle Aufklärung und Beratung stattgefunden hat. Umgekehrt können die Begleitumstände ein negatives Urteil über eine Klausel entscheidend verstärken, wenn z.B. die Urteilsfähigkeit oder Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners auf Grund seiner persönlichen Eigenschaften oder der besonderen Situation beim Vertragsabschluss (Überrumpelung, Überraschung, Druck) beeinträchtigt war. Auch für die Beurteilung der Transparenz einer Regelung können die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie etwaige Hinweise vor Vertragsschluss das Ergebnis positiv oder negativ beeinflussen. Eine Korrektur des bei generalisierender Betrachtungsweise gefundenen Abwägungsergebnisses auf Grund der individuellen Begleitumstände des Vertragsabschlusses ist allerdings (jedenfalls bei AGB und Standardverbraucherverträgen) stets nur in gravierenden Fällen angezeigt. Die speziellen Einzelfallumstände müssen so stark ins Gewicht fallen, dass ihre Nichtberücksichtigung zu einem mit Treu und Glauben unvereinbaren Ergebnis führen würde. Andernfalls würde der gebotene Grundsatz der generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise von standardisierten Vertragsklauseln ausgehöhlt. Zudem ist die Berück-

1635 MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 81; Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 178. 1636 Stoffels Rz. 481; MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 81; Heinrichs NJW 1996, 2190 (2194); Brandner MDR 1997, 312 (314); Staudinger/Schlosser § 310 Rz. 70; wohl auch Wolf/Pfeiffer § 310 Abs. 3 Rz. 34; a.A. Borges S. 52, 138; Michalski DB 1999, 677 (679 f.) (keine Wirksamkeit einer Klausel auf Grund der Begleitumstände, wenn sie bei generalisierender Betrachtung unwirksam ist).

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Inhaltskontrolle

sichtigung der Begleitumstände nicht geeignet, selbständig die Unwirksamkeit einer inhaltlich nicht zu beanstandenden Klausel zu begründen. Vielmehr kann sie lediglich vorhandene inhaltliche Bedenken so verstärken, dass die Klausel im Ergebnis unangemessen ist1637. Gleiches gilt in umgekehrter Richtung für die Ausräumung von Bedenken gegenüber problematischen Klauseln, die nur insoweit in Betracht kommt, als gerade das konkrete Defizit durch die Begleitumstände ausgeräumt wird (z.B. drohende Intransparenz durch entsprechende Aufklärung des Verbrauchers). Die Beweislastverteilung folgt den allgemeinen Grundsätzen. Danach muss der Verbraucher die für die Unwirksamkeit einer Klausel sprechenden Umstände darlegen und beweisen, während es dem Verwender obliegt, die vertragsbegleitenden Fakten darzutun und nachzuweisen, die für die Wirksamkeit der Klausel streiten. 412

§ 310 Abs. 3 Nr. 3 schreibt die Berücksichtigung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände nur für die „Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2“ vor, also nicht auch für die Anwendung der Klauselkataloge der §§ 308, 309. Einer Einzelfallkorrektur steht bei § 309 der zwingende Charakter der Normen ohne Wertungsmöglichkeit entgegen. Bei § 308 könnten die eröffneten Wertungsspielräume zwar theoretisch auch mit einzelfallbezogenen Überlegungen ausgefüllt werden1638, doch dürften in der Praxis angesichts der Signalfunktion auch dieser Klauselverbote kaum jemals Fallgestaltungen denkbar sein, in denen Einzelfallumstände zu Gunsten des Verwenders ein derartiges Gewicht erlangen, dass sie das Eingreifen des Klauselverbots verhindern könnten. Die Ausschaltung einer solchen Einzelfallkorrektur durch den Gesetzgeber ist daher nicht zu beanstanden. Sie steht auch nicht im Widerspruch zur Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG, da die strikte Anwendung der Klauselkataloge als „strengere“ Bestimmung durch Art. 8 RL 93/13/EWG legitimiert wird.

3. Ausstrahlungswirkung des Verbraucherschutzrechts? 413

Für die Bestimmung des kontrollfreien Bereichs nach § 307 Abs. 3 wurde bereits dargelegt, dass die klarere Abgrenzung nach Art. 1 Abs. 2, 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG über die richtlinienkonforme Auslegung bei Verbraucherverträgen hinaus generell (also auch für Verträge unter Privaten und zwischen Unternehmern) berücksichtigt werden sollte (vgl. oben Rz. 15). Insoweit geht es freilich nicht um spezifisch verbraucherschützende Aspekte. Ein solcher liegt aber bei der von Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG angeordneten Berücksichtigung der jeweiligen Begleitumstände des Vertragsschlusses vor. Eine Erstreckung der Kombinationslösung und Eröffnung einer einzelfallbezogenen Korrekturmöglichkeit auch im unternehmerischen Verkehr oder im Geschäftsverkehr zwischen Privatleuten, also ohne die asymmetrische Verteilung der Vertragspartner-Rollen hinsichtlich der mit dem Vertragsschluss verfolgten Zwecke, ist abzulehnen1639. Denn sie steht ohnehin in einem Spannungsverhältnis zu Besonderheiten des AGB-Rechts und würde nur zusätzliche Ungewissheiten in einen dringend auf mehr Rechtssicherheit angewiesenen Bereich bringen. Eine (künftige) Ausstrahlungswirkung des Klauselkatalogs im Anhang der Richtlinie kommt dagegen in ähnlicher Wei1637 Ebenso Wolf/Pfeiffer § 310 Abs. 1 Rz. 36. 1638 Dafür MünchKomm/Basedow § 310 Rz. 81; im Ergebnis auch Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 20; a.A. Erman/Roloff § 310 Rz. 24 a.E. 1639 Offen gelassen von Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 185.

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§ 308 Nr. 1 BGB

Annahme- und Leistungsfrist

se wie bei den speziellen Klauselverboten in den §§ 308 Nr. 1, 2-8, 309 in Betracht. Voraussetzung dürfte aber sein, dass sich aus den Beispieltatbeständen im Laufe der Zeit unter dem Einfluss der Rechtsprechung des EuGH deutlichere Wertungen abzeichnen, die auf das einzelstaatliche Regelungsumfeld übertragbar sind.

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 1 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1. (Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;

1. Regelungsinhalt und Normzweck

1

5. Nicht hinreichend bestimmte Annahmefrist . . . . . . . . . . . . . .

14

2. Entstehungsgeschichte . . . . . . . .

2

6. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

15

3. Verbraucherverträge . . . . . . . . . .

3

7. Verträge mit Unternehmern . . . .

16

I. Einleitung

IV. Leistungsfristen

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 4

1. Funktion der verbotenen Klauseln

17

2. Inhalt der Vorschrift . . . . . . . . . .

5

3. Bedeutung für § 308 Nr. 1 . . . . . .

7

2. Gesetzliche Regelung für Leistungsfristen . . . . . . . . . . . .

21

3. Unangemessen lange Leistungsfrist

22

8

4. Nicht hinreichend bestimmte Leistungsfrist . . . . . . . . . . . . . .

24

9

5. Ausnahme für Verträge mit Widerrufsfristen . . . . . . . . . . . .

28

6. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

29

7. Verträge mit Unternehmern . . . .

30

1. Richtlinienregelung . . . . . . . . . .

III. Annahme- und Ablehnungsfristen 1. Funktion der verbotenen Klauseln 2. Gesetzliche Regelung für Annahmefristen . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehalt einer Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots

10

4. Unangemessen lange Annahmefrist

11

Schrifttum: Dastis Konkludente Annahme von Mietverträgen? – Stolperstein für die Immobilienprojektentwicklung, ZfIR 2012, 169; Herrler Angebotsfortgeltungsklauseln im Grundstücksverkehr in der AGB-Kontrolle, NJW 2014, 19; Herrler Formularmäßige Bindungsfristen beim Immobilienkaufvertrag, DNotZ 2013, 887; Herrler Regelbindungsfrist von vier Wochen auch beim Bauträgervertrag – zugleich Anmerkung zum Urteil des BGH vom 27.9.2013, V ZR 52/12, MittBayNot 2014, 109; Herrler/Suttmann Bindungs- und Annahmefrist beim Immobilienkaufvertrag im Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1 BGB – zugleich Anmerkung zum Urteil des BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09 –, DNotZ 2010, 883; Ludgen Kann sein, was nicht sein darf? Zur (Un-) Wirksamkeit der stufenweisen Beauftragung von Planungsleistungen, NZBau 2015, 198; Walchshöfer Annahmefristen in AGB, WM 1986, 1041; Walchshöfer Leistungsfristen in AGB, WM 1986, 1541; Walter Wirksamkeit von Annahme- und Bindungsfristen in notariellen Urkunden, NotBZ 2012, 81.

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§ 308 Nr. 1 BGB

Annahme- und Leistungsfrist

se wie bei den speziellen Klauselverboten in den §§ 308 Nr. 1, 2-8, 309 in Betracht. Voraussetzung dürfte aber sein, dass sich aus den Beispieltatbeständen im Laufe der Zeit unter dem Einfluss der Rechtsprechung des EuGH deutlichere Wertungen abzeichnen, die auf das einzelstaatliche Regelungsumfeld übertragbar sind.

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 1 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1. (Annahme- und Leistungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;

1. Regelungsinhalt und Normzweck

1

5. Nicht hinreichend bestimmte Annahmefrist . . . . . . . . . . . . . .

14

2. Entstehungsgeschichte . . . . . . . .

2

6. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

15

3. Verbraucherverträge . . . . . . . . . .

3

7. Verträge mit Unternehmern . . . .

16

I. Einleitung

IV. Leistungsfristen

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 4

1. Funktion der verbotenen Klauseln

17

2. Inhalt der Vorschrift . . . . . . . . . .

5

3. Bedeutung für § 308 Nr. 1 . . . . . .

7

2. Gesetzliche Regelung für Leistungsfristen . . . . . . . . . . . .

21

3. Unangemessen lange Leistungsfrist

22

8

4. Nicht hinreichend bestimmte Leistungsfrist . . . . . . . . . . . . . .

24

9

5. Ausnahme für Verträge mit Widerrufsfristen . . . . . . . . . . . .

28

6. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

29

7. Verträge mit Unternehmern . . . .

30

1. Richtlinienregelung . . . . . . . . . .

III. Annahme- und Ablehnungsfristen 1. Funktion der verbotenen Klauseln 2. Gesetzliche Regelung für Annahmefristen . . . . . . . . . . . . 3. Vorbehalt einer Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots

10

4. Unangemessen lange Annahmefrist

11

Schrifttum: Dastis Konkludente Annahme von Mietverträgen? – Stolperstein für die Immobilienprojektentwicklung, ZfIR 2012, 169; Herrler Angebotsfortgeltungsklauseln im Grundstücksverkehr in der AGB-Kontrolle, NJW 2014, 19; Herrler Formularmäßige Bindungsfristen beim Immobilienkaufvertrag, DNotZ 2013, 887; Herrler Regelbindungsfrist von vier Wochen auch beim Bauträgervertrag – zugleich Anmerkung zum Urteil des BGH vom 27.9.2013, V ZR 52/12, MittBayNot 2014, 109; Herrler/Suttmann Bindungs- und Annahmefrist beim Immobilienkaufvertrag im Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1 BGB – zugleich Anmerkung zum Urteil des BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09 –, DNotZ 2010, 883; Ludgen Kann sein, was nicht sein darf? Zur (Un-) Wirksamkeit der stufenweisen Beauftragung von Planungsleistungen, NZBau 2015, 198; Walchshöfer Annahmefristen in AGB, WM 1986, 1041; Walchshöfer Leistungsfristen in AGB, WM 1986, 1541; Walter Wirksamkeit von Annahme- und Bindungsfristen in notariellen Urkunden, NotBZ 2012, 81.

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§ 308 Nr. 1 BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

I. Einleitung 1. Regelungsinhalt und Normzweck 1 Die Vorschrift des § 308 Nr. 1 entspricht im Wesentlichen dem früheren § 10 Nr. 1 AGBG (vgl. Rz. 2). Mit Ausnahme der in § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 genannten Verträge erstreckt sich der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1 auf alle Arten von Verträgen, bei denen der Vertragspartner des AGB-Verwenders („Kunde“) weder Unternehmer noch dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 1). Die Vorschrift gilt auch für Abtretungsgeschäfte1 und andere Verfügungsverträge2. § 308 Nr. 1 betrifft Annahme- und Leistungsfristen, die sich der Verwender in den AGB vorbehält. Nicht dass diese Fristen überhaupt in den AGB vorgesehen werden, ist im Allgemeinen bedenklich, sondern die ihre Dauer betreffende Regelung kann unangemessen sein. § 308 Nr. 1 betrifft Leistungsfristen, die den Leistungszeitpunkt im Unklaren lassen oder hinausschieben. Klauseln über ein Recht des Verwenders zu einer vorzeitigen Lieferung unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 und können bei verbindlichen Lieferterminen bereits nach § 305b unbeachtlich sein3. Nach Typus und Bewertung liegen Annahme- und Leistungsfristen unterschiedlich. Nur deshalb, weil die Angemessenheit der Regelung in beiden Fällen von Dauer und Bestimmtheit der Frist abhängt, sind beide Fristen in einer Verbotsvorschrift vereint. Während der Bindung an sein Angebot kann der Kunde nicht auf Alternativen ausweichen, und je länger diese Bindung auf Grund von Annahmefristen andauert, umso mehr wird die Dispositionsfreiheit des Kunden beeinträchtigt. Nichts anderes gilt bei Leistungsfristen, da der Kunde sich wegen der Vertragsbindung nicht anderweitig eindecken kann. Der Normzweck von § 308 Nr. 1 richtet sich daher darauf, den Kunden vor einer Beeinträchtigung seiner Dispositionsfreiheit und vor den aus einem überlangen Schwebezustand resultierenden Nachteilen zu schützen4. Klauseln, die nach § 308 Nr. 1 nicht zu beanstanden sind, können gleichwohl der Inhaltskontrolle nach § 307 unterzogen werden5; vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 9 f. 1a Gegenüber § 308 Nr. 1 vorrangige Sonderregelungen finden sich in § 308 Nr. 1a für unangemessen lange Zahlungsfristen für Entgeltforderungen und in § 308 Nr. 1b für Klauseln, die die Erfüllung einer Entgeltforderung von einer Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung abhängig machen und dafür unangemessen lange Fristen vorsehen; vgl. dazu im Einzelnen die Kommentierung zu diesen Vorschriften. Sind derartige Fristen nicht hinreichend bestimmt, erfolgt die Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1 bzw. – bei Überprüfungsfristen – analog § 308 Nr. 1 oder nach § 307 (vgl. § 308 Nr. 1a Rz. 1, § 308 Nr. 1b Rz. 1). Zu § 271a, der ebenfalls die Länge von Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen und de1 AG Bremen v. 28.7.2011 – 9 C 484/10, BeckRS 2011, 19866. 2 Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 3; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 4; Palandt/ Grüneberg § 308 BGB Rz. 2. 3 BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198. 4 Vgl. – bezogen auf Annahmefristen – BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 20): Der Normzweck von § 308 Nr. 1 richtet sich darauf, „den Anbieter vor den Nachteilen übermäßig lang andauernder Schwebezustände zu schützen“. Zur Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit vgl. Begr. BT-Drucks. 7/3919 S. 24; BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, NJW 1984, 2468 (2469) (zu Leistungsfristen); OLG Frankfurt v. 17.10.2011 – 1 U 33/11, BeckRS 2012, 17049; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 1. 5 BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1940).

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Annahme- und Leistungsfrist

§ 308 Nr. 1 BGB

ren Inhaltskontrolle betrifft, ohne zwischen individualvertraglichen und vorformulierten Regelungen zu unterscheiden, vgl. § 308 Nr. 1a Rz. 6 und § 308 Nr. 1b Rz. 6.

2. Entstehungsgeschichte Die mit dem SMG (dazu Einl. Rz. 28 ff.) in das BGB übernommene Vorschrift 2 des § 308 Nr. 1 – allgemein zur Entstehungsgeschichte der AGB-rechtlichen Bestimmungen vgl. Einl. Rz. 16 ff. – fand sich im Wesentlichen inhaltsgleich schon im Teilbericht I und sodann in der ersten Fassung von § 10 Nr. 1 AGBG. Mit Wirkung ab dem 30.6.20006 war § 10 Nr. 1 AGBG durch Einfügung des zweiten Halbsatzes geändert worden; dazu näher Rz. 28. Während der Regierungsentwurf die Ausnahmeregelung noch auf den Ablauf der Widerrufsfrist nach § 361a Abs. 1 a.F. (heute § 355) beschränkte7, erfolgte auf – nicht näher begründeten – Vorschlag des Bundesrates8 die Erweiterung der Vorschrift um den Ablauf der Rückgabefrist nach § 361b Abs. 2 a.F.9, der sich später in § 356 a.F. wiederfand. Von der Bundesregierung und dem Rechtsausschuss war diese Erweiterung als redaktioneller Verbesserungsvorschlag bzw. redaktionelle Änderung angesehen worden10. Im Jahr 2009 war der im zweiten Halbsatz von § 308 Nr. 1 enthaltene Verweis auf die Vorschriften des BGB an die Neufassung von § 355 angepasst worden11. Erneut und mit Wirkung ab dem 13.6.2014 geändert worden ist § 308 Nr. 1 durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung v. 20.9.201312. Aufgrund des Wegfalls des in § 356 a.F. geregelten Rückgaberechts ist der Verweis in § 308 Nr. 1 auf die Rückgabefrist entfallen und der Verweis auf die Widerrufsfrist an die Neufassung von § 355 angepasst worden.

3. Verbraucherverträge Bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 (vgl. dazu im Einzelnen § 310 Rz. 36 ff.), also bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, sind die Klauselverbote von § 308 und damit auch § 308 Nr. 1 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 auch auf vorformulierte Einzelvertragsklauseln anzuwenden, soweit der Kunde auf deren Inhalt auf Grund der Vorformulierung keinen Einfluss nehmen konnte13. Darüber hinaus modifiziert § 310 Abs. 3 Nr. 3 sowohl für AGB i.S.v. § 305 Abs. 1 als auch für Einzelvertragsklauseln die Beurteilungskriterien für die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 (dazu § 307 Rz. 402 ff.), 6 Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro v. 27.6.2000, BGBl. 2000 I 897. 7 BT-Drucks. 14/2658 S. 8. 8 BT-Drucks. 14/2920 S. 7: „Sollte an der Regelung festgehalten werden, müsste auch das Rückgaberecht berücksichtig werden“. 9 Vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks. 14/3195 S. 13, 34. 10 BT-Drucks. 14/2920 S. 16; BT-Drucks. 14/3195 S. 34. 11 Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht v. 29.7.2009, BGBl. 2009 I 2355 (2356). 12 BGBl. 2013 I 3642 (3643). Vgl. zum Umsetzungsgesetz Wendehorst NJW 2014, 577 ff. 13 Krit. dazu Coester-Waltjen in FS Medicus, 1999, S. 63 (71 f.) (zu § 10 Nr. 1 AGBG bzw. § 308 Nr. 1).

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indem auch die Berücksichtigung vertragsabschlussbegleitender Umstände vorgesehen wird. Eine derartige Erweiterung der Inhaltskontrolle durch Einbeziehung konkret-individueller Umstände auch bei der Inhaltskontrolle in den Fällen des § 308 ist abzulehnen14 (§ 307 Rz. 412); insoweit verbleibt es vielmehr bei der objektiv-generalisierenden Betrachtungsweise. § 310 Abs. 3 Nr. 3 sieht die Berücksichtigung vertragsabschlussbegleitender Umstände nur bei der Inhaltskontrolle nach § 307 vor. Für eine erweiternde, auch die Inhaltskontrolle nach § 308 einbeziehende richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift besteht kein zwingender Grund, auch wenn Art. 4 Abs. 1 RL 93/13/EWG die Berücksichtigung vertragsabschlussbegleitender Umstände – vorbehaltlich des abstrakten Kontrollverfahrens i.S.v. Art. 7 RL 93/13/EWG – bei der Prüfung der Missbräuchlichkeit der Klausel generell vorsieht und die bei den Klauselverboten des § 308 erforderliche Wertung und Interessenabwägung diese Berücksichtigung im Grundsatz zuließe. Nach Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG können die im Anhang der Richtlinie aufgeführten Klauseln für missbräuchlich erklärt werden. Damit eröffnet die Richtlinie selbst die Möglichkeit, die Missbräuchlichkeit losgelöst von vertragsabschlussbegleitenden Umständen festzulegen. Hinzu kommt, dass nach Art. 8 RL 93/13/EWG zu Gunsten einer verstärkten Inhaltskontrolle im nationalen Recht darauf verzichtet werden kann, vertragsabschlussbegleitende Umstände als für die Angemessenheit sprechend heranzuziehen (§ 307 Rz. 412). Auch wenn hiervon ausweislich § 310 Abs. 3 Nr. 3 bei der Inhaltskontrolle nach § 307 kein Gebrauch gemacht worden ist, ist dieser Überlegung bei der Frage einer gebotenen richtlinienkonformen Auslegung in den Fällen des § 308 Rechnung zu tragen. Ist bei einer objektiv-generalisierenden Betrachtungsweise die Unangemessenheit nach § 308 zu bejahen, so kann das Ergebnis auf Grund vertragsabschlussbegleitender Umstände nicht korrigiert werden. Soweit erst derartige Umstände in den Fällen des § 308 zur Unangemessenheit führten, gilt aus den genannten Gründen zwar nichts anderes. Dies wirkt sich jedoch nicht zu Lasten des Kunden aus und zwingt daher ebenfalls nicht zu einer abweichenden richtlinienkonformen Auslegung. Der Umstand, dass eine Klausel nach § 308 nicht zu beanstanden ist, schließt eine Inhaltskontrolle nach § 307 nicht aus (Rz. 1 a.E.). Bei ihr können nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 dann auch die vertragsabschlussbegleitenden Umstände Berücksichtigung finden. Zur Bedeutung des Klauselanhangs der Richtlinie für § 308 Nr. 1 vgl. Rz. 4 ff.

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 1. Richtlinienregelung 4 Anhang. Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass c) der Verbraucher eine verbindliche Verpflichtung eingeht, während der Gewerbetreibende die Erbringung der Leistungen an eine Bedingung knüpft, deren Eintritt nur von ihm abhängt;

14 So auch Erman/Roloff § 310 BGB Rz. 24; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 1; a.A. MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 6; Palandt/Grüneberg § 310 BGB Rz. 20; im Erg. auch LG Bremen v. 9.9.2003 – 1 O 565/03, NJW 2004, 1050.

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2. Inhalt der Vorschrift Der Anhang zu Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG – vgl. zur Klauselrichtlinie auch 5 Einl. Rz. 91 ff. – enthält eine nicht erschöpfende Liste von Klauseln, die die Richtlinie als missbräuchlich ansieht. Verbindlichkeit gegenüber dem nationalen Gesetzgeber besitzt die Liste allerdings nicht; nach Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/ EWG hat die Liste nur einen Hinweischarakter für Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können15. Gleichwohl kann dem Anhang zu Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG eine Bedeutung für die Inhaltskontrolle nach § 308 nicht von vornherein abgesprochen werden. Im Wege der richtlinienkonformen Auslegung der Klauselverbote des § 308 ist die Aufnahme der Klauseln in die Liste und die damit verbundene Wertung als missbräuchliche Bestimmung bei der Inhaltskontrolle in dem Sinne zu berücksichtigen, dass die Unangemessenheit entsprechender Vertragsbestimmungen in Verbraucherverträgen indiziert wird16. Soweit Klauseln der Liste des Anhangs zu Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG ihrer Art nach in den Anwendungsbereich des § 308 fallen, stellt sich daher die Frage nach dem Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung, auch wenn der Liste ebenfalls bei der Inhaltskontrolle nach § 307 Rechnung getragen werden kann. Bei der gebotenen autonomen Auslegung der Richtlinie liegt es nahe, die Regelung von Anhang Nr. 1 lit. c RL 93/13/EWG in einem weiten Sinn zu verstehen. Sie soll den Kunden davor schützen, dass er bereits eine feste Bindung eingeht, während sich der Verwender eine endgültige Bindung noch vorbehält und von seiner späteren Entscheidung abhängig macht17. Bei diesem Verständnis hat Anhang Nr. 1 lit. c RL 93/13/EWG in erster Linie einen Bezug zu § 308 Nr. 318; siehe dazu § 308 Nr. 3 Rz. 2b, 2c.

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3. Bedeutung für § 308 Nr. 1 Anhang Nr. 1 lit. c RL 93/13/EWG knüpft an den abgeschlossenen Vertrag an. 7 Annahmefristen fallen daher nicht in seinen Anwendungsbereich19. Anderes kann für Leistungsfristen gelten20, soweit sie an ein Verhalten des Verwenders anknüpfen und damit die Leistungserbringung vom Verwender abhängt (siehe dazu die Beispiele in Rz. 22, 24). Der Fall wäre das etwa bei einer Leistungsfrist, die auf die Herstellung der Ware abstellt. Es besteht jedoch kein Bedürfnis dafür, aus Anhang Nr. 1 lit. c RL 93/13/EWG über den Weg der richtlinienkonformen 15 EuGH v. 14.3.2013 – Rs. C-415/11, EuZW 2013, 464 (Tz. 70) (Mohamed Aziz); EuGH v. 26.4.2012 – Rs. C-472/10, EuZW 2012, 786 (Tz. 25 f.) (Nemzeti); EuGH v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08, NJW 2009, 2367 (2368) (Pannon GSM Zrt.); EuGH v. 1.4.2004 – Rs. C-237/02, NJW 2004, 1647 (Freiburger Kommunalbauten); EuGH v. 7.5.2002 – Rs. C-478/99, EuZW 2002, 465 (466) (Kommission/Schweden). 16 Wolf/Pfeiffer RL Art. 3 Rz. 78; Kapnopoulou Das Recht der missbräuchlichen Klauseln in der Europäischen Union, 1997, S. 140; der Sache nach auch Heinrichs in Law and diffuse interests in the European Legal Order, in Liber amicorum Norbert Reich, 1997, S. 527 (535). 17 Ähnl. Wolf/Pfeiffer RL Anhang Rz. 20. 18 So wohl auch Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 26, § 308 Nr. 3 BGB Rz. 30; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 30. Zweifelnd Wolf/Pfeiffer RL Anhang Rz. 28. 19 So im Ergebnis auch BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 16; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 2; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 20. 20 A.A. im Ergebnis BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 32; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 14; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 20.

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Auslegung ein generelles, über § 308 Nr. 1 hinausgehendes Verbot derartiger Leistungsfristen abzuleiten. § 308 Nr. 1 bietet insoweit einen ausreichenden Schutz für den Kunden.

III. Annahme- und Ablehnungsfristen 1. Funktion der verbotenen Klauseln 8 Einer Bestimmung, durch die sich der Verwender eine Frist für die Annahme oder Ablehnung des Angebots des Kunden vorbehält, unterwirft sich der Kunde schon vor dem Vertragsabschluss, regelmäßig durch Unterzeichnung eines als Bestellung, Auftrag, Antrag oder ähnlich bezeichneten Formulars (vgl. Rz. 10). Man spricht deshalb von „Vertragsabschlussklauseln“, siehe dazu auch § 305 Rz. 13. Da es an einem Vertrag noch fehlt, erscheint die Annahmefrist als eine vom Vertragspartner des Verwenders selbst gesetzte und ihn bindende Frist (§§ 145, 146, 148). Gleichwohl handelt es sich um einen einseitig vom Verwender vorgeschriebenen Vorbehalt. Deshalb erstreckt § 308 Nr. 1 die Inhaltskontrolle auf Vertragsabschlussklauseln21. Die längerfristige oder zeitlich unbestimmte Bindung ist für den Kunden umso belastender, je mehr er auf die Leistung angewiesen ist. Er kann sich während der Bindungsdauer – auch bei Vorliegen eines günstigeren Angebots – nicht anderweitig eindecken und ist damit in seiner Dispositionsfreiheit behindert (Rz. 1)22, ohne aber die Annahme des Angebots sicher erwarten zu können. In der übermäßigen oder unbestimmten Dauer des Schwebezustandes während der Bindung des Vertragspartners an sein Angebot liegt der Grund für das Klauselverbot; siehe aber auch Rz. 10a zur Anwendung von § 308 Nr. 1 auf sog. Fortgeltungsklauseln.

2. Gesetzliche Regelung für Annahmefristen 9 Ohne das Vorhandensein einer Klausel ist der Kunde des AGB-Verwenders an den Vertragsantrag bis zur Ablehnung oder bis zum Ablauf der gesetzlichen Annahmefrist gebunden (§§ 145, 146). Die Annahmefrist für ein einem abwesenden Verwender gemachtes Angebot richtet sich nach § 147 Abs. 2; das betrifft insbesondere per Brief versandte Angebote des Kunden oder Angebote mittels E-Mail, Telefax oder Internet23. Da ein schriftlicher, dem (anwesenden) Verwender oder seinem Vertreter überlassener und nicht sofort angenommener Vertragsantrag regelmäßig als Antrag unter Abwesenden gilt24, ergibt sich in derartigen Fällen die gesetzliche Annahmefrist ebenfalls aus § 147 Abs. 2. Bei ihrer Bemessung sind die Übermittlungszeiten für den Antrag und die Annahmeerklä-

21 BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 12); BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, WM 2010, 1514 (1515); BGH v. 23.3.1988 – VIII ZR 175/87, NJW 1988, 1908 (1909); dazu Grunewald ZIP 1987, 353. Vgl. weiterhin Stoffels Rz. 695; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 2; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 6; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 3. 22 BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, NJW 1984, 2468 (2469); Stoffels Rz. 694. 23 Vgl. MünchKomm/Busche § 147 BGB Rz. 27; Palandt/Ellenberger § 147 BGB Rz. 5. 24 BGH v. 26.11.1962 – VIII ZR 68/61, WM 1963, 214; BGH v. 30.5.1968 – III ZR 52/66, WM 1968, 1103 (1105); MünchKomm/Busche § 147 BGB Rz. 28 m.w.N.

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rung sowie eine angemessene Frist zur Überlegung für den Angebotsadressaten zu berücksichtigen25. Es kommt darauf an, wann der Antragende nach den gesamten Umständen mit Rücksicht auf die Verkehrssitte bei vernünftiger Beurteilung mit dem Eingang der Antwort rechnen kann. Der Antragende kann jedoch für die Annahme des Antrages eine Frist bestimmen (§ 148), die ihn bindet. Der während der Bindungsfrist bestehende Schwebezustand ist hinzunehmen, wenn der die Frist selbst bestimmende Antragende das Bindungsrisiko zu überblicken vermag. Dies ist aber bei einer durch AGB einseitig vom Verwender vorgeschriebenen Annahmefrist für den Vertragspartner meist nicht der Fall. Eine versicherungsrechtliche Sonderregelung enthält § 5 Abs. 3 PflVG (vgl. Rz. 12).

3. Vorbehalt einer Frist für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots Kennzeichnend ist die in den AGB vorgeschriebene zeitweise Bindung des Antragenden an das Angebot gegenüber dem Verwender. Diese Bindung des Kunden kann eintreten durch die Unterzeichnung eines Formulars des Verwenders oder durch die Bestellung auf Grund der AGB des Verwenders, vorausgesetzt, dass bezogen auf die Bindungsklausel den Anforderungen des § 305 Abs. 2 genügt wurde26 (vgl. auch Rz. 8). Nicht unter § 308 Nr. 1 fallen Klauseln, durch die der Verwender sich vorbehält, an sein eigenes Vertragsangebot nicht oder nur bedingt gebunden zu sein (z.B. „freibleibend“, „Liefermöglichkeit vorbehalten“ oder „Selbstbelieferung vorbehalten“)27. Solche Vorbehalte sind nach § 308 Nr. 3 (siehe § 308 Nr. 3 Rz. 7 ff.), im Übrigen nach § 307 zu beurteilen. Auf welche Weise und in welcher Form der Verwender sich vorbehält, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen, ist gleichgültig. Man kann § 308 Nr. 1 entsprechend anwenden, wenn die Annahmefrist nicht zu Gunsten des Verwenders, sondern eines Dritten vorbehalten wird28. Beispiele für Klauseln mit bestimmten Annahmefristen (weitere Beispiele mit unbestimmten Fristen siehe Rz. 14): „Der Antragsteller ist x Wochen an den Antrag gebunden“; oder: „Die Bestellung ist für den Käufer verbindlich. Der Verkäufer ist berechtigt, binnen einer Frist von x Wochen die Annahme der Bestellung abzulehnen“; oder: „Der Auftrag erlischt, falls Verkäuferin nicht binnen x Wochen nach Auftragserteilung den Auftrag schriftlich bestätigt hat“; oder: „Das Angebot gilt als angenommen, wenn der Verkäufer nicht innerhalb von … die Ablehnung erklärt hat“29. § 308 Nr. 1 erfasst seinem Wortlaut nach nicht die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung. Für eine ana-

25 Vgl. BGH v. 12.12.2012 – VIII ZR 14/12, NJW 2013, 926 (Tz. 18); BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, NJW 2013, 291 (Tz. 21). 26 Z.B. nach Zusendung von Katalogen oder Prospekten durch den Verwender. So auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 8; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 2. Vgl. auch OLG München v. 23.3.2011 – 20 U 4468/10, BeckRS 2011, 07814: Unterzeichnung eines Auftragsformulars, das die Annahmefristklausel enthält. 27 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 2; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 35; A.A. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17. 28 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 8; Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 1 AGBG Rz. 10. 29 Vgl. Neumann-Wedekindt Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen, dargestellt an Vertragsabschlussklauseln, Diss. Münster 1969, S. 96 ff.; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 2; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 9.

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loge Anwendung30 besteht kein Bedürfnis. Die Inhaltskontrolle kann nach § 307 erfolgen31, wobei die Wertungsmaßstäbe des § 308 Nr. 1 berücksichtigt werden können. Gleiches gilt für eine als aufschiebend bedingte Vereinbarung ausgestaltete Option32. Dagegen ist § 308 Nr. 1 anwendbar, wenn es sich bei der Option um ein Angebot handelt33. 10a

Bei Verträgen über den Erwerb von Immobilien finden sog. Fortgeltungsklauseln34 Verwendung. Derartige vom Verkäufer verwendete Klauseln sehen vor, dass das Angebot des Käufers nach Ablauf einer bestimmten (angemessenen) Annahmefrist für den Verwender nicht erlischt, sondern unbefristet, aber für den Käufer widerruflich fortgilt und vom Verwender – bis zu einem Widerruf des Käufers – jederzeit angenommen werden kann. Der Bundesgerichtshof unterzieht Fortgeltungsklauseln der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 135 und hält unbefristete36 Fortgeltungsklauseln für unwirksam37. Dem ist mit Rücksicht auf den Normzweck38 von § 308 Nr. 1, den Kunden vor überlangen Schwebezuständen und daraus resultierenden Nachteilen zu schützen (vgl. Rz. 1), zuzustimmen, auch wenn der Käufer wegen der Widerrufsmöglichkeit nicht mehr an sein Angebot gebunden ist. Ein solcher Schwebezustand resultiert aus der Möglichkeit für den Verwender, das Angebot jederzeit und zeitlich unbeschränkt annehmen zu können, solange der Kunde das Angebot nicht widerrufen hat. Zu Recht sieht der BGH damit verbundene Nachteile trotz der Widerrufsmöglichkeit für den Käufer 30 Dafür OLG Karlsruhe v. 26.1.1995 – 9 U 68/94, NJW-RR 1995, 504; Stoffels Rz. 697; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 4; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 2; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 3; für unmittelbare Anwendung von § 308 Nr. 1 Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 9; differenz. Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 24. 31 Vgl. BGH v. 8.12.2010 – VIII ZR 343/09, NJW 2011, 1215 (Tz. 17 ff.) zur Inhaltskontrolle einer in einem Finanzierungsvorbehalt liegenden aufschiebenden Bedingung. 32 A.A. – für analoge Anwendung von § 308 Nr. 1 – Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 3; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 4; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 4. 33 Insoweit zutr. Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 3; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 4. 34 Siehe dazu Herrler DNotZ 2013, 887 ff.; Herrler NJW 2014, 19 ff. 35 Vgl. BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 20); im Erg. zust. Herrler NJW 2014, 20; Herrler DNotZ 2013, 896. Für Anwendbarkeit von § 308 Nr. 1 auch LG Heidelberg v. 11.1.2013 – 5 O 205/12, BeckRS 2013, 03710; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 3; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 8. A.A. und für eine Inhaltkontrolle nach § 307 OLG Dresden v. 20.12.2011 – 14 U 1259/11, NotBZ 2012, 105 f.; LG Dresden v. 7.3.2012 – 8 O 750/11, BeckRS 2014, 01136; so auch – jeweils auch mit Hinweis auf die Anwendung von § 305c Abs. 1 – Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 5; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 4; Walter NotBZ 2012, 83. 36 Über befristete Fortgeltungsklauseln hat der BGH noch nicht entschieden, aber zumindest Wirksamkeitsbedenken geäußert, vgl. BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, DNotZ 2013, 923 (Tz. 26). 37 Vgl. BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 21 ff.); BGH v. 22.11.2013 – V ZR 229/12, BeckRS 2014, 01121 (Tz. 13); so auch für den Fall, dass das Angebot frühestens nach Abgabe einer Finanzierungszusage angenommen werden kann, BGH v. 17.1.2014 – V ZR 108/13, BeckRS 2014, 04465; a.A. OLG Dresden v. 20.11.2012 – 14 U 1259/11, NotBZ 2012, 105 f.; LG Dresden v. 7.3.2012 – 8 O 750/11, BeckRS 2014, 01136. Dem BGH im Erg. zust. Herrler NJW 2014, 20; Herrler DNotZ 2013, 900. „Regelmäßig“ für Unwirksamkeit der Fortgeltungsklausel nach § 307 Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 5; für Zulässigkeit nicht bei „Alltagsgeschäften“, aber bei „sehr herausgehobenen Geschäften“ BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 4; „stets“ für Unwirksamkeit Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 4. 38 Darauf abstellend BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 20).

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darin, dass dieser ggf. über einen langen Zeitraum hinweg im Ungewissen über das Zustandekommen des Vertrages bleibt und zu einem Zeitpunkt, in dem er aufgrund des verstrichenen Zeitraums nicht mehr mit einer Annahmeerklärung des Verwenders rechnet, von einer solchen überrascht werden kann39.

4. Unangemessen lange Annahmefrist Verboten ist eine „unangemessen lange“ Frist für die Bindung des Antragenden. 11 In diesem Punkt setzt die Wertung ein, die über die Wirksamkeit der Klausel entscheidet. Für die hierbei anzustellende Interessenabwägung40 kann als Grundsatz gelten, dass die Bindung des Antragenden an das Angebot nur so lange dauern soll, wie die – auf Grund der objektiv-generalisierenden, von den besonderen Einzelfallumständen losgelösten Betrachtungsweise maßgeblichen – typischen41 Umstände (Übermittlung von Angebot und Annahme, Überlegungs- und Entscheidungsfrist für den Verwender unter Berücksichtigung dazwischen liegender Sonnund Feiertage, vgl. Rz. 9) es erfordern, und dass ein längerer Schwebezustand für den Antragenden nach Möglichkeit zu vermeiden ist. Richtlinie ist § 147 Abs. 242. Die gesetzliche Annahmefrist, die nach dieser Vorschrift mangels anderweitiger Bestimmung gelten würde (vgl. Rz. 9), darf ohne besonderen Grund („schutzwürdiges Interesse des Verwenders“)43 nicht wesentlich überschritten werden. Je mehr der Antragende auf die Leistung angewiesen ist, desto knapper ist die angemessene Überlegungs- und Entscheidungsfrist für den Verwender zu bemessen (vgl. Rz. 8). Bedeutung kann auch dem Interesse des Kunden an einer ausreichenden Vorbereitungszeit und Planungssicherheit vor dem Vertragsbeginn und der Vertragsabwicklung zukommen, wenn er im Hinblick darauf bereits vor dem Vertragsschluss kostenverursachende Maßnahmen und Dispositionen treffen muss44 (vgl. dazu auch Rz. 13). Andererseits ist allgemein das Interesse des Verwenders an einer einheitlichen Annahmefrist für seine Geschäftsabschlüsse zu berücksichtigen45. Sachumstände, die eine geräumigere in die Frist einzuberechnende Überlegungs- und Entscheidungszeit rechtfertigen, können z.B. darstel-

39 Vgl. BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 24). 40 Vgl. BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 21); Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 10; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 5; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 6 f. 41 Vgl. BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 21); BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 (Tz. 8); Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 10; MünchKomm/ Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 6. Offengelassen von BGH v. 27.9.2013 – V ZR 52/12, NJW 2014, 854 (Tz. 13); BGH v. 17.1.2014 – V ZR 5/12, NJW 2014, 857 (Tz. 9). Unzutreffend daher OLG Frankfurt v. 23.7.1997 – 23 U 228/96, NJW-RR 1998, 566 (567), das die Unangemessenheit auf die besonderen Einzelfallumstände stützt. 42 So auch BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 22); BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, WM 2010, 1514 (1515); BGH v. 13.9.2000 – VIII ZR 34/00, NJW 2001, 303; BGHZ 109, 359 (361 f.) = NJW 1990, 1784; BGH NJW 1986, 1807 (1808); Stoffels Rz. 699; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 10; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 11. 43 So auch BGH v. 17.1.2014 – V ZR 5/12, NJW 2014, 857 (Tz. 11); BGH v. 29.9.2013 – V ZR 52/12, NJW 2014, 854 (Tz. 14); BGH v. 7.6.2013 – V ZR 10/12, ZIP 2013, 2108 (Tz. 22); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 3; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 10; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 11. 44 Vgl. BGH v. 19.12.2007 – XII ZR 13/06, NJW 2008, 1148 zum Mietvertrag über einen Messestand. 45 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 10.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

len: notwendige Kalkulationen; Rückfragen nach Verfügbarkeit und Lieferbarkeit von Waren (insbesondere bei Sonderwünschen des Kunden) und sonstigen Leistungen, z.B. Reiseveranstalter; Prüfung der Kreditwürdigkeit des Antragenden beim Abzahlungs- oder Kreditgeschäft46. Aber in allen Fällen ist dem Verwender rasche Bearbeitung zuzumuten, und es ist zu berücksichtigen, dass ein Verwender, der sich von ihm vorformulierte Vertragsangebote machen lässt, die normalen Leistungsvoraussetzungen auf seiner Seite im Allgemeinen geklärt haben muss47. Nicht zu beanstanden ist eine Klausel, nach der das Vertragsangebot des Kunden als angenommen oder abgelehnt gilt, wenn nicht innerhalb bestimmter Frist die Ablehnung bzw. Annahme vom Verwender erklärt wurde, vorausgesetzt, dass die dem Verwender vorbehaltene Frist nicht unangemessen lang ist48 (vgl. auch § 308 Nr. 5 Rz. 6). Soll die Frist für die Ablehnungs- bzw. Annahmeerklärung des Verwenders mit dem Zugang des Angebots beim Verwender zu laufen beginnen (vgl. dazu auch Rz. 11 a.E.), dann wird bei regelmäßigen, zeitlich überschaubaren Postlaufzeiten nicht gesagt werden können, dass die Bindungsfrist für den Kunden „nicht hinreichend bestimmt“ sei49. 11a

Nach den in Rz. 11 dargestellten Grundsätzen erfolgt die Inhaltskontrolle von Annahmefristen im Hinblick auf ihre Länge in drei Prüfungsschritten. Zunächst ist die nach § 147 Abs. 2 maßgebliche gesetzliche Annahmefrist zu bestimmen. Sodann ist die Wesentlichkeitsgrenze festzulegen, ab deren Erreichen grundsätzlich von einer unangemessen langen Annahmefrist auszugehen ist (vgl. Rz. 11). Dabei wird man absolute Obergrenzen nicht losgelöst vom jeweiligen Vertragsgegenstand und der nach § 147 Abs. 2 maßgeblichen gesetzlichen Annahmefrist festlegen können50. Relative Grenzen macht der BGH zu Recht von der Dauer der gesetzlichen Annahmefrist abhängig und sieht bei einer vierwöchigen gesetzlichen Frist eine Überschreitung von 50 % oder mehr als wesentlich an51. Das erscheint zwar als großzügig, kann aber noch akzeptiert werden52. Schließlich ist bei einem Erreichen oder Überschreiten der Wesentlichkeitsgrenze zu prüfen, ob der Verwender dafür ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann, das das Interesse des Kunden an einer begrenzten Bindungsfrist überwiegt. Sieht das Gericht im Prozess von sich aus ein vorrangiges schutzwürdiges Interesse des Verwenders nicht und vermag auch der Verwender ein solches Interesse nicht darzulegen, ist von der Unangemessenheit der Annahmefrist auszugehen. Die gesetzliche Annahmefrist von § 147 Abs. 2 beginnt mit der Abgabe der

46 Stoffels Rz. 700; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 4; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 5; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 10; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 12. 47 Zust. Stoffels Rz. 700 Fn. 17. 48 So auch Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 2; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 9. 49 So wohl auch Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 12; a.M. OLG Düsseldorf v. 26.7.2013 – I-23 U 91/13, BeckRS 2013, 18078; OLG München v. 23.12.2004 – 19 U 4612/04, BeckRS 2004, 00236; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 8; Löwe/ von Westphalen § 10 Nr. 1 AGBG Rz. 17. 50 So auch BGH v. 17.1.2014 – V ZR 5/12, NJW 2014, 857 (Tz. 10), der im Übrigen offenlässt, ob es überhaupt eine absolute Obergrenze geben kann. A.A. Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 11: generell für eine absolute Grenze bei einer Überschreitung der gesetzlichen Frist um ein bis zwei Tage. 51 Vgl. BGH v. 17.1.2014 – V ZR 5/12, NJW 2014, 857 (Tz. 10). 52 Deutlich enger Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 11: relative Grenzen allgemein bei einer Verlängerung der gesetzlichen Annahmefrist um 20 %.

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Annahme- und Leistungsfrist

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Erklärung53. Bei Annahmefristklauseln, die diesen Fristbeginn hinausschieben (vgl. z.B. Rz. 11 a.E.), ist der entsprechende Zeitraum bei der Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigen, also der Länge der vorformulierten Annahmefrist hinzuzurechnen54. In Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Lebensversicherung und die Krankenversicherung sind lange Annahmefristen von sechs Wochen wegen der Risikoprüfung noch als angemessen anzusehen. Nicht zu beanstanden ist auch eine Annahmefrist von zwei Wochen in Bedingungen für die Tierversicherung. Das Kraftfahrzeughalter betreffende Pflichtversicherungsgesetz sieht eine Annahmefrist für den Versicherer von zwei Wochen vor (§ 5 Abs. 3 Satz 1 PflVG).

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Die Versuche, angemessene Annahmefristen generell festzulegen für „Alltagsgeschäfte“55, sind mit Zurückhaltung zu beurteilen56. Bei Hypothekenbanken ist eine generell vorbehaltene Frist von sechs Wochen für die Annahme eines Darlehensantrages zu lang57; vier Wochen, maximal ein Monat, müssen im Allgemeinen genügen, namentlich dann, wenn – wie häufig – vor der Antragstellung die Bank die Beleihungsunterlagen schon geprüft hat58. Beim finanzierten Kauf einer bereits fertiggestellten Eigentumswohnung und beim Bauträgerkaufvertrag beträgt die gesetzliche Annahmefrist vier Wochen59. Bei einer Überschreitung dieser Frist um zwei Wochen oder mehr verlangt der BGH zu Recht ein schutzwürdiges Interesse des Verwenders60, dessen Vorliegen er wiederholt verneint hat61. Bei Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses des Verwenders soll die Obergrenze für die Bindungsfrist drei Monate betragen62. Die Vierwochenfrist, die sich der Kraftfahrzeughandel in den Neuwagen-Verkaufsbedingungen für die Annahme der Bestellung des Käufers vorbehalten hatte, wurde vom BGH – trotz deutlicher Überschreitung der Frist gemäß § 147 Abs. 2 – gebilligt wegen eines überwiegen-

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53 BGH v. 17.9.2009 – I ZR 217/07, NJW-RR 2010, 1127 (Tz. 20); Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17. 54 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 9; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17. 55 Bis zu zehn Tagen, so Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 11 und Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 1 AGBG Rz. 13; für bis zu 14 Tagen bzw. zwei Wochen OLG München v. 23.3.2011 – 20 U 4468/10, BeckRS 2011, 07814; OLG Düsseldorf v. 28.12.2004 – 21 U 68/04, NJW 2005, 1515 (1516); BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 8; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 4; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 4; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 14. 56 So auch Stoffels Rz. 700. 57 BGH v. 6.3.1986 – III ZR 234/84, NJW 1986, 1807 (1808). 58 BGH v. 7.11.2000 – XI ZR 27/00, NJW 2009, 509; BGH v. 24.3.1988 – III ZR 21/87, NJW 1988, 2106 (2107). Die Hinzufügung, dass die Frist durch Absendung der Zusage gewahrt wird, belastet den Antragsteller zusätzlich mit dem – ungewissen – Zeitraum für die Postbeförderung; der BGH hat es offen gelassen, ob dieser Zusatz zu einer ungemessenen Verlängerung der Annahmefrist oder zu deren Unbestimmtheit führt; dazu Rz. 14. 59 Vgl. BGH v. 17.1.2014 – V ZR 5/12, NJW 2014, 857 (Tz. 8); BGH v. 27.9.2013 – V ZR 52/12, NJW 2014, 854 (Tz. 12); BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 (Tz. 8, 12); vgl. dazu Herrler MittBayNot 2014, 109 ff.; Herrler DNotZ 2010, 883 ff. 60 Vgl. BGH v. 17.1.2014 – V ZR 5/12, NJW 2014, 857 (Tz. 10). A.A. OLG Dresden v. 6.12.2011 – 14 U 750/11, NotBZ 2012, 107 (108). 61 BGH v. 17.1.2014 – V ZR 5/12, NJW 2014, 857 (Tz. 11) (Bindungsfrist von sechs Wochen); BGH v. 27.9.2013 – V ZR 52/12, NJW 2014, 854 (Tz. 14 ff.) (Bindungsfrist vier Monate und zwei Wochen); BGH v. 11.6.2010 – V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 (Tz. 8 f.) (Bindungsfrist vier Monate und drei Wochen). 62 BGH v. 27.9.2013 – V ZR 52/12, NJW 2014, 854 (Tz. 17).

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

den schutzwürdigen Interesses des Händlers, zunächst die Lieferbarkeit durch Rückfrage beim Hersteller festzustellen63. Die aktuelle Frist in den NeuwagenVerkaufsbedingungen ist mit drei Wochen immer noch großzügig bemessen64. Diese Bestimmung ließe sich besser rechtfertigen, wenn nach einer so geräumigen Prüfungs- und Dispositionsfrist die mit dem Vertragsabschluss beginnende Lieferfrist entsprechend kürzer wäre; dazu unten Rz. 22 und Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 1865. Für das Bauvertragswesen schreibt § 10 Abs. 6 und 7 VOB/A vor, dass die Bindungsfrist für den Bieter nicht mehr als 30 Werktage betragen soll; das ist eine Richtlinie für die angemessene Bemessung der Frist in diesem Bereich66. Bei einem Vertrag über die Vermietung eines Messestands ist eine bis zum Messebeginn hinausgeschobene Annahmefrist unangemessen, da sie dem schutzwürdigen Interesse des Kunden, der vor der Messe bereits kostenverursachende Maßnahmen und Dispositionen treffen muss, an einer ausreichenden Vorbereitungszeit und Planungssicherheit nicht Rechnung trägt67.

63 BGH v. 13.12.1989 – VIII ZR 94/89, BGHZ 109, 359 (361 ff.) = NJW 1990, 1784. Zu Unrecht für Unwirksamkeit auf Grund der besonderen Einzelfallumstände OLG Frankfurt v. 23.7.1997 – 23 U 228/96, NJW-RR 1998, 566 (567); dazu Rz. 11. 64 Im Regelfall für eine Obergrenze von zwei Wochen Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 16. 65 Für die Angemessenheit dieser Annahmefrist Reuter DB 1979, 2069. 66 Nach BGH v. 21.11.1991 – VII ZR 203/90, NJW 1992, 827 (828) (zu § 10 Nr. 1 AGBG) ist eine Anwendung von § 308 Nr. 1 im Vergabeverfahren nach der VOB/A nicht erforderlich, da bereits vergaberechtliche Grundsätze unangemessenen Bindungsfristen entgegenstehen. 67 BGH v. 19.12.2007 – XII ZR 13/06, NJW 2008, 1148 (zum kaufmännischen Verkehr). Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung: LG Hamburg v. 10.4.2013 – 315 O 422/12, MMR 2014, 120 (121): Bindungsfrist von fünf Tagen bei Bestellung im Online-Shop nicht unangemessen; BGH v. 1.3.2013 – V ZR 31/12, NJW-RR 2013, 1028 (Tz. 53): Bindung an das Grundstückskaufangebot für 99 Jahre beim Erbbaurechtsbestellungsvertrag unangemessen lang; BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 17): Bindungsfrist von einem Monat beim Hausbauvertrag nicht unangemessen lang; OLG München v. 23.3.2011 – 20 U 4468/10, BeckRS 2011, 07814: Bindungsfrist von vier Wochen bei Bestellung einer Photovoltaikanlage nicht unangemessen lang; OLG Naumburg v. 17.2.2011 – 1 U 76/10, BeckRS 2011, 17486: Bindungsfrist von drei Monaten beim Energieliefervertrag unangemessen lang; LG Saarbrücken v. 14.11.2014 – 10 S 128/13, BeckRS 2014, 21641: zehn Tage beim Gebrauchtwagenkauf nicht zu lang; BGH v. 19.12.2997 – XII ZR 13/06, WM 2005, 2043 (2046); OLG Düsseldorf v. 16.1.2004 – I-17 U 50/03, ZIP 2004, 1804 (1807): Frist von zwei Monaten zur Annahme des Rückübertragungsangebots für die Gesellschaftsbeteiligung beim sog. Managermodell ist angemessen; zulässige Bindungsfrist von einem Monat im Möbelversandhandel OLG Celle AGBE I Nr. 4; zulässige Bindungsfrist beim Verkauf von Möbeln drei Wochen, anders jedoch für den Fall des Verkaufs vorrätiger Möbel oder von Ausstellungsstücken, BGH v. 13.9.2000 – VIII ZR 34/00, NJW 2001, 303; vier Wochen bei der Bestellung von Fenstern und Rollläden LG Trier AGBE II Nr. 8; OLG Düsseldorf v. 28.12.2004 – 21 U 68/04, NJW 2005, 1515 (1516): vierwöchige Frist beim Kaufvertrag über ein „hochwertiges technisches Gerät“ (im konkreten Fall Heizung im „Baukastensystem“) nicht zu lang; zu lange Bindungsfrist von acht Wochen für den an der Ausschreibung von Bauleistungen teilnehmenden Bieter OLG Nürnberg AGBE I Nr. 5 und LG Frankfurt AGBE II Nr. 19; die Bindung von 20 Jahren an ein im Einheimischen-Modell erfolgtes Kaufangebot ist mit § 308 Nr. 1 vereinbar, OLG München v. 20.1.1998 – 25 U 4623/97, NJW 1998, 1962 (1963) (zu § 10 Nr. 1 AGBG).

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Annahme- und Leistungsfrist

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5. Nicht hinreichend bestimmte Annahmefrist „Nicht hinreichend bestimmt“ ist eine Frist68, die unbestimmbar ist oder zu deren Bestimmung es einer komplizierten Überlegung oder gar rechtlichen Rateinholung des Antragenden bedarf, um den Endzeitpunkt festzustellen. Der Antragende muss feststellen können, wie lange er gebunden ist69; dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten des typischen Kundenkreises an70. Im Allgemeinen muss die Frist kalendermäßig berechenbar sein71. Die hinreichende Bestimmtheit der Annahmefrist ist namentlich dann zu verneinen, wenn die Dauer der Frist von einem Ereignis abhängt, das in der Einfluss- oder Kenntnissphäre des Verwenders liegt72; vgl. aber auch Rz. 11 a.E. zum Fristbeginn „mit Zugang des Angebots“ des Kunden beim Verwender (noch hinreichend bestimmt). Anderes gilt, wenn der Beginn der Frist von einem Ereignis im Bereich des Kunden abhängig ist73. Beispiele für nicht hinreichend bestimmte Annahmefristen: „Der Kunde ist an die Bestellung bis zum Eingang einer sachlichen Antwort“ oder „bis zur Absendung der Annahmeerklärung innerhalb angemessener Frist gebunden“; oder: „Die schriftliche Bestätigung erhalten Sie in angemessener Zeit nach Ihrer Anmeldung“; oder: „Hat die Verkäuferin den Auftrag nicht binnen x Wochen schriftlich angenommen, so kann der Antragsteller den Auftrag widerrufen“ (der Antragende bleibt nach Ablauf der Frist bis zum Widerruf noch unbestimmte Zeit gebunden; vgl. auch Rz. 10a)74. Eine bestimmte Annahmefrist gerät in den Bereich der Unbestimmtheit durch den – evtl. selbständig kontrollfähigen – Zu68 Zu Unrecht für Zulässigkeit bei Bestehen eines sachlichen Grundes für die Unbestimmtheit Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23. 69 BGH v. 12.12.2012 – VIII ZR 14/12, NJW 2013, 926 (Tz. 16 f.); BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, NJW 2013, 291 (Tz. 19 f.); BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856) (zur Lieferfrist); OLG Düsseldorf v. 26.7.2013 – I-23 U 91/13, BeckRS 2013, 18078; KG v. 3.4.2007 – 5 W 73/07, NJW 2007, 2266 (2267); BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 11; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 6; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 8; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 12; einschränk. Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23. 70 So auch – auf den Durchschnittskunden abstellend – OLG Düsseldorf v. 26.7.2013 – I-23 U 91/13, BeckRS 2013, 18078; KG v. 3.4.2007 – 5 W 73/07, NJW 2007, 2266 (2267); Stoffels Rz. 701; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 11; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 6; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 5; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 19. 71 BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856); OLG Frankfurt v. 17.10.2011 – 1 U 33/11, BeckRS 2012, 17049; KG v. 3.4.2007 – 5 W 73/07, NJW 2007, 2266 (2267); Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 19. 72 Z.B. Fristbeginn mit Zusammenstellung der Herstellungsunterlagen, Eingang der Kreditauskunft, Bestätigung des Zulieferers, „Besuch meines Technikers“. Vgl. BGH v. 12.12.2012 – VIII ZR 14/12, NJW 2013, 926 (Tz. 17); BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, NJW 2013, 291 (Tz. 20); OLG Frankfurt v. 29.8.2012 – 6 W 84/12, NJW-RR 2012, 1446 (Annahme des Angebots mit Eingang einer vom Kunden zu leistenden Vorkasse-Zahlung); BGH v. 24.3.1988 – III ZR 21/87, NJW 1988, 2106 (2107); BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856); OLG Naumburg v. 19.8.1997 – 11 U 31/96, MDR 1998, 854 (855); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 12; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 11. Hiervon zu unterscheiden und für § 308 Nr. 1 unerheblich sind Fallgestaltungen, in denen ein Verhalten des Verwenders überhaupt erst ein Angebot des Kunden wirksam werden lässt; vgl. BGH v. 19.9.2005 – II ZR 173/04, WM 2005, 2043 (2046) zum aufschiebend bedingten Rückübertragungsangebot für die Gesellschaftsbeteiligung des Geschäftsführers beim sog. Managermodell. 73 BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, NJW 2013, 291 (Tz. 20); BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856); Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 20; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 12. 74 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 12.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

satz, dass die Frist durch Absendung der Zusage eingehalten wird75. Nicht hinreichend bestimmt sind weiterhin Annahmefristen, deren Einhaltung an die Unterzeichnung des Antragsformulars des Kunden durch den Verwender oder an die Aufgabe der Annahmeerklärung zur Post oder deren Absendung anknüpft76. Unbedenklich: „Der Käufer ist mit seiner Unterschrift unter den Antrag gebunden. Die Firma nimmt den Antrag durch schriftliche Bestätigung an“ (hier gilt für die Bindungsfrist des Antragenden ohne weiteres § 147 Abs. 2, weil es an einer Fristbestimmung überhaupt fehlt)77. Hat aber eine derartige den Antrag betreffende Bindungsklausel die Bedeutung (im Verbandsprozess evtl. bei „kundenfeindlichster“ Auslegung), dass der Vertragspartner auf unbestimmte Zeit gebunden ist, ist sie nach § 308 Nr. 1 unwirksam78. Hinreichend bestimmt sind Klauseln, die sich darauf beschränken, den Regelungsgehalt von § 147 Abs. 2 wiederzugeben79. Eine Klausel, die eine konkrete Höchstfrist für die Bindung des Kunden an sein Angebot festlegt, ist hinreichend bestimmt80.

6. Unwirksamkeit 15

Bei Unwirksamkeit der Klausel tritt an ihre Stelle § 147 Abs. 2 (vgl. § 306 Abs. 2)81. Mit dem Ablauf der gesetzlichen Annahmefrist (Rz. 9) entfällt die Bindung des Antragenden. Die verspätete Annahme des Angebots durch den Verwender gilt als neuer Antrag (§ 150 Abs. 1). Das gilt auch bei Übergabe des unterschriebenen Bestellformulars (Antrags, Auftrags) an den anwesenden Verwender oder seinen Vertreter, weil dieser Fall wie ein Antrag unter Abwesenden behandelt wird (Rz. 9).

7. Verträge mit Unternehmern 16

Auch und gerade der Geschäftsverkehr mit Unternehmern ist auf bestimmte und nicht über das sachlich gebotene Maß hinausgehende Annahmefristen angewiesen. Ein schutzwürdiges Interesse des Verwenders an einer anderen Gestal75 BGH v. 24.3.1988 – III ZR 21/87, NJW 1988, 2106 (2107). 76 So wegen der sich aus der Postbeförderung ergebenden Verzögerungen und Ungewissheiten zutr. OLG Naumburg v. 19.8.1997 – 11 U 31/96, MDR 1998, 854 (855); tendenziell auch BGH v. 24.3.1988 – III ZR 21/87, NJW 1988, 2106 (2107). 77 Für Wirksamkeit auch BGH v. 12.12.2012 – VIII ZR 14/12, NJW 2013, 926 (Tz. 15) und BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, NJW 2013, 291 (Tz. 15 ff.), jeweils mit der Feststellung, dass sich eine derartige Bestimmung auf die Wiedergabe des Regelungsgehalts von § 147 Abs. 2 beschränke. Für Wirksamkeit im Erg. auch OLG Hamm v. 9.12.2011 – I-19 U 38/11, BeckRS 2012, 11932. Für Unwirksamkeit OLG Frankfurt v. 17.10.2011 – 1 U 33/11, BeckRS 2012, 17049; LG Leipzig v. 4.2.2010 – 08 O 1799/09, MMR 2010, 751 mit zust. Anm. Wiese; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 22; wohl auch Staudinger/ Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 12. 78 LG Koblenz AGBE IV Nr. 10: „Dieser Auftrag ist unwiderruflich“; ähnlich LG Köln AGBE I Nr. 9 und LG Frankfurt AGBE I Nr. 14. 79 BGH v. 12.12.2012 – VIII ZR 14/12, NJW 2013, 926 (Tz. 15); BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, NJW 2013, 291 (Tz. 18). 80 Vgl. LG Saarbrücken v. 14.11.2014 – 10 S 128/13, BeckRS 2014, 21641: Bindung des Käufers an seine Bestellung „höchstens bis zehn Tage“. 81 BGH v. 19.12.2007 – XII ZR 13/06, NJW 2008, 1148; BGH v. 6.3.1986 – III ZR 234/84, NJW 1986, 1807 (1808); OLG Naumburg v. 19.8.1997 – 11 U 31/96, MDR 1998, 854 (855). Es muss dann geprüft werden, bis wann der Anbieter unter regelmäßigen Umständen Antwort erwarten durfte.

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tung ist regelmäßig nicht anzuerkennen82. Unwirksam ist daher z.B. eine Klausel, nach der der Verwender (Messeveranstalter) das Angebot des Kunden zur Teilnahme an der Messe und zur Anmietung eines Messestands bis zum Beginn der Messe annehmen kann83. Die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise sind bei der Beurteilung der Angemessenheit der Frist zu berücksichtigen. Eine Individualvereinbarung empfiehlt sich, wenn der Verwender ein Interesse an einer ungewöhnlich langen oder unbestimmten Annahmefrist hat.

IV. Leistungsfristen 1. Funktion der verbotenen Klauseln Der Vorbehalt einer Leistungsfrist in den AGB kann jede dem Verwender ver- 17 traglich obliegende Leistung84 betreffen, z.B. eine Sachleistung, die Zahlung85 – bei unangemessen langen Fristen für die Zahlung von Entgeltforderungen ist aber die Sonderregelung von § 308 Nr. 1a als Spezialvorschrift gegenüber § 308 Nr. 1 anzuwenden (vgl. Rz. 1a) – oder beim Werkvertrag die Abnahme des vom Vertragspartner herzustellenden Werkes (§ 640)86; siehe Rz. 25 zu unbestimmten Abnahmefristen, für unangemessen lange Abnahmefristen gilt die Spezialvorschrift des § 308 Nr. 1b (Rz. 1a). § 308 Nr. 1 betrifft nicht nur Hauptleistungspflichten, sondern auch Nebenleistungspflichten87. Eine bestimmte Leistungszeit wird individuell vereinbart. Auch die vom Verwender einzuhaltende Lieferund Leistungsfrist findet sich häufig in dem Teil des Vertrags, der der Individualabrede zugerechnet wird. Die Individualabrede geht abweichenden AGB vor (§ 305b) und empfiehlt sich stets, wenn der Verwender eine verhältnismäßig lange Leistungsfrist benötigt oder diese bei Vertragsschluss noch nicht bestimmt festlegen kann. Eine individuell vereinbarte Leistungsfrist kann auch in den Schranken des § 308 Nr. 1 durch einen abweichenden Leistungsfristvorbehalt nicht geändert werden. Wenn dieser darauf gerichtet ist, jede Fristzusage zu mo-

82 Vgl. BGH v. 1.3.2013 – V ZR 31/12, NJW-RR 2013, 1028 (Tz. 53) und BGH v. 19.12.2007 – XII ZR 13/06, NJW 2008, 1148 („Indizwirkung“ von § 308 Nr. 1 im Unternehmerverkehr); Stoffels Rz. 704; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 15; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 12; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 11; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23; so auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 63, allerdings mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass § 308 Nr. 1 im kaufmännischen Verkehr keine Indizwirkung entfalte. 83 BGH v. 19.12.2007 – VIII ZR 13/06, NJW 2008, 1148. Für Unwirksamkeit einer fünfmonatigen Annahmefrist bei Gewerberaummietverträgen in der Immobilienprojektentwicklung (z.B. Einkaufszentrum) Dastis ZfIR 2012, 170; für Wirksamkeit einer Frist von sechs Wochen KG v. 27.3.2006 – 8 U 57/05, NZM 2007, 86 (87). 84 Darum geht es nicht bei Mitwirkungspflichten des Verwenders bei der Leistungserbringung durch den Kunden; vgl. OLG Karlsruhe v. 11.4.2008 – 9 U 81/07, BeckRS 2011, 19014, zur Verpflichtung des Auftraggebers zum Abruf der Leistung des Auftragnehmers (Bauvertrag). Vgl. allgemein zu vom Verwender vorzunehmenden Mitwirkungshandlungen auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 36 (Inhaltskontrolle nach § 307). 85 LAG Baden-Württemberg v. 26.9.2014 – 17 Sa 20/14, BeckRS 2014, 73393 (Arbeitnehmer-Gewinnbeteiligung); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 13; Wolf/ Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 31. 86 Vgl. BGH v. 23.2.1989 – VII ZR 89/87, NJW 1989, 1602 (1603). 87 Allg. M., vgl. nur Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 31; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 13.

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difizieren, ist die Klausel wegen Verdrängung des in § 305b festgelegten Vorrangprinzips nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 unwirksam88. 18

Klauseln über unangemessen lange oder unbestimmte Leistungsfristen haben den Gehalt einer verdeckten Freizeichnung von der Haftung des Verwenders für die Einhaltung der angemessenen Leistungszeit. Der Verwender verschafft sich für seine Leistung einen übermäßig großen oder nicht hinreichend bestimmten zeitlichen Spielraum, während der Vertragspartner ohne Lösungsrecht gebunden und gehindert ist, sich anderweitig einzudecken. Der Schutz des § 309 Nr. 7 lit.b und Nr. 8 lit. a läuft leer, wenn infolge lang hinausgeschobener oder unbestimmter Fälligkeit der Kunde gegenüber dem Verwender keine Pflichtverletzung (Nichterbringen der fälligen Leistung) geltend machen kann. Außerdem wird das Recht des Kunden beeinträchtigt, gemäß § 323 vom Vertrag zurückzutreten, unabhängig davon, ob der Verwender die nicht rechtzeitige Leistungserbringung zu vertreten hat. Da andererseits der Verwender regelmäßig vorzeitig leisten darf (§ 271 Abs. 2), kann sich der Kunde auf den Leistungszeitpunkt nicht in angemessenen zeitlichen Grenzen einrichten und läuft deshalb Gefahr, Pflichten bei der Annahme der Leistung (z.B. Zahlungspflicht, Rüge- und Untersuchungsobliegenheiten) zu versäumen. Wenn es nach Sachlage unumgänglich ist oder dem Gebot kaufmännischer Vorsicht entspricht, eine längere oder im Voraus nicht genau bestimmte Leistungsfrist vorzusehen, dann soll eine entsprechende Abrede angesichts der Wichtigkeit des Fälligkeitstermins für den Vertragspartner nicht in den AGB verborgen werden.

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Eine Klausel, die eine verbindlich zugesagte Leistungszeit für (befristet oder dauernd) unverbindlich erklärt, steht nicht nur meist im Widerspruch zu § 307 (wegen Verdrängung des § 305b, siehe oben Rz. 17) und § 308 Nr. 1 (wegen zu langer oder unbestimmter Leistungsfrist, siehe unten Rz. 27), sondern namentlich auch zu § 309 Nr. 7 lit.b und Nr. 8 lit. a, weil der Vertragspartner an der Geltendmachung der durch diese Vorschrift geschützten Rechte gehindert wird89. Klauseln, nach denen der Kunde bei Überschreitung unverbindlicher Liefertermine oder -fristen den Verwender innerhalb angemessener Frist zur Lieferung auffordern kann, oder die dem Verwender eine weitere konkret bestimmte Lieferfrist einräumen, betreffen keine „echten“ Nachfristen i.S.v. § 308 Nr. 2 und unterliegen daher nicht dieser Vorschrift. Sie sehen sog. „unechte Nachfristen“ vor, die die Fälligkeit der Leistung hinausschieben und in den Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1 fallen90 (vgl. dazu auch § 308 Nr. 2 Rz. 1).

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Nicht unter § 308 Nr. 191, sondern unter § 308 Nr. 3 (siehe auch Rz. 10 mit Nachw. zur Gegenansicht) gehören die – allerdings hauptsächlich im Geschäftsverkehr mit Unternehmern vorkommenden – formularmäßigen Leistungsvorbehalte des Verwenders, wie z.B. „freibleibend“, „Liefermöglichkeit“, „Selbstbe88 BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (26) = NJW 1984, 2468: Verwender „kann die Auslieferung bis zu sechs Wochen verschieben“ in den AGB eines Fertighausherstellers bei individueller Lieferterminvereinbarung; zurückhaltend BGH v. 19.9.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48. 89 BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (293) = NJW 1983, 1322 (Unverbindlichkeit der zugesagten Verkehrs- und Ankunftszeiten in den Beförderungsbedingungen der Lufthansa); BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (29 f.) = NJW 1984, 2468. 90 BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 (1200); BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 19; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 33; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 2. 91 A.A. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17.

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Annahme- und Leistungsfrist

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lieferung“ oder „Zwischenverkauf vorbehalten“; dazu § 308 Nr. 3 Rz. 5 ff. Fristverlängerungsklauseln – z.B. die sog. Arbeitskampf- oder Streikklauseln (dazu Teil 2, (3) Arbeitskampfklauseln, Streikklauseln Rz. 1 ff.) –, die bei Vorliegen bestimmter Umstände eine Verlängerung der Leistungsfrist vorsehen, räumen eine zusätzliche Leistungsfrist ein und entsprechen in ihren Wirkungen Klauseln über sog. „unechte Nachfristen“, die von § 308 Nr. 1 erfasst werden92 (Rz. 19; vgl. auch Rz. 22). Auf Fristverlängerungsklauseln ist deshalb § 308 Nr. 1 anzuwenden93. Das gilt auch für Klauseln über die Verlängerung der Leistungsfrist während des Ausstehens einer vom Kunden zu erbringenden Vorleistung94 (vgl. Rz. 22).

2. Gesetzliche Regelung für Leistungsfristen Ohne das Vorhandensein einer Abrede gilt § 271. Wenn die Leistungszeit auch nicht aus den Umständen entnommen werden kann (§ 157), muss der Verwender sofort, d.h. so schnell wie nach den Umständen möglich, leisten. Für den Verbrauchsgüterkauf gilt die Sonderregelung in § 474 Abs. 3. Die vom Besteller (Auftraggeber) geschuldete Abnahme nach § 640 Abs. 1, die in mehrfacher Hinsicht die Rechtslage zu Gunsten des Unternehmers umgestaltet, ist fällig unmittelbar nach Fertigstellung des Werkes (dazu unten Rz. 53). Zur Fälligkeit von Geldleistungen im Privatversicherungsrecht vgl. § 14 VVG und Rz. 26.

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3. Unangemessen lange Leistungsfrist Die angemessene Dauer der Leistungsfrist richtet sich nach der Art der geschuldeten Leistung unter Berücksichtigung der erforderlichen Beschaffungs- und Herstellungszeiten95. Wenn eine Ware beschafft werden muss, das gekaufte Modell erst später herauskommt, die Eigentumswohnung noch gebaut oder eine Mietwohnung erst frei werden muss, ist eine Regelung mit längerer Frist unausweichlich und angemessen. Verboten sind unnötig lange Fristen, durch die der Verwender sich mehr als billig die Leistungszeit offen halten will, ohne Gefahr zu laufen, vom Vertragspartner in Verzug gesetzt oder verklagt werden zu können. Die Leistungsfrist soll nicht zur Leistungsverzögerung missbraucht werden können. Der Verwender muss die Dauer der Leistungsfrist an den für ihn erkennbaren berechtigten96 Erwartungen seiner Kunden ausrichten. Wenn der Kunde typischerweise97 ein erkennbares Interesse an der alsbaldigen Leis92 BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 (1200). 93 OLG Köln v. 21.5.1999 – 6 U 122/98, NJW-RR 2001, 198 (199); OLG Hamm v. 13.6.1986 – 20 U 285/85, NJW-RR 1987, 311 (315); OLG Stuttgart v. 19.12.1980 – 2 U 122/80, NJW 1981, 1105; Stoffels Rz. 761; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 9; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 6; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 16; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 33, 46. 94 Vgl. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 16; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 47. 95 BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 (1200); BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (28) = NJW 1984, 2468; BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 21; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 8; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 38. 96 Insoweit kann das Interesse des Verwenders an einer Leistungsfristklausel Berücksichtigung finden und aus den genannten Gründen deren Angemessenheit zu bejahen sein; vgl. dazu Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 38. 97 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 8.

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tung hat und nach Sachlage davon ausgehen kann, dass der Leistungsgegenstand vorrätig oder alsbald beschaffbar ist, ist eine über diese Erwartungen hinausgehende Leistungsfrist zu lang. Nicht unangemessen ist es, wenn der Verwender bei der Bemessung seiner Leistungsfrist solche möglichen Verzögerungen seiner eigenen Belieferung berücksichtigt, die trotz sorgfältiger Lieferantenauswahl und Vertragsgestaltung im Rahmen einer der Erfahrung entsprechenden Vorsicht hingenommen werden müssen. Eine solche Absicherung bei Vertragsschluss absehbarer Risiken entspricht dem Zweck von Leistungsfrist-Klauseln98. Andererseits dürfen mittels der Klausel nicht die eigenen Organisationsfehler des Verwenders abgewälzt werden, z.B. das Risiko der rechtzeitigen Selbstbelieferung, das auf unzuverlässigen Vorlieferanten oder unsorgfältiger Vertragsgestaltung beruht99. Zu Arbeitskampfklauseln vgl. Teil 2, (3) Arbeitskampfklauseln, Streikklauseln Rz. 1 ff. Nicht zu beanstanden ist eine Verlängerung der Leistungszeit während des Ausstehens einer vom Kunden zu erbringenden Vorleistung100. Bei der Angemessenheitsprüfung ist auch zu berücksichtigen, wenn der Fristbeginn hinausgeschoben oder vorgeschrieben wird, dass sich der Verwender eine Überschreitung der vereinbarten Leistungszeit um eine bestimmte Frist vorbehält101. 22a

Die Neuwagen-Verkaufsbedingungen schreiben (für beim Verkäufer nicht vorhandene Fahrzeuge) vor, dass bei Vereinbarung einer unverbindlichen Lieferfrist der Käufer den Verkäufer sechs Wochen nach Fristüberschreitung durch Mahnung in Verzug setzen kann. Diese den vorgesehenen Liefertermin um weitere sechs Wochen hinausschiebende „Nachfrist“ wird von der h.M. unter Berücksichtigung der „Besonderheiten des Kraftfahrzeughandels“ nicht als unangemessen lang bewertet, zumal der Käufer die gesetzlich zu setzende Nachfrist (§§ 281, 323; früher § 326 a.F.) kurz bemessen könne102. Die Berechtigung dieser Großzügigkeit ist im Hinblick auf die geräumige Vertragsannahmefrist (oben Rz. 13) sowie darauf, dass die Datenverarbeitung eine sehr genaue Prognose des möglichen Liefertermins zulässt, zu bezweifeln (dazu Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 18). Im Versandhandel sind Lieferfristen von 14 Tagen nicht unangemessen lang103. Beim Verbrauchsgüterkauf ist auch die 30-Tage-Frist von § 474 Abs. 3 Satz 2 als Richtschnur heranzuziehen.

98 Vgl. BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 (1200); BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (28) = NJW 1984, 2468; Berücksichtigung eines „gewissen Sicherheitszeitraumes“. 99 Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 43; Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 1 AGBG Rz. 22. 100 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 16; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 47. 101 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 und BGH v. 19.9.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48: Unangemessene Länge der Lieferfrist im Möbelhandel infolge der Klausel, dass der zugesagte Liefertermin vom Verkäufer bis zu drei Monaten überschritten werden kann. BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 (1200): Angemessen ist eine zu einem unverbindlichen Liefertermin hinzutretende Frist von vier Wochen im Möbelhandel beim Kauf von Einbauküchen, die nach den Gestaltungswünschen des Kunden individuell zusammengestellt und angefertigt werden. 102 So BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, NJW 1982, 331 (333); bestätigt von BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 (1200); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 8; Wolf/ Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 48; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 24; Reuter DB 1979, 2072; zu den Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen Eggert BB 1980, 1828. 103 BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 21. Vgl. auch KG v. 3.4.2007 – 5 W 73/07, NJW 2007, 2266 (2268): 10–12 Tage im Versandhandel nicht unangemessen lang.

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Auch die vom Besteller eines Werkes nach § 640 Abs. 1 unmittelbar nach dessen Fertigstellung geschuldete Abnahme darf in AGB des Auftraggebers nicht übermäßig lange aufgeschoben werden, weil von der Abnahme eine Reihe für den Unternehmer wesentlicher Rechtsfolgen, u.a. die Fälligkeit der Vergütung und der Beginn der Gewährleistungsfrist, abhängt. Unangemessen lange Abnahmefristen unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1b (vgl. Rz. 1a).

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4. Nicht hinreichend bestimmte Leistungsfrist Häufig kann – z.B. wegen der Abhängigkeit des Verwenders von der Vorlieferung 24 oder den eigenen Arbeitskräften – eine genau bestimmte Leistungsfrist nicht vorgesehen werden104. Dann muss sich der Verwender wenigstens um eine „hinreichend bestimmte“ Angabe in den AGB bemühen, damit der Vertragspartner, wenn er neben der Abrede die Umstände sowie Treu und Glauben in Betracht zieht, ausreichend Klarheit hat, wann er die Leistung verlangen und den Verwender in Verzug setzen kann105; dazu bereits Rz. 14. Der Kunde muss die Frist berechnen können106. Dabei ist eine typisierende Betrachtungsweise („Durchschnittskunde“) zugrunde zu legen (Rz. 14). Ist eine hinreichende Bestimmung nicht möglich („sobald das neue Modell erscheint“; „nach Fertigstellung“), ist eine Individualvereinbarung anzuraten. Unwirksam z.B.: „Lieferung so schnell wie möglich“, „gewerbeübliche Lieferfristen werden eingehalten“107, „Lieferung sofort nach Eintreffen der Ware am Lager“ oder „nach Herstellung der Ware“ oder „nach Selbstbelieferung“108; zu auf den Ablauf von Widerrufsfristen abstellenden Klauseln109 vgl. Rz. 28. Es fehlt an hinreichender Bestimmtheit, wenn die Dauer der Frist allein von einem Ereignis abhängt, das im Einfluss- oder Kenntnisbereich des Verwenders liegt, z.B. Beginn der Lieferfrist mit einer „schriftlichen Bestätigung durch den Hersteller“110. Diese Angabe lässt infolge der Ungewissheit des Fristbeginns für den Vertragspartner die Frage offen, wann die Leistung fällig wird. Dagegen besteht ausreichende Bestimmtheit, wenn der Fristbeginn von einem Ereignis im Bereich des Kunden abhängt111. Weitere Klauselbeispiele: Unbestimmt ist die Leistungsfrist, wenn in den AGB vorgeschrieben wird, dass für den Verwender die Lieferzeit „acht Wochen ab Aufmaß“ beträgt112 oder die Leis-

104 Für eine taggenaue Angabe des Endes der Lieferzeit in den Fällen, in denen dies dem Verwender möglich ist, KG v. 3.4.2007 – 5 W 73/07, NJW 2007, 2266 (2267). 105 Zu unbestimmt z.B.: „Mindestlieferzeit beginnt drei Wochen nach Eingang der Nachkontrollanforderung des Bestellers“, OLG Celle AGBE IV Nr. 2. Zust. MünchKomm/ Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23. 106 BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856); Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 50. 107 OLG Köln v. 3.7.1981 – 6 U 14/81 – 28/81, ZIP 1981, 1101 (1102); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17. 108 LG Dortmund v. 24.1.2014 – 10 O 42/13, BeckRS 2014, 16078; OLG Saarbrücken v. 4.7.1979 – 1 U 90/78, BB 1979, 1064; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 9; MünchKomm/ Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17. 109 Für Unwirksamkeit noch OLG Koblenz v. 19.2.1993 – 2 U 527/91, NJW-RR 1993, 1078 (1081) (Verbraucherkreditgeschäft); zust. MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23. 110 BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856). 111 BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856). 112 Fristbeginn ungewiss, OLG Stuttgart v. 19.12.1980 – 2 U 122/80, NJW 1981, 1105.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

tung „in der Regel“ innerhalb einer konkret angegebenen Frist erfolgt113 oder „voraussichtlich“ innerhalb einer konkret angegebenen Frist114. Eine zeitliche Eingrenzung, die die Bestimmung des Fälligkeitstermins nach den Umständen ermöglicht („etwa vier Wochen“; „spätestens in zwei Wochen“), muss wenigstens hinzugefügt werden, damit dem Bestimmtheitserfordernis entsprochen wird115; dem entsprechen auch noch sog. „circa-Klauseln“, da der Kunde nur eine maßvolle Überschreitung der circa-Frist hinnehmen muss und danach Maßnahmen zur Inverzugsetzung des Verwenders ergreifen kann116. Nicht unter § 308 Nr. 1 fällt die Bestimmung „Lieferung auf Abruf“, weil sich dabei nicht der Verwender die Leistungsfrist vorbehält117. 25

Auch der Zeitpunkt für die Abnahme eines Werkes (§ 640 Abs. 1, oben Rz. 21), darf in AGB des Bestellers (Auftraggebers, Bauträgers) nicht derart im Ungewissen bleiben, dass der Unternehmer den Abnahmetermin weder berechnen noch selbst herbeiführen kann. Unwirksam ist daher z.B. der Aufschub bis zum Verkauf aller Wohneinheiten, bis zur Fertigstellung oder Abnahme des gesamten Bauvorhabens, bis zum Eingang einer Mängelfreiheitsbescheinigung des Erwerbers, bis zu einer behördlichen Abnahme118 oder bis zur Übergabe des Hauses an den Kunden (Bauherrn)119.

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Eine unbestimmte Leistungsfrist ist in § 14 Abs. 1 VVG vorgesehen: „Geldleistungen des Versicherers sind fällig mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers notwendigen Erhebungen.“ Diese Rechtsvorschrift geht für Allgemeine Versicherungsbedingungen dem § 308 Nr. 1 vor.

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Fristverlängerungsklauseln kommen in unterschiedlichen Ausprägungen vor, wobei mitunter – z.B. bei dem Vorbehalt, dass eine zugesagte Leistungszeit um eine bestimmte Frist überschritten werden kann, – schwer zu entscheiden ist, 113 OLG Hamm v. 12.1.2012 – I-4 U 107/11, MMR 2013, 241 (242); OLG Bremen v. 5.10.2012 – 2 U 49/12, MMR 2013, 36; OLG Frankfurt v. 27.7.2011 – 6 W 55/11, MMR 2011, 800; OLG Frankfurt v. 17.10.2011 – 1 U 33/11, BeckRS 2012, 17049; OLG Bremen v. 8.9.2009 – 2 W 55/09, BeckRS 2010, 00302; KG v. 3.4.2007 – 5 W 73/07, NJW 2007, 2266 (2267); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 9; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 8. A.A. LG Hamburg v. 12.11.2008 – 312 O 733/08, BeckRS 2009, 23910; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17. 114 OLG Bremen v. 5.10.2012 – 2 U 49/12, MMR 2013, 36 mit abl. Anm. Solmecke. A.A. LG Frankfurt/M. v. 3.7.2008 – 2-31 O 128/07, BeckRS 2008, 23027; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 28. 115 MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 23; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 50. 116 Für Wirksamkeit von circa-Klauseln auch die überwiegende Meinung, vgl. OLG München v. 8.10.2014 – 29 W 1935/14, BeckRS 2015, 01971; OLG Frankfurt v. 27.7.2011 – 6 W 55/11, MMR 2011, 800; OLG Bremen v. 5.10.2012 – 2 U 49/12, MMR 2013, 36; OLG Bremen v. 8.9.2009 – 2 W 55/09, BeckRS 2010, 00302; BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 28; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 9; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 8; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17; offen gelassen von OLG Hamm v. 18.9.2012 – I-4 U 105/12, BeckRS 2012, 25508; erhebliche Bedenken aber bei KG v. 3.4.2007 – 5 W 73/07, NJW 2007, 2266 (2267). A.A. Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 50. 117 Vgl. auch OLG Karlsruhe v. 11.4.2008 – 9 U 81/07, BeckRS 2011, 19014. 118 BGH v. 23.2.1989 – VII ZR 89/87, NJW 1989, 1602 (1603); OLG Nürnberg v. 3.7.1980 – 3 U 52/79, DB 1980, 1393; OLG Nürnberg v. 25.9.1979 – 3 U 52/79, WM 1980, 854 (855); OLG München v. 3.11.1983 – 6 U 1390/83, BB 1984, 1386 (1388). 119 BGH v. 10.10.1996 – VII ZR 224/95, WM 1997, 581.

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Annahme- und Leistungsfrist

§ 308 Nr. 1 BGB

ob das Element der unangemessenen Länge oder der Unbestimmtheit der Leistungsfrist überwiegt120. Im Vordergrund steht bei solchen Klauseln die Kollision mit § 305b (oben Rz. 17) und die dem § 309 Nr. 7 lit. b und Nr. 8 lit. a widersprechende Freizeichnungswirkung (oben Rz. 19). Mit Sicherheit gegen das Unbestimmtheitsverbot verstoßen Bestimmungen, wonach eine zugesagte Leistungszeit oder Lieferfrist schlicht für „unverbindlich“ oder „annähernd“ erklärt wird121 oder nach denen sich der Verwender um die Einhaltung des Liefertermins bemüht122. Der Vorbehalt einer zusätzlichen Leistungsfrist kann auch gegen § 308 Nr. 2 verstoßen, vgl. § 308 Nr. 2 Rz. 5.

5. Ausnahme für Verträge mit Widerrufsfristen Nach § 308 Nr. 1 Halbs. 2 (zur Entstehungsgeschichte vgl. Rz. 2) ist ein Vorbehalt, die Leistung erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 1 und 2 zu erbringen, nicht nach § 308 Nr. 1 unwirksam. Angesichts der Zielsetzung des Gesetzes, einen derartigen Vorbehalt in AGB zuzulassen, scheidet auch eine Unwirksamkeit nach § 307 aus. Bedeutung hat die Ausnahmeregelung für Verträge, bei denen dem Kunden ein Widerrufsrecht nach § 355 zusteht. Bei ihnen soll die Ausnahmeregelung dem Verwender die Möglichkeit geben, vor der Leistungserbringung den Ablauf der Widerrufsfrist abzuwarten123. Das kommt z.B. in Betracht, wenn der Beginn der Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 an den Vertragsschluss anknüpft. Anderes gilt, wenn die Widerrufsfrist erst mit der Lieferung von Waren beginnt, wie es in § 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a für Fernabsatzverträge vorgesehen ist; hier kann ein Leistungsvorbehalt von vornherein nicht auf den Ablauf der Frist abstellen124.

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6. Unwirksamkeit Bei Unwirksamkeit der Klausel tritt an ihre Stelle § 271 Abs. 1, beim Verbrauchsgüterkauf § 474 Abs. 3 (Rz. 21; vgl. § 306 Abs. 2). Eine teilweise Aufrechterhaltung durch Verkürzung der Frist ist ausgeschlossen125. Jedoch kann nicht ohne weiteres die Leistung „sofort“ bzw. „unverzüglich“ (§ 474 Abs. 3 Satz 2) verlangt werden. Vielmehr ist zunächst die Leistungszeit „aus den Umständen zu entnehmen“ (§ 157). Erst wenn hiernach die Leistungszeit nicht bestimmbar ist, muss der Verwender sofort leisten bzw. beim Verbrauchsgüterkauf unverzüglich und spätestens 30 Tage nach Vertragsschluss.

120 In den Fällen BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 und BGH v. 19.9.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48 (Möbelhandel) führte nach Ansicht des BGH die vorbehaltene Fristverlängerung zu einer unangemessen langen Leistungsfrist, im Falle BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (29) = NJW 1984, 2468 (Fertighaushersteller) blieb die Subsumtion unter § 10 Nr. 1 AGBG letztlich offen. 121 Z.B. OLG Koblenz AGBE IV Nr. 4; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 9; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 50. 122 OLG Oldenburg v. 12.3.1992 – 1 U 179/91, NJW-RR 1992, 1527 (1528); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 9; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 53; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 17. 123 So die Begr. zur Änderung von § 10 Nr. 1 AGBG, BT-Drucks. 14/2658 S. 51. 124 So zutr. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 14/2658 S. 51. 125 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1321); BGH v. 19.9.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48 (49).

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§ 308 Nr. 1a BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

7. Verträge mit Unternehmern 30

Im Geschäftsverkehr mit Unternehmern (vgl. dazu auch § 310 Rz. 25 ff.) pflegt man, wenn es auf die Leistungszeit ankommt, eine individuelle Abrede zu treffen. Bei unbestimmter Leistungszeit gilt § 315 (Bestimmung durch den Schuldner nach billigem Ermessen), insbesondere bei handelsüblichen Lieferfristklauseln wie z.B. „prompt“, „umgehend“ oder „baldmöglichst“. Der durch § 308 Nr. 1 gesetzte Maßstab lässt sich deshalb nicht ohne weiteres auf Leistungsfristklauseln im Geschäftsverkehr mit Unternehmern übertragen126. Der Gesichtspunkt angemessener Risikoabsicherung (oben Rz. 18) kann es bei Verträgen mit Unternehmern mehr noch als beim Verbrauchergeschäft rechtfertigen, dass der Verwender seine Leistungsfrist in den AGB mit Vorsicht, also nötigenfalls mit einem größeren zeitlichen Spielraum festlegt127. Es gilt auch hier der Vorrang der Individualabrede gegenüber einer modifizierenden Leistungsfristklausel (§ 305b; siehe oben Rz. 17). Die Klausel „Lieferzeit unverbindlich“ wird häufig im Hinblick auf § 307 Abs. 2 Nr. 2 unwirksam sein128, soweit nicht ohnehin eine individuelle Fälligkeitsabrede vorgeht. Zu den kaufmännischen Leistungsvorbehaltsklauseln (z.B. „freibleibend“; „Liefermöglichkeit vorbehalten“ oder „Selbstbelieferung vorbehalten“) siehe oben Rz. 10 und § 308 Nr. 3 Rz. 18. Unangemessen kurze Leistungsfristen für den Vertragspartner in Einkaufsbedingungen sind gemäß § 307 Abs. 1 unwirksam. Für unangemessen lange Zahlungsund Abnahmefristen (sowie Überprüfungsfristen) sind die §§ 308 Nr. 1a, 308 Nr. 1b (vgl. Rz. 1a) auch im Unternehmerverkehr anzuwenden; siehe im Einzelnen die Kommentierungen zu diesen Vorschriften.

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 1a In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1a. (Zahlungsfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist; 126 A.A. bezogen auf Annahmefristen BGH v. 1.3.2013 – V ZR 31/12, NJW-RR 2013, 1028 (Tz. 53); BGH v. 19.12.2007 – XII ZR 13/06, NJW 2008, 1148 (1149): Indizwirkung von § 308 Nr. 1 im Geschäftsverkehr mit Unternehmern. 127 Stoffels Rz. 768; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 12; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 22; für eine strengere Kontrolle beim Geschäftsverkehr mit Unternehmern aber BeckOK/Becker § 308 Nr. 1 BGB Rz. 31; tendenziell auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 63. 128 Stoffels Rz. 768; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 12; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 64.

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§ 308 Nr. 1a BGB

Zahlungsfrist I. Einleitung 1. Regelungsinhalt und Normzweck

1

2. Entstehungsgeschichte . . . . . . . .

5

II. Verhältnis zu § 271a und § 308 Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . .

6

III. Zahlungsfristen 1. Funktion der verbotenen Klauseln

9

2. Gesetzliche Regelungen für Zahlungsfristen . . . . . . . . . . . . .

10

3. Vorbehalt einer Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners a) Vorbehalt einer Zeit für die Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . b) Entgeltforderung . . . . . . . . . .

4. Unangemessen lange Zahlungsfrist a) Grundsatz (§ 308 Nr. 1a Halbs. 1) b) Regelfall der unangemessenen Länge (§ 308 Nr. 1a Halbs. 2) aa) Normzweck und Funktion bb) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . cc) Berechnung der Frist von 30 Tagen . . . . . . . . . . . . dd) Unangemessenheitsprüfung ee) Verhältnis zu § 308 Nr. 1b Halbs. 2 . . . . . . . . . . . . .

17 18 20 21 22 23

5. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

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6. Verträge mit Unternehmern und der öffentlichen Hand als Gläubiger

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11 15

Schrifttum: Ackermann Neuerungen durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, DB 2014, 1919; Christiansen 60-30-15 – zur neuen „Inhaltskontrolle“ von bauvertraglichen Leistungszeitbestimmungen, ZfBR 2015, 211; Haspl Der Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr – engere Schranken für die Vertragsfreiheit, BB 2014, 771; Thiergart Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr – Neue gesetzliche Regelungen erfordern die Anpassung allgemeiner Geschäftsbedingungen und individualvertraglicher Vereinbarungen, GWR 2014, 342; Verse Das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ZIP 2014, 1809.

I. Einleitung 1. Regelungsinhalt und Normzweck Der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1a erstreckt sich auf alle Arten von Verträgen unter Einschluss von Arbeitsverträgen1 und sonstigen Dauerschuldverhältnissen, ausgenommen die in § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 genannten Verträge sowie VOB/B-Verträge i.S.v. § 310 Abs. 1 Satz 1 und 3 (Rz. 25). Anders als § 308 Nr. 1 und Nr. 2 bis Nr. 8 findet § 308 Nr. 1a (und § 308 Nr. 1b) vor allem auch unmittelbar Anwendung bei Verwendung der von § 308 Nr. 1a erfassten Klauseln gegenüber Unternehmern (vgl. Rz. 2 f., 20, 25). Als gegenüber § 271a (dazu Rz. 6) vorrangige Sonderregelung (Rz. 8) betrifft § 308 Nr. 1a die Inhaltskontrolle von Klauseln über Zahlungsfristen (dazu Rz. 11 f.), und zwar im Hinblick auf deren unangemessene Länge (dazu Rz. 17 ff.) und für Entgeltforderungen (dazu Rz. 15). Insoweit ist § 308 Nr. 1a eine den § 308 Nr. 1 konkretisierende Spezialregelung (Rz. 8). Nicht hinreichend bestimmte Zahlungsfristen2 unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1 (vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 17, 24). Diese Vorschrift ist auch dann anzuwenden, wenn Zahlungsfristen für Forderungen vor1 Allerdings soll § 308 Nr. 1a der Unterhaltung von Arbeitszeitkonten nicht entgegenstehen, vgl. BeckOK ArbR/Jacobs § 308 BGB Rz. 4 m.w.N. Für die Zahlung des Mindestlohns enthält § 2 MiLoG eine nach § 3 MiLoG zwingende Sonderregelung; so auch Stoffels Rz. 768a Fn. 36. 2 Vgl. als Beispiel LG Saarbrücken v. 7.11.2011 – 3 O 201/11, BeckRS 2011, 25861 zur sog. „Pay-when-paid“-Klausel im Subunternehmervertrag, das allerdings aufgrund des gegebenen Unternehmerverkehrs eine Inhaltskontrolle nach § 307 vornimmt.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

gesehen werden, die keine Entgeltforderungen sind (Rz. 16). § 308 Nr. 1a steht in einem sachlichen Zusammenhang mit § 308 Nr. 1b, der Klauseln betrifft, die die Erfüllung einer Entgeltforderung von einer Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung abhängig machen und eine unangemessen lange Frist für die Überprüfung oder Abnahme vorsehen; im Ergebnis haben auch solche Klauseln die Wirkungen einer Zahlungsfrist (vgl. auch § 308 Nr. 1b Rz. 9). Zum Vorrang individualvertraglich vereinbarter Zahlungsfristen gegenüber vorformulierten Zahlungsfristen vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 17. Die Vereinbarkeit einer Klausel mit § 308 Nr. 1a schließt eine Inhaltskontrolle nach § 307 nicht aus3; vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 9 f. Zur Anwendung der Klauselverbote des § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 3. Schranken für die Vereinbarung von Zahlungsfristen für Entgeltforderungen können schließlich aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen4 bestehen. 2 Bedeutung hat § 308 Nr. 1a vor allem für Zahlungsfrist-Klauseln in Einkaufs- und Beschaffungsbedingungen sowie Auftragsbedingungen für Werk- und Dienstleistungen5; zu VOB/B-Verträgen vgl. aber Rz. 25. Die Vorschrift erfasst Klauseln, mit denen sich der Schuldner einer Entgeltforderung (z.B. Käufer, Auftraggeber) eine Zahlungsfrist ausbedingt. Schuldner und Verwender der Zahlungsfrist-Klausel kann ein Verbraucher oder ein Unternehmer bzw. die öffentliche Hand sein, wobei in der Praxis die Fälle eher selten sein werden, in denen Verbraucher vorformulierte Zahlungsfristen einsetzen. Soweit es um den Gläubiger der Entgeltforderung (z.B. Verkäufer, Auftragnehmer) geht, zielt § 308 Nr. 1a nicht nur auf den Schutz von Verbrauchern6, sondern vor allem auch auf den Schutz des Unternehmers vor unangemessenen Zahlungsfristen ab (Rz. 3). Dementsprechend sieht § 310 Abs. 1 Satz 1 die Anwendung von § 308 Nr. 1a vor, wenn Zahlungsfrist-Klauseln gegenüber Unternehmern verwendet werden (dazu Rz. 25); in dieser Fallkonstellation hat die Vorschrift ihre größte Bedeutung. Anwendbar ist die Vorschrift gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 schließlich auch bei ZahlungsfristKlauseln, die gegenüber der öffentlichen Hand als Gläubiger verwendet werden; insoweit dürfte die praktische Bedeutung von § 308 Nr. 1a aber eher gering sein. 3 Der Normzweck von § 308 Nr. 1a liegt im Schutz des Gläubigers einer Entgeltforderung vor einer unangemessenen Benachteiligung durch vor allem von marktmächtigen Schuldnern verwendete Zahlungsfristen7. Da derartigen unangemessenen Klauseln bereits vor Einführung von § 308 Nr. 1a mit der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1 bzw. § 307 entgegengetreten werden konnte (vgl. auch § 308 Nr. 1 Rz. 17 zur Anwendung von § 308 Nr. 1 auf Zahlungsfristen), liegt der Normzweck von § 308 Nr. 1a zunächst einmal darin, für vorformulierte Zahlungsfristen strengere Maßstäbe gegenüber § 271a festzulegen8. Weiterhin soll die in § 308 Nr. 1a Halbs. 2 enthaltene Regelung über die im Zweifel anzunehmende Unangemessenheit bei einer Überschreitung der Frist von 30 Tagen (vgl. Rz. 7, 18) 3 BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1940). 4 Dazu gehört der die Zahlung des Mindestlohns betreffende § 2 MiLoG, vgl. Stoffels Rz. 768a Fn. 36. 5 Zur Bedeutung von § 308 Nr. 1a für Arbeitszeitkonten vgl. BeckOKArbR/Jacobs § 308 BGB Rz. 3 f. 6 Zu vorstellbaren Fällen, in denen ein Verbraucher von einem Unternehmer ein Entgelt verlangen kann, vgl. Haspl BB 2014, 777 (z.B. Veräußerung eines privaten Kraftfahrzeugs an einen gewerblichen Autohändler). 7 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. 8 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21.

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Zahlungsfrist

§ 308 Nr. 1a BGB

die Prüfung erleichtern, ob eine Frist unangemessen lang ist, wobei allerdings bei einem Verbraucher als Verwender der Zahlungsfrist-Klausel für eine derartige Regelung von der Gesetzesbegründung keine Notwendigkeit gesehen wird9 (vgl. auch Rz. 17, 20). Die Einbeziehung des Unternehmerverkehrs in den Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1a (vgl. Rz. 2, 25) trägt dem Umstand Rechnung, dass gerade hier (Unternehmer als Gläubiger der Entgeltforderung) ein besonderes Schutzbedürfnis vor unangemessenen Zahlungsfristen anzunehmen ist10. Für den zeitlichen Geltungsbereich von § 308 Nr. 1a legt Art. 229 § 34 Satz 1 4 EGBGB die Anwendung der Vorschrift auf nach dem 28.7.2014 entstandene Schuldverhältnisse fest. Auf vor dem 29.7.2014 entstandene Dauerschuldverhältnisse ist § 308 Nr. 1a nach Art. 229 § 34 Satz 2 EGBGB anzuwenden, soweit die Gegenleistung nach dem 30.6.2016 erbracht wird. Damit soll betroffenen Parteien die Möglichkeit gegeben werden, ihre Verträge an den neuen § 308 Nr. 1a anzupassen11.

2. Entstehungsgeschichte § 308 Nr. 1a ist durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Ge- 5 schäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 22.7.2014 in das BGB eingefügt worden12. Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Neufassung)13. Darauf beruhen vor allem der neue § 271a und die in ihm geregelten Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen (vgl. dazu Rz. 6). Da die Richtlinie insoweit Höchstfristen festlegt14, ist es richtlinienkonform, wenn § 308 Nr. 1a für vorformulierte Zahlungsfristen mit gegenüber der Richtlinie kürzeren Fristen engere Grenzen zieht. Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie lässt das ausdrücklich zu. Während Art. 7 Abs. 1 RL 2011/7/EU auf eine für den Gläubiger grob nachteilige Zahlungsfrist abstellt, begründet § 308 Nr. 1a mit dem Kriterium der unangemessen langen Zahlungsfrist einen schärferen Prüfungsmaßstab, was ebenfalls von Art. 12 Abs. 3 RL 2011/7/EU gedeckt ist, da sich diese Verschärfung zugunsten des Gläubigers auswirkt. Für eine richtlinienkonforme Auslegung15 von § 308 Nr. 1a im Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 RL 2011/7/EU besteht daher kein Anlass. Nach Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Nr. 1 RL 2011/7/EU ist die Richtlinie auf Zahlungen anzuwenden, die im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen zu leisten sind. Verträge, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, fallen daher nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Da aber § 308 Nr. 1a auch solche Verträge erfasst, handelt es sich um eine von der Richtlinie nicht vorgegebene und damit „überschießende“ Richtlinienumsetzung; vgl. dazu allgemein auch Einl. Rz. 96 Fn. 300. 9 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. 10 Ähnl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21, nach der § 308 Nr. 1a und 1b „vor allem auf Klauseln in AGB zugeschnitten ist, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden“. 11 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 23. 12 Vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes, BGBl. 2014 I 1218 (1219). 13 ABl. EU Nr. L 48 v. 23.2.2011, S. 1. 14 Vgl. z.B. Art. 3 Abs. 4 und Abs. 5 der Richtlinie. 15 Dafür Lapp/Salamon jurisPK-BGB, § 308 BGB Rz. 35.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

II. Verhältnis zu § 271a und § 308 Nr. 1 6 Zur Umsetzung der neugefassten Zahlungsverzugs-Richtlinie16 (vgl. Rz. 5) ist § 271a in das BGB eingefügt worden17. Während aufgrund des dispositiven Charakters von § 271 Leistungsfristen jedenfalls individualvertraglich bis zur Grenze von § 138 frei vereinbart werden können, setzt § 271a der Vereinbarung von Zahlungsfristen Grenzen, ohne zwischen individualvertraglichen Vereinbarungen und vorformulierten Zahlungsfristen zu unterscheiden. Nach § 271a Abs. 1 sind Zahlungsfristen für Entgeltforderungen, die mehr als 60 Tage nach Empfang der Gegenleistung bzw. nach Zugang einer späteren Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung betragen, nur wirksam, wenn die Vereinbarung über die Zahlungsfrist ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist18. Ist der Schuldner ein öffentlicher Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr. 1 bis 3 GWB (insb. also Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen), sind Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen nach § 271a Abs. 2 generell unwirksam und Zahlungsfristen von mehr als 30 Tagen nur wirksam, wenn die Vereinbarung über die Zahlungsfrist ausdrücklich getroffen und aufgrund der besonderen Natur oder der Merkmale des Schuldverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist. In Fällen, in denen eine Entgeltforderung erst nach Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen ist, sind Überprüfungs- und Abnahmefristen von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung nach § 271a Abs. 3 nur wirksam, wenn die entsprechende Vereinbarung ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist. Keine Anwendung finden die Absätze 1 bis 3 von § 271a nach § 271a Abs. 5 Nr. 2 auf ein Schuldverhältnis, bei dem ein Verbraucher Schuldner der Entgeltforderung ist19. § 271a Abs. 6 sieht schließlich vor, dass sonstige Vorschriften, aus denen sich Beschränkungen für Vereinbarungen über Zahlungs-, Überprüfungs- oder Abnahmefristen ergeben, durch § 271a Abs. 1 bis 3 unberührt bleiben. Bedeutung hat das namentlich für die AGB-rechtliche Kontrolle derartiger Fristen (vgl. dazu Rz. 7 f.). 7 Für vorformulierte Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen sind gegenüber § 271a die Wirksamkeitsgrenzen enger gezogen durch die neu in das BGB eingefügten (vgl. Rz. 5) Nummern 1a und 1b von § 308. Nach § 308 Nr. 1a Halbs. 1 ist eine unangemessen lange Zahlungsfrist unwirksam. Ist der Verwender (Schuldner der Forderung) kein Verbraucher, ist nach § 308 Nr. 1a Halbs. 2 bei einer Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung bzw. späterem Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung im Zweifel von einer unangemessenen Länge der Zahlungsfrist auszugehen; damit legt die Vorschrift einen Regelfall der unangemessenen Benachteiligung und Unwirksamkeit fest (siehe im Einzelnen Rz. 17 ff.). § 308 Nr. 1b Halbs. 1 sieht die Unwirksamkeit unangemessen langer Überprüfungs- und Abnahmefristen vor, wenn sich der Verwender vorbehält, die Entgeltforderung erst nach einer Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen. Ist der Verwender 16 Vgl. dazu Haspl BB 2014, 771 ff.; Verse ZIP 2014, 1809 ff. 17 Vgl. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes v. 22.7.2014, BGBl. 2014 I 1218. Vgl. dazu Haspl BB 2014, 771 ff.; Thiergart GWR 2014, 342 ff. 18 Zu Einzelheiten vgl. Haspl BB 2014, 771 ff.; Thiergart GWR 2014, 342 ff.; Verse ZIP 2014, 1809 ff. 19 Dazu Haspl BB 2014, 777; Verse ZIP 2014, 1810.

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Zahlungsfrist

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kein Verbraucher, so ist nach § 308 Nr. 1b Halbs. 2 im Zweifel anzunehmen, dass eine Frist von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist; auch damit wird ein Regelfall der unangemessenen Benachteiligung und Unwirksamkeit festgelegt (vgl. § 308 Nr. 1b Rz. 14). Bei § 308 Nr. 1a und 1b handelt es sich um gegenüber § 271a vorrangige Sonderregelungen für vorformulierte Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen20, was § 271a Abs. 6 noch einmal durch die Regelung klarstellt21, dass sonstige Vorschriften über Beschränkungen für die genannten Fristen unberührt bleiben. Daraus folgt insbesondere, dass § 271a und den dort behandelten Höchstfristen keine Leitbildfunktion für die Inhaltskontrolle von vorformulierten Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen zukommt, sondern als Leitbild nach wie vor § 271 heranzuziehen ist22. Im Verhältnis zu § 308 Nr. 1 bilden § 308 Nr. 1a und Nr. 1b konkretisierende Spezialregelungen für Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen23, soweit es um Entgeltforderungen und um die Inhaltskontrolle der Länge der Frist geht. Nicht hinreichend bestimmte Zahlungs- und Abnahmefristen sind nach § 308 Nr. 1 zu beurteilen (vgl. Rz. 1), für nicht hinreichend bestimmte Überprüfungsfristen, bei denen es sich nicht um Leistungsfristen i.S.v. § 308 Nr. 1 handelt, kann § 308 Nr. 1 analog herangezogen oder die Inhaltskontrolle auf § 307 gestützt werden.

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III. Zahlungsfristen 1. Funktion der verbotenen Klauseln Ist eine bestimmte Leistungszeit für die Zahlung nicht vereinbart und auch nicht 9 aus den Umständen zu entnehmen, ist eine Entgeltforderung nach § 271 Abs. 1 sofort fällig, also sobald sie mit dem Vertragsschluss entstanden ist24. Zahlungsfrist-Klauseln schieben den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt hinaus. Damit verliert der Gläubiger das Zahlungsdruckmittel der Einrede des nichterfüllten Vertrages gemäß § 320 (ausstehende Zahlung)25. Weiterhin wird der Zeitpunkt des Verzugseintritts verlagert, mit der Folge, dass der Gläubiger Rechte wegen eines Zahlungsverzugs erst ab einem späteren Zeitpunkt hat. Schließlich erzielt der Schuldner mit Zahlungsfristen einen Liquiditätsvorteil, der auf Seiten des Gläubigers mit einem Liquiditätsnachteil einhergeht26. Diese für den Gläubiger nachtei-

20 Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 20; Stoffels Rz. 768a; Haspl BB 2014, 777. 21 So die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 13 f. 22 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 20; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 1; Palandt/Grüneberg § 271a BGB Rz. 1, § 308 BGB Rz. 11, 11a; BeckOGK/Krafka § 271a BGB Rz. 14; Haspl BB 2014, 774 f.; Verse ZIP 2014, 1813. Die gegenüber einem früheren, aus der 17. Legislaturperiode stammenden Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 17/10491), der eine dem § 271a Abs. 6 entsprechende Regelung und eine Sonderregelung i.S.v. § 308 Nr. 1a und 1b noch nicht enthielt, geäußerte Kritik z.B. von von Westphalen ZRP 2013, 5 ff. hat sich damit erledigt. 23 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 20. 24 Vgl. Palandt/Grüneberg § 271 BGB Rz. 10; Verse ZIP 2014, 1810; Weller/Harms WM 2012, 2308. 25 Weller/Harms WM 2012, 2307. 26 Zu Rechtstatsachen vgl. Weller/Harms WM 2012, 2306.

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ligen Folgen von Zahlungsfrist-Klauseln werden abgemildert, indem § 308 Nr. 1a die Länge der Zahlungsfristen auf eine nicht unangemessene Dauer begrenzt.

2. Gesetzliche Regelungen für Zahlungsfristen 10

Soweit nicht gesetzliche Spezialregelungen27 Zahlungsfristen oder -termine festlegen, ist die Fälligkeit von Zahlungen und damit auch von Entgeltforderungen nach § 271 Abs. 1 zu bestimmen. Danach hat der Schuldner die Zahlung sofort nach Entstehen der Forderung zu leisten, wenn keine abweichende Vereinbarung getroffen ist und auch den Umständen kein abweichender Fälligkeitszeitpunkt zu entnehmen ist (Rz. 9). § 271 Abs. 1 ist Leitbild für die Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1a. Die Einführung von § 271a in das BGB ändert daran nichts (Rz. 8)28. Für Werkverträge ist § 641 maßgeblich. Eine Sonderregelung für den Verbrauchsgüterkauf enthält § 474 Abs. 3 Satz 1.

3. Vorbehalt einer Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners a) Vorbehalt einer Zeit für die Erfüllung 11

Der Begriff der „Zahlungsfrist“ wird nur in der Überschrift zu § 308 Nr. 1a verwendet, aber nicht im eigentlichen Normtext selbst. Für die Bestimmung der von § 308 Nr. 1a erfassten Klauseltypen ist daher nicht auf den Begriff der Zahlungsfrist abzustellen und dieser auszulegen. Nach § 308 Nr. 1a Halbs. 1 kommt es darauf an, ob sich der Verwender eine (unangemessen lange) Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung vorbehält. In welcher Art und Weise und mit welcher Formulierung das erfolgt, ist unerheblich29. Eine Zeit für die Erfüllung wird immer dann vorbehalten, wenn der gesetzliche Fälligkeitszeitpunkt hinausgeschoben wird (vgl. Rz. 9). Allerdings bietet es sich aus Vereinfachungsgründen an, den Begriff der Zahlungsfrist als Sammelbegriff für die von § 308 Nr. 1a erfassten Klauseltypen zu verwenden.

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In den Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1a fallen nach den in Rz. 11 genannten Maßgaben Klauseln, die als „echte“ Zahlungsfristklauseln konkrete Zahlungsfristen (z.B. „Zahlung innerhalb von … Wochen nach Lieferung“ oder „nach Zugang der Rechnung“) oder Zahlungstermine („Zahlung am …“ oder „Zahlung bis zum …“) festlegen. Gleiches gilt für die Festlegung von Fälligkeitsfristen oder -terminen (z.B. „Zahlungen sind fällig innerhalb von …“ oder „bis zum …“). Aber auch Klauseln, nach denen erst zu oder nach einem bestimmten Zeitpunkt die Zahlung vom Gläubiger verlangt werden kann, werden von § 308 Nr. 1a erfasst. Da, soweit nichts anderes vereinbart ist, der Zugang einer Rechnung nicht Fälligkeitsvoraussetzung ist30, verschieben Klauseln über den Zeitpunkt der Rechnungsstellung nicht den Fälligkeitszeitpunkt. Soweit aber dem Schuldner

27 Vgl. z.B. § 2 MiLoG. 28 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 20; Palandt/Grüneberg § 271a BGB Rz. 1, § 308 BGB Rz. 11, 11a; Haspl BB 2014, 774 f. 29 Vgl. Haspl BB 2014, 772. 30 Palandt/Grüneberg § 271 BGB Rz. 7.

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Zahlungsfrist

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bis zur Erteilung der Rechnung ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden wird31, kommen vom Schuldner verwendete Klauseln über den Zeitpunkt der Rechnungsstellung durch den Gläubiger in ihren Wirkungen Zahlungsfristen gleich und sind deshalb ebenfalls der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1a zu unterziehen32. Der Vorbehalt einer Stundung bewirkt das Hinausschieben des vereinbarten oder gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkts33, lässt sich also unmittelbar unter § 308 Nr. 1a einordnen34. Stundungsvereinbarungen werden aber im Regelfall individualvertraglich getroffen. Vorformulierte Stundungsvorbehalte des Schuldners werden daher allenfalls Ausnahmefälle bilden. Vereinbarungen über den Verzugseintritt35 betreffen nicht die Zeit für die Erfüllung der Entgeltforderung. Die Gesetzesbegründung zu § 308 Nr. 1a sieht solche Vereinbarungen jedoch als einen Umgehungsfall an und verweist auf § 306a36. Auf diese Vorschrift muss jedoch nicht zurückgegriffen werden, da Vereinbarungen über den Verzugseintritt der Inhaltskontrolle nach § 307 unterzogen werden können37. Dabei können die Wertungskriterien von § 308 Nr. 1a herangezogen werden. Klauseln, die den Verzugseintritt unangemessen lang hinauszögern, sind daher unwirksam. Von einer unangemessen langen Hinauszögerung des Verzugseintritts ist im Zweifel auszugehen, wenn der Verzugseintritt mehr als 30 Tage nach Empfang der Gegenleistung oder einer späteren Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung hinausgezögert wird. Das entspricht im Ergebnis der (dispositiven) Regelung in § 286 Abs. 3, nach der der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens in Verzug kommt, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet.

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Bei Klauseln über Ratenzahlungen oder Abschlagszahlungen38 sind zwei Fragen 14 zu unterscheiden. Da eine Entgeltforderung zum Fälligkeitszeitpunkt vollständig zu erfüllen ist, weichen derartige Klauseln von diesem Grundsatz ab. Von der Unangemessenheit derartiger Klauseln nach § 308 Nr. 1a39 ist auszugehen, wenn die letzte oder bereits eine vorherige Raten- oder Abschlagszahlung innerhalb eines unangemessen langen Zeitraums liegt. Raten- oder Abschlagszahlungen werden allerdings im Regelfall individualvertraglich vereinbart werden. Auf vorformulierte Regelungen, mit denen sich der Schuldner eine (unangemessen lange) Zeit für die Erfüllung der einzelnen Raten- oder Abschlagszahlungsforde-

31 Vgl. dazu BGH v. 26.6.2014 – VII ZR 247/13, WM 2014, 1928 (Tz. 13); OLG München v. 25.9.1987 – 7 W 2791/87, NJW 1988, 270 (271); Palandt/Grüneberg § 271 BGB Rz. 7. 32 So auch Ackermann DB 2014, 1920. Vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 271a, BTDrucks. 13/1809 S. 15. Anders zu § 271a Haspl BB 2014, 773. 33 BGH v. 12.3.2013 – XI ZR 227/12, NJW 2013, 3437 (Tz. 18). 34 A.A und für Inhaltskontrolle nach § 307 BeckOK/Becker § 308 Nr. 1a BGB Rz. 4. Vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 271a, die diese Vorschrift auf Stundungsvereinbarungen nicht anwenden will. Dagegen Weller/Harms WM 2012, 2310. 35 Auf solche Vereinbarungen ist § 271a Abs. 1 bis 5 nach § 286 Abs. 5 entsprechend anzuwenden. 36 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21; dagegen und für Inhaltkontrolle nach § 307 Verse ZIP 2014, 1814 (mit einem Klauselbeispiel). 37 So auch Stoffels Rz. 768a; Verse ZIP 2014, 1814. 38 Nach § 271 Abs. 5 Nr. 1 ist auf solche Vereinbarungen § 271a Abs. 1 bis 3 nicht anzuwenden. 39 Gegen die Anwendbarkeit von § 308 Nr. 1a und für Inhaltskontrolle nach § 307 BeckOK/ Becker § 308 Nr. 1a BGB Rz. 4.

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rungen vorbehält, ist dann § 308 Nr. 1a anzuwenden, soweit nicht bereits der Vorrang der Individualabrede (§ 305b) eingreift. b) Entgeltforderung 15

§ 308 Nr. 1a erfasst Zahlungsfristen, die sich der Schuldner für eine Entgeltforderung vorbehält. Das Tatbestandsmerkmal der Entgeltforderung findet sich bereits in den §§ 286 Abs. 3 Satz 1, 288 Abs. 2. Die zu diesen Vorschriften entwickelten Voraussetzungen für das Vorliegen einer Entgeltforderung können auch für die Auslegung von § 308 Nr. 1a herangezogen werden40. Gründe für eine abweichende Auslegung bestehen nicht. Nach der Rechtsprechung zu § 288 Abs. 2 liegt eine Entgeltforderung dann vor, „wenn die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet ist, die in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen besteht“41. Eine synallagmatische Verknüpfung zwischen der Gläubigerleistung und der Schuldnerzahlung ist nicht erforderlich für das Vorliegen einer Entgeltforderung42; daher handelt es sich z.B. auch bei einem Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89b HGB um eine Entgeltforderung43. Diese Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Entgeltforderung ist auch bei der Anwendung von § 308 Nr. 1a zugrunde zu legen. Entgeltforderungen im Sinne dieser Vorschrift sind daher vor allem Kaufpreisforderungen und Werklohnforderungen44, aber z.B. auch Mietzins-, Pachtzins-, und Leasingratenforderungen und auf die Vergütung von Dienstleistungen45 gerichtete Forderungen.

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Zahlungen unterfallen dem Begriff der Leistung i.S.v. § 308 Nr. 1 (§ 308 Nr. 1 Rz. 17). Zahlungsfristen für Forderungen, die keine Entgeltforderungen i.S.v. § 308 Nr. 1a sind, unterliegen daher der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1. Dabei können die 30-tägige Frist von § 308 Nr. 1a Halbs. 2 und von § 286 Abs. 3 Satz 1 als Wertungsmaßstab herangezogen werden46, zumal keine Gründe für eine großzügigere Behandlung von Zahlungsfristen, die keine Entgeltforderung betreffen, ersichtlich sind. Solche Zahlungsfristen sind daher im Regelfall unangemessen, wenn sie mehr als 30 Tage betragen. Unberührt bleiben vorrangige zwingende gesetzliche Spezialregelungen, vgl. z.B. § 357 Abs. 1 i.V.m. § 361 Abs. 2 Satz 1.

40 So zu § 271a auch BeckOGK/Krafka § 271a BGB Rz. 20. Vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 271a, BT-Drucks. 18/1309 S. 14, die darauf hinweist, dass sich der in § 271a verwendete Begriff der Entgeltforderung „mit der bereits bestehenden Begrifflichkeit des § 286 Absatz 3 Satz 1 BGB“ deckt. Für § 308 Nr. 1a kann dann nichts anderes gelten. 41 Vgl. BGH v. 17.7.2013 – VIII ZR 334/12, NJW 2014, 1171 (Tz. 13); BGH v. 16.6.2010 – VIII ZR 259/09, NJW 2010, 3226 (Tz. 12); BGH v. 21.4.2010 – XII ZR 10/08, NJW 2010, 1872 (Tz. 23). So auch die Literatur zu § 286 BGB Abs. 3, vgl. MünchKomm/Ernst § 286 BGB Rz. 75, Erman/Hager § 286 BGB Rz. 52, und Palandt/Grüneberg § 286 BGB Rz. 27, jeweils mit Beispielen zu Entgeltforderungen. 42 BGH v. 16.6.2010 – VIII ZR 259/09, NJW 2010, 3226 (Tz. 13). So jetzt auch MünchKomm/Ernst § 286 BGB Rz. 75. 43 BGH v. 16.6.2010 – VIII ZR 259/09, NJW 2010, 3226 (Tz. 13). 44 Vgl. zu § 286 Abs. 3 Satz 1 Staudinger/Löwisch/Feldmann § 286 BGB Rz. 97; BeckOK/ Unberath § 286 BGB Rz. 39. 45 Für den Mindestlohn ist aber die Spezialregelung von § 2 MiLoG zu beachten. 46 So zu § 286 Abs. 3 Satz 1 OLG Köln 1.2.2006 – 11 W 5/06, NJW-RR 2006, 670; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 1 BGB Rz. 15; jeweils zur Rechtslage vor Einführung von § 308 Nr. 1a. Vgl. auch OLG Bamberg v. 21.2.2001 – 4 W 146/00, BeckRS 2001, 30469394 (zu § 284 Abs. 3 a. F.).

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4. Unangemessen lange Zahlungsfrist a) Grundsatz (§ 308 Nr. 1a Halbs. 1) § 308 Nr. 1a Halbs. 1 bildet die allgemeine Grundlage für die Inhaltskontrolle von Zahlungsfristen für Entgeltforderungen. Unwirksam ist danach eine unangemessen lange Zahlungsfrist. Zur Beurteilung der Angemessenheit bzw. Unangemessenheit ist eine wertende Betrachtung und – objektiv-generalisierende – Interessenabwägung vorzunehmen. Insoweit zeigen die gesetzlichen Wertungen von § 308 Nr. 1a Halbs. 2 und § 286 Abs. 3 Satz 1 (siehe auch Rz. 16), dass eine Zahlungsfrist von bis zu 30 Tagen im Regelfall als angemessen angesehen werden kann47, was aber nicht ausschließt, dass bei einer typisierenden Interessenabwägung auch kürzere Fristen unangemessen sein können48. Zu einen Zeitraum von 30 Tagen nicht überschreitenden Zahlungsfristen, die mit einer erforderlichen Zeit für eine Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung gerechtfertigt werden sollen, vgl. § 308 Nr. 1b Rz. 15. Bei längeren Zahlungsfristen erfolgt die Inhaltskontrolle auf der Grundlage von § 308 Nr. 1a Halbs. 2, wenn der Schuldner und Verwender kein Verbraucher ist. Ist der Schuldner ein Verbraucher, verbleibt es zwar nur bei der Anwendung von § 308 Nr. 1a Halbs. 1. Fälle, in denen Verbraucher als Schuldner vorformulierte Zahlungsfristen verwenden, werden aber allenfalls Ausnahmefälle bilden. Der Schwerpunkt des Anwendungsbereichs von § 308 Nr. 1a liegt daher bei der Inhaltskontrolle auf der Grundlage von § 308 Nr. 1a Halbs. 2.

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b) Regelfall der unangemessenen Länge (§ 308 Nr. 1a Halbs. 2) aa) Normzweck und Funktion Für den Fall, dass der Schuldner der Entgeltforderung und Verwender der Zahlungsfrist kein Verbraucher ist (vgl. Rz. 17), sieht § 308 Nr. 1a Halbs. 2 vor, dass bei einer Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder Zugang einer zeitlich nachfolgenden Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung die unangemessene Länge der Frist im Zweifel anzunehmen ist. Der Normzweck richtet sich darauf, die Prüfung der Unangemessenheit zu erleichtern49 und mit der Halbierung der 60-tägigen Frist von § 271a Abs. 1 Satz 1 (vgl. Rz. 6) strengere Maßstäbe für vorformulierte Zahlungsfristen festzulegen, um zu verhindern, dass sich „vor allem marktmächtige Schuldner“ unangemessen lange Zahlungsfristen einräumen50. Die Beschränkung der „Zweifelsregelung“ auf Fälle, in denen der Verwender kein Verbraucher ist, wird damit begründet, dass bei einem Verbraucher als Verwender keine Notwendigkeit bestehe, diesem die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit einer Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen aufzuerlegen51.

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Die Zweifelsregelung von § 308 Nr. 1a Halbs. 2 enthält ein Regelbeispiel für unangemessene Zahlungsfristen, ist aber weder als „echte“ Beweislastregelung52 im zivilprozessualen Sinn noch als widerlegliche Vermutung der Unangemes-

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47 48 49 50 51 52

Ähnl. Verse ZIP 2014, 1814. Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 11. Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. So Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. Die Gesetzesbegründung spricht von einer „Darlegungs- und Beweislast“ des Verwenders, vgl. BT-Drucks. 18/1309 S. 21.

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senheit bzw. Unwirksamkeit zu verstehen; so auch zur vergleichbaren Zweifelsregelung in § 307 Abs. 2 Fuchs oben § 307 Rz. 195 mit Nachw. zum für § 307 Abs. 2 umstrittenen Meinungsstand. Da die Unangemessenheitsprüfung durch das Gericht von Amts wegen zu erfolgen hat, sind auch Gründe, die für eine Angemessenheit der Zahlungsfrist sprechen, von Amts wegen zu berücksichtigen. Allerdings kann das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 308 Nr. 1a Halbs. 2 zunächst einmal im Regelfall53 von der grundsätzlichen Unangemessenheit und Unwirksamkeit ausgehen und es dabei bewenden lassen, wenn für das Gericht keine Gründe ersichtlich sind, die die über 30 Tage hinausgehende Zahlungsfrist doch rechtfertigen können. Insoweit ist es dann Sache des Verwenders, besondere Gründe für die Angemessenheit der Zahlungsfrist dazulegen54, und er trägt die Nachteile, sollte ihm das nicht gelingen. bb) Persönlicher Anwendungsbereich 20

§ 308 Nr. 1a Halbs. 2 findet nur Anwendung, wenn der Schuldner der Entgeltforderung und Verwender der Zahlungsfrist (z.B. Käufer, Auftraggeber) kein Verbraucher ist (vgl. dazu auch Rz. 17, 18). Der Verbraucherbegriff richtet sich nach § 1355. Ist der Verwender ein Verbraucher, erfolgt die Inhaltskontrolle nur nach § 308 Nr. 1a Halbs. 1; zum Normzweck vgl. Rz. 18. Anwendung findet § 308 Nr. 1a Halbs. 2 daher, wenn der Schuldner der Entgeltforderung und Verwender der Zahlungsfrist ein Unternehmer oder dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist. cc) Berechnung der Frist von 30 Tagen

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Für die Berechnung der Frist von 30 Tagen knüpft § 308 Nr. 1a Halbs. 2 an den Empfang der Gegenleistung, also z.B. der gekauften Ware, an oder sollte – wie es häufig der Fall sein wird – der Erbringung der Gegenleistung eine Rechnung des Gläubigers nachfolgen, an den Zugang einer zeitlich nachfolgenden Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung. Eine vor Empfang der Gegenleistung zugegangene Rechnung oder Zahlungsaufstellung löst also den Fristbeginn noch nicht aus. Ein „Empfang der Gegenleistung“ setzt eine vertragsgemäße Gegenleistung voraus56, da anderenfalls das bei einer nicht vertragsgemäßen Gegenleistung gegebene Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners gemäß § 320 Abs. 1 Satz 1 beeinträchtigt wäre. Daher bestehen keine Bedenken gegen Klauseln, die den Beginn der Zahlungsfrist an den Empfang einer vertragsgemäßen Gegenleistung anknüpfen. Ist eine Lieferung unter Eigentumsvorbehalt vereinbart, liegt der Empfang der Gegenleistung mit der Besitzverschaffung am Kaufgegenstand vor. Handelt es sich bei der Gegenleistung um ein Werk, liegt der Empfang der Gegenleistung vor, wenn das abnahmereife Werk zur Verfügung gestellt wird; eine Abnahme ist nicht erforderlich57. Mit den Begriffen der Rechnung und Zahlungsaufstellung orientiert sich § 308 Nr. 1a Halbs. 2 an § 286

53 So Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 18. 54 So Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. 55 Zu den Voraussetzungen für die Verbrauchereigenschaft einer Wohnungseigentümergemeinschaft vgl. BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 243/13, NZG 2015, 905 (Tz. 30 ff.). 56 BeckOK/Becker § 308 Nr. 1a BGB Rz. 5; Verse ZIP 2014, 1810 (zu § 271a). Zu Bauverträgen vgl. Christiansen ZfBR 2015, 212. 57 Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 14 a.E., 15; BeckOGK/Krafka § 271a BGB Rz. 24; Christiansen ZfBR 2015, 212; Haspl BB 2014, 776.

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Abs. 358. Eine Rechnung liegt daher bei einer gegliederten Aufstellung über eine Entgeltforderung für die Leistung vor59. Dem Begriff der Zahlungsaufstellung kommt keine eigenständige Bedeutung zu, da eine Zahlungsaufstellung über eine Entgeltforderung auch die Anforderungen an eine Rechnung erfüllt60. dd) Unangemessenheitsprüfung Bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 308 Nr. 1a Halbs. 2 ist grundsätzlich 22 von der Unangemessenheit der Zahlungsfrist auszugehen (Rz. 19). Über 30 Tage hinausgehende Zahlungsfristen bedürfen also einer besonderen Rechtfertigung61. Sieht das Gericht eine solche nicht und vermag auch der Verwender besondere Gründe für die Angemessenheit nicht darzulegen, verbleibt es bei der Unangemessenheit (Rz. 20). Für die Prüfung der besonderen Gründe ist eine objektivgeneralisierende Betrachtungsweise zugrunde zu legen, also auf die typische Interessenlage abzustellen62; die individuellen Einzelfallumstände sind nicht maßgeblich. Mit Rücksicht auf den Schutzweck der Norm (Rz. 18) sind an das Vorliegen besonderer Gründe eher strengere Maßstäbe zu legen63. Daher ist es eher zweifelhaft, ob sich eine Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen in Einkaufsbedingungen damit rechtfertigen lässt, dass die durchschnittliche Zeitspanne für die Weiterveräußerung der Ware mehr als 30 Tage beträgt64. Eine absolute Obergrenze für die öffentliche Hand als Schuldner ergibt sich aus § 271a Abs. 2 Nr. 2. Danach sind Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen stets unwirksam, und zwar sowohl als Individualabrede als auch als AGB-Klausel (Rz. 6). ee) Verhältnis zu § 308 Nr. 1b Halbs. 2 Nach § 308 Nr. 1b Halbs. 2 sind Überprüfungs- und Abnahmefristen von mehr als 15 Tagen im Zweifel unangemessen, wenn der Verwender kein Verbraucher ist (Rz. 7). Diese Frist von 15 Tagen und die 30-tägige Frist von § 308 Nr. 1a Halbs. 2 können nicht kombiniert bzw. „addiert“ werden65. Im Zweifel unangemessen wäre daher eine Klausel mit dem Inhalt „Abnahme spätestens 15 Tage nach Empfang der Gegenleistung, Zahlung 30 Tage nach Abnahme“66. Soweit § 308 Nr. 1a auf den Empfang der Gegenleistung abstellt, würde bei einer solchen Klausel die

58 So die Gesetzesbegründung zu § 271a, BT-Drucks. 18/1309 S. 14. Für § 308 Nr. 1a Halbs. 2 kann nichts anderes gelten. 59 Vgl. Erman/Hager § 286 BGB Rz. 53; Palandt/Grüneberg § 286 BGB Rz. 28. 60 Vgl. Palandt/Grüneberg § 286 BGB Rz. 53. 61 Zu Recht für Unangemessenheit einer Zahlungsfrist von bis zu 90 Tagen im Frachtgewerbe („Zwischenspeditionsgeschäft“) AG Mannheim v. 22.7.2015 – 10 C 169/15, BeckRS 2015, 14588. Für Unwirksamkeit einer Zahlungsfrist von 90 Tagen bei einem Werkvertrag nach § 307 und auf der Grundlage des früheren Rechts OLG Köln v. 1.2.2006 – 11 W 5/06, NJW-RR 2006, 670. 62 Verse ZIP 2014, 1814. Zu Bauverträgen vgl. Christiansen ZfBR 2015, 213. 63 Vgl. auch Verse ZIP 2014, 1814, der von einer Verschärfung der AGB-Kontrolle ausgeht und für die Widerlegung der Zweifelsregelung „handfestere Gründe“ verlangt. 64 Vgl. dazu das Beispiel bei Verse ZIP 2014, 1814, der aber die Wirksamkeitsfrage offen lässt. Vgl. auch Teil 2, (17) Einkaufsbedingungen Rz. 4: Obergrenze regelmäßig 30 Tage; so auch Wolf/Dammann Klauseln Rz. E 94a. A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 1a BGB Rz. 8. 65 Vgl. Ackermann DB 2014, 1920; Verse ZIP 2014, 1815. So auch Gesetzesbegründung zu § 271a, BT-Drucks. 18/1309 S. 17 zu den in § 271a Abs. 1 und 3 genannten Fristen. Vgl. auch BeckOGK/Krafka § 271a BGB Rz. 47. 66 So das Beispiel von Verse ZIP 2014, 1815.

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Zahlungsfrist bis zu 45 Tage betragen können. Ist für die Fristberechnung nach § 308 Nr. 1a eine dem Empfang der Gegenleistung nachfolgende Rechnung (oder gleichwertige Zahlungsaufstellung) maßgeblich, so erfasst der insoweit nicht eingeschränkte Wortlaut der beispielhaft angeführten Klausel auch Fälle, in denen der Rechnungszugang vor der Abnahme bzw. vor der Zurverfügungstellung des abnahmereifen Werkes erfolgt, was ebenfalls zum Überschreiten der Frist von 30 Tagen führt67.

5. Unwirksamkeit 24

Bei Unwirksamkeit einer Zahlungsfrist-Klausel tritt an ihre Stelle § 271 Abs. 1, beim Verbrauchsgüterkauf § 474 Abs. 3 Satz 1 (Rz. 10)68. Für Werkverträge ist § 641 maßgeblich. Eine teilweise Aufrechterhaltung der Klausel mit einer angemessenen Frist ist ausgeschlossen (vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 29).

6. Verträge mit Unternehmern und der öffentlichen Hand als Gläubiger 25

Anders als die übrigen Regelungen von § 308 findet § 308 Nr. 1a (und Nr. 1b, vgl. § 308 Nr. 1b Rz. 20) auch Anwendung, wenn Zahlungsfrist-Klauseln gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen als Gläubiger verwendet werden. § 310 Abs. 1 Satz 1 nimmt § 308 Nr. 1a (und Nr. 1b) von den Vorschriften, die nach § 310 Abs. 1 Satz 1 im Unternehmerverkehr und im Verkehr mit der öffentlichen Hand keine Anwendung finden, aus. Die Inhaltskontrolle von Zahlungsfristen, die gegenüber Unternehmern als Gläubiger (z.B. Verkäufer, Auftragnehmer) verwendet werden, bildet sogar den hauptsächlichen Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1a (Rz. 2). Gemäß § 310 Abs. 1 Satz 3 ist § 308 Nr. 1a jedoch nicht anzuwenden bei VOB/B-Verträgen mit dem vorgenannten Kundenkreis, wenn dem Vertrag die VOB/B insgesamt und ohne inhaltliche Abweichungen zugrunde liegt69 (vgl. dazu § 310 Rz. 35a ff.). Das betrifft in erster Linie Unternehmer als Auftragnehmer/Gläubiger. Unberührt bleibt in diesen Fällen aber die Inhaltskontrolle nach § 271a70 (siehe dazu Rz. 6, 22).

26

Vorformulierte Zahlungsfristen, die der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1a standhalten, müssen unter den in § 271a Abs. 1 Satz 1 – Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen bei einem Unternehmer als Schuldner/Klauselverwender – und § 271a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 – Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen bei einem öffentlichen Auftraggeber (vgl. Rz. 6) als Schuldner/Klauselverwender – genannten Voraussetzungen „ausdrücklich getroffen“ sein, also nicht nur konkludent71. Zur Geltung von § 271a auch für vorformulierte Zahlungsfristen vgl. Rz. 6. Eine derartige 67 Vgl. Verse ZIP 2014, 1815. 68 Verse ZIP 2014, 1815, der zudem in Fn. 63 zutr. darauf hinweist, dass in der nicht auf § 271 Abs. 1, sondern auf § 286 Abs. 3 abstellenden Entscheidung OLG Naumburg v. 12.1.2012 – 9 U 165/11, juris Rz. 39 (= IBRRS 84146) Fälligkeit und Verzugseintritt verwechselt werden. 69 Damit soll die vollständige Privilegierung der VOB/B bei der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle sichergestellt werden, vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. 70 Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21, unter Hinweis darauf, dass „die Richtlinie 2011/7/EU eine dem § 310 Absatz 1 Satz 3 BGB vergleichbare Ausnahme nicht vorsieht“. 71 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 271a, BT-Drucks. 18/1309 S. 14.

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berprfungs- und Abnahmefrist

ausdrückliche Vereinbarung ist auch anzunehmen bei einer in AGB oder in einem Formularvertrag enthaltenen Zahlungsfristklausel, ohne dass diese besonders hervorgehoben bzw. vom übrigen Text abgesetzt und vom Kunden gesondert unterzeichnet sein müsste72. Entscheidend ist, dass die Klausel nach den für den Unternehmerverkehr geltenden Grundsätzen wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist. In diesem Fall hat der Kunde auch die hinreichende Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Zahlungsfrist73; dass er von dieser Möglichkeit gegebenenfalls keinen Gebrauch macht, fällt in seinen Risiko- und Verantwortungsbereich.

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 1b In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 1b. (Überprüfungs- und Abnahmefrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist; I. Einleitung 1. Regelungsinhalt und Normzweck

1

2. Entstehungsgeschichte . . . . . . . .

5

II. Verhältnis zu § 271a und § 308 Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . .

6

III. Überprüfungs- und Abnahmefristen 1. Funktion der verbotenen Klauseln

9

2. Gesetzliche Regelungen für Überprüfungs- und Abnahmefristen . . .

10

3. Vorbehalt einer Überprüfungsoder Abnahmefrist . . . . . . . . . . .

11

4. Unangemessen lange Überprüfungsund Abnahmefristen a) Grundsatz (§ 308 Nr. 1b Halbs. 1) b) Regelfall der unangemessenen Länge (§ 308 Nr. 1b Halbs. 2) aa) Normzweck und Funktion bb) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . cc) Berechnung der Frist von 15 Tagen . . . . . . . . . . . . dd) Unangemessenheitsprüfung 5. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

13 14 16 17 18 19

6. Verträge mit Unternehmern und der öffentlichen Hand als Gläubiger 20

Schrifttum: Ackermann Neuerungen durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, DB 2014, 1919; Christiansen 60-30-15 – zur neuen „Inhaltskontrolle“ von bauvertraglichen Leistungszeitbestimmungen, ZfBR 2015, 211; Haspl Der Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr – engere Schranken für die Vertragsfreiheit, BB 2014, 771; Thiergart Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr – Neue gesetzliche Regelungen erfordern die Anpassung allgemeiner Geschäftsbedingungen und individualvertraglicher Vereinbarungen, GWR 2014, 342; Verse Das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ZIP 2014, 1809.

72 A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 1a BGB Rz. 9. 73 A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 1a BGB Rz. 9.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

I. Einleitung 1. Regelungsinhalt und Normzweck 1 Der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1b erstreckt sich auf alle Arten von Verträgen unter Einschluss von Dauerschuldverhältnissen, ausgenommen die in § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 genannten Verträge sowie VOB/B-Verträge i.S.v. § 310 Abs. 1 Satz 1 und 3 (Rz. 20). Anders als § 308 Nr. 1 und Nr. 2 bis Nr. 8 findet § 308 Nr. 1b (und § 308 Nr. 1a) vor allem auch unmittelbar Anwendung bei Verwendung der von § 308 Nr. 1b erfassten Klauseln gegenüber Unternehmern (vgl. Rz. 2 f., 16, 20). Als gegenüber § 271a (dazu Rz. 6) vorrangige Sonderregelung (Rz. 8) betrifft § 308 Nr. 1b die Inhaltskontrolle von Klauseln über Überprüfungs- und Abnahmefristen (dazu Rz. 11), und zwar im Hinblick auf deren unangemessene Länge (dazu Rz. 13 ff.) und soweit eine Entgeltforderung (dazu Rz. 11, § 308 Nr. 1a Rz. 15) erst nach der Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen ist. Insoweit ist § 308 Nr. 1b eine den § 308 Nr. 1 konkretisierende Spezialregelung (Rz. 8). Nicht hinreichend bestimmte Abnahmefristen unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1 (vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 25). Bei Überprüfungsfristen ist es unerheblich, ob man die Inhaltskontrolle auf eine analoge Anwendung von § 308 Nr. 1 stützt oder § 307 heranzieht und dabei die Wertungskriterien von § 308 Nr. 1b berücksichtigt (Rz. 8). § 308 Nr. 1b steht in einem sachlichen Zusammenhang mit § 308 Nr. 1a, der unangemessen lange Zahlungsfristen betrifft; im Ergebnis haben auch die von § 308 Nr. 1b erfassten Klauseln die Wirkung einer Zahlungsfrist (vgl. dazu auch Rz. 9, 15). Zum Vorrang individualvertraglich vereinbarter Überprüfungs- und Abnahmefristen gegenüber vorformulierten Fristen vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 17. Die Vereinbarkeit einer Klausel mit § 308 Nr. 1b schließt eine Inhaltskontrolle nach § 307 nicht aus1; vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 9 f. Zur Anwendung der Klauselverbote des § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 3. 2 Bedeutung hat § 308 Nr. 1b vor allem für Überprüfungs- und Abnahmefristen, die in Einkaufs- und Beschaffungsbedingungen sowie Auftragsbedingungen für Werkleistungen enthalten sind; zu VOB/B-Verträgen vgl. aber Rz. 20. Die Vorschrift erfasst Klauseln, mit denen sich der Schuldner einer Entgeltforderung (z.B. Käufer, Auftraggeber) bezogen auf die Gegenleistung eine Überprüfungsoder Abnahmefrist ausbedingt und es sich vorbehält, die Entgeltforderung erst nach der Überprüfung oder Abnahme zu erfüllen. Schuldner der Entgeltforderung und Verwender der Klausel kann ein Verbraucher oder ein Unternehmer bzw. die öffentliche Hand sein, wobei in der Praxis die Fälle eher selten sein werden, in denen Verbraucher vorformulierte Überprüfungs- und Abnahmefristen einsetzen. Soweit es um den Gläubiger der Entgeltforderung (z.B. Verkäufer, Auftragnehmer) geht, zielt § 308 Nr. 1b nicht nur auf den Schutz von Verbrauchern ab, sondern vor allem auch auf den Schutz von Unternehmern vor unangemessenen Überprüfungs- und Abnahmefristen (Rz. 3, 20). Dementsprechend sieht § 310 Abs. 1 Satz 1 die Anwendung von § 308 Nr. 1b vor, wenn Klauseln mit Überprüfungs- und Abnahmefristen gegenüber Unternehmern als Gläubiger verwendet werden; in dieser Fallkonstellation hat die Vorschrift ihre größte Bedeutung. Anwendbar ist die Vorschrift gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 schließlich auch bei Klauseln mit Überprüfungs- und Abnahmefristen, die gegenüber der öffent-

1 BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1940).

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§ 308 Nr. 1b BGB

lichen Hand als Gläubiger verwendet werden; insoweit dürfte die praktische Bedeutung von § 308 Nr. 1b aber eher gering sein. Der Normzweck von § 308 Nr. 1b liegt im Schutz des Gläubigers einer Entgeltforderung vor einer unangemessenen Benachteiligung durch vor allem von marktmächtigen Schuldnern verwendete Überprüfungs- und Abnahmefristen2. Da derartigen unangemessenen Klauseln bereits vor Einführung von § 308 Nr. 1b mit der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1 bzw. § 307 entgegengetreten werden konnte, liegt der Normzweck von § 308 Nr. 1b zunächst einmal darin, für vorformulierte Überprüfungs- und Abnahmefristen strengere Maßstäbe gegenüber § 271a festzulegen3 (Rz. 7). Weiterhin soll die in § 308 Nr. 1b Halbs. 2 enthaltene Regelung über die im Zweifel anzunehmende Unangemessenheit bei einer Überschreitung der Frist von 15 Tagen (vgl. Rz. 7, 14) die Prüfung erleichtern, ob eine Frist unangemessen lang ist, wobei allerdings bei einem Verbraucher als Verwender für eine derartige Regelung von der Gesetzesbegründung keine Notwendigkeit gesehen wird4 (vgl. auch Rz. 13, 16). Die Einbeziehung des Unternehmerverkehrs in den Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1b (vgl. Rz. 2, 20) trägt dem Umstand Rechnung, dass gerade hier (Unternehmer als Gläubiger der Entgeltforderung) ein besonderes Schutzbedürfnis vor unangemessenen Überprüfungsund Abnahmefristen anzunehmen ist5.

3

Für den zeitlichen Geltungsbereich von § 308 Nr. 1b legt Art. 229 § 34 Satz 1 EGBGB die Anwendung der Vorschrift auf nach dem 28.7.2014 entstandene Schuldverhältnisse fest. Auf vor dem 29.7.2014 entstandene Dauerschuldverhältnisse ist § 308 Nr. 1b nach Art. 229 § 34 Satz 2 EGBGB anzuwenden, soweit die Gegenleistung nach dem 30.6.2016 erbracht wird. Damit soll betroffenen Parteien die Möglichkeit gegeben werden, ihre Verträge an den neuen § 308 Nr. 1b anzupassen6.

4

2. Entstehungsgeschichte § 308 Nr. 1b ist durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Ge- 5 schäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 22.7.2014 in das BGB eingefügt worden7. Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Neufassung)8. Darauf beruhen vor allem der neue § 271a und die in ihm geregelten Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen (vgl. dazu Rz. 6). Da die Richtlinie insoweit Höchst-

2 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. Vgl. aber auch Verse ZIP 2014, 1815, der die Funktion von § 308 Nr. 1b eher darin sieht, „zugunsten der Werkunternehmer rasch den Übergang der Preisgefahr (§ 644 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu bewirken“ und „weniger dem Anliegen der Zahlungsbeschleunigung“ zu dienen. 3 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. 4 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. 5 Ähnlich die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21, nach der § 308 Nr. 1a und 1b „vor allem auf Klauseln in AGB zugeschnitten ist, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden“. 6 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 23. 7 Vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes, BGBl. 2014 I 1218 (1219). 8 ABl. EU Nr. L 48 v. 23.2.2011, S. 1.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

fristen festlegt9, ist es richtlinienkonform, wenn § 308 Nr. 1b für vorformulierte Überprüfungs- und Abnahmefristen mit gegenüber der Richtlinie kürzeren Fristen engere Grenzen zieht. Art. 12 Abs. 3 RL 2011/7/EU lässt das ausdrücklich zu. Nach Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Nr. 1 RL 2011/7/EU ist die Richtlinie auf Zahlungen anzuwenden, die im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen zu leisten sind. Verträge, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, fallen daher nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Da aber § 308 Nr. 1b auch solche Verträge erfasst, handelt es sich um eine von der Richtlinie nicht vorgegebene und damit „überschießende“ Richtlinienumsetzung; vgl. dazu allgemein auch Einl. Rz. 96 Fn. 300. Zur – zu verneinenden – Frage, ob das Kriterium der unangemessenen Länge der Frist im Hinblick auf die Zahlungsverzugs-Richtlinie richtlinienkonform auszulegen ist, vgl. § 308 Nr. 1a Rz. 5.

II. Verhältnis zu § 271a und § 308 Nr. 1 6 Zur Umsetzung der neugefassten Zahlungsverzugs-Richtlinie10 (vgl. Rz. 5) ist § 271a in das BGB eingefügt worden11. Während aufgrund des dispositiven Charakters von § 271 Leistungsfristen jedenfalls individualvertraglich bis zur Grenze von § 138 frei vereinbart werden können, setzt § 271a der Vereinbarung von Zahlungsfristen Grenzen, ohne zwischen individualvertraglichen Vereinbarungen und vorformulierten Zahlungsfristen zu unterscheiden. Nach § 271a Abs. 1 sind Zahlungsfristen für Entgeltforderungen, die mehr als 60 Tage nach Empfang der Gegenleistung bzw. nach Zugang einer späteren Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung betragen, nur wirksam, wenn die Vereinbarung über die Zahlungsfrist ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist12. Ist der Schuldner ein öffentlicher Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr. 1 bis 3 GWB (insbesondere also Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen), sind Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen nach § 271a Abs. 2 generell unwirksam und Zahlungsfristen von mehr als 30 Tagen nur wirksam, wenn die Vereinbarung über die Zahlungsfrist ausdrücklich getroffen und aufgrund der besonderen Natur oder der Merkmale des Schuldverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist. In Fällen, in denen eine Entgeltforderung erst nach Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen ist, sind Überprüfungs- und Abnahmefristen von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung nach § 271a Abs. 3 nur wirksam, wenn die entsprechende Vereinbarung ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist. Keine Anwendung finden die Abs. 1 bis 3 von § 271a nach § 271a Abs. 5 Nr. 2 auf ein Schuldverhältnis, bei dem ein Verbraucher Schuldner der Entgeltforderung ist13. § 271a Abs. 6 sieht schließlich vor, dass sonstige Vorschriften, aus denen sich Beschränkungen für Vereinbarungen über

9 Vgl. z.B. Art. 3 Abs. 4 und Abs. 5 RL 2011/7/EU. 10 Vgl. dazu Haspl BB 2014, 771 ff.; Verse ZIP 2014, 1809 ff. 11 Vgl. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes v. 22.7.2014, BGBl. 2014 I 1218. Vgl. dazu Haspl BB 2014, 771 ff.; Thiergart GWR 2014, 342 ff. 12 Zu Einzelheiten vgl. Haspl BB 2014, 771 ff.; Thiergart GWR 2014, 342 ff.; Verse ZIP 2014, 1809 ff. 13 Dazu Haspl BB 2014, 777; Verse ZIP 2014, 1810.

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§ 308 Nr. 1b BGB

Zahlungs-, Überprüfungs- oder Abnahmefristen ergeben, durch § 271a Abs. 1 bis 3 unberührt bleiben. Bedeutung hat das namentlich für die AGB-rechtliche Kontrolle derartiger Fristen (vgl. dazu Rz. 7 f.). Für vorformulierte Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen sind gegenüber § 271a die Wirksamkeitsgrenzen enger gezogen durch die neu in das BGB eingefügten (vgl. Rz. 5) Nummern 1a und 1b von § 308. Nach § 308 Nr. 1a Halbs. 1 ist eine unangemessen lange Zahlungsfrist unwirksam. Ist der Verwender (Schuldner der Forderung) kein Verbraucher, ist nach § 308 Nr. 1a Halbs. 2 bei einer Zahlungsfrist von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung bzw. späterem Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung im Zweifel von einer unangemessenen Länge der Zahlungsfrist auszugehen; damit legt die Vorschrift einen Regelfall der unangemessenen Benachteiligung und Unwirksamkeit fest. § 308 Nr. 1b Halbs. 1 sieht die Unwirksamkeit unangemessen langer Überprüfungs- und Abnahmefristen vor, wenn sich der Verwender vorbehält, die Entgeltforderung erst nach einer Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen. Ist der Verwender kein Verbraucher, so ist nach § 308 Nr. 1b Halbs. 2 im Zweifel anzunehmen, dass eine Frist von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist; auch damit wird ein Regelfall der unangemessenen Benachteiligung und Unwirksamkeit festgelegt (vgl. Rz. 14).

7

Bei § 308 Nr. 1a und 1b handelt es sich um gegenüber § 271a vorrangige Sonderregelungen für vorformulierte Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen14, was § 271a Abs. 6 noch einmal durch die Regelung klarstellt15, dass sonstige Vorschriften über Beschränkungen für die genannten Fristen unberührt bleiben. Daraus folgt insbesondere, dass § 271a und den dort behandelten Höchstfristen keine Leitbildfunktion für die Inhaltskontrolle von vorformulierten Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen zukommt, sondern als Leitbild nach wie vor § 271 heranzuziehen ist16. Im Verhältnis zu § 308 Nr. 1 bilden § 308 Nr. 1a und Nr. 1b konkretisierende Spezialregelungen für Zahlungs-, Überprüfungsund Abnahmefristen17, soweit es um Entgeltforderungen und um die Inhaltskontrolle der Länge der Frist geht. Nicht hinreichend bestimmte Zahlungs- und Abnahmefristen sind nach § 308 Nr. 1 zu beurteilen (vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 17, 24, 25); für nicht hinreichend bestimmte Überprüfungsfristen, bei denen es sich nicht um Leistungsfristen i.S.v. § 308 Nr. 1 handelt, kann § 308 Nr. 1 analog herangezogen oder die Inhaltskontrolle auf § 307 gestützt werden (Rz. 1).

8

14 Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 20; Stoffels Rz. 768a; Haspl BB 2014, 777. 15 So die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 13 f. 16 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 20; Wolf/Dammann § 308 Nr. 1 BGB Rz. 1; Palandt/Grüneberg § 271a BGB Rz. 1, § 308 BGB Rz. 11, 11a; BeckOGK/Krafka § 271a BGB Rz. 14; Haspl BB 2014, 774 f.; Verse ZIP 2014, 1813. Die gegenüber einem früheren, aus der 17. Legislaturperiode stammenden Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 17/10491), der eine dem § 271a Abs. 6 entsprechende Regelung und eine Sonderregelung i.S.v. § 308 Nr. 1a und 1b noch nicht enthielt, geäußerte Kritik von von Westphalen ZRP 2013, 5 ff. hat sich damit erledigt. 17 Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 20.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

III. Überprüfungs- und Abnahmefristen 1. Funktion der verbotenen Klauseln 9 § 308 Nr. 1b erfasst Klauseln, nach denen die Fälligkeit einer Entgeltforderung (dazu § 308 Nr. 1a Rz. 15) von der Durchführung einer Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung innerhalb einer bestimmten Frist abhängig ist. Ebenso wie Zahlungsfrist-Klauseln (dazu § 308 Nr. 1a Rz. 11 f.) führen Überprüfungsund Abnahmefristen daher dazu, dass der gesetzliche Fälligkeitszeitpunkt für die Entgeltforderung hinausgeschoben wird. Die daraus für den Gläubiger resultierenden rechtlichen Nachteile und Gefahren (vgl. § 308 Nr. 1a Rz. 9) werden abgemildert, indem § 308 Nr. 1b die Länge von Überprüfungs- und Abnahmefristen auf eine nicht unangemessene Dauer begrenzt.

2. Gesetzliche Regelungen für Überprüfungs- und Abnahmefristen 10

Gesetzliche Regelungen, nach denen die Fälligkeit einer Entgeltforderung von einer Überprüfung der Gegenleistung auf ihre Vertragsgemäßheit hin abhängig wäre, bestehen nicht. Das gilt auch im Hinblick auf § 377 HGB. Die Untersuchung nach dieser Vorschrift dient der Erhaltung von Mängelgewährleistungsrechten für den Käufer, hat aber für die Fälligkeit der Kaufpreisforderung keine Bedeutung18. Für Überprüfungsfristen kann § 308 Nr. 1b daher nur dann relevant werden, wenn die Fälligkeit des Entgelts von einer Überprüfung der Gegenleistung abhängig gemacht wird, sei es individualvertraglich oder in AGB. Entsprechendes gilt für Abnahmefristen, wenn eine Abnahme nicht bereits gesetzlich vorgesehen ist, sondern eine vertragliche Vereinbarung voraussetzt19. Anderes gilt für Abnahmefristen bei Werkverträgen. Nach § 641 Abs. 1 Satz 1 ist die Vergütung bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Zum Zeitpunkt der Abnahme sieht § 641 jedoch keine Regelungen vor, enthält also keine Abnahmefristen. Soweit über den Zeitpunkt der Abnahme keine Vereinbarung getroffen ist und sich ein solcher Zeitpunkt auch nicht aus den Umständen ergibt, ist daher die Abnahme nach § 271 Abs. 1 sofort fällig; diese Vorschrift ist auch nach Einführung von § 271a Leitbild für die Inhaltskontrolle20 (Rz. 8). „Sofort“ soll aber dahin zu verstehen sein, dass dem Besteller ausreichend Zeit21 für die Prüfung des Werkes verbleiben muss22. Abnahmefristen i.S.v. § 308 Nr. 1b dienen dazu, den Prüfungszeitraum festzulegen.

18 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 271a, BT-Drucks. 18/1309 S. 17; Haspl BB 2014, 776. A.A. anscheinend Thiergart GWR 2014, 342. 19 A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 1b BGB Rz. 4: Anwendbarkeit von § 308 Nr. 1b nur in Fällen der werkvertraglichen Abnahmepflicht. 20 Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 11a. 21 Nach BGH v. 23.2.1989 – VII ZR 89/87, NJW 1989, 1602 (1603) könne die Frist für Bauwerke in Anlehnung an § 12 Nr. 1 VOB/B in der damals geltenden Fassung „durchaus vier bis sechs Wochen betragen“. Die aktuelle Fassung (2012) der VOB/B sieht in § 12 Abs. 1 eine Frist von 12 Werktagen vor. Nach der Gesetzesbegründung zu § 271a könne die Prüfungsdauer „bei größeren Werken“ auch mehrere Tage betragen, werde jedoch 30 Tage nicht überschreiten, vgl. BT-Drucks. 18/1309 S. 17. 22 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 271a, BT-Drucks. 18/1309 S. 17; Oelsner NZBau 2012, 332; vgl. auch Haspl BB 2014, 776.

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berprfungs- und Abnahmefrist

§ 308 Nr. 1b BGB

3. Vorbehalt einer Überprüfungs- oder Abnahmefrist § 308 Nr. 1b erfasst Klauseln, mit denen sich der Verwender (Schuldner) vorbe- 11 hält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen. Da gesetzliche Regelungen, nach denen die Fälligkeit einer Entgeltforderung von der Überprüfung der Gegenleistung abhängig wäre, nicht bestehen (Rz. 10), legen Klauseln zu Überprüfungsfristen zum einen fest, dass die Fälligkeit der Entgeltforderung von einer Überprüfung der Gegenleistung auf ihre Vertragsgemäßheit hin abhängig ist, und bestimmen zum anderen den Zeitraum für die Überprüfung. Klauseln, die einen solchen Regelungsinhalt haben, unterfallen unabhängig von ihrer Formulierung § 308 Nr. 1b. Gleiches gilt für vertragliche Vereinbarungen über die Abnahme als Voraussetzung für die Fälligkeit der Gegenleistung bei Verträgen, bei denen es sich nicht um Werkverträge handelt. Da in § 641 Abs. 1 für Werkleistungen die Abnahme bereits gesetzlich als Fälligkeitsvoraussetzung vorgesehen ist, bedarf es insoweit keiner vertraglichen Vereinbarung. In diesem Fall erfasst § 308 Nr. 1b daher auch Klauseln, in denen nur Abnahmefristen geregelt werden, ohne ausdrücklich vorzusehen, dass die Abnahme des Werkes Voraussetzung für die Fälligkeit der Entgeltforderung ist. Der Wortlaut von § 308 Nr. 1b stellt zwar auf einen Vorbehalt ab, „eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst … zu erfüllen“. Insoweit ist der Wortlaut jedoch einschränkend auszulegen, um dem Schutzzweck der Norm Rechnung zu tragen. Zu den Voraussetzungen einer Entgeltforderung ist auf § 308 Nr. 1a Rz. 15 zu verweisen. Zu Klauseln über den frühestmöglichen Zeitpunkt für eine Rechnungsstellung vgl. § 308 Nr. 1a Rz. 12. § 308 Nr. 1b stellt auf die Überprüfung der Gegenleistung ab. Darunter fallen nicht Klauseln über Fristen für die Überprüfung der Rechnung oder Schlussrechnung. Für sie erfolgt die Inhaltskontrolle nach § 307, wobei § 308 Nr. 1b als Richtschnur herangezogen werden kann.

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4. Unangemessen lange Überprüfungs- und Abnahmefristen a) Grundsatz (§ 308 Nr. 1b Halbs. 1) § 308 Nr. 1b Halbs. 1 bildet die allgemeine Grundlage für die Inhaltskontrolle von Überprüfungs- und Abnahmefristen. Unwirksam ist danach eine unangemessen lange Überprüfungs- oder Abnahmefrist. Zur Beurteilung der Angemessenheit bzw. Unangemessenheit ist eine wertende Betrachtung und typisierende Interessenabwägung vorzunehmen. Insoweit zeigt die gesetzliche Wertung von § 308 Nr. 1b Halbs. 2, dass eine Überprüfungs- und Abnahmefrist von bis zu 15 Tagen im Regelfall als angemessen angesehen werden kann, was aber nicht ausschließt, dass bei einer typisierenden Interessenabwägung auch kürzere Fristen unangemessen sein können23. Bei längeren Fristen erfolgt die Inhaltskontrolle auf der Grundlage von § 308 Nr. 1b Halbs. 2, wenn der Schuldner der Entgeltforderung und Verwender der Klausel kein Verbraucher ist. Ist der Schuldner ein Verbraucher, verbleibt es zwar nur bei der Anwendung von § 308 Nr. 1b Halbs. 1. Fälle, in denen Verbraucher als Schuldner vorformulierte Überprüfungs- oder Abnahmefristen verwenden, werden aber allenfalls Ausnahmefälle

23 Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 11a.

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bilden. Der Schwerpunkt des Anwendungsbereichs von § 308 Nr. 1b liegt daher bei der Inhaltskontrolle auf der Grundlage von § 308 Nr. 1b Halbs. 2. b) Regelfall der unangemessenen Länge (§ 308 Nr. 1b Halbs. 2) aa) Normzweck und Funktion 14

Für den Fall, dass der Schuldner der Entgeltforderung und Verwender der Klausel über die Überprüfungs- bzw. Abnahmefrist kein Verbraucher ist (vgl. Rz. 16), sieht § 308 Nr. 1b Halbs. 2 vor, dass bei einer Überprüfungs- oder Abnahmefrist von mehr als 15 Tagen die unangemessene Länge der Frist im Zweifel anzunehmen ist. Damit sollen die Prüfung der Unangemessenheit erleichtert und strengere Maßstäbe für vorformulierte Überprüfungs- und Abnahmefristen festgelegt werden (vgl. Rz. 3). Die Zweifelsregelung von § 308 Nr. 1b Halbs. 2 enthält ein Regelbeispiel für unangemessene Fristen, ist aber weder als „echte“ Beweislastregelung im zivilprozessualen Sinn noch als widerlegliche Vermutung der Unangemessenheit bzw. Unwirksamkeit zu verstehen. Siehe dazu im Übrigen § 308 Nr. 1a Rz. 19.

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Nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist es24, dass die Fristgrenze für die Anwendung des Regelbeispiels von § 308 Nr. 1b Halbs. 2 mit „mehr als 15 Tagen“ anders und geringer ausfällt, als die Fristgrenze von „mehr als 30 Tagen“ für das für Zahlungsfristen geltende Regelbeispiel in § 308 Nr. 1a Halbs. 2. Denn auch in Fällen, in denen die Erfüllung einer Entgeltforderung von einer Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung abhängig gemacht wird, haben Überprüfungsund Abnahmefristen im Ergebnis die Wirkung einer Zahlungsfrist i.S.v. § 308 Nr. 1a (vgl. auch Rz. 9). Außerdem kann ein Schuldner, der eine Überprüfungsoder Abnahmefrist von z.B. bis zu 30 Tagen für erforderlich hält, die Anwendung des Regelbeispiels von § 308 Nr. 1b Halbs. 2 (und auch des Regelbeispiels von § 308 Nr. 1a Halbs. 2) vermeiden, indem er anstelle einer entsprechenden Überprüfungs- oder Abnahmefrist eine Zahlungsfrist-Klausel von 30 Tagen vorsieht25. Bei der dann vorzunehmenden Inhaltskontrolle der Zahlungsfrist-Klausel nach § 308 Nr. 1a Halbs. 1 spricht allerdings die Wertung von § 308 Nr. 1b Halbs. 2 zunächst einmal gegen die Angemessenheit einer Zahlungsfrist von 30 Tagen, wenn diese damit gerechtfertigt werden soll, dass eine Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung erforderlich ist. Insoweit entfaltet dann § 308 Nr. 1b Halbs. 2 bei der Überprüfung von Zahlungsfristen i.S.v. § 308 Nr. 1a eine mittelbare Wirkung.

24 Vgl. auch Christiansen ZfBR 2015, 214 f., der insoweit Klärungsbedarf durch den EuGH sieht. 25 Auf folgende weitere Ungereimtheit weist Verse ZIP 2014, 1815 hin und zieht daraus den Schluss, dass die Funktion von § 308 Nr. 1b weniger in einer Zahlungsbeschleunigung liegt, sondern darin, zugunsten der Werkunternehmer den Übergang der Preisgefahr (§ 644 Abs. 1 Satz 1) zu beschleunigen: Nach § 308 Nr. 1b Halbs. 2 sei eine Klausel im Zweifel unangemessen, die eine Abnahmefrist von 20 Tagen (Anwendungsfall von § 308 Nr. 1b Halbs. 2) und eine Zahlungsfrist von 10 Tagen nach Ablauf der Abnahmefrist vorsieht. Zum gleichen Ergebnis – Zeitspanne für die Zahlung von 30 Tagen – führe aber eine Klausel mit einer Abnahmefrist von 15 Tagen und einer Zahlungsfrist von 15 Tagen nach der Abnahme, ohne dass hier im Zweifel die Unangemessenheit anzunehmen wäre.

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berprfungs- und Abnahmefrist

§ 308 Nr. 1b BGB

bb) Persönlicher Anwendungsbereich § 308 Nr. 1b Halbs. 2 findet nur Anwendung, wenn der Schuldner und Verwen- 16 der der Überprüfungs- bzw. Abnahmefrist (z.B. Käufer, Auftraggeber) kein Verbraucher ist. Der Verbraucherbegriff richtet sich nach § 1326. Ist der Verwender ein Verbraucher, erfolgt die Inhaltskontrolle nur nach § 308 Nr. 1b Halbs. 1 (Rz. 13). Anwendung findet § 308 Nr. 1b Halbs. 2 daher, wenn der Schuldner der Entgeltforderung und Verwender der Klausel über die Überprüfungs- und Abnahmefrist ein Unternehmer oder dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist. cc) Berechnung der Frist von 15 Tagen Für die Berechnung der Frist von 15 Tagen knüpft § 308 Nr. 1b Halbs. 2 an den 17 Empfang der Gegenleistung, also z.B. der gekauften Ware, an. Handelt es sich bei der Gegenleistung um ein Werk, liegt der Empfang der Gegenleistung vor, wenn das abnahmereife Werk zur Verfügung gestellt wird (vgl. auch § 308 Nr. 1a Rz. 21). Da sich die Überprüfung oder Abnahme darauf richtet, festzustellen, ob die Gegenleistung vertragsgemäß ist, hängt der Fristbeginn nicht davon ab, dass die Gegenleistung vertragsgemäß ist; zur anders gelagerten Situation bei Zahlungsfristen vgl. § 308 Nr. 1a Rz. 21. Zum Verhältnis der 15-Tage-Frist zur 30-Tage-Frist von § 308 Nr. 1a siehe § 308 Nr. 1a Rz. 23 (keine „Addition“ dieser Fristen). dd) Unangemessenheitsprüfung Bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 308 Nr. 1b Halbs. 2 ist grundsätzlich 18 von der Unangemessenheit der Frist auszugehen (Rz. 14). Über 15 Tage hinausgehende Überprüfungs- oder Abnahmefristen bedürfen also einer besonderen Rechtfertigung (vgl. auch § 308 Nr. 1a Rz. 19). Sieht das Gericht eine solche nicht und vermag auch der Verwender besondere Gründe für die Angemessenheit nicht darzulegen, verbleibt es bei der Unangemessenheit. Für die Prüfung der besonderen Gründe ist eine objekt-generalisierende Betrachtungsweise zugrunde zu legen, also auf die typische Interessenlage abzustellen; die individuellen Einzelfallumstände sind nicht maßgeblich. Jedenfalls bei größeren oder komplexen Werken erscheint eine Abnahmefrist von 15 Tagen eher knapp bemessen27. Gleiches kann je nach Art und Umfang des Kaufgegenstandes auch für Überprüfungsfristen in Betracht kommen28. Fälle, in denen die in § 308 Nr. 1b Halbs. 2 enthaltene Frist überschritten werden kann, ohne dass von einer unangemessenen Länge der Frist auszugehen ist, werden also eher denkbar sein als bei der Überschreitung der in § 308 Nr. 1a Halbs. 2 für Zahlungsfristen vorgesehenen Frist (dazu § 308 Nr. 1a Rz. 22).

26 Zu den Voraussetzungen für die Verbrauchereigenschaft einer Wohnungseigentümergemeinschaft vgl. BGH v. 25.3.2015 – VIII ZR 243/13, NZG 2015, 905 (Tz. 30 ff.). 27 Vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 271a, BT-Drucks. 18/1309 S. 17: Bei größeren Werken werde die Prüfungsfrist 30 Tage nicht überschreiten. In der Entscheidung BGH v. 23.2.1989 – VII ZR 89/87, NJW 1989, 1602 (1603) ging der BGH davon aus, dass im Verhältnis Generalunternehmer/Subunternehmer die Frist „durchaus vier bis sechs Wochen betragen“ könne und hielt eine Frist von zwei Monaten oder mehr für unangemessen. 28 Vgl. BeckOGK/Krafka § 271a BGB Rz. 49 zu „besonders komplexen Waren oder extrem großen Mengen“ und bezogen auf die 30-Tage-Frist von § 271a Abs. 3.

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§ 308 Nr. 1b BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

5. Unwirksamkeit 19

Bei Unwirksamkeit einer Klausel über eine Überprüfungsfrist entfällt die Klausel ersatzlos. Die Entgeltforderung ist dann unabhängig von der Überprüfung fällig. Entsprechendes gilt für Abnahmefristen bei einer vertraglich vereinbarten Abnahme. Im Fall der gesetzlich vorgesehenen Abnahme (§ 641 Abs. 1) tritt an die Stelle der unwirksamen Abnahmefrist diejenige Frist, die für die Abnahme erforderlich ist (vgl. Rz. 10). Eine teilweise Aufrechterhaltung der unwirksamen Klausel mit einer angemessenen Frist ist ausgeschlossen (vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 29).

6. Verträge mit Unternehmern und der öffentlichen Hand als Gläubiger 20

Anders als die übrigen Regelungen von § 308 findet § 308 Nr. 1b (und Nr. 1a, vgl. § 308 Nr. 1a Rz. 25) auch Anwendung, wenn Klauseln über Überprüfungs- und Abnahmefristen gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 310 Abs. 1 Satz 1 nimmt § 308 Nr. 1b von den Vorschriften, die nach § 310 Abs. 1 Satz 1 im Unternehmerverkehr und im Verkehr mit der öffentlichen Hand keine Anwendung finden, aus. Die Inhaltskontrolle von Überprüfungs- und Abnahmefristen, die gegenüber Unternehmern als Gläubiger (z. B. Verkäufer, Auftragnehmer) verwendet werden, bildet sogar den hauptsächlichen Anwendungsbereich von § 308 Nr. 1b (Rz. 2). Gemäß § 310 Abs. 1 Satz 3 ist § 308 Nr. 1b jedoch nicht anzuwenden bei VOB/B-Verträgen mit dem vorgenannten Kundenkreis, wenn dem Vertrag die VOB/B insgesamt und ohne inhaltliche Abweichungen zugrunde liegt29 (vgl. dazu § 310 Rz. 35a ff.). Das betrifft in erster Linie Unternehmer als Auftragnehmer/Gläubiger. Unberührt bleibt in diesen Fällen aber die Inhaltskontrolle nach § 271a30 (siehe dazu Rz. 6).

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Vorformulierte Überprüfungs- und Abnahmefristen, die der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 1b standhalten, müssen nach § 271a Abs. 3 bei einer Frist von mehr als 30 Tagen „ausdrücklich getroffen“ sein, also nicht nur konkludent31. Zur Geltung von § 271a auch für vorformulierte Überprüfungs- und Abnahmefristen vgl. Rz. 6. Eine derartige ausdrückliche Vereinbarung ist auch anzunehmen bei einer in AGB oder in einem Formularvertrag enthaltenen Klausel über die Überprüfungs- oder Abnahmefrist, ohne dass diese besonders hervorgehoben bzw. vom übrigen Text abgesetzt und vom Kunden gesondert unterzeichnet sein müsste32. Entscheidend ist, dass die Klausel nach den für den Unternehmerverkehr geltenden Grundsätzen wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist. In diesem Fall hat der Kunde auch die hinreichende Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Zahlungsfrist33; dass er von dieser Möglichkeit ggf. keinen Gebrauch macht, fällt in seinen Risiko- und Verantwortungsbereich.

29 Damit soll die vollständige Privilegierung der VOB/B bei der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle sichergestellt werden, vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21. 30 Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/1309 S. 21, unter Hinweis darauf, dass „die Richtlinie 2011/7/EU eine dem § 310 Absatz 1 Satz 3 BGB vergleichbare Ausnahme nicht vorsieht“. 31 Vgl. Gesetzesbegründung zu § 271a, BT-Drucks. 18/1309 S.14. 32 A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 1b BGB Rz. 9. 33 A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 1b BGB Rz. 9.

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Nachfrist

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 2 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 2. (Nachfrist) eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält; II. Inhalt der Vorschrift

I. Einleitung 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1. Vorbehalt einer Nachfrist . . . . . .

5

2. Entstehung der Vorschrift . . . . . .

2

2. Unangemessen lange Nachfrist . .

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3

3. Nicht hinreichend bestimmte Nachfrist . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Verhältnis zu § 309 Nr. 4 und Nr. 8 lit. a . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsvorschriften über Nachfristen . . . . . . . . . . . . . . . .

4

4. Entbehrlichkeit der Nachfrist . . .

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5. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

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III. Verträge mit Unternehmern . . . .

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I. Einleitung 1. Überblick Mit Ausnahme der in § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 genannten Verträge erstreckt sich der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 2 auf alle Arten von Verträgen, bei denen der Vertragspartner („Kunde“) des AGB-Verwenders weder Unternehmer noch dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 1). Die Vorschrift ergänzt das Verbot unangemessen langer und nicht hinreichend bestimmter Leistungsfristen (§ 308 Nr. 1) durch das Verbot ebensolcher „Nachfristen“. Ohne dieses Verbot könnte das Verbot unangemessen langer und unbestimmter Leistungsfristen (§ 308 Nr. 1) leicht unterlaufen werden. Wenn der Verwender die fällige Leistung nicht erbringt, kann der Vertragspartner die Erfüllung durchsetzen. Er kann aber auch gemäß §§ 281, 323, 325 nach fruchtlosem Ablauf einer von ihm bestimmten angemessenen Nachfrist weiterhin den Erfüllungsanspruch geltend machen (vgl. § 281 Abs. 4) oder vom Vertrag zurücktreten und Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Durch diese Nachfrist (und in den weiteren Fällen, in denen eine Nachfristsetzung gesetzlich vorgesehen ist; unten Rz. 4) erhält der Verwender einen letzten zeitlichen Spielraum (Rz. 6), um die fällige Leistung noch nachholen zu können. § 308 Nr. 2 wirkt solchen AGB-Bestimmungen entgegen, die diesen zeitlichen Spielraum für die vom Verwender zu bewirkende Leistung übermäßig oder in unbestimmter Weise durch vom Verwender vorformulierte Klauseln ausdehnen. Es darf durch AGB dem Verwender nach Fälligkeit kein weiterer allzu langer oder unbestimmter zeitlicher Spielraum für das Bewirken der Leistung vorbehalten bleiben. Vielmehr muss der Vertragspartner rechtlich in der Lage sein, in angemessener und einfach berechenbarer Frist den Vertrag zu liquidieren und die entstandene Ungewissheit der Vertragserfüllung endgültig zu beseitigen. Rechtsvorschriften Schmidt

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

i.S.v. § 308 Nr. 2, die die Einräumung einer Nachfrist vorsehen, knüpfen an die bereits fällige Leistung an. § 308 Nr. 2 betrifft daher nur Klauseln, die die Einräumung einer „echten“ Nachfrist vorsehen. Klauseln über sog. „unechte Nachfristen“, die eine zusätzliche Lieferfrist einräumen und dazu führen, dass bereits der Eintritt der Fälligkeit hinausgeschoben wird, unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 11 (§ 308 Nr. 1 Rz. 19). Die Vereinbarkeit einer Klausel mit § 308 Nr. 2 schließt eine Inhaltskontrolle nach § 307 nicht aus2; vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 9 f. Zur Anwendung der Klauselverbote des § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 3.

2. Entstehung der Vorschrift 2 Das mit dem SMG (vgl. dazu Einl. Rz. 28 ff.) in das BGB als § 308 Nr. 2 übernommene Klauselverbot – allgemein zur Entstehungsgeschichte der AGB-rechtlichen Bestimmungen vgl. Einl. Rz. 16 ff. – war ähnlich schon im Teilbericht I und in den Referentenentwürfen vorgesehen mit dem Zusatz, dass auch die Bestimmung einer „zusätzlichen Leistungsfrist“ unwirksam sein sollte. Dieser Zusatz fehlt im Gesetz; er wurde anscheinend als überflüssig betrachtet, weil das Klauselverbot gemäß § 308 Nr. 2 auch den Vorbehalt einer der Nachfrist vorgeschalteten zusätzlichen Leistungsfrist betrifft (siehe Rz. 5). Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem früheren § 10 Nr. 2 AGBG; die dortige Bezugnahme auf die Nachfrist gemäß „§ 326 Abs. 1“ (a. F.) ist durch das SMG ersetzt worden durch eine allgemeine Bezugnahme auf „Rechtsvorschriften“. Das betrifft vor allem die §§ 281, 323, aber auch weitere Rechtsvorschriften (Rz. 4). Der Klauselrichtlinie (vgl. dazu Einl. Rz. 91 ff.) sind keine Vorgaben für § 308 Nr. 2 zu entnehmen3.

3. Verhältnis zu § 309 Nr. 4 und Nr. 8 lit. a 3 § 309 Nr. 4 verbietet es dem Verwender als Gläubiger, eigene gesetzliche Obliegenheiten zur Mahnung oder Nachfristsetzung abzubedingen. § 309 Nr. 8 lit. a betrifft ebenso wie § 308 Nr. 2 den Verwender als Schuldner im gegenseitigen Vertrag. Ebenso wie § 308 Nr. 1 ergänzt auch § 308 Nr. 2 den durch § 309 Nr. 8 lit. a gewährten Schutz des Vertragspartners. Eine Nachfristklausel der gemäß § 308 Nr. 2 verbotenen Art entfaltet die Wirkung einer teilweisen Freizeichnung von den gemäß § 309 Nr. 8 lit. a „klauselfesten“ Gläubigerrechten des Vertragspartners. Auf Nachfristklauseln, die auf eine wesentliche Aushöhlung der bei Leistungsverzug des Verwenders für den Kunden gegebenen Rechte abzielen, kann daher § 309 Nr. 8 lit. a auch unmittelbar angewendet werden (§ 308 Nr. 1 Rz. 19)4.

1 BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 (1200); Stoffels Rz. 861; Wolf/Dammann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 3; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 2 BGB Rz. 2; BeckOK/ Becker § 308 Nr. 2 BGB Rz. 5. 2 BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1940). 3 Vgl. MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 2 BGB Rz. 2. 4 BGH v. 18.3.2015 – VIII ZR 176/14, ZIP 2015, 1128 (Tz. 11); BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (29) = NJW 1984, 2468 zu § 10 Nr. 1 AGBG.

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Nachfrist

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4. Rechtsvorschriften über Nachfristen Gemäß §§ 281 Abs. 1 Satz 1, 323 Abs. 1 (Schadensersatz statt Leistung; Rück- 4 tritt) muss der Schuldner, der die fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt, mit einer ihm vom Gläubiger zu setzenden angemessenen Frist (Nachfrist) auskommen, innerhalb der er die Leistung noch bewirken kann. Welche Frist angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des einzelnen Falles. Aber es ist zu beachten, dass die Frist bereits eine Nachfrist darstellt, die dem säumigen Schuldner noch eine letzte Möglichkeit zur Leistung gewähren soll. Hauptsächlich ist das Gläubigerinteresse zu berücksichtigen; die Nachfrist soll den Schuldner nicht etwa in die Lage versetzen, mit der Leistung erst zu beginnen oder eine Verlängerung der vereinbarten Leistungsfrist in Anspruch zu nehmen5. Deshalb ist regelmäßig die angemessene Nachfrist eine kurze Frist, die wesentlich kürzer ist als die eigentliche Leistungsfrist und umso kürzer sein darf, je geräumiger die Leistungsfrist bemessen war6. Je dringlicher das Geschäft für den Gläubiger ist, desto kürzer darf die Nachfrist sein. Bestimmt der Berechtigte eine unangemessene Frist, so wird dadurch ohne weiteres eine angemessene in Lauf gesetzt. Bei Vorliegen der Tatbestände der §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 bedarf es der Fristsetzung überhaupt nicht; vgl. dazu auch Rz. 8. Regelungen über eine Nachfristsetzung enthalten weiterhin die §§ 437 Nr. 2 und 3, 634 Nr. 3 und 4 durch die Verweisung auf die §§ 281, 323 sowie § 6377. Auch dies sind Rechtsvorschriften i.S.v. § 308 Nr. 2. Die Vorschrift ist entsprechend anzuwenden auf Nachfristvorbehalte in den Fällen der §§ 346 Abs. 4 (i.V.m. § 281), 350 und der §§ 651c Abs. 3, 651e Abs. 28.

II. Inhalt der Vorschrift 1. Vorbehalt einer Nachfrist § 308 Nr. 2 betrifft Klauseln, durch die sich der Verwender für die von ihm zu be- 5 wirkende, bereits fällige (Rz. 1) Leistung eine Nachfrist einräumen lässt. Klauselbeispiele: „Der Käufer ist zum Rücktritt vom Vertrag wegen Nichteinhaltung der Lieferfrist erst dann berechtigt, wenn er der Firma eine angemessene Nachfrist gesetzt hat. Als angemessen gilt eine Nachfrist von mindestens acht Wochen“; oder: „Für Lieferschwierigkeiten wird eine einmalige Nachfrist bis zu 60 Tagen vereinbart. Die Nachfrist beginnt mit dem Ablauf der Lieferfrist“; oder: „Nachlieferungsfrist von sechs Wochen nach Inverzugsetzung gilt als vereinbart“. Um den Vorbehalt einer Nachfrist handelt es sich auch, wenn der Verwender sich eine zusätzliche Leistungsfrist nach dem Eintritt der Leistungszeit, also nach dem Fälligkeitszeitpunkt vorbehält (§ 308 Nr. 1 kann dann ebenfalls an-

5 BGH v. 18.1.1973 – VII ZR 183/70, WM 1973, 1020 (1021); BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (323); BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (857) (zu § 326 a.F.). 6 OLG Frankfurt v. 26.5.1983 – 6 U 109/82, ZIP 1983, 1213 (1217). 7 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 13; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 2 BGB Rz. 3; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 12. 8 Stoffels Rz. 861; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 13; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 12; Wolf/Dammann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 3.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

wendbar sein)9. Beispiel: „Erfolgt die Lieferung nicht zu dem umseits vereinbarten Termin, so kann der Besteller nach Ablauf von zwei Monaten der Firma eine Nachfrist von vier Wochen setzen mit der Erklärung, dass er nach deren fruchtlosem Ablauf vom Vertrag zurücktrete“; das ergibt eine Nachfrist von insgesamt zwei Monaten plus vier Wochen10. Falls – wie häufig – die Leistungszeit nicht nach dem Kalender bestimmt ist, muss der Verwender, wenn der Kunde Rechte aus einem Verzug geltend machen will, vor der Nachfrist vom Vertragspartner durch Mahnung in Verzug gesetzt werden (§ 286). Eine Klausel, nach der der Verwender erst nach Ablauf einer bestimmten Frist ab Mahnung in Verzug geraten soll, enthält ebenfalls den Vorbehalt einer Nachfrist. Sog „unechte Nachfristen“ werden von § 308 Nr. 1 erfasst (Rz. 1).

2. Unangemessen lange Nachfrist 6 Die vorgeschriebene Nachfrist (einschließlich aller dem Verwender vorbehaltenen Fristen, die dazu zu rechnen sind, vgl. Rz. 5) muss angemessen sein (Rz. 4). Jede Nachfristregelung ist unangemessen, die nicht dem Verwender lediglich eine letzte11 Gelegenheit gibt, die begonnene Erfüllung zu vollenden, sondern auf eine wesentliche12 Verlängerung der Leistungsfrist hinausläuft. Eine schon großzügig bemessene Leistungsfrist erlaubt eine kurze Nachfrist13 (Rz. 4). Gegen den Verwender ins Gewicht fällt auch eine Regelung, die die Geltendmachung eines Verzugsschadens bei Leistungsverzug des Verwenders ausschließt. Andererseits ist das Interesse des Verwenders an einer einheitlichen Nachfristregelung für seine Geschäfte zu berücksichtigen. Jedoch muss dann eine für alle in Betracht kommenden Leistungen des Verwenders angemessene kurze Frist vorgesehen werden14. Die Angemessenheit der Frist ist typisiert-geschäftsbezogen durch eine Interessenabwägung zu bestimmen. Dem tragen allgemeine Festlegungen15 nicht Rechnung16. 9 Vgl. BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320: Verstoß gegen § 308 Nr. 1 bejaht, gegen § 308 Nr. 2 bleibt offen. 10 So auch MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 2 BGB Rz. 4; vgl. auch das entsprechende Klauselbeispiel in der Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 7/3919 S. 25. 11 BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (323); Wolf/Dammann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 9–14; BeckOK/Becker § 308 Nr. 2 BGB Rz. 6; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 14. 12 So auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 8. Ähnl. BeckOK/Becker § 308 Nr. 2 BGB Rz. 8 (maßvolle Überschreitung der gesetzlichen Frist zulässig); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 14 (Abweichung von der gesetzlichen Frist nur in engen Grenzen zulässig). 13 Stoffels Rz. 862; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 2 BGB Rz. 4; Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 2 BGB Rz. 7; BeckOK/Becker § 308 Nr. 2 BGB Rz. 7. Vgl. auch LG Dormund v. 23.7.2013 – 25 O 272/12, BeckRS 2013, 13999: Unwirksamkeit einer „starren“ Nachfrist von zwei Wochen bei Lieferung einer Solaranlage, „da keinerlei Bezug auf die im konkreten Fall vereinbarte Lieferfrist genommen wird“. 14 BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (323); Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 13; Wolf/Dammann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 8. 15 Vgl. Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 13; BeckOK/Becker § 308 Nr. 2 BGB Rz. 10; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 2 BGB Rz. 7; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 14; Wolf/ Dammann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 15: Für „Alltagsgeschäfte“ bzw. „übliche Verbrauchergeschäfte“ im Regelfall zwei Wochen bzw. 14 Tage; offen gelassen in BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (323); vgl. auch Thamm BB 1982, 2018: Für Lieferschulden 1/3 bis 1/2 der vereinbarten Lieferfrist, für Mängelbeseitigung zwei Wochen bis ein Monat. 16 So auch Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 2 AGBG Rz. 14 zu § 326 a.F.; vgl. auch MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 2 BGB Rz. 5 („Faustregel“), Stoffels Rz. 863 („Faustformel“).

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Nachfrist

§ 308 Nr. 2 BGB

3. Nicht hinreichend bestimmte Nachfrist Derartige Klauseln kommen selten vor (z.B. Vorbehalt einer Nachfrist „bis zur Selbstbelieferung“17). Eine „angemessene“ Nachfrist kann jedenfalls vorgeschrieben werden, weil dies den §§ 281 Abs. 1 Satz 1, 323 Abs. 1 entspricht (allg. M.)18. Verboten ist jede andere Fristregelung, die für den typischen Vertragspartner des Verwenders („Durchschnittskunde“) nicht hinreichend klarstellt, wann er, falls die Leistung ausbleibt, Schadensersatz statt der Leistung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten kann. Siehe im Übrigen § 308 Nr. 1 Rz. 14.

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4. Entbehrlichkeit der Nachfrist Eine Bestimmung in den AGB über die dem Verwender einzuräumende Nach- 8 frist betrifft den Fall, dass gesetzliche Rechte des Kunden erst nach Bestimmung und Ablauf einer Nachfrist zur Bewirkung der Leistung eintreten können. Stehen dem Vertragspartner die Rechte aus den §§ 281 Abs. 1 Satz 1, 323 Abs. 1, 325 (zu weiteren Fällen vgl. Rz. 4) zu, ohne dass es der Bestimmung einer Nachfrist bedarf, dann ist die Klausel nicht anwendbar. Das gilt z.B. bei Vorliegen der Tatbestände der §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2. Dann ist der Vorbehalt einer Nachfrist gegenstandslos. Müsste nach dem Inhalt der Klausel auch in diesen Fällen der Vertragspartner dem Verwender eine Nachfrist setzen, so wäre insoweit die Klausel gemäß § 307 unwirksam19.

5. Unwirksamkeit Eine unangemessene Frist kann nicht im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion verkürzt werden20. Bei Unwirksamkeit der Klausel kann der Vertragspartner die Rechte aus §§ 281 Abs. 1 Satz 1, 323 Abs. 1, 325 aber nicht ohne Nachfrist geltend machen, sondern muss dem Verwender für die Bewirkung der Leistung eine angemessene Nachfrist setzen, falls nicht aus besonderen Gründen (Rz. 4, 8) die Nachfrist entbehrlich ist.

17 18 19

20

Beispielsfälle: BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 323: Vierwöchige Nachfrist im Möbelhandel ist unangemessen lang; OLG Düsseldorf v. 28.1.1999 – 6 U 239/97, BeckRS 1999, 02055: Nachfrist von einem Monat im Möbelhandel ist unangemessen lang; BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855: unangemessene Sechswochenfrist bei der Lieferung von Fenstern; OLG Stuttgart v. 19.12.1980 – 2 U 122/80, NJW 1981, 1105: Sechs Wochen für die Werklieferung von Fenstern und Türelementen zu lang; OLG Frankfurt BB 1981, 884: „Nicht unter vier Wochen“ im Hinblick auf Besonderheiten des Verwenderunternehmens noch angemessen; LG Dortmund v. 23.7.2013 – 25 O 272/12, BeckRS 2013, 13999: zweiwöchige Nachfrist bei Lieferung einer Solaranlage unangemessen, da „starre“ Frist, die „keinerlei Bezug auf die im konkreten Fall vereinbarte Lieferzeit“ nimmt; weitere Kasuistik bei Hennig-Jarre BB 1981, 1166; Seifert BB 1982, 467; Seifert BB 1984, 883. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 2 BGB Rz. 8; Wolf/Dammann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 20; LG Köln v. 26.2.1992 – 8 O 108/91, NJW-RR 1993, 437 (438): Der Käufer hat dem Verkäufer „die erforderliche Zeit und Gelegenheit“ zu geben. Vgl. z.B. Wolf/Dammann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 20. BGH v. 6.6.2013 – VII ZR 355/12, NJW 2013, 3022 (Tz. 20) zur Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung gem. §§ 323 Abs. 2 (a.F.), 326 Abs. 5, 636; BeckOK/Becker § 308 Nr. 2 BGB Rz. 5; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 13; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 2 BGB Rz. 6. Für Anwendung von § 308 Nr. 2 Wolf/Dammann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 5. BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (323).

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§ 308 Nr. 3 BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

III. Verträge mit Unternehmern 10

Während bei der Leistungsfrist Großzügigkeit am Platz ist (§ 308 Nr. 1 Rz. 30), dürfte bei der Inhaltskontrolle über eine Nachfristklausel auch bei Verträgen mit Unternehmern (vgl. dazu auch § 310 Rz. 25 ff.) der Maßstab des § 308 Nr. 2 bei der Inhaltskontrolle nach § 307 meist anwendbar sein21, selbstverständlich unter Berücksichtigung des Handelsbrauches. Der Handelsverkehr ist auf alsbaldige Erfüllung nach dem Eintritt der Leistungszeit besonders angewiesen22. Eine längere oder zeitlich unbestimmte Ungewissheit ist dem Vertragspartner des Verwenders nicht zuzumuten. Vielmehr wird im Handelsverkehr das Erfordernis der Nachfrist nicht selten ausdrücklich oder stillschweigend völlig ausgeschlossen, so z.B. in den Fällen einer Ablade- oder Ankunftsklausel23. Zu einem „lokalen“ Handelsbrauch, wonach der Vertragspartner ohne Nachfristsetzung vom Vertrag zurücktreten kann, vgl. BGH WM 1973, 382. In Einkaufsbedingungen kann sich der Verwender nicht wirksam von dem Erfordernis der Nachfristsetzung gemäß §§ 281 Abs. 1 Satz 1, 323 Abs. 1 befreien24, auch nicht in der Form, dass der vereinbarte Liefertermin für „fix“ (vgl. § 376 HGB) erklärt wird25.

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 3 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 3. (Rücktrittsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse; I. Zweck und Reichweite des Klauselverbots . . . . . . . . . . . . .

1

III. Klauseltypen im Anwendungsbereich des § 308 Nr. 3 . . . . . . .

3

IV. Unwirksamkeitsgründe

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 1. Richtlinienregelung . . . . . . . . . .

2a

1. Fehlende Angabe des Grundes . .

2. Inhalt der Vorschrift . . . . . . . . .

2b

3. Bedeutung für § 308 Nr. 3 . . . . . .

2c

2. Fehlen eines sachlich gerechtfertigten Grundes . . . . . . . . . . . . . . 11

10

21 Ähnl. Wolf/Damann § 308 Nr. 2 BGB Rz. 40 („Indizwirkung“); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 2 BGB Rz. 8 („Indizwirkung“); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 16 („Indizwirkung“); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 2 BGB Rz. 11 (erhebliche Ausstrahlung auf den Unternehmerverkehr); BeckOK/Becker § 308 Nr. 2 BGB Rz. 13 („Nr. 2 gilt mediatisiert über § 307 auch im Verkehr zwischen Unternehmern“); Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 15 („Nr. 2 kann gem. §§ 307 II Nr. 1, 310 I“ auch im Verkehr zwischen Unternehmern angewandt werden). Allgemein für eine Indizwirkung der Klauselverbote von § 308 bei der Inhaltskontrolle im Unternehmerverkehr nach § 307 BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 32). 22 Ebenso Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 2 AGBG Rz. 20; Stoffels Rz. 866. 23 Vgl. z.B. BGH v. 4.2.1955 – I ZR 57/53, MDR 1955, 343 (344). 24 BGH v. 18.12.1985 – VIII ZR 47/85, WM 1986, 325 (327) zu § 326 a.F. 25 BGH v. 17.1.1990 – VIII ZR 292/88, BGHZ 110, 88 (97) = NJW 1990, 2065.

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§ 308 Nr. 3 BGB

Rcktrittsvorbehalt 3. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

16

V. Nichtverfügbarkeit der Leistung als Lösungsrecht (§ 308 Nr. 8) . . . 16a

VI. Keine Geltung für Dauerschuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . .

17

VII. Verträge mit Unternehmern . . . .

18

I. Zweck und Reichweite des Klauselverbots Der mit dem SMG (vgl. dazu Einl. Rz. 28 ff.) in das BGB übernommene – all- 1 gemein zur Entstehungsgeschichte der AGB-rechtlichen Bestimmungen vgl. Einl. Rz. 16 ff. – § 308 Nr. 3 stimmt mit dem früheren § 10 Nr. 3 AGBG überein. Mit Ausnahme der in § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 genannten Verträge erstreckt sich der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 3 auf alle Arten von Verträgen – bei denen der Vertragspartner („Kunde“) des AGB-Verwenders weder Unternehmer noch dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 1) –, soweit es sich nicht um im zweiten Halbsatz der Vorschrift ausgenommene Dauerschuldverhältnisse handelt; zu diesen vgl. Rz. 17. Die Vorschrift betrifft Klauseln, die es dem Verwender ermöglichen, sich durch Rücktritt, Widerruf, Kündigung, Anfechtung oder auf sonstige Weise von der gültig eingegangenen Leistungspflicht zu befreien (Rücktrittsvorbehalte, Leistungsvorbehalte, Lösungsrechte, Befreiungsklauseln); auf die Bezeichnung des Lösungsrechts kommt es nicht an1. Darunter fallen vorformulierte Abreden, die den Verwender berechtigen, sich durch einseitige Willenserklärung, gleich welcher Art, von der vertraglich begründeten Hauptleistungsverpflichtung (dazu Rz. 3a) loszusagen oder vom Vertragspartner die Einwilligung in die Vertragsaufhebung zu verlangen2, aber auch in die AGB eingebaute auflösende Bedingungen, die die Leistungspflicht des Verwenders automatisch zum Erlöschen bringen3, unter Einschluss der Potestativbedingung (Wollensbedingung)4. Insofern ist der Text der Vorschrift („Recht des Verwenders, sich … von seiner Leistungspflicht zu lösen“) und erst recht die Überschrift („Rücktrittsvorbehalt“) zu eng gefasst. Demgegenüber erfasst § 308 Nr. 3 nicht aufschiebende Bedingungen5. Die Vorschrift betrifft Klauseln, nach denen sich der Verwender von einer bestehenden Leistungspflicht soll lösen können6, die jedoch im Falle einer aufschiebenden Bedingung mangels Zustandekommen des Vertrages bis zum Bedingungseintritt noch nicht gegeben ist. Zur Inhaltskontrolle aufschiebender Bedingungen nach § 307 1 Vgl. BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (Tz. 25); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 4; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 15. 2 Vgl. BGH v. 8.12.2010 – VIII ZR 343/09, NJW 2011, 1215 (1216); BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (541); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 16; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 3; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 17. 3 Vgl. BGH v. 8.12.2010 – VIII ZR 343/09, NJW 2011, 1215 (1216); BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (541); OLG Frankfurt v. 8.9.2011 – 16 U 43/11, NJW-RR 2012, 51; OLG Hamm v. 10.3.2011 – I-21 U 123/10, BeckRS 2011, 22783. Allg. M. in der Literatur, vgl. z.B. Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 17. 4 BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (541); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 17. 5 BGH v. 8.12.2010 – VIII ZR 343/09, NJW 2011, 1215 (1216); OLG Köln v. 3.11.2009 – 15 U 60/09, BeckRS 2010, 30975; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 17; MünchKomm/ Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 4; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 2. A.A. noch LG Köln v. 3.4.2009 – 16 O 148/08, BeckRS 2010, 30976; AG Forchheim v. 15.2.1999 – 2 C 1104/98, NJW-RR 2000, 725. 6 BGH v. 8.12.2010 – VIII ZR 343/09, NJW 2011, 1215 (1216); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 4.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 10. § 308 Nr. 3 gilt auch für Lösungsmöglichkeiten von einem Vorvertrag7, auch wenn dieser auf den Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist (vgl. auch Rz. 17). Keine Anwendung findet § 308 Nr. 3 auf Klauseln, die bei einem durchgeführten Kaufvertrag ein Recht des Verkäufers auf Rückerwerb des Kaufgegenstands begründen8. Das Klauselverbot ergänzt – wie bereits § 308 Nr. 1 und 2 – insbesondere den durch § 309 Nr. 7 lit. b und Nr. 8 lit. a sichergestellten Schutz des Vertragspartners, indem verhindert wird, dass der Verwender sich ohne berechtigten Grund seiner Verbindlichkeit zu entledigen vermag, um den rechtlichen Konsequenzen der eigenen Pflichtverletzung durch Nichtoder Schlechterfüllung des Vertrags zu entgehen (Rz. 2). Die Vereinbarkeit einer Klausel mit § 308 Nr. 3 schließt eine Inhaltskontrolle nach § 307 nicht aus9; vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 9 f. Zur Anwendung der Klauselverbote des § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. Rz. 2a ff. und § 308 Nr. 1 Rz. 3. 1a Durch Art. 3 Nr. 1 lit. b des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung auf Euro vom 27.6.200010 war die – ursprünglich Rechtswahlklauseln betreffende und im Jahr 1986 entfallene – Vorschrift des § 10 Nr. 8 AGBG – allgemein zur Entstehungsgeschichte der AGBrechtlichen Bestimmungen vgl. Einl. Rz. 16 ff. – neu in das frühere AGBG eingefügt worden. Sie ist mit dem SMG (vgl. dazu Einl. Rz. 28 ff.) unverändert in § 308 Nr. 8 übernommen worden. Diese Vorschrift ergänzt § 308 Nr. 3, soweit es um ein Lösungsrecht vom Vertrag geht, das auf die Nichtverfügbarkeit der Leistung abstellt (dazu auch Rz. 16a). Bedeutung hat das vor allem für Vorratsklauseln und Selbstbelieferungsvorbehalte (dazu Rz. 6 f.). Derartige Klauseln müssen nicht nur den Anforderungen von § 308 Nr. 3 Rechnung tragen, sondern darüber hinaus gemäß § 308 Nr. 8 eine unverzügliche Informationspflicht des Verwenders über die Nichtverfügbarkeit der Leistung und die Verpflichtung zur unverzüglichen Erstattung von Gegenleistungen des Kunden enthalten, um wirksam zu sein; vgl. näher § 308 Nr. 8 Rz. 3 ff. Die Vorschrift des § 308 Nr. 8 bildet also ein zusätzliches Wirksamkeitserfordernis für Klauseln der genannten Art11. Steht § 308 Nr. 8 der Wirksamkeit einer Klausel entgegen, kommt es auf eine Unwirksamkeit nach § 308 Nr. 3 nicht mehr an (vgl. § 308 Nr. 8 Rz. 3). 2 Nach dem Gesetz muss die gültig durch Vertrag eingegangene Leistungspflicht vom Verwender erfüllt werden. § 346 setzt zwar die Wirksamkeit eines vertraglichen Rücktrittsvorbehalts voraus; die Verwendung in AGB ist jedoch wegen der Freizeichnungsfunktion des Rücktrittsvorbehalts kritisch zu beurteilen und grundsätzlich kontrollfähig12 (§ 307 Rz. 32). Von der Haftung für den Fall des (völligen oder teilweisen) Leistungsverzugs oder der (ebensolchen) von ihm zu vertretenden Unmöglichkeit der Leistung („Pflichtverletzung“) kann sich der Verwender in den AGB nicht wirksam freizeichnen (§ 309 Nr. 7 lit. b und Nr. 8 lit. a). Bei Unmöglichkeit wird der Verwender allerdings kraft Gesetzes von der (primären) Leistungspflicht frei (§ 275 Abs. 1); jedoch kann es nach § 275 Abs. 4 7 BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (541); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 2 f. 8 BGH v. 19.9.2005 – II ZR 173/04, WM 2005, 2043 (2046); OLG Düsseldorf v. 16.1.2004 – I-17 U 50/03, ZIP 2004, 1804 (1806 f.) („Unternehmensbeteiligungsmodell“ oder „Managermodell“). 9 BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1940). 10 BGBl. 2000 I 897. 11 Gesetzesbegründung zu § 10 Nr. 8 AGBG, BT-Drucks. 14/2658 S. 51. 12 Vgl. auch BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (Tz. 23).

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und den dort genannten Vorschriften zu einer Haftung des Verwenders wegen einer Pflichtverletzung kommen. Der Haftung kann der zur Leistung verpflichtete Verwender vorbeugen, indem er eine Abrede trifft, die es ihm ermöglicht, sich allgemein oder aus bestimmtem Grund von der Leistungspflicht zu lösen. Durch Ausübung des Lösungsrechts kann der Verwender die Freizeichnungsverbote nach § 309 Nr. 7 lit. b und Nr. 8 lit. a leer laufen lassen13. Auch erzeugt jede Befreiungsklausel einen unerwünschten Schwebezustand, weil der Kunde gebunden ist, ohne die Leistung des Verwenders sicher erwarten zu können. Andererseits kann es unter Umständen im dringenden, nach Treu und Glauben auch vom Vertragspartner zu respektierenden Interesse des Verwenders liegen, aus bestimmtem Grund die Leistungspflicht hinfällig machen zu können und so das eigene Vertragsrisiko zu begrenzen. Auch kann ein Rücktrittsvorbehalt für den Fall gerechtfertigt sein, dass der Vertragszweck durch eine Vertragsverletzung des Kunden oder durch einen sonstigen Umstand in der Sphäre des Vertragspartners gefährdet wird; vgl. unten Rz. 4, 11 und 12.

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 1. Richtlinienregelung Anhang. Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass f) es dem Gewerbetreibenden gestattet wird, nach freiem Ermessen den Vertrag zu kündigen, wenn das gleiche Recht nicht auch dem Verbraucher eingeräumt wird, und es dem Gewerbetreibenden für den Fall, dass er selbst den Vertrag kündigt, gestattet wird, die Beträge einzubehalten, die für von ihm noch nicht erbrachte Leistungen gezahlt wurden; g) es dem Gewerbetreibenden – außer bei Vorliegen schwerwiegender Gründe – gestattet ist, einen unbefristeten Vertrag ohne angemessene Frist zu kündigen;

2a

2. Inhalt der Vorschrift Zum Hinweischarakter des Klauselanhangs der Richtlinie14 – vgl. zur Klauselrichtline auch Einl. Rz. 91 ff. – sowie zur Frage einer richtlinienkonformen Auslegung von § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. zunächst § 308 Nr. 1 Rz. 5. Neben den in Rz. 2a genannten Regelungen kann auch lit. c des Klauselanhangs (siehe den Textabdruck in § 308 Nr. 1 Rz. 4) für § 308 Nr. 3 Bedeutung erlangen, der Regelungen erfasst, nach denen nur der Kunde eine feste Bindung eingeht, während sich der Verwender eine endgültige Bindung noch vorbehält und von seiner späteren Entscheidung abhängig macht. Hierunter können auch Lösungsrechte vom Vertrag fallen15. Lit. f erfasst in seinem ersten Regelungsteil (zum zweiten Teil vgl. § 308 Nr. 7 Rz. 5a ff.) ebenfalls nicht nur Kündigungen i.S.d. deutschen Rechts, sondern auch sonstige Lösungsrechte vom Vertrag16. Die zutreffende Abgrenzung wird man am ehesten darin sehen

13 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 1; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 1. 14 RL 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff. 15 So für auflösende Bedingungen Wolf/Pfeiffer Anhang RL Rz. 26. 16 Zutr. Wolf/Pfeiffer Anhang RL Rz. 51.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

können, dass die Vorschrift nur Kündigungen und sonstige Lösungsrechte zum Gegenstand hat, die den Vertrag mit Wirkung für die Zukunft beenden; dafür spricht neben dem Begriff „kündigen“ auch der zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen unterscheidende zweite Teil der Regelung17. Lit. f gilt nur für Klauseln, die ein Kündigungsrecht nach freiem Ermessen vorsehen, ohne dass ein solches auch dem Kunden eingeräumt ist. Die Regelung in lit. g betrifft Klauseln über Kündigungsfristen bei unbefristeten Verträgen im Fall der ordentlichen Kündigung.

3. Bedeutung für § 308 Nr. 3 2c Ein Bedürfnis für eine richtlinienkonforme Auslegung von § 308 Nr. 3 im Hinblick auf die in Rz. 2b behandelten Bestimmungen des Klauselanhanges der Richtlinie besteht nicht. Klauseln, die den Bestand des Vertrages an die freie Entscheidung des Verwenders knüpfen, sind auch nach § 308 Nr. 3 unwirksam. Diese Vorschrift verlangt das Vorliegen sachlich gerechtfertigter Gründe und darüber hinaus deren Angabe in der Klausel über das Lösungsrecht. Hinter dem Schutzbereich von lit. c des Klauselanhanges der Richtlinie bleibt § 308 Nr. 3 daher nicht zurück18. Nichts anderes gilt grundsätzlich im Hinblick auf lit. f; ein freies Kündigungsrecht ist auch im Anwendungsbereich von § 308 Nr. 3 unwirksam, und zwar selbst dann, wenn auch dem Kunden ein solches Recht eingeräumt wird. Für den Bereich der nicht von § 308 Nr. 3 erfassten Dauerschuldverhältnisse enthalten die §§ 308, 309 zwar keine dem ersten Teil von lit. f entsprechende Regelung. Einem Schutzbedürfnis des Kunden kann insoweit jedoch im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 hinreichend Rechnung getragen werden, unter Berücksichtigung der Wertungen des lit. f19. Gleiches gilt für lit. g, für den in den §§ 308, 309 keine vergleichbare Regelung besteht. Unangemessen kurze Fristen für die ordentliche Kündigung sind nach § 307 unwirksam20 (vgl. auch Rz. 17); neue Wertungsaspekte enthält der Anhang der Richtlinie insoweit nicht; allerdings geben Nr. 2 lit. a und lit. c des Klauselanhangs Hinweise auf Bereiche, in denen auch sehr kurze Kündigungsfristen angemessen sein können.

III. Klauseltypen im Anwendungsbereich des § 308 Nr. 3 3 Die Vorschrift spricht von der „Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich von seiner Leistungspflicht zu lösen“, und erfasst jede Klausel, die es dem Verwender ermöglicht, sich vor der vollständigen (vgl. Rz. 3a) Erfüllung auf die Befreiung von einer wirksam entstandenen Leistungspflicht zu berufen (Rz. 1). Nach § 307 Abs. 3 nicht kontrollfähig ist ein Vorbehalt, der lediglich – in den Voraussetzungen und Rechtsfolgen mit dem Gesetz übereinstimmend – ein gesetzlich vorgeschriebenes Anfechtungs-, Widerrufs-, Rücktritts- oder Kündi-

17 So Wolf, 5. Aufl. 2009, RL Anh. Rz. 82. A.A. nunmehr Wolf/Pfeiffer Anhang RL Rz. 51. 18 So auch Palandt/Grüneberg § 310 BGB Rz. 31. 19 BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 41. 20 BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 42; Wolf/Pfeiffer Anhang RL Rz. 68; Palandt/Grüneberg § 310 BGB Rz. 35.

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Rcktrittsvorbehalt

§ 308 Nr. 3 BGB

gungsrecht „deklaratorisch“ in den AGB wiedergibt21; vgl. § 307 Rz. 14. Jeder über die gesetzlichen Rechte auch nur geringfügig hinausgehender Lösungsvorbehalt wirkt „konstitutiv“ und ist insgesamt nach dem Maßstab des § 308 Nr. 3 zu beurteilen. Das bedeutet allerdings nicht, dass jeder konstitutiver Befreiungsvorbehalt ohne weiteres unwirksam ist; die Wirksamkeit eines gesetzes-inkongruenten Vorbehalts bedarf aber einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Nach der früheren Rechtsprechung wurde, um Auswüchse einzuschränken, vorgeschlagen, konstitutiv wirkende Befreiungsklauseln eng (restriktiv) auszulegen22. Selten soll nach dem Inhalt derartiger Klauseln der Verwender ohne besonderen Grund, häufiger aus bestimmtem Grund zum Rücktritt berechtigt sein oder auf andere Weise von der Leistungspflicht frei werden. Zur Frage, ob Leistungsvorbehalte schon als überraschende Klauseln oder wegen Widerspruchs mit der Individualabrede auszuschalten sind, siehe Rz. 16. Im Interesse einer sachgerechten Abgrenzung zu § 308 Nr. 4, der Änderungsvorbehalte betrifft, ist § 308 Nr. 3 nur anzuwenden, wenn sich die Klausel auf eine vollständige23 Befreiung von der Hauptleistungspflicht24 richtet25, sei es – nach Erbringung bereits eines Teils der Leistung und bezogen auf den noch ausstehenden Rest der Leistung – auch nur für die Zukunft26. Bei einer Anwendung von § 308 Nr. 3 auch auf Fälle der teilweisen Befreiung von der – im Übrigen fortbestehenden – Hauptleistungspflicht oder der ganzen oder teilweisen Befreiung von Nebenpflichten (unter Fortbestehen des Vertrages im Übrigen) würde die wegen der geforderten Angabe des Befreiungsgrundes im Vertrag „strengere“ Vorschrift des § 308 Nr. 3 in erheblichem Maß in den Anwendungsbereich der insoweit „großzügigeren“ Vorschrift des § 308 Nr. 4 hineinwirken und sie letztlich verschärfen27. Das erscheint als sachlich nicht gerechtfertigt28. Anders formuliert: Der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 3 ist nur, aber auch immer dann eröffnet, wenn die Vertragsbindung des Verwenders insgesamt entfallen soll, während § 308 Nr. 4 nur Leistungsänderungen bei unverändertem Fortbestehen des Vertrages im Übrigen betrifft29.

3a

Typologisch zeichnen sich zwei unterschiedliche Gruppen ab: Viele Befreiungsvorbehalte verfolgen den Zweck, den Verwender von der Verpflichtung freizu-

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21 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 3, 12. 22 RGZ 102, 227 (228 f.); BGH v. 24.6.1958 – VIII ZR 52/57, NJW 1958, 1628. 23 So wohl auch Gesetzesbegr., BT-Drucks. 7/3919 S. 26 („Lösung vom Vertrage“); BGH v. 8.12.2010 – VIII ZR 343/09, NJW 2011, 1215 (1216): „Wegfall der Vertragsbindung“. A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 4; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 17; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 16; im Erg. auch OLG München v. 3.11.1983 – 6 U 1390/83, juris Tz. 28. Nicht einheitlich Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 2 (teilweise Befreiung von der Leistungspflicht eher Fall von § 308 Nr. 4) und Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 25 (Geltung von § 308 Nr. 3 auch für die Befreiung von „entscheidenden Teilen“ der Leistungspflicht). 24 Vgl. BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (541): § 308 Nr. 3 erfasse alle Lösungsmöglichkeiten von den vertraglich vereinbarten „Hauptleistungspflichten“. So auch Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 17; Stoffels Rz. 733. A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 4 (auch Nebenpflichten). 25 So zu Recht Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 12, 14, 20. 26 Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 12, 14. 27 Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 12. 28 Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 12: Die unterschiedliche Behandlung von Lösungsrechten und Änderungsrechten dürfe „nicht durch eine expansive Interpretation des § 308 Nr. 3 umgangen werden“. 29 Vgl. auch zu § 308 Nr. 4 BGH v. 10.2.2015 – XI ZR 187/13, NJW-RR 2015, 885 (Tz. 33 f.).

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stellen, wenn er aus in seiner Sphäre liegenden Gründen den Vertrag nicht erfüllen kann oder will. Diesem Zweck dienen z.B. die unten Rz. 5–9 beschriebenen Klauseltypen30. Derartige Bestimmungen in AGB sind regelmäßig unwirksam, wenn die Nicht- oder Schlechterfüllung des Verwenders diesen mit „klauselfesten“ Rechten des Vertragspartners, namentlich nach § 309 Nr. 7 lit. b und Nr. 8 lit. a, konfrontieren würde. Ein Recht des Verwenders, sich von der Leistungspflicht zu lösen, wird aber häufig auch verabredet aus in der Sphäre des Vertragspartners des Verwenders liegenden Gründen, wie z.B. Verletzung einer bestimmten Vertragspflicht, Zahlungsverzug, Nichtabholung einer reparierten Sache durch den Besteller, Vermögensverschlechterung, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, falsche Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse, unbefriedigende Kreditauskünfte (dazu unten Rz. 14, 15). Für Lösungsrechte, die an einen Insolvenzantrag oder eine Insolvenzeröffnung anknüpfen, sind die insolvenzrechtlichen Schranken zu beachten31. Namentlich die nachfolgend (Rz. 5–9) behandelten Klauseln können in den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 3 fallen (zu ihrer Beurteilung unten Rz. 10 ff.). 5 Freibleibend, auch „ohne Verbindlichkeit“, „ohne Obligo“: Die Klausel kann als Bestandteil eines Angebots des Verwenders bedeuten, dass dieser seinen Antrag nach dessen Annahme noch unverzüglich widerrufen kann32. Als Vertragsbestandteil kann sie den Vorbehalt des Rechts zum freien Rücktritt vom Vertrag bis zu dessen Erfüllung ausdrücken33. In beiden Bedeutungen gilt bei Verwendung in AGB § 308 Nr. 3. Im Zusammenhang mit einem Angebot wird allerdings „freibleibend“ eher die Bedeutung haben, dass entweder kein Vertragsantrag gemacht, sondern der Adressat zur Abgabe eines solchen aufgefordert wird, oder dass der Antrag bis zur Annahme widerruflich ist34; dafür gilt § 308 Nr. 3 nicht35. Weitere, nicht unter den Tatbestand des § 308 Nr. 3 fallende Bedeutungen: Es bleibt eine Änderung der versprochenen Leistung (§ 308 Nr. 4), der Leistungszeit (§ 308 Nr. 1) oder des Preises (§ 309 Nr. 1) vorbehalten36. Die Klausel kann schließlich auch die Bedeutung eines nach § 309 Nr. 7 lit. b zu beurteilenden Haftungsausschlusses haben, so bei Bankauskunft „ohne Obligo“. 6 Selbstbelieferungsklauseln, z.B. „richtige und rechtzeitige Selbstbelieferung vorbehalten“: Der Verwender kann zurücktreten oder wird frei (auflösende Bedingung), wenn er von seinem Lieferanten im Stich gelassen wird, vorausgesetzt, dass er mit der gebotenen Sorgfalt ein kongruentes Deckungsgeschäft abge-

30 Zu den im kaufmännischen Geschäftsverkehr gebräuchlichen Leistungsvorbehalten vgl. MünchKommHGB/K. Schmidt § 346 HGB Rz. 61 ff.; zu den Klauseln im internationalen Handelsverkehr Liesecke WM Sonderbeil. Nr. 3/1978, S. 46. 31 Vgl. dazu BGH v. 15.11.2012 – IX ZR 169/11, ZIP 2013, 274 ff.; Jacoby ZIP 2014, 649 ff.; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 18. 32 BGH v. 8.3.1984 – VII ZR 177/82, NJW 1984, 1885 (1886). 33 RG Warn. 1923/24, Nr. 101; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 18; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 4. 34 BGH v. 8.3.1984 – VII ZR 177/82, NJW 1984, 1885 m.w.N.; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 19. 35 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 18; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 4. Auf Grund einer kundenfeindlichen Auslegung im Verbandsprozess – zu Unrecht – für Unwirksamkeit der folgenden Klausel OLG Düsseldorf EWiR § 9 AGBG 7/99, 577 (H.-W. Eckert): „Der Vertrag kommt durch Annahme zu Stande, es sei denn, der Verkäufer lehnt die Bestellung innerhalb von vier Wochen nach deren Eingang schriftlich ab“. 36 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 19.

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schlossen hatte37. Falls die Klausel nur die Einhaltung der Leistungszeit betrifft38, fällt sie unter § 308 Nr. 1. Vorratsklauseln, z.B. „solange Vorrat reicht“: Mit der Erschöpfung des dem Verwender zur Verfügung stehenden Vorrats erlischt seine Leistungspflicht, weiter reicht die „Gattung“ i.S.d. § 243 nicht39.

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Lieferfähigkeitsklauseln, z.B. Lieferfähigkeit, Liefermöglichkeit oder Erfüllungsmöglichkeit vorbehalten: Der Verwender wird nicht schon frei, wenn er von seinem Lieferanten im Stich gelassen wird, sondern muss alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um die Ware zu beschaffen40. Gelingt dies nicht, kann er vom Vertrag zurücktreten41.

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Schließlich finden sich verschiedenartige unter § 308 Nr. 3 fallende Leistungs- 9 vorbehalte des Verwenders für den Fall des Auftretens von Leistungshindernissen in der eigenen Sphäre, z.B. für Fälle höherer Gewalt, eines Arbeitskampfes, von „Betriebsstörungen“, Erkrankungen, Rohstoffmangel usw.42. Je nach Formulierung sehen derartige Klauseln die Rechtsfolge vor, dass der Verwender bei – evtl. auch nicht unverschuldeter – Leistungsunfähigkeit infolge des genannten Ereignisses von der Leistungspflicht frei wird oder ein Rücktrittsrecht hat. Andere Bedeutungen: Die Klausel stellt den Verwender nur von der Einhaltung der Leistungszeit frei (§ 308 Nr. 1) oder sie enthält eine unmittelbar nach § 309 Nr. 7 lit. b und Nr. 8 lit. a zu beurteilende Freizeichnung.

IV. Unwirksamkeitsgründe 1. Fehlende Angabe des Grundes Eine Klausel, die einen Rücktrittsvorbehalt oder eine andere Befreiungsregelung zu Gunsten des Verwenders vorsieht, ist von vornherein unwirksam, wenn der Grund, aus dem sich der Verwender von der Leistungspflicht lossagen kann, nicht im Vertrag angegeben ist43. „Im Vertrag“ ist so zu verstehen, dass der Grund in der Lösungsklausel anzugeben ist oder in einem erkennbaren räumlichen Zusammenhang mit ihr44. Nur bei verständlicher und genauer Angabe im Vertrag kann der Kunde sich auf den Grad der Ungewissheit und auf sein Risiko genügend 37 BGH v. 6.3.1968 – VIII ZR 221/65, BGHZ 49, 388 (393); BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1321); BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (857); BGH v. 14.11.1984 – VIII ZR 283/83, NJW 1985, 738; BGH v. 22.3.1995 – VIII ZR 98/94, DB 1995, 1557 (1558). 38 BGH v. 19.3.1957 – VIII ZR 74/56, BGHZ 24, 39 (40); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 3, 17, 22. 39 MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 4; Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 3 AGBG Rz. 47. 40 BGH v. 24.6.1958 – VIII ZR 52/57, NJW 1958, 1628 (1629); Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 3 AGBG Rz. 45. 41 OLG München v. 12.10.1983 – 7 U 1805/83, WM 1985, 362 (363). 42 Z.B. BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320; BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855; OLG Koblenz v. 25.2.1983 – 2 U 506/82, WM 1983, 1272; OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304. 43 Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 26; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 5; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 6; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 18. 44 Vgl. Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 26; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 26.

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einstellen; dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten des typischen Kundenkreises an, der ohne Schwierigkeiten feststellen können muss, unter welchen Voraussetzungen sich der Verwender vom Vertrag lösen kann45. Unwirksam ist daher der Vorbehalt, ohne Grund (aus jedem Grund) vom Vertrag zurückzutreten46, die versprochene Leistung nicht zu erbringen47 oder einen Auftrag (unter Wegfall der Vergütungspflicht) zu streichen48. Auch die Formulierung „aus sachlich gerechtfertigtem Grund“ genügt nicht49; entsprechendes gilt für das Abstellen auf „zwingende Gründe“50. Die Angabe des Grundes muss hinreichend bestimmt sein (Konkretisierungserfordernis, siehe auch § 307 Rz. 338 ff.)51. Die Klauseln Rz. 6–9, die nach der Verkehrssitte bestimmte Befreiungsgründe angeben, dürften diesem Erfordernis noch genügen, laufen aber bei Verträgen mit Verbrauchern Gefahr, bei nicht genauer eingeschränkter Formulierung am Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung zu scheitern (Rz. 12). Völlig unbestimmt sind allgemein gehaltene „Betriebsstörungs“-Vorbehalte (Rz. 9)52, allerdings dürfen die Anforderungen an deren Formulierung auch nicht überspannt werden53; hinreichend bestimmt sind Klauseln, die auf Betriebsstörungen wegen höherer Gewalt, Streik oder Rohstoffmangel abstellen54. Der Vorbehalt des Rücktritts wegen nachträglicher Bedenken gegen die Kreditwürdigkeit des Vertragspartners ist unwirksam, wenn der Rücktrittsgrund nicht bestimmt genug formuliert ist, so z.B. mit der Wendung, dass der Verwender zurücktreten kann, wenn über die 45 So auch – auf die Verständnismöglichkeiten des „Durchschnittskunden“ abstellend – BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (541); BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1321); Stoffels Rz. 777; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 26; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 17; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 86–88; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 5. 46 Z.B. „Freibleibend“ oder ähnlich, Rz. 5; freies „Absagerecht“ im Reisevertrag; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 5; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 27; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 26. 47 BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (296) = NJW 1983, 1322; Recht zur Flugabsage, „wenn die Umstände es erfordern“, in den Beförderungsbedingungen der Lufthansa. 48 OLG München v. 3.11.1983 – 6 U 1390/83, BB 1984, 1386 (1387). 49 Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 89; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 26 m.w. N. 50 So zutr. OLG Köln v. 28.2.1997 – 19 U 194/95, NJW-RR 1998, 926; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 89; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 6; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 26. 51 Ein Rücktrittvorbehalt für den Fall, dass „durch wesentliche Änderung der bei Vertragsabschluss bestehenden Verhältnisse das Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar ist“, scheitert daher bereits an der nicht ausreichend konkretisierten Angabe des Rücktrittsgrundes, siehe OLG Koblenz v. 25.2.1983 – 2 U 506/82, WM 1983, 1272. Für wirksam gehalten hat LG Bamberg v. 12.4.2011 – 1 O 218/10, BeckRS 2011, 21455 folgende Klausel: „Ist die Durchführung einer Reise nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten für uns deshalb nicht mehr zumutbar, weil das Buchungsaufkommen für die Reise so gering ist, dass die uns entstehenden Kosten, bezogen auf diese Reise, nicht gedeckt sind, sind wir berechtigt, die Reise bis zu vier Wochen vor Reisebeginn abzusagen.“; zust. Wolf/ Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 90 – 94. Krit. zu derartigen Klauseln MünchKomm/ Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 9. 52 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1321); OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304 (1305); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 89; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 6; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 26. 53 So auch Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 17. 54 So zutr. OLG Koblenz v. 14.4.1989 – 2 U 1874/87, NJW-RR 1989, 1459 (1460); Wolf/ Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 90–94; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 5; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 17.

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Vermögensverhältnisse oder die Kreditwürdigkeit des Vertragspartners „im Nachhinein ungünstige Umstände bekannt werden“55 (siehe auch Rz. 15). Ein allgemeiner Rücktrittsvorbehalt, wie er gelegentlich nicht zu umgehen sein mag, muss individuell vereinbart werden.

2. Fehlen eines sachlich gerechtfertigten Grundes Der angegebene Grund muss den Befreiungsvorbehalt „sachlich rechtfertigen“. 11 Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass die versprochene Leistung erbracht werden muss und den Verwender die Haftung für Pflichtverletzungen trifft. Es ist die Ausnahme56, dass der Kunde eine Befreiungsklausel, die diesem dem Verwender obliegenden Vertragsrisiko vorbeugt, als angemessen hinnehmen muss. Eine solche Ausnahme ist anzunehmen, wenn auch für den Vertragspartner erkennbar bestimmte für die Vertragsabwicklung wesentliche Umstände sich ohne Einflussmöglichkeit des Verwenders so entwickeln können, dass für den Verwender die Leistung unmöglich oder unzumutbar erschwert wird und er deshalb ein berechtigtes, nach Treu und Glauben auch von dem Vertragspartner zu respektierendes Interesse hat, für diesen Fall sich von der Leistungspflicht zu befreien57. Die sachliche Rechtfertigung des Rücktrittsvorbehalts ist ferner zu bejahen für in der Sphäre des Kunden liegende Gründe, die dem Verwender das Festhalten am Vertrag unzumutbar machen, vorausgesetzt, dass § 309 Nr. 4 nicht umgangen wird; Näheres siehe Rz. 14. Bei den Leistungsvorbehalten aus Gründen, die in der Sphäre des Verwenders liegen, hängt die sachliche Rechtfertigung davon ab, wie weit das Lösungsrecht eine vom Gesetz abweichende Risikoverlagerung zu Gunsten des Verwenders bewirkt58. Regelmäßig kann ein Rücktrittsvorbehalt nicht auf schon bei Vertragsschluss erkennbare Gründe erstreckt werden59. Wer Leistungen gegenüber Verbrauchern anbietet, ohne Belieferungs- oder Herstellungsschwierigkeiten erkennbar zu machen, kann im Allgemeinen kein Lösungsrecht rechtfertigen. Die bei Rz. 5–9 beschriebenen kaufmännischen Klauseln sind, namentlich in der unter Kaufleuten üblichen Formulierung, für den Verkehr mit Verbrauchern grundsätzlich ungeeignet60. Das gilt auch für einen Selbstbelieferungsvorbehalt, der nicht klar zum Ausdruck bringt, dass nur eine vom Verwender nicht zu vertre55 OLG Karlsruhe v. 8.4.1981 – 1 U 60/80, WRP 1981, 477; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 26; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 89; a.A. OLG Koblenz v. 13.3.1981 – 2 U 244/80, ZIP 1981, 509 (512). 56 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 12. 57 Ähnl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 24; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 6; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 12. Vgl. als Beispiel aus der Rechtsprechung LG Hamburg v. 20.10.2009 – 312 O 173/09, NJOZ 2010, 1985 (1986 f.), zum Rücktrittsvorbehalt beim Vertrag über die Vermittlung einer Gastfamilie für einen Gastschulaufenthalt; zust. Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 90–94. 58 Stoffels Rz. 783; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 18, 22; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 12 ff.; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 24 ff. 59 BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (541); BGH v. 10.12.1986 – VIII ZR 349/85, BGHZ 99, 182 (193) = ZIP 1987, 297; LG Frankfurt/M. v. 11.5.2011 – 3-8 O 140/10, BeckRS 2011, 20152, zu nachträglich erkannten Fehlern im Angebot; Stoffels Rz. 778; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 18; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 18; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 6; einschränk. BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 9; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 30. 60 Vgl. Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 24.

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tende Nichtbelieferung durch den Vorlieferanten jenen zum Rücktritt berechtigt61; vgl. zum Selbstbelieferungsvorbehalt auch § 308 Nr. 8 Rz. 4. In gleicher Weise bilden allgemeine Leistungshindernisse in der Verwendersphäre (Rz. 9) keinen sachlich gerechtfertigten Grund62, erst recht nicht eine „erhebliche Verteuerung“63 oder eine „wesentliche Änderung der bei Vertragsabschluss bestehenden Verhältnisse“64. Gleiches gilt für Rücktrittsgründe, die der Verwender zu vertreten hat65. Auch für den Fall des Arbeitskampfes ist regelmäßig kein Rücktrittsvorbehalt gerechtfertigt, weil das Leistungshindernis ein vorübergehendes ist66; siehe dazu auch Teil 2, (3) Arbeitskampfklauseln, Streikklauseln Rz. 5. Auch in anderen Fällen, etwa Betriebsstörungen aufgrund höherer Gewalt oder Rohstoffmangel, ist ein Rücktritt sachlich nicht gerechtfertigt, wenn nur vorübergehende Leistungshindernisse vorliegen. Klauseln, die dem durch eine entsprechende Formulierung nicht Rechnung tragen, sind insgesamt unwirksam67. 13

Zum Rücktritts- und Kündigungsvorbehalt des Verwenders im Reisevertrag wird auf Teil 2, (37) Reiseverträge Rz. 8 verwiesen.

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Auch bei der Bewertung der in der Sphäre des Vertragspartners des Verwenders liegenden Rücktrittsgründe hat sich in der Rechtsprechung eine strenge und restriktive Betrachtungsweise durchgesetzt. Verzug des Vertragspartners mit der geschuldeten Zahlung oder sonstigen Leistung ist im Hinblick auf §§ 323, 309 Nr. 4 kein ausreichender Rücktrittsgrund68. Das trifft erst recht zu, wenn das

61 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (358 f.); BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1321); BGH v. 14.11.1984 – VIII ZR 283/83, NJW 1985, 738 – auch zu den Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs – und BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (857); OLG Hamm v. 18.9.2012 – I-4 U 105/12, BeckRS 2012, 25508; OLG Koblenz v. 25.2.1983 – 2 U 506/82, WM 1983, 1272; OLG Koblenz v. 19.2.1993 – 2 U 527/91, NJW-RR 1993, 1078 (1079); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 8; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 29; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 23. Einschränk. Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 48; Derleder NJW 2011,115. 62 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1321); OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304 (1305); OLG Koblenz v. 25.2.1983 – 2 U 506/82, WM 1983, 1272 (1274); LG Hamburg v. 5.9.2003 – 324 O 224/03, MMR 2004, 190 (191 f.) („Nichtlieferbarkeit des bestellten Artikels“). 63 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1321); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 9. 64 OLG Koblenz v. 25.2.1983 – 2 U 506/82, WM 1983, 1272 (1275). 65 BGH v. 29.10.2008 – VIII ZR 258/07, NJW 2009, 575 (576); BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 23, 26; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 22; einschränk. Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 29, 32 ff., für Fälle, in denen Schadensersatzansprüche des Kunden unberührt bleiben. 66 BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (857); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 51–59; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 7; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 24; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 25. 67 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 (1321); OLG Koblenz v. 14.4.1989 – 2 U 1874/87, NJW-RR 1989, 1459 (1460); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 46; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 23 f.; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 7. 68 BGH v. 17.1.1990 – VIII ZR 292/88, BGHZ 110, 88 (97 f.) = NJW 1990, 2065 (Einkaufsbedingungen im kaufmännischen Geschäftsverkehr); OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304 (1306); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 65–69. Vgl. auch OLG Frankfurt v. 8.9.2011 – 16 U 43/11, NJW-RR 2012, 51: keine wirksame Befreiung von der Pflicht zur Flugbeförderung, wenn der Kunde beim Einchecken die Kreditkarte nicht vorlegen kann.

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Rcktrittsvorbehalt

§ 308 Nr. 3 BGB

Rücktrittsrecht am Verzug des Vertragspartners bei der Abwicklung eines anderen Vertragsverhältnisses anknüpft69. Was die Verletzung sonstiger Vertragspflichten durch den Vertragspartner betrifft, wurde entschieden, dass z.B. die Verletzung der Obhuts- und Anzeigepflichten des Vorbehaltskäufers70 sowie eines wirksam vereinbarten Weiterverkaufsverbots71 ausreichende Rücktrittsgründe darstellen. Diese Entscheidungen setzen sich ungenügend mit § 309 Nr. 4 auseinander; regelmäßig hängt in derartigen Fällen das Rücktrittsrecht nicht nur von einer schwerwiegenden Gefährdung des Vertragszwecks72, sondern auch von vorheriger Nachfristsetzung ab (§§ 323, 324). Von beiden Voraussetzungen kann der Verwender durch einen vorformulierten Rücktrittsvorbehalt nicht freigestellt werden73. Es empfiehlt sich, in der Klausel wenigstens die Setzung einer angemessenen Nachfrist vorzuschalten, soweit der Vertragspartner seinen Verstoß noch revidieren kann. Für Reparaturverträge kann bestimmt werden, dass der Unternehmer frei wird (und das bereits empfangene – verhältnismäßig geringe – Entgelt behalten kann), wenn der Besteller die reparierte Sache binnen geräumiger Frist nach dem zugesagten Abholdatum noch nicht abgeholt hat74. Eine Regelung der Rechte des Verwenders bei Fehlen oder Wegfall der Kredit- 15 würdigkeit oder Zahlungsfähigkeit des Vertragspartners muss sich möglichst nahe an §§ 321, 323 halten75. Das in § 321 vorgesehene Leistungsverweigerungsrecht des vorleistungspflichtigen Verwenders erfasst auch den Fall der nachträglichen Kenntnis der – schon bei Vertragsschluss bestehenden, aber erst danach erkennbar gewordenen76 – Kreditunwürdigkeit; Klauseln, die diesen Fall regeln, sind daher nicht zu beanstanden. Kreditunwürdigkeit und Zahlungsunfähigkeit stellen jedoch für sich gesehen noch keine Rücktrittsgründe dar. Hat der Verwender noch nicht erfüllt, dann kann ein Rücktrittsrecht nur vorgesehen werden für den Fall, dass der Vertragspartner trotz Aufforderung zur Leistung Zug um Zug oder zur Sicherheitsleistung nicht bereit ist77. Hat der Verwender bereits geliefert, kann der Rücktritt vom Vertrag von keinen geringeren Voraussetzungen als denen des § 323 abhängen78. Falsche (unrichtige oder unvollständige) 69 Vgl. BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 188/83, NJW 1985, 1220 (1221) (kaufmännischer Geschäftsverkehr!). 70 BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (325). 71 BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, ZIP 1981, 1338 (1341). 72 Ähnl. MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 11; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 17; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 13. 73 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 16 f.; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 12; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 19. 74 BGH v. 19.11.1991 – X ZR 28/90, NJW 1992, 1628 (1629) (Schlüsseldienst). 75 Vgl. BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (298 f.) (Teilzahlungskauf); BGH v. 8.10.1990 – VIII ZR 247/89, NJW 1991, 102 (104) (Leasingvertrag); BGH v. 26.5.1988 – III ZR 115/87, NJW-RR 1988, 1449 (Darlehensvertrag); BGH v. 7.12.1983 – VIII ZR 257/82, NJW 1984, 871 (872) (Leasingvertrag); jeweils zu Klauseln, die der Sache nach auf eine wesentliche Vermögensverschlechterung beim Kunden abstellen, die eine Gefährdung des Anspruchs des Verwenders auf die Gegenleistung zur Folge hat; BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 188/83, NJW 1985, 1220 (1221); siehe auch OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304 (1305 f.); Stoffels Rz. 782; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 80; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 12; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 20. Großzügiger BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 18. 76 Darauf zu Recht hinweisend Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 79. Vgl. auch BGH v. 11.12.2009 – V ZR 217/08, NJW 2010, 1272 (Tz. 15 a.E.). 77 Vgl. Palandt/Grüneberg § 321 BGB Rz. 9. 78 OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304 (1306); OLG Düsseldorf v. 12.4.1984 – 6 U 144/83, ZIP 1984, 719 (721) zu § 326 a.F.

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§ 308 Nr. 3 BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

Angaben über die Person des Vertragspartners werden als Rücktrittsgrund missbilligt, wenn jede, auch den Vertragszweck nicht erheblich gefährdende Falschangabe zum Rücktritt des Verwenders führen kann79. Der verbreitete Rücktrittsvorbehalt für den Fall falscher Angaben über die Vermögensverhältnisse oder Kreditwürdigkeit des Vertragspartners ist ebenfalls nur wirksam, wenn er sich deutlich auf für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit bedeutungsvolle Tatsachen beschränkt80.

3. Unwirksamkeit 16

Der Vorbehalt ist unwirksam, wenn auch nur eine der beiden Voraussetzungen (sachlich gerechtfertigter und im Vertrag angegebener Grund, siehe Rz. 10 ff.) nicht erfüllt ist. Fehlt von mehreren inhaltlich trennbaren und einzeln aus sich heraus verständlich angegebenen Rücktrittsgründen einem einzelnen die sachliche Rechtfertigung, dann bleibt der Rücktrittsvorbehalt aus den anderen Gründen wirksam81 (§ 306 Rz. 12). Im Falle der Unwirksamkeit der Klausel bleibt der Verwender ungeachtet der Ausübung des vorbehaltenen Rechts leistungspflichtig. Macht der Verwender von dem unwirksamen Vorbehalt Gebrauch, dann kann darin eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung zu sehen sein. Mitunter können Befreiungsklauseln zu den überraschenden Klauseln zählen und werden dann – auch bei Verträgen mit Unternehmern – gemäß § 305c Abs. 1 nicht Vertragsbestandteil. In der Literatur82 wird die Auffassung vertreten, dass Befreiungsklauseln grundsätzlich der Individualabrede widersprechen, weil die kraft Individualabrede eingegangene Leistungsverpflichtung ausgehöhlt wird. Letzteres trifft zwar zu, jedoch löst die Vertragszweckgefährdung nach der Systematik des Gesetzes die Inhaltskontrolle aus (§ 307 Abs. 2 Nr. 2). Unangemessene Nebenbedingungen – wie z.B. ein nach § 308 Nr. 3 verbotener Rücktrittsvorbehalt – können im Allgemeinen nicht schon unter dem Gesichtspunkt des Vorranges der individuellen Vertragsabrede ausgeschaltet werden.

V. Nichtverfügbarkeit der Leistung als Lösungsrecht (§ 308 Nr. 8) 16a

Bei Lösungsrechten, die auf die Nichtverfügbarkeit der Leistung abstellen (dazu § 308 Nr. 8 Rz. 4), ist es neben den in § 308 Nr. 3 genannten Wirksamkeitsvoraussetzungen nach § 308 Nr. 8 weiterhin erforderlich, dass sich der Verwender verpflichtet, den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und Gegenleistungen des Vertragspartner unverzüglich zu erstatten; siehe dazu im Einzelnen § 308 Nr. 8 Rz. 3 ff. Die Wirksamkeitsvoraussetzungen von § 308 Nr. 3 und § 308 Nr. 8 müssen kumulativ vorliegen (§ 308 Nr. 8

79 BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (325); BGH v. 3.6.1985 – VIII ZR 150/84, NJW 1985, 2271 (2272); OLG Frankfurt v. 26.5.1983 – 6 U 109/82, ZIP 1983, 1213 (1218). 80 BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (325) einerseits (Wirksamkeit bejahend) und BGH v. 3.6.1985 – VIII ZR 150/84, NJW 1985, 2271 (2272) andererseits (Wirksamkeit verneinend); ferner OLG Hamm v. 30.3.1983 – 14 W 10/83, BB 1983, 1304 (1306). 81 Vgl. BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 214/80, ZIP 1981, 1338 (1341); BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 (325). 82 Schmidt-Salzer AGB 1977 Rz. E 11 zu Nr. 11; Staudinger/Schlosser § 305b BGB Rz. 5.

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Rcktrittsvorbehalt

§ 308 Nr. 3 BGB

Rz. 3). Das betrifft vor allem Selbstbelieferungsvorbehalte und Vorratsklauseln (§ 308 Nr. 8 Rz. 4). Ist die Klausel jedenfalls nach § 308 Nr. 8 unwirksam, kommt es auf die Unwirksamkeit nach § 308 Nr. 3 nicht mehr an (vgl. § 308 Nr. 8 Rz. 3).

VI. Keine Geltung für Dauerschuldverhältnisse § 308 Nr. 3 gilt gemäß Halbs. 2 der Vorschrift nicht für Dauerschuldverhältnisse83, zu denen z.B. auch Versicherungs-, Darlehens- und Geschäftsbesorgungsverträge gerechnet werden84. „ Unechte“ Sukzessivlieferungsverträge – „Bezugsverträge“, bei denen die Liefermenge nicht von vornherein feststeht85 – und Wiederkehrschuldverhältnisse stehen Dauerschuldverhältnissen gleich86. In diesen Vertragsverhältnissen kann also vorgeschrieben werden, dass dem Verwender ohne besonderen Grund ein ordentliches oder aus bestimmtem Grund ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht. Eine solche Bestimmung unterliegt allerdings der Inhaltskontrolle nach § 307. Diese betrifft beim ordentlichen Kündigungsrecht namentlich die Kündigungsfrist, beim außerordentlichen Kündigungsrecht den Kündigungsgrund87. Ein Lösungsrecht des Verwenders für die Zeit vor Beginn der Vertragsabwicklung fällt aber in den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 388. Verträge, bei denen ein Leistungsgegenstand in Teilen oder Raten zu liefern – „echte“ Sukzessivlieferungsverträge, bei denen die Liefermenge von vornherein feststeht89 – oder herzustellen ist, sind keine Dauerschuldverhältnisse und fallen daher in den Verbotsbereich90. Ebenfalls keine Dauerschuldverhältnisse sind auf den Abschluss von solchen gerichtete Vorverträge91 (vgl. auch Rz. 1). 83 Nach einer Entscheidung des BGH zu § 10 Nr. 3 AGBG soll die Ausnahme für Dauerschuldverhältnisse bei einem Vertrag von nur „kurzzeitiger“ Dauer nicht eingreifen, weil sie hier „ohne Bedeutung“ sei, vgl. BGH v. 10.12.1986 – VIII ZR 394/85, BGHZ 99, 182 (193) = NJW 1987, 831, zur eintägigen Vermietung einer Stadthalle für eine Veranstaltung. Dem kann man angesichts der sehr kurzen, nur eintägigen Vertragsdauer im Ergebnis zustimmen, sollte aber diese „Ausnahme von der Ausnahme“ restriktiv handhaben. Für Anwendbarkeit von § 308 Nr. 3 bei Dauerschuldverhältnissen, die „in kurzer Zeit abzuwickeln“ sind, BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 35. A.A. und für Geltung der Ausnahmeregelung für Dauerschuldverhältnisse auch bei solchen von geringer oder kurzer Dauer Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 6. 84 Vgl. weitere Beispiele bei Palandt/Grüneberg § 314 BGB Rz. 5. Zum Dispositionskredit vgl. OLG Köln v. 22.1.1999 – 6 U 70/98, WM 1999, 1004 (1005). 85 Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 5. 86 Für (unechte) Sukzessivlieferungsverträge allg. M. Zu Wiederkehrschuldverhältnissen vgl. Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 7/5422 S. 7. Vgl. weiterhin MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 13; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 27; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 5, der aber die Rechtsfigur des Wiederkehrschuldverhältnisses für überholt hält. 87 Vgl. BGH v. 29.7.2004 – III ZR 293/03, NJW-RR 2004, 1498; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 27. 88 BGH v. 29.10.2008 – VIII ZR 258/07, NJW 2009, 575 (576); BGH v. 10.12.1986 – VIII ZR 349/85, BGHZ 99, 182 (193) = NJW 1987, 831; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 27; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 29; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 10. 89 Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 8. 90 Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 8; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 29; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 21; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 35; a.A. Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 3 AGBG Rz. 71. 91 Vgl. BAG v. 27.7.2005 – 7 AZR 488/04, NZA 2006, 539 (541); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 3.

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§ 308 Nr. 3 BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

VII. Verträge mit Unternehmern 18

§ 308 Nr. 3 findet bei Verträgen mit Unternehmern (vgl. dazu auch § 310 Rz. 25 ff.) zwar keine Anwendung (§ 310 Abs. 1). Auch hier muss aber das Lösungsrecht vom Vertrag auf einen sachlich gerechtfertigten Grund abstellen92. Bei der Beurteilung der sachlichen Rechtfertigung ist den Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs Rechnung zu tragen93. Die handelsüblichen Liefervorbehalte (Rz. 5 ff.) sind daher nicht zu beanstanden, soweit der Vorbehalt eine übliche und interessengemäße Risikoabsicherung zu Gunsten des Verwenders verkörpert. Letzteres gilt z.B. für Selbstbelieferungs94- und Lieferfähigkeitsklauseln95, die gegebenenfalls auch in der üblichen, relativ unbestimmten Fassung zu billigen sind, weil ihre Bedeutung kraft Handelsbrauchs (§ 346 HGB) feststeht. Ein Leistungs- oder Rücktrittsvorbehalt ohne Angabe eines ausreichend bestimmten Grundes in der Klausel ist gemäß § 307 Abs. 1, 2 Nr. 2 zu missbilligen96. Allerdings ist den gesteigerten Verständnismöglichkeiten von Unternehmern ebenso Rechnung zu tragen wie einer eingebürgerten Auslegung einer handelsüblichen Klausel97. Die zusätzlichen Wirksamkeitserfordernisse des § 308 Nr. 8 (dazu Rz. 1a, 16a) für Klauseln, die – wie Selbstbelieferungsvorbehalte und Lieferfähigkeitsklauseln – ein Lösungsrecht vom Vertrag im Fall der Nichtverfügbarkeit der Leistung vorsehen, gelten gemäß § 310 Abs. 1 nicht bei Verträgen mit Unternehmern. Es ist auch sachlich nicht gerechtfertigt, die Wertungsmaßstäbe des § 308 Nr. 8 allgemein bei der Inhaltskontrolle nach § 307 heranzuziehen98 (§ 308 Nr. 8 Rz. 8).

92 Vgl. BGH v. 29.10.2008 – VIII ZR 258/07, NJW 2009, 575 (576); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 29; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 32; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 112; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 15; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 39; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 29; siehe auch BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 188/83, NJW 1985, 1220 (1221) mit strenger Beurteilung über das Gesetz zu Gunsten des Verwenders hinausgehender Vorbehalte. Allgemein für eine Indizwirkung der Klauselverbote von § 308 bei der Inhaltskontrolle im Unternehmerverkehr nach § 307 BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 32). 93 Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 110; BeckOK/Becker § 308 Nr. 3 BGB Rz. 39. 94 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (359, 361); BGH v. 14.11.1984 – VIII ZR 283/83, NJW 1985, 738; OLG Stuttgart v. 16.2.2011 – 3 U 136/10, NJW-RR 2011, 1419 (1421); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 113; Salger WM 1985, 625. 95 OLG München v. 12.10.1983 – 7 U 1805/83, WM 1985, 362 (363); Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 113. 96 Ebenso MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 3 BGB Rz. 15; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 114. 97 Vgl. zur Wirksamkeit der handelsüblichen Selbstbelieferungsvorbehalte – z.B. „Richtige und rechtzeitige Selbstbelieferung vorbehalten“– BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (361); BGH v. 14.11.1984 – VIII ZR 283/83, NJW 1985, 738; Stoffels Rz. 787; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 3 BGB Rz. 33; Wolf/Dammann § 308 Nr. 3 BGB Rz. 114. Enger Derleder NJW 2011, 115 (117): Auch im Unternehmerverkehr ist ein Selbstbelieferungsvorbehalt nur wirksam, „wenn er ausdrücklich die vom Anbieter zu vertretenden Hindernisse für Lieferungen des Vorlieferanten ausnimmt“. 98 So ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung zu § 10 Nr. 8 AGBG, BT-Drucks. 14/2658 S. 51.

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§ 308 Nr. 4 BGB

nderungsvorbehalt

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 4 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 4. (Änderungsvorbehalt) die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist; I. Zweck und Reichweite des Klauselverbots . . . . . . . . . . . . . .

1

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 1. Richtlinienregelung . . . . . . . . . .

3a

2. Inhalt der Regelung . . . . . . . . . .

3b

3. Bedeutung für § 308 Nr. 4 . . . . . .

3c

III. Klauseltypen im Anwendungsbereich des § 308 Nr. 4 1. Vorbehalt der Änderung oder Abweichung . . . . . . . . . . . . . . .

4

2. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

3. Zumutbarkeit, Beweislast a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . .

9 10

4. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

11

IV. Verträge mit Unternehmern . . . .

12

I. Zweck und Reichweite des Klauselverbots § 308 Nr. 4 stimmt mit dem früheren § 10 Nr. 4 AGBG überein. Mit Ausnahme der in § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 genannten Verträge erstreckt sich der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 4 auf alle Arten von Verträgen, bei denen der Vertragspartner („Kunde“) des AGB-Verwenders weder Unternehmer noch dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 1). Im Anschluss an § 308 Nr. 3 (Rücktrittsvorbehalte) betrifft § 308 Nr. 4 die in der AGB-Praxis häufig und in vielfältigen Ausgestaltungen vorkommenden Leistungsänderungsvorbehalte. Zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs von § 308 Nr. 3 und § 308 Nr. 4 vgl. § 308 Nr. 3 Rz. 3a; Klauseln, nach denen sich der Verwender vollständig von seiner Leistungspflicht lösen kann, werden nicht von § 308 Nr. 4 erfasst1. § 308 Nr. 4 findet auch bei Dauerschuldverhältnissen Anwendung2. Bei Änderungsvorbehalten, die nicht unter § 308 Nr. 4 fallen, ist eine Inhaltskontrolle nach § 307 nicht ausgeschlossen3 (vgl. auch Rz. 4). Beide Klauseltypen von § 308 Nr. 4 begrenzen das Vertrags- und Haftungsrisiko des Verwenders für den

1 Vgl. BGH v. 10.2.2015 – XI ZR 187/13, NJW-RR 2015, 885 (Tz. 33 f.). 2 Allg. M., vgl. nur Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 4. Zu Änderungsvorbehalten in Arbeitsverträgen vgl. Anh. § 310 Rz. 61 ff.; Clemenz/Kreft/Krause/Brühler AGB-Arbeitsrecht, 2013, § 308 BGB Rz. 21 ff.; zum öffentlich-rechtlichen Chefarztvertrag vgl. VGH Mannheim v. 15.10.2010 – 9 S 1935/10, BeckRS 2010, 55352. 3 Vgl. BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2203) zur Bedingungsanpassungsklausel in den AGB eines Internet-Providers; BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153 (157) zur Bedingungsanpassungsklausel in Versicherungsbedingungen (zu § 9 AGBG).

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§ 308 Nr. 4 BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

Fall, dass er die im Vertrag versprochene Leistung nicht erbringen kann oder will (vgl. § 308 Nr. 3 Rz. 1 ff.). § 308 Nr. 4 schützt den Vertragspartner vor der Aushöhlung seines Rechts, vom Verwender (genau) die versprochene Leistung verlangen und gegebenenfalls Ansprüche wegen Pflichtverletzung geltend machen oder die Bezahlung verweigern zu können4. Die Vorschrift erfasst nur die Leistung des Verwenders betreffende Änderungsvorbehalte (Rz. 4). Unangemessene Änderungsvorbehalte sind für den Kunden noch gefährlicher als Rücktrittsvorbehalte und sonstige Befreiungsklauseln, weil er die geänderte Leistung annehmen und bezahlen muss, ohne – je nach der Art der Pflichtverletzung – vom Verwender Gewährleistung oder Schadensersatz verlangen oder vom Vertrag zurücktreten zu können5. Andererseits kann in manchen Fällen und gewissen Grenzen ein Leistungsänderungsvorbehalt unvermeidlich sein. 1a Voraussetzung für die Anwendung von § 308 Nr. 4 ist es, dass eine Vertragsbedingung i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 vorliegt. Das ist nicht der Fall bei Hinweisen in Produktkatalogen mit dem Inhalt, dass „Änderungen und Irrtümer vorbehalten“ bleiben und „Abbildungen ähnlich“ gelten; denn bei Produktkatalogen handelt es sich nur um Werbemaßnahmen, mit denen potentielle Kunden zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden sollen6; zum möglichen Eingreifen des Umgehungsverbots von § 306a siehe § 306a Rz. 5, 6a. § 308 Nr. 4 ist weiterhin nur bei einseitigen Änderungsbefugnissen des Verwenders anwendbar. Änderungsvorbehalte, die eine Leistungsänderung von einer Zustimmung des Kunden oder von einem unterbliebenen Widerspruch – „Zustimmungsfiktion“ – abhängig machen, unterfallen daher nicht der Vorschrift7; sie unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 und – im Fall der Zustimmungsfiktion – nach § 308 Nr. 5 (vgl. § 308 Nr. 5 Rz. 7). Als (verdeckte) Änderungsvorbehalte, die ebenfalls dem Anwendungsbereich von § 308 Nr. 4 unterliegen (Rz. 4), werden in Rechtsprechung und Literatur auch Vollmachtsklauseln angesehen, die den Verwender zu einer Änderung des Vertrages oder einer Teilungserklärung bevollmächtigen8. Aus rechtsgeschäftlicher Perspektive liegt allerdings eine einseitige Änderungsbefugnis des Verwenders nicht vor, da der Verwender aufgrund der Vollmacht die Änderung im Namen des Kunden vornimmt. Die Inhaltskontrolle erfolgt bei derartigen Vollmachtsklauseln daher nicht nach § 308 Nr. 4, sondern nach § 3079. Dabei sind aber die Wertungskriterien von § 308 Nr. 4 zu berücksichtigen10.

4 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 31. 5 BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, MDR 2009, 1122. 6 BGH v. 4.2.2009 – VIII ZR 32/08, NJW 2009, 1337 (1338) (auch für Zeitungsannoncen); OLG Hamm v. 29.11.2007 – 17 U 91/07, WM 2008, 499 (500); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 13; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6; Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 3; a.A. Grunewald in FS von Westphalen, 2010, S. 229 (236). Zum Internethandel vgl. BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 284/04, NJW 2005, 3567 (3568). 7 BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2205); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 14; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6. 8 LG Nürnberg-Fürth v. 29.7.2009 – 14 S 1895/09, MittBayNot 2010, 132 (133); eine Überprüfung nach § 308 Nr. 4 nimmt auch vor OLG München v. 7.11.2012 – 34 Wx 208/12, NJW-RR 2013, 389 (390). Aus der Literatur vgl. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 24. 9 So zu Recht Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 21. 10 Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 21.

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nderungsvorbehalt

§ 308 Nr. 4 BGB

Die Vereinbarkeit einer Klausel mit § 308 Nr. 4 schließt eine Inhaltskontrolle nach § 307 nicht aus11; vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 9 f. Zur Anwendung der Klauselverbote des § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. Rz. 4a ff. und § 308 Nr. 1 Rz. 3.

1b

Das Klauselverbot – allgemein zur Entstehungsgeschichte der AGB-rechtlichen Bestimmungen vgl. Einl. Rz. 16 ff. – war schon in allen Entwürfen zum AGBG, auch in dem der CDU/CSU12, vorgesehen. Einem Vorschlag des Bundesrats entsprechend wurde gegenüber dem RegE zum AGBG die Vorschrift so gefasst, dass der Verwender die Beweislast für die Zumutbarkeit des Vorbehalts trägt, wie bereits im Teilbericht I vorgeschlagen worden war. Die ursprünglich in § 10 Nr. 4 AGBG enthaltene Vorschrift ist mit dem SMG (vgl. dazu Einl. Rz. 28 ff.) unverändert in § 308 Nr. 4 übernommen worden.

2

Nur das Bewirken der geschuldeten Leistung hat Erfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1). Was und wie viel der Verwender schuldet, ergibt sich aus dem Vertrag, der seinerseits nur durch Vertrag geändert werden kann (§ 311 Abs. 1). Schon gemäß § 242 muss allerdings der Kunde unter besonderen Umständen eine unerhebliche Änderung der versprochenen Leistung hinnehmen13. Eine andere als die geschuldete Leistung braucht der Kunde nicht anzunehmen. Eine – gemessen am Vertrag – mangelhafte Leistung kann die in § 437 vorgesehenen Ansprüche bzw. Rechte auslösen, eine aliud-Leistung den Vertragspartner berechtigen, Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten. Ein in den AGB enthaltener wirksamer Änderungsvorbehalt verpflichtet im Rahmen der Abrede den Kunden zur Annahme der geänderten oder abweichenden Leistung, versieht diese mit Erfüllungswirkung, schließt Ansprüche wegen Pflichtverletzung aus und entfaltet daher eine mittelbare Freizeichnungswirkung.

3

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 1. Richtlinienregelung Anhang. Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass j) der Gewerbetreibende die Vertragsklauseln einseitig ohne triftigen und im Vertrag aufgeführten Grund ändern kann; k) der Gewerbetreibende die Merkmale des zu liefernden Erzeugnisses oder der zu erbringenden Dienstleistung einseitig ohne triftigen Grund ändern kann;

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2. Inhalt der Regelung Zum Hinweischarakter des Klauselanhangs der Richtlinie14 – vgl. zur Klauselrichtlinie auch Einl. Rz. 91 ff. – sowie zur Frage einer richtlinienkonformen Aus11 BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1940). 12 § 9 Nr. 1 AGBG: Striktes Verbot für den Fall einer erheblichen Leistungsänderung oder -abweichung. 13 Vgl. MünchKomm/Roth/Schubert § 242 BGB Rz. 179 ff.; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 12, 29. 14 RL 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff.

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legung von § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. zunächst § 308 Nr. 1 Rz. 5. Eine einseitige Änderung des Vertragsinhalts durch den Gewerbetreibenden (Verwender) macht lit. j – in den durch Nr. 2 lit. b und lit. c des Klauselanhangs der Richtlinie gezogenen Grenzen – vom Vorliegen eines triftigen Grundes und von dessen Angabe im Vertrag abhängig. Ob sich die im lit. k erfassten Leistungsänderungsvorbehalte auch bereits unter lit. j einordnen lassen15, kann dahinstehen. Lit. k enthält insoweit jedenfalls eine Sonderregelung16; der autonom auszulegende Begriff der Dienstleistung umfasst dabei auch Werkverträge. Unzulässig ist der Leistungsänderungsvorbehalt, wenn er Änderungen ohne triftigen Grund ermöglicht.

3. Bedeutung für § 308 Nr. 4 3c Lit. k des Klauselanhangs der Richtlinie geht in seinem Schutzumfang nicht über § 308 Nr. 4 hinaus17. Eine richtlinienkonforme Auslegung ist daher insoweit nicht erforderlich. Die Feststellung des triftigen Grundes erfordert eine Interessenabwägung, wie sie auch im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung nach § 308 Nr. 4 vorzunehmen ist (Rz. 9); Wertungsunterschiede bestehen insoweit nicht. Bestehen für den Änderungsvorbehalt auf Seiten des Verwenders schon keine triftigen Gründe, so fehlt es jedenfalls auch an der Zumutbarkeit i.S.v. § 308 Nr. 418. Da lit. k eine Sonderregelung bildet (Rz. 3b), können Leistungsänderungsvorbehalte nicht auch noch an lit. j des Klauselanhangs der Richtlinie gemessen werden19. Insoweit stellt sich daher auch nicht die Frage einer richtlinienkonformen Auslegung von § 308 Nr. 4. Die Unwirksamkeit von Vertragsänderungsklauseln i.S.v. lit. j ohne Vorliegen eines triftigen Grundes und dessen Angabe im Vertrag ergibt sich aus § 30720, ohne dass eine richtlinienkonforme Auslegung von § 307 erforderlich wäre21.

III. Klauseltypen im Anwendungsbereich des § 308 Nr. 4 1. Vorbehalt der Änderung oder Abweichung 4 Mit Leistungsänderung ist eine andere Beschaffenheit oder Menge der versprochenen Leistung gemeint, mit Abweichung von der versprochenen22 Leistung ei15 Dafür Wolf/Pfeiffer Anhang RL Rz. 83. 16 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 38; Palandt/Grüneberg § 310 BGB Rz. 38; Wolf/Pfeiffer Anhang RL Rz. 85; diff. MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 2. 17 So auch OLG Hamm v. 5.2.2003 – 31 U 101/02, WM 2003, 1169 (1172); Stoffels Rz. 799; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 38; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 10; Eckert WM 1993, 1076; für Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung von § 308 Nr. 4 Wolf/Pfeiffer Anhang RL Rz. 99. 18 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (362); Wolf/Pfeiffer Anhang RL Rz. 99; Palandt/Grüneberg § 310 BGB Rz. 39. 19 OLG Hamm v. 5.2.2003 – 31 U 101/02, WM 2003, 1169 (1172); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 38. A.A. Stoffels Rz. 799; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 3; Bunte DB 1996, 1390. 20 Palandt/Grüneberg § 310 BGB Rz. 38. 21 Dafür Bunte DB 1996, 1390. 22 Daran fehlt es bei einem klar und verständlich formulierten arbeitsrechtlichen Freiwilligkeitsvorbehalt, der einen Anspruch auf eine jährlich gezahlte Sonderleistung für die Zukunft ausschließt, vgl. BAG v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, NZA 2012, 81 (Tz. 20), al-

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nderungsvorbehalt

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ne andere Leistung überhaupt23. Beides geht ineinander über; für die Anwendung von § 308 Nr. 4 ist eine Abgrenzung der Tatbestände der Änderung und der Abweichung nicht erforderlich, da die Vorschrift beide Fälle gleich behandelt. Gegenstand des Änderungsvorbehalts muss die Leistung des Verwenders sein24; Kundenleistungen betreffende Änderungsvorbehalte können aber, soweit sie nicht ohnehin § 309 Nr. 1 unterfallen, nach § 307 kontrolliert werden25 (vgl. aber auch noch Rz. 8). Der Vorbehalt findet sich häufig in verdeckter Form als Gewährleistungsausschluss26 (dann gilt zugleich § 309 Nr. 8 lit. b aa)27 oder als Irrtumsklausel28; zur fehlenden Kontrollfähigkeit von Irrtumsklauseln in Produktkatalogen siehe aber Rz. 1a. Zu Vollmachtsklauseln vgl. Rz. 1a. Die „versprochene Leistung“ kann auch eine vom Verwender geschuldete Geldleistung sein; zu Zinsanpassungsklauseln bei Spareinlagen vgl. Rz. 10b29. Der Änderungsvorbehalt kann alle möglichen Leistungsmerkmale (z.B. Sacheigenschaften, Menge, Herkunft, Qualität, Material, Zahlungsart) betreffen. Der Gesetzestext („Änderung der versprochenen Leistung“) gebietet nicht die Beschränkung des Klauselverbots auf die Hauptleistung, denn auch Nebenpflichten und die Leistungsund Erfüllungsmodalitäten wie z.B. Leistungszeit und Leistungsort30 gehören

23 24

25

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lerdings Bedenken unter dem Gesichtspunkt von § 307 und § 305b äußernd, vgl. BAG NZA 2012, 81 (Tz. 31 ff.); BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 289/08, NJW 2009, 2619 (2620); BAG v. 30.7.2008 – 10 AZR 606/07, ZIP 2008, 1839 (1840); zur Abgrenzung vgl. BAG v. 10.12.2008 – 10 AZR 1/08, BB 2009, 1136. Zust. Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6b. „Leistung eines aliud“; vgl. BGH v. 10.2.2015 – XI ZR 187/13, NJW-RR 2015, 885 (Tz. 33); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 1. Stoffels Rz. 792; BeckOK/Becker § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 32; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 4, 6; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6a. So auch BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NJW 2011, 329 (Tz. 21); BAG v. 13.6.2007 – 5 AZR 564/06, NJW 2008, 780 (781); BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, NJW 2006, 3303 (3305); OLG Köln v. 13.7.1998 – 16 U 2/98, ZIP 1999, 21 (22); offen gelassen von OLG Düsseldorf v. 22.11.2001 – 6 U 29/01, NJW 2002, 447 (448); a.A. – auch Leistungen des Kunden einbeziehend – Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 2, 5. Vgl. z.B. zu arbeitsrechtlichen Versetzungsklauseln BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, NJW 2011, 329 (Tz. 26); BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, NJW 2006, 3303 (3305); zur „Arbeit auf Abruf“ vgl. BAG v. 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423 (427); zu Zinsanpassungsklauseln im Kreditgeschäft BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2053). Die Verzinsung von Sparguthaben des Kunden betrifft demgegenüber eine Leistung des Verwenders (Bank), so dass hier auf Zinsänderungsklauseln § 308 Nr. 4 anwendbar ist, vgl. BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 211/07, WM 2008, 1493; LG Düsseldorf v. 23.11.2005 – 12 0 45/05, WM 2006, 570 (571); AG Koblenz v. 15.6.2007 – 161 C 3970/06, WM 2007, 2057. Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 31; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 24; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5. Z.B. „Kleine Abweichungen in Farbe, Modellform, Stoff oder Verarbeitung berechtigen nicht zur Reklamation“. BGH v. 18.1.1989 – VIII ZR 142/88, NJW-RR 1989, 625 (626). „Bei Irrtümern ist der Verkäufer berechtigt, diese zu berichtigen“; vgl. Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 24; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 21. Vgl. als weiteres Beispiel OLG München v. 6.2.2008 – 7 U 3993/07, NJW-RR 2009, 458: Provisionskürzungsklausel für Kfz-Versicherungsvertreter. Vgl. z.B. LG Berlin AGBE V Nr. 20: Berechtigung der Schulleitung zum Wechsel der Ausbildungsräume; OLG Hamm v. 16.12.1991 – 17 U 109/91, NJW-RR 1992, 444 (445) (Verlegung von Sportcenter-Räumen); OLG Frankfurt v. 20.1.2000 – 1 U 207/98, NJW-RR 2001, 914 (Verlegung der Unterrichtsräume einer Sportschule); OLG Frankfurt v. 28.2.2013 – 16 U 86/12, NJW-RR 2013, 829 (830) (Leistungszeit).

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zum Inhalt des Leistungsversprechens31. Auch der Vorbehalt von Teilleistungen (vgl. dazu Rz. 10a) kann einen Änderungsvorbehalt darstellen, wenn nach dem Vertrag die Leistung vollständig zu erbringen ist (§ 266)32. Es muss aber jeweils um Leistungen des Verwenders gehen33. Daher erfolgt die Inhaltskontrolle von Änderungsvorbehalten, die die Änderung von AGB betreffen, nicht nach § 308 Nr. 4, sondern nach § 30734. Jedoch ist § 308 Nr. 4 anwendbar, wenn in den AGB auch Leistungspflichten geregelt sind und der Änderungsvorbehalt auch derartige Klauseln erfasst35. Soll der Änderungsvorbehalt für die Änderung sämtlicher AGB gelten und erfasst er deshalb auch Klauseln mit Leistungspflichten des Verwenders, so kann er bereits aus diesem Grund unwirksam nach § 308 Nr. 4 sein36. Der wirksame Änderungsvorbehalt gewährt dem Verwender ein Leistungsbestimmungsrecht (§ 307 Rz. 176 ff.), das er gemäß § 315 nach billigem Ermessen ausüben muss. Stets zu prüfen ist freilich, ob der Vorbehalt nicht bereits wegen Widerspruchs mit der vorrangigen Individualabrede gemäß § 305b ausscheidet37. Nicht unmittelbar unter § 308 Nr. 4 fällt die früher verbreitete und vom BGH38 nach § 9 AGBG für unwirksam erklärte formularmäßige Alternativklausel („Fakultativklausel“) in bankgeschäftlichen Überweisungsvordrucken, wonach die Bank angewiesen wird, die Überweisung fakultativ auf „ein anderes Konto des Empfängers“ als das vom Auftraggeber angegebene vorzunehmen39.

2. Beispiele 5 In AGB zu Warenlieferverträgen fallen in den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 4 z.B. Klauseln über Mengen-, Gewichts- und Qualitätstoleranzen40; Quanti-

31 Vgl. BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, NJW-RR 2009, 1641 (Tz. 24): „Umstände der Leistungserbringung“; Stoffels Rz. 795; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 31; Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 7, 9; BeckOK/Becker § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6; a.M. Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 4 AGBG Rz. 7: Regelungen der Erfüllungsmodalitäten können nicht Gegenstand einer Änderungsbefugnis i.S.v. § 10 Nr. 4 AGBG (jetzt § 308 Nr. 4) sein. 32 OLG Stuttgart v. 25.10.2012 – 2 U 45/12, BeckRS 2013, 19014; OLG Stuttgart v. 6.5.1994 – 2 U 275/93, NJW-RR 1995, 116; OLG Stuttgart v. 22.3.1996 – 2 U 226/95, BeckRS 1996, 02883; Stoffels Rz. 795; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 32; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5. Für Anwendung von § 9 AGBG (jetzt § 307) OLG Koblenz v. 19.2.1993 – 2 U 527/91, NJW-RR 1993, 1078 (1079). 33 BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, WM 1999, 1367 (1368); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6. 34 BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153 (154) (zu § 9 AGBG); BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2203); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 32; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Änderungsvorbehalt) Rz. 5. Gegen die Möglichkeit, AGB mittels eines Änderungsvorbehalts zu ändern, und eine erneute Einbeziehung verlangend Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5. 35 So zu Recht Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 24; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Änderungsvorbehalt) Rz. 5. 36 Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6. Auch in einem solchen Fall für die Inhaltskontrolle nach der Generalklausel BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153 (157), zu § 9 AGBG (heute § 307); BeckOK/Becker § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5 („pragmatische“ Verfahrensweise). 37 Dazu ausführlich Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 4 AGBG Rz. 5. 38 BGH v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 (29) = NJW 1986, 2428. 39 BGH v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 (29) = NJW 1986, 2428. 40 Dazu BGH WM 1971, 217.

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tätsangabe „freibleibend“ oder „annähernd“; „Modellwechsel“, „Konstruktionsänderungen“ oder „technische Änderungen“ vorbehalten41; Lieferung einer „gleichwertigen Ersatzware“ oder des „Nachfolgemodells“ vorbehalten (im Versandhandel)42; über bestimmte Leistungsmerkmale „unverbindlich“ oder „annähernd“; Circa-Klauseln43. Häufig kommen Änderungsvorbehalte im Möbelhandel vor, meist in der Form, 6 dass „Abweichungen“ in bestimmten Eigenschaften (Farbe, Struktur, Maserung, Abmessungen) gegenüber dem Ausstellungsstück oder früheren Lieferungen vorbehalten bleiben, entweder allgemein oder mit quantitativen Einschränkungen („geringe“ oder „handelsübliche“ Abweichungen)44; siehe dazu auch Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 22. Mit der Bestimmung, dass serienmäßig hergestellte Möbel „nach Modell“ verkauft werden, also nicht die Lieferung des besichtigten „Ausstellungsstücks“ verlangt werden kann, behält es sich der Verwender vor, ein von ihm zu bestimmendes Stück mittlerer Art und Güte aus der dem „Modell“ entsprechenden Gattung zu liefern (§§ 243 BGB, 360 HGB). Bereits darin kann ein Änderungsvorbehalt liegen, wenn der Kunde, der oft nicht weiß oder sich keine Gedanken darüber macht, dass die ausgewählte Ware nur ein Modell aus einer Serie ist, die Lieferung eines bestimmten ausgewählten Stücks erwarten kann (§ 157)45. In Bauverträgen46 sowie Kaufverträgen über Fertigbauten oder Wohnungseigentum wird formularmäßig vorgeschrieben, dass Abweichungen und Änderungen gegenüber der Baubeschreibung vorbehalten bleiben, z.B. „wenn sie durch behördliche Auflagen verlangt werden oder aus technischen Gründen erforderlich sind“, mitunter mit der Einschränkung: „soweit sie den Wert des Kaufgegenstandes nicht wesentlich verändern“.

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In den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 4 fällt auch ein in Reparaturbedingun- 8 gen enthaltener Vorbehalt des Unternehmers, über den erteilten Auftrag hinaus „notwendige“ Zusatzarbeiten auszuführen47. Mit Recht wendet LG Konstanz48 den § 308 Nr. 4 auch auf die Klausel in einem Bauvertragsformular an, wonach der als Verwender auftretende Auftraggeber berechtigt sein soll, „aus irgendwelchen Gründen“ das Bauvorhaben oder den Auftrag nachträglich zu verkleinern oder stillzulegen (mit entsprechender Auswirkung auf den vereinbarten Preis). Dadurch bleibt zwar, was die Bauausführung betrifft, nicht die Änderung der „versprochenen Leistung“, sondern der vereinbarten Vergütung vorbehalten; die Anwendung des § 308 Nr. 4 ist jedoch angezeigt, weil sich dieser Änderungsvor-

41 Z.B. LG Düsseldorf AGBE V Nr. 19, Verkaufsbedingungen eines Einzelhandelsunternehmens für Einrichtungsgegenstände; vgl. auch KG v. 9.11.2007 – 5 W 304/07, ZIP 2008, 1831. 42 BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 284/04, WM 2005, 2250 (2251). 43 MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 20. 44 Aus der reichhaltigen Rechtsprechung BGH v. 11.3.1987 – VIII ZR 203/86, NJW 1987, 1886; OLG Düsseldorf v. 12.1.1984 – 6 U 81/83, WM 1984, 540; OLG Köln v. 20.6.1984 – 6 U 273/83, NJW 1985, 501; LG Dortmund AGBE V Nr. 18. 45 Ebenso Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 21. 46 Zu Änderungsvorbehalten im Bauträgervertrag vgl. Hildebrandt/Schäfer ZfIR 2006, 81 ff. 47 BGH v. 14.7.1987 – X ZR 38/86, BGHZ 101, 307 (311) = NJW 1987, 2818. 48 LG Konstanz v. 19.12.1980 – 3 O 170/80, BB 1981, 1420 (1422).

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

behalt über den Preis auf das eigene Leistungsversprechen des Verwenders auswirkt49. Daher liegt in diesem Fall auch nur bei einer vordergründigen Betrachtungsweise ein von § 308 Nr. 4 nicht erfasster (Rz. 4), auf die Leistung des Kunden bezogener Änderungsvorbehalt vor. Ein Vorbehalt in Maklerbedingungen, dass das vermittelte Objekt von den vorgegebenen Daten abweichen darf, fällt nicht unter § 308 Nr. 450. Nicht von § 308 Nr. 4 erfasst werden einseitige Leistungsbestimmungsrechte i.S.d. §§ 315 ff., nach denen der Verwender erstmalig die Leistung festlegt51. Anderes gilt für Leistungsbestimmungsrechte, die Folgeänderungen einer bei Vertragsschluss festgelegten Leistung abdecken sollen52.

3. Zumutbarkeit, Beweislast a) Grundsatz 9 Klauseln, die zu Gunsten des Verwenders einen Änderungs- oder Abweichungsvorbehalt vorschreiben, sind regelmäßig unwirksam. Diese Unwirksamkeitsvermutung kann der Verwender entkräften durch die Darlegung der Zumutbarkeit für den anderen Vertragsteil53. Als Richtlinie für die Bewertung der Zumutbarkeit, die auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu erfolgen hat54, kann gelten: Auszugehen ist vom Interesse des Kunden an der versprochenen Leistung; das gilt insbesondere für den Inhalt und Umfang der Hauptleistung55. Der Verwender muss ein erhebliches Interesse darlegen, die versprochene Leistung ändern oder von ihr abweichen zu dürfen. Grundsätzlich ist das Interesse nur beachtlich, wenn und soweit die Änderung oder Abweichung für einen vertragstreuen Leistungsschuldner im Hinblick auf die Besonderheit des Leistungsgegenstands oder auf sonstige Umstände unvermeidlich56 ist („Grundsatz der Erfor-

49 Ähnlich Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 5; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6a. 50 LG Berlin v. 29.1.1981 – 26 O 446/80, ZIP 1981, 1087 (1088). 51 BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149 (153 f.); BAG v. 16.1.2013 – 10 AZR 26/12, NJW 2013, 1020 (Tz. 17); BAG v. 29.8.2012 – 10 AZR 385/11, NZA 2013, 148 (Tz. 32); BAG v. 14.11.2012 – 10 AZR 783/11, DB 2013, 346 (Tz. 34); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 16. 52 BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149 (154); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 16. 53 BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, WM 2008, 308 (311); BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149 (154); Stoffels Rz. 796. 54 Vgl. BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 (Tz. 39); BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 284/04, NJW 2005, 3567 (3569); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 22 ff.; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 7; BeckOK/Becker § 308 Nr. 4 BGB Rz. 15. 55 Zu Recht hält der BGH einen darauf gerichteten Änderungsvorbehalt für den Kunden für „besonders nachteilig“; vgl. BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, MDR 2009, 1122; BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, WM 2008, 308 (311). 56 Vgl. BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, MDR 2009, 1122 (zur nachträglichen Korrektur offensichtlicher Irrtümer in Produktbedingungen); ähnlich Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 24: „nicht zu vermeidende Unsicherheiten“. Zur Bedingungsanpassungsklausel im Versicherungsvertrag vgl. BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153 (155): Ein Änderungsvorbehalt ist nur gerechtfertigt, „wenn durch unvorhersehbare Änderungen, die der Versicherer nicht veranlasst und auf die er keinen Einfluss hat, das bei Vertragsschluss vorhandene Äquivalenzverhältnis in nicht unbedeutendem Maße gestört wurde“.

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derlichkeit“ des Änderungsvorbehalts)57 oder den Vertragspartner besser stellt58 (z.B. technische Verbesserungen)59. Daher fehlt ein rechtfertigender Grund für einen Änderungsvorbehalt, wenn der Verwender bei ordnungsgemäßer Geschäftsführung die geänderte Leistung bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hätte vereinbaren können60. Unbeachtlich sind Gründe der Kalkulation und der Kostensteigerung auf der Seite des Verwenders61. Selbst bei Vorliegen eines beachtlichen Interesses des Verwenders62 ist die Änderung oder Abweichung für den Vertragspartner nicht zumutbar, wenn dadurch zu seinem Nachteil das Äquivalenzverhältnis der beiderseitigen Leistungen nicht nur ganz unwesentlich gestört würde63 oder der geänderte Leistungsgegenstand bei verständiger Würdigung dem Interesse des Vertragspartners unter Berücksichtigung der Dispositionsfreiheit desselben nicht entspricht. Maßgebend für die Interessenabwägung sind nicht die Umstände des konkreten Einzelfalles64, sondern eine typische Betrachtungsweise65; Bedeutung kann dabei auch die aus dem Vertragstyp resultierende Schutzbedürftigkeit des Kunden erlangen. So sieht z.B. der BGH den Kunden eines Vertrages über die Verschaffung eines Zugangs zum Internet

57 Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 24. 58 Vgl. auch BAG v. 9.11.2005 – 5 AZR 351/05, NJOZ 2006, 1760 (1762): Recht des Arbeitgebers zur Gehaltserhöhung „fällt nicht in den Schutzbereich des in § 308 Nr. 4 BGB geregelten Verbots“. 59 Großzügiger wohl BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, WM 2008, 308 (311); BGH v. 21.9.2005 – VIII 284/04, WM 2005, 2250 (2252): das Kundeninteresse überwiegendes oder zumindest gleichwertiges Interesse des Verwenders am Änderungsvorbehalt. Möglicherweise auch BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2203); BGH v. 23.6.2005 – VIII ZR 200/04, WM 2005, 2100 (2101); KG v. 4.10.2012 – 23 U 47/12, NJOZ 2013, 821: „triftige“ Gründe für den Änderungsvorbehalt, wobei dieser aus der Klauselrichtlinie (vgl. Rz. 3c) übernommene Begriff nicht hinreichend deutlich werden lässt, welche Anforderungen letztlich an den „triftigen“ Grund zu stellen sind (einleuchtend, schwerwiegend, zwingend?). BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149 (154); BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, ZIP 2005, 633 (634); Stoffels Rz. 797; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 33; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 25; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 24; zurückhaltender – gleichwertiges Interesse des Verwenders nicht ausreichend – BeckOK/Becker § 308 Nr. 4 BGB Rz. 25; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 7. 60 BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, MDR 2009, 1122; OLG Schleswig v. 7.8.2009 – 17 U 23/09, NJOZ 2010, 606 (609) (vermeidbarer Irrtum bei der Kaufpreisberechnung); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 7; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 7; BeckOK/Becker § 308 Nr. 4 BGB Rz. 28. 61 Stoffels Rz. 797; BeckOK/Becker § 308 Nr. 4 BGB Rz. 27; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 7; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 25–27; Soergel/U. Stein § 10 AGBG Rz. 41. 62 Sehr krit. zu Änderungsvorbehalten, die dem Verwender, der in einem einer außergewöhnlich hohen Veränderlichkeit unterliegendem Markt tätig ist, die Möglichkeit von Anpassungen an die Marktverhältnisse geben sollen, BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2204) (Internet-Provider); zust. von Westphalen NJW 2008, 2238. 63 Stoffels Rz. 797; BeckOK/Becker § 308 Nr. 4 BGB Rz. 33; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 7; im Grundsatz auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 24. Zurückhaltender – Änderung des Äquivalenzverhältnisses kann ein Indiz für die Unzumutbarkeit des Änderungsvorbehalts sein – BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, MDR 2009, 1122; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 7. 64 Unzutr. insoweit OLG Hamm v. 16.12.1991 – 17 U 109/91, NJW-RR 1992, 444 (445). 65 BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 (Tz. 39); Stoffels Rz. 797; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 7; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 33; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 24.

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und den Verkauf damit zusammenhängender Produkte hinsichtlich eines Änderungsvorbehalts nicht in gleichem Maße als schutzwürdig an wie den Kunden eines Versicherungsvertrages66. Für die inhaltliche Überprüfung des Änderungsvorbehalts ist die Reichweite der Klausel maßgeblich; ob der Verwender im konkreten Fall von der Klausel auch tatsächlich einen unangemessenen Gebrauch macht, ist unerheblich67 (§ 306 Rz. 14). 9a Der Änderungsvorbehalt muss in der Klausel in einer Art und Weise konkretisiert werden, die es dem Kunden ermöglicht, Art und Umfang der Änderung der Leistung in einem gewissen Maß kalkulieren zu können68. Eine zu weit gefasste Klausel läuft Gefahr, insgesamt als unwirksam beurteilt zu werden69. Unwirksam sind daher insbesondere unbeschränkte Änderungsvorbehalte70, wie z.B. 66 Vgl. BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2203). 67 Vgl. BAG v. 22.7.2010 – 6 AZR 847/07, NZA 2011, 634 (Tz. 18); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 22, 33. 68 Vgl. BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, NJW-RR 2009, 1641 (Tz. 24); BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (Tz. 21); BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 284/04, NJW 2005, 3567 (3569); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 4 BGB Rz. 8; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 33; BeckOK/Becker § 308 Nr. 4 BGB Rz. 16. Ähnlich BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/09, NZA-RR 2010, 457 (459): Der Sachgrund für den Widerruf einer Dienstwagenüberlassung muss „in einer Art und Weise konkretisiert werden, die für den Arbeitnehmer deutlich macht, was gegebenenfalls auf ihn zukommt“ und der Arbeitnehmer müsse erkennen können, „unter welchen Voraussetzungen er mit einem Widerruf rechnen muss“. 69 BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 (Tz. 40): Änderungsvorbehalt für Flugzeiten in AGB für Pauschalreiseverträge; BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, MDR 2009, 1122: Änderungsvorbehalt in Emissionsbedingungen; BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, WM 2008, 308 (311): Änderungsvorbehalt für das Programmangebot in AGB für das Bezahlfernsehen für Änderungen „zum Vorteil“ des Kunden; BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2204): Änderungsvorbehalt in AGB über die Verschaffung des Zugangs zum Internet und den Verkauf damit zusammenhängender Produkte; BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 284/04, WM 2005, 2250 (2252): Lieferung gleichwertiger Ersatzware im Versandhandel; BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, WM 2005, 2100 (2101): Änderungsvorbehalt hinsichtlich der Baubeschreibung beim Bauträgervertrag; BGHZ 158, 149 (154 f.); BGH v. 10.7.2008 – XI ZR 211/07, WM 2008, 1493: Zinsanpassungsklausel bei Spareinlagen; BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153 (158); BGH v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, NJW 1998, 454 (456): Änderungsvorbehalt in Versicherungsbedingungen; BAG v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05, NJW 2007, 536 (538); BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, ZIP 2005, 633 (635): Widerrufsvorbehalt für übertarifliche Lohnbestandteile im Formulararbeitsvertrag; BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (294) = NJW 1983, 1322: Vorbehalt des Rechts, einen Flug abzusagen oder zu ändern, „wenn die Umstände es erfordern“, in den Beförderungsbedingungen einer Fluggesellschaft; OLG München v. 6.2.2008 – 7 U 3993/07, NJW-RR 2009, 458 (460): Provisionskürzungsklausel für Kfz-Versicherungsvertreter; OLG Düsseldorf v. 27.9.2012 – I-6 U 11/12, MMR 2013, 300 (301): Änderungsvorbehalt betreffend Bandbreite des geschuldeten Internetanschlusses; OLG Frankfurt v. 20.1.2000 – 1 U 207/98, NJW-RR 2001, 914 (915): Verlegung des Unterrichtsorts einer Sportschule „im Bedarfsfall“; LG Dortmund v. 3.9.2004 – 8 O 151/04, BeckRS 2007, 09202: Anpassung des Lieferinhalts und Umfangs einer zu liefernden Heizungsanlage, wenn die baulichen Verhältnisse des zu beheizenden Objekts es erfordern. 70 Vgl. als Beispiele BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 (Tz. 40): Klausel über voraussetzungslose Abweichungen von Flugterminen für Pauschalreisen; BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, NJW 2004, 1588 (1589): unbeschränkte Zinsänderungsklausel beim Sparvertrag; BAG v. 19.12.2006 – 9 AZR 294/06, NZA 2007, 809 (811): Jederzeitige Widerrufbarkeit der Privatnutzung eines Dienstwagens; BAG v. 12.1.2005 – 5 AZR 364/04, NJW 2005, 1820 (1822): unbeschränkter Widerrufsvorbehalt für übertarifliche Lohnbestandteile; LG Nürnberg-Fürth v. 29.7.2008 – 7 O 10969/07, BeckRS 2009 07003:

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„Änderungen vorbehalten“. Der bloße Vorbehalt zumutbarer Änderungen ohne weitere Konkretisierung reicht nicht aus71. Gleiches gilt für eine Klausel, die eine Änderung in einem „angemessenen Umfang“ zulässt72 oder „wenn sachliche Gründe dies erfordern“73 oder aus „wichtigem Grund“74. Nicht hinreichend konkret sind auch ein auf „zwingende betriebliche Gründe“ abstellender Änderungsvorbehalt75, ein Vorbehalt von Änderungen, die für den Kunden von Vorteil sind76, oder der Vorbehalt, ein in Qualität und Preis gleichwertiges Produkt liefern zu dürfen, wenn das bestellte Produkt nicht verfügbar ist77. Je geringer die Änderung oder Abweichung das Interesse des Vertragspartners beeinträchtigt, desto eher greift das Interesse des Verwenders durch. Ohnehin sind geringfügige oder für den Vertragspartner günstige Abweichungen von der geschuldeten Leistung gerechtfertigt, die der Vertragspartner schon gemäß § 242 hinnehmen muss (Rz. 3). b) Einzelfälle Im Möbelhandel (vgl. dazu auch Rz. 10a) ist die Lieferung aus der Gattung zu- 10 mutbar (vgl. Rz. 6) und die Leistung einer Ware mittlerer Art und Güte vertragsgemäß, wenn der Vertragspartner die Ware nicht als besonders ausgesuchtes Einzelstück gekauft hat. Zumutbar sind geringe Farbtoleranzen (aber anders, wenn Kauf mit oder zu einem gleichfarbigen Möbelstück), regelmäßig nicht Materialänderungen und Abweichungen in Abmessungen und Form. Ein allgemein gehaltener Vorbehalt von „kleinen Abweichungen in Farbe und Ausführung“ ist unwirksam78. Zu Änderungsvorbehalten im Möbelhandel siehe auch Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 22. Die Einschränkung eines auf materialbedingte Strukturund Farbabweichungen beschränkten Änderungsvorbehalts auf „handelsübliche Abweichungen“ hat der BGH in einer älteren Entscheidung79 auch im nichtkaufmännischen Geschäftsverkehr für wirksam gehalten, ungeachtet der durch das Merkmal der Handelsüblichkeit – selbst wenn man darunter die Üblichkeit im Geschäftsverkehr des Einzelhändlers mit seinen Kunden versteht – bedingten Ungewissheit für die Kunden über das Ausmaß einer noch vertragsgemäßen

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„Änderungen des Programmablaufs vorbehalten“ betreffend Reiseprogramm beim Reiseveranstaltungsvertrag. BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, WM 2008, 308 (311); BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2203); BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (295); OLG Frankfurt v. 28.2.2013 – 16 U 86/12, NJW-RR 2013, 829 (830); allg. M. in der Lit., vgl. nur Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 34. So auch BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2203) unter Anwendung des Transparenzgebotes (§ 307 Abs. 1 Satz 2). KG v. 4.10.2012 – 23 U 47/12, NJOZ 2013, 821. Vgl. AG Emmendingen v. 24.6.2013 – 3 C 38/13, BeckRS 2013, 11223. Vgl. OLG Hamburg v. 26.3.1986 – 5 U 119/85, NJW-RR 1986, 1440. OLG Düsseldorf v. 2.5.2013 – I-6 U 123/12, BeckRS 2013, 09014; KG v. 4.10.2012 – 23 U 47/12, NJOZ 2013, 821; KG v. 28.5.1997 – Kart U 5068/96, NJW 1998, 829 (830); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 34. BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, WM 2008, 308 (311), zu auf das Programmangebot beim Bezahlfernsehen bezogenen Änderungsklauseln; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 28. LG Frankfurt v. 28.6.2006 – 2/2 O 404/05, MMR 2006, 831 (832). A.A. Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 29. BGH v. 11.3.1987 – VIII ZR 203/86, NJW 1987, 1886 (1887); a.A. OLG Köln v. 20.6.1984 – 6 U 273/83, WM 1984, 1323 (1324). Zur Abgrenzung gegenüber dem Gewährleistungsausschluss BGH v. 18.1.1989 – VIII ZR 142/88, NJW-RR 1989, 625 (626).

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Abweichung80; dazu § 307 Rz. 338 ff. Unwirksam ist ein Vorbehalt, an Stelle der bestellten Ware das „Nachfolgemodell“ zu liefern81 oder einen „qualitativ und preislich gleichwertigen Ersatzartikel“82. Bei Herstellung und Verkauf von Wohnungseigentum oder Fertigbauten sind baurechtlich oder technisch notwendige Änderungen zumutbar, soweit ein verständiger Erwerber die Änderung billigen würde83; unwirksam ist demgegenüber ein Änderungsvorbehalt, der Abweichungen von der Baubeschreibung durch „Änderungen der Bauausführung, der Material- bzw. Baustoffauswahl, soweit sie gleichwertig sind“, zulässt84. Den Auftragserweiterungsvorbehalt in den Kfz-Reparaturbedingungen 1982 hat der BGH wegen unangemessener Bevormundung der Auftraggeber für unwirksam erklärt85; vgl. auch Teil 2, (38) Reparaturverträge Rz. 3. Beim Reisevertrag kommt es u.a. auf Art und Ziel der Reise an. Eine Flugreise nach China kann weiter gehende Leistungsänderungen erfordern und zumutbar machen als eine Busreise in den Schwarzwald. Zum Leistungsänderungsvorbehalt des Reiseveranstalters wird im Übrigen auf Teil 2, (37) Reiseverträge Rz. 6 verwiesen. 10a

Teillieferungsklauseln (Rz. 4), die an Stelle einer einheitlichen Lieferung mehrere Lieferungen des aus mehreren Teilen bestehenden Leistungsgegenstandes innerhalb der Lieferfrist vorsehen, den Lieferumfang und die Lieferfrist also nicht abändern, sind wirksam, wenn dem Kunden eine Lieferung in Teilen und zeitlichen Abständen zugemutet werden kann. Diese Frage ist vor allem unter Berücksichtigung der Art des Leistungsgegenstandes und seiner typischen Verwendung durch den Kunden zu entscheiden. Im Möbelhandel fehlt die Zumutbarkeit im Regelfall, wenn Liefergegenstand eine Möbelgruppe mit zusammengehörenden Möbeln ist; anderes gilt für mehrere verschiedene, nicht zusammengehörende Möbel86. Klauseln, die insoweit nicht differenzieren, sind unwirksam. Soweit mit Teillieferungsklauseln über den zeitlichen Aspekt der Lieferabfolge hinaus auch die Rechtsfolgen eines Verzuges oder der Unmöglichkeit modifiziert und Kunden zur endgültigen Entgegennahme von Teillieferungen auch bei einem Verzug oder der Unmöglichkeit hinsichtlich der Restlieferung verpflichtet werden sollen87, ist im Regelfall von der Unwirksamkeit auszugehen88; anderes gilt nur dann, wenn dem Kunden die endgültige Lieferung nur von Teilen zugemutet werden

80 Die Wirksamkeit entsprechender Klauseln nach der neueren Rechtsprechung anzweifelnd Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 34. Für Wirksamkeit Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 29; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 4 BGB Rz. 6; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 25. 81 OLG Koblenz v. 13.3.1981 – 2 U 244/80, ZIP 1981, 509 (510 f.). 82 BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 284/04, WM 2005, 2250 (2252 f.) zum Versandhandel, mit der Feststellung, dass ein 14-tägiges Rückgaberecht für den Kunden der Unwirksamkeit der Klausel nicht entgegensteht; LG Frankfurt/M. v. 28.6.2006 – 2/2 O 404/05, MMR 2006, 831 (832). LG Dortmund v. 24.1.2014 – 10 O 42/13, BeckRS 2014, 16078 wendet insoweit allerdings unzutr. § 308 Nr. 3 an. 83 Einschränk. Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 4 AGBG Rz. 17: Änderungsvorbehalt nur zulässig für den Fall nicht vorhersehbarer behördlicher Auflagen. 84 BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 200/04, WM 2005, 2100 (2101); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 30. 85 BGH v. 14.7.1987 – X ZR 38/86, BGHZ 101, 307 (311) = NJW 1987, 2818. 86 OLG Stuttgart v. 25.10.2012 – 2 U 45/12, BeckRS 2013, 19014; OLG Koblenz v. 19.2.1993 – 2 U 527/91, NJW-RR 1993, 1078 (1079), im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG. 87 Vgl. hierzu OLG Stuttgart v. 6.5.1994 – 2 U 275/93, NJW-RR 1995, 116 f. 88 OLG Stuttgart v. 6.5.1994 – 2 U 275/93, NJW-RR 1995, 116 f.

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kann. Allerdings liegt es nahe, Teillieferungsklauseln nicht in diesem umfassenden Sinn auszulegen89. Für unwirksam werden in der Rechtsprechung Vertreterklauseln in ärztlichen Wahlleistungsverträgen (Chefarztbehandlung) jedenfalls dann angesehen, wenn sie auch für den Fall gelten sollen, in dem die Verhinderung des für die Behandlung vorgesehenen Arztes und damit ein Tätigwerden eines Vertreters für den Verwender bereits bei Vertragsabschluss vorhersehbar war90; vgl. zu Vertreterklauseln auch Teil 2, (28) Krankenhausverträge Rz. 3. Nach der Rechtsprechung des BGH sind Änderungsklauseln in Bedingungen für Bausparverträge von Bausparkassen auf Grund der erforderlichen behördlichen Genehmigung wirksam91. Unwirksam ist ein allgemein gehaltener Vorbehalt bei der Vermietung von Messestandplätzen, den vereinbarten Ausstellungsplatz zu ändern92. In Bedingungen von Sportcentern sind pauschale Änderungsvorbehalte hinsichtlich des Trainingsortes und des Trainingspersonals unwirksam93; vgl. dazu auch Teil 2, (45) Sportstudioverträge Rz. 3. In Allgemeinen Emissionsbedingungen ist ein auf die Produktbedingungen bezogener Änderungsvorbehalt jedenfalls dann unwirksam, wenn er auch die Berichtigung eines offensichtlichen Irrtums des Verwenders bei Festlegung der Produktbedingungen zulässt94. Unwirksam ist in AGB für das Bezahlfernsehen ein Vorbehalt, das Programmangebot zum Vorteil des Kunden zu ergänzen, zu erweitern oder in sonstiger Weise zu ändern95. In Verträgen über die Verschaffung des Zugangs zum Internet und den Verkauf damit zusammenhängender Produkte sind Änderungsvorbehalte, die auf die Zumutbarkeit der Änderung für den Kunden abstellen und im Übrigen die Voraussetzungen einer Leistungsänderung nicht näher bestimmen, unwirksam96. Unwirksam sind weiterhin uneingeschränkte Zinsanpassungsklauseln bei Spareinlagen97 (vgl. auch Teil 2, (65) Zinsanpassungsklauseln Rz. 41 ff.), uneingeschränkte Änderungsvorbehalte in Versicherungsbedingungen98 und zu weit reichende Änderungsvor-

89 A.A. OLG Stuttgart v. 6.5.1994 – 2 U 275/93, NJW-RR 1995, 116 auf Grund einer kundenfeindlichen Auslegung im abstrakten Kontrollverfahren nach § 13 AGBG. 90 BGH v. 20.12.2007 – III ZR 144/07, BGHZ 175, 76 (80) = NJW 2008, 987, auch zu weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen für den Änderungsvorbehalt (Bestimmung des ständigen ärztlichen Vertreters i.S.v. §§ 4 Abs. 2 Satz 3 und 4, 5 GOÄ als Vertreter und dessen namentliche Benennung). Vgl. weiterhin OLG Braunschweig v. 25.9.2013 – 1 U 24/12, BeckRS 2014, 01104; LG Heidelberg v. 21.12.2012 – 3 S 16/12, BeckRS 2013, 03709. 91 BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, NJW 1991, 2559 (2564). 92 OLG Köln v. 7.6.1990 – 1 U 56/89, NJW-RR 1990, 1232 (1233); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 30. 93 OLG Hamm v. 16.12.1991 – 17 U 109/91, NJW-RR 1992, 444 (445), das allerdings unzutr. die Frage der Zumutbarkeit von den konkreten Einzelfallumständen abhängig machen will. 94 BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, MDR 2009, 1122; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 30. Zu Änderungsvorbehalten in Zertifikatebedingungen vgl. Podewils ZHR 174 (2010), 201 ff. 95 BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, WM 2008, 308 (311). 96 BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2204). 97 BGH v. 21.12.2010 – XI ZR 52/08, WM 2011, 306 (307); BGH v. 13.4.2010 – XI ZR 197/09, WM 2010, 933 (934); BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149 (155 ff.); BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 211/07, WM 2008, 1493; OLG Köln v. 18.6.2014 – 13 U 27/06, BeckRS 2014, 12544; OLG Düsseldorf v. 20.7.2012 – I-16 U 149/08, BeckRS 2013, 09045; a.A. OLG Hamm v. 5.2.2003 – 31 U 101/02, WM 2003, 1169 (1172). 98 BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153 (154 ff.); BGH v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, NJW 1998, 454 (456).

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

behalte in Flugbeförderungsbedingungen für Flugtermine99, Zwischenlandepunkte, die Fluggesellschaft und das Fluggerät100. Zu Änderungsvorbehalten in Arbeitsverträgen siehe Anh. § 310 Rz. 61 ff. Zu sonstigen Änderungsvorbehalten ist auf die in Rz. 9 f. gegebene Richtlinie zu verweisen. Allgemein gehaltene Vorbehalte (Lieferung „gleichwertiger Ersatzware“; „Angaben unverbindlich“) sind dem Vertragspartner nicht zuzumuten (Rz. 9a).

4. Unwirksamkeit 11

Bei Unwirksamkeit der Klausel schuldet der Verwender die versprochene (obligationsmäßige) Leistung ohne Änderung oder Abweichung von dem Leistungsversprechen. Eine Leistung, die der geschuldeten nicht entspricht, kann der Vertragspartner zurückweisen oder – evtl. nach Vorbehalt bei der Annahme – Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen (Rz. 3). Obligationsmäßige Erfüllung muss der Verwender beweisen. Nach vorbehaltloser Annahme kehrt sich die Beweislast zum Nachteil des Kunden um (§ 363). Eine Teilunwirksamkeit ist nur möglich, wenn in der Klausel mehrere Änderungsvorbehalte ausformuliert sind, die teils wirksam, teils unwirksam sein können (vgl. § 306 Rz. 14). Ein zu weit gehender Änderungsvorbehalt kann nicht auf das für den Vertragspartner zumutbare Maß zurückgeführt werden.

IV. Verträge mit Unternehmern 12

Soweit Mengen-, Gewichts- und Qualitätstoleranzen nicht handelsüblich sind, sind auch in diesem Geschäftsbereich formularmäßige Änderungsvorbehalte wegen ihrer besonderen Gefährlichkeit (Rz. 1) gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 unwirksam, wenn die Änderung oder Abweichung dem Vertragspartner des Verwenders nicht aus besonderen Gründen zuzumuten ist; insoweit kommt der Grundgedanke von § 308 Nr. 4 auch bei der Inhaltskontrolle im Verkehr mit Unternehmern (vgl. dazu auch § 310 Rz. 25 ff.) nach § 307 zum Tragen101. Auf jeden Fall unangemessen ist auch bei Verträgen mit Unternehmern ein freies, an keine Vo-

99 Vgl. BGH v. 10.12.2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 (Tz. 40) (zur Abgrenzung vgl. BGH v. 16.9.2014 – X ZR 1/14, NJW 2014, 3721, und krit. dazu Hubert Schmidt NJW 2015, 1854 ff.); KG v. 4.10.2012 – 23 U 47/12, NJOZ 2013, 821; KG v. 6.8.2012 – 23 U 47/12, BeckRS 2012, 21950; OLG Frankfurt v. 28.2.2013 – 16 U 86/12, NJW-RR 2013, 829 (830); OLG Celle v. 7.2.2013 – 11 U 82/12, BeckRS 2013, 02821; AG Köln v. 23.11.2010 – 134 C 140/10, BeckRS 2011, 08696 (Vorbehalt der Verlegung eines für die Mittagszeit vorgesehenen Abfluges in die Nachtstunden); Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 30. 100 BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, NJW 1983, 1322 (1324 f.); OLG Köln v. 12.9.2003 – 6 U 29/03, BeckRS 2003, 09539; Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 30. 101 Allg. M., vgl. z.B. Wolf/Dammann § 308 Nr. 4 BGB Rz. 70; vgl. aus der Rechtsprechung BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, MDR 2009, 1122; BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (362); BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 (211); OLG München v. 6.2.2008 – 7 U 3993/07, NJW-RR 2009, 458 (460); OLG Köln v. 7.6.1990 – 1 U 56/89, NJW-RR 1990, 1232 (1233). Zum Konkretisierungsgebot vgl. BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (47). Allgemein für eine Indizwirkung der Klauselverbote von § 308 bei der Inhaltskontrolle im Unternehmerverkehr nach § 307 BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 32).

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§ 308 Nr. 5 BGB

Fingierte Erklrungen

raussetzungen gebundenes Änderungsrecht des Verwenders102. Zu Änderungsvorbehalten bei Vertragshändlerverträgen siehe Teil 2, (57) Vertragshändlerverträge Rz. 16 ff.

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 5 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 5. (Fingierte Erklärungen) eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass a) dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und b) der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen; I. Einleitung 1. Normzweck und Funktion . . . . .

1

2. Entstehung der Vorschrift . . . . . .

3

3. Gesetzliche Rechtslage . . . . . . . .

5

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . .

5b

III. Inhalt der Vorschrift 1. Erklärungsfiktionen . . . . . . . . . . 2. Eintritt der Fiktion bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung . . . . . . . .

6

8

3. Abgrenzung zu § 308 Nr. 6 und § 309 Nr. 12 . . . . . . . . . . . .

9

4. Mindestvoraussetzungen der Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . 10 a) Einräumung einer angemessenen Erklärungsfrist . . . . . . . . . . . 11 b) Hinweispflicht . . . . . . . . . . . 12 5. Anwendbarkeit von § 308 Nr. 5 bei VOB-Verträgen . . . . . . . . . .

13

6. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

14

IV. Verträge mit Unternehmern . . . .

15

Schrifttum: Nickel Die Erklärungsfiktion im Bürgerlichen Recht unter besonderer Berücksichtigung des § 10 Nr. 5 AGBG, 1997.

I. Einleitung 1. Normzweck und Funktion Mit Ausnahme der in § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 genannten Verträge erstreckt sich der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 5 auf alle Arten von Verträgen, bei denen der Vertragspartner („Kunde“) des AGB-Verwenders weder Unternehmer noch dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 1). Im Rahmen der Vertragsabwicklung können die Vertragspartner in viel102 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (362) = NJW 1994, 1060; BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 (211) = NJW 1984, 1182; BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 (47) = NJW 1985, 623 (Vertragshändlerverträge).

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

fältiger Weise durch die Abgabe oder Nichtabgabe ausdrücklicher oder konkludenter Erklärungen auf die Rechtslage einwirken oder eine mögliche Änderung der Rechtslage unterlassen. Im Übrigen kann sich ein bestimmtes Erklärungsverhalten aus den zahlreichen gesetzlichen Erklärungsfiktionen ergeben. So werden z.B. gemäß §§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2, 415 Abs. 2, 451 Abs. 1 Satz 2 Ablehnungen fingiert, wenn der zur Genehmigung Aufgeforderte schweigt. Nach §§ 416 Abs. 1, 455, 516 Abs. 2 BGB, §§ 362 Abs. 1, 377 Abs. 2 HGB, § 5 Abs. 1 VVG bedeutet Schweigen kraft gesetzlicher Fiktion Genehmigung, Billigung oder Annahme. In diesen und anderen gesetzlichen Fiktionsfällen (vgl. z.B. die Fiktionen einer Vergütungsabrede gemäß §§ 612, 632, 653, 689; Vertragsverlängerungsfiktionen nach § 625) wird auf Grund gesetzlicher Typisierung oder Wertung unwiderlegbar davon ausgegangen, dass derjenige, an dessen Verhalten die Fiktion anknüpft, sich eine entsprechende Erklärung zurechnen lassen muss. Abgesehen von der Deutung konkludenten Verhaltens als ein bestimmtes Erklärungsverhalten und von den gesetzlichen Erklärungsfiktionen ist jedoch das Unterlassen einer Handlung, insbesondere das Schweigen keine Erklärung und kann regelmäßig, vor allem im Geschäftsverkehr der Verbraucher, auch nicht als solche gedeutet werden oder Erklärungswirkung entfalten (Rz. 5). 2 Vorformulierte Regelungen, nach deren Bestimmung die Fiktion oder unwiderlegbare Vermutung hervorgerufen wird, dass der Vertragspartner – unabhängig von seinem wirklichen Erklärungsverhalten – eine Erklärung abgegeben oder nicht abgegeben habe, gehören zu den aus der Sicht des Kunden ausgesprochen gefährlichen Bestimmungen in AGB, zumal sich die fingierte Erklärung oder Nichterklärung gewöhnlich mit rechtlichen Nachteilen für den Kunden verbindet. Mit Rücksicht auf die Eigenarten im Massengeschäft der Versicherungen und Banken hat der Gesetzgeber Erklärungsfiktionen in AGB jedoch nicht generell verboten1, sondern ihre Wirksamkeit in § 308 Nr. 5 von der Einhaltung der in dieser Vorschrift aufgeführten materiellen und formalen Voraussetzungen abhängig gemacht. Die Einräumung einer angemessenen Erklärungsfrist (lit. a, vgl. Rz. 11) und die Hinweispflicht des Verwenders (lit. b, vgl. Rz. 12) sollen sicherstellen, dass dem Kunden die rechtliche Bedeutung eines bestimmten Verhaltens bewusst wird, er sich hierauf einstellen kann und ihm eine ausreichende Zeit für die Entscheidung über ein bestimmtes Verhalten, ggf. auch eine ausdrückliche Erklärung bleibt2. § 308 Nr. 5 enthält nur Mindestvoraussetzungen für wirksame Erklärungsfiktionen, schließt also die Inhaltskontrolle nach § 307 nicht aus; vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 9 f. Das gilt insbesondere auch für die von § 308 Nr. 5 nicht berührte Frage, ob die in der Fiktionsklausel vorgesehenen Wirkungen der fingierten Erklärung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden führen3 (Rz. 7). Zur Anwendung der Klauselverbote des § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 3. Zur Sonderregelung des § 675g für auf Änderungen von Zahlungsdiensterahmenverträgen bezogene Erklärungsfiktionen vgl. Rz. 5a. 1 Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/5422 S. 7 (zum AGBG). 2 BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (299); BGH v. 4.10.1984 – III ZR 119/83, NJW 1985, 617 (618); vgl. auch § 5 VVG, der unter ähnlichen Voraussetzungen eine Genehmigung vom Versicherungsantrag abweichender Regelungen im Versicherungsschein durch den Versicherungsnehmer fingiert. 3 BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2205); OLG Frankfurt v. 8.2.2007 – 1 U 184/06, NJOZ 2007, 1767 (1772); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 2, 4; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 57–59, 66.

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§ 308 Nr. 5 BGB

2. Entstehung der Vorschrift Ursprünglich waren Erklärungsfiktionen in § 10 Nr. 5 AGBG geregelt. Mit dem SMG (vgl. dazu Einl. Rz. 28 ff.) sind sie in § 308 Nr. 5 übernommen worden. § 308 Nr. 5 ist durch das Forderungssicherungsgesetz4 mit Wirkung ab dem 1.1.2009 geändert worden. Die in § 308 Nr. 5 a.F. enthaltene Privilegierung für VOB-Verträge, nach der § 308 Nr. 5 a.F. nicht für Verträge galt, in die Teil B der Verdingungsordnung für Bauleistungen insgesamt einbezogen war (dazu 10. Aufl., § 308 Nr. 5 Rz. 3, 13 ff.), ist seither entfallen5. Diese Änderung von § 308 Nr. 5 geht zurück auf die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, der damit der zunehmenden Problematisierung der Privilegierung Rechnung tragen wollte6. Auf Grund der Änderung von § 308 Nr. 5 ist die Vorschrift bei Verbraucherverträgen auch auf in der VOB/B enthaltene Erklärungsfiktionen anzuwenden; siehe dazu auch Rz. 13. Diese Änderung der Vorschrift hat zur Folge, dass deren Text wieder mit dem Ursprungstext des früheren § 10 Nr. 5 AGBG übereinstimmt.

3

Die Entstehungsgeschichte zum früheren § 10 Nr. 5 AGBG war wechselvoll verlaufen. Im Teilbericht I (vgl. allgemein hierzu und zu den weiteren Vorentwürfen des AGBG Einl. Rz. 16 ff.) waren noch formularmäßige Tatsachenbestätigungen, Tatsachenfiktionen und Erklärungsfiktionen in einer Vorschrift zusammengefasst. Solche Klauseln sollten – außer isolierten Empfangsbekenntnissen auf besonderem Formular – stets unwirksam sein; so auch der RefE I und ähnlich § 8 Nr. 2 und 3 CDU/CSU-E. Im RefE II fanden sich die Erklärungsfiktions-Klauseln im Katalog der unzulässigen Klauseln mit Wertungsspielraum (§ 9 Nr. 4 AGBG). Der RegE strich das Verbot der Erklärungsfiktionen gänzlich. Der Bundesrat schlug vor, das Verbot in der Fassung, die Gesetz wurde, wieder in den Katalog der Klauselverbote mit Wertungsspielraum aufzunehmen. Dem widersprach die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung. Der Rechtsausschuss des Bundestags hingegen schloss sich dem Vorschlag des Bundesrats an und trug einem Bedenken der Bundesregierung im Hinblick auf die fiktive Abnahme von Bauleistungen gemäß § 12 Nr. 5 VOB Teil B Rechnung durch die Vorschrift, dass § 10 Nr. 5 AGBG für Leistungen, für die die VOB Vertragsgrundlage war, nicht galt (§ 23 Abs. 2 Nr. 5 AGBG). Das Verbot von Klauseln mit Tatsachenbestätigungen blieb ein Unterfall des strikten Verbots von Beweislastklauseln (§ 11 Nr. 15 lit. b AGBG; heute § 309 Nr. 12 lit. b). Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurde § 10 Nr. 5 AGBG in § 308 Nr. 5 a.F. übernommen und dort auch eine Ausnahmeregelung für VOB-Verträge getroffen. Mit der Änderung von § 308 Nr. 5 durch das Forderungssicherungsgesetz ist die Privilegierung der VOB/B entfallen (Rz. 3).

4

3. Gesetzliche Rechtslage Erklärungsfiktionen in AGB weichen vom Gesetz ab, wenn zum Nachteil des 5 Vertragspartners etwas als erklärt oder nicht erklärt gilt, obwohl das Verhalten des Vertragspartners, an das die Erklärungsfiktion anknüpft, keine entsprechende rechtliche Bedeutung hat. Eine die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 eröffnende Abweichung von gesetzlichen Vorschriften liegt daher vor allem vor, 4 Gesetz v. 23.10.2008, BGBl. 2008 I 2022. 5 Art. 1 Nr. 1b des Forderungssicherungsgesetzes, BGBl. 2008 I 2022. 6 BT-Drucks. 16/9787 S. 3, 17 f.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

wenn gesetzliche Regelungen über Erklärungsfiktionen oder unwiderlegbare Vermutungen (vgl. Rz. 6a) der in der betroffenen Klausel geregelten Art überhaupt nicht vorhanden sind; § 308 Nr. 5 findet aber auch Anwendung, wenn gesetzliche Regelungen (vgl. z.B. die in Rz. 1 genannten Fälle) zum Nachteil der Kunden modifiziert werden. Das Gesetz knüpft – von normierten Ausnahmen abgesehen (Rz. 1) –, soweit es rechtlich darauf ankommt, ob etwas erklärt wird oder nicht, an das wirkliche Erklärungsverhalten eines Vertragspartners an. Die Handlung eines Vertragspartners kann nur unter den Gesichtspunkten und Voraussetzungen des „konkludenten Verhaltens“ als eine Willenserklärung oder sonstige Erklärung gedeutet werden7. Das Unterlassen einer Handlung, insbesondere das Schweigen, ist keine Erklärung und kann regelmäßig, vor allem im Geschäftsverkehr der Verbraucher, auch nicht als solche gedeutet werden oder Erklärungswirkung entfalten8. Im kaufmännischen Verkehr9 ruft allerdings kraft Gewohnheitsrechts oder Handelsbrauchs das Schweigen eines Vertragspartners in weiterem Maß Erklärungswirkung hervor, so vor allem das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben10. Eine Spezialregelung für Versicherungsverträge bildet die Genehmigungsfiktion gemäß § 5 VVG für den Fall von Abweichungen des Inhalts des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder von den getroffenen Vereinbarungen. 5a § 675g Abs. 2 Satz 1 lässt die Vereinbarung einer an einen unterbliebenen fristgerechten Widerspruch des Kunden (Zahlungsdienstnutzer) anknüpfenden Zustimmungsfiktion für Änderungen des Zahlungsdiensterahmenvertrages unter den in § 675g genannten Voraussetzungen – gegenüber § 308 Nr. 5 lit. a konkret festgelegte Mindestdauer der Erklärungsfrist für den Kunden (§ 675g Abs. 1) und gegenüber § 308 Nr. 5 lit. b erweiterte Hinweispflichten des Zahlungsdienstleisters (§ 675g Abs. 2 Satz 3) – zu. Soweit § 675g nach § 675e Abs. 1 halbzwingende Geltung zugunsten des Kunden hat (keine Abweichungen von § 675g zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers zulässig), also bei einem Verbraucher als Zahlungsdienstnutzer (§ 675e Abs. 4) und außerhalb der Ausnahmeregelung des § 675i Abs. 2 Nr. 1 für Kleinbetragsinstrumente i.S.v. § 675i Abs. 1, geht § 675g als speziellere Regelung der Vorschrift des § 308 Nr. 5 vor. Vorformulierte Zustimmungsfiktionen, die den Zulässigkeitsvoraussetzungen von § 675g nicht entsprechen, scheitern daher schon am zwingenden Charakter von § 675g. Eines Rückgriffs auf § 308 Nr. 5 bedarf es daher nicht11. Bei Klauseln, die § 675g exakt entsprechen, ist entweder schon die Kontrollfähigkeit nach § 307 Abs. 3 Satz 1 zu verneinen (siehe zur Problematik bei „Erlaubnisnormen“ allgemein § 307 Rz. 33) oder jedenfalls § 675g die gesetzgeberische Wertung der Angemessenheit

7 Palandt/Ellenberger Vor § 116 BGB Rz. 6. 8 Vgl. z.B. BGH v. 19.9.2002 – V ZB 37/02, NJW 2002, 3629 (3630); BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08, DB 2009, 1186 (1188). 9 Dazu MünchKommHGB/K. Schmidt § 346 HGB Rz. 130 ff. 10 Eine Übertragung dieser Grundsätze auf den nichtkaufmännischen Geschäftsverkehr ist jedoch nicht ausgeschlossen, BGH v. 6.5.1975 – VI ZR 120/74, NJW 1975, 1358 (1359); BGH v. 4.3.1976 – IV ZR 59/74, BB 1976, 665. 11 Vgl. Palandt/Sprau § 675g BGB Rz. 7 (§ 675g ist vorrangige gesetzliche Regelung); MünchKomm/Casper § 675g BGB Rz. 1 (§ 675g geht § 308 Nr. 5 als speziellere Vorschrift vor); Staudinger/Omlor § 675g BGB Rz. 6 (§ 308 Nr. 5 wird durch den spezielleren § 675g Abs. 2 verdrängt); weitergehend wohl BeckOK/Schmalenbach § 675g BGB Rz. 6 (die allgemeinen AGB-rechtlichen Einschränkungen für Zustimmungsfiktionen finden keine Anwendung).

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der Klauseln nach § 308 Nr. 512 und ggf. (vgl. Rz. 7) auch § 307 zu entnehmen, da Zahlungsdiensterahmenverträge typischerweise auf der Grundlage von vorformulierten Vertragsbedingungen durchgeführt werden und deshalb § 675g vor allem Bedeutung für vorformulierte Zustimmungsfiktionen hat. Außerhalb des zwingenden Geltungsbereichs von § 675g sind von dieser Vorschrift abweichende Fiktionsklauseln an § 308 Nr. 5 und § 307 (siehe Rz. 7, 15) zu messen. Vorformulierte Zustimmungsfiktionen, die den Zulässigkeitsvoraussetzungen von § 675g nicht Rechnung tragen, können im Wege der Verbandsklage nach dem UKlaG angegriffen werden; vgl. näher Vor § 307 Rz. 57, § 307 Rz. 208, § 1 UKlaG Rz. 10.

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG Der Klauselanhang der EG-Richtlinie13 – vgl. zur Klauselrichtlinie auch Einl. 5b Rz. 91 ff. – enthält keine Regelungen, denen § 308 Nr. 5 Rechnung tragen müsste14. Lit. h des Klauselanhangs der Richtlinie15 betrifft Verlängerungsklauseln, die nicht in den Anwendungsbereich von § 308 Nr. 5 fallen (Rz. 6b) und deren Inhaltskontrolle nach § 307 erfolgt, wobei den Wertungen von lit. h Rechnung getragen werden kann16. Lit. i des Klauselanhangs betrifft die Frage der Einbeziehung von AGB17, die Regelungsgegenstand von § 305 Abs. 2 ist und zudem auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezogen ist, während unter § 308 Nr. 5 nur Kundenerklärungen im Rahmen der Vertragsabwicklung fallen (Rz. 6b).

III. Inhalt der Vorschrift 1. Erklärungsfiktionen § 308 Nr. 5 erfasst Bestimmungen, nach denen eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders18 als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt. Auf die Fiktion von Erklärungen des Verwenders findet die Vorschrift keine Anwendung, jedoch sind derartige Regelungen nach § 307 unwirksam, wenn sie den Kunden unangemessen benachteiligen19; bei einer Klausel, die ein Schweigen

12 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 675g Abs. 2, BT-Drucks. 16/11643 S. 103: „Eine solche Vereinbarung wäre demnach nicht nach § 308 Nr. 5 unwirksam.“ 13 RL 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff. 14 So auch BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 26; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 2. 15 Darauf abstellend Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 16; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 1. 16 So im Ergebnis auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 1. Für Übereinstimmung von § 308 Nr. 5 mit lit. h des Klauselanhangs Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 16. 17 So auch BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 26; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 2. 18 Vgl. BGH v. 15.5.2014 – III ZR 368/13, NJW 2014, 2857 (Tz. 31). 19 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 10; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 25.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

des Verwenders als Zustimmung fingiert, ist das aber regelmäßig nicht der Fall20 (vgl. auch § 308 Nr. 1 Rz. 11). Die Fiktionswirkung muss Regelungsinhalt der Klausel sein21. Regelungen, die die Erklärungsfiktion nicht selbst enthalten, können nicht gegen § 308 Nr. 5 verstoßen. Daher kann die Rechtsprechung des BAG, nach der allein – also ohne Erklärungsfiktion beim Freiwilligkeitsvorbehalt – eine dreimalige widerspruchslose Annahme einer vom Arbeitgeber unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt gezahlten Gratifikation („gegenläufige betriebliche Übung“) entgegen der früheren Rechtsprechung nicht mehr den Verlust eines vertraglichen Anspruchs auf die Gratifikation bewirken könne22, entgegen der auf den ersten Blick in diese Richtung deutenden Entscheidung des BAG nicht auf unmittelbare Rechtsfolgen einer Anwendung von § 308 Nr. 5 gestützt werden23. Allerdings dürfte es dem BAG auch nicht um die unmittelbare Anwendung von § 308 Nr. 5 gehen, sondern um die Berücksichtigung des Schutzzwecks der Vorschrift (vgl. dazu Rz. 2) bei der Frage, ob an der bisherigen Annahme des BAG zur gegenläufigen betrieblichen Übung festgehalten werden könne24. 6a Die fingierte Erklärung ist meist eine solche der Annahme25, der Ablehnung, der Zustimmung26, des Nichtwiderspruchs27, der Billigung, der Genehmigung28, des Verzichts29, des Rücktritts30, der Ausübung eines Wahlrechts oder der Abnahme31; jedoch kommt es auf den Inhalt der Erklärung für die Anwendbarkeit 20 OLG Düsseldorf v. 28.12.2004 – 21 U 68/04, NJW 2005, 1515 (1516); LG Kleve v. 16.4.2004 – 1 O 580/03, BeckRS 2013, 12316; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 40; Palandt/ Grüneberg § 308 BGB Rz. 28; BeckOk/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 5. 21 Vgl. insoweit zutr. BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08, DB 2009, 1186 (1188 a.E., 1189). 22 BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08, DB 2009, 1186 (1187). 23 Zumindest missverständlich insoweit BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08, DB 2009, 1186 (1187); dazu zu Recht krit. Bieder DB 2009, 1931. Für Anwendung von § 308 Nr. 5 aber LAG Rheinland-Pfalz v. 7.4.2011 – 5 Sa 604/10, BeckRS 2011, 74369. 24 Vgl. Clemenz/Kreft/Krause/Brühler AGB-Arbeitsrecht, 2013, § 308 BGB Rz. 100. In der Verneinung dieser Frage ist dem BAG zuzustimmen; a.A. Bieder DB 2009, 1931. 25 BGH v. 4.10.1984 – III ZR 119/83, NJW 1985, 617 (Verlängerung eines Darlehensvertrages); LG Dortmund v. 4.4.1986 – 2 O 398/85, NJW-RR 1986, 1170 (1171) (Änderung von Darlehenskonditionen); BGH v. 28.6.1995 – IV ZR 19/94, DB 1995, 1953 (1955) (Aufnahme eines neuen Gegenstandes in einen laufenden Reparaturkosten-Versicherungsvertrag). 26 Vgl. BGH v. 11.11.2009 – VIII ZR 12/08, WM 2010, 233 (237): Einverständnis mit der nachträglichen Einbeziehung von AGB. 27 Vgl. BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 30 f.): keine Erhebung von Einwendungen gegen eine Nebenkostenabrechnung. 28 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, WM 2008, 1963 (1966). Wohl als Genehmigungsfiktion stuft BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 31), eine Klausel ein, nach der Einwendungen des Mieters gegen eine Nebenkostenabrechnung nach Ablauf einer bestimmten Frist ausgeschlossen sind. 29 LG Konstanz v. 19.12.1980 – 3 O 170/80, BB 1981, 1420. 30 BGH v. 9.7.1992 – VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152 (169 f.) = WM 1992, 1948; OLG Hamburg v. 3.4.1985 – 5 U 134/84, NJW 1985, 3030; OLG Frankfurt v. 17.12.1981 – 6 U 26/81, NJW 1982, 2198 (2199) (Regelungen in Reise-AGB, nach denen Umbuchungen als Rücktritt vom Vertrag mit nachfolgender Neuanmeldung gelten). 31 BGH v. 10.11.1983 – VII ZR 373/82, NJW 1984, 725 (726) (Abnahmefiktion bei Inbesitznahme einer Eigentumswohnung). Keine Abnahmefiktion liegt bei einer Klausel vor, nach der der Käufer einer Eigentumswohnung eine bereits erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen Bausachverständigen für sich als verbindlich anerkennt; vgl. OLG Koblenz v. 8.4.2013 – 2 U 1123/12, BeckRS 2013, 20369.

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Fingierte Erklrungen

§ 308 Nr. 5 BGB

von § 308 Nr. 5 nicht an32. Häufig lassen sich Erklärungsfiktionen daran erkennen, dass etwas als erklärt oder nicht erklärt gilt. Dieser Wortgebrauch ist aber nicht notwendig33. Eine Erklärungsfiktion liegt immer dann vor, wenn dem Vertragspartner mit Rücksicht auf sein Handeln oder Unterlassen eine Erklärung oder Nichterklärung zugerechnet wird, ohne dass es auf das wirkliche Erklärungsverhalten ankommen soll. Unter § 308 Nr. 5 fallen daher auch Regelungen, nach denen eine Erklärung des Kunden bei einem bestimmten Verhalten unwiderlegbar vermutet wird (allg. M.); nichts anderes kann dann aber für widerlegbare Vermutungen über Erklärungen des Kunden gelten, da sie anderenfalls der strengeren Vorschrift des § 309 Nr. 12 unterlägen, obwohl sie weniger gefährlich als unwiderlegbare Vermutungen sind34. Die Vorschrift betrifft die Fiktion von Kundenerklärungen im Rahmen der Vertragsabwicklung, greift also nicht unmittelbar ein im Bereich des Vertragsabschlusses35, namentlich beim Schweigen des Kunden auf ein Angebot oder eine abweichende Auftragsbestätigung. Fiktionsklauseln, die derartige Fälle regeln, können aber bereits deshalb keine Geltung erlangen, weil es zu diesem Zeitpunkt noch an einer Einbeziehung der AGB und damit auch der Erklärungsfiktion fehlt36. Die Vorschrift greift weiterhin nicht ein, wenn vom Verwender vorformulierte Erklärungen des Kunden bereits mit der Einbeziehung der AGB abgegeben und wirksam werden sollen37. Das gilt namentlich für Einwilligungserklärungen38 oder bei Klauseln, nach denen mangels rechtzeitiger Kündigung durch den Kunden eine Vertragsverlängerung eintritt39; unberührt bleibt in die32 Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 10: von § 308 Nr. 5 erfasst werden Willenserklärungen, rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen sowie rein tatsächliche Erklärungen. 33 Als Erklärungsfiktion behandelt BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 31), die folgende Klausel: „Einwendungen gegen die Abrechnung muss der Mieter innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Abrechnung schriftlich erheben. Nach Ablauf dieser Fristen sind Einwendungen gegen die Abrechnung ausgeschlossen.“ 34 So zutr. Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 28; a.A. Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 40 (keine Anwendung von § 308 Nr. 5 bei widerlegbarer Vermutung). Nur auf unwiderlegbare Vermutungen abstellend Stoffels Rz. 649; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 28; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 1. 35 Im Ergebnis allg. M., siehe Nickel Die Erklärungsfiktion, 1997, S. 182 m. umf. N.; aus der Rechtsprechung BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (299); BGH v. 31.5.1990 – IX ZR 257/89, WM 1990, 1787 (1788); OLG Koblenz v. 15.9.1989 – 2 U 52/88, NJW 1989, 2950 (2951). 36 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 1 BGB Rz. 6. 37 BGH v. 28.3.2001 – IV ZR 180/00, NJW-RR 2001, 1242 (1243); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 5; Staudinger/Coester/Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 2, 6; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 15 ff.; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 42a. A.A. im Ergebnis BGH v. 28.6.1995 – IV ZR 19/94, NJW-RR 1995, 2710 (2712) (Geräteersatzklausel im Reparaturkostenversicherungsvertrag). 38 BGH v. 31.5.1990 – IX ZR 257/89, WM 1990, 1787 (1788); OLG Koblenz v. 15.9.1989 – 2 U 52/88, NJW 1989, 2950 (2951); LG Düsseldorf v. 12.9.1990 – 12 O 132/90, NJW-RR 1991, 696 (697). 39 So auch BGH v. 15.4.2010 – Xa ZR 89/09, WM 2010, 1237 (1238 f.) zu Bahncard-Bedingungen; BGH v. 29.4.1987 – VIII ZR 251/86, BGHZ 100, 373 (380) unter zutr. Hinweis auf anderenfalls auftretende Ungereimtheiten im Verhältnis zu § 11 Nr. 12 lit. b AGBG (jetzt § 309 Nr. 9 lit. b); OLG Oldenburg v. 29.5.1992 – 6 U 22/92, CR 1992, 722 (723); OLG Hamm v. 4.8.1987 – 29 U 179/86, NJW-RR 1988, 431 (432); Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 17; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 6; MünchKomm/ Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 5 f.; Stoffels Rz. 647. A.A. Woitkewitsch MDR 2006, 542 f. (zur Verlängerungsklausel in Bahncard-AGB); im Ergebnis auch LG Köln v.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

sen Fällen die Möglichkeit der Inhaltskontrolle nach § 30740. § 308 Nr. 5 kann aber unmittelbar angewendet werden, wenn im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung die Einwilligung des Vertragspartners in die Änderung der AGB fingiert wird41; zur vorrangigen Geltung von § 675g bei einer auf die Änderung von Banken-AGB bezogenen Erklärungsfiktion vgl. aber Rz. 5a. 7 Wenn § 308 Nr. 5 Fiktionsklauseln unter besonderen Voraussetzungen zulässt, darf daraus nicht gefolgert werden, dass unter diesen Voraussetzungen die Fiktionsklausel gegenüber der Inhaltskontrolle nach § 307 und den Verbotskatalogen der §§ 308 und 309 kontrollfest sei. Nur ein berechtigtes Verwenderinteresse vermag eine vorformulierte Erklärungsfiktion überhaupt zu rechtfertigen42. Das betrifft nicht nur die Frage, an welche Tatbestände die Erklärungsfiktion anknüpft43, sondern vor allem auch die Rechtsfolgen der Erklärungsfiktion44. Ein berechtigtes Interesse des Verwenders, durch eine Erklärungsfiktion die Rechtslage zum Nachteil des Vertragspartners zu verändern, ist zu bejahen, wenn es nach Sachlage erforderlich ist, das Rechtsverhältnis in einer bestimmten Situation seiner Abwicklung möglichst einfach zu klären oder anzupassen, und die dem Vertragspartner zugerechnete Erklärung diesem keinen unangemessenen Nachteil zufügt45. Nicht nach § 307 zu beanstanden sind Erklärungsfiktionen daher regelmäßig dann, wenn sie der möglichst einfachen Abwicklung massen-

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28.6.2006 – 10 S 241/05, NJW-RR 2006, 1430 und LG Münster v. 16.10.2007 – 9 S 68/07, BeckRS 2007, 18400 (jew. Verlängerungsklausel beim Anzeigenauftrag). Zu einem weiteren Beispiel siehe BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, NJW 2001, 292 (299) (Vereinbarung über die Vergütung und Anrechnung des Verkaufswerts bei Rücknahme der Kaufsache durch den Verwender in Neuwagen-Verkaufsbedingungen); KG v. 10.1.1990 – 23 U 5932/88, NJW-RR 1990, 544 (553) („mehrere Bausparer gelten wechselseitig als bevollmächtigt“). Vgl. etwa BGH v. 15.4.2010 – Xa ZR 89/09, WM 2010, 1537 (1539) zu Verlängerungsklauseln in Bahncard-Bedingungen. Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 18; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 8; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 42. Allg. M.; vgl. aus der Lit. nur Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 2, 4; aus der Rechtsprechung vgl. BGH v. 28.1.2014 – XI ZR 424/12, DB 2014, 597 (598); BGH v. 24.7.2008 – VIII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1940); BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2205); OLG Frankfurt v. 8.2.2007 – 1 U 184/06, NJOZ 2007, 1767 (1772); OLG Düsseldorf v. 19.11.1987 – 6 U 100/87, NJW-RR 1988, 884 (886); OLG Köln v. 25.6.1997 – 27 U 130/96, MMR 1998, 106; offen gelassen noch in BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761 (763). A.A. Nickel Die Erklärungsfiktion, 1997, S. 209 f. Vgl. zur Form von Erklärungen des Kunden, die den Eintritt der Erklärungsfiktion vermeiden, BGH v. 28.1.2014 – XI ZR 424/12, DB 2014, 597 (598), zur auf Rechnungsabschlüsse bezogenen Genehmigungsfiktion in Nr. 7 Abs. 3 AGB-Sparkassen 2002 (Erhebung von Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse durch Nutzung eines vereinbarten elektronischen Kommunikationsweges für die Abwicklung der Geschäftsbeziehung). Vgl. als Beispiel BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 (Tz. 30 ff.): Zustimmungsfiktion auch für Änderungen der Essentialia des Vertrages; BGH v. 11.11.2009 – VIII ZR 12/08, NJW 2010, 864 (Tz. 37 ff.): Unwirksamkeit der Fiktion der nachträglichen Einbeziehung von AGB durch erstmalige Nutzung einer Kundenkarte im Rahmen eines Kundenbindungs- und Rabattsystems. Vgl. zu auf Vertragsanpassungen bezogenen Zustimmungsfiktionen BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2205): Eine Zustimmungsfiktion „wird für weniger gewichtige Anpassungen hinzunehmen sein“. Vgl. weiterhin KG v. 27.3.2013 – 5 U 112/11, BeckRS 2013, 09271.

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Fingierte Erklrungen

§ 308 Nr. 5 BGB

haft wiederkehrender Geschäftsvorgänge dienen46, wie z.B. mittels der Annahmefiktion bei der Abschnittsfinanzierung von Hypothekendarlehen mit einer Konditionenanpassungsklausel47, bei Genehmigungsfiktionen hinsichtlich der Änderung von AGB im Bereich der Banken (zur vorrangigen Geltung von § 675g siehe aber Rz. 5a) und Versicherungen48, bei Genehmigungsfiktionen betreffend Rechnungsabschlüsse in den AGB von Banken und Sparkassen49, bei Genehmigungsfiktionen in den AGB von Banken und Sparkassen betreffend Belastungsbuchungen beim Lastschriftverfahren50, bei Regelungen im Zusammenhang mit der Entlassung von Krankenhausbenutzern51 oder bei der Abrechnung von Mobilfunkleistungen52. Die fiktive Zustimmung des Kunden auf eine Mitteilung des Verwenders, dass er von der versprochenen Leistung abweichen werde, oder der fiktive Gewährleistungsverzicht bei rügeloser Entgegennahme der Leistung würden auch dann gegen § 308 Nr. 4 bzw. § 309 Nr. 8 lit. b aa verstoßen, wenn die Fiktionsklausel entsprechend § 308 Nr. 5 ausgestaltet wäre53. Wenn andererseits eine Regelung in den AGB inhaltlich angemessen wäre, dann kann regelmäßig – unter den Voraussetzungen des § 308 Nr. 5 (vgl. Rz. 7a) – auch vorgeschrieben werden, dass eine auf die entsprechende Rechtsfolge gerichtete Erklärung des Vertragspartners als abgegeben gilt. Vertragsanpassungen betreffende Zustimmungsfiktionen sind jedenfalls dann unwirksam, wenn danach einschränkungslos Änderungen der Leistungen des Verwenders, unter Einschluss von Hauptleistungen, erfolgen können54. Nach § 307 unangemessene Preisänderungsklauseln bei Dauerschuldverhältnissen (dazu § 307 Rz. 180 ff.; § 309 Nr. 1 Rz. 28 ff.) können daher nicht im Wege einer Erklärungsfiktion wirksam ausgestaltet werden55. Zu auf Änderungen eines Zahlungsdiensterahmenvertrages gerichteten Erklärungsfiktionen vgl. Rz. 5a.

46 BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761 (763); KG v. 10.1.1990 – 23 U 5932/88, NJW-RR 1990, 544 (554); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 11; Staudinger/ Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 2; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 67; BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 14. 47 BGH v. 4.10.1984 – III ZR 119/83, NJW 1985, 617 (618). 48 Offen gelassen für andere Bereiche von BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2205); zur Änderung von Versicherungsbedingungen Seybold VersR 1989, 1236. 49 BGH v. 6.6.2000 – XI ZR 258/99, BGHZ 144, 349 (355). 50 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, WM 2008, 1963 (1966); OLG München v. 26.10.2006 – 19 U 2327/06, ZIP 2006, 2122; LG Köln v. 25.4.2007 – 13 S 375/06, ZIP 2007, 1547 (1549). 51 BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761 (763); OLG Düsseldorf v. 19.11.1987 – 6 U 100/87, NJW-RR 1988, 884 (886) (Eigentumserwerb des Krankenhausträgers an vom Krankenhausbenutzer zurückgelassenen und trotz Aufforderung innerhalb einer Frist von zwölf Wochen nicht abgeholten Gegenständen). 52 OLG Köln v. 25.6.1997 – 27 U 130/96, MMR 1998, 106. 53 BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2205); Stoffels Rz. 656; Staudinger/ Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 2; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 66. 54 So zu Recht BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, WM 2007, 2202 (2205) (allenfalls für „weniger gewichtige Anpassungen hinzunehmen“); KG v. 24.1.2014 – 5 U 42/12, BeckRS 2014, 03648 (Facebook-AGB); OLG Frankfurt v. 8.2.2007 – 1 U 184/06, NJOZ 2007, 1767 (1772); zust. Stoffels Rz. 655; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 11; Palandt/ Grüneberg § 308 BGB Rz. 31; krit. dazu von Westphalen NJW 2008, 2238 im Hinblick auf Erklärungsfiktionen betreffend Preisanpassungen bei Dauerschuldverhältnissen; von Westphalen NJW 2007, 2232. 55 Stoffels Rz. 655. So auch von Westphalen NJW 2008, 2238; a.A. von Westphalen in FS H. P. Westermann, 2008, S. 707 (720 ff.).

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§ 308 Nr. 5 BGB 7a

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

§ 308 Nr. 5 ist auch dann anzuwenden56, wenn die Fiktionsklausel nur eine Rechtsfolge auslösen soll, die mit einer anderen Regelungstechnik und ohne Verwendung einer Fiktionsklausel in AGB wirksam geregelt werden könnte57. Gegen eine derartige Einschränkung, die auf eine teleologische Reduktion von § 308 Nr. 5 hinauslaufen würde58, ist zu Recht der Einwand erhoben worden, dass sie die AGB-rechtliche Überprüfung verkomplizieren würde, ohne dass schutzwürdige Interessen des Verwenders dies rechtfertigen würden, da der Verwender in derartigen Fällen die Regelungstechnik der Fiktion nicht verwenden müsse59.

2. Eintritt der Fiktion bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung 8 In den Anwendungsbereich von § 308 Nr. 5 fallen vorgenommene oder unterlassene Handlungen des Kunden gleich welcher Art. Als Beispiele hierfür sind zu nennen: Annahme einer Ware; Übernahme oder Ingebrauchnahme einer Mietsache60; Ingebrauchnahme einer Werkleistung61; Anschaffung eines Ersatzgerätes62; Umbuchung einer Reise63; Verwendung einer Kundenkarte im Rahmen eines Kundenbindungs- und Rabattsystems64; Schweigen65, Nichterheben von Einwendungen oder Beanstandungen66; Nichtablehnung; Nichtrücksendung einer Ware; Nichtausübung eines Wahlrechts bei bestimmter Gelegenheit, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb einer Frist; Nichtabholung von

56 A.A. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 3. 57 Dazu bringt Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 3 als Beispiel: Könne in AGB zu einem Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 241 Abs. 2 stehen: „Nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Eintritt eines Schadens sind alle Ansprüche ausgeschlossen.“, so könne es auch heißen: „Macht der Kunde nach Eintritt des Schadensereignisses zwei Jahre lang keine Ansprüche geltend, so gilt dies als Verzicht.“ 58 Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 28a. 59 So Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 28a. 60 Z.B. für Mietfahrzeuge BGH v. 9.11.1966 – VIII ZR 114/65, DB 1967, 118: „Der Mieter erkennt mit der Übernahme des Wagens an, dass dieser sich in verkehrssicherem und fahrbereitem Zustand befindet und keinerlei Mängel aufweist“; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 7. Zu den Fiktionsklauseln in Formularmietverträgen Sonnenschein NJW 1980, 1713 (1716); zu Billigungsklauseln in AGB der Reiseveranstalter Stübing NJW 1978, 1606; zu einer Rücktrittsfiktion bei Umbuchung einer Reise OLG Frankfurt v. 17.12.1981 – 6 U 26/81, NJW 1982, 2198 (2199). 61 BGH v. 10.11.1983 – VII ZR 373/82, NJW 1984, 725 (726) (Eigentumswohnung). 62 BGH v. 26.6.1995 – IV ZR 19/94, NJW 1995, 2710 (2712): Einbeziehung des Ersatzgerätes in eine bestehende Reparaturkostenversicherung; vgl. dazu aber auch Rz. 6b mit Fn. 37. 63 BGH v. 9.7.1992 – VII ZR 7/92, NJW 1992, 3158 (3161): Wertung der Umbuchung als Rücktritt verbunden mit einer Neuanmeldung. 64 BGH v. 11.11.2009 – VIII ZR 12/08, WM 2010, 233 (237): Fiktion des Einverständnisses zur nachträglichen AGB-Einbeziehung. 65 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, WM 2008, 1963 (1966): Belastungsbuchungen beim Lastschriftverfahren betreffende Genehmigungsfiktion in Banken-AGB. 66 BGH v. 10.9.2012 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 30 f.): keine Erhebung von Einwendungen gegen eine Nebenkostenabrechnung; OLG Schleswig v. 15.5.1997 – 2 U 37/96, NJW-RR 1998, 54 (55): keine Erhebung von Einwendungen gegen eine MobilfunkRechnung; OLG München v. 25.9.2008 – 32 Wx 118/08, NJW 2008, 3574: keine Erhebung von Einwendungen gegen die Abrechnung eines Wohnungsverwalters.

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Fingierte Erklrungen

§ 308 Nr. 5 BGB

beim Verwender zurückgelassenen Gegenständen67; Abbruch einer ebay-Auktion durch den Verkäufer68. Der Wortlaut von § 308 Nr. 5 erfasst nur solche Erklärungsfiktionen, die auf ein Verhalten des Kunden abstellen, nicht jedoch auch Fälle, in denen Erklärungen des Kunden auf Grund eines Verhaltens des Verwenders oder auf Grund anderer äußerer Ereignisse (z.B. Zeitablauf) fingiert werden sollen. Ein Schutzbedürfnis des Kunden ist jedoch auch in diesen Fällen zu bejahen, wie z.B. bei Abnahmefiktionen, die an die Bezugsfreigabe einer Eigentumswohnung durch den Verwender oder an eine bestimmte Frist danach anknüpfen. Soweit man in diesen Fällen § 308 Nr. 5 nicht bereits unmittelbar oder analog anwendet69, sind die Wertungskriterien der Vorschrift jedenfalls bei der Inhaltskontrolle nach § 307 zugrunde zu legen70.

3. Abgrenzung zu § 308 Nr. 6 und § 309 Nr. 12 Die Abgrenzung von Erklärungsfiktionen zu Tatsachenbestätigungen und Tatsachenfiktionen nach § 309 Nr. 12 lit. b bereitet zwar Schwierigkeiten71. Ungeachtet im Einzelfall auftretender Einordnungsprobleme dürfte jedoch die praktische Bedeutung nicht sehr groß sein, weil eine in die Form einer Erklärungsfiktion gekleidete Tatsachenbestätigung jedenfalls den Sonderanforderungen des § 308 Nr. 5 entsprechen muss und überdies ein anerkennenswertes Verwenderinteresse voraussetzt (oben Rz. 7). Wenn durch die fingierte Erklärung eine Tatsache bestätigt wird (z.B. Mangelfreiheit, Empfang einer Ware, Richtigkeit einer Abrechnung oder Buchung, Kenntnisnahme der AGB), so kann darin eine gemäß § 309 Nr. 12 lit. b verbotene Beweislastklausel in der Form einer Tatsachenbestätigung liegen (das Bestehen der bestätigten Tatsache soll widerlegbar vermutet werden). So wurde in BGH NJW 1968, 591 die Genehmigungsfiktion gemäß Nr. 15 AGB Banken als Beweislastregelung aufgefasst, um die Klausel dadurch zu entschärfen und ihr eine für den Bankkunden erträgliche Bedeutung zu geben72. Da aber § 309 Nr. 12 dem Kunden nachteilige Beweislastbestimmungen in AGB „strikt“ verbietet und, wie die Entstehungsgeschichte zeigt, § 308 Nr. 5 auf die AGB der Banken zugeschnitten ist (Rz. 2), wird die in den Banken-AGB enthaltene Genehmigungsfiktion für Rechnungsabschlüsse (siehe dazu Rz. 7) als Erklärungsfiktion verstanden werden müssen. Im Einzelfall ist die Abgrenzung zwischen Erklärungsfiktionen und Beweislastklauseln in der Form von Tatsachenbestätigungen eine Frage der Auslegung der Klausel. Klauseln, wonach ohne Rücksicht auf Verhalten und Erklärung des Kunden eine Tatsache fiktiv als gegeben oder nicht gegeben gelten soll (Tatsachenfiktionen), fallen nicht unter § 308 Nr. 573. Es handelt sich entweder um Beweislastklauseln in der Form von Tatsachen67 BGH v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761 (763); OLG Düsseldorf v. 19.11.1987 – 6 U 100/87, NJW-RR 1988, 884 (886). 68 Vgl. LG Aurich v. 3.2.2014 – 2 O 565/13 (145), MMR 2014, 600 (601). 69 Für unmittelbare Anwendung Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 40; Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 11; Nickel Die Erklärungsfiktion, 1997, S. 178 ff. 70 A.A. und für Anwendung von § 309 Nr. 12 Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 34–36, 37. 71 Siehe dazu mit teilweise stark unterschiedlichen Abgrenzungsversuchen Stoffels Rz. 648 ff.; BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 9; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 4, 7; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 61 ff. Dazu eingehend auch Nickel Die Erklärungsfiktion, 1997, S. 222 ff. 72 Ebenso BGH v. 29.1.1979 – II ZR 148/77, NJW 1979, 1164; Liesecke WM 1975, 243. 73 Stoffels Rz. 648; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 12.

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bestätigungen oder um Erklärungen mit rein tatsächlichem Gehalt, die als AGBBestandteil überhaupt unbeachtlich sein dürften; vgl. dazu § 309 Nr. 12 Rz. 18. So ist die Vorkenntnisklausel in Maklerverträgen, wonach bei Ausbleiben einer gegenteiligen Anzeige das dem Kunden nachgewiesene Objekt als diesem unbekannt gilt, nicht unter § 308 Nr. 5 einzuordnen; sie ist gemäß § 309 Nr. 12 lit. b unwirksam74. Ausdrücklich sowohl aus § 308 Nr. 5 wie aus § 309 Nr. 12 herausgenommen und in § 308 Nr. 6 besonders geregelt sind Klauseln, die eine Zugangsfiktion, also eine Unterart der Tatsachenfiktion vorschreiben. Nach dem klaren Wortlaut des § 308 Nr. 5 muss die Erklärungsfiktion an ein Handeln oder Unterlassen des Kunden (oder wenigstens an ein anderes äußeres Ereignis oder Nichtereignis, oben Rz. 8) anknüpfen. Ist die dem Kunden nachteilige Erklärung in der Klausel selbst enthalten (z.B. Einwilligungen oder Vertragsverlängerungen, Rz. 6b) oder wird sie antizipiert, dann richtet sich die Inhaltskontrolle nach den anderen Vorschriften.

4. Mindestvoraussetzungen der Wirksamkeit 10

Die Klausel ist auf jeden Fall unwirksam, wenn nicht wenigstens durch die beiden in § 308 Nr. 5 unter lit. a und lit. b vorgeschriebenen Zusätze dafür Sorge getragen wird, dass der Vertragspartner den Eintritt der Fiktionswirkung auch dann vermeiden kann, wenn er die Klausel in den AGB nicht zur Kenntnis genommen hatte (oben Rz. 2). Freilich ist die Frage aufzuwerfen, ob die in der Klausel vorgeschriebene Fiktionswirkung eintritt, wenn – ohne entsprechende Vorkehrungen in der Klausel – der Verwender bei dem fiktionsauslösenden Verhalten des Vertragspartners diesem eine angemessene Erklärungsfrist setzt und dabei auf die Folgen des Verhaltens besonders hinweist. Die Frage ist zu verneinen, weil der Vertragspartner darauf vertrauen darf, dass jede in den Geltungsbereich des § 308 Nr. 5 fallende Klausel die Wirkung einer Erklärungsfiktion nur unter den vorgeschriebenen Voraussetzungen begründen kann (Rz. 14). a) Einräumung einer angemessenen Erklärungsfrist

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Der Vertragspartner muss durch Gewährung einer angemessenen Frist (§ 308 Nr. 5 lit. a) ausreichend Gelegenheit haben, eine Erklärung „ausdrücklich“ und nach seinem Willen abzugeben, bevor die Fiktion einer Erklärung oder Nichterklärung eingreift. Die Angemessenheit der Frist richtet sich nach einer objektiv-generalisierenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der bei Geschäften der vorliegenden Art typischen Umstände (allg. M.). Soweit die Entscheidungsfindung aus der Sicht des an Geschäften der betroffenen Art typischerweise beteiligten Kunden keiner eingehenden Prüfungen tatsächlicher, rechtlicher oder wirtschaftlicher Art bedarf, ist regelmäßig eine Frist von zwei Wochen noch angemessen, wenn Postlaufzeiten nicht eingerechnet werden75. Bei Erklärungen, die einiger Überlegung bedürfen, kann jedoch eine Frist von zwei Wochen be74 Stübing NJW 1978, 1611; für Unwirksamkeit nach § 307 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 12. 75 Vgl. die entsprechende Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 Satz 1. So auch Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 45; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 13 („im Regelfall“ zwei Wochen); für ein bis zwei Wochen als Untergrenze Stoffels Rz. 652; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 29; für eine Woche Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 41. Für eine Mindestfrist von regelmäßig sechs Wochen, soweit nicht nur „ganz einfache tatsächliche Prüfungen vorzunehmen sind“, BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 15. Die Spezialrege-

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reits unangemessen kurz sein76. So sieht § 675g Abs. 1 eine Widerspruchsfrist von mindestens zwei Monaten bei Änderungen des Zahlungsdiensterahmenvertrages vor (siehe dazu Rz. 5a). Die darin liegende gesetzgeberische Wertung kann ggf. auf Verträge mit vergleichbarer Bedeutung bei der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 5 übertragen werden, lässt sich aber nicht in dem Sinne verallgemeinern, dass die angemessene Erklärungsfrist i.S.v. § 308 Nr. 5 lit. a im Regelfall mindestens zwei Monate betragen müsste. Bei Geschäftsvorgängen, die keinen Aufschub dulden und bei denen rasches Handeln auch von dem typischen Kundenkreis erwartet werden kann (z.B. Wertpapiergeschäfte), kann die Erklärungsfrist auch unter einer Woche liegen77 oder mit „unverzüglich“ bestimmt werden78. Die Frist muss schon in den AGB im Zusammenhang mit der Erklärungsfiktion vorgeschrieben werden. Sie kann konkret beziffert werden; ausreichend ist aber auch eine Regelung, die die Einräumung einer „angemessenen Frist“ vorsieht, welche dann bei der späteren Fristsetzung im Einzelfall vom Verwender bestimmt wird79 (vgl. dazu auch Rz. 14). Im Falle schuldloser Versäumung der Erklärungsfrist wird der Verwender nach Treu und Glauben eine nachträgliche Erklärung des Vertragspartners noch als wirksam hinnehmen müssen80. b) Hinweispflicht In der Fiktionsklausel81 muss der Verwender ferner gegenüber dem Vertragspartner die in § 308 Nr. 5 lit. b umschriebene Hinweispflicht eingehen. Die Hin-

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lung für Versicherungsverträge in § 5 VVG sieht eine Widerspruchsfrist von einem Monat vor. LG Dortmund v. 4.4.1986 – 2 O 398/85, NJW-RR 1986, 1170 (1171) (Zinsanpassung bei Hypothekendarlehen); tendenziell auch BGH v. 4.10.1984 – III ZR 119/83, NJW 1985, 617 (618) (Darlehensverlängerung zu neuen Konditionen). Angemessen: Frist von sechs Wochen für Einwendungen gegen die Mobilfunkrechnung, OLG Köln v. 25.6.1997 – 27 U 130/96, MMR 1998, 106 mit zust. Anm. Schorling; BGH v. 6.6.2000 – XI ZR 258/99, BGHZ 144, 349 (355): Frist von vier Wochen für Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse; BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, WM 2008, 1963 (1966): Frist von sechs Wochen für Einwendungen gegen Belastungsbuchungen beim Lastschriftverfahren. Nicht angemessen: Frist von einem Monat für einen Widerspruch gegen Ergänzungen und Ersetzungen von Versicherungsbedingungen, BGH v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, BGHZ 141, 153 (158); Frist von vier Wochen für Einwendungen gegen die vom Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft erstellte Jahresabrechnung, OLG München v. 25.9.2008 – 32 Wx 118/08, NJW 2008, 3574. Stoffels Rz. 652; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 45; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 13; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 41. A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 15; wohl auch Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 26. So auch Stoffels Rz. 652; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 13; a.A. Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 29. Zutr. Stoffels Rz. 652; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 13; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 43; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 12; a.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 17; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 45; Nickel Die Erklärungsfiktion, 1997, S. 204 m.w.N. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 13; vgl. auch § 651g Abs. 1 Satz 3. Stoffels Rz. 653; BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 18; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 46; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 14; so wohl auch BGH v. 4.10.1984 – III ZR 119/83, NJW 1985, 617; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 14 (jeweils mit der Forderung, dass die Hinweispflicht „in den AGB“ enthalten sein müsse). A.A. Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 47: individualvertragliche Verpflichtung zum Hinweis genügt. Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass es um die Frage der wirksamen Klauselgestaltung auf der Grundlage einer generalisierenden Betrachtungsweise (dazu § 307 Rz. 110) geht, bei der nicht berücksichtigt werden kann, ob der Ver-

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weispflicht muss sich auf den Zeitpunkt des Fristbeginns der Erklärungsfrist (Rz. 11) beziehen und nicht auf den Beginn des Vertrages82. Für eine wirksame Klauselfassung genügt die Übernahme des Wortlauts von § 308 Nr. 5 lit. b83. Das umfasst auch die Übernahme der Verpflichtung, den Kunden auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens „besonders hinzuweisen“. Weitergehende Regelungen über die Art des späteren Hinweises sind nicht erforderlich84. Der spätere Hinweis bei Fristbeginn muss dem Vertragspartner aber klar vor Augen führen, welche Folgen sein Verhalten, sei es die Vornahme oder die Unterlassung einer Handlung, für ihn hat, d.h. welche Erklärung als abgegeben oder nicht abgegeben gilt. Er kann auch durch ein Hinweisformular erteilt werden, muss aber so gestaltet sein, dass er die Aufmerksamkeit des Vertragspartners hervorruft und nicht in anderen Mitteilungen optisch aufgeht85. Grundsätzlich ist der gebotene Hinweis des Verwenders eine Erklärung „von besonderer Bedeutung“ und daher nach § 308 Nr. 6 mit einer Fiktion des Zugangs nicht verträglich86 (§ 308 Nr. 6 Rz. 7). Wird der Hinweis trotz der in den AGB eingegangenen Verpflichtung dem Kunden nicht oder nicht hinreichend deutlich bei Beginn der Erklärungsfrist erteilt, so hat das zwar auf die Wirksamkeit der Fiktionsklausel keinen Einfluss87, jedoch wird die Frist nicht in Lauf gesetzt und der Verwender kann sich auf den Eintritt der Fiktion nicht berufen88. 12a

Soweit es sich nicht um in Rz. 6b behandelte Fallkonstellationen handelt, in denen § 308 Nr. 5 keine Anwendung findet, entfällt die in § 308 Nr. 5 lit. b vorgesehene Hinweispflicht in der Fiktionsklausel nicht, wenn der Vertragsschluss und der Beginn der Erklärungsfrist zusammenfallen89, weil das zur Fiktionswirkung führende Verhalten des Kunden bereits mit dem Vertragsschluss beginnt90. Auch in derartigen Fallkonstellationen wird die in der Fiktionsklausel enthaltene Verpflichtung zum Hinweis nicht etwa „sinnlos“91, da sie dem Kunden vor Augen führt, dass der Verwender verpflichtet ist, den Kunden auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Bedeutung kann das er-

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wender im konkreten Einzelfall eine individualvertragliche Hinweispflicht übernommen hat oder nicht, vgl. auch § 308 Nr. 1 Rz. 3. BGH v. 28.1.2014 – XI ZR 424/12, DB 2014, 597 (598). So auch Stoffels Rz. 653;Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 45. Weiter gehend BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 18 (Klarstellung erforderlich, dass die Erklärungsfiktion nur eintritt, wenn der Verwender den später erforderlichen Hinweis auch tatsächlich erteilt hat). Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 50. BGH v. 4.10.1984 – III ZR 119/84, NJW 1985, 617 (619); Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 50. Vgl. auch OLG Köln v. 25.6.1997 – 27 U 130/96, MMR 1998, 106 (Hinweis nur auf der Rückseite einer Rechnung problematisch). So auch Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 14; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 46; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 37; differenz. nach dem Inhalt der fingierten Erklärung Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 5 AGBG Rz. 20; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 52. Unzutr. von Westphalen in FS H. P. Westermann, 2008, S. 707 (722). OLG Oldenburg v. 24.5.2011 – 13 U 66/10, ZIP 2011, 1139 (1140); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 14; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 45; BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 25. So aber MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 15 und Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 14, die in diesem Fall einen tatsächlichen Hinweis genügen lassen wollen. Dagegen zu Recht Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 44. Auf diesen Fall abstellend Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 14. So aber Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 14.

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langen, wenn der Verwender den tatsächlichen Hinweis bei Vertragsschluss und Fristbeginn unterlassen hat92 (vgl. auch Rz. 12).

5. Anwendbarkeit von § 308 Nr. 5 bei VOB-Verträgen Nach seinem letzten Halbsatz galt § 308 Nr. 5 a.F. nicht für Verträge, in die Teil B der Verdingungsordnung für Bauleistungen insgesamt einbezogen war (Rz. 3). Die Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot fingierter Erklärungen für VOB-Verträge bezog sich in erster Linie auf die in § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B enthaltene Fiktion der Abnahme für diejenigen Fälle, in denen der Auftraggeber das Bauwerk in Benutzung nimmt, ohne dem Auftragnehmer hiervon Mitteilung zu machen93, betraf aber auch weitere Erklärungsfiktionen in der VOB/B; siehe dazu näher 10. Aufl., § 308 Nr. 5 Rz. 13. Mit dem Forderungssicherungsgesetz ist die Privilegierung für VOB-Verträge für Verträge mit Verbrauchern mit Wirkung ab dem 1.1.2009 entfallen (Rz. 3). Erklärungsfiktionen in der VOB/B unterliegen daher uneingeschränkt der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 5 (zu Erklärungsfiktionen in der VOB/B siehe Teil 2, (58) VOB/B Rz. 12). Das gilt auch dann, wenn die VOB/B gegenüber Verbrauchern als Ganzes, also ohne jede inhaltliche Abweichung, vereinbart worden ist94. Nach der Neufassung von § 310 Abs. 1 durch das Forderungssicherungsgesetz (vgl. Rz. 3) unterliegen im Falle der Verwendung der VOB/B gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen die einzelnen Bestimmungen der VOB/B dann keiner Inhaltskontrolle, wenn die VOB/B ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt in den Vertrag einbezogen worden ist95 (vgl. dazu § 310 Rz. 35a ff.). Diese ausdrückliche Sonderregelung für den genannten Kundenkreis bedeutet im Umkehrschluss, dass bei Verträgen mit Verbrauchern die VOB/B auch dann hinsichtlich jeder einzelnen Bestimmung uneingeschränkt der Inhaltskontrolle96 unterliegt, wenn sie insgesamt unverändert in den Vertrag einbezogen worden ist. Zur Inhaltskontrolle der VOB/B siehe im Einzelnen Teil 2, (58) VOB/B Rz. 1 ff.

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6. Unwirksamkeit Die Fiktionsklausel ist insgesamt unwirksam, wenn zumindest eine der in § 308 Nr. 5 lit. a und lit. b verlangten Voraussetzungen nicht erfüllt ist. Das ist auch dann der Fall, wenn die in der Klausel vorgesehene Erklärungsfrist (lit. a) unangemessen kurz ist. Eine Aufrechterhaltung der Klausel mit einer angemessenen Frist scheidet aus (§ 306 Rz. 14). Ebenso wenig kommt es in diesem Fall darauf an, ob der Verwender bei dem späteren Hinweis abweichend von der Klausel eine angemessene Frist setzt (§ 306 Rz. 14). Sieht die Klausel jedoch nur 92 Zutr. Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 44. 93 Der BT-Rechtsausschuss hatte die von ihm vorgeschlagene Erstreckung der Ausnahmeregelung auf die Erklärungsfiktionen nur auf diesen Fall gestützt, BT-Drucks. 7/5422 S. 14 zu § 23 Abs. 2 Nr. 5 AGBG. 94 Vgl. die bereits vor der Änderung von § 308 Nr. 5 ergangene Entscheidung BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1938 ff.); dazu Deckers NZBau 2008, 627 ff.; Kuffer NZBau 2009, 73 ff.; Motzke NZBau 2009, 579 ff. 95 Zum Erfordernis der insgesamt unveränderten Einbeziehung der VOB/B bei diesem Kundenkreis vgl. bereits BGH v. 10.5.2007 – VII ZR 226/05, WM 2007, 1714 (1715). 96 Dazu Schenke BauR 2008, 1972 ff.

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eine „angemessene Frist“ vor (Rz. 11) und ist die vom Verwender bei dem späteren Hinweis konkretisierte Frist unangemessen kurz, so tritt an deren Stelle eine angemessene Frist97. Die Unwirksamkeit der Fiktionsklausel wegen Fehlens der Hinweisverpflichtung (lit. b) wird nicht dadurch geheilt, dass der Hinweis zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich erfolgt98. Ist die Klausel aus den genannten Gründen unwirksam, kann die darin vorgeschriebene Erklärungsfiktion nicht eingreifen. Das Verhalten des Vertragspartners kann einen Erklärungswert jedoch unter den allgemeinen Voraussetzungen gewinnen, unter denen aus einem, ggf. auch konkludenten Verhalten auf die Abgabe einer Erklärung geschlossen werden kann99 (vgl. Rz. 5).

IV. Verträge mit Unternehmern 15

Gemäß § 310 Abs. 1 findet § 308 Nr. 5 bei Verträgen mit Unternehmern (vgl. dazu auch § 310 Rz. 25 ff.) keine Anwendung100. Auch hier ist aber ein Schutzbedürfnis gegenüber Erklärungsfiktionen grundsätzlich zu bejahen101. Aber besonders das Schweigen gegenüber einem Verhandlungs- oder Vertragspartner hat in diesem Bereich kraft Gewohnheitsrechts oder Handelsbrauchs in größerem Maß Erklärungswirkung102; vgl. auch die gesetzlichen Fiktionen der §§ 362 Abs. 1, 377 Abs. 2 HGB. Für den Kaufmann (Unternehmer) ist es üblich, Lieferungen und Mitteilungen zu prüfen und bei Bestehen von Einwendungen zu reklamieren, so dass es der nach § 308 Nr. 5 vorgeschriebenen zusätzlichen Klauselbestandteile nicht generell bedarf103. Das Klauselverbot des § 308 Nr. 5 bietet daher keine allgemein gültige Richtlinie für den Geschäftsverkehr mit Unternehmern bei der Inhaltskontrolle nach § 307104. Zwar ist regelmäßig auch bei

97 Zur entspr. Rechtsfolge unangemessen kurzer Nachfristen i.S.v. § 323 vgl. Palandt/ Grüneberg § 323 BGB Rz. 14. 98 BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08, DB 2009, 1186 (1189); OLG Köln v. 27.4.1988 – 13 U 245/87, NJW-RR 1988, 1459; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 30; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 14; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 45; offen gelassen in BGH v. 4.10.1984 – III ZR 119/83, NJW 1985, 617 (618). 99 Einschränkend auf Ausnahmefälle Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 46,50. 100 BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 30); BGH v. 17.9.1987 – VII ZR 155/86, BGHZ 101, 357 (363) = NJW 1988, 55; BGH v. 20.4.1989 – VII ZR 35/88, BGHZ 107, 205 (207) = NJW 1989, 2124; allerdings für Berücksichtigung der „Wertungen“ von § 308 Nr. 5 bei der Inhaltskontrolle nach § 307 BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 31) („Indizwirkung“ von § 308 Nr. 5); so zu § 10 Nr. 5 AGBG auch BGH v. 17.9.1987 – VII ZR 155/86, BGHZ 101, 357 (365); so ist wohl auch BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, WM 2008, 1963 (1966) – „§ 308 Nr. 5 gilt auch im kaufmännischen Verkehr“ – zu verstehen. 101 BGH v. 17.9.1987 – VII ZR 155/86, BGHZ 101, 357 (365) = NJW 1988, 55; BGH v. 20.4.1989 – VII ZR 35/88, BGHZ 107, 205 (207) = NJW 1989, 2124; BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (55). 102 Vgl. MünchKomm/K. Schmidt § 346 HGB Rz. 130 ff. 103 A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 27. 104 So auch Stoffels Rz. 658; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 70; MünchKomm/ Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 16; a.A. BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 31 f.); BGH v. 17.9.1987 – VII ZR 155/86, BGHZ 101, 357 (365) und BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, WM 2008, 1963 (1966) (allerdings ohne Entscheidungserheblichkeit dieser Feststellung); BeckOK/Becker § 308 Nr. 5 BGB Rz. 27; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 51; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 34.

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Fiktion des Zugangs

Verträgen mit Unternehmern die Möglichkeit zu einer ausdrücklichen Erklärung innerhalb einer angemessenen, mit Rücksicht auf die gesteigerten Anforderungen an den Unternehmer allerdings auch nur kurzen Frist einzuräumen105. Die Hinweisverpflichtung i.S.v. § 308 Nr. 5 lit. b ist demgegenüber im Allgemeinen jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn die Fiktion an ein Verhalten des Kunden oder an ein für ihn erkennbares Verhalten des Verwenders oder sonstige erkennbare äußere Ereignisse (Zeitablauf, vgl. Rz. 8) anknüpft106. Der deutliche Schwerpunkt bei der Inhaltskontrolle von Erklärungsfiktionen bei Verträgen mit Unternehmern sollte deshalb nicht bei der Einhaltung der formalen Kriterien von § 308 Nr. 5 liegen, sondern bei der materiellen Überprüfung, ob an der Fiktion angesichts ihrer Anknüpfungspunkte und Rechtsfolgen ein sachlich anzuerkennendes Interesse des Verwenders besteht107 (Rz. 7). Zu VOB-Verträgen vgl. Rz. 13. Zur grundsätzlich auch im Unternehmerverkehr geltenden (vgl. § 675e Abs. 4) Vorschrift des § 675g über die Vereinbarung einer Erklärungsfiktion für die Änderung eines Zahlungsdiensterahmenvertrages vgl. Rz. 5a.

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 6 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 6. (Fiktion des Zugangs) eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;

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3. Gesetzliche Rechtslage und Zugangsfiktionen . . . . . . . . . . .

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II. Inhalt der Vorschrift

I. Einleitung 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entstehung der Vorschrift . . . . . .

1. Erklärung des Verwenders . . . . .

3 4

105 Vgl. BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, NJW 2008, 3348 (Tz. 28); OLG Hamburg v. 29.10.2009 - 6 U 253/08, BeckRS 2012, 00716 (Schiffsbau); OLG Karlsruhe bei Bunte AGBE III § 9 Nr. 15 (S. 194 f., 200): Unwirksamkeit einer Klausel, wonach der Auftragnehmer eines Bauwerks ohne Widerspruchsmöglichkeit auf Einreden jeglicher Art gegen die Vollständigkeit und Richtigkeit der vom Auftraggeber wegen Verzugs des Auftragnehmers selbst erstellten Schlussrechnung verzichtet. Zust. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 17; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 70; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 5 BGB Rz. 15. A.A. Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 51. 106 Ähnl. Stoffels Rz. 658; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 5 BGB Rz. 17; Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 70; generell für Erforderlichkeit der Hinweisverpflichtung aber OLG Düsseldorf v. 23.3.2000 – 10 U 160/97, NJW-RR 2001, 299 (300) (zu § 10 Nr. 5 AGBG); so wohl auch BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 31 f.); LG Münster v. 20.3.2014 – 012 O 318/11, BeckRS 2014, 14445. 107 So auch Stoffels Rz. 658. Aus der Rspr. vgl. BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (55): Verstoß einer Klausel in einem Automatenaufstellvertrag gegen §§ 3, 9 AGBG, wonach der Wunsch eines Gastwirts auf Austausch einer Musikbox durch ein Neugerät als Angebot auf Neuabschluss eines zehn Jahre laufenden Aufstellvertrages fingiert wird; dem zust. Wolf/Dammann § 308 Nr. 5 BGB Rz. 71.

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§ 308 Nr. 6 BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

2. Fiktion des Zugangs . . . . . . . . . .

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3. Erklärung von besonderer Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

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III. Verträge mit Unternehmern . . . .

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I. Einleitung 1. Überblick 1 Mit Ausnahme der in § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 genannten Verträge erstreckt sich der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 6 auf alle Arten von Verträgen, bei denen der Vertragspartner („Kunde“) des AGB-Verwenders weder Unternehmer noch dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 1). Die mit dem früheren § 10 Nr. 6 AGBG übereinstimmende Vorschrift befasst sich mit Klauseln, die das Wirksamwerden von Erklärungen des Verwenders dadurch erleichtern, dass sie abweichend von § 130 Abs. 1 Satz 1 nicht auf den tatsächlichen Zugang einer Erklärung beim Kunden abstellen (Rz. 3), sondern diesen Zugang fingieren. Regelungen, die das Wirksamwerden von Erklärungen des Kunden erschweren, werden von § 309 Nr. 13 erfasst. Die Zugangsfiktion ist eine besondere Art der Tatsachenfiktion. Systematisch würde sie daher zu § 309 Nr. 12 (Beweislastklausel) gehören; die Regelung ist aber bewusst nicht in den Katalog der absolut unzulässigen Klauseln (§ 309; früher § 11 AGBG) übernommen worden (Rz. 2). Unwirksam sind Zugangsfiktionen dementsprechend nach § 308 Nr. 6 nur, wenn sie sich auf Erklärungen von besonderer Bedeutung beziehen. Der vorformulierte Verzicht auf den Zugang fällt nicht unter § 308 Nr. 6; die Inhaltskontrolle richtet sich nach § 3071. Eine gegenüber Zugangsfiktionen großzügigere Beurteilung derartiger Verzichtsklauseln ist nicht generell gerechtfertigt; sie sind daher unwirksam, wenn sie Erklärungen von besonderer Bedeutung erfassen, wie z.B. die Annahme eines Vertragsangebots durch den Verwender2. Anderes gilt dann, wenn die typischen Begleitumstände des Geschäftstyps, insbesondere der Massencharakter der für den Verwender in Betracht kommenden Erklärungen, eine sachliche Rechtfertigung oder sogar Notwendigkeit für den Verzicht auf das Zugangserfordernis und die Festlegung eines anderen Übermittlungsweges in AGB bilden3. Auch im Verhältnis zum Erwerber einer durch Einschaltung eines Emissionskonsortiums begebenen Anleihe ist deshalb eine Klausel in Anleihebedingungen wirksam, nach der für eine vorzeitige Kündigung deren Bekanntmachung im Bundesanzeiger 1 H.M., vgl. LG München v. 23.10.1991 – 15 S 158/91, NJW-RR 1992, 244, (zu § 9 AGBG); Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 10, 23 ff.; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 6 BGB Rz. 4; BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 11. A.A. OLG Düsseldorf v. 29.1.2015 – I-6 U 166/13, BeckRS 2015, 03684; LG Koblenz v. 20.3.1987 – 4 T 29/87, DNotZ 1988, 496 (497) mit insoweit zust. Anm. Kanzleiter; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 36; im Erg. auch LG Potsdam v. 11.1.2008- 12 O 107/07, BeckRS 2009, 24347. 2 OLG Düsseldorf v. 30.4.2002 – 24 U 154/01, NJW-RR 2003, 126 (127) (Leasingvertrag); OLG Hamm v. 14.3.1986 – 4 U 197/85, WM 1986, 1362 (1364) (Leasingvertrag). Vgl. auch MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 6 BGB Rz. 4; Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 25; AnwKommAGB/Jilg § 308 Nr. 6 BGB Rz. 13 (jeweils für Inhaltskontrolle nach § 307 unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 308 Nr. 6). Für Wirksamkeit des Verzichts auf den Zugang OLG Rostock v. 13.9.1999 – 3 U 169/98, BeckRS 1999, 30998945 (Leasingvertrag). 3 OLG Frankfurt v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, WM 1993, 2089 (2090); BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 12.

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Fiktion des Zugangs

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ausreichend und für deren Wirksamkeit eine Mitteilung an den einzelnen Anleihegläubiger nicht erforderlich ist4; vgl. aber auch Teil 2, (62) Wertpapierbedingungen Rz. 6. Zur von § 308 Nr. 6 nicht erfassten Absendungsvermutung vgl. Rz. 6, zur Empfangsvollmacht vgl. Rz. 5. Die Vereinbarkeit einer Klausel mit § 308 Nr. 6 schließt eine Inhaltskontrolle nach § 307 nicht aus5 (Rz. 7); vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 9 f. – Zur Anwendung der Klauselverbote des § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 3.

2. Entstehung der Vorschrift Der Teilbericht I (vgl. zur Entstehungsgeschichte auch § 308 Nr. 5 Rz. 4 und allgemein zu den AGB-rechtlichen Bestimmungen Einl. Rz. 16 ff.) enthielt in § 8 Nr. 18 lit. b das absolute Verbot einer Bestimmung, „nach der eine Willenserklärung oder eine Mitteilung als zugegangen gilt“. Der RefE II (§ 10 Nr. 15 lit. c) und der RegE (§ 9 Nr. 15) sahen eine ähnliche Vorschrift unter den generell verbotenen Beweislastklauseln vor. Ein absolutes Verbot hielt der Rechtsausschuss des BT6 jedoch für zu weitgehend, weil es namentlich im Massengeschäft der Banken „zu erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten und möglicherweise auch zu Kostensteigerungen führen [würde], die im Interesse der Kunden vermieden werden sollten“. Das Verbot wurde in den Katalog der Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit aufgenommen, weil wenigstens für Mitteilungen des Verwenders ohne besondere Bedeutung die Möglichkeit freigelassen werden soll, den Zugangsbeweis durch AGB zu erleichtern. Die mit dem SMG (vgl. dazu Einl. Rz. 28 ff.) in das BGB eingefügte Vorschrift des § 308 Nr. 6 entspricht vollständig dem früheren § 10 Nr. 6 AGBG. Die Klauselrichtlinie (vgl. dazu Einl. Rz. 91 ff.) enthält keine Vorgaben für § 308 Nr. 67.

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3. Gesetzliche Rechtslage und Zugangsfiktionen „Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht“ (§ 130 Abs. 1 Satz 1). Die Beweislast für das Zugehen liegt bei dem Erklärenden. Gesetz und Rechtsprechung lassen in diesem Punkt keine Beweiserleichterung zu, auch keinen Anscheinsbeweis, selbst nicht bei Einschreibebriefen8. Gesetzliche Ausnahmevorschriften mit der Folge, dass damit übereinstimmende AGB-Bestimmungen nach § 307 Abs. 3 der Inhaltskontrolle nicht unterliegen, finden sich in §§ 132 BGB, 13 VVG. § 132 eröffnet für den Erklärenden zwei Möglichkeiten, die Fiktion des Zugangs durch Zustellung zu erzeugen. § 13 VVG betrifft Erklärungen des Versicherers an den Versicherungsnehmer, der umgezogen ist und dies dem Versicherer nicht mitgeteilt hat, und begründet für Willenserklärungen jeder Art eine Zugangsfiktion auf Grund Absendung eines eingeschriebenen Briefes an die letzte dem Versicherer bekannte Anschrift des Versicherungsnehmers. Entsprechendes gilt bei einer Namens4 OLG Frankfurt v. 21.10.1993 – 16 U 198/92, WM 1993, 2089 (2090); BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 12. 5 BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1940). 6 BT-Drucks. 7/5422 S. 7. 7 Vgl. MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 6 BGB Rz. 2. 8 Vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 23.9.2013 – 5 Sa 18/13, BeckRS 2014, 65241, m.w.N. zum unterschiedlichen Meinungsstand für das Einwurfeinschreiben.

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änderung des Versicherungsnehmers. Diese Vorschrift hat Ausnahmecharakter und kann sich für den Versicherungsnehmer nachteilig auswirken, weil sie auch Mitteilungen des Versicherers betrifft, die erhebliche Rechtsfolgen auslösen, wie z.B. Kündigungen. Mit Recht wurde daher entschieden, dass die Zugangsfiktion nicht auf die Absendung einfacher Briefe ausgedehnt werden darf9.

II. Inhalt der Vorschrift 1. Erklärung des Verwenders 4 Die Vorschrift des § 308 Nr. 6 erfasst nicht nur rechtsgeschäftliche und geschäftsähnliche Erklärungen, sondern Mitteilungen des Verwenders jeder Art (allg. M.). Das zeigt die Ausrichtung der Vorschrift an Nr. 1 Abs. 2 AGB Banken Fassung 1969 (vgl. Rz. 2), wo von „schriftlichen Mitteilungen der Bank“ schlechthin die Rede war. In § 309 Nr. 13 sind „Anzeigen und Erklärungen“ genannt. Ein sachlicher Unterschied dürfte nicht bestehen. Erklärungen eines Vertreters des Verwenders wirken gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 unmittelbar für den Verwender; § 308 Nr. 6 findet daher in diesen Fällen unmittelbar Anwendung10 und nicht nur analog11.

2. Fiktion des Zugangs 5 § 308 Nr. 6 ist immer anwendbar, wenn der tatsächliche Zugang als Voraussetzung für das Wirksamwerden einer Erklärung des Verwenders durch ein anderes Ereignis ersetzt wird, etwa die Absendung der Erklärung. Auf die Formulierung der Fiktion, insbesondere die Verwendung der Worte „gilt als zugegangen“, kommt es nicht an. Daher fällt auch die in ihren Wirkungen der Zugangsfiktion vergleichbare Vermutung des Zugangs unter § 308 Nr. 6 (zu unwiderlegbaren Vermutungen vgl. Rz. 6a), ist also nicht als Beweislastklausel gemäß § 309 Nr. 12 generell verboten (allg. M.)12. Nur so gelangt man zu einem sinnvollen Ergebnis bei der Abgrenzung der beiden Vorschriften. Für die Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 6 ist es unerheblich, welche Tatbestände der Fiktion oder Vermutung zugrunde liegen sollen; insoweit kann jedoch die Angemessenheitsprüfung nach § 307 erfolgen13 (Rz. 1). Keine Bedenken bestehen dabei – soweit es um Erklärungen ohne besondere Bedeutung geht – gegen die verbreitete Regelung, dass der Zugang der Erklärung auf Grund ihrer Absendung durch den Verwender fingiert wird14 oder bei einer Klausel, die für den Zugang die Zuleitung der Erklärung an die letzte dem Verwender bekannte Adresse des Kunden genügen lässt, wenn sich die Anschrift des Kunden zwischenzeitlich geändert hat. Klauseln, die allein oder zusätzlich zur Fiktion des Zugangs den Zeitpunkt des Zugangs

9 10 11 12 13 14

So zu § 10 VVG a.F. OLG Hamburg v. 11.7.1979 – 4 U 88/79, VersR 1980, 38 (39). So wohl auch BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 9. „Zumindest“ dafür Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 9. Vgl. nur Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 1. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 7. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 1, 7; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 6 BGB Rz. 4.

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fingieren, unterliegen auch insoweit der Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 615. Nicht unter § 308 Nr. 6, sondern unter § 307 fällt eine – in ihren Auswirkungen einer Zugangsfiktion allerdings gleichkommende16 – Klausel, wonach mehrere Vertragspartner sich gegenüber dem Verwender gegenseitig Empfangsvollmacht erteilen oder erklären, dass die gegenüber einem von ihnen abgegebene Erklärung des Verwenders auch gegenüber dem oder den anderen wirksam ist17. Gleiches gilt für sonstige Empfangsbevollmächtigungen des Kunden in vom Verwender vorformulierten Vertragsbedingungen18. Zu Vollmachtsklauseln siehe Teil 2, (60) Vollmachtsklauseln. Eine Fiktion der Kenntnis von Erklärungen aufseiten des Kunden wird von § 308 Nr. 6 ebenfalls nicht erfasst, sondern unterliegt der Inhaltskontrolle nach § 30719. Sieht die Klausel eine Fiktion des Zugangs vor, so muss aber der Verwender zumindest den Beweis führen, dass die Erklärung abgegeben (abgesandt) wurde. Beweiserleichterungen zu Gunsten des Verwenders in dieser Vorfrage des Zugangs werden von § 308 Nr. 6 nicht erfasst und unterliegen in vollem Umfang der Kontrolle nach § 309 Nr. 12. Eine Klausel, die dem Verwender den Beweis der Absendung abnimmt oder die Absendung einer Erklärung fingiert oder vermutet, verstößt gegen § 309 Nr. 12 (allg. M.)20. Unwirksam ist daher die Absendungsvermutung im Hinblick auf einen einfachen Aktenvermerk des Verwenders21; das Gleiche gilt für sonstige Absendungsvermutungen. Sie lassen sich im Regelfall auch nicht nur als ohnehin anzuwendende prima-facie-Beweisregel einordnen.

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Gesetzliche Vermutungstatbestände haben die Funktion einer Beweislastum- 6a kehr (§ 292 ZPO); bereits deshalb kann mangels einer abweichenden, klaren Ausgestaltung von Vermutungstatbeständen in AGB nicht davon ausgegangen werden, dass sie in einem grundsätzlich anderen Sinn wie gesetzliche Vermutungstatbestände zu verstehen sind. Angesichts der typischen Funktion von Zugangsfiktionen, eine Beweiserleichterung für den eine Erklärung abgebenden Verwender zu schaffen (vgl. Rz. 3), muss im Regelfall davon ausgegangen wer15 Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 7; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 6 BGB Rz. 3; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 6; BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 10. 16 BGH v. 10.9.1997 – VIII ARZ 1/97, NJW 1997, 3437 (3439); BGH v. 22.6.1989 – III ZR 72/88, BGHZ 108, 98 (101) = NJW 1989, 2383; KG v. 10.1.1990 – 23 U 5932/88, NJW-RR 1990, 544 (553 f.); Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 27a. 17 BGH v. 10.9.1997 – VIII AZR 1/97, NJW 1997, 3437 (3439); Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 27a; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 1, 4; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 55; BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 14; a.A. Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 36. Für die Unwirksamkeit dieser Klausel in Kreditverträgen nach § 9 AGBG zu Recht BGH v. 22.6.1989 – III ZR 72/88, BGHZ 108, 98 (101) sowie KG v. 10.1.1990 – 23 U 5932/88, NJW-RR 1990, 544 (553 f.) (Bausparvertrag), unter Berücksichtigung der Wertung des früheren § 10 Nr. 6 AGBG. Für Wirksamkeit einer Vollmachtsklausel bei Mietverträgen aber BGH v. 10.9.1997 – VIII ARZ 1/97, NJW 1997, 3437 (3439), zu § 9 AGBG; vgl. auch OLG Celle v. 29.12.1989 – 2 U 200/88, BeckRS 1989, 30944679. 18 A.A. KG v. 3.12.1991 – 6 U 3495/90, NJW-RR 1992, 859 (861) – für Anwendbarkeit von § 10 Nr. 6 AGBG zur Empfangsbevollmächtigung einer Bank in Restschuldversicherungsbedingungen; eine derartige Klausel ist aber nach § 307 unwirksam. 19 Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 8 – 9; BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 15. Für Anwendung von § 308 Nr. 5 aber Stoffels Rz. 665. 20 Statt aller Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 1. 21 OLG Hamburg v. 27.6.1980 – 11 U 14/80, VersR 1981, 125. A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 13.

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den, dass dem Kunden der Gegenbeweis des unterbliebenen Zugangs offen steht22. Zugangsfiktionen, die diesen Beweis ausschließen, sind nach § 307 unwirksam23; das trifft namentlich für eine ausdrücklich als unwiderlegbar ausgestaltete Zugangsvermutung zu. Wesentliche Bedeutung kommt dem allerdings nicht zu, da § 308 Nr. 6 Zugangsfiktionen ohnehin nur für Erklärungen zulässt, die keine besondere Bedeutung haben.

3. Erklärung von besonderer Bedeutung 7 Der Bericht des Rechtsausschusses des BT (Rz. 2) erwähnt zum Beispiel die Kreditkündigung als eine Erklärung, die so weit reichende Folgen hat, dass es unbillig wäre, die Bank im Zweifelsfalle vom Beweis des Zugangs zu entbinden oder ihr diesen Beweis zu erleichtern. Darüber hinaus haben aber grundsätzlich alle Erklärungen, die für den Vertragspartner mit nachteiligen Rechtsfolgen verbunden sind, besondere Bedeutung24. Als Beispiele sind neben Kündigungen25 und Rücktrittserklärungen auch Mahnungen26, Rechnungen27, Frist- und Nachfristsetzungen, eine Pfandverkaufsandrohung28, Hinweise i.S.v. § 308 Nr. 5 b29 (vgl. § 308 Nr. 5 Rz. 12) und Ladungen zu Wohnungseigentümerversammlungen30 zu nennen, bei Arbeitsverhältnissen z.B. Kündigungen und Abmahnungen31. Nachteilige Rechtsfolgen können auch darin liegen, dass der Vertragspartner aufgrund des nur fingierten Zugangs die Wahrnehmung von Rechten, z.B. die Teilnahme an einer Wohnungseigentümerversammlung, versäumen kann32. Bei solchen Erklärungen kann die Möglichkeit des Zugangs diesen nicht ersetzen. Da die Vorschrift die Zugangsfiktion ursprünglich hauptsächlich für die einfachen Bankmitteilungen33 zulassen sollte (vgl. Rz. 2, 4), besteht kein Anlass, an den Begriff der besonderen Bedeutung hohe Anforderungen zu stellen. Soweit die Klausel nur Erklärungen ohne besondere Bedeutung erfasst, ist eine Inhaltskontrolle 22 So wohl auch OLG Hamburg v. 21.12.1984 – 14 U 209/83, WM 1986, 383 (385); vgl. auch BGH v. 4.7.1985 – III ZR 144/84, NJW 1985, 2699. 23 A.A. wohl Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 11, 22. 24 H.M., vgl. OLG Düsseldorf v. 29.1.2015 – I-6 U 166/13, BeckRS 2015, 03684; OLG Oldenburg v. 27.3.1992 – 11 U 113/91, WM 1992, 1181 (1183); Stoffels Rz. 668; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 53; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 6 BGB Rz. 5; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 6; einschränk. Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 4 bei Nachteilen „von ganz geringer wirtschaftlicher Bedeutung“; ähnl. BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 19 („Geringwertigkeit der Vermögenswerte“, auf die sich die Zugangsfiktion ausschließlich bezieht). 25 BayObLG v. 18.12.1979 – BReg.2 Z 11/79, NJW 1980, 2818 (2819 f.); im Ergebnis auch BGH v. 22.6.1989 – III ZR 72/88, BGHZ 108, 98 (101) (Darlehensvertrag); OLG Hamburg v. 27.6.1980 – 11 U 14/80, VersR 1981, 125 (126) (Versicherungsvertrag). 26 OLG Hamburg v. 27.6.1980 – 11 U 14/80, VersR 1981, 125; Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 4. 27 OLG Düsseldorf v. 29.1.2015 – I-6 U 166/13, BeckRS 2015, 03684. 28 LG Stuttgart Bunte AGBE 1 Nr. 56. 29 Einschränkend Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 4. 30 OLG München v. 20.3.2008 – 34 Wx 46/07, NJW-RR 2008, 1182 (1184). 31 Vgl. Clemenz/Kreft/Krause/Brühler AGB-Arbeitsrecht, 2013, § 308 BGB Rz. 108. 32 Vgl. AnwKommAGB/Jilg § 308 Nr. 6 BGB Rz. 16; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 6. 33 Bei der in den früheren Banken-AGB enthaltenen Zugangsfiktion für Rechnungsabschlüsse im Kontokorrentverhältnis sah der BGH – anders bei Tageskontoauszügen – gewichtige Gründe für die Annahme einer Erklärung von besonderer Bedeutung, vgl. BGH v. 4.7.1985 – III ZR 144/84, NJW 1985, 2699.

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nach § 307 zwar nicht von vornherein ausgeschlossen. Angesichts der weiten Auslegung des Merkmals der „besonderen Bedeutung“, die jeden rechtlichen Nachteil für den Kunden genügen lässt, wird aber die Inhaltskontrolle nach § 307 regelmäßig nicht zur Unwirksamkeit führen34. Hiervon zu unterscheiden ist die Angemessenheitsprüfung der für den Eintritt der Fiktion vorgesehenen Tatbestände (Rz. 5).

4. Unwirksamkeit Eine Fiktionsklausel ist insgesamt unwirksam, wenn sie sich auf Grund ihrer pauschalen Formulierung auch auf Erklärungen des Verwenders von besonderer Bedeutung erstreckt (§ 306 Rz. 14). Dagegen beschränkt sich die Unwirksamkeit auf die unangemessenen Anwendungsfälle, wenn die Klausel ausdrücklich auch Fälle mit Erklärungen des Verwenders ohne besondere Bedeutung regelt (§ 306 Rz. 12). Unbedenklich ist es, wenn der Verwender die Erklärungen, die als zugegangen gelten sollen, nicht näher bezeichnet und die Zugangsfiktion entsprechend dem Gesetzestext so formuliert, dass Erklärungen ohne besondere Bedeutung als zugegangen gelten35. Wenn die Zugangsfiktion ohne Wirkung ist, muss der Verwender im Streitfall den Zugang seiner Erklärung beweisen.

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III. Verträge mit Unternehmern § 308 Nr. 6 findet gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 bei Verträgen mit Unternehmern (vgl. dazu auch § 310 Rz. 25 ff.) keine Anwendung. Auch der Unternehmer wird aber im Regelfall unangemessen benachteiligt, wenn eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung fiktiv als zugegangen gelten soll36. Jedoch ist es nicht veranlasst, bei der Inhaltskontrolle nach § 307 bei Unternehmern ebenso strenge Maßstäbe anzulegen wie bei Verbrauchern (dazu Rz. 7)37. Der Tatbestand der „besonderen Bedeutung“ einer Erklärung ist bei Verträgen mit Unternehmern also nicht schon bei jeder nachteiligen Auswirkung einer Erklärung er-

34 Ähnl. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 7; Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 22. 35 Stoffels Rz. 669; Stübing NJW 1978, 1611; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 56; Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 3. A.A. MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 6 BGB Rz. 5; BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 20; Clemenz/Kreft/Krause/Brühler AGB-Arbeitsrecht, 2013, § 308 BGB Rz. 110. Nicht einheitlich wohl Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 6. 36 Allg. M.; aus der Rspr. vgl. OLG Hamburg v. 21.12.1984 – 14 U 209/83, WM 1986, 383 (385). Allgemein für eine Indizwirkung der Klauselverbote von § 308 bei der Inhaltskontrolle im Unternehmerverkehr nach § 307 BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 32). 37 So im Ergebnis auch Stoffels Rz. 671; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 57; Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 31; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 6 BGB Rz. 6; wohl auch OLG Hamburg v. 21.12.1984 – 14 U 209/83, WM 1986, 383 (385): Wirksamkeit von Zugangsfiktionen, wenn dem Empfänger nach Art seiner Geschäftsorganisation der Gegenbeweis zuzumuten ist. Zur Beurteilung dieser Frage bei Mängelrügen vgl. BGH v. 13.5.1987 – VIII ZR 137/86, BGHZ 101, 49 (55). A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 23; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 38; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 6 BGB Rz. 9.

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Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

füllt38, sondern setzt Nachteile von gewissem Gewicht voraus. Das ist im Regelfall zu bejahen bei Kündigungen, Rücktrittserklärungen, Nachfristsetzungen und wohl auch Mängelrügen (§ 377 HGB), nicht aber z.B. bei Mahnungen39. Davon zu unterscheiden ist es, dass nach Handelsbrauch mitunter eine Erklärung, um wirksam zu werden, nicht des Zugehens bedarf, vielmehr eine Absendung ausreicht, so z.B. für die Verladeanzeige beim Abladegeschäft40.

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 7 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 7. (Abwicklung von Verträgen) eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt, a) eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder b) einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann; I. Einleitung 1. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

2. Entstehung der Vorschrift . . . . . .

2

3. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . .

3

4. Verhältnis zu § 309 Nr. 5 und 6 . .

4

5. EG-Richtlinie 93/13/EWG a) Richtlinienregelung . . . . . . . . b) Inhalt der Vorschrift . . . . . . . . c) Bedeutung für § 308 Nr. 7 . . . .

5a 5b 5c

II. Inhalt der Vorschrift 1. Fälle des Rücktritts oder der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . .

6

2. Vergütung im Fall des Rücktritts vom Vertrag . . . . . . . . . . . . . . .

10

3. Aufwendungsersatz im Fall des Rücktritts vom Vertrag . . . . . . .

13

4. Vergütung im Fall der Kündigung des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . .

15

5. Aufwendungsersatz im Fall der Kündigung des Vertrags . . . . . . .

19

6. Rückzahlungsaufschubklauseln

21

7. Darlegungs- und Beweislast . . . .

22

8. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

23

III. Verträge mit Unternehmern . . . .

24

Schrifttum: Lindacher Zur Zulässigkeit des formularmäßigen Ausbedingens von Vertragsabwicklungsgebühren bei Dauerschuldverhältnissen im Dienstleistungsbereich, ZIP 2002, 49.

38 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 57. A.A. ausdrücklich BeckOK/Becker § 308 Nr. 6 BGB Rz. 23; Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 6 AGBG Rz. 14. 39 A.A. Wolf/Dammann § 308 Nr. 6 BGB Rz. 31; AnwKommAGB/Jilg § 308 Nr. 6 BGB Rz. 19. 40 RGZ 88, 393.

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Abwicklung von Vertrgen

§ 308 Nr. 7 BGB

I. Einleitung 1. Übersicht Mit Ausnahme der in § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 genannten Verträge erstreckt sich der Anwendungsbereich von § 308 Nr. 7 auf alle Arten von Verträgen, bei denen der Vertragspartner („Kunde“) des AGB-Verwenders weder Unternehmer noch dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 1). Die mit dem früheren § 10 Nr. 7 AGBG übereinstimmende Vorschrift richtet sich gegen Bestimmungen in AGB, nach denen der Verwender sich eine unangemessen hohe Leistung (Vergütung, Aufwendungsersatz) versprechen lässt für Fälle des Rücktritts vom Vertrag oder der Kündigung des Vertrages, gleich durch welche Vertragspartei (Rz. 6). Unberührt bleiben spezielle zwingende Vorschriften, wie z.B. § 357 i.V.m. § 361, § 508 i.V.m. § 511; sie gehen § 308 Nr. 7 vor1 (vgl. auch Rz. 10). Die Überschrift „Abwicklung von Verträgen“ ist zu allgemein gehalten und charakterisiert die verbotenen Klauseln nur ungenau; die Vorschrift regelt Ansprüche aus gestörten2, weil vorzeitig beendeten3 Vertragsverhältnissen, greift also z.B. nicht in Fällen ein, in denen ein Dauerschuldverhältnis durch ordentliche Kündigung beendet wird4 oder in denen dem Kunden im Zusammenhang mit der Vertragsdurchführung zusätzliche Zahlungspflichten auferlegt werden5; dazu auch Rz. 7. In diesen Fällen erfolgt die Inhaltskontrolle nach § 307, wobei die Wertungskriterien von § 308 Nr. 7 herangezogen werden können. Die an die Lösung eines bestehenden Vertrages anknüpfende Vorschrift ist weiterhin nicht anwendbar auf Klauseln, die Aufwendungsersatzansprüche für den Fall des Nichtzustandekommens eines Vertrages vorsehen6.

1 Stoffels Rz. 1004; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 7 BGB Rz. 3; Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 5; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 14; BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 2, 4. 2 Vgl. BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, NJW 1992, 1751 (1752); OLG Schleswig v. 19.7.2001 – 2 U 40/00, ZIP 2001, 1963 (1964); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 2; BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 1. A.A. Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 1 Fn. 1; Struck MMR 2002, 177. 3 Vgl. OLG Stuttgart v. 24.3.2010 – 3 U 188/09, NJOZ 2010, 1627 (1629); MünchKomm/ Wurmnest § 308 Nr. 7 BGB Rz. 2; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 59; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 40. So wohl allgemein auch BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, NJW 1983, 1491 (1492). A.A. Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 10; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Abwicklungsklauseln) Rz. 2. 4 Vgl. OLG Schleswig v. 19.7.2001 – 2 U 40/00, ZIP 2001, 1963 (1964): keine Geltung von § 10 Nr. 7 AGBG für Stilllegungsgebühren in AGB eines Mobilfunkdienstanbieters. Im Erg. a.A. zu Stilllegungsgebühren LG Düsseldorf v. 11.7.2001 – 12 O 506/00, MMR 2002, 178. Die Revisionsentscheidung zu OLG Schleswig v. 19.7.2001 – 2 U 40/00, ZIP 2001, 1963 nimmt die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG bzw. § 307 vor, ohne sich mit der Frage der Anwendbarkeit von § 308 Nr. 7 auseinanderzusetzen, vgl. BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, ZIP 2002, 1152 (1154 f.). Für Anwendung von § 308 Nr. 7 Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 10; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 6; von Westphalen/ Thüsing Vertragsrecht (Abwicklungsklauseln) Rz. 2, 7, 10. Vgl. auch BGH v. 25.5.1983 – IVa ZR 182/81, NJW 1983, 2817 (2819): Anwendung von § 10 Nr. 7 AGBG bei einer ordentlichen Kündigung eines Eheanbahnungsvertrages. 5 BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, NJW 1992, 1751 (1752) (zu Überziehungszinsen); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 2; BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 6; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Abwicklungsklauseln) Rz. 11. 6 MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 7 BGB Rz. 5; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 2; BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 6.

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Für eine analoge Anwendung7 von § 308 Nr. 7 besteht kein Bedürfnis; derartige Klauseln können nach § 307 unter Berücksichtigung der Wertungen von § 308 Nr. 7 überprüft werden. 1a

Als Richtlinie bei der Angemessenheitsprüfung bietet sich das Kriterium an, in welcher Höhe der Vertragspartner dem Verwender nach den gesetzlichen Vorschriften eine Vergütung bzw. Aufwendungsersatz schulden würde, wenn die Klausel nicht vorhanden wäre. Diesem Maßstab muss die Klausel im typischen Anwendungsfall entsprechen oder nahe kommen, wenn sie der Inhaltskontrolle standhalten soll8. Das ist für Klauseln zu bejahen, bei denen die nach den gesetzlichen Vorschriften typischerweise geschuldete Höhe der Vergütung bzw. des Aufwendungsersatzes nicht in einem erheblichen bzw. wesentlichen Umfang überschritten wird (Rz. 13, 16)9. Über den Wortlaut von § 308 Nr. 7 hinaus müssen in dessen Anwendungsbereich fallende Klauseln dem Kunden ausdrücklich den Gegenbeweis wesentlich niedrigerer Vergütungen oder Aufwendungen gestalten; anderenfalls sind sie bereits aus diesem Grunde unwirksam (Rz. 4). § 308 Nr. 7 betrifft nur vorformulierte Abreden zur Höhe des dem Verwender zustehenden Anspruchs. Eine Klausel, die dem Verwender durch Begründung im Gesetz überhaupt nicht vorgesehener Zahlungspflichten (gleich welcher Art) schon dem Grunde nach mehr zubilligt, als nach dem Gesetz gerechtfertigt ist, unterliegt nur der Inhaltskontrolle nach § 30710 (zu Aufwendungsersatzansprüchen vgl. Rz. 13); jedoch sind bei der Überprüfung der Höhe der Zahlungspflichten des Kunden die Wertungskriterien von § 308 Nr. 7 heranzuziehen11. Unwirksam sind daher nach § 307 auch für den Fall der einvernehmlichen Vertragsaufhebung vorgesehene Vergütungsregelungen, wenn sie unangemessen hoch sind12.

7 So LG Dortmund v. 12.5.1993 – 1 S 491/92, NJW-RR 1994, 305 zum Aufwendungsersatz für Kosten einer Hypothekenbank für die Schätzung eines Beleihungsobjektes bei Nichtzustandekommen des Darlehensvertrages. 8 BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 31); BGH v. 3.2.2005 – III ZR 268/04, WM 2005, 699 (701); BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, NJW 1983, 1491 (1492); BGH v. 8.11.1984 – VII ZR 256/83, NJW 1985, 632; BGH v. 29.5.1991 – IV ZR 187/90, NJW 1991, 2763; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 7 BGB Rz. 9; Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 1; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 2a. 9 So zu Recht Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 31: „Demnach sind wesentliche Abweichungen schädlich, unwesentliche Abweichungen dagegen unschädlich.“ So auch BGH v. 10.10.1996 – VII ZR 250/94, NJW 1997, 259 (260) (Abweichung darf „nicht nur unwesentlich“ sein). In anderen Entscheidungen wird nicht deutlich, ob von einer derartigen „Bagatellgrenze“ auszugehen ist, worauf Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 31 zu Recht hinweist. Vgl. als Beispiel BGH v. 29.5.1991 – IV ZR 187/90, NJW 1991, 2763 f.; dort wird aber auch darauf hingewiesen, dass der Verwender bei einer von der typischen gesetzlichen Höhe abweichenden Regelung gegebenenfalls darzulegen habe, „daß die Höhe der Pauschale durch Besonderheiten gerechtfertigt ist“. 10 Stoffels Rz. 999; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 39; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 3. A.A. Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 22, 68 f. (§ 308 Nr. 7 anwendbar). 11 OLG Hamburg v. 17.4.1990 – 4 U 222/89, NJW-RR 1990, 909 (910) (Vergütungsregelung für den Fall einvernehmlicher vorzeitiger Vertragsaufhebung). 12 So im Ergebnis auch Stoffels Rz. 997; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 12; Erman/ Roloff § 308 BGB Rz. 59; für Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 7 BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 5. Für Wirksamkeit einer Klausel in einem Mietaufhebungsvertrag, nach der zur pauschalen Abgeltung des erhöhten Verwaltungs- und Vermietungsaufwands vom Mieter eine „Monatsmiete netto/kalt“ zu zahlen ist, OLG Hamburg v. 17.4.1990 – 4 U 222/89, NJW-RR 1990, 909 (910 f.).

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Abwicklung von Vertrgen

§ 308 Nr. 7 BGB

Die Vereinbarkeit einer Klausel mit § 308 Nr. 7 schließt eine Inhaltskontrolle nach § 307 nicht aus13; vgl. dazu auch Vor § 307 Rz. 9 f. Zur Anwendung der Klauselverbote des § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. Rz. 5a ff. und § 308 Nr. 1 Rz. 3.

1b

2. Entstehung der Vorschrift Im Teilbericht I – allgemein zur Entstehungsgeschichte der AGB-rechtlichen Be- 2 stimmungen vgl. Einl. Rz. 16 ff. – fanden sich zwei Vorschriften: Unter den Klauselverboten mit Wertungsspielraum (§ 7 Nr. 4 Teilbericht I) das Verbot einer Bestimmung, „nach der bei der Rückabwicklung von Vertragsverhältnissen eine unangemessen hohe Vergütung für die Überlassung der Benutzung einer Sache oder für geleistete Dienste verlangt werden kann“; ferner unter den Klauselverboten ohne Wertungsspielraum (§ 8 Nr. 5 Teilbericht I) das Verbot eines pauschalierten Anspruchs „auf Schadensersatz, Ersatz von Aufwendungen oder einer Wertminderung“. Im RefE II wurde das Verbot der Aufwendungsersatzpauschale in der letzteren Vorschrift gestrichen „wegen Schwierigkeiten der Abgrenzung zum Entgelt und mangelnder Praktikabilität“. In § 8 Nr. 4 RegE stand im Katalog der „unzulässigen Klauseln mit Wertungsspielraum“ eine Vorschrift, die der Gesetz gewordenen im Wesentlichen glich. Der Rechtsausschuss des BT nahm nur noch redaktionelle Änderungen vor und fügte unter lit. a die Worte „oder eines Rechts“ ein. Mit dem SMG (vgl. dazu Einl. Rz. 28 ff.) ist das AGBG aufgehoben und die Regelung von § 10 Nr. 7 AGBG unverändert in § 308 Nr. 7 übernommen worden.

3. Zweck der Vorschrift Die Klauseltypen, die gemäß § 308 Nr. 7 mit Wertungsvorbehalt verboten sind, lassen sich wegen ihrer Verschiedenartigkeit begrifflich nicht einheitlich erfassen. Durch das Verbot der „unangemessen hohen“ Vergütung oder Ersatzleistung soll im Wesentlichen den gesetzlichen Regelungen zum Durchbruch verholfen werden, die vorschreiben, was in Fällen des Rücktritts oder der vorzeitigen Vertragskündigung (Rz. 1) der eine Vertragsteil dem anderen zu vergüten hat, und die das Leitbild eines angemessenen Interessenausgleichs enthalten (Rz. 1a). Der Verwender wird davon abgehalten, aus der den Fall der Vertragsauflösung betreffenden Abwicklungsregelung einen Vorteil zu ziehen. Er muss bei der Abwicklung namentlich auch den mit der vorzeitigen Vertragsauflösung verbundenen eigenen Vorteil in Rechnung stellen. Zugleich soll verhindert werden, dass der Vertragspartner wegen des Entstehens einer unangemessen hohen Zahlungsverpflichtung davon abgehalten wird, ein ihm zustehendes Rücktritts- oder Kündigungsrecht auszuüben14. Mitunter sind die Geldleistungen, die sich der Verwender für die Fälle des Rücktritts, der Kündigung oder aus ähnlichen Anlässen

13 BGH v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (1940). 14 BGH v. 3.2.2005 – III ZR 268/04, WM 2005, 699 (701); BAG v. 27.7.2010 – 3 AZR 777/08, NZA 2010, 1237 (Tz. 32); OLG Schleswig v. 19.7.2001 – 2 U 40/00, ZIP 2001, 1963 (1964); Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 1; BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 2; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 1.

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(unten Rz. 6) versprechen lässt, derart hoch, dass der Vertragspartner schlechter steht als bei vollständiger Vertragserfüllung15.

4. Verhältnis zu § 309 Nr. 5 und 6 4 § 309 Nr. 5 – Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen – betrifft ebenso wie § 308 Nr. 7 eine Ersatzpflicht des Vertragspartners bei gestörten Vertragsverhältnissen (Rz. 1). Die Vorschriften überschneiden sich namentlich dann, wenn ein pauschalierter Anspruch des Verwenders im Rahmen der Vertragsabwicklung Elemente des Schadens- oder Wertminderungsersatzes oder umgekehrt eine Schadensersatzpauschale Elemente des Aufwendungsersatzes enthält. Die genaue Subsumtion einer Klausel unter das eine oder andere Verbot kann aber vernachlässigt werden, weil eine Pauschale nach beiden Vorschriften nicht überhöht sein darf und die Klausel dem Vertragspartner ausdrücklich die Möglichkeit des Gegenbeweises i.S.v. § 309 Nr. 5 lit. b offen halten muss; wenn die Klausel so formuliert ist, dass der Gegenbeweis abgeschnitten wird, dann ist sie auch gemäß § 308 Nr. 7 schon deshalb unwirksam16. Nach der Neufassung des früheren § 11 Nr. 5 lit. b AGBG im Rahmen des SMG durch § 309 Nr. 5 lit. b und dem Erfordernis einer ausdrücklichen Einräumung des Gegenbeweises kann für § 308 Nr. 7 auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung nichts anderes gelten17. Klauseln im Anwendungsbereich von § 308 Nr. 7, die den Gegenbeweis nicht ausdrücklich einräumen, sind bereits aus diesem Grund unwirksam. Allerdings reicht es für die Wirksamkeit aus, dass die Klausel ausdrücklich nur den Nachweis gestattet, dass der dem Verwender zustehende Betrag wesentlich niedriger ist als die in der Klausel vorgesehene Vergütung bzw. der Aufwendungsersatz. Damit wird auch der Nachweis gestattet, dass dem Verwender überhaupt kein Betrag zusteht18 (vgl. auch § 309 Nr. 5 Rz. 27). 5 Das Versprechen einer Vertragsstrafe für den Fall, dass der Vertragspartner kündigt oder vom Vertrag zurücktritt, ist nach § 309 Nr. 6 schlechthin unwirksam. (vgl. § 309 Nr. 6 Rz. 24). Nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen ist zu entscheiden, ob die als Vergütung oder Aufwendungsersatz bezeichnete Leistung des Vertragspartners eine verkappte Vertragsstrafe darstellt. Das ist zu bejahen, wenn die Leistung als Druckmittel den Vertragspartner davon abhalten soll, ein Lösungsrecht auszuüben (vgl. § 309 Nr. 5 Rz. 11 f.).

15 Vgl. Begr. zu § 10 Nr. 7 AGBG, BT-Drucks. 7/3919 S. 26. 16 Aus der Rechtsprechung zu § 10 Nr. 7 AGBG vgl. BGH v. 10.10.1996 – VII ZR 250/94, ZIP 1996, 2172 (2173); BGH v. 8.11.1984 – VII ZR 256/83, NJW 1985, 632; BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 11/84, NJW 1985, 633 (634). 17 BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 (Tz. 12); BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 25); BAG v. 27.7.2010 – 3 AZR 777/08, NZA 2010, 1237 (Tz. 32); OLG München v. 22.6.2006 – 29 U 2294/06, NJW 2006, 2416 (2418); Stoffels Rz. 1002; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 60; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 34; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 42. 18 BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2010, 3030 (Tz. 13); BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 26); BGH v. 14.4.2010 – VIII ZR 123/09, NJW 2010, 2122 (Tz. 21); Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 61; Staudinger/Coester-Waltjen § 309 Nr. 5 BGB Rz. 19; Erman/Roloff § 309 BGB Rz. 49; zweifelnd MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 5 BGB Rz. 21. A.A. – zu § 309 Nr. 5 – OLG Celle v. 3.7.2008 – 13 U 68/06, BeckRS 2008, 13972.

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5. EG-Richtlinie 93/13/EWG a) Richtlinienregelung Anhang. Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass f) es dem Gewerbetreibenden gestattet wird, nach freiem Ermessen den Vertrag zu kündigen, wenn das gleiche Recht nicht auch dem Verbraucher eingeräumt wird, und es dem Gewerbetreibenden für den Fall, dass er selbst den Vertrag kündigt, gestattet wird, die Beträge einzubehalten, die für von ihm noch nicht erbrachte Leistungen gezahlt wurden;

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b) Inhalt der Vorschrift Zum Hinweischarakter des Klauselanhangs der Richtlinie19 – vgl. zur Klauselrichtlinie auch Einl. Rz. 91 ff. – sowie zur Frage einer richtlinienkonformen Auslegung von § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. zunächst § 308 Nr. 1 Rz. 5. Der zweite Regelungsteil von lit. f erfasst nur einen Teilbereich der bei einer Kündigung möglichen Vergütungsregelungen. Die Bestimmung betrifft nur den Fall der Kündigung durch den Gewerbetreibenden (Verwender) und den Einbehalt der durch den Verbraucher (Kunden) bereits gezahlten Beträge. Sie verhindert damit, dass der Verwender für erbrachte Leistungen eine übermäßige Vergütung erhält und schließt eine Vergütung für noch nicht erbrachte Leistungen aus. Nicht erfasst werden von lit. f dagegen Regelungen über Aufwendungsersatz- und Vergütungsansprüche bei noch nicht erfolgten Kundenzahlungen.

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c) Bedeutung für § 308 Nr. 7 Eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift im Hinblick auf lit. f des 5c Klauselanhanges der Richtlinie ist nicht erforderlich20. Dem Ziel der Richtlinie, eine unangemessene Vergütung für erbrachte Leistungen und eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen auszuschließen, wird durch § 308 Nr. 7 lit. a Rechnung getragen; Maßstab der Angemessenheitskontrolle ist auch der Umfang der vom Verwender bis zur Kündigung erbrachten Leistungen (Rz. 13 f.). § 308 Nr. 7 bleibt daher in seinem Schutzumfang nicht hinter der Richtlinie zurück. Auf Grund der Einbeziehung des Rücktritts sowie von Aufwendungsersatzansprüchen und Nutzungsvergütungen geht die Vorschrift sogar über lit. f des Klauselanhangs der Richtlinie hinaus; Art. 8 RL 93/13/EWG lässt das zu.

II. Inhalt der Vorschrift 1. Fälle des Rücktritts oder der Kündigung Nur solche Klauseln fallen unter die Verbotsnorm, nach denen die zu Gunsten des Verwenders ausbedungene Leistung (Vergütung oder Aufwendungsersatz) an die Fälle des Rücktritts vom Vertrag oder der Kündigung des Vertrags anknüpft. Erfasst werden von § 308 Nr. 7 auch Regelungen für eine Teilkündigung oder ei-

19 RL 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff. 20 So auch Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 20; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 2; BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 41.

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nen Teilrücktritt21. Welche Partei zurückgetreten ist oder gekündigt hat, ist gleichgültig, ebenso, wer den Grund zu vertreten hat22; zum Fall der einvernehmlichen Vertragsaufhebung, der nicht unmittelbar unter § 308 Nr. 7 fällt, vgl. Rz. 1a. Unerheblich ist auch die Bezeichnung des Rücktritts- oder Kündigungsrechts im Vertrag. In der Vertragspraxis werden Rücktritt oder Kündigung häufig anders umschrieben, z.B. als Stornierung, Annullierung, Widerruf, Ausübung eines Rückgaberechts. Für die an den Verwender zu leistende Vergütung finden sich auch Bezeichnungen wie Gebühren, Stornogebühren, Bearbeitungsgebühren, Annullierungskosten, Abschlusszahlung. Alle diese Fälle werden durch § 308 Nr. 7 erfasst, soweit die vorformulierte Abrede die Anspruchshöhe regelt23. 7 Namentlich gehören hierher auch alle Fälle, in denen ein Leistungsvorbehalt oder eine Befreiungsklausel (einschließlich einer auflösenden Bedingung) i.S.d. § 308 Nr. 3 zum Wegfall der Leistungspflicht des Verwenders führt (vgl. § 308 Nr. 3 Rz. 1). In anderen Fällen der Abwicklung eines fehlgeschlagenen oder nicht vollständig zur Durchführung gelangten Vertragsverhältnisses kann § 308 Nr. 7 ebenfalls Anwendung finden, z.B. bei Ausübung eines vertraglich vereinbarten Rücktrittsrechts24 oder Vertragsauflösung infolge Anfechtung oder Widerruf25. Zumindest analog anwendbar ist § 308 Nr. 7 bei Einräumung eines vertraglichen Anspruchs auf Vertragsaufhebung26. Die Vorschrift ist nicht anwendbar auf Bestimmungen in AGB, die den Kunden bei fortbestehendem Vertrag zum Ersatz von Aufwendungen des Verwenders verpflichten27 (Rz. 1). Solche Klauseln fallen auch nicht unter § 309 Nr. 5, wenn eine Aufwendungsersatzpauschale vorgesehen ist (siehe die Entstehungsgeschichte Rz. 2). Sie können aber wegen Unangemessenheit gemäß § 307 unwirksam sein28. Zur Inhaltskontrolle nach § 307 bei einer an eine einvernehmliche Vertragsaufhebung anknüpfenden Klausel vgl. Rz. 1a. Ist im Vertrag der Tod des Kunden als Vertragsbeendigungsgrund vorgesehen, so sind über den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung hinausreichende Zahlungspflichten nicht nach § 308 Nr. 7 zu beurteilen29, sondern nach § 307. Soweit spezielle gesetzliche Bestimmungen, wie z.B. die Widerrufsregelungen der 21 OLG Koblenz v. 18.2.1992 – 3 U 137/91, NJW-RR 1992, 850 (851); BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 8; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Abwicklungsklauseln) Rz. 6. 22 MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 7 BGB Rz. 4; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 7. 23 Stoffels Rz. 996; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 39; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 8 f., 23; BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 9. 24 LG Magdeburg v. 22.9.2009 – 7 O 1473/09, BeckRS 2010, 19922; Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 9. 25 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 14; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 14; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 39. 26 Vgl. Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 12; für unmittelbare Anwendung von § 308 Nr. 7 BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 5. 27 Etwa im Maklervertrag, § 652 Abs. 2; BGH v. 14.4.1992 – XI ZR 196/91, WM 1992, 940 (Überziehungszinsregelung in Girovertrag); OLG Stuttgart v. 24.3.2010 – 3 U 188/09, NJOZ 2010, 1627 (1629) (Werbemittel- und Platzmietpauschale in einem Vermittlungsvertrag für ein Fahrzeug); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 59; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 2; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 18. § 308 Nr. 7 ist aber anzuwenden, wenn die „Aufwandsentschädigung“ rücktritts- oder kündigungsabhängig ist, z.B. OLG Hamburg v. 25.3.1983 – 11 U 246/82, NJW 1983, 1502. 28 So für eine Aufwendungspauschale im Maklervertrag OLG Hamburg v. 30.11.1973 – 14 U 24/73, MDR 1974, 580. 29 Vgl. AG Sinzig v. 16.12.1986 – 4 C 446/86, NJW-RR 1987, 498 zu § 9 AGBG (Heimunterbringungsvertrag); zust. Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 15; BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 5.

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§§ 357, 361, die Rechtsfolgen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zwingend regeln, gehen diese § 308 Nr. 7 vor (Rz. 1, 10). Die für die Anwendbarkeit des § 308 Nr. 7 tatbestandlich kennzeichnende Ent- 8 stehung des Anspruchs des Verwenders infolge der Vertragsauflösung ist zwar auch bei Leasingverträgen gegeben, wenn sich der Verwender für den Fall der Kündigung vor der Vollamortisation der Leasingsache eine vom Leasingnehmer zu leistende Abschlusszahlung versprechen lässt30; allerdings hat die Abschlusszahlung Entgeltcharakter mit der Folge, dass entsprechende Klauseln – vorbehaltlich einer Transparenzkontrolle – grds. keiner Inhaltskontrolle unterliegen, vgl. im Einzelnen Teil 2, (30) Leasingverträge Rz. 18 ff. In den Anwendungsbereich der Vorschrift fällt auch die Regelung über eine Nichtabnahmeentschädigung und eine Vorfälligkeitsentschädigung in Darlehensverträgen (dazu Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 8, 17 f.). Die Vorschrift findet weiterhin Anwendung auf Bestimmungen in Bedingungen für die Lebensversicherung, die den Abzug vom im Falle des Rücktritts vom Versicherungsvertrag oder seiner Kündigung zu zahlenden Rückkaufswert festlegen31. Verfallklauseln, wonach bei vertragswidrigem Verhalten (Zahlungsverzug) des Vertragspartners – namentlich in Darlehens- und Leasingverträgen – die noch ausstehenden Raten fällig gestellt werden, fallen nicht unter § 308 Nr. 7, weil die Rechtsfolge weder kündigungsbedingt ist noch eine Vergütung beinhaltet, die auf die Angemessenheit ihrer Höhe hin zu kontrollieren wäre32. Die Inhaltskontrolle richtet sich nach §§ 307, 309 Nr. 6 (dazu § 309 Nr. 6 Rz. 19). Anderes kann bei Vorauszahlungen des Kunden betreffenden Verfallklauseln für den Fall der Vertragsbeendigung in Betracht kommen33.

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2. Vergütung im Fall des Rücktritts vom Vertrag Die gesetzlichen Vergütungsansprüche des Verwenders für den Fall des Rücktritts vom Vertrag sind in §§ 346, 347 geregelt. Diese gesetzlichen Regelungen bilden den Maßstab für die Inhaltskontrolle (Rz. 1a). Nach § 346 Abs. 1 sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Unter den Voraussetzungen des § 346 Abs. 2 ist statt der Rückgabe oder Herausgabe Wertersatz zu leisten. Soweit in den AGB die Vergütung als Pauschale bestimmt wird, muss dem Vertragspartner stets der Gegenbeweis i.S.v. § 309 Nr. 5 lit. b ausdrücklich offen gehalten werden (Rz. 4). Für das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen gem. § 355 enthalten 30 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Abwicklungsklauseln) Rz. 11. So offenbar auch BGH v. 12.6.1985 – VIII ZR 148/84, NJW 1985, 2253 (2255). 31 OLG Stuttgart v. 28.5.1999 – 2 U 219/98, ZIP 1999, 1970 (1973); Staudinger/CoesterWaltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 14. Zur Überprüfung von Regelungen zum Rückkaufswert und zum Stornoabzug bei Lebens- und Rentenversicherungsverträgen nach § 307 unter dem Gesichtspunkt der Intransparenz vgl. BGH v. 25.7.2012 – IV ZR 201/10, NJW 2012, 3023 (Tz. 43 ff.); BGH v. 17.10.2012 – IV ZR 202/10, NJW-RR 2013, 146 (Tz. 17 ff.). 32 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Abwicklungsklauseln) Rz. 12; Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 7 AGBG Rz. 10, 12. 33 Vgl. zu einer „Restguthaben-Verfallklausel“ in Prepaid-Mobilfunk-AGB OLG München v. 22.6.2006 – 29 U 2294/06, NJW 2006, 2416 (2418); vgl. auch BGH v. 23.11.2006 – X ZR 16/05, NJW-RR 2007, 1124 (1127) zum Ausschluss einer Fahrgelderstattung bei Einziehung eines Ausweises in Beförderungsbedingungen (Inhaltskontrolle der Klausel erfolgt aber auf der Grundlage von § 307).

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die §§ 357 ff.34 gegenüber den §§ 346, 347 abschließende35 und nach § 361 – zugunsten des Verbrauchers – zwingende Regelungen, nach denen die Wirksamkeit von Klauseln über die Rechtsfolgen der Ausübung des Widerrufsrechts zu beurteilen ist. § 308 Nr. 7 ist insoweit nicht anzuwenden (vgl. auch Rz. 1). 11

Eine Vergütung für erbrachte Leistungen, die der Vertragspartner ihrer Natur nach nicht zurückgewähren kann, richtet sich, soweit im Vertrag keine Gegenleistung bestimmt ist (§ 346 Abs. 2 Satz 2), nach dem objektiven Wert der Leistung. Bei der Vergütung für die vom Vertragspartner gezogenen Nutzungen ist auf den üblichen oder angemessenen Pachtzins abzustellen36.

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Auch bei der Vergütung für die Gebrauchsüberlassung kommt es auf den üblichen oder angemessenen Mietzins an, wobei nur an die tatsächliche Gebrauchsdauer angeknüpft werden darf37. Die Höhe kann die nach der Ingebrauchnahme bis zur Rückgabe eingetretene Wertminderung berücksichtigen; jedoch darf die Wertminderung nicht auch für unbenutzte oder durch eine Benutzung in ihrem Wiederverwendungszweck nicht beeinträchtigte Waren vorgesehen werden38 und sie darf weiterhin nicht zusätzlich über eine (isolierte) Wertminderungspauschale erfasst werden. Klauseln, die insoweit nicht unterscheiden, sind daher bereits aus diesem Grund unwirksam. Keine grundsätzlichen Bedenken bestehen gegen eine Staffelung in Prozentsätzen des Preises, die mit der Gebrauchsdauer ansteigt. Jedoch darf die Entschädigung für Benutzung und Wertminderung nicht 100% des Kaufpreises übersteigen39. Eine reine Wertminderungspauschale ist im Rücktrittsfall an § 308 Nr. 7 zu messen, muss aber den Gegenbeweis zulassen, dass eine Wertminderung überhaupt nicht entstanden oder dass sie wesentlich niedriger ist als die Pauschale (Rz. 4). Die Wertminderung darf dann aber nicht noch einmal in der Vergütung für die Gebrauchsüberlassung in Rechnung gestellt werden. In diesem Fall bestehen auch keine Wirksamkeitsbedenken nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, der Wertminderungen auf Grund eines bestimmungsmäßigen Gebrauchs beim Wertersatz nach § 346 Abs. 2 unberücksichtigt lässt, da solche Wertminderungen durch die Nutzungsvergütung erfasst werden40.

3. Aufwendungsersatz im Fall des Rücktritts vom Vertrag 13

Nach § 346 kann der Verwender im Fall des Rücktritts vom Vertrag keinen Aufwendungsersatz verlangen. Allerdings ist der auf „unangemessene“ Aufwendungsersatzklauseln abstellenden Regelung in § 308 Nr. 7 lit. b für die Inhaltskontrolle nach § 307 (vgl. Rz. 1a) die Wertung zu entnehmen, dass gegen die Begründung von Aufwendungsersatzansprüchen im Grundsatz keine AGB34 In der ab dem 13.6.2014 geltenden Fassung. 35 Vgl. Erman/R. Koch § 357 BGB Rz. 1. § 357 Abs. 1 Satz 1 a.F. hatte noch auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt verwiesen. 36 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 64. 37 BGH v. 31.3.1982 – VIII ZR 125/81, NJW 1982, 1747; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 10; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 64. 38 OLG Hamm v. 13.6.1986 – 20 U 285/85, NJW-RR 1987, 311 (314 f.). 39 OLG Hamm v. 13.6.1986 – 20 U 285/85, NJW-RR 1987, 311 (315). Vgl. auch BGH v. 14.6.1967 – VIII ZR 49/65, NJW 1967, 1807 zum früheren § 2 AbzG. Aus der Literatur wie hier BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 18; a.A. Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 32. 40 MünchKomm/Gaier § 346 BGB Rz. 41.

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rechtlichen Bedenken bestehen41. In AGB wird nicht selten ein Aufwendungsersatz zu Gunsten des Verwenders vorgesehen, durch den dessen vertragsbedingte Kosten liquidiert werden können. Das ist im Allgemeinen nicht unangemessen, wenn der Rücktrittsgrund vom Kunden zu vertreten ist42 und die Klausel über die Vertragskosten hinaus nicht auch allgemeine, vom Vertragsschluss unabhängige Geschäftskosten (Gemeinkosten) erfasst43. Auch § 508 Satz 344 sieht vor, dass im Fall des Rücktritts der besonders geschützte Teilzahlungskäufer dem Verkäufer „die infolge des Vertrags gemachten Aufwendungen“ ersetzen muss. Unangemessen hoch ist jedoch ein Ersatzanspruch, der nach Art und Höhe der Aufwendungen nicht unwesentlich (vgl. Rz. 1a) über das hinausgeht, was ein Teilzahlungsverkäufer als Aufwendungsersatz verlangen könnte45. Eine Pauschalierung des vom Vertragspartner zu leistenden Aufwendungsersatzes ist im angemessenen Rahmen grundsätzlich zulässig46. Bei der Bemessung der Pauschale müssen jedoch die rücktrittsbedingten Ersparnisse des Verwenders an Aufwendungen und Kosten berücksichtigt werden47. Häufig enthält der Aufwendungsersatz Elemente des Schadensersatzes. Dennoch fällt die Pauschalierungsklausel nicht unmittelbar unter § 309 Nr. 5, jedoch sind die Grundsätze dieser Vorschrift wegen der gleichen Interessenlage auch im Rahmen des § 308 Nr. 7 anzuwenden (Rz. 4). Unwirksam sind Aufwendungsersatzklauseln, wenn sie auch für den Fall gelten sollen, in dem der Verwender den Rücktrittsgrund zu vertreten hat48. Bei Verbraucherverträgen ist eine Klausel, in der der Teilzahlungsverkäufer den Aufwendungsersatzanspruch abweichend von § 508 Satz 3 (vgl. Rz. 13) pauschaliert, wegen der zwingenden Geltung der Vorschrift bereits nach § 511 Satz 1 unwirksam.

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4. Vergütung im Fall der Kündigung des Vertrags Das Regelungsproblem der Höhe der bei vorzeitiger Vertragskündigung vom Vertragspartner zu zahlenden Vergütung wird im BGB für Dienst- und Werkverträge 41 So auch Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 12. A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 23, unter Bezugnahme auf BGH-Rspr., die allerdings nicht Fälle des Rücktritts vom Vertrag oder seiner Kündigung betrifft; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 69 (soweit die Höhe der Ansprüche nicht unwesentlich ist). 42 Ebenso Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 7 AGBG Rz. 25. 43 OLG Hamm v. 13.6.1986 – 20 U 285/85, NJW-RR 1987, 311 (314); Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 37. Zu den erstattungsfähigen, bereits beim Vertragsschluss entstehenden allgemeinen Verwaltungsaufwendungen vgl. BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, NJW 1983, 1491 (1492). Generell für Unwirksamkeit von Klauseln, die einen Aufwendungsersatzanspruch begründen, wenn das Gesetz einen solchen Anspruch schon dem Grunde nach nicht vorsieht, aber BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 23. 44 In der ab dem 13.6.2014 geltenden Fassung. 45 So auch OLG Hamm v. 13.6.1986 – 20 U 285/85, NJW-RR 1987, 311 (314); Soergel/U. Stein § 10 AGBG Rz. 78. 46 BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, NJW 1983, 1491 (1492); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 12. 47 BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 11/84, NJW 1985, 633; LG Köln v. 25.7.1990 – 26 S 5/90, NJW-RR 1990, 1530 (1531) (Zahlung des vollen Flugpreises beim Rücktritt des Reisenden). 48 Nach Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 12 muss das „klargestellt sein“; a.A. BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 307/82, NJW 1983, 1491 (1492); Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 42.

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(einschließlich der entsprechenden Geschäftsbesorgungsverträge, § 675) unterschiedlich gelöst: § 628 gewährt dem Dienstleistenden einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung, macht aber eine Einschränkung für den Fall der selbst erklärten oder verschuldeten Kündigung. § 649 gewährt dem Werkunternehmer für den Fall der Kündigung durch den Besteller einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, auf die der Unternehmer sich Ersparnisse und anderweitige Erwerbsmöglichkeiten anrechnen lassen muss. Nach der Rechtsprechung besteht allerdings kein Vergütungsanspruch, wenn der Unternehmer einen wichtigen Kündigungsgrund gegeben hat49. Eine weitere Vergütungsregelung für den Kündigungsfall enthält im Werkvertragsrecht § 645 i.V.m. § 64350. 16

Diese Vorschriften bilden in ihren jeweiligen Anwendungsbereichen den bei der Inhaltskontrolle zugrunde zu legenden Maßstab für die Feststellung der angemessenen Höhe einer Kündigungsvergütung51. Jede erhebliche (vgl. Rz. 1a) Erhöhung über das durch die gesetzlichen Regelungen vorgegebene Maß hinaus ist „unangemessen“ i.S.v. § 308 Nr. 7 lit. a, weil für den Vertragspartner die Kündigung erschwert wird, der Verwender mehr beansprucht als seine erbrachten Leistungen wert sind und/oder der Grundsatz des Vorteilsausgleichs52 ungenügend beachtet wird. Eine in den AGB vorgesehene Vergütungspauschale muss für den typischen Anwendungsfall der nach dem Gesetz zu beanspruchenden Vergütung im Wesentlichen entsprechen (vgl. Rz. 1a)53 und muss dem Vertragspartner den Gegenbeweis unangemessener Höhe entsprechend § 309 Nr. 5 lit. b ausdrücklich eröffnen (Rz. 4). Zu einem unangemessenen Ergebnis führt in aller Regel eine Klausel (z.B. in Ehe- und Partnervermittlungsverträgen), nach der an die Stelle des § 628 eine dem § 649 entsprechende Regelung tritt54.

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Beim Dienstvertrag, auch einem solchen, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§ 675), ist nach dem Grundsatz gemäß § 628 Abs. 1 Satz 1 das Äquivalenzverhältnis zwischen der tatsächlich erbrachten Dienstleistung und der Vergütung zu wahren. Deshalb ist eine Regelung unwirksam, nach der der Vertragspartner ohne Rücksicht auf die vom Verwender bis zur Lösung des Vertragsverhältnisses tatsächlich erbrachte Dienstleistung die volle vereinbarte Vergütung zu zahlen hat55, aber auch eine Klausel, nach der der Verwender (z.B. 49 BGH v. 20.3.1975 – VII ZR 91/74, BGHZ 64, 145 (146) = NJW 1975, 1165; BGH v. 6.2.1975 – VII ZR 244/73, NJW 1975, 825 (826). 50 Vgl. auch BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 11/84, NJW 1985, 633 (634). 51 BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 (Tz. 17); BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 31); BGH v. 3.2.2005 – III ZR 268/04, WM 2005, 699 (701) zu § 628 (Inkassobüro); BGH v. 10.10.1996 – VII ZR 250/94, ZIP 1996, 2172 (2173) zu § 649 Satz 2; BGH v. 8.10.2009 – III ZR 93/09, NJW 2010, 150; BGH v. 29.5.1991 – IV ZR 187/90, WM 1991, 1642 f. zu § 628 (Partnerschaftsanbahnungsdienstvertrag). Für § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B a.F. als Maßstab im Fall einer hiervon abweichenden Pauschalierungsregelung in besonderen Bedingungen, die zusätzlich zur VOB/B vereinbart sind, BGH v. 29.5.1991 – IV ZR 187/90, NJW-RR 1995, 749. 52 BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 11/84, NJW 1985, 633. 53 BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 31); BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 (Tz. 17). BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, NJW 1983, 1491 (1492); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 7 BGB Rz. 8; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 31. 54 OLG Karlsruhe v. 21.2.1985 – 4 U 207/83, NJW 1985, 2035; LG Rottweil v. 24.8.1983 – 1 S 72/83, NJW 1983, 2824. 55 BGH v. 3.2.2005 – III ZR 268/04, WM 2005, 699 (701); OLG Köln v. 10.1.2012 – 24 U 103/10, BeckRS 2012, 03590; OLG Köln v. 17.10.2012 – 17 U 7/12, BeckRS 2013, 08393; OLG Schleswig v. 19.11.1998 – 2 U 10/98, BeckRS 1998, 11893; LG Konstanz v.

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Ehevermittler) eine im Voraus empfangene, nicht erfolgsabhängige Vergütung auch bei vorzeitiger Kündigung in jedem Fall behalten darf56. Aus den gleichen Erwägungen ist die Klausel in den AGB eines Ehevermittlers nach § 308 Nr. 7 lit. a unwirksam, wenn mit Vertragsbeginn rund 60% der im Voraus geleisteten Vergütung verfallen und nur der Rest im Falle der Kündigung in Abhängigkeit von der tatsächlichen Dauer des auf zwölf Monate angelegten Vertrages zurückgezahlt wird57. Ist allerdings die vorzeitige Kündigung vom Vertragspartner des Verwenders zu vertreten, so kann dieser Ersatz des Vertragsaufhebungsschadens verlangen (§ 628 Abs. 2). Auch für diesen Fall ist jedoch die volle Vergütung unangemessen hoch, weil dabei dem Vorteil, der mit der vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses für den Verwender verbunden ist, nicht Rechnung getragen wird58. Unter § 308 Nr. 7 können auch Klauseln fallen, die bei Ausbildungsverträgen den Wegfall von Vergünstigungen für die für die Ausbildung zu zahlende Vergütung („Studiengebühren“) regeln59. Auf eine Umgehung von § 308 Nr. 7 lit. a läuft bei einem Partnerschaftsanbahnungsdienstvertrag eine Vertragsgestaltung hinaus, die die vom Kunden zu zahlende Gesamtvergütung den zu Vertragsbeginn erbrachten Leistungen des Verwenders zuordnet und die nachfolgenden Leistungen, die den Schwerpunkt des Vertrages bilden, ausblendet. § 307 Abs. 3 Satz 1, der die Festlegung der Hauptleistung von der Inhaltskontrolle ausnimmt, steht in diesem Fall der Inhaltskontrolle gemäß § 306a nicht entgegen (vgl. auch § 306a Rz. 9 f.), da die Zuordnung der gesamten Vergütung zu den bereits zu Vertragsbeginn erbrachten Leistungen sachwidrig ist und insoweit der Begriff der Hauptleistung nicht zur Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen steht60. – Zur Berücksichtigung von Allgemeinkosten oder „Vorlaufkosten“ (Kosten für Anlaufarbeiten, vorbereitende Aufwendungen, z.B. für die Errichtung des Geschäftsbetriebes u.a.) im Rahmen von § 628 bei Partnerschaftsvermittlungsunternehmen vgl. BGH WM 1991, 1642 (l643) (unter Aufgabe der abw. Ansicht in BGHZ 87, 309 (320) = NJW 1983, 2817). Bei Werkverträgen (einschließlich § 675) gilt § 308 Nr. 7 lit. a namentlich für Klauseln, die die vom Besteller im Falle eigener Kündigung nach § 649 zu zahlende Vergütung regeln. Da der Unternehmer nach § 649 Satz 2 eine Vergütung auch für nicht erbrachte Leistungen verlangen kann, muss § 308 Nr. 7 lit. a über seinen Wortlaut („erbrachte“ Leistungen) hinaus zumindest entsprechende Anwendung auf Klauseln finden, die den Vergütungsanspruch nach § 649 Satz 2

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15.11.2013 – 61 S 26/13 C, BeckRS 2014, 00819; LG Karlsruhe v. 16.4.2010 – 9 S 259/09, BeckRS 2011, 00241; LG Heilbronn v. 13.4.2006 – 3 O 424/05, NJW-RR 2007, 634. BGH v. 25.5.1983 – IVa ZR 182/81, BGHZ 87, 309 (319) = NJW 1983, 2817. Vgl. auch OLG Hamm v. 9.6.1986 – 18 U 239/85, NJW-RR 1987, 243 (244): Unwirksamkeit einer Klausel nach § 10 Nr. 7 AGBG, die das Kündigungsrecht nach § 627 und damit auch die Rückzahlung der bereits erhaltenen Vergütung ausschließt. BGH v. 29.5.1991 – IV ZR 187/90, WM 1991, 1642 (1643 f.). BGH v. 16.4.1973 – II ZR 140/71, BGHZ 60, 353 (357); weitere Beispielsfälle: LG Frankfurt/M. AGBE V Nr. 28 (Freizeitclub); LG Dortmund AGBE V Nr. 29 (Detektivvertrag). Vgl. OLG Hamburg v. 27.1.2011 – 11 U 94/10, NJW-RR 2011, 1354 (1355); LG Konstanz v. 15.11.2013 – 61 S 26/13 C, BeckRS 2014, 00819. Klauseln über die Rückzahlung der vom Verwender (Arbeitgeber) übernommenen Ausbildungskosten unterzieht das BAG der Inhaltskontrolle nach § 307, vgl. z.B. BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957 (Tz. 13 ff.); BAG v. 25.2.2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419 (1420); für Anwendung auch von § 308 Nr. 7 LAG Köln v. 27.5.2010 – 7 Sa 23/10, NZA-RR 2011, 11 (12). BGH v. 8.10.2009 – III ZR 93/09, NJW 2010, 150 (152).

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pauschalieren61. Eine unterschiedliche Behandlung der unangemessen hohen Vergütung für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen wäre sachlich nicht gerechtfertigt62. Unangemessen ist jede überhaupt nicht vorgesehene oder unangemessene Berücksichtigung der auf den Vergütungsanspruch des Verwenders anzurechnenden Ersparnisse oder sonstigen Erwerbsmöglichkeiten. An diesem Punkt scheitern viele Vergütungsregelungen, die vorschreiben, dass im Kündigungsfall der Vertragspartner einen bestimmten Prozentsatz der Vergütung zu zahlen hat63 oder dass von der vereinbarten Vergütung ein bestimmter Prozentsatz pauschal abzuziehen ist64. Mindestens ist im letzteren Falle eine Differenzierung zu empfehlen, wonach der Pauschalabzug nach dem Fortschritt des Werkes in der Weise gestaffelt wird, dass der Abzug mit dem Leistungsfortschritt absinkt65. Die Wirksamkeit einer Vertragsregelung wird aber nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass sie für den Fall des Kündigungsverschuldens des Unternehmers den Wegfall der Vergütung nicht ausdrücklich vorschreibt66; diese Rechtsfolge tritt in dem genannten Fall kraft Gesetzes ein und darf nur nicht ausgeschlossen werden, etwa durch die Formulierung, dass ein vom Kunden im Voraus entrichtetes Entgelt „in keinem Falle“ zurückgezahlt wird67. Der Vergütungsanspruch bei Kündigung durch den Unternehmer aus einem vom Vertragspartner zu vertretenden Grunde oder gemäß § 645 muss der Höhe nach ebenfalls die tatsächlich erbrachten Leistungen und die Vertragsaufhebungsvorteile für den Unternehmer angemessen berücksichtigen68. Unabhängig von einer Unangemessenheit nach § 308 Nr. 7 können Vergütungs- und Pauschalierungsklauseln wegen Intransparenz nach § 307 unwirksam sein69. 61 Vgl. BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 25); BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 (Tz. 12); Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 26. 62 BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 25); BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 (Tz. 12). 63 Z.B. BGH v. 4.10.1984 – VII ZR 65/83, BGHZ 92, 244 (248 f.) = NJW 1985, 631; BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 302/82, NJW 1983, 1489 (1491): 5% des vereinbarten Preises als „Abstandszahlung“ oder „Bearbeitungsgebühr“ angemessen (Fertighausvertrag); BGH v. 8.11.1984 – VII ZR 256/83, NJW 1985, 632: 18% (wohl) unangemessen hoch (Fertighausvertrag). Offen zu 10% beim Fertighausvertrag BGH v. 8.11.1984 – VII ZR 256/83, NJWRR 1995, 749; für Wirksamkeit BGH v. 27.4.2006 – VII ZR 175/05, WM 2006, 1735 (1736); OLG Düsseldorf v. 17.5.1994 – 23 U 129/93, NJW-RR 1995, 1392 (1393). Zum Vertrag über die Errichtung eines sog. Ausbauhauses vgl. OLG Koblenz v. 28.5.2010 – 8 U 1269/09, BeckRS 2011, 14214: 15 % wirksam; nicht entschieden hat diese Frage BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 (Tz. 19) m. Anm. Schwenker sowie BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 32), da vom Berufungsgericht noch Feststellungen zu „der nach der Kündigung eines Hausvertrags typischerweise anfallenden Vergütung“ zu treffen waren. Allerdings sieht der BGH nicht die auf den Bruttobetrag der Vergütung bezogene Pauschale von 15 % als maßgeblich an, sondern die sich bei Zugrundelegung des Nettobetrages ergebende Pauschale von 17,85 %, die dann einen „Grenzbereich“ erreiche. 64 Z.B. 40% vom Architektenhonorar; für Unwirksamkeit dieser Regelung in Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Architektenvertrag BGH v. 10.10.1996 – VII ZR 250/94, ZIP 1996, 2172 (2173); BGH v. 27.10.1998 – X ZR 116/97, WM 1999, 336 (338) (zum Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern). 65 Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 7 AGBG Rz. 20. 66 BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, NJW 1983, 1491 (1492); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 7; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 35a. A.A. BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 37. 67 Vgl. BGH v. 25.5.1983 – IVa ZR 182/81, BGHZ 87, 309 (319). 68 BGH v. 16.4.1973 – VII ZR 140/71, BGHZ 60, 353 (357). 69 Vgl. als Beispiel BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 33 ff.).

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§ 308 Nr. 7 BGB

Nach § 649 Satz 3 wird vermutet, dass dem Unternehmer 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistungen entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. Unter Berufung auf die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift70 geht der BGH zutreffend davon aus, dass § 649 Satz 3 die „sekundäre Darlegungslast der Unternehmer“ erleichtern soll, der Vorschrift jedoch keine Leitbildfunktion für Pauschalierungsabreden im Rahmen von § 308 Nr. 7 zukommt. § 649 Satz 3 indiziert daher nicht die Unangemessenheit einer über 5 % liegenden Pauschale71.

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5. Aufwendungsersatz im Fall der Kündigung des Vertrags Eine Pauschalierung des Aufwendungsersatzanspruchs des Verwenders in den 19 AGB ist nicht schlechthin unwirksam72. Die Höhe der Pauschale darf jedoch die im typischen Anwendungsfall entstehenden, erforderlichen vertragsbedingten Aufwendungen des Verwenders (Rz. 13) nicht überschreiten, muss auch die Vorteile der vorzeitigen Vertragsbeendigung, namentlich die ersparten Auslagen, angemessen in Rechnung stellen73 und muss dem Vertragspartner den Gegenbeweis, dass keine oder wesentlich geringere Aufwendungen entstanden sind, ausdrücklich eröffnen (Rz. 4). Andererseits kann der Verwender sich vorbehalten, die ihm vom Vertragspartner zu ersetzenden Aufwendungen konkret abzurechnen74. Keinesfalls darf der Aufwendungsersatz der vertraglichen Vergütung gleich- oder nahekommen. Bei der Frage, welche Aufwendungen als ersatzfähig ausbedungen und in die Pauschale einbezogen werden können, gehen Grund und Höhe des Anspruchs untrennbar ineinander über, so dass eine unangemessene Bestimmung insgesamt unter § 308 Nr. 7 lit. b fällt. Eine wirksame „Auflösungspauschale“ enthält nach Ansicht des OLG Celle75 ein Wartungsvertrag, nach dem der Kunde im Falle vorzeitiger Kündigung noch „drei Monatsbeiträge“ zu zahlen hat. Wenn in Makler-AGB die Ausbedingung von Aufwendungsersatz – auch bei Nichterfolg des Maklers – überhaupt wirksam vorgeschrieben werden kann (dazu Teil 2, (31) Maklerverträge Rz. 10), dann jedenfalls nur in angemessener, typischer und redlicher Abwicklung entsprechender Höhe (keinesfalls z.B.: „ein Viertel der Courtage“76). Unter dem Gesichtspunkt des § 308 Nr. 7 lit. b ist auch die Nichtabnahme- und Vorfälligkeitsentschädigung im Darlehensvertrag (dazu Teil 2, (16) Darlehensverträge Rz. 8, 17 f.) zu erfassen. Zur Rücktrittspauschale im Reisevertrag wird auf Teil 2, (37) Reiseverträge Rz. 9 ff. verwiesen. Zu Stilllegungsgebühren („Deaktivierungsgebühr“) in AGB eines Mobilfunkdienstanbieters BGH v. 18.4.2002 – III ZR 199/01, ZIP 2002, 1152; OLG Schleswig v. 19.7.2001 – 2 U 40/00, ZIP 2001, 1963; Lindacher ZIP 2002, 49 f., zu „Restguthaben-Verfallklauseln“ OLG München v. 22.6.2006 – 29 U 2294/06, NJW 2006, 2416 (2418). 70 BT-Drucks. 16/511 S. 17 f. 71 BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (Tz. 28); BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 (Tz. 15); zust. Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 35a; Hürter/ Leidig NZBau 2011, 733. 72 BGH v. 8.11.1984 – VII ZR 256/83, NJW 1985, 632. 73 BGH v. 25.10.1984 – VII ZR 11/84, NJW 1985, 633; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 35a. 74 BGH v. 10.3.1983 – VII ZR 301/82, NJW 1983, 1491 (1492). 75 OLG Celle v. 1.2.1984 – 13 U 160/83, BB 1984, 808. 76 OLG Hamburg v. 25.3.1983 – 11 U 246/82, NJW 1983, 1502.

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6. Rückzahlungsaufschubklauseln 21

Gelegentlich finden sich in AGB Bestimmungen, wonach der Verwender im Fall des Rücktritts vom Vertrag berechtigt ist, die Rückzahlung der von ihm gemäß § 346 an den Vertragspartner zurück zu gewährenden Leistungen solange aufzuschieben, bis von einem Nachfolger (z.B. von einem neuen Käufer der Sache) Ersatz verlangt werden kann. Solche Klauseln fallen nicht unter § 308 Nr. 7; sie sind jedoch gemäß § 307 unwirksam77. Das Gleiche gilt erst recht, wenn die Rückzahlung nicht nur von der Möglichkeit einer Ersatzerlangung, sondern von der tatsächlichen Erlangung des Ersatzes abhängig gemacht wird78.

7. Darlegungs- und Beweislast 22

Die Unangemessenheit einer AGB-Bestimmung, bei § 308 Nr. 7 die unangemessene Höhe der Vergütung oder des Aufwendungsersatzes, ist eine Rechtsfrage, die vom Gericht unabhängig von der Beweislast zu entscheiden ist. Hiervon zu unterscheiden sind die Tatsachen, aus denen sich die unangemessene Höhe ergeben soll. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen liegt die Darlegungs- und Beweislast hierfür beim Kunden als demjenigen, der sich auf die Unwirksamkeit der AGB-Bestimmung beruft79 (vgl. auch zu § 307 Vor § 307 Rz. 109). Es genügt also im Regelfall nicht, wenn der Kunde schlicht bestreitet, dass die Höhe der vom Verwender verlangten Vergütung oder des Aufwendungsersatzes dessen tatsächlichen Kosten oder den sonstigen wirklichen Verhältnissen entspricht. Der Kunde muss hierzu vielmehr substantiiert vortragen. Da er aber die tatsächlichen Kosten und sonstige Umstände aus dem Bereich des Verwenders nicht im Einzelnen kennen kann, dürfen die an den Kunden hinsichtlich der Darlegungsund Beweislast zu stellenden Anforderungen nicht hoch angesetzt werden. Im Regelfall reicht es aus, wenn der Kunde im Prozess Umstände vorträgt, nach denen davon ausgegangen werden kann, dass die typischerweise, beim gewöhnlichen Verlauf der Dinge anfallenden Kosten unterhalb von denjenigen liegen, die vom Verwender in seiner Klausel geltend gemacht werden80. Insoweit kann sich der Kunde namentlich auch darauf berufen, dass innerhalb der Branche von anderen Verwendern niedrigere Vergütungen oder Aufwandserstattungen verlangt werden (vgl. auch § 309 Nr. 5 Rz. 23). Trägt der Kunde diesen Anforderungen Rechnung, hat der Verwender sodann den Nachweis zu führen, dass die von ihm vorgesehene Vergütungsregelung oder Aufwandserstattung doch dem gewöhnli-

77 BGH v. 8.11.1974 – V ZR 36/73, BGHZ 63, 238 (239 f.). 78 BGH v. 21.3.1980 – V ZR 72/78, NJW 1980, 1631 (1632 f.). 79 BGH v. 12.6.1991 – XII ZR 17/90, WM 1991, 1641 (1643); OLG Celle v. 3.7.2008 – 13 U 68/08, BeckRS 2008, 13972; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 39. A.A. Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 44. 80 BGH v. 12.6.1991 – XII ZR 17/90, WM 1991, 1642 (1643) („plausibler Vortrag“ des Kunden genügt); OLG Celle v. 3.7.2008 – 13 U 68/08, BeckRS 2008, 13972; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 39; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 15; BeckOK/ Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 38.

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chen Verlauf der Dinge entspricht oder jedenfalls durch Besonderheiten gerechtfertigt ist81; vgl. auch § 309 Nr. 5 Rz. 23.

8. Unwirksamkeit Im Falle der Unwirksamkeit nach § 308 Nr. 7 richtet sich die Höhe der Ver- 23 gütung oder des Aufwendungsersatzes nach den durch die Klausel verdrängten gesetzlichen Vorschriften. Eine richterliche Reduzierung der unangemessenen Leistungen auf ein nicht zu beanstandendes Maß scheidet aus; zum Verbot der geltungserhaltenden Reduktion vgl. näher § 306 Rz. 14. Beim Fehlen unmittelbar einschlägigen dispositiven Rechts kommt eine analoge Anwendung von Vorschriften in Betracht, die vergleichbare Interessenlagen regeln82. Nicht ausgeschlossen ist auch eine Lückenfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung, wenn der ersatzlose Wegfall der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen beider Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet83 (vgl. näher § 306 Rz. 33 ff.). Das gilt auch dann, wenn eine Vergütung oder ein Aufwendungsersatz bereits dem Grunde nach im Gesetz nicht geregelt ist und eine entsprechende Klausel nur wegen ihres zu weit gehenden Inhalts nach § 307 unwirksam ist84. Auf die Unwirksamkeit einer Klausel nach § 308 Nr. 7 kann sich aber nicht der Verwender berufen. Daher kann der Verwender eine höhere Vergütung oder einen höheren Aufwendungsersatz als in der Klausel vorgesehen, die oder der sich nach Gesetz oder Rechtsprechungsgrundsätzen ergibt, nicht beanspruchen85.

III. Verträge mit Unternehmern § 308 Nr. 7 gilt gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 zwar nicht unmittelbar bei Verträgen mit Unternehmern (vgl. dazu auch § 310 Rz. 25 ff.). Die Vorschrift stellt jedoch deutlich eine Ausformung der Generalklausel des § 307 dar, weil die negative Wertung von der Unangemessenheit der Vergütungshöhe bzw. des Aufwendungsersatzes abhängt. Auch bei Verträgen mit Unternehmern sind daher un81 BGH v. 12.6.1991 – XII ZR 17/90, WM 1991, 1642 (1643); OLG Celle v. 3.7.2008 – 13 U 68/08, BeckRS 2008, 13972. 82 Vgl. BGH v. 25.5.1983 – IVa ZR 182/81, BGHZ 87, 309 (319 f.) = NJW 1983, 2817: Anwendung von § 628 bei ordentlicher Kündigung eines Eheanbahnungsvertrages. 83 So auch MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 7 BGB Rz. 13. A.A. anscheinend generell BGH v. 25.5.1983 – IVa ZR 182/81, BGHZ 87, 309 (321) = NJW 1983, 2817; Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 7 AGBG Rz. 33; Soergel/U. Stein § 10 AGBG Rz. 79; zurückhaltend auch Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 16. 84 So auch BGH v. 28.10.1981 – VIII ZR 302/80, BGHZ 82, 121 (131) = NJW 1982, 870; BGH v. 22.1.1986 – VIII ZR 318/84, WM 1986, 458 (460); BGH v. 29.1.1986 – VIII ZR 49/85, WM 1986, 480 (484); BGH v. 12.6.1985 – VIII ZR 148/84, NJW 1985, 2253 (2255) (für ergänzende Vertragsauslegung hinsichtlich der Abschlusszahlung bei Teilamortisations-Leasingverträgen); Löwe/von Westphalen § 10 Nr. 7 AGBG Rz. 33; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 40–49; zurückhaltender Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 16. A.A. – ersatzloser Wegfall unwirksamer Klauseln – Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 67; Soergel/U. Stein § 10 AGBG Rz. 79. 85 Vgl. BGH v. 30.9.1999 – VII ZR 206/98, NJW 2000, 205; BGH v. 4.12.1997 – VII ZR 187/96, NJW-RR 1998, 594 (595) (jeweils zu einer unwirksamen Pauschalierungsklausel für ersparte Aufwendungen – „40%“ – in einem Architektenvertrag); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 16; Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 67.

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§ 308 Nr. 8 BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

angemessen weit gehende Vergütungs- und Aufwendungsersatzklauseln i.S.v. § 308 Nr. 7 lit. a und lit. b unwirksam86. Bei der Inhaltskontrolle ist aber eine etwaige Branchenüblichkeit hinsichtlich Inhalt und Umfang von Vergütungs- und Aufwendungsersatzregelungen zu beachten87. Denkbar ist es außerdem, dass in bestimmten Geschäftsbereichen sich ein Handelsbrauch über die „angemessene“ Höhe einer vom Vertragspartner zu leistenden Zahlung herausgebildet hat. Nicht erforderlich ist es jedoch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern, den Gegenbeweis (vgl. Rz. 4) ausdrücklich zu eröffnen; er darf aber auch nicht abgeschnitten werden88.

§ 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit Nr. 8 In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam 8. (Nichtverfügbarkeit der Leistung) die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet, a) den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und b) Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten.

86 Vgl. als Beispiel aus der Rechtsprechung BGH v. 3.2.2005 – III ZR 268/04, WM 2005, 699 (701) (von § 628 Abs. 1 Satz 1 abweichende Klausel); BGH v. 27.10.1998 – X ZR 116/97, WM 1999, 336 (338) (von § 649 Satz 2 abweichende Klausel); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1067) (zur Nutzungsvergütung): Der Grundgedanke von § 10 Nr. 7a AGBG ist bei der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG zu berücksichtigen; BGH v. 26.1.1994 – VIII ZR 39/93, NJW 1994, 1069 (1070) (zu einer wirksamen Vergütungsregelung): § 10 Nr. 7 AGBG fließt für den kaufmännischen Verkehr als Wertungsmaßstab in die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG ein. Ähnlich Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 80 („Grundgedanke des § 308 Nr. 7“ ist „im Rahmen von § 307 zu berücksichtigen“); Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 21 („Wertung des § 308 Nr. 7 gilt grundsätzlich auch im kaufmännischen Verkehr“); MünchKomm/ Wurmnest § 308 Nr. 7 BGB Rz. 14 (§ 308 Nr. 7 „indiziert […] im Rahmen von § 307 die Unwirksamkeit“); Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 45 („Nr. 7 […] gem. §§ 307, 310 I anzuwenden“); BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 40 („Nr. 7 gilt mediatisiert über § 307 auch im Verkehr zwischen Unternehmern“); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 68 („mittelbare Bedeutung“ von § 308 Nr. 7 bei der Inhaltskontrolle nach § 307). 87 So auch Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 21; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 7 BGB Rz. 14. 88 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1067); BeckOK/Becker § 308 Nr. 7 BGB Rz. 40; Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 34, 80; einschränk. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 7 BGB Rz. 21. A.A. anscheinend BGH v. 27.10.1998 – X ZR 116/97, NJW 1999, 418 (420) zu § 11 Nr. 5 lit. b AGBG: Da § 11 Nr. 5 lit. b AGBG im kaufmännischen Verkehr nicht gelte, sei eine Erschwerung des Nachweises, eine Einbuße sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale, nicht verboten. Vgl. dazu auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 7 BGB Rz. 34 Fn. 64.

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§ 308 Nr. 8 BGB

Nichtverfgbarkeit der Leistung I. Einleitung 1. Normzweck und Funktion . . . . .

1

2. Entstehung der Vorschrift . . . . . .

2

3. Verpflichtung zur unverzüglichen Information über die Nichtverfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

II. Inhalt der Vorschrift

4. Verpflichtung zur unverzüglichen Erstattung von Gegenleistungen

6

1. Nach § 308 Nr. 3 zulässige Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . .

3

5. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

7

2. Nichtverfügbarkeit der Leistung . .

4

III. Verträge mit Unternehmern . . . .

8

I. Einleitung 1. Normzweck und Funktion § 308 Nr. 8 geht, wie die Vorgängernorm des § 10 Nr. 8 AGBG, auf Art. 7 Abs. 2 1 Fernabsatz-Richtlinie1 zurück2, nach dem beim Fernabsatzvertrag der Lieferer im Falle der Nichtverfügbarkeit der Leistung den Verbraucher hierüber zu unterrichten hat und der Verbraucher die Möglichkeit haben muss, sich geleistete Zahlungen möglichst bald, in jedem Fall jedoch binnen 30 Tagen, erstatten zu lassen3. § 308 Nr. 8 gilt nicht nur für Fernabsatzverträge, sondern für alle Vertragstypen – bei denen der Vertragspartner („Kunde“) des AGB-Verwenders weder Unternehmer noch dem Bereich der öffentlichen Hand zuzuordnen ist (§ 310 Abs. 1 Satz 1) –, soweit es sich nicht um Dauerschuldverhältnisse handelt (§ 308 Nr. 3) oder um Verträge i.S.v. § 310 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1. Nach § 308 Nr. 3 sind Klauseln unwirksam, nach denen der Verwender berechtigt sein soll, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen. § 308 Nr. 8 ergänzt § 308 Nr. 3 durch ein zusätzliches Wirksamkeitserfordernis, soweit es um ein Lösungsrecht vom Vertrag geht, das auf die Nichtverfügbarkeit der Leistung abstellt (dazu Rz. 4); die Wirksamkeitsvoraussetzungen beider Vorschriften müssen daher kumulativ vorliegen (allg. M.). Das betrifft vor allem Vorratsklauseln und Selbstbelieferungsklauseln (dazu § 308 Nr. 3 Rz. 6 f.), aber auch alle sonstigen Bestimmungen, die dem Verwender das Recht geben, sich von seiner vertraglichen Leistungspflicht zu befreien, wenn die Leistung für ihn nicht verfügbar ist (Rz. 4). Derartige Klauseln müssen zunächst den Anforderungen von § 308 Nr. 3 Rechnung tragen, also einen sachlich gerechtfertigten Grund für das Lösungsrecht in der Klausel angeben. Darüber hinaus muss die Klausel (dazu Rz. 5) die Informationspflicht über die Nichtverfügbarkeit der Leistung gemäß § 308 Nr. 8 lit. a und die Verpflichtung zur Erstattung der Gegenleistung gemäß lit. b der Vorschrift enthalten. Allerdings kann die Frage der Wirksamkeit der Klausel nach § 308 Nr. 3 dahinstehen, wenn die Unwirksamkeit der Klausel nach § 308 Nr. 8 festgestellt werden kann (Rz. 3). Zur Anwendung der Klauselverbote des § 308 bei Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 vgl. § 308 Nr. 1 Rz. 3. 1 RL 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.5.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG Nr. L 144 v. 4.6.1997, S. 19. 2 Um einen Fall (unmittelbarer) Richtlinienumsetzung handelt es sich nicht, da Art. 7 Abs. 2 Fernabsatz-Richtlinie keine Vorgaben für die AGB-Gestaltung bzw. AGB-Kontrolle enthält. Vgl. dazu auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 2; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 8 BGB Rz. 2. Für „Umsetzung“ der Richtlinie BeckOK/Becker § 308 Nr. 8 BGB Rz. 1. 3 Gesetzesbegründung zu § 10 Nr. 8 AGBG, BT-Drucks. 14/2658 S. 51.

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§ 308 Nr. 8 BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

2. Entstehung der Vorschrift 2 § 308 Nr. 8 stimmt mit der Vorgängernorm des § 10 Nr. 8 AGBG überein. § 10 Nr. 8 AGBG war durch Art. 3 Nr. 1 lit. b des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27.6.20004 im Zusammenhang mit der Umsetzung der Fernabsatz-Richtlinie (vgl. Rz. 1) in das AGBG eingefügt worden5. Die Vorschrift war im Wesentlichen bereits im Gesetzesentwurf der Bundesregierung enthalten6. Auf Anregung des Bundesrates waren in der Endfassung lediglich redaktionelle Änderungen erfolgt, um den Wortlaut des damaligen § 10 Nr. 8 AGBG an die Terminologie von § 10 Nr. 3 AGBG anzupassen7.

II. Inhalt der Vorschrift 1. Nach § 308 Nr. 3 zulässige Vereinbarung 3 Die Vorschrift des § 308 Nr. 8 bildet eine zusätzliche Schranke für Klauseln, nach denen sich der Verwender unter bestimmten Voraussetzungen vom Vertrag lösen kann. Nach § 308 Nr. 3 sind derartige Lösungsrechte nur wirksam, wenn sie auf einen sachlich gerechtfertigten, im Vertrag angegebenen Grund abstellen; dazu näher die Kommentierung zu § 308 Nr. 3. Der Wertungsmaßstab des sachlich gerechtfertigten Grundes wird durch § 308 Nr. 8 nicht berührt. Die Vorschrift soll die Zulässigkeit von Lösungsrechten i.S.v. § 308 Nr. 3 in materieller Hinsicht weder einschränken noch erweitern8. Mit den in lit. a und lit. b vorgesehenen Verpflichtungen stellt § 308 Nr. 8 – über die Angabe des Lösungsgrundes im Vertrag gemäß § 308 Nr. 3 hinaus – weitere formale Wirksamkeitsvoraussetzungen auf (dazu Rz. 5 f.). Dem Wortlaut nach greift § 308 Nr. 8 zwar erst dann ein, wenn ein nach § 308 Nr. 3 zulässiges Lösungsrecht vorliegt. Das ist aber nicht im Sinne einer zwingenden Prüfungsreihenfolge der genannten Vorschriften zu verstehen, mit der Folge, dass vor einer Anwendung von § 308 Nr. 8 in jedem Fall zunächst einmal die Wirksamkeit des Lösungsrechts nach § 308 Nr. 3 festgestellt werden müsste9. Bei der Inhaltskontrolle von Lösungsrechten, die auf die Nichtverfügbarkeit der Leistung abstellen oder diesen Fall auch erfassen (Rz. 4), kann die Frage des im Vertrag angegebenen, sachlich gerechtfertigten Grundes und damit die Wirksamkeit bzw. Zulässigkeit nach § 308 Nr. 3 daher offen bleiben, wenn die Klausel (vgl. Rz. 5) die in § 308 Nr. 8 vorgesehenen Verpflichtungen nicht enthält und jedenfalls deshalb unwirksam ist.

4 BGBl. 2000 I 897 (901 f.). 5 Ursprünglich enthielt das AGBG in § 10 Nr. 8 AGBG ein relatives Rechtswahlverbot, das aber seit dem 1.9.1986 ersatzlos entfallen war. 6 BT-Drucks. 14/2658 S. 8. 7 BT-Drucks. 14/2920 S. 8 (16). 8 Gesetzesbegründung zu § 10 Nr. 8 AGBG, BT-Drucks. 14/2658 S. 51. 9 Wohl nur unscharf die Formulierung von Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 8 BGB Rz. 2, dass § 308 Nr. 8 nur „relevant“ werden könne, wenn der Lösungsvorbehalt nach § 308 Nr. 3 zulässig ist.

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Schmidt

Nichtverfgbarkeit der Leistung

§ 308 Nr. 8 BGB

2. Nichtverfügbarkeit der Leistung Unter § 308 Nr. 8 fallen nur Lösungsrechte vom Vertrag, die auf die Nichtverfügbarkeit der Leistung abstellen. Dies betrifft auch weiter gefasste Klauseln, die sich nicht nur – ausdrücklich oder in anderer Umschreibung10 – auf den Fall der Nichtverfügbarkeit der Leistung beschränken, diesen aber auch abdecken11. Die Gesetzesbegründung12 verweist auf Vorratsklauseln und Selbstbelieferungsvorbehalte (dazu § 308 Nr. 3 Rz. 6 f.). Erfasst werden von § 308 Nr. 8 aber auch alle anderen Fälle, in denen die Klausel dem Verwender die Möglichkeit geben soll, sich vom Vertrag zu lösen, wenn er den Vertrag mangels Verfügbarkeit der Leistung nicht erfüllen kann13; vgl. dazu § 308 Nr. 3 Rz. 6 ff. Der Grund der Nichtverfügbarkeit ist für § 308 Nr. 8 unerheblich.

4

3. Verpflichtung zur unverzüglichen Information über die Nichtverfügbarkeit § 308 Nr. 8 regelt nicht explizit, in welcher Art und Weise der Verwender die in der Vorschrift vorgesehenen Verpflichtungen übernehmen muss, insbesondere, ob die Verpflichtungen schriftlich im Vertrag und in der Klausel über das Lösungsrecht oder zumindest in einem erkennbaren räumlichen Zusammenhang mit der Klausel über das Lösungsrecht erfolgen müssen. Dafür spricht aber, dass die Übernahme der Verpflichtungen und ihr Zusammenhang mit dem Lösungsrecht wegen der Nichtverfügbarkeit der Leistung so dem Kunden am ehesten vor Augen geführt werden14; zur vergleichbaren Fragestellung bei § 308 Nr. 5 siehe dort Rz. 11 f. Die Klausel über das Lösungsrecht muss nach § 308 Nr. 8 lit. a die Verpflichtung des Verwenders enthalten, den Kunden unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit der Leistung zu informieren15. Ausreichend ist es, diesen Gesetzeswortlaut in die Klausel zu übernehmen16. Jedoch kann die zu übernehmende Verpflichtung auch mit anderen Worten umschrieben werden, solange den Anforderungen von § 308 Nr. 8 lit. a inhaltlich Rechnung getragen wird17.

10 Vgl. LG Hamburg v. 5.9.2003 – 324 O 224/03, MMR 2004, 190 (191 f.) („Nichtlieferbarkeit des bestellten Artikels“). 11 Zutr. Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 5. 12 BT-Drucks. 14/2658 S. 51 zu § 10 Nr. 8 AGBG. 13 Vgl. OLG Köln v. 3.11.2009 – 15 U 60/09, BeckRS 2010, 30975; LG Hamburg v. 20.10.2009 – 312 O 173/09, NJOZ 2010, 1985 (1987) zur Vermittlung eines Gastschulaufenthaltes; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 8 BGB Rz. 2. 14 Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 46 („die Klausel“ muss die Anforderungen von Nr. 8 erfüllen); AnwKommAGB/Eckhoff § 308 Nr. 8 BGB Rz. 4 („die Klausel“ muss die Verpflichtungen vorsehen); vgl. auch OLG Köln v. 3.11.2009 – 15 U 60/09, BeckRS 2010, 30975 (Unwirksamkeit, da „die Klausel“ nicht die in § 308 Nr. 8 geforderten Informationen enthält). Großzügiger Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 8 BGB Rz. 3 („Nicht unbedingt erforderlich ist ein formularmäßiger Hinweis.“), allerdings mit dem zutr. Hinweis auf die sich dann für den Verwender im Unterlassungsklageverfahren ergebenden Probleme; wohl auch Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 13 (Pflicht muss „im Vertrag“ vorgesehen sein); MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 8 BGB Rz. 4 (Hervorhebung der Pflichten „im Vertrag“); Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 69 (Pflichten müssen „im Vertrag“ enthalten sein). 15 Einschränk. Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 8 BGB Rz. 3. 16 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 8 BGB Rz. 4; Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 15. 17 Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 12.

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§ 308 Nr. 8 BGB

Klauselverbote mit Wertungsmçglichkeit

Bedeutung kann das vor allem hinsichtlich des Merkmals „unverzüglich“ (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1: „ohne schuldhaftes Zögern“) erlangen. Klauseln, die auf diese oder eine ihr entsprechende Frist für die Information ganz verzichten oder sie durch abschwächende Formulierungen oder konkrete Fristen bzw. Termine verlängern, sind unwirksam18. Gleiches gilt für Klauseln, die eine Informationspflicht erst bei Ausübung des Lösungsrechts vorsehen19; maßgeblich für die unverzügliche Informationspflicht ist der Zeitpunkt der Kenntnis von der Nichtverfügbarkeit der Leistung. Fällt die Information über die Nichtverfügbarkeit der Leistung aus tatsächlichen Gründen typischerweise mit der Ausübung des Lösungsrechts zusammen, sind angesichts der insoweit nicht eingeschränkten Regelung des § 308 Nr. 8 gleichwohl die Vorgaben dieser Vorschrift einzuhalten20. Regelungen über die formale Art und Weise der Information sind in der Klausel nicht erforderlich.

4. Verpflichtung zur unverzüglichen Erstattung von Gegenleistungen 6 Ein auf die Nichtverfügbarkeit der Leistung abstellendes Lösungsrecht muss nach § 308 Nr. 8 lit. b weiterhin die Verpflichtung des Verwenders enthalten (vgl. dazu Rz. 5), Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten. Dem tragen Klauseln, die diesen Wortlaut der Vorschrift übernehmen, Rechnung. Die Verpflichtung kann auch mit anderen Worten umschrieben werden; vgl. Rz. 5. Nicht mit § 308 Nr. 8 vereinbar sind Klauseln, die eine Erstattung der Gegenleistung überhaupt nicht vorsehen oder sogar ausdrücklich ausschließen oder eine nur eingeschränkte Erstattung der Gegenleistung vorsehen, sei es in zeitlicher (längerer Zeitraum als unverzüglich, vgl. Rz. 5) oder sachlicher (Umfang der Erstattung)21 Hinsicht. Nicht ausreichend sind auch Klauseln, die nur allgemein eine Erstattungspflicht begründen, ohne eine Frist für die Erstattung vorzusehen22. Auch für die Verpflichtung zur unverzüglichen Erstattung der Gegenleistung ist der Zeitpunkt der Kenntnis des Verwenders von der Nichtverfügbarkeit der Leistung maßgeblich und nicht der Zeitpunkt der Ausübung eines Lösungsrechts23. Bei der zu erstattenden Gegenleistung wird es sich im Regelfall um auf den Preis geleistete Anzahlungen24 handeln.

18 Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 8 BGB Rz. 4. 19 Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 14. 20 Vgl. LG Hamburg v. 20.10.2009 – 312 O 173/09, NJOZ 2010, 1985 (1987), zum Einwand des Verwenders, bei einem Vertrag über die Vermittlung eines Gastschulaufenthaltes sei „eine dem § 308 Nr. 8 entsprechende Regelung im Vertrag eine reine Förmelei, weil aufgrund der Besonderheiten des Gastschulaufenthaltsvertrags die Nichtverfügbarkeit der Leistung erst ganz kurz vor der geplanten Abreise feststehe und die Information dann mit dem Rücktritt zusammenfalle“. 21 So auch Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 8 BGB Rz. 5. 22 Vgl. LG Hamburg v. 20.10.2009 – 312 O 173/09, NJOZ 2010, 1985 (1987), zur Klausel „Bereits erbrachte Zahlungen werden in beiden Fällen zurückerstattet […]“. 23 Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 3 a.E., 16. 24 Auf diese abstellend Gesetzesbegr. zu § 10 Nr. 8 AGBG, BT-Drucks. 14/2658 S. 51; BeckOK/Becker § 308 Nr. 8 BGB Rz. 3. Vgl. auch LG Köln v. 3.4.2009 – 16 O 148/08, BeckRS 2010, 30976.

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§ 309 Nr. 1 BGB

Kurzfristige Preiserhçhungen

5. Unwirksamkeit Fehlt eine der in § 308 Nr. 8 lit. a und lit. b vorgesehenen Verpflichtungen, ist die Klausel über das Lösungsrecht (vgl. Rz. 1, 3) unwirksam. Das gilt auch dann, wenn der Verwender den Kunden nach Eintritt der Nichtverfügbarkeit der Leistung darüber unverzüglich informiert und Gegenleistungen unverzüglich erstattet25.

7

III. Verträge mit Unternehmern Gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 findet § 308 Nr. 8 bei Verträgen mit Unternehmern (vgl. dazu auch § 310 Rz. 25 ff.) keine Anwendung. Es wäre sachlich auch nicht gerechtfertigt, die auf Verbraucherverträge zugeschnittene (Rz. 1 f.) Vorschrift im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 als allgemeine Richtlinie heranzuziehen26.

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Nr. 1 Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 1. (Kurzfristige Preiserhöhungen) eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden; I. Grundlagen 1. Gegenstand und Zweck der Norm

1

2. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . a) Inhalt des Klauselbeispiels . . . . b) Auswirkungen auf das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verabschiedung der Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU . .

3 4

3. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Vorrang der Individualabrede (§ 305b) . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 9

11

b) Preisangabenverordnung (§ 1 Abs. 1 und Abs. 5 PAngV) c) Neuregelung des Preisangabenund Preisklauselrechts . . . . . .

12 13

II. Anwendungsbereich 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . .

14

2. Preiserhöhungen a) Entgelt für Waren oder Leistungen . . . . . . . . . . . . . . b) Arten von Preiserhöhungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . .

15 18

25 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 69; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 46; Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 13. 26 So auch die Gesetzesbegründung zu § 10 Nr. 8 AGBG, BT-Drucks. 14/2658 S. 51; Erman/ Roloff § 308 BGB Rz. 69; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 8 BGB Rz. 5; Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 29; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 8 BGB Rz. 6; BeckOK/Becker § 308 Nr. 8 BGB Rz. 7. Vgl. aber auch BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 32): allgemein für eine Indizwirkung der Klauselverbote von § 308 bei der Inhaltskontrolle im Unternehmerverkehr nach § 307 (zu § 308 Nr. 5).

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§ 309 Nr. 1 BGB

Kurzfristige Preiserhçhungen

5. Unwirksamkeit Fehlt eine der in § 308 Nr. 8 lit. a und lit. b vorgesehenen Verpflichtungen, ist die Klausel über das Lösungsrecht (vgl. Rz. 1, 3) unwirksam. Das gilt auch dann, wenn der Verwender den Kunden nach Eintritt der Nichtverfügbarkeit der Leistung darüber unverzüglich informiert und Gegenleistungen unverzüglich erstattet25.

7

III. Verträge mit Unternehmern Gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 findet § 308 Nr. 8 bei Verträgen mit Unternehmern (vgl. dazu auch § 310 Rz. 25 ff.) keine Anwendung. Es wäre sachlich auch nicht gerechtfertigt, die auf Verbraucherverträge zugeschnittene (Rz. 1 f.) Vorschrift im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 als allgemeine Richtlinie heranzuziehen26.

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Nr. 1 Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 1. (Kurzfristige Preiserhöhungen) eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden; I. Grundlagen 1. Gegenstand und Zweck der Norm

1

2. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . a) Inhalt des Klauselbeispiels . . . . b) Auswirkungen auf das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verabschiedung der Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU . .

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3. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Vorrang der Individualabrede (§ 305b) . . . . . . . . . . . . . . . . .

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b) Preisangabenverordnung (§ 1 Abs. 1 und Abs. 5 PAngV) c) Neuregelung des Preisangabenund Preisklauselrechts . . . . . .

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II. Anwendungsbereich 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Preiserhöhungen a) Entgelt für Waren oder Leistungen . . . . . . . . . . . . . . b) Arten von Preiserhöhungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . .

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25 Erman/Roloff § 308 BGB Rz. 69; Palandt/Grüneberg § 308 BGB Rz. 46; Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 13. 26 So auch die Gesetzesbegründung zu § 10 Nr. 8 AGBG, BT-Drucks. 14/2658 S. 51; Erman/ Roloff § 308 BGB Rz. 69; MünchKomm/Wurmnest § 308 Nr. 8 BGB Rz. 5; Wolf/Dammann § 308 Nr. 8 BGB Rz. 29; Staudinger/Coester-Waltjen § 308 Nr. 8 BGB Rz. 6; BeckOK/Becker § 308 Nr. 8 BGB Rz. 7. Vgl. aber auch BGH v. 10.9.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 (Tz. 32): allgemein für eine Indizwirkung der Klauselverbote von § 308 bei der Inhaltskontrolle im Unternehmerverkehr nach § 307 (zu § 308 Nr. 5).

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§ 309 Nr. 1 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

3. Viermonatsfrist . . . . . . . . . . . . .

23

4. Ausnahme für Dauerschuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . .

b) Bestimmtheit und Transparenz c) Lösungsrecht . . . . . . . . . . . .

31 36

26

3. Besonderheiten bei Energielieferungsverträgen a) Entwicklung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . b) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . .

39 42

4. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . .

43

III. Inhaltskontrolle nach § 307 bei längerfristigen Verträgen mit Verbrauchern 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konkretisierungsgebot und Lösungsrecht a) Grundsätzliche Begrenzung der Anpassung . . . . . . . . . . . .

28

30

IV. Verträge mit Unternehmern . . . .

45

V. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . .

51

Schrifttum: Bartsch Zu Preissteigerungsklauseln in AGB, insbesondere zur Tagespreisklausel, DB 1983, 214; J. Baur Vertragliche Anpassungsregelungen, 1983; Borges Preisanpassungsklauseln in der AGB-Kontrolle DB 2006, 1199; Büdenbender Die neue Rechtsprechung des BGH zu Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen NJW 2009, 3125; Büdenbender Neugestaltung von Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen über Elektrizität und Gas, NJW 2013, 3601; Horn Vertragsbindung unter veränderten Umständen, NJW 1985, 1118; Jesgarzewski Die Grenzen formularmäßiger Vereinbarung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte, 2006; Kamanabrou Vertragliche Anpassungsklauseln, 2004; Kessel/Schwedler Preisanpassungsklauseln in AGB und ihre Bewertung durch die Rechtsprechung BB 2010, 585; Lübke-Detring Preisklauseln in AGB, 1989 (siehe dazu Hammen WM 1990, 999); Micklitz/Reich Von der Klausel- zur Marktkontrolle, EuZW 2013, 457; Paulusch Vorformulierte Leistungsbestimmungsrechte des Verwenders, in Heinrichs/Löwe/ Ulmer (Hrsg.), 10 Jahre AGB-Gesetz (RWS-Forum 2), 1987, S. 55; Rott Preiserhöhungsklauseln der Gasbranche unter verschärfter AGB-Kontrolle, VuR 2006, 1; Schmid Die (intransparenten) Urteile des BGH zu Reisepreisänderungsklauseln – Kerosinzuschlag I und II – Bewertung und Folgerungen NJW 2003, 947; Schöne Einseitige Preisänderungsklauseln – am Beispiel der Stromversorgungswirtschaft, WM 2004, 262; Scholtka/Baumbach Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 2008 und 2009, NJW 2010, 1118; Scholtka/Baumbach/Pietrowicz Die Entwicklung des Energierechts im Jahr 2013, NJW 2014, 898; Uffmann Richtungswechsel des BGH bei der ergänzenden Vertragsauslegung, NJW 2011, 1313; von Westphalen Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen mit Normsonderkunden, ZIP 2008, 669; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2008, NJW 2009, 2355; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2009, NJW 2010, 2254; von Westphalen Verbraucherschutz nach zwei Jahrzehnten Klauselrichtlinie, NJW 2013, 961; von Westphalen AGB-Recht im Jahr 2013, NJW 2014, 2242; R. M. Wiedemann Preisänderungsvorbehalte, 1991; M. Wolf Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter Kaufleuten, ZIP 1987, 341; Zabel Die Anforderungen an Preisanpassungsklauseln in Gas- und Fernwärmelieferverträgen, KommJur 2011, 289.

I. Grundlagen 1. Gegenstand und Zweck der Norm 1 § 309 Nr. 1 verbietet AGB-Klauseln, mit denen sich der Verwender bei kurzfristig abzuwickelnden Verträgen die Möglichkeit einer Preiserhöhung sichern will. Die Regelung dient sowohl dem Individualschutz des Kunden als auch wichtigen Interessen der Allgemeinheit: Der Kunde soll Klarheit über den zu zahlenden Preis haben und vor für ihn nicht absehbaren Preissteigerungen bewahrt werden1. Damit wird zugleich die Möglichkeit des Preisvergleichs im Markt als

1 Wolf/Dammann Rz. 1; Bamberger/Roth/Becker Rz. 3.

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Kurzfristige Preiserhçhungen

§ 309 Nr. 1 BGB

Voraussetzung für einen funktionsfähigen Wettbewerb gesichert2. Auf der anderen Seite haben der Gesetzgeber und die Rechtsprechung anerkannt3, dass der Verwender bei längerfristigen Vertragsbeziehungen ein berechtigtes Interesse an einer Preisanpassung wegen zwischenzeitlich (erheblich) gestiegenen Kosten haben kann. Das starre Verbot wird daher in zweifacher Hinsicht beschränkt: Zum einen gilt es nicht für Lieferungen oder Leistungen, die planmäßig erst vier Monate nach Vertragsschluss erfolgen sollen. Zum anderen werden generell Dauerschuldverhältnisse aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgenommen. Die Regelung in § 309 Nr. 1 hat durch das SMG keine Änderung erfahren, sondern stimmt mit der Vorgängervorschrift in § 11 Nr. 1 AGBG wörtlich überein4. Den Auftakt für den Katalog der absolut unzulässigen Klauseln bildet sie wohl vor allem deshalb, weil sie mit der Festlegung des Entgelts ein Essential für das Zustandekommen gegenseitiger Verträge zum Gegenstand hat5. Die unmittelbare Bedeutung der Bestimmung für die Vertragspraxis ist dagegen angesichts ihres eingeschränkten Anwendungsbereichs heutzutage eher gering. Preiserhöhungsklauseln waren in den Anfangsjahren der Inhaltskontrolle nach dem AGBG zunächst häufiger Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Nachdem zwischenzeitlich weitgehend Ruhe in diesem Bereich eingetreten war, hat sich die Rechtsprechung in jüngster Zeit allerdings wieder vermehrt mit Preisanpassungsklauseln beschäftigt, wobei die weit überwiegende Anzahl der Entscheidungen allerdings zu § 307 ergangen ist (vgl. § 307 Rz. 180 ff. sowie unten Rz. 28)6.

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2. EG-Richtlinie 93/13/EWG Anhang. Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass l) der Verkäufer einer Ware oder der Erbringer einer Dienstleistung den Preis zum Zeitpunkt der Lieferung festsetzen oder erhöhen kann, ohne dass der Verbraucher in beiden Fällen ein entsprechendes Recht hat, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Endpreis im Verhältnis zu dem Preis, der bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, zu hoch ist; 2. Tragweite der Buchstaben g), j) und l) … c) Die Buchstaben g), j) und l) finden keine Anwendung auf – Geschäfte mit Wertpapieren, Finanzpapieren und andere Erzeugnisse oder Dienstleistungen, bei denen der Preis von den Veränderungen einer Notierung oder eines Börsenindex oder von Kursschwankungen auf dem Kapitalmarkt abhängt, auf die der Gewerbetreibende keinen Einfluss hat; – Verträge zum Kauf oder Verkauf von Fremdwährungen, Reiseschecks oder internationalen Postanweisungen in Fremdwährung. d) Buchstabe l) steht Preisindexierungsklauseln nicht entgegen, wenn diese rechtmäßig sind und der Modus der Preisänderung darin ausdrücklich beschrieben wird.

2 Bamberger/Roth/Becker Rz. 1; so auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 1; vgl. auch BGH v. 24.10.1980 – I ZR 74/78, GRUR 1981, 206. 3 Siehe nur EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 (2255); BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2708 (2712). 4 Begr. RegE (SMG), BT-Drucks. 14/6040 S. 155. 5 Hensen (10. Aufl.) Rz. 1. 6 Siehe dazu auch Bamberger/Roth/Becker Rz. 16 ff.

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§ 309 Nr. 1 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

a) Inhalt des Klauselbeispiels 4 Im Vergleich zu § 309 Nr. 1 ist der in Nr. 1 lit. l RL 93/13/EWG als Beispiel für (wahrscheinlich) missbräuchliche Klauseln7 erwähnte Tatbestand einerseits enger, andererseits aber zumindest sprachlich auch weiter, da es an einer zeitlichen Begrenzung auf vier Monate sowie an einer expliziten Ausnahmeregelung für Dauerschuldverhältnisse fehlt (näher dazu unten Rz. 8). Erfasst werden zwei Fälle: neben der Preiserhöhung zum Zeitpunkt der Lieferung auch die (erstmalige) Preisfestsetzung erst bei Lieferung (wie etwa bei Tages- oder Listenpreisklauseln). Die Einräumung eines entsprechenden Rechts zur nachträglichen einseitigen Preiserhöhung bzw. zur späteren Preisfestsetzung (Preisvorbehalt) wird aber nur dann als missbräuchlich bewertet, wenn dem Vertragspartner kein Rücktrittsrecht vom Vertrag eingeräumt und ein im Verhältnis zum ursprünglich vereinbarten Preis „zu hoher“ Endpreis verlangt wird. Die zuletzt genannte Voraussetzung passt offensichtlich nicht für die Alternative der erstmaligen Festsetzung des Preises zum Zeitpunkt der Lieferung, da es insoweit an einem Bezugspunkt für die Bemessung der Unverhältnismäßigkeit des Preises fehlt8. Die Bestimmung ist daher so zu interpretieren, dass ein Offenhalten des Preises bis zum Zeitpunkt der Leistung grundsätzlich untersagt ist9. 5 Die im Ergebnis nicht hilfreiche Aufspaltung in Verkauf einer Ware und Erbringung einer Dienstleistung findet sich auch in der Richtlinie wieder. Da Waren nur bewegliche Sachen sind (unter Einschluss urkundlich verbriefter Rechte, vgl. Nr. 2 lit. c), werden Grundstücke und unverbriefte Rechte nicht erfasst. Zum Begriff der Dienstleistung gehören – ebenso wie bei Nr. 1 lit. k (dazu oben bei § 308 Nr. 4 Rz. 3b) – jedenfalls auch Werkleistungen10, während bloße Gebrauchsüberlassungen (Miete, Pacht) und Darlehensverträge nicht erfasst sein sollen11. Letzteres erscheint jedoch zweifelhaft und ist letztlich vom EuGH zu klären12. Explizite Ausnahmen bestehen nach Nr. 2 lit. c für Börsen- und Kapitalmarktgeschäfte sowie Devisengeschäfte und nach Nr. 2 lit. d für Preisindexklauseln, wenn sie nach innerstaatlichem Recht zulässig sind und den Modus der Preisänderung ausdrücklich beschreiben. Dazu gehören neben der Angabe des Indikators als Bezugsgröße (z.B. Lebenshaltungskosten, bestimmte Rohstoffpreise) das Verhältnis der Preisänderung zu dieser Bezugsgröße sowie die zeitlichen und etwaigen sonstigen Voraussetzungen der Preisanpassung. 6 Jedwede in der Klausel niedergelegte Form einer etwaigen Preiserhöhung verlangt die Einräumung eines Rechts des Kunden, „vom Vertrag zurückzutreten“, was nicht im engen dogmatischen Sinn, sondern als Lösungsrecht zu verstehen

7 Zur grundsätzlichen Unverbindlichkeit des Klauselkatalogs nach Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG i.V.m. dem Anhang, der nur als Konkretisierung der Generalklausel des Art. 3 Abs. 1 eine gewisse, auch im nationalen Recht zu beachtende Indizwirkung entfaltet, siehe statt aller Wolf/Pfeiffer RL Art. 3 Rz. 78. 8 Krit. auch schon Hensen (10. Aufl.) Rz. 24 (Fassung „insoweit unklar“). 9 Hensen (10. Aufl.) Rz. 24 a.E.; enger Wolf/Pfeiffer RL Anh. Rz. 103 (vorläufige oder ungefähre Preisangabe erforderlich); a.A. auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 4 (nur Billigkeitskontrolle nach § 315, wenn Preis bei Vertragsschluss völlig offen bleibt). 10 Allgemeine Ansicht, siehe nur Hensen (10. Aufl.) Rz. 24; MünchKomm/Wurmnest Rz. 3. 11 So Wolf/Pfeiffer RL Anh. Rz. 102. 12 Ebenso MünchKomm/Wurmnest Rz. 3.

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ist13. Mehr ist explizit nicht vorgesehen. Aus dem Gemeinschaftsrecht ist aber zu schließen, dass eine Preiserhöhungsklausel, um wirksam zu sein, auch triftige Gründe für den Fall einer Preiserhöhung nennen muss14. Dabei muss es sich um Umstände handeln, auf die der Verwender keinen Einfluss hat15. Dass Nr. 1 lit. l nicht ausdrücklich etwas über triftige Gründe sagt, steht diesem Verständnis nicht entgegen; vielmehr wirken die in Nr. 1 lit. j und k niedergelegten Verbote, den Vertragsinhalt „ohne triftigen Grund“ zu ändern, in Nr. 1 lit. l hinein16. b) Auswirkungen auf das deutsche Recht Die Vorschrift des § 309 Nr. 1 ist in mehrfacher Hinsicht deutlich strenger als Nr. 1 lit. l17. Sie untersagt Preiserhöhungen in den ersten vier Monaten nach Vertragsschluss vollständig, selbst wenn dem Vertragspartner ein Lösungsrecht zugebilligt wird18. Außerdem scheitert nach dem BGB nicht erst die unverhältnismäßig hohe Preissteigerung; der BGH versagt Preiserhöhungsklauseln bereits bei „nicht unerheblichem“ Preisanstieg die Wirksamkeit. Beides ist jedoch wegen Art. 8 RL 93/13/EWG unbedenklich. Daher besteht auch kein überzeugender Grund, bei Preisindexklauseln wegen der Ausnahme nach Nr. 2 lit. d RL 93/13/EWG von der Strenge des § 309 Nr. 1 abzugehen19.

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Auf der anderen Seite ist Nr. 1 lit. l zumindest seinem Wortlaut nach insofern weiter gefasst, als Dauerschuldverhältnisse im Unterschied zu § 309 Nr. 1 nicht vom Klauselverbot ausgenommen sind. Allerdings wird bezweifelt, ob die Richtlinie angesichts der Fassung der Nr. 1 lit. l überhaupt Dauerschuldverhältnisse vor Augen gehabt hat und nicht nur Fälle einmaligen Leistungsaustausches20. Zudem fehlt in Nr. 1 lit. l eine zeitliche Begrenzung des strikten Klauselverbots auf vier Monate ab Vertragsschluss. Wegen des grundsätzlich unverbindlichen Charakters des beispielhaften Klauselverbots (Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG) ist dies aber unschädlich, zumal Preiserhöhungsklauseln und Preisvorbehalte im deutschen Recht auch nach Ablauf der Viermonatsfrist gemäß § 307 nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig sind und die Wertungen von Nr. 1 lit. l umfassend in die Bewertung nach der Generalklausel einfließen. Ein aktueller Umsetzungsbedarf besteht daher derzeit nicht.

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13 Der dem BGB ursprünglich fremde Begriff des „Lösungsrechts“ wird insb. in § 308 Nr. 3, § 309 Nr. 6 und Nr. 8a verwendet und ist weit auszulegen; er umfasst grundsätzlich alle Rechte, die einem Vertragspartner eine Befreiung von seiner (Haupt-)Leistungspflicht ermöglichen, sei es durch Rücktritt, Kündigung, Widerruf oder Anfechtung, vgl. z.B. Stoffels Rz. 773 (zu § 308 Nr. 3). 14 So zutr. Nassal JZ 1995, 689 (693) unter Hinweis auf die Verbraucherkreditrichtlinie (ABl. EG Nr. L 42/48 v. 12.2.1987; dort Art. 4 Abs. 2 RL), die Pauschalreisenrichtlinie (ABl. EG Nr. L 158/59 v. 23.6.1990; dort Art. 3 Abs. 4a RL) sowie die Time-Sharing-RL (ABl. EG Nr. L 280/83 v. 29.10.1994, abgedr. in NJW 1995, 375). 15 Hensen (10. Aufl.) Rz. 25. 16 So auch Wolf/Pfeiffer RL Anh. Rz. 108, 84. 17 So auch die Feststellung von EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253; BGH v. 9.7.2009 – Xa ZR 19/08, NJW 2009, 3371; Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 40. 18 Das von Nr. 1 lit. l verlangte Lösungsrecht erlangt aber im Rahmen des § 307 Bedeutung; außerhalb des strikten Klauselverbots nach § 309 Nr. 1 ist es grundsätzlich erforderlich, um Preiserhöhungsklauseln wirksam sein zu lassen (Rz. 36 ff.). 19 Hensen (10. Aufl.) Rz. 26 a.E.; Wolf/Pfeiffer RL Anh. Rz. 209. 20 Hensen (10. Aufl.) Rz. 26.

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c) Verabschiedung der Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU 9 Am 25.10.2011 wurde nach über vierjährigem Gesetzgebungsverfahren die Verbraucherrechte-Richtlinie21 erlassen. In dem ursprünglich im Jahr 2008 veröffentlichen Vorschlag der Kommission22 war ein Übergang zum Prinzip der Vollharmonisierung23 auch im Bereich des AGB-Rechts vorgesehen. Die Idee war, zwischen Klauseln, die „unter allen Umständen als missbräuchlich gelten“ und Klauseln, deren „Missbräuchlichkeit vermutet wird“, zu unterscheiden. Insbesondere für § 309 Nr. 1 hätte dies umfangreiche Folgen gehabt24. So hätte das aktuell vorgesehene pauschale Verbot zu Gunsten einer Vermutungslösung aufgehoben werden müssen. 10

Die letztlich verabschiedete und durch Gesetz v. 20.9.201325 in Deutschland umgesetzte Richtlinie beschränkt sich jedoch im Wesentlichen darauf, die Vorschriften über Haustür- und Fernabsatzgeschäfte zu reformieren. Zum 30.6.2014 traten in den §§ 312 ff. umfangreiche Änderungen in Kraft, die Unternehmer ggf. auch zu Anpassungen in den von ihnen verwendeten AGB zwingen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn dort auf die gesetzliche Widerrufsbelehrung und die Informationspflicht zur Mängelgewährleistung hingewiesen wird. Konkrete Vorgaben für AGB-Klauseln finden sich in der Richtlinie nicht mehr. Insbesondere ist die ursprünglich angestrebte Vollharmonisierung hinsichtlich bestimmter missbräuchlicher Klauseln aufgegeben worden. Europäische Grundlage für das deutsche AGB-Recht ist daher weiterhin die Richtlinie 93/13/EWG.

3. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Vorrang der Individualabrede (§ 305b) 11

Die individualvertragliche Einigung der Parteien auf einen bestimmten Preis schließt die wirksame Einbeziehung formularmäßiger Preiserhöhungsklauseln nicht von vornherein aus. Denn der Bedeutungsgehalt normaler Preisvereinbarungen – in der Literatur teilweise als „Preisabreden mit einfacher Verbindlichkeit“ bezeichnet26 – steht nicht im Widerspruch zur ergänzenden Vereinbarung eines Preisänderungsmechanismus, so dass der Vorrang der Individualabrede insoweit nicht greift27. Etwas anderes gilt aber bei individualvertraglichen Festpreisabreden28. Zu der damit einhergehenden Übernahme des Risikos von Preisänderungen steht die gleichzeitige Einräumung einer einseitigen Preiserhöhungsmöglichkeit für den Verwender in diametralem Gegensatz29. Neben der 21 Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABL. L 304, S. 64 ff. 22 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher v. 8.10.2008, KOM (2008) 614 endg. 23 Zur Kritik hieran vgl. Vor § 307 Rz. 24a; § 307 Rz. 401a jeweils m.w.N. 24 Siehe dazu Fuchs in Voraufl. Rz. 9 f. 25 BGBl. 2013 I 3642 ff. 26 Vgl. Wolf ZIP 1987, 341 (345); Wolf/Dammann Rz. 72. 27 Hensen (10. Aufl.) Rz. 3. 28 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 7; Wolf/Dammann Rz. 71; vgl. auch § 305b Rz. 20. 29 Der Festpreis kann nur dann erhöht werden, wenn in die individuelle Preisabrede ausdrücklich eine Preiserhöhungsmöglichkeit aufgenommen oder die Festpreisabrede zeit-

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Unbeachtlichkeit der Klausel nach § 305b liegt in diesem Fall in mehrfacher Hinsicht auch ein Verstoß gegen § 307 vor, da der Verwender mit der Abwälzung des durch die Festpreisabrede übernommenen Preisrisikos die eingegangene Vertragsbindung lockert, den Vertragszweck gefährdet und den Vertragspartner über den tatsächlichen Vertragsinhalt im Unklaren lässt30. Auch im unternehmerischen Verkehr sieht der BGH in einer Preisanpassungsklausel einen Verstoß gegen eine individualvertraglich vereinbarte Festpreisabrede, wenn die Parteien zuvor längere Zeit über die Preisgestaltung verhandelt und der Festlegung eines Fixpreises ein besonderes Augenmerk geschenkt haben31. Gerade unter Unternehmern spielen jedoch die Umstände des Einzelfalls bei der Auslegung eine ganz besondere Rolle, wenn ein Verstoß gegen § 305b im Raum steht. Grundsätzlich wird man diesen nämlich zutrauen müssen, die Folgen einer Preisanpassungsklausel zu erkennen und in ihre Kalkulation mit einzubeziehen32. b) Preisangabenverordnung (§ 1 Abs. 1 und Abs. 5 PAngV) § 309 Nr. 1 weist inhaltlich und sprachlich einen engen Bezug zu § 1 Abs. 1 und 5 der Preisangabenverordnung (PAngV)33 auf. Dort heißt es unter § 1: „(1) Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise). Soweit es der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht, sind auch die Verkaufs- oder Leistungseinheit und die Gütebezeichnung anzugeben, auf die sich die Preise beziehen. Auf die Bereitschaft, über den angegebenen Preis zu verhandeln, kann hingewiesen werden, soweit es der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht und Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. (…) (5) Die Angabe von Preisen mit einem Änderungsvorbehalt ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 nur zulässig 1. bei Waren oder Leistungen, für die Liefer- oder Leistungsfristen von mehr als vier Monaten bestehen, soweit zugleich die voraussichtlichen Liefer- und Leistungsfristen angegeben werden, 2. bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen erbracht werden, oder 3. in Prospekten eines Reiseveranstalters über die von ihm veranstalteten Reisen, soweit der Reiseveranstalter gemäß § 4 Absatz 2 der BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.8.2002 (BGBl. I S. 3002), die zuletzt durch die Verordnung vom 23.10.2008 (BGBl. I S. 2069) geändert worden ist, den Vorbehalt einer Preisanpassung in den Prospekt aufnehmen darf und er sich eine entsprechende Anpassung im Prospekt vorbehalten hat. (…)“

Die PAngV macht das in § 309 Nr. 1 ausgesprochene Verbot nicht überflüssig, weil sie Zuwiderhandlungen lediglich als Ordnungswidrigkeit sanktioniert (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 PAngV). Die zivilrechtliche Wirksamkeit entgegenstehender Klau-

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lich begrenzt wird, BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 198/84, BGHZ 94, 335 = NJW 1985, 2270. Vgl. Wolf/Dammann Rz. 71. BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 47/12, NJW 2013, 2745. So auch von Westphalen NJW 2014, 2242 (2244). Preisangabenverordnung v. 18.10.2002 (BGBl. 2002 I 4197), zuletzt geändert am 20.9.2013 (BGBl. 2013 I 3642, 3660 f.).

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seln wird hierdurch nicht berührt34, sondern erst durch das AGB-Recht beseitigt. c) Neuregelung des Preisangaben- und Preisklauselrechts 13

Das frühere Preisangaben- und Preisklauselgesetz (PaPkG)35 wurde 2007 in zwei Regelungswerke aufgeteilt. Das Preisangabengesetz (PreisAnG)36 enthält die Ermächtigung für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zum Erlass der Preisangabenverordnung (§ 1 PreisAnG) und das Recht der jeweils zuständigen Behörden, Auskünfte über deren Einhaltung einzufordern bzw. falls nötig Untersuchungen einzuleiten (§ 2 PreisAnG). Das in § 2 Abs. 1 PaPkG vorgesehene Genehmigungserfordernis wurde in das neue Preisklauselgesetz (PreisKlG)37 nicht übernommen. Der Gesetzgeber hat sich stattdessen für ein System von Legalausnahmen entschieden (siehe §§ 2 ff. PreisKlG). Eine ordnungsgemäß erteilte Genehmigung38 hatte unter Geltung des PaPkG eine AGBKontrolle nicht ausgeschlossen39. Auch das neue System der Legalausnahmen lässt die Anwendbarkeit des AGB-Rechtes unberührt. Den Normen kann nicht einmal eine Indizwirkung für die Zulässigkeit bestimmter Klauseln entnommen werden. Dies zeigt auch ein Vergleich mit der ebenfalls aufgehobenen Preisklauselverordnung (PrKV)40. Die von § 1 PrKV für genehmigungsfrei erklärten Typen wurden ebenso den §§ 305 ff. unterworfen41. Zwar kann nach § 8 PreisKlG eine bestimmte Klausel ex nunc für unwirksam erklärt werden. Dies macht eine AGB-Kontrolle jedoch in der Sache nicht überflüssig, da bei einem Verstoß gegen die §§ 305 ff. in einem Individualverfahren von einer ex tunc-Unwirksamkeit auszugehen ist.

II. Anwendungsbereich 1. Überblick 14

Die Vorschrift verbietet Preisanpassungs- oder Preisänderungsklauseln, welche die Möglichkeit für eine spätere einseitige Erhöhung des in Verträgen mit einer Leistungszeit von vier Monaten zahlenmäßig festgelegten oder des bei Vertragsschluss jedenfalls der Höhe nach bestimmbaren Entgelts durch den Verwender vorsehen. Nachträgliche Preiserhöhungen für bereits erbrachte Leistungen wer-

34 Insb. handelt es sich bei § 1 PAngV nicht um ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 oder um ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2, Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 1 a.E. 35 Preisangaben- und Preisklauselgesetz v. 3.12.1984, BGBl. 1984 I 1429; zuletzt in der Fassung v. 31.10.2006, BGBl. 2006 I 2407. 36 Gesetz v. 3.12.1984, BGBl. 1984 I S. 1429, zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes v. 7.9.2007, BGBl. 2007 I 2246. 37 Gesetz v. 7.9.2007, BGBl. 2007 I S. 2246, zuletzt geändert durch Gesetz v. 29.7.2009, BGBl. 2009 I 2355. 38 Allgemein zur behördlichen Kontrolle von AGB Vor § 307 Rz. 96. 39 MünchKomm/Wurmnest Rz. 8. 40 Verordnung v. 23.9.1998, BGBl. I 3043; aufgehoben durch Art. 30 des Gesetzes v. 7.9.2007, BGBl. 2007 I 2246. 41 So die h.M., siehe nur BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 (1053) m.w.N.

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den somit von dem Klauselverbot nicht erfasst42. § 309 Nr. 1 sperrt zwar von seinem Wortlaut her nicht ein Offenhalten der Höhe des Entgelts, etwa in Form von Tagespreisklauseln. Doch wirkt die PAngV in § 309 Nr. 1 hinein: Der Preis ist danach bei Leistungen innerhalb von vier Monaten stets anzugeben43, und § 309 Nr. 1 setzt das von der PAngV ausgesprochene Verbot von Tagespreisklauseln in das Zivilrecht um. Folglich müssen nicht nur sämtliche Änderungsvorbehalte, sondern auch alle Klauseln, die den Preis offen lassen wie z.B. Tagespreis- und Listenpreisklauseln, in kurzfristig abzuwickelnden Verträgen oder Verträgen ohne Angabe der Leistungszeit als nach § 309 Nr. 1 unzulässig angesehen werden44. In der Praxis spielt die Frage der Zulässigkeit von Tagespreisklauseln bei kurzfristig abzuwickelnden Verträgen allerdings keine Rolle; sie sind nur bei längeren Lieferzeiten im Gebrauch. Trotz der für Reiseverträge in § 651a Abs. 4 und 5 generell vorgesehenen Möglichkeit zur Preiserhöhung bleibt § 309 Nr. 1 nach § 651a Abs. 4 Satz 3 vorrangig, so dass auch die Reisepreise für vier Monate stabil bleiben45.

2. Preiserhöhungen a) Entgelt für Waren oder Leistungen Das „Entgelt“ ist die vom Vertragspartner zu erbringende Gegenleistung46. Es wird regelmäßig in Geld bestehen; zwingend ist dies jedoch nicht. Die Umsatzsteuer gehört zum geschuldeten Entgelt (vgl. § 1 Abs. 1 PAngV), so dass der Versuch einer Überwälzung einer (kurzfristigen) Erhöhung der Umsatzsteuer in Form der Mehrwertsteuer unter § 309 Nr. 1 fällt47. Da Letztverbrauchern gegenüber die Preise einschließlich Umsatzsteuer anzugeben sind, verstößt bereits die Angabe des Kaufpreises „zuzüglich Umsatzsteuer“ gegen § 309 Nr. 148; auch eine gesonderte Ausweisung der Mehrwertsteuer hilft nicht49. Wird als Entgelt die taxmäßige oder die übliche Vergütung (etwa i.S.d. § 632) vertraglich bestimmt,

42 Derartige Klauseln müssen sich, soweit auf Grund von § 307 Abs. 3 Satz 1 eine weiter gehende Inhaltskontrolle nicht ausgeschlossen ist, an § 307 Abs. 1 und Abs. 2 messen lassen, und dürften in den meisten Fällen unwirksam sein, sofern nicht schon ihre Einbeziehung an § 305c scheitert, Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 9 a.E. Für die regelmäßige Unwirksamkeit einer nachträglichen Preisänderungsklausel spricht die Wertung des § 309 Nr. 1, die im Wege eines „Erst-Recht-Schlusses“ auch im Rahmen der Generalklausel zu berücksichtigen ist, Wolf/Dammann Rz. 34–39. 43 BGH v. 24.10.1980 – I ZR 74/78, GRUR 1981, 206; a.A. Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 17. 44 Vgl. auch § 306a Rz. 10; so auch Löwe/Trinkner § 11 Nr. 1 AGBG Rz. 5; für Unwirksamkeit nach § 9 AGBG Paulusch S. 59; Soergel/Stein § 11 Nr. 1 AGBG Rz. 3 (jeweils zu § 11 Nr. 1 AGBG); Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 17; MünchKomm/Wurmnest Rz. 14 f.; offen gelassen von BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603 (1605); für Unwirksamkeit nach § 307 nunmehr aber BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11 (25) = NJW-RR 2005, 1496 (1500). 45 BGH v. 19.11.2002 – X ZR 243/01, NJW 2003, 507. 46 Wolf/Dammann Rz. 30. 47 Zust. BGH v. 23.4.1980 – VIII ZR 80/79, BGHZ 77, 79 = NJW 1980, 2133; der Streit um diese Frage ist mittlerweile beigelegt. 48 Vgl. BGH v. 28.1.1981 – VIII ZR 165/79, NJW 1981, 979 und § 306a Rz. 10 a.E.; Bamberger/Roth/Becker Rz. 9 a.E. 49 Einen Klauselvorschlag für Umsatzsteuererhöhungen nach Ablauf von vier Monaten macht Dittmann BB 1992, 1571 (1573).

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so bleibt § 309 Nr. 1 ebenfalls anwendbar50; der Kunde muss aber beweisen, dass die bei Vertragsschluss bestimmbare Vergütung niedriger gewesen sei – das wird wegen des knappen Zeitraums von vier Monaten nur selten gelingen. Eine Klausel fällt nicht unter § 309 Nr. 1, sondern unter § 308 Nr. 4, die – wie häufig im Baugewerbe – den Schuldner nach Wahl des Verwenders zu erhöhten Leistungen ohne Änderung des (Pauschal-)Preises verpflichten soll51 (vgl. näher Teil 2, (12) Bauverträge Rz. 11). 16

Nicht zum Entgelt i.S.d. § 309 Nr. 1 gehört die offen ausgewiesene Überwälzung von Kosten, die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Vertrages stehen, etwa Kosten der Versicherung, des Transports, der Verpackung oder der Nachnahme, sowie für sonstige Regelungen über einen gesonderten Aufwendungsersatz52. Soweit darin eine Abweichung vom oder Ergänzung des dispositiven Gesetzesrechts liegt, handelt es sich regelmäßig um (selbständig kontrollfähige) Preisnebenabreden (siehe dazu § 307 Rz. 75 ff.). Nur ausnahmsweise dürfte insoweit eine nach § 307 Abs. 3 lediglich der Transparenzkontrolle unterliegende Preisklausel für eine gesondert bepreisbare zusätzliche Leistung vorliegen.

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Die Gegenleistung muss für die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Leistungen geschuldet sein. Grundstücke als unbewegliche Sachen werden daher vom Wortlaut nicht erfasst, auf sie ist aber § 309 Nr. 1 analog anzuwenden53. Zu den Leistungen gehören nicht nur Dienstleistungen, sondern auch alle sonstigen vertraglichen Leistungen, die nicht in der Übereignung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen liegen54. b) Arten von Preiserhöhungsklauseln

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Unter das Verbot des § 309 Nr. 1 fällt jedwede Form der direkten nachträglichen Preiserhöhung in kurzfristig abzuwickelnden Verträgen. Auch heute noch finden sich zahlreiche unwirksame Klauseln, die Preiserhöhungen vorsehen, „wenn zwischenzeitlich Lohnerhöhungen eingetreten sind“, wenn die „gesetzlichen Abgaben oder Steuern erhöht“ werden oder „wenn sich die für die Vertragserfüllung notwendigen Rohstoffe wesentlich verteuert haben“ oder „bis zu 10% bei unvorhergesehenen Kostensteigerungen“ wie auch „in Folge von allgemeinen Preissteigerungen“. Viermonatsverträge i.S.d. § 309 Nr. 1 gestatten auch keine Klauseln wie „Preise unverbindlich“ oder „Preise freibleibend“55. Unter § 309 Nr. 1 fallen schließlich Klauseln, die eine jederzeitige Preiserhöhung möglich machen sollen, ohne den ersten Viermonatszeitraum auszunehmen56. Lediglich indirekte Verteuerungen, etwa durch den Vorbehalt, (unter bestimmten Umständen) bei 50 51 52 53

Palandt/Grüneberg Rz. 3; Löwe/Trinkner § 11 Nr. 1 AGBG Rz. 5. Erman/Roloff § 309 Rz. 4. MünchKomm/Wurmnest Rz. 11; a.A. Wolf/Dammann Rz. 30. So auch Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 9 („dürfte […] angezeigt sein“) mit Verweis auf BGH v. 26.1.2001 – V ZR 452/99, BGHZ 146, 331; für generelle Erfassung der „Übertragung von Grundstücken“ als „Leistung“ MünchKomm/Wurmnest Rz. 11; stark einschränkend Bamberger/Roth/Becker Rz. 6; Wolf/Dammann Rz. 32 (nur bei gleichzeitiger Übernahme einer Verpflichtung zur nicht unwesentlichen Veränderung des Grundstücks). 54 Insoweit übereinstimmend Wolf/Dammann Rz. 33; für Erfassung aller entgeltlichen Geschäfte einschließlich Grundstücksübertragungen mit dem Begriff der „Leistung“ MünchKomm/Wurmnest Rz. 11. 55 So auch Erman/Roloff § 309 Rz. 2. 56 BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 unter II.

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gleich bleibenden Preisen eine geringere Leistung als ursprünglich vereinbart zu erbringen, fallen dagegen unter § 308 Nr. 457. Wird formularmäßig vereinbart, dass sich der Verwender bei bestimmten Kostensteigerungen von vertraglichen Pflichten lösen kann, ist § 308 Nr. 3 einschlägig. Typische von § 309 Nr. 1 erfasste Preiserhöhungsklauseln sind etwa die sog. Gleit- und Spannungsklauseln, die zu einer automatischen Preisanpassung führen, wenn sich der gewählte Referenzwert verändert58. Bei ersteren wird der Preis meist an einen Index oder eine sonstige externe, d.h. vertragsfremde Bezugsgröße gekoppelt, z.B. an den Lebenshaltungskostenindex oder bestimmte Rohstoffpreise. Spannungsklauseln nehmen dagegen Bezug auf den künftigen Preis gleichartiger Güter (vgl. § 1 Abs. 1, Abs. 2 PreisKlG); Hauptbeispiel ist die Koppelung des Gaspreises an den Ölpreis (zu den sog. „HEL-Spannungsklauseln“, siehe unten Rz. 41). Kostenelementeklauseln erlauben eine nachträgliche Preiserhöhung, wenn bestimmte dem Verwender im Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung entstehende Kosten steigen. Sie fallen in den ersten vier Monaten nach Vertragsschluss ebenfalls unter das Klauselverbot des § 309 Nr. 1.

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Erfasst werden aber auch Preisvorbehaltsklauseln, die einer Partei oder einem Dritten unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zur einseitigen Bestimmung nach §§ 315 ff. geben59. Gleiches gilt für sog. Tages- und Listenpreisklauseln, wenn sich die Parteien auf einen Preis geeinigt, diesen aber durch einen vorformulierten Zusatz als „unverbindlich“ oder „freibleibend“ gekennzeichnet haben60. Wird dagegen ohne jegliche Konkretisierung auf den künftigen Preis im Zeitpunkt der Lieferung verwiesen, fehlt es an einem Referenzpunkt für die Feststellung einer Preiserhöhung. Diese reine Form der Tagespreis- oder Listenklausel fällt daher zwar nicht unter § 309 Nr. 161, ist aber nach § 307 Abs. 1 kontrollfähig62 und in der Regel unwirksam63. Derartige Konstellationen sind allerdings in der Praxis sehr selten, da die Parteien regelmäßig den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Listenpreis zugrunde legen und lediglich unter den Vorbehalt einer späteren Änderung der Preisliste stellen64.

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Darüber hinaus werden auch alle anderen Formen von Anpassungsklauseln erfasst, bei denen der Vertragspartner des Verwenders eine nachträgliche Preiserhöhung letztlich nicht verhindern kann. Dazu gehört nicht nur die Einräumung eines einseitigen Änderungsrechts an den Verwender oder einen Dritten, sondern auch die Begründung einer Neuverhandlungspflicht, sofern für den Fall

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MünchKomm/Wurmnest Rz. 12. Vgl. MünchKomm/Wurmnest Rz. 13; Wolf/Dammann Rz. 45 ff. m.w.N. MünchKomm/Wurmnest Rz. 13. In diesem Fall macht das Klauselverbot den Zusatz unwirksam mit der Folge, dass die Parteien an dem ursprünglich avisierten Preis festgehalten werden, BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855 (856); Wolf/Dammann Rz. 42. So aber Hensen (10. Aufl.) Rz. 4; Löwe/Trinkner § 11 Nr. 1 AGBG Rz. 5; Jesgarzewski S. 41; a.A. wie hier Wolf/Dammann Rz. 44; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 17. Vgl. zur Kontrollfähigkeit der Einräumung eines Leistungsbestimmungsrechts Vor § 307 Rz. 67, § 307 Rz. 173. H.M., vgl. nur BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11 (25) = NJW-RR 2005, 1496 (1500); Palandt/Grüneberg Rz. 3; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 17; offen gelassen noch von BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603; a.A. MünchKomm/ Wurmnest Rz. 16 (vornehmlich Transparenzkontrolle bei reinen Listenpreisklauseln); ähnlich Wolf/Dammann Rz. 44. Wolf/Dammann Rz. 44.

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des Scheiterns der Verhandlungen eine gerichtliche (oder anderweitige, nicht vom Vertragspartner beeinflussbare) Bestimmung des Preises vorgesehen ist65. 22

In AGB finden sich vielfach Klauseln, die dem Verwender eine jederzeitige Berichtigung von Preisirrtümern ohne negative Folgen für ihn gestatten66. Diese Art einer verdeckten Preiserhöhung kann nicht hingenommen werden. Denn mit jener Irrtumsklausel soll umgangen werden, dass ein – selbst offener – Berechnungsirrtum kein Recht zur Anfechtung gibt67, oder der Verwender will sich bei einer womöglich zulässigen Anfechtung nach § 119 nicht daran ausrichten, dass er dem in § 122 Abs. 1 geregelten Anspruch auf Vertrauensschaden ausgesetzt ist. Da die gesetzlichen Bestimmungen den Interessen beider Seiten im Falle eines Kalkulationsirrtums vollauf gerecht werden, sollte auf Preisirrtumsklauseln gänzlich verzichtet werden, schon um den Verdacht zu vermeiden, dass sie zum Instrument unzulässiger Preisänderungen gemacht werden68.

3. Viermonatsfrist 23

Das Klauselverbot betrifft nur solche Preiserhöhungsklauseln, bei denen die vertragliche Hauptleistung, für die das Entgelt zu zahlen ist, innerhalb von vier Monaten zu erbringen ist. Diese Viermonatsfrist beginnt erst ab Vertragsschluss zu laufen69, nicht schon ab dem Zeitpunkt der Unterschrift des Vertragspartners, wenn das darin liegende Angebot erst später angenommen wird70. Die Viermonatsfrist berechnet sich nach der formularmäßig oder individuell festgelegten Leistungszeit. Es genügt, dass sie nach dem Kalender ermittelbar ist; sie braucht also nicht i.S.d. § 286 Abs. 2 Nr. 1 nach dem Kalender bestimmt zu sein. Ist eine Leistungszeit nicht angegeben, greift § 271 Abs. 1 ein; die Leistung ist sofort fällig.

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Abzustellen ist allein auf den Zeitpunkt, bis zu dem der Verwender seine Leistung spätestens zu erbringen hat71. Grundsätzlich unerheblich ist dagegen, wann tatsächlich geleistet worden ist. So bleibt § 309 Nr. 1 anwendbar, wenn die Lieferung erst nach Ablauf der vier Monate erfolgt, aber eher hätte erfolgen müssen72. Der Verwender darf sich jedoch, redlichem Rechtsempfinden entsprechend, einen Änderungsvorbehalt für die Fälle ausbedingen, in denen der Kunde bei vereinbarter Leistung binnen vier Monaten die Verspätung der Leistung zu vertreten hat oder die Verspätung allein in seinen Risikobereich fällt, nicht aber

65 MünchKomm/Wurmnest Rz. 13 a.E.; Wolf/Dammann Rz. 50. 66 Z.B. „Irrtum vorbehalten“. Siehe Erman/Roloff § 309 Rz. 4; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 20. Zu sog. Mistrade-Klauseln im außerbörslichen Handel mit Wertpapieren u.a. bei irrtümlichen Eingaben im Handelssystem vgl. § 307 Rz. 237; zur Abgrenzung von einem nach § 308 Nr. 4 unwirksamen Änderungsvorbehalt (bei offensichtlichen Irrtümern) in den Emissionsbedingungen eines Optionsscheins BGH v. 30.6.2009 – XI ZR 364/08, WM 2009, 1500 (1502). 67 Vgl. zuletzt BGH v. 7.7.1998 – X ZR 17/97, BGHZ 139, 177 = NJW 1998, 3192. 68 Vgl. BGH v. 19.12.1985 – VII ZR 188/84, WM 1986, 564 (Preisirrtum im Bauwesen). 69 OLG Frankfurt v. 11.12.1980 – 6 U 15/80, DB 1981, 884; Wolf/Dammann Rz. 61. 70 Ebenso Palandt/Grüneberg Rz. 4; Löwe/Trinkner § 11 Nr. 1 AGBG Rz. 10; PWW/Berger Rz. 6; vgl. OLG Frankfurt v. 11.12.1980 – 6 U 15/80, DB 1981, 884. 71 Wolf/Dammann Rz. 62. 72 Siehe nur Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 11 m.w. Nachw.

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schon für alle Fälle, die vom Verwender nicht zu vertreten sind73. Im umgekehrten Fall, wenn der Verwender später als vier Monate nach Vertragsschluss zu leisten hat, aber tatsächlich früher leistet, ist die Norm nicht anzuwenden. Eine nachträgliche Verlängerung der Leistungszeit über vier Monate hinaus lässt das Verbot des § 309 Nr. 1 unberührt74. Für den Sonderfall, dass bei der Verlängerung die AGB erneut in den Vertrag einbezogen werden, ist für die Vereinbarkeit mit § 309 Nr. 1 darauf abzustellen, ob die Verlängerung mehr oder weniger als vier Monte ausmacht75. Fällt die Zeitspanne kürzer aus, kann eine Preisanpassung nur individualvertraglich geregelt werden.

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4. Ausnahme für Dauerschuldverhältnisse Ausgenommen vom Verbot des § 309 Nr. 1 sind alle Dauerschuldverhältnisse76, zu denen auch die Wiederkehrschuldverhältnisse sowie alle Bezugs- und Sukzessivlieferungsverträge zu zählen sind (vgl. § 308 Nr. 3 Rz. 17). Nicht unter den Begriff der Dauerschuldverhältnisse fallen Raten- und Teillieferungsverträge77. Die Ausnahme greift also in erster Linie für die meisten Miet-, Pacht- und Versicherungsverträge78 sowie Dienst- und Darlehensverträge. Die hinter der Ausnahme stehende ratio legis liegt zum einen darin, dass hier wegen der regelmäßig über längere Zeiträume zu erbringenden Leistungen eine Anpassung an veränderte Umstände eher sachlich gerechtfertigt ist. Zum anderen besteht im Massenverkehr häufig eine Vielzahl gleichartiger Verträge mit unterschiedlichen (Rest-) Laufzeiten nebeneinander. Um auch in diesen Fällen eine gleichmäßige und einheitliche Preisgestaltung gegenüber allen Kunden zu ermöglichen und gleichzeitig den Aufwand beim Vertragsmanagement gering zu halten, kommt insoweit das strikte Verbot von Preiserhöhungen innerhalb von vier Monaten nicht zur Anwendung. Die Inhaltskontrolle nach § 307 bleibt dagegen anwendbar.

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Soweit Dauerschuldverhältnisse binnen kurzer Fristen abgewickelt werden, z.B. Kfz-Mietverträge, sind ihnen Preiserhöhungsklauseln in der Praxis regelmäßig fremd. Dasselbe gilt für Versicherungszweige mit Einmalleistungen. Sollten sie aber dennoch Preisanpassungsmechanismen enthalten, befürworten zahlreiche Stimmen in der Literatur die Anwendung von § 309 Nr. 1 auf solche Dauerschuldverhältnisse, die nur für vier Monte oder eine noch kürzere Dauer vereinbart worden sind79. Dagegen spricht nicht nur der klare Wortlaut, der für eine solche In-

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73 Vgl. Löwe/Trinkner § 11 Nr. 1 AGBG Rz. 10; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 11; strenger ist Burck DB 1978 1385 (1387), der lediglich bei einer Vereitelung rechtzeitiger Leistung einen Änderungsvorbehalt zulassen will. A.A. Wolf/Dammann Rz. 64 (unvereinbar mit § 309 Nr. 1, nur Anwendung der gesetzlichen Vorschriften über den Annahmeverzug); so auch von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 15. 74 Wolf/Dammann Rz. 65; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 12. 75 So Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 12. 76 Der Gesetzgeber hat diesen im AGBG erstmals verwendeten Begriff in § 314 übernommen. 77 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 3; Bamberger/Roth/Becker Rz. 13. 78 Zur Zulässigkeit von Beitragsanpassungsklauseln BGH v. 1.7.1992 – IV ZR 191/91, BGHZ 119, 55 (59) = NJW 1992, 2356; daran anschließend OLG Hamm v. 25.6.1993 – 20 U 342/92, VersR 1993, 1342 = NJW-RR 1993, 1501. 79 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 3 a.E.; Bamberger/Roth/Becker Rz. 14 insoweit für eine teleologische Reduktion der Verbotsausnahme; wohl auch Palandt/Grüneberg Rz. 6; PWW/Berger Rz. 7 (für Miete und Versicherungsverträge).

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terpretation der Norm keinen Raum lässt. Vielmehr besteht auch kein Bedürfnis, derartige Klauseln in den Anwendungsbereich von § 309 Nr. 1 zu ziehen, da über § 307 ein ausreichendes Schutzniveau gewahrt wird80. Bei innerhalb von nur vier Monaten ablaufenden Dauerschuldverhältnissen besteht zwar ein erheblicher Rechtfertigungsdruck für Preiserhöhungsklauseln, gegen ihren völligen Ausschluss spricht aber der erwähnte Aspekt, eine einheitliche Preisgestaltung im Massenverkehr zu ermöglichen.

III. Inhaltskontrolle nach § 307 bei längerfristigen Verträgen mit Verbrauchern 1. Allgemeines 28

Der unmittelbare Anwendungsbereich des § 309 Nr. 1 ist recht eng begrenzt, doch die Bestimmung ist darüber hinaus mittelbar von Bedeutung für andere Preiserhöhungsklauseln in AGB, die zwar nicht (mehr) vom absoluten Klauselverbot erfasst werden, wohl aber der Kontrolle nach § 307 unterliegen. Denn jenseits des per se Unzulässigen beginnt noch nicht der AGB-feste Freiraum81. Alle nicht gegen § 309 Nr. 1 verstoßenden Preiserhöhungsklauseln sind vielmehr darauf zu prüfen, ob Anlass und Ausmaß der Preiserhöhung noch vom Gebot des angemessenen Interessenausgleichs beherrscht werden82. Da bei längerfristigen Verträgen oftmals die Gefahr besteht, dass sich das bei Vertragsschluss gegebene Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Laufe der Zeit verschiebt, ist ein Anpassungsbedürfnis regelmäßig zu bejahen. Soweit dies bei vereinbarten Lieferfristen von mehr als vier Monaten oder Dauerschuldverhältnissen tatsächlich der Fall ist, kommt die Existenz eines angemessenen Anpassungsmechanismus letztlich sogar beiden Vertragsparteien zugute: Der Verwender ist daran interessiert, durch eine nachträgliche Preiserhöhung einen Anstieg der ihm für die Leistungserbringung entstehenden Kosten oder einen Wertverfall der Gegenleistung des Kunden ausgleichen zu können, während der Kunde zumindest in der Theorie davon profitiert, dass der Verwender von Anfang an geringere Risikozuschläge einkalkulieren wird, wenn er die Möglichkeit zu einer nachträglichen Preisanpassung erhält83. Wirtschaftliche Gesichtspunkte sprechen somit für die Zu-

80 Wie hier im Ergebnis auch Wolf/Dammann Rz. 26. 81 Ein Umkehrschluss ist nicht gerechtfertigt, vielmehr bleibt § 307 auch bei Vereinbarkeit einer Preiserhöhungsklausel mit § 309 Nr. 1 uneingeschränkt anwendbar, siehe nun Wolf/Dammann Rz. 91–92. Gleiches gilt insb. auch für die Klauselverbote in Nr. 7 und Nr. 9 des § 309 (siehe § 309 Nr. 7 Rz. 32 und Nr. 9 Rz. 3). 82 Vgl. hierzu auch bereits § 307 Rz. 180 ff. Preisanpassungsklauseln einem „Gebot schonender Behandlung“ zu unterstellen, wie Baur es fordert (S. 99), weil sich die Klauseln „im Ausstrahlungsbereich des § 8“ (jetzt § 307 Abs. 3) befänden, ist nicht gutzuheißen, so auch BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 = NJW 1985, 853 (Opel-Vertragshändler) unter II 1b mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien; siehe aber auch OLG Karlsruhe v. 11.4.2014 – 4 U 14/14, EnWZ 2014, 323 (Gerechtigkeitsgebot bei Preisanpassungsklauseln). Preisanpassungsklauseln dürfen auch keineswegs vorspiegeln, dass der Verwender lediglich vier Monate lang einem Preiserhöhungsverbot unterliege, OLG Düsseldorf v. 12.4.1984 – 6 U 144/83, ZIP 1984, 719 (721) = WM 1984, 1135; Wolf/ Dammann Rz. 103. Zum Widerstreit der Parteiinteressen bei einseitiger Preisänderungsmacht R. M. Wiedemann S. 90 ff. 83 Vgl. MünchKomm/Wurmnest Rz. 22.

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lässigkeit langfristiger Verträge mit Preisänderungsklauseln. Dies wird auch regelmäßig vom BGH betont84. § 309 Nr. 1 setzt derartige Klauseln sogar voraus85. Auf der anderen Seite gilt es zu verhindern, dass der Vertragspartner künftig unabsehbaren Zusatzbelastungen ausgesetzt wird oder der Preisanpassungsmechanismus vom Verwender dazu missbraucht wird, das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung nachträglich zu seinen Gunsten zu verändern. Schon frühzeitig hat die Rechtsprechung daher zu Recht begrenzende Kriterien entwickelt, denen die formularmäßige Vereinbarung Preisanpassungsklauseln gerecht werden muss, und die Anforderungen in den letzten Jahren zunehmend erhöht. Im Ausgangspunkt bleibt insoweit fest zu halten – dafür sprechen auch verschiedene gesetzliche Regelungen im Verbrauchervertragsrecht –, dass Anlass und Ausmaß von Preiserhöhungen in der Klausel festzulegen sind, und zwar in einer Weise, die für den Kunden sowohl verständlich als auch nachprüfbar ist86.

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2. Konkretisierungsgebot und Lösungsrecht a) Grundsätzliche Begrenzung der Anpassung Bereits 1980 beurteilte es der BGH in seiner Entscheidung zu Preisänderungsklauseln in Zeitschriftenbezugsverträgen87 als unangemessen, wenn vom Wortlaut der Klausel beliebige Preiserhöhungen gedeckt würden. Die Wettbewerbsverhältnisse könnten nicht als ausreichendes Korrektiv gewertet werden, vielmehr sei für die Wirksamkeit einer Erhöhungsklausel entscheidend, „dass der Käufer bereits bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel ersehen kann, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können, und dass er in der Lage ist, die Berechtigung vorgenommener Preiserhöhungen an der Ermächtigungsklausel zu messen“. Der BGH schloss damit an die Ausführungen im Regierungsentwurf zu § 11 Nr. 1 AGBG an88. In einer nachfolgenden Entscheidung zur Tagespreisklausel im Neuwagengeschäft89 räumte der BGH zwar ein, dass es oftmals unmöglich sei, „einen Preisänderungsvorbehalt in einer für den Käufer nachvollziehbaren Form zu formulieren“90. Solche Klauseln würden viel zu kompliziert, wenn sie sämtliche Kostenfaktoren aufführten, und seien vielfach für den Nichtkaufmann unverständlich. Er hielt aber daran fest, dass eine allgemeine Verweisung auf zwischenzeitliche Kostensteigerungen eine Preiserhö84 Siehe nur BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361); BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, WM 2010, 1044 (1048); BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 3508 (3510). 85 BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 (257) = NJW 1985, 853 unter II 2b; R. M. Wiedemann S. 39. 86 Vgl. etwa § 651a Abs. 4, der eine Erhöhung des Reisepreises zulässt, wenn der Vertrag genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises enthält; zudem ist nach § 651a Abs. 5 Satz 2 ein Rücktrittsrecht bei einer Preiserhöhung um mehr als 5% vorgesehen. In § 492 Abs. 2 i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB (und bereits seit 1991 mit dessen Vorgänger § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1e VerbrKrG) geht der Gesetzgeber grundsätzlich davon aus, dass sich für Verbraucherkredite bei Vertragsschluss bestimmen lässt, wann und wie sich der für den Kredit zu leistende (variable) Zins erhöhen kann. 87 BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 174/79, NJW 1980, 2518. 88 BT-Drucks. 7/3919 S. 28. 89 BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 = NJW 1982, 331; ebenso BGH v. 18.5.1983 – VIII ZR 20/82, NJW 1983, 1603. 90 Dazu J. Baur S. 26 (der BGH sei zuvor „einer Utopie aufgesessen“).

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hung allein nicht rechtfertigen könne, und bot den Verwendern als Ausweg an, den Vertragspartnern „unter bestimmten Voraussetzungen“ ein Lösungsrecht vom Vertrag einzuräumen. Eine geringfügige Preiserhöhung sei dem Kunden als noch angemessen zuzumuten. Diesen Weg hat der BGH fortgesetzt: Der Käufer müsse vom Vertrag zurücktreten können, wenn die Preiserhöhung den Anstieg der allgemeinen Lebenshaltungskosten in der Zeit zwischen Bestellung und Auslieferung nicht unerheblich übersteige91. Im weiteren Verlauf der Entscheidungspraxis ist allerdings zunehmend zweifelhaft geworden, welchen Stellenwert die Einräumung eines Lösungsrechts vom Vertrag zur Rechtfertigung einer Preiserhöhungsklausel tatsächlich hat (dazu näher unten Rz. 36 ff.). b) Bestimmtheit und Transparenz 31

Zunächst einmal muss eine Preisanpassungsklausel auch als solche erkennbar sein92. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Preiserhöhung als solche ohnehin zulässig sei und die Vertragsregelung allein die dafür notwendigen Informationen festschreibe. Diese Problematik stellt sich insbesondere bei den Klauseln, die auf dem insoweit missverständlich formulierten § 4 Abs. 2 AVBGasV/AVBEltV bzw. dem aktuellen § 5 Abs. 2 StromGVV/GasVV basieren93. Abzugrenzen sind Preisanpassungsklauseln ferner von solchen Vorschriften, die lediglich auf die Notwendigkeit hinweisen, in bestimmten Fällen einen Folgevertrag abschließen zu müssen94. Darüber hinaus darf eine Preisanpassungsklausel nicht so vage formuliert sein, dass sie dem Verwender eine unkontrollierte nachträgliche Gewinnsteigerung durch Veränderung des Äquivalenzverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung erlaubt95. Vielmehr muss der Verwender Voraussetzungen und Umfang von möglichen Preiserhöhungen konkretisieren96. In seinen beiden Entscheidungen „Kerosinzuschlag I und II“ zu Reise-AGB hat der BGH als entscheidend herausgestellt, „dass der Vertragspartner des Verwenders den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer von dem Klauselverwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel messen kann“97. Mag die praktische Bedeutung beider Entscheidungen für den Reisebereich womöglich relativ gering bleiben, weil die Reisenden solche Preiserhö91 BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 = NJW 1984, 1177 unter II 3b dd g (Tagespreisklausel II). 92 Büdenbender NJW 2013, 3601 (3604). 93 Siehe dazu auch BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 225/07, NJW 2009, 2662 (2665); BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 56/08, NJW 2009, 2667 (2669); nach der Entscheidung des EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 und der Umsetzung dieser Rechtsprechung durch den BGH (v. 31.7.2013 – VII ZR 162/09, BGHZ 198, 11 = NJW 2013, 3647 darf nunmehr als geklärt gelten, dass die Klauseln gegen das Transparenzgebot verstoßen und unwirksam sind. 94 OLG Frankfurt v. 23.4.2013 – 11 U 84/11, BeckRS 2013, 10190; der konkrete Fall betraf Stationsentgelte im Eisenbahnverkehr. 95 Vgl. BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 (25); BGH v. 12.7.1989 – VIII ZR 297/88, ZIP 1989, 1196 (1197); BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717. 96 MünchKomm/Wurmnest Rz. 23 m.w.N. 97 BGH v. 19.11.2002 – X ZR 243/01, NJW 2003, 507 und 746, jeweils unter III 2a. In beiden Fällen legt der BGH v. 19.11.2002 – X ZR 243/01, bei der Auslegung der Erhöhungsklauseln strenge Maßstäbe an und gelangt wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot zur Unwirksamkeit der Klauseln, weil sie unklar und mehrdeutig seien, krit. dazu von Westphalen NJW 2003, 1635 (1638) („spitzfindig“ und „beinhart“); vgl. auch von Westphalen NJW 2003, 1981 (1988).

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hungen schlicht hinnehmen und ähnlich formulierte Erhöhungsklauseln die Gerichtsinstanzen erst durchlaufen haben, wenn die Reise schon vergessen ist98, so hat der BGH hiermit doch allgemeine Prinzipien formuliert, die wegweisend für seine weitere Entscheidungspraxis geworden sind. Eine Klausel, die eine Preisanpassung zulässt, soweit dies dem Kunden „zumut- 32 bar“ ist, verfehlt die Anforderungen an hinreichende Konkretisierung und Transparenz in eklatanter Weise99. Sie lässt sich auch nicht dadurch retten, dass der neue Preis nur dann gelten soll, wenn der Kunde nicht innerhalb einer vorgegebenen Frist Widerspruch einlegt sondern das Vertragsverhältnis stillschweigend fortsetzt. Denn nach zutreffender Ansicht des BGH können über fingierte Erklärungen keine vertragswesentlichen Vertragspflichten wie die Bestimmung des Entgelts geändert werden100. An der notwendigen Erkennbarkeit des Umfangs von Preissteigerungen für den Kunden und ihrer Überprüfbarkeit auf Plausibilität fehlt es auch, wenn die Preiserhöhung an die Entwicklung betriebsinterner, dem Kunden nicht bekannter Rechnungsgrößen gekoppelt wird101. Die Preisklausel eines Fensterherstellers102 wurde vom BGH (auch deshalb) für unwirksam erklärt, weil die Klausel lediglich die Gründe für die Preiserhöhung nannte, ohne dass deren Maß beschränkt wurde. In Verträgen über die Belieferung mit Flüssiggas sind Preiserhöhungsklauseln unwirksam, wenn sie Kostenelemente aufführen, die der Kunde weder kennt noch nachprüfen kann und deren Veränderung ihm zudem verschlossen bleibt103. Für unwirksam hat der BGH auch eine Entgelterhöhungsklausel in einem 33 Pay-TV-Abonnementvertrag erklärt, aus der nicht hervorging, unter welchen Voraussetzungen es zu einer Preisanpassung kommen konnte104. Vielmehr wurde lediglich darauf abgestellt, ob sich für den Verwender die „Kosten für die Bereitstellung“ erhöhten105. Der BGH erkannte darin nicht nur einen Verstoß gegen das Transparenzgebot, sondern auch die Möglichkeit, die Gewinnspanne zu erhöhen, falls gesteigerte Bereitstellungskosten durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen aufgefangen würden. Die Unangemessenheit der Preisanpassungsklausel wurde schließlich nicht durch die Einräumung eines Lösungsrechts vom Vertrag ab einer 5%igen Preiserhöhung kompensiert (näher dazu unten Rz. 36 ff.). Der BGH hat diese Grundsätze auch auf den Banksektor übertragen106. Das Abstellen auf die „Marktlage“ und den „Aufwand“ erfülle nicht die Anforderungen

98 So Hensen (10. Aufl.) § 309 Nr. 1 Rz. 14; siehe auch die Kritik bei Ronald Schmid NJW 2003, 947. 99 BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 (135 f.) (zu AGB eines Telekommunikationsunternehmens). 100 BGH v. 11.10.2007 – III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 (136). 101 BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; Borges DB 2006 1199; MünchKomm/Wurmnest Rz. 24 m.w.N. 102 BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855: „Die Preise sind freibleibend. Bei einer Steigerung von Material- und Rohstoffpreisen, Löhnen und Gehältern, Herstellungs- und Transportkosten ist der Lieferer berechtigt, die vom Tage der Lieferung gültigen Preise zu berechnen.“ 103 BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335 = NJW-RR 2005, 1717. 104 BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361). 105 BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361). 106 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 211/07, NJW 2008, 3422; BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051.

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an hinreichende Konkretisierung und Transparenz107. Insbesondere schließe die gewählte Formulierung nicht aus, dass der Verwender durch die Klausel nachträglich die Gewinnspanne bei einzelnen Leistungen erhöhe, zumal die Regelung auch keine Verpflichtung enthalte, etwaige Kostensenkungen an den Endkunden weiterzugeben. Gleiches gelte im Aktivgeschäft der Banken für den Verweis auf den jeweils gültigen Zinssatz, da eine derartige Klausel überhaupt keine Parameter für eine nachträgliche Anpassung vorgebe108. Ausführlich zur Zinsanpassung in Darlehensverträgen siehe Teil 2, (65) Zinsanpassungsklauseln Rz. 23 ff. 35

Die Aufgabe, für den Kunden nachvollziehbare Preiserhöhungsklauseln zu formulieren, verlangt den Verwendern angesichts der zunehmend hohen Anforderungen, die der BGH aufgestellt hat erhebliche Anstrengungen ab. Mit seiner Entscheidung zur Tagespreisklausel im Neuwagengeschäft109 hatte der BGH eingeräumt, der Verbraucher werde eine Klausel, die sämtliche zur Kostensteigerung führende Faktoren einfange, nicht verstehen, abgesehen davon, dass er die einzelnen Kostensteigerungen nicht nachprüfen könne. Hier hat der BGH wohl zu früh – auf ein Recht zur Lösung vom Vertrag ausweichend – resigniert110. Darauf ist der BGH in den Entscheidungen zum Kerosinzuschlag nicht mehr zurückgekommen, da dem Reisenden mit einem Recht zur Lösung vom Vertrag (hier) keineswegs gedient ist. Der Gedanke, dass ein Verwender an der Fassung der Preiserhöhungsklausel scheitern könne, wird vom BGH dann wieder in seiner Entscheidung zur Zinsänderung im Passivgeschäft der Kreditinstitute gestreift, wo der BGH davon spricht, dass es „schwierig oder vielleicht unmöglich ist, … eine für alle Kreditinstitute generell richtige, für sämtliche denkbaren Fallgestaltungen angemessene Bezugsgröße zu finden“111. Auch in einer Anfang 2009 ergangenen Entscheidung zu Entgelt-AGB der Sparkasse erkennt der BGH an, dass wirksame Klauseln „angesichts der Vielzahl der von der Beklagten angebotenen entgeltpflichtigen Dienstleistungen nur schwer formulierbar sein mögen“112. Indessen geht es in beiden Urteilen nicht um Klauseln für Fallgestaltungen größerer Breite, sondern um eng begrenzte Branchensegmente. Die Ausführungen des BGH zur praktischen Unmöglichkeit der Formulierung einer begreifbaren Erhöhungsklausel haben somit bloßen Ausnahmecharakter. Im Lichte der neueren europäischen Rechtsprechung113 ist darüber hinaus allgemein eine Aufwertung des Transparenzgebots zu erkennen. Deutlich wird, dass der EuGH gesteigerten Wert auf eine umfassende Verbraucherinformation legt114. Welche konkreten Folgen dies für die nationale Rechtslage hat, lässt sich momentan noch nicht absehen. Deutlich wird nur, dass der EuGH mehr und mehr auch auf die materielle Klauselkontrolle einwirkt und nunmehr selbst Prüfungskriterien vorgibt. Da die europäischen Richter ohnehin sehr stark den 107 BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2053); zust. von Westphalen NJW 2010, 2254 (2259). 108 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 211/07, NJW 2008, 3422. 109 BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 = NJW 1982, 331. 110 Vgl. Lübke-Detring S. 82. 111 BGH v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, NJW 2004, 1588 (1589 a.E.); siehe dazu auch BGH v. 13.4.2010 – XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742; OLG Köln v. 18.6.2014 – 13 U 27/06, BeckRS 2014, 12544. 112 BGH v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 (2053). 113 Vgl. insb. EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253; siehe näher dazu auch von Westphalen NJW 2013, 961 (961–965). 114 Micklitz/Reich EuZW 2013, 457 (460); ähnlich von Westphalen NJW 2013, 961 (963).

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Verbraucherschutz betonen115, dürfte die Rechtsprechung des EuGH auch zukünftig tendenziell eher dazu beitragen, die Anforderungen an wirksame Preisanpassungsklauseln zu erhöhen. c) Lösungsrecht In einem Fall zu AGB für Pay-TV-Abonnements wiederholte der BGH seine be- 36 reits in früheren Urteilen116 (siehe auch bereits oben Rz. 30) verwendete Formel, wonach ein im Einzelfall angemessener Interessenausgleich durch die Einräumung eines Lösungsrechtes erfolgen kann, falls eine Konkretisierung der Anpassungsmaßstäbe wegen der Besonderheit der Vertragsbeziehung auf unüberwindbare Schwierigkeiten stößt117. Der BGH stellte aber zugleich klar, dass der Verwender durch die Einräumung eines Kündigungsrechtes nicht von der Pflicht befreit wird, die Klausel möglichst konkret und transparent zu fassen118. Im entschiedenen Fall konnte daher die mangelnde Transparenz und Konkretisierung einer an die Erhöhung der „Bereitstellungskosten“ für den Verwender anknüpfenden Preisanpassungsklausel nach Ansicht des BGH nicht dadurch kompensiert werden, dass dem Abonnenten ein Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt wurde, dass die Erhöhung 5% oder mehr des ursprünglichen Preises ausmachte119. Ähnlich argumentierte auch der EuGH mit Blick auf die Richtlinie 93/13/EWG120 (siehe dazu näher unten Rz. 39b). Lediglich die Einräumung eines Lösungsrechts reiche nicht aus, um einer Preisanpassungsklausel zur Wirksamkeit zu verhelfen. Vielmehr ist nach Ansicht der europäischen Richter notwendig, dass der Modus der Änderung der Entgelte in dem Vertrag möglichst transparent dargestellt wird121. Der Verwender darf sich demnach nicht ohne weiteres in eine einfache Änderungsklausel mit großzügigem Lösungsrecht flüchten122. Er hat nicht die freie Wahl hat zwischen einerseits einer nackten Preiserhöhungsklausel mit uneingeschränktem Lösungsrecht und andererseits einer konkreteren Klausel, die alle Voraussetzungen für eine Preisänderung nennt, verbunden mit einem Lösungsrecht für den Fall größerer Preisanhebungen. Andererseits lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen die Einräumung eines Lösungsrechtes einer Anpassungsklausel zur Angemes-

115 A.A. wohl von Westphalen NJW 2013, 961 (965). 116 Vgl. BGH v. 7.10.1981 – VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21 (27) = NJW 1982, 331 (332); BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, NJW 1985, 853 f. 117 BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361). 118 BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361). Eine frühere Entscheidung des X. Zivilsenats, die ein formularmäßiges Preiserhöhungsrecht schon bei bloßer Erhöhung der Herstellerpreise für zulässig erachtete, ohne dass ein Lösungsrecht eingeräumt war (BGH v. 29.10.1985 – X ZR 12/85, NJW-RR 1986, 211 = WM 1986, 73 [Zündhölzer II] unter IV 3; dazu früher bereits krit. Bunte EWiR 1986, 108 [„salopp“]), ist singulär geblieben und dürfte damit endgültig überholt sein. 119 Die Vorinstanz hatte in dem eingeräumten Kündigungsrecht noch eine wirksame Kompensation gesehen, OLG München v. 21.9.2006 – 29 U 2612/06, MMR 2007, 50 (52). 120 EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 (2255–2256). 121 EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 (2255). 122 Soweit Schöne WM 2004, 262 (264 ff.) diesbezüglich sprachlich zwischen „einfachen“ und „qualifizierten“ Preisänderungsklauseln unterscheidet, handelt es sich nur um Klauseln mit Angabe der Änderungsvoraussetzungen, wobei solche AGB den positiven Wortsinn von „qualifiziert“ sicherlich oft nicht zu erfüllen vermögen.

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senheit verhelfen kann123. Nur wenn dem Verwender bei verständiger Würdigung ausnahmsweise nicht angesonnen werden kann, die Kostenfaktoren und die Voraussetzungen ihrer Veränderung in eine (noch verständliche) Klausel aufzunehmen, muss es möglich sein, sich auf eine vereinfachte Änderungsklausel mit Lösungsrecht zurückzuziehen. Den Verwender trifft insoweit die Darlegungslast, die nach der jüngeren Rechtsprechung hohen Anforderungen genügen muss124. In den meisten Fällen sollte es dem Verwender aber gelingen, Anlass und Umfang einer Preisänderung in der Klausel verständlich und nachprüfbar darzulegen, weiß er doch am besten, welche Parameter seine Preise bestimmen und verändern. Darüber hinaus steht es ihm frei, nicht alle Parameter, welche den Endpreis bestimmen, in die Klausel mitaufzunehmen, sondern nur die wirklich relevanten Kostenfaktoren. Ob es allerdings wirklich erforderlich ist, dass sich der Kunde den erhöhten Preis anhand der Klausel selbst ausrechnen kann, muss bezweifelt werden. Es sollte genügen, dass sich der Kunde mittels der Klausel ein Bild davon machen kann, warum Preissteigerungen auf ihn zukommen können, auf welche für ihn erkennbaren Kostenelemente die Erhöhung zurückzuführen ist und wie die einzelnen Kostenelemente zueinander stehen. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass der Verwender Teile seiner Kalkulation offen legen muss. Ohne die Vorgabe von konkreten Kriterien und der Gewichtung der einzelnen Komponenten untereinander, würde dem Verwender aber eine kaum nachprüfbare Gestaltungsmöglichkeit eingeräumt. Eine allzu kleinliche Kontrolle der Erhöhungsklauseln sollte indessen unterbleiben. 38

Zu beachten ist ferner, dass die Einräumung eines Lösungsrechts auch nach der Eigenart des betroffenen Vertragsgegenstands bzw. Leistungsinteresses des Vertragspartners von vornherein ungeeignet sein kann, einen angemessenen Interessenausgleich herbeizuführen. So stellt z.B. bei Verträgen über eine Kinderbetreuung die Lösungsmöglichkeit keine interessengerechte Alternative für die Eltern dar; diese wollen nicht kündigen dürfen, sondern sind auf den Platz im Kindergarten angewiesen. Sie wollen aber überblicken, ob und wie sie das zu entrichtende Entgelt auf absehbare Zeit mit ihren beruflichen Verdienstmöglichkeiten vereinbaren können. Zudem sind die Kostenfaktoren leicht erkennbar und ohne große Mühe in eine Klausel zu implementieren. Auf der anderen Seite wird ein Lösungsrecht bei Autokaufverträgen den Kundeninteressen im Falle von Preiserhöhungen im Allgemeinen gerecht. Gleiches dürfte für Abonnementverträge etwa über die Lieferung von Zeitungen oder anderen regelmäßig bezogenen Gegenständen gelten. Allerdings muss das Lösungsrecht in diesen Fällen auch relativ kurzfristig und rechtzeitig vor dem Eintritt der Preiserhöhung wirksam werden. Unzureichend ist es dagegen, wenn das Lösungsrecht bei hohen Preissteigerungen etwa erst zum Ende des Vertragsjahres eingeräumt wird125.

123 Siehe dazu die Formulierungen bei BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1056); BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360; BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 225/07, NJW 2009, 2662 (2666). 124 Vgl. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 51 ff. 125 BGH v. 16.3.1988 – IVa ZR 247/84, NJW-RR 1988, 819 = VersR 1988, 1281 (Preiserhöhung in Wartungsverträgen über Videogeräte).

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3. Besonderheiten bei Energielieferungsverträgen a) Entwicklung der Rechtsprechung Eine wichtige Rolle hat der Energieversorgungsmarkt für die Weiterentwicklung 39 der Rechtsprechung gespielt. Auch in der jüngeren Vergangenheit ist die weit überwiegende Anzahl der Entscheidungen zu Preisanpassungsklauseln in dieser Branche ergangen126. Über § 310 Abs. 2 ist für Verträge mit Sonderkunden eine Inhaltskontrolle nach §§ 308, 309 ausgeschlossen, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden abweichen127. Daraus wurde gemeinhin gefolgert, dass der nationale Gesetzgeber eine Gleichbehandlung von Sonder- und Tarifkunden grundsätzlich für zulässig halte128. Dies war aus AGBrechtlicher Sicht allerdings schon immer nicht unproblematisch, da die gegenüber Grundversorgern geltenden Regelungen auf Grund der teilweise nur schwer nachvollziehbaren Formulierung als „ein Musterbeispiel für einen Verstoß gegen § 307 BGB“129 angesehen wurden. Auch der BGH hat daher schon früh anerkannt, dass die in den Verordnungen enthaltenen Anpassungsregelungen nicht den allgemeinen Anforderungen der Rechtsprechung an Preisanpassungsklauseln genügen130. Dennoch wurde in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die für den Grundversorgungskunden geltenden Regelungswerke eine Leitbildfunktion für den Sondervertragsbereich entfalten würden. Preisanpassungsklauseln sollten in Sonderkundenverträgen daher wirksam sein, wenn sie mit den Regelungen für Tarifkunden übereinstimmten131. An diese Übereinstimmung stellte der BGH jedoch hohe Anforderungen. So erklärte er eine Klausel für unwirksam, da (der frühere) § 4 AVBGasV die Weitergabe von gestiegenen Bezugskosten nur insoweit erlaubte, als die Kostensteigerung nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wurde, die verwendeten AGB eine derartige Einschränkung jedoch nicht vorsahen132. In einer anderen Konstellation wurde in den AGB zwar vollständig auf § 5 Abs. 2 GasGVV (als Nach126 Siehe nur BGH v. 13.7.2011 – VIII ZR 339/10, NJW 2011, 3222; BGH v. 25.6.2014 – VIII ZR 344/13, NJW 2014, 3016; BGH v. 24.9.2014 – VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 (3640–3641). (jeweils bei einem Verstoß gegen § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV a. F.); BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 = NJW 2012, 1865; BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 93/11, BeckRS 2012, 07968; BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 3508 (3510); aus der Instanzrechtsprechung siehe beispielsweise OLG Düsseldorf v. 6.11.2013 – I-3 U 51/12, NJOZ 2014, 81; OLG Brandenburg v. 4.9.2014 – 12 U 53/13, BeckRS 2014, 22356; OLG Celle v. 19.5.2011 – 13 U 6/10, ZMR 2011, 626. 127 Allgemein zu dieser Vorschrift und der Bedeutung für den Energiesektor von Westphalen ZIP 2008, 669. 128 So auch von Westphalen NJW 2010, 2254 (2258). 129 So rückblickend Büdenbender NJW 2013, 3601 (3602). 130 BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 225/07, NJW 2009, 2662 (2665); BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 56/08, NJW 2009, 2667 (2669). 131 Vgl. etwa BGH v. 14.7.2010 – VIII ZR 246/08, WM 2010, 1762 (1765 f.). Ob dabei eine wörtliche oder inhaltliche Übereinstimmung notwendig gewesen sein soll, hat der BGH v. 14.7.2010 – VIII ZR 246/08, offen gelassen, vgl. auch Scholtka/Baumbach NJW 2010, 1118; dazu auch Büdenbender EWiR § 307 BGB 4/10, 557 (558) (wörtliche oder inhaltlich uneingeschränkte Übernahme); zweifelnd Kessel/Schwedler BB 2010, 585 (589), nach deren Einschätzung der BGH wohl nur eine schlichte Inbezugnahme oder Übernahme der Regelungen nach der StromGVV/GasGVV akzeptieren würde; eine Übersicht zur alten Rechtsprechung findet sich bei Zabel KommJur 2011, 289 (289–292). 132 BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 225/07, NJW 2009, 2662 (2666).

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folgeregelung zu § 4 AVBGasV) verwiesen, durch die konkrete Formulierung aber keine Pflicht zur Weitergabe von Kostensenkungen begründet133. Eine solche sieht § 5 Abs. 2 GasGVV aber vor. Auch die wörtliche Wiedergabe von § 5 Abs. 2 Satz 1 GasGVV ohne den Verweis auf Satz 2 der Vorschrift ließ der BGH nicht ausreichen134. 39a

In der Folge stellte sich jedoch die Frage, ob die Annahme einer Leitbildfunktion der für Grundversorgungskunden geltenden Regelungen überhaupt mit europäischem Recht vereinbar war. Mit Beschluss v. 9.2.2011 legte der BGH135 dem EuGH daher einerseits die Frage vor, ob Klauseln, die zwar eine gesetzliche Regelung vollständig wiedergeben, jedoch die Bedingungen für Tarifkunden unverändert in die Vertragsverhältnisse mit den Sonderkunden übernehmen, nach Art. 1 Abs. 2 RL 93/13/EWG einer Klauselkontrolle unterliegen. Andererseits wollte der BGH wissen, ob bei einer Anwendbarkeit des AGB-Rechts die fraglichen Klauseln, welche im konkreten noch auf § 4 AVBGasV beruhten, mit dem Transparenzgebot in Einklang stünden. Die europäischen Richter verneinten eine Ausnahme nach Art. 1 Abs. 2 RL 93/13/EWG und verlangten eine umfassende materielle Klauselkontrolle136. Art. 1 Abs. 2 RL 93/13/EWG greife nicht bloß deswegen ein, weil eine gesetzliche Regelung wörtlich, jedoch in einem fremden Kontext, verwendet würde137. Anders ausgedrückt: Es reicht nicht aus, dass sich ein Verwender in seinen Klauseln an gesetzlichen Vorschriften orientiert, um einer inhaltlichen Klauselkontrolle zu entgehen. Vielmehr müssen die jeweiligen Regelungen auch auf Grund gesetzlicher Anordnung auf den konkreten Sachverhalt anwendbar sein. Da § 4 AVBGasV aber eben ausdrücklich nur imVerhältnis zu Tarifkunden galt, konnten sich Klauselverwender gegenüber Sonderkunden nicht auf eine Leitbildfunktion berufen. Damit wurde deutlich, dass die bisherige nationale Rechtsprechung so nicht mehr fortgeführt werden konnte. Das Urteil des EuGH ist dabei Ausdruck einer allgemeinen Bestrebung, auf strukturell intransparenten Märkten (wie dem Energieversorgungsmarkt) Verbrauchern besondere Schutzmechanismen zukommen zu lassen138.

39b

Hinsichtlich des Verstoßes gegen Art. 5 RL 93/13/EWG stellt der EuGH fest, dass eine endgültige Entscheidung lediglich vom vorlegenden Gericht, also dem BGH, getroffen werden könne. Jedoch geben die europäischen Richter zur Auslegung unterschiedliche Kriterien vor139. Insbesondere soll es nicht ausreichen, dem Kunden lediglich eine Kündigungsmöglichkeit einzuräumen, vielmehr müsse sichergestellt werden, dass der Verbraucher seine Rechte auch wirklich aktiv

133 BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 56/08, NJW 2009, 2667 (2669); siehe zu § 4 AVBGasV BGH v. 28.10.2009 – VIII ZR 320/07, NJW 2010, 993 (996). 134 BGH v. 27.1.2010 – VIII ZR 326/08, WM 2010, 1038 (1043). 135 VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 11 = NJW 2011, 1392. 136 EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253; umfassend zu der Entscheidung auch aus rechtspolitischer Sicht Micklitz/Reich EuZW 2013, 457 (458–460) (EuGH als „Gegengewicht gegen die vom Effizienzdenken getriebene Kommission und den Rat“). 137 EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 (2254). 138 Micklitz/Reich EuZW 2013, 457; positiv zu der Entscheidung von Westphalen NJW 2013, 961 (966). 139 EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 (2254–2256); kritisch dazu Micklitz/ Reich EuZW 2013, 457 (459), die hierin eine schleichende Abkehr von der Freiburger Kommunalbauten-Entscheidung sehen, vgl. EuGH v. 1.4.2004 – Rs. C-237/02, NJW 2004, 1647.

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nutzen könne140. Auch wenn der EuGH dies nicht ausdrücklich festgestellt hat, wird zwischen den Zeilen deutlich, dass er die streitgegenständliche Klausel nicht als ausreichend verständlich ansieht. Es überrascht daher nicht, dass der BGH, der ohnehin schon in der Vergangenheit die Intransparenz der Regelungen moniert hatte, mit Verweis auf die europäische Rechtsprechung seine bisherige Judikatur aufgegeben hat141. Bisher hat er dies allerdings nur für Klauseln klargestellt, die auf § 4 AVBGasV basieren. Es spricht viel jedoch dafür, dass diese Rechtsprechung auch für Regelungen gilt, die inhaltlich mit dem neueren § 5 StromGVV/GasGVV übereinstimmen142, da die Neuregelungen inhaltlich genauso konturlos wie ihre Vorgängervorschriften bleiben143. Die neuere Rechtsprechung reiht sich damit nahtlos in zahlreiche ältere Urteile ein, die Preisanpassungsklauseln auf dem Energieversorgungsmarkt für unwirksam gehalten haben. Bereits im Jahr 2005 wurde eine Klausel in Energielieferungsverträgen für unwirksam erklärt, die eine Entgelterhöhung vorsah, falls sich „Material-, Lohn-, Transport- und Lagerkosten, der Bezugspreis für Flüssiggas oder die Mineralöl- bzw. Mehrwertsteuersätze“ verändern würden144. Der BGH sah eine unangemessene Benachteiligung der Kunden darin, dass die Klausel maßgeblich an Bezugsgrößen anknüpfe, die der Verwender im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen beeinflussen könne und in die der Kunde keinen Einblick habe145. Darüber hinaus fehlte eine Angabe, wie sich die Erhöhung der einzelnen Kostenelemente tatsächlich auf den Endpreis auswirken würde. Konsequenterweise fand auch die noch allgemeiner gehaltene Formulierung, die lediglich an die Änderungen „des Einstandspreises und/oder der Kosten“146 anknüpfte, keine Billigung vor dem BGH147. Auch hier habe der Kunde keine Möglichkeit, die einzelnen Kriterien und damit eine Preisanpassung auf ihre Plausibilität zu prüfen. Ebenfalls für nicht zulässig erachtet wurde die Berechtigung zur Preisanpassung, falls „der Vorlieferant seine Preise erhöht“148 oder „Änderungen der allgemeinen Tarifpreise“149 eintreten. Auch allgemeine Wirtschaftsklauseln fanden vor dem 140 EuGH v. 21.3.2013 – Rs. C-92/11, NJW 2013, 2253 (2255). 141 BGH v. 31.7.2013 – VIII ZR 162/09, BGHZ 198, 11 = NJW 2013, 3647 (3653). 142 Büdenbender NJW 2013, 3601 (3604); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Preisanpassungsklauseln) Rz. 59. 143 Büdenbender NJW 2013, 3601 (3604). 144 BGH v. 21.9.2005 – VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717. 145 Zu Recht wurde daher die dem Kunden eingeräumte Befugnis, bei einem Kostenrückgang eine Preissenkung zu verlangen, nicht als wirksame Kompensation anerkannt. Denn wenn der Kunde keine Möglichkeit hat, die Entwicklung der einzelnen Elemente nachzuvollziehen, läuft eine derartige Regelung faktisch ins Leere. 146 Eine weitere Erklärung, was mit „Kosten“ gemeint war, fand sich im Vertrag nicht. 147 BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1055). 148 Der BGH stellt in BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054 (1055 f.) noch allein darauf ab, dass eine derartige Klausel auch eine Entgelterhöhung über die eigentliche Preiserhöhung des Vorlieferanten hinaus ermögliche. In BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2008, 2172 findet sich eine differenzierte Analyse: Die Klausel enthalte keine Verpflichtung zur Weitergabe von Kostensenkungen, außerdem konnte der Verwender durch die Wahl des Anpassungszeitpunktes im Nachhinein das Äquivalenzverhältnis beeinflussen. Das Risiko schlecht ausgehandelter Vorlieferantenpreise auf den Endkunden abzuwälzen, wurde darüber hinaus als eine unangemessene Benachteiligung gewertet. 149 BGH v. 17.12.2008 – VIII ZR 274/06, NJW 2009, 578. Aus der Klausel ließ sich nicht entnehmen, wie der Bezugspreis angepasst werden sollte, falls es zu einer Änderung der allgemeinen Tarifpreise kommen würde. Zust. von Westphalen NJW 2009, 2355 (2358).

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BGH keine Billigung150. Derartige Regelungen sollen eine Vertragsanpassung erlauben, wenn sich wesentliche Bezugspreise gravierend ändern. Einigen sich die Parteien jedoch individualvertraglich auf einen Festpreis, wie es etwa im Energieversorgungsmarkt üblich ist, darf diese Preisabrede nicht durch AGB unterlaufen werden151. 41

Auch die sog. „HEL-Spannungsklauseln“ in Gaslieferverträgen mit Verbrauchern halten einer AGB-Kontrolle nicht stand152. Derartige Regelungen knüpfen die Entwicklung des zu zahlenden Entgeltes an die Preisentwicklung für extra leichtes Heizöl, ohne dass dem Verwender ein Ausübungsermessen bleibt. Die Bezeichnung Spannungsklausel rührt daher, dass es nicht um die Weitergabe einer Kostenentwicklung, sondern um die Erhaltung eines Wertverhältnisses geht. Der BGH stellte fest, dass die Kopplung des Gaspreises an den Ölpreis zwar ständiger Marktpraxis entspreche. Damit sei jedoch keine Aussage über die tatsächliche Kostenentwicklung auf Seiten des Gaslieferanten getroffen153. Die „HELKlausel“ sei vielmehr die Grundlage für die Herausbildung eines variablen Preises, aber eben nicht das Ergebnis von Angebot und Nachfrage154. Mit anderen Worten: Der Verwender habe kein schutzwürdiges Interesse, Preisanpassungen im Gassegment auf die Entwicklung des Ölpreises zu stützen und so das ursprüngliche Wertverhältnis aufrecht zu erhalten. Der BGH behandelte die Regelung ansonsten wie eine gewöhnliche Preisanpassungsregelung. Da die Klausel Kostenentwicklungen (und damit eben auch Kostensenkungen) in anderen Bereichen (die Urteile nennen exemplarisch Netz- und Vertriebskosten) außer Betracht lasse, bestehe die Möglichkeit, dass der Verwender durch die Regelung nachträglich die Gewinnspanne erhöhen könne155. Den ersten Urteilen ließ sich noch keine Aussage darüber entnehmen, ob eine Spannungsklausel, die gegenüber Verbrauchern verwendet wird und sich an einem zulässigen Referenzwert orientiert, einer AGB-rechtlichen Kontrolle standhalten würde. Später hat der BGH jedoch zumindest mittelbar zu erkennen gegeben, dass bei einer vergleichbaren Kostenentwicklung von Brennstoff und Bemessungsgröße eine AGBKlausel durchaus im Einklang mit § 307 stehen könnte156. Bisher hat aber noch keine Spannungsklausel, die gegenüber Verbrauchern verwendet wird, höchstrichterliche Billigung erhalten. Im Jahr 2014 hat der BGH entschieden, dass diese

150 BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 47/12 NJW 2013, 2745, die Vorinstanz hatte die Wirksamkeit noch bejaht, siehe OLG Hamm v. 16.12.2011 – I-19 U 154/10, BeckRS 2012, 04710; zu Recht kritisch zu dieser Entscheidung Scholtka/Baumbach/Pietrowicz NJW 2014, 898 (902). 151 So auch Scholtka/Baumbach/Pietrowicz NJW 2014, 898 (902). 152 BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, WM 2010, 1044 = NJW 2010, 2789; BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 = NJW 2010, 2793; siehe dazu auch BGH v. 13.7.2011 – VIII ZR 339/10, NJW 2011, 3222; BGH v. 25.6.2014 – VIII ZR 344/13, NJW 2014, 3016 (jeweils Verstoß gegen § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV a.F.). 153 BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, WM 2010, 1044 (1048); BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 (1054). Die Entwicklung des Preises für leichtes Heizöl sei kein Kostenfaktor, sondern vielmehr ein Wertmesser für die vom Versorgungsunternehmen zu erbringende Leistung. 154 Sehr deutlich BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 3508 (3510); kritisch dazu von Westphalen/Höch/Kalwa (Gaslieferverträge) Rz. 76. 155 BGH v. 24.3.2010 – VIII ZR 178/08, WM 2010, 1044 (1049), bestätigt auch bei BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 3508 (3510). 156 BGH v. 13.7.2011 – VIII ZR 339/10, NJW 2011, 3222 (3225); siehe auch Zabel KommJur 2011, 289 (295) (Kostenorientierung, keine Kostenechtheit).

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Rechtsprechung entgegen der Ansicht einiger Instanzgerichte157 nicht auf den unternehmerischen Verkehr zu übertragen ist158. Dies hat er vornehmlich damit begründet, dass gewerbliche Kunden Kosten auf dem Energiesektor sorgfältig beobachten und daher einer „Preisanpassungsklausel besondere Aufmerksamkeit“ schenkten159. Man könne daher erwarten, dass derartige Kunden eigenverantwortlich beurteilen können, ob eine Verbindung des Preises für Erdgas mit dem für leichtes Heizöl akzeptabel sei. Eine „HEL-Spannungsklausel“ hält daher nach Ansicht des BGH einer AGB-Kontrolle im unternehmerischen Verkehr stand. Hinsichtlich der Rückabwicklung geht der BGH bei langfristigen Versorgungsverhältnissen neuerdings einen besonderen Weg. Auch hier ist eine geltungserhaltende Reduktion auf Grund von § 306 zwar nicht möglich160. Die durch die unwirksamen Preisanpassungsklauseln entstandene Regelungslücke wird aber nach §§ 133, 157 durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen161. Wenn der Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat, können lediglich die zu viel gezahlten Entgelte der letzten drei Jahre zurückgefordert werden. Damit will der BGH einen Ausgleich zwischen den Interessen der Energieversorger und denen der betroffenen Kunden herstellen. Vor allem bei langfristigen Verträgen ist es nach Ansicht des BGH nicht zumutbar, dass das Versorgungsunternehmen dauerhaft an den Ursprungspreis gebunden sei162. Dabei stützt sich der BGH ausdrücklich auf die Besonderheiten des Energierechts, in dem die Geltendmachung von Rechten regelmäßig von gewissen Fristen abhängig gemacht wird163. Darüber hinaus bezieht sich der BGH auf § 1 EnWG. Demnach sei für einen angemessenen Interessenausgleich zu berücksichtigen, dass die durch die Kostenstruktur geprägte individuelle Leistungsfähigkeit der Versorgungsunternehmen sowie die Investitionskraft und die Investitionsbereitschaft erhalten werde164. Bisher ist diese Rechtsprechung sowohl auf dem Strom-165 und Gasversorgungsmarkt166 sowie im Fernwärmebereich167 angewandt worden. Auf 157 OLG Naumburg v. 13.12.2012 – 2 U 14/12, NJOZ 2013, 1510; OLG Hamm v. 28.10.2010 – 2 U 60/10, BeckRS 2011, 24349. 158 BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2708; BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 116/13, NJW 2014, 2715; bestätigt durch BGH v. 17.9.2014 – VIII ZR 258/13, NJW 2014, 3508. 159 BGH v. 14.5.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2708 (2713). 160 BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 (378) = NJW 2012, 1865 (1866); vor diesem Hintergrund zu Recht kritisch hinsichtlich der Argumentation des BGH Büdenbender NJW 2013, 3601 (3603). 161 BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 (376) = NJW 2012 1865; BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877; BGH v. 24.9.2014 – VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 (3640–3641); allgemein zur ergänzenden Vertragsauslegung in Energielieferungsverträgen Uffmann NJW 2011, 1313 ff. 162 BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 (379) = NJW 2012, 1865 (1867). 163 BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 (381–383) = NJW 2012, 1865 (1867–1868); BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 93/11, BeckRS 2012, 07968; BGH v. 24.9.2014 – VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 (3641). 164 BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 (380) = NJW 2012, 1865 (1867). 165 BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877. Im konkreten Fall lehnt der BGH jedoch eine ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 ab, da der Kunde rechtzeitig Widerspruch eingelegt hatte und somit keine Verfristung vorlag, siehe BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 (1878–1879). 166 BGH v. 14.3.2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 = NJW 2012, 1865. 167 BGH v. 24.9.2014 – VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 (3640–3641).

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andere Branchen kann diese Rechtsprechung dagegen nicht übertragen werden, selbst wenn es sich um langfristige Dauerschuldverhältnisse handelt. Äußerste Grenze kann hier nur das Rechtsinstitut der Verwirkung sein. b) Zwischenfazit 42

Fasst man die Grundaussagen der Urteile zum Energieversorgungsmarkt zusammen168, ergibt sich folgendes Bild: Der BGH hat keine gänzlich neuen Maßstäbe herausgearbeitet, sondern Kriterien aus älteren Entscheidungen wieder aufgegriffen und – zu Lasten des Verwenders – weiter verschärft. Daran ändert auch die neuere europäische Rechtsprechung nichts. Es stellt folglich eine große Herausforderung dar, wirksame Preisanpassungsklauseln zu entwerfen169. Ausgangspunkt bleibt, dass das ursprüngliche Äquivalenzverhältnis nicht zu Lasten des Verbrauchers verändert werden darf170. Daraus ergibt sich zum einen, dass der Verwender neben Kostensteigerungen auch Kostensenkungen weitergeben muss. Zum anderen darf die Klausel nicht ermöglichen, nachträglich die Gewinnspanne zu erhöhen. Mit Blick auf das Transparenzgebot muss der Kunde in der Lage sein, zukünftige Preisanpassungen von vornherein abschätzen und konkret anfallende Preissteigerungen auf ihre Plausibilität hin überprüfen zu können. Dies setzt im Umkehrschluss voraus, dass die Klausel hinreichend präzise gefasst werden muss. Die gegenüber Grundversorgungskunden geltenden Regelungswerke erfüllen diese Anforderungen nicht und können folglich klauselmäßig nicht wirksam auf Sonderkundenverträge übertragen werden. Dass auf Grund der Marktsituation oder einer komplexen Kalkulation eine derartige Formulierung praktisch nicht möglich ist, hält der BGH zwar nicht für ausgeschlossen – stellt an derartige Konstellationen jedoch hohe Anforderungen. Ausdrücklich offen gelassen wurde, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Kündigungsrecht in solchen Fällen einer Klausel zur Wirksamkeit verhelfen kann. Hier wäre eine Klarstellung wünschenswert gewesen, zu der verschiedene Entscheidungen auch aus jüngerer Zeit die Möglichkeit geboten hätten. Entnehmen kann man den Ausführungen des BGH nur, dass neben der Einhaltung des Transparenzgebotes171 ein Kündigungsrecht dem Kunden die Möglichkeit einräumen muss, sich vor Eintritt der Preiserhöhung von dem Vertrag zu lösen172.

4. Einzelfälle 43

Unwirksam sind die äußerst vagen Klauseln in „Vorsorgeverträgen“, nach denen sich Bestattungsunternehmen die Kosten der „dereinstigen“ Bestattung bezahlen lassen, zugleich aber Nachforderungen gegenüber den Erben auf Grund „allgemeiner Preissteigerungen“ vorbehalten oder die im Zeitpunkt des Todes „gültige“ Preisliste zugrunde legen wollen173. Auch eine Formularklausel in den AGB eines Zeitschriftenverlages, die den Kunden an eine „angemessene“ Preiserhöhung binden will, genügt den Anforderungen in keiner Weise und ist daher

168 Umfassend zu den praktischen Konsequenzen auch Büdenbender NJW 2013, 3601 (3606–3607); siehe auch von Westphalen NJW 2014, 2242 (2248–2249). 169 Scholtka/Baumbach/Pietrowicz NJW 2014, 898 (902). 170 Kritisch dazu von Westphalen/Höch/Kalwa (Gaslieferverträge) Rz. 87. 171 BGH v. 13.12.2006 – VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054. 172 BGH v. 15.7.2009 – VIII ZR 56/08, NJW 2009, 2667 (2670). 173 LG Dessau v. 14.5.1999 – 8 O 440/99.

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unwirksam174. Der Vermieter von Fernmeldeanlagen darf sich in seinen AGB nicht ausbedingen, dass sich die vereinbarte Miete je nach der Erhöhung oder Ermäßigung der bei ihm üblichen Listenmiete verändert175. Im Versicherungsgewerbe ist eine Klausel unwirksam, mit der sich der Versicherer ein uneingeschränktes Recht vorbehält, Prämien, Tarife und sonstige versicherungsvertragliche Rechte und Pflichten abzuändern176. In einem Urteil zum Festpreis im Bauvertrag hat der BGH dargelegt, dass die Preiserhöhung bei Überschreitung des Festpreistermins nicht an der bei Baubeginn geltenden Preisliste ausgerichtet werden dürfe, weil dies ermögliche, „über die Abwälzung der konkreten Kostensteigerungen (etwa der Lohn- und Materialkosten) hinaus die vereinbarte Festpreisvergütung ohne jede Begrenzung einseitig anzuheben, etwa um einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen“177. Die Baubranche hat dagegen mit § 9 Abs. 9 VOB/A (= § 15 VOB/A a.F.)178 einen offenbar interessengerechten Weg aufgezeigt, welche Elemente bei einer Preisänderung zu berücksichtigen sind: Erstens haben Eintritt oder Ausmaß der Preisänderung ungewiss zu sein, was alle bereits überschaubaren Kostensteigerungen ausschließt. Zweitens muss die Erhöhung wesentlich sein, die – drittens – nicht mehr als eine angemessene Steigerung nach sich ziehen darf, und viertens schuldet der Verwender die Festlegung der Einzelheiten179. Die Rechtsprechung der Instanzgerichte steht durchweg im Einklang mit derjenigen des BGH. So sind am fehlenden Lösungsrecht die AGB eines Reiseunternehmers gescheitert, die Preiserhöhungen für den Fall der Erhöhungen von Flugtarifen, Steuern und Abgaben vorsahen180. In der Erhöhungsklausel eines Stromlieferungsvertrages fehlten nicht nur ein Kündigungsrecht, sondern auch klare Angaben dazu, wodurch und in welchem Umfang eine Erhöhung des Preises ausgelöst werden könne181. Eindeutig unwirksam sind AGB, die eine Steigerung von Unterrichtsgebühren „nach pflichtgemäßem Ermessen“ bestimmen182. Zu unbestimmt bleibt eine Klausel, die eine „entsprechende“ Preissteigerung bei Erhöhung solcher Kosten vorsieht, die der Kalkulation unterliegen183. Auf derselben Linie bewegt sich die Entscheidung gegen eine Klausel, die den Verwender von Kabelanschluss-AGB berechtigt, das Entgelt „bei Veränderung der Inkasso-, Herstellungs- oder Wartungskosten anzupassen“184; welche Kosten der Verwender meint, bleibt dunkel. Ein Wartungsvertrag kann die Kündigung im Falle der – als sehr hoch anzusehenden – Preissteigerung um bis zu 20% bei monatlicher 174 BGH v. 26.5.1986 – VIII ZR 218/85, NJW 1986, 3134. 175 BGH v. 12.7.1989 – VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115; dazu Matusche/Beckmann ZIP 1989, 1198 und krit. Coester-Waltjen EWiR 1990, 315. 176 BGH v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, BGHZ 136, 452 = NJW 1998, 454. 177 BGH v. 20.5.1985 – VII ZR 198/84, BGHZ 94, 335 = NJW 1985, 2270. 178 „Sind wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten, deren Eintritt oder Ausmaß ungewiss ist, so kann eine angemessene Änderung der Vergütung in den Verdingungsunterlagen vorgesehen werden. Die Einzelheiten der Preisänderungen sind festzulegen.“ (Fassung v. 26.6.2012). 179 Zur Fassung einer Prämienanpassungsklausel im Versicherungsvertrag sehr instruktiv BVerwG v. 14.10.1980 – 1 A 12/78, BVerwGE 61, 59; zu Anpassungsregelungen ausführlich Horn NJW 1985, 1118. 180 OLG Frankfurt v. 17.12.1981 – 6 U 26/81, NJW 1982, 2198. 181 OLG Brandenburg v. 3.4.2002 – 7 U 185/01, 7 U 198/01, NJW-RR 2002, 1640 = NZM 2002, 885. 182 LG Frankfurt/M. v. 6.3.1984 – 2/13 O 395/83, BB 1984, 942. 183 OLG Düsseldorf v. 24.11.1981 – 23 U 109/81, DB 1982, 537. 184 LG Frankfurt/M. v. 13.3.1995 – 2/24 O 18/94, VuR 1995, 279.

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Zahlung nicht erst zum Ende des Vertragsjahres zulassen185. Dem Versuch, durch die Einräumung eines Kündigungsrechtes Mängel bei der Formulierung der Anpassungsklausel zu kompensieren186, hat der BGH eine klare Absage erteilt187.

IV. Verträge mit Unternehmern 45

Für den Geschäftsverkehr mit Unternehmern hat die Bestimmung des § 309 Nr. 1 grundsätzlich keine Indizwirkung188. Die Gefahren, denen der Verbraucher durch unzulässige Preisänderungsklauseln ausgesetzt ist, bestehen im kaufmännischen Verkehr in erheblich geringerem Maße. In dem für beide Vertragsseiten empfindlichen Bereich der Preisgestaltung sorgt der Wettbewerb im Zusammenspiel mit der größeren Geschäftsgewandtheit der Kunden eher dafür, dass der Verwender auf Dauer keine unbilligen Preisklauseln im Markt durchsetzen kann.

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Allerdings gelten auch hier Grenzen: So dürfen Festpreisabreden auch gegenüber Unternehmern nicht durch AGB ausgehöhlt werden189; entgegenstehende Klauseln sind daher unwirksam, soweit nicht schon § 305b eingreift (vgl. Rz. 19 f.). Darüber hinaus ist für die Zulässigkeit einer Preisänderungsklausel regelmäßig ein sachlicher Grund erforderlich, der ein einseitiges Abweichen vom vereinbarten Preis und damit eine Lockerung der Vertragsbindung rechtfertigen kann190. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch meist erheblich geringer als im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern. Die Anknüpfung an den jeweiligen (objektiven, nicht vom Verwender beeinflussbaren und leicht feststellbaren) Marktpreis ist ohne weiteres zulässig191. Nicht akzeptabel sind dagegen auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern Klauseln, die zu beliebigen Preiserhöhungen ermächtigen; Preisanpassungen müssen vielmehr unter Berücksichtigung der Interessen beider Seiten an sinnvolle einschränkende Voraussetzungen geknüpft werden. Insoweit gelten dieselben Grundsätze, wie der BGH sie für einseitige Leistungsänderungsrechte des Verwenders aufgestellt hat192. Zulässig ist es aber beispielsweise, im unternehmerischen Verkehr dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht für den Fall einzuräumen, dass sich die ortsübliche oder angemessene Miete ändert193.

185 OLG Celle v. 1.2.1984 – 13 U 160/83, BB 1984, 808; vgl. weiter zum Bauvertrag OLG Düsseldorf v. 24.11.1981 – 23 U 109/81, BauR 1983, 470; zu Leasingverträgen OLG Frankfurt v. 14.5.1985 – 5 U 210/84, NJW 1986, 1355 und OLG Hamm v. 14.3.1986 – 4 U 197/85, NJW-RR 1986, 927; zu Flüssiggasverträgen OLG Frankfurt v. 10.11.1986 – 4 U 147/85, NJW-RR 1987, 1462 und OLG Düsseldorf v. 13.2.1997 – 6 U 49/96, BB 1997, 699; zu Telefonanlagen OLG Köln v. 16.12.1994 – 19 U 84/94, NJW-RR 1995, 758; vgl. auch OLG Naumburg v. 1.7.1994 – 4 U 276/93, VuR 1995, 42 (Kündigungsrecht bei 10%iger Preiserhöhung); zur „Preisgarantie“ in der Möbelbranche OLG Düsseldorf v. 28.1.1999 – 6 U 239/97, EWiR 1999, 577. 186 OLG München v. 21.9.2006 – 29 U 2612/06, MMR 2007, 50 (52). 187 Siehe nur BGH v. 15.11.2007 – III ZR 247/06, NJW 2008, 360 (361). 188 So auch Wolf/Dammann Rz. 161; Wolf ZIP 1987, 341 (345); MünchKomm/Wurmnest Rz. 32; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 28. 189 BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 47/12 NJW 2013, 2745. 190 Wolf/Dammann Rz. 164. 191 Wolf/Dammann Rz. 165–169. 192 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 (Daihatsu) unter IV 2b. 193 BGH v. 9.5.2012 – XII ZR 79/10, NJW 2012, 2187.

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Kurzfristige Preiserhçhungen

§ 309 Nr. 1 BGB

Tagespreisklauseln haben im Verkehr zwischen Unternehmern nicht die Vermutung der Unwirksamkeit für sich, jedenfalls sofern in langfristigen Geschäftsbeziehungen ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Verwendung besteht194. So hat die Rechtsprechung für langfristige Verträge Listenpreisklauseln weitgehend gebilligt195. Auch wenn der BGH in seiner „Veedol“-Entscheidung auf die besonderen Umstände des Falles abgestellt hat, werden Unternehmer in langfristigen Bezugsverträgen eine Bezugnahme auf Listenpreise grundsätzlich hinnehmen müssen und auch können, weil die Tagespreise regelmäßig an der Wettbewerbssituation ausgerichtet sind196. Im Gegensatz zur Situation im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern, in denen der BGH – z.B. in der Zeitschriftenbezugs-Entscheidung197 – die Berufung auf die Wettbewerbslage zutreffend nicht als erheblich erachtet, hat diese in langfristigen Lieferverträgen unter Unternehmern entscheidendes Gewicht; hier wirken die Mechanismen des Marktes auf die Preisgestaltung in aller Regel regulierend ein.

47

Nicht eindeutig geklärt ist aber, ob eine zusätzliche Absicherung des Vertragspartners durch die Gewährung eines Lösungsrechts im Falle erheblicher Preiserhöhungen oder eine Begrenzung der maximalen Preissteigerung (z.B. auf 5%) geboten ist198. Das dürfte regelmäßig nicht der Fall sein199. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Listenpreisklausel spielen insoweit jedenfalls die speziellen Branchenverhältnisse und die etwaigen Abwälzungsmöglichkeiten von Preissteigerungen an nachfolgende Wirtschaftsstufen200 eine wichtige Rolle. Im Hinblick auf das Recht zum Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) ist eine Umsatzsteuergleitklausel im Geschäftsverkehr mit Unternehmern ohne weiteres zulässig201.

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194 Ohne diese Einschränkung für generelle Zulässigkeit im unternehmerischen Verkehr Bartsch DB 1983, 215; wohl auch Hensen (10. Aufl.) Rz. 22, der für die gerichtliche Inhaltskontrolle von Preisklauseln im unternehmerischen Verkehr „äußerste Zurückhaltung“ anmahnt (a.a.O., Rz. 21); ebenfalls zurückhaltend PWW/Berger Rz. 9. 195 BGH v. 27.9.1984 – X ZR 12/84, BGHZ 92, 200 = NJW 1985, 426 (Zündhölzer I), dazu Hensen EWiR 1985, 43; BGH v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 = NJW 1985, 853 (Veedol-Schmiermittel). 196 Vgl. Bartsch DB 1983, 214; Kunth/Wollburg BB 1985, 230. 197 BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 174/79, NJW 1980, 2518. 198 Dafür z.B. Wolf/Dammann Rz. 165–169 (im Widerspruch dazu aber Rz. 175, wo ein Lösungsrecht im unternehmerischen Verkehr als „grundsätzlich entbehrlich“ eingestuft wird). Die zusätzliche Forderung (ebenfalls unter Rz. 165–169), dass „nach den Umständen sichergestellt ist, dass die jeweils geltenden Listenpreise in gleicher Weise durch Wettbewerb geprägt sind wie die bei Vertragsschluss geltenden Listenpreise“ brächte erhebliche zusätzliche Rechtsunsicherheiten mit sich und dürfte kaum justitiabel sein, da es auf eine Beurteilung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommt und die Wirksamkeit der Klausel somit von einer umfassenden zukunftsbezogenen Wettbewerbsprognose abhinge. Realistischerweise kann nur verlangt werden, dass der Verwender mit seinen Listenpreisen überhaupt dem Wettbewerb ausgesetzt ist. 199 Weitergehend Hensen (10. Aufl.) Rz. 22 (Lösungsrecht des unternehmerischen Kunden „nur unter außergewöhnlichen Umständen“ geboten); eher zurückhaltend auch Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 28. 200 Vgl. zu diesem Aspekt insb. BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1063); OLG Köln v. 21.12.1989 – 18 U 62/89, NJW-RR 1990, 401; Wolf ZIP 1987, 341 (348); zu weitgehend BGH v. 27.9.1984 – X ZR 12/84, NJW 1985, 426 (427), der annimmt, kaufmännische Abnehmer könnten „ihre erhöhten Geschäftsunkosten gewöhnlich auf ihre Kunden abwälzen“. 201 Dittmann BB 1979, 712 und BB 1992, 1571 (1573); Palandt/Grüneberg Rz. 7; Wolf/ Dammann Rz. 171.

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§ 309 Nr. 1 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

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Die vereinzelt geäußerte Auffassung, dass die für kurzfristige Verträge bestehende Bindungsfrist, die von § 309 Nr. 1 auf vier Monate bemessen wird, in Verträgen mit Unternehmern lediglich vier bis sechs Wochen betrage, ein „langfristiger“ Vertrag somit schon jenseits dieser Frist beginne202, lässt sich angesichts der äußerst vielfältigen und unterschiedlichen Branchenverhältnisse in der Wirtschaft in dieser Allgemeinheit nicht halten203. Ein entsprechender Befund mag für einzelne Wirtschaftszweige zutreffen, doch müsste dies durch empirische Erhebungen bestätigt werden. Entscheidend für die Bestimmung einer angemessenen, gewöhnlich nicht zu unterschreitenden Preisbindungsfrist sind die handelsund branchentypischen Verhältnisse, Bedürfnisse und Gewohnheiten204.

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Andere Faktoren mit begrenzender Wirkung für nachträgliche Preiserhöhungen sind bei der Beurteilung der Angemessenheit von Preisanpassungsklauseln im unternehmerischen Verkehr ebenfalls zu beachten. So können in Verträgen zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts und Unternehmern Preiserhöhungen ohne einschränkende Voraussetzungen wirksam auf „geltende Tarife“ gestützt werden, da sich die Verwender an das Kostendeckungsprinzip zu halten haben205. Auf der anderen Seite dürfen Preisänderungsklauseln auch im Verhältnis zu unternehmerischen Kunden nicht zu nachträglichen Verschiebungen des Äquivalenzverhältnisses führen.

V. Rechtsfolgen 51

Allgemein gilt, dass bei einem Verstoß gegen § 309 Nr. 1 der vertraglich vereinbarte oder der für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmbare Preis verbindlich ist (§ 306 Abs. 1). Die von der Unwirksamkeit der Erhöhungsklausel gerissene Vertragslücke kann nicht nach § 306 Abs. 2 geschlossen werden. So hat es der Gesetzgeber positiv für Verbraucherdarlehensverträge in § 494 Abs. 4 Satz 2 bestimmt. Auch scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung in allen Fällen aus, die unter § 309 Nr. 1 einzuordnen sind (siehe § 306 Rz. 37). Ist die Erhöhungsklausel in einem längerfristigen Vertrag – insbesondere in einem Bezugsvertrag – an § 307 gescheitert, so kommt eine ergänzende Vertragsauslegung unter Heranziehung der §§ 315, 316 in Betracht, wenn der Vertrag für eine solche Auslegung ausnahmsweise genügend konkrete Anhaltspunkte enthält und wenn das Unterbleiben einer Anpassung Treu und Glauben widerspräche. Auf diese Weise hat der BGH den Fall der unwirksamen Tagespreisklausel gelöst206. Besonderheiten gelten auf den Energieversorgungsmärkten. Hier kann ein Kunde 202 Wolf ZIP 1987, 341 (347); ebenso Wolf/Dammann Rz.174, der aber – insoweit widersprüchlich – zugleich die Notwendigkeit einer Berücksichtigung von „branchentypischen Bedürfnissen und Gewohnheiten“ betont. 203 So auch Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 28 a.E. 204 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 28 a.E. 205 So zutr. OLG Köln v. 21.12.1989 – 18 U 62/89, NJW-RR 1990, 401 (Erhöhung der Standplatzmiete in Großmarkthalle um 40%); zust. Palandt/Grüneberg Rz. 9; Wolf/Dammann Rz. 165–169 a.E. 206 BGH v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 = NJW 1984, 1177 m. abl. Anm. Trinkner und Löwe BB 1984, 490 (492); vorher schon OLG Frankfurt v. 23.12.1982 – 16 U 134/82, NJW 1983, 946; sodann BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 220/83, NJW 1985, 621; zur Problematik der ergänzenden Vertragsauslegung siehe auch Bechtold BB 1983, 1636; Bunte ZIP 1983, 765 und NJW 1984, 1145; Ulmer BB 1982, 1125 (1132). In seiner Fernmeldeanlagen-Entscheidung (BGH v. 12.7.1989 – VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115) gelangt

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§ 309 Nr. 2 BGB

Leistungsverweigerungsrechte

lediglich die zu viel bezahlten Entgelte der letzten drei Jahre zurückfordern, wenn er vorherigen Preiserhöhungen nicht rechtzeitig widersprochen hat (näher dazu oben Rz. 41a) Im Rahmen einer einheitlichen Zinsanpassung hat der BGH die Klausel in Bezug auf die Regelung zur Zinsvariabilität und zur Art und Weise der Zinsanpassung aufgeteilt207. Ein in Kenntnis längerer Lieferfristen kontrahierender Kunde erwartet Preissteigerungen und muss deshalb redlicherweise den höheren Preis bei Lieferung zahlen (näher § 306 Rz. 31 ff.). Im Ergebnis läuft dies auf eine Art umgekehrter Ausübungskontrolle hinaus. Genauso, wie sich der Verwender wegen besonderer Umstände des Einzelfalles grundsätzlich nicht auf die Wirksamkeit einer Klausel berufen darf (vgl. aber § 307 Rz. 410 ff. zur Berücksichtigung individueller Umstände bei Verbraucherverträgen), kann sich der Kunde bei besonderen Umständen nicht auf die generelle Unwirksamkeit der Klausel stützen.

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Nr. 2 Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 2. (Leistungsverweigerungsrechte) eine Bestimmung, durch die a) das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner des Verwenders nach § 320 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zusteht, ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, oder b) ein dem Vertragspartner des Verwenders zustehendes Zurückbehaltungsrecht, soweit es auf demselben Vertragsverhältnis beruht, ausgeschlossen oder eingeschränkt, insbesondere von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird; I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Frühere Rechtslage . . . . . . . . . . .

2

III. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . .

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1. Inhalt der Vorschrift . . . . . . . . . .

3a

2. Umsetzung in das deutsche Recht

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IV. Inhalt der Vorschrift 1. Begriff des „Zurückbehaltungsrechts“ in § 309 Nr. 2 . . . . . . . . .

6

2. § 309 Nr. 2a . . . . . . . . . . . . . . .

8

3. § 309 Nr. 2b . . . . . . . . . . . . . . .

9

4. Unzulässige Beschränkung der Rechte aus §§ 320, 273 . . . . . . . .

10

5. Abgrenzung zur Vorleistungspflicht

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6. Inhaltskontrolle von Vorleistungsklauseln (nur) nach § 307? . . . . .

13

7. Zur Einzelbeurteilung von Vorleistungsklauseln . . . . . . . . .

16

8. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

V. Verträge mit Unternehmern . . . .

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der BGH zur begehrten Preiserhöhung im Wege ergänzender Vertragsauslegung, obschon deren Voraussetzungen nicht belegt waren. 207 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 211/07 NJW 2008, 3422 (3423); krit. zur uneinheitlichen Rechtsprechung von Westphalen NJW 2009, 2355 (2358).

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§ 309 Nr. 2 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

I. Einleitung 1 Der Systematik des BGB folgend, unterscheidet die Vorschrift zwischen Leistungsverweigerungsrecht und Zurückbehaltungsrecht. Demgegenüber schließen AGB üblicherweise schlicht ein „Zurückbehaltungsrecht“ des Kunden aus. Dem setzt die Bestimmung des § 309 Nr. 2 Grenzen, die sich aus den beiderseitigen Interessen der Vertragspartner ergeben. Leistungen werden regelmäßig um der Gegenleistung willen erbracht, und grundsätzlich braucht niemand zu erfüllen, ohne dass ihm zugleich geleistet wird. Diesen Grundsatz der Äquivalenz der sich gegenüberstehenden Leistungspflichten sichert das BGB insbesondere in § 320 mit der Einrede des nichterfüllten Vertrages. Sie verwirklicht ein „aus der Natur der Sache sich ergebendes Gerechtigkeitsgebot“1; der Gläubiger erhält so ein probates Druckmittel zur Durchsetzung seiner Ansprüche2. Formularmäßige Beschränkungen dieses Ordnungsprinzips können deshalb nicht hingenommen werden. Entsprechendes gilt auch für das Zurückbehaltungsrecht aus § 273. Die Zurückführung vorformulierter Verträge auf diese Grundprinzipien in § 309 Nr. 2 dient in besonderem Maße den Interessen des Verbrauchers. Die Vorschrift entspricht dem Gesetzgebungsvorschlag des Teilberichts I. Mit dem SMG hat sich am Wortlaut der Nr. 2 nichts geändert, wohl aber inhaltlich (dazu Rz. 8). Heutige AGB antizipieren diese Grenzen üblicherweise; ein Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts findet sich daher allenfalls noch in versteckter Form. Verbreitet sind indessen unangemessene Vorleistungsklauseln, deren Abgrenzung zum Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts der Praxis offenbar Schwierigkeiten bereitet (dazu unten Rz. 12).

II. Frühere Rechtslage 2 Der BGH hatte den formularmäßigen Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts vor Inkrafttreten des AGBG noch grundsätzlich für zulässig erachtet. Diese durch § 309 Nr. 2 überholte Rechtsprechung ist vielfach auf Unverständnis gestoßen. Zu berücksichtigen war allerdings, dass sich die Entscheidungen fast durchgängig auf Streitigkeiten zwischen Kaufleuten bezogen und der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern eher zu ertragen ist. In solchen Fällen hatte der BGH den Ausschluss nur dann für unwirksam erachtet, wenn die Gewährleistungsansprüche, auf die der Käufer seine Zahlungsverweigerung stützte, entscheidungsreif seien3. Mit dieser Beschränkung ist dem Verbraucher freilich offensichtlich nicht gedient; denn sie betrifft nur den ganz außergewöhnlichen Fall, dass schon eine Beweisaufnahme stattgefunden hat (vgl. § 309 Nr. 3 Rz. 4). So konnten die älteren BGH-Entscheidungen nicht als Wegweiser für eine interessengerechte Lösung fungieren zumal im Verhältnis zu Verbrauchern; vielmehr beschränkten sie sich darauf, das Gebot von Treu und Glauben auf exzeptionelle Sachlagen anzuwenden.

1 BGH v. 8.11.1974 – V ZR 36/73, BGHZ 63, 238 (239) = NJW 1975, 165 (166). 2 BGH v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, BB 1995, 1054. 3 BGH v. 9.2.1960 – VIII ZR 53/59, NJW 1960, 859; ähnlich BGH v. 16.6.1976 – VIII ZR 33/75, WM 1976, 1018 = BB 1976, 1289.

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Leistungsverweigerungsrechte

§ 309 Nr. 2 BGB

III. EG-Richtlinie 93/13/EWG Anhang. Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass o) der Verbraucher allen seinen Verpflichtungen nachkommen muss, obwohl der Gewerbetreibende seine Verpflichtungen nicht erfüllt;

3

1. Inhalt der Vorschrift Unmittelbar verbietet Nr. 1 lit. o lediglich eine Klausel, die dem Verbraucher die volle Leistungspflicht auferlegt, ohne dass dieser irgendetwas empfangen hat. Das allein kann aber kaum gemeint sein, zumal der Verbraucher auch dann noch vorleistungspflichtig wäre, wenn der Unternehmer schon teilweise geleistet hat, gleichwohl aber die volle Gegenleistung verlangen könnte. Während § 309 Nr. 2 klar das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts des Kunden voraussetzt (Rz. 6 f.), dessen Einschränkung er verbietet, ist bei dem Klauselverbot der Nr. 1 o undeutlich, ob ein solches Zurückbehaltungsrecht des Verbrauchers, und womöglich sogar ein Rücktrittsrecht, durch diese Vorschrift erst geschaffen wird, um sodann seinen Ausschluss für den Fall der Nichterfüllung zu untersagen4. Für das deutsche Recht kann diese Frage – wegen §§ 273, 320 – freilich dahinstehen. Die Vorschrift unterscheidet sodann zwar nicht zwischen konnexen und inkonnexen Gegenforderungen; ihrem Sinn nach geht es aber wohl nur um Ansprüche aus demselben Vertragsverhältnis. Die Verbraucherpflichten sind in aller Regel Zahlungspflichten, die Verwenderpflichten dagegen unterschiedlicher Art, so dass das Klauselverbot für alle Fälle eingreift, in denen diese Pflichten entweder gar nicht oder nicht in der nach dem Inhalt des Vertrages geschuldeten Weise, unvollständig, verspätet oder mangelhaft erfüllt werden. Der Begriff der Nichterfüllung umfasst demnach alle Formen der Leistungsstörungen, einschließlich der mangelhaften Erfüllung5. Der Verbraucher muss in diesen Fällen seine Leistung also jeweils zurückhalten können, ohne dass die Vorschrift allerdings das Problem der qualitativen oder quantitativen Teilleistung des Verwenders hier in irgendeiner Weise thematisiert. Die Frage, ob der Verbraucher seine gesamte Leistung zurückhalten kann, wenn die Gegenleistung wenigstens teilweise erfüllt wurde, bleibt somit dem einzelstaatlichen Recht überlassen (vgl. §§ 320 Abs. 2, 641 Abs. 3, vgl. Rz. 11). Eine andere Frage ist, ob Nr. 1 lit. o wegen seiner pauschalen Formulierung auch formularmäßig auferlegte Vorleistungspflichten verbietet; Hensen hat dies bis zur 10. Aufl. noch generell verneint (dort Rz. 22); und in der Tat wird man die flexiblere Inhaltskontrolle nach § 307 mit den Richtlinienanforderungen im Ergebnis noch für vereinbar halten können, zumal danach eine Vorleistungspflicht des Verbrauchers nur ausnahmsweise bei Vorliegen sachlicher Gründe in Betracht kommt (Rz. 16 ff.).

3a

Die Sicherung der Kundenrechte bei nicht vertragsgerechter Erfüllung der Verwenderpflichten ist auch Gegenstand der Nr. 1 lit. b; diese Bestimmung wird bei § 309 Nr. 3 und § 309 Nr. 8 behandelt.

4

4 Vgl. Wolf RL Anh. Rz. 129; zweifelnd, ob das Rücktrittsrecht erfasst werde, Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 43. 5 So auch Wolf RL Anh. Rz. 130 f.

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§ 309 Nr. 2 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

2. Umsetzung in das deutsche Recht 5 Das AGB-Recht sichert den in Nr. 1 lit. o enthaltenen Rechtsgedanken, dass die gegenseitigen Leistungspflichten grundsätzlich Zug um Zug zu erfüllen sind, mit der Bestimmung des § 309 Nr. 2. Das weit gefasste Verbot der Richtlinie, den Kunden zu entrechten, wird außerdem von § 309 Nr. 8a in Fällen gänzlicher oder teilweiser Nichterfüllung sowie von § 309 Nr. 8b, der dem Käufer und dem Besteller von Werkleistungen in Fällen schlechter Leistung die gesetzlichen Erfüllungsansprüche nahezu vollständig erhält, wesentlich präziser geregelt.

IV. Inhalt der Vorschrift 1. Begriff des „Zurückbehaltungsrechts“ in § 309 Nr. 2 6 Das Leistungsverweigerungsrecht des § 320 stellt einen Sonderfall des allgemeinen Zurückbehaltungsrechts aus § 273 dar6. Folglich ist die Überschrift „Leistungsverweigerungsrechte“ für § 309 Nr. 2 nicht besonders glücklich gewählt. Heißt es in AGB, dass dem Kunden „kein Zurückbehaltungsrecht“ zustehe, so ist damit in der Regel sowohl das Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 als auch das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 gemeint (§ 305c Abs. 2). Unbeachtlich ist deshalb der Verteidigungseinwand, dass das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 durch die AGB nicht ausgeschlossen sei, weil „nur“ von einem „Zurückbehaltungsrecht“ die Rede sei7. 7 § 309 Nr. 2b erwähnt zwar nicht ausdrücklich das Zurückbehaltungsrecht des § 273 (anders als § 309 Nr. 2a in Bezug auf § 320); gleichwohl bezieht es sich nicht auch auf das Zurückbehaltungsrecht des Besitzers gegen den Eigentümer wegen zu ersetzender Verwendungen nach § 10008. Ebenso wenig ist das Leistungsverweigerungsrecht der §§ 1160, 1161 betroffen. Da § 348 auf § 320 verweist, fällt dieses Zurückbehaltungsrecht aber unter § 309 Nr. 29. Die Einrede der Aufrechenbarkeit gibt kein Zurückbehaltungsrecht i.S.d. § 309 Nr. 210.

2. § 309 Nr. 2a 8 § 309 Nr. 2a meint die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden (Haupt-)Leistungen der Vertragspartner. Der mit der Schuldrechtsreform dem Käufer bzw. Werkbesteller zuerkannte Anspruch auf Nacherfüllung ist unter § 309 Nr. 2a einzuordnen und darf in keiner Weise beschnitten werden, auch nicht (in Anlehnung an § 309 Nr. 3) durch eine Klausel, die den Anspruch auf Nacherfüllung – ausdrücklich oder verschleiert – davon abhängig macht, dass er unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sei11. Dasselbe lässt sich schon aus § 309 Nr. 2b herlei-

6 Vgl. nur Palandt/Grüneberg § 320 Rz. 1. 7 BGH v. 31.3.2005 – VII ZR 180/04, WM 2005, 1378; Palandt/Grüneberg § 320 Rz. 3; a.A. OLG Düsseldorf v. 21.10.1997 – 24 U 223/96, NJW-RR 1998, 587 = MDR 1998, 588. 8 MünchKomm/Wurmnest Rz. 17. 9 BGH v. 21.3.1980 – V ZR 72/78, NJW 1980, 1631; Palandt/Grüneberg § 348 Rz. 1; MünchKomm/Wurmnest Rz. 8. 10 BGH v. 19.9.1985 – III ZR 214/83, BGHZ 95, 350 = NJW 1986, 43 (45). 11 So zutr. von Westphalen NJW 2002, 12 (20).

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Leistungsverweigerungsrechte

§ 309 Nr. 2 BGB

ten, wonach das Zurückbehaltungsrecht nicht davon abhängig gemacht werden darf, dass der Verwender Mängel anerkannt hat.

3. § 309 Nr. 2b Das dem Kunden durch § 309 Nr. 2b garantierte Zurückbehaltungsrecht ist auf seine fälligen Ansprüche gegen den Verwender aus demselben Vertragsverhältnis beschränkt. Weil die Konnexität von Ansprüchen, also „dasselbe rechtliche Verhältnis“ i.S.v. § 273, durch die Rechtsprechung teilweise sehr weit ausgedehnt wurde, erschien es dem Gesetzgeber überzogen, den Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten des anderen Vertragspartners in AGB generell zu verbieten12. So sind frühere oder andere Geschäfte aus laufender Geschäftsverbindung von der Vorschrift des § 309 Nr. 2b nicht betroffen. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts aus § 273 kann nach dessen Abs. 3 Satz 1 durch Sicherheitsleistung abgewendet werden. Das ist freilich in der Praxis weithin unbekannt und hat deshalb im Rechtsalltag bislang keine Rolle gespielt.

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4. Unzulässige Beschränkung der Rechte aus §§ 320, 273 § 309 Nr. 2 setzt den Bestand eines Zurückbehaltungs- oder Leistungsverweigerungsrechts voraus (Recht, „das dem Vertragspartner … zusteht“) und ähnelt insoweit der Bestimmung des § 309 Nr. 5, die davon ausgeht, dass der Verwender einen Anspruch auf Schadensersatz oder Wertminderung hat (§ 309 Nr. 5 Rz. 17 ff.). Die in § 320 Abs. 2 aufgeführten Umstände oder andere Formen unzulässiger Rechtsausübung beseitigen das Zurückbehaltungsrecht, sofern eine AGB-Klausel diese gesetzlichen Einschränkungen – unnötigerweise – wiederholt, ist das folglich unschädlich und führt nicht zu deren Unwirksamkeit.

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Nicht nur der Ausschluss, sondern auch die Einschränkung des Leistungsver- 11 weigerungs- bzw. Zurückbehaltungsrechts ist unzulässig. Weil der andere Vertragsteil – der Kunde – ganz überwiegend geltend machen wird, die gelieferte Sache oder die Leistung des Verwenders seien nicht vertragsgerecht, stellt § 309 Nr. 2b diesen häufigen Fall besonders heraus: Eine Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts bewirkt eine Klausel, wonach der Kunde nur wegen anerkannter Mängel zurückhalten dürfe; sie ist – wie aus dem Wortlaut des § 309 Nr. 2b folgt – unwirksam13. Dasselbe gilt für Klauseln, nach denen der Kaufpreis auch bei Mangelhaftigkeit der Leistung zahlbar ist oder eine Schecksperre für den Fall einer Fehllieferung untersagt wird14. Das Zurückbehaltungsrecht wird eingeschränkt, wenn der Kunde nach der Mängelrüge nur die voraussichtlichen Kosten der Mangelbeseitigung oder „maximal 10% des Preises des reklamierten Geräts“ einbehalten darf. Nach § 641 Abs. 3 darf er mindestens den doppelten Aufwand zurückhalten. Die Verpflichtung, Mängel schriftlich anzuzeigen, schränkt das Zurückbehaltungsrecht zwar ein, muss aber als zulässig angesehen werden, wie aus § 309 Nr. 13 folgt15. Wird das Zurückbehaltungsrecht ausdrücklich für den 12 RegE S. 28. 13 Vgl. auch BGH v. 14.5.1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 108, 229 = NJW 1992, 2160 unter III 3c. 14 BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 857. 15 Zust. Bamberger/Roth/Becker Rz. 4. Hierfür spricht auch die Entscheidung des BGH v. 10.2.1999 – IV ZR 324/97, in NJW 1999, 1633 zur Zulässigkeit von AGB, die für Kunden-

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Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

Fall von Meinungsverschiedenheiten über Ansprüche des Kunden gegeben, so leitet der BGH aus der für den Kunden ungünstigsten Auslegung her, dass die Zurückbehaltung nicht erlaubt sei, falls die Kundenansprüche außer Streit stehen, was die Klausel insgesamt unwirksam mache16. Nicht als Beschränkung des Verweigerungsrechts aus § 320 hat der BGH die formularmäßige Vereinbarung einer Abbuchungsklausel in einem Tankstellenverwaltervertrag gewertet17. Dem Tankstellenverwalter (Kläger) werde hierdurch nicht in für § 309 Nr. 2 relevanter Weise die Möglichkeit genommen, bei Lieferung mangelhafter Shopware von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen. Denn die Verwenderin sei hinsichtlich der Shopware nicht zur Vorleistung verpflichtet gewesen, weshalb sie deren Lieferung gemäß § 320 wirksam von der Zahlung habe abhängig machen können; im Falle einer mangelhaften Lieferung sei der Tankstellenverwalter auf die Rechte aus §§ 434 ff. beschränkt18.

5. Abgrenzung zur Vorleistungspflicht 12

Das KG19 hat die Klausel „Teillieferung und Teilabrechnung sind zulässig“ als Verstoß gegen § 309 Nr. 2a gewertet, weil die uneingeschränkte Zulässigkeit von Teillieferungen nebst Berechtigung zur Teilabrechnung zu Lasten des Käufers Verzugsfolgen auszulösen drohe, ohne dass dieser sein Interesse an der Zurückhaltung des Kaufpreises bis zur Gesamtlieferung geltend machen könne. Das sei eine substantielle Beschränkung des Rechts aus § 320. Ähnlich hatte zuvor das OLG Stuttgart eine Klausel beurteilt, mit der sich der Verkäufer ausbedingt, dass der Kunde bereits auf Teillieferungen zu zahlen habe20. Auf der gleichen Linie liegt schließlich ein Urteil des BGH, der die Pflicht zum Nachweis einer unwiderruflichen Zahlungsgarantie einer Bank in Bauverträgen unter § 11 Nr. 2 AGBG subsumiert hat21. Hensen hat bis zur 10. Aufl. (Rz. 10) an dieser Rechtsprechung kritisiert, dass sie die Grenze zwischen dem Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts und der Begründung von Vorleistungspflichten verwische. Solange der Kunde nicht gezwungen werden solle, auch mangelhafte Ware zu bezahlen (was als klarer Ausschluss der Einrede aus § 320 zu werten sei), komme „nur“ eine Kontrolle der Vorleistungsklausel nach § 307 in Frage (dazu Rz. 13); denn hier werde nicht ein Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen, sondern eine Vorleistungspflicht begründet. Das ist zwar im Ansatz nicht von der Hand zu weisen; jedoch hat es sich in den entschiedenen Fällen gerade um solche gehandelt, in denen die Vorleistungspflicht sachlich nicht gerechtfertigt war. Im Ergebnis ist den Entscheidungen daher zuzustimmen, und zwar unabhängig davon, ob Vorleistungspflichten in Verbraucherverträgen durch die Klauselrichtlinie grundsätzlich verboten werden (dazu sogleich Rz. 13).

16 17 18 19 20 21

anzeigen im Versicherungsverhältnis Schriftlichkeit verlangen. A.A. Palandt/Grüneberg Rz. 12; Wolf/Dammann Rz. 41 und 57; Erman/Roloff Rz. 20. BGH v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, BB 1995, 1054. BGH v. 14.10.2009 – VIII ZR 96/07, BB 2010, 205 (206) Rz. 12. Im Ergebnis hat der BGH die Verpflichtung zur Teilnahme am Abbuchungsauftragsverfahren als solche aber nach § 307 als unwirksam beurteilt, BGH v. 14.10.2009 – VIII ZR 96/07, BB 2010, 205 (206) Rz. 13 ff. KG v. 25.1.2008 – 5 W 344/07, GRUR-RR 2008, 308–310 = BB 2008, 341, nur Leitsatz. OLG Stuttgart v. 22.3.1996 – 2 U 226/95, VuR 1996, 277. BGH v. 16.9.1993 – VII ZR 206/92, NJW 1993, 3264.

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Leistungsverweigerungsrechte

§ 309 Nr. 2 BGB

6. Inhaltskontrolle von Vorleistungsklauseln (nur) nach § 307? Wenn der Vertragspartner des Verwenders vorleisten muss, hat er nach § 320 kein Leistungsverweigerungsrecht, und er hat auch kein Zurückbehaltungsrecht nach § 273, weil sich aus dem Schuldverhältnis „ein anderes ergibt“. Die Bestimmung des § 309 Nr. 2 erfasst das Zurückbehaltungsrecht nur, sofern es besteht, und verbietet Vorleistungsklauseln nicht. Ob sie Bestand haben, ist anhand des § 307 Abs. 1 zu prüfen, was einen etwas flexibleren Maßstab erlaubt. Das ist allerdings im Schrifttum umstritten22. Der in diesem Kommentar bis zur 10. Aufl. von Hensen vertretene Standpunkt kann sich zunächst auf die Entstehungsgeschichte des AGBG stützen: Weil mit der Begründung von Vorleistungspflichten der von §§ 320, 273 bezweckte wichtige Schutz des Vertragspartners unterlaufen werden kann, prüfte eine beim BMJ gebildete Arbeitsgruppe, ob formularmäßige Vereinbarungen von Vorleistungspflichten generell zu verbieten seien23. Sie hat jedoch ein solches Verbot für verfehlt gehalten, weil mit Vorleistungsklauseln im Rechtsverkehr zwischen Verwender und Nichtkaufmann kein Missbrauch getrieben worden war und weil für die Vorkasse des Kunden mitunter gute sachliche Gründe sprechen, die aus der Natur des Schuldverhältnisses herzuleiten sind, und zwar regelmäßig aus dem Risiko des Verwenders, das Entgelt zu erhalten, mitunter auch aus vom Verwender erbrachten erheblichen Vorleistungen24. Um wirksam zu sein, müsse die Vorleistungsklausel freilich ausnahmslos sachlich gerechtfertigt sein25. § 309 Nr. 2 begründe keinen Wertungswiderspruch26, sondern greife eben von vornherein nur ein, sofern der Kunde – wie es in § 320 Abs. 1 Satz 1 heißt – nicht wirksam „vorzuleisten verpflichtet ist“. Ferner setze § 309 Nr. 8b dd die Zulässigkeit von Vorleistungsklauseln voraus. Nicht zu verfangen vermöge schließlich die Rede von – angeblich – „außergewöhnlich starker Leitbildfunktion des § 320 BGB“27.

13

In der Sache sind diese Argumente vollauf überzeugend; gleichwohl bleiben ge- 14 wisse Zweifel, ob sie gerade in Verbraucherverträgen Bestand haben können. Denn die feinsinnige Unterscheidung zwischen einer (formularmäßig auferlegten) Vorleistungspflicht und der Abbedingung eines Leistungsverweigerungsrechts prallt an der pauschalen Formulierung des Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 lit. o RL gleichsam ab; diese verbietet jede Klausel, die im Ergebnis dazu führen kann, dass der Verbraucher leisten muss, obwohl der Unternehmer noch nicht erfüllt hat, und erfasst somit ohne weiteres auch formularmäßige Vorleistungspflichten (Rz. 3). Andererseits hat die Rechtsprechung (Rz. 15 ff.), vor allem in Verbraucherverträgen, schon seit langem Vorleistungsklauseln grundsätzlich als unwirksam behandelt, sofern sie nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt waren. Deshalb wird man mit Hensen die – wenigen – Fälle, in denen Vorleistungspflichten wegen der besonderen Natur des Vertrages sub specie § 307 als wirksam anzuerkennen sind, auch unter dem Aspekt der sehr weit gefassten Richtlinien22 Wie hier Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 7; Wolf/Dammann Rz. 11; Erman/Roloff Rz. 21; a.A. Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 2 AGBG Rz. 13; Tonner DB 1980, 1629 und NJW 1985, 111; Weitnauer BauR 1978, 77. Nach MünchKomm/Wurmnest Rz. 12 ist § 309 Nr. 2a restriktiv zu interpretieren; vgl. auch Bamberger/Roth/Becker Rz. 8. 23 Teilbericht I S. 67. 24 So zutr. Soergel/Stein § 11 Nr. 2 AGBG Rz. 18. 25 BGH v. 24.9.2002 – KZR 38/99, NJW-RR 2003, 834 = WM 2003, 2012 unter II 2a). 26 So aber MünchKomm/Wurmnest Rz. 11; vgl. auch Hart/Joerges in Walz, Sozialwissenschaften im Zivilrecht, 1983, S. 116. 27 So Zoller Vorleistungspflicht und AGB-Gesetz, 1986, S. 120, 131.

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§ 309 Nr. 2 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

bestimmung aufrechterhalten können. Denn in der Regel sind vorformulierte Vorleistungspflichten auch nach § 307 ausgeschlossen (Rz. 16 ff.). 15

Die Rechtsprechung des BGH zur rechtlichen Einordnung von Vorleistungsklauseln war nicht einheitlich. Allein der VIII. Zivilsenat folgte von Anfang an der hier von Hensen bis zur 10. Aufl. vertretenen Auffassung, dass die „Wirksamkeit einer Vorleistungsklausel nur nach § 9 (AGBG, jetzt § 307) entschieden werden könne“28. Der VII. Senat wandte einmal § 7 AGBG und § 11 Nr. 2 AGBG nebeneinander an, ein anderes Mal nur § 11 Nr. 2 AGBG29; er sprach von einem „dem Besteller zustehenden Leistungsverweigerungsrecht“, setzte dessen Bestehen also schlicht voraus. Erst im Reisevertragsurteil hob dieser Senat grundsätzlich auf § 9 AGBG ab und stellte heraus, dass § 11 Nr. 2 i.V.m. § 7 AGBG nur dann zur Anwendung komme, wenn die Vorleistungspflicht des Kunden zu dem Zweck begründet worden sei, das Klauselverbot zu umgehen30. Nach Ansicht des III. Senats sollte – wenn nicht §§ 7, 11 Nr. 2 AGBG einschlägig seien – „jedenfalls“ § 9 AGBG zur Anwendung kommen31.

7. Zur Einzelbeurteilung von Vorleistungsklauseln 16

Die im Geschäftsleben geforderten Vorleistungen stützen sich häufig gar nicht auf AGB, sondern entsprechen bloßer Übung, so beim Erwerb aller Eintrittsund Fahrkarten sowie bei der Zahlung des Portos für Briefe und Pakete, des Öfteren im Gewerbe der Textilreinigung und bei Schuhreparaturen. Hier ist für eine Inhaltskontrolle also gar kein Raum. Soweit in AGB Vorleistungen ausbedungen werden, sind die Klauseln im Verkehr zwischen Unternehmern an § 307, in Verbraucherverträgen aber in richtlinienkonformer Auslegung an § 309 Nr. 2 zu messen. Soweit es sub specie § 307 auf eine Interessenabwägung ankommt, stehen dem schützenswerten Interesse des Verwenders, eigene erhebliche Aufwendungen vor Beginn der vertraglichen Leistungen abzusichern, die Interessen seines Kunden gegenüber, ein Druckmittel zur Bewirkung der Leistung und ein Sicherungsmittel bei Schlechtleistung in der Hand zu haben32. Bewirken die festgelegten Zahlungsdaten praktisch die volle Vorleistung33, so wird die Wirk-

28 BGH v. 21.12.1984 – V ZR 204/83, NJW 1985, 850 unter III 2a bb. Dazu Paulusch WM 1986, Sonderbeil. Nr. 10, S. 21. BGH v. 8.7.1998 – VIII ZR 1/98, BGHZ 139, 190 = NJW 1998, 3119 unter II 2b sowie BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108 = NJW 1999, 2180 unter II 3; zuletzt BGH v. 20.6.2006 – X ZR 59/05, NJW 2006, 3134 (zu Anzahlungsklauseln im Reiserecht). 29 BGH v. 11.10.1984 – VII ZR 248/83, NJW 1985, 852; BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855; BGH v. 16.9.1993 – VII ZR 206/92, NJW 1993, 3264 m. Anm. Hensen EWiR 1994, 5. 30 BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 158 = NJW 1987, 1931; sodann BGH v. 9.7.1992 – VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152 = NJW 1992, 3158 unter XII 2c; BGH v. 7.6.2001 – VII ZR 420/00, BGHZ 148, 85 = NJW 2002, 140; so auch II. Senat BGH v. 21.4.1986 – II ZR 126/85, NJW-RR 1986, 959; zuletzt BGH v. 20.6.2006 – X ZR 59/05, NJW 2006, 3134. 31 BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816; BGH v. 10.7.1986 – III ZR 19/85, NJW 1986, 3199. 32 BGH v. 23.5.1984 – VIII ZR 27/83, NJW 1985, 850; BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108 = NJW 1999, 2180 unter II 2. 33 Dazu z.B. der Fall eines Schneebeseitigungsvertrages KG v. 10.5.1994 – 5 U 3166/93, NJW-RR 1994, 1266.

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Leistungsverweigerungsrechte

§ 309 Nr. 2 BGB

samkeit solcher Klauseln nicht überzeugend zu begründen sein34. Die früher verbreitete, mittlerweile seltene Nachnahme führt zur Zahlung des Kunden, und zwar regelmäßig ohne dass er die Vertragsmäßigkeit der Ware prüfen kann. Somit scheitern AGB, die zur Erhebung von Nachnahme berechtigen sollen, an § 307 Abs. 1, einerlei wie hoch die ausbedungene Vorkasse ist35. Für die Anzahlung auf Kaufsachen besteht kein schützenswertes Interesse des 17 Verwenders, sofern die Zahlungen über ganz geringe Beträge, die lediglich die Ernsthaftigkeit des Kaufentschlusses belegen, hinausgehen36. Der seriöse Möbelhandel verzichtet heute auf jede Anzahlung. Bei eBay-Kaufverträgen ist hingegen eine Vorleistungspflicht mit dem Argument gerechtfertigt worden, dass der Käufer der Gefahr einer Nichtlieferung trotz Bezahlung ebenso ausgesetzt sei wie der Verkäufer der Gefahr der Nichtbezahlung trotz Lieferung, zumal eine Zug-um-Zug-Erfüllung bei solchen Verträgen naturgemäß ausgeschlossen sei. Die Möglichkeit betrügerischen Handelns sei auf Seiten des Käufers nicht geringer als auf Seiten des Verkäufers. Zudem habe der Verkäufer durch Beschaffung, Verpackung und Versand einen erheblichen Aufwand37. In der Tat lässt es sich nicht rechtfertigen, den Verkäufer zur Vorleistung verpflichten, wo eine Zugum-Zug-Erfüllung ausscheidet; das gilt naturgemäß auch bei anderen Verträgen im Fernabsatz38. Die früher übliche Ersetzung der gesetzlichen Vorleistungspflicht des Vermieters (§ 551 a.F.) durch eine solche des Mieters war keineswegs als anstößig empfunden worden, insbesondere nicht für die Wohnraummiete39. Seit dem 1.9.2001 ist sie sogar gesetzlich verankert (§ 556 Abs. 1). Bei der Miete von Kraftfahrzeugen muss der Kunde regelmäßig Sicherheit leisten. Überzeugende Gründe, Vorkasse in Reiseverträgen zu untersagen, gibt es nicht. Dabei kann die vom BGH allgemein zugelassene Anzahlung von bis zu 10%40 als Richtschnur für sämtliche Geschäftsbereiche gelten, ohne dass daneben ein absoluter Höchstbetrag festzusetzen ist41. Der Heiratsvermittler darf Vorkasse verlangen42 und ebenso jedweder Versteigerer43. Abschlagszahlungen auf den Werklohn können je nach dem Baufortschritt gefordert werden, wenn dem Kunden der Ver-

34 So BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108 = NJW 1999, 2180 unter II 2 für den Möbelhandel. 35 BGH v. 8.7.1998 – VIII ZR 1/98, BGHZ 139, 190 = NJW 1998, 3119 ließ die Nachnahmeklausel allerdings an § 11 Nr. 3 AGBG scheitern (dazu § 309 Nr. 3 Rz. 9); auch in BGH v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108 = NJW 1999, 2180 unter II 2 griff der BGH erst in zweiter Linie auf § 9 AGBG zurück; für die grundsätzliche Zulässigkeit von Nachnahmeklauseln Schlosser/Coester-Waltjen § 11 Nr. 3 AGBG Rz. 9. 36 OLG Dresden v. 14.5.1998 – 21 U 3679/97, EWiR 1998, 915: „Sicherheitsanzahlung“ von 20% im Möbelhandel unwirksam. 37 OLG Hamburg v. 13.11.2006 – 5 W 162/06, NJW 2007, 2264 (2666). 38 Ähnlich auch die Argumentation bei BGH v. 14.10.2009 – VIII ZR 96/07, BB 2010, 205 (206) Rz. 12, dazu schon oben Rz. 11. 39 BGH v. 26.10.1994 – VIII ARZ 3/94, NJW 1995, 254. 40 BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 = NJW 1987, 1931; BGH v. 9.7.1992 – VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152 = NJW 1992, 3158 unter XII 2b; großzügiger in Hinblick auf die Vorschrift des § 651k Abs. 1 BGH v. 20.6.2006 – X ZR 59/05, NJW 2006, 3134 mit krit. Anm. Staudinger (20% Anzahlung zulässig, sofern Sicherungsschein erteilt wird). 41 So aber Bamberger/Roth/Becker Rz. 13: maximal 100 Euro. 42 BGH v. 25.5.1983 – IVa ZR 182/81, BGHZ 87, 309 (318) = NJW 1983, 2817 (2819); BGH v. 4.12.1985 – IVa ZR 75/84, NJW 1986, 927. 43 BGH v. 23.5.1984 – VIII ZR 27/83, NJW 1985, 850; BGH v. 19.12.1984 – VIII ZR 286/83, ZIP 1985, 550 = DB 1985, 1584.

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Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

mögensvorteil zuwächst, wie es beim Bauen auf eigenem Grundstück der Fall ist44. Daneben muss dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt sein, die Vertragsmäßigkeit der Bau- oder Montageleistung zu prüfen45. Der Bauträger kann keine vollständige Vorleistung des Kaufpreises verlangen46. Auch wenn der Unternehmer bei der Spezialanfertigung etwa von Jalousien und Markisen durch eine geringfügige Anzahlung und seinen Eigentumsvorbehalt nicht umfassend geschützt ist – die Stücke lassen sich nur in Ausnahmefällen anderenorts einbauen –, kann er zu seiner Sicherheit Auskünfte über den Besteller einholen, bevor er die bestellten Stücke fertigt47. Unwiderrufliche Überweisungsaufträge für den Abruf von Raten des Hausbaupreises sind nach § 307 ebenso unzulässig wie ein von Gegenansprüchen des Kunden unabhängiger Abruf der Raten auf Grund einer Bankgarantie48, desgleichen die Fälligstellung von 90% der Rechnungssumme bei Anlieferung neuer Fenster und Türen49. Auch ist es unzulässig, in einem finanzierten Fertighausvertrag 90% des Werklohns 14 Tage nach der Rohmontage des Hauses fällig zu stellen50 oder in Bauverträgen die Fälligkeit der Abschlagszahlungen lediglich vom Bautenstandsbericht des Bauunternehmers abhängig zu machen51. 18

Die Forderung nach Zahlung der Reparaturkosten vor Besichtigung und Erprobung der reparierten Sache verstößt eindeutig gegen § 307, ebenso der Anspruch auf „ein Drittel Kaufpreis nach Auftragsbestätigung“ beim Verkauf nicht individuell gefertigter Bausätze für Kamine52. Umzugsverträge können nicht wirksam volle Vorkasse vor Ende des Umzugs vorsehen. Die Klausel eines Schlüsseldienstes, nach der seine Rechnungsbeträge „sofort ohne Garantienachweis“ zu bezahlen seien, kann eine nach § 307 unwirksame Vorleistungspflicht bedeuten53. Unwirksam sind Klauseln in Kreditverträgen, die Tilgungsverpflichtungen vor Auszahlung des Kredits vorsehen54. Inkassounternehmen können ein berechtigtes Interesse an einer formularmäßigen Vorleistungspflicht nicht belegen, auch nicht auf Vorschuss55. Für Zeitschriften und Zeitungen wird gelegentlich Vorauszahlung (meist im Einzugsverfahren) für bis zu sechs Monate verlangt; in-

44 Dieser Rechtsgedanke liegt der seit dem Jahre 2000 geltenden Bestimmung des § 632a zugrunde, die als AGB-fest zu gelten hat. 45 OLG Schleswig v. 9.3.1994 – 9 U 116/93, BauR 1994, 513 für den Fall der Lieferung eines Treppengeländers und einer Vorleistungsklausel i.H.v. 70% des Werklohns. 46 BGH v. 7.6.2001 – VII ZR 420/00, BGHZ 148, 85 = NJW 2002, 140 mit krit. Anm. Vogel EWiR 2001, 1075; vgl. ferner LG Duisburg v. 18.10.2012 – 8 O 227/10, NJW-RR 2013, 595: Klausel, die Erwerber verpflichtet, den restlichen Werklohn nach Abnahme des Werks ohne Rücksicht auf Mängel bis zur gerichtlichen Klärung auf ein Notaranderkonto einzuzahlen, ist unwirksam. 47 So auch Wolf, 4. Aufl. 1999, § 9 AGBG Rz. V 84. 48 BGH v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816; BGH v. 21.4.1986 – II ZR 126/85, WM 1986, 784 = NJW-RR 1986, 959. 49 BGH v. 6.12.1984 – VII ZR 227/83, NJW 1985, 855; OLG Köln v. 21.1.1992 – 9 U 78/91, NJW-RR 1992, 1047: sogar 95%. 50 BGH v. 10.7.1986 – III ZR 19/85, NJW 1986, 3199 = EWiR 1986, 843 (von Westphalen). 51 BGH v. 21.4.1986 – II ZR 126/85, NJW-RR 1986, 959. Zu Vorleistungsklauseln in Bauträgerverträgen näher Teil 2, (11) Bauträgerverträge Rz. 4. 52 OLG Stuttgart v. 13.11.1987 – 2 U 59/87, BB 1987, 2394. 53 LG Frankfurt/M. v. 16.12.1986 – 2/13 O 335/86, NJW-RR 1987, 1003. 54 Hadding Gutachten zum 53. DJT 1980, S. 341. Näheres zu Vorleistungsklauseln in Kreditverträgen bei Reifner NJW 1989, 952 (960 ff.). 55 Insoweit a.A. von Westphalen BB 1994, 1721 (1722).

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Leistungsverweigerungsrechte

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dessen sind allenfalls drei Monate angesichts der überwiegend üblichen Vertragslaufzeiten hinnehmbar. Erst recht ist eine Klausel über die Vorauszahlung der „Jahresinvestition“ für die Teilnahme an einem Wirtschaftsinformationsdienst unwirksam56. Dass die ausbedungene Vorauszahlung des Jahresentgelts für einen abonnierten Tennisplatz nicht zu beanstanden sei57, ist nicht einzusehen; der Club ist mit vierteljährlichem Einzug gewiss nicht überfordert. Steuerberater können ebenso wenig Vorauszahlung der Vergütung fordern wie Bestattungsunternehmer, wenn die Erben Auftraggeber sind58. Zur Vorkasse bei Fahrschulen vgl. 10. Aufl. (Hensen), Anh. § 310 Rz. 336, zur Vorauszahlungspflicht in Krankenhäusern vgl. Teil 2, (28) Krankenhausverträge Rz. 2 und zur Zulässigkeit maßvoller Vorauszahlung in Wartungsverträgen Teil 2, (61) Wartungsverträge Rz. 3.

8. Sonstiges Eine Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts enthält § 556b (zuvor § 552). Da die Zurückbehaltung mit einer auf Zahlung gerichteten Gegenforderung wie eine Aufrechnung wirkt59, ist zu beachten, dass § 309 Nr. 3 das formularmäßige Aufrechnungsverbot grundsätzlich zulässt. Das ist allerdings streitig; vgl. unten § 309 Nr. 3 Rz. 6 f. Hat ein Verwender bestimmt, dass der Kunde seinen Nacherfüllungsanspruch erst nach der Zahlung des vollen oder eines verhältnismäßig zu hohen Entgelts geltend machen könne, steht dieser Art von Vorleistungsklausel § 309 Nr. 8b dd entgegen. Die Wandlung einer Vorleistungspflicht in ein Leistungsverweigerungsrechts nach § 321 ist mit dessen Neufassung durch das SMG sinnvollerweise erleichtert worden, wie es hier bereits seit längerem vertreten worden war60.

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V. Verträge mit Unternehmern Branchen, die sowohl mit Unternehmern wie mit Verbrauchern Verträge abschließen, haben in ihren seit April 1977 geltenden AGB auch für den ersteren Bereich den Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts häufig nicht mehr vorgesehen, so z.B. der Kraftfahrzeughandel in seinen Verkaufsbedingungen für Neuwagen. Im „reinen“ Geschäftsverkehr der Unternehmer untereinander sind Vorleistungsklauseln wie z.B. „Kasse gegen Rechnung“ oder „Kasse gegen Verladepapiere“61 an der Tagesordnung. Gegen den formularmäßigen Ausschluss des Leistungsverweigerungsrechts und erst recht des Zurückbehaltungsrechts bestehen grundsätzlich im Anschluss an die frühere Rechtsprechung des BGH62 und eine neuere

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LG Aachen v. 7.7.1993 – 7 S 74/93, NJW-RR 1994, 60. So OLG Düsseldorf v. 7.1.1999 – 10 U 214/97, NJW-RR 1999, 1437. Zu den neuartigen „Vorsorgeverträgen“ oben § 309 Nr. 1 Rz. 43. BGH v. 13.4.1983 – VIII ZR 320/80, NJW 1984, 128; BGH v. 18.4.1989 – X ZR 31/88, ZIP 1989, 783 (784). 60 Vgl. zuletzt 9. Aufl. (Hensen), Anh. §§ 9–11 AGBG Rz. 475 f. 61 BGH v. 23.3.1964 – VIII ZR 287/62, BGHZ 41, 215 = NJW 1964, 1365; BGH v. 21.1.1987 – VIII ZR 26/86, NJW 1987, 2435; BGH v. 20.4.1988 – VIII ZR 1/87, NJW 1988, 2609. 62 BGH v. 16.6.1976 – VIII ZR 33/75, BB 1976, 1289.

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Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

Entscheidung des XII. Senats63 keine Bedenken64. Der Unternehmer als Kunde kann im Regelfall auf die gesonderte Einklagung seiner Gegenrechte verwiesen werden65. Ob für die Verwendung einer Vorleistungsklausel gegenüber einem Unternehmer wie im Geschäftsverkehr mit dem Verbraucher ein sachlich gerechtfertigter Grund erforderlich ist, hat der BGH offen gelassen66; dabei hat er die Angemessenheit der Pflicht zur Vorkasse für Telefonbuch-Anzeigen bereits acht Monate vor Erscheinen als immerhin möglich hingestellt, was allzu verwenderfreundlich erscheint. Insgesamt spricht angesichts der hiermit verbundenen beiderseitigen Interessenabwägung vieles dafür, auch im unternehmerischen Verkehr stets einen sachlichen Grund für die Vorleistungspflicht zu verlangen. 21

Der BGH untersagt allerdings, dass das Zurückbehaltungsrecht im kaufmännischen Verkehr in den Fällen unbestrittener oder rechtskräftig festgestellter Gegenansprüche ausgeschlossen wird, und verlangt die ausdrückliche Ausnahme dieser Fälle im Klauseltext, lässt also eine geltungserhaltende Reduktion der Ausschlussklausel auf jene unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen auch in diesem Bereich nicht zu67. Das ist streng68, zumal sich ein Unternehmer bei unstreitigem oder tituliertem Gegenanspruch kaum von der Zurückhaltung seiner Leistung wird abhalten lassen. Für die Praxis gilt indessen: Wer die BGH-Rechtsprechung bei der Klauselabfassung nicht befolgt, geht das Risiko ein, dass der Gegenseite das Zurückbehaltungsrecht vollen Umfangs zusteht. Auf die Formulierung ist zudem äußerste Sorgfalt zu verwenden. So sieht der BGH in der Klausel eines Versicherungsvertretervertrages, wonach dem Vertreter bei Meinungsverschiedenheiten über dessen Ansprüche ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, einen Ausschluss dieses Rechts im Falle anerkannter oder unbestrittener Ansprüche69.

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Ob sich die Schuldrechtsreform im unternehmerischen Geschäftsverkehr insoweit niederschlägt, als die Lieferung einer mangelhaften Kaufsache als Nichterfüllung anzusehen ist und dem Ausschluss des Leistungsverweigerungsrechts deshalb engere Grenzen zu ziehen sind70, ist generell zu bezweifeln. Die handelsüblichen Vorkasseklauseln sind vom SMG sicherlich nicht angetastet worden. Im Verkehr mit Unternehmern mag es fortan häufiger vorkommen, dass die Berufung auf die – an sich wirksame, also einwandfrei gefasste – Ausschluss63 BGH v. 15.12.2010 – XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 (515): Klausel in Gewerberaummietvertrag, die das Zurückbehaltungsrecht des Mieters wegen Mietmängeln auf unstreitige oder rechtskräftig festgestellte Forderungen beschränkt, ist zulässig. 64 Ebenso Palandt/Grüneberg Rz. 16; MünchKomm/Wurmnest Rz. 21; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 10; Wolf/Dammann Rz. 73 und 78; so auch a.A. noch Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 2 AGBG Rz. 29; BGH v. 16.10.1984 – X ZR 97/83, BGHZ 92, 312 (316) = NJW 1985, 319 (320 a.E.). 65 BGH v. 16.6.1976 – VIII ZR 33/75, WM 1976, 1018. 66 BGH v. 24.9.2002 – KZR 38/99, NJW-RR 2003, 834 = WM 2003, 2012 unter II 2a. 67 BGH v. 31.3.2005 – VII ZR 180/04, NJW-RR 2005, 919 (920) (zu § 9 AGBG); BGH v. 16.10.1984 – X ZR 97/83, BGHZ 92, 312 = NJW 1985, 319; BGH v. 10.10.1991 – III ZR 141/90, BGHZ 115, 324 = NJW 1992, 575 unter 3a bb für den Fall dieser Klausel: „Eine vorgebrachte Mängelrüge hat auf die Erfüllung der vereinbarten Zahlungsbedingungen keinen Einfluss“. Vgl. auch OLG Stuttgart v. 30.8.1991 – 2 U 43/91, NJW-RR 1992, 117. 68 Zust. Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 40 „Kasse“. 69 BGH v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, BB 1995, 1054; dazu oben Rz. 11. 70 So von Westphalen NJW 2002, 12 (20).

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Aufrechnungsverbot

klausel wegen konkreter Umstände des Einzelfalls an § 242 scheitert, wenn nämlich das Beharren auf der Vorleistungspflicht des Kunden wegen nachträglicher, bei der Abwicklung des Vertrages aufgetretener, Umstände eindeutig unangemessen ist71. Auch im kaufmännischen Bereich kann eine vertragliche Ausschlussklausel entgegen dem Leitbild des § 348 nicht das durch den Rücktritt begründete Rückgewährschuldverhältnis ergreifen72, und die Pflicht zur Ankündigung der Zurückbehaltung nach § 556b Abs. 2 kann auch dem Unternehmer als Mieter von Geschäftsräumen auferlegt werden73. Zur Unzulässigkeit von Vorleistungspflichten in den VDMA-Bedingungen siehe 10. Aufl. (Hensen) Anh. § 310 Rz. 881. Der Ausschluss des „Zurückbehaltungsrechts“ hat keinen Einfluss auf das gegenüber § 273 verstärkte kaufmännische Zurückbehaltungsrecht des § 369 HGB, das eine pfandrechtsähnliche Rechtsnatur hat74.

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Nr. 3 Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 3. (Aufrechnungsverbot) eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen; I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG 1. Inhalt der Vorschrift . . . . . . . . . .

2a

2. Umsetzung in das deutsche Recht

2c

III. Inhalt der Vorschrift 1. Unbestrittene und rechtskräftig festgestellte Forderungen . . . . . .

2. Entscheidungsreife Forderungen

4

3. Konnexe Geldforderungen . . . . .

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IV. Sonstiges, insbesondere Nachnahme . . . . . . . . . . . . . . .

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V. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

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VI. Verträge mit Unternehmern . . . .

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3

I. Einleitung Das BGB versteht die Aufrechnung als Erfüllungsersatz und sieht Schranken für die Aufrechnung in §§ 390–395 vor. Solche Aufrechnungsverbote gibt es auch in anderen Gesetzen, etwa in § 19 Abs. 2 GmbHG und in § 66 Abs. 1 AktG. Ein weiter gehender Ausschluss der Aufrechnung ist von der Rechtsprechung für verschiedene Fälle entwickelt worden1. Weil die Aufrechnung dennoch ganz 71 Zust. Wolf/Dammann Rz. 50. Für bloße Ausübungskontrolle gegenüber Unternehmern Lutz AGB-Kontrolle im Handelsverkehr, 1991, S. 115. 72 BGH v. 8.11.1974 – V ZR 36/73, BGHZ 63, 238 = NJW 1975, 165. 73 OLG Hamburg v. 1.10.1997 – 4 U 229/96, MDR 1998, 275 = NJW-RR 1998, 586. 74 Staub/Canaris HGB, 4. Aufl. 2004, §§ 369–372 HGB Rz. 2, 65 ff. 1 Vgl. Palandt/Grüneberg § 387 Rz. 15.

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Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

überwiegend zulässig blieb, ist sie regelmäßig in AGB untersagt worden. Das AGB-Recht setzt dieser rechtsgeschäftlichen Gestaltungsfreiheit mit § 309 Nr. 3 kaum Grenzen. Die EG-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen will der Aufrechnungsbefugnis des Kunden bei Vertragspflichtverletzungen des Verwenders wohl breiteren Raum geben (unten Rz. 2b). 2 Die Vorschrift entspricht dem Vorschlag im Teilbericht I (dort § 8 Nr. 3). Der CDU/CSU-E sah in seinem § 10 vor, dass die Aufrechnung nicht mit solchen Gegenforderungen ausgeschlossen werden könne, die in einem gerichtlichen Verfahren rechtskräftig festgestellt oder die entscheidungsreif seien (vgl. dazu unter Rz. 4), und zwar ohne zwischen dem kaufmännischen und dem nichtkaufmännischen Bereich zu unterscheiden.

II. EG-Richtlinie 93/13/EWG Anhang. Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass b) die Ansprüche des Verbrauchers gegenüber dem Gewerbetreibenden oder einer anderen Partei, einschließlich der Möglichkeit, eine Verbindlichkeit gegenüber dem Gewerbetreibenden durch eine etwaige Forderung gegen ihn auszugleichen, ausgeschlossen oder ungebührlich eingeschränkt werden, wenn der Gewerbetreibende eine der vertraglichen Verpflichtungen ganz oder teilweise nicht erfüllt oder mangelhaft erfüllt;

1. Inhalt der Vorschrift 2a Die schwer verständliche Vorschrift der Nr. 1 lit. b2 befasst sich generell mit Gegenrechten des Verbrauchers bei Vertragspflichtverletzungen des Verwenders und enthält ein weit gehendes Freizeichnungsverbot. Die Existenz der Nr. 1 lit. o zeigt, dass es in Nr. 1 lit. b nicht um Zurückbehaltungsrechte geht (dazu § 309 Nr. 2 Rz. 3 ff.), sondern um Schadensersatzansprüche sowie um Rechte auf Lösung vom Vertrag im Falle von Leistungsstörungen und mangelhafter Vertragserfüllung. Im Anschluss an § 309 Nr. 3 ist hier nur der Einschub zu behandeln, der Beschränkungen der Aufrechnungsbefugnis zum Gegenstand hat. Der Kern der Vorschrift ist § 309 Nr. 7 und 8 zuzuordnen. 2b

Die deutsche Fassung der Richtlinie verwendet erstaunlicherweise den Begriff der Aufrechnung nicht. Da vom Ausgleich einer Verbindlichkeit die Rede ist, wird nicht der Aufrechnungsakt, sondern die Aufrechnungswirkung behandelt. Das ändert in der Sache nichts. Nach Nr. 1 lit. b sind AGB unwirksam, die eine Aufrechnung untersagen oder unangemessen beschränken, sofern der Gewerbetreibende seinen Vertragspflichten nicht nachkommt. Die Richtlinie geht offenbar nicht davon aus, dass die Gegenforderung des Kunden aus einer Vertragspflichtverletzung der Gegenseite entstanden, also konnex, ist; denn sie spricht von einer „etwaigen“ Forderung, was nicht dahin verstanden werden muss, dass die Vertragsverletzung des Verwenders dem Kunden nur möglicherweise eine Gegenforderung an die Hand gegeben hat, sondern dass der Kunde jedwede Gegenforderung zur Aufrechnung nutzen darf. Der Verwender soll hinnehmen müssen, dass er seine (restlichen) vertraglichen Vergütungsansprüche durch Auf2 So mit Recht Heinrichs in FS Reich, 1998, S. 527 (545); Bamberger/Roth/Becker Rz. 18: „verquaste Formulierung“.

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Aufrechnungsverbot

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rechnung einbüßt, falls er nicht vertragsgerecht erfüllt, wobei die Aufrechnungsbefugnis nicht bedingungslos gilt; sie darf nur nicht ungebührlich beschnitten werden. Dieses Adjektiv kehrt auch in Nr. 1 lit. h und q wieder. Ungebührlich ist, was sich nicht vernünftigerweise rechtfertigen lässt, den Vertragspartner rechtlich spürbar übervorteilt und damit die Klausel i.S.d. Art. 3 missbräuchlich erscheinen lässt3. Dass das Gemeinschaftsrecht Aufrechnungsbeschränkungen nur noch zulasse, sofern diese für beide Vertragsseiten gälten4, ist hingegen Nr. 1 lit. b nicht zu entnehmen.

2. Umsetzung in das deutsche Recht § 309 Nr. 3 ist insofern – was Art. 8 der Richtlinie erlaubt – strenger als Nr. 1b, 2c als danach eine Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis bei unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen überhaupt nicht gestattet ist. Andererseits scheidet nach Nr. 2 nur bei den dort genannten zwei Arten von Gegenforderungen der Aufrechnungsausschluss aus, während die Richtlinie generell verbietet, eine Aufrechnung durch den Kunden im Falle von Pflichtverletzungen des Verwenders ungebührlich einzuschränken. Das Ziel der Richtlinie, die Aufrechnung in solchem Falle weit gehend zuzulassen, rechtfertigt die in Rz. 7 behandelten Fälle der Unbeachtlichkeit des formularmäßigen Aufrechnungsverbots5 und sollte auch bei der sog. Ausübungskontrolle (dazu Vor § 307 Rz. 63) beachtet werden: Die Berufung des Verwenders auf das in Übereinstimmung mit § 309 Nr. 3 formulierte Aufrechnungsverbot sollte unbeachtlich sein, wenn sie im Einzelfall ungebührlich, also greifbar ungerecht ist.

III. Inhalt der Vorschrift 1. Unbestrittene und rechtskräftig festgestellte Forderungen Nach dem Wortlaut des § 309 Nr. 3 kann nur die Aufrechnung mit unbestrittenen 3 oder rechtskräftig festgestellten Forderungen formularmäßig nicht ausgeschlossen werden. Das entspricht dem Grundverständnis von Treu und Glauben6 und somit bereits der Rechtsprechung des BGH aus der Zeit vor Inkrafttreten des AGBG7. Ein Ausschluss der Aufrechnung mit solchen Forderungen wäre Rechtsmissbrauch. Denn der Verwender weiß, dass er selbst Schuldner ist, so dass er seine Forderung mit der Gegenforderung des Kunden verrechnen kann. Das gilt unabhängig davon, ob die Aufrechnung generell ausgeschlossen oder „nur“ im Einzelfall von der Zustimmung des Verwenders abhängig gemacht wird8. Unbedenklich ist jedoch eine Klausel, wonach die Aufrechnung nur nach vorheriger

3 Vgl. auch Wolf/Pfeiffer Anh. Rz. 15: „ungebührlich“ ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit Art. 3 RL 93/13/EWG zu konkretisieren. 4 So Nassal JZ 1995, 689 (694). 5 Vgl. auch Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 30; Wolf/PfeifferAnh. Rz. 17 ff. 6 Zust. BGH v. 16.1.2003 – IX ZR 171/00, BGHZ 153, 293 = NJW 2003, 1521 unter II 3a. 7 BGH v. 9.2.1960 – VIII ZR 53/59, NJW 1960, 859; BGH v. 16.6.1976 – VIII ZR 33/75, BB 1976, 1289. 8 BGH v. 27.6.2007 – XII ZR 54/05, NJW 2007, 3421 (zum Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen, vgl. Rz. 12). Vgl. auch Töring NZM 2009, 847 ff. und Derleder WuM 2007, 599 (604 f.) zu Aufrechnungsverboten in Gewerbe- und Wohnraummietverträgen.

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Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

Ankündigung zulässig ist9. Eine Forderung ist unbestritten, wenn ihrer Schlüssigkeit kein erhebliches Gegenvorbringen (mehr) entgegensteht, also auch, wenn sie ihrerseits lediglich mit einer unschlüssigen Gegenaufrechnung bekämpft wird10. Auf der anderen Seite darf das Gericht aber bei verbotswidrig erklärter Aufrechnung mit einer bestrittenen Forderung, die unschlüssig ist oder sich als unbegründet erweist, dem Aufrechnenden diese Forderung nicht absprechen; vielmehr muss es die Aufrechnung als unzulässig zurückweisen11. Der BGH wollte zwar nur dann in diesem Sinne verfahren, wenn sich der Verwender auf den Aufrechnungsausschluss berufe12. Darauf kann es indessen nicht ankommen; AGB müssen, um im Vertrag zu wirken, nicht jeweils vom Verwender bekräftigt werden, sondern sind von Amts wegen zu beachten13. Die rechtskräftig festgestellte Forderung ist der unbestrittenen ähnlich. Der BGH sieht in ihr zu Recht einen Unterfall der unbestrittenen Forderung14; denn die rechtskräftig festgestellte Forderung kann nicht mehr bestritten werden.

2. Entscheidungsreife Forderungen 4 Anders als der CDU/CSU-E (dort § 10) enthält § 309 Nr. 3 kein Verbot des Aufrechnungsausschlusses mit entscheidungsreifen Gegenforderungen. Der Vorschlag der CDU/CSU stützte sich insbesondere auf die Entscheidung des BGH NJW 1960, 859. Dort war in der Tatsacheninstanz ohne Beachtung des vertraglichen Aufrechnungsverbots Beweis über die Gegenansprüche erhoben worden, so dass an dem Beweisergebnis, das den Gegenanspruch als begründet hinstellte, nicht vorbeigegangen werden konnte. Der Fall taugt aber deshalb nicht zur Vorlage, weil es dort gerade an der Entscheidungsreife fehlte (bezogen auf die Endentscheidung über die Forderung, nicht etwa den Erlass eines Beweisbeschlusses über das Bestehen der Forderung)15. Eine im Rechtsstreit ohne Beweisaufnahme in diesem Sinne entscheidungsreife und begründete Gegenforderung muss aber richtigerweise ohnehin als unbestritten gelten, weil sie nicht bestreitbar ist16. Der Verwender muss folglich auch die Aufrechnung mit einer solchen entscheidungsreifen Forderung hinnehmen; geschützt wird er lediglich vor einer „normalen“ Aufrechnungsforderung und ist insofern auch nicht gezwungen, sich zu ihr zu erklären17. Besteht die Gegenforderung – nach allen prozessualen Erfahrungen nur ausnahmsweise –, muss der Verwender sie in Befolgung seiner Wahr9 BGH v. 4.5.2011 – VIII ZR 191/10, NJW 2011, 2201 f. (Ankündigungsfrist von einem Monat für die Aufrechnung des Mieters mit aus Mietminderung resultierenden Bereicherungsansprüchen gegen die Mietzinsforderung des Vermieters ist zulässig). 10 BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 217/83, NJW 1985, 1556. 11 BGH v. 17.2.1986 – II ZR 285/84, NJW 1986, 1757. 12 BGH v. 17.2.1986 – II ZR 285/84, NJW 1986, 1757 betr. AGB-Banken (alt): „Der Bank steht es frei, sich … auf den Aufrechnungsausschluss zu berufen.“ 13 So auch BGH v. 18.6.2002 – XI ZR 160/01, NJW 2002, 2779, wenngleich ohne Erwähnung der zuvor genannten Entscheidung. 14 BGH v. 18.4.1989 – X ZR 31/88, BGHZ 107, 185 = NJW 1989, 3215 unter II 2. 15 Vgl. BGH v. 18.6.2002 – XI ZR 160/01, NJW 2002, 2779 unter II 2a. 16 So auch OLG Düsseldorf v. 12.4.2011 – 24 U 195/10, NJOZ 2012, 533 (534); Wolf/Dammann Rz. 33; Erman/Roloff Rz. 29; a.A. MünchKomm/Wurmnest Rz. 7; Soergel/Stein § 11 AGBG Rz. 26. 17 BGH v. 15.2.1978 – VIII ZR 242/76, WM 1978, 620; BGH v. 17.2.1986 – II ZR 285/84, NJW 1986, 1757; OLG Hamm v. 8.11.1988 – 26 U 113/88, NJW-RR 1989, 274 (276); OLG Düsseldorf v. 25.10.1996 – 22 U 56/96, NJW-RR 1997, 757; der Sache nach auch OLG Celle v. 11.11.2010 – 11 U 133/10, BauR 2011, 271 (273); LG Hanau v. 6.11.1998 –

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Aufrechnungsverbot

§ 309 Nr. 3 BGB

heitspflicht einräumen. Die Erklärung der Aufrechnung kann also die Hauptforderung zum Erlöschen bringen, darf aber den Rechtsstreit nicht verlängern. Wenngleich das Gesetz somit nur die erwähnte Rechtsprechung festgeschrieben hat, so war dies doch nicht überflüssig, weil es auch der Transparenz diente. Die Unkenntnis des Verbrauchers darüber, was bereits als eindeutig unbillig beurteilt worden ist, sollte nicht länger ausgenutzt werden können. Die Klauselwerke sind seit April 1977 denn auch ganz überwiegend der Vorschrift des § 309 Nr. 3 angepasst worden. Zu der nach § 145 Abs. 3 ZPO möglichen getrennten Verhandlung über Klage und Gegenforderung bei fehlendem rechtlichem Zusammenhang kann es bei rechtskräftig festgestellten und unbestrittenen Forderungen nicht kommen, weil über diese nicht mehr verhandelt werden muss, zumal im Falle einer rechtskräftig festgestellten Forderung der Anwendung des § 145 Abs. 3 ZPO schon die Rechtskraft des zu dieser Forderung ergangenen Urteils entgegen steht, die Klage also unzulässig ist.

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3. Konnexe Geldforderungen Nach dem – bewusst gewählten – Wortlaut des § 309 Nr. 3 reicht die bloße Konnexität der auf Geld gerichteten Gegenforderung nicht aus, um die Unwirksamkeit eines formularmäßigen Aufrechnungsverbots zu begründen18. Hat der Kunde aus demselben Vertragsverhältnis ein Zurückbehaltungsrecht, so führt diese nach § 309 Nr. 2 unausschließbare Position zur Verurteilung Zug um Zug. Geht der Gegenanspruch auf Geld, so soll allein Nr. 3 eingreifen, die – nach allgemeiner Ansicht wie eine Aufrechnung wirkende (oben § 309 Nr. 2 Rz. 19) – Zurückbehaltung des geschuldeten Geldes also lediglich dann erlaubt sein, wenn die Forderung des Kunden gegen den Verwender unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist.19 Wird der Kunde somit bei einer regelmäßig streitigen Gegenforderung auf Geld im Regelfall zur Widerklage auf Zahlung gedrängt, so kann er nach ihrer Titulierung aufrechnen. Müsste er ohne § 309 Nr. 2 auch seine nicht auf Geld gerichtete Gegenforderung mit der Widerklage geltend machen statt im Wege der Zurückbehaltung, so würde die Klageforderung nicht durch die Zugum-Zug-Verurteilung eingeschränkt, die für den Verwender wegen § 756 ZPO lästig ist, ihn nämlich praktisch zur Vorleistung zwingt. Hierin liegt ein erheblicher Vorteil des Kunden bei anderen als Geldforderungen.

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Die somit grundsätzlich vertretbare Beschränkung des Aufrechnungsausschlusses in § 309 Nr. 3 wird indessen dann unangemessen, wenn dem Kunden die zur Aufrechnung gestellte Geldforderung aus einem Anspruch erwächst, dessentwe-

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2 S 262/98, NJW-RR 1999, 1142; Palandt/Grüneberg Rz. 17; vgl. auch Schmid NZM 2011, 865 (868). 18 BT-Drucks. 7/3919 S. 29; Wolf/Dammann Rz. 34. 19 So auch BGH v. 7.4.2011 – VII ZR 209/07, NJW 2011, 1729 f. (Architektenvertrag); KG v. 16.12.2011 – 7 U 18/11, NJW-RR 2012, 271 (Bauvertrag); zust. Clasen/Scherz EWiR 2012, 691 (692); vgl. ferner von Hayn-Habermann, NJW-Spezial 2011, 492 (493); Kesselring/Henning, NJW 2012, 1857 (1858). S.a. OLG Celle v. 11.11.2010 – 11 U 133/10, BauR 2011, 271 (272): kein Wertungswiderspruch zwischen Nr. 2 und Nr. 3 im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern, weil insofern §§ 272, 320 durch AGB abbedungen werden könnten. A.A. (Aufrechnungsausschluss bei bestrittenen, nicht rkr. festgestellten Forderungen zulässig) für Forderungen des Vermieters LG Köln v. 7.3.2012 – 32 O 353/11, NJW-RR 2012, 980 f.; i.E. auch OLG Köln v. 9.7.2012 – 1 U 49/12, ZMR 2012, 946.

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gen der Kunde auch zurückhalten könnte (oder früher hätte zurückhalten können), wie dies z.B. bei einem Anspruch auf Vorschuss nach § 637 Abs. 3 für die verweigerte Mängelbeseitigung der Fall ist20 oder bei einem Anspruch auf Erstattung von Nacherfüllungskosten nach § 637 Abs. 121. Anderenfalls würde die Hartnäckigkeit der Pflichtverletzung des Verwenders dadurch belohnt, dass dessen Anspruch durch das Gegenrecht des Kunden nicht mehr beeinträchtigt werden könnte. In solchen Fällen scheitert das Aufrechnungsverbot folglich an § 307 Abs. 122. Ein gegen § 215 verstoßendes Verbot der Aufrechnung mit einem verjährten Anspruch ist ebenfalls nach § 307 Abs 1 unwirksam23.

IV. Sonstiges, insbesondere Nachnahme 8 Nicht unter § 309 Nr. 3 fallen alle Klauseln, die die Aufrechnung zwar nicht ausschließen, sie aber nur unter bestimmten Voraussetzungen gestatten. So sieht § 556b eine Vorwarnzeit von einem Monat für die Aufrechnung mit bestimmten Ansprüchen gegen die Mietzinsforderung vor. Klauseln, die eine Aufrechnung über § 309 Nr. 3 hinaus zulassen, aber vom Vertragspartner eine vorherige Ankündigung der Aufrechnung verlangen, sind nach § 307 darauf zu prüfen, ob die ausbedungene Frist nicht unangemessen lang ist24. Erschwerungen der Aufrechnung über § 309 Nr. 3 hinaus, etwa dergestalt, dass die Gegenforderung nicht nur unbestritten, sondern vom Verwender „ausdrücklich anerkannt“ oder schriftlich bestätigt sein muss, sind unwirksam25. Ein dem Bürgen in AGB auferlegtes Aufrechnungsverbot kann keine Geltung beanspruchen, wenn der Ausschluss der Aufrechnung auch für den Fall gelten soll, dass die Gegenforderung des Hauptschuldners unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist26. 9 Der Wortlaut der AGB braucht den Begriff „Aufrechnung“ nicht zu enthalten, damit § 309 Nr. 3 eingreift. Vielmehr kommt es nur darauf an, dass die Aufrechnung im Ergebnis verhindert wird. Im kaufmännischen Bereich sind solche Klauseln verbreitet (Rz. 12). Der BGH rechnet ferner auch die vorformulierte Abrede der Nachnahme dazu27. Dem ist nur im Ergebnis zuzustimmen. Richtig ist 20 Siehe aus früherer Zeit BGH v. 13.7.1970 – VII ZR 176/68, BGHZ 54, 244 = NJW 1970, 2019. 21 Siehe dazu auch Palandt/Grüneberg Rz. 20; Erman/Roloff § 309 Rz. 31; MünchKomm/ Wurmnest § 309 Nr. 2 Rz. 4; Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 2 AGBG Rz. 27; Soergel/ Stein § 11 Nr. 3 AGBG Rz. 14; Schwenker, ZfBR 2011, 425 (426); OLG Düsseldorf v. 19.6.1996 – 9 U 250/95, BB 1997, 598 = NJW-RR 1997, 628; a.A. BGH v. 14.12.1988 – I ZR 235/86, NJW-RR 1989, 481 unter II 4b: der BGH lässt das Aufrechnungsverbot des § 32 ADSp a.F. in einem solchen Fall unangetastet. Zur Unzulässigkeit der Kombination erlaubten Aufrechnungsverbots mit der üblichen Mietvorauszahlungsklausel BGH v. 26.10.1994 – VIII ARZ 3/94, BGHZ 127, 245 = NJW 1995, 254. 22 Dazu Heinrichs in FS Reich, 1998, S. 527 (547), § 11 Nr. 3 AGBG sei „offensichtlich misslungen“. 23 Siehe den Fall OLG Hamm v. 17.5.1993 – 17 U 7/92, NJW-RR 1993, 1082; abweichend aber BGH v. 15.2.2007 – I ZR 118/04, NJW-RR 2008, 121 (124): Berufung auf ein Aufrechnungsverbot trotz Verjährung der zur Aufrechnung gestellten Forderung könne nicht schlechthin als treuwidrig angesehen werden. 24 So auch Palandt/Grüneberg Rz. 18; a.A. Wolf/Dammann Rz. 19. 25 BGH v. 1.12.1993 – VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657 unter II 2. 26 BGH v. 16.1.2003 – IX ZR 171/00, BGHZ 153, 293 = NJW 2003, 1521. 27 BGH v. 8.7.1998 – VIII ZR 1/98, NJW 1998, 3119; zust. Palandt/Grüneberg Rz. 17; MünchKomm/Wurmnest Rz. 6; Wolf/Damann Rz. 16.

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§ 309 Nr. 3 BGB

zwar, dass der Kunde nicht aufrechnen kann, wenn er im Wege der Nachnahme zahlen muss. Dass den Kunden von Verwendern, die ihre Forderungen per Nachnahme einziehen (Versandhandel), in einer nennenswerten Zahl von Fällen Aufrechnungsforderungen zur Verfügung stehen wird man kaum annehmen können, und an anderer Stelle hat der BGH mit Recht davor gewarnt, den AGB seltene Ausnahmetatbestände zu unterlegen28. Hensen hat die Nachnahmeklausel bis zur Vorauflage allerdings als unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 behandelt, weil sie den Kunden zur Zahlung zwinge, bevor er die Vertragsmäßigkeit der Leistung des Verwenders prüfen könne. Indessen wird man gerade im Fernabsatz eine dem Kunden auferlegte Pflicht zur Vorleistung nicht für unwirksam halten können, weil und soweit eine Zug-um-Zug-Leistung hier ausgeschlossen ist, dazu § 309 Nr. 2 Rz. 1729. Über die Ausführungen in Rz. 7 hinaus galt schon vor 1999, dass ein vertragli- 10 ches Aufrechnungsverbot nicht nur im Konkurs, sondern auch in einem Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses zurücktreten muss, wenn sich der Schuldner im Liquidationsstadium befindet; denn dann kann das Aufrechnungsverbot nicht mehr die weitere geschäftliche Tätigkeit fördern und schützen30. Dasselbe hat für das Insolvenzverfahren zu gelten.

V. Unwirksamkeit Wird in AGB die Aufrechnung in vollem Umfang ausgeschlossen, so führt dieser Verstoß gegen § 309 Nr. 3 zur uneingeschränkten Zulässigkeit der Aufrechnung31. Die Verwender sind nicht überfordert, wenn sie formulieren müssen, dass der Kunde nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen aufrechnen darf. Fraglich ist gleichwohl, wie Klauseln zu behandeln sind, die nur eine Variante des § 309 Nr. 3 erwähnen, also entweder nur die unbestrittene oder nur die rechtskräftig festgestellte Forderung des Vertragspartners. Im ersten Fall tendiert der BGH eindeutig zur Zulässigkeit einer derart verkürzten Fassung, wenngleich er dies bislang nur für den Verkehr zwischen Unternehmern entschieden hat32. Tatsächlich stellt der Fall der Aufrechnung mit einer rechtskräftig festgestellten Forderung im Verkehr mit Verbrauchern eine seltene Ausnahme dar, und diese Forderung bildet außerdem einen Unterfall der unbestrittenen Forderung (oben Rz. 3 a.E.). Für den anderen Fall (Klausel erwähnt nur die rechtskräftig festgestellte Forderung) kann jedoch nicht das Gleiche gelten, weil der rechtlich nicht vorgebildete Kunde davon ausgehen könnte, seine Forderung müsse – wenngleich unbestritten – zunächst noch tituliert werden33. Der Wortlaut der wirksamen Klausel muss nicht notwendig dem 28 BGH v. 9.7.1991 – XI ZR 72/90, NJW 1991, 2559 unter VIII 2. 29 Auf eine Befugnis des Kunden zur Vorleistung kann es indessen nicht ankommen, in diesem Sinne aber Jung NJW 1999, 2950. 30 BGH v. 6.7.1978 – III ZR 65/77, NJW 1978, 2244; BGH v. 12.10.1983 – VIII ZR 19/82, NJW 1984, 357; BGH v. 26.2.1987 – I ZR 110/85, NJW-RR 1987, 883; ebenso für die Krise vor Insolvenz BGH v. 12.12.1990 – VIII ZR 355/89 = NJW-RR 1991, 971 (972) und BGH v. 12.9.2002 – IX ZR 66/01, NJW 2003, 140 (142); zust. Lackhoff/Bauer, NZI 2013, 427 (429). 31 BGH v. 31.10.1985 – IX ZR 175/84, NJW-RR 1986, 1281 (betr. Anwaltsvertrag). 32 BGH v. 18.4.1989 – X ZR 31/88, BGHZ 107, 185 = NJW 1989, 3215 unter II 2. 33 A.A. BGH v. 27.1.1993 – XII ZR 141/91, NJW-RR 1993, 520: „sinngemäß mitumfasst“ (allerdings hier vertretbar, da Gaststättenpachtvertrag); Palandt/Grüneberg Rz. 17.

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§ 309 Nr. 3 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

des § 309 Nr. 3 entsprechen, so dass auch eine Fassung gewählt werden kann, wonach die Aufrechnung mit bestrittenen Forderungen unzulässig ist. Demgegenüber brauchen die in Rz. 7 behandelten Sonderfälle und auch das Liquidationsstadium (Rz. 10) insgesamt nicht in die Aufrechnungsklausel aufgenommen zu werden.

VI. Verträge mit Unternehmern 12

Der kaufmännische Geschäftsverkehr untersagt die Aufrechnung mit Klauseln wie „Kasse gegen Dokumente“ oder „cash on delivery/COD“34. Daran hat das AGBG nichts geändert. Auch im Verkehr mit Unternehmern hat aber zu gelten, dass ein formularmäßiger Ausschluss der Aufrechnung mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen als eindeutig gegen Treu und Glauben verstoßend unwirksam ist35. Das gilt auch für den Fall, dass die Aufrechnung von einer Zustimmung des Verwenders im Einzelfall abhängig gemacht wird36. Der BGH verlangt einen entsprechenden ausdrücklichen Vorbehalt in den AGB auch insofern37. Das ist zwar nicht ganz unzweifelhaft; denn das Transparenzbedürfnis ist in diesen Verkehrskreisen geringer38, und in den kaufmännischen Kurzform-Klauseln ist kein Raum für die ausdrückliche Herausnahme solcher Forderungen. Andererseits haben Unternehmer auch im Verhältnis zu anderen Unternehmern kein schutzwürdiges Interesse daran, eine Aufrechnung auch dann auszuschließen, wenn sie die Durchsetzung der eigenen Rechte nicht verzögert39. Insgesamt erscheint es deshalb auch gegenüber Unternehmern nicht als unverhältnismäßige Einschränkung, das Verbot so zu formulieren, wie in Rz. 11 ausgeführt. Das sollte umso leichter fallen, als Zurückbehaltungsrecht (dazu § 309 Nr. 2 Rz. 21) und Aufrechnung in einer Klausel zusammengefasst werden können. Erst recht unangemessen sind auch im Verkehr mit Unternehmern Klauseln, die eine Aufrechnung nur durchgreifen lassen, wenn die Gegenforderung auch noch ausdrücklich anerkannt wird40. Der Streit um die Zulässigkeit von Konzernverrechnungsklauseln hat sich inzwischen erledigt41. Die Rechtsprechung hat sie für generell unwirksam gehalten42. Mit dem Ende des Konzernvor-

34 BGH v. 10.9.1984 – VIII ZR 108/83, NJW 1985, 550 mit Überblick über kaufmännische Klauseln, die eine Barzahlungsabrede mit Aufrechnungsausschluss enthalten. 35 BGH v. 16.10.1984 – X ZR 97/83, BGHZ 92, 312 = NJW 1985, 319; BGH v. 1.12.1993 – VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657; BGH v. 27.6.2007 – XII ZR 54/05, NJW 2007, 3421; zur „Indizwirkung“ des § 309 für den unternehmerischen Verkehr vgl. BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774. 36 BGH v. 27.6.2007 – XII ZR 54/05, NJW 2007, 3421, dazu schon Rz. 3; zust. Westphalen NJW 2007, 2234 (2238). 37 BGH v. 20.6.1984 – VIII ZR 337/82, BGHZ 91, 375 = NJW 1984, 2404 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner entgegengesetzten Rechtsprechung WM 1977, 311 = BB 1978, 814; außerdem BGH v. 16.10.1984 – X ZR 97/83, BGHZ 92, 312 = NJW 1985, 319; BGH v. 30.4.1986 – VIII ZR 90/85, NJW-RR 1986, 1110. 38 Zust. Baumbach/Hopt § 346 HGB Rz. 40 „Kasse“ a.E.; Bamberger/Roth/Becker Rz. 16; vgl. auch Rabe EWiR 1987, 1221; Rabe NJW 1987, 1978 (1984 f.). 39 So Paulusch WM 1986, Sonderbeil. 10, S. 21. 40 BGH v. 1.12.1993 – VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657. 41 Vgl. zuletzt BGH v. 15.7.2004 – IX ZR 224/03, NJW 2004, 3185 unter II 5. 42 Siehe schon OLG Köln v. 10.11.2004 – 2 U 168/03, WM 2005, 1798, ebenso Rendels EWiR 2004, 1041; unter insolvenzrechtlichen Aspekten (§ 94 InsO) auch BGH v.

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§ 309 Nr. 4 BGB

Mahnung, Fristsetzung

behalts durch § 449 Abs. 3 lässt sich die Konzernverrechnungsklausel allgemein nicht mehr halten (dazu § 305c Rz. 35).

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Nr. 4 Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 4. (Mahnung, Fristsetzung) eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen; I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . .

1

4. Obliegenheit zur Fristsetzung . . .

II. Frühere Rechtslage . . . . . . . . . . .

3

5. Verdeckte Befreiung von der Pflicht zu Mahnung und Fristsetzung . . .

III. Inhalt der Vorschrift 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

4

2. Obliegenheit zur Mahnung . . . . .

5

3. Verzug 30 Tage nach Rechnungszugang (§ 286 Abs. 3) . . . . . . . . .

7 8

IV. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

V. Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . .

10

VI. Verträge mit Unternehmern . . . .

11

6

I. Einleitung Mit § 309 Nr. 4 wurde ein zwar kleiner, aber unentbehrlicher Mosaikstein zur Wiedergewinnung der vom BGB aufgestellten Ordnungsgrundsätze gesetzt. AGB dürfen nicht bestimmen, dass der Vertragspartner einen Schadensersatzanspruch des Verwenders oder dessen Rücktritt gewärtigen muss, ohne dass er in Verzug geraten und/oder ihm eine Nachfrist gesetzt worden ist. Der Gedanke ist auf Fristsetzungen mit gleichem Ziel erweiterbar (Rz. 7). Im Schrifttum war Schmidt-Salzer1 für eine solche Bestimmung eingetreten. Sie fand sich auch im Teilbericht I, der sogar verbieten wollte, die zuvor in § 326 Abs. 1 Satz 1 vorgesehene, mit der Fristsetzung zu verbindende Ablehnungsandrohung auszulassen, und darin mit dem CDU/CSU-E (dort § 17 Nr. 1) übereinstimmte. Indessen konnte man es nicht als absolut unzulässig ansehen, auf die Ablehnungsandrohung zu verzichten2.

1

Das SMG hat Nr. 4 an die neue allgemeine Terminologie angepasst. Statt des Gebots, dem Kunden eine Nachfrist zu setzen, heißt es jetzt „Frist für die Leistung oder Nacherfüllung“, wie es § 281 Abs. 1 Satz 1 und § 323 Abs. 1 ent-

2

13.7.2006 – IX ZR 152/04, NJW 2006, 3631 (3632) (Rz. 11 ff.) und dazu Kayser WM 2008, 1477 (1483). 1 AGB 1971, Rz. 218. 2 Auch die Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts hatte dies vorgeschlagen (Abschlussbericht 1992 S. 134 f.).

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§ 309 Nr. 4 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

spricht. Das BGB a.F. kannte freilich das Wort Nachfrist gar nicht. Gemeint war die in § 326 Abs. a.F. genannte „angemessene Frist“. In § 308 Nr. 2 verwendet das BGB nun erstmals das Wort Nachfrist. 2a

Der Anhang nach Art. 3 Abs. 3 Klausel-Richtlinie3 enthält kein dem § 309 Nr. 4 annähernd entsprechendes Klauselverbot. Das somit durch § 309 Nr. 4 gewährleistete höhere Schutzniveau wird von Art. 8 RL 93/13/EWG ausdrücklich gebilligt.

II. Frühere Rechtslage 3 Die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit war in der Zeit vor dem AGBG dadurch missbraucht worden, dass vor allem Verkäufer durch ihre AGB gesetzliche Voraussetzungen für die Entstehung von Schadensersatzansprüchen gegen ihre Kunden zu beseitigen suchten, ohne diesen gleiche Erleichterungen für den Fall des eigenen Leistungsverzuges einzuräumen. „Ohne Setzung einer Nachfrist“ mussten z.B. die Käufer gebrauchter Wagen 20% des Kaufpreises als Schadensersatz bei Nichtabnahme der Fahrzeuge leisten4. Der BGH hatte die Klausel damals nicht beanstandet.

III. Inhalt der Vorschrift 1. Allgemeines 4 § 309 Nr. 4 verbietet dem Verwender, sich formularmäßig den Zugang zu einem Schadensersatzanspruch oder Rücktrittsrecht ohne Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen (Verzug, Nachfrist) zu sichern. Der Verwender ist bereits dadurch gegenüber dem Kunden im Vorteil, dass ihm durch § 308 Nr. 1 und 2 nur unangemessen lange Fristen zur Erbringung der von ihm geschuldeten Leistung und nur unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfristen zur Vertragserfüllung beschnitten werden. Von diesem Offenhalten möglichst langer eigener Leistungsfristen machen die meisten Verwender Gebrauch. Aber auch wenn sie das nicht getan haben, ist der Versuch, sich von der Obliegenheit zur Mahnung oder Nachfristsetzung freizuzeichnen, ein untauglicher5. Den Verzug des Kunden entgegen § 286 Abs. 1 ohne Mahnung herbeiführen zu wollen, stellt eine immer noch verbreitete, nicht hinnehmbare Beschneidung der Kundenrechte dar. Demgegenüber begegnet die – gleichfalls unzulässige – Befreiung von der Pflicht zu Fristsetzungen im Verkehr mit Verbrauchern eher selten. Nach der wirtschaftlichen Bedeutung von Fristsetzung (§ 281) und Mahnung (§ 286) im Rechtsleben und auch nach der Reihenfolge im BGB hätte das Verbot, sich von der Pflicht zur Mahnung zu befreien, allerdings an die zweite Stelle rücken müssen. § 281 Abs. 1 Satz 1 und § 323 Abs. 1 sind in vorformulierten Verträgen nicht abdingbar. Auch die Selbstvornahme nach § 637 kann sich der Verwender in AGB nicht ohne Einräumung einer angemessenen Frist sichern; der Besteller ist

3 RL 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 v. 21.4.1993, S. 29 ff. 4 Vgl. BGH v. 8.10.1969 – VIII ZR 20/68, NJW 1970, 29. 5 BGH v. 19.11.1991 – X ZR 28/90, NJW 1992, 1628 (1629).

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Mahnung, Fristsetzung

§ 309 Nr. 4 BGB

allerdings nur selten Verwender. Auf die Fristsetzungen seitens des Kunden nach § 651c Abs. 3 und § 651e Abs. 2 passt § 309 Nr. 4 nicht, und beide Vorschriften stellen ohnehin nach § 651m zwingendes Recht dar.

2. Obliegenheit zur Mahnung Will der Gläubiger den Schuldner in Verzug setzen, legt ihm das Gesetz in § 286 Abs. 1 Satz 1 auf, den Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit zu mahnen. Von der Erfüllung dieser gesetzlichen Voraussetzung für den Eintritt des Verzuges kann sich der Verwender nicht mehr formularmäßig befreien6. Insbesondere sind daher Klauseln unzulässig wie „Zahlung bei Lieferung. Bei Fristüberschreitung werden bankübliche Zinsen berechnet“ oder ein Anspruch auf x% Zinsen „ab zwei Wochen nach Lieferung“, ferner Klauseln, wonach „für nicht rechtzeitig abgenommene Ware eine Lagergebühr in Höhe von 1% des Kaufpreises“ verlangt wird7, aber auch eine verschleierte Schadensersatzforderung wie „Zahlbar innerhalb 14 Tagen ohne Kreditzuschlag“8. Ist in dem Vertrag eine nach dem Kalender bestimmte Leistungszeit i.S.d. § 286 Abs. 2 Nr. 1 festgelegt, so kommt der Schuldner ohne Mahnung in Verzug, wenn er nicht fristgemäß leistet. Daran ändert das AGB-Recht selbstverständlich nichts9. Klauseln, die diese Wirkung nur wiederholen („Der Käufer kommt mit Überschreiten des vertraglichen Zahlungstermins in Verzug“), sind unschädlich (§ 307 Rz. 17), sofern der Zahlungstermin tatsächlich „nach dem Kalender bestimmt“ oder die Leistungszeit jedenfalls durch den Vertrag mittelbar bestimmt, also bestimmbar ist. Letzteres ist z.B. bei der Abrede „14 Tage ab Bestelldatum“ der Fall10, nicht aber bei einem aus dem Vertrag nicht ersichtlichen Ereignis wie dem Zeitpunkt der Lieferung oder Rechnungserteilung11. Die Klausel „Zahlung bei Anlieferung. Verspätete Zahlung bedingt Zinsnachbelastung“ ist folglich unwirksam. Das BGB legt für Mahnung und Fristsetzung keine Form fest. Dass der Verwender dem Kunden die Schriftform für dessen Mahnung und Fristsetzung vorschreiben kann, folgt aus § 309 Nr. 13 (§ 309 Nr. 13 Rz. 6).

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3. Verzug 30 Tage nach Rechnungszugang (§ 286 Abs. 3) Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen12 hatte, z.T. in Umsetzung der Verzugsrichtlinie13, § 284 BGB a.F. um einen dritten Absatz erweitert, der 6 Verlangt ein Kreditkartenunternehmen Überziehungsgebühren und Zinsen ohne Verzugseintritt, so verstößt eine solche Klausel entgegen OLG Frankfurt v. 10.12.1992 – 6 U 149/91, ZIP 1993, 665 nicht gegen § 11 Nr. 5 AGBG (jetzt: § 309 Nr. 5 BGB), sondern gegen § 11 Nr. 4 AGBG (jetzt: § 309 Nr. 4 BGB). Anders aber auch BGH v. 29.3.1994 – XI ZR 69/93, BGHZ 125, 343 (345 f.) = NJW 1994, 1532 (1533): Unwirksamkeit der Klausel gem. § 11 Nr. 6 AGBG in Bezug auf Überziehungsgebühren und gem. § 11 Nr. 5 AGBG in Bezug auf Zinsen. 7 LG München I v. 10.4.1979 7 O 431/79, BB 1979, 702. 8 OLG Stuttgart v. 26.1.1979 – 2 U 122/79, Bunte AGBE I § 11 Nr. 4, S. 620; ähnlich OLG Hamm v. 24.11.1992 – 27 U 180/92, EWiR 1993, 525. 9 BGH v. 19.11.1991 – X ZR 28/90, NJW 1992, 1628 (1629). 10 BGH v. 19.11.1991 – X ZR 28/90, NJW 1992, 1628 (1629). 11 Der Entwurf der Schuldrechtskommission zu § 284 (Abschlussbericht 1992 S. 136) berücksichtigte dies nicht. Krit. dazu Ernst NJW 1994, 2179. 12 Gesetz v. 30.3.2000, BGBl. 2000 I 330. 13 RL 2000/35/EG v. 29.6.2000, ABl. EG Nr. L 200 v. 8.8.2000, S. 35.

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§ 309 Nr. 4 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

zunächst eine Reihe von Mängeln aufwies und auf vielfältige Kritik stieß14. Die aktuelle Fassung in § 286 Abs. 3 hat diese beseitigt; auf seiner Basis stellt sich für den AGB-Bereich vor allem die Frage, ob sich der Verwender an die 30-TageSpanne halten muss. Auch wenn der Gesetzgeber den Eintritt des Verzuges durch Aufnahme einer Frist von 30 Tagen „tendenziell erschweren“ wollte15, ist der Verwender nach § 286 Abs. 1 offenbar nicht gehindert, den Verzug durch Mahnung vor Ablauf von 30 Tagen herbeizuführen. Das lässt sich auch aus dem Wort „spätestens“ in § 286 Abs. 3 herleiten. Eine Abkürzung der 30 Tage in AGB auf weniger als zwei Wochen ist allerdings als unangemessen benachteiligend anzusehen (§ 307 Abs. 1)16. Auch kann sich der Verwender nicht von seiner Pflicht zum besonderen Hinweis auf den Verzugseintritt infolge Fristablaufs nach § 286 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 freizeichnen oder den Hinweis bereits in den AGB antizipieren17. Dieser besondere Hinweis i.S.d. § 308 Nr. 5b hat den Charakter einer vorweggenommenen Mahnung und unterstreicht deshalb zugleich, dass die 30-TageFrist nicht zwingend eingehalten werden muss; denn sie hat in § 286 Abs. 1 gerade keine Parallele und gilt auch nicht für § 286 Abs. 2 Nr. 2. Der Verwender darf in seinen AGB im Übrigen auch einen anderen Fristbeginn als die in Abs. 3 geregelten beiden Umstände (Fälligkeit sowie Zugang einer Rechnung) wählen, wobei er jedoch beachten muss, dass das von ihm bestimmte Ereignis für beide Seiten zeitlich hinreichend gesichert ist. Nach allem ist der Verwender im Verkehr mit Verbrauchern wohl gut beraten, wenn er nicht nach § 286 Abs. 3, sondern nach Abs. 1 verfährt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass wegen Art. 3 Abs. 3 der Verzugsrichtlinie die 30-Tages-Frist des § 286 Abs. 3 Satz 1 nicht zum Nachteil des Gläubigers in „grob nachteiliger“ Weise verlängert werden darf; geschieht dies in AGB, so ist diese Wertung im Rahmen des § 307 zu berücksichtigen, der dann folglich zur Unwirksamkeit der Klausel führt18.

4. Obliegenheit zur Fristsetzung 7 § 309 Nr. 4 verbietet zum zweiten die formularmäßige Freistellung des Verwenders von der gesetzlichen Obliegenheit, dem Kunden eine Frist für die Leistung oder die Nacherfüllung zu setzen. Gemeint sind zunächst die „angemessenen“ Fristen des § 281 Abs. 1 Satz 1 sowie § 323 Abs. 1 zur Leistung oder Nacherfüllung, die dem Schuldner zu bestimmen sind, wenn der Gläubiger einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung oder ein Recht zum Rücktritt vom Vertrage gewinnen will. Da sie dem gleichen Zweck dienen, fallen aber auch die Fristsetzungen nach §§ 250 Satz 1, 321 Abs. 2, 637, 651c Abs. 3 Satz 2, 651e

14 Brambring DNotZ 2000, 245; Fabis ZIP 2000, 865; Bitter WM 2000, 1282; Medicus DNotZ 2000, 256; Weishaupt NJW 2000, 1704; Schimmel/Buhlmann MDR 2000, 737; U. Huber ZIP 2000, A 77 („beispiellose Fehlleistung“); Palandt/Heinrichs, 65. Aufl. 2006, § 286 Rz. 26 („Fehlregelung“). 15 BT-Drucks. 14/4060 S. 146. 16 Ziegler/Rieder ZIP 2001, 1789 (1790 f.) halten offenbar nicht die 30-Tage-Frist des § 286 Abs. 3, sondern nur die „angemessene Zeit“ des Abs. 2 Nr. 2 für abkürzbar, dies auf zehn bis 14 Tage; vgl. dazu Palandt/Grüneberg § 286 Rz. 31. 17 Vgl. MünchKomm/Ernst § 286 Rz. 84. 18 MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 4 Rz. 4; siehe auch OLG Köln v. 1.2.2006 – 11 W 5/06, NJW-RR 2006, 670: Zahlungsfrist von 90 Tagen nach Rechnungstellung ist unwirksam.

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Mahnung, Fristsetzung

§ 309 Nr. 4 BGB

Abs. 2 Satz 2 unter § 309 Nr. 419. Von der Setzung einer „Nachfrist“ wichen AGB in der Zeit vor dem SMG vielfach ab20. Weil die Frist in den erwähnten Fällen einen besonders wichtigen Baustein des Schuldnerschutzes vor schwer wiegenden Folgen aus der Nichtleistung darstellt, schiebt § 309 Nr. 4 dem einen Riegel vor. Ist die Fristsetzung schon nach dem Gesetz entbehrlich, insbesondere gemäß §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2, so ist dies naturgemäß hinzunehmen21; eine Ausweitung der Entbehrlichkeitsgründe in AGB ist hingegen zweifelsfrei als unwirksam anzusehen. Von der Obliegenheit zur Nachfristsetzung kann sich der Verwender somit etwa dann nicht befreien, wenn die Klausel – inhaltlich zudem unscharf – von „Zahlungseinstellung“ des Kunden spricht22.

5. Verdeckte Befreiung von der Pflicht zu Mahnung und Fristsetzung Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 4 liegt gleichfalls vor, wenn die AGB von Mahnung 8 und Nachfristsetzung nicht ausdrücklich befreien, sich dies vielmehr aus Klauseln in der Weise ergibt, dass der Verwender bei bloßer Nichterfüllung der Pflichten des Kunden Rechte geltend macht, die laut BGB erst nach einer Mahnung oder erst nach Mahnung und Fristsetzung zustehen, so z.B., wenn Mahnkosten schon für das erste Mahnschreiben verlangt werden23, wenn sich der Verwender ein Rücktrittsrecht bei erheblicher Verschlechterung der Vermögenslage des Kunden ausbedingt24 oder wenn im Verkehr mit Verbrauchern Fälligkeitszinsen gefordert werden25. Auch bei Abwicklung notarieller Kaufverträge kann die Nachricht des Notars an den Käufer, dass der Kaufpreis zur Zahlung fällig sei, nicht als Mahnungsersatz gelten und einen Zinsanspruch auslösen26.

19 Wolf/Dammann Rz. 20; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 9. 20 BGH v. 19.12.1984 – VIII ZR 286/83, MDR 1985, 491 = ZIP 1985, 550 = DB 1985, 1584. Vgl. auch BGH v. 16.3.1988 – IVa ZR 247/84, NJW-RR 1988, 819(821) bzw. (als Vorinstanz) OLG Celle v. 1.2.1984 – 13 U 160/83, BB 1984, 808 (Rücktritt bei bloßem Verzug); OLG Düsseldorf v. 21.8.1984 – 21 U 42/84, BauR 1985, 452 (Auftragsentzug ohne Nachfristsetzung); OLG Frankfurt v. 9.8.1984 – 6 U 138/83, BB 1984, 1967 = ZIP 1984, 1363 (30% Abstand bei Nichtabnahme von Pelztieren); OLG Köln v. 7.9.1998 – 16 U 99/97, ZIP 1999, 355 m. Anm. Metz EWiR 1999, 193 (Nichtabnahmeentschädigung im Darlehensvertrag). 21 BGH v. 9.6.2011 – III ZR 157/10, NJW-RR 2011, 1618 (1623): Klausel, die fristlose Kündigung eines Mobilfunkvertrages in Fällen für zulässig erklärt, in denen ohnehin § 314 Abs. 2 bzw. § 323 Abs. 2 eingreift, verstößt nicht gegen § 309 Nr. 4. 22 BGH v. 15.2.1995 – VIII ZR 93/94, NJW 1995, 1488: „Der Verkäufer kann in schriftlicher Form vom Vertrag zurücktreten, wenn der Käufer seine Zahlungen einstellt oder ein Moratorium beantragt.“ 23 OLG Schleswig v. 27.3.2012 – 2 U 2/11, NJW-RR 2013, 496 (501): Eine Klausel, die pauschal eine Mahngebühr erhebt, ist nach § 309 Nr. 4 unzulässig. 24 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320; BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 unter IX; BGH v. 8.10.1987 – VII ZR 185/86, BGHZ 102, 41 = NJW 1988, 258; OLG Hamburg v. 21.9.1988 – 5 U 216/87, NJW-RR 1989, 881. S.a. LG Berlin v. 28.1.2014 – 15 O 300/12, K&R 2014, 284 (285): Klausel, die den Verwender zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses (hier: Vertrag über Online-Computerspiel) wegen fehlerhafter Kreditkartenabbuchung beim Verwendungsgegner bzw. wegen Rückbelastung nach erfolgter Abbuchung berechtigt, ist nach § 309 Nr. 4 unzulässig. 25 BGH v. 11.12.1997 – IX ZR 46/97, NJW 1998, 991; allerdings überzeugt die rechtliche Begründung nicht vollauf, dazu Hensen EWiR 1998, 147. Im Unternehmenskaufvertrag können Nutzungszinsen vereinbart werden: BGH v. 1.3.2000 – VIII ZR 77/99, MDR 2000, 690. 26 So aber Keim DNotZ 1999, 612 (620).

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§ 309 Nr. 4 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

IV. Sonstiges 9 Nicht unter § 309 Nr. 4 fällt eine AGB-Bestimmung, die nicht die Verzugsvoraussetzungen umgehen, sondern einen Anspruch auf Nutzungen sichern soll27. Bei Dauerschuldverhältnissen ist die Kündigung zwar ohne Nachfristsetzung zulässig, zumeist aber nicht ohne Abmahnung. Klauseln, die von ihr befreien sollen, sind nach § 307 zu kontrollieren; für ihre Wirksamkeit wird es in der Regel keine triftigen Gründe geben (vgl. auch § 323 Abs. 3). Zu Verfallklauseln vgl. § 309 Nr. 6 Rz. 19. Nur weitläufig verwandt sind Klauseln zur Regelung der Ausübungsfrist für den Rücktritt des Kunden nach von diesem gesetzter Nachfrist28. Das Gegenstück zu § 309 Nr. 4 bilden Klauseln, mit denen der Verwender bestimmen will, dass er gar nicht oder erst sehr spät in Verzug gerät; sie sind nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 unwirksam, soweit sie nicht unter § 308 Nr. 1 und 2 fallen29.

V. Unwirksamkeit 10

Die Folgen des Verstoßes gegen § 309 Nr. 4 sind eindeutig: Die Klausel ist unwirksam, so dass es bei der vom Gesetz in § 286 Abs. 1 Satz 1 aufgestellten Verzugsvoraussetzung der Mahnung ebenso bleibt wie beim Erfordernis der Fristsetzung (z.B. nach § 281 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 323, siehe Rz. 7). Auch wenn die Umstände des Einzelfalls die Notwendigkeit von Mahnung oder Nachfristsetzung ausnahmsweise entfallen lassen, lässt dies die generelle Unwirksamkeit zu weit gefasster Klauseln unberührt30.

VI. Verträge mit Unternehmern 11

Eine entsprechende Anwendung des § 309 Nr. 4 im Geschäftsverkehr mit Unternehmern ist über § 307 grundsätzlich auch im Rechtsverkehr zwischen Unternehmen angezeigt, was aber die Berücksichtigung besonderer Interessenlagen nicht ausschließt31. So wird im Lichte des § 353 HGB nichts gegen Klauseln einzuwenden sein, mit denen sich die Verwender höhere als gesetzliche Zinsen vom Zeitpunkt der Überschreitung des Zahlungsziels oder von einem bestimmten und mühelos feststellbaren Zeitpunkt nach Lieferung sichern32. Dagegen kann auf Mahnung und Fristsetzung auch gegenüber Unternehmern nicht verzichtet werden, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen für die Rechte des Verwenders auf Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung darstellen (§ 307

27 BGH v. 8.10.1987 – VII ZR 185/86, BGHZ 102, 41 = NJW 1988, 258: „Im Falle einer Überzahlung hat der Auftragnehmer den Betrag mit 4% zu verzinsen“. 28 Dazu BGH v. 18.1.1989 – VIII ZR 142/88, NJW-RR 1989, 625. 29 OLG München v. 24.11.1988 – 29 U 2858/88, NJW-RR 1989, 276. 30 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 342/81, NJW 1983, 1320 unter II 6. Vgl. auch Metz EWiR 1999, 193. 31 In diesem Sinne auch MünchKomm/Wurmnest Rz. 12; von Westphalen NJW 2005, 121 (122); von Westphalen NJW 2009, 2977 (2978); a.A. Wolf/Dammann Rz. 60 („selbständige Bewertung“). Allgemein zur „Indizwirkung“ des § 309 für den unternehmerischen Verkehr vgl. BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774. 32 So auch BGH v. 7.3.1991 – I ZR 157/89, NJW-RR 1991, 995 unter II 1.

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Pauschalierung von Schadensersatzansprchen

§ 309 Nr. 5 BGB

Abs. 2 Nr. 1)33. In diesem Bereich sind also (sieht man von Fällen eiligen Warenumsatzes, etwa bei verderblicher Ware, ab) Klauseln regelmäßig unzulässig, mit denen sich der Verwender ein Recht auf Rücktritt oder Schadensersatz nach bloßem Ablauf der Zahlungs- oder Lieferfrist oder für den Fall des Verzuges ausbedingt, zumal die Fristsetzung den Verwender kaum beschwert. Jedenfalls steht die Mühe, eine Frist zu setzen, außer Verhältnis zu dem vom Verwender mit der Klausel zumeist erstrebten Nutzen, sich rasch Schadensersatzansprüche oder das Recht zum Rücktritt zu verschaffen34. Der Verwender kann sich nicht wirksam durch Klauseln, die kurzum jeden Vertrag zu einem – in der Praxis eher seltenen – Fixgeschäft machen, Ansprüche auf Schadensersatz oder Rücktritt sichern35. Solche Klauseln sind ähnlich überraschend (§ 305c Abs. 1) wie etwa die, nach der der Kunde versichert, Kaufmann zu sein36. Folgerichtig sind erst recht Klauseln unwirksam, die den Verwender berechtigen sollen, „in dringenden Fällen“ Mängel auf Kosten des Lieferanten selbst zu beseitigen. Denn die Klausel erfasst auch Fälle, in denen dem Lieferanten trotz Eilbedürftigkeit Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben werden muss und Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung vom erfolglosen Ablauf einer – angemessen kurzen – Frist zur Nacherfüllung (§§ 437 Nr. 3, 280, 281) abhängen37. Zum umgekehrten Fall einer unangemessenen Ausdehnung der Zahlungsfrist nach § 286 Abs. 3 Satz 1 siehe schon oben Rz. 638.

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Nr. 5 Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen) die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder

33 Für generelle Unabdingbarkeit der Mahnung Palandt/Grüneberg Rz. 23; MünchKomm/ Wurmnest Rz. 4. 34 Zust. BGH v. 18.12.1985 – VIII ZR 47/85, NJW 1986, 842 m.w.N. und Steckler BB 1995, 469 (472); OLG Köln v. 25.11.1988 – 6 U 69/88, WM 1989, 526 und v. 26.4.1990 – 21 U 15/89, NJW 1991, 301; der Gutachterausschuss für AGB hat in den Gutachten 1/74 und 3/80 den Verzicht auf die Nachfristsetzung nicht beanstandet, später aber in den Gutachten 2/81 und 1/83 entgegengesetzt votiert. 35 BGH v. 17.1.1990 – VIII ZR 292/88, BGHZ 110, 88 = NJW 1990, 2065 unter II 2b bb. 36 BGH v. 17.5.1982 – VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109 = NJW 1982, 2309. 37 BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, NJW 2006, 47 (49) Rz. 23 f. 38 Dazu auch OLG Köln v. 1.2.2006 – 11 W 5/06, NJW-RR 2006, 670 (Frist von 90 Tagen unangemessen lang).

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§ 309 Nr. 5 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale; I. Grundlagen 1. Gegenstand und Zweck der Norm 2. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . a) Inhalt der Vorschrift . . . . . . . . b) Auswirkungen auf das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Änderungen durch die Verbraucherrechte-Richtlinie . . 3. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Unangemessen hohe Vergütungen (§ 308 Nr. 7) . . . . b) Abgrenzung zur Vertragsstrafe (§ 309 Nr. 6) . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnis zur Beweislastumkehr (§ 309 Nr. 12) . . . . . . . . . . . . . d) Spezielle Vorschriften für besondere Vertragstypen . . . . .

1 5 6

e) Beurteilung von Schadenspauschalierungen nach § 307 . . . .

15

II. Anwendungsbereich 1. Schadensersatz und Wertminderung . . . . . . . . . . . .

17

9

2. Einwand der zu hohen Pauschale (§ 309 Nr. 5a) a) Bewertungsmaßstab . . . . . . . b) Beweislast . . . . . . . . . . . . . .

20 22

10

3. Nachweis eines wesentlich niedrigeren Schadens (§ 309 Nr. 5b) . . .

24

11

4. Vorbehalt eines höheren Schadens

31

III. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . .

32

IV. Verträge mit Unternehmern . . . .

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V. ABC der Schadenspauschalierung

36

8

13 14

I. Grundlagen 1. Gegenstand und Zweck der Norm 1 Im Anschluss an § 308 Nr. 7 regeln § 309 Nr. 5 und Nr. 6 Ansprüche des Verwenders aus Vertragsverhältnissen, die der Kunde gestört hat. Nach § 308 Nr. 7 darf sich der Verwender für den Fall des Rücktritts vom Vertrag oder der Kündigung keine unangemessen hohe Nutzungsvergütung und keinen unangemessen hohen Aufwendungsersatz ausbedingen. Enger – und damit dem Bereich der Klauseln mit Wertungsmöglichkeit entrückt – hat das Gesetz in § 309 Nr. 5 die Grenzen für die Zulässigkeit von Schadensersatzpauschalen gezogen. Sie sind ebenso wie Pauschalen für Wertminderungen erlaubt, solange sie dem regelmäßigen Schaden oder der gewöhnlichen Wertminderung entsprechen; außerdem muss dem Kunden ausdrücklich erlaubt werden einzuwenden, dass der Verwender gar keine oder eine viel niedrigere Vermögenseinbuße erlitten habe. 2 Die explizite Hinweispflicht auf die Möglichkeit des Kunden, einen wesentlich niedrigeren Schaden nachweisen zu können, ist erst durch die Schuldrechtsreform eingeführt worden. Vor dem SMG hatte § 11 Nr. 5b AGBG (nur) gefordert, dass dem anderen Vertragsteil ein solcher Nachweis nicht abgeschnitten werden dürfe. Das hatte zu erheblichen Unsicherheiten in der Rechtsanwendung geführt1. Bis zum Inkrafttreten der Vorgängerregelung in § 11 Nr. 5 AGBG war die Zulässigkeit der formularmäßigen Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen im Schrifttum streitig2, während die Rechtsprechung grundsätzlich

1 Vgl. Hensen (10. Aufl.) Rz. 2; MünchKomm/Wurmnest Rz. 1, 22. 2 Vgl. die Übersicht bei Kötz Gutachten zum 50. DJT, 1974, S. 75 Fn. 166.

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Pauschalierung von Schadensersatzansprchen

§ 309 Nr. 5 BGB

keine Bedenken hatte3. Schon unter Bezugnahme auf die noch nicht in Kraft getretenen Vorschriften zum AGBG hat der BGH dann ausgeführt, Schadenspauschalierungen seien zwar grundsätzlich zulässig, dem Ersatzpflichtigen dürfe aber der Nachweis, dass ein weitaus geringerer Schaden entstanden sei, nicht abgeschnitten werden4. Obwohl § 309 Nr. 5b mit der Wendung vom „wesentlich“ niedrigeren Schaden als die Pauschale eine gewisse Wertungsmöglichkeit eröffnet, ist der Standort der Norm in § 309 zu rechtfertigen, da sie im Sachzusammenhang mit § 309 Nr. 6 steht und die Wertungsmöglichkeit gering ist5. Die Aufnahme in den Katalog der absolut unzulässigen Klauseln darf nicht darü- 3 ber hinwegtäuschen, dass sich das Unwerturteil nicht gegen die Schadenspauschalierung als solche, sondern nur gegen eine unangemessene Ausgestaltung richtet. Diese betrifft zum einen die Höhe der Pauschale, die an den erfahrungsgemäß zu erwartenden Durchschnittsschaden gebunden wird (Nr. § 309 5a), zum anderen werden mit der ausdrücklichen Hinweispflicht auf die Möglichkeit eines Gegenbeweises (Nr. § 309 5b) besondere Anforderungen an die Transparenz der Klausel gestellt, damit der Kunde nicht von der Geltendmachung seiner Rechte abgehalten wird. Der Gesetzgeber erkennt aber an, dass ein praktisches Bedürfnis für Schadensersatzpauschalierungen besteht6. Sie tragen erheblich zur Rationalisierung der Geschäftsabwicklung bei, indem sie Ermittlungsund Nachweisprobleme für den Verwender reduzieren und die Schadensregulierung beschleunigen7. Jedenfalls wenn die Schadensersatzverpflichtung des Kunden dem Grunde nach feststeht, können sie den Streit über die Schadenshöhe vermeiden oder vermindern und auch insoweit zur Kostenminderung beitragen. Diese Einsparungen an Verwaltungs- und Verfahrenskosten liegen durchaus auch im Interesse des Kunden, der mittelbar durch geringere Produktpreise an dem Rationalisierungseffekt für den Verwender partizipieren kann. Zudem verdeutlichen die Pauschalen dem Kunden – ihre maßvolle Ausgestaltung unterstellt – das finanzielle Risiko einer Vertragsverletzung, insbesondere einer unberechtigten Lösung vom Vertrag, und können insoweit auf präventive, auf die Wahrung der Vertragstreue des Kunden gerichtete Funktion entfalten. Schutzbedürftig ist der Kunde zunächst im Hinblick auf die erhebliche Gefahr der formularmäßigen Festlegung einer überhöhten Schadenspauschale, mit der das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot umgangen werden könnte8. Das gilt nicht nur auf einer generellen Ebene, sondern auch für den konkreten Einzelfall: Daher darf der festgesetzte Betrag weder den „nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden“ übersteigen (Nr. 5a), noch darf der Kunde daran gehindert werden, im Einzelfall nachzuweisen, dass dem Verwender in concreto gar kein Schaden oder nur ein wesentlich geringerer Nachteil entstanden ist. Mit der Neufassung durch das SMG (oben Rz. 2) ist diese zweite, einzelfallbezogene Schutzkomponente in Nr. 5b um den Aspekt einer Stärkung der Transparenz erweitert worden, weil diese Nachweismöglichkeit 3 Vgl. etwa BAG v. 14.12.1966 – 5 AZR 168/66, NJW 1967, 751; BGH v. 10.11.1976 – VIII ZR 115/75, BGHZ 67, 312 (313 f.) = NJW 1977, 381 (382). 4 BGH v. 14.1.1976 – VIII ZR 203/73, BB 1976, 571; BGH v. 10.11.1976 – VIII ZR 115/75, BGHZ 67, 312 = NJW 1977, 381. Näheres zur Entstehungsgeschichte des § 11 Nr. 5 AGBG bei Hensen (10. Aufl.) Rz. 5. 5 Hensen (10. Aufl.) Rz. 6 (unter Hinweis auf die ähnliche Situation bei § 309 Nr. 8b dd). 6 So ausdrücklich auch BGH v. 16.6.1982 – VIII ZR 89/81, NJW 1982, 2316 (2317). 7 MünchKomm/Wurmnest Rz. 1. 8 Vgl. MünchKomm/Wurmnest Rz. 2.

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§ 309 Nr. 5 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

dem Kunden nunmehr durch einen entsprechenden ausdrücklichen Hinweis klar vor Augen geführt werden muss.

2. EG-Richtlinie 93/13/EWG 5 Anhang. Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass e) dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird;

a) Inhalt der Vorschrift 6 Auch die Richtlinie 93/13/EWG will Vorsorge dafür treffen, dass der den Vertrag verletzende Verbraucher nicht über Gebühr auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Nr. 1 lit. e des Anhangs begnügt sich allerdings mit einer Begrenzung der Höhe des Entschädigungsbetrags, die ausdrückliche Gestattung des Nachweises einer niedrigeren Einbuße wird nicht verlangt. Vom Wortlaut gedeckt sind sowohl Schadenspauschalen als auch Vertragsstrafen, da sie ebenfalls an eine Nichterfüllung von vertraglichen Verpflichtungen des Kunden anknüpfen9. Die schwierige Abgrenzung zwischen beiden Rechtsinstituten erübrigt sich daher insoweit. Aus dem separaten Klauselverbot nach Nr. 1 lit. d lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten, bezieht es sich doch auf vom Verbraucher bereits bezahlte Beträge und lässt ebenfalls nicht erkennen, ob die einbehaltenen Beträge als Schadensersatz, Vertragsstrafe oder Aufwendungsersatz einzuordnen sind (siehe dazu § 309 Nr. 6 Rz. 7). 7 Der Wortlaut des Nr. 1 lit. e ist auch in anderer Hinsicht interpretationsbedürftig. Er scheint den Gedanken nahe zu legen, die Höhe des Entschädigungsbetrages sei an dem Gewicht der Vertragsverletzung auszurichten. Gemeint ist aber wohl, dass der vom Gewerbetreibenden verlangte Betrag nicht außer Verhältnis zum wahren durch die Vertragsverletzung entstandenen Schaden stehen darf. b) Auswirkungen auf das deutsche Recht 8 Das Verbot des § 309 Nr. 5 geht hinsichtlich der Ermöglichung des Gegenbeweises über Nr. 1 lit. e hinaus, was im Hinblick auf Art. 8 RL 93/13/EWG nicht zu beanstanden ist. Das Verbot eines „unverhältnismäßig hohen Entschädigungsbetrages“ wird wesentlich präziser umgesetzt. Dass dabei die Nichterfüllung von Vertragspflichten des Kunden nicht erwähnt wird, beruht darauf, dass dieser ohnehin Schadensersatz nur schuldet, wenn er die Vertragserfüllung gestört hat. c) Keine Änderungen durch die Verbraucherrechte-Richtlinie 9 Das bisherige Klauselverbot der Nr. 1 lit. e fand sich in leicht abgewandelter Form in Anh. III Nr. 1 lit. c RL-Vorschlag10 wieder. Danach sollte die Missbräuchlichkeit einer Klausel vermutet werden, die „darauf abzielt oder zur Folge“ hat, dass „von einem Verbraucher für den Fall, dass er seiner Verpflichtung nicht nachkommt, die Zahlung eines den Schaden des Gewerbetreibenden erheblich über9 Im Ergebnis übereinstimmend MünchKomm/Wurmnest Rz. 3; a.A. Hensen (10. Aufl.) Rz. 32 (Vertragsstrafeklauseln von Nr. 1 lit. e nicht umfasst). 10 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher v. 8.10.2008, KOM (2008) 614 endg. S. 45.

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steigenden Schadensersatzes verlangt wird“. Das in seinem Anwendungsbereich und seiner Rechtswirkung (keine Widerlegungsmöglichkeit) teilweise weiter gehende Klauselverbot des § 309 Nr. 5 hätte wegen des Prinzips der Vollharmonisierung (Art. 4 RL-Vorschlag) entsprechend modifiziert werden müssen. Der Richtlinienvorschlag scheiterte jedoch an der Kritik der Mitgliedstaaten. Die letztendlich verabschiedete Verbraucherrechte-Richtlinie11 verfolgt zwar grundsätzlich weiterhin das Prinzip der Vollharmonisierung, verzichtet aber weitestgehend auf eine Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

3. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Unangemessen hohe Vergütungen (§ 308 Nr. 7) Das absolute Klauselverbot des § 309 Nr. 5 betrifft nur die Pauschalierung von Ansprüchen des Verwenders auf Schadensersatz oder Wertminderung. Es wird ergänzt durch § 308 Nr. 7, der im Zusammenhang mit der Beendigung von Verträgen auf Initiative des Vertragspartners die Festlegung „unangemessen hoher“ Vergütungen für erbrachte Leistungen, für die Nutzung von Sachen oder Rechten oder als Aufwendungsersatz untersagt, wobei es keine Rolle spielt, ob insoweit eine Pauschalierung erfolgt oder nicht. Wird ein Pauschalbetrag festgelegt, dann bietet es sich an, die mögliche Unangemessenheit unter Rückgriff auf die Kriterien des § 309 Nr. 5 zu bestimmen, also darauf abzustellen, ob der angesetzte Betrag den Wert der erbrachten Leistungen, gemachten Aufwendungen oder gezogenen Nutzungen „nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge“ übersteigt12. Außerdem muss dem Kunden der Nachweis gestattet werden, dass der Verwender keine oder wesentlich geringere Aufwendungen gehabt habe13. Auf die Vergütung für erbrachte Leistungen oder Nutzungen (§ 308 Nr. 7b) lässt sich dies allerdings nicht übertragen, da es insoweit allein auf das objektive Missverhältnis zwischen dem Wert der erhaltenen Leistung und gezogenen Nutzungen, nicht dagegen auf eine (möglicherweise) hinter den Erwartungen zurückbleibende Vermögensminderung beim Verwender ankommt14.

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b) Abgrenzung zur Vertragsstrafe (§ 309 Nr. 6) Im Gegensatz zu Schadenspauschalierungen, die lediglich bestimmten Anforderungen unterworfen werden, sind Vertragsstrafen nach § 309 Nr. 6, insbesondere für den Fall des Verzugs und der Lösung vom Vertrag, in AGB gänzlich verboten. Der Abgrenzung zwischen Schadensersatzanspruch und Vertragsstrafe kommt daher erhebliche Bedeutung zu. In den Gesetzesmaterialien finden sich 11 Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 304 v. 22.11.2011, S. 64. 12 MünchKomm/Wurmnest Rz. 4. 13 BGH v. 8.11.1984 – VII ZR 256/83, NJW 1985, 632; BGH v. 9.7.1992 – VII ZR 6/92, NJW 1992, 3163; OLG Rostock v. 21.8.1997 – 7 U 365/96, NJW-RR 1998, 310 (311) (zu § 11 Nr. 7b AGBG) BAG v. 27.7.2010 – 3 AZR 777/08, NZA 2010, 1237 (1240). 14 Ebenso MünchKomm/Wurmnest Rz. 4 a.E. Insoweit noch anders MünchKomm/Kieninger (5. Aufl.) Rz. 4 a.E., die auch bezüglich der Vergütung für Nutzungen dem Kunden den Nachweis eröffnen will, dass „dem Verwender durch die Nutzung der Sache keine oder nur eine wesentlich niedrigere Einbuße entstanden sei“.

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hierzu keine Hinweise. Daher ist grundsätzlich von den Funktionen dieser beiden Rechtsinstitute auszugehen: Die Vertragsstrafe ist durch die doppelte Zwecksetzung geprägt, einerseits als Zwangs- oder Druckmittel den Schuldner zur Erbringung der geschuldeten Leistung anzuhalten, andererseits dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung zu eröffnen15. Der Zweck der Schadenspauschalierung erschöpft sich dagegen weitgehend in der vereinfachten Regulierung von Schäden, insbesondere wenn die Ermittlung der genauen Höhe aufwendig oder der Nachweis schwierig ist. Zwar ist nicht zu verkennen, dass von einer Pauschalierung auch ein mittelbarer Erfüllungsdruck ausgehen kann, insbesondere wenn der Betrag objektiv hoch ist oder über dem tatsächlichen oder zu erwartenden Schaden liegt16. Doch im Ansatz steht bei der Pauschalierung der Rationalisierungszweck im Vordergrund. Die Rechtsprechung stellt deswegen zu Recht vor allem darauf ab, ob die fragliche Klausel in erster Linie auf den Kunden einen Erfüllungsdruck ausüben oder primär der vereinfachten Durchsetzung eines als bestehend vorausgesetzten Schadensersatzanspruchs dienen soll17. Angesichts der zumindest partiellen Überschneidung der Einsatzzwecke – auch von der Schadenspauschale geht ein gewisser Druck zu vertragskonformem Verhalten aus, beide Instrumente dienen der vereinfachten Durchsetzung von Ansprüchen – und der einzelfallabhängigen, vom konkreten Wortlaut der Klausel beeinflussten und oftmals nur schwer festzustellenden Priorität der verfolgten Zielsetzung bleibt die Unterscheidung zwischen Vertragsstrafe und Schadenspauschalierung mit erheblichen Rechtsunsicherheiten belastet18. 12

Vor diesem Hintergrund wird in der Literatur nicht selten auf sekundäre Hilfskriterien abgestellt, die sich mehr oder weniger an der Angemessenheit der Rechtsfolge orientieren. So soll nach einem Ansatz eine Einordnung als Vertragsstrafe erfolgen, wenn die streitige Klausel für die in ihr geregelten Fälle „als generell unangemessen erscheint oder wenn die Höhe des festgesetzten Betrages von vornherein keine erkennbare Relation zur Höhe des normalerweise eintretenden Schadens aufweist“19. Sei die Fixierung eines bei Nicht- oder Schlechterfüllung zu zahlenden Betrages „nach der Art des Vertrages und den typischerweise gegebenen Interessen der Beteiligten an sich vernünftig“ und bedürfe daher nur die Höhe des festgesetzten Betrages der richterlichen Kontrolle, soll eine Schadenspauschalierung vorliegen20. Auch diese Kriterien erlauben jedoch keine eigenständige, rechtssichere Unterscheidung zwischen den beiden Rechts-

15 BGH v. 27.11.1974 – VIII ZR 9/73, BGHZ 63, 256 (259) = NJW 1975, 163 (164) m.w.N.; BGH v. 30.6.1976 – VIII ZR 267/75, NJW 1976, 1886; BGH v. 28.1.1993 – I ZR 294/90, NJW 1993, 1786 (Vertragsstrafe zur Durchsetzung pauschalierten Schadensersatzes); BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805 unter II 4 c dd (1); vgl. zu dieser Bifunktionalität auch MünchKomm/Gottwald Vor § 339 Rz. 6; Stoffels Rz. 886. 16 MünchKomm/Gottwald Vor § 339 Rz. 34. 17 So der Ansatz des BGH, vgl. BGH v. 6.11.1967 – VIII ZR 81/65, BGHZ 49, 84 (87 ff.) = NJW 1968, 149; BGH v. 27.11.2974 – VIII ZR 9/73, BGHZ 63, 256 (259) = NJW 1975, 163; BGH v. 25.11.1982 – III ZR 92/81, NJW 1983, 1542; BGH v. 30.6.1987 – KZR 7/86, NJWRR 1988, 39 (41). 18 MünchKomm/Wurmnest Rz. 5 f. m.w.N. 19 MünchKomm/Wurmnest Rz. 6. 20 MünchKomm/Wurmnest Rz. 6; unklar MünchKomm/Gottwald Vor § 339 Rz. 34, der einerseits der rechtsfolgenorientierten Abgrenzung zustimmt, andererseits darauf abstellen will, „welcher Zweck im Einzelfall im Vordergrund steht“.

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instituten, sondern können allenfalls ergänzend im Sinne einer Plausibilitätsund Ergebniskontrolle zur Absicherung der Entscheidung herangezogen werden. Teilweise tendiert die Literatur dazu, im Zweifelsfall eine Schadenspauschalierung anzunehmen21, während das OLG Nürnberg gerade umgekehrt bei nicht eindeutiger Formulierung unter Anwendung der Unklarheitenregel (§ 305c) zu Lasten des Verwenders eine Vertragsstrafe annimmt22. Keine Alternative ist die vereinzelt anzutreffende resignierte Verneinung oder bewusste Verwischung der Unterschiede zwischen Schadenspauschalierung und Vertragsstrafe23, da dies der klaren Gesetzeslage widerspricht24. Somit bleibt letztlich nur der vom BGH verfolgte Ansatz, entscheidend auf die primäre Druckfunktion der Vertragsstrafe als maßgebliches Unterscheidungsmerkmal abzustellen und eine entsprechende Qualifizierung einer Klausel im Einzelfall durch möglichst viele Indizien (unter Einschluss der genannten Hilfsüberlegungen „von der Rechtsfolge her“) abzusichern. Ein pauschalierter Schadensersatz ist dagegen anzunehmen, „wenn die zur Beurteilung stehende Vertragsklausel erkennen lässt, dass die Parteien wirklich einen Schadensersatz regeln wollen“25, was insbesondere bei bestimmten Vertragstypen, etwa der Verletzung von Leistungspflichten aus Kaufverträgen, regelmäßig anzunehmen sein dürfte. Wird dem Schuldner in der Klausel ausdrücklich der Gegenbeweis im Einzelfall eröffnet, wie es § 309 Nr. 5b verlangt, scheidet eine Qualifikation der Abrede als Vertragsstrafe aus26. Insoweit wird die Abgrenzungsproblematik etwas entschärft. c) Verhältnis zur Beweislastumkehr (§ 309 Nr. 12) Im Gegensatz zum generellen Verbot einer formularmäßigen Beweislastumkehr zu Gunsten des Verwenders nach § 309 Nr. 12 gestattet Nr. 5 dem Verwender eine Pauschalierung des Schadens und der Wertminderung, befreit ihn damit von der Last, deren genaue Höhe beweisen zu müssen und bürdet stattdessen dem Kunden den Gegenbeweis auf. Als die speziellere Regelung geht Nr. 5 dem Nr. 12 vor27 und schränkt damit das strikte Verbot der Beweislastumkehr insoweit ein.

21 Hensen (10. Aufl.) Rz. 8; Wolf/Dammann Rz. 38; differenzierend Bamberger/Roth/Becker Rz. 10; a.A. Frank/Werner DB 1977, 2172; Erman/Roloff § 309 Rz. 42 (für eine kundengünstige Auslegung im Einzelfall). 22 OLG Nürnberg v. 5.2.2002 – 1 U 2314/01, NJW-RR 2002, 917. 23 Vgl. z.B. OLG Celle v. 7.12.1962 – 11 U 134/62, NJW 1963, 351; Belke DB 1969, 559 ff. (603 ff.), der vertragliche Schadenspauschalierungen Vertragsstrafenabreden gleichstellt; ähnlich Kötz Gutachten zum 50. DJT, 1974, S. 75 (77); Knütel/Rieger NZBau 2010, 285 (286 f.). Gleiches gilt für die Einschätzung von Schadenspauschalierungen als generell fehlerhaft, so z.B. Hadding Gutachten zum 53. DJT, 1980, S. 275 Fn. 73a, oder das Plädoyer für eine Rückkehr zum einheitlichen Vertragsstrafebegriff, dafür etwa D. Fischer Vertragsstrafe und vertragliche Schadensersatzpauschalierung, 1981, S. 167 ff. 24 Nicht akzeptabel ist daher z.B. die einheitliche Prüfung einer als „Vertragsstrafeversprechen“ bezeichneten Klausel am Maßstab von „§ 309 Nr. 5 und 6“ in der Entscheidung OLG Celle TranspR 2005, 261 (262). 25 BGH v. 6.11.1967 – VIII ZR 81/65, BGHZ 49, 84 (89) = NJW 1968, 149 (150); BGH v. 25.11.1982 – III ZR 92/81, NJW 1983, 1542 m.w.N.; NJW 1992, 2625; siehe dazu ferner OLG Köln v. 22.1.2010 – 6 U 119/09, MMR 2010, 238 (239) (Verpflichtung des Mobilfunkkunden, auch für die unbefugte Nutzung Dritter zu bezahlen, soweit dieser die Nutzung zu vertreten hat, stellt keine Schadenspauschalierung, sondern eine Zurechnung des objektiven Vertrauenstatbestandes einer Willenserklärung dar). 26 MünchKomm/Gottwald Vor § 339 Rz. 34 a.E. 27 Vgl. BGH v. 8.10.1987 – VII ZR 185/86, BGHZ 102, 41 = NJW 1988, 258; BayObLG v. 12.2.1981 – BReg.2 Z 85/80, BB 1981, 1418 (1419); MünchKomm/Wurmnest Rz. 7.

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d) Spezielle Vorschriften für besondere Vertragstypen 14

Einige gesetzliche Vorschriften sehen für bestimmte Vertragstypen Sonderregelungen vor, die bei der Vereinbarung von Schadenspauschalen oder Vertragsstrafen ebenfalls zu beachten sind. Für die Höhe der Verzugszinsen in Verbraucherdarlehensverträgen treffen etwa § 497 Abs. 1 Satz 2 und § 503 Abs. 2 zwingende Anordnungen, von denen zu Lasten des Verbrauchers nicht abgewichen werden kann (§ 511 Satz 1). Für Reiseverträge gestattet § 651i Abs. 3 ausdrücklich die Festsetzung angemessener Stornopauschalen „unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerbs“, die Vorgaben des § 309 Nr. 5 sind jedoch bei formularmäßiger Vereinbarung zusätzlich zu beachten28. Für Fernunterrichtsverträge schließt § 2 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2 FernUSG Vertragsstrafen und Schadenspauschalierung zu Lasten des Fernunterrichtsteilnehmers generell aus, selbst wenn es sich um eine Individualabrede handelt. e) Beurteilung von Schadenspauschalierungen nach § 307

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Ein Rückgriff auf die Generalklauseln des § 307 Abs. 1, Abs. 2 kommt nur insoweit in Betracht, als es nicht um die Höhe der Pauschalierung oder das Fehlen eines ausdrücklichen Hinweises auf die Gestattung des Gegenbeweises geht, sondern andere Gründe für eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners sprechen. In Betracht kommt vor allem eine vom dispositiven Recht abweichende, sachlich nicht gerechtfertigte Ausweitung der Voraussetzungen für eine Ersatzpflicht, etwa durch die Auferlegung einer Zahlungspflicht auch für nicht vom Kunden zu vertretende Leistungsstörungen29. Denkbar ist auch, dass eine Klausel, die bei isolierter Betrachtung dem Maßstab des § 309 Nr. 5 genügt, im Zusammenwirken mit anderen Vertragsbestandteilen im Ergebnis zu einer unangemessenen Benachteiligung führt30. Bei der pauschalierenden Bemessung von Bereicherungsansprüchen, etwa auf gezogene Nutzungen (§ 818 Abs. 1)31, Aufwendungsersatzansprüchen oder anderen, nicht als Folge einer Wertminderung oder Schädigung entstehenden Ansprüchen des Verwenders ist ebenfalls § 307 einschlägig. Gleiches gilt für die ausdrückliche Zubilligung eines Rechts des Verwenders, im Einzelfall einen höheren Schaden nachweisen zu können32.

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Nicht von § 309 Nr. 5 erfasst wird auch der Fall, dass der Verwender nicht seinen eigenen Schaden zu hoch, sondern den Schaden des Kunden zu niedrig ansetzt. Solche Klauseln können Freizeichnungsklauseln darstellen33, kommen aber auch häufig in Form von Abfindungsklauseln vor, in denen der Versicherungsnehmer auf eine bestimmte Obergrenze seines Ersatzanspruchs einseitig

28 MünchKomm/Wurmnest Rz. 9. 29 BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294 = NJW 2005, 1645; BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, NJW 2006, 47; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 12; MünchKomm/Wurmnest Rz. 8; Erman/Roloff § 309 Rz. 44 c. 30 MünchKomm/Wurmnest Rz. 8 unter Hinweis auf OLG München VersR 1978, 772; OLG Karlsruhe v. 22.7.1982 – 9 U 27/81, BB 1983, 725 (727). 31 BGH v. 8.10.1987 – VII ZR 185/86, BGHZ 102, 41 (45) = NJW 1988, 258; MünchKomm/ Wurmnest Rz. 8. 32 MünchKomm/Wurmnest Rz. 8 a.E., Rz. 24. 33 Vgl. z.B. Hensen (10. Aufl.) Anh. § 310 Rz. 880 ff. betr. VDMA-Bedingungen.

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festgelegt wird. Diese spiegelbildliche Anwendung des § 309 Nr. 5 führt zur Inhaltskontrolle nach § 30734. Unzulässig ist es, wenn in AGB die Kumulierung von pauschalisiertem Schadensersatz und Vertragsstrafe vorgesehen wird. So führte der BGH bereits 1974 aus, dass ein Nebeneinander von verwirkter Vertragsstrafe und vollem Schadensersatz zu einer mit dem Schadensersatzrecht nicht zu vereinbarenden und mit dem Interesse an der Erfüllungssicherung allein nicht mehr zu rechtfertigenden Bereicherung des Gläubigers führen würde35. Folglich gilt §§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2, wonach die Beträge miteinander verrechnet werden müssen. Der BGH hat seitdem mehrfach entschieden, dass die Normen durch vorformulierte Klauseln nicht abbedungen werden können36.

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II. Anwendungsbereich 1. Schadensersatz und Wertminderung § 309 Nr. 5 setzt voraus, dass dem Verwender ein durch das Verhalten der anderen Vertragsseite ausgelöster Anspruch auf Schadensersatz (oder Wertminderung, dazu Rz. 1) zusteht. Auf welche Anspruchsgrundlage dieser Schaden gestützt wird und welche Schadensform, isoliert oder gemischt, pauschaliert wird, ist insoweit unerheblich. Ob der Anspruch existiert, richtet sich nach den geltenden zivilrechtlichen Vorschriften. Eine über das dispositive Gesetzesrecht hinausgehende Zubilligung von Schadensersatzansprüchen durch AGB ist ebenfalls taugliche Grundlage für die Pauschalierung, sofern diese erweiterte Schadensersatzhaftung des Vertragspartners der Inhaltskontrolle – regelmäßig nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 – insoweit standhält37 – siehe auch § 309 Nr. 6 Rz. 30. Ist erkennbar, dass in der Klausel nicht erstattungsfähige Schadensposten einbezogen werden, etwa der Zeitaufwand des Klägers bei Vorbereitung des Klageverfahrens, so ist die Klausel schon wegen Fehlens eines Schadensersatzanspruchs unwirksam38. Die vom BGH den Kreditinstituten untersagte Bepreisung der Rückgabe von Lastschriften39 sowie der Unterrichtung des Kunden davon40 kann nicht über den Umweg von Schadenspauschalen erreicht werden, da die Kreditinstitute insoweit keinen Anspruch auf Schadensersatz haben: Die Kunden handeln nicht pflichtwidrig, wenn sie keine Kontodeckung vorhalten. Auch kann die Bank nicht wissen, ob eine wirksame Einziehungsermächtigung vorliegt41. Klauseln über Nutzungsansprüche, etwa aus § 818 Abs. 1, können nicht nach § 309 Nr. 5, 34 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 23; a.A. Wolf/Dammann Rz. 50, der sich für eine Anwendung von § 309 Nr. 7 oder § 309 Nr. 12 ausspricht. 35 BGH v. 27.11.1974 – VIII ZR 9/73, BGHZ 63, 256 (259) = NJW 1975, 163 (164). 36 Zuletzt BGH v. 24.6.2009 – VIII ZR 332/07, NJW-RR 2009, 1404 (1405). 37 Z.B. in Leasingverträgen für den Fall der Kündigung bei Zahlungsverzug des Kunden; dazu Gerth/Panner BB 1984, 813 (817 f.). Vgl. auch Löwisch NJW 1986, 1725 (1728) bzgl. bestimmter Inkassokosten. 38 Palandt/Grüneberg Rz. 26; PWW/Berger Rz. 28; im Ergebnis auch Erman/Roloff § 309 Rz. 44c, die bei einer gesonderten Ausweisung der nicht erstattungsfähigen Kosten auf § 307 zurückgreifen will. 39 BGH v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43 = NJW 1998, 309; BGH v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294 = NJW 2005, 1645. 40 BGH v. 12.2.2001 – II ZR 148/99, BGHZ 146, 374 = NJW 2001, 1419. 41 Dazu von Gelder WM 2000, 101 (110) und WM 2001, Sonderbeil. 7, S. 14 f.

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sondern nur nach § 307 kontrolliert werden42. Da allein die auf das vertragsstörende Kundenverhalten zurückzuführenden Ansprüche auf Schadensersatz gemeint sind, passt unter § 309 Nr. 5 z.B. nicht der Anspruch auf eine Wildschadenspauschale, die der Jagdausübungsberechtigte zur Verhütung und Beseitigung der vom Wild angerichteten Flur- und Waldschäden zu entrichten hat43. Auch die Verpflichtung des Mobilfunkkunden, die durch unbefugte Nutzung entstandenen Verbindungsentgelte zu zahlen, stellt keine Schadenspauschalierung dar44. Hier steht die Begründung einer Entgeltforderung für tatsächlich erbrachte Leistungen im Vordergrund. Gleiches gilt im Ergebnis für die sog. Take-or-Pay-Klauseln in Energielieferungsverträgen, die den Kunden auch bei Unterschreitung einer Mindestabnahmemenge zur Zahlung des dieser entsprechenden Entgelts verpflichten45. Ebenfalls keinen Fall des § 309 Nr. 5 stellt es trotz ähnlicher Interessenlage dar, wenn der Verwender nicht einen zu leistenden Schadensersatzanspruch pauschaliert, sondern sich von vorneherein eine Sicherheit stellen lässt, deren Höhe das zu sichernde Interesse übersteigt. Die Unwirksamkeit ergibt sich hier aus § 307 Abs. 1, Abs. 2 freilich unter Heranziehung der Wertung des § 309 Nr. 546. 18

Gegenstand von Schadenspauschalen sind ganz überwiegend die Ansprüche auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach § 280 in dem Rechtsverhältnis des Verwenders zum Kunden, dagegen seltener Ansprüche nach § 281 wegen nicht oder wegen nicht wie geschuldet erbrachter Leistung. Ob Ersatzansprüche unter § 309 Nr. 5 oder § 308 Nr. 7 fallen, lässt sich regelmäßig danach abgrenzen, ob der Kunde eine Vertragspflichtverletzung begangen hat; für die daraus erwachsenen Ansprüche gilt § 309 Nr. 5. Auch die Ausübung eines vertraglichen Rechts auf Rücktritt oder Kündigung kann ausnahmsweise einen Schadensersatzanspruch auslösen, etwa der Rücktritt von einem Kaufvertrag über ein Fahrzeug. AGBKlauseln, die eine „Abstandsgebühr“ vorsehen (z.B. in Leasingverträgen), unterfallen eher der Regelung des § 308 Nr. 747. Dasselbe gilt für die häufigen Fälle der Ausübung des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 649 (§ 308 Nr. 7 Rz. 15 f.)48. Die Regelung des gesetzlichen Rücktrittsrechts des Reisenden in § 651i schreibt bereits die Art und Weise der Pauschalierung der Entschädigung des Verwenders vor. Ist die Pauschale überhöht, so folgt die Nichtigkeit der Klausel sowohl aus § 651m Satz 1 wie aus § 309 Nr. 549. Denn auch die Pauschalen nach § 651i Abs. 3 unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 550.

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Die Vorschrift stellt den Anspruch auf Wertminderung neben den pauschalierten Anspruch auf Schadensersatz. Dieses Wort wird nirgendwo anders benutzt. Es wurde bei Inkrafttreten des AGBG in § 2 Abs. 1 Satz 2 AbzG verwendet, und 42 BGH v. 8.10.1987 – VII ZR 185/86, BGHZ 102, 41 = NJW 1988, 258; BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 (Daihatsu); PWW/Berger Rz. 27. 43 BGH v. 8.10.1998 – III ZR 278/97, ZIP 1998, 2097 = NJW-RR 1999, 125 m. Anm. Hensen EWiR 1998, 1105; zust. Wolf/Dammann Rz. 25–32; siehe zuletzt BGH v. 30.11.2000 – III ZR 151/00, NJW-RR 2001, 343. 44 OLG Köln v. 22.1.2010 – 6 U 119/09, MMR 2010, 238 (239). 45 Thomale/Feurstein NJOZ 2010, 811 (814 f.). 46 BGH v. 9.10.2014 – III ZR 32/14, DB 2014, 2587 (2588). 47 So auch Kurstedt DB 1981, 2525. 48 A.A. wohl Reich NJW 1978, 1570. Für eine analoge Anwendung BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 (1956) und die Parallelentscheidung BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 (Schwenker); zust. Hürter/Leidig NZBau 2011, 731 (732 f.). 49 Vgl. dazu BGH v. 26.10.1989 – VII ZR 332/88, NJW-RR 1990, 114. 50 Tempel NJW 2002, 2005.

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zwar als einer der Faktoren für die Bemessung des Wertes einer Gebrauchsüberlassung. Der Anspruch aus § 2 AbzG durfte aber nach dessen Wortlaut gerade nicht pauschaliert werden51, ebenso wie die Wertminderung in der Nachfolgebestimmung des § 13 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG; denn das Gesetz stellt auf die konkret eingetretene Wertminderung ab, was eine Pauschalierung ausschließt. Um Wertersatz nach Rücktritt geht es in § 346 Abs. 2 und Abs. 3, dieser unterfällt jedoch § 308 Nr. 7. Pauschalisierungsfähige Wertersatzansprüche des Verwenders dürften vor allem gemäß § 357 Abs. 7 bei der Vertragsabwicklung nach Ausübung eines Widerrufs- oder Rückgaberechts durch den Verbraucher entstehen. Die Ansprüche auf Minderung nach §§ 441, 536, 638 gehören dagegen nicht hierher52, abgesehen davon, dass sie in fast allen Fällen nicht gegen den Kunden gerichtet sind, sondern gerade dessen Rechte ausmachen53. Angesichts der offenbar geringen praktischen Relevanz wird teilweise die Abschaffung dieser Alternative in § 309 Nr. 5 gefordert54.

2. Einwand der zu hohen Pauschale (§ 309 Nr. 5a) a) Bewertungsmaßstab Die Pauschalabrede ist nach § 309 Nr. 5a unwirksam, wenn die Pauschale höher 20 ist als der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schaden; damit bedient sich das Gesetz der Ausdrucksweise des § 252 Satz 2, und es will auch inhaltlich dieselben Erleichterungen gewähren, die diese Norm dem Gläubiger für die Schadensermittlung einräumt. Ebenso kann in AGB keine höhere Wertminderung ausbedungen werden, als sie gewöhnlich eintritt. Anders als bei Nr. 5b braucht die Pauschale nicht wesentlich überhöht zu sein. Die Beurteilung, dass die Pauschale zu hoch sei, setzt aber voraus, dass der wahre Durchschnittsschaden des Verwenders bekannt ist oder verlässlich ermittelt wird oder dass auf der Hand liegt, dass die vorformulierte Pauschale zur Bereicherung des Verwenders führt55. Dies trifft etwa bei der Neuwertklausel zu, die den Schädiger zum Ersatz ohne Abzug neu für alt verpflichtet. Eine kleinliche Handhabung der Pauschalsätze muss wegen der oft teuren Beweisaufnahmen und des ungewissen Ausgangs nicht stets zum Segen des Kunden geraten. Die vom Verwender bestimmte Pauschale kann nicht noch um anfallende Mehrwertsteuer erhöht werden, ist also als Bruttobetrag zu verstehen56.

51 BGH v. 31.10.1984 – VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320 unter XIV. 52 So auch Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 13; Wolf/Dammann Rz. 45; MünchKomm/ Wurmnest Rz. 15; a.A. Palandt/Grüneberg Rz. 25 (für analoge Anwendung); MünchKomm/Kieninger (5. Aufl.) Rz. 14 (für direkte Anwendung, soweit es sich um EinkaufsAGB handelt). 53 Im Verkehr zwischen Unternehmern werden gelegentlich Ansprüche des Kunden bei Mängeln der Lieferung auf geringe Minderungspauschalen verkürzt. 54 Hensen (10. Aufl.) Rz. 13; zum weit gehenden Leerlaufen der Vorschrift vgl. auch Bamberger/Roth/Becker Rz. 23. 55 BGH v. 28.5.1984 – III ZR 231/82, NJW 1984, 2941 (2942); LG Köln v. 12.11.1986 – 26 O 70/86, MDR 1987, 672: Zahlung von Pfand, Mietzins und Kaufpreis für Leergut; LG Limburg v. 3.11.1998 – 4 O 301/98, NJW-RR 1999, 847 (5% des Kaufpreises als Schadenspauschale eines Grundstücksmaklers bei Verstoß des Kunden gegen Alleinauftrag). 56 Dazu OLG Braunschweig v. 6.4.1979 – 2 U 60/78, BB 1979, 856.

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Der Verwender hat sich an dem branchentypischen Durchschnittsschaden (und der im Durchschnitt der Fälle eintretenden Wertminderung) auszurichten57. Daraus folgt, dass es nicht auf Eigenheiten des einzelnen Verwenders ankommen kann, mithin nicht auf untypisch hohe Gewinnspannen oder von ihm gezahlte erhöhte Vertreterprovisionen58. Diesen Verwendern bleibt nur, auf Pauschalen zu verzichten und ihren Schaden konkret nachzuweisen. Der branchenspezifische Schaden kann andererseits für bestimmte Produktgruppen Differenzierungen erfahren, so dass z.B. der Möbelhandel unterschiedliche typische Schadenshöhen beim Verkauf „normaler“ Möbel und hochwertiger Stilmöbel ausweisen könnte; ebenso kann der Kraftfahrzeughandel nicht nur zwischen neuen und gebrauchten, sondern auch zwischen Pkw und anderen Nutzfahrzeugen unterscheiden. Die Pauschale muss sogar über die Branchenspezifikation hinaus objektbezogen sein, falls sich sonst Unbilligkeiten daraus ergäben, dass erheblich unterschiedliche Schadenshöhen in einer Pauschale zusammengefasst werden; solche Pauschalierungen können nur wirksam sein, sofern der Verwender – was er kaum tun wird – die Pauschale am geringsten Schaden ausrichtet59. So legt § 651i Abs. 3 eine Pauschalierung nach Reisearten nahe. Wie eine Schadenspauschale wirkt die Klausel eines Einkaufsmarktes „Das Aufreißen der Verpackung verpflichtet zum Kauf der Ware“; denn der Aufwand für eine den Verkauf nicht hindernde Wiederherstellung der Verpackung steht jedenfalls bei höherwertiger Ware außer Verhältnis zu deren Preis und führt zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 309 Nr. 5a oder jedenfalls nach § 307 Abs. 2 Nr. 160. b) Beweislast

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§ 309 Nr. 5a hat den Fall zum Gegenstand, dass sich der Verwender eine generell zu hohe Pauschale ausbedungen hat. Im Streit ist, wen die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 309 Nr. 5a trifft. Der BGH vertritt den Standpunkt, der die Schadenspauschale geltend machende Verwender müsse zugleich Tatsachen vortragen, die die Feststellung erlaubten, dass die Schadenspauschale an einer durchschnittlichen Einbuße orientiert sei61. Diese Ansicht kann insoweit nicht überzeugen, als sie übertriebene Anforderungen an die Darlegungslast stellt: Stützt der Verwender sein Schadensersatzbegehren auf die Pauschalierungsklausel seiner AGB, so liegt darin die Behauptung, die Pauschale entspreche dem Schaden, der in derartigen Schadensfällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten sei. Im Säumnisverfahren genügt regelmäßig der Verweis auf die zum Vertragsbestandteil gewordene Pauschalierungsklausel, sofern diese in sich schlüssig ist62. Davon kann allerdings bei ungewöhnlich hohen Pauscha-

57 Vgl. BGH v. 16.1.1984 – II ZR 100/83, NJW 1984, 2093; OLG Zweibrücken v. 1.12.1994 – 4 U 47/94, VuR 1996, 304 (309) m. Anm. Veit; MünchKomm/Wurmnest Rz. 11 a.E. 58 Zust. Erman/Roloff § 309 Rz. 46. 59 So auch BGH v. 21.3.1990 – VIII ZR 196/89, NJW-RR 1990, 1076 unter II 2; Staudinger/ Coester-Waltjen Rz. 16; Wolf/Dammann Rz. 65. 60 OLG Düsseldorf v. 21.12.2000 – 6 U 45/00, MDR 2001, 444. 61 BGH v. 10.11.1976 – VIII ZR 115/75, BGHZ 67, 312 = NJW 1977, 381. Weitergehend LG Potsdam v. 22.10.2014 – 2 O 29/14, NZKart 2015, 152 – Feuerwehrfahrzeug-Kartell (Beweislast des Verwenders, dass die Pauschale „dem typischen Schadensumfang bei allen von ihr erfassten Fällen entspricht“.). 62 Das war z.B. früher für die 15%-Klausel im Neuwagengeschäft der Fall, hat sich inzwischen aber grundlegend geändert, vgl. Hensen (10. Aufl.) Rz. 16.

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len nicht mehr die Rede sein63. Hier genügt folglich der Hinweis auf die Pauschalierungsklausel nicht; die Klage ist vielmehr schon unschlüssig, wenn nicht aus weiterem Sachvortrag die Schadenshöhe als tatsächlich typische hinreichend dargetan wird. Gibt die Klausel indessen aus sich heraus – wie meistens – keinen Anlass, daran 23 zu zweifeln, dass mit ihr der typische Schaden pauschaliert worden sei, so ist es nach den allgemeinen Regeln über die Darlegungs- und Beweislast Sache des Kunden, mit Sachvorbringen die Klausel zu bekämpfen, wenn er sich auf deren Unwirksamkeit berufen will64. Das einfache Bestreiten, dass sich die Pauschale am durchschnittlichen Schaden ausrichte, genügt regelmäßig nicht. Wäre es ausreichend, würde letztlich jede Pauschalierung ihren Sinn verlieren65. Von dem Kunden kann und muss daher ein Mindestmaß an Daten zur Untermauerung seines Einwands der überhöhten Pauschale verlangt werden. Hohe Anforderungen an die Erfüllung der Darlegungspflicht sind indes nicht zu stellen; so genügt, dass der Kunde auf eine niedrigere Pauschale anderer Verwender derselben Branche verweisen kann66. Ist der Einwand des Kunden plausibel67, muss der Verwender darlegen und ggf. beweisen, dass die Pauschale dem gewöhnlichen Schaden oder der gewöhnlichen Wertminderung entspricht, wie er schon zu verfahren hat, wenn die Pauschale aus sich heraus unschlüssig ist (Rz. 22). Das wird ihm mit Hilfe eines verständlich aufgemachten Zahlenwerks seiner Innung, seiner Kammer, seines Wirtschafts- oder Unternehmensverbandes gelingen, so dass sich eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erübrigen sollte68.

3. Nachweis eines wesentlich niedrigeren Schadens (§ 309 Nr. 5b) Seit dem 1.1.2002 müssen AGB, die Schadenspauschalen zum Gegenstand haben, ausdrücklich den Nachweis gestatten, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale (siehe auch Rz. 2). Bis dahin verbot § 11 Nr. 5b AGBG, dem anderen Vertragsteil den Nachweis abzuschneiden, dass kein Schaden oder ein wesentlich geringerer entstanden sei. Diese Bestimmung hatte zu einer Flut von Entscheidungen geführt, die sich dazu ausließen, ob der rechtsunkundige Durchschnitts63 So z.B. in der Sache BGH v. 10.11.1976 – VIII ZR 115/75, BGHZ 67, 312 = NJW 1977, 381, wo der Verwender einen Schaden von rund 85% geltend machte; vgl. auch BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 35/99, NJW-RR 2000, 719 (720). 64 A.A. Palandt/Grüneberg Rz. 29; OLG Zweibrücken v. 1.12.1994 – 4 U 47/94, VuR 1996, 304. 65 Zustimmend Gerth/Panner BB 1984, 813 (817) und OLG Koblenz v. 19.2.1993 – 2 U 527/91, NJW-RR 1993, 1078 (1080) unter 11a; Wolf/Dammann Rz. 85; a.A. Staudinger/ Coester-Waltjen Rz. 18; Erman/Roloff § 309 Rz. 48. 66 Schippel/Brambring DNotZ 1977, 197 (202); Hensen DB 1977, 1690; Soergel/Stein § 11 AGBG Rz. 44; Wolf/Dammann Rz. 86–89; a.A. Erman/Roloff § 309 Rz. 49. 67 Siehe zur parallel gelagerten Vortrags- und Beweislast bei § 10 Nr. 7 AGBG BGH v. 22.4.1991 – II ZR 231/90, NJW 1991, 2765 unter II 3 a. 68 Zust. BGH v. 3.11.1999 – VIII ZR 35/99, NJW-RR 2000, 719 (720); auch MünchKomm/ Wurmnest Rz. 16 verlangt lediglich die Darlegung des branchenüblichen Durchschnittsschadens; Erman/Roloff § 309 Rz. 48; wie hier schon Weyer NJW 1977, 2237; Gerth/Panner BB 1984, 813 (817). A.A. Baumgärtel/Hohmann Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 3, § 11 Nr. 5 AGBG Rz. 3; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 18; Frank/ Werner DB 1977, 2174; Reich NJW 1978, 1570.

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kunde nach der Fassung der AGB davon ausgehen musste, dass er sich nicht auf einen im Einzelfall wesentlich niedrigeren Schaden berufen kann69. Die nicht immer überzeugenden Entscheidungen – auch des BGH – haben den Gesetzgeber veranlasst, im Interesse der Rechtssicherheit dem Verwender aufzuerlegen, dass er dem Kunden ausdrücklich die Möglichkeit eröffnen muss, einen wesentlich niedrigeren Schaden nachzuweisen. Dabei ist dem Gesetzgeber bewusst gewesen, dass er Nr. 5b zu Lasten des Verwenders verschärft70. Wie bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift abzulesen ist, bleibt es allerdings dabei, dass der Kunde die Beweislast für die im Einzelfall geringere Schadenshöhe trägt71. 25

Die Änderung ist zu begrüßen. Die Wirksamkeit von Pauschalierungsklauseln war vor dem 1.1.2002 häufig daran gescheitert, dass eine strenge Auslegung zu dem Ergebnis gelangte, die Klausel schneide den Nachweis niedrigeren Schadens ab. Namentlich der BGH hatte solchen Klauseln des Öfteren einen Ausschluss des Gegenbeweises entnommen und sie deshalb „jedenfalls“ wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 5b AGBG für unwirksam erklärt. Damit hatte Nr. 5b eine Bedeutung gewonnen, die ihr gar nicht zugedacht war. Da zu erwarten ist, dass den Verwendern eine nach § 309 Nr. 5b wirksame Klauselfassung gelingen wird, werden die Gerichte sich stärker auf die Prüfung des viel wichtigeren und auch als vorrangig gedachten § 309 Nr. 5a konzentrieren können.

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Die Pauschalierungsklausel muss den Nachweis eines niedrigeren Schadens ausdrücklich gestatten72. Das sollte den Verwendern bei der sprachlichen Fassung ihrer AGB keine Schwierigkeiten bereiten. Dem Gesetzesbefehl wird am ehesten entsprochen, wenn auf den Wortlaut der Nr. 5b zurückgegriffen wird: „Der Kunde kann nachweisen, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder dass er wesentlich niedriger ist als die Pauschale“. Von einer „Gestattung“ des Nachweises muss nicht die Rede sein. Der Verwender gestattet seinen Kunden den Nachweis ausdrücklich, wenn er ihnen kundtut, sie hätten die Möglichkeit, jenen Nachweis zu erbringen. Das muss sich aus der Klausel für den rechtsunkundigen Durchschnittskunden auf den ersten Blick ergeben73. Jedes Wenn und Aber macht die Klausel unwirksam.

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Umstritten ist, ob es ausreicht, wenn eine Regelung den Nachweis eines „wesentlich geringeren Schadens“ zulässt74 oder ob ausdrücklich auf die Möglichkeit eines „fehlenden Schadens überhaupt“ hingewiesen werden muss75. Der BGH hat die Frage zu Gunsten der erstgenannten Ansicht entschieden76. Dem ist insoweit zuzustimmen, als § 309 Nr. 5b nicht die wörtliche Wiedergabe des Gesetzestextes in den AGB verlangt. Doch Nachlässigkeiten bei der Formulierung der Klausel gehen zu Lasten des Verwenders. Der juristisch nicht vorgebil69 Siehe dazu die 9. Aufl. in § 11 Nr. 5 AGBG Rz. 18 ff. 70 BT-Drucks. 14/6040 S. 155. 71 Allg. Ansicht, vgl. nur MünchKomm/Wurmnest Rz. 24 m.w. N.; zum früheren Recht OLG Düsseldorf v. 7.12.1993 – U (Kart) 8/93, WuW 1994, 951 (956). 72 BGH v. 23.11.2005 – VIII ZR 154/04, NJW 2006, 1056 (1059). 73 So auch Schumacher MDR 2002, 973 (977); Palandt/Grüneberg Rz. 30; Bamberger/ Roth/Becker Rz. 36. 74 AG München v. 31.8.2007 – 222 C 20175/06, NJW-RR 2008, 139; Wolf/Dammann Rz. 96–99; Albert/Holthusen BB 2007, 2706 (2707). 75 Palandt/Grüneberg Rz. 30; OLG Celle v. 3.7.2008 – 13 U 68/08, BauR 2009, 103 (107); AG Haßfurt v. 21.8.2006 – 3 C 624/05, BB 2007, 2706; Koch MDR 2003, 661 (663). 76 BGH BGH v. 14.4.2010 – VIII ZR 123/09, ZIP 2010, 1349 (1350 f.) = EWiR § 309 1/10, 411 (Lindacher); BGH v. 5.5.2011 – VII ZR 161/10, NJW 2011, 3030 (Schwenker).

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dete Kunde kennt den Wortlaut des § 309 Nr. 5b nicht, welcher ihm im Zweifel als Auslegungshilfe dienen könnte. Zwar mag der Durchschnittskunde im Ergebnis zu der Erkenntnis kommen, dass auch das vollständige Ausbleiben eines Schadens nachgewiesen werden kann. Fraglich ist jedoch, ob sich ihm dies wirklich auf den ersten Blick erschließt oder nicht doch eine nähere gedankliche Auseinandersetzung mit der Klausel verlangt. Jedenfalls kann wohl nicht ohne weiteres behauptet werden, dass ein gegenteiliges Verständnis auf den ersten Blick „angesichts seiner Sinnwidrigkeit fern läge“77. Anders als im Falle des § 309 Nr. 5a bedingt nicht die generelle Überhöhung der Schadenspauschale deren Unwirksamkeit, sondern Nr. 5b lässt die Klausel scheitern, wenn die Pauschale auf Grund der vom Kunden darzulegenden Umstände des Einzelfalls überhöht ist. So ist es regelmäßig, wenn der aus der Nichterfüllung des Vertrags entstandene Schaden vom Verwender ganz oder teilweise durch einen anderen Vertragsschluss aufgefangen werden konnte, ohne dass der Verwender geltend machen kann, er hätte den anderen Vertrag ohnehin schließen können, wie dies bei allen marktgängigen Waren zutrifft78. Dass § 309 Nr. 5b gleichsam eine Ventilwirkung für den Fall unerwarteter Schwankungen der Schadenshöhe habe79, ist unrichtig. Dieser Fall wird schon von § 309 Nr. 5a erfasst, dessen „erwarteter“ Schaden nicht der für die Zukunft geschätzte ist, sondern der erfahrungsgemäß gewöhnlich eintretende i.S.d. § 252. Sinkt der Schaden „unerwartet“, so bedarf es nicht des Nachweises des Kunden nach § 309 Nr. 5b; vielmehr macht § 309 Nr. 5a die Pauschalklausel unwirksam, auf die sich der redliche Verwender gar nicht mehr beruft80.

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Der vom Kunden darzulegende, in diesem Einzelfall entstandene Schaden muss wesentlich niedriger sein als die in den AGB ausbedungene Pauschale. Das lässt sich regelmäßig bei einem um jedenfalls 10% niedrigeren Schaden annehmen81. Bei sehr niedrigen Pauschalbeträgen – etwa 3 Euro für ein Mahnschreiben – passt sie allerdings nicht, und bei sehr hohen Pauschalen kann die Benachteiligung des Kunden schon unter 10% empfindlich spürbar werden, ohne dass sich dafür feste Grenzen festlegen lassen82; immerhin gibt § 651a Abs. 5 Satz 2 dem Reisenden ein Rücktrittsrecht bei einer Preiserhöhung um mehr als 5%.

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Die Tatbestände der Nr. 5a und Nr. 5b sind nicht miteinander verknüpft. Der Kunde kann also die Unzulänglichkeit der Pauschale sowohl nach Nr. 5b wie hilfsweise nach Nr. 5a geltend machen. Die umgekehrte Reihenfolge ist weniger sinnvoll; denn falls der Kunde nach Nr. 5b vorgehen kann, ergibt sich daraus regelmäßig bereits der geschuldete konkrete Schaden des Verwenders, und ohnehin ist der Erfolg für den Kunden, der sich auf Einwände i.S.d. Nr. 5b stützen kann, gewöhnlich leichter zu erzielen als im Falle der Nr. 5a.

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77 So aber BGH BGH v. 14.4.2010 – VIII ZR 123/09, ZIP 2010, 1349 (1351) = EWiR § 309 1/10 411 (Lindacher). 78 BGH v. 8.10.1969 – VIII ZR 20/68, NJW 1970, 29 (32); BGH v. 29.6.1994 – VIII ZR 317/93, BGHZ 126, 309 = NJW 1994, 2478 (Gebrauchtwagenhändler). 79 So Löwisch BB 1985, 959 (962). 80 Ebenso BGH v. 26.10.1989 – VII ZR 332/88, NJW-RR 1990, 114 (115) = WM 1990, 193. 81 So zutr. Palandt/Grüneberg Rz. 31; Erman/Roloff § 309 Rz. 49; ebenso Bamberger/Roth/ Becker Rz. 38; Schumacher MDR 2002, 973 (978). 82 Hingegen wollen Bamberger/Roth/Becker Rz. 38 ab 50.000 Euro eine Abweichung um 5% ausreichen lassen.

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4. Vorbehalt eines höheren Schadens 31

Der Verwender darf sich nicht ohne weiteres die Wahl zwischen der Schadenspauschale und dem Nachweis eines im Einzelfall höheren Schadens ausbedingen. Denn da sich der pauschale Schaden an dem Durchschnittsschaden errechnet, würde eine solche Möglichkeit das vom AGB-Recht gebilligte Pauschalierungssystem zunichte machen: Der Verwender würde bei einem Schadensbetrag, der im unteren Bereich der zur Ermittlung der Durchschnittseinbuße dienenden Schadensskala liegt, die Pauschale geltend machen und den im oberen Bereich angesiedelten höheren Schaden konkret nachweisen können. Wer pauschaliert, bindet sich. Andernfalls würde zu Lasten des Kunden der Durchschnittsschaden zum Mindestschaden gemacht, und die Vorteile der Schadenspauschalierung kämen dem Verwender im Übermaß zugute. Das wird indes überwiegend anders gesehen83. Der Gedanke des BGH, das BGB lasse den Nachweis höheren Schadens ohnehin zu, überzeugt nicht, weil das BGB die Schadenspauschale nicht kennt. Wäre der pauschalierte Schaden lediglich der niedrige Mindestschaden, so müsste der Verwender zwar den höheren Schaden stets nachweisen dürfen. So ist es aber gerade nicht, wovon die Fassung des § 309 Nr. 5a auch eindeutig ausgeht. In entsprechender Anwendung des § 309 Nr. 5 darf der Verwender sich jedoch vorbehalten, einen im Einzelfall ungewöhnlich hohen Schaden an Stelle der Schadenspauschale geltend zu machen84, sofern diese Ausnahme hinreichend deutlich und transparent in den AGB geregelt wird.

III. Rechtsfolge 32

Rechtsfolge der Unzulässigkeit der vorformulierten Pauschale ist, dass sie in Wegfall kommt85. Sie bleibt also nicht etwa mit niedrigerem Satz aufrechterhalten. Der Verwender kann nunmehr denjenigen Schaden geltend machen, der ihm in diesem Einzelfall tatsächlich entstanden ist. Das kann bei einer für den Kunden ungünstigen Konstellation sogar ein höherer Schaden sein, als er mit der Pauschale im Falle des § 309 Nr. 5a verlangt wurde. Wird gegen § 309 Nr. 5b verstoßen, so ist gleichfalls die ganze Pauschalierungsklausel unwirksam, falls nicht ausnahmsweise der verunglückte Klauselteil über den ausdrücklichen Nachweis eine inhaltlich tatsächlich selbständige Bestimmung darstellt und die Höhe der Pauschale nach Nr. 5a nicht zu rügen ist86.

83 BGH v. 16.6.1982 – VIII ZR 89/81, NJW 1982, 2316 (2317); OLG Köln v. 30.6.1986 – 20 U 205/85, NJW-RR 1986, 1434 (1435) und OLG Köln v. 21.5.1996 – U 122/98, NJW-RR 2001, 198; OLG Hamm v. 13.6.1986 – 20 U 285/85, NJW-RR 1987, 311 (312); BGH v. 14.4.2010 – VIII ZR 123/09, ZIP 2010, 1349 (1350 f.); Gerth/Panner BB 1984, 813 (185); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Schadenspauschalierungsklauseln) Rz. 26; Palandt/Grüneberg Rz. 25; Wolf/Dammann Rz. 100 ff.; wie hier D. Fischer JR 1983, 65; Soergel/Lindacher Vor § 339 Rz. 38; Erman/Roloff § 309 Rz. 49 a.E.; im Ergebnis ebenso, aber mit anderer Begründung OLG Koblenz v. 16.11.1999 – 3 U 45/99, NJW-RR 2000, 871. 84 Siehe OLG Köln v. 21.5.1999 – 6 U 122/98, NJW-RR 2001, 198 (Sonderanfertigung von Möbeln). 85 Heute h.M.; vgl. dazu schon OLG Frankfurt v. 15.6.1982 – 11 U 1/82, NJW 1982, 2564. 86 Näher H. Schmidt Vertragsfolgen der Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1986, S. 76; a.A. BGH v. 31.1.1985 – III ZR 105/83, ZIP 1985, 466 (468).

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IV. Verträge mit Unternehmern Spezifisch unternehmerische Gesichtspunkte, die eine Schadenspauschalierung 33 abweichend von § 309 Nr. 5a zulässig machen könnten, sind nicht ersichtlich87. Dass es unter Kaufleuten gestattet sein müsse, der Schadenspauschale einen nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegenden Höchstschaden zugrunde zu legen und die Zulässigkeit des Gegenbeweises auszuschließen88, ist nicht einzusehen. Das ist auch mit der ratio des § 348 HGB nicht begründbar. Keineswegs überzeugt, dass es einem Unternehmer unmöglich sei, seinen typischen Durchschnittsschaden zu ermitteln, er vielmehr auf einen fiktiven Höchstschaden – als Pauschale – ausweichen dürfe89. So würde die Pauschale zur Bereicherung des Verwenders führen, was unter Unternehmern ebenso unbillig ist90 wie das ausdrückliche Abschneiden des Gegenbeweises, den nur fürchten muss, wer unredlich handelt91. Die Neufassung des § 309 Nr. 5b hat das sprachliche Verständnis des rechtsunkundigen Verbrauchers im Auge gehabt und im Interesse der Rechtssicherheit zu einer strengeren Regelung geführt, als sie bis Ende 2001 bestand. Schon daraus ist herzuleiten, dass nicht auch der Unternehmer einer ausdrücklichen Kundgabe bedarf, er dürfe nachweisen, dass gar kein Schaden oder aber ein wesentlich niedrigerer eingetreten sei92. Der Vorschrift des § 309 Nr. 5b geht also eine Indizwirkung dahin ab, dass die ausdrückliche Gestattung des Nachweises eines geringeren Schadens dem Gebot redlichen Umgangs mit jedwedem Vertragspartner zuzurechnen sei. Das ist allerdings umstritten93. Auch ist es unschädlich, wenn im unternehmerischen Verkehr dem pauschalierten Schaden Zusätze wie „mindestens“, „wenigstens“ oder „auf jeden Fall“ beigegeben werden94.

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Was die oben (Rz. 16a a.E.) angesprochene Kumulierung von Schadensersatzan- 35 sprüchen und Vertragsstrafe betrifft, ist sie im Geschäftsverkehr der Unternehmer aus Dauerschuldverhältnissen, insbesondere aus Automatenaufstellverträgen und Bierbezugsverträgen, bekannt. Was diese angeht, will sich der Verwender mit der Kumulation gegen das Abschalten seiner und das Aufstellen fremder Automaten bzw. gegen den Bezug fremden Bieres sichern. Auf diesen Gebieten gibt es ebenso wie in Bereichen des Wettbewerbsrechts sowie bei Patent- und Lizenz87 BGH v. 10.11.1976 – VIII ZR 115/75, BGHZ 67, 312 = NJW 1977, 381; BGH v. 6.10.1982 – VIII ZR 201/81, NJW 1983, 159 unter II 5 a; BGH v. 28.5.1984 – III ZR 231/82, NJW 1984, 2941; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Schadenspauschalierungsklauseln) Rz. 33; MünchKomm/Wurmnest Rz. 27; Wolf/Dammann Rz. 141–143; PWW/Berger Rz. 31. A.A. Knütel/Rieger NZBau 2010, 285 (289 f.). 88 So Alisch JZ 1982, 706. 89 So aber Lutz AGB-Kontrolle im Handelsverkehr, 1991, S. 103. 90 BGH v. 28.5.1984 – III ZR 231/82, NJW 1984, 2941 (2942); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 unter XV 2 b; BGH v. 11.11.1997 – XI ZR 13/97, NJW 1998, 592 (593); BGH v. 2.3.1999 – XI ZR 81/98, NJW-RR 1999, 842; vgl. auch OLG München v. 13.4.1994 – 7 U 6067/93, BB 1994, 1890 = DB 1994, 2393: Allerdings scheitert die Klausel, dass bei Zielüberschreitung „Zinsen und Provisionen gemäß den jeweils üblichen Zinsen für kurzfristige Kredite“ zu berechnen seien, am Verstoß gegen das Transparenzgebot, da keine Klarheit über die Zinshöhe besteht. 91 Dreher in FS Traub, 1994, S. 63 (79). 92 So ausdrücklich BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, NJW-RR 2003, 1056 (1059). 93 Wie hier Stoffels Rz. 894; Palandt/Grüneberg Rz. 32; a.A. Koch WM 2002, 2173 (2177); von Westphalen NJW 2002, 12 (20). 94 Nach Bamberger/Roth/Becker Rz. 41 ist nur der Ausschluss des Gegenbeweises unzulässig.

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§ 309 Nr. 5 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

verletzungen ein anzuerkennendes Bedürfnis für die Kumulation von Schadensersatz- und Vertragsstrafeansprüchen, aber nur dann, wenn der Sicherungszweck für die Zukunft nicht entfallen ist95. Generell ist die Kumulierung also auch unter Unternehmern unzulässig96. Zur Schadenspauschalierung bei wettbewerbsbeschränkenden Preisabsprachen siehe § 309 Nr. 6 Rz. 38.

V. ABC der Schadenspauschalierung 36

Aus der Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Schadenspauschalierungen, also ohne die Fälle des § 308 Nr. 7: Automatenaufsteller: 70% des nach Abzug des Wirteanteils verbleibenden durchschnittlichen Einspielergebnisses vom BGH WM 1979, 918 unbeanstandet gelassen. Zutreffend: rund 30% (Teil 2, (6) Automatenaufstellverträge Rz. 5). Chip-Bezahlsysteme: Unwirksam ist eine Klausel, die dem Verwender im Falle des Verlustes eines Bezahlchips einen Schadensersatz in Höhe des maximalen Zahlbetrags zuspricht (OLG Brandenburg v. 6.2.2013 – 7 U 6/12 juris; LG Mainz NJW-RR 2011, 1553 f.; LG Köln NJW-RR 2013, 250 f.). Darlehensverträge: Die Rechtsprechung des BGH aus den 1980er Jahren zur Zinshöhe bei Verzug vor und nach der Kündigung ist mit § 288 hinfällig geworden. Auch sind Schadenspauschalen in AGB der Kreditgeber nur noch selten anzutreffen, so für Bereitstellungszinsen, ohne dass es dazu Rechtsprechung gibt. Nichtabnahmeentschädigungen (BGH NJW 1985, 1831 unter II 3 = 3% des Darlehensnennbetrages, ebenso noch in NJW 1991, 1817; zuletzt OLG Naumburg WM 2004, 783: 0,5% jährlich bis zur ersten Kündigungsmöglichkeit) werden ebenso wie Vorfälligkeitsentschädigungen durchweg nicht mehr pauschaliert, sondern anhand der vom BGH vorgegebenen Raster individuell errechnet, wobei der Zinsmargenschaden bei 0,5% liegt, der Risikoabschlag bei 0,1%, der ersparte Verwaltungsaufwand bei etwa 5 Euro je Buchung und die Bearbeitungskosten wegen des verwendeten Rechenprogramms 150 Euro nicht überschreiten sollten. Fensterlieferung und -montage: 30% wirksam (OLG Braunschweig BB 1979, 856), 40% unwirksam (OLG Stuttgart NJW 1981, 1105, aber nur wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 5b AGBG). Fernsprechnebenstellenanlagen: 50% der Restmiete nach Berücksichtigung der Abzinsung wohl unbedenklich (BGHZ 67, 312 = NJW 1977, 381), maximal drei Jahresmieten (BGH NJW 1985, 2328; OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 1191; BGH NJW-RR 1988, 1491; KG MDR 1997, 1019). Kartellschäden: Unwirksamkeit einer Schadenspauschale i.H.v. 15 % der Auftragssumme für den Fall, dass der „Auftragnehmer aus Anlass der Vergabe nachweislich eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt,“ wegen fehlenden Nachweises der Verwenderin, dass die Pauschale „dem typischen Schadensumfang bei allen von ihr erfassten Fällen entspricht“ (LG Potsdam v. 22.10.2014 – 2 O 29/14, NZKart 2015, 152 – Feuerwehrfahrzeug-Kartell); für Wirksamkeit einer Pauschalierung des Kartellschadensersatzes i.H.v. 15 % der Auftragssumme dagegen OLG Karlsruhe v. 31.7.2013 – 95 So auch BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (56). 96 BGH v. 21.11.1991 – I ZR 87/90, NJW 1992, 1096 für Handelsvertreterverträge; Dreher in FS Traub, 1994, S. 63 (76).

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§ 309 Nr. 6 BGB

Vertragsstrafe

6 U 51/12 (Kart.), NZKart 2014, 366 (368) – Löschfahrzeuge (bei ausdrücklich eingeräumter Möglichkeit, dass „ein Schaden in anderer Höhe nachgewiesen wird“). Kraftfahrzeughandel: Siehe Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 14 ff. und Rz. 18 f. Kraftfahrzeugvermietung: Feste Tagessätze, die sich nach der Größe des Wagens richten und für sich genommen nicht zu hoch sind, werden zumeist zu Unrecht für sämtliche Tage verlangt, an denen das Fahrzeug nicht vermietet werden konnte, obschon es gewöhnlich nicht während der gesamten Zeit vermietet worden wäre (BGH BB 1976, 571; OLG Saarbrücken NJW-RR 1991, 313). Lastschrift: Dazu oben Rz. 17; BGH NJW-RR 2000, 719 (720): Erfolglose Abbuchungsversuche eines Unternehmers dürfen nicht mit 50 DM pauschaliert werden. BGH NJW 2009, 3570: 50 Euro sind als Bearbeitungsgebühr für eine Rücklastschrift unzulässig. OLG Schleswig v. 27.3.2012 – 2 U 2/11, NJW-RR 2013, 496: Bereits 19,95 Euro sind als Bearbeitungsgebühr unzulässig. Lebensversicherungsverträge: Eine Stornoklausel zur Verminderung des Rückkaufswerts ist unwirksam, wenn sie dem Versicherungsnehmer nicht ausdrücklich den Nachweis geringeren Schadens gestattet Seiffert r+s 2010, 177 (179 f.). Mahnkosten: BGH NJW 1985, 320 unter IX 2: Kein Anspruch für Erstmahnung (aber entgegen BGH nicht unwirksam nach § 11 Nr. 4 AGBG, sondern nach § 9 AGBG/§ 307). OLG Hamburg DB 1984, 2504: 5 DM zulässig – Fitness Center; a.A. OLG Frankfurt WM 1985, 938; OLG Karlsruhe ZIP 1985, 603 (607): nur 2,50 DM; OLG Hamburg NJW 1991, 2841: 7 DM sind zu viel). BGH NJW-RR 2000, 719 (720): 30 DM für Mahnschreiben eines Unternehmers unzulässig. Sind Störungen der Vertragsabwicklung vom Vertragstyp her häufig, so dürften die Mahnkosten bereits von vornherein in die Gegenleistung des Kunden eingerechnet sein: vgl. OLG Hamburg NJW-RR 1987, 1449; ebenso Killmann EWiR 1987, 637 und OLG Frankfurt WM 1988, 154 (157). Laut BGH NJW 1988, 1971 sind die Mahnkosten mit dem Verzugsschaden abgegolten. Möbelhandel: BGH NJW 1985, 320 unter III 1: 25% bei fabrikneuen Möbeln angemessen; im Versandhandel 30% (OLG Frankfurt NJW 1982, 2569). Lagerkosten können nicht mit einem festen Prozentsatz vom Kaufpreis pauschal festgelegt werden, weil eine solche Schadensersatzforderung in sich unschlüssig ist (vgl. OLG Stuttgart BB 1979, 1468). 2% des Kaufpreises unzulässig (OLG Karlsruhe BB 1981, 1168 f.).

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Nr. 6 Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 6. (Vertragsstrafe) eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird;

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§ 309 Nr. 6 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

1. Gegenstand und Zweck der Norm

1

b) Irrelevanz der Bezeichnung . . . c) Abgrenzung zu Verfallklauseln

18 19

2. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . a) Inhalt der Vorschrift . . . . . . b) Auswirkungen auf das deutsche Recht . . . . . . . . . c) Verbraucherrechte-Richtlinie

5 6

2. Nichtabnahme, verspätete Abnahme . . . . . . . . . . . . . . . .

21

3. Zahlungsverzug . . . . . . . . . . . .

22

I. Grundlagen .. .. .. ..

9 10

3. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Abgrenzung zur Schadenspauschalierung (§ 309 Nr. 5) . . . . . b) Verhältnis zu § 307 . . . . . . . . . c) Sonstige Vorschriften zu Vertragsstrafen . . . . . . . . . . . .

11 12

24

III. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . .

26

IV. Bewertungskriterien nach § 307

15

II. Anwendungsbereich 1. Arten der Vertragsstrafe a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . .

4. Lösung vom Vertrag . . . . . . . . . .

1. Verträge mit Verbrauchern a) Allgemeine Leitlinien . . . . . . b) Vertragsstrafen im Arbeitsrecht

27 34

2. Verträge mit Unternehmern . . . .

35

V. ABC der Vertragsstrafenklauseln

40

16

I. Grundlagen 1. Gegenstand und Zweck der Norm 1 Die Vorschrift geht von der generellen Zulässigkeit formularmäßiger Vertragsstrafeversprechen des AGB-Unterworfenen als selbstverständlich aus1 und verbietet Strafklauseln nur in beschränktem Umfang für vier konkrete Einsatzzwecke: Für die ersten drei in § 309 Nr. 6 aufgeführten Fälle – der Kunde nimmt die vertragliche Leistung nicht oder verspätet ab oder zahlt verspätet – sind Vertragsstrafeversprechen höchst selten, weil dem Verwender regelmäßig Schadensersatzansprüche zustehen, die außerdem noch auf dem Wege der nach § 309 Nr. 5 zulässigen Schadenspauschalierungen leicht durchgesetzt werden können. § 309 Nr. 6 (bzw. die wortgleiche Vorgängernorm § 11 Nr. 6 AGBG) hat Bedeutung vor allem in der vierten Variante gewonnen, die sich gegen eine Strafzahlung für die Lösung vom Vertrag wendet, und dem einst verbreiteten Schwindel mit „Abstandszahlungen“ und „Reugeldern“ insoweit ein Ende bereitet. Vor 1977 waren formularmäßige Vertragsstrafenabreden nur selten Gegenstand veröffentlichter Entscheidungen zur Inhaltskontrolle von AGB. Der BGH hatte sie für grundsätzlich zulässig erachtet und die Möglichkeit zur – z.T. drastischen – Herabsetzung der Strafen nach § 343 gutgeheißen2, während die Instanzgerichte formularmäßige Vertragsstrafenklauseln teilweise für schlechthin unwirksam gehalten hatten3. Die veröffentlichte Rechtsprechung zu Strafklauseln in AGB ist nur selten zur direkten Anwendung des § 309 Nr. 6 gelangt, sondern hat seit jeher nach § 9 AGBG und nunmehr § 307 zu kontrollierende Vertragsstrafen aller Art im unternehmerischen Bereich betroffen, namentlich Strafklauseln in

1 Gleichwohl fasst der BGH v. 16.7.1998 – VII ZR 9/97, NJW 1998, 3488 einen Leitsatz dahin, dass Vertragsstrafen in AGB vereinbart werden können. 2 Vgl. BGH v. 6.11.1967 – VIII ZR 81/65, BGHZ 49, 84 = NJW 1968, 149 im Falle eines Maklervertrages. Eine in AGB eines Bauvertrages getroffene Vertragsstrafenabrede für den Fall der Bauverzögerung – je Arbeitstag bis 0,3% der Auftragssumme – wurde seinerzeit ebenfalls anerkannt, siehe BGH v. 1.4.1976 – VII ZR 122/74, WM 1976, 638. 3 OLG Nürnberg v. 22.2.1973 – 2 U 98/72, NJW 1973, 1974, dazu mit Recht krit. Eggert NJW 1974, 242.

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Vertragsstrafe

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Bauverträgen und Verträgen der Treuhandanstalt zum Zwecke von Investitionssicherungen4. Dabei ist die Rechtsprechung zunehmend strenger geworden; beispielsweise hat der BGH im Jahre 2003 seine Rechtsprechung zur Obergrenze der Strafe in Bauverträgen radikal geändert5. – Näher § 307 Rz. 160 sowie Teil 2, (12) Bauverträge Rz. 16. Das besondere Schutzbedürfnis bei Verwendung formularmäßiger Vertragsstrafen resultiert daraus, dass sich der Verwender hierdurch leicht ungerechtfertigte Vorteile verschaffen kann. Auf Grund der im einseitigen Interesse des Verwenders erfolgenden Vorformulierung besteht nicht nur die Gefahr, dass überhöhte Strafzahlungen festgesetzt werden, sondern dass in unausgewogener Weise nur die Verletzung von Pflichten des Vertragspartners sanktioniert wird und dass dabei teilweise auch ganz unwirtschaftliche Handlungen oder Leistungen erzwungen werden, die sonst bei nüchterner Kosten-Nutzen-Analyse besser unterblieben6.

2

Daher wäre es wünschenswert gewesen, jede Art von formularmäßigen Vertragsstrafeversprechen im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern zu verbieten. Das entsprach den Vorschlägen des Teilberichts I7, des CDU/CSU-E (§ 18) sowie des RefE I8. Der RefE II, der insoweit RegE und Gesetz wurde, begründete die ungewöhnlich starke Beschneidung der vorherigen Vorschläge mit dem einen Satz, der von resignierender Einsicht in die inzwischen zutage getretene mangelnde Durchsetzbarkeit eines strikten Verbots getragen war: „Das Verbot des Vertragsstrafeversprechens ist auf die Fälle beschränkt worden, in denen es sich häufig als missbräuchlich erweist und in denen dem Verwender in der Regel andere Sanktionen für die Vertragsverletzung zur Verfügung stehen“9. Damit hat der Gesetzgeber erkennen lassen, dass er jedenfalls dort kein Nebeneinander von Vertragsstrafe und Schadenspauschalierung wünscht, wo mit letzterer leicht auszukommen ist. Seine übereilte Korrektur der vorgelegten Entwürfe hat aber keine systematisch einleuchtend konzipierte Regelung entstehen lassen10. Für eine sinnvolle Anpassung an das neue Leistungsstörungsrecht stand keine Zeit zur Verfügung, so dass auch das SMG diese Bestimmung unverändert gelassen hat.

3

Das Regelungsprinzip des § 309 Nr. 6 unterscheidet sich grundlegend von dem 4 der Nr. 5, das von der Wirksamkeit von Schadenspauschalierungen ausgeht und sich nur gegen überhöhte Forderungen wendet. Nr. 6 verbietet dagegen Vertragsstrafen schon dem Grunde nach, aber nur in einem Teilbereich für ganz bestimmte Vertragsstörungen. Vertragsstrafenvereinbarungen werden somit in AGB weiterhin vorkommen, um den Kunden zur Erfüllung jener Vertragspflichten anzuhalten, die nicht in Nr. 6 geregelt sind. Dabei bilden „Konventionalstra-

4 Vgl. hierzu § 307 Rz. 138 und ausführlich H. Schmidt (10. Aufl.) Anh. § 310 Rz. 850 ff. 5 BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805, dazu von Gehlen NJW 2003, 2961 („höchst revolutionär“). 6 MünchKomm/Wurmnest Rz. 1. 7 „Die Arbeitsgruppe schlägt dieses Verbot vor, weil Vertragsstrafenklauseln einerseits erhebliche Gefahren für den Versprechenden bergen, andererseits für die formularmäßige Vereinbarung von Vertragsstrafen gegenüber dem Letztverbraucher ein anerkennenswertes Bedürfnis nicht ersichtlich ist“ (S. 71). 8 Vgl. auch Schmidt-Salzer AGB 1971 Rz. 193 f.; Leonardy DRiZ 1976, 108 (111) für den Deutschen Richterbund. 9 Bundesministerium der Justiz, März 1975, „Anmerkungen“, S. 5. 10 Vgl. auch Palandt/Grüneberg Rz. 33.

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Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

fen“ für den Fall schuldhaft verspäteter Sachleistung, namentlich im Baugewerbe, die wesentlichen Anwendungsfälle formularmäßiger Strafversprechen.

2. EG-Richtlinie 93/13/EWG 5 Anhang. Klauseln gemäß Artikel 3 Absatz 3 1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass a) es dem Gewerbetreibenden gestattet wird, vom Verbraucher gezahlte Beträge einzubehalten, wenn dieser darauf verzichtet, den Vertrag abzuschließen oder zu erfüllen, ohne dass für den Verbraucher ein Anspruch auf eine Entschädigung in entsprechender Höhe seitens des Gewerbetreibenden vorgesehen wird, wenn dieser selbst es unterlässt; b) dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird;

a) Inhalt der Vorschrift 6 Vertragsstrafen stellen nach der Konzeption der Klauselrichtlinie keine eigene, selbständig erfasste Kategorie dar, sondern können zum einen unter Nr. 1 lit. d, zum anderen unter Nr. 1 lit. e des Anhangs zu Art. 3 Abs. 3 RL 93/13/EWG fallen11. 7 Die Bestimmung der Nr. 1 lit. d lässt nicht erkennen, ob die vom Gewerbetreibenden einbehaltenen Beträge als Vertragsstrafe i.S.d. § 309 Nr. 6 oder vielleicht doch noch als Schadensersatzpauschalen i.S.d. § 309 Nr. 5 oder womöglich sogar als Aufwendungsersatz nach § 308 Nr. 7 einzuordnen sind12 (vgl. auch bereits oben § 309 Nr. 5 Rz. 6). Der Verwender soll keine vom Kunden geleisteten Beträge als Pönale für verfallen erklären können, wenn der Kunde sich weigert, den Vertrag zu schließen oder wenn er ihn nicht erfüllt. Wie es schon zur Zahlung des Kunden gekommen sein kann, obwohl der Vertrag noch gar nicht geschlossen wurde, ist nach hierzulande üblichen Abläufen bei der Vertragsanbahnung schwer verständlich; Vorkasse vor Vertragsschluss gibt es bei uns nicht, sondern nur Anzahlungen nach Vertragsschluss. Die von der ersten Alternative der Bestimmung erfassten AGB zählen somit zu den Vertragsabschlussklauseln. Die Richtlinie verbietet diese Art von Strafklauseln aber nur bei fehlender Gegenseitigkeit. Der Verwender muss sich also in seinen AGB, wenn er Gelder seines Kunden einbehalten will, „zur Entschädigung in entsprechender Höhe“ für den Fall verpflichten, dass er es unterlässt, den Vertrag einzugehen oder zu erfüllen. Die ihn treffende Entschädigungspflicht darf dabei der Höhe nach nicht hinter derjenigen zurückbleiben, die er seinem Kunden auferlegt. Da die Richtlinie zwar Vertragsstrafe und Schadensersatz nicht gegeneinander abgrenzt, aber von „Entschädigung“ die Rede ist, lässt sich folgern, dass sich die Vertragsstrafe an den in Erwartung der Vertragserfüllung entstandenen Aufwendungen auszurichten habe, jedenfalls nicht in exorbitanter Weise darüber hinausgehen darf.

11 Richtlinie 93/13/EWG des Rates v. 5.4.1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. Nr. L 95, S. 29; teilweise anders MünchKomm/Wurmnest § 309 Nr. 5 Rz. 3, § 309 Nr. 6 Rz. 3, die Vertragsstrafen und Schadenspauschalen nur bei Nr. 1 lit. e ansiedelt, ebenso Palandt/Grüneberg § 310 Rz. 32 f., während Hensen (10. Aufl.) § 309 Nr. 5 Rz. 32 die Nr. 1 lit. e nur auf Schadenspauschalen bezieht und Nr. 1 lit. d auf beide Rechtsinstitute anwendet, a.a.O., § 309 Nr. 6 Rz. 22. 12 Wie hier Wolf/Pfeiffer RL Anh Nr. 1d Rz. 44.

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Nr. 1 lit. e stellt nicht auf den Verfall geleisteter Zahlungen, sondern allgemein 8 auf die Festsetzung eines „unverhältnismäßig hohen Entschädigungsbetrags“ für den Fall ab, dass der Verbraucher „seinen Verpflichtungen nicht nachkommt“ und erfasst damit neben Schadenspauschalen auch typische Vertragsstrafenabreden13. Im Gegensatz zum deutschen Recht werden beide Institute gleich behandelt, so dass sich die oftmals sehr schwierige Abgrenzung erübrigt. Im Unterschied zu § 309 Nr. 6 erfasst der Anwendungsbereich dieses europäischen Klauselverbots nicht nur Strafzahlungen für einzelne, kasuistisch aufgezählte Vertragsverletzungen, sondern für sämtliche Pflichtverletzungen des Verbrauchers. Andererseits werden Vertragsstrafen nicht per se für unzulässig erklärt, sondern nur wenn sie im Einzelfall übermäßig hoch ausfallen. b) Auswirkungen auf das deutsche Recht Da die Richtlinie ihrem Wortlaut nach im Falle der Gegenseitigkeit der Strafklauselabreden solche Vertragsstrafen bei Nichterfüllung des Vertrages gutheißt, ist § 309 Nr. 6 strenger14. Aus Nr. 1 lit. d lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass sämtliche Zahlungsklauseln dieser Art bei fehlender Gegenseitigkeit unwirksam seien15. Nr. 1 lit. d weist lediglich einen Weg zur Zulässigkeit von Strafklauseln. Für die Umsetzung des Verbots, das Ausbleiben des Vertragsschlusses mit Strafen zu bewehren, besteht in unserem Rechtskreis kein praktisches Bedürfnis. Im Verhältnis zu Nr. 1 lit. e ist § 309 Nr. 6 für die kasuistisch erfassten Vertragsstörungen ebenfalls strenger, im Übrigen bleibt es bei der Anwendung des § 307, bei der keine abweichenden Ergebnisse zu erwarten sind, da in der Festsetzung eines „unverhältnismäßigen Entschädigungsbetrags“ immer auch eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners liegt.

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c) Verbraucherrechte-Richtlinie Dem früheren Klauselverbot der Nr. 1d entsprach sinngemäß (ohne inhaltliche Änderung) Anh. III Nr. 1 lit. b RL-Vorschlag16. Danach sollte die Missbräuchlichkeit einer Klausel vermutet werden, die „darauf abzielt oder zur Folge“ hat, dass „der Gewerbetreibende eine Zahlung des Verbrauchers für den Fall einbehalten darf, dass Letzterer den Vertrag nicht abschließt oder erfüllt, ohne dass dem Verbraucher das Recht auf Erstattung dieser Summe für den Fall eingeräumt wird, dass der Gewerbetreibende den Vertrag nicht abschließt oder erfüllt“. Das in seinem Anwendungsbereich und seiner Rechtswirkung (keine Widerlegungsmöglichkeit) erheblich weiter gehende Klauselverbot des § 309 Nr. 6 hätte im Falle der Vollharmonisierung aufgehoben und durch eine der neuen Richtlinie entsprechende Vorschrift ersetzt werden müssen. Gleiches galt im Übrigen für das Klauselverbot der Nr. 1 lit. e, dem Anh. III Nr. 1 lit. c RL-Vorschlag entsprach (vgl. dazu bereits oben § 309 Nr. 5 Rz. 9). Doch wurde die Richtlinie in dieser Form nie erlassen. Erst im Oktober 2011 wurde eine Verbraucherrechte-Richtlinie17 verabschiedet, die allerdings nach zahlreichen Änderungen nicht mehr 13 Insoweit übereinstimmend MünchKomm/Wurmnest Rz. 3. 14 Zust. Erman/Roloff § 309 Rz. 61; a.A. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Vertragsstrafen) Rz. 7 (§ 309 Nr. 6 im Wesentlichen identisch mit dem Verbot von Nr. 1d). 15 So andeutungsweise Heinrichs NJW 1998, 1447 (1455). 16 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Rechte der Verbraucher v. 8.10.2008, KOM (2008) 614 endg. 17 Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und

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§ 309 Nr. 6 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

die im Entwurf von 2008 vorgesehene Harmonisierung im Bereich der Vertragsklauseln enthält. Auch die Änderungen der Klauselrichtlinie betreffen mit dem neu eingefügten Art. 8a RL 93/113/EWG zur Meldung über den Erlass und die Änderung von strengeren nationalen Bestimmungen nach Art. 8 RL 93/113/EWG nicht den Anwendungsbereich von § 309 Nr. 6. Bezüglich der Europarechtskonformität des § 309 Nr. 6 bestehen mithin keine Bedenken.

3. Verhältnis zu anderen Vorschriften a) Abgrenzung zur Schadenspauschalierung (§ 309 Nr. 5) 11

Im Gegensatz zum rigorosen Verbot von Vertragsstrafen in den vier Anwendungsfällen des § 309 Nr. 6 eröffnet das Klauselverbot nach § 309 Nr. 5 bezüglich der Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen gewisse Wertungsmöglichkeiten. Daher überrascht es nicht, dass in der Literatur eine Tendenz der Rechtsprechung konstatiert wird, auf die flexiblere Vorschrift für Schadenspauschalen oder gleich auf § 307 auszuweichen18, und manche offen dafür plädieren, im Zweifel eine Pauschalierung des Schadensersatzes und keine Vertragsstrafe anzunehmen19. Trotz der großen Abgrenzungsschwierigkeiten, die vor allem daraus resultieren, dass alle Arten der Vertragsstrafen letztlich die doppelte Zielrichtung haben, sowohl Druckmittel zur vertragsgerechten Leistungserfüllung zu sein als auch den Weg erleichterter Schadloshaltung bei Vertragsverletzungen zu ebnen (dazu schon § 309 Nr. 5 Rz. 6)20, bleibt der Rechtsanwender aufgerufen, vor dem Hintergrund einer umfassenden Interessenanalyse eine an materiellen Kriterien orientierte Abgrenzung vorzunehmen. Eine Vertragsstrafe ist danach regelmäßig anzunehmen, wenn die festgesetzte Strafzahlung nach den Umständen primär eine präventive Funktion als Druckmittel zur Sicherung vertragskonformen Verhaltens entfalten soll (vgl. näher zur Abgrenzung § 309 Nr. 5 Rz. 11 f. m.w.N.). b) Verhältnis zu § 307

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Klauseln über Vertragsstrafen, die nicht zu den enumerativ aufgezählten Fällen des § 309 Nr. 6 gehören, unterliegen in vollem Umfang der Kontrolle nach § 30721. Dabei wird teilweise eine Ausstrahlungswirkung des Klauselverbots auf nicht explizit erfasste Gestaltungen von Vertragsstrafen bejaht22, ohne dass jedoch insoweit konkrete Wertungskriterien benannt werden. Zu weit geht es, Vertragsstrafenklauseln pauschal als „zumindest gegenüber Verbrauchern im

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der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EU Nr. L 304 S. 64. So z.B. MünchKomm/Wurmnest Rz. 5. So ausdrücklich Hensen (10. Aufl.) § 309 Nr. 5 Rz. 8; Wolf/Dammann § 309 Nr. 5 Rz. 38. BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805 unter II 4 c dd (1); zuletzt BGH v. 29.4.2014 – II ZR 216/13, BGHZ 201, 65 = BB 2014, 2323; Lakies ArbRAktuell 2014, 313; Niemann RdA 2013, 92 (93). Siehe statt aller Wolf/Dammann Rz. 61, der zu Recht betont, dass ein Umkehrschluss auf die Zulässigkeit der nicht vom absoluten Klauselverbot erfassten Gestaltungen nicht möglich ist. Vgl. Wolf/Pfeiffer § 307 Rz. 49.

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Zweifel unangemessen“ zu betrachten23. Für die notwendige Interessenabwägung kommt es vor allem darauf an, ob oder inwiefern der Verwender vor dem Hintergrund der (etwaigen) Existenz und Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen überhaupt noch ein schutzwürdiges Interesse an der Sanktionierung nicht vertragsgerechten Verhaltens des Klauselgegners hat24. Das ist etwa zu bejahen, wenn der zu erwartende (materielle) Schaden so geringfügig ist, dass der bei einer Vertragsverletzung drohende Ersatzanspruch nicht geeignet erscheint, als hinreichendes Druckmittel für vertragskonformes Verhalten zu wirken25. Nicht unter § 309 Nr. 6 fällt etwa die Strafe (z.B. in Einkaufsbedingungen oder AGB von Bauherren) für eine Vertragsverletzung des Klauselgegners, der eine Sach- oder Dienstleistung schuldet. Eine für solche Fälle in AGB vereinbarte Vertragsstrafe ist regelmäßig als unangemessen anzusehen, wenn dem Kunden nur einfache Fahrlässigkeit zur Last fällt26. Allerdings dürften keine Bedenken gegen Strafen für die verspätete Heraus- oder Rückgabe von Sachen bestehen27, da häufig das Interesse des Gläubigers an der (Wieder-)Erlangung des Besitzes über die Vermeidung eines messbaren materiellen Schadens hinausgeht. In anderen Fällen kann der Verwender dagegen regelmäßig auf seine Schadensersatzansprüche verwiesen werden.

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Anhand des § 307 zu prüfen sind auch Erweiterungen der Verwirkungsgründe für die Vertragsstrafe über die im dispositiven Gesetzesrecht vorgesehenen Anlässe hinaus und sonstige Modalitäten der Durchsetzung der Vertragsstrafe in Abweichung von den §§ 339 ff. Wird von den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Schadensersatzhaftung wegen Vertragsverletzung abgewichen oder soll etwa (im unternehmerischen Verkehr) entgegen § 339 Satz 1 die Vertragsstrafe auch ohne ein schuldhaftes Verhalten verwirkt sein, muss dies durch gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt sein; andernfalls stellen derartige Vertragsstrafenklauseln eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar und sind unwirksam28. Näher zu allgemeinen Leitlinien der Angemessenheitskontrolle nach § 307 bei formularmäßigen Vertragsstrafenklauseln unten Rz. 27 ff., speziell zu Vertragsstrafen im Arbeitsrecht unten Rz. 34 sowie Anh. § 310 Rz. 80 ff.; zur Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr unten Rz. 35 ff.

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c) Sonstige Vorschriften zu Vertragsstrafen Spezialgesetzliche Verbote von Vertragsstrafen (auch in Individualvereinbarungen) bestehen für Fernunterrichtsverträge (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 FernUSG), Ausbildungsverträge (§§ 5, 12 Abs. 2 Nr. 2 BBiG) und Mietverträge über Wohnraum 23 So Wolf/Dammann Rz. 61, der seine Aussage aber sogleich wieder einschränkt im Hinblick auf die notwendige Berücksichtigung berechtigter Verwenderinteressen. 24 In diese Richtung auch Palandt/Grüneberg Rz. 37 (Strafklauseln bezüglich geschuldeter Sach- oder Dienstleistungen nach § 307 unwirksam bei ausreichender Interessenwahrung durch Schadenspauschale). 25 Vgl. Wolf/Dammann Rz. 61, 67. 26 So auch Palandt/Grüneberg Rz. 37; a.A. Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 6 AGBG Rz. 21; Wolf/Dammann Rz. 70. 27 Hensen (10. Aufl.) Rz. 15 unter Hinweis auf LG Lüneburg v. 3.6.1988 – 4 S 25/88, NJW 1988, 2476; AG Aachen v. 12.12.1991 – 80 C 494/91, DAR 1992, 181 (100 DM je Tag bei verzögerter Ummeldung eines Gebrauchtwagens; wohl gerade noch vertretbar). 28 Vgl. MünchKomm/Wurmnest Rz. 8, 24. Gegenüber Verbrauchern ist die formularmäßige Vereinbarung von verschuldensunabhängigen Vertragsstrafen generell als unwirksam anzusehen, siehe Rz. 33.

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(§ 555 BGB). Auf vorformulierte Klauseln sind sie neben den §§ 305 ff. anzuwenden29.

II. Anwendungsbereich 1. Arten der Vertragsstrafe a) Allgemeines 16

Vertragsstrafen werden nach selbständigen und unselbständigen unterschieden. Letztere sollen die Erfüllung der primären Leistungspflichten des Schuldners sichern und stellen damit das typische Strafversprechen der §§ 339 ff. dar. Im Unterschied zu dieser echten Strafabrede ist das selbständige Strafversprechen i.S.d. § 343 Abs. 2 von der Erfüllung einer erzwingbaren Hauptverbindlichkeit losgelöst; der Schuldner steht auch hier dafür ein, dass etwas Bestimmtes geschieht oder ausbleibt, ohne sich jedoch zu der Handlung oder Unterlassung zu verpflichten30. Für dieses selbständige Strafgedinge gelten die §§ 339 ff. nicht – mit Ausnahme der gerichtlichen Herabsetzungsmöglichkeit nach § 343 und des nach seiner ratio ggf. entsprechend anwendbaren § 34431.

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Vertragsstrafen können die Einhaltung vertraglicher wie gesetzlicher Pflichten sichern32. Ob allerdings Strafabreden in AGB zulässig sind, wenn der abgesicherte Gesetzesverstoß bereits öffentlich-rechtliche Strafgeldzahlungen auslöst33, ist wohl noch nicht endgültig geklärt. So wird die Doppelahndung im Falle GWBwidriger Submissionsabsprachen als Schöpfung privater Geldquellen verworfen34, während sie bei Schwarzfahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln, also einem Verstoß gegen § 265a StGB, gang und gäbe ist (Rz. 23). Die in § 309 Nr. 6 aufgezählten vier Pflichtverletzungen des Kunden machen deutlich, dass es hier überwiegend um selbständige Vertragsstrafen geht; eine vertragliche Hauptpflicht ist nur im Falle des Zahlungsverzuges betroffen35. b) Irrelevanz der Bezeichnung

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AGB nennen eine Vertragsstrafe häufig nicht mit ihrem Namen. Vielmehr wird an das zu vertretende Fehlverhalten des Kunden oder an den Eintritt wie das Ausbleiben vom Kunden garantierter Ereignisse schlicht die Rechtsfolge einer Verpflichtung zur Zahlung eines in bestimmter Höhe festgesetzten Geldbetrages geknüpft. Die Bezeichnung einer Forderung als Schadensersatz, mag der Vertrag auch von Juristen verfasst sein, muss nicht richtig sein, wenn der Regelungs-

29 MünchKomm/Wurmnest Rz. 8 a.E.; Wolf/Dammann Rz. 80 f. 30 Siehe nur Niemann RdA 2013, 92; Palandt/Grüneberg § 339 Rz. 3 m.w.N. K. Schmidt in FS Heinrichs, 1998, S. 529 (536 f.) ordnet das selbständige Strafversprechen als Garantievertrag ein; zust. MünchKomm/Gottwald Vor § 339 Rz. 2, der aber betont, es handele sich bei akzessorischer und selbständiger Strafabrede „nur um unterschiedliche Ausprägungen eines im Ansatz einheitlichen Instituts“. 31 Vgl. MünchKomm/Gottwald § 344 Rz. 10. 32 BGH v. 28.1.1993 – I ZR 294/90, NJW 1993, 1786 unter III 2. 33 Vgl. dazu Lindacher ZIP 1986, 917 (819 ff.); BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24 = NJW 1988, 2536. 34 BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24 = NJW 1988, 2536. 35 Vgl. dazu auch Wolf/Dammann Rz. 15.

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gehalt der Klausel auf eine Vertragsstrafe hinausläuft36. Unter diesem Gesichtspunkt sind auch die in AGB häufig verwendeten Bezeichnungen „Abstand“ und „Reugeld“ zu prüfen37. Nachfolgemieter zahlen „Abstand“ für von ihnen übernommene Sachen des Vormieters, also einen Kaufpreis. Zur Vertragsstrafe wird der Abstand, wenn er für eine vorzeitige Vertragsbeendigung vereinbart wird. Auch die Verpflichtung zur Zahlung eines Reugeldes in AGB wird ausgelöst durch ein vertragswidriges Abstandnehmen des Kunden von der Vertragserfüllung, durch sein Sichlösen vom Vertrag. Mit solchen Reugeldern ist gezielter Missbrauch betrieben worden, indem die Verwender das rasche Scheitern der Verträge programmierten, meistens dadurch, dass bei Bezugsverträgen die vom Verwender geschuldete Leistung verspätet oder nur sporadisch erbracht wurde38. Diesen Firmen, die von den Reugeldern lebten und auf eine hinreichend zuverlässige Vertragserfüllung gar nicht angelegt waren, sollte durch § 309 Nr. 6 der Markt genommen werden; das ist alsbald gelungen. Das spezifische Reugeld des § 353 (Vorbehalt des Rücktritts gegen Zahlung eines Reugelds) fällt dagegen nicht unter § 309 Nr. 639, weil es nicht den Bestand des Vertrags sichern soll, sondern sich eine Partei ein (sonst nicht gegebenes) Rücktrittsrecht erkauft40. Eine im Maklervertrag ausbedungene „Reueprovision“ ist zutreffend als Vertragsstrafe beurteilt worden41. c) Abgrenzung zu Verfallklauseln Verfallklauseln führen zwar auch zu finanziellen Nachteilen des Kunden, werden aber nur dann als Vertragsstrafen von § 309 Nr. 6 erfasst, wenn sie den Kunden zu einer gesondert ausgewiesenen Zahlung verpflichten42. Das Klauselverbot ist dagegen in den Fällen nicht anwendbar, in denen lediglich die Vertragsabwicklung modifiziert wird. So werden Vorfälligkeitsklauseln, die für den Fall einer Leistungsstörung des Vertragspartners die vorzeitige Fälligkeit der Restschuld bei Kreditverträgen oder vergleichbaren langfristigen Schuldverhältnissen (z.B. Leasing) herbeiführen, nicht als Vertragsstrafe eingeordnet, sondern als eine „besondere Ausformung einer Vertragsbeendigungsregelung“ qualifiziert43. Derartige Bestimmungen sind ebenso wie Klauseln, die als Rechtsfolge von Vertragsverletzungen der anderen Partei die Leistungsfreiheit des Verwenders vorsehen44, an § 307 zu messen. Die Vorfälligstellung der Restschuld wird dabei vom BGH nur gebilligt, wenn der Kunde mit der Zahlung in Verzug ist, nicht auch, wenn er in

36 BGH v. 26.5.1999 – VIII ZR 102/98, NJW 1999, 2662 unter II 1 a. 37 Dietlein/Rebmann Rz. 1; Wolf/Dammann Rz. 13; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 9, 11; BGH v. 28.10.1981 – VIII ZR 302/80, BGHZ 82, 121 = NJW 1982, 870; OLG Frankfurt v. 9.8.1984 – 6 U 138/83, ZIP 1984, 1363. 38 Zutr. Dietlein/Rebmann Rz. 1. 39 So zutr. KG v. 23.5.1989 – 6 U 4736/88, NJW-RR 1989, 1077; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 9; Erman/Roloff § 309 Rz. 54; a.A. Bamberger/Roth/Becker Rz. 5; Palandt/Grüneberg Rz. 33; Wolf/Dammann Rz. 20. 40 MünchKomm/Gaier § 353 Rz. 1. 41 BGH v. 1.7.1970 – IV ZR 1178/68, NJW 1970, 1915; vgl. auch NJW 1979, 367. 42 Hensen (10. Aufl.) Rz. 7; a.A. (generell entsprechende Anwendung) BGH v. 22.1.1993 – V ZR 164/90, NJW-RR 1993, 464; KG NJW-RR 2009, 1212; Palandt/Grüneberg Rz. 33. 43 BGH v. 19.9.1985 – III ZR 213/83, BGHZ 95, 362 (372) = NJW 1986, 46 (48); OLG Celle v. 19.10.1994 – 13 U 38/94, NJW-RR 1995, 370 (371). 44 BGH v. 24.4.1991 – VIII ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1013 (1015); MünchKomm/Wurmnest Rz. 7.

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Rückstand geraten ist45; das überzeugt nicht, weil der BGH nicht erkenntlich macht, an welche Fälle unverschuldeter Nichtzahlung er denkt, die diese Unterscheidungen herausforderten46. 20

Auch Regelungen über den Verlust von Rechten des Kunden, sei es auf Grund der Verletzung vertraglicher Pflichten, sei es durch reinen Zeitablauf wie bei dem Verfall von Geschenkgutscheinen47, sind anhand von § 307 zu kontrollieren48. Der BGH geht offenbar von ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit aus49.

2. Nichtabnahme, verspätete Abnahme 21

§ 309 Nr. 6 hat den Regelfall im Auge, dass der Verwender eine Sachleistung zu erbringen und der Kunde dafür zu zahlen hat, wie dies etwa bei dem Kauf von Waren zutrifft. Stört der Kunde die Vertragsabwicklung durch Nichtabnahme der Leistung, so darf er nicht formularmäßig mit einer Vertragsstrafe belegt werden, wobei unerheblich ist, ob die Abnahme der Leistung Hauptverpflichtung des Kunden ist wie nach § 640, eine Nebenpflicht wie regelmäßig nach § 433 Abs. 2 oder gar nur eine Obliegenheit des Kunden, wie dies bei einem Sukzessivlieferungsvertrag der Fall sein kann50. Nichtabnahme der Leistung und Lösung vom Vertrag können sich überschneiden. Denn die Ablehnung, die Leistung anzunehmen, bedeutet häufig zugleich die Verweigerung der Vertragserfüllung und damit eine Lösung vom Vertrag. Wer z.B. die gekauften Möbel oder die bestellte Zeitschrift „nicht mehr will“, löst sich vom Vertrag. Der Fall verspäteter Abnahme hätte keiner gesetzlichen Regelung bedurft; insoweit sind bisher keine Vertragsstrafen, sondern nur Schadenspauschalen üblich gewesen51; vgl. auch § 309 Nr. 5 Rz. 36. Die Nichtannahme eines Vertragsangebots, z.B. im Kreditgewerbe52, fällt nicht unter § 309 Nr. 6. Auch der Annahmeverzug des § 293 kann nach dem Gesetzeswillen nicht der verspäteten Abnahme gleichgestellt werden53.

45 BGH v. 21.2.1985 – IX ZR 129/84, NJW 1985, 1705 (2329); BGH v. 30.10.1985 – VIII ZR 251/84, BGHZ 96, 182 = NJW 1986, 424. 46 So auch Bunte EWiR 1985, 227; Heinrichs EWiR 1989, 525; krit. auch BGH v. 13.7.1989 – III ZR 77/88, NJW-RR 1989, 1320 = WM 1989, 1675 (Exkulpationsmöglichkeit des § 285 a.F. bei Geldschulden wegen § 279 a.F. von nur sehr begrenzter Bedeutung). 47 BGH v. 19.9.1985 – III ZR 213/83, BGHZ 95, 362 = NJW 1986, 46 (48); BGH v. 24.4.1991 – VIII ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1013 unter III 4 c; BGH v. 22.1.1993 – V ZR 164/90, NJW-RR 1993, 464; OLG Hamburg v. 23.11.1983 – 5 U 222/82, ZIP 1983, 1435 (1436); OLG Hamburg v. 11.7.1984 – 5 U 64/84, DB 1984, 2504; a.A. Reifner BB 1985, 87 (90); Soergel/Lindacher Vor § 339 Rz. 18; Wolf/Dammann Rz. 17; von Westphalen ZIP 1984, 4 und von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Vertragsstrafe) Rz. 4; Bamberger/Roth/Becker Rz. 5; Erman/Roloff § 309 Rz. 54. Siehe auch § 308 Nr. 7 Rz. 9. 48 Zust. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Vertragsstrafen) Rz. 4. 49 BGH v. 22.1.1993 – V ZR 164/90, NJW-RR 1993, 464; anders aber BGH v. 8.10.1992 – IX ZR 98/91, NJW-RR 1993, 243 (247). 50 Stoffels Rz. 904; vgl. BGH v. 29.10.1985 – X ZR 12/85, NJW-RR 1986, 211: Abnahme von jährlich 5000 Werbezündholzbriefen über zehn Jahre. 51 Hensen (10. Aufl.) Rz. 8 unter Hinweis etwa auf den Möbelhandel. 52 OLG Zweibrücken v. 16.2.1987 – 4 U 89/86, EWiR 1987, 639 (Alisch). 53 A.A. Wolf/Dammann Rz. 31–35.

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3. Zahlungsverzug Der Zahlungsverzug löst Schadensersatzansprüche nach §§ 280, 286 aus. Für die Verhängung einer Vertragsstrafe besteht daneben kein anzuerkennendes Bedürfnis54. Der BGH hat bei sehr hohen Verzugszinsen sowohl § 11 Nr. 5 als auch Nr. 6 AGBG (jetzt § 309 Nr. 5 und 6) für erfüllt gehalten55. Selbst ein Verzugszins von 0,05% je Tag (= 18% Jahreszins) zwingt nicht zur Annahme einer Vertragsstrafe56. § 309 Nr. 6 hat allein den Zahlungsverzug zum Gegenstand, ist aber auch auf das gänzliche Ausbleiben der Zahlung zu erstrecken57. Auf den Verzug mit der Erfüllung sonstiger Leistungspflichten kann die Vorschrift nicht entsprechend angewendet werden. Die Kontrolle nach § 307 wird indes oft gleiche Ergebnisse bringen. § 309 Nr. 6 verlangt nicht, dass in der Klausel von Zahlungsverzug oder Verzugseintritt ausdrücklich die Rede ist. Es genügt, dass nach dem Klauselinhalt die Vertragsstrafe (auch) bei Zahlungsverzug fällig sein soll, etwa wenn die „Nichteinhaltung des Vertrages“ als auslösendes Moment bestimmt ist58.

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Das in privatrechtlichen Beförderungsbedingungen vorgesehene erhöhte Beförderungsentgelt stellt zwar eine Vertragsstrafe dar, lässt sich aber nicht unter § 309 Nr. 6 einordnen, weil die Beförderungsbedingungen nicht darauf abstellen, dass der Kunde in Zahlungsverzug ist, sondern allein darauf, dass er keinen (entwerteten) Fahrausweis vorweist, aus welchen Gründen auch immer. Ein Zahlungsverzug scheidet auch deshalb aus, weil nicht durch ein Verhalten (das Betreten des Verkehrsmittels) ein Beförderungsvertrag geschlossen und zugleich eine Vertragspflicht verletzt werden kann59. Diese Entgeltklauseln sind generell als wirksam anzusehen60, auch wenn sie dagegen verstoßen, dass private Strafabreden in AGB bei gleichzeitiger öffentlich-rechtlicher Sanktion – hier § 265a StGB – grundsätzlich unwirksam sind (oben Rz. 17). Gewiss unwirksam ist aber die Klausel, wonach die Beförderungsbedingungen auch für Kinder gelten sollen. Einer einschränkenden Auslegung auf den Fall eines wirksamen Beförderungsvertrages mit dem Kind ist die Klausel nicht zugänglich; vielmehr soll sie die El-

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54 OLG Düsseldorf v. 23.11.1995 – 10 U 29/95, EWiR 1996, 97 m. Anm. Eckert. 55 BGH v. 28.4.1988 – III ZR 57/87, BGHZ 104, 337 = NJW 1988, 1967. 56 So aber KG v. 22.11.1988 – 21 U 1878/88, ZIP 1989, 924 = DNotZ 1990, 364 m. krit. Anm. Schlosser. 57 So zutr. Palandt/Grüneberg Rz. 34. 58 OLG Hamburg v. 6.1.1988 – 4 U 36/87, NJW-RR 1988, 651 = DWW 1988, 41; BGH v. 29.3.1994 – XI ZR 69/93, BGHZ 125, 343 = NJW 1994, 1532: Pauschale Überziehungsgebühr von 5 DM bei nicht fristgerechter Zahlung als Vertragsstrafe unwirksam (VISA). 59 Vgl. näher Hensen BB 1979, 499; Hennecke DÖV 1980, 884; Weth JuS 1998, 795 (800); Soergel/Lindacher Vor § 339 Rz. 16; siehe auch Dietlein/Rebmann Rz. 4; Palandt/Grüneberg Rz. 35; Bamberger/Roth/Becker Rz. 10; Erman/Roloff § 309 Rz. 55a; Staudinger/ Coester-Waltjen Rz. 19; Wolf/Dammann Rz. 39,40; MünchKomm/Wurmnest Rz. 11; LG München VRS 1984, 12; a.A. Bartl BB 1978, 1446; Detlev Fischer Vertragsstrafe und vertragliche Schadensersatzpauschalierung, 1981, S. 165; Trittel BB 1984, 497; Daleki MDR 1987, 891; AG Essen v. 20.12.1979 – 12 C 535/79, DÖV 1980, 882; Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 6 AGBG Rz. 27 ff. Zum eingeschlafenen Fahrgast siehe AG Düsseldorf v. 11.4.1988 – 40 C 608/87, NJW 1988, 1988. Für Unverhältnismäßigkeit der Vertragsstrafe bei einem Schaden des Verkehrsbetriebs von nur acht Pfennigen AG Hannover v. 7.2.1991 – 531 C 14709/90, NJW-RR 1991, 883. 60 Zust. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Vertragsstrafe) Rz. 12, der ein erhöhtes Beförderungsgeld von bis zu 40 Euro für zulässig hält.

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tern einschüchtern und zur Zahlung des erhöhten Entgelts bewegen61. Die gleichen Grundsätze sollen auch für die Erschleichung der Überlassung von Parkraum gelten62.

4. Lösung vom Vertrag 24

Der Kunde löst sich vom Vertrag, wenn er kundtut, dass er sich an ihn nicht mehr gebunden fühlt, einerlei ob er dies als Rücktritt, Kündigung, Widerruf, Abstandnehmen oder sonst wie bezeichnet oder ob er anderweitig eine Vertragserfüllung seitens des Verwenders vereitelt63. Auch die Nichtabnahme der vertraglichen Leistung kann der Lösung vom Vertrag gleichkommen (vgl. bereits Rz. 21). Der BGH sieht ein Sichlösen vom Vertrag mit Recht auch darin, dass der Subunternehmer den Hauptunternehmer aus dem Vertrag herausdrängt und sich an dessen Stelle setzt64.

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Die öffentliche Hand bedient sich der Vertragsstrafen für den Fall der Lösung vom Vertrag, wenn sie Ausbildungsdarlehen gewährt hat, um die Studenten für einen mehrjährigen Staatsdienst zu gewinnen. Eine solche Strafabrede ist nach § 309 Nr. 6 unwirksam. Allerdings darf laut BVerwG ein Aufschlag von 50% auf das rückforderbare Darlehen genommen werden65. Das überzeugt nicht.

III. Rechtsfolge 26

Bei Unwirksamkeit einer Vertragsstrafe nach § 309 Nr. 6 oder § 307 ist der Weg zur Herabsetzung nach § 343 verschlossen; ansonsten würde das Gesetz leer laufen66. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 6 führt also grundsätzlich zur vollen Unwirksamkeit der Strafabrede67. Eine bloße Teil-Unwirksamkeit bei Teilbarkeit der Klausel wird auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben68 und etwa bei einem unzulässigen Abweichen von § 341 Abs. 3 in Betracht kommen (Unwirksamkeit nur des Verzichts auf den Vorbehalt der Vertragsstrafe). Die Darlegungslast für die Voraussetzungen des § 309 Nr. 6 trifft den Kunden.

61 Zu dieser Fallgruppe einerseits AG Köln v. 9.7.1986 – 119 C 68/86 und andererseits AG Hamburg, beide NJW 1987, 447 f. Vgl. auch AG Bergheim v. 15.10.1998 – 23 C 166/98, NJW-RR 2000, 202. 62 Caspary JR 2014, 179 (180). 63 So auch Wolf/Dammann Rz. 42; Palandt/Grüneberg Rz. 36; Erman/Roloff § 309 Rz. 55 b; a.A. Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 14 (nur die unerlaubte Vertragsbeendigung); Rickmers ZAP 2011, 14 (18) betr. Finanzierungsleasing (Vertragslösung muss als vertragswidriges Verhalten vereinbart sein). 64 BGH v. 12.5.1998 – KZR 18/97, ZIP 1998, 1159 = BB 1998, 1554 = NJW-RR 1998, 1508. 65 BVerwG v. 6.3.1986 – 2 C 41/85, NJW 1986, 2589; Wolf/Dammann Rz. 76–79 „bedenklich“. 66 Stoffels Rz. 911; vgl. auch OLG Hamburg v. 29.7.1999 – 3 U 171/98, MDR 2000, 513. 67 BGH v. 12.3.1981 – VII ZR 293/79, NJW 1981, 1509; BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305 = NJW 1983, 385; BGH v. 12.5.1998 – KZR 18/97, ZIP 1998, 1159 unter I 2 c; NZBau 2000, 327 = BauR 2000, 1049; BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805 unter II 4 c dd (1). 68 BGH v. 14.1.1999 – VII ZR 73/98, NJW 1999, 1108 unter II 1 c für den Fall der Bezugnahme der Strafklausel auf verschiedene Ausführungsfristen in BVB; ebenso BGH v. 18.1.2001 – VII ZR 238/00, WM 2001, 823 = NJW-RR 2001, 738 = NZBau 2001, 257.

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IV. Bewertungskriterien nach § 307 1. Verträge mit Verbrauchern a) Allgemeine Leitlinien Voraussetzung für die Wirksamkeit von formularmäßigen Vertragsstrafen außerhalb des Verbotsbereichs des § 309 Nr. 6 ist zunächst ihre hinreichende Bestimmtheit69: Für den Vertragspartner muss konkret erkennbar sein, welcher Verstoß welche Sanktion nach sich ziehen soll. Bei einer allgemeinen Bezugnahme auf die „Nichteinhaltung vertraglicher Verpflichtungen“ wäre die Klausel auch dann, wenn der Zahlungsverzug explizit ausgeklammert wird70, schon wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam. Steht dem Verwender die Möglichkeit einer Schadenspauschalierung offen, fehlt es grundsätzlich an einem hinreichenden Bedürfnis für die Festsetzung einer Vertragsstrafe mit der Folge, dass entsprechende Klauseln regelmäßig unwirksam sind71.

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Strafklauseln sind ferner nur wirksam, wenn die in ihnen bestimmte Höhe der 28 Strafe in einem sachgerechten Verhältnis zur Bedeutung des Vertragsverstoßes für den Verwender steht72. Das bedeutet zunächst, dass für Vertragsverstöße von unterschiedlichem Gewicht auch verschieden hohe Strafen zu bestimmen sind. Sieht der Verwender davon ab und wirft eine Pauschale aus, so ist sie nur wirksam, wenn sie den geringstmöglichen Eingriff abdeckt73. Der Verwender darf die Höhe der Strafe danach bemessen, was der Schuldner ohne Vertragsverstoß zu erbringen gehabt hätte74 und welche Vorteile für den Schuldner durch den Verstoß entstehen können75. Bemisst der Verwender die Vertragsstrafe nach dem Vielfachen des von ihm erzielbaren Gewinns, so ist die Strafabrede ebenso unwirksam76 wie bei der Bemessung nach dem Vielfachen des für den Schuldner erzielbaren Vorteils77. Schließlich müssen Strafklauseln eine der Sache nach angemessene Obergrenze ausweisen; namentlich Bauverträge lassen eine solche Bestimmung der Höchstsummen oft vermissen78 – näher Rz. 1 a.E. und Teil 2, (12) Bauverträge Rz. 16. Die Notwendigkeit einer Überprüfung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des § 307 besteht unabhängig von der Möglichkeit der Herabsetzung ei69 Ebenso Wolf/Dammann Rz. 63; MünchKomm/Wurmnest Rz. 14 f. 70 Geschieht das nicht, verstößt die Klausel gegen § 309 Nr. 6, weil sie den Zahlungsverzug mit umfasst, siehe OLG Hamburg v. 6.1.1988 – 4 U 36/87, NJW RR-1988, 651 (zu § 11 Nr. 6 AGBG). 71 Wolf/Dammann Rz. 66. 72 BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 unter II 3 b; BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805 unter II 4 c dd (1); Wolf/Dammann Rz. 71; MünchKomm/Wurmnest Rz. 17. 73 BGH v. 7.5.1997 – VIII ZR 349/96, NJW 1997, 3233 und OLG Celle v. 17.12.1997 – 13 U 57/97, EWiR 1998, 157 betr. Vertragshändlerverträge. 74 Vgl. BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 unter II 3 b m. Anm. Riehle EWiR 1998, 589 für AGB der Treuhandanstalt betr. Investorenpflichten; BGH v. 26.5.1999 – VIII ZR 102/98, BGHZ 141, 391 = NJW 1999, 2662 unter II 2 a aa. 75 BGH v. 30.5.2012 – IV ZR 87/11, NJW 2012, 2577 = RuS 2012, 435 (m. Anm. Schimikowski) betr. Berufshaftpflichtversicherung. 76 BGH v. 12.5.1998 – KZR 18/97, ZIP 1998, 1159 = BB 1998, 1554 = NJW-RR 1998, 1508 betr. Gebäudereiniger. 77 BGH v. 30.5.2012 – IV ZR 87/11, NJW 2012, 2577 = RuS 2012, 435 (m. Anm. Schimikowski; jedenfalls das Fünffache der Prämiendifferenz ist unverhältnismäßig). 78 Vgl. BGH v. 16.7.1998 – VII ZR 9/97, NJW 1998, 3488; zuvor BGH v. 7.5.1997 – VIII ZR 349/96, NJW 1997, 3233 betr. Vertragshändler.

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ner zu hohen Vertragsstrafe gemäß § 343, da diese nur im Einzelfall greift und keine hinreichende Präventionswirkung entfaltet79. 29

Eine „Summierung“ von mehreren Vertragsstrafen im Sinne ihrer parallelen Verwirkung ist grundsätzlich möglich, etwa wenn die Parteien unterschiedliche Pflichten pönalisieren80. Wird dagegen an ein immer wiederkehrendes Verhalten angeknüpft (etwa Verletzung eines Wettbewerbsverbotes, unerlaubter Weiterverkauf von Produkten), darf die Gesamtstrafe jedoch nicht außer Verhältnis zu der Pflichtverletzung stehen81. So hat der BGH nach § 242 eine zwischen Kaufleuten vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 53 Millionen Euro82 auf den Betrag von 2 Millionen Euro herabgesetzt. Insoweit kann man von einem Verbot der Kumulierung von Vertragsstrafen sprechen. Dies betrifft namentlich die in Bauverträgen vorkommende Praxis, bei Überschreitung der Fertigstellungsfristen für die einzelnen Bauabschnitte83 jeweils gesonderte Vertragsstrafen zu verhängen. Eine solche zu erhöhten Tagessätzen führende Kumulierung von Vertragsstrafen ist unzulässig. Ausführlich zu Vertragsstrafen in Bauverträgen Teil 2, (12) Bauverträge Rz. 16.

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Daneben besteht ein Verbot der Kumulierung von Schadensersatzansprüchen und Vertragsstrafen84. AGB-Bestimmungen können nicht ausschließen, dass die Vertragsstrafe auf einen Schadensersatzanspruch nach §§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2 anzurechnen ist85. Dieses Verbot gilt sowohl im Verkehr mit Verbrauchern als auch mit Unternehmern86.

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In AGB kann der in § 341 Abs. 1 vorgesehene Vorbehalt der Vertragsstrafe jedenfalls nicht vollständig abbedungen werden87. Nicht ganz sicher ist, ob der Gläubiger sich das Recht auf die Strafe, wie gesetzlich vorgesehen, immer bei der Abnahme vorbehalten muss; zumindest in Bauverträgen lässt die Rechtsprechung es zu, dass die Erklärung des Vorbehalts bis zum Tag der Schlusszahlung hinausgeschoben wird88. Der Vorbehalt einer Vertragsstrafe kann seinerseits in einer 79 Wolf/Dammann Rz. 72. 80 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Vertragsstrafe) Rz. 15. 81 BGH v. 17.7.2008 – I ZR 168/05, NJW 2009, 1882 (1885); Lingemann/Gottschalk DStR 2011, 774 (775 ff.) sprechen sich zur Verhinderung von unangemessenen Kumulationen für die Festlegung einer Strafobergrenze aus. 82 Im konkreten Fall hatte sich ein Verkäufer verpflichtet, für jedes entgegen der Vereinbarung in den Verkehr gebrachte Produkt 15.000 DM zu zahlen. Durch ein Versehen wurden 7.000 Produkte verkauft. 83 BGH v. 14.1.1999 – VII ZR 73/98, NJW 1999, 1108; OLG Jena v. 10.4.2002 – 7 U 938/01, NJW-RR 2002, 1178; BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805 unter II 4 c cc. Siehe auch Kemper BauR 2001, 1015 (1018). 84 BGH v. 21.11.1991 – I ZR 87/90, NJW 1992, 1096; Caspary JR 2014, 179 (181 f.) (unter besonderer Betonung der erforderlichen Interessenidentität zwischen Schadensersatzforderung und Vertragsstrafe); Wolf/Dammann Rz. 64. 85 BGH v. 27.11.1974 – VIII ZR 9/73, BGHZ 63, 256 = NJW 1975, 163; BGH v. 21.11.1991 – I ZR 87/90, NJW 1992, 1096 (1097); BGH v. 24.6.2009 – VIII ZR 332/07, NJW-RR 2009, 1404 (1405); MünchKomm/Wurmnest Rz. 8, 16. 86 BGH v. 21.11.1991 – I ZR 87/90, NJW 1992, 1096 (1097); BGH v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (56); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Vertragsstrafe) Rz. 29. 87 BGH v. 18.11.1982 – VII ZR 305/81, NJW 1983, 385 (386); OLG Düsseldorf v. 30.6.2000 – 22 U 209/99, NJW-RR 2001, 1387; Staudinger/Coester § 307 Rz. 260 m.w.N. 88 BGH v. 13.7.2000 – VII ZR 249/99, NJW-RR 2000, 1468 (zu § 9 AGBG); BGH v. 12.10.1978 – VII ZR 139/75, BGHZ 72, 222 (227) = NJW 1979, 212 (213) (vor Erlass des AGBG); zust. Staudinger/Coester § 307 Rz. 260; Wolf/Dammann Rz. 65.

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vorformulierten Urkunde enthalten sein und mit deren Unterzeichnung erklärt werden89. Anhand des § 307 zu prüfen sind auch Erweiterungen der Verwirkungsgründe für die Vertragsstrafe über die im dispositiven Gesetzesrecht vorgesehenen Anlässe hinaus. Wird von den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Schadensersatzhaftung wegen Vertragsverletzung abgewichen oder soll (im unternehmerischen Verkehr) entgegen § 339 Satz 1 die Vertragsstrafe auch ohne ein schuldhaftes Verhalten verwirkt sein, muss dies durch gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt sein; andernfalls stellen derartige Vertragsstrafenklauseln eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar und sind unwirksam90.

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Der Norm des § 339 Satz 1, nach der die Vertragsstrafe verwirkt ist, wenn der Schuldner in Verzug gerät, kommt insoweit eine wichtige Leitbildfunktion zu91. Von dem damit etablierten Verschuldenserfordernis darf im Verkehr mit Verbrauchern formularmäßig nicht abgewichen werden92. Die Strafklausel muss die Notwendigkeit eines schuldhaften Verhaltens zwar nicht ausdrücklich erwähnen, darf aber keinesfalls den Eindruck erwecken, dass die Vertragsstrafe verschuldensunabhängig sei93. Das ist etwa der Fall, wenn die Klausel allein an den Eintritt eines tatsächlichen Ereignisses anknüpft – etwa an die bloße Fristüberschreitung – und damit zur Garantieerklärung wird. Diese Hürde zur Klauselwirksamkeit kann der Verwender leicht nehmen, indem er in seinen AGB auf den Verzug der Gegenseite abstellt94.

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b) Vertragsstrafen im Arbeitsrecht Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen sind nach Ansicht des BAG unter Berück- 34 sichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 Satz 2) grundsätzlich wirksam95. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass ein Arbeitnehmer nach § 888 Abs. 3 ZPO nicht durch Zwangsgeld oder Zwangshaft zur Arbeitsleistung angehalten werden kann. Die konkrete Strafabrede darf in-

89 BGH v. 25.9.1986 – VII ZR 276/84, NJW 1987, 380; BGH v. 25.9.1986 – VII ZR 276/84, EWiR 1986, 1247 (Vygen). 90 Vgl. MünchKomm/Wurmnest Rz. 24. 91 Wolf/Dammann Rz. 69. 92 Hensen (10. Aufl.) Rz. 12; im unternehmerischen Verkehr kann etwas anderes gelten, vgl. dazu unten Rz. 35 ff. 93 BGH v. 24.4.1991 – VIII ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1013 unter III 4; BGH v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 unter II 3 a m. Anm. Riehle EWiR 1998, 589; BGH v. 16.7.1998 – VII ZR 9/97, NJW 1998, 3488; für eine verschuldensunabhängige Haftung bei gewichtigen Gründen hingegen OLG Köln v. 23.2.2011 – 13 U 115/10, I-13 U 115/10, NJOZ 2011, 1960 (1961); für eine ausdrückliche Dokumentation der Verschuldensabhängigkeit Knütel/Rieger DStR 2010, 285 (290). 94 So auch OLG Frankfurt v. 25.11.1997 – 14 (27) U 137/96, BauR 1999, 51. 95 BAG v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727 = ZIP 2004, 1277 m. Anm. Schaub EWiR 2004, 789; zust. Stoffels Rz. 912; siehe auch BAG v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, NZA 2005, 1053; krit. Däubler ZTR 2012, 543 (551); Niemann RdA 2013, 92 (96), der sich anders als das BAG gegen eine Nichtanwendung des § 309 Nr. 6 wegen der Qualifikation des § 888 Abs. 3 ZPO als arbeitsrechtliche Besonderheit und für eine einheitliche teleologische Reduktion des § 309 Nr. 6 i.R.d. § 888 Abs. 3 ZPO ausspricht, sodass die Generalklauselprüfung nicht im Lichte des § 309 Nr. 6 zu erfolgen hat; ebenfalls in diese Richtung Khanian GmbHR 2011, 116 (121); BAG v. 19.8.2010 – 8 AZR 645/09, NJOZ 2011, 565; zust. Winter BB 2010, 2757 (2759) (Vertragsstrafen sind sogar rechtlich akzeptiert).

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dessen nach § 307 Abs. 1 den Arbeitgeber nicht besser stellen, als er gestanden hätte, wenn der Arbeitnehmer die Kündigungsfrist eingehalten hätte. Zudem verbietet das Transparenzgebot eine zu komplizierte Berechnungsgrundlage für die Höhe der Strafzahlung96. Gleichzeitig muss auch die Pflichtverletzung, an welche die Strafe anknüpft, hinreichend deutlich umschrieben werden. Die Formulierung „schuldhaft vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers, das den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst“ hat vor dem BAG keine Gnade gefunden97, wie auch die Wortwahl „gravierende Vertragsverstöße“98. Ist aber eine Klausel einmal hinreichend präzise formuliert, ist für eine vom Wortlaut losgelöste Auslegung kein Raum. Die Formulierung „Beenden Sie (der Arbeitnehmer) den Vertrag…“ veranlasste das BAG eine Kündigung des Arbeitgebers nicht als Erfüllung der Klausel zu qualifizieren, auch nicht, wenn der Arbeitnehmer durch die unberechtigte und beharrliche Verweigerung der Arbeitsleistung den Grund für die Kündigung geschaffen hat99. Das BAG achtet auch verstärkt darauf, dass die Vertragsstrafe nicht als Mittel zur Geldschöpfung missbraucht wird100. Ein Bedürfnis dafür, dass auch andere wesentliche Vertragsverletzungen des Arbeitnehmers als die unberechtigte Loslösung vom Vertrag, welche sowohl den Nichtantritt und das Nichterscheinen am Arbeitsplatz als auch die Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist und ohne rechtfertigenden Grund erfasst101, mit Vertragsstrafen zu belegen sind, ist nicht zu erkennen, wenn der Arbeitgeber seine wirtschaftlichen Interessen durchweg mit Ansprüchen auf Schadensersatz hinreichend wahren kann. Im Falle der hinreichenden Schadensersatzleistung ist schließlich der Schutzzweck der Vertragsstrafe, etwaige Schäden auszugleichen, nicht berührt, sodass lediglich eine Vertragsstrafe mit dem Zweck, die Arbeitsleitung zu sichern, in Betracht kommt102. Da aber typischerweise im Falle der Nichteinhaltung von Verschwiegenheits- und Rückgabepflichten sowie der Verletzung von Wettbewerbsverboten Vermögensschäden des Arbeitgebers als Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs nur schwer nachweisbar sind, kann hier i.d.R. eine Berührung des Schutzzweckes der Vertragsstrafe, Schäden angemessen auszugleichen, angenommen werden, ohne dass es einer Nichterbringung der Arbeitsleistung bedarf103. Die Betriebsparteien können nicht wirksam vereinbaren, dass der Ar96 BAG v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, NJW 2008, 458 (459); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Vertragsstrafe) Rz. 27; Niemann RdA 2013, 92 (95). 97 BAG v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, NZA 2005, 1053 (1055); a.A. Stoffels ZfA 2009, 861 (885), der die Formulierung für hinreichend transparent hält. 98 BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, NZA 2006, 34. 99 BAG v. 23.1.2014 – 8 AZR 130/13, NZA 2014, 777. 100 Vgl. BAG v. 4.3.2004 – 8 AZR 344/03, EWiR 2004, 1017 (Bartz) (unzulässige Mindeststrafe in Höhe mehrfachen Monatsgehalts); BAG v. 21.4.2005 – 8 AZR 425/04, NZA 2005, 1053 (1055); BAG v. 14.8.2007 – 8 AZR 973/06, NJW 2008, 458; BAG v. 25.9.2008 – 8 AZR 717/07, NZA 2009, 370 (374); BAG v.19.8.2010 – 8 AZR 645/09, NJOZ 2011, 565 (569); Stoffels Rz. 931. 101 BAG v.19.8.2010 – 8 AZR 645/09, NJOZ 2011, 565 (Nichterscheinen); BAG v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NJW 2011, 408 (Nichteinhaltung der Kündigungsvorschriften); LAG Berlin-Brandenburg v. 21.10.2010 – 25 Sa 586/10 Rz. 45 f.; Lakies ArbR-Aktuell 2014, 313 (314); Reichenbach NZA 2003, 309 (312). 102 LArbG Schleswig-Holstein v. 28.2.2012 – 1 Sa 235 b/11 Rz. 38. 103 BAG v. 18.8.2005 – 8 AZR 65/05, NZA 2006, 34 (Wettbewerbsverbot); Lakies ArbR-Aktuell 2014, 313; Lingemann/Gottschalk DStR 2011, 774, 775; Fuhlrott/Hoppe AuA 2012, 576 (578); weiter hingegen Krause in FS Reuter, 2010, S. 627 (634 ff.), der zwar die genannten Fälle als unproblematische Anknüpfungspunkte für Vertragsstrafen anerkennt, darüber hinaus aber nichts dagegen einzuwenden hat, wenn der Arbeitgeber

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beitgeber dem Betriebsrat bei Verletzung von Mitbestimmungsrechten eine Vertragsstrafe schuldet; denn der Betriebsrat ist nicht vermögens- und nicht rechtsfähig104. Die Zahlung einer Strafe an eine vertraglich bestimmte gemeinnützige Organisation müsste jedoch möglich sein. Im Falle der Unwirksamkeit der vorformulierten Strafabrede greift auch im Arbeitsrecht das Verbot geltungserhaltender Reduktion, so dass nur eine wirksam vereinbarte Vertragsstrafe aus Gründen des Einzelfalls nach § 343 herabgesetzt werden kann105. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Kommentierung im Anh. § 310 Rz. 80 ff. verwiesen.

2. Verträge mit Unternehmern Im Geschäftsverkehr mit Unternehmern besteht ein erheblich weiterer Spielraum für die formularmäßige Vereinbarung von Vertragsstrafen, deren Wirksamkeit nach § 307 zu prüfen ist (vgl. zu allgemeinen Leitlinien dafür bereits oben Rz. 27 ff.). Das ohnehin auf wenige Fälle von Vertragsverletzungen beschränkte Klauselverbot des § 309 Nr. 6 gilt hier nicht (§ 310 Abs. 1 Satz 1) und entfaltet auch keine Indizwirkung für die Unwirksamkeit von entsprechenden Vertragsstrafenabreden im unternehmerischen Rechtsverkehr106. Denn dort besteht ein weitaus größeres Bedürfnis für vorformulierte Vertragsstrafen, die für die unterschiedlichsten Arten von Pflichtverletzungen der Gegenseite eingesetzt werden und auf andere Weise kaum hinreichend sanktionierbar sind (z.B. Rufschädigung wegen Lieferzeitüberschreitungen, die auf ausbleibenden Leistungen von Vorlieferanten beruht, missbräuchliche Weitergabe von Informationen, Verstöße gegen Ausschließlichkeitsbindungen)107. Zudem können Unternehmer die Konsequenzen von Strafklauseln auf Grund ihrer Geschäftsgewandtheit besser überschauen und sind insoweit regelmäßig weniger schutzbedürftig als Verbraucher.

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Bei der Angemessenheitsprüfung steht vor allem die Höhe der Strafe auf dem Prüfstand. Solange die Vertragsstrafe nicht überzogen ist, bleibt sie ein bewährtes Mittel, die ordnungsgemäße Vertragserfüllung mit fühlbarem Druck zu erwirken. Im Hinblick auf wettbewerbs- oder schutzrechtlich veranlasste Vertragsstrafenvereinbarungen soll eine Unwirksamkeit sogar nur angenommen werden, wenn die Vertragsstrafe auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem sanktionierten Verstoß und den Gefahren steht, die mit möglichen künftigen Verstößen

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gezielt weitere Vertragspflichten herausgreift, wenn er dartut, dass er an ihrer Einhaltung ein gesteigertes Interesse hat. Im Ergebnis wohl auch für eine solche weite Auslegung Richter/Müller-Foell KSzW 2013, 217 (222). BAG v. 29.9.2004 – 1 ABR 30/03, ZIP 2005, 183. BAG v. 4.3.2004 – 8 AZR 196/03, NZA 2004, 727 = ZIP 2004, 1277; BAG v. 23.9.2010 – 8 AZR 897/08, NJW 2011, 408 (409) (grds. keine geltungserhaltende Reduktion); Däubler ZTR 2012, 543 (551); Richter ArbR-Aktuell 2013, 509 (519); Winter BB 2010, 2757 (2761 f.). Vgl. BGH v. 12.3.2003 – XII ZR 18/00, BGHZ 154, 171 = NJW 2003, 2158 (2161) unter IV 2 (Klauselverbot „auf Verbraucher zugeschnitten“, im unternehmerischen Verkehr „nicht anwendbar“); BGH v. 13.11.2013 – I ZR 77/12, BGH NJW 2014, 2180 = GRUR 2014, 595 (m. Anm. Niebling); Hensen (10. Aufl.) Rz. 18; Wolf/Dammann Rz. 101; a.A. Gronemeyer ZNER 2012, 376 (379) betr. Gas- und Stromlieferungsverträge (§ 309 Nr. 6 ist im unternehmerischen Bereich zwar nicht anwendbar, kann aber über § 307 Beachtung finden); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Vertragsstrafe) Rz. 28 (Grundsätze des § 309 Nr. 6 gelten ungekürzt im unternehmerischen Bereich). Vgl. Wolf/Dammann Rz. 101.

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verbunden sind, also wenn sie evident überhöht ist.108 Ob Strafabreden wirksam bleiben, wenn sie Ausdruck starker wirtschaftlicher Macht sind und in den Grenzbereich der Knebelung geraten, ist Sache des Einzelfalls. Das Verbot der Kumulation von Vertragsstrafe und Schadensersatz gilt allerdings auch im unternehmerischen Verkehr; von §§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2 kann auch hier nicht formularmäßig abgewichen werden109. 37

Für eine entgegen § 339 verschuldensunabhängige Vertragsstrafe ist allerdings nur Raum, wenn sie ausnahmsweise als interessengerecht angesehen werden kann110. Der BGH verlangt für eine verschuldensunabhängige Strafklausel sogar „gewichtige“ Interessen des Verwenders111. In der Vergangenheit sind solche Strafen in Privatisierungsverträgen der Treuhandanstalt für Beschäftigungs- und Investitionszusagen gebilligt worden112 (vgl. auch § 307 Rz. 136, 138). Die Ausführungen in Rz. 33 zur Auslegung der Strafklausel bei fehlender ausdrücklicher Bemerkung, dass der Kunde schuldhaft handeln müsse, fußen gerade auf Verträgen mit Unternehmern, und auch bei überhöhten Strafen gelten keine geringeren Anforderungen113. Eine einvernehmliche Vertragsaufhebung darf keine Vertragsstrafe auslösen114.

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Grundsätzlich unwirksam sind im Wettbewerbsrecht oder auch sonst von Verbandsklägern im Abmahn- oder Klageverfahren verwendete Klauseln, nach denen laut vorformulierter Unterwerfungserklärung die Unterlassungsverpflichtung für jeden Fall der Zuwiderhandlung „unter Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs“ mit einer Strafe bewehrt ist115. Strafgelder für die Beteiligung an wettbewerbsbeschränkenden Preisabsprachen, einerlei ob der Auftrag erteilt wurde oder nicht, sind vom BGH früher untersagt worden116. Die öffentliche Hand verlangt den Bietern solche strafbewehrten Erklärungen schon im Rahmen der Ausschreibung ab (meistens 3% der Angebotssumme). Der BGH verstand die Strafabreden zunächst als schadensunabhängige Garantieversprechen. Die der Sache nach begrüßenswerten Geldeinbußen117 bei diesem wettbewerbswidrigen Verhalten sind von demselben Senat später ohne Bezugnahme auf seine frühere Entscheidung und ohne Erörterung, ob womöglich nur die Klauselfassung

108 BGH v. 13.11.2013 – I ZR 77/12, BGH NJW 2014, 2180 = GRUR 2014, 595 (597) (m. Anm. Niebling). 109 BGH v. 24.6.2009 – VIII ZR 332/07, NJW-RR 2009, 1404 (1405); vgl. bereits oben Rz. 30. 110 So im Fall BGH v. 28.9.1978 – II ZR 10/77, BGHZ 72, 174 = NJW 1979, 105 (Straffrachtklausel in Konnossementbedingungen); Berger RIW 1999, 401 (404). 111 So BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, NJW-RR 2003, 1056 = WM 2004, 132 unter II 3 e. In einem Bauvertrag sah der BGH (BGH v. 6.12.2007 – VII ZR 28/07, NJW-RR 2008, 615) diese Voraussetzung nicht als gegeben an. 112 BGH v. 26.5.1999 – VIII ZR 102/98, BGHZ 141, 391 = NJW 1999, 2662 unter II 2 a aa; dazu Wächter/Stender NJW 2000, 395 (398); Baetge AcP 202 2002, 972 (974 ff.); a.A. OLG Brandenburg v. 2.2.1999 – 6 U 302/97, VIZ 2000, 692. Näher H. Schmidt (10. Aufl.) Anh. § 310 Rz. 853. 113 Siehe auch OLG Rostock v. 8.3.2004 – 3 U 118/03, NZM 2004, 461. 114 BGH v. 18.4.1984 – VIII ZR 50/83, NJW 1985, 57: Beendigung eines Pachtvertrages. 115 BGHZ 123, 13 = NJW 1993, 72 m. krit. Anm. Oellers EWiR 1993, 211; vgl. hierzu ausführlich und differenz. Wolf/Dammann Rz. 73 m.w.N. 116 BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, ZIP 1987, 454 und sodann ausführlich BGH v. 23.6.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24 = NJW 1988, 2536.; dazu auch oben Rz. 4. 117 Lindacher ZIP 1986, 817 (819); M. Dreher in FS Traub, 1994, S. 63, insb. S. 70 ff.

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Vertragsstrafe

§ 309 Nr. 6 BGB

verfehlt sei (oben Rz. 18), als Schadenspauschalen angesehen worden118. Das überzeugt nur begrenzt und lässt zudem den ebenso sanktionsbedürftigen Fall bloßer Verhandlungen über ein Submissionskartell119 außen vor. Die ausbedungenen Zahlungsklauseln lassen sich wohl am ehesten als Vertragsstrafen halten, geraten dann allerdings in Konflikt mit der in Rz. 17 behandelten Rechtsprechung des BGH zur unzulässigen Doppelahndung schuldhaften Tuns durch private und öffentliche Strafen. Der BGH wendet die Grundsätze zur Vorfälligstellung der Restschuld bei Zahlungsrückstand, wie sie im Verkehr mit Verbrauchern zu gelten hätten (Rz. 19), auch auf Unternehmer an120. Eine unangemessene Strafklausel kann auch im Verkehr zwischen Unternehmern nicht im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion mit anderem Inhalt aufrechterhalten werden121. Zur Kumulation von Vertragsstrafe(n) und Schadensersatz siehe § 309 Nr. 5 Rz. 12 a.E. sowie oben Rz. 29 f.

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V. ABC der Vertragsstrafenklauseln Aus der Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Vertragsstrafenklauseln: Adressenmaterial: Bei seinem Verkauf soll die unbefugte Wiederverwendung auch nur einer Adresse eine Strafe in Höhe des 20fachen der Gesamtvergütung auslösen dürfen: OLG Frankfurt BB 1985, 1560. Das erscheint deutlich übersetzt. Kritisch auch von Westphalen EWiR 1985, 625 und BGH ZIP 1986, 866 = DB 1986, 1871 unter II 3. Strafe in Höhe des 20fachen Überlassungsentgelts bei unerlaubter Mehrfachverwendung unwirksam: OLG München NJW-RR 1993, 1334. Automatenaufsteller: Siehe Teil 2, (9) Automatenaufstellverträge. Bauverträge: Siehe zunächst Teil 2, (12) Bauverträge; 0,5% der Bausumme je Tag ist auch bei Vereinbarung einer Obergrenze unwirksam: BGH NJW 2002, 2322. Der BGH hat sodann die bis dahin geltende Obergrenze von 10% halbiert: BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805 unter II 4c. Heftig ablehnend von Gehlen NJW 2003, 2961. Die Entscheidung ist wohl in der Sache richtig, da die Baubranche heutzutage Gewinne von allenfalls 5% macht und nichts zuzusetzen hat, überrascht indessen auch durch die neuartige und willkürlich erscheinende Vertrauensschutzregelung: Bei bis Ende Juni 2003 geschlossenen Bauverträgen mit einer Bruttoauftragssumme bis ca. 13 Mio. DM dürfe es bei 10% Vertragsstrafe bleiben, zuletzt: Eine Vertragsstrafe von 0,2% der Bausumme je Tag ist bei Einhaltung der Obergrenze von 10% bei bis Ende Juni 2003 geschlossenen Bauverträgen wirksam: BGH NJW 2014, 456 = ZIP 2014, 176. Vgl. auch Roquette/Laumann BauR 2003, 127; Wolter BauR 2003, 1274; krit. Knütel/Rieger NZBau 2010, 285 (289 f.), der sich für eine Beibehaltung der 10%-Grenze ausspricht. Folglich ist eine Strafe 118 BGH v. 21.12.1995 – VII ZR 286/94, BGHZ 131, 356 = NJW 1996, 1209 und zuvor – ausführlich – OLG Düsseldorf v. 7.12.1993 – U (Kart) 8/93, WuW 1994, 951 sowie OLG München v. 29.9.1994 – U (K) 7111/93, NJW 1995, 733. 119 OLG Frankfurt v. 6.6.1991 – 6 U (Kart) 79/90, ZIP 1991, 1171; dazu Lindacher OLG Frankfurt v. 6.6.1991 – 6 U (Kart) 79/90, EWiR 1991, 901. 120 BGH v. 30.10.1985 – VIII ZR 251/84, NJW 1986, 424 (426). 121 BGH v. 12.3.1981 – VII ZR 293/79, NJW 1981, 1509; BGH v. 23.1.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311 = NJW 2003, 1805 unter II 4 c dd (1).

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Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

von 10% bei einer Abrechnungssumme ab 15 Mio. DM unwirksam: BGH ZIP 2004, 1855. Grundsätzlich zulässig dürfte auch weiterhin eine Vertragsstrafe für Verzug von 0,3% pro Werktag sein. In der Entscheidung NJW-RR 2008, 615 rügte der BGH nur, dass das Transparenzgebot nicht eingehalten wurde, nicht jedoch die konkrete Höhe. Buchhandel: Vertragsstrafen zur Absicherung der Preisbindung unwirksam: AG Bremerhaven NJW-RR 1986, 276. Dazu Derleder MDR 1986, 363. Gebäudereiniger: Strafgeld von 10.000 DM für jede Abwerbung eines Kunden seitens des Subunternehmers unwirksam: BGH ZIP 1998, 1159 = BB 1998, 1554 = NJW-RR 1998, 1508. Gewerberaummiete: Die Grenze von 5% aus Bauverträgen gilt nicht im Recht der Gewerberaummiete: BGHZ 154, 171 = NJW 2003, 2158 unter IV 2. Dazu EWiR 2003, 855 (Stapenhorst): Mieter fordert vom Vermieter wegen fehlender Bezugsfertigkeit Vertragsstrafe von monatlich 15.000 DM bei einer Monatsmiete von 24.840 DM. Handelsvertreter: Eine Strafe in Höhe der doppelten Monatsprovision eines Vertreters bei Verstoß gegen das Konkurrenzverbot kann im Einzelfall übersetzt sein: OLG Hamm MDR 1984, 404; vgl. dazu auch LG München I BB 1993, Beil. 13, 11. Wirksam sind aber – auch der Höhe nach – Vertragsstrafenklauseln für den Fall der Abwerbung im Handelsvertretergeschäft: OLG München NJWRR 1994, 867; je Fall 10.000 DM. Der Unternehmer darf dem ausgeschiedenen Handelsvertreter die Verwertung von Kundenanschriften formularmäßig zwar nicht umfassend und zeitlich unbefristet bei Vermeidung von Vertragsstrafen untersagen, wohl aber eine Vertragsstrafe von 250 DM je zurückbehaltener Kundenanschrift fordern; hier dient die Vertragsstrafe der Durchsetzung eines pauschalen Schadensersatzes: BGH NJW 1993, 1786; BB 1995, 1437. Das gilt nicht, wenn die Anschriften „inaktiver“ Kunden zurückgehalten werden: BGH NJW 1995, 1243. Eine Strafe von 20.000 DM kann nicht für Vertragsverletzungen jedweder – auch ganz geringfügiger – Art vereinbart werden: OLG Braunschweig NJW-RR 1996, 1316. Nichtrückgabe: Eine Bildagentur darf bei Verzug mit der Rückgabe überlassener Dias eine sog. Blockierungsgebühr fordern: OLG Hamburg NJW-RR 1986, 1177. Strafe von 20.000 DM für Nichtrückgabe eines Dokuments: OLG Braunschweig NJW-RR 1996, 1316. Pfandleergut: Die Wiederbeschaffungsklausel, nach der nicht zurückgegebenes Leergut – insb. Flaschen und Kästen – mit dem Neupreis zu bezahlen ist, wird vielfach als – wirksame – Vertragsstrafenklausel angesehen: So auch LG Waldshut-Tiengen EWiR 1987, 105 (Thamm); Trinkner BB 1984, 1455; Soergel/Stein § 11 AGBG Rz. 56. Eher dürfte eine unwirksame Schadenspauschalierung anzunehmen sein, da kein Abschlag „neu für alt“ gemacht wird: OLG Karlsruhe NJW-RR 1988, 370 m. Anm. Schäfer EWiR 1988, 5; OLG Köln NJW-RR 1988, 373; OLG Braunschweig NJW-RR 1996, 566: auch 80%-Klausel unwirksam. Siehe auch Heinrichs NJW 1997, 1407 unter VI 16. Allerdings kann die Neupreisklausel nicht mit der Begründung für unwirksam erklärt werden, dass der Getränkelieferant auf diese Weise seinen Leergutbestand auf Kosten des Handels erneuern könne. So aber Martinek JuS 1989, 268; denn das funktioniert nur, falls die Abnehmer große Mengen des Leerguts nicht zurückliefern.

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Haftungsausschluss bei Kçrperschden u. grobem Verschulden

§ 309 Nr. 7 BGB

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Nr. 7 Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden) a) (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; b) (Grobes Verschulden) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen; die Buchstaben a und b gelten nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgastes von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27.2.1970 abweichen; Buchstabe b gilt nicht für Haftungsbeschränkungen für staatlich genehmigte Lotterie- oder Ausspielverträge; I. Einleitung 1. Allgemeines zu § 309 Nr. 7 und 8

1

2. Inhaltsüberblick und Normzweck

2

3. Entstehungsgeschichte . . . . . . . .

5

4. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . .

6

5. Verhältnis zu anderen Vorschriften

9

II. Inhalt der Vorschrift 1. Anwendungsbereich a) Schadensersatzansprüche . . . . b) Erfasste Arten von Pflichtverletzungen aa) Allgemeines . . . . . . . . . . bb) Verschulden bei den Vertragsverhandlungen . . . cc) Unerlaubte Handlung und Produkthaftung . . . . . . . . c) Erstreckung der Freizeichnung auf Dritte . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausnahmen aa) Haftungsausschluss in genehmigten Beförderungsbedingungen des Linienverkehrs

bb) Haftungsausschluss bei Lotterien und Ausspielungen

20

2. Verbotene Haftungsbegrenzungen a) Körperschäden (§ 309 Nr. 7a) . . b) Grobes Verschulden (§ 309 Nr. 7b) . . . . . . . . . . . . c) Haftung für gesetzliche Vertreter und Erfüllungsgehilfen . . . . . . d) Umfang des Verbots . . . . . . . .

23 24 25 26

10

III. Haftung für einfache Fahrlässigkeit im nichtunternehmerischen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

1. Rechtsprechung . . . . . . . . . . . .

33

2. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . .

36

13

3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . .

37

15

4. Haftungsbegrenzungen . . . . . . .

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16

IV. Unwirksamkeit und Klauselfassung . . . . . . . . . . . . .

40

V. Verschuldensunabhängige Haftung (Ausschluss/Begründung) . . . . . .

32

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§ 309 Nr. 7 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

VI. Haftungsfreizeichnung in Verträgen mit Unternehmern

3. Klauselfassung im unternehmerischen Verkehr . . . . . . . . . . . . .

47

4. Freizeichnung von der Haftung nach dem UN-Kaufrecht . . . . . .

48

1. Haftungsausschluss . . . . . . . . . .

43

2. Haftungsbegrenzung . . . . . . . . . .

46

Stichwortverzeichnis Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7 . . Aushöhlungsverbot . . . . . . . . . . . . . Ausschlussfristen . . . . . . . . . . . . . .

10 33 28

Beförderungsbedingungen . . . . . . . . 18, 53 Dritte und Freizeichnung . . . . . . . . .

16

EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . . . . Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . . . . .

6 25

Garantie . . . . . . . . . Gehilfenhaftung . . . . Gesellschafterhaftung Grobes Verschulden . .

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41 16 17 24

Haftung für einfaches Verschulden – in Verbraucherverträgen . . . . . . . 32 ff. – in Verträgen mit Unternehmern . . 43 ff. Haftungsbegrenzungen . . . . . . . 29, 39, 46 Kardinalpflichten . . . . . . . . . . . . . 33, 43 Klauselfassungen . . . . . . . . . . . . . 40, 47 Körperschäden . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Leitende Angestellte . . . . . . . . . . . . 45 Lotterien und Ausspielungen . . . 8, 20, 53

Nebenpflichten . . . . . . . . . . . . . . .

12

Organisationsverschulden . . . . . . . .

45

Personenschäden . . . . . . . . . . Pflichtmodifizierende Klauseln . Pflichtverletzung . . . . . . . . . . Produkthaftung . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

Schadensarten . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatz statt der Leistung . . Schuldrechtsmodernisierungsgesetz Spezialgesetzliche Vorschriften . . . .

. . .

23 30 11 15, 43

. . .

29, 39 38 4 9

Unerlaubte Handlung . . . . . . . . . . . UN-Kaufrecht . . . . . . . . . . . . . . . . Unternehmern, Verträge mit . . . . . .

15 48 43

Verjährungsklauseln . . . . . . . . . . . . 28 Verschulden bei den Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . 13 Verschuldensunabhängige Haftung . . 41 Versicherbarkeit . . . . . . . . . . . . 34, 42, 44 Versicherungsschutz . . . . . . . . . 35, 42, 44 Vertragswesentliche Pflichten . . . . . 33 Vertragszweckgefährdung . . . . . . . 35, 37 Vorhersehbarer Schaden . . . . . . . . 39, 46

Schrifttum: Brandi-Dohrn Die Besonderheiten von Haftungsklauseln in IT-Verträgen, CR 2014, 417; Canaris Verstöße gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot im Recht der Geschäftsfähigkeit und im Schadensersatzrecht, JZ 1987, 993; Helm Auswirkungen des AGBG auf die Leistungspflicht, VersR 1978, 2; Joachim Haftungsfreizeichnung im modernen Mietrecht, NZM 2003, 387; Koller Die Wirksamkeit formularmäßiger Haftungsfreizeichnungsklauseln zwischen Schadensausgleich und Schadensprävention, ZIP 1986, 1089; Liese Vereinbarungen über vorvertragliche Rechtspflichten und ihre Begrenzung durch das AGB-Gesetz, 1993; Paulusch Haftung und Haftungsbegrenzung im kaufmännischen Geschäftsverkehr, DZWiR 1992, 182; Peter Haftungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Jura 2015, 121; Roussos Freizeichnung von Schadensersatzansprüchen im Recht der AGB, 1982; Schlosser Haftungsgrund, Haftungsmaßstab und AGB-Gesetz, WM 1978, 562; Schlosser Freizeichnungsklauseln im kaufmännischen Verkehr, in RWS-Forum 2, 1987, S. 121; Schlund Das Zahlenlotto. Eine zivilrechtliche Untersuchung, 1972; Schmidt-Salzer Produkthaftung, Band II; Freizeichnungsklauseln, 2. Aufl. 1985; M. Wolf Freizeichnungsverbot für leichte Fahrlässigkeit in AGB, NJW 1980, 2433; Ziegler Die Beschränkung der Haftung aus culpa in contrahendo in AGB, BB 1990, 2345.

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Haftungsausschluss bei Kçrperschden u. grobem Verschulden

§ 309 Nr. 7 BGB

I. Einleitung 1. Allgemeines zu § 309 Nr. 7 und 8 Die Nr. 7 und 8 des § 309 enthalten Vorschriften zum Schutz der gesetzlichen Rechte des Kunden bei Pflichtverletzungen des Verwenders. Die beiden Normen befassen sich in erster Linie mit Klauseln, die die gesetzlichen Rechtsfolgen von Pflichtverstößen des Verwenders beschränken1. Sie stehen insoweit in einer Wechselbeziehung zu den Klauselverboten des § 308 Nr. 1–4, die dafür Sorge tragen, dass der Verwender seine Leistungsverpflichtung als solche nicht nach Belieben offen halten, ändern oder sich ihr ganz entziehen kann. § 309 Nr. 7 dient dem Schutz der gesetzlichen Schadensersatzansprüche, während § 309 Nr. 8a das Rücktrittsrecht und § 309 Nr. 8b speziell die Gewährleistungsrechte bei Kauf- und Werkverträgen behandelt. Nach der Aufhebung der § 11 Nr. 8b, 9 und 11 AGBG, die die Freizeichnung von Schadensersatzansprüchen bei Verzug und Unmöglichkeit sowie bei Eigenschaftszusicherungen zum Gegenstand hatten, ist § 309 Nr. 7 die einzige Norm im Katalog der §§ 308, 309, die sich speziell mit der Freizeichnung von Schadensersatzansprüchen befasst. Eine Reduzierung des Schutzumfangs ist hiermit jedoch nicht verbunden, da § 11 Nr. 11 AGBG durch eine auch für Individualverträge geltende Regelung abgelöst wurde (§§ 444, 639) und § 11 Nr. 8b AGBG ohnehin hinsichtlich des Haftungsmaßstabs auf § 11 Nr. 7 AGBG verwies. Zwar findet sich in § 309 Nr. 7 das in § 11 Nr. 8b, Nr. 9 AGBG enthaltene Verbot eines vollständigen Haftungsausschlusses schon bei leicht fahrlässiger Unmöglichkeit bzw. Verzug2 nicht wieder; wegen des ergänzenden Schutzes durch § 307 ist dies indes ohne praktische Bedeutung3. Durch die Zusammenführung der Regelungen in § 309 Nr. 8 unter dem einheitlichen Begriff der Pflichtverletzung haben sich ferner die zuvor umstrittenen Fragen der Anwendbarkeit des Klauselverbots des § 11 Nr. 8b AGBG auf die positive Forderungsverletzung, die anfängliche Unmöglichkeit und den reinen Verzögerungsschaden bei Verzug4 erledigt. Auch nach dem jetzigen Recht bestehen gleichwohl Überschneidungen zwischen Nr. 7 und 8. So können etwa Klauseln, die die gesetzliche Verjährungsfrist für die Gewährleistungsrechte (einschließlich des Schadensersatzanspruchs) verkürzen, sowohl gegen § 309 Nr. 8b ff als auch gegen § 309 Nr. 7 verstoßen.

1

2. Inhaltsüberblick und Normzweck Individualvertraglich verbietet § 276 Abs. 3 einen Haftungsausschluss nur bei Vorsatz des Verwenders; § 278 Satz 2 lässt im Falle des Gehilfenverschuldens sogar die Freizeichnung für Vorsatz zu. Demgegenüber schränkt § 309 Nr. 7 die Beschränkbarkeit der Haftung durch AGB – in zwei Stufen – wesentlich ein: Bei Körperschäden (§ 309 Nr. 7a) ist eine Freizeichnung schon bei leichter Fahrlässigkeit des Verwenders oder seiner Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen, in den übrigen Fällen (§ 309 Nr. 7b) bei grobem Verschulden. Verboten ist jeweils sowohl 1 Zur Anwendung der Vorschriften bei Klauseln, die die Rechtspflichten des Verwenders selbst beschränken, siehe näher Rz. 30 sowie § 309 Nr. 8 Rz. 8. 2 H.M. zum früheren Recht, vgl. BGH ZIP 1989, 311; Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 9; a.A. Staudinger/Coester-Waltjen (Bearbeitung 1998) § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 3. 3 Vgl. BT-Drucks. 14/6857 S. 53; näher Rz. 32 ff. 4 Näher dazu Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 11, 12, 16.

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der Ausschluss als auch jede Beschränkung der Haftung. § 309 Nr. 7 beruht auf dem Gedanken, dass die Durchsetzbarkeit der – meist individualvertraglich übernommenen – Leistungspflichten des Verwenders unangemessen geschwächt würde, wenn man ihm gestatten würde, sich von den Folgen etwaiger Pflichtverletzungen ohne erhebliche Haftungsrisiken formularmäßig freizuzeichnen. Ferner soll der Kunde, falls es gleichwohl zu einer Pflichtverletzung kommt, hinsichtlich seiner Sekundäransprüche vor einer erheblichen Verschiebung der Risiken zu seinen Lasten bewahrt werden. Dies ist auch deshalb wichtig, weil die vertraglichen Haftungsregeln keinen Faktor darstellen, der von den Verwendern im Wettbewerb (z.B. in der Werbung) herausgestellt wird. Hierdurch würde nämlich der unerwünschte Eindruck entstehen, der Verwender rechne mit einer Pflichtwidrigkeit. Der Kunde andererseits verzichtet i.d.R. auf die für ihn aufwändige Kontrolle der einzelnen Vertragsbestimmungen. Im Ergebnis findet deshalb keine wirksame Steuerung der Haftungsregeln durch den Wettbewerb statt, so dass eine gesetzliche Regulierung geboten ist5. 3 Die differenzierte Regelung des § 309 Nr. 7 erweckt zu Unrecht den Eindruck, sie enthalte zugleich eine Aussage über die Zulässigkeit der nicht untersagten Haftungsfreizeichnungen, also insbesondere für einfache Fahrlässigkeit bei anderen als Körperschäden6. Dies entspricht jedoch nicht dem Stand der Rechtsprechung, die Haftungsausschlüsse für einfache Fahrlässigkeit auch im Übrigen strengen Anforderungen im Rahmen des § 307 – insbesondere unter dem Aspekt der verbotenen Freizeichnung von Kardinalpflichten – unterwirft7. Im Ergebnis führt die Anwendung der im Rahmen des § 307 entwickelten Grundsätze sowie des Transparenzgebots dazu, dass sich sicher wirksame Freistellungsklauseln auch für die Fälle nur leichter Fahrlässigkeit kaum noch formulieren lassen (näher Rz. 35, 40); dies gilt grundsätzlich auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern. 4 Die AGB-rechtlichen Vorschriften über die Wirksamkeit von Freistellungsklauseln sind, wie die Vielzahl veröffentlichter Entscheidungen und die Aufsatzliteratur belegen, von erheblicher praktischer Bedeutung. Diese ist noch gewachsen, seitdem im Zuge des SMG im Kaufrecht eine Schadensersatzhaftung nach den allgemeinen Regeln eingeführt wurde (§ 437 Nr. 3). Anders als im Falle des § 309 Nr. 8b wird der Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle bei Haftungsfreizeichnungen auch nicht durch das im Wesentlichen zwingende Recht des Verbrauchsgüterkaufs eingeschränkt, da die §§ 475 Abs. 3, 478 Abs. 4 Satz 2 die Freizeichnung von Schadensersatzansprüchen beim Verbrauchsgüterkauf und beim Lieferantenregress vorbehaltlich der §§ 307 ff. ausdrücklich zulassen. Nicht durch § 309 Nr. 7 erfasst wird der Fall, dass AGB keine Erleichterung der Haftung des Verwenders, sondern umgekehrt eine Verschärfung der Haftung des Vertragspartners vorsehen; dazu Rz. 42.

5 MünchKomm/Wurmnest Rz. 2. 6 So tatsächlich Schmidt-Salzer NJW 1995, 1641 (1642) unter III; vgl. auch J. Hager JZ 1996, 175 (177); abgeschwächt („grundsätzlich zulässig“) auch BGH NJW 1993, 335 und zuletzt NJW-RR 1998, 1426 unter II 1 a = MDR 1998, 1403 m. Anm. Hensen EWiR 1998, 673. 7 Zur – weitgehend parallelen – Rechtsentwicklung in Frankreich vgl. Schäfer RIW 1998, 192.

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Haftungsausschluss bei Kçrperschden u. grobem Verschulden

§ 309 Nr. 7 BGB

3. Entstehungsgeschichte Wesentliche Leitlinien der heutigen Rechtsprechung zu Freizeichnungsklauseln, 5 nämlich die Verbote der Freizeichnung des Verwenders von eigenem groben Verschulden und demjenigen seiner leitenden Angestellten sowie für die Verletzung von Kardinalpflichten wurden schon vor Inkrafttreten des AGBG gestützt auf § 242 entwickelt8. Das AGBG ging über den gesicherten Stand der Rechtsprechung noch einen Schritt hinaus. Es verbot in § 11 Nr. 7 AGBG generell die formularmäßige Freizeichnung von der Haftung für grobes Verschulden einfacher Erfüllungsgehilfen9. Durch das SMG wurde in Umsetzung der Richtlinie 93/13/EWG (näher dazu Rz. 7) das absolute Verbot der Freizeichnung bei Körperschäden in § 309 Nr. 7a aufgenommen. Die früher in § 23 Abs. 2 Nr. 3 und 4 AGBG enthaltenen Ausnahmen für bestimmte Beförderungsbedingungen (Rz. 18 ff.) sowie für Lotterieverträge (Rz. 20 ff.) wurden in die Vorschrift integriert. Ferner wurde der Begriff der „Vertragsverletzung“ ohne sachliche Änderung durch „Pflichtverletzung“ ersetzt und der Passus über das Verschulden bei den Vertragsverhandlungen (c.i.c.) gestrichen. Da die Verletzung vorvertraglicher Pflichten nach dem SMG ohne weiteres eine Pflichtverletzung i.S.d. Gesetzes darstellt (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2), war die gesonderte Erwähnung der culpa in contrahendo entbehrlich.

4. EG-Richtlinie 93/13/EWG Mit Anhang Nr. 1a stellt die Richtlinie 93/13/EWG an der Spitze ihres Klauselkatalogs heraus, dass sie es für rechtsmissbräuchlich erachtet, wenn AGB die gesetzliche Haftung des Verwenders bei Tod oder Körperschäden des Kunden begrenzen. Das Recht der EU hat damit noch stärker als zuvor mit dem Produkthaftungsgesetz den hohen Stellenwert von Leben und Gesundheit betont. Mit „gesetzlicher Haftung“ dürfte der nach nationalem Recht im Verletzungsfall erfüllte Haftungstatbestand gemeint sein10. Weiterhin untersagt Anhang Nr. 1b Rl 93/13/EWG im Fall der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung der Verwenderpflichten eine ungebührliche Einschränkung der Ansprüche des Verbrauchers. Hierdurch werden auch Schadensersatzansprüche des Verbrauchers bei Pflichtverletzungen des Verwenders geschützt. Nach dem Wortlaut der Richtlinie wird weder bei Anhang Nr. 1a noch bei Anhang Nr. 1b auf ein Verschulden des Verwenders bei dessen schädigender Handlung abgestellt. Das ist offenbar kein Versehen; der Grund für die Nichterwähnung des Verschuldenserfordernisses ist womöglich darin zu finden, dass der Begriff des Verschuldens in den europäischen Rechtsordnungen unterschiedlich ausgeformt ist11. Bei strenger Auslegung schützen beide Buchstaben des Klauselkataloges also auch Schadensersatzansprüche des nationalen Rechts, die – wie etwa bei der Gefährdungshaftung oder auch der Produkthaftung – nicht an ein Verschulden anknüpfen12.

8 9 10 11 12

Zur älteren Rechtsprechung siehe 11. Aufl. Rz. 5. Zur Gesetzgebungsgeschichte des § 11 Nr. 7 AGBG siehe 11. Aufl. Rz. 5. So auch Wolf RL Anh. Rz. 12. Vgl. EuGH v. 5.3.1996 – Rs. C-46/93 und C-48/93, ZIP 1996, 561 Rz. 76 ff. Wolf RL Anh. Rz. 12; a.A. wohl die BT-Drucks. 14/6040 S. 156.

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§ 309 Nr. 7 BGB

Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

7 Auf eine Umsetzung der über die Regelungen des AGBG klar hinausgehenden Anhang Nr. 1a hatte der deutsche Gesetzgeber zunächst verzichtet13; durch das SMG ist sodann im Hinblick auf Anhang Nr. 1a14 der Verbotstatbestand des § 309 Nr. 7a in das Gesetz eingefügt worden. Dies wurde als zweckmäßig angesehen, nachdem der EuGH in der Rechtssache Océano15 die Bedeutung der an sich als bloße Regelungsoptionen für den nationalen Gesetzgeber formulierten Klauselverbote im Richtlinienanhang für die Rechtsanwendung hervorgehoben hatte16. Sachlich führt diese Regelung nicht zu Änderungen, da Rechtsprechung und Schrifttum im Rahmen der Auslegung des § 9 AGBG schon früher gleiche Ergebnisse erzielt hatten17. Zielsetzung von § 309 Nr. 7a ist die Vermeidung von Gefahren für die körperliche Integrität des Kunden; dieses Rechtsgut genießt wegen seiner besonderen Bedeutung sowie auf Grund der nur eingeschränkt möglichen Kompensation von Verletzungen durch Geldersatz18 einen verstärkten Schutz. Durch § 309 Nr. 7a wird das Verbot der Freizeichnung von Körperschäden nur für den Fall verschuldeter Pflichtverletzungen übernommen. Dies führt jedoch nicht zum Bedürfnis einer richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift. Soweit nämlich Tatbestände der Gefährdungshaftung oder sonstigen verschuldensunabhängigen Haftung überhaupt Gegenstand einer von AGB beherrschten Vertragsbeziehung sein können, sind sie einer formularmäßigen Abänderung regelmäßig schon aus anderen Gründen entzogen (siehe dazu Rz. 41). Im Übrigen wird durch § 309 Nr. 7b und die auf § 307 gestützte Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Haftungsfreizeichnungen bei einfacher Fahrlässigkeit (Rz. 33) auch Anhang Nr. 1b RL 93/13/EWG in ausreichendem Umfang in das deutsche Recht umgesetzt. Der danach verbleibende – schmale – Bereich erlaubter Haftungsbegrenzungen bei leichtem Verschulden kann gewiss nicht als ungebührliche Einschränkung der Verbraucherrechte i.S.d. Richtlinie gewertet werden19. 8 Ein Sonderproblem besteht allerdings im Hinblick auf die in § 309 Nr. 7 enthaltenen Ausnahmen für bestimmte Beförderungsverträge sowie für Lotterie- und Ausspielbedingungen, da die Richtlinie entsprechende Regelungen nicht vorsieht. Auf einen entsprechenden Einwand des Bundesrats im SMG-Gesetzgebungsverfahren hin20 hat die Bundesregierung argumentiert, die Ausnahmeregelung für Beförderungsbedingungen beruhe auf der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27.2.1970 und damit auf einer von Art. 1 Abs. 2 RL 93/13/EWG zugelassenen „bindenden Rechtsvorschrift“; eine Kollision der Ausnahme für Lotterieverträge mit dem strengen Haftungsausschluss für Körperschäden sei schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu erwarten21. Diese Begründungen sind nicht zweifelsfrei, da die Ausnahmevorschrift nur besondere Beförderungsbedingungen betrifft, die gemäß § 39 Abs. 6 PBefG von der zuständigen Behörde genehmigte Abweichungen von der VO vom 27.2.1970 enthalten 13 Näher hierzu und zum Standpunkt der Bundesregierung Heinrichs in FS Reich, 1997, S. 527 (531 f., 544). 14 Näher BT-Drucks. 14/6040 S. 156. 15 EuGH EuZW 2000, 506. 16 BT-Drucks. 14/6040 S. 156. 17 Vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 1333; OLG Hamm NJW-RR 1992, 243. 18 MünchKomm/Wurmnest Rz. 2. 19 So zutr. Wolf RL Anh. Rz. 28; Nassall JZ 1995, 689 (694) nimmt zu Unrecht die generelle Unzulässigkeit von Haftungsbeschränkungen nach den EG-Richtlinien an. 20 BT-Drucks. 14/6857 S. 16. 21 BT-Drucks. 14/6857 S. 52 f.

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(Rz. 18), für die diese VO also gerade keine „bindende Rechtsvorschrift“ darstellt. Im Hinblick auf die Lotteriebedingungen greift der Hinweis auf § 309 Nr. 7a zu kurz, da eine mögliche Kollision mit der Richtlinie auch im Hinblick auf § 309 Nr. 7b in Betracht kommt. Gleichwohl wird man die Ausnahmen im Ergebnis für akzeptabel halten können, da die Sonderregelung für Beförderungsbedingungen jedenfalls im weiteren Sinne auf einem durch eine Rechtsvorschrift normierten Schutzstandard basiert22 und die nach der ohnehin gebotenen restriktiven Auslegung (Rz. 21) verbleibende Ausnahme für die Lotto- und Ausspielverträge im Interesse der Spielergesamtheit liegt.

5. Verhältnis zu anderen Vorschriften Neben der allgemeinen Regelung in § 276 Abs. 3 (vgl. Rz. 2) existieren eine Reihe spezialgesetzlicher Vorschriften, die Haftungsfreizeichnungen in Individualverträgen und AGB beschränken, beispielsweise § 702a Abs. 2 (Gastwirtshaftung), § 2 Abs. 5 Nr. 3 FernUSG (Fernunterricht), § 49c LuftVG (Luftfracht); Art. 5 ER/ CIV23 bzw. Art. 6 VO (EG) Nr. 1371/2007 (Bahnverkehr); im Bereich der Gefährdungshaftung weiter § 14 ProdHG, § 7 HPflG, § 8a StVG. Diese Regelungen sind in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich leges speciales gegenüber § 309 Nr. 7, der dementsprechend keine Anwendung findet. Vorschriften, die – umgekehrt – eine bestimmte Haftungsbeschränkung ausdrücklich anordnen (z.B. §§ 323 Abs. 2, 660 HGB, § 46 LuftVG, Art. 11 VO [EG] Nr. 1371/2007 i.V.m. Art. 41, 42, 45 ER/CIV, § 44a TKG24, Art 34 Nr. 4.1. Weltpostvertrag i.V.m. § 3 PostG25), unterliegen bereits gemäß § 307 Abs. 3 nicht der Inhaltskontrolle. Sofern Spezialregelungen Gestaltungsspielräume eröffnen, muss, sofern die Spezialnorm hierzu nicht (wie etwa § 449 Abs. 2 HGB) eine ausdrückliche Aussage enthält26, im Wege der Auslegung der Norm geklärt werden, ob der Spielraum auch durch AGB ausgefüllt werden darf und ob solche AGB von der Einhaltung der Anforderungen des § 309 Nr. 7 befreit sein sollen. Bejaht wird Letzteres für § 542 Abs. 4 HGB und beim Reisevertrag für die in § 651h zugelassenen Beschränkungen27, nicht jedoch für Verjährungsklauseln gemäß § 651m28. Keine Befreiung von AGB-rechtlichen Vorschriften gewährt auch § 7 Satz 1 Bewachungsverordnung29. Für §§ 52 BRAO, 67a StBerG, § 54a WPO ist die Frage umstritten30; unterschiedliche Ansichten bestehen auch hinsichtlich des Verhältnisses des § 676c (Überweisungsverkehr) zu § 309 Nr. 731.

22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

So auch Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 23 AGBG Rz. 5. Dazu LG Hildesheim TranspR 2003, 196; AG Hildesheim VersR 2005, 1307. Zur früheren Regelung in § 7 Abs. 2 TKV a.F. näher Spindler CR 1999, 626. Dazu BGH v. 28.1.2003 – X ZR 113/02, BGHZ 153, 327 = NJW 2003, 1602 und Grimme TranspR 2004, 160. Siehe auch §§ 466, 512 HGB; vgl. dazu OLG Frankfurt NJW-RR 2004, 1485; OLG Köln v. 22.6.2004 – 3 U 8/04, OLGR 2004, 328; OLG Stuttgart v. 19.11.2003 – 3 U 137/03, NJW-RR 2004, 610; OLG Nürnberg v. 1.9.2004 – 12 U 1603/04, NJW-RR 2005, 183. BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 = NJW 1987, 1931 (beschränkt auf vertragliche Schadensersatzansprüche). BGH v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486 Rz. 18. BGH NJW 1999, 1031 unter II 2. Verneinend Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 6; Werber VersR 1996, 917 (921); a.A. Busse DStR 1995, 660. Vgl. einerseits Risse/Lindner BB 1999, 2201 (2206): Die Ausnutzung der Freizeichnung in AGB verstoße z.T. gegen § 309 Nr. 7; a.A. Gößmann/van Look Sonderbeilage 1 zu

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II. Inhalt der Vorschrift 1. Anwendungsbereich a) Schadensersatzansprüche 10

§ 309 Nr. 7 betrifft ausschließlich Klauseln, die sich mit der Haftung für Schäden, also mit Schadensersatzansprüchen befassen. Bereits vor dem SMG war anerkannt, dass die Vorschrift auch den Anspruch auf Schmerzensgeld (§ 847 a.F.) umfasst32; noch eindeutiger ist dies auf Grund der geänderten Fassung des § 253, die den Schmerzensgeldanspruch in die Schadensersatzvorschriften integriert. § 309 Nr. 7 schützt ferner den in § 284 geregelten Anspruch auf Aufwendungsersatz, da es sich bei diesem um eine Sonderform der Schadlosstellung handelt33. § 284 hat u.a. die schadensersatzrechtliche Rechtsprechung zur sog. Rentabilitätsvermutung ersetzt34. Würde man § 284 vom Schutz des § 309 Nr. 7 ausnehmen, würde entgegen den Intentionen des Gesetzgebers der Schutzumfang des Klauselverbots reduziert. § 284 ist ferner auch die Nachfolgeregelung für § 467 Satz 2 a.F. (Vertragskosten bei Wandelung). Deshalb verstößt eine Klausel, die im Falle des Rücktritts vom Vertrag das Recht des Kunden auf Erstattung der Vertragskosten oder bestimmter Aufwendungen (z.B. der Montage- und Transportkosten oder der Kosten der Mängelanzeige) unabhängig von der Verschuldensform ausschließt, gegen § 309 Nr. 7. Nicht unter die Vorschrift fällt hingegen der Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 sowie der in § 346 Abs. 2 geregelte Wertersatzanspruch. b) Erfasste Arten von Pflichtverletzungen aa) Allgemeines

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§ 309 Nr. 7 spricht von Pflichtverletzungen35 und meint damit alle Arten schuldhafter Leistungsstörungen, aus denen Schadensersatzansprüche erwachsen. Hierzu gehören – in den Begriffen des alten Schuldrechts – zunächst einmal die positive Vertragsverletzung, Verzug und die nachträgliche oder anfängliche Unmöglichkeit (§§ 280–284, 286, 311a); zu den insoweit früher im Zusammenhang mit § 11 Nr. 8b AGBG bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten vgl. Rz. 1.

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Unter § 309 Nr. 7 fallen auch auf Verschulden beruhende Schadensersatzansprüche aus Gewährleistung, insbesondere §§ 437 Nr. 3, 440, 634 Nr. 4, 636 i.V.m. 280 ff., 311a, aber auch teilweise § 536a Abs. 1, soweit es nicht um anfängliche Mängel der Mietsache geht. Nicht erfasst werden die verschuldensunabhängigen Ansprüche aus einer Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie (vgl. dazu auch Teil 2, (20) Garantieklauseln/-verträge Rz. 1 ff.). § 309 Nr. 7 unterscheidet nicht zwischen der Verletzung von Haupt- und Nebenpflichten, da gerade auch die

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WM 2000, 42; siehe auch Löwe ZIP 1999, 830; Klamt/Koch NJW 1999, 2776; Grundmann WM 2000, 2267 (2281). Wolf, 4. Aufl. 1999, § 11 Nr. 7 AGBG Rz. 4. MünchKomm/Ernst § 284 Rz. 9. Vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 142 ff. m.N. Gemeint sind Pflichtverletzungen des Verwenders, nicht solche des Vertragspartners, dessen Haftungsbefreiung unproblematisch zulässig ist, vgl. BGH v. 19.1.2005 – XII ZR 107/01, NJW 2005, 1183.

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Verletzung von Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten schadensträchtig ist36. Soweit ein Vertrag Schutzwirkung zu Gunsten Dritter entfaltet, sind auch die sich daraus ergebenden Pflichten des Verwenders von § 309 Nr. 7 erfasst37. Im Hinblick auf die Anwendung des § 310 kommt es jedoch auf die Person des Vertragspartners an. Handelt es sich dabei um einen Unternehmer, wird ein in den Schutz des Vertrages einbezogener Verbraucher nur durch die Generalklausel (§ 307) geschützt38; die verstärkte Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers ist im Rahmen des § 307 zu berücksichtigen. bb) Verschulden bei den Vertragsverhandlungen § 309 Nr. 7 erfasst über §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 ohne weiteres auch Freizeichnungsklauseln, die sich auf ein Verschulden bei den Vertragsverhandlungen (c.i.c.) beziehen (zur Streichung der früher ausdrücklichen Erwähnung der c.i.c. in § 11 Nr. 7 AGBG vgl. oben Rz. 5). Es ist jedoch fraglich, auf welche Weise der vorvertragliche Raum überhaupt von haftungsbegrenzenden Klauseln erfasst werden kann. Denkbar ist dies bei Haftungsfreizeichnungen in Vor- oder Rahmenverträgen. Praktisch relevant ist vor allem der Haftungsausschluss anlässlich der Abgabe eines Lotto- oder Totospielscheins; dazu unten Rz. 22. Durch eine in einem Ladengeschäft aushängende „Hausordnung“ kann u.U. ebenfalls eine von einem Kauf unabhängige rechtsgeschäftliche Rahmenregelung zu Stande kommen39. Ob darüber hinaus die vorvertragliche Vertrauensbeziehung, deren Zustandekommen nicht von rechtsgeschäftlichen Erklärungen abhängt, durch vertrauensbeseitigende (einseitige) Erklärungen auch wieder beschränkt werden kann, ist streitig40.

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Kommt es zum Vertragsschluss, kann sich eine in einbezogenen AGB enthaltene wirksame Freizeichnungsklausel – unabhängig von den vorstehenden Überlegungen – auch auf vorvertragliche Pflichtverletzungen erstrecken. Ob dies der Fall ist, hängt von der Auslegung der Freizeichnungsklausel ab; es wird bei allgemein gehaltenen Klauseln häufig zu bejahen sein41. Der Umstand, dass die vorvertraglichen Ansprüche zum Zeitpunkt der Einbeziehung der AGB bereits entstanden sind, die Freizeichnung der Sache nach also einen Verzicht auf diese Ansprüche darstellt, erfordert keine besondere Fassung der Freizeichnungsklausel42. Der BGH hat die Erstreckung einer Freizeichnungsklausel auf den vorvertraglichen Bereich bejaht bei einer Bestimmung, durch die bei einem Versiche-

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36 Siehe z.B. BGH NJW 1985, 914 im Tankschecksystem-Fall und NJW 1990, 761 unter V zur Schutzpflicht des Krankenhauses gegenüber den Sachen des Patienten. Vgl. auch Thamm/Pilger BB 1994, 729 (732). 37 OLG Düsseldorf WM 1982, 575; OLG Braunschweig AGBE I § 11 Nr. 57; Wolf/Dammann Rz. 45–47; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 4; Dubischar NJW 1989, 3241 (3245); a.A. – bezogen auf die Überprüfung von Haftungsklauseln nach § 307 – OLG Karlsruhe v. 14.8.2013 – 7 U 63/13 Rz. 30 mit der zweifelhaften Überlegung, dass dies nur für Dritte gelten könne, die sich auch bei unterstellter Wirksamkeit der Freizeichnungsklausel im Schutzbereich des Vertrages befänden; ähnlich Fervers ZJS 2014, 91. 38 A.A. OLG Düsseldorf WM 1982, 575. 39 Vgl. Christensen JuS 1996, 873 (877). 40 So KG NJW 1981, 2822; a.A. Wolf/Dammann Rz. 13; Ulmer (9. Aufl.) § 23 AGBG Rz. 42a. 41 Ähnlich Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 18; strenger Wolf/Dammann Rz. 13 (ausdrücklicher Hinweis erforderlich). 42 A.A. Ziegler BB 1990, 2345; Wolf/Dammann Rz. 10; vgl. auch OLG Koblenz NJW-RR 1993, 1078 (1080).

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rungsvertrag das Verschulden für Fehlverhalten des (bei der Vertragsanbahnung tätigen) Versicherungsagenten ausgeschlossen wurde43. Verneint wurde die Anwendbarkeit der Freizeichnung auf das Verschulden bei den Vertragsverhandlungen hingegen bei der Haftungsbeschränkung für Verzögerungen der Auftragsdurchführung gemäß Nr. 4 Abs. 4 AGB-Banken (Fassung 1.4.1977)44 sowie hinsichtlich der allgemein gefassten Klausel einer Bausparkasse, die für Auskünfte und Ratschläge nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln haften wollte45. Die letztgenannte Entscheidung enthält – über die Frage der Auslegung der Freizeichnung hinaus – den weiter gehenden Gedanken, dass die Beschränkung der sich aus einem gesetzlichen Vertrauensschuldverhältnis ergebenden Haftung für Berufspflichtverletzungen stets eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners i.S.d. Generalklausel darstelle46. Gegen diese Argumentation spricht, dass die vorvertraglichen Pflichten schwerlich stärker gegen Freizeichnungen geschützt sein können als diejenigen, die sich aus einem wirksamen Vertragsverhältnis ergeben. Im konkreten Fall wäre die Klausel allerdings ohnehin unwirksam gewesen, weil sie einen Haftungsausschluss auch für den Fall der Verletzung vertragswesentlicher („kardinaler“) Pflichten enthielt. cc) Unerlaubte Handlung und Produkthaftung 15

§ 11 Nr. 7 AGBG verbot nicht ausdrücklich den Ausschluss der Haftung für Schäden aus unerlaubter Handlung, da die Vorschrift an eine Vertragsverletzung des Verwenders anknüpfte. § 309 Nr. 7 („Pflichtverletzung“) ist insoweit offener; anders als etwa § 280 verlangt § 309 Nr. 7 insbesondere nicht die Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis47. Im Ergebnis ist diese Differenzierung jedoch bedeutungslos, da schon nach früherem Recht § 11 Nr. 7 AGBG zumindest analog auf unerlaubte Handlungen im Rahmen eines Vertragsverhältnisses angewandt wurde48. Es wäre nämlich sachwidrig, die besonders gewichtigen und deshalb auch unabhängig von einer Sonderbeziehung geschützten Rechtsgüter des Vertragspartners einer im Verhältnis zu den vertraglichen Pflichten weiter gehenden Freizeichnungsmöglichkeit auszusetzen. Gleiches muss für sonstige – also außerhalb des vertraglichen Zusammenhangs begangene – unerlaubte Handlungen gelten, da deren Ausschluss durch eine Vertragsklausel für den Kunden noch weniger vorhersehbar ist49. Vor der Anwendung des § 309 Nr. 7 ist jedoch stets zu prüfen, ob die Freizeichnungsklausel überhaupt dahin ausgelegt werden

43 BGH v. 22.11.1991 – V ZR 299/90, BGHZ 116, 387 = NJW 1992, 828; dazu Büsken VersR 1992, 272 (274 f.). 44 BGH NJW 1984, 866; die aktuelle Fassung der AGB-Banken enthält eine solche Klausel nicht mehr. 45 BGH NJW 1991, 694. 46 Diese Auffassung ergibt sich aus der in der Entscheidung enthaltenen Bezugnahme auf die Kommentarstelle Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 28. Aufl., (8) AGB-Banken Nr. 10 Anm. 3 B. b). 47 Mit dem Begriffswechsel war allerdings keine inhaltliche Änderung beabsichtigt, vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 156. 48 BGH v. 12.3.1987 – VII ZR 37/86, BGHZ 100, 157 = NJW 1987, 1931 („zumindest entsprechend anzuwenden“); ebenso BGH NJW 1995, 1488 unter IV 2; ZIP 1985, 687 = BB 1985, 2008; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 1333 = VersR 1990, 1405; Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 7 AGBG Rz. 19; Staudinger/Coester-Waltjen (Bearbeitung 1998) § 11 Nr. 7 AGBG Rz. 16; Rolland Produkthaftungsrecht, 1990, Teil II Rz. 138. 49 Wolf/Dammann Rz. 19.

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kann, dass sie sich auch auf deliktsrechtliche Ansprüche bezieht50. Gesetzliche Beschränkungen der Deliktshaftung werden durch die Anwendung des § 309 Nr. 7 dem Schutzzweck der AGB-Vorschriften entsprechend nicht berührt. Im Hinblick auf die Gehilfenhaftung gemäß § 831 verbietet § 309 Nr. 7 also nur die Freizeichnung von grobem Auswahl- oder Überwachungsverschulden51. Die deliktsrechtliche Haftung gegenüber Dritten ist vertraglich naturgemäß nicht beschränkbar. Allerdings können vertragliche Absprachen Einfluss auf den Umfang der Verkehrspflichten der Vertragsparteien haben und sich insoweit mittelbar auf die Deliktshaftung gegenüber Dritten auswirken52. Solche Effekte beruhen aber nicht auf der Bindungswirkung des Vertrages53; der Kontrolle entsprechender Klauseln gemäß §§ 307 ff. kommt deshalb keine Bedeutung zu. Da die Ersatzpflicht des Herstellers nach § 14 Produkthaftungsgesetz weder ausgeschlossen noch beschränkt werden kann, ergreift eine erlaubte Freizeichnung des Herstellers nur weiter gehende vertragliche und deliktsrechtliche Ansprüche und dies mangels vertraglicher Beziehungen des Herstellers zum Dritten lediglich im Verhältnis zum ersten Händler54. c) Erstreckung der Freizeichnung auf Dritte Schaltet der Verwender im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung dritte Per- 16 sonen ein, so können dem Kunden bei schuldhaftem Handeln der Dritten gegen diese Schadensersatzansprüche erwachsen, und zwar mangels vertraglicher Beziehungen der Dritten zum Kunden Ansprüche aus unerlaubter Handlung. Da § 328 grundsätzlich eine vertragliche Haftungsfreizeichnung auch zu Gunsten Dritter erlaubt, stellt sich die Frage, ob entsprechende formularmäßige Haftungsbeschränkungen ebenfalls an § 309 Nr. 7 zu messen sind. Dies ist auf jeden Fall zu bejahen, sofern die Dritten vom Verwender als Erfüllungsgehilfen herangezogen werden; die arbeitsteilige Vertragserfüllung soll den Vertragspartner im Verhältnis zum Eigenhandeln des Verwenders nämlich weder besser noch schlechter stellen. Ohne Anwendung des § 309 Nr. 7 auf die deliktsrechtlichen Ansprüche des Dritten bestünde diese Gefahr, da der Verwender bei eigenem Handeln seine deliktsrechtliche Haftung gemäß § 309 Nr. 7 nur in gewissem Umfang einschränken könnte, während die Freistellung des Dritten bei dieser Sichtweise voll wirksam wäre. Es ist daher davon auszugehen, dass der Verwender den Dritten von dessen deliktsrechtlicher Haftung gemäß § 309 Nr. 7 nur insoweit freistellen kann, als ihm dies hinsichtlich seiner eigenen deliktsrechtlichen Haftung möglich ist55. Eine etwaige altruistische Motivation des Verwenders im Hinblick auf den Dritten (z.B. im Hinblick auf seine Arbeitnehmer) gibt diesem nicht das Recht, seinem Vertragspartner die Risiken eines Fehlverhaltens in weitergehendem Umfang als sonst aufzuerlegen. Die erlaubte Freizeichnung zu Gunsten eines Gehilfen muss nicht ausdrücklich bestimmt werden, sondern er-

50 Dazu BGH NJW 1977, 379; NJW 1979, 2148; NJW 1992, 2016. 51 MünchKomm/Wurmnest Rz. 9. 52 Vgl. BGH NJW 1987, 2669 (2670) zur Abgrenzung der Sicherungspflichten auf einer Baustelle im Vertrag zwischen General- und Subunternehmer. 53 Näher Christensen Verkehrspflichten in arbeitsteiligen Prozessen, 1995, S. 85 ff. 54 Rolland Produkthaftungsrecht, 1990, Teil II Rz. 137. 55 Ähnlich Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 20; Schmidt-Salzer Produkthaftung Rz. 3.500; Wolf/Dammann Rz. 43, 44; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 1333 = VersR 1989, 1405; a.A. MünchKomm/Wurmnest Rz. 10; offen gelassen vom BGH in ZIP 1985, 687 = BB 1985, 2008.

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gibt sich häufig unschwer aus der allgemeinen Freizeichnungsklausel unter Berücksichtigung von Vertragszweck und Fürsorgepflicht des Verwenders56. So hat der BGH einem vom Spediteur eingeschalteten Frachtführer die kurze Verjährung des § 64 ADSp a.F. zugute kommen lassen, weil er eine einem Erfüllungsgehilfen ähnliche Stellung gehabt habe und in das Näheverhältnis zwischen Spediteur und Auftraggeber eingerückt gewesen sei57. Zur Frage der generellen Wirksamkeit dieser Haftungsbeschränkung siehe Rz. 34, 44. In § 436 HGB ist sogar gesetzlich bestimmt, dass sich die Leute des Frachtführers bei fahrlässig begangenem Delikt auf die gesetzlichen und vertraglichen Haftungsbegrenzungen des Frachtführers berufen können. Handelt es sich bei dem Dritten nicht um einen Erfüllungsgehilfen, sondern um eine sonstige Person – etwa die anderen Teilnehmer eines vom Verwender veranstalteten Motorsportereignisses58 –, muss § 309 Nr. 7 gleichwohl zumindest analog angewendet werden; denn der Kunde ist im Hinblick auf Freistellungen solcher Personen in gleicher Weise schützenswert und muss typischerweise noch viel weniger als bei Erfüllungsgehilfen mit einer auf den Dritten erstreckten Freizeichnung rechnen59; eine entsprechende Haftungsbeschränkung ist deswegen unter Umständen sogar als überraschende Klausel zu werten60. 17

Von der vorstehenden Problematik zu unterscheiden ist die Frage, ob eine Personengesellschaft – namentlich eine BGB-Gesellschaft61 – die akzessorische Haftung ihrer Gesellschafter durch eine formularmäßige Freizeichnung ohne Verstoß gegen § 309 Nr. 7 ausschließen kann. Diese Haftung ist unabhängig von einem eigenen pflichtwidrigen Handeln der Gesellschafter, so dass die in Rz. 16 dargestellte Argumentation zur Anwendung des § 309 Nr. 7 nicht übertragbar ist. Teilweise wird § 309 Nr. 7 bzgl. der Gesellschafterhaftung nicht für anwendbar gehalten, da der Schutzzweck der Vorschrift nur auf die Sicherung der Haftung des Verwenders, nicht der Mithaftung Dritter gerichtet sei62. Diese Auffassung wird offenbar auch vom BGH geteilt, der in einer Entscheidung63 die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter einer BGB-Kapitalanlagegesellschaft nur anhand des § 307 überprüft und insoweit im Hinblick auf den besonderen Charakter der Gesellschaft ausnahmsweise für wirksam erachtet hat. Dagegen lässt sich einwenden, dass die Gesellschafterhaftung bei Personengesellschaften insbesondere wegen des Fehlens von Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften einen essentiellen Bestandteil der Haftungsverfassung der Gesellschaft

56 BGH ZIP 1985, 687 = BB 1985, 2008; BGH v. 24.9.1985 – VI ZR 4/84, BGHZ 96, 18 = NJW 1986, 1610 unter II 3; Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 7 AGBG Rz. 47; Erman/Roloff § 309 Rz. 66; a.A. Schmidt-Salzer Produkthaftung Rz. 3.513. 57 BGH NJW 1995, 2224 m. abl. Anm. Löwe ZIP 1995, 1273. 58 OLG Koblenz v. 29.6.1992 – 12 U 561/91, VersR 1993, 1164; OLG Dresden v. 20.6.2007 – 13 W 165/07, NJW-RR 2007, 1619; siehe auch OLG Karlsruhe v. 23.8.1989 – 1 U 353/88, NJW-RR 1989, 1333. 59 Wolf/Dammann Rz. 43, 44. 60 Vgl. BGH v. 11.12.2003 – III ZR 118/03, WM 2004, 278 = NJW-RR 2004, 780 betreffend den Beitritt zu einem Immobilienfonds: Freizeichnung nicht nur der Fondsgesellschaft, sondern auch der bei Vertrieb der Anlage tätigen selbständigen Unternehmer. 61 Zur Haftungsverfassung der BGB-Gesellschaft vgl. BGH v. 27.9.1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315 = NJW 1999, 3483; BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056. 62 Ulmer ZIP 1999, 554 (562); ähnlich Reiff ZIP 1999, 1329 (1336), der jedoch entsprechende Klauseln generell gemäß § 307 für unwirksam erachtet. 63 BGH v. 21.1.2002 – II ZR 2/00, BGHZ 150, 1 = NJW 2002, 1642.

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darstellt. Formularmäßige Beschränkungen der akzessorischen Haftung könnten deshalb den Schutzzweck des § 309 Nr. 7 berühren64. Im Ergebnis ist es gleichwohl sachgerecht, Freizeichnungen von der Mithaftung der BGB-Gesellschafter allein anhand des § 307 zu beurteilen, da diese Vorschrift anders als § 309 Nr. 7 keine starre Regelung enthält, sondern die angesichts der Vielgestaltigkeit der BGB-Gesellschaft notwendigen Differenzierungen zulässt. d) Ausnahmen aa) Haftungsausschluss in genehmigten Beförderungsbedingungen des Linienverkehrs Die früher in § 23 Abs. 2 Nr. 3 AGBG enthaltene Ausnahme für bestimmte Be- 18 förderungsbedingungen wurde durch das SMG in § 309 Nr. 7 integriert. Der Inhalt von Beförderungsverträgen im Linienverkehr bestimmt sich grundsätzlich nach der VO über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (BefBedV) vom 27.2.197065. Insoweit greifen die §§ 305 ff. einschließlich des Verbotskatalogs in § 309 nicht ein. Die Beförderungsbedingungen haben keine Vertragsnatur; es fehlt daher an einer Anwendungsvoraussetzung des Gesetzes. Der Anwendungsbereich der in § 309 Nr. 7 enthaltenen Ausnahme beschränkt sich somit auf diejenigen besonderen Beförderungsbedingungen im Linienverkehr, deren Verwendung in Abweichung von den Allgemeinen Beförderungsbedingungen die Genehmigungsbehörde nach Maßgabe des § 39 Abs. 6 PBefG i.V.m. § 1 BefBedV zugestimmt hat. Sie haben privatrechtlichen Charakter und werden entsprechend den allgemeinen Grundsätzen (§§ 145 ff.) ohne Einhaltung der zusätzlichen Einbeziehungserfordernisse des § 305 Abs. 2 Vertragsbestandteil (vgl. § 305a Nr. 1 und § 305a Rz. 9 ff.). Zweck der Ausnahme ist es, den begünstigten Unternehmen aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit die Übernahme der in §§ 14, 16 BefBedV enthaltenen Haftungsbeschränkungen in besondere Beförderungsbedingungen zu ermöglichen66. Im Hinblick auf diese Absicht des Gesetzgebers unterliegen entsprechende Freizeichnungsklauseln auch nicht der ergänzenden Kontrolle gemäß § 30767. Die Ausnahme gilt nicht für die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB-Luftpassage) der International Air Transport Association (IATA), des Kartellverbandes der führenden Gesellschaften des internationalen Luftlinienverkehrs68. Als durch Einbeziehung in den Einzelvertrag wirksam werdende AGB unterliegen sie der Inhaltskontrolle auch insoweit, als sie die Regelungen der von der Bundesrepublik ratifizierten Vorschriften des „Warschauer Abkommens“ in der Fassung von Den Haag 195569 unverändert übernehmen70. 64 So Heermann BB 1994, 2421 (2432); Kögel DB 1995, 2201 (2205); ähnlich Wolf/Dammann Rz. 43, 44. 65 BGBl. 1970, I 230. 66 Vgl. dazu näher Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 23 AGBG Rz. 200 ff. 67 Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 23 AGBG Rz. 200; Staudinger/Schlosser (Bearbeitung 1998) § 23 AGBG Rz. 26. 68 BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (288 ff.) = NJW 1983, 1322; Palandt/ Grüneberg Rz. 46; Gran Die IATA aus der Sicht deutschen Rechts, 1998, S. 147. 69 BGBl. 1958 II 291. 70 BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (290 f.) = NJW 1983, 1322; LG Köln v. 29.1.2003 – 26 O 33/02, WRP 2003, 663 = CR 2003, 697; OLG Köln WRP 2004, 124; so auch Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 23 AGBG Rz. 205; Lindacher IPRax 1984, 301 (302);

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bb) Haftungsausschluss bei Lotterien und Ausspielungen 20

Auch diese früher in § 23 Abs. 2 Nr. 4 AGBG enthaltene Ausnahme wurde durch das SMG in § 309 Nr. 7 eingefügt. Zum Begriff der Lotterie und Ausspielung vgl. §§ 763 BGB, 287 StGB. Darunter werden Glücksspiele verstanden, bei denen eine Mehrzahl von Personen vertragsmäßig die Möglichkeit hat, nach einem bestimmten Spielplan gegen bestimmten Einsatz einen bestimmten Gewinn in Geld (Lotterie) oder anderen Gegenständen (Ausspielung) zu machen, dessen Erzielung, den Mitspielern erkennbar, vom Zufall abhängt71. Das Entstehen von Ansprüchen auf Auszahlung des Gewinns oder auf Leistung der ausgespielten Gegenstände setzt voraus, dass die Lotterie oder Ausspielung staatlich genehmigt oder – was dem gleichsteht – staatlich veranstaltet ist72. Fehlt es an der staatlichen Genehmigung, so sind öffentlich veranstaltete Lotterien und Ausspielungen nach § 287 StGB verboten; die Spielverträge sind nach § 134 nichtig73. Nichtöffentliche Glücksspiele begründen nach § 762 nur unvollkommene Verbindlichkeiten. Die Teilnahmebedingungen der Lotterieunternehmen sind als Teile des privatrechtlichen Spielvertrags auch dann AGB, wenn ihr Inhalt auf landesrechtlichen Vorschriften beruht74.

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In sachlicher Hinsicht ist die Ausnahme begrenzt auf Vereinbarungen über den Ausschluss der Haftung wegen groben Verschuldens (§ 309 Nr. 7b). Die Haftung für Körperschäden (§ 309 Nr. 7a) ist bei Lotterieverträgen kaum relevant. Um bereits den Anschein eines Konflikts mit den Vorgaben der Richtlinie 93/13/EWG zu vermeiden, wurde die Reichweite der Ausnahme ausdrücklich auf Nr. 7b beschränkt; gleichwohl bestehen Zweifel hinsichtlich der Richtlinienkonformität der Regelung (Rz. 8)75. Regelungsgrund der Ausnahme ist das Bedürfnis nach Haftungsausschlüssen in Fällen abhanden gekommener oder verfälschter Wettscheine, um die Masse der Spieler gegen Versuche von Betrügern zu schützen, mit Hilfe fingierter Wettscheine die Auszahlung vorgetäuschter Gewinne zu Lasten der wirklichen Gewinner zu erstreiten; auch aus der Sicht der Teilnehmer würden in Fällen dieser Art die Vorteile der erwähnten Freizeichnung die mit ihnen ausnahmsweise verbundenen Nachteile überwiegen76. Da dieser eingeschränkte Regelungszweck nicht mit der Reichweite der in § 23 Abs. 2 Nr. 4

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a.A. – vor Inkrafttreten des AGBG – Böckstiegel NJW 1974, 1017 (1021); zur Inhaltskontrolle der IATA-Bedingungen vgl. näher Brandner (9. Aufl.) Anh. §§ 9–11 AGBG Rz. 484 sowie Gran Die IATA aus der Sicht deutschen Rechts, 1998, S. 146 ff. Vgl. RGSt 60, 379 (381); 77, 341 (344); Fischer § 287 StGB Rz. 2; Astl Glücksspiel, 1965, S. 14; a.A. (für Einbeziehung von nicht ausschließlich zufallsabhängigen „Geschicklichkeitsspielen“): MünchKomm/Habersack § 763 Rz. 5. Dazu näher MünchKomm/Habersack § 763 Rz. 8 ff.; zur staatlichen Genehmigung bei Sportwetten vgl. auch BGH v. 29.9.1998 – XI ZR 334/97, NJW 1999, 54 (55); NStZ 2003, 372 und EuGH NJW 2004, 139. MünchKomm/Habersack § 762 Rz. 13 ff. Ganz h.M., vgl. BGHZ 5, 111 (115) = NJW 1952, 657; BGH NJW 1965, 1583; BVerwG NJW 1956, 235; Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 23 AGBG Rz. 223; MünchKomm/Habersack § 763 Rz. 16; Schlund S. 62 f. m.w.N.; a.A. KG NJW 1981, 2822 für Klauseln, die nicht den Vertragsinhalt, sondern die Voraussetzungen des Vertragsschlusses regeln (dazu vgl. auch § 305 Rz. 13). BT-Drucks. 14/6857 S. 53. So Bericht des BT-Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/5422 S. 14; vgl. auch KG NJW 1981, 2822. Dazu krit. unter Hinweis auf die in Wahrheit verfolgte Absicht, den Veranstaltern das „Personalrisiko“ für die Mitarbeiter der Annahmestellen abzunehmen, MünchKomm/Wurmnest Rz. 16.

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AGBG enthaltenen generellen Ausnahme vom Verbot des § 11 Nr. 7 AGBG übereinstimmte, sah der SMG-Regierungsentwurf vor, die Ausnahmeregelung einzugrenzen auf Haftungsbeschränkungen, „soweit sie dem Schutz des Verwenders und der Mitspieler vor betrügerischen Manipulationen dienen“. Dieser Passus wurde in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses77 jedoch wieder gestrichen, da die Besorgnis bestand, die vorgeschlagene Neufassung verpflichte den Verwender, im Einzelfall nachzuweisen, dass eine betrügerische Manipulation stattgefunden habe. Dies sei jedoch häufig nicht möglich, und gerade für diese Fälle sei der Haftungsausschluss notwendig. Der Rechtsausschuss schlug vor, an der bisherigen Rechtslage fest zu halten, und verwies insoweit ausdrücklich auf die von Ulmer78 befürwortete teleologische Begrenzung des Anwendungsbereichs der Norm. Danach ist dem Bedürfnis nach einer Einschränkung des Anwendungsbereichs der Ausnahme im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 gegenüber sonstigen, nicht durch die besondere Risikosituation bei der Veranstaltung von Glücksspielen veranlassten oder im Interesse der Spielergesamtheit liegenden Haftungsausschlüssen Rechnung zu tragen79. Ein besonderes Auslegungsproblem hinsichtlich der Haftungsausschlussklau- 22 seln in den Teilnahmebedingungen des Deutschen Lotto- und Totoblocks ergibt sich daraus, dass der Abschluss des Spielvertrags nach diesen Bedingungen nicht schon mit der Einreichung des Spielscheins bei den Annahmestellen, sondern erst dann eintritt, wenn die Spieldaten beim Veranstalter eingegangen und auswertbar gespeichert und das Speichermedium rechtzeitig vor Spielbeginn durch Verschluss gesichert ist80; zum AGB-Charakter dieser Bestimmung vgl. § 305 Rz. 13. Der Gefahr, dass die Einbeziehung dieser Klausel bei unzureichender Information der Spielteilnehmer an § 305c Abs. 1 scheitert und der Vertragsschluss daher nach Rechtsscheingrundsätzen vorverlegt wird, muss durch einen deutlichen Hinweis auf das Auseinanderfallen des Zeitpunkts der Spielteilnahme des Kunden und des Abschlusses des Spielvertrages entgegengewirkt werden81. Diese Gestaltung wirft freilich zugleich die Frage nach der Rechtsgrundlage eines Haftungsausschlusses für die Zeit vor Vertragsschluss auf. Zwar erstreckt sich das Verbot des § 309 Nr. 7 auch auf den Ausschluss der Haftung wegen culpa in contrahendo (Rz. 13 f.). Zur Begründung des Haftungsausschlusses bedarf es jedoch nach überwiegender Auffassung (vgl. Rz. 13) einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung in Form eines Vor- oder Rahmenvertrages. Der Umstand, dass ein solcher Ausschluss auch im Spielvertrag selbst vorgesehen ist, reicht nicht aus, da die Verwender ihre Haftung gerade in den Fällen ausschließen wollen, in denen durch echtes oder scheinbares Verschulden der Annahmestelle ein Spielvertrag nicht zu Stande kommt. Nicht zu folgen ist der Auffassung des BGH82, die 77 BT-Drucks. 14/7052 S. 188 f. 78 Ulmer (9. Aufl.) § 23 AGBG Rz. 42. 79 So auch Wolf/Horn, 4. Aufl. 1999, § 23 AGBG Rz. 224; Staudinger/Engel § 763 Rz. 32; einschränkend – trotz bestehender Zweifel im Hinblick auf die SMG-Gesetzgebungsgeschichte – i.E. auch Haas/Medicus S. 127 f. Rz. 216. 80 So etwa § 14 Abs. 2 der Teilnahmebedingungen für das Lotto 6 aus 49 i.d.F. der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Stuttgart v. Oktober 2014 (Version für Annahmestellen); vgl. den Meinungsstand bei Liese S. 2 ff.; ferner KG NJW 1981, 2822; Schlund S. 92 ff.; Grunewald ZIP 1987, 353. 81 Vgl. dazu Staudinger/Engel § 763 Rz. 28: deutlicher Aushang in der Annahmestelle ausreichend; grundsätzlich gegen den überraschenden Charakter der Klausel: KG NJW 1981, 2822; Staudinger/Schlosser § 23 AGBG (Bearbeitung 1998) Rz. 28. 82 BGH NJW 1965, 1583.

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Annahmestelle selbst verpflichte sich bei Einreichung des Spielscheins gegenüber dem Spieler zur Weiterleitung des Spielscheins (jetzt: der Spieldaten) an den Veranstalter; eine derartige Abrede entspricht nicht dem auf einen Vertragsschluss mit dem Veranstalter gerichteten Willen des Spielteilnehmers und lässt sich auch nicht auf die Teilnahmebedingungen stützen. Der Wille des Veranstalters geht ausweislich der Teilnahmebedingungen vielmehr dahin, in einem mit dem Spielteilnehmer abzuschließenden gesonderten Rahmenvertrag („Enthaftungsvertrag“) die AGB schon bei Einreichung des Spielscheins verbindlich werden zu lassen83. Es ist allerdings jeweils zu prüfen, ob die §§ 305 Abs. 2, 305c Abs. 1 eingehalten sind84. Auch wird die Inhaltskontrolle der Spielbedingungen jenseits des § 309 Nr. 7 nicht ausgeschlossen. Die Billigung einer Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung von Spielgewinnen von 13 Wochen nach dem Ende des Ziehungszeitraums85 erscheint daher zweifelhaft86. Noch akzeptabel dürfte eine Verpflichtung des Kunden sein, die korrekte Eingabe seiner Spieldaten in den Computer sofort anhand der Spielquittung zu überprüfen87.

2. Verbotene Haftungsbegrenzungen a) Körperschäden (§ 309 Nr. 7a) 23

§ 309 Nr. 7a verbietet die Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit bei allen schuldhaften Pflichtverletzungen, also bei Vorsatz sowie jeder Fahrlässigkeit88. Zum Zweck dieser durch das SMG in das Gesetz eingefügten Regelung sowie zur früheren Rechtsprechung siehe Rz. 5, 6. Hinsichtlich der Auslegung der Begriffe Leben, Körper und Gesundheit kann auf die Rechtsprechung und das Schrifttum zu § 823 Abs. 1 zurückgegriffen werden; § 309 Nr. 7 umfasst jedoch anders als Anhang Nr. 1a RL 93/13/EWG nicht nur gesetzliche, sondern auch vertragliche Anspruchsgrundlagen. Eine Verletzung des Lebens liegt vor, wenn ein anderer Mensch getötet wird89. Körperverletzungen sind Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit eines

83 Zust. OLG Celle v. 26.11.1985 – 20 U 40/85, NJW-RR 1986, 833; Staudinger/Engel § 763 Rz. 28; a.A. (krit. gegen die Annahme eines Enthaftungsvertrages) Löwe/von Westphalen § 23 AGBG Rz. 3, 5; vgl. auch Liese, der generell vertraglichen Lösungsansätzen ablehnend gegenübersteht (S. 4 f.) und sich stattdessen für einen Haftungsausschluss als zulässigen Typ vorvertraglicher Verpflichtung ausspricht (S. 156). 84 So MünchKomm/Wurmnest Rz. 18, der bemängelt, dass dies häufig unzureichend geschehe. 85 So BGH v. 21.3.1991 – III ZR 94/89, NJW 1991, 1745; vgl. etwa § 25 Abs. 1 der Teilnahmebedingungen für das Lotto 6 aus 49 in der Fassung der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Stuttgart v. Oktober 2014 (Version für Annahmestellen). 86 MünchKomm/Wurmnest Rz. 18. 87 OLG Frankfurt v. 4.7.1996 – 1 W 21/96, OLGR Frankfurt 1996, 205; MünchKomm/ Wurmnest Rz. 18; vgl. etwa § 13 der Teilnahmebedingungen für das Lotto 6 aus 49 in der Fassung der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Stuttgart v. Oktober 2014 (Version für Annahmestellen). 88 OLG Brandenburg v. 17.10.2013 – 12 U 55/13, Schaden-Praxis 2014, 186 Rz. 15; LG Berlin v. 19.11.2013 – 15 O 402/12 CuR 2014, 404; OLG Brandenburg v. 29.4.2014 – 6 U 10/13, WRP 2014, 1223; Zur Anwendbarkeit der Nr. 1a Anh. EG-RL 93/13 auf Haftungstatbestände, die ein Verschulden nicht voraussetzen (Gefährdungshaftung), vgl. Rz. 6. 89 Soergel/Spickhoff § 823 Rz. 30.

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anderen90. Eine Gesundheitsbeschädigung entsteht durch eine Störung der inneren Lebensvorgänge, die zu einer nachteiligen Abweichung vom Normalzustand führt; Schmerzen oder eine sonstige tief greifende Veränderung der Befindlichkeit sind nicht erforderlich91. Psychische Beeinträchtigungen werden erfasst, sofern sie nach der Verkehrsanschauung die Qualität einer Gesundheitsverletzung erreichen, nicht hingegen bei normalen Reaktionen der Trauer oder des Schreckens92. Unter § 309 Nr. 7a fallen grundsätzlich auch Schädigungen, die vor der Geburt oder sogar vor der Empfängnis des Betroffenen verursacht wurden93. Zweifelhaft ist die Annahme des BGH, eine Körperverletzung liege auch in der Schädigung entnommener, zur späteren Verwendung im eigenen Interesse bestimmter Körperbestandteile (z.B. Sperma, Eigenblutkonserven)94. Ob ein kunstgerecht durchgeführter ärztlicher Eingriff dann eine Körperverletzung darstellt, wenn es an der erforderlichen Einwilligung fehlt, ist streitig95. Eine analoge Anwendung des § 309 Nr. 7 auf andere höchstpersönliche Rechtsgüter (Freiheit, allgemeines Persönlichkeitsrecht) ist erwägenswert, zumal Schädigungen dieser Schutzgüter ebenfalls nur eingeschränkt durch Geldausgleich kompensierbar sind. Im Ergebnis spricht die namentlich beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht erforderliche Gesamtabwägung aber doch eher für die Anwendung des flexibleren § 307. (Seltene) Haftungsklauseln in Schenkungs- und Leihverträgen sowie bei der unentgeltlichen Verwahrung, die die Grenzen der §§ 521, 599, 690 nicht überschreiten, unterliegen gemäß § 307 Abs. 3 nicht der Kontrolle nach § 309 Nr. 7a. Zur Haftung für Gehilfen und zum Umfang des Freizeichnungsverbots vgl. Rz. 25 f., zur Klauselfassung Rz. 40. Gemäß § 309 Nr. 7a unwirksam ist auch ein auf einem Formular des Veranstalters eines Motorsportereignisses von den Teilnehmern wechselseitig erklärter Haftungsverzicht bei leichter Fahrlässigkeit, wenn dieser die Haftung für Körperschäden nicht ausdrücklich ausschließt96. Bei Arbeitsverträgen wird § 309 Nr. 7a i.d.R. durch § 104 SGB VII verdrängt97. b) Grobes Verschulden (§ 309 Nr. 7b) Im Hinblick auf Schäden an sonstigen Rechtsgütern verbietet § 309 Nr. 7b nur Haftungsbegrenzungen für vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen. Vorsätzlich handelt, wer seine Pflichten bewusst und gewollt verletzt. Ausreichend ist bedingter Vorsatz, bei dem der Handelnde eine als möglich vorausgesehene Pflichtverletzung billigend in Kauf nimmt bzw. sich mit ihr abfindet98.

90 BGH v. 9.11.1993 – VI ZR 62/93, BGHZ 124, 52; NJW 1980, 1452; vgl. etwa LG Frankfurt/Oder ZMR 2003, 741 zu einem gemäß § 309 Nr. 7a unwirksamen Haftungsausschluss eines Fahrstuhlbetreibers für die Folgen von Unfällen. 91 BGH NJW 1991, 1948. 92 BGHZ 56, 163; NJW 1984, 1405; NJW 1989, 2317. 93 BGHZ 8, 243; zur problematischen Frage, ob eine unbeabsichtigte Schwangerschaft oder Geburt für die Mutter oder das Kind eine Körperverletzung darstellen kann, vgl. BVerfGE 88, 203; NJW 1998, 519; BGH v. 18.1.1983 – VI ZR 114/81, BGHZ 86, 240; BGH v. 16.11.1993 – VI ZR 105/92, BGHZ 124, 128. 94 BGH v. 9.11.1993 – VI ZR 62/93, BGHZ 124, 52; Palandt/Sprau § 823 Rz. 5; a.A. Soergel/ Spickhoff § 823 Rz. 34 m.w.N. 95 So BGHZ 61, 118; BGH v. 14.2.1989 – VI ZR 65/88, BGHZ 106, 391; Palandt/Sprau § 823 Rz. 148. 96 Anders noch OLG Koblenz v. 29.6.1992 – 12 U 561/91, VersR 1993, 1164 zum AGBG; unzutreffend (nach neuem Recht) insoweit OLG Bamberg VersR 2006, 661. 97 Näher von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Arbeitsverträge) Rz. 311. 98 BGH NJW 1984, 801; NJW 1986, 180.

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Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt, wer nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsste99. Auf Einzelheiten der Abgrenzung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit kommt es im Rahmen der Prüfung des § 309 Nr. 7 regelmäßig nicht an, da die meisten AGB-Klauseln einen Haftungsausschluss generalisierend entweder für jedes oder nur für grobes Verschulden vorsehen. § 309 Nr. 7b gilt auch für Arbeitsverträge100. Dies führt jedoch zu keiner wesentlichen Rechtsänderung, da das BAG bereits zuvor die Auffassung vertreten hatte, dass der Arbeitgeber seine Haftung bei grober Fahrlässigkeit nicht ausschließen dürfe101. c) Haftung für gesetzliche Vertreter und Erfüllungsgehilfen 25

Mit der Bezugnahme auf Pflichtverletzungen durch gesetzliche Vertreter und Erfüllungsgehilfen verweist § 309 Nr. 7a, b auf § 278. Keine gesetzlichen Vertreter sind die Organe juristischer Personen; ihr Fehlverhalten ist jedoch entsprechend § 31 unmittelbar wie Verhalten des Verwenders zu bewerten. Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 Satz 1 ist, wer rein tatsächlich bei der Erfüllung der Verbindlichkeit eines Schuldners mit dessen Willen tätig wird102: „Ob jemand als Erfüllungsgehilfe eines anderen anzusehen ist, bestimmt sich nicht danach, in welchen rechtlichen Beziehungen er zu ihm oder dessen Gläubiger steht; maßgebend ist allein, ob er nach den rein tatsächlichen Vorgängen des gegebenen Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird“. Der Begriff umfasst also auch selbständige Unternehmer, sofern sie im Rahmen der Pflichten des Verwenders tätig werden103. Die Haftung für Gehilfenverschulden erstreckt sich auch auf vorsätzlich weisungswidriges Handeln, sofern es in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit den übertragenen Aufgaben steht104. Der Begriff des Verrichtungsgehilfen (§ 831) ist enger als der des Erfüllungsgehilfen; das in § 309 Nr. 7 enthaltene Freizeichnungsverbot schützt insoweit auch den gesamten Bereich der deliktsrechtlichen Haftung. Nicht unter § 278 fällt die Substitution, d.h. die vollständige Übertragung des gesamten Auftrages auf einen Dritten; sie ist in AGB gemäß § 307 jedoch nur unter Beachtung des Grundgedankens des § 664 möglich und überdies auch deshalb problematisch, weil sich der Verwender durch eine wirksame Substitution seiner wesentlichen Vertragspflichten entledigen kann. Entsprechend den Kriterien für pflichtbeschränkende Klauseln (vgl. Rz. 30) ist die Substitution daher i.d.R. nicht wirksam105. Praktisch relevant ist dies vor allem im Hinblick auf Nr. 3 Abs. 2 AGB-Banken (Teil 2, (8) Banken-AGB Rz. 14). Der Verwender kann sich auch nicht wirksam durch eine formularmäßige Erklärung entlasten, die alle ihn treffenden Aufklärungs- und Beratungspflichten seinen Erfüllungsgehilfen zuweist und ihn von einer Verantwortlichkeit frei99 BGHZ 10, 14 (16); BGHZ 69, 74; NJW 1992, 3236; NJW-RR 1994, 1471; siehe ferner die Kommentare zu § 277; zu abweichenden Abgrenzungskriterien vgl. Kötz 25 Jahre Karlsruher Forum, VersR 1983, Beiheft S. 145 (149); Schlosser RWS-Forum 2, S. 130. 100 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Arbeitsverträge) Rz. 312. 101 BAG NJW 1959, 1555 = DB 1959, 833. 102 BGHZ 50, 32 (35) = NJW 1968, 1569. 103 BGH v. 20.1.1983 – VII ZR 105/81, BGHZ 86, 284 (297) = NJW 1983, 1322 (1325) (Lufthansa); einschränkend zum Umfang eigener Pflichten der Banken bei Einschaltung Dritter: Kümpel WM 1977, 694 (700). 104 BGH NJW 1999, 1031: Der Wachmann legt Feuer. 105 Wolf/Dammann Rz. 21; Erman/Roloff § 309 Rz. 65; siehe auch § 307 Rz. 309.

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stellt106. Grundsätzlich zulässig ist ein Hinweis darauf, dass der Verwender für Störungen der von ihm nur vermittelten (Fremd-)Leistungen nicht haftet; ein undeutlich abgefasster Hinweis kann jedoch gegen das Transparenzgebot verstoßen107. d) Umfang des Verbots § 309 Nr. 7 verbietet nicht nur den Ausschluss, sondern auch die Begrenzung 26 der Haftung bei Körperschäden und grobem Verschulden; die Vorschrift will in ihrem Anwendungsbereich die volle gesetzliche Schadensersatzhaftung sichern. In AGB wird versucht, die Haftung auf zweierlei Weise zu beschränken. Der Verwender kann bestimmen wollen, dass er bei schuldhafter Pflichtverletzung nicht oder nur eingeschränkt haftet (dazu Rz. 27 ff.). Er kann aber auch Umfang und Inhalt der Vertragspflichten selbst zurücknehmen wollen (näher Rz. 30 f.). Unzulässig sind zunächst Klauseln, durch die der Verwender seine Ersatzpflicht für Körperschäden und grob fahrlässige Pflichtverletzungen ausschließt108. Das Verbot betrifft auch Gewährleistungsausschlüsse, sofern sie für die im Rahmen der Gewährleistung bestehenden Schadensersatzpflichten keine Ausnahmeregelung vorsehen109. Entsprechende Freizeichnungsklauseln sind auch dann unwirksam, wenn der Ausschluss nur bestimmte Anspruchsgrundlagen – z.B. den ergänzenden Schadensersatzanspruch im Falle des Rücktritts (§ 325) – betrifft, die Regelung des Gefahrübergangs so verändert, dass die Einstandspflicht des Verwenders für Verschulden der Transportperson entfällt110 oder der Verwender den Kunden an Stelle der eigenen Haftung auf die Einstandspflicht Dritter (z.B. eines mithaftenden Gesamtschuldners oder einer Versicherung) verweist111. Die Haftung darf auch nicht von gesetzlich nicht vorgesehenen inhaltlich einschränkenden Voraussetzungen abhängig gemacht, z.B. abweichend von § 634 Nr. 4 nur für wesentliche Mängel112 gewährt werden; zu weiteren Einzelfällen aus dem Bereich der Mängelgewährleistung vgl. die Rechtsprechung zu § 309 Nr. 8b aa, § 309 Nr. 8 Rz. 36.

106 OLG Karlsruhe v. 2.8.2011 – 12 U 173/10, VersR 2012, 1017 Rz. 63; OLG Naumburg v. 28.11.2012 – 5 U 157/12 Rz. 18. 107 So BGH v. 30.9.2003 – X ZR 244/02, BGHZ 156, 220 = NJW 2004, 681 zum Reisevertrag. 108 Etwa OLG München NJW-RR 1986, 382: Haftungsfreistellung für Planungsfehler des Baubetreuers im Verhältnis zum Subunternehmer; LG Koblenz VuR 2003, 432: Freistellung bei unvorhergesehenem Unterrichtsausfall. 109 BGH v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67 = NJW 2007, 759 Rz. 10; BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 = NJW 2007, 3774 Rz. 10; BGH v. 4.2.2015 – VIII ZR 26/14, NJW-RR 2015, 738 Rz. 16; OLG Hamm v. 13.1.2011 – 2 U 143/10, MMR 2012, 94; OLG Hamm v. 10.2.2005 – 28 U 147/04, NJW-RR 2005, 1220; OLG Oldenburg v. 27.5.2011 – 6 U 14/11, MMR 2011, 656; LG Oldenburg v. 1.2.2012 – 6 O 2527/11, MMR 2012, 457; OLG Koblenz v. 5.6.2013 – 5 U 38/13; LG Kiel v. 27.9.2013 – 17 O 147/13, WRP 2014, 495. 110 BGH v. 6.11.2013 – VIII ZR 353/12, NJW 2014, 454 Rz. 10. 111 So wohl auch Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 23; vgl. auch LG Duisburg VersR 1991, 904 (zu § 9 AGBG) und OLG München NJW-RR 1988, 336 (zu §§ 9, 11 Nr. 10a AGBG); a.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 570: Verweisung auf Versicherung im Paketdienst. 112 Vgl. OLG Nürnberg NJW-RR 1986, 1346.

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§ 309 Nr. 7 untersagt auch Regelungen, die lediglich die Geltendmachung der Ansprüche modifizieren113. Dies betrifft beispielsweise Klauseln, durch die in den Fällen gesamtschuldnerischer Haftung die Einstandspflicht des Verwenders zwar nicht ausgeschlossen, jedoch auf eine subsidiäre Haftung beschränkt wird114. Problematisch sind auch Klauseln, die Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorsehen115 oder deren Verjährung verkürzen. Der BGH wendet auf die letztgenannten Klauseln in zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung § 309 Nr. 7 an mit der Folge der Gesamtunwirksamkeit der Klauseln116, dies auch dann, wenn die Verjährung von Schadensersatzansprü-

113 Wolf/Dammann Rz. 53 ff.; MünchKomm/Wurmnest Rz. 23; a.A. Erman/Roloff § 309 Rz. 69. 114 Vgl. BGH NJW-RR 1991, 1120 (1123) unter II 2 c: Subsidiaritätsklausel für Schadensersatzansprüche gegen den Treuhänder beim Bauherrenmodell verstößt gegen § 9 AGBG; BGH v. 19.11.2009 – III ZR 108/08, NJW 2010, 1277 Rz. 16 wendet bzgl. der subsidiären Haftung eines Mittelverwendungskontrolleurs bei einem Kapitalanlagemodell § 309 Nr. 7b an und gelangt zur Gesamtunwirksamkeit der Klausel; ebenso BGH v. 28.1.2010 – III ZR 92/09; LG Dessau-Roßlau v. 17.12.2010 – 2 O 291/10. 115 Die Anwendbarkeit des § 11 Nr. 7 AGBG auf Ausschlussfristen wurde noch offen gelassen in BGH NJW 1990, 761 (Krankenhausvertrag) und BGH NJW 1991, 2559 (Bausparkasse); vgl. sodann BGH NJW-RR 1991, 1120 (1123) unter II 2 b: Ausschlussfrist beim Bauherrenmodell unzulässig gemäß § 9 AGBG i.V.m. dem Gedanken des § 11 Nr. 10e AGBG; BGH NJW 1999, 1031 und NJW-RR 2000, 648: Pflicht zur „unverzüglichen Anzeige“ von Ansprüchen verstößt bei einem Bewachungsvertrag trotz anerkennenswerten Interesses des Verwenders an rascher Schadensabwicklung gegen § 9 AGBG; BGH v. 12.11.2003 – XII ZR 109/01, NJW 2004, 1324: Ausschlussfrist für deliktsrechtliche Ansprüche beim Reisevertrag verstößt gegen § 9 AGBG; a.A. insoweit LG Frankfurt/M. RRa 2003, 70; OLG Frankfurt v. 23.1.2003 – 16 U 27/02, NJW-RR 2003, 348; der Entscheidung des BGH v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486 Rz. 20 ist aufgrund der dortigen Abgrenzung zur BAG-Rechtsprechung zu Ausschlussfristen zu entnehmen, dass der BGH zwischen Verjährungseinschränkungen und Ausschlussfristen nicht (mehr) differenziert, d.h. § 309 Nr. 7 auch auf Ausschlussfristen anwendet; so auch AG Bremen v. 22.11.2012 – 9 C 270/12 NJW 2013, 705; LG Berlin v. 11.6.2013 – 83 S 1/13, NJW-RR 2013, 1463. Nach Auffassung des BAG können allgemein formulierte Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen einschränkend ausgelegt werden und verstoßen deshalb nicht gegen § 309 Nr. 7 bzw. § 202, so BAGE 115, 19 = NJW 2005, 3305; BAGE 116, 66 = NJW 2006, 795; BAG v. 20.6.2013 – 8 AZR 280/12; a.A. (§ 309 Nr. 7 anwendbar): LAG Hamm v. 9.9.2014 – 14 Sa 389/13 und v. 25.11.2014 – 14 Sa 463/14, ZTR 2015, 294; Stenslik DStR 2014, 1242; dazu auch Kothe-Heggemann GmbHR 2014, R 315. 116 BGH v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31 = NJW 2007, 674 Rz. 19; BGH v. 29.5.2008 – III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 Rz. 35; BGH v. 6.11.2008 – III ZR 231/07, NJW-RR 2009, 329 Rz. 17; BGH GWR 2009, 300 Rz. 8; BGH v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486 Rz. 17; BGH v. 24.2.2010 – VIII ZR 71/09, NJW-RR 2010, 1210 Rz. 18; BGH v. 23.4.2012 – II ZR 118/10 Rz. 35; BGH v. 29.5.2013 – VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584 Rz. 15; BGH v. 19.6.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rz. 30; BGH v. 9.10.2013 – VIII ZR 224/12; NJW 2013, 3570 Rz. 17; trotz Abweichung von der BAG-Rechtsprechung zu Ausschlussfristen (BAGE 115, 19 = NJW 2005, 3305 und BAGE 116, 66 = NJW 2006, 795) hat der BGH von der Anrufung des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe abgesehen, da die BAG-Entscheidungen nicht auf der streitigen Frage beruhten (BGH v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486 Rz. 20); für die Anwendung des § 309 Nr. 7 weiter OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 440; OLG Düsseldorf v. 30.5.2006 – 3 Wx 51/06, NJW 2006, 3645; LG Hannover VuR 2008, 279; LG Frankfurt/M. v. 15.1.2009 – 2/24 S 84/08, NJW-RR 2009, 1573; LG Koblenz v. 10.6.2010 – 3 O 368/09; LG Hannover v. 9.9.2010 – 14 O 38/09; OLG Brandenburg v. 17.11.2010 – 4 U 26/10, NZG 2011, 233; LG Hannover v. 30.4.2012 – 2 S 53/11; OLG Frankfurt v. 20.7.2012 – 23 U 166/11; OLG Hamm v. 24.10.2012 – 31 U 51/12.

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chen lediglich im Rahmen einer allgemeinen Gewährleistungsregelung betroffen ist. Angesichts der im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung erfolgten Einordnung der Mängelgewährleistung in das allgemeine Leistungsstörungsrecht liegt es auf den ersten Blick näher, die Wirksamkeit entsprechender Klauseln allein anhand der Kriterien des § 309 Nr. 8b aa (Subsidiarität), ee (Ausschlussklauseln) und ff (Verjährung) zu beurteilen117. Hiergegen wendet sich jedoch die Begründung des SMG-Regierungsentwurfs118 mit dem berechtigten Argument, wegen des von § 309 Nr. 7 vorausgesetzten erheblichen Verschuldens sei im Anwendungsbereich der Vorschrift jedwede Modifikation der gesetzlichen Schadensersatzansprüche untersagt. Für diese Sichtweise spricht auch, dass zwischen inhaltlichen und „nur“ formalen Haftungsbeschränkungen eine sachgerechte Trennung kaum möglich ist; beispielsweise stellt eine Ausschlussfrist für Schadensersatzansprüche bei Sachmängeln eine inhaltliche Beschränkung jedenfalls in Fällen dar, in denen die Mängel erst nach Fristablauf erkannt werden. Im Ergebnis ist daher mit der Rechtsprechung des BGH bei generell verjährungsverkürzenden Klauseln und auch bei entsprechenden Ausschlussfristen eine Ausnahme für den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7 erforderlich119. Nach der – sehr strengen – Rechtsprechung des BGH muss eine solche Ausnahmeregelung zudem deutlich machen, dass eine Verkürzung der Verjährung sonstiger Gewährleistungsrechte wie etwa des Nacherfüllungsrechts sich nicht auf die aus der Verletzung solcher Rechte folgenden Schadensersatzansprüche bezieht120. Nicht eingrenzbar ist weiter der Umfang der Schadensersatzhaftung. Dies betrifft insbesondere Haftungsbegrenzungen der Höhe nach. Von ihr wurde in der Praxis in breitem Maße Gebrauch gemacht, so z.B. im Gewerbe der chemischen Reinigungen (vgl. Teil 2, (47) Textilreinigungsverträge Rz. 4). Hierzu zählt auch die Haftungsbeschränkung eines Fotolabors bei Beschädigung zu entwickelnder Filme auf den bloßen Materialwert121, oder – bei einer Textilreinigung – auf den „Zeitwert“, da dieser Begriff unterschiedlich verstanden werden kann und sich überdies nur auf den Sachschaden bezieht122. Ebenso unwirksam ist die Begrenzung der Haftung eines Frachtführers beim Werttransport auf 10.000 DM123 oder auf denselben Betrag bei fehlerhafter Beratung durch ein „BaustoffberatungsZentrum“124. Auch hinsichtlich der Arten ersatzfähiger Schäden lässt sich die Haftung nicht einschränken; dies betrifft etwa Haftungsausschlüsse für mittelbare Schäden oder Folgeschäden125. Die Ersatzleistung kann ebenso wenig auf vorhersehbare Schäden beschränkt werden oder auf solche, gegen deren Eintritt sich der Verwender versichern kann. Nutzungsausfallschäden bei Kraftfahrzeugen oder der Schmerzensgeldanspruch können ebenfalls nicht vom Ersatz ausgenommen werden. Auch kann der Beginn der Haftung für Verzugsschäden nicht durch eine auf das Ende einer zu setzenden Nachfrist abstellende Klausel zeit117 So für Subsidiaritätsklauseln schon nach altem Recht Staudinger/Coester-Waltjen (Bearbeitung 1998) § 11 Nr. 7 AGBG Rz. 20. 118 BT-Drucks. 14/6040 S. 159. 119 So auch Mansel NJW 2002, 89 (97); Hoeren ZGS 2002, 68 (70); a.A. Schimmel/Buhlmann ZGS 2002, 109 (114). 120 BGH v. 29.4.2015 – VIII ZR 104/15, NJW 2015, 2244 Rz. 18. 121 BGH WM 1983, 916. 122 BGH v. 4.7.2013 – VII ZR 249/12, BGHZ 198, 23 = NJW 2013, 2502 Rz. 19. 123 Vgl. OLG München NJW-RR 1994, 741. 124 BGH NJW 1993, 335; zu weiteren Fällen vgl. BGH NJW-RR 1998, 1436 unter II 3 m.w.N. (Bremer Lagerhaus); NJW 1999, 1031 (Bewachungsfall). 125 OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 1082.

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lich verzögert werden126. Die gesetzlichen Formen der Schadensersatzleistung sind nicht beschränkbar, z.B. nicht auf Naturalrestitution reduzierbar127. Gegen Schadenspauschalen ist nichts einzuwenden, wenn dem Kunden der Nachweis eines höheren Schadens gestattet wird; § 309 Nr. 12 kommt nicht zur Anwendung, da die Beweislast ohnehin beim Kunden liegt. Gemäß § 309 Nr. 7 unwirksam sind dagegen Regelungen, durch die bei einem mitwirkenden Verschulden des Kunden dessen Ersatzanspruch über § 254 hinaus eingeschränkt oder ausgeschlossen wird128. 30

Problematisch ist, ob der Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7 auch Klauseln umfasst, die nicht die Ersatzpflicht für Pflichtverletzungen beschränken, sondern die haftungsbegründenden Pflichten modifizieren129. Die Rechtsprechung hat dies wiederholt bejaht. So hat der BGH Klauseln, in denen Fluggesellschaften sich u.a. Änderungen der zugesagten Flugzeiten vorbehielten, als Verstoß gegen die in § 309 Nr. 7 aufgegangene Vorschrift des § 11 Nr. 8b AGBG gewertet130. Er hat weiter entschieden, dass bei einem nach Reisevertragsrecht abzuwickelnden Ferienhausvertrag eine Klausel, in der der Veranstalter seine Pflichten auf die bloße Vermittlung der Reiseleistungen reduzieren wollte, nicht nur gegen § 9 AGBG verstoße, sondern sachlich auch einen Haftungsausschluss darstelle131. Gegen § 11 Nr. 7 AGBG bzw. § 309 Nr. 7 verstoßen soll auch der Ausschluss der Rückgabepflicht bei Fotoarbeiten nach Ablauf von drei Monaten132 und der Ausschluss der Pflicht zur Kontrolle des Transportweges bei der Paketbeförderung133. Ein Verstoß gegen § 11 Nr. 7 AGBG wurde ferner angenommen bei einer Klausel, die beim Online-Service einer Bank zeitweilige Beschränkungen und Unterbrechungen des Zugangs zuließ; hierdurch werde die an sich gegebene, der Haftung zugrunde liegende Pflicht zur unbeschränkten Bereitstellung des Onlinedienstes beschränkt134. In die gleiche Richtung gehen Entscheidungen, durch die Klauseln über eine Risikoverlagerung auf den Vertragspartner gemäß § 11 Nr. 7 AGBG als unwirksam eingestuft wurden. Solche Klauseln zielen in der Sache nämlich ebenfalls auf die Modifikation einer haftungsbegründenden Pflicht (zur Risikoabwendung) ab. Entschieden wurde dies hinsichtlich der formularmäßig bestimmten alleinigen Verantwortlichkeit des Vertragspartners für etwaige Mängel von Planungsunterlagen bei Bauverträgen135, für die ordnungsgemäße Ausfül-

126 LG Heilbronn BB 1980, 177. 127 BGH v. 14.7.1987 – X ZR 38/86, BGHZ 101, 307 = NJW 1987, 2818 unter 4. 128 So auch Wolf/Dammann Rz. 52; hingegen wendet BGHZ 101, 307 = NJW 1987, 2818 unter 5 insoweit die Generalklausel an. 129 Erman/Roloff § 309 Rz. 67; differenzierend Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 12–13; a.A. Wolf/Dammann Rz. 50. 130 BGH NJW 1983, 1322 unter II 2 a; ähnlich OLG Köln WRP 2004, 124. 131 BGH NJW 1992, 3158. 132 OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 436 unter II 4. 133 OLG München v. 17.3.2004 – 7 U 4035/03, VersR 2004, 805 = NJW-RR 2004, 1064; LG Düsseldorf WRP 2009, 660; siehe auch OLG Düsseldorf MDR 2007, 1286: Recht zur Auslieferung des Pakets an „Nachbarn“. 134 BGH v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, BGHZ 146, 138 = NJW 2001, 751; ähnlich LG Karlsruhe DR 2007, 396 für eine Klausel, die die „99%ige Erreichbarkeit im Jahresmittel“ vorsah; a.A. AG Oldenburg v. 16.3.2010 – 7 C 7487/09, MMR 2010, 497 (Klausel zur Bandbreite eines DSL-Zugangs); dazu auch Schöttler jurisPR-ITR 25/2010 Anm. 5. 135 OLG Karlsruhe BB 1983, 725 = AGBE III § 9 Nr. 15 S. 191; LG Frankfurt/M. AGBE VI § 9 Nr. 45 unter c, k und l.

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lung von Überweisungen136 und Schecks137, auch „Tankschecks“138, für die Einhaltung der Einreisebestimmungen139 und für das Abhandenkommen in Obhut genommener Gegenstände140. Demgegenüber differenzierte der BGH im Hinblick auf die AGB eines Großmarktes, indem er hinsichtlich des darin enthaltenen Haftungsausschlusses einen Verstoß gegen § 11 Nr. 7 AGBG annahm, die weitere Klausel, dass der Kunde den Markt auf eigene Gefahr betrete, jedoch als gemäß § 9 AGBG unwirksam bewertete141. Für die Linie der Rechtsprechung, pflichtbeschränkende Klauseln anhand des § 309 Nr. 7 zu bewerten, spricht insbesondere, dass die Übergänge zwischen Pflicht- und Haftungsausschlüssen fließend und häufig nur eine Frage der Klauselfassung sind. Der Wortlaut der Vorschrift, der – ebenso wie bei § 309 Nr. 8a – eine „Pflichtverletzung“ voraussetzt, scheint demgegenüber nur geringes Gewicht zu haben. Indes hat diese Sichtweise zur Folge, dass in AGB keinerlei Modifikationen der Verwenderpflichten mehr vorgesehen werden können, da dies in bestimmten Fällen (nämlich bei grob schuldhafter Verletzung der durch die Modifikation eingeschränkten Pflichten) stets zu einer Kollision mit § 309 Nr. 7 führen müsste. Dieses Ergebnis lässt sich schwerlich mit § 307 Abs. 2 Nr. 2 vereinbaren, wonach als unwirksam grundsätzlich nur die vertragszweckgefährdende Einschränkung wesentlicher Pflichten anzusehen ist. Da nach neuem Recht beim Kauf- und Werkvertrag eine schadensersatzbewehrte Pflicht zur mängelfreien Lieferung besteht, müssten überdies auch Klauseln, die die Beschaffenheit des Vertragsgegenstands beschreiben, jenseits des gemäß § 307 Abs. 3 kontrollfreien Bereichs bei negativen Abweichungen vom verkehrsüblichen Zustand als unwirksam eingestuft werden. Der Versuch, Wertungswidersprüche zu vermeiden, indem bestimmte Arten von Pflichtmodifikationen (nämlich die Festlegung der Hauptleistungspflichten sowie einzelner Sorgfaltspflichten bei Fehlen konkreter verkehrstypischer Erwartungen) vom Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7 ausgenommen werden142, erscheint ebenfalls nicht überzeugend. Gerade bei der formularmäßigen Aufhebung individualvertraglich oder gesetzlich eindeutig definierter Hauptpflichten143 drängt sich bei gemäß § 307 Abs. 3 grundsätzlich kontrollfähigen Klauseln die Anwendung des § 309 Nr. 7 auf. In anderen Fällen müssen jedoch dem Verwender bestimmte Pflichtmodifikationen in AGB möglich bleiben. Besonders deutlich ist dies bei Online-Dienstleistungen, bei denen der Verwender auf Grund des standardisiert über das Internet erfolgenden Vertragsabschlusses nahezu ausschließlich formularmäßige Abreden mit seinen Kunden trifft. Nicht sachgerecht ist es hier beispielsweise, angesichts der zeitlichen Zugangsbegrenzung eine Onlinedienstes den Schluss zu ziehen, der Verwender räume dem Kunden „an sich“ die Dienstleistung zeitlich unbeschränkt ein, so dass die formularmäßige Beschränkung gegen § 309 Nr. 7 verstoße144. Da die Gewährleistung jederzeitiger Zugänglichkeit und Ausfallfreiheit bei elektronischen Dienstleistungen technisch sehr aufwändig ist, ist ein berechtigtes Inte-

136 137 138 139 140 141 142 143 144

OLG Frankfurt NJW 1983, 1681. BGH NJW 1997, 2236. BGH ZIP 1984, 1098. BGH NJW 1985, 1165. BGH v. 14.7.1987 – X ZR 38/86, BGHZ 101, 307 = NJW 1987, 2818 unter 6. BGH NJW 1986, 2757. So Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 12, 13. Etwa in dem oben wiedergegebenen Reisevertragsfall (BGH NJW 1992, 3158). So jedoch BGH v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, BGHZ 146, 138 = NJW 2001, 751.

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resse des Verwenders an gewissen zeitlichen oder technischen Zugangsbegrenzungen zu bejahen145. Die anhand des Online-Falles beispielhaft beschriebene Notwendigkeit einer Interessenabwägung spricht dafür, die Zulässigkeit pflichtbeschränkender Klauseln insgesamt nicht anhand des § 309 Nr. 7, sondern auf Basis des insoweit flexibleren § 307 zu bewerten146. Dies belässt auch den § 308 Nr. 1–4, die ebenfalls Begrenzungen für pflichtbeschränkende Klauseln vorsehen, einen sinnvollen eigenständigen Anwendungsbereich. Nicht ausgeschlossen wird hierdurch, dass im Rahmen der Prüfung gemäß § 307 die Wertung des § 309 Nr. 7 berücksichtigt wird, wenn der Ausschluss einer Pflicht der Sache nach eine Umgehung der Verwenderhaftung darstellt.

III. Haftung für einfache Fahrlässigkeit im nichtunternehmerischen Verkehr 32

§ 309 Nr. 7 zieht die Grenze, die bei der Freizeichnung von der Haftung für Pflichtverletzungen in keinem Fall unterschritten werden darf. In seiner Anlage ähnelt § 309 Nr. 7 damit den Bestimmungen des § 309 Nr. 1 und des § 309 Nr. 9: Schon vor diesen Zonen strikter Verbote liegen Bereiche, in denen AGB dem Verdikt der Unwirksamkeit ausgesetzt sind, und zwar nach § 307. Schon nach altem Recht ist ein wesentlicher Teil der Entscheidungen zu Freizeichnungsklauseln auf Basis des § 9 AGBG ergangen. Die Bedeutung des § 307 in diesem Bereich wird sich nach der Aufhebung des § 11 Nr. 8b, 9 und Nr. 11 AGBG künftig noch verstärken. Während § 11 Nr. 11 AGBG (Haftung bei Eigenschaftszusicherung) durch die §§ 444, 639 ersetzt wurde (Haftung bei Beschaffenheitsgarantie), müssen die früher von § 11 Nr. 8b, 9 AGBG erfassten Fälle des vollständigen Haftungsausschlusses für einfache Fahrlässigkeit bei Unmöglichkeit, Verzug und positiver Forderungsverletzung (näher Rz. 1) nunmehr im Rahmen des § 307 mit erledigt werden. Die BGH-Rechtsprechung hat das Vorfeld des § 309 Nr. 7 in einer Weise bestellt, dass heute von einem weitgehend gesicherten Rechtszustand ausgegangen werden kann. Nahezu alle Entscheidungen basieren dabei auf § 307 Abs. 2 Satz 2 (vertragszweckgefährdende Einschränkung wesentlicher Pflichten), nicht auf § 307 Abs. 2 Nr. 1 oder Abs. 1. Dies beruht u.a. darauf, dass § 276 trotz der gesetzlich vorgesehenen weit reichenden Abdingbarkeit (§ 276 Abs. 3) zwar möglicherweise einen „wesentlichen Grundgedanken“ der gesetzlichen Regelung i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 darstellt, der Vorschrift jedoch keine Anhaltspunkte für notwendige Differenzierungen zu entnehmen sind. Demgegenüber erlaubt § 307 Abs. 2 Satz 2 mit den Tatbestandsmerkmalen der wesentlichen Pflicht und der Vertragszweckgefährdung eine sinnvolle Abgrenzung der Bereiche erlaubter und verbotener Haftungsfreizeichnungen. Eine präzise Definition dieser Kriterien, die zuverlässige Vorhersagen für die Entscheidung von Einzelfällen erlaubt, bereitet wegen der Vielzahl relevanter Einflussgrößen gleichwohl Schwierigkeiten; möglich ist aber eine typisierende Betrachtung von Standardkonstellationen.

145 Vgl. dazu auch Schöttler jurisPR-ITR 25/2010 Anm. 5. 146 So auch Wolf/Dammann Rz. 50.

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1. Rechtsprechung Der Gedanke eines Freizeichnungsverbots für sog. „Kardinalpflichten“ (Pflich- 33 ten, deren Beachtung erst die Voraussetzungen für eine korrekte Vertragserfüllung schafft) wurde vom BGH im Hinblick auf die Haftung von Frachtführern und Schiffseignern für die Fahr- und Ladungstüchtigkeit eines Schiffes schon vor Inkrafttreten des AGBG entwickelt147, blieb aber zunächst auf diesen Bereich beschränkt. Kurz nach Erlass des AGBG wurde er sodann auf die Lagertüchtigkeit sonstiger Räume148 sowie auf die Haftungsfreizeichnung eines Wasserversorgungsverbandes für leicht fahrlässig verursachte Schäden durch ein zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung überhaupt nicht geeignetes Leitungsnetz angewandt149. Im sog. Kaltlager-Fall150 bewertete der BGH – ohne Unterscheidung zwischen Nichtkaufleuten und Kaufleuten als Kunden – die Freizeichnung von der Obhutspflicht hinsichtlich eingelagerten Gefrierguts als Aushöhlung vertragswesentlicher Rechte und Pflichten i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG (jetzt § 307 Abs. 2 Nr. 2). Kurz darauf erging die von der Praxis erst spät entdeckte, aber bedeutsame Entscheidung im Textilveredelungsfall151. Darin entwickelte der BGH im Hinblick auf die Pflicht zur pfleglichen Behandlung der zum Zweck der Veredelung anvertrauten Ware die seither ständig benutzte Formel, dass sich der Verwender nicht von der schuldhaften Verletzung solcher Pflichten freizeichnen dürfe, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung der Verträge überhaupt erst ermögliche, auf deren Erfüllung der Vertragspartner daher vertraue und auch vertrauen dürfe. In diesem Fall war lediglich leichte Fahrlässigkeit im Spiel. Auf der Linie der Kaltlagerentscheidung liegt das Urteil im Tankschecksystem-Fall152. Danach kann die Haftung für schuldhafte Verstöße von Erfüllungsgehilfen gegen wesentliche Pflichten i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG (jetzt § 307 Abs. 2 Nr. 2) auch im Handelsverkehr nicht formularmäßig ausgeschlossen werden. Dies gelte auch für bedeutsame Nebenpflichten; als eine solche Pflicht sei diejenige zur korrekten Aufschreibung und Abrechnung der Tankvorgänge einzustufen, da der gewerbliche Kunde dem Tankschecksystem u.a. deshalb beitrete, um auf eine betriebsinterne Abrechnung der Tankvorgänge verzichten zu können. Für den nichtkaufmännischen Verkehr setzte der BGH diese Rechtsprechung in Bezug auf die Pflicht des Reiseveranstalters fort, seine Kunden über Einreisebestimmungen ungefragt zu unterrichten; hierbei handele es sich um eine Grundvoraussetzung, die das Gelingen einer Auslandsreise erst ermögliche153. Nicht das Aushöhlungsverbot, sondern die Inanspruchnahme hohen Vertrauens war Richtschnur des BGH, als er den Haftungsausschluss eines Fachunternehmens für Mangelfolgeschäden der erstellten, zum Schutz von EDV-Maschinen bestimmten Klimaanlage für unwirksam erklärte154. Nach längerem Schweigen zu Freizeichnungsklauseln hat der BGH die Freizeichnung in

147 BGH NJW 1956, 1065; VersR 1966, 871; BGHZ 49, 356; VersR 1975, 1117; BGHZ 65, 364 = VersR 1976, 263; VersR 1978, 557. 148 BGH VersR 1979, 901. 149 BGH v. 19.4.1978 – VIII ZR 39/77, BGHZ 71, 226 = NJW 1978, 1430. 150 BGH v. 19.1.1984 – VII ZR 220/82, BGHZ 89, 363 = NJW 1984, 1350 m. Anm. Bunte JZ 1984, 475 und Kötz NJW 1984, 2447. 151 ZIP 1984, 971 = WM 1984, 1224 = BB 1984, 939 = NJW 1985, 3016. 152 NJW 1985, 914 (916). 153 BGH NJW 1985, 1165 (1166). 154 BGH ZIP 1985, 623 = NJW-RR 1986, 272; vgl. auch OLG Frankfurt BB 1984, 1451 (Auskunftei).

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den AGB der Deutschen Bundesbank für leichte Fahrlässigkeit bei verzögertem Scheckinkasso für unzulässig erklärt; trotz der unentgeltlichen Durchführung des Inkassos sei die Pflicht zur schnellstmöglichen und sichersten Vorlage der Schecks auf Grund ihrer Bedeutung für den Handelsverkehr als wesentliche Pflicht i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG einzustufen155. Die Klausel in einem Gaststättenmietvertrag, der zufolge der Mieter die erforderliche Konzession auf sein Risiko beizubringen hatte, erklärte der BGH wegen vertragszweckgefährdender Abbedingung der – wesentlichen – Pflicht zur Bereitstellung der Mietsache in konzessionsfähigem Zustand sowie zugleich gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 2 Nr. 1) wegen Abweichung von den §§ 537, 538 a.F. (jetzt §§ 536, 536a) für unwirksam156. Als Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG eingestuft wurde auch die Freizeichnung einer Bausparkasse für leicht fahrlässige Fehlbuchungen eingehender Kundenzahlungen bei Divergenz von Kontonummer und Empfängerbezeichnung; die Pflicht der Sparkasse zur vollständigen Würdigung der Angaben auf dem Überweisungsbeleg ermögliche erst die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung157. Im Hinblick auf den Haftungsausschluss eines Unternehmens der Baustoffberatung entschied der BGH, dass zu den vom Aushöhlungsverbot geschützten Pflichten die vertraglichen Hauptleistungspflichten sowie die sonstigen „wesentlichen“ Pflichten i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG gehören158. Bei einem Werkvertrag über die Herstellung einer Hackanlage dürfe der Anspruch aus § 635 a.F. (jetzt §§ 634 Nr. 4, 636, 281) nicht auf Fälle groben Verschuldens beschränkt werden159. Der Treuhänder im Bauherrenmodell habe die Hauptpflicht, die Vermögensinteressen des Bauherrn – insbesondere bei der Auswahl des Generalübernehmers – wahrzunehmen, so dass die Haftung nicht auf grobes Verschulden, aber auch nicht auf Ersatz nur des unmittelbaren Schadens eingeschränkt werden könne160. Für die fristgerechte Lieferung müsse ein Verkäufer, weil er damit eine Hauptleistungspflicht erfüllt, auch bei einfacher Fahrlässigkeit einstehen161. Auch die VDMA-Lieferbedingungen haben der Kontrolle durch den BGH im Hinblick auf die Freizeichnung für Mangelfolgeschäden gelieferter Maschinen nicht standgehalten, da die Freizeichnung auch bei Zusicherungen sowie Verletzung von Hauptleistungspflichten und sonst „wesentlichen“ Pflichten eingreifen sollte162. Seine Rechtsprechung zu den Kardinalpflichten referierte der BGH im Bewachungsfall; beim Bewachungsvertrag sei die korrekte Durchführung der Bewachungstätigkeit, die dem Vertrag das Gepräge gebe, als wesentliche Pflicht i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG einzustufen163. Gleiches gilt nach Auffassung des BGH für die Auskunftspflicht bei der Kapitalanlagevermittlung, mit deren ordnungsgemäßer Erfüllung der Vertrag stehe und falle164 und für die

155 BGH ZIP 1988, 360 = BB 1988, 647 = NJW-RR 1988, 559 = EWiR 1988, 319. 156 BGH NJW 1988, 2664 = ZIP 1988, 1197; ähnlich BGH ZMR 2008, 274 Rz. 12; OLG Köln v. 31.1.2006 – 22 U 112/05. 157 BGH NJW 1991, 2559 unter XI 2 b, dazu Hensen EWiR 1991, 841. 158 BGH NJW 1993, 335 = WM 1993, 24. 159 BGH NJW-RR 1993, 560. 160 BGH NJW 1994, 2228. 161 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 unter III (Daihatsu). 162 BGH BB 1996, 654 unter IV = WM 1996, 967 = NJW-RR 1996, 783. 163 BGH NJW 1999, 1031 unter II 1. 164 BGH NJW-RR 2000, 998 = WM 2000, 426; a.A. LG Stuttgart WM 1988, 620.

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Pflicht zur Verschaffung einer fehlerfreien Sache beim (Neuwagen-)Kaufvertrag165. Auch bei einem Reparaturvertrag im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist ein hinsichtlich der betroffenen Pflichten undifferenzierter Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit unzulässig166. Sehr deutlich unterscheidet der BGH schließlich bei einer Freizeichnung für einfache Fahrlässigkeit im Hinblick auf Mängel des Mietobjekts bei der Wohnraummiete zwischen den kumulativ zu erfüllenden Anforderungen der Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht und der Vertragszweckgefährdung167: Die Pflicht, die Mietsache in gebrauchsfähigem Zustand zu halten, gehöre als im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflicht zu den Fallgruppen der wesentlichen Pflicht i.S.d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG; die Verletzung dieser Pflicht gefährde auch den Vertragszweck, weil sie (z.B. bei der Vernichtung eingebrachten Mobiliars durch einen Wassereinbruch) zu Schäden führen könne, durch die die Bestimmung der Wohnung zur Wohnnutzung beeinträchtigt werde und die der Mieter durch eigene Vorsorgemaßnahmen nicht sinnvoll abwenden könne; in die Abwägung einzubeziehen sei dabei auch, dass sich der Mieter durch den Abschluss einer allgemein angebotenen Versicherung vor entsprechenden Schäden nicht schützen könne, während dem Vermieter dies möglich sei. Der Erhalt der Rechte auf Minderung und Ersatz des Verzugsschadens ändere an der Unzulässigkeit der Freizeichnung nichts. Bei einem Kommissionsagenten sei die Pflicht des Kommittenten zu pünktlichen Warenlieferungen schon wegen der bestehenden Bezugsbindung als wesentlich einzustufen, eine Haftungsbefreiung für leicht fahrlässig verursachte Betriebsunterbrechungen deshalb unwirksam168. Gleichermaßen als unwirksam eingestuft wird die Freizeichnung in einem Vertragshändlervertrag, auch wenn diese sich explizit nicht auf Kardinalpflichtverletzungen bezieht169, sowie diejenige einer Autowaschanlage für leicht fahrlässig verursachte Schäden an Zierleisten, Spiegeln usw.170. Unwirksam ist auch eine von den Bestimmungen des Montrealer Abkommens abweichende Haftungsfreizeichnung des Luftfrachtführers für leicht fahrlässig verursachte Schäden an verderblichen, zerbrechlichen oder wertvollen Gegenständen171. Für zulässig erachtet hat der BGH früher verschiedene Freizeichnungsklauseln in den ADSp (a.F.)172. Dies beruhte auf einer traditionell positiven Bewertung der ADSp, die wegen ihrer Handelsüblichkeit sowie ihres Erlasses unter Beteiligung aller Verkehrskreise einschliesslich der Transportkunden sogar als „fertig bereitliegende Rechtsordnung“ bezeichnet wurden173. Weiterhin stellte der BGH darauf ab, dass die Haftpflicht des Spediteurs nicht ganz aufgehoben, sondern 165 BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203 = NJW 2001, 292 unter XV 2 b. 166 BGH NJW-RR 2001, 342. 167 BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89 = NJW 2002, 673 = ZIP 2002, 220; vgl. auch OLG Düsseldorf DWW 1993, 197; a.A. OLG Stuttgart WuM 1984, 187. 168 BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, ZIP 2003, 1707 = NJW-RR 2003, 1056. 169 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11 = NJW-RR 2005, 1496 unter X. 170 BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422. 171 BGH v. 5.12.2006 – X ZR 165/03, NJW 2007, 997. 172 BGH NJW 1982, 1820 = VersR 1982, 486 (summenmäßige Haftungsbegrenzung bei Teilverlust); BGH v. 10.10.1985 – I ZR 124/83, BGHZ 96, 136 = NJW 1986, 1434 und NJWRR 1988, 1437 (1438) = WM 1988, 1201 (Freizeichnung gemäß § 41a ADSp a.F. unter Verweis auf die Speditionsversicherung); NJW-RR 1997, 1253 = VersR 1997, 1121 (Freizeichnung gemäß § 52a a.F. AdSp unter Abtretung von Ansprüchen gegen Dritte). 173 So noch BGH v. 9.10.1981 – I ZR 188/79, NJW 1982, 1820 = VersR 1982, 486 unter Bezugnahme auf ältere Rechtsprechung.

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durch die in Rede stehenden Klauseln lediglich durch eine Einstandspflicht Dritter bzw. der Speditionsversicherung ersetzt wurde. Nach Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes zum 1.7.1998 und mehrfacher Neufassung der ADSp (ADSp 1998 bzw. 2003) hat der BGH seine Sonderbehandlung dieses Bedingungswerks jedoch aufgegeben und wendet jetzt die allgemeinen Regeln an174. Bei Verträgen mit Werften über die Reparatur von Seeschiffen hat der BGH eine Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit und sogar für grobes Verschulden einfacher Erfüllungsgehilfen im Hinblick auf Brandschäden deshalb für wirksam gehalten, weil wegen der während der Reparatur an Bord bleibenden Schiffsmannschaft der Kunde eigene Maßnahmen zur Schadensverhütung treffen könne und branchenüblich ein lückenloser, auch im konkreten Fall eingreifender Versicherungsschutz der Kunden für entsprechende Schäden bestehe. Die Versicherung der Risiken durch die Werft führe demgegenüber zu einer nicht gerechtfertigten unterschiedslosen Belastung der Eigner von unterschiedlich gefährdeten Schiffen mit den Versicherungskosten175. Akzeptiert hat der BGH auch die Freizeichnung eines Krankenhauses für die leicht fahrlässige Verletzung der Obhutspflicht im Hinblick auf mitgebrachte, im Besitz der Patienten verbleibende Sachen; es fehle an einer Gefährdung des auf Heilung und Gesundheitsfürsorge gerichteten Vertragszwecks; unwirksam sei jedoch die Freizeichnung für den an mitgebrachten Sachen bei der Reinigung oder Desinfektion durch das Krankenhaus entstehenden Schaden176. Bei einem auf Auszahlung eines überwiesenen Geldbetrages gegen Dokumentenübergabe gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrag mit einer Bank bezieht sich nach Auffassung des BGH die Kardinalpflicht der Bank allein auf die Prüfung, ob der Empfänger alle geforderten Dokumente übergeben hat, nicht hingegen darauf, ob diese erkennbar unecht sind; das Fälschungsrisiko könne der Auftraggeber, der anders als die Bank i.d.R. eine eigene Geschäftsbeziehung zum Empfänger habe, besser als diese einschätzen177. Die Rechtsprechung zur Wirksamkeit der Freizeichnung für bestimmte Folgeschäden von leicht fahrlässig verursachten Versorgungsstörungen in den gegenüber Sonderkunden verwandten AGB eines Elektrizitätsunternehmens178 ist überholt, da § 18 Abs. 2 NAV hinsichtlich der Haftungsbeschränkung nicht mehr zwischen Tarif- und Sonderkunden differenziert. Offen gelassen hat der BGH die Frage, ob zu den „wesentlichen Pflichten“ i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 auch sämtliche Teilpflichten aus dem Bereich der Produkthaftung gehören bzw. ob entsprechende Klauseln schon wegen der Abweichung von den Grundgedanken der der Produkthaftung zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften unwirksam sind179. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zu Freizeichnungsklauseln

174 Vgl. BGH TranspR 2006, 42 und NJW-RR 2006, 267: Unzulässigkeit einer summenmäßigen Haftungsbegrenzung (Ziff. 24 ADSp 1998), die auch Kardinalpflichten umfasst und den typischerweise vorhersehbaren Schaden nicht abdeckt, dies (jedenfalls) bei grobem Verschulden einfacher Erfüllungsgehilfen. 175 BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 = NJW 1988, 1785; abgrenzend hierzu BGH NJW-RR 1989, 953 = WM 1989, 855 (Binnenschiff-Reparatur) und NJW-RR 1996, 783 (VDMA-Bedingungen). 176 BGH NJW 1990, 761; ähnlich LG Düsseldorf v. 25.6.2014 – 12 O 273/13 für einen Heimvertrag. 177 BGH v. 26.9.1989 – XI ZR 159/88, BGHZ 108, 348 = NJW 1990, 150; siehe dazu Rz. 33. 178 BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, BGHZ 138, 118 = NJW 1998, 1640. 179 BGH NJW 1992, 2016 unter II 1 a; bejahend: von Westphalen NJW 1979, 838 ff.

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folgt überwiegend dem BGH180, nimmt jedoch teilweise eine Freizeichnungsmöglichkeit in weitergehendem Umfang an181. Betrachtet man die Rechtsprechung des BGH im Zusammenhang, wird deutlich, 35 dass generelle Freizeichnungsklauseln für leichte Fahrlässigkeit abgesehen von vereinzelten Vertragstypen mit branchenbezogenen Besonderheiten (siehe soeben Rz. 34) praktisch keine Aussicht haben, dem Unwirksamkeitsverdikt zu entgehen. Solche Klauseln umfassen nämlich stets auch die Freizeichnung von wesentlichen, vertragszweckgefährdenden Pflichten; zur Frage, ob eine abstrakt gefasste Ausnahme für derartige Pflichten der Klausel zur Wirksamkeit verhilft, vgl. Rz. 40. Die Auffassung, es gebe Verträge mit einem insgesamt „unwesentlichen“ Charakter182, steht mit der Rechtsprechung des BGH nicht in Übereinstimmung. Ferner zeigt die Entwicklung der Rechtsprechung, dass bei der Haftung für einfache Fahrlässigkeit dem Grunde nach keine Unterscheidung zwischen Klauseln gegenüber Verbrauchern oder Unternehmern gemacht wird; denn die Vertragswesentlichkeit von Pflichten hängt nicht davon ab, ob der Kunde Verbraucher ist oder Unternehmer183. Bei Klauseln, die einen Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit im Hinblick auf die Verletzung konkreter Einzelpflichten vorsehen, ist zu unterscheiden: Unzulässig sind auf Basis der BGH-Rechtsprechung Klauseln, die die Haftung bei der Verletzung der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptleistungspflichten ausschließen, da Hauptleistungspflichten „wesentlich“ sind184 und ihre Verletzung naturgemäß den Vertragszweck gefährdet. Welche Einzelpflichten zu den Hauptleistungspflichten gehören und welche aus der Verletzung von Hauptleistungspflichten herrührenden einzelnen Schadensersatzansprüche freizeichenbar sind, steht auf Basis der vorliegenden BGH-Judikatur nicht in allen Fällen fest; das gilt insbesondere seit der Schuldrechtsreform. Als freizeichnungsfest eingestuft wurde bislang die Schadensersatzhaftung bei der werkvertraglichen Mängelgewährleistung (§ 635 a.F.)185, die Pflicht zur sachmängelfreien Lieferung beim Kauf einer neuen Sache186,

180 Zum Vermögensverwaltungsvertrag siehe OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 308 = WM 1991, 94; vgl. auch OLG Frankfurt WM 1996, 665 m. Anm. Horn EWiR 1996, 589; zur Haftung eines Autowaschbetriebes siehe KG NJW-RR 1991, 698; vgl. weiter OLG Hamm v. 5.9.2013 – 21 U 143/12, NJW-RR 2013, 29 (Tierarzt). 181 Vgl. OLG Celle BauR 1995, 715 (Gutachtervertrag) m. krit. Anm. Meyer-Reim; OLG Koblenz MDR 1999, 1375 (Vermietung gewerblichen Lagerraums); OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 436 (Filmentwicklungsarbeiten); LG Frankfurt/M. RRa 2004, 133 (Luftfracht); zum Frachtvertrag vgl. auch LG Memmingen v. 25.2.2004 – 2H S 1739/03, NJWRR 2004, 1175. 182 So wohl OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 436 für Fotoarbeiten. 183 Vgl. auch Schlosser JR 1988, 1 (6); von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs– und Haftungsbegrenzungsklauseln) Rz. 61 ff. 184 Vgl. BGH NJW 1993, 335 (Baustoffberatung); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 (Daihatsu); BB 1996, 654 unter IV (VDMA); BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89 (Wohnraummiete); so auch Erman/Roloff § 309 Rz. 72; siehe weiter LG Magdeburg v. 28.6.2006 – 4 O 3223/08 (Planungs- und Überwachungspflichten des Architekten); OLG Hamm v. 29.3.2007 – 27 U 121/05, OLGR 2007, 453 und OLG Hamm v. 28.8.2006 – 8 U 55/05 (Informationspflicht bei der Prospekthaftung; abweichend insoweit Brand. OLG v. 2.8.2006 – 7 U 211/05); OLG Frankfurt v. 26.6.2008 – 22 U 104/06, NJW-RR 2009, 166 (ordnungsgemäße Auskunftserteilung beim Auskunftsvertrag). 185 BGH NJW-RR 1993, 560 (Hackanlage). 186 BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203 = NJW 2001, 292 unter XV 2 b (Neuwagenkauf).

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beim Kauf weiterhin die Pflicht zur fristgerechten Lieferung187 sowie beim Mietvertrag die Pflicht des Vermieters, den Vertragsgegenstand während der Mietzeit in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten188, ferner beim Treuhandvertrag die Pflicht zur auftragsgemäßen Verwendung des Treuguts189. Freizeichnungen für Verletzungen sonstiger Pflichten – insbesondere vorbereitende oder begleitende Schutz- und Obhutspflichten – werden vom BGH i.d.R. ebenfalls als unwirksam eingestuft190; dies gilt auch für Schutzpflichten, die im Rahmen eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte diesen gegenüber bestehen191 (siehe dazu oben Rz. 12). Dies beruht darauf, dass Verletzungen der meisten Schutz- und Nebenpflichten jedenfalls in bestimmten Fallkonstellationen dazu führen können, dass der Hauptzweck des Vertrages nicht mehr erreicht wird; schon aus diesem Grund muss die betreffende Pflicht dann auch als „wesentlich“ eingestuft werden. Der Begriff des „Vertragszwecks“ wird dabei vom BGH sehr weit ausgelegt; so wurde etwa im Tankscheckfall192 die Verletzung von Pflichten im Zusammenhang mit der Abrechnung und im Krankenhausfall193 die unsachgemäße Behandlung anvertrauter Sachen des Patienten als vertragszweckgefährdend eingestuft, obwohl der „eigentliche“ Vertragszweck (nämlich die Betankung der Fahrzeuge bzw. die Heilbehandlung der Patienten) durch die Pflichtverletzungen nicht berührt wurde194. Pflichten, deren Erfüllung gemäß der BGH-Definition „die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung schafft“, liegen häufig im Vorbereitungs- und Planungsstadium von Verträgen195. Daraus darf jedoch nicht der Schluss gezogen werden, für leichtes Verschulden bei der Vertragsdurchführung komme eine Freizeichnung eher in Betracht. Da die Verletzung der meisten Pflichten im Durchführungsstadium eines Vertrages den Vertragserfolg ebenfalls gefährden kann, stuft der BGH entsprechende Pflichten als Hauptleistungs- oder sonst „wesentliche“ Pflichten ein196. Betrachtet man die Fälle, in denen der BGH Haftungsfreizeichnungen zugelassen hat, dann zeichnen sich – abgesehen von branchenbezogenen Spezialkonstellationen – folgende Gesichtspunkte ab, die nach Auffassung des BGH für die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Haftungsfreizeichnung für leichte Fahrlässigkeit sprechen können:

187 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 unter III (Daihatsu); ebenso OLG München v. 15.11.2011 – 13 U 15/11, RNotZ 2012, 503 (Bauträgervertrag). 188 BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89 = NJW 2002, 673. 189 OLG Hamm v. 25.7.2011 – 8 U 54/10, MDR 2011, 1248 Rz. 38. 190 Siehe die vorstehende Darstellung der BGH-Judikatur; vgl. weiter: BGH v. 20.1.2005 – III ZR 251/04, BGHZ 162, 67 = NJW 2005, 1357 (Beratungspflichten beim Versicherungsmaklervertrag); OLG Düsseldorf v. 11.1.2006 – 18 U 136/05 (Obhutspflicht des Frachtführers). 191 A.A. OLG Karlsruhe v. 14.8.2013 – 7 U 63/13 Rz. 30; kritisch auch Fervers ZJS 2014, 91. 192 BGH NJW 1985, 914. 193 BGH NJW 1990, 761. 194 Anders bei der für die geschuldete Geschäftsbesorgung entscheidenden Echtheitsprüfung von Dokumenten durch eine Bank, die der BGH v. 26.9.1989 – XI ZR 159/88, in BGHZ 108, 348 = NJW 1990, 150 als nicht wesentlich einstufte; zu Recht krit. Brandner (9. Aufl.) § 9 AGBG Rz. 153 Fn. 537. 195 Vgl. Medicus RWS-Forum 2, S. 212 (Diskussionsbericht). 196 Beispiele: Beim Bewachungsvertrag die Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewachung, BGH NJW 1999, 1031; beim Mietvertrag die Pflicht, die Sache im gebrauchsfähigem Zustand zu halten, BGH v. 24.10.2001 – VIII ARZ 1/01, BGHZ 149, 89.

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(1) Die Möglichkeit des Kunden, eigene – unproblematische – Maßnahmen zur Schadensverhütung zu treffen, da dann der Vertragszweck durch eine Pflichtverletzung u.U. nicht gefährdet werde197; (2) die Verkehrs- und Branchenüblichkeit von Versicherungsschutz für das in Rede stehende Risiko einerseits für den Kunden (Sachversicherung), andererseits für den Verwender (Haftpflichtversicherung)198; für die Zulässigkeit eines Haftungsausschlusses spricht es dabei insbesondere, wenn bei dem in Rede stehenden Vertragstyp je nach den individuellen Verhältnissen des Kunden sehr unterschiedliche Risiken bestehen und es nicht sachgerecht erscheint, die hohen Risiken einzelner Kunden über eine Risikozuweisung an die Verwender nebst dortiger kostenerhöhender Versicherung letztlich allen Kunden gleichmäßig aufzuerlegen199; (3) die untergeordnete, den Vertragszweck nicht berührende Bedeutung einzelner Nebenpflichten200. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Freizeichnungsklausel i.d.R. nur zulässig, wenn mehrere der genannten Gesichtspunkte in einem Fall zusammentreffen.

2. Schrifttum Im Schrifttum sind die Ansichten geteilt. Am weitesten auseinander erscheinen 36 die Standpunkte, dass aus einer grundsätzlichen „Feindeinstellung“ der Gerichte gegenüber AGB die Durchsetzung einer Freizeichnungsklausel heute nicht mehr kalkulierbar sei201 und dass – auf der anderen Seite – aus § 307 Abs. 2 Nr. 2 eine verschuldensunabhängige Verwenderhaftung abgeleitet werden könne202. Um bei der Bewältigung der Freizeichnungsproblematik Konturen und größere Sicherheit zu gewinnen, hat Koller203 ein Prüfungsraster aufgestellt. Danach sind die Ausgleichsfunktion der Haftung, ihre Präventivfunktion, die Versicherbarkeit eines etwaigen Schadens durch eine der Vertragsparteien sowie der Aspekt der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung zum Maßstab zu nehmen. Gegen die Rechtsprechung des BGH ist bezogen auf die Entscheidung konkreter Einzelfälle im Schrifttum wenig eingewandt worden. Vielmehr hat sie die Überlegung herausgefordert, ob die aufgestellten Haftungsgrundsätze bei einfacher Fahrlässigkeit für alle Branchen passen204. Nach der Schuldrechtsreform haben sich verschiedene Autoren mit der Frage des Einflusses der Neuordnung des

197 So bei Sachen, die im Krankenhaus in der Obhut des Patienten verbleiben (BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, NJW 1990, 761) oder bei einem in Reparatur befindlichen Schiff, das von der an Bord verbliebenen Mannschaft bewacht wird (BGHZ 103, 316 = NJW 1988, 1785). 198 So im Werftfall, BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 = NJW 1988, 1785. 199 Vgl. BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 = NJW 1988, 1785 (Werft); BGH v. 26.9.1989 – XI ZR 159/88, BGHZ 108, 348 = NJW 1990, 150 (Elektrizitätsunternehmen). 200 Vgl. BGH NJW 1990, 761 (Krankenhaus). 201 So Schmidt-Salzer Produkthaftung Rz. 3710. 202 Roussos S. 183 ff.; danach haftet der Unternehmer, der AGB verwendet, strenger als nach §§ 276, 278 (dazu Hensen ZHR 147 (1983), 484). 203 Koller ZIP 1986, 1089. 204 Bejahend z.B. für Softwareverträge Lehmann/H. Schmidt Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, 2. Aufl. 1993, XV Rz. 64.

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Schuldrechts auf die Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln205 befasst; dabei wird z.T. die Auffassung vertreten, die Prüfung von formularmäßigen Haftungsausschlüssen müsse sich primär an § 307 Abs. 2 Nr. 1 (weniger an Nr. 2) ausrichten206.

3. Stellungnahme 37

Die Rechtsprechung des BGH basiert weitestgehend auf einer plausiblen Interpretation der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des § 307 Abs. 2 Nr. 2. Eine grundsätzliche Kritik an dem vom BGH befürworteten sehr weit gehenden Ausschluss der Freizeichnungsmöglichkeiten bei leichter Fahrlässigkeit käme daher nur in Betracht, wenn man die differenzierende Regelung in § 309 Nr. 7 als Erlaubnisnorm für die durch § 309 Nr. 7 nicht verbotenen Haftungsausschlüsse begreifen würde. Dies scheidet jedoch nach einhelliger, auch durch die Begründung des SMG-Regierungsentwurfs207 bestätigter Ansicht aus. Sachgerecht ist es zudem, die Überprüfung von Freizeichnungsklauseln schwerpunktmäßig an § 307 Abs. 2 Nr. 2 zu orientieren, da die Norm mit der Bezugnahme auf das vertragliche Pflichtenprogramm und den einschränkenden Merkmalen der wesentlichen Pflicht sowie der Vertragszweckgefährdung einen generell – insbesondere auch für pflichtmodifizierende Klauseln (vgl. Rz. 30) – geeigneten und zugleich flexiblen Prüfungsmaßstab bereithält. Das schließt selbstverständlich nicht aus, in geeigneten Fällen – insbesondere bei Klauseln, die eine Freizeichnung von konkreten gesetzlichen Anspruchsgrundlagen für Schadensersatzansprüche enthalten – außerdem auf § 307 Abs. 2 Nr. 1 abzustellen. Die Inanspruchnahme von Vertrauen, auf die der BGH im Klimaanlagen-Fall abgehoben hat, kann entgegen Wolf208 nicht als entscheidendes Kriterium zur Tatbestandseinschränkung angesehen werden. Wünschenswert wäre es jedoch, wenn der BGH das Kriterium der Vertragszweckgefährdung restriktiver i.S. einer Gefährdung des Hauptzwecks des Vertrages interpretieren würde (siehe dazu weiter Rz. 33, 35, 38). Soweit in Einzelfällen eine Freizeichnung auch bei Verletzung von Nebenzwecken eines Vertrages als unangemessen erscheint, bietet § 307 Abs. 1 das geeignete Kontrollinstrumentarium. Im Rahmen dieser Vorschrift wäre es auch möglich, die von Koller entwickelten sinnvollen Prüfmaßstäbe vollständig zur Anwendung zu bringen.

38

Die Konsequenzen der vorstehenden Überlegungen für den formularmäßigen Ausschluss einzelner schadensersatzrechtlicher Anspruchsgrundlagen können an dieser Stelle nur in Form eines Überblicks dargestellt werden; vgl. auch – teilweise abweichend – § 307 Rz. 287 ff. Als freizeichnungsfest einzustufen ist der Schadensersatzanspruch statt der Leistung (§§ 281, 283, 311a Abs. 2), dies auch in den Fällen der Mängelhaftung (§§ 281 i.V.m. 437 Nr. 3, 440, 634 Nr. 4, 636) sowie bei der Verletzung von nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten (§§ 282, 241 Abs. 2)209. Das kann zwar nicht allein damit begründet werden, dass der An205 206 207 208

Etwa Koch WM 2002, 2173; Fliegner JR 2002, 314; von Westphalen NJW 2002, 12. So von Westphalen NJW 2002, 12; BB 2002, 209. BT-Drucks. 14/6857 S. 53. NJW 1980, 2433 (2435); dagegen auch Lutz AGB-Kontrolle im Handelsverkehr, 1991, S. 141; krit. Paulusch DZWiR 1992, 182. 209 So auch Koch WM 2002, 2173 (2179); Fliegner JR 2002, 314 (321); von Westphalen NJW 2002, 12 (22 f.) – jeweils auch zur Anwendung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 in diesen Konstellationen; a.A. § 307 Rz. 292 ff. (Fuchs); Erman/Roloff § 309 Rz. 74; ebenso – für die Mängelhaftung bei gebrauchten Sachen – Litzenburger NJW 2002, 1244 (1245).

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spruch den Erfüllungsanspruch ersetzt (vgl. § 281 Abs. 4) und somit zur Erreichung des Vertragszwecks entscheidend ist, da bei als wirksam unterstellter Freizeichnung auch § 281 Abs. 4 nicht zur Anwendung käme. Indes stellen die zusätzlichen Voraussetzungen des Anspruchs (ergebnislose Nachfristsetzung, § 281 Abs. 1 Satz 1; Erheblichkeit des Mangels, § 281 Abs. 1 Satz 3; Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung in den Fällen der Nebenpflichtverletzung, § 282) sicher, dass die zugrunde liegenden Pflichtverletzungen ein wesentliches, den Vertragszweck gefährdendes Gewicht haben210. Das bestehen bleibende Rücktrittsrecht stellt eine ausreichende Kompensation für die Freizeichnung vom Schadensersatzanspruch statt der Leistung schon deshalb nicht dar, weil zwischen Rücktritt und Schadensersatz keine Alternativität mehr besteht (§ 325)211. Gegen die vorstehende Sichtweise spricht zwar in den Fällen der Mängelhaftung bis zu einem gewissen Grad die Gesetzgebungsgeschichte der Schuldrechtsreform: Der Bundesrat hatte sich nämlich gegen das in § 309 Nr. 8a bb des Regierungsentwurfs enthaltene Verbot einer Freizeichnung von Schadensersatzansprüchen statt der Leistung mit der Begründung gewandt, beim Gebrauchtwarenverkauf unter Privatleuten solle der bis dahin häufige totale Gewährleistungsausschluss weiterhin möglich bleiben212; dem war die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung mit der Begründung gefolgt, der zunächst vorgeschlagene Verbotstatbestand gehe „hinsichtlich der Schadensersatzansprüche wegen eines Mangels im Kaufund Werkvertrag zu weit und [sei] im Übrigen durch §§ 307, 309 Nr. 7 abgedeckt und damit überflüssig“213. Indes lässt sich diesen Äußerungen ein auf die Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 307 Abs. 2 Nr. 2 gerichteter Wille des Gesetzgebers nicht entnehmen214; es wäre auch nicht sachgerecht, für in gleicher Weise gewichtige und vertragszweckgefährdende Pflichten im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 unterschiedliche Rechtsfolgen je nachdem vorzusehen, ob es sich um Mängel oder sonstige Pflichtverletzungen handelt. Der Schadensersatzanspruch gemäß § 280 gilt für sämtliche Pflichtverletzungen; wird er für bestimmte Arten von Pflichtverletzungen ausgeschlossen, lässt dies allein deshalb keinen Rückschluss auf die Anwendbarkeit des § 307 zu; vielmehr ist nach den o.g. Maßstäben zu differenzieren: In den Fällen des Verzuges wird ein vollständiger Ausschluss der Haftung für den Verzögerungsschaden regelmäßig nicht möglich sein215, da der auf die versprochene Leistung angewiesene Kunde auf die ihm zustehenden sonstigen Rechte nicht ausweichen kann, so dass der Haftungsausschluss jedenfalls in diesen Fällen den Vertragszweck gefährdet. In einer Freizeichnung für kleinere Leistungsfristüberschreitungen wird hingegen nicht immer eine vertragszweckgefährdende Haftungsbeschränkung zu erblicken sein, desgleichen bei der Mängelhaftung in einem Haftungsausschluss für bestimmte nicht erhebliche Mängel216.

210 Vgl. von Westphalen BB 2002, 209 (213) – ebenso auch für den Anspruch gemäß § 284; a.A. Tiedtke/Burgmann NJW 2005, 1153 (1155 f.). 211 von Westphalen BB 2002, 209 (213). 212 BT-Drucks. 14/6857 S. 16. 213 BT-Drucks. 14/6857 S. 53; vgl. dazu auch Erman/Roloff § 309 Rz. 74. 214 So auch von Westphalen NJW 2002, 12 (22 f.). 215 von Westphalen NJW 2002, 12 (24); Koch WM 2002, 2173 (2181); dies entspricht der früheren Rechtslage, wobei allerdings die Anwendbarkeit des ersatzlos aufgehobenen § 11 Nr. 8b AGBG umstritten war, vgl. Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 12 ff. 216 Vgl. allerdings BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203 = NJW 2001, 292 unter VI 2: Unzulässigkeit eines Abnahmezwanges bei nicht erheblichen Mängeln.

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4. Haftungsbegrenzungen 39

Haftungsbegrenzungen, die hinter einem vollständigen Haftungsausschluss zurückbleiben, sind bei leicht fahrlässig verursachten Sach- und Vermögensschäden nicht generell ausgeschlossen; es muss allerdings sichergestellt sein, dass § 309 Nr. 7 (Haftung für Körperschäden bzw. grobes Verschulden) nicht berührt ist. Da als Prüfungsmaßstab wiederum in erster Linie § 307 Abs. 2 Nr. 2 in Betracht kommt, ist entscheidend, ob die verbleibende Haftung ein ausreichendes Äquivalent für die durch die Verletzung der zugrunde liegenden Pflichten eingetretene Gefährdung des Vertragszwecks darstellt217. Der BGH hat hierzu die Linie entwickelt, dass der verbleibende Ersatzanspruch die vertragstypischen vorhersehbaren Schäden abdecken müsse218. Dem ist zuzustimmen, da sich der Schutzzweck der betroffenen Pflichten auf den typischerweise vorhersehbaren Schaden und nicht auf ungewöhnliche Schadenskonstellationen konzentriert219. Der typischerweise vorhersehbare Schaden geht bei einer vertragstypischen Streuung der Schadenshöhen über den Durchschnittsschaden hinaus; so umfasst er beispielsweise im Hinblick auf die Obhutspflichten eines Garagenbetreibers, deren Verletzung zu Schäden an einzelnen Kraftfahrzeugen führen kann, auch die Beschädigung eines Fahrzeuges der Oberklasse, nicht jedoch die eines extrem teuren TV-Übertragungswagens. Durch Einschränkung der Haftungsklausel auf bestimmte Schadensformen lässt sich der zu erwartende Schaden präziser bestimmen; so hat der BGH die Beschränkung des ersatzfähigen Verzögerungsschadens auf 5% des Kaufpreises in den Neuwagenverkaufsbedingungen mit der Erwägung akzeptiert, dass der Kunde es selbst in der Hand habe, durch zügige Geltendmachung seiner Rechte den Verzögerungsschaden gering zu halten220. In Betracht kommt grundsätzlich auch eine summenmäßige Haftungsbegrenzung, wenn der Haftungsbetrag den typischerweise vorhersehbaren Schaden übersteigt221. Dies ist bei einer Haftungsbegrenzung auf das 15-fache des Bearbeitungspreises bei einer Textilreinigung indes nicht der Fall, da der mögliche Schaden in keiner Relation zum Bearbeitungspreis steht222. Denkbar ist auch eine Freizeichnung für mittelbare oder Folgeschäden, sofern diese nicht vorhersehbar waren223. Unabhängig von dem Kriterium der Vorhersehbarkeit sind auch sonstige dem Umfang nach kleinere Haftungsausschlüsse vertretbar, wenn sie einen insgesamt angemessenen Schadensausgleich nicht berühren. Dies gilt etwa für gegenständlich be-

217 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbegrenzungsklauseln) Rz. 121 f. 218 BGH NJW 1993, 335 (Baustoffberatung); BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, BGHZ 138, 118 = NJW 1998, 1640 unter III 3 a (Elektrizitätsunternehmen); im Ansatz so auch schon BGHZ 89, 363 (Kaltlager). 219 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbegrenzungsklauseln) Rz. 121. 220 BGH v. 27.9.2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203 = NJW 2001, 292 unter IV 2 c. 221 BGH NJW-RR 1998, 1426 unter 3; dazu Schlechtriem BB 1984, 1177; krit. MünchKomm/Wurmnest Rz. 31. 222 BGH v. 4.7.2013 – VII ZR 249/12, BGHZ 198, 23 = NJW 2013, 2502 Rz. 24. 223 Ähnlich KG IBR 2005, 547 (ohne Beschränkung auf unvorhersehbare Schäden). Zu den freizeichnungsfähigen Folgeschäden zählen aber weder der Nutzungsausfall noch Kosten zur Ermittlung des Schadensumfangs, BGH NJW-RR 1989, 953 = WM 1989, 855 – Werftwerkvertrag II; ähnlich BGH v. 30.11.2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422 (Autowaschanlage).

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schränkte Haftungsausschlüsse hinsichtlich bestimmter Schadensarten224 und – insbesondere – für Selbstbehalte, die bei angemessenem Umfang ein sinnvolles Mittel darstellen können, um eigene Schadensverhütungsmaßnahmen des Kunden zu fördern und einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Verwenders vorzubeugen225. In Betracht kommt u.U. auch die Ersetzung der Haftung durch die Abtretung von Versicherungsansprüchen226, sofern diese den vorhersehbaren Schaden abdecken und der Verwender subsidiär für den Fall haftet, dass die Versicherung Einwendungen aus dem Versicherungsverhältnis geltend macht. Zulässig sein kann bei bestehender Gesamtschuld auch die formularmäßige Regelung einer nur subsidiären Haftung des Verwenders im Verhältnis zu den anderen Gesamtschuldnern227. In die Abwägung, ob die vom Verwender gewährten Ersatzleistungen eine ausreichende Schadenskompensation ermöglichen, kann auch einzubeziehen sein, ob auf der Seite der Kunden eine (Sach-)Versicherung der betroffenen Risiken zumutbar und weit verbreitet ist228.

IV. Unwirksamkeit und Klauselfassung Unwirksame Freizeichnungsklauseln können – ebenso wie andere unwirksame Klauseln – grundsätzlich nicht auf ihren zulässigen Inhalt zurückgeschnitten werden229. Eine ergänzende Vertragsauslegung in Richtung auf eine Freizeichnung für leichte Fahrlässigkeit bei unzulässigem umfassenden Haftungsausschluss kann nur in ganz seltenen Ausnahmefällen angezeigt sein, etwa dann, wenn die gesetzliche Haftung für leichte Fahrlässigkeit auch bei Berücksichtigung der Situation des Geschädigten schlechthin unangemessen sein sollte230. Auch salvatorische Klauseln, z.B. „soweit zwingend gehaftet wird“, haben wegen der in ihnen liegenden Umgehung des § 306 Abs. 2 keinen rechtlichen Bestand (§ 305 Rz. 153)231. Diese Umstände erschweren die – ohnehin problematische – Formulierung einer wirksamen Freizeichnungsklausel zusätzlich. Zutreffend werden Freizeichnungsklauseln als im Ergebnis meist „recht nutzlos“ bezeichnet232. Verwender, die dennoch eine Freizeichnung in ihre AGB aufnehmen wollen, müssen folgende Anforderungen beachten:

224 So bei dem Haftungsausschluss für merkantilen Minderwert in den Kfz-Reparaturbedingungen bei Schäden anlässlich der Probefahrt (OLG Köln NJW-RR 1987, 53), nicht aber auf Grund der Reparatur selbst; eine Freizeichnung ablehnend auch BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 (Daihatsu) unter XII 2 a im Hinblick auf entgangene Gewinne aus bestimmten Altteilverkäufen beim Vertragshändlervertrag. 225 MünchKomm/Wurmnest Rz. 31. 226 So auch Fuchs BB 1992, 1217 (1222). 227 OLG Schleswig BauR 2009, 1770; zu Subsidiaritätsklauseln vgl. auch § 307 Rz. 304. 228 So auch – mit allerdings eher restriktiver Tendenz – BGH NJW 1992, 1761 m. Anm. Ungeheuer JZ 1993, 631. 229 BGH WM 1983, 916 (917); BGHZ 86, 294 (297) = NJW 1983, 1322 (1327) (Lufthansa); WM 1984, 1075 (1077); BGH v. 24.9.1985 – VI ZR 4/84, BGHZ 96, 18 = NJW 1986, 1610 unter II 3 b aa; VersR 1987, 935; BB 1996, 654 (656) (VDMA); NJW-RR 1998, 1426 unter II 2 b. 230 Verneint in der Sache BGH v. 24.9.1985 – VI ZR 4/84, BGHZ 96, 18 = NJW 1986, 1610 (Fahrerlehrgang) m. Anm. Prölss JZ 1986, 345. Siehe insbesondere § 306 Rz. 37. 231 Vom BGH in ZIP 1985, 687 (689) = BB 1985, 2008 allerdings unbeachtet gelassen. Anders BGH BB 1996, 654 unter IV 3 d. 232 v. Westphalen BB 2002, 209 (215).

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(1) Die Klausel muss zunächst den Tatbestand des § 309 Nr. 7a, b abbilden, also klarstellen, dass die Freizeichnung die Haftung für Körperschäden233 sowie für grobes Verschulden des Verwenders und seiner Hilfspersonen234 nicht berührt. In den Fällen der Freizeichnung für Mängel erscheint eine ausdrückliche Erwähnung der Sonderfälle zwingender Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz und gemäß §§ 444, 639 (Beschaffenheitsgarantie, Arglist) nicht erforderlich235. Zur Beschaffenheitsgarantie vgl. auch Teil 2, (20) Garantieklauseln/Garantieverträge Rz. 8. (2) Weiter muss die Formulierung deutlich machen, dass die Freistellung auch in den Fällen leichter Fahrlässigkeit keine wesentlichen Pflichten betrifft, deren Einschränkung den Vertragszweck gefährdet (§ 307 Abs. 2 Nr. 2). Eine in dieser Form – abstrakt – formulierte Einschränkung gerät allerdings in Gefahr, mit dem Transparenzgebot zu kollidieren; gleichwohl sollten jedoch entsprechende Klauseln zugelassen werden, da das Erfordernis einer vollständigen Benennung aller nicht freizeichenbaren Pflichten oder auch nur der hierfür maßgeblichen Bewertungskriterien die Verwender vor unlösbare Probleme stellen würde236. Die Verwendung allein des Begriffes „Kardinalpflichten“ ist nach Auffassung des BGH nicht ausreichend; notwendig sei eine zumindest abstrakte Umschreibung des Begriffs237. Akzeptabel sein dürfte die Formulierung, dass sich die Freistellung auf Pflichten beziehe, deren „Erfüllung den Vertrag prägt und auf deren Einhaltung der Kunde vertrauen darf“238. Eine Alternative besteht darin, die Freizeichnung auf konkret benannte „unwesentliche“ Einzelpflichten zu beschränken. Soll auch die Haftung für Verschulden bei den Vertragsverhandlungen eingeschränkt werden, so ist dies angesichts des gegenwärtigen Standes der Rechtsprechung239 (s. oben Rz. 14) vorsorglich ausdrücklich zu formulieren. (3) Sofern von der auch bei „wesentlichen“ Pflichten gegebenen Möglichkeit einer Haftungsbegrenzung Gebrauch gemacht werden soll, kommen die in Rz. 39 genannten Eingrenzungsmöglichkeiten in Betracht, insbesondere also

233 Vgl. LG Frankfurt/M. ZMR 2003, 741 betreffend Unfallschäden durch eine Aufzugsanlage beim Mietvertrag; OLG Hamm v. 10.2.2005 – 28 U 147/04, NJW-RR 2005, 1220 (Gewährleistungsausschluss beim Gebrauchtwagenkauf); LG Düsseldorf v. 5.10.2005 – 12 O 473/04, WRP 2006, 389; a.A. OLG Düsseldorf ZGS 2004, 271. 234 OLG Hamm v. 10.2.2005 – 28 U 147/04, NJW-RR 2005, 1220. 235 Anders Koch WM 2002, 2173 (2183); 236 So auch Spindler CR 1999, 626 (632); Fliegner JR 2002, 314 (325); ähnlich Koch WM 2002, 2173 (2183). 237 BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11 = NJW-RR 2005, 1496 unter X; OLG Celle v. 30.10.2008 – 11 U 78/08, MDR 2009, 371. Nach Wolf/Dammann Rz. 98 genügt auch der Begriff „vertragswesentliche Pflichten“ ohne weitere Umschreibung nicht; ablehnend zu den Transparenzanforderungen des BGH Kappus NJW 2006, 15. 238 OLG Frankfurt v. 17.10.2011 – 1 U 33/11; bestätigt durch BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, BGHZ 194, 121 = NJW 2013, 291 Rz. 39, wobei der BGH auf den hier relevanten Teil der Klausel jedoch nicht eingeht, da dieser nicht mehr im Streit war; ebenso LG Dortmund v. 14.1.2011 – 25 O 230/11 Rz. 108 für eine gleichlautende Klausel. Das OLG Celle BauR 2009, 103 unter II 2 akzeptiert die Formulierung „wesentliche Vertragspflichten, soweit durch den Verstoß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird“ (der Klauseltext ist dem Urteil der Vorinstanz – LG Hannover v. 12.2.2008 – 18 O 332/07 zu entnehmen). 239 BGH NJW 1991, 694.

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eine – ebenfalls abstrakt formulierte240 – Haftungsbeschränkung auf den „vertragstypischen vorhersehbaren Schaden“241 oder die Vereinbarung eines Selbstbehalts. (4) Die Klausel muss transparent, d.h. möglichst aus sich heraus verständlich sein242. Ob eine bloße Bezugnahme auf eine Gesetzesvorschrift diesen Anforderungen genügt, ist zweifelhaft243. Klauseln, die im Hinblick auf die Schadensersatzhaftung für Mängel neuer Sachen beim Kauf- und Werkvertrag die Verjährung verkürzen oder Ausschlussfristen einführen, müssen des Weiteren mit den Anforderungen der § 309 Nr. 8b ee, ff übereinstimmen.

V. Verschuldensunabhängige Haftung (Ausschluss/Begründung) In diesem Zusammenhang sind zwei einander entgegengesetzte Konstellationen zu unterscheiden: Zum einen die formularmäßige Freistellung von einer gesetzlich244 begründeten verschuldensunabhängigen Schadensersatzhaftung des Verwenders, zum anderen die Begründung einer gesetzlich nicht vorgesehenen verschuldensunabhängigen Kundenhaftung. Zu den im erstgenannten Kontext relevanten gesetzlichen Tatbeständen gehören neben den in § 276 Abs. 1 genannten Fällen (insbesondere der Garantie – hierzu vgl. auch §§ 443 f., 639 – und der besonders bei Gattungsschulden bedeutsamen Übernahme eines Beschaffungsrisikos) u.a. die Zufallshaftung bei eingetretenem Verzug (§ 287 Satz 2), die Garantiehaftung für anfängliche Mängel der Mietsache (§ 536a), die Gastwirtshaftung (§§ 701–703) ferner die Fälle der Gefährdungshaftung, die verschuldensunabhängige Haftung für Geldschulden und die verschuldensunabhängige Arbeitgeberhaftung für arbeitstypische Sachschäden des Arbeitnehmers245. Bei der Beurteilung von Klauseln, die Tatbestände der verschuldensunabhängigen Haftung ausschließen, sind zunächst nicht dispositive gesetzliche Sonderbestimmungen (z.B. §§ 444, 639, 702a) zu beachten. In zweiter Linie ist einerseits der Leitbildcharakter der einzelnen Haftungsvorschriften i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1, andererseits der allgemeine Aspekt der Zulässigkeit einer Risikoverlagerung zu Lasten des Kunden in den Blick zu nehmen; in dem letztgenannten Zusammenhang spielen dabei ähnliche Kriterien eine Rolle, wie sie auch bei der Freizeich-

240 BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 337/11, BGHZ 194, 121 = NJW 2013, 291 Rz. 41; OLG Celle BauR 2009, 103 unter II 2; OLG Köln v. 22.7.2011 – 6 U 45/11; vgl. weiter Koch WM 2002, 2173 (2183); a.A. OLG Hamm v. 9.12.2011 – 19 U 38/11 Rz. 94. 241 Vgl. dazu die vom OLG Celle BauR 2009, 103 unter II 2 akzeptierte Formulierung: „wobei in diesem Fall bei einfacher Fahrlässigkeit nur für den vertragstypischen, vernünftigerweise vorhersehbaren Schaden gehaftet wird“. 242 Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Transparenz sind hoch, vgl. etwa LG Frankfurt/M. v. 6.6.2013 – 2/24 O 246/12 CuR 2013, 744 zur Unwirksamkeit einer Klausel, die im Zuge einer Haftungsbegrenzung bei einfacher Fahrlässigkeit die an anderer Stelle geregelte Ausnahme für Körperschäden nicht nochmals erwähnte. 243 Offen gelassen in BGH v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08 Rz. 26 bzgl. der Klausel „Ersatzansprüche gemäß § 538 BGB sind ausgeschlossen“ im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern. 244 Die Freistellung von einer vertraglich vereinbarten Zufallshaftung scheitert bei individualvertraglicher Abrede bereits an § 305b, sonst u.U. an § 305c; näher Wolf/Dammann Rz. 121. 245 Vgl. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Arbeitsverträge) Rz. 313.

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nung für leichte Fahrlässigkeit diskutiert werden246. Bei der Prüfung ist zu berücksichtigen, dass sich der Schutz der Verbraucherrechte durch Anhang 1a, b RL 93/13/EWG auch auf verschuldensunabhängige Ansprüche bezieht (vgl. Rz. 6). Im Ergebnis kommt nach vorstehenden Kriterien bei individuell übernommenen Garantien eine Freizeichnung schon wegen des Vorrangs der Individualabrede, bei Beschaffenheitsgarantien im Übrigen wegen der o.g. zwingenden Sondervorschriften nicht in Betracht. Die unbeschränkte Haftung für Geldschulden ist Ausdruck eines allgemeinen, dem Zivilrechtssystem zugrunde liegenden Leitgedankens und deshalb nicht durch AGB beschränkbar. Gleiches wird man für § 287 Satz 2247 und die Gefährdungshaftung anzunehmen haben, da diese Tatbestände mit der Anknüpfung an ein gefährdendes Vorverhalten des Verwenders (in Form des Verzuges bzw. der Kontrolle über ein Betriebsrisiko) jeweils eine bewusste Risikozuweisung vornehmen248. Bei der Übernahme eines Beschaffungsrisikos ist auf die von der Rechtsprechung zu § 308 Nr. 3 entwickelten sinnvollen Differenzierungen abzustellen; für eine weiter gehende Freizeichnung besteht regelmäßig kein Anlass249 (näher § 308 Nr. 3 Rz. 6). Nach diesen Kriterien scheitert beim Kaufvertrag eine pauschale Freistellung von jeder verschuldensunabhängigen Haftung an § 307250. Die Arbeitgeberhaftung für arbeitstypische Sachschäden ist nach den geltenden richterrechtlichen Grundsätzen nicht dispositiv251. Demgegenüber dürfte die Garantiehaftung für anfängliche Sachmängel beim Mietvertrag trotz des grundsätzlich auch insoweit bestehenden Schutzes der EG-Richtlinie als eine für das gesetzliche Gewährleistungsrecht atypische Sonderregelung formularmäßig abdingbar sein252. 42

Die Beurteilung von Klauseln, die eine gesetzlich nicht vorgesehene verschuldensunabhängige Haftung des Kunden begründen, hat mangels speziellerer Prüfmaßstäbe ebenfalls anhand des § 307 zu erfolgen. Während die ältere Rechtsprechung einer von der Gesetzeslage abweichenden Haftungszuweisung nach Risikosphären grundsätzlich offen gegenüberstand253, vertritt der BGH seit seiner Entscheidung zur Abwälzung des Missbrauchsrisikos bei Kundenkreditkarten254 zu Recht den Standpunkt, die Verschuldenshaftung stelle abgesehen von einigen wenigen gesetzlichen Sondervorschriften (vgl. soeben Rz. 41) einen wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 dar255. Eine formularmäßige Abweichung hiervon komme nur ausnahmsweise bei höherrangi246 Rz. 35; so auch Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 39 unter Bezugnahme auf den von Koller ZIP 1986, 1089 aufgestellten Kriterienkatalog. 247 Ebenso von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Zufallshaftung) Rz. 5; wohl auch BGHZ 145, 203 = NJW 2001, 292 unter IV 2. 248 OLG Stuttgart v. 21.7.2008 – 5 U 44/08 NZV 2009, 233; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 39; Wolf/Dammann Rz. 124; offen gelassen in OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 1333; a.A. OLG Karlsruhe v. 27.1.2014 – 1 U 158/12 NJW-RR 2014, 692 Rz. 69. 249 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 39. 250 BGH v. 31.5.2012 – I ZR 45/11, NJW 2012, 3577 Rz. 46. 251 von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Arbeitsverträge) Rz. 313, 316 m.w.N. 252 So BGH NJW-RR 1993, 519; NJW 2002, 3232; BGH v. 21.7.2010 – XII ZR 189/08 NJW 2010, 3152 Rz. 26; LG Duisburg v. 18.5.2010 – 13 S 58/10; a.A. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Zufallshaftung) Rz. 8. 253 Vgl. BGH WM 1982, 425; BGH v. 17.5.1984 – II ZR 280/83, BGHZ 91, 221 = NJW 1984, 2460; OLG Hamm WM 1985, 1032; OLG Frankfurt NJW 1990, 1184 – sämtlich zu Missbrauchsrisiken im Geldverkehr. 254 BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 = NJW 1991, 1886. 255 So auch BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, BGHZ 164, 196 = NJW 2006, 47 unter V 2; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Haftungserweiterungsklauseln) Rz. 7; Wolf/

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gen Interessen des Verwenders oder bei Kompensation der mit der Risikoverlagerung verbundenen Nachteile durch anderweitige Vorteile in Betracht. Allein nicht ausreichend sei hingegen der Gedanke einer Haftungszuweisung nach Risikosphären256, und zwar auch nicht im unternehmerischen Verkehr257. Dies gelte insbesondere, wenn ein bestimmtes Risiko – wie etwa beim Scheck- und Kreditkartenmissbrauch – zwar an sich eher in der Kundensphäre liege, der Verwender es jedoch durch sein Angebot geschaffen habe und es durch die bei einer Vielzahl von Verträgen eintretenden Risikostreuung auch besser beherrschen könne258. Der Aspekt der Versicherbarkeit spiele als Kriterium nur dann eine Rolle, wenn die Abdeckung des betreffenden Risikos durch den Kunden angemessen und entsprechender Versicherungsschutz praktisch lückenlos vorhanden sei259. Nach diesen Maßstäben hat die Rechtsprechung die formularmäßige Begründung einer verschuldensunabhängigen Kundenhaftung wiederholt abgelehnt, und zwar außer in den bereits erörterten Fallgruppen auch im Hinblick auf unverschuldet verursachte Schäden an der Mietsache260, für Rechtsmängel beim Kauf (entsprechend dem früheren § 437)261, für Folgekosten einer Beförderungseinstellung beim Transportvertrag262, bei Warenschwund, der vom Kommissionsagenten nicht zu vertreten ist263, bei Unterschreiten der Mindestbezugsmenge beim Bierlieferungsvertrag264, für den Verlust des Schlüssels in Schwimmbad265 oder Mietwohnung266 sowie hinsichtlich der Schäden eines Internet-Providers bei unzulässigen Domain-Inhalten267, ferner bezüglich des Risikos der Geschäftsunfähigkeit des Kunden268 sowie bei einer über §§ 278, 831 hinausgehenden Gehilfenhaftung269. Die gleiche Problematik stellt sich beim Kreditkartengeschäft jetzt auch im Hinblick auf die Verteilung der Missbrauchsrisiken zwischen dem Kreditkartenunternehmen (= Verwender) und den Vertragsunternehmen, nachdem der BGH von seiner früheren Einordnung der Verträge als Forderungskauf270 abgerückt ist und das Missbrauchsrisiko nach der jetzigen Einordnung als abstraktes

256 257 258 259 260

261 262 263 264 265 266 267 268 269 270

Dammann Rz. 130; Koch WM 2002, 2173 (2218), letzterer jedoch zutreffend differenzierend im Hinblick auf pflichtsteigernde Klauseln. BGH NJW 1992, 1761 = ZIP 1992, 625; BGH v. 9.7.1992 – VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152 = NJW 1992, 3158 unter VIII 2 b. BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 = NJW 1997, 1700; insoweit krit. Koller JZ 1997, 1068. BGH v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 = NJW 1991, 1886; BGH v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 = NJW 1997, 1700; bestätigend NJW 1997, 2236 = ZIP 1997, 1144. BGH NJW 1992, 1761 = ZIP 1992, 625. BGH NJW 1992, 1761 = ZIP 1992, 625; BGH v. 9.7.1992 – VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152 = NJW 1992, 3158 unter VIII 2 b; so auch LG Saarbrücken NJW-RR 1986, 1343; OLG Karlsruhe DAR 2004, 394; AG Düren v. 28.4.2010 – 47 C 43/10, WuM 2010, 292; anders beim Leasingvertrag, BGH v. 8.10.2003 – VIII ZR 55/03, NJW 2004, 1041 = BB 2004, 69 m.w. N. BGH v. 5.10.2005 – VIII ZR 16/05, BGHZ 164, 196 = NJW 2006, 47 unter V. OLG Düsseldorf v. 10.4.2014 – 6 U 132/13. BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, ZIP 2003, 1707 = NJW 2003, 1056. OLG Frankfurt v. 13.11.2007 – 11 U 24/07; OLG Naumburg v. 21.2.2013 – 1 W 9/13 Rz. 27. LG Köln v. 13.6.2012 – 26 O 410/11, NJW-RR 2013, 250. OLG Brandenburg v. 12.5.2004 – 7 U 165/03, NZM 2004, 905. OLG Koblenz VuR 2005, 266. BGH v. 25.6.1991 – XI ZR 257/90, BGHZ 115, 38 = NJW 1991, 2414. BGH NJW 1991, 1750 = BB 1981, 1218 unter II 5; so auch von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Haftungserweiterungsklauseln) Rz. 3. BGH NJW 1990, 2880.

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Schuldversprechen271 an sich beim Verwender liegt. Da sich die Risikozuweisung in diesem Fall jedoch nicht aus dem Gesetz, sondern auf Grund der abstrakten Zahlungszusage ergibt, stellt der BGH zutreffend nicht auf § 307 Abs. 2 Nr. 1, sondern Nr. 2 ab272. Im Ergebnis hält der BGH eine vollständige Abwälzung des Missbrauchsrisikos auf das Vertragsunternehmen beim sog. „Telefon- und Mailorderverfahren“ (ohne Vorlage der Kreditkarte) für unwirksam273, jedoch eine Risikoaufteilung für akzeptabel. Dabei fällt ins Gewicht, dass beide Vertragspartner das gesteigerte Missbrauchsrisiko dieses Verfahrens im Hinblick auf eigene Umsatzinteressen bewusst in Kauf nehmen. Bei Ausstellung einer Zusatzkarte (Partnerkarte) darf das Kreditkartenunternehmen das Risiko, dass der Partner des Kunden die Karte nach Ende der Geschäftsbeziehung abredewidrig weiterbenutzt, auf den Kunden abwälzen274. Haftungserweiterungen durch Ausdehnung des ersatzfähigen Schadens oder Ausschluss des Mitverschuldens verstoßen regelmäßig gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 unter dem Aspekt der Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der §§ 249 ff. bzw. des § 254275. Auch die Verschärfung einer bereits gesetzlich bestehenden verschuldensunabhängigen Haftung kann gemäß § 307 unwirksam sein276. Die richterrechtlich entwickelten Beschränkungen der Arbeitnehmerhaftung sind generell nicht aufhebbar277, können also auch nicht in allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen zu Gunsten des Arbeitgebers modifiziert werden.

VI. Haftungsfreizeichnung in Verträgen mit Unternehmern 1. Haftungsausschluss 43

§ 309 Nr. 7 hat nach der BGH-Rechtsprechung Indizwirkung für den unternehmerischen Geschäftsverkehr278. Danach ist das Verbot der Freizeichnung für Körperschäden279 und bei grobem Verschulden280 in vollem Umfang auch zwischen Kaufleuten anzuwenden. Die Auffassung der Rechtsprechung zur Indizwirkung der speziellen Klauselverbote sowie zur Übertragbarkeit der „Kardinalpflichtrechtsprechung“ auf den unternehmerischen Bereich (dazu unten) wird

271 BGH v. 16.4.2002 – XI ZR 375/00, BGHZ 150, 286 = NJW 2002, 2234 unter II 1 c bb. 272 BGH v. 16.4.2002 – XI ZR 375/00, BGHZ 150, 286 = NJW 2002, 2234 unter II 2 b; BGH v. 13.1.2004 – XI ZR 479/02, BGHZ 157, 256 = NJW-RR 2004, 481. 273 A.A. OLG Frankfurt NJW 2000, 2114 und ZIP 2001, 1583; OLG Naumburg v. 20.8.2002 – 11 U 140/01, NJW-RR 2002, 1622 = ZIP 2002, 1795; Schnauder NJW 2003, 849 (852). 274 OLG Koblenz v. 21.6.2004 – 12 U 786/03, NJW 2004, 3563; OLG Oldenburg v. 19.7.2004 – 15 U 37/04, ZIP 2004, 1800 = NJW 2004, 2907. 275 Wolf/Dammann Klauseln Rz. H 45, H 46. 276 So AG Koblenz v. 20.12.2013 – 162 C 939/13, NJW 2014, 1118 für § 833. 277 BAG v. 2.12.1999 – 8 AZR 386/98, DB 2000, 1078; BAG v. 17.9.1998 – 8 AZR 175/97, NJW 1999, 1049; vgl. von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Arbeitsverträge) Rz. 316. 278 BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 Rz.= NJW 2007, 3774 Rz. 13 ff.; ebenso OLG München v. 23.6.1993 – 7 U 3294/92, BB 1993, 1753; OLG Hamm v. 10.10.1995 – 7 U 12/95, NJW-RR 1996, 969; OLG Karlsruhe v. 12.1.2009 – 1 U 198/08, NJW-RR 2009, 1322; § 307 Rz. 283 ff. (Fuchs); Palandt/Grüneberg Rz. 55; Bamberger/Roth/Becker Rz. 46; grundsätzlich auch Wolf/Dammann Rz. 135 ff. 279 BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 = NJW 2007, 3774 Rz. 14. 280 BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 = NJW 2007, 3774 Rz. 15.

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seit einigen Jahren von erheblichen Teilen der Literatur kritisiert281. Die Kritik ist genereller Natur und zielt u.a. auf gesetzgeberische Änderungen ab, entzündet sich aber nicht selten gerade an der Rechtsprechung zu Haftungsklauseln282, wobei es als Ärgernis empfunden wird, dass die Vorgaben der Rechtsprechung die Formulierung wirksamer Haftungsfreistellungen erheblich erschweren. Weiter wird eingewandt, dass angesichts der größeren geschäftlichen Erfahrung unternehmerischer Geschäftspartner und der besonderen Regelungsbedürfnisse im Handelsverkehr für die Inhaltskontrolle grundlegend modifizierte Maßstäbe zugrunde zu legen seien; eine generelle Indizwirkung der speziellen Klauselverbote sei abzulehnen, vielmehr bedürfe der Handelsverkehr einer stärkeren Differenzierung nach branchen- und geschäftstypischen Besonderheiten. Der Kritik ist – jedenfalls bezogen auf Haftungsregelungen – nicht zuzustimmen. § 309 Nr. 7 hat keinen spezifisch verbraucherbezogenen Gehalt; Körperschäden und grobe Pflichtverletzungen müssen auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr haftungsrechtliche Konsequenzen haben und eignen sich nicht als Gegenstand der Vertragsgestaltung. Der BGH überträgt seine verbraucherbezogene Rechtsprechung auch nicht unterschiedslos auf den unternehmerischen Bereich, sondern lässt sinnvolle Differenzierungen z.B. bei summenmäßigen Haftungsbeschränkungen zu, die auch dem Aspekt der Versicherbarkeit Rechnung tragen (Rz. 44, 46). Auch und gerade im Handelsverkehr ist es unter wirtschaftlichen Aspekten sinnvoll, dass nicht jedes Klauselwerk einer anwaltlichen Überprüfung unterzogen werden muss, sondern auf die Abwesenheit unangemessener Klauseln vertraut werden kann. Die Mehrzahl der im unternehmerischen Rechtsverkehr abgeschlossenen Verträge hat ein geringes Volumen und wird auf der Grundlage standardisierter Bedingungen ohne nennenswerte Verhandlungen abgeschlossen283. Dem empirisch feststellbaren Bedürfnis von Unternehmen, die eigene Haftung zu beschränken, steht im Übrigen ein annähernd gleichgewichtiges unternehmerisches Interesse am Fortbestand der unbeschränkten Haftung des anderen Vertragspartners gegenüber284. Folgt man vor diesem Hintergrund dem BGH, ist der formularmäßige Ausschluss oder jede Einschränkung der kauf- bzw. werkvertraglichen Gewährleistung (z.B. hinsichtlich der Verjährung) auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr unwirksam, sofern keine ausdrückliche Ausnahme für Schadensersatzansprüche bei Körperschäden und grobem Verschulden vorgesehen wird285. Der BGH überträgt seine Rechtsprechung auch auf Bereiche wie das Transportrecht, die durch internationale Verträge zwischen Unterneh-

281 Vgl. etwa Lenkaitis/Löwisch ZIP 2009, 441; Berger ZIP 2006, 2149 und NJW 2010, 465; Dauner-Lieb/Axer ZIP 2010, 309; Salger/Schröder AnwBl. 2012, 683; Schmidt-Kessel AnwBl. 2012, 308; Hannemann AnwBl. 2012, 314; Kieninger AnwBl. 2012, 301; Müller/Schilling BB 2012, 2319; Kaufhold BB 2012, 1235; Kondring BB 2013, 73; a.A. von Westphalen BB 2011, 195; BB 2013, 67; BB 2013, 1357; AnwBl. 2013, 850. 282 Vgl. etwa Kessel/Stomps BB 2009, 2666; Berger/Kleine EWiR 2008, 169. 283 Leuschner AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen/Abschlussbericht v. 30.9.2014, S. 287, abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Fach informationen/Abschlussbericht-AGB-Forschungsprojekt.pdf?_blob=publicationFILE. 284 Leuschner AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen/Abschlussbericht v. 30.9.2014, S. 8, abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Fachin formationen/Abschlussbericht-AGB-Forschungsprojekt.pdf?_blob=publicationFILE. 285 BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 = NJW 2007, 3774 Rz. 13; BGH v. 19.6.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rz. 30.

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mern geprägt sind286; ein formularmäßiger vollständiger Haftungsausschluss für Verzögerungsschäden ist deshalb auch im Seeverkehr unwirksam. Soweit der BGH bislang mit Blick auf die Besonderheiten transportrechtlicher Verträge eine formularmäßige Verkürzung der einjährigen Verjährung gemäß § 414 HGB a.F. (jetzt §§ 439, 463 HGB) für wirksam erachtet hat, ohne eine ausdrückliche Ausnahme für die bestehenbleibende Haftung des Verwenders bei grobem Verschulden zu fordern287, ist fraglich, ob hieran noch festzuhalten ist288. Im Übrigen verbietet der BGH den vertragszweckgefährdenden Ausschluss wesentlicher Pflichten schon bei leichter Fahrlässigkeit ohne grundsätzliche Differenzierung zwischen dem Geschäftsverkehr mit Verbrauchern und mit Unternehmen (Rz. 32 ff.)289. Auch diese Betrachtungsweise ist zutreffend, da das Konzept zum Schutz der vertraglichen Kardinalpflichten nicht auf einer speziellen Schutzbedürftigkeit der Verbraucher basiert, sondern auf die Erhaltung des Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung abzielt und damit in gleicher Weise Bedeutung auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr hat290. Offen gelassen hat der BGH die umstrittene Frage, ob zu den „wesentlichen Pflichten“ i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 AGBG auch sämtliche Teilpflichten aus dem Bereich der Produkthaftung gehören291 bzw. ob entsprechende Klauseln schon wegen der Abweichung von den Grundgedanken der der Produkthaftung zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften unwirksam sind292. 44

Unter den Ausnahmefällen, in denen der BGH trotz dieser strengen Regelung eine Freizeichnung erlaubt hat, finden sich allerdings verstärkt Fälle aus dem Bereich des unternehmerischen Geschäftsverkehrs. Dies gilt etwa für Freizeichnungsklauseln in Verträgen mit Werften über die Reparatur von Seeschiffen293 sowie für die gegenüber Sonderabnehmern verwandten AGB eines Elektrizitätsunternehmens294. Seine ältere Rechtsprechung zur Privilegierung von Freizeich-

286 OLG Hamburg v. 13.1.2011 – 6 U 150/09, TranspR 2012, 382. 287 BGHZ 38, 150 = NJW 1963, 106; MDR 1983, 552 = VersR 1983, 339; NJW-RR 1987, 1252; BGH v. 4.5.1995 – I ZR 90/93, BGHZ 129, 323 = NJW 1995, 2224; OLG Frankfurt a.M. MDR 1994, 447. 288 In diese Richtung allerdings BGH v. 29.5.2008 – III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 Rz. 35. 289 Vgl. für den unternehmerischen Geschäftsverkehr BGH ZIP 1984, 971 = WM 1984, 1224 = BB 1984, 939 = NJW 1985, 3016 (Textilveredelung); ZIP 1985, 623 = BB 1985, 884 (EDV-Klimaanlage); NJW-RR 1988, 559 (verzögertes Scheckinkasso); NJW 1991, 2630 (2632) unter 5; NJW 1993, 335 (Baustoffberatung); NJW-RR 1993, 560 (Hackanlage); BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 (Verzögerungsschaden Daihatsu); BB 1996, 654 unter IV = NJW-RR 1996, 783 = WM 1996, 967 (VDMA); NJW-RR 1998, 1426 = MDR 1998, 1403 (Bremer Lagerhaus); BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, ZIP 2003, 1707 = NJW-RR 2003, 1056 (Kommissionsagent); BGH v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = NJW-RR 2005, 1496 (Vertragshändler). 290 Ähnlich von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbegrenzungsklauseln) Rz. 43. 291 So von Westphalen NJW 1979, 838. 292 BGH NJW 1992, 2016 unter II 1 a. 293 BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 = NJW 1988, 1785; abgrenzend hierzu BGH NJW-RR 1989, 953 = WM 1989, 855 (Binnenschiff-Reparatur) und NJW-RR 1996, 783 (VDMA-Bedingungen). 294 BGH v. 25.2.1998 – VIII ZR 276/96, BGHZ 138, 118 = NJW 1998, 1640; § 18 Abs. 2 NAV differenziert jetzt hinsichtlich der Haftungsbeschränkung nicht mehr zwischen Tarifkunden und Sonderabnehmern.

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nungsklauseln in den ADSp295 hat der BGH inzwischen aufgegeben296. Ausnahmen297 beruhen zum einen darauf, dass der BGH der Branchen- und Handelsüblichkeit einer Haftungsfreizeichnung eine zwar keineswegs allein entscheidende298, aber doch in die Abwägung einzubeziehende Bedeutung beimisst299. Zum anderen spielt im Rahmen des § 307 Abs. 2 Nr. 2 die Möglichkeit einer Schadensverhütung eine wesentliche Rolle (Rz. 34); insoweit verfügen unternehmerische Kunden häufig über bessere Mittel zur Gefahrenabwehr. Auch der Aspekt bestehenden Versicherungsschutzes hat im unternehmerischen Geschäftsverkehr eine erhöhte Bedeutung300. Bei ständigen Geschäftsbeziehungen können nämlich beide Vertragsseiten ein Interesse daran haben, dass – wenn dies im Preis Berücksichtigung findet – derjenige Vertragspartner mit einem Schadensrisiko belastet wird, der es am kostengünstigsten versichern kann301. Eine Risikozuweisung an den Kunden kommt insbesondere in Betracht, wenn die Werte der gefährdeten Güter oder deren Schadensanfälligkeit bei den einzelnen Kunden stark voneinander abweichen, so dass der Verwender, um alle denkbaren Risiken abzusichern, eine unnötig kostspielige Versicherung abschließen müsste. Bezüglich der Haftung für das Verschulden eingeschalteter Hilfspersonen ist die frühere, nach der Art der Hilfspersonen und Verschuldensgraden differenzierende Rechtsprechung302 überholt. Der BGH wendet jetzt – bezogen auf vollständige Haftungsausschlüsse – § 309 Nr. 7 in vollem Umfang auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr an, so dass die Haftung für grobes Verschulden von Hilfspersonen – einschließlich einfacher Erfüllungsgehilfen – auch zwischen Kaufleuten nicht wirksam ausgeschlossen werden kann303. Da bei einer Verlet295 BGH NJW 1982, 1820 = VersR 1982, 486; BGH v. 10.10.1985 – I ZR 124/83, BGHZ 96, 136 = NJW 1986, 1434; NJW-RR 1988, 1437 (1438) = WM 1988, 823; NJW-RR 1997, 1817 = VersR 1997, 1121. 296 BGH v. 15.9.2005 – I ZR 58/03, TranspR 2006, 42 = NJW-RR 2006, 267 (zu den ADSp 1998); im Hinblick auf die ADSp 2003 äußert Heuer TranspR 2004, 114 Zweifel an der Wirksamkeit der dort für Speditionsverträge festgelegten Haftungsgrenzen, da nach dem Wegfall der Speditionsversicherung kein Ausgleich für die beschränkte Haftung mehr gegeben sei. 297 Zu den Begründungen der einzelnen Entscheidungen vgl. näher Rz. 33. 298 Vgl. BGH v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 (267) = NJW 1989, 582; BGH v. 5.3.1991 – XI ZR 75/90, BGHZ 114, 9 = NJW 1991, 1677; BGH v. 25.6.1991 – XI ZR 257/90, BGHZ 115, 38 (46) = NJW 1991, 2414; Paulusch DZWiR 1992, 182 (188). 299 Vgl. auch OLG Hamburg VersR 1985, 57 zu den Hamburger Hafenschifffahrtsbedingungen, unter Hinweis darauf, dass die Verladerschaft die ihr bekannten Risiken durch Transportversicherungen absichert. 300 Einschränkend allerdings BGH NJW-RR 1998, 1426 = VersR 1998, 1049; vgl. auch Schmidt-Salzer Produkthaftung Rz. 3.390 sowie Paulusch DZWiR 1992, 182 (189) mit der zutreffenden Bemerkung, normalerweise könne es nicht Sache des Gläubigers sein, gegen schuldhafte Vertragsverletzungen der anderen Seite Vorsorge zu treffen. 301 MünchKomm/Wurmnest Rz. 34. 302 Vgl. BGH NJW 1978, 997 (999); WM 1989, 855 = NJW-RR 1989, 953 (Werftwerkvertrag II) – keine Freizeichnungmöglichkeit für grobes Verschulden leitender Angestellter; BGH NJW 1974, 900 – keine Freizeichnung für grobes Organisationsverschulden; BGH v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 = NJW 1988, 1785 unter 7 – differenzierende Beurteilung von Freizeichnungen einfacher Erfüllungsgehilfen bei grober Fahrlässigkeit. 303 BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 Rz. 15 = NJW 2007, 3774; so auch bereits die seinerzeit allerdings ungewöhnliche Entscheidung BGH ZIP 1985, 687 (689) = BB 1985, 2008; dazu Paulusch DZWiR 1992, 182 (190): „eher unabsichtlich aus der Feder gerutscht“; die ältere Literatur sprach sich durchgängig gegen ein Freizeichnungsverbot bei grober Fahrlässigkeit einfacher Erfüllungsgehilfen aus, vgl. Bunte Handbuch

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zung vertragswesentlicher Pflichten (Kardinalpflichten) weitergehend sämtliche Verschuldensgrade freizeichnungsfest sind304, kommt auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr ein Haftungsausschluss für Hilfspersonen nur noch bei leicht fahrlässiger Verletzung nicht vertragswesentlicher Pflichten – d.h. in praktisch kaum relevanten Ausnahmefällen – in Betracht.

2. Haftungsbegrenzung 46

Auf Grund der Indizwirkung des § 309 Nr. 7 für den unternehmerischen Rechtsverkehr darf bei Körperschäden auch keine Haftungsbegrenzung erfolgen305. Hierfür spricht insbesondere, dass bei körperlichen Verletzungen eine finanzielle Kompensation oft nur unzureichend möglich ist und die Zielsetzung der Vertragspartner auch im kaufmännischen Bereich daher – bei voller Aufrechterhaltung der gesetzlichen Haftung – auf die Vermeidung entsprechender Schäden gerichtet sein muss. Die Frage, ob dies auch für die Fälle des § 309 Nr. 7b – d.h. bei grobem Verschulden – gilt, hat der BGH bislang offen gelassen306, dies auch bezogen auf Pflichtverletzungen durch den Verwender selbst und seine leitenden Angestellten307. Zwar lassen die bei grobem Verschulden vorliegenden gravierenden Vorwürfe auch im unternehmerischen Rechtsverkehr eine substantielle Reduzierung der Haftung als unangemessen erscheinen. Im Fall einer Haftungsbegrenzung, die die Kompensation der vertragstypischen vorhersehbaren Schäden sicherstellt, wird man aber nicht davon ausgehen können, dass die verbleibenden Risiken den Vertragspartner unangemessen belasten. Entsprechende Freizeichnungsklauseln dürften daher wirksam sein308. Bei einfacher Fahrlässigkeit kommt, sofern die Freizeichnung vertragswesentliche Pflichten einschließen soll, ebenso wie in Verträgen mit Verbrauchern (Rz. 39) nur eine Haftungsbegrenzung auf den vertragstypischen vorhersehbaren Schaden in Betracht309. Eine derartige Regelung ist grundsätzlich geeignet, die Versicherbarkeit des Risikos auf der Seite des Verwenders zu verbessern und die auf die spezielle Situati-

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S. 133; Helm BB 1977, 1190 und VersR 1978, 2 f.; Schmidt-Salzer AGB 1977 F. 201, vgl. auch Produkthaftung Rz. 3.202 ff. Anders Wolf/Dammann Rz. 163 unter Bezugnahme auf die ältere BGH-Rechtsprechung. BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 Rz. 14 = NJW 2007, 3774. BGH v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 Rz. 15 = NJW 2007, 3774; vgl. auch BGH TranspR 2006, 42 und NJW-RR 2006, 267 (Unwirksamkeit einer Haftungsbegrenzung bei grobem Verschulden von Erfüllungsgehilfen (nur?) bei gleichzeitigem Verstoß der Klausel gegen die Rechtsprechung zur Haftungsbegrenzung bei Kardinalpflichtverletzungen). A.A. AnwKommAGB/Bornhofen Rz. 33; die dort genannten BGH-Entscheidungen BGH v. 21.1.1999-III RZ 289/97, NJW 1999, 1031; BGH v. 4.6.1987 – I ZR 159/86, NJWRR 1987, 1252; BGH v. 2.12.1977, I ZR 29/76, NJW 1978, 1918 betrafen allerdings „starke“ Haftungsbeschränkungen, die den Ersatz des vertragstypischen vorhersehbaren Schadens nicht sicherstellten. So auch § 307 Rz. 286 (Fuchs); Wolf/Dammann Rz. 164; von Westphalen/Thüsing Vertragsrecht (Freizeichnungs- und Haftungsbegrenzungsklauseln) Rz. 34, 39; AnwKommAGB/Bornhofen Rz. 35; a.A. Koch WM 2002, 2173 (2178). An der in der 11. Aufl. vertretenen abweichenden Auffassung wird nicht festgehalten. Vgl. LG Kiel v. 17.3.2011 – 9 O 116/10 (40 % der vom Kunden getätigten und bei Pflichtverletzungen gefährdeten Investition genügen jedenfalls nicht); OLG Celle v. 17.1.2013 – 16 U 94/11, BauR 2014, 134 (unzureichende summenmäßige Beschränkung beim Architektenvertrag.

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on einzelner Kunden zurückzuführenden Exzessrisiken sachgerecht diesen zuzuweisen. Sie ähnelt zudem der im Anwendungsbereich des Einheitlichen UNKaufrechts (CISG) gemäß Art. 74 CISG bestehenden Begrenzung des Schadensersatzes auf den vorhersehbaren Schaden. Soweit versucht wird, dem inzwischen in vielen Regelwerken anzutreffenden Begriff der Vorhersehbarkeit einschränkende Interpretationen beizufügen310, führt dies im Regelfall zur Unwirksamkeit der Freizeichnung. Eine summenmäßige Haftungsbegrenzung kommt im unternehmerischen Geschäftsverkehr eher in Betracht als gegenüber Verbrauchern311, dies insbesondere dann, wenn der Verwender den Kunden auf das für ihn verbleibende Schadensrisiko hinweist und ihm den Abschluss einer Versicherung empfiehlt312. Im Bereich des Transportrechts stellt zunächst § 449 Abs. 2 HGB eine Sonderregelung dar313; weiterhin akzeptiert der BGH bei Transportverträgen summenmäßige Haftungsbeschränkungen bei einfacher Fahrlässigkeit und Verletzung von Kardinalpflichten, wenn dem Kunden die Möglichkeit zur Veränderung der Beschränkungen im Rahmen einer Wertdeklaration eingeräumt wird314. Demgegenüber scheitert eine Haftungsbeschränkung „auf den Umfang der Betriebshaftpflichtversicherung“ schon daran, dass der Kunde nicht erfährt, welcher Schaden wie hoch abgedeckt wird; es ist unzumutbar, dass sich der Kunde durch die Versicherungspolice des Verwenders liest315. Die Haftung des Verwenders kann auch nicht wirksam in der Weise geregelt werden, dass sie ohne Rücksicht auf den Verschuldensgrad mit einem Pauschalbetrag abgegolten wird316. Im Übrigen gelten die oben (Rz. 39) genannten Kriterien entsprechend.

3. Klauselfassung im unternehmerischen Verkehr Auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern verlangt der BGH, dass Freizeichnungsklauseln die wesentlichen Haftungskriterien differenzierend klarstellen317. Insoweit gelten die oben Rz. 39 entwickelten Grundsätze.

310 Aus einem Klauselwerk: „Ein Schaden, der den Sachschaden an einem bearbeiteten Gegenstand übersteigt, gilt als nicht vorhersehbar.“ 311 Vgl. etwa OLG Köln v. 15.11.2012 – 19 U 124/12, CuR 2013, 153 (Haftungsbeschränkung auf 15.000 euro pro Schadensfall bei Massengeschäften eines Telekommunikationsanbieters). 312 BGH v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (133); BGH v. 4.7.2013 – VII ZR 249/12, BGHZ 198, 23 = NJW 2013, 2502 Rz. 26. 313 Vgl. dazu OLG Düsseldorf v. 29.2.2012 – 18 U 68/11 Rz. 100. 314 BGH v. 19.2.1998 – I ZR 233/95, NJW-RR 1998, 1426 Rz. 23; BGH v. 17.10.2013 – I ZR 226/12, TranspR 2014, 200 Rz. 12. 315 A.A. und allgemein für stärkere Ersetzung der Haftung durch Versicherungsschutz Fuchs BB 1992, 1217 (1222 ff.); siehe im Übrigen Schmidt-Salzer Produkthaftung Rz. 3.402 ff. 316 So zutr. OLG Düsseldorf VersR 1991, 240 betr. AGB eines Paketbeförderungsunternehmens. 317 Vgl. z.B. (jeweils zum kaufmännischen Geschäftsverkehr) BGH NJW 1985, 623 unter I 2 e und NJW 1985, 2258 unter I 4 b. Aus späterer Zeit BGH NJW 1991, 2630 unter 5: „Der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen ist – auch im kaufmännischen Verkehr – jedenfalls deswegen unwirksam, weil die Klausel mangels jeglicher Einschränkung auch die Haftung der Klägerin bei Verletzung von Vertragspflichten durch leitende Angestellte sowie bei schuldhaftem Verstoß eines Erfüllungsgehilfen gegen wesentliche Pflichten (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG) umfasst.“ Noch deutlicher BGH NJWRR 1998, 1426 = MDR 1998, 1403 (Bremer Lagerhaus) unter II 2 c.

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4. Freizeichnung von der Haftung nach dem UN-Kaufrecht 48

Gesetzlicher Maßstab für die Inhaltskontrolle von Freizeichnungsklauseln gemäß § 307 können im internationalen unternehmerischen Verkehr statt der Normen des BGB die Bestimmungen des Einheitlichen UN-Kaufrechts (CISG) sein, wenn nämlich die Anwendung dieses Gesetzes nicht nach Art. 6 CISG ausgeschlossen ist und die in Vertragsstaaten residierenden Kaufvertragsparteien deutsches Recht vereinbart haben318. Denkbar ist auch, dass AGB von Verkäufern, die häufig mit Parteien aus Vertragsstaaten Kaufverträge schließen, gezielt Bestimmungen des CISG abzuändern versuchen. Sofern auf solche Kaufverträge die §§ 307 ff. BGB anzuwenden sind, wird die Frage nach einer i.S.d. § 307 gegen Treu und Glauben verstoßenden unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners grundsätzlich nicht anders zu beurteilen sein als bei inländischen Kaufverträgen. Bei der Ausübung der Inhaltskontrolle ist zwar vom Haftungssystem des CISG auszugehen319. Aber auch diesem Recht ist der Leitgedanke zu entnehmen, dass der Anspruch auf Schadensersatz (Art. 45 Abs. 1b CISG) sich jedenfalls in Fällen grober Schuld nicht ausschließen lässt320, während bei leichter Fahrlässigkeit das Aushöhlungsverbot des § 307 Abs. 2 Nr. 2 gilt321. Wird eine vertragswesentliche Pflicht leicht fahrlässig verletzt und die Erreichung des Vertragszwecks dadurch gefährdet, so ist der Schadensersatzanspruch formularmäßig in den in Rz. 40 dargestellten Grenzen einschränkbar. Hinsichtlich des Haftungsumfangs stellt Art. 74 CISG322 ohnehin auf die Vorhersehbarkeit des Schadens ab, so dass die vom BGH für Verträge zugelassene Einschränkung der Haftung auf den „vertragstypischen vorhersehbaren Schaden“ weitgehend der Haftungsverteilung nach dem UN-Kaufrecht entspricht; dies führt jedoch nicht zur Zulässigkeit einer weiter gehenden formularmäßigen Haftungsbeschränkung bei Verträgen, die dem CISG unterliegen323. Dagegen wird die verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung des Art. 45 Abs. 1b CISG in den Fällen, denen keine Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht i.S.d. Art. 25 CISG zugrunde liegt, ohne Verstoß gegen § 307 ausschließbar sein, sofern dem Käufer andere Rechtsbehelfe verbleiben324.

318 Dazu Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 CISG Rz. 36. 319 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 CISG Rz. 37; Herber/Czerwenka Internationales Kaufrecht, 1991, Art. 79 Rz. 25. 320 OLG Zweibrücken v. 31.3.1998 – 8 U 46/97; insoweit bestätigt durch BGHZ 141, 129 = NJW 1999, 2440; Staudinger/Magnus Art. 45 CISG Rz. 46. 321 A.A. (Freizeichnungsverbot nur bei grober Fahrlässigkeit) Achilles Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG), 2000, Art. 45 Rz. 11. 322 BGBl. 1989 II 588: „Dieser Schadenersatz darf jedoch den Verlust nicht übersteigen, den die vertragsbrüchige Partei bei Vertragsabschluss als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat oder unter Berücksichtigung der Umstände, die sie kannte oder kennen musste, hätte voraussehen müssen“. 323 So auch Staudinger/Magnus Art. 45 CISG Rz. 47. 324 So auch Achilles Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen (CISG), 2000, Art. 45 Rz. 11.

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Sonstige Haftungsausschlsse bei Pflichtverletzung

§ 309 Nr. 8 BGB

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit Nr. 8 Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam 8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung) a) (Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen) eine Bestimmung, die bei einer vom Verwender zu vertretenden, nicht in einem Mangel der Kaufsache oder des Werkes bestehenden Pflichtverletzung das Recht des anderen Vertragsteils, sich vom Vertrag zu lösen, ausschließt oder einschränkt; dies gilt nicht für die in der Nummer 7 bezeichneten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften unter den dort genannten Voraussetzungen; b) (Mängel) eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen aa) (Ausschluss und Verweisung auf Dritte) die Ansprüche gegen den Verwender wegen eines Mangels insgesamt oder bezüglich einzelner Teile ausgeschlossen, auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränkt oder von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme Dritter abhängig gemacht werden; bb) (Beschränkung auf Nacherfüllung) die Ansprüche gegen den Verwender insgesamt oder bezüglich einzelner Teile auf ein Recht auf Nacherfüllung beschränkt werden, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten; cc) (Aufwendungen bei Nacherfüllung) die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen; dd) (Vorenthalten der Nacherfüllung) der Verwender die Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung des vollständigen Entgelts oder eines unter Berücksichtigung des Mangels unverhältnismäßig hohen Teils des Entgelts abhängig macht; ee) (Ausschlussfrist für Mängelanzeige) der Verwender dem anderen Vertragsteil für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel eine Ausschlussfrist setzt, die kürzer ist als die nach dem Doppelbuchstaben ff zulässige Frist; ff) (Erleichterung der Verjährung) die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird;

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I. Überblick 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

1

2. EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . .

3

II. Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen (§ 309 Nr. 8a) 1. Einleitung a) Inhalt und Normzweck . . . . . . b) Entstehungsgeschichte . . . . . .

4 5

2. Inhalt der Vorschrift a) Pflichtverletzung des Verwenders aa) Erfasste Fallgruppen . . . . . 6 bb) Pflichtbeschränkende Klauseln . . . . . . . . . . . . . 8 b) Vertretenmüssen . . . . . . . . . . 9 c) Ausschluss oder Einschränkung des Lösungsrechts aa) Betroffene Rechte . . . . . . . 11 bb) Verbotene Einschränkungen 12 d) Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften . . . . . . . . . . 14 3. Klauselfassung . . . . . . . . . . . . .

15

4. Verträge mit Unternehmern . . . .

16

III. Mängel (§ 309 Nr. 8b) 1. Allgemeines a) Normzweck und Inhalt . . . . . . b) Auswirkungen der Schuldrechtsreform . . . . . . . . . . . . . c) Generelle Voraussetzungen aa) Lieferung neu hergestellter Sachen . . . . . . . . . . . . . . bb) Werkleistungen . . . . . . . . d) Abgrenzung aa) Beschaffenheitsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . bb) Schadensersatzansprüche/ Rücktritt/Beschaffenheitsgarantien/Sonstige Einschränkungen . . . . . . . cc) Gebrauchte Sachen/Anwendung gegenüber Unternehmern/Einkaufsbedingungen dd) Insolvenzverwalter als Verwender . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss und Verweisung auf Dritte (§ 309 Nr. 8b aa) a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt der Vorschrift aa) Verbot des vollständigen Gewährleistungsausschlusses bb) Keine Gewährleistung durch bloße Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte . . . .

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17 18 21 27 29

30 31 32

33 35 38

cc) Eingeschränktes Verbot der nur subsidiären Eigenhaftung . . . . . . . . c) Gewährleistung und Haltbarkeitsgarantie . . . . . d) Beweislast . . . . . . . . . . . . e) Verträge mit Unternehmern

..

40

.. .. ..

44 45 46

3. Beschränkung auf Nacherfüllung (§ 309 Nr. 8b bb) a) Normzweck und Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt der Vorschrift aa) Beschränkung der Gewährleistung auf Nacherfüllung bb) Ausdrücklicher Vorbehalt der Minderung oder des Rücktritts . . . . . . . . . . . . cc) Fehlschlagen der Nacherfüllung . . . . . . . . . c) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . d) Verträge mit Unternehmern . . 4. Aufwendungen bei Nacherfüllung (§ 309 Nr. 8b cc) a) Inhalt und Normzweck . . . . . b) Inhalt der Vorschrift aa) Nacherfüllung . . . . . . . . . bb) Zum Zwecke der Nacherfüllung erforderliche Aufwendungen . . . . . . . . cc) Ausschluss oder Beschränkung der Verpflichtung, die Aufwendungen zu tragen dd) Unverhältnismäßig hohe Kosten . . . . . . . . . . . . . . c) Verträge mit Unternehmern . . 5. Vorenthalten der Nacherfüllung (§ 309 Nr. 8b dd) a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt der Vorschrift . . . . . . . c) Unwirksamkeit . . . . . . . . . d) Verträge mit Unternehmern .

. . . .

6. Ausschlussfrist für Mängelanzeige (§ 309 Nr. 8b ee) a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt der Vorschrift aa) Mängelanzeige und Ausschlussfrist . . . . . . . . bb) Zulassung der Ausschlussfrist bei offensichtlichen Mängeln . . . . . . . . . . . . . cc) Weitgehende Einschränkung der Ausschlussfrist bei anderen Mängeln . . . . . . . c) Unwirksamkeit, Beweislast . . d) Verträge mit Unternehmern . .

48 52 55 59 69 70

71 73 74 76 77 79

81 83 86 87

88 90 92 94 95 97

§ 309 Nr. 8 BGB

Sonstige Haftungsausschlsse bei Pflichtverletzung 7. Erleichterung der Verjährung (§ 309 Nr. 8b ff) a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Inhalt der Vorschrift aa) Ansprüche wegen eines Mangels . . . . . . . . . . . . . 100

bb) Unzulässige Verjährungserleichterungen . . . . . . . . c) Klauselfassung . . . . . . . . . . . d) Verträge mit Unternehmern . .

101 105 106

Stichwortverzeichnis Abkürzung der Verjährungsfristen Ablehnungsandrohung . . . . . . . . Abtretung von Gewährleistungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . Altbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antiquitäten . . . . . . . . . . . . . . Aufwendungen bei Nacherfüllung Ausschluss der Gewährleistung . . Ausschlussfrist für Mängelanzeige Ausverkaufsware . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

Bauleistungen . . . . . . . . . . . . Bauträgervertrag . . . . . . . . . . Bauwerk . . . . . . . . . . . . . . . Beförderungsbedingungen . . . . Beschaffenheitsgarantie . . . . . Beschaffenheitsvereinbarungen Beweislast . . . . . . . . . . . . . .

. . . 56 . . 40, 56 . . . 56 . . . 14 . . . 30 . . . 29 45, 69, 96

. . . . . . .

. . . . . .

. . 98 ff. . . . 55 . . . . . . .

38 ff. 24 24 71 35 88 ff. . 25

. . . .

Computerprogramme . . . . . . . . . . . . EG-Richtlinie 93/13/EWG . . . . . Eigentumswohnung . . . . . . . . . . Einkaufsbedingungen . . . . . . . . . Einschränkung des Lösungsrechts Elektrogeräte . . . . . . . . . . . . . . Erkannte Mängel . . . . . . . . . . . . Ersatzlieferung . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . .

21 3 24 31 12 63 92 60 ff.

Fälschungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Fehlschlagen der Nacherfüllung . . . . 59 ff. Fristsetzung für Nacherfüllung . . . . 53, 67 Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . Gattungskauf . . . . . . . . . . . . . Gebrauchsüberlassungsverträge . Gebrauchte Sachen . . . . . . . . . Gemeinschaftseigentum . . . . . .

30, 44, 52 . . . . 64 . . . . 28 . . . 23, 31 . . . . 25

Haltbarkeitsgarantie . . . . Häuser . . . . . . . . . . . . . Hemmung der Verjährung . Herstellergarantie . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. 44 . 24 . 103 . 73

Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . .

32

Kenntnis vom Mangel . . . . . . . . . . . Kosten der Nacherfüllung . . . . . . . . .

92 71

Kraftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . 25, 63 Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 11 Leasing . . . . . . . . Leistungen . . . . . Lieferantenregress Lieferung . . . . . . Lösungsrechte . . .

. . . . .

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. . . 22, 28 .... 27 46, 79, 106 .... 22 .... 11

Mangel der Kaufsache oder des Werks 7 Mängelanzeige . . . . . . . . . . . . . . . . 88 ff. Mängeleinrede . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Miet- und Pachtverträge . . . . . . . . . 22 Minderungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 37 Misslingen der Nacherfüllung . . . . . 60 Nacherfüllungsanspruch . Nacherfüllungskosten . . . Nachfristsetzung . . . . . . Neubeginn der Verjährung Neuheit . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

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37, 48 ff. .. 71 .. 12 . . 103 .. 25

Offensichtliche Mängel . . . . . . . . . . 92 f. Pflanzen . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichtbeschränkende Klauseln . Pflichtverletzung . . . . . . . . . . Positive Vertragsverletzung . . .

. . . .

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. . . .

. . . .

24 8 2, 6 6

Rücktrittsrecht . . . . . . . . . . . . . 4 ff., 37 Rügefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 ff. Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Schadensersatzansprüche . . . . 30, 37, 102 Schlussverkaufsware . . . . . . . . . . . . 25 Schuldrechtsmodernisierungsgesetz . . . . . . . . . . . . . 2, 18, 51, 89, 98 Selbstvornahmerecht . . . . . . . . . 54 f., 73 Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Sonderangebote . . . . . . . . . . . . . . 25, 29 Subsidiäre Eigenhaftung . . . . . . . . . 40 ff. Tarifvorschriften . . . . . . . . . Teilunmöglichkeit, Teilverzug Tiere . . . . . . . . . . . . . . . . . Transportkosten . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

14 6 24 74

Umtausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UN-Kaufrecht . . . . . . . . . . . . . . . .

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Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

Unmöglichkeit der Nacherfüllung . . . 64 Unternehmerischer Geschäftsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . 16, 31, 97 Untersuchungspflicht . . . . . . . . . . . 97 Unverhältnismäßig hohe Kosten der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . . . . 77 f. Unzumutbarkeit der Nacherfüllung . . 68 Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie . Verjährungsfrist . . . . . . . . . . . Verschuldensunabhängiges Rücktrittsrecht . . . . . . . . . . Versteckte Mängel . . . . . . . . . .

Vertretenmüssen . . . . . . . . . . . . . Viehkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorenthalten der Nacherfüllung . . . Vorherige Inanspruchnahme Dritter Vorleistungspflichten . . . . . . . . . .

. 9 f. . 106 . 81 ff. 40 81, 83

. . . . 18 . . . 98 ff.

Wahlrecht zwischen Minderung und Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . Werkleistungen . . . . . . . . . . . . . . . Widerrufsrechte . . . . . . . . . . . . . . .

.... ....

Zahl der Nachbesserungsversuche . . . 61 f. Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . . . 41, 86

10 94

55 27 11

I. Überblick 1. Allgemeines 1 In § 309 Nr. 8 wurden wesentliche Teile des § 11 Nr. 8–10 AGBG zusammengefasst. § 309 Nr. 8a übernimmt das zuvor in § 11 Nr. 8a AGBG enthaltene Verbot einer Beschränkung des Vertragslösungsrechts des Kunden bei Pflichtverletzungen des Verwenders. Mitgeregelt wurde dabei der Anwendungsbereich des § 11 Nr. 9 AGBG, soweit dieser Rücktrittsrechte des Kunden betrifft, da auch die teilweise Nichtleistung eine Pflichtverletzung i.S.d. § 309 Nr. 8a darstellt (näher Rz. 6). Die zuvor in §§ 11 Nr. 8b, Nr. 9 und Nr. 11 AGBG enthaltenen Regelungen über Schadensersatzansprüche wurden ersatzlos gestrichen. Eine Verringerung des Schutzumfangs geht damit jedoch wegen der fortbestehenden Kontrollmöglichkeiten gemäß §§ 309 Nr. 7 und 307 nicht einher (vgl. dazu § 309 Nr. 7 Rz. 32 ff.). § 11 Nr. 10 AGBG hat seinen jetzigen Standort in § 309 Nr. 8b gefunden. Diese früher zu den wichtigsten Vorschriften der Inhaltskontrolle gehörende Regelung hat jedoch erheblich an Bedeutung verloren. ihr Hauptanwendungsbereich – Kauf- und Werklieferungsverträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern – wurde nämlich durch die nicht dispositiven Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (§§ 475, 651 Satz 1) einer vertraglichen Gestaltung weitgehend entzogen (näher Rz. 18). In § 309 Nr. 8a wurde ferner die vorher in § 23 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 geregelte Ausnahme für bestimmte Beförderungsund Tarifbedingungen integriert. 2 Die in § 309 Nr. 8 zusammengeführten Vorschriften knüpfen jeweils an eine Pflichtverletzung des Verwenders an und beziehen sich damit auf den zentralen Begriff des neuen Leistungsstörungsrechts. Auch die Gewährleistungsregeln in § 309 Nr. 8b betreffen Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen des Verwenders, da durch das SMG eine Pflicht zur sachmängelfreien Lieferung beim Spezieskauf eingeführt wurde (§ 433 Abs. 1 Satz 2). Systematische Bedenken gegen die Verknüpfung der § 11 Nr. 8a, (Nr. 9) und Nr. 10 AGBG in einer Vorschrift bestehen deshalb nicht. Auf Grund der Einordnung des Sachmangels als Pflichtverletzung würde § 309 Nr. 8a bei Verzicht auf eine weitere Einschränkung jetzt auch den Rücktritt bei Sachmängeln (früher: Wandelung) umfassen. Der Gesetzgeber hat insoweit jedoch § 309 Nr. 8b als die speziellere und hinsichtlich ihrer Wertungen zutreffendere Bestimmung angesehen; insbesondere sollte die in § 11 Nr. 10 AGBG vorhandene Beschränkung des Schutzumfangs auf Lieferungen neuer Sa-

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Sonstige Haftungsausschlsse bei Pflichtverletzung

§ 309 Nr. 8 BGB

chen erhalten bleiben. Deshalb wurden „in einem Mangel der Kaufsache oder des Werks“ bestehende Pflichtverletzungen vom Anwendungsbereich des § 309 Nr. 8a ausgenommen1. Misslungen ist die gemeinsame Überschrift „Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung“, da § 309 Nr. 8 nicht nur Schadensersatzansprüche, sondern insbesondere auch Nacherfüllungs- und Lösungsrechte betrifft2. Besser sollte man von „sonstigen Rechten des Kunden bei Pflichtverletzungen des Verwenders“ reden. Um sonstige Rechte handelt es sich deshalb, weil sich auch § 309 Nr. 7 mit bestimmten Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen des Verwenders – nämlich Schadensersatzansprüchen – befasst. Allerdings enthalten auch beide Vorschriften zusammengenommen keine vollständige Regelung dieses Themenbereiches, sondern betreffen einzelne Tatbestände, die der Gesetzgeber als Fälle eindeutig unzulässiger Vertragsgestaltung („ohne Wertungsmöglichkeit“) definiert hat. Ergänzend ist stets die Generalklausel in § 307 heranzuziehen, so etwa zur Beurteilung von Freizeichnungsklauseln bei leichter Fahrlässigkeit (§ 309 Nr. 7 Rz. 32 ff.) oder von Klauseln, die das Wahlrecht des Käufers nach § 439 Abs. 1 beschränken (nachstehend Rz. 34). Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich § 309 Nr. 7 und 8 primär mit den Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen beschäftigt. Zusätzliche Kontrollmaßstäbe, die sich in erster Linie mit den Voraussetzungen der Pflichten des Verwenders befassen, werden in § 308 Nr. 1–2 zur Verfügung gestellt (zur näheren Abgrenzung vgl. Rz. 8).

2. EG-Richtlinie 93/13/EWG Das Klauselverbot aus dem Anhang 1b RL 93/13/EWG untersagt im Fall einer 3 vollständigen bzw. teilweisen Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung der Verwenderpflichten den Ausschluss oder eine ungebührliche Einschränkung der Ansprüche des Verbrauchers. Der Begriff der „Ansprüche“ ist untechnisch zu verstehen, wie sich u.a. daraus ergibt, dass in der englischen bzw. französischen Fassung allgemein von „rights“ bzw. „droit“ die Rede ist3; geschützt sind sämtliche Rechte, die die nationalen Rechtsordnungen dem Verbraucher bei vertraglichen Pflichtverletzungen des Verwenders zur Verfügung stellen4. Die Richtlinie betrifft in Deutschland mithin auch das Rücktritts- und das Minderungsrecht. § 309 Nr. 8a und b setzt – in Kombination mit den § 309 Nr. 3 und 7 – den Schutzzweck des Anhang 1b RL 93/13/EWG für das deutsche Recht um. Dabei wird die Regelung einerseits erheblich präzisiert, andererseits auf die in den deutschen AGB-Vorschriften genannten Spezialfälle beschränkt. Für den Bereich des § 309 Nr. 8 kann davon ausgegangen werden, dass die in der Vorschrift enthaltenen Vorgaben in angemessener Weise konkretisieren, welche Einschränkungen der deutschen Verbraucherrechte bei Vertragsverletzungen des Verwenders als „ungebührlich“ i.S.d. Richtlinie anzusehen sind. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 309 Nr. 8 ist auch insoweit entbehrlich, als § 309 Nr. 8 im Verhält-

1 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats zum SMG-Entwurf BT-Drucks. 14/6857 S. 53; zur Frage, ob damit dem Anliegen des Bundesrates (BTDrucks. 14/6857 S. 16) genügt worden ist, die Möglichkeit des vollständigen Gewährleistungsausschlusses bei Verkäufen gebrauchter Sachen unter Privatleuten zu erhalten, vgl. Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 8. 2 Palandt/Grüneberg Rz. 58. 3 Wolf/Pfeiffer RL Anh. Rz. 9. 4 Wolf/Pfeiffer RL Anh. Rz. 9.

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Klauselverbote ohne Wertungsmçglichkeit

nis zur Richtlinie einschränkende Tatbestandsmerkmale enthält, da die deutsche Regelung insoweit nicht abschließend ist; ergänzend kann auf § 307 zurückgegriffen werden. Dies betrifft insbesondere die Begrenzung des Schutzes des Rücktrittsrechts des Kunden durch § 309 Nr. 8a auf zu vertretende Pflichtverletzungen, während die Richtlinie kein Verschuldenserfordernis enthält (dazu Rz. 10), und die Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 309 Nr. 8b auf neu hergestellte Sachen (zur Inhaltskontrolle beim Verkauf gebrauchter Sachen vgl. Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 6). Ob die Richtlinie nur sämtliche Verbraucherrechte zusammengenommen5 oder auch jedes Recht einzeln vor einem vollständigen Ausschluss schützt, ist ebenso wie im Falle des § 309 Nr. 8b aa (dazu Rz. 37) zweifelhaft. Angesichts der insoweit gleich lautenden Formulierung der Vorschriften („die Ansprüche … ausgeschlossen“) wird man sie allerdings auch in gleicher Weise auszulegen haben, so dass sich aus dem EU-Recht keine zusätzlichen Vorgaben für das deutsche Recht ergeben. Gemäß Anhang Nr. 1m RL 93/13/EWG sind Klauseln als missbräuchlich anzusehen, durch die sich der Verwender das Recht vorbehält, zu bestimmen, ob eine gelieferte Ware oder erbrachte Dienstleistung vertragsgerecht ist. Eine spezielle Umsetzungsregelung hierzu enthält das deutsche Recht nicht, jedoch würde eine entsprechende Klausel ohne weiteres gegen § 309 Nr. 7, 8 und § 307 verstoßen.

II. Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen (§ 309 Nr. 8a) 1. Einleitung a) Inhalt und Normzweck 4 § 309 Nr. 8a verbietet den Ausschluss oder die Einschränkung des Rechts des Kunden, sich bei zu vertretenden Pflichtverletzungen des Verwenders vom Vertrag zu lösen. Die Vorschrift beruht auf der Überlegung, dass der Kunde nicht an einen Vertrag mit einem pflichtwidrig handelnden, tendenziell unzuverlässigen Partner gebunden werden soll6. Sie betrifft vor allem gegenseitige Verträge, ist hierauf jedoch nach Wortlaut und Zweck nicht beschränkt (näher unten Rz. 11). Ausgenommen sind Pflichtverletzungen durch mangelhafte Leistungen bei Kauf- und Werkverträgen sowie bei Beförderungsverträgen des Linienverkehrs. Die Vorschrift zielt in erster Linie darauf ab, dem Kunden die Rücktrittsrechte gemäß §§ 323 Abs. 1, 324 und 326 Abs. 5 bei einer zu vertretenden Pflichtverletzung des Verwenders ohne Beeinträchtigung durch AGB zu erhalten. Hierin liegt im Verhältnis zur früheren Rechtslage eine gewisse Verschärfung des Klauselverbots, da in den genannten Vorschriften auf eine Ablehnungsandrohung i.S.d. §§ 325, 326 a.F. verzichtet wird. Die durch den Verzicht des SMG auf das Erfordernis des Vertretenmüssens hervorgerufene weitere Erleichterung des Rücktritts ist im Rahmen des Klauselverbots des § 309 Nr. 8a nicht nachvollzogen worden; in der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es dazu, man habe den alten Regelungsgehalt des Klauselverbots möglichst bewahren wollen7. Daneben erfasst die Norm auch sonstige Lösungsrechte des Klauselgegners, soweit diese

5 So Wolf/Pfeiffer RL Anh. Rz.12. 6 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 11. 7 BT-Drucks. 14/6040 S. 157.

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an eine zu vertretende Pflichtverletzung des Verwenders anknüpfen, z.B. das Recht zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen. b) Entstehungsgeschichte § 11 Nr. 8 AGBG8 bezog sich auf die im BGB (a.F.) geregelten Leistungsstörungs- 5 rechte Unmöglichkeit und Verzug, im Vergleich zu dem jetzigen Begriff der Pflichtverletzung mithin auf eingeschränkte tatbestandliche Voraussetzungen. Im Zuge der Schuldrechtsreform war es erforderlich, die Begriffe Unmöglichkeit und Verzug auch in § 309 Nr. 8a zu ersetzen. Dies wurde dadurch erleichtert, dass bereits unter Geltung des AGBG die analoge Anwendung des § 11 Nr. 8 AGBG auf die positive Forderungsverletzung weithin befürwortet worden war9. Im Hinblick auf die Rechtsfolgen der geregelten Vertragsverletzungen enthielt § 11 Nr. 8b AGBG eine Bestimmung, die den Ausschluss von Schadensersatzansprüchen des Kunden verbot. Eine entsprechende Nachfolgevorschrift war im Regierungsentwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes enthalten, wurde jedoch gestrichen, nachdem der Bundesrat in seiner Stellungnahme Bedenken geäußert hatte10 (näher hierzu § 309 Nr. 7 Rz. 38). Dem Bundesrat ging es dabei um den Fortbestand der Möglichkeit zum vollständigen Gewährleistungsausschluss beim Verkauf gebrauchter Gegenstände unter Privaten. Abgesehen hiervon wurde mit der Neufassung ausdrücklich der Zweck verfolgt, den Regelungsgehalt der AGBGVorschrift möglichst unverändert zu erhalten11.

2. Inhalt der Vorschrift a) Pflichtverletzung des Verwenders aa) Erfasste Fallgruppen § 309 Nr. 8a erwähnt – anders als das AGBG – keine bestimmten Arten der Leistungsstörung, sondern knüpft allgemein an den Begriff der Pflichtverletzung i.S.d. §§ 241, 280 an. Damit fällt neben Unmöglichkeit und Verzug auch die positive Vertragsverletzung ohne weiteres in den Anwendungsbereich der Vorschrift12. Der nach früherem Recht insoweit bestehende Streitstand13 hat sich erledigt. Auch die Teilunmöglichkeit sowie der Teilverzug sind als Pflichtverletzungen zu qualifizieren; dadurch ist die vormalige Sonderregelung in § 11 Nr. 9 AGBG überflüssig geworden14. Nicht nach § 309 Nr. 8a, sondern weiterhin nach § 307 zu beurteilen sind jedoch Klauseln, die § 266 (Verbot von Teilleistungen) abbedingen und damit erst die Voraussetzungen für das Vorliegen einer nur teil-

8 Zur Rechtsprechung aus der Zeit vor dem AGBG und zur Entstehungsgeschichte der Vorgängervorschrift vgl. 11. Aufl. Rz. 5. 9 So BT-Drucks. 14/6040 S. 157 unter Bezugnahme auf Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 11. 10 BT-Drucks. 14/6857 S. 16 (53). 11 BT-Drucks. 14/6040 S. 156 f. 12 BT-Drucks. 14/6040 S. 157. 13 Vgl. Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 11 – eine Analogie bejahend; ähnlich OLG Oldenburg NJW-RR 1992, 1527; Wolf, 4. Aufl. 1999, § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 6; a.A. Löwe/ von Westphalen § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 14; Soergel/Stein, 12. Aufl. 1991, § 11 AGBG Rz. 78; offen gelassen OLG Karlsruhe BB 1983, 725 (728). 14 BT-Drucks. 14/6040 S. 157; a.A. MünchKomm/Ernst § 326 Rz. 116: Klauselkontrolle gemäß § 307.

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weisen Nichterfüllung schaffen; solche Klauseln sind grundsätzlich zulässig, können jedoch im Einzelfall zu einer unangemessenen Benachteiligung des anderen Teils führen15. Als Pflichtverletzung einzustufen ist weiter der Tatbestand des anfänglichen Unvermögens16. Gleiches gilt gemäß § 311a Abs. 1 auch für den Fall der anfänglichen (objektiven) Unmöglichkeit. Zur Frage, ob insoweit ein Rücktrittsrecht des Kunden denkbar ist, vgl. Rz. 11. 7 Vom Anwendungsbereich des § 309 Nr. 8a ausdrücklich ausgenommen sind Pflichtverletzungen, die in einem Mangel der Kaufsache oder des Werks bestehen. Das Mängelgewährleistungsrecht beim Kauf und beim Werkvertrag soll ausschließlich dem § 309 Nr. 8b unterstellt bleiben; dadurch soll insbesondere verhindert werden, dass Klauseln, die die Ausübung des Rücktrittsrechts des Kunden ohne Verstoß gegen § 309 Nr. 8b bb ausschließen oder beschränken, gemäß § 309 Nr. 8a als unzulässig angesehen werden17. Zu beachten ist, dass gemäß § 434 Abs. 3 jetzt auch Minderlieferungen als Sachmängel eingestuft werden und damit ein wesentlicher Anwendungsbereich des früheren Verbotstatbestands des § 11 Nr. 9 AGBG nicht unter § 309 Nr. 8a fällt. bb) Pflichtbeschränkende Klauseln 8 Zweifelhaft ist, ob § 309 Nr. 8a auch Klauseln erfasst, die die Pflichten des Verwenders beschränken und auf diese Weise den Zugang des anderen Teils zu einem gesetzlichen Lösungsrecht erschweren18. Der Wortlaut der Vorschrift, der das Vorliegen einer Pflichtverletzung voraussetzt, spricht gegen eine solche Auslegung. Es ist auch zu berücksichtigen, dass für pflichtbeschränkende Klauseln z.T. gesonderte Kontrollvorschriften existieren, insbesondere § 308 Nr. 1 für AGB-Bestimmungen, die Lieferzeiten für unverbindlich erklären19. Der BGH hat allerdings entschieden, eine Klausel über ein Recht des Verwenders zur einseitigen Verlängerung der Lieferfrist verstoße gegen „§ 10 Nr. 1 i.V.m. § 11 Nr. 8 AGBG“, da zwischen beiden Vorschriften eine Wechselwirkung bestehe20. Es ist sicherlich zutreffend, dass beide Vorschriften auf ein gemeinsames Ziel gerichtet sind und sich in sinnvoller Weise ergänzen. § 309 Nr. 8a sollte jedoch nur auf Klauseln angewandt werden, die die Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen regeln. Da nahezu alle Arten von Pflichtverletzungen jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Vertragslösungsrecht des anderen Teils führen kön15 So etwa bei der Lieferung einer hälftigen Computeranlage oder bei der Gefahr von Farbabweichungen zwischen den verschiedenen Partien; vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 1995, 116; OLG Koblenz NJW-RR 1993, 1078 f.; OLG Hamm NJW-RR 1987, 311 (316) zu 13.; ein Verstoß gegen § 309 Nr. 8a kommt in diesen Fällen ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Klausel den Eindruck erweckt, dass sie das gesetzliche Rücktrittsrecht wegen der teilweisen Nichterfüllung ausschließt, vgl. OLG Stuttgart v. 6.5.1994 – 2 U 275/93, NJW-RR 1995, 116; OLG Koblenz v. 19.2.1993 – 2 U 527/91, NJW-RR 1993, 1078 f. 16 Bislang str.; abl. Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 11; von Westphalen WM 1983, 974 (978); a.A. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl. 2002, § 11 AGBG Rz. 40; Wolf, 4. Aufl. 1999, § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 5. 17 BT-Drucks. 14/6857 S. 53. 18 So Erman/Roloff § 309 Rz. 82. 19 Ebenso Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 36. 20 BGH v. 28.6.1984 – VII ZR 276/83, BGHZ 92, 24 (30) = NJW 1984, 2468 (2469); in ähnlicher Weise geht BGH v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, BGHZ 146, 138 (142) = NJW 2001, 751 (752) von der Anwendbarkeit des § 11 Nr. 7 AGBG aus, wenn durch eine Klausel „die objektive Pflicht, die Grundlage der Haftung ist, ausgeschlossen“ werde; näher dazu § 309 Nr. 7 Rz. 30 f.

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nen, bestünde andernfalls die Gefahr, dass Pflichtgestaltungen durch AGB generell ausgeschlossen würden. Dies würde den Anwendungsbereich der Vorschrift überspannen; angesichts der Vielgestaltigkeit pflichtmodifizierender Klauseln ist § 307 in diesen Fällen das geeignetere Kontrollinstrument. b) Vertretenmüssen § 309 Nr. 8a setzt voraus, dass der Verwender die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Die Vorschrift verweist insoweit auf § 276 Abs. 1, wonach grundsätzlich Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) erforderlich ist. § 276 stellt für den Maßstab des Vertretenmüssens ausdrücklich auf den Inhalt des Schuldverhältnisses ab. Hieraus folgt, dass das Rücktrittsrecht bei Zahlungsverzug auch in Fällen unverschuldeter Geldnot von § 309 Nr. 8a geschützt wird21. Soweit § 276 das Vertretenmüssen im Übrigen der Parteidisposition unterstellt, hat dies jedoch keine Auswirkungen auf den Kontrollmaßstab des § 309 Nr. 8a. Gewährt der Verwender dem Klauselgegner gesetzlich nicht vorgesehene zusätzliche Rechte – z.B. durch Übernahme einer Garantie –, unterliegt deren Ausgestaltung nicht den sonst geltenden strengen Prüfmaßstäben (näher Teil 2, (20) Garantieklauseln, Garantieverträge Rz. 1 ff.).

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Besondere Betrachtung verdient der Umstand, dass das SMG das Kriterium „Vertretenmüssen“ in §§ 323 ff. gestrichen, in § 309 Nr. 8a jedoch erhalten hat, um den Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle möglichst unverändert zu bewahren. Hieraus lässt sich zum einen ableiten, dass das Klauselverbot in § 309 Nr. 8a zwar an ein Vertretenmüssen anknüpft, nicht aber voraussetzt, dass das geschützte gesetzliche Lösungsrecht seinerseits ein Verschulden erfordert. Dadurch wird ein Streitpunkt des früheren Rechts22 geklärt23. Zum anderen stellt sich auf Grund der Gesetzesänderung die Frage, ob die verschuldensunabhängige gesetzliche Rücktrittsmöglichkeit zu den wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes gehört und deshalb gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 einer Abänderung durch AGB entzogen ist. Dies ist zu verneinen24. Die bewusste Einfügung des Merkmals „Vertretenmüssen“ in § 309 Nr. 8a lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber den erweiterten Anwendungsbereich der gesetzlichen Rücktrittsrechte einer Gestaltung durch AGB nicht – jedenfalls nicht generell – entziehen wollte. Eine unangemessene Benachteiligung des Kunden liegt in dem Entzug seines Rücktrittsrechts nur dann, wenn er hierdurch an einem Vertrag mit einem schuldhaft handelnden und deshalb tendenziell unzuverlässigen Vertragspartner festgehalten wird. Bei fehlendem Verschulden des Verwenders stellt § 326 Abs. 1, 4 einen ausreichenden Schutz des Kunden dar; diese Regelung ist ihrerseits nicht durch AGB abdingbar25. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Anhang 1b RL 93/13/EWG, wonach die Kundenrechte auch bei unverschuldeten Pflichtverletzungen vor ungebührlichen Beschränkungen geschützt werden (dazu Rz. 3). Es ist nämlich davon auszugehen, dass der verbleibende Schutz durch § 326 eine ungebührliche Beschränkung des Kunden i.S.d. Richtlinie ausschließt.

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21 Vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 132. 22 Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 8; H. D. Schmid NJW 1979, 15 (19); a.A. Staudinger/Coester-Waltjen (Bearbeitung 1998) § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 5. 23 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 23; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 5. 24 Ebenso Haas/Medicus S. 128 Rz. 217; a.A. von Westphalen NJW 2002, 12 (21 f.). 25 So BGH NJW 1982, 181 für § 323 a.F.

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c) Ausschluss oder Einschränkung des Lösungsrechts aa) Betroffene Rechte 11

Hauptanwendungsfälle des § 309 Nr. 8a sind die Rücktrittsrechte gemäß § 323 Abs. 1 (Verzug und Schlechterfüllung von Leistungspflichten), § 324 (Verletzung von Schutz- und Nebenpflichten i.S.d. § 241 Abs. 2) sowie § 326 Abs. 5 (Unmöglichkeit). In den Fällen der teilweisen Nichterfüllung (früher § 11 Nr. 9 AGBG) folgt das Lösungsrecht hinsichtlich des gesamten Vertrages aus § 323 Abs. 526. Bei anfänglicher Unmöglichkeit ist ebenfalls ein Rücktritt nach § 326 Abs. 5 denkbar. Dies entspricht für den Fall des anfänglichen Unvermögens schon der früheren Rechtslage, muss jetzt aber auch bei anfänglicher objektiver Unmöglichkeit gelten27. Zwar sieht § 311a Abs. 2 als Rechtsfolgen insoweit nur Ansprüche auf Schadens- und Aufwendungsersatz vor. Ein Bedürfnis nach einem Rücktrittsrecht entsprechend §§ 323 Abs. 5, 326 Abs. 5 besteht aber jedenfalls in den – früher über § 139 abzuwickelnden – Fällen der teilweisen anfänglichen Unmöglichkeit. In § 323 (Abs. 2 Nr. 2) integriert wurde ferner der Fall des Rücktritts beim Fixgeschäft gemäß § 361 a.F. Wie sich aus der neutralen Bezeichnung „Lösungsrecht“ ergibt, umfasst § 309 Nr. 8a auch Kündigungsrechte aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen28 (§§ 314, 543, 626, 723), die allerdings ohnehin weitgehend der Parteidisposition entzogen sind29. Zu den Kündigungsrechten aus wichtigem Grund gehört gemäß § 543 auch die zuvor in § 554 a.F. geregelte Kündigung wegen Zahlungsverzuges des Mieters. Dieses Recht kann also in AGB, die (z.B. bei gewerblichen Mietverhältnissen) vom Mieter gestellt werden, nicht wirksam eingeschränkt werden. § 309 Nr. 8a bezieht sich allerdings nur auf Lösungsrechte, die ihrem Zweck nach – jedenfalls auch – dazu bestimmt sind, die Vertragsbeendigung bei einer Pflichtverletzung des anderen Teils zu regeln30. Deshalb fällt das Widerrufsrecht gemäß § 671, das u.a. dazu dient, dem Auftraggeber eine „Kündigung aus wichtigem Grund“ zu ermöglichen, unter § 309 Nr. 8a31. Anderes gilt für das Recht zur ordentlichen Kündigung von Dauerschuldverhältnissen32. Insoweit ist außerdem Folgendes zu berücksichtigen: § 309 Nr. 9 setzt die Möglichkeit wirksamer Laufzeitvereinbarungen voraus. Die Formulierung entsprechender Klauseln wäre entgegen der Absicht des Gesetzgebers erheblich erschwert, wenn sichergestellt werden müsste, dass bei jedweder Pflichtverletzung das ordentliche Kündigungsrecht erhalten bleibt. Auch das Recht zum Widerruf eines Verbrauchervertrages (§ 355) dient nicht dazu, dem Kunden eine Lösungsmöglichkeit vom Vertrag bei Pflichtverletzungen des Ver26 Ggf. i.V.m. § 326 Abs. 5, soweit es um Fälle der Teilunmöglichkeit geht, vgl. AnwKomm/Dauner-Lieb § 326 Rz. 33. 27 MünchKomm/Ernst § 311a Rz.73. 28 LG Konstanz BB 1981, 1420; LG Berlin v. 28.1.2014 – 15 O 300/12, K&R 2014, 284; MünchKomm/Wurmnest Rz. 8; Erman/Roloff § 309 Rz. 81; differenzierend Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 24–29. 29 BGH BB 1973, 819; vgl. auch BT-Drucks. 14/6040 S. 176; für Einschränkungen durch AGB: BGH NJW 1986, 3134 (Verstoß gegen § 9 AGBG). Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 6 hält § 309 Nr. 8a auf Kündigungsrechte daher nur für anwendbar, soweit sie dispositiv sind. 30 Noch strenger Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 21: Kausaler Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Lösungsrecht erforderlich. Unerheblich ist, ob das Lösungsrecht ein Vertretenmüssen voraussetzt, vgl. Rz. 10. 31 Differenzierend Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 22; anders OLG Koblenz ZfIR 2002, 897: Anwendung des § 307. 32 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 24–29.

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tragspartners zu verschaffen. § 309 Nr. 8a betrifft ferner nur Lösungsrechte bei Verträgen, nicht also den Widerruf oder die Anfechtung einer Vollmacht oder einer Willenserklärung33. Erfasst werden auch nur gesetzliche Lösungsrechte, nicht solche, die nur auf Grund vertraglicher Vereinbarung bestehen34. bb) Verbotene Einschränkungen Mit § 309 Nr. 8a werden der formularmäßige Ausschluss und auch jede Ein- 12 schränkung des gesetzlichen Lösungsrechts untersagt. Der Verbotstatbestand erfordert nicht, dass die geschützten Lösungsrechte ausdrücklich erwähnt werden; er ist beispielsweise auch dann anwendbar, wenn eine „Haftungsfreistellung“ dahin zu interpretieren ist, dass sie den Ausschluss des bei Nichterfüllung der betroffenen Pflicht gegebenen Rücktrittsrechts umfasst35. Eine unwirksame Einschränkung des Lösungsrechts liegt nicht nur in der generellen Reduzierung seines Anwendungsbereichs (z.B. indem es von einer groben Pflichtverletzung des Verwenders abhängig gemacht wird), sondern auch in jeder sonstigen Erschwerung seiner Ausübung (siehe jedoch Rz. 8 zu pflichtbeschränkenden Klauseln). Dies ist etwa der Fall, wenn der Verwender dem Kunden erst geraume Zeit nach Eintritt des Verzuges die Setzung einer Nachfrist gestattet, eine Nachfristsetzung auch in den Fällen vorschreibt, in denen sie gemäß § 323 Abs. 2 entbehrlich ist36, eine mehrfache Mahnung oder mehrfache Nachfristsetzung verlangt37 oder den Rücktritt weiterhin entsprechend dem früheren Recht von einer Ablehnungsandrohung abhängig macht38. Von dem Klauselverbot nicht betroffen sind naturgemäß alle gesetzlich begründeten einschränkenden Voraussetzungen der Lösungsrechte, insbesondere das Erfordernis einer Nachfristsetzung gemäß § 323 Abs. 1. Die Frage, ob eine in AGB gesetzte Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts als zulässige Fristsetzung gemäß § 355 a.F. eingestuft werden könne39, hat sich dadurch erledigt, dass § 350 eine entsprechende Fristsetzung nur noch beim vertraglichen Rücktrittsrecht gestattet. Unzulässig sind auch Klauseln, die einen verzögerten Eintritt der Rücktrittsfolgen40 oder sonstige für den Vertragspartner nachteilige Abweichungen von den §§ 346 ff. vorsehen. Hierzu gehört grundsätzlich auch die formularmäßige Vereinbarung einer Abstandszahlung des Kunden bei Ausübung seines Lösungsrechts41; Regelungen über eine Nutzungsvergütung oder Aufwendungsersatz bei Rücktritt (unter Einschluss von Klauseln über die Tragung der Vertragskosten) unterfallen allerdings allein der insoweit spezielleren Regelung in § 308 Nr. 742. Wird das Lösungsrecht von der Einhaltung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Form abhängig gemacht, verstößt dies ebenfalls gegen § 309 Nr. 8a; zulässig ist jedoch die Einführung der einfachen Schriftform (ab 1.10.2016 wegen der Neufassung des § 309 Nr. 13: Textform), da insoweit § 309 Nr. 13 eine abschließende 33 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 12; hiervon abweichend allerdings dort Rz. 24–29 für Anfechtungsrechte. 34 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 14. 35 BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, ZIP 2003, 1707 = NJW-RR 2003, 1056 unter II 3 d. 36 OLG Stuttgart BB 1979, 1468; ZIP 1981, 875 (876). 37 Erman/Roloff § 309 Rz. 82. 38 Erman/Roloff § 309 Rz. 82. 39 Verneinend BGH ZIP 1989, 311 = NJW-RR 1989, 625; EWiR 1989, 315 (Hensen). 40 BGH NJW-RR 1990, 156 f. 41 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 10; Palandt/Grüneberg Rz. 59. 42 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 44.

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Sonderregelung darstellt43. Im Hinblick auf die Fälle der teilweisen Nichterfüllung sind Klauseln unzulässig, die das Recht des Kunden zur Beendigung des gesamten Vertrages bei Interessenfortfall einschränken, etwa durch eine Bestimmung, die ein Rücktrittsrecht nur für die nicht lieferbaren Gegenstände vorsieht44. Nicht unter § 309 Nr. 8a fallen Modifikationen der Pflichten des Verwenders, vgl. Rz. 8. Hierzu gehören auch Klauseln, die die Verjährung des (Nach-) Erfüllungsanspruches verkürzen und – soweit sie wirksam sind – über § 218 die Wirksamkeit des Rücktritts beeinflussen45. d) Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften 14

Das Klauselverbot des § 309 Nr. 8a gilt nicht für Haftungsbeschränkungen in den nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen und Tarifvorschriften der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr, soweit sie nicht zum Nachteil des Fahrgastes von der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27.2.1970 abweichen. Diese zuvor in § 23 Abs. 2 Nr. 3 AGBG enthaltene sachliche Ausnahme wurde durch das SMG in die Vorschrift integriert. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu § 309 Nr. 7 verwiesen, vgl. § 309 Nr. 7 Rz. 18.

3. Klauselfassung 15

Da Einschränkungen der gesetzlichen Lösungsrechte des Vertragspartners bei Pflichtverletzungen des Verwenders in vollem Umfang unzulässig sind, erübrigen sich nähere Überlegungen zur Klauselgestaltung. Eine lediglich beschreibende Darstellung der gesetzlichen Rechte in AGB ist möglich, birgt aber die Gefahr in sich, dass Sondervorschriften (z.B. §§ 323 Abs. 2, 4, 326 Abs. 5) übersehen werden und die Regelung deshalb als irreführend bzw. intransparent gewertet wird46. Soweit der Verwender andere Rechte des Kunden bei Pflichtverletzungen (z.B. Schadensersatzansprüche) in AGB regelt, sollte im Hinblick auf das Transparenzgebot sicherheitshalber klargestellt werden, dass die gesetzlichen Lösungsrechte des Kunden unberührt bleiben47.

4. Verträge mit Unternehmern 16

Auch gegenüber einem Unternehmer kann der Verwender in seinen AGB nicht den Anspruch auf Rücktritt vom Vertrag i.S.d. §§ 323 ff. ausschließen48. Das Recht, sich bei zu vertretenen Pflichtverletzungen des Vertragspartners un43 BGH ZIP 1989, 311 = NJW-RR 1989, 625; MünchKomm/Wurmnest Rz. 9; Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 33; i.E. auch Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 10 (die Auferlegung einer bestimmten Form sei von vornherein nur an § 309 Nr. 13 zu messen). 44 BGH NJW 1983, 1320 (1322). 45 A.A. AnwKomm/Mansel/Stürner § 202 Rz. 52. 46 Vgl. OLG Stuttgart BB 1979, 1468. 47 Vgl. OLG München NJW-RR 1989, 1499: Ausschluss von Schadensersatzansprüchen als konkludenter Ausschluss des Rücktrittsrechts; zust.; a.A. Soergel/Stein, 12. Aufl. 1991, § 11 AGBG Rz. 79. 48 BGH v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, ZIP 2003, 1707 = NJW-RR 2003, 1056 unter II 3 d; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 13; Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 8 AGBG Rz. 34; Erman/

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abhängig von etwaigen weiteren Ansprüchen jedenfalls von der Vertragsbindung lösen zu können, gehört zum Kernbereich der Leistungsstörungsrechte und damit zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Satz 1). Gleiches gilt für das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. Nicht als unwirksam einzustufen sind allerdings Klauseln, die hinsichtlich des Rücktritts an dem – eher formalen – Erfordernis der Ablehnungsandrohung festhalten und damit die frühere Rechtslage fortsetzen. Gleiches wird man für eine Klausel anzunehmen haben, die – entsprechend einem Vorschlag der Schuldrechtskommission49 – eine Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts durch den Gläubiger bestimmt und einen Rücktritt nach Fristablauf von einer erneuten Nachfristsetzung des Gläubigers abhängig macht. Es besteht nämlich ein berechtigtes Interesse des Schuldners daran, die für ihn unglückliche Schwebesituation zu überwinden, in der er sich sowohl Erfüllungs- als auch Sekundäransprüchen des Gläubigers ausgesetzt sieht.

III. Mängel (§ 309 Nr. 8b) 1. Allgemeines a) Normzweck und Inhalt § 309 Nr. 8b enthält eine Reihe detaillierter Klauselverbote, die sich auf Einschränkungen der Gewährleistungsrechte des Kunden insbesondere bei Kaufund Werkverträgen beziehen. Die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften (§§ 434 ff., 633 ff.) gehören zu den in der Praxis bedeutsamsten Bestimmungen des besonderen Schuldrechts, und ihr hoher Gerechtigkeitsgehalt ist unbestritten. Sach- oder Rechtsmängel stören das Äquivalenzverhältnis zwischen den Leistungen der Vertragsparteien. Um das Interesse des betroffenen Vertragspartners an einem gleichwertigen Leistungsaustausch und damit letztlich die Funktionsfähigkeit der Marktmechanismen zu schützen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass ihm geeignete Ausgleichsansprüche eingeräumt werden50. Der Inhalt der Bestimmung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Gewährleistungsrechte dürfen nicht – auch nicht in Teilbereichen – ausgeschlossen oder durch die Haftung eines Dritten ersetzt werden (Nr. 8b aa). Die Beschränkung auf ein Nacherfüllungsrecht ist nur erlaubt, wenn Rücktritt und Minderung als subsidiäre Rechte erhalten bleiben (Nr. 8b bb). Das Nacherfüllungsrecht darf auch nicht durch Kostenlasten (Nr. 8b cc) oder eine Vorleistungspflicht (Nr. 8b dd) beschränkt werden. Ferner wird der Bestand der Mängelrechte in zeitlicher Hinsicht durch Nr. 8b ee und ff geschützt.

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b) Auswirkungen der Schuldrechtsreform § 309 Nr. 8b hat die Regelung des § 11 Nr. 10 AGBG51 dem Wortlaut nach fast unberührt übernommen. Abgesehen von einigen auf Grund der neuen Termino-

Roloff § 309 Rz. 85; differenzierend: MünchKomm/Wurmnest Rz. 11; Wolf/Dammann § 309 Nr. 8a Rz. 60. 49 § 323 Abs. 5 Kommissionsentwurf; vgl. Abschlussbericht S. 171. 50 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 14. 51 Zur Entstehungsgeschichte des § 11 Nr. 10 AGBG und zur älteren Rechtsprechung vgl. 11. Aufl. Rz. 17.

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logie notwendigen Änderungen (z.B. Ersetzung von „Nachbesserung“ und „Ersatzlieferung“ durch „Nacherfüllung“) wurde lediglich Nr. 8b ff zur Anpassung an das neue Verjährungsrecht bei Mängelansprüchen inhaltlich wesentlich verändert. Gleichwohl hat die Vorschrift durch die im Zuge der Schuldrechtsreform erfolgte Umsetzung der Richtlinie 99/44/EG über den Verbrauchsgüterkauf52 einen erheblichen Bedeutungsverlust erlitten53. Gemäß § 475 sind bei Verkäufen beweglicher Sachen durch Unternehmer an Verbraucher die Gewährleistungsvorschriften mit Ausnahme der Vorschriften über Schadensersatz und – teilweise – Verjährung (dazu Rz. 98) nicht mehr dispositiv54. Gleiches gilt gemäß § 651 für Werklieferungsverträge über herzustellende oder zu erzeugende bewegliche Sachen. Unmittelbar relevant ist § 309 Nr. 8b daher inzwischen nur noch für Verträge zwischen Verbrauchern sowie zwischen Verbrauchern und Unternehmern, wenn die AGB ausnahmsweise vom Verbraucher gestellt werden, weiterhin für Verträge über unbewegliche Sachen, die als „neu hergestellt“ zu qualifizieren sind (insbesondere: Grundstücke mit Neubauten) sowie für Werkleistungen, die nicht die Lieferung einer Sache zum Gegenstand haben (z.B. Reparatur- oder Wartungsverträge). Die zuletzt genannten Bereiche bilden die Hauptanwendungsfälle der Vorschrift, wobei zusätzlich die Ausnahme in Nr. 8b bb für Bauleistungen zu berücksichtigen ist. Soweit § 475 eine Parteidisposition eingeschränkt zulässt (Schadensersatz/Verjährung), enthält § 309 Nr. 8b keine weiter gehenden Kontrollkriterien. Von mittelbarer Bedeutung bleibt § 309 Nr. 8b weiter deshalb, weil die Rechtsprechung den Kernbereich der Vorschrift auch auf den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen anwendet. Dieser Umstand war es im Wesentlichen auch, der den Gesetzgeber zur Aufrechterhaltung der Regelung in ihrer vorherigen Form bewogen hat55. Bei der (direkten oder indirekten) Anwendung der Vorschrift muss außerdem die durch die Schuldrechtsreform veränderte Grundkonzeption des Kauf-Mängelgewährleistungsrechts berücksichtigt werden. Danach wurde die frühere Sonderregelung für die Eigenschaftszusicherung (§ 11 Nr. 11 AGBG) durch die – auch für Individualvereinbarungen geltenden – Vorschriften der §§ 444, 639 ersetzt (näher Teil 2, (20) Garantieklauseln, Garantieverträge Rz. 6 ff.). Der Anwendungsbereich des § 309 Nr. 8b wird auf die Haftung für Rechtsmängel56 und für Mengenabweichungen erweitert. Im Übrigen ist nach der Integration der Gewährleistung in das allgemeine Leistungsstörungsrecht verstärkt darauf zu achten, dass Wertungswidersprüche zwischen den jeweils geltenden Normen der Inhaltskontrolle (z.B. § 309 Nr. 8a einerseits, Nr. 8b andererseits) vermieden werden. 19–20 Einstweilen frei.

52 ABl. EG Nr. L 171 v. 7.7.1999, abgedruckt in NJW 1999, 2421. Dazu Staudenmayer NJW 1999, 2393; Reich NJW 1999, 2397; Schäfer/Pfeiffer ZIP 1999, 1829. 53 BT-Drucks. 14/6040 S. 157; Pfeiffer Die Integration von Nebengesetzen in das BGB, in Ernst/Zimmermann Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 2001, S. 481 (513); Palandt/Grüneberg Rz. 60; krit. zur unveränderten Übernahme der Vorschrift deshalb Schubel JZ 2001, 1113. 54 Zur Frage, ob in den nicht dispositiven Bereichen konkretisierende AGB-Regelungen in Betracht kommen, vgl. Koch WM 2002, 2173 (2219); abl. H. P. Westermann NJW 2002, 241 (251). 55 BT-Drucks. 14/6040 S. 157 f. 56 BT-Drucks. 14/1640 S. 158.

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c) Generelle Voraussetzungen aa) Lieferung neu hergestellter Sachen § 309 Nr. 8b betrifft zum einen Verträge über die Lieferung neu hergestellter Sa- 21 chen. Der Begriff der Sache bezieht sich dem Schutzzweck der Vorschrift entsprechend auf den Sachbegriff des Gewährleistungsrechts57. Er umfasst deshalb über §§ 90, 90a hinaus auch Sachgesamtheiten und immaterielle Rechtsgüter, soweit die Gewährleistungsvorschriften des Sachkaufs auf sie angewendet werden58. Dies ist insbesondere bei Standardsoftware unabhängig von ihrer Verkörperung in einem Datenträger der Fall59, weiter auch beim Verkauf eines zum Besitz einer Sache berechtigenden Rechts (z.B. dem Erbbaurecht), sofern es um Mängel der Sache geht60. Unter einer Lieferung ist nur die Überlassung der Sache zum Zweck der Übereignung zu verstehen61. Dies folgt daraus, dass im Regierungsentwurf zu § 11 Nr. 10 AGBG ursprünglich eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Kauf-, Werk- oder Werklieferungsverträge enthalten war. Diese wurde später zwar zwecks Einbeziehung sonstiger Werkleistungen fallen gelassen; an eine Erstreckung auf Gebrauchsüberlassungsverträge (Miete, Pacht, Leasing) wurde dabei jedoch nicht gedacht62. Sofern eine Lieferung im oben genannten Sinne vorliegt, kommt es auf den konkreten Vertragstyp (z.B. Kauf, Tausch oder typengemischter Vertrag) im Übrigen nicht an.

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Die Lieferung muss sich auf neu hergestellte Sachen beziehen. Mit der Be- 23 schränkung auf neue Sachen wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Zustand gebrauchter Sachen individuellen Unterschieden unterliegt, die der Verkäufer oft nur mit hohem Aufwand feststellen und vertraglich fixieren kann. Er kann deshalb ein anerkennenswertes Interesse daran haben, sich durch Ausschluss oder Einschränkung seiner Gewährleistung – regelmäßig verbunden mit einem Preisabschlag – von seiner Haftung jedenfalls teilweise zu befreien63. Bei der Auslegung des Begriffes „neu hergestellt“ sind drei Problemkreise zu unterscheiden. Erstens fragt es sich, welche Arten von Sachen überhaupt neu hergestellt sein können, zweitens, unter welchen Voraussetzungen diese Sachen die

57 MünchKomm/Wurmnest Rz. 13. 58 MünchKomm/Wurmnest Rz. 13; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 20. 59 BGH v. 4.11.1987 – VIII ZR 314/86, BGHZ 102, 135 = NJW 1988, 406 m.w.N. auch zur Gegenmeinung; BGH v. 22.12.1999 – VIII ZR 299/98, BGHZ 143, 307 = NJW 2000, 1415; konkret zur Anwendbarkeit des § 11 Nr. 10 AGBG in diesen Fällen: OLG Frankfurt CR 1999, 73 (74); Individualsoftware fällt als Werkleistung ebenfalls unter § 309 Nr. 8b. 60 BGH v. 20.12.1985 – V ZR 263/83, BGHZ 96, 385 = NJW 1986, 1605; jetzt § 453 Abs. 3; vgl. Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 19. 61 BGH v. 24.4.1985 – VIII ZR 65/84, BGHZ 94, 180 = NJW 1985, 1547 unter II 3 b aa: nicht beim Finanzierungsleasing – vom BGH offen gelassen für Leasing mit Erwerbsrecht; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 18; MünchKomm/Wurmnest Rz. 13. 62 Dietlein/Rebmann § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 2; BGHZ 94, 180 unter II 3 b bb a; Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 4; die durch das SMG erfolgte Einschränkung des Gesetzeswortlauts auf „Werkleistungen“ bestätigt diese Sichtweise indirekt, indem sie sich den Formulierungsvorschlag von Hensen wörtlich zu Eigen macht. 63 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 21; nicht zu übersehen ist, dass dieser Grundgedanke des § 309 Nr. 8b mit der Zielrichtung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und deren Umsetzung in § 475 nicht übereinstimmt, vgl. dazu auch Wolf/Dammann Vor § 309 Nr. 8b Rz. 3.

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Eigenschaft „neu“ durch Ingebrauchnahme oder Zeitablauf verlieren und drittens, auf wessen Sichtweise es hierbei ankommt. 24

Neu hergestellt sind Sachen, die als Produkt eines Erzeugungsprozesses bei den Beteiligten das berechtigte Vertrauen auf eine mangelfreie Herstellung auslösen. Bei den meisten industriell hergestellten Massengütern, aber auch bei individuell angefertigten Einzelstücken ist dies unproblematisch zu bejahen. Unbebaute Grundstücke sind dagegen nicht das Resultat eines Erzeugungsprozesses, unabhängig davon, ob sie im Rechtssinne erst anlässlich des Verkaufs durch Abtrennung entstehen64. Auf neue Gebäude und Eigentumswohnungen ist § 309 Nr. 8b dagegen anwendbar65. Ihre sachenrechtliche Einordnung als wesentliche Bestandteile des Grundstücks soll nur dingliche Sonderrechte an den Bauwerken ausschließen, nicht jedoch die Anwendung besonderer schuldrechtlicher Vorschriften verhindern66. Ein renovierter Altbau wird nur dann zur neuen Sache, wenn in die alte Bausubstanz in einer Weise eingegriffen worden ist, die einer Neuherstellung gleichkommt, insbesondere wenn eine weit gehende Entkernung stattgefunden hat67, nicht jedoch bei üblichen Renovierungsmaßnahmen (etwa bei Einbau neuer Bäder, Küchen, Fenster und Leitungssysteme)68. Im SMG-Gesetzgebungsverfahren wurde zwar eine weiter gehende Anwendung des § 309 Nr. 8b auf den Verkauf renovierter Bauwerke angeregt, um hierdurch einen AGB-festen Gleichlauf der Gewährleistungs- und Verjährungsregeln im Verhältnis zu Werkverträgen über Bauwerksrenovierungen zu erreichen69. Dem ist jedoch in allgemeiner Form nicht zu folgen, da nicht einzusehen ist, dass Verträge, deren Schwerpunkt in dem Verkauf einer gebrauchten Immobilie liegt, schon bei einzelnen Renovierungsmaßnahmen einem insgesamt wesentlich verschärften Gewährleistungsregime unterstellt werden sollen. Vorzugswürdig ist es, die konkreten Renovierungsmaßnahmen ggf. als gesonderte „Werkleistungen“ einzustufen, dazu Rz. 27. Bei der Verwendung alten Materials ist nach der Verkehrsanschauung zu entscheiden, ob das Resultat eine neu hergestellte Sache ist70. Enthält eine gebrauchte Sache einzelne nach der Verkehrsanschauung wesentliche neue Teile (Beispiele: neuer Motor im Auto, neuer Heizkessel im Gebäude), kann insoweit § 309 Nr. 8b angewendet werden71. Alte Sachen sind ausnahmsweise dann als „neu hergestellt“ anzusehen, wenn die Alterung einen Teil des Herstellungsprozesses darstellt, etwa bei Wein72. Für Kunstgegenstände und Antiquitäten gilt das jedoch nicht; zwar verlieren sie durch ihr Alter nicht

64 LG Ravensburg NJW-RR 1992, 1277; Brambring NJW 1978, 777; MünchKomm/Wurmnest Rz. 17. 65 BGH NJW 1995, 1675; OLG Celle MDR 1997, 1008; bzgl. der Abgrenzung zu den Werkleistungen vgl. Rz. 27. 66 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 25. 67 OLG Frankfurt NJW 1984, 2586; BGHZ 100, 391 = NJW 1988, 490 („Neubau hinter historischer Fassade“, aus elf Mietwohnungen wurden fünf Eigentumswohnungen); BGHZ 108, 156 = NJW 1989, 2534; LG Landshut NJW 1993, 407; OLG Oldenburg NJW-RR 2004, 1499; BGH v. 16.12.2004 – VII ZR 257/03, NJW 2005, 1115. Dabei war bislang unerheblich, ob diese Fälle als Lieferung einer neuen Sache oder aber als (nicht notwendig „neue“) Werkleistung eingestuft wurden; für letzteres: OLG Hamm v. 26.7.2001 – 21 U 160/00, NJW-RR 2002, 415. 68 Brambring NJW 1978, 778; NJW 1987, 97 (102); Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 25. 69 BT-Drucks. 14/6857 S. 60. 70 MünchKomm/Wurmnest Rz. 19. 71 MünchKomm/Wurmnest Rz. 19; ähnlich Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 26. 72 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 24.

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an Wert, sie sind jedoch einem erhöhten Sachmängelrisiko gerade im Hinblick auf Echtheit und Herkunft ausgesetzt73. Auf zu Verkaufszwecken gezüchtete Pflanzen und Tiere lassen sich diese Überlegungen übertragen74. Sie sind deshalb auch dann noch als „neu hergestellt“ anzusehen, wenn sie bis zum Erreichen des vertraglich geforderten Zustandes notwendig einen bestimmten Alterungsprozess durchlaufen mussten (Beispiel: Baum mit einem bestimmten Kronendurchmesser)75, nicht jedoch darüber hinaus (Beispiel: Ein beim Züchter verbliebener Hund wird im Alter von fünf Jahren verkauft)76. Eine Sache bleibt neu, solange sie noch nicht dem bestimmungsgemäßen Ge- 25 brauch zugeführt wurde. Damit unterscheidet sie sich von der „neuwertigen“ Sache, die bereits benutzt worden ist. Durch längere Lagerung verliert eine Sache ihre „Neuheit“ nur dann, wenn hiermit ein signifikant erhöhtes Mängelrisiko einhergeht und dies bei der Veräußerung auch – meist durch einen Preisabschlag – berücksichtigt wird. Schlussverkaufsware und „Sonderangebote“ sind danach als „neu“ einzustufen (Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 24; es liegt in diesen Fällen sowie beim Warenverkauf in Discountläden auch kein Fall einer zulässigen Tarifwahl vor77). Kleidungsstücke, die im Konfektionsgeschäft anprobiert worden sind, bleiben ebenso neu wie das Kraftfahrzeug, mit dem einzelne Probefahrten unternommen worden sind, dagegen nicht der besondere Vorführwagen, der deshalb unter Neupreis verkauft wird78. Ein Auto ist nicht mehr neu, wenn es bereits – wenn auch nur für einen Tag – auf einen anderen Halter zugelassen war, da in solchen Fällen das Risiko unerkannter Mängel oder Manipulationen der Fahrleistung besteht und der Marktpreis bereits zugelassener Fahrzeuge deutlich unter dem Neuwagenpreis liegt79. Nicht mehr neu ist i.d.R. auch das Möbelstück, das als Ausstellungsstück gedient hat80. Gleiches gilt für Lautsprecherboxen, die schon seit zwei Jahren nicht mehr produziert werden81. Gebäude und Eigentumswohnungen verfügen im Vergleich zu Kraftfahrzeugen über eine längere Lebensdauer und sind einem geringeren Risiko neu entstehender Mängel ausgesetzt. Ein längerer Leerstand eines Gebäudes führt daher nicht ohne weiteres dazu, dass es nach der Verkehrsanschauung nicht mehr „neu“ ist; vor Ablauf

73 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 24. 74 So auch die SMG-Gesetzesmaterialien, vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 245; kritisch Adolphsen AgrarR 2001, 169 ff.; Brückner/Böhme MDR 2002, 1406. 75 Vgl. LG Aschaffenburg NJW 1990, 915: neun Wochen alte Hundewelpen; BGH NJW-RR 1986, 52: Forellen; ähnlich auch BGH v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31 = NJW 2007, 674; differenzierend Wolf/Dammann Vor § 309 Nr. 8b Rz. 8. 76 Nach a.A. ist nicht auf die vertraglich beabsichtigte Nutzung des Tieres abzustellen, sondern stets auf ein bestimmtes Zeitintervall nach dessen Geburt, so OLG Düsseldorf ZGS 2004, 271. 77 Vgl. OLG Düsseldorf VuR 1997, 284. 78 Vgl. auch OLG Hamm DB 1983, 710; OLG Frankfurt v. 17.11.2000 – 25 U 226/99, NJWRR 2001, 780; OLG München v. 22.4.2015 – 7 U 2536/14. 79 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 22; ähnlich LG Gießen NJW-RR 1992, 186; a.A. LG Augsburg DAR 1998, 217; Wolf/Dammann Vor § 309 Nr. 8b Rz. 8. Generell zum „neuen“ Pkw (außerhalb des AGB-Rechts): OLG Koblenz MDR 1996, 1125; OLG Oldenburg BB 1996, 2321; BGH NJW 1997, 1847; OLG Schleswig EWiR 2000, 67: Neuwagen noch nach zweieinhalbjähriger Standzeit; BGH v. 15.10.2003 – VIII ZR 227/02, NJW 2000, 2018 und NJW 2004, 160 zu „fabrikneu“; OLG Frankfurt a.M. MDR 2001, 28: „Fabrikneu“ nach 16 Monaten Standzeit bei unveränderter Produktion des Modells. 80 Wolf/Dammann Vor § 309 Nr. 8b Rz. 8; a.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 1464. 81 LG München I NJW 1991, 182.

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von zwei Jahren wird davon gewiss nicht auszugehen sein82. Gemäß §§ 438 Abs. 1 Nr. 2, 634a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 309 Nr. 8b ff kann dies zu einer mehr als siebenjährigen freizeichnungsfesten Haftung des Veräußerers führen83. Dem Risiko, dass seine eigenen Mängelrechte inzwischen verjährt sind, sollte der Veräußerer durch Vereinbarung seitengleicher Gewährleistungsansprüche in den Verträgen mit den Einzelgewerken begegnen. Häuser oder Wohnungen, die vor ihrem Verkauf bereits einige Zeit bezogen worden waren, sind indessen nicht mehr neu84, jedenfalls nicht mehr nach einem Jahr85. Bei Eigentumswohnungen stellt sich die zusätzliche Frage, ob das Gemeinschaftseigentum trotz erfolgter Übergabe an die Eigentümergemeinschaft für einen späteren Wohnungs-Ersterwerber „neu“ bleibt. Da nach der BGH-Rechtsprechung jeder Erwerber die Gewährleistung insoweit im Rahmen einer eigenen Verjährungsfrist durchsetzen kann86, entsteht insgesamt eine überlange Verjährungsfrist. Hierdurch wird die Eigentümergemeinschaft jedenfalls dann unangemessen bevorzugt, wenn zusätzlich auch noch das strenge Freizeichnungsverbot gemäß § 309 Nr. 8b gilt; richtigerweise ist daher davon auszugehen, dass das Gemeinschaftseigentum seine „Neuheit“ schon mit der Übergabe an die Eigentümergemeinschaft verliert87. 26

Da § 309 Nr. 8b dem Schutz der vertraglichen Gewährleistungsrechte des Sacherwerbers dient, ist bei der Beurteilung der „Neuheit“ der Sache nicht auf die objektive Lage, sondern auf den individuell vereinbarten Vertragsinhalt abzustellen88. § 309 Nr. 8b gilt deshalb nicht, wenn die Kaufsache zwar neu hergestellt, aber individualvertraglich als alt verkauft worden ist, so etwa bei Fälschungen auf dem Kunstmarkt89. Unbeachtlich ist es demgegenüber, wenn eine Sache lediglich formularmäßig als „gebraucht“ bezeichnet wird, da eine solche Klausel andernfalls dazu genutzt werden könnte, einen sonst nicht möglichen

82 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 25 (zwischen 2 und 5 Jahren); Palandt/Grüneberg Rz. 62 (höchstens fünf Jahre); anders, wenn das Gebäude bereits – z.B. durch Mieter – genutzt wurde, hier stellen zwei Jahre die absolute Obergrenze für die „Neuheit“ dar, vgl. OLG Koblenz v. 8.4.2013 – 2 U 1123/12, ZMR 2013, 912 Rz. 13. 83 Das übersieht wohl Klumpp NJW 1993, 372 (mit Überblick über den Meinungsstand), der vom Verlust der Neuheit nach spätestens fünf Jahren ausgeht, aber nicht beachtet, dass die Verjährung u.U. dann erst beginnt; dem Vorschlag der Schuldrechtskommission, den Verjährungsbeginn einheitlich an die Fertigstellung des Bauwerks zu knüpfen (§ 195 Abs. 2 Satz 2 Kommissionsentwurf), ist das SMG nicht gefolgt, vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 229 f.; BT-Drucks. 14/6857 S. 26 (59). 84 So auch Schippel/Brambring DNotZ 1977, 197 (208); ähnlich Reithmann/Meichssner/ von Heymann Kauf vom Bauträger, 7. Aufl. 1995, B 58; siehe auch BGH NJW 1995, 1675. 85 Kanzleiter DNotZ 1987, 651 (659); zu weitgehend Palandt/Grüneberg Rz. 62; Klumpp NJW 1993, 372: höchstens zwei Jahre; vgl. dazu auch OLG Düsseldorf v. 19.1.2001 – 14 U 118/00, OLGR 2001, 219: Neu trotz Vermietung über 1 1/3 Jahre, davon sechs Monate bezogen. 86 BGH NJW 1985, 1551; BGH v. 6.6.1991 – VII ZR 372/89, BGHZ 114, 383 = NJW 1991, 2480; zweifelhaft, vgl. Brambring NJW 1987, 97. 87 Kanzleiter DNotZ 1987, 651 (667); teilw. abweichend Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 25; a.A. Palandt/Grüneberg Rz. 62; Erman/Roloff § 309 Rz. 88; Brambring NJW 1987, 97 (102). 88 A.A. BGH v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31 = NJW 2007, 674 (bezogen auf §§ 474 f.); dagegen mit Recht Wolf/Dammann Vor § 309 Nr. 8b Rz. 9. 89 Dietlein Weltkunst 1978, 2869.

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Gewährleistungsausschluss durchzusetzen90. Umgekehrt kommt es auf die tatsächliche Neuheit nicht an, wenn die Sache als neu hergestellt geliefert wird91. bb) Werkleistungen Der Begriff Werkleistungen umfasst alle Werkverträge, ist aber von praktischer Bedeutung insbesondere für Verträge, die auf die Bearbeitung von Sachen (z.B. Reparatur-, Wartungs- und Reinigungsverträge) oder immaterielle Leistungen (z.B. Architekten- und Gutachtenverträge, Erstellung von Individualsoftware) gerichtet sind92. Für Reiseverträge stellen die §§ 651c ff. BGB eine weitgehend abschließende Sonderregelung dar93. Bei dem Verkauf eines Neubaugrundstücks sollte an der Rechtsprechung zur Anwendung des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts festgehalten werden94, da trotz der Angleichung der Verjährungsvorschriften95 noch Unterschiede zwischen kauf- und werkvertraglicher Gewährleistung bestehen, für den Erwerb von Neubaugrundstücken jedoch eine einheitliche Gewährleistungsregelung unabhängig vom Fertigstellungsgrad des Bauwerks bei Veräußerung erforderlich ist. Beim Verkauf kürzlich renovierter Hausgrundstücke und Eigentumswohnungen sind die Renovierungsmaßnahmen als gesonderte Werkleistungen einzustufen96. Hierdurch wird ein Gleichlauf der Gewährleistung im Verhältnis zu der Konstellation erreicht, dass der Renovierungsvertrag erst nach dem Verkauf des Objekts abgeschlossen wird97, ohne dass deswegen der gesamte Kaufvertrag dem § 309 Nr. 8b unterstellt werden muss. Bei einem Bauträgervertrag, bei dem auf Bauträgerseite zwei Personen (Grundstücksverkäufer und Werkunternehmer) beteiligt sind, kann der Grundstücksverkäufer in seinen AGB klarstellen, dass die Gewährleistung für die Beschaffenheit des Bauwerks ausschließlich im Rahmen des Werkvertrages erfolgt98.

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Der im Hinblick auf den früheren Wortlaut der Vorschrift („Leistungen“) bestehende Streit, ob der Begriff neben Werkleistungen auch Gebrauchsüberlassungsverträge erfasst, hat sich durch die mit dem SMG erfolgte Klarstellung erledigt. Er spielt – in eingeschränkter Form – nur noch bei der Auslegung des Begriffs „Lieferung“ eine Rolle, näher Rz. 22. § 309 Nr. 8b hat allerdings dennoch indi-

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90 Problematisch deshalb OLG München NJW-RR 1998, 1595 (Bezeichnung „grau“ importierter Neuwagen als „gebraucht“); zust. Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 21; anders zu Recht Creutzig Recht des Autokaufs, 4. Aufl. 1999, S. 176. 91 Wolf/Dammann Vor § 309 Nr. 8b Rz. 9; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 21; Erman/Roloff § 309 Rz. 87. 92 MünchKomm/Wurmnest Rz. 20. 93 Vgl. jedoch § 309 Nr. 7 Rz. 9 betreffend Schadensersatzregelungen; siehe auch BGHZ 156, 220 = NJW 2004, 681 zur Unwirksamkeit der Freizeichnung für Leistungsstörungen bei Fremdleistungen, wenn die Klausel möglicherweise auch Leistungen umfasst, die Gegenstand einer Pauschalreise sind. 94 Derleder NZBau 2004, 237 (242 f.); a.A. Haas S. 240; Palandt/Sprau Vor § 633 Rz. 3; Palandt/Sprau § 675 Rz. 18 (differenzierend danach, ob das Gebäude bereits fertig gestellt ist); Wolf/Dammann Vor § 309 Nr. 8b Rz. 14–16. 95 BT-Drucks. 14/6857 S. 59. 96 Gebhard MittBayNot 1977, 105; ähnlich Erman/Roloff § 309 Rz. 88; a.A. Brambring NJW 1978, 778; NJW 1987, 97 (103); Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 28. 97 Vgl. BT-Drucks 14/6857 S. 60. 98 OLG Koblenz v. 25.6.2003 – 7 U 1034/01, NJW-RR 2004, 668; OLG Hamm v. 21.2.2006 – 24 U 112/05, NJW-RR 2006, 1164; LG Berlin BauR 2007, 681; OLG Hamm v. 22.12.2011 – 21 U 57/11, IBR 2012, 266.

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rekt Bedeutung für den Leasingvertrag, weil die – grundsätzlich zulässige – Freizeichnung des Leasinggebers durch Abtretung seiner Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten davon abhängig ist, dass die abgetretenen Ansprüche dem Standard des § 309 Nr. 8b genügen; vgl. Teil 2, (30) Leasingverträge Rz. 7. d) Abgrenzung aa) Beschaffenheitsvereinbarungen 29

Alle Einzeltatbestände sowie die Überschrift des § 309 Nr. 8b knüpfen an Mängel des Vertragsgegenstandes an. Sie erfassen daher nicht den Fall, dass AGB – beispielsweise in einer zum Vertragsinhalt gemachten Produktbeschreibung oder Bedienungsanleitung – dessen Beschaffenheit definieren (§§ 434 Abs. 1, 633 Abs. 2) und auf diese Weise ausschließen, dass bestimmte Merkmale als Mängel einzustufen sind. Die Bedeutung derartiger Beschaffenheitsbeschreibungen ist nach Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erheblich gewachsen, da sie – vorbehaltlich des in § 475 Abs. 1 Satz 2 enthaltenen Umgehungsverbots – eine Möglichkeit darstellen, die Anwendung des insoweit zwingenden Gewährleistungsrechts jedenfalls teilweise zu vermeiden99. Dass Beschaffenheitsvereinbarungen in AGB-Klauseln den Schutzweck des § 309 Nr. 8b berühren können, liegt auf der Hand. Teilweise sind leistungsbeschreibende Klauseln jedoch schon gemäß § 307 Abs. 3 von der Inhaltskontrolle ausgenommen (vgl. § 307 Rz. 37 ff.). Im Übrigen gelten insoweit die Überlegungen hinsichtlich pflichtbeschränkender Klauseln (vgl. § 309 Nr. 7 Rz. 30 f.) entsprechend, so dass im Ergebnis die Anwendung des § 309 Nr. 8b ausscheidet. Gemäß § 309 Nr. 8b unzulässig sind allerdings Klauseln, die mangels konkreter Aussagen zur Sachbeschaffenheit einen Gewährleistungsausschluss im Gewande einer Beschaffenheitsvereinbarung darstellen, so etwa bei der Klausel, das verkaufte Neubaugrundstück werde „so geschuldet, wie es stehe und liege“100 oder bei einer als „Sonderangebot ohne Gewähr“ bezeichneten Ware101. Klauseln, die die generellen gesetzlichen Qualitätsanforderungen (z.B.: „mittlerer Art und Güte“) ändern, unterliegen der Kontrolle gemäß § 307. bb) Schadensersatzansprüche/Rücktritt/Beschaffenheitsgarantien/ Sonstige Einschränkungen

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Nach der Neuregelung durch das SMG umfasst die gesetzliche Mängelgewährleistung nun auch im Kaufrecht Ansprüche auf Schadensersatz bei zu vertretender Pflichtverletzung. Da § 309 Nr. 8b insoweit keinen eigenen Kontrollmaßstab enthält, ist die Wirksamkeit entsprechender freizeichnender Klauseln an §§ 309 Nr. 7, 307 zu messen, siehe § 309 Nr. 7 Rz. 1. Dagegen wird das aus einem Mangel abgeleitete Recht auf Rücktritt vom Vertrag (früher: Wandelung) durch § 309 Nr. 8b eigenständig geschützt; ein Konflikt mit § 309 Nr. 8a wird durch eine dort eingefügte Ausnahme vermieden. Der Regelungsgehalt des § 11 Nr. 11 AGBG (Haftung für zugesicherte Eigenschaften; jetzt: Beschaffenheitsgarantie) findet sich in §§ 444, 639 wieder; vgl. Teil 2, (20) Garantieklauseln, Garantieverträge Rz. 6 ff.). Auf Einschränkungen der dem Kunden gesetzlich zustehenden Wahl-

99 Kesseler ZRP 2001, 70 (71); Schubel JuS 2002, 313 (315); Haas S. 283 Rz. 520. 100 Vgl. Kesseler ZRP 2001, 70 (71). 101 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 37.

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rechte zwischen verschiedenen Mängelansprüchen wird im Rahmen der Kommentierung zu § 309 Nr. 8a näher eingegangen, unten Rz. 37. cc) Gebrauchte Sachen/Anwendung gegenüber Unternehmern/ Einkaufsbedingungen Zu Gewährleistungsklauseln in Verträgen über gebrauchte Sachen – innerhalb 31 und außerhalb des Anwendungsbereichs der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf – vgl. Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 2 ff. Auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen gegenüber Unternehmen wird wie üblich am Ende der Kommentierungen zu den jeweiligen Einzelbestimmungen eingegangen; zum Lieferantenregress vgl. Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 10 ff. § 309 Nr. 8b richtet sich seinem Schutzzweck nach ferner nur auf die Kontrolle von Verkäufer-AGB. Zu Klauseln mit umgekehrter Interessenlage (Einkaufsbedingungen) vgl. Teil 2, (17) Einkaufsbedingungen Rz. 5 ff. dd) Insolvenzverwalter als Verwender Das AGB-Recht unterscheidet an keiner Stelle nach besonderen rechtlichen Stellungen der Verwender. Somit besteht kein Grund, den Insolvenzverwalter beim Verkauf neuer Sachen aus der Insolvenzmasse nicht der Regelung des § 309 Nr. 8 zu unterstellen, was insbesondere beim Verkauf neuer Häuser von Bauträgern bedeutsam ist. Sofern die lange Haftung nach § 634a zu vermeintlichen Unzuträglichkeiten führt, bleibt allein der Weg einer Individualvereinbarung102.

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2. Ausschluss und Verweisung auf Dritte (§ 309 Nr. 8b aa) a) Einleitung § 309 Nr. 8b aa baut drei Schranken auf. Die Vorschrift verbietet zunächst den vollständigen Ausschluss der Gewährleistung; das Verbot wird weit ausgelegt und betrifft auch einen auf bestimmte Teilaspekte der tatbestandlichen Voraussetzungen oder Rechtsfolgen der Mängelrechte beschränkten Ausschluss. Die beiden weiteren Schranken befassen sich mit Klauseln, die die Gewährleistung des Verwenders durch abgetretene Gewährleistungsrechte ersetzen wollen. Dies ist nicht in vollem Umfang, sondern nur dann zulässig, wenn die subsidiäre Eigenhaftung des Verwenders erhalten bleibt. Dass die Rechte des Käufers oder Bestellers neuer Sachen nicht vollständig ausgeschlossen werden dürfen, war schon vor Inkrafttreten des AGBG anerkannt; durch § 11 Nr. 10a AGBG wurde der Schutz des Kunden erweitert103. Bei der Überarbeitung der Gesamtvorschrift im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung wurde in § 309 Nr. 8b aa lediglich der Passus „Gewährleistungsansprüche einschließlich etwaiger Nachbesserungs- und Ersatzlieferungsansprüche“ durch „Ansprüche wegen eines Mangels“ ersetzt, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden ist104.

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Einstweilen frei.

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102 Brambring NJW 1987, 97 f.; a.A. Kanzleiter DNotZ 1987, 651 (662): teleologische Reduktion geboten. 103 Zur älteren Rechtsprechung und zur Entstehungsgeschichte des § 11 Nr. 10a AGBG vgl. 11. Aufl. Rz. 34. 104 Vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 158.

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b) Inhalt der Vorschrift aa) Verbot des vollständigen Gewährleistungsausschlusses 35

Dem Wortlaut nach bezieht sich § 309 Nr. 8b aa Alt. 1 nur auf den vollständigen Ausschluss sämtlicher Gewährleistungsansprüche hinsichtlich der Leistung des Verwenders oder einzelner (gegenständlich abgrenzbarer105) Teile hiervon. Zu den geschützten Gewährleistungsrechten gehören nach der Schuldrechtsmodernisierung sowohl im Kauf- wie im Werkvertragsrecht die gesetzlichen Ansprüche (gemäß §§ 437, 634) auf Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung106 sowie Schadens- und Aufwendungsersatz, beim Werkvertrag ferner das Selbstvornahmerecht. Die Norm hätte jedoch nur einen sehr schmalen Anwendungsbereich und ließe sich leicht umgehen, wenn man ihr ausschließlich das Verbot entnehmen würde, dass durch eine Klausel jedes der genannten Gewährleistungsrechte unter allen Umständen ausgeschlossen wird107. Ganz überwiegend wird das Verbot deshalb in weiter Auslegung oder analoger Anwendung dahin verstanden, dass es sich auch auf Klauseln bezieht, die nur in bestimmten Fällen zu einem vollständigen Ausschluss aller Gewährleistungsrechte führen108. Die Wirksamkeit des Ausschlusses nur einzelner Gewährleistungsrechte ist hingegen richtigerweise nicht anhand des § 309 Nr. 8b aa, sondern anhand von § 307 zu prüfen109 (dazu Rz. 37); dies gilt auch für den Fall, dass der Umfang der bestehen bleibenden Mängelrechte beschränkt wird, z.B. durch Begrenzung der Anspruchshöhe110.

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Gemäß § 309 Nr. 8b aa unzulässig sind Klauseln, die in bestimmten tatbestandlichen Fallkonstellationen einen vollständigen Ausschluss der Gewährleistung vorsehen. Ausdrücklich gilt das gemäß § 309 Nr. 8b aa für Klauseln, die die Gewährleistung bezüglich einzelner Neuteile (bei Lieferungen) bzw. einzelner Werkteile von der Gewährleistung ausnehmen. Unwirksam ist auch eine Klausel, die einen bestimmten Mängelbereich von der Haftung voll ausnimmt, so etwa die Einstandspflicht für versteckte111 oder unerhebliche Mängel112. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 8b aa ist weiterhin gegeben, wenn der Verwender nur für verschuldete Mängel einstehen oder seine Haftung auf grob fahrlässig herbeigeführte Mängel beschränken will113, denn die Gewährleistungshaftung ist grundsätzlich verschuldensunabhängig. Ebenso wenig gestattet ist die Beschränkung der Haftung auf den Umfang, in dem der Verwender „mit zweifelsfrei begründe105 Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 15. 106 Das Minderungsrecht wird geschützt, obwohl es sich dabei nicht um einen Anspruch, sondern um ein Gestaltungsrecht handelt, vgl. Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b aa Rz. 5. 107 Gelegentlich kommt dies unzulässigerweise beim Verkauf von „Sonderangeboten“ vor, vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1147. Ein vollständiger Gewährleistungsausschluss liegt auch vor, wenn der Verwender dem Kunden an Stelle der gesetzlichen Gewährleistungsrechte einen sonstigen Vorteil einräumt, etwa den Anspruch auf einen Gutschein. 108 Vgl. die nachfolgenden Rechtsprechungsnachweise sowie allgemein Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b aa Rz. 13; a.A. OLG München NJW 1994, 1661. 109 A.A. (Anwendbarkeit des § 309 Nr. 8b aa auch in diesen Fällen): Staudinger/CoesterWaltjen Rz. 34; Palandt/Grüneberg Rz. 63. 110 A.A. Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b aa Rz. 18. 111 Eine Beschränkung der Haftung für versteckte Mängel „nur im Rahmen der Herstellergarantie“ ist schon nach § 305 Abs. 2 unwirksam (vgl. § 305 Rz. 152a). 112 A.A. Ziegler/Rieder ZIP 2001, 1789 (1795). 113 BGH NJW-RR 1990, 856; OLG München NJW-RR 1988, 336; BGH NJW-RR 1993, 560 (dort aus § 9 AGBG hergeleitet).

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ter Erfolgsaussicht“ Ersatz von dritter Seite erlangt114. Dasselbe gilt für die Beschränkung auf die bei der Übergabe oder Abnahme festgestellten oder die vom Verwender „anerkannten“ Mängel115, denn im Umfang der später auftretenden Mängel bzw. der nicht anerkannten hat sich der Verwender von jeder Gewährleistung befreit. Ein Ausschluss der Gewährleistung für Mängel, die auf die Beschaffenheit der Vorleistungen eines anderen Unternehmers zurückzuführen sind, fällt gleichfalls unter das Verbot des § 309 Nr. 8b aa. Das Erlöschen der Gewährleistung für den Fall, dass an einem Fahrzeug Originalteile durch Teile anderer Herkunft ersetzt werden, muss in dieser Form scheitern, weil der Gewährleistungsausschluss nicht auf die Fälle beschränkt wird, in der der Fehler durch die Fremdteile verursacht wurde116. Gleiches gilt für Freizeichnungen, die daran anknüpfen, dass Nacharbeiten durch Dritthandwerker durchgeführt wurden117. Der Verwender kann seine Gewährleistung auch nicht davon abhängig machen, dass der Kunde die Kaufsache in der Originalverpackung anliefert118. Wirksam ist dagegen der „Ausschluss“ der Gewährleistung für Fehler, die ohnehin keine Mängel darstellen, so bei falscher Bedienung der Kaufsache119. Wird der „Umtausch“ ausgeschlossen, kann dies wegen der Mehrdeutigkeit des Begriffs dazu führen, dass Kunden auch ihre Mängelgewährleistungsansprüche abgeschnitten sehen. Wegen dieser abstrakten Gefährlichkeit der Klausel lässt sie sich im Verfahren nach dem UKlaG beanstanden. Der vom Verwender womöglich nur gewollte Ausschluss der Rückgabe der Ware bei Mangelfreiheit muss sprachlich zum Ausdruck kommen. Werden die Begriffe „Umtausch“ und „Reklamation“ nebeneinander verwendet, wird aus dem Begriffsgegensatz deutlich, dass der Ausschluss des „Umtauschs“ nur die Rückgabemöglichkeit bei Mangelfreiheit umfassen soll120. Klauseln, die zeitliche Beschränkungen der Gewährleistung für andere als Schadensersatzansprüche vorsehen, sind ausschließlich an § 309 Nr. 8b ee, ff, nicht an § 309 Nr. 8b aa zu messen121. Unwirksam können auch Klauseln sein, die bestimmte gesetzliche Rechtsfolgen eines Mangels ausschließen. Dies folgt richtigerweise allerdings nicht aus § 309 Nr. 8b aa, sondern aus § 307 (vgl. Rz. 35). Ob die Gewährleistung auf das Rücktrittsrecht oder die Minderung beschränkt werden kann, wird seit längerem diskutiert122. Allgemein wird angenommen, dass jedenfalls der Rücktritt durch

114 Vgl. BGH NJW 1976, 1934 zum früheren Recht. 115 Ebenso BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 unter XIV 2 a. 116 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 unter X 2. 117 BGH NJW 1980, 831 betr. folgende Klausel im Phono- und Fotohandel: „Die Garantie erlischt sofort nach einem Eingriff oder einer Beschädigung durch den Käufer oder Dritte, nicht zum Betrieb des Verkäufers gehörende Personen.“ Ebenso OLG Karlsruhe ZIP 1983, 1091. 118 So mit Recht Drygala NJW 1993, 359. 119 BGH NJW 1993, 657 (658); zust. Tiedtke EWiR 1993, 315; siehe auch BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 unter XI. Sofern ein Verbrauchsgüterkauf vorliegt, muss allerdings darauf geachtet werden, dass durch die Formulierung nicht die Beweislastumkehr gemäß § 476 eingeschränkt wird. 120 Vgl. OLG Stuttgart BB 1984, 2218 sowie Muscheler BB 1986, 2279 und Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 24. 121 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b aa Rz. 26; a.A. Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 36. 122 Offen gelassen in BGH NJW-RR 1990, 1141 mit ausführlicher Übersicht über den Meinungsstand.

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AGB nicht vollständig ausgeschlossen werden kann123. Dem ist zuzustimmen, obwohl das Rücktrittsrecht bei Mängeln damit über die Regelung in § 309 Nr. 8a hinaus (nämlich unabhängig vom Vertretenmüssen) geschützt wird. Als Grund hierfür lässt sich anführen, dass in den Standardfällen der Unmöglichkeit und des Verzuges der grundlegende Schutz des anderen Vertragsteils regelmäßig bereits durch § 320 bewirkt wird, während der Empfänger einer mangelhaften Leistung ein verstärktes Interesse daran hat, an der für ihn häufig wertlosen Teilerfüllung nicht festgehalten zu werden. Die in § 309 Nr. 8b bb enthaltene Ausnahme für das Verbot des Rücktrittsausschlusses bei Bauleistungen muss allerdings auch für § 309 Nr. 8b aa bzw. § 307 gelten124. Umstritten ist, ob auch der formularmäßige Ausschluss des Rechts auf Minderung (bei Erhalt des Rücktrittsrechts) unzulässig ist125. Dagegen spricht, dass dem Kunden durch das Rücktrittsrecht ein im Regelfall ausreichender Schutz bereitgestellt wird. Das Risiko, dass wegen eines gesetzlichen Rücktrittsausschlusses das verbliebene Gewährleistungsrecht dem Kunden nicht weiterhilft, ist durch den Wegfall der §§ 350 ff. a.F. und die flexible Gestaltung der Wertersatzregeln (vgl. § 346 Abs. 3) gebannt worden. Die hier vertretene Auslegung führt auch nicht zu einem Wertungswiderspruch im Verhältnis zu § 309 Nr. 8b bb. Jene Vorschrift ordnet nämlich den Erhalt der Minderung neben dem Rücktritt nur für den Fall an, dass auch das Rücktrittsrecht dem Kunden nicht vollständig, sondern nur bei Fehlschlagen der Nacherfüllung gewährt wird, vgl. Rz. 48. Ein Ausschluss der Nacherfüllung in AGB kommt selten vor, da das Interesse des Verwenders in aller Regel darauf gerichtet ist, durch erfolgreiche Nacherfüllung sonstige Gewährleistungspflichten abzuwenden. Der Ausschluss dieses Rechts wird teilweise als zulässig angesehen, da der Kunde durch seine sonstigen Gewährleistungsrechte ausreichend geschützt werde126. Dies steht allerdings in Kontrast zu einer gefestigten werkvertragsrechtlichen BGH-Rechtsprechung, wonach selbst im Rechtsverkehr zwischen Unternehmen dem Kunden neben dem (ggf. subsidiären) Rücktrittsrecht auch ein Mängelbeseitigungsrecht verbleiben muss127. Aus dem Rechtsgedanken des § 309 Nr. 8b bb folgt allerdings, dass Beschränkungen des Nacherfüllungsrechts auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung möglich sind, vgl. Rz. 49. Auch das Selbstbeseitigungsrecht gemäß § 637 wird als im Kern unentziehbar eingestuft128. Nach der Schuldrechtsreform müssen diese Überlegungen auch im Kaufrecht gelten. Dass mängelbedingte Schadensersatzansprüche nicht vollständig ausgeschlossen werden können, ergibt sich aus § 309 Nr. 7 sowie ergänzend aus § 307; siehe näher § 309 Nr. 7 Rz. 32 ff.; auch § 309 Nr. 7 Rz. 10 zum Aufwendungsersatzanspruch. Unzulässig sind ferner Klauseln, die das nach 123 So (sogar) für den kaufmännischen Geschäftsverkehr: BGH NJW 1981, 1501 unter II 2 a; NJW 1991, 2630 unter II 5; NJW 1993, 2436 unter III 1; siehe auch BGH NZM 2006, 778 Rz. 38 (zu § 9 AGBG); OLG Köln NJW 1988, 2477; OLG Celle v. 10.5.2007 – 5 U 164/04, OLGR 2007, 503; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 34; MünchKomm/Wurmnest Rz. 24; Palandt/Grüneberg Rz. 63; AnwKomm/Kollmann Rz. 122. 124 Erman/Roloff § 309 Rz. 100 mit krit. Anm. zur Gesetzessystematik. 125 So Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 34; Soergel/Stein, 12. Aufl. 1991, § 11 AGBG Rz. 97; a.A. OLG München NJW 1994, 1661; MünchKomm/Wurmnest Rz. 24; Palandt/Grüneberg Rz. 63; Erman/Roloff § 309 Rz. 91; AnwKomm/Kollmann Rz. 122; der Tendenz nach auch BGH NJW-RR 1990, 1141. 126 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 34; wohl auch Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b cc Rz. 4; differenzierend Erman/Roloff § 309 Rz. 91. 127 BGH NJW 1979, 2095; NJW-RR 1993, 560 (561), jeweils m.w.N.; vgl. auch Staudinger/ Peters/Jacoby § 639 Rz. 63. 128 Staudinger/Peters/Jacoby § 639 Rz. 64.

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den gesetzlichen Vorschriften dem Kunden zustehende Wahlrecht zwischen den vorgenannten Mängelrechten dem Verwender zuweisen129. Da nämlich – mit Ausnahme der Minderung, siehe oben – keines der gesetzlichen Mängelrechte ausschließbar ist, führt jedes Wahlrecht des Verwenders dazu, dass der Kunde mindestens eines der nicht ausschließbaren Rechte nur noch in Abhängigkeit von der Mitwirkung des Verwenders geltend machen kann; dies steht einem Ausschluss gleich. Wirksam ist dagegen eine Klausel, mit der sich der Verwender das Wahlrecht zwischen den beiden Varianten der Nacherfüllung (Nachlieferung und Nachbesserung) vorbehält130. Die entgegengesetzte Regelung in § 439 verfolgt keinen durch § 307 Abs. 2 Nr. 1 geschützten Gerechtigkeitsgedanken, da die über die Umsetzung der Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hinausgehende Erweiterung auf alle Kaufverträge lediglich dazu diente, die Einheitlichkeit des Kaufrechts zu sichern131. Deutlich wird dies insbesondere auch durch die abweichende Bestimmung in § 635 Abs. 1. In der Sache ist die Ausübung des Wahlrechts durch den Verwender zweckmäßig, da dieser im Regelfall besser als der andere Vertragsteil beurteilen kann, mit welchen Mitteln eine Nacherfüllung erfolgreich durchgeführt werden kann. Der Verwender darf sich allerdings keine unangemessen lange Erklärungsfrist für die Ausübung des Wahlrechts vorbehalten. bb) Keine Gewährleistung durch bloße Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte Die zweite Alternative des § 309 Nr. 8b aa hat lediglich klarstellende Bedeutung132. Sie macht deutlich, dass die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte einem unzulässigen Gewährleistungsausschluss nicht zur Wirksamkeit verhilft. Die Vorschrift beruht auf dem Grundgedanken, dass dem Kunden regelmäßig nicht zugemutet werden kann, seine Ansprüche gegen solche Personen durchzusetzen, die er nicht kennt und auf deren Auswahl er keinen Einfluss nehmen kann133. Bereits vor dem Inkrafttreten des AGBG hatte die Rechtsprechung die im Bereich der Bauträger verbreitete volle Beseitigung der Eigenhaftung des Verwenders dadurch abgemildert, dass der Verwender zu haften hatte, wenn die Dritthaftung fehlschlug134. Heute sind Klauseln jener Art kaum mehr zu finden135.

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Unzulässig ist (bei Abtretung der Ansprüche gegen Dritte) nicht nur der vollständige Ausschluss der Eigengewährleistung, sondern auch eine teilweise Freistellung, indem nur unter bestimmten tatbestandlichen Voraussetzungen gehaftet wird; insoweit ist auf die Ausführungen zu den Rz. 34, 35 zu verweisen136. Verkürzungen, die darin bestehen, dass gegen den Verwender nur ein subsidiärer

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129 MünchKomm/Wurmnest Rz. 24; Soergel/Stein, 12. Aufl. 1991, § 11 AGBG Rz. 97. 130 Dies gilt nur außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs; zum Lieferantenregress vgl. Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 10 ff. 131 Haas S. 201; Koch WM 2002, 2173 (2220); a.A. von Westphalen/Thüsing/LehmannRichter Vertragsrecht (Mängelrechte in Kauf- und Werkverträgen) Rz. 27. 132 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b aa Rz. 31. 133 Eine ähnliche Überlegung liegt § 309 Nr. 10 zugrunde. 134 BGH NJW 1974, 1135. 135 Zur Abtretbarkeit von Gewährleistungsansprüchen vgl. BGH NJW 1985, 2822. 136 Vgl. ferner OLG Frankfurt NJW 1984, 2586 zur Unwirksamkeit einer Klausel, durch die entgegen § 309 Nr. 8b ff die Gewährleistungsfristen bei gleichzeitiger Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte verkürzt wurden.

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Anspruch eingeräumt wird, können dagegen entsprechend der 3. Alternative der Norm zulässig sein. Nicht anwendbar ist § 309 Nr. 8b aa Alt. 2 auf Freistellungsklauseln, in denen auf die Haftung eines anderen verwiesen wird, der Partei des Hauptvertrages und damit nicht „Dritter“ ist137. Solche Klauseln sind nach § 307 zu beurteilen. Ist eine Klausel wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 8b aa unwirksam, kann die Abtretung der Gewährleistungsansprüche gegen den Dritten gleichwohl gemäß § 306 Abs. 1 wirksam bleiben. cc) Eingeschränktes Verbot der nur subsidiären Eigenhaftung 40

Der Verwender darf, um seiner Eigenhaftung (vorerst) zu entgehen, den Kunden zwar an den als gewährleistungspflichtig bezeichneten Dritten verweisen; er darf den Eintritt seiner subsidiären Eigenhaftung indes nicht auch noch davon abhängig machen, dass der Kunde gegen den Dritten gerichtlich vorgehen muss. Als „gerichtliches“ Vorgehen sind dabei auch der Zwang zur Einleitung des Mahnverfahrens oder zur Anrufung eines Schiedsgerichts anzusehen138. Die Rechtsprechung beugt einer zu weit gehenden Einschränkung der Kundenrechte dadurch vor, dass sie relativ hohe Anforderungen an die Klauselgestaltung stellt, Subsidiaritätsklauseln einschränkend auslegt und darüber hinaus die Wirksamkeit der Freistellung im Einzelfall von strengen Voraussetzungen abhängig macht. Die AGB müssen zunächst textlich klarstellen, dass der Kunde von der gerichtlichen Verfolgung freigestellt ist. Nicht ausreichend sind Klauseln, die das Wiederaufleben der Haftung des Verwenders davon abhängig machen, dass die Ansprüche gegen den Dritten nicht „durchsetzbar“ sind, da dieses Wort die Pflicht zur gerichtlichen Geltendmachung suggeriert139. Dagegen muss die Klausel weder rechtliche Details des Anspruches gegen den Dritten noch die Mitwirkungspflichten des Verwenders oder die Voraussetzungen für das Eingreifen der subsidiären Haftung im Einzelnen aufführen140. Beim Bauträgervertrag sind Subsidiaritätsklauseln grundsätzlich auch dann gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 unwirksam, wenn sie die Anforderungen des § 309 Nr. 8b aa einhalten, da sie den für diesen Vertragstyp wesentlichen Vorteil, dass sich der Kunde mit seinen Anliegen an den Generalunternehmer halten kann, beseitigen141. Dazu näher Teil 2, (11) Bauträgerverträge Rz. 6.

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Wirksame Subsidiaritätsklauseln sind einschränkend auszulegen. Die vor und bei der Abnahme festgestellten Mängel fallen im Zweifel nicht unter die Subsidiarität der Gewährleistungspflicht des Verwenders, und eine Abtretung von Ansprüchen „gegen die am Bau beteiligten Bauunternehmer, Bauhandwerker und sonstige Dritte“ erfasst im Zweifel nicht Ansprüche gegen den planenden oder die Bauaufsicht führenden Architekten142. Macht der Verwender seine Gewährleistungspflicht von der vorherigen Inanspruchnahme Dritter abhängig, kann das keinen Einfluss haben auf das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts des Kunden gegen den Verwender nach § 309 Nr. 2 wegen Mängeln. Das folgt da137 Vgl. OLG München NJW-RR 1988, 336 (Haftungsbeschränkung eines Architekten auf den Umfang, in dem er im Verhältnis zu anderen Baubeteiligten als Gesamtschuldner haftet). 138 Erman/Roloff § 309 Rz. 95. 139 Vgl. BGH NJW 1995, 1675 m. Anm. Hensen EWiR 1995, 3359; BGH NJW 1998, 904; Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b aa Rz. 46. 140 Vgl. BGH NJW-RR 1991, 342. 141 BGH v. 21.3.2002 – VII ZR 493/00, BGHZ 150, 226 = NJW 2002, 2470. 142 BGH NJW 1978, 634.

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raus, dass der Verwender dem Kunden hilfsweise gewährleistungspflichtig bleibt143, und ist entgegen dem BGH144 nicht auf den Fall zu beschränken, dass der Verwender gegenüber dem Dritten Einbehalte gemacht hat. Die Haftung des Verwenders bleibt trotz grundsätzlicher Wirksamkeit einer Subsidiaritätsklausel im Einzelfall bestehen, soweit die Inanspruchnahme des Dritten nicht möglich oder unangemessen erschwert ist. Dies ist zunächst dann zu bejahen, wenn der Dritte für den konkreten Gewährleistungsfall nicht haftet, es sich beispielsweise nicht um einen Ausführungs-, sondern einen Planungsfehler handelt, für den allein der Verwender die Verantwortung trägt145 oder die Ansprüche gegen den Dritten bereits verjährt sind146. Gleiches gilt, wenn der Dritte in Vermögensverfall geraten147 oder für den Kunden nicht mit zumutbarem Aufwand erreichbar ist. Der Verwender ist in diesem Zusammenhang gehalten, den oder die gewährleistungspflichtigen Dritten unter Angabe der vollen Anschrift zu benennen148 und sämtliche Verträge vorzulegen149 sowie deren Abrechnungsstand mitzuteilen, damit der Kunde abschätzen kann, ob ein Vorgehen gegen die Dritten Erfolg verspricht150. Ist der Dritte unter der vom Verwender angegebenen Anschrift nicht erreichbar, tritt dessen subsidiäre Haftung ein. Gleiches gilt, wenn der Verwender nicht mitteilen kann, worin die Schadensursache liegt oder wer von mehreren Dritten (z.B. Handwerkern) dafür verantwortlich ist. Es ist nicht Sache des Kunden, in möglicherweise kostspieligen und zeitraubenden Untersuchungen den in erster Linie Verantwortlichen zu ermitteln151. Die Verwenderhaftung lebt wieder auf, wenn der Kunde auf Grund der Reaktion des Dritten davon ausgehen muss, dass dieser nur im Klagewege zur Gewährleistung zu bewegen ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Kunde von dem Dritten mit Nachdruck und mit angemessener Fristsetzung Gewährleistung verlangt hat. Wenn der Dritte darauf nicht erwidert, mit schlüssigem Vortrag seine Gewährleistung ablehnt oder deswegen verweigert, weil der Verwender fällige Vergütungsansprüche nicht beglichen hat, tritt die subsidiäre Haftung des Verwenders ein. Eine nähere Auseinandersetzung mit den vom Dritten genannten Gründen für seine Leistungsverweigerung ist dem Kunden nicht zuzumuten; im Einzelfall wird man ihm aber ansinnen können, sich mit dem Gegenvorbringen des Verwenders ein weiteres Mal an den Dritten zu wenden152.

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Der Veräußerer wird von seiner subsidiären Haftung endgültig frei, wenn der Dritte die Nachbesserungsansprüche des Kunden erfüllt. Gleiches gilt, wenn der

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143 Köbl DNotZ 1973, 389; RGRK/Glanzmann Anh. zu §§ 633–635 Rz. 100; Erman/Roloff § 309 Rz. 95. 144 BGHZ 70, 193 = NJW 1978, 634; dazu näher Diedrich BauR 1978, 344. 145 MünchKomm/Wurmnest Rz. 29; vgl. BGH NJW 1973, 1235. 146 BGH NJW 1982, 169. 147 MünchKomm/Wurmnest Rz. 30. 148 Hat sich der Dritte seinerseits durch Abtretung von Ansprüchen gegen Subunternehmer von seiner unmittelbaren Einstandspflicht befreit, wird man die Auskunftspflicht auf die Benennung der tatsächlich gewährpflichtigen Subunternehmer erstrecken müssen. 149 OLG Düsseldorf MDR 1999, 33; OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 467 = ZIP 1989, 426. 150 § 402; BGH NJW-RR 1991, 342 = BB 1991, 233; BGH NJW-RR 1989, 467 = ZIP 1989, 426; BGH NJW 1984, 2094 unter 5; NJW 1980, 282. 151 BGH NJW 1980, 282. 152 Vgl. auch RGRK/Glanzmann Anh. zu §§ 633–635 Rz. 100; Dietlein/Rebmann § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 5.

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Kunde durch eigenes Fehlverhalten verhindert, dass der Dritte erfolgreich in Anspruch genommen werden kann. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Anspruch gegen den Dritten aus alleinigem Verschulden des Kunden und Zessionars verjährt153. c) Gewährleistung und Haltbarkeitsgarantie 44

In vielen Branchen ist es üblich, dass neben der gesetzlichen oder vertraglich ausgestalteten Haftung des Verkäufers oder Unternehmers eine sog. unselbständige, zeitlich begrenzte Garantie auf die Haltbarkeit der verkauften oder verwendeten Ware oder der Werkleistung gewährt wird, und zwar bei verkauften Waren vom Hersteller154. Eine Garantie stellt den Verkäufer/Unternehmer aber weder von seiner Gewährleistung frei noch tritt diese grundsätzlich hinter die Garantie zurück. Die Garantie wird näher im Teil 2, (20) Garantieklauseln, Garantieverträge Rz. 1 ff. dargestellt. Ein Fall des § 309 Nr. 8b aa liegt nur vor, wenn der Verkäufer oder Unternehmer den Kunden wegen dessen Gewährleistungsansprüchen allein an den Dritten, regelmäßig den Hersteller, verweist, seine eigenen Verpflichtungen also durch Einräumung von sog. Garantien seitens Dritter ersetzen will155. Ihrem Rechtsgedanken nach ist die Vorschrift dabei auch anwendbar, wenn die Klausel nicht den Verwender freistellt, sondern die Freistellung des Verkäufers in dem zwischen dem Hersteller – vertreten durch den Verkäufer – und dem Käufer geschlossenen Garantievertrag enthalten ist. Einerlei ist ferner, ob der Dritte dem Kunden unmittelbar Ansprüche einräumt oder ob der Verwender Ansprüche gegen einen Dritten abtritt. In der Praxis scheitert die Ingangsetzung der nur subsidiären Eigenhaftung des Verwenders – sofern sie wirklich gewollt ist – oft daran, dass auf die „Ansprüche im Rahmen der Garantie des Herstellers“ verwiesen wird, diese Rechte also nicht näher bezeichnet werden, so dass die Klausel schon § 305 Abs. 2 nicht genügt, weil ihr Regelungsgehalt nicht verstanden werden kann156. d) Beweislast

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Im Individualrechtsstreit muss der Kunde beweisen, dass er sich außergerichtlich ernsthaft, mit zumutbaren Anstrengungen um die Durchsetzung der Ansprüche gegenüber dem Dritten bemüht hat. Ihn trifft auch die Beweislast dafür, dass die in Rz. 42 dargestellten Voraussetzungen vorliegen, unter denen der Kunde auf ein Vorgehen gegen den Dritten verzichten und sogleich den Verwender in Anspruch nehmen durfte157. e) Verträge mit Unternehmern

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Bedeutung und Gerechtigkeitsgehalt der Bestimmungen über die Mängelgewährleistung (vgl. Rz. 18) sprechen dafür, den Kerngehalt dieser Regelungen

153 BGH NJW-RR 1991, 342 = BB 1991, 233. 154 BGH v. 12.11.1980 – VIII ZR 293/79, BGHZ 78, 369 = NJW 1981, 275 m. umfangreichen Nachw.; jetzt § 443. 155 Unklar insoweit LG Bonn v. 23.2.2011 – 5 S 255/10, DAR 2011, 529. 156 Zur Gewährleistungsfreistellung in Garantiebedingungen vgl. im Übrigen BGH v. 10.12.1980 – VIII ZR 295/79, BGHZ 79, 117 = NJW 1981, 867; OLG München NJW-RR 1986, 604 = EWiR 1986, 327 (Hensen); OLG Zweibrücken MDR 1998, 28. 157 Baumgärtel/Schmidt-Eichhorn § 309 Nr. 8 Rz. 6.

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auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu schützen158. Ein von der deutschen Wirtschaft gebildeter Gutachterausschuss für Allgemeine Geschäftsbedingungen hat wiederholt ausgesprochen159, dass der Kunde im Falle der Mangelhaftigkeit der Ware oder Leistung nicht rechtlos gestellt werden dürfe. Auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern kann deshalb ein vollständiger Gewährleistungsausschluss – sei es bezüglich der ganzen Sache oder Leistung, sei es bezüglich einzelner Teile – nicht formularmäßig ausbedungen werden160. Unzulässig ist im unternehmerischen Geschäftsverkehr auch ein unter bestimmten tatbestandlichen Voraussetzungen eingreifender Gewährleistungsausschluss (Rz. 36), so etwa, wenn der Verwender nur bei anerkannten161 oder von ihm verschuldeten Mängeln162 haften will. Auch die Gewährleistung für bestimmte Mängelarten163 oder bei bestimmungsgemäßer Be- und Verarbeitung der Ware164 kann gegenüber Unternehmern nicht ausgeschlossen werden. Klauseln, die lediglich einzelne gesetzliche Rechtsfolgen von Mängeln ausschließen (vgl. Rz. 37), sind im unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht grundsätzlich unzulässig. Auch insoweit ist jedoch das Verbot des vollständigen Ausschlusses des Rücktrittsrechts165 und des Nacherfüllungsrechts166 zu beachten, so dass die verbleibenden Spielräume nicht groß sind. Soweit der Vertragsgegenstand letztlich an einen Verbraucher verkauft wird, ergeben sich weitere Beschränkungen durch die halbzwingenden Vorschriften über den Lieferantenregress. Möglich bleiben danach pauschalierte Abrechnungssysteme, die einen i.S.d. § 478 Abs. 4 „gleichwertigen Ausgleich“ für Freizeichnungen bieten; näher Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 10. Die volle Ersetzung der Eigenhaftung durch Abtretung von Ansprüchen gegen Dritte ist auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht unproblematisch. Das zu schützende Äquivalenzinteresse des Kunden wird gefährdet, wenn er lediglich auf Ansprüche gegen Dritte zurückgreifen kann, die wegen deren Insolvenz, Unauffindbarkeit, wegen rechtlicher Einschränkungen oder bestehender Gegenrechte nicht werthaltig sind167. Man wird eine solche Freistellung im Einzelfall akzeptieren können, wenn auf Grund der geschäftlichen Beziehungen aller Beteiligten (z.B. im Rahmen eines gemeinsamen Bauvorhabens) die Risiken für den Kunden hinreichend transparent sind und ihm eine insgesamt substantielle Gewährleistung geboten wird. Soweit eine vollständige Freistellung des Verwenders wirksam ist, kann es gleichwohl gegen Treu und Glauben versto-

158 Einschränkend (keine Indizwirkung): Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b aa Rz. 72. 159 Gutachten zu allgemeinen Geschäftsbedingungen im kaufmännischen Geschäftsverkehr; siehe zuletzt Gutachtenband 1/1974 – 2/1983 S. 98. 160 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 unter X 2. Abweichende Handelsbräuche – z.B. die „Tegernseer Gebräuche“ im Holzhandel – sind denkbar, vgl. auch § 307 Rz. 143. 161 BGH v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = NJW 1994, 1060 unter X 2. 162 BGH NJW-RR 1990, 856 (Architekt als Verwender). 163 AG Köpenick NJW 1996, 1005 (1006) (Druckfehler beim Anzeigenvertrag). 164 BGH NJW 1996, 1537 unter II 3 a. 165 BGH NJW 1981, 1501 unter II 2 a; BGH NJW 1991, 2630 unter II 5; BGH NJW 1993, 2436 unter III 1. Vgl. auch BGH NJW 1991, 2630 (2632); dazu Harry Schmidt EWiR 1991, 739; soweit die Entscheidung die Wandelung auch in ihren über das Rücktrittsrecht hinausgehenden Rechtsfolgen schützt, spielt dies nach der Angleichung der Rechtsinstitute keine Rolle mehr. 166 BGH NJW 1979, 2095; NJW-RR 1993, 560 (561), jeweils m.w.N. 167 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 53; Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b aa Rz. 79.

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ßen, wenn er sich auf seine AGB beruft168. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Verwender seinen Mitwirkungspflichten gegenüber dem Kunden (vgl. Rz. 42) nicht nachkommt oder seine Pflichten aus dem Vertragsverhältnis zu dem Dritten verletzt und diesem dadurch ermöglicht, die Gewährleistung zu verweigern. Unproblematisch ist es im Regelfall, wenn im unternehmerischen Geschäftsverkehr die Haftung des Verwenders von der vorherigen gerichtlichen Inanspruchnahme eines Dritten abhängig gemacht wird. Auf Grund der Geschäftserfahrung unternehmerischer Kunden ist es diesen zumutbar, ihre Ansprüche gegen Dritte gerichtlich durchzusetzen169.

3. Beschränkung auf Nacherfüllung (§ 309 Nr. 8b bb) a) Normzweck und Entstehungsgeschichte 48

Die erhebliche Bedeutung der in § 11 Nr. 10b AGBG enthaltenen Vorgängervorschrift des § 309 Nr. 8b bb beruhte auf dem Umstand, dass das Kaufvertragsrecht keinen Nacherfüllungsanspruch des Käufers vorsah, eine solche Verpflichtung unter gänzlichem oder teilweisem Ausschluss der gesetzlichen Mängelrechte (Wandelung und Minderung) jedoch vielfach in AGB vereinbart wurde. § 11 Nr. 10b AGBG hatte in erster Linie diese Konstellation im Auge und gab insoweit für die Rechtsgestaltung Leitlinien vor170. Inzwischen ist jedoch das Nacherfüllungsrecht im Zuge der Schuldrechtsreform zum primären gesetzlichen Mängelanspruch auch beim Kauf geworden. Rücktritt und Minderung sind nach jetzigem Kaufrecht grundsätzlich von einer Fristsetzung abhängig (§§ 437 Nr. 2, 440, 323, 441), also schon von Gesetzes wegen gegenüber dem Nacherfüllungsrecht subsidiär. Der Regelungszweck des § 309 Nr. 8b bb beschränkt sich damit im Wesentlichen auf die Beantwortung der Frage, inwieweit die durch die Vorschrift geschützten Rechte auf Rücktritt und Minderung durch AGB noch weiter gehend zurückgedrängt werden können. Dies ist nur bis zur Grenze des Fehlschlagens der Nacherfüllung möglich, beim Verbrauchsgüterkauf überhaupt nicht. Für diesen Fall können die Rechte auf Rücktritt und Minderung und das insoweit bestehende Wahlrecht des Kunden nicht ausgeschlossen werden. Ferner ist der Norm die Aussage zu entnehmen, dass das primäre Nacherfüllungsrecht grundsätzlich auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung, nicht jedoch weiter gehend beschränkt werden darf (Rz. 37).

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Dass der Verwender den Eintritt des Rücktritts- oder Minderungsrechts von einem Fehlschlagen einer bestimmten Form der Nacherfüllung abhängig machen kann, bedeutet eine gewisse – allerdings auch außerhalb der Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs nicht sehr große – Gestaltungsmöglichkeit171. Die Beschränkung auf das Fehlschlagen der Nacherfüllung wirkt sich in erster Linie aus, wenn der Verwender innerhalb einer vom Kunden gesetzten angemessenen

168 Vgl. dazu z.B. BGH NJW 1980, 282; BGH NJW 1982, 169. 169 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 54; Wolf/Dammmann § 309 Nr. 8b aa Rz. 79. 170 Zur älteren Rechtsprechung und zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift vgl. 11. Aufl. Rz. 48. 171 Vgl. Staudinger/Peters/Jacoby § 639 Rz. 41 zum Fehlen eines erheblichen Gestaltungsspielraums im früheren Werkvertragsrecht; Gleiches gilt jetzt auch im Kaufrecht. Nicht zu folgen ist jedoch der dort vertretenen Auffassung, es sei für das Ergebnis völlig bedeutungslos, ob sich der Verwender die Mühe mit der Formulierung einer den Anforderungen des § 309 Nr. 8b bb genügenden Klausel mache.

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Frist zur Herbeiführung des Nacherfüllungserfolges172 einen erfolglosen Nacherfüllungsversuch vorgenommen hat. In dieser Lage ist trotz Vorliegens der gesetzlichen Rücktritts- und Minderungsvoraussetzungen die Nacherfüllung nicht notwendig fehlgeschlagen (vgl. § 440 Satz 2), der Verwender kann also bei entsprechender AGB-Regelung ggf. einen weiteren Nacherfüllungsversuch unternehmen. Nimmt der Verwender den vorgenannten Gestaltungsspielraum wahr, erkauft er dies mit dem Nachteil, dass er dem Kunden bei Fehlschlagen der Nacherfüllung nicht nur das – ohnedies nicht dispositive (Rz. 37) – Rücktrittsrecht, sondern nach dessen Wahl auch das grundsätzlich abdingbare (str., vgl. Rz. 37) Minderungsrecht einräumen muss. Einstweilen frei.

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Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurde die Vorschrift terminolo- 51 gisch an das neue Schuldrecht angepasst. Die an zwei Stellen erfolgte Ersetzung des Ausdrucks „Nachbesserung oder Ersatzlieferung“ durch „Nacherfüllung“ wirft allerdings eine inhaltliche Frage auf: Da aus der früheren Fassung der Vorschrift einerseits der Schluss gezogen wurde, der Verwender könne sich auf die Bereitstellung zunächst eines dieser Rechte beschränken und müsse andererseits schon bei Scheitern einer der Nacherfüllungsformen die subsidiär geschützten Rechte bereitstellen173, könnte man meinen, dass der Gesetzgeber insoweit eine Änderung habe herbeiführen wollen. Dagegen spricht jedoch schon der Wortlaut der Norm, der nur die Bereitstellung eines Rechts zur Nacherfüllung verlangt174, vor allem aber die Gesetzesbegründung, die ausdrücklich auf eine rein „redaktionelle Anpassung“175 verweist176. Dass des Weiteren die Formulierungen „Herabsetzung der Vergütung (zu verlangen)“ und „Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen“ durch „zu mindern“ und „zurückzutreten“ ersetzt wurden, dient der Klarstellung, dass es sich insoweit jetzt um Gestaltungsrechte, nicht mehr um Ansprüche handelt. Offenbar übersehen wurde, dass die alten Formulierungen auch den Zweck hatten, den Verwender zu einer allgemein verständlichen Umschreibung der gesetzlichen Rechte in der Klausel zu zwingen; zu den Folgerungen hieraus vgl. Rz. 57. b) Inhalt der Vorschrift aa) Beschränkung der Gewährleistung auf Nacherfüllung § 309 Nr. 8b bb ist anwendbar auf AGB, die die gesetzlichen Gewährleistungsrechte des Kunden auf ein Nacherfüllungsrecht beschränken. Die Norm betrifft keine Klauseln, die die gesetzlichen Rechte nicht berühren, also etwa nur eine zusätzlich übernommene Garantie einschränken177. Die Gesetzesformulierung ist entgegen ihrem Wortlaut nicht dahin zu verstehen, dass schon der Erhalt irgendeines weiteren gesetzlichen Mängelrechts (also Minderung, Rücktritt, Schadensersatz, Aufwendungsersatz oder Selbstvornahme) die Anwendbarkeit der 172 Sog. „Vornahmefrist“, vgl. MünchKomm/Ernst § 323 Rz. 251. 173 Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 33 (35); aus der Rechtsprechung vgl. OLG Frankfurt v. 9.10.2001 – 1 U 70/00, OLGR 2002, 39. 174 AnwKomm/Kollmann Rz. 133. 175 BT-Drucks. 14/6040 S. 158. 176 Ebenso Zahn DB 2002, 985 (989); Palandt/Grüneberg Rz. 68. 177 A.A. OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 824. Dass ausschließlich die Garantie beschränkt wird, muss aus der Klausel hinreichend deutlich hervorgehen; vgl. näher Teil 2, (20) Garantieklauseln, Garantieverträge Rz. 2, 5.

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Vorschrift ausschließt178. Der Gesetzgeber hatte bei Abfassung der Norm nämlich im Wesentlichen das Kaufrecht im Blick, bei dem die in der Klausel erwähnten Rechte Wandelung und Minderung neben der gesondert in § 11 Nr. 11 AGBG geregelten Eigenschaftszusicherung die seinerzeit einzigen gesetzlichen Gewährleistungsrechte darstellten. Diese Rechte – insbesondere das wichtige Wandelungsrecht – wollte der Gesetzgeber unabhängig von etwa sonst noch bestehen bleibenden Rechten schützen (allg. Meinung, siehe oben Rz. 37). Die Anwendbarkeit des § 309 Nr. 8b bb kann deshalb nur dann verneint werden, wenn neben der Nacherfüllung mindestens noch das Rücktrittsrecht im gesetzlichen Umfang (also nicht subsidiär) bestehen bleibt. Eine Beschränkung auf ein Nacherfüllungsrecht liegt nach dem Wortlaut der Vorschrift auch vor, wenn sie nur im Hinblick auf Teile der Vertragsleistung (z.B. Mängel des Motors bei einem verkauften Kfz) angeordnet wird. Ist in Architekten-AGB ein Selbstvornahmerecht für Mängelbeseitigungsmaßnahmen vorgesehen, hängt die Anwendbarkeit des § 309 Nr. 8b bb von der Auslegung der Klausel ab, und zwar von der Frage, ob man hierin – zutreffend – einen konkludenten Ausschluss von Rücktritt und Minderung oder lediglich die Einräumung eines Rechts zur Naturalrestitution im Rahmen des Schadensersatzanspruches erblickt179. 53

Die von § 309 Nr. 8b bb zugelassene Beschränkung der primären Mängelrechte auf Nacherfüllung (genauer: Nachbesserung oder Ersatzlieferung, vgl. Rz. 51) enthält ferner die Aussage, dass weiter gehende substantielle Beschränkungen des Nacherfüllungsrechts (z.B. ein Verschuldenserfordernis) die nur subsidiäre Einräumung des Rücktritts und der Minderung auch dann unzulässig machen, wenn diese als solche in Übereinstimmung mit der Vorschrift erfolgt180. Unwesentliche Beeinträchtigungen wird man dagegen hinnehmen können. Dies gilt beispielsweise für die Vereinbarung einer Form hinsichtlich der – an sich formfrei möglichen – Nacherfüllungsaufforderung, auch für eine Nacherfüllungsfrist, die allerdings im Übrigen den Anforderungen des § 308 Nr. 1 genügen muss181. Vereinbart werden kann auch, dass das – an sich fortbestehende, sogar klagbare – Nacherfüllungsrecht mit Fehlschlagen der Nachbesserung erlischt.

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Fraglich ist, ob dem Kunden als Teil des Nacherfüllungsrechts auch ein Selbstvornahmerecht analog § 637 erhalten bleibt. Früher wurde dies allgemein bejaht, da bei Fehlen einer gegenteiligen Regelung in den AGB davon auszugehen sei, dass der Verwender mit der Bereitstellung einer an den werkvertraglichen Vorschriften orientierten Gewährleistung zugleich auch die spezifisch werkvertraglichen Durchsetzungsmöglichkeiten für dessen Nacherfüllungsrecht einräumen wolle182. Dieser Argumentation ist jedenfalls für das Kaufrecht nicht mehr zu folgen, da das SMG eine dem § 637 entsprechende Regelung im Recht der Mängelgewährleistung beim Kauf nicht vorgesehen hat183.

178 A.A. MünchKomm/Wurmnest Rz. 35 – dort im Hinblick auf Schadensersatzersatzansprüche jedoch beschränkt auf solche, die nicht verschuldensabhängig sind; ähnlich Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 9. 179 OLG Hamm NJW-RR 1992, 467. 180 MünchKomm/Wurmnest Rz. 34. 181 MünchKomm/Wurmnest Rz. 34; a.A. Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 60. 182 BGH NJW 1976, 234; BGH NJW 1991, 1883; BGH NJW 1992, 3297; Staudinger/CoesterWaltjen Rz. 64. 183 So BGH NJW 2006, 988 Rz. 7; MünchKomm/Westermann § 439 Rz. 10 m.w.N. auch zur Gegenansicht.

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bb) Ausdrücklicher Vorbehalt der Minderung oder des Rücktritts Will der Verwender von AGB dem Käufer neuer Sachen oder dem Besteller von Werkleistungen für den Fall der Mangelhaftigkeit nur ein Recht auf Nacherfüllung einräumen, so müssen seine AGB ausdrücklich klarstellen, dass der Kunde nach fehlgeschlagener Nacherfüllung zwischen Minderung und Rücktritt wählen kann. Minderung und Rücktritt sowie das zwischen ihnen bestehende Wahlrecht des Kunden184 müssen diesem – abgesehen von der Subsidiarität der Rechte und mit einer Ausnahme bei Bauleistungen (dazu Rz. 56) – in ihrem vollem gesetzlichen Inhalt und Umfang eingeräumt werden185, und zwar sogleich bei Fehlschlagen der Nacherfüllung. Als unzulässig wird man es beispielsweise anzusehen haben, wenn die genannten Rechte zusätzlich noch von einer schon nach früherem Recht problematischen186 und jetzt nicht einmal mehr bei der gesetzlichen Gewährleistung vorgesehenen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung abhängig gemacht werden; zu einfachen Frist- oder Formerfordernissen vgl. Rz. 53. Sonstige Gewährleistungsrechte (d.h. bei zulässiger Beschränkung auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung das jeweils andere Recht, ferner die Rechte auf Schadens- und Aufwendungsersatz sowie Selbstvornahme) werden durch § 309 Nr. 8b bb nicht geschützt. Auf sie muss daher, soweit die Klauselfassung das Transparenzgebot beachtet, nicht hingewiesen werden, und sie können eingeschränkt werden187. Derartige Einschränkungen können allerdings gegen andere Schutzvorschriften wie etwa §§ 309 Nr. 7, 307 verstoßen188.

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Abweichend von der vorstehend erläuterten Regelung ermöglicht § 309 Nr. 8b 56 bb bei Bauleistungen den vollständigen Ausschluss des Rücktrittsrechts. Das ist aus der Natur dieser Arbeiten zu erklären: Eine Rückabwicklung von Bauverträgen ist durchweg mit erheblichen Beschwernissen sowie der Zerstörung von Bausubstanz verbunden und kommt auch nur selten vor. Die VOB kennt den Rücktritt nicht, wie Teil B § 13 Nr. 6 zeigt. Die Interessen des Bestellers werden dadurch gewahrt, dass im Falle völliger Untauglichkeit der Bauleistung der Werklohnanspruch auch auf dem Wege der Minderung entfällt189. Bauleistungen sind bauhandwerkliche Maßnahmen, mit denen Bauwerke unmittelbar geschaffen, erhalten oder geändert werden190. Zur näheren Definition des Begriffs Bauwerk kann grundsätzlich auf die Rechtsprechung und Literatur zu §§ 438, 634a zurückgegriffen werden; danach wird unter einem Bauwerk eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache verstanden, nicht etwa nur ein Gebäude191. Allerdings ist die unterschiedliche Zweckrichtung der Vorschriften zu beachten: Während die Ausnahme in § 309 Nr. 8b bb dazu dient, den Rücktritt in Fällen auszuschlie-

184 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 36–39. 185 A.A. Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 31 (32): Vorrang der § 309 Nr. 8b ee, ff und Nr. 12 bei entsprechend eingeschränkten Rechten. 186 Staudinger/Coester-Waltjen (Bearbeitung 1998) § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 51; Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 47. 187 MünchKomm/Wurmnest Rz. 45; AnwKomm/Kollmann Rz. 133;. 188 Dazu von Westphalen NJW 2002, 12 (24). 189 BGHZ 42, 232; OLG Saarbrücken NJW-RR 1987, 470; Ingenstau/Korbion/Wirth VOB/B § 13 Nr. 6 Rz. 65; Staudinger/Peters/Jacoby Anh. I zu § 638 Rz. 36. 190 So BGH NJW 1973, 368 in Anlehnung an § 1 VOB/A. 191 So BT-Drucks. 14/6040 S. 227 (zu § 438) in Zusammenfassung der bis dahin ergangenen Rechtsprechung; ausführlich dazu weiter BGH NJW 1999, 2434 unter III 1; BGHZ 57, 60 = NJW 1971, 2219.

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ßen, in denen er wegen der damit verbundenen Zerstörung erbrachter Leistungen wirtschaftlich sinnlos wäre, zielt die Verlängerung der Verjährungsfristen bei Arbeiten an Bauwerken auf den Schutz des Auftraggebers wegen des häufig sehr langen Zeitraums bis zur Erkennbarkeit von Baumängeln ab. Der Bauwerksbegriff ist daher im Verhältnis zu §§ 438, 634a tendenziell einengend zu interpretieren; Zweifelsfälle sind anhand der Frage zu entscheiden, ob eine Rückabwicklung zu einer Zerstörung der erbrachten Bauleistungen führen würde. Auf dieser Basis fällt der Bauträgervertrag nicht unter die in § 309 Nr. 8b bb vorgesehene Ausnahme für Bauleistungen, da der Erwerb der errichteten Wohnung oder des Gebäudes ohne weiteres rückgängig gemacht werden kann192. Ebenfalls problematisch sind weitere Fälle, in denen der BGH für § 634 (bzw. § 638 a.F.) einen vom Alltagssprachgebrauch weit entfernten Bauwerksbegriff verwendet hat193. Gegen eine analoge Anwendung der Ausnahme über Bauleistungen hinaus auf alle sonstigen Werkleistungen, die sich ihrer Natur nach einer Rückgewähr entziehen194 spricht, dass hierüber jeweils nur im Einzelfall entschieden werden könnte, während § 309 Nr. 8b bb von einer typisierenden und dadurch auch für die Verwender zumindest in einem gewissen Rahmen vorhersehbaren Betrachtungsweise ausgeht. 57

Mit dem Zusatz „ausdrücklich“ wird deutlich gemacht, dass die Klauselfassung strengen Anforderungen genügen muss195. Die AGB-Bestimmung muss genau dem Wortgehalt des § 309 Nr. 8b bb entsprechen. Ein in die AGB aufgenommener Hinweis auf die Rechte des Kunden „nach § 309 Nr. 8b bb“ genügt also nicht. Andererseits wird man nicht verlangen können, dass die Verwender noch über den Wortlaut der Vorschrift hinausgehende Verdeutlichungen aufnehmen, insbesondere das Minderungsrecht – entsprechend der früheren Fassung der Vorschrift – mit „Recht auf Herabsetzung der Vergütung“ umschreiben196. Durch das SMG wurde insoweit ungewollt (vgl. Rz. 51) die Klauselgestaltung geringfügig erleichtert. Ist zu befürchten, dass Kunden sich auf Grund der Formulierung der Klausel auf ein bloßes Nacherfüllungsrecht beschränkt sehen oder nicht erkennen, dass ihnen ein Wahlrecht zwischen Rücktritt und Minderung zusteht, führt das zur Unwirksamkeit197. Gleiches gilt im Rahmen des Transparenzgebots, wenn die AGB den Eindruck erwecken, dass der Kunde sonstige 192 BGH v. 8.11.2001 – VII ZR 373/99, NJW 2002, 511 = ZIP 2002, 38; BGH v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 = NJW 2006, 3275; BGH v. 28.9.2006 – VII ZR 303/04, NJW-RR 2007, 59; OLG Köln NJW 1986, 330; OLG Koblenz NJW-RR 1995, 1104; OLG Hamm NJW-RR 1998, 1031; LG Oldenburg BauR 2005, 764; OLG Saarbrücken v. 5.4.2006 – 5 U 263/05-80, OLGR 2006, 666; OLG Karlsruhe BauR 2006, 578; KG v. 3.12.2010 – 21 U 16/09, IBR 2012, 27; a.A. Kanzleiter DNotZ 1987, 651 (661). 193 Vgl. BGH v. 4.12.1986 – VII ZR 354/85, BGHZ 99, 160 = NJW 1987, 837 (Einbau einer Ballenpresse in ein Verwaltungsgebäude); NJW 1991, 2486 (nachträgliches Verkleben eines Teppichbodens); NJW-RR 1992, 849 (Hofraumpflaster aus Betonformsteinen auf Schotterbett) und NJW 1993, 3195 (umfangreiche Malerarbeiten). Für § 309 Nr. 8b bb gefolgt werden kann dagegen BGH NJW-RR 1990, 787 (nachträglicher Einbau einer Einbauküche) und NJW 1992, 1445 (als Ladengeschäft genutzte Containerkombination). 194 So Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 35. 195 MünchKomm/Wurmnest Rz. 36. 196 So auch Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 44; Erman/Roloff § 309 Rz. 102; zum früheren Recht vgl. BGHZ 79, 117 = NJW 1981, 867; BGHZ 82, 21 = NJW 1982, 331 (333); NJW 1982, 2380. 197 BGH NJW-RR 1990, 1141 = DB 1990, 1912 = BB 1990, 1927: „Bei mangelhafter Lieferung hat der Kunde das Recht auf Nachbesserung. Herabsetzung des Kaufpreises kann nicht verlangt werden“.

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nicht ausschließbare Gewährleistungsrechte nicht geltend machen könne; dies kommt insbesondere hinsichtlich des Rechts auf Schadensersatz in Betracht198. Im Übrigen muss die Klausel einfangen, dass die Nacherfüllung vorerst – bis zu 58 deren Scheitern – den Rücktritt und die Minderung verdrängt199. Der Begriff des „Fehlschlagens“ muss nicht weiter präzisiert200, darf allerdings auch nicht verändert werden, indem etwa ein „endgültiges“ Fehlschlagen verlangt wird201. Will der Verwender das Wort „Fehlschlagen“ nicht benutzen, muss er dessen wesentliche Fälle nennen. Der BGH202 sieht vier wesentliche Erscheinungsformen des Fehlschlagens; dies sind (1) das Misslingen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung, (2) deren objektive und subjektive Unmöglichkeit, (3) die unberechtigte, ernsthafte und endgültige Verweigerung und (4) die ungebührliche Verzögerung der Nacherfüllung (dazu Rz. 59 ff.). Auch wenn diese Aufzählung äußerst streng erscheint, sollte der Verwender der Forderung des BGH entsprechen, bei der er weiterhin verbleibt203. Zu überlegen ist, ob nicht zusätzlich noch die Fälle der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung (Rz. 68) sowie der berechtigten Verweigerung der Nacherfüllung durch den Verwender (Rz. 65) genannt werden müssten. Beim Verbrauchsgüterkauf ist eine Abbildung der ohnehin zwingenden gesetzlichen Gewährleistungsregelung in den AGB nicht empfehlenswert, da die Gefahr besteht, dass die Wiedergabe nicht vollständig und unverfälscht gelingt204. cc) Fehlschlagen der Nacherfüllung Wann ein Fehlschlagen der Nacherfüllung gegeben ist, wurde nicht gesetzlich 59 geregelt; insoweit lässt sich auch keine allgemein gültige Regel aufstellen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass durch das SMG der Begriff des „Fehlschlagens der Nacherfüllung“ inzwischen auf Basis des § 11 Nr. 10b AGBG und der dazu ergangenen Rechtsprechung205 auch im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungsregelung (§§ 440, 636) verwendet wird. Die meisten anerkannten Fall-

198 Näher von Westphalen NJW 2002, 12 (24); Koch WM 2002, 2173 (2220). 199 BGH NJW-RR 1990, 886 = ZIP 1990, 511 gestattet mit Recht: „Solange wir unseren Verpflichtungen auf Behebung des Mangels nachkommen, hat der Kunde nicht das Recht, Herabsetzung der Vergütung oder Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen, sofern nicht ein Fehlschlagen der Nachbesserung vorliegt“. 200 Ebenso BGH NJW-RR 1990, 886 und NJW 1994, 1004, ferner OLG Bamberg DAR 1999, 358; OLG Köln v. 14.1.2000 – 19 U 116/98, CR 2000, 503; OLG Frankfurt v. 9.10.2001 – 1 U 70/00, OLGR 2002, 39; dies dürfte außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs auch nach Inkrafttreten des SMG gelten, obwohl § 440 mehrere anerkannte Fallgruppen des Fehlschlagens gesondert aufführt; a.A. von Westphalen NJW 2002, 12 (24). 201 OLG Karlsruhe v. 17.12.1987 – 9 U 143/86, BB 1988, 1209. 202 BGH NJW 1994, 1004 (1005); BGH NJW 1996, 2504 unter II 2 a; zuvor BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 = NJW 1985, 623 unter XI 2 b. 203 BGH NJW 1998, 677 (679); ähnlich auch OLG Düsseldorf v. 14.9.2001 – 22 U 47/01, NJW-RR 2002, 203. 204 Zu den hier entstehenden Formulierungsproblemen näher von Westphalen NJW 2002, 12 (24). 205 BT-Drucks. 14/6040 S. 233.

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gruppen des Fehlschlagens werden dabei ausdrücklich erwähnt206. Der Begriff des Fehlschlagens der Nacherfüllung definiert in beiden Zusammenhängen die Schwelle für das Wiederaufleben subsidiärer Gewährleistungsrechte, und zwar bei § 309 Nr. 8b bb für den Fall formularmäßig vereinbarter Subsidiarität, in §§ 440, 636 für die gesetzliche Subsidiarität (nämlich dort für das Entfallen der Notwendigkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung). Auf Grund des grundsätzlich gleichartigen Zwecks muss die Begriffsauslegung in beiden Regelungskomplexen aufeinander abgestimmt werden. Die nachstehenden Ausführungen befassen sich mit der Auslegung des Begriffs „Fehlschlagen“ in erster Linie zwecks Darstellung der Rechtsfolgen einer wirksamen AGB-Regelung. Die Anforderungen an die Klauselgestaltung sind geringer, dazu Rz. 58. Werden jedoch in einer AGB-Klausel explizit Regelungen getroffen, die mit den nachstehenden Ausführungen nicht übereinstimmen, führt dies zur Unwirksamkeit der Klausel. 60

Ein Misslingen der Nacherfüllung ist gegeben, wenn der Verwender eine ordnungsgemäße Nacherfüllung zwar versucht hat, hierbei jedoch erfolglos geblieben ist. Ist in den AGB nur eine Art der Nacherfüllung vorgesehen, kommt es nur auf deren Scheitern an. Hat sich der Verkäufer ohne weitere Differenzierung die „Nacherfüllung“ vorbehalten, dann bleibt das Wahlrecht des Käufers gemäß § 439 erhalten. Für diese Konstellation folgt aus § 440 Satz 1, dass ein Fehlschlagen der Nacherfüllung schon vorliegt, wenn die „dem Käufer zustehende“ (nämlich von ihm gewählte) Art der Nacherfüllung gescheitert ist207. Auch beim Werkvertrag sowie in den Fällen, in denen sich der Verwender die Auswahl der Nacherfüllungsart vorbehalten hat, kann der Verwender nach dem Fehlschlagen einer Art der Nacherfüllung nicht auf die andere zurückgreifen. An diesem aus dem früheren Wortlaut des § 11 Nr. 10b AGBG („Fehlschlagen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung“) abgeleiteten Ergebnis208 sollte durch das SMG nichts geändert werden; vgl. Rz. 37.

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Die Zahl der hinzunehmenden Nacherfüllungsversuche richtet sich nach der Natur des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Gebots von Treu und Glauben209. Maßstab muss sein, ob der Kunde durch die wiederholte Nacherfüllung in seinen Belangen wesentlich beeinträchtigt wird210. Für Kauf- und Werklieferungsverträge enthält der mit dem SMG eingeführte § 440 Satz 2 die Richtgröße, dass die Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt211. Der in der Norm enthaltene einschränkende Verweis auf die Umstände des konkreten Falles lässt indes einen weiten Spielraum für die unveränderte Übernahme der zu § 11 Nr. 10b

206 Vgl. § 440 Satz 2: Misslingen der Nacherfüllung (nebst näherer Definition); §§ 437, 326 Abs. 5: Unmöglichkeit der Nacherfüllung; §§ 437, 440, 323 Abs. 2: Verweigerung der Nacherfüllung; § 440 Satz 1: Unzumutbarkeit der Nacherfüllung. 207 Vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 233; i.E. ebenso Haas S. 210 Rz. 184. 208 Näher Hensen (9. Aufl.) § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 35. 209 BGH NJW-RR 1990, 886 = ZIP 1990, 511 unter II 2 b bb; BGH NJW 1976, 234; (eher) generalisierend dagegen Thielmann in FS von Lübtow, 1970, S. 719 Fn. 52 (ein Versuch); Palandt/Heinrichs, 61. Aufl. 2002, § 11 AGBG Rz. 57a (im Regelfall zwei Versuche); AK-BGB/Reich § 476 Rz. 25 und Waltl CR 1998, 449 (nicht mehr als zwei Versuche). 210 Vgl. für den Verbrauchsgüterkauf Art. 3 Abs. 3 RL 99/44/EG über den Verbrauchsgüterkauf: Danach muss die Nacherfüllung „ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher“ erfolgen. 211 Vgl. dazu OLG Karlsruhe ZGS 2004, 392 (Gebrauchtwagen).

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AGBG entwickelten, einzelfallbezogenen Rechtsprechung212. Für Werkverträge fehlt in § 636 eine dem § 440 Satz 2 entsprechende Vorschrift. Auch für das Fehlschlagen bei der Ersatzlieferung enthält das Gesetz keine Richtgröße; dies folgt aus dem differenzierenden Gebrauch der Begriffe „Nacherfüllung“ und „Nachbesserung“ in § 440213. Die EG-Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf214 gewährleistet in Art. 3 Abs. 5 das Rücktritts- und Wandelungsrecht ohne Festlegung auf eine bestimmte Anzahl von Nachbesserungsversuchen215, wenn „der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat“. Diese Regelung hat jedoch außerhalb des ohnehin nicht dispositiven Gewährleistungsrechts beim Verbrauchsgüterkauf keine unmittelbare Bedeutung. Kriterien für die Bestimmung der hinzunehmenden Anzahl an Nacherfüllungs- 62 versuchen sind insbesondere die Erwartungen des Verkehrs hinsichtlich der reibungslosen Inbetriebnahme entsprechender Fabrikate (hoch bei einfachen Massenwaren, geringer bei komplizierten Einzelanfertigungen) und die Belastungen des Kunden durch die Nacherfüllung (Dauer und Folgen der Nutzungsunterbrechung, Versendungsaufwand pp.). Weiter relevant ist der gesondert dargestellte Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit weiterer Nacherfüllungsversuche (Rz. 68) wegen des im Einzelfall unbefriedigenden Verlaufs der bisherigen Erfüllungsversuche. Auch die Art der Mängel kann relevant sein. Bei einigen Mängelformen – wie etwa Korrosionsschäden an einem Neuwagen – kann das Vertrauen in eine erfolgreiche Mängelbehebung schon nach einem Fehlversuch geschwunden sein216. Bei technisch einfachen, kostengünstigen Geräten wie Mixern, (einfachen) Kaffeebereitern, Haartrocknern und Bohrmaschinen braucht nur eine einmalige Nachbesserung hingenommen zu werden, weil die wiederholte Mangelhaftigkeit solcher Geräte, von denen heute Robustheit erwartet werden kann, auf weitere Mangelanfälligkeit schließen lässt. Bei höherwertigen Haushaltsgeräten wie Wasch- und Geschirrspülmaschinen, bei Kraftfahrzeugen217 und hochwertigen elektronischen Geräten (z.B. Fernsehgeräte und HiFi-Anlagen, PCs, Laptops) werden regelmäßig zwei Nachbesserungsversuche zu dulden sein218. Drei oder mehr Nachbesserungsversuche kommen bei besonders hochwertigen219 und/ oder komplizierten Geräten in Betracht220, insbesondere wenn es sich um auf212 Vgl. MünchKomm/Wurmnest Rz. 43. Vgl. auch BT-Drucks. 14/6040 S. 234: Danach wurde § 440 Satz 2 lediglich als Zweifelsregelung „zur praktischen Erleichterung“ eingeführt. 213 AnwKomm/Büdenbender § 440 Rz. 13. 214 ABl. EG Nr. L 171 v. 7.7.1999, abgedruckt in NJW 1999, 2421. 215 BT-Drucks. 14/6040 S. 234. 216 OLG Hamburg VersR 1983, 741; ähnlich OLG Karlsruhe DAR 1977, 323. 217 Vgl. etwa OLG Köln DAR 1986, 384 und OLG Köln v. 20.5.1987 – 2 U 170/86: zwei Nachbesserungsversuche bei nicht wasserdichter Windschutzscheibe eines Neuwagens; OLG Nürnberg ZIP 1982, 1335: maximal zwei Versuche bei schadhaftem Getriebe. Dass im Falle gestörter Motorelektronik ein weiterer Nachbesserungsversuch in Form „umfassender Fehlerbehebung“ hinnehmbar sei, nachdem drei Sachverständige die Fehlerursache nicht gefunden hatten – so OLG Köln BB 1995, 1317 – ist nicht einzusehen. 218 Vgl. LG Offenburg NJW-RR 1997, 1421: Bei Computermonitoren ist eine Klausel, die generell drei Nachbesserungsversuche vorsieht, unzulässig; anders noch OLG Celle NdsRpfl. 1963, 183: drei Versuche bei einem Fernsehgerät; zu scharf AG Mannheim NJW-RR 1997, 560: i.d.R. nur ein Nachbesserungsversuch bei einem Laptop. 219 A.A. OLG Bamberg DAR 1999, 358: nur zwei Nachbesserungsversuche bei einem Pkw der Luxusklasse, bei dem eine ausgereifte Technik erwartet werden könne. 220 BGH v. 29.10.1997 – VIII ZR 347/96, NJW 1998, 677.

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wändige Einzelanfertigungen oder experimentelle Geräte handelt (Beispiele: Server, Elektronenmikroskop usw.). Eine Ersatzlieferung schlägt regelmäßig schon dann fehl, wenn die erste als Ersatz gelieferte Sache wiederum mangelhaft ist; denn wenn zwei nacheinander als neu gelieferte Sachen unbrauchbar sind, ist das Vertrauen in die vertragsgemäße Beschaffenheit dieser Gattungssache entschwunden221; das SMG hat diese Sichtweise indirekt bestätigt, indem es den Anwendungsbereich des § 440 Satz 2 auf den Fall der Nachbesserung beschränkt hat222. Auch im Werkvertragsrecht kommt es auf die Art des einzelnen Mangels und die Schwere der Mangelfolgen für den Besteller an. So sind etwa bei Außenanstricharbeiten wiederholte Nachbesserungsversuche hinzunehmen, bei mangelhafter, zu Wasserschäden führender Dacheindeckung nur ein einziger. In geeigneten Fällen, namentlich bei regelmäßig gleichartigen Mängeln, mag es im Interesse der Klarheit für beide Seiten angezeigt sein, die Zahl der Nachbesserungsversuche in den AGB zu nennen223, wie dies vereinzelt geschieht224. Es muss dabei allerdings darauf geachtet werden, dass die fixierte Anzahl für alle typischen Mängelkonstellationen akzeptabel sein muss225. Nicht wirksam ist eine Klausel, die für jeden auftretenden Mangel jeweils eine Zahl von Nachbesserungsmöglichkeiten vorsieht, da die Nachbesserung auch durch wiederholtes Auftreten verschiedenartiger, jeweils beim ersten Versuch beseitigter Mängel fehlschlagen kann226. 64

Dem Misslingen steht es gleich, wenn die Nacherfüllung objektiv oder subjektiv227 unmöglich ist228. Ob Unmöglichkeit vorliegt, ist danach zu bestimmen, welche Art(en) der Nacherfüllung sich der Verwender vorbehalten hat. Die Nachbesserung ist unmöglich, wenn die Sache auch durch weitere Bemühungen nicht so hergerichtet werden kann, dass sie ihren bestimmungsgemäßen Zweck erfüllt, so etwa bei völligen Fehlkonstruktionen229, aber auch dann, wenn die Sache durch die Nachbesserung spürbar an Wert verliert230. Die Ersatzlieferung wird unmöglich, wenn der Verwender eine fehlerfreie neue Sache gleicher Art nicht hat und sie sich auch nicht am Markt beschaffen kann; dies ist insbesondere der Fall, wenn die gesamte Gattung einen Produktfehler aufweist. Kein Fall der Unmöglichkeit ist die bloße Erschwerung der Nacherfüllung i.S.d. §§ 275 Abs. 2, 439 Abs. 3. In diesen Fällen soll nämlich, wie sich aus der Gesetzesformulierung („kann verweigern“) ergibt, dem Verwender die Entscheidung verbleiben, ob er die Nacherfüllung verweigert (vgl. Rz. 65) oder sie mit überobligatorischen Anstrengungen versucht.

221 Vgl. OLG Hamburg MDR 1974, 577; Schmidt-Salzer AGB 1977 Rz. F. 109. 222 A.A. Haas S. 210 Rz. 184: § 440 Satz 2 biete einen Anhaltspunkt auch für die Ersatzlieferung. 223 BGH NJW 1998, 677. 224 Vgl. den Fall des OLG Stuttgart MDR 1960, 54: „einmalige Nachbesserung“. 225 Für Unwirksamkeit einer entsprechenden Klausel deshalb OLG Jena v. 19.9.2013 – 1 U 194/13, WRP 2014, 92. 226 So BGH NJW 1998, 677. 227 Subjektive Unmöglichkeit liegt nicht vor, wenn der Verwender mit Hilfe Dritter wieder leistungsfähig werden kann, vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 129 m.w.N. 228 So auch BGH NJW 1981, 1501; NJW 1994, 1004 unter II 1 b. 229 BGH NJW 1963, 1148. 230 Vgl. Schmidt-Salzer AGB 1971 Rz. 144 unter Hinweis auf OLG Köln DB 1965, 140: Beseitigung eines Risses im Dach eines Neuwagens durch Schweißarbeiten statt durch Ersatz des Daches; vgl. auch OLG Hamm DB 1983, 710.

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Fehlgeschlagen ist die Nacherfüllung auch, wenn sie insgesamt verweigert wird231. Ob dies i.S.d. §§ 439 Abs. 3, 635 Abs. 3 berechtigt oder unberechtigt geschieht, ist dabei unerheblich. Eine Weigerung liegt auch vor, wenn der Verwender die Nacherfüllung davon abhängig macht, dass der Kunde einen „Reparaturauftrag“ unterzeichnet, auch wenn er versichert, dass dem Kunden hierdurch keine Kosten entstehen232. Hat der Verwender den Kunden beim Kfz-Kauf zur Geltendmachung von Nachbesserungsansprüchen gegen andere Vertragshändler ermächtigt, muss er deren Weigerung gegen sich gelten lassen233; der Anspruch auf Rücktritt und Minderung richtet sich allerdings auch in diesem Fall nur gegen den Verwender, sofern sich die anderen Vertragshändler nicht weiter gehend verpflichtet haben234.

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Die ungebührliche Verzögerung der Nacherfüllung stellt ebenfalls deren Fehlschlagen dar und führt zum Wiederaufleben der Ansprüche auf Minderung oder Rücktritt235. Eine Klausel, wonach ein Anspruch auf Ersatzlieferung besteht, wenn „ein gewährleistungspflichtiger Mangel mit verfügbaren Ersatzteilen nicht binnen sechs Wochen beseitigt werden“ kann236, ist unangemessen, weil die Frist von sechs Wochen ohnehin sehr lang ist und diese Frist überdies nur eingehalten zu werden braucht, wenn die Ersatzteile verfügbar sind. Die Rechtsprechung zur „unangemessen langen Nachfrist“ (§ 308 Nr. 2) kann man zur Ausfüllung des Begriffs der ungebührlichen Verzögerung nur eingeschränkt heranziehen237, da die Nachfrist dem Verwender nur eine letzte Gelegenheit zum Abschluss einer bereits begonnenen Erfüllung geben soll (§ 308 Nr. 2 Rz. 4), während für eine ordnungsgemäße Nacherfüllung je nach Lage der Dinge ein gewisser Zeitaufwand einkalkuliert werden muss.

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Eine ungebührliche Verzögerung liegt bei länger dauernder Untätigkeit des Verwenders nur vor, wenn der Kunde dem Verwender zuvor eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung hat zukommen lassen. Die Aufforderung bedarf, um nach deren Fehlschlagen die Rechte auf Minderung oder Rücktritt entstehen zu lassen, keiner Form238 und auch keiner Fristsetzung239. Eine analoge Anwendung des in § 323 enthaltenen Fristerfordernisses kommt nicht in Betracht, da durch das SMG der Begriff des „Fehlschlagens“ bewusst in seiner vorherigen Auslegung übernommen wurde240, ohne eine Fristsetzung verbindlich vorzuschreiben. Der hinter dem Fristerfordernis in § 323 stehende Zweck, dem Schuldner eine letzte Chance zur Abwendung der mit der Rückabwicklung des Vertrages verbundenen wirtschaftlichen Nachteile zu geben241, ist allerdings auch bei der Auslegung

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BGHZ 22, 90 (96) = NJW 1957, 17; BGH NJW 1963, 1148; BGH BB 1990, 510 (513). OLG Köln NJW-RR 1986, 151. BGH NJW 1991, 1882. BGH NJW 1985, 2819. Wie hier BGH NJW 1981, 1501; OLG Koblenz NJW-RR 1992, 760; OLG Hamm CR 1994, 358. So die früheren AGB des Radio-Fernseh-Einzelhandels, BAnz. 1977, Nr. 218, geändert und dem AGBG angepasst in BAnz. 1983, Nr. 62. Ähnlich Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 24, der klarstellt, dass er lediglich die im Rahmen des § 308 Nr. 2 relevanten Gesichtspunkte für übertragbar hält, nicht die dort entwickelten Fristen. Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 18. Nicht eindeutig MünchKomm/Wurmnest Rz. 44 (Fristsetzung „ratsam“); a.A. OLG Schleswig BauR 2004, 381. Vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 233 mit Verweis u.a. auf Hensen (9. Aufl.). Vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 221.

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des Begriffs der „ungebührlichen Verzögerung“ zu beachten, nämlich dahin, dass dem Verwender ausreichend Gelegenheit zur Nacherfüllung geboten worden sein muss. Zu Gestaltungsmöglichkeiten des Verwenders vgl. Rz. 55 f. 68

Die Nacherfüllung kann nicht nur fehlschlagen, sondern auch von Anfang an unzumutbar sein oder alsbald – regelmäßig nach einem misslungenen Nacherfüllungsversuch – unzumutbar werden. Das ist der Fall, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die Vertrauensgrundlage zum Verwender entfallen ist242. Die Rechte auf Rücktritt und Minderung können dann, wie die Parallele zu §§ 440, 636 zeigt, unmittelbar geltend gemacht werden. Dies kommt etwa in Betracht, wenn die Kaufsache oder das Werk eine Vielzahl nicht unerheblicher Mängel aufweist oder die angebotene Leistung so offensichtlich unvollständig ist, dass hieraus auf eine grob sorgfaltswidrige Arbeitsweise bzw. Organisation des Verwenders geschlossen werden muss243. Gleiches gilt, wenn der Verwender einen vorangegangenen Versuch zur Mängelbeseitigung in erheblichem Umfang nachlässig ausgeführt oder die Nachbesserung gar nur vorgetäuscht hat244. Nicht mehr zumutbar ist einem Besteller die Nachbesserung auch dann, wenn der Unternehmer die Mangelhaftigkeit der Werkleistung bestritten hatte und sich erst nach Erstattung eines Sachverständigengutachtens im Rechtsstreit zur Nachbesserung bereit erklärt. c) Beweislast

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Soweit die Unwirksamkeit einer Klausel gemäß § 309 Nr. 8b bb in Rede steht, hat jede Partei nach den allgemeinen Regeln die für sie günstigen Tatbestandsmerkmale darzulegen und zu beweisen, also der Kunde bzw. Verband das Vorliegen einer Beschränkung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte auf Nacherfüllung, der Verwender den ausdrücklichen Vorbehalt des Rücktritts und der Minderung bei Fehlschlagen der Nacherfüllung245. Will der Kunde bei wirksamer Klausel sein Recht auf Nacherfüllung durchsetzen, muss er die Mangelhaftigkeit der Leistung beweisen. Ihn trifft auch die Beweislast für das Fehlschlagen der Nacherfüllung, wenn er seine Rechte auf Rücktritt oder Minderung geltend machen will. Auch wenn der Verwender bereits die Nachbesserung erfolglos versucht hat und eine weitere Mängelbeseitigung mit besseren Mitteln unternehmen möchte, wandert die Darlegungs- und Beweislast für das (Nicht-)Fehlschlagen nicht automatisch zum Verwender246. Entscheidend ist vielmehr, ob die Nachbesserung zuvor bereits als fehlgeschlagen anzusehen war, was bei einem einzigen Nachbesserungsversuch nicht stets der Fall sein muss (siehe Rz 61 ff.). Der Verwender hat die Voraussetzungen der Ausnahme für Bauleistungen darzulegen und zu beweisen247.

242 BGH DAR 1978, 46; BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 = NJW 1985, 623 unter XI 2 b. 243 Vgl. zum sog. „Montagsauto“ Reinking/Eggert Der Autokauf, 12. Aufl. 2014, Rz. 983 ff.; siehe weiter BGH v. 23.1.2013 – VIII ZR 140/12, NJW 2013, 1523; OLG Köln VersR 1992, 584 und OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 845 (846). 244 OLG Köln MDR 1995, 361: Nichtbeseitigen des Mangels hängender Scharniere der Türen eines Neuwagens. 245 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 47–49. 246 BGH NJW-RR 1990, 886 = ZIP 1990, 511; dagegen OLG Karlsruhe BB 1988, 1209 und Heinrichs EWiR 1988, 629 sowie 1990, 421. 247 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 47–49.

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d) Verträge mit Unternehmern Auch im unternehmerischen Verkehr ist § 309 Nr. 8b bb gemäß § 307 insoweit 70 anzuwenden, als dem Kunden bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zumindest das Recht auf Rücktritt zustehen muss248. Das Rücktrittsrecht ist nicht ausreichend gewährleistet, wenn der Verwender es seinen unternehmerischen Kunden nur nach seiner Wahl neben der Minderung einräumt249, es von einer Fristsetzung und Ablehnungsandrohung250 oder einer schuldhaften Verursachung des Mangels abhängig macht251. Der Rücktritt darf auch nicht erst bei Scheitern der Verhandlungen über die Höhe der Minderung gewährt252 oder hinsichtlich seiner Rechtsfolgen deutlich beschränkt werden253. Dagegen wird man das Minderungsrecht als abdingbar anzusehen haben254. Auf die dem Kunden bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zustehenden Rechte muss auch im unternehmerischen Verkehr ausdrücklich hingewiesen werden, da die Klausel andernfalls eine nicht hinnehmbare Unklarheit über die Rechtsstellung des Kunden auslösen würde255. Außerdem gilt, was in Rz. 58 ff. zum Gebrauch des Begriffs Fehlschlagen und dessen vier Fallvarianten gesagt worden ist; der BGH hat dies gerade für den unternehmerischen Verkehr ausgesprochen, und zwar wiederholt256. Bei der Lieferung komplexer EDV-Anlagen oder Individualsoftware sind allerdings anfängliche Fehler – auch in größerer Stückzahl – technisch offenbar kaum vermeidbar, so dass für das Misslingen der Nachbesserung weniger auf die bloße Anzahl der Nachbesserungsversuche als vielmehr auf die Dauer des Zeitraums abzustellen ist, in dem dem Kunden ein nicht störungsfreier „Testbetrieb“ zugemutet werden kann. Wird eine im Wesentlichen „fertige“ Lösung für den sofortigen Einsatz angeboten, ist dieser Zeitraum relativ kurz257. Der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen bei schuldhaft versäumter Nachbesserung258 ist trotz des für diesen Fall eingeräumten Rücktrittsrechts unwirksam, wenn dieses als Schutz des Kunden nicht ausreicht. Zur Problematik beim Lieferantenregress siehe Teil 2, (26) Kaufverträge Rz. 10 ff., zu gewährleistungserweiternden Klauseln in Einkaufsbedingungen vgl. Teil 2, (17) Einkaufsbedingungen Rz. 5 f. Soweit Verträge dem UN-Kaufrecht (CISG) unterliegen, bilden bei Anwendbarkeit deutschen AGB-Rechts die CISG-Gewährleistungsregeln (Art. 45 ff. CISG) den für die Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 zugrunde zu legenden gesetzlichen Maßstab; vgl. hierzu generell Anh. § 305 Rz. 10, ferner § 309 Nr. 7 Rz. 48 zum Parallelfall der Freizeichnung von der Verschuldenshaftung. Im Verhältnis 248 BGH NJW 1981, 1501; BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 = NJW 1985, 623 unter XI; BGH NJW 1993, 2436 unter III 1; NJW 1994, 1004 unter II 1 a; WM 1995, 1456; OLG Köln v. 14.1.2000 – 19 U 116/98, CR 2000, 503. 249 Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 34. 250 A.A. zur Rechtslage vor der Schuldrechtsmodernisierung Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 36; wie hier Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 53. 251 BGH NJW-RR 1993, 560. 252 BGH NJW 1981, 1501. 253 So BGH NJW 1991, 2630 für die Wandelung. 254 ähnlich Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 67. 255 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 67; Löwe/von Westphalen § 11 Nr. 10 AGBG Rz. 39; OLG Stuttgart DB 1984, 501; offen gelassen in BGH v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1981, 1501 und BGHZ 93, 29 = NJW 1985, 623 (630); a.A. Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b bb Rz. 56. 256 Vgl. BGH NJW 1994, 1004; NJW 1998, 679. 257 So im Fall OLG Düsseldorf CR 1992, 724: zwei Monate zu lang bei einer Registrierkassenanlage für den Tankstelleneinsatz. 258 BGH NJW 1978, 814 und BGH BB 1980, 13.

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zum BGB-Vertrag sind die Gewährleistungsrechte des CISG-Käufers umfangreicher259, werden aber andererseits durch die teilweise – insbesondere hinsichtlich des Rücktrittsrechts (Art. 49 CISG) – aufgestellte Voraussetzung der wesentlichen Vertragsverletzung (Art. 25 CISG) abgeschwächt. Dies eröffnet zusätzliche Gestaltungsspielräume, wenn spezielle AGB für CISG-Verträge verwendet werden, etwa im Hinblick auf den Ausschluss des Rücktrittsrechts bei minderschweren Mängeln260. Einheitliche AGB für BGB- und CISG-Verträge müssen hingegen sicherstellen, dass eine unangemessene Benachteiligung des Kunden im Verhältnis zu beiden Gewährleistungsstandards vermieden wird. Häufig wird allerdings die Anwendung des CISG in den AGB ausgeschlossen.

4. Aufwendungen bei Nacherfüllung (§ 309 Nr. 8b cc) a) Inhalt und Normzweck 71

§ 309 Nr. 8b cc macht die Regelungen der §§ 439 Abs. 2, 635 Abs. 2 gegenüber abweichenden Gestaltungen durch AGB bestandsfest, sofern Vertragsgegenstand die Lieferung einer neuen Sache oder eine Werkleistung ist. Der Verwender kann sich in diesen Fällen also bis zur Grenze der Unverhältnismäßigkeit (§§ 439 Abs. 3, 635 Abs. 3) von seiner Pflicht, die Nacherfüllungskosten zu tragen, nicht freizeichnen. Die Vorschrift dient dem Schutz der Werthaltigkeit des Nacherfüllungsrechts, die durch Klauseln über eine Kostenlast des Kunden in erheblichem Umfang ausgehöhlt werden kann261 und sichert damit unmittelbar das Äquivalenzinteresse262. Bei Anwendung der Klausel müsste nämlich der Kunde, um einen einwandfreien Vertragsgegenstand zu erhalten, Aufwendungen in einer den Vertragspreis übersteigenden Höhe in Kauf nehmen. Dies gilt auch dann, wenn dem Vertragspartner des Verwenders neben der Nacherfüllung noch weitere Gewährleistungsrechte zustehen, der Verwender jedoch im Rahmen der ihm gesetzten Nacherfüllungsfrist (§§ 440, 636, 323 Abs. 1) ordnungsgemäß erfüllt und sodann entsprechend der Klausel Aufwendungsersatz verlangt. § 309 Nr. 8b cc hat im Vergleich zu seiner Vorgängerbestimmung (§ 11 Nr. 10c AGBG)263 nur noch einen schmalen unmittelbaren Anwendungsbereich, da § 439 Abs. 2 beim Verbrauchsgüterkauf gemäß § 475 Abs. 1 nicht dispositiv ist. Auch die Ausstrahlungswirkung der Vorschrift auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr hat wegen der zwingenden Regelung über den Aufwendungsersatz beim Lieferantenregress (§ 478 Abs. 2, 4) nur noch eingeschränkte Bedeutung.

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Einstweilen frei.

259 Näher Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 45 CISG Rz. 11 ff.; z.B. ist der Rücktritt nicht von einer Fristsetzung abhängig, Art. 49 CISG; es besteht weiter ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch, Art. 45 CISG. 260 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 49 CISG Rz. 49. 261 BGH NJW 1996, 389 (390). 262 Zur gesamtökonomischen Bedeutung der Vorschrift vgl. MünchKomm/Wurmnest Rz. 50. 263 Zur Entstehungsgeschichte des § 11 Nr. 10c AGBG und zur älteren Rspr. vgl. 11. Aufl. Rz. 72.

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b) Inhalt der Vorschrift aa) Nacherfüllung § 309 Nr. 8b cc schützt das Nacherfüllungsrecht des Kunden vor einer Ent- 73 wertung durch Kostenerstattungsregelungen. Unerheblich ist, ob das Nacherfüllungsrecht dem Vertragspartner des Verwenders entsprechend der Gesetzeslage (§§ 437, 634) neben anderen Gewährleistungsrechten, subsidiär i.S.d. § 309 Nr. 8b bb264 oder – auf Basis einer entsprechenden Individualvereinbarung – ausschließlich zusteht265. Unerheblich ist ferner, ob der Kunde beide Arten der Nacherfüllung (Nachbesserung oder Ersatzlieferung) geltend machen kann oder nur eine und ob das Wahlrecht zwischen diesen beiden Möglichkeiten dem Verwender oder dem Kunden zusteht. Keine Anwendung findet § 309 Nr. 8b cc dagegen auf Nacherfüllungsrechte, die unabhängig von der gesetzlichen Gewährleistung in einer Herstellergarantie gewährt werden266. Gleiches gilt bei Rechten, die für Konstellationen eingeräumt werden, in denen die gesetzlichen Gewährleistungsregeln keinen Schutz bieten (z.B. nach Verjährungseintritt)267. § 309 Nr. 8b cc soll nämlich nur vor Einschränkungen der gesetzlichen Gewährleistungsrechte schützen, nicht jedoch die Verwender bei der Einräumung zusätzlicher Rechte reglementieren. Auf andere Gewährleistungsrechte ist § 309 Nr. 8b cc nicht entsprechend anwendbar; dies gilt beispielsweise für Klauseln, die für den Fall des Rücktritts eine von § 346 abweichende Kostenregelung vorsehen. Eine Ausnahme gilt jedoch für das werkvertragliche Selbstvornahmerecht268, da die Selbstvornahme in der Sache eine Form der Nacherfüllung darstellt und § 309 Nr. 8b cc nicht danach unterscheidet, wer die Nacherfüllungsleistung erbracht hat. bb) Zum Zwecke der Nacherfüllung erforderliche Aufwendungen Aufwendungen sind Vermögensopfer, die im Zusammenhang mit der Nachbesserung willentlich getätigt werden oder sich als deren notwendige Folge ergeben269. Beispielhaft nennt das Gesetz Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten270. Transportkosten fallen an, wenn die defekte Sache von ihrem Standort, meist dem Wohnsitz des Kunden, zum Verkäufer, dessen Werkstatt oder Kundendienststelle verbracht wird, sei es mit Transportmitteln des Verwenders oder des Kunden oder mit Post und Bahn271. Wegekosten entstehen dem Verwender, wenn er seine Mitarbeiter oder Dritte, die er mit der Nachbesserung beauftragt, zum Kunden entsendet, um den mangelhaften Vertragsgegenstand an Ort und Stelle instand zu setzen. Arbeitskosten sind Lohnkosten, die aus Anlass der Reparatur des Vertragsgegenstandes erforderlich werden, also durch die Arbeit an diesem selbst bzw. im Falle der Weiterverarbeitung für den Aus- und Wiedereinbau des Vertragsgegenstandes oder auch durch die Neuanfer264 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b cc Rz. 5. 265 Letzteres gilt nur, sofern eine Individualvereinbarung wirksam ist – d.h. nicht beim Verbrauchsgüterkauf – und die AGB-Regelung nicht schon gemäß § 305b verdrängt. 266 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 68; vgl. auch Teil 2, (20) Garantieklauseln, Garantieverträge Rz. 4. 267 MünchKomm/Wurmnest Rz. 54. 268 MünchKomm/Wurmnest Rz. 53. 269 Insoweit kann die Rechtsprechung und Literatur zu § 670 herangezogen werden. 270 Ähnlich Art. 3 Abs. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie: „insbesondere Versand-, Arbeits- und Materialkosten“. 271 AG Dülmen NJW 1987, 385: Kosten der Verbringung eines defekten Pkw in die Werkstatt des Verkäufers.

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tigung defekter Einzelteile einschließlich der insoweit anfallenden Verwaltungskosten272. Ebenso wie die Materialkosten, d.h. die Kosten der ausgetauschten Einzelteile der Sache oder die bei der Neuanfertigung von Teilen entstehenden Kosten wurden sie schon vor Inkrafttreten des AGBG den Kunden nur selten in AGB auferlegt. Mit dem Wort „insbesondere“ stellt der Gesetzgeber klar, dass auch alle weiteren, nicht unter die vorgenannten Untergruppen fallenden Nachbesserungsaufwendungen dem Verwender zur Last fallen. Hierzu gehören etwa die Kosten der Fehlersuche273 sowie Schäden, die notwendig mit der Nachbesserungsmaßnahme verknüpft sind274. Unerheblich ist, bei wem die Aufwendungen angefallen sind. § 309 Nr. 8b cc verbietet dem Verwender also auch, die Erstattung der vom Kunden verauslagten notwendigen Kosten für die Mängelbeseitigung auszuschließen275 oder diesem die bei Dritten (z.B. eingeschalteten anderen Vertragshändlern oder einem mit der Mängelermittlung beauftragten Sachverständigen) anfallenden Kosten aufzuerlegen. 75

Die Vorschrift erfasst jedoch nur die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen. Mit dieser finalen Verknüpfung soll das Gestaltungsverbot beschränkt werden, soweit Kosten (durch den Kunden) nicht zweckgerichtet im Rahmen der eigentlichen Nacherfüllung, sondern nur gelegentlich derselben verursacht werden. Dies gilt etwa für versehentlich bei der Nachbesserung entstandene (nicht notwendig mit der Nachbesserung verbundene) Schäden, die Belastung des Kunden durch den Nutzungsausfall276 sowie frustrierte Aufwendungen (z.B. die Garagenmiete während der Nachbesserung des PKW in der Werkstatt, wohl auch die Fütterungskosten des krank gelieferten Tieres277). Auf diese Weise werden die §§ 309 Nr. 8b cc, 439 Abs. 2, 635 Abs. 2 zugleich von Schadensersatzansprüchen abgegrenzt. Auch die Kosten der Mängelanzeige278 und sonstige Aufwendungen, die bei der rechtlichen Durchsetzung der Nacherfüllung entstehen, fallen nicht unter § 309 Nr. 8b cc. Die Aufwendungen müssen jeweils „erforderlich“ gewesen sein. Hierdurch soll insbesondere ausgeschlossen werden, dass der Kunde dem Verwender überhöhte Eigenaufwendungen in Rechnung stellt. Der Kunde muss also beispielsweise für die Verwendung der mangelhaften Sache die im Rahmen des Zumutbaren günstigste Transportalternative wählen279. Dass die Beschränkung auf erforderliche Aufwendungen nicht – umgekehrt – dem Verwender ermöglichen soll, von ihm unnötigerweise verursachte Kosten auf den Kunden abzuwälzen, liegt auf der Hand280. cc) Ausschluss oder Beschränkung der Verpflichtung, die Aufwendungen zu tragen

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§ 309 Nr. 8b cc untersagt den Ausschluss und jede Beschränkung der Kostentragungslast des Verwenders hinsichtlich der vorstehend genannten Positionen. Unzulässig sind deshalb auch Klauseln, die nur einzelne Kostenarten wie etwa 272 Vgl. BGH NJW 1996, 389 (390). 273 BGH v. 23.1.1991 – VIII ZR 122/90, BGHZ 113, 251 = NJW 1991, 1604. 274 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b cc Rz. 15; Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 69; a.A. Palandt/Weidenkaff § 439 Rz. 11 für Schäden an anderen Sachen. 275 BGH NJW 1996, 389 (390). 276 Staudinger/Coester-Waltjen Rz. 69. 277 Siehe auch § 309 Nr. 7 Rz. 10. 278 Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b cc Rz. 15. 279 MünchKomm/Wurmnest Rz. 51. 280 Vgl. dazu auch Wolf/Dammann § 309 Nr. 8b cc Rz. 16.

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die Transportkosten oder Teile davon auf den Vertragspartner des Verwenders abwälzen, z.B. in Form einer „Selbstbeteiligung“281. Gleiches gilt für Regelungen, die dem Kunden Naturalleistungen abverlangen, die dem Verwender obliegen, z.B. den Transport der Waren zum Betrieb des Verwenders282. Der Verwender tut gut daran, Unklarheiten bei der Formulierung zu vermeiden. Die Klausel, wonach die erforderlichen Ersatzteile und die anfallende Arbeitszeit nicht berechnet werden, verstößt gegen § 309 Nr. 8b cc, weil der Eindruck entsteht, die Transportkosten würden nicht getragen283. dd) Unverhältnismäßig hohe Kosten §§ 439 Abs. 3, 635 Abs. 3 ermöglichen dem Verkäufer bzw. Werkunternehmer, 77 die Nacherfüllung zu verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Diese Regelung ist für § 309 zwar nur von indirekter Bedeutung, da das Klauselverbot in § 309 Nr. 8b cc sich, wie sich aus der Überschrift (Aufwendungen bei Nacherfüllung) ableiten lässt, nur mit den Kostenfolgen einer durchgeführten (nicht verweigerten) Nacherfüllung befasst284. Den §§ 439 Abs. 3, 635 Abs. 3 ist aber jedenfalls zu entnehmen, dass die Nacherfüllungsund Kostentragungspflicht des Verwenders anders als früher im Kaufrecht an der Grenze der Unverhältnismäßigkeit der Kosten endet285. Daraus darf nicht der Schluss gezogen werden, der Verwender könne in seinen AGB festlegen, dass er auch in solchen Fällen die Nacherfüllung durchführen und dem Kunden die das Maß der Verhältnismäßigkeit übersteigenden Aufwendungen in Rechnung stellen dürfe. Hierdurch würde nämlich die dem Verwender nicht mehr zumutbare und deshalb zu einem Leistungsverweigerungsrecht führende Äquivalenzstörung in noch viel weniger akzeptabler Weise auf seinen Vertragspartner überwälzt. Andererseits steht es dem Kunden, dem an der Leistung gelegen ist, im Einzelfall frei, dem Verwender die Erstattung des unverhältnismäßigen Teils der Aufwendungen anzubieten, um diesem das Leistungsverweigerungsrecht zu