Abbildungsverbote im Strafrecht: Der Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen nach § 201a StGB unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Bezüge und verfassungsrechtlichen Vorgaben [1 ed.] 9783428554683, 9783428154685

Die Arbeit beleuchtet die verfassungsrechtlichen, zivilrechtlichen und strafrechtlichen Ausprägungen des Persönlichkeits

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German Pages 378 Year 2018

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Abbildungsverbote im Strafrecht: Der Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen nach § 201a StGB unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Bezüge und verfassungsrechtlichen Vorgaben [1 ed.]
 9783428554683, 9783428154685

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Schriften zum Strafrecht Band 329

Abbildungsverbote im Strafrecht Der Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen nach § 201a StGB unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Bezüge und verfassungsrechtlichen Vorgaben

Von

Danielle van Bergen

Duncker & Humblot · Berlin

DANIELLE VAN BERGEN

Abbildungsverbote im Strafrecht

Schriften zum Strafrecht Band 329

Abbildungsverbote im Strafrecht Der Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen nach § 201a StGB unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Bezüge und verfassungsrechtlichen Vorgaben

Von

Danielle van Bergen

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D21 Alle Rechte vorbehalten © 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 978-3-428-15468-5 (Print) ISBN 978-3-428-55468-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-85468-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im September 2017 von der Juristischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur befinden sich auf dem Stand von Oktober 2017. Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. Dres. h. c. Kristian Kühl für die überaus gute Betreuung und rasche Korrektur der Arbeit. Er hatte stets ein offenes Ohr für meine Anliegen, gab zahlreiche Anregungen und wertvolle Ratschläge und begleitete mein Promotionsvorhaben mit durchweg großer Begeisterung. Er hat damit nicht nur fachlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen, sondern auch großen Anteil daran, dass mir die Zeit der Promotion als äußerst schöne Zeit in Erinnerung bleiben wird. Herrn Prof. Dr. Jörg Eisele danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Schließlich danke ich meiner Familie von Herzen dafür, dass sie mich Zeit meines Lebens liebevoll begleitet und in jeder erdenklichen Weise unterstützt hat. Besonders dankbar bin ich meinem Ehemann Johann Sieber, der meine Promotion mit großem persönlichem und fachlichem Einsatz begleitet hat. Seine schier unerschöpfliche Geduld, mit der er meinen Diskussionsbedarf gestillt hat, seine zahlreichen wertvollen Anregungen und seine unschätzbare Hilfe beim Korrekturlesen haben maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Ihm und meiner Familie ist diese Arbeit gewidmet. Tübingen, im Juli 2018

Danielle van Bergen

Inhaltsverzeichnis Einführung und Eingrenzung der Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ziele der Arbeit und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 19 21 24

1. Kapitel

Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung 

28

A. Persönlichkeitsschutz im Verfassungsrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Persönlichkeitsschützender Gehalt der traditionellen Freiheitsrechte . . . . II. Allgemeines Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gewährleistungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Persönlichkeitsschutz vor Bildaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewährleistungsdimension der Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . aa) Recht auf informationelle Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . bb) Recht am eigenen Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewährleistungsdimension der Privatheit bzw. Privatsphäre . . . . . aa) Schutz vor Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schutz in der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Objektiv-räumlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Inhaltlich-thematischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 30 31 42 47 48 50 54 56 64 65 68 74

B. Persönlichkeitsschutz im Zivilrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gewährleistungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zivilrechtlicher Schutz vor Bildaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Besondere Persönlichkeitsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht am eigenen Bild  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Geschütztes Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bildnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verwertungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Regel-Ausnahme-Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte . . . . . . . . . . . (2) Gegenläufige Interessen des Abgebildeten . . . . . . . . . . . .

75 78 85 85 86 87 88 88 91 92 93 96 99

8 Inhaltsverzeichnis b) Ins Zivilrecht transformierte Schutznormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivilrechtliches allgemeines Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Diskretionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104 105 106 106 108 110 112

C. Persönlichkeitsschutz im Strafrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gewährleistungsgehalt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Persönlichkeitsschützende Straftatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kernstrafrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Delikte zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ehrdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nachstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen . . . . . . . . . . . e) Verletzung des Steuergeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Falsche Verdächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nebenstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht am eigenen Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Datenschutzstrafrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 44 StUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) § 106 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113 113 117 118 118 120 121 122 126 127 130 130 131 133 134 135

D. Zwischenergebnis zu Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Kapitel

Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F. 

138

A. Schaffung eines Straftatbestands zum Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 B. Tatbestandliche Voraussetzungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Räumliche Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonst gegen Einblicke geschützte Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tathandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Herstellen bzw. Übertragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gebrauchen bzw. Zugänglichmachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zugänglichmachen einer befugt hergestellten Bildaufnahme . . . . . . . . III. Taterfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140 141 142 145 148 148 150 151 153

C. Zwischenergebnis zu Kapitel 2  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

Inhaltsverzeichnis9 3. Kapitel

Anwendungsprobleme des § 201a StGB 

158

A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 I. Begriff der Hilflosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Fachsprachliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 aa) Begriff der Hilflosigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (1) Besonders schwerer Fall des Diebstahls . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Menschenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Begriff der hilflosen Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (1) Aussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (2) Menschenraub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (3) Verwendung in den Landespolizeigesetzen . . . . . . . . . . . . 171 cc) Begriff der Hilfsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 3. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 4. Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 II. Zur-Schau-Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 III. Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 IV. Auslegungsergebnis zur Hilflosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Einordnung in die Gesamtkonzeption des § 201a StGB . . . . . . . . . . . . 187 2. Rückwirkung verfassungsrechtlicher Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Bezugspunkt der Hilflosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 4. Fallgruppenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Gewaltopfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Unfallopfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Personen in psychischen Belastungssituationen . . . . . . . . . . . . . . . 194 aa) Trauernde Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 bb) Personen in Schockzuständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 d) Personen mit gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen . 196 aa) Bewusstseinsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 bb) Beeinträchtigungen des optischen Wahrnehmungsvermögens . 198 cc) Psychische Störungen und psychische Erkrankungen . . . . . . . 198 dd) Neurologische Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden  . 199 I. Begriff des Ansehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 1. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Fachsprachliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

10 Inhaltsverzeichnis aa) Verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 bb) Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 b) Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 2. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 a) Entstehungsgeschichte und Gesetzgeberwillen . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Übergeordnete Entwicklungslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 aa) Diskussion um ein Allgemeines Indiskretionsdelikt . . . . . . . . 212 (1) Gesellschaftspolitische Forderungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (2) Große Strafrechtsreform  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (3) Alternativentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 bb) Rückblick und Bewertung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 3. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 a) Normsystematik des § 201a StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Abgrenzung von Ansehensschädigung und Ehrverletzung . . . . . . . 223 aa) Intimsphärenschutz und Ehrenschutz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 bb) Verhältnis des § 201 Abs. 2 StGB zu den §§ 185 ff. StGB . . . 224 (1) Ehrenschutz durch die §§ 185 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . 225 (a) Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 (b) Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (aa) Systematik der §§ 185, 186 f. und § 192 StGB . 228 (bb) Beleidigung durch Bildaufnahmen . . . . . . . . . . . 230 (cc) Beleidigung durch indiskretes Verhalten . . . . . . 232 (2) Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch § 201a Abs. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 (a) Rechtsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 (b) Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 c) Abgrenzung zum strafrechtlichen Schutz des Rechts am eigenen Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 4. Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 II. Eignung zur Schädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 1. Deliktstypus des Eignungsdelikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 2. Eignungsklausel als Restriktionskriterium  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3. Vorverlagerung der Strafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 III. Erheblichkeit der Ansehensbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 IV. Zugänglichmachen an eine dritte Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 1. Tathandlung des Zugänglichmachens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 2. Grundsätze der beleidigungsfreien Sphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 3. Übertragbarkeit auf § 201a Abs. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 V. Auslegungsergebnis zum Begriff des Ansehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 1. Einordnung in die Gesamtkonzeption des § 201a StGB . . . . . . . . . . . . 252 2. Privatsphäre als Bezugspunkt des Ansehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253

Inhaltsverzeichnis11 3. Eigener Restriktionsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abbildung von Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Höchstpersönlicher Charakter  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fehlende Offenkundigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ursprüngliche Privatsphäre  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erweiterte Privatsphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abgrenzung zur Gemeinsphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

255 256 257 260 262 263 263 266

C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB . . . . . . . . . . . . I. Erforderlichkeit eines besonderen Rechtfertigungsgrundes . . . . . . . . . . . . II. Konzeption des § 201a Abs. 4 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anlehnung an § 86 Abs. 3 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungsgehalt der Sozialadäquanzklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übertragbarkeit auf § 201a Abs. 4 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu § 193 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Überwiegend berechtigte Interessen i. S. d. § 201a Abs. 4 StGB . . . . . . . . 1. Kunst  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wissenschaft, Forschung und Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Vorgaben des Verfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutz der journalistischen Recherche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schutz der journalistischen Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . cc) Sonderfall des investigativen Journalismus . . . . . . . . . . . . . . . b) Abwägungskriterien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

267 268 269 270 270 270 272 274 275 280 281 281 281 285 286 287 290

4. Kapitel

Betrachtung de lege ferenda 

291

A. Einbeziehung von Bildaufnahmen Verstorbener  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 I. Aktuelle Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 1. Postmortaler Schutz der Persönlichkeit durch das Verfassungsrecht  . 294 2. Rückwirkung auf einfachgesetzliche (Schutz-)Vorschriften . . . . . . . . . 295 3. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 II. Geplante Änderungen durch § 201a StGB-E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 1. Bildaufnahmen, die eine verstorbene Person zur Schau stellen . . . . . . 298 2. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen Verstorbener zu schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 a) Grund und Grenzen eines postmortalen Indiskretionsschutzes . . . . 301 b) Postmortaler Bildnisschutz nach § 22 S. 3 KUG . . . . . . . . . . . . . . . 302 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

12 Inhaltsverzeichnis B. Änderung der Normüberschrift des § 201a StGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 C. Anordnung einer Versuchsstrafbarkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Schlussbetrachtung und Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . 310 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374

Abkürzungsverzeichnis a. A.

andere Ansicht

ABl.

Amtsblatt

abl. ablehnend Abs. Absatz Abschn. Abschnitt AcP

Archiv für die civilistische Praxis

AE-StGB

Alternativentwurf eines StGB

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

a. F.

alte Fassung

AfP

Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht

AG Amtsgericht allg.

allgemein(e / r / s)

Alt. Alternative Anm. Anmerkung AnwK Anwaltskommentar AO Abgabenordnung AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

ArchBR

Archiv für Bürgerliches Recht

ArchPR

Archiv presserechtlicher Entscheidungen

Art. Artikel AT

Allgemeiner Teil 

BAK Blutalkoholkonzentration Bd. Band BeckOK

Beck’scher Online Kommentar

BeckRS Beck-Rechtsprechung Begr. Begründer Bem. Bemerkung Beschl. Beschluss Bespr. Besprechung BGBl. Bundesgesetzblatt BGE

Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts

BGH Bundesgerichtshof

14 Abkürzungsverzeichnis BGHSt

Entscheidungen des Bundegerichtshofs in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BR-Drs. Bundesratsdrucksache BT

Besonderer Teil 

BT-Drs. Bundestagsdrucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

bzw. beziehungsweise CCZ

Corporate Compliance Zeitschrift

CISG

United Nation Convention on Contracts for the International Sale of Goods

CR

Computer und Recht (Zeitschrift)

ders. derselbe d. h.

das heißt

DJT

Deutscher Juristentag

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

Drs. Drucksache DRZ

Deutsche Rechtszeitschrift

DuD

Datenschutz und Datensicherheit (Zeitschrift)

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EGStGB

Einführungsgesetz zum StGB

Einf. Einführung EL Ergänzungslieferung EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

etc.

et cetera

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EuR

Europarecht (Zeitschrift)

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EWE

Erwägen Wissen Ethik (Zeitschrift)

f(f.) (fort-)folgende Fn. Fußnote FS Festschrift GA

Goltdammer’s Archiv für Strafrecht

GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls GRUR

Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis15 GRUR Int.

GRUR Internationaler Teil (Zeitschrift)

GS

Der Gerichtssaal (Zeitschrift)

GS

Gedächtnisschrift

GVG Gerichtsverfahrensgesetz Hdb. Handbuch HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht

Hrsg. Herausgeber HS. Halbsatz HStR

Handbuch des Staatsrechts

insb. insbesondere i. R.d.

im Rahmen der / des

ITRB

Der IT-Rechts-Berater (Zeitschrift)

i. V. m.

in Verbindung mit

i. w. S.

im weiteren Sinne

JA

Juristische Arbeitsblätter

JJB Juristen-Jahrbuch jM

Juris: die Monatszeitschrift

JMStV Jugendmedienschutz-Staatsvertrag JöR

Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart

JR

Juristische Rundschau (Zeitschrift)

Jura

Juristische Ausbildung (Zeitschrift)

JuS

Juristische Schulung (Zeitschrift)

JW

Juristische Wochenschrift

JZ Juristenzeitung Kap. Kapitel KG Kammergericht KJ

Kritische Justiz

K&R

Kommunikation und Recht (Zeitschrift)

KrimJ

Kriminologisches Journal

KriPoZ

Kriminalpolitische Zeitschrift

krit. kritisch KritV

Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft

KUG Kunsturhebergesetz Lfg. Lieferung LPG Landespressegesetz MLR

Marburg Law Review (Zeitschrift)

16 Abkürzungsverzeichnis MMR

Multimedia und Recht (Zeitschrift)

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

n. F.

neue Fassung

N.F.

Neue Folge

NJ

Neue Justiz (Zeitschrift)

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR NJW-Rechtsprechungs-Report Nr. Nummer NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NStZ-RR NStZ-Rechtsprechungs-Report NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR NVwZ-Rechtsprechungs-Report NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

NZV

Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht

OLG Oberlandesgericht ÖVD

Öffentliche Verwaltung und Datenverarbeitung

RdA

Recht der Arbeit

RegE Regierungsentwurf RG Reichsgericht RGSt

Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (amtliche Sammlung)

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (amtliche Sammlung)

RL Richtlinie Rn. Randnummer RPresseG Reichspressegesetz Rspr. Rechtsprechung RStGB Reichsstrafgesetzbuch RStV Rundfunkstaatsvertrag S. Seite SEV

Sammlung Europäischer Verträge

sog.

sogenannte(r / s)

Sp. Spalte StGB Strafgesetzbuch StGB-E

Entwurf eines StGB

StPO Strafprozessordnung StR Strafrecht

Abkürzungsverzeichnis17 Str. Abh.

Strafrechtliche Abhandlungen

StraFo

Strafverteidiger Forum (Zeitschrift)

stRspr.

ständige Rechtsprechung

StUG Stasi-Unterlagen-Gesetz StV

Strafverteidiger (Zeitschrift)

TKG Telekommunikationsgesetz TMG Telemediengesetz u. a.

unter anderem

UBG Unterbringungsgesetz ufita

Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht (Zeitschrift)

Urt. Urteil usw.

und so weiter

u. U.

unter Umständen

v.

von / vom

VerwArch

Verwaltungsarchiv (Zeitschrift)

vgl. vergleiche Vorbem.

Vorbemerkung / en

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

WiKG

Gesetz zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität

WiStR Wirtschaftsstrafrecht WRP

Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift)

ZaöRV

Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

ZAR

Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik

z. B.

zum Beispiel

ZD

Zeitschrift für Datenschutz

ZEV

Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge

ZfA

Zeitschrift für Arbeitsrecht

ZG

Zeitschrift für Gesetzgebung

ZGB

Schweizerisches Zivilgesetzbuch

ZGE

Zeitschrift für Geistiges Eigentum

ZIS

Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZStW

Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

ZUM

Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht

ZUM-RD ZUM-Rechtsprechungs-Dienst zust. zustimmend

Einführung und Eingrenzung der Thematik I. Einführung Der Schutz der Persönlichkeit, so drückte es Wilhelm Gallas schon im Jahr 1963 aus, ist eine „Problematik, die […] zu einem das gesamte Rechtsleben beherrschenden Thema geworden ist“.1 Auch heute noch, mehr als ein halbes Jahrhundert später, hat diese Aussage nichts an ihrer Gültigkeit eingebüßt, ja sie scheint vielmehr treffender denn je zu sein. Die unaufhaltsam fortschreitende Technisierung hat zur Folge, dass Wahrnehmungsgrenzen relativiert, Hindernisse beim Zugang zu Informationen abgebaut und neue Zugriffsmöglichkeiten geschaffen werden.2 Dies ermöglicht einen jederzeitigen kommunikativen Austausch einer unbeschränkten Zahl von Personen, an fast jedem beliebigen Ort der Welt.3 Fragen des Persönlichkeitsschutzes stellen sich mittlerweile in nahezu allen Lebens- und Rechtsbereichen. Zwar unterstreicht diese enorme „Breitenwirkung“ einerseits die besondere Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes, zugleich liegen in ihr jedoch auch all jene Schwierigkeiten begründet, die die Umsetzung eines wirksamen Persönlichkeitsschutzes zu der Herausforderung machen, mit der sich nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch die Rechtspraxis konfrontiert sah und weiterhin sieht. Da im Kern nahezu jeder Lebenssachverhalt Persönlichkeitsrelevanz aufweisen oder erlangen kann, bereitet bereits die Konturierung des Schutzumfangs enorme Schwierigkeiten. Auf Ebene der Gesetzgebung spiegeln sich diese Schwierigkeiten in der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, normativer Elemente oder Generalklauseln wider.4 1  Gallas,

ZStW 75 (1963), S. 16; ähnlich auch Nebel, ZD 2015, 517. VVDStRL 70 (2011), S. 50 (54); Spindler, GRUR-Beilage 2014, 101 spricht hierbei von einer durch die Anonymität des Internets „enthemmten Kommunikation“; als Beispiel für neue Zugriffsmöglichkeiten sei nur die Gendiagnostik mit ihren Folgen für das Versicherungs- und Gesundheitswesen genannt, vgl. Damm, in: FS Heinrichs, S. 115 (116); zu der damit verbundenen Problematik s. auch Gottwald, in: FS Hubmann, S. 111 ff.; Pfeifer, JZ 2013, 861; Kienapfel, Privatsphäre und Strafrecht, S. 10 hat die damit verbundene Gefahr prägnant in Worte gefasst: „Dem technischen Fortschritt folgt ein stummer Begleiter wie der Schatten einer Gestalt – der Mißbrauch“. 3  Siehe hierzu auch Koch, ITRB 2011, 128; Richards, Intellectual Privacy, S. 2. 4  Der Persönlichkeitsschutz ist damit weitgehend zu einer „Domäne des Richterrechts“ geworden, vgl. Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 1; ähnlich Klüber, Per2  Diggelmann,

20

Einführung und Eingrenzung der Thematik

Zusammen mit dem Umstand, dass der konkrete Inhalt von Persönlichkeitsschutz je nach Perspektive der Betrachtung changieren kann, führt dies auf Ebene der Rechtsanwendung zu erheblichen Problemen. Das Recht als „In­ strument der Verhaltenssteuerung“5 reagiert darauf, indem es den Schutz der Persönlichkeit nicht nur inhaltlich erweitert, sondern vor allem auch vorverlagert. Geradezu ein Paradebeispiel hierfür ist das vom Bundesverfassungsgericht anerkannte Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das nicht nur inhaltlich den Schutz der Privatheit flankiert, sondern diesen Schutz „schon auf [die] Stufe der Persönlichkeitsgefährdung“ ausdehnt.6 Diese – insgesamt sicherlich notwendige – Fortentwicklung bestimmter Teilbereiche des Persönlichkeitsrechts hin zu einem „Vorfeldschutz“ setzt sich auch in den Wertungen des einfachen Rechts fort. So hat sich mittlerweile etwa im Datenschutzrecht die Vorverlagerung des Schutzes zu einem eigenständigen Schutzgut verselbstständigt.7 In eine ähnliche Richtung weisen auch die jüngsten Aktivi­ täten des Strafgesetzgebers im Bereich des Persönlichkeitsschutzes. So ist etwa die Strafbarkeit der Nachstellung in § 238 StGB, allgemein als sog. Stalk­ ing bekannt, mittlerweile nicht mehr als Erfolgsdelikt8, sondern als Eignungs­delikt ausgestaltet.9 Besonders deutlich tritt die Tendenz, den strafrechtlichen Persönlichkeitsschutz vorzuverlagern, am Beispiel des § 202c StGB hervor, welcher erst Ende 2015 als Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 lit. a der sog. Cybercrime-Konvention des ­Europarates10 ins StGB eingefügt wurde sönlichkeitsschutz, S. 34; zu diesem Phänomen am Beispiel des „richterlichen Strafrechts“ vgl. Baratta, in: FS A. Kaufmann, S. 393 (401 f.). 5  Grundlegend hierzu Luhmann, Ausdifferenzierungen des Rechts, S. 73 (80); Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 26. 6  So wörtlich BVerfGE 118, 168 (184); Golla, ZIS 2016, 192 (193); vgl. dazu auch Podlech, Leviathan 12 (1984), 85 (90 f.). 7  BVerfGE 118, 168 (184); P. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1, Rn. 329; v. Lewinski, Matrix des Datenschutzes, S. 64 und S. 78 ff.; zum internationalen Bedeutungszuwachs des Datenschutzes vgl. nur Sasse, in: FS Mallmann, S. 213 (221 ff.). 8  BT-Drs. 16 / 3641, S. 14; BGH NJW 2010, 1680 (1682); Lackner / Kühl, § 238 Rn. 1; Eisele, in: Schönke / Schröder, § 238 Rn. 4; Gericke, in: MK-StGB, § 238 Rn. 2; Mosbacher, NStZ 2007, 665 (667); Krüger, NStZ 2010, 546 (551); Neubacher / Seher, JZ 2007, 1029 (1030). 9  Ein Verhalten ist nunmehr schon dann strafbar, wenn es objektiv geeignet ist, die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend zu beeinträchtigen, vgl. dazu BR-Drs. 420 / 16, BT-Drs.  18 / 9946 sowie BT-Drs. 18 / 10654; zur Problematik der Ausgestaltung des § 238 StGB als Eignungsdelikt vgl. Kühl, ZIS 2016, 416; zu den Reformüberlegungen vgl. Schöch, NStZ 2013, 221; Köhne, ZRP 2014, 141; LeutheusserSchnarrenberger / Gerhardt, ZRP 2015, 93 (94); Mosbacher, NJW 2017, 983 f.; Kubiciel / Borutta, KriPoZ 2016, 194 (195 ff.). 10  Sammlung Europäischer Verträge (SEV) Nr. 185 – Übereinkommen über Computerkriminalität, unterzeichnet am 23.11.2001.



Einführung und Eingrenzung der Thematik21

und bestimmte Vorbereitungshandlungen zu § 202a StGB und § 202b StGB pönalisiert.11

II. Problemstellung Neben der für den Persönlichkeitsschutz mittlerweile charakteristischen Vorverlagerung ist es vor allem die oftmals generalklauselartige Weite persönlichkeitsschützender Normen, welche eine Adaption des Strafrechts im Bereich des Persönlichkeitsschutzes erschwert. Die Verhaltenskontrolle durch das Strafrecht ist auf den Schutz elementarer Rechtsgüter vor sozialschäd­ licher Beeinträchtigung beschränkt,12 d. h. das Strafrecht ist „kein umfassendes System des Rechtsgüterschutzes“13 und kann vielmehr wegen seines fragmentarischen Charakters14 nur dort zum Einsatz kommen, wo zur Sicherstellung gesellschaftlicher Konformität die verbindliche Begrenzung menschlicher Freiheit unabdingbar ist.15 Aus Sicht der Rechtsgemeinschaft dient das Strafrecht dabei der Herstellung eines Gleichgewichts einzelner Freiheitsrechte, aus Sicht des Individuums hingegen fungiert es als Schutzschild zur Sicherung der eigenen Freiheitssphäre gegenüber anderen, möglicherweise

11  Lackner / Kühl-Heger, § 202c Rn. 1; Eisele, in: Schönke / Schröder, § 202c Rn. 1; Fischer, StGB, § 202c Rn. 2; Gercke, in: Spindler / Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 202c StGB Rn. 1; Cornelius, CR 2007, 682 (684); Kargl, in: NK-StGB, § 202c Rn. 3; Weidemann, in: BeckOK-StGB, § 202c Rn. 2. Die Vorverlagerung der Strafbarkeit ins Vorfeld der eigentlichen Rechtsgutsverletzung wird auch unter dem Begriff des Wandels vom klassischen Strafrecht zum Präventionsstrafrecht diskutiert, vgl. Sieber, in: Hoeren / Sieber / Holznagel, Multimedia-Recht, Teil  19.1 Rn. 3 f.; vgl. dazu auch Wohlers, Präventionsstrafrecht, S. 29 ff.; ders., in: Mediating Principles, S.  54 (56 ff.); Jakobs, ZStW 97 (1985), S. 751 ff.; Kaspar, Präventionsstrafrecht, S.  631 ff. 12  Der Einsatz des Strafrechts als „ultima ratio“ ist nur dann erforderlich, „wenn ein bestimmtes Verhalten über sein Verbotensein hinaus in besonderer Weise sozial schädlich und für das geordnete Zusammenleben der Menschen unerträglich, seine Verhinderung daher besonders dringlich ist“, vgl. BVerfGE 88, 203 (258); 96, 245 (249); 120, 224 (240); Rössner, in: FS Roxin, 2001, S. 977 (981); Kühl, ZStW 116 (2004), S. 870 (885). 13  Jescheck / Weigend, StR AT, § 7 II 1. 14  Zum fragmentarischen Charakter des Strafrechts vgl. grundlegend Binding, Lehrbuch des gemeinen deutschen Strafrechts BT I (1902), S. 20 ff., der der Idee eines fragmentarischen Strafrechts freilich noch kritisch gegenüber stand; zum fragmentarischen Charakter des Strafrechts vgl. auch Kühl, in: FS Tiedemann, S. 29 (35 ff.); ders., in: FS Stöckel, S. 117 (132); ders., in: FS Schöch, S. 419 (430 ff.); K. Peters, ZStW 77 (1965), S. 470 (475); Tiedemann, Verfassungsrecht und Strafrecht, S.  53 f.; Achenbach, StraFo 2011, 422 (428); Appel, Verfassung und Strafe, S.  409 ff.; Maiwald, in: FS Maurach, S. 9 ff. 15  Rössner, in: FS Roxin, 2001, S. 977 (981).

22

Einführung und Eingrenzung der Thematik

stärkeren Individuen der Gemeinschaft.16 In diesem Spannungsverhältnis zwischen notwendigem Schutz elementarer Rechtsgüter einerseits und subsidiärer17 Natur des Strafrechts andererseits gleicht der Schutz der Persönlichkeit vielfach einem Drahtseilakt.18 Wohl an kaum einer vergleichbaren Norm lässt sich dieser „Tanz auf dem Vulkan“ derart anschaulich nachzeichnen wie an § 201a StGB, der den Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen gewährleisten soll, und in dem sich all die soeben aufgezeigten Schwierigkeiten eines strafrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit wie unter einem Brennglas bündeln. Bildaufnahmen betreffen das Persönlichkeitsrecht unmittelbar und zudem auf eine besonders empfindliche Art und Weise, denn sie erscheinen als Reproduktion der Wirklichkeit, sind aber dennoch beliebig manipulierbar und in einer Zeit globalisierter Vernetzung überdies einer Vielzahl von Menschen permanent zugänglich.19 Nicht ohne Grund heißt es, dass Bilder „für sich sprechen“, oftmals sogar deutlicher, als dies ein Text je könnte,20 und nicht umsonst lautet ein Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Bilder und ihr visueller Reiz hinterlassen beim Betrachter einen starken und in der Regel bleibenden Eindruck. Dennoch fällt die Bestimmung strafwürdigen Unrechts alles andere als leicht, wie die seit Einführung des § 201a StGB im Jahr 2004 andauernden Gesetzgebungs- und Reformbemühungen eindrucksvoll bezeugen. Die Schwierigkeiten beschränken sich dabei nicht allein auf die Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale, sondern sind von weitaus grundlegenderer Natur, erweist sich doch bei der Betrachtung des § 201a StGB bereits die Bestimmung des Rechtsguts21 als in mehrfacher Hinsicht problematisch. Dies auch Rössner, in: FS Roxin, 2001, S. 977 (981). Subsidiarität des Strafrechts vgl. Kühl, in: FS Tiedemann, S. 29 (32); Lackner / Kühl, Vorbem. § 13 Rn. 3; Hillenkamp, in: FS P. Kirchhof, Bd. 2, S. 1349 (1358); nach K. Peters, ZStW 77 (1965), S. 470 (475) gehören „Lückenhaftigkeit und Unvollständigkeit […] zur Natur des Strafrechts“. 18  Die von Hubmann, in: FS Schwab, S. 3 (5) für das Zivilrecht beschriebenen Schwierigkeiten und hierbei vor allem die der Abgrenzung der Individualinteressen sind insofern für das Strafrecht von besonderer Relevanz; zur europäischen Dimension vgl. Krämer / Märten, EuR 2015, 169 (170). 19  Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (326); vgl. dazu auch Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 9. 20  Hinzu kommt, dass die in bildlicher Sprache perpetuierten Informationen, die den Abgebildeten im Kern seines personalen Selbst betreffen können, dann oftmals nur wenige Klicks von einer globalen Verbreitung über das Internet entfernt sind, vgl. nur Koch, GA 2005, 589 (593). 21  Allg. zur Lehre vom Rechtsgüterschutz im Strafrecht vgl. Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 21; Appel, Verfassung und Strafe, S. 163; Kächele, Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, S. 55; nach Auffassung des Bundesver16  So

17  Zur



Einführung und Eingrenzung der Thematik23

folgt zunächst aus dem Umstand, dass bei der Einführung der Norm ins StGB im Jahr 2004 nicht an bereits bekannte Begrifflichkeiten angeknüpft, sondern zur Umschreibung des geschützten Rechtsguts ohne Not der dem StGB bis dahin gänzlich fremde Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereichs gewählt wurde.22 Auch ein Rückgriff auf die damalige Gesetzesbegründung vermag diesen Widerspruch nicht aufzulösen, denn einerseits soll sich der Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereichs gerade an dem durch die Rechtsprechung bereits hinreichend konkretisierten Begriff der Intimsphäre orientieren, andererseits aber sei der Begriff der Intimsphäre zur Bestimmung des geschützten Bereichs abzulehnen, da dieser möglicherweise mit einengenden Assoziationen auf die Bereiche Sexualität und Nacktheit verbunden werden könne.23 Dieser offenkundige Widerspruch wurde zwischenzeitlich von der Literatur überwiegend dadurch „umschifft“, dass der Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereichs im Umfang zwar weiter als die Intimsphäre, zugleich aber auch enger als der persönliche Lebensbereich gefasst wird.24 Klarheit herrscht somit wohl nur darüber, dass der Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereichs jedenfalls den Schutz eines Teilbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bezweckt.25 In diese Richtung weisen auch die jüngsten Reformbemühungen zu § 201a StGB aus dem Jahre 2016. So sieht der Entwurf eines Gesetzes zur effektiven Bekämpfung von sog. Gaffern sowie der Verbesserung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts von Verstorbenen26 unter anderem vor, den Schutzbereich des § 201a StGB auf unbefugte Bildaufnahmen verstorbener Personen zu erweitern und dabei das geschützte Rechtsgut von „höchstpersönlichem fassungsgerichts hat das Strafrecht jedoch nur den Schutz besonders wichtiger Rechtsgüter und elementarer Gemeinschaftsgüter zur Aufgabe, vgl. BVerfGE 27, 18 (29); 39, 1 (57); 45, 187 (254); vgl. hierzu auch Vogel, StV 1996, 110 (111). Dabei grenzt das durch den Schutz eines Rechtsguts begründete Verletzungsverbot die verschiedenen Freiheitssphären voneinander ab, vgl. Vogel, Norm und Pflicht, S. 46; zur Diskussion um den Rechtsgutsbegriff vgl. auch BVerfGE 120, 224; Landau, in: FS Schlick, S. 523 (530 ff.). 22  Vgl. BT-Drs. 15 / 2466, S. 4; ausführlich zur Diskussion der Begrifflichkeiten während des Gesetzgebungsverfahrens Kächele, Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, S.  64 ff. 23  BT-Drs. 15 / 2466, S. 4 und S. 5. 24  Lackner / Kühl, § 201a Rn. 1; Kühl, in: Symposium Schünemann, S. 211 (221); Rengier, StR BT II, § 31 Rn. 14; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 31; einzelne Autoren sehen das Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs als Ausprägnung des Schutzes des Rechts am eigenen Bild als Teilbereich des allgemeinen Pesönlichkeitsrechs an, vgl. Eisele, StR BT I, Rn. 705; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 7; Obergfell, in: Ulmer-Eilfort / Obergfell, Verlagsrecht, 1. Teil Kap. I Rn. 12. 25  Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 2; Kächele, Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, S. 55. 26  BT-Drs. 18 / 9327, S. 2 und S. 7.

24

Einführung und Eingrenzung der Thematik

Lebensbereich“ in „allgemeines Persönlichkeitsrecht“ umzubenennen.27 Dass durch diese Umbenennung allein in der Sache wenig Klarheit gewonnen wird, d. h. auch dieser Entwurf zur Klärung der offenen Fragen wenig beiträgt, zeigt sich freilich schon daran, dass weder alle Persönlichkeitsgüter gleichermaßen Schutz genießen, noch der strafrechtliche Schutz durch § 201a StGB das gesamte Persönlichkeitsrecht abzudecken vermag.28 Das weitgehend offene und unbestimmte Rechtsgut des § 201a StGB29 steht somit nach wie vor in einem eklatanten Spannungsverhältnis zu dem in Art. 103 Abs. 2 GG verankerten Grundsatz nulla poena sine lege certa, nach dem der Umfang der durch eine Strafvorschrift begründeten Strafbarkeit hinreichend bestimmt sein muss.30 Im Ergebnis führt dies dazu, dass Inhalt und Umfang der Strafbarkeit bei § 201a StGB in besonderem Maße durch Art und Eingriffsintensität der Angriffsform bestimmt werden, sodass deren tatbestandliche Fassung eine besonders hervorgehobene Bedeutung zukommt.31

III. Ziele der Arbeit und Gang der Darstellung Ziel der Arbeit ist es, zunächst die Bedeutung und den Stellenwert des Persönlichkeitsrechts als Rechtsgut innerhalb der Gesamtrechtsordnung zu ermitteln. Dazu ist es in einem ersten Schritt notwendig, rechtsgebietsübergreifend die wesentlichen dogmatischen Strukturen des Persönlichkeitsschutzes herauszuarbeiten.32 Zum besseren Verständnis der notwendigerweise fragmentarischen strafrechtlichen Regelung soll eine Strukturanalyse der Ausgestaltung des Persönlichkeitsschutzes in den Rechtsgebieten Verfassungsrecht, Zivilrecht und Strafrecht die wesentlichen Gemeinsamkeiten und 27  Vgl.

hierzu unten unter Kapitel 4 B. JZ 1957, 521 (522); ders., in: FS Schwab, S. 3 (14) weist hier exemplarisch darauf hin, dass etwa wahre Tatsachenbehauptungen zwar nicht die Ehre, sehr wohl aber die Privatsphäre beeinträchtigen können. 29  So auch Lackner / Kühl, § 201a Rn. 1; vgl. dazu auch Calliess, NJW 1989, 1338 (1339). 30  Zum Bestimmtheitsgrundsatz vgl. nur Kühl, in: FS Heinz, S. 766 (768); ders., in: FS Seebode, S. 61 ff.; ders., in: FS Böttcher, S. 597 (605 f.); Roxin, StR AT I, § 5 Rn.  67 ff.; Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 384 ff.; pessimistischer zur derzeitigen faktischen Geltung des Bestimmtheitsgebots indes Süß, in: Vom unmöglichen Zustand des Strafrechts, S. 207 (214). 31  So auch Lackner / Kühl, § 201a Rn. 1. 32  Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (668) führt hierzu aus, dass „Grenzbeschreitungen auf diesem für das Recht der Persönlichkeit und die Informationsinteressen der Allgemeinheit so intrikaten Feld […] alle Rechtsgebiete“ berühren, und weiter: „Gewiß ist der Schutz der Persönlichkeitsrechte in erster Linie eine Domäne des Verfassungsrechts und noch mehr eine solche des Zivilrechts. Aber auch das Strafrecht hat die Aufgabe, einen Beitrag zum Persönlichkeitsschutz zu leisten“. 28  Hubmann,



Einführung und Eingrenzung der Thematik25

Unterschiede, insbesondere aber auch Besonderheiten und Problempunkte aufzeigen. Die Systematisierung und Gegenüberstellung der Materie des Persönlichkeitsrechts bereitet schon deshalb Schwierigkeiten, weil ihre Entwicklung und inhaltliche Ausprägung in den verschiedenen Rechtsgebieten ganz unterschiedlich verlaufen ist. Diese Schwierigkeiten sind hauptsächlich dem Umstand geschuldet, dass die bisherige Beschäftigung mit der ohnehin pro­ blembehafteten Rechtsdogmatik des Persönlichkeitsschutzes in Wissenschaft und Rechtsprechung weitgehend von Diskontinuität33 geprägt war und die konkrete Ausgestaltung und Fortentwicklung des Persönlichkeitsschutzes dabei in hohem Maße dem einzelfallorientierten Richterrecht überlassen wurde. Diese einzelfallorientierte Fortentwicklung vermag zwar in gewisser Weise der dynamischen Natur des Persönlichkeitsrechts geschuldet sein und trägt ihr insofern Rechnung, im Zusammenspiel mit den soeben aufgezeigten Faktoren, d. h. der Konturlosigkeit einerseits und der Entwicklungsdiskontinuität andererseits, führt sie jedoch im Ergebnis auch dazu, dass die Frage des Persönlichkeitsschutzes im Wesentlichen fragmentarisch und lediglich mit Blick auf einzelne Rechtsgebiete erörtert wird.34 Dieser Befund ist angesichts der eingangs skizzierten Aktualität des Persönlichkeitsschutzes ernüchternd und äußerst unbefriedigend. Zwar mag der Rückgriff auf im Einzelnen zwar vorhandene, insofern allerdings isolierte Lösungsansätze in manchen Rechtsgebieten wie etwa dem Zivilrecht aufgrund seiner höheren Flexibilität

33  So war bereits bei den Vorarbeiten zum Bürgerlichen Gesetzbuch eine Vorschrift zum Schutz des Persönlichkeitsrechts konzipiert worden, welche vom BGB-Gesetzgeber aufgrund ihrer Unbestimmtheit jedoch nicht umgesetzt wurde. An diese frühen Strukturüberlegungen knüpfte der BGH bei der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts 1954 allerdings nur nachrangig an. Ähnliches gilt für den Bereich des Strafrechts. In Reaktion auf die Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch den BGH und das BVerfG waren hier bereits in den 60er Jahren die Grundlagen eines strafrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit – nach damaliger Vorstellung in Form eines allgemeinen Indiskretionsdelikts – ausgearbeitet worden. Der Gesetzgeber befand jedoch, dass die damit zusammenhängende Problematik zu schwierig sei, als dass in diesem Punkt eine befriedigende Lösung erreicht werden könne (BT-Drs. 7 / 550, S. 236); vgl. hierzu auch Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (669) sowie ausf. unten in Kapitel 1 C. II. 1. a) bb). 34  Diesen Umstand rügt auch Forkel, in: FS Hubmann, S. 93 (94), wenn er ausführt: „Indessen fällt beim Persönlichkeitsrecht wie übrigens auch in anderen schwierigen Bereichen des Rechts auf, daß vielfach die Praxis und manche Vertreter des Schrifttums ihre Überlegungen allein auf Gelegenheitsäußerungen des Tages in der Fachpresse und nur zu speziellen Punkten ergangene gerichtliche Erkenntnisse stützen. Die Folgen sind vielfältig: […] fortgesetzt werden neue Begriffe eingeführt, wo solche schon geprägt und den Neuschöpfungen überlegen sind; zur Darstellung des Persönlichkeitsschutzes werden einzelne Rechte lediglich aufzählend aneinandergereiht, wo Zusammenhänge und Ordnung bereits aufgedeckt und klargelegt worden sind“.

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Einführung und Eingrenzung der Thematik

vorteilhaft und damit zweckdienlich sein.35 Vor allem für das Strafrecht aber wirft die Zersplitterung des Persönlichkeitsschutzes erhebliche Probleme auf, zumal es an einer Fundierung und Systematisierung des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes bislang gänzlich fehlt.36 Die Arbeit wird daher in einem ersten größeren Kapitel der Frage nach den verfassungsrechtlichen, zivilrechtlichen und strafrechtlichen Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts nachgehen und dabei ein besonderes Augenmerk auf die jeweiligen Besonderheiten, insbesondere aber auch auf die wechselseitigen Bezüge richten. Neben der kritischen Auseinandersetzung mit den besonderen Anforderungen, die an einen strafrechtlicher Schutz der Persönlichkeit zu stellen sind, wird darauf einzugehen sein, warum den wiederholten Versuchen eines umfassenden Strafrechtsschutzes der Persönlichkeit durch ein allgemeines Indiskretionsdelikt bislang allesamt kein Erfolg beschieden war. Daran anknüpfend wird in einem weiteren Schritt die Konzeption des § 201a StGB mit dem ihr zugrunde liegenden weiten Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs in den Blick genommen, wobei insbesondere die grundsätzlichen Schwierigkeiten bei der Unrechtstypisierung einen wesentlichen Schwerpunkt der Betrachtung ausmachen werden. Hierbei bietet es sich an, zunächst die Defizite der ursprünglichen Regelung zum Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen aus dem Jahr 2004 zu beleuchten, um dann im Anschluss § 201a StGB in seiner aktuell gültigen Form einschließlich der derzeitigen Reformbemühungen in den Blick zu nehmen. Der Schwerpunkt der Bearbeitung wird dabei auf den im Jahr 2015 neu eingeführten Begriffen der Hilflosigkeit (§ 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB) bzw. des Ansehens der Person (§ 201a Abs. 2 StGB) liegen.37 Neben der Frage, wie diese Begrifflichkeiten 35  So spricht etwa Witzleb, Persönlichkeitsverletzungen, S. 480 im Hinblick auf das deutsche Zivilrecht von einem einheitlichen Persönlichkeitsschutz, der vor allem im Vergleich zur englischen Konzeption umfassender und wirksamer sei. 36  Diesen „Mangel“ betont insbesondere Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (426); ebenso Kühl / Reinhold / Ronellenfitsch, Rechtswissenschaft, § 32 Rn. 82; er besteht vor allem im Hinblick auf das Rechtsgut der „Privatheit“, wie Rogall, NStZ 1983, 1 (4) feststellt: „Das BVerfG leitet aus Art. 2 I, 1 I GG einen Anspruch auf Achtung des ‚privaten Bereichs‘ ab, der auch im Privatrechtsverkehr gilt. Mit dieser Feststellung ist allerdings noch nicht viel gewonnen, weil es an einer näheren inhaltlichen Aufarbeitung dieses Rechtsguts fehlt“; während über die Legitimität des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes bzw. sogar über dessen Verstärkung „wohl immer ein Konsens“ bestanden habe und „der strafrechtliche Schutz der Ehre jedenfalls noch zum gesicherten Bestand des Persönlichkeitsschutzes“ gehöre, sei jedoch weitgehend ungeklärt geblieben, „wie der sonstige Anteil des Strafrechts an dem rechtlichen Reaktions­ arsenal zu bestimmen ist und welche Schutztechniken Verwendung finden sollen“, vgl. ders., in: FS Hirsch, S. 665 (669 f.). 37  Zur ebenfalls neu geschaffenen und im Rahmen dieser Darstellung bewusst nicht weiter behandelten Strafbarkeit von Bildaufnahmen, die die Nacktheit einer



Einführung und Eingrenzung der Thematik27

angesichts ihrer tatbestandlichen Weite auszulegen sind, wird hier vor allem die Problematik der Wahrung des Bestimmtheitsgebots zu erörtern sein. Auf Grundlage dieser Vorarbeiten lässt sich zu guter Letzt auch analysieren, ob sich die Neuregelung in die „alte Umgebung“ bereits bestehender Vorschriften einfügt, d. h. ob die Vorschrift des § 201a StGB harmonisch in das bereits bestehende Gesamtsystem des Persönlichkeitsschutzes und hierbei insbesondere im Verhältnis zu den §§ 22 ff. KUG integriert werden kann oder ob hier insofern weiterer gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.

anderen Person unter 18 Jahren darstellen (§ 201a Abs. 3 StGB) vgl. Eisele / Franosch, ZIS 2016, 519 (524); Eisele / Sieber, StB 2015, 312 (316 f.).

1. Kapitel

Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung Der rechtliche Schutz der Persönlichkeit vollzieht sich nicht im Rahmen eines in sich geschlossenen, isolierten Normenkomplexes, sondern erstreckt sich über verschiedene Rechtsgebiete, die jeweils unterschiedliche rechtliche Zwecke verfolgen.1 Gemeinsam ist den verschiedenen persönlichkeitsschützenden Normkomplexen, dass sie kein Herrschaftsrecht über ein Rechtsobjekt begründen, sondern vielmehr ein Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit im Sinne eines subjektiven Rechts vermitteln.2 Gleichzeitig spielt der Persönlichkeitsschutz auch auf mehreren Normebenen eine Rolle, ausgehend vom Verfassungsrecht in seiner Bedeutung als objektive Werteordnung3 über das einfache Recht bis hin zu untergesetz­ lichen Normen.4 Das Recht des Persönlichkeitsschutzes wird daher zu Recht auch als „Querschnittsmaterie“5 bezeichnet.

1  Vgl. dazu etwa Grünhut, ZStW 74 (1962), S. 319 (320); Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 I 3, S. 190; Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (668). 2  So bereits Wieruszowski, DRiZ 1927, 225 (226); die historische Perspektive darlegend Kannowski, in: Staudinger-BGB, Vor. § 1 Rn. 20 und Coing, in: FS Maihofer, S. 75; Neuner, JuS 2015, 961 (962); Fechner, Geistiges Eigentum, S. 268 betont den Personenbezug, es gehe um den „Schutz der Person selbst“. 3  So bereits BVerfGE 2, 1 (12); 5, 85 (204 ff.); 6, 32 (40 f.); sehr deutlich dann BVerfGE 7, 198 (205) – Lüth; die von den Grundrechten vorgegebene Wertentscheidung ist mit den daraus folgenden Schutzpflichten kongruent, die von den Grundrechten vorgegebene Wertentscheidung ist daher auch bei der Anwendung des einfachen Rechts zu beachten, vgl. BVerfGE 35, 202 (219) – Lebach; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 138; Kingreen / Poscher, Staatsrecht II, Rn. 100; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 13; Schünemann, in: LK11-StGB, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 2; Rensmann, Wertordnung und Verfassung, S. 113 f.; Evers, Privatsphäre und Ämter für Verfassungsschutz, S. 28; zur Bedeutung des Grundgesetzes als objektive Werteordnung für das Strafrecht vgl. Kühl, GA 1977, 353 (356 ff.). 4  Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1265); Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (668); Neben, Personenberichterstattung, S. 142. 5  Kühl, in: Geistiges Eigentum, S. 115 (119).



A. Persönlichkeitsschutz im Verfassungsrecht 29

A. Persönlichkeitsschutz im Verfassungsrecht I. Persönlichkeitsschützender Gehalt der traditionellen Freiheitsrechte In der Schutzkonzeption des Grundgesetzes ist die Freiheit menschlicher Betätigung durch die Ausformung besonderer Freiheitsrechte gesichert. Diese Freiheitsgarantien schützen zunächst diejenigen Lebensbereiche, die der Einwirkung durch die öffentliche Gewalt in besonderem Maße ausgesetzt sind.6 Entsprechend dieser Konzeption ist den Freiheitsrechten zu Eigen, dass sie, je für sich und entsprechend ihrem Anwendungsbereich, „konstituierende Elemente der Persönlichkeit“ schützen.7 Recht offenkundig dem Schutz der Persönlichkeit verpflichtet sind dabei vor allem die Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung in Art. 13 GG und der Schutz des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses in Art. 10 GG, denn Räume des Rückzugs und der Vertraulichkeit sind eine elementare Voraussetzung für die freie Entfaltung der Persönlichkeit.8 Daneben dienen in gewisser Weise auch die Gewährleistung des Eigentums in Art. 14 GG, die Grundrechte der Religionsfreiheit in Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie der Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 GG dem Schutz der Persönlichkeit,9 weshalb sie bisweilen auch als spezielle Teilgewährleistungen des Persönlichkeitsschutzes bezeichnet werden.10 Aus der Erkenntnis, dass die speziellen Grundrechtsgewährleistungen unentbehrliche Bedingung zur Verwirklichung eines Lebens in Freiheit und Selbstbestimmung gegenüber Staat und Gesellschaft sind und damit durchaus auch notwendige Grundvoraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit darstellen, darf jedoch nicht gefolgert werden, dass es sich bei den traditionellen Freiheitsrechten um persönlichkeitsschützende Gewährleistungen handelt. Ansonsten wäre allen Handlungen, die einer wie auch immer gearteten persönlichen Willensbildung oder einer persönlichen Handlung entspringen, eine Persönlichkeitsrelevanz im Sinne des Persönlichkeitsschut6  BVerfGE 6, 32 (37); Grimm, in: Karlsruher Forum 1996, S. 3; Neben, Personenberichterstattung, S. 142; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, Art. 2 Rn. 79. 7  BVerfGE 54, 148 (153). 8  Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 21; Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 82; Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1261); Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 16; Podlech, in: Grundrechte als Fundament der Demokratie, S. 50 (60 f.). 9  Hohmann-Dennardt, NJW 2006, 545 (546); Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 135 f. zählt hierzu auch die Kommunikationsgrundrechte des Art. 5 Abs. 1 und 3 GG sowie Art. 8 und 9 GG. 10  Vgl. Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 136 ff. (zu Art. 4 GG) sowie S. 171 ff. (zu Art. 6 GG).

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

zes zuzusprechen.11 Da es sich bei den Persönlichkeitsrechten jedoch gerade nicht um die Gewährleistung eines gegenständlichen Substrats handelt, liefe eine solche Annahme der besonderen Schutzrichtung der Persönlichkeitsrechte zuwider.12 Hinzu kommt, dass die traditionellen Freiheitsrechte in ihrer Konzeption auf den Schutz spezifischer, eigenständig gelagerter Gefährdungen ausgerichtet sind und damit eine eigenständige Zielrichtung verfolgen.13 Der Schutz der Persönlichkeit vollzieht sich auf verfassungsrechtlicher Ebene somit zwar auch durch die traditionellen Freiheitsgarantien. Da von diesen jedoch immer nur einzelne Aspekte persönlicher Freiheit erfasst werden, es sich also genau genommen um „bereichsspezifische Garantien“14 handelt, kann das Schutzbedürfnis der menschlichen Persönlichkeit durch sie nicht vollständig abgedeckt werden.15 Bei den traditionellen Freiheitsgarantien handelt es sich insofern nicht um persönlichkeitsrechtliche Schutzgewährleistungen im engeren Sinne.16

II. Allgemeines Persönlichkeitsrecht Neben den benannten Freiheitsrechten hat das Bundesverfassungsgericht bereits frühzeitig die Rechtsfigur des aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts als unbenanntes Freiheitsrecht entwickelt.17 Sie kommt immer dort zum Tragen, wo die traditionellen Grundrechtsgarantien der Art. 2 Abs. 2 bis Art. 17 GG keinen ausreichenden 11  Vgl. Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 22, der für den Schutz der Privatheit darauf hinweist, dass „Freiheit und Privatheit nicht eins gesetzt werden können“, da sich sonst „letztlich alle grundrechtlichen Gewährleistungen im Dienst und als Ausprägung der Freiheit des Menschen als Privatperson“, mithin als Persönlichkeitsschutz, verstehen ließen. 12  Anders als die traditionellen Freiheitsgrundrechte können Persönlichkeitsrechte keinen aktiven Gewährleistungsanspruch verbürgen, da es sich bei der Wahrnehmung von Persönlichkeitsrechten stets um eine vom Gewährleistungsberechtigten zu erbringende Leistung handelt, vgl. Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 30; Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 31; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 45. 13  Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 22; Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 I 3, S. 189. 14  Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (108). 15  Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 I 3, S. 189, weist zugleich darauf hin, dass ebenso wie der Freiheitsschutz, „auch Persönlichkeits- und Privatsphärenschutz lückenlos sein müssen“. 16  Diese Unterscheidung findet sich auch bei Kern, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 82 (83). 17  Erstmals angedeutet in BVerfGE 6, 389 (433) und 27, 1 (6); deutlicher bereits BVerfGE 27, 344 (350 f.); BVerfGE 54, 143 (153); Höfling, JuS 1995, 857 (862); das Reichsgericht hingegen hatte ein allgemeines Persönlichkeitsrecht noch entschieden abgelehnt, vgl. RGZ 51, 369 (372 f.).



A. Persönlichkeitsschutz im Verfassungsrecht 31

Persönlichkeitsschutz gewähren.18 Obwohl das Persönlichkeitsrecht entsprechend seiner Verankerung in Art. 2 Abs. 1 GG subsidiärer Natur ist, handelt es sich – anders als bei der allgemeinen Handlungsfreiheit – nicht um ein Auffangrecht.19 Im Koordinatensystem des grundgesetzlichen Grundrechtsschutzes kommt dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Aufgabe zu, im Sinne der Menschenwürdegarantie des Art. 1 GG als oberstes Konstitutionsprinzip die Gewährleistung der persönlichen Lebenssphäre sowie die Erhaltung ihrer Grundbedingungen sicherzustellen.20 Gerade aufgrund dieses Menschenwürdebezugs erlangt das allgemeine Persönlichkeitsrecht im grund­ rechtlichen Gefüge eine eigenständige Bedeutung und tritt damit selbstständig neben die benannten Freiheitsrechte.21 Während es gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG vorrangig ist, steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht als lex generalis mit den speziellen Freiheits­ garantien in einem Ergänzungsverhältnis.22 1. Gewährleistungsgehalt Die Frage nach dem Gewährleistungsgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist zugleich eine Frage nach Wesen und Funktion der tragenden Konstitutionsprinzipien. Gegenüber früheren Kodifikationen war die Konzeption des Grundgesetzes eine grundlegend neue, denn sie bezog sich von Anfang an nicht auf das Eigentum oder andere wirtschaftliche Güter, sondern 18  Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 127; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, Art. 2 Rn. 14; Kube, in: HStR VII, § 148 Rn. 34; Martini, JA 2009, 839 (840); Grimm, in: Karlsruher Forum 1996, S. 3; zu den von den traditionellen Freiheitsrechten nicht abgedeckten Bereichen menschlicher Persönlichkeit vgl. Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 191; krit. K. Amelung, NJW 1990, 1753 (1754). 19  Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105; Epping, Grundrechte, Rn. 658; a. A. wohl Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 I 3, S. 190; Frotscher, ZUM 2001, 555 (557); zum Verhältnis von allgemeiner Handlungsfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht vgl. Hoffmann / Luch / Schulz / Borchers, Digitale Dimension, S. 45. 20  Leibholz / Rinck / Hesselberger, in: Leibholz / Rinck, GG, Art. 2 Rn. 26; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 66; Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 35. 21  Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (110); Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 94; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 62; Degenhart, JuS 1992, 361; Jarass, NJW 1989, 857; Martini, JA 2009, 839; Enders, Menschenwürde, S. 446; Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 37; Jarass, in: Recht der Persönlichkeit, S. 89 (92). 22  BVerfGE 54, 148 (153); 114, 339 (346); Fechner, Geistiges Eigentum, S. 260; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 94; Kube, in: HStR VII, § 148 Rn. 35; Degenhart, JuS 1992, 361; Enders, Menschenwürde, S. 446, weist diesbezüglich darauf hin, dass ohne die Gewährleistung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts „äußere rechtliche Freiheit entwertet würde“.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

richtete sich mit der konstitutiven Festlegung der Grundrechte konsequent an freiheitlichen Werten aus.23 Die Menschenwürde als oberstes Verfassungsprinzip ist von „überpositivem Charakter“24 und beinhaltet dabei nicht nur den Anspruch des Menschen, als Wesen von eigener Würde geachtet zu werden, sondern verbürgt auch den grundsätzlichen Anspruch, in der persönlichen Entfaltung von der öffentlichen Gewalt nicht gestört zu werden.25 Diese verfassungsrechtlich gewährte Freiheit der Lebensgestaltung ist zugleich Grundlage der Leitidee grundrechtlich geschützter individueller Selbstbestimmung. Die Verankerung und Verortung dieser Leitidee im Reigen der noch jungen Grundgesetzbestimmungen war jedoch alles andere als selbstverständlich. Der Begriff der Persönlichkeit, wie er im Satz von der Würde der mensch­ lichen Persönlichkeit zum Ausdruck kommt, hatte bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes noch keinen Eingang in das Verfassungsrecht gefunden.26 Die hierbei zu bewältigende Problematik wurde erstmals deutlich, als sich das Bundesverfassungsgericht Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts mit der Frage zu beschäftigen hatte, ob, und wenn ja, in welchem Umfang die Freiheit der Ausreise aus dem Bundesgebiet verfassungsrechtlich geschützt sei. Entgegen der im Schrifttum vertretenen Auffassung stellte das Gericht in der später als sog. Elfes-Urteil27 bekannt gewordenen Entscheidung zunächst fest, dass die Ausreise aus dem Bundesgebiet jedenfalls nicht vom Schutzbereich des Art. 11 GG erfasst sei.28 Gleichwohl befand das Bundesverfassungsgericht, dass die Ausreisefreiheit nicht gänzlich schutzlos gestellt werden dürfe, denn als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit genieße sie den Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG. Dabei müsse jedoch gefragt werden, ob unter dem Begriff der freien Entfaltung der Persönlichkeit „die menschliche Handlungsfreiheit im weitesten Sinne zu verstehen sei oder ob Art. 2 Abs. 1 GG sich auf den Schutz eines Mindestmaßes dieser Handlungsfreiheit beschränke, ohne das der Mensch seine Wesensanlage als geistig-sittliche Person überhaupt nicht entfalten kann“29.

Das Gericht entschied sich mit einem Verweis auf die Schrankentrias des Art. 2 Abs. 1 GG für ersteres, stellte jedoch zugleich fest, dass die Men23  Kannowski,

in: Staudinger-BGB, Vor. § 1 Rn. 20. Zur Problematik der Grundrechte, S. 5. 25  Kannowski, in: Staudinger-BGB, Vor. § 1 Rn. 20. 26  Dürig, JR 1952, 259 (260); Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 I 1, S. 186. 27  BVerfGE 6, 32 – Elfes; Barrot, Kernbereich, S. 37, bezeichnet das Elfes-Urteil als „Grundstein“ für den Kernbereichsschutz. 28  Jarass, in: Recht der Persönlichkeit, S. 89 (90); Grimm, in: Karlsruher Forum 1996, S. 3 (5). 29  BVerfGE 6, 32 (36); Grimm, in: Karlsruher Forum 1996, S. 3 (6); vgl. hierzu auch Erichsen, Jura 1987, 367 (368). 24  Wintrich,



A. Persönlichkeitsschutz im Verfassungsrecht 33

schenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG auch Art. 2 Abs. 1 GG beherrsche. Anders als die Weimarer Reichsverfassung habe das Grundgesetz durch das Zusammenspiel aus grundrechtlicher Gewährleistung einerseits und einem System abgestufter Gesetzesvorbehalte andererseits eine wertgebundene Ordnung geschaffen, welche die öffentliche Gewalt effektiv begrenze. Aus dem Wesensgehalt der Art. 19 Abs. 2, Art. 1 Abs. 3 und Art. 2 Abs. 1 GG ergebe sich daher, „dass dem einzelnen Bürger eine Sphäre privater Lebensgestaltung verfassungsrechtlich vorbehalten ist, also ein letzter unantastbarer Bereich menschlicher Freiheit besteht, der der Einwirkung der gesamten öffentlichen Gewalt entzogen ist“30.

Bereits hierin wird deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht die individuelle Eigensphäre des Einzelnen als Kernbereich persönlicher Entfaltung und damit als von staatlicher Einwirkung absolut geschützt bzw. dem staat­ lichen Eingriff gänzlich entzogen betrachtet.31 Die zusätzliche Verankerung des Persönlichkeitsschutzes in Art. 1 Abs. 1 GG beschränkt die öffentliche Gewalt in den Bereichen absolut, in denen staatliche Maßnahmen die Menschenwürde tangieren.32 Die Reichweite dieser zunächst noch unbenannten Gewährleistung wird dabei durch die objektiv-rechtlichen Schranken staat­ lichen Handelns konturiert, denn die Schranken der Staatsgewalt werden als „abwägungsfeindliche Maßstabsnormen“ aufgefasst.33 Die Zubilligung einer absolut geschützten Sphäre frei von staatlichen Eingriffen kann auch als erstes Anzeichen für die spätere Betrachtung des Persönlichkeitsrechts unter dem Aspekt verschiedener Lebenssphären gesehen werden.34 Die weitere Ermittlung des Kerngehalts einer solchen staatsfreien Sphäre gibt auch den Blick auf das dahinterstehende Verständnis von der Natur des Menschen und seiner Rolle innerhalb der Gemeinschaft frei. Bereits 1957, also im gleichen Jahr, in dem auch die Elfes-Entscheidung erging, hatte der damalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Wintrich betont, dass der Mensch „kein isoliertes, sich selbst genügendes, souveränes Einzelwesen“ sei, sondern „seine Anlagen nur in Kommunikation mit seinen Mitmenschen und in Auseinandersetzung mit seiner Umwelt erfahren“ könne.35 Diese „Koexistenz und Kooperation der Individuen“ in der Gemeinschaft setze indes 30  BVerfGE 6, 32 (41); Barrot, Kernbereich, S. 36; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 31. 31  Vesting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 6 Rn. 4, bezeichnet diese Entwicklung als „tiefen institutionellen Eingriff“ in die neuere Verfassungsgeschichte. 32  Geis, JZ 1991, 112 (113); Fechner, Geistiges Eigentum, S. 261; Jarass, in: Recht der Persönlichkeit, S. 89 (92). 33  Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 2; Baldus, JZ 2008, 218 (223). 34  Desoi / Knierim, DÖV 2011, 398 (399). 35  Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 6 f.

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voraus, dass der Einzelne in der Gemeinschaft als gleichberechtigtes Glied mit eigenem Wert geachtet und als solches – ganz im Sinne der Kant’schen Selbstzweckformel36 – „immer Zweck an sich selbst“ bleiben müsse.37 Der unmittelbare Bezug zum Prinzip der Menschenwürde und der das heutige Verständnis dominierenden sog. „Objektformel“38 wird überdeutlich, wenn Wintrich weiter ausführt, der Mensch dürfe aus diesem Grund „nie zum bloßen Mittel einer Gemeinschaftsraison, zum bloßen Werkzeug oder zum bloßen Objekt eines Verfahrens herabgewürdigt werden“.39 Aus der Eigenschaft des Menschen als zugleich „gemeinschaftsver­ flochten[es] und gemeinschaftsgebunden[es]“40 Individuum wird indes auch klar, dass die menschliche Freiheit niemals schrankenlos sein kann.41 Die „goldene Regel“, nach der Art. 2 Abs. 1 GG die Freiheit des Einzelnen bis zu den Grenzen der Freiheit der Anderen gewährt, entfaltet ihre Wirkung auch für das Persönlichkeitsrecht.42 Gelegenheit, dies ausdrücklich klarzustellen, fand das Bundesverfassungsgericht anlässlich seines rund zehn Jahre später ergangenen sog. Mikrozensus-Beschlusses.43 Unter Bezugnahme auf die Ausführungen Wintrichs stellte es fest, dass die staatliche Gewalt zwar weder die Menschenwürde als obersten Wert des Grundgesetzes, noch den Wesensgehalt der Freiheit der Person, wie er durch die in Art. 2 Abs. 1 GG gezogenen Schranken konkretisiert wird, antasten dürfe. Wegen des sozialen Wertund Achtungsanspruchs, der dem Mensch in der Gemeinschaft zukomme, sei dem Staat 36  Kant, AA IV, S. 429; in BVerfGE 45, 187 (228) stellte das Gericht fest, dass dieser Satz „uneingeschränkt für Rechtsgebiete“ gelte, „denn die unverlierbare Würde des Menschen als Person besteht gerade darin, dass er als selbstverantwortliche Persönlichkeit anerkannt bleibt“; siehe dazu auch Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 40 ff. 37  Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 7. 38  Die „Objektformel“ auf der Grundlage von Kant’s Sittenlehre geht wohl auf Wintrich zurück, wurde später aber maßgeblich durch Dürig (mit-)geprägt, vgl. dazu etwa Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 36. 39  Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 7. 40  Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 7, aufgegriffen in BVerfGE 27, 1 (7); ähnlich Vesting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 6 Rn. 14; Siebert, NJW 1958, 1369 (1373). 41  Schmidt-Jortzig, in: FS P. Kirchhof, S. 191 (200); zur menschlichen Interaktion im digitalen Raum und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Persönlichkeitsschutz vgl. Hoffmann / Luch / Schulz / Borchers, Digitale Dimension, S. 45 ff. 42  Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (106); Sasse, in: FS Mallmann, S. 213 (214); Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 38 f.; dies entspricht im Übrigen dem Prinzip „neminem laedere“, das auch der tatbestandlichen Konstruktion strafrechtlicher Erfolgsdelikte zugrunde liegt, vgl. Kühl, in: FS Böttcher, S. 597 (600); ders., ZIS 2016, 450; ders., in: FS Heinz, S. 766 (770); allgemeiner Lindner, Grundrechtsdogmatik, S.  240 f.; Swoboda, ZStW 122 (2010), S. 24 (26). 43  BVerfGE 27, 1 – Mikrozensus.



A. Persönlichkeitsschutz im Verfassungsrecht 35 „ein solches Eindringen in den Persönlichkeitsbereich durch eine umfassende Einsichtnahme in die persönlichen Verhältnisse seiner Bürger […] auch deshalb versagt, weil dem einzelnen um der freien und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit ein ‚Innenraum‘ verbleiben muss, in dem er ‚sich selbst besitzt‘ und ‚in den er sich zurückziehen kann, zu dem die Umwelt keinen Zutritt hat, in dem man in Ruhe gelassen wird und ein Recht auf Einsamkeit genießt‘ “44.

Dieser grundsätzlich absolut wirkende Schutz besteht jedoch nicht gänzlich vorbehaltslos, vielmehr untersteht auch er in besonderem Maße dem sich durch alle grundrechtlichen Gewährleistungsbereiche ziehenden Spannungsverhältnis von Grundrechtsschutz und Grundrechtsschranken.45 Der dem Bürger verbleibende unantastbare Bereich privater Lebensgestaltung sei, so das Bundesverfassungsgericht, wegen der Gemeinschaftsgebundenheit des Menschen daher im Umfang beschränkt auf die Intimsphäre sowie diejenigen „Beziehungen, die der Außenwelt nicht zugänglich sind und deshalb von Natur aus ‚Geheimnischarakter‘ haben“.46 Die so präzisierte Gewährleistung wird vom Bundesverfassungsgericht zwar noch immer nicht offen als Persönlichkeitsrecht bezeichnet,47 sondern noch entsprechend dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 GG als einheitliches Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung verstanden. Das absolute Gebot der Achtung der Intimsphäre wird jedoch bereits ausdrücklich als solches benannt und mit dem Schutz der Menschenwürde und des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen begründet.48 Prägend für die weitere Konturierung des Persönlichkeitsrechts ist auch die bereits deutlich erkennbare Differenzierung zwischen der als Geheimnissphäre verstandenen Intimsphäre, die eingriffs- und damit vollumfänglich abwägungsfest49, d. h. absolut geschützt ist, und einer zwar nicht abschließend definierten, jedenfalls aber jenseits der Intimsphäre liegenden Außenwelt. Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung sind demnach unter keinen Umständen zu rechtfertigen und stets verfassungswidrig,50 so dass entgegenstehende Interessen unabhängig von ihrer Wertigkeit im konkreten Einzelfall zurück-

44  BVerfGE 27, 1 (6); vgl. auch Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S.  15 ff. 45  Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (106). 46  BVerfGE 27, 1 (8); Benda, in: FS Geiger, S. 23 (29 f.); Barrot, Kernbereich, S. 43. 47  Kloepfer / Breitkreutz, DVBl. 1998, 1149 (1150). 48  Vgl. BVerfGE 27, 1 (7). 49  Dammann, Kernbereich privater Lebensgestaltung, S. 20, unterscheidet dahingehend zwischen „Eingriffsresistenz“ und „Abwägungsresistenz“. 50  BVerfGE 6, 389 (433) – Homosexualität; 7, 198 (220 f.) – Lüth; 18, 146 (147) – Tagebuch I; 27, 1 (6) – Mikrozensus.

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treten müssen.51 Angelegenheiten, die nicht dem absoluten Schutz der Intimsphäre unterfallen, können hingegen unter bestimmten Voraussetzungen dem staatlichen Zugriff zugänglich sein. Eingriffe in diese Sphäre sind mithin nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern können vielmehr zulässig sein, soweit sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen.52 Die noch als Recht auf freie Persönlichkeitsentwicklung aus Art. 2 Abs. 1 GG verstandene Gewährleistung zielt somit vor allem auf Privatsphärenschutz gegenüber staatlicher Informationserhebung ab.53 Schon bald wurde jedoch deutlich, dass die Idealvorstellung eines allumfassenden Intimsphärenschutzes als theoretisches Konzept zwar reizvoll war, in ihrer Pauschalität den Bedürfnissen der Rechtswirklichkeit jedoch nicht in allen Fällen gerecht werden konnte. Vor allem im Bereich der Strafverfolgung führte das als Abwehrrecht gegen staatliche Informationserhebung konstruierte Persönlichkeitsrecht zu Schwierigkeiten, da der abwägungsresistente Intimsphärenschutz auch beim Entgegenstehen höchstrangiger Rechtsgüter nicht überwunden werden konnte. Um solche „Pattsituationen“ vermeiden zu können, griff die Rechtsprechung gewissermaßen auf einen Kunstgriff zurück, indem sie ins Feld führte, dass die bislang rein negativ abgegrenzte Intimsphäre selbst „höchstpersönliche Dinge“54 nicht zu erfassen vermöge, wenn ein Sozialbezug bestehe, das Verhalten des Grundrechtsberechtigten also in der Außenwelt anknüpft.55 Einen solchen Sozialbezug kann zunächst die Öffentlichkeit der betroffenen Information herstellen, welche immer dann vorliegen soll, wenn sich die fraglichen Informationen auch ohne Befragung oder sonstige Offenlegung privater Sachverhalte ermitteln ließen.56 Daneben hat das Bundesverfassungsgericht das Vorliegen eines Sozialbezugs maßgeblich an die Kommunikation57 des Betroffenen mit Dritten geknüpft, da dieser 51  Vgl. dazu BVerfGE 34, 238 (245 f.); 109, 279 (313 f.); Dammann, Kernbereich privater Lebensgestaltung, S. 20. 52  BVerfGE 44, 353 (373); 63, 131 (144); Hubmann, in: FS Obermayer, S. 43 (45 f.); Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 32 f. 53  Dammann, Kernbereich privater Lebensgestaltung, S. 23. 54  Vgl. etwa BVerfGE 32, 373 (379 f.) – Arztkartei. 55  Poscher, JZ 2009, 269 (270); Desoi / Knierim, DÖV 2011, 398 (399); Barrot, Kernbereich, S. 43; Baldus, JZ 2008, 218 (224); differenzierend dazu Hauck, Schutz der Privatheit, S. 93; krit. Geis, JZ 1991, 112 (116). 56  BVerfGE 27, 1 (8) – Mikrozensus; Barrot, Kernbereich, S. 51. 57  Kommunikation versteht das BVerfG dabei als die Berührung des menschlichen Handelns mit der Persönlichkeitssphäre eines anderen, ohne dass das Vorliegen besonderer Umstände wie etwa familienrechtliche Verbindung „diese Gemeinschaftlichkeit des Handelns als noch in den engsten Intimbereich fallend“ erscheinen lassen, vgl. BVerfGE 6, 389 (433) – Homosexualität.



A. Persönlichkeitsschutz im Verfassungsrecht 37 „den innersten Bezirk, der ihm um seiner freien und selbstverantwortlichen Persönlichkeitsentwicklung verbleiben muss […], zwangsläufig verlässt, sobald er sich anderen freiwillig mitteilt“.58

Ein Sozialbezug liegt somit immer dann vor, wenn der in Frage stehende Sachverhalt die Sphäre einer anderen Person bzw. Gemeinschaftsbelange berührt.59 Ab Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts ging das Bundesverfassungsgericht erstmals nicht mehr von einem einheitlichen Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung aus, sondern differenzierte zwischen dem Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit und dem spezielleren Schutzbereich der Intim- bzw. Privatsphäre.60 Dementsprechend stellte das Gericht im sog. Eppler-Beschluss fest, dass „das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG ein Element der ‚freien Entfaltung der Persönlichkeit‘ [enthält], das sich als Recht auf Respektierung des geschützten Bereichs von dem ‚aktiven‘ Element dieser Entfaltung, der allgemeinen Handlungsfreiheit, abhebt“.61

In dieser Formulierung tritt der Schutzgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Vergleich zur allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG und damit die „Zwei-Schichtigkeit“62 des Art. 2 Abs. 1 GG besonders deutlich hervor. Während die allgemeine Handlungsfreiheit als aktives Element die freie Entfaltung der Persönlichkeit gewährleisten soll, zielt das allgemeine Persönlichkeitsrecht auf die Respektierung des letzten unantastbaren Kernbereichs menschlicher Freiheit ab und verbürgt damit eine Art Zustandsschutz.63 Der Schutz der Integrität der Persönlichkeit durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht betrifft damit das „Sein der Person im Unterschied zum 58  BVerfGE

33, 367 (377) – Sozialarbeiter. 80, 367 (374 f.); Barrot, Kernbereich, S. 55; Krauß, in: FS Gallas, S. 365 (378); Benda, in: FS Geiger, S. 23 (30). 60  BVerfGE 38, 312 (319 f.); 44, 353 (372 f.); Dammann, Kernbereich privater Lebensgestaltung, S.  23 f.; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 34. 61  BVerfGE 54, 148 (153) – Eppler. 62  So wörtlich Schmitt Glaeser, in: HStR1 VI, § 129 Rn. 18; ebenso Neben, Personenberichterstattung, S. 143. 63  BVerfGE 54, 148 (153); Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 131; Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 14; Grimm, in: Karlsruher Forum 1996, S. 3 (7); Degenhart, JuS 1992, 361 führt dazu aus, dass sich diese „ ‚aktive‘ und ‚passive‘ Komponente des Art. 2 Abs. 1“ wechselseitig bedingen; ebenso Ladeur, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 7 Rn. 4; Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 59; Schmidt-Jortzig, in: FS P. Kirchhof, S. 191 (194) bezeichnet den Zustandsschutz auch als „forum internum“ des Art. 2 Abs. 1 GG; Eifert, Jura 2015, 1181; Metz, Das Recht Prominenter am eigenen Bild, S. 32; krit. Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 2, der darauf hinweist, dass im Schutz der abgeschirmten Individualsphäre […] „verschiedenste Formen persönlicher Entfaltung“ gedeihen. 59  BVerfGE

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Tun“.64 Dies führt im Ergebnis dazu, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts materiell zu bestimmen sind und insofern enger gefasst werden müssen als die der allgemeinen Handlungsfreiheit.65 Erfasst werden nur solche Eingriffe, die geeignet sind, die engere Persönlichkeitssphäre zu beeinträchtigen.66 Gleichzeitig hat das Gericht im Eppler-Beschluss deutlich hervorgehoben, dass der Inhalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor allem im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen und die damit verbundenen neuen Gefahren für den Schutz der menschlichen Persönlichkeit nicht abschließend bestimmt werden könne, die Effektivität des Persönlichkeitsschutzes aber gerade maßgeblich von einer dynamischen Entwicklung des Grundrechts abhänge.67 Um den Inhalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Einzelfall bestimmen zu können, bedarf es somit jeweils einer wertenden Gegenüberstellung der betroffenen Interessen, wobei die individuell maßgeblichen Umstände im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung bestmöglich zum Ausgleich gebracht werden müssen.68 Doch nicht nur das inhaltliche Verständnis des Schutzbereichs, sondern auch die Interpretation des betroffenen Schutzguts ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wechselhaft. So erkannte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Verwertung heimlicher Tonbandaufnahmen69 erstmals an, dass auch ein kommunikatives Verhalten des Betroffenen zum unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung gehören könne, denn Art. 2 Abs. 1 GG „schützt auch Rechtspositionen, die für die Entfaltung der Persönlichkeit notwendig sind.“ Da hierzu neben dem Recht 64  Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 59, der seinerseits auf Dürig, JR 1952, 259 (261) verweist; v. Arnauld, ZUM 1996, 286 (287). 65  Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 23; Mursiwek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 61; Martini, JA 2009, 839 (840). 66  BVerfGE 54, 148 (153); vgl. auch BVerfGE 34, 238 (247). 67  BVerfGE 54, 148 (153 f.); Kube, in: HStR VII, § 148 Rn. 37; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 131; auf die notwendige Entwicklungsoffenheit hatte bereits Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 172, hingewiesen; v. Lewinski, Matrix des Datenschutzes, S. 20; Bartnik, Bildnisschutz, S. 22; Rehm, AfP 1999, 416 (417); Wanckel, Persönlichkeitsschutz, S. 85; Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 59; Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (106) bezeichnet die in der Abstraktheit der Formulierung angelegte Entwicklungsoffenheit als „weise Zurückhaltung des Gesetzgebers gegenüber der Vielfalt der historischen Entwicklungen“; wegen ihr wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch als das „wichtigste Grundrecht der neuen Zeit“ bezeichnet, vgl. Leisner, in: FS Hubmann, S. 295 (302); dieses Bekenntnis zur dynamischen Natur des Persönlichkeitsrechts wird allerdings bisweilen auch kritisch gesehen, da sich so das Gewährleistungssubstrat „aus den Anforderungen gesellschaftlicher Entwicklungen, nicht aber aus Grundrechten als vorgefertigten Sinnbehältern ergeben“, vgl. Bung / Huber, in: FS Beulke, S. 655 (657). 68  Bartnik, Bildnisschutz, S. 22; Bannasch, Gemeingebrauch des Namens, S. 152. 69  BVerfGE 34, 238 – heimliche Tonbandaufnahme.



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am eigenen Bild auch das Recht am eigenen Wort gehöre, dürfe „grundsätzlich jedermann selbst und allein bestimmen, wer sein Wort aufnehmen soll“.70 Anstelle der bislang rein räumlich-sphärenorientierten Überlegung erfolgt hier eine inhaltlich-thematische Betrachtung, da das Bundesverfassungsgericht die Betroffenheit des absolut geschützten Persönlichkeitsbereichs nicht im Wege eines räumlichen Schutzbereichs, sondern anhand des konkreten Gesprächsinhalts verneint: „Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine geschäftliche Unterredung. […] Höchstpersönliche Dinge, die der unantastbaren Intimsphäre zugerechnet werden könnten, kamen dabei nicht zur Sprache“.71

Mit dieser Lossagung von der bisherigen rein räumlichen Konzeption, von Teilen der Literatur interpretiert als Abkehr von der Sphärentheorie,72 war zugleich eine „rechtskonstruktive Neuorientierung“ verbunden.73 Die sphärenorientierte Gewährleistung des Kernbereichsschutzes war zum ausdrücklich als solches bezeichneten Persönlichkeitsrecht avanciert.74 Das Persönlichkeitsrecht in seiner heutigen Form endgültig aus der Taufe hob im Jahr 1973 die sog. Soraya-Entscheidung, in der sich das Bundesverfassungsgericht ausführlich mit den historischen Ursprüngen, der Entwicklung und dogmatischen Fundierung des zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutzes auseinandersetzte.75 Das Bundesverfassungs-gericht hob dabei in seiner Urteilsbegründung mehrfach hervor, dass es die Auslegung und Anwendung des bürgerlichen Rechts als solches nicht nachzuprüfen habe, die Grundrechte als objektive Werteordnung jedoch auf das Privatrecht einwirken und damit als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des 70  BVerfGE

34, 238 (246). 34, 238 (248); Nebel, ZD 2015, 517 (518); Geis, JZ 1991, 112 (114). 72  Mückenberger, KJ 1984, 1 (7); Benda, DuD 1984, 86 (88); Steinmüller, DuD 1984, 91 (93); Schlink, Der Staat 25 (1986), S. 233, 241 f.; Simitis, NJW 1984, 398 (402); Hornung, MMR 2004, 3 f.; Nebel, ZD 2015, 517 (519); Geis, JZ 1991, 112 (113); Köhler, ZStW 107 (1995), S. 10 (31), Fn. 84; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 106; Weichert, in: Kilian / Heussen, Hdb. Computerrecht, Teil  13 Rn. 4; krit. K.  Amelung, NJW 1990, 1753 (1755); Weichert, NStZ 1999, 490; a. A. Dammann, Kernbereich privater Lebensgestaltung, S. 21 f. 73  Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 5; Geminn / Roßnagel, JZ 2015, 703 (707). 74  BVerfGE 27, 344 (352); etwa seit Anfang der 1980er Jahre wird ausschließlich von einem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gesprochen, vgl. etwa BVerfGE 65, 1 – Volkszählungsgesetz; BVerfG NJW 1991, 2339; BVerfG NJW 2009, 3293; BVerfG NJW 2010, 1587; BVerfG NJW 2013, 774; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 7; dass der Kernbereichsschutz indes keineswegs an seiner grundlegenden Bedeutung verloren hat, zeigt sich u. a. daran, dass er in den §§ 100a Abs. 4, Abs. 5 sowie 100c Abs. 4, Abs. 5 wörtlich in die StPO eingegangen ist, vgl. dazu Roxin, in: FS Wolter, S. 1057. 75  BVerfGE 34, 269 – Soraya. 71  BVerfGE

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Rechts Geltung beanspruchen.76 Ohne dies indes näher zu begründen ging das Bundesverfassungsgericht damit von einer mittelbaren Drittwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus.77 Indem es unter Verweis u. a. auf Nipperdey78 und Hubmann79 anerkannte, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nunmehr „fester Bestandteil unserer Privatrechtsordnung“ geworden sei, billigte es die Entwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch richterrechtliche Rechtsfortbildung in der Rechtsprechung des BGH vollumfänglich. Die Entscheidung zum Volkszählungsgesetz aus dem Jahr 1983 schließlich markierte einen Wendepunkt in der Entwicklung des Persönlichkeitsrechts, denn sie war Ausgangspunkt des sich wandelnden Verständnisses von Persönlichkeitsschutz als Privatsphärenschutz hin zu einer stärkeren Betonung des Rechts auf individuelle Selbstbestimmung. Mit der Etablierung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in Reaktion auf die sich fortentwickelnde Technik der Datenerhebung und -verarbeitung gab das Bundesverfassungsgericht zwar nicht die Sphärentheorie selbst, wohl aber die strikte und ausschließliche Orientierung an ihr auf.80 Das aus dem Zivilrecht ins Verfassungsrecht übernommene Verständnis des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als primär am Schutz der Privatsphäre orientierte Gewährleistung hat damit einen Bedeutungswandel hin zu einer Beurteilung nach Inhalt und Wirkung von Informationen erfahren.81 Mittlerweile beansprucht die grundrechtsdogmatische Funktion des Kernbereichsschutzes nicht nur im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, sondern auch für die übrigen Grundrechte eine grundlegende Bedeutung. In seiner jüngeren Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht herausgearbeitet, dass sich der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts 76  BVerfGE

34, 269 (281) – Soraya. Medienpersönlichkeitsrecht, S. 36; Hubert, Presseprivileg, S. 77; grundlegend zur mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte vgl. Dürig, in: FS Nawiasky, S.  157 (176 ff.).; ders., AöR 81 (1956), S. 117 (123 f.); ders., in: Hdb. Grundrechte II, S. 507 (525) sowie Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, S. 245 ff. m. w. N.; Hollstein, Verfassung als „Allgemeiner Teil“, S. 198 ff.; Ruffert, Vorrang der Verfassung, S.  13 ff. 78  Nipperdey, in: Die Grundrechte II, S. 1 (40 ff.). 79  Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 349 ff. 80  Schlink, Der Staat 25 (1986), S. 233 (241); K. Amelung, NJW 1990, 1753 (1754); Walter, ZUM 2002, 886 (889); U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 14 ff.; krit. dazu Wölfl, NVwZ 2002, 49; Ladeur, ZUM 2000, 879 (888). 81  Benda, DuD 1984, 86 (87); Dreier, in: Dreier GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 78; Kunig, in: v.  Münch / Kunig, GG, Art. 2 Rn. 38; Albers, Informationelle Selbstbestimmung, S. 222 ff.; vgl. dazu auch Bäumler, JR 1984, 361 (362); Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 17. 77  Luch,



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inhaltlich mit dem anderer Grundrechte überschneiden kann.82 Vor allem auch wegen des allen Grundrechten innewohnenden Menschenwürdegehalts führe das Konzept des Kernbereichsschutzes daher zu einer Schutzbereichsverstärkung etwa des Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung oder der Freiheit der Telekommunikation.83 Dahinter steht die Erwägung, dass die Wohnung als ursprünglichste Art der Privatsphäre einen Rückzugsraum konstituiere, in dem der Mensch „sich selbst besitzt“ und ein Recht darauf hat, „in Ruhe gelassen“ zu werden.84 Dieser Rückzugsbereich der privaten Wohnung wurde in der Literatur daher auch als „vergegenständlichte Privatsphäre“ bezeichnet.85 Neben den traditionellen Freiheitsgarantien erfährt die menschliche Persönlichkeit somit vor allem durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner heute richterrechtlich ausdifferenzierten Form einen zwar nicht „flächendeckenden“86, inhaltlich aber dennoch umfangreichen Schutz hinsichtlich verschiedenster Aspekte persönlicher Lebensgestaltung.87 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG wurde vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich eigenständig und unabhängig vom zivilrechtlichen Persönlichkeitsrecht entwickelt und erfasst als „Gesamtpersönlichkeitsrecht“88 alle Bereiche der menschlichen Persönlichkeit.89 Für die Entwicklung und Ausgestaltung des Schutzbereichs können dabei zwei unterschiedliche Triebfedern ausgemacht werden. Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht die Entwicklungsoffenheit und damit vor allem die gefährdungsbezogene Fortentwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts immer wieder deutlich herausgearbeitet.90 Zum anderen betont 82  BVerfGE 109, 279 (325 f.); Barrot, Kernbereich, S. 59; Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 72. 83  Vgl. BVerfGE 109, 279 (313); 113, 348 (391); 115, 166 (182). 84  BVerfGE 32, 54 (75); 42, 212 (219); 51, 97 (110); 109, 279 (309); vgl. dazu auch; Barrot, Kernbereich, S. 59; Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 85. 85  Guttenberg, NJW 1993, 567; ähnlich auch Schwabenbauer, Grundrechtseingriffe, S. 119. 86  Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 83. 87  Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 19; a. A. wohl Vesting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 6 Rn. 3, der das allgemeine Persönlichkeitsrecht als „Sammelbegriff für notwendigerweise fragmentierte Persönlichkeitsrechte“ bezeichnet. 88  Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 (1958) Rn. 11. 89  Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (109). 90  BVerfGE 54, 148 (153); 65, 1 (41); 101, 361 (380); Hornung, Grundrechtsinnovationen, S. 265; dass die Schutzbereichsausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts jeweils einen „gefährdungsspezifischen Gewährleistungsgehalt“ haben und insofern von der jeweiligen Gefährdungslage her gedacht werden müssen, wird überdeutlich, wenn Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 172, die verschiedenen Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts als „Verletzungstatbestände“ bezeichnet; ebenso

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

das Bundesverfassungsgericht die normativen Grundlagen der Gewährleistung, wodurch sich vor allem wegen des Bezugs zur Menschenwürde der Gehalt des Schutzbereichs in die Bereiche Selbstbestimmung und Privatheit auffächert.91 2. Persönlichkeitsschutz vor Bildaufnahmen Im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat es in der Literatur zahlreiche Versuche gegeben, die kasuistische Entwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Fallgruppen zu bündeln und dadurch den Schutzbereich insgesamt zu systematisieren.92 Diese Versuche einer Systematisierung werden zum einen durch die Komplexität der Regelungsmaterie,93 zum anderen aber auch aufgrund der in der Lücken­ schließungsfunktion explizit angelegten Entwicklungsoffenheit der Gewährleistung erschwert, was dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bisweilen den Ruf inhaltlicher Unbestimmtheit eingebracht hat.94 Ungeachtet der zum Teil deutlichen Unterschiede der verschiedenen Auffassungen hat sich der allgemeine Konsens herausgebildet, dass es Lebensbereiche der menschlichen Existenz gibt, die für die Persönlichkeit von derart Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 84; Eifert, Jura 2015, 1181 (1182); ähnlich Graf Vitzthum, JZ 1985, 201 (202); freilich gibt es aber auch im Persönlichkeitsschutz den Ansatz, den Schutz im Wege eines objektiv vorhandenen Schutzgutes zu gewähren, wie dies etwa beim Recht am eigenen Bild der Fall ist, vgl. Forkel, in: FS Hubmann, S. 93 (97 f.); insgesamt krit. Baldus, JZ 2008, 218 (222). 91  Hornung, Grundrechtsinnovationen, S. 265; Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (110); Pfeifer, Individualität im Zivilrecht, S. 151. 92  Vgl. dazu nur Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S.  175  ff.; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 148; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 69; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 68 ff.; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 2 Rn.  40 ff.; Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 65 ff.; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S.  89 ff. 93  Vgl. dazu Schmidt-Jortzig, in: FS P. Kirchhof, S. 191 (192). 94  BGHZ 24, 72 (78); Tanneberger, Sicherheitsverfassung, S. 156; Wasserburg, Schutz der Persönlichkeit, S. 49 und S. 57; Wehage, Integrität informationstechnischer Systeme, S. 11 f.; Geis, JZ 1991, 112; Sasse, in: FS Mallmann, S. 213 (215); Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 20; Rüpke, Schutz der Privatheit, S. 22; Rühl, in: Symposium Grimm, S. 79 (80 f.); Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 79; Neben, Personenberichterstattung, S. 141; Helle, Persönlichkeitsrechte, S. 37; Schwetzler, Presseselbstkontrolle, S. 71; Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (600 f.); Seidel, Persönlichkeitsrecht, S. 65; Wanckel, Persönlichkeitsschutz, S. 85; Bannasch, Gemeingebrauch des Namens, S. 152; Forkel, in: FS Hubmann, S. 93 (94) bezeichnet diese Unbestimmtheit gar als „größtes Hindernis für die Durchsetzung des allgemeinen Persönlichkeitsschutzes überhaupt“.



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elementarer Bedeutung sind, dass sie auch innerhalb des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine besondere Bedeutung erlangen. Dieser besonderen Bedeutung entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung Teilbereiche des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu speziellen Schutzbereichsausprägungen verdichtet,95 die daher auch als besondere Persönlichkeitsrechte bezeichnet werden.96 Als Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausdrücklich anerkannt hat das Bundesverfassungsgericht die Privat- und Geheim- bzw. Intimsphäre97, die persönliche Ehre, das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person98, das Recht am eigenen Bild und am gesprochenen Wort99 sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung100. Die besondere Schutzwürdigkeit dieser Teilbereiche kommt insbesondere auch dadurch zum Ausdruck, dass ihr Schutz zum Teil von speziellen, gesetzlich geregelten Tatbeständen des einfachen Rechts flankiert wird.101 Obwohl es sich gegenständlich um Ausdifferenzierungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt, verfolgen die besonderen Persönlichkeitsrechte mit der Sicherung der Voraussetzungen autonomen Handelns einen einheitlichen, gemeinsamen Zweck und dienen mit dem Schutz der personalen Selbstdarstellung letztlich der Umsetzung der Schutzziele des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.102 95  Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (109); Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 36. 96  Wanckel, Persönlichkeitsschutz, S. 86; Neuner, JuS 2015, 961 (963) weist dabei zutreffend darauf hin, dass diese im „Gesamtpersönlichkeitsrecht“ des Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG wurzelnden besonderen Persönlichkeitsrechte „nur einzelne Rechtsgüter der Person und nicht umfassend die Gesamtpersönlichkeit“ schützen. 97  BVerfGE 27, 1 (6) – Mikrozensus; 27, 344 (350 f.) – Scheidungsakten; 32, 373 (379) – Arztkartei; 34, 238 (245 f.) – heimliche Tonbandaufnahmen; 47, 46 (73) – Sexualkundeunterricht. 98  BVerfGE 35, 202 (220) – Lebach; hierzu gehört u. U. auch das Recht, von der Unterschiebung nicht getaner Äußerungen verschont zu bleiben, vgl. BVerfGE 34, 269 (282 f.) – Soraya. 99  BVerfGE 34, 238 (246); vgl. auch Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 207. 100  BVerfGE 65, 1 (43) – Volkszählungsgesetz. 101  Vgl. etwa § 12 BGB (Recht am eigenen Namen), §§ 22 ff. KUG (Recht am eigenen Bild); ausf. zum Recht am eigenen Bild unter Kap. 1 B. II. 1.; der Schutz der besonderen Persönlichkeitsrechte verläuft damit gewissermaßen parallel zu den einfachgesetzlich ausdrücklich anerkannten Persönlichkeitsrechten, vgl. Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 18; inhaltlich hat dies zur Folge, dass sich der einfachgesetzliche Schutz insofern „lückenlos“ an den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anschließt, vgl. Prinz / Peters, Medienrecht, Rn. 782. 102  BVerfGE 35, 202 (220) – Lebach; 54, 148 (153); 63, 131 (142); Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 II 2, S. 191 f.; Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 36; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 71; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn.  68 ff.; Kingreen / Poscher, Staatsrecht II, Rn. 408 ff.; Degenhart, JuS 1992, 361 f.;

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Bildaufnahmen in Form von Personenbildern können in diese Schutzziele und damit in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Einzelnen eingreifen, denn sie fixieren das äußere Erscheinungsbild der Person und machen diese damit fotografisch verfügbar.103 Im hierarchisch geprägten Verhältnis des Bürgers zur öffentlichen Gewalt geht es dabei maßgeblich um die Frage, ob, und wenn ja, in welchem Umfang der Einzelne die Beobachtung oder Offenbarung persönlicher Lebensumstände durch staatliche Maßnahmen zu dulden hat.104 Grundsätzlich steht dem Einzelnen das allgemeine Schutzregime zur Abwehr von Verletzungen des Persönlichkeitsrechts auch gegen den Staat zur Verfügung. Die Zulässigkeit einer staatlichen Maßnahme ist dann allein anhand der für jedermann gültigen Schutzvorschriften nach ihrer Rechtsförmigkeit zu beurteilen.105 Handelt der Staat jedoch in seiner Funktion als Hoheitsträger mit Befehl und Zwang, tritt dem Bürger also gerade in einem Über- / Unterordnungsverhältnis gegenüber und berührt dieses Handeln persönlichkeitsrechtliche Interessen des Bürgers, so bedarf das staatliche Handeln grundsätzlich einer besonderen Legitimation.106 Diese Legitimation kann sich entweder bereits aus der Einwilligung des Betroffenen oder aber – wie im Regelfall – im Wege der Rechtfertigung des staatlichen Handelns am Maßstab einer Ermächtigungsnorm ergeben, welche dann sowohl hinreichend bestimmt als auch verhältnismäßig, d. h. ihrerseits rechtmäßig sein muss.107 Hubmann, in: FS Obermayer, S. 43 (44); Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (110). 103  Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 67; ähnlich Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 328. 104  Ladeur, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 8 Rn. 13; zur Veröffentlichung des Abbilds eines Zeugen bei Aufklärungsfahndung vgl. SächsVerfGH, NJW 2016, 48; zur Offenbarung persönlicher Lebensumstände gegenüber oder durch staatliche Stellen vgl. BVerfG NJW 1975, 103 (104); BVerfG NJW 1988, 2031; BVerwG, NVwZRR 2014, 105 (106 f.); OLG Köln, NJW 1994, 1075; zu Geheimhaltungsansprüchen und Offenbarungsbefugnissen im Verwaltungsverfahren vgl. Knemeyer, NJW 1984, 2241 ff. 105  So auch Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 52. 106  Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, S. 163; Hillgruber, in: HStR IX, § 200 Rn. 2; Kaspar, Präventionsstrafrecht, S. 53; Katz, Staatsrecht, Rn. 637b; Ladeur, in: HPR, § 8 Rn. 13; Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 33 f.; für den Bereich strafprozessualer Eingriffe Murmann, in: Heghmanns / Scheffler, Hdb. Strafverfahren, Kap. 3 Rn. 1. 107  Dabei gilt, je gewichtiger die Grundrechtsbeeinträchtigung, desto höher die materiellen Anforderungen an die Rechtfertigung, vgl. Gurlit, NJW 2010, 1035 (1038); Masing, NJW 2012, 2305 (2306); Roggan, NJW 2010, 1042 (1043); Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 52; ders., Menschenwürde, S. 455 f.; Beuthien, in: FS Medicus, S. 1 (2); zu den Rechtfertigungsanforderungen staatlicher Videoüberwachung im Speziellen vgl. Pohl, KJ 2003, 317 (325 ff.); Schenke, in: FS Wolter, S. 1077 ff. Zum Einsatz sog. Bodycams bei Polizeieinsätzen vgl. BT-Drs. 18 / 10939; Martini /  Nink / Wenzel, NVwZ 2016, 1772 ff.



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Während Eingriffe in den letzten unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung schlechthin ausgeschlossen sind, muss bei einer Betroffenheit der persönlichen Lebensumstände außerhalb dieses absoluten Schutzbereichs das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen mit dem staatlichen Informationsinteresse im Wege der praktischen Konkordanz zu einem Ausgleich gebracht werden.108 Da es sich bei staatlichen Ermächtigungsnormen somit um Abweichungen von den Wertungen der allgemeinen Rechtsordnung handelt, bestimmt sich der Umfang der staatlichen Rechtfertigungspflicht in Abhängigkeit zur Reichweite der einfachgesetzlichen persönlichkeitsschützenden Gewährleistungen. Die inhaltlichen Anforderungen an eine Ermächtigungsnorm werden somit mittelbar durch die Vorschriften zum Persönlichkeitsschutz im einfachen Recht definiert.109 Die Ermächtigungsnorm ist insofern die Negativseite der persönlichkeitsschützenden Normen des einfachen Rechts. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich jedoch herauskristallisiert, dass den Persönlichkeitsrechten des Einzelnen keinesfalls nur von staatlicher Seite Gefahren drohen, sondern die gesellschaftliche Öffentlichkeit ein zumindest ebenso erhebliches Konflikt- und Gefahrenpotential birgt.110 Das Bundesverfassungsgericht hat diesbezüglich differenziert dargelegt, dass sich infolge moderner Reproduktionstechniken nicht nur der Aussagegehalt einer Bildaufnahme ändern könne, etwa durch einen Wechsel des Kontexts, sondern sich auch die „Formen der Öffentlichkeit“ gewandelt haben, denn es bestehe ein Unterschied zwischen der überschaubaren Öffentlichkeit, in der sich der Einzelne im Alltag bewegt, und der sog. Medienöffentlichkeit.111 Insbesondere, aber nicht nur für Prominente oder sonstige Personen des öffentlichen Lebens geht es daher um die Frage, unter welchen Umständen sie eine öffentliche 108  Degenhart, JuS 1992, 361 (363); Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 39; Beater, ZUM 2005, 602 (604). 109  Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 52. 110  Vgl. nur BGHZ 13, 334 (338) – Leserbrief; 24, 72 (76); 39, 124 (131 f.) – Fernsehansagerin; Kern, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 82 (94) konstatiert gar, dass von den persönlichkeitsrechtlich relevanten Fällen „weit über 90 % de[m] Bereich de[r] Verletzungen durch die Medien oder […] durch die Werbung zuzuordnen“ seien; Schmidt, in: Erfurter Kommentar Arbeitsrecht, Art. 2 GG Rn. 32; Grossfeld, Unternehmenskonzentration, S. 52; Eifert, Jura 2015, 1181 (1188); Guha, Indiskrete Wort- und Bildberichterstattung, S. 125. 111  BVerfGE 101, 361 (384 f.) – Caroline von Monaco II; zum Beispiel der Veröffentlichung von Nacktaufnahmen aus einer Theaterszene vgl. LG Saarbrücken NJWRR 2000, 1571 (1572) sowie Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 238; Tacke, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 2; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 472 f.; ähnlich Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 323; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 3; allg. zur Medienöffentlichkeit und den daraus erwachsenden gesellschaftlichen Pro­ blemen v. Coelln, Medienöffentlichkeit, S. 17 ff.

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Darstellung ihrer Person hinnehmen müssen.112 Anders als im hierarchisch geprägten und prinzipiell abwehrrechtlich orientierten Bürger-Staat-Verhältnis113 kommt es hier nicht darauf an, dass das beeinträchtigende Verhalten durch eine Ermächtigungsnorm gedeckt ist. Der durch die Grundrechte nicht unmittelbar gebundene Bürger ist in seinem Handeln grundsätzlich frei und steht daher zu anderen Bürgern in einem Verhältnis der Freiheit und Gleichheit.114 Private partizipieren an den durch die Verfassung gewährten Rechten daher prinzipiell gleichberechtigt.115 Neben die zunächst rein abwehrrechtlich konzipierte Funktion des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber Beeinträchtigungen durch Staats­ organe116 tritt hier eine grundrechtliche Schutz- und Leistungsdimension.117 Die Grundrechte verpflichten den Staat insofern, neben der Gewährleistung verschiedener Freiheitssphären auch all diejenigen Voraussetzungen zu schaffen, die erforderlich sind, um an den gewährten Freiheiten partizipieren zu können.118 Für den Bereich des Persönlichkeitsrechts bedeutet dies, dass der Staat etwa den effektiven Schutz des Einzelnen vor ehrverletzenden Presse112  Kepplinger / Glaab, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 117 (119); Tacke, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 1 f.; vgl. zu diesem Problemkreis auch Jahn, NJW 2009, 3344. 113  Zur klassischen Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte (sog. status negativus) grundlegend Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 87 ff.; Kaspar, Präventionsstrafrecht, S. 55; Unruh, Verfassungsbegriff, S.  543 f.; Dreier, Jura 1994, 505; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 395 ff.; Jarass, AöR 120 (1995), S.  345 (354 ff.). 114  Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (107); Klass, Rechtliche Grenzen, S. 222; Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 35 f.; Canaris, AcP 184 (1984), S. 201 (203 f.). 115  Masing, NJW 2012, 2305 (2306); Bethge / v. Coelln, Verfassungsrecht, S.  123 ff.; Eifert, Jura 2015, 1181 (1188). 116  Der abwehrrechtliche Gehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird auch als Integritätsschutz bezeichnet, vgl. Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 83; Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 32. 117  Vgl. BVerfGE 101, 361 ff. – Caroline II; ebenso Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 13; Michael, JöR N.F. 55 (2007), S. 357 (365); Frotscher, ZUM 2001, 555 (562); Klass, Rechtliche Grenzen, S. 66; Eifert, Jura 2015, 1181 (1188); germann, Jura 2010, 734, (736); Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 36; Schwabenbauer, Grundrechtseingriffe, S. 121. 118  Remmert, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 19 Abs. 2 Rn. 45; Axer, in: BeckOK-GG, Art. 14 Rn. 24; Klein, NJW 1989, 1633; grundlegend zu den Grundrechten als Leistungsrechte Martens, VVDStRL 30 (1972), S. 7 (25 ff.) sowie Häberle, VVDStRL 30 (1972), S. 43 (112 ff.); allg. zu den aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte fließenden Schutzpflichten BVerfGE 39, 1 (42 f.) – Schwangerschaftsabbruch I; 46, 160 (164 f.); 53, 30 (57 f.); zur sich möglicherweise aus den Grundrechten ergebenen Pflicht des Gesetzgebers zum Erlass von Strafrechtsnormen vgl. Kühl, GA 1977, 353 (364).



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veröffentlichungen gewährleisten muss, denn allein die Gewährleistung einer staatsfreien Sphäre führt nicht zur Verwirklichung der grundgesetzlichen Freiheitsrechte.119 Neben seiner Funktion als Bollwerk zur Abwehr staatlicher Eingriffe kommt dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht daher vor allem auch eine Schutzfunktion gegenüber Beeinträchtigungen durch Dritte Bedeutung zu.120 Dass bei der Veröffentlichung unbefugter Bilddarstellungen durch private Dritte das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht am eigenen Bild betroffen sein kann, ist dabei naheliegend. Weniger Beachtung gefunden hat jedoch der Umstand, dass Personenbilder das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch in anderen Ausprägungen berühren können. a) Gewährleistungsdimension der Selbstbestimmung Die Gewährleistungsdimension der Selbstbestimmung des Einzelnen ist der wohl zentralste und unmittelbarste Gewährleistungsgehalt des allgemeinen Persönlichkeits-rechts.121 Mit dem Schutz personaler Selbstbestimmung als Voraussetzung für die Bildung und Erhaltung individueller Identität gewährt das allgemeine Persönlichkeitsrecht die umfassende Befugnis zur Verfügung über persönliche Sachverhalte.122 Sie betrifft im Kern die Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit und damit die gesellschaftliche Identität schlechthin.123 Dahinter steht die Erkenntnis, dass individuelle Persönlichkeitsbelange für die Umwelt grundsätzlich nicht zur Disposition stehen und dem Einzelnen somit ein Schutz vor verfälschender, entstellender oder unerbetener Darstellung durch Andere zukommt.124 Erfasst werden neben dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch das Verfügungsrecht über die Darstellung der Person sowie das Recht am eigenen Bild bzw. am eigenen Wort. Bis auf letzteres können alle Ausprägungen des Selbstbestimmungsrechts durch Bildaufnahmen betroffen sein, wobei sich vor allem in der Rechtsprechung die im Folgenden dargestellten Bedeutungs- und Akzentverschiebungen ausmachen lassen. 119  Grossfeld,

Unternehmenskonzentration, S. 53. nur BVerfGE 114, 339 (346 f.); BVerfG NJW 2002, 356 (357); BGH NJW 2013, 790 (793); BVerfG NJW 2013, 3086 (3087); Germann, Jura 2010, 734 (736); Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 II 2, S. 193. 121  Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 I 3, S. 188, bezeichnet die Selbstbestimmung sogar als „Kern“ der Gewährleistung. 122  BVerfG NJW 2006, 1116 (1117); Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 67. 123  BVerfGE 35, 202 (220 ff.) – Lebach; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 71; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 166; Grantz, in: Schutz privater Rechte, S. 146 (148). 124  Martini, JA 2009, 839 (841); Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 168; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 71. 120  Vgl.

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aa) Recht auf informationelle Selbstbestimmung Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung125 bündelt alle Aspekte des Persönlichkeitsschutzes, die sich auf Informationen über die Persönlichkeit und die Privatsphäre beziehen, zu einem einheitlichen Schutzgut.126 In seinem äußeren Gehalt erleichtert es die Selbstdarstellung des Individuums, weshalb ihm bezüglich der Aufnahme von Personenbildern immer dort eine selbstständige Bedeutung zukommt, wo das Recht am eigenen Bild den Gewährleistungsgehalt des Persönlichkeitsrechts nicht abschließend erfasst.127 Dies ist beispielsweise immer dann der Fall, wenn Bildaufnahmen außerhalb der Einflusssphäre des Grundrechtsträgers verarbeitet werden, weshalb das Recht auf informationelle Selbstbestimmung insofern zu einer Erweiterung des grundrechtlichen Schutzes in räumlicher und zeitlicher Hinsicht führt.128 In seiner inneren Dimension ermöglicht das Recht auf informationelle Selbst-bestimmung die Geheimhaltung privater Informationen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor unkontrollierter staatlicher Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten.129 Aus dem Gedanken der Selbstbestimmung, so das Bundesverfassungsgericht, folgt die Befugnis des Einzelnen „grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden“.130 Ohne die selbstbestimmte Entscheidung darüber, welche Informationen in welchem Umfang in das soziale Umfeld gelangen, ist eine freie Entfaltung der Persön125  Grundlegend zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung C. Mallmann, Datenschutz, S.  47 ff.; Podlech, Leviathan 12 (1984), S. 85 (90 f.). 126  BVerfGE 65, 1 (42); 78, 77 (84); Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 73; Steffen, in: Löffler, Presserecht, § 6 LPG Rn. 58; Schmidt-Jortzig, in: FS P. Kirchhof, S. 191 (197) weist bezüglich des Inhalts dieser Bündelung darauf hin, dass diese als „Sonderausformung“ des allgemeinen Persönlichkeitsrechts „eigentlich wenig abweichendes, spezifisches“ aufweise, immerhin aber zu einer „ausdrückliche[n] verfas­ sungsrechtliche[n] Verankerung“ des Datenschutzrechts führe; differenziert zum Verhältnis von Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Privatsphärenschutz Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 47; Podlech, in: Grundrechte als Fundament der Demokratie, S. 50 (55). 127  Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 71; vgl. dazu auch Weichert, in: Kilian / Heussen, Hdb. Computerrecht, Teil 13 Rn. 4. 128  Schmidt-Jortzig, in: FS P. Kirchhof, S. 191 (197); diese Erweiterung des grundrechtlichen Schutzes hat überdies zu einer erheblichen Ausweitung der informationsund datenschutzrechtlichen Gesetzgebung geführt, vgl. Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 63; besonders problematisch ist hierbei die Verwertung von durch Videoüberwachung öffentlicher Plätze gewonnenen Bildaufnahmen zu präventiven Zwecken, vgl. dazu nur Frenz, NVwZ 2007, 631 (633). 129  BVerfGE 78, 77 (84); Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 73; U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 33. 130  BVerfGE 65, 1 (42); 78, 77 (84); 84, 192 (194 f.).



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lichkeit und damit die Herausbildung einer individuellen Identität nicht möglich.131 Unter diesem Aspekt ist schließlich auch die in Rechtsprechung und Literatur für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung herausgearbeitete konkretisierte Verhältnismäßigkeitsprüfung zu sehen. Personenbezogene Daten sind zwar grundsätzlich unabhängig von ihrer inhaltlichen Qualität geschützt,132 bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind jedoch ausdrücklich Art, Umfang und denkbare Verwendung der erhobenen Daten sowie die Gefahr ihres Missbrauchs in die Abwägung einzustellen, wobei der Schutz umso intensiver sein muss, „je näher die Daten der Intimsphäre des Betroffenen stehen“.133 Obwohl das Bundesverfassungsgericht seine Judikatur zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung bereits mehrfach bestätigt hat,134 besteht im Hinblick auf das Verhältnis zu anderen Teilbereichen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bislang wenig Klarheit.135 Die Auffassung, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung liege „quer“ zu den übrigen Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts und hierbei insbesondere zum Recht am eigenen Bild und Wort, findet jedoch wenig Entsprechung in den bisherigen Systematisierungsversuchen und ist insofern rechtsdogmatisch wenig überzeugend.136 Es ist daher davon auszugehen, dass es sich beim Recht auf informationelle Selbstbestimmung um eine spezifische Ausformung des Rechts auf Selbstdarstellung handelt, welche sich in Teilen mit dem Recht am eigenen Bild und Wort überlappt, stellenweise jedoch auch als lex generalis hinter diese zurücktritt.137 131  Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (338); Klar, Visualisierung des öffentlichen Raums, S. 55; unter besonderer Berücksichtigung des Menschenwürdebezugs P. Tiedemann, DÖV 2003, 74 (76 f.). 132  Golla, ZIS 2016, 192. 133  BVerfGE 65, 1 (46); 89, 69 (82 f.); Frenz, DVBl. 2009, 333 (334); Degenhart, JuS 1992, 361 (363 f.); Klar, Visualisierung des öffentlichen Raus, S. 86; Nebel, ZD 2015, 517 (519). 134  Vgl. grundlegend BVerfGE 65, 1 (43) und im Anschluss daran BVerfGE 93, 181 (187); 103, 21 (29); 115, 166 (187); 115, 320 (341); 133, 277 (316); vgl. dazu auch Baumann, DVBl. 1984, 612; Bäumler, JR 1984, 361 (362 ff.); Benda, DuD 1984, 86; Podlech, Leviathan 12 (1984), S. 85; Riegel, DVBl. 1985, 765; Rosenbaum, Jura 1988, 178; Schlink, Der Staat (1986), S. 233; Simitis, NJW 1984, 398; zu den gescheiterten Versuchen, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verfassungsrechtlich zu normieren vgl. Schrader, CR 1994, 427 (428 ff.); zu den zum Teil ausdrücklichen Normierungen in den Landesverfassungen vgl. Weichert, in: Kilian / Heussen, Hdb. Computerrecht, Teil 13 Rn. 8. 135  So auch Kloepfer / Breitkreutz, DVBl. 1998, 1149 (1150); Schmitz, in: Hoeren /  Sieber / Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 16 Rn. 21. 136  So aber Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 79; Kunig, in: v. Münch / Kunig, GG, Art. 2 Rn. 38; Gersdorf, in: BeckOK-InfoMedienR, Art. 2 GG Rn. 4. 137  Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 173 ff.; U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 31; Ambs, in: Erbs / Kohlhaas, § 1 BDSG Rn. 9; Schmitz, in: Hoeren / Sie-

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bb) Recht am eigenen Bild Aufgrund der Identität von Person und äußerem Erscheinungsbild sowie ihrer besonderen Wirkmacht betreffen Bildaufnahmen das Persönlichkeitsrecht in einem besonders sensiblen Bereich.138 Von den Persönlichkeitsrechten sitzt das Recht am eigenen Bild, wie Götting es plastisch ausgedrückt hat, der Person „am dichtesten auf dem Leibe“.139 Es verwundert daher nicht, dass der rechtliche Schutz dieses Teilbereichs der Persönlichkeit in den Vorschriften des KUG als Recht am eigenen Bild auch das erste (besondere) Persönlichkeitsrecht war, das eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfahren hat.140 Obwohl der einfachgesetzliche Schutz bereits seit dem Jahr 1907 als spezialgesetzliche Normierung in Gesetzesform gegossen war,141 hat das Bundesverfassungsgericht das verfassungsrechtliche Recht am eigenen Bild erst 1973 als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausdrücklich anerkannt.142 Der verfassungsrechtliche Schutz geht dabei weiter als der des einfachen Rechts,143 denn er erfasst nicht nur das wörtlich verstandene, geber / Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 16 Rn. 23 f.; ähnlich Damm / Rehbock, Widerruf, Rn. 26; im Ergebnis wohl auch Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 63. 138  So etwa BGH NJW 1974, 1947 (1949): „Anmaßung einer Herrschaft über ein fremdes Persönlichkeitsgut“; Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 12; Ladeur, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 9 Rn. 32; Prütting, in: Prütting / Wegen / Weinreich, BGB, § 12 Rn. 27; Eifert, Jura 2015, 1181 (1188); N. Fechner, Wahrung der Intimität, S. 104; Hoffmann-Riem, NJW 2009, 20 (23); Friedrich, Grundrechtlicher Persönlichkeitsschutz, S. 38; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 471; Brauneck, ZUM 2004, 887 (892); Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 21; Heldrich, in: FS Heinrichs, S. 319 (330); Spindler, Gutachten zum 69. DJT 2012, S. F 53. 139  Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 12. 140  Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 296; Michael, JöR N.F. 55 (2007), S. 357 (362); Bartnik, Bildnisschutz, S. 22; die Vorschriften des KUG erfassen den verfassungsrechtlich geschützten Gehalt des Rechts am eigenen Bild jedoch nicht vollständig, vgl. Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 II 2, S. 193; zum bereits 1876 in Kraft getretenen Reichsgesetz zum Schutze der Photographien, welches jedoch lediglich einen auf fünf Jahre begrenzten Nachbildungsschutz gewährte, vgl. Weber, Urheberrecht, S.  42 f.; Schneickert, Schutz der Photographien (1903), S. 109; Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 1. 141  Prinz / Peters, Medienrecht, Rn. 786; zu den Regelungen, die bereits vor Normierung des KUG zum Schutz von Bildaufnahmen in Kraft waren, vgl. Gareis, Gutachten zum 26. DJT 1902, S. 3 f.; Bächli, Recht am eigenen Bild, S. 11 ff.; Schneickert, Schutz der Photographien (1903), S. 13 ff. 142  Soweit ersichtlich findet das Recht am eigenen Bild erstmals in der Entscheidung zur Verwertung heimlicher Tonbandaufnahmen im Strafverfahren Erwähnung, vgl. BVerfGE 34, 238 (246); ebenso Hornung Grundrechtsinnovationen, S. 207; Kloep­fer / Breitkreutz, DVBl. 1998, 1149 (1150). 143  Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 II 2, S. 193; ausführlich zum Verhältnis des verfassungsrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu den einfachgesetzlichen Persönlichkeitsrechten Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 172 ff.



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genständliche Recht am eigenen Bild, sondern „erst recht […] das Verfügungsrecht über Darstellungen der Person“.144 In der Literatur wird diesem umfassenden Schutzbereichsverständnis zum Teil dadurch Rechnung getragen, dass das Recht am eigenen Bild einem weitergehenden Überbegriff wie etwa „Recht am eigenen Lebensbild“, „Recht auf Darstellung der eigenen Person“ oder „Recht auf Selbstdarstellung“ zugeordnet wird.145 Dahinter steht der Gedanke, dass Bildaufnahmen das äußere Erscheinungsbild einer Person dauerhaft fixieren und dem Betroffenen durch die Bildaufnahme das Verfügungsrecht über seine Selbstdarstellung entzogen wird.146 Das Bundesverfassungsgericht betont daher, dass jedermann „grundsätzlich selbst und allein bestimmen [darf], ob und wieweit andere sein Lebensbild im ganzen oder bestimmte Vorgänge aus seinem Leben öffentlich darstellen dürfen“.147

Dieses grundsätzliche Verfügungsrecht kann nur zum Schutz von Interessen der Allgemeinheit beschränkt werden, wobei im Wege einer Güterabwägung im konkreten Einzelfall zu ermitteln ist, ob durch den beabsichtigten Eingriff nach Art und Reichweite dieses Interesse der Allgemeinheit gefördert wird und ob es in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht.148 Das Recht am eigenen Bild ist damit ebenso wie das Recht am eigenen Wort ein umfassendes „Herrschaftsrecht über den persönlichen Außen­ auftritt“149, denn die öffentliche Beurteilung und Darstellung der Person betrifft in ihren vorteiligen wie nachteiligen Wirkungen den gesellschaftlichen Wert- und Achtungsanspruch und damit letztlich den sozialen Geltungsanspruch des Einzelnen.150 Negative Darstellungen der Person durch Bloßstellung oder Herabwürdigung des gesellschaftlichen Ansehens bestreffen die Gewährleistungsdimension der Selbstbestimmung und damit das Schutzgut 35, 202 (220) – Lebach; U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 31. nur Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 II 2, S. 193; Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 68 ff.; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 71; Schwetzler, Presseselbstkontrolle, S.  75 ff.; Neukamm, Bildnisschutz, S. 90; Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 64. 146  BVerfGE 101, 361 (381) – Caroline von Monaco II; Neuner, JuS 2015, 961 (968); Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 13; Haug, Bildberichterstattung, S. 26 f. 147  BVerfGE 35, 202 (220) – Lebach; 101, 361 (381) – Caroline I; Stieper, JZ 2014, 271 (272); Kloepfer / Breitkreutz, DVBl. 1998, 1149 (1150). 148  BVerfGE 27, 344 (353 f.) – Scheidungsakten; 32, 373 (381) – Arztkartei; 35, 202 (220) – Lebach. 149  Grundlegend dazu bereits im Jahr 1896 Keyßner, Recht am eigenen Bilde (1896), S. 31; Schmidt-Jortzig, in: FS P. Kirchhof, S. 191 (196); Schwabenbauer, Grundrechtseingriffe, S. 122. 150  BVerfGE 54, 148 (154 f.) – Eppler; 54, 208 (216 ff.) – Böll; 99, 185 (193) – Helnwein; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 19; Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 31; Nipperdey, Grundrechte II, S. 38 ff. 144  BVerfGE 145  Vgl.

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des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unmittelbar.151 Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das verfassungsrechtlich geschützte Recht am eigenen Bild dem Einzelnen kein absolutes Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person gewährt. Denn ein solches absolutes Verfügungsrechts wäre, wie das Bundesverfassungsgericht zu Recht betont, eine „unzutreffende Verallgemeinerung des in Ansehung der konkreten Fälle formulierten Schutzgehalts der grundrechtlichen Gewährleistung“, welche „nicht nur das Schutzziel, Gefährdungen der Persönlichkeitsentfaltung zu vermeiden, übersteigen, sondern auch weit in die Freiheitssphäre Dritter hineinreichen“ würde.152

Das Bundesverfassungsgericht hat zudem klargestellt, dass das Recht am eigenen Bild „dem Einzelnen nicht den Anspruch [gibt], nur so von anderen dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht oder gesehen werden möchte“.153 Durch das Recht am eigenen Bild wird dem Einzelnen damit vor allem die Befugnis eingeräumt, selbst darüber entscheiden zu können, ob Dritte Bildaufnahmen seiner Person anfertigen bzw. verwenden dürfen.154 Dem Bundesverfassungsgericht ist es in diesem Zusammenhang gelungen, prägnant herauszuarbeiten, dass dem Einzelnen das Recht am eigenen Bild unabhängig von den konkreten Umständen der Fotografie bzw. sonstigen Aufzeichnung zusteht, denn ob die Bildaufnahmen „den Einzelnen in privaten oder öffentlichen Zusammenhängen zeigen, spielt […] grundsätzlich keine Rolle“.155 Darin wird noch einmal deutlich, dass das Recht am eigenen Bild eine grundsätzlich sphärenneutrale Gewährleistung darstellt. Folge dieser Sphärenneutralität ist auch, dass es auf den konkreten Inhalt einer Bildaufnahme nicht ankommt.156 Die Leitidee grundsätzlicher Selbstbestimmung des Einzelnen sowie der prinzipiell sphärenneutrale Schutzgedanke des Rechts am eigenen Bild tritt indes ganz besonders deutlich hervor, wenn das Bundesverfassungsgericht formuliert, der Einzelne solle

151  Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 19; zum gesellschaftlichen Ansehen, der sog. Gesellschaftsehre vgl. BVerfGE 30, 173 (195) – Mephisto; 99, 185 (193) – Helnwein. 152  BVerfGE 101, 361 (380) – Caroline von Monaco II; vgl. ebenso Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 13; Kläver, JR 2006, 229; Haug, Bildberichterstattung, S. 27; Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 48; Neukamm, Bildnisschutz, S. 91. 153  BVerfGE 82, 236 (269); 97, 125 (149); 97, 391 (403); 99, 185 (194); 101, 361 (380); BVerfG, NJW 2002, 3767 (3768); Eifert, Jura 2015, 1181 (1188). 154  BVerfGE 35, 202 (220) – Lebach; 97, 228 (268 f.); Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 II 2, S. 193; Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 13. 155  BVerfGE 101, 361 (381) – Caroline von Monaco II. 156  Dies rechtfertigt sich daraus, dass die „Anmaßung von Verfügungsmacht […] im Widerspruch zum Schutz der mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht anerkannten Selbstbestimmung“ steht, vgl. Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 20; ebenso Eifert, Jura 2015, 1181 (1188).



A. Persönlichkeitsschutz im Verfassungsrecht 53 „[…] – ohne Beschränkung auf seine Privatsphäre – grundsätzlich selbst entscheiden können, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will, ob und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann.“157

Mit dieser Erstreckung des Rechts am eigenen Bild über die Privatsphäre hinaus tritt jedoch zugleich auch die Achillesferse der Gewährleistung zu Tage, denn auch die stärkste Betonung der individuellen Selbstbestimmung vermag nicht über die Tatsache hinweg zu helfen, dass in der Öffentlichkeit grundsätzlich weder ein Schutz vor spontaner noch technisierter Beobachtung besteht.158 Begibt sich der Einzelne in die Öffentlichkeit, so gilt grundsätzlich die Vermutung der Einwilligung in die Wahrnehmung persönlicher Lebenssachverhalte durch Dritte.159 Denn wer zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit die Vorteile gesellschaftlicher Öffentlichkeit für sich in Anspruch nimmt, kann nicht zugleich auf absolute Privatheit160 pochen, sondern „muss und kann gewöhnlich auch in anderer Weise auf die Risiken unvermeidlichen Ausgesetztseins reagieren“.161 Dies erkannte bereits Gareis im Jahre 1902 und formulierte: 157  BVerfGE

54, 148 (155) – Eppler. zur Kenntnisnahme öffentlich zugänglicher Information durch den Staat BVerfGE 120, 274 (344 f.) – Online-Durchsuchung; 120, 351 (361) – Datensammlung; v. Hippel / Weiß, JR 1992, 316 (322); Schmitt, in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, § 100c Rn. 1 f.; dieses Prinzip muss insofern erst recht für Private gelten, so auch Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 50 und Rn. 68; Bölke / Gostomzyk, Jura 2005, 336 (337); Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 49; so auch die Auffassung des Gesetzgebers bei Schaffung des § 201a StGB im Jahr 2004, vgl. BT-Drs. 15 / 1891, S. 6 und BTDrs. 15 / 2466, S. 5; abl. hinsichtlich ungenehmigten Bildaufnahmen Hubmann, in: FS Schwab, S. 3 (15). 159  Vgl. BVerfGE 35, 202 (220) – Lebach; BVerfG NJW 2002, 3767 (3768); Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 68; Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 13; Michael, JöR N.F. 55 (2007), S. 357 (366); Klar, Visualisierung des öffentlichen Raums, S. 86; Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 40; Brandner, JZ 1983, 689 (690); Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 57; Hubmann, JZ 1957, 521 (524); Evers, Privatsphäre und Ämter für Verfassungsschutz, S. 44; Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (605); krit. hierzu Podlech, in: Grundrechte als Fundament der Demokratie, S. 50 (62). 160  Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 26 weist zudem zu Recht darauf hin, dass es beim Schutz der Persönlichkeit vor Bildaufnahmen „allenfalls mittelbar um Privatsphärenschutz“ gehe, denn Schutzgut des (verfassungsrechtlichen) Rechts am eigenen Bild sei die individuelle Selbstbestimmung. 161  So Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 68; vgl. dazu auch BVerfGE 35, 202 (231 f.) – Lebach; 101, 361, (384 f.); BVerfG NJW 2006, 3406 (3408); Hubmann, in: FS Obermayer, S. 43 (48); ders., JZ 1957, 521 (523); Frotscher, ZUM 2001, 555 (563 f.); Lang, Ton- und Bildträger, S. 38 ff.; Bussmann, JR 1955, 202 (203); Haensel, in: FS Kern, S. 243; v. Gerlach, JZ 1998, 741 (748); ähnlich auch Heldrich, in: FS Heinrichs, S. 319 (331); Neben, Personenberichterstattung, S. 203 f.; krit. Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 211 f.; so im Ergebnis bereits Allfeld, KUG, § 23 Bem. I 2. 158  Vgl.

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„Wer sich in die Öffentlichkeit begibt, sozusagen zu einem Stück derselben wird, hat keinen Anspruch auf Besonderheit, daher keinen Schutz seiner Individualität; nur wo letztere hervortritt, kann von einem Schutz gegen Abbildungen gesprochen werden“.162

Diese prinzipielle Haltung der allgemeinen Rechtsordnung entspricht zugleich der grundsätzlichen Wertung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, welche den persönlichen Belangen des Einzelnen nur insoweit Vorrang einräumt, wie diese nicht durch den Sozialbezug des Menschen beschränkt werden.163 Auch hier gilt somit der Grundsatz, dass das Grundgesetz die Freiheit des Einzelnen nur bis zur Freiheit der Anderen schützt, d. h. die Freiheit des Einen findet ihre Grenze dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.164 Freilich ist mit dieser grundsätzlichen Überlegung in der schwierigen Frage, wo Öffentlichkeit endet und wo die unter Einwilligungsvorbehalt stehende Privatsphäre beginnt, oftmals noch wenig Klarheit gewonnen. Auch bei Berücksichtigung der Tatsache, dass die persönlichkeitsrechtlichen Belange nicht starr oder pauschal zu beantworten sind, sondern stets eine differenzierte Abwägung im Einzelfall zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit andererseits erfordern,165 kann die Gewährleistungsdimension des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch das Recht am eigenen Bild die durch Bildaufnahmen bestehende Gefährdungslage nicht abschließend erfassen.166 b) Gewährleistungsdimension der Privatheit bzw. Privatsphäre Angesichts der skizzierten Schwierigkeiten ist in jüngerer Zeit in der Rechtsprechung der Trend zu beobachten, die Problematik der Beeinträchtigung durch Bildaufnahmen weniger unter Rückgriff auf den Gedanken der Selbstbestimmung im Sinne eines Verfügungsrechts des Betroffenen über die Darstellung seiner Person, d. h. das Recht am eigenen Bild zu lösen, sondern vielmehr erneut die Gewährleistungsdimension des Privatsphären162  Gareis,

Gutachten zum 26. DJT 1902, S. 1 (14). in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (605); Hubmann, Ufita 70 (1974), S. 75 (84 f.); Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 51. 164  Im Ergebnis geht es also um das Gleichgewicht der Freiheitsrechte starker und schwacher Individuen einer Gemeinschaft, vgl. Rössner, in: FS Roxin, 2001, S. 977 (981); Baldus, JZ 2008, 218 (227). 165  Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 23; Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 50 f. 166  So auch Safferling, MLR 2008, 36; Germann, Jura 2010, 734 (737) weist ganz grundsätzlich darauf hin, dass sich ein „bestimmtes Individualinteresse zugleich verschiedenen Ausprägungen“ des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuordnen lässt. 163  Ahrens,



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schutzes167 mit in den Blick zu nehmen.168 Zwar schützt das Recht am eigenen Bild umfassend vor der Weitergabe auch unverfälschter Bilder. Personenbilder als „Informationsträger“ können jedoch nicht nur in den Schutzbereich des Rechts auf Privatsphäre fallen, sondern beeinträchtigen diese in der Regel wesentlich stärker als eine Wortberichterstattung mit vergleichbarem Informationsgehalt.169 Denn während der Inhalt einer Wortberichterstattung niemals isoliert für sich betrachtet werden kann, sondern hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit oder Authentizität stets untrennbar mit der Person des Berichterstattenden verbunden ist, wirken Bildaufnahmen durch die Wiedergabe scheinbar objektiver Realität unmittelbar.170 Hinsichtlich unbefugter Bildaufnahmen überschneiden und ergänzen sich das Recht auf Privatsphäre und das Recht am eigenen Bild somit partiell.171 Während die Selbstbestimmungsdimension des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, zu der das Recht am eigenen Bild zählt, die Außenbeziehungen des Einzelnen gegen Beeinträchtigungen der persönlichen Autonomie schützt, bezieht sich der Schutz der Privatsphäre vor allem auf die Bewahrung der menschlichen Innenbeziehungen gegen Indiskretion.172 Das Bundesverfassungsgericht hat dabei aufgezeigt, dass sich der Schutz der Privatsphäre anders als das Recht 167  Diese ist wegen ihrer Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung ebenso wie die Gewährleistungsdimension der Selbstbestimmung Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, vgl. BVerfGE 27, 1 (6); 44, 197 (203); 101, 361, (380); besonders deutlich BVerfGE 90, 255 (260); Schmitt Glaeser, in: HStR1 VI, § 129 Rn. 9; Lettl, WRP 2005, 1045 (1050); Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 154. 168  Vgl. nur BVerfGE 101, 361 (382) – Caroline II; 120, 180 (198 f.) – Caroline II; 119, 1 (29 f.) – Esra; BVerfG, NJW 2000, 2192 – Sturz in der Badeanstalt; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 22; Nebel, ZD 2015, 517 (519). 169  BVerfGE 35, 202 (226 ff.) – Lebach; BGH NJW 1966, 2353 (2354) – Vor unserer eigenen Tür; OLG Karlsruhe NJW 2006, 617 (619); Haensel, in: FS Kern, S. 243; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 471; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 47; Halfmeier, AfP 2004, 417 (421); freilich gilt dies nicht absolut und pauschal, sondern hängt wie immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, vgl. nur BVerfG NJW 2000, 2194 (2195). 170  Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 14. 171  BVerfGE 101, 361 (380 f.) – Caroline II; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 155; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 166 und Rn. 195; Kramer, NJW 1992, 2732 (2733); Kloepfer / Breitkreutz, DVBl. 1998, 1149 (1150 f.); W. Schmidt, JZ 1974, 241 (244) differenziert, dass die Privatsphäre den Aspekt des „Schutzes des einzelnen gegen indiskretes Eindringen anderer in seinen persönlichen (‚privaten‘) Lebensbereich“, die Selbstbestimmungsdimension hingegen das Recht beinhalte „selbst zu bestimmen, was davon anderen mitgeteilt werden soll und auf welche Weise“; beide Aspekte beträfen jedoch „Verletzungsmöglichkeiten bei der Beschaffung nicht ohne weiteres zugänglicher Information“. 172  Vgl. BVerfGE 35, 202 (220) – Lebach; BVerfG NJW 2008, 1793; W. Schmidt, JZ 1974, 241 (244); Seidel, Persönlichkeitsrecht, S. 70; Söder, in: BeckOK-Info­ MedienR, § 823 Rn. 156.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

am eigenen Bild nicht speziell auf Abbildungen bezieht, sondern grundsätzlich „thematisch und räumlich bestimmt“ ist.173 Dabei ist zunächst zwischen dem Schutz vor der Öffentlichkeit und dem Schutz in der Öffentlichkeit zu unterschieden. Die Überlegungen zum Schutz vor der Öffentlichkeit beschäftigen sich hier mit der Abgrenzung zwischen Privatsphäre einerseits und der Öffentlichkeits- bzw. Sozialsphäre andererseits. Schwieriger noch als diese grundsätzliche Grenzziehung aber ist die Frage, welchen Schutz die privat-persönlichen Belange des Einzelnen in der Öffentlichkeit erfahren. Hier steht die Überlegung im Raum, ob der Einzelne den grundsätzlich gewährten Schutz der Privatsphäre in die Öffentlichkeit „mitzunehmen“ vermag. aa) Schutz vor Öffentlichkeit Der Schutz der Privatheit vor Öffentlichkeit betrifft das Recht des Einzelnen auf Selbstbewahrung sowie auf Abschirmung und Rückzug gegenüber der Gesellschaft.174 Durch den Schutz der engeren persönlichen Lebenssphäre im Sinne der Privat- und Intimsphäre175 wird dabei nicht nur die freie Persönlichkeitsentfaltung gewährleistet, sondern es werden auch diejenigen Voraussetzungen geschützt, die eine freiheitliche Persönlichkeitsentfaltung überhaupt erst ermöglichen.176 Rechtsprechung und Literatur haben diesem Konzept in Reaktion auf die sog. Persönlichkeitskernthese177 durch die Sphärentheorie klare Konturen gegeben.178 Ihr liegt die Vorstellung zugrunde, dass den Menschen im Spannungsverhältnis von Individualität und Gemeinschaftlichkeit Sphären unterschiedlich intensiver Privatheit umgeben.179 Entsprechend der Privatheits­ 173  BVerfGE

101, 361 (382) – Caroline von Monaco II. Zur Problematik der Grundrechte, S. 15 f.; Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 25; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 69; Nebel, ZD 2015, 517; Eifert, Jura 2015, 1181 (1182). 175  Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 148. 176  Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 I 3, S. 190. 177  Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 34; P. Tiedemann, DÖV 2003, 74 (75); zur Persönlichkeitskernthese H. Peters, Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, S.  16 ff. 178  Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 158; Wölfl, NVwZ 2002, 49; Scholz / Konrad, AöR 123 (1998), S. 60 (65); Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 20; Obergfell, in: Ulmer-Eilfort / Obergfell, Verlagsrecht, Teil  1 Kap. I Rn. 4; krit. Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2, Rn. 104 f.; Ladeur, ZUM 2000, 879 (881). 179  BVerfGE 27, 344 (351); 32, 373 (379) – Arztkartei; 35, 35 (39); 80, 367 (373 ff.); Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (107); Seidel, Persönlichkeits174  Wintrich,



A. Persönlichkeitsschutz im Verfassungsrecht 57

intensität nimmt dabei die Schutzbedürftigkeit ausgehend vom absoluten Schutz des letzten unantastbaren Kernbereichs von innen nach außen ab.180 Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist damit umso intensiver, je enger der Bezug des in Frage stehenden Lebenssachverhalts zum Kernbereich privater Lebensgestaltung ist.181 Die Sphären individueller Persönlichkeitsentfaltung werden dabei als Intimsphäre, Privatsphäre und Öffentlichkeits- bzw. Sozialsphäre definiert.182 Die Intimsphäre stellt den engsten Persönlichkeitsbereich dar und umfasst den letzten unantastbaren Bereich menschlicher Freiheit.183 Eingriffe sind hier unter keinen Umständen zu rechtfertigen.184 Der absolute und damit abwägungsfeste Schutz dieses eng umgrenzten Bereichs ergibt sich maßgeblich aus seiner Nähe zur Menschenwürde, sodass eine Offenlegung von Informationen aus der Intimsphäre durch Bildaufnahmen grundsätzlich unzulässig ist.185 Inhaltlich berühren Bildaufnahmen die Intimsphäre etwa dann, wenn sie Vorgänge aus den Bereichen Sexualität186 oder Krankheit187 abbilden. recht, S.  65 f.; Wanckel, Persönlichkeitsschutz, S. 120; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 158; U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 10 ff.; Steffen, in: Löffler, Presserecht, § 6 LPG Rn. 64; Zolotas, Privatleben und Öffentlichkeit, S. 26. 180  Grundlegend dazu Hubmann, JZ 1957, 521 (524); Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S.  24 ff.; Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 34; Hufen, in: FS 50 Jahre BVerfG, Bd. II, S. 105 (107); Grünhut, ZStW 74 (1962), S. 319 (323); Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 13. 181  Scholz / Konrad, AöR 123 (1998), S. 60 (64); Eifert, Jura 2015, 1181 (1189); Engels / Jürgens, NJW 2007, 2517; Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 21. 182  Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 157 ff.; Starck, in: v.  Mangoldt /  Klein / Starck, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 88 ff.; Nebel, ZD 2015, 517 (518); v. Arnauld, ZUM 1996, 286 (290); Kingreen / Poscher, Staatsrecht II, Rn. 413. 183  BVerfGE 32, 373 (378  f.) – Arztkartei; Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 21; Dammann, Kernbereich privater Lebensgestaltung, S. 16; Seidel, Persönlichkeitsrecht, S. 66. 184  Nebel, ZD 2015, 517 (518); Eifert, Jura 2015, 1181 (1189); in der Literatur wird freilich zu Recht darauf hingewiesen, dass die Rspr. gerade wegen dieser Absolutheit kaum je einen Sachverhalt explizit dem Kernbereich zugeordnet hat, vgl. Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 158; Dammann, Kernbereich privater Lebensgestaltung, S. 72; Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (19); vgl. dazu auch oben unter Kapitel 1 A. II. 1. 185  BVerfGE 27, 1 (8); Barrot, Kernbereich, S. 43; Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 21. 186  Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein absoluter Schutz tatsächlich nur dann besteht, wenn das fragliche Verhalten des Betroffenen auch gesellschaftliche Auswirkungen hat, vgl. BVerfG NJW 1990, 563 (565); Kröner, in: Paschke / Berlit /  Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 24. 187  Einschränkend ist hierbei zu berücksichtigen, dass nicht jede Art von Erkrankung in den Schutzbereich der Intimsphäre fällt, vgl. BVerfGE 32, 373 (379) – Arzt-

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Die Privatsphäre als „engere persönliche Lebenssphäre“ ist in ihrem Umfang weiter gefasst als die Intimsphäre, zugleich aber auch enger als die Öffentlichkeitssphäre.188 Sie schützt einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, der zwar vor der breiten Öffentlichkeit abgeschirmt ist, dabei aber dennoch regelmäßig einen Sozialbezug aufweist.189 Eingriffe in die Privatsphäre sind daher nicht kategorisch ausgeschlossen, sondern können aufgrund überwiegender Belange des Allgemeinwohls unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch ohne Einwilligung des Betroffenen gerechtfertigt sein.190 Die Privatsphäre erfasst dabei zunächst solche Angelegenheiten, deren öffentliche Erörterung nachteilige Reaktionen erwarten lassen und daher vom Betroffenen typischerweise als privat empfunden werden.191 Als typischerweise privat gelten dabei nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts solche Angelegenheiten, deren öffentliche Zurschaustellung als unschicklich gilt und deren Bekanntwerden als peinlich empfunden wird. Hierzu soll etwa die Kommunikation unter Eheleuten oder im Bereich der Sexualität, sozial abweichendes Verhalten oder Krankheit gehören.192 Teile der Literatur weisen jedoch zu Recht darauf hin, dass dem Vorliegen eines solch „typischerweise privaten Verhaltens“ für die Bestimmung des Privatsphärenschutzes nur eine indizielle Wirkung zukommt,193 denn der Schutz der Privatheit, wie er in der Sphärentheorie in Form der Privatsphäre zum Ausdruck kommt, basiert letztlich auf der konstruktiven Gegenüberstellung der beiden Begriffe „Privatheit“ und „Öffentlichkeit“ im Sinne von Sozialsphäkartei; in der Regel wird es sich daher um Erkrankungen handeln, bei denen ein unmittelbarer Bezug zum sexuellen Verhalten des Betroffenen besteht, vgl. Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 28. 188  BVerfGE 54, 148 (153); Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1263); Nebel, ZD 2015, 517 (518). 189  Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 30; Osiander, Recht am eigenen Bild, S. 81; Rüpke, Schutz der Privatheit, S. 23. 190  BVerfGE 27, 344 (351); 34, 205 (210); 44, 353 (373  ff.); 80, 367 (375); Scholz / Konrad, AöR 123 (1998), S. 60 (64 f.); Nebel, ZD 2015, 517 (518); Geis, JZ 1991, 112 (113); v. Arnauld, ZUM 1996, 286 (289); Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 32; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 159. 191  BVerfGE 101, 361 (382) – Caroline von Monaco II; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 69. 192  BVerfGE 101, 361 (382) – Caroline von Monaco II, unter Verweis auf BVerfGE 27, 344; 32, 373 – Arztkartei; 44, 353; 47, 46; 80, 367; Kröner, in: Paschke / Berlit /  Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 30; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 69. 193  Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 24.



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ren.194 Als grundsätzliches Recht, im Rahmen seiner Privatsphäre „in Ruhe gelassen zu werden“195, zielt es als Recht der Selbstbewahrung daher auf die Abgrenzung eines autarken Privatbereichs, welcher der Selbstfindung und Entwicklung der personalen Identität dient.196 Diese Abgrenzung wird rechtlich dadurch erreicht, dass Angelegenheiten, die durch die Rechtsordnung der Privatsphäre zugeordnet werden, der unbefugten Kenntnisnahme Dritter grundsätzlich entzogen sind.197 Die Herstellung bzw. Verbreitung von Bildaufnahmen beeinträchtigt den so abgegrenzten Privatbereich dabei in zweifacher Hinsicht, denn sie wirkt einerseits von außen in die Privatsphäre hinein, trägt zugleich aber auch bildhafte Informationen aus der Privatsphäre heraus.198 Der Schutz der Privatsphäre vor der Öffentlichkeit erfasst daher primär solche Bildaufnahmen, die eine Person innerhalb ihrer häuslich umgrenzten Privatsphäre zeigen.199 Dem konkreten Bildinhalt und der Frage nach dessen Privatheitsbezug kommt dabei angesichts des maßgeblich räumlich verstandenen Schutzverständnisses nur eine sekundäre und damit untergeordnete Rolle zu. Begriffe wie „Privatsphäre“, „Privatleben“ oder „Privatheit“ lassen sich nicht abschließend definieren, sondern müssen stets „fließend“ nach den individuellen Umständen des konkreten Einzelfalls in einer umfassenden Abwägung ermittelt werden.200 Als „Angelegenheit der Lebenswirklichkeit“ 194  Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 13; Nebel, ZD 2015, 517; ausführlich zu diesem Begriffspaar Hauck, Schutz der Privatheit, S. 84 ff.; Kröner, in: Paschke / Berlit /  Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 20; Seidel, Persönlichkeitsrecht, S. 65; Störmer, Jura 1991, 17 (19); Zolotas, Privatleben und Öffentlichkeit, S. 26; zu alternativen Ansätzen in Form der sog. Rollentheorie vgl. P. Müller, ÖVD 1973, 61 (62 ff.); O. Mallmann, Zielfunktionen, S. 36 ff.; zum kommunikationstheoretischen Ansatz vgl. Rüpke, Schutz der Privatheit, S. 75 ff.; siehe auch Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1263). 195  Im angelsächsischen Rechtskreis als „Right of Privacy“ bekannt, vgl. etwa Post, GRUR Int. 2006, 283 ( 288); Martini, JA 2009, 839 (840); sowie die Darstellung bei U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 47 ff. 196  Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 70. 197  Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 72; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 69. 198  Grünhut, ZStW 74 (1962), S. 319 (323); Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 69. 199  BVerfGE 101, 361 (383) – Caroline von Monaco II; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 23; Czernik, GRUR 2012, 457 (458); Bölke / Gostomzyk, Jura 2005, 336 (337); Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 34; Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 63; dies entspricht im Übrigen auch der zunächst rein räumlichen Schutzkonzeption der Wohnung bzw. des sonst sichtgeschützten Raumes in § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB. 200  So auch BVerfGE 101, 361 (384) – Caroline von Monaco II; 120, 180 (199); Nebel, ZD 2015, 517 weist zudem darauf hin, dass es sich bei der Privatsphäre nicht um einen Rechtsbegriff handelt; Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 55; Huber, Bildbe-

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

handelt es sich bei der Privatsphäre somit nicht um ein objektives Schutzgut, sondern um einen subjektiven Gewährleistungsgegenstand, der das private Verhältnis des Einzelnen zu bestimmten Angelegenheiten umschreibt.201 Auch wenn sich der Schutz der Privatheit damit im Kern auf den das all­ gemeine Persönlichkeitsrecht dominierenden Gedanken der individuellen Selbstbestimmung zurückführen lässt, weist er doch einen eigenständigen Gehalt auf, denn die prinzipielle Selbstbestimmung über persönliche Angelegenheiten vermittelt keine willkürliche Definitionsmacht über den Gegenstand persönlicher Privatheit.202 Vielmehr wird Selbstbestimmung über persönliche Privatheit verstanden als Gegengewicht zur staatlichen oder gesellschaftlichen Öffentlichkeit. Aus dieser Perspektive wird klar, dass es beim Schutz der Privatsphäre nicht nur um den Schutz der physischen Zugänglichkeit des Privaten gehen kann, sondern darüber hinaus auch der Schutz von Informationen aus der Privatsphäre erfasst wird.203 Dementsprechend liegt ein Eindringen in die Privatsphäre immer dann vor, wenn die Selbstbestimmung des Einzelnen über seine persönliche Privatheit missachtet oder auf sonstige Art und Weise gegen seinen Willen überwunden wird.204 Die Privatsphäre erfährt somit einen umfassenden Schutz vor dem Zugriff der Öffentlichkeit. Während die Rechtsprechung neben der Intim- und Privatsphäre keine weitere Differenzierung vornimmt, gehen Teile der Literatur davon aus, dass zusätzlich noch eine dritte Sphäre in Gestalt einer Öffentlichkeitssphäre existiert.205 Öffentlichkeit wird hierbei im Sinne der Zugänglichkeit eines Sachverhalts für den Staat bzw. die Gesellschaft verstanden und stellt somit den richterstattung, S. 26; Rüpke, Schutz der Privatheit, S. 19; W. Schmidt, JZ 1974, 241 (244); Diggelmann, VVDStRL 70 (2011), S. 50 (52); Seidel, Persönlichkeitsrecht, S. 66; 201  Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 43; Nebel, ZD 2015, 517. 202  BVerfGE 80, 367 (373); Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 72; Di Fabio, Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 168; Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 44; dies findet eine Parallele in dem Umstand, dass auch das Recht am eigenen Bild keine absolute Verfügungsmacht über die eigene Darstellung vermittelt, vgl. dazu oben Kapitel 1 A. II. 2. a) bb); Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (611) stellt diesbezüglich differenzierend fest, dass das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen jedenfalls darin zum Ausdruck kommt, dass zumindest „die Sphärenzugehörigkeit einer bestimmten Aktion von dem Willen des Betroffenen“ abhängt. 203  Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 90 ff.; Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 46; Gersdorf, in: BeckOK-InfoMedienR, Art. 8 EMRK Rn. 22. 204  Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 48; Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 90. 205  Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 56 weist zu Recht auf die Notwendigkeit der Öffentlichkeitssphäre zumindest als Abgrenzungsgröße hin; vgl. zudem Hubert, Presseprivileg, S. 59.



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Gegenbegriff zur Privatheit dar.206 Anders als die Privatsphäre, über deren Konturen der Einzelne grundsätzlich selbst bestimmen kann, gewährt die Öffentlichkeit keine derartige Verfügungsbefugnis.207 Die Öffentlichkeitssphäre gewährt der Persönlichkeit demzufolge den schwächsten Schutz, denn das hierunter fallende Verhalten ist wegen der in der Regel bewussten Hinwendung zur gesellschaftlichen Öffentlichkeit und der damit verbundenen Publizität am wenigsten schutzwürdig.208 Sie erfasst im Wesentlichen die Betätigung des Einzelnen im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und vor allem politischen Leben.209 Dieser Auffassung von der Existenz einer Öffentlichkeitssphäre hat sich das Bundesverfassungsgericht bislang zwar nicht ausdrücklich angeschlossen,210 es gibt jedoch durchaus Hinweise, dass das Gericht ebenfalls von der Existenz einer weiteren Sphäre ausgeht, welche unterhalb des Schutzniveaus der Öffentlichkeitssphäre angesiedelt ist.211 Diese sog. Sozialsphäre soll dabei solches Verhalten erfassen, das mangels direkter Zuwendung nicht unmittelbar in der Öffentlichkeit stattfindet, gleichwohl aber als soziales Verhalten von der Öffentlichkeit grundsätzlich wahrgenommen werden kann, sodass hier auch das berufliche Leben mitumfasst ist.212 Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Sphärentheorie stößt in der Literatur insgesamt auf ein geteiltes Echo und wird insbesondere im Hinblick auf ihren Aussagegehalt kontrovers beurteilt. Vor allem die vom Bundesverfassungsgerichts als Kernbereichsschutz errichtete absolute Eingriffsschranke wird seitens der Literatur zwar als „einer der ganz wenigen Fälle, in denen das Gericht der ‚Versuchung der weichen Worte‘ widerstehen 206  Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 45; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 13; Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (611). 207  Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (611). 208  Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine beschränkte bzw. relative oder uneingeschränkte bzw. absolute Öffentlichkeit handelt Kröner, in: Paschke / Berlit /  Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 47; differenzierend Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 69 f. 209  Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 47 weist jedoch darauf hin, dass die Berufstätigkeit in aller Regel nicht in die Öffentlichkeitssphäre fällt. 210  So auch Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 56; Hubert, Presseprivileg, S. 59. 211  BVerfGE 6, 389 (434); 30, 173 (195, 198); deutlicher BVerfGE 27, 284 (289); Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 56; Zolotas, Privatleben und Öffentlichkeit, S. 32; teilweise wird in der Literatur auch auf die Differenzierung der Sozialsphäre zurückgegriffen, vgl. Degenhart, JuS 1992, 361 (364); Rehm, AfP 1999, 416 (418); Osiander, Recht am eigenen Bild, S. 80 f. 212  BVerfG NJW 2011, 47 (48); Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 47; Mann, in: Spindler / Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 823 BGB Rn. 39.

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konnte“, größte Bedeutung beigemessen.213 Die konkrete Konzeption dieser Eingriffsschranke hingegen ist nicht ohne Kritik geblieben. So bemängelt etwa Degenhart die weitgehende Konturlosigkeit des Begriffs der Intimsphäre und Schünemann geht in seiner Kritik sogar so weit, den Begriff des Kernbereichs als „semantisch so gut wie leer“ zu bezeichnen.214 Diese Rhetorik stützt sich nicht zuletzt auf den Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht ausgerechnet die intimsten zwischenmenschlichen Beziehungen aus dem Kernbereichsschutz ausnimmt. Wenn selbst Ehescheidungsakten, die schon qua ihrer Natur einen Bezug zu intimsten Details familiärer, finanzieller oder sexueller Art aufweisen, nicht mehr der Intimsphäre zugerechnet werden sollen, da sie die „Persönlichkeitssphäre eines anderen Menschen berühren“, d. h. einen Sozialbezug aufweisen,215 dann stellt sich zu Recht die Frage, ob für den absoluten Kernbereichsschutz überhaupt ein sinnvoller Anwendungsbereich verbleibt.216 Die Sphärentheorie erklärt zwar aus sich selbst heraus wenig, macht aber dafür umso umfangreichere Abwägungsprozesse erforderlich, obwohl es bis heute nicht gelungen ist, zweifelsfreie Kriterien für die Zuordnung der verschiedensten Lebenssachverhalte zu den einzelnen Persönlichkeitssphären zu entwickeln.217 Aus dieser Perspektive betrachtet scheint die Sphärentheorie nur wenig zu einer Präzisierung des Persönlichkeitsschutzes beizutragen.218 Die Schwierigkeiten, die die Anwendung der Sphärentheorie mit sich bringt, liegen zunächst darin, dass der Privatsphärenschutz primär als Schutz der Persönlichkeit vor Öffentlichkeit erscheint. Dieses Verständnis der Sphärentheorie ist eine unmittelbare Folge der Rechtsprechung zum unantastbaren Kernbereich, bei der schon allein aufgrund der Wortwahl ein rein räumliches Verständnis mitschwingt. Die Anwendung eines solch formalen Kriteriums hat dabei zwar eine eindeutige Abgrenzung zwischen schutzwürdigen und weniger schutzwürdigen Situationen ermöglicht, zugleich aber auch den materiellen Schutzgehalt des Persönlichkeitsrechts auf ein absolutes Minimum begrenzt.219 Viel gravierender noch wiegt indes der Umstand, dass ein rein 213  So wörtlich Leisner, in: FS Hubmann, S. 295 (303), der freilich zugleich eine präzisere Bestimmung der „Grenzen des Unantastbaren“ fordert. 214  Degenhart, JuS 1992, 361 (363); Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (21 f.). 215  BVerfGE 6, 389 (433); Benda, in: FS Geiger, S. 23 (30); vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 A. II. 1. 216  Vgl. nur BVerfGE 27, 344 (351 f.); Seidel, Persönlichkeitsrecht, S. 66; in der Entscheidung zum sog. „großen Lauschangriff“ aus dem Jahre 2004 bejahte das BVerfG jedoch erstmals einen Eingriff in den absolut geschützten Kernbereich, vgl. BVerfGE 109, 279 (325); Kutscha, NJW 2005, 20 (21); Roxin, in: FS Böttcher, S. 159 ff.; vgl. dazu auch Denninger, ZRP 2004, 101. 217  Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 41 f.; Wanckel, Persönlichkeitsschutz, S. 120. 218  So Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (21 f.); Wölfl, NVwZ 2002, 49 (51).



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räumliches Verständnis leicht den Blick darauf verstellt, dass die Zuordnung verschiedener Themenkomplexe zu den einzelnen Schutzsphären nicht das eigentlich erklärte Ziel der Sphärentheorie ist, sondern lediglich einen notwendigen Zwischenschritt darstellt, um über die graduelle Betroffenheit einer Persönlichkeitssphäre überhaupt eine konkrete Aussage machen zu können.220 Dieser – im Einzelfall oftmals schon für sich schwierig nachzuvollziehende221 – Zwischenschritt ist insofern kaum mehr als eine erste Orientierungshilfe bei der Frage, welche konkreten Anforderungen an die nachfolgende Abwägung zur Konturierung der betroffenen Freiheitssphären zu stellen sind. Dass die Sphärentheorie indes mehr als nur eine reine Worthülse ist erschließt sich erst dann, wenn die einzelnen Persönlichkeitssphären, d. h. die Intim-, Privat- und Öffentlichkeitssphäre, nicht nur als räumliches Substrat verstanden werden, sondern auch deren innewohnender ideeller Gehalt mit­ erfasst wird. Der absolute Schutz des Kernbereichs als unmittelbarer Ausfluss der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG unterscheidet sich, wie schon am Wortlaut deutlich wird, in seiner Konzeption maßgeblich von dem der übrigen Freiheitsrechte. Daraus folgt, dass die Substanz der Menschenwürde nicht zwangsläufig bereits dann verletzt wird, wenn eine staatliche Maßnahme den Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt. Da die Menschenwürdegarantie einen Achtungsanspruch verbürgt, also gerade kein gegenständliches Substrat erfasst,222 sondern vielmehr das Verhältnis zwischen Bürger und Staatsgewalt unter einen besonderen Schutz stellt,223 ist die Menschenwürde erst dann betroffen, wenn in einer Substanzverletzung gerade auch eine Missachtung der Menschenwürde zum Ausdruck kommt, etwa auf219  Dammann, Kernbereich privater Lebensgestaltung, S. 37 weist darauf hin, dass „Privatheit immer auch ein kommunikatives und soziales Element enthält“; vgl. auch Geis, JZ 1991, 112 (115). 220  Heldrich, in: FS Heinrichs, S. 319 (329). 221  Zur Relativität der Privatheit vgl. Ehmann, AcP 188 (1988), S. 230 (235); Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 193 f.; U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 21; Klass, in: Erman, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 122. 222  Die Unmöglichkeit, den Gehalt der Menschenwürde als gegenständliches Substrat auszugestalten, kommt auch darin zum Ausdruck, dass dieser Gehalt trotz zahlreicher Versuche nicht positiv umschrieben werden kann, vgl. Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 34; zum Menschenwürdeschutz aufgrund der Leistung der Identitätsbildung vgl. Luhmann, Grundrechte als Institutionen, S. 60 ff.; Podlech, in: AK-GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 34; zur sog. Mitgiftthese vgl. Starck, in: v.  Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 18; zur sog. Kommunikationstheorie vgl. Hofmann, AöR 118 (1993), S. 353 (369 ff.). 223  Poscher, JZ 2009, 269 (274); in diese Richtung weisend auch Gern, NJW 1983, 1585 (1588) und Frenz, ZAR 2014, 1 (2); zu den Konsequenzen für die Sphärentheorie U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 22.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

grund von Willkür.224 Art. 1 Abs. 1 GG ist insofern nicht schon dann betroffen, wenn der Staat Kenntnis von Informationen aus dem Kernbereich erlangt, vielmehr muss zur bloßen Wahrnehmung solcher Informationen stets noch eine Missachtung der Menschenwürde hinzutreten, damit es sich um eine Verletzung handelt.225 Eine solche Missachtung kann freilich erst dann bejaht werden, wenn der Staat gezielt, d. h. final in den Kernbereich eingreift, um die auf diese Weise erlangten Informationen zu eigenen Zwecken zu nutzen. Vergegenwärtigt man sich diesen ideellen Gehalt der Menschenwürde­ garantie, so wird klar, dass der Begriff des Kernbereichs lediglich eine Metapher ist, die sich nicht in den Schutz eines bestimmten physischen Raums übersetzen lässt.226 Für den Schutz der Persönlichkeit, wie er in der Sphärentheorie zum Ausdruck kommt, hat dies zur Folge, dass er aufgrund der Bezüge zur Menschenwürde auch den „geistig-seelischen Innenbereich“ des Menschen erfasst227 und weit über einen rein räumlich verstandenen Bereich hinausreichen muss. bb) Schutz in der Öffentlichkeit Die Anerkennung dieses nicht nur materiellen, sondern vor allem auch ideellen Substrats der Privatsphäre gibt den Blick darauf frei, dass ein grundsätzliches Bedürfnis nach Schutz der Privatheit nicht nur dann bestehen kann, wenn sich der Einzelne gezielt von der Außenwelt zurückzieht, indem er sich räumlich isoliert. Das Schutzbedürfnis dieses Innenraums, etwa der Gedanken- und Gefühlswelt, besteht auch dann fort, wenn sich der Einzelne in Gesellschaft begibt. Physisch betrachtet darf der Schutz der Privatheit daher nicht an der Schwelle zur Öffentlichkeit enden.228 224  Diesem Umstand trägt auch die im Wesentlichen auf Dürig zurückgehende sog. Objektformel Rechnung, nach der es mit der Würde des Menschen unvereinbar ist, diesen zum bloßen Objekt der Staatsgewalt herabzuwürdigen, vgl. BVerfGE 6, 32 (36 ff.); 30, 1 (25 f. und 39 ff.); 96, 375 (399); dies bedeutet auch, dass der Mensch aufgrund seines verfassungsrechtlich geschützten Wert- und Achtungsanspruchs nicht zum bloßen Objekt der Verbrechensbekämpfung gemacht werden darf, vgl. BVerfGE 45, 187 (228); 72, 105 (115 f.); 109, 279 (311 f.); allg. zur Objektformel vgl. auch Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 36. 225  Poscher, JZ 2009, 269 (275); s. dazu auch v. Olshausen, NJW 1982, 2221 (2222). 226  Amelung, Schutz der Privatheit, S. 21; Poscher, JZ 2009, 269 (272). 227  Vgl. Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1264); Kutscha, NJW 2005, 20 (21); zu den Gefahren einer Verräumlichung des Grundrechtsdenkens, insb. im Hinblick auf die Menschenwürde, vgl. Poscher, JZ 2009, 269 (271 ff.); Hillgruber, in: HStR IX, § 200 Rn. 3; a. A. wohl Engels / Jürgens, NJW 2007, 2517. 228  BVerfGE 101, 361 (383) – Caroline von Monaco II; Franke, Bildberichterstattung, S.  88 f.; Steffen, in: Löffler, Presserecht, § 6 LPG Rn. 68; Rohlf, Schutz der



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Auf den ersten Blick mag ein Schutz der Privatsphäre in der Öffentlichkeit widersprüchlich erscheinen, zeichnet sich doch die Privatsphäre gerade durch das Fehlen eines Sozialbezugs aus. Dieser scheinbare Widerspruch kann jedoch aufgelöst werden, betrachtet man den Schutz der Privatsphäre in der Öffentlichkeit als das Recht des Einzelnen, sein durch die Privatsphäre grundsätzlich gewährleistetes Recht auf Rückzug und Abschirmung gegenüber der Gesellschaft auch außerhalb des häuslichen Rückzugsbereichs in der Öffentlichkeit wahrnehmen zu dürfen. Ausgangspunkt der Überlegung ist dabei, dass dort, wo sich der Einzelne unter Mitmenschen und damit in der Öffentlichkeit bewegt, zwar ein Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht bestehen kann, dieser aber nicht zwingend in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre bestehen muss.229 Im Laufe der Zeit wurden hierzu verschiedene Abgrenzungskriterien gebildet und weiterentwickelt, deren Entwicklung im Folgenden kurz nachgezeichnet werden soll. (1) Objektiv-räumlicher Ansatz Die Frage, ob ein Schutz der Privatsphäre auch außerhalb der häuslichen Sphäre bestehen kann, wurde in der Literatur bereits frühzeitig kontrovers diskutiert.230 Vertreter der Sphärentheorie versuchten zunächst, den Schutzbereich der Privatsphäre durch ein Anknüpfen an die Anonymität des Verhaltens in der Öffentlichkeit auszuweiten.231 Trotz der im Kern berechtigten Kritik, dass eine solche Konstruktion wenig Aufschluss über die BeeinträchPrivatsphäre, S. 45 nennt als Beispiel etwa „die Empfindlichkeit des beobachteten Liebespaares im Park“; Frotscher, ZUM 2001, 555 (563); Kaboth, ZUM 2004, 818 (820); Czernik, GRUR 2012, 457 (458); Kube, in: HStR VII, § 148 Rn. 40; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 57; W. Schmidt, JZ 1974, 241 (243); Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 58; Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 29; Schwan, VerwArch 1975, 120 (147); Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (605); zu den Unterschieden in der Rspr. von EGMR und BVerfG vgl. Engels / Jürgens, NJW 2007, 2517 (2518); zur Bindungswirkung von Urteilen des EGMR vgl. M. Schröder, Mehrebenensystem, S. 199. 229  Engels / Jürgens, NJW 2007, 2517; ein grundsätzliches Schutzbedürfnis bejahen Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 57; W. Schmidt, JZ 1974, 241 (243). 230  Vgl. nur W. Schmidt, JZ 1974, 241 (243); Schwan, VerwArch 1975, 120 (147 f.). 231  Im Bereich des Zivilrechts Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 322: „Hart am Rande der Öffentlichkeit bewegt sich der einzelne auf der Straße, in Gaststätten, im Theater und Kino, am Badestrand, auf öffentlichen Veranstaltungen usw. Alle diese Lebensumstände gehören gerade noch zur Privatsphäre.“; aus der verfassungsrecht­ lichen Literatur Scholler, Person und Öffentlichkeit, S. 86: „Für die Presse ist ein Teil des Gemeinbereichs deshalb nicht mehr allgemein zugänglich […]. Dieser Teil wird als Privatöffentlichkeit aus der Gemeinsphäre ausgeklammert“.

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tigungsintensität gebe und zudem wenig trennscharf sei,232 hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einen ähnlichen Ansatz gewählt. So hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1999 im Zuge seiner sog. Caroline I Entscheidung ausgeführt, dass die Privatsphäre als Rückzugsbereich des Alleinseins und Ausgleichs ihre Funktion nur dann erfüllen könne, wenn sie sich über den häuslichen Bereich des Einzelnen hinaus erstrecke, denn der Mensch benötige einen Rückzugsraum „in dem der Einzelne zu sich kommen, sich entspannen oder auch gehen lassen kann“, in dem er sich „frei von öffentlicher Beobachtung und damit der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle“ verhalten könne.233 Nur durch eine solche Möglichkeit der Abschottung vor den Augen der Öffentlichkeit kann der Kernbereich privater Lebensgestaltung als Ausdruck der Menschenwürde gewahrt werden, denn nur in der räumlichen Distanz zur Gesellschaft können Momente des Alleinseins, des Zu-Sich-Findens und der Entspannung entstehen.234 Die Herstellung dieser räumlichen Distanz ist dabei nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt, denn Momente essentieller Privatheit können sich auch dort ergeben, wo der Einzelne etwa das vertrauliche Miteinander oder die Einsamkeit der Natur sucht. Die Frage, wo die Umgrenzung der Privatsphäre außerhalb des Hauses verläuft, lasse sich jedoch „nicht abstrakt und generell festlegen“, sondern kann nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts „vielmehr nur aufgrund der jeweiligen Beschaffenheit des Orts bestimmt werden, den der Betroffene aufsucht“.235 Unbefugte Bildaufnahmen können somit in Abhängigkeit von den jeweiligen räumlichen Gegebenheiten auch dann in die Privatsphäre eingreifen, wenn sie außerhalb der häuslichen Sphäre angefertigt werden.236 Die für die 232  Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 46; Störmer, Jura 1991, 17 (19); Seidel, Persönlichkeitsrecht, S. 70; Schwan, VerwArch 1975, 120 (148). 233  BVerfGE 101, 361 (383) – Caroline von Monaco II; Frotscher, ZUM 2001, 555 (563); Kaboth, ZUM 2004, 818 (820); Schwabenbauer, Grundrechtseingriffe, S. 120; Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 40; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 69; Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 63; v. Gerlach, JZ 1998, 741 (742). 234  BVerfGE 27, 1 (7); 101, 361 (382 f.); 120, 180 (199); Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 63; Nebel, ZD 2015, 517 (519). 235  BVerfGE 101, 361 (384) – Caroline von Monaco II; Metz, Das Recht Prominenter am eigenen Bild, S. 279; Schwetzler, Presseselbstkontrolle, S. 74 f. 236  Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 40; vgl. dazu auch BVerfGE 101, 361 (383) – Caroline von Monaco II; Franke, Bildberichterstattung, S. 88 f.; Steffen, in: Löffler, Presserecht, § 6 LPG Rn. 68; Kaboth, ZUM 2004, 818 (820); Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 57; W. Schmidt, JZ 1974, 241 (243); Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 58; Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 29; Schwan, VerwArch 1975, 120 (147); Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (605).



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schützende Funktion erforderliche Abgrenzung definierte das Bundesverfassungsgericht durch das objektiv verstandene Merkmal der räumlichen Abgeschiedenheit.237 Diesbezüglich sei ausschlaggebend, ob der Einzelne „eine Situation vorfindet oder schafft, in der er begründetermaßen und somit auch für Dritte erkennbar davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein“.238

Die begründete Erwartung, vor ungewollter Kenntnisnahme Dritter verschont zu bleiben, ist damit der Anknüpfungspunkt für die informationelle Ausgrenzung der Allgemeinheit. Konstituiert durch die örtliche Abgeschiedenheit der konkreten Situation fungiert sie als „Teilhabe- und Informationswahrnehmungsschranke“, welche die persönliche Privatsphäre umgrenzt und damit fremde Informationszugriffe einem grundsätzlichen Rechtfertigungszwang sowie einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller relevanter Umstände des Einzelfalls unterstellt.239 Erst die Konstruktion einer solchen Wahrnehmungsschranke erlaubt es letztlich, den Schutz der individuellen Privatsphäre auch außerhalb der häuslichen Sphäre greifbar zu machen. Die Ausdehnung des Privatsphäreschutzes über die eigenen vier Wände hinaus kommt überhaupt nur bei gleichzeitiger räumlicher Begrenzung in Betracht. Mit der Anknüpfung an das Kriterium der Abgeschiedenheit bringt das Bundesverfassungsgericht zudem deutlich zum Ausdruck, dass es auf die Tatmodalitäten der Bildherstellung insofern nicht ausschließlich ankommt. Ob die Aufnahmen heimlich oder unter Ausnutzung eines Überrumpelungsmoments hergestellt wurden, spielt für das Bundesverfassungsgericht daher für die Zuordnung der Bildaufnahmen zur Privatsphäre nur eine untergeordnete Rolle.240 Auch der Frage, ob der Betroffene in der konkreten Situation ein deutlich als privat erkennbares Verhalten an den Tag gelegt hat, misst das Bundesverfassungsgericht kaum Bedeutung zu.241 Dem Schutz der Privat237  Stieper, JZ 2014, 271 (272); Herrmann, in: BeckOK-InfoMedienR, § 23 KUG Rn. 25. 238  BVerfGE 101, 361 (384) – Caroline von Monaco II; Ohly, GRUR Int. 2004, 902 (905); Bölke / Gostomzyk, Jura 2005, 336 (337); Behnsen, ZaöRV 2005, 239 (243); Frotscher, ZUM 2001, 555 (563); Kaboth, ZUM 2004, 818 (820); differenzierend zwischen begründeter und berechtigter Erwartung Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 59; vgl. dazu auch Spindler, Gutachten zum 69. DJT 2012, S. F 30. 239  Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 59 f. 240  BVerfGE 101, 361 (394 f.) – Caroline von Monaco II; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 24; Engels / Jürgens, NJW 2007, 2517 (2518); zum Umgang mit heimlichen Bildaufnahmen in der Rspr. des BGH vgl. BGH NJW 1966, 2353 (2354); BGH ZUM 2000, 149 (151); vgl. dazu auch Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 25. 241  BVerfGE 101, 361 (384 f.) – Caroline von Monaco II; Haug, Bildberichterstattung, S. 28; zum Kriterium des typisch privaten Verhaltens in der Rechtsprechung des

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sphäre in der Öffentlichkeit ist somit durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein rein räumlich242 ausgestaltetes, an objektive Bedingungen anknüpfendes Schutzkonzept zugrunde gelegt worden.243 (2) Inhaltlich-thematischer Ansatz Der Ansatz, einen Schutz der Privatsphäre nur bei Vorliegen des räum­ lichen Abgrenzungskriteriums der Abgeschiedenheit zu gewähren, hat in der Rechtsprechung, aber auch in Teilen der Literatur zu der Auffassung geführt, dass ein Schutz der Privatsphäre jedenfalls dort entfallen muss, wo sich der Einzelne unter vielen Menschen befindet und sich den Blicken der Öffentlichkeit somit nicht entziehen kann.244 Diese Ansicht und damit das Konzept der rein räumlichen Umgrenzung insgesamt, hat sich jedoch als zu eng und wenig sachgerecht erwiesen und ist infolgedessen zu Recht in die Kritik ­geraten. So weist etwa Horn zu Recht darauf hin, dass „nicht die faktische Zugänglichkeit, sondern die anerkennenswerte Interessenlage“ darüber entscheiden müsse, ob eine in der Öffentlichkeit stattfindende Angelegenheit schutzwürdig sei und damit zum Bereich der Privatsphäre gehöre, denn „das Abgeschiedensein […] ist nicht das, was das Private wesentlich voraussetzt, sondern das, wonach es wesentlich strebt“.245 Ähnliche Impulse für den Privatsphärenschutz gehen vom Europäischen Recht aus.246 Hier war es bekanntlich allen voran die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), die die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts zur Privatsphäre als nicht mit Art. 8 EMRK vereinbar gerügt hat. Art. 8 EMRK fasst die Gewährleistung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Korrespondenz in einer Vorschrift zusammen. Genau wie das deutsche Verfassungsrecht verfolgt die EMRK damit den Schutz des Einzelnen vor Beeinträchtigungen der freien Persön­ BGH vgl. BGHZ 177, 119 (125) – Einkaufsbummel nach Abwahl; BGH NJW 2005, 594 (595). 242  Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das BVerfG den räumlichen Schutzbereich der Privatsphäre damit deutlich weiter gefasst hat als den des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG, vgl. Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 154. 243  Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 30 und Rn. 40; zur Diskrepanz insb. zur französischen Rechtslage, welche die Privatsphäre rein thematisch beschreibt, vgl. Haug, Bildberichterstattung, S. 70. 244  Vgl. etwa BVerfGE 101, 361 (384 f.) – Caroline von Monaco II; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 149. 245  Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 64. 246  Zu diesem Ergebnis gelangt auch Märten, ZUM 2016, 700 (705).



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lichkeitsentfaltung,247 wobei jedoch in Art. 8 EMRK anders als im deutschen Recht die Privatheit als „private life“ ausdrücklich Erwähnung findet.248 Als in das deutsche Recht transformiertes internationales Recht ist Art. 8 EMRK als einfaches Bundesgesetz unmittelbar anwendbar.249 Für die Anwendung der EMRK folgt daraus die Besonderheit, dass die in ihr enthaltenen Garantien bei der Anwendung und Auslegung des Grundgesetzes zu berücksichtigen sind und solche Gewährleistungen, die keine inhaltliche Entsprechung im Grundgesetz finden, wegen der völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Grundgesetzes im Wege des Rechtsstaatsprinzips Eingang in den Wertekanon des Grundgesetzes finden.250 Dem Begriff des Privatlebens im Sinne des Art. 8 EMRK liegt ein umfassendes und weites Verständnis zugrunde, weshalb er nicht abschließend definiert werden kann.251 Inhaltlich erfasst das Privatleben den Schutz mensch­ licher Autonomie252 und damit das Recht auf Selbstbestimmung.253 Daneben erfasst Art. 8 EMRK mit dem sozialen Ansehen die Ehre sowie den guten 247  Nebel, ZD 2015, 517 (520); Engels / Jürgens, NJW 2007, 2517 (2518); Huber, Bildberichterstattung, S. 36 nennt Art. 8 EMRK daher „das Pendant zum deutschen Persönlichkeitsrecht der Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG“. 248  Schwabenbauer, Grundrechtseingriffe, S. 118; Zolotas, Privatleben und Öffentlichkeit, S.  153 f.; Geminn / Roßnagel, JZ 2015, 703 (705); Nebel, ZD 2015, 517 (520); zur unterschiedlichen Konzeption des Privatsphärenschutzes vgl. Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1269). 249  Rehm, AfP 1999, 416 (424); Friedrich, Grundrechtlicher Persönlichkeitsschutz, S. 154; Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, U 190 Vorbem. Rn. 11; Sauer, ZaöRV 2005, 35 (38 f.); Staebe, JA 1996, 75; Klein, AfP 1994, 9 (10); B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (417); Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 71; Halfmeier, AfP 2004, 417 (420); Heldrich, NJW 2004, 2634 (2636); Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S.  384 f.; differenzierend M. Schröder, Mehrebenensystem, S. 199; zur da­ raus folgenden „Menschenrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes“ vgl. Voßkuhle, RdA 2015, 336 (337 f.). 250  BVerfGE 74, 358 (370); 83, 119 (128); 111, 307 (317); Esser, in: Löwe-Rosenberg, EMRK / IPBPR Einf. Rn. 88 f.; Voßkuhle, RdA 2015, 336 (338); zur Rolle des EGMR vgl. Walter, ZaöRV 2015, 753 (764); Stern, in: Staatsrecht IV, § 99 II 2, S.  198 f.; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 2; Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 72; Heldrich, NJW 2004, 2634 (2636); die Gewährleistungen der EMRK verbürgen somit eine Art „Mindeststandard“, vgl. Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S.  241 f. 251  Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1272); Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 8 Rn. 7; Bleckmann, in: Recht der Persönlichkeit, S. 9 (11); Geminn / Roßnagel, JZ 2015, 703 (705); Klass, ZUM 2014, 261 (262); Metz, Das Recht Prominenter am eigenen Bild, S. 289; v. Gerlach, JZ 1998, 741 (744); Zolotas, Privatleben und Öffentlichkeit, S. 167. 252  EGMR NJW 2002, 2851 (2854) – Pretty / Vereinigtes Königreich. 253  Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 8 Rn. 7; Kälin / Künzli, Menschenrechtsschutz, S. 445; Bleckmann, in: Recht der Persönlichkeit, S. 9 (19).

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Ruf einer Person.254 Als spezielle Ausflüsse dieses einheitlichen Rechts sind durch Art. 8 EMRK auch das Recht am eigenen Wort und am eigenen Bild, der Datenschutz, das Familienleben und die Wohnung geschützt.255 Um einen effektiven Schutz individueller Selbstbestimmung zu gewährleisten, erfasst Art. 8 EMRK dabei all diejenigen Bereiche menschlicher Lebensgestaltung, in denen sich der Einzelne gesellschaftlichen Zwängen ausgesetzt sieht.256 Unter diesem Aspekt verbietet Art. 8 EMRK vor allem auch, persönliche Informationen des Einzelnen aus dem ursprünglichen, nur einer begrenzten Zahl von Personen zugänglichen Kontext herauszulösen und durch Veröffentlichung einem größeren Adressatenkreis zugänglich zu machen.257 Rechtskonstruktiv führt dies dazu, dass für die Auslegung des Begriffs der Privatsphäre nicht auf ein den Umfang der Gewährleistung beschränkendes räumliches Kriterium zurückgegriffen werden kann, sondern der Gegenstand der Privatsphäre rein inhaltlich bestimmt wird.258 Ob die Veröffentlichung von Personenbildern das Privatleben beeinträchtigt, beurteilt sich somit zum einen danach, ob private oder öffentliche Angelegenheiten dargestellt werden, zum anderen muss danach differenziert werden, ob die Bilder für den privaten oder öffentlichen Gebrauch angefertigt wurden.259 Freilich ist es dabei gerade die Abgrenzung von Privatheit und Öffentlichkeit, die in der Rechtsanwendung Schwierigkeiten bereitet. Hier scheint sich die Auffassung durchzusetzen, dass das Privatleben dasjenige Verhalten erfasst, das nur einem beschränkten Personenkreis offenbar wird, während Öffentlichkeit erst dort beginnt, wo ein individuelles Verhalten unmittelbar einem unbeschränkten Personenkreis und damit der Allgemeinheit bekannt wird.260 Folglich müssen solche Verhaltensweisen, die ihrem Wesen nach privat sind, selbst dann noch zur Privatsphäre gezählt werden, wenn sie aufgrund ihrer Reichweite in den öffentlichen Raum hinwirken.261 Diese rein inhaltlich-themati254  Kälin / Künzli,

Menschenrechtsschutz, S. 457. in: Recht der Persönlichkeit, S. 9 (20); zum Recht am eigenen Bild vgl. Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 80. 256  Obergfell, in: Ulmer-Eilfort / Obergfell, Verlagsrecht, 1.  Teil Kap. I Rn. 45; Bleckmann, in: Recht der Persönlichkeit, S. 9 (20). 257  Frenz, NJW 2008, 3102 (3103); Bleckmann, in: Recht der Persönlichkeit, S. 9 (21). 258  EGMR NJW 2004, 2647 (2648) – Caroline von Monaco III; Bleckmann, in: Recht der Persönlichkeit, S. 9 (21); Metz, Das Recht Prominenter am eigenen Bild, S. 289 f.; zum Schutz der sog. öffentlichen Privatheit Diggelmann, VVDStRL 70 (2011), S. 50 (65 f.). 259  Huber, Bildberichterstattung, S.  37; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 39. 260  Bleckmann, in: Recht der Persönlichkeit, S. 9 (21). 261  EGMR NJW 1993, 718  – Niemitz / Deutschland; EGMR NJW 2004, 2647  – Caroline von Monaco III; Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1272); Klass, ZUM 2014, 261 255  Bleckmann,



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sche Bestimmung des Umfangs der Privatsphäre steht letztlich auch mit der Systematik des Art. 8 EMRK in Einklang, dessen Wortlaut dem thematisch gefassten Begriffspaar „Privatsphäre und Familie“ das räumlich-gegenständlich verstandene Begriffspaar „Wohnung und Briefverkehr“ gegenüberstellt.262 Entsprechend dieser Ausgangslage ist nach der Auffassung des EGMR die Veröffentlichung von Personenbildern ohne die Einwilligung des Betroffenen nur dann zulässig, wenn die Aufnahmen einen Beitrag zu einer öffentlichen Diskussion von allgemeinem Interesse leisten.263 Sofern es sich jedoch um „sehr persönliche, ja intime Informationen über eine Person“ handelt, muss dem Schutz des Privatlebens nach Art. 8 EMRK gegenüber der Pressefreiheit der Vorrang eingeräumt werden.264 Von Bedeutung ist nach Ansicht des EGMR dabei auch die Art und Weise der Bildherstellung, denn das heim­ liche Anfertigen von Bildaufnahmen unter Ausnutzung eines Überrumpelungsmoments verletze die Privatsphäre des Betroffenen in besonderem Maße.265 Neben der Rechtsfigur der absoluten Person der Zeitgeschichte kritisierte der EGMR vor allem auch das von der deutschen Rechtsprechung angewandte Kriterium der örtlichen Abgeschiedenheit, da dieses den Schutz vor allem für Personen des öffentlichen Lebens auf ein unzulässiges Maß verkürze.266 Ein ausnahmsweises Überwiegen von Allgemeininteressen gegenüber dem Recht am eigenen Bild kommt damit für den EGMR regelmä-

(262); Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 524 f.; Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 80; Zolotas, Privatleben und Öffentlichkeit, S. 167 f. 262  Gersdorf, in: BeckOK-InfoMedienR, Art. 8 EMRK Rn. 21; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 525; zur Systematik des Art. 8 EMRK vgl. Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1272). 263  EGMR NJW 2004, 2647 (2650) – Caroline von Monaco III; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 35; ders., in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 54; Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 41. Abschn. Rn. 30; Lenski, NVwZ 2005, 50 (51); Grabenwarter, AfP 2004, 309 (311); Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 80; Metz, Das Recht Prominenter am eigenen Bild, S. 294. 264  EGMR, NJW 2004, 2647 (2649); Stern, in: Staatsrecht IV, § 99 II 2, S. 198; Schertz, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 54; Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrecht, S. 82. 265  EGMR NJW 2004, 2647 (2649) – Caroline von Monaco III; Märten, ZUM 2016, 700 (701); Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrecht, S. 83; Zolotas, Privatleben und Öffentlichkeit, S. 167 f. 266  Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 35; ders., in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 54; Frenz, NJW 2008, 3102 (3104); Lenski, NVwZ 2005, 50 (51); Obergfell, in: Ulmer-Eilfort / Obergfell, Verlagsrecht, 1. Teil Kap. I Rn. 59; Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 84; Zolotas, Privatleben und Öffentlichkeit, S. 167.

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ßig nur bei Wahrnehmung amtlicher Funktionen durch Personen des politischen Lebens in Betracht.267 Der EGMR hat für diese Auffassung von Seiten der deutschen Literatur wenig Zuspruch und viel Kritik erfahren.268 Obgleich die Rechtsprechung des EGMR für deutsche Gerichte keine strikte Bindungswirkung erzeugt,269 hat das Bundesverfassungsgericht unter diesem Eindruck die vom EGMR geforderte und in der Folge vom BGH auch vollzogene Vorverlagerung der Interessenabwägung gebilligt und damit letztlich den Schutz der Privatsphäre erweitert.270 Zusätzlich zum räumlichen Kriterium der örtlichen Abgeschiedenheit steht nunmehr zentral die Frage im Raum, „in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird“.271 Die Intensität einer Beeinträchtigung ist dabei nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts umso höher, je mehr die Bildaufnahme die Abbildung von Details des privaten Lebens zum Inhalt hat, welche üblicherweise der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Als Bereiche, die der persönlichen Lebensführung und damit der Privatsphäre schlechthin zugerechnet werden, zählen hierbei das eheliche bzw. familiäre Zusammenleben sowie Gesundheitsinformationen, sofern diese keinen Bezug zur Sexualität aufweisen.272 Angesichts der situativen Erfassung der Privatsphäre muss zudem für den häuslichen Bereich gelten, dass dieser nunmehr nicht nur die eigenen vier Wände umfasst, welche dem unmittelbaren persönlichen Rückzug dienen, sondern darüber hinaus auch andere Räumlichkeiten des persönlichen Lebens wie etwa Geschäfts- oder Nebenräume.273 267  Stieper, JZ 2014, 271 (273); Märten, ZUM 2016, 700 (701); Frenz, NJW 2008, 3102 (3104); Neunhoeffer, Presseprivileg, S. 199; vgl. dazu auch Grabenwarther, in: FS Ress, S. 979 (990 f.). 268  Zur Kritik vgl. nur Ohly, GRUR Int. 2004, 902 (910); Bölke / Gostomzyk, Jura 2005, 336 (337); Grabenwarther, AfP 2004, 309 (310); ders., in: FS Ress, S. 979 (994); Gersdorf, AfP 2005, 221 (223); Soehring / Seelmann-Eggebert, NJW 2005, 571; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 69 f.; Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S.  540 ff.; zusammenfassend Metz, Das Recht Prominenter am eigenen Bild, S. 299 ff.; Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 104 ff. und Krämer / Märten, EuR 2015, 169 (180 f.). 269  Zur innerstaatlichen Wirkung von Urteilen des EGMR ausführlich Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 90 ff. 270  BVerfGE 120, 180; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 25; Heldrich, NJW 2004, 2634 (2636). 271  BVerfGE 120, 180 (198); Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 25; Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, § 33 KUG Rn. 56; Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (605); Gersdorf, in: BeckOK-InfoMedienR, Art.  2 GG Rn. 68; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 6. 272  BVerfGE 32, 373 (379 f.) – Arztkartei; BVerfG NJW 2000, 2193; Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (603 f.). 273  Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (606).



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Bewegt sich der Betroffene im öffentlichen Raum, so gilt die widerlegbare Vermutung, dass Beeinträchtigungen der Privatsphäre durch Bildaufnahmen hinzunehmen sind. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn um die einen Anspruch auf Respektierung erhebende Privatsphäre nach außen klar erkennbar ein „Schutzwall“274 mit der Funktion einer Informationsschranke errichtet wurde.275 Sie muss für Dritte deutlich zum Ausdruck bringen, dass der Betroffene in der konkreten Situation sein Recht auf Rückzug wahrnehmen und daher nicht gestört werden will. Freilich liegt es in der Natur der Sache, dass ein solcher Schutzwall um die Privatsphäre in der Öffentlichkeit besonders schwer zu errichten ist. Bislang wurde die Errichtung einer Informationsschranke ausschließlich dann angenommen, wenn der Betroffene sich in einen räumlich-gegenständlichen Rückzugsbereich wie etwa eine Wohnung o. ä. zurückgezogen hatte.276 Die die Informationserlangung begrenzenden Schutzmechanismen wurden somit bislang rein tatsächlich verstanden. Dies gilt inzwischen allerdings nicht mehr in dieser Ausschließlichkeit bzw. Pauschalität. Die Zulässigkeit einer außerhalb des räumlichen Rückzugsbereichs angefertigten Bildaufnahme kann sich nunmehr bereits aus den Umständen der konkreten Situation, d. h. im Wege einer Abwägung der widerstreitenden Interessen ergeben.277 Hier gilt, dass je mehr die räumliche Umgrenzung fehlt, desto mehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die der Situation einen privaten Charakter verlei274  v. Gerlach,

JZ 1998, 741 (748). Konzept einer Informationsschranke beschreiben bereits Hubmann, JZ 1957, 521 (523) und Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 406 f. sowie Thüsing, in: Thüsing, Compliance, § 1 Rn. 1; ebenso Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (666 f.), der ausführt, dass „ein Bedürfnis nach Verhüllung der eigenen Befindlichkeiten zur condition humaine gehört, [was] bekanntlich schon die Bibel [verlautbart]. Ebenso wie die Neugierde gehört der Wunsch, andere von der Kenntnis seiner selbst auszuschließen, zum gesicherten Bestand der Erfahrung. Die Zurückhaltung von Information über das Selbst ist für das Individuum angesichts der Komplexität der Welt in der Interaktion von essentieller Bedeutung; sie macht eine solche Interaktion bisweilen sogar überhaupt erst möglich. […] An einer solchen Informationssperre besteht im Ergebnis auch ein genuin gesellschaftliches Interesse. Denn eine Gesellschaft, in der jeder über jeden alles wüßte, wäre zu einer kommunikativ bestimmten Entwicklung nicht mehr fähig und müßte in Erstarrung verfallen. Es gibt deshalb genug gute Gründe für eine Gesellschaft, eine Blockade von Informationen über die Persönlichkeit des einzelnen als nicht nur individuell sinnvolles Verhalten rechtlich anzuerkennen“; zum damit zusammenhängenden Problembereich des Informationszugangs vgl. Zöllner, Informationsordnung, S. 25 f. 276  So auch Kupfer, Jura 2001, 169 (173). 277  BVerfG NJW 2000, 2191; BVerfG NJW 2000, 2194 (2195); BVerfG NJW 2006, 3406 (3407 f.); BGHZ 187, 200 (204 f.) – Wortberichterstattung; BGH NJW 2010, 3025 (3026); BGH NJW 2012, 762 (763); Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (614). 275  Das

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hen.278 Der Umfang des Privatsphäreschutzes wird somit primär anhand inhaltlich-thematischer Kriterien festgelegt. Um in den Genuss dieses weit gefassten Schutzes zu kommen, muss der Betroffene jedoch seine Erwartung, dass die Umwelt persönliches Verhalten in einem Rückzugsbereich nur begrenzt oder überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt, situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck bringen.279 Eine derart zum Ausdruck gebrachte Erwartung kann dann ebenso wie der Rückzug in den häuslichen Bereich eine Informationsschranke konstituieren.

III. Zwischenfazit Die Bewertung des verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsschutzes fällt in der Literatur durchaus ambivalent aus. Während manche Autoren ein „umfassendes Schutzsystem der Persönlichkeit gegenüber Eingriffen Dritter“280 zu erkennen vermögen, bewerten andere den Schutz als „allenfalls punk­ tuell“281 und fragmentarisch. Vorstehende Ausführungen konnten indes zeigen, dass der Schutz der Persönlichkeit durch das Verfassungsrecht keinesfalls statisch ausgestaltet ist, geschweige denn abschließend erfasst werden kann. Vielmehr stellt er eine entwicklungsoffene und anpassungsfähige Rechtsmaterie dar, die sich konstant „im Fluss“ befindet. Angesichts des Facettenreichtums des Persönlichkeitsrechts ist das Ergebnis einer solchen Gesamtbewertung daher wohl immer auch eine Frage der Perspektive und des Betrachtungsgegenstands. Bezüglich des Schutzes vor unbefugten Bildaufnahmen konnte gezeigt werden, dass dieser zwar in das Schutzkonzept des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingebettet ist, innerhalb dieses Schutzkonzepts jedoch einen eigenständigen Bedeutungswandel erfahren hat. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts hat ausgehend von einem räumlich-sphärenorientierten Verständnis eine Entwicklung hin zu einer stärkeren Betonung der individuellen Selbstbestimmung genommen. Nicht zu verkennen ist hierbei die Tendenz, das Schutzgut verstärkt inhaltlich-thematisch zu erfassen, wobei die wesentlichen Impulse maßgeblich vom europäischen Recht ausgehen und hierbei vor allem der Rechtsprechung des EGMR eine Schrittmacherfunktion zukommt. Beim Schutz vor Bildaufnahmen hingegen zeichnet sich eine geradezu gegenläufige Entwicklung ab. Der Gewährleistungsgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird hier zwar auch durch die Selbstbestimmungs278  v. Gerlach,

JZ 1998, 741 (748). 101, 361 (385) – Caroline von Monaco II; krit. hierzu allerdings Kupfer, Jura 2001, 169 (173). 280  Martini, JA 2009, 893. 281  Schwabenbauer, Grundrechtseingriffe, S. 123. 279  BVerfGE



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dimension erfasst, etwa durch das Recht am eigenen Bild. Angesichts der gegenwärtigen technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen erfasst dies das Schutzbedürfnis jedoch nicht abschließend, weshalb der Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen hier erneut unter den Vorzeichen der Sphärentheorie als Privatsphärenschutz in Erscheinung tritt.282 Der Schutz der Privatsphäre steht vor der Aufgabe und Herausforderung, die Grenzziehung zwischen den Sphären der Öffentlichkeit einerseits und der Privatheit andererseits auszutarieren, ohne dabei den Interessen des Einzelnen gegenüber Allgemeinbelangen einseitig Vorzug zu gewähren und umgekehrt. Bei dieser Auslotung bzw. wechselseitigen Abgrenzung von in aller Regel gegenläufigen Freiheitsinte­ ressen handelt es sich freilich nicht um einen zielgerichteten, ergebnisorientierten oder finalen Vorgang, sondern um einen permanenten Prozess dauerhafter Anpassung, bei dem aktuelle technische Entwicklungen genauso Berücksichtigung finden müssen wie die sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnisse.283 Innerhalb des Schutzes der Privatsphäre vor unbefugten Bildaufnahmen lassen sich daher inhaltliche Akzentverschiebungen ausmachen. Wurde der Umfang der Privatsphäre zunächst rein objektiv-räumlich bestimmt und damit der Schutz nahezu vollständig auf die private Wohnung sowie Orte objektiv erkennbarer Abgeschiedenheit beschränkt, so wurde insbesondere unter dem Einfluss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK die Interessenabwägung zwischen Privatsphäre des Einzelnen und Allgemeininteressen vorverlagert. Der Umfang der Privatsphäre wird nun inhaltlich-thematisch ermittelt, wodurch vor allem auch solche Aktivitäten Schutz erfahren, die außer Haus stattfinden.284 In einer Einzelfallprüfung ist daher stets zu fragen, in welcher Situation der Betroffene durch die Bildaufnahme erfasst und dargestellt wird. Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass unbefugte Bildaufnahmen das allgemeine Persönlichkeitsrecht in allen Gewährleistungsdimensionen und Ausprägungsstufen betreffen können.

B. Persönlichkeitsschutz im Zivilrecht Wie gesehen entfaltet sich der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz einerseits in der klassischen Konstellation der Staatsrichtung, in welcher das in der Rechtsprechung entwickelte allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 v. Gerlach, JZ 1998, 741. auch Lehner, ZRP 2013, 85 (87). 284  Ebenso U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 21; O. Mallmann, Zielfunktionen, S. 25. 282  Ebenso 283  So

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG als Abwehrrecht des Einzelnen gegenüber dem Staat dient. Andererseits sind die Grundrechte und damit auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht über ihre Abwehrfunktion hinaus auch Ausdruck objektiv-rechtlicher Verfassungsprinzipien.285 Die daraus ableitbaren Schutzpflichten verpflichten indes nicht nur den Gesetzgeber, sondern auch die Rechtsprechung und Verwaltung bei der Auslegung und Anwendung der Gesetze. Durch diese sog. mittelbare Drittwirkung286 des grundrechtlichen Persönlichkeitsschutzes kommen die primär an den Staat adressierten Grundrechte mittelbar auch zwischen gleichgeordneten privaten Rechtssubjekten zur Geltung, da der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der gesamten Rechtsordnung darauf hinwirken muss, dass grundrechtliche Werte vor Beeinträchtigungen durch private Akteure geschützt werden.287 Der darin im Keim angelegte Konflikt widerstreitender Grundrechtspositionen wie dem Persönlichkeitsrecht und der Meinungsfreiheit wird hier regelmäßig im Wege abwägungsfreundlicher Generalklauseln bewältigt, wodurch die grundrechtlich geschützten Interessen auch im einfachen Recht Berücksichtigung finden.288 Der Persönlichkeitsschutz im Zivilrecht ist daher in besonderer Weise der Ausstrahlungswirkung des Verfassungsrechts zugänglich.289 Hornung bezeichnet das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht insofern auch als Ausdruck der staatlichen Schutzpflicht, die aus dem Grundrecht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts folgt.290 Bei der Umsetzung dieser Schutz285  BVerfGE 35, 202 (219) – Lebach; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 138; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 13; Schünemann, in: LK11-StGB, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 2. 286  Grundlegend zur mittelbaren Drittwirkung der Gundrechte Dürig, in: FS Nawiasky, S. 157 (176 ff.); ders., AöR 81 (1956), S. 117 (123 f.); ders., in: Die Grundrechte II, S. 507 (525); Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, S. 245 ff. m. w. N.; vgl. auch Hollstein, Verfassung als „Allgemeiner Teil“, S. 198 ff.; Ruffert, Vorrang der Verfassung, S.  13 ff.; Klass, in: Erman, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 3. 287  BVerfGE 84, 192 (194 f.); Rensmann, Wertordnung und Verfassung, S. 115; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 13; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 85; Kloepfer / Breitkreutz, DVBl. 1998, 1149 (1150); Gounalakis, AfP 1998, 10 (14); Luch, Medienpersönlichkeitsrecht, S. 298; Zippelius, in: FS Hubmann, S. 511, (513); Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 26 f.; Podlech, in: Grundrechte als Fundament der Demokratie, S. 50 (57). 288  Eifert, Jura 2015, 1181 (1188); speziell zum Recht am eigenen Bild vgl. Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 78. 289  Dieses Gegenseitigkeitsverhältnis von verfassungsrechtlicher Wertentscheidung und einfachgesetzlich ausgestaltetem Persönlichkeitsschutz hat Neumann-Duesberg bereits 1949 vorhergesehen, als er ausführte: „Wenn man sich bildlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht als eine Sonne vorstellt, dann sind deren Strahlen die besonderen Persönlichkeitsrechte“, vgl. Neumann-Duesberg, DRZ 1949, 172 (174). 290  Hornung, Grundrechtsinnovationen, S. 266; Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 55; ebenso Kunig, in: v.  Münch / Kunig, GG, Art. 2 Rn. 40; Starck,



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pflichten steht dem Gesetzgeber, wie das Bundesverfassungsgericht bestätigt hat, ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zur Verfügung,291 weshalb er sich auch unbestimmter sowie auslegungsbedürftiger Rechtsbegriffe bedienen darf.292 Umgekehrt bedeutet dies allerding auch, dass das Zivilrecht gewisse Rückwirkungen auf das Verfassungsrecht entfaltet. Was sich vom Verfassungsrecht aus betrachtet als Ausstrahlungswirkung der Grundrechte darstellt, kann aus Sicht des Zivilrechts als Konkretisierung des normativen Gehalts des Persönlichkeitsrechts bezeichnet werden.293 Abgesehen vom absoluten Kerngehalt des Persönlichkeitsrechts mit besonders engem Bezug zur Menschenwürde294 handelt es sich daher bei den einfachgesetzlichen Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts um grundrechtsprägende Normen.295 Obwohl in Literatur und Rechtsprechung häufig nur von einem einheitlichen allgemeinen Persönlichkeitsrecht die Rede ist,296 darf jedoch nicht verkannt werden, dass zivilrechtlicher und verfassungsrechtlicher Persönlichkeitsschutz zwar inhaltlich in weiten Teilen deckungsgleich,297 mitnichten aber identisch ist.298 in: v.  Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 170 ff.; zustimmend  Jarass, in: Recht der Persönlichkeit, S. 89 (98). 291  BVerfG NJW 2007, 2753 (2755); Rogall, ZG 2005, 164 (165); Baldus, JZ 2008, 218 (221); Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 39; Canaris, JuS 1989, 161 (163); Tiedemann, Verfassungsrecht und Strafrecht, S. 50 f.; Britz, Freie Entfaltung durch Selbstdarstellung, S. 34. 292  BVerfGE 8, 274 (326) – Preisgesetz; 13, 153 (161); 56, 1 (12); Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 37. 293  Die zivilrechtlichen Grundsätze des Persönlichkeitsschutzes, d. h. vor allem das im Rahmen des § 823 BGB entwickelte allgemeine Persönlichkeitsrecht, aber auch die besonderen Persönlichkeitsrechte wie etwa das Recht am eigenen Bild (§§ 22 ff. KUG) fungieren somit als Schranke der in Art. 5 GG gewährten Meinungs- und Pressefreiheit, vgl. Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 55. 294  Dieser Kernbestand ist unmittelbarer Ausfluss der Menschenwürde und insofern absolut, vgl. BVerfGE 75, 369 (380); Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 121; s. dazu auch oben Kapitel 1 A. II. 1. 295  Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, S. 162; Scholz / Konrad, AöR 123 (1998), S. 60 (70); Hoffman-Riem, NJW 2009, 20 (23); Kröner, in: Paschke / Berlit / Meyer, Hamburger Kommentar Medienrecht, 31. Abschn. Rn. 11; Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 39 weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die „konkrete Ausgestaltung“ nicht von der Verfassung vorgegeben sei. 296  Vgl. dazu nur LG Hambug, NJW 1989, 1160 (1161) – Aktenvermerk; BastonVogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 119 f.; Klass, Rechtliche Grenzen S. 226. 297  Dies gilt etwa im Hinblick auf das Schutzgut, welches im Zivilrecht und im öffentlichen Recht dasselbe ist, vgl. Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 33; Schwetzler, Presseselbstkontrolle, S.  72 f. 298  Jarass, NJW 1989, 857 (858); Hubmann, in: FS Schwab, S. 3 (19); Ehmann, in: FS Georgiades, S. 113 (124); Wiese, ZfA 1971, 273 (276); Canaris, AcP 184 (1984), S. 201 (202 f.); Klass, Rechtliche Grenzen S. 226; Klüber, Persönlichkeits-

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I. Gewährleistungsgehalt Obwohl der Persönlichkeitsschutz im deutschen Recht auf eine lange Tradition zurückblickt,299 kristallisierte sich etwa Mitte des 19. Jahrhunderts die Auffassung heraus, dass der Schutz der Persönlichkeit ausschließlich Aufgabe des öffentlichen Rechts und hierbei insbesondere auf die Mittel des Strafrechts zurückzugreifen sei.300 Schon v. Savigny, Begründer der historischen Rechtsschule, hatte sich nicht nur entschieden gegen eine umfassende Kodifikation des bürgerlichen Rechts ausgesprochen, sondern auch ein Recht des Menschen an der eigenen Person grundsätzlich abgelehnt.301 Ein „Recht des Menschen auf sich selbst“, so v. Savigny, sei „unnütz, ja verwerflich, indem es unter anderen in consequenter Entwicklung auf die Anerkennung eines Rechts zum Selbstmord führt“.302 Die Macht des Menschen über sich selbst war für v. Savigny so hingegen selbstverständlich, dass sie seiner Ansicht nach keiner Anerkennung durch das positive Recht bedurfte.303 Die Anerkennung der Lehre von den natürlichen Rechten der Person hat daher im deutschen Zivilrecht zwar zur Anerkennung der Rechtsfähigkeit, zunächst jedoch nicht zur Ausbildung von Persönlichkeitsrechten geführt.304 Die Pandektistik neigte Mitte des 19. Jahrhunderts ohnehin dazu, schutz, S. 37 f.; ähnlich wohl auch Rüpke, Schutz der Privatheit, S. 25; Schwetzler, Presseselbstkontrolle, S. 72; Beuthien, in: FS Medicus, S. 1 (2); Guha, Indiskrete Wort- und Bildberichterstattung, S. 125; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 25. 299  Ebert, Pönale Elemente, S. 230 f.; Coing, JZ 1958, 558; zu den rechtsphilosophischen Grundlagen vgl. Simon, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, S. 169 ff.; zu den Ursprüngen des Persönlichkeitsrechts vgl. Adler, in: FS Jahrhundertfeier des allg. BGB, S. 163 (176 ff.). 300  Mugdan, Materialien II, S. 418 f.; v. Savigny, Obligationenrecht, S. 9; Coing, in: FS Maihofer, S. 75 (78 f.); ders., JZ 1958, 558; Kern, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 82 (84 f.); Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 5; Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 11 f.; Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 53; Stegmann, Tatsachenbehauptung, S. 37; Ebert, Pönale Elemente, S. 234; Neben, Personenberichterstattung, S. 144; Stuhlmann, Persönlichkeitsschutz, S. 43; Klass, Rechtliche Grenzen, S. 230; Steffen, in: Löffler, Presserecht, § 6 LPG Rn. 56; zur etwa zeitgleich stattfindenden Diskussion zum Bildnisschutz vgl. Bächli, Recht am eigenen Bild, S. 11; Sedelmeier, AfP 1999, 450. 301  v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 336; Ehmann, in: FG 50 Jahre BGH, Bd. I, S. 613 (614); Coing, in: FS Maihofer, S. 75 (78 f.); Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 11. 302  v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, S. 335 f.; Kern, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 82 (86); Scheyhing, AcP 158 (1959 / 60), S. 503 (517); Luther, Postmortaler Schutz, S. 29; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 95. 303  Diese wenig überzeugende Argumentation wurde freilich vielfach kritisiert, vgl. etwa Windscheid, Pandektenrecht, Bd. I, S. 93 f.; Leuze, Entwicklung des Persönlichkeitsrechts, S.  49 f.; Luther, Postmortaler Schutz, S. 29.



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die Regelungen des bürgerlichen Rechts allein auf den Schutz von Vermögensinteressen zu beschränken, was insgesamt zu einer Vernachlässigung nicht verkehrsfähiger Nichtvermögensrechte beitrug.305 Gleichwohl fanden sich auch innerhalb der historischen Rechtsschule Befürworter eines Persönlichkeitsrechts. Neben v. Vangerow306 und Windscheid307 bemühte sich vor allem Neuner um die rechtliche Anerkennung des Persönlichkeitsschutzes. Indem er das Persönlichkeitsrecht als der „Herr­ schaft der Sittlichkeit und des eigenen Wohlfahrtstriebes“ unterstellt ansah und das Persönlichkeitsrecht somit nicht mehr mit dem subjektiven Willen des Einzelnen, sondern der menschlichen Würde begründete, konnte Neuner die in den Augen v. Savignys drohende Gefahr der Anerkennung eines Rechts auf Selbsttötung durch das Persönlichkeitsrecht auflösen.308 Die maßgeblichen Impulse auf dem Weg zur Anerkennung der Persönlichkeitsrechte gingen Ende des 19. Jahrhunderts jedoch vom Bereich der Urheberrechte aus.309 Anders als die Romanisten unter der Führung von v. Savigny verstanden die der germanischen Tradition verpflichteten Rechtslehrer das Urheberrecht nicht als rein wirtschaftliches, sondern auch als persönliches Recht.310 Befürworter eines Rechts an der eigenen Person bemühten sich fortan um die Entwicklung einer Lehre vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Zunächst sprach sich Gareis dafür aus, das Urheberrecht nicht mehr als Vermögens-, sondern als Persönlichkeitsrecht zu verstehen.311 Den Grundgedanken, dass der Einzelne die ihm eigenen Anlagen benutzen und verwerten dürfe und die Rechtsgemeinschaft ihm diese als Leistung eigener Individualität anerkennen müsse, griffen anschließend auch v. Gierke312 und 304  Leuze, Entwicklung des Persönlichkeitsrechts, S. 48; Coing, in: FS Maihofer, S. 75 (81); Holzhauer, in: Recht der Persönlichkeit, S. 51 (52); gleichwohl wurde die Lehre von den Persönlichkeitsrechten in der Literatur weiterhin vertreten, vgl. nur Ahrens, Naturrecht, S. 222 ff. 305  Gotthardt, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 1 (3 und 5); Sasse, in: FS Mallmann, S. 213. 306  v. Vangerow, Lehrbuch der Pandekten, Bd. I, S. 82 ff. 307  Windscheid, Pandektenrecht, Bd. I, S. 93 f. 308  Neuner, Privatrechtsverhältnisse, S. 17 f.; Coing, in: FS Maihofer, S. 75 (82); Leuze, Entwicklung des Persönlichkeitsrechts, S. 62; Luther, Postmortaler Schutz, S. 30; Scheyhing, AcP 158 (1959 / 60), S. 503 (522). 309  Leuze, Entwicklung des Persönlichkeitsrechts, S. 92; diesem Umstand ist es auch geschuldet, dass das Recht am eigenen Bild später im KUG normiert wurde, vgl. Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 6 f.; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 11; Kremer, Persönlichkeitsrecht, S. 26. 310  Beseler, System des Gemeinen Deutschen Privatrechts, Bd. III, S. 336; Kern, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 82 (86). 311  Gareis, Busch’s Archiv 35 (1877), S. 185 (196 f.); Simon, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, S. 37; Jänich, Geistiges Eigentum, S. 89 f. 312  v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. I, S. 702 ff.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Kohler313 auf. Die für die weitere Entwicklung der Persönlichkeitsrechte zentrale Unterscheidung von Rechten an der eigenen Person und Rechten an Sachen geht dabei maßgeblich auf v. Gierke zurück, der bereits 1895 ein in sich schlüssiges Konzept einer allgemeinen Persönlichkeitslehre entwickelt hatte.314 Obwohl die Vertreter der Lehre von den Persönlichkeitsrechten in ihrer grundsätzlichen Befürwortung der Notwendigkeit eines Persönlichkeitsschutzes vereint waren, konnten sie sich jedoch in der entscheidenden Frage, welche Rechte überhaupt als Persönlichkeitsrechte Schutz durch die Rechtsordnung erfahren sollten, nicht abschließend verständigen.315 Bei der Schaffung des BGB führte diese Uneinigkeit zu erheblichen Auseinandersetzungen. Der erste Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches aus dem Jahr 1888 sah in § 704 Abs. 2316 den Schutz der Ehre als Kernbereich der Persönlichkeit vor. Der Rechtskreis des Einzelnen, so die Begründung, umfasse „zunächst seine eigentlichen Vermögensrechte, dingliche wie obligatorische, sodann aber auch seine sog. Persönlichkeitsrechte (Leben, körperliche Unversehrtheit, Gesundheit, Freiheit, Ehre), welche durch das an Jedermann gerichtete Verbot eines Eingriffes ebenso geschützt seien, wie die Rechte an Sachen“.317

Während der Beratung wurde hieran die Kritik laut, dass die ausdrückliche Hervorhebung der Rechtsgüter Leben, körperliche Unversehrtheit und Gesundheit angesichts der außerhalb des BGB bereits bestehenden Schutzgesetze nicht notwendig und nur der Vollständigkeit halber aufgenommen worden, der Erwähnung von Ehre und Freiheit hingegen „sachliche Bedeutung“ zuzumessen sei, da ein entsprechender Schutz bei fahrlässiger Verletzung bislang fehle.318 Die Mehrheit der Kommission stand einem solchen privatrechtlichen Schutz von Ehre und Freiheit hingegen kritisch gegenüber, da dieser „über die im StGB aufgestellten Grundsätze hinaus“ gehe und in313  Kohler, Das Autorenrecht, eine zivilistische Abhandlung (1889); ders., Die Ideale im Recht (1891); ausf. zu den Persönlichkeitsrechten bei Josef Kohler siehe Klippel, ZGE 2014, 443 ff.; vgl. dazu auch Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (15); Scheyhing, AcP 158 (1959 / 60), S. 503 (521); Wandtke, in: FS 200 Jahre Juristische Fakultät der HU Berlin, S. 1173 (1177 ff.). 314  v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. I, S. 260 ff.; vgl. dazu auch Adler, in: FS Jahrhundertfeier des allg. BGB, S. 163 (166 ff.); Kern, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 82 (87 f.); Leuze, Entwicklung des Persönlichkeitsrechts, S. 113; Jänich, Geistiges Eigentum, S. 90; Stuhlmann, Persönlichkeitsschutz, S. 46. 315  Ebert, Pönale Elemente, S. 231  f.; Simon, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, S. 155. 316  Diese Norm entspricht dem heutigen § 823 BGB. 317  Mugdan, Materialien II, S. 1073. 318  Mugdan, Materialien II, S. 1076; vgl. auch Stegmann, Tatsachenbehauptung, S. 38; Stuhlmann, Persönlichkeitsschutz, S. 50.



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sofern zu Missbrauch und Gefährdung des Rechtsverkehrs führen könne.319 Letztlich wurde das Rechtsgut Ehre im zweiten Entwurf aus der enumerativen Aufzählung des heutigen § 823 Abs. 1 BGB gestrichen, ohne dass es indes zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem in der wissenschaft­ lichen Diskussion bereits erreichten Kenntnisstand zu den Ausprägungen der Persönlichkeitsrechte kam.320 Auch in der abschließenden Beratung und damit in der Kodifikation des BGB fand der Persönlichkeitsschutz kaum Berücksichtigung.321 Nur vereinzelt und unter Anknüpfung an rein äußerliche Umstände fanden punktuelle Regelungen zum Persönlichkeitsschutz Eingang ins Zivilrecht.322 Die wesentlichen Motive des BGB-Gesetzgebers für diese Entscheidung waren, dass er die Entwicklung und Anerkennung des Persönlichkeitsrechts zur damaligen Zeit als noch nicht weit genug fortgeschritten betrachtete und daher die Gefahr sah, dass die Normierung einer deliktischen Generalklausel „wegen ihrer Unbestimmtheit Streit und Zweifeln Anlaß geben“ könnte.323 Während das BGB im Hinblick auf den Persönlichkeitsschutz vom Fortschritt abgewandt noch weitgehend in alten Mustern verharrte, führten technische Entwicklungen insbesondere auf dem Gebiet der Aufnahmetechnik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem rasanten Anstieg des Schutzbedürfnisses und damit auch zu praktischen Anwendungsfällen des 319  So Mugdan, Materialien II, S. 1077; vgl. auch Luther, Postmortaler Schutz, S. 33; diese Befürchtungen sind später in ähnlicher Form als Kritik an der Rspr. des BGH seit der Leserbriefentscheidung laut geworden, vgl. Hubmann, Ufita 70 (1974), S. 75 (76 ff.); eine ähnliche Befürchtung äußert bereits frühzeitig Kohler, ArchBR 7 (1893), S. 94 (104). 320  Mugdan, Materialien II, S. 1077; Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 12; Stegmann, Tatsachenbehauptung, S. 38; Stuhlmann, Persönlichkeitsschutz, S. 50; s. auch die ausführliche Darstellung des Streits um das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor und nach 1900 bei Simon, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, S. 169 ff. 321  Coing, JZ 1958, 558 (559); Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 12; Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 5; Gotthardt, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 1 (4); Wasserburg, Schutz der Persönlichkeit, S. 48; Stuhlmann, Persönlichkeitsschutz, S. 50; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 11; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 22; Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 52 f.; vgl. zu diesem Befund auch Damm, in: FS Heinrichs, S. 115 (133); Kremer, Persönlichkeitsrecht, S. 26. 322  Zu nennen sind hier etwa das Namensrecht (§ 12 BGB), das Urheberpersönlichkeitsrecht (§§ 12 ff. UrhG) oder später das Recht am eigenen Bild (§§ 22 ff. KUG); zum sog. Spezialitätsprinzip im Rechtsgüterschutz Küchenhoff, in: FS Geiger, S. 45 (47); Evers, Privatsphäre und Ämter für Verfassungsschutz, S. 10; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 2; Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 13; Baston-Vogt, Sach­ licher Schutzbereich, S. 11; Dürig, JR 1952, 259 (260); Wolf, Strafrechtlicher Schutz der Persönlichkeit, S. 117 f.; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 11. 323  So Mugdan, Materialien II, S. 1075; vgl. auch Coing, JZ 1958, 558 (559); Schlechtriem, DRiZ 1975, 65; Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 12.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Persönlichkeitsschutzes.324 Erstmals konnten nun nicht nur statische Foto­ grafien, sondern auch Reihenaufnahmen mit bewegten Bildern und Farbaufnahmen hergestellt werden. Vor allem das Aufkommen von kleineren Handkameras und die industrielle Massenherstellung des dazu erforderlichen Aufnahmematerials trugen wesentlich dazu bei, dass die Momentfotografie auch im Amateurbereich möglich und die Fotografie somit insgesamt mobil wurde. Welche Bedenken das Aufkommen der Fotografie aus damaliger Sicht auslöste, bezeugt das Schreckensszenario, das Gareis anlässlich seines Gutachtens zum 26. Deutschen Juristentag 1902 schilderte: „Selbstverständlich gibt es auch sehr wohl gelungene Momentbilder […]; andererseits aber ist es auch denkbar, daß die photographische Aufnahme noch weitere Fortschritte macht und damit ihre Bilder noch schrecklicher gestaltet, als es jetzt die eine Bewegung zerlegenden zeigen. Man braucht ja nur annehmen, daß es in irgend einer Weise gelingt, Bilder des Menschen darzustellen, wie die mittelst Röntgenstrahlen gewonnenen Skelettbilder, und wir könnten dann erleben, daß wir lebenden Menschen, einen Holbein’schen Totentanz aufführend, dargestellt werden, vielleicht sogar unter Festhaltung ihrer Gesichtszüge bis zur Portraitähnlichkeit. Es ist klar, daß sich kein Mensch das gefallen zu lassen braucht, in solcher Weise abgebildet zu werden […].“325

Da das Reichsgericht den Schutz der Persönlichkeit durch ein allgemeines Persönlichkeitsrecht wegen der fehlenden „gegenständlichen Verkörperung“ ablehnte – dies entsprach im Übrigen auch der herrschenden Ansicht in der Literatur326 –, beschränkte sich der Persönlichkeitsschutz außerhalb der benannten Persönlichkeitsrechte auf die Anwendung des § 826 BGB sowie des § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 185 ff. StGB.327 Lediglich in Fällen massivster 324  Coing, JZ 1958, 558 (559); Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 1; Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 53; Rietschel, AcP 94 (1903), S. 142 (144); Reinhardt, JZ 1959, 41 (42); Seifert, NJW 1999, 1889 (1890) bezeichnet die Erfindung der Fotografie gar als Ausgangspunkt der Geschichte des Persönlichkeitsrechts. 325  Gareis, Gutachten zum 26. DJT 1902, S. 10. 326  Vgl. nur Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts , Bd. I, § 30, 2 c; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd. I, § 200, 3; de Boor, Urheberrecht und Verlagsrecht, S. 63; Cosack / Mitteis, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd. I, S. 74; Adler, JW 1929, 451 (452); Ehlers, GRUR 1950, 361; zusammenfassend Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 3 m. w. N. sowie Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S.  33 ff. 327  RGZ 79, 398; 82, 334; 94, 1; 102, 134; 107, 281; 113, 414; 123, 320; Hubmann, Ufita 70 (1974), S. 75; Nipperdey, Referat zum 42. DJT 1957, S. D 7; Stuhlmann, Persönlichkeitsschutz, S. 49 f.; zum Problem der fehlenden gegenständlichen Verkörperung RGZ 58, 24; Wanckel, Persönlichkeitsschutz, S. 86; zur extensiven Anwendung des § 826 BGB vgl. RGZ 69, 401 (403 f.); 72, 175 (176); 115, 416 (418); Wieruzowski, DRiZ 1927, 225 (227); Neben, Personenberichterstattung, S. 145; Friedrich, Grundrechtlicher Persönlichkeitsschutz, S. 21; Klüber, Persönlichkeits-



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Beeinträchtigungen durch Indiskretion, in denen private Angelegenheiten in die Öffentlichkeit gezerrt wurden, gewährte die Rechtsprechung durch eine analoge Anwendung der §§ 22 ff. KUG Rechtsschutz.328 Ein angemessener Privatsphären- und Diskretionsschutz konnte damit freilich nicht gewährleistet werden.329 Erst unter der veränderten Situation infolge des Inkrafttretens des Grundgesetzes nahm sich der Bundesgerichtshof dieser Aufgabe an und erkannte in der sog. Leserbriefentscheidung im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung das allgemeine Persönlichkeitsrecht „als ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht“ sowie als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB an.330 Bemerkenswert an dieser Entscheidung war vor allem, dass sie bereits drei Jahre vor dem sog. Elfes-Urteil und damit vor Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch das Bundesverfassungsgericht erging. Im Ergebnis führte dies dazu, dass der Bundesgerichtshof nicht nur das Verständnis des Art. 2 Abs. 1 GG grundlegend und nachhaltig beeinflusste, sondern auch ohne jede Anknüpfung an den Wortlaut des BGB im Wege richterlicher Rechtsfortbildung ein verfassungsrechtliches Institut schuf, welches er unter Rekurs auf das Prinzip der sog. mittelbaren Drittwirkung sogleich im bürgerlichen Recht zur Anwendung brachte.331 An die Leserbriefentscheidung schloss sich eine Reihe von Grundsatzentscheidungen an, in denen der Bundesgerichtshof das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Lichte des Grundgesetzes weiter konkretisierte und ausformte.332 Zugleich führte dieser Rechtsprechungswandel, der aus heutiger Sicht die Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts markiert, auch zu Forderungen, den Schutz der Persönlichkeit nunmehr tatbestandlich festzuschreiben. Nach dem Vorstoß des Bundesgerichtshofes, so die damalige Auffassung in der Literatur, käme der Gesetzgeber nunmehr nicht umhin, das schutz, S.  12 f.; Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 12; krit. Hubmann, JZ 1957, 521 (522). 328  KG JW 1928, 363 – Piscator; OLG Kiel JW 1930, 78 (79) m. Anm. Adler; Evers, Privatsphäre und Ämter für Verfassungsschutz, S. 15. 329  Dieser Befund lässt sich sogar noch Mitte des 20. Jahrhunderts bei Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 2 finden; ebenso Neben, Personenberichterstattung, S. 146; Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 12; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 37 spricht diesbezüglich sogar von einer „offenbaren Lücke eines umfassenden Persönlichkeitsschutzes“. 330  BGHZ 13, 334 (338) – Leserbrief; 26, 349 (354) – Herrenreiter; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 20; Hubmann, in: FS Schwab, S. 3. 331  Wanckel, Persönlichkeitsschutz, S. 88; Grimm, in: Karlsruher Forum 1996, S. 3 (6); Hubmann, JZ 1957, 521 (522). 332  BGHZ 13, 334 – Leserbrief; 24, 72; 26, 349 – Herrenreiter; 27, 284; Brandner, JZ 1983, 689 (689).

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Persönlichkeitsrecht explizit zu normieren.333 Diesem Zeitgeist entsprechend befasste sich auch der 42. Deutsche Juristentag 1957 mit der Frage, ob die geltenden gesetzlichen Bestimmungen ausreichten, um das Privatleben gegen Indiskretion zu schützen.334 Das von Bussmann erstattete Gutachten kam hierbei zu dem Ergebnis, dass die Schaffung klarer persönlichkeitsrechtlicher Schutzbestimmungen angesichts der fortschreitenden Technisierung nicht nur im Interesse der Rechtsprechung, sondern auch der betroffenen Rechtsträger geboten sei und zudem – quasi als willkommener Nebeneffekt – zu einer besseren Systematisierung der Rechtsmaterie führen würde.335 Obwohl mit Art. 1 und 2 des Grundgesetzes sowie Art. 8 EMRK dem Grunde nach eine gesetzliche Grundlage bereits vorliege, sprach sich der 42. Deutsche Juristentag für eine umfassende gesetzliche Normierung aus, um „die Rechtspflicht zur Achtung der Persönlichkeit der Allgemeinheit bewußt zu machen“.336 Entsprechend dieser Empfehlung legte das Bundesjustizministerium im Jahr 1959 einen Gesetzesentwurf zum zivilrechtlichen Schutz des Persönlichkeitsrechts vor. Dieser galt zur damaligen Zeit als der „auf zivilrechtlichem Gebiet wohl bedeutungsvollste Entwurf, der zu dieser Legislaturperiode zu beraten sein wird“.337 Die zentralen Punkte des Entwurfs eines „Gesetzes zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes“338 sahen vor, § 12 BGB durch die neu zu fassenden §§ 12 bis 20 BGB zu ersetzen und dabei auch die Vorschriften zum Recht am eigenen Bild aus dem KUG in das BGB zu überführen.339 An der Spitze dieser grundlegenden Neuordnung des Persönlichkeitsschutzes sollte in § 12 BGB das sog. allgemeine zivilrechtliche Indiskretionsdelikt stehen.340 Der Entwurf sollte den zivilrecht333  So etwa Hubmann, Ufita 26 (1958), S. 19, (21 f.); ähnlich ders., JZ 1957, 521 (528); Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 70 und S. 76 ff. 334  Vgl. Bussmann, Gutachten zum 42. DTJ (1957); Hubmann, JZ 1957, 521. 335  Bussmann, Gutachten zum 42. DTJ (1957), S. 70 ff.; so auch Hubmann, JZ 1957, 521; zu den Gefahren des technischen Fortschritts vgl. Süss, in: FS Lehmann, S.  189 ff. 336  Verhandlungen des 42. DJT 1957, Bd. II, Beschluss Nr. 3 der ersten Abteilung; Hubmann, JZ 1957, 521. 337  Erdsiek, NJW 1958, 1719 (1720); vgl. dazu auch Weber, in: FS Faller, S. 443 ff. 338  BT-Drs. III / 1237, S. 2 ff. 339  v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 1; für eine solche Überführung der Vorschriften des KUG ins BGB spricht sich insbesondere wegen des thematischen Zusammenhangs auch Götting, Persönlichkeitsrechte, S.  23 f. aus. 340  Zu der Frage, wann eine Persönlichkeitsverletzung (§ 12 des Entwurfs) konkret vorliegen solle, führte der Entwurf aus: „Eine widerrechtliche Verletzung im Sinne des § 12 liegt vor, wenn jemand unbefugt Behauptungen tatsächlicher Art über das Privat- oder Familienleben eines anderen öffentlich aufstellt oder verbreitet. Die Mit-



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lichen Persönlichkeitsschutz umfassend neu regeln, erneut allerdings ohne Anknüpfung an den damaligen Forschungsstand zu den Persönlichkeitsrechten.341 Infolge des Widerstands vor allem von Seiten der Presse, die die freie Berichterstattung gefährdet sah und daher scharfe Kritik an dem aus ihrer Sicht zu weitgehenden Persönlichkeitsschutz übte, konnte sich der Entwurf letztlich nicht durchsetzen.342 In Anschluss kam es nur noch zu „kleineren“, thematisch allesamt eng begrenzten Reformüberlegungen, denen jedoch ebenfalls kein Erfolg beschieden war.343 Letztlich verbleibt dennoch kein fragmentarisches Bild des zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutzes, vielmehr vermag die dynamische und entwicklungsoffene Natur des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts diesen flexibel dort zu schließen, wo zwischen den besonderen Persönlichkeitsrechten Lücken verbleiben.344

II. Zivilrechtlicher Schutz vor Bildaufnahmen 1. Besondere Persönlichkeitsrechte Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vollzieht sich der Schutz der Persönlichkeit im deutschen Zivilrecht maßgeblich anhand der sog. besonderen Persönlichkeitsrechte. Zu den besonderen Persönlichkeitsrechten zählt neben dem Namensrecht (§ 12 BGB) das Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG), das Urheberpersönlichkeitsrecht (§§ 1, 97 ff. UrhG) sowie die über § 823 Abs. 2 BGB ins Zivilrecht transformierten persönlichkeitsschützenden Straf­ teilung ist zulässig, wenn sie der angemessenen Wahrnehmung eines berechtigten öffentlichen oder privaten Interesses dient“, vgl. BT-Drs. III / 1237, S. 2; Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (676). 341  BT-Drs. III / 1237  – Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes (1959); § 14 des Entwurfs sollte hierbei neben der Beleidigung auch die Rufbeeinträchtigung erfassen, welche wiederum vorliegen sollte, wenn nicht erweislich wahre, ehrenrührige Tatsachenbehauptungen aufgestellt bzw. verbreitet würden, vgl. die Begründung, BT-Drs. III / 1237, S. 21. 342  Hubmann, in: FS Schwab, S. 3 (4); v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 1; G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (760); s. dazu auch die Stellungnahme der Kommissionsmitglieder, DRiZ 1958, 352. 343  Zu nennen ist hier etwa der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung schadensrechtlicher Vorschriften aus dem Jahr 1967, vgl. hierzu Kübler, JZ 1968, 542 ff.; Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 170; sowie das Gutachten Stürners, der sich anlässlich des 58. DJT 1990 mit der Frage „Empfiehlt es sich, die Rechte und Pflichten der Medien präziser zu regeln und dabei den Rechtsschutz des Einzelnen zu verbessern?“ beschäftigte. 344  So auch BVerfGE 34, 269 (281) – Soraya.

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tatbestände.345 Es ist der Verdienst von Helle, die vier konstituierenden Elemente herausgearbeitet zu haben, die allen besonderen Persönlichkeitsrechten gemeinsam sind. Demnach ist den besonderen Persönlichkeitsrechten zueigen, dass sie erstens primär dem Schutz eines bestimmten Persönlichkeitsmerkmals dienen, zweitens einen gesetzlich normierten und klar umrissenen Tatbestand aufweisen, drittens ein absolutes subjektives Recht gewähren und schließlich viertens eine besondere Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen.346 a) Recht am eigenen Bild Das Recht am eigenen Bild ist ein besonderer Ausfluss und gesetzlich geregelter Teilbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.347 Es wurde bereits 1907 als erstes spezielles Persönlichkeitsrecht einfachgesetzlich in den §§ 22 ff. KUG normiert.348 Anlass hierfür war das gestiegene Schutzbedürfnis infolge der Entwicklung der Momentfotografie, welche das damals geltende Recht nicht adäquat zu regeln vermochte.349 345  Zu den strafrechtlich sanktionierten Persönlichkeitsrechten vgl. Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 42 ff.; einen zumindest partiellen Persönlichkeitsschutz entfalten zudem § 826 BGB und § 824 BGB. 346  Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 35 ff.; das heutige Verständnis steht damit im Kontrast zur ursprünglichen Begriffsbedeutung, die gerade eine Abgrenzung zum (damals noch nicht existenten) allgemeinen Persönlichkeitsrecht bezweckte, vgl. Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 24; zu den besonderen Persönlichkeitsrechten vgl. auch Neumann-Duesberg, NJW 1957, 1341 (1342 f.). 347  Ständige Rspr., vgl. nur BGHZ 20, 345 (347) – Dahlke; 26, 349 (355) – Herrenreiter; BGH NJW 1971, 698 (700); BGH NJW 1985, 1617 (1619); Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 296; Arzt, Intimsphäre, S. 22; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 46; Bussmann, JR 1955, 202 (203); Kleine, JZ 1956, 568 (659); Reinhardt, JZ 1959, 41 (43); Schönberger, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, S. 142; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 1; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 3; Götting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 2; Wasserburg, Schutz der Persönlichkeit, S.  53 f.; Obergfell, in: Ulmer-Eilfort / Obergfell, Verlagsrecht, 1.  Teil Kap. I Rn. 12 und Rn. 56; v. Gamm, Persönlichkeits- und Ehrverletzungen, S. 57; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 5. 348  Amtliche Begründung der Regierungsvorlage zum KUG, in: Stenografische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, II. Session, 6. Anlageband, S. 4684; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 46; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 296; Wellbrock, Persönlichkeitsschutz, S. 59. 349  Der konkrete Anlass war bekanntlich die in der Literatur seither vielzitierte unerlaubte Anfertigung von Bildaufnahmen des Leichnams Otto v. Bismarcks, welche die Rpsr. in Ermangelung anderer Rechtsgrundlagen nur als Hausfriedensbruch abzuurteilen vermochte, vgl. RGZ 45, 170; vgl. dazu auch Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 7; Rietschel, AcP 94 (1903), S. 142 (144 f.); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 45.



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aa) Geschütztes Rechtsgut Trotz der Normierung im Bereich des Urheberrechts handelt es sich beim Recht am eigenen Bild um ein Persönlichkeitsrecht.350 Das Recht am eigenen Bild gewährleistet, wie bereits Keyßner in seiner grundlegenden Monographie aus dem Jahre 1896 betont hat, ein Selbstbestimmungsrecht des Abgebildeten im Hinblick auf die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung seines Bildnisses.351 Allein der Abgebildete selbst soll darüber disponieren dürfen, ob, und wenn ja, wann und wie sein äußeres Erscheinungsbild dargestellt wird.352 Strittig ist hingegen, ob das Recht am eigenen Bild darüber hinaus auch die Ehre oder das Schamgefühl, mit anderen Worten also das Diskretionsinte­ resse erfasst.353 Die Auffassung, dass das Recht am eigenen Bild jedenfalls auch die Privatsphäre des Abgebildeten erfasse, war Mitte des 20. Jahrhunderts vorherrschend und ist im Kern wohl auf den Einfluss des amerikanischen Rechts und hierbei vor allem dem Right of Privacy zurückzuführen.354 350  BVerfGE 35, 202 (207) – Lebach; BGHZ 20, 345 (347) – Dahlke; BGH NJW 1971, 698 (699); BVerfG NJW 1999, 2358 – Greenpeace; OLG Köln ZUM-RD 2014, 28 (30); Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 23 f.; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 14; ders., JR 1955, 202 (203); v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 1; B. Heinrich, ZIS 2011, 416; Seifert, NJW 1999, 1889 (1890); Diederichsen, Jura 2008, 1; Kremer, Persönlichkeitsrecht, S. 33; Brandner, JZ 1983, 689 (694); Pardey, in: Geigel, Haftpflichtprozess, Kap. 23 Rn. 58; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 77 beschreibt die Normen des KUG als Teilbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der neben der bildlichen Selbstdarstellung alle anderen Interessen mitumfasst; a. A. wohl Gerecke, GRUR 2014, 518 (520). 351  Keyßner, Recht am eigenen Bilde (1896), S. 31 f. 352  Ständige Rspr., vgl. nur BGHZ 171, 275 (277) – Abgestuftes Schutzkonzept I; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 48; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 20; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 3; Götting Persönlichkeitsrechte, S. 30; Reinhardt, JZ 1959, 41 (42 f.); Neunhoeffer, Presseprivileg, S. 198; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 62 und S. 76; dies gilt allerdings auch hier nur unter der Einschränkung, dass der Abgebildete keinen Anspruch darauf hat, nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder gesehen werden möchte, vgl. dazu oben Kapitel 1 A. II. 2. 353  Vgl. nur die gerichtliche Handhabung des Bildnisschutzes insb. zur Veröffentlichung privater, peinlicher oder sonst indiskreter Abbildungen bei BGH NJW 1965, 2148; BGH NJW 1985, 1617; OLG München NJW-RR 1996, 539; OLG Hamburg NJW-RR 1995, 220; Neumann-Duesberg, in: JJB  VII (1966 / 67), S. 138 ff.; Neben, Personenberichterstattung, S. 160. 354  BGHZ 26, 349 (351) – Herrenreiter rekurriert insofern auf die Zugehörigkeit des Bildnisses zur „Persönlichkeitssphäre“; diese bezeichnet BGH GRUR 1962, 211 (313) – Hochzeitsbild als „Individualsphäre“ und BVerfGE 35, 202 (220) – Lebach als „Privatbereich“; vgl. auch Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 22; Hubmann, JZ 1957, 521 (525); Neumann-Duesberg, DRZ 1949, 172, (174); ders., JJB VII

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Das Diskretionsinteresse erstreckt sich demnach auf alle persönlichen Informationen, die vom subjektiven Geheimhaltungswillen des Einzelnen erfasst sind und geht insofern also über einen schlichten Geheimnisschutz hinaus.355 Im Wortlaut der §§ 22 ff. KUG findet eine solch weitgehende Interpretation des Rechts am eigenen Bild jedoch keine Stütze.356 Auch eine teleologische Betrachtung spricht gegen die Einbeziehung der Privatsphäre in das Schutzgut der §§ 22 ff. KUG, denn ein Bildnis kann für sich genommen noch keiner Persönlichkeitssphäre zugeordnet werden. Die Frage, ob ein Bildnis die Privatsphäre des Abgebildeten tangiert, lässt sich grundsätzlich nur unter Berücksichtigung des Bildinhalts selbst beantworten. Das Diskretionsinteresse kann damit für den Abgebildeten zwar mit ein Motiv dafür sein, sein Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Veröffentlichung seines Bildnisses in einer bestimmten Weise auszuüben, mehr aber auch nicht. Schutzgut des Rechts am eigenen Bild bleibt damit allein das Selbstbestimmungsrecht des Abgebildeten. bb) Anwendungsbereich Nach § 22 S. 1 KUG dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. (1) Bildnis Der Begriff des Bildnisses ist weit auszuglegen und erfasst alle Personendarstellungen, die die äußere Erscheinung der abgebildeten Person für Dritte erkennbar wiedergeben.357 Dabei kommt es nicht auf die Art und Weise der Abbildung an, so dass § 22 S. 1 KUG alle denkbaren Darstellungsformen erfasst. Neben fotografischen Abbildungen kommen somit v. a. auch Filmauf(1966 / 67), S. 138 f.; Franke, Bildberichterstattung, S. 88; ders., NJW 1981, 2033 (2034 f.); zusammenfassend Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 28. 355  Der Geheimnisschutz betrifft insofern ausschließlich solche Informationen, die objektiv nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, so dass es auf einen subjektiven Geheimhaltungswillen gerade nicht mehr ankommt; vgl. dazu Wanckel, Persönlichkeitsschutz, S. 119; Neben, Personenberichterstattung, S. 158 f.; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 77. 356  So auch Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 28. 357  BGHZ 26, 349 (351) – Herrenreiter; BGH GRUR 1962, 211 – Hochzeitsbild; BGH GRUR 1966, 102 – Spielgefährtin I; Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 26; ders., in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 5; Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 23; Guha, Indiskrete Wort- und Bildberichterstattung, S. 30; Engels, in: BeckOKUrhR, § 22 KUG Rn. 19; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 5; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 5; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 62 f.; Neukamm, Bildnisschutz, S. 100.



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nahmen, Zeichnungen, oder Gemälde in Betracht.358 Maßgebliches Kriterium ist somit nicht die Werkform der Abbildung, sondern die Erkennbarkeit der abgebildeten Person.359 „Vergeistigte“ Darstellungen des Lebens- und Charakterbildes, etwa durch einen Schauspieler auf der Bühne, unterfallen jedoch nicht dem Schutz des § 22 KUG.360 Im Hinblick auf die Identifizierbarkeit der abgebildeten Person stellt die Rechtsprechung nur geringe Anforderungen. Demnach soll es etwa genügen, wenn die Abbildung typische Erkennungsmerkmale der Person wiedergibt.361 Neben den Gesichtszügen zählen hierzu insbesondere auch die Figur, Bekleidung, Gestik, Frisur oder ähnlich charakteristische Erkennungsmerkmale.362 Die Informationen, die zur Identifizierung des Abgebildeten führen, können sich dabei nicht nur aus dem Bildhintergrund,363 sondern unter Umständen auch aus den Gesamtumständen der Veröffentlichung ergeben.364 Bei der Prüfung der Identifizierbarkeit ist somit zu fragen, welcher Eindruck unter Berücksichtigung aller Informa358  Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 26; Diederichsen, Jura 2008, 1 (5); v. StroblAlbeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 20; Funkel, Schutz der Persönlichkeit, S. 6. 359  BGHZ 26, 349 (351) – Herrenreiter; BGH GRUR 1962, 211 – Hochzeitsbild; BGH NJW 1974, 1947 (1948); Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 27; ders., in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 5 f.; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 5; Martin, Publizistische Freiheit, S. 14; Wellbrock, Persönlichkeitsschutz, S. 60; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 5; Zentai, ZUM 2003, 363 (364). 360  Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 53 und Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 26 weisen zu Recht darauf hin, dass der Schutz des Lebens- und Charakterbildes Aufgabe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist; Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 46; Leinveber, GRUR 1967, 236 (240); a. A. aber noch KG JW 1928, 363 – Piscator; OLG Kiel JW 1930, 78 (79) m. Anm. Adler; die den Schutz in Analogie zum KUG gewährten; ebenso noch Löffler, Presserecht3, § 6 LPG Rn. 54; Reinhardt, in: FS Schwinge, S. 127 (129 ff.); Wellbrock, Persönlichkeitsschutz, S. 60; zur Problematik des Einsatzes von Doppelgängern vgl. Gerecke, GRUR 2014, 518. 361  BGH NJW 1965, 2148 – Spielgefährtin I; BGH GRUR 1979, 732 (733) – Fußballtor; Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 27; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 24. 362  BGH NJW 1965, 2148 (2148 f.) – Spielgefährtin I; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 7; Götting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 7; Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 45. 363  OLG Düsseldorf GRUR 1970, 618 f.; OLG Nürnberg, GRUR 1973 40 (41); Götting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 7. 364  So hat das OLG Stuttgart GRUR-RR 2015, 80 eine Identifizierbarkeit auch dann bejaht, wenn die Umstände der Erkennbarkeit außerhalb des Bildnisses selbst liegen. Im konkreten Fall war der Abgebildete trotz Verpixelung allein aus dem Kontext der Veröffentlichung als Vater eines in der Öffentlickeit bekannten Täters identifizierbar. Zur Erkennbarkeit anhand der Begleitumstände vgl. OLG Düsseldorf GRUR 1970, 618; OLG Frankfurt a. M. NJW 1992, 441 (442); Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 25.

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tionen aus der Abbildung bei einem durchschnittlichen Betrachter entsteht bzw. ob der Abgebildete begründeten Anlass hat, anzunehmen, dass er von Dritten möglicherweise erkannt werden könnte.365 Freilich liegt die Schwelle der Identifizierbarkeit je nach Intensität der persönlichen Beziehung unterschiedlich hoch. So werden etwa innerhalb der Familie regelmäßig weniger Informationen aus der Abbildung erforderlich sein, um zu einer Erkennbarkeit der Person zu gelangen, als dies beispielsweise im Kollegenkreis der Fall sein dürfte. Um solche Fälle dennoch möglichst einheitlich beurteilen zu können, bedient sich die Rechtsprechung eines im Einzelfall freilich konkretisierungsbedürftigen Maßstabs, nach dem die Identifizierbarkeit zumindest für einen solchen Personenkreis gegeben sein muss, den der Abgebildete nicht ohne weiteres hätte selbst unterrichten könnte.366 Dies kann bei einem größeren Bekanntenkreis bereits der Fall sein,367 nicht hingegen innerhalb des engeren Familien- und Freundeskreises.368 Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit ist allerdings entbehrlich, wenn das Bildnis mit einer Namensangabe versehen ist, d. h. der Abgebildete schon aufgrund des so entstehenden Bildeindrucks identifiziert werden kann.369 Der Informationswert einer Abbildung ist in derlei Konstellationen im Kontext der dazugehörigen Wortberichterstattung zu ermitteln, so dass es auf die Beziehung, die ein Erkennungsmerkmal zwischen der Abbildung und dem Abgebildeten herstellt, nicht ankommt.370 Trotz der damit insgesamt weiten Auslegung ist der Begriff des Bildnisses grundsätzlich enger als der des Bildes, welches immer dann vorliegt, wenn 365  BGH GRUR 1962, 211 – Hochzeitsbild; BGH NJW 1971, 698 (700) – Pariser Liebestropfen; BGH GRUR 1979, 732 (733) – Fußballtor; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 22; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 6; Diederichsen, Jura 2008, 1 (5); bei der Beurteilung der Erkennbarkeit ist grundsätzlich ein weiter Maßstab zugrunde zu legen, sodass sich die Erkennbarkeit auch aus dem Begleittext ergeben kann, vgl. OLG Stuttgart GRUR-RR 2015, 80 (81); Sajuntz, NJW 2015, 595 (598). 366  OLG Köln NJW 2005, 2554; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 7. 367  So BGH GRUR 1979, 732 (733) – Fußballtor; OLG München AfP 1983, 276; OLG Stuttgart NJW-RR 1992, 536; OLG Hamburg AfP 1993, 590; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 4; Götting, in: Schricker / Loewenheim, UrhR, § 22 KUG Rn. 17; Dreier / Spiecker, Systematische Aufnahme des Straßenbildes, S.  39 f.; Götting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 8. 368  KG AfP 2011, 269 (270); Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 4; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 7. 369  BGH NJW 1965, 2148 (2149) – Spielgefährtin I; Götting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 7; Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 127. 370  Zur Ermittlung des Informationsgehalts einer Abbildung vgl. BGHZ 156, 206 (209 f.); 158, 218 (222 f.) – Charlotte Casiraghi; Hoffmann-Riem, NJW 2009, 20 (23); Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 45.



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die Abbildung neben dem Personenbildnis noch weitere Bildinformationen enthält, etwa eine Landschaft oder andere (Hintergrund-)Motive.371 (2) Verwertungshandlungen Als Verwertungshandlung erfasst § 22 KUG das Verbreiten sowie das Zur-Schau-Stellen. Das Anfertigen einer Abbildung wird durch das KUG hingegen gerade nicht erfasst.372 Ein Verbreiten liegt vor, wenn körperliche Exemplare eines Bildnisses in irgendeiner Form weitergegeben werden.373 Dabei ist es unerheblich, ob die Verbreitung entgeltlich, mit kommerzieller Zwecksetzung bzw. mit Gewinnerzielungsabsicht oder nur schenkungsweise erfolgt.374 Es kommt auch nicht darauf an, ob das Bildnis zuvor verviel­ fältigt wurde oder das Original verbreitet wird;375 selbst die Weitergabe in digitaler Form erfüllt das Kriterium der Körperlichkeit.376 Für ein Verbreiten genügt somit die – auch digitale – Weitergabe an eine beliebige dritte Person, ohne dass es insofern auf Herstellung von Öffentlichkeit an-

371  Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 19; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 1. 372  Wellbrock, Persönlichkeitsschutz, S. 60; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 9; Götting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 9; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 68; Wolf, Strafrechtlicher Schutz der Persönlichkeit, S. 26 ff.; a. A. wohl Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 208 f.; Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 46; Hubmann, JZ 1957, 521 (525) bezweifelt bereits, dass eine Persönlichkeitsverletzung durch Aufnehmen tatbestandsmäßig sein könne; zu berücksichtigen ist freilich, dass außerhalb des KUG Vorschriften über die Anfertigung von Bildnissen existieren, etwa in §§ 81b, 169 GVG, § 12a VersG oder § 201a StGB, vgl. dazu Neukamm, Bildnisschutz, S. 101. 373  Der Begriff des Verbreitens in § 22 KUG ist damit weiter gefasst als der des § 17 Abs. 1 UrhG, der eine öffentliche Verbreitung erfordert, vgl. Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 13; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 9; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 51; Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 64. 374  Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 14; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 52; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 9; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 43; Neukamm, Bildnisschutz, S. 102. 375  Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 51; Neukamm, Bildnisschutz, S. 102; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 43. 376  OLG Frankfurt a. M. MMR 2004, 683 (684); Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 9; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 53; a. A. Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 13; die lediglich (presse-)interne Weitergabe eines Bildnisses, z. B. innerhalb einer Redaktion, soll hingegen mangels Öffentlichkeit nicht erfasst sein, vgl. VG Köln NJW 1988, 367 (369); Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 64; a. A. jedoch LG Oldenburg GRUR 1988, 694 (695).

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kommt.377 Ein öffentliches Zur-Schau-Stellen hingegen liegt immer dann vor, wenn einer unbestimmten Vielzahl von Betrachtern die Möglichkeit verschafft wird, das Bild optisch wahrzunehmen.378 Während es sich bei dem Verbreiten von Bildnissen um eine körperliche Weitergabe handeln muss, betrifft das Zur-Schau-Stellen insofern nur unkörperliche Darstellungen.379 Charakteristisch ist daher, dass das Publikum durch das Zur-SchauStellen keine Verfügungsgewalt über das Bildnis erlangt.380 (3) Regel-Ausnahme-Systematik Die Verbreitung bzw. das Zur-Schau-Stellen eines Bildnisses steht nach § 22 S. 1 KUG unter dem grundsätzlichen Einwilligungsvorbehalt des Abgebildeten. Die Beweislast hinsichtlich der Einwilligung trägt im Regelfall der Einwilligungsempfänger, wodurch der Schutz des § 22 S. 1 KUG noch zusätzlich verstärkt wird.381 Sofern der Abgebildete für die Aufnahme ein Entgelt erhalten hat, gilt die Einwilligung jedoch nach § 22 S. 2 KUG im Zweifel als erteilt. Davon abgesehen ist die Einwilligung des Abgebildeten immer dann entbehrlich, wenn einer der Ausnahmetatbestände des § 23 KUG greift. § 23 Abs. 1 KUG statuiert zum Schutz der öffentlichen Meinungsbildung und der Kommunikationsfreiheiten vier Ausnahmen vom grundsätzlichen Einwilligungserfordernis des § 22 KUG, wobei die Ausnahme für Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) die praktisch wohl bedeutsamste darstellt.382 377  Lehr, Harmonisierung des Persönlichkeitsrechts, S. 47; Schertz, in: Loewenheim, Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 13; Zentai, ZUM 2003, 363 (364). 378  OLG München MMR 2007, 659; VG Meiningen NVwZ-RR 2012, 551 (552); Schertz, in: Loewenheim, Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 13; Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 64; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 54; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 44; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 10; ein Zur-Schau-Stellen kann daher auch durch Plakatierung bzw. durch Einstellen oder Verlinken im Internet erfolgen, vgl. Schönewald, ZUM 2013, 862 (863); a. A. hinsichtlich des Verlinkens indes Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, § 33 KUG Rn. 12. 379  Neukamm, Bildnisschutz, S. 103; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 10; Schertz, in: Loewenheim, Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 13; Wolf, Strafrecht­ licher Schutz der Persönlichkeit, S. 29. 380  Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, § 33 KUG Rn. 11; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 54; a. A. Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 64. 381  Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 14. 382  Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 10; Wellbrock, Persönlichkeitsschutz, S. 60; Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 43; Funkel, Schutz der Persönlichkeit, S. 7; Neunhoeffer, Presseprivileg, S. 198; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 64; Funkel, Schutz der Persönlichkeit, S. 7; Walter, ZUM 2002, 886 (889).



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Die Systematik aus Grundsatz (§ 22 KUG) und Ausnahme (§ 23 Abs. 1 KUG) wird in § 23 Abs. 2 KUG durch eine Rück-Ausnahme ergänzt, nach der die Befugnis zur einwilligungslosen Verbreitung bzw. Zurschaustellung unter den Vorbehalt eines gegenläufigen berechtigten Interesses des Abgebildeten gestellt wird. Das so statuierte Regel-Ausnahme-Verhältnis verfolgt zum einen den Zweck, die von Art. 5 GG geschützte Kommunikationsfreiheit mit dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten im Wege der praktischen Konkordanz zum Ausgleich zu bringen, zum anderen erklärt sie die individuelle Schutzbedürftigkeit des Abgebildeten zum maßgeblichen Leitgedanken des Bildnisschutzes.383 Sofern nicht im konkreten Einzelfall ein besonderes öffentliches Informationsinteresse besteht, ist daher von der grundsätzlichen Unzulässigkeit einer einwilligungslosen Veröffentlichung auszugehen. Diese Orientierung am Individuum unterscheidet den Bildnisschutz mithin maßgeblich vom Ehrschutz, welcher sich bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Äußerung vor allem an deren gesellschaftlicher Relevanz orientiert.384 cc) Interessenausgleich Da es für das Eingreifen des Bildnisschutzes der §§ 22 ff. KUG nicht auf die konkrete Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ankommt, handelt es sich um einen vorgelagerten und formalisierten Schutz.385 Gleichwohl erfordert die Prüfung eine Abwägung der widerstreitenden Interessen des konkreten Einzelfalls. Obwohl es sich um vorkonstitutionelles Recht handelt, konkretisieren die Vorschriften zum Recht am eigenen Bild die gebotene Abwägung der grundrechtlich geschützten Positionen.386 Im Rahmen des erforderlichen Interessenausgleichs gilt es, die persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Abgebildeten mit dem Informationsinteresse der Presse sowie der Allge383  Hoffmann-Riem, AöR 128 (2003), S. 173 (211 f.); Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 240; Neben, Personenberichterstattung, S. 235; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 64. 384  Neben, Personenberichterstattung, S. 234  f. führt diesen Unterschied darauf zurück, dass „die visuelle Personeninformation grundsätzlich dem Betroffenen zugewiesen ist (arg. § 22 KUG), wohingegen die verbale Personeninformation prinzipiell gemeinfrei ist und daher im Grundsatz der freien und allgemeinen Nutzung offensteht (arg. Art. 5 I GG)“. 385  BGHZ 30, 7 (12) – Caterina Valente; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 47; Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 24; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 61; Bächli, Recht am eigenen Bild, S. 14; dieser formalisierte Schutz steht damit im Kontrast zum Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht, bei dessen Anwendung es wegen der generalklauselartigen Weite und Unbestimmtheit zunächst einer Konkretisierung in Form einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung bedarf. 386  Obergfell, in: Ulmer-Eilfort / Obergfell, Verlagsrecht, 1. Teil Kap. I Rn. 58; Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 44 f.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

meinheit zu einem angemessenen und damit möglichst schonenden Ausgleich zu bringen.387 Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, griff die Rechtsprechung bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Bildnisses der Zeitgeschichte“ im Rahmen der Prüfung des § 23 KUG auf eine Unterscheidung zwischen relativen und absoluten Personen der Zeitgeschichte zurück. Als relative Person der Zeitgeschichte galt eine Person immer dann, wenn sie „durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat“, weshalb sie grundsätzlich „ohne ihre Einwilligung nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden“ durfte.388 Dieser Grundsatz, dass eine Abbildung nur und ausschließlich im Kontext eines solch zeitgeschichtlichen Ereignisses erfolgen durfte, galt jedoch nicht für absolute Personen der Zeitgeschichte. Die absolute Person der Zeitgeschichte findet „auf Grund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit“ und ist daher „selbst Gegenstand der Zeitgeschichte“.389 Zu den absoluten Personen der Zeitgeschichte zählten nicht nur Politiker oder sonstige Amtsträger, sondern alle Personen des öffentlichen Lebens unabhängig von ihrer gesellschaftlichen Leistung.390 Da sie selbst zum zeitgeschichtlichen Interesse gehören, durfte über diese Personen grundsätzlich berichtet werden, d. h. absolute Personen der Zeitgeschichte durften nicht nur bei öffentlichen Auftritten abgebildet werden, sondern auch dann, wenn sie sich privat im öffentlichen Raum bewegten.391 Freilich war auch die absolute Person der Zeitgeschichte indes hinsichtlich ihrer Privatsphäre nicht gänzlich schutzlos gestellt, denn ihre Persönlichkeitsinteressen konnten auf einer zweiten Stufe über eine Abwägung nach § 23 Abs. 2 KUG als „berechtigte 387  Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 23 KUG Rn. 1; Eisenbarth, Recht am eigenen Bild, S. 45; Funkel, Schutz der Persönlichkeit, S. 8. 388  BGHZ 171, 275 (278 f.) – Abgestuftes Schutzkonzept I; grundlegend zur absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte Neumann-Duesberg, JZ 1960, 114 (115 ff.); vgl. dazu auch Rolinski, in: FS F. C. Schroeder, S. 719 (722 ff.); v. StroblAlbeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 Rn. 13; Kupfer, Jura 2001, 169 (172); krit. Prinz, NJW 1995, 817 (820); Sedelmeier, AfP 1999, 450 (452). 389  BGHZ 171, 275 (279) – Abgestuftes Schutzkonzept I; Neumann-Duesberg, JZ 1960, 114; Lenski, NVwZ 2005, 50 (52); Neben, Personenberichterstattung, S. 208; differenzierend Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 39 f.; krit. zur Abgrenzung zwischen absoluter und relativer Person der Zeitgeschichte Sedelmeier, AfP 1999, 450 (454). 390  Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 34; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wortund Bildberichterstattung, Kap. 8 Rn. 9; Neumann-Duesberg, JZ 1960, 114 (115) stellt hier allerdings ausschließlich auf „Monarchen, sonstige Personen hervorragender Stellung und Leistung o. dgl.“ ab; krit. dazu Prinz, NJW 1995, 817 (820). 391  Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 34; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wortund Bildberichterstattung, Kap. 8 Rn. 10; a. A. jedoch Neumann-Duesberg, JZ 1960, 114 (116).



B. Persönlichkeitsschutz im Zivilrecht 95

Interessen“ berücksichtigt werden, mit der Folge, dass der eigentliche und letztlich maßgebliche Abwägungsvorgang damit erst im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG stattfand.392 In der bislang von der deutschen Rechtsprechung so praktizierten nachgelagerten Interessenabwägung hat der EGMR in seiner Caroline von Hannover I-Entscheidung eine unzulässige Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre von sog. absoluten Personen der Zeitgeschichte erkannt.393 Diesen grundlegenden Bedenken trug der BGH Rechnung und passte seine Rechtsprechung durch die Entwicklung eines sog. abgestuften Schutzkonzepts394 an die Auffassung des EGMR an.395 Seither gilt, dass entsprechend der Intention des Gesetzgebers sowie Sinn und Zweck des § 23 Abs. 1 KUG als Ausnahmeregelung zum Einwilligungserfordernis des § 22 KUG bereits bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „aus dem Bereich der Zeitgeschichte“, d. h. bereits bei der Zuordnung zum zeitgeschichtlichen Bereich, eine Abwägung widerstreitenden Rechte und Interessen erfolgen muss.396 Die beiden Abwägungsvorgänge aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG und 392  Arzt,

Intimsphäre, S. 25; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 31. NJW 2004, 2647 – Caroline von Monaco III; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 35; vgl. dazu Kapitel 1 B. II. 1. a). 394  BGHZ 171, 275 (278 ff.) – Abgestuftes Schutzkonzept I; 177, 119 (125) – Einkaufsbummel nach Abwahl; 178, 213 (218) – Karsten Speck; BGH NJW 2007, 3440 (3441) – Grönemeyer; BGH ZUM 2011, 240 (242); dieses abgestufte Schutzkonzept wurde vom BVerfG als verfassungskonform gebilligt und entspricht im Wesentlichen auch der Judikatur des EGMR, vgl. BVerfGE 120, 180; EGMR GRUR 2012, 745 (750 Rn. 124 f.) – Caroline von Hannover II; zum abgestuften Schutzkonzept vgl. auch Krämer / Märten, EuR 2015, 169 (177 f.); Steffen, in: Löffler, Presserecht, § 6 LPG Rn.  68a ff.; Klass, in: Erman, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 168. 395  s. dazu BGH NJW 2006, 599 (601) sowie zusammenfassend Märten, Vielfalt des Persönlichkeitsschutzes, S. 384 ff.; Herrmann, in: BeckOK-InfoMedienR, § 23 KUG Rn. 13. 396  Die pauschale Zuordnung einer Person zum Bereich der Zeitgeschichte darf daher nicht mehr allein aufgrund ihrer Eigenschaft als Prominente erfolgen, vgl. BVerfG NJW 2006, 3406 (3407); BGHZ 171, 275 (279) – Abgestuftes Schutzkonzept I; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 23 KUG Rn. 10; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 6; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 1; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 31 und Rn. 38; Söder, ZUM 2008, 89 (90); die Auffassung, dass es „für die Einzelfallentscheidung nicht darauf an[kommt], ob die Abwägung erst im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG oder schon bei dem Tatbestandselement des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmen ist“ (so Neben, Personenberichterstattung, S. 219) ist insofern überholt; die Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen bereits im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hat freilich zur Folge, dass die Differenzierung zwischen absoluten und relativen Personen der Zeitgeschichte insgesamt an Bedeutung verloren hat, vgl. Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 7; Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 176; Klass, AfP 2007, 517 (522); Lenski, NVwZ 2005, 50 (53); Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 71; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 31 geht sogar davon aus, dass sich absolute und relative Personen der Zeitgeschichte nicht mehr unterscheiden. 393  EGMR

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§ 23 Abs. 2 KUG betreffen somit jeweils einen eigenständigen Abwägungsgehalt und stehen sich insofern selbstständig und gleichberechtigt gegenüber. (1) Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte Ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte zugehörig ist, bestimmt sich anhand des Begriffs des Zeitgeschehens. Dieser erfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Dimension, sondern grundsätzlich alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse.397 Das weite Begriffsverständnis hat zur Folge, dass auch unterhaltende, unsachliche oder sogar satirische Beiträge erfasst werden können, sofern sie von öffentlichem Interesse sind.398 Das allgemeine Informationsinteresse ist in seiner Reichweite jedoch nicht grenzenlos, sondern wird mit Rücksicht auf die geschützte Privatsphäre des Betroffenen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beschränkt.399 Nachdem der BGH den Umfang des Privatsphärenschutzes infolge der Rechtsprechung des EGMR erheblich ausgeweitet und gestärkt hat, ist nunmehr bereits im Rahmen der Prüfung von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Abwägung zwischen den Persönlichkeitsinteressen des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Kommunikations- und Informationsinteressen von Presse und Allgemeinheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits erforderlich.400 Von den verschiedenen Abwägungsfaktoren, die die Rechtsprechung in das Für und Wider des Interessenausgleichs einstellt, ist der Informationswert der Abbildung der wohl Bedeutendste.401 Der Informationswert einer Abbildung 397  BGH NJW 2008, 749 (750) – Abgestuftes Schutzkonzept II; Arzt, Intimsphäre, S. 25; Diederichsen, Jura 2008, 1 (5). 398  BVerfGE 101, 361 (392) – Caroline von Monaco II; BGH NJW 2004, 762 (764) – Feriendomizil; BGH NJW 2008, 749 (750) – Abgestuftes Schutzkonzept II; die Frage, ob ein konkreter Beitrag tatsächlich von gesellschaftlichem Interesse ist, ist hierbei vom Richter zu bestimmen, sodass es sich insofern um einen normativen Maßstab handelt, vgl. Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 2; Neben, Personenberichterstattung, S. 226. 399  BGHZ 171, 275 (283) – Abgestuftes Schutzkonzept I; 180, 114 (118) – Enkel von Fürst Rainier; BGH NJW 2008, 749 (750) – Abgestuftes Schutzkonzept II; BGH NJW 2001, 746 (747) – Rosenball in Monaco; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 6. 400  BGHZ 171, 275 (280 f.) – Abgestuftes Schutzkonzept I; BGH NJW 2007, 3440 (3441 f.) – Grönemeyer; BGH NJW 2010, 2432 (2436) – Onlinearchiv; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 6; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 1; Specht, in: Dreier / Schulze, § 23 KUG Rn. 10. 401  BGHZ 131, 332 (342) – Caroline von Monaco III; 151, 26 (30) – Marlene Dietrich; 171, 275 (282 f.) – Abgestuftes Schutzkonzept I; BGH NJW 2004, 762 (764) – Feriendomizil; BGH NJW 2008, 749 (750) – Abgestuftes Schutzkonzept II;



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ist hierbei umso höher, je eher eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert wird.402 Umgekehrt gilt, dass bei der Verwertung von Bildnissen, die primär der Sensationslust, der Befriedigung hemmungsloser Neugier oder rein kommerzieller Interessen des Verbreitenden dienen, nur von einem sehr geringen Informationswert auszugehen ist.403 Sofern sich der Informationsgehalt einer Abbildung dabei nicht bereits aus dem Bild selbst ergibt, ist dieser nach Auffassung der Rechtsprechung unter Einbeziehung der dazugehörigen Wortberichterstattung festzustellen.404 Bei der Ermittlung des Informationswerts ist somit maßgeblich auf das Vorliegen eines berechtigten Informationsinteresses der Allgemeinheit abzustellen. Für die von der Rechtsprechung praktizierte Abwägung gilt insofern, dass das Schutzinteresse des Einzelnen umso mehr hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten muss, je größer das Informations­ interesse der Öffentlichkeit ist, umgekehrt aber „auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer [wiegt], je geringer der Informa­ tionswert der Abbildung für die Allgemeinheit ist“.405 Bei der Ermittlung des Informationswerts berücksichtig die Rechtsprechung auch, auf welche Art und Weise die Bildinformation beschafft wurde, wobei eine Bildnisbeschaffung unter Verletzung der Privatsphäre des Betroffenen regelmäßig gegen einen hohen Informationswert der Abbildung spricht.406 Ferner wird die Neben, Personenberichterstattung, S. 226 f.; Stender-Vorwachs, NJW 2009, 334 (335); v. Gerlach, JZ 1988, 741 (750). 402  BGH NJW 2007, 3440 (3442) – Grönemeyer; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 6; Diederichsen, Jura 2008, 1 (6); Herrmann, in: BeckOK-InfoMedienR, § 23 KUG Rn. 14. 403  BVerfGE 101, 361 (391) – Caroline von Monaco II; BGHZ 131, 332 (342) – Caroline von Monaco III; so auch bereits Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 299; zur Grenzziehung zwischen Informations- und Werbezwecken vgl. Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 27; Zippelius, in: FS Hubmann, S. 511 (515); Heldrich, in: FS Heinrichs, S. 319 (325). 404  BVerfGE 120, 180 (206); BGHZ 158, 218 (223); Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 39; zur Auslegung des Informationsgehalts von Bildern vgl. Beater, JZ 2006, 432 (436). 405  BVerfGE 34, 269 (283) – Soraya; 101, 361 (391); BGHZ 131, 332 (342) – Caroline von Monaco III; 171, 275 (282 f.) – Abgestuftes Schutzkonzept I; BGH NJW 2004, 762 (764) – Feriendomizil; BGH NJW 2007, 3440 (3442) – Grönemeyer; BGH NJW 2009, 3032 (3033 f.) – Wer wird Millionär?; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 26; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 6; Heldrich, in: FS Heinrichs, S. 319 (326). 406  BVerfGE 120, 180 (207); BGHZ 24, 200 (208 f.) – Spätheimkehrer; BGH NJW 1966, 2353 (2354) – Vor unserer eigenen Tür; BGH NJW 2009, 754 (755); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 189; v. Gerlach, JZ 1998, 741 (750); Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG, Rn. 6; Neben, Personenberichterstattung, S. 225; Heldrich, in: FS Heinrichs, S. 319 (322 f.).

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Motivation des Veröffentlichenden in die Abwägung einbezogen. Will dieser das Bildnis zu Informationszwecken veröffentlichen, erkennt die Rechtsprechung einen gesteigerten Informationswert an, wobei hier jedoch strenge Anforderungen an den Sachbezug der Aufnahme gestellt werden.407 Dient die Veröffentlichung allerdings ausschließlich eigennützigen Zwecken, etwa weil sie von kommerziellen Interessen des Veröffentlichenden getragen wird, so muss dem Inhalt ein nur geringer Informationswert zugesprochen werden.408 Die Rückkoppelung des auf diese Weise ermittelten Informationswerts an die Legitimität des allgemeinen Informationsinteresses ist mitunter auf scharfe Kritik gestoßen, da bei der Frage nach der Berechtigung eines Informationsinteresses auch subjektive Wertungen in die Interessenabwägung einfließen könnten.409 Diese Ansicht verkennt jedoch zum einen bereits, dass die Methode der Abwägung, welche als Denk- und Entscheidungsweise für die Rechtswissenschaft nicht von geringerer Bedeutung ist als die Subsumtion, ohne den Zwischenschritt einer Bewertung der eingestellten Gesichtspunkte notwendigerweise ohne Ergebnis bleiben muss.410 Zum anderen übersieht sie, dass die Abwägung methodisch gesehen nicht im „luftleeren Raum“ stattfindet, sondern die in die Abwägung eingestellten Faktoren im Laufe der Entscheidungsfindung stets zueinander in Verhältnis zu setzen sind. Sie geht damit im Ergebnis von einer – tatsächlich nicht vorhandenen – Disproportionalität der Abwägungsfaktoren aus. Nach Ansicht des BGH besteht an Abbildungen des täglichen Lebens, d. h. vor allem bei solchen Tätigkeiten, die grundsätzlich und schlechthin allein dem privaten Bereich zuzuordnen sind, kein Informationsinteresse der Öffentlichkeit, sodass ihnen keinerlei Informationswert zukommt.411 Auf den im Rahmen des § 23 Abs. 2 KUG zu vollziehenden Abwägungsschritt, nämlich der Berücksichtigung berechtigter (Gegen-)Interessen des Abgebildeten, kommt es dann nicht mehr an, sodass § 23 Abs. 2 KUG für den Bereich der

407  BGH NJW 2009, 754 (755); BGH NJW 2009, 3032 (3034) – Wer wird Millionär?; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 6; Neben, Personenberichterstattung, S. 229. 408  Ständige Rspr., vgl. BGHZ 20, 345 (350) – Dahlke; 49, 288 (293) – Ligaspieler; BGH NJW 1979, 2205 (2206); BGH NJW 1997, 1152 – Bob Dylan; OLG Hamburg NJW 1996, 1151 (1153); Neben, Personenberichterstattung, S. 223. 409  Vgl. nur Neben, Personenberichterstattung, S. 228. 410  Ausführlich dazu Hubmann, in: FS Schnorr von Carolsfeld, S. 173 (175 ff.). 411  BGHZ 171, 275 (283) – Abgestuftes Schutzkonzept I; BGH NJW 2007, 3440 (3443) – Grönemeyer; BGH NJW 2009, 754 (765); Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 38; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 11; dies hatte i.Ü. bereits Bussmann, Gutachten zum 42. DJT (1957), S. 41 gefordert.



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Zeitgeschichte nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nur noch eine Auffangfunktion hat.412 (2) Gegenläufige Interessen des Abgebildeten Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte können wegen dem Informationsinteresse der Allgemeinheit nicht denselben Schutz beanspruchen wie gewöhnliche Bildnisse. Gleichwohl muss niemand, um es mit den Worten von Gareis auszudrücken, dulden „dass sein Privatleben wider gegen seinen Willen zum Schauspiel des Publikums werde“.413 Diesem nachvollziehbaren Bedürfnis trägt § 23 Abs. 2 KUG Rechnung, indem er der Abbildungsfreiheit dort Grenzen setzt, wo der Abgebildete seine „berechtigten Interessen“ gegen die Veröffentlichung des Bildnisses in Stellung bringen kann. Obwohl die Bedeutung des § 23 Abs. 2 KUG angesichts des von der Rechtsprechung i. R.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entwickelten sog. abgestuften Schutzkonzepts insgesamt abgenommen hat, werden weiterhin solche Fälle erfasst, die entweder unter § 23 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 KUG fallen oder aber, sofern ein zeitgeschichtlicher Umstand die Bildnisveröffentlichung zunächst rechtfertigt, wegen der Art und Weise ihrer Anfertigung oder ihres Inhalts nicht veröffentlicht werden dürfen.414 Ausweislich des Regierungsentwurfs aus dem Jahr 1905 soll § 23 Abs. 2 KUG verhindern, dass „Vorgänge des persönlichen, häuslichen und Familienlebens an die Öffentlichkeit gezogen werden“.415 In der Praxis hat die Rechtsprechung zur Verwirklichung dieses Zwecks verschiedene Fallgruppen entwickelt, die regelmäßig für das Vorliegen eines berechtigten Interesses im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG sprechen. Zu den berechtigten Interessen des Abgebildeten zählt zunächst das Diskretionsinteresse, soweit dieses nicht bereits im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berücksichtigt wird.416 Das Diskretionsinteresse ist immer dann 412  Schertz,

(864).

413  Gareis,

in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 38; Schönewald, ZUM 2013, 862

Gutachten für den 26. DJT (1902), S. 15. in: BeckOK-UrhR, § 23 KUG Rn. 23; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG, Rn. 12; v. Strobl-Albeg, in: Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 Rn. 64. 415  Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, II. Session, Nr. 30, S. 1526 (1541 f.); RGZ 103, 319; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 26. 416  Im Falle des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG kommt der Privatsphärenschutz bereits auf dieser ersten Ebene zum Tragen, sodass § 23 Abs. 2 KUG dann lediglich eine Auffangfunktion zukommt; da § 23 Abs. 2 KUG jedoch für alle Fälle des § 23 Abs. 1 KUG anwendbar ist, kommt dem Schutz des Diskretionsinteresses insofern dennoch eine eigenständige Bedeutung zu, vgl. etwa Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 414  Engels,

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berührt, wenn wahre Tatsachen über eine Person ohne deren Einwilligung verbreitet werden. Die Anerkennung der Diskretion als schutzbedürftiges Interesse hat zur Folge, dass Vorgänge aus dem Privatleben des Betroffenen grundsätzlich nicht abgebildet werden dürfen, sofern sie der Intim- oder Privatsphäre zuzurechnen sind.417 Insofern kann auf das zur Schutzbedürftigkeit der verschiedenen Sphären zuvor bereits Ausgeführte verwiesen werden.418 Die das Diskretionsinteresse verletzende Handlung kann dabei zunächst in der Art und Weise der Beschaffung des Bildmaterials, der Veröffentlichung inhaltlich privater Bildinformation oder einer Kombination beider Verletzungshandlungen liegen.419 Vor allem für Fälle sog. Bildniserschleichung, wenn also die Arglosigkeit des Betroffenen bewusst zur unbefugten Anfertigung von Bildnissen für eigene Zwecke ausgenutzt wird, ist anerkannt, dass diese im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine eigenständige Persönlichkeitsverletzung begründen kann.420 Entsprechendes muss daher über das Anfertigen des Bildnisses hinaus auch für anschließende Verwertungshandlungen gelten.421 Sofern der Betroffene vor der Veröffentlichung seines Bildnisses in der Öffentlichkeit unbekannt war, erkennt die Rechtsprechung neben dem Diskretionsinteresse auch ein Anonymitätsinteresse an.422 Es besteht nur dann, Rn. 58; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 29 f.; zum Begriff der Diskretion vgl. Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (670). 417  BGHZ 39, 124 (133) – Fernsehansagerin; BGH JZ 1965, 411 (413) – Gretna Green; BGH NJW 1964, 1471 (1471) – Sittenrichter; BGH NJW 1966, 2353 (2355) – Vor unserer eigenen Tür; LG Frankfurt a. M. ZUM-RD 2005, 523 (524); v. Gerlach, JZ 1998, 741 (749 f.); Neben, Personenberichterstattung, S. 220; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 65. 418  Siehe oben Kapitel 1 A. II. 2. b). 419  BGHZ 24, 200 (208 f.) – Spätheimkehrer; BGH NJW 1966, 2353 (2354) – Vor unserer eigenen Tür; v. Gerlach, JZ 1998, 741 (750). 420  BVerfGE 101, 361 (394 f.) – Caroline von Monaco II; BGHZ 24, 200 (208 f.) – Spätheimkehrer; OLG Frankfurt NJW 1987, 1087; Neben, Personenberichterstattung, S. 225; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 Rn. 77; auch ein heimliches Aufnehmen aus großer Entfernung kann eine fehlende Einwilligung des Betroffenen unterlaufen, weshalb das BVerfG solchen Aufnahmen einen „belauschenden Charakter“ zuschreibt, vgl. BVerfGE 101, 361 (393 f.) – Caroline von Monaco II; Neben, Personenberichterstattung, S. 225. 421  Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 189; Neben, Personenberichterstattung, S. 225. 422  Vgl. BVerfG NJW 1993, 1463 (1464); BVerfG NJW 2000, 1859 (1860); OLG Hamburg ZUM 2010, 61 (62); LG Köln AfP 1994, 166 (168 f.); Neumann-Duesberg, in: JJB VII (1966 / 67), S. 138 (139 ff.); v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 Rn. 85; im Hinblick auf die sog. Begleiterrechtsprechung gilt nunmehr, dass auch das Recht des Begleiters nicht weniger geschützt ist als das des Prominenten, vgl. dazu BVerfG NJW 2001, 1921 (1923); BGH NJW 2009, 1502 (1503); BGH NJW 2010, 3025 (3027); KG NJW 2005, 605 (607); OLG Hamburg



B. Persönlichkeitsschutz im Zivilrecht 101

wenn das Anonymitätsinteresse auch im konkreten Fall schutzwürdig ist, d. h. die Anonymität faktisch noch besteht.423 Auf den Willen des Betroffenen kommt es insofern nicht an,424 vielmehr ist das Anonymitätsinteresse in einer umfassenden Interessenabwägung zu ermitteln. Als weiteres berechtigtes Interesse hat die Rechtsprechung das Wahrheitsinteresse des Betroffenen anerkannt.425 Die Berücksichtigung des Wahrheitsinteresses trägt dem Umstand Rechnung, dass der Betroffene aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ein anerkennenswertes Interesse an einer wahrheitsgemäßen Darstellung seiner Person in der Öffentlichkeit ableiten kann.426 Das Wahrheitsinteresse ist immer dann berührt, wenn die Authentizität einer Abbildung infolge technischer Bearbeitung oder sonstiger Manipulation nicht mehr gewährleistet ist. Es kann aber auch bereits dann betroffen sein, wenn die Bildinformation durch eine Veränderung des Veröffentlichungskontextes oder einen Begleittext insgesamt einen verfälschten Eindruck erweckt.427 Schließlich berücksichtigt die Rechtsprechung bei der Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit andererseits auch eine drohende Ansehensminderung als berechtigtes Interesse im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG.428 Eine Ansehensminderung kann dabei in der Regel dann bejaht werden, wenn der Abgebildete infolge der Veröffentlichung des Bildnisses eine Herabsetzung seines öffentlichen Rufes oder Respekts erfährt.429 Eine solche EntGRUR-RR 2006, 421 (422); zusammenfassend Klass, in: Erman, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 182; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 23 KUG Rn. 10. 423  Bannasch, Gemeingebrauch des Namens, S. 74; vgl. hierzu auch Eisele, JZ 2014, 932 (940). 424  Neben, Personenberichterstattung, S. 230 f. 425  BGHZ 24, 200 (209) – Spätheimkehrer; 26, 52 (67) – Sherlock Holmes; OLG Karlsruhe GRUR 1989, 823; Neben, Personenberichterstattung, S. 233; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 62. 426  Siehe dazu oben Kapitel 1 A. II. 2. a). 427  Kommissionsbericht, Amtliche Begründung der Regierungsvorlage zum KUG, in: Stenografische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, II. Session, 2. Anlagenband, S. 4685; RG JW 1916, 113; BGHZ 24, 200 (209) – Spätheimkehrer; BGHZ 171, 275 (286 f.) – Abgestuftes Schutzkonzept I; BGH NJW 1965, 1374; Neben, Personenberichterstattung, S. 233; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S.  176 f.; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 62; differenziert dazu Arzt, Intimsphäre, S. 48 f. 428  Eine solche Ansehensminderung war ursprünglich sogar als einziger bzw. maßgeblicher Anwendungsbereich des § 22 KUG erachtet worden, vgl. Kohler, Kunstwerkrecht, S. 159; Allfeld, KUG, § 23 Bem. 6 II; Neumann-Duesberg, DRZ 1949, 172 (174). 429  OLG Koblenz NJW 1997, 1375 (1376) – Schweigen der Hirten; OLG Hamburg, ArchPR 1972, 150; Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 241; Neben, Personenbe-

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

bzw. Herabwürdigung liegt vor allem dann vor, wenn bereits die Art der bildhaften Bloßstellung eine eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzung begründet. Hier sind allen voran solche Bloßstellungen zu nennen, die den Intimbereich berühren, etwa indem sie den Betroffenen nackt zeigen oder eine sonstige Tatsache abbilden, die zum innersten Kernbereich privater Lebensgestaltung gehört.430 Schlagwortartig gilt hier die Formel, dass die Intimsphäre thematisch die Bereiche Krankheit, Sexualität und Tod erfasst.431 Bei bildlicher Darstellung dieser Themenbereiche kann ausnahmsweise sogar die Erkennbarkeit des Betroffenen gänzlich entbehrlich sein, da mit der Intimsphäre ein derart sensibler Bereich betroffen ist, dass das Persönlichkeitsrecht dem Betroffenen unabhängig vom Hinzutreten weiterer Umstände ein ausschließliches Verfügungsrecht vermittelt.432 Aus demselben Grund ist auch nicht erforderlich, dass die Abbildung den Betroffenen vollständig unbekleidet zeigt.433 Eine Bloßstellung liegt auch dann vor, wenn die Abbildung Missgeschicke erfasst, die den Betroffenen plötzlich und unverhofft in peinlicher Weise bloßstellen.434 Dies gilt vor allem für solche bildliche Darstellungen, die den Betroffenen entweder unnötig an den Pranger stellen435 oder bereits aus sich richterstattung, S. 232; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 Rn. 80; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 76. 430  BGH NJW 1974, 1947 (1949) – Nacktfotos; BGH NJW 1985, 1617 (1618) – Nacktaufnahme; OLG München NJW-RR 1996, 539 (541); OLG Frankfurt a. M. NJW 2000, 594 (595) – Katharina Witt; LG Hamburg AfP 2006, 197 (198); LG München I AfP 2016, 368 (369 f.); Neben, Personenberichterstattung, S. 232; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 177; v. Gerlach, JZ 1998, 741 (749); Herrmann, in: BeckOK-InfoMedienR, § 23 KUG Rn. 31; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 61; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 33; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 65; Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 241; Bannasch, Gemeingebrauch des Namens, S. 78 f.; Sajuntz, NJW 2017, 698 (702). 431  So etwa Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 33; siehe hierzu bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. b). 432  BGH NJW 1974, 1947 (1949) – Nacktfotos; OLG Stuttgart NJW-RR 1987, 1434 (1435); LG Frankfurt a. M. AfP 2006, 380 (380 f.); Herrmann, in: BeckOK-­ InfoMedienR, § 23 KUG Rn. 31; Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 236. 433  KG Berlin NJW-RR 1999, 1703 (1704); AG Berlin Charlottenburg NJW-RR 1999, 1546 (1547); Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 236; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 61; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 33. 434  OLG Hamburg AfP 1972, 150; v. Gerlach, JZ 1998, 741 (749). 435  Zur „Prangerwirkung“ aufgrund der mit dem Bekanntwerden eines Strafverfahrens einhergehenden Stigmatisierung des Beschuldigten in der Öffentlichkeit vgl. BVerfGE 119, 309 (323); hierzu auch Kühl, in: FS Müller-Dietz, S. 401  ff.; Kühl / Reichold / Ronellenfitsch, Rechtswissenschaft, § 30 Rn. 1; Eisele, JZ 2014, 932 (939); zur Prangerwirkung bei einer Darstellung einer geistig erkrankten Frau in Handschellen vgl. LG Köln AfP 2002, 343; dieser Schutz vor Anprangerung besteht



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selbst heraus besonders entstellend oder entblößend wirken, da sie die abgebildete Person in Momenten physischer oder psychischer Beeinträchtigung abbilden.436 Auch Darstellungen, die ersichtlich den Zweck verfolgen, den Abgebildeten in einer unangenehmen Situation der allgemeinen Lächerlichkeit preiszugeben, zählen zu den Bloßstellungen, die eine eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzung begründen.437 Vor allem stark betrunkene Personen oder Personen in anderweitig hilfloser Lage wie beispielsweise Unfall- oder Verbrechensopfer sowie Patienten in Krankenhausbetten dürfen daher grundsätzlich nicht abgebildet werden.438 Auch die Abbildung von Personen in Schocksituationen ist regelmäßig unzulässig, wenn nicht ein besonderes und überwiegendes Informationsinteresse der Allgemeinheit besteht.439 Im Regelfall wird sich das öffentliche Informationsinteresse jedoch auf das ursächliche Ereignis, etwa Unfälle, (Natur-)Katastrophen oder Gewaltverbrechen beziehen, sodass eine individuelle Darstellung der unmittelbar betroffenen Personen zur Befriedigung des öffentlichen Informationsinteresses gerade nicht erforderlich ist. Zu berücksichtigen ist hier ferner, dass wegen der Verletzung von Persönlichkeitsinteressen Angehöriger auch Aufnahmen von Verstorbenen in der Regel nach § 22 S. 3, § 23 Abs. 2 KUG unzulässig sind.440 Ebenfalls unzulässig sind Aufnahmen, die den Betroffenen in einer besonders schutzwürdigen Situation zeigen, wie etwa während Gottesdiensten oder sonstigen Situationen des In-sich-Gehens und der persön­ lichen Kontemplation.441 Wegen der besonderen Belastungssituation, in der auch für den in einem Strafverfahren rechtskräftig Verurteilten fort, vgl. BVerfG NJW 2010, 1587 (1589); OLG Oldenburg, NJW 1963, 920 (921). 436  LG Köln AfP 1991, 757; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 63; v. StroblAlbeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 Rn. 81; Damm / Rehbock, Widerruf, Rn. 289; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 25 f.; Wanckel, Fotound Bildrecht, Rn. 242; Neunhoeffer, Presseprivileg, S. 199; Schlechtriem, DRiZ 1957, 65 (67). 437  OLG Hamburg ArchPR 1972, 150  f.; LG Hamburg AfP 2006, 197 (198); v. Gerlach, JZ 1998, 741 (749); Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 243. 438  OLG Karlsruhe NJW-RR 1999, 1699 (1700) – Wachkomapatient; LG Münster NJW-RR 2005, 1065 (1066); KG AfP 2011, 269; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 63; Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 234 und Rn. 245; sowie Engels, in: BeckOK-UrhR, § 23 Rn. 25, der den Schutz dieser Situationen jedoch dem Diskre­ tionsinteresse zuordnen will. 439  Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 245. 440  OLG Düsseldorf AfP 2000, 574 (575); Klass, in: Erman, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 189; Prinz / Peters, Medienrecht, Rn. 882; Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 246. 441  OLG München NJW-RR 1996, 93 (94) betont hierbei, dass allein aus dem Umstand, dass andere Kirchgänger ebenfalls am Gottesdienst teilnehmen können, „nicht gleichzeitig die Erlaubnis zum Fotografieren durch Dritte“ folge, sondern vielmehr Örtlichkeit (Kirche) und Anlass (Gottesdienst) gegen eine solche Einwilligung

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sich trauernde Angehörige nach einem Todesfall befinden, zählt zu den besonders geschützten Ausnahmesituationen auch die Bildberichterstattung über Beerdigungen.442 Den genannten Beispielen ist gemein, dass nicht bereits jede nachteilige Bildnisveröffentlichung ausreicht, sondern diese jedenfalls ein nach allgemeinem Verständnis nicht mehr hinnehmbares Maß von Entwürdigung in sich tragen muss.443 Ihnen ist insofern auch gemeinsam, dass diese Art der Bloßstellung den Betroffenen unmittelbar in seinem personalen Geltungsanspruch betrifft.444 Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG hinsichtlich einer Ansehensminderung muss somit jedenfalls immer dann angenommen werden, wenn die Bildnisveröffentlichung die Menschenwürde des Betroffenen berührt.445 b) Ins Zivilrecht transformierte Schutznormen Zu erwähnen, aber inhaltlich an dieser Stelle noch nicht weiter auszuführen sind die strafrechtlichen Regelungen der §§ 185 ff. StGB und insbesondere § 201a StGB, die als Schutznormen über § 823 Abs. 2 BGB ins Zivilrecht transformiert werden und somit Grundlage für eine zivilrechtliche Schadensersatz- oder Unterlassungsklage sein können. Als besonderes Persprächen; ebenso Herrmann, in: BeckOK-InfoMedienR, § 23 KUG Rn. 45.1; Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 245; a.  A. Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, § 23 KUG Rn. 103, der allerdings Abbildungen einzelner Personen ebenfalls ausschließt. 442  LG Köln AfP 1991, 757; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 23 Rn. 25; Steffen, in: Löffler, Presserecht, § 6 LPG Rn. 66; Wanckel, Foto- und Bildrecht, Rn. 233; Götting, in: Schricker / Loewenheim, UrhR, § 23 KUG Rn. 69 will eine Bildnisverbreitung jedoch zulassen, wenn ein besonderes Informationsinteresse der Allgemeinheit besteht; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 8 Rn. 53 will auf den Willen der Angehörigen abstellen; ebenso Damm / Rehbock, Widerruf, Rn. 289; vgl. jedoch LG Köln AfP 1994, 246 (247), das die Abbildung eines anhand der konkreten Darstellung nicht näher zu identifizierenden Trauernden im Kontext einer sachlichen Dokumentation im Einzelfall für noch zulässig erachtet hat; zu den strafrechtlichen Aspekten dieser Problematik vgl. auch Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2 sowie ausf. unten unter Kapitel 3 A. IV. 4. c). 443  v. Gerlach, JZ 1998, 741 (749). Das Motiv, Bildaufnahmen mit entwürdigendem Inhalt strafrechtlich zu sanktionieren, findet sich nunmehr auch in § 201a StGB, vgl. nur BT-Drs. 18 / 2601, S. 36. 444  Neben, Personenberichterstattung, S. 232; Bannasch, Gemeingebrauch des Namens, S.  78 f. 445  Zum Recht auf Wahrung der Privatsphäre als Teilaspekt der Menschenwürde vgl. Hilgendorf, EWE 19 (2008), S. 403 (404); zum Verstoß gegen die Menschenwürde durch vorveruteilende Darstellungen durch die Medien vgl. Gounalakis, NJW 2016, 737 (739); zur Stigmatisierung durch Vorermittlungen Eisele, JZ 2014, 932 (939).



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sönlichkeitsrecht ist zudem das Recht am eigenen Bild als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt.446 2. Zivilrechtliches allgemeines Persönlichkeitsrecht Seit das allgemeine Persönlichkeitsrecht Eingang in die Rechtsordnung gefunden hat, ist allgemein anerkannt, dass der Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen durch das KUG zum zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrecht in einem Ergänzungsverhältnis steht.447 Da die §§ 22 ff. KUG im Hinblick auf das Verbreiten bzw. Zur-Schau-Stellen von Bildnissen eine umfassende und abschließende Sonderregelung vorsehen, gehen diese dem Schutz durch das (zivilrechtliche) allgemeine Persönlichkeitsrecht insofern als lex specialis vor.448 Dies gilt jedoch nicht für das Anfertigen unbefugter Bildaufnahmen, welches von den Vorschriften des KUG nicht erfasst wird, obwohl bereits bei Schaffung des KUG ersichtlich war, dass auch das bloße Herstellen eines Bildnisses schutzbedürftige Interessen des Abgebildeten berühren kann.449 Im Hinblick auf das von den Verwertungshandlungen des § 22 KUG nicht erfasste unbefugte Herstellen eines Bildnisses fungiert § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG daher als Auffangtatbestand.450 Ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht über § 823 Abs. 1 BGB im konkreten Einzelfall hingegen tatsächlich Schutz gewährt, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern ist stets im Wege einer umfassenden Interes446  BGHZ 13, 334 (339) – Leserbrief; 24, 72 (77); 26, 349 (355) – Herrenreiter; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 22 KUG Rn. 3; Götting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 2; Wasserburg, Schutz der Persönlichkeit, S. 50. 447  BGHZ 160, 298 (303 ff.); BGH NJW-RR 1987, 231; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 208; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 71 f.; Götting, Persönlichkeitsrechte, S. 25; Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 112 f.; Bartnik, Bildnisschutz, S. 26; Klass, in: Erman, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 167; Funkel, Schutz der Persönlichkeit, S. 39; a. A. Dittmar, NJW 1979, 1311; Wasserburg, Schutz der Persönlichkeit, S. 56; Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 112 f. 448  Larenz / Canaris, Schuldrecht BT II / 2, § 76 II 4 d, S. 393; Klass, in: Erman, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 12; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S.  65 f. 449  Dies ist auch der Grund dafür, dass die Reichstagskommission die Herstellung von Bildaufnahmen als strafbare Beleidigung bewerten wollte, vgl. Kommissionsbericht, Amtliche Begründung der Regierungsvorlage zum KUG, in: Stenografische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 11. Legislaturperiode, II. Session, 2. Anlagenband, S. 4686; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 68. 450  BGHZ 24, 200 (208 f.) – Spätheimkehrer; BGH NJW 1966, 2353 ff. – Vor unserer eigenen Tür; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 44; Schertz, in: Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 10; Götting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 2 und Rn. 10; Wellbrock, Persönlichkeitsschutz, S. 60; Schwerdtner, Persönlichkeitsrecht, S. 208.

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sen- und Güterabwägung unter Berücksichtigung aller schutzwürdigen (Verfassungs-)Rechtspositionen zu ermitteln.451 a) Schutzbereich Der Schutzbereich des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterscheidet sich zwar grundsätzlich von dem des verfassungsrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts,452 gleichwohl prägen die in den Grundrechten des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG angelegten Maßstäbe und Wertentscheidungen auch das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht. Besonders deutlich kommt dies etwa dadurch zum Ausdruck, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt ist.453 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht stellt damit ein höchstpersönliches, unveräußerliches Recht auf Entfaltung und Schutz der Persönlichkeit dar. Auch wenn sich der konkrete Schutzgehalt des Persönlichkeitsrechts im Zivilrecht nicht abschließend ermitteln lässt, sondern in spezifischer Weise an die sich wandelnden Schutzbedürfnisse der Persönlichkeit anzupassen und fortzuentwickeln ist,454 lassen sich auch hier zwei prägende Schutzrichtungen aufzeigen, auf die sich die im Einzelnen herausgearbeiteten Schutzaspekte zurückführen lassen. Hierbei handelt es sich – wie auch schon im Verfassungsrecht – um die Selbstbestimmung in persönlichen Angelegenheiten sowie um den Schutz der Privatsphäre im Sinne des Diskretionsinteresses. aa) Selbstbestimmung Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht obliegt der Schutz solcher Aspekte der Persönlichkeit, die zwar nicht von den benannten Freiheitsgarantien er451  BGH NJW 1995, 1955; Götting, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 12 Rn. 10; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 6; Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 73; ähnlich bereits Reinhardt, JZ 1959, 41 (42). 452  Jarass, NJW 1989, 857 (858); Hubmann, in: FS Schwab, S. 3 (19); Wiese, ZfA 1971, 273 (276); Canaris, AcP 184 (1984), S. 201 (202 f.); Klass, Rechtliche Grenzen S. 226; Klüber, Persönlichkeitsschutz, S. 37 f.; davon ausgehend wohl auch Rüpke, Schutz der Privatheit, S. 25; Schwetzler, Presseselbstkontrolle, S. 72; Beuthien, in: FS Medicus, S. 1 (2); Guha, Indiskrete Wort- und Bildberichterstattung, S. 125; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 25; vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 A. II. 453  Medicus / Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 615; Teichmann, in: Jauernig, BGB § 823 Rn. 66. 454  Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 71; Geyer-Schäfer, Indiskretion, S. 9; Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 207 trägt diesem Umstand dadurch Rechnung, dass sie den dritten Teil ihrer Dissertation als „gegenwärtigen Schutzbereich“ des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bezeichnet.



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fasst werden, die aber für die Persönlichkeit von ebenso konstituierender Bedeutung sind.455 Die Verwirklichung personaler Selbstbestimmung ist mithin eine der Hauptaufgaben des Persönlichkeitsschutzes.456 Von der zivilrechtlichen Privatautonomie unterscheidet sie sich dahingehend, dass sich letztere lediglich auf die eigenverantwortliche Gestaltung von Rechtsverhältnissen bezieht, während Selbstbestimmung im Sinne des Persönlichkeitsrechts dem Rechtssubjekt eine umfassende Bestimmungskompetenz in eigenen Angelegenheiten vermittelt.457 Bereits frühzeitig hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass der Schutz der Persönlichkeit als sog. postmortaler Persönlichkeitsschutz sogar über den Tod des Rechtsträgers hinaus wirkt.458 Das Recht auf Selbstbestimmung über eigene Angelegenheiten ist elementare und unabdingbare Voraussetzung für die Existenz des Menschen in Würde.459 Da die Würde dem Menschen qua seiner Existenz zukommt, mithin nicht erworben werden muss oder kann, ist auch das Recht auf Selbstbestimmung ein existentielles Recht. Das Recht auf Selbstbestimmung ist daher von den Meinungen Dritter über den Rechtsträger, d. h. dessen Ansehen in der Gemeinschaft, sowie von dessen (Vor-)Verhalten oder Leistungen unabhängig.460 Aus dem Aspekt der Würde, der dem Schutzgedanken der Selbstbestimmung in eigenen Angelegenheiten immanent ist, ergibt sich daher, dass der Einzelne grundsätzlich vor einer übermäßigen Einwirkung der Allgemeinheit zu schützen ist.461 Konkret gesprochen bedeutet dies, dass der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht nur den personalen Geltungsanspruch des Einzelnen, sondern vor allem auch dessen soziale 455  Vgl.

dazu bereits oben Kapitel 1 A. II. 35, 202 (220) – Lebach; BGH NJW 1985, 1617 (1620) – Nacktaufnahme; Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 214; Neben, Personenberichterstattung, S. 165. 457  Zur Privatautonomie vgl. Schapp, in: System des Rechts, S. 109 (115); zur Selbstbestimmung vgl. Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 219 f.; Ehmann, JuS 1997, 193 (196); Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 127. 458  BVerfGE 30, 173 (194) – Mephisto; BVerfG NJW 2001, 594; BVerfG NJW 2001, 2957 (2958 f.); BGHZ 15, 249 (259) – Cosima Wagner; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 341; Schönberger, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, S. 5; Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 45 ff.; Seitz, in: Hoeren / Sieber /  Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 8 Rn. 5. 459  BGHZ 24, 72 (76 f.); 27, 284 (286); Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 823 Rn. 64a; Rixecker, in: MK-StGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 2; Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 214; Siebert, NJW 1958, 1369 (1372 f.). 460  Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 72 f. 461  Schlechtriem, DRiZ 1975, 65 (66); Helle, Schutz der Persönlichkeit, S. 72; Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 823 Rn. 72; Bamberger, in: BeckOK-BGB, § 12 Rn. 94. 456  BVerfGE

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Anerkennung in der Gemeinschaft, d. h. Ehre462 und Ansehen463, mitumfasst. Eine Beeinträchtigung des Rechts auf Selbstbestimmung kommt dabei nicht nur bei „Vergegenständlichung“ von Persönlichkeitsdetails, etwa bei unbefugter Weitergabe, Verbreitung oder sonstiger Nutzung in Betracht,464 sondern auch dann, wenn die Beeinträchtigung geeignet ist, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit derart negativ zu beeinflussen, dass sie zu einer besonderen Stigmatisierung führen und insofern zum „Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden droht“.465 Vor allem in Fällen, in denen das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch öffentliche Anprangerung oder dem Verbreiten bloßstellender Bildnisse verletzt wird, überschneidet sich der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts somit inhaltlich mit den besonderen Persönlichkeitsrechten, die einen Schutz vor Herabwürdigung gewähren.466 bb) Diskretionsschutz Neben der Verwirklichung der personalen Selbstdarstellung dient das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Zivilrechts maßgeblich dem Diskretionsschutz.467 Der Schutz des Diskretionsinteresses steht dabei in besonders engem Verhältnis zum Menschenwürdegehalt des Persönlichkeitsrechts, ermög462  BGHZ 31, 308 (311 f.) – Alte Herren; 99, 133 (135) – Oberfaschist; Larenz / Canaris, Schuldrecht BT II / 2, § 80 II 2a, S. 500 ff.; Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 823 Rn. 76; Staudinger, in: HK-BGB, § 823 Rn. 98; Bamberger, in: BeckOK-BGB, § 12 Rn. 93; Wagner, in: MK-BGB, § 823 Rn. 242; Funkel, Schutz der Persönlichkeit, S. 20; Wellbrock, Persönlichkeitsschutz, S. 101 ff.; Tettinger, JZ 1983, 317 (318); ders., JuS 1997, 769 (770); Scholz / Konrad, AöR 123 (1998), S. 60 (66); v. der Decken, NJW 1984, 1400 (1401); Degenhart, JuS 1992, 361 (365); Kiesel, NVwZ 1992, 1129 (1130); Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 123 ff.; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 169 ff.; Kriele NJW 1994, 1987 (1898); Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 II 2, S. 196. 463  BGH NJW 2012, 767 (769); Geyer-Schäfer, Indiskretion, S. 10; Bamberger, in: BeckOK-BGB, § 12 Rn. 93. 464  Schlechtriem, DRiZ 1975, 65 (66). 465  BGH NJW 2012, 767 (769); BGH MMR 2011, 548 (549); vgl. dazu auch BVerfGE 97, 391 (404) – Mißbrauchsbezichtigung; BVerfG NJW 2009, 3357 (3358); BGHZ 187, 200 – Wortberichterstattung; BGH NJW 2009, 3576 (3578). 466  BGHZ 181, 328 (339) – Bewertungsforum im Internet; Funkel, Schutz der Persönlichkeit, S. 19. 467  BVerfGE 35, 202 (219 f.) – Lebach; BGHZ 13, 334 (338) – Leserbrief; 24, 200 (209) – Spätheimkehrer; 73, 120 (123 f.) – Telefongespräch; BGH GRUR 1965, 256 (258) – Gretna Green; BGH NJW 1987, 2667; BGH NJW-RR 1988, 733 (734); BGH ZUM-RD 2012, 253 (254); OLG München NJW 1986, 1260 (1262); OLG Hamburg NJW-RR 1991, 990 (991); OLG Bremen NJW 1996, 1000 (1001); Schertz, NJW 2013, 721 (723); Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 107; Neben, Personenberichterstattung, S. 159; Soehring, NJW 1994, 16 (18).



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licht er doch die Abschirmung des Einzelnen vor ungewollter Öffentlichkeit und verwirklicht damit dessen Anspruch, in seiner persönlichen Lebenssphäre „in Ruhe gelassen“ zu werden.468 Der Schutz des Diskretionsinteresses umfasst neben dem Schutz vor Beobachtung bzw. Erhebung persönlichkeitsrelevanter Informationen469 auch den Schutz vor Verbreitung persönlichkeitsrelevanter Informationen.470 Die Erhebung persönlichkeitsrelevanter Informationen tangiert das Diskretionsinteresse vor allem dann, wenn sie durch Überwindung eines nach außen objektiv erkennbaren Informationshindernisses erfolgt, das der Betroffene zum Schutz seiner personalen Eigensphäre als Informationsschranke zwischen sich und der Umwelt errichtet hat. Die eigenmächtige Überwindung eines derartigen Hindernisses vor Informationserhebung stellt dann ein Eindringen in den personalen Eigenbereich des Einzelnen dar und begründet zugleich die Vermutung der Rechtswidrigkeit.471 Ähnliches gilt für die Verbreitung persönlichkeitsrelevanter Informationen. Bei ihr resultiert die Widerrechtlichkeit der Beeinträchtigung aus dem Missbrauch des Vertrauens, das dem Verbreitenden von Seiten des Betroffenen entgegen gebracht wurde.472 Dabei wird der – moralisch und rechtlich anerkennenswerte – Vertrauensbereich des Einzelnen zwar nicht durch ein Eindringen von außen, gleichwohl aber durch einen Integritätsbruch – quasi „von innen heraus“ – verletzt.473 Die Widerrechtlichkeit des Verbreitens von persönlichkeitsrelevanten Informationen folgt dabei daraus, dass dem Betrof468  Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 403; Neben, Personenberichterstattung, S. 159; zum Ursprung des „right to be let alone“ vgl. Warren / Brandeis, 4 Harv. L. Rev. 193 (1890). 469  BGH NJW 2004, 762 (763 f.) – Feriendomizil; BGH NJW 2010, 1533 (1534 f.); BGH NJW 2012, 771; OLG Düsseldorf NJW 2007, 780 (781); Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 823 Rn. 79. 470  So auch Ehmann, JuS 1997, 193 (194); ebenso Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 127, der diesen Informationsschutz allerdings auf den Gedanken der Selbstbestimmung zurückführt. 471  Ehmann, in: FG 50 Jahre BGH, Bd. I, S. 613 (646); ders., JuS 1997, 193 (196); zu den Anforderungen, die an ein solches Informationshindernis zu stellen sind, vgl. bereits Giesker, Geheimsphäre (1904), S. 26 ff.; Hubmann, JZ 1957, 521 (525); Neumann-Duesberg, NJW 1957, 1341 (1343); Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 406 ff.; zur „natürlichen Diskretionsschranke“, die den räumlich-gegenständlichen Privatbereich umgibt vgl. BVerfG 89, 1 (12). 472  BGH NJW 1987, 2667 (2668); zu den rechtlich anerkannten Eingriffen in die Vertrauenssphäre vgl. BVerfGE 34, 238 (246) – heimliche Tonbandaufnahmen; BVerfGE 66, 116 (133 ff.) – Wallraff; BGHZ 27, 284 (287 ff.) – Tonbandaufnahmen; 73, 120 (121 ff.) – Telefongespräch. 473  Ehmann, JuS 1997, 193 (196); vgl. dazu auch BGHZ 73, 120 (121 ff.) – Telefongespräch; BGHSt 19, 325 (333) – Tagebücher; BGH NJW 1987, 2667 (2668); LG Köln MMR 2006, 758 (759).

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fenen nicht nur ein anerkanntes Geheimhaltungsinteresse zusteht, sondern dieses Geheimhaltungsinteresse auch objektiv erkennbar ist.474 Innerhalb des Rahmens, den diese Kriterien insoweit vorgeben, ist der Einzelne in seiner Entscheidung, „ob“ und wenn ja, „wie“ er eine Informationsschranke errichtet, hingegen grundsätzlich frei. Der Schutz vor Überwindung bzw. Missachtung dieser Informationsschranke kann daher in Teilen auch Aspekte der personalen Selbstbestimmung beinhalten. Insgesamt ist jedoch festzuhalten, dass der Diskretionsschutz weiter gefasst ist als der Schutz der personalen Selbstbestimmung, kann er doch auch solche Lebenssachverhalte erfassen, die andere Personen betreffen bzw. sogar rein sachbezogen sind.475 Daraus folgt freilich auch, dass sich Inhalt und Umfang des Diskretionsschutzes anders als beim Schutz der personalen Selbstbestimmung nicht ausschließlich an den Interessen des Betroffenen ausrichten, sondern vielmehr unter Berücksichtigung etwaiger berechtigter Gegeninteressen zu ermitteln sind.476 b) Interessenabwägung Das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht umschreibt keine positive Rechtsverletzung, sondern muss wegen des Menschenwürdebezugs im Wege der Einzelfallbetrachtung durch eine Konkretisierung der umfassten Schutzinteressen und unter besonderer Berücksichtigung der Grundrechte und der Gewährleistungen der EMRK mit Inhalt gefüllt werden.477 Da der Persönlichkeitsschutz des Einzelnen in einem Spannungsverhältnis zum Kommunikationsfreiheitsinteresse der Allgemeinheit steht, genießt er keinen absoluten Vorrang. Aus diesem Grund wird er auch als Rahmenrecht bezeichnet.478 Eine konkrete Schutzwirkung kann das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht somit nur dann entfalten, wenn die Widerrechtlichkeit 474  Ehmann,

JuS 1997, 193 (199); Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 410. 73, 120 – Telefongespräch; BGH NJW 1987, 2667 (2668); Baston-Vogt, Sachlicher Schutzbereich, S. 403 f. 476  Als Gegeninteressen kommen hier vor allem die Informationsbeschaffungsfreiheit, aber auch die Berufs- und Eigentumsfreiheit in Betracht, vgl. Ehmann, JuS 1997, 193 (200); U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 19 f.; Witzleb, Persönlichkeitsverletzungen, S.  16 f. 477  BVerfGE 99, 185 (196) – Helnwein; BGH NJW 2012, 767 (769); BGH NJW 2012, 771; Teichmann, in: Jauernig, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht, Rn. 67. 478  BGH NJW 1987, 2667; BGH NJW 2012, 767; U. Amelung, Schutz der Privatheit, S. 8; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 82; zur „normativen Leitung“ der Einzelfallentscheidung vgl. BVerfGE 66, 116 (138) – Wallraff; ebenso Ehmann, JuS 1997, 193 (197); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 8 f.; Geyer-Schäfer, Indiskretion, S.  10 f.; Funkel, Schutz der Persönlichkeit, S. 18; Klass, in: Erman, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 25; Staudinger, in: HK-BGB, § 823 Rn. 91; Bamberger, in: BeckOK-BGB, § 12 Rn. 95. 475  BGHZ



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einer Persönlichkeitsbeeinträchtigung im Wege einer Güterabwägung positiv festgestellt wurde.479 Sofern der Betroffene ausdrücklich oder konkludent eingewilligt hat, etwa in das Anfertigen einer Abbildung, fehlt es bereits an einer widerrechtlichen Beeinträchtigung.480 Die bewusste Öffnung der persönlichen Eigensphäre nach außen infolge einer Einwilligung lässt den Schutz des Betroffenen selbst dann entfallen, wenn der Öffentlichkeit solche Angelegenheiten preisgegeben werden, die gewöhnlich als privat gelten.481 Wer die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit suche, so die Auffassung des BGH, dürfe sich „nicht gleichzeitig auf den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Privatsphäre berufen“.482 Etwas anderes kann in Ausnahmefällen allerdings dann gelten, wenn die fragliche Persönlichkeitsbeeinträchtigung nicht als unmittelbare Folge, sondern lediglich in Reaktion der Öffnung der Persönlichkeitssphäre durch den Betroffenen erfolgt und zudem geeignet ist, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit negativ zu beeinflussen.483 In diesen – freilich seltenen – Fällen kann trotz Einwilligung des Betroffenen die Widerrechtlichkeit der Beeinträchtigung doch im Rahmen einer Interessenabwägung festgestellt werden. Im Laufe der Zeit wurden in der Judikatur von Bundesverfassungsgericht und BGH verschiedene Anforderungen an die Interessenabwägung formuliert und zu Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang verfestigt.484 Während der Betroffene die Verbreitung unwahrer Tatsachen regelmäßig nicht zu dulden hat, muss er wahre Tatsachenbehauptungen in aller Regel selbst dann 479  BGHZ 13, 334 (338) – Leserbrief; OLG München NJW 1986, 1260 (1261); Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 107; Bussmann, Gutachten zum 42. DJT 1957, S. 50 und S. 66; Lindner, Persönlichkeitsverletzung, S. 21; krit. zu diesem Ansatz Bannasch, Gemeingebrauch des Namens, S. 151 f.; Soehring, NJW 1994, 16 (18); dieses Motiv des Persönlichkeitsschutzes findet seine verfassungsrechtliche Entsprechung in dem Umstand, dass auch die grundgesetzlichen Freiheiten des Einzelnen nur bis zur Grenze der Freiheit Anderer anerkannt werden, vgl. hierzu oben unter Kapitel 1 A. II. 1. 480  BGH NJW 2012, 771; Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 167; die Einwilligung spielt vor allem auch bei der Veröffentlichung von Bildaufnahmen im Rahmen sozialer Netzwerke zunehmende eine Rolle, vgl. BGH NJW 2010, 2731 (2733); LG Frankfurt MMR 2016, 482 (483); Frömming / Peters, NJW 1996, 958; Libertus, ZUM 2007, 621. 481  BVerfGE 80, 367 (374); 101, 361 (385); BVerfG NJW 2009, 3357; BGH NJW 2012, 767 (768); Klass, in: Erman, BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 121. 482  So wörtlich BGH NJW 2012, 767 (768); vgl. dazu auch BVerfGE 101, 361 (385) – Caroline von Monaco II sowie BGH NJW 1988, 1984. 483  BGH NJW 2012, 767 (768). 484  BVerfGE 93, 266 (293); 94, 1 (8); 99, 185 (196) – Helnwein; BVerfG NJW 2009, 3357 (3358); BVerfG AfP 2009, 480 (482); BGH NJW 2012, 767 (769).

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hinnehmen, wenn diese für ihn nachteilig sind.485 Dies gilt umso mehr, je näher die behaupteten Tatsachen der Sozial- und Öffentlichkeitssphäre stehen.486 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, d. h. eine Persönlichkeitsverletzung infolge der Verbreitung wahrer Tatsachen kann jedoch dann vorliegen, wenn die Darstellung einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der selbst zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit außer Verhältnis steht, etwa weil sie aufgrund ihrer erheblichen Breitenwirkung zu einer Stigmatisierung und Ausgrenzung des Betroffenen führen können.487 Angesichts der Prangerwirkung, die ein solcher öffentlicher Reputationsverlust zu bewirken imstande ist, muss das öffentliche Informationsinteresse in diesen Fällen gegenüber dem Persönlichkeitsschutz zurücktreten.488

III. Zwischenfazit Die Betrachtung des zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutzes hat gezeigt, dass das Zusammenspiel der Vorschriften des KUG und des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen umfassenden und weitgehend harmonischen, vor allem aber auch flexiblen Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen gewährleisten. Die Vorschriften der §§ 22 ff. KUG erfassen dabei konkrete, d.  h. gewissermaßen „typische“ Persönlichkeitsverletzungen durch Bildaufnahmen. Doch auch im Hinblick auf weniger typische Persönlichkeitsverletzungen ist der Abgebildete keinesfalls schutzlos gestellt, da in diesen Fällen das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht als „Auffangrecht“ Schutz gewährt. Systematisch führt dies dazu, dass das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht vor allem diejenigen als schutzbedürftig erachteten Persönlichkeitsinteressen abgedeckt, die von den Vorschriften des KUG nicht erfasst werden. Bildlich gesprochen „fließt“ das allgemeine Persönlichkeitsrecht somit in die Lücken, die das KUG belässt und schließt diese.489 Zudem konnte gezeigt werden, dass verfassungsrechtlicher und zivilrechtlicher Persönlichkeitsschutz nicht nur inhaltlich eng verwandt sind, sondern darüber hinaus in einem Verhältnis gegenseitiger Ergänzung und Beeinflussung stehen. Besonders eindrücklich äußern sich die Verschränkungen darin, dass sich die Schutzrichtungen des verfassungsrechtlichen Persönlichkeits485  BVerfGE

94, 1 (8); 97, 391 (403); 99, 185 (196) – Helnwein. NJW 2010, 1587 (1589); BGH NJW 2012, 767 (768). 487  BVerfGE 97, 391 (403 f.); 99, 185 (196 f.) – Helnwein; BVerfG NJW 2009, 3357 (3358); BVerfG NJW 2010, 1587 (1589). 488  BVerfG NJW 2009, 3357 (3358); BVerfG NJW 2010, 1587 (1589); BGH NJW 2012, 767 (768). 489  Ähnlich bereits Neumann-Duesberg, NJW 1957, 1341 (1343). 486  BVerfG



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rechts im Zivilrecht zu berechtigten Interessen konkretisieren.490 Dieser insofern besonders vielseitige und flexible Persönlichkeitsschutz des Zivilrechts wird zusätzlich punktuell dahingehend verstärkt, indem die Wertungen des Strafrechts, das seinerseits freilich nur besonders schwerwiegende Persönlichkeitsverletzungen erfasst, über § 823 Abs. 2 BGB als „Schutznormen“ ins Zivilrecht transformiert werden. Damit bewegt sich der zivilrechtliche Persönlichkeitsschutz in einem Bereich wechselseitiger Beeinflussung zwischen zwei Polen, namentlich dem Verfassungsrecht und dem Strafrecht. Während das Verfassungsrecht mit seinen grundlegenden, in das einfache Recht ausstrahlenden Wertungen den zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz „überwölbt“, sind die schutzwürdigen Persönlichkeitsinteressen im Strafrecht zu einzelnen Straftatbeständen verdichtet und tragen so zu einer Intensivierung des zivilrechtlichen Schutzes bei.

C. Persönlichkeitsschutz im Strafrecht I. Gewährleistungsgehalt Anders als im Verfassungsrecht und im Zivilrecht, welche die Persönlichkeit umfassend und unter Berücksichtigung moderner Entwicklungen adaptiv schützen, gibt es im Strafrecht keinen Tatbestand, der die Persönlichkeit in ähnlich allumfassender Weise schützt.491 Dies erscheint nicht nur im Hinblick auf einen direkten Vergleich mit anderen persönlichkeitsschützenden Rechtsregimen, sondern vor allem auch aus historischer und internationaler Perspektive bemerkenswert, da anderen europäischen Rechtsordnungen, etwa der von Norwegen492, vergleichbare Regelungen nicht völlig fremd sind und 490  Vgl.

hierzu Kapitel 1 B. II. 1. a) cc) (2). bereits Kienapfel, Privatsphäre und Strafrecht, S. 42; grundlegend auch Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 26. 492  Vgl. § 390 des norwegischen StGB: „Mit Geldbuße oder Gefängnis bis zu 3 Monate wird bestraft, wer die Privatsphäre eines anderen durch öffentliche Bekanntmachung persönlicher oder familiärer Umstände verletzt“, abrufbar unter https:  /  / lovdata.no / dokument / NLO / lov / 1902-05-22-10 / KAPITTEL_3-7 (zuletzt am 03.05. 2017). Die Vorschrift fand bereits 1989 Eingang in das norwegische StGB und ist damit sogar älter als die von Warren / Brandeis Ende des 19. Jahrhunderts in den USA losgetretene Diskussion um den Privatsphärenschutz, vgl. Mæland, in: Verletzung von Persönlichkeitsrechten, S. 69; der in diesem Zusammenhang häufig diskutierte Art. 179quarter des schweizerischen ZGB hingegen ist freilich keine Strafvorschrift, vgl. dazu BGE 118 IV 41, 43; vgl. hierzu auch das Gutachten des Max-Planck Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Der zivilrechtliche Persönlichkeits- und Ehrenschutz in Frankreich, der Schweiz, England und den Vereinigten Staaten von Amerika, Tübingen 1960, S. 1 ff., auch abgedruckt in BT-Drs. III / 1237 Anl. 5, S. 63 ff.; Kächele, Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, S. 153. 491  So

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sich zudem auch im deutschen Recht, etwa in den Strafgesetzbüchern des Partikularrechts des 19. Jahrhunderts, vereinzelt Schutztatbestände finden lassen, die zumindest das unerlaubte Eindringen in fremde Geheimnisse ­pönalisierten.493 Doch auch ohne umfassenden Straftatbestand zum unmittelbaren Persönlichkeitsschutz kommt den Wertungen des Persönlichkeitsrechts im Strafrecht eine große Bedeutung zu. Diese Ausstrahlungswirkung des Persönlichkeitsrechts tritt am deutlichsten im Strafprozessrecht in Erscheinung. So hatte der BGH bereits in der sog. Lügendetektor I-Entscheidung aus dem Jahr 1954 festgestellt, dass die Untersuchung mit einem sog. Polygraphen die Freiheit der Willensentschließung und -betätigung verletzt, weshalb sein Einsatz sowohl im Ermittlungs- als auch im Strafverfahren unzulässig sei.494 Das Verfahrensrecht gebietet den Schutz der Entschließungsfreiheit in jeder Verfahrenslage selbst dann, wenn dies zur Folge hat, dass der Beschuldigte zur Aufklärung der Tat nichts beiträgt.495 Die Grundsätze des Verfahrensrechts, so der BGH, bringen eine Wertentscheidung zum Ausdruck, nach der „selbst der Tatverdächtige und Straffällige der Gesamtheit stets als selbstverantwortliche, sittliche Persönlichkeit gegenübersteht; bei erwiesener Schuld darf und muß er zur Sühne unter das verletzte Recht gebeugt werden; seine Persönlichkeit jedoch darf über jene gesetzlichen Beschränkungen hinaus dem gewiß wichtigen öffentlichen Anliegen der Verbrechensbekämpfung nicht aufgeopfert werden“.496

Der BGH hat damit einem absoluten Vorrang der Verbrechensbekämpfung eine deutliche Absage erteilt und klargestellt, dass der Beschuldigte ausschließlich solche Beeinträchtigungen seiner Persönlichkeit hinnehmen muss, die in der Strafprozessordnung ausdrücklich als zulässige Maßnahmen der Verbrechensbekämpfung vorgesehen sind.497

493  Evers, Privatsphäre und Ämter für Verfassungsschutz, S. 10 f.; zu späteren Entwürfen vgl. Schubert / Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, S. 177, S. 229 und S. 466. 494  BGHSt 5, 332 (335) – Lügendetektor I. 495  Vgl. BGHSt 5, 332 (333 f.) – Lügendetektor I. 496  BGHSt 5, 332 (334) – Lügendetektor I; vgl. dazu auch G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (756); Murmann, in: Heghmanns / Scheffler, Hdb. Strafverfahren, Kap. 3 Rn. 5 weist freilich darauf hin, dass dieses Spannungsverhältnis „selbstverständlich nicht grundsätzlich zu Lasten der Strafrechtspflege“ aufzulösen sei; zu dem durch eine Straftat erregten öffentlichen Informationsinteresse vgl. BGH NJW 2009, 3576 (3578 f.). 497  G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (756); freilich wurde die mit Entscheidung BGHSt 5, 332 ff. – Lügendetektor I begründete Rechtsprechung zur Unzulässigkeit des Einsatzes eines Polygraphen wegen Verstoßes gegen die Menschenwürde in der Zwischenzeit aufgegeben und der Einsatz eines Polygraphen als generell völlig ungeeignetes Beweismittel qualifiziert, vgl. BGHSt 44, 308 ff. – Lügendetektor II.



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Freilich hat der BGH seine Entscheidung zur Entschließungsfreiheit an Art. 1 Abs. 1 GG und § 136a StPO ausgerichtet und damit auf eine konkrete Benennung des Persönlichkeitsrechts verzichtet. Das strafprozessuale Schweigerecht des Beschuldigten bzw. Angeklagten hat als Teil der anerkannten Prinzipien des Strafverfahrens jedoch nicht nur in Art. 14 Abs. 3 g) IPBPR498 eine positive Regelung erfahren, sondern schützt als notwendiger Bestandteil eines fairen Verfahrens auch das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten.499 § 163a StPO dient i. V. m. § 136 StPO diesem Persönlichkeitsschutz unmittelbar und ist insofern als einfachgesetzliche Ausformung der Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu verstehen.500 Die Wertungen des Persönlichkeitsrechts sind jedoch nicht nur auf den Bereich verbotener Vernehmungsmethoden beschränkt, sondern wirken sich auch auf die Zulässigkeit von Beweismitteln aus.501 So hat der BGH etwa bei der Frage, ob heimliche Tonbandaufnahmen auch dann in den Strafprozess eingeführt werden können, wenn der Angeklagte die Verwendung der Tonaufnahmen als Beweismittel nicht genehmigt, die Bedeutung des Persönlichkeitsrechts ausdrücklich hervorgehoben.502 Wörtlich führt der BGH diesbezüglich aus: „Es wäre entwürdigend, dürften sich andere ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen fremder Persönlichkeitswerte bemächtigen und über sie nach ihrem eigenen Belieben verfügen. […] Es verletzt daher den Persönlichkeitsbereich des Sprechers und das Recht an seinem Wort, wer mit ihm ein Gespräch führt und es heimlich auf einem Tonband festhält; nicht minder auch, wer es durch das Tonband ohne Zustimmung des Sprechers anderen wiedergibt“.503 498  Gesetz zu dem Internationalen Pakt vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte v. 15.11.1973, BGBl. II, S. 1533. 499  Zum Schweigerecht des Beschuldigten vgl. BVerfGE 38, 105 (113) – Rechtsbeistand; 56, 37 (43); BGHSt 14, 358 (364) – heimliche Tonbandaufnahmen; 37, 340 (342); BGHSt 38, 214 (220); Paul, NStZ 2013, 489 (495); zum fair-trial-Prinzip vgl. BGHSt 25, 325 (330). 500  Vgl. BGHSt 38, 214; OLG Celle, NStZ 1991, 403 (404); BayObLGSt 1993, 207 (208 f.); G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (756); Siegert, Mißbrauch von Schallaufnahmegeräten, S. 64; Pfeiffer, StPO, § 136 Rn. 4; vgl. allerdings auch BGHSt 22, 170 (173), der § 136 StPO als reine Ordnungsvorschrift betrachtet. 501  Zum Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeitssphäre durch strafprozessuale Beweisverbote vgl. grundlegend Beling, Grenzen der Wahrheitserforschung (1903), S.  37 ff. 502  BGHSt 14, 358 ff. – heimliche Tonbandaufnahmen. 503  BGHSt 14, 358 (360) – heimliche Tonbandaufnahmen; vgl. dazu auch BGHSt 19, 325 (333) – Tagebücher; in der Rspr. des BVerfG und des BGH ist anerkannt, dass sich der persönlichkeitsrechtliche Schutz der Privat- und Intimsphäre auch auf Eingriffe Dritter in den Kreis der Gesprächspartner erstreckt, vgl. BVerfGE 34, 238 (246) – heimliche Tonbandaufnahmen; 66, 116 (133 ff.) – Wallraff; BGHZ 27, 284 (286 ff.) – Tonbandaufnahmen; 73, 120 (121 ff.) – Telefongespräch.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Die vom Angeklagten nicht genehmigte Verwendung der Tonaufnahmen stellt somit nach Auffassung des BGH eine Missachtung der Persönlichkeit des Angeklagten dar, weshalb die prozessuale Verwendung als Beweismittel selbst dann unzulässig ist, wenn dadurch wichtige, unter Umständen sogar die einzigen Mittel zur Aufklärung der Tat ungenutzt bleiben müssen.504 Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Wahrheit selbst im Strafverfahren nicht um jeden Preis erforscht werden darf.505 Eine konsequente und folgerichtige Weiterentwicklung dieser Haltung stellt insofern das Beweisverwertungsverbot privater Tagebuchaufzeichnungen dar. Der BGH hat hierzu ausgeführt, dass es angesichts der Verbürgung des Persönlichkeitsrechts jedem freistehen müsse, „Empfindungen, Gefühle, Ansichten und Erlebnisse beliebig für sich festzuhalten, ohne den Argwohn und die Befürchtung, daß solche Aufzeichnungen unbefugterweise verwertet werden“.506 Aufzeichnungen, die intime Äußerungen enthalten und mit der Persönlichkeitssphäre des Beschuldigten eng verbunden sind, dürfen daher nicht gegen den Willen ihres Verfassers offengelegt bzw. in den Strafprozess eingeführt werden, sodass insofern auch hier der Schutz der Persönlichkeit Vorrang vor den Zwecken des Strafverfahrens genießt.507 In eine ähnliche Richtung weist die Entscheidung aus dem Jahr 2005 zum absoluten Beweisverwertungsverbot von Selbstgesprächen, die in einem Krankenzimmer mittels akustischer Wohnraumüberwachung aufgezeichnet werden. Dabei hatte der BGH ausgeführt, dass ein in einem Krankenhaus aufgezeichnetes Selbstgespräch des Angeklagten zu dessen Lasten jedenfalls dann unverwertbar ist, soweit es dem durch Art. 13 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Kernbereich zuzurechnen ist.508 Das Krankenzimmer, so der BGH, unterfalle dem Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG, da ihm „wie einer Privatwohnung typischerweise die Funktion 504  BGHSt 14, 358 (365) – heimliche Tonbandaufnahmen; 27, 355 (356); 31, 304 (309) – Telfongespräch; G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (757). 505  BGHSt 14, 358 (365) – heimliche Tonbandaufnahmen; 31, 304 (309) – Telfongespräch; 51, 285 (290); Miebach, in: MK-StPO, § 261 Rn. 136; Eschelbach, in: BeckOK-StPO, § 261 Rn. 29; die Grenzen der Beweisverwertung sind dabei anhand einer umfassenden Abwägung der betroffenen Interessen zu ermitteln, vgl. BGHSt 51, 285 (290); 52, 48 (54); 54, 69 (87); 56, 138 (145). 506  BGHSt 19, 325 (327 f.) – Tagebuch I; zur Beweisverwertung von Tagebuch­ inhalten vgl. auch Ernst / Sturm, HRRS 2012, 374 (375); Kolz, NJW 2005, 3248 (3250). 507  BGHSt 19, 325 (329); in BGHSt 34, 397 ff. hat der BGH den Vorrang des Persönlichkeitsschutzes allerdings dadurch erheblich relativiert, dass die grundsätz­ liche Unverwertbarkeit von Tagebuchaufzeichnungen jedenfalls dann nicht gelten kann, wenn es um die Aufklärung von Schwerstkriminalität geht. 508  BGHSt 50, 206 (210) – Selbstgespräche I; vgl. hierzu auch Kolz, NJW 2005, 3248.



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als Rückzugsbereich der privaten Lebensgestaltung“ zukomme.509 Für die Menschewürderelevanz und damit einer Zugehörigkeit des Krankenzimmers zum Kernbereich spreche auch, dass „grundsätzlich nur Personen des besonderen, von §§ 53 Abs. 1 Nr. 3, 53a StPO geschützten Vertrauens Zutritt hatten“ und daher „insbesondere eine Kommunikation mit Berufsgeheimnisträgern zu erwarten“ sei.510 Später hat der BGH auf diese über Art. 13 Abs. 1 GG räumlich geprägte Konkretisierung des Kernbereichs verzichtet und den absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeitsentfaltung allein aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet. Das bereits im Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Schutz des Persönlichkeitsrechts identifizierte Motiv der Ausdehnung des zunächst räumlich-gegenständlich gefassten Schutzbereichs auf eine auch inhaltlich-thematische Erfassung wird auch in der strafrechtlichen Rechtsprechung überdeutlich, wenn der BGH ausführt: „Ob das nichtöffentlich gesprochene Wort zum absolut geschützten Kernbereich oder zu dem nur relativ geschützten Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört, ist durch Gesamtbewertung aller Umstände im Einzelfall festzustellen. […] Zwar fanden die hier in Rede stehenden Selbstgespräche nicht in einer Wohnung i. S. von Art. 13 Abs. 1 GG statt, woraus sich eine ‚Vermutung‘ hätte ergeben können, dass der Kernbereich tangiert sein kann; dies folgt auch aus dem Zusammenhang von § 100c Abs. 3 mit § 100f StPO. Hieraus ist aber nicht zu schließen, dass der Schutz des Kernbereichs der Persönlichkeit in Bezug auf Äußerungen sich ausschließlich auf den räumlichen Bereich von Wohnungen beschränke. Vielmehr kann auch das ‚Alleinsein mit sich selbst‘ in einem Pkw diesen Schutz begrün­ den.“511

Die bereits zuvor im Verfassungsrecht festgestellte „Enträumlichung“ des Persönlichkeitsschutzes findet damit ihre Entsprechung in der strafrecht­ lichen Rechtsprechung.

II. Persönlichkeitsschützende Straftatbestände Neben dieser Einwirkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor allem im Bereich des Strafprozessrechts existiert auch im deutschen Kern- und Nebenstrafrecht eine Reihe von Tatbeständen, die zumindest einen mittelbaren Schutz der Persönlichkeit bezwecken. 509  So wörtlich BGHSt 50, 206 (210) – Selbstgespräche I, und weiter: „Maßgeblich ist hierbei die nach außen erkennbare Willensbetätigung desjenigen, der einem Raum kraft ‚Widmung‘ den Schutz der Privatheit verschafft“; vgl. hierzu auch BVerfGE 109, 279 (313 f.); Singelnstein, NStZ 2014, 305 (309); Kolz, NJW 2005, 3248. 510  BGHSt 50, 206 (212) – Selbstgespräche I. 511  BGHSt 57, 71 – Selbstgespräche II.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

1. Kernstrafrecht Im Kernstrafrecht sind dies allen voran die §§ 201 ff. StGB des 15. Abschnitts, welche die Verletzung des höchstpersönlichen Lebens- und Geheimbereichs mit Strafe belegen. Aber auch die Beleidigungsdelikte in den §§ 185 ff. StGB dienen dem Schutz der Persönlichkeit vor Ehrverletzungen. Aber auch außerhalb des 14. und 15. Abschnitts finden sich Tatbestände zum Schutz der Persönlichkeit, wie etwa § 238 StGB. Schließlich weisen auch § 353d und § 164 StGB einen zumindest ansatzweise persönlichkeitsschützenden Gehalt auf. a) Delikte zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs Die Delikte zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs sind im 15. Abschnitt zusammengefasst, welcher im Jahre 1974 durch das EGStGB512 neu in das StGB eingefügt wurde.513 Er bündelt zum einen die Tatbestände zur Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB), der Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 StGB) und der Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB), welche zuvor systematisch unzutreffend im 25. Abschnitt als Tatbestände des strafbaren Eigennutzes geregelt waren.514 Zum anderen wurde mit § 204 StGB ein Tatbestand neu geschaffen, der die Verwertung fremder Geheimnisse unter Strafe stellt.515 In den Folgejahren wurde der 15. Abschnitt aufgrund der verstärkten Sensibilisierung für die Notwendigkeit eines Schutzes der Persönlichkeit vor allem infolge der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fortlaufend ergänzt. So fand etwa im Jahre 1986 durch das 2. WiKG516 mit § 202a StGB ein Tatbestand des Ausspähens von Daten und im Jahre 1997 durch das Begleitgesetz zum TKG517 ein Tatbestand zur Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses

512  Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 02.03.1974, BGBl. I, S. 469. 513  Lackner / Kühl, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 1; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 1; Schünemann, LK-StGB, Vorbem. §§ 201 Rn. 1 ff.; Kargl, in: NK-StGB, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 1; Graf, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 1; Kächele, Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, S. 45; Küpper, StR BT I, § 5 Rn. 18. 514  Lackner / Kühl, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 1; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 1; Kargl, in: NK-StGB, Vorbem. § 201 ff. Rn. 1; Graf, in: MK-StGB, Vorbem. § 201 ff. Rn. 1. 515  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201 Rn. 1; Kargl, in: NK-StGB, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 3; Graf, in: MK-StGB, Vorbem. § 201 ff. Rn. 1. 516  Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG) vom 15.05.1986, BGBl. I, S. 721.



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(§ 206 StGB) Eingang in das StGB.518 Schließlich wurde 2004 mit § 201a StGB eine Vorschrift zum Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen eingefügt. Auch wenn – oder vielleicht gerade weil – es sich bei ihr um eine der jüngsten Normen des Abschnitts handelt, steht sie im besonderen Fokus der Gesetzgebungstätigkeit.519 Zuletzt wurde im 15. Abschnitt mit § 202d StGB520 eine Vorschrift zur Datenhehlerei eingefügt, die das formelle Datengeheimnis vor einer Vertiefung der bereits durch die Vortat bewirkten Verletzung schützt.521 Durch die gezielte Bündelung all dieser Vorschriften in einem eigenständigen Abschnitt bei gleichzeitiger inhaltlicher Erweiterung der einzelnen Tatbestände zum Schutz der Privatsphäre soll der besonderen Bedeutung des Schutzes des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs in einer globalisierten Informationsgesellschaft Rechnung getragen werden.522 Gerade die einheitliche Zusammenfassung im Rahmen des 15. Abschnitts vermag die Anerkennung des Interesses an der Unverletzlichkeit des persönlichen Lebensund Geheimbereichs als eigenständiges Rechtsgut zum Ausdruck zu bringen. Trotz dieses im Kern gemeinsamen Rechtsguts ist der jeweilige Schutzbereich in den einzelnen Vorschriften des 15. Abschnitts gegenständlich stark ausdifferenziert.523 Die §§ 201–206 StGB verfolgen damit letztlich den übergeordneten Zweck, den Schutz der Intim- und Privatsphäre als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts i.  S.  v. Art. 2 Abs. 1 i.  V.  m. Art. 1

517  Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz (BegleitG) vom 17.12.1997, BGBl. I, S. 3108. 518  Kargl, in: NK-StGB, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 3. 519  Soweit kein ergänzender Hinweis erfolgt, wird im Folgenden stets auf die aktuellste Fassung des § 201a StGB Bezug genommen. 520  Art. 5 des Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten v. 10.12.2015, BGBl. I, S. 2218. 521  Vgl. hierzu Klengel / Gans, ZRP 2013, 16 ff.; Golla / von zur Mühlen, JZ 2014, 668 ff.; Dix / Kipker / Schaar, ZD 2015, 300 (304 f.); Weidemann, in: BeckOK-StGB, § 202d Rn. 2. 522  Vgl. BT-Drs. 7 / 550, S. 235; Lackner / Kühl, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 1; Graf, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 1; R. Schmitz, JA 1995, 31; darüber hinaus diente sie der Rechtsbereinigung, indem sie die Rechtszersplitterung im Landesrecht beseitigte, vgl. Göhler, NJW 1974, 825 (833). 523  Lackner / Kühl, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 1; Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 25; Kargl, in: NK-StGB, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 4; daraus folgt auch, dass die geschützte Intim- und Privatsphäre nicht umfassend, sondern nur hinsichtlich besonders schwerwiegender Beeinträchtigungen geschützt ist, vgl. Eisele, StR BT I, Rn. 689; nach Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (13) ist es erst die mit der Ausdifferenzierung bewirkte „radikale Einschränkung der Tathandlung und Tatobjekte“, die eine Konturierung der Tatbestände im 15. Abschnitt des StGB überhaupt ermögliche.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Abs. 1 GG gegenüber dem Staat, insbesondere aber auch gegenüber Angriffen anderer Mitmenschen sicherzustellen.524 b) Ehrdelikte Obwohl es immer wieder von verschiedenen Seiten Bestrebungen zur Entkriminalisierung525 von Ehrverletzungen gab, gehört der Schutz der Ehre zum gesicherten Bestand des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes.526 Die jeweilige Auffassung, was unter Ehre zu verstehen ist,527 hängt dabei nicht zuletzt auch wesentlich davon ab, in welches Verhältnis sie Ehre und Menschenwürde setzt. Während im Wesentlichen Einigkeit darüber besteht, dass es jedenfalls eine „angeborene“528 bzw. „unverlierbar von Geburt an zuteil gewordene Personenwürde“529 geben muss, scheiden sich die Geister an der daran anschließenden Frage, ob Würde und Ehre gleichzusetzen sind bzw. ob Ehre lediglich einen Teilaspekt von Würde darstellt.530 524  Eisele, StR BT I, Rn. 689; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 2; Hoyer, in: SK-StGB, Vorbem. § 201 Rn. 3; Krey / Hellmann / Heinrich, StR BT I, Rn. 551; Arzt / Weber / Heinrich / Hilgendorf, StR BT, § 8 Rn. 1 f.; Küpper, StR BT I, § 5 Rn. 18; Rogall, NStZ 1983, 1 (4) führt diesbezüglich aus, dass sich die Privatheit inzwischen zu einem „relativ fest umgrenzten besonderen Persönlichkeitsrecht entwickelt“ habe. 525  So etwa die Bundestagsfraktion der Grünen in BT-Drs. 11 / 1040, S. 7: „Die GRÜNEN werden sich dafür einsetzen, daß der Tatbestand der Beleidigung letztendlich ganz aus dem StGB gestrichen wird, um in das OWiG aufgenommen zu werden und damit Entkriminalisierungstendenzen in diesem Bereich unterstützen“; vgl. auch ausf. Kubiciel / Winter, ZStW 113 (2001), S. 305 ff.; krit. gegenüber einer Herabstufung der Beleidigungsdelikte zu Ordnungswidrigkeiten Bemmann, in: FS Wolff, S. 33 (34 f.). 526  Nach Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (426) machen „die ‚Ehrverletzungen‘ bzw. die ‚Beleidigungsdelikte‘ den ‚größten Batzen‘ der persönlichkeitsschützenden Strafvorschriften“ aus; vgl. hierzu auch Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (668 f.). Die Eigenschaft des Ehrenschutzes als Persönlichkeitsschutz fasst Holzhauer, in: Recht der Persönlichkeit, S. 51 (71) wie folgt zusammen: „Im Fortschreiten der Zeit hat in der Moderne die Ehre viel von ihrer Bedeutung verloren. […] Zwar wird auch in der aktuellen Diskussion als Gegenpol zur Meinungsfreiheit die Ehre genannt. Aber auch dabei geht es in erster Linie um Tatsachenbehauptungen, die immer dann das Persönlichkeitsrecht verletzen, wenn sie unrichtig sind. Der Unterschied zur Ehrverletzung liegt auf der Hand: auf die Relevanz der umstrittenen Tatsache für die Ehre kommt es nicht mehr an. […] Die Persönlichkeit […] hat sich voll durchgesetzt“. 527  Vgl. hierzu ausf. unten unter Kapitel 3 B. I. 3. b) bb). 528  Wörtlich Binding, Die Ehre (1909), S. 16; ähnlich Liepmann, in: Vorarbeiten zur deutschen Strafrechtsreform (1906), S. 217 (227); Sauer, Die Ehre und ihre Verletzung, S. 8 spricht von dem Vorhandensein einer „allgemeinen Menschenehre“. 529  BGHSt 11, 68 (71); vgl. auch BGHSt 36, 145 (148); ähnlich Valerius, in: BeckOK-StGB, § 185 Rn. 3; Regge / Pegel, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 28.



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Im Hinblick auf den Schutz der Persönlichkeit ist den verschiedenen Ehrbegriffen jedenfalls allesamt gemein, dass sie einen Teilbereich der Personenwürde erfassen. Der strafrechtliche Schutz der Ehre, wie er in den Beleidigungstatbeständen des 14. Abschnitts ausgestaltet ist, vermag daher nur einen fragmentarischen Beitrag zum strafrechtlichen Schutz der Persönlichkeit zu leisten.531 c) Nachstellung Aber auch außerhalb des 14. und 15. Abschnitts des StGB lassen sich persönlichkeitsschützende Straftatbestände finden. So bezweckt etwa der vor der Freiheitsberaubung im 18. Abschnitt als § 238 StGB eingefügte Straftatbestand der Nachstellung den Schutz des individuellen Lebensbereichs.532 Die im Jahr 2007 eingefügte533 und erst jüngst im Jahr 2017 umgestaltete,534 auch als „Stalking-Paragraf“ (engl. „to stalk“ = anpirschen, belauern) bekannte Vorschrift sanktioniert Verhaltensweisen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Täter einer anderen Person fortwährend nachstellt, ihr auflauert oder auf andere Weise mit hoher Intensität Kontakt zu ihr sucht bzw. in ihren individuellen Lebensbereich eingreift.535 Derart systematische Annäherungsversuche bzw. Belästigungen waren zuvor lediglich bruchstückhaft von anderen Straftatbeständen, etwa dem Hausfriedensbruch nach § 123 StGB, der Nötigung nach § 240 StGB, der Bedrohung nach § 241 StGB, der Sachbeschädigung nach § 303 StGB oder § 4 GewaltschutzG erfasst.536 530  So geht die überwiegende Ansicht davon aus, dass Ehre „einen Aspekt der Personenwürde“ darstellt, vgl. BGHSt 36, 145 (148); OLG Düsseldorf NJW 2001, 3562 (3563); Lackner / Kühl, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; Hilgendorf, in: LK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 2; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 185 Rn. 1; nach Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 99 II 2, S. 196 betrifft der Schutz der persönlichen Ehre die Menschenwürde jedenfalls dann unmittelbar, „sofern es um den Kernbereich des Ehrenschutzes“ geht. 531  Lackner / Kühl, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; vgl. dazu auch Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 132. 532  BT-Drs. 16 / 575, S. 6; Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu §  238 StGB v. 13.10.2006, S. 3 f.; Fischer, StGB, § 238 Rn. 2. 533  Vgl. hierzu Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 238 StGB v. 13.10.2006, S.  3 ff. 534  Gesetz zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellung v. 09.03.2017, BGBl. I, S. 386. 535  BT-Drs. 16 / 575, S. 1. 536  Diese bruchstückhaft von anderen Straftatbeständen erfassten Verhaltensweisen werden auch als sog. hartes Stalking bezeichnet, vgl. Kühl, ZIS 2016, 450; vgl. auch Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 369a; ausf. zur rechtlichen Erfassung des Stalkings vor der Einführung des § 238 StGB Rackow, GA 2008, 552 (554 ff.).

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

§ 238 StGB schützt nicht nur die Handlungs- und Entschließungsfreiheit des Opfers,537 sondern auch dessen private Lebensgestaltung.538 Die Norm ist mittlerweile nicht mehr als Erfolgs-,539 sondern als Eignungsdelikt540 ausgestaltet. Durch die damit verbundene Vorverlagerung der Strafbarkeit verspricht sich der Gesetzgeber insbesondere einen effektiveren Opferschutz.541 § 238 StGB ist damit – ebenso wie § 201a StGB – Teil einer neueren Entwicklung des fragmentarischen Persönlichkeitsschutzes durch das Strafrecht.542 d) Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen Der Tatbestand der verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen enthält in § 353d StGB eine Reihe von Verboten zum Schutze der Rechtspflege, die in Nr. 1 bis 3 als eigenständige Tatbestände mit jeweils unterschiedlichen Schutzzwecken ausgestaltet sind.543 Während allen drei Tatbe537  Lackner / Kühl, § 238 Rn. 1; Eisele, StR BT I, Rn. 512; Rengier, StR BT II, § 26a Rn. 2. 538  Lackner / Kühl, § 238 Rn. 1; Krey / Hellmann / Heinrich, StR BT I, Rn. 436; Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 369a; Küpper, in: AnwK-StGB, § 238 Rn. 2; Gericke, in: MK-StGB, § 238 Rn. 1; Wolters, in: SK-StGB, § 238 Rn. 3 f.; zum Schutz der eigenen Lebensführung vor Belästigung der Lebensgestaltung vgl. BGHSt 54, 189 (193); Mosbacher, NStZ 2007, 665 ff.; krit. Kinzig, ZRP 2006, 255 (257 f.); Steinberg, JZ 2006, 30 (32); Rackow, GA 2008, 552 (557 f.); Schluckebier, in: SSW-StGB, § 238 Rn. 1. Zur aktuellen empirischen Forschung im Hinblick auf die Verbreitung von Stalking vgl. die bei Stiller / Regler / Rabe, in: Stalking in Deutschland, S. 33 (35 ff.) zusammengefassten Prävalenzstudien. 539  Bei § 238 StGB a. F. handelte es sich noch um ein Erfolgsdelikt, vgl. die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestags, BT-Drs. 16 / 3641, S. 30; BGHSt 54, 189 (196); BGH NStZ-RR 2013, 145 (146); Mosbacher, NStZ 2007, 665 (667); Rackow, GA 2008, 552 (561 ff.); Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 369b bezeichnete § 238 StGB dementsprechend als „verhaltensgebundenes Erfolgsdelikt“; Wolters, in: SK-StGB, § 238 Rn. 2 sprach von einem „modalisierten Erfolgsdelikt“; krit. Mitsch, NJW 2007, 1237 (1240); Krüger, NJ 2008, 150 (151). 540  Vgl. BR-Drs. 193 / 14. Zu den der Reform vorausgegangenen Vorschlägen, § 238 StGB als Eignungsdelikt auszugestalten vgl. Kühl, ZIS 2016, 450 f.; Schöch, NStZ 2013, 221 ff.; Köhne, ZRP 2014, 141 ff.; Leutheusser-Schnarrenberger / Gerhardt, ZRP 2015, 93 (94). 541  Vgl. BT-Drs. 18 / 9946, S. 9: „Effektiver Schutz bedeutet auch, dass Betroffene Ruhe finden können. […] Der strafrechtliche Schutz des Opfers greift [bislang] erst dann ein, wenn die Nachstellung bereits zu einer Verhaltensänderung beim Opfer geführt hat, was das Opfer aus eigener Entscheidung eigentlich vermeiden wollte und wovor es geschützt werden sollte“; krit. hierzu Kühl, ZIS 2016, 450 f. 542  Kühl, in: Geistiges Eigentum, S. 115 ff.; ders., in: FS Schöch, S. 419 (424 f.); Lackner / Kühl, § 238 Rn. 1. 543  BT-Drs. V / 770, S. 282; Perron, in: Schönke / Schröder, § 353d Rn. 1; Fischer, StGB, § 353d Rn. 1; Graf, in: MK-StGB, § 353d Rn. 2; Hoyer, in: SK-StGB, § 353d



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ständen gemein ist, dass sie der Rechtspflege dienen,544 bezweckt § 353d Nr. 1 StGB zusätzlich den Schutz der Staatssicherheit545 und § 353d Nr. 2 StGB den Schutz derjenigen Interessen, die den Ausschluss der Öffentlichkeit begründen.546 § 353d Nr. 3 StGB hingegen stellt die öffentliche Mitteilung eines amtlichen Schriftstücks eines Strafverfahrens vor Erörterung in öffentlicher Verhandlung oder Abschluss des Verfahrens unter Strafe und soll insoweit neben dem Schutz der Rechtspflege auch die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Laienrichter und Zeugen, sicherstellen.547 Strittig ist allerdings, ob § 353d Nr. 3 StGB darüber hinaus auch dem Schutz des vom Verfahren Betroffenen vor öffentlicher Anprangerung und damit einem spezifisch persönlichkeitsrechtlichen Interesse dient.548 Gegen einen derartigen (zusätzlichen) Schutzzweck wird angeführt, dass auch der von der Mitteilung Betroffene als Täter des § 353d Nr. 3 StGB in Betracht komme.549 Für den ausschließlichen Schutz der Unbefangenheit der Prozessbeteiligten spreche zudem, dass das Veröffentlichungsverbot nicht nur belastende, sondern auch entlastende, d.  h. für den Betroffenen vorteilhafte Rn. 1; Vormbaum, in: LK-StGB, § 353d Rn. 1; Perron, in: Schönke / Schröder, § 353d Rn. 1. 544  Lackner / Kühl-Heger, § 353d Rn. 1; Kuhlen, in: NK-StGB, § 353d Rn. 4; Hoyer, in: SK-StGB, § 353d Rn. 5; Vormbaum, in: LK-StGB, § 353d Rn. 2, Rn. 21 und Rn.  38; a. A. Waldner, MDR 1983, 424 (425); wohl auch Perron, in: Schönke / Schröder, § 353d Rn. 3, nach dem die Rechtspflege „allenfalls mittelbar geschützt“ sei. 545  Kuhlen, in: NK-StGB, § 353d Rn. 3; Perron, in: Schönke / Schröder, § 353d Rn. 3; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, § 353d Rn. 1. 546  Lackner / Kühl-Heger, § 353d Rn. 1; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, § 353d Rn. 1; Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 36. 547  BT-Drs. V / 770, S. 282 f.; so auch bereits die Motive zu § 18 RPresseG, vgl. Verhandlungen des Reichstages, 2. Legislaturperiode, I. Session 1874, Bd. 3, S. 141; BVerfGE 71, 206 (216); OLG Hamm NJW 1977, 967; OLG Stuttgart NJW 2004, 622; OLG Celle ZUM 2011, 341 (344); Sinner, in: M / R-StGB, § 353d Rn. 1; Hoyer, in: SK-StGB, § 353d Rn. 4; Perron, in: Schönke / Schröder, § 353d Rn. 40; Vormbaum, in: LK-StGB, § 353d Rn. 38; Graf, in: MK-StGB, § 353d Rn. 5; Kuhlen, in: NK-StGB, § 353d Rn. 26; Bosch, in: SSW-StGB, § 353d Rn. 6; Többens, GA 1983, 97 (103); Heuchemer, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 30 Rn. 5; krit. zur Schutzrichtung der Unbefangenheit von Laienrichtern Eisele, ZRP 2014, 106 (109). 548  Kuhlen, in: NK-StGB, § 353d Rn. 26; Lackner / Kühl-Heger, § 353d Rn. 1. Zur Prangerwirkung, die von einem Strafverfahren ausgehen kann, vgl. BVerfGE 119, 309 (323); Kühl, in: FS Müller-Dietz, S. 401 ff.; Eisele, JZ 2014, 932 (939). 549  Seine Einwilligung ist somit schlechthin unbeachtlich, vgl. dazu OLG Celle ZUM 2011, 341 (344 f.); AG Nürnberg MDR 1983, 424 m. Anm. Waldner; Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT II, § 76 Rn. 6; Lackner / Kühl-Heger, § 353d Rn. 4; Perron, in: Schönke / Schröder, § 353d Rn. 40; Hoyer, in: SK-StGB, § 353d Rn. 6; Sajuntz, NJW 2015, 595 (596); a. A. Eisele, ZRP 2014, 106 (109); Wilhelm, NJW 1994, 1520 (1521).

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Schriftstücke erfasse.550 Für eine Einbeziehung spezifisch persönlichkeitsrechtlicher Individualinteressen in den Schutzzweck des § 353d Nr. 3 StGB spricht jedoch, dass der Schutz vor öffentlicher Anprangerung vom Sonderausschuss des Bundestages anlässlich des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) bereits ausdrücklich als Schutzzweck anerkannt wurde.551 Mit dem expliziten Verweis auf Strafverfahren, Bußgeldverfahren sowie Disziplinarverfahren benennt § 353d Nr. 3 StGB zudem ausschließlich solche Verfahrens­arten, die für den Betroffenen in der Regel wegen des damit verbundenen Unwert­ urteils552 eine gesellschaftlich stigmatisierende Wirkung entfalten und denen daher in besonderem Maße die Gefahr einer Bloßstellung des Betroffenen innewohnt.553 Soweit jedoch vereinzelt vorgebracht wird, für eine Einbeziehung des Schutzes vor öffentlicher Anprangerung und Vorverurteilungen spreche auch, dass § 353d Nr. 3 StGB das Persönlichkeitsrecht in einem ansonsten weitgehend schutzlos gestellten Bereich absichert, so vermag dies nicht zu überzeugen.554 Zutreffend ist zwar, dass der Schutz der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK nur für staatliche Stellen unmittelbare Geltung besitzt,555 als besonderer Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips kommt der Unschuldsvermutung jedoch bereits unabhängig von Regelungen des positiven Rechts Verfassungsrang zu.556 Die Verwirklichung des Prinzips, 550  Perron, in: Schönke / Schröder, § 353d Rn. 41 nennt als Beispiel das Vernehmungsprotokoll eines Entlastungszeugen. 551  BT-Drs. 7 / 1261, S. 23. 552  Zum sozialethischen Unwerturteil der Kriminalstrafe vgl. BVerfGE 9, 137 (145); 9, 167 (171); 22, 49 (79); 27, 18 (29); 43, 101 (105); 45, 272 (289); Kühl, Unschuldsvermutung, S. 15; ders., in: FS Eser, S. 149 (155 f.); vgl. auch ders., ZStW 116 (2004), S. 870 (882); ders., in: FS Kühne, S. 15 (17); ders., Jahrbuch für Recht und Ethik 11 (2003), S. 219 (240); ders., in: FS Lampe, S. 439 (441 ff.); Stree, Deliktsfolgen, S. 52; Otto, in: GS H. Schröder, S. 53 (54); Gallas, ZStW 80 (1968), S. 1 (3); zur ordnungswidrigkeitenrechtlichen Geldbuße als sozialethisch neutrale, aber dennoch nachdrückliche Pflichtenmahnung vgl. BVerfGE 27, 18 (33); 54, 272 (288 f.); 95, 220 (242); Kühl, in: FS Maiwald, S. 433 (445); ders., in: FS Stöckel, S. 117 (126); ders., in: FS Geppert, S. 311 (318); krit. allerdings Roxin, in: FS Volk, S. 601 (602 ff.). 553  BVerfGE 71, 206 (219); Sinner, in: M / R-StGB, § 353d Rn. 1; Vormbaum, in: LK-StGB, § 353d Rn. 39; Tsambikakis, in: AnwK-StGB, § 353d Rn. 1; Kuhlen, in: NK-StGB, § 353d Rn. 26; Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 42; zur Stigmatisierungswirkung vgl. Landau, in: FS Schlick, S. 523. 554  So Heuchemer, in: Hdb. Persönlichkeitsrecht, § 30 Rn. 3 und wohl auch Roxin, NStZ 1991, 153 (156), der freilich einschränkend einräumt, dass der Schutz von Persönlichkeitsrechten nach geltendem Recht in angemessener Form verwirklicht sei. 555  Da die EMRK in Duetschland aufgrund des Zustimmungsgesetzes von 1952 in Kraft getreten ist, gilt auch Art. 6 Abs. 2 EMRK gem. Art. 59 Abs. 2 GG nur als einfaches Bundesgesetz, vgl. BVerfGE 19, 342 (347). 556  BVerfGE 74, 358 (370); Kühl, NJW 1988, 3233.



C. Persönlichkeitsschutz im Strafrecht 125

dass keine Strafe ohne Schuld verhängt werden darf, ist Grundlage ­jedes Strafprozesses.557 Der Strafprozess als formale Garantie stellt sicher, dass der staatliche Strafanspruch in einem justizförmig geordneten Verfahren unter strikter Beachtung der Grundrechte des Beschuldigten durchgesetzt wird.558 Bei der Ausgestaltung des Strafverfahrensrechts hat der Gesetzgeber diesem Umstand Rechnung zu tragen,559 weshalb die Unschuldsvermutung insofern bereits in den einzelnen Ge- und Verbotsvorschriften näher konkretisiert wird.560 Der materielle Gehalt der Unschuldsvermutung kommt damit nicht nur in § 353d Nr. 3 StGB, sondern vor allem auch in zahlreichen weiteren strafrechtlichen und strafprozessualen Vorschriften zum Ausdruck.561 Die Unschuldsvermutung wirkt aber nicht nur im Rahmen des staatlichen Zwangsverfahrens als eingriffsbegrenzendes rechtsstaatliches Prinzip, sondern bringt in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) auch den Schutz der Achtungsansprüche des Betroffenen zum Ausdruck.562 Teilweise wird daraus sogar unmittelbar der Maßstab für die Beurteilung der Zulässigkeit der Kriminalberichterstattung abgeleitet.563 Für eine Einbeziehung des Schutzes vor öffentlicher Anprangerung durch § 353d Nr. 3 StGB spricht daher weniger die fehlende unmittelbare Geltung der Unschuldsvermutung als vielmehr der Umstand, dass die Unschuldsvermutung selbst im Rahmen des § 353d Nr. 3 StGB ein Gebot zurückhaltender Kriminalberichterstattung bewirkt.564 Die Diskussion um die Schutzzwecke des § 353d Nr. 3 StGB zeigt, dass die Vorschrift insgesamt rechtspolitisch zweifelhaft, zumindest aber reform557  BVerfGE 57, 250 (275); 74, 358 (370  f.); zum Schuldgrundsatz vgl. nur BVerfGE 9, 167 (169); 86, 288 (313); 95, 96 (140); BGHSt 2, 194 (200); Kühl, StR AT, § 10 Rn. 2; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, S. 386 ff.; Appel, Verfassung und Strafe, S. 109 ff.; Hörnle, in: FS Tiedemann, S.  325 ff. 558  BVerfGE 74, 358 (370 f.); Haberstroh, NStZ 1984, 289 (290). 559  Hierbei kommt dem Gesetzgeber jedoch ein grundsätzlich weiter Einschätzungsspielraum zu, vgl. BVerfGE 57, 250 (275 f.); 65, 283 (290). 560  BVerfGE 74, 358 (370 ff.); zur Umsetzung der Unschuldsvermutung durch den Gesetzgeber vgl. Kühl, NJW 1988, 3233 (3236 f.). 561  Strafprozessual ist hier an erster Stelle § 467 StPO zu nennen, vgl. Gieg, in: KK-StPO, § 467 Rn. 1; Pfeiffer, StPO, § 467 Rn. 11; zu den strafrechtlichen und strafprozessualen Problemen der Vorverurteilung vgl. Roxin, NStZ 1991, 153; Hassemer, NJW 1985, 1921 (1927). 562  OLG Köln NJW 1987, 2682 (2683); Haberstroh, NStZ 1984, 289 (291); vgl. dazu auch Kühl, NJW 1988, 3233 (3234). 563  So OLG Koblenz StV 1987, 430 f.; Kühl, NJW 1988, 3233 (3234). 564  Kühl, NJW 1988, 3233 (3234); zur Weitergabe von Informationen durch Verfahrensbeteiligte zum Zweck der Kriminalberichterstattung, sog. „Durchstecken“, vgl. Eisele, JZ 2014, 932 ff.

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bedürftig ist.565 Ungeachtet dessen lässt sich für die vorliegende Arbeit jedoch festhalten, dass § 353d Nr. 3 StGB de lege lata zumindest auch die Darstellung der Person in der Öffentlichkeit betrifft und insofern einen persönlichkeitsrechtlichen Gehalt aufweist.566 e) Verletzung des Steuergeheimnisses Der Straftatbestand der Verletzung des Steuergeheimnisses wurde im Jahr 1974 durch das EGStGB vom Nebenstrafrecht567 in das StGB überführt.568 § 355 StGB ergänzt damit das nach § 30 AO lediglich einfachgesetzlich normierte Steuergeheimnis569 um einen strafrechtlichen Schutz. Das Steuergeheimnis nach § 30 AO stellt nach allgemeiner Auffassung einen Ausgleich dafür dar, dass das Steuerrecht dem Steuerpflichtigen weitgehende Offenbarungspflichten auferlegt.570 § 355 StGB i. V. m. § 30 AO verfolgt insofern einen doppelten Schutzzweck, da neben dem Allgemeininteresse an der Wirksamkeit des Besteuerungsverfahrens auch das private Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen an den im Besteuerungsverfahren gemachten Angaben geschützt ist.571 Im Hinblick auf den Schutz dieses Individualinte­ resses ist § 355 StGB i. V. m. § 30 AO eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.572 565  AG Hamburg NStZ 1984, 265; Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT II, § 76 Rn. 5; Perron, in: Schönke / Schröder, § 353d Rn. 41; Graf, in: MK-StGB, § 353d Rn. 70; Vormbaum, in: LK-StGB, § 353d Rn. 1; Tsambikakis, in: AnwK-StGB, § 353d Rn. 1; Schomburg, ZRP 1982, 142 (145); Többens, GA 1983, 97 (103); zur rechtspolitischen Diskussion vgl. nur Eisele, ZRP 2014, 106; für eine Streichung des § 353d Nr. 3 StGB sprach sich bereits der 58. DJT 1990, abgedruckt in NJW 1990, 2991 (2992) aus. 566  So auch Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 42. 567  Die Verletzung des Steuergeheimnisses war zuvor in §  400 i.  V.  m. § 22 Abs. 2 und Abs. 3 der Reichsabgabenordnung geregelt, vgl. BT-Drs. VI / 3250, S. 273. 568  BT-Drs. VI / 3250, S. 273 f.; Perron, in: Schönke / Schröder, § 355 Rn. 1; Kuhlen, in: NK-StGB, § 355 Rn. 1. 569  BVerfGE 67, 100 (139 f.); BVerfG NJW 2008, 3489; OLG Hamm NJW 1981, 356 (357); Schmitz, in: MK-StGB, § 355 Rn. 2; Lackner / Kühl-Heger, § 355 Rn. 1. 570  BVerfGE 67, 100 (139); OLG Hamm NJW 1981, 356 (357); KG NJW 1985, 1971 (1972); Otto, Grundkurs StR BT, § 345 Rn. 59; Hoyer, in: SK-StGB, § 355 Rn. 1; Sinner, in: M / R-StGB, § 355 Rn. 1; Schmitz, in: MK-StGB, § 355 Rn. 3; Perron, in: Schönke / Schröder, § 355 Rn. 2; Kuhlen, in: NK-StGB, § 355 Rn. 4; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, § 355 Rn. 1; Bosch, in: SSW-StGB, § 355 Rn. 1; Leipold, in: AnwK-StGB, § 355 Rn. 2. 571  Lackner / Kühl-Heger, § 355 Rn. 1; Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 38 f.; Vormbaum, in: LK-StGB, § 355 Rn. 2; Schmitz, in: MKStGB, § 355 Rn. 3; Kuhlen, in: NK-StGB, § 355 Rn. 4; Hoyer, in: SK-StGB, § 355 Rn. 1; Fischer, StGB, § 355 Rn. 1; Perron, in: Schönke / Schröder, § 355 Rn. 2.



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f) Falsche Verdächtigung Der Straftatbestand der falschen Verdächtigung, dessen Ursprünge sich bis ins preußische StGB von 1851 zurückverfolgen lassen, wurde durch das EGStGB 1974 als § 164 in das StGB eingefügt.573 Durch das Gesetz zur Strafzumessung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe574 wurde die Norm im Jahr 2009 um einen dritten Absatz erweitert, der eine Strafschärfung für solche Fälle vorsieht, in denen sich der Täter durch die Tat einen Vorteil i. S. v. § 46b StGB oder § 31 BtMG verschaffen wollte.575 Das Schutzgut der falschen Verdächtigung in § 164 StGB ist umstritten.576 Nach der sog. Rechtspflegetheorie, der bereits das Reichsgericht folgte, bezweckt § 164 StGB allein den Schutz der Rechtspflege.577 Der Schutz des Einzelnen stellt nach dieser Auffassung lediglich einen Rechtsreflex dar.578 Demgegenüber schützt § 164 StGB nach der sog. Individualgutstheorie ausschließlich die Interessen des betroffenen Angeschuldigten.579 Zu den geschützten Individualinteressen soll neben der Ehre auch der Schutz vor unbegründeten staatlichen Zwangsmaßnahmen zählen.580 572  BVerfG NJW 2008, 3489 (3490); OLG Hamm NJW 1981, 356 (357); Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 39; Schmitz, in: MK-StGB, § 355 Rn. 2; vgl. dazu auch Eilers, Steuergeheimnis, S. 9 ff. 573  Vormbaum, in: NK-StGB, § 164 Rn. 3 ff.; zu den kriminalpolitischen Bedenken bzgl. § 164 Abs. 2 StGB Zopfs, in: MK-StGB, § 164 Rn. 1; Koch, NJW 2005, 943 (944); zur Historie des § 164 StGB vgl. Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT II, § 99 Rn. 1. 574  Dreiundvierzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafzumessung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe vom 29.07.2009, BGBl. I, S. 2288. 575  Lenckner / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 164 Rn. 1; Vormbaum, in: NK-StGB, § 164 Rn. 6; König, NJW 2009, 2481 (2483). 576  Lackner / Kühl, § 164 Rn. 1; Jeßberger, in: SSW-StGB, § 164 Rn. 2; Vormbaum, in: NK-StGB, § 164 Rn. 7 ff.; Lenckner / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 164 Rn.  1a f.; Ruß, in: LK-StGB, § 164 Rn. 1 ff.; Zopfs, in: MK-StGB, § 164 Rn. 2 ff.; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 164 Rn. 1. 577  RGSt 23, 373; 29, 54; 59, 35; 60, 317; Langer, Die falsche Verdächtigung, S. 64; ders., GA 1987, 289 (295 f.); Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT II, § 99 Rn. 5; Otto, Grundkurs StR BT, § 95 Rn. 1; Rogall / Rudophi, in: SK-StGB, § 164 Rn. 1; Landskron, Falsche Verdächtigung, S. 114 ff.; Zopfs, in: MK-StGB, § 164 Rn. 4. 578  Rogall / Rudophi, in: SK-StGB, § 164 Rn. 1; Rahmlow, in: AnwK-StGB, § 164 Rn. 2. 579  Hirsch, ZStW 89 (1977), S. 930 (940 f.); Schneider, Selbstbegünstigungsprinzip, S.  317 ff.; Vormbaum, Schutz des Strafurteils, S. 458; ders., in: NK-StGB, § 164 Rn. 10; Schmidhäuser, StR BT, Kap. 6 Rn. 6. 580  Vormbaum, in: NK-StGB, § 164 Rn. 10; Herdegen, in: LK-StGB, § 164 Rn. 3; so auch Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 29.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Beide Auffassungen können nicht überzeugen. Die Rechtspflegetheorie lässt sich bereits mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Einklang bringen, der dem Verletzten in § 165 StGB ein Antragsrecht einräumt. Würde der Schutz des Einzelnen, wie die Rechtspflegetheorie postuliert, lediglich einen „Rechtsreflex“ darstellen, so wäre der Einzelne allenfalls mittelbar betroffen und könnte folglich auch nicht Verletzter im Sinne des § 165 StGB sein.581 Gegen die Individualgutstheorie spricht vor allem, dass § 164 Abs. 1 StGB den gleichen Strafrahmen vorsieht wie § 164 Abs. 2 StGB, eine Verwirk­ lichung des § 164 Abs. 1 StGB Individualinteressen jedoch regelmäßig weitaus stärker beeinträchtigen dürfte als eine Tat nach § 164 Abs. 2 StGB.582 Bisweilen wird auch vorgebracht, dass die von der Individualgutstheorie genannten Rechtsgüter – Ehre und Schutz vor unbegründeten staatlichen Zwangsmaßnahmen – mit den §§ 185 ff. StGB bzw. den zahlreichen Straftatbeständen zum Schutz der individuellen Freiheit bereits einen umfassenden strafrechtlichen Schutz erfahren, weshalb für § 164 StGB keinerlei eigenständige Bedeutung verbleibe.583 Sowohl die Rechtsprechung als auch die überwiegende Mehrheit des Schrifttums folgen daher zu Recht der sog. Alternativitätstheorie, nach der § 164 StGB beide Schutzzwecke nicht kumulativ, sondern alternativ erfasst.584 Dies hat zur Folge, dass § 164 StGB auch dann anwendbar ist, wenn nur eines der beiden Rechtsgüter verletzt ist.585 Zwar folgt aus diesem zumindest auch individualrechtlichen Schutzgehalt des § 164 StGB noch nicht zwangsläufig, dass dieser dem Schutz des Persönlichkeitsrechts dient. Für einen solchen Schutz lässt sich jedoch § 165 StGB anführen, der dem durch die Tat des § 164 StGB Verletzten ein Antragsrecht auf Bekanntgabe der Verurteilung einräumt. Der Umstand, dass 581  So auch Lenckner / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 164 Rn. 2; Ruß, in: LKStGB, § 164 Rn. 3; a. A. Zopfs, in: MK-StGB, § 164 Rn. 2; Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT II, § 99 Rn. 5. 582  Rogall / Rudolphi, in: SK-StGB, § 164 Rn. 3; Rahmlow, in: AnwK-StGB, § 164 Rn. 2. 583  Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 29. Befürworter der Individualgutstheorie leiten freilich gerade aus der Kumulation geschützter Individualinteressen den individualschützenden Gehalt des § 164 StGB ab, vgl. Vormbaum, in: NK-StGB, § 164 Rn. 10. 584  BGHSt 5, 66 (68); 9, 240; Lackner / Kühl, § 164 Rn. 1; Ruß, in: LK12-StGB, § 164 Rn. 1 ff.; Maier, in: M / R-StGB, § 164 Rn. 1; Lenckner / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 164 Rn. 1a; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 164 Rn. 1; Jeßberger, in: SSW-StGB, § 164 Rn. 3; Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 31; Geilen, Jura 1984, 251; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter, S. 326; Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 688; Krey / Hellmann / Heinrich, StR BT I, Rn. 790; Krell, NStZ 2011, 671 (672). 585  Lackner / Kühl, § 164 Rn. 1; H. Schröder, NJW 1965, 1888; Fischer, StGB, § 164 Rn. 2.



C. Persönlichkeitsschutz im Strafrecht 129

die Rechtsfolge einer strafrechtlichen Norm im Wesentlichen vom Willen des Verletzten abhängen soll, ist im Strafrecht höchst ungewöhnlich. Eine vergleichbare Ausgestaltung findet sich im StGB lediglich ein einziges weiteres Mal, nämlich in § 200 StGB, wo sie vor allem mit der besonderen persönlichkeitsschützenden Struktur des Rechtsguts der § 185 ff. StGB begründet wird.586 Aus dieser Überlegung heraus wird auch klar, weshalb die Bekanntgabe der Verurteilung nach § 200 StGB – wie überdies auch bei § 164 StGB – keine Nebenstrafe, sondern eine strafähnliche Nebenfolge587 zum Zwecke der Genugtuung und Rehabilitation des Verletzten darstellt.588 Zwar kann die Ansicht, die § 200 StGB als Nebenstrafe versteht, für sich in Anspruch nehmen, dass § 200 StGB in diesem Fall als Strafrechtsfolge vom Schuldgrundsatz begrenzt wird.589 Die Anerkennung als Nebenstrafe hätte jedoch zwangsläufig auch zur Folge, dass die öffentliche Bekanntmachung als Zweck einzig die mit der Sühnefunktion und Stigmatisierungswirkung verbundene Statusminderung des Betroffenen590 reklamieren könnte. Eine (Straf-)Funktion, die allein auf die Bloßstellung und öffentliche Degradierung eines Verurteilten abzielt, ist jedoch weder mit der Menschenwürde­ garantie noch mit den heute allgemein anerkannten Strafzwecken591 vereinbar.592 Zaczyk, in: NK-StGB, § 200 Rn. 1. zur Dogmatik und Einordnung der Nebenfolge im System der strafrechtlichen Sanktionen vgl. Sobota, Nebenfolge, S. 26 ff. 588  So auch Lackner / Kühl, § 200 Rn. 1; Häger, in: LK-StGB, Vorbem. § 38 Rn. 49; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 200 Rn. 1; Fischer, StGB, § 200 Rn. 1; Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 31; Geiger, Rechtsnatur der Sanktion, S. 272 führt hierzu aus, dass der Genugtuungsgedanke aus dem letzten Jahrhundert resultiere, weshalb unter Genugtuung „jedenfalls heute keine ideelle Genugtuung mehr zu verstehen [sei], um dem Verletzten eine Art Rache oder Selbstbestätigung zu geben, sondern eine konkrete Ersatzleistung zur Beseitigung der beim Verletzten durch die Straftat eingetretene Störung in seiner Rechtsgütersphäre.“; a. A. jedoch BGHSt 10, 306 (310); OLG Nürnberg NJW 1951, 124; Valerius, in: BeckOKStGB, § 200 Rn. 1; Regge / Pegel, in: MK-StGB, § 200 Rn. 1; Rogall, in: SK-StGB, § 200 Rn. 1; Zaczyk, in: NK-StGB, § 200 Rn. 1. 589  Regge / Pegel, in: MK-StGB, § 200 Rn. 1; Zaczyk, in: NK-StGB, § 200 Rn. 1. 590  Geiger, Rechtsnatur der Sanktion, S. 274 äußert sich dahingehend: „Die Bekanntgabe der Verurteilung nach den §§ 165, 200 StGB intensiviert die Ehrwirkung des Strafausspruchs im Urteil. Indem sie einer breiteren Öffentlichkeit Kenntnis von der Verurteilung verschafft als durch den bloßen Strafausspruch, erweitert bzw. vertieft sie die mit der Urteilsverkündung verbundene Ansehensminderung. Sie stellt deshalb einen zusätzlichen, eigenständigen Grundrechtseingriff in die Ehre dar.“ 591  Zur sog. Vereinigungstheorie vgl. BVerfGE 45, 187 (253 f.); BGHSt 6, 125 (126 ff.); 19, 201 (206); 20, 264 (266 f.); Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 2 Rn. 54; Roxin, StR AT 1, § 3 Rn. 62; ders., JuS 1966, 377 (387). 592  Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 31; vgl. dazu auch Rahmlow, in: AnwK-StGB, § 165 Rn. 2. 586  Vgl.

587  Ausf.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

Letztlich vermag daher einzig die Einordnung der §§ 200, 165 StGB als strafähnliche Nebenfolge zu überzeugen, die der Genugtuung und Rehabilitation des Verletzten dient.593 Eine solche Genugtuungs- und Rehabilitationsfunktion wäre jedoch wiederum dann nicht erforderlich, wenn § 164 StGB ausschließlich dem Individualinteresse des Schutzes vor unbegründeten staat­ lichen Zwangsmaßnahmen zu dienen bestimmt wäre. All diese systematischen Erwägungen sprechen deutlich dafür, dass § 164 StGB nicht nur dem Schutz von Individualinteressen, sondern darüber hinaus unter dem Aspekt der Darstellung der eigenen Person in der Öffentlichkeit auch den Schutz des Persönlichkeitsrechts bezweckt.594 Die Bekanntgabe der Verurteilung nach den §§ 165, 200 StGB kann damit auch als strafrechtliches Pendant zum zivilrechtlichen Anspruch auf Widerruf falscher Behauptungen nach den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB bzw. zum medienrechtlichen Anspruch auf Gegendarstellung595 gesehen werden. 2. Nebenstrafrecht Neben diesem bunten Strauß an Regelungen im Kernstrafrecht finden sich auch im Nebenstrafrecht einige Vorschriften, die zumindest im Kern den Schutz der Persönlichkeit bezwecken.596 Allen voran sind hier die §§ 22 ff. i. V. m. § 33 KUG zu nennen, aber auch § 44 BDSG weist einen persönlichkeitsrechtlichen Schutzgehalt auf. a) Recht am eigenen Bild Das bereits oben dargestelle Recht am eigenen Bild (§§ 22 ff. KUG) erfährt einen strafrechtlichen Schutz über die ergänzende Regelung des § 33 KUG.597 In ihrer heutigen Form geht die mit Einführung des KUG im 593  Die Bekanntgabe der Verurteilung ist damit ebenso wie der Verfall und die Auflage der Schadenswiedergutmachung eine „Maßnahme zur Wiederherstellung der durch die Straftat der gestörten Rechtsordnung“, vgl. Geiger, Rechtsnatur der Sanktion, S. 281. 594  Zu diesem Ergebnis kommt auch Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 31 und S. 42. 595  Der Anspruch auf Gegendarstellung ist in den Pressegesetzen der Länder, den Rundfunk- und Mediengesetzen der Länder und im Rundfunkstaatsvertrag verankert, vgl. etwa § 11 LPresseG BW; § 9 LMedienG BW; § 56 RStV. 596  Neben den persönlichkeitsschützenden Normen existieren im Nebenstrafrecht auch solche, die die Persönlichkeit lediglich als Reflex mitschützen, vgl. nur Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, § 106 UrhG Rn. 5; angesichts der Ziele der Arbeit bleiben diese hier jedoch außen vor.



C. Persönlichkeitsschutz im Strafrecht 131

Jahr 1907 597geschaffene Vorschrift auf Art. 145 EGStGB598 aus dem Jahr 1974 zurück. Im Gegensatz zu den zivilrechtlichen Regelungen599 zum Recht am eigenen Bild ist die praktische Bedeutung des § 33 KUG gering geblieben.600 So wurden ausweislich der Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2014 lediglich 111 Personen abgeurteilt, davon wiederum 84 nach allgemeinem Strafrecht.601 b) Datenschutzstrafrecht Das Datenschutzrecht soll den Einzelnen vor Gefahren schützen, die aus der Datenverarbeitung einer Informationsgesellschaft erwachsen.602 Ziel des Datenschutzes ist es, das verfassungsrechtlich verbürgte Recht auf informa­ tionelle Selbstbestimmung603 als Ausfluss des Persönlichkeitsrechts zu gewährleisten, indem das Datenschutzinteresse des Einzelnen und die berechtigten Informationsinteressen der Allgemeinheit zu einem möglichst ge­rechten Ausgleich gebracht werden.604 Entsprechend dieser vielschichtigen Aufgabe hat sich das Datenschutzrecht zu einer komplexen Materie unterschiedlichster Regelungen und Rechtsinstitute entwickelt. Komplexitätssteigernd wirkt sich ferner aus, dass das Datenschutzrecht zu einem wesentlichen Teil von europäischen Vorgaben geprägt und mitbestimmt wird. Dies wird gegenwärtig etwa an der zum 24. Mai 2016 in Kraft getretenen europäischen Daten597  Ausführlich zu den §§ 22 ff. KUG bereits oben Kapitel 1 B. II. 1. a); vgl. dazu auch Eisele, Computer- und Medienstrafrecht, Kap. 7 Rn. 28 ff.; Mitsch, Medienstrafrecht, § 3 Rn. 102. 598  Einführungsgesetz zum StGB v. 02.03.1974, BGBl. I, S. 469. 599  Vgl. dazu bereits oben unter Kapitel 1 B. II. 1. a). 600  Peglau, Der Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 39  f.; Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, S. 377; Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, § 33 KUG Rn. 3; Mitsch, Medienstrafrecht, § 3 Rn. 103 führt hierzu aus: „Der Strafrechtsschutz, den § 33 KUG i. V. m. § 22 KUG bietet, ist schwach und vermag daher das Kriminalisierungsbedürfnis, das der Einführung des § 201a StGB zugrunde lag, nicht zu befriedigen“. 601  Strafverfolgungsstatistik (2014) des Statistischen Bundesamts vom 17. März 2016, S. 54 bzw. S. 88. 602  Vgl. grundlegend Simitis, NJW 1971, 673  ff.; Gola / Klug / Körffer, in: Gola / Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 1; Neunhoeffer, Presseprivileg, S. 28; vgl. zu dieser Problematik bereits Benda, in: FS Geiger, S. 23 (26 ff.); wegen des persönlichkeitsschützenden Gehalts enthält das Datenschutzstrafrecht entscheidende Schranken etwa für Compliance Maßnahmen in Unternehmen, zielen diese doch regelmäßig im Rahmen von Aufklärungsmaßnahmen auf eine extensive Datenerhebung ab, vgl. nur Eisele, in: Rotsch, Hdb. Criminal Compliance, § 23 Rn. 1 f. 603  Siehe dazu bereits oben unter Kapitel 1 A. II. 2. a) aa). 604  Gola / Klug / Körffer, in: Gola / Schomerus, BDSG, § 1 Rn. 7; Thüsing, in: Thüsing, Compliance, § 1 Rn. 2; Roßnagel / Schnabel, NJW 2008, 3534 (3538).

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

schutzgrundverordnung deutlich, mit der die Vorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten in der gesamten Europäischen Union vereinheitlicht werden sollen.605 Neben zahlreichen Gesetzen, etwa dem Telemediengesetz, dem Telekommunikationsgesetz oder den Landesdatenschutzgesetzen,606 umfasst das Datenschutzrecht auch verschiedene, hauptsächlich supranationale Verordnungen607, Richtlinien608 und Abkommen609. All diesen Vorschriften ist gemeinsam, dass sie das verfassungsrechtlich gewährte Recht auf informationelle Selbstbestimmung konkretisieren und ausgestalten, indem sie den Umgang mit personenbezogenen Daten regeln. Das Datenschutzrecht verwirklicht damit letztlich all diejenigen Vorgaben, die das BVerfG bereits 1983 im sog. Volkszählungsurteil aufgestellt hat.610

605  Zur EU-DSGVO vgl. ABl. 2016 L 119, 1; Gola / Klug, NJW 2016, 2786 ff.; Schantz, NJW 2016, 1841 ff.; Kühling / Martini, EuZW 2016, 448 ff. 606  Im Kernstrafrecht hingegen fehlt eine entsprechende Regelung, die die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sanktioniert, vgl. Eisele, in: Rotsch, Hdb. Criminal Compliance, § 23 Rn. 4; Conrad, in: Auer-Reinsdorff / Conrad, Hdb. IT- und Datenschutzrecht, § 34 Rn. 16; Scheja / Haag, in: Leupold / Glossner, MAH IT-Recht, Teil 5 Rn. 1; zur verfassungsrechtlichen Verankerung des Datenschutzes vgl. Neunhoeffer, Presseprivileg, S.  61 ff.; Geyer-Schäfer, Indiskretion, S. 33. 607  So wurde, wie bereits zuvor erwähnt, Anfang Mai 2016 die EU-Datenschutzgrundverordnung erlassen, welche ab Mai 2018 in allen Mitgliedstaaten gilt; vgl. dazu ABl. 2016 L 119, 1; Gola / Klug, NJW 2016, 2786 ff.; Schantz, NJW 2016, 1841 ff.; Kühling / Martini, EuZW 2016, 448 ff. 608  Zur Richtlinie 95 / 46 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr vgl. Simitis, NJW 1997, 281 ff.; Tinnefeld, NJW 2001, 3078 ff.; Weichert, in: Kilian / Heussen, Hdb. Computerrecht, Teil 13 Rn. 20; vgl. hierzu auch den Überblick bei Brühann, in: v. d. Groeben / Schwarze / Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 16 AEUV Rn. 10 ff.; Sobotta, in: Grabitz / Hilf / Nettesheim, Recht der EU, Art. 16 AEUV Rn. 2. 609  Allen voran ist hier das sog. Safe Harbor Abkommen zwischen der Europäischen Kommission und den USA zu nennen, vgl. dazu die Entscheidung der Kommission vom 26.  Juli 2000 gem. der Richtlinie 95 / 46 / EG, in: ABl. 2000, L215 / 7; EuGH NJW 2015, 3151; Borges, NJW 2015, 3617; Skouris, NVwZ 2016, 1359; v. Lewinski, EuR 2016, 405 (408 ff.); sowie das Abkommen über das sog. EU-US Privacy Shield zwischen der Europäischen Kommission und den USA, vgl. dazu v. Lewinski, EuR 2016, 405 (412 ff.); Grau / Granetzny, NZA 2016, 405; Gola / Klug, NJW 2016, 2786 (2789). 610  BVerfGE 65, 1 – Volkszählungsgesetz; Thüsing, in: Thüsing, Compliance, § 1 Rn. 2; Brandt, in: Hauschka / Moosmayer / Lösler, Corporate Compliance, § 29 Rn. 12; zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung vgl. bereits oben unter Kapitel 1 A. II. 1.



C. Persönlichkeitsschutz im Strafrecht 133

Am deutlichsten kommt dieses Motiv des Persönlichkeitsschutzes in § 1 BDSG zum Ausdruck, welcher ausdrücklich den Schutz des Einzelnen vor Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten als Ziel der nachfolgenden Bestimmungen definiert.611 Der Anwendungsbereich erstreckt sich nach § 1 Abs. 2 BDSG nicht nur auf öffentliche Stellen des Bundes und der Länder, sondern kann auch nicht-öffentliche Stellen wie etwa private Arbeitgeber612 erfassen. Verstöße gegen die Vorschriften des BDSG können nach § 43 BDSG als Ordnungswidrigkeiten geahndet sowie darüber hinaus im Wege des § 44 BDSG zur Straftat hochgestuft werden.613 Strafbar ist danach unter anderem die Erhebung bzw. Verarbeitung personenbezogener Daten, sofern diese unbefugt und gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, erfolgt. Aufgrund ihrer sehr weit gefassten Tatbestände sind die §§ 43, 44 BDSG mitunter als zu unbestimmt in die Kritik geraten.614 Angesichts des Umstandes, dass die EU-Datenschutzgrundverordnung ab dem 25.05.2018 in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbare Wirkung entfalten und im Zuge dessen auch das BSDG in Teilen ablösen wird, ist mit Spannung zu erwarten, welche inhaltlichen Vorgaben beim natio­nalen Datenschutzrecht verbleiben. c) § 44 StUG Nach § 44 Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) macht sich strafbar, wer nach dem StUG geschützte Originalunterlagen oder Duplikate von Originalunterlagen mit personenbezogenen Informationen über Betroffene oder Dritte ganz oder in wesentlichen Teilen im Wortlaut öffentlich mitteilt.615 Damit ist der Anwendungsbereich des § 44 StUG gegenüber dem ursprünglich im Gesetzesentwurf der Bundestagsfraktion und der Bundesregierung vorgesehe611  Das BDSG tritt jedoch gegenüber spezielleren Vorschriften des Bundesrechts wie etwa dem TKG und TMG zurück und ist insofern subsidiäres Auffangrecht, vgl. Eisele, in: Rotsch, Hdb. Criminal Compliance, § 23 Rn. 4; Brandt, in: Hauschka / Moosmayer / Lösler, Corporate Compliance, § 29 Rn. 22. 612  Zum Beschäftigtendatenschutz vgl. Eisele, in: Rotsch, Hdb. Criminal Compliance, § 23 Rn. 74; Wuermeling, NZA 2012, 368 ff.; Düwell / Brink, NZA 2016, 665 ff.; Schantz, NJW 2016, 1841 (1842); Krause, NZA 2016, 1004 (1006); Gola / Klug, NJW 2016, 2786 (2788); Wybitul, CCZ 2016, 194 (196 f.). 613  Ausf. zu §§ 43, 44 BDSG Eisele, in: Rotsch, Hdb. Criminal Compliance, § 23 Rn.  6 f. 614  Vgl. etwa Golla, ZIS 2016, 192 mit Beispielen alltäglichen Verhaltens von Privatpersonen, die von §§ 43, 44 BDSG erfasst wären. 615  Zur Gewährleistung des Persönlichkeitsrechts durch das StUG vgl. Brandenburger, KJ 1995, 351 (353 ff.); zur Verfassungsmäßigkeit des § 44 StUG vgl. OLG Frankfurt a. M. AfP 1996, 177 (178); Tillmanns, AfP 1994, 23 f.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

nen, an der entsprechenden Strafvorschrift des § 43 BDSG angelehnten616 § 36 deutlich enger.617 Nach Maßgabe der Gesetzesmaterialien stand dahinter die Überlegung, dass die Strafvorschrift „auf die Tatbestände begrenzt werden [solle], bei denen es um das im besonderen Maße schutzbedürftige Persönlichkeitsrecht von Betroffenen und Dritten“ gehe, während andere Verletzungen des Persönlichkeitsrechts den „allgemeinen Vorschriften des Zivilund Strafrechts“ überlassen werden sollten.618 d) § 106 UrhG Eine weitere dem strafrechtlichen Persönlichkeitsschutz zuzurechnende Norm findet sich in § 106 UrhG, der „Zentralnorm“619 des strafrechtlichen Schutzes der urheberrechtlichen Verwertungsrechte. § 106 UrhG pönalisiert die unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke, sodass sich strafbar macht, wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt. Da aufgrund der Akzessorietät des strafrechtlichen Schutzes regelmäßig dasselbe Rechtsgut geschützt wird wie durch die in Bezug genommene urheberzivilrechtliche Vorschrift,620 ist Rechtsgut des § 106 UrhG das Verwertungsrecht des Berechtigten.621 Einen strafrechtlichen Schutz des Urheberpersönlich616  Vgl.

BR-Drs. 365 / 91, S. 99; BT-Drs. 12 / 723, S. 27. der Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuss), BT-Drs. 12 / 1540, S. 43 f. sollte § 36 StUG-E wie folgt lauten: „(1) Wer unbefugt von diesem Gesetz geschützte personenbezogenen Daten, die nicht offenkundig sind, speichert, verändert, übermittelt oder nutzt, insbesondere indem er sie veröffentlicht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer 1. die Übermittlung von durch dieses Gesetz geschützten personenbezogenen Daten, die nicht offenkundig sind, durch unrichtige Angaben erschleicht, oder 2. entgegen § 27 Abs. 4 ein Duplikat an andere Stellen weitergibt. (3) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe“. 618  BT-Drs. 12 / 1563, S. 3; vgl. auch Stoltenberg / Bossack, StUG, § 44 Rn. 1 ff. 619  So wörtlich Hildebrandt / Reinbacher, in: Wandtke / Bullinger, § 106 UrhG Rn. 1; zur Bedeutung des § 106 UrhG in der Strafrechtspraxis vgl. Weber, in: Leitner /  Rosenau, WiStR, § 106 UrhG Rn. 7 f. 620  Hildebrandt / Reinbacher, in: Wandtke / Bullinger, § 106 UrhG Rn. 6; SternbergLieben, in: BeckOK-UrhG, § 106 UrhG Rn. 1; Weber, in: FS Stree / Wessels, S. 613 (615 f.). 621  Hildebrandt / Reinbacher, in: Wandtke / Bullinger, § 106 UrhG Rn. 6. 617  Entsprechend



D. Zwischenergebnis zu Kapitel 1135

keitsrechts bezweckt § 106 UrhG hingegen nicht ausdrücklich,622 sodass es sich lediglich um einen mittelbaren bzw. reflexartigen Schutz des Persönlichkeitsrechts handelt.623

III. Zwischenfazit Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt existiert im deutschen Strafrecht keine Vorschrift, welche die Persönlichkeit umfassend und unmittelbar schützt.624 Die Untersuchung konnte jedoch aufzeigen, dass der Persönlichkeitsschutz auch im Strafrecht einen hohen Stellenwert einnimmt. Vor allem die Ausstrahlungswirkung des auf verfassungsrechtlicher Ebene verankerten Persönlichkeitsschutzes hat zur Folge, dass die Strafrechtsprechung den persönlichkeitsrechtlichen Belangen in vielfältiger Weise Rechnung zu tragen hat. Zudem verfügt das Strafrecht über eine ganze Reihe an speziellen und ausdifferenzierten Straftatbeständen, die zumindest mittelbar ihren Beitrag zum Schutz der Persönlichkeit leisten. Erst die genauere Betrachtung der einzelnen Straftatbestände hat indes gezeigt, dass die inhaltliche Fortentwicklung dieses mittelbaren Persönlichkeitsschutzes keineswegs gleichförmig verläuft. Während etwa der Normenkomplex der Beleidigungsdelikte seit Entstehung des RStGB weitgehend unverändert geblieben ist, wurden in anderen Bereichen fortlaufend Versuche unternommen, den strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes zu erweitern, um mit der aktuellen gesellschaftlichen und technischen Dynamik Schritt halten zu können.625 Insbesondere im Hinblick auf den 15. Abschnitt des StGB erscheint diese Entwicklung bei weitem noch nicht abgeschlossen zu sein, zeugen doch allein schon die zahlreichen nachträglich eingefügten Straftatbestände von anhaltenden Gesetzgebungsbemühungen.

D. Zwischenergebnis zu Kapitel 1 Obwohl Persönlichkeitsschutz bereits frühzeitig auch als Aufgabe des Strafrechts betrachtet wurde, gingen die wesentlichen Entwicklungen für den rechtlichen Schutz der Persönlichkeit zunächst vom Zivilrecht aus, dem sich 622  Dreier, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 106 Rn. 1; Hildebrandt / Reinbacher, in: Wandtke / Bullinger, § 106 UrhG Rn. 6; Hildebrandt, Die Strafvorschriften des Urheberrechts, S.  32 f. 623  Weber, Urheberrecht, S. 264; Hildebrandt / Reinbacher, in: Wandtke / Bullinger, § 106 UrhG Rn. 6; Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, § 106 UrhG Rn. 5. 624  Zu diesem Ergebnis gelangt auch Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (427). 625  Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 23.

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1. Kap.: Persönlichkeitsschutz als Aufgabe der Gesamtrechtsordnung

wenig später dann auch das Verfassungsrecht anschloss.626 Während die grundlegende Entwicklung des Persönlichkeitsschutzes damit als Verdienst des Zivilrechts betrachtet werden muss und wesentliche Innovationsimpulse, wie etwa die Schaffung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, mittlerweile hauptsächlich der Schöpfungskraft des Verfassungsrechts zu verdanken sind, scheint das Strafrecht seine „Schrittmacherfunktion“627 auf dem Gebiet des Persönlichkeitsschutzes weitgehend eingebüßt zu haben. Die Gründe für diesen Bedeutungsverlust scheinen zunächst auf der Hand zu liegen, lässt doch das Strafrecht vor allem aufgrund seiner strengen Orientierung am Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG sowohl der Gesetzgebung als auch der Rechtsanwendung nur einen vergleichsweise engen Gestaltungsspielraum.628 Eine genauere Betrachtung dieses Befunds führt indes zu Zweifeln und nötigt zu gewissen Relativierungen. So wichtig und wertvoll die Impulse des Zivil- und Verfassungsrechts für den Schutz der Persönlichkeitsrechte in der Vergangenheit auch waren, so vermochten sie die Schwierigkeiten des Persönlichkeitsschutzes dennoch nicht einer zufriedenstellenden und insofern abschließenden Lösung zuzuführen. So gilt etwa die Frage, ob und wenn ja, welche Systematik dem Persönlichkeitsrecht zugrunde liegt, auch heute noch als weitgehend ungeklärt. Diese dogmatische Unschärfe hat freilich zwangsläufig zur Folge, dass auch über Inhalt und Reichweite des Persönlichkeitsschutzes keine abschließende Einigkeit erzielt werden konnte. Während dieser Zustand für das Zivil- und Verfassungsrecht aufgrund der größeren Flexibilität der Normstrukturen im Grunde toleriert werden kann, gilt dies nicht in gleichem Maße für das Strafrecht, das den abwägungs- und einzelfallorientierten Schutz der Persönlichkeit weitgehend „mit hölzernen Handschuhen“629 bewältigen muss. Dies ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass das Strafrecht einen eigenständigen Ansatz des Persönlichkeitsschutzes entwickelt hat. Während im Zivil- und Verfassungsrecht neben zahlreichen besonderen Persönlichkeitsrechten das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Auffangtatbestand existiert, wurde der Versuch, die Problematik mittels einer generalklauselartigen Vorschrift zu lösen, im Strafrecht spätestens mit der Reformdiskussion um ein 626  Zum „Anteilsverhältnis“ der Rechtsgebiete Zivil-, Straf- und Verfassungsrecht am Persönlichkeitsschutz und der Folgerung, dass hierbei der zivilrechtliche Persönlichkeitsschutz den „Löwenanteil“ ausmache, vgl. Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (425). 627  Jescheck / Weigend, StR AT, § 1 II 1 sprechen insofern von der „sittenbildenden Kraft des Strafrechts“. 628  Vgl. hierzu Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (423). 629  So formulieren Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 24 Rn. 1, die Ehre sei das „subtilste, mit den hölzernen Handschuhen des Strafrechts am schwersten zu erfassende und daher am wenigsten wirksam geschützte Rechtsgut unseres Strafrechtssystems“.



D. Zwischenergebnis zu Kapitel 1137

allgemeines Indiskretionsdelikt endgültig aufgegeben. Auch wenn ein allgemeines Indiskretionsdelikt im Strafrecht nie umgesetzt werden konnte und die Reformbemühungen daher als gescheitert gelten, hat die intensive Diskussion um den strafrechtlichen Schutz der Persönlichkeit doch zu einem besseren Verständnis der Materie und damit zu einer Horizonterweiterung beigetragen. In der Folge hat der Gesetzgeber im Strafrecht zu Recht nicht den Weg einer allgemeinen Generalklausel gewählt, sondern den Persönlichkeitsschutz in Form von speziellen, nach dem jeweils geschützten Persönlichkeitsaspekt ausdifferenzierten Einzeltatbeständen ausgestaltet.630 Es mag zugegeben werden, dass die Schutzkonzeption einer Ausdifferenzierung in Einzeltatbestände oder, wie Kienapfel formuliert, die „Zergliederung des Rechtsguts“631 dem Strafrecht angesichts seines ohnehin fragmentarischen Charakters näher steht als anderen Rechtsgebieten.632 Den Blick auf das Strafrecht als möglichen zukünftigen Impulsgeber für den Persönlichkeitsschutz sollte dies dennoch nicht verstellen.

630  Dies ändert freilich nichts daran, dass das Persönlichkeitsrecht im Strafrecht „nur sektoral und nicht wie das Leben ‚rundum‘ geschützt“ ist, vgl. Kühl, in: FS Böttcher, S. 597 (608). 631  Kienapfel, Privatsphäre und Strafrecht, S. 47. 632  Vor allem das Zivilrecht hat spätestens seit dem Allgemeinen Preußischen Landrecht von 1794 Abstand von allzu detaillierten Einzelfallregelungen genommen.

2. Kapitel

Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F. § 201a StGB wurde am 06.08.2004 durch das Gesetz zum Schutz des höchstpersönlichen Lebens- und Geheimnisbereiches gegen unbefugte Bildaufnahmen (36. StrÄndG) in den 15. Abschnitt des StGB eingefügt.1

A. Schaffung eines Straftatbestands zum Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen Angeregt wurde die Schaffung eines neuen Straftatbestandes bereits im Jahr 2001 durch einen Entschließungsantrag des Landes Baden-Württemberg im Bundesrat zur Ausdehnung des strafrechtlichen Schutzes vor sexuellen Übergriffen.2 Nahezu zeitgleich rügte der damalige Bundesbeauftragte für Datenschutz Joachim Jacob in seinem 18. Tätigkeitsbericht vom 13.03.2001, dass „die Veröffentlichung von heimlichen Tonaufnahmen unter Strafe gestellt ist, während die mindestens einen ebenso tiefen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellende Nutzung oder Veröffentlichung von heimlichen Bildaufnahmen nur dann strafbar ist, wenn sie in Verbindung mit anderen Delikten steht“.3

Diesem „äußerst unbefriedigend[en]“ Ergebnis, so der Bericht weiter, könne der Gesetzgeber durch Schaffung strafrechtlicher Regelungen für diejenigen Fälle, in denen „mittels Bildaufnahme bzw. -veröffentlichung unbefugt in den Kernbereich der Privatsphäre und in die Intimsphäre“ eingegriffen werde, abhelfen.4 Infolge der Terrorereignisse des 11. Septembers 2001 wurden die an diese Forderungen anschließenden Gesetzesentwürfe in der 14. Legislaturperiode jedoch zunächst nicht weiter verfolgt.5 1  Vgl.

36. StrÄndG – § 201a StGB – vom 30.07.2004, BGBl. I, S. 2012. 158 / 01. 3  Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz, 18. Tätigkeitsbericht, BT-Drs. 14 / 5555, S. 22; Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 102. 4  BT-Drs. 14 / 5555, S. 22; Weberling, in: Ricker / Weberling, Hdb. Presserecht, Kap. 54 Rn. 24a; vereinzelte Forderungen, den Schutz des Privatlebens vor Fotoveröffentlichungen auszubauen, bestanden jedoch bereits seit Mitte der 1960er Jahre, vgl. nur Leinveber, GRUR 1967, 236 (240); Prinz, NJW 1995, 817 (821). 2  BR-Drs.



A. Straftatbestand zum Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen139

Erst durch die erneute Forderung des Bundesdatenschutzbeauftragten in der 15. Legislaturperiode nach Verstärkung des strafrechtlichen Schutzes vor unbefugten Bildaufnahmen6 wurde die Thematik erneut auf die Tagesordnung gesetzt und verschiedene Gesetzesentwürfe in den Bundestag7 und Bundesrat8 eingebracht. Neben einzelnen Fragen der tatbestandlichen Ausgestaltung drehten sich diese Entwürfe im Wesentlichen um die Frage, ob dem Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen die Intimsphäre oder der persönliche Lebensbereich als Rechtsgut zugrunde zu legen sei. Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundesrates, welche die Intimsphäre als geschütztes Rechtsgut ansah, wurde schließlich nach Art. 76 Abs. 3 GG als Gesetzesinitiative in den Bundestag eingebracht.9 Auf dieser Grundlage einigten sich die Fraktionen des Bundestages am 10.02.2004 auf einen gemeinsamen Entwurf,10 welcher anschließend in die Ausschüsse verwiesen wurde. Die Beschlussempfehlung des federführenden Rechtsausschusses sah daraufhin vor, die Tathandlung des Gebrauchens in Abs. 3 zu streichen und den gemeinsamen Entwurf des Bundestages hinsichtlich des Zugänglichmachens an Dritte insoweit enger zu fassen, dass dieses „wissentlich unbefugt“ geschehen müsse.11 Entsprechend dieser Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wurde der Entwurf am 29.04.2004 im Bundestag mit folgendem Wortlaut einstimmig verabschiedet:12 § 201a Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (1) Wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblicke besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer eine durch eine Tat nach Absatz 1 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht. 5  Vgl. Pollähne, KritV 2003, 387; Kächele, Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, S. 48. 6  BT-Drs. 15 / 888, S. 50 f. 7  Entwurf eines Gesetzes zum verbesserten Schutz der Intimsphäre v. 28.01.2003, BT-Drs. 15 / 361; Entwurf eines Gesetzes zum verbesserten Schutz der Privatsphäre v. 11.03.2003, BT-Drs. 15 / 533. 8  Entwurf eines Gesetzes zum verbesserten Schutz der Intimsphäre, Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg v. 11.03.2003, BR-Drs. 164 / 03. 9  BT-Drs. 15 / 1891. 10  BT-Drs. 15 / 2466. 11  BT-Drs. 15 / 2995, S. 4 und S. 6; vgl. hierzu auch Kunze, Das Merkmal „unbefugt“ in den Strafnormen des Besonderen Teils, S. 124 f. 12  BT-Plenarprotokoll, 105. Sitzung, Top 6, S. 9533  ff. und Top 17, S. 9570 f. v. 29.04.2004; Weberling, in: Ricker / Weberling, Hdb. Presserecht, Kap. 54 Rn. 24b.

140

2. Kap.: Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F.

(3) Wer befugt hergestellte Bildaufnahmen von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblicke besonders geschützten Raum befindet, wissentlich unbefugt einem Dritten zugänglich macht und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (4) Die Bildträger sowie Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.

Nicht nur in Presse und Rundfunk erregte § 201a StGB a. F. erhebliches Aufsehen.13 Bereits während der Beratung der Gesetzesentwürfe waren Stimmen laut geworden, die neben verfassungsrechtlichen und kriminalpolitischen Bedenken die geplante Regelung grundsätzlich in Frage stellten.14 In den rund zehn Jahren seit der Einführung des § 201a ins StGB führten diese anfänglichen Bedenken nicht nur zu einer vertieften Diskussion der Problematik, sondern auch zu einer wahren Flut an kritischen Publikationen, welche die zweifelsohne bestehenden Schwachstellen des § 201a StGB a. F. offen zu Tage treten ließen.15 Um die seit 2015 geltende Neuregelung des § 201a StGB einordnen und bewerten zu können, erscheint es daher zunächst geboten, diese Schwächen aufzuzeigen und kritisch zu beleuchten.

B. Tatbestandliche Voraussetzungen § 201a Abs. 1 StGB a. F.16 sah vor, dass mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werde, wer von einer in einer Wohnung oder einem gegen Einblicke besonders geschützten Raum befindlichen Person unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt. Abs. 2 weitete die Strafbarkeit zusätzlich auf die Tathandlungen des Gebrauchens und Zugänglichmachens aus. In 13  Zur Kritik der Medienvertreter an der „Kriminalisierung des Journalismus“ vgl. Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (424 f.); zu den Stellungnahmen der „Medienverbände“ vgl. Kraenz, Schutz des Persönlichkeitsrechts, S. 288 ff. 14  Pollähne, KritV 2003, S. 387 (418). 15  Vgl. nur Kühl, AfP 2004, S.  190  ff.; ders., in: Symposium Schünemann, S.  211 ff.; ders., in: Geistiges Eigentum, S. 115 ff.; Eisele, JR 2005, S. 6 ff.; Pollähne, KritV 2003, 387 ff.; Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 ff.; Hesse, ZUM 2005, 433 ff.; Hoppe, GRUR 2004, S. 990 ff.; Bosch, JZ 2005, 377 ff.; Koch, GA 2005, 589 ff.; Wolter, in: Symposium Schünemann, S. 225 ff.; Heuchemer / Paul, JA 2006, S. 616 ff.; Borgmann, NJW 2004, S. 2133 ff.; Obert / Gottschalck, ZUM 2005, S. 436 ff.; Flechsig, ZUM 2004, S. 605 ff.; Sauren, ZUM 2005, S. 425 ff.; Tillmanns / Führ, ZUM 2005, 441 ff.; S. Vogel, ZUM 2005, S. 449 ff.; Murmann, in: FS Maiwald, S. 585 ff.; Ernst, NJW 2004, S. 1277 ff.; Schertz, AfP 2005, S. 421 ff.; Zöller, in: FS Wolter, S.  679 ff. 16  In der Neufassung wortgleich in § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB übernommen.



B. Tatbestandliche Voraussetzungen141

Abs. 3 wurde schließlich noch das einem Dritten wissentlich unbefugte Zugänglichmachen einer befugt hergestellten Bildaufnahme pönalisiert, sofern dadurch der höchstpersönliche Lebensbereich verletzt wurde.

I. Räumliche Beschränkung Die tatbestandliche Fassung des § 201a StGB a. F. sah in Abs. 1 eine Beschränkung der Strafbarkeit unbefugter Bildaufnahmen auf Wohnungen sowie anderer gegen Einblicke besonders geschützter Räume vor. Hintergrund dieser räumlichen Begrenzung war der schon im Rahmen der Diskussion um den Privatsphärenschutz formulierte Gedanke, dass dem Einzelnen gegenüber der Gesellschaft ein persönlicher Rückzugsbereich verbleiben müsse17 und überdies auf diesem Weg ein direkter Bezug zum geschützten Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs hergestellt werden könne.18 Die räumliche Begrenzung, so die damalige Auffassung des Gesetzgebers, trage zudem dem Übermaßverbot staatlichen Strafens, d. h. dem ultima ratio Prinzip des Strafrechts sowie dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot Rechnung. Außerhalb der geschützten Räumlichkeiten, so die viktimodogmatische Argumentation,19 habe es der Einzelne selbst in der Hand, durch sein Verhalten Vorkehrungen zum Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen zu treffen.20 Die Beschreibung eines unter rechtlichen Gesichtspunkten schutzwürdigen Bereichs im Wege der räumlichen Begrenzung ist freilich ein Motiv, das sich auch an anderer Stelle des Persönlichkeitsschutzes wiederfinden lässt. So wurde etwa die Frage, wie und unter welchen Umständen die persönliche Privatsphäre vor unerwünschter Aufmerksamkeit geschützt werden kann, im 17  Vgl. die Begründung in BT-Drs. 15 / 1891, S. 6; zum Schutz der Privatsphäre vgl. bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. b). 18  Kühl, AfP 2004, 190 (194); Weberling, in: Ricker / Weberling, Hdb. Presserecht, Kap. 54 Rn. 24c. 19  Zur Viktimodogmatik vgl. Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (54 ff.); ders., in: LK11-StGB, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 7; ders., NStZ 1986, 439 ff.; ders, in: Mediating Principles, S. 18 (30 ff.); ders., in: FS Faller, S. 357 ff.; ders., in: Strafrechtssystem und Betrug, S. 51 (65 ff.); Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter, S. 101 ff.; Hörnle, in: Mediating Principles, S. 36 (38 f.); Kühl, in: FS Tiedemann, S. 29 (45) führt hierzu aus: „Kann sich das Opfer ausreichend selbst gegen an sich strafwürdige Angriffe schützen, so ist sein Schutz durch das Strafrecht nicht erforderlich; das Strafrecht tritt gegenüber dem Selbstschutz aus Gründen der Subsidiarität zurück. Man spricht hinsichtlich dieses Selbstschutzes auch vom ‚viktimodogmatischen Prinzip‘ “. 20  BT-Drs. 15 / 1891, S. 6; Mitsch, Medienstrafrecht, § 3 Rn. 101 weist jedoch zutreffend darauf hin, dass gerade der technische Fortschritt „die Durchbrechung und Überwindung natürlicher Blickschutzbarrieren“ ermögliche, wodurch der „Selbstschutz des Angegriffenen überfordert“ werde.

142

2. Kap.: Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F.

Verfassungsrecht lange von der Diskussion um das Merkmal der räumlichen Abgeschiedenheit beherrscht.21 Auch das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht umschreibt letztlich mit dem Schutz der personalen Eigensphäre ein räumliches Kriterium.22 Für das Strafrecht hingegen ist, vor allem aus historischem Blickwinkel betrachtet, eine räumliche Begrenzung der Strafbarkeit keineswegs selbstverständlich. So sah etwa der Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches in § 146 eine Pönalisierung unbefugten Abhörens und Abbildens noch unabhängig vom Aufenthaltsort des Opfers vor und erfasste insofern auch das rücksichtslose Fotografieren in der Öffentlichkeit.23 Auch zwei der oben bereits erwähnten Gesetzesentwürfe zu § 201a StGB a. F. hatten noch auf ein derart einschränkendes Kriterium verzichtet.24 Für eine Wiederholung des allgemeinen persönlichkeitsrechtlichen Motivs, den rechtlich geschützten Bereich durch ein räumliches Kriterium einzuschränken, sprach hier jedoch die Überlegung, dass durch die räumliche Begrenzung der Strafbarkeit ein objektives Tatbestandsmerkmal geschaffen wurde, anhand dessen sich sozialadäquate Bildaufnahmen zweifelsfrei von strafwürdigem Unrecht unterscheiden ließen.25 Die räumliche Umschreibung des strafrechtlich geschützten Bereichs kann daher auch als „Auslegungshilfe“ verstanden werden.26 Gegen die konkrete Umsetzung im Rahmen des § 201a StGB a. F. bestanden jedoch teils erhebliche Bedenken, welche sich sowohl gegen das Tatbestandsmerkmal der Wohnung als auch gegen das des sonst gegen Einblicke geschützten Raums richteten. 1. Wohnung Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte § 201a Abs. 1 StGB a. F. nur den „letzten Rückzugsbereich“ des Einzelnen erfassen, weshalb der Begriff der Wohnung im Sinne von § 201a StGB a. F. eng auszulegen war.27 Nach Auffassung des Gesetzgebers sollte der Wohnungsbegriff „eigene und fremde 21  Vgl.

hierzu oben Kapitel 1 A. II. 2. b) bb). hierzu oben Kapitel 1 B. II. 2. a) bb). 23  AE-StGB, BT II, S. 33; zu dem ebenfalls im Rahmen des AE-StGB in Angriff genommenen Versuch der Schaffung eines allgemeinen Indiskretionsdelikts vgl. oben Kapitel 1 C. II. 1. a) bb). 24  Teilweise wurde stattdessen zum Ausschluss sozialüblicher Aufnahmen eine Verwerflichkeitsklausel ähnlich § 240 Abs. 2 StGB vorgeschlagen, vgl. Franke, Prot. Nr. 27, Anhörung des BT-Rechtsausschusses v. 24.09.2003, S. 57 f. 25  Kühl, AfP 2004, 190 (194); Eisele, JR 2005, 6 (8); Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 14; zum Begriff der Sozialadäquanz im Strafrecht vgl. Altermann, in: FS Eisenberg, S.  233 ff.; Roxin, in: FS Klug, Bd. II, S. 303 ff. 26  So etwa Bosch, JZ 2005, 377 (379); ders., in: SSW-StGB, § 201a Rn. 6. 27  BT-Drs. 15 / 2466, S. 5. 22  Siehe



B. Tatbestandliche Voraussetzungen143

Wohnungen einschließlich Gäste- oder Hotelzimmer“ erfassen,28 nicht jedoch Geschäfts- oder Diensträume, da diese zumindest einer beschränkten Öffentlichkeit zugänglich seien.29 Ob auf die für die Auslegung des Wohnungsbegriffs in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB bzw. § 123 StGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden konnte, war umstritten. Teilweise wurde ein Rückgriff auf den (weiteren) Wohnungsbegriff des § 123 StGB für zulässig erachtet, da angesichts des Schutzzwecks des § 201a Abs. 1 StGB a. F. eine restriktive Auslegung nicht erforderlich sei.30 Dies hatte zur Folge, dass auch Nebenräume der Wohnung wie Flur, Dachboden oder Keller, in den Schutzbereich einbezogen waren, sofern diese mit dem Wohnraum verbunden sind. Nicht erfasst wurden jedoch allgemein zugängliche Gemeinschaftsräume.31 Die Gegenauffassung hingegen wollte auf den engen Wohnungsbegriff des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB zurückgreifen und ausschließlich solche Räumlichkeiten als geschützt betrachten, die den Mittelpunkt des privaten Lebens bildeten.32 Begründet wurde diese vorzugswürdige Auffassung damit, dass die Verletzung einer höchstpersönlichen Sphäre durch das unbefugte Aufnehmen eines Bildes eine „Missachtung der zugunsten der privaten Lebensgestaltung strengsten räumlich-formellen Schranken“ darstelle.33 Kühl hat daher zu Recht betont, dass ein enges Verständnis des Wohnungsbegriffs auch mit Blick auf das Rechtsgut des § 201a StGB vorzugswürdig sei.34 Hinzu kommt, dass sich der Schutz sog. Nebenräume jedenfalls aus der Alternative des „sonst gegen Einblicke geschützten Raums“ ergeben konnte, sodass insofern jedenfalls keine Schutzlücken entstanden. Die Wohnung als solche genießt absoluten Schutz, sodass es insofern keiner weiteren Sichtschutzmaßnahmen bedarf.35 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass für die Verwirk­ 28  BT-Drs.

15 / 1891, S. 7; BT-Drs. 15 / 2466, S. 5. StR BT I, § 29 VI Rn. 86; Eisele, in: Rotsch, Hdb. Criminal Compliance, § 23 Rn. 58; Koch, GA 2005, 589 (600); Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 15. 30  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 6; Koch, GA 2005, 589 (599); Fischer, StGB, § 201a Rn. 7; Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 7. 31  Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 21. 32  Vgl. Kühl, AfP 2004, 190 (194), Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (617 f.); Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 29 VI Rn. 86; Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 545b; ebenso Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 15, der sich jedoch für eine von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB und § 123 StGB unabhängige Auslegung des Wohnungsbegriffs aussprach. 33  Wolter, in: Symposium Schünemann, S. 225 (229 f.). 34  Kühl, AfP 2004, 190 (191). 35  Eisele, JR 2005, 6 (8); Koch, GA 2005, 589 (599); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 6; Kargl, in NK4-StGB, § 201a Rn. 4 spricht davon, dass die „bauliche Abgegrenztheit, nicht jedoch der Sichtschutz der Räumlichkeit“ entscheidend sei. 29  Maurach / Schroeder / Maiwald,

144

2. Kap.: Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F.

lichung des Tatbestandes stets das Erfolgserfordernis der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs hinzutreten muss.36 Aufnahmen, die eine Person lediglich bei alltäglichen Handlungen innerhalb einer Wohnung zeigen, sollten daher nicht unter § 201a Abs. 1 StGB a. F. fallen.37 Im Kern war man sich somit zwar einig, dass § 201a StGB a. F. im Hinblick auf das ultima ratio Prinzip und das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot bereits auf tatbestandlicher Ebene eine Beschränkung erfahren müsse, bezüglich der konkreten Ausgestaltung dieser Begrenzung des Tatbestands gingen die Ansichten hingegen weit auseinander. So wurde etwa alsbald die Frage aufgeworfen, ob infolge der tatbestandlichen Begrenzung durch ein räum­ liches Kriterium überhaupt noch ein hinreichender Anwendungsbereich für die Norm verbleibe oder ob es sich insofern nicht bereits um rein symbolisches Strafrecht handele.38 Bemängelt wurde zudem, dass alle Vorgänge, die sich außerhalb eines persönlichen Rückzugsbereichs abspielen, straffrei abgebildet werden dürfen, was insbesondere bei fehlenden Selbstschutzmöglichkeiten des Opfers problematisch sein könne.39 Der Einwand, dass der Einzelne in der Öffentlichkeit damit rechnen müsse, durch Bildaufnahmen abgebildet zu werden, versage hier, da solche unbefugten Abbildungen schwerwiegende Eingriffe in den höchstpersönlichen Lebensbereich darstellen könnten,40 zumal es beim Persönlichkeitsschutz nicht nur um die Verletzung äußerer, sondern auch um die Wahrung ideeller Grenzen gehe.41 Kriti36  So auch Kühl, AfP 2004, 190 (196); ebenso Mitsch, in: FS Schwind, S. 603 (608). 37  Koch, GA 2005, 589 (598); Hoppe, GRUR 2004, 990 (993) bezeichnet derartige Handlungen als „neutrale[s] Verhalten“. 38  So bereits Pollähne, KritV 2003, 387 (408); ebenso Kühl, AfP 2004, 190 (194), der zu Recht die Auffassung vertritt, dass der Einzelne in einer offenen Gesellschaft seine Persönlichkeit auch mit in die Öffentlichkeit tragen dürfe und auch dort vor Kamera-Voyeuren geschützt sein müsse; Mitsch, Jura 2006, 117 (120); Schertz, AfP 2005, 421 (428); zum Begriff des symbolischen Strafrechts vgl. Hassemer, Strafen im Rechtsstaat, S.  170 ff.; ders., in: FS Roxin, 2001, S. 1001 ff.; ders., NStZ 1989, 553 ff.; Voß, Symbolische Gesetzgebung; Prittwitz, Strafrecht und Risiko, S. 237 ff.; Hefendehl, Kollektive Rechtsgüter, S. 179 ff.; F. C. Schroeder, in: FS Hassemer, S. 617 ff.; Radtke, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 38 ff. Rn. 6; zur Problematik des strafrechtlichen Schutzes von Moralvorstellungen vgl. Kaspar, Präventionsstrafrecht, S. 436 f. 39  Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2 nennt als Beispiele das schwer verletzte Unfall­ opfer am Straßenrand sowie die trauernden Eltern am Grab ihres Kindes; ausf. hierzu unter Kapitel 3 A. IV. 4. 40  Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2; ders., AfP 2004, 190 (193 f.); Mitsch, Jura 2006, 117 (118 f.); Bosch, SSW-StGB, § 201a Rn. 6; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 14; a. A. Eisele, JR 2005, 6 (8), der auf viktimodogmatische Grundsätze sowie eine systematische Zusammenschau mit §§ 201 ff. StGB verweist. 41  Kühl, AfP 2004, 190 (194); vgl. dazu auch bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. b) bb).



B. Tatbestandliche Voraussetzungen145

siert wurde außerdem, dass vor allem der Ausschluss von Alltagshandlungen zu Ungereimtheiten führe. So bleibe etwa der Täter, der eine Kamera in einer fremden Wohnung verstecke, so lange nach § 201a Abs. 1 StGB a. F. straflos, bis der Bewohner durch sein Verhalten Einblicke in seinen höchstpersön­ lichen Lebensbereich gewährte.42 Unabhängig von der Diskussion um den engen oder weiten Wohnungsbegriff sei es bei einer rein funktionalen Betrachtung zudem nicht schlüssig, weshalb gemeinschaftlich genutzte Teile eines Hauses wie Treppenhaus, Hausflur oder Tiefgarage nicht in den Schutzbereich einbezogen seien.43 2. Sonst gegen Einblicke geschützte Räume Der Schutzbereich des § 201a Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F.44 erfasste neben der Wohnung alternativ auch sonst gegen Einblicke besonders geschützte Räume. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollten damit neben Toiletten, Umkleidekabinen und ärztlichen Behandlungszimmern auch sichtgeschützte Gartenbereiche erfasst werden.45 Bei der Schaffung des § 201a Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F. hatte sich der Gesetzgeber von der Vorstellung leiten lassen, dass diese Räumlichkeiten in aller Regel schon aufgrund ihrer Zweckbestimmung einen Bezug zur Intimsphäre aufweisen können.46 Die gegen Einblicke geschützten Räumlichkeiten mussten dabei jedoch nicht zum Schutz vor unbefugtem Zutritt umschlossen sein, sodass bereits die Errichtung eines Sichtschutzes ausreichend war.47 Freilich spricht allein das Vorhandensein eines Sichtschutzes 42  Koch,

GA 2005, 589 (598). MLR 2008, 36 (39) weist zudem darauf hin, dass dadurch der Schutz beim Wohnungsäquivalent des Hotelzimmers erheblich eingeschränkt werde. Zu berücksichtigen ist jedoch auch hier, dass diese Gebäudeteile unter § 201a Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F. fallen konnten. 44  Nunmehr wortgleich mit § 201a Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StGB. 45  BT-Drs. 15 / 2466, S. 5; Dienst- und Geschäftsräume wurden hingegen aus denselben Gründen wie auch beim Wohnungsbegriff nicht erfasst; dies hatte freilich zur Folge, dass z. B. Saunabereiche, die jedermann mit einer Eintrittskarte zugänglich sind, nicht dem Schutzbereich des § 201a Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F. unterfielen, vgl. OLG Koblenz, NStZ 2009, 268 (269) mit krit. Bespr. Bosch, JA 2009, 308 (309); krit. zu dieser Problematik auch Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 7. 46  Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 8; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 7. 47  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 7; Eisele, StR BT I, Rn. 708; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 24; Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 8; Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 5; Flechsig, ZUM 2004, 605 (610); ein sichtgeschützter Raum i. S. v. § 201a Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F. konnte somit definiert werden als Raumgebilde, das primär dem Schutz vor unbefugten Einblicken diente, vgl. Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 17; ähnlich Esser, JA 2010, 323 (325); Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (618) weisen jedoch darauf hin, dass es widersprüchlich sei, 43  Safferling,

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2. Kap.: Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F.

noch nicht dafür, dass die konkret abgebildete Situation auch tatsächlich schutzbedürftig ist.48 Besondere Schwierigkeiten bereitete daher etwa das vom Gesetzgeber explizit angeführte Beispiel des sichtgeschützten Gartenbereichs.49 Hier konnte die Schutzwürdigkeit möglicherweise noch bejaht werden, wenn der Garten im Einzelfall durch eine hohe Hecke o. ä. gegen unerwünschte Einblicke abgeschirmt wurde.50 Auslegungsschwierigkeiten ergaben sich aber spätestens dann, wenn beispielsweise eine laubabwerfende Hecke im Winter nicht mehr blickdicht war.51 Zudem wurde rasch die Frage laut, ob eine Person, die sich in einem sichtgeschützten Raum befand, absolut oder nur bei Verrichten einer konkret persönlichkeitsrelevanten Tätigkeit geschützt sei.52 Dass die tatbestandliche Begrenzung des § 201a Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F. durch das dem StGB bislang unbekannte Merkmal des sichtgeschützten Raumes daher als zu unbestimmt in die Kritik geraten ist,53 überrascht indes nicht. Während für die Wohnung als höchstpersönlicher Rückzugsbereich allgemein anerkannt ist, dass diese ausgehend von Art. 13 Abs. 1 GG innerhalb der Rechtsordnung einen besonderen Schutz erfährt,54 so vermag dies für einen lediglich sichtgeschützten Raum selbst dann nicht in gleichem Maße zu gelten, wenn dieser im Einzelfall als persönlicher Rückzugsbereich dient. Mit der Ausweitung des strafrechtlichen Schutzes vor unbefugten Bildaufnahmen über die Wohnung hinaus auch auf sonst gegen Einblicke geschützte Räume verließ der Gesetzgeber dieses „bekannte Terrain“. Der sonst gegen Einblicke einerseits die Notwendigkeit eines Schutzes vor unbefugtem Zugang zu verneinen, andererseits aber eine Räumlichkeit dann nicht mehr als geschützt zu betrachten, wenn diese zumindest teilweise der Öffentlichkeit zugänglich sei; aus diesem Grund sei es erforderlich, dass die Bildaufnahme zumindest einen „erheblichen sozialen Tabubruch“ darstelle. 48  Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 8; ders., JZ 2005, 377 (379). 49  Hier war selbst bei vorhandenem Sichtschutz fraglich, ob es sich bei einem Garten überhaupt um einen Raum im Sinne des § 201a Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F. handeln konnte, vgl. Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 7; Joecks, StGB, § 201a Rn. 4; vgl. aber BT-Drs. 15 / 2466, S. 5. 50  Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 5; B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (418). 51  Beispiel aus Obert / Gottschalck, ZUM 2005, 436 (437), die zu Recht kritisieren, dass die strafrechtliche Relevanz eines Verhaltens nicht von der Jahreszeit abhängen dürfe. 52  Krit. dazu auch Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 24. 53  Vgl. Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 17; Flechsig, ZUM 2004, 605 (610); Borgmann, NJW 2004, 2133 (2134); Bosch, JZ 2005, 377 (379); Kläver, JR 2006, 229 (230); Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 105. 54  Vgl. dazu etwa Ahrens, in: FS Würzburger Juristenfakultät, S. 599 (604 ff.); Diggelmann, VVDStRL 70 (2011), S. 50 (63) weist zu Recht darauf hin, dass diese „Heiligkeit des Hauses“ insofern universell ist, als sie in zahlreichen Rechtsordnungen besonderen Schutz erfährt; zum verfassungsrechtlich abgesicherten Schutz des persönlichen Rückzugsbereichs vgl. bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. b).



B. Tatbestandliche Voraussetzungen147

geschützte Raum liegt – bildlich gesprochen – in einem Bereich zwischen der allgemein anerkannten Privatsphäre des Einzelnen innerhalb der eigenen Vier Wände und der allgemein vorausgesetzten, außerhalb des Privatbereichs liegenden Öffentlichkeitssphäre. Die räumliche Grenze dessen, was der Gesetzgeber als schutzwürdige Privatsphäre definiert, hat sich damit weiter nach außen verlagert, denn sie endet nunmehr nicht mehr an der Schwelle der eigenen Haustür, sondern – freilich in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls – unter Umständen erst an der Grundstücksgrenze.55 Diese Ausdehnung des räumlich umschriebenen Schutzbereichs war jedoch keine isolierte Entwicklung, sondern fand ihre zeitliche und inhaltliche Entsprechung in der hauptsächlich im Verfassungsrecht geführten Diskussion um die Frage, ob und wie die Privatsphäre des Einzelnen in der Öffentlichkeit zu schützen ist.56 Nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts ist dem Betroffenen jedenfalls immer dann Schutz zu gewähren, wenn dieser in der Situation begründetermaßen und für Dritte erkennbar davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein.57 Die damit umschriebene örtliche Abgeschiedenheit ist letztlich mit den Wertungen des Schutzes sonst gegen Einblicke geschützter Räume im Wesentlichen deckungsgleich. Da die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Eindringen in einen von außen als solchen erkennbaren Rückzugsraum strafwürdiges Unrecht darstellte, musste sich der Schutzbereich über die in den Gesetzesmaterialien genannten Anwendungsfälle hinaus auch auf nur vorübergehende, für den Einzelfall errichtete sichtgeschützte Räume erstrecken.58 § 201a Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F. gewährte damit einen absoluten Schutz sichtgeschützter Räume.59 55  Bei genauerer Betrachtung zeigt sich freilich, dass der Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen der Vertraulichkeit des gesprochenen und geschrieben Wortes hier insofern „hinterherhinkt“, als eine „Verlängerung der physischen Rückzugszone“ durch den Schutz vertraulicher Kommunikation bereits seit langem anerkannt ist, vgl. dazu Diggelmann, VVDStRL 70 (2011), S. 50 (63 f.); diese Divergenz setzt sich im einfachen Recht fort, wo die Vertraulichkeit des Wortes in § 201 StGB bereits vor dem Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen in § 201a StGB in Gesetzesform gegossen war. 56  Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. b); Steffen, in: Löffler, Presserecht, § 6 LPG Rn. 68 weist allerdings darauf hin, dass der durch das Verfassungsrecht geschützte Bereich indes weiter sei als der Schutzbereich des § 201a Abs. 1 Alt. 2 StGB a. F. es war. 57  Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. b) bb). 58  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 7 nennt als Beispiel Büroräume; ebenso Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 24; Obert / Gottschalck, ZUM 2005, 436 (437) führen beispielsweise Rückzugsbereiche einer Hotelbar, Flur und Besucherzimmer in Krankenhäusern oder Pkw mit abgedunkelten Scheiben an. 59  Wobei auch hier für die Verwirklichung des Tatbestandes das Erfolgserfordernis der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs hinzutreten muss; ähnlich

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2. Kap.: Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F.

II. Tathandlungen § 201a StGB a. F. umfasste in Abs. 1 das unbefugte Herstellen und Übertragen sowie in Abs. 2 das Gebrauchen bzw. das einem Dritten Zugänglichmachen einer den höchstpersönlichen Lebensbereich verletzenden Bildaufnahme. In Abs. 3 wurde zudem das einem Dritten wissentlich unbefugte Zugänglichmachen einer befugt hergestellten Bildaufnahme unter Strafe gestellt. 1. Herstellen bzw. Übertragen Das Herstellen einer Bildaufnahme erfasste alle Handlungen, mit denen das Bild auf einem Bild- oder Datenträger abgespeichert wird.60 Entsprechend dem Ziel, den Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen dem Schutz vor unbefugten Tonaufnahmen gleichzustellen, entsprach das Herstellen der Bildaufnahme in § 201a Abs. 1 StGB a. F. dem Merkmal des Aufnehmens in § 201 StGB.61 Wegen der (abstrakten) Gefahr der beliebigen Reproduzierbarkeit sollte damit das strafwürdige Unrecht des dauerhaften Festhaltens des momentanen äußeren Erscheinungsbildes einer Person erfasst werden.62 Da die persönliche Freiheit bezüglich des Umgangs mit dem eigenen Erscheinungsbild beim bloßen Beobachten ohne Bildaufnahmegerät nicht betroffen sei und damit keine vergleichbare Gefährlichkeit bestehe, sondern nur „Gebote des Anstands“63 verletzt würden, war der sog. „freche Blick“ nicht erfasst.64 Dies hatte zudem den Vorteil, dass eine Vorverlagerung der Strafbarkeit ins Vorfeld des Fotografierens vermieden wurde.65 Die Verkürzung des strafrechtlichen Schutzes auf perpetuierende Bildaufnahmen wurde in der Literatur teils vehement kritisiert. Bereits das normaKargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 5, der allein auf die „Tauglichkeit zur Abwehr des optischen Lauschangriffs“ abstellt. 60  BT-Drs. 15 / 2466, S. 5; Grantz, in: Schutz privater Rechte, S. 146 (153). 61  Lackner / Kühl, § 201a Rn. 4; Lenckner / Eisele, in Schönke / Schröder, § 201a Rn. 9; vgl. hierzu auch Kühl / Reichold / Ronellenfitsch, Rechtswissenschaft, § 32 Rn. 83. 62  Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 14; Kühl, AfP 2004, 190 (194); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 4; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 9. 63  So BT-Drs. 15 / 1891, S. 6 unter Berufung auf Arzt, Intimsphäre, S. 65. 64  Vgl. Kühl, in: Symposium Schünemann, S. 211 (219); ders., in: FS Schöch, S. 419 (434); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 4; Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 6; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 26; Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 14; vgl. hierzu auch Mitsch, Medienstrafrecht, § 3 Rn. 101; B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (419) weist zusätzlich darauf hin, dass „das sog. ‚Spannen‘ […] aber von dem ebenfalls neu ins StGB eingestellten ‚Stalking‘-Tatbestand des § 238 StGB erfasst sein kann“. 65  Eisele, JR 2005, 6 (9).



B. Tatbestandliche Voraussetzungen149

tive Ziel des Schutzes des höchstpersönlichen Lebensbereichs sei fraglich, denn angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten lägen bloßes Beobachten und bildliches Festhalten des Geschehens eng beisammen.66 Diese Entscheidung des Gesetzgebers sei zwar nachvollziehbar, wenn man als Rechtsgut auf das „Recht am eigenen Bild“ abstelle, § 201a StGB a. F. diene jedoch ausdrücklich einem umfassenden Persönlichkeitsschutz, sodass reines Beobachten ebenso rechtsgutsgefährdend sei wie die perpetuierende Bildaufnahme selbst.67 Schließlich sei auch nicht nachvollziehbar, dass das Beobachten nach § 201a Abs. 1 StGB a. F. selbst dann straflos blieb, wenn dabei Ferngläser, Nachtsichtgeräte o.  ä. technische Gerätschaften Verwendung fänden,68 obwohl § 201 Abs. 2 Nr. 1 StGB bereits das Belauschen mittels technischer Hilfsmittel pönalisierte. Die Straflosigkeit des bloßen Beobachtens lasse offen zu Tage treten, dass der Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen durch § 201a StGB a. F. deutlich hinter dem Schutz vor unbefugten Tonaufnahmen in § 201 StGB zurückblieb.69 Das Merkmal des Übertragens einer Bildaufnahme erfasste sog. Echtzeitübertragungen mittels Web- oder Spycams, ohne dass es dabei zu einer dauerhaften Speicherung des Bildmaterials kommen musste.70 Anders als beim Herstellen durfte es beim Übertragen einer Bildaufnahme also höchstens zu einer Zwischenspeicherung kommen.71 Bemerkenswert hieran ist, dass durch das Merkmal des Übertragens einer Bildaufnahme somit zwar das „Beobachten durch Videoübertragung“72 pönalisiert, das „Beobachten durch ein Fernglas“ hingegen straffrei gestellt wurde,73 obwohl die kriminelle Energie des Täters in beiden Fällen vergleichbar hoch sein dürfte.

66  Flechsig,

ZUM 2004, 605 (607); Safferling, MLR 2008, 36 (40. MLR 2008, 36 (40. 68  Dazu jedoch wiederum krit. Kühl, AfP 2004, 190 (194 f.). 69  Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (617); krit. Bosch, JZ 2005, 377 (380), der zu bedenken gibt, dass Angriffe auf die Persönlichkeitssphäre mittels sozialadäquater Mittel wie Teleobjektiven, Handykameras etc. kaum mit Angriffen mittels „Richtmikrofonen und ähnlichen Abhörgeräten“ gleichgesetzt werden können. 70  BT-Drs. 15 / 2455, S. 5; Lackner / Kühl, § 201a Rn. 5; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 9; Hoppe, GRUR 2004, 991 (992); Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (617); krit. Flechsig, ZUM 2004, 605 (611). 71  Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 20; Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (617); Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 9. 72  Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 6a. 73  Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 28 fordert daher zusätzlich eine zumindest „abstrakte Gefahr […], dass die übertragene Aufnahme auch von anderen Personen wahrgenommen werden kann“; Enders, in: HGR IV, § 89 Rn. 49 weist jedoch darauf hin, dass das schlichte Beobachten als solches nach Maßgabe der allgemeinen Rechtsordnung grundsätzlich gestattet sei. 67  Safferling,

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2. Kap.: Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F.

2. Gebrauchen bzw. Zugänglichmachen Wie sich aus dem Verweis auf „eine durch eine Tat nach Abs. 1 hergestellte Bildaufnahme“ ergibt, bezog sich § 201a Abs. 2 a. F. nur auf unbefugte Bildaufnahmen.74 Ein Gebrauchen der unbefugt hergestellten Bildaufnahme lag somit immer dann vor, wenn diese durch Sichtbarmachen bzw. andere Verwertungshandlungen wie Speichern, Archivieren, Kopieren, etc. genutzt wird.75 Zugänglichmachen war das Ermöglichen des Zugriffs auf die unbefugt hergestellte Bildaufnahme, wobei jedoch eine unkörperliche Weitergabe, etwa als Datei im Internet, genügte.76 Damit konnte jegliches Betrachten von unbefugt hergestelltem Bildmaterial unter § 201a Abs. 2 StGB a. F. fallen, denn der Gesetzgeber habe, so die Kritik, das aus § 201 Abs. 1 Nr. 2 StGB bekannte Merkmal übernommen, ohne dabei zu bedenken, dass eine Bildaufnahme schon durch bloßes Betrachten gebraucht werden könne.77 Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass beispielsweise allein das Betrachten einer unbefugt hergestellten Bildaufnahme in einer Boulevardzeitschrift oder im Internet pönalisiert würde.78 Um die damit zweifelsohne vorprogrammierten Wertungswidersprüche zu vermeiden und der unterschiedlichen Angriffsrichtungen bei unbefugten Bildaufnahmen bzw. unbefugten Tonaufnahmen Rechnung zu tragen, wurde eine teleologische Reduktion des § 201a Abs. 2 StGB a. F. für solche Fälle vorgeschlagen, in denen sich ein Dritter die Bildaufnahme selbst verschafft hatte.79 Denn wenn für § 201a Abs. 1 StGB a. F. anerkannt sei, dass der sog. „freche Blick“ in Hinblick auf das ultima-ratio Prinzip als bloße Moralwidrigkeit nicht pönalisiert werden solle, sei es nicht zu rechtfertigen, warum das bloße Betrachten durch einen Dritten strafwürdiges Unrecht darstelle.80

Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 14. 15 / 2466, S. 5; Lackner / Kühl, § 201a Rn. 6; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 30; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 15; Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 17; Weberling, in: Ricker / Weberling, Hdb. Presserecht, Kap. 54 Rn. 24c; Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 106. 76  BT-Drs. 15 / 2466, S. 5; Lackner / Kühl, § 201a Rn. 7; Lackner / Eisele, in: Schön­ke / Schröder, § 201a Rn. 15a; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 25. 77  Hoppe, GRUR 2004, 990 (992); Sauren, ZUM 2005, 425 (429); a. A. Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 15; Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 28; Koch, GA 2005, 589 (601). 78  Koch, GA 2005, 589 (601); ähnlich Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (619). 79  Denn dann habe dieser, so die Argumentation von Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 17 „in seiner Person eine eigenständige, dem Tatbestand typische Gefährdungslage der unkontrollierten Verbreitung des Bildes hervorgerufen“; ders., JZ 2005, 377 (380); ebenso Zöller, FS Wolter, S. 679 (691 f.) und Krey / Hellmann / Heinrich, StR BT I, Rn. 606. 74  Vgl.

75  BT-Drs.



B. Tatbestandliche Voraussetzungen151

3. Zugänglichmachen einer befugt hergestellten Bildaufnahme Von allen Tathandlungen des § 201a StGB a. F. warf jedoch die in § 201a Abs. 3 StGB a. F. vorgesehene Tathandlung des Zugänglichmachens einer befugt hergestellten Bildaufnahme die meisten Probleme auf. Diese Konstellation lag vor, wenn der Abgebildete zwar der Bildaufnahme selbst, nicht aber dem Zugänglichmachen dieser Bildaufnahme an Dritte zugestimmt hatte.81 § 201a Abs. 3 StGB a. F. betraf somit nicht die „Vertiefung“82 der früheren Persönlichkeitsverletzung durch eine Verwertungshandlung, sondern die gegenwärtig durch das Zugänglichmachen der Bildaufnahme für einen Dritten begründete Persönlichkeitsverletzung.83 Der unbefugte Gebrauch einer befugt hergestellten Bildaufnahme zu eigenen Zwecken hingegen war nicht erfasst, da dieser, so die Auffassung des Gesetzgebers, bereits durch § 33 KUG hinreichend geschützt wurde.84 Da § 201a Abs. 3 StGB a. F. somit den Missbrauch persönlich entgegengebrachten Vertrauens pönalisierte, wurde rasch die Kritik laut, es handele sich um ein reines Indiskretionsdelikt.85 Hinter diesem Vorwurf verbarg sich die viktimodogmatische Überlegung, dass das Opfer durch seine Einwilligung in die Bildaufnahme seinen höchstpersönlichen Lebensbereich ohnehin preisgegeben habe und das unbefugte Zugänglichmachen daher zwar einen Vertrauensbruch darstellen könne, nicht aber eine Verletzung des Persönlichkeits-

80  Bosch, JZ 2005, 377 (380); Heuchemer / Paul, JA 2006 616 (619); Koch, GA 2005, 589 (601); Vogel, ZUM 2005, 449 (451); Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 15; Lackner / Kühl, § 201a Rn. 6; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 24; B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (420). 81  Kühl, AfP 2004, 190 (195) bezeichnet dies als „begrenztes Einverständnis“ und nennt als Beispiel die mit ihrem Einverständnis fotografierte Freundin, die „nach der Trennung von ihrem Freund dagegen ist, dass dieser das Foto seinen Kumpels zeigt“; ebenso Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 27, der unter Bezugnahme auf LG Kiel NJW 2007, 1002 als Beispiel eine „allein für den Lebenspartner angefertigte Nacktaufnahme, die dieser nach Ende der Beziehung in einem Internetforum veröffentlicht“ anführt; Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 107; § 201a Abs. 3 StGB a. F. sollte dabei, anders als § 201a Abs. 1 und Abs. 2 StGB a. F. auch Selbstaufnahmen des Abgebildeten erfassen, vgl. Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn.  18; a. A. Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 5. 82  Wörtlich Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 35. 83  Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 10. 84  BT-Drs. 15 / 2995, S. 6; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 34; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 18; Eisele, JR 2005, 6 (10) weist zudem darauf hin, dass sich der straflose Besitz einer Aufnahme nur schwer von deren Gebrauch abgrenzen lasse. 85  Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 10; Graf: MK-StGB, § 201a Rn. 35; zur generellen Problematik eines Indiskretionsdelikts vgl. Kapitel 3 B. I. 2. b).

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2. Kap.: Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F.

rechts begründe.86 Teilweise wurde daher sogar die Auffassung vertreten, dass der Aufnahmeinhalt für eine Verwirklichung des § 201a Abs. 3 StGB a. F. irrelevant sei.87 Insgesamt entfalte § 201a Abs. 3 StGB a. F. eine unter Privaten unangemessene Schutzrichtung, etwa wenn ein Ehemann Aufnahmen der stillenden Mutter im Wochenbett der Familie zeige.88 Auch die vertragswidrige Zweitverwertung professioneller Aktaufnahmen könne zu einer willkürlichen Pönalisierung führen, wenn diese in geschützten Räumlichkeiten angefertigt wurden.89 Vor allem aber habe es der Gesetzgeber versäumt, auf Ebene der Rechtfertigung ein „differenziertes Abwägungs­ gebot“ zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsschutz zu schaffen.90 § 201a Abs. 3 StGB a. F. sollte allerdings nur dann erfüllt sein, wenn der Täter wissentlich unbefugt handelte. Durch diese Formulierung wurde nicht nur die Vorsatzform des dolus eventualis ausgeschlossen und damit letztlich der Schutzbereich verkürzt, sondern auch das Merkmal „unbefugt“ dem Tatbestand zugeordnet.91 Bereits im Gesetzgebungsverfahren war vorhergesehen worden, dass diese Formulierung zu Problemen bei der Rechtsanwendung führen würde, da der Begriff „wissentlich“ ein Vorsatzelement, der Begriff „unbefugt“ hingegen ein Rechtfertigungselement sei.92 Hiergegen wurde wiederum eingewandt, dass es sich bei der Typisierung der Unbefugtheit als Tatbestandsmerkmal in § 201a Abs. 3 StGB a. F. nicht um einen „Bruch im 86  Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 27; Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 10; ders., ZStW 117 (2005), S. 324 (335); Sauren, ZUM 2005, 425 (429); dagegen wendet Eisele, JR 2005, 6 (10) jedoch zu Recht ein, dass es dem Opfer gestattet sein müsse, „über den Umfang der Preisgabe seiner Intimsphäre“ selbst zu bestimmen; Kühl, AfP 2004, 190 (195) stellt darauf ab, dass das Zugänglichmachen gegen den Willen des Abgebildeten immerhin einen Willen erfasse, der den persönlichen Lebensbereich betreffe; ebenso Lackner / Kühl, § 201a Rn. 8; diese Einwände sind deshalb berechtigt, weil das Persönlichkeitsrecht durchaus auch durch verletztes Vertrauen beeinträchtigt werden kann, vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 B. II. 2. a) bb); so im Ergebnis daher auch Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (620), die wegen der „unbefugten Erweiterung des Adressatenkreises der Bildaufnahme“ weiterhin das allgemeine Persönlichkeitsrecht als verletzt ansehen wollen. 87  Borgmann, NJW 2004, 2133 (2135). 88  Bosch, JZ 2005, 377 (381). 89  Koch, GA 2005, 589 (602); B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (420) weist zu Recht darauf hin, dass es „nicht Aufgabe des Strafrechts sein kann, bloße Vertragsverletzungen zu sanktionieren“. 90  Bosch, JZ 2005 377 (383); Weberling, in: Ricker / Weberling, Hdb. Presserecht, Kap. 54 Rn. 24c. 91  BT-Drs. 15 / 2995, S. 6; Kühl, in: FS Böttcher, S. 597 (609); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 8; Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (620); Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 28; Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 23; Heinker, AfP 2008, 573 (575); a. A. Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 36. 92  Vgl. BT-Drs. 15 / 2995, S. 6.



B. Tatbestandliche Voraussetzungen153

System“,93 sondern um ein notwendiges Tatbestandsmerkmal handele, da ansonsten kein strafwürdiges Unrecht, sondern lediglich sozialübliches Verhalten umschrieben werde.94

III. Taterfolg § 201a StGB a. F. setzte als tatbestandlichen Erfolg die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs voraus.95 Der Begriff des „höchstpersönlichen Lebensbereichs“ war dem Strafrecht bis zur Einführung des § 201a StGB im Jahr 2004 indes fremd.96 Während der Gesetzesentwurf der CDU / CSU-Fraktion97 auf einen umfangreichen Schutz abzielte und insofern bereits die Verletzung des persönlichen Lebensbereichs genügen ließ, beschränkte der Gegenentwurf der FDP-Fraktion98 den Schutzbereich auf die Intimsphäre. Durchsetzen konnte sich schließlich ein fraktionsübergreifender Entwurf,99 der auf den Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereichs des § 146 Abs. 2 Nr. 2 AE-StGB zurückgriff.100 Der höchstpersönliche Lebensbereich als „relativ offenes Rechtsgut“101 sollte nach Auffassung des Gesetzgebers dem in der Judikatur von Bundesverfassungsgericht und BGH bereits gefestigten Begriff der Intimsphäre entsprechen und damit enger als der aus § 68a Abs. 1 StPO und § 171b GVG bekannte „persönliche Lebensbereich“ aber Eisele, JR 2005, 6 (10). in: FS Böttcher, S. 597 (609); ders., AfP 2004, 190 (196); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 8. 95  Bei § 201a StGB a. F. handelte es sich somit um ein Verletzungsdelikt, vgl. Lackner / Kühl, § 201a Rn. 3; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 29; Kargl, in: NK4StGB, § 201a Rn. 11; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 10; a. A. Hoyer, ZIS 2006, 1 (4), der wegen der „Gefahr eines sozialen Geltungsschadens“ von einem abstrakten Gefährdungsdelikt ausgeht; ebenso Bosch, in: SSW-StGB § 201a Rn. 11; auch der fraktionsübergreifende Gesetzesentwurf ging wohl von einem Gefährdungsdelikt aus, vgl. BT-Drs. 15 / 2466, S. 4. 96  Vgl. Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (433); Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 30; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 38; Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 11; Borgmann, NJW 2004, 2133 (2134). 97  BT-Drs. 15 / 533, S. 3. 98  BT-Drs. 15 / 361, S. 3. 99  BT-Drs. 15 / 2466, S. 4. 100  Vgl. auch Koch, GA 2005, 589 (596); Eisele, JR 2005, 6 (9); ausführlich zu en verschiedenen Gesetzesentwürfen, die den höchstpersönlichen Lebensbereich als Tatbestandsmerkmal vorsahen Wolter, in: Symposium Schünemann, S. 225 (225 f.). 101  Kühl, AfP 2004, 190 (193); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 3. An der „Digniät dieses Rechtsguts als strafrechtliches Rechtsgut besteht bei einem solchen höchstpersönlichen Individualrechtsgut kein Zweifel“, vgl. Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (433). 93  So

94  Kühl,

154

2. Kap.: Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F.

sein.102 Inhaltlich sollte der höchstpersönliche Lebensbereich vor allem auf die Bereiche Sexualität, Krankheit und Tod zugeschnitten sein.103 Der strafrechtliche Schutz wurde dadurch auf den abwägungsfesten Bereich privater Lebensgestaltung beschränkt104 und erfasst, um es mit den Worten Kühls auszudrücken, gerade solche Lebensäußerungen, „mit denen man üblicherweise allein gelassen werden will und die andere nichts angehen“105. Darüber hinaus sollten ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien auch schutzwürdige Tatsachen aus dem Familienleben einbezogen werden.106 Ungewöhnlich war, dass § 201a StGB a. F. den höchstpersönlichen Lebensbereich nicht nur als Rechtsgut schützt, sondern durch die Formulierung „dadurch“ dessen Verletzung explizit als tatbestandlichen Erfolg voraussetzte.107 Bereits bei der Schaffung der Norm wurde die im fraktionsübergreifenden Entwurf erreichte Einigung auf den Begriff höchstpersönlicher Lebensbereich als „sinnentleerte Kompromissformel“108 kritisiert, bei der schon der Bezugspunkt des Erfolgserfordernisses unklar sei.109 Grundlegende Bedenken bestanden auch hinsichtlich der begrifflichen Bestimmtheit des höchstpersönlichen Lebensbereichs, da dieser bislang weder aus dem Strafrecht noch aus der verfassungs- und zivilrechtlichen Rechtsprechung zum Bildnisschutz be102  BT-Drs. 15 / 1891, S. 7; Eisele, JR 2005, 6 (9); Hesse, ZUM 2005, 432 (434); Koch, GA 2005, 589 (596); Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 31. 103  BT-Drs. 15 / 2466, S. 5; BT-Drs. 15 / 1891, S. 7; Lackner / Kühl, § 201a Rn. 3; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 32; Eisele, in: Rotsch, Hdb. Criminal Compliance, § 23 Rn. 58. 104  Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 31; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 10; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 7. 105  Lackner / Kühl, § 201a Rn. 3; Kühl, in: Symposium Schünemann, S. 211 (223); ders., AfP 2004, 190 (196); krit. dazu Koch, GA 2005, 589 (596). 106  Unter Bezugnahme auf BGHSt 30, 212 (214) werden in BT-Drs. 15 / 2466, S. 5 hierfür „solche Tatsachen aus dem Familienbereich […], die die wechselseitigen persönlichen Bindungen, Beziehungen und Verhältnisse innerhalb der Familie betreffen, darum unbeteiligten Dritten nicht ohne weiteres zugänglich sind und Schutz vor dem Einblick Außenstehender verdienen“, genannt; ebenso Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 38; ähnlich auch B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (418); krit. Murmann, in: FS Maiwald, S. 585 (589). 107  BT-Drs. 15 / 2466, S. 4; Kühl, AfP 2004, 190 (195); ders., in: FS Schöch, S. 419 (434) mit Verweis auf OLG Koblenz NStZ 2009, 268 f. und Bespr. Bosch, JA 2009, 308; Lackner / Kühl, § 201a Rn. 3; Kühl / Reichold / Ronellenfitsch, Rechtswissenschaft, § 32 Rn. 83; Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (343); Kraenz, Schutz des Persönlichkeitsrechts, S. 199 spricht von einem „autonomen Tatbestandsmerkmal“; Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 112; Kunze, Das Merkmal „unbefugt“ in den Straftatbeständen des Besonderen Teils, S. 125. 108  Bosch, JZ 2005, 377 (379). 109  So kann sich das Erfordernis der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs zum einen auf die Bildaufnahme, zum anderen auf deren Herstellung oder Übertragung beziehen, vgl. Hoyer, ZIS 2006, 1.



C. Zwischenergebnis zu Kapitel 2155

kannt war.110 Der Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereichs mache es außerdem unmöglich, den absolut geschützten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von dem einer Interessenabwägung zugänglichen und damit nur noch relativ geschützten Bereich der Privatsphäre abzugrenzen.111 Durch das Erfolgserfordernis der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs könne § 201a StGB a. F. dem Anspruch, einen Gleichlauf zwischen dem strafrechtlichen Schutz vor unbefugten Ton- und Bildaufnahmen herzustellen, nicht gerecht werden.112 Auch hinsichtlich der bisherigen Systematik des 15. Abschnitts des StGB könne dieser divergierende Schutzumfang nicht überzeugen, denn während die Vorschriften zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs bislang in der Regel den unbefugten Eingriff von außen in eine formelle Geheimsphäre sanktionieren, liege bei einer Verwirklichung des § 201a Abs. 3 StGB a. F. gerade kein formeller Geheimnisbruch vor.113 Bei einer Verwirklichung von § 201a Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB a. F. liege hingegen ohnehin schon ein Eingriff in den letzten Rückzugsbereich vor, sodass sich das Erfolgserfordernis „gesetzessystematisch eigentlich hätte erübrigen müssen“.114

C. Zwischenergebnis zu Kapitel 2 Die rückblickende Betrachtung in Kapitel 2 hat gezeigt, dass die ursprüngliche Konzeption eines Schutzes vor unbefugten Bildaufnahmen in ihrer Ausgestaltung durch § 201a StGB a. F. maßgeblich durch die deskriptiven Merkmale „Wohnung“ und „sonst gegen Einblicke geschützter Raum“ geprägt war. Zudem fand die räumliche Beschreibung und Umgrenzung des strafrechtlich geschützten Bereichs in dem § 201a StGB a. F. nicht nur als Rechtsgut, sondern auch als tatbestandlicher Erfolg zugrunde gelegten Merkmal des „höchstpersönlichen Lebensbereichs“ ihre Fortsetzung. Bereits die 110  Eisele, JR 2005, 6 (11); Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (337) kritisiert zudem, dass die Frage nach dem höchstpersönlichen Lebensbereich von „den persönlichen Faktoren der betroffenen Person“ und den „in ihrem Umfeld herrschenden Auffassungen“ bestimmt werden soll; Mitsch, Jura 2006, 117 (119); ebenso Schertz, AfP 2005, 421 (427). 111  Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (343); ähnlich Kraenz, Schutz des Persönlichkeitsrechts, S. 139, die jedoch bereits die Vergleichbarkeit von Bild- und Tonaufnahmen als systemwidrig in Frage stellen. 112  Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (619); S. Vogel, ZUM 2005, 449 (451); Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (342 f.) führt aus, dass die Abstufung des strafrechtlichen Schutzes im Vergleich zu § 201 StGB insgesamt nicht überzeuge, da dem Einzelnen weniger Selbstschutzmöglichkeiten zum Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen zur Verfügung stünden als beim Schutz des gesprochenen Wortes. 113  Hoyer, ZIS 2006, 1 (6). 114  Hoyer, ZIS 2006, 1 (6).

156

2. Kap.: Regelungsdefizite des § 201a StGB a. F.

inhaltliche Beschreibung des höchstpersönlichen Lebensbereichs mit den Worten „weiter als die Intimsphäre, aber enger als die Privatsphäre“115 illustriert anschaulich, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 201a StGB a. F. den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Privatsphärendimension vor Augen hatte. Eine eng gefasste Beschränkung des strafrechtlichen Schutzes auf die abschließend benannten Räumlichkeiten vermochte daher zumindest insofern zu überzeugen, als diese Räume gerade dem persönlichen Rückzug und damit dem Schutz der personalen Eigensphäre dienen. Mit der Reform des § 201a StGB im Jahre 2015 scheint der Gesetzgeber diese Beschränkung des strafrechtlichen Schutzes auf die Privatsphäredimension des allgemeinen Persönlichkeitsrechts indes aufgegeben zu haben, bezweckt § 201a StGB n. F. mit dem Schutz hilfloser Personen vor unbefugten Bildaufnahmen doch zumindest auch den Schutz eines Aspekts personaler Selbstbestimmung bei gleichzeitigem Verzicht auf räumlich-deskriptive Tatbestandsmerkmale. Wenngleich die Ausweitung des strafrechtlichen Schutzes auch auf Vorgänge außerhalb der häuslichen Sphäre grundsätzlich zu begrüßen ist und in Anbetracht der oben aufgezeigten verfassungsrechtlichen Entwicklungen und europarechtlichen Vorgaben116 möglicherweise sogar geboten erscheint,117 so stellt sich gleichwohl die Frage, ob dem Gesetzgeber die konkrete Umsetzung durch § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB und § 201a Abs. 2 StGB geglückt ist. Um beurteilen zu können, ob die Erweiterungen des § 201a StGB vom Gesetzgeber in sich schlüssig umgesetzt wurden und sich damit harmonisch in das gewachsene Gefüge des Persönlichkeitsschutzes vor unerwünschten Bildaufnahmen einfügen, werden diese insbesondere im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, aber auch unter der Prämisse des Strafrechts als ultima ratio und damit zusammenhängend des Verbots rein symbolischen Strafrechts kritisch zu beleuchten sein. Anschließend an die Betrachtung de lege lata soll dann der Fokus auf die mittlerweile erneut angestoßenen Reformvorhaben118 gerichtet werden. Da115  Lackner / Kühl, § 201a Rn. 1; Kühl, in: Symposium Schünemann, S. 211 (221); Rengier, StR BT II, § 31 Rn. 14; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 31. 116  Vgl. dazu bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. 117  Richtungsweisend insofern Kühl, AfP 2004, 190 (194); ders., in: FS Böttcher, S. 597 (608), der bereits im Jahr 2007 darauf hinwies, dass die Beschränkung des räumlichen Schutzbereichs auf die Wohnung und sonstige sichtgeschützte Räume die missliche Folge habe, dass „Personen in Situationen abgelichtet werden dürfen, die ihren Persönlichkeitsbereich eindeutig verletzten, z. B. das im Sterben liegende Unfallopfer auf der Straße“. 118  Vgl. BT-Drs. 18 / 9327  – Gesetzesentwurf zur effektiven Bekämpfung von sogenannten Gaffern sowie Verbesserung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts von Verstorbenen vom 03.08.2016.



C. Zwischenergebnis zu Kapitel 2157

bei wird insbesondere die Frage im Vordergrund stehen, ob sich diese aktuellen Bestrebungen harmonisch in das bestehende System des Persönlichkeitsschutzes vor Bildaufnahmen einfügen ließen bzw. inwieweit der Gesetzgeber mit den erneuten Reformbestrebungen Neuland betreten würde.

3. Kapitel

Anwendungsprobleme des § 201a StGB Rund zehn Jahre nach Einführung des § 201a in das StGB wurde die Norm durch das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht1 grundlegend reformiert und neu gestaltet. Anlass für die Neufassung war im Wesentlichen die Umsetzung europäischer und internationaler Vorgaben zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung.2 Die im Rahmen der sog. Edathy-Affäre3 offen zu Tage getretenen Schwierigkeiten im Umgang mit Kinder- und Jugendpornographie veranlassten den Gesetzgeber schließlich, im neu eingefügten § 201a Abs. 4 StGB nunmehr auch diverse Tathandlungen im Zusammenhang mit Bildaufnahmen, die die Nacktheit einer anderen Person unter achtzehn Jahren zum Gegenstand haben, mit Strafe zu bedrohen.4

1  49. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht v. 21.01.2015, in Kraft getreten am 27.01.2015, BGBl. I, S. 10. 2  RL 2011 / 93 / EU des Europäischen Parlaments und des Rates v.  13.12.2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004 / 68 / JI, ABlEU 2011 L 335 v. 17.12.2011, S. 1 mit Berichtigung ABlEU 2012 L 18 v. 21.01.2012, S. 7; Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (ETS 201 v. 25.10.2007 – Lanzarote-Konvention); Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (ETS 210 v. 11.05.2011 – IstanbulKonvention). Dieser Umsetzung europäischer und internationaler Vorgaben war bereits ein Gesetzesentwurf des Freistaats Bayern vorausgegangen, der durch Einfügen eines vierten Absatzes in § 201a StGB einen verbesserten Schutz vor Nacktaufnahmen zu erreichen versuchte, vgl. BR Drs. 127 / 14; zum rechtspolitischen Gesamtkontext der Neufassung des § 201a StGB vgl. Winkelmeier-Becker, ZRP 2014, 222 (223). 3  Auslöser der sog. Edathy-Affäre war das Anfang 2014 eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Bundestagsabgeordneten und SPD-Politiker Sebastian Edathy, in dem diesem vorgeworfen wurde, kinderpornografisches Material beschafft zu haben; vgl. hierzu Krause, MMR 2016, 665 (666); Hoven, NStZ 2014, 361 ff. 4  Heuchemer, in: BeckOK-StGB, § 201a Rn. 5.2; vgl. dazu auch Eisele / Franosch, ZIS 2016, 519 (523); Busch, NJW 2015, 977 ff.; Bosch, JA 2016, 1380 bewertet das Vorgehen des Gesetzgebers hierbei als „populistische Reaktion auf zunächst



3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB159

Mehr Sprengkraft als dieser neu eingeführte vierte Absatz entfalten allerdings die übrigen, bereits im Gesetzesentwurf vom 23.09.20145 vorgesehenen Änderungen in Absatz 1 bis 3 der Norm. Während § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB keine wesentlichen Änderungen enthält – hier wurde lediglich der zuvor in § 201a Abs. 1 geregelte Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen von Personen, die sich in einer Wohnung bzw. einem gegen Einblicke besonders geschützten Raum befinden, ohne inhaltliche Änderungen in § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB überführt6 – wurde der Anwendungsbereich des Abs. 1 durch § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB erheblich ausgeweitet. Dementsprechend ist nunmehr auch strafbar, wer eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.7 Nach § 201a Abs. 1 Nr. 3 StGB macht sich zudem strafbar, wer eine durch eine Tat nach Nr. 1 oder Nr. 2 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht. Eine weitere grundlegende Neuerung enthält der neu eingefügte § 201a Abs. 2 StGB, der das einer dritten Person unbefugte Zugänglichmachen solcher Bildaufnahmen pönalisiert, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden. Mit § 201a Abs. 4 StGB wurde schließlich ein Rechtfertigungsgrund eingefügt, der Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen, straffrei stellt. Maßgeblicher Beweggrund der Neuregelung war die Erwägung des Reformgesetzgebers, dass durch die zunehmende Verfügbarkeit mobiler Aufnahmegeräte – wie etwa Smartphones mit integrierter Kamera – die Herstellung bloßstellender, gewalttätiger oder gar entwürdigender Bildaufnahmen immer weiter vereinfacht wurde, weshalb die kriminalpolitische Bedeutung des § 201a StGB voraussichtlich weiter zunehmen werde.8 Hinzu komme, bestehende Rechtsunsicherheiten und Beweisschwierigkeiten bei den Ermittlungen gegen den Abgeordneten Edathy“. 5  Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht, Gesetzesentwurf der Franktionen CDU / CSU und SPD v. 23.09.2014, BT-Drs. 18 / 2601; vgl. dazu auch Jahn / Ziemann, in: FS Kargl, S. 227 (230). 6  Die in Kapitel 2 herausgearbeiteten Regelungsdefizite bestehen insofern unverändert fort. 7  Vgl. hierzu Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (313). 8  BT-Drs. 18 / 2601, S. 36; Busch, NJW 2015, 977; zur kriminalpolitischen Bedeutung vgl. bereits Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 11, der ausführt, dass die Delikte der Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik mit 2.301 Fällen im Jahr 2010 nach dem unbefugten Ausspähen von Daten nach § 202a StGB (14.166 Fälle) bereits an zweiter Stelle liegen; zu den Gefahren neuer Kommunikationsformen des Internets vgl. Hilgendorf, EWE 19 (2008), S. 403 (409).

160

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

dass die nahezu dauerhafte Verfügbarkeit des Internets die Verbreitung solcher Bildaufnahmen durch Privatpersonen nicht nur erheblich erleichtere, sondern auch die Gefahr in sich berge, dass der Umgang mit solchen Bildaufnahmen infolge der Anonymität des Online-Mediums und der damit einhergehenden fehlenden sozialen Kontrolle enthemmt werde.9 Wenngleich sich die Prognose des Refomgesetzgebers, die Bedeutung des § 201a StGB werde angesichts der skizzierten Entwicklungen weiter zunehmen, aktuell zu bestätigen scheint – ausweislich der Polizeilichen Kriminalstatistik wurden im Jahr 2015 bereits 5.392 Fälle erfasst,10 was etwa gegenüber dem Jahr 2010 einem Anstieg um ca 135 % entspricht, im Jahr 2016 waren es sogar 5.875 Fälle11 – wurden die geplanten Änderungen insbesondere aufgrund der mit § 201a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 StGB bewirkten Ausweitung der Pönalisierung des Umgangs mit Bildaufnahmen in der rechtswissenschaftlichen Diskussion,12 aber auch in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit und hier vor allem von Journalistik-Verbänden13 stark kritisiert. So wurde etwa die Befürchtung laut, dass die Pönalisierung dieses bislang im Wesentlichen nur durch zivilrechtliche Mittel geschützten Bereichs aufgrund der „tatbestandlich völlig offene[n] Formulierung der Norm“ dazu führen werde, die Praxis 9  In BT-Drs. 18 / 2601, S. 36 wird diese infolge der Anonymität im Internet herabgesetzte Hemmschwelle als sog. Online-Enthemmungseffekt bezeichnet; vgl. hierzu auch Spindler, GRUR-Beilage 2014, 101; Fricke, GRUR-Prax 2016, 548 (550); zur fehlenden sozialen Kontrolle im Internet vgl. Hilgendorf, ZIS 2010, 208 (209 ff.); Busch, NJW 2015, 977 verweist im Hinblick auf § 201a Abs. 4 StGB auf die sog. „Edathy Affäre“, in deren Zuge der den Blicken der Öffentlichkeit bis dato weitestgehend entzogene kommerzielle Handel mit Bildaufnahmen von ganz oder teilweise unbekleideten Kindern bzw. Jugendlichen insbesondere zu sexuellen Zwecken in den Fokus gerückt wurde; vgl. dazu auch Eisele / Sieber, StV 2015, 312 sowie Jahn / Ziemann, in: FS Kargl, S. 227. 10  Polizeiliche Kriminalstatistik 2015, S. 100, abrufbar unter: https: /  / www.bka. de / DE / AktuelleInformationen / StatistikenLagebilder / PolizeilicheKriminalstatistik /  pks_node.html (zuletzt 19.05.2017). 11  Polizeiliche Kriminalstatistik 2016, S. 117, abrufbar unter: https: /  / www.bka.de /  SharedDocs / Downloads / DE / Publikationen / PolizeilicheKriminalstatistik / 2016 / pks 2016ImkBericht.pdf?__blob=publicationFile&v=8 (zuletzt 19.05.2017). 12  Vgl. hierzu nur Gercke, CR 2014, 687 (690). 13  Vgl. etwa die Mitteilung des Präsidenten des Bundesverbands Deutscher Pressesprecher Jörg Schillinger, abrufbar unter https: /  / www.bdp-net.de / themen / meldun gen / pressesprecher-lehnen-gesetzentwurf-der-bundesregierung-zur-nderung-des201a-stgb (zuletzt am 03.05.2017) sowie die Pressemitteilung des BDZV v. 17.09.2014, abrufbar unter http: /  / www.bdzv.de / nachrichten-und-service / presse / pres semitteilungen / artikel / detail / sexualstrafrecht_schraenkt_bildberichterstattung_ein /  (zuletzt am 03.05.2017); vgl. dazu auch die Stellungnahme des Deutschen Presserates zum Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz v. 28.04.2014 betreffend den Schutz vor bloßstellenden Bildaufnahmen, abrufbar unter http: /  / www.presserat.de / fileadmin / user_upload / Stellungnahmen / Stellungnahme_ DPR_Bildaufnahmen.pdf (zuletzt am 03.05.2017).



3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB161

der journalistischen Bildberichterstattung und hierbei insbesondere den investigativen Journalismus „ins Visier der Strafverfolgung“ zu rücken.14 Ob die Ausübung journalistischer Tätigkeiten bei Einhaltung journalistischer Sorgfalts- bzw. Qualitätsstandards tatsächlich Gefahr läuft, infolge tatbestandlicher Weite oder mangelnder Bestimmtheit der Norm behindert bzw. im Extremfall sogar strafrechtlich belangt zu werden, kann in dieser Pauschalität freilich bezweifelt werden, sichert doch schon Ziffer 4 des Pressekodex15 im Wege einer freiwilligen Selbstverpflichtung die Einhaltung journalistisch-ethischer Grundregeln beim Umgang mit personenbezogenen Daten und Bildern.16 Auch wenn die von Seiten der Presse formulierten Bedenken in überspitzter Form vorgetragen wurden, so geben sie doch den Blick darauf frei, dass mit den Tatbestandsmerkmalen des „Zur-Schau-Stellens von Hilflosigkeit“ in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB und des „Ansehens“ in § 201a Abs. 2 StGB zwei bislang weitgehend unbekannte Begriffe in das Strafgesetzbuch eingefügt wurden. Auch wenn inzwischen mehr als zwei Jahre seit Inkrafttreten der Vorschrift vergangen sind, muss die Frage, wie diese beiden Begrifflichkeiten auszulegen bzw. inhaltlich zu begrenzen sind, als nach wie vor wenig geklärt bezeichnet werden. Angesichts der Kumulation dieser bislang unbekannten Tatbestandsmerkmale mit weiteren unscharfen Begrifflichkeiten17 kann daher bezweifelt werden, ob es dem Gesetzgeber mit der konkreten Ausgestaltung der § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB und § 201a Abs. 2 StGB gelungen ist, die Grenze zwischen strafwürdigem und

14  Stellungnahme des Deutschen Presserates zum Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz v. 28.04.2014 betreffend den Schutz vor bloßstellenden Bildaufnahmen, S. 1. 15  Publizistische Grundsätze (Pressekodex). Richtlinien für die publizistische Arbeit nach den Empfehlungen des Deutschen Presserats, abrufbar unter http: /  / www. presserat.de / pressekodex / pressekodex / (zuletzt am 08.02.2017). 16  Dies hat freilich auch der Deutsche Presserat so erkannt, vgl. Stellungnahme des Deutschen Presserates zum Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz v. 28.04.2014 betreffend den Schutz vor bloßstellenden Bildaufnahmen, S. 9. 17  So ist bislang nicht nur völlig unklar, wie der Begriff der „Hilflosigkeit einer anderen Person“ nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB zu bestimmen ist, sondern auch, wann eine solche Hilflosigkeit auf einer Bildaufnahme „zur Schau gestellt“ wird. Eine Steigerung erfährt die Kumulation unscharfer Begrifflichkeiten schließlich bei § 201a Abs. 2 StGB, der nicht nur den vagen Begriff des „Ansehens“, sondern mit der nur mithilfe einer Prognose zu beurteilenden „Eignung zur Schädigung“ sowie der „Erheblichkeit“ weitere äußerst unscharfe Tatbestandsmerkmale enthält. Gerade mit Blick auf das ohnehin vergleichsweise unbestimmte Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs erscheint diese Kumulation bedenklich, bedarf es doch im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG gerade in diesem Fall einer präzisen Umschreibung des strafbaren Unrechts.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

strafbedürftigem Verhalten einerseits und sozialadäquatem Verhalten andererseits zutreffend zu ziehen.18

A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen Bis zur Reform im Jahr 2014 war der Anwendungsbereich des § 201a StGB auf Bildaufnahmen von Personen, die sich in einer Wohnung bzw. einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befinden, beschränkt. Diese räumliche Begrenzung des durch § 201a StGB geschützten Bereichs wurde in § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB zwar beibehalten, über § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB weitet die Neuregelung den strafrechtlichen Schutz nunmehr aber auch auf solche Bildaufnahmen aus, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen. Die pönalisierten Tathandlungen erfassen dabei nicht nur das unbefugte Herstellen oder Übertragen (Nr. 2), sondern auch das Gebrauchen und Zugänglichmachen der Bildaufnahmen an dritte Personen (Nr. 3), jeweils unter der Voraussetzung, dass dadurch der höchstpersönliche Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt wird. Ausweislich der Gesetzesmaterialien verfolgt die dadurch erreichte Ausweitung des strafrechtlichen Schutzes den Zweck, auch schutzbedürftige Bildaufnahmen außerhalb eines besonders geschützten Raumes zu erfassen.19 Eine solche Schutzbedürftigkeit außerhalb der bislang geschützten Räumlichkeiten sei etwa denkbar bei Abbildungen von betrunkenen Personen oder Opfern von Gewalttaten.20 Diese rein faktische Umschreibung von Situationen, in denen eine Hilflosigkeit der abgebildeten Personen angenommen werden kann, mag zwar einen Beitrag zur Plastizität des Begriffs leisten, zu einer inhaltlichen Konkre18  Eine vergleichbare Problematik begegnet dem Rechtsanwender bei der Strafbarkeit des sog. Stalkings. Der ebenfalls dem strafrechtlichen Schutz des Persönlichkeitsrechts zuzurechnende Tatbestand der Nachstellung nach § 238 StGB kumuliert die unscharfen Begriffe „beharrlich“, „schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung“ sowie „andere vergleichbare Handlungen“, vgl. hierzu Eisele, in: Schönke / Schröder, § 238 Rn. 3; zu § 238 StGB als „neuere Entwicklung des fragmentarischen Persönlichkeitsschutzes durch das Strafrecht“ vgl. Lackner / Kühl, § 238 Rn. 1; ders., in: Geistiges Eigentum, S. 115 ff.; vgl. hierzu auch bereits oben unter Kapitel 1 C. II. 1. c). 19  BT-Drs. 18 / 2601, S. 36; die zuvor bestehende Schutzlücke war in der Literatur bereits häufig Gegenstand von Kritik, vgl. Kühl, AfP 2004, 190 (194); ders., in: FS Schöch, S. 419 (428); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2; Kühl / Reichold / Ronellenfitsch, Rechtswissenschaft, § 32 Rn. 83; Mitsch, in: FS Schwind, S. 603 (607 f.); Lenckner /  Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 5; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 14; Schertz, AfP 2005, 421 (427). 20  So explizit BT-Drs. 18 / 2601, S. 36; Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (313); Heuchemer, in: BeckOK-StGB, § 201a Rn. 5.3.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen163

tisierung trägt sie indes nicht wesentlich bei. Über die Benennung einzelner Beispiele hinausgehend muss daher die Frage nach der konkreten Auslegung bzw. inhaltlichen Abgrenzung des Begriffs der Zurschaustellung der Hilflosigkeit einer Person noch als unklar bezeichnet werden. Aufbauend auf den in Kapitel 1 erarbeiteten Grundlagen sind diese ausfüllungsbedürfigen Begrifflichkeiten daher im Folgenden inhaltlich zu konkretisieren. Neben einer inhaltlichen Annäherung an den Begriff im Wege der Auslegung werden vor allem im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG zugleich aber auch erste Restriktionsansätze aufzuzeigen sein.

I. Begriff der Hilflosigkeit Die Kombination aus „Zur-Schau-Stellen“ und „Hilflosigkeit einer anderen Person“ stellt nicht nur im Hinblick auf den 15. Abschnitt, sondern bezüglich des gesamten Strafrechts eine neue Formulierung dar. Den Begriff der Hilflosigkeit hingegen verwendet das Gesetz auch in anderen Straftatbeständen bzw. Regelbeispielen. So indiziert etwa die Strafzumessungsregel21 des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StGB eine Strafschärfung für solche Fälle, in denen der Täter die Hilflosigkeit einer anderen Person für einen Diebstahl ausnutzt. Auch der Tatbestand der Aussetzung nach § 221 StGB verwendet zur Bestimmung des strafbaren Unrechts den Begriff der hilflosen Lage. Schließlich nimmt auch das echte Unterlassungsdelikt des § 323c StGB den Einzelnen in die Pflicht, anderen Personen in bestimmten Notsituationen Hilfe zu leisten und setzt insofern die Hilflosigkeit dieser anderen Person voraus. Ob eine Anknüpfung an diese im Gesetz bereits verwendeten Begriffe indes dazu geeignet ist, dem Tatbestandsmerkmal der Hilflosigkeit einer anderen Person klarere Konturen zu geben und dadurch zugleich eine Pönalisierung sozialadäquater Bildaufnahmen auszuschließen, ist im Rahmen der nachfolgenden Begriffsauslegung im Wege des „klassischen“ Auslegungskanons aus Wortlaut, Historie, Systematik und Telos näher zu untersuchen.

21  So die herrschende Meinung in Rspr. und Literatur, vgl. BGHSt 23, 254 (257); 26, 167 (173); 27, 287 (289); 33, 370 (373); Mitsch, in: B / W / M / E, StR AT, § 6 Rn. 65; Börtzler, NJW 1971, 682; Hirsch, ZStW 84 (1972), S. 380 (386); Vogel, in: LK11-StGB, § 243 Rn. 3; Rengier, StR BT I, § 3 Rn. 1; Roxin, StR AT I, § 12 Rn. 143; Hoyer, in: SK-StGB, § 243 Rn. 1; Tiedemann, JZ 1975, 692 (693); Jescheck / Weigend, StR AT, § 26 III 2; a. A. Eisele, JA 2006, 309 (311 f.); Kindhäuser, in: FS Triffterer, S. 124 ff.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

1. Wortlaut Ausgangspunkt jeder juristischen Begriffsauslegung ist der Wortlaut, dessen Bedeutung im Wege der sog. grammatikalischen Auslegung zu ermitteln ist.22 Um den Bedeutungsinhalt erfassen zu können, sind Kontext und Konnotation der Sprachverwendung des untersuchten Begriffs heranzuziehen, wobei der aus Sicht des Normadressaten äußerste mögliche Wortsinn die Auslegung begrenzt, sog. Wortlautschranke.23 Maßgeblich ist insofern die allgemeinsprachliche Bedeutung des fraglichen Begriffs, d. h. es ist auf seine normalsprachliche und, soweit vorhanden, juristische24 Verwendung abzustellen.25 22  BVerfGE 71, 108 (114 f.); 87, 209 (224); 92, 1 (12); 105, 135 (157); BGHSt 3, 259 (262); 6, 304 (307); 14, 116 (118); Gaede, in: in: AnwK-StGB, § 1 Rn. 34; Schmitz, in: MK-StGB, § 1 Rn. 73; Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; v. Heintschel-Heinegg, in: BeckOK-StGB, § 1 Rn. 13; Hassemer / Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 106; Demko, Rechtsbegriffe, S. 117; Simon, Gesetzesauslegung, S. 98 weist freilich zutreffend da­ rauf hin, dass „Argumente aus dem Bereich des Gesetzeswortlauts […] variationsreich und vielfältig mit den übrigen Auslegungsmethoden verknüpft“ sind. 23  BVerfGE 71, 108 (115); 75, 329 (341); 87, 209 (224); 92, 1 (12); 105, 135 (152 ff); 126, 170 (197); BVerfG NJW 2007, 1666 (1667); BVerfG NJW 2008, 3627; BGHSt 50, 370 (372); BGH NJW 2007, 524 (525); Larenz, Methodenlehre, S. 322 f.; Roxin, StR AT I, § 5 Rn. 28; Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 66; Dannecker, in: LK-StGB, § 1 Rn. 301; Fischer, StGB, § 1 Rn. 24; v. Heintschel-Heinegg, in: BeckOK-StGB, § 1 Rn. 13; innerhalb der Grenzen der Gesetzlichkeit ist auch im Strafrecht eine „schöpferische Rechtsfindung“ im Wege der erforderlichen Auslegung zulässig, vgl. Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; Gaede, in: AnwKStGB, § 1 Rn. 33; Hassemer / Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 20; Schmitz, in: MK-StGB, § 1 Rn. 70; Simon, Gesetzesauslegung, S. 41 ff.; zur jenseits der Wortlautgrenze beginnenden Analogie, die im Strafrecht nur zugunsten des Beschuldigten zulässig ist, vgl. BVerfGE 105, 135 (157); BGHSt 48, 354 (357); Roxin, StR AT I, § 5 Rn. 26 ff. 24  Dabei ist der juristische Sprachgebrauch vorrangig heranzuziehen, vgl. Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 65; Demko, Rechtsbegriffe, S. 119; nach Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (670) mag der Alltagssprachgebrauch „wie immer richtige Hinweise für die Operationalisierung von Rechtsbegriffen und Rechtsnormen geben. Doch entbindet dessen Analyse nicht von der Prüfung des im Rechts vorfindlichen und in diesem Sinne systeminternen Sprachgebrauchs“; Voraussetzung ist hierbei freilich, dass der juristische Sprachgebrauch mit dem allgemeinen Sprachgebrauch vereinbar ist, vgl. BVerfGE 92, 1 (18 f.); Schmitz, in: MK-StGB, § 1 Rn. 73; Herzberg, JuS 2005, 1 (2 f.). 25  BVerfGE 87, 209 (224); 105, 135 (157); BVerfG NJW 1995, 2776 (2777); BVerfG NJW 2007, 1666 (1667); BGHSt 4, 144 (148); 43, 237 (238); 52, 89 (92); 54, 61 (66); BGH NJW 2007, 524 (525 f.); so auch Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 65; Demko, Rechtsbegriffe, S. 117 ff.; Kudlich, JA 2004, 74 (76); ders., in: FS Puppe, S. 123 (126 ff.); Hassemer / Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 106a; Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 1 Rn. 37; Dannecker, in: LK-StGB, § 1 Rn. 302 ff.; Schünemann, in: FS Klug, Bd. I, S. 169 (180); Lackner, in: FS Heidelberg, S. 39 (54 ff.); Krey, ZStW 101 (1989), S. 838 (841 ff.); Scheffler, Jura 1996, 505; Satzger, in: SSW-StGB, § 1 Rn. 40; a. A. Schmidhäuser, in: GS Martens, S. 231



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen165

a) Fachsprachliche Bedeutung aa) Begriff der Hilflosigkeit (1) Besonders schwerer Fall des Diebstahls Der in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB gebrauchte Begriff der „Hilflosigkeit einer anderen Person“ wird vom Strafgesetzbuch lediglich an einer weiteren Stelle, nämlich in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StGB, verwendet. Nach der sog. Regelbeispielsmethode26 ist ein besonders schwerer Fall des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StGB immer dann indiziert, wenn der Täter die Hilflosigkeit einer anderen Person für einen Diebstahl ausnutzt.27 Das Bejahen eines besonders schweren Falles hat zur Folge, dass der gegenüber § 242 StGB erhöhte Strafrahmen von drei Monaten bis zu zehn Jahren Anwendung findet. Anknüpfungspunkt für diese auch als sog. „Schmarotzerdiebstahl“ geläufige Strafschärfung des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StGB ist die infolge der Hilflosigkeit verminderte Schutzmöglichkeit des Eigentums.28 Hilflos ist das Diebstahlsopfer, wenn es aus eigener Kraft nicht in der Lage ist, sich gegen die Wegnahme von in seinem Gewahrsam befindlichen Sachen zu schützen, d. h. unfähig ist, einer Wegnahme wirksam zu begegnen.29 Hilflosigkeit kommt also regelmäßig bei Krankheit,30 Ohnmacht,31 (233 ff.); Herzberg, GA 1997, S. 251 (252 f.); Jakobs, StR AT, 4. Abschn. Rn. 39 ff.; Stratenwerth / Kuhlen, StR AT I, § 3 Rn. 32 ff.; Simon, Gesetzesauslegung, S. 68. 26  Vgl. dazu BGHSt 23, 254 (256); 26, 104 (105); Lackner / Kühl, § 243 Rn. 1; Eser / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 243 Rn. 1; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 3; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 243 Rn. 1; krit. zur Regelbeispielsmethode Hirsch, ZStW 84 (1972), S. 380 (387); ders., in: FS Gössel, S. 287 ff.; Arzt, JuS 1972, 385 ff.; Blei, in: FS Heinitz, S. 419 ff.; Calliess, JZ 1975, 112 ff.; Schmitz, in: MK-StGB, § 243 Rn. 3; differenzierend hingegen Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 407. 27  Diese Indizwirkung ist freilich im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Umstände widerlegbar, sodass allein das Vorliegen eines Regelbeispiels nicht zwingend zu einer Bejahung eines besonders schweren Falls führt, vgl. Eser / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 243 Rn. 1; zum umgekehrten Fall vgl. BGHSt 29, 319 (322); Schmitz, in: MK-StGB, § 243 Rn. 7. 28  Eser / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 243 Rn. 38; Schmitz, in: MK-StGB, § 243 Rn. 50; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 243 Rn. 23. 29  BayOLG NJW 1973, 1808; Lackner / Kühl, § 243 Rn. 21; Schmitz, in: MK-StGB, § 243 Rn. 50; Vogel, in: LK-StGB, § 243 Rn. 47; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 243 Rn. 23.1; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 36; ders., StR BT II, § 3 Rn. 38; Eisele, StR BT II, Rn. 124; Küper / Zopfs, StR BT, Rn. 341; Duttge, in: HK-GS, § 243 Rn. 48. 30  Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 36; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 243 Rn. 23.1. 31  Vogel, in: LK-StGB, § 243 Rn. 47; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 36; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 243 Rn. 23.1.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Blindheit,32 Lähmung,33 hochgradiger Trunkenheit34 oder einem beeinträchtigten Zustand infolge Suizidversuchs35 in Betracht, jedoch nicht ohne weiteres bei Schlafenden36 oder Sprachunkundigen37. Auch hohes Alter allein vermag die Hilflosigkeit des Opfers nicht zu begründen.38 So gesehen kommt es nicht auf eine Ahnungslosigkeit des Opfers, sondern auf eine tatsächliche Hilflosigkeit an, denn die Hilflosigkeit einer anderen Person i. S. d. § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StGB bezeichnet einen Zustand, bei dem sich das Opfer selbst dann nicht gegen den Täter zu wehren vermag, wenn es den Zugriff auf sein Eigentum kommen sieht.39 Wie Ebel zutreffend erkannt hat, steht dahinter die gesetzgeberische Wertung, dass die Hilflosigkeit einer anderen Person Anlass besonderer Fürsorge sein sollte und dass derjenige, der sie umgekehrt zu seinen Zwecken dienstbar mache, die benachteiligte Person in besonderem Maße demütige, denn es handele sich „gewissermaßen um eine Art zusätzliche Beleidigung oder Entmündigung, um eine Herabsetzung im Hinblick auf ihre Schwäche, die [für das hilflose Opfer] jedenfalls im Moment nicht überwindbar ist“.40

32  Vgl.

dazu BayOLG NJW 1973, 1808 m. Anm. Schröder, JR 1973, 427. NJW 1990, 2569; Schmitz, in: MK-StGB, § 243 Rn. 51; Vogel, in: LKStGB, § 243 Rn. 47; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 36. 34  Vgl. dazu BT-Drs. IV / 650, S. 405: „Höhere Strafe verdient nicht nur, wer einen anderen bestiehlt, indem er dessen Bedrängnis ausnützt, sondern auch der, der die Hilflosigkeit seines Opfers zum Diebstahl mißbraucht, gleichgültig, ob die Hilflosigkeit verschuldet war oder nicht. Zwischen dem Diebstahl an einem Ohnmächtigen und dem an einem Betrunkenen kann dabei kein Unterschied gemacht werden“; Vogel, in: LK-StGB, § 243 Rn. 47; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 36; Wittig, in: BeckOK-StGB, § 243 Rn. 23.1; Hoyer, in: SK-StGB, § 243 Rn. 38. 35  Eser / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 243 Rn. 39. 36  So soll Schlaf nur dann eine Hilflosigkeit begründen können, wenn er auf Krankheit beruht, vgl. BGH NJW 1990, 2569; Schmitz, in: MK-StGB, § 243 Rn. 51; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 36; Eser / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 243 Rn. 39; a. A. allerdings Vogel, in: LK-StGB, § 243 Rn. 47. 37  Wittig, in: BeckOK-StGB, § 243 Rn. 23.1; Eser / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 243 Rn. 39; Kudlich, in: SSW-StGB, § 243 Rn. 30. 38  BGH NStZ 2001, 532 (533); Lackner / Kühl, § 243 Rn. 21; Eser / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 243 Rn. 39; Kindhäuser, in: NK-StGB, § 243 Rn. 36; Rengier, StR BT I, § 3 Rn. 37; Kudlich, in: SSW-StGB, § 243 Rn. 30; Schmitz, in: MK-StGB, § 243 Rn. 51 will insofern auf die Sozialüblichkeit abstellen; krit. hierzu Vogel, in: LK-StGB, § 243 Rn. 47. 39  Ebel, NStZ 2002, 404 (407); vgl. auch Hoyer, in: SK-StGB, § 243 Rn. 38. 40  Ebel, NStZ 2002, 404 (407). 33  BGH



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen167

(2) Menschenhandel Zur Umschreibung strafwürdigen Unrechts greift auch der in § 232 Abs. 1 StGB geregelte Tatbestand des Menschenhandels41 auf das Merkmal der Hilflosigkeit zurück. Demnach ist strafbar, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, zu den in den Nummern 1 bis 3 näher konkretisieren Zwecken sexueller Ausbeutung anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt. Geschütztes Rechtsgut der §§ 232 ff. StGB ist die persönliche Freiheit, d. h. die Fähigkeit zur körperlich ungehinderten Selbstbestimmung,42 wobei § 232 StGB im Speziellen die sexuelle Selbstbestimmung schützt.43 Der Taterfolg44 des § 232 Abs. 1 StGB erfordert das Ausnutzen einer Schwächesituation des Opfers. Die zur Zwangslage alternativ genannte Schwächesituation der sog. auslandsspezifischen Hilfslosigkeit setzt dabei voraus, dass das Opfer aufgrund der besonderen Schwierigkeiten, mit denen es sich in einem fremden Land konfrontiert sieht, nach der konkreten Lage und seinen persönlichen Fähigkeiten nicht mehr bzw. nur sehr eingeschränkt in der Lage ist, sich dem Ansinnen einer ihm unerwünschten sexuellen Betätigung aus eigener Kraft zu entziehen.45 Die Hilflosigkeit muss also gerade darauf beruhen, dass sich das Opfer in einem fremden Land befindet und es aus diesem Grund, etwa infolge der Unkenntnis der Landessprache, der Le-

41  Freilich findet das Merkmal der Hilflosigkeit auch in den § 232 StGB nachfolgenden Bestimmungen Verwendung. Für den im Rahmen dieser Arbeit verfolgten Zweck genügt jedoch eine Betrachtung anhand des § 232 Abs. 1 StGB. 42  So bereits RGSt 48, 346 (348); vgl. auch Fischer, StGB, § 234 Rn. 1; Krehl, in: LK-StGB, § 234 Rn. 1; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 232 Rn. 2. 43  Lackner / Kühl-Heger, § 232 Rn. 1; Eisele, in: Schönke / Schröder, § 232 Rn. 7; Wolters, in: SK-StGB, § 232 Rn. 3; Renzikowski, in MK-StGB, § 232 Rn. 2; ders., JZ 2005, 879; Kudlich, in: LK-StGB, § 232 Rn. 3; Schroth, in: AnwK-StGB, § 232 Rn. 3; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 232 Rn. 2; F. C. Schroeder, NJW 2005, 1393 (1395); nach Fischer, StGB, § 232 Rn. 2a soll zudem das Vermögen des ausgebeuteten Opfers geschützt sein, a. A. aber Böse, in: NK-StGB, § 232 Rn. 1. 44  Zur insoweit von den internationalen Vorgaben abweichenden Konzeption der Norm vgl. Renzikowski / Kudlich, ZRP 2015, 45 f.; Böse, in: NK-StGB, § 232 Rn. 3; zum tatbestandlichen Erfolg des § 232 Abs. 1 S. 1 StGB vgl. Eisele, in: Schönke / Schröder, § 232 Rn. 13 ff. 45  Eisele, in: Schönke / Schröder, § 232 Rn. 11; Lackner / Kühl-Heger, § 232 Rn. 6; Böse, in: NK-StGB, § 232 Rn. 12; Fischer, StGB, § 232 Rn. 10; Renzikowski, in: MK-StGB, § 232 Rn. 32; Wolters, in: SK-StGB, § 232 Rn. 15; Gössel, Sexualstrafrecht, § 5 Rn. 42; noch zur Vorgängernorm des § 180b Abs. 2 StGB a. F. vgl. BGHSt 42; 179 (180); 45, 158 (161); BGH NStZ 1999, 349 (350); BGH NStZ-RR 1997, 293; BGH NStZ-RR 2004, 233.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

bensverhältnisse oder der rechtlichen Schutzmöglichkeiten,46 besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt ist.47 Nicht um Hilflosigkeit i. S. v. § 232 Abs. 1 S. 1 StGB handelt es sich hingegen bei Gebrechen und Krankheit oder wenn legale staatliche Maßnahmen ohne Auslandsbezug drohen, die jedermann treffen können.48 bb) Begriff der hilflosen Lage Begriffsthematisch ähnlich, d. h. mit dem Begriff der Hilflosigkeit eng verwandt, ist das Tatbestandsmerkmal der hilflosen Lage, wie es neben § 221 Abs. 1 StGB auch in § 234 Abs. 1 StGB Verwendung findet. (1) Aussetzung Der Straftatbestand der Aussetzung nach § 221 StGB geht in seiner heutigen Form auf das im Rahmen der sog. großen Strafrechtsreform am 1. April 1988 in Kraft getretene 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts49 zurück und stellt ein konkretes Lebens- und Gesundheitsgefährdungsdelikt dar.50 Wäh46  Dabei kommt es freilich vor allem auf die erste Phase des Aufenthalts an, sodass ein späteres Erlangen von Barmitteln (z. B. aus der Tätigkeit) oder ein Erlernen der fremden Sprache bei der Beurteilung der Hilflosigkeit außer Betracht zu bleiben hat, vgl. BGH NStZ-RR 2004, 233; BGH NStZ-RR 2007, 46 (47); Eisele, in: Schönke / Schröder, § 232 Rn. 11; Fischer, StGB, § 232 Rn. 10 f. 47  Diese Schwierigkeiten können etwa darin bestehen, dass das Opfer im Hinblick auf Unterkunft und Verpflegung auf den Täter angewiesen ist und können vom Täter durch Wegnahme des Reisepasses oder Kontrolle des Aufenthaltsortes noch einmal verstärkt werden, vgl. BGHSt 45, 158; BGH NStZ 1999, 349 (350); BGH NStZ-RR 2004, 233; Lackner / Kühl-Heger, § 232 Rn. 6; Eisele, in: Schönke / Schröder, § 232 Rn. 11; F. C. Schroeder, JZ 1995, 231 (233). 48  Eisele, in: Schönke / Schröder, § 232 Rn. 11; Renzikowski, in: MK-StGB, § 232 Rn. 33. 49  Sechstes Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StRG) v. 26.01.1998, BGBl. I, S. 164 ff.; vgl. hierzu auch Schroth, NJW 1998, 2861 ff.; Hörnle, Jura 1998, 169 (176 f.); zur geschichtlichen Entwicklung des Aussetzungstatbestands Wielant, Aussetzung, S.  43 ff.; Laue, Die Aussetzung, S. 5 ff.; Küper, ZStW 111 (1999), S. 30 (40 f.). 50  Hilgendorf, in: A / W / H / H, StR BT, § 36 Rn. 1; Lackner / Kühl-Heger, § 221 Rn. 1; Eser / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 221 Rn. 1; Neumann / Saliger, in: NK-StGB, § 221 Rn. 3; Fischer, StGB, § 221 Rn. 1; Hardtung, in: MK-StGB, § 221 Rn. 2; Heger, ZStW 119 (2007), S. 593 (595); Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 198; Gössel / Dölling, StR BT I, § 7 Rn. 2; zur Tendenz zu einem allgemeinen Gefährdungsdelikt vgl. Fischer, StGB, § 221 Rn. 10; Hettinger / Wielant, in: FS Herzberg, S. 649 (656 ff.); Küper, ZStW 111 (1999), S. 30 (49); Sternberg-Lieben / Fisch, Jura 1999, 45 (50 f.).



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen169

rend § 221 Abs. 1 StGB a. F.51 neben dem Merkmal der hilflosen Lage zur Unrechtsbestimmung alternativ auf den Begriff der hilflosen Person52 abstellte, macht sich nunmehr strafbar, wer einen Menschen in eine hilflose Lage versetzt (§ 221 Abs. 1 Nr. 1 StGB) bzw. in einer hilflosen Lage im Stich lässt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist (§ 221 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und ihn dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.53 § 221 Abs. 1 StGB enthält damit neben dem Unrechtselement des „in eine hilflose Lage Versetzens“ bzw. „im Stich Lassens“ ein zweites Unrechtselement, das darin besteht, dass der Täter das Opfer der Todesgefahr bzw. einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt. Die Frage, wann eine hilflose Lage vorliegt bzw. was unter ihr zu verstehen ist, kann daher nur mit Blick auf das Verhältnis dieser beiden Unrechtselemente zueinander beantwortet werden. Wenngleich eine hilflose Lage grundsätzlich immer dann besteht, wenn das Opfer gegenüber bestimmten Gefahren ohne Hilfe ist, ist mit Blick auf das Tatbestandsmerkmal „der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt“ zu fordern, dass nur Gefahren für Leben oder Gesundheit erfasst werden.54 Im Ergebnis kommt es also darauf an, dass sich das Opfer in seiner konkreten Lage nicht mehr aus eigenen Kräften gegen mögliche Gefahren für Leib oder Leben schützen kann.55 Ob die Hilflosig51  In der bis zum 01.04.1998 gültigen Fassung lautete § 221 Abs. 1 StGB: „Wer eine wegen jugendlichen Alters, Gebrechlichkeit oder Krankheit hilflose Person aussetzt, oder wer eine solche Person, wenn sie unter seiner Obhut steht oder wenn er für ihre Unterbringung, Fortschaffung oder Aufnahme zu sorgen hat, in hilfloser Lage verlässt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft“; zur historischen Entwicklung des Aussetzungstatbestands vgl. Wielant, Aussetzung, S.  43 ff. 52  Zum Tatbestandsmerkmal der hilflosen Person vgl. Wielant, Aussetzung, S.  246 ff. 53  Vgl. Heger, ZStW 119 (2007), S. 593 (594); zur Tatbestandsstruktur des § 221 Abs. 1 StGB vgl. Momsen, StV 2013, 54 (55). 54  Hardtung, in: MK-StGB, § 221 Rn. 5; vgl. auch Heger, ZStW 119 (2007), S.  593 (602 ff.). 55  BGHSt 26, 35 (36 f.); 52, 153 (157) mit Bespr. Hardtung, JZ 2008, 953 (954 f.); BGH NStZ 2008, 395; Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 4 II Rn. 5; Heger, ZStW 119 (2007), S. 593 (595 ff.); Lackner / Kühl-Heger, § 221 Rn. 2; Neumann / Saliger, in: NK-StGB, § 221 Rn. 6 f.; Hardtung, in: MK-StGB, § 221 Rn. 5 ff.; Chilecki, Dogmatik der Aussetzung, S. 185; dabei muss sich das Opfer zumindest in einer geringen, d. h. abstrakten Gefahrenlage für Leib oder Leben befinden, vgl. Hardtung, in: MK-StGB, § 221 Rn. 5; Ebel, NStZ 2002, 404 (406 f.); es handelt sich somit um einen „Zustand individueller Hilfsbedürftigkeit des Opfers“, vgl. Krey / Hellmann / Heinrich, StR BT I, Rn. 135; Eser / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 221 Rn. 4 betonen, es komme „entgegen dem Gesetzeswortlaut […] richtigerweise nicht auf die Hilflosigkeit der Lage, sondern darauf an, dass die Person in einen derartigen Zustand

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

keit des Opfers dabei aus einem zuvor herbeigeführten defizitären oder krankhaften Zustand wie etwa Alkoholisierung herrührt oder auf äußeren Umständen wie zum Beispiel Hitze, Kälte, wilde Tiere etc. beruht, ist dabei irrelevant.56 Fraglich war hingegen, ob die Anwesenheit sog. hilfswilliger und hilfsfähiger Dritter das Vorliegen einer hilflosen Lage auszuschließen vermag. Dies wird mit dem Argument, dass das Opfer gerade nicht hilflos ist, wenn es die benötigte Hilfe erlangen kann, bejaht.57 Umstritten war ferner, ob die hilflose Lage auch bei sog. Augenblicksgefahren vorliegen kann. Die mittlerweile überwiegende Ansicht geht allerdings davon aus, dass von einer hilflosen „Lage“ nur dann die Rede sein kann, wenn diese von gewisser Dauer bzw. Stabilität ist.58 (2) Menschenraub Anders als bei der Aussetzung nach § 221 Abs. 1 Nr. 1 StGB handelt es sich bei dem Begriff der hilflosen Lage i. S. d. § 234 Abs. 1 StGB nicht um ein objektives, sondern um ein subjektives Tatbestandsmerkmal.59 Dem Täter muss es also gerade darauf ankommen, das Opfer in eine Situation zu bringen, in der es, zur Selbsthilfe unfähig, auf fremde Hilfe angewiesen und damit konkret an Leib oder Leben gefährdet ist, sodass nur ein rettender Zufall das Opfer vor dem Eintritt des Todes bzw. eines schweren Gesundheitsschadens bewahren kann.60 Die Auslegung des Begriffs der hilflosen Lage entspricht damit inhaltlich weitgehend der des § 221 StGB. versetzt worden ist, in dem sie der Lage hilflos gegenübersteht“; vgl. hierzu auch Sternberg-Lieben / Fisch, Jura 1999, 45 (46); Wengenroth, JA 2012, 584 (585). 56  Eser / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 221 Rn. 4; vgl. hierzu auch Lackner / Kühl-Heger, § 221 Rn. 2; zum Setzen eines erlaubten Risikos vgl. Schroth, NJW 1998, 2861 (2863). 57  BGH NStZ 2008, 395; Horn / Wolters, in: SK-StGB, § 221 Rn. 3; Eser / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 221 Rn. 4; Hardtung, in: MK-StGB, § 221 Rn. 6; Chilecki, Dogmatik der Aussetzung, S. 157 ff.; Jähnke, in: LK11-StGB, § 221 Rn. 20; Neumann / Saliger, in: NK-StGB, § 221 Rn. 8; Wielant, Aussetzung, S.  325 ff.; Momsen, in: SSW-StGB, § 221 Rn. 3. 58  BGHSt 52, 153 (157); Eser / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 221 Rn. 4b; Schroth, NJW 1998, 2861 (2863); Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 4 II Rn. 5; a. A. Hardtung, JZ 2008, 953 (956); Heger, ZStW 119 (2007), S. 593 (596). 59  Hierfür spricht schon die tatbestandliche Fassung des § 234 Abs. 1 StGB („um…zu“); vgl. dazu auch Lackner / Kühl-Heger, § 234 Rn. 3; Eser / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 234 Rn. 6; Wieck-Noodt, in: MK-StGB, § 234 Rn. 43 ff.; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 234 Rn. 6 f. 60  BGHSt 4, 113 (115); BGH NStZ 2001, 247; BGH NStZ 2011, 158; Lackner / Kühl-Heger, § 234 Rn. 3; Sonnen, in: NK-StGB, § 234 Rn. 24; Eser / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 234 Rn. 6; Wieck-Noodt, in: MK-StGB, § 234 Rn. 49.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen171

(3) Verwendung in den Landespolizeigesetzen Allein der vollständigkeithalber sei noch darauf hingewiesen, dass der Begriff der hilflosen Lage auch in den verschiedenen Landespolizeigesetzen Verwendung findet. So kann die Polizei etwa nach § 28 Abs. 1 Nr. 2b PolG BW61 eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn der Gewahrsam zum eigenen Schutz der Person gegen drohende Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist und die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in einer hilflosen Lage befindet. Das Vorliegen einer derartigen hilflosen Lage kann insbesondere dann angenommen werden, wenn die Person die drohende Gefahr entweder schon gar nicht erkennen kann oder aber jedenfalls nicht in der Lage ist, aus eigener Kraft Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr zu ergeifen.62 Als Ursache von Hilflosigkeit i. S. d. § 28 Abs. 1 Nr. 2b PolG BW sollen dabei neben akuten psychischen Erkankungen auch Bewusstlosigkeit oder Volltrunkenheit in Betracht kommen.63 Zu berücksichtigen ist hierbei freilich, dass die Landespolizeigesetze als Teil des Gefahrenabwehrrechts keine repressive, sondern eine primär präventive Funktion erfüllen.64 Anders als die in diesem Zusammenhang bislang im Fokus stehenden Straftatbestände zielen die Vorschriften der verschiedenen Landespolizeigesetze damit gerade nicht auf die Sanktionierung unerwünschten Fehlverhaltens ab, sondern setzen (mehrheitlich) bereits im Vorfeld, d. h. vor erfolgter Rechtsgutsbeeinträchtigung, an. Bei der Auslegung des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB ist ein Rückgriff auf die in den Landespolizeigesetzen verwendete Begrifflichkeit daher nur bedingt hilfreich. 61  Entsprechende Regelungen finden sich in nahezu allen Landespolizeigesetzen, vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 1 SOG Hessen; § 19 Abs. 1 Nr. 1 PAG Thüringen; § 15 Abs. 1 Nr. 1 PolG Bremen; § 18 Abs. 1 Nr. 1 SOG Niedersachsen; § 35 Abs. 1 Nr. 1 PolG Nordrhein-Westfalen; § 13 Abs. 1 Nr. 1 PolG Saarland; § 14 Abs. 1 Nr. 1 POG Rheinland-Pfalz; § 17 Abs. 1 Nr. 1 PAG Bayern; § 22 Abs. 1 Nr. 2a PolG Sachsen; § 30 Abs. 1 Nr. 1 ASOG Berlin; § 17 Abs. 1 Nr. 1 PolG Brandenburg; § 55 Abs. 1 Nr. 1 SOG Mecklenburg-Vorpommern; § 13 Abs. 1 Nr. 1 SOG Hamburg; § 204 Abs. 1 Nr. 1 LVwG Schleswig Holstein; einzig das Sicherheits- und Ordnungsgesetz Sachsen-Anhalts knüpft die Zulässigkeit einer Gewahrsamsanordnung nicht an eine hilflose Lage, sondern an die Hilflosigkeit der Person, vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 1 SOG Sachsen-Anhalt. 62  Belz / Mußmann / Kahlert / Sander, PolG-BW, § 28 Rn. 12, die freilich darauf hinweisen, dass vor allem in Hinblick auf psychisch Kranke Maßnahmen nach dem UBG den Vorrang vor Maßnahmen nach dem PolG haben; Hauser, in: BeckOK-PolR BW, § 28 PolG Rn. 29; Würtenberger / Heckmann / Tanneberger, PolR BW, § 5 Rn. 184. 63  Hauser, in: BeckOK-PolR BW, § 28 PolG Rn. 29; zur vergleichbaren Regelung in § 35 Abs. 1 Nr. 1 PolG NRW vgl. Basteck, in: BeckOK-Polizei- und Ordnungsrecht NRW, § 35 PolG Rn. 32 f. 64  Zu vereinzelten sog. doppelfunktionalen Maßnahmen vgl. Würtenberger / Heckmann / Tanneberger, PolR BW, § 4 Rn. 68 ff.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

cc) Begriff der Hilfsbedürftigkeit Zwar nicht wortgleich, begriffsthematisch aber ebenfalls mit der Hilflosigkeit i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB verwandt ist der Begriff der Hilflosigkeit einer anderen Person in § 174a Abs. 2 StGB. Danach macht sich u. a. strafbar, wer eine Person, die in einer Einrichtung für kranke oder hilfsbedürftige Menschen aufgenommen und ihm zur Beaufsichtigung oder Betreuung anvertraut ist, dadurch missbraucht, dass er unter Ausnutzung der Hilfsbedürftigkeit dieser Person sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt. § 174a Abs. 2 StGB dient damit ausschließlich dem Schutz der sexuellen Selbstbestimmung solcher Personen, die infolge ihrer eingeschränkten Abwehrmöglichkeit dem Zugriff des Täters in besonderem Maße ausgesetzt sind.65 dd) Zwischenergebnis Die Betrachtung der fachsprachlichen Bedeutung der im Strafgesetzbuch verwendeten Begriffe „Hilflosigkeit einer anderen Person“, „Hilflosigkeit“, „hilflose Lage“ und „Hilfsbedürftigkeit“ verdeutlicht, dass diese zunächst inhaltsgleich bzw. eng verwandt erscheinenden Tatbestandsmerkmale mit­ unter erhebliche Bedeutungsunterschiede aufweisen. Gemeinsam ist den genannten Begrifflichkeiten, dass sie die eingeschränkte Abwehrmöglichkeit des Opfers gegen unterschiedliche Rechtsgutsbeeinträchtigungen umschreiben, wobei es nicht auf eine konstitutions-, sondern auf eine situationsbedingte Hilflosigkeit des Opfers ankommt. Da sich der Begriff der Hilfsbedürftigkeit spezifisch auf die in § 174a Abs. 2 StGB umschriebene, besonders schutzbedürftige Situation des Aufenthalts des Opfers in einer Einrichtung für kranke oder hilfsbedürftige Menschen bezieht, ist er zur inhaltlichen Konkretisierung des Begriffs der Hilflosigkeit einer anderen Person i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht geeignet. Selbiges gilt für den Begriff der „hilflosen Lage“ nach § 234 Abs. 1 StGB, der ein rein subjektives Tatbestandsmerkmal bezeichnet. Schließlich lässt auch die sog. auslandsspezifische Hilflosigkeit des § 232 StGB keinerlei 65  BT-Drs. VI / 3521, S. 27; OLG Hamm NJW 1977, 1499 (1500); Eisele, in: Schönke / Schröder, § 174a Rn. 1; Renzikowski, in: MK-StGB, § 174a Rn. 1; Frommel, in: NK-StGB, § 174a Rn. 7; Hörnle, in: LK-StGB, § 174a Rn. 1; Wolters, in: SKStGB, § 174a Rn. 13; Amelung, GA 1999, 182 (200 ff.); Lackner / Kühl-Heger, § 174a Rn. 1 stellt zudem auf das „Allgemeininteresse an sachrichtiger und gleicher Behandlung […] sowie das Vertrauen in die Objektivität der für diese Behandlung Verantwortlichen“ ab; zusätzlich den Schutz der störungsfreien Funktion dieser Einrichtungen betonend Ziegler, in: BeckOK-StGB, § 174a Rn. 2; ebenso Fischer, StGB, § 174a Rn. 2.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen173

weiterführende Rückschlüsse auf den in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB verwendeten Begriff der Hilflosigkeit einer anderen Person zu. Anders verhält es sich hingegen mit dem objektiven Tatbestandsmerkmal der „hilflosen Lage“ in § 221 Abs. 1 StGB, das immer dann vorliegt, wenn sich das Opfer in seiner konkreten Lage nicht mehr aus eigenen Kräften gegen mögliche Gefahren für Leib oder Leben schützen kann. Vor allem angesichts des Umstands, dass der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien den Schutz von Unfallopfern explizit als Regelungszweck des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB aufgeführt hat, erscheint ein Anknüpfen an die hilflose Lage i. S. d. §  221 naheliegend.66 Als besonders aufschlussreich könnte sich zudem ein Rückgriff auf den mit § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB wortgleichen Begriff der „Hilflosigkeit einer anderen Person“ in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StGB erweisen. Zwar ist der Begriff der Hilflosigkeit in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StGB rechtsgutsbezogen zu interpretieren, weshalb es wesentlich darauf ankommt, dass das Opfer nicht in der Lage ist, sich gegen die drohende Wegnahme zur Wehr zu setzen.67 Da es sich bei § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht um ein Eigentumsdelikt handelt und die Abwehr einer Wegnahme insofern kein Rolle spielt, scheidet eine direkte Übertragung dieses Begriffsverständnisses freilich aus. Angesichts des identischen Wortlauts erscheint es jedoch geboten, auch die gesetzgeberische Wertung, die hinter der Strafschärfung des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 StGB steht, in die Betrachtung mit einfließen zu lassen. Grund für die gegenüber § 242 StGB erhöhte Mindeststrafe ist nämlich gerade die infolge der Hilflosigkeit in besonderem Maße erhöhte Schutzbedürftigkeit des Opfers. Diese Schutzbedürftigkeit ist freilich – wie bereits zuvor betont68 – vor dem Hintergrund des durch die §§ 242, 243 StGB geschützten Rechtsguts „Eigentum“ zu sehen und daher mit Blick auf das durch § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB geschützte Persönlichkeitsrecht zu modifizieren. Die erhöhte Schutzbedürftigkeit des Opfers resultiert bei § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB daher letztlich aus der fehlenden Wehrhaftigkeit gegenüber einer durch die Bildaufnahme drohenden Persönlichkeitsrechtsverletzung.69 Ob diese grammatikalische Auslegung der fachsprachlichen Begriffsbedeutung geeignet ist, den Begriff der Hilflosigkeit einer anderen Person i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB zu konkretisieren, ist indes in der nachfolgenden Betrachtung weiter zu verifizieren. Die grammatikalische Auslegung auch Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (313). Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (313). 68  Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 3 A. I. 1. a) aa) (1). 69  Dass auch wortgleiche Tatbestandsmerkmale nicht stets identisch ausgelegt werden müssen, zeigt schon ein Blick auf den in § 308 StGB a. F. und § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB gleichermaßen verwendeten Begriff des Gebäudes, vgl. BGHSt 6, 107 ff.; Simon, Gesetzesauslegung, S. 454. 66  So

67  Ebenso

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

führt insofern zu einer ersten, keinesfalls jedoch schon zu einer abschließenden Erkenntnis über die zur Verfügung stehenden Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs der Hilflosigkeit einer anderen Person i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB.70 b) Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch Im allgemeinen Sprachgebrauch beschreibt der Begriff der Hilflosigkeit eine Situation der Abwesenheit von Hilfe. Laut Duden71 kann Hilflosigkeit allerdings nicht nur „auf Hilfe angewiesen sein (ohne sie zu erhalten)“, sondern auch „unbeholfen, ungeschickt“ bedeuten. Es ist jedoch fraglich, ob im Hinblick auf die Auslegung des Merkmals „Zur-Schau-Stellen der Hilflosigkeit einer anderen Person“ überhaupt auf letztere Bedeutungsvariante zurückgegriffen werden kann. Für eine Einbeziehung dieser Bedeutungsvariante könnte sprechen, dass der Gesetzgeber bei Neufassung des § 201a StGB im Jahr 2014 zunächst nicht das Zur-Schau-Stellen von Hilflosigkeit, sondern – quasi eine generellere Formulierung verwendend – bloßstellende Bildaufnahmen unter Strafe stellen wollte.72 Ausweislich der Begründung sollten unter dem Begriff „bloßstellende Bildaufnahmen“ solche Bildaufnahmen verstanden werden, die „die abgebildete Person in peinlichen oder entwürdigenden Situationen oder in einem solchen Zustand zeigen, und bei denen angenommen werden kann, dass üblicherweise ein Interesse daran besteht, dass sie nicht hergestellt, übertragen oder Dritten zugänglich gemacht werden“73. Denkbar wäre daher, dass § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB dem Wortlaut nach auch solche Bildaufnahmen erfasst, die den Abgebildeten in einer Situation darstellen, in der er sich unbeholfen verhält, etwa weil er mit den Folgen eines Missgeschicks nicht umzugehen weiß und insofern hilflos ist. Gegen ein derart weites Verständnis des Begriffes „Hilflosigkeit“ lässt sich allerdings anführen, dass die Gesetzesbegründung zur Illustration der Begrifflichkeit 70  Die grammatikalische Auslegung schafft somit einen „Rahmen“ für die mög­ liche Wortbedeutung, ihr kommt dabei allerdings eher ein „Indizcharakter“ zu, auf der anschließend die übrigen Auslegungsmethoden aufbauen können, vgl. Demko, Rechtsbegriffe, S.  120 f. 71  Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 26. Aufl. 2014. 72  BT-Drs. 18 / 2601, S. 36; in BT-Drs. 18 / 2954, S. 11 f. heißt es sodann: „Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat die gegen die im Referentenentwurf verwandte Formulierung der ‚bloßstellenden Bildaufnahme‘ in § 201a Abs. 1 Satz 2 StGB-E geäußerten Bedenken aufgenommen und nunmehr durch eine Änderung der Formulierung und eine Ergänzung der Begründung klargestellt, dass nur Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, dem Anwendungsbereich von § 201a StGB-E unterfallen“; vgl. hierzu nun auch BGH NJW 2017, 1981 (1892) – Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Bildaufnahmen. 73  BT-Drs. 18 / 2601, S. 37.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen175

das Beispiel der „Opfer einer Gewalttat, die verletzt und blutend auf dem Boden liegen“ nennt, also eine solche Situation, die für den Betroffenen zwar möglicherweise peinlich oder bloßstellend sein kann, ihre Ursache aber gerade nicht in der eigenen Ungeschicklichkeit oder Unbeholfenheit des Abgebildeten hat.74 Überdies harmoniert die Bedeutungsvariante „unbeholfen, ungeschickt“ auch nicht mit dem Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs, der – schlagwortartig umrissen – die Bereiche Krankheit, Sexualität und Tod umfasst, so dass streng genommen schon nicht einsichtig ist, weshalb Bildaufnahmen von Situationen, in denen sich die „Hilflosigkeit“ des Abgebildeten allein als Folge eigener Ungeschicklichkeit und mithin wenig schutzwürdig darstellt, überhaupt des Schutzes durch das Strafrecht als „schärfstes Schwert des Rechts“75 zur staatlichen Sicherung normkonformen Verhaltens erfordern sollen. Nachdem also die Bedeutungsvariante „ungeschickt, unbeholfen“ keine Aufschlüsse über die Auslegung des Begriffs des Zuschaustellens der Hilflosigkeit einer anderen Person i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB zulässt und somit bei der weiteren Auslegung außen vor zu bleiben hat,76 kann anhand ersterer Bedeutung zumindest darauf geschlossen werden, dass Hilflosigkeit grundsätzlich zweierlei voraussetzt: Zum einen muss der Betroffene auf Hilfe angewiesen sein, d. h. er darf sich in der konkreten Situation nicht selbst helfen können. Zum anderen setzt Hilflosigkeit nach diesem Verständnis auch voraus, dass der Betroffene die erforderliche Hilfe nicht erhält.77 An dieser Stelle darf sich die Wortlautauslegung freilich nicht auf eine isolierte, d. h. rein sprachliche Betrachtung des Normtextes beschränken, sondern muss die im Rahmen der Frage nach der allgemeinsprachlichen Bedeutung des Wortlauts gefundenen Ergebnisse wiederum mit dem spezifischen Wortlaut des Gesetzes „rückkoppeln“. Hierbei stellt sich die Frage, ob es sich bei der ermittelten allgemeinsprachlichen Wortlautbedeutung im Hinblick auf den konkret auszulegenden Gesetzestext um den „richtigen“ Sprachgebrauch handelt, oder ob der Aufbau der Norm bzw. ihr Zusammen74  Dies schließt freilich nicht grundsätzlich aus, dass erst ein eigenes Verhalten – etwa das vorangegangene wissentliche Betrinken – zur bloßstellenden Situation geführt hat bzw. für diese zumindest mit kausal geworden ist. 75  BVerfGE 32, 98 (109); 39, 1 (45); vgl. zudem Günther, JuS 1978, 8 (12 f.); Hefendehl, JA 2011, 401 (405); Laudien, Der homo oeconomicus, S. 233 (236); Prittwitz, in: FS Roxin, 2001, S. 23 (30); Wessels / Beulke / Satzger, StR AT, Rn. 15; zur spezifischen Härte der Strafe vgl. Seher, in: Mediating Principles, S. 70 (77 f.). 76  Es ist insofern mit Stöckel, Gesetzesumgehung, S. 85 festzuhalten, dass nicht „alle philologischen Wortbedeutungen noch zulässige Auslegung beinhalten“. 77  Zu diesem Ergebnis, freilich in Bezug auf die Auslegung des Merkmals „hilflose Lage“ i. S. v. § 221 Abs. 1 StGB, kommt auch Wielant, Aussetzung, S. 281; vgl. dazu auch Lucks, Aussetzungstatbestand, S.  152 f.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

spiel mit anderen Normen oder Normteilen einen anderen Sprachgebrauch nahelegen.78 Bei dieser systematischen Betrachtung des Wortlauts79 unter Berücksichtigung von Syntax und Kontext des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB fällt zunächst auf, dass der Gesetzgeber durch die Verwendung der Attribute „Hilflosigkeit […] zur Schau stellt“ eine im Vergleich zu § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB eigenständige Formulierung verwendet. Wenn es in § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB heißt „wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblicke besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt […]“

so hätte § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB bei einer Orientierung an § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB eigentlich wie folgt lauten müssen: „[…] wer von einer anderen Person, die sich in einer hilflosen Lage befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersön­ lichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt […]“.

Neben dem Aspekt einer systematisch einheitlichen, d. h. parallelen sprachlichen Abfassung des Absatzes in Nr. 1 und Nr. 2 hätte eine Formulierung unter Rückgriff auf den Begriff der „hilflosen Lage“ auch den Vorteil einer Anknüpfung an eine dem Strafgesetzbuch aus § 221 Abs. 1 StGB bereits bekannte Formulierung aufweisen können. Da der Gesetzgeber diesen – eigentlich naheliegenden – Weg nicht gewählt hat, liegt der Schluss nahe, dass ein Anknüpfen an die Begriffsbedeutung der „hilflosen Lage“ bewusst vermieden und folglich im Rahmen des § 201a StGB ein eigenständiger Begriff geschaffen werden sollte.80

dazu auch Simon, Gesetzesauslegung, S. 69. wenn diese Betrachtung durchaus Elemente systematischer Auslegung beinhaltet, ist sie dennoch der Wortlautauslegung zugehörig; Simon, Gesetzesaus­ legung, S. 69 weist insofern zutreffend darauf hin, dass eine „trennscharfe Differenzierung zwischen den canones […] in Anbetracht der vielfältigen Verschränkungen ohnehin nicht möglich“ sei. 80  So führt BGHSt 18, 156 (158) – freilich in anderem Kontext – aus, dass nicht angenommen werden könne, „daß der Gesetzgeber die umständliche Ausdrucksweise […] gewählt hätte, wenn er damit dasselbe Verhalten hätte umschreiben wollen, das dem seit langem im StGB und verschiedenen strafrechtlichen Nebengesetzen verwendeten Begriff […] wesentlich kürzer gekennzeichnet wird“; Simon, Gesetzesauslegung, S. 74 führt insofern aus, dass „eine andere Formulierung […] mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen anderen Inhalt der Vorschrift“ spreche; anders noch die Auffassung des RGSt 77, 137 (138), wonach „die Beachtung oder Nichtbeachtung solcher sprachlichen Feinheiten […] mehr oder weniger von Zufällen ab[hängt] und […] keinen zuverlässigen Schluß auf die Bedeutung einer Bestimmung zu[lässt]“. 78  Vgl.

79  Auch



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen177

2. Historische Auslegung Gegenstand der historischen Auslegung als „jüngstes Element der Interpretationslehre“81 ist neben der Entstehungsgeschichte der Norm im engeren Sinne einschließlich der entsprechenden Gesetzesmaterialien auch die Analyse der Rechts- bzw. Gesetzgebungsgeschichte im weiteren Sinne.82 Vorliegend verspricht die historische Auslegung freilich nur einen geringen Erkenntnisgewinn im Hinblick auf die Auslegung des Zur-Schau-Stellens der Hilflosigkeit einer anderen Person, wurde die Begrifflichkeit doch erstmals in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB aufgenommen. Stand im Jahr 2004 bei der Schaffung des § 201a StGB im Rahmen des 39. StÄG noch die zuvor erhobene Forderung nach einer Gleichbehandlung von unbefugtem Abhören und unbefugtem Abbilden83 im Vordergrund,84 so bezweckte die Neustrukturierung des § 201a StGB durch das 49. StÄG im Jahr 2015 zunächst die Umsetzung europäischer und internationaler Vorgaben zum verbesserten Schutz von Kindern in nationales Recht. Nachdem im Zuge der sog. Edathy-Affäre der Ruf nach einer Kriminalisierung des Umgangs mit Nacktbildern von Minderjährigen laut geworden war,85 wurde schließlich nicht nur die Strafrahmenobergrenze von einem auf zwei Jahre erhöht, sondern auch der von § 201a StGB erfasste Bereich strafwürdigen Unrechts erheblich erweitert. Bereits im Referentenentwurf86 war vorgesehen, dass die Erweiterung des 81  So wörtlich Holzhauer, in: FS Hattenhauer, S. 215 (220); wenngleich die Entstehungsgeschichte im Rahmen der Strafrechtsprechung eine durchaus bedeutende Rolle spielt, vgl. dazu Simon, Gesetzesauslegung, S. 204, wird ihr bisweilen mit einer gewissen Geringschätzung begegnet, etwa wenn Maurach / Zipf, StR AT5, S. 124 sie als „Hilfsmittel letzten Ranges“ bezeichnen; vgl. hierzu auch Tröndle, in: LK10StGB, § 1 Rn. 44. 82  Zur historischen Auslegungsmethode vgl. Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn.  77 f. 83  Vgl. nur Arzt, Intimsphäre, S. 22  ff.; Kienapfel, Privatsphäre und Strafrecht, S.  14 ff.; Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (34 ff.); zusammenfassend Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (337 ff.); Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 5 ff.; Heuchemer, BeckOK-StGB, § 201a Rn. 4. Zur im Hinblick auf das Herstellen von Bildaufnahmen bestehenden Schutzlücke der §§ 22 ff. KUG vgl. bereits oben Kapitel 1 B. II. 1. a) cc) (2) sowie BT-Drs. 15 / 1891, S. 6 und BT-Drs. 15 / 2466, S. 4. 84  Zur gestiegenen Verletzlichkeit der Privatsphäre infolge technischer Entwicklungen wie dem Internet und damit zusammenhängend einer umfassenden Digitalisierung, Miniaturisierung von Bildaufnahmegeräten und der allgegenwärtigen Verbreitung von Mobiltelefonen mit Kamerafunktion vgl. Bosch, JZ 2005, 377 (378) sowie bereits oben Kapitel 2 A. 85  Siehe hierzu nur Jahn / Ziemann, in: FS Kargl, S. 227 ff.; Heuchemer, BeckOKStGB, § 201a Rn. 5. 86  Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU / CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht v. 23.09.2014, BT-Drs. 18 / 2601.

178

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

§ 201a StGB neben unbefugten Bildaufnahmen von unbekleideten Personen zukünftig auch bloßstellende Bildaufnahmen erfassen solle.87 Was indes unter einer bloßstellenden Bildaufnahme zu verstehen sei, wird in den Gesetzesmaterialien nicht näher erläutert. Es findet sich lediglich der Verweis darauf, dass bloßstellende Situationen sich nicht „ausschließlich in Wohnungen oder gegen Einblicke besonders geschützten Räumen“ ergeben, sondern „durchaus auch außerhalb dieser geschützten Räumlichkeiten auftreten“ könnten, etwa bei „betrunkene[n] Personen auf dem Heimweg, Opfer[n] einer Gewalttat, die verletzt und blutend auf dem Boden liegen etc.“.88 In welchem Verhältnis diese exemplarisch benannten Situationen bloßstellender Bildaufnahmen zum Tatbestandsmerkmal der Hilflosigkeit einer anderen Person i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB stehen, wird indes weder im Referentenentwurf noch im nachfolgenden Regierungsentwurf näher erörtert.89 3. Systematik Aufschlussreicher als die Wortlautauslegung bzw. die historische Auslegung ist hingegen die systematische Auslegung90 des neu eingefügten § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB. Wenngleich sich die Verortung des Schutzes vor Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen, in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB bei rein semantischer Betrachtung nicht ohne weiteres erschließt, so wird doch bei genauerer Analyse und insbesondere im Vergleich mit dem Schutz vor Bildaufnahmen in besonders geschützten Räumlichkeiten (§ 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB) ein enger innerer Zusammenhang sichtbar. So wurde der Schutz vor Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen, vom Gesetzgeber nicht in einem eigenständigen Absatz, sondern als Ergänzung zum Schutz vor Bildaufnahmen in besonders geschützten Räumlichkeiten konzipiert. Die Tatbestände des § 201a Abs. 1 bis 3 StGB a. F. wurden in § 201a Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 überführt und mit § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB um eine eigenständige Regelung zum Schutz vor Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen, ergänzt.

87  Krit. zur Einbeziehung jeglicher Nacktaufnahmen auch Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 23; Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (313). 88  So wörtlich BT-Drs. 18 / 2601, S. 36. 89  Im Ergebnis ebenso Busch, NJW 2015, 977 (978); krit. auch Wieduwilt, K&R 2014, 627 (630 f.). 90  Vgl. hierzu Eisele, in: B / W / M / E, § 7 Rn. 68 ff.; zum systematischen Normvergleich siehe Küpper, in: FS Puppe, S. 137 (142).



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen179

Bereits ein flüchtiger Blick auf den ebenfalls mit dem 49. StÄG eingeführten § 201a Abs. 2 StGB zeigt, dass dieses Vorgehen keineswegs selbstverständlich ist.91 Unterstellt man dem Gesetzgeber, bei der Strukturierung des neugefassten § 201a StGB bewusst nicht den Weg eines eigenständigen Absatzes eingeschlagen zu haben, so liegt die Schlussfolgerung nahe, dass zwischen § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB und § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB eine größere inhaltliche Nähe bzw. Verbindung besteht als zwischen § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 201a Abs. 2 StGB. Erweitert man die systematische Betrachtung zudem noch um teleologische Aspekte und betrachtet die Zwecksetzung, die der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB verfolgt – nämlich die Pönalisierung solcher Persönlichkeitsverletzungen, die sich außerhalb der häuslichen, bereits durch § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB geschützten Sphäre ereignen – so erschließt sich auch hieraus ein innerer Zusammenhang zwischen § 201a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB. § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB beschreibt das strafwürdige Unrecht durch die Verwendung der Tatbestandsmerkmale „Wohnung“ bzw. „sonst gegen Einblicke geschützter Raum“ und erfasst damit solche Persönlichkeitsverletzungen, die unter Bruch der häuslichen Privatsphäre erfolgen. Die Abgrenzung strafbaren Unrechts von straffreiem Verhalten wird somit bei Nr. 1 durch ein primär räumlichgegenständliches Kriterium erreicht. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB fehlt hingegen eine derartige räumlich-gegenständliche Begrenzung, soll er doch gerade nicht auf einen gegenständlich-privaten Raum beschränkt bleiben, sondern sich über diesen hinaus auf (alle) Bildaufnahmen erstrecken, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen. Um eine unerwünschte generelle Pönalisierung von Bildaufnahmen schlechthin zu verhindern – Bildaufnahmen, die in der Öffentlichkeit angefertigt werden, sind allein schon im Hinblick auf die zuvor erörterten verfassungsrechtlichen Vorgaben von einer Kriminalisierung auszunehmen92 – ist hierbei allerdings eine objektive, dem Bestimmtheitsgrundsatz Rechnung tragende Umschreibung strafwürdigen Unrechts zwingend erforderlich.93 Neben dem expliziten Erfordernis des „Zur Schau Stellens“94 erfüllt im Rahmen des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB vor allem das Tatbestandsmerkmal der „Hilflosigkeit einer anderen Person“ diese 91  Zu

2.

92  Zu

§ 201a Abs. 2 StGB ausführlich unter Kapitel 3 B. den verfassungsrechtlichen Vorgaben vgl. bereits oben unter Kapitel 1 A. II.

93  Krit. im Hinblick auf die Unbestimmtheit vgl. bereits Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 23 f.; vgl. nun aber auch BGH NJW 2017, 1891 (1892) – Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Bildaufnahmen, der ausführt, dass „nach Auffassung des Senats gegen diese begriffliche Weite des Tatbestandsmerkmals verfassungsrechtliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgrundsatzes (Art. 103 II GG) nicht erhoben werden“. 94  Zum Tatbestandsmerkmal des Zur-Schau-Stellens vgl. ausführlich unter Kapitel 3 A. II.

180

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

begrenzende Funktion. Die Tatbestandsmerkmale „Wohnung“ bzw. „gegen Einblicke besonders geschützter Raum“ in § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB und „Hilflosigkeit einer anderen Person“ in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB können damit im Hinblick auf die Regelungstechnik als funktional-äquivalent bezeichnet werden. Stellt man die soeben aufgezeigten Befunde in einen größeren Kontext und berücksichtigt die übergeordneten bzw. rechtsgebietsübergreifenden Entwicklungslinien des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts,95 so wird die Parallele zu den bereits in Kapitel 1 aufgezeigten verfassungsrechtlichen Vorgaben des Persönlichkeitsschutzes deutlich. War im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Persönlichkeit vor Bildaufnahmen zunächst nur ein räumlich gefasster Schutzbereich erfasst, so ist inzwischen anerkannt, dass dieser um einen inhaltlich-thematisch zu fassenden Bereich zu erweitern ist.96 Für den strafrechtlichen Persönlichkeitsschutz vor Bildaufnahmen lässt sich insofern eine Parallele ziehen, denn während § 201a StGB zunächst nur die Wohnung bzw. sonst sichtgeschützte Räume erfasste, wurde er nunmehr mit der „Hilflosigkeit einer anderen Person“ um ein inhaltlich-thematisch auszulegendes Kriterium erweitert. Die Auslegung des Begriffs der „Hilflosigkeit einer anderen Person“ im Sinne des § 201a StGB hat sich daher von der übergeordneten Frage leiten zu lassen, wann eine Bildaufnahme unter Zugrundelegung eines inhaltlichthematischen Maßstabs als derart schutzwürdig zu gelten hat, dass der Einsatz des Strafrechts als ultima-ratio geboten erscheint. Zur näheren Bestimmung dieses inhaltlich-thematischen Maßstabes im Rahmen des § 201a StGB ist dabei notwendigerweise auf die Wertungen zurückzugreifen, die zuvor in Kapitel 1 entwickelt und herausgearbeitet wurden. 4. Telos Im Anschluss an die Auslegung nach Wortsinn und systematischem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte ist als „Krone der Auslegung“97 schließlich der Sinn und Zweck der Norm zu ermitteln.98 Dabei ist der Frage nachzugehen, welche Auslegung dem objektiven Sinn der Norm am besten gerecht wird.99 95  Vgl.

hierzu die ausführliche Darstellung in Kapitel 1. hierzu bereits oben unter Kapitel 1 A. II. 2. b). 97  Wörtlich Jescheck / Weigend, StR AT, § 17 IV 1b; vgl. dazu auch Tröndle, in: LK-StGB10, § 1 Rn. 46; Simon, Gesetzesauslegung, S. 471; Rudolphi / Jäger, in: SKStGB, § 1 Rn. 32. 98  Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 73 ff.; Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 1 Rn. 40. 96  Vgl.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen181

Ausweislich der Gesetzesmaterialien verfolgte der Gesetzgeber mit Schaffung des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB eine Verbesserung des bislang lediglich fragmentarischen Schutzes des höchstpersönlichen Lebensbereichs vor unbefugten Bildaufnahmen.100 Geschütztes Rechtsgut ist – wie auch bei § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB – der höchstpersönliche Lebensbereich101 als Teilbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.102 Mit der Beschränkung des Rechtsguts auf lediglich einen Ausschnitt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts will der Gesetzgeber einen umfassenden Ausschluss sozialadäquater Handlungen aus dem tatbestandlich geschützten Bereich sicherstellen. Der auch außerhalb besonders geschützter Räumlichkeiten durch § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB bewirkte Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen soll nach der Zielvorstellung des Gesetzgebers vor allem die Herstellung bzw. Übertragung solcher Bildaufnahmen unterbinden, die entwürdigende, bloßstellende oder gewalttätige Situationen zum Inhalt haben.103 Dass gerade das Vorliegen einer solchen qualifizierten Situation ein Unterscheiden von strafbarem und straffreiem Verhalten ermöglichen soll, bestätigt zudem ein Blick auf die in den Gesetzesmaterialien explizit genannten Beispielsfälle. An eine entwürdigende, bloßstellende oder gewalttätige Situation sei etwa bei Bildaufnahmen von betrunkenen Personen auf dem Heimweg oder Opfern einer Gewalttat, die verletzt und blutend auf dem Boden liegen, zu denken.104 99  Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 75; Hassemer / Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 109; Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 1 Rn. 43; Jescheck / Weigend, StR AT, § 17 IV 2; Maurach / Zipf, StR AT I, § 9 Rn. 15; Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 75. Zum Gesetz als „objektivierter Wille des Gesetzgebers“ vgl. BVerfGE 1, 299 (312); 11, 126 (129 f.); 105, 135 (157); 110, 226 (248); BGHSt 44, 13 (18); OLG Dresden NJW 2006, 1013; OLG Hamburg NJW 2010, 1893 ff.; Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; Rudolphi / Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 32; Satzger, in: SSW-StGB, § 1 Rn. 49; Schwalm, in: FS Heinitz, S. 47 (54); ders., in: FS Dreher, S. 53 (65). 100  BT-Drs. 18 / 2601, S. 36. 101  Zum Verhältnis des „höchstpersönlichen Lebensbereichs“ zu dem in der Überschrift des 15. Abschnitts sowie in den § 68a Abs. 1 StPO, § 171b GVG erwähnten „persönlichen Lebensbereich“ vgl. Kühl, AfP 2004, 190 (193); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 1; Flechsig, ZUM 2004, 605 (607); Rahmlow, HRRS 2005, 84 (90 f.) sowie oben unter Kapitel 2 B. III. Zur Problematik der Erhebung des Schutzgutes zum Tatbestandsmerkmal vgl. Kühl, AfP 2004, 190 (196); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 3; Bosch, JZ 2005, 377 (379); Borgmann, NJW 2004, 2133 (2134); Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (336); Mitsch, Jura 2006, 117 (119); Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (618); Kächele, Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, S. 96; Murmann, in: FS Maiwald, S. 585 (586); Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 8; Fischer, StGB, § 201a Rn. 19 ff. 102  BGH NStZ 2015, 391; Kühl, AfP 2004, 190 (193); Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 2; Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 1; Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (337 f.). Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht vgl. bereits ausführlich oben unter Kapitel 1 A. II.; zum höchstpersönlichen Lebensbereich vgl. bereits Kapitel 2 B. III. 103  BT-Drs. 18 / 2601, S. 36. 104  BT-Drs. 18 / 3202, S. 28.

182

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Bei einer Abstraktion des Anwendungsbereichs der genannten Beispielsfälle zeigt sich, dass diese auf den ersten Blick recht unterschiedlich erscheinenden Situationen durchaus eine Gemeinsamkeit aufweisen.105 Sowohl Bildaufnahmen von stark betrunkenen Personen als auch solche von Unfallbzw. Verbrechensopfern, die verletzt auf der Straße liegen, perpetuieren allein aufgrund ihres Inhalts eine Ent- bzw. Herabwürdigung des Abgebildeten, denn sie fixieren einen anlassbezogenen, defizitären Zustand der abgebildeten Person, in dem diese sich selbstbestimmt zu verhalten außer Stande ist und sich damit insbesondere auch nicht gegen die durch eine Bildaufnahme drohende Persönlichkeitsverletzung zur Wehr zu setzen vermag. Fraglich erscheint indes, ob das Defizit des Abgebildeten zwingend auf einer körperlichen Einschränkung beruhen muss – so die Vermutung angesichts der vom Gesetzgeber genannten Beispiele – oder ob auch rein psychische Belastungs- oder Ausnahmesituationen eine Hilflosigkeit i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB begründen können. Für eine Beschränkung auf Einschränkungen körperlicher Art scheint zunächst zu sprechen, dass das vom Gesetzgeber gewählte Beispiel des „Unfall- bzw. Verbrechensopfers“ und die sprachliche Fassung des Tatbestandsmerkmals Hilflosigkeit eine gewisse „Körperlichkeit des Zustands“ implizieren. Gegen ein derart enges Verständnis von Hilflosigkeit spricht allerdings bereits der Umstand, dass das ebenfalls vom Gesetzgeber angeführte Beispiel der „Trunkenheit“ genauso viel bzw. wenig „körperlich“ ist wie ein psychischer Defekt oder sonstiger Ausnahmezustand. Hinzu kommt, dass besondere Belastungssituationen denkbar sind, in denen der Betroffene ebenso schutzwürdig erscheint wie in den soeben genannten Beispielsfällen. Zu denken ist etwa an Bildaufnahmen, die trauernde Eltern bei der Beerdigung am Grab ihres Kindes zeigen.106 Die Trauer um den Tod des eigenen Kindes gehört nicht nur zum höchstpersönlichen Lebensbereich, sondern kann im Einzelfall als akute psychische Belastungssituation die selbstbestimmte Reaktions- und Handlungsfähigkeit vorübergehend erheblich reduzieren.107 Auch ein wertender Vergleich mit dem vom Gesetzgeber genannten Beispiel des Betrunkenen auf dem Heimweg 105  Dazu, dass das vom Gesetzgeber genannte Beispiel um weitere Fallbeispiele ergänzt bzw. erweitert werden kann, vgl. sogleich unten unter Kapitel 3 A. IV. 4. 106  Dieses Beispiel wurde bereits frühzeitig von Kühl, Protokoll der 27. Sitzung des Rechtausschusses des Deutschen Bundestages der 15. Wahlperiode, S. 16 und S. 19 in die Diskussion eingebracht; vgl. auch ders., in: Symposium Schünemann, S. 211 (218); ders., in: FS Schöch, S. 419 (434); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2; vgl. auch LG Frankfurt, AfP 2013, 438 ff. 107  So ist etwa im Zivilrecht anerkannt, dass die Benachrichtigung über den Tod naher Angehöriger zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann, die als sog. Schockschaden eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB begründen, vgl. BGH NJW 1971, 1883 ff.; Fischer, VersR 2016, 1155 ff.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen183

bestätigt diesen Befund. Braucht sich ein Betrunkener, der sich zudem in aller Regel auch noch selbstverschuldet in diesen Zustand versetzt hat, nicht zu sorgen, dass auf dem Heimweg nachteilige Bildaufnahmen von seiner Person angefertigt werden, so wird dies erst Recht für die Situation akut trauernder Eltern am Grab ihres Kindes zu gelten haben.108 Wenngleich das Beispiel der trauernden Eltern am Grab ihres Kindes zeigt, dass die vom Gesetzgeber genannten Anwendungsfälle des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht als abschließend betrachtet werden dürfen, da sie um weitere vergleichbare Konstellationen ergänzt werden können,109 so ist doch zu sehen, dass nicht schon jedes für den Abgebildeten unangenehme oder nachteilige Bild tatbestandlich erfasst sein kann.110 Wird etwa ein Obdachloser oder ein Bettler fotografiert, so mag dieses Bild je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls für diesen zwar unangenehm oder nachteilig erscheinen, es trägt jedoch nicht per se das für § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB erforder­ liche Element der Ent- bzw. Herabwürdigung in sich. Grund hierfür ist zum einen, dass die abgebildete Obdachlosigkeit bzw. das Erbitten von Almosen regelmäßig nicht anlassbezogen, d. h. Folge eines plötzlichen Unglücks o. ä. sein wird, zum anderen stellt sie auch keinen derart defizitären Zustand dar, der die Selbstbestimmung des Abgebildeten ernstlich auszuschließen in der Lage ist. Ähnlich verhält es sich zum Beispiel, wenn Ortsunkundige sich verlaufen haben und davon Bildaufnahmen erstellt werden.111 Damit Bildaufnahmen § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB unterfallen, müssen sie daher ein schlechthin nicht mehr hinnehmbares Maß an Entwürdigung in sich tragen bzw. ein sozial nicht mehr zu tolerierendes Verhalten darstellen. Dies wird jedenfalls in all denjenigen Konstellationen zweifelsfrei zu bejahen sein, in denen sich das Interesse des Bildherstellers oder -verwenders nicht mehr nur auf das ursächliche Ereignis beschränkt, sondern es ihm allein um eine Darstellung des Abgebildeten als Objekt von Sensationslust geht. In diesen Fällen berührt bereits die Art der bildhaften Darstellung regelmäßig die Menschenwürde des Abgebildeten und vermag insofern eine eigenständige Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu begründen.

108  Zum Gebot gleichmäßiger Rechtsanwendung, das anhand des Bezugspunkts des Gesetzeszwecks bei vergleichbaren Lebensvorgängen einen sog. Erst-RechtSchluss zulässt vgl. Simon, Gesetzesauslegung, S. 482 ff. 109  Dies sah wohl auch der Gesetzgeber so, wofür nicht zuletzt schon die von ihm gewählte Formulierung „Man denke nur an […]“ spricht, vgl. BT-Drs.  18 / 2601, S. 36. 110  Zur bereits oben ausgeschiedenen Deutung „unbeholfen“ oder „ungeschickt“ vgl. Kapitel 3 A. I. 1. b). 111  Dieses Beispiel lässt sich freilich auch mit Sprachunkundigen bilden; vgl. hierzu auch Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314).

184

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

II. Zur-Schau-Stellen Als weiteres, den Anwendungsbereich des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB einschränkendes Tatbestandsmerkmal fordert die Norm ein Zur-Schau-Stellen der Hilflosigkeit einer anderen Person. Da der Begriff des Zur-Schau-Stellens dem Strafgesetzbuch bis zur Einführung des § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB gänzlich fremd war und auch der Gesetzesbegründung dahingehend keinerlei Präzisierung entnommen werden kann, erscheint insofern zunächst ein Rückgriff auf das urheberrechtliche Begriffsverständnis naheliegend. Nach § 22 KUG ist ein öffentliches Zur-Schau-Stellen immer dann zu bejahen, wenn einer unbestimmten Vielzahl von Betrachtern die Möglichkeit verschafft wird, das Bild optisch wahrzunehmen,112 wobei hierfür bereits eine unkörperliche Darstellung ausreichend sein soll.113 Durch das Zur-Schau-Stellen vermag der Betrachter keine Verfügungsgewalt über das Bildnis zu erlangen.114 Erforderlich ist allerdings, dass das Zur-Schau-Stellen öffentlich i. S. d. § 15 Abs. 3 UrhG erfolgt.115 Nach der Legaldefinition des § 15 Abs. 3 UrhG ist die Wiedergabe eines Werkes immer dann öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist, wobei jeder zur Öffentlichkeit gehört, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehung verbunden ist. Eine Öffentlichkeit liegt hingegen nicht vor, wenn der Kreis dieser Personen bestimmbar abgegrenzt ist und sie durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehung zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden sind.116 Ob dieses weite Begriffsverständnis des § 22 KUG jedoch tatsächlich ohne weitere Modifikationen auf § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB übertragbar ist, er112  OLG München MMR 2007, 659; VG Meiningen NVwZ-RR 2012, 551 (552); Schertz, in: Loewenheim, Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 13; Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 64; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 54; v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 44; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 10; ein Zur-Schau-Stellen kann daher auch durch Plakatierung bzw. durch Einstellen oder Verlinken im Internet erfolgen, vgl. Schönewald, ZUM 2013, 862 (863); a. A. hinsichtlich des Verlinkens aber Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, § 33 KUG Rn. 12. 113  Neukamm, Bildnisschutz, S. 103; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 10; Schertz, in: Loewenheim, Hdb. Urheberrecht, § 18 Rn. 13; Wolf, Strafrecht­ licher Schutz der Persönlichkeit, S. 29. 114  Kaiser, in: Erbs / Kohlhaas, § 33 KUG Rn. 11; Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 54; a. A. Rixecker, in: MK-BGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 64. 115  v. Strobl-Albeg, in: Wenzel, Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 7 Rn. 44; Herrmann, in: BeckOK-InfoMedienR, § 22 KUG Rn. 12; 116  Dreier, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 15 Rn. 37.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen185

scheint indes zweifelhaft. Die Annahme, dass der Tatbestand des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB bereits dann verwirklicht sein könnte, wenn zum Zeitpunkt der Bildaufnahme objektiv die Hilflosigkeit einer anderen Person vorliegt, erscheint zwar zunächst nicht gänzlich fernliegend, da bereits das bloße bildliche Festhalten dieser Hilflosigkeit die Möglichkeit einer anschließenden Betrachtung durch Dritte eröffnet. Einer unbedarften Übertragung des Begriffsverständnisses steht jedoch der Umstand entgegen, dass es sich bei dem Zur-Schau-Stellen des § 22 KUG um eine Verwertungshandlung, d. h. eine Tathandlung handelt, das Tatbestandsmerkmal des Zur-Schau-Stellens i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB hingegen gerade nur eine Eigenschaft darstellt, die der fraglichen Bildaufnahme anhaften muss bzw. die die Bildaufnahme charakterisiert. Bei § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB kommt es somit nicht darauf an, dass der Aufnehmende das Bildnis anschließend verwertet oder verwerten will, indem er es (öffentlich) zur Schau stellt, sondern darauf, dass er eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt.117 Ein Zur-Schau-Stellen i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB kann daher nach alledem nur dann vorliegen, wenn die Abbildung der Hilflosigkeit einer anderen Person über eine rein bildliche Darstellung der Hilflosigkeit hinausgeht, d. h. mit anderen Worten, sich nicht hierauf beschränkt. Das strafwürdige Unrecht, das mit § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst werden soll, besteht gerade darin, dass der Abgebildete in einer für ihn nicht beherrschbaren und damit hilflosen Situation mittels „einer technischen Apparatur zum bloßen Objekt fremden Willens erniedrigt wird“118. Zum Zeitpunkt der Bildaufnahme muss die Hilflosigkeit des Abgebildeten daher nicht nur objektiv vorliegen, sondern auf der Bildaufnahme derart in den Fokus gerückt sein, dass sie nicht nur als „untergeordnetes Beiwerk“ erscheint.119 Aus dem eben gesagten folgt auch, dass ein Zur-Schau-Stellen der Hilflosigkeit einer anderen Person i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn es sich bei der fraglichen Bildaufnahme um eine Überblicks- oder Panoramaaufnahme handelt, auf der eine hilflose Person am Rande der Aufnahme zu sehen ist.120 Gleichermaßen kann ein Zur-SchauStellen nicht angenommen werden, wenn auf einer Bildaufnahme, die eine 117  Der Schutz des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB setzt insofern zeitlich bereits vor § 22 KUG an, erfasst er doch bereits das Herstellen der Bildaufnahme. 118  So wörtlich Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (18), der mit dieser Feststellung zum Missbrauch technischer Mittel seiner Zeit weit voraus war. 119  BGH NJW 2017, 1891 (1893) – Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Bildaufnahmen; Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314); ebenso Bosch, in: SSW, § 201a Rn. 12; Fischer, StGB, § 201a Rn. 10b. 120  Ebenso Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314).

186

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Menschenansammlung zeigt, in der Menschenmenge einzelne Hilflose auszumachen sind. Fraglich ist insofern allerdings, ob dies auch für die Abbildung einzelner (Schwer-)Verletzter in einer Menschenmenge gelten kann. Dies wird man jedenfalls dann bejahen müssen, wenn die Bildaufnahme den Blick des Betrachters geradezu auf den Schwerverletzten drängt, nicht aber, wenn die Darstellung der verletzten Person bei einer Gesamtwürdigung der Bildaussage nur eine untergeordnete Rolle spielt.121 Gerade in letztgenannten Fällen dürfte häufig bereits zweifelhaft sein, ob die Hilflosigkeit der Person der Bildaufnahme überhaupt zu entnehmen ist. Die Hilflosigkeit einer Person ist daher auch dann zu verneinen, wenn etwa die geistige Verwirrung einer Person auf der Bildaufnahme überhaupt nicht zu erkennen ist.122 Für eine Strafbarkeit nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB kommt es somit nicht auf das objektive Vorliegen, sondern auf das erkennbare Darstellen von Hilflosigkeit im Wege einer Bildaufnahme an. Ein subjektives Moment des Zur-SchauStellens ist hingegen nicht erforderlich, sodass die Motivation des Aufnehmenden – zu denken ist hierbei vor allem an voyeuristische Bildaufnahmen, bei denen die Sensationsgier bzw. die Skandallust des Aufnehmenden als beherrschendes Motiv im Vordergrund steht123 – für die Beurteilung einer Strafbarkeit nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB keine Rolle spielt.124

III. Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs Wie bereits bei § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfordert eine Strafbarkeit nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB, dass der Gebrauch bzw. die Übertragung der Bildaufnahme den höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt. Dies ist insofern ungewöhnlich, als dass hierdurch das ohnehin schon „relativ offene [und] unbestimmte“125 Rechtsgut des § 201a StGB zugleich zu einem Tatbestandsmerkmal erhoben wird.126 Fraglich ist dabei, ob der Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereich in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB mit dem der Nr. 1 deauch Fischer, StGB, § 201a Rn. 10b; Bosch, JA 2016, 1380 (1385). hierzu Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314). Freilich sind dennoch Fälle denkbar, in denen insbesondere anhand der äußeren Begleitumstände die geistige Verwirrtheit der abgebildeten Person in Erscheinung tritt, weshalb es stets auf eine genaue Prüfung des Einzelfalls ankommen wird. 123  Zu denken ist hier etwa an die Bildaufnahmen, die die sterbende Prinzessin Diana blutend und bewusstlos, teils in Nahaufnahme zeigten; vgl. hierzu auch Rogall, in: FS Hirsch, S. 665. 124  So auch Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314); Bosch, JA 2016, 1380 (1385). 125  Kühl, AfP 2004, 190 (193); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 1. 126  Krit. hierzu Kühl, AfP 2004, 190 (196); vgl. auch BT-Drs. 15 / 2466, S. 4; Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (343); Kraenz, Schutz des Persönlichkeitsrechts, S. 199; Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 112 sowie bereits oben unter Kapitel 2 B. III. 121  So

122  Vgl.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen187

ckungsgleich, d. h. inhaltlich identisch ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung handelt es sich beim höchstpersönlichen Lebensbereich um den „einer Abwägung mit anderen Interessen nicht mehr zugänglichen Bereich privater Lebensführung“, worunter vor allem Krankheit, Sexualität und Tod zu fassen sind.127 In Relation zu dem in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB festgelegten Erfordernis des Zur-Schau-Stellens der Hilflosigkeit einer anderen Person bedeutet dies, dass solche Bildaufnahmen, die Situationen von Hilflosigkeit lediglich geringer Intensität abbilden – zu denken ist etwa an nur geringfügig Verletzte128 – von § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht erfasst werden können.

IV. Auslegungsergebnis zur Hilflosigkeit 1. Einordnung in die Gesamtkonzeption des § 201a StGB Die im Rahmen der systematischen und teleologischen Auslegung gezogenen Folgerungen sind schließlich dahingehend zu überprüfen, ob sie sich widerspruchsfrei in die übrigen Regelungen zum Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen im Rahmen des § 201a StGB einfügen. Hierzu bietet sich zunächst ein wertender Vergleich zu § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB an. Rekapituliert man den mit der Einführung des § 201a StGB im Jahr 2004 verfolgten Zweck, einen Gleichlauf der Strafbarkeit von unbefugtem Abhören (§ 201 StGB) und dem bis zum damaligen Zeitpunkt straflosen unbefugten Abbilden sicherzustellen, so dürfte die Wahl des Tatbestandsmerkmals „Wohnung“ zum damaligen Zeitpunkt schon insofern nahegelegen haben, als diese als höchstpersönlicher Rückzugsbereich nach Art. 13 GG verfassungsrechtlich einen besonderen Schutz genießt.129 § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt insofern der Gedanke zugrunde, dass der Einzelne durch den Rückzug in die häus­ liche Sphäre bzw. in sichtgeschützte Bereiche eine Schranke zum Schutz seiner Eigensphäre errichtet. Das Verfügungsrecht über diese Sphäre liegt allein beim Betroffenen, weshalb der höchstpersönliche Lebensbereich schlechthin vor Eingriffen geschützt ist.130 Als objektiv bestimmbares, 127  Vgl.

BT-Drs. 15 / 2466, S. 5. hierbei freilich schon fraglich sein kann, ob die geringfügige Verletzung in der Bildaufnahme überhaupt erkennbar ist, mit der Folge, dass bereits ein ZurSchau-Stellen von Hilflosigkeit verneint werden muss. 129  OVG Koblenz NJW 1986, 2659 (2660); Horn, in: HStR VII, § 149 Rn. 21; Rohlf, Schutz der Privatsphäre, S. 82; Stern, in: FS Ress, S. 1259 (1261); Wintrich, Zur Problematik der Grundrechte, S. 16; Podlech, in: Grundrechte als Fundament der Demokratie, S. 50 (60 f.); Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 21; so auch die Erwägung in BT-Drs. 15 / 2995, S. 5 und BT-Drs. 15 / 2466, S. 4; vgl. hierzu auch oben unter Kapitel 1 A. I. 130  Zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben vgl. oben unter Kapitel 1 A. II. 2. b). 128  Wobei

188

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

räumlich-gegenständliches Kriterium ermöglicht das Kriterium der Wohnung bzw. des sichtgeschützten Raumes eine relativ klare Abgrenzung zwischen strafbarem und straffreiem Verhalten, lässt sich doch die Frage, wo der schutzwürde Raum privaten Rückzugs beginnt, für die Mehrzahl der Fälle zweifelsfrei beantworten. Auch Grenzfälle – zu denken ist hier etwa an Bildaufnahmen, die von außen durch ein Fenster angefertigt werden131 – bereiten nur geringe Schwierigkeiten. § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB verwirklicht damit im Wesentlichen einen formellen Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs. Im Hinblick auf den neu geschaffenen § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt eine derart trennscharfe Abgrenzung von strafwürdigem und straffreiem Verhalten indes weniger offensichtlich auf der Hand. Zwar ist auch hier grundsätzlich nachvollziehbar, weshalb bestimmte, im Einzelnen freilich noch näher zu konkretisierende Situationen vor einer bildhaften Perpetuierung auch dann geschützt werden sollen, wenn sich diese außerhalb der häuslichen Sphäre ereignen.132 Es stellt sich insofern allerdings die berechtigte Frage, ob die auf diese Weise unter den Begriff der Hilflosigkeit i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB gefassten und auf den ersten Blick schutzwürdig erscheinenden Situationen133 auch unter dem Aspekt der Intensität des verwirklichten Unrechts tatsächlich mit den von § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfassten Situationen vergleichbar und damit gleichermaßen schutzwürdig sind. Ausgehend von der Feststellung, dass § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB den höchstpersönlichen Lebensbereich im Sinne einer personalen Eigensphäre schützt, d. h. auf das Sphärenmodell der Rechtsprechung übertragen im Wesentlichen den Bereich der Privatsphäre schützt,134 lautet die maßgebliche Frage, ob der Einzelne nur innerhalb der häuslichen Sphäre einen Anspruch auf Wahrung seiner Privatsphäre besitzt oder ob auch in der Öffentlichkeit Situationen denkbar sind, in denen ein vergleichbares, legitimes Schutzinteresse besteht. Im Kern geht es also auch bei dem neu geschaffenen § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB darum, ob einzelne Aspekte der Privatsphäre in die Öffentlichkeit „mitgenommen“ werden können.135

131  Vgl. Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 6; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 16; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 22; Koch, GA 2005, 589 (599). 132  Hier ist freilich zuerst an das vom Gesetzgeber beispielhaft angeführte Opfer einer Gewalttat zu denken, das sich angesichts seiner gegenwärtigen Lage – „verletzt und blutend am Boden liegend“ – nicht selbstbestimmt gegen drohende Bildaufnahmen zur Wehr setzen kann. 133  Zu den verschiedenen Fallgruppen siehe sogleich unter Kapitel 3 A. IV. 4. 134  Zur Sphärentheorie vgl. bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. b) aa). 135  Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. b) bb).



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen189

2. Rückwirkung verfassungsrechtlicher Vorgaben Betrachtet man diese Fragestellung nicht allein aus strafrechtlicher Per­ spektive, sondern bezieht auch übergeordnete verfassungsrechtliche Wertungen in die Überlegung mit ein, so ist das Ergebnis vergleichsweise eindeutig. Der verfassungsrechtliche Schutz der Privatsphäre beschränkt sich gerade nicht auf den häuslichen Bereich, sondern erfasst – freilich unter der Voraussetzung örtlicher Abgeschiedenheit136 – auch Bereiche der Öffentlichkeit, in denen der Einzelne erkennbar davon ausgehen kann und darf, nicht der Beobachtung durch Dritte ausgesetzt zu sein.137 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Schutz der Privatsphäre aus verfassungsrechtlicher Perspektive erst dann endet, wenn sich der Einzelne in einer „offenkundigen“ Öffentlichkeit bewegt, d. h. von derart vielen Menschen umgeben ist, dass er ihren Blicken nicht entgehen kann.138 Schwieriger zu beantworten ist indes die sich hieran anschließende Frage, ob diese Wertung des Verfassungsrechts auf eine strafrechtliche Lösung der Problematik übertragbar ist, denn im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen und strafrechtlichen Schutz vor Bildaufnahmen bestehen – nicht zuletzt mit Blick auf die Subsidiarität des Strafrechts – zu Recht konzeptionelle Unterschiede. Während das Verfassungsrecht einen möglichst umfassenden Schutz der Privatsphäre nicht nur, aber eben auch gegen ihre Verletzung durch Bildaufnahmen sicherstellen will, vermag das Strafrecht insofern nur einen punktuellen und damit fragmentarischen Schutz zu gewähren.139 Mit den Worten K. Peters ausgedrückt gehören „Lückenhaftigkeit und Unvollständigkeit […] zur Natur des Strafrechts“.140 Gerade vor diesem Hintergrund betrachtet erscheint auch die mitunter vorgebrachte Kritik, § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB schütze nicht schlechthin vor Bildaufnahmen, die in geschützten Räumlichkeiten angefertigt werden, sondern nur vor solchen, die angesichts des abge136  BVerfGE 101, 361 (384) – Caroline von Monaco II; Stieper, JZ 2014, 271 (272); Herrmann, in: BeckOK-InfoMedienR, § 23 KUG Rn. 25; Ohly, GRUR Int. 2004, 902 (905); Bölke / Gostomzyk, Jura 2005, 336 (337); Behnsen, ZaöRV 2005, 239 (243); Frotscher, ZUM 2001, 555 (563); Kaboth, ZUM 2004, 818 (820); Horn, in: HStR VII, § 148 Rn. 59; vgl. dazu auch Spindler, Gutachten zum 69. DJT 2012, S. F 30. 137  BVerfGE 27, 1 (6) – Mikrozensus; OVG Koblenz NJW 1986, 2659 (2660); Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 149; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 69; Ohly, GRUR Int. 2004, 902 (905); Bölke / Gostomzyk, Jura 2005, 336 (337). 138  BVerfGE 101, 361 (382) – Caroline von Monaco II; Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Rn. 149. 139  Vgl. hierzu ausführlich unter Kapitel 1 C. III. 140  K. Peters, ZStW 77 (1965), S. 470 (475); vgl. hierzu auch Kühl, in: FS Tiedemann, S. 29 (32); Lackner / Kühl, Vorbem. § 13 Rn. 3; Hillenkamp, in: FS P. Kirchhof, Bd. 2, S. 1349 (1358).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

bildeten, persönlichkeitsrelevanten Verhaltens zugleich auch den höchstpersönlichen Lebensbereich verletzen, als unberechtigt und mithin gegenstandslos.141 § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB bezweckt eben gerade nicht einen allumfassenden Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, sondern vermag nur unter den restriktiv anzuwendenden Tatbestandsvoraussetzungen einen solchen Schutz zu gewähren. 3. Bezugspunkt der Hilflosigkeit Vor diesem Hintergrund schließlich zeichnen sich die Konturen des der Konzeption des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB zugrundeliegenden Problems deutlich ab. Während die Vorstellung des Gesetzgebers bei Schaffung des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB darauf abzielte, das Herstellen bzw. Verbreiten bloßstellender, peinlicher oder gewalttätiger Bildaufnahmen zu unterbinden und damit erkennbar einen verbesserten Schutz des Persönlichkeitsrechts be­ ­ zweckt,142 kommt es durch die im Rahmen der konkreten Umsetzung gewählten Begrifflichkeit der Hilflosigkeit zu Disharmonien, haftet dem Tatbestandsmerkmal der Hilflosigkeit doch unverkennbar die Nähe zur körperlich verstandenen Gefahr i. S. d. § 221 StGB an.143 Zwar scheint eine derartige Kombination zweier unterschiedlicher Schutzrichtungen – Persönlichkeitsschutz auf der einen, Schutz der körperlichen Integrität auf der anderen Seite – zu einer dem Grunde nach wünschenswerten Einschränkung des Normanwendungsbereichs beizutragen, jedoch nur zum Preis eines wenig überzeugenden Ergebnisses im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs. Um Widersprüchlichkeiten bzw. Friktionen zum persönlichkeitsrechtlichen Rechtsgut des § 201a StGB zu ver­ meiden,144 ist daher eine tatbestandsspezifische Auslegung geboten, nach der Hilflosigkeit immer dann vorliegt, wenn sich der Betroffene nicht aus eigener Kraft gegen die gerade dem Rechtsgut drohende Gefahr, d. h. der Beeinträchtigung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und damit dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, schützen kann.145 Für eine derart tatbestandsspezifische Auslegung spricht schon die systematische Stellung der Norm. Hätte der 141  Vgl. hierzu auch Kühl, AfP 2004, 190 (196); Mitsch, in: FS Schwind, S. 603 (608); Koch, GA 2005, 589 (598); Hoppe, GRUR 2004, 990 (993) sowie bereits oben unter Kapitel 2 B. I. 2. 142  BT-Drs. 18 / 2601, S. 36 sowie BT-Drs. 18 / 3202, S. 28; Busch, NJW 2015, 977 (978). 143  So im Ergebnis Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (313 f.); a. A. Busch, NJW 2015, 977 (978). 144  Diesen Aspekt betont auch Busch, NJW 2015, 977 (978). 145  Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 11; Busch, NJW 2015, 977 (978); vgl. hierzu auch Cornelius, NJW 2017, 1891 (1983).



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen191

Gesetzgeber ausschließlich körperliche Gefahren unter den Begriff der Hilflosigkeit einer anderen Person fassen wollen, so hätte eine Regelung in unmittelbarem Zusammenhang mit § 221 StGB nahegelegen. Dass die Ver­ ortung in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht willkürlich erfolgt sein kann, zeigt indes ein vergleichender Blick auf § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Während dieser den Rückzug in die häusliche Eigensphäre unter besonderen Schutz stellt, kann das Opfer in Fällen des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB in der abgebildeten Situation keine Selbstschutzmaßnahmen ergreifen. Indem der Täter des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB diese Hilflosigkeit des Opfers gegenüber der Beeinträchtigung seines höchstpersönlichen Lebensbereichs durch die Bildaufnahme zur Schau stellt, setzt er sich über dessen grundsätzlich zum Schutz der Eigensphäre errichteten Schranken146 hinweg und verletzt damit die (alleinige) Verfügungsgewalt des Opfers über seine Eigensphäre. Die Ursache für die Unfähigkeit des Opfers zum Selbstschutz wird dabei zwar oftmals im Vorliegen einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben des Opfers begründet sein, sodass das Vorliegen einer körperlichen Gefahr i. S. d. § 221 StGB regelmäßig der Ausgangspunkt der Betrachtung sein dürfte. Angesichts des persönlichkeitsrechtlich geprägten Rechtsguts vermag jedoch allein das Vorliegen einer konkreten Leibes- oder Lebensgefahr das von § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB umschriebene strafwürdige Unrecht nicht abschließend zu erfassen. Aus diesem Grund trifft die Aussage, dass das Herstellen bzw. Über­ tragen der von § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfassten Bildaufnahmen aufgrund der dadurch vollzogenen Persönlichkeitsverletzung „von außen nach innen“ einen erheblichen sozialen Tabubruch darstellt,147 zu. Im Anschluss an die Feststellung, dass sich Hilflosigkeit i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht allein auf die Unfähigkeit zur Abwehr externer Gefahren beschränkt, sondern vielmehr eine Hilflosigkeit gegenüber dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht voraussetzt, stellt sich freilich die Frage, wie diese in einer Bildaufnahme zur Schau gestellt werden kann. Anders als körperliche Defizite, wie sie etwa bei Abbildungen verletzter Gewaltopfer offen zu Tage treten, erscheinen Persönlichkeitsrechtsverletzungen weniger „greifbar“, sodass daran gezweifelt werden könnte, ob diese überhaupt auf einer Bildaufnahme sichtbar gemacht werden können. Schon das bereits zuvor erwähnte Beispiel der trauernden Eltern am Grab ihres Kindes zeigt jedoch, dass es sehr wohl Situation gibt, in denen eine Hilflosigkeit gegenüber der Verletzung der Persönlichkeit durch Bildaufnahmen auch ohne das Vorhandensein körperlicher Gefahr vorliegen kann.148 Ob eine solche nicht von 146  Vgl.

hierzu bereits oben unter Kapitel 1 B. II. 2. a) bb). Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (618); Dähn, Öffentliche Bloßstellung, S. 17 bezeichnet eine derartige Verletzungshandlung auch als „ein der Indiskretion vorausgehendes Verhalten“. 148  Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 3 A. I. 4. 147  Vgl.

192

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

körperlichen Ursachen herrührende Hilflosigkeit nach dem Umständen des Einzelfalls konkret geeignet ist, auf einer Bildaufnahme zur Schau gestellt, d. h. in den Fokus der Aufnahme gerückt zu werden oder derart wenig greifbar erscheint, dass sie nicht optisch dargestellt werden kann, ist unabhägig von der Frage nach dem Vorliegen von Hilflosigkeit zu beurteilen. 4. Fallgruppenbildung Als Ergebnis der Auslegung kann somit festgehalten werden, dass sich die Frage, ob eine Bildaufnahme die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt und damit den höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, nur mit Blick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls sowie unter Berücksichtigung des jeweiligen Aussagegehalts der fraglichen Bildaufnahme beantworten lässt. Wenngleich eine solche Prüfung stets die sorgfältige Würdigung aller Einzelheiten erfordert, können zur Kategorisierung doch einzelne Fallgruppen gebildet werden, bei denen der Tatbestand des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB regelmäßig erfüllt sein kann.149 Diesen Fallgruppen ist allesamt gemeinsam, dass sie Situationen erfassen, in denen der Betroffene nicht selbstbestimmt in der Lage ist, darüber zu verfügen, ob er zum Gegenstand einer Bildaufnahme gemacht wird oder nicht. Die von § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasste Gefährlichkeit des Täterhandelns liegt dabei gerade darin, dass die Person des Abgebildeten durch den Einsatz technischer Aufnahmegeräte nicht mehr nur den Blicken unmittelbar anwesender Personen ausgesetzt ist, sondern darüber hinaus – man denke nur an die Möglichkeiten der sozialen Netzwerke oder des Live-Streaming über das Internet – einem für den Betroffenen weder überschaubar noch kontrollierbaren Personenkreis zur Betrachtung dargeboten wird.150 Befindet sich der Betroffene in Ermangelung der Fähigkeit zu selbstbestimmtem Handeln in einer Situation der Hilflosigkeit, so muss er die optische Perpetuierung dieses Zustands durch die Bildaufnahme nicht hinnehmen. a) Gewaltopfer Die erste Fallgruppe erfasst die in den Gesetzesmaterialien151 ausdrücklich als Anwendungsfall des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB genannten Opfer einer Gewalttat. Die Strafwürdigkeit derartiger Bildaufnahmen wird besonders 149  Der Gesetzgeber selbst hielt es offenbar nicht für angezeigt, derartige Fallgruppen zu bilden. Insbesondere lassen sich der Gesetzesbegründung mit Ausnahme der Opfer von Gewalttaten diesbezüglich keine näheren Hinweise entnehmen. 150  So auch Mitsch, Medienstrafrecht, § 3 Rn. 101. 151  Vgl. BT-Drs. 18 / 2601, S. 36.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen193

eindrücklich, wenn man sich Bildaufnahmen von Personen, die infolge einer (strafbaren) Gewalteinwirkung verletzt und blutend auf dem Boden liegen, vor Augen hält. Eine besondere Praxisrelevanz dürfte hierbei der Bildberichterstattung von Terrorereignissen oder Amokläufen zukommen. Weitere Anwendungsfälle könnten Krawalle und Ausschreitungen im Rahmen von Großveranstaltungen und -demonstrationen, Schlägereien von Hooligans bei Fußballspielen oder bei alljährlichen 1. Mai-Ausschreitungen wie etwa in Berlin bilden. Aber auch ohne sichtbare äußere Verletzungen wie z. B. blutende Wunden kann ein Gewaltopfer hilflos i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB sein. So etwa im Fall von Entführungsopfern – zu denken ist nur an die im Jahre 1977 entstandenen Bildaufnahmen von Hanns Martin Schleyer, die ihn in Gefangenschaft der RAF zeigen152 – die zwar Opfer einer Gewalttat sind, das Opfer allerdings nicht zwingend körperliche Verletzungen erlitten haben muss. b) Unfallopfer Ebenfalls unverschuldet in einer Lage der Hilflosigkeit und daher in vergleichbarem Maße schutzwürdig wie Gewaltopfer sind Unfallopfer. Wenn152  Eindrückliche Worte hierzu fand etwa Charlotte Klonk in ihrem Artikel „Ein Bild, bei dem man weinen möchte. Zwischen Demütigung und der Erpressung von Mitleid: Wie die RAF den Terror mit Bildern entwickelte“ in der Süddeutschen Zeitung v. 16.12.2008: „Wenige Bilder haben sich so im Gedächtnis festgesetzt wie die Aufnahmen von Hanns Martin Schleyer im ‚Volksgefängnis‘ der RAF. Noch dreißig Jahre später lösen die Bilder des entführten Arbeitgeberpräsidenten eine Betroffenheit aus, die so von keinem anderen aus der Zeit des RAF-Terrorismus ausgeht. Selbst das berühmte Foto des toten Terroristen Holger Meins scheint heute ein archaisches Relikt vergangener Zeiten zu sein. Mit der Zurschaustellung ihres Opfers in den Bildern von Schleyer hingegen hat die RAF im Herbst 1977 eine Bildsprache entwickelt, die nichts an Aktualität verloren hat. […] Die RAF […] setzte ihn in Unterhemd und Trainingsjacke frontal vor der Kamera in Pose. Schleyer hält ein handgeschriebenes Gefangenenschild mit dem Datum in der Hand, hinter ihm ist der fünfzackige Stern der RAF mit Maschinenpistole und Schriftzug zu sehen. Statt des zielstrebigen Blicks des offiziellen Porträts zeigten die Terroristen ein zutiefst verunsichertes, aufgedunsenes und schwitzendes Geschöpf. Wie auch schon der Genueser Richter Mario Sossi in Italien 1974 und der von der Bewegung 2. Juni entführte CDU-Politiker Peter Lorenz in Berlin 1975, so war auch Schleyer zu diesem Zeitpunk für die Terroristen nicht mehr als eine Darstellung der Macht, die, sobald man sie ihrer Funktion beraubt, nur noch die banalste Kreatürlichkeit zum Vorschein bringt. Mit dieser Erniedrigung Schleyers, der in der Öffentlichkeit wegen seiner Nazivergangenheit und unnachgiebigen Haltung in den Tarifverhandlungen nicht beliebt war, hoffte man auf Unterstützung für die eigene Sache.“, abrufbar unter: http: /  / www.sueddeutsche.de /  kultur / die-bildsprache-der-raf-ein-bild-bei-dem-man-weinen-moechte-1.792200 (zuletzt am 05.04.2017).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

gleich der Gesetzgeber153 beim Entwurf der Norm wohl vor allem eine Pönalisierung von Bildaufnahmen, die Opfer von Verkehrsunfällen zeigen, bezweckte, erfasst diese Fallgruppe alle Arten von Unfällen wie z. B. Sport­ unfälle, Unfälle bei Großereignissen wie der Loveparade 2010, Arbeits- und Betriebsunfälle, aber auch Unglücksfälle, die infolge einer Naturkatastrophe oder eines menschlich verursachten Katastrophenfalls eintreten. So kam es in den letzten Jahren vermehrt zu Situationen, in denen bei schwerwiegenden Verkehrsunfällen mit erheblichen Verletzungsfolgen anstatt Hilfe zu leisten Bildaufnahmen der Unfallopfer erstellt und teilweise auch im Internet verbreitet wurden. Mitunter nahmen diese Fälle sogar derart gravierende Ausmaße an, dass ein Einschreiten des Gesetzgebers gegen dieses „Gaffer-Phänomen“ gefordert wurde.154 Nicht erfasst werden allerdings Bildaufnahmen von dauerhaften Entstellungen und dies selbst dann nicht, wenn die Entstellung von einem früher erlittenen Unfall herrührt. So vermag das unbefugte Herstellen bzw. Verbreiten von Bildaufnahmen, die etwa alte Narben eines Verbrennungsopfers zeigen, den Tatbestand des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB mangels Zur-Schau-Stellen von Hilflosigkeit nicht zu erfüllen. Ein solches Verhalten ist zwar sicher unerwünscht, verletzt allein jedoch noch keinen derart wichtigen Belang der Allgemeinheit, als dass über § 201a StGB der Einsatz des Strafrechts zu dessen Sanktionierung erforderlich erschiene.155 c) Personen in psychischen Belastungssituationen Neben derartigen physischen Einwirkungen auf den Betroffenen können aber auch psychische Faktoren bei der Begründung von Hilflosigkeit gegenüber Persönlichkeitsverletzungen durch Bildaufnahmen eine Rolle spielen. 153  Zwar sind Unfallopfer anders als Gewaltopfer in den Gesetzesmaterialien nicht ausdrücklich erwähnt, dennoch hatte der Gesetzgeber diese Fallgruppe bei Schaffung des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB zumindest ansatzweise vor Augen, vgl. etwa Bausback, BR-Plenarprotokoll 929. Sitzung, Top 11, S. 414 C v. 19.12.2014, der hierzu ausführt: „Aus der Strafverfolgungspraxis in Bayern sind mir Fälle bekannt geworden, in denen Gaffer bei Verkehrsunfällen verletzte Menschen fotografiert und die Aufnahmen später im Internet verbreitet haben. Derartige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht sind inakzeptabel und werden zukünftig zu Recht geahndet“. 154  Vgl. BT-Drs. 18 / 9327  – Gesetzesentwurf zur effektiven Bekämpfung von sogenannten Gaffern sowie Verbesserung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts von Verstorbenen v. 03.08.2016 sowie den vorangegangenen Gesetzentwurf des Bundesrates v. 17.06.2016, BR-Drs. 226 / 16. 155  Dem Betroffenen verbleibt insofern freilich die Möglichkeit, zivilrechtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen und insbesondere im Wege der §§ 22 ff. KUG gegen die Verbreitung vorzugehen, vgl. hierzu bereits oben unter Kapitel 1 B. II. 1. a).



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen195

Die dritte Fallgruppe erfasst daher Personen in psychischen Belastungssituationen. aa) Trauernde Personen So können etwa Bildaufnahmen von Trauernden auf einer (privaten) Be­ erdigung den Tatbestand des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllen. Die Trauer um den Tod eines nahen Angehörigen, etwa den des eigenen Kindes, gehört nicht nur zum höchstpersönlichen Lebensbereich, sondern kann im Einzelfall als akute psychische Belastungssituation die selbstbestimmte Reaktions- und Handlungsfähigkeit erheblich reduzieren. Dass in einer solchen Situation ein strafrechtlicher Schutz erforderlich ist, jedenfalls aber nicht zu weit greift, wird schon an folgender viktimologische Überlegung deutlich: anders als etwa ein sich in der Öffentlichkeit streitendes Ehepaar, das den Streit zum Schutz der eigenen Privatsphäre auch innerhalb der ehelichen Wohnung austragen könnte, ist den „von Trauer überwältigten Eltern am Grab ihres Kindes“156 in genau dieser Situation ein solch räumlicher Rückzug in den höchstpersön­ lichen Lebensbereich verwehrt. Ihnen muss es daher möglich sein, der Bestattung des eigenen Kindes auch ohne Furcht vor unerwünschten Bildaufnahmen beizuwohnen. Dieses Verständnis schließt grundsätzlich auch Katastrophenfälle mit ein, an denen die Öffentlichkeit ein ganz besonderes Interesse besitzt. Zu denken ist hier etwa an den Absturz der Germanwings-Maschine im Jahr 2015, bei dem eine große Zahl von trauernden Angehörigen insbesondere bei ihrem Eintreffen am Unglücksort im Fokus der Presse standen. Aber auch Trauerveranstaltungen nach Terroranschlägen, Amokläufen, Gewaltverbrechen oder Familientragödien dürften hiervon erfasst sein. Ob derartige Bildaufnahmen im Einzelfall nach § 201a Abs. 4 StGB gerechtfertigt sind, ist hingegen erst im Anschluss anhand der konkreten Umstände der Bildaufnahme im Rahmen einer gesonderten Prüfung zu ermitteln.157 bb) Personen in Schockzuständen Eine extreme Belastungssituation kann beispielsweise auch die Benachrichtigung über den Tod eines nahen Angehörigen oder andere existenziell 156  Dieses Beispiel wurde bereits frühzeitig von Kühl, Protokoll der 27. Sitzung des Rechtausschusses des Deutschen Bundestages der 15. Wahlperiode, S. 16 und S. 19 in die Diskussion eingebracht; vgl. auch ders., in: Symposium Schünemann, S. 211 (218); ders., in: FS Schöch, S. 419 (434); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2. 157  Zum besonderen Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB vgl. unten unter Kapitel 3 C.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

bedrohliche Nachrichten oder Erfahrungen darstellen, die sich derartig „lähmend“ auf die Handlungsfähigkeit des Betroffenen auswirken können, dass dieser zu keiner adäquaten Reaktionen mehr fähig ist, d. h. ihm unerwünschte Bildaufnahmen nicht mehr verhindern kann. Derartige Konstellationen dürften auch Ersthelfer an Unfallorten erfassen, wobei hier freilich zu berücksichtigen ist, dass „Berufsretter“ aufgrund ihrer entsprechenden Ausbildung und Erfahrung im Umgang mit derartigen Belastungssituationen „geschult“ sind. Zudem ist nicht zu verkennen, dass die Grenzziehung zwischen trauernden Personen und Personen in Schockzuständen vielfach „fließend“ sein wird. Bildaufnahmen, die Personen in Schockzuständen darstellen, erfordern im Hinblick auf die Prüfung des Vorliegens von Hilflosigkeit i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB daher in besonderem Maße einer gründlichen Einzelfallbetrachtung aller relevanten Umstände. d) Personen mit gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen Letztlich können auch bestimmte in gesundheitlichen Störungen der Person wurzelnde Umstände eine Hilflosigkeit gegenüber der Abwehr unbefugter Bildaufnahmen begründen. Diese kennzeichnen sich gerade dadurch, dass sie nicht von der Einwirkung äußerer Geschehnisse auf den Betroffenen herrühren, sondern einem von der Norm abweichenden, krankhaften Zustand des Abgebildeten geschuldet sind. Ein strafrechtlicher Schutz ist dabei vor allem im Hinblick auf solche Krankheitsbilder angezeigt, bei denen es dem Betroffenen nicht möglich ist, unerwünschte Bildaufnahmen abzuwehren, weil er in der konkreten Situation der Aufnahme handlungs- bzw. reaktionsunfähig ist.158 Krankhafte Zustände können jedenfalls dann zu einer Hilflosigkeit gegenüber dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht durch unbefugte Bildaufnah158  Zu denken ist hier etwa an Bildaufnahmen, die einen Politiker zeigen, der im Wahlkampf einen Schwächeanfall erleidet. Ob derartige Bildaufnahmen als Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens nach § 201a Abs. 4 StGB gerechtfertigt sind, ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls gesondert zu prüfen. Zum besonderen Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB vgl. unten unter Kapitel 3 C. Ein ähnlicher Ansatzpunkt findet sich im Gefahrenabwehrrecht, soweit die LPolG einen sog. Schutzgewahrsam vorsehen. So kann die Polizei etwa nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 PolG NRW eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn dies zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist, insbesondere weil die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand befindet. Hauptanwendungsfall des die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustands sind Betrunkene. Aber auch Ohnmächtige sowie Personen, die einen epileptischen Anfall oder Nervenschock erleiden, können hierunter fallen, vgl. Rachor, in: Lisken / Denninger, Hdb. Polizeirecht, Kap. F Rn. 580; Basteck, in: BeckOKPolizei- und Ordnungsrecht NRW, § 35 PolG Rn. 32 f.



A. Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellen197

men führen, wenn sie einer der folgenden vier Untergruppen zugerechnet werden können. aa) Bewusstseinsstörungen Eine Hilflosigkeit des Betroffenen gegenüber einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht kommt immer dann in Betracht, wenn sich dieser im Zustand einer Bewußtseinsstörung befindet. Dabei lassen sich aus medizinischer Perspektive folgende Grade der Bewusstseinsstörung unterscheiden: Somnolenz, d. h. ein Zustand der Schläfrigkeit, Sopor oder Präcoma, d. h. tiefer Schlaf, in dem Reaktionen nur eingeschränkt bzw. durch starke Stimuli wie z. B. starke Schmerzreize ausgelöst werden können, und Koma, d. h. ein Zustand völliger Bewußtlosigkeit, aus der der Betroffene nicht mehr erweckt werden kann. Derartige Störungen des Bewusstseins treten bei unterschiedlichen Krankheitszuständen wie etwa primären Gehirnerkrankungen, d. h. Schlaganfällen oder anderen Gefäßprozessen, Schädel-Hirn Traumata, entzündlichen Erkrankungen des Gehirns oder der Hirnhäute, Tumoren oder Epilepsie auf. Auch Stoffwechselstörungen als Folge verschiedener Erkankungen wie Diabetes mellitus, fortgeschrittenen Stadien von Nieren- und Lebererkrankungen, Sauerstoffmangelzuständen oder hormonalen bzw. anderen metabolischen Ursachen können zu einer schweren Bewusstseinsstörung bis hin zum Koma führen. Auch Herz-Kreislauferkankungen mit Mangeldurchblutungen des Gehirns, z. B. im Rahmen von komplexen Rhythmusstörungen, sind Ursachen einer meist kurz dauernden Bewusstseinsstörung. Letztlich ist auch an Vergiftungen zu denken, die etwa auf die Einnahme sog. K.O.-Tropfen, Partydrogen und andere Rauschmitteln, Schlaf- und Schmerzmitteln und verschiedenen anderen Medikamenten oder Giften wie z. B. das des Knollenblätterpilzes zurückzuführen sind. Die weitaus häufigste und im Rahmen des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB wohl auch relevanteste Vergiftungsursache dürfte freilich der über das sozialverträg­ liche Maß hinausgehende Konsum von Alkohol sein. Bildaufnahmen von Betrunkenen stellen jedenfalls dann keine Hilflosigkeit zur Schau, wenn sie lediglich eine leichte Alkoholisierung des Abgebildeten zeigen. Etwas anderes wird hingegen dann gelten müssen, wenn die Trunkenheit der abgebildeten Person derart stark ist, dass sie eine verminderte Schuldfähigkeit nach § 21 StGB zu begründen vermag.159 Eine verminderte Schuldfähigkeit nach § 21 StGB kommt dann in Betracht, wenn die Einsichts- oder Steuerungs­ fähigkeit des Betroffenen zum Zeitpunkt der Tatbegehung infolge der in § 20 Nr. 2–11 StGB genannten biologischen Ursachen erheblichen vermin-

159  Hierzu

bereits Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

dert ist.160 In Fällen alkoholischer Beeinträchtigung ist nach der Rechtsprechung des BGH bei einer BAK von über 2 Promille eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit ernstlich in Betracht zu ziehen, wobei diese ab einer BAK von über 2,6 Promille in hohem Grade wahrscheinlich sei und bei 3 Promille regelmäßig nicht ausgeschlossen werden könne.161 In Fällen derart starker Trunkenheit kann zumindest im Regelfall davon ausgegangen werden, dass der Betroffene zur Abwehr unerwünschter Bildaufnahmen nicht mehr in der Lage, d. h. hilflos gegenüber dem Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht ist.162 bb) Beeinträchtigungen des optischen Wahrnehmungsvermögens Von einer Hilflosigkeit des Betroffenen gegenüber einem Eingriff in seinen höchstpersönlichen Lebensbereich durch unbefugte Bildaufnahmen wird zudem immer dann auszugehen sein, wenn das Wahrnehmungsvermögen des Betroffenen derart erheblich beeinträchtigt ist, dass dieser nicht mehr im Stande ist, die drohende Verletzung seines persönlichen Bereichs zu erkennen. Eine solche Beeinträchtigung des optischen Wahrnehmungsvermögens kann etwa dann vorliegen, wenn die abgebildete Person sehbehindert ist. Bei taubstummen Personen kann hingegen nicht von einer Hilflosigkeit i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB ausgegangen werden, da diese sich einer drohenden Bildaufnahme regelmäßig entziehen werden können. cc) Psychische Störungen und psychische Erkrankungen Bei einer krankhaften Beeinträchtigung der Wahrnehmung, des Denkens, Fühlens, Verhaltens oder der sozialen Beziehungen ist in Abhängigkeit vom Einzelfall eine adäquate Reaktion des Betroffenen nicht mehr möglich und 160  Vgl. RGSt 67, 149; Lackner / Kühl, § 21 Rn. 1; Perron / Weißer, in: Schönke /  Schröder, § 21 Rn. 4; Schild, in: NK-StGB, § 21 Rn. 6; Streng, in: MK-StGB, § 21 Rn.  16 f.; Schöch, in: LK-StGB, § 21 Rn. 15; Eschelbach, in: BeckOK-StGB, § 21 Rn. 6. 161  BGHSt 34, 29 (31); 35, 308 (312); BGH NStZ-RR 1997, 162 (163); BGH NStZ 1998, 295 (296); BGH NStZ 1984, 506; Lackner / Kühl, § 21 Rn. 3; Schild, in: NK-StGB, § 21 Rn. 17; da kein „medizinisch-statistischer Erfahrungssatz“ vorliegt, dass die Steuerungsfähigkeit ab einem bestimmten BAK-Wert erheblich vermindert ist, kann die BAK freilich nur ein Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände darstellen, vgl. BGHSt 43, 66 (72 ff.); 57, 247 (250); BGH NJW 2015, 3525 (3526); Perron / Weißer, in: Schönke / Schröder, § 20 Rn. 16a; Eschelbach, in: Beck­ OK-StGB, § 21 Rn. 16. 162  Schwierigkeiten werden sich in der Strafrechtspraxis freilich vor allem dahingehend ergeben, dass die BAK des Abgebildeten kaum zu ermitteln ist.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden199

damit von einer Hilflosigkeit i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB in Bezug auf das Herstellen unbefugter Bildaufnahmen auszugehen. In derartigen Fällen ist die breite Palette psychischer Erkrankungen wie z. B. organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen, Schizophrenie, affektiver Störungen, neurotischer Störungen usw. in Betracht zu ziehen. dd) Neurologische Erkrankungen Auch im Falle neurologischer Erkrankungen ergibt sich eine große Bandbreite an Konstellationen, die zu einer Hilflosigkeit des Betroffenen i. S. d. § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB führen können. Dabei kann es freilich auch zu Überlappungen mit anderen bereits angesprochenen Einschränkungen kommen. Aufgrund ihrer Häufigkeit sollen in diesem Zusammenhang daher lediglich die verschiedenen Formen der Demenz sowie besonderer Lähmungserscheinungen, die eine motorische Abwehr unbefugter Bildaufnahmen verunmöglichen, erwähnt werden.

B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden Als weitere Neuerung pönalisiert § 201a Abs. 2 StGB nunmehr auch das an Dritte unbefugte Zugänglichmachen von Bildaufnahmen einer anderen Person, die geeignet sind, dem Ansehen des Abgebildeten erheblich zu schaden.163 Wesentlicher Beweggrund für diese Neuregelung war die Absicht des Gesetzgebers, ein „Signal gegen das immer stärker um sich greifende CyberMobbing“ zu setzen.164 Ausweislich des Regierungsentwurfs sind unter Cybermobbing „verschiedene Formen der Diffamierung, Belästigung, Bedrängung und Nötigung mit Hilfe elektronischer Kommunikationsmittel insbesondere über das Internet und in Chatrooms“ zu verstehen.165 Angesichts der konkreten Umsetzung des § 201a Abs. 2 StGB, der mit den Begrifflichkeiten des Ansehens, der Eignung zur Ansehensschädigung sowie der erforderlichen Erheblichkeit drei vergleichsweise unscharfe Merkmale in einem Tatbestand kombiniert, drängen sich freilich Bedenken im Hinblick auf das ultima-ratio Prinzip sowie vor allem auch das Bestimmtheitsgebot 163  Im Hinblick auf die Tathandlung weicht die nunmehr gültige Fassung des § 201a Abs. 2 StGB somit vom RegE ab, welcher bereits das Herstellen derartiger Bildaufnahmen unter Strafe stellen wollte, vgl. BT-Drs. 18 / 2601, S. 10; Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314); Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 16. 164  BT-Drs. 18 / 2601, S. 37; Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314). 165  BT-Drs. 18 / 2601, S. 37.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

des Art. 103 Abs. 2 GG geradezu auf.166 Ein weitgehender Konsens herrscht dahingehend, dass das Strafrecht als „ultima ratio“ vom Gesetzgeber immer nur dann in Stellung zu bringen ist, wenn ein „bestimmtes Verhalten über sein Verbotensein hinaus in besonderer Weise sozialschädlich, […] seine Verhinderung daher dringlich ist“.167 In diesem Kernbereich des Schutzes höchstrangiger Rechtsgüter folgt eine staatliche Schutzpflicht bereits aus den Grundrechten und der durch sie festgeschriebenen objektiven Werteordnung.168 Handelt es sich hingegen um ein lediglich unerwünschtes Verhalten, das nicht diesem Kernbereich zuzuordnen ist und somit nicht der Schutzpflicht des Staates unterfällt, so betont das BVerfG, es sei „grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Er [sei] bei der Entscheidung, ob ein bestimmtes Rechtsgut, dessen Schutz ihm wesentlich erscheint, gerade mit den Mitteln des Strafrechts verteidigen und wie er dies gegebenenfalls tun will, grundsätzlich frei“.169

Sofern der Gesetzgeber die Auffassung vertritt, dass Cybermobbing „ein ernstliches Problem [ist], das nicht einfach ignoriert werden kann und dem auch mit strafrechtlichen Mitteln entgegen getreten werden muss“,170 so ist die Entscheidung des Gesetzgebers, das fragliche Verhalten strafrechtlich zu sanktionieren gerade auch vor dem Hintergrund des generell weiten Ermessens des Gesetzgebers grundsätzlich legitim.171 Angesichts der Weite und Unbestimmtheit, mit der diese Entscheidung indes konkret umgesetzt wurde, mehren sich jedoch die Zweifel, ob der Gesetzgeber im Fall des § 201a Abs. 2 StGB nicht „über das Ziel hinaus“172 geschossen ist.173 Dass die Pro166  Vgl. hierzu die 929. Sitzung des Bundesrates am 19.12.2014, S. 430 B, Anlage 13 sowie Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314 f.); Fischer, StGB, § 201a Rn. 23; Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 16; Wieduwilt, K&R 2015, 83 (84); Krey / Hellmann / Heinrich, StR BT I, Rn. 607e. 167  BVerfGE 88, 203 (258); 96, 10 (25); Frisch, NStZ 2016, 16 (23). 168  Roxin, StR AT I, § 2 Rn. 132; Tiedemann, Verfassungsrecht und Strafrecht, S. 53; Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, Vorbem. § 1 Rn. 30; vgl. hierzu auch Kühl, in: FS Lampe, S. 439 (443). 169  So wörtlich BVerfGE 120, 224 (240) – Geschwisterinzest; vgl. dazu auch BVerfGE 39, 1 (44 ff.); 45, 272 (289); 50, 142 (162); 51, 43 (74); 96, 10 (25 f.); 123, 267 (408 f.); Gärditz, JZ 2016, 641 (643). 170  So wörtlich BT-Drs. 18 / 2601, S. 37; für die Notwendigkeit der Einführung eines speziellen Cybermobbing-Tatbestands spricht sich auch Cornelius, ZRP 2014, 164 (167) aus. 171  Zu den zivilrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Cybermobbing in sozialen Netzwerken vgl. Giebel, NJW 2017, 977 ff. 172  So die Auffassung des bayrischen Justizministers Winfried Bausback, BRPlenarprotokoll 929. Sitzung, Top 11, S. 414 C v. 19.12.2014; vgl. hierzu bereits Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (431). 173  Krit. im Hinblick auf die Weite und Unbestimmtheit des Begriffs des Ansehens der Person bereits Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014,



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden201

blematik der Unbestimmtheit dem Gesetzgeber bereits im Gesetzgebungsverfahren bewusst war, wird schon an der selbstgewählten Formulierung, „einige unbestimmte Rechtsbegriffe seien in Kauf [zu nehmen], um den Bereich des Cyber-Mobbing zu erfassen“174 hinreichend deutlich. Der in diesem Zusammenhang nachgeschobene Hinweis, dass insofern auch „die Rechtsprechung ihren Beitrag zur Konkretisierung zu leisten“ habe,175 vermag die Bedenken im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG freilich nicht zu zerstreuen.176 Das in Art. 103 Abs. 2 GG verankerte Bestimmtheitsgebot verpflichtet den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich für den Normadressaten erkennbar sind bzw. sich zumindest durch Auslegung ermitteln lassen.177 Damit soll zum einen sichergestellt werden, dass jedermann vorhersehen kann, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist, zum anderen soll gewährleistet werden, dass die Entscheidung über die Strafbarkeit eines Verhaltens allein beim Gesetzgeber liegt.178 Vor diesem Hintergrund betrachtet sind die Ausführungen des Gesetzgebers, dass bei der Beurteilung der Eignung einer Bildaufnahme zur erheblichen Schädigung des Ansehens des Abgebildeten auf einen „durchschnittlichen Betrachter“179 abzustellen sei, kaum zielführend. Vielmehr bedarf § 201a Abs. 2 StGB angesichts der erheblichen begrifflichen Unschärfe einer grundsätzlichen und umfassenden Konkretisierung im Wege der Auslegung. S. 22; vgl. auch Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (314 f.); Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 16 spricht insofern ebenfalls von einem „konturlose[n] und verfassungswidrig unbestimmte[n] Tatbestand“. 174  BT-Drs. 18 / 3202, S. 25. 175  So die Stellungnahme der CDU / CSU-Fraktion in der Ausschusssitzung v. 12.11.2014, BT-Drs. 18 / 3202, S. 25, was Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 16 als „skandalöse Feststellung“ bezeichnet; zu Recht krit. Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 22 f.; Busch, NJW 2015, 997. 176  Vgl. Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 22 f.; Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (315). 177  BVerfGE 14, 174 (185 f.); 87, 209 (223 f.); 105, 135 (152 f.); allgemein zum Bestimmtheitsgebot vgl. Roxin, StR AT I, § 5 Rn. 67 ff.; Kühl, in: FS Heinz, S. 766 (768); ders., in: FS Seebode, S. 61 ff.; ders., in: FS Böttcher, S. 597 (605 f.); Eisele, Regelbeispielsmethode, S.  384 ff. 178  Es ist der vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt insofern verwehrt, über die Voraussetzungen der Strafbarkeit selbst zu entscheiden, vgl. nur BVerfGE 71, 108 (114). Zur sog. Doppelfunktion des Bestimmtheitsgrundsatzes vgl. auch BVerfGE 73, 206 (234 f.); Eisele, Regelbeispielsmethode, S. 385 ff.; ders., in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 7. 179  BT-Drs. 18 / 2601, S. 37; krit. hierzu bereits Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 23.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Angesichts der Anforderungen des Bestimmtheitsgebots des Art. 103 Abs. 2 GG kommt daher vor allem dem Restriktionsgedanken eine maßgebliche Bedeutung zu.

I. Begriff des Ansehens Der Begriff des Ansehens der Person ist dem Strafgesetzbuch mit Ausnahme des § 90b StGB gänzlich fremd. Außerhalb des Strafrechts findet sich der Begriff des Ansehens der Person zumindest noch in § 19 AGG. Ob ein Rückgriff auf das in § 90b StGB verwendete Begriffsverständnis oder gar ein Anknüpfen an die außerstrafrechtliche Begriffsverwendung in § 19 AGG geeignet ist, das unscharfe und vergleichsweise offene Tatbestandsmerkmal des Ansehens greifbar zu machen und dabei zugleich eine Pönalisierung sozialadäquater Bildaufnahmen auszuschließen, ist im Folgenden – wie auch schon bei der Erörterung des Begriffs der Hilflosigkeit180 – unter Rückgriff auf den „klassischen“ Auslegungskanon Wortlaut, Historie, Systematik und Telos näher zu untersuchen. 1. Wortlaut Im Rahmen der grammatikalischen Auslegung ist nach der allgemeinen Wortbedeutung unter Einbeziehung der Syntax zu fragen, wobei der Wortsinn181 zunächst anhand des juristischen Sprachgebrauchs zu ermitteln ist.182 180  Vgl.

hierzu oben unter Kapitel 3 A. des möglichen Wortsinns ist dabei die sog. Wortlautschranke, vgl. BVerfGE 71, 108 (115); 75, 329 (341); 87, 209 (224); 92, 1 (12); 105, 135 (152 ff); 126, 170 (197); BVerfG NJW 2007, 1666 (1667); BVerfG NJW 2008, 3627; BGHSt 50, 370 (372); BGH NJW 2007, 524 (525); Larenz, Methodenlehre, S. 322 f.; Roxin, StR AT I, § 5 Rn. 28; Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 66; Dannecker, in: LK-StGB, § 1 Rn. 301; Fischer, StGB, § 1 Rn. 24; v. Heintschel-Heinegg, in: BeckOK-StGB, § 1 Rn. 13; innerhalb der Grenzen der Gesetzlichkeit ist auch im Strafrecht eine „schöpferische Rechtsfindung“ im Wege der erforderlichen Auslegung zulässig, vgl. Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; Gaede, in: AnwK-StGB, § 1 Rn. 33; Hassemer / Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 20; Schmitz, in: MK-StGB, § 1 Rn. 70; Simon, Gesetzesauslegung, S. 41 ff.; zur jenseits der Wortlautgrenze beginnenden Analogie, die im Strafrecht nur zugunsten des Beschuldigten zulässig ist, vgl. BVerfGE 105, 135 (157); BGHSt 48, 354 (357); Roxin, StR AT I, § 5 Rn. 26 ff. 182  BVerfGE 71, 108 (114 f.); 87, 209 (224); 92, 1 (12); 105, 135 (157); BGHSt 3, 259 (262); 6, 304 (307); 14, 116 (118); Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 65; Gaede, in: AnwK-StGB, § 1 Rn. 34; Schmitz, in: MK-StGB, § 1 Rn. 73; Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; v. Heintschel-Heinegg, in: BeckOK-StGB, § 1 Rn. 13; Hassemer / Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 106; Demko, Rechtsbegriffe, S. 117 ff.; Simon, Gesetzesauslegung, S. 98. 181  Grenze



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden203

Erst im Anschluss daran findet der entsprechende Wortsinn in der Alltagssprache Berücksichtigung.183 a) Fachsprachliche Bedeutung aa) Verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen Der Straftatbestand der verfassungsfeindlichen Verunglimpfung von Verfassungsorganen (§ 90b StGB)184 ist Teil des ersten Abschnitts, welcher Vorschriften zum Friedensverrat, Hochverrat und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates erfasst. Nach § 90b StGB macht sich strafbar, wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Gesetzgebungsorgan, die Regierung oder das Verfassungsgericht des Bundes in dieser Eigenschaft in einer das Ansehen des Staates gefährdenden Weise verunglimpft und sich dadurch absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.185 Während „verunglimpfen“ im allgemeinen Sprachgebrauch jede Herabsetzung in Ansehen, Ehre oder dem guten Ruf bezeichnet,186 werden von § 90b StGB nur nach Form, Inhalt, Begleitumständen oder Beweggrund erhebliche Ehrkränkungen i. S. d. §§ 185 ff. StGB erfasst.187 Einfache Ent183  BVerfGE 87, 209 (224); 105, 135 (157); BVerfG NJW 1995, 2776 (2777); BVerfG NJW 2007, 1666 (1667); BGHSt 4, 144 (148); 43, 237 (238); 52, 89 (92); 54, 61 (66); BGH NJW 2007, 524 (525 f.); Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 65; Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; Demko, Rechtsbegriffe, S. 117 ff.; Kudlich, JA 2004, 74 (76); ders., in: FS Puppe, S. 123 (126 ff.); Hassemer / Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 106a; Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 1 Rn. 37; Dannecker, in: LK-StGB, § 1 Rn. 302 ff.; Schünemann, in: FS Klug, Bd. I, S. 169 (180); Lackner, in: FS Heidelberg, S. 39 (54 ff.); Krey, ZStW 101 (1989), S. 838 (841 ff.); Scheffler, Jura 1996, 505 ff.; Satzger, in: SSW-StGB, § 1 Rn. 40; a. A. Schmidhäuser, in: GS Martens, S.  231 (233 ff.); Herzberg, GA 1997, S. 251 (252 f.); Jakobs, StR AT, 4. Abschn. Rn.  39 ff.; Stratenwerth / Kuhlen, StR AT I, § 3 Rn. 32 ff.; Simon, Gesetzesauslegung, S. 68. 184  Zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift vgl. ausführlich Paeffgen, in: NKStGB, § 90b Rn. 1. 185  Hierbei stellt der absichtliche Einsatz des Täters für verfassungsfeindliche Bestrebungen (vgl. hierzu OLG Düsseldorf NJW 1980, 603 (604); Lackner / Kühl, § 92 Rn. 1 bis 10) nicht wie bei den §§ 90, 90a StGB ein Qualifikationsmerkmal, sondern ein strafbegründendes Merkmal dar, vgl. Lackner / Kühl, § 90b Rn. 4; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 90b Rn. 4; Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 90b Rn. 6. 186  Vgl. nur die Ausführungen bei OLG Frankfurt NJW 1984, 1128 (1129). 187  BGHSt 12, 364 (365); 16, 338 (339); Paeffgen, in: NK-StGB, § 90b Rn. 5; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 90 Rn. 3; zur Zulässigkeit des Wahrheitsbeweises vgl. Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 90 Rn. 2; Laufhütte / Kuschel, in: LKStGB, § 90 Rn. 4; Becker, in: M / R-StGB, § 90 Rn. 3.

204

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

gleisungen188 oder scharfe, auch unsachliche Kritik unterfallen hingegen nicht dem Tatbestand.189 Über die §§ 90, 90a StGB hinausgehend erfordert § 90b StGB, dass das Verunglimpfen der genannten Funktionsträger in einer das Ansehen des Staates konkret gefährdenden Weise geschieht,190 wobei der Angriff auf das Ansehen zudem in „publizitätsträchtiger Weise“, d. h. öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften erfolgen muss.191 Der Begriff des Ansehens des Staates bezeichnet dabei nicht das Ansehen des Staates in Relation zu anderen Staaten,192 sondern das Ansehen der Bundesrepublik als grundgesetzlich verfasste „freiheitliche Demokra­ tie“.193 Da die so umschriebene Tat ein Mittel der Staatszersetzung ist, bezweckt § 90b StGB somit nicht den Ehrschutz des betroffenen Funktionsträgers als Privatmann, sondern dient dem Schutz der Verfassungsorgane als solche und damit der Bekämpfung von Angriffen auf die staatliche Ordnung.194 Das eigentliche Ziel des § 90b StGB ist damit die Bewahrung des Bestandes der Bundesrepublik und ihrer verfassungsmäßigen Ordnung.195 188  Zu im Rahmen politischer Willensbildung und öffentlicher Auseinandersetzung hinzunehmenden Entgleisungen und Unmutsäußerungen wie etwa die Bezeichnung der Bundesregierung als „Rasselbande“, „Verbrecherbande“ oder „Lügnerpack“ vgl. LG Bamberg NJW 1953, 675; Paeffgen, in: NK-StGB, § 90b Rn. 5. 189  BGHSt 12, 364 (365  f.); 16, 338 (339); OLG Frankfurt NJW 1984, 1128 (1129); unsachliche oder polemische Kritik unterfällt schon deshalb nicht dem Tatbestand des § 90b StGB, da die Sachgerechtigkeit einer Politik vor allem im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG nicht Gegenstand strafrichtlicher Beurteilung sein kann, vgl. BGH JZ 1963, 402 (403) (noch zu § 96 StGB a. F.); Paeffgen, in: NK-StGB, § 90b Rn. 3 bezeichnet die Zulässigkeit scharfer Kritik an staatlichen Funktionsträgern, etwa aufgrund tatsächlicher Missstände oder aufgrund Fehlverhaltens, als „Lebenselexier (Selbstheilungskraft) einer lebendigen Demokratie“; vgl. auch BVerfGE 107, 339 ff. – NPD-Verbotsverfahren; a. A. aber Valerius, in: BeckOK-StGB, § 90 Rn. 3, nach dem scharfe Kritik den Bereich des Sachlichen nicht verlassen darf. 190  OLG Düsseldorf NJW 1980, 603; Steinmetz, in: MK-StGB, § 90b Rn. 6; krit. F. C. Schroeder, Staat und Verfassung im Strafrecht, S. 404 f.; bei § 90b StGB handelt es sich somit um ein abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt, vgl. Valerius, in: BeckOKStGB, § 90b Rn. 4; Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 90b Rn. 3; Paeffgen, in: NK-StGB, § 90b Rn. 3. 191  F. C. Schroeder, Staat und Verfassung im Strafrecht, S. 403; Paeffgen, in: NKStGB, § 90b Rn. 3; Laufhütte / Kuschel, in: LK-StGB, § 90b Rn. 6. 192  Wobei Paeffgen, in: NK-StGB, § 90b Rn. 6 freilich zu Recht darauf hinweist, dass das Verhältnis zu anderen Personen im Rahmen des Ehrschutzes einen wesent­ lichen Bezugspunkt darstellt. 193  Paeffgen, in: NK-StGB, § 90b Rn. 6. 194  BGHSt 6, 159 (161); 8, 191 (193); Lackner / Kühl, § 90b Rn. 1; Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 90b Rn. 1 f.; Fischer, StGB, § 90b Rn. 1; Laufhütte / Kuschel, in: LK-StGB, § 90b Rn. 1; Paeffgen, in: NK-StGB, § 90b Rn. 2; Rudolphi, in: SK-StGB, § 90b Rn. 3; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 90b Rn. 1. 195  Laufhütte / Kuschel; in: LK-StGB, § 90b Rn. 1.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden205

Folglich kann es an einer Ansehensgefährdung durch die Äußerung fehlen, wenn die betroffenen Funktionsträger gerade durch ihr Verhalten Anlass zur Äußerung gegeben haben.196 Insgesamt lässt sich festhalten, dass § 90b StGB nicht dem Bereich des Ehrschutzes zuzuordnen ist, sondern einen eigenständigen und spezialisierten Schutz vor Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates bezweckt. Zu § 201a Abs. 2 StGB besteht insofern ein Anknüpfungspunkt, als das Tatbestandsmerkmal „Ansehen“ in beiden Vorschriften wortgleich gefasst ist und zudem bereits eine Gefährdung des Ansehens zur Tatbestandsverwirklichung ausreicht. Davon abgesehen unterscheiden sich § 201a Abs. 2 StGB und § 90b StGB jedoch nicht nur hinsichtlich des geschützten Rechtsguts erheblich, sondern auch dadurch, dass § 201a Abs. 2 StGB ausschließlich natür­ liche Personen erfasst, während § 90b StGB nur auf Institutionen bzw. Personen in ihrer Eigenschaft als Amtsträger anwendbar ist. Für die Konkretisierung des Begriffs des Ansehens der Person in § 201a Abs. 2 StGB hilft daher ein Anknüpfen an das Begriffsverständnis in § 90b StGB nicht weiter. bb) Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot Außerhalb des Strafrechts findet der Begriff des Ansehens der Person noch im zivilrechtlichen Benachteiligungsverbot des § 19 AGG Verwendung. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG ist eine Benachteiligung bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (sog. Massengeschäfte), unzulässig. Ohne Ansehen der Person kommt ein Schuldverhältnis dabei immer dann zustande, wenn die in § 19 Abs. 1 S. 1 AGG genannten Merkmale Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Alter oder sexuelle Identität für den Vertragsabschluss generell unbedeutend sind.197 Im Rahmen des § 19 AGG beschreibt der Begriff des Ansehens der Person damit bestimmte Eigenschaften, die der Person des Vertragspartners individuell anhaften. Der in § 19 AGG verwendete Begriff des Ansehens hat damit einen anderen Bedeutungsgehalt als der des § 201a Abs. 2 StGB, denn während das Ansehen in § 19 AGG in seiner Bedeutung mit „beim Betrachten erkennen können“198 gleichgesetzt werden kann, entspricht der Begriff des Ansehens in § 201a Abs. 2 StGB inhaltlich eher dem Begriff der Reputation oder des guten Rufes. Ein Rück196  Paeffgen,

in: NK-StGB, § 90b Rn. 5. in: NK-AGG, § 19 Rn. 3; zur Kritik an diesem „Zirkelschluss“ vgl. Thüsing, in: MK-BGB, § 19 AGG Rn. 17. 198  So kann etwa beim Vertragsschluss das ungefähre Alter oder die Rasse des Vertragspartners erkannt werden. 197  Ernst / Braunroth / Wascher,

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

griff auf das Begriffsverständnis des § 19 AGG kommt daher für die Konkretisierung des § 201a Abs. 2 StGB ebenfalls nicht in Betracht. b) Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch Nach allgemeinem Sprachgebrauch kann sich der Begriff des Ansehens nicht nur auf Personen, sondern auch auf Personengruppen, Orte oder Institutionen beziehen. Inhaltlich bringt der Begriff des Ansehens die Achtung oder Wertschätzung gegenüber dem Bezugsobjekt zum Ausdruck und ist daher eng mit dem Begriff der Reputation199 verwandt. Anders als das Ansehen bezieht sich die Reputation einer Person, Personengruppe oder Sache auf eine mit der Reputation in Zusammenhang stehende begründete Erwartung. Das Vorhandensein einer bestimmten Reputation – etwa der Glaubwürdigkeit oder Integrität – wirkt daher als Indiz für zukünftiges Verhalten. Der Begriff des Ansehens ist demgegenüber vergangenheits- bzw. gegenwartsbezogen zu verstehen, denn er vermag nicht in gleichem Maße Erwartungen an zukünftiges Verhalten zu erzeugen. Vielmehr bringt er zum Ausdruck, dass sich die angesehene Person, Personengruppe oder Sache in der Vergangenheit durch Unbescholtenheit ausgezeichnet hat und hierdurch in der Gegenwart ein gewisses Renomée erfährt, d. h. ihr eine gesellschaftliche Wertschätzung entgegengebracht wird. Daraus folgt auch, dass Ansehen nicht statisch ist, denn es kann nicht nur verdient, sondern auch wieder verloren werden.200 So verstanden wirkt Ansehen als kulturelle Ressource,201 denn durch Erhöhen des Ansehens kann u. U. auch das Prestige, der gesellschaftliche Status bzw. die Geltung innerhalb einer sozialen Hierarchie verändert werden. Bei dem Begriff des „Ansehens der Person“ handelt es sich somit um ein insgesamt facettenreiches Konzept, dessen genauer Gehalt durch eine rein 199  Anders als der Begriff des Ansehens wird der Begriff der Reputation im Hinblick auf den „sozialen Geltungsanspruch“ von Unternehmen durchaus rechtlich diskutiert, vgl. etwa Ziegelmayer, GRUR 2012, 761 ff.; Klöhn / Schmolke, NZG 2015, 689 ff.; zur Diskussion eines „Unternehmenspersönlichkeitsrechts“ als Instrument zum Schutz der Unternehmensreputation vgl. Koreng, GRUR 2010, 1065 ff. 200  Freilich haben sich die Ansichten darüber, was zur Mehrung des Ansehens beiträgt und welches Verhalten das Ansehen eher schädigen kann, im Laufe der Zeit mitunter gravierend verändert. Exemplarisch hierfür sei nur auf das gesellschaftliche Ansehen der Berufsgruppe der Soldaten hingewiesen. 201  Bei dem Prinzip des Ansehens als kulturelle Ressource handelt es sich freilich um ein universelles Konzept, was etwa auch daran deutlich wird, dass es in zahlreichen Kulturen eine Entsprechung findet. So findet sich etwa als besonders prominentes Beispiel im chinesischen Kulturkreis das Prinzip des Gesichts (面子 bzw. 脸子), das nicht das körperliche Antlitz, sondern die Meinung anderer über eine bestimmte Person bezeichnet.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden207

sprachliche Betrachtung nur schwer zu erfassen ist.202 Die Defizite bei der Bestimmung dessen, was als „Ansehen der Person“ zu bezeichnen ist, könnten jedoch dadurch überwunden bzw. zumindest erheblich relativiert werden, indem der Begriff des Ansehens nicht nur auf seine Bedeutung hin untersucht, sondern auch im Hinblick auf sein konkretes Verhältnis zu den Begrifflichkeiten (Menschen-)Würde und Ehre betrachtet und hinterfragt wird. Den Begriffen Würde, Ehre und Ansehen ist gemein, dass es sich um außerrechtliche und weitgehend transzendente Kategorien handelt, deren konkreter Gehalt sich zudem aus einem weltanschaulichen Menschenbild ableitet.203 Gleichwohl ist es Rechtsprechung und Wissenschaft im Laufe der Zeit gelungen, sowohl den Begriff der Menschenwürde als auch den Begriff der Ehre als juristische Kategorie für den rechtswissenschaftlichen Gebrauch nutzbar zu machen.204 Ungeachtet der unterschiedlichsten Versuche, den Gehalt der Menschenwürde positiv zu fassen und damit letztlich einer Definition zuzuführen, besteht Einigkeit darin, dass Menschenwürde – und damit in engem Zusammenhang stehend auch das Persönlichkeitsrecht205 – unmittelbar in der menschlichen Existenz selbst wurzeln.206 Die Menschenwürde als Achtung gebietender Wert des Menschen liegt im Inneren des Menschen begründet und nimmt auf das von allen sozialen Rollen dissoziiertes „Selbst der Person“ Bezug, weshalb der gesellschaftliche Status einer Person für die ihr innewohnende Menschenwürde ohne Belang ist.207 202  So existiert etwa in vielen europäischen Sprachen keine dem deutschen Begriff des Ansehens exakt entsprechende Übersetzung. „Ansehen“ kann auf Englisch sowohl als reputation als auch als standing bzw. image bezeichnet werden, auf Französisch als réputation, prestige oder crédit, auf Spanisch sind die Begriffe crédito  und valía gebräuchlich und in den Niederlanden wird das Ansehen als reputatie, faam oder roep  bezeichnet, wobei den jeweiligen Begriffen freilich eine jeweils eigenständige Konnotation zu eigen ist. 203  Vgl. hierzu Hilgendorf, EWE 19 (2008), S. 403 (404). 204  Zu dieser Problematik vgl. nur Enders, Menschenwürde, S. 33 ff.; v. Lewinski, Matrix des Datenschutzes, S. 19 ff.; zum Verhältnis von Ehre und Menschenwürde vgl. Hilgendorf, EWE 19 (2008), S. 403 (404). 205  Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium, S. 74 fasst diesen Zusammenhang von Menschenwürde und Persönlichkeitsrecht wie folgt zusammen: „Der Mensch, dessen Würde geachtet werden soll, lebt nicht isoliert und selbstgenügsam, sondern wesentlich in sozialen Beziehungen mit anderen. Der Schutz der Menschenwürde geht deshalb zwangsläufig über in das Recht zur Persönlichkeitsentfaltung und zur freien Betätigung in den verschiedenen Lebensbereichen. Als eigenes Recht wurde von der Rechtsprechung, zumal des Bundesgerichtshofs, das sogenannte allgemeine Persönlichkeitsrecht entwickelt“. Zum Verhältnis von Menschenwürde und Persönlichkeitsrecht vgl. auch bereits oben Kapitel 1 A. I. 206  v. Lewinski, Matrix des Datenschutzes, S. 26. 207  Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium, S. 73; v. Lewinski, Matrix des Datenschutzes, S. 26.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

In starkem Kontrast208 hierzu steht das sozial- und kulturgeschichtlich deutlich ältere Konzept der Ehre. Anders als die Menschenwürde, die dem Inneren des Menschen entspringt, handelt es sich bei der Ehre um ein fremdbestimmtes Konzept, stellt sie sich doch stets als Produkt gesellschaftlicher Zuschreibung dar.209 Verständlich wird dies vor allem aus historischer Perspektive.210 Wenngleich das Prinzip der personalen Ehre schon im antiken Griechenland bekannt und Gegenstand theoretischer Betrachtungen war, so geht das heutige Verständnis von Ehre doch auf die Zeit der ständischen Gesellschaft zurück, in der die personale Identität maßgeblich an die Erfüllung im Voraus, oftmals durch Geburt festgelegter, d. h. institutionalisierter Rollen geknüpft war.211 Der Mensch der Moderne hingegen kann den gesellschaftlich nicht mehr streng verbindlichen Begriff der Ehre212 weitgehend 208  Dieser Kontrast bezieht sich freilich nur auf den jeweiligen begrifflichen Bezugspunkt, zumal mitunter vertreten wird, dass die Ehre als Teilaspekt der Menschenwürde von Art. 1 Abs. 1 GG mitumfasst sei, vgl. nur BVerfGE 15, 283 (286); Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium, S. 73; zur strafrechtlichen Perspektive des Ehrschutzes als Persönlichkeitsschutz vgl. Otto, in: FS Schwinge, S. 71 ff. 209  v. Lewinski, Matrix des Datenschutzes, S. 26 f. 210  So bezeichnet etwa Welzel, ZStW 57 (1938), S. 28 die Ehre als „eine zutiefst geschichtliche Größe“, was Bemmann, in: FS Wolff, S. 33 (36 f.) aufgreift und weiter ausführt: „Bei aller Unklarheit über den Ehrbegriff, dürfte doch immerhin eines klar sein, daß nämlich unter Ehre heute etwas anderes zu verstehen ist, als darunter in früheren Epochen verstanden wurde. […] Im Mittelalter bis weit in die Neuzeit hinein, nämlich in der hierarchisch gegliederten Ständegesellschaft, bedeutete Ehre die Teilhabe an dem Prestige und den Privilegien des jeweiligen Standes. Und diese an die Standeszugehörigkeit gekoppelte Ehre rangierte in der Werteskala ganz oben. Deutlich zum Ausdruck kommt dies in dem bekannten Zunftspruch: Gut verloren, nichts verloren; Mut verloren, viel verloren; Ehre verloren, alles verloren. […] Kein Zweifel, das Ehrverständnis und damit der Wert der Ehre haben sich beträchtlich gewandelt“; vgl. hierzu auch Binding, Die Ehre (1909), S. 6. 211  Morlok, Selbstverständnis als Rechtskriterium, S. 73; zur historischen Perspektive vgl. Wolff, ZStW 81 (1969), S. 886 (893 ff.); Bemmann, in: FS Wolff, S. 33 (36 f.); Binding, Die Ehre (1909), S. 7; zum „Niedergang der Ehre“ infolge gesellschaftlichen Wandels Jakobs, in: FS Jescheck, S. 627 (635 f.); Regge / Pegel, in: MKStGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 8. 212  Hierzu führt Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik II, S. 178 aus: „Die Ehre kann nun den mannigfaltigsten Inhalt haben. Denn alles was ich bin, was ich tue, was mir von anderen angetan wird, gehört auch meiner Ehre an. In kann mir deshalb […] Treue gegen Fürsten, gegen Vaterland, Beruf, Erfüllung der Vaterpflichten, Treue in der Ehe, Rechtschaffenheit in Handel und Wandel, Gewissenhaftigkeit in wissenschaftlichen Forschugen und so fort zur Ehre anrechnen. Für den Gesichtspunkt der Ehre nun aber sind alle diese in sich selbst gültigen und wahrhaftigen Verhältnisse nicht durch sich selbst sanktioniert und anerkannt, sondern erst dadurch, dass ich meine Subjektivität hineinlege und sie hierdurch zur Ehrensache werden lasse. Der Mann von Ehre denkt daher bei allen Dingen zuerst an sich selbst; und nicht, ob etwas an und für sich recht sei oder nicht, ist die Frage, sondern, ob es ihm gemäß sei,



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden209

beliebig mit Inhalt füllen, vermag er doch nicht nur äußere Qualitäten, sondern auch innere Haltungen zu bezeichnen.213 Setzt man dieses auf die Person zentrierte Verständnis von Ehre in Relation zum Begriff des Ansehens, so wird deutlich, dass der Begriff des Ansehens nicht auf die Person, sondern auf den Betrachter zentriert ist. Während die Ehre zumindest auch innere Haltungen betreffen und damit aus der Person selbst herrühren kann, kann Ansehen nicht aus der Person selbst heraus entstehen. Ansehen kann man nicht für sich alleine haben, denn Ansehen gibt es nur im Auge und im Urteil anderer. In der Soziologie wird das Ansehen daher neben den Faktoren Macht, Reichtum und Wissen zur Beschreibung sozialer Ungleichheit in komplexen Gesellschaften herangezogen.214 In den asymmetrischen Sozialbeziehungen des Alltags dient das Ansehen der Person daher als Orientierungshilfe, wobei es freilich nicht auf individuelle, sondern kulturell verankerte Wertvorstellungen ankommt.215 Da aufgrund der überindividuellen Betrachtung nicht unter allen Gesellschaftsmitgliedern ein Konsens über die einer bestimmten sozialen Rolle oder Position entgegengebrachte Wertschätzung bestehen muss, korreliert die Ungleichverteilung von Macht, Reichtum und Wissen nicht zwangsläufig mit dem sozialen Ansehen, wie folgendes Beispiel aus der soziologischen Literatur illustriert: „Ein hoher sozialer Status kann zusammen mit einem hohen oder niedrigen Ansehen auftreten. Ein geringer sozialer Status kann andererseits mit hohem Ansehen einhergehen. Ein reicher Unternehmer kann auch ein hohes Ansehen genießen. Hilft er seinen Untergebenen, die ohne seine Schuld in Not geraten sind, aus der schlechten Lage heraus, wird dies sein persönliches Ansehen bei den Betroffenen steigern. Der Unternehmer erbringt in diesem Beispiel eine Leistung, die von ihm als Unternehmer nicht erwartet wird. Der Eremit kann dagegen hoch geachtet, sein sozialer Status aber gering sein. Kaum jemand ist bereit, seine soziale Stellung mit jener eines Eremiten zu tauschen.“216

Der in der Soziologie verwendete Begriff des Ansehens beschreibt somit nicht den Mensch in seiner Eigenschaft als Träger einer sozialen Position, sondern bezeichnet die gesellschaftliche Wertschätzung, die einem Mensch aufgrund seiner persönlichen Merkmale und Charaktereigenschaften entgegen gebracht wird. Dem Begriff des Ansehens haftet damit etwas „Zweigliedriges“ an, denn einerseits entspringt er in den persönlichen, d. h. individuellen Merkmalen und Charaktereigenschaften der Person, aufgrund der Eigenschaft des Ansehens als Produkt gesellschaftlicher Wertschätzung ragt ob es seiner Ehre gezieme, sich damit zu befassen, oder davonzubleiben. Und so kann er wohl auch die schlechtesten Dinge tun und ein Mann von Ehre sein“. 213  v. Lewinski, Matrix des Datenschutzes, S. 26. 214  Vgl. nur Kreckel, Soziologisches Denken, S. 207. 215  Kreckel, Soziologisches Denken, S. 207. 216  Zingg / Zipp, Soziologie, S. 34.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

er jedoch zugleich in den Bereich des Öffentlichen bzw. öffentlich Wahrnehmbaren, wodurch die im Individuum wurzelnden persönlichen Eigenschaften ihren Charakter als rein „private Angelegenheit“ verlieren. 2. Historische Auslegung a) Entstehungsgeschichte und Gesetzgeberwillen Wie bereits zuvor angesprochen, verfolgt der Gesetzgeber mit § 201a Abs. 2 StGB den Zweck, „ein Signal gegen das immer stärker um sich greifende Cyber-Mobbing“ zu setzen.217 Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen unter dem Begriff Cyber-Mobbing218 „verschiedene Formen der Diffamierung, Belästigung, Bedrängung und Nötigung mit Hilfe elektronischer Kommunikationsmedien insbesondere über das Internet und Chatrooms“ zu verstehen sein, deren Folgen für den Betroffenen aufgrund ihrer Allgegenwärtigkeit und ihres Öffentlichkeitsbezugs häufig gravierender sind als bei klassischem Mobbing.219 In welchem Verhältnis diese Zielvorstellung der Eindämmung von Cybermobbing einerseits und der Begriff des Ansehens der Person andererseits stehen, wird in den Gesetzesmaterialien indes nicht weiter ausgeführt und bleibt insofern leider unklar. Auch der insoweit wenig hilfreiche Verweis, dass die „Verbreitung von Bildaufnahmen, die Personen in einer Weise zeigen, die geeignet ist, deren Ansehen erheblich zu schaden, 217  BT-Drs. 18 / 2601, S. 37; zum Missbrauch des Internets zu kriminellen Zwecken vgl. bereits Sieber, ZRP 2001, 97 ff. 218  Im Hinblick auf die Verbreitung des Phänomens Cybermobbing existieren bislang nur wenige belastbare Erhebungen. Im Rahmen einer repräsentativen ForsaUmfrage aus dem Jahr 2011 gaben jedoch 36 % der befragten Jugendlichen an, schon einmal Opfer von Cybermobbing geworden zu sein, vgl. Cybermobbing – Gewalt unter Jugendlichen, S. 6, abrufbar unter: https: /  / www.google.de / url?sa=t&rct=j&q=& esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwifrsrXkZ_SAhXHmBo KHbexCLAQFggcMAA&url=https %3A %2F %2Fwww.tk.de %2Fcentaurus %2Fserv let %2Fcontentblob %2F700044 %2FDatei %2F140213 %2FForsa-Umfrage %2520Cy bermobbing %2520NRW.pdf&usg=AFQjCNG8pW8WMtxe7Oygcq9nTTUwgRCdxA (zuletzt am 03.05.1017). Im europäischen Vergleich liegt der Anteil der 9 bis 16-Jährigen, die angaben, bereits Opfer von Cybermobbing geworden zu sein, zwischen 10 % in Belgien und 52 % in Polen, vgl. Hasebrink / Livingstone / Haddon / Ólafsson, Comparing children’s online opportunities and risks across Europe, S. 21, abrufbar unter: http: /  / eprints.lse.ac.uk / 24368 / 1 / D3.2_Report-Cross_national_comparisons2nd-edition.pdf (zuletzt am 03.05.2017). Giebel, NJW 2017, 977 gibt jedoch zu bedenken, dass Cybermobbing ein auch unter Erwachsenen immer wieder anzutreffendes Mittel zur gezielten Beeinträchtigung anderer Personen – etwa im Berufs- oder Wirtschaftsleben – ist. 219  BT-Drs. 18 / 2601, S. 37; vgl. hierzu auch Hilgendorf, EWE 19 (2008), S. 403 (409); zun Auswirkungen von Cybermobbing siehe auch Cornelius, ZRP 2014, 164 f.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden211

[…] einen nicht unerheblichen Teil der unter dem Begriff Cyber-Mobbing zusammengefassten Verhaltensweisen“220 ausmache, vermag nicht zu einer begrifflichen Konkretisierung beizutragen. Der Erkenntnisgewinn der historischen Auslegung allein anhand der Entstehungsgeschichte der neu gefassten Norm des § 201a Abs. 2 StGB ist damit nur gering. b) Übergeordnete Entwicklungslinien Einen größeren Erkenntnisgewinn verspricht hingegen die Frage nach der Einordnung des § 201a Abs. 2 StGB in die übergeordneten Entwicklungs­ linien des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes. In Kapitel 1 wurde bereits aufgezeigt, dass der Schutz vor sensationellen Berichten über das Privatleben einen Schwerpunkt der Problematik des Persönlichkeitsschutzes bildet.221 Auf diese Bedrohung hat der Gesetzgeber mit Schaffung eines eigenständigen 15. Abschnitts zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs reagiert, der mit den §§ 201 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 201a StGB sowie § 203 StGB einen – freilich nach verschiedenen Persönlichkeitsaspekten ausdifferenzierten – teilweisen Indiskretionsschutz bereit hält.222 Dieser Befund gilt in besonderem Maße für § 201a StGB, der gleich mehrfach typische Merkmale eines Delikts zum Schutz vor Indiskretion aufweist. So äußert sich etwa in der seit dem Jahr 2015 gültigen Ausgestaltung des § 201a Abs. 2 StGB als Eignungsdelikt223 recht offenkundig der Schutz eines Teilaspekts des Diskretionsinteresses. Selbiges gilt für § 201a Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 StGB, die mit dem Gebrauchen und Zugänglichmachen unbefugt hergestellter (Nr. 3) bzw. wissentlich unbefugten Zugänglichmachens befugt hergestellter Bildaufnahmen an eine dritte Person (Nr. 4) einen speziellen Aspekt des „Hinaustragens“ privater Information aus einer besonders geschützten Sphäre unter Strafe stellen. Das vorwerfbare Verhalten des Täters zeichnet sich dabei nicht nur durch einen Mangel an Distanz,224 sondern vor 220  BT-Drs.

18 / 2601, S. 37. hierzu oben unter Kapitel 1 A. II. 2. a) bb); zu diesem Ergebnis gelangt auch Arzt, Intimsphäre, S. 143. 222  Vgl. etwa Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 43; Geyer-Schäfer, Indiskretion, S. 13; Kunze, Das Merkmal „unbefugt“ in den Strafnormen des Besonderen Teils, S. 110 f.; dieser Schutz wird freilich durch weitere Vorschriften außerhalb des 15. Abschnitts ergänzt, wie etwa den §§ 354 Abs. 1, Abs. 4, 353d Nr. 2 und Nr. 3 StGB sowie den §§ 22 f., § 33 KUG, vgl. Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (677 und 680). 223  Zu den Eignungsdelikten vgl. auch Kühl, ZIS 2016, 416; Mitsch, in: B / W / M / E, StR AT, § 6 Rn. 53; ausf. hierzu unten unter Kapitel 3 B. II. 224  Der Mangel an Distanz, d. h. das unbefugte Überwinden der durch den Betroffenen errichteten Wahrnehmungs- und Informationsschranken, wird bereits durch § 201a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB erfasst. 221  Vgl.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

allem auch durch einen Mangel an Verschwiegenheit aus. Dieser Aspekt des Mangels an Verschwiegenheit, mit anderen Worten des Geheimnisverrats ist, um es mit den Worten Rogalls auszudrücken, „die eigentliche Domäne des Indiskretionsdelikts“.225 § 201a Abs. 1 Nr. 3 und 4 StGB dienen somit zumindest unter funktionalen Gesichtspunkten betrachtet der Bekämpfung von (bildlicher) Indiskretion. aa) Diskussion um ein Allgemeines Indiskretionsdelikt Der 15. Abschnitt des StGB in seiner heutigen Form ist aus einer über 100 Jahre währenden, mitunter kontrovers geführten Diskussion um den strafrechtlichen Schutz der Persönlichkeit hervorgegangen. Während es heute allgemein anerkannt ist, dass Vorschriften des strafrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit nur dann den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des Art. 103 Abs. 2 GG sowie des strafrechtlichen ultima-ratio Prinzips genügen, wenn sie tatbestandlich auf den Schutz bestimmter einzelner Aspekte des Persönlichkeitsrechts beschränkt sind,226 wurde in früherer Zeit versucht, einen möglichst umfassenden Tatbestand zu schaffen. Dieser als allgemeines Indiskretionsdelikt zu bezeichnende Tatbestand sollte dem zur damaligen Zeit infolge technischer Neuerungen rasch angestiegenen Schutzbedürfnis Rechnung tragen und, so die damalige Hoffnung, der Rechtspraxis ein möglichst weitreichendes Instrument zur strafrechtlichen Sanktionierung solcher Fallgestaltungen an die Hand geben, in denen persönliche Informationen ohne oder gegen den Willen des Betroffenen offengelegt wurden.227 Dem Indiskretionsdelikt kam somit primär die Aufgabe zu, den Schutz derjenigen Grenzen abzusichern, die der Einzelne um sich gezogen hat, um innerhalb dieses derart abgegrenzten Bereichs ungestört und damit für sich allein zu sein.228

225  Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (682); vgl. hierzu auch Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (13). 226  Vgl. dazu Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 201 ff. Rn. 2; zum ultima-ratio-Prinzip im Strafrecht vgl. Landau, in: FS Schlick, S. 523 (528 ff.); am Beispiel der Pönalisierung von Graffiti Kühl, in: FS Weber, S. 413 (420); a. A. wohl Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 25 Rn. 44. 227  Henkel, Gutachten für den 42. DJT 1957, Bd. II / D, S. 99; Roeder, in: FS Maurach, S. 347 (363 f.). 228  Roeder, in: FS Maurach, S. 347 (363) weist zu Recht darauf hin, dass diese Grenzziehung freilich keine willkürliche, sondern eine inhaltlich vom Schutzbereich der Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK vorgezeichnete ist.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden213

(1) Gesellschaftspolitische Forderungen Spätestens mit Beginn des 20. Jahrhunderts war deutlich geworden, dass im Zuge des Aufkommens reißerisch aufgemachter Sensationszeitungen229, die gewerbsmäßig mit peinlichen Veröffentlichungen drohten, dem Schutz der Persönlichkeit allein durch Rückgriff auf die Ehrdelikte nicht mehr beizukommen war.230 Dies lag zum einen daran, dass die Ehrdelikte ausschließlich vor der Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen Schutz gewährten, sodass streng genommen die Indiskretion als Offenlegung wahrer Umstände schon überhaupt nicht erfasst war. Zum anderen diente die Verfolgung der Indiskretion mittels der Ehrdelikte nicht dem Schutzinteresse des Betroffenen, denn die gerichtliche Beweiserhebung über die Wahrheit im Rahmen eines öffentlichen Ehrschutzprozesses konnte die Folgen der Tat mitunter noch erheblich verstärken.231 Eine gerichtliche Auseinandersetzung zerrte also regelmäßig gerade erst das ans Tageslicht, was doch eigentlich mit dem Mantel des Schweigens bedeckt werden sollte. Der Gesetzgeber trat jedoch 229  Zu den sog. Revolverblättern gehörten etwa „Simplicissimus“, „Große Glocke“ und „Die Fackel“. 230  Lilienthal, ZStW 29 (1909), S. 647 (650); v. Finger, in: GS 74 (1909), S. 296 (324 f.); Pester, Str. Abh. 282 (1930), S. 2 ff.; Arzt, Intimsphäre, S. 144; G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (761); diese Problematik ist freilich nach wie vor aktuell, vgl. nur Gounalakis, AfP 1998, 10 (24). 231  Siehe hierzu die eindrückliche Rede des Reichskanzlers v. Bülow im Reichstag am 30.11.1907: „In Übereinstimmung mit dem Volksgefühl betrachte ich es auch als in hohem Grade verderblich und anstößig, im wahren Sinne unsittlich, wenn im Gerichtssaale ohne zwingende Not Fragen vorgelegt werden, die in das Privatleben, in das Seelenleben des Angeklagten oder Zeugen eingreifen, wenn Fragen gestellt werden, deren Beantwortung für den Beteiligten schmerzlich oder peinlich sein muss. […] Ist namentlich bei öffentlichen Herabwürdigungen von Personen wegen unglücklicher Umstände ihres Privatlebens der Napoleonische Grundsatz: „la vie privée droit être murée“ – um das Privatleben muss sich eine Mauer ziehen – nicht im letzten Ende gerechter als die Zulassung des Wahrheitsbeweises? […] Erst kürzlich las ich irgendwo, die Öffentlichkeit sei gewiß ein heilsamer Kulturfaktor, sie sei aber auch eine größere Macht geworden als Parlament, Fürsten und Obrigkeit. ‚Die Öffentlichkeit‘, hieß es da, kann verwunden, sie kann vergiften, ja sie kann töten.‘ Wieviel Leid ist über einzelne, wieviel Jammer und Not über ganze Familien gekommen, die aus Furcht vor Skandal sich nicht an die Gerichte wenden und deshalb Erpressern oder einer Presse in die Hände fallen, die vom Skandal lebt! […] Es frägt sich aber, ob nicht auch ein besserer gesetzlicher Schutz des Privatlebens und der persönlichen Ehre notwendig ist.“, abgedruckt in: Verhandlungen des Reichstages, 12. Legislaturperiode, I. Session, Bd. 229 (1937), S. 1935; zur Verstärkung der Tatfolgen durch die gerichtliche Erhebung des Wahrheitsbeweises vgl. auch Lilienthal, ZStW 29 (1909), S. 647 (651); v. Finger, in: GS 74 (1909), S. 296 (325 f.) vertrat die Meinung, der Strafprozess in Beleidigungssachen würde dadurch zum „Prozess der Entlarvung von Heuchlern“ degradiert; vgl. zu dieser Thematik auch Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (675); Arzt, Intimsphäre, S. 144 f.; G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (742).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

erst im Jahre 1906 auf den Plan, als ein Zeitschriftenartikel die homoerotischen Beziehungen im engen Freundeskreis Kaiser Wilhelms II., dem sog. Liebenberger Kreis, offenbarte.232 Angesichts der Bedrohungen durch die „Skandalpresse“ sei es, so die Diskussion im Reichstag, „verderblich und anstößig, im wahren Sinne unsittlich, wenn im Gerichtssaale ohne zwingende Not Fragen erörtert werden können, die in das Privatleben und in das Seelenleben der Parteien eingreifen“.233 Durch die Zulässigkeit des gerichtlichen Wahrheitsbeweises sei der Gerichtssaal zu einer „Folterkammer“ verkommen, „die ärger sein könne als diejenige, die abgeschafft zu haben die Neuzeit mit Recht sich rühme“.234 Im Rahmen des Vorentwurfs zur Schaffung eines deutschen Strafgesetzbuchs im Jahre 1909 wurde schließlich ein erstes Konzept für ein Indiskre­ tionsdelikt „zum Schutz des Privatlebens vor frivolen Bloßstellungen“ vorgelegt.235 Entsprechend dem Grundsatz „la vie privée droit être murée“ sollte die Regelung Geheimnisbrüche pönalisieren, bei denen Tatsachen öffentlich mitgeteilt werden, „die einmal das Privatleben eines anderen betreffen und das öffentliche Interesse nicht berühren, dann aber auch von dem anderen aus einem berechtigten Interesse geheim gehalten werden“.236 Obwohl der Regelungsvorschlag thematisch ausdrücklich den Schutz vor Indiskretion bezweckte, wurde er systematisch den Beleidigungsdelikten zugerechnet und als Fall der üblen Nachrede ausgestaltet, freilich mit der Modifikation, dass hinsichtlich öffentlich offenbarter privater Umstände der Wahrheitsbeweis ausgeschlossen werden konnte.237 Auch wenn die im Rahmen des Vorent232  Arzt, Intimsphäre, S. 145; Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (675); Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (34); zum sog. Eulenburg-Skandal vgl. Finger, DJZ 1907, Sp. 1217 ff.; Harden, Prozesse, S. 169 ff.; Schumann, Geheimnisverrat, S. 92. 233  Verhandlungen des Reichstages, 12. Legislaturperiode, II. Session, 275. Anlagenband, S. 2080. 234  Verhandlungen des Reichstages, 12. Legislaturperiode, II. Session, 275. Anlagenband, S. 2080; Arzt, Intimsphäre, S. 145. 235  Verhandlungen des Reichstages, 12. Legislaturperiode, II. Session, 275. Anlagenband, S. 2080; Golla, Straf- und Bußgeldstatbestände, S. 38; zu den im damaligen Schrifttum bereits vorhandenen Ansätzen vgl. Beling, Wesen, Strafbarkeit und Beweis der üblen Nachrede, S. 48 ff. sowie Delaquis, in: Berliner Festgabe für Otto v. Gierke, Bd. III, S. 155 (164 ff.). 236  Verhandlungen des Reichstages, 12. Legislaturperiode, II. Session, 275. Anlagenband S.  2080 f.; G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (744); Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 38. 237  Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (24); Roeder, in: FS Maurach, S. 347 (361); Arzt, Intimsphäre, S. 145; Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (672 f.); Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 38; Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 23. Der Diskussion im Zusammenhang mit den Beleidigungsdelikten lag vermutlich eine Orientierung an ausländischen Rechtsordnungen zugrunde, vgl. Lilienthal, ZStW 29 (1909), S. 647 (650); Pester, Str. Abh. 282 (1930), S. 88 ff.; Hen-



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden215

wurfs von 1909 vorgeschlagene Regelung inhaltlich in diese Richtung zeigte, handelte es sich bei ihr noch nicht um ein eigenständiges Indiskretionsdelikt. Aufgrund zahlreicher Unstimmigkeiten hinsichtlich des Ausschlusses des Wahrheitsbeweises238 und redaktionellen Schwierigkeiten bei der Abfassung eines hinreichend bestimmten Tatbestandes konnte sich der Regelungsvorschlag zum Indiskretionsdelikt letztlich nicht durchsetzen, weshalb er schließlich in den endgültigen Entwurf keinen Eingang fand.239 Eine deutlich erkennbare Emanzipation von den Beleidigungsdelikten erfuhr das Indiskretionsdelikt erst im Entwurf der Strafrechtskommission zum StGB aus dem Jahre 1913. Entsprechend dem Entwurf, der im Wesentlichen auf einen Vorschlag Belings zurückgeht, sollte das Indiskretionsdelikt in einem eigenständigen Abschnitt mit dem Titel „Verletzung fremder Geheimnisse“ seinen Platz finden.240 Indiskretion und Beleidigung sollten dabei in einem Exklusivitätsverhältnis stehen, was darin zum Ausdruck kam, dass dem Verletzten die Wahl zwischen Wahrheitsbeweis und Ausschluss des Wahrheitsbeweises zustehen sollte.241 Entschied sich der Verletzte im Hinblick auf die streitige Behauptung für den Ausschluss des Wahrheitsbeweises, war dies zugleich als Entscheidung für die Anwendung des Indiskretionsdelikts zu verstehen.242 Die Achillesferse einer solchen Regelung wurde freilich alsbald erkannt. Zu Recht wurde insofern kritisiert, dass es sich in Wirklichkeit nur um ein „illusionäres Wahlrecht“243 handelte, da die Wahl des Indiskretionsdelikts und damit des Ausschlusses des Wahrheitsbeweises faktisch einem Anerkenntnis der nachgesagten Tatsachen gleich kam.244 ning, Str. Abh. 400 (1939), S. 35 ff.; ebenso Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (34). 238  Fruchtbarer wäre es indes freilich gewesen, zunächst grundsätzliche Überlegungen zum geschützten Rechtsgut anzustellen, vgl. dazu bereits Lilienthal, ZStW 29 (1909), S. 647 (651) und ausführlich Arzt, Intimsphäre, S. 145. 239  Verhandlungen des Reichstages, 12. Legislaturperiode, II. Session, 275. Anlagenband, S.  2080 f.; G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (745); Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (675); Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 23; Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 38. 240  Beling, Wesen, Strafbarkeit und Beweis der üblen Nachrede, S. 78; Arzt, Intimsphäre, S. 146; Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (25); G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (747); Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (34). 241  Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (28); G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (746 ff.); Roeder, in: FS Maurach, S. 347 (361); Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 39. 242  Arzt, Intimsphäre, S. 146; Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (28). 243  Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (28). 244  Zu den Bedenken der Strafrechtskommission 1911 / 1913 in der 161. Sitzung am 18. September 1912 vgl. G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (748 f.), der seinen Ausführungen (laut eigener Aussage) nicht veröffentlichte Materialien zugrunde legt.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Nachdem sich die Schwierigkeiten bei der tatbestandlichen Abfassung eines Indiskretionsdelikts als unüberwindbare Hürde erwiesen hatten, rückten spätere Entwürfe245 von der Vorstellung, ein eigenständiges Indiskretionsdelikt zu schaffen, wieder ab.246 Über die Gründe für diesen Kurswechsel der Rechtspolitik ist indes wenig bekannt. Die Begründung zu dem Entwurf aus dem Jahr 1925 enthält hierzu lediglich den lapidaren Hinweis: „Der vorliegende Entwurf gibt dagegen den Gedanken eines besonderen Indiskretionsdelikts wieder auf“.247 (2) Große Strafrechtsreform Eine wahre Renaissance erlebte die Diskussion um das Indiskretionsdelikt schließlich im Rahmen der sog. großen Strafrechtsreform der Jahre 1950 bis 1960. Nachdem sich bereits der 42. Deutsche Juristentag 1957 für eine ergänzende gesetzliche Regelung zum strafrechtlichen Schutz der Persönlichkeit ausgesprochen hatte,248 sah der Entwurf eines Strafgesetzbuches aus dem Jahr 1962 mit dem Abschnitt „Verletzungen des persönlichen Lebensund Geheimbereichs“ erstmals einen eigenständigen Abschnitt für verschiedene „Anwendungsfälle des Persönlichkeitsschutzes“249 vor, an dessen Spitze mit § 182 StGB-E 1962 ein Straftatbestand der „öffentlichen Erörterung fremder Privatangelegenheiten“ stehen sollte.250 Strafbar sollte demnach sein, wer „ohne verständigen Grund öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine ehrenrührige Behauptung tatsächlicher Art über das Privat- oder Familienleben eines anderen, an deren Inhalt kein öffentliches Interesse besteht, aufstellt oder an einen Dritten gelangen lässt“.251

Eine Erhöhung des Strafrahmens war für den Fall vorgesehen, dass die Tat gegen den Bundespräsidenten oder ein ausländisches Staatsoberhaupt begangen wurde.252 245  Vgl. § 277 Abs. 4 StGB-E 1922 (Radbruch) und § 285 Abs. 4 StGB-E 1925 sowie § 280 StGB-E 1927 und StGB-E 1930 (Kahl), abgedruckt bei Schubert / Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, S. 177, S. 229 sowie S. 466. 246  Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 24; Dähn, Öffentliche Bloßstellung, S. 30 f.; Wormer, Der strafrechtliche Schutz der Privatsphäre, S. 29. 247  Vgl. Schubert / Regge, Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, S. 385. 248  Verhandlungen des 42. DJT 1957, Bd. II, Beschluss Nr. 5 der ersten Abteilung. 249  Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (21). 250  BT-Drs. IV / 650, S. 41; Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (21); Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 39. 251  BT-Drs. IV / 650, S. 41. 252  Vgl. § 377 und § 482 StGB-E 1962, BT-Drs. IV / 650, S. 74 und S. 92.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden217

Geschütztes Rechtsgut dieses Regelungsentwurfs war nicht die Ehre, sondern die Privatsphäre.253 Aus diesem Grund sollte, wie schon im Entwurf von 1913 vorgesehen, auch dieses Indiskretionsdelikt zu den Beleidigungsdelikten in einem Exklusivitätsverhältnis stehen (§ 182 Abs. 2, Abs. 4 StGBE 1962).254 Die Begründung des Entwurfs führt hierzu näher aus, dass dem Bedürfnis, den Wahrheitsbeweis für ehrenrührige Behauptungen einzuschränken, am besten dadurch entsprochen werden könne, dass ein eigenständiger Tatbestand außerhalb der Beleidigungsdelikte ehrenrührige Behauptungen unabhängig von ihrer Wahrheit oder Unwahrheit allein unter dem Aspekt des Friedensschutzes unter Strafe stelle.255 Bereits aus der Abschnittsüberschrift „persönlicher Lebens- und Geheimbereich“ ergebe sich, so die Entwurfsbegründung, dass das geschützte Rechtsgut die Privat- und Intimsphäre i. S. d. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG sei, welche wiederum in den persönlichen Geheimbereich sowie den persönlichen Lebensbereich im Sinne der Familien- und sonstigen Privatverhältnisse unterteilt werden könne.256 Nach der Konzeption des Abschnitts zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs konnte das Schutzobjekt somit, wie Gallas präzise ausführt, zweierlei Formen annehmen: Einmal die des „formellen Tabus“, welches einzelne Aspekte des persönlichen Lebensbereichs schlechthin, d. h. ohne dass es explizit auf den intimen Charakter einer bestimmten Angelegenheit ankomme, schütze.257 Andererseits die der materiell-inhaltlich verstandenen Privatheit, die vor allem das Interesse des Einzelnen in den Blick nimmt, intime Angelegenheiten vor Kenntnisnahme Dritter zu schützen.258 253  Peglau,

Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 24. StGB-E 1962 wurde aus diesem Grund auch als unmittelbare Anknüpfung an den Entwurf von 1913 verstanden, vgl. BT-Drs. IV / 650, S. 315; Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (37) bemängelt diesen vollständigen Ausschluss des Wahrheitsbeweises vor allem unter dem Aspekt, dass die generalpräventive Funktion als wichtigster Zweck des Strafrechts vernachlässigt werde, um eine Rehabilitierung des Verletzten, also mithin eine eigentlich dem Zivilrecht zugehörige Restitution nicht zu gefährden. 255  BT-Drs. IV / 650, S. 315. 256  BT-Drs. IV / 650, S. 326. 257  Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (21 f.); eine solche „Zurückhaltung von Informationen über das Selbst“, d. h. eine „Informationssperre“ befürwortet ausdrücklich auch Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (667); vgl. hierzu auch Schumann, Geheimnisverrat, S. 170. 258  Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (21 f.); die Unterscheidung von formeller und materieller Privatheit beschrieb Giesker, Geheimsphäre (1904), S. 26 bereits im Jahr 1904, indem er ausführt: „Das Natürliche ist infolgedessen, daß die Delikte des widerrechtlichen Eindringens eingetheilt werden nach den wesentlichsten Arten der Hindernisse und Abstände, die zwischen einem Geheimnis und der allgemeinen Wahrnehmungsmöglichkeit liegen können. Diese Eintheilung ist eine nach der sog. formellen Seite des Geheimnisses, und das Gros der Normen hat diese Eintheilungs254  § 182

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

(3) Alternativentwurf Die gleiche Schutzrichtung, jedoch einen anderen Ansatz verfolgte der Ende der 60er Jahre von mehreren namhaften Juristen und Hochschulprofessoren259 vorgelegte Alternativentwurf (AE-StGB) eines Strafgesetzbuches. Mit dem Ziel, den Schutz der Persönlichkeit zu verbessern, fasste der AEStGB unmittelbar im Anschluss an die Delikte gegen die Ehre die Straftaten gegen den persönlichen Lebens- und Geheimbereich in einem eigenständigen Titel zusammen. Gleich zu Beginn dieses Titels war mit § 145 AE-StGB ebenfalls ein im Wesentlichen der Konzeption von Arzt260 nachempfundenes Indiskretionsdelikt vorgesehen, wonach strafbar sein sollte, „wer einen anderen dadurch bloßstellt, dass er dessen höchstpersönlichen Lebensbereich, insbesondere dessen Familien- oder Sexualleben oder dessen Gesundheitszustand vor einer Menschenmenge oder durch Verbreitung von Schriften (§ 10 Abs. 2) erörtert“.261

Der Indiskretionsschutz war somit nicht mehr nur auf ehrenrührige Mitteilungen beschränkt, sondern sollte mit der „öffentlichen Bloßstellung“ die Erörterung des höchstpersönlichen Lebensbereichs ohne Rücksicht auf die Ehrenrührigkeit erfassen.262 Anders als noch in § 182 StGB-E 1962 sollte das Indiskretionsdelikt somit von den Ehrdelikten nicht mehr nur formal, sondern auch materiell-inhaltlich vollständig entkoppelt und damit unabhängig sein. Folglich erfasste § 145 AE-StGB auch nicht mehr die Ehre als Rechtsgut, sondern den höchstpersönlichen Lebensbereich bzw. die Intimsphäre.263 Das Rechtsgut sollte durch die exemplarische Aufzählung „besonders wichtiger Teilgebiete, nämlich des Familienlebens, des Sexualleben und des Gesundheitszustands“ präziser konturiert werden.264

art adoptiert. Damit schneidet sich die Eintheilungsart nach der materiellen Seite des Geheimnisses. Bei dieser ist nicht die Art des Geheimnisses, sondern die Art der Thatsache das Ausschlaggebende.“ 259  Zu den Autoren des AE-StGB zählten Jürgen Baumann, Anne-Eva Brauneck, Ernst-Walter Hanack, Arthur Kaufmann, Ulrich Klug, Ernst-Joachim Lampe, Theodor Lenckner, Werner Maihofer, Peter Noll, Claus Roxin, Rudolf Schmitt, Hans Schultz, Günther Stratenwerth und Walter Stree. 260  Arzt, Intimsphäre, S. 287  ff.; zu den Abweichungen von dieser Konzeption vgl. Dähn, Öffentliche Bloßstellung, S. 50. 261  AE-StGB, BT II, S. 28; Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 40. 262  AE-StGB, BT II, S. 29. 263  Dähn, Öffentliche Bloßstellung, S. 47; a.  A. Arzt, Intimsphäre, S. 162 ff., der den Friedensschutz als geschütztes Rechtsgut des § 145 AE-StGB benennt. 264  AE-StGB, BT II, S. 29; Dähn, Öffentliche Bloßstellung, S. 82.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden219

bb) Rückblick und Bewertung Rückblickend ist das allgemeine Indiskretionsdelikt trotz intensiver Diskussion nie Gesetz geworden. Bei den frühen Entwürfen Anfang des 20. Jahrhunderts lag dies in erster Linie daran, dass die unglückliche Verquickung von Ehr- und Indiskretionsschutz noch nicht als grundlegende Problematik erkannt wurde. Auch war der Schutzumfang dieser frühen Regelungsentwürfe noch recht beschränkt, da sie lediglich die Veröffentlichung von Privatangelegenheiten, nicht aber das Eindringen in die Privatsphäre als solches erfassten.265 Für § 182 StGB-E 1962 und insbesondere § 145 AE-StGB kann dies jedoch nicht in gleicher Weise gelten, hatten die jeweiligen Entwurfsverfasser hier doch zumindest im Ansatz die Notwendigkeit einer Abgrenzung und Trennung von Ehr- und Indiskretionsschutz erkannt. Zu den Gründen für die fehlende Umsetzung führt der spätere Gesetzesentwurf der Bundesregierung lediglich aus, dass die Frage um das „Ob“ und „Wie“ einer Ergänzung des bestehenden zivilrechtlichen Schutzes durch eine Strafvorschrift „rechtspolitisch sehr umstritten“ sei und „die Gesetzgebungsarbeiten an diesem Entwurf erheblich belasten“ würde, zumal zum gegenwärtigen Zeitpunkt „jedenfalls kein dringendes Bedürfnis“ dafür bestehe, den Schutz der Privatsphäre zu erweitern.266 Und noch deutlicher für den Schutz des Intimbereichs vor Bildaufnahmen: „Die damit zusammenhängende Problematik ist so schwierig, daß es aus zeitlichen Gründen nicht möglich ist, in diesem Punkte eine befriedigende Lösung vorzuschlagen“.267

Tatsächlich dürfte die Umsetzung des allgemeinen Indiskretionsdelikts jedoch weniger an zeitlichen oder rechtspolitischen Gründen als vielmehr an inhaltlich-konzeptionellen Kritikpunkten und Bedenken sowie der daraus folgenden Uneinigkeit gescheitert sein. Trotz umfassender Diskussion der Problematik gelang es den Entwürfen nicht, über die dogmatische Methode und systematische Umsetzung des Indiskretionsschutzes Einigkeit zu erzielen, weshalb sich das allgemeine Indiskretionsdelikt nie gänzlich von seinen beleidigungsrechtlichen Ursprüngen emanzipieren konnte. Zwar hatte sich der StGB-E 1962 um eine Abgrenzung zu den Ehrdelikten bemüht, durch das Tatbestandsmerkmal der „ehrenrührigen Tatsache“, welches aus Gründen der Bestimmtheit des Tatbestandes für erforderlich gehalten wurde, bestand je265  Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 24; Wormer, Der strafrechtliche Schutz der Privatsphäre, S. 29. 266  BT-Drs. 7 / 550, S. 235; Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 40. 267  BT-Drs. 7 / 550, S. 236.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

doch weiterhin eine inhaltliche Verknüpfung.268 Diese Problematik versuchte der AE-StGB zu umgehen, indem er die Pönalisierung der Indiskretion nicht an eine „ehrenrührige Tatsache“, sondern die „Bloßstellung“ des Betroffenen anknüpfte. Eine solche Bloßstellung sollte nur bei „Handlungen von einigem Gewicht“ vorliegen, sodass Bagatellfälle nicht erfasst waren.269 Da das Tatbestandsmerkmal der „Bloßstellung“ jedoch weiterhin auch ehrenrührige Äußerungen umfasste, konnte auch § 145 AE-StGB die inhaltliche Verbindung zu den Ehrdelikten nicht völlig lösen.270 Der strafrechtliche Schutz durch das Indiskretionsdelikt blieb damit in gewisser Weise „dysfunktional“.271 Vermutlich sogar noch problematischer als die Abgrenzung zu den Ehr­ delikten war jedoch die tatbestandliche Unbestimmtheit des Indiskretions­ delikts.272 Weder aus dem Tatbestand noch aus den Materialien war der Schutzumfang und damit der Anwendungsbereich des § 182 StGB-E 1962 ersichtlich, denn diesen zu erarbeiten war ausdrücklich der Rechtsprechung als Aufgabe zugedacht worden.273 Um diesem Problem zu begegnen sah der Alternativentwurf zwar vor, den Schutzbereich auf das Intimleben zu beschränken,274 bislang ist es jedoch nicht gelungen, die rechtswidrige Indiskretion in der erforderlichen Trennschärfe von der rechtmäßigen öffentlichen Mitteilung – und hier vor allem durch die Presse – abzugrenzen.275 268  G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (750); Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (687 f.); Roeder, in: FS Maurach, S. 347 (369); Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 42; zur unbefriedigenden Abgrenzung des Schutzbereiches vgl. Arzt, Intimsphäre, S. 143 ff. und S. 168 ff.; wegen dieser inhaltlichen Verknüpfung bezeichnet Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (687) § 182 StGB-E 1962 als „Prototyp für den Schutz ehrenrühriger Tatsachen“. 269  AE-StGB, BT II, S. 31; Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 42. 270  So auch G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (778). 271  Vgl. bereits Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (45); Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 45. 272  Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechtes durch das Strafrecht, S. 44. 273  BT-Drs. IV / 650, S. 329; G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (769 f.); Golla, Straf- und Bußgeldtatbestände, S. 41; insoweit besteht freilich eine Parallele zu § 201a Abs. 2 StGB, wenn in der Stellungnahme der CDU / CSU-Fraktion in der Ausschusssitzung v.  12.11.2014, BT-Drs. 18 / 3202, S. 25 ausgeführt wird, dass „die Rechtsprechung ihren Beitrag zur Konkretisierung [des Tatbestands] zu leisten“ habe; zu Recht krit. hierzu Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S.  22 f. 274  Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (37). 275  Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 (34); Schumann, Geheimnisverrat, S. 93; klar ist insoweit wohl nur, dass die Pönalisierung jeglicher Weitergabe von Privatgeheimnissen zu weit geht; so aber der Vorschlag von G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (795 ff.); ähnlich weitgehend auch Roeder, in: FS Maurach, S. 347 (364 ff.), der die Problematik wie folgt zusammenfasst: „In der Vermeidung einer weltfremden Überspannung des Strafschutzes bzw. der Strafgewalt, in der richtigen Abgrenzung



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden221

Angesichts des Umstandes, dass bislang weder der materielle Gehalt noch der Gewährleistungsumfang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als abschließend geklärt gelten kann und zudem zahlreiche persönlichkeitsrecht­ liche Fragen auch heute noch kontrovers diskutiert werden, ist es nicht verwunderlich, dass die Abfassung eines allgemeinen Indiskretionsdelikts mit erheblichen Schwierigkeiten belastet war. Auch wenn den einzelnen Gesetzgebungsvorhaben letztlich in der Sache selbst kein Erfolg beschieden war, so gingen von ihnen doch wichtige Impulse für die weitere Fortentwicklung des Persönlichkeitsrechts aus.276 So war etwa deutlich geworden, dass eine Norm alleine die problematische Grenzziehung zwischen strafbaren und straffreien Verhaltensweisen für alle denkbaren Arten von Indiskretion nicht zu leisten vermochte. Erst dem Abrücken von einem generalklauselartigen Indiskretionsschutz war es somit zu verdanken, dass der Weg zur heutigen Ausgestaltung des 15. Abschnitts des StGB frei wurde. Die Betrachtung im Wege der historischen Auslegung unter besonderer Berücksichtigung der übergeordneten Entwicklungslinien des strafrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit hat daher deutlich aufgezeigt, dass der heutige Gesetzgeber gut beraten wäre, die damaligen grundlegenden Überlegungen, die ihrer Zeit mitunter weit voraus waren, bei zukünftigen Reformvorhaben selbst dann mit in den Blick zu nehmen, wenn die einst verfolgten Ziele letztlich nur mittelbar bzw. auf Umwegen realisiert werden konnten. Für die Umsetzung aktueller Reformvorhaben kann eine Rückbesinnung auf die Ursprünge des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes eine wertvolle Orientierungshilfe im Dickicht von gefühltem Zugzwang und reaktivem Aktionismus sein. 3. Systematik Bereits die Wortlautauslegung zum Begriff des Ansehens der Person hat Gemeinsamkeiten, vor allem aber auch Unterschiede zwischen den Begriffen Ansehen und Ehre offenbart.277 Zudem hat die Betrachtung der Entstehungsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der übergeordneten Entwicklungslinien gewisse Parallelen zwischen den Zielrichtungen des § 201a der Strafbarkeit nach unten liegt daher die Hauptschwierigkeit bei der Schaffung eines profilierten selbstständigen Indiskretionstatbestandes“. 276  So ist etwa die systematisch überzeugende Zusammenfassung der §§ 201 ff. StGB in einem eigenen Abschnitt zum Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs ein Ergebnis der damaligen Diskussion. Zudem wurde erkannt, dass nicht nur die öffentliche Bekanntgabe privater Informationen schutzbedürftig ist, weshalb heute in aller Regel der Schutz vor einem Eindringen in die Privatsphäre stärker ausgestaltet ist, vgl. Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das Strafrecht, S. 25. 277  Hierzu oben unter Kapitel 3 B. I. 3. b) bb).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Abs. 2 StGB einerseits und der des – von den Ehrdelikten nie gänzlich emanzipierten und daher letztlich gescheiterten – allgemeinen Indiskretionsdelikts andererseits aufgedeckt.278 Im Folgenden ist daher der drängenden Frage nachzugehen, in welchem Verhältnis der Schutz des Ansehens der Person i. S. d. § 201a Abs. 2 StGB und der der Ehre i. S. d. §§ 185 ff. StGB stehen. a) Normsystematik des § 201a StGB Anders als der Schutz hilfloser Personen vor unbefugten Bildaufnahmen, der im Zuge der Neustrukturierung und Erweiterung des § 201a StGB mit dem bereits zuvor geregelten Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen in Wohnungen und anderen sichtgeschützten Räumen in einem gemeinsamen Absatz zusammengefasst wurde,279 hat der Gesetzgeber zum Schutz des Ansehens der Person einen eigenständigen Abs. 2 in § 201a StGB eingefügt. Insofern liegt der Schluss nahe, dass § 201a Abs. 2 StGB nach der Vorstellung des Gesetzgebers einen gegenüber § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB eigenständigen Unrechtsgehalt erfassen soll.280 Bei einem Vergleich von § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB mit § 201a Abs. 2 StGB wird deutlich, dass beide Normen bei der Beschreibung des strafwürdigen Unrechts – mit freilich jeweils unterschiedlicher Gewichtung281 – sowohl auf die Umstände der Bildherstellung282 als auch auf die Qualität der Abbildung283 Bezug nehmen.284 Bildlich gesprochen sanktioniert § 201a Abs. 1 StGB unterschiedliche Varianten des unbefugten Eindringens in einen Bereich, in dem der Einzelne einen besonderen rechtlichen Schutz genießt, während § 201a Abs. 2 StGB nicht per se das Eindringen,285 sondern das „Heraustragen“ von – auf welche Art auch immer 278  Vgl.

hierzu bereits oben unter Kapitel 3 B. I. 2. b). hierzu ausführlich oben unter Kapitel 3 A. I. 3. 280  Die Gesetzesbegründung verweist insofern lediglich darauf, dass in Fällen, in denen die abgebildete Person unverschuldet in die hilflose Lage gerät, etwa als Opfer einer Gewalttat, eine Ansehensschädigung wohl nicht angenommen werden könne, vgl. BT-Drs. 18 / 3202, S. 28; vgl. auch Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 11. 281  Während § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB stärker auf die Umstände der Bildherstellung abstellt, kommt es bei § 201a Abs. 2 StGB vor allem auf die Qualität der Abbildung an. 282  Dabei ist zu berücksichtigen, ob es sich um eine befugte oder unbefugte Bildaufnahme handelt und ob diese in einem privaten Rückzugsbereich oder in der Öffentlichkeit angefertigt wurde. 283  Hierbei ist vor allem die in der Bildaufnahme angelegte Bloßstellung bzw. Entwürdigung zu berücksichtigen. 284  Dies betont BT-Drs. 18 / 2601, S. 38 vor allem im Hinblick auf § 33 KUG. 285  Entsprechend erfasst § 201a Abs. 2 StGB anders als § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB auch nicht das Herstellen der Bildaufnahme, vgl. hierzu bereits Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 22. 279  Siehe



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden223

erlangter – persönlich-vertraulicher Informationen aus der Eigensphäre des Betroffenen erfasst.286 Letztlich geht es also darum, dass ein in der Bildaufnahme dargestellter privater Sachverhalt Dritten nicht preisgegeben werden soll, da dies dem Ansehen der abgebildeten Person unter Umständen schaden könnte.287 § 201a Abs. 2 StGB erfasst damit einen Teilaspekt des Schutzes vor Indiskretion288 und kann daher als besonderes Indiskretionsdelikt zum Schutz vor ansehensschädigenden Bildaufnahmen bezeichnet werden. b) Abgrenzung von Ansehensschädigung und Ehrverletzung Im Anschluss an diese Feststellung ist nunmehr zu klären, in welchem Verhältnis ein derartiges besonderes Indiskretionsdelikt zu den Ehrdelikten der §§ 185 ff. StGB steht. Bereits im Rahmen der historischen Betrachtung und insbesondere durch die Vergegenwärtigung der übergeordneten Entwicklungslinien wurde deutlich, dass der strafrechtliche Schutz der Ehre und der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre in Form eines Indiskretionsdelikts seit jeher eng miteinander verflochten sind.289 Im Folgenden ist daher zunächst der Frage nachzugehen, wie sich der Schutz der Ehre und der Schutz der Intimsphäre grundsätzlich zueinander verhalten, bevor sodann in einem zweiten Schritt Folgerungen im Hinblick auf das Verhältnis der §§ 185 ff. StGB zu § 201a Abs. 2 StGB gezogen werden können. aa) Intimsphärenschutz und Ehrenschutz Die grundsätzliche Schwierigkeit bei der Abgrenzung des Schutzes von Ehre und Intimsphäre liegt darin begründet, dass beide Bereiche vergleichsweise unbestimmte und damit wenig greifbare Rechtsgüter aufweisen. Zu Recht weist Kühl daher darauf hin, dass „die genaue Bestimmung des Straf286  Dass es sich hierbei nicht um beliebige Informationen handeln kann, sondern nur Umstände der privaten Lebensführung mit höchstpersönlichem Gehalt erfasst werden, ergibt sich bereits aus dem von § 201a Abs. 2 StGB geschützten Rechtsgut. 287  § 201a Abs. 2 StGB zielt damit im Wesentlichen auf die Verhinderung bildhafter Indiskretion ab. 288  Nach Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (670 f.) bezeichnet der Begriff der Indiskretion im Allgemeinen „ein Verhalten, das ‚taktlos‘, ‚zudringlich‘ oder ‚nicht verschwiegen‘ “ ist, nach einem spezifisch strafrechtlichen Verständnis bezeichne Indiskretion „die unerlaubte Beschaffung oder Weitergabe von (nicht allgemein zugänglichen) Informationen“, wobei es um die „Bloßstellung einer Person innerhalb eines kommunikativ relevanten Kontexts“ gehe. 289  Vgl. Arzt, Intimsphäre, S. 150; zu den grundsätzlichen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Ehrdelikten und Indiskretionsschutz vgl. bereits oben unter Kapitel 3 B. I. 2. b).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

baren den Angriffsformen und deren Eingriffstiefe“ überlassen bleibe.290 So gibt es zwar einerseits Verletzungsformen, die zweifelsfrei einem der beiden Schutzgüter zugeordnet werden können und bei denen sich die Abgrenzungsproblematik somit schon gar nicht stellt. Ehrverletzende Werturteile etwa berühren die Intimsphäre ebenso wenig wie eine Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes die Ehre betrifft.291 Andererseits sind Verhaltensweisen wie etwa die der Indiskretion denkbar, bei denen die Zuordnung nicht mehr derart eindeutig erscheint. Es hängt daher nicht zuletzt vom Verständnis des Ehr­ begriffs ab, welche Verhaltensweisen als Beleidigung erfasst werden und welche nicht. So wäre es beispielsweise denkbar, die Beleidigung als „umfassenden Oberbegriff“ für jedwede „Verletzung des Menschenwertes“ auf­ zufassen,292 mit der Folge, dass auch das indiskrete Verbreiten bloßstellender Information eine Beleidigung darstellen würde. Es gilt insofern der Grundsatz, dass je allgemeiner das Verständnis des Ehrbegriffs ist, desto eher werden von ihm auch solche Verletzungen erfasst, die auf ein indiskretes Verhalten zurückzuführen sind.293 bb) Verhältnis des § 201 Abs. 2 StGB zu den §§ 185 ff. StGB In welchem Verhältnis die §§ 185 ff. StGB zu § 201a Abs. 2 StGB stehen, hängt maßgeblich von dem den §§ 185 ff. StGB zugrunde liegenden Ehrbegriff ab. Mit Ausnahme des Tatbestandes der Kreditgefährdung294 und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener295 ist das gemeinsame Rechts290  Lackner / Kühl, § 201a Rn. 1; vgl. dazu auch Kühl, in: FS Böttcher, S. 597 (609); Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 2 f. 291  Denkbar ist eine Verletzung der Intimsphäre durch Werturteil lediglich dann, wenn sie eine Bewertung des Persönlichkeitskerns darstellt; vgl. hierzu Su. Beck, MMR 2009, 236 (737). 292  Vgl. hierzu Arzt, Intimsphäre, S. 150. 293  Arzt, Intimsphäre, S. 150 führt hierzu als Beispiel den umfassenden Injurienbegriff des gemeinen Rechts an, der vor allem den Geheimnisbruch erfasste; Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (672) verweist auf die actio iniuriarum des römischen Rechts, die als „Generaltatbestand zum Schutz der Persönlichkeit vor überheblichen Zugriffen“ ausgestaltet war, später aber „nur unter dem Blickwinkel einer Ehrverletzung im deutschen Rechtskreis rezipiert worden“ war; zum Verhältnis der iniuria des römischen Rechts zum geltenden Recht vgl. Mincke, JZ 1980, 86 (89 f.); vgl. dazu auch Ramm, Str. Abh. 366 (1936), S. 4 ff. 294  Bei § 187 HS. 2 StGB handelt es sich nach überwiegender Auffassung um ein Vermögensdelikt, vgl. bereits RG 44, 158; Regge / Pegel, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 7; Lackner / Kühl, § 187 Rn. 2; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 187 Rn. 1; Rogall, in: SK-StGB, § 187 Rn. 10; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 187 Rn. 3; Geppert, Jura 1983, 580 (582). 295  § 189 StGB dient nach vorherrschender Auffassung dem Pietätsgefühl der Angehörigen und der Allgemeinheit, vgl. OLG Düsseldorf NJW 1967, 1142 (1143);



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden225

gut der im 14. Abschnitt geregelten Vorschriften die Ehre.296 Da es sich bei der Ehre um eine außerrechtliche „Erscheinung des Lebens“297 handelt, ist die Frage, was vom ausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriff der Ehre konkret erfasst wird, bereits seit langer Zeit Gegenstand kontroverser Diskussion.298 Wenngleich die Zahl der in der Literatur vertretenen Ehrbegriffe im Einzelnen kaum mehr überschaubar erscheint,299 so lassen sich die verschiedenen Auffassungen doch im Kern auf drei Positionen reduzieren und dabei entweder einem faktischen, normativen oder faktisch-normativen Begriffsverständnis zuordnen. (1) Ehrenschutz durch die §§ 185 ff. StGB (a) Rechtsgut Nach dem sog. faktischen Ehrbegriff soll die Ehre das subjektive Ehrgefühl des Einzelnen bzw. dessen (real existierenden) guten Ruf, d. h. die äußere Ehre erfassen.300 Problematisch hieran ist freilich, dass das subjektive Ehrgefühl für das Strafrecht insofern kein tauglicher Anknüpfungspunkt ist, Lackner / Kühl, § 189 Rn. 1; Enders, Menschenwürde, S. 470; Rüping, GA 1977, 299 (304); für ein Persönlichkeitsrecht eigener Art Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 189 Rn. 1; zur vermittelnden Auffassung vgl. BGHSt 40, 97 (105); zur verfassungsrechtlichen Verankerung vgl. Tettinger, Die Ehre, S. 11 ff. 296  BGHSt 1, 288 (289); 11, 68 (71); 16, 58 (62); 36, 145 (148); Lackner / Kühl, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; Hilgendorf, in: LK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 42; Regge / Pegel, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 7; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 185 Rn. 1; Starck, Ehrenschutz, S. 135; Peglau, Schutz des Persönlichkeitsrechts durch das StGB, S. 104 ff.; a. A. Knittel, Ansehen und Geltungsbewusstsein, S. 30. Obwohl es immer wieder Bestrebungen zur Entkriminalisierung von Ehrverletzungen gab (vgl. nur BT-Drs. 11 / 1040, S. 7), gehört der Schutz der Ehre zum gesicherten Bestand des strafrecht­ lichen Persönlichkeitsschutzes; vgl. hierzu auch Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (668 f.). 297  So wörtlich Knittel, Ansehen und Geltungsbewusstsein, S. 8. 298  Vgl. nur Kübler, NJW 1999, 1281 (1282); Lackner / Kühl, Vorbem. § 185 Rn. 1; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; Rogall, in: SK-StGB, Vorbem. §§  185 ff. Rn.  1 ff.; Sinn, in: SSW-StGB, Vorbem. §§ 185  ff. Rn.  1 ff.; Hilgendorf, in: LK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1 ff.; Zaczyk, in: NK-StGB, Vorbem. §§  185 ff. Rn.  1 ff.; Hirsch, in: FS Wolff, S. 125 (127 ff.); Krey / Hellmann /  Heinrich, StR BT I, Rn. 458 ff.; Hilgendorf, ZIS 2010, 208 bezeichnet die „Weite und Interpretationsoffenheit der gesetzlichen Bestimmungen“ als Grund für die erstaun­ liche Anpassungsfähigkeit des deutschen Beleidigungsstrafrechts. 299  So waren laut Tenckhoff, JuS 1988, 199 (201) bereits im Jahr 1988 „über sechzig verschiedene Ehrbegriffe zu finden“; vgl. dazu auch Bemmann, in: FS Wolff, S. 33 (35); Regge / Pegel, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 7. 300  Tenckhoff, Bedeutung des Ehrbegriffs, S. 54 ff.; Hilgendorf, EWE 19 (2008), S. 403; ders., in: LK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 6; Lenckner / Eisele, in: Schönke / 

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

als es gänzlich fehlen oder übertrieben hoch sein kann.301 So kann etwa die Bezeichnung als Trottel, Dummkopf oder Tollpatsch für einen (sehr) sensi­ blen Zeitgenossen bereits eine erhebliche Beleidigung darstellen, während sie von einem anderen mit Humor hingenommen bzw. sogar als lustig aufgefasst wird. Aus ähnlichen Gründen wenig hilfreich ist auch das Kriterium des guten Rufes, da dieser kein Abbild der Realität darstellt, also unverdient gut oder schlecht, d. h. zufällig sein kann.302 Der sog. faktisch-normative Ehrbegriff stellt daher neben dem guten Ruf bzw. dem Ansehen als Elemente der äußeren Ehre zusätzlich auf den inneren Wert des Menschen, d. h. auf dessen innere Ehre ab.303 Unter Ehre ist daher nach dem faktisch-normativen Ehrbegriff mit dem BGH „die dem Menschen als Träger geistiger und sittlicher Werte zukommende innere Ehre, außerdem seine darauf beruhende Geltung, sein guter Ruf innerhalb der mitmensch­ lichen Gesellschaft“ zu verstehen. Weiter führt der BGH aus: „Wesentliche Grundlage der inneren Ehre und damit Kern der Ehrenhaftigkeit des Menschen ist die ihm unverlierbar von Geburt an zuteilgewordene Personenwürde, zu deren Unantastbarkeit sich das Grundgesetz der Bundesrepublik in Artikel 1 bekennt und deren Achtung und Schutz es ausdrücklich aller staatlicher Gewalt zur Pflicht macht. Aus der inneren Ehre fließt der durch § 185 StGB strafbewehrte Rechtsanspruch eines jeden, daß weder seine innere Ehre noch sein guter äußerer Ruf geringschätzig beurteilt oder gar völlig mißachtet, daß er vielmehr entsprechend seiner inneren Ehre behandelt werde“.304

Hauptkritikpunkt am faktisch-normativen Ehrbegriff ist, dass der innere Wert des Menschen als Konsequenz des aus der Menschenwürde fließenden Wert- und Achtungsanspruchs grundsätzlich unverletzlich ist und eine Verletzung der inneren Ehre damit streng genommen gar nicht denkbar erscheint.305 Diesem Widerspruch versucht der inzwischen herrschende sog. normative Ehrbegriff zu begegnen. Nach ihm ist Ehre der auf der Personenwürde geSchröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; ähnlich Knittel, Ansehen und Geltungsbewusstsein, S.  15 ff. 301  Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; Geppert, Jura 1983, 530 (532 f.); Gillen, Verhältnis von Ehr- und Persönlichkeitsschutz, S. 6; vgl. hierzu bereits Binding, Die Ehre (1909), S. 15. 302  Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; Zaczyk, in: NK-StGB, Vorbem. § 185 ff. Rn. 4; Gillen, Verhältnis von Ehr- und Privatsphärenschutz, S. 6. 303  BGHSt 1, 288 (289); 11, 67 (71); Hartung, ZStW 71 (1959), S. 385 (387); Küpper, JA 1985, 453 f.; Eisele, StR BT I, Rn. 560; zum aus dem Menschenwürdekern bzw. der inneren Ehre fließenden Achtungsanspruch vgl. Hilgendorf, in: Menschenwürde und Demütigung, S. 127 (134); ders., EWE 19 (2008), S. 403 f. 304  BGHSt 11, 67 (70 f.); ebenso Zaczyk, in: NK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 7; Fischer, StGB, § 185 Rn. 3. 305  Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; zur Unverletzlichkeit des Wert- und Achtungsanspruchs vgl. bereits oben Kapitel 1 A. II. 1.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden227

gründete, einem Menschen berechtigterweise zustehende Geltungswert, aus dem der Anspruch erwächst, nicht unverdient herabgesetzt zu werden.306 Ein Angriff auf die Ehre liegt nach diesem Verständnis daher immer dann vor, wenn der Täter einer anderen Person zu Unrecht Unzulänglichkeiten zuschreibt, die, wenn sie tatsächlich vorliegen würden, den Geltungswert des Betroffenen mindern würden.307 Folglich ist nur der verdiente Achtungs­ anspruch geschützt.308 Da Inhalt und Grenzen des Rechtsguts Ehre nach dem normativen Ehrbegriff maßgeblich von der Person des Betroffenen bzw. seiner sozialen Stellung abhängen, kann die Bestimmung des konkreten Gehalts von Ehre im Einzelfall dennoch mit Schwierigkeiten behaftet sein.309 Diese intensiv geführte Diskussion um die begrifflichen Grundlagen ist freilich im Kern der systematischen Konzeption der §§ 185 ff. StGB geschuldet.310 So erfasst die Beleidigung nach § 185 StGB nicht nur unwahre Tatsachenbehauptungen gegenüber dem Betroffenen, sondern auch die Äußerung 306  BGHSt 1, 288 (289); 36, 145 (148); grundlegend Hirsch, Ehre und Beleidigung, S.  29 ff.; ders., in: FS Wolff, S. 125 (127 ff.); vgl. dazu auch Herdegen, in: LK-StGB10, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 4 ff.; Lackner / Kühl, Vorbem. § 185 Rn. 1; Eisele, StR BT I, Rn. 560; ders. in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 1; Rengier, StR BT II, § 28 Rn. 2; Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 464; Zaczyk, in: NK-StGB, Vorbem. § 185 ff. Rn. 5; Regge / Pegel, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 25; Tenckhoff, Bedeutung des Ehrbegriffs, S. 71; ders., JuS 1988, 202 ff. Neben den genannten Ehrbegriffen existieren zudem weitere alternative Ansätze zur Bestimmung des Rechtsbegriffs; zum sog. interpersonalen Ehrbegriff (Ehre als Anerkennungsverhältnis) vgl. Wolff, ZStW 81 (1969), S. 886 (899 ff.); zust. Otto, in: FS Schwinge, S.  71 (74 ff.); Schramm, in: FS Lenckner, S. 539 (545); Zaczyk, in: NK-StGB, Vorbem. § 185 ff. Rn. 1; dazu auch Hilgendorf, EWE 19 (2008), S. 403 (405); Merz, Strafrechtlicher Ehrenschutz, S. 16 f.; zum sog. funktionalen Ehrbegriff vgl. K. Amelung, Ehre als Kommunikationsvoraussetzung, S. 18 ff.; ders., in: FS Rudolphi, S. 373 (375 f.). 307  BGHSt 36, 145 (148); OLG Düsseldorf NJW 1992, 1335; Eisele, StR BT I, Rn. 560. 308  Eisele, StR BT I, Rn. 560; Fischer, StGB, Vorbem. § 185 Rn. 5; Otto, Grundkurs StR BT, § 31 Rn. 7; Rengier, StR BT II, § 28 Rn. 3. 309  Arzt, JuS 1982, 717 (718); Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 24 Rn.  5 f.; Eisele, StR BT I, Rn. 560; Hilgendorf, ZIS 2010, 208 (211) weist diesbezüglich jedoch darauf hin, dass „die Voraussetzungen einer Kundgabe von Miss- oder Nichtachtung trotz des unbestimmten Normwortlauts einigermaßen bestimmbar [sei], weil eine mehr als 100jährige Kasuistik Vergleichsfälle bereitstell[e]“, wobei er jedoch sogleich einschränkend hinzufügt, dass immerhin auch hier zu beobachten sei, „dass ältere Entscheidungen wegen des seither eingetretenen Werte- und Ansichtswandels nicht mehr ohne weiteres auf die heutige Zeit übertragen werden können“. 310  Die Konzeption der §§ 185 ff. StGB geht dabei im Wesentlichen auf die Regelungen des RStGB von 1871 zurück, vgl. Kommissionsprotokolle, in: Schubert / Vormbaum (Hrsg.), Entstehung des Strafgesetzbuchs, S. 27 f. sowie S. 117 und S. 271 f.; Regge / Pegel, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 4; Hilgendorf, EWE 19 (2008), S. 403.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

beleidigender Werturteile bzw. die Äußerung beleidigender Werturteile über den Betroffenen gegenüber einem Dritten und zielt damit maßgeblich auf den Schutz der sog. inneren Ehre ab.311 Die Tatbestände der üblen Nachrede nach § 186 StGB und der Verleumdung nach § 187 StGB sind hingegen nur dann einschlägig, wenn eine ehrverletzende Tatsachenbekundung gegenüber einem Dritten erfolgt, d. h. aufgrund der Ermöglichung fremder Missachtung die sog. äußere Ehre betroffen ist.312 Gerade die in den §§ 185 ff. StGB angelegte Differenzierung zwischen der sog. inneren Ehre und äußeren Ehre ist für die angestrebte Klärung des Verhältnisses der §§ 185 ff. StGB zu § 201a Abs. 2 StGB von besonderer Bedeutung und muss daher bei den folgenden Überlegungen stets im Blick behalten werden. (b) Regelungsgehalt (aa) Systematik der §§ 185, 186 f. und § 192 StGB Eine Beleidigung nach § 185 StGB liegt nach ganz herrschender Meinung bei einem Angriff auf die Ehre durch Kundgabe eigener Missachtung oder Nichtachtung vor.313 Die Kundgabe eigener Missachtung kann dabei in Form eines beleidigenden Werturteils gegenüber dem Betroffenen bzw. über diesen gegenüber Dritten oder durch ehrenrührige Tatsachenbehauptung gegenüber dem Betroffenen selbst erfolgen.314 Dabei muss sich der Täter mit dem ehrenrührigen Inhalt seiner Äußerung identifizieren, sodass die bloße Weitergabe beleidigender Urteile, Ansichten oder Tatsachenbehauptungen 311  Vgl. auch Eisele, StR BT I, Rn. 560; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 185 Rn. 14. 312  Lackner / Kühl, § 186 Rn. 2; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 186 Rn. 1; Regge / Pegel, in: MK-StGB, § 186 Rn. 2; Zaczyk, in: NK-StGB, § 186 Rn. 2; Fischer, StGB, § 186 Rn. 1. 313  RGSt 71, 160; BGHSt 1, 288 (289); 16, 58 (63); 36, 145 (148); OLG Köln NJW 1993, 1486 (1487); OLG Köln NJW 1996, 2878 (2879); Lackner / Kühl, § 185 Rn. 3; Zaczyk, in: NK-StGB, § 185 Rn. 2; Sinn, in: SK-StGB, § 185 Rn. 5; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 185 Rn. 1; Regge / Pegel, in: MK-StGB, § 185 Rn. 8; Rogall, in: SK-StGB, § 185 Rn. 1; Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 25 Rn. 5; Eisele, StR BT I, Rn. 568; Kindhäuser, StR BT I, § 25 Rn. 2; Krey / Hellmann / Heinrich, StR BT I, Rn. 462; a. A. Tenckhoff, JuS 1988, 787 (791), nach dem § 185 StGB nicht die Kundgabe eigener Mißachtung betrifft, sondern die geäußerte Mißachtung „objektiv ehrverletzend“ sein muss; zur Verfassungsmäßigkeit des § 185 StGB vgl. BVerfGE 93, 266 (290 ff.); EGMR NJW 2011, 3353 (3354); Küpper, ZRP 1991, 249 (250); Ritze, JZ 1980, 91 (92). 314  Zu den „drei Begehungsformen“ der Beleidigung vgl. Lackner / Kühl, § 185 Rn. 2; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 185 Rn. 1; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 185 Rn. 1; Rogall, in: SK-StGB, § 185 Rn. 2; Zaczyk, in: NK-StGB, § 185 Rn. 1.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden229

Dritter, die sich der Täter nicht zu eigen macht, keine Beleidigung darstellt.315 Sofern eine ehrenrührige Tatsache nicht nur an den Betroffenen gerichtet ist, sondern zugleich gegenüber anwesenden Dritten erfolgt, kommt zudem eine Strafbarkeit nach den §§ 186, 187 StGB in Betracht. Anders als § 185 StGB, der lediglich von „Beleidigung“ spricht, erfassen die §§ 186, 187 StGB gerade das Ermöglichen fremder Missachtung durch Behaupten bzw. Verbreiten von Tatsachen über den Betroffenen gegenüber Dritten.316 Während eine Strafbarkeit wegen Verleumdung nach dem qualifizierenden Tatbestand des § 187 StGB ausschließlich bei unwahren Tatsachenäußerungen wider besseren Wissens in Betracht kommt,317 setzt der Tatbestand der üblen Nachrede nach § 186 StGB voraus, dass die Tatsache objektiv nicht erweislich wahr ist.318 Für § 186 StGB hat dies zur Folge, dass der ungeschmälerte Geltungswert des Betroffenen so lange zu vermuten ist, wie die Wahrheit der Äußerung nicht bewiesen ist.319 Ist die Wahrheit der ehrenrührigen Tatsache hingegen erwiesen, liegt schon keine strafwürdige Beeinträchtigung der sozialen Geltung vor, weshalb folglich auch eine Strafbarkeit nach § 186 StGB ausscheidet. Ob eine ehrverletzende Äußerung den Tatbestand des § 185 StGB oder den der §§ 186, 187 StGB erfüllt, hängt folglich sowohl vom Empfänger als auch vom Inhalt der Äußerung ab. Handelt es sich bei dem Äußerungsempfänger um einen Dritten, sind regelmäßig die §§ 186, 187 StGB einschlägig. Demgegenüber erfasst § 185 StGB ehrverletzende Äußerungen gegenüber dem Verletzten selbst. Diese in der Systematik der Ehrdelikte angelegte Differenzierung nach dem Äußerungsempfänger findet ihre Entsprechung bei der Unterscheidung von innerer und äußerer Ehre des sog. dualistischen Ehrbe315  Vgl. OLG Köln NJW 1993, 1486 (1487); LG Oldenburg NJW-RR 1995, 1427 (1428); Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 185 Rn. 1; Regge / Pegel, in: MKStGB, § 185 Rn. 8; Kritschker, JA 2013, 488 (490 ff.). 316  Rogall, in: SK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 52; speziell zur Problematik anonymer Äußerungen im Internet vgl. Brodowski, JR 2013, 513 (514 ff.). 317  Eine Strafbarkeit nach § 187 StGB setzt also den Nachweis der Unwahrheit voraus, vgl. Lackner / Kühl, § 187 Rn. 1; Zaczyk, in: NK-StGB, § 187 Rn. 2; Regge / Pegel, in: MK-StGB, § 187 Rn. 8; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 187 Rn. 2. 318  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 186 Rn. 1; die Nichterweislichkeit der Tatsache stellt dabei nach überwiegender Ansicht eine objektive Bedingung der Strafbarkeit dar, vgl. BGHSt 11, 273 (274); Lackner / Kühl, § 186 Rn. 7; Tenckhoff, JuS 1988, 618 (622 f.); Eisele, Computer- und Medienstrafrecht, § 25 Rn. 85; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 186 Rn. 12; Arzt, JuS 1982, 717 (721); Helle, NJW 1964, 841 (842). 319  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 186 Rn. 1; Hilgendorf, in: LKStGB, § 186 Rn. 2; Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (683 f.); Tenckhoff, JuS 1988, 616 (621); zur Beweisführungslast Lackner / Kühl, § 186 Rn. 7a.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

griffs.320 Im Hinblick auf den Inhalt der ehrverletzenden Äußerung unterscheiden sich die Beleidigungsdelikte dahingehend, dass von § 185 StGB auch Werturteile erfasst werden, während die §§ 186, 187 StGB auf Tatsachenäußerungen beschränkt sind. (bb) Beleidigung durch Bildaufnahmen Um weitergehende Aussagen über das Verhältnis der §§ 185 ff. StGB zu § 201a Abs. 2 StGB treffen zu können, ist in einem ersten Schritt zunächst der Frage nachzugehen, ob die Beleidigungsdelikte und der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs vor unbefugten Bildaufnahmen überhaupt einen gemeinsamen oder zumindest vergleichbaren Anwendungsbereich haben. Dies wäre der Fall, wenn sowohl die Ehre als auch der höchstpersön­ liche Lebensbereich durch dieselbe Angriffsform, nämlich mittels Bildaufnahme, verletzt werden könnten. Während dies im Fall des § 201a Abs. 2 StGB problemlos bejaht werden kann, ist der Befund im Hinblick auf die §§ 185 ff. StGB weniger eindeutig, weckt doch der Begriff der Beleidigung zunächst die Assoziation zu verbalen Äußerungen. Ob die Ehrdelikte auch Beleidigungen in Form von Bildaufnahmen erfassen, bedarf daher einer differenzierten Betrachtung. Die Beleidigung als Äußerungsdelikt bzw. der Taterfolg der Ehrverletzung ist jeweils das Ergebnis eines Kommunikationsvorgangs.321 Das unbefugte Herstellen einer Bildaufnahme an sich vermag daher keine Strafbarkeit nach den §§ 185 ff. StGB zu begründen. Etwas anderes kann jedoch im Hinblick auf das Verbreiten einer Bildaufnahme gelten, wenn der Täter hierdurch eine Miss- bzw. Nichtachtung erkennbar kundtut. Anerkannt ist insoweit nämlich, dass die Missachtung oder Nichtachtung zum Ausdruck bringende Äußerung durch Wort, Schrift, Bild, Gesten oder sogar bloße Tätlichkeiten erfolgen kann,322 wobei ihr objektiver, durch Auslegung zu ermittelnder Sinn maßgeblich ist.323 Die Annahme einer derartigen Miss- bzw. Nichtachtung bei bloß bildhafter Darstellung einer Situation, 320  Zu den Ehrdelikten als Teil des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes vgl. oben unter Kapitel 1 C. II. 1. b). 321  Rogall, in: SK-StGB, § 185 Rn. 3; Si. Beck, MMR 2008, 77 (79); Fischer, StGB, § 185 Rn. 5; Kächele, Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, S. 120 f. 322  Vgl. Lackner / Kühl, § 185 Rn. 4; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 185 Rn. 8; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 185 Rn. 17. 323  BVerfGE 93, 266 (297 f.); BGHSt 19, 235 (237); BayObLG NJW 2005, 1291; OLG Düsseldorf NJW 1989, 3030 m. Anm. Laubenthal, JR 1990, 126 (127); OLG Karlsruhe NJW 2003, 2029 (2030); OLG Karlsruhe NStZ 2005, 158; OLG Hamm NStZ 2008, 631; OLG Stuttgart NStZ-RR 2009, 50; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 185 Rn. 17; ders., EWE 19 (2008), S. 404 (407; Regge / Pegel, in: MK-StGB, § 185 Rn. 9;



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden231

die sich tatsächlich so zugetragen hat, erscheint indes fragwürdig.324 Eine Strafbarkeit nach den eine nicht erweislich wahre bzw. unwahre Tatsache voraussetzenden §§ 186, 187 StGB kommt daher in Fällen, in denen die Bildaufnahme tatsächlich Zugetragenes wiedergibt, nicht in Betracht. Sofern daher im Einzelfall nicht weitere, die Voraussetzungen des § 192 StGB erfüllende Umstände325 hinzutreten, vermag eine Bildaufnahme daher nur dann eine Strafbarkeit nach den §§ 186, 187 StGB zu begründen, wenn sie Bildretuschen, Fotomontagen o. ä. zum Inhalt hat.326 Eine Beleidigung nach § 185 StGB kommt hingegen bei den in der Praxis eng begrenzten Fallkonstellationen in Betracht, in denen der Bildaufnahme eine Äußerung in Form eines Werturteils entnommen werden kann. Problematisch ist daran freilich vor allem der Umstand, dass die Miss- bzw. Nichtachtung regelmäßig nicht in der Bildaufnahme als solcher, sondern in den auf ihr abgebildeten Gesten oder Worten zum Ausdruck kommen wird. Zu denken ist hierbei etwa an Bildaufnahmen, auf denen der „Stinkefinger“ oder „Vogel“ gezeigt wird.327 Zu weitgehend und daher abzulehnen ist es jedoch, schon in der bildhaften Verbreitung intimer Informationen über das Internet eine Strafbarkeit nach §§ 185, 192 StGB erblicken zu wollen,328 da die Veröffentlichung intimer Details und die damit bewusst oder unbewusst bewirkte Prangerwirkung329 ausschließlich eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellt und gerade nicht die Ehre i. S. e. gesellschaft­ lichen Anerkennungsverhältnisses „bemakelt“ wird.330 Rogall, in: SK-StGB, § 185 Rn. 6; Zaczyk, in: NK-StGB, § 185 Rn. 7; Schößler, Anerkennung und Beleidigung, S. 246. 324  Ebenso Si. Beck, MMR 2008, 77 (80); Su. Beck, MMR 2009, 736 (738); vgl. aber auch BGHSt 9, 17, wonach die absprachewidrige Weitergabe von Aktlichtbildern an einen Dritten eine Beleidigung darstellen soll. 325  Zu denken wäre hier etwa an eine zweckentfremdende Weiterverwendung von Bildaufnahmen, die vom Betroffenen zuvor selbst in sozialen Netzwerken online gestellt wurden; zur Weiterverwendung selbstentblößender und peinlicher Publikationen vgl. Hilgendorf, ZIS 2010, 208 (214), der jedenfalls bei einer „extrem kontextdivergierenden Verwendung“ eine Strafbarkeit nach § 185 oder den §§ 186, 187 StGB bejahen will; ders., EWE 19 (2008), S. 403 (410); zur kontextdivergierenden Weiterverbreitung vgl. auch OLG München NJW-RR 2016, 871 ff. 326  Vgl. Loschelder, GRUR 2013, 14 (16 f.); Su. Beck, MMR 2009, 736 (738). 327  Zur Beleidigung durch „ausgestreckten Mittelfinger“ gegen eine Radaranlage vgl. BayObLG NVZ 2000, 337; Jendrusch, NZV 2007, 559 f.; abl. allerdings LG Kassel NZV 2008, 310; AG Melsungen NZV 2007, 585 ff.; Wrage, NZV 2001, 68 f. 328  So aber Su. Beck, MMR 2009, 736 (738). 329  Zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch „an den Pranger stellen“ vgl. BVerfGE 119, 309 (323); OLG München NJW-RR 2016, 871 ff.; Kühl, in: FS MüllerDietz, S.  401 ff.; Kühl / Reichold / Ronellenfitsch, Rechtswissenschaft, § 30 Rn. 1; Gounalakis, NJW 2016, 737 (741); speziell im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren vgl. Eisele, JZ 2014, 932 (939). 330  Vgl. BGHSt 36, 145 (148); Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 185 Rn. 1.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

(cc) Beleidigung durch indiskretes Verhalten Anknüpfend an diese Überlegungen stellt sich die Frage, ob Verhaltensweisen, die gemeinhin als Indiskretion bezeichnet werden und die die unerlaubte Beschaffung bzw. Weitergabe von nicht allgemein verfügbarer Information zum Gegenstand haben,331 von den §§ 185 ff. StGB erfasst werden können. Eine Strafbarkeit nach § 185 StGB scheidet dabei jedoch schon von vornherein aus, da eine Indiskretion nur dann vorliegt, wenn wahre Tatsachen gegenüber Dritten kundgetan werden. Wenngleich die §§ 186, 187 StGB die Kundgabe von Miss- bzw. Nichtachtung gegenüber Dritten erfassen, kommt eine entsprechende Strafbarkeit angesichts der Eigenschaft der Indiskretion, nur wahre Tatsachen zu erfassen, ebenfalls nicht in Betracht. Allenfalls denkbar wäre es daher, Indiskretionen als Formalbeleidigung nach § 192 StGB zu qualifizieren. Eine Formalbeleidigung nach § 192 StGB setzt voraus, dass sich die Beleidigung gerade aus der Form der Behauptung oder Verbreitung bzw. aus den Umständen, unter welchen sie geschah, ergibt. Wahre Aussagen sind damit grundsätzlich nicht beleidigend, es sei denn, die Umstände des Einzelfalls lassen ausnahmsweise den Schluss auf eine zusätzliche „überschießende“ Ehrverletzung zu. Erforderlich ist insofern allerdings, dass durch die Form oder die Begleitumstände der Äußerung332 eine selbstständige, mit den wahren Tatsachen nicht mehr übereinstimmende beleidigende Wertung zum Ausdruck kommt, welche der Betroffene nicht hinzunehmen hat.333 Dies wird mitunter für Fälle des sog. Publikationsexzesses, d. h. die Veröffentlichung wahrer ehrenrühriger Tatsachen trotz fehlenden öffentlichen Interesses bejaht.334 Zweifelhaft ist hieran allerdings, dass ein 331  Vgl. v.  Jagemann / Brauer, Criminallexikon (1854), S. 342; Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (670). 332  Die Beleidigung kann aus der Form hervorgehen, wenn sie in Gehässigkeit eingekleidet, von Schimpfwörtern begleitet oder anonym übermittelt wird. Aus den Umständen kann sie sich hingegen ergeben, wenn weit zurückliegende Verfehlungen in einem unsachlichen Zusammenhang oder sonstige wahre Tatsachen in unpassendem Rahmen (Hochzeitsfeier, öffentliches Lokal, etc.) wiedergegeben werden, vgl. Lackner / Kühl, § 192 Rn. 2; Tenckhoff, JuS 1989, 35 (38). 333  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 192 Rn. 1; Regge / Pegel, in: MKStGB, § 192 Rn. 1; Zaczyk, in: NK-StGB, § 192 Rn. 3 f.; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 192 Rn. 1; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 192 Rn. 1; Rogall, in: SK-StGB, § 192 Rn. 2. 334  OLG Braunschweig MDR 1948, 186  f.; OLG Frankfurt NJW 1948, 226; Peglau, ZRP 1998, 249 (250 f.); Hilgendorf, in: LK-StGB, § 192 Rn. 7; Zaczyk, in: NK-StGB, § 192 Rn. 2; Rogall, in: SK-StGB, § 192 Rn. 9; aus diesem Grund erblickte Hirsch, Ehre und Beleidigung, S. 226 ff. im allgemeinen Indiskretionsdelikt des § 182 E 1962 auch eine Formalbeleidigung, was freilich im Ergebnis zur bereits oben (unter Kapitel 3 B. I. 2. b)) dargelegten misslichen Problematik führen würde, dass der Betroffene bei Inanspruchnahme strafrechtlichen Schutzes zugleich die Rich-



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solcher Publikationsexzess zwar regelmäßig zu einer Bloßstellung und damit zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts, aber nicht zwangsläufig zu einer Missachtung i. S. d. § 185 StGB, d. h. einer Ehrverletzung führt.335 Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die Ehrdelikte der §§ 185 ff. StGB keinen echten Indiskretionsschutz zu leisten vermögen. (2) S  chutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch § 201a Abs. 2 StGB (a) Rechtsgut Die Entscheidung des Gesetzgebers für die Zulässigkeit des Wahrheitsbeweises führt in letzter Konsequenz dazu, dass bloßstellende Indiskretionen von den §§ 185 ff. StGB nicht erfasst werden.336 Zwar sind Indiskretionen denkbar, die unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt zu einer Verletzung der Intimsphäre führen.337 Im Regelfall wird die Intimsphäre allerdings gerade durch wahre Behauptungen – als Beispiel hierfür seien nur Bildaufnahmen genannt, die eine außereheliche Affäre dokumentieren – verletzt.338 Aus der Konzeption der §§ 186, 187 StGB ergibt sich demnach ein Exklusivitätsverhältnis zwischen Ehrverletzungen durch unwahre, ehrverletzende Tatsachen einerseits und der – mit Ausnahme des § 201a Abs. 2 StGB zum gegenwärtigen Zeitpunkt weitgehend straffreien – Indiskretion durch wahre, bloßstellende Tatsachen andererseits.339 tigkeit der Vorwürfe zugeben müsste, vgl. Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (679); vgl. hierzu auch Tenckhoff, Bedeutung des Ehrbegriffs, S. 143 ff., der bei Vorliegen eines Exzesses ohne Erhebung des Wahrheitsbeweises die §§ 192, 185 StGB als verwirklicht ansehen will. 335  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 192 Rn. 1; nach Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (680) ist hierbei der „schwierige Grenzbereich zwischen Beleidigung und Indiskretion berührt“; vgl. auch Hirsch, Ehre und Beleidigung, S. 226 ff.; etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Betroffene durch die Veröffentlichung „an den Pranger gestellt“ wird, vgl. Regge / Pegel, in: MK-StGB, § 192 Rn. 7; zur Prangerwirkung vgl. auch BVerfGE 119, 309 (323); Kühl, in: FS Müller-Dietz, S. 401 ff. sowie bereits oben unter Kapitel 3 B. I. 2. b). 336  So auch Arzt, Intimsphäre, S. 152; speziell zur Veröffentlichung nachteiliger Fotos oder Videos im Internet Su. Beck, MMR 2009, 736 (738). 337  Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Tatsache von höchstpersönlichem bzw. intimen Gehalt der Öffentlichkeit überhaupt nicht preisgegeben werden soll, es mithin um einen wirksamen Schutz gegen das Eindringen in die Intimsphäre schlechthin geht; vgl. hierzu auch die Begründung zu § 182 StGB-E 1962, BT-Drs. IV / 650, S. 329. 338  Arzt, Intimsphäre, S. 156. 339  Dieses Exklusivitätsverhältnis ist im Wesentlichen dem Umstand geschuldet, dass der Geheimnisbruch im Zuge der großen Strafrechtsreform als allgemeines In-

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

(b) Regelungsgehalt Im Anschluss an diese Überlegungen ist sodann zu klären, ob sich der einen Teilbereich von Indiskretion erfassende § 201a Abs. 2 StGB widerspruchsfrei in die den Ehrdelikten zugrundeliegende Konzeption des Verhältnisses von Ehr- und Indiskretionsschutz einfügt. Dies erscheint vor allem deshalb zweifelhaft, weil der Gesetzgeber in § 201a Abs. 2 StGB mit dem Begriff des Ansehens einen Begriff gewählt hat, der zumindest vordergründig den Schutz vor Verletzungen der sozialen Geltung und damit der sog. äußeren Ehre zu bezwecken scheint. Schon die Auslegung nach dem Wortlaut hat ergeben, dass das Ansehen kein auf die Person gerichteter Begriff ist, sondern nur in Relation der Person zu ihrer gesellschaftlichen Umgebung gesehen werden kann.340 Daraus ließe sich der Schluss ziehen, dass die von § 201a Abs. 2 StGB erfasste Ansehensschädigung auf einen Schutz der Intimsphäre um ihrer sozialen Geltung willen abzielt. Dieser voreilige Schluss greift freilich zu kurz, da § 186 StGB nur solche ehrverletzenden Tatsachen erfasst, die nicht erweislich wahr sind. Mit anderen Worten ausgedrückt, der Schutz der sog. äußeren Ehre greift nur beim „verdienten guten Ruf“ ein. Demgegenüber bezieht sich der Schutz des § 201a Abs. 2 StGB auf Bildaufnahmen, die geeignet sind das Ansehen der abgebildeten Person zu schädigen und erfasst damit gerade die in der Bildaufnahme fixierten wahren Tatsachen. Wollte man hierin einen Schutz der Intimsphäre um ihrer sozialen Geltung willen erblicken, so würde dies im Ergebnis zu einem nur schwerlich legitimierbaren Schutz auch des unverdienten guten Rufes durch das Strafrecht führen. Gerade vor dem Hintergrund, dass das Strafrecht das „schärfste Schwert“341 des Rechts zur staatlichen Sicherung normkonformen Verhaltens ist und als solches nur „ultima ratio“ sein darf, wäre dieses Ergebnis äußerst bedenklich. Darüber hinaus würde sich in diesem Fall die berechtigte Frage aufdrängen, weshalb der Gesetzgeber im Rahmen der Neufassung des § 201a StGB den Schutz vor ansehensschädigenden Bildaufnahmen gerade im 15. Abschnitt und nicht im Rahmen der Ehrdelikte im 14. Abschnitt geregelt hat. All diese Überlegungen sprechen daher dafür, dass der Begriff des Ansehens i. S. d. § 201a Abs. 2 StGB nicht mit Blick auf die §§ 185 ff. StGB, sondern tatbestandsspezifisch unter Berücksichtigung des Rechtsguts „höchstpersönlicher Lebensbereich“ auszulegen ist. Im Rahmen des Schutzes vor Bildaufdiskretionsdelikt erfasst werden sollte, vgl. nur BT-Drs. IV / 650, S. 328; zur korrespondierenden Lösung des Zivilrechts vgl. Arzt, Intimsphäre, S. 122 f. 340  Vgl. hierzu oben unter Kapitel 3 B. I. 1. b). 341  Umfassend hierzu Roxin, StR AT 1, § 2 Rn. 97  ff.; Kühl, in: Wandel der Rechtsordnung, S. 141 (146); Hefendehl, JA 2011, 401; Kubiciel, ZIS 2010, 742; Vormbaum, ZStW 123 (2011), S. 660 (667 ff.); Prittwitz, in: FS Roxin, 2001, S. 23 (29); Ignor, in: Liber Amicorum Landau, S. 375 (381).



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden235

nahmen, die geeignet sind, dem Ansehen der abgebildeten Person zu schaden, kommt es daher nicht darauf an, ob die abgebildete Tatsache „herabsetzend“ i. S. d. Ehrdelikte ist, sondern allein darauf, ob die Bildaufnahme eine bloßstellende oder peinliche Situation darstellt, wodurch der höchstpersönliche Lebensbereich des Abgebildeten verletzt wird.342 (3) Zwischenergebnis Die vergleichende Betrachtung von Ehrverletzung und Verletzung der Intimsphäre konnte aufzeigen, dass zwischen beiden Schutzrichtungen zwar einige Verbindungen, aber eben auch zahlreiche Unterschiede bestehen. Als erste wesentliche Erkenntnis lässt sich festhalten, dass nach der gegenwärtigen Konzeption des StGB sowohl der Schutz der Ehre nach den §§ 185 ff. StGB als auch der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs nach § 201a Abs. 2 StGB solche Verletzungshandlungen erfassen, die mittels Äußerung gegenüber Dritten erfolgen. Gemeinsam ist beiden Rechtsgütern zudem, dass sie dem strafrechtlichen Schutz des Persönlichkeitsrechts dienen. Mit diesen beiden Punkten enden dann jedoch auch schon die Gemeinsamkeiten, erfassen beide Rechtsgüter doch darüber hinaus durchaus unterschiedliche und wenig deckungsgleiche Aspekte des Persönlichkeitsrechts. So kann etwa eine Beleidigung erst dann bejaht werden, wenn ein Angriff auf die Ehre eines anderen durch die Kundgabe von Nicht-, Gering- oder Missachtung vorliegt.343 Liegt die Verletzung hingegen in der (öffentlichen) Bloßstellung einer anderen Person, so vermag dies zwar möglicherweise eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu begründen, eine Missachtung im speziellen Sinn des § 185 StGB wohnt ihr indes gerade nicht inne. Dieses Verhältnis von Ehrschutz und Schutz des Persönlichkeitsrechts – es liegt zwar „noch“ keine Ehrverletzung, aber „schon“ eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor – darf freilich nicht zu dem trügerischen Schluss verleiten, der Schutz durch die Ehrdelikte würde „gravierende“, der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs hingegen nur „weniger gravierende“ Persönlichkeitsverletzungen im Sinne eines Stufenverhältnisses erfassen. Vielmehr kommen hierin die von den Rechtsgütern Ehre und Intimsphäre jeweils erfassten unter342  Eine solche Auslegung kommt im Übrigen auch dem ausweislich der Gesetzesmaterialien vom Gesetzgeber verfolgten Zweck am nächsten, vgl. nur BT-Drs. 18 / 2601, S. 37. 343  Im Rahmen des § 201a Abs. 2 StGB muss diese Äußerung freilich in Form einer Bildaufnahme erfolgen; bezüglich der Gemeinsamkeit von Beleidigung und Indiskretion führt Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (671) aus, dass „ein strafrechtliches Verbot der Indiskretion […] insoweit als Verbot des (öffentlichen) Diskurses über bestimmte, als ‚privat‘ einzustufende Tatsachen, mithin als ein spezifisches Kommunikations- und Äußerungsverbot“ wirke.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

schiedlichen Angriffsformen zum Ausdruck. Der Schutz der Ehre und der Schutz der Intimsphäre unterscheiden sich, wie bereits Arzt zutreffend formuliert hat, grundlegend darin, dass „die Intimsphäre durch Wahrheit, die Ehre dagegen durch Unwahrheit angegriffen wird“.344 Das Verhältnis des strafrechtlichen Schutzes der Ehre zum Schutz der Intimsphäre unterstreicht Arzt mit folgendem Beispiel: „Die Aussage, Herr X habe Sex mit der Schwester seiner Frau ist – falls wahr – eine Verletzung seiner Intimsphäre. Bei Unwahrheit liegt ein Ehrangriff vor, jedenfalls dann, wenn die Schwester so jung ist, dass der Tatbestand eines Sexualdelikts erfüllt wäre. Auch wenn dieser Sonderfall nicht vorliegt, wird man im Allgemeinen im Vorwurf der Untreue bzw. des Ehebruchs speziell im familiären Umfeld einen Angriff auf die Ehre sehen können“.345

Übertragen auf das Verhältnis der §§ 185 ff. StGB zu § 201a Abs. 2 StGB hat dies zur Konsequenz, dass es für die Zuordnung einer Bildaufnahme zu einem der beiden Schutzgüter maßgeblich auf deren Inhalt bzw. Aussagegehalt ankommt. Bringt die Bildaufnahme ein Werturteil zum Ausdruck oder bildet sie infolge nachträglicher Veränderungen der Bildaussage, etwa durch Retusche oder sonstige Manipulationen, ein Geschehen nicht mehr in Übereinstimmung mit der Realität ab, so kann unter den engen Voraussetzungen des § 185 StGB eine Beleidigung vorliegen. Handelt es sich hingegen um eine Bildaufnahme, die ein Geschehen wahrheitsgetreu abbildet, so wird sie von § 201a Abs. 2 StGB jedenfalls dann erfasst, wenn ihr Inhalt bzw. Aussagegehalt den höchstpersönlichen Lebensbereich tangiert. Der Ehrschutz und der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs stehen somit nach alledem in einem Exklusivitätsverhältnis. c) Abgrenzung zum strafrechtlichen Schutz des Rechts am eigenen Bild Im Anschluss an die Frage, in welchem Verhältnis die §§ 185 ff. StGB zu § 201a Abs. 2 StGB stehen, ist zu klären, wie sich der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs nach § 201a Abs. 2 StGB zum strafrechtlichen Schutz des Rechts am eigenen Bild nach den §§ 22 f., 33 KUG verhält.346 344  Arzt, EWE 19 (2008), S. 416 (417); so auch Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (687), der hierzu wörtlich ausführt: „Damit ist allen Lösungen der Boden entzogen, die eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs auch durch unwahre Mitteilungen für möglich halten. Das gegen Indiskretion gerichtete Privatheitsrecht schützt nur vor dem Bekanntwerden wahrer Tatsachen. Nur dann kann nämlich von einer Offenlegung des Persönlichkeitsbildes die Rede sein. Sind die Informationen falsch, ist die Ehre oder das Recht auf Identität betroffen“. 345  Arzt, EWE 19 (2008), S. 416 (417). 346  Bereits im Gesetzgebungsverfahren wurde im Rahmen der Sachverständigenanhörung die fehlende Abstimmung des § 201a StGB mit den Vorschriften des KUG



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden237

Gemeinsam ist beiden Regelungen, dass sie auf den Schutz des Persönlichkeitsrechts durch Beeinträchtigung mittels bildhafter Darstellung der Person abzielen. Deutliche Unterschiede ergeben sich jedoch bereits aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Tatbestandsmerkmale. Die deutlich älteren Vorschriften der §§ 22 f., § 33 KUG greifen zur Umschreibung des strafwürdigen Verhaltens auf den Begriff des Bildnisses zurück und erfassen damit alle Darstellungen einer lebenden oder toten natürlichen Person, die deren äußere Erscheinung in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt. Auf die Darstellungs- bzw. Werkform kommt es dabei nicht an, sodass neben Fotografien und Videoaufzeichnungen auch Zeichnungen, Gemälde, Karikaturen etc. umfasst werden.347 Demgegenüber ist der in § 201a Abs. 2 StGB verwendete Begriff der Bildaufnahme enger, denn unter Bildaufnahmen fallen vor allem Fotografien und Videos.348 Zeichnungen und Karikaturen hingegen erfüllen den Tatbestand mangels realitätsgetreuer Fixierung und jederzeitigen Reproduzierbarkeit der äußeren Erscheinung ebenso wenig wie Bildaufnahmen von Verstorbenen.349 In Hinblick auf die Tathandlung erfasst § 201a Abs. 2 StGB anders als § 201a Abs. 1 StGB nicht bereits das Herstellen, sondern allein das Zugänglichmachen gegenüber einer dritten Person.350 Ein Zugänglichmachen liegt vor, wenn entweder ein Zugriff auf die Bildaufnahme oder jedenfalls die Kenntnisnahme des Bildes ermöglicht wird, sodass es anders als beim Begriffspaar des Verbreitens bzw. Zur-Schau-Stellens i. S. d. §  22 KUG351 im Ergebnis weder auf die tatsächliche Kenntnisnahme noch auf das Erlangen körperlicher Verfügungsgewalt ankommt. Die gravierendsten Unterschiede zwischen dem strafrechtlichen Schutz des Rechts am eigenen Bild nach §§ 22 f., § 33 KUG und dem Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs nach § 201a Abs. 2 StGB ergeben sich jedoch im Hinblick auf die Regelungssystematik. So zeichnen sich die Vorschriften der §§ 22 f., § 33 KUG durch einen differenzierten Abwägungsvorgang aus, der im Wege einer komplexen Regel-Ausnahme-Systematik erreicht wird.352 bemängelt, vgl. Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 24; Deckers, Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zu § 201a StGB v. 07.042014, S. 19; vgl. zudem Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (318 f.). 347  Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 1 B. II. 1. bb) (1). 348  Mitsch, Medienstrafrecht, § 3 Rn. 102; vgl. auch Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 15. 349  Vgl. Lackner / Kühl, § 201a Rn. 2; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 4; Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 15 f.; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 9; Fischer, StGB, § 201a Rn. 4; Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 9; Kächele, Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, S. 163; Flechsig, ZUM 2004, 605 (611). 350  Darauf weisen auch Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (318 f.) hin. 351  Vgl. hierzu bereits oben unter Kapitel 1 B. II. 1. a) bb) (2). 352  Ausf. zur Regel-Ausnahme-Systematik der §§ 22 f. KUG vgl. Kapitel 1 B. II. 1. a) bb).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Berechtigte Interessen des Abgebildeten werden dabei allerdings erst auf der dritten Abwägungsstufe berücksichtigt.353 Diese mehrschichtige, auf die Gewährleistung höchstmöglicher Einzelfallgerechtigkeit abzielende Prüfung kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt.354 Für alle übrigen Personenbildnisse gilt hingegen das generelle Einwilligungserfordernis des § 22 S. 1 KUG. Während die Vorschriften der §§ 22 f., § 33 KUG also das Selbstbestimmungsrecht des Abgebildeten als Bezugspunkt wählen und erst im Anschluss daran der Frage nach dem Informationsinteresse der Allgemeinheit bzw. dem Vorliegen überwiegender Gegeninteressen des Abgebildeten nachgehen, ist Ausgangspunkt der Überlegungen zum Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs nach § 201a Abs. 2 StGB die Intim- bzw. Privatsphäre des Betroffenen. Auch wenn beide Vorschriften aufgrund ihrer ähnlichen Angriffsrichtung – Verletzung mittels Bildnis bzw. Bildaufnahme – auf den ersten Blick von kleineren Abweichungen abgesehen zunächst (teil-) identisch erscheinen, so bezwecken die §§ 22 f., § 33 KUG mit dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts in Form des Rechts am eigenen Bild tatsächlich einen weitaus spezielleren Schutz als § 201a Abs. 2 StGB, der mit dem Schutz der personalen Eigensphäre in Form des höchstpersönlichen Lebensbereichs mit anderen Strafvorschriften, insbesondere denen des 15. Abschnitts, in einem Ergänzungsverhältnis steht.355 Die personale Eigensphäre erfährt damit durch § 201a Abs. 2 StGB einen umfassenderen Strafrechtsschutz, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass es sich bei § 201a StGB im Gegensatz zu den §§ 22 f. i. V. m. § 33 KUG nicht um ein Privatklagedelikt i. S. d. §§ 374 ff. StPO, sondern um ein relatives Antragsdelikt (vgl. § 205 Abs. 1 StGB) handelt.356 4. Telos Die teleologische Auslegung des § 201a Abs. 2 StGB betrifft die Frage, welche Auslegung dem objektiven Sinn der Norm am besten gerecht wird.357 353  Vgl.

hierzu bereits ausführlich unter Kapitel 1 B. II. 1. a) cc). Differenzierung zwischen relativer und absoluter Person der Zeitgeschichte vgl. bereits oben Kapitel 1 B. II. 1. a) cc) (1). 355  Zum Wandel des geschützten Rechtsguts vom Persönlichkeitsrecht am Bild hin zum Schutz vor Vertrauensmissbrauch im Rahmen des § 201a StGB vgl. bereits Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a a. F. v. 17.09.2003, S. 9. 356  Kühl, in: FS Schöch, S. 419 (436). 357  Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 7 Rn. 75; Hassemer / Kargl, in: NK-StGB, § 1 Rn. 109; Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 1 Rn. 43; Jescheck / Weigend, StR AT, § 17 IV 2; Maurach / Zipf, StR AT I, § 9 Rn. 15. Zum Gesetz als „objektivierter Wille des Gesetzgebers“ vgl. BVerfGE 1, 299 (312); 11, 126 (129 f.); 105, 135 (157); 354  Zur



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden239

Ausweislich der Gesetzesmaterialien verfolgte der Gesetzgeber mit Schaffung des § 201a Abs. 2 StGB eine Verbesserung des bislang lediglich fragmentarischen Schutzes des höchstpersönlichen Lebensbereichs vor unbefugten Bildaufnahmen.358 Neben Bildaufnahmen, die den Betroffenen in einer entwürdigenden, bloßstellenden oder gewalttätigen Situation zeigen, sollen dabei auch Bildaufnahmen des nackten menschlichen Körpers erfasst werden.359 Zudem solle „mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs […] auch ein Signal gegen das immer stärker um sich greifende Cyber-Mobbing gesetzt werden“.360 Darüber, auf welche Art und Weise diese Zielvorstellungen erreicht werden sollen, geben die Gesetzesmaterialien indes keine Auskunft, weshalb die teleologische Auslegung im Hinblick auf die Anwendungsprobleme des § 201a Abs. 2 StGB wenig aufschlussreich ist.

110, 226 (248); BGHSt 44, 13(18); OLG Dresden NJW 2006, 1013; OLG Hamburg NJW 2010, 1893 ff.; Lackner / Kühl, § 1 Rn. 6; Rudolphi / Jäger, in: SK-StGB, § 1 Rn. 32; Satzger, in: SSW-StGB, § 1 Rn. 49; Schwalm, in: FS Heinitz, S. 47 (54); ders., in: FS Dreher, S. 53 (65). 358  BT-Drs. 18 / 2601, S. 36. Geschütztes Rechtsgut ist  – wie auch bei § 201a Abs. 1 StGB – der höchstpersönliche Lebensbereich als Teilbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts; zum Verhältnis des „höchstpersönlichen Lebensbereichs“ zu dem in der Überschrift des 15. Abschnitts sowie in den § 68a Abs. 1 StPO, § 171b GVG erwähnten „persönlichen Lebensbereich“ vgl. Kühl, AfP 2004, 190 (193); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 1; Flechsig, ZUM 2004, 605 (607); Rahmlow, HRRS 2005, 84 (90 f.); zum höchstpersönlichen Lebensbereich als Teilbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vgl. BGH NStZ 2015, 391; Kühl, AfP 2004, 190 (193); Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 2; Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 1; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 3; Kargl, ZStW 117 (2005), S. 324 (337 f.). 359  Der explizite Verweis auf die Einbeziehung von Nacktaufnahmen war aus Sicht des Gesetzgebers erforderlich, weil diese „nach heutiger Verkehrsauffassung“ nicht notwendig zu den ansehensschädigenden Bildaufnahmen gerechnet werden könnten; gleichwohl besteht ein schutzwürdiges Interesse daran, die unbefugte Herstellung, Weitergabe oder Verbreitung von Nacktbildern zu unterbinden, insbesondere, wenn es sich um Bildaufnahmen von unbekleideten Kindern handele, vgl. BT-Drs. 18 / 2601, S. 36. 360  BT-Drs. 18 / 2601, S. 37. Im Hinblick auf den Umgang mit dem Phänomen Cyber-Mobbing weist Hilgendorf, ZIS 2010, 208 (211) zutreffend darauf hin, dass es bereits an einem verbindlichen Wertemaßstab fehle, zumal sich der „Pluralismus der Perspektiven und Wertgesichtspunkte“ im Internet – anders als etwa bei der vergleichbaren Problematik im Bereich der Ehrdelikte – „nicht entlang der Zeitachse in die Vergangenheit [erstrecke], sondern […] in globalem Maßstab in der Gegenwart“ existiere.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

II. Eignung zur Schädigung Die tatbestandliche Weite des § 201a Abs. 2 StGB361 ist allerdings nicht nur auf die begriffliche Unschärfe des Tatbestandsmerkmals „Ansehen der abgebildeten Person“ zurückzuführen, sondern folgt auch daraus, dass bereits die „Eignung zur Ansehensschädigung“ für eine Verwirklichung genügen soll. Anders als beim Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen (§ 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB) handelt es sich bei § 201a Abs. 2 StGB somit gerade nicht um ein Verletzungs-, sondern um ein Gefährdungsdelikt in der Form eines sog. Eignungsdelikts.362 1. Deliktstypus des Eignungsdelikts Entsprechend dem ultima-ratio Prinzip erfasst das repressiv ausgerichtete Kriminalstrafrecht tendenziell Verstöße mit hohem Unrechts- und Schuldgehalt.363 Die Kernbereiche des Kriminalstrafrechts orientieren sich dementsprechend weitgehend an der Rechtsgutsverletzung als „greifbaren“ Unrechtserfolg.364 Dessen ungeachtet existieren jedoch hochrangige Rechtsgüter, deren Schutz allein durch Verletzungstatbestände vom Gesetzgeber als unvollkommen erachtet wird.365 Um auch in diesem Bereich Rechtsgutsverletzungen effektiv verhindern zu können, wird eine Vorverlagerung der Strafbarkeit im Wege des Einsatzes von Gefährdungsdelikten als legitim erachtet.366 Während sog. abstrakte Gefährdungstatbestände auch dann eingreifen, 361  Zu den Bedenken im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG vgl. bereits oben unter Kapitel 3 B. 362  Grundlegend zum Deliktstypus des Eignungsdelikts Hoyer, Eignungsdelikte, 1987; ders., JA 1990, 183; Hirsch, in: FS A. Kaufmann, S. 545 ff.; Zieschang, Gefährdungsdelikte, S. 162 ff. und S. 174 ff.; neben dem Terminus „Eignungsdelikt“ finden sich in der Literatur außerdem die synonymen Bezeichnungen „potentielles Gefährdungsdelikt“ und „konkret-abstraktes Gefährdungsdelikt“, vgl. Küper, in: FS Hirsch, S. 595 (602); Kubiciel / Borutta, KriPoZ 2016, 194 (195). 363  Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 3 Rn. 10; zum strafrechtlichen ultima-ratioPrinzip in der Rechtsprechung des BVerfG vgl. Gärditz, JZ 2016, 641 (642 ff.). 364  Hilgendorf, in: A / W / H / H, StR BT, § 35 Rn. 6; vgl. hierzu auch Schröder, ZStW 81 (1969), S. 7 (14 ff.); Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 6 Rn. 49 bringt die Eigenschaft der Verletzungsdelikte wie folgt auf den Punkt: „Bei dieser Deliktsform wird der spezifische Charakter des Strafrechts als eines repressiven Rechts am deutlichsten sichtbar: wenn die Tat vollendet ist, ist der Schaden eingetreten und lässt sich durch Anwendung des Strafrechts nicht mehr abwenden“. 365  Hilgendorf, in: A / W / H / H, StR BT, § 35 Rn. 18. 366  Mitsch, in: B / W / M / E, StR At, § 6 Rn. 50 führt hierzu aus: „Während aber bei den Verletzungsdelikten das Strafrecht auf den tatsächlich nicht abgewendeten Schadensfall nur noch reagieren kann, geht mit Gefährdungstatbeständen die Chance ein-



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden241

wenn das Täterverhalten im konkreten Einzelfall tatsächlich ungefährlich war und sich daher mit Bedenken im Hinblick auf das Schuldprinzip konfrontiert sehen,367 ist bei den sog. konkreten Gefährdungsdelikte bereits die Bestimmung des Gefahrbegriffs mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet.368 Diese „Schwächen“ versucht der Deliktstypus des Eignungsdelikts zu umgehen, indem das Erfordernis der abstrakten Gefährdung mit der Eignung zur Schädigung kombiniert wird.369 Die Verwirklichung eines Eignungsdelikts setzt damit weniger als die konkrete Gefährdung des Rechtsguts voraus, denn es genügt insofern, dass die Tat geeignet ist, eine Schädigung des Rechtsguts herbeizuführen.370 Im Gegensatz zum „Grundtypus“ des Verletzungsdelikts zeichnen sich Eignungsdelikte also gerade dadurch aus, dass sie keine Erfolgskomponente, sondern eine auf den Erfolg bezogene Eignungskomponente enthalten.371 Verwendung finden Eignungsdelikte gegenwärtig vor allem im Bereich der Straftaten gegen die Umwelt372 sowie der Straftaten gegen den öffentlichen Frieden.373 Aber auch die Delikte zum Schutz des Persönlichkeitsrechts sind her, durch vorzeitiges Eingreifen des Strafrechts im Gefährdungsstadium die drohende Rechtsgutsverletzung noch verhindern zu können“. 367  Vgl. nur Kaufmann, JZ 1963, 425 (432); Baroke, in: Grenzen der Vorverlagerung, S. 247 (264 ff.). 368  Hinzu kommt, dass die Verwirklichung konkreter Gefährdungsdelikte in gewisser Weise vom Zufall abhängt, vgl. Hilgendorf, in: A / W / H / H, StR BT, § 35 Rn. 81. 369  Einen anderen, den Täter im Ergebnis freilich schlechter stellenden Ansatz verfolgte insofern § 151 AE-StGB mit der Formulierung „ohne dass im Zeitpunkt der Handlung eine Schädigung anderer an Leib oder Leben auszuschließen ist“, vgl. AEStGB, BT II, S. 57; von der Einfügung einer Klausel nach diesem Vorbild hat der Gesetzgeber daher etwa im Rahmen des § 306a StGB bewusst abgesehen, vgl. BTDrs. 13 / 8587, S. 47; Heine / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 306a Rn. 2. 370  Mitsch, in: B / W / M / E, StR AT, § 6 Rn. 53; Hilgendorf, in: A / W / H / H, StR BT, § 35 Rn. 82; Hoyer, Eignungsdelikte, S. 197 führt hierzu aus, dass „mittels des Merkmals Geeignetheit (bei verfassungskonformer Auslegung der Eignungsdelikte) jeweils die Straflosigkeit verletzungsbezogenen noch nicht einmal unerlaubt fahrlässigen Verhaltens bewerkstelligt werden soll“, wobei festzuhalten sei, dass „es zur Erfüllung dieser Funktion keines Erfolgseintritts, sei es im Sinne der Verletzung oder konkreten Gefährdung eines Rechtsgutsobjekts, als Folge der Tathandlung bedarf, wenngleich der Eintritt eines derartigen Erfolgs, zurechenbar verursacht, die Tathandlung stets als tauglichen Bezugspunkt unerlaubter Verletzungsfahrlässigkeit, den Ausgangssachverhalt also als ‚geeignet‘, kennzeichnet“. 371  Mitsch, in: B / W / M / E, StR AT, § 6 Rn. 53. 372  Zu nennen sind nur die §§ 311 Abs. 1, 325 Abs. 1, 325a Abs. 1, 326 Abs. 1 Nr. 4, 328 Abs. 1 Nr. 2 StGB; vgl im Übrigen die umfassende Aufzählung bei Hoyer, Eignungsdelikte, S. 18. 373  So etwa die §§ 126 Abs. 1, 130 Abs. 1 und Abs. 3, 140 Abs. 1 Nr. 2 und § 166 StGB; speziell zu § 130 Abs. 3 StGB Kühl, in: Symposium Geilen, S. 103 (113 ff.).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

mitunter als Eignungsdelikte ausgestaltet. Zu nennen ist hier allen voran der Tatbestand der üblen Nachrede nach § 186 StGB, der von Tatsachen, welche „verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet sind“ spricht. Gegenstand ausführlicher Diskussion ist insofern auch die noch vergleichsweise junge Strafvorschrift der Nachstellung (sog. Stalk­ ing) nach § 238 StGB.374 Nach ihrer bisherigen Ausgestaltung als Erfolgsdelikt kam eine Strafbarkeit nur dann in Betracht, wenn die Lebensgestaltung des Opfers durch das Nachstellen schwerwiegend beeinträchtigt wurde.375 Da sich dieser Nachweis in der Praxis oftmals nur schwierig führen ließ, wurde vor allem im Hinblick auf eine Verbesserung des Opferschutzes eine Umwandlung des Tatbestands in ein Eignungsdelikt vorgeschlagen.376 Das Reformvorhaben begegnete freilich zahlreichen Bedenken im Hinblick auf 374  Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen (40. StrÄndG) v. 30.03.2007, BGBl. I 2007, S. 354; zur Diskussion um die grundsätzliche Notwendigkeit und konkrete Ausgestaltung des § 238 StGB vgl. Kühl, in: FS Seebode, S. 61 (69 ff.); ders., in: FS Geppert, S. 311 ff.; ders., in: Geistiges Eigentum, S. 115 ff.; Meyer, ZStW 115 (2003), S. 249 ff.; Kinzig, ZRP 2006, 255 ff.; Gazeas, KJ 2006, 247 ff.; Mitsch, NJW 2007, 1237 ff.; ders., Jura 2007, 401 ff.; Valerius, JuS 2007, 319 ff.; Eiden, ZIS 2008, 123 ff.; Su. Beck, GA 2012, 722; Buettner, ZRP 2008, 124 ff.; Mosbacher, NStZ 2007, 665 ff.; vgl. auch Eisele, in: Schönke / Schröder, § 238 Rn.  2 f.; Köhne, ZRP 2009, 87 (88); krit. Jasch, KrimJ 2007, 203 (211), der die Schaffung des § 238 StGB in den Kontext des Wandels vom Strafrecht zum Sicherungsrecht stellt und dabei im Hinblick auf die kriminalrechtlichen Neuerungen der vergangenen zehn Jahre festhält, dass „die gegenwärtige Strafrechtsentwicklung […] auf Sicherung und Symbolismus, also einerseits auf eine radikal repressive, andererseits auf eine affektive, integrationspräventive Komponente [setzt]. Typisch für die erstgenannte Tendenz ist die Verschärfung von Strafandrohungen und die Ausweitung der rein präventiven Sicherungsverwahrung, die zweite findet ihren Ausdruck in neuen Kriminalisierungen (Graffiti, Stalking), mit denen ungeachtet ihrer Ungeeignetheit zur Lösung sozialer Problemlagen normative Zeichen gesetzt und so die Grenze zwischen ‚Gut und Böse‘ öffentlichkeitswirksam markiert werden soll“. 375  Eine solche schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung liegt nach der Rspr. nur dann vor, wenn das Opfer durch die Handlung des Täters veranlasst wird, ein Verhalten an den Tag zu legen, das es ohne das Zutun des Täters nicht gezeigt hätte, d. h. es müssen „im konkreten Kontext ins Gewicht fallende, gravierende und ernst zu nehmende Folgen [vorliegen], die über durchschnittliche, regelmäßig hinzunehmende und zumutbare Modifikationen der Lebensgestaltung erheblich und objektivierbar hinausgehen“, vgl. BGHSt 54, 189 (196 f.); die Gesetzesbegründung nennt als Beispiele für eine derartige schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung besondere Schutzmaßnahmen für die eigene Wohnung, Verlassen der Wohnung nur noch in Begleitung Dritter, Beschränkung der sozialen Kontakte sowie Wohnungs- und / oder Arbeitsplatzwechsel genannt, vgl. BT-Drs. 16 / 575, S. 8; hierzu auch Schöch, NStZ 2012, 221 (223); Krüger, NStZ 2010, 546 (551 ff.); Fischer, StGB, § 238 Rn. 22 ff.; Köhne, ZRP 2014, 141. 376  Vgl. hierzu auch Kühl, ZIS 2016, 450; Eisele, in: B / W / M / E, StR AT, § 3 Rn. 50; Schöch, NStZ 2013, 221 ff.; Köhne, ZRP 2014, 141 ff.; Leutheusser-Schnarrenberger / Gerhardt, ZRP 2015, 93 (94); Mosbacher, NJW 2017, 983 (984).



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden243

das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, zumal die tatbestandliche Unschärfe des § 238 StGB infolge der ohnehin vergleichsweise blumigen Umschreibung der Tathandlung als „Nachstellen“ durch die Kombination mit einer nur schwer vorhersehbaren Eignung zur Rechtsgutsverletzung noch weiter verstärkt würde.377 Den Gesetzgeber hat dies indes nicht davon abhalten können, § 238 StGB in ein Eignungsdelikt umzuformen.378 2. Eignungsklausel als Restriktionskriterium Zuweilen wird auch der Versuch unternommen, gerade über das Eignungskriterium eine restriktive Auslegung zu erreichen.379 Wie dies vonstatten gehen soll, lässt sich anhand des Tatbestands der Volksverhetzung nach § 130 StGB exemplarisch aufzeigen. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei dem Merkmal der Eignung nach § 130 Abs. 3 StGB um ein widerlegbares Erfolgsmerkmal, denn anders als bei den abstrakten Gefährdungs­ delikten sei bei den Eignungs- bzw. potentiellen Gefährdungsdelikten „der Gegenbeweis der nicht gegebenen Eignung […] im Einzelfall möglich“.380 Dieser Gegenbeweis allerdings dürfte nur in den wenigsten Fällen auch tatsächlich gelingen, genügt doch etwa im Fall des § 130 Abs. 3 StGB schon, dass berechtigte, d. h. konkrete Gründe für die Berfürchtung vorliegen, der Angriff werde das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttern.381 „Befürchtung“ und „Vertrauen“ sind allerdings, wie Kühl zu Recht kritisiert, „subjektive und schwer meßbare Größen“, sodass die Eignungs377  So auch Köhne, ZRP 2014, 141 (142), der zudem darauf hinweist, dass es einer Bewertung bedürfe, „wann ein Handeln als zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung geeignet erscheint“. 378  Vgl. Gesetz zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen v. 09.03.2017, BGBl. I, S. 386. 379  Zur vergleichbaren Problematik bei § 130 Abs. 3 StGB führt BVerfG NJW 2010, 47 (54) aus: „Eigenständige Bedeutung hat [die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens] nur in atypischen Situationen, wenn diese Vermutung auf Grund besonderer Umstände nicht trägt. Bei dem öffentlichen Frieden handelt es sich insoweit nicht um ein strafbegründendes Tatbestandsmerkmal, sondern um eine ‚Wertungsformel zur Ausscheidung nicht strafwürdig erscheinender Fälle‘. Es ist damit ein Korrektiv, das es insbesondere erlaubt, auch grundrechtlichen Wertungen im Einzelfall Geltung zu verschaffen“; vgl. hierzu auch Kühl, in: Symposium Geilen, S. 103 (113 f.); Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 130 Rn. 8 f. 380  BGHSt 46, 212 (218); Kühl, in: Symposium Geilen, S. 103 (114); einen solchen Gegenbeweis hält auch Schröder, JZ 1967, 522 (523) für möglich; krit. hierzu allerdings Hoyer, Eignungsdelikte, S. 19 ff. 381  RGSt 34, 268 (271); 71, 249; BGHSt 16, 49 (56); 29, 26 (27); BGH NJW 1978, 58 (59); OLG Celle NJW 1970, 2257; OLG Hamburg NJW 1975, 1088; Schafheutle, JZ 1960, 470 (472); Krauß, in: LK-StGB, § 130 Rn. 64.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

klausel im Ergebnis kaum eine einschränkende Wirkung zu entfalten vermag.382 3. Vorverlagerung der Strafbarkeit Eine weitere grundsätzliche Schwierigkeit im Umgang mit Eignungsdelikten stellt die mangelnde Vorhersehbarkeit der Eignung eines Verhaltens zur Rechtsgutsverletzung dar. Um die Frage nach der Eignung eines Verhaltens zur Rechtsgutsverletzung beantworten zu können, bedarf es einer Bewertung, für die es oftmals an verlässlichen Maßstäben fehlt.383 Zur Beantwortung der Frage, ob eine Bildaufnahme geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person i. S. d. § 201a Abs. 2 StGB erheblich zu schaden, ist der Hinweis des Gesetzgebers, es komme insofern auf „die Beurteilung durch einen durchschnittlichen Betrachter“384 an, freilich wenig hilfreich.385 Im Hinblick auf den wandelbaren, im besonderen Maße vom Zeitgeist und von der Person des Betrachters abhängigen Begriff des Ansehens kann ein durchschnittlicher Konsens darüber, was als Ansehensbeeinträchtigung gilt, kaum erreicht werden, zumal es beim Cybermobbings, das der Gesetzgeber bei Schaffung der Norm als Hauptanwendungsfall vor Augen hatte – wie im übrigen bei den meisten Vorgängen im Internet – schon an einer „neutralen ‚Metaebene‘ oberhalb der kulturspezifischen Bewertung“386 fehlen dürfte.387 382  Kühl, in: Symposium Geilen, S. 103 (114); speziell zu § 201a Abs. 2 StGB führen Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (315) daher folgerichtig aus, dass „die Eignung zur Schädigung kaum eine weitere Eingrenzung der Strafbarkeit mit sich bringt“. 383  Zur Konkretisierung des Eignungsbegriffs vgl. jedoch Hoyer, Eignungsdelitke, S. 198, nach dem Geeignetheit schon dann vorliegt, „wenn der Täter durch seine Tathandlung eine Gefahrenquelle (mit-)geschaffen hat, ohne deren Wirkungslosigkeit im Hinblick auf dadurch zu gefährdende Rechtsgutsobjekte hinreichend sicherzustellen. Als Gefahrenquelle muß ein Sachverhalt dann gelten, wenn sich seine Produktion im Falle der Betroffenheit eines im adäquaten Rechtsgutsobjekts bei Kenntnis sämtlicher Umstände des Einzelfalls als unerlaubt verletzungsfahrlässig darstellte. Nicht hinreichend sichergestellt ist die Wirkungslosigkeit einer Gefahrenquelle im Hinblick auf Rechtsgutsobjekte, wenn der Täter das Ausbleiben einer Wirkung an Rechtsgutsobjekten entweder objektiv oder jedenfalls unter Zugrundelegung seines Kenntnisstands nicht stets mit derjenigen Zuverlässigkeit unter Kontrolle gehabt hat, die ihm bei Kenntnis sämtlicher Eigenschaften der von ihm (mit-)geschaffenen Gefahrenquellen angestanden hätte“. 384  BT-Drs. 18 / 2601, S. 37. 385  So auch Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 16, da der durchschnittliche Betrachter „je nach Vorverständnis individuell oder generalisierend bestimmt werden“ könne. 386  Hilgendorf, ZIS 2010, 208 (212). 387  In diese Richtung weisend auch Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 16; vgl. auch Fischer, StGB, § 201a Rn. 23; Busch, NJW 2015, 977 (978).



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden245

Ein unverkennbarer Vorteil der Ausgestaltung des § 201a Abs. 2 StGB als Eignungsdelikt ist jedoch, dass der ansonsten zwingend gebotene Nachweis der Kausalität zwischen Bildaufnahme und erheblicher Ansehensschädigung entfällt. Würde es sich bei § 201a Abs. 2 StGB um ein Verletzungsdelikt handeln, so müsste jeweils der Zusammenhang zwischen der konkreten Bildaufnahme und der den höchstpersönlichen Lebensbereich verletzenden erheblichen Ansehensschädigung schlüssig dargelegt werden, was die Praxis wohl vor kaum lösbare Schwierigkeiten stellen würde. Eine Strafvorschrift, die aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung jedoch keine Anwendungsfälle zu erfassen vermag und daher nicht in der Lage wäre zum strafrechtlichen Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs beizutragen, sähe sich jedoch zu Recht mit dem Vorwurf rein symbolischen Strafrechts konfrontiert. Wenngleich die damit verbundene, mit einem Tatstrafrecht nur schwer in Einklang zu bringende Verlagerung hin zu einer präventiven Ausrichtung des Strafrechts aus rechtspolitischer Sicht kritisiert werden kann,388 ist die durch die Ausgestaltung als Eignungsdelikt bewirkte Vorverlagerung der Strafbarkeit zur Erreichung der vom Gesetzgeber angestrebten Schutzziele unumgänglich.389

III. Erheblichkeit der Ansehensbeeinträchtigung Für die Verwirklichung des § 201a Abs. 2 StGB genügt nicht jedwede Schädigungseignung. Vielmehr muss die Bildaufnahme geeignet sein, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden. Wann von einer derart erheblichen Schädigungseignung auszugehen ist, führt die Gesetzesbegründung indes nicht aus. Eine ähnliche Erheblichkeitsklausel findet sich jedoch im sog. „GraffitiParagraph“ des § 303 Abs. 2 StGB, der im Jahre 2005 eingefügt wurde, um auch solche Fälle strafrechtlich erfassen zu können, in denen zwar eine Veränderungen des Erscheinungsbildes einer Sache, nicht aber eine Substanzverletzung oder Beeinträchtigung der Brauchbarkeit vorlag.390 Nach § 303 Abs. 2 StGB macht sich nunmehr der Sachbeschädigung strafbar, wer unbe388  Vgl.

(5 ff.).

hierzu Hassemer, ZIS 2006, 266 (268 ff.); B. Heinrich, KriPoZ 2017, 4

389  Insoweit entspricht die Konzeption des § 201a Abs. 2 StGB auch dem vom Gesetzgeber angestrebten „Gleichlauf“ zwischen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB und der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen in § 201a StGB, da § 201 Abs. 2 S. 2 StGB ebenfalls eine Eignungskomponente („…ist nur strafbar, wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen“) enthält. 390  Vgl. hierzu OLG Jena NJW 2008, 776; Eisenschmid, NJW 2005, 3033 (3035); Lackner / Kühl-Heger, § 303 Rn. 7a ff.; Stree / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 303

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

fugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. Ausweislich der Gesetzesmaterialien dient diese Einschränkung auf erhebliche und nicht nur vorübergehende Veränderungen dazu, den „Tatbestand auf strafwürdiges Unrecht zu beschränken“.391 Bereits im Gesetzgebungsverfahren war im Hinblick auf die Erheblichkeitsklausel des § 303 Abs. 2 StGB darauf hingewiesen worden, dass der dadurch bezweckte Ausschluss von Bagatellfällen auch über eine einschränkende ­Interpretation, wie sie etwa bei der körperlichen Misshandlung nach § 223 StGB vorgenommen wird,392 erreicht werden könne.393 Obwohl sich ein solches „hineingelesenes“ Tatbestandskorrektiv schon seit jeher auch in § 303 Abs. 1 StGB findet,394 ist der Gesetzgeber diesem Vorschlag nicht gefolgt. Anknüpfend an diese – im Hinblick auf § 303 Abs. 2 StGB leider fruchtlosen – Überlegungen wurde auch im Rahmen der Schaffung des § 201a StGB a. F. auf die Möglichkeit einer teleologischen Reduktion im Wege einer einschränkenden, rechtsgutsbezogenen Interpretation des Tatbestands hingewiesen.395 Ein solches Vorgehen im Rahmen des § 201a StGB wäre nicht zuletzt auch im Hinblick darauf zu befürworten, dass im Strafrecht ohnehin eine „prozessuale Lösung“ vorhält, nach der Bagatellfälle über die §§ 153 ff. StPO aus Gründen der Opportunität eingestellt werden könnten.396 Diesem Hinweis ist der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 201a StGB bedauerlicherweise erneut nicht nachgekommen. Zumindest eine Befassung mit dieser Thematik wäre naheliegend und damit angezeigt gewesen. Rn. 18; Zaczyk, in: NK-StGB, § 303 Rn. 22; Wieck-Noodt, in: MK-StGB, § 303 Rn.  50 ff. 391  BT-Drs. 15 / 5313, S. 3; vgl. hierzu auch die Kritik bei Thoss, StV 2006, 160 (161); Satzger, Jura 2006, 428 (435). 392  So ist eine körperliche Misshandlung nach § 223 StGB zu bejahen bei einer üblen, unangemessenen Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird, vgl. BGHSt 14, 269 (271); 25, 277 (278); 53, 145 (158); OLG Düsseldorf NJW 1991, 2918 (2919); Lackner / Kühl, § 223 Rn. 4; Eser / Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 223 Rn. 3; Paeffgen / Böse, in: NKStGB, § 223 Rn. 8; Joecks, in: MK-StGB, § 223 Rn. 4 und Rn. 21. 393  Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a. F. v. 17.09.2003, S. 10 f.; vgl. hierzu auch ders., in: FS Böttcher, S. 597 (611). 394  Infolge des „hineingelesenen“ Erheblichkeitskriteriums erfasst § 303 Abs. 1 StGB geringfügige Substanzbeeinträchtigungen sowie solche, die sich ohne nennenswerten Aufwand an Mühe, Zeit und Kosten alsbald beheben lassen, nicht, vgl. BGHSt 13, 207 (208 f.); OLG Düsseldorf NJW 1993, 869; Lackner / Kühl-Heger, § 303 Rn. 5; Stree / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 303 Rn. 9; Wolff, in: LK-StGB, § 303 Rn. 17. 395  Vgl. Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a.  F. v. 17.09.2003, S.  10 f. 396  Vgl. Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a.  F. v. 17.09.2003, S.  10 f.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden247

Da dies indes nicht geschehen ist, muss zur Konkretisierung des Begriffs der Erheblichkeit i. S. d. § 201a Abs. 2 StGB nunmehr die Begriffsbestimmung des § 184h StGB in den Blick genommen werden.397 Nach § 184h StGB sind sexuelle Handlungen im Sinne des Gesetzes nur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind.398 Die Erheblichkeit soll dabei immer dann zu bejahen sein, wenn die fragliche Handlung einen solchen Grad der Gefährlichkeit erreicht hat, dass sie nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung eines bestimmten, im Tatbestand geschützten Rechtsguts bedeutet.399 Die dabei zu treffende Bewertung hat sich insoweit nicht anhand rein sittlicher, sondern an sozialethischen Maßstäben zu orientieren400 und muss den Gesamtvorgang erfassen, d. h. sich nicht nur nach dem äußeren Erscheinungsbild der Tat, sondern auch nach deren Begleitumständen, der Persönlichkeit des Täters und den Beziehungen der Beteiligten untereinander richten.401 Das Merkmal der Erheblichkeit beinhaltet damit zum einen eine „quantitative Komponente“, die das Überschreiten einer graduellen Grenze der Gefährlichkeit eines Verhaltens zum Gegenstand hat402 und daher bei bloßen Takt- oder Geschmacklosigkeiten ebenso fehlt wie bei reinen Belanglosigkeiten.403 Zum anderen ist die so umschriebene Erheblichkeitsschwelle aufgrund des Rechtsgutsbezugs nicht für alle Rechtgüter und Tatbestände gleich.404 Auf das Merkmal der Erheblichkeit i. S. d. § 201a Abs. 2 StGB übertragen hat dies zur Folge, dass die fragliche Bildaufnahme nach ihrer Art und Intenauch der Vorschlag von Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (315 f.). hierzu Laubenthal, in: FS Streng, S. 87 (92 ff.). 399  BGHSt 29, 336 (338); Lackner / Kühl-Heger, § 184g Rn. 5; Ziegler, in: Beck­ OK-StGB, § 184h Rn. 5. 400  Lackner / Kühl-Heger, § 184g Rn. 5; Fischer, StGB, § 184h Rn. 5; Eisele, in: Schönke / Schröder, § 184g Rn. 15; Ziegler, in: BeckOK-StGB, § 184h Rn. 5. 401  BGH NStZ 1992, 432; BGH NStZ 2012, 269; Lackner / Kühl-Heger, § 184g Rn. 5; Hörnle, in: MK-StGB, § 184h Rn. 19; Ziegler, in: BeckOK-StGB, § 184h Rn. 5; krit. indes Kruse / Sczesny, KJ 1993, 336 (343 f.). 402  Vgl. hierzu BGH NStZ 1983, 553; BGH StV 2000, 197; BGH NStZ 2001, 370; BGH NStZ 2007, 700; Hörnle, in: MK-StGB, § 184h Rn. 18; Laubenthal, in: FS Streng, S. 87 (93 f.); krit. Wolters, in: SK-StGB, § 176 Rn. 2. 403  BGH NStZ 1983, 553; Eisele, in: Schönke / Schröder, § 184g Rn. 15b; Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (315 f.); Lackner / Kühl, § 184g Rn. 5; Holtz, MDR 1991, 700 (702). 404  Lackner / Kühl, § 184g Rn. 5; Eisele, in: Schönke / Schröder, § 184g Rn. 16; nach Hörnle, in: MK-StGB, § 184h Rn. 20 ist dabei insbesondere die Höhe der Strafandrohung relevant; vgl. hierzu auch Laufhütte / Roggenbuck, in: LK-StGB, § 184g Rn. 10; Wolters, in: SK-StGB, § 184g Rn. 9 f. 397  So

398  Vgl.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

sität sowie unter Berücksichtigung der Begleitumstände geeignet sein muss, das Ansehen der Person in schwerwiegender, d. h. gravierender Weise zu beeinträchtigen.405 Unter Berücksichtigung des geschützten Rechtsguts des höchstpersönlichen Lebensbereichs und aufgrund des identischen Strafrahmens infolge der Formulierung „ebenso wird bestraft“ ist dabei zu verlangen, dass die Eignung zur Ansehensschädigung nach ihrer Intensität mit einer Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs vergleichbar ist. Bagatellfälle werden daher von § 201a Abs. 2 StGB nicht erfasst.

IV. Zugänglichmachen an eine dritte Person 1. Tathandlung des Zugänglichmachens Wie bereits zuvor erwähnt406 verzichtet § 201a Abs. 2 StGB auf eine Pönalisierung des Herstellens von Bildaufnahmen, die zu einer Schädigung des Ansehens des Abgebildeten geeignet sind.407 Als Tathandlung wird vielmehr nur das einer dritten Person Zugänglichmachen einer solchen Bildaufnahme erfasst. Der Begriff des Zugänglichmachens ist dabei freilich nicht neu, fand er doch bereits in § 201a Abs. 2 StGB a. F. Verwendung. Ein Zugänglichmachen gegenüber einer dritten Person liegt demnach vor, wenn dem Dritten entweder ein Zugriff auf die Bildaufnahme oder aber die bloße Kenntnisnahme des Bildinhalts ermöglicht wird.408 Da es insofern auf eine tatsächliche Kenntnisnahme nicht ankommt, kann ein Zugänglichmachen etwa schon dann vorliegen, wenn Bildaufnahmen im engsten Familienkreis offen aufbewahrt werden, z. B. weil kompromittierende Bildaufnahmen auf dem Wohnzimmertisch vergessen wurden.409 405  Eisele / Sieber,

StV 2015, 312 (316). hierzu bereits Kapitel 3 B. I. 3. c). 407  Vgl. BT-Drs. 18 / 3202, S. 28; zur zunächst vorgesehenen Pönalisierung des Herstellens vgl. BT-Drs. 18 / 2601, S. 10; krit. Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 26; zum Vorschlag, die Tathandlung angesichts der bezweckten Bekämpfung von Cyber-Mobbing auf ein Verbreiten bzw. öffentliches Zugänglichmachen zu beschränken, vgl. Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 23; Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (316); zur Tathandlung des öffentlich Zugänglichmachens im Medienstrafrecht vgl. M. Heinrich, ZIS 2016, 698 (700 f.). 408  Lackner / Kühl, § 201a Rn. 7; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 15a; Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 29; Valerius, in: LK-StGB, § 201a Rn. 25; Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 9; Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 19; vgl. hierzu bereits unter Kapitel 2 B. II. 2. 409  Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (316); vgl. auch Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 15a; Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 9; Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 545e; Krey / Hellmann / Heinrich, StR BT I, Rn. 607. 406  Vgl.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden249

2. Grundsätze der beleidigungsfreien Sphäre Aufgrund dieser Weite des Tatbestands wird mitunter vorgeschlagen, § 201a Abs. 2 StGB im Wege einer Übertragung der Grundsätze der sog. beleidigungsfreien Sphäre teleologisch zu reduzieren.410 Die Anerkennung einer beleidigungsfreien Sphäre soll dabei dem Umstand Rechnung tragen, dass dem Einzelnen ein Rückzugsort verbleiben muss, in dem er sich ohne Furcht vor strafrechtlicher Verfolgung äußern kann.411 Gerade Äußerungen gegenüber Familienangehörigen und engen Vertrauenspersonen dienen oftmals weniger dem Aspekt der Meinungskundgabe, als vielmehr der individuellen Selbstentfaltung.412 Das Bundesverfassungsgericht hat diesbezüglich betont, dass unter den Bedingungen besonderer Vertraulichkeit „dem Einzelnen ein rückhaltloser Ausdruck seiner Emotionen, die Offenbarung geheimer Wünsche oder Ängste, die freimütige Kundgabe des eigenen Urteils über Verhältnisse und Personen oder eine entlastende Selbstdarstellung möglich“ sein müsse.413 Unter derartigen Umständen könne es daher „auch zu Äußerungsinhalten oder Formen kommen, die sich der Einzelne gegenüber Außenstehenden oder in der Öffentlichkeit nicht gestatten würde. Gleichwohl verdienen sie als Ausdruck der Persönlichkeit und Bedingung ihrer Entfaltung grundrechtlichen Schutz“.414 Soweit die Vertraulichkeit des Gesprächs den Umständen nach erkennbar ist und auch gewährleistet erscheint,415 werden daher auch ehrverletzende Äußerungen im engsten Lebenskreis strafrechtlich nicht erfasst.416

410  Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (316). Zur Frage der generellen Übertragbarkeit sogleich unter Kapitel 3 B. IV. 3. 411  Vgl. BVerfGE 90, 255 (260); BVerfG NJW 2007, 1194 (1195); Hilgendorf, in: LK-StGB, § 185 Rn. 11 ff.; Regge / Pegel, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 60; Rogall, in: SK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 47; Hillenkamp, in: FS Hirsch, S. 555 (571); Arloth, ZIS 2010, 263 (265); nach Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 485 braucht „jeder Mensch innerhalb seines engsten Lebenskreises Raum für eine ungezwungene, vertrauliche Ausprache und ggf. auch zum Entladen angestauter Emotionen in Bezug auf außenstehende Personen […], ohne dabei jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen“; vgl. hierzu auch bereits Kohler, GA 1900, 1 (19 ff.); Leppin, JW 1937, 2886 (2887); anders allerdings noch RG JW 1937, 2389, nach dem „auch in ganz vertraulichen Äußerungen, die im engsten Familienkreis fallen“ eine Beleidigung liegen könne; ebenso v. Goedel, ZStW 57 (1938), S. 337 (341). 412  Vgl. hierzu BVerfGE 90, 255 (260). 413  BVerfGE 90, 255 (260). 414  BVerfGE 90, 255 (260); BVerfGE NJW 2007, 1194 (1195); vgl. auch Kahl, Schutzergänzungsfunktion, S.  9 ff. 415  Etwas anderes gilt nach BVerfGE 90, 255 (262) allerdings dann, wenn „der sich Äußernde selber die Vertraulichkeit aufhebt, so daß die Gelegenheit für Dritte,

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Während über die grundsätzliche Anerkennung der beleidigungsfreien Sphäre Einigkeit besteht, herrscht über die konkrete Umsetzung dieser strafrechtlichen Privilegierung Uneinigkeit.417 So geht ein Teil der Literatur davon aus, dass die beleidigungsfreie Sphäre einen Rechtfertigungsgrund darstelle.418 Die herrschende Meinung nimmt indes zu Recht an, dass bei Vorliegen aller Voraussetzungen bereits der Tatbestand nicht verwirklicht sei, da sich angesichts des Grundrechtsschutzes des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG sich eine Qualifizierung von Äußerungen im Rahmen von Nähebeziehungen als strafwürdiges Unrecht schon von vornherein verbiete.419 Ebenfalls strittig ist der Umfang der beleidigungsfreien Sphäre. Ist noch allgemein anerkannt, dass die Privilegierung jedenfalls im Falle der § 185, 186 StGB420 und im engste Familienkreis, d. h. bei Gesprächen zwischen Eheleuten,421 eingreifen soll, so wurde der privilegierte Personenkreis aufgrund der vergleichbaren Schutzbedürftigkeit zwischenzeitlich auch auf andere ähnlich enge persönliche Verhältnisse ausgedehnt.422 seine Äußerungen wahrzunehmen, ihm zuzurechnen ist“; vgl. hierzu auch Hillenkamp, in: FS Hirsch, S. 555 (573). 416  Lackner / Kühl, § 185 Rn. 9; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 9; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 185 Rn. 35; Regge / Pegel, in: MKStGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 62; Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 485 f.; zur Behandlung beleidigender Äußerungen im engsten Lebenskreis aus historischer Per­ spektive vgl. Grosse, Beleidigungsfreie Sphäre, S. 2 ff. 417  Hillenkamp, in: FS Hirsch, S. 555; zum Meinungsstand des vorigen Jahrhunderts vgl. RGSt 71, 159 ff.; Mezger, JW 1937, 2329 ff.; v. Goedel, ZStW 57 (1938), S. 337 ff.; zum heutigen Streitstand siehe Lackner / Kühl, § 185 Rn. 9; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 9a; Schendzielorz, Beleidigungssphäre, S.  188 ff.; Wolff-Reske, Jura 1996, 184 ff. 418  Hilgendorf; in: LK-StGB, § 185 Rn. 14; Otto, Grundkurs StR BT, § 32 Rn. 52. 419  Engisch, GA 1957, 326 (330 ff.); Hellmer, GA 1963, 129 (139); Tenckhoff, JuS 1988, 787 (788); Lackner / Kühl, § 185 Rn. 9; Zaczyk, in: NK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 38; Vahle, DVP 2009, 137 (138); Fischer, StGB, § 185 Rn. 12b; Rogall, in: SK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 47; Wolff-Reske, Jura 1996, 184 (186 f.); Leppin, JW 1937, 2886 (2887) will den Kundgabevorsatz verneinen. 420  Nach überwiegender Ansicht werden bewusst wahrheitswidrige Verleumdungen i. S. d. § 187 StGB nicht erfasst, vgl. Engisch, GA 1957, 326 (332 f.); Gillen, Verhältnis von Ehr- und Privatsphärenschutz, S. 124 ff.; Rogall, in: SK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 50; Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 486; Zaczyk, in: NK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 42; a. A. Hillenkamp, JuS 1997, 826; ders., in: FS Hirsch, S.  555 (572 f.). 421  Die Privilegierung durch die beleidigungsfreie Sphäre ergibt sich aus der Gewährleistung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts i. V. m. der Verfassungsgarantie von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG), weshalb der von Art. 6 Abs. 1 GG erfasste Personenkreis unstreitig erfasst wird, vgl. Wolff-Reske, Jura 1996, 184 (187); zum Einfluss der Familienzugehörigkeit auf die Strafbarkeit vgl. bereits Leppin, JW 1937, 2886 (2887).



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden251

3. Übertragbarkeit auf § 201a Abs. 2 StGB Würde man nun den Gedanken, der hinter der beleidigungsfreien Sphäre steht, dem Grunde nach auf § 201a Abs. 2 StGB übertragen, so müsste die Argumentation lauten, dass dem Einzelnen ein Rückzugsraum verbleiben müsse, in dem er ohne Furcht vor strafrechtlicher Verfolgung auch mit ansehensschädigenden Bildaufnahmen, die einen Dritten abbilden, offen umgehen darf. Dabei stellt sich aber schon die Frage, welchem Aspekt der individuellen Selbstentfaltung der Umgang mit ansehensschädigenden Bildaufnahmen dienen soll, bzw. warum dieser Ausdruck der Persönlichkeit und Bedingung ihrer Entfaltung sein soll. Gerade die Fälle, die im Wege der teleologischen Reduktion tatbestandlich ausgeschlossen werden sollen – man denke nur an das „Paradebeispiel“ des Ehemanns, der ein entsprechendes Bild auf dem Familienrechner speichert, sodass aufgrund der Kenntnisnahmemöglichkeit seitens seiner Ehefrau eine Strafbarkeit im Raum stehen könnte423 – dürfte das Zugänglichmachen der zur Ansehensschädigung geeigneten Bildaufnahme weniger dem rückhaltlosen Ausdruck von Emotionen, der Offenbarung geheimer Ängste oder anderer persönlichkeitsrelevanter Aspekte sein, sondern vielmehr dem schlicht sorglosen Umgang mit Bildaufnahmen geschuldet sein. Selbst wenn man annehmen möchte, dass besondere Vertrauensverhältnisse und der daran anknüpfende Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG aus strafrechtlicher Perspektive schlechthin zu privilegieren sind, sodass unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb familiärer Strukturen auch der sorglose Umgang mit ansonsten inkriminierten Bildaufnahmen zulässig ist, so ist zu hinterfragen, ob zur Erreichung dieses Ziels im Rahmen des § 201a Abs. 2 StGB ein derart expliziter Rückgriff auf die Grundsätze der beleidigungsfreien Sphäre überhaupt erforderlich ist. Denn im Zusammenhang mit dem vom Gesetzgeber gewählten Tatbestandsmerkmal des Ansehens wird das Zugänglichmachen einer Bildaufnahme i. S. d. § 201a Abs. 2 StGB ohnehin 422  Zu nennen sind hier vor allem nichteheliche Lebensgemeinschaften oder enge Freundschaften, vgl. BVerfGE 90, 255 (261) m. Anm. Wasmuth, NStZ 1995, 100 ff.; BVerfG NJW 1997, 185 (186); BVerfG NJW 2007, 1194 (1195); OLG Frankfurt NStZ 1994, 404 (405); Leppin, JW 1937, 2886 (2887); Gössel / Dölling, StR BT I, § 30 Rn. 43 ff.; Lackner / Kühl, § 185 Rn. 9; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 185 Rn. 13; Rogall, in: SK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 48; Tenckhoff, JuS 1988, 787 (789); Wessels / Hettinger, StR BT I, Rn. 486; Wolff-Reske, Jura 1996, 184 (187 f.); Zaczyk, in: NK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 37; zur Diskussion um die Einbeziehung von Anwälten, Ärzten und anderen Vertrauenspersonen, deren Schweigepflicht durch § 203 StGB abgesichert ist, vgl. OLG Hamburg NJW 1990, 1246 ff.; OLG München NJW 1993, 2998 (2999); Hellmer, GA 1963, 129 (139); Küpper, JA 1985, 453 (456); Lackner / Kühl, § 185 Rn. 9; Eisele, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 9b; Zaczyk, in: NK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 40; Grosse, Beleidigungsfreie Sphäre, S.  72 ff. 423  Vgl. Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (316).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

nur dann bejaht werden können, wenn die Möglichkeit der Kenntnisnahme von der fraglichen Bildaufnahme nicht mehr nur auf Personen beschränkt ist, die an der Privatsphäre des Betroffenen teilnehmen.424

V. Auslegungsergebnis zum Begriff des Ansehens 1. Einordnung in die Gesamtkonzeption des § 201a StGB Die Auslegung des § 201a Abs. 2 StGB hat gezeigt, dass der Begriff des Ansehens dem Strafgesetzbuch bislang gänzlich fremd war. Eine fachsprachliche Bedeutung existiert dementsprechend bislang nicht. Sofern die neue Vorschrift in der Literatur bislang überhaupt thematisiert wird, wird der Begriff der Ansehensschädigung i. S. d. § 201a Abs. 2 StGB als Zustand, Lage oder Situation, „die nach allgemeiner gesellschaftlicher Bewertung als minderwertig, peinlich, eklig oder unfreiwillig offenbarend angesehen wer­ den“,425 beschrieben. Das Ansehen der Person erfasse ihren allgemeinen Geltungsanspruch, „auch wenn dieser aufgrund der konkreten Situation nicht ‚verdient‘ ist, weil der abgebildete Umstand der Realität entspricht“.426 Da es bei der Beurteilung der Eignung zur Ansehensschädigung auf eine objektive Erfassung des Sinngehalts der Bildaufnahme unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers ankomme, seien insofern die Stellung, der Beruf etc. der abgebildeten Person einzubeziehen.427 Schon an diesen Umschreibungsversuchen wird deutlich, wie schwierig es ist, für einen derart vagen Begriff wie den des Ansehens eine allgemeingültige Definition zu finden. Bereits ein grundsätzlicher gesellschaftlicher Konsens darüber, wann eine Situation derart entwürdigend, eklig, peinlich oder geheimhaltungsbedürftig ist, dass die Herstellung von bzw. daran anschließend auch der Umgang mit Bildaufnahmen, die diese Situation zeigen, nicht nur eine bloße Taktlosigkeit darstellt, sondern sich schlechthin verbietet, erscheint äußerst schwierig. Sollen außerdem gesellschaftlich stratifizierende personale Attribute wie Beruf oder soziale Stellung Berücksichtigung finden, so ist ein derartiges Unterfangen zum Scheitern verurteilt.428 424  Hierzu sogleich ausführlich unter Kapitel 3 B. V. 3.; zum bereits im Gesetzgebungsverfahren vorgebrachten Vorschlag, die Tathandlung auf das Verbreiten bzw. öffentliche Zugänglichmachen entsprechender Bildaufnahmen zu beschränken vgl. Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB v. 10.10.2014, S. 26. 425  Fischer, StGB, § 201a Rn. 23. 426  Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (315). 427  Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (315). 428  So im Ergebnis auch Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 16.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden253

Um konkretisieren zu können, wann eine Bildaufnahme geeignet ist, dem Ansehen einer anderen Person erheblich zu schaden, ist daher ein Ansatz vorzugswürdig, der sich am Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs orientiert und an den persönlichkeitsrechtlichen Schutz der Privatsphäre anknüpft. 2. Privatsphäre als Bezugspunkt des Ansehens Wie die Auslegung offenbart hat, bezweckt § 201a Abs. 2 StGB für den Teilbereich unbefugter Bildaufnahmen einen Schutz des Abgebildeten vor bildlicher Indiskretion.429 Der Begriff des Ansehens ist folglich in Relation zum geschützten Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs zu sehen. Um nachvollziehen zu können, welche innere Verbindung zwischen dem nach außen auf das gesellschaftliche Umfeld gerichteten Begriff des Ansehens einerseits und dem nach innen am Individuum orientierten Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs besteht, ist es hilfreich, noch einmal Grund und Grenzen der Intim- und Privatsphäre zu rekapitulieren. Schon Finger hatte darauf hingewiesen, dass jedenfalls dasjenige, was der Betroffene selbst „an die Öffentlichkeit zieht“, nicht mehr der Privatsphäre zugerechnet werden kann.430 Später bezeichnete Henkel die Privatsphäre als diejenigen „Lebensvorgänge und Lebensbeziehungen, die der Betreffende aus seinem rechtlich anerkannten Persönlichkeitsbedürfnis heraus vor dem Zudrang und der Wahrnehmung der Allgemeinheit zu schützen wünscht“.431 In eine ähnliche Richtung weist auch Gallas, wenn er formuliert, die Privatsphäre schütze das Interesse, welches „der Einzelne daran hat, daß gewissen Sachverhalte, die nur sein eigenes Leben oder das seiner nächsten Angehörigen betreffen […] nicht Dritten bekannt oder doch jedenfalls nicht an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden“.432 Ferner muss es Gallas als Verdienst angerechnet werden, auf die grundlegende Unterscheidung von formeller und materieller Privatheit hingewiesen zu haben. Danach bezeichnet formelle Privatheit ein „zugunsten der Eigenständigkeit des individuellen Lebensbereichs errichtetes formelles Tabu“, welches den „Lebensbereich des Einzelnen vor bestimmten Eingriffen schlechthin“, d. h. ohne Rücksicht da­ rauf, welche Inhalte dieses Bereichs betroffen werden, schützt.433 Demgegenüber betrifft die materielle Privatheit das Interesse des Einzelnen an Geheim-

429  Zur

Auslegung des § 201a Abs. 2 StGB vgl. ausf. oben unter Kapitel 3 B. Das Strafrecht 2. Bd. (1914), S. 309. 431  Henkel, Gutachten für den 42. DJT, Bd. II / D 81. 432  Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (21). 433  Gallas, ZStW 75 (1963), S. 16 (21 f.). 430  Finger,

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

haltung solcher Sachverhalte, die das eigene Leben oder das der nächsten Angehörigen betreffen und daher intimen Charakters seien.434 Aufbauend auf dieser grundlegenden Differenzierung verortet Rogall das Rechtsgut der Privatheit als weiteres Teilrechtsgut des umfassenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwischen seinen „Nachbarrechtsgütern“ Ehre und Individualität.435 Seiner Ansicht nach dient das Rechtsgut Privatheit zum einen der Verwirklichung des Selbstbestimmungs- bzw. Selbstdarstellungsrechts, denn „wer eine Angelegenheit für die seine erklärt oder eine Sache ‚privat‘ nennt, verweist auf sein Selbstbestimmungsrecht. Je mehr Selbstbestimmung ihm bleibt, desto mehr ‚Privatheit‘ genießt er“.436 Als zweiten Aspekt dient Privatheit nach der Ansicht Rogalls „funktional der Wahrung und Entwicklung der Individualität“, welche „durch eine unbeschränkte Anteilnahme einzelner oder der Öffentlichkeit gefährdet werden“ könne.437 Privatheit bezweckt danach im wesentlichen Schutz vor der Öffentlichkeit438 oder, um es mit den Worten Rogalls auszudrücken, den Schutz vor „Offenlegung des Persönlichkeitsbildes“.439 Anders als das Verfassungsrecht oder das Zivilrecht, die einen umfassenden und weitgehend lückenlosen Schutz der Persönlichkeit bezwecken,440 vermag das Strafrecht als „ultima ratio“ das Persönlichkeitsrecht freilich nur fragmentarisch zu schützen. Dies sieht auch Rogall, indem er davon ausgeht, dass im Hinblick auf die Offenlegung des Persönlichkeitsbildes nicht jedes Persönlichkeitsdetail relevant sei, weshalb nur „solche sensiblen (und persönlichkeitsnahen) Lebensäußerungen und Lebensumstände“ strafrechtlich zu schützen seien, deren „Bekanntwerden für den Betroffenen dysfunktional ist, weil sie seine Möglichkeiten beeinträchtigt, als anerkanntes Mitglied in der Gesellschaft zu leben und sich in ihr zu entfalten“.441 Die ganze Tragweite und Relevanz, die dem Schutz der Privat-

434  Gallas,

ZStW 75 (1963), S. 16 (21). NStZ 1983, 1 (4). 436  Rogall, NStZ 1983, 1 (4); zum Verhältnis von Privatheit und Selbstbestimmung vgl. auch oben unter Kapitel 1 A. II. 2. 437  Rogall, NStZ 1983, 1 (4); vgl. hierzu auch Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S.  268 ff. und S.  320 ff. 438  Zum Schutz vor der Öffentlichkeit vgl. Schünemann, ZStW 90 (1978), S.  14 ff.; Eltzbacher, Schutz vor der Öffentlichkeit (1913) sowie oben unter Kapitel 1 A. II. 2. b) aa). 439  Rogall, NStZ 1983, 1 (4). 440  Vgl. hierzu bereits oben unter Kapitel 1 A. und Kapitel 1 B. 441  Rogall, NStZ 1983, 1 (4); ders., in: FS Hirsch, S. 665 (681 f.) führt dazu aus, dass „der Wunsch nach einem Schutz vor Indiskretion aufs engste mit dem Ziel verbunden ist, Inkonsistenzen der persönlichen Identität, des Selbst, zu verbergen, wie ja überhaupt Entfaltung sich weniger auf das je einzelne Verhalten, sondern auf den Zusammenhang zwischen vielen Verhaltensformen bezieht“. 435  Rogall,



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden255

sphäre im Hinblick auf die gesellschaftliche Teilhabe des Individuums zukommt, fasst er schließlich treffend wie folgt zusammen: „Im allgemeinen wird es sich um ‚Bloßstellungen‘ i. S. einer Minderung der sozialen Geltung handeln, was eine ‚Ehrenrührigkeit‘ der mitgeteilten Tatsachen einschließt, aber nicht voraussetzt. Privatheit in dem hier gemeinten Sinne lässt sich also kennzeichnen als werthafter Zustand der informationellen Kontrolle bzw. als Recht auf informationelle Kontrolle über solche (persönlichkeitsnahen) Tatsachen und Lebensäußerungen, die im Falle ihres Bekanntwerdens der sozialen Geltung des Betroffenen abträglich wären und sein Leben in der Gemeinschaft erschwerten.“442 Von dieser Warte aus betrachtet wird auch deutlich, dass der im Rahmen des § 201a Abs. 2 StGB gewählte Bezugspunkt des Ansehens weder willkürlich noch mit dem Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs unvereinbar ist, soll § 201a Abs. 2 StGB nach Auffassung des Gesetzgebers doch gerade den Schutz vor „bloßstellenden“ Bildaufnahmen bezwecken. Ausgehend vom Leitbild des autonomen Individuums, das die informationelle Kontrolle über die eigenen persönlichkeitsnahen Tatsachen und Lebensäußerungen selbstbestimmt ausübt, greift § 201a Abs. 2 StGB dort ein, wo diese Selbstbestimmung über den höchstpersönlichen Lebensbereich durch unbefugtes Zugänglichmachen einer ansehensschädigenden Bildaufnahme durch Dritte unterwandert wird. 3. Eigener Restriktionsansatz Angesichts des Rechtsguts des höchstpersönlichen Lebensbereichs ist im Rahmen des § 201a Abs. 2 StGB vorauszusetzen, dass die fragliche Bildaufnahme inhaltlich der Privatsphäre zugeordnet werden kann. Dabei handelt es sich aber gewissermaßen nur um eine Minimalanforderung, mittels derer die Bildaufnahme überhaupt den Anwendungsbereich des § 201a Abs. 2 StGB eröffnet. Vor allem im Hinblick auf den zuvor herausgearbeiteten indiskretionsschützenden Charakter des § 201a Abs. 2 StGB443 ist dies jedoch allein für die Tatbestandserfüllung noch nicht ausreichend, weshalb darüber hinaus noch eine weitergehende Einschränkung des Tatbestands zu fordern ist. Wie bereits festgestellt, bezweckt § 201a Abs. 2 StGB – anders als § 201a Abs. 1 StGB – nicht den Schutz vor ungewolltem Eindringen in den höchstpersönlichen Lebensbereich, sondern erfasst – quasi spiegelbildlich – das Heraustragen persönlich-vertraulicher Informationen aus der Eigensphäre des 442  Rogall, NStZ 1983, 1 (4); vgl. hierzu auch Dähn, Öffentliche Bloßstellung, S. 83 ff.; krit. indes Arzt, Intimsphäre, S. 155 ff. 443  Vgl. hierzu oben unter Kapitel 3 B. I. 3. b) bb) (3).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Betroffenen.444 Entsprechend dieser Schutzrichtung, nämlich der Abwehr von Enthüllungen durch Bildaufnahmen, die einen höchstpersönlichen Aspekt des eigenen Lebens zum Inhalt haben, dient § 201a Abs. 2 StGB dem Interesse des Einzelnen, in seiner Privatsphäre in Ruhe gelassen zu werden.445 Eine strafrechtliche Sanktionsnorm, die derart weitreichend alle möglichen Formen bildlicher Indiskretion erfasst, wäre jedoch nur schwerlich zu legitimieren. Es besteht kein grenzenloser Anspruch, die persönliche Eigensphäre vor unerwünschter, ja sogar als unangenehm empfundener Wahrnehmung durch Dritte abzuschotten. Indiskretes Verhalten Dritter kann nicht schlechthin mit Strafe bedroht werden und dies selbst dann nicht, wenn das indiskrete Verhalten im Einzelfall das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen berührt. Vielmehr muss § 201a Abs. 2 StGB auf solche Fälle beschränkt werden, in denen die Indiskretion durch Bildaufnahmen den höchstpersönlichen Lebensbereich des Betroffenen verletzt. § 201a Abs. 2 StGB ist seinem Anwendungsbereich nach daher auf den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts zu beschränken, sodass § 201a Abs. 2 StGB im Wege der Restriktion nur solche Bildaufnahmen zu erfassen vermag, die eine Tatsache höchstpersön­ lichen Charakters abbilden, die noch nicht offenkundig ist. a) Abbildung von Tatsachen Wie bereits zuvor im Rahmen der Auslegung des Begriffs des Ansehens bzw. der Abgrenzung der Ansehensschädigung von der Ehrverletzung festgestellt, setzt die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs die Abbildung wahrer Tatsachen und Geschehnisse voraus.446 Nur dann, wenn die Realität, d. h. ein tatsächliches Geschehen abgebildet wird, kann von einer Offenlegung des Persönlichkeitsbildes die Rede sein und ist folglich eine Ansehensschädigung überhaupt erst möglich. Gibt eine Bildaufnahme hingegen die Unwahrheit wieder bzw. erweckt sie lediglich den Anschein eines Geschehens, das so aber tatsächlich nicht stattgefundenen hat, so wird regelmäßig nicht das Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs, sondern das der Ehre betroffen sein.447

444  Vgl.

hierzu oben unter Kapitel 3 B. I. 3. a). Recht, in Ruhe gelassen zu werden, vgl. Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 70; Kingreen / Poscher, Staatsrecht II, Rn. 411 sowie oben unter Kapitel 1 A. II. 2. b) aa). 446  Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 3 B. I. 3. b) bb) (3). 447  Zur oben ausf. beschriebenen Exklusivität von Indiskretions- und Ehrschutz vgl. Kapitel 3 B. I. 3. b) bb) (3). 445  Zum



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden257

b) Höchstpersönlicher Charakter Da nicht jede beliebige, bildlich dargestellte wahre Tatsache dem strafrechtlichen Schutz vor (bildlicher) Indiskretion unterfallen kann, ist es in einem nächsten Schritt sodann erforderlich, den Anwendungsbereich des § 201a Abs. 2 StGB weiter einzuschränken. Bei der Frage, wie die Grenzen eines strafrechtlichen Indiskretionsschutzes zu ziehen sind und auf welche Weise strafwürdiges Verhalten von sozialadäquatem Handeln unterschieden werden kann, handelt es sich freilich nicht um eine gänzlich neue Problematik. Vielmehr waren diese grundlegenden Schwierigkeiten bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Rahmen der Diskussion um die Schaffung eines allgemeinen Indiskretionsdelikts448 offenbar geworden. In der einschlägigen Literatur lassen sich daher bereits erste – freilich auf ein allgemeines Indiskretionsdelikt zugeschnittene – Restriktionsansätze finden, auf die im Ausgangspunkt zurückgegriffen werden kann und die es für die vorliegende Fragestellung fruchtbar zu machen gilt. So schlägt etwa Kienapfel vor, den Indiskretionsschutz auf „Tatsachen privaten Charakters“ zu beschränken.449 Ein solcher Restriktionsansatz vermag auch im Rahmen des § 201a Abs. 2 StGB zunächst zu überzeugen, bezieht sich doch der Begriff des Ansehens, wie zuvor festgestellt, maßgeblich auf die Privatsphäre des Betroffenen.450 Der Begriff der Privatsphäre birgt für Kienapfel allerdings auch Schwierigkeiten, gibt er doch sogleich zu bedenken, dass „Privates bekannt und damit der Privatsphäre entrückt“ sein könne, weshalb sich der Begriff der Privatsphäre ohne entsprechende Restriktion „in der Tat als ein zu Recht gerügter ‚Kautschukbegriff‘ “ erweise.451 Tatsächlich ist es aber nicht nur die außerordentliche Weite, die den Begriff der Privatsphäre zur Restriktion des § 201a Abs. 2 StGB ungeeignet erscheinen lässt. Die Frage, was konkret unter den Begriff der Privatsphäre zu fassen ist, d. h. welche Verhaltensweisen noch als privat zu qualifizieren sind und welche nicht, lässt sich nicht pauschal beantworten.452 Der Umfang der Privatsphäre kann letztlich nur individuell bestimmt werden, hängt er doch maßgeblich von den konkreten Umständen der individuellen Lebensführung ab. In Zeiten, in denen (Familien-)Fotos nicht mehr nur zu Hause im sorgsam verwahrten Fotoalbum aufbewahrt werden, sondern im Speicher des

448  Vgl.

hierzu bereits oben Kapitel 3 B. I. 2. b). Privatsphäre und Strafrecht, S. 23 ff. 450  Vgl. hierzu zuvor unter Kapitel 3 B. I. 3. b) bb). 451  Kienapfel, Privatsphäre und Strafrecht, S. 24; vgl. hierzu auch Beling, Üble Nachrede, S. 53; G. Schmidt, ZStW 79 (1967), S. 741 (779). 452  Zu dieser Problematik vgl. bereits oben ausf. unter Kapitel 1 A. II. 2. b). 449  Kienapfel,

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Mobiltelefons oder in sog. Clouds453 jederzeit überall verfügbar sind und zudem über das Internet in den sozialen Netzwerken mit der ganzen Welt geteilt werden, sind allgemeingültige, von den konkreten Umständen des Einzelfalls losgelöste Aussagen über die Privatsphäre kaum mehr möglich. Was für den einen bereits eine die Privatsphäre betreffende Tatsache ist, kann für einen anderen noch nicht einmal ansatzweise privat sein. Die Ursachen dafür, dass das Verständnis von Privatheit mitunter derart stark divergiert, liegen nicht zuletzt in den gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte begründet. Die den Prozess der Globalisierung begleitende gesellschaftliche Entwicklung hat dabei nicht nur zu einem Aufbrechen starrer Rollen, Regeln und Zwänge, sondern auch zu einer Enttabuisierung vieler Lebensbereiche und damit letztlich zu einer „Enttabuisierung der Privatheit“454 beigetragen. Die Antwort auf die Frage, welche Informationen als privat gelten, hängt daher nicht mehr allein vom Inhalt der Information, d. h. ihrer Nähe zum Kern der privaten Lebensgestaltung, sondern von einer wahren Vielzahl an weiteren (subjektiven) Komponenten wie etwa der sozialen Stellung des Betroffenen ab. Der Begriff der Privatsphäre ist für das Strafrecht damit mit denselben Problemen behaftet, die sich auch schon im Hinblick auf den Begriff des Ansehens gestellt haben.455 Schon mit Blick auf das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gleichbehandlungsgebot kann es nicht sein, dass die Reichweite strafrechtlichen Schutzes unterschiedlich ausfällt, je nach dem, welche Person in welcher gesellschaftlichen bzw. sozialen Position durch die Tat betroffen wird. Ansonsten würden subjektive Befindlichkeiten den Ausschlag geben, ob eine Tat als Straftat zu qualifizieren wäre, sodass es in letzter Konsequenz zu der unerträglichen Situation kommen könnte, dass eine Handlung gegenüber einer Person von geringem gesellschaftlichen Rang keine Straftat darstellt, während ein und dieselbe Handlung in Bezug auf eine gesellschaftlich hochrangige Person strafbar wäre. Eine echte Restriktion lässt sich daher nur durch einen die Privatsphäre zwar mitumfassenden, im Ergebnis jedoch deutlich engeren Begriff erreichen. Als solcher bietet sich im Rahmen des § 201a Abs. 2 StGB der Begriff des höchstpersönlichen Lebensbereichs aus zweierlei Gründen geradezu an. Zum einen bezeichnet der höchstpersönliche Lebensbereich dem Umfang 453  Zur Technik des Cloud-Computing und den damit zusammenhängenden rechtlichen Schwierigkeiten vgl. Federrath, ZUM 2014, 1 ff. 454  Wagner, DuD 2008, 736 spricht in ähnlichem Kontext von einem „Prozess der Enttabuisierung der Privatsphäre“. 455  Mit einer vergleichbaren Problematik sieht sich zudem der sog. faktische Ehrbegriff konfrontiert, in dessen Rahmen kritisch zu hinterfragen ist, ob das subjektive Ehrgefühl tatsächlich einen für das Strafrecht tauglichen Anknüpfungspunkt darstellen kann; vgl. hierzu bereits oben Kapitel 3 B. I. 3. b) bb) (1) (a).



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden259

nach weniger als der persönliche Lebensbereich und erfasst damit explizit den Kern einer jedermann gleichermaßen und unterschiedslos zustehenden Privatsphäre, die unabhängig von durch individuelle Lebensentscheidungen erworbenen Privatheitsvorstellungen und -erwartungen ist.456 Zum anderen erscheint eine „restriktive Wahl des Restriktionsmerkmals“ schon in Anbetracht des Wortlauts des § 201a Abs. 2 StGB geboten. Zwar setzt § 201a Abs. 2 StGB – anders als etwa § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB – eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs zumindest nach dem Wortlaut der Norm tatbestandlich nicht voraus. Dieses Erfordernis ist jedoch schon mit Blick auf die Gleichstellung des Strafrahmens („ebenso ist zu bestrafen“) in § 201a Abs. 2 StGB „hineinzulesen“. § 201a Abs. 2 StGB ist folglich auf solche Bildaufnahmen zu beschränken, die Tatsachen höchstpersönlicher Natur abbilden. Dabei ist darauf abzustellen, ob die Bildaufnahme eine Handlung zeigt, die „bei wertender Betrachtung [als] dem Bereich innerster Privatheit“457 zugehörig erscheint und deren Geheimhaltung bzw. diskrete Behandlung für alle Menschen gleichermaßen konstitutierend erscheint. Angesichts der Rechtsprechung des BGH, nach der jedenfalls bei Vorgängen innerhalb einer Wohnung i. S. v. Art. 13 Abs. 1 GG zu vermuten ist, dass der Kernbereich tangiert sein kann,458 wird man im Hinblick auf § 201a Abs. 2 StGB danach fragen müssen, ob die Schutzbedürftigkeit der Situation, in der die später zugänglich gemachte Bildaufnahme angefertigt wurde, bei Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalls derjenigen in einer Wohnung gleichzusetzen ist. Inhaltlich kann hierbei zunächst auf die bereits aus dem Verfassungsrecht bekannte Kasuistik zum Schutz der Intimsphäre zurückgegriffen werden, sodass jedenfalls die Bereiche Krankheit, Sexualität und Tod erfasst werden.459 Naturgemäß werden dabei insbesondere Nacktaufnahmen eine besondere Rolle spielen.460 Aber auch sonstige intime und höchstpersönliche Umstände des Privatlebens, wie etwa die sexuelle Orientierung – zu denken ist nur an Bildaufnahmen, die einen homosexuellen Fußballprofi mit seinem Lebensgefährten in einem privaten Moment zeigen – oder bestimmte Krankheitsbilder stellen Tatsachen höchstpersönlichen Charakters dar und unterfallen damit, wenn sie Dritten in Form von Bildaufnahmen zugänglich gemacht werden, dem Schutz des § 201a Abs. 2 StGB. 456  Ähnlich verfährt die Rechtsprechung auch im Rahmen des § 130 StGB, wenn sie ausführt, dass eine Äußerung, die ausschließlich einen durch die berufliche Stellung geprägten Persönlichkeitsbereich betrifft, keine Verletzung der Menschenwürde darstelle, vgl. BGHSt 36, 83 (90); Hörnle, Grob anstößiges Verhalten, S. 124 f. 457  Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 29 VI Rn. 87. 458  BGHSt 50, 206 (210) – Selbstgespräche I; 57, 71 (75) – Selbstgespräche II. 459  Vgl. hierzu bereits oben Kapitel 3 A. III. 460  Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 29 VI Rn. 87; vgl. hierzu auch bereits Helgerth, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a. F. v. 24.09.2003, S. 5.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

c) Fehlende Offenkundigkeit Eine weitere Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 201a Abs. 2 StGB lässt sich dadurch erreichen, dass die Tatsache höchstpersönlichen Charakters, die einem Dritten durch die Bildaufnahme zugänglich gemacht wird, noch nicht offenkundig bzw. – anders ausgedrückt – noch nicht allgemein bekannt sein darf. Tatsachen höchstpersönlichen Charakters, die sich in der Privatsphäre zugetragen haben, werden vom Betroffenen regelmäßig vor der Kenntnisnahme Dritter, d. h. außerhalb der Privatsphäre stehender Personen, bewahrt. Dieses Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen ist schon aufgrund der Nähe zum Persönlichkeitskern schutzbedürftig. Dabei handelt es sich freilich nicht um eine rein strafrechtliche Wertung. So ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt, dass Angelegenheiten, deren öffentliche Erörterung nachteilige Reaktionen erwarten lassen und die vom Betroffenen daher typischerweise als privat empfunden werden, den besonderen Schutz der Privatsphäre genießen, etwa weil die öffentliche Zurschaustellung dieser Angelegenheiten als unschicklich gilt oder ihr Bekanntwerden als peinlich empfunden wird.461 Wird dieses Geheimhaltungsinteresse nun dadurch verletzt, dass unbefugt eine Bildaufnahme des Betroffenen einer dritten Person zugänglich gemacht wird, so läuft dies dem verfassungsrechtlich durch die Privatsphärengarantie geschützten Geheimhaltungsinteresse zuwider. Ein Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs vor Kenntnisnahme Dritter, wie er mit § 201a Abs. 2 StGB bezweckt wird, kommt jedoch freilich dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene selbst bestimmte, gemeinhin als privat geltende Angelegenheiten der Allgemeinheit zugänglich gemacht hat.462 Der strafrechtliche Schutz der Privatsphäre muss daher jedenfalls dort Grenzen finden, wo die abgebildete Tatsache bereits gemeinkundig ist.463 Die dabei an die Gemeinkundigkeit zu stellenden Anforderungen dürfen freilich ihrerseits nicht zu niedrig angesetzt werden, um den durch § 201a Abs. 2 StGB bezweckten Schutz nicht bereits im Vorfeld gänzlich „auszuhöhlen“. So wird für eine Gemeinkundigkeit, um nochmals auf das zuvor genannte Beispiel der Bildaufnahme eines homosexuellen Fußballprofis mit seinem 461  BVerfGE 101, 361 (382) – Caroline von Monaco II; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 2 Rn. 69; vgl. hierzu auch oben unter Kapitel 1 A. II. 2. b) aa). 462  Vgl. OLG München NJW-RR 2016, 871 (872): „Niemand ist an einer solchen Öffnung privater Bereiche gehindert. Er kann sich sodann jedoch nicht unbeschränkt auf einen öffentlichkeitsabgewandten Privatsphärenschutz berufen. Vielmehr muss die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheit oder die Verhaltensweisen im Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden.“ 463  So bereits Kienapfel, Privatsphäre und Strafrecht, S. 40 f.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden261

Lebensgefährten zurückzukommen, noch nicht ausreichend sein, wenn die Beziehung bisher nur als Gerücht bzw. sogar als bewusst diskreditierendes oder gar schädigendes Verhalten im Umfeld des Betroffenen Verbreitung gefunden hat. Anderes wird freilich zu gelten haben, wenn der Fußballprofi seine sexuelle Orientierung selbst publik macht bzw. sich mit seinem Lebenspartner aktiv in die Öffentlichkeit begibt. Wer die Gemeinkundigkeit letztlich zu verantworten hat, ist dabei im Grunde unerheblich, sodass § 201a Abs. 2 StGB damit wie auch § 203 StGB eine Art „Geheimnisschutzkomponente“ anhaftet.464 Dieser Befund lässt sich auch mit Blick auf die §§ 22 f. KUG weiter absichern. So besteht eine inhaltliche Parallele etwa im Hinblick auf die Wertungen der sog. Regel-Ausnahme-Systematik der §§ 22 f. KUG. Danach vermag sich das Anonymitätsinteresse des Abgebildeten im konkreten Fall nur dann gegenüber dem berechtigten Informationsinteresse der Allgemeinheit durchzusetzen, wenn die Anonymität faktisch noch besteht.465 Die damit zentral im Raum stehende Problematik – was gehört zur Privatsphäre und wo sind die Grenzen zur Offenkundigkeit zu ziehen? – ist freilich ebenfalls keine Schwierigkeit, mit der sich allein § 201a Abs. 2 StGB konfrontiert sieht. So muss etwa auch im Rahmen der §§ 22 f. KUG unterschieden werden, ob das zur Schau Stellen eines Bildnisses öffentlich erfolgt oder nicht. Unter Rückgriff auf § 15 UrhG soll es sich dabei jedenfalls dann nicht um ein öffentliches zur Schau stellen handeln, wenn der das Bildnis wahrnehmende Personenkreis bestimmbar abgegrenzt ist und die wahrnehmenden Personen durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehung zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden sind. Eine derart unpräzise bzw. – positiver ausgedrückt – flexible Abgrenzung ist jedoch für den Bereich des Kernstrafrechts schon im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG wenig zufriedenstellend. Aus diesem Grund kommt man nicht umhin, im Rahmen des § 201a Abs. 2 StGB bestimmbare Kriterien zur Ab464  Rogall, in: FS Hirsch, S. 665 (686 f.) weist zu Recht darauf hin, dass eine derartige Geheimnisschutzkomponente „bei § 281 E 1962 […] rudimentär im Begriff des Privat- und Familienlebens ausgebildet [ist]; bei § 145 AE steckt sie im Begriff der Bloßstellung“. Zum Geheimnisschutz führte bereits Giesker, Geheimsphäre (1904), S. 1 aus: „Die Geheimsphäre einer Person ist der Inbegriff all derjenigen nicht allgemein bekannten oder nicht allgemein wahrnehmbaren Thatsachen, die die Person für sich, oder bestimmungsgemäß für diese Person ein Dritter so disponiert hat, daß sie der allgemeinen Wahrnehmbarkeit entzogen sind, sowie jede Verkörperung solcher Thatsachen, die ein Dritter der allgemeinen Wahrnehmbarkeit entzieht, solange die Person diesen Zustand der Geheimheit erhalten wissen will, und solange er thatsächlich besteht. Die Geheimsphäre ist die Summe als dieser Thatsachen.“ 465  Bannasch, Gemeingebrauch des Namens, S. 74; vgl. hierzu auch Eisele, JZ 2014, 932 (940) sowie oben unter Kapitel 1 B. II. 1. a) cc) (2).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

grenzung zwischen geschützter Privatsphäre einerseits und Gemeinsphäre andererseits zu entwickeln. Um der Mannigfaltigkeit aller Einzelfälle dennoch gerecht werden zu können, kann die Lösung nur in einer Abwägung anhand eines an § 201a Abs. 2 StGB angepassten Sphärenmodells liegen. Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Bildaufnahme, die eine Tatsache höchstpersönlichen Charakters abbildet, bereits offenkundig ist oder nicht, kommt es daher maßgeblich darauf an, welchen der im folgenden beschriebenen Lebenssphären die Bildaufnahme zuzuordnen ist. Dabei lagern sich diese neu konzipierten Lebenssphären ähnlich wie bei der aus dem Verfassungsrecht bekannten Sphärentheorie als konzentrische Kreise um die Persönlichkeit, d. h. den Kern der privaten Lebensgestaltung und unterscheiden sich, je nach Nähe zu diesem Persönlichkeitskern, vor allem im Hinblick auf ihre Schutzbedürftigkeit. Ob eine Tatsache höchstpersönlichen Charakters ist, d. h. noch dem Schutzbereich des § 201a Abs. 2 StGB unterfällt, oder bereits offenkundig ist, richtet sich im Wesentlichen danach, welcher der im Folgenden beschriebenen Schutzsphären die Bildaufnahme entstammt. aa) Ursprüngliche Privatsphäre Die dem Kern der Persönlichkeit am engsten angelagerte Lebenssphäre ist die ursprüngliche Privatsphäre. Zu ihr gehören zunächst alle höchstpersön­ lichen Tatsachen aus dem Leben des Einzelnen, die diesen unmittelbar selbst betreffen. Darüber hinaus werden von der ursprünglichen Privatsphäre aber auch die unmittelbaren persönlichen Beziehungen des Betroffenen zu seiner Umwelt, in deren Rahmen sich höchstpersönliche Geschehnisse abspielen können, erfasst. Zu denken ist hierbei vor allem an den Bereich der Familie und sonstiger enger Bezugspersonen wie etwa Freunde. Die ursprüngliche Privatsphäre beschränkt sich jedoch nicht nur auf diesen engsten Kern des persönlichen Lebens, sondern muss darüber hinaus auch einen weiteren Kreis von durch persönliche Beziehungen verbundenen Personen erfassen. Relevant ist dabei in erster Linie nicht das (familien-)rechtliche, sondern das faktische Verhältnis, in dem die betroffenen Personen zueinander stehen. Denn für die Frage, ob eine Person Kenntnis von der höchstpersönlichen Tatsache hat, ist nicht der Verwandtschaftsgrad, sondern vielmehr die Unmittelbarkeit des Miterlebens bzw. die Teilhabe maßgeblich. Je nach den konkreten Umständen der Lebensgestaltung können daher auch (weiter entfernte) Verwandte, lose Bekanntschaften, Nachbarn oder Arbeitskollegen zur Sphäre der unmittelbaren Privatheit zählen.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden263

bb) Erweiterte Privatsphäre Neben dem Bereich persönlicher Beziehungen sind jedoch noch weitere Bereiche denkbar, die zwar nicht mehr der ursprünglichen Privatsphäre zugehörig sind, deren Zurechnung zur Gemeinsphäre jedoch ebenfalls sachwidrig erscheint. Der erweiterten Privatsphäre sind daher all diejenigen Fälle zugehörig, in denen andere als die unmittelbar Beteiligten Kenntnis von der ursprünglich privaten Tatsache erlangen. Allen voran sind hier sog. Berufsgeheimnisträger wie Ärzte oder Anwälte zu nennen, die ihre Dienstleistungen im Rahmen eines besonderen Vertrauensverhältnisses erbringen und deren Verschwiegenheit zudem strafrechtlich über § 203 StGB besonders abgesichert ist. cc) Abgrenzung zur Gemeinsphäre Nicht mehr dem Schutz des § 201a Abs. 2 StGB unterfallen hingegen Bildaufnahmen, die Tatsachen höchstpersönlichen Charakters zum Inhalt haben, welche bereits offenkundig sind und daher der Gemeinsphäre zuzurechnen sind. Denn der von § 201a Abs. 2 StGB bezweckte Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs endet daher dort, wo der Betroffene seinen Bereich privater Lebensgestaltung von sich aus öffnet, bestimmte Angelegenheiten einem unbestimmten Personenkreis zugänglich macht und damit die Sphäre Dritter bzw. Belange der Gemeinschaft berührt.466 Ein derartiges Zugänglichmachen liegt etwa vor, wenn Bildaufnahmen höchstpersönlichen Inhalts über die sozialen Netzwerke einem nicht mehr überschaubaren Personenkreis zum Abruf zur Verfügung gestellt werden. Werden derartige Bildaufnahmen hingegen lediglich einem Personenkreis zugänglich gemacht, der zum Abgebildeten in einem Nähe- oder Vertrauensverhältnis steht, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Betroffene seines Persönlichkeitsschutzes begeben hat. Denn innerhalb von Nähe- oder Vertrauensverhältnissen kann der Betroffene berechtigterweise davon ausgehen und darauf vertrauen, dass die höchstpersönlichen Bildaufnahmen Dritten nicht zugänglich gemacht werden.467 Eine derartige Privilegierung von Nähe- und Vertrauensbeziehungen trägt zum einen dem Umstand Rechnung, dass dem 466  So auch die Erwägung in BGHSt 57, 71 (77) – Selbstgespräche II zum Kernbereichsschutz. 467  Dieses Motiv findet sich auch in BGHSt 19, 325 (333) – Tagebuch I, wo ausgeführt wird: „Dadurch, daß die Angeklagte die Wegnahme der Aufzeichnungen und Briefe durch V. zunächst hingenommen hatte, solange ihre Liebesbeziehung zu ihm andauerte, hat sie sich des Persönlichkeitsschutzes nicht begeben. Sie hatte dabei darauf vertraut, daß V. diese Papiere niemandem zugänglich machen werde. Er hat sie auch versteckt gehalten. […] Lediglich durch das Verhalten von Frau V. sind sie be-

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Einzelnen ein Rückzugsbereich verbleiben muss, in dem er sich ohne Furcht vor strafrechtlicher Verfolgung, aber auch frei von der Sorge um die Verwirkung seiner Persönlichkeitsrechte entfalten kann. Zum anderen trägt diese Sichtweise auch dem Umstand Rechnung, dass die Wertungen, die innerhalb der §§ 185 ff. StGB zur Annahme einer sog. beleidigungsfreien Sphäre führen, auch im Rahmen des § 201a Abs. 2 StGB Berücksichtigung finden.468 Weniger klar und eindeutig als diese eher grundsätzlichen Aussagen ist indes die Abgrenzung zwischen geschützter Privatsphäre und der jenseits dieser liegenden Gemeinsphäre. Soweit in der strafrechtlichen Rechtsprechung in der Vergangenheit herausgearbeitet wurde, dass die Zugehörigkeit einer Tatsache zur Gemeinsphäre jedenfalls eine Gemeinschafsbezogenheit voraussetze,469 so führt dies zunächst nur zur Erkenntnis, dass sich die Privatheitssphäre von der Gemeinsphäre jedenfalls im Hinblick auf die Kenntnisnahmemöglichkeit Dritter unterscheidet. Für die Frage, ob das Zugänglichmachen einer Bildaufnahme § 201a Abs. 2 StGB erfüllt, sind jedoch vor allem all diejenigen Fälle problematisch, die auf der Grenze zwischen Privatsphäre und Gemeinsphäre liegen und daher nicht ohne weiteres einer der beiden Sphären zugeordnet werden können. Das anschaulichste Beispiel für derartige Grenzfälle sind die von Kienapfel in die Diskussion eingeführten „Privatangelegenheiten, die sich vor dem Forum der Öffentlichkeit abspie­ len“.470 Bei ihnen handelt es sich zwar einerseits um Privatangelegenheiten, d. h. solche Angelegenheiten, die sich ihrem Inhalt nach als Ausfluss der Persönlichkeit des Betroffenen darstellen, sich zugleich aber in einer S ­ ituation der Öffentlichkeit zugetragen haben und damit der Privatsphäre als solches kannt geworden. Von einem Verzicht der Angeklagten auf ihren Persönlichkeitsschutz kann daher keine Rede sein“. 468  Bezüglich der Frage, inwieweit von einem Nähe- oder Vertrauensverhältnis auszugehen ist, d. h. welche Personen erfasst werden, kann insofern auf die zur beleidigungsfreien Sphäre entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden, vgl. hierzu oben unter Kapitel 3 B. IV. 2. 469  Vgl. BGHSt 50, 206 (213) – Selbstgespräche I; 57, 71 (75) – Selbstgespräche II. 470  Kienapfel, Privatsphäre und Strafrecht, S. 38 f., der als weitere Beispiele derartiger Privatangelegenheiten „das Billardspiel im Kaffeehaus, Familienszenen auf offener Straße, Konzert- und Theaterbesuche, de[n] Aufenthalt im Wartezimmer des Arztes, die Inanspruchnahme von allgemeinen Verkehrsmitteln, Badeszenen am belebten Strand [und] schlechte Tischmanieren beim Staatsbankett“ nennt. „Privatöffentlich und deshalb gemeinkundig“, führt Kienapfel weiter aus, „ist somit auch die Tatsache, daß jemand hustet oder schnupft, akzentfrei spricht, gelegentlich Tennis oder Boccia spielt, an Schönheitskonkurrenzen teilnimmt, im öffentlichen Park zärtlich wird, eine intime Bar aufsucht, einen Verkehrsunfall verursacht oder betrunken aus dem Rinnstein aufgelesen wird. Keine Strafnorm kann es verwehren, von jenen privaten Vorgängen, die sich in der Öffentlichkeit abspielen, Kenntnis zu nehmen oder darüber anderen zu berichten“.



B. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen erheblich zu schaden265

entrückt sind. Zu denken ist hier beispielsweise an Eheleute, die sich auf offener Straße über intime Dinge streiten, sodass fraglich ist, ob eine Bildaufnahme, die diesen Streit einfängt und damit bildlich fixiert, die Privatsphäre der abgebildeten Eheleute überhaupt noch zu verletzen vermag. Wenngleich pauschale Urteile hier fehl am Platze sind und es immer auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände ankommt, so wird doch im Grundsatz gelten müssen, dass es sich jedenfalls dann, wenn tatsächlich die Gefahr besteht, dass andere Personen den Inhalt der (später zugänglich gemachten) Bildaufnahme erfasst haben, nicht mehr um eine reine Privatangelegenheit handeln kann, sondern diese gerade durch das Verhalten der Betroffenen gemeinkundig geworden ist. Im Hinblick auf Tatsachen höchstpersönlichen Charakters, die sich im öffentlichen Raum abgespielt haben und von denen Bildaufnahmen angefertigt wurden, gilt daher regelmäßig die Vermutung, dass Dritte die Tatsache höchstpersönlichen Charakters unmittelbar zur Kenntnis nehmen konnten und diese folglich auch gemeinkundig geworden ist.471 Gegen das Vorliegen von Gemeinkundigkeit kann jedoch sprechen, dass die Öffentlichkeit der Situation im Einzelfall kompensiert wurde.472 So hat der BGH etwa in der in der sog. Selbstgespräche II-Entscheidung ausgeführt, dass der rechtlich geringere Schutz des Aufenthaltsorts im Auto gegenüber der Wohnung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG jedenfalls dadurch kompensiert werde, dass „tatsächlich das Risiko einer Außenwirkung der spontanen Äußerungen nahezu ausgeschlossen war“.473 Je nach den Umständen des Einzelfalls kann daher allein das Vorliegen von (räumlich betrachteter) Öffentlichkeit noch nicht die Gemeinkundigkeit einer Tatsache begründen. Ein weiteres Indiz für das Vorliegen von Gemeinkundigkeit kann die Zwei- oder Mehrdimensionalität der abgebildeten Situation darstellen. Sind auf einer Bildaufnahme mehrere Personen abgebildet, sodass offensichtlich ist, dass die abgebildete Situation weder in räumlicher Abgeschiedenheit noch im Schutze der Privatsphäre angefertigt wurde, so spricht dies für die Gemeinkundigkeit des Bildinhalts. Ist der Bildaufnahme hingegen zu entneh471  Dies deckt sich mit den Vorgaben des Verfassungsrechts, wo etwa BVerfGE 101, 361 (384) – Caroline von Monaco II ausführt: „Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befindet, fehlt es von vornherein an den Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes im Sinn von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Sie können das Rückzugsbedürfnis nicht erfüllen und rechtfertigen deshalb auch nicht den grundrechtlichen Schutz, den dieses Bedürfnis aus Gründen der Persönlichkeitsentfaltung verdient.“ 472  Hierzu BVerfGE 101, 361 (384) – Caroline von Monaco II wörtlich: „Der Einzelne kann sich an ein und demselben Ort zu Zeiten mit gutem Grund unbeobachtet fühlen, zu anderen Zeiten nicht.“ 473  Vgl. BGHSt 57, 71 (76) – Selbstgespräche II.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

men, dass diese keinen „Kundgabezweck“ verfolgt, d. h. sie vom Betroffenen ausschließlich zu eigenen Zwecken angefertigt wurde, um Erlebnisse und Erinnerungen für sich selbst festzuhalten, ohne dass diese zur Kenntnis Dritter gelangen sollten, so ist davon auszugehen, dass der Bildinhalt noch der Privatsphäre des Abgebildeten zuzurechnen ist. Den soeben beschriebenen Abwägungskriterien ist insofern gemein, dass sie allesamt Situationen originärer Gemeinkundigkeit umschreiben. Um originäre Gemeinkundigkeit handelt es sich bei solchen Geschehensabläufen, die sich unmittelbar vor den Augen der Gemeinschaft abgespielt haben. Da diese Angelegenheiten folglich nie ausschließlicher Gegenstand der Privatsphäre des Abgebildeten geworden sind, vermag das Zugänglichmachen ihrer Verkörperung in Bildaufnahmen das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten nicht zu verletzen. Hat eine Bildaufnahme ein originär gemeinkundiges Geschehen zum Inhalt, so kann auch das Zugänglichmachen dieser Bildaufnahme an Dritte § 201a Abs. 2 StGB nicht erfüllen. Von diesem Zustand originärer Gemeinkundigkeit zu unterscheiden sind jedoch solche Fälle, in denen der Gegenstand der Bildaufnahme, d. h. die Tatsache höchstpersönlichen Charakters, ursprünglich Teil der Privatsphäre des Abgebildeten war und erst später in die Gemeinsphäre gezogen wurde. Typisches Beispiel hierfür sind etwa intime Bildaufnahmen, die ein Paar zunächst im gegenseitigen Einvernehmen angefertigt hat und die später von einem der Partner dritten Personen (unbefugt) zugänglich gemacht werden. Waren diese Bildaufnahmen zunächst Teil der Privatsphäre, so erfüllt das später vertrauensmissbräuchliche Zugänglichmachen an Dritte den Tatbestand des § 201a Abs. 2 StGB.474 4. Zwischenergebnis Die Auslegung des § 201a Abs. 2 StGB und der daran anschließende Versuch einer Restriktion haben noch einmal deutlich gezeigt, dass der strafrechtliche Indiskretionsschutz mit der notwendigen Vagheit einerseits und den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots des Art. 103 Abs. 2 StGB andererseits zwei Herren dient, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Soweit in der Vergangenheit herausgearbeitet wurde, dass jedenfalls die Pönalisierung jeglicher Weitergabe von Privatgeheimnissen zu weit geht,475 so ent474  Etwas anderes muss freilich dann gelten, wenn besagte Bildaufnahmen zuvor im Einvernehmen Dritten, d. h. außerhalb der Privatsphäre stehenden Personen, zugänglich gemacht wurden. In diesem Fall sind die Bildaufnahmen bereits zu diesem früheren Zeitpunkt gemeinkundig geworden, sodass § 201a Abs. 2 StGB nicht mehr eingreift. 475  Vgl. hierzu oben unter Kapitel 3 B. I. 2. b).



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB267

spricht dies der geltenden Rechtslage, die etwa in § 203 StGB die Weitergabe von Privatgeheimnissen nur im Zusammenhang mit sog. Berufsgeheimnisträgern unter Strafe stellt. Für § 201a Abs. 2 StGB stellt sich damit die dring­ liche Frage, wie die Strafbarkeit der Weitergabe von Privatgeheimnissen in Form von Bildaufnahmen sinnvoll begrenzt werden kann, um eine weltfremde Überspannung des Strafrechtsschutzes zu vermeiden. Das soeben entwickelte Restriktionsmodell hat dabei den unbestreitbaren Vorteil, dass es nicht nur eine dem Einzelfall hinreichend Rechnung tragende Abgrenzung zwischen strafbarem und straffreiem Verhalten ermöglicht, sondern zugleich auch den Grundgedanken der beleidigungsfreien Sphäre auf § 201a Abs. 2 StGB überträgt und dadurch gewährleistet, dass das sozialadäquate Zeigen und Weiterreichen von Bildaufnahmen innerhalb enger Lebensbeziehungen dem Strafrecht entzogen ist. Die Plausibilität und Interessengerechtigkeit des entwickelten Restriktionsmodells lässt sich sodann auch an folgenden Beispielen verdeutlichen. So wäre § 201a Abs. 2 StGB etwa dann nicht erfüllt, wenn eine Ehefrau eine Bildaufnahme ihres Ehemannes, der in flagranti mit seiner Affäre erwischt wurde, ihrer Schwester zeigt.476 Ebenso wenig wäre § 201a Abs. 2 StGB erfüllt, wenn ein Vater die ihr Kind stillende Mutter im Wochenbett fotografiert und diese Bildaufnahmen im engsten Familienkreis zeigt. Innerhalb von Nähe- und Vertrauensbeziehungen, zu denen auch die Familie oder sonstige Personen des engsten Lebenskreises zählen, vermag ein Zugänglichmachen auch ansehensgefährdender Bildaufnahmen § 201a Abs. 2 StGB nicht zu erfüllen.

C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB Zur Komplettierung der bereits oben analysierten Neufassungen auf Ebene des Tatbestands wurde § 201a StGB mit Abs. 4 schließlich um einen besonderen Rechtfertigungsgrund ergänzt. Der Weg bis zur Fassung des heutigen Wortlauts, der nunmehr ein Handeln in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen voraussetzt, war – rückblickend betrachtet – freilich weder geradlinig noch mühelos.

476  Anderes müsste aber dann gelten, wenn die betrogene Ehefrau die von ihr erstellten Bildaufnahmen der Presse zuspielt bzw. dem Arbeitgeber des Ehemanns zeigt.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

I. Erforderlichkeit eines besonderen Rechtfertigungsgrundes Die Einführung eines besonderen Rechtfertigungsgrundes im Rahmen des § 201a StGB stand bereits im Zuge der Einführung der Norm in das Strafgesetzbuch im Jahr 2003 zur Diskussion. So sah der damalige Normentwurf der FDP-Fraktion einen besonderen Rechtfertigungsgrund der „Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen“ vor.477 Die Notwendigkeit zur Schaffung eines besonderen Rechtfertigungsgrundes, so die Argumentation, ergebe sich schon im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben, denn „wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und deren Meinungsbildung die Nachteile des Rechtsbruchs überwiegt“, folge die Rechtfertigung bereits aus Art. 5 Abs. 1 GG.478 Damit ein „überragendes öffentliches Interesse“ bejaht werden könne, müsse es allerdings um die Aufdeckung „erheblicher Missstände“ gehen.479 Der damalige Gegenentwurf der CDU / CSU-Fraktion beabsichtigte hingegen den besonderen Rechtfertigungsgrund „weitgehend inhaltsgleich mit § 193 StGB“480 zu fassen, sodass eine Rechtfertigung immer dann in Betracht kommen sollte, wenn „die Tat zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen“ begangen wurde.481 Durch diese „großzügige“ Formulierung sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Rechtfertigung einer Tat nach § 201a StGB nicht nur aus Art. 5 Abs. 1 GG, sondern auch „aus anderen Lebenssachverhalten“ ergeben könne.482 Nachdem im Rechtsausschuss allerdings die Schaffung eines „besonderen, aber konturlosen Rechtfertigungsgrundes“483 schon deshalb nicht für erforderlich erachtet wurde, weil der allgemeine Rechtfertigungsgrund des § 34 StGB auch für „Handlungen der Informationsbeschaffung durch die Medien“ eingreife,484 wurde sowohl im Gesetzesentwurf des Bundesrates485 als auch

477  Dieser sollte allerdings auf die Tathandlungen des Gebrauchens und des Zugänglichmachens beschränkt sein, vgl. vgl. BT-Drs. 15 / 361, S. 2. 478  BT-Drs. 15 / 361, S. 4. 479  BT-Drs. 15 / 361, S. 4. 480  BT-Drs. 15 / 533, S. 4. 481  Der im Entwurf der CDU / CSU-Fraktion vorgesehene Rechtfertigungsgrund sollte sich dabei auf alle Tatvarianten beziehen, vgl. BT-Drs. 15 / 533, S. 2. 482  BT-Drs. 15 / 533, S. 4. 483  Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a. F. v. 17.09.2003, S. 11 f. 484  Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a. F. v. 17.09.2003, S. 11 f. 485  BT-Drs. 15 / 1891, S. 7 führt hierzu wörtlich aus: „Die Normierung eines Rechtfertigungsgrundes der Wahrnehmung überragender Interessen entsprechend § 201 Abs. 2 Satz 3 StGB bedarf es schon wegen der unterschiedlichen Struktur des § 201a StGB-E nicht. Denn die Vorschrift normiert anders als § 201 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB kein Verbreitungsdelikt“.



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB269

im gemeinsamen Entwurf der Fraktionen des Bundestages486 auf eine explizite Normierung eines Rechtfertigungsgrundes bewusst verzichtet.

II. Konzeption des § 201a Abs. 4 StGB Neu belebt wurde diese Diskussion erst wieder durch den Gesetzesantrag Bayerns im Bundesrat im Jahre 2014. Danach sollte die Regelung eines besonderen Rechtfertigungsgrundes „einen Ausgleich mit etwaig berührten Grundrechten herbeiführen und Einschränkungen vorbeugen, die zum Schutz der Persönlichkeitsinteressen des Kindes nicht erforderlich sind“.487 Schon aus der Formulierung dieser Begründung wird deutlich, dass der Entwurf dabei nicht den Regelungsgehalt, der sich letztlich in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB und § 201a Abs. 2 StGB niedergeschlagen hat, vor Augen hatte, sondern ausschließlich den verbesserten Schutz von Kindern vor Nacktaufnahmen, wie er nunmehr in § 201a Abs. 3 StGB umgesetzt wurde.488 Um zu gewährleisten, dass „der Pressefreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG bei der Anwendung von § 201a StGB-E hinreichende Berücksichtigung im Sinne der Wechselwirkungslehre“ zukomme, wurde im anschließenden Regierungsentwurf daher die Anordnung der entsprechenden Geltung von § 201 Abs. 2 S. 3 StGB vorgeschlagen.489 Nach § 201 Abs. 2 S. 3 entfällt die Rechtswidrigkeit, wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird. Nach Auffassung des Rechtsausschusses hätte die Anordnung der entsprechenden Geltung von § 201 Abs. 2 S. 3 StGB aufgrund des Merkmals „überragend“ allerdings eine „zu hohe Hürde“ dargestellt, weshalb eine an § 86 Abs. 3 StGB angelehnte Fassung als vorzugswürdig erachtet wurde.490 Die Rechtfertigungsklausel des § 201a Abs. 4 StGB wurde dementsprechend wie folgt gefasst: „Absatz 1 Nr. 2, auch in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 3 oder Nummer 4, Absatz 2 und 3 gelten nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegend berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen.“

486  Vgl.

BT-Drs. 15 / 2466, S. 3. 127 / 14, S. 18. 488  Vgl. BR-Drs. 127 / 14, S. 2. 489  Wobei BT-Drs. 18 / 2601, S. 39 zugleich darauf hinweist, dass die Pressefreiheit „bereits im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Unbefugtheit berücksichtigungsfähig“ sei. 490  Vgl. BT-Drs. 18 / 3202, S. 29. 487  BR-Drs.

270

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

1. Anlehnung an § 86 Abs. 3 StGB a) Regelungsgehalt der Sozialadäquanzklausel Der Straftatbestand des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach § 86 StGB sieht in dem auch als „Sozial­ adäquanzklausel“491 bezeichneten Abs. 3 einen Tatbestandsausschluss492 für Fälle vor, in denen das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.493 Die Sozialadäquanzklausel des § 86 Abs. 3 trägt daher dem in Art. 5 GG geschützten Recht auf freie Meinungsäußerung Rechnung und erfasst im Wesentlichen solche Handlungen, die sich zu Aufklärungszwecken im Interesse der Verfassung einsetzen oder im Dienste von Kunst, Wissenschaft oder Lehre stehen.494 b) Übertragbarkeit auf § 201a Abs. 4 StGB Die Sozialadäquanzklausel des § 86 Abs. 3 StGB und der besondere Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB sind jedenfalls unter dem Aspekt vergleichbar, dass sie Handlungen von der Strafbarkeit ausnehmen, die den aufgeführten Zwecken dienen. Entsprechend fanden auch die Merkmale „Kunst“, „Wissenschaft“, „Forschung“, „Lehre“, „Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens bzw. der Geschichte“ sowie „ähnliche Zwecke“ in § 201a Abs. 4 StGB Verwendung.495 491  Sternberg-Lieben,

in: Schönke / Schröder, § 86 Rn. 17. 46, 36 (43 ff.); 46, 212 (217 f.); 47, 278 (282 f.); Lackner / Kühl, § 86 Rn. 8; Eisele, Computer- und Medienstrafrecht, § 28 Rn. 102; Rudolophi, in: SKStGB, § 86 Rn. 16; Steinmetz, in: MK-StGB, § 86 Rn. 36; Handel, JR 2016, 433 (436); Kubiciel, NStZ 2003, 57; Laufhütte / Kuschel, in: LK-StGB, § 86 Rn. 36; Maurach / Schroeder / Maiwald, § 84 Rn. 36; zweifelnd Streng, JZ 2001, 205 (208); Fischer, StGB, § 86 Rn. 17; differenzierend Paeffgen, in: NK-StGB, § 86 Rn. 38 ff.; a. A. Stegbauer, JR 2003, 74 (75); allg. zur Sozialadäquanz Rönnau, JuS 2011, 311 ff.; Lackner / Kühl, Vorbem. § 32 Rn. 29. 493  Zur Kritik an der Unschärfe des § 86 Abs. 3 StGB infolge der Verwendung des Merkmals „dienen“ vgl. Lackner / Kühl, § 86 Rn. 7; Müller-Dietz, in: FS Würtenberger, S. 167 (180); Steinmetz, in: MK-StGB, § 86 Rn. 36; Fischer, StGB, § 86 Rn.  18; a. A. Stegbauer, JR 2003, 74 (75). 494  OLG München NStZ-RR 2005, 371 m. Bespr. Stegbauer, NStZ 2005, 677 (679); OLG Stuttgart MMR 2006, 387; Lackner / Kühl, § 86 Rn. 8; Eisele, Computerund Medienstrafrecht, § 28 Rn. 102. 495  Die in § 86 Abs. 3 StGB genannten Merkmale der „staatsbürgerlichen Aufklärung“ und der „Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen“ sind indes derart tatbe492  BGHSt



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB271

Unterschiede zwischen § 86 Abs. 3 StGB und § 201a Abs. 4 StGB ergeben sich allerdings schon daraus, dass es sich bei ersterem nach überwiegender Auffassung um einen Tatbestandsausschluss,496 bei letzterem hingegen zutreffender Weise um einen Rechtfertigungsgrund497 handelt. Dass § 201a Abs. 4 StGB nicht die Tatbestands-, sondern die Rechtwidrigkeitsebene betrifft, lässt sich daher nicht nur eindeutig aus den Gesetzesmaterialien ableiten,498 sondern auch aus einer Zusammenschau mit dem ebenfalls umstrittenen Merkmal „unbefugt“. Während Teile der Literatur das Merkmal „unbefugt“ dem Tatbestand zuordnen wollen,499 geht die herrschende Meinung zu Recht davon aus, dass es sich um einen Hinweis des Gesetzgebers auf mögliche Rechtfertigungsgründe handelt.500 Dies ist schon deshalb überzeugend, weil das typische Unrecht der Tat schon mit den sonstigen Tatbestandsmerkmalen umschrieben wird.501 Dementsprechend können nicht nur die allgemeinen Rechtfertigungsgründe, sondern auch spezielle Befugnisnormen eine Straflosigkeit begründen. Abgesehen von § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB betrifft das Merkmal „unbefugt“ somit gerade nicht die Tatbestands-, sondern die Rechtswidrigkeitsebene.502 standsspezifisch, dass im Hinblick auf die Regelungszwecke des § 201a Abs. 4 StGB eine Übertragung unmöglich bzw. nicht sinnvoll gewesen wäre. 496  Die überwiegende Auffassung begründet dies zu Recht mit dem Wortlaut („gilt nicht“) des § 86 Abs. 3 StGB. 497  Ebenso Eisele, StR BT I, Rn. 720; Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (318); Beck, Strafrechtsreform, S. 239; a. A. Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 32; Fischer, StGB, § 201a Rn. 31. 498  Vgl. etwa BT-Drs. 18 / 2601, S. 39, wonach die Anordnung der entsprechenden Geltung des Rechtfertigungsgrundes in § 201 Abs. 2 S. 3 StGB erwogen wurde; zu den Vorschlägen im Gesetzgebungsverfahren vgl. bereits zuvor unter Kapitel 3 C. I. 499  Vgl. etwa Sauren, ZUM 2005, 425 (431). 500  Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (317); Eisele, StR BT I, Rn. 720; ders., JR 2005, 6 (10); Kühl, AfP 2004, 190 (196); Esser, JA 2010, 323 (325); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 9; B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (419); Wieduwilt, K&R 2014, 627 (628); Heuchemer / Paul, JA 2006, 616 (619); Mitsch, Jura 2006, 117. 501  Kühl, AfP 2004, 190 (196); Lackner / Kühl, § 201a Rn. 9. 502  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 201a Rn. 12; Kargl, in: NK4-StGB, § 201a Rn. 15; Zöller, in: FS Wolter, S. 679 (688); Hoyer, in: SK-StGB, § 201a Rn. 23; eine sog. „Doppelfunktion“ wie in § 201 StGB nehmen hingegen an Tag, in: HK-GS, § 201a Rn. 7 und Rn. 14; Bosch, in: SSW-StGB, § 201a Rn. 23; Pollähne, KritV 2005, 387 (414 f.); Flechsig, ZUM 2004, 605 (612); Graf, in: MK-StGB, § 201a Rn. 41; Altenhain, in: M / R-StGB, § 201a Rn. 8; Kunze, Das Merkmal „unbefugt“ in den Straftatbeständen des Besonderen Teils, S. 126 f. Das Argument, auf ein Handeln gegen den Willen bzw. eine Kenntnis des Abgebildeten von der Bildaufnahme komme es insofern nicht an, da der Gesetzgeber für einen Schutz der Dispositionsbefugnis des Betroffenen auch Aufnahmen außerhalb geschützter Räumlichkeiten in die Strafbarkeit hätte miteinbeziehen müssen, hat nach der nunmehr erfolgten Erweiterung der Norm freilich an Tragkraft eingebüßt. Sowohl das in § 201a Abs. 1

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu § 86 Abs. 3 StGB besteht darin, dass § 201a Abs. 4 StGB über das Merkmal der „überwiegend berechtigten Interessen“503 eine Abwägung zwischen dem von § 201a StGB geschützten höchstpersönlichen Lebensbereich und den in § 201a Abs. 4 StGB genannten, grundrechtlich geschützten Interessen erfordert.504 2. Verhältnis zu § 193 StGB Das letztgenannte Merkmal der „überwiegend berechtigter Interessen“ ist freilich im Strafgesetzbuch ebenfalls nicht gänzlich ohne Vorbild. Nach dem Rechtfertigungsgrund505 des § 193 StGB sind nicht nur tadelnde Urteile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, sondern auch Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden, nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht. Der Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB ist ausschließlich auf die Delikte des 14. Abschnitts des StGB anwendbar, d. h. nicht analogiefähig,506 weshalb Nr. 2 StGB, noch mehr aber das in § 201a Abs. 2 StGB umschriebene Unrecht schützen unter dem Aspekt der personalen Selbstbestimmung auch die Dispositionsbefugnis des Betroffenen. Auf den Willen des Betroffenen kommt es allerdings auch weiterhin nicht an, da die Dispositionsbefugnis des Abgebildeten weder bei der neu gefasstenTathandlung des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB noch bei der des § 201a Abs. 2 StGB relevant ist. 503  Zum im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ebenfalls diskutieren, schlussendlich aber als „zu hohe Hürde“ betrachteten Merkmal der „Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen“ i. S. d. § 201 Abs. 2 S. 3 StGB vgl. BT-Drs. 18 / 2601, S. 39 sowie die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz in BT-Drs. 18 / 3202, S. 29. 504  Hierzu sogleich unter Kapitel 3 C. III. 505  BGHSt 12, 287 (293); 18, 182 (184); Lackner / Kühl, § 193 Rn. 1; Fischer, StGB, § 193 Rn. 1; Joecks, in: MK-StGB, § 193 Rn. 1; Lenckner / Eisele, in: § 193 Rn. 1; Zaczyk, in: NK-StGB, § 193 Rn. 1; Valerius, in: BeckOK-StGB, § 193 Rn. 1; von einem bloßen Schuldausschließungsgrund gehen aus RGSt 6, 405 (410); 64, 23; Erdsiek, NJW 1966, 1385 (1389); ders., JZ 1969, 311 (315); Günther, Strafrechtswidrigkeit, S.  309 ff.; ders., in: FS Spendel, S. 189 (196 f.) geht von einem bloßen Strafunrechtsausschließungsgrund aus, da dieser insbesondere die zivilrechtliche Rechtswidrigkeit bestehen ließe; einen Tatbestandsausschluss befürwortet wohl Eser, Wahrnehmung berechtigter Interessen, S. 20 f.; Zaczyk, in: NK-StGB, § 193 Rn. 3 will § 193 StGB als Fall des erlaubten Risikos verstanden wissen. 506  Vgl. Lackner / Kühl, § 193 Rn. 4, der zur Begründung ausführt, dass § 193 StGB „speziell den Ehrenschutz relativiert und deshalb nur die Beleidigungstatbestände zur Grundlage hat“; ebenso Zaczyk, in: NK-StGB, § 193 Rn. 1; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 193 Rn. 3; B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (419); speziell zur (abzulehnenden) analogen Anwendung des § 193 StGB z. B. auf die §§ 123, 164,



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB273

eine Anwendung des § 193 StGB auf § 201a StGB von vornherein nicht in Betracht kam. Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur geht davon aus, dass es sich bei § 193 StGB um einen Fall der Güter- oder Interessenabwägung handelt.507 Der praktisch bedeutsamste Anwendungsfall des § 193 StGB, die Wahrnehmung berechtigter Interessen, kann eine beleidigende Äußerung folglich nur dann rechtfertigen, wenn mit der Äußerung nicht nur rechtlich schutzwürdige Interessen verfolgt werden, sondern der Täter dabei auch in berechtigter Wahrnehmung dieser rechtlich anerkannten Interessen handelt.508 Dies ist nur dann der Fall, wenn eine Abwägung der widerstreitenden Interessen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Wahrnehmung der Täterinteressen gegenüber dem Achtungsanspruch des Beleidigten höher­ ­ wertig,509 zumindest aber gleichwertig510 ist.511 Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Ehrverletzung bei einer ex-ante Betrachtung nach den Umständen des Einzelfalles tatsächlich ein geeignetes und zugleich das mildeste Mittel zur Erreichung des Ziels der Interessenwahrnehmung war.512 Teilweise wird darüber hinaus auch noch eine Angemessenheitsprüfung gefordert, in 201 StGB vgl. RGSt 31, 63 (66); 72, 96 (98); 74, 257; OLG Stuttgart NStZ 1987, 121; Fischer, StGB, § 193 Rn. 4; Joecks, MK-StGB, § 193 Rn. 8; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 193 Rn. 3; nach Lenckner, JuS 1988, 349 (352) führt die Anerkennung der Wahrnehmung berechtigter Interessen in § 193 StGB als Rechtfertigungsgrund zu einem „rechtlich gebilligten Freiraum, in dem – nicht zuletzt um des allgemein gesellschaftlichen, kulturellen, politischen usw. Fortschritts willen – in der Auseinandersetzung mit anderen auch deren Geltungswert in der Gesellschaft und der daraus folgende Achtungsanspruch in gewissen Grenzen angetastet werden dürfen. Doch gilt dies eben nur für zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemachter „Äußerungen“ (§ 193) und damit für die geistige Auseinandersetzung mit der Welt. Werden dagegen Rechtsgüter nicht durch den geistigen Inhalt einer Aussage, sondern durch Akte anderer Art verletzt, so können sie nicht schon deshalb gerechtfertigt sein, weil damit an sich berechtigte Interessen verfolgt werden“. 507  BVerfGE 12, 113 (125); 24, 278 (282); BVerfG NJW 1992, 2815 (2816); BGHSt 18, 182 (184); BGH NStZ 1987, 554; OLG Hamm NJW 1987, 1034; Lackner / Kühl, § 193 Rn. 10; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 193 Rn. 2; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 193 Rn. 8; Geppert, Jura 1985, 25 (26); Meurer, in: FS Hirsch, S.  651 (655 ff.). 508  Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 193 Rn. 8. 509  So Lenckner, in: GS Noll, S. 243 (248), der ein Handeln in Wahrnehmung anerkannter Interessen nur dann bejahen will, wenn „bei einer Gesamtabwägung die ‚positiven‘ die ‚negativen Vorzugstendenzen‘ überwiegen, d. h. die Interessen, die fragliche Äußerung tun zu dürfen, mehr Gewicht haben als das Interesse am Schutz der Ehre“; ebenso Eisele, StR BT I, Rn. 647. 510  OLG Frankfurt NJW 1991, 2032 (2035); Rengier, StR BT II, § 29 Rn. 43. 511  Krit. hierzu Merz, Strafrechtlicher Ehrenschutz, S. 137  f.; Zaczyk, in: NKStGB, § 193 Rn. 2 und Rn. 16. 512  Lackner / Kühl, § 193 Rn. 10.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

deren Rahmen eine umfassende Abwägung aller widerstreitenden Interessen vorzunehmen ist.513 Neben dem objektiven Überwiegen der wahrgenommen Interessen muss zudem hinzukommen, dass der Täter „zur“ Interessenwahrnehmung, d. h. subjektiv mit Absicht i. S. d. dolus directus ersten Grades gehandelt hat.514 Erforderlich ist also, dass der Täter nicht nur leichtfertig, sondern zielgerichtet mit dem Willen, das berechtigte Interesse geltend zu machen, gehandelt hat, was freilich weitere Ziele wie Rache, Neid oder Missgunst nicht per so ausschließen muss.515

III. Überwiegend berechtigte Interessen i. S. d. §  201a Abs.  4 StGB Im Folgenden ist daher zu hinterfragen, inwieweit die zu § 193 StGB entwickelte Kasuistik auf die zur Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen genannten Fallgruppen des § 201a Abs. 4 StGB übertragbar sind. Nach der nunmehr gültigen Fassung des § 201a Abs. 4 StGB gelten die § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB, ggf. auch i. V. m. Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 4, § 201a Abs. 2 und Abs. 3 StGB nämlich nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen. Namentlich genannt werden dabei die Kunst und die Wissenschaft, die Forschung und Lehre, die Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte sowie ähnliche Zwecke. Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll damit „ausdrücklich herausgestellt [werden], dass es einer Abwägung zwischen der in § 201a StGB-E geschützten Privatsphäre und den in § 201a Abs. 4 StGB genannten grundrechtlichen Interessen“ bedürfe.516

513  So etwa Merz, Strafrechtlicher Ehrenschutz, S. 135  ff.; Eisele, StR BT I, Rn.  645 ff.; Zaczyk, in: NK-StGB, § 193 Rn. 16. 514  Eisele, in: StR BT I, Rn. 651; Zaczyk, in: NK-StGB, § 193 Rn. 46; Joecks, in: MK-StGB, § 193 Rn. 69; Hilgendorf, in: LK-StGB, § 193 Rn. 30; Merz, Strafrecht­ licher Ehrenschutz, S. 188; Fischer, StGB, § 193 Rn. 42. 515  Nach BGH NStZ 1987, 554 muss der Täter aber zumindest „in erster Linie“ zur Wahrnehmung des berechtigten Interesses gehandelt haben, während Teile der Literatur wie auch bei anderen Rechtfertigungsgründen schon die bloße Kenntnis der Rechtfertigungslage genügen lassen, vgl. Lackner / Kühl, § 193 Rn. 9; Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 193 Rn. 23; Rogall, in: SK-StGB, § 193 Rn. 32; Roxin, StR AT I, § 18 Rn. 48; vgl. im Übrigen RGSt 36, 422 (423); Hans. OLG Hamburg JR 1952, 203 f.; Joecks, in: MK-StGB, § 193 Rn. 69. 516  BT-Drs. 18 / 3202, S 29. Hierdurch sollte vor allem den zahlreichen Bedenken von Presseverbänden und Journalisten Rechnung getragen werden, vgl. hierzu bereits oben unter Kapitel 3 A.



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB275

1. Kunst § 201a Abs. 4 Var. 1 StGB nennt als überwiegend berechtigtes Interesse namentlich die Kunst und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Freiheit künstlerischer Betätigung über Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG einen vorbehalt­ losen grundrechtlichen Schutz erfährt. Damit soll sichergestellt werden, dass der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs vor Bildaufnahmen mit dem Recht des Künstlers, sich entsprechend zu betätigen, in Einklang gebracht werden kann. Die Frage, was unter dem offenen und definitorisch relativen Begriff der Kunst517 zu fassen ist, wird vom Bundesverfassungsgericht und der überwiegenden Auffassung im Schrifttum mit dem sog. gemischten Kunstbegriff beantwortet. Da eine generelle Begriffsbestimmung unmöglich ist, verweist das Bundesverfassungsgericht auf eine Bestimmung des Schutzbereichs je nach Einzelfall, wobei neben einem materialen, wertbezogenen Kunstverständnis518 auch eine formale, an die Gattungsanforderungen eines bestimmten Werktyps anknüpfende Betrachtung519 in Frage kommt. Kennzeichnendes Merkmal künstlerischer Betätigung ist nach dem Bundesverfassungs­gericht, dass es „wegen der Mannigfaltigkeit ihres Aussagehalts möglich ist, der Darstellung im Wege einer fortgesetzten Interpretation immer weiterreichende Bedeutung zu entnehmen, so daß sich eine praktisch unerschöpfliche, vielstufige Informationsvermittlung ergibt“.520

Zu berücksichtigen ist dabei ferner, dass die Garantie der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG nicht nur den Werkbereich, sondern auch den Wirkbereich künstlerischen Schaffens umfasst. Das Bundesverfassungsgericht führt hierzu aus, dass „nicht nur die künstlerische Betätigung (Werkbereich), sondern darüber hinaus auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks […] sachnotwendig für die Begegnung mit dem Werk als eines ebenfalls kunstspezifischen Vorganges [sind]; dieser ‚Wirkbereich‘, in dem der Öffentlichkeit Zugang zu dem Kunstwerk verschafft wird, ist der Boden, auf dem die Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG vor allem erwachsen ist“.521 517  Zum verfassungsrechtlichen Kunstbegriff vgl. nur BVerfGE 30, 173 (188 ff.); 67, 213 (224 ff.); 75, 369 (377 f.); Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Abs. 3 Rn.  22 ff.; Henschel, NJW 1990, 1937 (1938 f.); Knies, Schranken der Kunstfreiheit, S.  214 ff.; nach Würtenberger, NJW 1982, 610 (614) gehört die Kunst „aus strafrechtsdogmatischer Sicht […] zur Gattung der ‚normativen Begriffe‘ “. 518  BVerfGE 30, 173 (188 f.); krit. hierzu Isensee, Freiheitsrechte, S. 26 f.; Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Abs. 3 Rn. 28. 519  Vgl. F. Müller, Freiheit der Kunst, S. 35 ff.; Otto, NJW 1986, 1206 (1208 f.). 520  BVerfGE 67, 213 (227); Henschel, NJW 1990, 1937 (1939). 521  Vgl. BVerfGE 30, 173 (189).

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Folglich erfasst der Kreis der Grundrechtsberechtigten nicht nur den Künstler, sondern auch seine Mittler, Verleger, Galeristen etc.522 Ein derart weites Kunstverständnis läuft freilich Gefahr, mit anderen grundrechtlichen Positionen in Konkurrenz zu treten. Besonders konfliktträchtig ist dies dort, wo hochrangige Persönlichkeitsrechte mit „den unteren und den hinteren Regionen eines erweiterten Kunstbegriffs“523 kollidieren. Ein anschauliches Beispiel hierfür findet sich im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV), der einen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor bestimmten Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien bezweckt. Unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit sind nach § 4 Abs. 1 Nr. 8 JMStV solche Angebote unzulässig, die gegen die Menschenwürde verstoßen, etwa weil sie Menschen darstellen, die sterben oder schweren körperlichen bzw. seelischen Leiden ausgesetzt sind.524 Da allein die Darstellung von Gewalt das Vorliegen von Kunst begrifflich nicht ausschließt, kann es dabei mitunter zu dem Konflikt kommen, dass selbst gewaltverherrlichende oder gewaltverharmlosende Darstellungen in den Schutzbereich der nach Art. 5 Abs. 3 GG grundrechtlich geschützten Kunstfreiheit fallen. Wenngleich die Kunstfreiheit im Grundgesetz vorbehaltlos gewährleistet ist,525 kann sie bei einem derartigen Zusammentreffen von Kunst und (extremer) Gewaltdarstellung dennoch keinen absoluten Schutz für sich reklamieren. Vielmehr wird die Kunstfreiheit durch von der Verfas522  Vgl. Frenzel, ZIS 2009, 487 (491). Die wirtschaftliche Verwertung des Kunstwerkes wird hingegen von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG nicht gewährleistet, vgl. BVerfGE 31, 229 (239 f.); Berg, Freiheitsgrundrechte, S. 158 f.; Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Abs. 3 Rn. 18. 523  Isensee, AfP 1993, 619 (620); vgl. auch Joecks, in: MK-StGB, § 193 Rn. 57; Tröndle / Fischer, StGB27, § 193 Rn. 27 sehen hier die Gefahr, dass „schwere Kränkungen, die als bloße Meinungsäußerungen im Hinblick auf Art. 5 Abs. 2 GG nicht zulässig wären, in der Gewandung von holpernden Versen juristische Dignität erlangen sollen“. 524  Vorausgesetzt wird insofern allerdings, dass ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben wird, ohne das ein berechtigtes Interesse gerade für diese Form der Darstellung oder Berichterstattung vorliegt, vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 8 JMStV. 525  Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt lediglich die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 GG, vgl. Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Abs. 3 Rn. 54; Reber, GRUR Int. 2010, 22 (24); Seitz, ZUM 2016, 817 (818). Auch das BVerfG vertritt die Auffassung, dass Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG durch die Rechte anderer, durch die verfassungsmäßige Ordnung oder durch allgemeines Gesetz, d. h. insbesondere die §§ 185 ff. StGB, nicht beschränkt werden kann, da diese Ansicht „mit dem vom BVerfG in ständiger Rspr. anerkannten Verhältnis der Subsidiarität des Art. 2 Abs. 1 GG zur Spezialität der Einzelfreiheitsrechte, das eine Erstreckung des Gemeinschaftsvorbehalts des Art. 2 Abs. 1 Halbsatz 2 auf die durch besondere Grundrechte geschützten Lebensbereiche nicht zulässt“, unvereinbar sei, vgl. BVerfG NJW 1971, 1645 (1646) mit Verweis auf BVerfGE 6, 32 (36 ff.); 9, 63 (73); 9, 73 (77); 9, 338 (343); 10, 55 (58); 10, 185 (199); 11, 234 (238); 21, 227 (234); 23, 50 (55 f.).



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB277

sung ebenfalls grundrechtlich geschützter Positionen Dritter immanent begrenzt. Grundrechte Dritter, allen voran die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, aber auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, sind daher auch bei Ausübung der Kunstfreiheit angemessen zu berücksichtigen und im Wege der praktischen Konkordanz zu einem verhältnismäßigen Ausgleich zu bringen.526 Im Hinblick auf § 4 Abs. 1 Nr. 8 JMStV hat das Bundesverfassungsgericht daher festgestellt, dass die Kunstfreiheit die Verherrlichung von Gewalt etwa in einem Spielfilm oder einem sog. Ego-Shooter nur dann zu rechtfertigen vermag, wenn die Gewaltdarstellung im Einzelfall „nach den eigengesetzlichen Kriterien der Kunst in ihrem Sinngehalt über die bloß affirmative Abbildung hinausweist“.527 Wird durch die Gewaltdarstellung hingegen die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG berührt, so scheidet eine Abwägung mit der Kunstfreiheit aufgrund der Absolutheit des Menschenwürdeschutzes schon von vornherein aus.528 Vor dem Hintergrund dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben wird deutlich, dass sich die Eigenschaft als Kunst einerseits und die Verwirklichung eines Straftatbestandes durch mit dem Kunstwerk in Verbindung stehende Handlungen andererseits nicht zwangsläufig ausschließen.529 Speziell im Fall von Bildaufnahmen, die einen der Tatbestände des § 201a StGB erfüllen, kann es zu Konstellationen kommen, in denen sich der Aufnehmende zwar grundsätzlich auf die Kunstfreiheit berufen kann, das Herstellen der Bildaufnahme und die sich ggf. daran anschließenden Verwertungshandlungen aber zugleich den höchstpersönlichen Lebensbereich des Abgebildeten verletzen. Im Folgenden ist daher der Frage nachzugehen, nach welchen Kriterien eine Abwägung zwischen diesen beiden schutzwürdigen Positionen erfolgen muss, um sowohl die Kunstfreiheit als auch das Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs zu einem möglichst schonenden Ausgleich zu bringen. Dabei handelt es sich freilich nicht um rein akademische Überlegungen, denn der weite Anwen526  Ein derartiges Vorgehen bezeichnet Zechlin, NJW 1984, 1091 (1093) in einem vergleichbaren Kontext als den „methodisch richtigere[n] und genauere[n] Ansatz“ als den einer generellen Güterabwägung, denn es gehe nicht darum, „ein Verfassungsgut durch Abwägung über das andere zu stellen – beide sind ja gerade gleichrangig gewährleistet, so daß eine Über- und Unterordnung nur nach verfassungsexternen Kriterien vorgenommen werden könne. Vielmehr handelt es sich um ein Optimierungsproblem der beiden zu begrenzenden Verfassungsgüter.“ 527  Erdemir, in: Spindler / Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 4 JMStV Rn. 26; vgl. dazu auch BVerfG NJW 1990, 1982 (1983). 528  So auch Erdemir, in: Spindler / Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 4 JMStV Rn. 26. Zum absoluten Schutz der Menschenwürde vgl. bereits oben unter Kapitel 1 A. I. 529  So ist etwa auch im Rahmen von § 86 Abs. 3 StGB anerkannt, dass sich der „Kunst-Charakter einer Schrift und die Strafbarkeit ihres Verbreitens nicht aus­ [schließen]“, vgl. Fischer, StGB, § 86 Rn. 21.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

dungsbereich des besonderen Rechtfertigungsgrunds des § 201a Abs. 4 Var. 1 StGB erfasst alle Arten künstlerischer Darstellung, sofern sie in Form von Bildaufnahmen geschieht. Darunter fallen etwa künstlerische Fotografien und Filme, aber auch Abbildungen von Personen im Rahmen von Dokumentationen und Ausstellungen,530 beim Abdruck in Katalogen, Kunst- und Bildbänden, aber auch im Rahmen sog. Street Photography.531 Bevor im Folgenden auf die Details eingegangen werden kann, ist bei einer Rechtfertigungsprüfung i. S. d. § 201a Abs. 4 StGB zunächst zu klären, ob die Bildaufnahme überhaupt einer konkreten Person erkennbar zugeordnet werden kann. Denkbar ist etwa, dass die Bildaufnahme (nachträglich) derart verfremdet wurde, dass die abgebildete Person nicht identifizierbar und damit eine Verletzung ihres höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Übertragen bzw. Gebrauchen oder Zugänglichmachen ausgeschlossen ist.532 In derartigen Fällen des Unkenntlichmachens wird oftmals bereits der Tatbestand nicht erfüllt sein, sodass es auf eine Rechtfertigung nach § 201a Abs. 4 StGB schon gar nicht mehr ankommt. In derartigen Fällen ist allenfalls zu erwägen, ob nicht durch das Herstellen der Bildaufnahme ein eigenständiges Unrecht verwirklicht wurde, welches wiederum einer Rechtfertigung nach § 201a Abs. 4 StGB zugänglich wäre. In einem zweiten Schritt ist sodann festzuhalten, dass jedenfalls dann, wenn die Bildaufnahme die Menschenwürde des Abgebildeten angreift, eine Rechtfertigung nach § 201a Abs. 4 Var. 1 StGB i. V. m. Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG nicht in Betracht kommen kann. Angesichts des absoluten Schutzes der Menschenwürde gilt hier ein äußerst strenger Maßstab. Mit Blick auf die vergleichbare Problematik bei § 130 StGB lässt sich insofern schlussfolgern, dass nicht jede den höchstpersönlichen Lebensbereich verletzende Bildaufnahme auch schon als herabwürdigend oder entwürdigend qualifiziert werden kann. Vielmehr ist die Menschenwürde des Betroffenen erst dann berührt, wenn die Bildaufnahme den innersten Kernbereich der Persönlichkeit trifft.533 Dieser Kernbe530  Vgl. Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 27; zur sog. dokumentarischen Kunst vgl. Ujica / Loef, ZUM 2010, 670 (672 f.); bei der Darstellung einer polizeilichen Hausdurchsuchung fehlt es hingegen an der erforderlichen künstlerischen Qualität der Filmaufnahme, vgl. OLG Celle ZUM 2011, 341 ff. 531  Zur sog. Street Photography vgl. Hildebrand, ZUM 2016, 305 ff.; Wieduwilt, K&R 2014, 627 (628). 532  Nach Hörnle, Grob anstößiges Verhalten, S. 134 scheidet eine Grundrechtsverletzung jedenfalls dann aus, wenn „durch eine Nachbearbeitung des Filmmaterials oder die Art der Wiedergabe der Bezug zu dem konkret betroffenen Individuum aufgehoben ist, also dessen Identität völlig unkenntlich gemacht ist“; vgl. auch Seitz, ZUM 2016, 817 (819); Joecks, in: MK-StGB, § 193 Rn. 58. 533  Zur sog. Kernbereichsformel des § 130 StGB vgl. BGHSt 21, 371 (373); 40, 97 (100); OLG Frankfurt NJW 1985, 1720 (1721); OLG Frankfurt NJW 1995, 143



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB279

reich wiederum ist nur dann beeinträchtigt, wenn der Täter dem Betroffenen durch die Bildaufnahme sein Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der Gesellschaft abspricht und ihn als „unterwertiges Wesen“ darstellt.534 Bildaufnahmen, die gravierende Verletzungen, den Sterbevorgang oder Tod darstellen, beeinträchtigen das Persönlichkeitsrecht derart schwerwiegend, dass eine Abwägung mit der Kunstfreiheit und daran anschließend eine Rechtfertigung nach § 201a Abs. 4 StGB von vornherein ausscheidet.535 So wie der Persönlichkeitsschutz die Kunstfreiheit beschränkt, sobald die Menschenwürde berührt ist, vermag allerdings umgekehrt auch die Kunstfreiheit dem Persönlichkeitsschutz Grenzen zu setzen. Persönlichkeitsrechte sind stärker als andere private Rechte dazu geeignet, der Freiheit künstlerischer Betätigung inhaltliche Grenzen zu setzen. Zur Beantwortung der Frage, ob das Herstellen bzw. Verbreiten oder Zugänglichmachen einer Bildaufnahme im Rahmen der Kunstfreiheit gerechtfertigt ist, kann auf die zu § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden. Bei § 201a Abs. 4 StGB kommt es ebenso wie im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG nicht primär auf die künstlerische Qualität der Bildaufnahme an, da nur die Vornahme der Tathandlung zu Zwecken der Kunst privilegiert werden soll.536 Folglich kann es in beiden Fällen auch nicht darauf ankommen, ob die Bildaufnahme ein nach § 2 Abs. 2 UrhG urheberrechtlich schutzfähiges Werk ist.537 Dient die Bildaufnahme hingegen allein nicht-künstlerischen Zwecken538 wie etwa der Befriedigung von Sensationsgier insbesondere im (144); Hörnle, Grob anstößiges Verhalten, S. 122 f.; Schafheutle, JZ 1960, 470 (473); Lackner / Kühl, § 130 Rn. 3; Sternberg-Lieben, in: Schönke / Schröder, § 130 Rn. 6. 534  Zur vergleichbaren Problematik bei § 130 StGB siehe BT-Drs. III / 1746, S. 3, wo weiter ausgeführt wird, dass es sich um eine Tat handeln müsse, die „deshalb unmenschlich ist, weil sie das Menschentum des Angegriffenen bestreitet oder relativiert“; vgl. auch BVerfG NJW 2001, 61 (63) – Bezeichnung als Jude; BVerfG NJW 2008, 2907 (2909) – Heimatvertriebenenlied; BVerfG NJW 2009, 3503 (3504) – „Polen-Invasion stoppen!“; OLG Hamburg NJW 1975, 1088; OLG Celle NJW 1982, 1545 (1546); OLG Frankfurt NJW 1985, 1720 (1721); OLG München NStZ 2011, 42 (44); Beisel, NJW 1995, 997 (998); Schäfer, in: MK-StGB, § 130 Rn. 55; SternbergLieben, in: Schönke / Schröder, § 130 Rn. 6; Lackner / Kühl, § 130 Rn. 3. 535  Vgl. hierzu auch Hildebrand, ZUM 2016, 305 (310). 536  Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 23 KUG Rn. 44; zur wenig ertragreichen Abgrenzung von Kunst und Nicht-Kunst unter Rückgriff auf urheberrechtlich determinierte Anforderungen an die Schöpfungshöhe vgl. Hildebrand, ZUM 2016, 305 (307 f.). 537  Götting, in: Schricker / Loewenheim, § 23 KUG Rn. 103; Hildebrand, ZUM 2016, 305 (307); Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 23 KUG Rn. 44 gibt allerdings zu Recht zu bedenken, dass „die Verfolgung eines künstlerischen Zwecks wenn überhaupt, so vor allem bei urheberrechtlich geschützten Bildnissen gegeben sein“ wird. 538  OLG Hamburg ZUM 2004, 309 (310); LG Berlin ZUM-RD 2009, 277 (279); zur sog. „Gaffer“-Problmatik vgl. nachfolgend unter Kapitel 4.

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Zusammenhang mit Unfällen oder werden mit ihr ausschließlich kommerzielle Zwecke verfolgt,539 so kommt eine Rechtfertigung im Rahmen der Kunstfreiheit nicht in Betracht. 2. Wissenschaft, Forschung und Lehre Ebenso wie die Freiheit der Kunst genießt auch die Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG verfassungsrechtlichen Schutz. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts schützt der offene Begriff der Wissenschaft540 jedenfalls solche Tätigkeiten, die „nach Inhalt und Form als ernsthafter ­planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen“ sind,541 wobei Wissenschaft wiederum als gemeinsamer Oberbegriff der Merkmale „Forschung“ und „Lehre“ fungiert.542 Persönlichkeitsverletzende Äußerungen wie z.  B. ehrverletzende Tatsachenbehauptungen vermag die Wissenschaftsfreiheit in einem wissenschaftlichen Werk jedenfalls dann nicht zu rechtfertigen, wenn diese für sich genommen überhaupt nicht auf Wahrheitserkenntnis abzielen, sondern von den übrigen Teilen des Werkes separiert werden können, ohne dass dessen wissenschaftliche Aussage geschmälert würde.543 Übertragen auf die Verwendung von Bildaufnahmen in wissenschaftlichen Werken bedeutet dies, dass eine Bildaufnahme, die den höchstpersönlichen Lebensbereich betrifft, jedenfalls zur wissenschaftlichen Aussage beitragen muss. Andernfalls kann eine Rechtfertigung unter dem Aspekt der Wissenschaftsfreiheit nicht in Betracht kommen.

539  Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 23 KUG Rn. 44; eine dem künstlerischen Zwecke untergeordnete Verfolgung wirtschaftlicher Interessen steht dem jedoch nicht entgegen, vgl. OLG Düsseldorf ZUM-RD 2013, 589 (591); OLG Celle ZUM 2011, 341 ff.; OLG München GRUR 2010, 171 ff.; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 27. 540  Angesichts der „prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis“ und der „Prozesshaftigkeit von Wissenschaft“ handelt es sich um einen wandelbaren Begriff, vgl. BVerfGE 35, 79; 90, 1; Häberle, AöR 110 (1985), S.  329 (356 f.); Kempen, in: BeckOK-GG, Art. 5 Rn. 180. Es ist insofern von einem Wissenschaftspluralismus auszugehen, der „dem Wesen der Wissenschaft als einem prinzipiell unabgeschlossenen, dialogischen Prozeß der Suche nach Erkenntnis entspricht“, vgl. Sondervotum Simon / Rupp-v. Brünneck, in: BVerfGE 35, 79 (157). 541  BVerfGE 35, 79 (113); vgl. auch Kempen, in: BeckOK-GG, Art. 5 Rn. 179. 542  BVerfGE 35, 79 (113); Kempen, in: BeckOK-GG, Art. 5 Rn. 179; vgl. hierzu auch Kaufhold, NJW 2010, 3276 (3278). 543  BVerfG NStZ 2000, 363 f.; Joecks, in: MK-StGB, § 193 Rn. 65.



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB281

3. Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte Als weiteres namentlich bezeichnetes Interesse, das zu einer Rechtfertigung führen kann, benennt § 201a Abs. 4 StGB die Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte. Schon aus dem Wortlaut wird hierbei deutlich, dass dieses Merkmal in besonderem Maße von den nach Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Grundrechten überlagert wird. a) Allgemeine Vorgaben des Verfassungsrechts Im Unterschied zu § 201a Abs. 4 StGB, der mit dem gewählte Begriff der „Berichterstattung“ eine vergleichsweise enge Formulierung aufweist, gewährleistet der durch die Verfassung vorgegebene normative Rahmen journalistischer Tätigkeit nicht nur die journalistische Berichterstattung in Presse, Rundfunk oder Online-Medien, sondern auch die ihr vorangehende journalistische Recherche. aa) Schutz der journalistischen Recherche Die journalistische Recherche im Vorfeld medialer Berichterstattung ist durch die Presse- , Rundfunk- und Filmfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG sowie die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Var. 2 GG grundrechtlich abgesichert.544 Die Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG schützen die Freiheiten der in der Massenkommunikation tätigen Personen. Sie umfassen an erster Stelle die Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG, welche nicht nur das Institut der freien Presse545 garantiert, sondern auch ein abwehrrechtlich orientiertes Grundrecht der Pressefreiheit beinhaltet. Das Grundrecht der Pressefreiheit gewährleistet das Recht der Presse546 auf freie Ausübung ihrer Tätigkeit. Erfasst werden dabei alle Tätigkeiten, die 544  Zum einfachgesetzlichen Schutz journalistischer Recherche vgl. Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 44 ff. 545  Vgl. BVerfGE 20, 162 (175); Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 42. 546  Nach dem BVerfG sind unter dem Begriff „Presse“ alle in gedruckter und zur Verbreitung geeigneter und bestimmter Publikationen zu verstehen, vgl. BVerfGE 95, 28 (35). Neben periodischen Druckerzeugnissen wie Zeitungen und Zeitschriften werden daher etwa Bücher, aber auch Werkszeitungen, Flugblätter oder Plakate erfasst, sofern sie einen Beitrag zum Kommunikationsprozess leisten, vgl. BVerfGE 85, 1 (11 ff.); Eichhoff, Investigativer Journalismus aus verfassungsrechtlicher Sicht, S. 57. Der Pressebegriff des Grundgesetzes ist damit weiter als der einfachgesetzliche Pres-

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

wesensmäßig mit der Pressearbeit zusammenhängen, sodass die Bandbreite der geschützten Handlungen „von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung“ reicht.547 Hintergrund dieser umfassenden Gewährleistung ist die gewichtige Bedeutung der Presse im Hinblick auf die öffentliche Meinungsbildung im Rahmen einer freiheitlichdemokratischen Grundordung.548 Schon im sog. Spiegel-Urteil aus dem Jahre 1966 betonte das Bundesverfassungsgericht nachdrücklich, dass „eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse […] ein Wesenselement des freiheitlichen Staates“ und insbesondere eine „freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich“ sei.549 Um vom Schutzbereich der Pressefreiheit erfasst zu werden, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings weder auf die inhaltliche Qualität des Druckerzeugnisses noch auf die Frage einer Gewinnerzielungsabsicht an, denn „der Begriff ‚Presse‘ ist weit und formal auszulegen; er kann nicht von einer – an welchen Maßstäben auch immer ausgerichteten – Bewertung des einzelnen Druckerzeugnisses abhängig gemacht werden“.550 Neben „seriösen“ Presse­ erzeugnissen wird folglich auch die Unterhaltungs- und Sensationspresse vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG erfasst.551

sebegriff der entsprechenden Landespressegesetze, vgl. Kühling, in: BeckOK-InfoMedienR, Art. 5 GG Rn. 45. Zur Fortentwicklung des Pressebegriffs im Zuge der Digitalisierung der Informations- und Mediengesellschaft und dem damit verbundenen „Abrücken vom Erfordernis der drucktechnischen Verkörperung“ vgl. Kühling, in: BeckOK-InfoMedienR, Art. 5 GG Rn. 46. 547  So wörtlich BVerfGE 10, 118 (121); 12, 205 (260) – Deutschland-Fernsehen; 103, 44 (59); vgl. hierzu auch BVerfGE 20, 162 (176); 91, 125 (134); Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 43. 548  Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 43. 549  So BVerfGE 20, 162 (174 f.) wo weiter ausführt wird: „Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muß er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung. In ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung; die Argumente klären sich in Rede und Gegenrede, gewinnen deutliche Konturen und erleichtern so dem Bürger Urteil und Entscheidung. In der repressentantiven Demokratie steht die Presse zugleich als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung“. 550  BVerfGE 34, 269 (283) – Soraya. 551  BVerfGE 34, 269 (283) – Soraya; 66, 116 (134); Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 43; Kühling, in: BeckOK-InfoMedienR, Art. 5 GG Rn. 47. Die Pressefreiheit ist daher etwa auch bei einem Bericht über das Konzert eines berühmten Popstars berührt, vgl. Markfort, ZUM 2006, 829 (833).



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB283

Der Pressefreiheit gleichgestellt ist die Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GG. Da auch die Rundfunkfreiheit die freie öffentliche Meinungsbildung gewährleistet,552 ist ihr Schutzbereich ähnlich weit wie der der Pressefreiheit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts werden alle Tätigkeiten geschützt, die „zur Gewinnung und rundfunkspezifischen Verbreitung von Nachrichten und Meinungen im weitesten Sinne gehören“.553 Darüber hinaus erstreckt sich der Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 2 GG freilich auch auf „die dem Medium eigentümlichen Formen der Berichterstattung und die Verwendung der dazu erforderlichen technischen Vorkehrungen“.554 Neben den sog. Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ist die journalistische Recherchetätigkeit allerdings auch noch durch die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Var. 2 GG geschützt. Wenngleich die Gewährleistung der Informationsfreiheit nicht auf Journalisten und sonstige Medienschaffende beschränkt ist, sondern jedermann das Recht gewährt, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, so erfasst sie doch auch die journalistische Recherche und schützt in diesem Zusammenhang nicht nur die Entgegennahme von Informationen, sondern auch deren aktive Beschaffung.555 Um eine allgemein zugängliche Informationsquelle handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls dann, wenn sie „geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu ver­ schaffen“.556 Die in Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Freiheitsrechte werden jedoch nach Art. 5 Abs. 2 GG durch die allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre, d. h. insbesondere den §§ 185 ff. StGB, beschränkt. Der Begriff des „allgemeinen Gesetzes“ war freilich von Anfang an umstritten.557 Seit dem sog. Lüth-­ 552  Vgl. BVerfGE 57, 295 (319) – Privatfunk im Saarland; 59, 231 (257 f.) – Freie Rundfunkmitarbeiter; 73, 118 (152) – Niedersächsisches Landesrundfunkgesetz; 74, 297 (323); Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 43. 553  BVerfGE 121, 30 (58); vgl. auch BVerfGE 77, 65 (74); 78, 101 (103). 554  BVerfGE 91, 125 (135); 103, 44 (59); 119, 309 (318). 555  Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 43; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 17. 556  BVerfGE 27, 71 (83 f.); 33, 52 (65); 90, 27 (32); 103, 44 (60). 557  So wörtlich BVerfGE 7, 198 (209) – Lüth; vgl. auch BVerfGE 95, 220 (235); zum jahrzehntelangen Streit in der Literatur um die Frage, wie der Begriff des „allgemeinen Gesetzes“ auszulegen sei, vgl. zusammenfassend Grabenwarter, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Rn. 121 f.; speziell zur sog. Sonderrechtslehre, nach der ein Gesetz dann „allgemein“ ist, wenn es sich nicht speziell gegen eine bestimmte Äußerung oder Meinung richtet vgl. Rothenbücher, VVDStRL 4 (1928), S. 6 (19 ff.); zur

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3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Urteil aus dem Jahre 1958 vertritt das Bundesverfassungsgericht jedoch unter Bezugnahme auf Art. 118 der WRV von 1919 den Standpunkt, dass darunter all diejenigen Gesetze zu verstehen seien, die „nicht eine Meinung als solche verbieten, die sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten“,

sondern vielmehr „dem Schutze eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen, dem Schutze eines Gemeinschaftswerts, der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit den Vorrang hat“.558

Um ein allgemeines Gesetz kann es sich demnach nur dann handeln, wenn sich dieses weder gegen eine bestimmte Meinung, noch gegen die freie Meinungsbildung oder gegen freie Informationen als solche richtet, sondern auf die Wahrung eines allgemeinen Rechtsguts abzielt, dessen Schutz unabhängig davon erfolgt, ob es durch Meinungsäußerung oder auf andere Weise gefährdet oder verletzt wird.559 Zu den allgemeinen Gesetzen zählen daher insbesondere auch die Strafgesetze,560 sodass es sich auch bei § 201a StGB um ein allgemeines Gesetz handelt. Nach der sog. Wechselwirkungslehre des Bundesverfassungsgerichts müssen aber auch die in Art. 5 Abs. 2 genannten Schranken wiederum einschränkend ausgelegt werden, wobei der hervorgehobenen Bedeutung der Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG angemessen Rechnung zu tragen ist.561 Da es sich bei § 201a StGB um einen medienrelevanten Straftatbestand handelt, ist somit bei dessen Auslegung die Medien- und Informationsfreiheit entsprechend zu berücksichtigen. sog. Abwägungslehre, nach der ein Gesetz nur dann „allgemein“ ist, wenn durch dieses ein im Range über der Meinungsfreiheit stehendes Rechtsgut geschützt wird vgl. Smend, VVDStRL 4 (1928), S. 44 (52). 558  BVerfGE 7, 198 (209 f.) – Lüth. 559  BVerfGE 7, 198 (209 f.) – Lüth; 113, 63 (78 f.); vgl. hierzu auch Masing, JZ 2012, 585 (589 f.); Kingreen / Poscher, Staatsrecht II, Rn. 651 ff. 560  Klug, in: FS Oehler, S. 397; B. Heinrich, in: FS 200 Jahre Juristische Fakultät der HU Berlin, S. 1241 (1249). 561  Nach BVerfGE 7, 198 (208 f.) – Lüth ist die gegenseitige Beziehung zwischen Grundrecht und ‚allgemeinem Gesetz‘ also „nicht als einseitige Beschränkung der Geltungskraft des Grundrechts durch die ‚allgemeinen Gesetze‘ aufzufassen; es findet vielmehr eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, daß die ‚allgemeinen Gesetze‘ zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlich demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen“; vgl. hierzu auch BVerfGE 71, 206 (214); Grabenwarter, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Rn. 139 ff.; Kingreen / Poscher, Staatsrecht II, Rn. 661; Stern, in: Staatsrecht IV / 1, § 108 IV  3, S. 1446 ff.; Jutzi, NVwZ 2008, 603 (605).



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB285

bb) Schutz der journalistischen Berichterstattung Die der journalistischen Recherche zeitlich nachfolgende journalistische Berichterstattung ist durch die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Var. 1 GG, die Medienfreiheiten des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG sowie das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG ebenfalls grundrechtlich abgesichert. Die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Var. 1 GG verbürgt für jedermann das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei kund zu tun und zu verbreiten. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt dabei im Hinblick auf den Begriff der Meinung einem weiten Verständnis, zählt sie hierzu doch nicht nur Werturteile, sondern auch Tatsachenbehauptungen, sofern deren Unwahrheit im Zeitpunkt der Äußerung nicht bereits feststand.562 Ob die Meinungsäußerung zu politischen oder rein privaten Zwecken erfolgt, ist dabei unerheblich.563 Zur Weite des Schutzbereichs der Meinungsfreiheit trägt schließlich auch der Umstand bei, dass nicht nur das Äußern und Verbreiten der eigenen Meinung erfasst wird, sondern darüber hinaus auch der Prozess der Informationsübertragung.564 Dies hat letztlich auch zur Folge, dass die Verbreitung von Informationen durch die Medien nicht nur durch die – bereits zuvor im Zusammenhang mit dem Schutz der journalistischen Recherche erörterten – Medienfreiheiten, sondern auch durch die Meinungsfreiheit verfassungsrechtlichen Schutz erfährt.565 Wenngleich die journalistische Berichterstattung aufgrund ihrer besonderen Bedeutung im Gefüge der freiheitlich demokratischen Grundordnung einen umfassenden Grundrechtsschutz genießt, so ist ihre Gewährleistung doch – wie im Übrigen auch bereits die Gewährleistung der journalistischen Recherche566 – nicht schrankenlos. Ihre äußerste Grenze findet die journalistische Berichterstattung dort, wo sie mit dem aus der Menschenwürde fließenden Achtungsanspruch anderer Personen kollidiert. Da die Menschenwürde mit anderen, auch gewichtigen Rechtspositionen nicht abgewogen werden kann, muss die Meinungsfreiheit zwingend immer dort zurücktreten, 99, 185 (197); Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 76. in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 3. 564  Branahl, Medienrecht, S. 72; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 3. 565  Branahl, Medienrecht, S. 72. Geschützt wird dabei die Meinungsäußerung in den jeweiligen Medien ebenso wie die Berichterstattung der Massenmedien als solche, vgl. BVerfGE 85, 1 (11 f.); BVerfG NJW-RR 2007, 1340 ff.; Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 77 weist in diesem Zusammenhang darauf hin, es bestehe „ein Zusammenspiel beider Grundrechte, in der Form, dass die Medienfreiheiten die ‚massenkommunikative Vermittlungsleistung‘ schützen und somit zugleich die Meinungsfreiheit derjenigen fördern, die sich in den Massenmedien äußern“. 566  Vgl. hierzu bereits oben unter Kapitel 3 C. III. 4. a) aa). 562  BVerfGE 563  Jarass,

286

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

wo eine Äußerung die Menschenwürde einer anderen Person antastet.567 Dies kann etwa der Fall sein, wenn eine Äußerung durch verbale Ächtung, Erniedrigung oder Brandmarkung den Achtungsanspruch einer anderen Person als Mensch abspricht.568 Neben derart gravierenden Grundrechtskollisionen kann die journalistische Berichterstattung aber auch durch die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt werden. Auf die obigen Ausführungen kann daher verwiesen werden.569 Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Grundgesetz aufgrund der wichtigen Rolle der Medien für die Demokratie im Hinblick auf die journalistische Berichterstattung auch eine äußerste Grenze der Beschränkbarkeit setzt. So findet nach Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG eine Zensur nicht statt. Dieses Zensurverbot kann dabei seinerseits nicht durch ein beschränkendes Gesetz i. S. d. Art. 5 Abs. 2 GG durchbrochen werden.570 cc) Sonderfall des investigativen Journalismus Einen Sonderfall journalistischer Tätigkeit stellt der sog. investigative Journalismus dar. Dabei handelt es um eine Form der Berichterstattung, die sich im Wesentlichen durch eine besonders aktive Rolle der Journalisten, der gesellschaftlichen Relevanz der erörterten Themen sowie der Recherche auch gegen den Widerstand der Betroffenen auszeichnet.571 Aufgrund der besonderen Vorgehensweise investigativ tätiger Journalisten dürften Bild- und 567  Vgl. BVerfGE 93, 266 (293); 102, 347 (366  f.); BVerfG NJW 2009, 3503 (3504); Grabenwarter, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Rn. 158. 568  BVerfGE 1, 97 (104); 87, 209 (228); 107, 275 (284); Grabenwarter, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 Rn. 158; so zielen etwa kinderpornographische Darstellungen „beim Betrachter generell auf die Erregung eines sexuellen Reizes ab und degradieren die sexuell missbrauchten kindlichen ‚Darsteller‘ zum bloßen (auswechselbaren) Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung. Sie verstoßen damit gegen die unantastbare Menschenwürde gem. Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG“, vgl. BVerwGE 111, 291 (294 f.). Auch im Fall des Verbots eines NPD-Wahlplakats mit der Aufschrift „PolenInvasion stoppen!“, das drei Krähen darstellte, von denen eine nach einem Geldschein schnappte, bejahte die Rechtsprechung einen Angriff auf die Menschenwürde. BVerfG NJW 2009, 3503 (3504) führt hierzu aus, dass ein solcher Angriff auf die Menschenwürde vorliege, wenn „den angegriffenen Personen ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeiten abgesprochen und sie als minderwertige Wesen behandelt werden“. 569  Siehe hierzu unter Kapitel 3 C. III. 3. a) aa). 570  BVerfGE 33, 52 (72); Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 77. 571  Vgl. Klintworth, Pressefreiheit und Strafrecht, S. 28 ff.; Eichhoff, Investigativer Journalismus aus verfassungsrechtlicher Sicht, S. 11 ff.; B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (425 f.) bezeichnet etwa „die Aufdeckung des ‚Watergate‘-Skandals durch die amerikanischen Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein von der ‚Washington Post‘ […], der zum Rücktritt des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon am 9.8.1974 führte“, als klassischen Fall des investigativen Journalismus.



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB287

insbesondere Videoaufnahmen hierbei eine noch weitaus größere und bedeutsamere Rolle spielen, als dies im Rahmen journalistischer Berichterstattung ohnehin bereits der Fall ist, stellen sie doch ein unverzichtbares Mittel zur Dokumentation und Beweissicherung dar. Nicht zuletzt aus diesem Grund war von Seiten der Presse vor einer übermäßigen Einschränkung, ja sogar Behinderung des investigativen Journalismus durch § 201a StGB gewarnt worden.572 Wenngleich diese Bedenken nachvollziehbar erscheinen und investigativer Journalismus durch diese spezielle Art der Berichterstattung in besonderem Maße zur öffentlichen Meinungsbildung beiträgt und durch die Aufdeckung von Missständen insbesondere als gesellschaftliches Mittel gegen Machtmissbrauch dienen kann,573 wird in der Rechtsprechung eine Privilegierung der in diesem Zusammenhang tätigen Journalisten jedoch zu Recht abgelehnt.574 Auch im Rahmen investigativ-journalistischer Tätigkeit müssen sich diese an die für jedermann geltenden Vorschriften, d. h. auch an die Strafvorschriften und hierbei insbesondere auch § 201a StGB, halten.575 b) Abwägungskriterien Im Folgenden ist daher der Frage nachzugehen, nach welchen Kriterien das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten in Form des höchstpersönlichen Lebensbereichs mit dem grundrechtlich geschützten Recht der freien journalistischen Berichterstattung abgewogen und zu einem möglichst schonenden Ausgleich gebracht werden kann. Problematisch erscheint insoweit zunächst, dass § 201a Abs. 4 StGB lediglich von der journalistischen Berichterstattung spricht und insofern die journalistische Recherchetätigkeit nicht als rechtfertigenden Zweck miteinzubeziehen scheint. Da sich der Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB jedoch ausdrücklich auch auf Handlungen nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB erstreckt und die journalistische Recherche – wie zuvor gesehen576 – ebenso 572  Vgl. 573  Vgl.

S. 23.

hierzu bereits oben unter Kapitel 3 A. Eichhoff, Investigativer Journalismus aus verfassungsrechtlicher Sicht,

574  Zum sog. Ponton-Prozess aus dem Jahre 1925 vgl. RGSt 62, 65 ff.; B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (426); zum Fall Wallraff vgl. BVerfGE 66, 116 ff.; BGHZ 80, 25 ff.; Hans. OLG Hamburg GRUR 1979, 735 ff.; B. Heinrich, in: FS 200 Jahre Juristische Fakultät der HU Berlin, S. 1241 (1246 f.). 575  Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen kann eine Rechtfertigung nach § 34 StGB in Betracht kommen, etwa bei Berichterstattung über Straftaten; vgl. hierzu auch B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (426); ausf. auch ders., in: FS 200 Jahre Juristische Fakultät der HU Berlin, S. 1241 (1261 ff.). 576  Siehe hierzu oben unter Kapitel 3 C. III. 3. a) aa).

288

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

verfassungsrechtlichen Schutz genießt wie die journalistische Berichterstattung, muss auch die journalistische Recherchetätigkeit als von § 201a Abs. 4 StGB mitumfasst gelten. Nachdem damit die beiden schutzwürdigen Positionen, nämlich die journalistische Recherche und Berichterstattung auf der einen und der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs der abgebildeten Person auf der anderen Seite, identifiziert sind, ist zunächst auf die äußerste Grenze einer möglichen Rechtfertigung hinzuweisen. Wie bereits beim besonderen Rechtfertigungsgrund der Kunstfreiheit herausgearbeitet wurde,577 gilt auch im Hinblick auf den Rechtfertigungsgrund der journalistischen Berichterstattung, dass eine Bildberichterstattung, die den Kern der Persönlichkeit der abgebildeten Person betrifft, eine Rechtfertigung aufgrund des absoluten Schutzes der Menschenwürde nicht in Betracht kommt. In diesen Fällen treten die grundrechtlich geschützten Interessen der journalistischen Berichterstattung grundsätzlich hinter dem Persönlichkeitsschutz des Abgebildeten zurück. Für alle übrigen Fälle gilt es jedoch, Abwägungskriterien zu entwickeln, anhand derer das berechtigte Interesse an journalistischer Recherche und Berichterstattung mit den hiervon betroffenen Schutzinteressen des Abgebildeten zu einem möglichst schonenden Ausgleich gebracht werden können. Angesichts der vergleichbaren Interessenlage und dem ähnlichen Wortlaut – § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG spricht von „Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte“, § 201a Abs. 4 StGB von Handlungen, die dem Zweck der „Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens“ dienen – kann dabei im Ausgangspunkt auf die zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG entwickelten Abwägungskriterien578 zurückgegriffen werden. Steht eine Rechtfertigung nach § 201a Abs. 4 StGB im Raum, so ist in einem ersten Schritt zu fragen, ob die Bildaufnahmen dem Zweck der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens zu dienen bestimmt waren. Um einen Vorgang des Zeitgeschehens wird es sich dabei in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG immer dann handeln, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von allgemeinem gesellschaftlichem Inte­ resse zum Inhalt hat.579 Da unter diesen weit gefassten Begriff des allgemeinen gesellschaftlichen Interesses auch unterhaltende, unsachliche oder sogar satirische Beiträge von öffentlichem Interesse fallen,580 ist bereits an dieser 577  Vgl.

hierzu oben unter Kapitel 3 C. III. 1. den Abwägungskriterien im Rahmen des sog. abgestuften Schutzkonzepts der §§ 22 f. KUG vgl. ausf. oben unter Kapitel 1 B. II. 1. a) cc). 579  Zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vgl. BGH NJW 2008, 749 (750) – Abgestuftes Schutzkonzept II; Arzt, Intimsphäre, S. 25; Diederichsen, Jura 2008, 1 (5). 580  BVerfGE 101, 361 (392) – Caroline von Monaco II; BGH NJW 2004, 762 (764) – Feriendomizil I; BGH NJW 2008, 749 (750) – Abgestuftes Schutzkonzept II; 578  Zu



C. Besonderer Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB289

Stelle ein verhältnismäßiger Ausgleich mit den Interessen des Persönlichkeitsschutzes erforderlich. Wie auch im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ist hierbei maßgeblich auf den Informationswert der Bildaufnahme abzustellen.581 Grundsätzlich ist der Informationswert einer Abbildung umso höher, je eher eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert wird.582 Umgekehrt gilt daher, dass Bildaufnahmen, die primär der Sensationslust, der Befriedigung hemmungsloser Neugier oder rein kommerzieller Interessen des Verbreitenden dienen, nur ein äußerst geringer bzw. im Einzelfall sogar keinerlei Informationswert innewohnt.583 Für § 201a Abs. 4 StGB gelten jedoch freilich einige Besonderheiten gegenüber § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. So ist zwar im Grundsatz davon auszugehen, dass für die Bejahung des öffentlichen Informationsinteresses in einer transparenten Gesellschaft grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen und insbesondere die Aufdeckung oder Erörterung von Missständen oder von Fehlverhalten einen hohen Stellenwert hat.584 Speziell im Fall des § 201a Abs. 4 StGB ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass eine Rechtfertigung grundsätzlich nur für solche Handlungen in Frage kommt, die einen der Tatbestände des § 201a StGB verwirklicht, d. h. den höchstpersönlichen Lebensbereich des Abgebildeten verletzt haben. Verletzt eine Bildaufnahme indes den höchstpersönlichen Lebensbereich, so wird dies regelmäßig gegen einen hohen Informationswert der Abbildung sprechen,585 zumal im die Frage, ob ein konkreter Beitrag tatsächlich von gesellschaftlichem Interesse ist, ist hierbei vom Richter zu bestimmen, sodass es sich insofern um einen normativen Maßstab handelt, vgl. Engels, in: BeckOK-UrhR, § 22 KUG Rn. 2; Neben, Personenberichterstattung, S. 226. 581  Zu § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vgl. BGHZ 151, 26 (30) – Marlene Dietrich; 171, 275 (278 ff.) – Abgestuftes Schutzkonzept I; BGH NJW 1996, 1128 (1130); BGH NJW 2004, 762 (764) – Feriendomizil; BGH NJW 2008, 749 (750) – Abgestuftes Schutzkonzept II; Neben, Personenberichterstattung, S. 226  f.; Stender-Vorwachs, NJW 2009, 334 (335); v. Gerlach, JZ 1988, 741 (750). Zur Kritik an der zur Ermittlung des Informationswerts erforderlichen Interessenabwägung vgl. oben unter Kapitel 1 B. II. 1. a) cc) (1). 582  Vgl. BGH NJW 2007, 3440 (3442) – Grönemeyer; Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG Rn. 6; Diederichsen, Jura 2008, 1 (6); Herrmann, in: BeckOK-InfoMedienR, § 23 KUG Rn. 14. 583  Ebenso Eisele / Sieber, StV 2015, 312 (318), die ein berechtigtes Interesse jedenfalls dann absprechen wollen, wenn die Bildaufnahme „allein aus reiner Skandallust oder Kommerzgründen erfolgt“. 584  Vgl. Lehr, NJW 2013, 728 (730); Reber, GRUR Int. 2010, 22 (24). Zur besonderen Bedeutung des sog. investigativen Journalismus vgl. B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (426) sowie oben unter Kapitel 3 C. III. 3. a) cc). 585  So auch im Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, bei dem die Rechtsprechung auch berücksichtigt, auf welche Art und Weise die Bildinformation beschafft wurde und bei einer Bildnisbeschaffung unter Verletzung der Privatsphäre des Betroffenen regel-

290

3. Kap.: Anwendungsprobleme des § 201a StGB

Rahmen des § 201a Abs. 4 StGB – anders als bei § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG – eine erneute Berücksichtigung schutzwürdiger Gegeninteressen des Abgebildeten586 gerade nicht vorgesehen ist.

IV. Zwischenergebnis Wenn auch der Weg bis zur endgültigen Fassung des § 201a Abs. 4 StGB – wie eingangs erwähnt – weder als geradlinig noch mühelos bezeichnet werden kann, so kann die schlussendlich mit § 201a Abs. 4 StGB gewählte Normierung eines besonderen Rechtfertigungsgrundes insgesamt doch als gelungen bezeichnet werden. Der besondere Rechtfertigungsgrund des § 201a Abs. 4 StGB stellt nicht nur ein Gegengewicht zu dem gegenüber § 201a StGB a. F. deutlich erweiterten tatbestandlichen Schutzbereich dar, sondern ermöcht es auch, zwischen gleichermaßen schutzwürdigen, mitunter aber gegenläufigen Interessen einen verhältnismäßigen Ausgleich und damit eine möglichst große Einzelfallgerechtigkeit herzustellen, bei der auch die möglicherweise schutzwürdigen Interessen des Täters Berücksichtigung finden können. Gerade vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Gewährleistung Kunstfreiheit, vor allem aber im Hinblick auf die Bedeutung der Presse- und Meinungsfreiheit für die „lebende Demokratie“ erscheint die explizite Normierung eines Rechtfertigungsgrundes daher einer Lösung über den allgemeinen Rechtfertigungsgrund des § 34 StGB vorzugswürdig.

mäßig von einem geringeren Informationswert der Abbildung ausgeht, vgl. BVerfG GRUR 2008, 539 (543); BGHZ 24, 200 (208 f.) – Spätheimkehrer; BGH NJW 1966, 2353 (2354) – Vor unserer eigenen Tür; BGH NJW 2009, 754 (755); Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte, S. 189; v. Gerlach, JZ 1998, 741 (750); Fricke, in: Wandtke / Bullinger, § 23 KUG, Rn. 6; Neben, Personenberichterstattung, S. 225; Heldrich, in: FS Heinrichs, S. 319 (322 f.) sowie oben unter Kapitel 1 B. II. 1. a) cc) (1). 586  Vgl. hierzu ausf. unter Kapitel 1 B. II. 1. a) cc) (2).

4. Kapitel

Betrachtung de lege ferenda Neben der zuvor in Kapitel 3 ausführlich analysierten Neufassung des § 201a StGB aus dem Jahre 2015 wird derzeit bereits eine erneute Änderung der Vorschrift zum Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs erwogen.1 Ein Kernanliegen des Gesetzesentwurfs des Bundesrates vom 17.06.20162 ist dabei die effektive Bekämpfung des sog. Gaffer-Phänomens3 sowie damit einhergehend eine Verbesserung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts von Verstorbenen. Ging es bei der Neufassung des § 201a StGB aus dem Jahre 2015 im Wesentlichen noch um die Umsetzung verschiedener internationaler und europäischer Vorgaben auf dem Gebiet des Schutzes von Kindern vor sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung4 bzw. um die Schließung von Schutzlücken infolge technischer Neuerungen, d. h. um die Reaktion des Strafgesetzgebers auf neuartige Angriffs­ formen,5 so steht nunmehr offensichtlich die Bekämpfung eines konkret unerwünschten Verhaltens im Umgang mit diesen technischen Neuerungen, namentlich die Behinderung von Hilfeleistungen, im Vordergrund. Auslöser für diese Bestrebung ist der Umstand, dass es zuletzt vor allem bei schweren Verkehrsunfällen vermehrt zu Zwischenfällen kam, in deren Folge Rettungseinsätze durch Gaffer massiv behindert wurden. In der Mehrzahl der Fälle blieb es dabei nicht allein bei Behinderungen durch die Gaffer, sondern diese fertigten zusätzlich auch noch Bildaufnahmen des Unfallgeschehens samt schwerverletzten Unfallopfern an und verbreiteten diese anschließend in den sozialen Netzwerken. Aus diesem Grund stellt der Gesetzesentwurf in seiner Begründung auch fest, dass „Schaulustige bei schweren Unfällen die verunglückten Personen mit ihren mobilen Telefonen fotografieren, statt ihnen zu 1  Auf den Weg gebracht worden war die Gesetzesverschärfung von Niedersachsen und Berlin, wobei die Länder Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen dem Antrag beigetreten sind. 2  Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Effektive Bekämpfung von sogenannten Gaffern sowie Verbesserung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts von Verstorbenen v. 17.06.2016, BR-Drs. 226 / 16. 3  Vgl. hierzu Hunsicker / Belz, jM 2016, 160 (162  f.); speziell zum aktuellen Entwurf des Bundesrats Heger / Jahn, KriPoZ 2017, 113 (115 ff.). 4  Eisele / Sieber, StV 2015, 312 f.; vgl. hierzu auch bereits oben unter Kapitel 3. 5  Siehe hierzu bereits oben unter Kapitel 3.

292

4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda

helfen“, was „über die damit verbundene Missachtung des Persönlichkeitsrechts der Opfer hinaus“ eine erhebliche Gefahr für die Verunglückten darstelle.6 Um den derart umrissenen Missständen effektiv begegnen zu können, soll u. a. der Anwendungsbereich des § 201a StGB um den Schutz unbefugter Bildaufnahmen verstorbener Personen erweitert und zusätzlich auch noch um eine Versuchsstrafbarkeit ergänzt werden.7 Vermutlich um Friktionen zwischen dem Schutz Verstorbener und dem Rechtsgut des § 201a StGB zu vermeiden, soll zudem in der bisherigen Normüberschrift die Bezeichnung „höchstpersönlicher Lebensbereich“ durch die Bezeichnung „allgemeines Persönlichkeitsrecht“ ersetzt werden.8 Nach dem vorliegenden Gesetzesent­ wurf,9 der am 03.08.2016 in den Bundestag eingebracht wurde,10 würde die Norm des § 201a StGB damit zukünftig wie folgt lauten (Änderungen hervorgehoben): § 201a StGB-E Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Bildaufnahmen Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, von einer verstorbenen Person eine Bildaufnahme, die diese zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt, eine durch eine Tat nach den Nummern 1 bis 3 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht und in den Fällen 6  BR-Drs.

226 / 16, S. 9. Überlegung, auch Verstorbene in den Schutzbereich des § 201a StGB einzubeziehen, ist freilich nicht neu, sondern wurde bereits im Rahmen der Sachverständigenanhörung bei der Schaffung des § 201a StGB a. F. thematisiert, vgl. Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a. F. v. 17.09.2003, S. 13; ders., in: FS Böttcher, S. 597 (608). 8  BR-Drs. 226 / 16, S. 7. Daneben sieht der Gesetzesentwurf die Einführung eines neuen § 115 StGB-E vor, der die Behinderung von Hilfeleistungen der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes unter Strafe stellt. 9  Vgl. BR-Drs. 226 / 16, S. 2 f. 10  BT-Drs. 18 / 9327. 7  Die



4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda293 der Nummern 1 und 2 dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt. Ebenso wird bestraft, wer unbefugt von einer anderen oder verstorbenen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht. Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Bildaufnahme, die die Nacktheit einer anderen Person unter achtzehn Jahren zum Gegenstand hat, herstellt oder anbietet, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen, oder sich oder einer dritten Person gegen Entgelt verschafft. Der Versuch ist strafbar. Absatz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 4 oder Nummer 5, Absatz 2 und 3 gelten nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen. Die Bildträger sowie Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.

Zudem soll § 205 Abs. 2 StGB wie folgt angepasst werden: § 205 StGB-E Strafantrag In den Fällen des § 201 Abs. 1 und 2 und der §§ 202, 203 und 204 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. Dies gilt auch in den Fällen der §§ 201a, 202a, 202b und 202d, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt der Verletzte oder bezieht sich die Tat nach § 201a auf eine verstorbene Person, so geht das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über; dies gilt nicht in den Fällen der §§ 202a, 202b und 202d. Gehört das Geheimnis nicht zum persönlichen Lebensbereich des Verletzten, so geht das Antragsrecht bei Straftaten nach den §§ 203 und 204 auf die Erben über. Offenbart oder verwertet der Täter in den Fällen der §§ 203 und 204 das Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen, so gelten die Sätze 1 und 2 sinngemäß.

Die nachfolgenden Ausführungen verfolgen den Zweck, die geplanten Änderungen nicht nur auf ihre Schlüssigkeit, sondern insbesondere auch im Hinblick auf ihre Notwendigkeit näher zu untersuchen. Dabei wird der Fokus maßgeblich darauf zu richten sein, ob sich eine Fortentwicklung der Norm, wie sie gegenwärtig dem Bundestag in Form des § 201a StGB-E vorliegt, in das bestehende Gesamtkonzept des strafrechtlichen Schutzes vor Bildaufnah-

294

4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda

men, d. h. insbesondere auch vor dem Hintergrund der zuvor aufgezeigten verfassungs- und zivilrechtlichen Vorgaben,11 plausibel und ohne Wertungswidersprüche einfügen ließe.

A. Einbeziehung von Bildaufnahmen Verstorbener I. Aktuelle Rechtslage Bildaufnahmen von Verstorbenen werden von der derzeit geltenden Fassung des § 201a StGB nicht erfasst.12 Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Hinblick auf § 201a StGB ein dem § 203 Abs. 4 StGB entsprechender ausdrücklicher Hinweis bezüglich verstorbener Betroffener fehlt. Hinzu kommt, dass sich – vor allem mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG – Verstorbene nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres unter den Begriff der „anderen Person“ i. S. d. § 201a StGB fassen lassen.13 Da sich der Schutz des § 201a StGB damit nach derzeit gültiger Rechtslage auf lebende Personen beschränkt, stellt sich die Frage, ob eine Ausweitung des Schutzes auch auf Verstorbene in Anbetracht der verfassungsrechtlichen Vorgaben und zivilrechtlichen Wertungen möglich, erforderlich und gegebenenfalls sogar geboten erscheint. 1. Postmortaler Schutz der Persönlichkeit durch das Verfassungsrecht Der Schutz der Persönlichkeit auch über den Tod hinaus ist der deutschen Rechtsordnung als solcher nicht fremd. Die verfassungsrechtliche Rechtsprechung bejaht bei besonders schweren Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsbildes Verstorbener einen derartigen postmortalen Persönlichkeitsschutz als Ausfluss des Art. 1 Abs. 1 GG.14 Das Bundesverfassungsgericht hat sich hierzu in der Vergangenheit klar positioniert und ausgeführt, dass als verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab allein „das Gebot der Unverletzlichkeit der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG“ in Betracht komme, denn „die mit Art. 1 Abs. 1 GG aller staatlicher Gewalt auferlegte Verpflichtung, dem Einzelnen Schutz gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zu gewähren, endet nicht mit dem Tod“.15 11  Vgl.

hierzu oben Kapitel 1 A. und Kapitel 1 B. § 201a StGB a. F. siehe bereits Flechsig, ZUM 2004, 605 (612). 13  Vgl. aber auch Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu §  201a StGB a.  F. v. 17.09.2003, S. 13, der eine ausdrückliche Klarstellung der Einbeziehung Verstorbener in den Tatbestand für entbehrlich hielt. 14  BVerfGE 30, 173 (194); BVerfG NJW 2001, 594 f.; BGH NJW 2006, 605 (606). 15  So wörtlich BVerfG NJW 2001, 594  f. Diese den Schutz Verstorbener auf Art. 1 Abs. 1 GG beschränkende Sichtweise wurde in der verfassungsrechtlichen Li12  Zum



A. Einbeziehung von Bildaufnahmen Verstorbener295

Im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG komme ein solcher postmortaler Persönlichkeitsschutz hingegen nicht in Betracht, da nur lebende Personen Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein können.16 2. Rückwirkung auf einfachgesetzliche (Schutz-)Vorschriften Diese klare und eindeutige Position des Bundesverfassungsgerichts ist freilich für die entsprechenden einfachgesetzlichen Schutzvorschriften nicht ohne Konsequenzen geblieben. Dies gilt vor allem mit Blick auf die zivilrechtliche Rechtsprechung, die jedenfalls bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen von zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung bereits Verstorbenen einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens ablehnt.17 Auch in Bezug auf Unterlassungsansprüche geht die zivilrechtliche Rechtsprechung davon aus, dass der postmortale Persönlichkeitsschutz im Rahmen der Abwägung mit kollidierenden Grundrechtspositionen des Anspruchsgegners mit zunehmendem Zeitablauf an Gewicht verliert.18 teratur freilich vielfach kritisiert, da sie die Schutzbedürftigkeit des Lebensbildes Verstorbener gerade in der Erinnerungsfähigkeit noch lebender Personen verkenne, vgl. nur Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 57; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 1 Abs. 1 Rn. 74; zu sehen ist aber freilich auch, dass der an Art. 1 Abs. 1 GG ausgerichtete postmortale Schutz infolge des Menschenwürdebezugs absolut, d. h. einer Abwägung mit kollidierenden Rechtspositionen nicht zugänglich ist, der Schutz also „nicht etwa im Zuge einer Güterabwägung relativiert werden“ kann, vgl. BVerfG NJW 2001, 2957 (2959). 16  BVerfGE 30, 173 (194); BVerfG DVBl. 2001, 985 (986); Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2, Rn. 226; nach BVerfG NJW 2001, 594 f. besteht „kein Grundrechtsschutz des Verstorbenen aus Art. 2 Abs. 1, weil Träger dieses Grundrechts nur die lebende Person ist. Das gem. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht scheidet damit als unmittelbarer Prüfungsmaßstab des angegriffenen Urteils aus“; vgl. hierzu auch Reber, GRUR Int. 2010, 22 (24). 17  BGHZ 165, 203 stellt hierzu fest, dass bei der Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung „nämlich regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung für das Opfer im Vordergrund“ stehe, dem Verstorbenen selbst könne jedoch „keine Genugtuung für die Verletzung seiner Persönlichkeit mehr verschafft werden“, zumal „der Präventionsgedanke allein […] die Gewährung einer Geldentschädigung nicht zu tragen“ vermöge; BGH NJW 1974, 1371; vgl. hierzu auch Fischer, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, S. 185; Ludyga, ZEV 2014, 333 (335); Leipold, in: MK-BGB, § 1922 Rn. 124; Rixecker, in: MKBGB, § 12 Anh. Persönlichkeitsrecht Rn. 55; Ernst-Moll, GRUR 1996, 558 (563); Götting, GRUR 2004, 801 (802); Schack, GRUR 1985, 352 (358). 18  BVerfGE 30, 173 (196); nach BGHZ 50, 133 (140 f.) – Mephisto schwindet das Schutzbedürfnis „in dem Maße, in dem die Erinnerung an den Verstorbenen verblasst“, wie auch „im Laufe der Zeit […] das Interesse an der Nichtverfälschung des

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4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda

Eine ausdrückliche Regelung bezüglich des postmortalen Schutzes vor Bildaufnahmen lässt sich § 22 S. 3 KUG entnehmen. Danach ist die Verbreitung bzw. öffentliche Zurschaustellung des Bildnisses eines Verstorbenen bis zum Ablauf von 10 Jahren nach dessen Tode unzulässig, es sei denn, die Angehörigen des verstorbenen Abgebildeten haben in die Verbreitung bzw. das öffentliche zur Schau stellen eingewilligt. Als Angehörige in diesem Sinne führt § 22 S. 4 KUG ausdrücklich den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner sowie die Kinder des Abgebildeten an. Existieren keine der genannten Angehörigen, so geht das Einwilligungsrecht nach § 22 S. 4 a. E. KUG auf die Eltern des Abgebildeten über. Diese Wertung findet über § 33 Abs. 1 KUG schließlich auch Eingang in das (Neben-)Strafrecht, sodass Bildaufnahmen von Verstorbenen, die ohne Einwilligung der Angehörigen verbreitet bzw. öffentlich zur Schau gestellt werden, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden können.19 Wenngleich ein dem § 22 S. 3 KUG entsprechender Tatbestand im Kernstrafrecht bislang nicht existiert, so ist dem Kernstrafrecht ein postmortaler Persönlichkeitsschutz dennoch nicht grundsätzlich fremd. So gewährleistet etwa § 168 StGB Schutz vor einer Störung der Totenruhe und trägt damit dem Pietätsempfinden der Allgemeinheit gegenüber den Verstorbenen und ihren Ruhestätten Rechnung.20 Ähnliches gilt für § 167a StGB, der die Störung einer Bestattungsfeier unter Strafe stellt.21 § 189 StGB wiederum stellt die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener unter Strafe, dient also Lebensbild abnimmt“; nach BGHZ 107, 384 (392) – Emil Nolde lässt sich die Dauer des postmortalen Persönlichkeitsschutzes „nicht generell festlegen. […] Dabei wird es neben der Intensität der Beeinträchtigung vor allem auf die Bekanntheit und Bedeutung des durch das künstlerische Schaffen geprägten Persönlichkeitsbild ankommen“; vgl. hierzu insgesamt auch Enders, Menschenwürde, S. 470 f. 19  Zu berücksichtigen ist freilich, dass eine Tat nach §§ 22 f., § 33 Abs. 1 KUG nach § 33 Abs. 2 KUG nur auf Antrag verfolgt wird und es sich dabei zudem nach § 374 Abs. 1 Nr. 8 StPO um ein reines Privatklagedelikt handelt. Auf die damit einhergehenden Schwierigkeiten und die geringe Praxisrelevanz des § 33 KUG weist auch Schöch, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a. F. v. 16.09.2003, S. 2 sowie insbesondere S. 5 hin und plädiert daher dafür, § 33 KUG „aus dem Kreis der Privatklagedelikte herausnehmen und zu einem Offizialdelikt aufzuwerten, damit endlich auch ein minimaler strafrechtlicher Schutz bei der unbefugten Verbreitung von Bildaufnahmen gewährleistet ist“. 20  BGHSt 50, 80 (89) m. Bespr. Kubiciel, JA 2005, 763 (765); Lackner / KühlHeger, § 168 Rn. 1; Rüping, GA 1977, 299 ff.; Sternberg-Lieben, Schranken der Einwilligung, S. 396 Fn. 312; Czerner, ZStW 115 (2003), S. 91 (97); krit. Hörnle, in: MK-StGB, § 168 Rn. 1; dies., Grob anstößiges Verhalten, S. 367 ff.; Rudolphi / Rogall, in: SK-StGB, Vorbem. §§ 166 ff. Rn. 3. 21  Lenckner / Bosch, in: Schönke / Schröder, § 167a Rn. 1 i. V. m. Vorbem. § 166 Rn. 2; differenzierend und krit. hingegen Hörnle, in: MK-StGB, § 167a Rn. 1; dies., Grob anstößiges Verhalten, S. 357 ff.



A. Einbeziehung von Bildaufnahmen Verstorbener297

ebenfalls dem Pietätsgefühl der Angehörigen und der Allgemeinheit.22 Zumindest den § 189 StGB und § 168 StGB ist dabei gemein, dass sie auf einen andauernden Schutz der Menschenwürde bzw. des nachwirkenden Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen abzielen.23 Vereinzelt wird mitunter auch vertreten, dass § 189 StGB die (fortbestehende) Ehre des Verstorbenen schütze.24 Dies ist jedoch mit der h. M. zu Recht abzulehnen, da die Ehre i. S. e. personalen Geltungswerts untrennbar mit der Personenwürde des Menschen verbunden ist und diesem als solche nur zu Lebzeiten zukommt.25 3. Zwischenfazit Unter Geltung der aktuellen Rechtslage wird der postmortale Schutz der Persönlichkeit mit einem Fortwirken der Menschenwürde über den Tod hi­ naus, nicht aber mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG begründet. Sowohl im Verfassungsrecht als auch im Zivilrecht ist der Schutz Verstorbener (auch) vor Bildaufnahmen damit eher punktuell ausgestaltet. Speziell im Bereich des postmortalen Schutzes vor Bildaufnahmen existiert mit § 22 S. 3 KUG jedoch eine einfachgesetzliche Vorschrift, die das Verbreiten bzw. öffentliche zur Schau stellen von Bildnissen Verstorbener zumindest unter Einwilligungsvorbehalt stellt. Die Regelung reicht freilich nicht so weit, bereits das unbefugte Herstellen einer Bildaufnahme von einer verstorbenen Person unter Strafe zu stellen. Im Kernstrafrecht hingegen fehlt 22  So OLG Düsseldorf NJW 1967, 1142 (1143); Lackner / Kühl, § 189 Rn. 1; Rüping, GA 1977, 299 (304); Enders, Menschenwürde, S. 470; Maurach / Schroeder / Maiwald, StR BT I, § 25 Rn. 38; ähnlich Zaczyk, in: NK-StGB, § 189 Rn. 1. § 185 StGB bezweckt hingegen nach allgemeiner Ansicht keinen Schutz von Verstorbenen, sondern ist ausschließlich auf lebende Personen anwendbar, vgl. Regge / Pegel, in: MK-StGB, § 185 Rn. 6. 23  Zum andauernden Schutz der Menschenwürde vgl. BT-Drs. 10 / 3758, S. 4; sowie BT-Drs. 10 / 6568, S. 4; Lenckner / Bosch, in: Schönke / Schröder, Vorbem. §§ 166 ff. Rn. 2; zur Nachwirkung des Persönlichkeitsrechts vgl. Bieler, JR 1976, 224 ff.; Buschmann, NJW 1970, 2081 ff.; Stübinger, in: NK-StGB, § 168 Rn. 2 spricht von einer „auch postmortal erhaltenen Rechtssubjektivität der Person“; nach Hörnle, in: MK-StGB, § 168 Rn. 2 begründen „überlebende Rechte des Verstorbenen […] Verhaltenspflichten für die Lebenden (postmortaler Persönlichkeitsschutz)“. 24  Vgl. Hirsch, Ehre und Beleidigung, S. 125  ff.; ders., in: FS Wolff, S. 125 (141 ff.); Hilgendorf, in: LK-StGB, § 189 Rn. 1 f.; nach Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 189 Rn. 1 handelt es sich hingegen um ein Persönlichkeitsrecht eigener Art. 25  Vgl. RGSt 13, 95 f.; Lackner / Kühl, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 2; Regge / Pegel, in: MK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 39 f.; Fischer, StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 8; Hilgendorf, in: LK-StGB, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 18; Lenckner / Eisele, in: Schönke /  Schröder, Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 2.

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4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda

eine entsprechende Regelung zum postmortalen Schutz vor Bildaufnahmen bislang vollständig, da § 201a StGB in seiner gegenwärtigen Fassung ausschließlich auf lebende Personen Anwendung findet. Dies führt zu dem Ergebnis, dass die Veröffentlichung von Bildnissen Verstorbener zwar nach §§ 22 f. i. V. m. § 33 KUG strafbar sein kann, das Herstellen entsprechender Bildaufnahmen allerdings gerade nicht strafrechtlich erfasst wird.26

II. Geplante Änderungen durch § 201a StGB-E In der oben skizzierten Situation des strafrechtlichen Schutzes Verstorbener vor Bildaufnahmen vermag die Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 201a StGB-E eine Schutzlücke zu erkennen, weshalb der Schutzbereich des § 201a StGB in zweifacher Hinsicht ausgedehnt werden soll. Diese Erweiterung betrifft zum einen den neu einzufügenden § 201a Abs. 1 Nr. 3 StGB-E, der das unbefugte Herstellen bzw. Übertragen von Bildaufnahmen, die eine verstorbene Person zur Schau stellen, mit Strafe bedroht. Zum anderen soll nach § 201a Abs. 2 StGB-E zukünftig auch das einem Dritten unbefugte Zugänglichmachen der Bildaufnahme einer verstorbenen Person, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, pönalisiert werden.27 1. Bildaufnahmen, die eine verstorbene Person zur Schau stellen Nach § 201a Abs. 1 Nr. 3 StGB-E soll sich zukünftig strafbar machen, wer von einer verstorbenen Person eine Bildaufnahme, die diese zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt. Ausweislich der Entwurfsbegründung soll damit nicht nur dem „hohen Rechtsgut des höchstpersönlichen Lebensbereichs, der von § 201a StGB geschützt wird, auch postmortal Rechnung getragen“ werden, sondern auch ein möglichst umfassender Schutz des einer Abwägung mit anderen Interessen nicht mehr zugänglichen Bereichs privater Lebensführung erreicht werden.28 In der Tat erscheint es wenig verständlich, dass der Sterbevorgang, der von § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB unzweifelhaft erfasst wird,29 nicht aber ein bereits Verstorbener dem Schutz vor unbefugten Bildaufnahmen unterfallen soll.30 Auf diese Ungereimtheit bzw. Unstimmigkeit hat Kühl bereits im auch B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (418). BR-Drs. 226 / 16, S. 2. 28  BT-Drs. 18 / 9327, S. 10. 29  Vgl. hierzu oben unter Kapitel 3 A. IV. 4. 30  Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a.  F. v. 17.09.2003, S. 13 weist diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass Tote von § 201 StGB schon deshalb 26  So

27  Vgl.



A. Einbeziehung von Bildaufnahmen Verstorbener299

Jahre 2003 zu Recht hingewiesen und dies anhand des Beispiels des Bildes eines toten Politikers in der Badewanne seines Hotelzimmers illustriert.31 Dass derart spektakuläre Bildberichterstattung auch vor Verstorbenen nicht Halt macht, ist mittlerweile leider traurige Realität medialer Berichterstattung.32 Ein Hauptanwendungsfall des geplanten § 201a Abs. 1 Nr. 3 StGB-E könnte dabei die – oftmals von reiner Skandallust und Voyeurismus getriebene – bildhafte Darstellung von Verkehrsunfallopfern sein. Einem Beobachter, der als „Gaffer“ ein Bild aus einer gewissen Entfernung aufgenommen hat, wird es dabei regelmäßig unmöglich sein zu erkennen, ob das Opfer „nur“ schwer verletzt oder bereits verstorben ist. Das mit der Bildaufnahme in einer derartigen Situation verwirklichte Unrecht hängt jedoch nicht davon ab, ob das Unfallopfer noch lebt oder seinen Verletzungen bereits erlegen ist. Hinzu kommt, dass in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle kein berechtigtes Interesse des Aufnehmenden an der Herstellung der Bildaufnahme vorliegen wird. Ein weiterer möglicher Anwendungsfall sind Bildaufnahmen im Zusammenhang mit Terroranschlägen oder Amokläufen. So waren jüngst im Zusammenhang mit der Berichterstattung über terroristische Anschläge mehrfach auch in den deutschen Medien Bildaufnahmen zu sehen, die nicht nur Anschlagsopfer zeigten, die schwer verletzt und blutend auf der Straße lagen,33 sondern eben auch Verstorbene.34 Hier drängt sich die Frage genicht erfasst werden, da diese „nicht mehr sprechen“, während „Verstorbene durchaus noch tauglicher Gegenstand von Bildaufnahmen“ sein können. Das insofern bestehende Schutzbedürfnis war freilich schon im Fall der Fotografien der Leiche Otto v. Bismarcks, welche schließlich zur Schaffung der Vorschriften des Rechts am eigenen Bild führten, offen zu Tage getreten, vgl. hierzu bereits oben unter Kapitel 1 B. II. 1. a). 31  Vgl. Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a.  F. v. 17.09.2003, S. 13. 32  Vgl. hierzu auch Pistorius, Plenarprotokoll der 945. Sitzung des Bundesrats v. 13.05.2016, S. 190 f. sowie Niewisch-Lennartz, Plenarprotokoll der 946. Sitzung des Bundesrats v. 17.06.2016, S. 246. 33  Zur Anwendbarkeit des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB vgl. oben unter Kapitel 3 B. 34  Ähnlich dürfte es sich mit der Bildaufnahme des Attentats auf den russischen Botschafter in Ankara am 19.12.2016 verhalten, die den Attentäter mit der Tatwaffe in der Hand und empor gestrecktem Zeigefinger neben dem am Boden liegenden getöteten Botschafter zeigt. Das Foto mit dem Titel „Ein Attentat in der Türkei“ wurde im Februar 2017 als Weltpressefoto ausgezeichnet und dabei von der Jury als „unglaublich schonungslose Aufnahme“ und „explosives Bild, das den Hass unserer Zeit ausdrückt“, bezeichnet. Zu berücksichtigen ist hierbei freilich, dass dieses Bild zwar den Tatbestand des § 201a Abs. 1 Nr. 3 StGB-E erfüllen dürfte, seine Herstellung bzw. Verbreitung aber wohl dennoch unter dem Gesichtspunkt des § 201a Abs. 4 StGB gerechtfertigt wäre.

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4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda

radezu auf, ob sich das berechtigte Informationsinteresse der Allgemeinheit bei derartigen Aufnahmen tatsächlich auf die Abbildung Verstorbener bezieht, oder nicht vielmehr auf das ursächliche Ereignis selbst beschränkt ist. Jedenfalls dann, wenn Bildaufnahmen einen Verstorbenen nicht nur abbilden, sondern jenseits aller Neutralität zur Schau stellen, ist die auch postmortal nachwirkende Menschenwürde des verstorbenen Abgebildeten angetastet. In weniger krassen Fällen lässt sich die notwendige Restriktion des Anwendungsbereichs bereits durch das Merkmal des „zur Schau Stellens“ erreichen. Damit wird ausreichend gewährleistet, dass gerade die in der Gesetzesbegründung genannten strafwürdigen Fälle der sog. Unfall-Gaffer erfasst werden, die allein von Sensationsgier angetrieben handeln. Fälle, in denen Aufnahmen von Verkehrsunfällen oder Terrorereignissen durch vollständige Verpixelung bzw. Unkenntlichmachung des Verstorbenen anonymisiert werden, bleiben hingegen außen vor, sodass eine hinreichende Berichterstattung und Information der Öffentlichkeit gewährleistet wird. Vor diesem Hintergrund betrachtet ist es daher zu befürworten, den Schutzbereich des § 201a StGB auf das „zur Schau Stellen“ Verstorbener auszuweiten. 2. Bildaufnahmen, die geeignet sind, dem Ansehen Verstorbener zu schaden Mit den soeben angesprochenen geplanten Fallgruppen von Bildaufnahmen, die eine verstorbene Person zur Schau stellen, hat die ebenfalls geplante Einbeziehung Verstorbener in § 201a Abs. 2 StGB freilich wenig gemeinsam. Nach § 201a Abs. 2 StGB-E würde sich strafbar machen, wer unbefugt eine Bildaufnahme von einer verstorbenen Person, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht. Wie bereits zuvor gesehen handelt es sich bei § 201a Abs. 2 StGB in seiner derzeitigen Fassung um ein spezielles Indiskretionsdelikt, das den höchstpersönlichen Lebensbereich des Einzelnen vor unbefugtem ­Zugänglichmachen von Bildaufnahmen mit höchstpersönlichem Inhalt schützt.35 Angesichts dieser aufgrund der tatbestandlichen Unbestimmtheit ohnehin schon problembehafteten Fassung des derzeit geltenden § 201a Abs. 2 StGB erscheint die geplante Erweiterung deshalb bedenklich, weil sich der strafrechtliche Schutz Verstorbener ebenfalls mit Bedenken im Hinblick auf das Bestimmheitsgebot konfrontiert sieht,36 sodass die bereits 35  Vgl.

hierzu oben unter Kapitel 3 B. I. 3. b) bb) (3). ist etwa schon unklar, wie lange ein strafrechtlicher Schutz über den Tod hinaus reichen kann, d. h. welche zeitlichen Grenzen einem postmortalen Schutz Verstorbener zu setzen sind, vgl. nur Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB 36  So



A. Einbeziehung von Bildaufnahmen Verstorbener301

oben festgestellte37 Kumulation unbestimmter Tatbestandsmerkmale weiter verschärft würde. Im Folgenden gilt es daher, nicht nur Grund und Grenzen eines postmortalen Indiskretionsschutzes zu ermitteln, sondern auch die Frage zu stellen, ob Indiskretionshandlungen durch Bildaufnahmen im Hinblick auf Privatangelegenheiten Verstorbener strafrechtlich überhaupt erfasst werden können. a) Grund und Grenzen eines postmortalen Indiskretionsschutzes Für die Umsetzung eines postmortalen Indiskretionsschutzes lassen sich dem Grunde nach zwei unterschiedliche Anknüpfungspunkte anführen. Die erste Rechtsschutzmöglichkeit besteht in der Annahme, dass das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen über den Tod hinaus fort- bzw. nachwirken müsse. Die Geltendmachung der Schutzansprüche, die sich aus einem derartigen postmortalen Persönlichkeitsrecht ergeben würden, könnte freilich nur durch die nahen Angehörigen erfolgen. Daneben könnte ein Rechtsschutz aber auch auf den unmittelbaren Angehörigenschutz gestützt werden. Dahinter steht die Erwägung, dass das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen zwar nicht fortwirkt, eine Indiskretionshandlung gegenüber dem Verstorbenen aufgrund des Näheverhältnisses aber oftmals zugleich die Privatsphäre der Hinterbliebenen beeinträchtigt. Rechtsgut eines postmortal eingreifenden Straftatbestands wäre in diesem Fall nicht das fort- bzw. nachwirkend gedachte Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen, sondern das Pietätsgefühl der Angehörigen. Wie etwa an § 168 StGB und § 189 StGB deutlich wird, hat der strafrechtliche Persönlichkeitsschutz überwiegend in letzterer Rechtsschutzmöglichkeit seine Umsetzung gefunden.38 Dieser Befund deckt sich freilich mit den allgemeinen Vorgaben des Verfassungsrechts, wo mittlerweile allgemein anerkannt ist, dass ein postmortales Fortbestehen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt. Nach dem Tod des Grundrechtsträgers besteht ein Schutz von Persönlichkeitsrechten daher allein in Form der nachwirkenden Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG.39 Diese Beschränkung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes auf den Maßstab des Art. 1 Abs. 1 GG ist jedoch möglicherweise nicht ohne weiteres a. F. v. 17.09.2003, S. 13. Zu den im Zivilrecht geltenden Grenzziehungen vgl. bereits oben unter Kapitel 4 A. I. 2. 37  Vgl. hierzu oben unter Kapitel 3. 38  Vgl. hierzu zuvor unter Kapitel 4 A. I. 2. 39  BVerfGE 30, 173 (194); BVerfG NJW 2001, 594  f.; BGH NJW 2006, 605 (606); vgl. hierzu auch oben unter Kapitel 4 A. I. 1.

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4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda

auf den Schutz vor Indiskretion als besonderer Teilbereich des Persönlichkeitsschutzes übertragbar, da der Schutzzweck und Inhalt des strafrechtlichen Indiskretionsschutzes eigenen Regeln folgt. So hat der Gesetzgeber etwa beim Straftatbestand der Verletzung von Privatgeheimnissen, der den individuellen und höchstpersönlichen Geheimbereich des Einzelnen schützt,40 in § 203 Abs. 4 StGB ausdrücklich klargestellt, dass der strafrechtliche Schutz auch dann fortbesteht, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.41 Das Fortwirken des Geheimnisschutzes über den Tod des Betroffenen hinaus ist dabei schon im Hinblick auf den Schutzzweck des § 203 StGB erforderlich, wäre doch ein vertrauensvolles Verhältnis zu den erfassten Berufsgeheimnisträgern kaum denkbar, wenn der Betroffene nach seinem Tod mit einem Enden der Schweigepflicht rechnen müsste.42 Ob die Offenbarung des Geheimnisses den sittlichen oder sozialen Wert des Verstorbenen herabsetzt, soll dabei irrelevant sein, sodass die Schweigepflicht in inhaltlich unveränderter Weise fortbesteht.43 Der Schutz des § 203 StGB endet somit nicht mit dem Tod des Betroffenen, sondern erstreckt sich auch postmortal auf dessen Geheimnisschutzinteresse und damit unmittelbar auf den Schutz des Persönlichkeitsrechts. Im Bereich des strafrechtlichen Indiskretionsschutzes kann es daher unter Schutzzweckgesichtspunkten angemessen und erforderlich sein, den strafrechtlichen Schutz des Persönlichkeitsrechts auch auf den Zeitraum nach dem Tod des Betroffenen auszuweiten. b) Postmortaler Bildnisschutz nach § 22 S. 3 KUG Eine derartige Strafrechtsausdehnung wäre allerdings überflüssig, wenn sich bereits dem KUG ein ausreichender postmortaler Bildnisschutz entnehmen ließe, der gerade auch das Diskretionsinteresse des Verstorbenen erfasst. 40  Vgl. BGHZ 115, 123 (125); 122, 115 (117); OLG Oldenburg NJW 1992, 758 (759); Lackner / Kühl-Heger, § 203 Rn. 1; Weidemann, BeckOK-StGB, § 203 Rn. 2; Cierniak / Pohlit, in: MK-StGB, § 203 Rn. 2. 41  § 203 Abs. 4 StGB soll dabei allerdings nur eine klarstellende Funktion zukommen, vgl. Lenckner / Eisele, § 203 StGB Rn. 70; a. A. Schünemann, ZStW 90 (1978), S. 11 S. (60). 42  BayLSG München NJW 1962, 1789 (1790); Lenckner, in: Arzt und Recht, S.  159 (173 f.); Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, § 203 Rn. 70; Kargl, in: NKStGB, § 203 Rn. 10. Zur aktuell geplanten Ausweitung des Kreises der von § 203 StGB erfassten Berufsgeheimnisträger vgl. BT-Drs. 18 / 11936; Eisele, Schriftliche Stellungnahme zu § 203 StGB v. 12.05.2017, S. 2 ff. 43  Vgl. BayLSG München NJW 1962, 1789 (1791); Lenckner / Eisele, in: Schönke /  Schröder, § 203 Rn. 70; Cierniak / Pohlit, in: MK-StGB, § 203 Rn. 137; Jähnke, in: LK10-StGB, § 203 Rn. 53; Becker, MDR 1974, 888 (891); a. A. aber OLG Düsseldorf NJW 1959, 821; LG Augsburg NJW 1964, 1187 (1188 f.).



A. Einbeziehung von Bildaufnahmen Verstorbener303

Wie schon zuvor gesehen existiert im Bereich des Bildnisschutzes mit § 22 S. 3 KUG eine spezielle Vorschrift, die als einfachgesetzliche Konkretisierung des aus dem Menschenwürdeschutz des Art. 1 Abs. 1 GG fließenden Achtungsanspruchs den postmortalen Schutz des Rechts am eigenen Bild normiert. Auch nach dem Tod des Abgebildeten besteht damit ein Achtungsanspruch gegen schwerwiegende Herabsetzungen des Ansehens Verstorbener.44 Darauf, ob die Bildaufnahme ein Geheimhaltungsinteresse des Verstorbenen verletzt, kommt es im Rahmen des § 22 S. 3 KUG hingegen nicht an. Trotz ihres bei oberflächlicher Betrachtung ähnlichen Anknüpfungspunkts des Bildnisses bzw. der Bildaufnahme verfolgen § 22 S. 3 KUG und § 201a Abs. 2 StGB-E damit grundverschiedene Schutzzwecke. Während § 22 S. 3 KUG mit dem Recht am eigenen Bild einen Aspekt der Selbstbestimmung schützt, bezweckt § 201a Abs. 2 StGB-E den Schutz vor bildhafter Indiskretion und damit einen Schutz der Privatsphäre des Abgebildeten. Der postmortale Bildnisschutz des KUG vermag daher dem Schutzinteresse vor bildhafter Indiskretion nicht abschließend Rechnung zu tragen. c) Zwischenergebnis Die vorstehende Betrachtung hat gezeigt, dass die mit § 201a Abs. 2 StGB-E geplante Einbeziehung Verstorbener in Bezug auf Schutzgut und Interessenlage eine gewisse Parallele zur Regelung des § 203 Abs. 4 StGB aufweist und deshalb vergleichbar ist. Sowohl § 201a Abs. 2 StGB-E als auch § 203 Abs. 4 StGB bezwecken den Schutz Verstorbener vor Indiskretion. Da nach bisher geltender Rechtslage zumindest für den Bereich bildhafter Indiskretion kein Strafrechtsschutz besteht, wäre die vorgeschlagene Regelung des § 201a Abs. 2 StGB-E zwar dem Grunde nach geeignet, diese Lücke zu schließen. Ob eine solche Lückenschließung im Bereich des strafrechtlichen Schutzes vor bildlicher Indiskretion indes auch zwingend erforderlich bzw. geboten ist, erscheint gerade mit Blick auf den fragmentarischen Charakter des Strafrechts, aber auch in Anbetracht der vielfach zu Recht geäußerten Kritik an der tatbestandlichen Weite und Unbestimmtheit des § 201a Abs. 2 StGB fraglich, zumal mit dem ebenfalls den postmortalen Schutz vor Bildaufnahmen bezweckenden § 201a Abs. 1 Nr. 3 StGB-E bereits eine Vorschrift in Planung ist, die die Mehrzahl der regelungsbedürftigen Fälle erfassen dürfte. Wenngleich im Fall des § 201a Abs. 2 StGB-E die gesetzgeberische „Orientierung“ an § 203 Abs. 4 StGB als systematisch kohärent bezeichnet werden kann, ist dem Gesetzgeber somit anzuraten, die Normierung eines postmortalen Strafrechtsschutzes vor ansehensschädigen44  Vgl. BVerfGE 30, 173 (194); BVerfG NJW 2001, 2957 (2958 f.) – Wilhelm Kaisen; Specht, in: Dreier / Schulze, UrhG, § 22 KUG Rn. 29.

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4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda

den Bildaufnahmen zumindest solange zurück zu halten und damit „Mut zur Lücke“45 zu beweisen, bis klar ist, ob sich die derzeit geltende Fassung des § 201a Abs. 2 StGB in der Praxis bewährt.

B. Änderung der Normüberschrift des § 201a StGB Als weitere Neuerung sieht die geplante Reform des § 201a StGB eine Änderung der Normüberschrift vor. Diese soll nicht mehr wie bislang „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ lauten, sondern fortan in „Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Bildaufnahmen“ umbenannt werden.46 Die gesetzgeberischen Beweggründe hierfür bzw. die Vorteile, die sich der Gesetzgeber von einer derartigen Änderung verspricht, gehen aus den Gesetzesmaterialien nicht hervor. Zu vermuten ist jedoch, dass diese Änderungen dem Umstand Rechnung tragen sollen, dass § 201a StGB-E durch die geplanten Änderungen zukünftig nicht mehr nur lebende, sondern auch verstorbene Personen erfassen soll. Die vorstehenden Ausführungen zur Erweiterung des Schutzes vor unbefugten Bildaufnahmen auf Verstorbene haben jedoch aufgezeigt, dass die geltende Rechtsordnung einen postmortalen Schutz der Persönlichkeit nicht als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährt, sondern sich ein solcher allein aus der Fortwirkung der Menschenwürde auch über den Tod des Rechtsinhabers hinaus ableiten lässt.47 Eine Änderung der Normüberschrift zur Vermeidung von Friktionen mit dem zukünftig bezweckten Schutz Verstorbener ist daher unter diesem Aspekt nicht geboten – und wie sogleich dargelegt wird – auch nicht zielführend. Es stellt sich daher die weitaus grundsätzlichere Frage, welche Folgen eine derartige Änderung der Normüberschrift gerade auch für die nicht von der Änderung des § 201a StGB-E betroffenen Tatbestandselemente hätte, insbesondere im Hinblick auf die zu Recht geäußerten Bedenken bezüglich der hinreichenden Bestimmtheit des § 201a StGB.48 Beiden Begriffen, d.  h. sowohl dem „höchstpersönlichen Lebensbereich“ als auch dem „allgemeinen Persönlichkeitsrecht“ ist gemein, dass es sich um wenig konkrete und nur normativ bestimmbare Rechtsbegriffe handelt. Dies bereitet insbesondere ei45  Zur notwendigen Lückenhaftigkeit des Strafrechtsschutzes vgl. Tiedemann, Tatbestandsfunktionen im Nebenstrafrecht, S. 136 und S. 258; Appel, Verfassung und Strafe, S.  409 ff.; Kühl, in: FS Stöckel, S. 117 (132); ders., in: FS Tiedemann, S. 29 (32). 46  BT-Drs. 18 / 9327, S. 7. 47  Vgl. hierzu oben unter Kapitel 4 A. I. 1. 48  Vgl. hierzu bereits oben unter Kapitel 3.



B. Änderung der Normüberschrift des § 201a StGB305

nem derart rechtsgutsbasierten Normensystem wie dem des Strafgesetzbuchs Schwierigkeiten. Was den Begriff des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ betrifft, so kommt erschwerend hinzu, dass dieser – wie bereits eingangs auf­ gezeigt49 – in besonderem Maße vom Einfluss des Verfassungsrechts geprägt ist und ihm damit stets die Notwendigkeit der Abwägung mit anderen berechtigten, mitunter grundrechtlich besonders geschützten Interessen und Rechtspositionen anhaftet. Gerade diese „Tendenz zur Abwägung“ ist für das Strafrecht nicht einfach zu bewerkstelligen und stellt das Strafrecht daher vielfach vor Schwierigkeiten.50 Denn einerseits handelt es sich bei der Rechtsmethode der Abwägung um ein überaus flexibles Instrument, das in besonderem Maße zur Herbeiführung eines möglichst schonenden Ausgleichs kollidierender Rechtspositionen geeignet ist. Diese dem konkreten Einzelfall besonders Rechnung tragende Methode gerät dabei allerdings allzu leicht in Konflikt mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG, denn das Ergebnis eines Abwägungsvorgangs lässt sich gerade nicht abstrakt und von den Umständen des Einzelfalls losgelöst, d. h. pauschal vorhersagen.51 Besonders deutlich wird dieser, im Wesentlichen auf die zwei widerstreitenden und im strafrechtlichen Persönlichkeitsschutz grundsätzlich angelegten Prinzipien zurückzuführende Konflikt am Beispiel der einfachgesetzlichen Ausprägung des persönlichkeitsrechtlichen Abwägungserfordernisses in den §§ 22 ff. KUG.52 Danach ist unter Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe wie etwa dem des „berechtigten Interesses“ im Rahmen eines sog. abgestuften Schutzkonzepts zu prüfen, ob ein Bildnis auch ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet bzw. öffentlich zur Schau gestellt werden darf. Eine solche Regelungssystematik hat freilich den unbestreitbaren Vorteil, besonders flexibel auf die individuellen Umstände des konkreten Einzelfalls abstellen zu können, was vor allem im Hinblick auf zivilrechtliche Ansprüche zu einer möglichst hohen Einzelfallgerechtigkeit beizutragen vermag. Für das Strafrecht hingegen stellt die Notwendigkeit der Abwägung eine „nicht allzu glückliche Regelung“ dar, lässt sich doch im Vorfeld kaum bestimmen, auf welche Art und Weise die Gerichte den ihnen im Rahmen einer Abwägung letztlich immer gegebenen Spielraum nutzen werden.53 Gerade in Fällen, in denen je nach Ergebnis dieser Abwägung eine Strafbarkeit nach § 33 KUG steht oder fällt, drängen sich Bedenken im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG auf. 49  Zu

den Vorgaben des Verfassungsrechts vgl. Kapitel 1 A. B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (421). 51  Zur notwendigen Vagheit von Strafnormen und dem darin angelegten Konflikt mit dem Bestimmtheitsgrundsatz im Allgemeinen vgl. Süß, in: Vom unmöglichen Zustand des Strafrechts, S. 207 (218 ff.). 52  Zu den §§ 22 ff. KUG ausf. oben unter Kapitel 1 B. II. 1. a). 53  So auch B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (421). 50  Vgl.

306

4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda

Dass der Begriff des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für das Strafrecht somit nur schwer operabel ist, zeigt aber auch ein vergleichender Blick auf das Zivilrecht. So ist etwa im Rahmen des § 823 BGB anerkannt, dass auch bei Vorliegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht ohne weiteres auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens rückgeschlossen werden kann. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht fungiert im Zivilrecht lediglich als Rahmenrecht, dessen Verletzung die Rechtswidrigkeit der Handlung jedoch nicht indiziert, sondern eine konkrete Einzelfallprüfung i. S. e. Abwägung erforderlich macht.54 Die Auslegung zu den erst kürzlich neu gefassten Tatbestandsmerkmalen der Hilflosigkeit in § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB und des Ansehens der Person nach § 201a Abs. 2 StGB hat deutlich werden lassen, dass ein bereits ohnehin vergleichsweise unbestimmter und weit gefasster Straftatbestand wie der des § 201a StGB zwingend eine enge Orientierung am geschützten Rechtsgut erfordert, um nicht mit dem Bestimmtheitsgrundsatz und dem ultima-ratio Prinzip des Strafrechts in Konflikt zu geraten.55 Zu guter Letzt ist noch vor einem norminternen Widerspruch zu warnen. Unklar ist nämlich, warum zwar die Überschrift in „allgemeines Persönlichkeitsrecht“ umbenannt werden soll, der Normtext in § 201a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 5 StGB jedoch weiterhin eine Verletzung des „höchstpersön­ lichen Lebensbereichs“ als Taterfolg voraussetzt.56 Wenngleich die Gleichsetzung von Rechtsgut und Taterfolg, wie sie in § 201a StGB bislang Umsetzung fand, wenig geglückt, zumindest aber höchst ungewöhnlich erschien, so ist doch fraglich, ob mit der geplanten Änderung der Normüberschrift ein Schritt in die richtige Richtung getan wäre. Von einer Umbenennung des ohnehin schon vagen, im Ergebnis wohl aber noch konkretisierbaren Begriffs des höchstpersönlichen Lebensbereichs in den noch unbestimmteren und weitaus umfassenderen Begriff des all­ gemeinen Persönlichkeitsrechts ist dem Gesetzgeber daher dringend abzuraten.

54  Mann, in: Spindler / Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 823 BGB Rn. 5; Alexander, ZUM 2011, 382 (383). 55  Vgl. hierzu etwa Kapitel 3 B. V. 2. 56  Zu den Schwierigkeiten bei der Fassung des § 201a StGB a.  F. vgl. bereits oben unter Kapitel 2 B. III. Hierbei war heftig umstritten, ob die Norm auf die Verletzung des persönlichen Lebensbereichs, die Verletzung der Intimsphäre oder doch der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs ausgerichtet werden sollte.



C. Anordnung einer Versuchsstrafbarkeit307

C. Anordnung einer Versuchsstrafbarkeit Schließlich sieht die geplante Änderung in § 201a Abs. 4 StGB-E die Einführung einer Versuchsstrafbarkeit vor.57 Hatte der Gesetzgeber von einer Strafbarkeit des Versuchs bei Schaffung des § 201a StGB im Jahre 2004 noch bewusst abgesehen,58 so scheint er sich davon nunmehr die Schließung von Schutzlücken zu versprechen. Die Einführung einer Versuchsstrafbarkeit, so die Gesetzesmaterialien, sei schon deshalb „geboten, da anderenfalls die Tat straffrei bleiben würde, wenn die Anfertigung der Aufnahme beispielsweise durch rechtzeitiges Einschreiten der Rettungskräfte verhindert würde“.59 Prämisse einer solchen Vorverlagerung muss freilich sein, dass die allgemeinen Versuchsvoraussetzungen nach den §§ 22, 23 StGB vorliegen. Dies bedeutet konkret, dass der Täter nicht nur den Entschluss zur Tat nach § 201a StGB gefasst, sondern auch i. S. d. § 22 StGB unmittelbar angesetzt haben muss. Problematisch daran ist, dass dieser Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens in der Praxis kaum jemals zweifelsfrei festgestellt werden kann. Soweit mit der sog. objektiv-subjektiven-Theorie darauf abgestellt wird, dass ein unmittelbares Ansetzen jedenfalls dann vorliegt, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetzt-geht-es-los“ überschritten hat und sein Verhalten so eng mit der tatbestandlichen Ausführungshandlung verknüpft ist, dass bei ungestörtem Fortgang des Geschehens ohne wesentliche Zwischenschritte mit der Tatbestandsverwirklichung zu rechnen ist,60 ist schon unklar, wann dies im speziellen Fall unbefugter Bildaufnahmen anzunehmen ist. Denn in Zeiten, in denen ein Großteil der Bevölkerung ständig ein Mobiltelefon mit integrierter Kamera bei sich trägt, ist eine Bildaufnahme zu jedem beliebigen Zeitpunkt nur einen „Fingerzeig“ entfernt. Gerade wenn man die Versuchsstrafbarkeit mit Hoyer dahingehend versteht, dass diese Handlungen des Täters erfasst, die „eine solche Zuspitzung auf die letztlich intendierte Verletzungshandlung [darstellen], daß ihr kaum noch eine andere, weniger sozialwidrige Funktion zugeschrieben werden kann“,61 so erschiene es mehr als 57  BT-Drs.

18 / 9327, S. 8. Mehrzahl der Sachverständigen äußerte sich krit. gegenüber einer derartigen Versuchsstrafbarkeit, vgl. Hügel, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a. F. v. 16.09.2003, S. 11; Pollähne, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a. F. v. 17.09.2003, S. 15 f.; Schöch, Schriftliche Stellungnahme v. 16.09.2003, S. 5; weniger krit. indes Kühl, Schriftliche Stellungnahme zu § 201a StGB a. F. v. 17.09.2003, S. 8. 59  BT-Drs. 18 / 9327, S. 11. 60  BGHSt 3, 297 (299); 22, 80 (82); 26, 201 (203); BGH NJW 1952, 514 (515). 61  Hoyer, Eignungsdelikte, S. 53, der zudem weiter ausführt: „Was nur der Ermöglichung von Verbotenem dienen kann, darf, ohne dass schützenswerte Handlungsspielräume verloren gehen, selbst verboten werden“. 58  Die

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4. Kap.: Betrachtung de lege ferenda

bedenklich, ob hierunter bereits das Einschalten eines Mobiltelefons, etwa am Rande eines Unfallgeschehens, zu fassen wäre. Dies umso mehr, als das Einschalten bzw. Bedienen eines Mobiltelefons doch gerade auch dem Zweck dienen kann, einen Notruf abzusetzen. Von § 23 Abs. 1 Alt. 1 StGB abgesehen existiert kein allgemeines gesetzgeberisches Prinzip bei der Pönalisierung des Versuchs. Dies hat zur Folge, dass es sich bei jeder Versuchsstrafbarkeit per se um eine legitimierungsbedürftige Vorverlagerung des strafrechtlichen Zugriffs in das Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung handelt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Opfer selbst „noch nichts zugestoßen“ ist. Gerade in Fällen niedriger Strafandrohung bei gleichzeitig weitgefasstem Straftatbestand – § 201a StGB ist mittlerweile in Teilen sogar als Eignungsdelikt ausgestaltet62 – erscheint eine darüber noch einmal deutlich hinausgehende Versuchsstrafbarkeit besonders rechtfertigungsbedürftig. Zwar ließe sich die gesetzgeberisch vorgesehene Versuchsstrafbarkeit unter Umständen mit Verweis auf die parallele Ausgestaltung in § 201 Abs. 4 StGB und den in der Praxis zweifelsohne bestehenden Beweisschwierigkeiten erklären. Hierbei muss aber Berücksichtigung finden, dass die in § 201 StGB angeordnete Versuchsstrafbarkeit wiederum selbst im 15. Abschnitt die Ausnahme darstellt.63 Im Übrigen sollten generelle Beweisschwierigkeiten allein nicht genügen, eine bedenklich weite Vorverlagerung der Strafbarkeit zu legitimieren. Weiter verspricht sich der Gesetzgeber von der Einführung einer Versuchsstrafbarkeit ausweislich der Gesetzesbegründung auch eine Verstärkung der generalpräventiven Wirkung des § 201a StGB dergestalt, dass „in Fällen, in denen die tatsächliche Anfertigung der Aufnahme durch Dritte oder durch technische Defekte oder Ähnliches verhindert wurde, über § 201a Abs. 6 – neu – StGB die Einziehung der Tatmittel“ zulässig wäre.64 Ob dieser „juristische Winkelzug“ die oftmals von reiner Sensationslust getriebenen Gaffer in der Praxis tatsächlich von der Anfertigung unbefugter Bildaufnahmen abzuhalten vermag, muss indes mehr als bezweifelt werden. Noch gravierender wiegt aber der Umstand, dass durch die Einführung einer Versuchsstrafbarkeit im Rahmen des § 201a StGB nicht hinzunehmende 62  Vgl.

hierzu oben unter Kapitel 3 B. II. § 202 StGB (Verletzung des Briefgeheimnisses); § 202a StGB (Ausspähen von Daten); § 202d StGB (Datenhehlerei); § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) etc. 64  BT-Drs. 18 / 9327, S. 11. Dies deckt sich mit der Aussage von Niewisch-Lennartz, Plenarprotokoll der 946. Sitzung des Bundesrats v. 17.06.2016: „Gegenwärtig besteht keine rechtliche Handhabe, die Aufnahmen zu beschlagnahmen, um die drohende Veröffentlichung abzuwenden. Aber glauben Sie mir: Die Beschlagnahme eines Handys ist der Teil, der wirklich schmerzt“. 63  Vgl.



C. Anordnung einer Versuchsstrafbarkeit309

Widersprüche zum Zivilrecht drohen würden. Wie bereits zuvor erwähnt, ist nach den §§ 22 f. KUG nicht das Herstellen, sondern nur das Verbreiten bzw. das öffentliche zur Schau stellen bestimmter Bildnisse unzulässig. § 201a StGB setzt demgegenüber schon früher an, als zumindest für die Tatbestände des § 201a Abs. 1 StGB bereits das unbefugte Herstellen einer Bildaufnahme genügt. Würde nun die Strafbarkeit nach § 201a StGB durch eine Pönalisierung des Versuchs noch weiter ins Vorfeld vorverlagert, so würde die – ohnehin schon vorhandene, aber wohl noch zulässige – Diskrepanz zum Zivilrecht noch weiter verschärft. Gerade im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung65 und der ultima-ratio Funktion des Strafrechts gilt aber, dass nicht bei Strafe verboten sein kann, was zivilrechtlich erlaubt ist.66

65  Jakobs,

StR AT, 11. Abschn. Rn. 4 ff. Einheit der Rechtsordnung, S. 46 ff. und S. 50 ff., der insofern von einem „Normwiderspruch“ spricht; Brutscher, Zivilrechtsakzessorietät, S. 257  ff.; Volk, in: FS Hamm, S. 803 (804); Wessels / Beulke / Satzger, StR AT, Rn. 274; B. Heinrich, ZIS 2011, 416 (417) weist insofern zu Recht darauf hin, dass „das Strafrecht als ultima ratio jedenfalls insoweit abhängig vom Zivilrecht ist, als durch das Strafrecht keine Verhaltensweisen verboten und unter Strafe gestellt werden können, die zivilrechtlich erlaubt sind.“ 66  Engisch,

Schlussbetrachtung und Zusammenfassung der Ergebnisse Die Frage nach der Strafbarkeit unbefugter Bildaufnahmen wirft nicht nur äußerst detailreiche Einzelprobleme auf, sondern stellt zugleich auch die Grundlagen des Schutzes der Persönlichkeit als solche auf den Prüfstand. Eine zentrale Rolle spielen dabei naturgemäß die Wertentscheidungen des Grundgesetzes, geben sie doch den Rahmen vor, innerhalb dessen der Gesetzgeber seinen grundsätzlich weiten Ermessensspielraum auszuüben vermag. Diese Orientierung an den Grundlagen darf freilich nicht darüber hinweg täuschen, dass auch das Fundament des Persönlichkeitsschutzes keinesfalls für alle Zeit in Stein gemeißelt ist, sondern vielmehr eine äußerst entwicklungsoffene und dadurch nicht zuletzt auch anpassungsfähige und flexible Rechtsmaterie darstellt. Besonders deutlich tritt dies beim Schutz vor persönlichkeitsrelevanten Bildaufnahmen zutage, der zwar Teil des allgemeinen verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsschutzes ist, innerhalb des Persönlichkeitsschutzes aber mittlerweile eine eigenständige Bedeutung erlangt hat. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden dabei zwei gegenläufige Entwicklungen sichtbar. War das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG zunächst noch als reiner Privatsphärenschutz, d. h. als Bollwerk gegen das Eindringen staatlicher Organe in den privaten Rückzugsbereich des Bürgers konzipiert worden, so verschoben sich im Laufe der Zeit mit Fortschreiten des gesellschaftlichen Wandels die Akzente hin zu einem verstärkten Schutz der individuellen Selbstbestimmung. Demgegenüber wurde der Schutz vor Bildaufnahmen in seiner Konkretisierung als Recht am eigenen Bild traditionell als Selbstbestimmungsrecht aufgefasst, sollte er doch gerade das Recht des Einzelnen verbürgen, selbst über sein Bildnis verfügen zu können. Infolge der in immer rascheren Schritten ablaufenden technischen und gesellschaftlichen (Fort-)Entwicklungen ist eine Perpetuierung und dauerhafte Fixierung des äußeren Erscheinungsbildes einer Person gegenwärtig jedoch so einfach wie nie zuvor, weshalb das Recht am eigenen Bild zunehmend wieder als Privatsphärenschutz in Erscheinung tritt. Wenngleich man mit Giesker davon ausgehen darf, dass „schon die älteren Zeiten […] das Gut für schutzbedürftig“ empfanden und es „also gar nicht etwa nur moderne Sensibilität [ist], die heutzutage dessen energischen Schutz fordert“,1 so lässt sich dennoch nicht von der Hand weisen, dass gerade der technische 1  Giesker,

Geheimnissphäre (1904), S. 8.



Schlussbetrachtung und Zusammenfassung der Ergebnisse311

Fortschritt Gefahren und Risiken schafft, die früher als solche nicht annähernd vorstellbar waren. Diese weitläufigen Entwicklungen des verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsschutzes sind freilich für das einfache Recht nicht ohne Folgen geblieben. Die vom Verfassungsrecht ausgehenden Impulse lassen sich im Strafrecht nicht nur auf Ebene der höchstrichterlichen Rechtsprechung, sondern gerade auch anhand der Normierung spezieller, auf einzelne Teilbereiche des Persönlichkeitsrechts beschränkte Straftatbestände nachvollziehen. Hatten sich frühere Bemühungen um einen strafrechtlichen Schutz der Persönlichkeit im Wesentlichen auf die Schaffung eines allgemeinen Indiskretionsdelikts erstreckt, so hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein solcher Schutz nicht nur im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot, sondern auch aufgrund der ultima-ratio Funktion des Strafrechts allenfalls fragmentarischer Natur sein kann. Strafrechtlicher Persönlichkeitsschutz kann und darf daher keinesfalls allumfassend sein, sondern muss in besonderem Maße „Mut zur Lücke“ beweisen.2 Doch auch dort, wo das Strafrecht den Schutz der Persönlichkeit nur punktuell absichert, bewegt sich der strafrechtliche Persönlichkeitsschutz stets im Spannungsverhältnis zwischen Entwicklungsoffenheit, Facettenreichtum und damit notwendigerweise einhergehender Vagheit auf der einen und den Anforderungen des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots sowie der ultima-ratio-Funktion auf der anderen Seite. Welch schmalen Grat es dabei zu beschreiten gilt, wird an § 201a StGB besonders deutlich. Schon kurz nach Einführung des Straftatbestands war offenbar geworden, dass § 201a StGB a. F. – aller zweifelsohne gebotenen Fragmentarietät zum Trotz – lückenhaft geblieben war.3 Auch wenn die im 2  Arzt, Intimsphäre, S. 142  f. führt in diesem Zusammenhang aus, es verstehe sich „nahezu von selbst, daß eine Strafandrohung nicht an die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anknüpfen“ könne, denn der Bestimmtheitsgrundsatz zwinge im Strafrecht dazu, die Persönlichkeit „nicht über das allgemeine Persönlichkeitsrecht, sondern über neue besondere Persönlichkeitsrechte stärker zu schützen“; Kühl, in: FS Tiedeman, S. 29 (41) bringt es wie folgt auf den Punkt: „Noch sind nicht alle Rechtsgüter ‚rundum‘ durch Strafvorschriften geschützt. In normativer Hinsicht hat sich die Fragmentarietät allerdings nicht als ein ‚Bollwerk‘ gegen ‚Lückenschließung erwiesen, aber das ist kein wirklicher Mangel, denn es gibt – wie gezeigt – auch Lücken, die geschlossen werden müssen, etwa um Vergleichbares gleichzubehandeln. […] Eine wichtige Bedeutung der Kriminalpolitik kommt ihr aber insofern zu, ob man nicht mit dieser Lücke ‚leben‘ kann. ‚Lückenschließung‘ ist eben keine ausreichende Begründung für eine Erweiterung des Bereichs des Strafbaren. ‚Lücken‘ ergeben eben einen ‚strafrechtsfreien Raum‘, der auch ein nicht ohne Not aufzugebender Freiraum ist“. 3  Siehe hierzu Kühl, AfP 2004, 190 (194); ders., in: FS Böttcher, S. 597 (608), der bereits im Jahr 2007 darauf hinwies, dass die rein räumliche Beschränkung des § 201a StGB a. F. hinter dem erforderlichen Schutzniveau zurückbleibe, da „Personen

312

Schlussbetrachtung und Zusammenfassung der Ergebnisse

Jahre 2015 erfolgte Ausweitung des strafrechtlichen Schutzes vor unbefugten Bildaufnahmen nicht als in jeder Hinsicht geglückt bezeichnet werden kann, so handelt es sich dem Grunde nach doch zumindest um einen „Schritt in die richtige Richtung“. Im Hinblick auf den in § 201a StGB neu eingefügten Abs. 1 Nr. 2 galt es zunächst zu klären, unter welchen Umständen das Tatbestandsmerkmal der Hilflosigkeit bejaht werden kann. Die wesentliche Innovationskraft des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt darin, dass der tatbestandliche Anwendungsbereich und damit folglich auch der Schutzbereich des § 201a StGB nunmehr nicht mehr nur wie zuvor über das Merkmal der Wohnung nach § 201a Abs. 1 StGB a. F. streng räumlich-gegenständlich, sondern auch inhaltlichthematisch bestimmt wird. Die über § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB bewirkte Ausdehnung des Anwendungsbereichs stellt insofern das strafrechtliche Pendant zur oben beschriebenen verfassungsrechtlichen Entwicklungen der „Enträumlichung“ des Persönlichkeitsschutzes dar. Mit dieser Feststellung allein ist indes wenig gewonnen, markiert sie doch vor allem mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot gerade erst den Beginn der Anwendungsschwierigkeiten des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB. Aus diesem Grund galt es in einem weiteren Schritt aufzuzeigen, auf welche Art und Weise § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB sinnvoll eingeschränkt und damit letztlich auch für die Strafverfolgungspraxis handhabbar gemacht werden kann. Als Bezugspunkt des Tatbestandsmerkmals der Hilflosigkeit einer anderen Person wurde dabei der durch die Bildaufnahme drohende Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten identifiziert. Das Opfer einer Tat nach § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB wird folglich immer dann als hilflos anzusehen sein, wenn es in der durch die Bildaufnahme konkret abgebildeten Situation keine Selbstschutzmaßnahmen ergreifen, d. h. den Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht durch Verletzung seines höchstpersönlichen Lebensbereichs nicht selbst abwenden kann. Indem der Täter die Hilflosigkeit des Abgebildeten gegenüber der Beeinträchtigung seines höchstpersönlichen Lebensbereichs in der Bildaufnahme zur Schau stellt, d. h. sie in den Fokus der Aufnahme rückt, setzt er sich über die zum Schutz der persönlichen Eigensphäre regelmäßig errichteten Schranken bewusst hinweg und verletzt damit die Verfügungsgewalt des Opfers über seine Eigensphäre. Hierauf aufbauend konnten Fallgruppen gebildet werden, bei deren Vorliegen regelmäßig auf die für § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB erforderliche Hilflosigkeit rückgeschlossen werden kann. Die Bildung von Fallgruppen trägt nicht nur zur Konkretisierung und damit besseren Handhabbarkeit der Norm in der in Situationen abgelichtet werden dürfen, die ihren Persönlichkeitsbereich eindeutig verletzten, z. B. das im Sterben liegende Unfallopfer auf der Straße“.



Schlussbetrachtung und Zusammenfassung der Ergebnisse313

Praxis bei, sondern verhindert auch, dass der vergleichsweise weit gefasste Tatbestand des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB einer uferlosen Auslegung anheimfällt. Letztlich trägt diese Restriktion aber auch der Notwendigkeit Rechnung, dass sozialadäquate Bildaufnahmen vom Tatbestand nicht erfasst werden. Neben der bereits in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich genannten Fallgruppe der Gewaltopfer konnten weitere Fallgruppen wie die der Unfallopfer, Personen in psychischen Belastungssituationen sowie Personen mit gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen herausgearbeitet werden. Wenngleich die Anwendung des § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB durch die Zusammenfassung verschiedener Situationen von Hilflosigkeit erheblich erleichtert werden dürfte, so darf dennoch nicht aus dem Blick geraten, dass sich die Frage, ob eine Bildaufnahme die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt, letztlich immer nur mit Blick auf die individuellen Umstände des konkreten Einzelfalls und unter Berücksichtigung des jeweiligen Aussagegehalts der fraglichen Bildaufnahme beantworten lässt. Mit dieser Ausweitung der Strafbarkeit und der durch § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB bewirkten „Enträumlichung“ des Strafrechtsschutzes hat sich der Gesetzgeber indes nicht begnügt, sondern mit § 201a Abs. 2 StGB einen weiteren Absatz eingefügt, der nicht nur den Anwendungsbereich der Norm noch einmal erheblich erweitert, sondern zugleich auch mit dem Begriff des Ansehens mit einem im Strafrecht bislang völlig unbekannten Tatbestandsmerkmal operiert. Damit hat der Gesetzgeber nicht nur einen bereits im Zuge der Gesetzgebungsarbeiten vielfach als zu unbestimmt und weitreichend kritisierten Straftatbestand in Gesetzesform gegossen, sondern ist auch nicht davor zurückgeschreckt, die „Büchse der Pandora“ des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes erneut zu öffnen und die altbekannte, bis heute aber nach wie vor ungelöste Problematik des Indiskretionsdelikts erneut aufs Tableau zu heben. Die weiteren Ausführungen haben insoweit belegt, dass § 201a Abs. 2 StGB mit der Pönalisierung von Bildaufnahmen, die geeignet sind, das Ansehen zu schädigen, nichts weniger als den Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs vor bildhafter Indiskretion bezweckt. Dabei drängte sich schon zu Beginn die Vermutung auf, dass der Gesetzgeber aus der jahrzehntelangen Diskussion um die Schaffung eines allgemeinen Indiskretionsdelikts nur wenig lehrreiche Schlüsse gezogen und zudem die aufgrund des fragmentarischen Charakters des Strafrechts im Rahmen des strafrechtlichen Indiskretionsschutzes zwingend erforderlichen Restriktionsbemühungen vernachlässigt hat. Um dieses Versäumnis aufzuarbeiten, galt es daher, zunächst die grundsätzlichen Probleme eines strafrechtlichen Indiskretionsschutzes aufzuzeigen und der Frage nachzugehen, wie diesen im Rahmen des § 201a Abs. 2 StGB begegnet werden kann. Ein Hauptproblem bei der Anwendung des § 201a Abs. 2 StGB stellt demnach das Verhältnis zu den §§ 185 ff. StGB

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dar. Hier konnte gezeigt werden, dass die Ehrdelikte der §§ 185 ff. StGB keinen Indiskretionsschutz gewähren, weshalb sie folglich auch keinen Schutz vor indiskreten Bildaufnahmen zu leisten vermögen. Der systematische Vergleich hat vielmehr offenbart, dass zwischen den Ehrdelikten der §§ 185 ff. StGB und § 201a Abs. 2 StGB im Hinblick auf Bildaufnahmen ein Exklusivitätsverhältnis besteht. Während die Ehrdelikte bei Äußerungen gegenüber Dritten über das Intimleben ausschließlich unwahre Tatsachen erfassen und folglich vor einer Beeinträchtigung der sozialen Geltung schützen, ist § 201a Abs. 2 StGB gerade darauf gerichtet, bildhafte Äußerungen über wahre Tatsachen aus dem Intimleben zu unterbinden und dadurch einen Schutz vor Beeinträchtigungen des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Indiskretion zu gewähren. In der Folge lag die Schwierigkeit darin, eine Brücke zwischen dem vom Gesetzgeber gewählten Begriff des Ansehens und dem von der Norm des § 201a Abs. 2 StGB bezweckten Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs zu schlagen. Eine Bildaufnahme, die geeignet ist, das Ansehen zu beeinträchtigen, muss daher jedenfalls einen Umstand privater Lebensführung betreffen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnis galt es sodann, ein schlüssiges Restriktionsmodell zu entwerfen, um die erforderlichen Einschränkungen des § 201a Abs. 2 StGB gewährleisten zu können. § 201a Abs. 2 StGB ist seinem Anwendungsbereich nach auf den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts zu beschränken und vermag daher unter Berücksichtigung des geschützten Rechtsguts des höchstpersönlichen Lebensbereichs nur solche Bildaufnahmen zu erfassen, die eine Tatsache höchstpersönlichen Charakters abbilden, welche noch nicht offenkundig ist. Ob eine Tatsache höchstpersönlichen Charakters indes noch der Privatsphäre angehört oder bereits allgemein bekannt, d. h. offenkundig ist, kann freilich nicht pauschal, sondern nur unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls ermittelt werden. Das in diesem Zusammenhang entwickelte Restriktionsmodell hat dabei nicht nur den Grundgedanken der beleidigungsfreien Sphäre auf § 201a Abs. 2 StGB übertragen und gewährleistet damit, dass das sozialadäquate Zeigen und Weiterreichen von Bildaufnahmen innerhalb enger Lebensbeziehungen dem Strafrecht weiterhin vorenthalten ist, sondern hat auch den Vorteil, eine flexible und den Besonderheiten des Einzelfalls gerecht werdende Abgrenzung zwischen strafbarem und straffreiem Verhalten zu ermöglichen. Dem sehr weit gefassten Tatbestand des § 201a StGB hat der Gesetzgeber nunmehr in § 201a Abs. 4 StGB einen besonderen Rechtfertigungsgrund zur Seite gestellt. Die dabei letztlich gewählte Fassung ist insofern als gelungen zu bezeichnen, als sie nicht nur eine größtmögliche Einzelfallgerechtigkeit gewährleistet, sondern auch der in einer Demokratie besonders hervorgehobenen Bedeutung der grundrechtlich abgesicherten Meinungs- und Pressefreiheit Rechnung trägt.



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Dass die Thematik des § 201a StGB den Puls der Zeit trifft, zeigt sich schon daran, dass erst jüngst erneut Überlegungen laut wurden, den Schutz des § 201a StGB abermals zu erweitern und zukünftig auch Verstorbene in den Schutzbereich einzubeziehen. Wenngleich die Innovationskraft dieser Überlegungen zu würdigen ist, so ist doch von einer übereilten Umsetzung zu warnen. Das Ergebnis dieser Gesamtbetrachtung zum Persönlichkeitsschutz führt freilich in der Summe zu mehr als nur einer Aneinanderreihung von Einzelproblemen. Vielmehr fügt sich die Schaffung des § 201a StGB, insbesondere aber auch die jüngsten Reformbestrebungen rund um den § 201a StGB-E, nahtlos in eine Reihe übergeordneter Entwicklungen des Gesamtsystems Strafrecht ein und offenbart dabei die grundsätzlichen Schwierigkeiten, mit denen sich das Strafrecht gegenwärtig konfrontiert bzw. – positiv gewendet – herausgefordert sieht. Besonders weitreichend wirkt sich dabei die stetige Ausweitung insbesondere des materiellen Strafrechts aus.4 War das Strafrecht klassischer Prägung im Wesentlichen dem Schutz des Staates, der öffentlichen Ordnung und personaler Rechtsgüter verpflichtet,5 so kommt es im Zuge dieser Expansion zu einer „immer stärkere[n] strafrechtliche[n] Durchdringung vieler Lebensbereiche“6, in deren Folge nicht mehr Erfolgsdelikte den Schwerpunkt strafrechtlicher Pönalisierung bilden, sondern zunehmend der Schutz überindividueller Rechtsgüter im Wege abstrakter Gefährdungsdelikte im Vordergrund steht. „Gegenstand neuerer […] Pönalisierungen sind vornehmlich Zuwiderhandlungen gegen die staatliche Ordnung des Sozialwesens, des Gesundheitswesens […] und anderer Institutionen, deren normgemäßes Funktionieren als unverzichtbar für das Gemeinwohl angesehen wird“.7 Im Zuge dieser zunehmend generalpräventiven Ausrichtung entfernt sich das Strafrecht immer mehr von der ihm traditionell zugedachten Aufgabe als ultima ratio der Sozialkontrolle und „mutiert zu einem universal einsetzbaren ‚Durchsetzungsmittel von Politik‘ “,8 mit dem der Gesetzgeber vor allem Handlungsfähigkeit demonstrieren will.9 Diese „Ent4  Hassemer, StV 1995, 483 (488 ff.); Ignor, in: Liber Amicorum Landau, S. 375 (380 ff.). 5  Ignor, in: Liber Amicorum Landau, S. 375 (382). 6  So wörtlich BVerfGE 133, 168 (172); bereits frühzeitig warnte daher E. Schmidt, JZ 1951, 101 (102) vor einer „Hypertrophie des Strafens“ durch den Gesetzgeber. 7  Ignor, in: Liber Amicorum Landau, S. 375 (381). 8  Ignor, in: Liber Amicorum Landau, S. 375 (381); vgl. dazu auch Calliess, NJW 1989, 1338. 9  Bannenberg, in: Kriminalität im Wandel, S. 113 (127); Kühne, in: Alte Strafrechtsstrukturen und neue gesellschaftliche Herausforderungen, S. 9; Zabel, ZRP 2016, 202 (203); Volk, in: FS-Hassemer, S. 915 bezeichnet das Strafrecht als „Instrument der gesellschaftlichen Krisenintervention“.

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grenzung des Strafrechts“10 läuft vor allem in Kombination mit den ohnehin komplexen „Grenzziehungsfragen“11 des Persönlichkeitsschutzes zwangsläufig Gefahr, mit dem Bestimmtheitsgrundsatz in Konflikt zu geraten. Der Gesetzgeber wird daher trotz gefühltem Zugzwang angesichts technischer Entwicklungen auch zukünftig gut beraten sein, gerade im „sensiblen Bereich“ des Persönlichkeitsschutzes Zurückhaltung zu üben und dort, wo ein gesetzgeberisches Tätigwerden unumgänglich ist, die Wechselwirkungen und das Zusammenspiel zwischen Verfassungsrecht, Zivilrecht und Strafrecht ausreichend zu berücksichtigen. Für die Umsetzung aktueller Reformvorhaben kann dabei einer Rückbesinnung auf die Ursprünge des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes eine wertvolle Orientierungshilfe bieten. Der schmale Grat zwischen zögerlichem Abwarten und reaktivem Aktionismus, auf dem der Gesetzgeber dabei wandelt, ist freilich seit alters her bekannt, mahnte doch schon Kohler im Jahr 1895 mit folgenden Worten zur Vorsicht: „Gierke lässt den Baum des Persönlichkeitsrechts zu weit ragen; und dieser Riesenbaum umspannt schließlich das ganze Rechtsgebiet; schließlich wird fast jedes Recht zum Persönlichkeitsrecht“.12 In diesem Sinne ist auch dem heutigen Gesetzgeber zu empfehlen, sich auf dem Gebiet des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes in Vorsicht und Zurückhaltung zu üben.

10  Zur Entgrenzung des Strafrechts vgl. Sieber, ZStW 119 (2007), S. 1 (27 ff.); ders, in: Perspektiven der strafrechtlichen Forschung, S. 35 (56); ders., in: Erinnerungen an J. Vogel, S. 351 (352); Engelhart, RW 2013, 208 (212 f.). 11  Der Schutz der Privatsphäre steht wie kein anderer Bereich des Rechts vor der Herausforderung, die Grenzziehung zwischen den Sphären der Öffentlichkeit einerseits und der Privatheit andererseits auszutarieren, ohne dabei den Interessen des Einzelnen gegenüber Allgemeinbelangen einseitig Vorzug zu gewähren und umgekehrt; vgl. hierzu Schertz, NJW 2013, 721 (722) sowie bereits oben Kapitel 1 A. II. 2. 12  Kohler, Zur Konstruktion des Urheberrechts, in: Archiv für Bürgerliches Recht, 1895, S. 241 (246).

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Rahmenbedingungen

des

Datenschutzes,

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Rechtsprechungsverzeichnis BVerfGE 6, 32 ff. BVerfGE 6, 389 ff BVerfGE 7, 198 ff. BVerfGE 26, 349 ff. BVerfGE 27, 1 ff. BVerfGE 27, 344 ff. BVerfGE 30, 173 ff. BVerfGE 32, 373 ff. BVerfGE 34, 269 ff. BVerfGE 34, 238 ff. BVerfGE 35, 202 ff. BVerfGE 38, 105 ff. BVerfGE 47, 46 ff. BVerfGE 54, 148 ff. BVerfGE 65, 1 ff. BVerfGE 66, 116 ff. BVerfGE 97, 391 ff. BVerfGE 99, 185 ff. BVerfGE 101, 361 ff. BVerfGE 120, 180 ff. BVerfGE 120, 224 ff. BGHSt 5, 332 ff. BGHSt 14, 358 ff. BGHSt 19, 325 ff. BGHSt 31, 304 ff. BGHSt 34, 397 ff. BGHSt 44, 308 ff. BGHSt 50, 206 ff. BGHSt 57, 71 ff. BGH NJW 2017, 1891 ff. BGHZ 13, 334 ff. BGHZ 15, 249 ff.

Elfes Homosexualität Lüth Herrenreiter Mikrozensus Scheidungsakten Mephisto Arztkartei Soraya Heimliche Tonbandaufnahmen Lehbach Rechtsbeistand Sexualkundeunterricht Eppler Volkszählungsgesetz Wallraff Mißbrauchsbezichtigung Helnwein Caroline von Monaco II Caroline von Monaco III Geschwisterinzest Lügendetektor I Heimliche Tonbandaufnahmen Tagebuch I Telefongespräch Tagebuch II Lügendetektor II Selbstgespräche I Selbstgespräche II Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Bildaufnahmen Leserbrief Cosima Wagner

Rechtsprechungsverzeichnis373 BGHZ 20, 245 ff. BGHZ 24, 200 ff. BGHZ 26, 52 ff. BGHZ 31, 308 ff. BGHZ 39, 124 ff. BGHZ 49, 288 ff. BGHZ 99, 133 ff. BGHZ 107, 384 ff. BGHZ 151, 26 ff. BGHZ 158, 218 ff. BGHZ 171, 275 ff. BGHZ 177, 119 ff. BGHZ 178, 213 ff. BGHZ 180, 114 ff. BGHZ 181, 328 ff. BGHZ 187, 200 f. BGH JZ 1965, 411 ff. BGH NJW 1964, 1471 ff. BGH NJW 1966, 2353 ff. BGH NJW 1985, 1617 ff. BGH NJW 2004, 762 ff. BGH NJW 2008, 749 ff.

Dahlke Spätheimkehrer Sherlock Holmes Alte Herren Fernsehansagerin Ligaspieler Oberfaschist Emil Nolde Marlene Dietrich Charlotte Casiraghi Abgestuftes Schutzkonzept I Einkaufsbummel nach Abwahl Karsten Speck Enkel von Fürst Rainier Bewertungsforum im Internet Wortberichterstattung Gretna Green Sittenrichter Vor unserer eigenen Tür Nacktaufnahmen Feriendomizil Abgestuftes Schutzkonzept II

Stichwortverzeichnis Abbildung  72, 88, 94, 97, 101 Abgeschiedenheit  67, 72, 75, 142, 147, 189, 265 Abgestuftes Schutzkonzept  99 Abwehrrecht  76 Anonymität  65, 160 Ansehen  202 –– der Person  205 –– des Staates  204 –– im allgemeinen Sprachgebrauch  206 –– Verhältnis zur Ehre  209 –– Verstorbener  303 –– Zweigliedrigkeit des Begriffs  209 Ansehensminderung  101 Ansehensschädigung  240, 245, 248, 252 Aussetzung  163, 168 Belästigung  121, 210 Beleidigung  224 –– als Äußerungsdelikt  230 –– durch Bildaufnahmen  230 –– durch indiskretes Verhalten  232 –– Formalbeleidigung  232 –– Verhältnis zur Indiskretrion  215 Beleidigungsfreie Sphäre  264 –– als Rechtfertigungsgrund  250 –– als Tatbestandsausschuss  250 –– Übertragbarkeit auf § 201a Abs. 2 StGB  251 –– Umfang  250 Benachteiligungsverbot  205 Besonderes Indiskretionsdelikt  siehe Indiskretionsdelikt Bestimmtheitsgrundsatz  136, 163, 179, 212, 305, 306, 316 Betrunkene  103, 162, 197

Bildberichterstattung  104, 161, 193, 288, 299 Bildnis  88, 305, 310 –– aus dem Bereich der Zeitgeschichte  96 –– postmortaler Schutz  302 –– Veröffentlichung zu Informationszwecken  98 Bildniserschleichung  100 Bloßstellung  102, 124, 214, 220, 255 –– durch Publikationsexzess  233 –– öffentliche  218, 235 Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis  29 Cybermobbing  199, 210, 244 Datenschutz  131, 138 Diffamierung  199, 210 Diskretionsschutz  108 Ehre  80, 120, 207 –– Abgrenzung zum Ansehen  223 –– faktischer Ehrbegriff  225 –– faktisch-normativer Ehrbegriff  226 –– innere  226 –– normativer Ehrbegriff  226 –– und Intimsphäre  223 Ehrverletzung  siehe Beleidigung Eignungsdelikt  20, 211, 240, 244 Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches  80 Faktischer Ehrbegriff  siehe Ehre Faktisch-normativer Ehrbegriff  siehe Ehre

Stichwortverzeichnis375 Falsche Verdächtigung  127 Formalbeleidigung  siehe Beleidigung Gaffer  23, 194, 291, 299, 308 Gebrauchen  150, 162, 211, 278 Geheimnisschutz  261, 302 Generalklausel  19, 76, 81 Gewaltopfer  191, 193, 313 Gottesdienste  103 Herstellen  190, 191, 194, 199, 230 Hilflose Lage  169, 172 Hilflosigkeit  162 –– als inhaltlich-thematisches Kriterium  180 –– einer anderen Person  165 –– im allgemeinen Sprachgebrauch  174 –– situationsbedingte  172 –– Verwendung in den Landespolizeigesetzen  171 Hilfsbedürftigkeit  172 Historische Rechtsschule  79 höchstpersönlicher Lebensbereich  154, 234, 292 Indiskretionsdelikt  26, 212 –– Abgrenzung zu den Ehrdelikten  223 –– allgemeines zivilrechtliches  84 –– besonderes  223 –– Diskussion i. R.d. Alternativentwurfs  218 –– Diskussion i. R.d. großen Strafrechtsreform  216 –– Entwurf aus dem Jahr 1909  214 –– Entwurf aus dem Jahr 1913  215 –– postmortaler Schutz  300 –– tatbestandliche Unbestimmtheit  220 –– Verhältnis zu den Beleidigungsdelikten  217 Informationelle Selbstbestimmung  20, 40, 48, 132 Informationserhebung  36, 109 Informationsfreiheit  281, 283 Informationsschranke  110

Informationswert  90, 96 Interessenausgleich  93, 96 Intimsphäre  23, 218, 223, 234 –– Abgrenzung zur Ehrverletzung  235 –– in der Rspr. des BVerfG  35 –– i. S. d. Sphärentheorie  57 –– Kasuistik  259 Investigativer Journalismus  siehe Journalismus Journalismus –– Berichterstattung  285 –– investigativer  286 –– Recherche  281 Kernbereich privater Lebensgestaltung  35, 63, 102 Krankheit, Sexualität und Tod  102 Kunst  siehe Rechtfertigungsgrund Landespolizeigesetze  171 Leserbriefentscheidung  83 Menschenhandel  167 Menschenwürde  64, 66, 77, 120, 183, 207, 276 Mikrozensus-Beschluss  34 Mittelbare Drittwirkung  76 Momentfotografie  82 Nachstellung  121 Nähebeziehung  siehe Beleidigungsfreie Sphäre Namensrecht  85 Natürliche Rechte der Person  78 Normativer Ehrbegriff  siehe Ehre Offenkundigkeit  261 –– fehlende  260 Öffentlichkeit  36, 53, 54, 91, 109 –– gesellschaftliche  45 –– Informationsinteresse  98 –– Medienöffentlichkeit  45

376 Stichwortverzeichnis Pandektistik  78 Person der Zeitgeschichte  94 –– absolute  94 –– relative  94 Persönlichkeitsrecht  22 –– allgemeines  30 –– besonderes  85 Polygraph  114 Prangerwirkung  112 Privatheit  42, 54, 60 –– Abgrenzung zur Öffentlichkeit  70 –– Art. 8 EMRK  69 –– im Sinne der Sphärentheorie  58 –– Schutz in der Öffentlichkeit  64 Privatsphäre  37, 195, 217, 255, 260, 303 –– Abgrenzung zur Gemeinsphäre  264 –– erweiterte  263 –– Hinterbliebener  301 –– in der Öffentlichkeit  53, 65 –– ursprüngliche  262 –– verfassungsrechtlicher Schutz  36, 37, 189 –– vergegenständlichte  41 Privatsphärengarantie  260 Rahmenrecht  110, 306 Recht als Instrument der Verhaltenssteuerung  20 Recht am eigenen Bild  43, 47, 50, 71, 84, 85, 87 Recht auf informationelle Selbstbestimmung  siehe Informationelle Selbstbestimmung Recht auf Selbsttötung  79 Rechtfertigungsgrund  269, 270, 278, 287 –– Kunst  269, 275 –– Wissenschaft, Forschung und Lehre  280 Rechtsfähigkeit  78 Rechtsgut  217, 225, 255, 256, 284, 301

Regel-Ausnahme-Systematik  92, 237, 261 Restriktion  202 –– durch Eignungsklausel  243 –– Restriktionsansatz zu § 201a Abs.2 StGB  255 Revolverblatt  siehe Sensationszeitung Right of Privacy  87 Schamgefühl  87 Schockzustände  196 Schutznorm  104, 113 Schutzpflicht  77, 200 Selbstbestimmung  29, 32, 35, 42, 47, 60, 70, 74 Sensationspresse  282 Sensationszeitung  213 sonst gegen Einblicke geschützter Raum  155, 179 Sozialadäquanzklausel  270 Steuergeheimnis  126 Symbolisches Strafrecht  144 Taktlosigkeit  252 Tatsache  100, 262 –– aus dem Familienleben  154 –– ehrenrührige  219 –– öffentliche Mitteilung  214 –– persönlichkeitsnahe  255 –– wahre  112, 232, 234 Tatsachenbehauptung  111 –– unwahre  213 Tonaufnahme  115, 138 Trauernde Personen  195 Übertragen  149, 278, 280, 298 ultima-ratio Prinzip  150, 199, 240, 306 Unfallopfer  193, 299, 313 Urheberpersönlichkeitsrecht  85 Urheberrecht  79 Verletzte  186, 187, 291 Verstorbene  23, 103, 237, 291

Stichwortverzeichnis377 Vertrauensperson  siehe Beleidigungsfreie Sphäre Vorgänge des Zeitgeschehens  269, 274, 288 Vorverlagerung der Strafbarkeit  240, 244, 308 Wahrheitsinteresse  101 Wahrnehmungsschranke  67 Werteordnung  39

Wissenschaft, Forschung und Lehre  siehe Rechtfertigungsgrund Wohnung  140, 142, 143, 159, 188, 195, 259 –– i. S. v. Art.  13 GG  265 Wortberichterstattung  55, 90, 97 Zugänglichmachen  140, 278, 279, 298, 300