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German Pages 340 [344] Year 2014
Zweisprachige Lexikographie zwischen Translation und Didaktik
LEXICOGRAPHICA Series Maior
Supplementary Volumes to the International Annual for Lexicography Suppléments à la Revue Internationale de Lexicographie Supplementbände zum Internationalen Jahrbuch für Lexikographie Edited by Rufus H. Gouws, Ulrich Heid, Thomas Herbst, Oskar Reichmann, Stefan J. Schierholz, Wolfgang Schweickard and Herbert Ernst Wiegand
Volume 147
Zweisprachige Lexikographie zwischen Translation und Didaktik Herausgegeben von María José Domínguez Vázquez, Fabio Mollica, Martina Nied Curcio
ISBN 978-3-11-036973-1 e-ISBN 978-3-11-036663-1 ISSN 0175-9264 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Inhalt María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio Zweisprachige Wörterbücher, Didaktik und Translation: Einführung | 1 Teil I: Valenz, Konstruktionen und Kollokationen in der zweisprachigen Lexikographie Zsuzsanna Fábián Die Darstellung der Valenz in den zweisprachigen Wörterbüchern. Eine Untersuchung am Beispiel der italienisch-ungarischen Großwörterbücher | 15 Maria Teresa Bianco „Es scheint, als würde der Sommer nicht mehr werden“. Eine Lücke in der deutschen und italienischen lexikographischen Beschreibung am Beispiel des Vollverbs ‚werden‘ | 33 Klaus Fischer Valenz, Konstruktion und Lernerwörterbuch | 47 Elmar Schafroth Eine Sache des Verstehens: Phraseme als Konstruktionen. Ihre Beschreibung in der Lexikographie Französisch/Deutsch | 83 Zita Hollós Syntagmatik im KOLLEX. Die lexikographische Darstellung grammatischer Syntagmatik in einem zweisprachigen Kollokationslexikon für Deutschlerner (KOLLEX) | 113 Dirk Siepmann Collocations across languages: unity in diversity? | 131 Teil II: Wörterbücher und ihre Benutzer Monika Bielińska Allgemeines zweisprachiges Wörterbuch als Lernerwörterbuch. Einige Überlegungen zur Exemplifizierung der Phraseologismen | 159
VI | Inhalt María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio Simplex-Verben im Italienischen und Spanischen vs. Präfix- und Partikelverben im Deutschen. Eine Untersuchung zum Gebrauch von Online- Wörterbüchern bei der Übersetzung | 179 Luisa Giacoma Wie würde ein Wörterbuch aussehen, wenn der Benutzer es selbst schreiben könnte? | 221 Teil III: Lexikographische Projekte Rufus Gouws Towards bilingual dictionaries with Afrikaans and German as language pair | 249 David Lindemann Zweisprachige Lexikographie des Sprachenpaares Deutsch-Baskisch | 263 Martin Becker Große Sprachen, kleine Sprachen. Perspektiven für die Lexikografie in der Slawistik | 287 Peter Meyer Von XML zum DAG. Der lexikographische Prozess bei der Erstellung eines graphenbasierten Wörterbuchportals | 303 Carolina Flinz TOURLEX: erste Bausteine für ein deutsch-italienisches Lexikon der Touristik- Fachsprache | 323
María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio
Zweisprachige Wörterbücher, Didaktik und Translation: Einführung 1 Die zweisprachige Lexikographie und ihre Benutzer Bilinguale Wörterbücher sind nach einer Phase der Verbannung – da sie als Instrument einer vor allem auf Übersetzung und Grammatik konzentrierten Didaktik galten – wieder aktuell (Corda/Marello 2004: 82). Es sind gerade zweisprachige Wörterbücher, die von den Lernenden am häufigsten benutzt werden, wenn sie eine neue Fremdsprache lernen. Für viele dieser Benutzer stellen sie eine schnelle und einfache Hilfe bei der Suche nach den besten Äquivalenten dar (vgl. Albrecht 2005; Engelberg/Lemnitzer 2009; Laufer/Levitzky-Aviad 2006). Einsprachige Wörterbücher stehen eher im Hintergrund, auch wenn sie in Bezug auf Fragen der Äquivalenz umfangreichere semantische Informationen liefern. Obwohl Wörterbücher von den Lernenden regelmäßig benutzt werden, sieht es danach aus, als würden sie Struktur und Aufbau weder der ein- noch der zweisprachigen Wörterbücher kennen; die verlangten Benutzungshandlungen werden nicht adäquat umgesetzt. Die Folge ist, dass die verschiedensten Fehler auf allen linguistischen Ebenen produziert werden (Domínguez/Valcárcel 2014; Lew/Galas 2008; Nied Curcio 2011). Man könnte außerdem vermuten, dass die Lernenden vorhandene metasprachliche Notierungen nicht berücksichtigen und sich nicht problemlösend an der Struktur des Wörterbuchartikels orientieren; sie scheinen sogar gerne auf grammatische Notierungen zu verzichten – worauf eine verbreitete Nutzung von Online-Wörterbüchern bzw. OnlineGlossaren, bei denen häufig jegliche metalinguistische Informationen fehlt, hinweisen könnte. Viele Fehler der Studierenden sind darauf zurückzuführen, dass sie häufig nur das erste Übersetzungsäquivalent in Betracht ziehen (Atkins/Rundell 2008), vielleicht auch noch das letzte, aber meist nicht den ganzen Wörterbuchartikel durchlesen. Zudem ignorieren sie die Konventionen (wie Symbole oder Abkürzungen) und grammatischen Zusatzinformationen (Corda/Marello 2004: 85). Die Lernenden greifen zum Wörterbuch vor allem in der Konsultationsphase, d. h. dann, wenn sie ein Wort weder durch ihre Sprachkenntnisse noch durch den Kontext erschließen können. Es sind vor allem nicht frequente Wörter, Phraseme und Komposita, die häufig nachgeschlagen werden, weniger dagegen Fälle von Polysemie, Homonymie, Derivaten oder nicht in der Muttersprache vorhandene Konstruktionen (Corda/Marello 2004: 85). Die Wörterbuchbenutzung ist ein stark vernachlässigtes Thema im Bereich der Fremdsprachendidaktik. Die Lehrpersonen gehen i. d. R. davon aus, dass die Ler-
2 � María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio nenden mit einem Wörterbuch „richtig“ umgehen können, und die Benutzer glauben dies meist auch von sich selbst (Domínguez/Mirazo/Vidal 2013). Anweisungen oder Einführungen in eine adäquate Wörterbuchbenutzung finden normalerweise nicht statt (Corda/Marello 2004: 82). Dabei könnte ein bewusstes und nicht nur lexikalisch-orientiertes Nachschlagen viele Fehler vermeiden helfen (vgl. Lew/Galas 2008; Nied Curcio 2011). Auch die Benutzerhinweise werden von vielen Benutzern nicht gelesen. Die Studien von Nesi (2000) und Laufer (2000) vertreten die Auffassung, dass das Nachschlagen in einem Wörterbuch auch Einfluss auf den Erwerb des Wortschatzes hat, wenn die Lernenden es während einer Übersetzung in die Fremdsprache verwenden. Nied Curcio (2013) zeigt auf, dass es bei Fremdsprachenlernenden (hier: DaF-Lernenden) eine Beziehung zwischen hohem Sprachbewusstsein und adäquater Wörterbuchbenutzung gibt. Es erscheint deswegen notwendig, die Nachschlagefähigkeiten der Lernenden zu fördern. Die Wörterbuchdidaktik ist somit eine Aufgabe, die in Zukunft angegangen werden muss und die in besonderem Maße in die Fremdsprachendidaktik integriert werden sollte. In Bezug auf die Rolle des Online-Wörterbuchs und seinen Nutzen als Hilfsmittel beim Übersetzen und beim Fremdsprachenlernen liegen bisher (noch) recht wenige empirische Untersuchungen vor (u. a. Mackintosh 1998; Muráth 2005); erst in den letzten Jahren mehren sich Publikationen, bei denen die Nutzerperspektive hervortritt (Tarp 2011; Taljard/Prinsloo/Fricke 2011; Boonmoh 2012; de Schryver/Prinsloo 2011). Entscheidenden Einfluss auf nutzerorientierte Untersuchungen übt die Entwicklung von neuen Methoden zur Analyse und Erstellung von elektronischen Wörterbüchern sowie die Vorschläge zu ihrer Optimierung aus (Klosa/Koplenig/ Töpel 2011; Lew 2012; Müller-Spitzer 2014; Müller-Spitzer/Koplenig 2014). Die Aufmerksamkeit, die der Internetlexikographie gewidmet wird, hängt u. a. mit der Tatsache zusammen, dass mittlerweile – wie oben erwähnt – elektronische Nachschlagewerke häufiger als Printwörterbücher verwendet werden (Domínguez/Mirazo/Vidal 2013; Müller-Spitzer/Koplenig 2014). Die Einbeziehung der Nutzerperspektive in diesem Band steht mit den aktuellen Tendenzen in Einklang. Außerdem ist sie Thema bei internationalen Tagungen wie Euralex 2014 (The User in Focus), Electronic lexicography in the 21st century: new applications for new users (Slowenien, 2011), Afrilex 2011 (Towards the perfect dictionary and ideal dictionary user) u. a. Man könnte aber auch vermuten, dass zweisprachige Wörterbücher den Bedürfnissen der Fremdsprachenlernenden nicht immer gerecht werden, wie verschiedene Studien belegen (Domínguez/Mirazo/Vidal 2013; Domínguez/Valcárcel 2014; Ripfel 1989). Aus diesem Grund ist es wichtig, erneut ihren Aufbau und ihre Struktur unter die Lupe zu nehmen und neue Tendenzen auszumachen. All diese Fakten und Trendbewegungen waren Anlass für die Herausgeber dieses Bandes, auf dem Kongress der Gesellschaft für Angewandte Linguistik e.V. vom 18.–21. September 2012 in Erlangen mit dem Thema „Wörter-Wissen-Wörterbücher“ eine Sektion mit dem Titel „Zweisprachige Lexikographie im Spannungsfeld zwi-
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schen Translation und Didaktik“ zu organisieren. Leitfaden der Sektion waren folgende Fragen: – – – – – – – – – –
Welche zweisprachigen Wörterbücher liegen vor und auf welchen linguistischen Grundlagen basieren sie? Spielt die Valenz (auch in nicht explizit valenzausgerichteten Wörterbüchern) noch eine Rolle? Inwieweit sind die neuen Erkenntnisse der Konstruktionsgrammatik für die Lexikographie wichtig? Welchen Einfluss nimmt die Online- bzw. elektronische Darbietung der Daten auf die Entwicklung der Mikro- und Makrostrukturen dieser Wörterbücher? Wie werden Wörterbücher im Fremdsprachenunterricht und bei der Übersetzung benutzt? Sind die Wörterbücher, die sich auf dem Markt befinden (auch die Online-Wörterbücher), wirklich diejenigen, die gebraucht werden? Haben Printwörterbücher noch eine Berechtigung? Welche Tendenzen sind generell auszumachen? Welche lexikographischen Arbeitsschritte stehen noch aus? Wie sieht die Zukunft der kontrastiven Lexikographie aus?
Die bisherige Forschungslage zur Wörterbuchbenutzung weist v. a. noch einen Mangel an empirischen Untersuchungen auf, obschon seit den 1980er Jahren das wissenschaftliche Interesse an der Wörterbuchbenutzung (WBB) und an den Bedürfnissen, Erwartungen und Handlungen eines Wörterbuchbenutzerkreises gewachsen ist. Folgenden Fragen sollten deshalb innerhalb der Sektion nachgegangen werden: – – – – – – – – –
Welche zweisprachigen Wörterbücher werden von Fremdsprachenlernenden verwendet? Verwenden die Lernenden eher Online- oder (noch) Printwörterbücher? Kehren die Fremdsprachenlernenden dem sprachwissenschaftlich fundierten Wörterbuch den Rücken zu? Wie sieht ihr Benutzerverhalten aus? Wie gehen sie mit den Wörterbüchern um? Bieten Wörterbücher für die Lernenden ein zuverlässiges Hilfsmittel? Was denken unsere Wörterbuchadressaten über zweisprachige Wörterbücher? Auf welche Schwierigkeiten stoßen sie? Welche Optimierungsphasen stehen aus nutzerorientierter Sicht noch aus? Benötigen wir andere Wörterbuchtypen? Wenn ja, welche?
Im nächsten Abschnitt werden die Beiträge mit ihren thematischen Schwerpunkten und ihren Verbindungen untereinander im Rahmen von Sektionen präsentiert. Diese Sektionseinteilung dient der Orientierung und ist nicht restriktiv zu verstehen.
4 � María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio Den roten Faden durch alle Beiträge stellt die vergleichende Perspektive bzw. verschiedene Sprachenpaare/-gruppen und das zweisprachige Wörterbuch dar. Beteiligte Sprachen bei den Untersuchungen sind Afrikaans, Italienisch, Baskisch, Spanisch, Ungarisch, Slowenisch, Französisch, Deutsch, Polnisch, Tschechisch und kleinere slawische Sprachen. Zwei Beiträge beinhalten einen mehrsprachigen Vergleich. Eine signifikante Anzahl von Beiträgen beschreibt Projekte für Online-Wörterbücher und elektronische Tools.
2 Thematische Schwerpunkte und Beiträge Der Band vereint eine Auswahl der Vorträge (14 Schriftfassungen), die in der von den Herausgebern organisierten Sektion präsentiert wurden. Die hier veröffentlichten Beiträge wurden durch Peer-Review ausgewählt und begutachtet. Der Band gliedert sich in drei Hauptsektionen: − Teil I: Valenz, Konstruktionen und Kollokationen in der zweisprachigen Lexikographie − Teil II: Wörterbücher und ihre Benutzer − Teil III: Lexikographische Projekte Teil I: Valenz, Konstruktionen und Kollokationen in der zweisprachigen Lexikographie Die Beziehung von kontrastiver Linguistik bzw. Lexikologie und der lexikographischen Praxis blieb lange Zeit ungeklärt; beide Bereiche waren praktisch voneinander getrennt. Einen wichtigen Impuls für die Verbindung von (kontrastiver) Linguistik, Deutsch als Fremdsprache und Lexikographie, insbesondere in Deutschland, lieferte die Valenztheorie und mit ihr das „Kleine […] Valenzlexikon deutscher Verben“ von Engel/Schumacher (1978), auf dessen Grundlage zahlreiche bilinguale Verbvalenzwörterbücher entstanden sind wie z. B. Rall/Rall/Zorilla (1980), Engel/ Savin (1983), Ozil (1990), Cirko/Morciniec/Ziobro (1995), Fábián (1996), Bianco (1996), Blumenthal/Rovere (1998), Curcio (1999) (vgl. dazu auch Schumacher 2006). Ein erster Schritt für eine konstruktive Beziehung zwischen kontrastiver Linguistik und zweisprachiger Lexikographie war damit getan. Auch in jüngerer Zeit erschienen noch zweisprachige Valenzwörterbücher wie Djordjević/Engel (2009), DCVVEA: http://gramatica.usc.es/proxectos/valencia/diccionario und Nicolae/Engel (2012), obwohl es scheint, dass die Valenz in der zweisprachigen Lexikographie verschwindet bzw. Konkurrenz durch Kollokationen und Chunks, gerade auch im Hinblick auf eine Lernerorientierung (Nied Curcio 2012, Fobbe 2010; Handwerker/Madlener
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2009; Heringer 2007; Steinbügl 2005), und die Konstruktionsgrammatik (vgl. u. a. Goldberg 1995 und 2006; Croft 2001; Ziem/Lasch 2013) bekommen hat. Um den Bereich der Valenz und ihre Fundierung in zweisprachigen Wörterbüchern geht es in den Aufsätzen von Fábián, Bianco und Fischer. Der Aufsatz von Zsuzsanna Fábián befasst sich mit der Beschreibung der drei Wortklassen Verb, Adjektiv und Substantiv in italienisch-ungarischen allgemeinen Wörterbüchern und in Valenzwörterbüchern. Nachdem die Autorin kurz die drei italienisch-ungarischen allgemeinen Großwörterbücher (Kőrösi 1912, Herczeg 1978, Herczeg-Juhász 2000) und drei Valenzwörterbücher (Verben, Adjektive, Substantive) Italienisch und Ungarisch vorstellt, werden die zur Analyse aus den Großwörterbüchern ausgewählten Lemmata fidare, abile und condanna genauer betrachtet. Anschließend werden Gesichtspunkte für eine optimale Darstellung der Argumentstrukturen im zweisprachigen Wörterbuch präsentiert und diskutiert (mit einem Blick auch auf einfachere Methoden, die den Autoren kleinerer zweisprachiger Wörterbücher für die Valenzdarstellung zur Verfügung stehen). Schließlich wird (am Beispiel derselben drei Wortartikel) ein Vorschlag für eine adäquate und benutzerfreundliche Darstellung der Valenz in den allgemeinen italienisch-ungarischen Wörterbüchern vorgestellt. Maria Teresa Bianco setzt sich mit der lexikographischen Beschreibung des deutschen Verbs werden sowie seinen Entsprechungen im Italienischen auseinander und legt dar, wie verschiedene Grammatiken dieses Verb bestimmten Verbklassen zuordnen. Sie zeigt, dass diesem Verb nur selten der Status eines Vollverbs zugeschrieben wird. Schon in Fällen, in denen werden valenziell zweiwertig vorkommt, sind sich die Linguisten uneinig, ob es sich hier um ein Neben- oder ein Hauptverb handele. Von einem lexikographischen Blickpunkt aus wird die einwertige Variante (außer in der Valenzlexikographie) völlig vernachlässigt, wobei Bianco gleichzeitig darauf aufmerksam macht, wie problematisch die Beschreibung des syntaktischen und semantischen Valenzrahmens ist. Ausgehend von den Erläuterungen zu werden im Valenzlexikon deutscher Verben (VALBU), werden von der Autorin Übersetzungen ins Italienische vorgeschlagen, um gewisse Vorkommensbeziehungen herauszuarbeiten, die als Anhaltspunkte einer adäquaten lexikographischen Beschreibung dieses Verbs dienen könnten. Im Beitrag von Klaus Fischer wird die Nutzbarkeit von Valenz und Konstruktion in der L2-Didaktik diskutiert. In einem ersten Schritt geht der Autor der Frage nach dem Adressatenkreis der Valenzwörterbücher nach und stellt fest, dass er nur z. T. zu weit gefasst sei und oft differenzierter angegeben sei als von Kritikern behauptet. In einem zweiten Schritt analysiert Fischer die Beziehung zwischen Valenz- und Konstruktionsgrammatik. Als Ergebnis der grammatikographischen Auseinandersetzung mit Goldbergs Modell ist der Autor der Meinung, dass eine Sammlung von Konstruktionen („Konstruktionslexikon“) ein Valenzwörterbuch nicht ersetzen könne. Vielmehr schlägt er vor, Konstruktionen als sekundär abhängig von der Valenz semantisch verwandter Lexeme zu betrachten. Am Ende präsentiert Fischer anhand
6 � María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio zweier mit Ian Roe und Alan Cornell verfasster Wörterbuchartikel ein Modell für ein englisches Lernerwörterbuch des Deutschen auf valenzieller Grundlage. Die Perspektive der Konstruktionsgrammatik am Beispiel von Phrasemen wird von Elmar Schafroth eingebracht, der die komplexe Beziehung zwischen Form und Funktion bei Idiomen und Phraseoschablonen beschreibt und ein lexikographisches Modell zur ganzheitlichen Beschreibung von Phrasemen in einem deutschfranzösischen Online-Wörterbuch präsentiert. Basierend auf Goldbergs und Crofts Konstruktionsgrammatik und Fillmores Framesemantik entwickelt der Autor das Modell des PhraseoFrame, welches den Anspruch erhebt, Phraseologismen aus einer holistischen Perspektive zu beschreiben. Schafroth verdeutlicht dies anhand des französischen Idioms chercher midi à quatorze heures, dessen Besonderheiten nicht nur syntaktisch oder semanto-pragmatisch, sondern auch morphologisch, prosodisch und diskursiv beschrieben werden. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Analyse vor allem für Nicht-Muttersprachler von großer Relevanz ist. Im letzten Teil des Beitrags verbindet der Autor sein Modell des PhraseoFrame mit den lexikalischen Funktionen der Sens-Texte-Theorie Mel'čuks. Zwei Wörterbuchprojekte beschäftigen sich mit der Analyse der Kollokationen: Zita Hollós stellt das Projekt KOLLEX vor, bei dem Kollokationen am Beispiel typischer Wortverbindungen gemäß dem Strukturtyp SUBS+VERB im Deutschen und im Ungarischen beschrieben werden. Die Autorin stellt das korpus- und datenbankbasierte zweisprachige deutsch-ungarische Kollokationslexikon KOLLEX als produktionbezogenes syntagmatisches Lernerwörterbuch vor. Nach der Darstellung des Projektes und des diesem zugrunde liegenden Kollokationsbegriffs wird KOLLEX in Anbetracht syntagmatischer Parameter beschrieben, die eine lexikalische und eine grammatische Ebene berücksichtigen. Bezüglich der Angaben zur Syntagmatik auf lexikalischer Ebene werden die Daten zu den Kontextpartnern analysiert, und zwar Wortverbindungen, Phraseme usw. In Bezug auf die Syntagmatik auf grammatischer Ebene geht die Autorin auf die Bestimmung der Valenzpotenz des Lemmazeichens sowie derjenigen von Kollokationen und freien Wortverbindungen ein. Der Beitrag gibt zahlreiche Informationen über das Valenzpotential der Kollokationen, konkret der SUBS+VERB-Kollokationen. Kollokationen des Feldes des Gefühls im Französischen, Deutschen und Englischen sind der Untersuchungsgegenstand des Projektes EMOLEX von Dirk Siepmann. Im Beitrag von Dirk Siepmann wird eine korpusbasierte Analyse semantischer Differenzen zwischen deutschen, englischen und französischen Kollokationen von Gefühlsnomina vorgestellt, deren Ziel die Ermittlung kollokationeller interlingualer Lücken ist. Zunächst wird ein Überblick über die jüngere Forschung im Bereich der lexikalischen Semantik gegeben. Darauf folgt die detaillierte Darstellung von acht semantischen Dimensionen, die allen Emotionsnomina zugrunde liegen und die als tertium comparationis für den Sprachvergleich dienen. Die quantitativen Ergebnisse zeigen, dass Deutsch, Englisch und Französisch hinsichtlich der relativen Gewichtung bestimmter semantischer Dimensionen Unterschiede aufweisen. Ein detaillier-
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ter qualitativer Vergleich zeigt jedoch, dass derartige Unterschiede nur in seltenen Fällen zu tatsächlichen lexikalischen Lücken führen. Abschließend werden Implikationen für den Fremdsprachenunterricht und die Übersetzung diskutiert. Teil II: Wörterbücher und ihre Benutzer Von zweisprachigen Wörterbüchern als Lernerwörterbüchern, die den Lernprozess unterstützen können, berichtet Monika Bielińska in ihrem Aufsatz. Fremdsprachenlernende selbst sehen in der Regel in Wörterbüchern lediglich eine Hilfe bei lexikalischen Problemen und lassen das Bewusstsein vermissen, dass ein „gutes“ Wörterbuch große Unterstützung auch bei grammatischen oder phraseologischen Unsicherheiten leistet. Ausgangspunkt der Überlegungen zur Exemplifizierung der Phraseologismen bildet für die Autorin die Tatsache, dass durchschnittliche Benutzer ein allgemeines zweisprachiges Wörterbuch als polyfunktionales Lernerwörterbuch betrachten, das sie vielseitig beim Sprachgebrauch und -erwerb unterstützen sollte. Angesichts dessen ist es ihrer Meinung nach wichtig, Regeln zu erarbeiten, die den Lexikographen erleichtern, sprachdidaktisch motivierte und den Benutzerbedürfnissen entsprechende Entscheidungen hinsichtlich der Exemplifizierung von Phraseologismen zu treffen. Es werden Kriterien diskutiert, nach denen die Auswahl von Phraseologismen erfolgen kann, die mit Verwendungsbeispielen zu versehen sind. Ferner werden auch Fragen behandelt, ob und ggf. in welchen Fällen die Grundform des Phraseologismus und das Beispiel separat anzuführen sind bzw. ob und wann eine integrierte Darstellungsform akzeptabel wäre. Der Gestaltung der Beispiele wird ebenfalls Aufmerksamkeit geschenkt. María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio zeigen die Schwierigkeiten der Benutzung von bilingualen Online-Wörterbüchern bei der Übersetzung von Sätzen mit polysemen Verben und kontrastiver Valenz von italienischen und spanischen DaF-Lernenden auf. Es handelt sich aus didaktischer Sicht um eine sehr komplexe Erscheinung. Besonders irreführend sind die Fälle, bei denen im Italienischen bzw. Spanischen in verschiedenen Kontexten immer dasselbe polyseme Simplexverb verwendet wird und im Deutschen hingegen mehrere Präfixoder Partikelverben gebraucht werden. Zur Feststellung dessen, welche Hilfe bzw. Unterstützung zweisprachige Internet-Wörterbücher bei der Übersetzung polysemer Verben leisten, wurde von den Autoren eine Online-Umfrage durchgeführt. Es werden sowohl die Schwierigkeiten beim Auffinden der Übersetzungsäquivalenten als auch der Umgang der Studierenden mit den Online-Wörterbüchern und ihre Einstellung zu ihrem eigenen Benutzungsverhalten gezeigt. Im Bereich der Nutzung von zweisprachigen Wörterbüchern stellt sich Luisa Giacoma die Frage, wie ein Wörterbuch aussehen kann, wenn es der Benutzer selbst schreibt, und berichtet damit aus ihrer ganz persönlichen „Doppelperspektive“ als Benutzerin und Lexikografin. Sie beschreibt den Planungs- und Erstellungsprozess verschiedener zweisprachiger Wörterbücher, an denen sie als Koautorin beteiligt
8 � María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio war, und unterstreicht, wie ihre Perspektive als DaF-Lernende und ihre Schwierigkeiten im Umgang mit herkömmlichen Wörterbüchern die Entscheidungen auf der Makro- und Mikrostruktur mitbeeinflusst haben, gerade im Bereich der Kollokationen und Phraseologismen sowie der metasprachlichen Notation in Bezug auf Morphologie und Syntax. Teil III: Lexikographische Projekte Auf der Grundlage von Wiegands Ansatz zur Print-Lexikographie macht Rufus Gouws unterschiedliche Vorschläge für die Entwicklung bilingualer Wörterbücher, die von verschiedenen Benutzern zu unterschiedlichen Zwecken verwendet werden könnten. In diesem Aufsatz geht es darum, dass verschiedene Wörterbücher aus einer Datenbank bzw. aus einem „Mutterlexikon“ abgerufen werden können. Als Hauptpotential dieses Prozesses wird die Erhebung benutzerspezifischer und sogar personalisierter Wörterbücher dargestellt, wozu sich eine vorherige Erstellung eines Benutzerprofiles als notwendig erweist. In Anbetracht unterschiedlicher Benutzerkreise und ihrer Bedürfnisse wird danach ein Vorschlag für eine innovative Entwicklung bzw. Verwendung der semi-integrierten Wörterbuchmikrostruktur präsentiert. Obgleich der Beitrag auf ein bilinguales Wörterbuch für Afrikaans und Deutsch Bezug nimmt, ist Gouws' Vorschlag nicht sprachenspezifisch, sondern kann Anwendung bei weiteren Sprachenpaaren finden. Zudem diskutiert der Verfasser die grundlegende Frage „What do I want my user to be able to do with this dictionary?“ Nach einem Gesamtüberblick vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart über deutsch-baskische Wörterbücher sowie lexikographische Manuskripte geht David Lindemann quantitativ an die Darstellung des aktuellen Bestands der zweisprachigen baskischen Lexikographie heran, wobei er Angaben zu den mit dem Baskischen verglichenen Sprachen, dem Umfang der Lemmastrecken sowie zum Vorhandensein der sog. Machine Readable Dictionaries als Online-Nachschlagewerke liefert. Ausführlich wird das neue elektronische Wörterbuchprojekt EuDeLex beschrieben und hier insbesondere die zur Erstellung des Werkes verwendete Software sowie dessen Makro- und Mikrostruktur. In seinem Beitrag zu den kleineren slawischen Sprachen zeigt Martin Becker auf, dass es trotz gut ausgebauten Wortschatzes oft keine Wörterbücher für diese Sprachen gibt. Der Autor legt dar, dass sich für diese Sprachen der Druck spezialisierter, z. B. fach- oder gruppensprachlicher Wörterbücher nur selten lohnt. Seiner Meinung nach eröffnen jedoch moderne elektronische Medien und multifunktionale Internet-Plattformen bzw. mehrsprachige Online-Wörterbücher für diese kleineren Sprachen neue lexikographische Möglichkeiten. Er diskutiert die Frage nach der Definition von „großen“ und „kleinen“ Sprachen und beschreibt den derzeitigen Stand der Lexikografie in Bezug hierauf. Nach einem kurzen Blick auf die Beziehung von Interkomprehension als Lehr- und Lernmethode und moderner elektronischer
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Lexikographie gibt der Autor schließlich einen Ausblick auf Ideen für neue Wörterbücher kleinerer slawischer Sprachen. Peter Meyer stellt das Projekt „Lehnwortportal Deutsch“ dar, das zurzeit am Institut für Deutsche Sprache durchgeführt wird. In diesem Portal wird den Benutzern Zugriff auf mehrere Lehnwörterbücher mit Deutsch als gemeinsamer Gebersprache gestattet. Beschreibungsgegenstand sind Polnisch, Teschener Polnisch, Slowenisch und Deutsch. Als Neuerung stellt sich neben dem Zugriff auf die Einzelwörterbücher die Einrichtung eines „umgekehrten Lehnwörterbuchs“ mit einer graphembasierten Datenhaltung heraus, das komplexe wörterbuchübergreifende Suchabfragen auch aus der Perspektive der Gebersprache Deutsch ermöglicht. Nach der Darstellung des Portals und der Datenmodellierung, die eine XML-Repräsentation der Einzelartikel und eine graphembasierte Datenhaltung für wörterbuchübergreifende Suchen verbindet, diskutiert Peter Meyer technische und inhaltliche Phänomene bei der Schaffung von Vernetzungs- und Zugriffsstrukturen. Die Fachsprache als Grundlage für die Wörterbucherstellung wird in diesem Band von Carolina Flinz vertreten, die ein deutsch-italienisches Wörterbuchprojekt im Bereich der Fachsprache des Tourismus präsentiert. Das Online-Projekt TOURLEX ist ein zweisprachiges (deutsch-italienisches) frei verfügbares Online-Lexikon, das bestimmte deutsche Fachwörter der Tourismusbranche aus unterschiedlichen Bereichen wie z. B. Reisebüros, Reiseveranstalter, Fluggesellschaften, Hotellerie und Gastronomie sowie Reservierungssysteme auflisten wird. Flinz zeigt auf, dass zweisprachige Lexika zur Tourismus-Fachsprache selten sind und legt dar, wie TOURLEX diese Lücke im lexikographischen Panorama zu füllen versucht und wie ein derartiges Instrument für den DaF-Unterricht an einer Tourismusschule oder Tourismusfakultät von großem Vorteil sein könnte. Nach der Vorstellung des intendierten Publikums, der Benutzerbedürfnisse und der Hauptfunktionen des Lexikons werden die wichtigsten Entscheidungen zur Makro-, Medio- und Mikrostruktur thematisiert und diskutiert. Wie ersichtlich ist, wurde an das überaus umfangreiche Themenfeld zur zweisprachigen Lexikographie zwischen Translation und Didaktik von den Beitragenden aus ganz unterschiedlicher (theoretischer und praktischer) Perspektive und mit verschiedenen Schwerpunkten herangegangen, so dass der Band einen Überblick über den aktuellen Stand und die gegenwärtigen Trends im Bereich der kontrastiven Lexikographie in Bezug auf Übersetzung und Didaktik bietet. Er setzt sich außerdem mit den neuesten Erkenntnissen der Internetlexikographie auseinander, stellt auch hier aktuelle Tendenzen vor und weist auf Forschungsdesiderate hin. Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei den Autoren für ihre positive Zusammenarbeit und Geduld bedanken. Außerdem gebührt unser Dank auch den Herausgebern der Reihe und insbesondere Stefan J. Schierholz, der von Anfang an unser Projekt unterstützt hat, sowie den Gutachtern und dem Verlag De Gruyter
10 � María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio (insbesondere Daniel Gietz und Olena Gainulina) für die Hilfe bei der Herstellung der Druckvorlage. Santiago de Compostela, Mailand und Rom María José Domínguez Vázquez Fabio Mollica Martina Nied Curcio
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| Teil I: Valenz, Konstruktionen und Kollokationen in der zweisprachigen Lexikographie
Zsuzsanna Fábián
Die Darstellung der Valenz in den zweisprachigen Wörterbüchern Eine Untersuchung am Beispiel der italienisch-ungarischen Großwörterbücher
1 Zielsetzungen und Methode der Analyse Im Folgenden wird erforscht, wie die Valenz der drei Hauptwortarten (Verb, Substantiv, Adjektiv) in den zweisprachigen Wörterbüchern dargestellt wird bzw. Dargestellt werden sollte. Obwohl den verschiedenen Problemen der Valenz in den letzten fünfzig Jahren von den Sprachwissenschaftlern und Lexikographen bereits viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde, hat das Thema seine Aktualität nicht verloren. Als Walter Duda vor fast dreißig Jahren die Maßangabe-Argumente bestimmter Substantive (wie z. B. eine Temperatur von 20 Grad) in den ein- und zweisprachigen deutsch-russischen Wörterbüchern erforschte, stellte er im Zusammenhang mit deren lexikographischen Abbildung Folgendes fest: Die systematische lexikographische Registrierung und Darstellung der spezifischen Verknüpfungsregeln für die [...] Lexeme ist […] bisher weitgehend unterblieben, und zwar nicht nur in den großen einsprachigen Lexika; [...] die kommunikativ hochwertige Verknüpfung mit Maßangaben [wird] unsystematisch mit Hilfe von zufälligen Beispielsätzen dargestellt. (Duda 1985: 58)
Könnten vielleicht die Schlussfolgerungen der vorliegenden Analyse zu einer anderen, d. h. besseren Bewertung der Situation führen? Nach einem gezielten historischen Überblick der Präsentation der Valenz in den italienisch-ungarischen allgemeinen Großwörterbüchern (für frühere Analysen zum Thema vgl. z. B. Fábián 1994, 2001) wird am Ende dieses Beitrages ein Vorschlag für eine nach heutigen Gesichtspunkten adäquate, den wissenschaftlichen Kriterien entsprechende und zur gleichen Zeit benutzerfreundliche Darstellung der Valenz in den allgemeinen Wörterbüchern gemacht. Im Zuge dieses Artikels wird auch der Frage nachgegangen, inwieweit die Erstellung und Publikation der drei kontrastiven Valenzwörterbücher im Hinblick auf das Sprachenpaar Italienisch und Ungarisch zu einer systematischeren und detallierteren Darstellung der Argumentstrukturen in allgemeinen Wörterbüchern beigetragen hat.
16 � Zsuzsanna Fábián In der Analyse wurden die bisher drei publizierten Großwörterbücher (Kőrösi 1912; Herczeg 1952 bzw. 1967, 21987 und Herczeg/Juhász 2000) miteinbezogen. In diesem Beitrag soll nur die Richtung Italienisch-Ungarisch berücksichtigt werden, und zwar mithilfe der Evaluierung von jeweils einem Lemma-Beispiel aus dem Kreis der oben erwähnten Wortarten (das Verb fidare ‚jmdm. vertrauen, sich auf jn. verlassen‘, ‚wagen, sich trauen‘; das Adjektiv abile ‚geschickt‘, ‚geeignet, tauglich‘ und das Substantiv condanna ‚Strafe, Bestrafung‘).
2 Italienisch-ungarische allgemeine Wörterbücher und Valenzwörterbücher Als Einführung sollen zuerst die in die Analyse miteinbezogenen Wörterbücher aufgezählt und kurz präsentiert werden.
2.1 Italienisch-ungarische allgemeine Großwörterbücher Die moderne italienisch-ungarische Lexikographie beginnt Ende des 19. Jahrhunderts in der damals unter ungarischer Verwaltung stehenden Hafenstadt Fiume/ Rijeka, wo das erste ungarisch-italienische (1884) und das erste italienisch-ungarische Wörterbuch (1887) erschienen sind (vgl. dazu Fábián 1989, 2011a). Seitdem wurden ca. zehn italienisch-ungarische allgemeine Wörterbücher publiziert. Das erste „große“ unter diesen wurde 1912 herausgegeben. Es besteht aus zwei Bänden und hat einen Umfang von 1382 Seiten (Kőrösi 1912). Beim Verfasser handelte es sich um den Gymnasialprofessor und Sprachwissenschaftler Sándor Kőrösi (1857–1929) (vgl. dazu auch Fábián 2011b, 2012). Vierzig Jahre später hat der Universitätsprofessor und Lexikograph Gyula Herczeg (1920–1994) sein Wörterbuch (ebenfalls zwei Bände, 1459, bzw. 1613 Seiten) in drei verschiedenen Ausgaben veröffentlicht (Herczeg 1952 bzw. 1967, 21987); das Werk sollte den objektiven und wissenschaftlichen Veränderungen der Nachkriegszeit gerecht werden.1 Eine vollkommene Überarbeitung dieses Wörterbuchs (bestehend aus nur einem, 1086 Seiten umfassenden, Band) wurde bis zur Jahrhundertwende zwingend notwendig und schließlich im Jahr 2000 realisiert (Herczeg/Juhász 2000).
�� 1 In diesem Beitrag wird die um ca. 150 Seiten erweiterte Version aus dem Jahr 1987 berücksichtigt.
Die Darstellung der Valenz in den zweisprachigen Wörterbüchern � 17
2.2 Italienische (und ungarische) Valenzwörterbücher Für eine wissenschaftlich korrekte Darstellung der Valenz in den allgemeinen zweisprachigen Wörterbüchern sind bzw. wären mono- und/oder bilinguale Valenzwörterbücher unentbehrlich (in den allgemeinen italienischen Wörterbüchern werden die Argumente nämlich nur oberflächlich angegeben und können meistens nur anhand von Beispielen erkannt werden). Für den Verfasser eines italienisch-ungarischen Wörterbuches stehen derzeit folgende Werke als Ausgangspunkt und Orientierungshilfe zur Verfügung: In Bezug auf italienische Valenzwörterbücher (auch in der Kombination mit anderen Sprachen) vgl. v. a. Blumenthal/Rovere (1998) für die Verben. Diesbezüglich können wir in der Relation Italienisch-Deutsch auch im Curcio (1999) nachschlagen. Für die Adjektive in derselben Relation kann das online abrufbare DIVA-Projekt (Heinrich/Soffritti 2005) sehr nützlich sein. Was das Sprachenpaar Italienisch-Ungarisch betrifft, ist das Angebot an vorhandenen Valenzwörterbüchern zufriedenstellend: Angelini/Fábián (1981 und 1998) für die Verben, Fábián (1996) für die Adjektive und Angelini/Fábián (2005) für die Substantive bieten auf der Basis von jeweils ca. einigen hundert Lemmata gute Modelle (italienische und parallele ungarische Argumentstrukturen, ergänzt durch italienische Beispielsätze), die auch für den potentiellen Autor eines allgemeinen Wörterbuches hilfreich sein können. Obwohl es bei der Verfassung eines italienisch-ungarischen Wörterbuches eine nicht besonders wichtige Rolle spielt, soll an dieser Stelle trotzdem erwähnt werden, dass für das Ungarische – das in diesem Fall die Zielsprache ist – leider immer noch keine Valenzwörterbücher im eigentlichen Sinne zur Verfügung stehen: das erst 2010 publizierte Wörterbuch der ungarischen Verbkonstruktionen (Pajzs/Sass 2010 [2011]) kann nämlich nur teilweise als Valenzwörterbuch betrachtet werden, da es sich dabei tatsächlich um ein (korpus- und häufigkeitsbasiertes) Übergangsprodukt zwischen einem Valenz- und einem Kollokationswörterbuch handelt, und als solches kann es nur als Hilfsmittel zur Vorbereitung oder als sekundäre Quelle betrachtet und benutzt werden.
3 Analyse der ausgewählten Lemmata Wie bereits erwähnt, bezieht sich die Analyse2 auf die Lemma-Versionen von fidare, abile e condanna in den drei italienisch-ungarischen Großwörterbüchern. Erklären�� 2 In der Analyse (s. Punkt 3 und 4) werden folgende Abkürzungen und Zeichen häufig verwendet: it. = ‚italienisch‘, ung. = ‚ungarisch‘; q, qd und vki ‚jemand‘ (Lebewesen), qc und vmi ‚etwas‘ (Sache); Finf = Infinitivsatz; → Transformation (z. B. mit einem Pronomen); tr und tgy = transitiv, intr
18 � Zsuzsanna Fábián de weiterführende Informationen unter den jeweiligen Stichwörtern, die sich für die Analyse als irrelevant erwiesen, (wie z. B. phonetische und pragmatische Bemerkungen, Angaben zum Stil usw. auf der einen Seite und Beispielsätze, Kollokationen etc. auf der anderen) wurden ausgelassen. Der Funktion der Präpositionen im Italienischen entspricht jene der Kasussuffixe im Ungarischen. Die häufigsten davon sind: -t (Objekt), -nak/-nek (Dativ), ban/-ben, -on/-en (Wo-Ortsbestimmung), -ba/-be, -ra/-re (Wohin-Ortsbestimmung), ért (Zweck- oder Zielbestimmung). (Einige Bespiele für eine Parallele der Valenz: regalo un libro a mio figlio ajándékozok egy könyvet a fiamnak, la nonna abita a Roma a nagymama Rómában lakik, prometto a Carlo che parto/di partire subito megígérem Károlynak, hogy azonnal elutazom usw.)
3.1 Das Verb fidare fidare nach Kőrösi (1912): I.
tr. 1. rábíz vkire vmit √/vkit √qc/q a q Gli si può ~ qualunque cosa Rá lehet bizni akármit 2. hitelbe ad, hitelez √ vmit vkinek √ qc a q Non gli fidano un centesimo Nem hiteleznek neki már egy fillért se II. intr. bizik vkiben√ /vmiben (in qd. √ /qc) Fido in Dio, ma fido anche nelle mie mani Bizom Istenben, de bizom a saját kezeimben is III. -RSI rifl. 1. bizik vkiben √ /vmiben, hisz vkinek √ /vminek √ di qd/qc Non ti fidar di nessuno Ne bizzál senkiben se; non -rsi delle proprie forze nem bizik a saját erejében 2. remél√i, Fhogy √ di Finf; Mi proverò, ma non mi fido di riuscirvi Megpróbálom, de nem is remélem √, hogy célt érek 3. mer, merészel √ vmit tenni √ di Finf ; Arrivai fino al lido, ma non mi fidai di gettarmi a nuoto Eljutottam a tengerpartig, de nem mertem √ beleugrani a vízbe Zu diesem Wörterbucheintrag können wir folgende Bemerkungen hinzufügen: a) Bei fast allen Bedeutungen fehlen die Argumente als Struktur im ung. oder im it. Teil (oben √ und fettgedruckt), manchmal sogar in beiden �� und tgyl = intransitiv, rifl und vissz = reflexiv, √ = Lücke, Mangel; Fettdruck = ausgelassene Argumente, Teile; Kursiv = italienische Beispiele im Wörterbuch; xxx (oder xxx) unterstrichene Textteile = einander entsprechende Textteile im Italienischen und im Ungarischen; xxx unterstrichene Textteile = keine wortwörtliche, sondern im Ungarischen „fließende“ Äquivalente; ung. hogy ‚dass‘; ung. tenni ‚tun, machen‘.
Die Darstellung der Valenz in den zweisprachigen Wörterbüchern � 19
Teilen (wie unter I. 1, 2); insbesondere die Darstellung der satzförmigen Argumente ist lückenhaft (wie unter III. 2, 3: die Objektsatz-Argumente werden nicht dargestellt, außerdem fehlen im ung. Teil in den Beispielen die Nebensätze). b) Die semantische Valenz ist nicht richtig oder nur unvollständig dargestellt (oben √ vkit, √ vmit, √q, √ qc usw.). c) Oft entspricht das Beispiel nicht dem angeführten Argument bzw. der angeführten Argumentstruktur (oben als xxx unterstrichen), entweder aus semantischen Gründen (z. B. unter II bízik vkiben fidare in qd und unter III.1 fidarsi bízik vkiben folgt diesen Strukturen jeweils ein Beispiel, in dem das regierte Substantiv (auch) n i c h t lebendig sein kann, aber das wurde in der Struktur nicht gezeigt: mani kezeim und forze erejében) oder aus strukturellen Gründen (unter III. 2 und 3 fehlen, wie schon in a) gesagt, die Objektsatz-Argumente). – Dazu kommt noch, dass unter I. 1 das it. Dativobjekt a q mit dem Beispiel gli erklärt wird; das erschwert die Identifikation der in den beiden Sprachen äquivalenten Textteile. Eindeutiger und damit in didaktischer Hinsicht wertvoller wäre ein Beispiel in dem die it. Präposition explizit genannt wird (wie etwa Non fidarono un centesimo al ragazzo).
fidare nach Herczeg (21978): I.
tgy rábíz vkire vmit √ /vkit √ qc/q a q; gli fidò le sue cose preziose rábízta értéktárgyait; II. tgyl bízik vkiben, vmiben √ in q/qc; ~ nelle proprie capacità bízik képességeiben; III. vissz ~si 1. bízik vkiben √/vmiben, megbízik vkiben √/vmiben; bizalommal viseltetik vki √/vmi iránt; hisz vkinek √/vminek (di √q/qc); ~si delle promesse di uno bízik vkinek az ígéreteiben 2. mer(észel) vmit tenni (di, a √Finf); non si fidò di gettarsi nell'acqua nem mert vízbe ugrani; non mi fido ancora a guidare3 még nem merek vezetni Zu diesem Wörterbucheintrag kann Folgendes hizugefügt werden: a) Unter I und II fehlen die it. Argumente als strukturbildende Elemente; unter III.1 und III. 2 werden lediglich die it. Präpositionen di und di, a in runden Klammern genannt. Runde Klammern werden jedoch in der Valenzliteratur im Allgemeinen für fakultative Argumente verwendet.
�� 3 Wahrscheinlich stammt der Beispielsatz in Herczeg (21978) und auch in Blumenthal/Rovere (1998) aus dem Dizionario Garzanti della lingua italiana.
20 � Zsuzsanna Fábián b) Unter I, II, III wird die semantische Valenz nicht vollständig angegeben (insbesondere qc vmiben fehlt). c) Das die Argumentstruktur illustrierende Beispiel entspricht nicht vollkommen der generellen Struktur: Unter III. 1 wird hinsichtlich der semantischen Valenz nur das lebendige vkiben, vkinek (dt. ‚jemandem‘, ‚jemanden‘) angegeben, aber, im Gegensatz dazu, lesen wir das nicht lebendige promesse, ung. ígéretei (dt. ‚seine/ihre Versprechen‘). – Unter I ist dieselbe Null-Äquivalenz, die wir bei Kőrösi gesehen haben, geblieben: Das Dativ-Argument wird nicht mit einer Präpositionalphrase (it. SP) sondern mit einem Dativpronomen illustriert (im Lemma a q gli). d) Unter III. 1 wird im Beispielsatz das Substantiv it. promessa, ung. ígéret (dt. ‚Versprechen‘) angeführt. Ein Problem hat sich hier teilweise dadurch ergeben, dass erstens der Verfasser auch die nicht hierher gehörenden Argumente von promessa und ígéret genannt und zweitens parallel dazu als semantische Valenz nur jene des Verbes fidarsi III. 1 vkinek (lebendiges Wesen) angegeben hat: Aufgrund dieser beiden Angaben könnte der Benutzer daran denken, dass im Beispielsatz fidarsi delle promesse di uno das Argument des Verbes di uno (und nicht, wie tatsächlich, delle promesse) sei. (Andererseits ist es bemerkenswert, dass in demselben Wörterbuch das Substantiv promessa ohne Argumente angeführt wird! Ein Argument von promessa ist also im Lemma von fidarsi zu finden.) e) Unter III. 2 wird das Objektsatz-Argument strukturell und mit dem Beispiel richtig dargestellt. An dieser Stelle steht sogar je ein Satz für den Gebrauch der zwei verschiedenen Präpositionen di und a. fidare nach Herczeg/Juhász (2000): I.
ts i rábíz (vmit √/vkit vkire qc a q); gli fidò le sue cose preziose rábízta értéktárgyait II. tn i avere bízik (vkiben/vmiben in q/qc); ~ nelle proprie capacità bízik képességeiben III. -si vh i 1. (meg)bízik (vkiben √ /vmiben di q √ /qc) […] hisz (vkinek √ /vminek di q √ /qc); -si delle promesse (di q) bízik (vkinek) az ígéreteiben; non c'è da -si troppo di lui nem nagyon lehet benne bízni […] 2. biz mer(észel) (vmit √ tenni di inf); non mi fido ancora di guidare még nem merek vezetni Zu diesem Wörterbucheintrag können wir folgende Bemerkungen hinzufügen: a) Unter I und II sind die Argumentdarstellungen präziser als in der früheren Ausgabe von Herczeg (21978).
Die Darstellung der Valenz in den zweisprachigen Wörterbüchern � 21
b) Unter I und III. 1 ist die Darstellung der semantischen Valenz noch lückenhaft. c) Unter III. 2 geht aus der ung. Struktur nicht klar hervor, dass es sich hier nicht um ein SN-Objektargument sondern um ein satzförmiges Finf-Objekt handelt. d) Das Teilproblem mit der überflüssigen und störenden Darstellung der Valenz von promessa im Beispielsatz ist auch hier vorhanden, aber aufgrund der in Klammern gesetzten Argumente von promessa (di q) (vkinek) az ígéreteiben ist die Situation etwas klarer. e) Unter III. 2 wurde die Präposition a (als knüpfendes Element des Objektsatzes) ausgelassen und dementsprechend auch der Beispielsatz mit di modifiziert. Eine Google-Suche konnte eine solche Veränderung im it. Sprachgebrauch nicht bestätigen; im Beispielsatz des Lemmas fidarsi in Grande Dizionario Italiano dell'Uso di Tullio De Mauro wird als einzig gebrauchte nur a angegeben.
3.2 Das Adjektiv abile abile nach Kőrösi (1912): 1. 2. 3.
ügyes, gyakorlott, jeles; maestro ~ ügyes tanító ~ in qc. ügyes vmiben; ~ nel disegno ügyes rajzoló ~ a qc. √ , a Finf. alkalmas, képes vmire √ , vminek; vmire képesített; √ alkalmas, képes arra, Fhogy tu non sei ~ a vincerlo nem birsz vele; ~ al matrimonio eladó lány; ~ alle armi beválik katonának (ném. Tauglich); ~ all'uffizio az állásra (hivatalra) képesített 4. ravasz Zu diesem Wörterbucheintrag können wir folgende Bemerkungen hinzufügen: a) Unter 2 und 3 sind die zwei verschiedenen Argumente, die die beiden Bedeutungen voneinander unterscheiden, richtig dargestellt; zur gleichen Zeit fehlen aber unter 3 einige Argumente. b) Unter 3 hat der Verfasser Beispiele angegeben, die als Argumentstruktur nicht dargestellt sind (diese sind das satzförmige Argument abile a vincerlo im It. und im Ung. beválik katonának). c) Die Reihenfolge der Beispiele (unter 3) entspricht nicht jener der dargestellten Argumente. d) Unter 2 und 3 hat der Verfasser solche, im Ung. „fließende“ Äquivalente in den Beispielen gewählt, die den dargestellten Argumentstrukturen i. e. S. nicht entsprechen (diese Teile werden hier oben als xxx gekenn-
22 � Zsuzsanna Fábián zeichnet). Bei den meisten ung. Äquivalenten handelt es sich gleichzeitig auch um einen Wechsel der Wortart (für abile nel disegno, abile al matrimonio und auch für abile alle armi wurden zu den ung. Äquivalenten die Substantive rajzoló ‚Zeichner‘, lány ‚Mädchen‘ bzw. katona ‚Soldat‘ hinzugefügt), und dem it. Beispielsatz tu non sei abile a vincerlo sollte eigentlich der wortwörtliche nem vagy alkalmas arra, hogy legyőzd entsprechen (während der im Wörterbuch gegebene nem bírsz vele ein idomatischer verbaler Ausdruck ist). abile nach Herczeg (21978): 1. ügyes, jártas √ vmiben (in √ qc ); ~ nel disegno ügyes rajzoló 2. alkalmas √ vmire, vminek (a √ qc); ~ al servizio militare katonai szolgálatra alkalmas 3. agyafurt, ravasz Folgende Anmerkungen können zu diesem Wörterbucheintrag gemacht werden: a) Unter 1 und 2 fehlen die (hier wirklich wichtigen) Argumente (vmiben, bzw. vmire, vminek) im ungarischen Teil. b) Unter 1 und 2 fehlt die Indikation der semantischen Valenz (nur qc) im it. Teil. c) Der Verfasser hat (vielleicht auf den Spuren von Kőrösi (1912) wandelnd?) das (einzige) Beispiel und die in gewisser Weise irreführende Äquivalenz abile nel disegno ügyes rajzoló (fließend, aber Wortklassenwechsel) erhalten. d) Im Lemma fehlen das satzförmige Argument (a Finf) und dessen ung. Äquivalent(e). abile nach Herczeg/Juhász (2000): 1. ügyes, jártas (vmiben in qc); ~ nel disegno ügyes rajzoló; ~ nel proprio lavoro ügyes a munkájában, jól dolgozik 2. alkalmas (vmire a qc); ~ al servizio militare katonai szolgálatra alkalmas 3. tehetséges, hozzáértő Zu diesem Wörterbucheintrag ist Folgendes zu bemerken: a) Unter 1 und 2 werden die Argumente (strukturell und semantisch) korrekt dargestellt. b) Die it. Beispiele spiegeln die Argumentstrukturen wider, aber die ung. Äquivalente unter 1 (ügyes rajzoló, seit Kőrösi erhalten, und jól dol-
Die Darstellung der Valenz in den zweisprachigen Wörterbüchern � 23
gozik) enthalten keine präzisen Lösungen (Wechsel der Wortart: rajzoló ist Substantiv und dolgozik ist Verb). c) Auch hier fehlt im Lemma das satzförmige Argument im It. (a Finf) und dessen Äquivalent(e), die im Ung. beide Bedeutungen (1 und 2) beinhalten. Eine der Lösungsmöglichkeiten könnte (unter 1) abile in qc/a Finf. sein (wie in Fábián 1996), mit dem ung. Äquivalent alkalmas, képes, képesített arra, hogy; ügyesen csinál vmit.
3.3 Das Substantiv condanna condanna nach Kőrösi (1912): 1.
2.
√ a q [pena] Elitélés √ vmire [büntetés], elmarasztalás, ítélet √vmire [büntetés] ~ di morte halálos ítélet; ~ d'esilio számkivetés; L'ammalato ha avuto la sua ~ Az orvosok lemondtak a beteg életéről. kárhoztatás
Zu diesem Wörterbucheintrag können wir folgende Bemerkungen hinzufügen: a) Unter 1 fehlen die it. und ung. Argumente (mit der notwendigen Angabe der wichtigen semantischen Einschränkung: das Nomen soll ‚eine Strafe‘ bedeuten), z. B. una condanna a dieci anni di carcere tíz év börtönre való ítélés. b) Da das Argument nicht angegeben wird, könnten die Benutzer dieses Wörterbuchs aus den Kollokationsbeispielen (condanna di morte und condanna d'esilio) auf die falsche Idee kommen, dass condanna ein mit di-eingeführtes Argument bedingen würde. c) Unter 1 sollte das dritte ung. Äquivalent ítélet gegen das Synomym (el)ítélés ausgetauscht und mit dem Argument vmire versehen ((el)ítélés vmire) werden. d) Der Beispielsatz unter 1 ist ein Beweis für die „uso assoluto“ (Gebrauchsmöglichkeit ohne Argument) und ist eigentlich eine Art Redewendung, die auch im Ung. einer ähnlichen feststehenden Redewendung entspricht. Was daher sämtliche Beispiele angeht, handelt es sich um Kollokationen oder redewendungsartige Formulierungen und um keine Konstruktionen, die die (übrigens fehlende!) Argumentkonstruktionen widerspiegeln könnten (wie z. B. condanna all’ ergasto- lo, all'esilio usw.). condanna nach Herczeg (21978):
24 � Zsuzsanna Fábián 1.
√ a qc [pena] elítélés √ vmire [büntetés]; ítélet; ~ condizionale feltételes elítélés; ~ al carcere börtön[re]büntetés; ~ all'ergastolo életfogytiglani fegyházra ítélés; ~ a morte halálos ítélet; infliggere una ~ a uno elítél vkit; kirója vkire az ítéletet 2. büntetés 3. √ di q/qc átv: megbélyegzés√e vkinek/vminek, elítélő határozat √ vkiről/vmiről; ~ delle dottrine capitalistiche a kapitalista tanok[nak] megbélyegzése 4. √ di q/qc vkinek a veszte
Folgende Bemerkungen können zu diesem Wörterbucheintrag hinzugefügt werden: a) Auch in diesem Wörterbuch fehlen (unter 1) die it. und ung. Argumente (mit der notwendigen Angabe der wichtigen semantischen Einschränkung: Das Nomen soll ‚eine Strafe‘ bedeuten). Aufgrund der hier korrekten Beispiele erhalten die Benutzer auch Informationen über das Argument. b) Parallel zu den korrekten Beispielen wurde hier das ung. Äquivalent (el)ítélés – wie in der Analyse von Kőrösi (1912) vorgeschlagen – ebenfalls angeführt. c) In den Bedeutungen 3 und 4 fungiert das Argument als Objekt des Substantivs condanna und wird mit di an das Substantiv angehängt. Diese Strukturen werden im Wörterbuch nicht dargestellt, nur aus dem Beispiel unter 3 können die Benutzer auf das Argument schließen. condanna nach Herczeg/Juhász (2000): 1.
2. 3.
√ a qc [pena] elítélés, ítélet √ vmire [büntetés]; ~ al carcere börtön[re]büntetés; ~ all'ergastolo életfogytiglani fegyházra ítélés; ~ a morte halálos ítélet büntetés ellenzés, megbélyegzés
Zu diesem Wörterbucheintrag können wir folgende Bemerkungen hinzufügen: a) Die Lücken an der Argumentdarstellung sind dieselben wie bei Herczeg (21978). b) Die Beispiele sind korrekt, die Argumente können aus diesen erschlossen werden. c) Die Bedeutungen 3 und 4 bei Herczeg sind hier weggelassen worden. Infolgedessen ist auch ein Teil der möglichen Argumente nicht ersichtlich (s. oben Punkt c).
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d) Schließlich sei hier noch angemerkt, dass eine komplette Darstellung der obligatorischen und fakultativen Argumente des Substantivs condanna in keinem der analysierten Wörterbücher vorhanden ist. Die vollständige Argumentstruktur sieht nämlich wie folgt aus (die fakultativen Argumente sind eingeklammert): condanna (di q/qc) (da parte di q/qc [ist]) (a qc [pena]/a Finf.) (per qc [azione punibile]) (vkinek/vminek az) elítélés(e) (vkinek/vminek [int] a részéről) (vmire [büntetés]/arra, Fhogy).
4 Schlussfolgerungen Zuerst soll hier die Frage beantwortet werden, inwieweit die Erstellung und die Publikation der drei kontrastiven Valenzwörterbücher im Sprachenpaar ItalienischUngarisch zu einer präziseren und ausführlicheren Darstellung der Argumentstrukturen in den allgemeinen zweisprachigen Wörterbüchern beigetragen hat. Aus der Analyse geht eindeutig hervor, dass die Darstellung der Verbargumente im zuletzt publizierten Wörterbuch von Herczeg/Juhász aus dem Jahr 2000 bereits systematischer ist. Die Argumente werden als Strukturen angegeben, sind aber auch semantisch determiniert (q, qc). Sie werden außerdem in runden Klammern angegeben und in den meisten Fällen durch Beispiele ergänzt. Diese Methode wird aber leider bei den Nomen (Adjektiven und Substantiven) nicht angewendet. Insbesondere die Substantive wurden in dieser Hinsicht fast vollkommen vernachlässigt.
4.1 Die Notwendigkeit der Darstellung der Valenz Als wichtige strukturbildende Mittel der Wortgruppen und des Satzes sollten die Argumente auch in den Wörterbüchern dargestellt werden. Phonetik und Grammatik werden schon seit Jahrhunderten regelmäßig und in großem Umfang in allgemeinen Wörterbüchern angegeben (z. B. die Aufzählung der unregelmäßigen Verben, der Pluralformen von Substantiven, usw.). Auf ebenso korrekte Art und Weise sollten auch die Argumente, die eigentlich die syntaktische Seite des Lexems darstellen, in der Mikrorstruktur der Wörterbücher bei jeder Nebenbedeutung explizit in Erscheinung treten. Phonetische und grammatische Informationen werden am Beginn des jeweiligen Lemmas (nach dem Titelwort) angegeben, weil diese Informationen in den meisten Fällen für alle sekundäre Bedeutungen Gültigkeit haben. Die Argumente gehören dagegen meistens zu den spezifischen sekundären Bedeutungen; deshalb sollten sie im ersten Abschnitt der einzelnen Bedeutungssequenzen dargestellt werden.
26 � Zsuzsanna Fábián In der Valenzforschung wurden bisher zahlreiche theoretische Schriften veröffentlicht. Parallel dazu wurden auch viele ein- und zweisprachige Valenzwörterbücher publiziert (s. dazu Schumacher 21988, Ágel 2006). Doch hatten diese Bemühungen in der allgemeinen Lexikographie nur wenige Spuren hinterlassen und beim Sprachenpaar Italienisch-Ungarisch ist die Situation nicht unbedingt anders. Selbst die italienischen, gedruckten, erklärenden Wörterbücher enthalten wenige Informationen über die Valenz. (Unter diesen ist vielleicht das Wörterbuch mit dem Titel DISC am ehesten „valenzfreundlich“, wenngleich aber nicht ausreichend explizit in der Darstellung. Dabei wird lediglich die Nummer der Argumente – ohne das Subjekt – angegeben und ohne die konkrete Darstellung der Argumente, die sich nur aus den Beispielen erschließen lassen.) Dieselbe Situation ist auch für die online abrufbaren Wörterbücher4 typisch. Abgesehen von der Angabe einer einzigen Präposition (und leider fehlt oft auch diese) erhalten die Benutzer keine weiteren Information oder Hilfestellungen.
4.2 Argumente als Struktur und als Beispiel Die ausschließliche Darstellung von Argumenten in Form von Beispielen ist, insbesondere bei den Substantiven, häufig anzutreffen. Argumente sollten aber in beiden Teilen des zweisprachigen Wörterbuchs sowohl mit grammatischen Strukturen als auch mit Beispielen angeführt werden.
4.3 Kohärenz zwischen Struktur und Beispiel 4.3.1 Das erste in einer Reihe von Beispielen – sofern unter ein und demselben Lemma überhaupt mehrere Beispiele angeführt werden – soll immer ein einfaches sein, das die Argumentäquivalenz in beiden Sprachen strukturell und semantisch ganz klar widerspiegelt. 4.3.2 Die Beispiele sollen mit den Strukturen übereinstimmen und ihnen (auch aus semantischen Gesichtspunkten) nicht widersprechen. Geschieht das Gegenteil, wird der Benutzer in die Irre geführt. Die ausschließliche Verwendung von Kollokationen als Beispiele ist zu vermeiden. 4.3.3 Die Wortklasse des Lexems soll(te) in den Beispielen und in den L2-Äquivalenten erhalten bleiben (einem Adjektiv soll ein Adjektiv-Äquivalent usw. Entsprechen). Der Wörterbuchverfasser soll sich bewusst darum bemühen, Beispiele aufzuführen, die dieser Anforderung genügen.
�� 4 http://www.dizionario-italiano.it/;http://www.larousse.com/it/dizionari/italiano-inglese/abile; http://dizionari.corriere.it/dizionario_inglese/;http://www.wordreference.com (10.10.2012).
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4.3.4 Damit die Zugehörigkeit von Struktur und Beispiel deutlich wird, ist es besser, Pronominalformen in den Wörterbuchbeispielen zu vermeiden (d. h. Dativ nicht mit gli, le – neki ‚ihm, ihr‘, Lokativ nicht mit ci – ott, oda ‚dort, dorthin‘, Partitiv und Lokativ nicht mit ne – abból ‚von dort‘ usw. illustrieren). Solche Beispiele könnten nämlich einen Benutzer (der noch am Anfang des Lernprozesses steht) irreführen. Wenn der Verfasser die Möglichkeit (d. h. genügend Platz) hat, mehrere Beispiele aufzuzählen, wären Pronominalformen sogar wünschenswert.
4.4 Die Darstellung der semantischen Valenz Die semantische Valenz soll (in allen regierten Strukturteilen) dargestellt werden (q/qc vki/vmi). Die bloße Angabe der jeweiligen Präposition (oder im Ungarischen des Kasussuffixes) genügt dafür nicht, da das zu einer falschen Valenzauffassung führt, auf deren Grundlage die Argumente einfach mit der Präposition (im Ung.: mit dem Suffix) identifiziert werden (das kommt sehr häufig in der ersten Phase des Sprachenlernens und der linguistischen Studien vor). Eventuell sollten semantische Einschränkungen der Valenz angeführt werden.
4.5 Fakultative und obligatorische Argumente Fakultative und obligatorische Argumente sollten voneinander unterschieden werden (z. B. fakultative Argumente werden in Klammern gesetzt). In Valenzwörterbüchern ist das bereits gang und gäbe. In den Universalwörterbüchern sollte das auch so gehandhabt werden. Auf die Benutzerfreundlichkeit ist natürlich auch zu achten.
4.6 Satzförmige Argumente 4.6.1 Das einfache nominale Objekt soll von den Sätzen mit Objekt-Funktion bei der Formalisierung der Strukturen streng getrennt werden (z. B. mangiare qc enni vmiT = SN-Objekt aber: fidare di Finf. mer vmit megtenni; fidarsi di Finf. reméli, hogy = beide Objekt-Sätze). 4.6.2 Auch satzförmige Argumente sollten immer als Struktur und auch als Beispiel dargestellt werden. In dieser Hinsicht sind die allgemeinen Wörterbücher besonders mangelhaft. Stefan Engelberg schreibt Folgendes (und ich stimme ihm bei): „Während Valenzwörterbücher dann, wenn sie das Verb lemmatisieren, fast immer auch die Möglichkeit eines finiten dass-Subjektsatzes angeben, tun Lernerwörterbücher dies fast nie.“ (Engelberg 2010: 130) Es kann noch hinzugefügt werden, dass in allgemeinen Wörterbüchern für gewöhnlich alle Satztypen (als Struktur), also nicht
28 � Zsuzsanna Fábián nur die dass-Subjektsätze fehlen; Sätze mit Argumenten sind aber sehr häufig als Beispiele unter dem jeweiligen Lemma anzutreffen (vgl. dazu auch 4.3).
4.7 Pronominalisierbarkeit der satzförmigen Argumente Bisher ist die lexikographische Darstellung einer möglichen Pronominalisierung der satzförmigen Argumente „ein Desiderat“ (Duda 1985: 57) geblieben. Technisch könnte das z. B. mit → lo usw. gelöst werden (wie in den Italienisch-Ungarischen Valenzwörterbüchern); bei keiner Pronominalisierungsmöglichkeit könnte man dagegen z. B. → 0 verwenden (s. unten in den Probe-Lemmata).
5 Vorschlag für die Darstellung der Valenz von fidare, abile, condanna Zum Schluss wird noch gezeigt, welche Argumente zu den drei analysierten Lexemen gehören und in welcher Art diese im traditionellen, gedruckten allgemeinen Wörterbuch dargestellt werden könnten. So benutzerfreundlich und verlockend wirkt die unten vorgestellte Lösung bestimmt nicht, wie das im Elektronischen Lernerwörterbuch Deutsch-Italienisch (präsentiert in Abel 2002) verwendete Verfahren: Im ELDIT wurde nämlich bei der Darstellung der Valenz von einigen, aufgrund der neuesten Computer-Techniken bestehenden Möglichkeiten Gebrauch gemacht. So zeigen z. B. beim Bewegen des Cursors verschiedene Farben automatisch die in den Sprachen L1 und L2 äquivalenten Argumente an etc. Obwohl die Verwendung solcher Methoden dem Verfasser eines gedruckten Wörterbuches leider nicht offensteht, lässt sich die Valenzdarstellung auch mit traditionellen lexikographischen Methoden auf jeden Fall verbessern.
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fidare I. tr ~ q/qc a q [→ acc. dat.] rábíz vkit/vmit vkire; fidai le mie cose preziose a Marco (→ gliele fidai) Márkra bíztam értéktárgyaimat; II. intr ~ in/su q/qc (meg)bízik vkiben/vmiben; fidando nelle proprie capacità bízva képességeiben; III. rifl ~si 1. [ass.] bizakodik, hisz; megbízik másokban; mi sono fidato ma sono stato tradito hittem másokban, de elárultak; fidarsi è bene non fidarsi è meglio ‚bízni jó, nem bízni még jobb‘ 2. ~si di/lett in/su/a/sopra q/qc (meg)bízik vkiben/vmiben; hisz vkinek ti fidi di tuo fratello? megbízol a bátyádban? fidati di me! bízz(ál) bennem! non fidarti delle sue promesse ne bízz az ígéreteiben! „Non fidarsi alle facce che vi galleggiano“ (Sbarbaro); ~si di Finf. [→ 0] bízik abban, hogy; ci fidiamo di ottenere risultati bízunk abban, hogy eredményeket érünk el; ~si che Fcong. bízik abban, hogy; non mi fido che lui mi dica sempre la verità nem bízom abban, hogy ő mindig igazat mond nekem 3. ~si a/lett di Fnf [→ 0] mer(észel) Finf; non mi fido ancora a guidare da solo még nem merek egyedül vezetni abile 1. ~ (in qc) ügyes, jártas (vmiben); Luigi era molto ~ (nel disegno) Lajos ügyes volt (a rajzban); ~ a Finf. [attr] ügyesen tud Finf.; un ragazzo ~ a pulire le scale egy fiú, aki ügyesen tudja a lépcsőházat takarítani; [pred] ügyes, hogy; ügyesen csinál valamit lui è stato ~ a mentire in quel momento ő ügyesen hazudott akkor; è ~ (da parte di q) Finf. impers ügyes dolog (vkitől/vki részéről) Finf.; è ~ (da parte di Pietro) investire in quell‘affare ügyes dolog (Péter részéről) abba az ügyletbe beruházni; 2. ~ a qc alkalmas, megfelelő vmire; ~ al servizio militare katonai szolgálatra alkalmas; ~ a Finf [→ 0] jogosítva van arra, hogy; è ~ ad esercitare la professione dell'avvocato fel van jogosítva arra, hogy gyakorolja az ügyvédi foglalkozást condanna 1. ~ di q/qc (da parte di q/qc [ist]) (a qc [pena]/a Finf.) (per qc [azione punibile]) vkinek/vminek az elítélése (vkinek/vminek [int] a részéről) (vmire [büntetés]/arra, hogy); la ~ dell'assassino (da parte delle autorità) (all'ergastolo/a scontare quindici anni di carcere) (per omicidio) a gyilkos elítélése (a hatóságok részéről) (életfogytiglanra/arra, hogy tizenöt évet töltsön börtönben) (gyilkosság miatt);
30 � Zsuzsanna Fábián 2. ~ di q/qc [ist] (di q/qc) vkinek/vminek [int] az ítélete (vkiről/vmiről); átv vkinek/vminek [int] a megbélyegző véleménye (vkiről/vmiről); la ~ di Pietro (di quel film) Péter ítélete (arról a filmről); 3. ~ (per q) végzetes csapás (vki számára); a veszte vkinek; la sua malattia è stata una condanna (per tutta la famiglia) betegsége végzetes csapás volt (az egész család számára) Durch die Analyse der ausgewählten Beispiel-Lemmata sollte gezeigt werden, welche Schwierigkeiten in der Darstellung der Valenzstrukturen in den zweisprachigen allgemeinen Wörterbücher vorhanden sind. Die Berücksichtigung und die Verbesserung dieser Probleme struktureller und semantischer Art kann hoffentlich zur Überwindung der aufgezählten Lücken beitragen. Die Darstellung der Valenz kann dadurch in zweisprachigen allgemeinen Wörterbüchern präziser und benutzerfreundlicher werden.
Literatur (a) Wörterbücher Angelini, Maria Teresa/Fábián Zsuzsanna: OLASZ IGEI VONZATOK. REGGENZE DEI VERBI ITALIANI. Budapest: Nemzeti Tankönyvkiadó 1981, 1998. Angelini, Maria Teresa/Fábián Zsuzsanna: OLASZ–MAGYAR FŐNÉVI VALENCIASZÓTÁR. DIZIONARIO ITALIANOUNGHERESE DELLA VALENZA DEI NOMI. Szeged: Grimm Kiadó 2005. Blumenthal, Peter/Rovere, Giovanni: WÖRTERBUCH DER ITALIENISCHEN VERBEN. Stuttgart: Klett Verlag 1998. Curcio, Martina Lucia: KONTRASTIVES VALENZWÖRTERBUCH DER GESPROCHENEN SPRACHE ITALIENISCH-DEUTSCH. Mannheim: Institut der Deutschen Sprache (= Amades Arbeitspapiere 3) 1999. DISC = DIZIONARIO ITALIANO SABATINI/COLETTI. Hgg. Francesco Sabatini, Vittorio Coletti. Firenze: Giunti. 1997. Fábián, Zsuzsanna: OLASZ–MAGYAR MELLÉKNÉVI VONZATSZÓTÁR [Dizionario italiano-ungherese della valenza degli aggettivi]. Budapest: Tankönyvkiadó 1996. Heinrich, Wilma/Soffritti, Marcello (2005): DIVA. DIZIONARIO VALENZIALE DEGLI AGGETTIVI. DEUTSCH/ITALIENISCHES VALENZWÖRTERBUCH DER ADJEKTIVE. (http://137.204.90.125/dizionario/) (10.10.2012). Herczeg, Gyula: OLASZ–MAGYAR SZÓTÁR. VOCABOLARIO ITALIANO-UNGHERESE. I–II. Budapest: Akadémiai Kiadó 1952 bzw. 1967, 21978. Herczeg, Gyula/Juhász, Zsuzsanna: OLASZ–MAGYAR SZÓTÁR. VOCABOLARIO ITALIANO-UNGHERESE. Budapest: Akadémiai Kiadó 2000. Kőrösi, Sándor: OLASZ–MAGYAR SZÓTÁR. DIZIONARIO ITALIANO-UNGHERESE. I–II. Budapest: Lampel 1912. Pajzs, Júlia/Sass, Bálint/Váradi, Tamás: MAGYAR IGEI SZERKEZETEK [Ungarische Verbkonstruktionen] Budapest: Tinta Könyvkiadó 2010 [2011].
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(b) Sonstige Literatur Abel, Andrea (2002): „Darstellung der Verbvalenz in einem elektronischen Lernerwörterbuch Deutsch–Italienisch (ELDIT). Neue Medien – neue Ansätze.“ – In: A. Braasch, C. Povlsen (Hgg.): Proceedings of the Thenth EURALEX International Congress, EURALEX 2002, Vol. I, 413–418. Copenhagen: Center for Sprogteknologi. Ágel, Vilmos et al. (2006) (Hgg.): Dependenz und Valenz/Dependency and Valency 2. 2. – Berlin, New York: De Gruyter Mouton. Duda, Walter (1985): „Zur Darstellung der Valenz von Substantiven im Wörterbuch.“ – Linguistische Arbeitsberichte 48, 57–61. Engelberg, Stefan (2010): „Die lexikographische Behandlung von Argumentstrukturvarianten in Valenz- und Lernerwörterbücher.“ – In: K. Fischer, E. Fobbe, S. J. Schierholz (Hgg.): Valenz und Deutsch als Fremdsprache, 113–142. Frankfurt: Lang (= Deutsche Sprachwissenschaft International 6). Fábián, Zsuzsanna (1989): „Compie cento anni il primo vocabolario ungherese-italiano e italianoungherese.“ – In: Giano Pannonio 4, 65–77. Fábián, Zsuzsanna (1994): „A vonzatok ábrázolása a kétnyelvű szótárakban.“ [Die Darstellung der Valenz in den zweisprachigen Wörterbüchern] – In A. Aradi, Z. Sturz, A. Szöllősy-Sebestyén (Hgg.): IV. Országos Alkalmazott Nyelvészeti Konferencia: Többnyelvűség az oktatásban és a kutatásban. Folia practico-linguistica XXIV/II, 646–651. Fábián, Zsuzsanna (2001): „La presentazione delle reggenze nei dizionari di italiano-ungherese.“ – Ambra II. Szombathely: Berzsenyi Főiskola Olasz Tanszéke, 26–56. Fábián, Zsuzsanna (2011a): „La lessicografia ungherese/italiana.“ – In: Zs. Fábián (Hg.): Hungarian Lexicography I. Bilingual Dictionaries, 93–108. Budapest: Akadémiai Kiadó (= Lexikográfiai füzetek 5). Fábián, Zsuzsanna (2011b): „Száz éves Kőrösi Sándor olasz–magyar nagyszótára.“ [Hundert Jahre des italienisch–ungarischen Wörterbuches von Sándor Kőrösi] – In: E. Szegedi, D. Falvay (Hgg.): „Ritrar parlando il bel“. Tanulmányok Király Erzsébet tiszteletére, 373–388. Budapest: L'Harmattan. Fábián, Zsuzsanna (2012): „Cento anni il vocabolario italiano-ungherese di Sándor Kőrösi.“ – Nuova Corvina, 113–134. Schumacher, Helmut (21988): Valenzbibliographie. – Mannheim: Institut für Deutsche Sprache.
Maria Teresa Bianco
„Es scheint, als würde der Sommer nicht mehr werden“ Eine Lücke in der deutschen und italienischen lexikographischen Beschreibung am Beispiel des Vollverbs ‚werden‘
1 Der beanstandete Satz Diego ist ein italienischer Masterstudent der Germanistik, und wie es bei vielen ausländischen Studenten üblich ist, verbringt er so oft wie möglich den Sommer in Deutschland, um seine Sprachkompetenz im Deutschen zu vertiefen. Bei Gelegenheit schaut er fern und hört u. a. auch die Nachrichten und die Wettervorhersagen, und gerade bei einem Wetterbericht war er völlig verblüfft, weil er folgenden Satz des Moderators „Es scheint, als würde der Sommer nicht mehr werden“ nicht verstehen konnte. Er hatte zwar irgendwie begriffen, worum es ging, denn er war über den höchst regnerischen Sommer 2011 sehr enttäuscht und sehnte sich nach einem richtigen August mit Sonne und Wärme. Aber was störte Diego an diesem Satz? Nach einiger Überlegung wusste er: Er war dem Verb werden immer in Begleitung von weiteren verbalen Einträgen begegnet, und jetzt kam es alleine vor, als wäre es ein Vollverb! Hatte er nicht gelernt, dass werden entweder ein Hilfs- oder ein Kopulaverb ist? Er schlug im Wörterbuch nach und trotz langwieriger Suche fand er keine zufriedenstellende Erklärung. Der arme Student trägt keine Schuld an seiner Unwissenheit; in dieser Hinsicht sind eher die Grammatiken unter Anklage zu stellen, in denen man die grammatischen Regelmäßigkeiten der deutschen Sprache lernen kann, und manchmal auch die Wörterbücher mit ihren unklaren oder ungenügenden Definitionen der Lexeme. In den Lehrwerken, die am häufigsten für das Grundstufenniveau verwendet werden, ist die Präsentation der Verbklassen sehr ungenau, und der Eintrag werden ist ein typischer Beweis dafür. Traditionell wird es entweder als Kopula- oder als Hilfsverb behandelt, aber es herrscht große Unsicherheit in Hinblick auf seine Verbzzklassenzugehörigkeit, wenn es zum Beispiel zweiwertig mit einem Subjektkomplement (Ksub) und einem Präpositivkomplement (Kpräp) vorkommt, wie in folgenden Beispielen: [Manchmal] wird aus Freundschaft Liebe. [Allmählich] wurde er zu einem Fachmann auf dem Gebiet.
34 � Maria Teresa Bianco Diese Varianten von werden erhalten in keiner Grammatik eine Statusangabe, sie werden nur in der valenziellen Lexikografie klassifiziert und als Vollverblesarten angesehen.
2 Italienische DaF-Grammatiken Aber nun zurück zum einwertigen werden. In der Grammatica di tedesco Dies und Das (Weerning/Mondello 2004) liest man zu diesem Verb: werden + Adjektiv oder Substantiv = diventare werden + Partizip II = Passiv werden + Infinitiv = Futur In der Grammatik von Reimann (1996) wird werden als Vollverb betrachtet, wenn es valenziell zweiwertig ist (Ich werde Pilot. Ich werde ungeduldig.); als Hilfsverb fungiert es, wenn es für die Bildung des Passivs, des Futurs oder des Konjunktivs II verwendet wird. Durch ein kommentarloses Beispiel (Er wird krank sein.) wird auch auf seinen epistemischen Gebrauch hingewiesen. Wenn man das Begleitheft von Blaue Blume (32007: 72 und 81) durchblättert, findet man eine knappe Erklärung nur zur Verwendung von werden im Futur und im Passiv. Es ist bekannt, dass die Didaktik einer Fremdsprache seit mehreren Jahren eher die Sprachkompetenz anvisiert, und es genügt, dass man lernt, in einfachen Alltagssituationen sprachlich zurechtzukommen, und dass es insbesondere darum geht, gesprochene Texte zu verstehen, geschriebene Texte zu entschlüsseln und einfache Texte zu schreiben. Die Phase der Reflexion über die Grammatik – wenn überhaupt vorhanden – kommt erst spät im Mittel- und Oberstufenbereich, aber in allen von mir konsultierten studienbegleitenden Lehrwerken oder Übungsgrammatiken, die für anspruchsvollere, fortgeschrittene ausländische Deutschlernende gedacht sind, fehlt eine eindeutige Klassifikation der Verben: So tritt etwa der Eintrag werden bei einem Lehrwerkautor als Vollverb auf und bei einem anderen als Kopulaverb.
3 Die deutsche Verbklassifikation Im Deutschen wird traditionell nur zwischen Vollverb, Kopulaverb und Hilfsverb unterschieden, und erst bei Engel findet man eine detaillierte Klassifikation der Verben, auf die aber leider kein Lehrbuchautor Bezug nimmt. In seiner Klassifikation nach der Kombinierbarkeit von Verb und Verb erkennt er zwei Hauptklassen, die
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Hauptverben und die Nebenverben; „die ersten können allein im Satz erscheinen, Nebenverben nur in Verbindung mit mindestens einem weiteren Verb“ (Engel 2004: 210). Die Art des angeschlossenen Verbs ergibt fünf Unterklassen, die Auxiliarverben, die Modalverben, die Modalitätsverben, die Infinitivverben und die Finitverben. Die Auxiliarverben (Hilfsverben in der traditionellen Grammatik) verlangen ein weiteres Verb in der Form des Partizip II. Modalverben kombinieren sich immer mit einem Infinitiv. Modalitätsverben verlangen ein weiteres Verb im Infinitiv mit zu (Der Herr Major beliebte einen kleinen Scherz zu machen.)1. Diese Unterklassen zeigen immer eine sogenannte „Subjektsidentität“ im Unterschied zu den Infinitivverben und den Finitverben, bei denen das Subjekt des Hauptverbs mit dem des Infinitivverbs nicht koreferiert. Beispiele: Vater ließ Thomas den Wagen waschen. Ich finde, er hat Recht. (Engel 2004: 210) Aus den Engelschen Erläuterungen kann man also das Fazit ziehen, dass der Eintrag werden, wenn er kein weiteres Verb als Ergänzung verlangt, ein Vollverb ist. Wie verfährt die valenzielle Lexikografie? In Anlehnung an Engel 1988 widmen die Autoren von VALBU der Beschreibung des Verbalkomplexes viele Abschnitte ihrer Wörterbuchgrammatik. Es werden zwei Typen unterschieden, das Hauptverb und das Nebenverb mit ihren jeweiligen Unterklassen.
4 Das Verb werden im VALBU Für werden sind in VALBU sieben Vollverbbedeutungen verzeichnet: –
werden 1 Ksub, Kpräp/Kpräd, im Sinne von ‚sich zu etwas entwickeln‘: Andrea ist zu einer attraktiven jungen Frau geworden. Der kleine Park wurde ein Treffpunkt von Obdachlosen und Drogensüchtigen.
–
werden 2 Ksub, Kpräd, mit der Bedeutung ‚jemand gelangt in einen solchen Zustand oder bekommt eine solche Eigenschaft‘: Die Kritiker sind zynisch, die Zyniker still geworden. Sein zuvor etwas rötliches Gesicht war bleich geworden.
�� 1 Beispiel aus Engel (2004: 252).
36 � Maria Teresa Bianco –
werden 3 Ksub, im Sinne von ‚jemand/etwas [keine Restr.] entsteht oder entwickelt sich positiv‘: Was nicht ist, kann noch werden. Macht euch keine Sorgen, euer Junge wird noch. Allmählich wird das Projekt: die Konzeption liegt bereits vor. Der Blumenhändler hat gesagt: es braucht seine Zeit, bis ein Gummibaum wird. Die Menschen haben Angst. Sie wissen nicht, was wird. Lange war auf der Baustelle Ruhe. Aber jetzt sollen die Häuser [bis zum Herbst] werden.
–
werden 4 Ksub, [ugs] im Sinne von ‚etwas [Lebewesen] wird gesund oder erholt sich‘. Beispiele: Frank ist traurig, weil Peter nicht frisst und ganz apathisch in der Ecke seines Käfigs sitzt. Meinst du, das Meerschweinchen wird wieder werden? Ich fürchte, meine Rosen werden nicht mehr.
–
werden 5 Ksub, Kpräp, mit der Bedeutung ‚jemand [Person/Institution]/etwas [keine Restriktion] entwickelt sich aus jemandem/etwas [keine Restriktion]‘: Aus dem römischen Kastell „Rigomagus“ wurde die Stadt Remagen.
–
werden 6 Ksub, Kpräd, im Sinne von ‚jemand [Person/Institution] fängt an, ein solcher zu werden‘: Petra will Jura studieren und Rechtsanwältin werden.
–
werden 7 Kdat, Kpräd, mit der Bedeutungserklärung ‚jemand [Person/Institution/selten Tier] beginnt, sich so zu fühlen‘: Mir wird schlecht, wenn ich mir vorstelle, was du alles nicht hast.
Zweites Fazit: Auf der Basis der lexikografischen Beschreibung von VALBU ist werden Vollverb und folglich Valenzträger; mit seiner Valenz legt es Zahl und Art der Komplemente fest und bestimmt dadurch die Struktur des ganzen Satzes, in dem es vorkommt. Die Lemmata, die uns in diesem Rahmen interessieren, sind werden/3 und werden/4. Der Unterschied zwischen der dritten und der vierten Variante besteht hauptsächlich darin, dass für werden/3 die Merkmale ‚sich gut/positiv entwickeln, sich verändern, gelingen, gut ausgehen, gut vorankommen‘ gelten und dass
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die semantische Rolle des Subjektskomplements keine Restriktionen vorsieht. Der Eintrag werden/4, der vorwiegend in zwanglosen Gesprächen verwendet wird, hat die Bedeutung ‚sich erholen, gesund werden‘, und die semantischen Eigenschaften des Subjekts haben eine Restriktion erfahren, das Ksub kann nur ein Lebewesen sein. Im elektronischen E-VALBU haben beide Varianten in letzter Zeit eine neue Anordnung erfahren, sind nach vorne gerückt und zu einem einzigen Eintrag geworden, werden/1 Ksub, mit der Bedeutung jemand/etwas entsteht und entwickelt sich positiv bzw. wird wieder gesund.
5 Das Verb werden in den deutschen einsprachigen Wörterbüchern Wie wird der Eintrag werden in den bedeutendsten einsprachigen Wörterbüchern behandelt? Im Allgemeinen liefern Lexika Angaben über mögliche syntaktische und semantische Verbindungen zwischen Verben und ihren Komplementen, und zwar vor allem anhand von Beispielsätzen. Gerade im Falle von werden sind viele Belege nicht einleuchtend genug; überdies sind es immer die gleichen, die in den Lexika vorkommen, und einige davon gelten eher als Redewendungen und werden daher ans Ende des Stichwortes gerückt. Das Beispiel aus dem DW (2006: 1650): Es wird schon werden (umg.) es wird schon gehen, klappen, es wird schon alles gutgehen wird ganz am Anfang des Artikels unter I.V. aufgeführt, in dem Teil, wo werden als Hilfsverb zur Bildung des Passivs, von Futur I und II, des Konjunktivs und von Wunschsätzen und Sätzen der Ungewissheit aufgefasst wird. Das zweite Beispiel: was nicht ist, kann noch werden; wird ohne erläuternde Paraphrase unter werden II (Vollverb) aufgeführt, wo unser Eintrag die Bedeutungen ‚entstehen‘, ‚sich entwickeln‘, ‚wandeln (zu)‘ oder ‚geschehen‘ hat. In diesem Teil kommen auch Beispiele des folgenden Typs vor: er ist ein guter Lehrer geworden; er ist Erster geworden; alt/blind/ohnmächtig/zornig/verrückt ~. Unter diesen Beispielsätzen finden wir auch: Es will nicht werden.
38 � Maria Teresa Bianco mit der Bedeutungserklärung ‚nicht klappen‘, ‚es nimmt kein Ende‘. Im letzten Teil des Artikels erscheint: Ich bin wieder geworden (umg.) ich bin wieder gesund geworden, zu mir gekommen, habe mich wieder erholt. Im zehnbändigen Duden – wie auch in dem einbändigen – wird nicht zwischen Hilfs-, Kopula- oder Vollverb unterschieden, die Sublemmata von werden sind je nach der Form des Partizips differenziert. Auch hier erscheint ohne erklärende Paraphrase die Redewendung: (R) was nicht ist, kann noch werden. und zwar unter 3. a), wo unser Lemma die Bedeutung von ‚entstehen‘ haben sollte. Passende Bedeutungsangaben findet man bei 3. b), dort, wo folgende Beispielsätze aufgelistet sind: (ugs.) sich so im Ergebnis zeigen, darstellen, wie es auch beabsichtigt war: das Haus wird allmählich; sind die Fotos geworden? wird's bald? (energische Aufforderung, sich zu beeilen); die Pflanze wird nicht wieder (geht ein) was soll bloß werden? (geschehen) nicht mehr/nicht wieder werden (salopp; aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, fassungslos sein): plötzlich hängt sie mir am Hals, als wäre sie zwanzig. Ich denk, ich werd nicht wieder. Im WDF (2000: 1206-1207) wird der Eintrag werden, der für uns in Frage kommt, unter der dominierenden Variante I.2. aufgeführt, mit der Bedeutungserklärung: /bezeichnet einen Entstehungs-, Entwicklungsprozess/; eine erste Nebenbedeutung (2.1.) /etwas, jmd./ ‚entstehen, sich entwickeln‘ wird in folgenden Beispielen illustriert: vieles ist noch nicht zustande gekommen, aber es wird noch/wird noch ~; das wird wieder ~! Der Junge wird noch/wird noch ~ (wird sich noch gut entwickeln). Unter 2.2. taucht eine kleine Bedeutungsdifferenzierung auf: (umg.) etwas wird irgendwie: das Haus wird allmählich, so langsam (‚der Bau des Hauses kommt allmählich voran‘).
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Für eine neue Variante, die 3., gilt die Bedeutungserklärung (umg.)/weist in Fragesätzen auf Zukünftiges hin/, und unter 3.1. folgt die semantische Beschreibung auf das Beispiel: Was wird ‚was wird geschehen‘? Was wird, wenn er nicht kommt? Bei der Lesart 3.2. charakterisieren die Kommentare nach dem Beispiel pragmatische Komponenten und den Gebrauchsumfang: /in der kommunikativen Wendung/ (na,) wird's bald? /ungeduldige, energische, barsche Aufforderung an jmdn., etwas Bestimmtes sofort zu tun/. Bei den bisher beschriebenen Sublemmata von werden lässt sich nicht eindeutig feststellen, ob in diesem Wörterbuch unser Eintrag als Vollverb (Grundverb im WDF) aufgefasst wird oder nicht: Es fehlt hier nämlich jede Zuordnung des Verbs zu einer Verbklasse, eine Zuweisung die erst beim Stichwort werden II ‹Hilfsverb› vermerkt wird.
6 Die zweisprachigen Wörterbücher Wie wird das Verb werden in den bedeutendsten zweisprachigen italienischdeutschen Wörterbüchern beschrieben? Das Großwörterbuch Pons (2001: 1171) bzw. Il Dizionario tedesco-italiano /italiano-tedesco von Zanichelli/Pons/Klett zeigt zwei separate Stichwörter, ein werdenVollverb (1) und ein werden-Hilfsverb (2); alle Beispiele, die für uns interessant sind, kommen im phraseologischen Block des ersten Lemmas vor, der durch einen dicken schwarzen Punkt gekennzeichnet ist: wird's bald?! (fam) (kommst du/kommt ihr jetzt wohl?!), ti sbrighi/vi sbrigate?!, allora andiamo? was nicht ist, kann noch werden! non è detta l'ultima parola, se non è oggi è domani; jd. wird nicht mehr (slang) (jd. wird nicht wieder gesund), qu. non si rimette più, qu. non ce la fa più; (ich glaub',) ich werd' nicht mehr! (slang) (ich kann es nicht fassen), non ci posso credere! Das wird schon wieder, (fam) vedrai/vedrà che le cose si metteranno a posto/[andrà meglio]/[passerà].
40 � Maria Teresa Bianco Im Langenscheidts Handwörterbuch Deutsch/Italienisch und Italienisch/ Deutsch (2003: 1084), wie auch im DIT (2003: 1083), wird werden als Stichwort mit vielen Bedeutungsdifferenzierungen behandelt; bei werden I erscheint die Angabe der Verbklasse ‚Vollverb‘, und bei werden II die Bezeichnung ‚Hilfsverb‘. Hier sind auch Belege für unseren Eintrag am Ende des Stichwortes hinter dem graphischen Zeichen eines kleinen fettgedruckten Rhombus aufgeführt und daher als Phraseologismen aufgefasst. In diesem Wörterbuch erscheinen nur diese zwei Beispiele: wird's bald? ci sbrighiamo? nicht mehr ~ non farcela più; was nicht ist, kann noch ~ = non è detta l'ultima parola. Es fällt an diesem Punkt auf, dass der Satz, der unserem italienischen Studenten in Deutschland so viele Sorgen bereitet hat, auf der Basis dieser kurzen aber gezielten Auswertung einiger Wörterbücher immer noch keine passende Übersetzung gefunden hat.
7 Publikationen zu werden Autoren, die in letzter Zeit über den Eintrag werden geschrieben haben, beschäftigen sich nicht mit werden als einwertigem Verb. Redder (1999: 295) geht kurz auf die Vollverbverwendung dieses Verbs am Anfang ihres Artikels ein und führt dabei folgende Beispiele an: Kai versuchte, die Bouillabaisse genau so köstlich hinzukriegen, wie damals in Marseille. Und sie wurde so. Na, wird's bald? Das wird schon. Jedes Leben wird und vergeht. Anhand der aufgezählten Beispiele wird bereits sichtbar, dass Redder sich im ersten Satz auf die Vollverbvariante von werden mit einem Ksub und einem Kpräd bezieht (Und sie wurde so → Und sie wurde köstlich.), dem zweiten und dem dritten Beispiel sind wir in den Lexika schon begegnet, dafür ist der vierte Beleg neu und interessant. In der Anmerkung zu diesen Belegen wird mit Recht behauptet, dass unser Eintrag oft mit einer Temporaldeixis oder einer Partikel bzw. einem Adverb vorkommt, die „für eine Valenzbestimmung nicht zu Buche schlagen“ (Redder 1999: 295). Gegenstand der Arbeit von Rogler „sind Ausdrücke des Deutschen und Spanischen, die ‚werden‘ im Sinne des Übergangs in einen neuen Zustand ausdrücken, wie rot werden, viel werden, Musiker werden, ein neuer Mensch werden, zum Fall-
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strick werden.“ (Rogler 2009: 1). Ihr Beitrag widmet sich also den werden-Prädikaten vom Typus Ksub+Kpräd und Ksub+Kpräp. Nur an einer Stelle geht sie auf die „verkürzte Konstruktion einer ‚werden‘-Situation“ (ibid: 53) ein. Mit dem Beispiel Die Sache wird. [gut] wird auf die Möglichkeit des Deutschen hingewiesen, einen ‚werden‘-Vorgang ohne Nennung seines Zielzustandes auszudrücken, diesen Zielzustand aber implizit mitzuverstehen. An anderer Stelle behauptet Rogler, „vor allem in der Bedeutung ‚entstehen‘ könne werden auch im Gegenwartsdeutschen als Vollverb gebraucht werden“ (ibid:184), aber auch hier bezieht sie sich auf die Verwendung von werden als zweiwertigem Verb. Giera (2011) gibt eine verständliche und detaillierte Gesamtschau der Kopulaverben des Spanischen, die dem Kopulaverb werden des Deutschen entsprechen und die zur Beschreibung von unterschiedlichen Veränderungsprozessen (genauer werden-Prozessen) herangezogen werden müssen. Sie spricht von der Multifunktionalität des Eintrags werden, indem sie seine unterschiedlichen Funktionen aufzählt, als Auxiliar zur Bildung des Vorgangspassivs, des Futurs und als Kopulaverb in Kombination mit Adjektiven und Substantiven zum Ausdruck von Veränderungsprozessen. Nur einmal bringt Giera in ihrem Buch ein Beispiel mit einem einwertigen werden (Das wird schon.) an; damit will sie zeigen, dass dieser Eintrag den Status eines Vollverbs haben kann, und dass aber „diese Verwendung sehr selten und häufig auf feststehende Wendungen fixiert sei“ (Giera 2011: 162). Diese kurze Überprüfung der neuesten einschlägigen Literatur zu unserem ‚beliebten‘ Verb verdeutlicht, wie seine einwertige Variante völlig vernachlässigt wird.
8 Unbeantwortete Fragen Nach dieser skizzenhaften Auswertung von Grammatiken, Lexika, Artikeln und Büchern bleiben für mich als ausländische Germanistin, aber auch Didaktikerin, folgende Fragen unbeantwortet: 1) 2) 3) 4)
Gibt es überhaupt ein einwertiges werden? Wenn ja, ist es ein Hilfs- oder ein Vollverb? Ist seine Verwendung auf Phraseologismen fixiert? Welche sind die semantischen Eigenschaften des Nomens, das als Subjekkomplement fungieren kann? 5) Welche ist seine stilistische Kennzeichnung? Kann es in normalen Sprechund Schreibsituationen verwendet werden?
42 � Maria Teresa Bianco 6) Über welche Entsprechungen zum einwertigen werden verfügt das Italienische? 7) Wie soll ein benutzerfreundliches werden-Stichwort im Wörterbuch aussehen? Frage 1 kann man m. E. ruhig mit einem klaren Ja beantworten, indem man die Ausführungen von Engel und die entsprechenden Verbbehandlungen in VALBU zu Rate zieht. Unser Eintrag kann regierendes Element und daher Valenzträger im Satz sein, der obligatorisch nur ein Subjektkomplement verlangt. Auch auf die zweite Frage ist die Antwort ebenso eindeutig; in Anlehnung an Engel ist folgende Ausführung ausschlaggebend: Als Nicht-Vollverben kommen nur Nebenverben in Frage. Sie verlangen praktisch nichts als einen verbalen Komplex als Ergänzung. werden als Nebenverb verlangt einen Infinitivkomplex, ist also je nach Definition entweder ein Modalverb oder ein Infinitivverb. Also, unser einwertiges Verb ist ein Vollverb. Dritte Frage (Ist seine Verwendung auf Phraseologismen fixiert?): Aus den Beispielen der Wörterbücher kann man meiner Meinung nach schließen, dass werden vielleicht nur in zwei Fällen als idiomatische Wendung vorkommt, und zwar in dem Sprichwort: Was nicht ist, kann noch werden. und in dem Idiom, in der lexikalisierten Wortverbindung: (Na), wird's bald? Vierte Frage (Welche sind die semantischen Eigenschaften des Nomens, das als Subjektkomplement fungieren kann?): Diese Frage ist für eine Nicht-Muttersprachlerin des Deutschen nicht so leicht zu beantworten, so zieht man, wie es in diesen Fällen üblich ist, ein Wörterbuch zu Rate. Die Angaben im VALBU und auch die neuen aus dem E-VALBU, die diesbezüglich ein klares Bild liefern, sind sehr ausgiebig. Unter den zahlreichen Belegen vermisst man nur einen Beispielsatz, in dem ein Ksub mit dem semantischen Merkmal [+HUM] vorkommt. Fünfte Frage (Welche ist seine stilistische Kennzeichnung?): Über die stilistische Charakterisierung von werden sind sich die deutschen Lexikografen nicht einig. In einigen Wörterbüchern entfällt jede Angabe, in anderen liest man die stilistische Etikette nur bei den Beispielen und nicht am Anfang des Stichwortes, und das ist etwas irritierend, denn die Bandbreite der verwendeten Stilfärbungen geht von Slang bis zu umgangssprachlich und salopp! Ein ausländischer Wörterbuchbenutzer kann aus diesen Angaben keine Hilfe zum richtigen Gebrauch des Eintrags gewinnen, zumal die jeweiligen in den zweisprachigen Lexika angegebenen Entsprechungen nicht stilistisch gefärbt sind, es sind neutrale Verben des Standardita-
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lienischen. Ist die Verwendung dieses Verbs werden auf den Freundes- und Familienkreis beschränkt? Und wenn ja, wieso benutzt ein Fernsehjournalist unseren Eintrag in einer Sendung, die von vielen Zuschauern verfolgt wird? Sechste Frage (Über welche Entsprechungen zum einwertigen werden verfügt das Italienische?): Die Liste der Beispiele aus den konsultierten Wörterbüchern lässt folgende Rückschlüsse zu: Meiner Meinung nach entspricht das einwertige werden je nach semantischer und syntaktischer Umgebung verschiedenen Einträgen des Italienischen; es kommen idiomatische Wendungen (Satz 1), Funktionsverben (Sätze 2 – 5) oder Vollverben (Sätze 6–12) in Frage. Beispiele: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
8.
9. 10. 11. 12.
Was nicht ist, kann noch werden. – Non è detta l'ultima parola./Se non è oggi è domani. Macht euch keine Sorgen, euer Junge wird noch. – Non preoccupatevi, vostro figlio ce la farà/farà progressi. Allmählich wird das Projekt: die Konzeption liegt bereits vor. [VALBU] – Pian piano il progetto prende forma: la concezione cè già. Das Haus wird allmählich. – La casa poco a poco prende forma. Die Sache wird schon werden. – Vedrete, l'affare andrà bene. Die Menschen haben Angst. Sie wissen nicht, was wird. [VALBU] – La gente ha paura. Non sa cosa può accadere/succedere. Der Blumenhändler hat gesagt: es braucht seine Zeit, bis ein Gummibaum wird. [VALBU] – Il fioraio ha detto che il ficus vuole il suo tempo per crescere. Lange war auf der Baustelle Ruhe. Aber jetzt sollen die Häuser [bis zum Herbst] werden. [VALBU] - Per lungo tempo al cantiere non si è lavorato, ma ora pare che le case possano essere costruite [entro l'autunno]. Ich fürchte, meine Rosen werden nicht mehr. [VALBU] – Temo che le mie rose non si riprenderanno più. Die Pflanze wird nicht wieder. – La pianta sta morendo. Es sind leider nur zwei Fotos geworden.2 – Purtroppo sono riuscite solo due foto. Sind die Fotos geworden?3 – Sono riuscite le foto?
Schwer zu verstehen sind die Belege aus dem Pons. Großwörterbuch Deutsch Italienisch. Italienisch Deutsch (Pons 2001: 1171), bei denen ein Ksub (menschliches Lebewesen) mit dem gleichen Supplement (Adverbphrase) vorkommt und doch zwei verschiedene Bedeutungsvarianten aufweist:
�� 2 http://www.agrartechnik-im-einsatz.de (9.8.2011). 3 http://home.fotocommunity.de (9.8.2011).
44 � Maria Teresa Bianco Jemand wird nicht mehr (slang) jd. wird nicht wieder gesund > Qualcuno non si rimette più. (Ich glaub',) ich werd' nicht mehr! (slang Ich kann es nicht fassen) > non ci posso credere! Auf die siebte Frage (Wie soll ein benutzerfreundliches werden-Stichwort im Wörterbuch aussehen?) würde ich Folgendes antworten: Man müsste die verschiedenen Funktionen von werden unterscheiden und den Eintrag zweimal lemmatisieren, d. h. einmal als Hilfsverb und dann als Vollverb aufführen, so dass ein Benutzer auch optisch gleich sehen kann, dass es zwei homonyme Verben mit verschiedenen Bedeutungen und Funktionen gibt. Für die Abfolge der Verben könnte die valenzielle lexikographische Praxis als Vorbild dienen, indem man – wie es in den Valenzlexika üblich ist – beim Vollverb werden alle seine Varianten nach einem klaren Sortierkriterium darstellt: Die Abfolge der Verblemmata sollte sich nach dem Prinzip der aufsteigenden Komplementfolge richten, so dass der Eintrag mit einem Subjektkomplement, also ein einwertiges werden, vor einem zweiwertigen steht. Darüber hinaus sollten zur Illustrierung der Bedeutung der Verbeinheiten möglichst viele Beispiele geboten werden, denn erst aus der Auseinandersetzung mit den Beispielsätzen des Deutschen, in denen die Bedeutungen der Verben abgesteckt und die entsprechenden syntaktischen und semantischen Umgebungen genau definiert werden, können der richtige Vergleich und die Suche nach den passendsten Entsprechungen entstehen.
9 Schlussbemerkungen Die spärlichen italienischen Entsprechungen zum Vollverb werden zeugen von der mangelnden Beachtung dieses Eintrags. Alle Vorschläge in den zweisprachigen italienisch-deutschen Wörterbüchern lassen darauf schließen, dass italienische Lexikographen die deutschen Beispiele als feste Wendungen aufgefasst haben. Die Rückübersetzungen sind in diesem Sinn sehr aufschlussreich, weil eine Überprüfung der Verben der Belege im Teil Italienisch-Deutsch zeigt, dass hier kein einziger Eintrag vorkommt, der das einwertige werden als geeignetes Äquivalent vorsieht. Woran liegt das? Spielt die stilistische Charakterisierung unseres Eintrags eine Rolle? Oder ist die Recherche in einem Korpus so kompliziert, dass man nicht genug Beispiele zu Verfügung hat, um Regularitäten herausfinden und gewisse Vorkommensrelationen erkennen zu können? Die Nichtberücksichtigung der syntaktischen und semantischen Eigenschaften unseres Verbs seitens der italienischen Lexikographen erweckt den Eindruck, dass es als nicht produktiv gilt. Dafür spricht die Tatsache, dass alle Belege mit dem einwertigen werden im phraseologischen Block des Stichwortes aufgenommen werden. Meine Übersetzungsvorschläge haben dennoch
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gezeigt, dass unser Verb auch im Italienischen passende Entsprechungen hat, und dass man es wohl als gängige Vollverbeinheit auffassen kann. Man kann aber nicht leugnen, dass die Beschreibung eines solchen Verbs sehr problematisch ist, eine Beschreibung die manchmal auch durch Randphänomene erschwert wird, wie die Okkurrenz von Partikeln und Adverbien, die bisweilen zur Änderung der Bedeutung vom einwertigen werden beitragen. Man denke nur an die Beispiele mit nicht mehr und nicht wieder. Problematisch ist daher zweifellos auch der Status von unserem Verb, das sich im Satz vielleicht nicht so verhält, wie viele andere einwertige Verben. Für das Deutsche wäre es ferner wünschenswert, dass in allen deutschen Wörterbüchern der Eintrag werden dieselbe Verbklassifikation erführe. Wie schon angedeutet, könnten die Darstellungen in VALBU und die neue revidierte Version in EVALBU als Vorbild dienen. Um eine richtige Anwendung in der Praxis gewährleisten zu können, wäre eine gezielte und gründliche Recherche in einem deutschen Korpus sehr angebracht, denn erst eine Ansammlung von zahlreichen Beispielen ermöglicht die Formulierung von Übersetzungshypothesen und folglich von allen möglichen Entsprechungen im Italienischen. A propos, was bedeutet Es scheint, als würde der Sommer nicht mehr werden?
Literatur (a) Wörterbücher DIT = DIZIONARIO. TEDESCO-ITALIANO/ITALIANO- TEDESCO. In collaborazione. Torino: Paravia; Berlin, München: Langenscheidt 32003. DUDEN = DAS GROßE WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN SPRACHEN. Mannheim: Dudenverlag (zehn Bände) 3 1999. DUDEN = DEUTSCHES UNIVERSALWÖRTERBUCH 7. überarbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim, Zürich: Dudenverlag 2011. DW = DEUTSCHES WÖRTERBUCH. Hgg. Gerhard Wahrig, Renate Wahrig-Burfeind. Gütersloh, München: Wissen Media Verlag 82006. E-VALBU: HTTP://HYPERMEDIA2.IDS-MANNHEIM.DE/EVALBU. (09.11.2011) HDG = HANDWÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE. Hg. Günter Kempcke. Berlin: Akademie Verlag 1984. IL DIZIONARIO DI TEDESCO CON CD-ROM PER WINDOWS. DIZIONARIO TEDESCO-ITALIANO/ITALIANO-TEDESCO. Hgg. Luisa Giacoma, Susanne Kolb. Bologna: Zanichelli; Stuttgart: Pons, Klett 2001. LANGENSCHEIDTS HANDWÖRTERBUCH: Teil I: Italienisch-Deutsch. Turin: Paravia. Teil II: DeutschItalienisch. Berlin, München: Langenscheidt 42003. PONS = GROßWÖRTERBUCH DEUTSCH ITALIENISCH. ITALIENISCH DEUTSCH Hgg. Luisa Giacoma, Susanne Kolb. Bologna: Zanichelli; Stuttgart: Klett 2001. VALBU = VALENZWÖRTERBUCH DEUTSCHER VERBEN. Helmut Schumacher, Jacqueline Kubczak, Renate Schmidt, Vera de Ruiter. Tübingen: Gunter Narr Verlag 2004.
46 � Maria Teresa Bianco WDF = WÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE. Hg. Günter Kempcke. Berlin, New York: de Gruyter 2000. VERBEN IN FELDERN. VALENZWÖRTERBUCH ZUR SYNTAX UND SEMANTIK DEUTSCHER VERBEN. Hgg. Helmut Schumacher. Berlin, New York: de Gruyter 1986. WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE. Hgg. Ruth Klappenbach, Wolfgang Steinitz. Berlin: Akademie Verlag 1977.
(b) Sonstige Literaturfeldern Böttcher, Wolfgang (2009): Grammatik verstehen. Wort Band I. – Tübingen: Niemeyer. DUDEN: Die Grammatik (2005), 7. völlig neu erarbeitete u. erweiterte Auflage. Der Duden in 12 Bänden, Band 4. – Mannheim [u.a.]: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus. Eichmann, Hubert/Bovermann, Monika/Tesařová, Lea/Hollerung, Marion (32007): Blaue Blume Deutsch als Fremdsprache. Manuale dello studente. – Ismaning: Max Hueber Verlag. Eisenberg, Peter (32006): Grundriss der deutschen Grammatik. Der Satz. – Stuttgart: Metzler. Engel, Ulrich (2004): Deutsche Grammatik. Neubearbeitung. – München: Judicium. Engel, Ulrich (1988): Deutsche Grammatik. – Heidelberg: J. Groos. Giera, Irene M. (2011): Una carta no se pone colorada. Die Werden-Äquivalente des Spanischen als syntaktisch-semantisches Feld. – Frankfurt am Main: Lang. „Grundzüge“ (1981): Grundzüge einer deutschen Grammatik. (von einem Autorenkollektiv unter der Leitung von K. E. Heidolph, W. Flämig und W. Motsch). – Berlin: Akademie. Götze, Lutz/Hess-Lüttich, Ernst W. B. (2002): Grammatik der deutschen Sprache. Sprachsystem und Sprachgebrauch. – Gütersloh: Wissen Media. Habermann, Mechthild (Hg.) (2010): Grammatik wozu? Vom Nutzen des Grammatikwissens in Alltag und Schule. DUDEN, Band 11. – Mannheim: Dudenverlag. Konopka, Marek/Strecker, Bruno (Hgg.) (2008): Deutsche Grammatik. Regeln-NormenSprachgebrauch. – Berlin: de Gruyter. Redder, Angelika. (1999): „‚Werden‘ – funktional-grammatische Bestimmungen“. – In: A. Redder, J. Rehbein (Hgg.): Grammatik und mentale Prozesse, 295-336. Tübingen: Stauffenburg. Reimann, Monika (1996): Grundstufe-Grammatik für DaF. – Ismaning: Hueber. Rogler, Gudrun (2009): Die Versprachlichung des Konzepts ‚werden‘: Mutative Prädikate und ihre Funktion im Sprachsystem. Eine Untersuchung zum Spanischen und Deutschen unter Einbeziehung eines sprachtypologischen Hintergrunds. Dissertation. – Bielefeld: Shaker Verlag. Thieroff, Rolf (1994): Das finite Verb im Deutschen. Tempus – Modus –Distanz. – Tübingen: Narr. Thurmair, Maria (1997): „Nicht ohne meine Grammatik. Vorschläge für eine Pädagogische Grammatik im Unterricht des Deutschen als Fremdsprache.“ – Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 23, 25-45. Weerning, Marion/Mondello, Mario (2004): Dies und Das. Neu. Grammatica di tedesco con esercizi. – Genova: Cideb.
Klaus Fischer
Valenz, Konstruktion und Lernerwörterbuch 1 Einleitung1 In meinem Beitrag werde ich auf drei Themen eingehen, die mehr oder weniger eng zusammengehören: erstens auf Adressaten von Valenzwörterbüchern, und damit verbunden auch auf mögliche Benutzungssituationen, zweitens auf den Wert von Konstruktionen im Sprachlernprozess mit einer Diskussion der Konstruktionsgrammatik von Adele Goldberg, und drittens kurz auf zwei Valenzeinträge für ein englisches Lernerwörterbuch des Deutschen auf valenzieller Grundlage.
2 Adressaten von Valenzwörterbüchern In ihrem sehr engagierten, lesbaren und einsichtsreichen Artikel „Valenzwörterbücher, das Ideal und das Leben“ (2003) stellt Monika Bielińska fest, dass Valenzwörterbücher zwar Fremdsprachenlerner explizit als Adressaten sehen, diese aber aus guten Gründen nicht zu deren Benutzern gehören:2 Laut der Vorworte gehören Fremdsprachenlerner zu den Hauptadressaten von Valenzwörterbüchern. Adressat ist hier allerdings nicht synonym mit Benutzer zu verstehen; ob die Adressaten tatsächlich die für sie verfassten Wörterbücher benutzen, sei erstmal dahingestellt. (ebd.: 242)
Und Pawlikowska-Asendrych (2006: 2) urteilt: Obwohl sie [Valenzwörterbücher] zu fremdsprachendidaktischen Zwecken entworfen worden sind, finden sie jedoch keine Anwendung.
Es ist eine der lässlicheren akademischen Sünden, den Adressatenkreis in Vorworten ein wenig auszudehnen. Wer möchte schon sagen: „Dieses Buch wendet sich an ein Dutzend Spezialisten weltweit“, „Diese Einleitung ist eigentlich für Fortgeschrittene“ oder „Dieses Valenzwörterbuch hat genau eine Adressatengruppe: Autoren von Valenzwörterbüchern“, wie die von Bielińska (2003: 241) angeführte
�� 1 Ich danke Martina Nied Curcio und Fabio Mollica für wertvolle Kritik und Hinweise. 2 Zu einer Kritik der Adressatenangaben in einsprachigen Lernerwörterbüchern des Deutschen s. Bielińska (2010a), zu deren Metatexten Bielińska (2010b).
48 � Klaus Fischer lexikalische Spicksituation3 als Benutzungssituation für Valenzwörterbücher nahelegt. Aber stimmt es, dass Fremdsprachenlerner als Hauptadressaten von Valenzwörterbüchern angesprochen werden? Betrachten wir zunächst die Klassiker, die einsprachigen Valenzwörterbücher des Deutschen. Hier werden zwei Hauptadressatengruppen identifiziert: Deutsch als Fremdsprache-Lehrer und Lehrbuchautoren. Die Valenzwörterbücher sollen beim Erstellen von Übungsmaterial als Informationsquelle dienen. Es sei dahingestellt, ob sie dafür eine gute Informationsquelle sind. Jedenfalls werden Sprachlerner nur sekundär und mit Einschränkungen als mögliche Benutzer in Betracht gezogen. Zwar möchte das Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Verben, wie die Autoren im Vorwort zur ersten Auflage ausführen, den Lehrenden wie den Lernenden befähigen, ungrammatische Sätze nicht nur „intuitiv“ unter Berufung auf das „Sprachgefühl“, sondern an Hand eines festen Regelmechanismus zu erkennen und auszuschließen. (Helbig/Schenkel 1982: 5)
Auch wie das vonstatten gehen soll, wird in der Einleitung näher erläutert, allerdings erst auf Seite 76: Der Hauptzweck des Wörterbuchs bleibt die Aufstellung eines Erklärungsmechanismus für den Fremdsprachenunterricht. In analoger Weise dürfte ein solcher Mechanismus auch auf andere Sprachen anwendbar sein. Er wird nicht unmittelbar, sondern vermittelt durch entsprechende Lehrmaterialien in die Unterrichtspraxis eingehen können. (ebd.: 76)
Im Vorwort zum Kleinen Valenzlexikon deutscher Verben (KVL) heißt es: Wegen der sparsamen Erläuterungen setzt das richtige Verstehen der Wörterbucheinträge in der Regel einen Grad von Kompetenz im Deutschen voraus, über den ein Schüler nicht unbedingt verfügt. Trotzdem sollte nicht ausgeschlossen werden, daß auch ein fortgeschrittener Schüler dieses Buch mit Gewinn zu Rate ziehen kann. Man muß jedoch nachdrücklich davor warnen, dieses Buch als Mittel zum Selbststudium oder als Ersatz für ein Lehrbuch zu betrachten. Es ist vielmehr ein Nachschlagewerk und sollte als solches benutzt werden. (Engel/Schumacher 1978: 3)
Zwar möchte Verben in Feldern (ViF) „eine Lücke bei den Hilfsmitteln für den Sprachunterricht für fortgeschrittene Deutschlerner […] schließen“ (Schumacher 1986: 1). ViF sei ein Produktionswörterbuch, „das ein Benutzer zu Berate ziehen kann, wenn ihm eine Bezeichnung für etwas fehlt, was er ausdrücken will.“ (ebd.: 1) Allerdings stelle ViF „hohe Anforderungen an seine Benutzer“ (ebd.: 2), und soll
�� 3 Bielińska zitiert hier Wiegand (1977: 80).
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„vor allem aber […] dem Lehrer als geordnete Materialsammlung für Übungen zur Wortschatzerweiterung dienen“ (ebd.: 1). Sehr differenziert werden die Adressaten in VALBU–Valenzwörterbuch deutscher Verben angesprochen:4 Das Wörterbuch wendet sich vorrangig an Lehrkräfte und Lehrbuchautoren im Bereich Deutsch als Fremdsprache. In erster Linie ist dabei an Lehrerinnen und Lehrer gedacht, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Ihnen wird hier die Möglichkeit geboten, für Unterrichts- und Korrektursituationen die genauen Verwendungsbedingungen für den zentralen deutschen Verbwortschatz nachzuschlagen. Das Wörterbuch kann auch von fortgeschrittenen Deutschlerner(inne)n mit fremder Muttersprache zu Rate gezogen werden. Es wird angenommen, dass es sich bei diesen um Studentinnen und Studenten sowie junge Erwachsene handelt, die Deutsch als Fremdsprache im gesteuerten Hochschulunterricht lernen und in der Benutzung von einsprachigen Wörterbüchern angeleitet worden sind. (Schumacher et al. 2004: 20)
Für die einsprachigen Valenzwörterbücher des Deutschen gilt also, dass Lerner vor allem vermittelt über Lehrer und Lehrmaterialien profitieren sollen und nur mit Einschränkungen unter Anleitung oder als Fortgeschrittene mit linguistischer Vorbildung oder Geduld direkt die Wörterbücher benutzen sollen. Ähnliche Einschränkungen nimmt das Valency Dictionary of English (Herbst et al. 2004) vor.5 Es soll Sprachwissenschaftler bei der Forschung und angewandte Linguisten, Grammatiker und Lexikographen bei der Erstellung neuer Lehrmaterialien unterstützen. Weiterhin soll es fortgeschrittene Lerner in die Lage versetzen, grammatisch korrektes und idiomatisches Englisch zu schreiben und ihnen zeigen, mit welchen Konstruktionen ein Wort benutzt werden kann. Außerdem soll es nichtmuttersprachliche Englischlehrer bei der Korrektur unterstützen, indem es ihnen anzeigt, ob eine studentische Konstruktion im Gegenwartsenglischen häufig, manchmal oder gar nicht vorkommt.6
�� 4 Fettdruck im Original durch Kursivdruck ersetzt 5 ”The Valency Dictionary of English-kursiv is intended to enable – linguists to carry out research […] – applied linguists, grammarians and lexicographers to develop new teaching materials – advanced foreign learners to write grammatically correct and idiomatic English because it shows them which constructions a word can be used with – non-native teachers of English to mark students' papers because it tells them whether a construction a student has used is found frequently, occasionally or not at all in present-day English.“ (Herbst et al. 2004: vii; Fettdruck im Original durch Kursivdruck ersetzt). 6 Zwei weitere einsprachige Valenzwörterbücher konnten eingesehen werden: Das Kleine Valenzwörterbuch niederdeutscher Verben (Appel 2012) enthält keine Adressatenangabe, das Valenzwörterbuch kroatischer und serbischer Verben (Panzer 2001), das deutsche Übersetzungen enthält, nur eine vage: Es behandelt „die wichtigsten und am häufigsten gebrauchten Verben, um vor allem dem praktischen Benutzer notwendige Informationen zu liefern“ (ebd.: VII).
50 � Klaus Fischer Mehr Evidenz für ihren Befund findet Bielińska in zweisprachigen Valenzwörterbüchern, z. B. im Valenzlexikon deutsch-rumänisch7 (Vldr): Das Vldr wendet sich an Rumänen und Deutsche, die sich als Lehrkräfte, Studenten, Lehrwerkautoren mit der jeweiligen Partnersprache beschäftigen, und in gleicher Weise an alle Personen mit gewissen Vorkenntnissen, die eine der beiden Sprachen im Selbststudium oder im Gruppenunterricht erlernen wollen. (Engel/Savin et al. 1983: 8)
Auch das Valenzlexikon Deutsch-Italienisch (VLdi), das auf der Konzeption des Valenzlexikons Deutsch-Rumänisch beruht, wendet sich direkt an italienische Germanistikstudenten der Grund- und Mittelstufe sowie deutsche Romanistikstudenten, aber nicht an andere Sprachlerner: Adressaten des VLdi sind Germanistikstudenten der Grund- und Mittelstufe, deutsche Romanistikstudenten aber auch Autoren von Lehrwerken der deutschen Sprache. Die Studenten sollen lernen, nicht nur über die semantisch-syntaktischen Eigenschaften der im VLdi enthaltenen deutschen Verben, sondern auch über die kontrastiv betrachteten Besonderheiten vieler italienischer Verben zu reflektieren. Autoren von Lehrwerken für die deutsche Sprache werden in diesem Wörterbuch Anregungen zur Auswahl und Aufbereitung des sprachlichen Materials und zu einer neuen Typologie der Übungen finden. Denn nur mit kontrastiv angelegten Übungen kann man dem Großteil der Schwierigkeiten italienischer DaF-Studenten begegnen. (Bianco 1996: 16)
Mit den Schlüsselbegriffen kontrastiv und reflektieren trifft Bianco ziemlich genau, was in Applied Linguistics als Sprach(en)bewusstsein (language awareness) angesprochen wird (s. z. B. Wright/Bolitho 1993, Andrews 1999). Eine engere Anwendung fasst – zumindest zunächst – das korpusbasierte, in elektronischer Form vorliegende Kontrastive Wörterbuch der gesprochenen Sprache Italienisch-Deutsch ins Auge: Die Dissertation [die das Wörterbuch enthält] kann Grundlage sowohl für weitere kontrastive linguistische Untersuchungen sein, als auch Anwendung in der Sprachdidaktik finden und somit indirekt auch eine Hilfe für den italienischen DaF-Lerner darstellen. Lehrkräften und Lehrbuchautoren, die sich mit italienischen Deutsch-Lernern beschäftigen, könnte sie als wissenschaftliche Unterstützung ihrer Arbeit dienen. (Curcio 1999: 2)
Etwas inklusiver werden später die Anwendungsmöglichkeiten des dem Wörterbuch zugrunde liegenden bilingualen computerlesbaren Korpus (ebd.: 8) und des Wörterbuchs selbst gesehen: [Das Wörterbuch] ist in erster Linie so ausgerichtet, dass ein auf der Valenz basierender Sprachvergleich möglich ist; die Orientierung ist demnach nicht gleichzeitig lernorientiert. Trotzdem kann es von deutschen Italienisch- und italienischen DaF-Lernern für den produkti�� 7 Bei deutsch-fremdsprachlichen Doppelnamen von Valenzlexika wird nur der deutsche Name angeführt.
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ven Sprachgebrauch, d.h. zur Bildung von korrekten Sätzen, verwendet werden. Eine gewisse Einarbeitung in die Konzeption ist dabei selbstverständlich notwendig. (ebd.: 215)
Auf eine Sprachrichtung ausgerichtet sind die Adressatenangaben im Valenzwörterbuch deutsch-türkisch, das „türkischen Muttersprachlern beim Erlernen der deutschen Sprache theoretisch fundierte Stützpunkte“ (Ozil 1990: 3) geben möchte: Da die Verben einer Lehrbuchreihe für den Anfängerunterricht in der Türkei entnommen sind, richtet sich das Lexikon in erster Linie an Lehrer und deutschlernende Schüler mit türkischer Muttersprache. Es wendet sich zugleich an alle türkischen Lerner der deutschen Sprache im Anfängerunterricht. (ebd.: 4)
Ganz weit fasst den Adressatenkreis das Wörterbuch zur Valenz deutscher und polnischer Verben: Das vorliegende Lexikon ist eine didaktische Hilfe für Deutsch lernende Polen sowie Polnisch lernende deutsche Muttersprachler, die ihre Deutschkenntnisse vervollkommnen wollen. Die in ihm enthaltenen Hinweise ermöglichen es, korrekte einfache Sätze mit den gebräuchlichsten Verben der deutschen und polnischen Sprache der Gegenwart zu bilden (Morciniec/Cirko/Ziobro 1995: 8).
Als Nachschlagewerk – als Adressaten ist an fortgeschrittene Lerner und Übersetzer gedacht – und für sprachwissenschaftlich-didaktische Zwecke soll das Német-magyar főnévi valenciaszótár/Deutsch-ungarische Wörterbuch zur Substantivvalenz in zwei Bänden (Bassola 2003, 2012) eingesetzt werden:8 Unsere Wörterbücher können also nicht nur als Nachschlagewerke, sondern auch als Lehrbücher im Germanistikunterricht benutzt werden. […] Dann können sie [die Studierenden] selbstständig Wortartikel erstellen, indem sie den Wortartikel im Valenzwörterbuch heraussuchen, dessen Struktur der des zu bearbeitenden Substantivs am nächsten steht. (Bassola 2012: 12f.)
Das Wörterbuch zur Verbvalenz deutsch-bosnisch/kroatisch/serbisch schlägt eine – angesichts der eingangs angeführten Beobachtungen von Bielińska und Pawlikowska-Asendrych überraschende – Brücke zwischen dem Markterfolg von Valenzwörterbüchern und ihrer didaktischen Verwendbarkeit: Valenzlexika wollen das Fremdsprachenlernen leichter und effektiver machen. […] Dass VerbWörterbücher ein wichtiges Hilfsmittel im Fremdsprachenunterricht sind, zeigen die überwältigenden Verkaufserfolge der bisher erschienen Lexika, zeigen auch die ständigen Nachfragen nach neuen Wörterbüchern dieses Typs. (Djordjević/Engel 2009: 5-6)
Im nachgereichten Register (Djordjević/Engel 2010) werden sowohl bosnische, kroatische und serbische Lerner des Deutschen als auch – als kleinere Gruppe – �� 8 Zum Projekt eines spanisch-deutschen Substantivvalenzwörterbuchs s. Domínguez Vázquez (2011).
52 � Klaus Fischer deutschsprachige Lerner des Bosnischen, Kroatischen und Serbischen als Adressaten angesprochen und positive Rückmeldungen von Benutzern vermerkt. Mit dem Verweis auf die wirtschaftliche Motivation bosnischer, kroatischer und serbischer Lerner des Deutschen ist der Adressatenkreis nicht auf Germanisten beschränkt. Auch weit, aber etwas differenzierter wird der Adressatenkreis im vom Serbischen ausgehenden Srpsko-nemacki recnik valentnosti glagola/Wörterbuch zur Verbvalenz Serbisch-Deutsch gefasst: Das vorliegende Wörterbuch wendet sich vor allem an Lehrkräfte und Dozenten der serbischen bzw. der deutschen Sprache sowie an Lerner, die über einige Vorkenntnisse in Serbisch bzw. Deutsch verfügen und ein Nachschlagewerk beim Fremdsprachenlernen brauchen. Es enthält zahlreiche Informationen zur Satzstruktur und Kombinatorik der serbischen und deutschen Verben und kann auch von Übersetzern sowie von Lehrbuchautoren als praktisches Hilfsmittel bei der Erstellung von Lehrwerken für den Serbisch- bzw. den Deutschunterricht an Schulen und Universitäten verwendet werden. (Djordjević/Engel 2013: 8)
Wie kommt es zu dieser (teilweisen) Differenz in Bezug auf die Adressaten ein- und zweisprachiger Valenzwörterbücher? Eine Erklärung mag sein, dass die den Adressatenkreis weiter ziehenden Autoren jeweils an die eigenen Germanistikstudenten denken, also an eine Gruppe, die fortgeschrittene Deutschlerner darstellt und der im Studium der Valenzansatz und das kontrastive Valenzwörterbuch nahegebracht wird (s. aber Ozil 1990, Djordjević/Engel 2010, 2013). Für die deutschsprachigen Lerner des Rumänischen, Italienischen, Polnischen und Bosnischen/Kroatischen/Serbischen wird dann an eine entsprechende Gruppe gedacht. Die für das KVL und VALBU formulierten Einschränkungen wären dann sozusagen vorausgesetzt, aber eben nur z. T. explizit gemacht, am genauesten wohl im VLdi. Wir halten fest, dass die betrachteten einsprachigen Valenzwörterbücher eigentlich nicht direkt für Sprachlerner konzipiert sind, während die betrachteten zweisprachigen Valenzwörterbücher zumindest z. T. einen unrealistisch weiten Adressatenkreis ins Auge fassen.
2.1 Benutzungssituationen von Valenzwörterbüchern Bielińska hat einen zweiten Kritikpunkt: Die zweisprachigen Valenzwörterbücher wären falsch angelegt! Die Ausgangssprache sei jeweils Deutsch9, während ein
�� 9 Der Grund hierfür ist wissenschaftshistorisch bzw. –praktisch: Es lagen Valenzbeschreibungen deutscher, aber nicht ausgangssprachlicher Lexeme vor (s. die Rechtfertigung in Djordjević/Engel 2010). Zum Zeitpunkt von Bielińskas Kritik bildete Curcio (1999), die von einem italienischen Korpus ausgeht und auch ein eigenes Beschreibungsmodell entwickelt, allerdings eine Ausnahme. Man kann annehmen, dass eine entsprechende Kritik an der Beschreibungsrichtung in Djordjević/Engel
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fremdsprachiger Lerner von der eigenen Muttersprache ausgeht, da er ja das korrekte deutsche Lexem gerade nicht kennt. Diese Sicht wird von Domínguez Vázquez/Paredes Suárez geteilt, die zu einem geplanten spanisch-deutschen Valenzwörterbuch ausführen: Hervorheben möchten wir vor allem, dass dieses Werk eine Umkehrung in der kontrastiven Valenzlexikografie verkörpert, denn das Wörterbuch richtet sich nach der Muttersprache der Wörterbuchbenutzer. Damit versuchen wir das Arbeiten mit dem Werk zu vereinfachen, da bei der umgekehrten Perspektive […] das entsprechende fremdsprachliche Äquivalent bekannt sein müsste, um es im Wörterbuch nachschlagen zu können. (Domínguez Vázquez/Paredes Suárez 2010: 219)
Der Kritikpunkt von Bielińska und Domínguez Vázquez/Paredes Suárez gilt, denkt man an eine Benutzungssituation, wie sie beim Nachschlagen in einem normalen zweisprachigen Wörterbuch vorliegt. Diese Benutzungssituation wird aber von ViF z. B. gerade ausgeschlossen. Auch ist es nur der erste Schritt eines wissenschaftlichen Umgangs mit Wörterbüchern. Den Übersetzungsstudenten an meiner Universität wird anempfohlen, das gefundene deutsche Äquivalent in einem zweiten Schritt im deutsch-englischen Wörterbuch nachzuschlagen, um mehr über die Verwendungsbedingungen und Konstruktionsmöglichkeiten zu erfahren. Für diesen zweiten Schritt sind natürlich die zweisprachigen vom Deutschen ausgehenden Valenzwörterbücher geeignet, da sie u. U. umfassendere Informationen bereitstellen, wenn sie das fragliche Lexem enthalten. Eine weitere Benutzungssituation ergibt sich, wenn Lernern auffällt, dass sie ein Problem mit der Verwendung eines Lexems haben. Am besten fragt man dann einen Muttersprachler, aber wenn das nicht möglich ist, kann außer einem zielsprachlichen Lernerwörterbuch auch ein Valenzwörterbuch durchaus hilfreich sein. Eine dritte Benutzungssituation liegt bei spezifischen Rezeptionsproblemen vor, die sich nicht mit einem allgemeinen zweisprachigen Wörterbuch lösen lassen. Weitere Verwendungen ergeben sich im Sinne der oben angesprochenen Förderung eines Sprach(en)bewusstseins. Freilich kann man heute auch die Verwendungsbedingungen studieren, indem man das Lexem googelt oder, wenn es um Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch oder Portugiesisch geht, Übersetzungen bei Linguee einsieht.10 Beide Vorgehensweisen sind vielleicht schneller, aber man erhält so keine expliziten grammatischen und stilistischen Informationen. Auch kann man sich auf Google-Beispiele nur bedingt verlassen. Linguee enthält professionelle Übersetzungen, aber ist etwas „Europarl“-lastig, was dazu führt, dass informelle Sprache häufig in der Übersetzung standardsprachlich normalisiert wird. �� (2009) zum Nachreichen des vom Bosnischen/Kroatischen Serbischen ausgehenden Registers (Djordjević/Engel 2010) und der umgekehrten Perspektive in Djordjević/Engel (2013) geführt hat. 10 http://www.linguee.de/englisch-deutsch/uebersetzung/ (20.01.2014).
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3 Konstruktion, Bedeutung und Fremdspracherwerb Ich werde nun das Verhältnis von Verben und Konstruktionen in der Valenztheorie erläutern. Dabei handelt es sich um eine kurze explizite Darlegung zum Teil früher nur am Rande thematisierter Fragestellungen. Sodann werde ich – wiederum kurz – das Verhältnis von Konstruktionen und Verben in der Konstruktionsgrammatik von Adele Goldberg erklären, um schließlich mögliche Konsequenzen für den Fremdsprachenunterricht anzusprechen.
3.1 Verben und Konstruktionen in der Valenztheorie Der Valenzansatz nimmt eine projektive Perspektive ein und so sind auch die Valenzwörterbücher organisiert: vom Einzellexem oder Verbfeldern ausgehend. Die Idee ist, dass das Einzellexem bzw. eine Gruppe semantisch verwandter Lexeme in einer bestimmten Lesart aufgrund ihrer Semantik, evtl. auch idiosynkratisch, eine Phrase aufbauen, deren Elemente in entscheidender Hinsicht von dem in Frage stehenden Lexem abhängen. Betrachten wir zunächst den Status der Phrase im Verhältnis zu einem Einzellexem bzw. einer Einzellexemlesart: Die Phrase bildet als Form-Bedeutungspaar eine Konstruktion im konstruktionsgrammatischen Sinn. Herbst (2011: 353) spricht von einer valency construction (Valenzkonstruktion) mit geringer Reichweite, die nur für das in Frage stehende Lexem gilt. Man vergleiche auch Tomasellos (2003) verb island constructions (Verbinselkonstruktionen) im Erstspracherwerb. Allerdings sind Form und Bedeutung dieser Konstruktion vom Valenzträger projiziert, also vorhersagbar. Insofern handelt es sich um keine Konstruktion nach Goldberg (1995), wohl aber nach Goldberg (2006). Terminologisch wurden Lexem und Valenzkonstruktion meist nicht auseinanderdividiert, da das Lexem mit seiner Valenzkonstruktion identifiziert wurde. Im Folgenden wird von Valenzkonstruktion gesprochen, wenn auf das Verhältnis eines Verbs zu seiner Konstruktion abgehoben wird, sonst von Verbkonstruktion. Valenzkonstruktionen sind in unterschiedlichem Ausmaß musterbildend. Eher idiosynkratisch projizieren Verbverwendungen wie geben, es (Es gibt keinen Wein mehr.). Die Bedeutung ‚etwas ist vorhanden‘ kann synchron nur mit viel Phantasie mit der Grundbedeutung von geben (‚Transfer‘) in Zusammenhang gebracht werden, d. h. geben, es ist als homonymes Verb zu geben zu betrachten. Auch kann von der Bedeutung ‚etwas ist vorhanden‘ weder auf die Existenz eines fixen es noch auf den Kasus geschlossen werden (vgl. X ist/existiert und Es ist/existiert ein X). Trotzdem steht geben, es nicht ganz isoliert da: Einerseits kann die Kasuszuweisung an das ‚gegebene Objekt‘ von der Transferverwendung von geben her motoviert werden, andererseits können Witte-
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rungsverben dasselbe Satzmuster realisieren (regnen, es : Es regnet Euros). Man beachte aber, dass es sich bei Witterungsverben im Gegensatz zu geben, es nicht um die Grundvalenz handelt. Erwähnenswert ist auch, dass im Falle von geben, es die teilidiosynkratische Projektion der Valenzkonstruktion durch häufigen Gebrauch gestützt wird. Oft projizieren bedeutungsverwandte Lexeme dieselbe Verbkonstruktion, etwa Kommunikationsverben .11 Das Stichwort ist hier Analogie und man kann die Valenzprojektion dem Bedeutungsanteil anrechnen, den die Lexeme teilen, hier etwa ‚jmdm. etw. mitteilen‘ (vgl. das Konzept des Funktors in Bondzios Semantischer Valenztheorie, z. B. Bondzio 1971). Der Unterschied zu konstruktionsgrammatischem Denken ist hier ein feiner: Die Abstraktion, etwa als „Mitteilungskonstruktion“ , ist immer sekundär in Abhängigkeit von prototypischen Lexemen oder einem Archilexem, die diese Konstruktion schaffen. Allerdings sind solche verallgemeinerbare Verbprojektionen meist nicht ganz systematisch, da es konkurrierende Muster gibt (jmdm. gegenüber etw. erwähnen, jmdn. etw. fragen/lehren). Diese können durch die besondere Fokussierung eines Mitspielers (der Mitteilungsinhalt bei erwähnen) oder historisch (doppelter Akkusativ) erklärt werden. Die Zuordnung der Verbbedeutung zur formalen Realisierung lässt sich auf zweierlei Art angehen (vgl. Herbst 2007): Einmal kann man Aspekte der Verbbedeutung (einzelne thematische Rollen) isoliert betrachten und Regeln des prototypischen Linkings formulieren (etwa: Agens → Subjekt, Patiens → Akkusativ-Ergänzung). Es ergibt sich eine Abbildung der „Markiertheitshierarchie thematischer Rollen“ auf die „Markiertheitshierarchie der Ergänzungen“ (Kasushierchie). Satzmuster sind Resultat dieser Abbildung, sind abgeleitete Begriffe. Dieses Vorgehen wird von Zifonun et al. (1997: 1323ff.) und Eisenberg (2006: 68-70) befürwortet (s. a. Fischer 2013: 120ff.). Problematisch an dieser Vorgehensweise ist, dass sowohl thematische Rollen als auch syntaktische Funktionen isoliert werden, statt sie im Verbund mit anderen zu sehen. Die Kritik besagt, dass ein Agens eines intransitiven Verbs (Sie spielt) nicht mit dem eines transitiven Verbs (Sie sucht etwas) gleichzusetzen sei. Auch sei ein Subjekt im Satzmuster nicht dasselbe wie im Satzmuster . Weder gebe es das Agens noch das Subjekt an sich, vielmehr ein Agens, das eine Handlung durchführt und ein Agens, das auf ein Patiens einwirkt, ein Subjekt eines intransitiven und ein Subjekt eines transitiven Verbs (s. z. B. Croft 2003: 142ff., Welke 2011: 145ff.).
�� 11 Die unmarkierte Realisierung des Mitteilungsinhalts ist satzförmig, entweder als abhängiger Satz oder als Zitat.
56 � Klaus Fischer Als Alternative zur kritisierten Vorgehensweise kann man Verbbedeutungen und Satzmuster nicht aufteilen, sondern prototypische Abbildungen des kombinatorisch relevanten Anteils der Verbbedeutung auf Satzmuster formulieren, etwa Verben, die die Affizierung eines Gegenstandes ausdrücken, auf . Diese Sicht ist konstruktionsgrammatischer, da sie keine Reduktion des Satzmusters auf isolierte Bestandteile vornimmt. In beiden Fällen können die prototypischen Zuordnungen als Linking-Regeln formuliert werden, zu denen es Ausnahmen gibt. Oder aber man vermeidet eine derartige Aufteilung in zwei Klassen (regelgeleitete vs. idiosynkratische Projektion) und spricht systematischen Projektionen eine hohe Realisierungswahrscheinlichkeit in Bezug auf eine Menge bedeutungsverwandter Lexeme, idiosynkratischen Projektionen eine niedrige Vorkommenswahrscheinlichkeit zu. Bei all den aufgeführten Alternativen bleibt die Perspektive vom Lexem zur Verbkonstruktion gewahrt. Schließlich kann das Verhältnis aller Lexeme bzw. Lexemverwendungen, die ein bestimmtes Satzmuster, etwa bzw. Deutsch aus, so ist festzustellen, dass im Italienischen bzw. Spanischen in verschiedenen Kontexten immer dasselbe einfache Verb – ein polysemes Simplex – erscheint und dass der konkrete semantische Gehalt dieses Verbs oft durch seine spezifische Valenz bestimmt wird. In der deutschen Sprache hingegen muss in den meisten Fällen ein Präfix- oder Partikelverb (vgl. 2.) realisiert werden, z. B. können das italienische chiedere und spanische preguntar und pedir je nach syntaktischer und semantischer Umgebung mit fragen, nachfragen, sich erkundigen, bitten, anhalten, sich wünschen oder verlangen abgebildet werden: (1) it. Devo chiedere al mio capo. sp. Tengo que preguntarle a mi jefe. dt. Ich muss meinen Chef fragen./Ich muss bei meinem Chef nachfragen. || 1 Dieser Beitrag und die zugrunde liegende Online-Untersuchung wurden von den Autoren gemeinsam konzipiert. Für die einzelnen Abschnitte zeichnen verantwortlich: 1, 2 und 6 Nied Curcio, 3 Domínguez Vázquez, 4 Mollica, 5 Domínguez Vázquez (Auswertung zu den spanischen Verben) und Mollica (Analyse der italienischen Verben). Während dieser Untersuchung hielt sich Domínguez Vázquez im Rahmen ihres Humboldt-Forschungsstipendiums 2012/2013 am Institut für Deutsche Sprache auf. Die Ergebnisse der Untersuchung stehen in Zusammenhang mit dem PORTLEX-Projekt zur Erstellung eines lexikographischen Portals (gefördert vom spanischen MINECO, FFI2012- 32456 und FEDER 2007-2013).
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(2) it. Mi ha chiesto di te. sp. Me ha preguntado por ti. dt. Er hat nach dir gefragt./Er hat sich bei mir nach dir erkundigt. (3) it. Mi ha chiesto un favore. sp. Me ha pedido un favor. dt. Er hat mich um einen Gefallen gebeten. (4) it. Ha chiesto la mano di sua figlia. sp. Ha pedido la mano de su hija. dt. Er hat um die Hand seiner/ihrer Tochter angehalten. (5) it. Per Natale mia figlia mi ha chiesto un viaggio. sp. Para Navidades mi hija me ha pedido un viaje. dt. Zu Weihnachten hat sich meine Tochter eine Reise von mir gewünscht. (6) it. Mi chiede sempre cose impossibili. sp. Me pide siempre cosas imposibles. dt. Er verlangt/will immer unmögliche Sachen von mir. Aus den Beispielen (1)–(6) ist ersichtlich, dass das it. Verb chiedere über ein breiteres semantisches Spektrum als das spanische preguntar und pedir verfügt. Im Deutschen werden, wie aus den Sätzen hervorgeht, verschiedene Verben gebraucht. Dessen sind sich die DaF-Lernenden meist nicht bewusst.2 Zweisprachige Wörterbü-
|| 2 Aus einer empirischen Untersuchung zu den Schwierigkeiten der Studierenden im Umgang mit der verbalen Polysemie (vgl. Nied Curcio 2002, 2005) geht hervor, dass sich die Probanden der Mehrdeutigkeit und der häufigen Divergenzen zwischen ihrer Erstsprache (L1: Italienisch) und der Fremdsprache (L2: Deutsch) nicht im Klaren waren. Sie gingen davon aus, dass ein Verb, das in der L1 polysem und frequent ist, einem polysemen Verb in der anderen Sprache entspricht; und selbst in Fällen, in denen den Studierenden die Differenz im semantischen Gehalt zwischen beiden Sprachen bewusst war, haben sie trotzdem das entsprechende polyseme Verb des Deutschen verwendet – so als nähmen sie an, dass die Mehrdeutigkeit auch im konkreten Kontext passen würde und eine wortwörtliche Übersetzung in jedem Fall zum Erfolg führe. Es war ihnen keinesfalls klar, dass verschiedene semantische (z. B. unterschiedliche Verteilung der semantischen Rollen im Satz, unterschiedliche Markiertheit zwischen den Verben) und syntaktische Faktoren (vor allem Differenzen in der Valenz) zwischen beiden Sprachen die Wahl des bestimmten kontextuell gebundenen Verbs in der L2 bestimmen. Die wortwörtliche Übersetzung, d. h. die Wahl des entsprechenden Simplexverbs
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cher sollten bei diesen lexikalischen Schwierigkeiten und Unsicherheiten im Fremdsprachenerwerb eine unterstützende Rolle spielen. In diesem Artikel geht es zwar auch um die Schwierigkeiten, die die Studierenden mit der Übersetzung polysemer Verben aus der L1 (Italienisch, Spanisch) in die L2 Deutsch haben, aber im Mittelpunkt steht der Gebrauch von elektronischen Wörterbüchern als Hilfsmittel beim Suchen der Äquivalenzen polysemer Verben im Deutschen und beim Überwinden ihrer interlinguistischen Schwierigkeiten. Außerdem wird hier die Gültigkeit des Fragebogens überprüft, der bei einer breiteren Anwendung (z. B. bei einer größeren Anzahl von Probanden als in dieser ersten Umfrage sowie bei Befragungen mit anderen Herkunftssprachen) weitere Anwendung finden könnte. Einsprachige, aber auch zweisprachige Wörterbücher – vorausgesetzt im Lemma finden sich die entsprechenden metasprachlichen Notationen und die Benutzer lesen sich diese auch durch – bieten den Benutzern (hier: Fremdsprachenlernenden) die Möglichkeit, das richtige Übersetzungsäquivalent zu finden, andere wiederum helfen kaum bei der Suche danach, da das entsprechende Äquivalent aus einer listenartigen Aufzählung oder aus einem Beispielsatz herausgelöst werden muss. Es ist selbstverständlich, dass auch die Fremdsprachenlernenden in den letzten Jahren immer mehr Online-Wörterbücher zu Rate ziehen. Für die Sprachenpaare Italienisch-Deutsch und Spanisch-Deutsch werden häufig LEO.org, PONS.eu oder auch bab.la genannt; für das Spanische kommt noch DIX hinzu. Fragen, die uns im Zusammenhang mit der Benutzung von Online-Wörterbüchern und der Übersetzung polysemer Verben interessierten, sind: – –
– – – – – –
Wann und wie verwenden die Studierenden welches Online-Wörterbuch? Wie übersetzen sie Sätze der L1, in denen polyseme (italienische oder spanische) Verben enthalten sind, deren Bedeutung in ihrer Muttersprache insbesondere durch die Valenz disambiguiert wird und deren Entsprechung im Deutschen i.d.R. ein Präfix- bzw. Partikelverb ist? Wenn es mehrere Übersetzungsäquivalente gibt, für welches entscheiden sie sich? Und warum? Wie orientieren sich die Lernenden innerhalb des Wörterbuchartikels? Auf welche Schwierigkeiten stoßen sie bei der Wörterbuchverwendung? Führte ihre Wörterbuch-Konsultation zu einer erfolgreichen Übersetzung oder welche Art von Benutzerfehler gab es? (vgl. Wiegand 1998: 519) Welche Rolle spielt der negative Transfer? Sind die fehlerhaften Übersetzungen der Studierenden auf mangelnde Qualität der Nachschlagewerke zurückzuführen?
|| in der L2 (dare – geben, andare – gehen, fare – machen) war eine der häufigsten „Strategien“ (vgl. Nied Curcio 2002, 2005).
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Da es in diesem Beitrag um die Übersetzung von italienischen und spanischen Sätzen mit polysemen Verben in die deutsche Sprache geht, kann sich eine Konstellation wie folgt ergeben: Zwischen dem italienischen/spanischen Verb und dem deutschen Übersetzungsäquivalent kann es eine 1:1-Entsprechung geben. In allen drei Sprachen hat also ein Simplexverb, dessen Lesart sich in einem bestimmten Kontext völlig abdeckt, das gleiche Grundverb (ascoltare – escuchar – hören): (7) it. Vorrei ascoltare ancora una volta questa canzone. sp. Me gustaría escuchar otra vez esta canción. dt. Ich möchte dieses Lied noch einmal hören. Es handelt sich dabei jedoch eher um seltene Fälle. In anderen Fällen muss man, um den italienischen und spanischen Ausgangssatz (Beispiel 8) ins Deutsche zu übersetzen, das Verb zuhören benutzen. Die Verwendung eines Simplexverbs (hören) ergibt keinen grammatischen Satz: (8) it. Ascoltami bene! sp. ¡Escúchame bien! dt. Hör mir gut zu!/dt. *Hör mir gut! Auch kann bzw. muss im Deutschen ein anderes Verb als das direkte Übersetzungsäquivalent realisiert werden: (9) it. Non ascolta mai i miei consigli! sp. Nunca escucha mis consejos. dt. Er/sie folgt nie meinen Ratschlägen./*Er/sie hört nie meine Ratschläge.3 (10) it. Devono seguire queste regole. sp. Tengo que seguir estas reglas. dt. Sie müssen diese Regeln befolgen./*Sie müssen diesen Regeln folgen.
|| 3 Möglich ist auch der Satz: Er hört nie auf meine Ratschläge. Deutlich wird jedoch, dass in diesem Falle die qualitative Valenz im Vergleich zum Italienischen und Spanischen divergiert.
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Es liegt auf der Hand, dass vor allem die Fälle (8)–(10) für Deutschlernende ziemlich schwierig sind und zu Fehlern führen. Daher konzentrieren wir uns in dieser Analyse überwiegend auf Sätze, die deutsche Präfix- und Partikelverben enthalten, da sie von Studierenden, deren Muttersprache Italienisch oder Spanisch ist, als sehr komplex empfunden werden. Wir gehen davon aus, dass die kontrastive (Lerner-) Perspektive frequente italienische/spanische polyseme Grundverben vs. deutsche Präfix/Partikelverben zu Übersetzungsschwierigkeiten führt, und es soll der Frage nachgegangen werden, wie die Studierenden diese Schwierigkeiten mit bestimmten zweisprachigen Online-Wörterbüchern zu lösen versuchen. Der Beitrag gliedert sich wie folgt: In Abschnitt 2 werden terminologische und klassifikatorische Aspekte von Präfix- und Partikelverben besprochen, in 3 wird ein Gesamtüberblick über die Wörterbuchbenutzungsforschung gegeben, in 4 wird die Umfrage präsentiert und in 5 werden die Ergebnisse vorgestellt. Abschnitt 6 enthält eine kurze Zusammenfassung, mögliche Schlussfolgerungen und ein Fazit.
2 Zur Terminologie von Präfix- und Partikelverben In der Forschungsliteratur hat sich in den letzten Jahren – neben dem Begriff Präfixverb, der ursprünglich für untrennbare und trennbare Präfixverben4 gleichermaßen verwendet wurde, auch der Terminus Partikelverb für die Verben mit trennbarem Präfix bzw. Partikel etabliert. Als Präfixverben werden derzeitig Präfixderivate „mit einem Präfix als erster unmittelbarer Konstituente“ (Duden 2005: 698) bezeichnet, deren Präfix weder morphologisch noch syntaktisch trennbar ist, wie bestellen, zerkleinern oder entfernen, während bei den Partikelverben die erste Konstituente morphologisch und syntaktisch von der Verbbasis abgetrennt werden kann (Duden 2005: 705). Partikelverben sind demnach „[…] quite common constructions that consist of a preverb and a verb, adjacent in V-final sentences but separated in other configurations […] These constructions behave like words in some sense, but some-
|| 4 Weitere Bezeichnungen waren Verben mit Verbzusatz (vgl. Engel 1988: 439) oder verbale Präfixderivate (Duden 2005: 698). Weinrich (1993: 39, 1032) spricht in seiner Textgrammatik von zweiteiligen konstituierten Verben und definiert den ersten Teil eines finiten Verbs als Vorverb und den zweiten Teil als Nachverb, wobei das Vorverb Präpositionen, Adverbien, Präpositionalphrasen, Substantive, Adjektive und Verben in ihrer Infinitivform sein können. Die Klammer wird durch das Vorverb geöffnet und durch das Nachverb geschlossen (vgl. Weinrich 1993). daher/ auf und ab/ /ich ging nun auf einer Gasse ans Werk/ heim spazieren/
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times they behave more like phrases […].“ (Lüdeling 2001: 1).5 Ein Hyperonym für beide- Begriffe ist auch Präverbfügung (vgl. Schlotthauer/Zifonun 2008, Domínguez Vázquez 2011b). Bezüglich ihrer Klassifikation besteht heutzutage noch keine Übereinstimmung darüber, ob Partikelverben als Wortbildungsprozesse, als syntagmatische Fügungen oder als phraseologische Einheiten (Kolehmainen 2006) kategorisiert werden sollten. Über Jahrzehnte hinweg herrschte Einigkeit über die Einstufung der Präverbfügungen als Wortbildungsprozesse: Die Ansichten nach dem genauen Wortbildungstyp weichen in der Tat voneinander ab (vgl. Fleischer/Barz 1995; Altmann/Kemmerling 2000; Schlotthauer/Zifonun 2008). Auf der Grundlage einer vergleichenden Analyse zwischen Präverbfügungen und gewissen Fügungen der freien Syntax betrachten hingegen Stiebels (1996), Müller (2002) und Lüdeling (2001) Präverbfügungen als Gegenstand der Syntaxforschung und nicht der Wortbildungslehre. Müller (2002) meint, dass man „davon ausgehen [kann], dass die Partikelverben wie Verbalkomplexe und Resultativkonstruktionen in der Syntax analysiert werden müssen“. Domínguez Vazquez (2011b: 59-60) kommt nach einer eingehenden Diskussion zu dem Ergebnis, dass zwischen den präpositionalen Präverbfügungen und den adverbialen Präverbfügungen nicht zu vernachlässigende formale und distributionsbezogene Unterschiede bestehen. Aus den obigen Ausführungen geht hervor, dass die adverbialen Verbpartikeln entweder eine eigenständige Klasse innerhalb der sogenannten trennbaren Präverbfügungen bzw. Partikelverben6 bilden oder sie dem Verzeichnis der syntaktischen Fügungen zuzuschreiben sind (vgl. Domínguez Vázquez 2011b). In den Wörterbüchern findet man i.d.R. bei den entsprechenden Verbeinträgen Informationen zur Trenn- bzw. Untrennbarkeit eines Verbs, so dass die Lernenden einen korrekten Satz bilden könnten. Aus der kontrastiven Perspektive ist diese Information jedoch unzureichend, denn die größere Schwierigkeit beim Erlernen des Deutschen liegt nicht darin, ob das Verb trennbar oder untrennbar ist, sondern – wie wir oben gesehen haben – darin, zu wissen, wann d. h. in welchem Kontext für ein Simplexverb in der Ausgangssprache bei der Übertragung ein Präfix- oder Partikelverb im Deutschen realisiert werden muss. Auf diese Unterschiede wird in Wörterbüchern meist nicht explizit hingewiesen.
|| 5 Die aus dem Englischen entlehnte Bezeichnung für das Deutsche war höchst umstritten – noch 2001 kam Lüdeling zur Überzeugung, dass es in der deutschen Sprache keine Partikelverben gäbe, „that there are no particle verbs“ (2001: 1). Jedoch hat sich der Begriff heute in der Forschungsliteratur weitgehend durchgesetzt und damit auch die Differenzierung in Präfixverben und Partikelverben. Dies gilt noch nicht für die Didaktik. 6 Partikel soll hier im weiteren Sinne verstanden werden.
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3 Wörterbuchbenutzungsforschung Zusammen mit einem Gesamtüberblick über die Wörterbuchbenutzungsforschung (WBBF) und die von ihr angewandten empirischen Methoden gibt dieser Abschnitt einen allgemeinen Einblick in die Verwendung von Wörterbüchern seitens Studierender. In den letzten Jahrzehnten rückt die WBBF (Wiegand 1987), der jüngste Forschungszweig der Wörterbuchforschung (Wiegand 2008: 1), in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses (zu einer ausführlichen Literaturliste vgl. Domínguez Vázquez 2014). Zur Datenerhebung und -analyse hinsichtlich der Bedürfnisse, Erwartungen und Handlungen des Wörterbuchbenutzers werden zunächst empirische Methoden und Verfahren angewandt, die auf der empirischen Sozialforschung basieren (Wiegand 2008: 26 ff.). Neue Formen der Datenerhebung zur Analyse der Wörterbuchbenutzung werden intensiv auf dem Gebiet der Internetlexikographie7 entwickelt. Ein Beispiel dafür bilden die Analyse der log files (de Schryver 2000), das eye-tracking (Tono 2011), das Simultaneous Feedback (de Schryver/Joffe 2004) oder elektronische Umfragen (Elexiko, http://www.owid.de/elexiko_/). In unserer Untersuchung verwenden wir als empirische Methode die Umfrage, die sich als die meist verbreitete Methode im Bereich der WBBF erweist (Domínguez/Mirazo/Vidal 2013; Domínguez/Valcárcel 2014; Ekwa Ebanéga/Tomba Moussa 2008; Nied Curcio 2011; Retti 2004; de Schryver/Prinsloo 2011; Taljard/Prinsloo 2011). Hinsichtlich der elektronischen Nachschlagewerke8, die sich im Gegensatz zu den Printwörterbüchern oder den CD-ROM-Wörterbüchern als die am häufigsten zu Rate gezogenen Nachschlagewerke herausstellen, weist die aktuelle Fachliteratur schon auf unterschiedliche verbesserungsbedürftige Aspekte sowie auf noch zu klärende Fragen hin, und zwar auf Optimierungsmöglichkeiten der Wörterbuchpräsentation sowie auf die Entwicklung benutzerfreundlicher Interfaces (MüllerSpitzer/Koplenig 2014; Klosa/Koplenig/Töpel 2011: 32), auf die Informationszugriffsmöglichkeiten (Prinsloo et al. 2012: 295 ff.), auf die Lerneffekte beim Vorhandensein von Multimedia (Müller-Spitzer/Koplenig 2014) sowie auf die Kontrolle der Darstellung der Angaben seitens des Benutzers sowie das Abrufen bestimmter Daten (Tarp 2011). Warum ist es aber relevant zu wissen, wie DaF-Studierende, überhaupt Studierende, mit elektronischen Wörterbüchern umgehen? Warum befasst sich unsere
|| 7 Der Schwerpunkt der Internetlexikographie liegt u. M. n. auf lexikographischen Werken, die im Netz online zugänglich sind oder als App heruntergeladen werden können. 8 Wir beziehen uns mit diesem Begriff auf lexikographische Nachschlagewerke, die im Netz (Internet) oder im App-Format zugänglich sind. Zum Begriff s. Müller-Spitzer (2007: 31); Töpel (2013: 1ff.) u. a.
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Umfrage mit der Verwendung von Online-Wörterbüchern? Und letztendlich – warum stellen wir eine Verbindung zwischen DaF-Studierenden, Übersetzung und Online-Wörterbüchern her? Einige Fakten sind hier zu nennen: – Die aktuelle lexikographische Produktion richtet sich vorwiegend an Studierende, insbesondere an Fremdsprachenstudierende (Domínguez/Valcárcel 2014). – Neue Untersuchungen auf dem Gebiet der WBBF lassen feststellen, dass elektronische Nachschlagewerke gegenüber Printwörterbüchern häufiger verwendet werden (Domínguez/Mirazo/Vidal 20139; Domínguez/Valcárcel, 201410; MüllerSpitzer/Koplening 2014) und dass bei der Suche nach der Bedeutung eines Wortes oder nach einem Äquivalent seitens Studierender kostenlose automatische Programmübersetzer im Internet sowie Wikipedia noch häufiger als elektronische Wörterbücher zur Konsultation hinzugezogen werden. Zu beobachten ist ebenfalls eine steigende Tendenz bei der Verwendung lexikographischer Mittel als App (Domínguez/Valcárcel 2014). Diese Ergebnisse dürften eigentlich nicht verwundern, wenn man die Rolle der elektronischen Kommunikationsmittel in unserer globalisierten Gesellschaft bedenkt. – Bei verschiedenen Gruppen von Studierenden unterschiedlicher Herkunft tritt die Übersetzung sowohl in die Fremdsprache als auch in die Muttersprache als das Hauptsuchziel bei der Verwendung von Wörterbüchern hervor (Boonmoh 2012; Ekwa Ebanéga/Tomba Moussavou 2008; Kispál 2004; Domínguez/Mirazo/Balsa 2013). Geht man der Frage nach, ob im Falle des Suchziels „Übersetzen“ elektronische Wörterbücher oder Printwörterbücher bevorzugt werden, deuten die Ergebnisse auf eine eindeutig häufigere Konsultation von den zuerst genannten hin (Domínguez/Valcárcel 2014). – Fragt man Studierende nach den Gründen für die Konsultation von OnlineWörterbüchern, wird geantwortet, dass man schnell, bequem und kostenlos an die Information herankommen kann11:
|| 9 Die UDALPE-Umfrage hatte als Ziel die Wörterbuchbenutzung von spanischen DaF-Studierenden zu erforschen (Domínguez/Mirazo/Vidal 2013). 10 Die UsoDEU (Domínguez/Valcárcel 2014) hat Nicht-Philologiestudenten aus dem Campus de Pontevedra (Universidade de Vigo) als Befragungsgruppe ausgewählt. In dieser Umfrage werden mehr zielgerichtete Fragen nach den elektronischen Nachschlagewerken (Web und App) und Internetgewohnheiten gestellt. 11 Zur UsoDEU-Umfrage vgl. Domínguez/Valcárcel 2014. Es sei hier erwähnt, dass diese Ergebnisse alters- oder gruppenspezifisch zu sein scheinen, wie aus dem Vergleich mit den Ergebnissen von Müller-Spitzer/Koplening (2014) hervorgeht.
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Graphik 1: Gründe für die Verwendung von Online-Wörterbüchern (Daten aus Domínguez/Valcárcel 2014)
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Da Studierende elektronische Nachschlagewerke bevorzugen, und im Allgemeinen elektronische Werkzeuge und Tools immer häufiger verwendet werden, ist diesbezüglich keine rückläufige Tendenz zu erwarten. Außerdem scheint ihr Einsatz im Unterricht Vorteile mit sich zu bringen, darunter auch die Wortschatzerweiterung (vgl. Nesi 2000 und Laufer 2000). Und was halten Studierende von den Wörterbüchern, die sie konsultieren? Aus den UDALPE-und UsoDEU-Umfragen, die von spanischen Studierenden beantwortet wurden, geht hervor, dass sich die ungenaue Wiedergabe der Äquivalenz bzw. die fehlende oder mangelnde Disambiguierung der Äquivalente als der Hauptnachteil von zweisprachigen Bedeutungswörterbüchern darstellt. Bemängelt werden auch die wenigen gebrauchsgebundenen Informationen sowie die wenigen Beispiele. Als problematisch erweist sich laut der Befragten die Aktualisierung der aus einem Wörterbuch vermittelten Information in einer Produktionssituation bzw. Übersetzung.
In diesem Zusammenhang scheint es wichtig, der Frage nachzugehen, wie genau das Wörterbuch bei der Übersetzung Italienisch-Deutsch bzw. Spanisch-Deutsch verwendet wird und welche Schwierigkeiten bei dieser konkreten Suchhandlung auftreten12, welche Bedürfnisse und Verbesserungsvorschläge die Studierenden angeben. Nur so kann man sich ein Gesamtbild verschaffen. Das Einbeziehen von spanischen und italienischen DaF-Studierenden in die Umfrage hängt mit dem Versuch zusammen, sprachübergreifende bzw. nichtgruppenspezifische Handlungen mit dem Wörterbuch festlegen zu können, bzw. die Wörterbuchbenutzung bei der Übersetzung von DaF-Studierenden unterschiedlicher Muttersprachen zu untersuchen.
|| 12 In unserem Fall geht es um die Schwierigkeit, polyseme italienische bzw. spanische Verben ins Deutsche zu übersetzen, vgl. 1 und 2.
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4 Kurze Beschreibung der Umfrage Um festzustellen, welche Hilfe bzw. Unterstützung zweisprachige Internet-Wörterbücher bei der Übersetzung bzw. Dekodierung polysemer Verben leisten, wurde eine Online-Umfrage13 konzipiert, an der sowohl italienische als auch spanische DaF-Studierende aus unterschiedlichen italienischen und spanischen Universitäten teilnahmen.14 Den Befragten wurden Sätze in ihrer Muttersprache mit polysemen Verben präsentiert, die ins Deutsche zu übersetzen waren. So mussten z. B. die italophonen und hispanophonen Deutschstudierenden Sätze wie it. Mi segue – sp. Me sigue und it. Devono seguire queste regole – sp. Debería seguir estas reglas ins Deutsche übersetzen. Dabei war zu beachten, dass bei den verschiedenen Sätzen mit it. seguire und dem sp. seguir die verschiedenen Bedeutungen durch verschiedene Valenzmuster realisiert und im Deutschen bspw. zwei unterschiedliche Verben realisiert wurden (folgen vs. befolgen, s. Kapitel 2). Zu übersetzen waren insgesamt 34 Sätze, die acht italienische bzw. spanische polyseme Verben enthielten (it. ascoltare – sp. escuchar/it. seguire – sp- seguir/it. chiedere – sp. preguntar/it. lasiare – sp. dejar/it. mentire – sp. mentir/it. minacciare – sp. amenazar/it. vedere – sp. ver/it. venire – sp. ir) und im Deutschen insbesondere durch Partikelverben wiedergegeben werden müssen. Die Umfrage bestand aus drei klar voneinander abgegrenzten Teilen: i)
Ein erster Teil mit Fragen zu persönlichen Angaben (Geschlecht, Alter, Muttersprache, Sprachkenntnisse bzw. -niveau im Deutschen).15 Die Sprachkenntnisse unserer Informanten sind sehr heterogen und liegen überwiegend zwischen den Niveaustufen A2 und B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens.
|| 13 Der italienische und spanische Fragebogen stand den Deutsch-Lernenden auf der Seite http://www.e-encuesta.com zur Verfügung. 14 Es handelt sich um Studierende des Studiengangs Mediazione Linguistica e Culturale (Università degli Studi di Milano, Università degli Studi Roma Tre) und aus unterschiedlichen spanischen Universitäten (Universidad de Santiago de Compostela, Universidad de Barcelona, Universidad de Sevilla, Universidad Complutense de Madrid, Universidad de Salamanca, Universidad Rovili i Virgili, Universidad de Valladolid, Universidad Pablo Olavide u. a.). Wir danken allen unseren Informanten und Dozenten, die bei der Verteilung und Durchführung der Umfrage geholfen haben, da sie mit ihrer Hilfe diese Untersuchung ermöglicht haben. 15 Als eine weitere Entwicklung dieser Untersuchung könnte die Analyse der Selbsteinschätzung der Studierenden bezüglich ihrer Sprachkenntnisse und des tatsächlichen Niveaus, das aus den von ihnen produzierten Sätzen zu beobachten ist, interessant sein.
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ii) Eine Erklärung über die verwendeten Wörterbücher, d. h. bei der Übersetzung durften die Studierenden lediglich Online-Wörterbücher verwenden, da neuere Studien belegen, dass Jugendliche heute überwiegend zu OnlineWörterbüchern greifen (vgl. 3).16 Für das Sprachenpaar Italienisch-Deutsch standen die Wörterbücher LEO (http://dict.LEO.org/), PONS (http://de.PONS.com/) und ELDIT (http://dev.eurac.edu:8081/MakeEldit1/Eldit.html)17 und für das Sprachenpaar Spanisch-Deutsch LEO, PONS und DIX (http://dix.osola. com/) zur Verfügung. iii) Die Übersetzungen folgen dem gleichen Muster: Zuerst werden die zu übersetzenden Sätze in der jeweiligen Muttersprache dargestellt (s. Abb. 1).
Abb. 1: Übersetzungsmuster (für italophone DaF-Lerner)
Bei erfolgter Übersetzung mussten die Probanden angeben, ob sie den jeweiligen Satz mit Hilfe eines Wörterbuchs übersetzt haben oder nicht. Wenn ja, sollten sie ankreuzen, in welchem Wörterbuch sie die erwünschte Information nachgeschlagen bzw. gefunden hatten. Bei der Verwendung von mehreren Wörterbüchern war anzugeben, welches ihnen am meisten geholfen hatte und warum. Wenn die Studierenden der Meinung waren, dass das Wörterbuch nützlich war, so sollten sie den Grund dafür nennen. Sie hatten folgende Möglichkeiten zur Auswahl: – Die Beispiele haben mir geholfen. – Die Bedeutungsumschreibungen waren hilfreich. – Die grammatischen Informationen waren genügend. – Die Information ist klar und übersichtlich dargestellt, so dass die Suche einfach ist. Es bestand auch die Möglichkeit, einen eigenen Kommentar zu schreiben (s. Abb. 2).
|| 16 Diese Tendenz findet auch in unserer Untersuchung eine Bestätigung, da 79,8% der italienischen Studierenden behaupten, normalerweise in einem Online-Wörterbuch nachzuschlagen. 17 ELDIT wurde nur von 2% der Befragten verwendet, daher wird es in unserer Analyse nicht berücksichtigt. Ein Grund für den geringen Erfolg könnte darin liegen, dass sich Benutzer (kostenlos) anmelden müssen, um die Suchfunktion zu aktivieren.
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Abb. 2: Angaben (für italophone DaF-Lerner) über den Nutzen des Wörterbuchs
Man fragt hier auch nach der Präferenz, d. h. welches Wörterbuch war hilfreicher, falls sie überhaupt eines verwendet haben. Im Falle, dass das nachgeschlagene Werk nicht nützlich war, sollte der Grund genannt werden (Abb. 3).18
Abb.3: Angaben (für italophone DaF-Lerner) über die Nicht-Nützlichkeit des Wörterbuchs
|| 18 Auch in diesem Fall waren verschiedene Alternativen möglich (Die Bedeutungsumschreibung war nicht klar, weil…/Die grammatischen Informationen waren ungenügend./Es fehlt…./Die Information ist nicht klar und übersichtlich dargestellt, so dass die Suche schwer ist…), wobei den Lernenden auch Platz für eigene Anmerkungen zur Verfügung stand.
Simplex-Verben im It. und Sp. vs. Präfix- und Partikelverben im Dt. | 191
5 Auswertung der Daten 5.1 Einleitende Bemerkungen Die Umfrage wurde insgesamt von 100 italienischen und 100 spanischen DaFStudierenden ausgefüllt. Da aber nicht alle Befragten immer alle Fragen beantwortet haben, kann man hier die Prozentsätze nur in Hinblick auf die konkrete Anzahl der Befragten geben, die eine bestimmte Frage beantwortet haben.19 Die Tendenz bezüglich des Wörterbuchformats, die auch bei anderen Untersuchungen beobachtet wurde (s. 3.), findet auch in unserer Untersuchung eine Bestätigung, da die große Mehrheit der italienischen und spanischen Studierenden behauptete, normalerweise in einem Online-Wörterbuch nachzuschlagen. Auf die Frage „In welchem Wörterbuch schlagen Sie häufiger nach?“ haben die Lerner wie folgt geantwortet (die Probanden duften mehrere Optionen ankreuzen). Italienische DaF-Lerner (Anzahl: 100 Probanden):
Graphik 2: Nachschlageverhalten italienischer DaF-Lerner
Spanische DaF-Lerner (Anzahl: 100 Probanden):
Graphik 3: Nachschlageverhalten spanischer DaF-Lerner
|| 19 Werden im Folgenden absolute Zahlen angegeben, so bezieht sich diese Zahl auf eine Gesamtzahl von 100 Studierenden und ist damit identisch mit einer entsprechenden Prozentzahl.
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Anzumerken ist hier, dass sehr viele italienische Lerner im Allgemeinen auch Printwörterbücher und kaum CD-ROM-Wörterbücher verwenden. Betrachtet man die beiden Umfragen, so sieht man, dass die spanischen Studierenden im Vergleich zu den italienischen Studierenden weniger zu CD-ROM- und Printwörterbüchern greifen und stattdessen mehr Online-Wörterbücher benutzen. Da hier nicht alle Ergebnisse des Tests, bzw. nicht alle Verben und ihre dazugehörigen Sätze, kommentiert werden können, werden wir uns lediglich auf zwei Verben (it. ascoltare/sp. eschuchar und it. seguire/sp. seguir) beschränken. Die von uns analysierten Tests bewerten wir insbesondere quantitativ und weniger qualitativ. Aus den Ergebnissen der Umfrage – d. h. aus der Bewertung der von den Studierenden durchgeführten Übersetzungen – lassen sich in erster Linie Schlüsse über die Relevanz sprachlicher Phänomene ziehen, wie z. B. die Rolle des negativen Transfers, sowohl im Falle, dass ein Wörterbuch zu Rate gezogen wurde, als auch, wenn kein Hilfsmittel verwendet wurde, da die Studierenden fälschlicherweise annahmen, die Bedeutung und die Argumentstruktur eines bestimmten Verbs zu kennen. Weiterhin können aufgrund wiederkehrender falscher Übersetzungsvorschläge das jeweilige Wörterbuch bzw. die Qualität des Wörterbuches unter die Lupe genommen werden. Zudem ermöglicht die Analyse der Ergebnisse, einige Hypothesen über den Umgang mit dem Wörterbuch von Seiten der Wörterbuchbenutzer aufzustellen.
5.2 Ergebnisse und Analyse der Übersetzungen zu it. ascoltare und sp. escuchar Die Befragung zu den Verben it. ascoltare bzw. sp. escuchar bestand aus verschiedenen Blöcken. Jeder Block enthielt eine Reihe von italienischen und spanischen Ausgangssätzen mit demselben Hauptverb. In Block 1 wurden den italienischen bzw. spanischen Studierenden vier Sätze mit dem Verb ascoltare bzw. escuchar in verschiedenen Lesarten vorgestellt, die auf Deutsch entweder mit einer Präverbfügung oder durch ein anderes Verb realisiert werden müssen, das über eine abweichende qualitative Valenz verfügt. 100 italienische und 97 spanische Probanden haben diesen Block beantwortet.
5.2.1 Umfrageergebnisse und Analyse In diesem Block mussten die Befragten vier Sätze ins Deutsche übersetzen, und zwar:
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1a. it. Lui non ascolta i consigli degli amici./sp. No hace caso/escucha a los consejos de sus amigos. 1b. it. Vorrei ascoltare la canzone di Madonna ancora una volta./sp. Me gustaría escuchar otra vez la canción de Madonna. 1c. it. Non ascolta mai./sp. ¡Nunca escucha! 1d. it. Ascoltate!/sp. ¡Escuchad todos! Im Weiteren werden die konkreten Übersetzungsvorschläge der italophonen und hispanophonen Probanden angeführt. Ausgangssatz 1a. Ausgangssatz
mögliche Übersetzungen ins Deutsche Er hört nie die Ratschläge der Freunde an.
it. Lui non ascolta i consigli degli amici sp. No hace caso (escucha) a los consejos de sus amigos.
Er hört nie auf die Ratschläge der Freunde. Er folgt nie den Ratschlägen der Freunde.
Tab. 1: Ausgangssatz 1a. mit möglichen deutschen Übersetzungen
Bei der Bewertung der Übersetzungen wird im Folgenden nur auf die Verbauswahl und auf die damit verbundene syntaktische Struktur eingegangen.20 Das italienische Verb ascoltare in it. Lui non ascolta i consigli degli amici wurde von den Studierenden hauptsächlich mit hören in Verbindung mit einer Akkusativergänzung (47%) realisiert. In der Tab. 1 werden alle von den Lernern ausgewählten Verben graphisch dargestellt. Da im Fokus unserer Analyse auch die im Wörterbuch angegebene Verbvalenz steht, wird im Folgenden neben dem Verb auch der bei der Übersetzung von den Lernenden realisierte zweite Aktant (außer dem Subjekt) hinzugefügt, unabhängig davon, ob der daraus entstandene Satz akzeptabel ist oder nicht (Graphik 4). Auffällig ist, dass fast die Hälfte (47%) der italophonen DaF-Lernern fälschlicherweise das Verb hören in Verbindung mit einer Akkusativergänzung verwendet hat und dass lediglich 24% einen akzeptablen Satz in der Fremdsprache produzieren konnte. Die Übersetzungsvorschläge in der spanischen Umfrage weichen sehr von denen der italienischen ab, worauf wir im Weiteren eingehen werden (Graphik 5).
|| 20 Der Übersichtlichkeit halber wird darauf verzichtet, der Analyse weiterer Fehler nachzugehen, obwohl sie auch von Interesse sein könnte.
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Graphik 4: verwendete deutsche Verben von italienischen DaF-Lernern
Graphik 5: verwendete deutsche Verben von spanischen DaF-Lernern
Mit Hilfe der Verben hören und folgen wurden nur 29,89% der Übersetzungen realisiert. Zu beachten ist hier die Vielfalt an deutschen Präpositionen, die bei den spanischen Probanden zufolge in Kombination mit hören vorkommen können. Was wurde jedoch bei 70,11% der Fälle gemacht? Verben wie achten, beachten, berücksichtigen, gehorchen, ignorieren und kuschen werden als Übersetzungsvorschläge dargeboten, und zwar in der folgenden Anzahl:
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Graphik 6: verwendete deutsche Verben von spanischen DaF-Lernern
Unseres Erachtens trägt zur Wahl dieser Verben die Verwirrung bei, die der Ausgangssatz selbst in der Umfrage stiftet: Als Ausgangssatz steht bei diesem Item „Él no hace caso (escucha) a los consejos de sus amigos“. Die Verwendung von „hacer caso“ sowie die in Klammern angeführte Information, nämlich „(escucha)“, waren bei der Entwicklung dieses Items als Hilfeleistung gedacht und aus diesem Grund wurde der Ausgangssatz im diesem Block so präsentiert. Diese Umschreibung hat aber die Befragten zu anderen Äquivalenten verleitetet, wie z. B. achten, beachten, ignorieren usw., die als Äquivalente von hacer caso – nicht aber von escuchar – in Frage kommen. Dieses Item muss für künftige Untersuchungen verbessert werden. Ausgangssatz 1b. Ausgangssatz it. Vorrei ascoltare la canzone di Madonna ancora una volta. sp. Me gustaría escuchar otra vez la canción de Madonna.
mögliche Übersetzungen ins Deutsche Ich möchte Madonnas Lied noch einmal hören. Ich möchte (mir) Madonnas Lied noch einmal anhören.
Tab. 2: Ausgangssatz 1b. mit möglichen deutschen Übersetzungen
Wie man aus der Graphik 7 ersehen kann, haben sich die meisten italienischen Studierenden (59%) für das Verb hören entschieden; lediglich 11% haben das Verb anhören und nur eine Person die reflexive Variante sich anhören ausgewählt:
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Graphik 7: verwendete deutsche Verben von italienischen DaF-Lernern
Bei den spanischen Fragebögen lassen sich folgende Resultate beobachten:21
Graphik 8: verwendete deutsche Verben von spanischen DaF-Lernern
Aus einem Vergleich zwischen den italienischen und spanischen Studierenden geht hervor, dass sich 76% der spanischen gegenüber 59% der italienischen Probanden für das Verb hören entschieden haben, hingegen haben die italienischen Studierenden häufiger als die spanischen das Verb (sich) anhören verwendet.
|| 21 Die Angabe „Keine Wertung“ steht im Folgenden für Übersetzungen, die von uns nicht richtig gedeutet werden konnten.
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Ausgangssatz 1c. Ausgangssatz
mögliche Übersetzungen ins Deutsche
it. Non ascolta mai. sp. Nunca escucha.
Er hört nie zu.
Tab. 3: Ausgangssatz 1c. mit möglichen deutschen Übersetzungen
Auffällig ist bei den Ergebnissen hier, dass nur 24 % italienische Wörterbuchbenutzer, das richtige Verb verwendeten, während die Mehrheit auf das Simplexverb hören zurückgegriffen hat. Die Auswahl der Verben sieht wie folgt aus:
Graphik 9: verwendete deutsche Verben bei Übersetzung von italienischen DaF-Lernern
Im Gegensatz zu den italienischen übersetzten die spanischen Studierenden häufiger mit Hilfe des Verbs zuhören, obschon hier – wie auch bei der italienischen Umfrage – das meist verwendete Verb hören ist:
Graphik 10: verwendete deutsche Verben von spanischen DaF-Lernern
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Die Analyse der Ergebnisse aus den italienischen und spanischen Fragebögen können in zweierlei Hinsicht erklärt werden: Die Studierenden haben in ihrer Muttersprache ein einziges Verb – ascoltare bzw. escuchar – zur Verfügung, das sowohl hören und zuhören abdeckt. Das Grundverb hören ist ihnen sicher bekannter oder wirkt auf sie vertrauter, d. h., sie nehmen dieses Verb als direkte Entsprechung zu dem muttersprachlichen Verb wahr, auch weil ihnen der Kontrast in Bezug auf die Polysemie nicht bewusst ist (vgl. Kapitel 1). Die Information in den zu Rate gezogenen Wörterbüchern ist ungenügend (s. dazu 5.2.2 und auch 5.2.3). Ausgangssatz 1d. italienische Ausgangssatz
mögliche Übersetzungen ins Deutsche
it. Ascoltate! sp.¡Escuchad todos!
Hört zu!/Hört mal her! Hört mal zu!
Tab. 4: Ausgangssatz 1d. mit möglichen deutschen Übersetzungen
Auch in diesem Fall hat die Mehrheit der italienischen und spanischen Probanden fehlerhaft das einfache Verb hören benutzt. 24 italienische Studenten haben auf zuhören und nur zwei auf herhören zurückgegriffen. Zuhören wurde von 30 und herhören von 5 spanischen Befragten verwendet. Es scheint, als wären die Studierenden der Meinung, dass entweder das Simplexverb oder ein sonst von ihnen schon gelerntes Verb passen würde.
Graphik 11: verwendete Verben von italienischen DaF-Lernern
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Graphik 12: verwendete deutsche Verben von spanischen DaF-Lernern
5.2.2 Meinungen und Wertungen der Befragten Wie unter 4 angeführt wurde, werden die Studierenden auch nach unterschiedlichen Aspekten bei der Verwendung der Nachschlagewerke gefragt. In einer ersten Gruppe fassen wir Ergebnisse hinsichtlich der Verwendung des Wörterbuchs, der Meinung der Probanden nach der Korrektheit ihrer Übersetzungen sowie eine generelle Wertung zur Nützlichkeit des Wörterbuchs zusammen:
Ich habe ein Wörterbuch konsultiert. Ich glaube, den Satz richtig übersetzt zu haben. Das Wörterbuch ist nützlich.
it. Befragten
sp. Befragten
71,43% 75,00% 77,36%
78,12% 58,33% 75,79%
Tab. 5: Wörterbuchverwendung sowie Einschätzung zur eigenen Übersetzung
Es zeigt sich, dass ca. ¾ der Probanden ein Wörterbuch konsultiert haben und der Meinung sind, dass das Wörterbuch bei der Übersetzung nützlich war. Bei den spanischen DaF-Studierenden ist die Korrelation zwischen der Nützlichkeit des Wörterbuchs und der Meinung, richtig übersetzt zu haben, nicht so hoch wie bei den italienischen Studierenden. Unter den positiven Aspekten der Wörterbücher treten folgende hervor:
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Die Beispiele waren mir hilfreich. Die Paraphrasen der Bedeutung waren mir hilfreich. Die Information ist klar und übersichtlich dargestellt.
it. Befragten
sp. Befragten
40,00% 37,00% 20,00%
48,00% 48,00% 49,33%
Tab. 6: Positive Aspekte der Wörterbücher
Die restlichen 22,64% der italienischen und 28,8% der spanischen Probanden sind der Meinung, dass ihnen die Wörterbücher nicht geholfen haben, und hier werden hauptsächlich zwei Gründe genannt:
Mangel an grammatischen Informationen Fehlen der richtigen Beispiele im Wörterbuch
it. Befragten
sp. Befragten
39,00% 66,00%
42,86% 39,29%
Tab. 7: Negative Aspekte der Wörterbücher
Interessant ist, dass die italienischen Benutzer sich mehr als die spanischen an den Beispielsätzen zu orientieren scheinen.
5.2.3 Lexikographische Betrachtung der Wörterbücher a) Das Sprachenpaar Italienisch-Deutsch In diesem Abschnitt setzen wir uns mit den entsprechenden Verbeinträgen in den Wörterbüchern PONS und LEO auseinander, da sie von den Probanden am häufigsten zu Rate gezogen wurden. Von den spanischen Befragten, die ein Wörterbuch konsultiert haben, haben 56,25% PONS und 35,42% LEO verwendet, während von den italienischen Wörterbuchbenutzern LEO häufiger (54,17%) als PONS (45,83%) verwendet wurde. Wir gehen hier der Frage nach, ob bestimmte fehlerhafte bzw. richtige Übersetzungen mit den in diesen Einträgen enthaltenen bzw. fehlenden Angaben zusammenhängen. Die italienisch-deutsche Online-Version von PONS enthält die deutschen Bedeutungsäquivalente von it. ascoltare, die in transitive (hören; erhören; folgen; abhorchen) und intransitive (zuhören; horchen; lauschen) Verwendung eingeteilt werden. Nach fast jeder Variante des it. ascoltare (dies betrifft vor allem die transitive Variante) wird ein synonymes Verb auf Italienisch angegeben (esaudire, dar retta, auscultare usw.). Dieses Verfahren wird aber nicht konsequent angewendet und es werden nicht alle möglichen Bedeutungsäquivalente verzeichnet. Beim Ausgangssatz 1a. wäre dementsprechend lediglich das Verb folgen angebracht. Anzumerken ist, dass 16 Studierende hier nicht auf die vom Wörterbuch angegebene Kasusmarkierung achteten und diesen Valenzträger in Verbindung mit dem Akkusativ brachten, was auf jeden Fall auf negativen Transfer hindeutet (it. ascoltare
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selegiert nämlich ein direktes Objekt). Es fehlt dagegen die Variante von hören mit dem Präpositionalkasus (auf). Weniger übersichtlich ist die Darstellung der intransitiven Variante von ascoltare. Darauf kann zurückgeführt werden, dass sich mehr als die Hälfte der Wörterbuchbenutzer in 1c. und 1d. für das Simplexverb hören entschieden hat. Bei LEO wird dagegen konsequenter bei jeder Variante des Verbs ascoltare (verdeutlicht oft durch ein italienisches Synonym) die deutsche Entsprechung (jedoch ohne Beispiel) angegeben. Valenzangaben sind hier sowohl für die L1 als auch für die L2 klarer als in PONS angeführt. Dort, wo die Kasusmarkierung nicht deutlich ist, wird der Kasus genau genannt (im Gegensatz zu PONS), wobei auf Termini wie transitiv bzw. intransitiv verzichtet wird (s. Abb. 4). Diese zwei letztgenannten Eigenschaften gelten bei LEO und PONS für alle von uns analysierten Wörterbuchartikeln.
Abb. 4: das it. Verb ascoltare und seine Äquivalente bei LEO (Italienisch-Deutsch)
Die Argumentstruktur wird bei LEO – wie auch bei PONS – sowohl für das Ausgangs- als auch für das Zielverb mit einfachen Formeln erklärt (qcn./qc. bzw. jdm/jdn./etw.), die den Wörterbuchbenutzern bei der Bildung akzeptabler Sätze helfen sollen. Bei der Paraphrase „dare retta“ findet sich neben jdm./etw. folgen auch das Verb auf jdn. hören.22 Unklar bleibt, warum drei Lerner hören auf + Dativ verwendet haben oder die Mehrheit der Informanten hören in Verbindung mit einer Akkusativergänzung realisiert hat. Eine solche syntaktische Konstellation wäre auch möglich, aber in diesem Fall wäre das Verb durch etw. akustisch wahrnehmen paraphrasierbar. Die Nicht-Verwendung anderer Verben wie zuhören oder anhören seitens der Studierenden könnte dadurch erklärt werden, dass die Wörterbücher hier keine Erläuterung der Varianten anbieten. Bei der Übersetzung 1b. verwendete || 22 Bei PONS wird bei dare retta lediglich das Bedeutungsäquivalent folgen angeführt.
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mehr als die Hälfte der Probanden das Verb hören, obwohl die üblichere Entsprechung sich etwas anhören wäre (das nur von einer Person benutzt wurde). 11 Studierende wählten das Verb anhören. Der oben angesprochene Mangel an Paraphrasen führte dazu, dass 14 Lerner das Verb zuhören übernahmen. Aus diesem Grund erkannten auch nur 24 Studierende, dass bei der Übersetzung 1c., das Verb zuhören angebracht wäre, während 61 das Simplexverb hören verwendeten. Dieses Verb wurde auch bei mehr als der Hälfte der Probanden in 1d. verwendet, nur 24 Lernende realisierten zuhören. b) Das Sprachenpaar Spanisch-Deutsch Bei der spanisch-deutschen Version unterscheidet PONS bei der intransitiven Variante zuhören, lauschen, horchen, folgen und gehorchen; bei der transitiven Variante werden als deutsche Äquivalente von escuchar die Verben hören, anhören, zuhören, aufpassen und hören auf u. a. verzeichnet. Bei LEO lassen sich die gleichen Beobachtungen anstellen wie im Fall der italienisch-deutschen Repräsentation. Bei PONS kann festgestellt werden, dass bei dem transitiven escuchar als erstes Äquivalent (an)hören angeführt wird. Diesbezüglich stellt sich, unserer Meinung nach, aus Sicht eines Wörterbuchbenutzers die berechtigte Frage, ob hören und (an)hören austauschbar sein könnten. Obschon ein drittes Beispiel („escuchar un concierto – sich (Dat) ein Konzert anhören“) Hinweise über den Verbvalenzrahmen liefert, handelt es sich hier um einen eindeutigen Fall von fehlender und ungenügender Information zur Disambiguierung eines Äquivalenten im Falle einer produktiven Kommunikationssituation. Darauf lassen sich einige Probleme bei den Übersetzungen zurückführen, und zwar a) die Schwankungen bei der Kausauswahl bei dem Ausgangssatz 1a. (hören an + Akk und hören an + Dativ), b) das Nichtvorhandensein von anhören bei den Übersetzungen des Ausgangssatzes 1a. und c) die niedrige Vertretung von anhören bei 1b., das nur in 4 Fällen als Übersetzungsvorschlag vorkommt. Als eine weitere Erklärung für b) und c) kann die Interferenz aus der Muttersprache gelten. Diese ungenügende Information kann auch als Erklärung für fehlerhafte Aktualisierungen von folgen und gehorchen bei 1a. dienen. Bei der Wiedergabe mittels wiederholen und wiederhören in 1b. handelt es sich aber um eine andere Fehlerquelle. Diese Verben werden wohl aufgrund des Vorkommens von ‚escuchar otra vez‘/‚nochmal hören‘ ausgewählt, da otra vez in einigen Kontexten mithilfe von wieder übersetzt werden kann. Bei 1c. hat eine repräsentative Anzahl von Befragten das Verb zuhören (38,14%) ausgewählt, was als Verdienst des Wörterbuches verstanden werden kann. Das Verb hören wird u. E. aufgrund des muttersprachlichen Einflusses bei 55,63% der Fälle fehlerhaft verwendet. Die Analyse des Ausgangssatzes 1d. (Hört zu!/Hört mal her!) zeigt die bei 1c. bereits geschilderte Tendenz. Aber welche Informationen enthält dann der Eintrag zu escuchar und, im Konkreten, welche zur Übersetzung der Ausgangssätze 1c. und 1d.?
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Abb. 5: escuchar und seine Äquivalente bei PONS (Spanisch-Deutsch)
Obschon an der Beschreibung von zuhören nichts auszusetzen ist, scheint hier der Fall vorzuliegen, dass ein Wörterbuchbenutzer aus der vermittelten Auskunft nicht entschlüsseln kann, welches Verb in einer konkreten produktiven Kommunikationssituation verwendet werden muss. Weiterhin wird das einzige im Eintrag vorliegende Imperativbeispiel – „¡escúchame bien! passt gut auf!“ – von 5 Probanden als richtig eingeschätzt und übernommen. Hinzu kommt, dass herhören in diesem Wörterbuch nicht vorhanden ist (5 Studierende haben es trotzdem verwendet). In LEO werden die Äquivalente mit weniger Informationen über den konkreten Gebrauch des deutschen Pendants aufgelistet. U. E. hängen die Übersetzungen mit Hilfe von Verben wie lauschen, gehören, gehorchen mit der mangelhaften sowie beispiellosen und kontextlosen Informationswiedergabe im Wörterbuch zusammen: escuchar
hören | hörte, gehört
escuchar
hinhören | hörte hin, hingehört |
escuchar
lauschen - horchen | lauschte, gelauscht |
Tab. 8: sp. escuchar und einige Äquivalente bei LEO (Spanisch-Deutsch)
Wie kann der Wörterbuchbenutzer wissen, wann er hören, hinhören, lauschen oder horchen zu verwenden hat? Und wie sollte der Wörterbuchbenutzer in der Lage sein, in einer Produktionssituation zuhören, abhören, abhorchen, lauschen und jmdm. Gehör schenken (s. Tab. 9) voneinander abzugrenzen? escuchar algo/a alguien
jmdm./etw. zuhören | hörte zu, zugehört |
escuchar algo/a alguien
jmdn./etw. abhören | hörte ab, abgehört |
escuchar algo/a alguien
jmdn./etw. abhorchen | horchte ab, abgehorcht |
escuchar a alguien jmdm.
lauschen [fam.] | lauschte, gelauscht |
escuchar a alguien jmdm.
Gehör schenken [form.] | schenkte, geschenkt |
Tab. 9: sp. escuchar algo/a alguien und escuchar a alguien bei LEO (Spanisch-Deutsch)
Diese mangelnde Differenzierung in der Bedeutungsbeschreibung und mangelhafte Disambiguierung muss zwangsläufig zu Produktionsfehlern in der Fremdsprache führen.
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5.3 Ergebnisse und Analyse der Übersetzungen zu it. seguire und sp. seguir
5.3.1 Umfrageergebnisse und Analyse Dieser Block 2 wurde von 100 italienischen und 91 spanischen Studierenden ausgefüllt. Die zu übersetzenden Sätze waren: 2a. it. Mi segue./sp. Me sigue. 2b. it. Devono seguire queste regole./sp. Debo seguir estas reglas. 2c. it. Più di due milioni e mezzo di italiani hanno seguito il corso di inglese „Follow me“ in televisione./sp. Más de dos millones y medio de españoles siguieron el curso de inglés por televisión „Follow me“. Ausgangssatz 2a. Ausgangssatz
Mögliche Übersetzungen ins Deutsche
it. Mi segue. sp. Me sigue.
Er/sie folgt mir. Er/sie verfolgt mich. Er/sie macht mit.
Tab. 10: Ausgangssatz 2a. mit möglichen deutschen Übersetzungen
Über die Hälfte der Studierenden hat hier das Verb folgen richtigerweise in Verbindung mit der Dativergänzung verwendet, „lediglich“ 17 haben die vom Wörterbuch angegebenen Valenzangaben nicht deuten können bzw. haben darauf nicht geachtet. Dies dürfte dem oben angesprochenen negativen Transfer geschuldet sein, da das it. seguire ein direktes Objekt verlangt.23 Das präfigierte Verb verfolgen wird lediglich von 25 Studierenden verwendet:
|| 23 Interessant ist, dass sich bei 1a. 24% der Wörterbuchbenutzer für folgen entschieden hatte, wobei lediglich 8 davon (also 33% von 24 Teilnehmern) es mit dem richtigem Kasus verwendet hatte. Dies könnte daran liegen, dass beim Lemma it. seguire als Beispiel bzw. mögliche Kollokation „der Mode folgen“ ausgeführt wird, das von den Studierenden kognitiv als Muster für die Bildung korrekter Sätze fungiert. Bei it. ascoltare sind dagegen keine Beispielsätze bzw. Kollokationen angegeben.
Simplex-Verben im It. und Sp. vs. Präfix- und Partikelverben im Dt. | 205
Graphik 13: verwendete deutsche Verben von italienischen DaF-Lernern
Wie schon bei der italienischen Umfrage fällt auch bei der Auswertung der spanischen Fragebögen auf, dass 24 Studierende folgen + Akk und 7 verfolgen + Dat fälschlicherweise verwendeten. Die häufigsten ausgewählten Verben für die Übersetzung waren folgen (71,42% der Probanden) und verfolgen (27,47%). Spanische Probanden haben mehr Präverbfügungen verwendet, darunter hinterhergeben, hinterlaufen, nachfolgen und nachgehen.
Graphik 14: verwendete deutsche Verben von spanischen DaF-Lernern
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Ausgangssatz 2b. Ausgangssatz
Mögliche Übersetzungen ins Deutsche
Sie müssen diese Regeln befolgen. it. Devono seguire queste regole. sp. Debería seguir estas reglas.
Sie müssen diese Regeln beachten. Sie müssen diese Regeln einhalten.
Tab. 11: Ausgangssatz 2b. mit möglichen deutschen Übersetzungen
Bei dieser Übersetzungsübung haben 35 italienische Studierende das Verb befolgen verwendet, während 9 eine Dativphrase als Aktant in Zusammenhang mit befolgen ausgedrückt haben. 32 Personen haben fälschlicherweise das Verb folgen mit einer Akkusativergänzung realisiert. Bei dieser Übersetzung des italienischen Ausgangssatzes sind von den Studierenden eine Reihe von Verben ins Deutsche ausgewählt worden, die einem korrekten Sprachgebrauch nicht entsprechen:
Graphik 15: verwendete deutsche Verben von italienischen DaF-Lernern
Simplex-Verben im It. und Sp. vs. Präfix- und Partikelverben im Dt. | 207
Auch den spanischen Probanden hat die Valenz von folgen Schwierigkeiten bereitet, deshalb haben 34 das Muster folgen + Akk und nur 7 folgen + Dat aktualisiert. Abgesehen von Rektionsfehlern entschieden sich 38 Befragten für befolgen und 41 für folgen. Beachten findet nur in 4 Fällen und einhalten nur in einem einzigen Fall Anwendung:
Graphik 16: verwendete deutsche Verben von spanischen DaF-Lernern
Ausgangssatz 2c. Ausgangssatz
Mögliche Übersetzungen ins Deutsche Mehr als zweieinhalb Millionen Italiener/Spanier haben an dem Englischkurs „Follow me“ im Fern-
it. Più di due milioni e mezzo di italiani
sehen teilgenommen.
hanno seguito il corso di inglese „Follow me“ in televisione.
Mehr als zweieinhalb Millionen Italiener/Spanier haben sich den Englischkurs „Follow me“ im Fern-
sp. Más de dos millones y medio de espa-
sehen angesehen/angeschaut.
ñoles siguieron el curso de inglés por televisión „Follow me“.
Mehr als zweieinhalb Millionen Italiener/Spanier haben den Englischkurs „Follow me“ im Fernsehen gesehen/geschaut. Mehr als zweieinhalb Millionen Italiener/Spanier haben bei dem Englischkurs „Follow me“ im Fernsehen mitgemacht.
Tab. 12: Ausgangssatz 2c. mit möglichen deutschen Übersetzungen
208 | María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio
Die große Mehrheit der Studierenden hat hier das italienische Verb seguire falsch ins Deutsche mit folgen und verfolgen wiedergegeben.24 Der Prozentsatz der richtigen Antworten ist bei dieser Übung sehr niedrig, die Verben sich ansehen und sich anschauen wurden überhaupt nicht in Betracht gezogen (Graphik 17):
Graphik 17: verwendete deutsche Verben von italienischen DaF-Lernern
Bei den Antworten der spanischen Probanden sieht man noch eine größere Vielfalt an Übersetzungsvorschlägen: Darunter lassen sich hauptsächlich Verben der Wahrnehmung oder Perzeption wie anschauen, ansehen, fernsehen oder beobachten, Verben der Kognition wie studieren und lernen und Verben wie folgen, verfolgen und nachfolgen subsumieren, die eine direkte Translation des spanischen Verbs seguir bilden und die in 51,64% der Fälle vorkommen. Hier lassen sich ebenfalls Fehler bei der Verwendung des Kasus in Verbindung mit folgen beobachten. Das Vorkommen der Verben teilnehmen und mitmachen ist völlig unterrepräsentiert, nämlich nur je 1 bzw. 2 Mal, dafür kommt anschauen 7 Mal und ansehen 10 Mal vor (Graphik 18). || 24 Man kann z. B. einen Krimi oder eine spannende Geschichte verfolgen; einen Kurs kann man jedoch nicht verfolgen, da das Verb verfolgen eine gewisse Passivität beinhaltet und man an einem Kurs i.d.R. aktiv teilnimmt.
Simplex-Verben im It. und Sp. vs. Präfix- und Partikelverben im Dt. | 209
Graphik 18: verwendete Verben bei der Übersetzung der spanischen DaF-Lerner
5.3.2 Meinungen und Wertungen der Befragten Wie der Analyse der bereits präsentierten Ergebnisse zu entnehmen ist, ist die Anzahl der richtigen Übersetzungen vor allem bei 2c. nicht sehr hoch. Trotzdem äußerten sich die Befragten zu ihrem Umgang mit dem Nachschlagewerk und zu den Ergebnissen ihrer Suchanfragen wie folgt:
Ich habe ein Wörterbuch konsultiert. Ich glaube, den Satz richtig übersetzt zu haben. Das Wörterbuch ist nützlich.
it. Befragten
sp. Befragten
84,31% 55,00% 74,00%
81,30% 46,15% 86,75%
Tab. 13: Wörterbuchverwendung sowie Einschätzung über die eigene Übersetzung
210 | María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio
Als besonders hilfreich bei der Übersetzung dieses Blocks wurden folgende Aspekte erwähnt: Die Beispiele waren mir hilfreich. Die Paraphrasen der Bedeutung waren mir hilfreich. Die Information ist klar und übersichtlich dargestellt.
it. Befragten
sp. Befragten
47,22% 47,22% 19,00%
54,29% 54,29% 31,43%
Tab. 14: Positive Aspekte der Wörterbücher
26% der italienischen und 20,87% der spanischen Probanden behaupteten, dass das Wörterbuch nicht hilfreich war. Folgende Gründe wurden vor allem angeführt:
Mangel an grammatischen Informationen Fehlen der richtigen Beispiele im Wörterbuch Die Information ist nicht klar und übersichtlich dargestellt. Die Paraphrasen der Bedeutung waren nicht klar.
it. Befragten
sp. Befragten
41,18% 70,59% 23,53% 11,76%
47,37% 42,11% 21,05% 26,32%
Tab. 15: Negative Aspekte der Wörterbücher
Auch hier wird wieder – wie schon oben – deutlich, dass sich die italienischen DaFLernenden mehr an den Beispielen orientierten und die spanischen Probanden mehr auf die Paraphrasen der Bedeutung achteten.
5.3.3 Lexikographische Betrachtung der Wörterbücher a) Sprachenpaar Italienisch-Deutsch Der Wörterbuchartikel zum Verb seguire ist in PONS detaillierter als in LEO. In beiden Wörterbüchern wird neben den italienischen und deutschen Verben das syntaktische Verhalten erläutert. Jedoch könnte die Polysemie von seguire, die im Deutschen je nach Bedeutung mit unterschiedlichen Valenzträgern realisiert wird, auf jeden Fall in beiden Werken besser dargestellt werden, wobei man schon einige Unterschiede in der Beschreibung der Wörterbücher feststellen kann. In LEO ist z. B. ziemlich deutlich, dass das Verb verfolgen im Italienischen die Bedeutung von ‚pedinare‘ hat (Tab. 16), während in PONS diese Lesart nicht klar genug ist. Die meisten italienischen Wörterbuchbenutzer gaben richtigerweise seguire in 2a. an, sowohl mit folgen als auch mit verfolgen, wobei unerklärlich ist – wie bereits mehrfach thematisiert wurde –, warum 17% der Studierenden, die das Verb folgen auswählten, dies ungeachtet der im Wörterbuch angegebenen syntaktischen Angaben zusammen mit einer Akkusativergänzung realisieren. Man kann nur vermuten, dass sie nicht auf die grammatische Information geachtet haben. Sehr deutlich dargestellt sind dagegen in PONS die Kollokatoren bei befolgen (Tab. 17).
Simplex-Verben im It. und Sp. vs. Präfix- und Partikelverben im Dt. | 211
Dies wird von 44% der Lernenden erkannt, wobei bei 2b. 9 den Kasus des Aktanten verfehlen. Bei 2c. ist die Rate der falschen Antworten sehr hoch. Das meist verwendete Verb verfolgen ist semantisch nicht angebracht, ebenso wenig wie das Verb folgen, das von den Studierenden wieder in Verbindung mit dem Akkusativ realisiert wurde. Nur zwei Personen erkannten (oder wussten), dass dieses Verb eine Dativergänzung verlangt. 7 Probanden verwendeten fälschlicherweise das wohl bekannte Verb besuchen, womöglich weil sie die Kollokation einen Kurs besuchen kennen. Anzumerken ist, dass nur LEO besuchen als Übersetzungsäquivalent für seguire vorschlägt. In vielen Kontexten wäre dies eine angebrachte Lösung, nur eben bei 2c. nicht. seguire qcn.
pedinare, inseguire- jmdn. verfolgen | verfolgte, verfolgt |
Tab. 16: it. seguire im Sinne von ‚pedinare‘ bei LEO (Italienisch-Deutsch) seguire (prescrizioni, consiglio)
befolgen
Tab. 17: Kollokatoren für befolgen bei PONS (Italienisch-Deutsch)
b) Sprachenpaar Spanisch-Deutsch Wie bei den italienischen Studierenden sind die Schwankungen bei der Realisierung der Akkusativ- und der Dativergänzung bei Verben wie folgen und verfolgen nicht zu unterschätzen. Bei 2a. kommen die Studierenden mit Hilfe der Wörterbücher (sie behaupten, dass das Wörterbuch ihnen geholfen habe!) zu den richtigen Äquivalenten, nämlich, verfolgen und folgen, trotzdem sind die resultierenden Übersetzungen aufgrund des Kasus häufig falsch. Warum die Studierenden folgen und verfolgen mit dem falschen Kasus übersetzten, lässt sich nicht aufgrund der Wörterbücher begründen, denn in den Wörterbüchern wird eine korrekte Information in Bezug auf den Kasus vermittelt und bei der spanisch-deutschen Version von PONS gibt es zudem Verwendungsbeispiele. Unserer Meinung nach ist die Zuordnung von Beispielen zu den konkreten Lesarten bei PONS nicht immer nachvollziehbar, somit steht unter 1. seguir sowohl suceder als auch ser adepto, die etwas anderes im Spanischen bedeuten, obschon sie das gleiche deutsche Pendant aufweisen:
212 | María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio
Abb. 6: sp. seguir im Sinne von ‚suceder‘ und ‚ser adepto‘ bei PONS (Spanisch-Deutsch)
Spanische Probanden haben mehr Mehrwortlexeme verwendet, darunter hinterhergeben, hinterlaufen, nachfolgen und nachgehen, die in der spanischen Version von LEO verzeichnet sind, aber nicht in der italienischen. Bei Informationsdefiziten sowie Unsicherheiten seitens des Wörterbuchbenutzers stellen sich u. E. die im Wörterbuch enthaltenen Informationen als ungenügend heraus, denn man bietet dem Benutzer z. B. 4 unterschiedliche Entsprechungen zu seguir algo/a alguien (s. Tab. 18) an, aber ohne Disambiguatoren und ohne Beispiele, die zwecks einer Produktionssituation hilfreich sein könnten: seguir algo/a alguien
jmdm./etw. nachgehen | ging nach, nachgegangen |
seguir algo/a alguien
jmdn./etw. verfolgen | verfolgte, verfolgt |
seguir algo/a alguien
jmdm./etw. hinterherlaufen | lief hinterher, hinterhergelau- fen|
seguir algo/a alguien
jmdm./etw. nachfolgen | folgte nach, nachgefolgt |
Tab. 18: deutsche Mehrwortlexeme als Äquivalente von sp. seguir bei LEO (Spanisch-Deutsch)
Für die Übersetzung von 2b. finden die Befragten bei LEO Disambiguatoren wie: jmdm./etw. folgen
auch Anweisungen etc.| folgte, gefolgt |
etwasAkk. befolgen
Befehl | befolgte, befolgt |
etw.Akk. beachten
Regeln etc. | beachtete, beachtet |
Tab. 19: Disambiguatoren bei LEO (Spanisch-Deutsch)
Auf diese genauere Darstellung kann die überwiegend richtige Auswahl von befolgen und folgen bei 2b. zurückgeführt werden. Im Hinblick auf die Beschreibung von (be)folgen wird aber dem Benutzer von PONS die wichtige Information über den Argumentrahmen zwecks der Produktion vorenthalten:25
|| 25 Trotzdem behaupten 86,75% der spanischen Befragten, dass die Nachschlagewerke nützlich gewesen seien.
Simplex-Verben im It. und Sp. vs. Präfix- und Partikelverben im Dt. | 213
Abb. 7: Fehlen des Argumentrahmens bei PONS (Spanisch-Deutsch)
Die niedrige Frequenz von beachten bei 2b. geht u. E. darauf zurück, dass dieses Äquivalent nur in LEO, aber nicht in PONS vorkommt. Die Übersetzung von 2c. scheint die größten Schwierigkeiten bereitet zu haben. Die Erklärung, warum die Studierenden Verben wie studieren und lernen bei der Übersetzung ins Deutsche heranziehen, ist bei der Konsultation von PONS nachvollziehbar:
Abb. 8: studieren und lernen als Äquivalente von sp. seguir bei PONS (Spanisch-Deutsch)
Diese Wörterbuchinformation trifft aber bei der Übersetzung des Beispiels 2c. ins Deutsche nicht zu. Zu einer erfolgreichen Suchanfrage führt aber die Information, die in PONS unter der 7. Lesart steht, die sehr wahrscheinlich von den Probanden nicht bemerkt wurde, was darauf hindeuten könnte, dass die Benutzer nicht den kompletten Wörterbuchartikel lesen (Abb. 9). Die Antwort darauf, warum die Studierenden so viele unterschiedliche nicht passende Verben gebrauchten, hängt unserer Meinung nach zum großen Teil mit der Darstellung der Wörterbuchinformation sowie mit den vermittelten Information zusammen: Die Befragten scheinen nur dann in der Lage zu sein, Äquivalente zu unterscheiden, wenn die Verben mit Disambiguatoren, z. B. Kollokatoren, oder eindeutigen Beispielen versehen waren. Ist das nicht der Fall, dann scheint die Bedeutungserklärung durch Synonymie – etwa seguir (continuar): fortfahren, weitermachen oder auch oder seguir (fijar la vista): (mit dem Blick) verfolgen, beobachten nicht klar genug zu sein. Zu 2c. bietet LEO keine Hilfe an. Ein anderer möglicher – nicht zu vernachlässigender – Grund ist natürlich immer das Nicht-Bewusstsein der Übersetzungsproblematik und der nicht adäquate Wörterbuchgebrauch.
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Abb. 9: Lesart 7 von sp. seguir bei PONS (Spanisch-Deutsch)
6 Und zum guten Schluss… Die kontrastive Polysemie stellt für italienisch- und spanischsprechende DaFLernende ein komplexes Phänomen dar. Besonders irreführend sind die Fälle, bei denen im Italienischen bzw. Spanischen in verschiedenen Kontexten immer dasselbe polyseme Simplexverb verwendet wird, das oft im Deutschen mehreren Präfix-/ Partikelverben entspricht. Den Lernenden ist meist nicht bewusst, dass es keine 1:1Entsprechung gibt. Auch wenn sie dies bemerken, wissen sie nicht, welches das richtige Übersetzungsäquivalent in einem bestimmten Kontext ist. Ziel unserer Untersuchung war festzustellen, welche Hilfe bzw. Unterstützung zweisprachige Internet-Wörterbücher bei der Übersetzung/Dekodierung polysemer Verben leisten. Die Online-Umfrage und ein Auszug aus den daraus resultierenden Ergebnisse sollten dazu einen ersten Einblick vermitteln. Auf der Grundlage der Ergebnisse lässt sich unsere Ausgangshypothese bestätigen, und zwar, dass den Studierenden oft nicht klar ist, dass eine wortwörtliche Übersetzung nicht möglich ist, und selbst wenn sie sich der Schwierigkeiten bewusst sind, sie trotzdem das entsprechende Simplexverb einsetzen. Sie achten weder auf den Valenzrahmen des Verbs noch auf sonstige grammatische Informationen im Wörterbuch. Auch mit dem Wörterbuch als Hilfsmittel gelingt es einer großen Anzahl von Studierenden nicht, die Übersetzungsschwierigkeiten der polysemen Verben zu erkennen bzw. die Fehlerhäufigkeit zu verringern. Wir haben jedoch gesehen, dass entsprechende grammatische Informationen oder Disambiguatoren in Verbindung mit einem bewussten und adäquaten Umgang mit dem Wörterbuch die Interferenzfehler reduzieren können. Ungenügende Informationen in einem Wörterbuch führen aber dazu, dass sich der Wörterbuchbenutzer mit seinem Problem alleine gelassen fühlt und er zu zweifelhaften Strategien greift, wie dem Rückgriff auf das Simplexverb. Es ist nämlich für einen Nicht-Muttersprachler aufgrund der mangelhaften Darstellung der Wörterbücher sehr schwierig, die richtige Lesart und daher das im konkreten Fall zutreffende Bedeutungsäquivalent zu finden und es korrekt zu aktivieren. Das hängt u. E. auch damit zusammen, dass die im Wörterbuch enthaltenen Angaben eher rezeptions- und weniger produktionsorientiert sind. Trotzdem sind alle abgefragten Parameter (hilfreiche Beispiele, nützliche Bedeutungsbeschreibung, genügende grammatische Informationen und klar struktu-
Simplex-Verben im It. und Sp. vs. Präfix- und Partikelverben im Dt. | 215
rierte Informationsdarstellung) von den Studierenden als sehr gut benotet worden26, was an sich in völligem Widerspruch zu ihren erbrachten Leistungen steht und zeigt, dass sie ihr eigenes Wörterbuchbenutzungsverhalten (ob positiv oder negativ) nicht korrekt einschätzen können und auch nicht in Zusammenhang mit ihren Übersetzungsleistungen bringen. Die von uns bei der Umfrage vorgeschlagenen Wörterbücher divergieren bei den Angaben zu den syntaktischen und semantischen Informationen. Trotz der ausführlichen Darstellung der Satzbaumuster in LEO fehlt es durchgehend an Beispielen; PONS führt zwar teilweise Beispiele an, enthält aber ungenügende Informationen über die syntaktischen Konstellationen bzw. sie sind nicht bei jedem Valenzträger angegeben. Es liegt jedoch auf der Hand, dass es vor allem Beispiele sind, die sich in Zweifelsfällen als sehr nützlich erweisen. Wenn einerseits der Valenz eine gewisse – wenn auch meistens unzureichende – Aufmerksamkeit geschenkt wird27, sind andererseits die (häufig ungenügenden) semantischen Angaben und die abwesenden Disambiguatoren problematischer, da sie bei der Auswahl der zu treffenden deutschen Bedeutungsäquivalente bei einer produktiven Kommunikationssituation oft keine wahre Hilfe leisten. Zweisprachige Wörterbücher sollten sich aber vor allem an Benutzer wenden, die der Fremdsprache nicht allzu mächtig sind, damit sie ihnen bei der Sprachproduktion weiterhelfen können. Dies wird jedoch von LEO und PONS nicht unbedingt geleistet. Es ist u. E. zudem sehr wichtig, dass sich die Studierenden im Fremdsprachenunterricht oder sprachwissenschaftlichen Seminaren mit dem Aufbau eines Wörterbuchs beschäftigen, dass sie die Funktion von metasprachlichen Notierungen erkennen und interpretieren lernen, dass sie über positive Aspekte und mögliche Defizite kritisch reflektieren und dass sie die Struktur von Print- und Online-Wörterbüchern unterscheiden können, gerade um wichtige Informationen nicht mehr zu „übersehen“ oder zu „überlesen“ – denn was nützt ein gutes Wörterbuch, wenn die Benutzer es nicht adäquat verwenden können?! Dazu gehört auch, dass die eigene Wörterbuchbenutzung bzw. das eigene Nachschlageverhalten Thema sein sollte. Die Konsultation von Print- im Vergleich zu Online-Wörterbüchern sollte außerdem besprochen werden. Vor- und Nachteile ihrer Benutzung könnten im Unterricht/im Seminar problematisiert und diskutiert werden. Die Fremdsprachenstudierenden
|| 26 Aus der Sicht der Befragten besteht jedoch Bedarf an genauen Beispielen sowie an ausführlicheren grammatischen Informationen. Gezielt wird in UsoDEU nach den Optimierungsvorschlägen im Fall der elektronischen Nachschlagewerke gefragt: Technische Probleme, die den schnellen und bequemen Zugang zu Informationen verhindern, werden besonders häufig genannt. Als wörterbuchinterne Schwierigkeiten werden sowohl das Übermaß als auch der Mangel an Informationen sowie Nachschlageprobleme erwähnt (Domínguez/Valcárcel 2014). 27 Mögliche Fehler (wie im Falle von folgen + Akk) sind oft darauf zurückzuführen, dass Lernende entweder wenig Aufmerksamkeit den im Wörterbuch durch Formeln erklärten grammatischen Angaben widmen oder dass sie die Konventionen (hier: jmdm./etw. folgen) ignorieren.
216 | María José Domínguez Vázquez/Fabio Mollica/Martina Nied Curcio
sollten lernen, wie man in Zweifelsfällen (d. h. in Fällen, bei denen sie sich nicht sicher fühlen) agieren kann, um die Wahrscheinlichkeit einer fehlerhaften Übersetzung bzw. Produktion zu reduzieren. Sie sollten verschiedene Wörterbücher kennen lernen, ihren Aufbau studieren, das gleiche Lemma in verschiedenen Wörterbüchern vergleichen u.ä., um sie im spezifischen Fall richtig verwenden zu können. Auch ein Vergleich zwischen den Sprachen kann sehr interessant sein, wie man oben am Beispiel der Verben seguire/seguir und ihren deutschen Entsprechungen in LEO gesehen hat. Es sollten außerdem verschiedene Recherchiermöglichkeiten aufgezeigt werden: Einsatz von Korpora, Enzyklopädien, Hintergrundtexten, Paralleltexten, Portalen, Suchmaschinen, usw. Es ist besonders wichtig, dass die sprachlichen Schwierigkeiten der Lernenden aufgrund des Vergleichs zwischen zwei Sprachen und die Lexikographie bzw. Wörterbuchbenutzungsforschung explizit mit den Lernenden besprochen wird, was bedeutet, dass Lexikographie und WBBF endlich Einzug in die Fremdsprachendidaktik und in sprachwissenschaftliche Seminare halten sollten.
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Simplex-Verben im It. und Sp. vs. Präfix- und Partikelverben im Dt. | 217
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Simplex-Verben im It. und Sp. vs. Präfix- und Partikelverben im Dt. | 219
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Luisa Giacoma
Wie würde ein Wörterbuch aussehen, wenn der Benutzer es selbst schreiben könnte? 1 Die ungewöhnliche Doppelperspektive Hausmann (1993: 471) schreibt, „Der Wortschatz [einer Fremdsprache] ist nicht lernbar, weil er unbegrenzt ist, weil er total idiomatisch ist und weil er chaotisch ist“ und „Die Wörterbücher sind des Wortschatzlerners einzige Rettung“ (1993: 480). Wenn man mit ihm einverstanden ist, bedeutet das, dass die Lexikographen eine riesige Verantwortung haben. Aber wie arbeiten die Lexikographen? Welche Kenntnisse über den Benutzer haben sie? Im Rahmen des in diesem Band ausgewählten Themas vom Nutzen der bilingualen Wörterbücher aus der Perspektive des DaF-Lernenden soll aus einer „Doppelperspektive“ berichtet werden.1 Jeder Lexikograph hat seine Karriere als Wörterbuchbenutzer angefangen und damit viele positive und negative Erfahrungen gesammelt, die später seine Arbeit beeinflussen. Als ich mit meiner Tätigkeit als Lexikographin vor 20 Jahren begonnene habe, halfen die damaligen deutsch-italienischen Wörterbücher den Benutzern bei der aktiven Verwendung der deutschen Sprache nur wenig. Diese waren eher für die Herübersetzung und damit für die Dekodierung gedacht. Da man aber heutzutage immer öfter Sätze in der Fremdsprache produzieren muss, bedarf es vieler Informationen über den wirklichen Gebrauch der deutschen Wörter,2 die man kaum in den herkömmlichen, damals zur Verfügung stehenden Wörterbüchern finden konnte. In 20 Jahren lexikographischer Arbeit habe ich daher ständig versucht, meine Desiderata als Benutzerin der Wörterbücher, an denen ich als Autorin mitgearbeitet habe, in deren Entwicklung einfließen zu lassen. Nach Veröffentlichung dieser Wörterbücher konnte ich feststellen, dass diese Bedürfnisse auch von einem großen Teil der Wörterbuchbenutzer geteilt wurden.
�� 1 Ich danke Beate Makowiec, die mit ihren Anmerkungen die deutsche Fassung des Textes wesentlich verbessert hat. 2 Der Lernende stellt sich ständig Fragen, wie z. B.: Wie ist der Akkusativ oder Dativ von Name? Wann übersetze ich besinnlich mit riflessivo und wann mit di riflessione? Ist Schnee von gestern nur im wörtlichen Sinne zu verstehen? usw.
222 � Luisa Giacoma
1.1 Von der Benutzerin zur Lexikographin 1992 hatte ich die Arbeit an einem idiomatischen Wörterbuch Deutsch/Italienisch angefangen3. Ein Jahr danach, im Juni 1993, begannen Susanne Kolb und ich die Arbeit am Dizionario di Tedesco/Groβwörterbuch für Experten und Universität. Italienisch-Deutsch, Deutsch-Italienisch für Zanichelli und den deutschen Verlag Klett. Der ursprüngliche Plan war, das PONS Wörterbuch Dizionario Tedesco-Italiano/ Italiano-Tedesco, ein 1986 von Zanichelli und Klett herausgegebenes mittelformatiges deutsch-italienisches Wörterbuch, zu aktualisieren und zu erweitern. Nach einer gründlichen Analyse dieses Werkes wurde beschlossen, ein völlig neues Wörterbuch zu verfassen.
2 Die Giacoma/Kolb Wörterbücher Unter der Bezeichnung Giacoma/Kolb Wörterbücher ist eine Reihe von allgemeinen Wörterbüchern Deutsch-Italienisch zu verstehen, die Susanne Kolb und ich in den vergangenen 20 Jahren geschrieben haben und die ab 2001 bei den Verlagen Zanichelli und Klett erschienen sind und mit denen wir versucht haben, neue Maßstäbe in der deutsch-italienischen Lexikographie zu setzen. Das erste Buch dieser Reihe ist das Dizionario di Tedesco, das am 1. September 2001 in Italien erschienen ist.4 Das textidentische Groβwörterbuch für Experten und Universität. Italienisch-Deutsch, Deutsch-Italienisch ist in Deutschland 2002 erschienen. Die zweite Auflage Il nuovo dizionario di Tedesco/Groβwörterbuch Italienisch. Italienisch-Deutsch, Deutsch-Italienisch ist gleichzeitig in Italien und Deutschland 2009 publiziert worden.5 Sodann sind 2010 das PONS Wörterbuch, Studienausgabe Italienisch-Deutsch/ Deutsch-Italienisch und 2011 Il Tedesco smart erschienen, beide gekürzte Abkömmlinge des Dizionario di tedesco/Groβwörterbuch für Experten und Universität. Italienisch-Deutsch, Deutsch-Italienisch (s. Blühdorn 2012). Als Lexikographin habe ich auch mit Beatrice Fenati, Giovanni Rovere und Hans Schemann am Dizionario Idio-
�� 3 Es wurde später mit dem Titel Dizionario Idiomatico Tedesco-Italiano von Beatrice Fenati, Giovanni Rovere und Hans Schemann in Zusammenarbeit mit mir herausgegeben. 4 Das Datum ist deshalb wichtig, weil in dieser ersten Auflage einige Wörter oder neue Bedeutungen von im Wörterbuch schon eingetragenen Wörtern fehlen, die plötzlich 10 Tage danach sehr geläufig wurden, wie z. B. Taliban, Schläfer, Anthrax usw. Im Jahr 2003 erhielt der Zanichelli-Verlag für das neu konzipierte Dizionario di Tedesco/Groβwörterbuch für Experten und Universität. Italienisch-Deutsch, Deutsch-Italienisch den vom Ministerium für Kulturgüter und kulturelle Tätigkeiten (Ministero per i Beni e le Attività Culturali) vergebenen Italienischen Übersetzerpreis. 5 Die dritte Auflage ist beim Erscheinen dieses Artikels noch im Druck.
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matico Tedesco-Italiano gearbeitet, das 2009 bei Zanichelli und in der zweiten Auflage 2011 bei Buske erschienen ist.
2.1 Ungelöste Probleme in den Deutsch-Italienischen Wörterbüchern am Ende des 20. Jahrhunderts Nied Curcio (2006: 61) schreibt bezogen auf herkömmliche Wörterbücher wie das Sansoni 62006 und das DIT 42008, dass sich die Lexikographen beim Wörterbuchschreiben meist nicht auf die Studien der kontrastiven Lexikographie stützten. Die zweisprachigen Wörterbücher, die wie DIT und Sansoni bis Ende des letzten Jahrtausends zur Verfügung standen, waren außerdem den vielfältigen Ansprüchen sprachlich fortgeschrittener Benutzer nicht mehr angemessen und bildeten die Erkenntnisse der modernen (Meta-)Lexikographie nicht oder nur in unzureichender Weise ab. Die evidentesten Nachteile solcher Wörterbücher sind (Giacoma 2011): 1.
die unzureichende und/oder unübersichtliche Eintragung von Kollokationen6, die nicht als solche, sondern nur als Beispiele vorkommen und die teils unter den Lesarten und teils im phraseologischen Block vorkommen, ohne dass es einen erkennbaren Grund dafür gibt, wann sie da oder dort sein müssen, 2. die unzureichende Differenzierung zwischen den verschiedenen Äquivalenten in der Zielsprache. Es fehlen Anmerkungen, welches Äquivalent innerhalb eines bestimmten Kontexts zu realisieren ist. Die undifferenzierte Aufzählung von Äquivalenten vermittelt den Eindruck, als wären sie in allen Kontexten austauschbare Synonyme. 3. das Fehlen von Angaben über den syntaktischen Kontext, gerade weil man dazu neigt, die Strukturen seiner eigenen Sprache in die L2 zu übertragen, 4. die höchst unbefriedigende Behandlung von Phraseologismen, 5. die völlig unzureichenden Informationen zur Morphologie der deutschen Wörter, die oft auch für Muttersprachler eine Fehlerquelle sein können.
�� 6 Hier sind die Kollokationen in einer weit gefassten Bedeutung zu verstehen, die zu (meta)lexikographischen Zwecken von Nutzen sein kann. Vgl. hierzu die Definition von Kollokationen in LGWDaF (1993: XX) als „[...] typische Verbindungen aus mehreren Wörtern, die eine syntaktische Einheit bilden [...] denn sie zeigen [...] ‚Partner‘, mit denen das Stichwort häufig zu finden ist“.
224 � Luisa Giacoma Es wären natürlich noch eine Vielzahl anderer Probleme zu erwähnen, aber dieser Beitrag beschränkt sich aus Platzgründen nur auf die wichtigsten.
3 Die lexikographische Wende für das Sprachenpaar Deutsch-Italienisch im neuen Jahrtausend Die Giacoma/Kolb Wörterbücher sind die ersten, deren Beschreibung der ganzen Sprache auf linguistischen Grundlagen basieren (vgl. Nied Curcio 2006: 62). Es wird nicht nur jedes Wort mit Bedeutungserläuterungen und Beispielen genau beschrieben, wie dies schon bei den herkömmlichen Wörterbüchern wie Sansoni und DIT der Fall war, sondern es werden auch explizite und systematische Angaben gemacht, wie Stichwörter mit anderen sprachlichen Elementen kombiniert werden können bzw. müssen. klettern itr 1 allg. arrampicarsi; auf etw (akk) klettern {AUF EINEN BAUM, AUFS DACH, AUF EINEN FELSEN; KIND AUF EINEN STUHL} arrampicarsi su qc; {AUF EINEN BERG} scalare qc; {AUFS DACH, AUF EINE LEITER} salire su qc, montare su qc; über etw (akk) klettern {ÜBER EINE MAUER, EINEN ZAUN} scavalcare qc 2 sport arrampicare, fare roccia 3 fam (steigen) aus etw (dat) klettern {AUS DEM AUTO, DEM BETT} scendere da qc; in/auf etw (akk) klettern {INS AUTO} salire in qc, infilarsi in qc; {AUF DEN RÜCKSITZ} salire su qc 4 fam (ansteigen) auf etw (akk) klettern {TEMPERATUREN AUF 30 GRAD; TACHOMETER AUF 150 KM/H} salire a qc: die Preise sind in die Höhe geklettert, i prezzi sono aumentati/saliti. Für den Lerner ist nicht nur relevant zu wissen, dass klettern auf Italienisch „arrampicarsi“ heißt, sondern auch, dass man auf/über/aus oder in etwas klettern kann und dass etwas durch Baum, Dach, Felsen, Stuhl, Berg, Leiter, Mauer, Zaun, Auto, Bett, Rücksitz, Grad, Tachometer, etc. ersetzt werden kann. Diese Angaben, die für den Wörterbuchbenutzer besonders nützlich sind, fehlen oft in zuvor erschienenen Wörterbüchern und ihren späteren Auflagen, wie unten zu sehen ist.
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DIT 42008: ka·putt·ge·hen v/i (ging, gegangen; aus. sein) COLLOQ. 1 rompersi, sfasciarsi: die Hose geht an den Knien kaputt i pantaloni si stanno rompendo sulle ginocchia 2 (zugrunde gehen) fallire. Sansoni 62006: kaputt.gehen v. intr. irr. (aus. sein) (pop) 1 (entzweigehen) rovinarsi, rompersi, sfasciarsi 2 (nicht mehr funktionieren) rovinarsi, guastarsi 3 (fig) (zugrunde gehen) rovinarsi, andare in rovina Giacoma/Kolb 22009: kaputt|gehen itr fam 1 (defekt werden) {AUTO, FERNSEHER, MOTOR, TELEFON, UHR} rompersi, guastarsi, scassarsi fam 2 (entzweigehen) {FENSTER, GLAS, TASSE, TELLER, VASE} rompersi, andare in pezzi, spaccarsi; (beschädigt werden) {JACKE, SCHUHE} rompersi, sciuparsi; {STUHL} auch sfasciarsi fam 3 (eingehen) (an etw dat) kaputtgehen {BAUM, PFLANZE AN WASSERMANGEL} morire (per qc), seccarsi (per qc) 4 (zugrunde gehen) (an etw dat) kaputtgehen {BEZIEHUNG, EHE AN DEN BELASTUNGEN} sfasciarsi (per qc) fam, andare a rotoli/catafascio (per qc) fam: an diesen Spannungen gehen meine Nerven kaputt, queste tensioni mi fanno venire l'esaurimento nervoso; slang {PERSON} distruggersi, rovinarsi, sfinirsi; an/bei dieser Arbeit gehe ich noch kaputt, questo lavoro mi distrugge/sfinisce/[fa schiantare slang]; bei dieser Hitze geht man ja kaputt!, fa un caldo che si schianta! fam, con questo caldo si scoppia! fam.
3.1 Die lexikographische Konzeption der Giacoma/Kolb Wörterbücher als mögliche Lösung der wichtigsten Probleme herkömmlicher Wörterbücher Die lexikographische Innovation kostet viel Mühe, ist aber notwendig. Als das erste Wörterbuch der Reihe geplant wurde, musste eine Lösung (zumindest) für die fünf
226 � Luisa Giacoma oben genannten Probleme gefunden werden. Es wurde zu diesem Zweck eine Art von expliziter Wortsyntax mit Kollokatoren7 und Strukturformeln8 gewählt, die in der Mikrostruktur eingeführt worden sind. Wie oben schon erwähnt, sind unter der ersten Gruppe Mehrwortverbindungen zu verstehen, die eine syntaktische Einheit bilden, denn sie zeigen Partner, mit denen ein bestimmtes Stichwort häufig anzutreffen ist. Damit hat der Benutzer so viele Kollokationen wie möglich zur Verfügung, die endlich als solche präsentiert werden und demzufolge übersichtlich sind (Lösung von Problem 1) und die die L2- Äquivalente im Kontext zeigen (Lösung von Problem 2). Die Strukturformeln zeigen an, welche syntaktischen Verbindungen möglich sind und lösen Problem 3 dank einer expliziten Beschreibung der syntaktischen Umgebung des Lemmas, wie z. B. der Rektion des Verbs. Die Lösung der Probleme 4 und 5 werden weiter unten diskutiert.
3.2 Der Benutzerkreis Der Benutzerkreis eines allgemeinen Wörterbuches ist sehr heterogen: Studierende, Übersetzer, Lehrer, Professoren, Schüler usw. Darüber hinaus werden die Giacoma/ Kolb Wörterbücher in vier verschiedenen Länder verkauft: Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien. Die österreichischen und schweizerischen Varianten des Deutschen und vier verschiedene Kulturen9 mussten berücksichtigt werden. Die Giacoma/Kolb Wörterbücher sind bidirektional, d. h. für zwei/vier Sprachgemeinschaften geplant. Theoretisch sollte man für ein so breites Publikum vier Wörterbücher zur Verfügung stellen: für die Deutschen ein italienisch-deutsches Wörterbuch mit großer italienischer Makrostruktur für die Rezeption und ein deutsch-italienisches Wörterbuch mit fein detaillierter Mikrostruktur für die Produktion und umgekehrt für Italiener. Die verschiedenen Bedürfnisse mussten also ständig in Balance gehalten werden mit dem leider nicht immer gut gelungenen Versuch, alles unter einen Hut zu bringen.
�� 7 In diesem Beitrag wird auf Hausmanns Unterscheidung (1979) zwischen Basis und Kollokator verzichtet, demzufolge wird das Element, das mit dem Lemma eine Kollokation bildet, immer Kollokator genannt. 8 Vgl. hierzu LGWDaF (1993: XXIII) „Die Formeln sollen für den Benutzer eine wertvolle Hilfe bei der Textproduktion sein. Aus diesem Grund geben diese Strukturmuster – insbesondere bei Verbverbindungen – an, ob ein (direktes oder indirektes) Objekt notwendig (obligatorisch) ist, mit welchen Präpositionen das Stichwort verbunden wird, in welchem Kasus die Ergänzung steht (besonders nach der Präposition) usw.“. 9 Man denke zum Beispiel an die öffentliche Verwaltung oder an das juristische System der vier Länder.
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3.3 Die Benutzerbedürfnisse Wenn italienische Lernende in einem zweisprachigen Wörterbuch Deutsch-Italienisch nachschlagen, suchen sie nicht nur nach italienischen Wortäquivalenten oder nach grammatischen Eigenschaften deutscher Wörter, sondern auch Informationen, die sie in die Lage versetzen, die deutsche Sprache aktiv zu verwenden. Die in einem Wörterbuch stehenden Informationen sind jedoch nicht immer korrekt oder ausreichend. Die folgenden Überlegungen sind das Ergebnis einer langjährigen lexikographischen Tätigkeit und der Erfahrung als Lehrbeauftragte für Deutsche Sprache und Übersetzung an verschiedenen italienischen Universitäten.
3.4 Die Lemmata-Auswahl In Bezug auf die Lemmata-Selektion wurde der allgemeine, gegenwärtige Wortschatz, d. h. auch die alltägliche Sprache und die Umgangssprache, ausgewählt. Viele neue Wörter aus verschiedenen Bereichen wie Neue Medien, Internet und Telefonie (bloggen, Fotohandy, simsen), Wissenschaft, Medizin und Technik (Genmais, Palliativmedizin, Nanotechnologie, GPS-Gerät), Wirtschaft (Produktmanagement, fairer Handel, Abgeltungssteuer), Politik, Institutionen und Rechtswesen (EUOsterweiterung, Nichtregierungsorganisation, Embryonenschutz) sowie Umwelt- und Klimaschutz (Biokraftstoff, Nachhaltigkeit, Windpark) und auch Neologismen, die die Wandlung der Gesellschaft beschreiben (Deutschtürke, Döner, Multikulti, Patchworkfamilie, Coaching, Prekariat, Billigflieger), haben in das Wörterbuch Eingang gefunden.
3.5 Die Arbeit mit Korpora Von Anfang an wurde das Internet mit verschiedenen Suchmaschinen als Korpusgrundlage benutzt. Vor knapp 20 Jahren lehnte die Mehrheit der Linguisten dies kategorisch ab. Inzwischen ist das Web unter gewissen Vorzeichen für die lexikographische Praxis legitimiert worden. Das Internet war natürlich nur ein Hilfsmittel unter vielen anderen. Wir haben auf die umfangreichen Korpora unserer Verlage zurückgreifen können und eine große Menge an Daten erhalten (wie z. B. Neologismenlisten usw.), die zum Teil aus Korpora stammen. Aus der modernen Lexikographie sind Korpora nicht mehr wegzudenken: Sie sind zweifellos ein wichtiges Arbeitsmittel und sie haben eine große Wende in der Lexikographie herbeigeführt, weil sie die Subjektivität der Lexikographen verringern und den Zugriff auf eine immense Menge von Daten ermöglichen. Sie werden in ihrer Bedeutung aber vielleicht auch ein wenig überschätzt (Giacoma 2012). Sie
228 � Luisa Giacoma können bei weitem nicht alle Probleme lösen, haben ihre Grenzen und können sogar manchmal eine Art Zwangsjacke sein. Wenn ein Element, ein Wort, eine Kollokation in einem Korpus fehlt, heißt das, dass es überhaupt nicht existiert?10 Man muss zum anderen aber auch zugeben, dass es für die italienische Sprache leider keine Korpora gibt, die auch nur annährend mit COSMAS II vergleichbar sind. Hätte man so ein Korpus zur Verfügung gehabt, hätte man auf der italienischen Seite bestimmt bessere Wörterbucheinträge verfassen können, das Wörterbuch wäre aber ganz sicher bis heute noch nicht fertiggestellt. Korpora sind für Lexikographen quasi ein Sirenengesang, sehr verführerisch und vielversprechend, aber äußerst zeitaufwendig. Das muss man berücksichtigen, wenn man sie benutzt. Es wurde also der Entschluss gefasst, nur bestimmte, ausgewählte Probleme mit Hilfe von Korpora zu lösen, Probleme, die mit den herkömmlichen Mitteln und Quellen (wie z. B. anderen Wörterbüchern) nicht zu lösen waren. In vielen Fällen haben die Korpora wertvolle Auskünfte erteilt, aber leider nicht immer.
4 Lexikographische Probleme und ihre Lösung in den Giacoma/Kolb Wörterbüchern Wir haben in den Giacoma/Kolb Wörterbüchern versucht, die wichtigsten lexikographischen Probleme zu lösen, die für den Benutzer immer relevant gewesen sind.
4.1 Problem 1: Unzureichende und/oder unübersichtliche Eintragung von Kollokationen Die unzureichende und oft unübersichtliche Eintragung von Kollokationen ist das erste Problem, das gelöst werden musste und sicherlich auch einer der am häufigsten kritisierten Aspekte der herkömmlichen Wörterbücher. Die Notwendigkeit für die deutsch-italienische Lexikographie, Kollokatoren endlich als solche klar zu identifizieren, ist schon von Marello/Rovere (1999: 198) unterstrichen worden. Sie forderten außerdem von den Lexikographen, mehr Kollokationen in Wörterbücher aufzunehmen. Kollokationen fehlen natürlich in herkömmlichen Wörterbüchern nicht ganz, aber sie werden nicht als eine leicht erkennbare Kategorie hervorgehoben, sondern
�� 10 Ein Beispiel dafür: Eine Kollegin, die an einem Wörterbuch der Anglizismen im Italienischen arbeitet, hatte das Wort aftershave aus ihrem Wörterbuch gestrichen. Der Grund dafür: „Das Wort steht nicht in meinem Korpus“. Sie hätte eher das Korpus ändern sollen, weil das Wort aftershave im Italienischen durchaus existiert, auch wenn es nur selten aktiv benutzt wird.
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sie verbergen sich ab und zu in Beispielen, manchmal sogar in Bedeutungserklärungen, wie in DIT zu sehen ist: DIT 42008 pren·de·re (presi; preso) I v/t 1 nehmen: prendere la valigia den Koffer nehmen; prendere un libro dallo scaffale ein Buch aus dem Regal nehmen; prendere la tazzina per il manico das Tässchen am Henkel nehmen (o fassen); prendere una camera doppia con bagno ein Doppelzimmer mit Bad nehmen; prendere posto Platz nehmen; la macchinetta prende solo banconote nuove der Automat nimmt nur neue Banknoten; (mezzi di trasporto) prendere l'autobus, il treno delle 4 den Bus, den Vier-UhrZug nehmen; prendere l'ascensore den Aufzug nehmen […] 15 (cibo, bevande) (zu sich) nehmen, ein·nehmen: prendere un caffè eine Tasse Kaffee trinken; (medicine) pastiglie da prendere a stomaco pieno Tabletten, die mit vollem Magen einzunehmen sind […] 20 (di apparecchio radio, televisivo) empfangen: il televisore non prende bene il secondo canale der Fernseher empfängt das zweite Programm nicht gut […] III v/pr prendersi 1a -rsi qcs. sich etw. nehmen; la più bella se l'è presa lui die Schönste hat er sich genommen b (malattie) bekommen, kriegen, sich holen: -rsi un'influenza eine Grippe bekommen (o kriegen); -rsi un raffreddore sich einen Schnupfen holen (o eine Erkältung bekommen o sich erkälten) […] ■ prendere l'accento del posto den hiesigen Akzent an·nehmen; prendere in affitto un appartamento eine Wohnung mieten; prendere l'aire einen Anlauf nehmen; essere preso d'amore per qcn. von Liebe zu jdm ergriffen sein; prendere un appuntamento einen Termin vereinbaren; prendere un appuntamento da qcn. einen Termin bei jdm aus·machen; prendere appunti sich (D) Notizen machen; prendere atto di qcs. etw. zur Kenntnis nehmen, von etw. Kenntnis nehmen; prendere l'avvio in Fahrt (o
Giacoma/Kolb 22009 prendere A tr 1 (afferrare) prendere qc (con qc) {SIGARETTA CON LA MANO SINISTRA} etw (mit etw dat) nehmen, etw (mit etw dat) (an|)fassen; {AQUILA PREDA CON GLI ARTIGLI} etw (mit etw dat) packen, etw (mit etw dat) nehmen: il facchino prese i bagagli, der Gepäckträger nahm das Gepäck; prendi il pacco e aprilo, nimm das Paket und mach es auf; (con uno strumento) {FERRO ROVENTE CON LE TENAGLIE} etw mit etw (dat) fassen; prendere qu/qc per qc {AMICO PER LA MANICA DELLA GIACCA, GALLINA PER LE ZAMPE} jdn/etw an/bei etw (dat) ergreifen, jdn/etw an/bei etw (dat) fassen, jdn/etw an/bei etw (dat) packen; lo prese per il braccio e lo minacciò, er/sie packte ihn am Arm und drohte ihm […] 5 (ritirare) prendere qc (+ compl di luogo) {CERTIFICATO IN COMUNE} etw (irgendwo) ab|holen; {POSTA NELLA CASSETTA} etw (irgendwo) heraus|nehmen; {SOLDI IN BANCA} etw (irgendwo) ab|heben; {PAGELLA} etw bekommen […] 13 (mangiare, bere) prendere qc (con qc) {IL TÈ COL LIMONE, CON I PASTICCINI} etw (mit etw dat) nehmen; {digestivo} etw (ein|)nehmen: prendi un caffè con noi?, trinkst du einen Kaffee mit uns?; prendete ancora un po' di torta!, nehmt ruhig/doch noch von dem Kuchen!; i signori hanno preso due menu da 45 euro, die Herrschaften haben zwei Menüs zu 45 Euros genommen 14 (ingerire) prendere qc (per/contro qc) {ANALGESICO, PILLOLA, RICOSTITUENTE, SCIROPPO PER LA TOSSE, SEDATIVO} etw (gegen etw acc) ein|nehmen […] 21 (subire) prendere qc {PAURA, SCOSSA} etw bekommen: ho preso uno spavento!, ich habe vielleicht einen Schreck bekommen!; {COLPO D'ARIA, DI FREDDO} etw ab|bekommen; prendo caldo, mir ist heiß; il sale ha preso umidità, das Salz ist feucht geworden; prendere qc (da qu) {RIMPROVERO DAL CAPUFFICIO} etw (von jdm) bekommen; prendere una fregatura da un socio,
230 � Luisa Giacoma Schwung) kommen, ins Rollen kommen; prendere a calci qcn. jdm Fußtritte versetzen; che ti prende? was ist mit dir los? -rsi la colpa di qcs. die Schuld für etw. auf sich nehmen; che ti prenda un colpo! der Schlag soll dich treffen! prendere consistenza Gestalt an·nehmen; prendere contatto con qcn. mit jdm Kontakt auf·nehmen; prendere corpo Gestalt an·nehmen (o gewinnen); -rsi a cuore qcn., qcs. sich jdn, etw. zu Herzen nehmen; -rsi cura di qcn., qcs. sich um jdn, etw. kümmern (o für jdn, etw. Sorge tragen); nel parlare ha preso da sua madre die Art zu sprechen hat er von seiner Mutter; prendere una decisione eine Entscheidung treffen; prendere in esame qcs. etw. prüfen (o erwägen), etw. in Erwägung ziehen; prendere fiato Atem holen (o schöpfen); prendila con filosofia nimm's gelassen; prendere qcn. per i fondelli jdn verarschen; prendere forma Gestalt, feste Form (o Formen) an·nehmen; prendere freddo frieren, sich verkühlen; prendere in giro qcn. jdn auf den Arm nehmen; prendere qcn. per la gola jdn bei der Gurgel packen; FIG. jdn durch seine Kochkünste erobern; prenderci gusto Gefallen an etw. finden; prendere un impegno eine Verpflichtung übernehmen; prendere il largo in See stechen; FIG. (svignarsela) das Weite suchen; prendere o lasciare entweder... oder...; prendere lezioni (ripetizioni) Nachhilfestunden nehmen; prendere lezioni di pianoforte Klavierunterricht nehmen; -rsi la libertà di fare qcs. sich die Freiheit nehmen, etw. zu tun; prenderla alla lontana weit aus·holen; prendere marito, prendere moglie heiraten; prendere qcn. in moglie jdn zur Frau nehmen; prendere le mosse da qcs. von etw. seinen Ausgang nehmen; prendere qcn. per il naso jdn an der Nase herum·führen; prendere piede Fuß fassen; prendere posizione Stellung beziehen; FIG. prendere posizione su qcs. zu etw. Stellung nehmen; prenderla bene, male etw. gut, nicht gut auf·nehmen; prender(se)la con calma, comodo etw. in aller Ruhe machen (o tun); COLLOQ. prenderle Schläge bekommen; (essere sconfitto) eins aufs Dach kriegen; se non la smetti subito, le prendi wenn du nicht sofort aufhörst, setzt es was; prendere in prestito qcs. sich etw. aus·leihen; prendere quota an Höhe gewinnen; FIG. (di mercato azionario) sich
von einem Teilhaber hereingelegt werden fam; prendere una sgridata dai genitori, von den Eltern ausgeschimpft werden […] 40 (ritenere) prendere qu/qc per qu/qc jdn/etw für jdn/etw halten: l'avevo preso per un ragazzo onesto, ich hatte ihn für einen ehrlichen Jungen gehalten; ho preso il suo „no“ per definitivo, ich hielt sein/ihr „nein“ für sein/ihr letztes Wort; ha preso per vero ciò che gli hai detto, er hat deine Worte für bare Münze genommen; er hat └für wahr gehalten┘/[geglaubt], was du ihm gesagt hast; ma per chi mi prendi/[hai preso]?, für wen └hältst du mich eigentlich┘/[hast du mich eigentlich gehalten]? […] 55 radio TV prendere qc {RADIO STAZIONI; TELEVISORE MOLTI CANALI} etw empfangen […] D rfl indir […] 2 (buscarsi): prendersi qc {BRONCHITE, DIARREA} sich (dat) etw holen fam […] ● non te la prendere! fam (non ti arrabbiare), reg dich nicht auf!, ärgere dich nicht!, nimm es dir nicht so zu Herzen!; se l'è presa per quello che hai detto fam (si è arrabbiata), sie ärgert sich über das, was du gesagt hast!; se la prende troppo per il lavoro fam (si preoccupa), sie macht sich zu viele Sorgen/Gedanken um ihre Arbeit; prendersela con qu fam (irritarsi con qu), {CON IL MARITO} auf jdn böse sein, sich über jdn aufregen, seinen Ärger an jdm auslassen; prenderle fig fam (essere picchiato), Prügel bekommen/kriegen fam; prenderne (tante) fig fam (essere picchiato), den Frack vollkriegen fam; prenda pure! (si serva pure!), bedienen Sie sich ruhig!; che ti prende? (cosa ti succede?), was ist (denn) mit dir los?, was hast du?; prendersela └con calma┘/[comoda] fam (non affannarsi), es ruhig angehen lassen; farsi/lasciarsi prendere da qc (farsi sopraffare), {DALLA PAURA, DAL RIMORSO, DALLO SCONFORTO} sich von etw (dat) übermannen lassen; prendere o lasciare! (le condizioni non possono essere cambiate), entweder oder!, ja oder nein!; prenderla └alla lontana┘/[da lontano] (parlare di qc, cominciando dagli elementi più generici), um └die Sa-
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beleben; (di valuta) steigen; -rsi una responsabilità eine Verantwortung übernehmen; prendere a schiaffi qcn. jdn ohrfeigen; prendere servizio den Dienst an·treten; prendere qcn. in simpatia Sympathie für jdn entwickeln; prendere il sole sich sonnen; prendere tempo Zeit heraus·schlagen; prenditi tempo lass dir Zeit; prendere il toro per le corna den Stier bei den Hörnern packen (o fassen); il legno ha preso umidità das Holz ist feucht geworden; prendere il via starten; prendere un vizio ein Laster an·nehmen; FIG. prendere il volo auf·fliegen, weg·fliegen; (sparire) verschwinden
che┘/[den heißen Brei fam] herumreden; saper prendere qu (sapere come trattarlo), jdn zu nehmen wissen, mit jdm umzugehen wissen; bisogna saperla prendere, man muss sie zu nehmen wissen; cercare di prendere tempo (guadagnare tempo), versuchen, Zeit zu gewinnen/herauszuschlagen fam; prendersi tempo, sich Zeit lassen.
Kollokatoren werden im DIT anstatt der Bedeutungserklärungen verwendet: 15 (cibo, bevande) […] (medicine ) […] 20 (di apparecchio radio, televisivo) […] III […] 1 […] b (malattie). Cibo, bevande, medicine und malattie sind Hyperonyme, die in den Beispielen durch Hyponyme wie caffè, pastiglie, influenza und raffreddore ersetzt werden: prendere un caffè eine Tasse Kaffee trinken; pastiglie da prendere a stomaco pieno Tabletten, die mit vollem Magen einzunehmen sind, -rsi un'influenza eine Grippe bekommen (o kriegen); -rsi un raffreddore sich einen Schnupfen holen (o eine Erkältung bekommen o sich erkälten). Die Kollokatoren werden in einigen Fällen auf unökonomische Weise in den Beispielen wiederholt. Es wurde hier ein italienisches Verb gewählt, weil im deutsch-italienischen Teil des DIT Kollokatoren als Bedeutungserklärungen kaum zu finden sind. Wenn man nämlich den Eintrag nehmen in diesem Wörterbuch liest, findet man unter Lesart 19 Folgendes: nehmen […] 19 (in festen Verbindungen) Abschied, Abstand, Maß nehmen prendere congedo, le distanze, le misure; ein Bad nehmen fare un bagno; auf etw. (A) Kurs nehmen fare rotta su qcs.; etw. in Angriff, zu Protokoll nehmen iniziare qcs., mettere qcs. a verbale; seinen Anfang, ein Ende nehmen cominciare, finire; Einfluss auf jdn, etw. nehmen influenzare qcn., qcs.
In diesem Fall werden Kollokatoren nicht als Bedeutungserklärungen benutzt, sondern es wird ein Teil davon in einem Abschnitt des Eintrags gesammelt. Auch wenn es unsystematisch ist, weil diese Wahl nur einen winzigen Teil der Kollokatoren von nehmen betrifft, werden Kollokatoren hier mittels der expliziten Angabe (in festen Verbindungen) als solche hervorgehoben. Darüber hinaus könnte man sich fragen, nach welchen Kriterien Abschied, Abstand, Maß usw. da eingetragen sind, und die anderen Kollokatoren an anderer Stelle. Hier kann man den Einfluss der verschie-
232 � Luisa Giacoma denen lexikographischen Traditionen deutlich erkennen: die italienische auf der einen Seite, die Kollokatoren als Bedeutungserklärungen benutzt, und die deutsche auf der anderen, die dieses Verfahren vermeidet. Man kann wohl vermuten, dass besonders in Italien die einsprachige Lexikographie die zweisprachige stark beeinflusst hat. Hingegen bemerkt man, wie positiv die lebhafte Diskussion über Kollokatoren, die in Deutschland stattgefunden hat, auf die deutsche Lexikographie gewirkt hat (Hausmann 1985; Konecny 2010; Marello/Rovere 1999). Wenn, wie oben im Giacoma/Kolb zu sehen ist, die Kollokatoren ihren eigenen Platz im Wörterbucheintrag endlich gefunden haben, sollte der phraseologische Block eigentlich nur idiomatischen Wendungen vorbehalten sein. Ausdrücke, die sowohl eine konkrete11 als auch eine übertragene12 Bedeutung haben, sollten an verschiedenen Stellen eines Eintrags wiederholt werden (wie z. B. jdn gefangen nehmen in Giacoma/Kolb 22009). Im phraseologischen Block von DIT und Sansoni herrscht leider in diesem Sinne ein heilloses Durcheinander. Im DIT kann man viele Kollokationen erkennen, die ohne Grund im phraseologischen Block eingetragen sind. Als Benutzer kann man sich fragen: warum prendere l'autobus, prendere una camera, prendere l'ascensore unter Lesart 1 und prendere un appuntamento, prendere in affitto un appartamento und prendere appunti im phraseologischen Block eingetragen sind. Wie kann man im Voraus wissen, wo man eine Kollokation suchen muss? Unter den verschiedenen Lesarten oder im phraseologischen Block? Im Eintrag cadere in Sansoni 62006 z. B. ist è caduta la linea zweimal eingetragen, einmal unter Lesart 26 und einmal im phraseologischen Block, auch mit verschiedenen Übersetzungen. Welche Übersetzung ist richtig? Oder sind alle richtig? Woher kann man das wissen? Dasselbe passiert im Eintrag festa in DIT 42008 mit santificare le feste und buone feste (Giacoma 2013). Aus einem Vergleich mit dem Giacoma/Kolb wird ohne Weiteres klar, wie wichtig es ist, die Kollokatoren als solche hervorzuheben, um den Benutzer nicht in die Irre zu führen. Die Kollokatoren sind im Giacoma/Kolb in geschweiften Klammern und graphisch durch die Kapitälchen-Schrift kenntlich gemacht:13 {CONTROMISURA, PRECAUZIONE, PROVVEDIMENTO}. Da tauchen im Bereich der Bedeutungserklärungen (kursiv und in runden Klammern) die Kollokatoren nie auf. Wenn wir ein und denselben lexikographischen Eintrag in einem herkömmlichen Wörterbuch und in einem Wörterbuch mit klar hervorgehobenen Kollokatoren direkt vergleichen, sticht ihre Nützlichkeit ins Auge. Kollokationen wie ein Risiko eingehen/‚correre un rischio‛ (und nicht ‚fare un rischio‛), eine Denkpause einlegen/‚fare una pausa di riflessione‛ (und nicht ‚mettere una pausa di riflessione‛) braune Haare/capelli castani (und nicht ‚capelli marroni‛) müssen aufgrund ihrer Nichtvorhersagbarkeit von �� 11 mil {GEGNER, SOLDATEN}, prendere/fare prigioniero (-a) qu, catturare qu; jur (verhaften) {VERDÄCHTIGEN}, arrestare qu. 12 (fesseln) {MUSIK}, avvincere qu, rapire qu; {AUSSEHEN, CHARME}, affascinare qu. 13 In den CD- und online-Ausgaben sind sie auch in Rot markiert.
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Nicht-Muttersprachlern als Einheit gelernt werden (Schafroth 2011: 72) und deshalb müssen sie in zweisprachigen Lernerwörterbüchern, was die Giacoma/Kolb Wörterbücher auch sind, leicht erkennbar und reichlich vorhanden sein. Die Hauptvorteile der systematischen Eintragung von Kollokatoren sind die folgenden: Differenzierung der Äquivalente, Aufnahme einer größeren Menge typischer Kontexte, klarere Strukturierung des Eintrags sowie ein besserer Überblick.
4.2 Problem 2: Unzureichende Differenzierung zwischen den verschiedenen Äquivalenten Ein anderer Schwachpunkt herkömmlicher zweisprachiger Wörterbücher besteht darin, dass die Äquivalente hintereinander aufgelistet werden, ohne ein Element, das anzeigt, welches innerhalb eines bestimmten Kontexts vorzuziehen ist, so als wären sie in allen Kontexten austauschbare Synonyme. Hier kann es leicht dazu kommen, dass der Benutzer die Norm bricht und unkorrekte Sätze erzeugt, weil die einzelnen Elemente miteinander nicht vereinbar sind. Die genaue Auflistung der Kollokatoren in den Giacoma/Kolb Wörterbüchern differenziert sorgfältig die lexikalischen Entsprechungen und unterscheidet zum Beispiel zwischen riflessivo, wenn besinnlich sich auf Mensch, Temperament oder Wesen bezieht, und di riflessione, wenn es sich hingegen um eine Rede oder ein Wort handelt. Italienisch Lernende, die nur den Eintrag von DIT zur Verfügung haben, könnten ohne irgendwelches Fehlerbewusstsein die Wortreihen *temperamento di riflessione und *parola riflessiva produzieren, die im Italienischen inakzeptabel sind, auch wenn sie vom Muttersprachler verstanden werden. DIT 42008 be·sinn·lich agg 1 (nachdenklich) riflessivo, meditativo 2 meditabondo: -e Stunden verbringen trascorrere ore meditabonde.
Giacoma/Kolb 22009 besinnlich adj {MENSCH, TEMPERAMENT, WESEN} riflessivo, meditativo, contemplativo; {ABEND} intimo, raccolto; {AUGENBLICK, MINUTE, TAG, ZEIT} di raccoglimento/meditazione; {REDE, WORT} di riflessione.
4.3 Problem 3: Das Fehlen von expliziten Angaben zum syntaktischen Kontext Wer eine Sprache hört, schreibt, liest, spricht oder übersetzt, hat es nahezu immer mit Texten zu tun, in einem Wörterbuch dagegen findet man nur einzelne Wörter. Um eine Brücke zwischen Text und Wort zu bauen, sollte ein Wörterbucheintrag so viele Informationen wie möglich zum lexikalischen und syntaktischen Umfeld eines Wortes enthalten, d. h. es sollte angeben, welche Wörter oft zusammen mit dem
234 � Luisa Giacoma Lemma vorkommen (die Kollokatoren) und wie das Lemma und die Kollokatoren kombiniert werden (mit oder ohne Präposition etc.). Auch wenn wissenschaftliche Studien dahin tendieren, den Aspekt der Valenz und den der phraseologischen Fixiertheit getrennt voneinander zu analysieren, muss die lexikographische Praxis für Lerner beide in Betracht ziehen. Das Valenzmodell, das das syntaktische Verhalten einzelner Wörter beschreibt, hat in Bezug auf seine Anwendung im Wörterbuch ein enormes Potenzial bewiesen mit bedeutenden Konsequenzen für die Didaktik. Des Weiteren ist es besonders von Nutzen, wenn man verschiedene Sprachen untereinander vergleicht, weil dies die eventuellen Unterschiede und/oder Gemeinsamkeiten hervorhebt, die oft Fehlerquellen für die Lerner darstellen, vor allem beim Kodifizieren in L2. Curcio (1999: XIV) schreibt: „… dass sie [die Valenzgrammatik] die syntaktischen Strukturen der Sprache verdeutlicht, die in den herkömmlichen Wörterbüchern und Grammatiken stets vernachlässigt werden“. Diesbezüglich führen Fischer und Mollica (2012: 10) aus, dass die Valenzgrammatik, wie auch die Konstruktionsgrammatik Lemma und Konstruktionen in enger Beziehung zueinander sehen, aber was erstere von der zweiten unterscheidet, ist die bottom-up-Perspektive, die vom Lemma ausgehend die Konstruktion betrachtet. Genau das ist es, was die Lexikographie benötigt, nämlich dass man vom einzelnen Lemma ausgeht, um die Konstruktionen, Sätze, Texte und die Sprache im Allgemeinen zu beschreiben. In Deutschland gab es das erste Valenzwörterbuch bereits Ende der 60er Jahre mit dem Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Verben von Helbig/ Schenkel aus dem Jahr 1969 (Nied Curcio 2012: 175). Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass die ersten lexikographischen Anwendungen der Valenztheorie nur dank der Beiträge italienischer Germanisten (Bianco, Curcio, Soffritti) oder in Deutschland wirkenden Romanisten (Blumenthal, Rovere) nach Italien durchdringen, und zwar in Form von kontrastiv ausgerichteten Valenzwörterbüchern, wie das der deutschen Verben und deren italienischen Äquivalenten, das der italienischen Verben mit deutscher Übersetzung oder das der gesprochenen (deutschen und italienischen) Sprache, der Adjektive und der zirka 3000 Lemmata des Grundwortschatzes im ELDIT.14 Die Wörterbücher von Giacoma/Kolb entstehen in einer Zeit großer lexikographischer Innovationen, wie man in Deutschland am Erscheinen des einsprachigen Lernerwörterbuchs Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache (im Folgenden LGWDaF) im Jahr 1993 und des zweisprachigen Wörterbuchs Pons Groβwörterbuch Französisch Deutsch (im Folgenden PONS) 1996 sehen kann. Beide wenden die Valenztheorie für ausländische Lerner an und haben den Giacoma/Kolb Wörterbüchern als ideale Vorlage gedient.
�� 14 Eine nähere Beschreibung dieser Wörterbücher s. Nied Curcio (2012).
Wie würde ein Wörterbuch aussehen, wenn der Benutzer es selbst schreiben könnte? � 235
Der Klett-Verlag hat den beiden Autorinnen Giacoma und Kolb das sogenannte framework des PONS zur Verfügung gestellt, das jedoch an vielen Punkten bearbeitet und ergänzt werden musste, um es dem Sprachenpaar Deutsch-Italienisch anzupassen. Für den Teil Italienisch-Deutsch gab es in den ersten Jahren leider weder ein generelles Wörterbuch noch ein framework, die die Valenztheorie auf das Italienische vollständig angewandt hatten. Dieser Teil des Wörterbuches wurde daher ohne Vorlage konzipiert und durch die Lektüre nach und nach erschienener Werke ergänzt oder mit Korpora bearbeitet. Die Giacoma/Kolb Wörterbücher sind die ersten, in denen die Valenztheorie die ganze italienische und deutsche Sprache beschreibt. Diesbezüglich stellt Bianco (2004: 83) fest, dass es erfreulich ist, wie die letzte Ausgabe des von Luisa Giacoma und Susanne Kolb herausgegebenen Wörterbuchs Deutsch-Italienisch und Italienisch-Deutsch eine syntaktische Perspektive aufgreift, die die Beschreibung und Abfolge der verschiedenen Lesarten begleitet und rechtfertigt, und mit zahlreichen Beispielen belegt. Aus diesem Grund kann es in Bezug auf die Valenz als Lernerwörterbuch angesehen werden, d. h. ein Instrument, das eine Reflexion über die syntaktischen und semantischen Eigenschaften der Sprache systematisch ermöglicht (Schumacher 1990). Die Giacoma/Kolb Wörterbücher führen gemäß dem LGWDaF und dem PONS eine auf den Theorien von Gross (1975) basierende Wortsyntax ein, die der exakten Beschreibung einzelner Wörter, die von traditionellen Wörterbüchern ebenso geleistet wurde, klare Informationen zur möglichen bzw. obligatorischen Kombination der Wörter untereinander hinzufügt. Diese syntagmatischen Informationen kommen in den traditionellen Wörterbüchern meist nicht vor. Zur Realisierung dieser Wortsyntax wurden zwei für die italienische Lexikographie neue Kategorien eingeführt: die Kollokatoren und die Strukturformeln, beide Desiderata der theoretischen Lexikographie (Fontenelle 1997). Die Strukturformeln (bzw. einfach Strukturen) stammen aus den beiden Wörterbüchern, die als Vorlage dienten (LGWDaF und PONS) und die den Bedürfnissen italienischer Lerner angepasst wurden. Sie wandeln in den Giacoma/Kolb Wörterbüchern die Rektionen der traditionellen Grammatik in mehr als 40 000 Formeln um und geben klare Informationen darüber, wie die Kollokatoren und Lemmata untereinander kombiniert werden, aber anders als das LGWDaF und das PONS verzichten sie auf den Gebrauch der dritten Person Singular bei den Verben. Der Grund dafür ist, dass der italienische Lerner mit dem Gebrauch der Infinitivform vertraut ist, d. h. mit scrivere qc a qu und nicht mit der flektierten qu scrive qc a qu. Letzere hat jedoch den Vorteil, dass auch Informationen zum Subjekt gegeben werden. Abhilfe wurde hier geschaffen, indem man das Subjekt als Kollokator angibt und von den anderen mit Kursivschrift unterscheidet, wie im folgenden Beispiel bei den Substantiven KIND, TEMPERATUREN, TACHOMETER unter klettern.
236 � Luisa Giacoma LGWDaF klet·tern; kletterte, ist geklettert; [Vi] 1 (irgendwohin) klettern nach oben (bzw. unten), über ein Hindernis gelangen, indem man Füße und Hände benutzt ↑ steigen (1) 2 etwas klettert (irgendwohin) gespr ≈ etwas steigt (4) ↔ etwas sinkt || zu 1 Klet·te·rer der; -s, -
PONS klettern vi 1. + sein ■ jd klettert qn fait de l'escalade; jd klettert auf etw (akk o dat) auf einen Berg, auf Felsen qn escalade qc; auf einen Baum (mit Händen und Füβen) qn grimpe sur qc; (mit Leiter) qn monte à qc; aufs Dach qu monte sur qc; jd klettert auf der Leiter nach oben, qn grimpe à l'èchelle 2. + sein o haben SPORT■ jd klettert qn fait de l'escalade; (Freiklettern) qn fait de la varappe; ■ das K~ [an etw (dat)] l'escalade [de qc] f; la varappe [sur qc] 3. + sein fam (steigen) ■ jd klettert aus etw qn descende de qc; ■ jd klettert in etw (akk) qn grimpe dans qc fam 4. + sein fam (steigen) ■ etw klettert [auf etw (akk)] /Temperatur, Thermometer, Tachometer/qc grimpe [jusqu'à qc]
Giacoma/Kolb 22009 klettern itr 1 allg. arrampicarsi; auf etw (akk) klettern {AUF EINEN BAUM, AUFS DACH, AUF EINEN FELSEN; KIND AUF EINEN STUHL} arrampicarsi su qc; {AUF EINEN BERG} scalare qc; {AUFS DACH, AUF EINE LEITER} salire su qc, montare su qc; über etw (akk) klettern {ÜBER EINE MAUER, EINEN ZAUN} scavalcare qc 2 sport arrampicare, fare roccia 3 fam (steigen) aus etw (dat) klettern {AUS DEM AUTO, DEM BETT} scendere da qc; in/auf etw (akk) klettern {INS AUTO} salire in qc, infilarsi in qc; {AUF DEN RÜCKSITZ} salire su qc 4 fam (ansteigen) auf etw (akk) klettern {TEMPERATUREN AUF 30 GRAD; TACHOMETER AUF 150 KM/H} salire a qc: die Preise sind in die Höhe geklettert, i prezzi sono aumentati/saliti
Die Strukurformeln beschreiben das syntaktische Umfeld, in dem sich die Lemmata befinden, und geben das belebte (jemand) oder unbelebte (etwas) Komplement des Verbs, die Präpositionen und die Rektionen der Substantive, Verben und Adjektive sowie weitere mögliche syntaktische Verbindungen an. In den Giacoma/Kolb Wörterbüchern werden die Strukturformeln durch Fettdruck in Kursivschrift markiert, wast dem Leser das syntagmatische Umfeld des Lemmas (cadere da qc, cadere in qc, cadere su qu/qc, cadere a qc, ecc.) verdeutlicht, wobei oft auch noch eine Bedeutung von einer anderen unterschieden wird. Hinsichtlich der Notwendigkeit des Lerners, Informationen zu den möglichen syntaktischen Konstruktionen des Lemmas zu erhalten, um grammatikalisch korrekte Sätze bilden zu können, unterstreicht Schafroth (2004: 19), dass dies generell kein Problem darstellt, wenn ein Wörterbuch grundsätzlich explizite Strukturformeln angibt. Das Einfügen der Strukturen in den Wörterbucheintrag ist für den Leser eine zusätzliche Orientierungshilfe und zwingt den Lexikographen zu einer minutiösen Arbeit bei der Strukturierung. Es hat auch den Vorteil, dass die Strukturen leicht kontrollierbar sind, da sie klar erkennbar sind und nicht nur durch Beispiele impliziert werden.
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Wie man bei cadere z. B. sehen kann, sind die Strukturen markiert; cadere + compl di luogo, cadere in qc, cadere da qc, cadere su qc, cadere a qc, ecc. cadere (1) […] 1 (cascare) cadere (+ compl di luogo) {LIBRO, VASO SUL TAPPETO, PER TERRA} (irgendwohin) (herunter|)fallen […] 7 fig (morire) cadere in qc {IN BATTAGLIA, IN GUERRA} in etw (dat) fallen 8 fig (non stare più in piedi) cadere da qc {DALLA STANCHEZZA, DAL SONNO} vor etw (dat) um|fallen 9 fig (andare a finire) cadere in qc {FAMIGLIA IN MISERIA, IN ROVINA; USANZA NEL DIMENTICATOIO, NELL'OBLIO} in etw (acc) geraten; {nel banale, nel ridicolo, nel VOLGARE} […] 10 fig (cedere) cadere in qc {IN TENTAZIONE} etw (dat) erliegen[…] 15 fig (finire) cadere su qu/qc {DISCORSO SULLA POLITICA} auf jdn/etw kommen; {SGUARDO SULLA BORSETTA} auf etw (acc) fallen 16 fig (ricadere) cadere su qu {SCELTA, SOSPETTI SU DI LUI} auf jdn fallen 17 fig (far fiasco) cadere a qc {CANDIDATO ALL'ESAME} bei etw (dat) durch|fallen 18 fig (ricorrere) cadere + compl di tempo auf etw (acc) fallen, {NELLE VACANZE DI NATALE} in etw (acc) fallen […] Wie aus den obigen Ausführungen hervorgeht, bringt das Vorhandensein der Strukturformeln nicht nur eine andere Struktur der Information mit sich, sondern es wird die Wortsyntax in den Vordergrund gerückt. Des Weiteren zeigen die Strukturformeln sowohl in der Ausgangs- als auch in der Zielsprache an, ob Ergänzungen fakultativ sind oder nicht, was bei den Beispielen nicht möglich ist. Dies ist vor allem dann für den Leser von Vorteil, wenn eine Ergänzung in der einen Sprache fakultativ ist und in der anderen nicht, wie z. B. (um etw akk) betteln {UM ALMOSEN, GELD} mendicare (qc), chiedere l'elemosina, accattare qc, elemosinare qc. Bei den Verben, für die die Valenztheorie besonders geeignet ist, scheinen die Strukturformeln eine exaktere syntaktische Beschreibung zu gewährleisten als die traditionelle Einteilung in transitiv, intransitiv, reflexiv etc. Die beiden Möglichkeiten widersprechen sich jedoch keinesfalls und können zusammen im Eintrag vorkommen, wie in den Giacoma/ Kolb Wörterbüchern, wo transitiv, intransitiv, reflexiv, etc. den Eintrag in Bereiche unterteilen, die ihrerseits noch nach Strukturen unterteilt sein können. Nied Curcio (2012: 189-190) führt in Bezug auf die Vorteile der Strukturen an: Bei GK15 und ELDIT […] unterstützt die Vereinfachung der Notierung den Lernenden, sich im Lemma zu orientieren und die richtige Bedeutung und die entsprechende Übersetzung in der �� 15 GK steht in Nied Curcio (2012) für Giacoma/Kolb.
238 � Luisa Giacoma anderen Sprache zu finden. Die Valenzinformationen sind zudem unabdingbare Informationen zur Sprachproduktion. Das Fehlen dieser Angaben halte ich persönlich - gerade bei erwachsenen akademischen Lernern – für äuβerst problematisch, im Gegenteil: ich plädiere dafür, dass die Valenz, die in der Didaktik des Deutschen als Fremdsprache groβe Verbreitung fand und den individuellen Lernprozess unterstützen kann, auch weiterhin auf der Mikrostruktur des Wörterbuchs explizit gekennzeichnet wird, auch wenn sie natürlich nicht alleine alle Lernschwierigkeiten und Übersetzungsprobleme verhindern kann […] Auch Untersuchungen im Bereich der Wörterbuchbenutzungsforschung zeigen, dass explizite Kenntnisse des Wörterbuchs und die Reflektion über Struktur und Terminologie desselben positiven Einfluss auf eine adäquatere Wörterbuchbenutzung und damit – im Falle des Fremdsprachenerwerbsprozesses – zu einer Verringerung der sprachlichen Fehler bzw. einer korrekteren Sprachverwendung von Seiten des Lernenden führen.
4.4 Problem 4: Die höchst unbefriedigende Behandlung von Phraseologismen Was die Phraseologismen betrifft, so werden im Wörterbuch oft die folgenden Punkte vermisst: 1) 2)
eine gewissenhafte Auswahl von Phraseologismen ein objektives Ordnungssystem, um Phraseologismen so schnell wie möglich zu finden 3) platzsparende Maßnahmen (besonders für Printwörterbücher), um neue Informationen statt Wiederholungen zu haben 4) Kohärenz zwischen den zwei Teilen des Wörterbuches (der Deutsch-Italienische Teil und der Italienisch-Deutsche) 5) die Tendenz zur Vollständigkeit der Informationen.16 Eines der Ziele der Giacoma/Kolb Wörterbücher ist der schnelle und effektive Zugriff auf die idiomatischen Ausdrücke. Daher wurde ein systematisches, objektives, alphabetisch-grammatikalisches Ordnungssystem angewandt, um dem Benutzer zu ermöglichen, die gesuchte Information so schnell wie möglich zu finden. Das Schlüsselwort, unter dem die Redewendung eingeordnet wird, wird nach der grammatikalischen Kategorie Substantiv-Verb-Adjektiv ausgewählt, und dann werden die Schlüsselwörter alphabetisch geordnet. Es bildet sich so eine Art Hierarchie unter den Elementen einer Redewendung. Ist ein Substantiv vorhanden, dann zählt dieses, gibt es zwei, so zählt das erste. Falls kein Substantiv vorkommt, zählt das Verb und wenn kein Verb da ist, zählt das Adjektiv. Das Schlüsselwort wird demzufolge automatisch bestimmt, ohne dass der Benutzer lange überlegen muss. Falls �� 16 Hier wird von „Tendenz“ gesprochen, da eine wirkliche Vollständigkeit der Informationen im Sinne von Schafroth (2013) in einem zweisprachigen Wölrterbuch leider nicht immer realisierbar ist.
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ein Eintrag mehrere Redewendungen enthält, nimmt man das zweitwichtigste Element aus der Hierarchie um die Ordnung im phraseologischen Block zu bestimmen, und zwar ein zweites Substantiv oder ein Verb usw., wie soeben beschrieben. Unter dem Stichwort Auge sind die Redewendungen z.B. wie folgt angeordnet: mit einem blauen Auge davonkommen (Verb) Augen haben wie ein Luchs (zweites Substantiv) unter vier Augen (Adjektiv). Der phraseologische Block, der durch einen dicken blauen Punkt ● gekennzeichnet wird, enthält vor allem idiomatische Redewendungen, Sprichwörter aber auch manche Beispiele, die sich auf mehrere Lesarten beziehen können (um sie nicht unter jeder einzelnen Lesart zu wiederholen), oder lexikalisierte Einheiten, die keiner der Lesarten zugeordnet werden können. Wichtig ist, dass hier keine Kollokationen eingegliedert werden, was bisher in herkömmlichen Wörterbüchern wie Sansoni und DIT gemacht wurde. Die Kollokationen haben ihren ganz bestimmten Platz im Wörterbucheintrag, und zwar unter den jeweiligen Bedeutungen des Lemmas. Die Lösung der herkömmlichen zweisprachigen Wörterbücher, einer Redewendung der Ausgangssprache einfach eine in der Zielsprache gegenüberzustellen, ist, aufgrund ihrer semantischen, syntaktischen und pragmatischen Unterschiede, unzureichend, wenn nicht sogar verwirrend (Dobrovol'skij 2009). Angaben zur Semantik, Syntax und Pragmatik sind deshalb unentbehrlich für den Lernenden, der Phraseologismen verstehen und in einem Kontext/einer Situation korrekt gebrauchen will. Die Regeln in Bezug auf ihre Verwendung als auch deren Restriktionen sollten, im Idealfall, einen metalexikographischen Kommentar zur Übersetzung bilden, vor allem, wenn es keine exakte Entsprechung gibt. In diese Richtung haben die Giacoma/Kolb Wörterbücher die ersten, wichtigen Schritte gemacht.17 Die in Giacoma/Kolb verwendete neue Methode trägt zur Verbesserung der zweisprachigen Wörterbucheinträge hinsichtlich der Redewendungen mit Neuerungen bzgl. der Anordnung und der syntaktischen, semantischen und pragmatischen Angaben bei (Giacoma 2012), was ein Vergleich der Redewendung etwas im Auge haben im DIT und in Giacoma/Kolb zeigt: DIT: etw im Auge haben avere qcs in testa
�� 17 Nach meiner Magisterarbeit und der Erfahrung des idiomatischen Wörterbuches, an dem ich mit Hans Schemann, Beatrice Fenati und Giovanni Rovere gearbeitet habe, war ich fest überzeugt, dass man die zweisprachige Phraseographie gründlich erneuern sollte. Die Giacoma/Kolb Wörterbücher waren natürlich eine einmalige Chance, es zu versuchen.
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Giacoma/Kolb: etw im Auge haben {INSEKT, STAUBKORN}, avere qc nell'occhio; (etw im Sinn haben) {SEINEN EIGENEN VORTEIL}, guardare solo a qc; {EIN BESTIMMTES MODELL}, aver pensato a qc di preciso Neben der üblichen Übersetzung wird in Giacoma/Kolb zuerst die wörtliche Bedeutung mit ihren Kollokatoren {INSEKT, STAUBKORN} und mit der Übersetzung ‚avere qc nell'occhio‛ angeführt. Erst danach kommt die idiomatische Bedeutung mit einer Erklärung (etw im Sinn haben). Die beiden Lesarten werden anhand ihrer Kollokatoren {SEINEN EIGENEN VORTEIL} und {EIN BESTIMMTES MODELL} kontextualisiert. Dieses Beispiel zeigt, wie irreführend die Äquivalenz etw im Auge haben = ‚avere qcs in testa‛ sein kann, wenn sie nicht näher erläutert wird. Der Benutzer könnte zum Beispiel meinen, dass die Übersetzung ‚avere qcs in testa‛ auch für die wörtliche Bedeutung gilt. Der falsche Kontext kann auf der idiomatischen Ebene nicht ausgeschlossen werden, wenn keine Kollokatoren vorhanden sind. Die Übersetzung ‚avere qcs in testa‛ passt nämlich zu den meisten im Giacoma/Kolb angeführten Kontexten nicht.
4.5 Problem 5: Die völlig unzureichenden Informationen zur Morphologie der deutschen Wörter In vielen Zweifelsfällen, die die Morphologie betreffen, zieht der Benutzer Wörterbücher zu Rate. Die morphologischen Angaben, die normalerweise nach dem Lemma in Klammern vorkommen, sind aber nur ein winziger Teil der von einem Lernenden benötigten Informationen. So muss man die Beispiele lesen (falls vorhanden) und das Glück haben, die Lösung zu finden. Dieses Vorgehen ist aber zeitraubend, wenn es sich um einen langen Eintrag handelt. Das Ergebnis hängt dann oft leider nur vom Zufall ab. Deswegen dürften Flexionstabellen mit dem (in den vier Fällen deklinierten) Substantiv, dem (in den einfachen Zeitformen konjugierten) Verb und dem (mit Deklinationstabellen für die verschiedenen grammatischen Geschlechter, Fälle und Steigerungsformen versehenen) Adjektiv in einem benutzerorientierten Wörterbuch nicht fehlen. Leichter gesagt als getan, aber die Errungenschaften in der elektronischen Datenverarbeitung (hier: Canoo) ermöglichten eine derart immense Arbeit (z.B. eine vollständige Flexionstabelle für jedes Wort des Deutschen). Darüber hinaus konnte man diese große Menge von Informationen auf einer CDROM speichern und den Benutzern zur Verfügung stellen. Des Weiteren ist es jetzt möglich, ein Suchfeld „Flektierte deutsche Formen“ einzufügen, wo man die flektierten deutschen Wörter oder die groß- bzw. kleingeschriebene Variante eines Wortes eintippen kann und der entsprechende Eintrag sich in einem Fenster öffnet. Dieser Abfragemodus ist für Italiener, die wahrschein-
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lich nicht wissen, dass im Falle unter Fall und nicht unter Falle zu suchen ist, besonders nützlich, aber auch für deutschsprechende Benutzer, da die Rechtschreibreform zu vielen Unsicherheiten bei den Benutzern geführt hat. Jetzt schreibt man z. B. jdm Angst und Bange machen groß, aber jdm ist/wird angst und bange klein. In diesem Fall reicht es, angst oder Angst im Suchfeld „Flektierte deutsche Formen“ einzutippen, um beide Beispiele zu finden.
5 Was man sich als Benutzer (und Lexikograph) noch wünschen würde Neben den bereits verwirklichten der oben beschriebenen Wünschen werden nun einige weitere in der dritten, sich im Druck befindenden Auflage des Wörterbuchs Il nuovo dizionario di Tedesco erfüllt. Es wurden 600 Infokästen mit Falschen Freunden sowie Tipps zur korrekten und aktiven Verwendung des Deutschen und zu kulturellen Unterschieden hinzugefügt. Dies soll als konkrete Hilfe dienen, um Personen einer fremden Kultur zu verstehen und mit ihnen zu kommunizieren, um Texte in einer Fremdsprache zu verstehen und zu schreiben und um aktiv am sozialen und kulturellen Leben anderer Länder teilnehmen zu können. Leider konnte in der gedruckten Version nichts Weiteres hinzugefügt werden, im elektronischen Wörterbuch war es jedoch möglich, die Vorlesefunktion aller deutschen Wörter einzuführen. Was würde man sich noch für die vierte, fünfte und weitere Auflagen wünschen? Da Wörterbücher sehr komplex und voller Abkürzungen sind, wäre es hilfreich, wenn man beim Darübergehen mit der Computermaus die Abkürzung ausgeschrieben lesen könnte. So wäre es z. B. für einen italienischen Studierenden nützlich, bei jur „lessico giuridico/juristische Fachsprache“ zu lesen. Diese wichtigen Abkürzungen und Bezeichnungen werden vor allem von unerfahrenen Benutzern nicht beachtet. Was noch verbessert werden könnte, ist die Behandlung der Phraseologismen, deren Wichtigkeit für eine Sprache nicht zu vernachlässigen ist. Zusätzlich zu dem, was in den Giacoma/Kolb-Wörterbüchern bereits gemacht wurde, könnte man die idiomatischen Ausdrücke als solche hervorheben und weitere Äquivalente und Beispiele durch Mausklick abrufbar machen. Die Behandlung der idiomatischen Ausdrücke könnte folgendermaßen verändert werden: Giacoma/Kolb 22009: etw im Auge haben {INSEKT, STAUBKORN}, avere qc nell'occhio; (etw im Sinn haben) {SEINEN EIGENEN VORTEIL}, guardare solo a qc; {EIN BESTIMMTES MODELL}, aver pensato a qc di preciso
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Giacoma/Kolb (zukünftige Auflagen): etw im Auge haben {INSEKT, STAUBKORN}, avere qc nell'occhio; jdn/etw im Auge haben (jdn/etw im Sinn haben) {FAMILIE, seinen eigenen Vorteil}, guardare solo a qu/qc; {EIN BESTIMMTES MODELL}, aver pensato a qu/qc di preciso
Fenati/Rovere/Schemann (2009, 22011) jn./etw. (immer/…) im Auge haben 1. tenere d'occhio qu, + non perdere d’occhio qu, stare con gli occhi addosso a qu 2. avere sott'occhio qc 3. avere ben presente qc
1. Die Kleine musst Du ständig im Auge haben, sonst läuft sie auf die Straße und es gibt einen Unfall. 2. Seien Sie unbesorgt, ich habe das Karussell immer im Auge. Da passiert nichts, was ich nicht sofort bemerke. 3. Wenn Du den Kerngedanken der Sache nicht immer im Auge hast, verlierst du dich in Einzelfragen. Link 1 Institut für Deutsche Sprache (2010): COSMAS II. Corpus Search, Management and Analysis System. (http://www.ids-mannheim.de/cosmas2/projekt/referenz/korpora.html) Link 2 (http://it.bab.la/dizionario/tedesco-italiano/im-Auge-haben) Link 3 … In diesem Fall wäre es besser, noch zwischen der eigentlichen und der idiomatischen Bedeutung zu unterscheiden, auch durch Hervorhebung der unterschiedlichen Struktur (der idiomatische Ausdruck kann nämlich auch ein belebtes Komplement haben, was angemerkt werden sollte). etw im Auge haben {INSEKT, STAUBKORN}, avere qc nell'occhio; jdn/etw im Auge haben (jdn/etw im Sinn haben) {FAMILIE, SEINEN EIGENEN VORTEIL}, guardare solo a qu/qc; {EIN BESTIMMTES MODELL}, aver pensato a qu/qc di preciso
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Man könnte ein per Klick zu öffnendes Fenster hinzufügen, in dem Informationen aus zweisprachigen phraseologischen Wörterbüchern wie dem von Fenati/Rovere/Schemann erscheinen.
Fenati/Rovere/Schemann (2009, 22011) jn./etw. (immer/…) im Auge haben 1. tenere d'occhio qu, + non perdere d’occhio qu, stare con gli occhi addosso a qu 2. avere sott'occhio qc 3. avere ben presente qc In diesem ersten Fenster könnte man nur die Äquivalente einfügen und in einem folgenden, das sich öffnen lässt, wenn man weitersuchen möchte, die entsprechenden Beispiele.
1. Die Kleine musst Du ständig im Auge haben, sonst läuft sie auf die Straße und es gibt einen Unfall. 2. Seien Sie unbesorgt, ich habe das Karussell immer im Auge. Da passiert nichts, was ich nicht sofort bemerke. 3. Wenn Du den Kerngedanken der Sache nicht immer im Auge hast, verlierst du dich in Einzelfragen. Unten könnte man zwei Links zu Datenbanken anführen, z. B. COSMAS II oder http://it.bab.la/dizionario/tedesco-italiano, wo weitere Informationen gefunden werden können. Link 1 Institut für Deutsche Sprache (2010): COSMAS II. Corpus Search, Management and Analysis System. (http://www.ids-mannheim.de/cosmas2/projekt/ referenz/korpora.html) Link 2 (http://it.bab.la/dizionario/tedesco-italiano/im-Auge-haben) Link 3 … Die raschen nicht nur technischen Entwicklungen der Zukunft werden es ermöglichen, immer mehr aus dem Wunschzettel der Wörterbuchbenutzer abzuhaken. Auf die tägliche Arbeit der Lexikographen und die Unterstützung der Benutzer und Verlage wird dabei jedoch nicht verzichtet werden können.
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6 Schlussbemerkungen Als mir die Möglichkeit angeboten wurde, ein Wörterbuch zu schreiben, habe ich all meine Wünsche als Benutzerin in das Projekt einfließen lassen und zusammen mit Susanne Kolb versucht, ganz konkrete Lösungen für die größten Mängel der damals zur Verfügung stehenden herkömmlichen Wörterbücher zu finden. Dafür wurden die Ergebnisse der Metalexikographie und Wörterbuchforschung berücksichtigt und Strukturformeln und Kollokatoren aus Deutschland „importiert“ und an die Bedürfnisse der Leser angepasst. Die Erfahrungen aus diversen Kursen an der Universität bestätigten die Vorteile der in die Giacoma/Kolb Wörterbücher eingearbeiteten Neuerungen: systematische und übersichtliche Eintragung von Kollokationen, fein detaillierte Differenzierung zwischen den verschiedenen Äquivalenten, systematische und explizite Angaben über den syntaktischen Kontext, wissenschaftliche Behandlung von Phraseologismen und ausführliche Informationen über die Morphologie der deutschen Wörter. Es wurde damit versucht, den Benutzern für jedes Wort eine Art „Landkarte“ anzubieten, mit der sie sich in der „neuen Landschaft“ der L2 quasi wie Muttersprachler bewegen können.
Literatur (a) Wörterbücher Bianco, Maria Teresa: VALENZLEXIKON DEUTSCH–ITALIENISCH, DIZIONARIO DELLA VALENZA VERBALE. Heidelberg: Julius Groos Verlag 1996. Blumenthal, Peter, Rovere, Giovanni: WÖRTERBUCH DER ITALIENISCHEN VERBEN. KONSTRUKTIONEN, BEDEUTUNGEN, ÜBERSETZUNGEN. Stuttgart: Klett 1998. Curcio, Martina Lucia: KONTRASTIVES VALENZWÖRTERBUCH DER GESPROCHENEN SPRACHE ITALIENISCH - DEUTSCH. Grundlagen und Auswertung. Mannheim: Institut für Deutsche Sprache 1999. DIT = DIT DIZIONARIO TEDESCO-ITALIANO, ITALIANO-TEDESCO. Torino u. a.: Paravia/Langenscheidt (1996) 4 2008. DIVA = DIZIONARIO VALENZIALE DEGLI AGGETTIVI/DEUTSCH – ITALIENISCHES VALENZWÖRTERBUCH DER ADJEKTIVE, Hgg. Marcello Soffritti/Wilma Heinrich: (Applicazione software) 2005. ELDIT, ELEKTRONISCHES LERN(ER)WÖRTERBUCH DEUTSCH – ITALIENISCH/DIZIONARIO ELETTRONICO PER APPRENDENTI ITALIANO – TEDESCO. Bolzano: Europäische Akademie (www.eurac.edu/eldit) 1999– . Fenati, Beatrice/Rovere, Giovanni/Schemann, Hans, con la collaborazione di Luisa Giacoma: DIZIONARIO IDIOMATICO TEDESCO-ITALIANO. Bologna: Zanichelli 2009. Fenati, Beatrice/Rovere, Giovanni/Schemann, Hans, con la collaborazione di Luisa Giacoma: IDIOMATIK DEUTSCH-ITALIENISCH. Hamburg: Buske 22011. LGWDaF = LANGENSCHEIDTS GROßWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE. Hgg. Dieter Götz et al. Langenscheidt: Berlin 1993.
Wie würde ein Wörterbuch aussehen, wenn der Benutzer es selbst schreiben könnte? � 245
Giacoma/Kolb = LUISA GIACOMA/SUSANNE KOLB. IL DIZIONARIO DI TEDESCO/GROßWÖRTERBUCH FÜR EXPERTEN UND UNIVERSITÄT. ITALIENISCH-DEUTSCH, DEUTSCH-ITALIENISCH. Bologna, Stuttgart: Zanichelli, Klett 2001/2002. IL NUOVO DIZIONARIO DI TEDESCO. GROßWÖRTERBUCH ITALIENISCH-DEUTSCH. DEUTSCH-ITALIENISCH. Bologna, Stuttgart: Zanichelli, Klett 22009. PONS WÖRTERBUCH STUDIENAUSGABE ITALIENISCH-DEUTSCH. DEUTSCH-ITALIENISCH. Stuttgart: Klett 2010. IL TEDESCO SMART. Bologna: Zanichelli 2011. DAS PONS WÖRTERBUCH TEDESCO-ITALIANO/ITALIANO-TEDESCO. Stuttgart, Bologna: Klett, Zanichelli 1986. PONS = PONS GROßWÖRTERBUCH FRANZÖSISCH DEUTSCH. Klett: Stuttgart 1996. Sansoni = IL DIZIONARIO SANSONI, DEUTSCH-ITALIENISCH, Italiano-Tedesco. Milano: Rizzoli, Larousse (1975, 62006).
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� Teil III: Lexikographische Projekte
Rufus Gouws
Towards bilingual dictionaries with Afrikaans and German as language pair 1 Introduction A bilingual dictionary with Afrikaans and German as language pair has a vast field to cover within the South African environment. This is due to the small but diverse potential target user group of such a dictionary. In this paper a few aspects of this situation of use will be discussed. The main focus, however, will be on the use of these dictionaries within a broad pedagogical and translation environment. In this regard there are three important questions to which one has to respond. They are: What do we have? What do we need? What should we do to get what we need? This paper suggests that lexicography does not need a new theory for online dictionaries but that existing theory can be adapted to include both printed and online dictionaries in its scope. With regard to online dictionaries the notion of one database from which different dictionaries can be extracted is discussed and suggestions are made for some aspects of the microstructure of online dictionaries.
2 What do we have? Early in the previous century the extent of the local German community in South Africa and the subsequent need for the teaching of German as a foreign language led to the compilation of a few dictionaries with Afrikaans and German as language pair. It was soon clear that only one of these dictionaries, i.e. WÖRTERBUCH/ WOORDEBOEK (Trümpelmann et al. 1983) would eventually be the preferred lexicographic instrument. A decrease in the German community and a severe decrease in the number of learners and students taking German as foreign language resulted in this dictionary not being revised as often or as extensively as needed. The last revision was published in 1983 and since then there has only been a reprint of this outdated edition. The costs of a new edition and the restricted market have previously been given as motivation for the delay in the revision of this dictionary. Albeit of a limited ex-
250 � Rufus Gouws tent there is a real need for a new dictionary with Afrikaans and German as language pair. The needs and reference skills of the potential members of the target user group of such a dictionary differ considerably. Consequently it will hardly be possible to satisfy these needs in a single dictionary. A mere cosmetic or superficial revision will not suffice. Innovative and transformative planning is necessary to produce lexicographic tools that can satisfy all the needs of all the intended target users in all situations of dictionary use.
3 What do we need? The potential target user group of a dictionary with Afrikaans and German as language pair includes secondary school learners, university students following undergraduate and graduate courses in German, people in the field of commerce and industry, tourists, translators, and many more. No single printed dictionary can really be everything to everyone. The economic situation and the limited number of target users do not help to make the publication of a variety of printed dictionaries a viable option. What is needed is a polyfunctional lexicographic tool that can respond to the different needs and reference skills of the previously mentioned diverse potential target user group, (cf. Gouws 2006: 51).
4 How do we get there? There is no chance of having four to eight bilingual dictionaries with Afrikaans and German as language pair printed by any publishing house. Even the chances of a single decent printed polyfunctional dictionary that could suffice the needs of the majority of potential users are rather slim. Lexicographers need to embark on electronic dictionaries (e-dictionaries) but on a project where a single database can be employed in such a way that a number of dictionaries, directed at different target user groups, can be extracted from such a database. A few of the issues relevant to this endeavour will be discussed in more detail. The paper will eventually focus on only two of the categories of target users, i.e. secondary school learners and translators, emphasising the tension between didactics and translation within the field of bilingual lexicography.
Towards bilingual dictionaries with Afrikaans and German as language pair � 251
5 The relevant lexicographic theory One of the questions in the field of metalexicography that still needs a final answer regards the applicable lexicographic theory. Looking at the development and current status of lexicographic theory it is quite clear that it has primarily been devised for printed dictionaries. The application of lexicographic theory has lead to an enhancement in the quality of the lexicographic practice. The emergence of e-dictionaries has confronted metalexicographers with new challenges with regard to a viable and applicable theory. It is generally accepted that the prevailing theory of lexicography, designed for printed dictionaries, cannot be applied in an unchanged way to e-dictionaries. Many aspects discussed in the theory of printed dictionaries, e.g. the article structure and its hierarchical relations, are also relevant for e-dictionaries and in some instances little change is needed to ensure a successful alternative application. However, many aspects are not relevant and a theory for e-dictionaries also needs to focus on issues not applicable to p-dictionaries. The question to be answered by lexicographers is whether we need a wholly new theory for e-dictionaries or whether the theory for p-dictionaries can be expanded and adjusted to provide for both types of dictionaries. Instead of two separate theories, one for p- and another for e-dictionaries, a single general theory of lexicography that makes provision for the mutual features of both types of dictionaries but also for the unique features of each one of these categories constitutes a powerful tool that strengthens the theoretical basis of lexicography. This issue will not receive further discussion in the current paper but theoretically-based comments and suggestions will work with the assumption that there is a single and general unified theory of lexicography that can be applied to both printed and e-dictionaries. In the following sections some aspects from the general theory of lexicography as devised by Herbert Ernst Wiegand over many years for printed dictionaries will be applied to the envisaged edictionaries that constitute the database-linked dictionary series for the language pair Afrikaans and German.
6 Lexicographic process The eventual success of any lexicographic project is co-determined by a welldevised and theoretically based lexicographic process. Besides the different phases of a lexicographic process, as formulated in e.g. Wiegand (1998) and Gouws (2001), the compilation of any dictionary needs to be preceded by the formulation of a clear and unambiguous genuine purpose. This genuine purpose could be the lexicographer's response to the all-important question: “What do I want my user to be able to do with this dictionary?”. In order to have a good idea of the genuine purpose, the target user and his/her needs and reference skills need to be identified. Establishing
252 � Rufus Gouws the genuine purpose will lead to the identification of the lexicographic functions of the envisaged dictionary. To satisfy these functions the proper contents need to be selected and the structures need to be put into place to accommodate and order the contents so that the user can access the data in order to retrieve the needed information to satisfy the question that prompted the consultation process. This planning and compilation may not be done in a haphazard way. For the given project the lexicographic process needs to be divided into two categories, i.e. the primary and the secondary lexicographic process. The primary process is directed at the multi-volume dictionary series whereas each one the dictionaries to be extracted from the database needs to be planed and compiled according to its own secondary lexicographic process.
6.1 One database but many dictionaries The idea of getting a number of dictionaries from a single database is not new. For the language pair Afrikaans and German Gouws (2006) already suggested a new type of text compound, i.e. a so-called polytypological “mother dictionary” from which different dictionaries could be extracted. A much more detailed approach to this problem can be found in Bothma et al. (2011) and (2012). A database could be compiled that includes a wide range of lemma candidates. Deciding on the types of dictionaries, i.e. for tourists, students, people in the field of commerce, etc., the lexical items included as lemma candidates are marked for possible inclusion in one or more envisaged dictionaries. The data types, as determined by the function and genuine purpose of each dictionary, are entered and marked per dictionary type, e.g. a given translation equivalent is marked as being addressed at a particular lemma when that lemma occurs in a dictionary for university students. Searching the treatment of the same lemma in the dictionary for school learners will not render that translation equivalent. With regard to a dictionary of idioms Bothma et al. (2011; 2012) identified no less than thirty six fields in total from which a selection need to be made per specific dictionary article. Within a database-linked dictionary series the extent of the market has no significant role to play. If the planning and marking-up of the database is done in a proper way it could lead to a range of dictionaries of which some may be retrieved very seldom – but they are there to be called on when needed.
6.2 Building a user profile One of the significant features of a process where different dictionaries are extracted from a single database lies in the potential of extracting user-specific and even personalized dictionaries. This is done by means of the setting up of a profile that de-
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termines the selection of specific items for a given dictionary. In the database for a series of bilingual dictionaries with Afrikaans and German as language pair the opening screen when entering the database will offer users the opportunity to define their profile. An early identification of the users resides in determining the direction of the required dictionary and their language proficiency in a specific language. This is done by indicating whether the direction is German>Afrikaans or Afrikaans> German and then by means of features like “beginner”, “intermediate”, “advanced”. In this regard it is important that the user should evaluate his/her language proficiency as honestly and objectively as possible. This is followed by some general classification features, e.g. “secondary school learner”, “university student”, “tourist”, “teacher”, “translator” or “business man”. A next phase introduces function-related features like “text reception”, “text production”, “general knowledge” and “translation”. Each dictionary user builds an own, and even unique, user profile, e.g. Afrikaans>German Intermediate: German university student text production Here the lemma selection from the database focuses on those Afrikaans items marked as relevant for university students. The selection of items for the treatment of a given lemma sign will follow the same route. A user can choose a default profile that will be remembered by the dictionary or he/she may change the profile for each and every consultation. The database designed by Bothma et al. (2011; 2012) made provision for a single occurrence of a given data type. And the choice of a particular dictionary would determine whether a given data type is applicable. Bothma et al. paid no attention to the article structures of their envisaged dictionaries. For the present discussion with its focus on diverse user needs the dictionary structures are of significant importance. This may mean that for a given dictionary more than one occurrence of a particular data type might be desired. The data fields in the present database may therefore include more than one occurrence of a field for a given data type but the population of these fields will be to satisfy different needs of the target user group.
254 � Rufus Gouws
7 Dictionary structures 7.1 The data distribution structure With regard to both the primary and the secondary lexicographic process a clear indication is needed of the relevant data distribution procedures. Some data will be offered in outer texts, compiled for each one of the dictionaries whereas the majority of items will be distributed within the articles of the different dictionaries.
7.2 Utilising outer texts Within printed dictionaries the use of outer texts leads to establishing a full or a partial frame structure, (cf. Kammerer/Wiegand 1998). The fact that an e-dictionary prevailing within the planned database-linked series of dictionaries is never seen as a complete dictionary – users retrieve information from single articles or single outer texts included in the dictionary – implies that such a dictionary does not qualify as having a frame structure. However, this does not diminish the nature and extent of outer texts to be planned for any given dictionary in this series. The planning of a database-linked dictionary series needs to carefully consider employing a well-selected number of outer texts. Albeit that German and Afrikaans are related languages they are not that closely related to qualify for a bilingual dictionary with a single amalgamated lemma presentation as is the case in GROOT WOORDENBOEK AFRIKAANS EN NEDERLANDS (Martin et al. 2011), the bilingual dictionary with Afrikaans and Dutch as language pair. As a carrier of text types the GermanAfrikaans dictionary series needs to be bidirectional with two central lists per extracted dictionary that allow both languages an occurrence as source and as target language. Innovative aspects of such a new dictionary could be included in the outer texts. The data distribution structure of the dictionary needs to allocate a significant body of data to these outer texts. With reference to lexicographic functions convincing arguments have been formulated in favour of a transtextual approach to lexicographic functions (cf. Gouws 2004). In accordance with this principle the functions of a dictionary are not exclusively identified for the central list but also for relevant outer texts. Where a dictionary has a cognitive function, this function should also prevail on the level of the outer texts. Where an envisaged dictionary in the series has a polyfunctional nature, different lexicographic functions need to be satisfied by different outer texts selected for that dictionary. In a database-linked dictionary series the database should therefore include a series of outer texts, marked for use in particular dictionaries and for specific functions. A dictionary for German tourists to South Africa could include outer texts with a cognitive function,
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displaying data regarding the Cape wine routes, the Kruger National Park or even some form of lexicotainment, whereas the cognitive function of a school dictionary could motivate the inclusion of an outer text focusing on certain cultural aspects of the German and Afrikaans speech communities and even some relevant and curriculum-directed edutainment. Looking at the target users a wide range of types of outer texts could be considered. The use of outer texts in the envisaged database-linked dictionary series and the inclusion of texts in the database to be selected as outer texts for the different dictionaries must be planned with cognizance to the data distribution structure of the different dictionaries. Where a given volume is accompanied by one or more outer texts an interactive relation between central list and outer texts is necessary. This implies a link within the articles to a relevant outer text. Within a database-linked dictionary series a different data transfer in each dictionary will be made possible by means of different selection procedures but also different structures. The database has different fields for different data types but, given the extent of the differences between the envisaged dictionaries, often more than one field might be needed for a given data type. These fields should be clearly marked for a particular dictionary, e.g. two fields for cotextual entries – one for a text production dictionary for university students and another for a dictionary directed at translators. The article structures of the envisaged dictionaries need to be planned with meticulous care in order to accommodate the specific data types. In the following paragraphs the focus will be on the nature of the microstructures opted for in the envisaged dictionaries.
7.3 Microstructural issues Online dictionaries usually do not display a full macrostructure because there usually is no ordered set containing all the lemmata. The database contains all the lexical items from which the different lemma candidates for the different dictionnaries are to be selected. In the database each one of these lexical items is marked for its occurrence as potential lemma in one or more volumes of the database-linked dictionary series. Each lemma in each one of the envisaged dictionaries needs a type-specific treatment. The differences in user needs and reference skills imply that each dictionary will have its own article structure and microstructure and the planning of these structures forms an integral part of the early phases of the comprehensive lexicographic process directed at the dictionary series. Each lemma candidate in the database can become the guiding element of one or more articles in one or more volumes included in the dictionary series. In the different dictionaries the same lemma will not necessarily be the guiding element of articles with similar article structures. Each consultation that leads to the successful finding of a search word,
256 � Rufus Gouws presented as lemma in the particular dictionary, confronts the user with a dictionary article. All these articles must be structured in such a way that an optimal retrieval of information is possible and that rapid access to the desired item can be achieved. These suggestions still need to be applied to the lexicographic practice in order to have a model of such dictionaries. When planning the presentation and positioning of the items given as part of the treatment of a given lemma in these dictionaries lexicographers have no formal guidance from a theory of e-lexicography to ensure the best possible article structure. Cognizance needs to be taken of at least two pure text constituent structures, i.e. the article constituent structure (the article structure) and the microstructure as partial structure of the article structure. Also in an e-dictionary the microstructure is a partial structure of and not identical to the article structure. As is the case in pdictionaries the article structure is also established by the microstructure being expanded by means of non-typographical microstructural indicators. The identification of different types of microstructures for printed dictionaries is also relevant for e-dictionaries. Wiegand (1989) distinguishes among others between integrated and non-integrated microstructures. A microstructure is integrated when all the items that do not belong to the comment on form fall within the scope of a particular item giving the meaning and belong to the relevant subcomment on semantics (cf. Wiegand 1989:482), e.g. Dienst, der ~[e]s, ~e 1. (Tätigkeit) werk, diens. seinen ~ antreten aan diens gaan/begin werk ... 2. (Arbeitsverhältnis) pos. den ~ quittieren 'n pos bedank ... da 1: An integrated microstructure
A non-integrated microstructure prevails where all the lemmatically-addressed items giving the meaning occur in the first subcomment on semantics and all items giving examples are ordered in a subsequent subcomment, cf. Wiegand (1989:488), e.g. Dienst, der ~[e]s, ~e 1. (Tätigkeit) werk, diens; (Arbeitsverhältnis) pos. 2. sei nen ~ antreten aan diens gaan/begin werk;.den ~ quittieren 'n pos bedank. da 2: A non-integrated microstructure
Where a dictionary article has no comment on semantics, e.g. in a cross-reference article, cf. Wiegand (1989: 469), it displays a rudimentary microstructure. This term can also be used to refer to an underdeveloped microstructure where the comment
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on semantics does not make any provision for contextual and cotextual items addressed at the translation equivalents. In a seminal contribution Wiegand (1996) introduces the notion of semi-integrated microstructures. This is something new that still needs to be employed in either a monolingual or bilingual printed or electronic dictionary. Semi-integrated microstructures, (cf. Wiegand 1996: 35), are formed by a neatly devised combination of integrated and non-integrated microstructures. Wiegand (1996: 36) gives the following example:
da 3: A semi-integrated microstructure
This article contains six subcomments on semantics, where an integrated microstructure prevails. These integrates are followed by a non-integrated text block that includes additional items giving examples. Up to now the significance of this microstructural type has either been ignored or totally underestimated. Utilising insights
258 � Rufus Gouws from the prevailing general theory of lexicography, albeit primarily directed at printed dictionaries, can enhance the quality of new e-dictionaries. This will eventually be done in the envisaged bilingual database-linked dictionary series with Afrikaans and German as language pair, leading to different articles with semi-integrated microstructures for the different categories of dictionary users.
7.4 Different microstructures for different dictionaries In the following section the attention will be focused on some microstructural issues regarding dictionaries for different categories of users, i.e. secondary school learners and translators. Being compiled in South Africa the volumes in the envisaged dictionary series compiled for school learners will initially primarily supply in the needs of users with Afrikaans as first language and their endeavours to improve their proficiency in German. The planning and compilation of a database-linked dictionary series should not be regarded as an once-off endeavour but rather as an ongoing process, characterised by regular updates in terms of the database, the number of dictionaries in the series as well as the data presentation of these dictionaries. In a next phase school dictionaries could be compiled for users with German as a first language. In the lexicographic presentation and treatment found in the currently available dictionary WÖRTERBUCH/WOORDEBOEK no clear discrimination between the different needs of different user groups can be found. When two user groups like secondary school learners and translators consult the same source each group will have its own problems and the dictionary does not satisfy the needs of either group. Where one and the same dictionary has to deal with both a didactical and a translation assignment tension is bound to rise. This problem could partially be solved by a well-planned multifunctional printed-dictionary. However, such a multifunctional dictionary that aims to suffice the needs of professional translators will most probably not be accessible enough or equally relevant to e.g. secondary school learners. These two user groups do not have the same needs or dictionary using skills. To ensure successful dictionary consultation procedures for the members of these two groups a single dictionary can hardly suffice. This is where the envisaged databaselinked dictionary series plays an important role. Secondary school learners with Afrikaans as first and German as foreign language are in need of both text reception and text production assistance. Due to the nature of their course they need bidirectional lexicographic assistance. However, the dictionaries representing the two directions do not have to be similar. For the German-Afrikaans dictionary the learners will have text reception needs whereas they will need text production guidance in the Afrikaans-German dictionary. The profile a user selects will make provision for these diverse needs. The same secondary school learner with Afrikaans as first language and German as foreign language
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and who is a beginner in terms of language proficiency in German can select text reception as function for the German-Afrikaans dictionary but text production as function of the Afrikaans-German dictionary. Whereas the first dictionary will have a rudimentary microstructure, dominated by items giving Afrikaans translation equivalents for the German lemmata, the second dictionary will have an integrated microstructure in which items giving cotextual guidance display a procedure of immediate non-lemmatic addressing in order to assist the user in finding appropriate illustrative examples for the lemmata. A procedure of addressing equivalence, (cf. Gouws 2002), will ensure that an appropriate example is given for each translation equivalent. By working with a dictionary where the default article structure has a slot for items giving cotextual guidance and where this slot has to be populated as part of the obligatory microstructure the secondary school users get the required text production assistance. The illustrative examples included as cotextual entries may not be selected in a haphazard way. Yet again the typical usage situation and the didactic environment of the users have to be taken into account. The examples need to be corpus-based, albeit that each one does not have to reflect the same form and contents as in the corpus. What is needed here is a dedicated corpus that has been planned and compiled with the specific user in mind. The dictionary base needs to be compiled from sources earmarked as being appropriate for the specific section of the target group. The nature and contents of the cotextual entries may not alienate the users from the dictionary. A similar user-directed approach should be applied in each volume of the dictionary series. This implies that the text production assistance in a dictionary for professional translators will necessarily differ from that of a dictionary for secondary school learners; something that cannot be achieved by a traditional bilingual dictionary that serves a wide-ranging selection of users. It is a well-attested fact in metalexicographic discussion that lexicographic theory may never be remote from the lexicographic practice. Utilising Wiegand's differentiation between different types of microstructures will largely assist the lexicographer to produce a product that can aim to satisfy the specific needs of specific users. Translators need text production guidance but often also an indication of a variety of combinatorial possibilities that are not that relevant to e.g. secondary school learners. In this regard the introduction of a semi-integrated microstructure can be an ideal way of responding to the needs of the users. In a dictionary for translators the lemma candidates can be selected according to user-specific criteria which will differ from the selection for a school dictionary, a tourist dictionary or a dictionary reflecting a treatment of the basic vocabulary. Yet again a distinction needs to be made between translators with German and those with Afrikaans as first language. A first phase in the dictionary series could result in a dictionary for translators with Afrikaans as first language. Although a bidirectional dictionary is needed the two alphabetical components do not have to be identical. For the specific user more guidance is needed in the translation to the
260 � Rufus Gouws foreign language. The German-Afrikaans section could have an integrated microstructure that will help with text production in Afrikaans. Comprehensive text production assistance is not compulsory. The dictionary with Afrikaans as source language could have a semi-integrated microstructure to assist the user in finding German forms for a wide selection of Afrikaans constructions. For a rapid access to core text production assistance the integrated component of the dictionary article should suffice. The text block that contains the non-integrated section could represent an innovative procedure to give wide-ranging cotextual guidance, including collocational assistance. A first field in this text block could contain an ordered set of additional example sentences for the different polysemous senses of the lexical item represented by the lemma sign along with translations of those sentences. These sentences could be organised either as in Wiegand (1996) to reflect the combination with words belonging to specific part of speech classes or it could be non-specific regarding part of speech. A next slot could contain a number of source language collocations with their translation equivalents. This could be a major benefit to translators because collocations are language specific. Rapid access to these collocations is possible without venturing through the preceding sections of the article, cf. the next example (da 4). The non-integrated text block could, if and when needed, be followed by a further search zone in which a text box is given with additional data relevant to the translator. This could focus on problems of usage, false friends, words that are often confused, etc. baan, (s) (bane), 1. der Kurs van baan verander den Kurs wechseln 2. die Umlaufbahn in 'n baan om die maan gaan in die Mondumlaufbahn eintreten 3. das Spielfeld die spelers is reeds op die baan die Spieler sind schon auf dem Spielfeld 4. das Paneel die deur moet een nuwe baan kry die Tür braucht ein neues Paneel .. .. 9. ……….. s.nw (= noun) ….. 1. …. 2. ….. ww. (= verb)… 1. ….2. …. adj. (= adjective)….1. ….2. …. voors. (= preposition)…1. ….2. …. KOLL.: (= collocation) 1. ….2. da 4: A semi-integrated microstructure
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8 Conclusion Diverse groups of users are in need of a new bilingual dictionary with Afrikaans and German as language pair. The nature and extent of these needs differ in such a way that they cannot be satisfied by any single printed dictionary. By linking a series of user-directed dictionaries to a well-devised database in which the entries have been marked as candidates for one or more particular dictionaries different dictionaries can be extracted for different users. Users will have the opportunity to compile a user-specific profile and the extracted dictionary will comply with that profile. Proposals formulated within the existing general theory of lexicography for p-dictionaries can be adapted and applied to e-dictionaries to ensure the production of new dictionaries, characterised by a sound theoretical basis. Different types of microstructures can be used to respond to the needs and reference skills of different user groups and the envisaged dictionary series offers the opportunity to employ the semi-integrated microstructures for the first time and to use them in an extended and innovative way. The envisaged model discussed in this paper is not languagespecific and can enhance bilingual e-lexicography in a significant way. As already indicated the compilation of this dictionary series is an ongoing process. The reflexive component of this lexicographic process also lies in employing a system of simultaneous feedback where users can comment on the dictionaries. This enhances the relevance of items to be included in this multipart multifunctional lexicographic tool.
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David Lindemann
Zweisprachige Lexikographie des Sprachenpaares Deutsch-Baskisch 1 Einführung1 Das seit unbestimmter Vorzeit im Baskenland präsente und keiner Sprachfamilie zugerechnete Baskische gewinnt erst ab Mitte des 16. Jahrhunderts an Bedeutung als Schriftsprache, und dies zunächst fast ausschließlich in klerikalen Kreisen. Zur Blüte einer Literatur und einer systematischen Untersuchung der Sprache kommt es im 17. Jahrhundert beschränkt auf die Gebiete nördlich der Pyrenäen, ab Mitte des 18. und besonders ab Ende des 19. Jahrhunderts auch auf der Südseite. Die hier zu verzeichnenden beachtlichen literarischen und sprachwissenschaftlichen Fortschritte kommen mit der Machtübernahme Francos ab 1939 jäh zum Erliegen: Der Gebrauch des Baskischen in der Öffentlichkeit wird unter Strafe gestellt. Ab den 1960er Jahren kommt es zu einer zunächst zaghaften Wiederbelebung baskischer Institutionen, darunter die Sprachakademie Euskaltzaindia und die Akademie der Wissenschaften Eusko Ikaskuntza (vgl. zur Geschichte des Baskischen in englischer Sprache Hualde et al. 1995; Trask 1997). Das Baskische ist heute neben dem Spanischen offizielle Landessprache in den zum spanischen Staatsgebiet zählenden Regionen Bizkaia, Gipuzkoa und Araba sowie einem Teil Nafarroas. In dem zum französischen Staatsgebiet zählenden Teil des Baskenlands genießt die Sprache keinen derartigen Status. In den erstgenannten drei Gebieten gelten gut 40% der 1,9 Mio. EinwohnerInnen als des Baskischen mächtig (rund 30% als aktiv Sprechende, weitere 11% als passiv Zweisprachige); für das gesamte Baskenland wird die Zahl der aktiv Zweisprachigen mit rund 25% und die der passiven mit 10,5% angegeben (Amt für Statistik EUSTAT, Eusko Jaurlaritza 2011). Heute findet in über der Hälfte der in diesen Gebieten absolvierten Schullaufbahnen der Unterricht überwiegend oder ganz in baskischer Sprache statt. Ein Drittel der knapp 50.000 Studierenden der öffentlichen Universität des Baskenlands entscheidet sich für die Lehre in baskischer Sprache, bei steigender Tendenz (UPVEHU Universität des Baskenlands 2012). Der vorliegende Aufsatz bietet zunächst eine Übersicht über deutsch-baskische Wörterbücher und lexikographische Manuskripte aus dem 19. Jahrhundert (vgl. 1.) und Wörterbücher von 1968 bis heute (vgl. 2.). Im dritten Teil wird die zweisprachige baskische Lexikographie der Gegenwart anhand einfacher quantitativer Verglei|| 1 Dieser Beitrag ist mit Unterstützung der folgenden Forschungsprojekte entstanden: IT665-13 (Regierung des Baskenlands), EC FP7/SSH-2013-1 AThEME (613465) (Europäische Kommission).
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che knapp erörtert. Im vierten Teil führen wir das neue elektronische Wörterbuchprojekt EuDeLex ein, das an der Universität des Baskenlands im Entstehen begriffen ist.
2 Das 19. Jahrhundert Zu den Vorläufern einer Lexikographie des Baskischen können wir die um das Jahr 1500 entstandene baskisch-deutsche Wortliste des Pilgers und Autoren von Glossaren zahlreicher Sprachen Arnold von Harff zählen, editiert von Mitxelena (1964), die sich im Baskenland eines hohen Bekanntheitsgrads erfreut, handelt es sich doch um eines der wenigen schriftlichen Quellen in baskischer Sprache aus dem Mittelalter. Die Heraufkunft einer systematischen Lexikographie (siehe auch Azkarate 1991) stellt sich im Baskenland mit dem über 4.000 Lemmata umfassenden unveröffentlicht gebliebenen baskisch-französischen Wörterbuch von Pouvreau ein (POUV 1665, siehe hierzu Lakarra 1995), gefolgt von dem klassischen Werk des Pfarrers Larramendi, dem 1745 erstmals gedruckten Hiztegi Hirukoitza (LAR). Larramendi möchte mit seinem baskisch-spanisch-lateinischen Wörterbuch den Beweis antreten, es handele sich beim Baskischen, das den Ruf einer rückständigen Bauernsprache genießt, um eine vollwertige Sprache, ebenbürtig dem Spanischen und anderen, die bereits im Begriff sind, dem Lateinischen seinen Rang als Sprache der Kultur und Wissenschaft abzulaufen. Er nimmt das damalige Standardwerk kastilischer Lexikographie, das Diccionario de Autoridades (RAL) zur Hand und findet bzw. erfindet für jedes der dort verzeichneten Lemmata ein baskisches Äquivalent. Die spanische Lemmastrecke, die sich auf 43.000 Einträge beläuft, übersetzt Larramendi mit etwa 40.000 verschiedenen baskischen Äquivalenten (zu Larramendi siehe Lakarra 1993; Urgell 1997). Erst R. M. Azkue soll es mit seinem baskisch-spanisch-französischen Wörterbuch (AZK, 1905-06) gelingen, Larramendi seinen Rang als Klassiker abzulaufen. Es ist Azkues Anspruch, seiner baskischen Lemmastrecke ausschließlich Lexeme zuzufügen, die er selbst bei seinen umfangreichen Feldforschungen sammelt (ausführlich zu Azkue: Sarasola 2002). Die deutschsprachige ein- und zweisprachige Lexikographie zählt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits zahlreiche Werke. In den Jahrzehnten vor und nach dem Erscheinen des Deutschen Wörterbuchs von J. und W. Grimm entstehen zweisprachige Wörterbücher mit Deutsch und anderen modernen europäischen Sprachen, darunter nicht nur Französisch, Englisch und Russisch, sondern auch etwa Neugriechisch, Ungarisch und Portugiesisch. In J. C. Adelungs Mithridates genanntem Sprachatlas kommt auch das Baskische erstmals umfangreich zur Sprache (Adelung 1809). Über den Text verteilt werden dort Übersetzungen baskischer Wörter gegeben, sowie im Anhang fünf baskische Fassungen des Vaterunser. Der Artikel
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„Cantabrisch oder Baskisch“ fällt allerdings dürftig aus, worüber sich J. S. Vater, der Nachfolger Adelungs als Herausgeber des Mithridates und Kenner einiger Quellen zum Baskischen, im Klaren ist. Daraufhin verfasst Wilhelm von Humboldt, der seit 1799 Forschungen zum Baskischen unterhält, eine gründliche Neufassung, die schließlich vom Verleger des Mithridates als Monographie veröffentlicht wird, unter dem Titel „Berichtigungen und Zusätze zum ersten Abschnitte des zweyten Bandes des Mithridates über die cantabrische oder baskische Sprache“ (Humboldt 1817). Dieses Werk enthält das erste einigermaßen umfangreiche baskisch-deutsche Wörterbuch mit etwa 600 Einträgen:
WA1: Humboldt 1817: 33 (Ausschnitt)
Der Beitrag Wilhelm von Humboldts zur Erforschung der baskischen Grammatik ist ausführlich dargestellt (Gómez 1996, 2006; Hurch 2003a, Hurch 2003b; Perlick 1992; Vollmann 2000). Darüber hinaus finden sich im Werk Humboldts umfangreiche Schriften zum Baskenland, die wir der Anthropologie zurechnen können (darunter vornehmlich Humboldt 1909). Eine geplante längere Monographie über das Baskenland und seine Sprache bleibt unvollendet (vgl. Humboldt 1812; Mahn 1857a: IX). In den Berichtigungen berichtet Humboldt von seiner lexikographischen Methode: Larramendis Wörterbuch ist bloß Spanisch-Vaskisch. Da nun diese Anordnung dem Sprachforscher wenig Hülfe gewährt; so ist meine erste Arbeit gewesen, nach dem Larramendischen Lexicon ein anderes Vaskisch-Spanisches (gleichsam ein Register zu demselben) anzufertigen. Dieses, das ich nachher aus andern Hülfsmitteln vermehrt habe, ist dasjenige, dessen ich mich immer bey meinen Arbeiten über das Baskische bediene. (Humboldt 1817: 61)
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In der Tat finden wir die baskischen Lemmata in Humboldt (1817: 15-34) bei Larramendi (LAR) wieder, dort als Äquivalente zu verschiedenen spanischen Lemmata. So übernimmt Humboldt etwa das baskische Verb iracurri und gibt die zwei spanischen Lemmata, zu denen Larramendi jenes Verb als Äquivalent anführt, desgranar (LAR: I, 278) und leer (II, 38), ins Deutsche übersetzt als Äquivalente zu iracurri wieder: „Iracurri, auskörnen, aber im physischen Sinn; auslesen, lesen“ (1817: 25), und zeichnet dabei den Bedeutungswandel jenes Verbs nach. In einigen Fällen zitiert Humboldt ausdrücklich seine sekundären Quellen Astarloa (1803), Harriet (1741) und Pouvreau (POUV). Zuweilen ergänzt er die Einträge mit häufigen Kollokationen oder wörtlich-symmetrischen Übersetzungen der Lemmata, wie etwa in den Einträgen Iragoa und Iratzea/Irailla:
WA2: Humboldt 1817: 25 (Ausschnitt)
Humboldts lexikographisches Schaffen in Bezug auf das Baskische ist zweifellos vielfach umfangreicher als das in den Berichtigungen Gedruckte. Wie er selbst schreibt (1933: 215), beschafft er sich ein Exemplar des Larramendi und beschäftigt sich darüber hinaus nach der Rückkehr von seiner Reise ins Baskenland im Sommer des Jahres 1800 in Paris mit der Kopie lexikographischer Daten aus den Handschriften Pouvreaus. Die kopierten Daten befinden sich heute zusammen mit Abschriften aus dem handschriftlichen baskisch-spanischen Wörterbuch von Aizpitarte (um 1782, kommentiert und editiert in Hurch 2002b: 179-210) sowie aus einem anonymen baskisch-französischen Werk in der Jagiellonischen Bibliothek in Krakau (Kerejeta 1997). Kerejetas Zahlen zufolge übernimmt Humboldt rund 6.000 Einträge aus der Lemmastrecke Larramendis. Dieses Material befand sich in Humboldts baskologischem Nachlass, von dem große Teile seit Jahrzehnten als verschollen gelten (Kerejeta 1997; ausführlich Hurch 2006). Es scheint jedoch, als finden sich Humboldts gesammelte Auszüge aus Larramendi sowie anderes Material in den lexikographischen Kladden aus dem Nachlass des C. A. F. Mahn wieder (MAHN, datiert auf 1840), die sich in Verwahrung der Berliner Staatsbibliothek befinden. C. A. F. Mahn ist Verfasser einiger Druckschriften zum Baskischen, darunter die Monographie Denkmäler der Baskischen Sprache (1857a), die Humboldts Ankündigung einer Schrift (1812) vollständig wiedergibt, und die auch zum Teil ins Französische übersetzt ist (Mahn 1922). Anscheinend plante Mahn darüber hinaus, gewissermaßen als Nachfolger Humboldts, die Herausgabe eines Wörterbuchs:
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Wenn man aber C. A. F. Mahn ausnimmt, welcher ein Wörterbuch der baskischen Sprache verheissen hat, sonst aber in ‚Denkmäler der Baskischen Sprache’ Berlin 1857, sowie in seinen Etymologischen Untersuchungen auf dem Gebiete der romanischen Sprachen 1863 dankenswerthe Beiträge für das Studium des Vaskischen giebt: fand sich seit dem halben Jahrhundert, wo Humboldt dieser Sprache nachforschte, kaum einer in Deutschland, welcher sich ernstlich damit beschäftigt hätte. (Pott 1876: 238)
Das Baskische Wörterbuch Mahns, von dessen Existenz schon Garate wusste (1936: 54), beginnt auf der ersten Seite mit der Überschrift, die Humboldt seinen Auszügen aus Larramendi gibt: Diccionario Bascuence-Castellano para servir de Indice al Diccionario trilingüe CastellanoBascuence y Latin del Padre Manuel de Larramendi. Dialecto Guipuzcoano. Acabado en Paris el mes de Julio 1801.
Nach stichprobenartigen Untersuchungen (hierzu ausführlicher Lindemann 2011) liegt die Schlussfolgerung nahe, dass Mahn die heute verschollene Datensammlung Humboldts kopiert und anschließend zwischen den Zeilen mit Ergänzungen aus anderen Quellen versieht. In dem in Abbildung 1 wiedergegebenen Ausschnitt etwa finden wir zwei Einträge aus Larramendi, dazwischen ein aus Adelungs Mithridates übernommenes Lemma, zusammen mit den dort gefundenen Angaben: „Arrapa, arrapatu, plündern, rapere, arripere“:
Abb. 1: Mahn (ms.): 55 (Ausschnitt)
Zusätzlich zu den Quellen Humboldts, die zu Anfang des Manuskripts (mutmaßlich ursprünglich von Humboldt selbst) aufgelistet sind, und die sich auch an anderer Stelle bei Humboldt finden, kommt hier eine stattliche Reihe weiterer Werke vor, darunter etwa die Grammatiken von Darrigol (1827) und Lécluse (1826) sowie nachweislich auch die baskische Grammatik des Wilhelm van Eys (1867), weshalb die Datierung des Manuskripts auf 1840 wohl korrigiert werden muss. Der tatsächliche Umfang der von Mahn zusammengetragenen Daten und deren Quellen sind noch unerforscht. Es ist ebenfalls nicht sicher geklärt, inwieweit es sich bei dem Material um Kopien von Humboldts Eintragungen bzw. um Mahns Nachträge handelt. Angesichts fehlender graphologischer Untersuchungen kann nicht einmal ausgeschlossen werden, dass es nicht allein Mahn ist, der die Eintragungen in dem Manuskript tätigte. Sicher scheint nur, dass es sich hierbei um die umfangreichste Sammlung lexikographischer Daten handelt, die im 19. Jahrhundert außerhalb der Domänen
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baskisch-spanisch und baskisch-französisch entsteht. An diesem Manuskript aus Mahns Nachlass könnte weitere Forschung demnach lohnen. Der dritte deutsch-baskische Lexikograph des 19. Jahrhunderts ist der Geologe J. v. Charpentier, der sich fünf Jahre in den Pyrenäen aufhält und der sich neben seiner Tätigkeit als Bergwerksdirektor und geologischer Forscher der Grammatik und Lexik des Baskischen widmet. Seine Leidenschaft für das Baskische findet Niederschlag in einem von B. Hurch editierten Manuskript (Charpentier 2002 [1820]) unter dem Titel „Paradigmen Baskischer Declinationen und Conjugationen, nebst einem kleinen Wörterverzeichnisse, in der zu Saint Etienne (Donostiÿ) Hauptdorf des Thales von Baigorrÿ bei Saint-Jean-Pied-De-Port üblichen Mundart“. Als Anhang zu seiner Grammatik, die Hurch im Detail erörtert (Hurch 2002a), findet sich ein 1.400 Einträge umfassendes baskisch-deutsches Wörterbuch, dessen baskische Lemmastrecke in etwa die Lebens- und Interessensbereiche abdeckt, die Charpentier bei seinem Aufenthalt betreffen (ausführlicher Lindemann 2011).
3 Das 20. Jahrhundert Es vergehen über hundert Jahre, bis die deutsch-baskische zweisprachige Lexikographie eine Neuauflage findet. Im Jahr 1968, dem Jahr der Versammlung von Arantzazu, auf der die Grundlagen zur Standardisierung der baskischen Sprache geschaffen werden, erscheint das Wörterbuch des Franz Martin Wilhelm Löpelmann, bis 1938 NSDAP-Mitglied und Ministerialdirigent im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, der sich in seinem Ruhestand auch der baskischen Sprache widmet. Die Wörterbuchartikel seines sogenannten Ethymologischen Wörterbuchs der baskischen Sprache (EWBS) sind deutsche Übersetzungen aus dem baskisch-französischen Wörterbuch von Lhande (LHAN), angereichert mit, so scheint es, frei erfundenen Ideen zur Ethymologie des betreffenden Wortes, ohne jede Quellenangabe. Löpelmanns Auffassung nach ist das Urbaskische eine sog. hamitische Sprache, eine Theorie, die in den 60er Jahren allein von Antonio Tovar vertreten wird (Tovar 1959). Baskologischen Sekundärquellen zufolge ist das Buch das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist: [...] this work is unreliable and downright fanciful. On the one hand, its author shows a peculiar inclination to derive Basque words from Portuguese; on the other, he frequently suggests absurd connections with Sumerian and other improbably remote languages. His fantasies are punctuated by the odd plausible etymology, but the author provides no sources for any of his etymologies, rendering the word almost useless even when it is sober. In short, this volume, in spite of its reassuring title, cannot be trusted and should not be taken seriously. (Trask 1997: 74; vgl. auch Trask 1998: 94; Peillen 2008).
Ein zweiter deutsch-baskischer Lexikograph des 20. Jahrhunderts ist Helmut Kühnel, Autor einer Reihe von Sprachlehrbüchern und Wörterbüchern in der DDR. In
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seinem Ruhestand widmet auch er sich dem Baskischen. Sein Wörterbuch des Baskischen (WDB) von 1999 ist zu seinem Erscheinen bereits veraltet, da seine Grundlage, wie der Autor selbst angibt, das baskisch-spanische Wörterbuch Bi Mila (BMH), die inzwischen beschlossenen Standardisierungen der baskischen Orthographie und Morphologie schon nicht mehr in Rechnung stellt. Der baskisch-deutsche Teil zählt rund 5.000 Lemmata, der deutsch-baskische etwa 8.500. An zahlreichen Stellen wird deutlich, dass Kühnel selbst des Baskischen nicht mächtig ist, denn Lemmastrecke und Angaben zur Polysemie in seiner Hauptquelle erscheinen hier ohne erkennbares Kriterium gekürzt, ebenso erscheinen fehlerhafte Übersetzungen, deren Ursache häufig der Umweg über die spanische Sprache ist, in anderen Fällen aber vollkommen unklar bleibt. Interessant ist allerdings der Anhang zur baskischen Wortbildung, den Kühnel seinem Wörterbuch beigibt, namentlich das Verzeichnis baskischer Suffixe, die jeweils mit deutschen Äquivalenten versehen sind. Diese Aufstellung kann (mit Abstrichen bei der Auswahl der Äquivalente) deutschsprachigen Baskischlernenden von einigem Nutzen sein. Hieraus einige wenige Beispiele: Suffix
Übersetzung
Beispiel
-koitz
-mal, -fach
-kor
Neigung zu, -haft
-keria
-elei, -erei (pej)
-koi
Anhängerschaft, Begeisterung (für)
-tasun
Abstraktum (-heit, keit, -e)
bikoitz – doppelt, zweifach; anizkoitz – vielfach iraunkor – dauerhaft, ugalkor – fruchtbar, izukor – schreckhaft, feige; baikor – optimistisch, bejahend astakeria – Eselei, handikeria – Grosstuerei, Eitelkeit berekoi – Egoist [besser: egoistisch], herrikoi - Patriot [besser: volksnah, volkstümlich] edertasun – Schönheit, garbitasun – Reinheit, Reinlichkeit; askatasun – Freiheit, zintzotasun - Treue [besser: Ehrlichkeit]
Tab. 1: Auszüge aus: Kühnel 1991: 79ff, Ergänzungen DL
Das erste deutsch-baskische Wörterbuch, das die von der baskischen Sprachakademie Euskaltzaindia eingeleiteten Reformen zur Standardisierung des Baskischen berücksichtigt (siehe hierzu Alberdi/Ugarteburu 1999), ist Euskara-Alemana Hiztegia (EAH, 2007), ein Printlexikon im Taschenformat, das laut Umtext 32.400 Lemmata und 4.600 Beispiele und Redewendungen enthält. Zweifellos erfüllt dieses Taschenwörterbuch seine Funktion als spontaner Helfer bei kommunikativen Handlungen. Es kann als das erste Wörterbuch angesehen werden, das dem Benutzer den Umweg über die spanische oder französische Sprache, d. h. unter Umständen auch die Benutzung mehrerer Wörterbücher, ersparen kann; als solches ist es zurzeit noch das einzige Angebot für dieses Sprachenpaar. Darüber hinaus ist dieses Wör-
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terbuch allerdings nicht über Kritik erhaben, was Auswahl der Lemmata, eine angemessene Abbildung der Polysemie, vornehmlich der deutschen, sowie die angeführten Äquivalente angeht. Wie im folgenden Abschnitt deutlich wird, bietet die zweisprachige Lexikographie mit Baskisch in anderen Kombinationen als mit als Deutsch in dieser Hinsicht einiges mehr, von der zweisprachigen Lexikographie mit Deutsch im Allgemeinen ganz zu schweigen.
4 Zweisprachige baskische Lexikographie der Gegenwart Tabelle 2 bietet eine Übersicht über die Größenordnungen, in denen sich die Lemmastrecken der heute führenden zweisprachigen WB mit Baskisch bewegen; zum Vergleich zwei deutsch-spanische Printwörterbücher. Die elektronisch verfügbaren Angebote sind allesamt zu sog. Machine Readable Dictionaries (MRD) umfunktionierte Printwörterbücher. Das Attribut machine readable bezieht sich hier jedoch einzig auf die Lemmastrecke selbst, da die Wörterbuchartikel kein weiteres Markup enthalten, das etwa für erweiterte Suchkriterien zur Verfügung stünde (vgl. Tab. 2). Auch in Bezug auf ihre Mikrostruktur heben sich die meisten der zitierten Werke deutlich von dem ab, was für das Sprachenpaar Deutsch-Baskisch zur Zeit vorliegt, so gliedert ELHES etwas die Polysemie des baskischen Verbs heldu dreizehnfach, MORR neunfach auf; EAH deckt mit den angeführten sechs Äquivalenten vier Lesarten ab, eine Gliederung der Polysemie unterbleibt jedoch.
5 Ein neues elektronisches Wörterbuch: Ein Werkstattbericht Seit bald 30 Jahren ist das Baskische Unterrichtssprache an zahlreichen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen. In der Folge hat für baskisch muttersprachliche SchülerInnen gesondert angefertigtes Lehrmaterial auf dem Büchermarkt Einzug gehalten. Für DaF existiert seit 2007 ein baskisches Lehrbuch (Reuter/Wolff 2007), und die DaF-Didaktik für baskische Muttersprachler kann sich auf einige Untersuchungen stützen (Wolff 2010; Braun 2010; Reuter 2010). Auch aus eigener DaF-Lehrerfahrung wird klar, dass Baskisch-L1-SchülerInnen oft andere Stärken und Schwächen beim Zugang zu DaF haben als SchülerInnen, die ausschließlich romanischer Sprachen mächtig sind, und dass die Grammatik des Deutschen sich vom Baskischen aus oft trefflich erklären lässt; bei Spanisch als Unterrichtssprache gehen diese Vorteile verloren.
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Da ein hochwertiges Wörterbuch zur Zeit noch fehlt, greifen SchülerInnen erfahrungsgemäß zum Spanischen als Brückensprache und schlagen Äquivalente in spanisch-deutschen Werken nach, deren Makro- und Mikrostrukturen den SchülerInnen ein Vielfaches dessen zu bieten haben, was etwa EAH abdeckt. Die Universität des Baskenlands unterhält auf ihren Seiten ein Portal für baskische Grammatik und Wörterbücher, in welches das im Folgenden präsentierte neue deutsch-baskische WB integriert werden soll. Die von der Universität anvisierten Adressaten sind zunächst DaF-Lernende in Schule und Universität sowie ÜbersetzerInnen (Baskisch L1, Deutsch L2). Zunächst soll demnach die Herübersetzung vom Deutschen ins Baskische geleistet werden, die Gegenrichtung in einem zweiten Schritt. Eine Probeversion des Wörterbuchs ist unter dem Titel EuDeLex online einsehbar (http://www.ehu.es/eudelex). Sprachen
Autor/Hrsg., Kürzel
Umfang
MRD online
ES-EU
Sarasola: Zehazki, ZEHAZKI 100.000 Lemmata/Infralemmata
Ja
EU-ES ES-EU
Elhuyar 2006, ELHES
Ja
EU-FR FR-EU EU-EN EN-EU EU-EN EN-EU EU-RU RU-EU EU-NL NL-EU EU-DE DE-EU DE-ES ES-DE DE-ES ES-DE
88.000 Lemmata (+20.000 Infralemmata) Elhuyar 2004, ELHFR 42.000 Elhuyar/Elkar 2007, ELHEN 34.000 Michael Morris 1998, MORR 67.000 Elhuyar 1997, ELHRU 210 Seiten Nordwijk 1996: W.H. Han- 20.000 sen, EUNL Martínez Rubio 2007, EAH 32.400 Slaby-Grossmann-Illig 1999, 330.000 SLGR Langenscheidt Handwörter- 250.000 buch 2010, LHDEES
Ja Ja Ja Nein Nein Nein Nein Nein
Tab. 2: Quantitativer Vergleich Lemmastrecken
5.1 Software Wie bereits bemerkt, beschränkt sich die maschinenlesbare Struktur traditioneller zu MRD umfunktionierter Wörterbücher auf eine Trennung zwischen Lemmazeichen und Wörterbuchartikel. Auch verbreitete Formate für elektronische Wörterbücher wie etwa das opensource-Projekt Freedict (Bunk 2005) sehen keine weitergehende Einteilung der Elemente der Mikrostruktur vor. Solch eine Struktur bildet sich wie folgt
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Abb. 2: XML-Struktur traditionelles MRD
Moderne Dictionary Writing Systems (DWS) wie etwa TshwaneLex (Joffe et al. 2003; De Schryver/Joffe 2005) ermöglichen es auf der Grundlage beliebig erweiterbarer XML-kodierter Mikrostrukturen sogenannte Multifunctional Lexical Databases (zum Begriff s. Pajzs 2009) zu erstellen. Aus einer mithilfe des DWS angelegten Datenbank (in diesem Zusammenhang auch Großtext oder Mutterlexikon genannt (Gouws 2006)) lassen sich unterschiedliche Wörterbücher erzeugen, die auf jeweils andere Wörterbuchfunktionen (zum Begriff s. Tarp 1995; Tarp/Bergenholtz 2005) zugeschnitten sind. Die Darstellung der Inhalte ein und derselben Datenbank kann auch ad hoc an die Bedürfnisse der Benutzenden angepasst werden, wie etwa durch das Ein- und Ausblenden verschiedener Elemente der Mikrostruktur oder den Wechsel der Metasprache des Wörterbuchs. Eine weitere Stärke der beschriebenen Software sind automatisiert und manuell eingefügte Querverweise zu anderen Artikeln oder Hyperlinks in andere Wörterbuchportale. Die XML-Struktur eines solchen Wörterbuchartikels lässt sich wie folgt abbilden (vgl. eine mögliche Druckansicht des Artikels in 5.3):
Abb. 3: XML-Struktur Eudelex
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5.2 Makrostruktur Als Ausgangsmaterial für die deutsche Lemmastrecke ziehen wir die vom Programmbereich Korpuslinguistik des IDS Mannheim entwickelte und unter eine Creative-Commons-Lizenz gestellte korpusbasierte Grundformenliste DEREWO 40.000 heran (IDS 2009). Diese Wortliste gleichen wir mit den Lemmastrecken zweier Großwörterbücher ab (DGW [230.000 Lemmazeichen, PONS [77.000 Lemmazeichen]). Wir dokumentieren den Ausschluss einzelner DEREWO-Listeneinträge zusammen mit dem jeweiligen Ausschlussgrund, um den DEREWO-Entwicklern darüber Rückmeldung geben zu können. Nach Bearbeitung des Buchstaben A, d. h. der ersten 3453 Einträge der (alphabetisch sortierten) DEREWO-40.000, kommen wir zu folgender Zwischenbilanz: 132 der 3453 Einträge haben wir nicht als Lemmazeichen übernommen, davon 101 wegen fehlender Verzeichnung im Duden Großwörterbuch (meist sog. transparente Komposita wie etwa „Abstimmungskampf“, „Arbeitsamtsbezirk“ oder „Arbeitsmarktexperte“, 24 spezielle Eigennamen von Personen oder Organisationen („AOK“) und Topo- oder Hydronyme („Alster“), die wir grundsätzlich nicht aufnehmen, sowie 7 sonstige. Weitere 37 DEREWO-Einträge haben wir in geänderter Form aufgenommen (und uns dabei an der im Duden verzeichneten Form orientiert), wie etwa „Abbrucharbeiten“ statt „Abbrucharbeit“ oder „aufrütteln“ statt „aufrüttelen“. In besagtem Abschnitt der Lemmastrecke haben wir weitere 291 Lemmazeichen aufgenommen, davon 198 aus formalen Gründen (11 Homonyme, 37 Verbinfinitive zu auf DEREWO enthaltenen Partizipien oder Substantivierungen auf -ung, 150 Formen, die weibliche bzw. männliche Personen bezeichnen, und deren gegengeschlechtliches Pendant auf DEREWO verzeichnet ist), sowie weitere 93 trotz Fehlen auf DEREWO nach subjektivem Ermessen ihrer Relevanz durch den Lexikographen bei Durchsicht der Lemmastrecken der als Sekundärquellen benutzten Wörterbücher. Bei der Definition der Homonymie orientieren wir uns im Anschluss an Kempcke (2001: 67) am Kriterium der morphosyntaktischen Disparität als notwendige Bedingung: Besitzen homographe Lemmazeichen unterschiedliche Flexionsmorphologien oder sind sie morphologische Derivate verschiedenen Ursprungs, so gelten sie uns als Homonyme und erscheinen als eigene Lemmata. Es ist im Interesse der Lernenden, Wörter mit unterschiedlicher Flexionsmorphologie zu unterscheiden, die schließlich gesondert gelernt werden müssen. Für die baskische Lemmastrecke, die nach Fertigstellung des deutsch-baskischen Wörterbuchs bearbeitet werden soll, bietet sich zur Adaption das Hiztegi Batua an („vereintes Wörterverzeichnis“), der akademieoffizielle Katalog des standardbaskischen Wortschatzes, der unter einer Creative-Common-Lizenz als XML verfügbar ist und 52.615 Stichwörter zählt. Hierbei lohnt es sich zu erwähnen, dass in dieser frei verfügbaren Datei zu jedem Lemmazeichen eine eindeutige XMLElement-ID verzeichnet ist. Behielte man diese ID über die Lemma- und Äquivalent-
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strecken verschiedener lexikographischer Datenbanken bei (ähnlich wie es im WordNet mit den ID-Nummern der Synsets geschieht), ließen sich wörterbuchübergreifende Querverweise organisieren, ohne das Problem der homograph disambiguation aufkommen zu lassen. Springt man beispielsweise von der deutschen Wortform „sein“ in ein beliebiges deutschssprachiges Wörterbuch, so bekommt man sowohl einen Eintrag zum Verb als auch zum Possessivpronomen zu sehen.2 Ein Verweisen auf die jedem Homographen eigene ID-Nummer nähme der BenutzerIn die Auswahl des gewünschten Homographen ab. Auch Anwendungen wie KWICs könnten bei konsequenter Beibehaltung der ID-Nummern profitieren: man könnte bei automatisch generierten Ergebnisseiten Unangepasstheiten in der Ausgabe von Korpuskonkordanzen aus dem Weg gehen. Im deutschsprachigen Zusammenhang mögen solche Überlegungen angesichts der relativen Marginalität von Homographen in der Lexik des Deutschen und der Vielzahl der bereits etablierten elektronischen Wörterbücher keine große Rolle spielen, doch die stattlichen 5% homographer Formen auf der Lemmaliste des Hiztegi Batua lassen sie interessant erscheinen.
5.3 Mikrostruktur Unser Interesse, zeitnah ein Wörterbuch bereitzustellen, steht im Konflikt mit begrenzten personellen Ressourcen für die Erstellung von Wörterbuchartikeln. Aus diesem Grund treffen wir im Hinblick auf die Prioritätensetzung im lexikographischen Arbeitsplan pragmatische Entscheidungen. Die zentrale Funktion des Wörterbuchs in seiner ersten Version ist eine für baskische DaF-Lernende aufschlussreiche Diskriminierung der Polysemie deutscher Lemmata. Die Äquivalente werden mit zusätzlichen Angaben versehen, sofern diese in diesem Sinne hilfreich erscheinen, wie Angaben zu Fachgebiet und Register und die Anführung von Synonymen und Beispielsätzen (vgl. WA 3). Nach Fertigstellung und Nutzbarmachung der ersten Version sollen in einem zweiten Arbeitsschritt alle Einträge mit diesen Angaben versehen werden. Lediglich im Hinblick auf die Sachgebietsbezeichnung erstreckt sich ein Anspruch auf Vollständigkeit schon auf die erste Version.
|| 2 In einigen Wörterbüchern ist ein dritter Homograph verzeichnet: „sein“ als flektierte Form zum Personalpronomen „er“.
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WA 3: Ausschnitte aus Eudelex
5.3.1 Wörterbuchartikel zu Substantiven Gemäß den in Abschnitt 5.2 dargestellten Kriterien geben wir die Angaben zum Lemmazeichen Ausdruck in zwei Wörterbuchartikeln wieder (vgl. WA 4). Die üblicherweise angegebenen Genitiv- und Nominativ-Plural-Formen bieten der BenutzerIn zusammen mit der Genusangabe die zur Diskriminierung und zum Erlernen benötigte morphologische Information.
WA 4: Ausschnitte aus Eudelex
Der syntaktischen Kategorisierung untergeordnet folgt die Aufschlüsselung der Polysemie. Hierbei versuchen wir, den Asymmetrien in der Lexikalisierung (zum Begriff s. Hartmann 2007: 33) im Deutschen und Baskischen Rechnung zu tragen. Lexikalische Asymmetrie einer Gruppe von Hyper- und Hyponymen lässt sich beispielhaft etwa wie folgt darstellen, wobei deutlich wird, weshalb der Griff zum Lexikon einer Brückensprache bei Fehlen brauchbarer Nachschlagewerke für das gefragte Sprachpaar in die Irre führen kann, und weshalb die Polysemie eines deutschen Wortes von Zielsprache zu Zielsprache lexikographisch unterschiedlich abgebildet werden muss:
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Abb. 4: Asymmetrische Lexikalisierung
Die Einträge zu den o.a. deutschen Begriffen erhielten demnach die folgenden Äquivalente: Holz
1. egur, zur; 2. ohian, baso
Gehölz
baso, zuhaizti
Wald
ohian, baso
Forst
baso, zuhaizti (ustiatu)
Brennholz
su-egur
Feuerholz
su-egur
Bauholz
(eraikuntza) zur
Tab. 3: „Holz“ und Hyponyme sowie baskische Äquivalente
5.3.2 Wörterbuchartikel zu Verben In Anlehnung an in deutschsprachigen Lernerwörterbüchern etablierte Mikrostrukturen (Langenscheidt Handwörterbücher, PONS Großwörterbuch DaF) hierarchisieren wir die Angaben zum Verb zunächst nach dem syntaktischen Kriterium der Transitivität und des reflexiven/reziproken oder unpersönlichen Gebrauchs. Nach eigener Erfahrung als Wörterbuchbenutzer und DaF-Lehrer ist diese Hierarchisierung der Angaben zum Verb sinnvoll: Bei der Textproduktion in der Fremdsprache Deutsch ist die mögliche transitive bzw. intransitive Verwendung eines Verbs oft Gegenstand der Suche. Bei der Textrezeption gibt diese Einteilung eine erste Orientierung bei längeren Wörterbuchartikeln, wie auch andere AutorInnen befinden
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(Marello 2010; Dentschewa 2006: 124f). Auch in Lehrbüchern findet sich diese Meinung wieder: In principle, one should start by subdividing the entry according to the facts about the lemma that are already known to the users, i.e. its formal and syntactic properties, and then proceed to subdivide each section according to semantic criteria (Baunebjerg Hansen 1990: 139). In practice, however, this method is seldom applied, and in most cases it is, after all, meaning that forms the basis of the subdivision of the entry. (Svensén 2009: 278)
Die Kritik an diesem Konzept beruht darauf, die Fähigkeit der z.T. noch jungen WörterbuchbenutzerInnen in Abrede zu stellen, grammatische Grundbegriffe wie etwa Transitivität zu lernen und mit ihnen umzugehen. Als Alternative bietet sich hier ein Labelling wie in PONS an: „Mit OBJ, Ohne OBJ, Mit SICH“.3
WA 5: Ausschnitte aus Eudelex
Einem Dauerproblem im Lernprozess von DaF, der Hilfsverbselektion, wird Rechnung getragen, indem das passende Hilfsverb jeweils angegeben wird. Im Interesse einer angemessenen lexikographischen Abbildung der Verbvalenz, die wie etwa in WA5 die BenutzerIn nicht nur bei der Textproduktion über eine korrekte Anbindung der Aktanten mittels Präpositionen aufklärt, sondern umgekehrt auch bei der Textrezeption zur Diskriminierung der Polysemie des deutschen Verbs aufschlussreich sein kann, bedienen wir uns sogenannter „Valenzformeln“ (PONS: 12). Im Einklang mit der zunächst anvisierten Wörterbuchfunktion und zur Abgrenzung des lexikographischen Arbeitsvolumens leisten wir im ersten Arbeitsschritt keine Übersetzung der deutschen Valenzformel. Dies könnte bei einer Erweiterung der bestehenden Mikrostruktur im Sinne einer Nutzbarmachung des Wörterbuchs etwa für deutschsprachige Baskischlernende wie folgt aussehen:
|| 3 Mit „OBJ“ ist hier nur ein Akkusativobjekt gemeint, und nicht ein Dativobjekt, was irreführend sein kann. Der Begriff „transitiv“ scheint uns hier angemessener, zumal die Eigenschaft Transitivität im Baskischen ein Subjekt im Kasus Ergativ fordert, im Unterschied zum Subjekt im intransitiven Satz (Absolutiv). DaF-Lernende mit Baskisch L1 sind es daher gewohnt, Transitivität als syntaktisches Merkmal zu identifizieren.
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WA 6: Ausschnitte aus Eudelex
Mittels Valenzformeln geben wir auch syntaktische Eigenschaften der Verben an, die in der groben Einteilung in Artikelsektionen keine Berücksichtigung finden, bei transitiven Verben vornehmlich die Ditransivität („jmdm. etw.“). Reflexive und reziproke Strukturen mit einem im Dativ stehenden Reflexivpronomen erscheinen im Gegensatz zum im Akkusativ stehenden Pronomen nicht in der Sektion „mit SICH“, sondern als transitives Verb mit der Zusatzangabe „sich (Dat.) etw.“.
WA 7: Ausschnitte aus Eudelex
5.3.3 Wörterbuchartikel zu Adjektiven und Adverbien In Bezug auf Adjektive und Adverbien müssen wir uns Symmetrien und Asymmetrien in der Morphosyntax der Sprachen Deutsch und Baskisch vor Augen halten. Wie die folgenden Wörterbucheinträge (WA8) deutlich machen, erfordern attributiv bzw. adverbial gebrauchte deutsche Adjektive die Bereitstellung morphologisch oder lexikalisch unterschiedlicher baskischer Äquivalente. Das attributive Adjektiv muss im Deutschen wie im Baskischen flektiert werden (es handelt sich um den Bestandteil eines Nominal- bzw. Determinativsyntagmas), während das adverbial gebrauchte in beiden Sprachen undekliniert bleibt (was wiederum Kennzeichen eines Adverbialsyntagmas ist). Im Baskischen erfordert der Kategorienwechsel im Gebrauch, gemeint ist der Gebrauch gewisser Lexeme als Adjektiv bzw. Adverb, gewisse Affixe (wie etwa -ki, -to, -ka bei Adverbien, -ko bei Adjektiven), was auch für einige Lexeme des Deutschen gilt (vgl. alleinADV vs. alleinigADJ). Das baskische Äquivalent für deutsche Adjektive und Adverbien kann auch aus einem Postpositionssyntagma bestehen (vgl. jendetasunNOM-ezPostP, anständig, ‚mittels Anständigkeit‘).
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WA 8: Ausschnitte aus Eudelex
In diversen Fällen bleiben Lexeme beider Sprachen nur einer der beiden Kategorien vorbehalten, d. h. diese können nicht mit Affixen modifiziert und für die jeweils andere Kategorie gebräuchlich gemacht werden. Da in diesem Zusammenhang keine einheitlichen Regeln gelten, weder für deutsche noch für baskische Lexeme, ist ein Wörterbucheintrag, der den Gebrauch eines Adjektivs als Attribut bzw. Adverb ausdrücklich als möglich verzeichnet und mit jeweils korrekten Äquivalenten versieht, besonders für Sprachschülerinnen u. E. sinnvoll (s. WA 8 und 9). Entsprechend sollten auch für das deutsche Adverb Äquivalente für den Gebrauch in einer adverbialen Bestimmung bzw. für den Gebrauch als Prädikatsnomen nicht fehlen: Ein prädikativer Gebrauch eines deutschen Adverbs („Jazz ist andersADV“) erlaubt keine Flexion; anders im Baskischen, wo der äquivalente Gebrauch ein Adjektiv verlangt, d. h. die Flexion dringend erfordert („Jazz-a ezberdinADJ-aDET/bestelakoADJ-aDET da“).
WA 9: Ausschnitte aus Eudelex
Für einen attributiven Gebrauch deutscher Adverbien gilt dasselbe: „dieDET SitzungNOM gesternADV“ vs. „[atzoADV-koPOSP batzarNOM]-raDET“. Im Wörterbuchartikel werden also für deutsche Adverbien zunächst nicht flektierbare, für einen prädikativen oder attributiven Gebrauch desselben Adverbs dagegen in einer gesonderten Sektion flektierbare Äquivalente gegeben.
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5.4 Korpuskonkordanzen Die Korpuslinguistik ist aus der lexikographischen Werkstatt nicht mehr wegzudenken. Lemmastrecken, Frequenzangaben, Kollokatoren und Beispielsätze können heute mit Unterstützung computerlinguistischer Methoden gewonnen werden. Die Belegstelle aus dem Korpus als Beispielsatz im Wörterbucheintrag hat den vom Lexikographen erfundenen Beispielsatz verdrängt. Doch nicht nur in Wörterbucheinträgen, auch auf den Ergebnisseiten elektronischer Wörterbücher finden sich zunehmend die aus der Korpuslinguistik bekannten KWICs (key word in context) wieder: Das betreffende Lemma erscheint dort in beliebiger flektierter Form im Zusammenhang mit dem in den Korpora enthaltenen Sätzen; das sind unter Umständen viele Tausende. Eine Abbildung zweisprachiger Konkordanzen ist ebenfalls möglich, sofern für das betreffende Sprachenpaar parallele Korpusdaten zur Verfügung stehen. Der Gewinn für das Wörterbuch besteht in der Tatsache, dass die von der ÜbersetzerIn gewählten kontextabhängigen Äquivalente zum Lemma oft nicht den im kontextfreien Wörterbucheintrag genannten entsprechen und letzteren mithin sinnvoll ergänzen (Teubert 2002). Für das Sprachenpaar Deutsch-Baskisch befindet sich an der Universität des Baskenlands ein paralleles Korpus in Entwicklung (Sanz Villar 2013; Zubillaga 2012, 2013; Lindemann 2013). Dieses für beide Sprachen zur Zeit je rund 2 Millionen Wörter umfassende Korpus literarischer Übersetzungen vom Deutschen ins Baskische steht für die Dokumentation im lexikographischen Prozess bereits zur Verfügung und soll darüber hinaus auch für die Anzeige als KWIC auf den Ergebnisseiten des geplanten Wörterbuchs nutzbar gemacht werden.
6 Schlussfolgerung In Teil 1 und 2 haben wir die lexikographischen Vorläufer für das Sprachenpaar Deutsch-Baskisch im Überblick dargestellt. Einerseits mag es erstaunen, dass bereits im 19. Jahrhundert zweisprachige Wörterbücher zu diesem Sprachenpaar vorgelegt wurden, und die Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert und bis ins erste Jahrzehnt des 21. mögen ihre Funktion zumindest teilweise erfüllt haben. Andererseits ist klar geworden, dass für dieses Sprachenpaar bis heute eine Lücke klafft: Es liegt bisher kein zweisprachiges Wörterbuch vor, das die folgenden Bedingungen erfüllt: Berücksichtigung der heutigen baskischen Standardsprache (euskara batua), eine Makrostruktur, die das lexikalische Repertoire der beiden Sprachen in angemessener Weise abdeckt, eine Mikrostruktur, die vor allem SprachschülerInnen geeignete Informationen an die Hand gibt, sowie nicht zuletzt der Zugang zum Wörterbuch über das Internet. Im Interesse, zur Schließung dieser Lücke etwas beizutragen, stehen wir nicht nur vor der Aufgabe, Desiderata für Makro-und Mikrostruktur angemessen zu defi-
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nieren, sondern wir müssen uns angesichts begrenzter finanzieller und personeller Ressourcen auf das Machbare beschränken, wenn wir ein neues lexikographisches Projekt ins Leben rufen und unterhalten wollen. Dies zwingt uns zu pragmatischen Entscheidungen im lexikographischen Arbeitsablauf. Da eine kommerzielle Perspektive für unser Sprachenpaar angesichts begrenzter Absatzchancen kaum besteht, dürfte sich die deutsch-baskische zweisprachige Lexikographie auch weiterhin im universitären Rahmen weiterentwickeln. Die Universität bietet im Gegensatz zur kommerziellen Lexikographie die Möglichkeit, eine open-source-Politik zu verfolgen, und dies in doppelter, lexikographischer und metalexikographischer Hinsicht: Allgemein zugängliche Datensätze und allgemein zugängliche Werkstattberichte. Diese der universitären Lexikographie eigenen Chancen wollen wir nicht ungenutzt lassen.
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Joern-Martin Becker
Große Sprachen, kleine Sprachen Perspektiven für die Lexikografie in der Slawistik
1 Was sind große, was sind kleine Sprachen? Die Lexikografie ist in der Slawistik gut aufgestellt. Es gibt eine große Zahl an Wörterbüchern aller Typen und vieler zur slawischen Gruppe gehörender Sprachen. Dabei fällt natürlich auf, dass es große Sprachen mit einer Vielzahl an Sprechern bzw. Muttersprachlern und mit einer gewissen internationalen oder regionalen Bedeutung für Mittel-, Ost- oder Südeuropa gibt. Aber es existieren unter den slawischen Sprachen auch mehrere kleinere und eher unbekannte, sehr kleine, Sprachen sowie einer standardisierten Sprache nahe kommende Dialekte. Wie lässt sich die „Größe“ einer Sprache bestimmen? Nach den Sprecherzahlen allein zu gehen ist schwierig, da sie zum einen dynamisch, heterogen und schwer zu erheben sind und zum anderen zu ihrer Erhebung in verschiedenen Statistiken unterschiedliche Kriterien angelegt werden. So wird zwischen den Muttersprachlern und den anderssprachigen Nutzern der entsprechenden Amtssprache in einem Staat nicht immer klar unterschieden. Auch werden von den Statistikern manchmal die Muttersprachler kleinerer slawischer Sprachen ignoriert, die sich zu einem oft nur geschätzten oder gar nicht erfassten Teil im Ausland bzw. in der Diaspora befinden. Dennoch lassen sich aufgrund dieser eher unsicheren Zahlen grob drei Gruppen von slawischen Sprachen zusammenfassen: Sprachen mit über zehn Millionen, Sprachen mit über einer Million und schließlich Sprachen mit unter einer Million Muttersprachlern im In- und Ausland, oft ohne genaue statistische Grundlagen. Zu den Sprachen mit einer großen Zahl von Sprechern können wir etwa das Russische, das Polnische, das Ukrainische, das Tschechische, das Serbische und vielleicht noch das Bulgarische zählen.1 In die Gruppe der Sprachen mit einer mittleren Anzahl von Muttersprachlern gehören das Weißrussische2, das Slowakische, das
�� 1 Ich beziehe mich hier und im Folgenden auf die Zahlen der Autoren in Rehder (42003): Muttersprachler im In- und Ausland des Russischen bis zu 129 Mio. (Berger 42003: 49), des Polnischen bis zu 49 Mio. (Birnbaum/Molas 42003: 145), des Ukrainischen bis zu 40 Mio. (Schweier 42003: 94), des Tschechischen bis zu 11 Mio. (Vintr 42003: 194), des Serbischen bis zu 12 Mio. (Rehder 42003a: 279), des Bulgarischen bis zu 9 Mio. (Hill 42003: 310). 2 Hier und auch bei anderen slawischen Sprachen müsste für eine korrekte Bewertung zusätzlich untersucht werden, wie viele der Muttersprachler das Weißrussische aktiv beherrschen und tatsächlich in verschiedenen Domänen nutzen. Vgl. dazu auch Bieder (42003: 110-125).
288 � Joern-Martin Becker Slowenische, das Kroatische, das Bosnische3 und das Mazedonische. Als Kleinstsprachen werden in diesem Beitrag das Russinische (ca. 973.000 Sprecher in den ukrainischen Karpaten und anderen mittel- und südeuropäischen Staaten, aber auch in Kanada und den USA)4, das (West-)Polessische (in Polen und Weißrussland)5, das Ober- und das Niedersorbische (55.000 bzw. 12.000 Sprecher in den deutschen Bundesländern Sachsen und Brandenburg)6, das Kaschubische (50.000 Sprecher an der polnischen Ostseeküste)7, das Burgenland-Kroatische (19.000 Sprecher in Österreich)8, das Moliseslawische (ca. 4000 oder weniger Sprecher in Mittelitalien)9, das Resianische (ca. 3000 oder weniger Sprecher in Slowenien und Nordostitalien)10 und einige weitere Idiome bezeichnet, die zwischen dem Status eines Dialektes und dem einer Sprache stehen. Weitere Kriterien zur Bestimmung der „Größe“ einer Sprache sind der Grad ihrer Standardisierung und ihre historische Entwicklung zu einem Status als Literatursprache für eine Nation oder als Amtssprache für einen Staat. Aufgrund dieser Kriterien werden natürlich vor allem Minderheitensprachen zu den weniger wichtigen Sprachen gezählt, während die Muttersprachen von Titularnationen mehr Chancen haben, als „groß“ wahrgenommen zu werden, und manchmal als Verkehrssprache über das ursprüngliche Sprachgebiet hinaus Bedeutung erlangen. Vor allem aber der Standardisierungsgrad trägt zu einer bestimmten Wahrnehmung bei. So gibt es zwar nur ca. 70.000 Sorbischsprecher in Deutschland, aber die Pflege, Normierung und Etablierung der beiden Varianten des Sorbischen haben diese Idiome zu wichtigen und vor allem bekannten Vertretern in der Welt der Slavia gemacht, während etwa das von mehr Menschen gesprochene Russinische oder das Kaschubische noch �� 3 Für diese beiden Balkansprachen und das Serbische erschweren die statistische Erfassung ihr ungeklärter linguistischer Status als Einzelsprachen und die fließenden Übergänge zwischen den einzelnen Idiomen in einem gemeinsamen Dialektkontinuum. 4 Zahl aus Duličenko (42003a: 126). 5 Genaue Zahlen wurden wohl zuletzt 1939 in einer polnischen Volkszählung in der damaligen polessischen Woiwodschaft erhoben. Dabei bekannten sich 700.000 von 1,1 Millionen Einwohnern in der Woiwodschaft, „Hiesige“ statt Polen, Weißrussen, Russen oder Ukrainer zu sein (Luft 42003: 141). 6 Zahlen aus Stone (42003a: 178 und 42003b: 188). Zur Frage, ob es sich dabei heute noch um zwei Sprachen handelt oder ob es nicht gerechtfertigt ist, angesichts des Rückgangs der NiedersorbischSprecher und aus sprachpolitischen Gründen nur noch vom Sorbischen als einer „polynormierten Standardsprache“ zu sprechen, äußert sich ausführlich Roland Marti (1990: 79). In diesem Beitrag werden beide Varietäten auf Grund der linguistischen Perspektive und einer nach wie vor vorhandenen differenzierten Wörterbuchlandschaft getrennt. 7 Die Frage, ob es sich bei dieser sprachlichen Varietät „nur“ um einen polnischen Dialekt handelt, soll an dieser Stelle nicht ausführlich behandelt werden. S. dazu Edward Breza in Rehder (42003: 171-177). Dort ist auch die Sprecherzahl entnommen. 8 Zahl aus Neweklowsky (42003: 268). 9 Zahl aus Breu (42003: 274). 10 Zahl aus Duličenko (42003b: 246).
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immer als Dialekt bzw. Idiom gewertet werden und den Status einer Literatursprache nicht erreicht haben. Eng verbunden mit Status, Standardisierung und Normierung ist auch die kulturelle und politische Bedeutung einer Sprache. Natürlich haben Amtssprachen oder die 23 Arbeitssprachen der EU, zu denen unter anderem auch das Slowakische und das Slowenische gehören, ein ganz anderes politisches Gewicht und ihre Sprecher quantitativ und finanziell mehr Möglichkeiten, sich in der Muttersprache kulturell zu entfalten. Große bzw. Amtssprachen sind immer auch Mehrheitssprachen, während die kleineren und Kleinstsprachen oft einen Minderheitsstatus in einem Land haben und somit meist sozial und kulturell durch Assimilation und Abwanderung vor einer „Mehrheitssprache zurückweichen“ (Marti 1990: 13). Außerdem ist zu bemerken, dass die Bewertung einer slawischen Sprache als wichtig und bedeutend immer auch mit der subjektiven Einstellung zu tun hat. Ein weiteres wichtiges Merkmal der so genannten großen Sprachen ist es, dass ihr Wortschatz in allen Domänen gut ausgebaut ist und es entsprechend eine große Zahl an allgemeinen und speziellen Wörterbüchern gibt. Für die russische Sprache z. B. finden wir zwei- und mehrsprachige Wörterbücher jeder Art und zu jedem speziellen Thema, Fach oder für einzelne soziale Gruppen. Allein das Wörterbuch der Wörterbücher von Lesnikov (2002) versammelt 3555 (meist einsprachige) Printwörterbücher zu verschiedenen sprachlichen Gegenständen oder fachlichen Themen. Das erschwert im Bereich der Lexikografie der russischen Sprache oft die Suche nach Ideen für neue Wörterbücher, die mit dem Ausloten bestimmter Trends im beruflichen oder kulturellen Alltag verbunden ist. Es kann einerseits festgestellt werden, dass eine intensive und durch den Staat geförderte Sprachpflege einer Titularnation in kleinen wie auch großen Ländern mit einer entsprechenden lexikografischen Forschung und finanziellen Mitteln das Schreiben und Herausgeben von Wörterbüchern unterstützt. Andererseits gibt es aber auch Bemühungen in Ländern wie Deutschland, Österreich oder Polen, die Sprachen der Minderheiten nicht nur zu schützen, sondern auch mit finanziellem und institutionellem Einsatz zu fördern.11
�� 11 Siehe dazu zum Beispiel im „Gesetz zur Ausgestaltung der Rechte der Sorben (Wenden) im Land Brandenburg (Sorben[Wenden]-Gesetz - SWG)“ vom 7. Juli 1994. http://www.bravors.brandenburg.de/sixcms/detail.php?gsid=land_bb_bravors_01.c.47208.de (24.11.2013) und im „Gesetz über die Rechte der Sorben im Freistaat Sachsen (Sächsisches Sorbengesetz – SächsSorbG)“ vom 31. März 1999; http://domizna.org/fileadmin/domizna/upload/software/serbscinu_nalozowac/1999_saechs_sorbg.pdf (24.11.2013).
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2 Wie ist die Lexikografie kleiner slawischer Sprachen aufgestellt? 2.1 Die Lexikografie des Ober- und Niedersorbischen In Deutschland gibt es seit 1992 für die Erforschung und Verbreitung der ober- und niedersorbischen Minderheitensprachen das Sorbische Institut, das auf das 1951 in der DDR gegründete Institut für sorbische Volksforschung zurückgeht und auf den Gebieten der Kultur-, Geschichts- und Sprachwissenschaften publiziert (Lewaszkiewicz 2002: 352). Somit entstand im Verlaufe eines halben Jahrhunderts eine Anzahl an Wörterbüchern, die für diese beiden Sprachen mit nur wenigen Sprechern beachtlich ist. Zusammen mit den von weiteren Verlagen herausgebrachten und auch den vor dem Zweiten Weltkrieg erschienenen Titeln wurden seit dem 18. Jahrhundert ca. 40 ein-, zwei- oder mehrsprachige Wörterbücher zum Ober- und/oder Niedersorbischen geschrieben, darunter auch Spezialwörterbücher, z. B. eines zu Neologismen von Jentsch/Pohontsch/Šołćina (2006), ein historisch-etymologisches Wörterbuch von Schuster-Šewc (1980-1996), ein Orthografiewörterbuch von Völkel (1970, 52005), ein dreisprachiges Phraseologismenwörterbuch von Ivčenko/Wölke (2004), zwei Sprichwörterbücher von Hose (1996) und Hose/Mieder (2004), ein obersorbisch-polnisches Wörterbuch der Falschen Freunde von Leszczyński (1996) und verschiedene Schulwörterbücher von Hannusch/Pohontsch/Starosta (2012), Langerowa/Šołćina (22007) oder Krygarjowa (2004). Bereits 1957 wurden das terminologische „Hilfswörterbuch“ von Jakubaš und 1966 ein terminologisches Wörterbuch der Landwirtschaft von Jentsch verlegt. Außer den ober- und niedersorbischen Übersetzungswörterbüchern für das Deutsche sind auch solche für das Polnische, Russische und Englische erschienen. Zudem sind zwei sehr umfangreiche Wörterbücher, das deutsch-obersorbische Wörterbuch von Jentsch/Jentsch (1989) und das niedersorbisch-deutsche Wörterbuch von Starosta (1999) digitalisiert und auch im Internet veröffentlicht worden.12
2.2 Die Lexikografie des Kaschubischen Wie in der brandenburgischen und sächsischen Lausitz überlebten auch an der pommerschen Ostseeküste slawische Sprachen die Zeit des spätmittelalterlichen Landesausbaus und der starken Siedlungsbewegungen seit Ende des 12. Jahrhunderts. „Überlebende“ dieses Sprachensterbens waren dort im 19. Jahrhundert die
�� 12 http://www.boehmak.de/ und http://www.dolnoserbski.de/ (24.11.2013).
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kaschubischen und slowinzischen Dialekte nahe der deutsch-polnischen Grenzregion. Ende des 19. Jahrhundert gab Otto Knoop (1890) eine Sammlung der von ihm als „Fremdwörter im hinterpommerschen Platt“ bezeichneten slawischen Ausdrücke heraus, von denen der größte Teil von den dortigen Fischern stammte. Das erste Wörterbuch, das von einem Kaschuben geschrieben wurde, erschien Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Titel: Kleine Sammlung kaschubischer Ausdrücke, die mehr Ähnlichkeit mit dem Russischen als mit dem Polnischen haben (Ceynowa 1850). Mit diesem Glossar versuchte Ceynowa vor allem das Kaschubische als eigenes Idiom gegenüber dem Polnischen herauszustellen und die offensichtlichen Polonismen aus dem Wortbestand des Kaschubischen zu streichen. Ende des 19. Jahrhunderts folgten ein vergleichendes kaschubisch-polnisches Wörterbuch von Berka (1891), das Słownik kaszubski porównawczy, sowie ein umfangreiches Wörterbuch zum Kaschubischen von Ramułt (1893), das Słownik języka pomorskiego czyli kaszubskiego, dessen Titel allerdings deutlich macht, dass die damalige Forschung bzw. Lexikografie das Pomoranische und das Kaschubische noch nicht klar voneinander trennen mochte. Weitere frühe deutsche und polnische Untersuchungen und Materialsammlungen zum Kaschubischen und anderen pomoranischen Idiomen stammen um die Jahrhundertwende von Pobłocki (1887), Bronisch (1896), Nitsch (1903) oder Rudnicki. In den Jahren 1933 bis 1937 arbeitete Friedrich Lorentz nach eigenen Worten an einem Wörterbuch, das „alle in der kaschubischen Literatur vorkommenden Wörter aufnehmen“13 sollte. In seinen Grundsätzen für die Anlage des pomoranischen Wörterbuchs spricht Lorentz (1958: XVII) allerdings von einem „pomoranischen Wörterbuch“ und einer „pomoranischen Volkssprache“, zu der er alle ihre noch lebenden sowie im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts ausgestorbenen Dialekte zählte. Das bedeutet, dass er nicht nur die heute noch existierende kaschubische Sprache einbezieht, die nur eine von mehreren westslawischen und nichtpolnischen, eng miteinander verwandten Varietäten in Hinterpommern (heute polnische Woiwodschaft Westpommern) und Pomerellen (heute polnische Woiwodschaft Pommern), zwischen Stettin und Danzig, ist. Der streng wissenschaftliche Ansatz und die Qualität dieses nach seinem Tode und nach dem II. Weltkrieg von Friedhelm Hinze weitergeführten Wörterbuches zeigt sich in der Genauigkeit der phonetischen Transkription, den Angaben zur geografischen Verbreitung, zum syntaktischen Gebrauch und zu den deutschen Entlehnungen14, wobei Lorentz (1958: XVII) streng zwischen Augenblicksentlehnungen und Lehnwörtern unterscheidet. Zudem nahm er offensichtlich literarische Neubildungen genauso wenig auf wie die zwar in pomoranischer Lautgestalt auftretenden, aber in der kaschubischen Alltagssprache nicht gebrauchten polnischen �� 13 So in einem Brief in der Einleitung von Friedhelm Hinze in Lorentz (1968-1970: XVI). 14 Hinze in Lorentz (1968-1970: XVII) zit. hier Vasmer, Max (1943): Bericht über die Arbeiten der Slavischen Kommission. – In: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Öffentliche Sitzung zur Feier des Jahrestages König Friedrichs II. am 25. Januar 1943. Berlin, XXXV.
292 � Joern-Martin Becker Wörter, die den starken Druck der nahen und verwandten polnischen Sprache verraten (Lorentz 1958: XIX). Nach dem Krieg fand eine zaghafte Förderung des Kaschubischen als regionale Variante des Polnischen statt, denn in der polnischen Forschung wurde das Kaschubische als Dialekt angesehen.15 Trotzdem entstanden bis 1990 neben dem Dialektwörterbuch von Sychta (1967-1991) einige kleinere kaschubisch-polnische Übersetzungswörterbücher (z. B. Labuda 1960, 1981). Seit den neunziger Jahren stieg die Zahl der kaschubischen Wörterbücher sprunghaft an, darunter befinden sich auch einige Spezialwörterbücher, wie etwa das Wörterbuch des slowinzischen Dialektes des Kaschubischen (Pomoranischen) von Sobierajski (1997), das Autorenwörterbuch von Lica (2002), die deutsch-kaschubischen Übersetzungswörterbücher von Bobrowski (2004, 22008), das kaschubisch-englisch-polnische Übersetzungswörterbuch von Jeliński und Shulist (2011) oder das kaschubisch-russische phraseologische Wörterbuch von Ermola (2011). Mit dem umfangreichen etymologischen Wörterbuch der kaschubischen Sprache und Kultur von Boryś/Popowska-Taborska (1994-2010) entstand schließlich ein wissenschaftlich wertvoller Beitrag zur Erforschung des Kaschubischen über die Grenzen der Philologie hinaus. Genannt werden muss auch das Projekt eines mehrsprachigen Wörterbuchs im Internet, für das die wichtigsten kaschubischen Wörterbücher von Ceynowa (1850), Berka (1891), Ramułt (1893), Labuda (1982), Lorentz (1958, 1968-1970, 1973), Sychta (1967-1991), Trepczyk (1994), Boryś/Popowska-Taborska (1994-2010) sowie Gołąbek (2005) digitalisiert und mit polnischen, deutschen, englischen und jiddischen Äquivalenten in Beziehung gesetzt wurden.16
2.3 Sorbische und kaschubische Fach- und Spezialwörterbücher Sprachwissenschaft und Lexikografie dienen in der Öffentlichkeit am sichtbarsten dem schulischen Spracherwerb, für den sicher der größte Teil an Wörterbüchern herausgebracht wird. Auch für die kleinen Sprachen wie das Kaschubische, das Ober- und das Niedersorbische gibt es normative Schulwörterbücher, so z. B. Gołąbek (2005), Völkel (52005) oder Hannusch u. a. (2012). Zudem wurden für die philologische Forschung etymologische und historisch-erläuternde Wörterbücher von Wissenschaftlern für Wissenschaftler erstellt, die bestimmte (historische oder regionale) sprachliche Zustände eruieren, bewahren und darstellen. Für das Kaschubische sind das z. B. Lorentz (1958, 1968-1970, 1973), Sychta (1967-1991), Boryś u. a. (1994-2012), Popowska-Taborska u. a. (2009), für das Ober- und das Niedersorbische
�� 15 Popowska-Taborska (1980: 67), vgl. dazu auch das als Dialektwörterbuch konzipierte und publizierte lexikografische Werk von Sychta (1967-1991). 16 http://www.cassubia-dictionary.com/ (24.11.2013).
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ist das Schuster-Šewc (1980-1996). Hierbei spielen lexikologisches Metawissen über die Sprache und linguistisches Domänenwissen eine wichtige Rolle (Schlaefer 2002: 74). Doch tritt die Lexikografie nicht nur als Forschungsdisziplin und Wissensvermittler in der Lehre auf, sondern übernimmt immer häufiger auch Aufgaben als Dienstleister außerhalb der Wissenschaft und Schule. Jährlich werden für den Markt viele Gebrauchswörterbücher herausgebracht, deren Zusammenstellung vor allem kommerzielle Überlegungen zugrunde liegen (ebd.: 75). So sind etwa obersorbische, niedersorbische und kaschubische Handwörterbücher für den außerschulischen Spracherwerb sowie Glossare in touristischen (meist mehrsprachigen) Reiseführern wie z. B. Gołąbek (1992), Dreżdżon/Schramke (2003), Leszczyński (2005), Bobrowski (22008) o.ä. in manchen Läden zu finden. Ein- oder mehrsprachige Spezialwörterbücher werden auch für bestimmte Berufsgruppen (Juristen, Politiker, Betriebswirtschaftler und Handelsagenten, Mediziner oder Techniker) immer wieder neu herausgebracht, leider oft nur dann, wenn es sich um große und für die Berufswelt interessante Sprachen wie z. B. Russisch und Polnisch handelt. Schließlich werden ein- oder mehrsprachige Nachschlagewerke geschaffen, die dem individuellen Wissenserwerb oder der Repräsentation von Wissen aus dem kulturellen Bereich dienen, wie etwa Nachschlagewerke, die Phraseologismen, Zitate, geflügelte und Bibelworte enthalten, oder dazu dienen, Falsche Freunde zu erkennen: Leszczyński (1996), Ivčenko/Wölke (2004), Hose/Mieder (2004), Ermola (2011). Hier betätigen sich die Lexikografen auch als Kulturbotschafter und Vermittler.
3 Möglichkeiten und Perspektiven für kleine Sprachen in der modernen Lexikografie 3.1 Elektronische und Online-Wörterbücher Schlaefer (2002: 74) sieht die Aufgaben der Lexikografie in der Förderung der individuellen Sprachentwicklung und des exakten Sprachgebrauchs, beim Erwerb von Sprachkenntnissen nicht-muttersprachlicher Sprecher, in der Pflege der Sprachkultur sowie als Hilfsmittel bei der Verständigung zwischen Experten und Laien. Dabei sagte er bereits vor zehn Jahren voraus: „Einige EDV-gestützte lexikographische Neuansätze lösen sich stärker vom traditionellen Wörterbuchbild“ (ebd.: 77). Ein modernes Wörterbuch in elektronischer Form (PC, CD-ROM, Internet, DatenCloud) ist heute multifunktional und kann im Idealfall als Nachschlagewerk der Textrezeption und der Textproduktion, der Kompetenzkontrolle und dem Kompe-
294 � Joern-Martin Becker tenzerwerb sowie schließlich der Übersetzung dienen (vgl. hierzu Engelberg/Lemnitzer 22004: 19). Das wäre eventuell auch eine Lösung für das Problem, das herkömmliche zweisprachige Printwörterbücher haben, nämlich dass sie die vier notwendigen Benutzungsrichtungen nicht ohne großen Aufwand vereinigen können: zu produktiven und rezeptiven Zwecken sowohl für den Benutzer der einen Sprache als auch für den Benutzer der zweiten Sprache.17 Außerdem würde es mehrere Merkmale beinhalten, die bei Schlaefer (2002: 110) Leitmerkmale einzelner Wörterbücher sind: Es kann gleichzeitig ein- und mehrsprachig sein, gegenwartssprachlich und historisch-etymologisch, standard- und fach- oder gruppensprachlich. Es wäre zugleich ein orthografisches bzw. orthoepisches, morphologisches, phraseologisches und ein Bedeutungswörterbuch, könnte Synonyme, Antonyme, Wortfamilien u. a. angeben, als Übersetzungs-, Experten- und Laienwörterbuch dienen bzw. Definitionswörterbuch sein. Mittlerweile können solche elektronischen Wörterbücher auch als Hand-, Taschen- oder Schülerwörterbuch stets in greifbarer Nähe sein und problemlos transportiert werden, d. h. „site dependent“ sein (Nesi 1999: 64). Vor allem die Internet-Plattformen18, die Wörterbuch, Forum und Funktionen für den individuellen Spracherwerb vereinigen, erweitern die Möglichkeiten gedruckter Wörterbücher. Ihr Vorteil ist der schnelle Zugriff des Nutzers. Geistige Arbeit wird heute in immer größerem Umfang am Computer geleistet und Untersuchungen stützen die Vermutung, dass „das Nachschlagen im Printwörterbuch als eine Last empfunden wird“ (Hulstijn/Hollander/Greidanus 1996 in Engelberg/Lemnitzer 22004: 81). Viele spezielle technische Funktionen (logische Konnektoren, lautformbasierte und schreibungstolerante Suche) helfen dem Nutzer bei der Suche nach Wörtern oder anderen sprachlichen Einheiten, was die Nachschlagefrequenz gegenüber dem Printwörterbuch erheblich erhöht. Die Formenvielfalt der Sprache, sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten und die verschiedensten Inhalte können mit Hilfe solcher Plattformen bei gleichzeitiger Übersichtlichkeit vollständiger abgebildet werden. Die Nutzung von Bild- und Tondateien machen komplizierte Sachverhalte anschaulicher, geben z. B. phonetische Gegebenheiten genauer wieder. Ein weiterer großer Vorteil dieser Plattformen ist die Möglichkeit des Nutzers, die Struktur des Wörterbuchs durch Notizen, Lesezeichen, Verweise, Schlagwörter u. a. individuell seinen Bedürfnissen anzupassen, die Wörterbucheinheiten zu aktualisieren, zu erweitern, zu diskutieren und das Gesamtwerk für sich und andere somit stetig zu verbessern. Internetplattformen sind im besonderen Maße benutzerdefinierte Wörterbücher (Engelberg/Lemnitzer 22004: 131). Und all diese Möglichkeiten und Vorteile, die das Online-Wörterbuch hat, machen es dennoch nicht zu einem unökonomischen Problemfall. Besonders die Chance, mehrere Wörterbücher
�� 17 Ausführlich beschrieben bei Herbst/Klotz (2003: 105). 18 Beispiele für multifunktionale „Wörterbücher“ im Internet sind http://www.pons.eu/ und http://www.dict.cc/ (24.11.2013).
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unterschiedlicher Typen zu vereinigen und auf unkomplizierte Weise aus gedruckten elektronische Texte und umgekehrt zu machen („Multiple-Media Publishing“, ebd.: 194), dürften für die Lexikografie der kleinen Sprachen wie Obersorbisch, Niedersorbisch oder Kaschubisch ein Glücksfall sein. Ökonomisch sinnvoll wäre es z. B. Internetplattformen mit einer großen Anzahl von slawischen Sprachen zu schaffen. Ein Beispiel für ein solches Unternehmen ist eine Plattform im Netz, die seit 2008 eine mehrsprachige Sprichwörter-Datenbank mit Übungen und anderen Funktionen zu diesem Thema vereinigt und an der zu erkennen ist, was ein modernes Internetwörterbuch heute ausmacht.19
3.2 Mehrsprachige Fachwörterbücher Versuche, Wörterbücher mit mehr als zwei Sprachen zu erstellen, gibt es schon seit dem Mittelalter. Eines der ersten wissenschaftlichen dreisprachigen Wörterbücher mit einer slawischen Sprache schrieb Miklosich (1862-65): das Lexicon Palaeoslovenico-Graeco-Latinum: emendatum auctum. Im 20. Jahrhundert wurden vielsprachige Wörterbücher für die sprachvergleichende Methode der modernen Philologie zu einem wichtigen Hilfsmittel. Zum Beispiel hat die Parömiologie eine große Zahl an Gegenüberstellungen von mehreren slawischen Sprachen hervorgebracht.20 In der heutigen globalisierten Welt sind für viele Bereiche des täglichen Lebens, vor allem aber für fachliche Belange, sowohl Sprach- als auch Sachwörterbücher mit mehreren Sprachen wünschenswert. Dabei ist es Eugen Wüster (31991: 109) wichtig, dass moderne zweisprachige fachbezogene Wörterbücher nicht mehr nur „bloße Übersetzungswörterbücher“ sein sollten. Für das schnelle Nachschlagen sind sie zwar nützlich, aber auch oberflächlich. Für fachsprachliches Arbeiten bedarf es daneben immer auch systematischer (meist einsprachiger) Erklärungs-, d. h. Definitionswörterbücher, was das genaue Übersetzen früher eher umständlich gemacht hatte. Noch vor zwanzig Jahren konnte Wüster zudem anmerken, dass Übersetzungswörterbücher für sehr viele Sprachen nicht sehr sinnvoll sind, und folgenden Kritikpunkt anbringen: Bei rund 60 terminologisch wichtigen Sprachen und ca. 300 möglichen Fachgebieten bräuchte man nach seiner Zählung 18.000 einsprachige Fachwörterbücher, „um den gesamten terminologischen Wortschatz dieser Fachgebiete, weltweit gesehen, aufzuzeichnen“ (ebd.: 110f.). Für zwei- oder mehrsprachige gedruckte Fachwörterbücher würde das lexikografische Verlagswesen rasch an seine ökonomischen Grenzen stoßen.
�� 19 http://www.sprichwort-plattform.org/ (24.11.2013). 20 An dieser Stelle nur eine kleine Auswahl: Gluski (1971) mit 7, Bachmannová/Suksov (2007) mit 7 Sprachen, Sedlić (2001) mit 20 oder Paczolay (1997) sogar mit 55 Sprachen nicht nur aus Europa.
296 � Joern-Martin Becker Heute machen es die Computer-Technik und das WorldWideWeb möglich, Datenbanken zu schaffen und zu pflegen, die Erklärungswörterbücher mit einer tiefgründig-exakten, systematischen, auf das entsprechende Fachgebiet zugeschnittenen und immer wieder aktualisierten Definitionsstruktur und gleichzeitig multilingual angelegt sein können. Dabei stellt sich bei einem Computer- bzw. Internetwörterbuch laut Schlaefer (2002: 81) auch die Frage der „Vollständigkeit eines Wörterbuches“ anders als beim Printwörterbuch. Die Häufigkeit des Vorkommens eines sprachlichen Elements ist nicht mehr das einzige Kriterium bei seiner Auswahl für einen Wörterbuchartikel. Das System der Computer-Datenbank macht es möglich, vieles aufzunehmen, was das gedruckte Wörterbuch aus ökonomischen Erwägungen ausgelassen hätte. Die Anzahl der erfassten sprachlichen Einheiten dürfte also heute kein wichtiger „Lexikoparameter“ (Vgl. dazu Herbst/Klotz 2003: 22-28) mehr sein. Dennoch muss die Mikrostruktur übersichtlich bleiben und sich in der benutzerdefinierten Darstellung auf genau das beschränken, was gesucht wird. Klarheit und Übersichtlichkeit der Gestaltung gehören auch für Online-Wörterbücher neben den inhaltlichen Kriterien und den Fragen der Äquivalenz zu den wesentlichen lexikografischen Qualitätsmerkmalen. Kosten dagegen sollten heute nur noch eine geringe Rolle spielen.
3.3 Interkomprehension als Lehrmethode und ihr Bezug zu den Möglichkeiten moderner Lexikografie Die Tendenz, mehrere Sprachen gleichzeitig in einem Wörterbuch und in einer Datenbank mit unterschiedlichen Funktionen darzustellen, würde mit neuen Ansätzen im Bereich des Fremdsprachenunterrichts korrespondieren. Hier wird mittels der Interkomprehension, einer „Kommunikationstechnik, die es gestattet, in der eigenen Muttersprache mit einem Sprecher einer anderen Sprache zu sprechen“ (Tafel 2009: 5), die Ähnlichkeit von verwandten Sprachen systematisch genutzt. Mit Hilfe einer bereits erworbenen Kompetenz in der einen Sprache können vor allem rezeptive Fähigkeiten auch in einer weiteren ähnlichen bzw. verwandten Sprache erworben werden (Tafel 2009: 8). Der Vorteil des gleichzeitigen Lehrens von mehreren Sprachen durch ihre vergleichende Gegenüberstellung liegt in der Erhöhung der Motivation von Sprachenlernern, die vorhandenen Kompetenzen zu erweitern und leichter in den Erwerb neuer Sprachen einzusteigen. Die gegenwärtige Lexikografie, die in der Lage ist, umfangreiche mehrsprachige Online-Wörterbücher herauszubringen, kann diese Methode, vor allem aber auch das autodidaktische Erlernen von Sprachen unterstützen. Davon würden all die Sprachen und Dialekte profitieren, für die der Druck von größeren und thematischen Wörterbüchern aufgrund der Kosten nicht lohnt, weshalb es schwerer ist, sich in den sorbischen Sprachen oder im Kaschubischen spezielle (fach-)sprachliche Kompetenzen und Fähigkeiten anzueignen. Was für Sprachen wie Russisch oder Polnisch selbstverständlich ist, nämlich
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die Schreibung von fach- und gruppensprachlichen sowie themenspezifischen Spezialwörterbüchern, könnte in Zukunft auf elektronischem Wege und in Verbindung mit einer für die Interkomprehension typischen vergleichenden Gegenüberstellung der unterschiedlichen sprachlichen Einträge auch für das Ober-, das Niedersorbische oder das Kaschubische gelten. Vor allem im Hinblick auf das Zusammenrücken der verschiedenen Ethnien und die Möglichkeit der Übersetzung von Texten auch kleinerer Völker wäre das von großem Vorteil.
4 Neue Ideen für Wörterbücher kleiner slawischer Sprachen Zu Beginn des neuen Jahrtausends bestimmten Engelberg und Lemnitzer (22004: 195), wie ein elektronisches Wörterbuch beschaffen und wozu es in der Lage sein sollte. Dazu gehören die mediengerechte Präsentation, die Verbindung der Datenbank mit Texten außerhalb des Wörterbuchs, die Möglichkeit der Ergänzung, Aktualisierung und Kommentierung durch den Autoren und den Benutzer, bequeme Suchfunktionen, die Möglichkeit der Anpassung an unterschiedliche Benutzungssituationen sowie die Verwendung von Bild- und Tondateien. Dazu sollte heute m.E. unbedingt kommen, dass ein modernes elektronisches Wörterbuch mehr als zwei Sprachen in Beziehung setzt. Vor diesem Hintergrund finden sich viele neue Ideen für die slawistische Lexikografie insgesamt, v.a. aber für die Sorabistik und Philologien kleiner Sprachen im Internet. Die elektronische Form bietet z. B. eine ökonomische und zugleich methodisch brauchbare Perspektive, kleinere Sprachen und sprachliche Varietäten (auch Soziolekte, Dialekte) wissenschaftlich zu dokumentieren und somit zu erhalten, wenn sie aufgrund niedrigster Sprecherzahlen kurz vor dem so genannten Sprachentod stehen. Auch bereits nicht mehr verwendete Varietäten – wie z. B. das Slowinzische oder das Schlesische – könnten als Datenbank noch umfangreicher archiviert und im mehrsprachigen Vergleich für die Forschung nutzbar gemacht werden. Sprachen wie das Ober- oder Niedersorbische haben die Chance, dass auf kostengünstigem Wege die Kompetenz ihrer Sprecher verbessert wird und perspektivisch wieder mehr aktive Nutzer gewonnen werden. Wörterbücher und LernerPlattformen im Internet sind nicht nur eine Möglichkeit, das individuelle Sprachwissen zu erweitern, sondern vergrößern den lexikalischen Bestand einer Sprache um Neologismen oder Archaismen. Auf diese Weise können neue Domänen im sprachlichen Alltag besetzt und auch für Sorben wieder interessant werden, die die Muttersprache kaum noch beherrschten, gebrauchten bzw. nur noch in sehr wenigen Alltagssituationen. Für Varietäten dagegen, wie das Kaschubische oder das Russinische, deren Status als vollwertige Literatursprachen bisher umstritten ist,
298 � Joern-Martin Becker sind umfangreiche und gleichzeitig spezialisierte Wörterbücher der Weg zu ihrer Nutzung auch im fachlichen und evtl. fachwissenschaftlichen Bereich oder in der Literatur. Marti (1990: 1) schreibt ganz richtig, dass die Wissenschaft und mit ihr die Lexikografie vor allem die vom „Sprachentod“ bedrohten Idiome nicht nur beschreiben und beobachten darf, sondern sich auch aktiv in die Herausarbeitung von Strategien ihrer soziokulturellen und schulischen Förderung einbringen sollte. Auf diesem Wege könnte eine moderne elektronische Lexikografie nicht nur für große Sprachen viele und vielfältige Wörterbücher schaffen, sondern auch ganz besonders für die kleineren.
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Peter Meyer
Von XML zum DAG Der lexikographische Prozess bei der Erstellung eines graphenbasierten Wörterbuchportals
1 Einleitung Die Schaffung übergreifender und einheitlicher Zugriffs- und Recherchemöglichkeiten für bereits vorhandene elektronische Ressourcen unterschiedlicher Herkunft und Struktur ist eine große Herausforderung auch für die gegenwärtige Computerlexikographie. Im Folgenden sollen exemplarisch Lösungsstrategien für Probleme vorgestellt und diskutiert werden, die sich beim Aufbau des Lehnwortportals Deutsch, eines unter der URL lwp.ids-mannheim.de frei zugänglichen Internetportals für Lehnwörterbücher, ergeben haben. Der Schwerpunkt soll hierbei auf dem lexikographischen Prozess der Erstellung der wörterbuchübergreifenden Portaldatenbasis liegen. Einleitend wird das Portal vorgestellt und eine kurze Skizze der zugrunde liegenden Datenmodellierung gegeben, die eine XML-Repräsentation der Einzelartikel mit einer graphenbasierten Datenhaltung für wörterbuchübergreifende Suchen verknüpft. Abschnitt 2 diskutiert die verschiedenen Aspekte des lexikographischen Prozesses für das Portal, der in erster Linie die Schaffung von übergreifenden Vernetzungs- und Zugriffsstrukturen beinhaltet, unter dem Gesichtspunkt der technischen sowie inhaltlichen Besonderheiten, die aus einer graphenbasierten Datenhaltung resultieren. Im abschließenden Abschnitt 3 wird die Portalarchitektur allgemein unter dem Gesichtspunkt der Erweiterbarkeit und Wartbarkeit betrachtet.
1.1 Das Lehnwortportal Deutsch Das am Institut für Deutsche Sprache (IDS) entwickelte Lehnwortportal Deutsch (lwp.ids-mannheim.de) ist eine frei zugängliche lexikographische Online-Ressource, die Zugang zu zahlreichen Wörterbüchern für deutsche Lehnwörter in anderen Sprachen ermöglichen soll. Ziel ist es, bestehende sowie speziell für das Portal entwickelte lehnwortlexikographische Ressourcen mit einheitlicher und ressourcenübergreifender Zugriffs- und Vernetzungsstruktur zur Verfügung zu stellen und so den Übergang von der bloßen ‚Translation‘ der Einzelwörterbücher zur ‚Didaktik‘ der Portalpräsentation zu ermöglichen. Neben konventionellen Zugriffsmöglichkeiten auf die Einzelwörterbücher werden daher zum einen wörterbuchübergreifende erweiterte Suchfunktionen angeboten; zum anderen stellt das Portal ein Herkunfts-
304 � Peter Meyer wörterbuch oder „umgekehrtes Lehnwörterbuch“ (vgl. Engelberg 2010) zur Verfügung, in dem der Weg deutscher Etyma in die verschiedenen Nehmersprachen der integrierten Lehnwörterbücher nachvollzogen werden kann. Die Lemmata des Herkunftswörterbuchs, in der Regel standardsprachliche neuhochdeutsche Wortformen, fungieren als etymologische Metalemmata des Portals und werden bei der Portalerstellung definiert. In einem eigenständigen lexikographischen Prozess, der in Abschnitt 2.4 näher beschrieben wird, wird jedes in einem beliebigen Lehnwörterbuch des Portals gebuchte deutsche Etymon (häufig handelt es sich dabei um eine ältere oder dialektale Form) mindestens einem solchen Metalemma zugeordnet. Diese Metalemmata, und nicht etwa die nehmersprachlichen Lemmata der einzelnen Lehnwörterbücher, sind das wichtigste tertium comparationis des Lehnwortportals. Im November 2012 wurde als Ergebnis eines kleineren Pilotprojektes1 eine erste, noch prototypenartige Fassung des Portals freigeschaltet, die drei bereits früher veröffentlichte Lehnwörterbücher umfasst, nämlich zu deutschen Lehnwörtern im schrift- und standardsprachlichen Polnischen (WDLP; 2447 Wortartikel), im Teschener Dialekt des Polnischen (WDLT; 839 Wortartikel) sowie im Slovenischen (DLS; 1568 Wortartikel ohne reine Verweiseinträge). Die Integration weiterer bereits vorhandener sowie auch einiger dediziert für das Lehnwortportal entwickelter lehnwortlexikographischer Ressourcen ist in Vorbereitung. Die Zugriffs- und Suchmöglichkeiten des Portals werden in Meyer (2013a) im Einzelnen vorgestellt und in Bezug zur nachfolgend skizzierten Datenmodellierung gesetzt; weitere Informationen hierzu finden sich auf den Dokumentationsseiten des Portals selbst (http://lwp.ids-mannheim.de/doc/portal/start). Eine detaillierte Diskussion der graphenbasierten Suchfunktionen findet sich in Meyer (2013b). Der Screenshot in Abbildung 1 zeigt den Eintrag zum Metalemma Gestalt im Herkunftswörterbuch. Er besteht im Wesentlichen aus Links auf zugehörige Einträge in den Lehnwörterbüchern und nennt zusätzlich die in diesen Einträgen genannten diasystematischen Formen des Etymons. Der Screenshot-Auszug in Abbildung 2 demonstriert am Beispiel des kurzen Eintrags zum slovenischen Lemma štalt (entlehnt aus deutsch Gestalt) die portalweit einheitliche Präsentation der Einzelwörterbücher mit Alphabetleiste, Lemmalistenausschnitt und Schnellsuche mit Auto-Vervollständigung. Die Auswahl des Wörterbuchs geschieht in der rechten Seitenleiste. Zu jedem Artikel werden am Ende der Seite Verweise auf die zugehörigen Einträge (Metalemmata) des umgekehrten Wörterbuchs sowie jeweils eine Auflistung der im Artikel gebuchten zugehörigen Etyma und Lehnwörter samt deren Varianten, Derivaten usw. gegeben.
�� 1 Das Pilotprojekt wurde vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert und im Zeitraum von Mai 2011 bis einschließlich August 2012 durchgeführt.
Von XML zum DAG � 305
im Herkunftswörterbuch Herkunftswörterbuch des des Lehnwortportals Lehnwortportals Abb. 1: Eintrag Gestalt im
imWörterbuch Wörterbuchzu zudeutschen deutschen Lehnwörtern Lehnwörtern im im Slovenischen Slovenischen Abb. 2: Eintrag štaltim
306 � Peter Meyer
1.2 XML- vs. graphenbasierte Datenmodellierung im Lehnwortportal Auf der technischen Ebene ist das Lehnwortportal eine am IDS entwickelte Webapplikation, also ein (Java-basiertes) Serverprogramm, das über das Internet hereinkommende Anfragen von Browsern mit Hilfe von Daten aus einer relationalen Datenbank beantwortet. Die Datenbank stellt die Einzelartikel der verschiedenen Lehnwörterbücher als XML-Dokumente zur Verfügung, deren Inhalte i. a. über eine sogenannte XSL-Transformation in eine geeignete HTML-Präsentation übersetzt werden. Die Struktur der XML-Dokumente ist nicht einheitlich, sondern unterscheidet sich von Lehnwörterbuch zu Lehnwörterbuch. Für komplexe, insbesondere wörterbuchübergreifende Darstellungen und Suchmöglichkeiten stellt die Datenbank zusätzlich eine aus u. a. den XML-Dokumenten generierte Repräsentationsschicht zur Verfügung, die von den Idiosynkrasien der wörterbuchspezifischen Makro- und Mikrostrukturen sowie Angabeformate abstrahiert. Genauer wird lexikographische Information hier als Menge von z. T. artikel- und wörterbuchübergreifenden Beziehungen zwischen gebuchten Wortformen2 abgebildet, wobei jeder Wortform diasystematische und grammatische Informationen in einem portalweit einheitlichen Angabeformat zugeordnet sind, vgl. Meyer, Engelberg 2011. Derzeit werden folgende Arten von Beziehungen zwischen gebuchten Wortformen unterschieden: (a) Beziehungen von Wortformen eines Lehnwörterbuchartikels zueinander: –
Wortform x ist Etymon y als Lehnwort zugeordnet. Beispiel: Das polnische Lehnwort kształt (x) ist dem mittelhochdeutschen Etymon gestalt (y) zugeordnet.
–
Etymon/Lehnwort x ist (orthographische, phonologische, …) Variante von Etymon/Lehnwort y. Beispiel: Das polnische kstałt (x) ist phonologische Variante des polnischen Lehnworts kształt (y).
–
Metalemma/Etymon/Lehnwort x ist morphologische Ableitung zu Metalemma/Etymon/Lehnwort y.
�� 2 Hierbei bezieht sich der im weiteren durchgehend verwendete neutrale Terminus (gebuchte) Wortform auf die konkreten, in Wörterbüchern gebuchten Formen von Metalemmata, Etyma und Lehnwörtern, die im Allgemeinen nicht Lemmata der betreffenden Artikel und auch nicht in allen Fällen (z. B. nicht bei orthographischen Varianten) Zitierformen von jeweils unterschiedlichen Lexemen sind.
Von XML zum DAG � 307
Beispiel: Das polnische Verb kształcić (x) ist Derivat des polnischen Lehnworts kształt (y). –
Metalemma/Etymon/Lehnwort x ist ein Kompositum, in dem Metalemma/Etymon/Lehnwort y als Kompositionsglied auftaucht. Beispiel: Das polnische Substantiv bezkształt (x) ist Kompositum zum polnischen Lehnwort kształt (y).
–
Wortform x ist lexikalische Parallele zu Lehnwort y (derzeit nur für das WDLT benötigt). Beispiel: Das tschechische Substantiv drát (x) ist lexikalische Parallele zum Substantiv (Lehnwort) drót im Teschener Dialekt des Polnischen (y).
(b) Beziehungen zwischen Wortformen in Artikeln verschiedener Wörterbücher: –
Wortform x ist Metalemma y als (wörterbuchartikelspezifisches) Etymon zugeordnet. Beispiel: Das mittelhochdeutsche Etymon gestalt (x) ist dem Metalemma Gestalt (y) zugeordnet.
–
Etymon x in Artikel A2 aus Wörterbuch W2 entspricht Lehnwort y in Artikel A1 in Wörterbuch W1 (für Entlehnungsketten benötigt, s. Abschnitt 2.5.). Beispiel: Das polnische Etymon drukarz (x) zum ukrainischen Lehnwort drukar im derzeit entstehenden Wörterbuch ukrainischer Entlehnungen von polnischen Germanismen entspricht etymologisch dem polnischen Lehnwort drukarz (y) im Portalwörterbuch zum Standardpolnischen.
Jede gebuchte Wortform im Portal lässt sich als Knoten eines Graphen auffassen; die einzelnen eben genannten Beziehungstypen sind entsprechend Relationen, die gerichteten Kanten (‚Pfeilen‘) eines bestimmten Typs zwischen je zwei Knoten (Wortformen) entsprechen. Zwischen zwei gegebenen Knoten (Wortformen) kann es aus inhaltlichen Gründen nur eine Art von Kante (Beziehung) geben. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit kann insbesondere aber auch davon ausgegangen werden, dass es, wenn eine Kante A B vorliegt, keine Kante B A desselben Typs geben kann (Asymmetrie der Relation): Wenn Wortform A Derivat von Wortform B ist, kann nicht gleichzeitig B auch als Derivat von A aufgefasst werden. In vielen Fällen, aber eben nicht z. B. im Falle der Derivation, ergibt sich die ‚Richtung‘ der Beziehung aus anderen Eigenschaften der beiden betroffenen Wortformen, so etwa bei der Relation zwischen Etyma und ‚zugehörigen‘ Lehnwörtern. Eine Sonderfall ist die Beziehung der Variation – zwei Wortformen können einfach als Varianten von-
308 � Peter Meyer einander zu werten sein, ohne dass eine Richtung auszuzeichnen ist. In diesem Fall kann man, damit die aus technischen Gründen sehr praktische Annahme der Asymmetrie der Kantenrelationen aufrecht erhalten werden kann, einfach arbiträr eine Kantenrichtung auswählen und ggf. die korrekte semantische Interpretation durch Verwendung eines eigenen Relationstyps (einer besonderen Etikettierung der betreffenden Kanten) sicherstellen (vgl. hierzu 2.2). Für die folgenden Ausführungen sei festgelegt, dass die Kanten in den oben beschriebenen Relationstypen stets von x nach y gerichtet sind. x wird mithin graphentheoretisch als Elternknoten, y als Kindknoten aufgefasst. Eine Abfolge von Kanten, die von einem Vorfahrenknoten zu einem Nachfahrenknoten führt, wird allgemein als Pfad im Graphen bezeichnet. Aus inhaltlichen und technischen Gründen gibt es in der für das Lehnwortportal gewählten Modellierung keine Schleifen, also keine Pfade, die von einem Knoten zu diesem selbst zurückführen. Es handelt sich insgesamt um einen gerichteten Graphen ohne Mehrfachkanten und Schleifen, kurz einen gerichteten azyklischen Graphen (directed acyclic graph, abgekürzt DAG). Die erweiterten Suchfunktionen des Lehnwortportals beruhen auf der Suche nach Pfaden in diesem Graphen, vgl. Meyer (2013b). Gegenüber den ansonsten in linguistischen Kontexten verbreiteten Baumgraphen ist ein DAG eine allgemeinere Datenstruktur, die zulässt, dass ein Knoten mehrere Elternknoten hat. So können einem Lehnwort in einem Wörterbuch durchaus mehrere mögliche Etyma zugeordnet sein; im Fall von mehrfacher Entlehnung können diese verschiedenen Etyma ihrerseits durchaus demselben Metalemma zugeordnet sein. Ein konkretes Beispiel hierzu findet sich am Ende dieses Abschnitts. Der Graph des Lehnwortportals wird derzeit in einer relationalen Datenbank verwaltet; für die nahe Zukunft ist die Verwendung einer dedizierten Graphendatenbank (Webber et al. 2013) geplant. Jede gebuchte Wortform, also jeder Knoten, wird – mit einer eindeutigen ID-Nummer versehen – zusammen mit weiteren Eigenschaften des Wortes als Datensatz (Zeile) in einer Knotentabelle gespeichert. Da einer Wortform z. B. mehrere Bedeutungsdefinitionen und mehrere grammatische Angaben zugeordnet sein können (sog. 1:n-Beziehungen), werden hierfür eigene Tabellen benötigt, deren Zeilen z. B. jeweils eine Bedeutungsdefinition und die ID des zugehörigen Wortes aus der Wortformentabelle enthalten. Jede Beziehung (Kante) zwischen zwei Wortformen entspricht einem geordneten Paar der IDs dieser beiden Wortformen und wird entsprechend zusammen mit einer Angabe des Relationstyps als eigene Zeile in eine Kantentabelle eingetragen. Um effizient nach beliebig langen Pfaden suchen zu können, werden auch alle indirekten Nachfahren- und Vorgängerbeziehungen mit entsprechender Etikettierung in der Kantentabelle abgelegt. Ausschnitte des Graphen – genauer zusammenhängende Teilgraphen, die ein Metalemma mitsamt aller seiner Nachfahren enthalten – können im Herkunftswörterbuch des Portals interaktiv-visuell erkundet werden. Durch bloßes Positionieren des Mauszeigers über einem Knoten werden die zur entsprechenden Wortform ge-
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hörenden Attribute angezeigt. Der Screenshot in Abbildung 3 zeigt beispielhaft den im Browser angezeigten Teilgraphen zum Metalemma Gestalt. In der Graphenvisualisierung des Portals zeigt die Farbe der als Kreise symbolisierten Knoten deren Zugehörigkeit zu einem Wörterbuch an (Metalemmata grau; WDLP dunkelblau; DLS grün; usw.). Dem Metalemma sind zwei im WDLP genannte Etyma – neuhochdeutsch Gestalt mit einer Variante Gstalt sowie mittelhochdeutsch gestalt – zugeordnet. Es wird Mehrfachentlehnung angenommen, daher sind beide Etyma dem standardpolnischen Lehnwort kształt mit der Variante kstałt, drei Komposita sowie zahlreichen Derivaten zugeordnet. Links oben sieht man das slovenische Lehnwort štalt mit der Variante štavt sowie dem Etymon g·stalt. Das Wörterbuchnetz des Kompetenzzentrums für elektronische Erschließungsund Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Universität Trier (http://woerterbuchnetz.de/) ist ein weiteres Beispiel für ein Wörterbuchportal mit graphenbasierter Datenmodellierung. Hier korrespondieren die Knoten jedoch Wörterbuchartikeln als ganzen, nicht etwa einzelnen in Artikeln gebuchten Wörtern (vgl. Burch/Rapp 2007).
Abb. 3: Lehnwortportal-Teilgraph zum Metalemma Gestalt
310 � Peter Meyer
2 Der lexikographische Prozess zur Erstellung des Wortformengraphen für das Lehnwortportal Deutsch Die Integration von konventionellen digitalen Lehnwörterbüchern in das Lehnwortportal kann nicht sinnvoll automatisiert erfolgen, sondern muss in einem recht komplexen lexikographischen Prozess geleistet werden, der insbesondere die Erzeugung des DAG zum Ziel hat und sich dadurch erheblich von gewöhnlicher lexikographischer Arbeit unterscheidet. In diesem lexikographischen Prozess sind informatische und lexikographische Fragestellungen kaum sinnvoll voneinander zu trennen. Die wesentlichen Aspekte dieses Prozesses werden im Folgenden vorgestellt; die vorgängige Erstellung von konventionellen Lehnwörterbüchern soll hier nicht diskutiert werden.
2.1 Erstellung von XML-Dokumenten Im Normalfall sollten die lexikographischen Daten der zu integrierenden und zu vernetzenden Lehnwörterbücher bereits in einem inhaltsorientiert ausgezeichneten XML-Format vorliegen. Angesichts des äußerst heterogenen Charakters schon der drei derzeit integrierten Lehnwörterbücher ist die Überführung der Daten in einheitlich strukturierte XML-Dokumente illusorisch bzw. nicht praktikabel. Aus diesem Grund ist die einzige formale Anforderung an die Einzelwörterbücher, dass ihre Artikel jeweils als XML-Dokumente mit einer einheitlichen wörterbuchspezifischen Dokumenttypdefinition (DTD, XML-Schema) kodiert werden können. Sollten solche Dokumente nicht vorliegen, müssen sie i. a. aus den digitalen Originalquellen skriptgesteuert erzeugt werden. Dieser Vorgang, bei dem von Layout- und allgemeiner von Präsentationsaspekten abstrahiert werden sollte, hat eine lexikographische Komponente, ist also nicht rein mechanischer Natur; vgl. die Ausführungen zum sogenannten lexical view in den TEI-Richtlinien zum ‚Dictionary‘-Modul (Burnard/ Bauman 2007). Im Fall des Lehnwortportals konnten zwei Wörterbücher (WDLP, WDLT; beide bereits vorher elektronisch publiziert) dank einer Kooperation mit dem Institut für Slavistik der Universität Oldenburg von vornherein in einer geeigneten XML-Modellierung übernommen werden. Die Artikel des Printwörterbuchs DLS, einer lauthistorischen Abhandlung mit Wörterbuchteil, haben diskursiven Charakter und folgen keiner geregelten Mikrostruktur. Für die Online-Darstellung der Einzelartikel des DLS wurde eine Bilddigitalisierung durchgeführt; die Ganzzeiten-Scans wurden mit einem eigens entwickelten Softwarewerkzeug manuell in Bilder der Einzelartikel zerlegt und diese den jeweiligen slovenischen Lemmata zugeordnet. Auf den Seiten
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des Lehnwortportals wird daher jeder Artikel aus DLS als gescanntes Bild oder, im Falle mehrseitiger Artikel, als Abfolge solcher Bilder dargestellt. Für die Integration in den Graphen war zusätzlich die Erstellung einer XML-Datei pro Artikel erforderlich. Dazu mussten in anspruchsvoller lexikographischer Arbeit wesentliche Angaben zu den im jeweiligen Artikel gebuchten Wortformen in für dieses Wörterbuch geeignet strukturierte Formulare eines Textverarbeitungsprogramms eingetragen werden. In vielen Fällen sind im DLS der genaue Skopus von lexikographischen Angaben oder auch die genauen Verhältnisse zwischen angeführten Wortformen unklar. Die Notwendigkeit der Überführung in ein festes Datenschema erfordert daher an manchen Stellen letztlich arbiträre Entscheidungen und geht häufig mit einer durchaus problematischen Reduktion der Komplexität der Ausgangsartikel einher. Die Formulare wurden dann in einem Klartextformat exportiert und per Skript in XML-Dokumente fester Struktur überführt. In diesem Fall dienen die XML-Dokumente ausschließlich als Input für die Erzeugung des Graphen; im Normalfall wird aus dem XML jedoch zusätzlich, wie bereits oben erwähnt, mit Hilfe eines wörterbuchspezifischen XSLT-Stylesheets die Online-Ansicht der Artikel erzeugt.
2.2 Extraktion von Teilgraphen aus der XML-Repräsentation I: Graphenstruktur Aus jedem Artikel eines Lehnwörterbuchs muss für die Portalintegration ein Geflecht von Relationen zwischen Wortformen, genauer ein Teilgraph des portalweiten DAG, ‚extrahiert‘ werden. Falls ein Artikel verschiedene etymologisch nicht zusammengehörige Lehnwörter bespricht, kann es sich sogar um mehrere nicht zusammenhängende Teilgraphen handeln. Die Erzeugung der Knoten und Kanten des Graphen aufgrund der Informationen in den XML-Dokumenten (Artikeln) eines Wörterbuchs, genauer das Füllen der entsprechenden Datenbanktabellen mit Knoten- und Kanteninformationen, geschieht programmgesteuert. Die Erstellung dieses Programms ist jedoch keine rein informatische, sondern auch eine lexikographische Aufgabe. Da die XML-Dokumente der verschiedenen Lehnwörterbücher sich hinsichtlich ihrer Struktur stark unterscheiden können, muss die Extraktion für jedes Wörterbuch gesondert programmiert werden, denn sogar bei – im Lehnwortportal nicht vorausgesetzter – TEIkonformer Modellierung kann man im Allgemeinen nicht erwarten, Informationen eines bestimmten Typs an strukturell oder durch XML-Auszeichnung eindeutig definierten Positionen des Dokuments zu finden. Die Programmierung ist mit der Klärung inhaltlicher Fragen, insbesondere hinsichtlich der im Graphen anzusetzenden Kanten (Beziehungen), verbunden. Besonders problematisch ist aufgrund der Gerichtetheit des Graphen die Beziehung von (i.d.R. phonetisch-phonologischen) Varianten eines Wortes zueinander. Angenommen, es werden in einem bestimmten Wörterbuch zu einer lemmatisierten Lehnwortform L1 im zugehörigen Artikel pho-
312 � Peter Meyer nologische Varianten L2, L3 und L4 angeführt; des Weiteren habe auch das zugeordnete Etymon E1 eine Variante E2. Die Verhältnisse zwischen den vier Formen des Lehnworts, falls diese als gleichberechtigt zu gelten haben, ließe sich, etwas unbefriedigend, durch Annahme je einer Variationsbeziehung „Wort x ist Variante von Wort y“ pro Variantenpaar abbilden, insgesamt also durch sechs Kanten, deren Richtung jeweils arbiträr gewählt werden kann, sofern auf Schleifenfreiheit geachtet wird. Allgemein hätte man bei einem solchen Vorgehen für n Varianten insgesamt n(n+1)/2 Beziehungen. Alternativ kann man eine Variante, womöglich arbiträr, als die ‚repräsentative‘ herausgreifen, im Beispiel etwa die lemmatisierte Variante L1, und die übrigen Formen lediglich als Varianten dieser repräsentativen Form, nicht aber als Varianten voneinander, kennzeichnen. Dadurch werden im Beispiel nur drei, allgemein n-1 Beziehungen erzeugt. Analog zu dieser Problematik muss entschieden werden, welche Beziehungen des Typs „Wortform x ist Etymon y als Lehnwort zugeordnet“ anzusetzen sind: Wird z. B. nur eine einzige derartige Kante, etwa von E1 nach L1, angenommen oder wird E1 und ggf. auch E2 mit jeder vorhandenen Lehnwortvariante in Beziehung gesetzt (wodurch bis zu acht Kanten entstehen)? Abbildung 4 illustriert die beiden möglichen Extremfälle; die durchgezogenen Pfeile (Kanten) symbolisieren die Beziehung von Varianten zueinander, die gestrichelten Pfeile verknüpfen Etyma mit zugehörigen Lehnwörtern. Offensichtlich gibt es hier keine pauschal richtige oder falsche Vorgehensweise, zumal die korrekte Relationierung von gebuchten Wortformen im Ausgangsartikel je nach Mikrostruktur des betrachteten Wörterbuchs möglicherweise implizit bleibt und es eines philologisch geschulten Lesers bedarf, um herauszufinden, dass etwa Variante E1 den Lehnwortformen L1 und L2 zugrunde liegt, während L3 und L4 auf die Form E2 zurückgehen.
(a)
(b)
Abb. 4: Beispiel für minimale (a) und maximale (b) Vernetzung von zwei Etymon- und vier zugehörigen Lehnwortvarianten im gerichteten azyklischen Graphen
Von XML zum DAG � 313
Bei einer automatisierten Extraktion von Grapheninformationen gehen in solchen Fällen implizite oder nur in einem diskursiven Kommentar oder anderweitig unsystematisch behandelte Unterscheidungen dieser Art verloren. Die Wahl der Graphenstruktur lässt sich zudem nicht sinnvoll von der Entscheidung zwischen verschiedenen möglichen Algorithmen für Suchen im Graphen trennen. Im HTML-Formular für erweiterte Suchen im Lehnwortportal lassen sich Suchkriterien sowohl für Etyma als auch für Lehnwörter eingeben; das System sucht dann nach im Graphen nach Paaren aus je einem Etymon und einem ‚zugehörigen‘ Lehnwort, bei denen beide Wörter ihre jeweiligen Suchkriterien erfüllen. Möchte man, dass in der Graphenstruktur aus Abbildung 4(a) auch z. B. Lehnwort L2 als zu Etymon E2 ‚zugehörig‘ zu interpretieren ist, muss man im Graphen allgemein nach passenden Paaren aus einem Etymonknoten E und einem Lehnwortknoten L suchen, die einen Etymonknoten E* als gemeinsamen Vorgänger haben, wobei E* auch identisch mit E sein darf. So ist in Abbildung 4(a) Knoten E1 der gemeinsame Vorgänger von E2 und L2. Bei einer maximalen Vernetzung wie in Abbildung 4(b) ist das formale Kriterium für ‚Zugehörigkeit‘ eines Lehnworts zu einem Etymon einfacher zu formulieren: Es muss ein Pfad vom Etymon zum Lehnwort führen. Im Lehnwortportal wird derzeit für alle drei integrierten Lehnwörterbücher eine minimalistische Graphenstruktur vom Typ 4(a) angenommen, wobei die Auswahl der ‚Hauptvariante‘ unter den Etyma bzw. Lehnwörtern in einigen Fällen mechanisch und daher in gewisser Weise arbiträr vorgenommen wurde; Kriterium für etymologische ‚Zugehörigkeit‘ eines Lehnworts zu einem Etymon ist die Existenz eines Metalemmaknotens als gemeinsamen Vorgängers beider Knoten. Diese Entscheidung beruht wesentlich darauf, dass die Mikrostrukturen aller drei Wörterbücher keine formalisierte Zuordnung von Etymon- zu Lehnwortvarianten leisten und aus grundsätzlichen philologischen Gründen auch kaum leisten könnten. Sollte jedoch zu einem späteren Zeitpunkt ein Wörterbuch integriert werden, das eine formalisierte Zuordnung vorsieht, könnte dies eine Restrukturierung des Graphen erforderlich machen, die für die jetzt bereits eingegliederten Wörterbücher eine ‚maximale‘ Modellierung vom Typ 4(b) vorsieht und als graphentheoretisches Äquivalent der etymologischen ‚Zugehörigkeit‘ nur noch die Existenz eines direkten Pfades vom Etymon zum Lehnwort vorsieht. Wenn eine Entscheidung für die zu einem Wörterbuch gehörige Graphenmodellierung gefallen ist, kann auf der Grundlage der XML-Struktur der Artikel des Wörterbuchs die Erstellung der zu den Artikeln gehörenden Teilgraphen programmiert werden. Das Programm muss je bestimmte strukturelle Verhältnisse im XML-Dokumentenbaum in Graphenkanten ‚übersetzen‘. Beispielshalber sei in der folgenden Abbildung 5 ein schematisches XML-Dokument für einen Lehnwörterbuchartikel mit Neststruktur betrachtet; eine solche Struktur findet sich häufig im DLS, wenn z. B. ein slovenisches Substantiv mitsamt einem zugehörigen denominalen Verb verschiedenen deutschen Etyma mit demselben Wortbildungsverhältnis zugeordnet werden, z. B. slovenisch antlati und (h)antel zu deutsch handeln bzw. Handel.
314 � Peter Meyer Auch bei sehr komplexen Dokumenttypdefinitionen reichen i. a. zwei Ausdrücke der XML-Abfragesprache XPath (vgl. http://www.w3.org/TR/xpath20/ für die jeweils aktuelle Fassung der XPath-Spezifikation in der derzeitigen Version 2.0) aus, um eine in Graphenkanten zu ‚übersetzende‘ strukturelle Relation im XML-Dokument zu spezifizieren: Der erste XPath-Ausdruck adressiert mit einem absoluten Pfad diejenigen XML-Elemente, die Elternknoten der im Graphen einzufügenden Kanten korrespondieren. Im Beispieldokument entsprechen etwa die Nestlemmata eines Artikels XML-Elementen mit dem Namen Lehnwort, deren strukturelle Position durch den XPath-Ausdruck //Lehnwort (oder expliziter /Artikel/Lemma/Lehnwort) beschrieben wird. Der zweite XPath-Ausdruck adressiert dann relativ zu den so bestimmten XML-Elementen das XML-Äquivalent des/der jeweils zugehörigen Kindknoten(s) der zu extrahierenden Kanten. Varianten eines Lehnwortes werden im Beispiel durch XML-Elemente mit dem zum Elternelement relativen Pfad Varianten/Variante oder kürzer .//Variante adressiert. Bei einer Modellierung entsprechend Abbildung 2(a) könnte man pro Nestlemma jeweils dem ersten aufgeführten Etymon-Element (absolute Pfadangabe /Artikel/Lemma/Etyma/Etymon [1]) als ‚Hauptform‘ die übrigen Etymon-Elemente mit demselben Elternknoten (relative Pfadangabe ../Etymon [position()>1]) als dessen Varianten zuordnen. Und schließlich gehört zu jeder Etymon-Hauptform //Etymon[1] eine lemmatisierte Lehnwortform ../../Lehnwort.
Abb. 5: Schematisches Beispiel für das XML-Dokument zum Wörterbuch-Nesteintrag für das slovenisch antel
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2.3 Extraktion von Teilgraphen aus der XML-Repräsentation II: Attribute von Knoten Für portalweite Suchvorgänge müssen die womöglich heterogenen und unterschiedlich granularen Angaben der Ausgangswörterbücher insbesondere zu diasystematischen Zuordnungen von gebuchten Wortformen (Sprachstufen bzw. Dialekten) sowie zum Entlehnungszeitraum und zu grammatischen Eigenschaften in ein einheitliches portalweit gültiges Vokabular übersetzt werden. Die zugehörigen konzeptuellen Entscheidungen sind natürlich wiederum genuin linguistischer und lexikographischer Natur. Insbesondere im Falle von raumzeitlichen bzw. diasystematischen Angaben muss eine entsprechende Begriffstaxonomie bzw. eine formale Ontologie festgelegt werden. Im Lehnwortportal wird etwa zur Zeit eine einfache hierarchische Taxonomie von deutschen Dialekten verwendet, die in etwa dem in der heutigen Germanistik üblichen Stand entsprechen sollte (vgl. Wiesinger 1983). So gibt es eine Dialektkategorie schlesisch, die Element der Kategorien ostmitteldeutsch und weiter mitteldeutsch, hochdeutsch und deutsch ist. Für eine in einem Wörterbuch als schlesisch klassifizierte Wortform F wird der zugehörige Graphenknoten mit allen vorgenannten Kategorien (Attributen) annotiert, so dass beispielsweise bei einer Suche nach hochdeutschen oder mitteldeutschen Etyma eben auch die Wortform F berücksichtigt wird. Die Berücksichtigung von weiteren Informationen, beispielsweise von konkret in Jahres- oder Jahrhundertzahlen spezifizierten Entlehnungszeiträumen, ist wesentlich aufwändiger und würde eine formale Ontologie von Zeiträumen erfordern. Natürlich hat jede Form der Überführung in ein ressourcenübergreifend einheitliches Datenformat für lexikographische Angaben mit prinzipiellen Problemen zu kämpfen. So kann nicht davon ausgegangen werden, dass verschiedene Lehnwörterbücher für Sprachstufenangaben wie mittelhochdeutsch einheitliche zeitliche Grenzen voraussetzen; üblicherweise fehlt sogar jeglicher Hinweis auf die im jeweiligen Werk unterstellten Periodisierungen.
2.4 Erstellung der Metalemmaliste Die mit Abstand komplexeste lexikographische Aufgabe ist die der Zuordnung von wörterbuchspezifischen Etymon-Wortformen zu ‚normalisierten‘ Metalemmata, idealerweise heute gebräuchlichen standardsprachlichen Wörtern des Deutschen; vgl. hierzu ausführlicher Meyer (2013b). Diese Zuordnung schafft, wie aus Abbildung 3 beispielhaft ersichtlich ist, die wörterbuchübergreifende Verbindung zwischen den aus einzelnen Artikeln extrahierten Teilgraphen, indem verschiedene etymologisch zusammengehörige, typischerweise diasystematisch variierende, Formen eines Etymons mit einem und demselben Metalemma verknüpft und so abs-
316 � Peter Meyer trakt miteinander identifiziert werden. Zugleich dienen die Metalemmata, wie bereits erwähnt, als Lemmata des ‚umgekehrten Lehnwörterbuchs‘ (Herkunftswörterbuchs) des Lehnwortportals; jeder Lehnwörterbuchartikel enthält Verweise auf den oder die zugehörigen Herkunftswörterbuchartikel und umgekehrt. Das Herkunftswörterbuch ist also nicht etwa, wie dies in dem monumentalen Wörterbuch niederländischer Wörter in den Sprachen der Welt von van der Sijs (2010) der Fall ist, eine völlig eigenständige lexikographische Ressource, sondern wird durch manuelle Vernetzung der im Portal eingebundenen Lehnwörterbücher sowie durch Anreicherung mit zusätzlicher Information – der Gestalt des Metalemmas – generiert. Als einziges Wörterbuch des Portals haben die Artikel des Herkunftswörterbuchs keinerlei XML-Repräsentation; die Online-Ansicht der Artikel wird dynamisch direkt aus dem Graphen generiert. Die Erstellung der Metalemmaliste ist nur mit hochspezialisierten Werkzeugen sinnvoll möglich, da für die lexikographische Arbeit sämtliche in das Portal integrierten Lehnwörterbücher simultan verfügbar sein müssen. Am Institut für Deutsche Sprache wurde für die Erstversion des Lehnwortportals eine eigene Redaktionsumgebung für diese Aufgabe entwickelt, die sämtliche Artikel der (derzeit drei) zu integrierenden Wörterbücher als XML-Dokumente einliest und mithilfe wörterbuchspezifischer XPath-Adressierungen der Angaben zu Etyma eine alphabetisch geordnete Liste aller in den XML-Dokumenten gebuchten Etymonformen erstellt. Dieser Liste ist in der Benutzeroberfläche der Redaktionsanwendung eine zweite, anfängliche leere Liste der Metalemmata gegenübergestellt. Neue Metalemmata werden vom Lexikographen einfach durch Klicken auf eine Schaltfläche und anschließende Eingabe eines deutschen Wortes erzeugt. Durch Auswählen eines Etymons aus der einen sowie eines Metalemmas aus der anderen Liste und anschließendes Klicken auf eine Schaltfläche wird eine Beziehung (Graphenkante) vom Metalemma zum Etymon hergestellt. Das Programm ermöglicht auch die Erfassung beispielsweise von Derivations- und Kompositionsbeziehungen zwischen Metalemmata. Sowohl die Etymon- als auch die Metalemmaliste haben schon jetzt mehrere tausend Einträge, so dass für effizientes Arbeiten schnelles und unscharfes Suchen auf den beiden genannten Listen möglich sein muss. Wesentliche Aufgabe der Redaktionsumgebung ist die Automatisierung komplexer Bearbeitungsschritte. Hier sei insbesondere das schon erwähnte Anlegen von Beziehungen zwischen Metalemmata, das nachträgliche ‚Zusammenlegen‘ zweier Metalemmata sowie das ‚Umbenennen‘ und Löschen von Metalemmata genannt. Bei diesen Aufgaben muss jeweils das gesamte Beziehungsgeflecht der betreffenden Metalemmata mitberücksichtigt und Datenkonsistenz gewahrt werden. Beim Erstellen neuer Beziehungen muss insbesondere stets geprüft werden, ob nicht durch Eingabefehler eine Schleife im Graphen entstanden ist. Die Metalemma-Redaktionsumgebung speichert die Liste der Metalemmata, jeweils mit exakt adressierten Verweisen auf die ihnen zugeordneten Etyma aus den einzelnen Wörterbuchartikeln, einschließlich der zwischen den Metalemmata ange-
Von XML zum DAG � 317
legten Kanten sowie diverser weiterer Informationen (Eingabekommentare des Bearbeiters; „todo“-Flagge) in einer recht einfach strukturierten XML-Datei ab. Diese Datei wird beim Generieren des Graphen eingelesen und zur Erzeugung der Kanten zwischen Metalemmata und Etyma genutzt. Neben der technischen Komplexität dieses Vorgangs stehen die beträchtlichen philologisch-lexikographischen Schwierigkeiten bei der Erstellung der Metalemmaliste. Häufig haben die in den Lehnwörterbüchern genannten Etyma älterer Sprachstufen beispielsweise überhaupt keine oder nur eine dialektale oder morphologisch nicht hinreichend genau übereinstimmende neuhochdeutsche Fortsetzung. Auch die etymologische Identifizierbarkeit von ähnlichen Etymon-Wortformen aus verschiedenen Wörterbüchern ist häufig fraglich.
2.5 Erfassung von Lehnwortketten Einer der größten Vorteile einer graphenbasierten Repräsentation der Portaldaten ist die Möglichkeit, beliebig lange und komplexe Ketten von Entlehnungsprozessen direkt in einer dafür geeigneten Datenstruktur zu erfassen und dadurch gut präsentierbar und durchsuchbar zu machen. Die derzeitige Version des Lehnwortportals erfasst noch keine Entlehnungsketten. Im Rahmen einer Kooperation des IDS mit dem Institut für Slavistik der Universität Oldenburg wird jedoch derzeit in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt der Weg der im WDLP angeführten deutschen Lehnwörter des Standardpolnischen in die ostslavischen Sprachen Russisch, Weißrussisch und Ukrainisch auf der Grundlage umfangreichen publizierten bzw. zumindest in Karteien erfassten lexikographischen Materials untersucht. Ziel ist die Erweiterung des Lehnwortportals um drei neue Lehnwörterbücher, die im Wesentlichen die polnisch vermittelten ostslavischen Entlehnungen aus dem Deutschen dokumentieren. Zu den einzelsprachlichen Artikeln der drei neuen Lehnwörterbücher wird es jeweils einen sprachübergreifenden Freitextkommentar zu etymologisch zusammengehörigen ostslavischen Lehnwörtern geben, der u. a. die oft komplexe und nicht endgültig aufklärbare Geschichte der Entlehnungsprozesse diskutiert. So ist häufig anstelle oder auch neben der polnisch vermittelten Entlehnung in eine ostslavische Sprache auch die direkte Entlehnung aus dem Deutschen mit dem bekannten Material vereinbar; auch eine z. B. über das Polnische und weiter über das Ukrainische vermittelte Entlehnung ins Russische ist in manchen Fällen plausibel. Die lexikographische Bearbeitung der Einzelartikel muss aufgrund der technischen Komplexität der zu verwaltenden Vernetzungsinformationen wiederum in einer eigens entwickelten netzwerk- und mehrbenutzerfähigen Redaktionsumgebung erfolgen, die zum einen die bequeme Bezugnahme auf Buchungen des WDLP und zum anderen die synoptische Erstellung mehrerer zusammengehörender einzelsprachlicher Wörterbuchartikel ermöglicht. Im Zuge der Erstellung des ostsla-
318 � Peter Meyer visch-sprachübergreifenden Freitextkommentars können die Bearbeiter in dieser Umgebung in einer Graphik durch Auswählen von als Pfeil dargestellten Beziehungen zwischen den fünf beteiligten Sprachen mögliche Entlehnungswege spezifizieren und auch mit einer Plausibilitätsbewertung versehen. Jeder so eingegebene potentielle Entlehnungsprozess wird jeweils im von der Redaktionsumgebung erzeugten XML-Dokument zum betreffenden ostslavischen Lehnwort mit einer exakten Adressierung der zugehörigen Etymon-Wortform aus dem XML-Dokument der Gebersprache kodiert. Bei der Generierung des DAG kann diese Information direkt in gewichtete Kanten übersetzt werden; die Gewichtung kann wiederum in eine visuelle Darstellung möglicher Entlehnungswege innerhalb der ostslavisch-sprachübergreifenden Freitextkommentare einfließen und ggf. auch für eine Sortierung von Suchergebnissen nach Plausibilität genutzt werden. Als Resultat des hier nur grob angedeuteten lexikographischen Prozesses erscheinen mögliche Entlehnungswege im elementaren Fall als Pfade von einem deutschen Etymon über ein polnisches hin zu einem ostslavischen Lehnwort, z. B. Drucker (deutsches Etymon) drukarz (polnisches Lehnwort) drukarz (polnisches Etymon) drukar (ukrainisches Lehnwort). Das vermittelnde polnische Wort erscheint auf dem Pfad scheinbar doppelt. Im Allgemeinen wird nämlich ein ‚Mittelglied‘ in einer Entlehnungskette in zwei verschiedenen Wörterbüchern auftauchen, einmal z. B. als Lehnwort aus dem Deutschen, einmal als Etymon für ein Wort in einer sekundären Nehmersprache. Die Identifikation der beiden Wortformen, zu denen durchaus divergierende Information in den beiden beteiligten Wörterbüchern zu finden sein mag, ist dann ein eigenständiger Schritt im lexikographischen Prozess der Graphenerstellung, der eine Redaktionsumgebung ähnlich der für die Metalemmaliste erforderlich macht. – Die Besonderheit im vorliegenden Fall ist jedoch, dass die neu einzubindenden lexikographischen Ressourcen dediziert für das Lehnwortportal erstellt werden und der beschriebene Schritt der nachträglichen Identifikation entfällt. Dennoch muss die Graphenmodellierung einheitlich erfolgen.
3 Zusammenfassung und Ausblick Das Lehnwortportal Deutsch des IDS verfügt über eine modulare Architektur, die es ermöglicht, mit geringem technischen Aufwand digitale lehnwortlexikographische Ressourcen unterschiedlichster Struktur und Zielsetzung miteinander zu vernetzen und mit wörterbuchübergreifenden Zugriffsstrukturen zu versehen, ohne dabei die Integrität der Originalwörterbücher zu verletzen. Wesentliche Aspekte der Mikround Mediostruktur der Wörterbücher werden artikel- und ressourcenübergreifend durch eine abstrahierende, graphenbasierte Datenhaltungsschicht modelliert. Diese Modellierung ist, dies sollten die vorangehenden Ausführungen zeigen, kein me-
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chanischer Vorgang – und das Lehnwortportal mithin kein bloßes ‚Mashup‘ von digitalen Ressourcen –, sondern das Resultat eines vielschichtigen lexikographischen Prozesses, dessen Abläufe und Besonderheiten sich aus der verwendeten Datenstruktur ergeben. Zu diesen Abläufen gehören, wie gesehen, auch Implementierungsarbeiten insbesondere für die automatisierte Extraktion von Teilgraphen aus XML-Dokumenten sowie für die Entwicklung von Vernetzungswerkzeugen für Metalemmata und Entlehnungsketten. Dabei handelt es sich jedoch insofern nicht um rein technische oder informatische Arbeiten, als genuin lexikographische Entscheidungen in die Programmierung einfließen müssen. Die verschiedenen XML-basierten Datenquellen, die der Erzeugung des gerichteten azyklischen Wortformgraphen zugrunde liegen – Einzelwörterbücher, Metalemmaliste sowie Vernetzungsinformationen für Entlehnungsketten – werden in der Architektur des Lehnwortportals getrennt vom Graphen verwaltet und können im Prinzip jederzeit einzeln und unabhängig voneinander verändert werden. Werden Modifikationen an den Quellen vorgenommen oder kommt z. B. ein neues Wörterbuch hinzu, muss der Graph vollständig neu erzeugt werden. Ein großer Vorteil dieses Vorgehens ist, dass jederzeit weitreichende Änderungen an der grundsätzlichen Graphenstruktur vorgenommen werden können; dies betrifft beispielsweise die oben in 2.2. diskutierte Entscheidung für die Vernetzungsstruktur und die in 2.3. diskutierte Wahl übergreifender Datenformate und Ontologien. Der Graph kann jederzeit um neue Typen von portalspezifischen Informationen angereichert werden, beispielsweise um morphologische oder phonologische Analysen der deutschen Etyma oder um semantische Informationen. Eine zentrales und für das Lehnwortportal noch nicht gelöstes Problem der Gesamtarchitektur stellen die Interdependenzen dar, die sich durch die Vernetzung mit Metalemmata und die Erstellung von Entlehnungsketten ergeben: Werden Artikel in einem Lehnwörterbuch nach erfolgter Portalintegration überarbeitet, müssen zugehörige wörterbuchübergreifende Vernetzungen überprüft und ggf. angepasst werden. Dabei können Metalemmata wegfallen, neue hinzukommen, Entlehnungsketten verändert werden und vieles mehr. Dies erfordert eine systematische datenbankseitige Abbildung sämtlicher erforderlichen lexikographischen Arbeiten und der dabei verwendeten und erzeugten lexikographischen Informationen sowie eine weitestgehend automatisierte Konsistenzprüfung.
320 � Peter Meyer
Literatur (a) Wörterbücher WDLP = WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN LEHNWÖRTER IN DER POLNISCHEN SCHRIFT- UND STANDARDSPRACHE. VON DEN ANFÄNGEN DES POLNISCHEN SCHRIFTTUMS BIS IN DIE MITTE DES 20. JAHRHUNDERTS. Hgg. Andrzej de Vincenz, Gerd Hentschel. Oldenburg: BIS-Verlag 2010 (= Studia Slavica Oldenburgensia 20). (http://diglib.bis.uni-oldenburg.de/bis-verlag/wdlp) (07.11.2013) WDLT = WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN LEHNWÖRTER IM TESCHENER DIALEKT DES POLNISCHEN. Thomas Menzel, Gerd Hentschel. 2., ergänzte und korrigierte elektronische Ausgabe. Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa 2005. [Oldenburg: BIS-Verlag 12003 (= Studia Slavica Oldenburgensia 10)] (http://www.bkge.de/14451.html) (07.11.2013). DLS = DEUTSCHE LEHNWÖRTER IM SLOVENISCHEN. Hildegard Striedter-Temps. Wiesbaden: Harrassowitz 1963.
(b) Sonstige Literatur Burch, Thomas/Rapp, Andrea (2007): „Das Wörterbuch-Netz: Verfahren – Methoden – Perspektiven.“ – In: D. Burckhardt, R. Hohls, C. Prinz (Hgg.): Geschichte im Netz: Praxis, Chancen, Visionen. Beiträge der Tagung .hist 2006, 607-627. Berlin (=Historisches Forum 10, Teilband I). (http://edoc.hu-berlin.de/histfor/10_I/PHP/Woerterbuecher_2007-10-I.php#007001) (07.11.2013). Burnard, Lou/Bauman, Syd (Hgg.) (2007): TEI P5: Guidelines for Electronic Text Encoding and Interchange. – Charlottesville, Virginia: TEI Consortium. (http://www.tei-c.org/release/doc/tei-p5doc/en/html/index.html) (07.11.2013). Engelberg, Stefan (2010): „An inverted loanword dictionary of German loanwords in the languages of the South Pacific.“ – In: A. Dykstra, T. Schoonheim (Hgg.): Proceedings of the XIV EURALEX International Congress (Leeuwarden, 6–10 July 2010), 639-647. Ljouwert (Leeuwarden): Fryske Akademy. Meyer, Peter/Engelberg, Stefan (2011): „Ein umgekehrtes Lehnwörterbuch als Internetportal und elektronische Ressource: Lexikographische und technische Grundlagen.“ – In: H. Hedeland, Th. Schmidt, K. Wörner (Hgg.): Multilingual Resources and Multilingual Applications, 169-174. Hamburg: Universität Hamburg (= Arbeiten zur Mehrsprachigkeit/Working Papers in Multilingualism, Folge B, Nr. 96). Meyer, Peter (2013a): „Ein Internetportal für deutsche Lehnwörter in slavischen Sprachen. Zugriffsstrukturen und Datenrepräsentation.“ – In: S. Kempgen, N. Franz, M. Jakiša, M. Wingender (Hgg.): Deutsche Beiträge zum 15. Internationalen Slavistenkongress, Minsk 2013, 233-242. München: Otto Sagner (=Die Welt der Slaven. Sammelbände, Band 50). Meyer, Peter (2013b): „Advanced graph-based searches in an Internet dictionary portal.“ – In: I. Kosem, J. Kallas, P. Gantar, S. Krek, M. Langemets, M. Tuulik (Hgg.): Electronic lexicography in the 21st century: thinking outside the paper. Proceedings of the eLex 2013 conference, 17-19 October 2013, Tallinn, Estonia, 488-502. Ljubljana,Tallinn: Trojina, Institute for Applied Slovene Studies/Eesti Keele Instituut (http://eki.ee/elex2013/proceedings/eLex2013_34_ Meyer.pdf) (07.11.2013). van der Sijs, Nicoline (2010): Nederlandse woorden wereldwijd. – Den Haag: SDU Uitgever. Webber, Jim/Eifrem, Emil/Robison, Ian (2013): Graph Databases. – Sebastopol, CA: O'Reilly & Associates.
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Wiesinger, Peter (1983): „Die Einteilung der deutschen Dialekte.“ – In: W. Besch, U. Knoop, W. Putschke, H. E. Wiegand (Hgg.): Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung, 807-900. Berlin, New York: de Gruyter (=Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft/Handbooks of Linguistics and Communication Science (HSK), Band 1/2).
Carolina Flinz
TOURLEX: erste Bausteine für ein deutschitalienisches Lexikon der TouristikFachsprache 1 Einleitung Online-Fachwörterbücher zur Tourismusfachsprache sind vermehrt erst seit Ende des 20. Jahrhunderts vorzufinden: Es handelt sich jedoch meistens um Glossare oder Lexika1, die entweder einsprachig (Deutsch oder Italienisch), zweisprachig (Deutsch-Englisch; Deutsch-Spanisch; Deutsch-Italienisch) oder mehrsprachig sind, ohne Hinweis auf morphosyntaktische Informationen oder Kollokationen, welche sich aber in der Tat als sehr nützlich erweisen können (vgl. Bergenholtz 1994: 55). TOURLEX, ein Projekt der Universität Pisa, wird ein zweisprachiges (deutschitalienisches) frei verfügbares Online-Lexikon sein, das bestimmte deutsche Fachwörter der Tourismusfachsprache aus unterschiedlichen Bereichen, wie Reisebüros, Reiseveranstalter, Fluggesellschaften, Flughäfen, Hotellerie und Gastronomie, Reservierungssysteme, Tourismusorganisationen usw. auflisten wird. Das Lexikon wird in Sektionen aufgeteilt sein, wobei sich die erste geplante Sektion auf Reiseveranstalter und deren Eigenschaften konzentrieren wird.2 Jede Sektion, und am Ende schließlich TOURLEX selbst, soll aber nicht als ein abgeschlossenes Produkt gesehen werden, sondern als ein work in progress. Dies ist eine typische Eigenschaft der Online-Produkte, die fortlaufend aktualisiert und verbessert werden können. TOURLEX wird ein Sprachwörterbuch sein: Jedem deutschen Eintrag folgen Informationen zur Aussprache (Tondatei) und zur Silbentrennung, Angaben zur Wortklasse, diverse morphosyntaktische Angaben (Genus und Numerus) und das Äquivalent bzw. die Äquivalente in italienischer Sprache. Syntagmatische Angaben (wie Kollokationen, Valenzangaben, Satzbeispiele) und paradigmatische Angaben (Synonyme) werden schließlich den Artikel vervollständigen (vgl. Abbildung 4 in diesem Beitrag).3 Ein solches Instrument könnte für den DaF-Unterricht an einer Tourismusschule oder -fakultät von großem Vorteil sein, da digitale Sprachressourcen auch einen methodischen Zugang zur Sprache bieten, der parallel und ggf. auch in Kom|| 1 Eine Verwechslung der Textsorten Wörterbuch, Lexikon, Glossar, Datenbank ist im OnlineMedium sehr häufig, da oft die Grenzen verschwimmen. 2 Andere Sektionen, wie z. B. Flug, Bahn, Busverkehr, sind in Planung. 3 Angaben zur Valenz sowie das Vorhandensein einer Audiodatei für die Aussprache sind noch in Abwägung.
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bination mit anderen Zugängen dazu beiträgt, das Wissen über sprachliche Strukturen und Funktionen zu erweitern und den Spracherwerbsprozess zu fördern (Beißwenger/Storrer 2011: 121). Im Folgenden werden zuerst die Adressaten und die Hauptfunktionen des Wörterbuchs vorgestellt (2.), danach die lexikographischen Kriterien (3.) erläutert. Schließlich werden die wichtigsten makrostrukturellen (4.) und mikrostrukturellen (5.) Eigenschaften des Fachlexikons präsentiert. Ein Beispiel für einen Eintrag wird den Artikel abschließen (6.).
2 Adressaten und Funktionen Bei der Planung von TOURLEX waren folgende Kernpunkte von grundlegender Bedeutung: 1. die Festlegung des Rezipientenkreises; 2. die Identifikation der hypothetischen Benutzungssituation; 3. die Bestimmung der möglichen Benutzerbedürfnisse. 1. Eine der ersten Überlegungen, die bei der Planung des Fachwörterbuchs angestellt wurden, war die Erkundung des potentiellen Benutzers: An welchen Benutzerkreis sollte sich TOURLEX richten und welche Bedürfnisse sollten dabei erfüllt werden? Da die Idee für die Konzeption eines solchen Fachlexikons aus der universitären DaF-Praxis an einer Fakultät für Tourismuswissenschaft entstanden ist, war die Antwort selbstverständlich: primäre Benutzer sollten Studenten des spezifischen Fachbereiches Tourismus sein. Sonstige Interessenten aus der Tourismuswelt sind als sekundäre Benutzergruppe einzustufen. Auch wenn Fachlexika normalerweise für eine homogene Gruppe gedacht sind, ist dies in der Praxis zumeist nicht der Fall, denn oft variieren sowohl die Fremdsprachkenntnisse als auch die Sachkenntnisse (vgl. Barz/Bergenholtz/Korhonen 2005: 15f; Bergelholtz/Tarp 1994: 386f). Fachlexika können deswegen als eine besondere Wörterbuchart betrachtet werden, da sie sich mit der Fachsprache beschäftigen, wobei auch bei Sprechern der Muttersprache keine vollständige Beherrschung existiert, da Muttersprachler auch Laien innerhalb eines gegebenen Fachgebietes sein können (vgl. Bergenholtz/Schaeder 1994: 236). Die Abstimmung der individuellen Vorkenntnisse, Bedürfnisse und Benutzungssituationen (vgl. Storrer/Harriehausen 1998: 76) ist nicht einfach, deswegen schien uns die Entscheidung, ein mehrfachadressiertes und flexibles Fachlexikon herzustellen, die geeignetste Lösung. TOURLEX wird sich an folgende Benutzer richten: 1. italienische Muttersprachler, die Deutsch als Fremdsprache lernen und 2. deutsche Muttersprachler, die Italienisch als Fremdsprache lernen. In der ersten Phase wird sich TOURLEX hauptsächlich an den primären Benutzer richten, aber der Aufbau eines kompletten bidirektionalen Produkts ist in Planung. TOURLEX soll sowohl dem Laien als auch
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dem Experten dienen. Die Adressaten können also unterschiedliche Interessen haben; sie reichen von Studenten der Fakultät für Tourismuswissenschaft (Laien) bis hin zu Experten in der beruflichen Praxis (Reiseveranstalter, -büros etc.). 2. Die Kenntnis der Benutzungssituationen ist für jeden Wörterbuchtyp, sowohl für einsprachige als auch für zweisprachige Wörterbücher (vgl. Wiegand 1977: 101), von zentraler Bedeutung. TOURLEX wird sich an beide Benutzersituationen richten. Die typischen Benutzungssituationen sind u. a. folgende: a. Konsultationshandlung: Der Benutzer benötigt gewisse Informationen und sucht sie im Wörterbuch, das als „Werkzeug“ benutzt wird und die Bedürfnisse des Benutzers befriedigen soll; b. Produktionshandlung: Das Wörterbuch wird verwendet, um ein entstandenes Kommunikationsproblem zu lösen, zum Beispiel in der Textproduktion, Textrezeption oder Übersetzung. 3. Die Merkmale der Benutzerbedürfnisse können durch unterschiedliche Vorgehensweisen erhoben werden. TOURLEX wird sich prinzipiell der Aufnahme von Wörterbuchbenutzungserfahrungen mit folgenden Methoden4 bedienen: Fragebogen in schriftlicher Form und Wörterbuchbenutzungsprotokolle.5 Fragebögen sind nicht nur in der Planungsphase von großer Bedeutung, da sie Interessen und Probleme der potentiellen Benutzer hervorheben, sondern auch im weiteren Verlauf, da Formulare zur Ergänzung und/oder Korrektur von Wörterbuchartikeln in einem OnlineLexikon weiterhin aufgerufen werden können. Ein Blog-Forum für Diskussionen wird ebenfalls aktiviert werden. Der Benutzer wird somit am lexikographischen Prozess beteiligt sein und wird dazu beitragen, das Wörterbuch auf einem aktuellen Stand zu halten.6 Protokolle werden hingegen in einer zweiten Phase eingeführt, da sie in einer objektiven Weise zeigen, wie die Probanden das Wörterbuch benutzen, welche Recherchen erfolgreich abgeschlossen werden können und welche Fragestellungen offen bleiben oder Probleme bereiten. Sie liefern zuverlässige Ergebnisse über das Verhalten tatsächlicher Wörterbuchbenutzer. Akkurate Analysen in der Planungs- und in der Testphase sind von großer Bedeutung (vgl. Zöfgen 1994: 51), sowohl für die Einstufung der möglichen Benutzererwartungen und Ansprüche, als auch für die Auswahl der Daten, die in das Wörterbuch aufgenommen werden. Die empirische Vorgehensweise sollte jedoch
|| 4 Überblicke sowie Vorteile und Nachteile der unterschiedlichen Vorgehensweisen können u. a. in folgenden Werken nachgeschlagen werden: Barz 2005; Baunebjerg Hansen 1990; Bergenholtz/ Schaeder 1994; Hartmann 1983; Householder/Saporta 1962; Kühn 1989; Ripfel 1990; Ripfel/Wiegand 1988; Storrer/Harriehausen 1998; Wiegand 1977; Zöfgen 1991; Zöfgen 1994. 5 Die Analyse der konkreten Bedürfnisse, die von vorgesehenen Benutzern und Benutzungssituationen abhängig sind, sowie die Auflistung der hypothetischen Probleme des potentiellen Benutzers können als mögliche Ergänzung betrachtet werden. 6 TOURLEX wird nicht der Kategorie „nutzergenerierte Wörterbucher“ wie dict. oder wikiprojekte (Storrer 2010: 156) angehören.
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die Introspektion des Untersuchenden nicht ausschließen (vgl. Barz/Bergenholtz/Korhonen 2005: 83). Wörterbuchbenutzer und Wörterbuchfunktionen stehen in einem engen Zusammenhang und müssen bei der Planung parallel festgelegt werden. Die Festlegung der Wörterbuchfunktionen ist also auch einer der ersten Schritte und Grundlage der lexikographischen Tätigkeit, da sie die Verbindung darstellt zwischen den Bedürfnissen, die beim Benutzer entstehen und den Informationen, die die Wörterbücher geben, um diese Bedürfnisse zu erfüllen. Aufgrund der unterschiedlichen Funktionen eines Wörterbuchs streben die Lexikographen bei der Erarbeitung eines Wörterbuchs danach, den Benutzerbedürfnissen gerecht zu werden. Die Funktionen eines Wörterbuchs sind eine Art Voraussetzung, die den Zweck eines Wörterbuchs definieren: Sie gestalten den Inhalt und den Aufbau des Wörterbuchs (vgl. u. a. Barz/Bergenholtz/Korhonen 2005: 19; Bergenholtz/Schaeder 1994: 229; Hausmann: 1977; Kromann/Riiber/Rosbach: 1984; Mugdan: 1992; Wolski: 1982). Ein Wörterbuch kann monofunktional (d. h., es hat nur eine Funktion) oder polyfunktional (d. h. mehrere Funktionen werden erfüllt) sein. Die meisten Fachwörterbücher sind polyfunktional (Bergenholtz 1992: 49; Zgusta 1971: 304).7 Die Funktionen eines Fachwörterbuchs können variieren: Die häufigste Unterscheidung ist zwischen der aktiven (bzw. direkten, produktiven, enkodierenden, hinübersetzenden) und der passiven (bzw. indirekten, rezeptiven, dekodierenden, herübersetzenden) Funktion, auch wenn man mit einem Fachwörterbuch fachspezifische Funktionen, wie die Klärung fachlicher und fachsprachlicher Fragen, zur fachlichen und fachsprachlichen Wissensaneignung sowie zur Wissensvermittlung im muttersprachlichen und fremdsprachlichen Unterricht, erfüllen kann. Trotz der Multifunktionalität eines Wörterbuchs gibt es immer eine oder mehrere überwiegende Funktionen; in dieser Hinsicht vertritt die lexikographische Forschung einstimmig die Ansicht, dass ein Eins-zu-Eins-Verhältnis in allen Funktionen nicht möglich ist (vgl. u. a. Barz/Bergenholtz/Korhonen 2005; Hausmann 1977; Wiegand 1998; Zöfgen 1994). Die Funktionen eines Wörterbuchs sollten deswegen in Haupt- und Unterfunktionen gegliedert werden, wobei die ersteren die Priorität darstellen sollten (Tarp 1994: 243). TOURLEX wird eine doppelte Funktion haben: eine aktive und eine passive Funktion.8 Der italophone Benutzer wird im Wörterbuch nachschlagen: a) wenn er die Bedeutung eines deutschen Fachwortes verstehen will; b) wenn er das Übersetzungsäquivalent eines deutschen Fachwortes wissen möchte. Der deutschsprachige Benutzer wird zum Nachschlagewerk greifen, wenn er: a) ins Italienische übersetzt;
|| 7 Überblicke der unterschiedlichen Funktionen und Klassifizierungen finden sich u. a. in Hausmann 1977; Kühn 1989; Sĉerba 1982; Schlaefer 2002; Tarp 1994; Wiegand 1988; Zgusta 1971. 8 Die aktive Funktion, d. h. die Produktion von Texten wird vorerst die Hauptfunktion des Lexikons sein.
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b) Fachtexte in italienischer Sprache erstellt. TOURLEX kann also zur Textübersetzung und auch zur Textproduktion dienen. Diese Vorüberlegungen werden bei allen Entscheidungen, sowohl bei der Konzeption als auch bei der Ausarbeitung des Lexikons, immer präsent sein.9 Sie haben sowohl die Wahl der empirischen Basis, die Art der Lemmaselektion, die makrostrukturellen (Auswahl und Inhalte der Umtexte, Wahl aller Strukturen, Ausarbeitung des Layouts bzw. des Webdesigns) und mikrostrukturellen Entscheidungen (Art und Wahl der Angabeklassen) beeinflusst und werden weiterhin alle möglichen Ergänzungen und Änderungen bestimmen.
3 Lexikographische Kriterien10 Die lexikographischen Kriterien zum Lemmabestand werden sowohl vom Benutzerkreis und seiner Benutzungssituation als auch von der Funktion des Wörterbuchs beeinflusst (vgl. Bergenholtz 1989; Beißwenger/Körkel 2002; Kromann/Riiber/Rosbach 1984). TOURLEX wird computergestützte Kriterien verwenden: Nach Herstellung eines Korpus von Fachtexten (in der ersten Sektion deutsche und italienische Reisekataloge im Online-Format) wird dieses mit Hilfe der Software Word Smith Tools 3.0 analysiert. Das Ergebnis des Vorgangs sind zwei aufgrund von Frequenzkriterien hergestellte Stichwortlisten (deutsch und italienisch), die dann überprüft, bereinigt und ausgewertet werden. Die Software bietet auch die Möglichkeit, mit dem Programm Concord Konkordanzen und typische Kollokationen herauszufiltern, wobei Kollokationen ebenfalls reflektiert und aufgenommen werden. Aus dieser Prozedur werden sowohl die endgültigen Einträge und deren Äquivalente in der italienischen Sprache als auch die am häufigsten vorkommenden Konkordanzen extrapoliert. Das Risiko subjektiver Entscheidungen seitens des Lexikographen, der sich in dieser Arbeitsphase auf seine Kompetenz zur kritischen Bewertung der Qualität von Daten verlässt, wird jedoch durch die Aussagekraft der datengestützten Analysen gemindert (Beißwenger/Storrer 2011: 120). Lexikographische Studien bieten auch eine andere Möglichkeit für die Erarbeitung der Einträge, und zwar die Orientierung an den Lemmalisten bestehender Fachwörterbücher. Dies wird nur im Falle von ähnlichen Lexika verwendet; TOURLEX wird aber eine besondere Eigenschaft haben und aus Sektionen konstruiert sein, die
|| 9 Viele lexikographische Studien befürworten diese Entscheidung (vgl. u. a. Barz/Bergenholtz/ Korhonen 2005; Bergenholtz 2003; Kromann/Riiber/Rosbach 1984). 10 Beispiele, die bestimmte Entscheidungen (u. a. zur Polysemie etc.) besser erläutern könnten, sind zum jetzigen Stand der Erarbeitung des Wörterbuchs noch nicht möglich.
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den jeweiligen touristischen Textsorten entsprechen. Es sind zur Zeit keine ähnlichen Lexika vorhanden. Da TOURLEX ein Online-Lexikon ist, ist die „Lückengefahr“ sehr niedrig, da das Produkt ständig ergänzt und bearbeitet werden kann. Einträge zur Polysemie werden unter einem einzigen Artikel subsumiert (die traditionelle Vorgehensweise), während Homonyme hingegen differenziert werden. Synonyme werden dagegen in der Mikrostruktur des jeweiligen Eintrages verdeutlicht. Da TOURLEX ein Fachlexikon ist, wird nicht, wie in einem allgemeinen Sprachwörterbuch, zwischen Historismen, Neologismen, Regionalismen, Umgangssprache usw. unterschieden. Sie werden nur in Ausnahmefälle gekennzeichnet werden.
4 Die Makrostruktur TOURLEX wurde von Anfang an für eine digitale Publikation und Online-Nutzung konzipiert.11 Sein Umfang ist deswegen sehr schlecht voraussagbar. TOURLEX wird unter der Adresse www.campuslucca.it aufrufbar sein und wird sowohl 1. statische (Header, Footer und Navigationsmenü) als auch 2. dynamische (Suchmaschine) Elemente beinhalten. Es wurde nicht nur auf Faktoren wie Schriftgröße, Schriftschnitt, Farbe, mögliche Textanordnung in Spalten oder Feldern etc. geachtet, sondern auch auf die darstellerischen Mittel des Webs wie z. B. den Gebrauch von Effekten, Farbe, Buttons. Insbesondere diese letzteren, die ein großes Potential aufweisen, wurden gut überdacht, um eine benutzerfreundliche Darstellung zu kreieren. 1. Header und Footer werden den Namen des Wörterbuchs und das Logo aufnehmen, während das Navigationsmenü von folgenden Umtexten12 charakterisiert sein wird: a) Register der Einträge, b) Vorwort, c) Links zu anderen Online-Sprachwörterbüchern, d) Benutzeranleitungen, e) Feedback, f) Login. Alle Umtexte werden sowohl in italienischer als auch in deutscher Sprache verfasst sein. a) Das Register wird die vorhandenen Lemmata im Wörterbuch in alphabetischer Ordnung auflisten. Jeder Registereintrag wird mit dem entsprechenden Lemma verlinkt sein. Das Register wird ständig aktualisiert werden, da es von großer Hilfe für den Benutzer sein kann, der einen raschen Blick auf die enthaltenen Lemmata werfen möchte.
|| 11 Storrer unterscheidet hinsichtlich der Herkunft zwischen digitalisierten Printwörterbüchern und für den Online-Benutzer geschaffenen Wörterbüchern (Beißwenger/Storrer 2011: 156). 12 Umtexte sind all „die Texte oder textlichen Informationen, die nicht Einträge oder Stichwörter des jeweiligen Wörterbuchs sind“ (Dressler 1994: 305). Trotz Vernachlässigung sind sie sehr wichtig (Møller 1994: 326).
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b) Das Vorwort wird Informationen über den Inhalt, den Aufbau und die Entwicklungen des Wörterbuchs, über die Benutzergruppe und die Benutzungssituation sowie Danksagungen enthalten (vgl. u. a. Barz/Bergenholtz/ Korhonen 2005: 119; Beißwenger/Körkel 2002: 394; Bergenholtz 1989; Møller 1994: 329). TOURLEX wird auch den aktuellen Inhalt vorstellen und auf die zukünftig geplanten Sektionen hinweisen. c) Externe Links bieten eine Erweiterung des Informationsangebots (Herbst/ Klotz 2003: 263) und werden auch vorhanden sein, insbesondere zu Wörterbüchern, die grammatische Informationen enthalten und die italophone Benutzer unterstützen können wie ‚canoonet‘, ‚grammis‘. Auch das Korpus (vgl. 3) wird entsprechend verlinkt sein, so dass es für wissenschaftliche Zwecke benutzt werden kann. An der Linkkonsistenz13 (ob monodirektional oder bidirektional) wird noch gearbeitet, aber alle Links werden permanent angezeigt werden und nicht mit Hilfe einer Scroll-Over Funktion angedeutet werden. d) Benutzerhinweise mit Informationen darüber, wie das Wörterbuch effizient benutzt werden kann, sollen vorhanden sein. Der primäre und sekundäre Benutzer, seine Voraussetzungen und seine Bedürfnisse sowie seine möglichen Benutzungssituationen waren vorrangig für ihre Gestaltung: generelle und spezifische Benutzungssituationen mit exemplarischen Beispielen, die als Muster dienen können, werden erläutert und vorgestellt. e) Im Feedback-Teil hat der Benutzer die Möglichkeit, direkt Kontakt mit dem Wörterbuchteam aufzunehmen. Er kann auf diese Weise Kritik und Verbesserungsvorschläge anbringen, auf mögliche Lücken hinweisen. Der oben genannte Fragebogen kann hier aufgerufen und visualisiert werden. f) Login ist ein Feld, das zur Online-Bearbeitung der Lemmata dient. Die am Projekt Beteiligten können überall mitwirken und Einträge bearbeiten und hinzufügen. 2. TOURLEX wird nicht nur eine Scroll-Leiste anbieten, sondern auch eine Suchmaschine, die eine große Hilfe für den Benutzer ist. Der Benutzer kann den gesuchten Eintrag direkt im Feld eingeben und nach Anklicken des Return Keys werden die Ergebnisse und die verbundenen Lemmata in alphabetischer Reihenfolge angezeigt. Es wird sich also um eine Volltextsuche handeln, in der sich die Suche nicht nur auf die Makrostruktur, d. h. auf die Stichwortliste, einschränkt, sondern auch auf die Mikrostruktur erweitert wird. Dadurch lässt sich die „versteckte lexikographische Information“ (Fournier 2000: 85) (z. B. Mehrwortlemmata, die einem Lemma untergeordnet sind) aufspüren, wodurch die Gefahr erfolgloser Suchhandlungen sinkt. Die filterbasierte Suche wird auch vorhanden sein: Sie lässt den Benutzer mittels
|| 13 Vgl. Kemmer 2010: 16.
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Sucheinschränkungen und Filtern Teilwortschätze anzeigen (Müller-Landmann 2000: 98) und kann für Recherchen, die sich auf spezifische Merkmale des Wortschatzes beziehen, von großem Nutzen sein. Platzhalter (auch Wildcards genannt) werden auch Verwendung finden: Durch die Setzung von ‚*‘oder ‚?‘ (wobei ‚*‘ für beliebig viele, ‚?‘ für genau ein ausgelassenes Zeichen steht) können mehrere Wörter gesucht werden, die sich beispielsweise in einem Zeichen unterscheiden, oder Lemma die auf das gleiche Suffix enden, mit dem selben Präfix beginnen oder den gleichen Wortstamm zeigen (Herberg 2005: 297). Die Suche kann auch mit Booleschen Operatoren (AND, OR, NEAR oder NOT bzw. UND, ODER, NAHE und NICHT) durchgeführt werden (Holderbaum 1999). Diese Operatoren fungieren als Filter bzw. als Verknüpfung und ermöglichen somit eine weitere Spezifikation innerhalb eines Suchbefehls (Kemmer 2010: 20). Eine fehler- oder schreibtolerante Suche ist ebenfalls in Vorbereitung. Das Ergebnis der Suche wird eine Auflistung von max. 7 Lemmata pro Seite anzeigen, um eine zu große Dichte an Daten zu vermeiden. Die Anordnung der Lemmata wird strikt alphabetisch sein, ohne Nischen- und Nestlemmata: Jedes Lemma verfügt über seinen eigenen Wörterbuchartikel. Diese konventionelle Ordnung wird aber nicht die einzige sein, da das Wörterbuch aus mehreren Sektionen bestehen wird, die auf gewisse Weise sprachübergreifenden Kriterien folgen werden. Jeder touristische Bereich wird eine eigene Sektion haben, welche Lemmata in strikt alphabetischer Reihenfolge (vgl. Wiegand 1983b) auflisten wird. Die Nachteile dieser Anordnung, wie die Zerstörung der begriffssystematischen Zusammenhänge, werden durch das Online-Medium zum Teil aufgehoben, da linkförmige Verweise vorhanden sind, die semantische Zusammenhänge verdeutlichen und dem Benutzer behilflich sein können. Durch deren Bereitstellung ergibt sich also eine weitere Ebene der Wissensvermittlung, mit Veranschaulichung von semantischen Netzen, Wortfamilien und sachlichen Zusammenhängen (Herberg 2005: 294). Eine frequenzbasierte Sortierung ist hingegen noch in Abwägung; es hängt mit dem weiteren Verlauf des Projekts zusammen. Mehrgliedrige Einträge, z.B. Komposita, Substantiv-Adjektivattribut-Verbindungen sowie Abkürzungen werden ebenfalls der alphabetischen Reihenfolge folgen.
5 Mikrostruktur Die Mikrostruktur, d. h. die Anordnung der Informationen im Wörterbuchartikel (vgl. Hausmann et al. 1989: 328; Rey-Debove 1971: 13), hat das Ziel, die Informationen zu antizipieren, die der Benutzer suchen wird (Wiegand 1983a: 105). TOURLEX wird einen großen Wert auf eine übersichtliche Gestaltung legen: standardmäßig wird das Lemma typographisch hervorgehoben (Großbuchstaben, Fettdruck und Linksherausstellung).
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Abb. 1: Ein Eintrag von TOURLEX (seine typographische Hervorhebung)
Der Artikel wird aus formalen Angaben und semantischen Angaben (wie Polysemie, Äquivalent(e) in italienischer Sprache, Syntagmatik, Paradigmatik, phraseologische Angaben) bestehen. Abkürzungen werden hingegen vermieden werden, da sie nicht sehr benutzerfreundlich sind.
Abb. 2: Ein Eintrag von TOURLEX (einige Angaben der Mikrostruktur)
Verweise werden hingegen sehr häufig vorkommen. Sie erlauben den Benutzern eigene Lesewege einzuschlagen und verleihen ihnen eine aktivere Rolle bei der Rezeption (Kuhlen 1991: 12ff.; Sager 2000: 589).
Abb. 3: Links eines Eintrages von TOURLEX
Der Aufbau der Mediostruktur (d. h. die Verweisbeziehungen im Wörterbuch) wird mit Sorgfalt durchdacht sein, da der zu häufige Gebrauch von Verweisen nämlich negativ für den Benutzer sein könnte, da er zu einem ständigen Hin- und Herschlagen führen kann. Die mikrostrukturelle Anordnung wird zu einer übersichtlichen und standardisierten Textstruktur führen. Dies hat gewisse Vorteile: Der individuelle Formulierungsspielraum wird eingeschränkt, die Textverständlichkeit wird verbessert, die Benutzungsdauer verkürzt (vgl. Wiegand 1989: 425) und die Lesbarkeit erleichtert.
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TOURLEX wird ein monoskopales Wörterbuch sein, d. h. monodirektional deutsch-italienisch. Die Einträge werden zu unterschiedlichen Wortarten gehören: Substantive, Adjektive und Verben. Die Lemmatisierung von Eigennamen ist noch in Abwägung. Als Einträge werden Simplizia in ihrer kanonischen Nennform vorkommen, d. h. Verben im Infinitiv, Substantive im Singular, Adjektive im Positiv. Komposita und Abkürzungen werden auch vorhanden sein; insbesondere sind es die letzteren, die Schwierigkeiten bei der Textrezeption, der Genuszuordnung und der Auflösung (Bergenholtz 1989: 775) bereiten. Akronyme werden Buchstabe für Buchstabe erklärt werden. Es werden folgende formale Angaben vorhanden sein: a) Informationen zur Aussprache und zur Silbentrennung. Eine Tondatei wird die normkonforme Aussprache wiedergeben und ist von großer Nützlichkeit für den Benutzer, der allein mit der IPA-Repräsentation nicht immer gut zurechtkommt (Kernerman 2008: 1261; de Schryver 2003: 166ff.). b) Angaben zur Wortklasse. Diese Information wäre für Substantive überflüssig da die deutsche Sprache die spezifische Eigenart hat, Substantive durch Großschreibung zu markieren. Da TOURLEX aber als primäre Benutzer Studenten hat, sind die Angaben zu jeder Wortklasse sehr nützlich. c) Grammatische Informationen wie Genus und Numerus. Diese Art von Informationen ist sehr wichtig. Bei Substantiven wird das Genus erläutert werden, wobei m. für Maskulinum, f. für Femininum, n. für Neutrum stehen wird. Danach wird die Pluralform folgen, die mit Komma abgetrennt wird. Restriktionen im Numerus sind für den grammatisch korrekten Gebrauch des Lexems im Satz hilfreich. Wenn der Plural identisch mit dem Lemmazeichen ist wird das Symbol (-) stehen. Wenn das Lemma keinen Plural hat, wird keine Angabe vorhanden sein. Das Genus wird sowohl bei dem Eingangslemma als auch bei den Äquivalenten angegeben werden (Word-Class Information). Bei Adjektiven erfolgt in Klammern die Angabe der unregelmäßigen Form der Komparation. Bei Verben wird die Markierung der Wortart bzw. der Konjugation auf zweierlei Weise erfolgen: die regelmäßige Konjugation wird mit verbo reg. gekennzeichnet, die unregelmäßige mit verbo irreg.. Hinter verbo irreg. werden die Formen von Präsens, Präteritum und Partizip II in Klammern stehen. d) Etymologische Angaben und Markierungen werden hingegen nicht vorhanden sein. e) Das Äquivalent oder die Äquivalente in italienischer Sprache, die eine eigene Zeile einnehmen, werden den formalen Angaben folgen. Der Verweis auf anderssprachige Wörter, abgesehen vom italienischen Äquivalent, wird in TOURLEX nicht durchgeführt werden.
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f)
Die Definition des Terminus wird nicht vorhanden sein, nur im Falle von Kulturspezifika, werden zusätzliche Informationen angeboten, aber die Art, ob mit Hilfe einer Definition oder mit Beispielen, ist noch in Abwägung. g) Angaben zur Syntagmatik werden den Äquivalenten folgen. Man wird sich des folgenden Spektrums an Möglichkeiten bedienen: syntaktische Konstruktionen, die für eine korrekte Verwendung des Lemmas hilfreich sind; Kotextangaben, Kollokationen, die deutlich machen, wie mit Wörtern in einer Fremdsprache semantisch normgerechte Syntagmen gebildet werden können; idiomatische Phraseologismen; Satzbeispiele, die syntaktische Konstruktionen veranschaulichen. Syntagmatische Angaben dienen zur Information über die Verwendung des Lemmas und haben den Zweck, „die Kompatibilität eines Wortes und seine Distributionsverhältnisse zu erhellen“ (Zöfgen 1994: 147). Sie sind für ein Fachwörterbuch „unumgänglich“ (vgl. Bergenholtz 1994: 55): sowohl für Hinübersetzung als auch für die Herübersetzung (Cedillo 2004: 99f). h) Paradigmatische Angaben werden in Form von Synonymen vorhanden sein (vgl. Kühn 1998: 55). Sie werden vom Wort Sinonimo eingeleitet, während zusammenhängende Begriffe von Vedi anche [siehe auch] eingeführt werden. Typographische (andere Farbe) und formale (neuer Absatz) Gestaltungsmittel werden eingesetzt werden. Sie sind benutzerfreundlich und dienen dank der Verlinkung dem schnellen und zweckorientieren Gebrauch. i) Angaben zu Antonymen und zur Literatur werden hingegen nicht präsent sein.
6 Schlussfolgerungen TOURLEX ist noch im Aufbau, aber die wichtigsten Entscheidungen zur Makro-, Medio- und Mikrostruktur sind bereits getroffen worden. Einige Aspekte, wie das Vorhandensein einer Audiodatei und von Valenzangaben sowie das Hinzufügen der Definition im Falle von Kulturspezifika, sind noch in Abwägung. Abschließend soll noch hervorgehoben werden, dass sich die vorgestellten Überlegungen sowohl auf die wissenschaftliche Literatur zur Fach- und Online-Lexikographie als auch auf empirischen Untersuchungen existierender Online-Fachwörterbücher zum Thema Tourismus stützen. Die Ergebnisse einer benutzergerichteten Umfrage sind zum Teil noch einzubauen und könnten für die offenen Fragen entscheidend sein. Die Analyse des Korpus zur Erarbeitung der Stichwortliste wird der nächste Schritt sein.14 || 14 Die Online-Stellung des Wörterbuchs mit einer ersten Lemmata-Auswahl soll noch vor Ende 2014 geschehen.
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Zur Veranschaulichung soll hier ein Eintrag des Fachlexikons vorgestellt werden: Rücktritt Rücktritt; Rück/tritt; AUDIO DATEI Sostantivo m. (-e) Recesso m. (-i) Esempi (ted): So entstehen in der Regel die gleichen Kosten wie bei einem Rücktritt des Reiseteilnehmers. Der Veranstalter muss daher die Kosten in gleicher Höhe berechnen, wie sie sich im Umbuchungszeitpunkt für einen Rücktritt ergeben hätten. Sofern die Änderungen erheblich oder unzumutbar sind, erhält der Reiseteilnehmer mit einer Erklärungsfrist von zehn Werktagen nach Mitteilung das Recht zur kostenlosen Umbuchung oder zum kostenlosen Rücktritt. Wird gleichwohl eine Namensänderung gewünscht, fallen in gleicher Höhe die Kosten an, wie sie sich im Umbuchungszeitpunkt für einen Rücktritt ergeben hätten. Rücktritt seitens des Reiseteilnehmers. Rücktritt seitens des Veranstalters. Rücktritt seitens des Teilnehmers. Der Reiseteilnehmer ist berechtigt, den Nachweis zu führen, dass im Zusammenhang mit dem Rücktritt keine oder geringere Kosten entstanden sind. Esempi (it): Entro tre giorni lavorativi dalla ricezione dell’avviso, il cliente che non intenda accettare la variazione è tenuto a comunicare per iscritto all’agenzia il suo recesso dal contratto. Tale diritto spetta solo a condizione che il cliente abbia regolarmente comunicato il recesso a decorrere dalla data della comunicazione del recesso. La comunicazione del recesso dovrà pervenire in un giorno lavorativo il calcolo dei giorni non include quello del recesso. In mancanza, si applicano le penalità previste dall’art. 8 per il recesso ingiustificato. Recesso ingiustificato e inadempimento del cliente. Giustificato recesso del cliente. Recesso con penali. Recesso senza penali. Recesso del consumatore. Vedi anche: Rücktrittszeitpunkt, Rücktrittskosten, Rücktrittserklärung, Rücktrittspauschale, Rücktrittsrecht Abb. 4: Eintrag Rücktritt in TOURLEX
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