Abteilung 6. Bogen 1–5. Erklärungen, Rechtsurkunden und Altarbuch der deutschen Altkatholiken [Reprint 2022 ed.] 9783112671245, 9783112671238


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Table of contents :
Grundlegende Erklärungen der deutschen Altkatholiken
Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Alt-Katholiken 1874—1934
I. Synodal- und Gemeinde-Ordnung
II. Geschäftsordnung der Synode
III. Dienstanweisung für die Geistlichen
IV. Geschäftsanweisung für die Kirchen vorstände
V. Satzung für die Handhabung der Dienstzucht über die Geistlichen
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Abteilung 6. Bogen 1–5. Erklärungen, Rechtsurkunden und Altarbuch der deutschen Altkatholiken [Reprint 2022 ed.]
 9783112671245, 9783112671238

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CORPUS CONFESSIONUM DIE BEKENNTNISSE DER CHRISTENHEIT SAMMLUNG GRUNDLEGENDER URKUNDEN AUS ALLEN KIRCHEN DER GEGENWART IN VERBINDUNG MIT D. ALFRED ERNEST GARVIE, Direktor des Hackney and New College in London, D. Dr. GERMANOS, Erzbischof von Thyateira, D. ARTHUR C. HEADLAM, Bischoi von Gloucester, D. ADOLF KELLER, Sekretär des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, und D. CHARLES S. MACFARLAND, Generalsekretär des Federal Council of the Churches of Christ in America HERAUSGEGEBEN VON

D. CAJUS FABRICIUS

P R O F E S S O R D E R T H E O L O G I E AN D E R U N I V E R S I T Ä T

BERLIN

LIEFERUNG 26 ABTEILUNG 6, BOGEN 1—5 E R K L Ä R U N G E N , R E C H T S U R K U N D E N UND A L T A R B U C H D E R DEUTSCHEN ALTKATHOLIKEN

BERLIN UND LEIPZIG 1935

VERLAG VON WALTER DE GRUYTER & CO. VORMALS G . J . G Ö S C H E N ' S C H E VERLAGSHANDLUNG - J . G U T T E N T A G , VERLAGSBUCHH A N D L U N G - Q E O R O R E I M E R — K A R L J . T R Ü B N E R - VEIT & C O M P .

Die Veröffentlichung des »Corpus Confessionum« erfolgt in Lieferungen von je 80 Seiten im Lexikon-Oktav-Format; in jedem Vierteljahr werden zwei Lieferungen erscheinen. Das Werk wird somit in jedem Jahr um mehr als 600 Seiten wachsen. Die Lieferungen werden zu Bänden zusammengefaßt. In Aussicht genommen sind etwa zwanzig Bände, die im Laufe von ungefähr 10 Jahren erscheinen sollen. Der Bezugspreis beträgt bei Subskription auf das ganze Werk in der Regel M. 7.— für jede Lieferung von 5 Bogen = 80 Seiten. Lieferungen kleineren oder größeren Umfanges, die sich am Schluß der einzelnen Bände ergeben können, werden einen entsprechend niedrigeren oder höheren Preis haben.

PLAN DES WERKES 1. Ökumenische Grundlagen. 2. Orthodox-katholische Kirche des Ostens. 3. Schismatische Kirchen d.Ostens. 4. Russische Sondergruppen. 5. Römisch-katholische Kirche. 6. Altkatholizismus und Modernismus. 7. Deutsches Luthertum. 8. Deutsch-reformiertes Christentum. 9. Deutsch-evangelische Landesund Freikirchen. 10. Deutsche Erweckungs- und Heiligungsbewegungen. 1 1 . Deutsche Aufklärung, theologische Richtungen und philosophisch-humanitäre Bewegungen. 12. Evangel. Kirchen der Schweiz.

13. Evangel. Kirchen der Niederlande. 14. Evangel. Kirchen in Südwesteuropa. 15. Evangel. Kirchen in Nordeuropa. 16. Evangel. Kirchen in Osteuropa. 17. Anglikanismus. 18. Presbyterianismus. 19. Englische Inspirationsgemeinschaften. 20. Englische Evangelisationsgemeinschaften. 21. Englischer Biblizismus. 22. Englischer Chiliasmus. 23. Englischer Rationalismus und Okkultismus. 24. Evangelische Landeskirchen u. nationale Kirchenbünde außerhalb Europas.

Altkatholische Kirchen in der

Utrechter Union

Corpne confeeeionum 6.

Grundlegende Erklärungen der

deutschen Altkatholiken i Der

Protest

von

Königswinter

vom

14. A u g u s t

1870 *)

Erklärung In E r w ä g u n g , d a ß d i e i m V a t i k a n g e h a l t e n e V e r s a m m l u n g n i c h t m i t voller Freiheit beraten und w i c h t i g e Beschlüsse nicht mit der erforderlichen Ü b e r e i n s t i m m u n g g e f a ß t hat, erklären die u n t e r z e i c h n e t e n K a t h o l i k e n , daß sie die D e k r e t e ü b e r die a b s o l u t e G e w a l t des P a p s t e s und dessen persönliche U n f e h l b a r k e i t als E n t s c h e i d u n g eines ökumenischen K o n z i l s nicht a n e r k e n n e n , v i e l m e h r dieselben als eine mit dem überl i e f e r t e n G l a u b e n d e r K i r c h e im W i d e r s p r u c h e s t e h e n d e N e u e r u n g v e r werfen. II Die Nürnberger v o m 26. A u g u s t

Erklärung 1870**)

W i r sind der Ueberzeugung, daß ein längeres Schweigen gegenüber den infolge der Majoritäts-Beschlüsse der Vatikanischen Bischofsversammlung vom 18. Juli 1870, durch die Bulle 'Pastor aeternus' kundgemachten päpstlichen Dekreten weder uns ziemt, noch zum Nutzen der Kirche gereichen kann. In dem dritten Kapitel dieser 'Constitutio dogmatica prima de ecclesia Christi' wird als Glaubenssatz aufgestellt: der römische Bischof habe nicht bloß das A m t der Oberaufsicht und der höchsten Leitung über die Kirche, sondern sei Inhaber der ganzen Machtfülle und besitze über alle Kirchen und jede einzelne, über alle Kirchenvorsteher und jeden einzelnen und über jeden Christen die ordentliche und unmittelbare Gewalt. Im vierten K a p i t e l wird gelehrt: es sei von Gott geoffenbarter Glaubenssatz, daß der Römische Bischof als Lehrer für die ganze Kirche ('ex Cathedra') in Gegenständen des Glaubens und der Sitten *) Die Erklärung wurde in der »Kölnischen Zeitung« vom 9. Sept. 1870 mit 456 Unterschriften veröffentlicht, zu denen in späteren Nummern noch weitere 903 Unterschriften hinzukamen. — Vgl. Schulte, Der Altkatholizismus, Gießen 1887, S. 106. **) Diese im wesentlichen von Stiftspropst v. Döllinger verfaßte Erklärung wurde von den in Nürnberg versammelten 11 Theologen und 2 Laien einstimmig angenommen. Vgl. Schulte: Der Altkatholizismus, S. 14 fi. und S. 97 ff.

1*

4

Grundlegende Erklärungen der deutschen Altkatholiken

die der Kirche von Christus verheißene Unfehlbarkeit besitze, und daß deshalb derartige Entscheidungen irreformabel seien aus sich selbst, nicht aber auf Grund der Zustimmung der Kirche. Diese Sätze vermögen wir nicht als Aussprüche eines wahrhaft ökumenischen Konzils anzuerkennen; wir verwerfen sie als neue von der Kirche niemals anerkannte Lehren. Von den Gründen, deren streng wissenschaftliche Ausführung vorbehalten wird, machen wir folgende namhaft: 1. Eine Konstatierung der Lehre der Kirche über diese Punkte ist auf der Synode zufolge der Verheimlichung vor ihrer Eröffnung, sowie durch Verhinderung vollständiger Zeugnisabgabe und freier Meinungsäußerung mittelst vorzeitigen Schlusses der Debatte nicht erfolgt. Damit ist die wesentliche Aufgabe eines ökumenischen Konzils bei Seite gesetzt worden. 2. J e n e Freiheit von jeder A r t moralischen Zwangs und jeder Beeinflussung durch höhere Gewalt, welche zum Wesen eines ökumenischen Konzils gehört, ist auf dieser Versammlung nicht vorhanden gewesen, unter andrem: a) weil der Versammlung von dem Papste im Widerspruche mit der Praxis der früheren Konzilien eine die Freiheit hemmende Geschäfts-Ordnung auferlegt, trotz Protestes einer großen Anzahl von Bischöfen belassen, und nachher wiederum ohne Zustimmung der Versammlung modifiziert und gegen den abermaligen Protest aufrecht erhalten wurde; b) weil in einer erst zu entscheidenden und den Papst persönlich betreffenden Lehre durch die mannigfaltigsten dem Papste zu Gebote stehenden Mittel ein moralischer Druck auf die Mitglieder ausgeübt worden ist. 3. Wenn bisher stets in der Kirche als Regel gegolten, daß nur das immer, überall und von Allen Bekannte Glaubenssatz der Kirche sein könne, so ist man auf der Vatikanischen Versammlung von diesem Grundsatze abgewichen. Der bloße Bruchteil einer Bischofsversammlung hat gegen den beharrlichen und noch zuletzt schriftlich erneuerten Widerspruch einer durch ihre Zahl sowohl als durch die Dignität und den Umfang ihrer Kirchen überaus gewichtigen Minorität eine Lehre zum Dogma erhoben, von der es notorisch und evident ist, daß ihr von den drei Bedingungen keine, w e d e r d a s I m m e r n o c h d a s U e b e r a l l n o c h d a s v o n A l l e n zukomme. In diesem Vorgange liegt die tatsächliche Anwendung des völlig neuen Satzes, daß als göttlich geoffenbarte Lehre eine Meinung erklärt werden könne, deren Gegenteil bis dahin frei gelehrt und in vielen Diözesen geglaubt wurde. 4. Indem das dritte Kapitel gerade die ordentliche Regierungsgewalt in den einzelnen Kirchensprengeln, welche nach katholischer Lehre den Bischöfen zukommt, auf den Papst überträgt, wird die Natur und Wesenheit des Episkopates als göttlicher, in dem Apostolate gegebener Institution und als integrierenden Bestandteiles der Kirche alteriert, beziehungsweise völlig zerstört. 5. Durch die Erklärung, daß alle an die ganze Kirche gerichteten doktrinellen Aussprüche der Päpste unfehlbar seien, werden auch jene kirchenpolitischen Sätze und Aussprüche älterer und neuerer päpstlicher Erlasse für unfehlbare Glaubensnormen erklärt, welche die Unterwerfung der Staaten, Völker und Fürsten unter die Gewalt der Päpste auch in weltlichen Dingen lehren, welche über Duldung Andersgläubiger und Standesrechte des Klerus Grundsätze aufstellen, die der heutigen Gesellschaft widersprechen. Hiermit wird das friedliche Einvernehmen zwischen Kirche und Staat, zwischen Klerus und Laien, zwischen Katholiken und Andersgläubigen für die Zukunft ausgeschlossen. Angesichts der Verwirrung, welche durch diese neuen Lehren in der Kirche jetzt schon eingetreten ist und sich in der Zukunft voraussichtlich noch steigern wird, setzen wir in jene Bischöfe, welche diesen Lehren entgegengetreten sind und durch ihre Haltung auf

Die Nürnberger Erklärung. — Die Münchener Erklärung

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der Versammlung den Dank der katholischen Welt verdient haben, das Vertrauen und richten zugleich an sie die Bitte, daß sie in gerechter Würdigung der Not der Kirche und der Bedrängnis der Gewissen auf das baldige Zustandekommen eines wahren, freien und daher nicht in Italien, sondern diesseits der Alpen abzuhaltenden ökumenischen Konzils mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln hinwirken mögen.« III Die

Münchener

Erklärung

von

Pfingsten

1871 *)

(Rheinischer Merkur 1 8 7 1 S. 238)

Erklärung Gegenüber den amtlichen Maßregeln und Kundgebungen der deutschen Bischöfe zugunsten der vatikanischen Dekrete erachten es die Unterzeichneten für notwendig, durch folgende Erklärung ihren Standpunkt zu wahren und so viel an ihnen liegt, der hereinbrechenden Verwirrung der Gewissen entgegenzutreten: 1. Treu der unverbrüchlichen und auch von Papst und Bischöfen nicht bestrittenen Pflicht jedes katholischen Christen am alten Glauben festzuhalten und jede Neuerung, würde sie auch von einem Engel des Herrn verkündet, abzuweisen, beharren wir in der Verwerfung der vatikanischen Dogmen. —• Es ist bisher nicht Lehre der Kirche und nicht katholischer Glaube gewesen, daß jeder Christ an dem Papste einen unumschränkten Oberherrn und Gebieter habe, welchem er direkt und unmittelbar unterworfen ist, und dem er bei Strafe zeitlicher und ewiger Verdammnis in allem, was seinen religiösen Glauben sowie sein sittliches Tun und Lassen betrifft, unbedingt gehorchen muß — ihm oder seinen Sendboten und Bevollmächtigten. Desgleichen ist es bisher notorisch nicht Lehre der Kirche gewesen, daß einem Menschen, dem jedesmaligen Papste, in seinen an die Kirche gerichteten Aussprüchen über den Glauben, über die Pflichten und Rechte der Menschen die Gabe der Unfehlbarkeit verliehen sei. Diese Sätze sind vielmehr bis jetzt bloße, wenn auch von Rom sehr begünstigte und mit allen Herrschermitteln beschützte Schulmeinungen gewesen, welche die angesehensten Theologen, ohne sich einem Tadel auszusetzen, bekämpft und verworfen haben. Es ist bekannt — und wenn die deutschen Bischöfe es nicht wissen, so sollten sie es doch wissen —-, daß dieselben Lehren ihren Ursprung der Fälschung, ihre Verbreitung dem Zwange verdanken. Durch diese Lehren, wie sie der Papst in seinen vatikanischen Dekreten verkündet hat, wird die Gesamtheit der Gläubigen ihrer wesentlichen Rechte beraubt, das Zeugnis dieser Gesamtheit entwertet, das Gewicht der kirchlichen Überlieferung entkräftet und der oberste Grundsatz des katholischen Glaubens zerstört, daß der Christ nur d a s anzunehmen verpflichtet sei, was jederzeit, überall und von allen gelehrt und geglaubt worden ist. Wenn gleichwohl der jüngste Hirtenbrief der deutschen Bischöfe behauptet, Petrus sei es, der durch den Mund des sich für unfehlbar erklärenden Papstes gesprochen habe, so müssen wir dieses Vorgeben als eine Blasphemie zurückweisen. Petrus spricht klar und allgemein faßlich zu uns durch seine in der Schrift verzeichneten Taten und Reden und durch seine auch an uns gerichteten Briefe. Aber diese Taten, Reden und Briefe des Apostels atmen einen völlig anderen Geist und enthalten eine andere Lehre als die, welche uns jetzt aufgezwungen werden soll. Wohl hat man es versucht, diese neuen Lehren, welche in ihrer nackten Derbheit und kaum zu berechnenden Tragweite jedes christliche Gefühl verletzen, abzuschwächen und dem Volke den Wahn beizubringen, als ob sie alt und stets geglaubt und ganz unverfänglich seien. Wie früher, so hat man auch wieder in dem jüngsten Hirtenbriefe sich Mühe gegeben, *) Diese, wesentlich von Döllinger entworfene Erklärung, wurde von einer in München vom 28.—30. Mai 1 8 7 1 tagenden Versammlung angenommen und mit 3 1 Unterschriften in der »Augsburger Allgemeinen Zeitung«, Nr. 164, veröffentlicht. Vgl. Schulte: Der Altkatholizismus, S. 16 ff. und S. 338 ff.

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Grundlegende Erklärungen der deutschen Altkatholiken

die Unfehlbarkeit, von der die Dekrete sprechen, als ein Vorrecht, welches dem ganzen aus Papst und Bischöfen gemeinschaftlich bestehenden Lehramte zukomme, erscheinen zu lassen. Dies widerspricht aber dem klaren Wortlaute der Dekrete: ihm zufolge ist n u r der Papst und der a u s s i c h s e l b e r unfehlbar. Nur er empfängt den Beistand des hl. Geistes und ist in seinen Entscheidungen völlig unabhängig von dem Urteile der Bischöfe, deren Zustimmung zu jedem päpstlichen Ausspruche nun Sache der Pflicht geworden ist und nicht mehr verweigert werden kann. Wenn die deutschen Bischöfe aber behaupten, die »Fülle der Gewalt«, welche gemäß den vatikanischen Dekreten dem Papste zukomme, dürfe nicht als eine unbeschränkte oder alles umfassende bezeichnet werden, weil der Papst in deren Ausübung an die göttliche Lehre, Ordnung und Satzung gebunden sei, so würde man mit dem gleichen Rechte sagen können, daß eine unumschränkte despotische Gewalt überhaupt, selbst bei den Mohammedanern, nicht existiere. Denn auch der türkische Sultan oder der Schah von Persien erkennt die Schranke des göttlichen Rechtes und die Satzungen des Korans an. Durch die neuen Dekrete erhebt der Papst nicht nur den Anspruch, das ganze Gebiet der Moral zu beherrschen, er bestimmt auch allein und mit unfehlbarer Lehrautorität, was zu diesem Gebiete gehöre, was göttliches Recht sei, wie dasselbe auszulegen und in Einzelfällen anzuwenden sei. In der Ausübung dieser Gewalt ist der Papst an keine fremde Zustimmung gebunden, niemandem auf Erden verantwortlich, niemand darf ihm Einsprache tun; jeder, wer er auch sei, Fürst oder Tagelöhner, Bischof oder Laie, ist im Gewissen verpflichtet, sich ihm unbedingt zu unterwerfen und jedes seiner Gebote ohne Widerrede zu vollziehen. Wenn eine solche Gewalt nicht als eine unumschränkte und despotische bezeichnet werden soll, so hat es niemals und nirgends in der Welt eine unumschränkte und despotische Gewalt gegeben 2. Wir beharren in der festbegründeten Überzeugung, daß die vatikanischen Dekrete eine ernste Gefahr für Staat und Gesellschaft bilden, daß sie schlechthin unvereinbar sind mit den Gesetzen und Einrichtungen der gegenwärtigen Staaten und daß wir durch die Annahme derselben in einen unlösbaren Zwiespalt mit unseren politischen Pflichten und Eiden geraten würden. Vergeblich versuchen die Bischöfe die unleugbare Tatsache teils totzuschweigen, teils durch willkürliche Auslegungen päpstlicher Bullen zu beseitigen, daß diese Bullen und Entscheidungen alle politischen Gewalten der Willkür des päpstlichen Stuhles unterwerfen und gerade jene Gesetze am entschiedensten verdammen, welche in der heutigen gesellschaftlichen Ordnung die unentbehrlichsten sind. Die Bischöfe wissen sehr wohl, daß sie infolge der vatikanischen Dekrete nicht das geringste Recht haben, päpstliche Erlasse, die neuesten oder früheren, durch künstlich ersonnene Auslegungen zu beschränken, und daß die entgegengesetzte Auslegung eines einzigen Jesuiten gerade so viel wiegt als die von hundert Bischöfen. Überdies stehen auch bereits den Deutungen deutscher Bischöfe die Auslegungen anderer Prälaten gegenüber, unter anderm des Erzbischofs Manning von Westminster, welcher der päpstlichen Unfehlbarkeit den denkbar weitesten Umfang zuerkennt. — Und so halten wir uns auch trotz der bischöflichen Rüge für wohlberechtigt, auch fernerhin die Unfehlbarkeit, welche dem Papste und ihm allein, ohne jede Teilnahme Anderer, zukommen soll, eine persönliche zu nennen. Denn dieser Ausdruck ist hier vollkommen richtig und entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauche, wie man denn die Gewalt, welche ein Monarch, unabhängig von den andern Staatsbehörden, für sich besitzt und übt, eine persönliche zu nennen pflegt. Denn auch eine amtliche Prärogative heißt dann mit Recht eine persönliche, wenn sie so fest und unzertrennlich an die Person geknüpft ist, daß diese sich ihrer weder entäußern noch sie Andern übertragen kann. Wenn man, was die deutschen Bischöfe unterlassen, die Verdammungen des Syllabus, welcher nun ein mit päpstlicher Unfehlbarkeit bekleidetes Dekret geworden ist, die feierliche Verdammung der österreichischen Verfassung durch den Papst, die gleichzeitigen Publikationen der Jesuiten in Laach, in Wien und in Rom, — die bekanntlich besser als die deutschen Bischöfe über die Absichten der Kurie unterrichtet

Die Münchener Erklärung

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sind —, wenn man alles dieses mit den vatikanischen Dekreten zusammenhält, so muß man die Augen schließen, um den wohl überlegten Plan päpstlicher Universalherrschaft nicht zu erkennen. Unsere Regierungen, unsere Gesetze und Staatseinrichtungen, das gesamte Gebiet des Sittlichen, die Handlungen der einzelnen Menschen, alles soll künftig der Kurie und ihien Werkzeugen und teils wandernden, teils stabilen Emissären, seien es Bischöfe oder Jesuiten, Untertan sein. Als alleiniger Gesetzgeber in Sachen des Glaubens, der Disziplin und der Sitte, als oberster Richter, als unverantwortlicher Gebieter und Vollstrecker seiner Sentenzen besitzt der Papst nach der neuen Lehre eine Gewaltfülle, wie selbst die ausschweifendste Phantasie sie nicht größer sich denken kann. Die deutschen Bischöfe aber würden wohl tun, das treffende Wort zu beherzigen, welches einst in ähnlicher Lage der Franziskaner Occam in München ausgesprochen hat: »Wenn der römische Bischof, sagt Occam, eine solche Fülle der Gewalt besäße, wie die Päpste sich verwerflicherweise anmaßen und wie viele irrig und schmeichlerisch ihnen zuzuerteilen unternehmen, so wären alle Sterblichen Sklaven, was der Freiheit des evangelischen Gesetzes offen zuwiderläuft.« 3. Wir berufen uns auf das unfreiwillige Zeugnis, welches die deutschen Bischöfe selbst für die Gerechtigkeit unserer Sache ablegen. Wenn wir die neue Lehre, daß der Papst der universale Bischof und der absolute Gebieter jedes Christen im ganzen Umfange der Moral, also des gesamten sittlichen Tuns und Lassens sei, offen und direkt zurückweisen, so zeigen die Bischöfe durch die ungleichen und widersprechenden Deutungen in ihren Hirtenbriefen, daß sie die Neuheit und das Abstoßende dieser Lehre sehr gut erkennen und daß sie im Grunde sich derselben schämen. Keiner von ihnen kann sich dazu entschließen, dem Beispiel Mannings und der Jesuiten zu folgen und den vatikanischen Dekreten ihren einfachen und natürlichen Sinn zu lassen. Aber sie vergessen, daß solche Deutungs- und Abschwächungsversuche, wie sie in ihren Hirtenbriefen in Anwendung gebracht werden, wenn man sie bei anderen Glaubensdekreten sich erlauben wollte, geradezu alle Festigkeit und Gleichmäßigkeit der Lehre erschüttern und eine allgemeine Unsicherheit und Ungewißheit des Glaubens zur Folge haben würden. Was würde wohl an den Glaubensentscheidungen der Kirche, den alten und den neuen, noch fest und zuverlässig bleiben, wenn man eine Behandlung, wie sie im jüngsten Hirtenbriefe der Bulle des achten Bonifatius widerfährt, auf sie alle anwenden, dem klaren Wortlaut, der offenkundigen Absicht der Abfassung überall so ins Antlitz schlagen wollte, wie es hier geschieht? Wir beklagen einen solchen Gebrauch des bischöflichen Lehramtes. Wir beklagen noch tiefer, daß dieselben Bischöfe sich nicht gescheut haben, in einem Hirtenbriefe an das katholische Volk den Gewissensschrei ihrer Diözesanen mit Schmähungen auf Vernunft und Wissenschaft zu beantworten. Wahrlich, wenn wir von Männern, die keine höhere Pflicht als den blinden Gehorsam zu kennen scheinen, auf ihre ehrwürdigen Vorfahren im Episkopat, auf Bischöfe wie Cyprian, Athanasius, Augustin blicken, so haben wir ein größeres Recht als der hl. Bernhard zu dem Schmerzensruf: »Quis nobis dabit, videre ecclesiam sicut erat in diebus antiquis.« 4. Wir weisen die Drohungen der Bischöfe als unberechtigt, ihre Gewaltmaßregeln als ungültig und unverbindlich zurück. — Sonst pflegte man in der ganzen Kirche den Grundsatz hochzuhalten: »Sobald von einer Lehre der Zeitpunkt angegeben werden könne, in welchem sie zuerst aufgebracht worden, sei dies ein gewisses Zeichen ihrer Unrichtigkeit.« Gerade dies ist bei der neuen Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit der Fall. Man vermag den Zeitpunkt, in welchem diese Lehre zuerst sich hervorgewagt, die Personen, welche sie ersonnen, die Interessen, denen sie damit fröhnten, genau zu bestimmen. Wenn Päpste und Bischöfe in früheren Zeiten die Urheber und Anhänger einer unkatholischen Lehre aus der Kirchengemeinschaft ausschlössen, so war es vor allem der Hinweis auf die Neuheit der Lehre und auf ihren Widerspruch mit dem altüberlieferten Glauben, womit sie, wie mit einem Schilde, sich deckten. An dieser offenbaren und leicht zu

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Grundlegende Erklärungen der deutschen Altkatholiken

konstatierenden Tatsache, daß die Lehre bisher nicht als göttlich geoffenbarte gegolten habe, sollten die Betroffenen die Gerechtigkeit des kirchlichen Richterspruches und die Unhaltbarkeit der von ihnen vorgetragenen Lehre erkennen. J e t z t hat man zum ersten Male — der Fall ist in achtzehn Jahrhunderten nicht vorgekommen — Männer mit dem Kirchenbanne belegt, nicht weil sie eine neue Lehre behaupten und ausbreiten wollen, sondern weil sie den alten Glauben, wie sie selber ihn v o n ihren Eltern und Lehrern in Schule und Kirche empfangen haben, bewahren und das Gegenteil davon nicht annehmen, ihren Glauben nicht wie ein Kleid wechseln wollen. — D a ß eine ungerechte Exkommunikation nicht den davon Betroffenen, sondern nur den Bannenden schädige, daß Gott vielmehr solchen unschuldig Mißhandelten ihre Leiden zu einer Quelle des Segens werden lasse, ist die gemeinsame Lehre der Väter. W i r w i s s e n a b e r a u c h , d a ß d i e s e B a n n u n g e n ebenso u n g ü l t i g und unverbindlich als ungerecht sind, daß w e d e r die G l ä u b i g e n ihr g u t e s R e c h t auf die G n a d e n m i t t e l C h r i s t i , noch die Priester ihre B e f u g n i s s e , d i e s e l b e n zu s p e n d e n , d a d u r c h v e r l i e r e n können, und sind entschlossen, durch Censuren, welche zur Förderung falscher Lehren v e r h ä n g t w o r d e n sind, unser R e c h t uns nicht verk ü m m e r n zu lassen. 5. W i r leben der Hoffnung, daß der jetzt ausgebrochene K a m p f unter höherer Leitung das Mittel sein wird, d i e l ä n g s t e r s e h n t e u n d u n a b w e i s b a r g e w o r d e n e R e f o r m d e r k i r c h l i c h e n Z u s t ä n d e , s o w o h l in d e r V e r f a s s u n g a l s i m L e b e n d e r K i r c h e , a n z u b a h n e n und zu v e r w i r k l i c h e n . Der Blick auf die Zukunft erhebt und tröstet uns mitten in der Trübsal der gegenwärtigen Verwirrung. W e n n uns gegenwärtig allenthalben in der Kirche die überwuchernden Mißbräuche begegnen, welche durch den Sieg der vatikanischen Dogmen gestärkt und unantastbar gemacht, j a schließlich bis zur Vernichtung alles christlichen Lebens gesteigert werden würden; wenn wir trauernd das Streben nach geistlähmender Zentralisation und mechanischerUniformitätwahrnehmen; wenn wir die wachsende Unfähigkeit der Hierarchie beobachten, welche die großartige geistige Arbeit der neuen Zeit nur mit dem Schellengeklingel altgewohnter Redensarten und ohnmächtiger Verwünschungen zu begleiten oder zu unterbrechen vermag, so ermutigt uns doch die Erinnerung an bessere Zeiten und die Zuversicht auf den göttlichen Lenker der Kirche. In solcher Rückschau und Vorschau zeigt sich uns e i n B i l d echt kirchlicher Regeneration, e i n Z u s t a n d , i n w e l c h e m d i e K u l t u r v ö l k e r k a t h o l i s c h e n B e k e n n t n i s s e s , ohne B e e i n t r ä c h t i g u n g ihrer G l i e d s c h a f t an dem L e i b e der allgemeinen K i r c h e , aber frei von dem Joche u n b e r e c h t i g t e r Herrschs u c h t , j e d e s s e i n K i r c h e n w e s e n , e n t s p r e c h e n d s e i n e r E i g e n a r t u n d im E i n k l ä n g e m i t s e i n e r ü b r i g e n K u l t u r m i s s i o n in e i n t r ä c h t i g e r A r b e i t v o n K l e r u s und L a i e n g e s t a l t e t und a u s b i l d e t , und die g e s a m t e k a t h o l i s c h e W e l t sich der F ü h r u n g eines P r i m a t s und E p i s k o p a t s e r f r e u t , der durch W i s s e n s c h a f t und d u r c h die t ä t i g e T e i l n a h m e an einem g e m e i n s a m e n L e b e n sich die E i n s i c h t und die B e f ä h i g u n g e r w o r b e n h a t , u m der K i r c h e d i e i h r e r e i n z i g w ü r d i g e S t e l l e an der S p i t z e d e r W e l t k u l t u r w i e d e r zu v e r s c h a f f e n u n d auf die Dauer zu erhalten. Auf d i e s e m W e g e , und nicht durch die vatikanischen Dekrete, w e r d e n w i r z u g l e i c h u n s d e m h ö c h s t e n Z i e l e c h r i s t licher E n t w i c k l u n g w i e d e r nähern, der V e r e i n i g u n g der j e t z t g e t r e n n ten c h r i s t l i c h e n G l a u b e n s g e n o s s e n s c h a f t e n , die v o n dem S t i f t e r der K i r c h e g e w o l l t und v e r h e i ß e n ist, die m i t i m m e r s t e i g e n d e r K r a f t der S e h n s u c h t v o n u n z ä h l i g e n F r o m m e n , u n d n i c h t a m w e n i g s t e n in D e u t s c h land, begehrt und herbeigerufen wird. Das gebe Gott! M ü n c h e n , im Juni 1871.

Die Münchener Erklärung.

— Programm des Katholikenkongresses in München

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IV Programm des K a t h o l i k e n - K o n g r e s s e s in M ü n c h e n , 22.—24. September 1871 *) I. Im Bewußtsein unserer religiöser Pflichten halten wir fest an dem alten katholischen Glauben, wie er in Schrift und Tradition bezeugt ist, sowie am alten katholischen Kultus. Wir betrachten uns deshalb als vollberechtigte Glieder der katholischen Kirche und lassen uns weder aus der Kirchengemeinschaft noch aus den durch diese Gemeinschaft uns erwachsenden kirchlichen und bürgerlichen Rechten verdrängen. Wir erklären die wegen unserer Glaubenstreue über uns verhängten kirchlichen Zensuren für gegenstandslos und willkürlich und werden durch dieselben an der Betätigung der kirchlichen Gemeinschaft in unserem Gewissen nicht beirrt und nicht verhindert. Von dem Standpunkte des Glaubensbekenntnisses aus, wie es noch in dem sog. Tridentinischen Symbolum enthalten ist, verwerfen wir die unter dem Pontifikate Pius' I X . im Widerspruch mit der Lehre der Kirche und den vom Apostel-Konzil an befolgten Grundsätzen zustande gebrachten Dogmen, insbesondere das Dogma von dem »unfehlbaren Lehramte« und von der »höchsten, ordentlichen und unmittelbaren Jurisdiktion« des Papstes. II. Wir halten fest an der alten Verfassung der Kirche. Wir verwerfen jeden Versuch, die Bischöfe aus der unmittelbaren und selbständigen Leitung der Einzelkirchen zu verdrängen. Wir verwerfen die in den vatikanischen Dekreten enthaltene Lehre, daß der Papst der einzige göttlich gesetzte Träger aller kirchlichen Autorität und Amtsgewalt sei, als im Widerspruche stehend mit dem Tridentinischen Kanon, wonach eine göttlich gestiftete Hierarchie von Bischöfen, Priestern und Diakonen besteht. Wir bekennen uns zu dem Primate des römischen Bischofs, wie er auf Grund der Schrift von den Vätern und Konzilien in der alten ungeteilten christlichen Kirche anerkannt war. a) Wir erklären, daß nicht lediglich durch den Ausspruch des jeweiligen Papstes und die ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung der dem Papste zu unbedingtem Gehorsam eidlich verpflichteten Bischöfe, sondern nur im Einklänge mit der hl. Schrift und der alten kirchlichen Tradition, wie sie niedergelegt ist in den anerkannten Vätern und Konzilien, Glaubenssätze definiert werden können. Auch ein Konzil, welchem nicht wie dem vatikanischen wesentliche äußere Bedingungen der Oekumenizität mangelten, welches in allgemeiner Übereinstimmung seiner Mitglieder den Bruch mit der Grundlage und Vergangenheit der Kirche vollzöge, vermöchte durchaus keine die Glieder der Kirche innerlich verpflichtenden Dekrete zu erlassen. b) Wir betonen, daß die Lehrentscheidungen eines Konzils im unmittelbaren Glaubensbewußtsein des katholischen Volks und in der theologischen Wissenschaft sich als übereinstimmend mit dem ursprünglichen und überlieferten Glauben der Kirche erweisen müssen. Wir wahren der katholischen Laienwelt und dem Klerus wie der wissenschaftlichen Theologie bei Feststellung der Glaubensregeln das Recht des Zeugnisses und der Einsprache. III. Wir erstreben unter Mitwirkung der theologischen und kanonistischen Wissenschaft eine Reform in der Kirche, welche im Geiste der alten Kirche die heutigen Gebrechen und Mißbräuche heben und insbesondere die berechtigten Wünsche des katholischen Volks auf verfassungsmäßig geregelte Teilnahme an den kirchlichen Angelegenheiten erfüllen werde, wobei, unbeschadet der kirchlichen Einheit in der Lehre, die nationalen Anschauungen und Bedürfnisse Berücksichtigung finden können. *) A n dem Kongreß, der dieses Programm annahm, waren über 300 Delegierte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligt. Dazu kamen 4 Geistliche der holländischen (Utrechter) Kirche, ferner Katholiken aus Frankreich, Spanien, Brasilien und Irland. Ebenso waren Geistliche aus der griechischen und anglikanischen Kirche, sowie aus Amerika anwesend; auch evangelische Gäste waren zugegen. Vgl. Schulte: Der Altkatholizismus, S. 2 2 ff. und S. 3 4 3 ff.

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Grundlegende Erklärungen der deutschen Altkatholiken

Wir erklären, daß der Kirche von Utrecht der Vorwurf des Jansenismus grundlos gemacht wird und folglich zwischen ihr und uns kein dogmatischer Gegensatz besteht. Wir hoffen auf eine Wiedervereinigung mit der griechisch-orientalischen und russischen Kirche, deren Trennung ohne zwingende Ursachen erfolgte und in keinen unausgleichbaren dogmatischen Unterschieden begründet ist. Wir erwarten unter Voraussetzung der angestrebten Reformen und auf dem Wege der Wissenschaft und der fortschreitenden christlichen Kultur allmählich eine Verständigung mit den protestantischen und den bischöflichen Kirchen. IV. Wir halten bei der Heranbildung des katholischen Klerus die Pflege der Wissenschaft für unentbehrlich. Wir betrachten die künstliche Abschließung des Klerus von der geistigen Kultur des Jahrhunderts (in Knabenseminarien und einseitig von Bischöfen geleiteten höheren Lehranstalten) bei dessen großem Einflüsse auf die Volkskultur als gefährlich und höchst ungeeignet zur Erziehung und Heranbildung eines sittlich frommen, wissenschaftlich erleuchteten und patriotisch gesinnten Klerus. Wir verlangen für den sog. niederen Klerus eine würdige und gegen jegliche hierarchische Willkür geschützte Stellung. Wir verwerfen die durch das französische Recht eingeführte und neuestens allgemeiner angestrebte willkürliche Versetzbarkeit (amovibilitas ad nutum) der Seelsorgsgeistlichen. V. Wir halten zu den die bürgerliche Freiheit und humanitäre Kultur verbürgenden Verfassungen unserer Länder, verwerfen darum aus staatsbürgerlichen und kulturhistorischen Gründen das den Staat bedrohende Dogma von der päpstlichen Machtfülle und erklären, unsern Regierungen im Kampfe gegen den im Syllabus dogmatisierten Ultramontanismus treu und fest zur Seite zu stehen. VI. Da offenkundig durch die sog. »Gesellschaft Jesu« die gegenwärtige unheilvolle Zerrüttung in der katholischen Kirche verschuldet worden ist, da dieser Orden seine Machtstellung mißbraucht, um in Hierarchie, Klerus und Volk kulturfeindliche, staatsgefährliche und antinationale Tendenzen zu verbreiten und zu nähren, da er eine falsche und korrumpierende Moral lehrt und geltend macht, so sprechen wir die Überzeugung aus, daß Friede und Gedeihen, Eintracht in der Kirche und richtiges Verhältnis zwischen ihr und der bürgerlichen Gesellschaft erst dann möglich ist, wenn der gemeinschädlichen Wirksamkeit dieses Ordens ein Ende gemacht sein wird. VII. Als Glieder der katholischen noch nicht durch die vatikanischen Dekrete alterierten Kirche, welcher die Staaten politische Anerkennung und öffentlichen Schutz garantiert haben, halten wir auch unsere Ansprüche auf alle realen Güter und Besitztitel der Kirche aufrecht.

Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Alt-Katholiken

1874—1934*)

I. Synodal- und Gemeinde-Ordnung I. Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen §

i.

Die vorliegende gesetzliche Ordnung ist durch die Lage geboten, in welcher sich die nichtvatikanisch gesinnten Katholiken befinden, seitdem die Inhaber der bischöflichen Stühle und Pfarreien die vatikanischen Lehrsätze anerkannt haben und deren Anerkennung durch Verhängung kirchlicher Strafen zu erzwingen suchen. Diese gesetzliche Ordnung hat insofern eine nur vorläufige Bedeutung, als durch die Besetzung der bestehenden Bistümer und Pfarreien mit alt-katholischen Bischöfen und Priestern andere Verhältnisse eintreten würden. §

2.

Die Alt-Katholiken des Deutschen Reiches erklären, daß sie, als in der katholischen Kirche stehend, sich alle den Katholiken zustehenden Rechte auf die dem katholischen Gottesdienste gewidmeten Kirchen, auf die katholischen Pfründen und Stiftungen, auf die für die katholische Kultus- und Unterrichtszwecke von den Staaten in den Staatshaushalten gewährten Beträge vorbehalten.

§ 3Die Befolgung auch derjenigen staatlichen Vorschriften, welche in den folgenden Bestimmungen nicht ausdrücklich erwähnt werden, insbesondere über die Zusammensetzung der Kirchenvorstände, die Verwaltung des Gemeindevermögens, die Armenpflege, die Besteuerung, wird, soweit jene Vorschriften zu etwas verpflichten, als selbstverständlich vorbehalten.

§ 4Alle wohlerworbenen Rechte bleiben durch die nachfolgenden Bestimmungen unberührt. *) I m N a c h s t e h e n d e n w e r d e n die k i r c h e n r e c h t l i c h e n U r k u n d e n der A l t k a t h o l i k e n in der G e s t a l t w i e d e r g e g e b e n , w i e sie h e u t e i m D e u t s c h e n R e i c h g ü l t i g sind. Z u g r u n d e liegen f o l g e n d e V e r ö f f e n t l i c h u n g e n : i . K i r c h l i c h e O r d n u n g e n u n d S a t z u n g e n f ü r die d e u t s c h e n A l t k a t h o l i k e n , H e f t i , hrsg. i m A u f t r a g e der a l t k a t h o l i s c h e n S y n o d a l v e r t r e t u n g , F r e i b u r g / B r e i s g a u 1922. 2. N a c h t r a g z u H e f t I , F r e i b u r g - B r e i s g a u !928. 3. D i e einzelnen seit 1930 g e f a ß t e n S y n o d a l b e s c h l ü s s e ü b e r T e x t ä n d e r u n g e n . Im nachstehenden T e x t sind alle n i c h t mehr g ü l t i g e n B e s t i m m u n g e n f o r t g e l a s s e n u n d die neu eingetretenen Ä n d e r u n g e n u n d Ergänzungen hinzugefügt.

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

II. Abschnitt.

Der Bischof, seine Stellvertreter und Gehilfen

§ 5Der Bischof hat innerhalb der in diesen Bestimmungen festgestellten Grundsätze alle jene Rechte und Pflichten, welche das gemeine Recht dem bischöflichen A m t e beilegt. §

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Der Bischof wird von der Synode gewählt. Die Wahf findet nach folgender Ordnung statt: 1. Die Synodal-Vertretung hat vor der Wahl in geeigneter Weise festzustellen, welche Priester den Regierungen, die den Bischof als solchen bereits förmlich anerkannt haben, nicht genehm (minus grati) sind. Diese dürfen nicht gewählt werden. 2. Der zweite Vorsitzende der Synodal-Vertretung (§ 16), bei dessen Verhinderung ein anderer von der Synodal-Vertretung bestimmter Laie, hat die W a h l zu leiten. 3. Jeder Wähler erhält eine von dem mit der Leitung der W a h l beauftragten Mitgliede der Synodal-Vertretung (Z. 2) unterzeichneten Wahlausweis und ein gedrucktes Verzeichnis der wählbaren Priester. Wählbar sind alle Mitglieder der Geistlichkeit des Bistums, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, außer den zur Ruhe gesetzten und den v o m Dienste enthobenen. 4. V o r der Wahlhandlung wird ein heiliges A m t »Zur Anrufung des Heiligen Geistes« gehalten. Unmittelbar danach haben, wenn die W a h l in der Kirche stattfindet, alle nicht zur Teilnahme an der W a h l Berechtigten die Kirche zu verlassen. Findet die W a h l in einem anderen Räume statt, so wird der Eintritt in diesen nur gegen Vorzeigung des Wahlausweises gestattet. 5. Der Vorsitzende ernennt einen Wähler zum Schriftführer und schlägt drei Wähler zu Stimmzählern vor. Erhebt sich gegen diesen Vorschlag ein Widerspruch, so werden die drei Stimmzähler von der Versammlung mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. 6. Die Stimmzähler haben zu geloben: »Ich, N. N., gelobe feierlich, die einzusammelnden Stimmen wahrheitsgetreu bekanntzugeben.« 7. Darauf leisten alle Wähler folgendes Gelöbnis: »Ich, N. N., gelobe feierlich, demjenigen meine Stimme zu geben, welchen ich nach bestem Wissen für den Tauglichsten halte.« 8. Der jüngste der drei Stimmzähler sammelt die Stimmzettel ein, welche die Wähler in die ihnen vorgehaltene Urne zu legen haben. 9. Nach der Einsammlung aller Stimmzettel werden diese von dem ältesten Stimmzähler zuerst gezählt, dann einzeln laut verlesen und den beiden anderen Stimmzählern übergeben. Der Schriftführer hat die Namen zu verzeichnen. Nachdem alle Stimmzettel verlesen sind, werden sie versiegelt. 10. Zur Gültigkeit der W a h l ist die unbedingte Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Wird diese im ersten Wahlgange nicht erzielt, so ist die Wahlhandlung so lange fortzusetzen, bis die unbedingte Mehrheit erreicht ist. 11. Ist der Gewählte anwesend, so fordert ihn der Vorsitzende auf, sich über die Annahme der W a h l zu erklären. Nimmt er die W a h l nicht an, so ist eine neue W a h l vorzunehmen. 12. Ist der Gewählte nicht anwesend, so wird er durch die Synodal-Vertretung sofort mündlich oder schriftlich in Kenntnis gesetzt mit dem Ersuchen, sich binnen vier Wochen über die Annahme zu erklären. Erklärt er sich nicht vor Ablauf von vier Wochen zur Annahme der W a h l bereit, so ist eine neue Wahlversammlung auszuschreiben. 13. Sofort nach der Annahme der W a h l legt der Gewählte vor der Synode oder, wenn er nicht zugegen sein sollte, vor den von der Synode gewählten Vertretern das Gelöbnis ab, gewissenhaft die Pflichten eines Bischofs zu erfüllen und insbesondere die in dieser Verfassung enthaltenen Bestimmungen zu befolgen.

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14. Die über die Wahlhandlung aufgenommene Urkunde ist von allen Wählern zu unterschreiben. 15. Wenn der Gewählte bei der Wahlversammlung selbst die Annahme erklärt hat, so wird in der Kirche, in welcher das heilige A m t »Zur Anrufung des Heiligen Geistes« stattgefunden hat, das Ergebnis durch einen von der Wahlversammlung zu bestimmenden Priester von der Kanzel verkündet und das »Großer Gott« angestimmt.

§ 7Solange keine festen Bezüge bestehen, bezieht der Bischof das von der Synode festzustellende Einkommen durch die Synodalvertretung. § 8. Bezüglich der Stellung des Bischofs zu den Regierungen bleiben Vereinbarungen vorbehalten. Soweit eine nach dem gemeinen Rechte dem Bischof zustehende Befugnis ohne staatsgesetzliche Anerkennung nicht ausgeübt werden kann, wird sich die Tätigkeit des Bischofs bis zur erfolgten staatlichen Anerkennung in dem betreffenden Lande auf functiones ordinis, d. h. auf sakramentale und liturgische Handlungen beschränken, wie sie der Notstand d e ' deutschen Alt-Katholiken erfordert.

§ 9Der Bischof kann einem geistlichen Mitgliede der Synodal-Vertretung oder im Einvernehmen mit dieser einem anderen Geistlichen die Befugnisse eines Generalvikars übertragen. § 10. Der Bischof kann im Einverständnisse mit der Synodal-Vertretung einen Geistlichen zum Weihbischof ernennen. § 11. Bei Erledigung des bischöflichen Stuhles überträgt die Synodal-Vertretung einem ihrer geistlichen Mitglieder die Befugnisse, welche nach dem gemeinen Rechte (vgl. § 5) der Bistumsverweser wahrnimmt. Die Neuwahl des Bischofs soll innerhalb dreier Monate nach Erledigung des bischöflichen Stuhles und muß innerhalb eines Monats nach Rückäußerung der Staatsregierungen auf die ihnen nach § 6 Abs. 2, Nr. 1 einzureichende Liste erfolgen. III. Abschnitt.

Die Synodal-Vertretung

§ 12. Jn der Leitung des alt-katholischen kirchlichen Gemeinwesens steht dem Bischof eine von der Synode gewählte Synodal-Vertretung zur Seite. § 13. Die Synodal-Vertretung besteht aus 4 Geistlichen und 5 Laien. Zwei Geistliche und drei Laien sind als ordentliche Mitglieder der Synodal-Vertretung aus denjenigen Katholiken zu wählen, welche am Wohnorte des Bischofs oder in nicht großer Entfernung davon ansässig sind, die vier anderen als außerordentliche Mitglieder aus den entfernter Wohnenden. Die außerordentlichen Mitglieder der Synodal-Vertretung brauchen nur bei wichtigeren Beschlüssen zur persönlichen Teilnahme an den Sitzungen eingeladen oder brief-

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

lieh befragt zu werden. Doch ist ihnen vor jeder Sitzung der ordentlichen Mitglieder die Tagesordnung zuzustellen und nachher die Verhandlungsschrift in Abschrift durch Umlauf bekannt zu geben. § 14Die Mitglieder der Synodalvertretung werden von jeder ordentlichen Synode mit unbedingter Mehrheit durch Stimmzettel in geheimer Abstimmung gewählt. Die Ausscheidenden sind wiederwählbar. § 15Wenn im Laufe der Wahlzeit ein Mitglied der Synodal-Vertretung ausscheidet, so haben die übrigen Mitglieder einschließlich der außerordentlichen für die Zeit bis zur nächsten Synode einen Ersatzmann zu wählen. § 16. J n den Sitzungen der Synodal-Vertretung führt der Bischof den Vorsitz. Der zweite Vorsitzende ist ein von den Mitgliedern der Synodal-Vertretung aus ihrer Mitte gewählter Laie. Beim Fehlen des Bischofs und des stellvertretenden Vorsitzenden führt das älteste anwesende Mitglied den Vorsitz. § 17Der Generalvikar (§9) ist, wenn er nicht zu den Mitgliedern der Synodal-Vertretung gehört, berechtigt, an den Sitzungen mit beratender Stimme, in Abwesenheit des Bischofs mit vollem Stimmrecht teilzunehmen. § 18. Zu den Sitzungen der Synodal-Vetretung hat der Vorsitzende unter Angabe der Tagesordnung alle ordentlichen Mitglieder und den Generalvikar einzuladen. Es können in einer Sitzung Beschlüsse gefaßt werden, wenn die Sitzung ordnungsmäßig berufen ist und vier ordentliche Mitglieder zugegen sind. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. § 19. Die Synodal-Vertretung verwaltet die für allgemeine kirchliche Zwecke bestimmten Vermögen und hat darüber der Synode Rechnung zu legen. An die Zustimmung der Synodal-Vertretung ist der Bischof allgemein in allen Verwaltungshandlungen gebunden, die eine dauernde wirtschaftliche Verpflichtung des Bistums in sich schließen. IV. Abschnitt.

Die Synode

§ 20. Alle zwei Jahre wird eine ordentliche Synode gehalten, zu welcher der Bischof und im Falle der Erledigung des bischöflichen Stuhles die Synodal-Vertretung die Einladung erläßt. Die Synode soll in der Regel abwechselnd einmal am Wohnsitz des Bischofs, das nächstemal an einem anderen geeigneten Orte abgehalten werden. J n der Regel wird die Synode in der Pfingstwoche gehalten. Jedoch kann der Bischof im Einvernehmen mit der Synodal-Vertretung eine andere Zeit bestimmen. Auch kann der Bischof im Einvernehmen mit der Synodal-Vertretung außerordentliche Synoden berufen.

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§ 21. Mitglieder der Synode sind: a) der Bischof; b) die Synodal-Vertretung; c) alle in die Geistlichkeit des Bistums aufgenommenen Priester, die nicht unfreiwillig zur Ruhe gesetzt oder ihres Dienstes enthoben sind; d) die Abgeordneten der Gemeinden. § 22. Jede Gemeinde (§ 57) wählt auf je angefangene 300 Seelen einen Abgeordneten aus ihren Mitgliedern. Wählbar ist jedes Mitglied, das in den Kirchenvorstand wählbar ist. Die Vollmachten der Abgeordneten werden von der Synodal-Vertretung geprüft. Über beanstandete Vollmachten entscheidet die Synode. § 23. Den Vorsitz führt auf der Synode, außer im Falle des § 6, der Bischof bezw. der Bistumsverweser (§ 11), bei dessen Verhinderung ein von ihm im Einvernehmen mit der Synodal-Vertretung zu ernennender Stellvertreter. § 24. Die Geschäftsordnung der Synode gilt als Bestandteil der Synodal- und Gemeindeordnung. § 25. Die Synode entscheidet über rechtzeitig eingebrachte Anträge, Gesuche, Beschwerden, Klagen und Anfragen. Anträge müssen in der Regel bis zum I. Januar, Gesuche, Beschwerden und Klagen bis zum 31. März des Jahres, in welchem die Synode abgehalten wird, Anfragen spätestens 14 Tage vor der Synode der Synodal-Vertretung eingesandt werden. Antragsberechtigt sind: der Bischof, die Synodalvertretung, die Landes- und Bezirkssynoden, die zur Teilnahme an der Synode berechtigten Geistlichen und die Kirchengemeinden. § 26. Der Bischof erstattet einen Bericht über Entwicklung und Lage der Kirche seit der letzten Synode. A u f einen von zwölf Synodalen unterstützten Antrag kann die Synode eine Aussprache über den Bericht beschließen. § 27. Die Synodal-Vertretung hat der Synode Bericht zu erstatten über ihre Rechnungsführung (§ 19) und über die Fragen, für welche Beschlüsse der Synode es vorschreiben. § 28. Über die Befugnisse der Synode im kirchlichen Strafverfahren bestimmt die »Satzung für die Handhabung der Dienstzucht über die Geistlichen«. § 29. Die Synodal-Vertretung hat der Synode einen Voranschlag der allgemeinen Kirchenbedürfnisse vorzulegen. Die Synode entscheidet über die Bewilligung der einzelnen Posten mit einfacher Mehrheit.

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

Soweit die allgemeinen Kirchenbedürfnisse nicht aus anderen Mitteln gedeckt werden können, hat die Synode die Summe auf die einzelnen Gemeinden unter Berücksichtigung ihrer Mitgliederzahl und Leistungsfähigkeit umzulegen. § 30. Die Synode wählt: a) die Mitglieder der Synodal-Vertretung (§§ 1 2 — 1 4 ) ; b) sechs Bevollmächtigte für die theologische Prüfung, und zwar vier Theologen und zwei Rechtskundige (§ 37); c) sechs Bevollmächtigte für die Pfarramtsprüfung, und zwar vier Theologen und zwei Rechtskundige (§ 38); d) die Schöffen zum Synodalgericht, und zwar acht Geistliche und acht Laien; e) zwei Bevollmächtigte zur Rechnungsprüfung der bischöflichen Kassenverwaltung (§ 19); f) drei Bevollmächtigte zur Prüfung und Beglaubigung der kurzschriftlichen Aufnahme der Synodalverhandlungen. § 31Während der letzten acht Tage vor der Synode hat die Synodal-Vertretung in einer Sitzung, zu welcher auch die außerordentlichen Mitglieder (§ 13) einzuladen sind, die Tagesordnung für die Synode festzustellen. § 32. Wichtige Fragen kann die Synodal-Vertretung oder die Synode an einen Ausschuß von Fachmännern zur Vorberatung oder an einzelne zur Begutachtung überweisen. § 33Alle auf der Synode zur Verhandlung kommenden Gegenstände werden einer gemeinsamen Beratung sämtlicher Mitglieder unterstellt. § 34Alle Fragen werden, soweit nicht für einzelne Beschlüsse einfache Mehrheit ausdrücklich zugelassen ist, durch unbedingte Mehrheit sämtlicher Stimmen entschieden. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. Wird ein Beschluß mit einer Mehrheit von weniger als zwei Drittel der Stimmen gefaßt, so ist, wenn die Minderheit oder die Synodal-Vertretung nach einstimmigem Beschlüsse dieses verlangt, die Frage der nächsten Synode zu überweisen. Von dieser kann sie mit einfacher Mehrheit entschieden werden. V . Abschnitt.

Die Pfarrer und die Hilfsgeistlichen

§ 35Niemand darf zum Pfarrer oder Hilfsgeistlichen ernannt werden, der nicht neben den im allgemeinen Kirchenrechte enthaltenen Erfordernissen auch die durch die Staatsgesetze vorgeschriebenen Eigenschaften besitzt. § 36. Der Bischof wird niemanden zum Priester weihen, der nicht außer den durch allgemeine kirchliche Satzungen und durch die Würde des geistlichen Standes erheischten Eigenschaften auch die in den einzelnen Staaten durch Gesetze für die Anstellungsfähigkeit

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geforderten Eigenschaften besitzt und nach einer mindestens dreijährigen Hochschulvorbereitung die theologische Prüfung bestanden hat. § 37Die theologische Prüfung wird unter dem Vorsitz des Bischofs oder eines von ihm zu bestimmenden Stellvertreters von einem Ausschusse von drei Theologen und einem Rechtskundigen abgehalten, welche der Bischof von Fall zu Fall aus den durch die Synode gewählten Bevollmächtigten (§ 30) bildet. § 38. Frühestens nach zwei Jahren Seelsorgearbeit kann sich der Priester zur Pfarramtsprüfung melden; der Prüfungsausschuß hierfür wird nach der Vorschrift des § 37 gebildet. Ohne Ablegung der Pfarramtsprüfung kann kein Priester zum Pfarrer ernannt werden. § 39Es ist keinem Geistlichen, der nicht Mitglied der alt-katholischen Geistlichkeit ist, gestattet, ohne ausdrückliche bischöfliche Erlaubnis, welche entweder für den einzelnen Ort oder allgemein für einen Kreis usw. erteilt werden muß, geistliche Amtshandlungen (Abhaltung des hl. Amtes, Predigt, Spendung der Sakramente usw.) vorzunehmen. Ausgenommen bleiben die Notfälle: Taufen, Beerdigungen, Krankenversehungen, desgleichen die Fälle plötzlicher Verhinderung des Seelsorgers, wenn eine Vorsorge nicht mehr getroffen werden kann. Selbstverständlich ist die Befolgung der betreffenden Staatsgesetze vorbehalten. § 39 a. Die Aufnahme in die Geistlichkeit des deutschen Bistums erfolgt nicht schon durch die Erteilung der Weihe, sondern durch eine besondere Aufnahmeerklärung seitens des Bischofs. Die Aufnahme verleiht die in § 6 Ziff. 3 Absatz 2 und in § 21 SuGO. bezeichneten Rechte, die Mitgliedschaft zur Witwen- und Waisenkasse der Geistlichen (Vgl. § 48a SuGO.) nach Maßgabe ihrer Satzung, das Recht zu geistlichen Amtshandlungen im Bereiche des gesamten Bistums mit der Einschränkung des § 53 SuGO., endlich, abgesehen vom Falle des § 39b Absatz 2, das Recht auf Anstellung. § 39b. Das Recht auf Anstellung legt die Verpflichtung auf, ein rechtmäßig übertragenes Amt anzunehmen. Das Recht auf Anstellung und die Pflicht, ein übertragenes Amt anzunehmen, kann der Bischof bei der Aufnahme ausdrücklich ausschließen. Schließt der Bischof das Recht auf Anstellung nicht aus, so muß er nach § 19 Absatz 2 SuGO. vor der Aufnahme die Zustimmung der Synodalvertretung einholen. § 39c. Der Bischof kann einen Geistlichen auf dessen Antrag aus der Geistlichkeit entlassen. Der Bischof kann im Einverständnis mit der Synodalvertretung die Aufnahme zurücknehmen bzw. die Entlassung aus der Geistlichkeit aussprechen, wenn die Aufnahme unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verschweigung wichtiger Tatsachen erwirkt worden ist, ferner wenn die Aufnahme unter Ausschluß des Rechtes auf Anstellung und der Pflicht zur Amtsübernahme ausgesprochen ist oder wenn ein zur Amtsübernahme Verpflichteter die Annahme des Amtes verweigert. Corpus confessionum 6.

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken §

40.

Meßstipendien, Stolgebühren, Gebetsgelder und dergl. werden nicht erhoben. § 4i. Die »Dienstanweisung für die Geistlichen« ist für alle Geistlichen verpflichtend. Sie kann von Bischof und Synodal-Vertretung durch Erlasse ergänzt, in den Teilen, die auf Beschlüssen von Synoden beruhen, jedoch nur wieder durch einen Synodal-Beschluß geändert werden. §

42.

Die Dienstzucht über die Geistlichen wird nach der dafür bestehenden »Satzung« gehandhabt. Die »Satzung für die Handhabung der Dienstzucht über die Geistlichen« gilt als Bestandteil der Synodal- und Gemeindeordnung. § 43Der Bischof ist berechtigt, im Einverständnisse mit der Synodal-Vertretung nach Anhörung des betreffenden Kirchenvorstandes einen Geistlichen im Dienstaufsichtswege nicht als Strafe, sondern als Vorsichtsmaßregel höchstens bis zur nächsten Synode seines Dienstes zu entheben. Gegen eine solche Dienstenthebung steht dem Pfarrer der Beschwerdeweg an die Synode offen. Eine solche Beschwerde h a t keine aufschiebende Wirkung, wenn der Bischof im Einverständnisse mit dem Kirchenvorstande die Dienstenthebung ausgesprochen hat. S t i m m t der Kirchenvorstand nicht zu, so h a t der Bischof, falls er nicht von der Dienstenthebung abstehen will, sofort die ordentliche Untersuchung einzuleiten, womit die Dienstenthebung verbunden ist. § 44Der Bischof ist berechtigt, mit Zustimmung der Synodal-Vertretung einen Geistlichen des Dienstes zu entheben, gegen den die Untersuchungshaft verhängt oder die öffentliche Anklage wegen eines Verbrechens oder Vergehens erhoben ist. Die Dienstenthebung ist binnen acht Tagen nach erlangter Kenntnis von der Einstellung des Verfahrens oder Freisprechung aufzuheben, sofern nicht doch ein kirchliches Strafverfahren eröffnet wird. § 45Als Pfarrer im Sinne dieses Gesetzes gilt, wer auf Grund der Wahl einer Gemeinde (§ 57) v o m Bischof als Pfarrer eingesetzt ist.

§ 46. Die Pfarrer werden von den Gemeinden gewählt, vom Bischof unter Beobachtung der Vorschriften der Staatsgesetze bestätigt und eingesetzt. Gegen eine unbegründete Verweigerung der Bestätigung steht der Gemeinde der Beschwerdeweg an die Synode offen. § 47Mit dem Gesuch um Genehmigung der von einer Gemeinde getroffenen Wahl zum Pfarrer ist der mit dem Gewählten abgeschlossene schriftliche Vertrag über die Höhe des Gehaltes, des Wohnungsgeldes, etwaige sonstige Bezüge, Verpflichtungen usw. in einer vom Kirchenvorstande beglaubigten Abschrift vorzulegen. Der Vertrag bedarf der bischöflichen Genehmigung und der Zustimmung der Synodal-Vertretung, ist in seiner Rechtskraft davon abhängig zu machen und kann nur mit derselben Zustimmung geändert werden.

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§ 48. Die Pfarrer werden auf Lebenszeit bestellt und können, abgesehen vom Falle des Absatz 2, gegen ihren Willen nur aus einem gesetzlichen Grunde nach einem förmlichen Verfahren durch die Synode ihres Amtes enthoben werden. Die ehrenvolle Versetzung in den Ruhestand findet statt im Falle der Dienstunfähigkeit wegen zu hohen Alters, körperlicher Gebrechen, Geisteskrankheit und dergl. auf Antrag des Geistlichen oder seiner Gemeinde oder von Amts wegen. Die strafweise Versetzung in den Ruhestand kann, wie die Amtsentziehung und Absetzung, nur auf Grund eines rechtskräftigen Synodalurteils erfolgen. § 48 a. Die Geistlichen haben Ansprüche auf Versorgung ihrer Hinterbliebenen nach Maßgabe der Satzung der Witwen- und Waisenkasse alt-katholischer Geistlicher des Deutschen Reiches. Dieser Kasse gehört jedes Mitglied der Geistlichkeit an. Seine Pflichtbeiträge sollen ihm von der kirchlichen Körperschaft, der er Dienst leistet, ersetzt werden. Soweit das Bistum oder eine Landessynode aus anderen Mitteln Hinterbliebenenbezüge gewähren können, darf das nur geschehen, wenn der Geistliche nach §§ I i und 12 der Satzung der Witwen- und Waisenkasse Anspruch auf Bezüge seiner Hinterbliebenen aus der WuWK. hatte, und in der Begrenzung des § 20 Ziffer 2 der genannten Satzung. § 49Ergeben sich gegen die Amtsführung eines Pfarrers begründete Anstände, so ist der Bischof auf einen Antrag des Kirchenvorstandes hin berechtigt, auf Antrag der Kirchengemeindeversammlung hin verpflichtet, einen Hilfsgeistlichen anzustellen und dessen Geschäftskreis festzusetzen, auch dessen Unterhalt dem Pfarrer ganz oder teilweise aufzuerlegen, jedenfalls dem Pfarrer, welcher ein mit dem Amte verbundenes Diensthaus innehat, aufzutragen, dem Hilfsgeistlichen eine unentgeltliche Wohnung, bestehend in einem Wohnzimmer und Schlafzimmer, mit der nötigen Zimmereinrichtung zu geben. Der Pfarrer oder im Falle der Ablehnung des Antrags die Kirchengemeinde können hiergegen Beschwerde zur nächsten Synode einlegen ohne aufschiebende Wirkung. § 50. Auf den Antrag des Kirchenvorstandes und mit Zustimmung des Pfarrers können in einer Gemeinde ständige Hilfsgeistliche angestellt werden; auf diese finden die §§ 45—49 Anwendung. Ihre Dienstbezeichnung ist »Zweiter (bezw. Dritter) Pfarrer«. § Si. Die Versehung erledigter Pfarrstellen bis zur Wiederbesetzung auf Grund einer Pfarrwahl ordnet der Bischof. Der Kirchenvorstand kann gegen die getroffene Ordnung Bedenken geltend machen. Erkennt die Synodalvertretung diese nicht als begründet an, so hat der Bischof einstweilen Bestimmung zu treffen, wogegen der Gemeinde Beschwerde an die Synode ohne aufschiebende Wirkung zusteht.

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§ 52 tv ' Die Pfarrwahl geschieht nach folgender Ordnung: I- Jede Pfarrstelle ist, sofern ihrer Wiederbesetzung keine Hindernisse entgegenellen > innerhalb eines Monates nach Erledigung öffentlich auszuschreiben. Vom Tage 2*

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der Ausschreibung bis zum Schluß der Bewerbungsfrist müssen mindestens 4 Wochen Frist sein. Diese Bestimmung gilt nicht, wenn Gemeinden ihre Pfarrer unter Verzichtleistung der letzteren auf ihre bisherige Pfarrei tauschen. In diesem Falle ist der Tausch in geheimer Abstimmung der Gemeindeversammlungen zu genehmigen. E r unterliegt der Bestätigung von Bischof und Synodalvertretung. 2. Voraussetzung für die Bewerbung ist die Zugehörigkeit zur Geistlichkeit der altkatholischen Kirche Deutschlands oder die bischöfliche Zusage der Aufnahme in die Geistlichkeit für den Fall der Wahl, ferner eine bestandene Pfarramtsprüfung. 3. Die Stelle wird ausgeschrieben durch den Kirchenvorstand im Einvernehmen mit dem Bischof und, sofern die Besoldung der Stelle durch die Landessynode erfolgt, mit dem Landessynodalrat. 4. Die Namen der Bewerber dürfen vom Kirchenvorstand nicht öffentlich bekanntgegeben werden. 5. Der Kirchenvorstand ist verpflichtet, über die Bewerber Erkundigungen einzuziehen. E r kann alle Bewerber oder eine Auswahl aus ihnen zu Probegottesdienst und Predigt einladen. 6. Die Bewerber dürfen hierbei keine Werbe- oder Programmpredigt halten, sondern sollen über eine der Lesungen des Tages predigen. Besuche bei Gemeindemitgliedern, die nicht dem Kirchenvorstande angehören, sind zu unterlassen. Die Zeit des Aufenthaltes in der Gemeinde ist auf das notwendige Maß zu beschränken. 7. Sind die Erhebungen beendet, so ordnet der Kirchenvorstand die Wahlhandlung an und bestimmt hierfür einen Wahlleiter. 8. Die Wahlhandlung findet frühestens am nächsten Sonntag nach dem letzten Probegottesdienst in der Kirche, nur wo diese nicht zur Verfügung steht, in einem anderen geeigneten Räume statt. Der vom Kirchenvorstande bestimmte Wahlleiter läßt die Versammlung mit einem gemeinsamen Lied (Nr. 149) eröffnen und schließt daran ein Gebet. Hierzu kann das Gebet vor den Kirchenvorstandswahlen (S. 304 des Gesang- und Gebetbuches) unter entsprechender Veränderung benutzt werden. Hierauf stellt er fest, ob nur die nach § 73 der SuGO. Wahlberechtigten anwesend sind und bestellt aus den Wählern zwei Beisitzer, von denen der eine die Wahlzettel einzusammeln, der andere die Wahlurkunde niederzuschreiben hat. Dann verliest der Wahlleiter die Namen sämtlicher Bewerber. Der Kirchenvorstand ist berechtigt, über seine Erhebungen zu berichten und seinerseits einen Wahlvorschlag zu machen; die Wähler sind berechtigt, Fragen zu stellen, doch ist der Wahlleiter verpflichtet, Versuche zu einseitiger Beeinflussung der Wähler zu unterdrücken. Die Wahl ist geheim und geschieht durch Abgabe von Stimmzetteln. Der erste Beisitzer sammelt die Stimmzettel ein, der Vorsitzende zählt sie zunächst und verliest sie dann, wobei der erste Beisitzer seine Feststellungen nachprüft und der zweite Beisitzer die abgegebenen Stimmen vermerkt. Über zweifelhafte Stimmzettel entscheidet die Versammlung. Ungültig sind Stimmzettel mit mehreren Namen oder mit einem Vermerk, der den Willen des Wählers nicht mit Sicherheit erkennen läßt. Der Wahlleiter gibt das Ergebnis der Wahl bekannt. Erhält im ersten Wahlgang kein Geistlicher die unbedingte Mehrheit der abgegebenen Stimmen, so ist nach einer Pause oder in einem vom Kirchenvorstande zu bestimmenden späteren Termine eine zweite Abstimmung vorzunehmen. Bringt auch der zweite Wahlgang die Mehrheit nicht, so ist zwischen den beiden Geistlichen, die im zweiten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben, eine Stichwahl vorzunehmen. Die Wahlurkunde ist sofort zu verlesen und von dem Wahlleiter und den zwei Beisitzern zu unterzeichnen. Darauf wird die Wahlhandlung durch ein Danklied (Nr. 94) beschlossen.

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9. Bei einer Veröffentlichung des Wahlergebnisses darf nur der Name des Gewählten bekanntgegeben werden. 10. Führt die Ausschreibung einer Pfarrstelle nicht innerhalb Jahresfrist zu ihrer Besetzung, so ist die Stelle nochmals auszuschreiben. § 53Der Pfarrer und sein Stellvertreter haben das ausschließliche Recht zu geistlichen Amtshandlungen in ihrem Seelsorgebezirk, ausgenommen den Notfall (§ 39) und besondere Verfügung des Bischofs auf Grund gesetzlicher Bestimmungen. § 54Umfaßt ein Seelsorgebezirk mehrere Gemeinden oder muß ein Seelsorgebezirk von einem benachbarten Pfarramte zeitweilig mitversorgt werden und ist ein Einverständnis zwischen dem Pfarrer und den beteiligten Gemeinden darüber nicht zu erzielen, so ist die Synodal-Vertretung berechtigt, die Festlegung der Gottesdienste für die einzelnen Gemeinden anzuordnen. § 55Neugeweihte Priester werden bis zum Ablaufe des dritten Jahres nach der Priesterweihe zu nichtständigen Hilfsgeistlichen (Vikaren, Kaplänen) bestellt. Eine Ausnahme davon ist zulässig bei Neupriestern im Alter von 28 Jahren nach Ablauf eines Jahres seelsorgerlicher Tätigkeit. § 56. Geistliche, welche auf den Antrag des Pfarrers und des Kirchenvorstandes zu zeitweiser Dienstleistung in einer Gemeinde vom Bischof bestellt sind, können von diesem im Einverständnisse mit der Synodal-Vertretung jederzeit abberufen werden. Sie müssen abberufen werden, wenn die Gemeinde-Versammlung es für nötig erklärt oder der Kirchenvorstand es aus gewichtigen Gründen beantragt. VI. Abschnitt.

Die Gemeinden

§ 57Eine Gemeinde im Sinne dieses Gesetzes ist die Vereinigung der Alt-Katholiken eines Seelsorgebezirks oder eines Teiles eines Seelsorgebezirks, auch wenn sie nicht die staatliche Anerkennung besitzt. Über die Einteilung der Seelsorgebezirke bestimmen die »Vorschriften über die kirchliche Versorgung der in der Zerstreuung wohnenden Alt-Katholiken«; sie gelten als Bestandteil der Synodal- und Gemeindeordnung. Die Alt-Katholiken eines Teiles eines Seelsorgebezirkes gelten dann als besondere Gemeinde, wenn sie einen eigenen Kirchenvorstand (§ 61) haben, eigenen Gottesdienst in regelmäßiger Folge halten und für den nötigen Religionsunterricht sorgen. § 58Jede Gemeinde steht in Rücksicht auf die Seelsorge unter der Leitung des Pfarrers und des Bischofs; in den übrigen Gemeindeangelegenheiten wird sie durch den Kirchenvorstand (§ 61 ff.) und die Gemeinde-Versammlung (§ 73 ff.) vertreten. § 59Mitglieder der Gemeinde sind alle Einwohner des Gemeindebezirks, die nach den Gesetzen des betreffenden Gliedstaates dem alt-katholischen Bekenntnisse angehören.

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

§ 60. Wo und soweit bindende staatliche Gesetze für die Gliederung der Kirchengemeinden und ihre Behörden bestehen, sind diese maßgebend. (§ 3.) Wo und soweit solche Gesetze nicht bestehen, gelten die folgenden Bestimmungen. § 61. Der Kirchenvorstand besteht aus dem Pfarrer (§ 45) oder dem Pfarrverweser, dem 2. usw. Pfarrer (§ 50) und mindestens vier, höchstens zwölf Kirchenräten, welche ihr Amt als Ehrenamt unentgeltlich verwalten. § 62. Die Wahl der Kirchenräte findet statt in einer zu diesem Zwecke vom Kirchenvorstande berufenen Gemeindeversammlung durch die nach § 73 berechtigten GemeindeMitglieder mit unbedingter Stimmenmehrheit. Sollen in dieser Versammlung noch andere Gegenstände verhandelt werden, so ist dies bei der Berufung anzugeben. Deren Verhandlung darf erst nach der Wahl und Unterzeichnung der Wahlurkunde stattfinden. Die Wahl hat in folgender Weise zu geschehen. Der vom Kirchenvorstande bestimmte Vorsitzende (§ 69g) ernennt zwei Beisitzer aus den Wählern, von denen einer die Stimmzettel einzusammeln, der andere die Wahlurkunde niederzuschreiben hat. Die Wähler legen die Zettel, auf welchen die Namen der Gewählten stehen, in das vorgehaltene Gefäß. Der Vorsitzende zählt die Zettel, verliest die Namen, welche der Schriftführer verzeichnet, und verkündet das Ergebnis. Erhält ein Gewählter nicht die Mehrheit, so ist eine neue Wahl nötig. Führt diese bezüglich eines oder mehrerer nicht zur unbedingten Mehrheit, so gelten die als gewählt, welche die einfache Mehrheit erlangt haben. Die Wahlurkunde ist vom Wahlausschusse sofort zu unterzeichnen. § 63. Wählbar sind diejenigen Gemeindemitglieder, welche das dreißigste Lebensjahr vollendet haben. Die im besoldeten Dienste der Gemeinde stehenden Kirchendiener (im engeren Sinne, also: Mesner, Kirchner, Küster, Kreuzträger, Bälgetreter usw., doch nicht Hilfsgeistliche, Lehrer, Organisten) sind ausgeschlossen. Ehepaare, Geschwister, Vater und Kind können dem Kirchenvorstande nicht gleichzeitig angehören. Der zum Kirchenrat Gewählte kann die Wahl nur ablehnen oder das Amt nur niederlegen, wenn er 1. bereits sechs J a h r e dies Amt innehatte, oder 2. fünfundsechzig Jahre alt ist, oder 3. durch Krankheitsverhältnisse, Dienstverhältnisse, häufige Abwesenheit verhindert ist. Erkennt der Kirchenvorstand die Erheblichkeit des Grundes nicht an, so entscheidet auf eine innerhalb zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegende Berufung die Synodal-Vertretung. Eine Ablehnung oder Niederlegung ohne Grund zieht den Verlust des Wahlrechts auf drei J a h r e nach sich. § 64. Die Kirchenräte werden erstmals zur Hälfte auf drei, zur Hälfte auf sechs J a h r e gewählt. Dann findet alle drei J a h r e Erneuerungswahl für die Hälfte der Kirchenräte auf sechs J a h r e statt. Wiederwahl ist zulässig.

Synodal- und Gemeindeordnung

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Mit der Wahl der Kirchenräte erfolgt jeweils eine Wahl von mindestens halb sovielen Ersatzmännern. Diese rücken für einzelne im Laufe der Wahlzeit ausscheidende Mitglieder in vorher festgesetzter Reihenfolge in den Kirchenvorstand ein. Ist die Zahl der Ersatzmänner erschöpft, so sind auf der nächsten Kirchengemeindeversammlung für den Rest der Wahlzeit neue zu wählen. Der Bischof ist berechtigt, mit Zustimmung der Synodal-Vertretung den Kirchenvorstand aufzulösen und Neuwahlen anzuordnen und für diese den Vorsitzenden abweichend von § 69 zu ernennen. Gegen die Auflösung steht den Mitgliedern des aufgelösten Vorstandes die Beschwerde an die Synode zu, jedoch ohne aufschiebende Wirkung. § 65. Der Kirchenvorstand wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden, dessen Stellvertreter, einen Schriftführer und einen Rechner. Der Pfarrer oder Pfarrverweser kann nicht zum Rechner bestellt werden. Der Kirchenvorstand wird nach außen, zumal vor Gericht und gegenüber weltlichen Behörden, vertreten durch seinen Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter und zwei weitere Mitglieder. Die Geschäfte des Rechners dürfen einem nicht zum Kirchenvorstande gehörenden Gemeinde-Mitgliede gegen Vergütung übertragen werden. § 66. Die Einladung zu den Sitzungen erläßt der Vorsitzende; sie muß, abgesehen von dringenden Fällen, spätestens zwei Tage vorher unter Mitteilung der Tagesordnung erfolgen. Wenn ein Drittel der Mitglieder darauf anträgt, hat der Vorsitzende binnen acht Tagen eine Sitzung anzuberaumen. Ebenso ist auf die Aufforderung des Bischofs eine Sitzung zu berufen. In Gemeinden außerhalb des Wohnsitzes des Pfarrers oder Pfarrverwesers ist jede Sitzung nach Möglichkeit so anzuberaumen, daß dieser daran teinehmen kann. § 67. Zur Beschlußfähigkeit gehört die Anwesenheit von zwei Dritteln der Mitglieder. Ist eine Versammlung nicht beschlußfähig gewesen, so ist die zweite jedenfalls beschlußfähig, wenn dieses in der Einladung erwähnt ist. § 68. In allen Fragen entscheidet die einfache Mehrheit der Anwesenden. gleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt.

Bei Stimmen-

§ 69. Der Geschäftskreis des Kirchenvorstandes umfaßt: a) Die Aufstellung des Haushaltplanes; b) die Prüfung der Rechnung und die Entlastung des Rechners; c) die Verwaltung des Gemeinde-Vermögens und seine Verwendung innerhalb des Haushaltplanes; d) die Anstellung der kirchlichen Beamten (Küster, Organist usw.); e) die Sorge für die Ordnung beim Gottesdienste; f) die Obsorge für die kirchliche Armenpflege; g) die Berufung der Gemeinde-Versammlung und ihre Leitung durch einen von ihm zu bestellenden Vorsitzenden (vergl. § 64, Abs. 4);

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

h) der Schriftwechsel mit anderen Gemeinden, mit dem Bischof in Angelegenheiten welche nicht die Seelsorge betreffen, und mit den weltlichen Behörden. § 70. Uber jede Sitzung ist ein Sitzungsbericht aufzunehmen und von allen Mitgliedern zu unterzeichnen. A u f Verlangen der Synodalvertretung sind die Sitzungsberichte und sonstige Schriftstücke dem Bischöfe einzusenden. § 71. Kirchenvorstände, welche nicht staatlichen Behörden Rechnung zu stellen haben, sind verpflichtet, innerhalb acht Wochen nach Schluß des Rechnungsjahres der bischöflichen Behörde Rechnung zu legen. §

72.

Die »Geschäftsanweisung für die Kirchenvorstände« ist nach Maßgabe des § 60 für alle Kirchenvorstände verpflichtend. Sie kann von Bischof und Synodal-Vertretung durch Erlasse ergänzt, in den Teilen, die auf Beschlüssen von Synoden beruhen, jedoch nur wieder durch einen SynodalBeschluß geändert werden. § 73A n der Gemeinde-Versammlung dürfen alle großjährigen, im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindlichen Mitglieder der Gemeinde teilnehmen. Es ist von jeder Gemeinde alljährlich ein Verzeichnis derjenigen Mitglieder aufzustellen, welche das Großjährigkeitsalter bis zum 31. Dezember des Jahres erreichen. Diese sind zur nächsten Versammlung der Gemeinde besonders einzuladen. Wahl- und stimmberechtigt ist nur das Mitglied, das der Gemeinde einen Beitrag leistet oder durch Beschluß der zuständigen Gemeindekörperschaften von einer Beitragsleistung ausdrücklich befreit ist. § 74Die Gemeinde-Versammlung wird so oft wie notwendig, wenigstens einmal im Jahre berufen. Die Einladung erfolgt spätestens drei Tage vorher in ortsüblicher Weise und am Sonntag vorher bei dem Hauptgottesdienste durch Verkündigung von der Kanzel und Anschlag an der Kirchentür. W o die Einladung nicht durch Umsage oder Verteilung schriftlicher Einladungen an alle Stimmberechtigten erfolgt, muß sie in mindestens einem Blatte öffentlich ausgeschrieben werden. § 75In allen Fragen entscheidet die einfache Mehrheit der Anwesenden; bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. § 76Die Gemeinde-Versammlung hat über folgende Gegenstände zu beschließen: a) Wahl des Pfarrers (§ 45 f.) und der ständigen Hilfsgeistlichen (§ 50), der Kirchenräte und der Abgeordneten zur Synode; b) Genehmigung des Haushaltplanes, einschließlich der Festsetzung des Gehaltes des Pfarrers ( § 4 7 ) und der Hilfsgeistlichen;

Synodal- und Gemeindeordnung

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c) Festsetzung des Steuerbetrages zur Bestreitung der Gemeindebedürfnisse; d) Genehmigung der Veräußerung von Liegenschaften; e) die Erteilung der Ermächtigung zur Eingehung von Rechtsstreitigkeiten an den Kirchenvorstand. § 76 a. Verkäufe von unbeweglichem Eigentum, Veräußerungen von Rechten an unbeweglichem Besitz, Vermietungen von Gebäuden und Räumen, die bisher als Pfarrwohnung oder für sonstige gemeindliche Zwecke dienten, sofern sie durch die Vermietung auf eine Reihe von Jahren ihrem Zwecke entfremdet werden, bedürfen zu ihrer Gültigkeit vor Vertragsabschluß der Zustimmung der Mehrheit sämtlicher Mitglieder der Synodalvertretung. VII. Abschnitt.

Landessynoden und Bezirke

§ 76b. Die Vertretung der alt-katholischen Kirche in jedem einzelnen Lande ist, sofern sich nach Ermessen der Synodalvertretung dazu die Notwendigkeit und Möglichkeit ergibt, die L a n d e s s y n o d e dieses Landes. § 76 c. Jede Landessynode gibt sich eine Landessynodalordnung, diese unterliegt der Genehmigung der Synodalvertretung. § 76d. Für die Landessynodalordnung müssen folgende Grundsätze festgehalten werden: Die Landessynoden sind zuständig für a) die Wahl des Landessynodalrates, b) Fragen, wie die der Festigung, Förderung und Verbreitung der alt-katholischen Bewegung sowie des Ausbaus ihrer Organisation innerhalb des Landes, im einzelnen: Aufgaben wie Begrenzung der Pfarramtsbezirke, Verteilung der Diaspora, Anträge auf Gründung neuer Seelsorge- und Gottesdienststellen, Bedienung der Presse, Werbetätigkeit, Aufbringung und Verwendung von Mitteln für Landeszwecke und dergleichen, c) Begutachtung der ihnen von dem Bischof, der Synode oder Synodalvertretung vorgelegten Fragen, d) die Feststellung von Anträgen und Berichten an die Reichssynode und gegebenenfalls die Durchführung ihrer Beschlüsse innerhalb des Landes, e) die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Seelsorgern und Gemeinden, die nicht die geistliche Amtsführung betreffen, im ersten Rechtsgange, f) die Entscheidung über Beschwerden gegen Kirchenvorstände im ersten Rechtsgange, die Entscheidung über Beschwerden gegen den Landessynodalrat. § 76 e. Der Bischof ist berechtigt, an jeder Tagung der Landessynoden teilzunehmen oder einen Vertreter ohne Stimmrecht zu entsenden, dem auf Verlangen jederzeit das Wort zu geben ist. Zu dem Ende muß jede Landessynode 14 Tage vor Abhaltung einer Sitzung dem Bischof Anzeige von deren Abhaltung nebst der Tagesordnung zustellen. § 76 f. Wo keine Landessynoden gebildet sind, gelten die folgenden §§ 77—81.

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§ 77Die Gemeinden können sich zu Bezirken vereinigen. K e i n e Gemeinde ist zum Beitritt verpflichtet außer neuen Gemeinden, wenn ihre Muttergemeinde schon Mitglied eines bestehenden Bezirks war. H a t sich eine Gemeinde einem Bezirke angeschlossen, so kann sie nicht wieder austreten, doch kann sie sich mit Genehmigung von Bischof und Synodal-Vertretung einem anderen Bezirke anschließen. § 78Jeder Bezirk hat einen Bezirksausschuß und eine Bezirkssynode. § 79Jeder Bezirk gibt sich eine Ordnung; diese unterliegt der Genehmigung der Synodalvertretung. § 80. Für diese Ordnung müssen folgende Grundsätze festgehalten werden: Der Bezirkssynode steht z u : a) die W a h l des Ausschusses; b) Verteilung der Beiträge zur Bezirkskasse, Rechnungsabnahme, Bestimmung über die Verwendung; c) Beratung und Beschlußfassung über die von der Synode oder Synodal-Vertretung ihr zugewiesenen Angelegenheiten; d) Feststellung von Berichten und Anträgen an die Synode; e) Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Seelsorgern und Gemeinden, welche nicht die geistliche Amtsführung betreffen, im ersten Rechtszuge, sowie im ersten Rechtszuge über Beschwerden gegen Kirchenvorstände. § 8i. Der Bischof und die Synodal-Vertretung sind berechtigt, einen Abgeordneten zu der Versammlung zu entsenden, dem ohne Stimmrecht auf Verlangen jeder Zeit das W o r t zu geben ist. Zu dem Ende muß 14 Tage vor A b h a l t u n g der Versammlung dem Bischöfe Anzeige von deren A b h a l t u n g nebst der Tagesordnung zugestellt werden. § 81 a. Die Landes- und Bezirkssynoden sind verpflichtet, alljährlich dem Bischof einen Bericht über ihre Tätigkeit zu erstatten. Die Landessynoden sind außerdem gehalten, dem Bischof alljährlich Rechnungsablage und Voranschlag zur Kenntnisnahme vorzulegen.

II. Geschäftsordnung der Synode 1. Abschnitt.

Vorbereitung

§ 1. Die erste Ausschreibung jeder Synode (SGO. § 20) soll einen Hinweis auf die für die Einsendung von Anträgen usw. nach S G O . § 25 bestehenden Fristen enthalten oder abweichend davon eine spätere Frist festsetzen.

Geschäftsordnung der Synode

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§ 2Acht Wochen vor jeder Synode veröffentlicht der Bischof ein Verzeichnis der anerkannten Gemeinden (SGO. § 57) mit Angabe der Zahl der von jeder zu wählenden A b geordneten. Hierbei sind diejenigen Gemeinden zu bezeichnen, deren Stimmrecht nach der L a g e im Zeitpunkte der Veröffentlichung voraussichtlich ruhen wird (§ 42 a). Beschwerde gegen diese Festsetzung ist an die Synodal-Vertretung, gegen deren Entscheidung an die Synode zu richten. § 3Geistliche, welche am Erscheinen auf der Synode, und Gemeinden, welche an der Entsendung von Abgeordneten verhindert sind, haben das vor dem Beginne der Synode dem Bischöfe anzuzeigen. § 4Die Synodal-Vertretung soll die rechtzeitig eingegangenen Anträge usw. und die von ihr beabsichtigten Vorlagen, wenn möglich, vier Wochen vor dem Beginne der Synode den Geistlichen und den anerkannten Gemeinden (§ 2) zusenden.

2. Abschnitt.

Allgemeine Bestimmungen für die Sitzungen

§ 5Zu den Sitzungen werden nur die Mitglieder der Synode, ferner die von den Gemeinden etwa gewählten Stellvertreter gegen Vorzeigung ihrer Ausweiskarten zugelassen, letztere ohne das Recht, an der Beratung und Abstimmung teilzunehmen. § 6.

Die Mitglieder der Synode sind bezüglich der Verhandlungen zu gewissenhafter Verschwiegenheit verpflichtet. § 7Die Verhandlungen der Synode werden in Kurzschrift aufgenommen. Die Synode bevollmächtigt drei ihrer Mitglieder, die in Bonn oder in dessen Nähe ihren Wohnsitz haben, zur Beglaubigung dieser Aufnahme (SGO. § 30). Jeder Redner ist befugt, innerhalb drei Tagen nach ihrer Ausfertigung sie einzusehen und zu verbessern. Sachliche Änderungen sind nur zulässig, wenn die Mehrheit der Bevollmächtigten sie als richtig anerkannt hat. Jedes Mitglied der Synode ist befugt, Einsicht in die Urausfertigung zu nehmen. Die Aufnahme in Kurzschrift und ihre Übertragung ist im bischöflichen Archiv aufzubewahren. §

8-

Uber den Schluß der Sitzung und den A n f a n g der nächsten Sitzung entscheidet die Synode nach dem Vorschlag des Vorsitzenden. § 9Die Synode ist beschlußfähig, wenn zwei Drittel der anerkannten Mitglieder (§ 21) anwesend sind.

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§ io. Beim Beginne jeder Sitzung wird die Verhandlungsschrift über die vorhergehende Sitzung vorgelesen und nach Erledigung von Einreden von dem Vorsitzenden unterzeichnet. Die Verhandlungsschrift der letzten Sitzung wird an deren Schlüsse verlesen. § IiÜber die Erörterungen verzeichnet die Verhandlungsschrift nichts. Das Ergebnis der Abstimmungen ist aufzuzeichnen, wie es der Vorsitzende angibt. Es steht jedem Mitgliede frei, seine Abstimmung durch ein der Verhandlungsschrift beizufügendes Schriftstück zu begründen. 3. Abschnitt.

Die Ämter

§ 12Der Bischof bezw. Bistumsverweser macht beim Beginne der ersten Sitzung den von ihm im Einvernehmen mit der Synodal-Vertretung ernannten Stellvertreter (SGO. § 23) namhaft. Dieser übernimmt den Vorsitz, so oft und solange der Bischof bezw. der Bistumsverweser verhindert ist. Ist der Bischof bezw. der Bistumsverweser überhaupt am Erscheinen verhindert, so eröffnet der 2. Vorsitzende der Synodal-Vertretung die Sitzung, gibt die Ernennung des stellvertretenden Vorsitzenden bekannt und überläßt ihm dann die Leitung. In diesem Falle wählt die Synode auf Vorschlag der Synodal-Vertretung einen zweiten Stellvertreter des Vorsitzenden. § 13. Der Vorsitzende schlägt drei Mitglieder der Synode als Schriftführer vor, sofern nicht auf den Antrag von zwölf Mitgliedern die Synode die Wahl durch Stimmzettel beschließt. § 14. Der hierzu vom Vorsitzenden bestimmte (erste) Schriftführer hat die Anträge der Mitglieder und die Anmeldungen zum Worte entgegenzunehmen und dem Vorsitzenden rechtzeitig mitzuteilen. § 15. Die beiden anderen Schriftführer haben jeder für sich die gefaßten Beschlüsse aufzuzeichnen, nach der Sitzung ihre Aufzeichnungen zu vergleichen und danach die Verhandlungsschrift (§ 10) festzusetzen. 4. Abschnitt.

Vollmachten und Ausweise

§ 16. Die vom Bischof anerkannten Geistlichen bedürfen keiner weiteren Vollmacht. Sie haben sich bei dem mit der Prüfung der Vollmachten beauftragten Mitgliede der SynodalVertretung zu melden, welches ihre Namen in eine Liste einzutragen und ihnen eine Ausweiskarte einzuhändigen hat. § 17. Die Abgeordneten der Gemeinden haben eine schriftliche Vollmacht in den letzten acht Tagen vor der Synode an die Synodal-Vertretung einzusenden oder nach ihrer Ankunft dem mit der Prüfung der Vollmachten beauftragten Mitgliede der Synodalvertretung einzuhändigen. Diese Vollmacht ist so zu fassen:

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N. aus N. ist von der Gemeinde zu N. z u m Abgeordneten für die im Monat 19 abzuhaltende Synode gewählt worden. Der katholische Kirchenvorstand der alt-katholischen Gemeinde N. Beizufügen sind die Unterschrift des Vorsitzenden des Vorstandes und das Siegel der Gemeinde, in Ermangelung eines Siegels die Unterschriften von drei Vorstandsmitgliedern. § 18. Die Namen der Abgeordneten und der von ihnen vertretenen Gemeinden werden von dem mit der Prüfung der Vollmachten beauftragten Mitgliede der Synodal-Vertretung (SGO. § 22) unter fortlaufender Nummer in eine Liste eingetragen, die Vollmachten, mit den betreffenden Nummern bezeichnet, zusammengelegt.

§ 19Abgeordneten, deren Vollmachten das mit deren Prüfung beauftragte Mitglied der Synodal-Vertretung für genügend hält, werden sofort Ausweiskarten eingehändigt. In zweifelhaften Fällen ist zunächst die Entscheidung der Synodal-Vertretung einzuholen. § 20. Abgeordnete, deren Vollmacht von der Synodal-Vertretung beanstandet wird, erhalten eine Ausweiskarte mit der in die Liste einzutragenden Bemerkung, daß der Synode die Entscheidung vorbehalten bleibe. Vollmachten von Abgeordneten, die nicht auf Grund der bischöflichen Einladung (§2) gewählt sind, gelten ohne weiteres als beanstandet bis zur Entscheidung der Synode. § 21. In der ersten Sitzung der Synode werden von einem Mitgliede der Synodal-Vertretung zunächst die Namen derjenigen verlesen, welche Ausweiskarten ohne Vorbehalt erhalten haben. Die Vollmacht derjenigen, gegen welche von keinem Mitgliede der Synode Einrede erhoben wird, gilt als anerkannt. Wird gegen eine Vollmacht Einrede erhoben, so ist der betreffende Abgeordnete vorläufig nicht stimmberechtigt. § 22.

Nach Erledigung der unbeanstandeten Vollmachten wird zunächst über die bei der Verlesung der Namen beanstandeten, dann über die von der Synodal-Vertretung beanstandeten Vollmachten entschieden. Das Mitglied, welches Einrede erhoben hat, bezw. der Berichterstatter der Synodal-Vertretung begründet die Beanstandung; der betreffende Geistliche oder Abgeordnete erhält das Wort, um die ihm nötig scheinenden Aufklärungen zu geben; dann wird sofort darüber abgestimmt, ob die Frage gleich von der Synode entschieden oder zuvor an einen Ausschuß verwiesen werden soll. Im ersteren Fall wird nach vorheriger Erörterung mit einfacher Stimmenmehrheit über die Vollmacht entschieden. § 23. Wird die Prüfung der beanstandeten Vollmachten einem Ausschusse überwiesen, so ist dieser Ausschuß aus drei Mitgliedern zu bilden, v o n denen eins durch die SynodalVertretung, zwei auf den Vorschlag des Vorsitzenden durch die Synode zu wählen sind. Der Ausschuß hat in der nächsten Sitzung mündlich Bericht zu erstatten.

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§ 24. Mit der Vollmacht der nach dem Beginne der ersten Sitzung eintreffenden Geistlichen und Abgeordneten ist sinngemäß nach den §§ 16—22 zu verfahren. § 25Die Geistlichen und Abgeordneten, deren Vollmacht nicht anerkannt ist, haben bis zur Erledigung der Beanstandung kein Stimmrecht, dürfen aber an der Erörterung teilnehmen. Nur diejenigen, welche durch Beschluß der Synode für nicht bevollmächtigt erklärt worden sind, werden von den Sitzungen ausgeschlossen. 5. Abschnitt.

Beratungsgegenstände

§ 26. Die Synodal-Vertretung hat in der ersten Sitzung durch eines ihrer Mitglieder die Tagesordnung (SGO. § 3 1 ) vorzulegen. Hierin stellt sie die Reihenfolge fest, in welcher die Beratungsgegenstände zur Verhandlung gelangen. § 27. Schriftlich eingereichte und von wenigstens zwölf Mitgliedern unterzeichnete Abänderungsvorschläge und Zusätze zu den Vorlagen werden mit dem betreffenden Gegenstande gleichzeitig zur Beratung gestellt. § 28. Jedes Mitglied kann bei der Beratung selbst eine Abänderung oder einen Zusatz beantragen. Es hat diesen Antrag schriftlich und mit seinem Namen unterzeichnet dem ersten Schriftführer (§14) zu überreichen. Der Vorsitzende hat dann zunächst die Unterstützungsfrage zu stellen. Wird der Antrag von wenigstens zwölf Mitgliedern unterstützt, so wird der Antrag zur Beratung zugelassen und erhält der Antragsteller das Wort zur Begründung. 6. Abschnitt.

Beratung und Abstimmung

§ 29. Die Synodal-Vertretung hat für jede Vorlage einen Berichterstatter zu ernennen. Dieser hat, wenn die Vorlage an die Reihe kommt, zuerst das Wort. § 30.

Ist eine Frage von der Synodal-Vertretung oder von der Synode an einen Ausschuß von Fachmännern oder an einen Einzelnen zur Begutachtung überwiesen (SGO. § 32), so wird die Beratung mit der Berichterstattung dieses Einzelnen bezw. des vom Ausschusse bestellten Berichterstatters und Gegenberichterstatters eröffnet. § 3iUber die Trennung der Erörterung in eine allgemeine und besondere entscheidet auf den Vorschlag des Vorsitzenden die Synode. § 32. Wer über den zur Beratung gestellten Gegenstand reden will, hat sich mündlich oder schriftlich bei dem ersten Schriftführer (§ 14) zum Worte zu melden und zugleich anzu-

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geben, ob er für oder gegen den betreffenden Antrag sprechen will. Der Schriftführer hat die angemeldeten Redner in der Reihenfolge ihrer Anmeldung aufzuzeichnen und der Vorsitzende ihnen nach dieser Reihenfolge, möglichst abwechselnd, einem gegen, einem für, das Wort zu erteilen. § 33In der allgemeinen Erörterung sowohl wie in jeder besonderen kann ein Mitglied nur e i n m a l das Wort ergreifen. Zur Berichtigung bestimmt bezeichneter Tatsachen kann einem Redner von dem Vorsitzenden noch einmal das Wort erteilt werden, zur Beteiligung an der Erörterung n u r mit vorheriger Genehmigung der Synode. § 34Der Vorsitzende darf, um tatsächliche Mitteilungen und Berichte zu machen, welche •die Beratung zu fördern geeignet sind, jederzeit, nachdem ein Redner zu Ende gesprochen, das Wort ergreifen. Zu demselben Zwecke kann auch der Berichterstatter der SynodalVertretung (§29) oder eines Ausschusses (§ 30) jederzeit das Wort erhalten, jedoch nicht mehr als dreimal während der Beratung über einen Abschnitt. § 35Kein Redner mit Ausnahme der Berichterstatter und der Antragsteller darf ohne besondere Erlaubnis der Synode länger als 10 Minuten sprechen. § 36. Auf den schriftlichen Antrag von 12 Mitgliedern hat der Vorsitzende die Frage zu stellen, ob die Erörterung geschlossen werden soll. Die Synode entscheidet darüber mit einfacher Mehrheit ohne Erörterung. Bleibt die Abstimmung zweifelhaft, so ist der Schlußantrag abgelehnt. § 37Zu einer Bemerkung zur Geschäftsordnung kann jederzeit jedes Mitglied das Wort verlangen, jedoch erst, wenn der einzelne Redner geendigt hat. § 38. Ist die Rednerliste erschöpft oder der Schluß der Erörterung angenommen (§ 36), so »st den Mitgliedern das Wort zu erteilen, welche sich zu einer persönlichen Bemerkung gemeldet haben. § 39Nach dem Schlüsse der Erörterung können noch dasjenige Mitglied, welches den Antra S gestellt oder eine Abänderung oder einen Zuastz dazu beantragt hat, oder wenn es mehrere Mitglieder sind, ein von ihnen zu bestimmendes Mitglied, ferner der Berichterstatter der Synodal-Vertretung (§ 29) oder der Berichterstatter und Gegenberichterstatter eines Ausschusses (§ 30) das Wort verlangen. Auch der Vorsitzende darf vor der Abstimmung noch einmal sprechen. § 40. Wer von dem Gegenstande der Beratung abschweift, sich unangemessener Ausdrücke bedient oder die Redezeit (§35) überschreitet, ist vom Vorsitzenden zu erinnern. Beachtet er diese Erinnerung nicht, so ist er zur Ordnung zu rufen. Wird auch der Ordnungsruf nicht beachtet, so ist ihm das Wort zu entziehen.

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken § 41.

G e g e n d e n O r d n u n g s r u f u n d die E n t z i e h u n g d e s W o r t e s k a n n die S y n o d e a n g e r u f e n werden. Die S y n o d e entscheidet darüber, nachdem der A n r u f e n d e und der Vorsitzende gesprochen, ohne weitere Erörterung mit einfacher Stimmenmehrheit. § 42. D i e A b s t i m m u n g g e s c h i e h t d u r c h A u f s t e h e n u n d S i t z e n b l e i b e n , in z w e i f e l h a f t e n Fällen d u r c h eine v o n d e n drei S c h r i f t f ü h r e r n v o r z u n e h m e n d e A b z ä h l u n g . A u f schriftliches V e r l a n g e n v o n z w a n z i g M i t g l i e d e r n ist n a m e n t l i c h e A b s t i m m u n g v o r z u n e h m e n . § 42 a. D a s S t i m m - u n d W a h l r e c h t derjenigen Geistlichen u n d G e m e i n d e a b g e o r d n e t e n ruht, d i e s e l b s t o d e r d e r e n G e m e i n d e n l ä n g e r a l s ein J a h r m i t d e n L e i s t u n g e n f ü r a l l g e m e i n e k i r c h l i c h e Z w e c k e i m R ü c k s t ä n d e sind, o h n e d u r c h die S y n o d a l v e r t r e t u n g a u s d r ü c k l i c h Zahlungsbefreiung oder -Aufschub zugestanden erhalten zu haben. § 43I s t z u d e m B e r a t u n g s g e g e n s t a n d e ein v o r e n t s c h e i d e n d e r A n t r a g e i n g e b r a c h t , so k o m m t dieser zuerst zur A b s t i m m u n g . A l l e A b ä n d e r u n g s v o r s c h l ä g e sind in der R e i h e n f o l g e z u r A b s t i m m u n g z u b r i n g e n , in w e l c h e r sie sich w e i t e r v o n d e r F a s s u n g d e r S y n o d a l - V e r t r e t u n g o d e r d e s A u s s c h u s s e s entfernen. Ü b e r b e a n t r a g t e Z u s ä t z e z u einem A n t r a g e wird v o r der A b s t i m m u n g über den A n t r a g selbst a b g e s t i m m t . § 44D e r V o r s i t z e n d e g i b t v o r d e r A b s t i m m u n g die R e i h e n f o l g e a n , in w e l c h e r d i e e i n z e l n e n A b s t i m m u n g e n v o r g e n o m m e n w e r d e n sollen. W i r d g e g e n seinen V o r s c h l a g E i n r e d e erh o b e n , so e n t s c h e i d e t d i e S y n o d e o h n e v o r h e r g e h e n d e E r ö r t e r u n g . § 45B e i allen e n t s c h e i d e n d e n A b s t i m m u n g e n ist u n b e d i n g t e M e h r h e i t e r f o r d e r l i c h ( S G O . § 34). D i e S y n o d a l - u n d G e m e i n d e - O r d n u n g u n d die G e s c h ä f t s - O r d n u n g l a s s e n a u s d r ü c k l i c h d i e e i n f a c h e M e h r h e i t d e r A n w e s e n d e n z u in d e n §§ 6, A b s . 2, N r . 5; 2 9 ; 34, A b s . 2, b e z w . § 22, 36, 4 1 . S i e ist a u c h g e n ü g e n d bei a l l e n Z w i s c h e n a b s t i m m u n g e n . § 46. W i r d ein B e s c h l u ß m i t einer M e h r h e i t v o n w e n i g e r als z w e i D r i t t e l d e r S t i m m e n g e f a ß t , so g i l t er n u r d a n n als e n d g ü l t i g , w e n n n i c h t v o n d e r M i n d e r h e i t o d e r v o n d e r S y n o d a l V e r t r e t u n g auf G r u n d v o n S G O . § 34, A b s . 2 die Ü b e r w e i s u n g d e r F r a g e an d i e n ä c h s t e S y n o d e v e r l a n g t w i r d . D i e s e s V e r l a n g e n ist in d e r n ä c h s t e n S i t z u n g n a c h d e r b e t r e f f e n d e n A b s t i m m u n g o d e r , w e n n diese in d e r l e t z t e n S i t z u n g g e s c h a h , a n d e r e n S c h l u ß , e n t w e d e r v o n sämtlichen auf der S y n o d e anwesenden Mitgliedern der S y n o d a l - V e r t r e t u n g oder v o n wenigstens einem Drittel der sämtlichen Mitglieder der S y n o d e unterzeichnet, d e m Vorsitzenden einzuhändigen und v o n diesem der S y n o d e mitzuteilen. I s t dieses V e r l a n g e n e i n g e b r a c h t , so ist die b e t r e f f e n d e F r a g e d e r n ä c h s t e n n o c h m a l s v o r z u l e g e n , w e l c h e sie e n d g ü l t i g e n t s c h e i d e t .

Synode

Geschäftsordnung der Synode

7. Abschnitt.

33

Rechnungslegung der Synodal-Vertretung § 47-

Die Synode wählt für die Synodaldauer (SGO. § 20) drei Bevollmächtigte (SGO. § 30) zur Einzelprüfung der Rechnungslegung (SGO. § 19). Wenn im Laufe der zwei Jahre einer der Bevollmächtigten ausscheidet, so haben die übrigen für die Zeit bis zur nächsten Synode einen Ersatzmann zu wählen. § 48. Den Bevollmächtigten ist mindestens 14 Tage vor dem Zusammentritt der Synode die abgeschlossene Rechnung über die für allgemeine kirchliche Zwecke bestimmten Vermögen nebst Belegen vorzulegen. Der von den Bevollmächtigten errichtete und unterzeichnete Bericht ist der Synode in deren ersten Sitzung von ihnen vorzutragen. Auf ihren Antrag erteilt die Synode der Synodal-Vertretung die Entlastung. Die geprüfte Rechnung hat alsdann bis zum Schlüsse der Synode in deren Sitzungsraum aufzuliegen. 8. Abschnitt.

Wahlen

§ 49Die Mitglieder der Synodal-Vertretung werden stets durch Stimmzettel in geheimer Abstimmung mit unbedingter Mehrheit gewählt (SGO. §§ 14, 30). Die Ausscheidenden sind wieder wählbar. Die Wahl ist nicht auf Mitglieder der Synode beschränkt. Die Wahl geschieht bei Beginn der zweiten Sitzung, findet nur eine Sitzung statt, an deren Schluß. §

50.

Zum ordentlichen Mitglied der Synodal-Vertretung kann nur gewählt werden, wer am Wohnsitze des Bischofs oder so nahe dabei wohnt, daß er durch eine höchstens sechsstündige Reise dorthin gelangen kann. (SGO. § 13, Abs. 2). § Si. Zuerst werden die ordentlichen Mitglieder der Synodal-Vertretung gewählt. Die Wählenden schreiben die Namen von zwei Geistlichen und drei Laien auf einen Zettel. Die Stimmzettel müssen gleich sein und werden von den Schriftführern verteilt; sie können einen Aufdruck tragen, aus dem die Namen der bisherigen Mitglieder hervorgehen. Die Stimmzettel werden von dem Ersten Schriftführer eingesammelt, gezählt und verlesen; die beiden andern Schriftführer verzeichnen die Namen. § 52. Stimmzettel, welche mit dem Namen des Stimmgebers unterzeichnet sind oder die Namen von mehr als zwei Geistlichen oder drei Laien enthalten, sind ungültig. Wenn dagegen ein Stimmzettel zuwenig Namen oder einzelne Namen von nicht wählbaren Personen (§ 50) enthält, so ist die auf ihm für wählbare Personen gegebene Stimme diesen zuzuzählen. § 53Erhalten nicht so viele Mitglieder, wie zu wählen sind, im ersten Wahlgange die unbedingte Mehrheit, so kommen doppelt so viele Geistliche bezw. Laien, wie noch zu wählen S1 nd, und zwar diejenigen, welche im ersten Wahlgange der unbedingten Mehrheit am nächsten gekommen waren, in die engere Wahl. Corpus coniessionum 6.

3

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

§ 54Der erste Schriftführer hat die Namen derer, die in die engere Wahl kommen, zu verlesen. Alle Stimmen, welche bei der engeren Wahl f ü r andere abgegeben werden, sind ungültig. § 55Wenn die Gewählten anwesend sind, haben sie sich sofort über die Annahme der Wahl zu erklären. Lehnen sie die Wahl ab, so ist eine neue Wahl vorzunehmen. § 56. Sind die Gewählten nicht anwesend, so haben sie sich auf eine Anzeige des Bischofs binnen acht Tagen über die Annahme zu erklären. Nehmen sie die Wahl nicht an, so wählen die übrigen Mitglieder der Synodal-Vertretung einschließlich der außerordentlichen f ü r die Zeit bis zur nächsten Synode einen Ersatzmann (SGO. § 15). § 57Bei der Wahl der vier außerordentlichen Mitglieder der Synodal-Vertretung (SGO. § J 3i 3°) wird unter entsprechender Anwendung der §§ 51—56 verfahren. § 58. Die übrigen Wahlen (SGO. § 30) wie die der Bevollmächtigten f ü r die theologische P r ü f u n g und der f ü r die P f a r r a m t s p r ü f u n g (§ 59), der Schöffen des Synodalgerichtes (§ 60), der Bevollmächtigten f ü r die P r ü f u n g der Rechnungslegung (§47) und der Bevollmächtigten f ü r die Beglaubigung der kurzschriftlichen Aufnahme (§ 7) können durch Zuruf geschehen, wenn kein Widerspruch erfolgt. § 59Von den sechs Bevollmächtigten f ü r die theologische P r ü f u n g und den f ü r die Pfarra m t s p r ü f u n g müssen vier Theologen, zwei Rechtskundige sein. Die Synodal-Vertretung kann eine Anzahl von Männern, die sie f ü r geeignet hält, vor der Wahl in Vorschlag bringen. Die Wahl ist aber nicht auf diese beschränkt. § 60. F ü r die Wahl der Schöffen zum Synodalgericht schlägt der Bischof der Synode acht Geistliche und acht Laien vor. § 61. Über die Zahl der Mitglieder von Ausschüssen wird, wenn die Geschäftsordnung nichts darüber bestimmt, in jedem einzelnen Falle von der Synode Beschluß gefaßt. § 62. Desgleichen wird in jedem einzelnen Falle von der Synode bestimmt, ob die Mitglieder des Ausschusses auf Vorschlag des Vorsitzenden durch Zuruf oder durch Stimmzettel und, in letzterem Falle, ob mit unbedingter oder einfacher Mehrheit zu wählen sind. § 63. Vor der Wahl von Fachausschüssen (SGO. § 32) dürfen der Vorsitzende, die SynodalVertretung und der Antragsteller geeignete Personen in Vorschlag bringen.

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Geschäftsordnung der Synode. — Dienstanweisung für die Geistlichen

9. Abschnitt.

Verhandlungsbericht § 64.

Über jede Synode ist möglichst bald nach ihrem Schlüsse ein Verhandlungsbericht zu veröffentlichen. Er ist von der Synodalvertretung auf Grund der kurzschriftlichen Aufnahme (§ 7) zu verfassen und soll alles Wesentliche der Verhandlungen enthalten. Es bleibt der Synodal-Vertretung überlassen, ob sie die kurzschriftliche Aufnahme ganz oder nur teilweise in den Bericht aufnehmen will. Die Synode kann die ungekürzte Aufnahme beschließen. § 65. Alle Mitglieder der Synode erhalten ein Stück des Berichtes gegen Erstattung der Selbstkosten. Jede Gemeinde ist verpflichtet, ein Stück des Berichtes zum Buchhandelspreis zu beziehen. Der Bericht wird in den Buchhandel gegeben. Ein Überschuß fließt in den Bischofsfond. § 66. Jeder Redner ist befugt, sich aus der Ur-Ausfertigung der kurzschriftlichen Aufnahme ( § 7 ) Abschrift seiner Reden zu machen und sie, nachdem ihre Richtigkeit von den Bevollmächtigten bescheinigt ist, zu veröffentlichen.

III. Dienstanweisung für die Geistlichen 1. Abschnitt.

Persönliche Verhältnisse

1. V e r e h e l i c h u n g . a) Die Eingehung einer Ehe ist den Geistlichen nur mit schriftlicher Erlaubnis des Bischofs gestattet. Das Gesuch um diese Erlaubnis hat über Namen, Stand, A l t e r und sonstige Verhältnisse der Braut und über die vorhandenen Mittel zur Ernährung einer Familie Auskunft zu geben. b) Die Absicht der Verehelichung ist dem Kirchenvorstande mitzuteilen; dieser hat dem Bischöfe schriftlich entweder sein Einverständnis zu erklären oder seine Gründe gegen die Heirat mitzuteilen. c) Die bischöfliche Ehe-Erlaubnis soll Geistlichen, welche in der alt-katholischen K i r c h e geweiht sind, nicht vor Ablauf von 6 Jahren seit dem Empfange der Priesterweihe, Geistlichen, welche aus anderen Diözesen aufgenommen werden, nicht vor A b l a u f von drei Jahren seit dem Tage der Aufnahme und nicht vor Ablauf von sechs Jahren seit dem Empfange der Priesterweihe erteilt werden. d) Eine Ausnahme ist aus besonderen Gründen mit Zustimmung der Mehrheit sämtlicher Mitglieder der Synodal-Vertretung gestattet. e) Gegen die Verweigerung der Erlaubnis ist Berufung an die nächste Synode ohne aufschiebende Wirkung zulässig. f) Das Aufgebot durch den Geistlichen selbst ist unzulässig; der Bischof wird in jedem einzelnen Falle, wo es die Lage fordert, davon befreien. g) Die Ehe ist selbstverständlich kirchlich einzusegnen; die Einsegnung darf nur ein v o m Bischöfe ausdrücklich dazu ermächtigter Geistlicher vornehmen. 3*

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

2. B e u r l a u b u n g . Die als Seelsorger angestellten Geistlichen haben zu einer länger als eine Woche dauernden Abwesenheit von ihrer Gemeinde die Zustimmung des Kirchenvorstandes und die Erlaubnis des Bischofs einzuholen. Das Urlaubsgesuch ist, von Notfällen abgesehen, spätestens acht Tage vor der beabsichtigten Abreise an den Bischof abzusenden; in ihm ist anzugeben, ob der Kirchenvorstand einverstanden und in welcher Weise für die Vertretung des Geistlichen gesorgt ist. Sofort nach Beendigung seines Urlaubs hat der Geistliche dem Bischöfe die Wiederaufnahme seiner Amtstätigkeit anzuzeigen. 3. V o r m u n d s c h a f t . Die im Kirchendienste stehenden Geistlichen haben vor Übernahme einer Vormundschaft die bischöfliche Genehmigung hierzu einzuholen. 4. L e b e n s v e r s i c h e r u n g . Geistliche können für sich und ihre Angehörigen Versicherungen mit der Karlsruher Lebensversicherung auf Gegenseitigkeit (vormals Allgemeine Versorgungsanstalt) durch Vermittlung der bischöflichen Kanzlei abschließen und genießen in diesem Falle verschiedene Vergünstigungen. 5. B e i t r ä g e . Es sind zu zahlen: a) der Beitrag zur Ruhegehaltskasse jährlich bis spätestens 31. Oktober; b) der Beitrag zur Allgemeinen Pfarrversammlung jährlich bis spätestens 30. Juni; c) der Beitrag zur Witwen- und Waisenkasse halbjährlich bis spätestens 15. Januar und 15. Juli; d) der Beitrag zur Priesterkrankenkasse jährlich bis spätestens 30. September. 2. Abschnitt. Geistliche Amtshandlungen 1. D a s H e i l i g e Amt. a) Wo das Heilige Amt in deutscher Sprache gefeiert wird, ist ausschließlich das von der Synodal-Vertretung herausgegebene Altarbuch*) zu gebrauchen. b) Das beim Heiligen Amte übliche Brauchtum ist genau zu beachten, auch da, wo es das Altarbuch nicht eigens erwähnt; besonders ist nach der Opferung die Händewaschung mit dem zugehörigen Gebete und am Schlüsse die Lesung aus dem Johannesevangelium beizubehalten. c) Die im Altarbuche (und Rituale) vorgesehenen zwei Reihen biblischer Lesungen sind nach Jahren abwechselnd zu gebrauchen. d) Es darf nur entweder die unveränderte erste oder die unveränderte zweite Ordnung des Altarbuches gebraucht werden oder die eine folgende Vermischung beider, daß die Gebete: »O Gott, himmlischer V a t e r , . . . die nach dir seufzt und ringt« (S. 78 des Altarbuches) ersetzt werden durch die Gebete: »Nimm auf, 0 heiliger Vater... dir wohlgefalle, 0 Herr, unser Gott« (S. 83 des Altarbuches) und daß S.81 des Altarbuches (Spalte 2 zwischen Zeile 41 u. 42) das Gebet: »Erlöse uns... sicher seien« (S. 84 des Altarbuches) mit dem Schlüsse: »Durch Christum, unsern Herrn. G.Amen.« eingeschaltet wird. e) Sofern nicht das Herkommen oder andere Gründe entgegenstehen, ist an Sonn- und Feiertagen nach der Predigt oder nach dem Evangelium das allgemeine Gebet (in der Fassung des Rituale) zu beten. Es ist gestattet, mit der Feier des Heiligen Amtes *) Bei allen folgenden Verweisungen auf das Altarbuch sind die Seitenzahlen des Corpus Confessionum anstelle der ursprünglichen Seitenzahlen eingesetzt worden.

Dienstanweisung für die Geistlichen

f)

g) h)

i) k)

1)

m)

n) o) p)

q)

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an Sonn- und Festtagen nach dem Evangelium oder nach dem Schlüsse auch noch andere passende Gebete für gemeinsame Angelegenheiten (für die Ernte u. dgl.) zu verbinden. An Wochentagen soll das Heilige Amt, sofern nicht besondere Verpflichtungen eine öftere Feier nötig machen, nur dann gehalten werden, wenn das Bedürfnis der Gemeinde es erfordert und auf die Teilnahme eines angemessenen Teiles der Gemeindemitglieder (der Erwachsenen oder der Schulkinder) zu rechnen ist. Das Heilige Amt darf, wo das Bedürfnis dafür vorliegt, auch als Abendmesse gehalten werden. Es ist dem Priester selbstverständlich nicht verwehrt, bei dem Heiligen Amte im stillen Gebete derjenigen besonders zu gedenken, welche sich seiner Fürbitte empfehlen. In einzelnen Fällen kann es angemessen sein, auch an Wochentagen mit der Einleitung: »Mit der Feier des Heiligen Amtes verbinden wir heute ein besonderes Gebet für« usw. nach dem Evangelium ein Gebet, z. B. für Kranke, einzuschalten. Eine »Zuwendung« des Heiligen Amtes für ein bestimmtes Anliegen u. dgl. ist selbstverständlich unzulässig. Wo möglich, soll am Allerseelentage das Heilige Amt für die Verstorbenen gehalten werden; nach dem Evangelium ist das im- Rituale dafür vorgesehene Gebet einzuschalten. Es ist passend, nach dem Tode jedes erwachsenen Gemeindemitgliedes einmal an einem Wochentage das Heilige Amt zu halten und mit ihm das im Rituale dafür vorgesehene Gebet zu verbinden. Eine zweite Feier des Heiligen Amtes für den gleichen Verstorbenen ist nicht gestattet. Am Jahrestage des Todes oder der Beerdigung eines Gemeindemitgliedes das Heilige Amt zu halten und damit ein Gebet für den Verstorbenen zu verbinden, ist eine altkirchliche Sitte, welche in den Fällen beizubehalten ist, wo angenommen werden darf, daß die Verwandten oder Freunde des Verstorbenen diesem Gottesdienste beiwohnen werden. In diesen Fällen ist die Feier des Heiligen Amtes Sonntags vorher anzukündigen. Ein solches Jahrgedächtnis darf aber nur an dem e r s t e n Jahrestage abgehalten werden. An manchen Orten wird es angemessen sein, einige Male im Jahre oder einmal im Monate an einem vorher anzukündigenden Wochentage das Heilige Amt zu halten und damit ein Gebet für die Verstorbenen der Gemeinde oder für die verstorbenen Verwandten, Freunde und Wohltäter zu verbinden. Die einer alt-katholichen Gemeinde mit der Pfründe oder dem örtlichen Kirchenvermögen überwiesenen »gestifteten Messen« sind in der bisherigen Weise zu beobachten, solange nicht eine Änderung vom Bischöfe genehmigt ist. Wegen der Lesung »gestifteter Messen« während der Erledigung einer Pfründe wird der Bischof im Einvernehmen mit dem Kirchenvorstande und der staatlichen Aufsichtsbehörde die nötigen Anordnungen treffen. Über die einer alt-katholischen Gemeinde überwiesenen »Meßstiftungen« ist von dem betreffenden Kirchenvorstande dem Bischof sofort nach Überweisung genau Bericht zu erstatten; die Geistlichen haben auf die Absendung dieses Berichtes bedacht zu sein. Anträge auf Abänderung der Bestimmungen einer »Meß-Stiftung« sind von dem Pfründen-Inhaber oder Kirchenvorstande an den Bischof zu richten. Der Bischof kann im Einverständnis mit der Synodal-Vertretung auch seinerseits dem PfründenInhaber oder dem Kirchenvorstande Änderungsvorschläge vorlegen. Maßgebend hierfür sind die von der vierten Synode angenommenen Grundsätze (Verhandlungen S- 36).

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

r) Änderungen können nur vorgenommen werden, wenn der Pfründen-Inhaber, der Kirchen-Vorstand und der Bischof und die Synodal-Vertretung sich über sie einigen und von Seiten der Stifter oder ihrer Rechtsnachfolger und der staatlichen Aufsichtsbehörde kein Einspruch erhoben wird. Falls eine Einigung nicht erzielt wird, ist die Sache der Synode vorzulegen. 2. N e b e n g o t t e s d i e n s t . An Sonn- und Festtagen, an denen in einer Gemeinde die Feier der Messe nicht möglich ist, kann ein anderer gemeinsamer Gottesdienst unter Leitung eines Geistlichen oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, unter Leitung eines von dem Vorstande mit Genehmigung des Bischofs bestellten Laien gehalten werden. Abweichungen von den im Rituale hierfür vorgesehenen Ordnungen sollen der Genehmigung der Synodal-Vertretung unterbreitet werden. 3. G e s a n g - u n d G e b e t b u c h . Bei allen Gottesdiensten und Andachten sollen die Gesänge und Gebete ausschließlich aus dem im Verlage der bischöflichen Kanzlei in Bonn erschienenen »Gesang- und Gebetbuch f ü r die Angehörigen der alt-katholischen Kirche des Deutschen Reiches« genommen und der Anweisung dieses Buches gemäß gehalten werden, sofern nicht Altarbuch und Rituale andere Möglichkeiten zulassen. Für andere Abweichungen ist vorher die Genehmigung der Synodal-Vertretung einzuholen. 4. R i t u a l e . a) Das amtliche Rituale ist bei den betreffenden gottesdienstlichen Handlungen in allen alt-katholischen Gemeinden zu gebrauchen. Für alle Abweichungen vom Rituale ist die Genehmigung der Synodal-Vertretung nachzusuchen. Bei solchen gottesdienstlichen Handlungen, für welche das Rituale keine Ordnung enthält, können die in dem Wessenbergschen Rituale enthaltenen oder mit Genehmigung der SynodalVertretung die in anderen Ritualen enthaltenen Ordnungen gebraucht werden. Auch ist es gestattet, den Ordnungen des Rituale aus anderen Ritualen Gebete, Anreden u. dgl. beizufügen. b) Der Gebrauch einer anderen als der deutschen oder der lateinischen Sprache bei irgendeiner gottesdienstlichen Handlung ist nur mit besonderer Genehmigung des Bischofs gestattet. 5. A b e n d m a h l . Es ist gestattet, Mitgliedern der anglikanischen Kirche das hl. Abendmahl unter beiden Gestalten zu reichen. Wollen im gleichen Heiligen Amte Alt-Katholiken und Anglikaner zum hl. Abendmahle gehen, so ist zuerst an die Alt-Katholiken die laute Aufforderung zu richten, hinzuzutreten, sodann, nachdem diese das hl. Abendmahl empfangen haben, an die Anglikaner. Es ist auch erlaubt, wenn sich Anglikaner zum hl. Abendmahle melden, ihnen das Heilige Amt besonders zu feiern, wo dies zweckmäßig erscheint. Der übrigbleibende geweihte Wein ist nach Beendigung der Austeilung sogleich vom Priester am Altare zu sich zu nehmen. 6. Buße. a) Die Priester sollen durch ihr Verhalten gegenüber den Beichtenden die Neigung zu häufigen, nicht durch Gewissensgründe erforderten Einzelbeichten und die Neigung, sich im Beichtstuhle Belehrung und R a t zu holen, nicht befördern. Sie haben sich aller unnötigen Fragen, jeder Einmischung in persönliche oder Familien-Angelegen-

Dienstanweisung für die Geistlichen

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heiten und jedes Versuches, durch die Beichte einen Einfluß auf die Beichtenden zu gewinnen und ihnen gegenüber etwas anderes zu sein als die Verwalter eines kirchlichen Heilsmittels, auf das strengste zu enthalten. b) Eine Überwachung der Beichte und des Abendmahlsempfanges und die Verhängung kirchlicher Strafen wegen deren Unterlassung ist unzulässig. c) Über die Einzelbeichte der Schulkinder werden die Seelsorger im Einverständnisse mit den Eltern und Vormündern Bestimmung treffen. 7. E h e . a) Das kirchliche Aufgebot darf nur vorgenommen werden, wenn die Eheschließung gesetzlich statthaft ist. Die Vorschrift der Verkündigung an drei aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen ist als Regel beizubehalten. Es ist jedoch den Pfarrgeistlichen gestattet, aus wichtigen Gründen die Verkündigungen zu unterlassen. Wohnen die Brautleute in verschiedenen Seelsorgebezirken, so hat der trauende Pfarrer sich das Zeugnis des anderen Pfarrers über das Aufgebot oder die Tatsache und Gründe seiner Unterlassung vorlegen zu lassen. b) Ohne Einsicht in die Bescheinigung der bürgerlichen Eheschließung darf kein Geistlicher eine Ehe einsegnen, auch nicht im Falle einer Todesgefahr Die Bescheinigung ist den Eheleuten sofort wieder zurückzugeben. c) Die Einsegnung der vor dem Standesbeamten geschlossenen Ehe wird den Geistlichen zur Pflicht gemacht mit Ausnahme des in Absatz d genannten Falles. d) Die kirchliche Einsegnung der Ehe ist unstatthaft beim Vorhandensein der Religionsverschiedenheit (Ehen zwischen Christen und Nichtgetauften). e) Die bürgerliche Eheschließung überhebt den Geistlichen jeder weiteren Prüfung bezüglich der gesetzlichen Erfordernisse der Eheschließung. Nur in dem Falle müßte er die Einsegnung der Ehe aussetzen und an die Synodal-Vertretung berichten, wenn ihm bekannt wäre, daß trotz der erfolgten bürgerlichen Eheschließung die rechtliche Fähigkeit fehlte, z. B. gefälschte Urkunden benutzt wurden, eine Person sich einen falschen Namen beigelegt hat, ein Teil verheiratet war u. dergl. f) Bezüglich gemischter Ehen (zwischen Alt-Katholiken und Mitgliedern anderer christlicher Bekenntnisse) ist von dem Verlangen eines urkundlichen Versprechens bezüglich der Kindererziehung abzusehen. g) Zur Einsegnung einer Ehe ist nur der zuständige Pfarrer (Pfarrverweser), nur mit seiner Erlaubnis ein anderer Puester befugt (SGO. § 53). h) Die Einsegnung von Ehen alt-katholischer Brautpaare durch einen Geistlichen, innerhalb dessen Seelsorgebezirks keiner der beiden Brautleute seinen Wohnsitz hat, ohne Erlaubnisschein des eigenen alt-katholischen Seelsorgers ist unstatthaft und gibt zu dienstlicher Ahndung Anlaß. 8. B e s t a t t u n g . a) Hinsichtlich der geistlichen Amtshandlungen ist zwischen Erdbestattung und Feuerbestattung kein Unterschied zu machen. b) Es ist im allgemeinen unstatthaft, daß ein alt-katholischer Geistlicher das von der Geistlichkeit eines anderen christlichen Bekenntnisses verweigerte kirchliche Begräbnis einer Person vornehme, welche im Leben weder der alt-katholischen Kirche förmlich angehört, noch am alt-katholischen Gottesdienste teilgenommen hat. Kann jedoch die Verweigerung nach klarer Lage der Sache nicht gebilligt werden, so ist auf Ansuchen hierzu berechtigter Personen die Vornahme gestattet. c) Wenn im Falle eines Selbstmordes das Zeugnis des Arztes Unzurechnungsfähigkeit feststellt, so hat der Seelsorger ohne jegliche Weigerung die kirchliche Beerdigung vorzunehmen. Würde eine solche Weigerung trotzdem erfolgen, so wird hiermit im

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

Voraus der dieserhalb von den Verwandten oder dem Kirchenvorstande ersuchte Nachbargeistliche zur Vornahme des Begräbnisses ermächtigt. Zugleich ist Anzeige des Falles an den Bischof zu machen. 9. U m z ü g e u n d B i t t g ä n g e . Neueinführung von Umzügen sind in alt-katholischen Gemeinden nicht gestattet. Abstellung oder Änderungen herkömmlicher Umzüge sind auf einstimmigen oder nahezu einstimmigen Antrag von Pfarrer und Kirchenvorstand von der Gemeinde-Versammlung zu beschließen. A n die Synodal-Vertretung ist darüber zu berichten. 10. F e i e r t a g e . a) Von den auf Werktage fallenden Feiertagen sind in allen Gemeinden, wo dies möglich ist, durch Gottesdienste zu begehen: die Weihnachtsfeiertage, Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Allerheiligen, Allerseelen, Bußund Bettag (in Preußen). b) Ob und wie Silvester (Jahresschluß), Erscheinung des Herrn (6. Januar), Aschermittwoch, Gründonnerstag, Karsamstag, Fronleichnam, Peter und Paul (29. Juni), Maria Hinscheiden (15. August), vaterländische Feiertage, durch Gottesdienst begangen werden, bestimmt mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse der Pfarrer im Einverständnisse mit dem Kirchenvorstande. c) Werden die unter b genannten Tage nicht feiertäglich begangen, findet aber an ihnen ein Werktags-Gottesdienst statt, so sind im Heiligen A m t e die für diesen T a g vorgesehenen Meßordnungen zu gebrauchen; das gleiche gilt für das Tempelfest des Herrn (2. Februar), Josef (19. März), Verkündigung der Geburt des Herrn (25. März), Johannes der Täufer (24. Juni), Mariä Geburt und alle Aposteltage. A n allen anderen Tagen sind die Gebete des vorhergehenden Sonntags zu gebrauchen, sofern es sich nicht um besondere Anlässe handelt, für die eigene Ordnungen bestehen. d) Die Weihnachtsfeiertage, Neujahr, Erscheinung des Herrn und Allerheiligen behalten ihre eigene Ordnung für das Heilige A m t auch dann, wenn sie auf einen Sonntag fallen; fallen andere Feiertage auf einen Sonntag, so ist die sonntägliche Ordnung für das Heilige A m t zu gebrauchen. 11. F a s t e n . Die in der alten Kirche bestehenden Fast-Tage und -Zeiten sind als Tage und Zeiten der Buße und der Vorbereitung auf die betreffenden kirchlichen Feste beizubehalten. Das Maß und die A r t der Selbstbeschränkung sind dem Gewissen des Einzelnen zu überlassen, da äußere Anordnungen und Gesetze eine solche innere Selbstzucht nicht regeln können. 12. P r e d i g t . Jeder Seelsorgsgeistliche ist verpflichtet, für jede Predigt mindestens eine schriftliche Gliederung zu entwerfen. Der Bischof ist berechtigt, einem Geistlichen die regelmäßige Einsendung solcher Entwürfe und auch die schriftliche Abfassung einer Predigt zu befehlen. 13. U n t e r r i c h t . Die Verwendung anderer Lehrbücher und Lehrbehelfe als der im Auftrage der Synode oder der Synodal-Vertretung herausgegebenen ist von der Genehmigung der SynodalVertretung abhängig. 14. D i e n s t p f l i c h t . Der Pfarrer ist jedem Alt-Katholiken, der sich in seinem Seelsorgebezirk aufhält, zu geistlichem Dienst verpflichtet. Über die Deckung der Kosten: V Z A . §§ 24 f.

Dienstanweisung für die Geistlichen

3. Abschnitt.

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Pfarramts Verwaltung

1. M i t g l i e d e r l i s t e . Jedes Pfarramt hat ein Verzeichnis aller in seinem Seelsorgebezirke wohnenden AltKatholiken in zwei Listen zu führen. Die erste Liste enthält die innerhalb, die zweite die außerhalb des kirchlichen Pfarrbezirkes (VZA. § 2) wohnenden Alt-Katholiken. 2. P f a r r - A r c h i v . a) Jedes Pfarramt hat ein Archiv anzulegen. ausgehenden Schreiben im Entwurf oder eingehenden in Urschrift aufzubewahren. einzuhalten: 1. Armensachen. 2. Bestattungen. 3. Bischöfliche Behörde. 4. Dienstbedürfnisse. 5. Ehesachen und Kinder-Erziehung. 6. Gerichtssachen, Gefangenenseelsorge. 7. Heeressachen. 8. Jugendfürsorge 9. Kirchenbaulichkeiten. 10. Kirchenbücher, Zeugnisse. 11. Kirchengerätschaften und -Bedürfnisse, Fahrnisverzeichnisse. 12. Kirchenopfer, Sammlungen.

Darin sind alle amtlichen vom P f a r r a m t in Abschrift (Abzug, Durchschlag), alle Hierfür ist folgende Stichwort-Ordnung 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.

Kirchenordnung, Gottesdienst. Kirchenversammlungen. Kirchen- und Stiftungsdienste. Kirchen- und Stiftungsgüter. Kirchen- und Stiftungsverwaltung. Kirchliche Anstalten. Kirchliche und soziale Vereine. Pfarrbeschreibung. Pfründe. Schulsachen Seelsorge. Staatliche Angelegenheiten, Landesund Reichssachen.

b ) Jedes Pfarramt hat ein Tagebuch anzulegen, in welches alle einlaufenden und abgehenden Schreiben unter fortlaufenden Nummern, die auf die Schreiben zu setzen sind, eingetragen werden. c) Außerdem sind im Pfarrarchiv aufzubewahren das Amtliche Kirchenblatt, alle sonstigen von amtswegen gelieferten Drucksachen, die Mitgliederliste, die Kirchenbücher und die Bücher mit den kirchlichen Verkündigungen. d) Das Pfarrarchiv ist vom Pfarrer beim Verlassen seiner Stelle ordnungsmäßig dem Nachfolger oder dem Kirchenvorstande zu übergeben; über diese Übergabe ist ein schriftlicher Bericht aufzunehmen und von den Beteiligten zu unterzeichnen. 3- K i r c h e n b ü c h e r . a) D i e Kirchenbücher haben sich zu beschränken: für die T a u f e auf die Angabe der Namen des Vaters und der Mutter (bei unehelichen Kindern nur der letzteren, wenn nicht der Vater selbst die Erklärung abgibt), der Paten, des Tages der Geburt und der Taufe; für die E h e auf die Angabe, daß die am . . . bürgerlich verbundenen Herr . . . und Frau . . . am . . . in Gegenwart der Zeugen . . . kirchlich eingesegnet worden sind; für den T o d auf den Namen des Verstorbenen und den T a g des Todes und des Begräbnisses. Vordrucke für die Bücher sind von der bischöflichen Kanzlei zu beziehen. b) J e d e Handlung (Taufe, Trauung, Beerdigung) ist an demselben Tag, an welchem sie stattgefunden hat, von dem Pfarrer beziehungsweise dem diensttuenden Geistlichen in dem betreffenden Kirchenbuche mit Angabe des Tages der Eintragung und seines Namens einzutragen. c ) Die Kirchenbücher sind von den Pfarrern entweder in ihrer Wohnung oder in der Kirche in einem verschlossenen Behältnisse aufzubewahren.

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

d) Für die Nebengemeinden außerhalb des Pfarrsitzes sind die getrennt zu führenden Bücher entweder von dem Pfarrer oder dem Vorsitzenden des Kirchenvorstandes zu verwahren. e) Hat ein Geistlicher eine buchungspflichtige Amtshandlung an Alt-Katholiken vorgenommen, die nicht in seinem Seelsorgebezirke ihren Wohnsitz haben, so hat er dem für den Wohnsitz zuständigen Pfarramte eine Bescheinigung, wie sie Absatz a fordert, zu übersenden. 4. F o r t z u g s m e l d u n g e n . Diaspora. a) Jedes Pfarramt hat jedes aus seinem Seelsorgebezirk fortziehende und jedes aus seinem engeren kirchlichen Pfarrbezirke in den weiteren Seelsorgebezirk und umgekehrt verziehende Mitglied spätestens acht Tage nach Kenntnis des Fortzugs mit möglichst genauer Angabe der neuen Wohnung dem Meldeamte anzuzeigen (VZA. § 18). Daneben kann eine unmittelbare Benachrichtigung des neuen Pfarramts gehen. b) Die Meldung soll sich auch auf vorübergehend Abwesende erstrecken, wenn diese sich längere Zeit am neuen Ort aufhalten werden (Heeresdienstpflichtige an ihrem Standort, Studierende an ihrer Hochschule). c) Das Pfarramt hat auf jede ihm vom Meldeamte zugehende Anzeige innerhalb eines Monats Rückmeldung zu machen (VZA. § 20). d) Jedes Pfarramt hat alljährlich die Liste seiner Diasporanen spätestens bis zum I . A p r i l an das Meldeamt einzusenden (VZA. § 12). 5. V o l k s z ä h l u n g . Jeder Geistliche hat an den beiden letzten einer Volkszählung vorausgehenden sonntäglichen Gottesdiensten von der Kanzel herab die Mitglieder aufzufordern, sich in die Volkszählungslisten ausdrücklich als »alt-katholisch« einzutragen. 4. Abschnitt. Berichterstattung. Schriftwechsel 1. F o r m der E i n g a b e n . a) Alle amtlichen Schreiben sind auf großen Bogen ( 3 3 x 2 1 cm oder 2 8 x 2 2 cm) zu schreiben. Bei der bischöflichen Behörde auf kleineren Bogen einlaufende Eingaben gehen an den Absender unfrei zur ordnungsmäßigen Abfassung zurück. Der Gebrauch von Postkarten ist für jeden amtlichen Schriftwechsel auch der Geistlichen untereinander verboten. Ob ein Schreiben amtlich ist, bestimmt sein Inhalt. Schreiben, welche die Seelsorge, die Gemeinden, die Stellung des Geistlichen, sein Diensteinkommen betreffen, sind immer amtlich. b) Alle amtlichen Postsendungen müssen hinreichend freigemacht sein. Die bischöfliche Behörde verweigert die Annahme nicht oder nicht genügend freigemachter Sendungen und läßt sie an den Absender zurückgehen. c) Alle Sendungen an den Bischof oder die Synodal-Vertretung sind unter der äußeren Anschrift des Bischofs abzusenden. d) Alle Geldsendungen für die bischöfliche Behörde sind mittels Zahlkarte oder Überweisung zu richten an: Konto Nr. 7741 Bischöfliche Kassenverwaltung in Bonn, Schumannstr. 49, beim Postscheckamt Köln (Rhein). Auf dem Abschnitte der Zahlkarte (Überweisung) oder in besonderem Berichte ist genau und deutlich anzugeben, von wem und zu welchem Zwecke die Zahlung erfolgt. e) Jeder einzelne Gegenstand des Berichtes ist unbedingt auf einem besonderen Bogen vorzutragen. Insbesondere sind die jährlichen Berichte auf Fragebogen keinesfalls

Dienstanweisung für die Geistlichen. —

Geschäfts anweisung für die Kirchenvorstände

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zu Mitteilungen zu benutzen, die nicht mit dem Berichte selbst unmittelbar zusammenhängen; solche Mitteilungen bleiben ausnahmslos unbeachtet. 2. B e r i c h t e . a) Die Pfarrer (Pfarrverweser) haben alljährlich vor dem I. April auf dem übersandten Fragebogen an den Bischof einen Bericht über die Verhältnisse in der Gemeinde zu erstatten. Sämtliche Fragen sind gewissenhaft, genau und erschöpfend, zu beantworten. Eine zweite Ausfertigung des Berichtes ist dem Pfarrachiv einzuverleiben. b) Die Pfarrer (Pfarrverweser) haben alljährlich im Februar und Oktober dem Bischöfe über die kirchlichen Zustände in der Gemeinde zu berichten. Hierbei ist mitzuteilen, wieviele Kirchenvorstandssitzungen abgehalten und ob dabei alle Vorschriften beachtet worden sind. Die Pfarrer sind ausdrücklich verpflichtet, den Bischof von jedem Verstoße gegen die »Geschäftsanweisung für die Kirchenvorstände« in Kenntnis zu setzen. c) Von jeder beabsichtigten Firmung, Grundsteinlegung oder Einweihung einer Kirche ist dem Bischöfe rechtzeitig, unter Beachtung der etwa von ihm gestellten Frist, Anzeige zu machen. d) Falls die Geistlichen längere Zeit hindurch keine Veranlassung gehabt haben, in amtlichen Angelegenheiten an den Bischof oder die Synodal-Vertretung zu schreiben, haben sie dem Bischöfe wenigstens alle Vierteljahr einmal von sich Nachricht zu geben. 3. D i e n s t a u f s i e h t .

Ordnungsstrafen.

a) Die genaue Befolgung der Vorschriften dieser Dienstanweisung wird vom Bischöfe bei persönlicher Anwesenheit in den Gemeinden geprüft. Der Bischof kann durch besondere Bevollmächtigte die Dienstaufsicht ausüben. b) Geistliche, welche den Vorschriften dieser Dienstanweisung nicht Folge leisten, unterliegen einer Bestrafung nach S D G . § 3, Nr. 3 f. Außerdem verlieren sie für jeden Fall den Anspruch auf Zulagen aus der Ergänzungs-Kasse auf ein halbes Jahr.

IV. Geschäftsanweisung für die Kirchen vorstände 1. Abschnitt.

Allgemeiner Geschäftsgang

1. E i n l a u f . Jedes Mitglied des Kirchen Vorstandes, besonders der Pfarrer, hat das Recht, von jedem an den Kirchenvorstand einlangenden Schreiben Kenntnis zu nehmen. Es ist Pflicht des Vorsitzenden, alle einlaufenden Schriftstücke zur Kenntnis der Mitglieder zu bringen. Von dem Beschlüsse des Kirchenvorstandes selbst hängt es ab, ob dies durch Vorlesung in der Sitzung — in diesem Falle steht jedem Mitgliede das Recht zu, das Schriftstück in der Sitzung selbst zu lesen — oder durch vorherige Mitteilung zur Kenntnisnahme geschehen soll. A u c h muß sonst den Mitgliedern vom Vorstande, Rechner Einsicht in die Schriftstücke, Rechnungen usw. gestattet werden. 2. V e r t r a u l i c h k e i t . Kein einzelnes Mitglied, auch nicht der Vorsitzende, ist befugt, ohne Beschluß des Kirchenvorstandes von einem Schriftstücke oder einem Beschlüsse einen außeramtlichen Gebrauch (in Zeitungen usw.) zu machen. Werden Schriftstücke vom Bischof oder der

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Kirchliche Ordnungen und S a t z u n g e n für die deutschen A l t k a t h o l i k e n

Synodal-Vertretung als vertrauliche bezeichnet oder schreibt der Bischof oder die SynodalVertretung die vertrauliche Behandlung einer Sache vor, so darf weder der Vorsitzende noch ein Mitglied des Kirchenvorstandes, noch dieser selbst, ohne höhere Erlaubnis einen außeramtlichen Gebrauch davon machen. 3. V e r k e h r m i t

Staatsbehörden.

Der Verkehr mit den höheren staatlichen Behörden hat durch Vermittlung des Bischofs zu erfolgen. 4.

Gemeindearchiv.

W o der Pfarrer nicht Vorsitzender des Kirchenvorstandes ist, ist neben dem Pfarrarchiv ein Gemeindearchiv anzulegen. Auf seine Verwaltung sind die Bestimmungen D A G . , 3. Abschnitt, Nr. 2 sinngemäß anzuwenden. Ihm sind die abgeschlossenen Gemeinderechnungen einzuverleiben. Die Übernahme und Verwaltung des Pfarrarchivs im Falle der D A G . 3. Abschnitt, Nr. 2 d sowie im Falle der Geschäftsbehinderung oder des Todes des Pfarrers wird den Kirchenvorständen zur Pflicht gemacht. 5. A m t l i c h e

Drucksachen.

Jede Gemeinde ist verpflichtet, ein Stück jedes Synodalberichtes (GOS. § 65) und zwei Stück des Amtlichen Kirchenblattes zum amtlich festgesetzten Preise zu beziehen. V o m Amtlichen Kirchenblatte ist ein Stück für das Pfarrarchiv, das andere für das Gemeindearchiv bestimmt. Der Pfarrer und der Vorsitzende haften für die Aufbewahrung und müssen erforderlichenfalls Ersatz leisten. 2. Abschnitt.

Sitzungsdienst

1.

Rechtsvoraussetzungen. Die Bestimmungen der §§ 66, 67 und 69 S G O . sind zwingendes Recht. Jeder Beschluß des Kirchenvorstandes ist daher nichtig, a) wenn die Einladung zur Sitzung nicht zwei Tage vorher unter Mitteilung der Tagesordnung erfolgt war; b) wenn nicht zwei Drittel der Mitglieder anwesend waren, sofern es sich um die erste für den Gegenstand anberaumte Sitzung handelte und nicht Dringlichkeit vorlag; c) wenn der Beschluß die Zuständigkeit des Vorstandes überschreitet. 2. E i n l a d u n g .

(SGO. § 66.)

a) Die Einladung soll schriftlich entweder in einem sämtlichen Mitgliedern zuzustellenden und von ihnen zu unterschreibenden Rundschreiben oder durch besondere Zustellungen an jedes einzelne Mitglied, die ebenfalls zu unterzeichnen sind, erfolgen. Doch kann der Vorsitzende die einzelnen Mitglieder mündlich unter Mitteilung der Tagesordnung einladen oder es kann in einer Sitzung die nächste Sitzung unter Festsetzung der Tagesordnung anberaumt werden; doch sind im letzteren Falle Mitglieder, die nicht anwesend waren, eigens einzuladen. b) Die Tagesordnung braucht nur ganz kurz angedeutet zu werden, z. B. Aufstellung des Voranschlags, Prüfung der Rechnung usw. Ein nicht auf der Tagesordnung stehender Antrag, der nicht nur ein Zusatz- oder Verbesserungsantrag zu einem Gegenstande der Tagesordnung ist, darf nur mit Zustimmung aller Anwesenden zur Verhandlung kommen; jedes aus anzuerkennendem Entschuldigungsgrunde abwesende Mitglied kann den Beschluß darüber anfechten.

Geschäftsanweisung für die Kirchenvorstände

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c) Liegt ein »dringender Fall« vor, so ist bei der Einladung anzugeben: »dringlich« und in der Sitzung die Dringlichkeit vom Vorsitzenden zu begründen. Stimmt die Mehrheit zu, so ist die Dringlichkeit gerechtfertigt. Es bleibt aber jedem abwesenden Mitgliede vorbehalten, die Ungiltigkeit der Beschlüsse zu beantragen. 3. S i t z u n g s b e r i c h t (SGO. § 70). a) Im Eingange jedes Sitzungsberichtes ist anzugeben: I. daß die Einladung ordnungsmäßig geschehen, 2. falls Dringlichkeit vorhanden ist, wodurch diese begründet wird, 3. welche Mitglieder trotz der Einladung nicht erschienen sind. b) Jeder Sitzungsbericht ist von sämtlichen Mitgliedern zu unterzeichnen. Ein Mitglied, welches unterzeichnet, bekundet dadurch die Richtigkeit der Vorgänge und Beschlüsse, wie sie im Sitzungsberichte dargestellt werden. Hält also ein Mitglied diese Darstellung nicht für richtig, so hat es bei seiner Unterschrift einen Zusatz (z. B. »ich behalte mir Anfechtung vor«, »ein Antrag ist nicht behandelt«) zu machen. 4. A n f e c h t u n g v o n

Beschlüssen.

a) Beschwerde gegen einen Beschluß ist binnen 14 Tagen vom Tage der Sitzung (diesen nicht mitgerechnet) an den Bischof einzusenden oder dem Vorstande zu übergeben. Letzterer hat sie mit dem Sitzungsberichte, den allfälligen anderen Schriftstücken und einem den Mitgliedern zur Unterzeichnung vorzulegenden Berichte oder ohne einen solchen innerhalb 14 Tagen vom Tage der ihm übergebenen Beschwerde (diesen nicht mitgerechnet) an den Bischof einzusenden. b) Ein Mitglied, das ohne vernünftigen Grund trotz ordnungsmäßiger Einladung sich von einer Sitzung fernhält, kann Beschlüsse nur anfechten, wenn sie nach seiner Überzeugung die Zuständigkeit des Kirchenvorstandes überschreiten. 5- P e r s ö n l i c h e A n g e l e g e n h e i t e n . Ist in einer Sitzung eine Angelegenheit zu behandeln, bezüglich derer ein Mitglied persönlich beteiligt ist, so ist das Mitglied gleichwohl zur Sitzung zu laden, bei der Einladung aber anzugeben, daß der N. N. persönlich beteiligt sei. In der Sitzung ist alsdann dieser Gegenstand zuletzt zu behandeln, nachdem der Sitzungsbericht in der angegebenen Weise unterzeichnet ist. Der Beteiligte ist berechtigt, sich über die Sache auszusprechen; seine Erklärung ist inhaltlich in den Sitzungsbericht aufzunehmen. Entfernt er sich dann nicht, so kann entweder in seiner Gegenwart verhandelt und beschlossen werden, oder es ist, wenn das beschlossen wird, der Beteiligte aufzufordern, sich zu entfernen. Wenn er dem nicht Folge leistet, darf, aber nur für diesen Gegenstand, eine neue Sitzung, auch unmittelbar nach Aufhebung der tagenden, gehalten werden ohne seine Einladung und Zustimmung. Der Beschluß ist ihm mitzuteilen, damit er beim Bischof Beschwerde einreichen kann. 6. S i t z u n g s o r t . Die Sitzungen sind entweder in dem hierfür bestimmten, der Gemeinde gehörigen Räume oder in der Wohnung des Pfarrers oder des Vorsitzenden, wenn keiner dieser Räume zur Verfügung steht, jedenfalls in einem abgeschlossenen Zimmer ohne Anwesenheit von Nichtmitgliedern oder Nichtberechtigten abzuhalten. 7- S i t z u n g s h ä u f i g k e i t . Die Sitzungen sollen nach Möglichkeit regelmäßig an bestimmten Tagen stattfinden, mindestens jeden Monat eine, außer den Monaten, in denen das für ländliche Verhältnisse beschwerlich wäre.

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Kirchliche Ordnungen und Satzungen für die deutschen Altkatholiken

8. G e m e i n d e v e r s a m m l u n g (SGO. §§ 73 ff.). a) Die Gemeinde-Versammlung ist, wofern kein anderer der Gemeinde zur Verfügung stehender geeigneter R a u m vorhanden ist, in der Kirche oder der Sakristei zu halten. b) Ein Beschluß ist ungültig, wenn er ordnungswidrig zustande gekommen ist oder die Zuständigkeit überschreitet. Jedes Mitglied ist berechtigt, aus einem dieser beiden Gründe den Antrag auf Nichtigkeitserklärung an die Synodal-Vertretung zu richten. Lehnt diese den Antrag ab und erklärt sie den Gemeindebeschluß für gültig, so ist diese Entscheidung endgültig. Gegen eine Nichtigkeitserklärung ist Berufung an die nächste Synode, doch ohne aufschiebende Wirkung, zulässig; sie ist binnen 14 Tagen von der Bekanntmachung gerechnet bei der Synodal-Vertretung einzulegen. 3. Abschnitt.

Vermögensrechtliche Fragen

1. P f a r r v e r t r a g . a) Es sind, wo keine Amtswohnung vorhanden ist, im Pfarrvertrag die Sätze für Gehalt und Wohnung ausnahmelos zu trennen. Entsprechend müssen diese Sätze dann auch im Voranschlage und in der Rechnung stets getrennt erscheinen. b) A u s einer anderen als der Kirchenkasse, also vom Staate oder der bürgerlichen Gemeinde gezahlte Beiträge für den Religionsunterricht sind nicht als ein Teil des von der Gemeinde zu Leistenden in den Pfarrvertrag einzustellen; sie gehören daher auch nicht in die Kirchengemeinde-Rechnung. c) Umschließt ein Seelsorgebezirk mehrere Gemeinden, so haben die Kirchenvorstände dieser Gemeinden miteinander einen Vertrag zu schließen; in diesem ist festzusetzen: 1. in welcher Weise die regelmäßige Seelsorge in den einzelnen Orten stattfinden soll; 2. welchen Betrag die Nebengemeinden an die Hauptgemeinde leisten sollen; 3. welcher Betrag für Reiseauslagen dem Geistlichen für den einzelnen T a g zu entrichten ist; 4. nach Möglichkeit und Bedürfnis auch: welche Gemeinde mit einem Fuhrwerksbesitzer einen Vertrag über Fahrtleistungen (Hin- und Rückfahrt, Zehrung, Stallund Futtergeld, Trinkgeld) für den Geistlichen aus Anlaß der regelmäßigen Seelsorge (Gottesdienst, Unterricht) abzuschließen hat und welche Beiträge die anderen Gemeinden dazu zu leisten haben. Einer Ausdehnung des Vertrags auf Fahrtleistungen auch bei anderen Amtsverrichtungen steht natürlich nichts im Wege. In den Pfarrvertrag wäre alsdann nur die »freie Fuhre« als Vertragsleistung der Gemeinde aufzunehmen. Eine Abschrift des Vertrags zwischen den Gemeinden ist dem Bischöfe einzusenden. 2. » M e ß - S t i f t u n g e n « . a) Werden einer alt-katholischen Gemeinde bestehende »Meß-Stiftungen« überwiesen, so hat der Kirchenvorstand darüber sofort dem Bischöfe Bericht zu erstatten ( D A G . 2. Abschnitt, Nr. 1 p). b) Schenkungen und Vermächtnisse, an welche Bedingungen geknüpft sind, dürfen Kirchenvorstände nur dann annehmen, wenn diese Bedingungen v o m Bischöfe und der Synodal-Vertretung als zulässig anerkannt werden. Bei der Prüfung der Zulässigkeit dieser Bedingungen ist darauf zu sehen, daß die Bedenken, welche bezüglich der römischen »Meßstiftungen« obwalten, nicht zutreffen. 3.

Gebühren. Die Kirchenvorstände sind berechtigt, bei Kasualien, vor allem Bestattungen, entsprechende Beträge für die Bedürfnisse der Gemeinden einzufordern.

Geschäftsanweisung für die Kirchenvorstände 4.

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Rechnungslegung.

Gemeinden, welche nicht einer staatlichen Aufsichtsbehörde R e c h n u n g zu legen haben, sind verpflichtet, innerhalb 8 Wochen nach Schluß des Rechnungsjahres die abgeschlossene vollständige J a h r e s r e c h n u n g dem Bischöfe vorzulegen. 5. S a m m l u n g e n . a) Weder eine einzelne Gemeinde, noch ein Einzelner oder ein Verein ist berechtigt, unmittelbar an andere Gemeinden ohne Genehmigung des Bischofs oder der SynodalVertretung ein Gesuch u m Beiträge oder Sammlungen zu richten. b ) Wird ein Gesuch u m Genehmigung an den Bischof gerichtet, so wird dieser, wenn die Genehmigung im Vorteile der Kirche liegt, sie erteilen u n d eine E m p f e h l u n g im A m t lichen Kirchenblatte veröffentlichen. c) Die Synodal-Vertretung lehnt jede Verantwortung ab f ü r Unternehmungen, welche ohne ihre Bewilligung ins Leben treten. Sie k a n n ihre Mitwirkung n u r eintreten lassen, wenn es sich u m ein U n t e r n e h m e n kirchlicher Art handelt. Ist ein solches f ü r eine einzelne Gemeinde bestimmt, so m u ß es u n t e r der Leitung der kirchlichen Gemeindebehörden stehen oder auf Grund einer vom Bischof und der Synodal-Vertretung genehmigten Satzung unter eigener Leitung. Ist das U n t e r n e h m e n allgemeiner Art, so k a n n eine Genehmigung u n d Empfehlung nur erfolgen, wenn die vorzulegende Satzung der Synodal-Vertretung die Sicherheit bietet, d a ß das U n t e r n e h m e n ein kirchliches Gepräge h a t , und dem Bischöfe u n d der Synodal-Vertretung die Möglichkeit der Überwachung und d a m i t der Verhinderung und H e b u n g von Mißständen gewährt. d) Die einzelnen Gemeinden werden aufgefordert, an sie gestellte Gesuche, welche diesen Grundsätzen widerstreiten, nicht zu beachten.