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German Pages 2000 [2154] Year 2020
Schneider ZVG · Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Kommentar
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ZVG
Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Kommentar Herausgegeben von
Dipl.-Rpfleger Prof. Wolfgang Schneider Berlin Bearbeitet von
RiAG Dr. Dr. Andrik Abramenko, Idstein Dipl.-Rpfleger Kai Achenbach, Bad Münstereifel Prof. Dr. Matthias Becker, Bad Münstereifel RA Hans-Martin Bergsdorf, Henningsdorf/Berlin Dipl.-Rpfleger Rainer Goldbach, Mainz Dipl.-Rpfleger Prof. Ulrich Keller, Berlin Dipl.-Rpfleger Dieter Klos † Ass. iur. Babette Kropp, Oranienburg Dipl.-Rpfleger RB Gerhard Schmidberger, Heilbronn Dipl.-Rpfleger Prof. Wolfgang Schneider, Berlin Dipl.-Rpflegerin Elke Strauß, Görlitz Dipl.-Rpfleger Roland Traub, Schwäbisch-Hall
2020
Zitierempfehlung: Bearbeiter in Schneider, ZVG, § … Rz. …
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-47109-5 ©2020 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort Es war ein langer Weg, bis Sie als geneigter Leser dieses Buch nun endlich zum 120. Geburtstag des Inkrafttretens des Gesetzes in Händen halten können. Verlag und Herausgeber haben sich trotz – oder besser: gerade wegen – der derzeit flauen ZVG-Konjunktur entschlossen, zum jetzigen Zeitpunkt eine vollständige Kommentierung aller die Immobiliarvollstreckung betreffenden Vorschriften neu aufzulegen. Hintergrund ist u.a. das in den Jahren 2015 bis 2017 durchgeführte Forschungsprojekt zur Untersuchung eines Reformbedarfs des ZVG im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, an dem auch zwei der hier kommentierenden Hochschullehrer beteiligt waren. Es hat Anlass gegeben, altbekannte Vorschriften noch einmal zu durchdenken und systematisch neu aufzubereiten. Aus dem Forschungsprojekt sind Handlungsempfehlungen erwachsen, die es dem Gesetzgeber ermöglichen sollen, das Gesetz für die demnächst sicherlich wieder zunehmende Zahl der Zwangsversteigerungen in Deutschland zukunftsfähig aufzustellen. Diesen Erneuerungsprozess möchte der vorliegende Kommentar begleiten und bereichern. Dazu haben sich neben der Gruppe der schon angesprochenen Hochschullehrer Autoren aus der Richter- und Anwaltschaft sowie praktizierende Rechtspfleger und Zwangsverwalter mit ihrer jeweils spezifischen Sachkenntnis und Erfahrung zusammengeschlossen. Allen ist gemeinsam, dass die Arbeit an diesem Werk nur neben ihrer jeweiligen beruflichen Haupttätigkeit – und somit in der ohnehin viel zu raren Freizeit – erfolgen konnte. Dafür gebührt den Mitautoren mein ganz besonderer Dank. Besonders bedanken möchte ich mich an dieser Stelle auch bei dem Lektor des Otto-Schmidt-Verlages, Herrn Rüdiger Donnerbauer, der es verstanden hat, mit seiner ihm eigenen Verbundenheit und einer schier unendlichen Geduld das Werk über alle Hürden bis zur Drucklegung zu begleiten. Bedauerlicherweise wurden während des Entstehungsprozesses auch Veränderungen in der Autorenschaft nötig. So erzwang insbesondere neben einem krankheitsbedingten Ausfall vor allem der tragische Todesfall von Dieter Klos Umstellungen im Kreis der Kommentatoren. Die Erläuterungen befinden sich durchgehend auf dem Stand Ende 2019; teilweise sind auch noch spätere Nachweise erfasst worden. Die Kommentierungen sollen auch künftig bei der Bewältigung der praktischen Bedürfnisse im täglichen Arbeitsablauf eine Handreichung bieten. Aus diesem Grunde begrüßen Verlag und Herausgeber ausdrücklich entsprechende Hinweise und Verbesserungsvorschläge aus der Leserschaft. Berlin, im März 2020
Wolfgang Schneider
V
Bearbeiterverzeichnis Abramenko Achenbach Becker Bergsdorf Bergsdorf/Kropp Goldbach Goldbach/Klos Keller Schmidberger Schneider Strauß Traub
VI
56–57b, 75–85, vor 95–104, 95–104 1–8, 90–93 162–186, 1–15 EGZVG 150a–150e 152–152a 15–17, 19, 27, 49-55, 86–89, 20–23, 26 28–43 24–25, 94, 146–150, 151, 153–161 9-14, vor 44–65, 44–48, 105–145a 58–65 18, 66–74b, 85a
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Vorwort . . . . . . . . . . Bearbeiterverzeichnis . . Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis . . .
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V VI XV XXVII
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erster Abschnitt Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken im Wege der Zwangsvollstreckung Erster Titel Allgemeine Vorschriften §1 §2 §3 §4 §5 §6 §7 §8 §9 § 10 § 11 § 12 § 13 § 14
Zuständiges Amtsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestimmung des zuständigen Amtsgerichts . . . . . . . . . Zustellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustellung durch Aufgabe zur Post . . . . . . . . . . . . . . . Zustellungsbevollmächtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung eines Zustellungsvertreters . . . . . . . . . . . . . Aufgaben und Vergütung des Zustellungsvertreters . . . . Zustellung des Anordnungs- und Beitrittsbeschlusses . . Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rangordnung der Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rangordnung in derselben Rangklasse . . . . . . . . . . . . Rangordnung innerhalb desselben Rechts . . . . . . . . . . Laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen . Ansprüche von unbestimmtem Betrag . . . . . . . . . . . .
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17 25 29 31 34 35 38 41 44 58 124 129 135 140
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145 145
...... ......
216 225
Zweiter Titel Zwangsversteigerung I. Anordnung der Versteigerung § 15 § 16 § 17 § 18
Antrag auf Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt des Antrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
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§ 19 § 20 § 21 § 22 § 23 § 24 § 25 § 26 § 27
Eintragung der Anordnung im Grundbuch . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten zum Umfang der Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . Wirksamwerden der Beschlagnahme und Zahlungsverbot . . . . . . Relatives Veräußerungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch den Schuldner Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung . . . . . . . . . . . . Veräußerung nach Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beitritt zum Versteigerungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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233 242 271 277 283 295 298 308 313
II. Aufhebung und einstweilige Einstellung des Verfahrens § 28 § 29 § 30 § 30a § 30b § 30c § 30d § 30e § 30f § 31 § 32 § 33 § 34
Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse Rücknahme des Antrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers . . . . . . . Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners . . . . . . . . . . Antrag, Belehrung, Entscheidung, Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . Erneute einstweilige Einstellung auf Antrag . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens . . . . Auflagen bei Einstellung infolge eines Insolvenzverfahrens . . . . . Aufhebung der Einstellung infolge des Insolvenzverfahrens . . . . . Fortsetzung des Verfahrens auf Antrag des Gläubigers . . . . . . . . Zustellung des Aufhebungs- oder Einstellungsbeschlusses . . . . . . Entscheidung durch Versagung des Zuschlags . . . . . . . . . . . . . Ersuchen auf Löschung des Versteigerungsvermerks . . . . . . . . .
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323 350 356 366 395 400 402 414 420 424 431 433 438
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441 445 451 461 466 469 471 475 480
III. Bestimmung des Versteigerungstermins § 35 § 36 § 37 § 38 § 39 § 40 § 41 § 42 § 43
VIII
Ausführung durch Versteigerungsgericht . . . . . . . . . Bestimmung des Versteigerungstermins . . . . . . . . . Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung . . . . . . Weitere Angaben in der Terminsbestimmung . . . . . . Bekanntmachung der Terminsbestimmung . . . . . . . Anheftung an die Gerichtstafel . . . . . . . . . . . . . . . Zustellung der Terminsbestimmung an die Beteiligten Akteneinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Terminsaufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Geringstes Gebot. Versteigerungsbedingungen Vorbemerkungen zu §§ 44 bis 65 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 44 Begriff des geringsten Gebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 45 Berücksichtigung im geringsten Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 46 Wiederkehrende Naturalleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 47 Wiederkehrende Geldleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 48 Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch . . . . . . . . . . . . . § 49 Bargebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 50 Zuzahlung bei Wegfall oder Nichtbestehen von Grundpfandrechten . § 51 Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 52 Bestehenbleiben und Erlöschen von Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . § 53 Eintritt des Erstehers ins persönliche Schuldverhältnis . . . . . . . . . . § 54 Wirksamkeit der Kündigung und Fälligkeit eines Grundpfandrechts gegen den Ersteher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 55 Gegenstand der Versteigerung, Zubehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 56 Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung . . . . . . . . § 57 Miete und Pacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 57a Sonderkündigungsrecht des Erstehers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 57b Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins . . . . § 58 Zuschlagskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 59 Abweichende Versteigerungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . §§ 60–61 (weggefallen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 62 Vortermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 63 Ausgebot mehrerer Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 64 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . § 65 Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung . . . . . . . . . . . .
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484 486 539 565 568 571 580 585 591 602 608
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614 619 628 640 666 675 686 695 729 729 733 776 795
Verfahren im Versteigerungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlangen einer Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Höhe der Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art der Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sofortige Entscheidung über die Sicherheitsleistung; sofortige Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlung eines unwirksamen Gebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erlöschen eines Gebots; Übergebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bietzeit; Schluß der Versteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhandlung über den Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10 des festgesetzten Verkehrswertes; Verkehrswertfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausnahme von § 74a bei Gläubigergebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstellung wegen Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstellung wegen Deckung des Gläubigers aus einem Einzelausgebot . .
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811 830 836 843
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851 855 881 887 892
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894 927 931 948
V. Versteigerung § 66 § 67 § 68 § 69 § 70 § 71 § 72 § 73 § 74 § 74a § 74b § 75 § 76
IX
Inhaltsübersicht Seite
§ 77 § 78
Einstellung wegen Mangels an Geboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Terminsprotokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
954 961
VI. Entscheidung über den Zuschlag § 79 § 80 § 81 § 82 § 83 § 84 § 85 § 85a
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966 970 975 988 995 1008 1013
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1025 1042 1048 1058 1061 1066 1071 1079 1088 1092
Vorbemerkungen zu §§ 95-104 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 95 Beschwerde vor der Entscheidung über den Zuschlag . . . . . . . . . § 96 Auf die Beschwerde über den Zuschlag anzuwendende Vorschriften § 97 Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 98 Beschwerdefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 99 Gegenerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 100 Beschwerdegründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 101 Beschwerdeentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 102 Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 103 Zustellung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 104 Wirksamwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1104 1110 1115 1121 1130 1140 1148 1158 1163 1168 1170
§ 86 § 87 § 88 § 89 § 90 § 91 § 92 § 93 § 94
Bindung an Vorentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht protokollierte Terminvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuschlagsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wesentlicher Inhalt des Zuschlagsbeschlusses . . . . . . . . . . . . Versagung des Zuschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heilung von Verfahrensmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung . . . . Zuschlagsversagung bei Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkung der Zuschlagsversagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verkündungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustellung des Zuschlagsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirksamwerden des Zuschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigentumserwerb durch Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung . . . . . . . . . . . . . . . Anspruch auf Wertersatz für erlöschende Rechte . . . . . . . . . . Zuschlagsbeschluß als Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . Gerichtliche Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII. Beschwerde
X
Inhaltsübersicht
VIII. Verteilung des Erlöses § 105 § 106 § 107 § 108 § 109 § 110 § 111 § 112 § 113 § 114 § 114a § 115 § 116 § 117 § 118 § 119 § 120 § 121 § 122 § 123 § 124 § 125 § 126 § 127 § 128 § 129 § 130 § 130a § 131 § 132 § 133 § 134 § 135 § 136 § 137 § 138 § 139 § 140 § 141 § 142 § 143 § 144 § 145
Bestimmung des Verteilungstermins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorläufiger Teilungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilungsmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlung hinterlegter Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrenskosten, Überschussverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachstehende Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betagter Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verteilung bei Gesamtausgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufstellung des Teilungsplanes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . Materiell-rechtliche Befriedigungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerspruch gegen den Teilungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussetzung der Ausführung des Teilungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausführung des Teilungsplans nach Zahlung des Meistgebots . . . . . . . Ausführung des Teilungsplans bei Nichtzahlung des Bargebots . . . . . . Zuteilung auf bedingten Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Planausführung bei aufschiebend bedingtem Anspruch . . . . . . . . . . . Zuteilung auf Ersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuteilung bei Gesamtansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfsverteilung bei Zuteilung auf Gesamtansprüche . . . . . . . . . . . . . . Hilfsverteilung bei Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuteilung des Zuzahlungsbetrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfszuteilung bei unbekannten Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermerke auf Grundpfandrechtsbriefen und Titeln . . . . . . . . . . . . . . Eintragung einer Sicherungshypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rangverschiebung bestimmter Sicherungshypotheken . . . . . . . . . . . . Grundbuchersuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vormerkung für gesetzlichen Löschungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . Befreiung von der Briefvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckbarkeit und Vollstreckungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . Zustellungserleichterung u.a. Besonderheiten bei Wiederversteigerung . (aufgehoben) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung eines Ermittlungsvertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kraftloserklärung von Grundpfandrechtsbriefen . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträgliche Ermittlung des Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermächtigung zum Aufgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Terminsbestimmung bei nachträglicher Ermittlung des Berechtigten . . Aufgebotsverfahren zur Ausschließung eines unbekannten Berechtigten Ausführung des Teilungsplans nach Ausschließungsbeschluss . . . . . . . Erlöschen der Rechte auf den hinterlegten Betrag . . . . . . . . . . . . . . . Außergerichtliche Einigung über die Erlösverteilung . . . . . . . . . . . . . Außergerichtliche Befriedigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In Verfahren nach §§ 143, 144 anwendbare Vorschriften . . . . . . . . . .
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1173 1176 1177 1181 1182 1187 1193 1197 1209 1218 1271 1278 1291 1293 1301 1305 1307 1309 1311 1313 1315 1316 1320 1324 1331 1348 1352 1371 1376 1378 1381 1389 1389 1393 1395 1396 1398 1400 1403 1406 1408 1413 1418
XI
Inhaltsübersicht
IX. Grundpfandrechte in ausländischer Währung
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§ 145a Sonderbestimmungen für ausländische Währungen in der Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1420
Dritter Titel Zwangsverwaltung § 146 § 147 § 148 § 149 § 150 § 150a § 150b § 150c § 150d § 150e § 151 § 152 § 152a § 153 § 153a § 153b § 153c § 154 § 155 § 156 § 157 § 158 § 158a § 159 § 160 § 161
Anordnung der Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anordnung bei Eigenbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterte Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wohnrecht/Unterhalt des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwalterbestellung/Besitzergreifung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorgeschlagener Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schuldnerverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsichtsperson für den Schuldner-Zwangsverwalter . . . . . . . . . . . . . . . Befugnisse des Schuldners als Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergütung des Schuldnerverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterter Zeitpunkt der Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben des Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsicht des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Viehfutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebung der Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung des Verwalters/Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rangfolge der Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verteilungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausführung des Teilungsplanes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlung auf das Kapital einer Hypothek und anderen Grundpfandrechten Europäische Währung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klage auf Abänderung des Teilungsplanes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Außergerichtliche Befriedigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebung der Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1425 1465 1471 1498 1515 1539 1545 1552 1557 1561 1563 1568 1630 1654 1671 1673 1676 1677 1701 1725 1737 1741 1743 1744 1746 1747
Anzuwendende Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständiges Amtsgericht; weitere Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anordnungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1793 1807 1808
Zweiter Abschnitt Zwangsversteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen im Wege der Zwangsvollstreckung Erster Titel Zwangsversteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken § 162 § 163 § 164 XII
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§ 165 § 166 § 167 § 168 § 168a § 168b § 168c § 169 § 169a § 170 § 170a § 171
Bewachung und Verwahrung des Schiffes . . . . . . . . . . . Verfahren gegen Schiffer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bezeichnung bei Terminsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aufgehoben) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anmeldung beim Registergericht vor Terminsbestimmung Schiffshypothek in ausländischer Währung . . . . . . . . . . Miete und Pacht; Schiffshypothek gegen Ersteher . . . . . . Wertfestsetzung und Zuschlagsversagung bei Seeschiffen . Bewachung und Verwahrung des versteigerten Schiffes . . Zwangsversteigerung eines Schiffsbauwerks . . . . . . . . . . Ausländische Schiffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1813 1818 1820 1821 1822 1822 1823 1824 1826 1827 1828 1829
Anzuwendende Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständiges Amtsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antragsvoraussetzungen; Bewachung und Verwahrung des Luftfahrzeugs Bezeichnung bei Terminsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Registerpfandrechte in ausländischer Währung . . . . . . . . . . . . . . . . . Miete und Pacht; Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewachung und Verwahrung des versteigerten Luftfahrzeugs . . . . . . . . Sondervorschriften für ausländische Luftfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . Rangordnung der Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfügungen nach Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Benachrichtigungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertersatz für ausländische Mietrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1833 1841 1842 1844 1845 1846 1847 1847 1848 1850 1850 1852 1853
Zweiter Titel Zwangsversteigerung von Luftfahrzeugen § 171a § 171b § 171c § 171d § 171e § 171f § 171g § 171h § 171i § 171k § 171l § 171m § 171n
Dritter Abschnitt Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung in besonderen Fällen Vorbemerkungen vor § 172 . . . . . . . . . . . . . . . . . § 172 Zwangsversteigerung in Insolvenzverfahren § 173 Beschluss ist keine Beschlagnahme . . . . . . § 174 Berücksichtigung der Insolvenzgläubiger . . § 174a Antragsrecht des Insolvenzverwalters . . . . § 175 Antragsrecht des Erben . . . . . . . . . . . . . § 176 Anzuwendende Vorschriften . . . . . . . . . . § 177 Glaubhaftmachung durch Urkunden . . . . § 178 Nachlassinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . § 179 Berücksichtigter Nachlassgläubiger . . . . . . § 180 Aufhebung einer Gemeinschaft . . . . . . . . § 181 Voraussetzungen der Anordnung . . . . . . .
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1854 1863 1876 1879 1884 1887 1890 1894 1895 1897 1899 1981 XIII
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§ 182 § 183 § 184 § 185 § 186
Feststellung des geringsten Gebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermietung oder Verpachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhängiges Verfahren über Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergangsvorschrift zum 2. Justizmodernisierungsgesetz . . . . . .
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1992 2020 2021
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2023 2026
Einführungsgesetz zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung §1 §2 §3 §4 §5 §6 §7 §8 §9 § 9a § 10 § 11 § 12 § 13 § 14 § 15
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2027 2028 2031 2032 2032 2033 2033 2033 2034 2044 2049 2049 2050 2050 2050 2050
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2051
XIV
Inkrafttreten, Anwendung des EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . Landesgesetzliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unberührt bleibende Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorrang öffentlicher Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auszug aus dem Kataster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angaben in der Terminsbestimmung des Versteigerungstermins Weitere Veröffentlichungen der Terminsbestimmung . . . . . . . . Vor dem Inkrafttreten des BGB eingetragene Hypotheken . . . . Nicht eintragungspflichtige Rechte, Altenteil . . . . . . . . . . . . . Sonderregelung für das Beitrittsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellung des Grundstückswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgebotsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergangsvorschrift zum Sachverständigenrecht . . . . . . . . . . Anordnungen für Zwangsverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. a.E. aF AG AGB AGBG AGBGB AGH AGJustG AGZVG AIZ AktG AktO ALR AnfG AnwZ AO AR AS AT AusgLG AV AVAG AVBWasserV AVOGBO AVRJM AZ BAG BauO BauR BauSparkG BayAGBGB BayAGGBO BayAGGVG BayKAG BayObLG BayObLGZ BayRpflZ BB BBauGB
anderer Ansicht am angegebenen Ort am Ende alte Fassung Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Gesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwaltsgerichtshof Gesetz zur Ausführung bundesrechtlicher Justizgesetze Ausführungsgesetz zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Allgemeine Immobilien Zeitung Aktiengesetz Aktenordnung und Generalaktenverfügung Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten Anfechtungsgsesetz Aktenzeichen des BGH für Anwaltsgerichtsverfahren Abgabenordnung Amtsrat Amtliche Sammlung Allgemeiner Teil Ausgleichungsgesetz Aktenvermerk Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Abkommen der Europäischen Union auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser Ausführungsverordnung Grundbuchordnung Allgemeine Verfügung Reichsminister der Justiz Aktenzeichen Bundesarbeitsgericht Bauordnung Baurecht Bausparkassengesetz Bayerisches Gesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bayerisches Gesetz zur Ausführung der Grundbuchordnung Bayerisches Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes Bayerisches Kommunalabgabengesetz Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Der Bayerische Rechtspfleger Der Betriebsberater Baugesetzbuch XV
Abkürzungsverzeichnis
BBergG BBodSchG BDF BDR BeckEuRS BeckOGK BeckOK BeckRS BerlAGZVG BeurkG BewG BezG Bf. BFH BFHE BG Bg. BGB BGH BGHR BGHZ BGHZivilR BImSchV BinSchG BIZ BK BKR BMF BMJ BMJBerG BMJV BNotO BoSoG BR BrAGBGB BremAGZPO BremGebBeitrG BRS BRV BT BundesbankG BundeskleingartenG BV BVerfG BVerfGE BVerfGG XVI
Bundesberggesetz Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes- Bodenschutzgesetz) Bund Deutscher Forstleute Bund Deutscher Rechtspfleger Beck’sche Rechtsprechungssammlung des EuGH, EuG und EuGöD Beck’scher Onlinegroßkommentar Beck’scher Onlinekommentar Beck’sche Rechtsprechungssammlung Berliner Ausführungsgesetz zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Beurkundungsgesetz Bewertungsgesetz Bezirksgericht Beschwerdeführer Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofes Berufsgenossenschaft Beschwerdegegner Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Rechtsprechung(ssammlung) des BGH Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes im Zivilrecht Erste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz) Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Bonner Kommentar zum Grundgesetz Zeitschrift für Bank und Kapitalmarktrecht Bundesminister der Finanzen Bundesminister der Justiz Zweites Gesetz über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Bundesnotarordnung Gesetz über die Sonderung unvermessener und überbauter Grundstücke nach der Karte Bundesrat Bremer Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bremer Ausführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung Bremisches Gebühren- und Beitragsgesetz Baurechtssammlung Bundesratsverordnung Bundestag Gesetz über die Deutsche Bundesbank (Bundesbankgesetz) Bundeskleingartengesetz Bestandsverzeichnis (im Grundbuch) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht
Abkürzungsverzeichnis
BVersTG
BWNotZ
Gesetz über die interne Teilung beamtenversorgungsrechtlicher Ansprüche von Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten im Versorgungsausgleich Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Registerzeichen beim Bundesverfassungsgericht für Verfahren über einstweilige Anordnungen Registerzeichen beim Bundesverfassungsgericht für Verfahren über Verfassungsbeschwerden nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a sowie über Kommunalverfassungsbeschwerden nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG. Baden- Württemberg Baden-Württembergisches Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Baden-Württembergisches Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg
CPO CuR
Civilprozeßordnung Contracting und Recht (Zeitschrift)
DaBaGG DAV DB DDR DGVZ DJ DJZ DM DMR DNotI DNotZ DRiZ DRM DRpflZ DRZ DS DStR DStRE DtZ DVO DVZ
Gesetz zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs Deutscher Anwaltsverein Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsche Demokratische Republik Deutsche Gerichtsvollzieher Zeitung Deutsche Justiz (Zeitschrift) Deutsche Juristenzeitung Deutsche Mark Deutsches Mietrecht Das Deutsche Notarinstitut Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsche Richterzeitung Deutsches Recht (Monatszeitschrift) Deutsche Rechtspflegerzeitung Deutsche Rechts-Zeitschrift Der Sachverständige (Zeitschrift) Deutsches Strafrecht Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift Durchführungsverordnung Deutsche Versicherungs- Zeitschrift für Sozialversicherung und Privatversicherung Die Wohnungswirtschaft (Zeitschrift) Der Wohnungseigentümer (Zeitschrift) Deutsches Wohnungsarchiv Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht
BVerwG BVerwGE BVG BvL BvQ BvR BW BWAGBGB BWAGGVG
DW DWE DWohnA DZWIR
XVII
Abkürzungsverzeichnis
EBV EEG EFG EG EGBGB EGGVG EGInsO EGInsVO EGS EGStGB EGVVG EGZVG EinfG EnEV EnWG EO ErbbauRG ErbbauVO ErbR ERVGBG EStG ETW EU EuGH EuGVÜ EuGVVO EuInsVO EuR EUR EuZustVO EuZW EWiR EWIV FA FamFG FamRB FamRZ FAO FG XVIII
Eigentümer Besitzer Verhältnis Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz) Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) Europäische Gemeinschaft; Einführungsgesetz Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren Eigentümergrundschuld Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz Einführungsgesetz zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Einführungsgesetz Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung) Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung/-Energiewirtschaftsgesetz Österreichisches Gesetz über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung) Gesetz über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsgesetz) Verordnung über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsverordnung) Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften Einkommensteuergesetz Eigentumswohnung Europäische Union Europäischer Gerichtshof Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Insolvenzverfahren Europarecht Euro Europäische Zustellungsverordung Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Fachanwalt; Finanzamt Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Familien-Rechtsberater (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fachanwaltsordnung Finanzgericht; freiwillige Gerichtsbarkeit
Abkürzungsverzeichnis
FGB FGG FHR FK FlaggRG FlErwV FlurbG FMP FP FPR FR FS FuR GasGVV GB GBBerG GBO GbR GBV GdbR GE GebG GemS GeneralStA GenG GerZV GesO GewO GG gG GGV GKG GmbH GmbHG GmS GNotKG GOA GR GrdStG GrdstVG GrEStG GrStG
Familiengesetzbuch (DDR) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fachhochschule für Rechtspflege Familienrecht kompakt (Zeitschrift) Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe Verordnung über den Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Flächen und das Verfahren nach dem Ausgleichsleistungsgesetz (Flächenerwerbsverordnung) Flurbereinigungsgesetz Forderungsmanagement professionell (Zeitschrift) ForderungsPraktiker (Zeitschrift) Familie, Partnerschaft, Recht (Zeitschrift) Finanz-Rundschau Ertragssteuerrecht (Zeitschrift) Festschrift Familie und Recht (Zeitschrift) Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz Grundbuch Grundbuchbereinigungsgesetz Grundbuchordnung Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch GdbR Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch GbR (wohnungseigentumsrechtliches) Gemeinschaftseigentum; Gesetzesentwurf; Grundeigentum (Zeitschrift) Gebührengesetz Gemeinsamer Senat Generalstaatsanwalt Genossenschaftsgesetz Gerichtszuständigkeitsverordnung Gesamtvollstreckungsordnung Gewerbeordnung Grundgesetz geringstes Gebot Verordnung über die Anlegung und Führung von Gebäudegrundbüchern Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare Geschäftsführung ohne Auftrag Güterrechtsregister Kirchengesetz über Grundstücke in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Grundstücksgesetz) Grundstückverkehrsgesetz Grunderwerbsteuergesetz Grundsteuergesetz XIX
Abkürzungsverzeichnis
GruchB GrundE/GE gUG GuG GV GVG GVGA GvKostG GVO GW GWR hA HaHi HandwerksO HansGZ HansOLG HansRGZ HBCS HBG HdbFA HdbFAMuW/ HdbFAMW HessAGBGB HessAGZPO HessAGZVG HFR HGB HH HinterlegungsG HKHD Hk-ZV h.M. HRP HRR HS HWFH HWR HZÜ
i.B. IBR i.d.F. idR IG
XX
Gruchots Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts (Zeitschrift) Grundeigentum (Zeitschrift) Gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) Grundstücksmarkt und Grundstückswert (Zeitschrift) Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher Gerichtsvollzieherkostengesetz Grundstücksverkehrsordnung Geschäftswert Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Herrschende Ansicht Haarmeyer/Hintzen, Zwangsverwaltung Handwerksordnung Hanseatische Gerichtszeitung Hanseatisches Oberlandesgericht Hanseatische Rechts- und Gerichts-Zeitschrift Hongkong & Shanghai Banking Corporation Holdings (engl. Bank) Hypothekenbankgesetz Handbuch des Fachanwalts Handbuch des Fachanwalts für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Hessisches Gesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Hessisches Ausführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung Hessisches Ausführungsgesetz zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Hansestadt Hamburg Hinterlegungsgesetz Hock/Klein/Hilbert/Deimann (Handbuch) Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung (Handkommentar Zwangsvollstreckung) Herrschende Meinung Handbuch der Rechtspraxis Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Handbuch der Zwangsverwaltung Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen im Besonderen IBR Immobilien & Baurecht (Zeitschrift) in der Fassung in der Regel, auch i.d.R. Investitionsgesetz
Abkürzungsverzeichnis
IGZ ImmoWertV IMR InfoM InsO InsVV iS i.v.M. IVR JB JBeitrO JFG JM JMBL JMBlNRW JR JuModG JURA JurionRS juris-BKR juris-InsR jurisPK jurisPR JUS JuS JustG JustGNW JVEG JW JZ JZahlVO KAG KEHE KFBErstVO KfW KfZ KG KGJ KGR KKZ KO KostO
Bundesverband Interessengemeinschaft Zwangsverwaltung e.V. (auch Zeitschrift) Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung) Immobilien- und Mietrecht (Zeitschrift) Informationen Mietrecht (Zeitschrift) Insolvenzordnung Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung im Sinne in Verbindung mit Immobilien- und Vollstreckungsrecht (Zeitschrift) Jahrbuch Justizbeitreibungsordnung Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts Justizministerium Justizministerialblatt Justizministerialblatt für das Land Nordrhein- Westfalen Juristische Rundschau (Zeitschrift) Gesetz zur Modernisierung der Justiz Juristische Ausbildung (Zeitschrift) JurionRechtsprechung juris-Bank und Kapitalmarktrecht juris-Insolvenzrecht juris-Praxiskommentar juris-Praxisreporte Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Justizgesetz Justizgesetz Nordrhein-Westfalen Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Verordnung des Justizministeriums zur Einschränkung des baren Zahlungsverkehrs in der Justiz Kommunalabgabengesetz Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann/Bearbeiter, Grundbuchrechtskommentar Verordnung über die Erstattung der persönlichen Ausgaben der Katholischen Fachhochschule Berlin aus Haushaltsmitteln des Landes Berlin Kreditanstalt für Wiederaufbau Kraftfahrzeug Kammergericht Jahrbuch für Entscheidungen des KG in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit KG Report Berlin Kommunal-Kassen-Zeitschrift Konkursordnung Kostenordnung XXI
Abkürzungsverzeichnis
KostRMoG KSchG KStZ KSzW KTS KV-GKG KWG
Kostenrechtsmodernisierungsgesetz Kündigungsschutzgesetz Kommunale Steuer- Zeitschrift Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen (Zeischrift) Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz Gesetz über das Kreditwesen
LAG LBauO LeipZ LFBAG LFzPfSchG
Lastenausgleichsgesetz Landesbauordnung Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Gesetz über das Luftfahrt-Bundesamt Gesetz über die Unzulässigkeit der Sicherungsbeschlagnahme von Luftfahrzeugen Landesgericht Lindenmaier/Möhring, Nachschlagewerk Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring LexisNexis/Recht (WoltersKluwer) Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft Leitsatz Land Sachsen Anhalt Landessozialgericht Landtag Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen Luftverkehrsgesetz Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz Registerzeichen beim Bundesgerichtshof für Verfahren über Revisionen, Nichtzulassungsbeschwerden und Anträge auf Zulassung der Sprungrevision in Landwirtschaftssachen. Leipziger Zeitschrift für Handels- Konkurs- und Versicherungsrecht
LG LM LMK LNR LPartG LS/Ls LSA LSG LT LuftFzgG LuftVG LuftVZO LVwVG LwZR LZ MaBV MBauO MDR MecklZ Mieter-GmbH MietR MietRB MilRegG MittRhNotK
MuW M-V mwN
Makler- und Bauträgerverordnung Musterbauordnung Monatsschrift für Deutsches Recht Mecklenburgische Zeitschrift für Rechtspflege Mieter Gesellschaft mit beschränkter Haftung Mietrecht Miet-Rechtsberater Militärregierungsgesetz Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer (Zeitschrift – nachf. RNotZ) Mindermeinung Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Markenschutz und Wettbewerb (Zeitschrift) Mecklenburg- Vorpommern mit weiteren Nachweisen, auch m.w.N.
n.F. NJ NJG
neuer Fassung Neue Justiz Niedersächsisches Justizgesetz
mM MoMiG
XXII
Abkürzungsverzeichnis
NJOZ NJW NJWE NKAG NK-BGB NotBZ NRG NRW NRWJustG NuR NVwVG NVwZ NWB NWZVG NZA NZG NZI NZM
Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift – Entscheidungsdienst Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz Dauner-Lieb/Heidel/Ring, Nomos Kommentar zum BGB Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Gesetz über das Nachbarrecht Nordrhein- Westfalen Justizgesetz Nordrhein-Westfalen Natur und Recht Niedersächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Wirtschafts-Briefe Nordrhein-Westfälisches Ausführungsgesetz zum ZVG Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht
ObLG OEG OG oHG/OHG OLG/OlG OLGR OLGZ
(Bayerisches) Oberstes Landesgericht Opferentschädigungsgesetz Oberster Gerichtshof offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Oberlandesgericht-Rechtsprechung (Zeitschrift) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Oberverwaltungsgericht
OVG PartGG PEBB§Y PfandBG PiG PKH PrAGBGB PrAGZVG PrBahneinhG PrLandKredG PrOVG prZVG PsychKG RAbgO RDG RdL REFA RegE RegVBG RFH
Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe Personalbedarfsberechnungssystem (in der deutschen Justizverwaltung) Pfandbriefgesetz Partner im Gespräch (Veröffentlichungsreihe des ESWiD) Prozesskostenhilfe Preußisches Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Preußisches Ausführungsgesetz zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Preußisches Gesetz über Bahneinheiten Preußisches Landeskreditgesetz Preußisches Oberverwaltungsgericht Preußisches Zwangsversteigerungsgesetz (Landes-) Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (Psychisch-Kranken-Gesetz) Reichsabgabenordnung Rechtsdienstleistungsgesetz Recht der Landwirtschaft Ausbildungs- und Arbeitsbuch für Rechtsanwaltsfachangestellte Regierungsentwurf Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz Reichsfinanzhof XXIII
Abkürzungsverzeichnis
RFHE RG RGRK RGSt RGZ RhPfAGZVG RK/Rk RLP RNotZ RP RPfleger RPflG RpflJB RR RSG RVB RVG RWA RZ SaarlAbfallwirtschG SaarlAGJG SaarlKAG SaarlWasserG SachenR SachenRBerG ScheckG SchfHwG SchiffsRG SchlHA SchRegDV SchRegO SchRG SchRGDV SchuldRAnpG SeuffA SeuffB SGB S-H StA StGB StPO StR StuB SubhastO/SubHO
XXIV
Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Reichsgericht Reichsgerichtsrätekommentar zum BGB Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rheinland Pfälzisches Ausführungsgesetz zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Rechtskraft Rheinland Pfalz Rheinische Notar- Zeitschrift (vormals MittRhNotK) Rheinland-Pfalz Der Deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Rechtspflegergesetz Rechtspflegerjahrbuch Rechtsprechungsreport Reichssiedlungsgesetz Reichsverwaltungsblatt und Preußisches Verwaltungsblatt Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Rauch und Wärmeabzugsanlagen (Österreichische) Richterzeitung Saarländisches Abfallwirtschaftsgesetz Saarländisches Ausführungsgesetz zum Justizgesetz Saarländisches Kommunalabgabengesetz Saarländisches Wassergesetz Sachenrecht Gesetz zur Sachenrechtsbereinigung im Beitrittsgebiet Scheckgesetz Schornsteinfeger-Handwerksgesetz Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken Schleswig-Holsteinische Anzeigen (Zeitschrift) Verordnung zur Durchführung der Schiffsregisterordnung Schiffsregisterordnung Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken Gesetz zur Anpassung schuldrechtlicher Nutzungsverhältnisse an Grundstücken im Beitrittsgebiet Seuffert’s Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Seuffert’s Blätter für Rechtsanwendung Sozialgesetzbuch Schleswig- Holstein Staatsanwalt Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Steuerrecht Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) ([Landes-]Gesetz zur gerichtlichen Zwangsvollstreckung in Grundstücke) Subhastationsordnung
Abkürzungsverzeichnis
TE TEUR THG TOP TV
Teilungserklärung nach dem Wohnungseigentumsgesetz Tausend Euro Treuhandgesetz Tagesordnungspunkt Testamentsvollstrecker/vollstreckung
u.U. UdG UHG UmwG UR UrhG USA UStG
unter Umständen Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Umwelthaftungsgesetz Umwandlungsgesetz Urkundenrolle Urheberrechtsgesetz United States of America Umsatzsteuergesetz
v.A. VA VAG VE VerfG VergV v.H. VermG VersR VerwG VG VGH VIZ
vor Allem Verwaltungsakt Versicherungsaufsichtsgesetz Vollstreckung effektiv (Zeitschrift) Verfassungsgericht Vergütungsverordnun Von Hundert Vermögensgesetz Versicherungsrecht Verwaltungsgericht Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Zeitschrift für Vermögens- und Investitionsrecht (seit 1997: Immobilienrecht) Verkehrswert Verordnung Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Vergütungsverzeichnis Gesetz über den Versicherungsvertrag Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz
VKW VO VOB VV VVG VwVfG VwVG WaffG WarnJB WE WEG WertRV WFNG WGV WM/WPM wN WoBindG WRP
Waffengesetz Warneyers Jahrbuch der Entscheidungen zum BGB und den Nebengesetzen Wohnungseigentum; Der Wohnungseigentümer (Zeitschrift) Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) Wertermittlungsverordnung Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum Verordnung über die Anlegung und Führung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht) weitere Nachweise Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) XXV
Abkürzungsverzeichnis
WuB WuM WVG
Wirtschafts- und Bankrecht (Zeitschrift) Wohnungswirtschaft und Mietrecht (Zeitschrift) Gesetz über Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsgesetz)
ZAG
Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz) Gesetz über den Zahlungsverkehr mit Gerichten und Justizbehörden zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zentralblatt für freiwillige Gerichtsbarkeit und Notariat Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Beratung und Studium Zeitschrift des deutschen Notarvereins Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Immobilienrecht Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Immobilienrecht (nur 2007, sodann ZfIR) Zeitschrift für das Juristische Studium Zeitschrift für Kommunalfinanzen Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für die Notarpraxis Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zivilsenat Zwangsvollstreckung Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Zeitschrift für Verbraucher und Privat-Insolvenzrecht Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung Zeitschrift für das Wohnungseigentum Zeitschrift für Wettbewerbsrecht Zwangsverwalterverordnung Zeitschrift für Zivilprozess
ZahlVGJG zB/z.B. ZBB ZBlFG/ZBLFG ZBR ZBS ZDNotV ZEV ZfIR ZGB ZInsO ZIP ZIR ZJS ZKF ZLW ZMR ZNotP ZPO ZRP ZS ZV ZVG ZVI ZVMG ZWE ZWeR ZwVwV ZZP
XXVI
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XXIX
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XXXIV
Einleitung I. II. 1. 2. 3. 4. III. 1. 2.
3.
Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erste Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . Entstehungsgeschichte des ZVG (1874 – 1899) . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des ZVG ab 1900 . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensgrundsätze . . . . . . . . . . Das ZVG als Teil der ZPO . . . . . . . Gerichtliches Verfahren . . . . . . . . a) Verfahren von Amts wegen . . . . . b) Gesamtverfahren . . . . . . . . . . . c) Einbeziehung der Beteiligten . . . . Gegenstand des Verfahrens . . . . . . a) Grundstück . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemein . . . . . . . . . . . . . bb) Abgrenzung . . . . . . . . . . . cc) Die rechtliche Dimension des Grundstücksbegriffs . . . . . . (1) Wesentliche Bestandteile des Grundstücks . . . . . . . . . . . (2) Wesentliche Bestandteile des Gebäudes . . . . . . . . . . . . . (3) Hypothekenhaftungsverband .
.. .. .. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 5 5 7 9 11 12 12 13 13 14 15 16 16 16 17
4.
IV. 1. 2.
. . 19 . . 20 . . 21 . . 23
3.
b) Zubehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonderformen . . . . . . . . . . . . . . Wesentliche Strukturprinzipien . . . . a) Rangklassenprinzip . . . . . . . . . . . b) Deckungsprinzip . . . . . . . . . . . . c) Übernahmeprinzip . . . . . . . . . . . d) Surrogationsprinzip . . . . . . . . . . e) Integriertes Verteilungsverfahren . . f) Dogmatik des Zuschlages . . . . . . . aa) Eigentumsübergang . . . . . . . . bb) Eviktion/Kauf oder Hoheitsakt . g) Absonderungsrecht in der Insolvenz h) Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . Rahmenbedingungen der Immobiliarvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . Schuldnerrechte . . . . . . . . . . . . . . a) Faires Verfahren . . . . . . . . . . . . . b) Schuldnerschutz . . . . . . . . . . . . . Stellung des Vollstreckungsgerichts . . a) Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . b) Verfahrensleitung . . . . . . . . . . . . c) Haftungsgefahren . . . . . . . . . . . . d) Subjektive Belastung . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
Rz. 24 26 27 28 28 30 33 34 35 36 36 38 39 40
. . . . . . . . . .
41 41 43 43 47 50 50 52 54 55
I. Vorbemerkungen Das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) ist seit rd. 1 120 Jahren ohne tiefgreifende Veränderungen in Kraft. Nur wenige Gesetze haben oder hatten eine derartige Kontinuität. In Kraft gesetzt vom letzten deutschen Kaiser1 überstand es die Wirren der Weimarer Republik mit Hyperinflation2, die Schreckensherrschaft der NS-Zeit, die Aufbaujahre nach dem II. Weltkrieg, die deutsche Teilung samt der Wiedervereinigung und nicht zuletzt die Einführung der europäischen Währung.3 Spiegelte das ZVG im ausgehenden 19. Jahrhundert noch die damalige Kreditwirtschaft mit hypothekenbesicherten Banken und Privatleuten samt einem filigranen Rangsystem mit erster, zweiter und dritter Hypothek4 wider5, so beherrscht heute oftmals nur ein wertausschöp1 Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung v. 20.5.1898 (RGBl. I S. 369, 713). 2 S. Korintenberg/Wenz, Einleitung VIII, Rangverschiebungen durch das Aufwertungsgesetz. 3 In diesem Zusammenhang lesenswert: Böhringer, Von der Taler-Hypothek zur Euro-Währung – Schicksal dinglicher Rechte mit Währungsangaben, RpflStud. 2018, 46. 4 Budde, Zur Lage des zweiten Hypothekengläubigers, DJZ 1912, 1207; Eickemeyer, Zur Frage der zweiten Hypothek beim privaten grossstädtischen Wohnhausbau und -besitz in Deutschland, 1913; Kämper/Knoblauch/Steyrer, Der Zweitstellige Hypothekarkredit, 1930; Lindecke, Die Beschaffung der zweiten Hypotheken, 1913; Pabst, 1912, Zweite Hypotheken für Wohnhäuser; Peupelmann, Das Problem der zweiten Hypothek, 1937. 5 Beispiele bei u.a. Lorenz/Willmanns, Formularbuch zu dem Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 1901, S. 14 u.a. (Privatgläubiger in Abt. III); Wenz/Wagner, ZVG,
Schmidberger/Schneider/Traub
1
2
Einl. Rz. 2 Einleitung fendes Grundpfandrecht in Form einer Grundschuld mit verhältnismäßig hohen, dinglich gesicherten Zinsen das Grundbuch.6 Eine gewisse Renaissance ist mit der Neubelegung der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG durch das WEGuaÄndG eingetreten.7 Wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldforderungen als nicht im Grundbuch verlautbarte „Quasi-Hypotheken“ sorgen zumindest bei der Zwangsversteigerung von Eigentumswohnungen für eine neue (Rang-)Dynamik. Zuteilungsfähige Grundschulden für Privatpersonen sind demgegenüber heute die absolute Ausnahme.8 3
Derzeit sind die Eingangszahlen bei den Amtsgerichten für neu einzuleitende Zwangsversteigerungsverfahren stark rückläufig. Für die vergangenen Jahre wurden folgende Eingangszahlen bei den Amtsgerichten veröffentlicht9, wobei der Trend ungebrochen nach unten zeigt: 2007 82.870 2008 80.190 2009 76.046 2010 68.723 2011 62.690 2012 57.013 2013 51.650 2014 48.380 2015 42.670 2016 38.568 2017 33.647 2018 29.583
4
Die Ursachen dürften in der augenblicklichen Geld- und Zinspolitik zu finden sein. Geld als rentierliche, verzinsliche Vermögensanlage (z.B. als Spar- oder Festgeldanlage) ist derzeit nicht attraktiv. Demgegenüber ist der Run auf Immobilien ungebrochen („Betongold“). Versteigerungsergebnisse erreichen derzeit auch für augenscheinlich minderwertige Objekte zuvor nie gekannte Höhen. Herrschte zu früheren Zeiten noch eine sog. Hypothekennot10 getreu dem Motto „Immobilie sucht Geld“, wird heute getitelt: „Geld sucht Immobilien“.11
11
1902, Beispiel I (S. 307). Sehr oft taucht in der älteren Literatur die Bezeichnung „Rentier“ auf, was heute in etwa mit „Investor“ übersetzt werden könnte. Die in der Praxis jahrelang gebräuchlichen Zinssätze für eingetragene Grundschulden mit 15 % bis 18 % des Grundschuldkapitals führen bereits nach drei Jahren zum 11/2-fachen des Nennbetrages; s. auch Clemente/Lenk, ZfIR 2002, 337. Der BGH hat diese Praxis nicht beanstandet; vgl. nur BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 = MDR 2010, 880 = NJW 2010, 2041 = Rpfleger 2010, 414 = ZfIR 2010, 454 = ZIP 2010, 1072. Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 370). Nach Erfahrungen des Co-Autors Schmidberger konnte in 35 Jahren Zwangsverwaltung mit über 2000 Fällen eine solche Zuteilung gerade einmal erfolgen. Quelle: Statistisches Bundesamt (destatis), abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/ Justiz-Rechtspflege/Publikationen/Downloads-Gerichte/zivilgerichte-2100210177004.pdf?__blob=pub licationFile, S. 12 f. Mit „Hypothekennot“ wurden die Schwierigkeiten bei einer rechtzeitigen Anschlussfinanzierung beschrieben, die durch die Kündigung des Kredits verursacht wurde. Vgl. Heinitz, Hypothekennot, DJZ 1914, 33-39; Meyer, Hypothekennot während des Krieges, DJZ 1915, 564-569. Heilbronner Stimme, Ausgabe v. 24.4.2018, S. 24.
2
Schmidberger/Schneider/Traub
6
7 8 9 10
Einleitung
Rz. 6 Einl.
II. Historie 1. Erste Anfänge Bereits im antiken Griechenland12 und Rom13 waren Zwangsversteigerungen nicht unbekannt. Belastungen von Grundstücken mit Pfandrechten sind im deutschsprachigen Raum seit dem Mittelalter bekannt. Es gab den Rentekauf mit dem „Gült“ oder „Ewiggeld“.14 Parallel entwickelte sich das Grundbuch.15 Man kannte die sog. „ältere Satzung“ und „neuere (oder auch jüngere) Satzung“.16 Beide Satzungen liefen zeitlich parallel, weshalb die Bezeichnungen irreführend sind.17 Mit der Zeit besann man sich wieder auf das römische Recht. Hier steht die Person als persönlich haftendes Subjekt im Vordergrund. Zu Beginn der Neuzeit sind Versteigerungen mit modernen Ansätzen überliefert (Gerichtskosten, Vorausverfügungen, 5/10Grenze [= „Verletzung wegen über die Helfte des Werthe“18]). Einen Sprung verzeichnet die Rechtsentwicklung in Preußen mit der Einführung der Hypotheken- und Konkursordnung durch Friedrich Wilhelm I am 4.2.1722.
5
Außerhalb Preußens gab es zum Versteigerungsrecht einzelne Erlasse.19 Im süddeutschen Raum waren Versteigerungen in den sogenannten Gantordnungen geregelt.20 Diese kannten bereits verschiedene Rangklassen mit privilegierten Forderungen (wie etwa das Maulwurffanggeld21). Zu Beginn des 19. Jh. wurden zahlreiche Gesetze und Verordnungen zur Zwangsversteigerung durch die aufkommenden Bundesstaaten erlassen, die sogenannten Particularrechte.22 Die Motive zum ZVG führen davon 25 verschiedene auf,23 alle sind in den Jahren ab ca.1879 – 1884 entweder ergänzt oder erstmalig erlassen worden. Im Jahr 1877 wurden die Reichsjustizgesetze erlassen.24 Die CPO enthielt zugunsten der Teilstaaten einen Vorbehalt für die Immobiliarzwangsvollstreckung in den §§ 755-757.
6
12 Dernburg, Das Pfandrecht Bd. I 1860, S. 71, 74-76. 13 Zur röm. Versteigerung sehr ausführlich: Müller, Hieronymus, Untersuchungstraktat der Umstände, welche vor, bey und nach dem öffentlichen Verkauff der unbeweglichen Güter, oder sogenannten Erben, in Hamburg üblich, und darbey zu beobachten erforderlich sind, 1747. 14 Beschrieben bei Albrecht, § 18 Rentenkauf. 15 Böhringer, Die Entwicklung der Grundstücke und des Grundbuchs von der Antike bis zur Neuzeit, RpflStud. 2015, 106-112; Rehme, Über das älteste bremische Grundbuch (1438-1558), 1908; ders., Zur Geschichte des Grundbuchwesens in Berlin, 1911. 16 Albrecht, § 16 Pfandrecht an Immobilen, Aeltere Satzung, § 17 Neuere Satzung. 17 Albrecht, aaO §§ 16, 17; Nußbaum, Hypothekenwesen, § 58 (mit zahlreichen Quellangaben). 18 Müller, Hieronymus aaO, 2. Abhandlung, S. 1. 19 Serenissimi, Verordnung Sub.Vo Braunschweig v. 21.5.1777; Verfügung enthaltend einige nähere Bestimmungen über das Verfahren bei Ausübung des Subhastationsrechts, für die Herzogthümer Schleswig und Holstein v. 13.2.1838; Verordnung betreffend Mißbräuche bei Licitationen v. 18.3.1877 des Friedrich Landgraf zu Hessen, Fürst zu Tatzelnbogen, Dietz, Ziegenhayn, Schaumburg und Hanau u.u.; Verordnung betreffend Eintragung von Adjudicationsbescheiden v. 13.2.1798 Wilhelm der Neunte, Graf zu Tatzelnbogen/Dietz/Ziegenhayn/Nidda/Schaumburg und Hanau u.u. Ritter des Köngl. Groß=Brittannischen Ordens. 20 Gmelin, Die Ordnung der Gläubiger bei dem über ihres Schuldners Vermögen entstandenen Gantprocesse, nach den gemeinen Wirtembergischen Rechten, 4. Aufl. 1793; Miltner, Der baierische Gantprozeß in historischer und theoretisch-praktischer Hinsicht, 1814. 21 Gmelin, aaO S. 116. 22 Jeweils bezeichnet als „Gesetz zur Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen“ oder als „Subhastationsordnung“. 23 Mot. S. 70-71. 24 Im engeren Sinne: GVG v. 27.1.1877 m EinfG (RGBl. I S. 41); CPO v. 30.1.1877 m EinfG (RGBl. I S. 83; StPO v. 1.2.1877 m EinfG (RGBl. I S. 253); KO v. 10.2.1877 m EinfG (RGBl. I S. 351).
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Einl. Rz. 7 Einleitung 2. Entstehungsgeschichte des ZVG (1874 – 1899) 7
Werner Schubert und Horst Heinrich Jakobs haben zahlreiche historische Quellen veröffentlicht.25 Diese sind für das heutige Verständnis des ZVG von unschätzbarem Wert. Danach stellt sich die Entwicklung wie folgt dar:
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Eine Vorkommission für die Beratung über ein BGB wurde im Februar 1874 eingesetzt. Danach folgten noch die I. sowie eine II. Kommission. Reinhold Johow wurde die Bearbeitung des Sachenrechts zugeteilt. Er legte 1880 zunächst einen Teilentwurf für das Sachenrecht vor. Dort wurde das materielle Zwangsversteigerungsrecht sowie die Zwangsverwaltung am Ende in den §§ 492-565 geregelt. Die Motive zum Sachenrecht erschienen 1888. Danach erfolgte ein Vorentwurf mit 179 Paragrafen.26 Alexander Achilles verfasste die Motive.27 Am 30.3.1889 wurde der Entwurf I (245 Paragrafen) von der Kommission verabschiedet. Die von Achilles verfassten Motive zum ZVG, angepasst an den Entwurf I, erschienen 1889. Die 2. Kommission übernahm die Arbeiten. 1896 erschien ein neu gefasster Entwurf. 1897 wurde dann der dem Reichstag vorgelegte Entwurf mit Alternativvorschlägen zu einzelnen Bestimmungen in einer Denkschrift veröffentlicht.28 Am 18.3.1897 wurde das Gesetz vom Reichstag verabschiedet. Am 20.5.1898 wurde es nochmals neu verkündet. Das Gesetz trat zusammen mit dem BGB am 1.1.1900 in Kraft, allerdings nur insoweit, als das Grundbuch als angelegt galt. 3. Entwicklung des ZVG ab 1900
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Die erste Änderung des Gesetzes datiert aus dem Jahr 1915.29 Allerdings griff die Regierung schon zuvor im Verordnungswege ein.30 In den Mangeljahren ab 1931 bildete sich um das ZVG ein ganzes Bündel von Verordnungen.31 Diese wurden 1953 durchforstet und mit dem ZwVMG in das ZVG selbst überführt.32 Im Jahr 1979 erfolgte eine weitere, größere Überarbei-
25 Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Sachenrecht Teil 1, Allgemeine Bestimmungen, Besitz und Eigentum, Verfasser Reinhold Johow, herausgegeben von Schubert 1982; Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Sachenrecht Teil 2, Beschränkt dingliche Rechte und materielles Zwangsversteigerungsrecht, Verfasser Reinhold Johow, herausgegeben von Schubert 1982; Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Sachenrecht Teil 3, Grundbuchordnung, Zwangsvollstreckung in das unbwegliche Vermögen und sachenrechtliche Vorlagen 1876-1879, Verfasser Reinhold Johow und Alexander Achilles, herausgegeben von Schubert 1982; Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, Teil III, Grundbuchordnung, herausgegeben von Jakobs/Schubert, Neudruck 1982; Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen – Sachenrecht IV, Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, herausgegeben von Jakobs/Schubert, Neudruck 1983. 26 Abgedruckt bei Schubert, Bd. III, S. 465-508. 27 Abgedruckt bei Schubert, Bd. III, S. 509-761. 28 Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung nebst Entwurf eines Einführungsgesetzes und einer Denkschrift – Dem Reichstage vorgelegt in der vierten Session der achten Legislaturperiode, Berlin 1897, Carl Heymanns Verlag, nicht zu verwechseln mit der sonst üblich zitierten Denkschrift aus Hahn/Mugdan, Die gesammten Materialen zu den Reichsjustizgesetzen, 5. Bd. 1897, Denkschrift zum Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung. 29 Gesetz v. 8.6.1915 zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsen (RGBl. I S. 327). 30 Z.B. mit der VO v. 10.12.1914, Einführung einer 2/3-Grenze (RGBl. I S. 499); VO v. 22.4.1915, Einführung des Institutsverwalters (RGBl. I S. 233). 31 VO v. 8.12.1931, Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung (RGBl. I S. 710); weitere VO folgten. 32 G. v. 20.8.1953 (BGBl I S. 952).
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Rz. 12 Einl.
tung des ZVG, hauptsächlich wurde der Schuldnerschutz verbessert.33 Die Vorschriften über die Höhe und die Art der Sicherheitsleistung wurden in zwei Schritten der heutigen Zeit angepasst.34 Mit der WEG-Novelle 2007 erfolgte die Neubelegung der Rangklasse 2.35 Wohnungseigentumsrechtliches Hausgeld trat an die Stelle des historisch überlebten Litlohns landbzw. forstwirtschaftlich Beschäftigter. Die Reform der Rangklasse 2 ist mit Rechtsproblemen behaftet, die bis heute noch nicht vollkommen ausgeräumt sind. Letztlich findet das ZVG auch im Strafrecht die gebührende Beachtung. Das Grundstück als zu sicherndes Vermögensgut kann vorläufig arrestiert werden (vgl. § 111c Abs. 3, § 111h StPO.36 Überkommenes bzw. nicht Benötigtes, was mitunter auch zum Missbrauch animierte, wurde 10 über Bord geworfen. Dazu gehören etwa die ursprünglich vorgesehenen Ratenzahlungen, die hauptsächlich auf Betreiben der süddeutschen Länder in das Gesetz Einzug fanden.37 Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang auch die Aufhebung der Vorschriften über Aufbauleistungen von Mietern38, die ursprünglich helfen sollten, den weitgehend zerstörten Wohnraum nach dem II. Weltkrieg wieder herzustellen.39 Eine Regelung zur Forderungsübernahme findet sich zwar noch in § 53 ZVG; sie ist jedoch schön längst durch das geänderte Finanzierungsverhalten überholt. 4. Ausblick Inzwischen wurde das ZVG insgesamt auf den Prüfstand gestellt. Dazu wurden vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zwei Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse wurden 2017 veröffentlicht.40 Eine ausführliche Stellungnahme des Bundes Deutscher Rechtspfleger (BDR) geht auf diese Vorschläge ein.41 Ein Referentenentwurf für eine Gesetzesänderung ist zumindest beabsichtigt.
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III. Verfahrensgrundsätze 1. Das ZVG als Teil der ZPO Das ZVG setzt die materiellen Vorgaben des Sachenrechts in Bezug auf Liegenschaften um. Sahen die ersten Entwürfe noch eine Vermischung von materiellem und formellem Recht in Bezug auf die Grundstücksversteigerung vor, hat sich letztendlich – wie auch im übrigen Liegenschaftsrecht – eine scharfe Trennung durchgesetzt. In der CPO von 1877 wurde den zahlreichen Particulargesetzgebungen noch dadurch Rechnung getragen, dass es Ländersache war, wie in ein Grundstück zwangsvollstreckt wurde. Man beließ es dann dabei, dass auch das neue ZVG ein eigenständiges Gesetz sein sollte. Die Motive vermerken dazu wörtlich: 33 34 35 36 37 38
G. v. 1.2.1979 (BGBl I S. 127). G. v. 18.2.1998 (BGBl. I S. 866) u. G v. 22.12.2006 (BGBl. I S. 3416). G. v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 370). G. v. 13.4.2017 (BGBl. I S. 872) z Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. „Lex Küppers“, G. v. 1.2.1979 (BGBL. I S. 127), u.a. wurden dort aufgehoben die §§ 60, 61 ZVG. „Lex Ertle“, auf dessen Petition hin die §§ 57c, 57d abgeschafft wurden, G. v. 22.12.2006 (BGBl. I S. 3416). 39 Zum Mißbrauchspotential vgl. Dötsch NZM 2012, 296. 40 Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand, Teil I Rechtstatsachen, 2017, Rechtstatsächliche Forschung zur Ermittlung eines Reformbedarfs des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung im Auftrag des BMJV, durchgeführt von der HWR, Berlin; Bartels/Noll, Das ZVG auf dem Prüfstand, Teil II Rechtsvergleichung, 2017, Rechtsvergleichende Forschung zur Reform des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung im Auftrag des BMJV, durchgeführt von der Universität Hamburg. 41 Vgl. Bund Deutscher Rechtspfleger Rpfleger 2018, 425; online: http://www.bdr-online.de/bdr/in dex.php/recht/vollstreckungsrecht/stellungnahmen.
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Einl. Rz. 12 Einleitung „Der vorliegende Entwurf ist deshalb so zu lesen, als ständen seine Vorschriften in dem achten Buche der C.P.O. an der Stelle der §§ 755-757“42 Das ZVG ist – um mit dem heutigen Duktus zu sprechen – lediglich outgesourct. Es gelten für diesen Bereich daher sämtliche Vorschriften der ZPO ohne jegliche Einschränkung (also z.B. für Zustellungen, Fristberechnungen usw.). 2. Gerichtliches Verfahren a) Verfahren von Amts wegen 13
Für das gerichtliche Verfahren gilt die ausschließliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichtes (vgl. § 802 ZPO). Auch selbsttitulierende Behörden oder andere nach öffentlichrechtlichen Vorschriften organisierte Einrichtungen können nicht selbst im Wege des Verwaltungszwangsverfahren die grundstücksbezogene Zwangsvollstreckung betreiben. Ist das Verfahren einmal beantragt, hat das Vollstreckungsgericht selbstständig die erforderlichen Schritte, wie Wertfestsetzung, Terminbestimmungen u.a., zu veranlassen. b) Gesamtverfahren
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Ein Grundstück kann nur einheitlich veräußert werden, obwohl ein ganzes Bündel von Rechten an diesem Grundstück beteiligt sein kann. Der erste Gläubiger, dessen Antrag auf Versteigerung zugelassen wird, erwirkt einen Anordnungsbeschluss (§ 15 ZVG); für alle nachfolgenden wird der Beitritt zum angeordneten Verfahren zugelassen (§ 27 ZVG). Anordnung und Beitritt entfalten dieselbe Wirkung. Lediglich die Anordnung bewirkt die erste Beschlagnahme, die für das gesamte Verfahren, auch bei Wegfall des Anordnungsgläubigers weiterhin maßgebend bleibt. Sehr häufig findet sich nur ein betreibender Gläubiger43. Allerdings sind seit 2007 verstärkt als Gläubiger die Eigentümergemeinschaften bei Wohnungs- oder Teileigentum neben einem betreibenden Finanzierungsinstitut zu beobachten. Mehrere Gläubiger, obwohl jeder für sich ein Einzelverfahren betreibt, sind in einem Gesamtverfahren verbunden. Die gemeinsamen Belange (Wertfestsetzung, Terminbestimmung, Zuschlag, Verteilung u.a.) greifen gegenüber allen Gläubigern. Daneben können einzelne Maßnahmen nur den betreffenden Gläubiger berühren (z.B. einstweilige Einstellung, Freigabe von Zubehör u.a.). c) Einbeziehung der Beteiligten
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Das Verfahren wirkt gegen alle Beteiligten (vgl. § 9), die in einer Rechtsbeziehung zum Grundstück stehen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Beteiligten hat das Gericht von Amts wegen beizuziehen. Andere Beteiligte werden in einem öffentlichen Aufruf vom Verfahren informiert und können ihre Rechte anmelden (z.B. Fremdeigentümer an Zubehör). Weitere Beteiligte sind nach MiZi vom Verfahren in Kenntnis zu setzen (z.B. Kommunen wegen der zu zahlenden Grundsteuerbeträge). 3. Gegenstand des Verfahrens a) Grundstück aa) Allgemein
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Der zentrale Begriff des „Grundstücks“ ist vom Gesetzgeber weder im BGB noch in der GBO oder im ZVG definiert worden; er wird vielmehr allgemein vorausgesetzt (vgl. nur § 94 BGB, 42 Mot., S. 72. 43 Die Einschätzung von Böttcher, Einleitung Rz. 13 wird hier nicht geteilt.
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Rz. 20 Einl.
§ 873 Abs. 1 BGB, § 3 Abs. 1 GBO). Je nach Perspektive des Betrachters wird dem Begriff des „Grundstücks“ ein unterschiedlicher Bedeutungsgehalt beigelegt. So lassen sich umgangssprachlich Grundstücke als Wirtschaftseinheit, katastertechnisch als Vermessungseinheit und steuerrechtlich als Bewertungseinheit mit jeweils unterschiedlichem Sinngehalt beschreiben. bb) Abgrenzung Der sachenrechtliche Grundstücksbegriff knüpft an den katastertechnischen Flurstücksbegriff an und setzt ihn gewissermaßen voraus. Die Grundstücke werden deshalb im Grundbuch nach den in den Ländern eingerichteten amtlichen Verzeichnissen benannt (§ 2 Abs. 2 GBO). Das amtliche Grundstücksverzeichnis ist das bei den Kommunen geführte Liegenschaftskataster, aus dem sich die tatsächlichen Verhältnisse eines Grundstücks wie z.B. seine Lage, die Form, die Nutzungsart und seine Größe ergeben (üblicherweise bezeichnet nach Gemarkung, Flur und Flurstück).44
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Unter einem Flurstück im tatsächlichen Sinne (auch: Parzelle) wird demnach ein zusammen- 18 hängender, in der Flurkarte abgegrenzter und mit einer eigenen Nummer bezeichneter Teil der Erdoberfläche verstanden45, der in der Regel einem Eigentümer zuzuordnen ist46 und durchaus aus Flächen unterschiedlicher Nutzungsarten bestehen kann. Der räumliche Zusammenhang wird nicht durch Straßen, Eisenbahnlinien oder Wasserläufe beeinträchtigt, die die Flurstücksfläche zerschneiden.47 Unter einem Grundstück im Rechtssinne wird dagegen ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche verstanden, der auf einem Grundbuchblatt allein oder auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt im Bestandsverzeichnis unter einer besonderen Nummer gebucht ist oder im Falle des § 3 Abs. 2 GBO zumindest gebucht werden könnte.48 Daraus ergibt sich, dass ein Grundstück im rechtlichen Sinne aus mehreren Flurstücken im katastertechnischen Sinne bestehen kann. cc) Die rechtliche Dimension des Grundstücksbegriffs Anders als man vielleicht nach der Ableitung aus dem katastertechnischen Flurstücksbegriff annehmen könnte, beschränkt sich der sachenrechtliche Grundstücksbegriff jedoch keineswegs auf eine zweidimensionale Oberflächenfunktion. In Übereinstimmung mit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die ein Auseinanderreißen wirtschaftlich zusammengehöriger Teile einer Sache – und damit einen Werteverlust – möglichst vermeiden will, bemüht sich der Gesetzgeber um eine einheitliche rechtliche Ausgestaltung auch der „Teile“ eines Grundstücks. Im Immobiliarsachenrecht wird dies vornehmlich über die §§ 93–97 BGB gewährleistet.
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(1) Wesentliche Bestandteile des Grundstücks Als wesentliche Bestandteile einer Sache bezeichnet man solche Teile einer zusammengesetzten Sache, die nicht voneinander getrennt werden können, ohne dass der eine oder der andere Teil dadurch zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (§ 93 BGB). Danach gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, also insbesondere Gebäude sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie noch mit dem Boden zusammenhängen (§ 94 Abs. 1 S. 1 BGB).
44 45 46 47 48
Ausf. Bengel/Simmerding, § 22 GBO Rz. 9 ff. In Anlehnung an Nr. 9 d. BodSchätzÜbernErl v. 23.9.1936, zit. nach Rösch/Kurandt, S. 155. OLG München, Rpfleger 2009, 673; BayObLGZ 1954, 258, 262. Bauer/Schaub/Waldner, § 2 Rz. 15; Bengel/Simmerding, § 2 Rz. 21; Demharter, § 2 Rz. 17. RGZ 84, 265, 270: KGJ 53, 171; OLG München, Rpfleger 2009, 673; BayObLG, Rpfleger 1981, 190; OLG Hamm, NJW 1966, 2411; BayObLGZ 1954, 258, 262.
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Einl. Rz. 21 Einleitung (2) Wesentliche Bestandteile des Gebäudes 21
Unter Gebäuden sind nicht nur Häuser, sondern auch sonstige Bauwerke zu verstehen wie z.B. Windkraftanlagen49 und Tiefgaragen50. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen (§ 94 Abs. 2 BGB). Ist somit ein Gebäude wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks gem. § 94 Abs. 1 S. 1 BGB, so sind dessen wesentliche Bestandteile zugleich (mittelbar) solche des Grundstücks.
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Die angestrebte Erhaltung der „Werteinheit“ wird durch die in § 93 BGB festgelegte „Rechtseinheit“ begründet: Der Eigentümer eines Grundstücks ist sonach grundsätzlich auch der Eigentümer des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes und der darin zur Herstellung eingefügten Sachen. Eine etwaige Konkurrenz mit einem Eigentumsvorbehalt des Baustofflieferanten beim Kauf (zunächst noch) beweglicher Sachen, die zwecks Herstellung in einem Gebäude verbaut werden sollen, löst der Gesetzgeber zugunsten der immobiliaren Rechtseinheit; der Eigentumsvorbehalt erlischt (vgl. § 946 BGB). (3) Hypothekenhaftungsverband
23
Wird das Eigentum an einem Grundstück übertragen, so geht das Eigentum an den in § 94 BGB genannten wesentlichen Bestandteilen automatisch ohne besonderen Übertragungsakt mit über und zwar unabhängig davon, ob das Gebäude (wie in der Praxis üblich) den wirtschaftlich wertvolleren Teil darstellt. Das gesetzgeberische Leitmotiv der Rechtseinheit spiegelt sich im sog. Hypothekenhaftungsverband (§ 1120 BGB); Hypotheken und Grundschulden (§ 1192 Abs. 1 BGB) erfassen danach das Grundstück mit seinen wesentlichen Bestandteilen. In der Zwangsversteigerung eines Grundstücks wird eben diese Rechtseinheit verwertet (vgl. § 20 Abs. 2 ZVG). b) Zubehör
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Zubehörstücke sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen (§ 97 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird (§ 97 Abs. 1 S. 2 BGB).51 Zubehörstücke müssen nicht zwingend auch im Eigentum des Grundstückseigentümers stehen. In der Zwangsversteigerung wird schuldnereigenes Zubehör ebenfalls von der Beschlagnahme erfasst (§§ 20 Abs. 2, 21 ZVG); der Zuschlag kann sich unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 ZVG aber auch auf schuldnerfremdes Zubehör erstrecken.
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Das früher klassische Zubehör wie etwa Gaststätteneinrichtungen oder Betriebszubehör spielt in der Praxis mittlerweile eine eher untergeordnete Rolle. Mitunter handelt es sich sogar um verbrauchte Gegenstände, die eher einer geregelten Entsorgung zugeführt werden müssen, als dass sie sich für das Grundstück werterhöhend auswirken. Hochwertige Geräte sind dagegen idR fremdfinanziert und werden auf Intervention des Gläubigers von der Versteigerung ausgenommen (vgl. § 37 Nr. 5). Eine große Bedeutung haben jedoch mittlerweile Solaranlagen gewonnen. Deren Wert kann schon mal den Wert eines Grundstückes (z.B. Ackerland) übersteigen. Die Frage der zutreffenden rechtlichen Einordnung als wesentlicher Grundstücksbestandteil, Zubehörstück oder auch nur als Scheinbestandteil spielt deshalb auch in Zwangsversteigerungsverfahren eine immer größer werdende Rolle. 49 BGH, NJW 2000, 504. 50 BGH, NJW 1982, 756. 51 Vgl. z.B. OLG Düsseldorf, NJW 1966, 1714; LG Braunschweig, ZMR 1990, 61 (für Heizölvorräte in einem Wohnhaus); RGZ 47, 200 (für Fahrzeuge zum Betrieb eines Gewerbes); BGH, NJW 1979, 2514 (für Maschinen auf einem Fabrikgrundstück).
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Rz. 29 Einl.
c) Abgrenzung Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden sind (§ 95 Abs. 1 S. 1 BGB) oder Gebäude oder andere Werke, die lediglich in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück mit diesem verbunden worden sind (§ 95 Abs. 1 S. 2 BGB) oder Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt worden sind (§ 95 Abs. 2 BGB), gehören nicht zu den Bestandteilen des Grundstücks bzw. des Gebäudes.52 Hierfür hat sich der Begriff „Scheinbestandteile“ eingebürgert. Entsprechendes gilt unter den Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 S. 1 BGB für Zubehörstücke.
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d) Sonderformen Neben dem bisher behandelten Normaleigentum an Grundstücken gibt es noch eine Reihe von immobiliarrechtlichen Sonderformen (vgl. auch § 864 ZPO), die im Einzelfall auch auf landesrechtlichen Bestimmungen beruhen können: – Ideelle Bruchteile an Grundstücken (z.B. Ehegatten zu je 1/2-Anteil) – Wohnungs- und Teileigentumseinheiten nach dem WEG – Erbbaurechte als grundstücksgleiche Rechte nach dem ErbbauRG – Wohnungs- und Teilerbbaurechte nach dem WEG – Eingetragene, sog. Gerechtigkeiten (Fischereigerechtigkeiten, Waldungen, Hauberge o.ä.) – Stockwerkseigentum (in Baden-Württemberg).
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4. Wesentliche Strukturprinzipien a) Rangklassenprinzip Ein Grundstück ist stets verschiedenen Ansprüchen ausgesetzt. Dies gilt auch für das im 28 Grundbuch eingetragene, äußerlich unbelastete Grundstück, an dem gleichwohl regelmäßig kraft Gesetzes mit der Grundsteuer und ggf. auch weiteren öffentlich-rechtlichen Abgabenverpflichtungen (dingliche) Lasten haften. Auf Wohnungs- und Teileigentumseinheiten lastet – nach allerdings nicht unbestrittener Auffassung – wie bei einer unsichtbaren Hypothek der Hausgeldanspruch.53 Ebenfalls aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind Notwege- und Überfahrtrenten. Rechtsgeschäftlich oder im Wege der Zwangsvollstreckung erworbene Rechte sind demgegenüber aus dem Grundbuch ersichtlich. Deren Rangverhältnis zueinander regeln die §§ 879 ff. BGB. Der Gesetzgeber hat die unterschiedlichen Ansprüche in eine durchaus wertende Reihenfolge gebracht, indem er sie jeweils einer bestimmten Rangklasse zugeordnet hat. Die diesbezügliche Regelung in § 10 kann deshalb mit Fug und Recht als Herzstück des Gesetzes angesehen werden. In der Grundstückszwangsvollstreckung herrscht deshalb nicht das Solidaritätsprinzip wie in der Insolvenz, sondern das Trichterprinzip. Erst nach vollständiger Befriedigung der Ansprüche aus einer vorgehenden Rangklasse können solche der nachfolgenden zum Zuge kommen. Die Ansprüche sind wie auf einer hängenden Perlenkette aufgereiht; an letzter Stelle steht der Schuldner/Eigentümer selbst, sofern das Grundstück mit einem Übererlös versteigert wird.
52 Vgl. BGH, NJW 2006, 990 (für Versorgungsleitungen in einem Grundstück); BGH, NJW 1996, 916 (für von einem Mieter eingebrachte Sachen). 53 S. im Einzelnen die Kommentierung zu § 10.
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Einl. Rz. 30 Einleitung b) Deckungsprinzip 30
Es gilt zunächst die formelle Grundbuchlage, wie sie bei der Beschlagnahme angetroffen wird. Danach können Ansprüche, die eine bessere Rangstelle genießen, nicht durch Ansprüche gefährdet werden, die einen schlechteren Rang haben. Umgekehrt gilt, dass ein Gläubiger sein dingliches Recht dann verliert, wenn er seinen gesicherten Anspruch geltend macht; beides – Erlös und Recht – kann ihm nicht verbleiben. Dies gilt dann auch für alle ihm rangmäßig nachgehenden dinglich Berechtigten.
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Diese Rechtswirkungen sind aus der Historie begründbar.54 Wie schon ausgeführt, war die Kreditvergabe bei Abfassung des ZVG eine andere als heute. Ein Geldgeber an schlechter Rangstelle sollte durch ein Betreiben der Zwangsversteigerung nicht die vor ihm stehenden Gläubiger gefährden und diese gar zur Kündigung der Darlehen nötigen können. Außerdem gilt es, den vorrangigen Nutzungsberechtigten (wie etwa einem Nießbraucher oder Wohnungsberechtigten) größtmögliche Sicherheit an deren Rangstelle zu gewähren.
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Solange der Eigentümer die vorrangigen, sprich die „gefährlichen“ Gläubiger bedient, kann sich ein Grundstück wegen zu hoher Vorbelastungen als unveräußerlich erweisen. Dies führt dann zum sog. Vollstreckungsparadoxon („Unversteigerbarkeit durch Überschuldung“).55 Einem versteigerungsrechtlich nicht versierten Außenstehenden ist das nur sehr schwer zu vermitteln. Damit sollte aber verhindert werden, dass ein frivoler Gläubiger die Zwangsversteigerung an einer aussichtslosen Rangstelle deshalb betreiben kann, nur um seinen Schuldner zu schädigen.56 c) Übernahmeprinzip
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Im Grundbuch verlautbarte Rechte, die dem betreibenden Gläubiger vorgehen, bleiben auch im Falle des Zuschlages bestehen. Das Übernahmeprinzip ist dem Deckungsprinzip geschuldet. Ein Ersteher hat die Rechte so zu übernehmen, wie sie vom Eigentümer ausgegeben wurden. Probleme bereiten der Praxis in diesem Zusammenhang zurückbezahlte, grundschuldbesicherte Darlehen. Ist das Darlehen zurückbezahlt, stellt das Finanzierungsinstitut in aller Regel eine Löschungsbewilligung aus und gibt bei einem Briefrecht den Grundpfandrechtsbrief zurück. Damit ist aber zunächst niemandem gedient. Der Gläubiger einer Grundschuld verliert dadurch aufgrund des abstrakten Charakters des dinglichen Rechts nämlich nicht seine Stellung als Inhaber des Rechts.57 d) Surrogationsprinzip
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Wird der Zuschlag erteilt, tritt an die Stelle des Grundstücks der Versteigerungserlös, also das Bargebot samt den ggf. bestehend bleibenden Rechten. Am Versteigerungserlös als Surrogat verwirklicht sich dann das Pfandrecht, das der Gläubiger erworben hat. Entsprechend der Rangstelle erfolgt die Zuteilung. Soweit Rechte übernommen werden müssen, hat ein Ersteher diese zu dulden. Dem Bargebot werden die Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3, einmalige und
54 Aufschlussreich: Buchka, Das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und seine Beratung im Reichstage, DJZ 1897, 110-112. 55 Diese Situation war vor dem Inkrafttreten der WEG-Novelle mit der neubelegten Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG häufiger anzutreffen. Die wohnungseigentumsrechtlichen Hausgeldansprüche konnten in der Regel erst nach den wertausschöpfenden Grundpfandrechten der finanzierenden Banken zum Zuge kommen. Die von einem Ersteher zu übernehmenden Grundschulden mit dem dinglichen Zins von 15 % bis 18 % des Nennbetrages (s.o.) waren damit höher als der Verkehrswert des Wohnungseigentums. 56 Buchka, DJZ 1897, 110. 57 Zur Behandlung der Grundschulden s. ausf. die Kommentierung zu § 114.
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laufende Nebenleistungen (regelmäßig Zinsen) sowie die Kapitalbeträge der nicht bestehengebliebenen Rechte entnommen. e) Integriertes Verteilungsverfahren An das eigentliche Zwangsversteigerungsverfahren schließt sich sozusagen als Verlängerung nahtlos ein Verteilungsverfahren an (§§ 105 ff.). Dies war noch nicht bei allen Vorläuferversionen des ZVG der Fall.58 In diesem Annexverfahren ist grds. das bare Meistgebot an das Gericht zu leisten. Wird es nicht erbracht, erhält der Berechtigte eine Forderung gegen den Nichtzahlenden. Dazu wird die schon bestehende Forderung des Grundstückseigentümers auf das Surrogat in Höhe des ausgefallenen Anspruchs gegen den Ersteher genutzt und dem Berechtigten zur Geltendmachung übertragen. Die übertragene Forderung wird am versteigerten Grundstück grds. an der gleichen Rangstelle dinglich gesichert, wie sie zuvor das untergegangene Recht innehatte. Hinsichtlich der dabei u.U. eintretenden Rangverschiebungen und Ausnahmen wird auf die Kommentierung zu §§ 128 ff. verwiesen. Der Erlös eines Zwangsversteigerungsverfahrens wird in einem eigenen Verteilungsverfahren unabhängig von einer etwaigen Zwangsverwaltung verteilt. Eine Zusammenlegung der Erlösmassen aus der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung findet nie statt!
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f) Dogmatik des Zuschlages aa) Eigentumsübergang Mit der Verkündung des Zuschlags wird der Zuschlagsberechtigte sofort Eigentümer der Immobilie. Dieser Teil der Gesetzgebung vermeidet eine Reihe von Problemen. So gibt es während eines Schwebezustandes keine Ungewissheit darüber, ob der Ersteher letztlich das Bargebot bezahlen wird, um erst im Anschluss das Eigentum erwerben zu können. Der sachenrechtliche Rechtsübergang vollzieht sich unabhängig vom „Verpflichtungsgeschäft“. Die Abwicklung kann folglich ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des Erstehers erfolgen.
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Die Beteiligten werden gegen einen evtl. Missbrauch in doppelter Hinsicht geschützt. Zum 37 einen kann ein Antrag auf gerichtliche Verwaltung nach § 94 einen nicht vertrauenswürdigen Ersteher daran hindern, den tatsächlichen Besitz zu erlangen. Zum anderen verhindert § 130, dass der Ersteher rechtliche Verfügungen über das Grundstück treffen kann, bevor nicht die Ansprüche der dinglich Berechtigten erfüllt oder zumindest gesichert sind. bb) Eviktion/Kauf oder Hoheitsakt Der Zuschlag ist kein Kauf. Der Zuschlag verschafft dem Ersteher originäres Eigentum (vgl. § 90). Eine Gewährleistung ist ausgeschlossen (vgl. § 56 S. 3). Enttäuschte Ersteher versuchten bereits über den Umweg der Sachverständigenhaftung nach § 839a BGB eine Art Gewährleistung in das ZVG einzuführen.
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g) Absonderungsrecht in der Insolvenz Das Absonderungsrecht dinglich berechtigter Gläubiger kann in der Insolvenz des Grundstückseigentümers gem. § 49 InsO nur durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung geltend gemacht werden.
58 Z.B.: Bestellung eines Steiggelderhebers, Nass. Exek=O. v. 16.7.1851 – dieser nahm das Meistgebot entgegen und durfte bzw. musste den Ersteher verklagen, sollte dieser nicht bezahlen.
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Einl. Rz. 40 Einleitung h) Flexibilität 40
Das ZVG wird von der Parteimaxime beherrscht; der Gläubiger ist der „Herr des Verfahrens“. So können etwa über § 59 Versteigerungsbedingungen abweichend von der gesetzlichen Norm beantragt werden. Zubehör oder Forderungen können getrennt verwertet werden (§ 65). Der Zuschlag kann vom Meistbietenden an einen Dritten abgetreten werden (§ 81 Abs. 2). Nahezu unbekannt, aber aus der Historie heraus verständlich, kann ein nachrangiger Gläubiger einen weiteren Versteigerungstermin beantragen – allerdings nur unter Einhaltung besonderer Voraussetzungen (§ 85). Sicherheitsleistung auf Gebote ist nur auf Antrag zu leisten. Über die Kosten des Verfahrens brauchte sich die Staatskasse zunächst keine Gedanken zu machen. Diese waren bis 1998 im geringsten Gebot enthalten. Die in diesem Punkt etwas unglückliche Reform59 knüpfte jedoch die Sicherheitsleistung an die Höhe des Verkehrswertes. Dies kann nunmehr auch der Staatskasse Schwierigkeiten bei der Beitreibung angesichts nicht werthaltiger Grundstücke und eines nichtzahlenden Meistbietenden bescheren. Wird das Bargebot nicht bezahlt, gibt es allerdings die Möglichkeit einer besonderen Verwaltung auf Antrag (§ 94). Selbst die Verteilung lässt sich u.U. außergerichtlich durchführen (§§ 143f). Der Gesetzgeber sah nicht einmal eine Notwendigkeit, einen besonderen Straftatbestand für die Nichtleistung des Meistgebots einzuführen60, wie es zum Beispiel in Österreich der Fall ist. Das Bargebot kann nämlich außer durch Zahlung des Meistbietenden auf vielfältige Art erbracht werden: – durch einen Dritten im Wege der Abtretung des Meistgebots; – durch einen Dritten mittels Erklärung, für einen anderen geboten zu haben; – durch Liegenbelassen von nach den Versteigerungsbedingungen eigentlich erloschenen Rechten – durch außergerichtliche Erlösverteilung; – durch außergerichtliche Befriedigung der Berechtigten.
IV. Rahmenbedingungen der Immobiliarvollstreckung 1. Verfahrensrecht 41
Das Verfahrensrecht ist geprägt vom Grundsatz eines fairen Verfahrens für alle Beteiligten. Das Vollstreckungsmonopol liegt beim Staat. Der Gläubiger kann nicht von sich aus die Verwertung des Grundbesitzes vornehmen (im Gegensatz zum angelsächsischen Vollstreckungsrecht). Damit ist auf jeden Fall gewährleistet, dass der Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentum nur von staatlichen Organen vorgenommen werden darf. Dem Gesetzgeber war daran gelegen, mit dem Zwangsversteigerungsverfahren ein transparentes Verfahrensrecht für alle Beteiligte zur Verfügung zu stellen. Das Verfahren ist deshalb auch geprägt von dem Grundsatz der Öffentlichkeit. So ist der Versteigerungstermin immer öffentlich. Alle Interessierten können daran teilnehmen und das Verfahren verfolgen. Entscheidungen im Termin werden verkündet, so dass sich jedermann über den Verfahrensstand informieren kann.
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Das Verfahrensrecht stellt außerdem sicher, dass sowohl die Belange der Gläubiger als auch des Vollstreckungsschuldners gleichermaßen Berücksichtigung finden. Hinzu kommen Vorschriften, die Verfahrensbeteiligten Einflussmöglichkeiten geben, deren Rechte von einer Ver59 G. v. 18.2.1998, BGBl. I 866. 60 Auch soll die Abgabe eines Meistgebots unter Vortäuschung von Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft regelmäßig keinen Straftatbestand gem. § 263 StGB darstellen; BGH v. 14.7.2016 – 4 StR 362/15, NJW 2016, 3383 = Rpfleger 2017, 43. Ein solches Scheingebot ist allerdings als sittenwidrig iSv § 826 BGB anzusehen; BGH v. 22.2.2019 – V ZR 244/17, BGHZ 221, 229 = MDR 2019, 1088 = NJW 2019, 3638.
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steigerung tangiert werden können (z.B. die Möglichkeit der Antragstellung auf abweichende Versteigerungsbedingungen oder die Möglichkeit, andere Ausgebotsarten zu beantragen). Das Verfahrensrecht ist ausgewogen angelegt, so dass möglichst keine der am Verfahren beteiligten Parteien bevorzugt oder benachteiligt wird. Weiterhin ist dem Verfahrensrecht als Ausfluss des Sozialstaatsprinzips immanent, dass mittels gesetzlicher Vorschriften ein ungünstiges Ergebnis sowohl für den Vollstreckungsschuldner als auch für den Gläubiger möglichst vermieden werden soll. Dazu gehört u.a. die gesetzliche Zuschlagsversagungsgrenze für Gebote unter 50 % des festgesetzten Verkehrswertes im ersten Termin, die einer „Verschleuderung“ des Grundbesitzes entgegenwirken soll. 2. Schuldnerrechte a) Faires Verfahren Geprägt ist das Zwangsversteigerungsverfahren von dem obersten Grundsatz eines fairen 43 Verfahrens. Entscheidungen haben, mit Ausnahme des Anordnungsbeschlusses als Vollstreckungsmaßnahme, erst nach Gewährung rechtlichen Gehörs zu ergehen. Dadurch ist sichergestellt, dass im Verfahren keine „überraschenden“ Entscheidungen getroffen werden. Wegen des mit der Eigentumsentziehung verbundenen schweren Eingriffs in das grundgesetzlich geschützte Rechtsgut Eigentum wird der Verfahrensablauf mit zahlreichen spezifischen Rechtsmittelmöglichkeiten flankiert. Daraus kann sich bei einem entsprechend agierendem Schuldner eine längere Verfahrensdauer ergeben, die sich im Einzelfall auch schon einmal über 10 Jahre hinziehen kann. Zudem stehen dem Vollstreckungsschuldner noch die allgemeinen Möglichkeiten der Zivilprozessordnung offen, um die Rechtsmäßigkeit der durchzuführenden Zwangsvollstreckung überprüfen zu lassen, so etwa die Klauselklage gem. § 768 ZPO oder die Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO.
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Obwohl das Zwangsversteigerungsverfahren ein genuines Antragsverfahren ist, hat die Recht- 45 sprechung für die Durchführung des Verfahrens einige Grundsätze entwickelt, wonach das Vollstreckungsgericht unter bestimmten Voraussetzungen auch von Amts wegen tätig werden muss. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Geschäftsfähigkeit des Vollstreckungsschuldners (Antragsgegners) zweifelhaft erscheint. Auffällig ist, dass bislang etwaige Mitwirkungspflichten seitens des Vollstreckungsschuldners im Zwangsversteigerungsverfahren nicht geregelt sind. Der Vollstreckungsschuldner kann im Laufe des Verfahrens z.B. den Zutritt zu seinem Grundeigentum allen beteiligten Personen untersagen. Eine Möglichkeit den Zutritt zum Grundbesitz zu erzwingen, besteht nur im Rahmen eines angeordneten Zwangsverwaltungsverfahrens.
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b) Schuldnerschutz Im Verfahren selbst wird der Schuldnerschutz auf zwei Arten gewährleistet. Zum einen gelten 47 von Amts wegen zu beachtende unabdingbare Vorschriften. So ist z.B. eine Zuschlagserteilung auf Gebote unter 50 % des festgesetzten Verkehrswertes kraft Gesetzes unzulässig, auch wenn der Vollstreckungsschuldner auf diesen Schutz verzichten möchte. Zum anderen kann Vollstreckungsschutz auf Antrag des Vollstreckungsschuldners gewährt werden, so über die Vorschriften der § 30a ZVG und § 765a ZPO. Diese Vollstreckungsschutzmöglichkeiten setzen aber jeweils einen begründeten Antrag des Vollstreckungsschuldners voraus. Der Vollstreckungsschuldner hat dabei die Tatsachen, die Vollstreckungsschutz begründen sollen, grds. vorzutragen und glaubhaft zu machen. Bei der Antragstellung gem. § 765a ZPO hat jedoch in den letzten Jahren die höchstrichterliche Rechtsprechung den Grundsatz, dass der Vollstreckungsschuldner die schutzgewährenden Voraussetzungen glaubhaft zu machen hat, zugunsten von amtsseitig anzustellenden ErSchmidberger/Schneider/Traub
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Einl. Rz. 48 Einleitung mittlungen verlassen. So ist etwa bei einem Suizideinwand das Gericht gehalten, selbst tätig zu werden und ggf. von Amts wegen weitere Ermittlungen zum Lebensschutz anzustellen.61 Erforderlichenfalls kann das Vollstreckungsgericht auch eine zwangsweise Unterbringung des Vollstreckungsschuldners nach den länderbezogenen Vorschriften des PsychKG in die Wege leiten.62 49
Besteht die Gefahr, dass der Vollstreckungsschuldner durch die Zwangsvollstreckung eine schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigung erleiden kann (so z.B. bei bestehender Suizidgefahr), ist in den letzten Jahren festzustellen, dass die Rechtsprechung des BVerfG und des BGH bei der Abwägung der vom Grundgesetz garantierten Grundrechte (Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit des Vollstreckungsschuldners gem. Art 2 GG einerseits, Belange des Vollstreckungsgläubigers auf Eigentumsschutz gem. Art. 14 GG und effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 GG andererseits) im Zweifel die Gläubigerinteressen zurücktreten lässt. Der staatlicherseits garantierte Lebensschutz wird damit letztlich zulasten des Vollstreckungsgläubigers privatisiert, wenn – wie in der Praxis häufig – keine anderen Möglichkeiten zur Abwendung einer konkreten Lebensgefahr bestehen.63 3. Stellung des Vollstreckungsgerichts a) Zuständigkeiten
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Die im ZVG geregelten Zwangsversteigerungsverfahren sind gemäß § 1 dem Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zugewiesen, in dessen Bezirk der Grundbesitz liegt. Als zuständiges Organ entscheidet in diesen Verfahren heute der Rechtspfleger gemäß § 3 Nr. 1 lit. i) RpflG. Richtervorbehalte bestehen mit Ausnahme der Entscheidung über eine Erinnerung gegen die Art und Weise der Vollstreckung gemäß § 766 ZPO nicht mehr. Der Rechtspfleger ist somit – entsprechend dem Richter – in diesen Verfahren nur dem Gesetz unterworfen und entscheidet selbstständig in sachlicher Unabhängigkeit. Die Verfahrensgestaltung hat demzufolge unter Beachtung der verfassungsrechtlich vorgegebenen Regeln nach den gesetzlichen Vorschriften zu erfolgen.
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Die Bearbeitung von Zwangsversteigerungsverfahren oblag bei den Gerichten ursprünglich den Richtern. Mit der vollständigen Übertragung dieses Arbeitsbereiches auf den Rechtspfleger (vgl. aktuell § 3 Nr. 1 lit. i) RpflG) war zugleich ein bedauerlicher Verlust an wissenschaftlicher Auseinandersetzung einhergegangen,64 der jedoch in neuerer Zeit wieder etwas kompensiert wird.65 In jüngerer Zeit gibt es sogar wieder Habilitationen66 und Dissertationen67 auf dem Gebiet des ZVG. Allerdings trägt die Einführung länderübergreifender Software für die Verfahrensbearbeitung auch nicht zur Förderung dogmatischer Vertiefungen bei.68 So sind etwa notwendige Änderungen der Voreinstellungen in den jeweiligen Programmen zeitauf61 Lesenswert in diesem Zusammenhang der Beitrag von Zschieschack, Der Suizid-Einwand in Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren aus juristischer Sicht, ZfIR 2019, 549. 62 BGH v. 21.9.2017 – I ZB 125/16, FamRZ 2018, 372 = WuM 2018, 51. 63 Vgl. BGH v. 21.9.2017 – I ZB 125/16, FamRZ 2018, 372 = WuM 2018, 51 mwN; zu Änderungsmöglichkeiten s. Zschieschack ZfIR 2019, 549. 64 Allein aus dem Zeitraum von ca. 1900 bis ca. 1920 liegen Dutzende Dissertationen vor, die sich mit ZVG-Themen befassen. 65 Beispielhaft Lämmle, Zwangsverwaltung und Zuschlag, 2009; Starke, Zwangsverwaltung von Bauträgerimmobilien, 1999; Zimmer, Praxis der Immobiliarzwangsversteigerung, 1999. 66 Bartels, Dogmatik und Effizienz im Recht der Zwangsversteigerung (Schriften zum deutschen und europäischen Zivil-, Handels- und Prozessrecht, Band 251), 2010. 67 Bspw. Körner, Die kalte Zwangsverwaltung, Diss. 2016; Maier, Die Aufnahme des Deckungs- und Übernahmeprinzips in das ZVG, Diss. 1984; Stadlhofer-Wissinger, Das Gebot in der Zwangsversteigerung – eine nicht anfechtbare Prozeßhandlung, Diss. 1993. 68 Instruktiv Focken MHR 3/2013, 18; Lissner ZInsO 2013, 228.
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wändig und bisweilen dem Anwender unmöglich. Die Neigung zu kritischer Befassung mit der anspruchsvollen Materie erlahmt angesichts einer allseits hohen Arbeitsbelastung. b) Verfahrensleitung Die Verfahrensleitung in Zwangsversteigerungsangelegenheiten obliegt damit allein dem zuständigen Rechtspfleger. Er ist für das Verfahren vom Antragseingang bis zum Abschluss nach erfolgter Eintragung des Erstehers in das Grundbuch oder Löschung des Versteigerungsvermerkes nach Verfahrensaufhebung zuständig. Im Laufe des Verfahrens hat der Rechtspfleger deshalb auch die weiteren verfahrensleitenden Verfügungen zu treffen, so insbesondere die Terminsbestimmungen. Dabei werden die regionalen Verhältnisse in den jeweiligen Bundesländern zu berücksichtigen sein. Dazu gehören auch die jeweiligen Ferientermine. Es entspricht nämlich nicht einer fairen Verfahrensgestaltung, Versteigerungstermine für Immobilien mitten in den Sommerferien eines Bundeslandes zu terminieren, da durch einen verringerten Interessentenkreis Schuldnerbelange tangiert werden können.
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Während des Versteigerungstermins sind alle sitzungsleitenden Maßnahmen durch den 53 Rechtspfleger wahrzunehmen. Dazu gehört auch die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Sitzungssaal, die Anordnung von besonderen Sicherheitsmaßnahmen (z.B. die Hinzuziehung eines Gerichtswachtmeisters oder der Polizei bei gewaltbereiten Personen), die Ausschließung von Störern von der Verhandlung. Dem sitzungsleitenden Rechtspfleger stehen dazu alle Möglichkeiten des GVG zur Verfügung mit Ausnahme der Anordnung von Ordnungshaft oder einer Beeidigung (§ 4 Abs. 2 RPflG). c) Haftungsgefahren Im Laufe des Verfahrens sind zahlreiche haftungsgeneigte Entscheidungen zu treffen. Haftungsgefahren ergeben sich aber auch aus den von den Bundesländern eingeführten IT-Programmen (z.B. ForumStar). Da die juristische Software nicht immer mangelfrei zur Verfügung steht, ist stets eine genaue Prüfung der vorgegebenen Programmbausteine unerlässlich. Dies setzt aber gut ausgebildetes Personal voraus, das aufgrund der derzeit herrschenden Personalpolitik nicht immer uneingeschränkt zur Verfügung steht. Hinzu kommt verschärfend, dass die Vorstellung, Technik nehme die zu bewältigende Arbeit ab oder erleichtere sie zumindest, die Pensenbelastung in den ZVG-Abteilungen in den letzten Jahren hat ansteigen lassen (vgl. dazu die sog. Pebb§y69-Berechnungen). Der dadurch, aber auch durch Forderungen nach einem beschleunigten ZVG-Verfahren im Rahmen der avisierten Reform entstandene Zeitdruck hat die Fehleranfälligkeit erhöht.
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d) Subjektive Belastung Die subjektiv empfundene Belastung der in den ZVG-Abteilungen eingesetzten Rechtspfleger erscheint aus mehreren Gründen als hoch. Dies gilt insbesondere für diejenigen, die bei kleineren Amtsgerichten als alleinige Bearbeiter in Zwangsversteigerungsverfahren tätig sind. Neben den schon angesprochenen Arbeitspensen auf der Grundlage von Pebb§y-Berechnungen wurde in einigen Bundesländern die Zuteilung an die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit bis zu einem Deckungsgrad von bis zu 70 % heruntergefahren
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Die Klientel hat sich in den letzten Jahren maßgeblich verändert. Neue Problemgruppen zei- 56 gen sich unter den Vollstreckungsschuldnern, so z.B. Reichsbürger, Germaniten, identitäre Bewegung u.a. Mit dem Auftreten von sogenannten „Versteigerungsverhinderern“ hat sich 69 Akronym für die Berechnung der Fallzahlen in den Justizreferaten (Personalbedarfsberechnungssystem).
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Einl. Rz. 56 Einleitung zudem eine neue Species etabliert.70 Durch die fast „mantraartig“ vorgetragenen Vollstreckungsschutzanträge wegen (vermeintlicher) Suizidalität in einer Vielzahl von Verfahren oftmals verbunden mit Befangenheitsanträgen werden die Vollstreckungsgerichte gefordert, ohne eine dauerhafte Lösungsperspektive durch die Rechtsmittelgerichte oder den Gesetzgeber zu erhalten. 57
Auch hat sich der Bieterkreis in den letzten Jahren zunehmend internationalisiert. Fundierte Fremdsprachenkenntnisse und Spezialkenntnisse im europäischen und außereuropäischen Familien- und Güterrecht gewinnen zunehmend an Bedeutung. Dies macht entsprechende Fortbildungsangebote unerlässlich.
70 Vgl. aktuell BGH v. 22.2.2019 – V ZR 244/17, BGHZ 221, 229 = MDR 2019, 1088 = NJW 2019, 3638.
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Erster Abschnitt Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken im Wege der Zwangsvollstreckung Erster Titel Allgemeine Vorschriften
§1 [Zuständiges Amtsgericht] (1) Für die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung eines Grundstücks ist als Vollstreckungsgericht das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist. (2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zuzuweisen, sofern die Zusammenfassung für eine sachdienliche Förderung und schnellere Erledigung der Verfahren erforderlich ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Rz. A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 1 B. Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . 2 C. Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . 3
Rz. D. Zuständigkeitskonzentration . . . . . . . . 5 E. Örtliche Unzuständigkeit . . . . . . . . . . 7 F. Funktionelle Zuständigkeit . . . . . . . . . 12
A. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt grundsätzlich für alle Arten der Versteigerung und die Zwangsverwaltung. Für die Zwangsversteigerung eines eingetragenen Schiffs gilt nur § 1 Abs. 2 entsprechend, § 163. Für die Zwangsversteigerung eines Luftfahrzeugs gilt § 1 nicht, § 171b.
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B. Sachliche Zuständigkeit Sachlich ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, §§ 869, 764, 802 ZPO.
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C. Örtliche Zuständigkeit Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück bzw. der Grundstücksbruchteil belegen ist oder das grundstücksgleiche Recht ausgeübt wird. Maßgeblich ist also die Lage des Grundstücks im Gerichtsbezirk und nicht die Führung des Grundbuchs1. 1 Böttcher, § 1 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Rellermeyer, § 1 ZVG Rz. 3; Löhnig/Fischinger, § 1 ZVG Rz. 4; Steiner/Hagemann, § 1 ZVG Rz. 4; Stöber/Keller, § 1 ZVG Rz. 5.
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§ 1 Rz. 4 Zuständiges Amtsgericht 4
Ändert sich nach der Verfahrensanordnung der Gerichtsbezirk, bleibt die Zuständigkeit unberührt2. Maßgeblich ist der Erlass des Anordnungsbeschlusses und weder Antragseingang noch Beschlagnahme, denn entscheidend ist die Anhängigkeit des Verfahrens3.
D. Zuständigkeitskonzentration 5
Die Landesregierungen bzw. die von ihnen ermächtigten Landesjustizverwaltungen können durch Rechtsverordnung gemeinsame Gerichtsbezirke schaffen, sofern die Zusammenfassung für eine sachdienliche Förderung und schnellere Erledigung der Verfahren erforderlich ist. Die Zuständigkeitskonzentration wird kritisch gesehen4.
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Von dieser Ermächtigung hat Gebrauch gemacht: Baden-Württemberg § 8 der Verordnung des Justizministeriums über Zuständigkeiten in der Justiz (Zuständigkeitsverordnung Justiz – ZuVOJu) vom 20.11.1998. § 8 der ZuVOJu lautet: Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (1) Im Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe werden Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen zugewiesen: 1. im Bezirk des Landgerichts Baden-Baden a) dem Amtsgericht Baden-Baden für den Bezirk der Amtsgerichte Achern, Baden-Baden und Bühl, b) dem Amtsgericht Rastatt für den Bezirk der Amtsgerichte Gernsbach und Rastatt; 2. im Bezirk des Landgerichts Freiburg im Breisgau a) dem Amtsgericht Emmendingen für den Bezirk der Amtsgerichte Emmendingen, Kenzingen und Waldkirch, b) dem Amtsgericht Freiburg im Breisgau für den Bezirk der Amtsgerichte Breisach am Rhein, Freiburg im Breisgau, Müllheim, Staufen im Breisgau und Titisee-Neustadt, c) dem Amtsgericht Lörrach für seinen Bezirk; 3. im Bezirk des Landgerichts Heidelberg dem Amtsgericht Heidelberg; 4. im Bezirk des Landgerichts Karlsruhe a) dem Amtsgericht Bruchsal für den Bezirk der Amtsgerichte Bretten, Bruchsal und Philippsburg, b) dem Amtsgericht Karlsruhe für den Bezirk der Amtsgerichte Ettlingen, Karlsruhe und Karlsruhe-Durlach, 2 OLG Frankfurt/M., Rpfleger 1980, 396; Böttcher, § 1 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Rellermeyer, § 1 ZVG Rz. 3; Steiner/Hagemann, § 1 ZVG Rz. 4; Stöber/Keller, § 1 ZVG Rz. 8. 3 BGH v. 21.2.2008 – V ZB 123/07, MDR 2008, 588 = MietRB 2008, 140 = Rpfleger 2008, 321 = NJW 2008, 1383; a.A. Böttcher, § 1 ZVG Rz. 4 (Beschlagnahme); Löhnig/Fischinger, § 1 ZVG Rz. 4 (Beschlagnahme); Steiner/Hagemann, § 1 ZVG Rz. 4 (Beschlagnahme). 4 Steiner/Hagemann, § 1 ZVG Rz. 1; Stöber/Keller, § 1 ZVG Rz. 6.
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Zuständiges Amtsgericht
Rz. 6 § 1
c) dem Amtsgericht Pforzheim für den Bezirk der Amtsgerichte Maulbronn und Pforzheim; 5. im Bezirk des Landgerichts Konstanz a) dem Amtsgericht Konstanz für seinen Bezirk, b) dem Amtsgericht Singen (Hohentwiel) für den Bezirk der Amtsgerichte Radolfzell am Bodensee und Singen (Hohentwiel), c) dem Amtsgericht Überlingen für den Bezirk der Amtsgerichte Stockach und Überlingen, d) dem Amtsgericht Villingen-Schwenningen für den Bezirk der Amtsgerichte Donaueschingen und Villingen-Schwenningen; 6. im Bezirk des Landgerichts Mannheim dem Amtsgericht Mannheim; 7. im Bezirk des Landgerichts Mosbach a) dem Amtsgericht Mosbach für den Bezirk der Amtsgerichte Adelsheim, Buchen (Odenwald) und Mosbach, b) dem Amtsgericht Tauberbischofsheim für den Bezirk der Amtsgerichte Tauberbischofsheim und Wertheim; 8. im Bezirk des Landgerichts Offenburg a) dem Amtsgericht Kehl für seinen Bezirk, b) dem Amtsgericht Lahr/Schwarzwald für den Bezirk der Amtsgerichte Ettenheim und Lahr/Schwarzwald, c) dem Amtsgericht Offenburg für den Bezirk der Amtsgerichte Gengenbach, Oberkirch und Offenburg, d) dem Amtsgericht Wolfach für seinen Bezirk; 9. im Bezirk des Landgerichts Waldshut-Tiengen a) dem Amtsgericht Waldshut-Tiengen. (2) Im Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart werden Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen zugewiesen: 1. im Bezirk des Landgerichts Ellwangen (Jagst) a) dem Amtsgericht Aalen für den Bezirk der Amtsgerichte Aalen, Ellwangen (Jagst) und Neresheim, b) dem Amtsgericht Crailsheim für den Bezirk der Amtsgerichte Bad Mergentheim, Crailsheim und Langenburg, c) dem Amtsgericht Heidenheim für seinen Bezirk, d) dem Amtsgericht Schwäbisch Gmünd für seinen Bezirk; 2. im Bezirk des Landgerichts Hechingen den Amtsgerichten Albstadt, Balingen, Hechingen und Sigmaringen jeweils für ihren Bezirk;
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§ 1 Rz. 6 Zuständiges Amtsgericht 3. im Bezirk des Landgerichts Heilbronn a) dem Amtsgericht Heilbronn für den Bezirk der Amtsgerichte Brackenheim und Heilbronn, b) dem Amtsgericht Schwäbisch Hall für den Bezirk der Amtsgerichte Künzelsau, Öhringen und Schwäbisch Hall, c) dem Amtsgericht Vaihingen an der Enz für den Bezirk der Amtsgerichte Besigheim, Marbach am Neckar und Vaihingen an der Enz; 4. im Bezirk des Landgerichts Ravensburg a) dem Amtsgericht Biberach an der Riß für den Bezirk der Amtsgerichte Biberach an der Riß und Riedlingen, b) dem Amtsgericht Ravensburg für den Bezirk der Amtsgerichte Bad Waldsee, Leutkirch im Allgäu, Ravensburg, Saulgau und Wangen im Allgäu, c) dem Amtsgericht Tettnang für seinen Bezirk; 5. im Bezirk des Landgerichts Rottweil a) dem Amtsgericht Freudenstadt für den Bezirk der Amtsgerichte Freudenstadt und Horb am Neckar, b) dem Amtsgericht Rottweil für den Bezirk der Amtsgerichte Oberndorf und Rottweil, c) dem Amtsgericht Tuttlingen für den Bezirk der Amtsgerichte Spaichingen und Tuttlingen; 6. im Bezirk des Landgerichts Stuttgart a) dem Amtsgericht Esslingen für den Bezirk der Amtsgerichte Esslingen, Kirchheim unter Teck und Nürtingen b) dem Amtsgericht Ludwigsburg für den Bezirk der Amtsgerichte Backnang und Ludwigsburg c) dem Amtsgericht Stuttgart für den Bezirk der Amtsgerichte Böblingen, Leonberg und Stuttgart d) dem Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt für den Bezirk der Amtsgerichte Schorndorf, Stuttgart-Bad Cannstatt und Waiblingen; 7. im Bezirk des Landgerichts Tübingen a) dem Amtsgericht Calw für den Bezirk der Amtsgerichte Calw und Nagold, b) dem Amtsgericht Reutlingen für den Bezirk der Amtsgerichte Bad Urach, Münsingen und Reutlingen, c) dem Amtsgericht Tübingen für den Bezirk der Amtsgerichte Rottenburg am Neckar und Tübingen; 8. im Bezirk des Landgerichts Ulm a) dem Amtsgericht Göppingen für den Bezirk der Amtsgerichte Geislingen an der Steige und Göppingen, 20
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Zuständiges Amtsgericht
Rz. 6 § 1
b) dem Amtsgericht Ulm für den Bezirk der Amtsgerichte Ehingen (Donau) und Ulm. (3) Für die Zwangsversteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken gilt § 7 Abs. 1 (Binnenschiffsregister) entsprechend. Bayern § 52 der Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten im Bereich des Staatsministeriums der Justiz (Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz – GZVJu) vom 11.6.2012. § 52 GZVJu lautet: Zwangsversteigerungs-, Zwangsverwaltungs- und Insolvenzsachen (1) Die Zwangsversteigerungs-, Zwangsverwaltungs- und Insolvenzsachen werden jeweils dem Amtsgericht am Sitz des übergeordneten Landgerichts für alle Amtsgerichte des betreffenden Landgerichtsbezirks übertragen. Dies gilt für das Amtsgericht München auch hinsichtlich der Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks München II. (2) Abweichend von Abs. 1 sind zuständig in Zwangsversteigerungs-, Zwangsverwaltungs- und Insolvenzsachen 1. im Landgerichtsbezirk Augsburg für die Amtsgerichtsbezirke Dillingen a.d.Donau und Nördlingen das Amtsgericht Nördlingen, 2. im Landgerichtsbezirk Memmingen für die Amtsgerichtsbezirke Günzburg und Neu-Ulm das Amtsgericht Neu-Ulm, 3. im Landgerichtsbezirk München II a) für die Amtsgerichtsbezirke Garmisch-Partenkirchen, Starnberg und Weilheim i.OB das Amtsgericht Weilheim i.OB, b) für die Amtsgerichtsbezirke Miesbach und Wolfratshausen das Amtsgericht Wolfratshausen, 4. im Landgerichtsbezirk Nürnberg-Fürth für die Amtsgerichtsbezirke Erlangen, Fürth und Neustadt a.d.Aisch das Amtsgericht Fürth, 5. im Landgerichtsbezirk Regensburg für den Amtsgerichtsbezirk Straubing das Amtsgericht Straubing, 6. im Landgerichtsbezirk Traunstein a) für die Amtsgerichtsbezirke Altötting und Mühldorf a.Inn das Amtsgericht Mühldorf a.Inn, b) für den Amtsgerichtsbezirk Rosenheim das Amtsgericht Rosenheim. (3) Abweichend von Abs. 1 sind zuständig in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen 1. im Landgerichtsbezirk Ansbach für den Amtsgerichtsbezirk Weißenburg i.Bay. das Amtsgericht Weißenburg i.Bay.,
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§ 1 Rz. 6 Zuständiges Amtsgericht 2. im Landgerichtsbezirk Kempten (Allgäu) für den Amtsgerichtsbezirk Kaufbeuren das Amtsgericht Kaufbeuren. Brandenburg § 12 der Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten und Zuständigkeitskonzentrationen (Gerichtszuständigkeitsverordnung – GerZV) vom 2.9.2014. § 12 GerZV lautet: Zuständigkeitskonzentration in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen Die Amtsgerichte 1. Frankfurt (Oder) für die Amtsgerichtsbezirke Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder) und Fürstenwalde/Spree, 2. Luckenwalde für die Amtsgerichtsbezirke Luckenwalde und Zossen, 3. Neuruppin für den Landgerichtsbezirk Neuruppin, 4. Potsdam für die Amtsgerichtsbezirke Brandenburg an der Havel, Nauen, Potsdam und Rathenow und 5. Strausberg für die Amtsgerichtsbezirke Bad Freienwalde, Bernau bei Berlin, Eberswalde und Strausberg sind zuständig in Verfahren nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. Nordrhein-Westfalen § 1 der Verordnung zur Bildung gemeinsamer Amtsgerichte für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen (Konzentrations VO ZVG) vom 23.9.2008. § 1 Konzentrations VO ZVG lautet: Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen werden zugewiesen: im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf 1. dem Amtsgericht Duisburg für die Amtsgerichtsbezirke Duisburg, Duisburg-Hamborn und Duisburg-Ruhrort 2. dem Amtsgericht Kleve für die Amtsgerichtsbezirke Emmerich und Kleve im Oberlandesgerichtsbezirk Hamm 3. dem Amtsgericht Ahaus für die Amtsgerichtsbezirke Ahaus und Gronau (Westf.) 4. dem Amtsgericht Brilon für die Amtsgerichtsbezirke Brilon und Marsberg 5. dem Amtsgericht Essen für die Amtsgerichtsbezirke Essen, Essen-Borbeck und Essen-Steele 6. dem Amtsgericht Hagen für die Amtsgerichtsbezirke Hagen und Wetter 7. dem Amtsgericht Meschede für die Amtsgerichtsbezirke Meschede und Schmallenberg 8. dem Amtsgericht Paderborn für die Amtsgerichtsbezirke Delbrück und Paderborn 22
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Zuständiges Amtsgericht
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im Oberlandesgerichtsbezirk Köln 9. dem Amtsgericht Bergisch-Gladbach für die Amtsgerichtsbezirke Bergisch-Gladbach und Wermelskirchen. Rheinland-Pfalz § 2 der Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 22.11.1985. § 2 der Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit lautet: Zuständigkeit in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungssachen werden folgenden Amtsgerichten für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte zugewiesen: 1. im Landgerichtsbezirk Bad Kreuznach dem Amtsgericht Bad Kreuznach für die Bezirke der Amtsgerichte Bad Kreuznach, Bad Sobernheim und Simmern/Hunsrück, 2. im Landgerichtsbezirk Trier a) dem Amtsgericht Bitburg für die Bezirke der Amtsgerichte Bitburg und Prüm, b) dem Amtsgericht Trier für die Bezirke der Amtsgerichte Hermeskeil, Saarburg und Trier, 3. im Landgerichtsbezirk Landau in der Pfalz dem Amtsgericht Landau in der Pfalz für die Bezirke der Amtsgerichte Germersheim, Kandel und Landau in der Pfalz. Sachsen § 17 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Organisation der Justiz (Sächsische Justizorganisationsverordnung – SächsJOrgVO) vom 14.12.2007. § 17 SächsJOrgVO lautet: Zwangsvollstreckung (1) Die Aufgaben des zentralen Vollstreckungsgerichts werden durch das Amtsgericht Zwickau wahrgenommen. (2) Für Angelegenheiten der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung sind zuständig: 1. das Amtsgericht Bautzen für die Bezirke der Amtsgerichte Bautzen, Hoyerswerda und Kamenz; 2. das Amtsgericht Chemnitz für den Bezirk des Landgerichts Chemnitz; 3. das Amtsgericht Dresden für den Bezirk des Landgerichts Dresden; 4. das Amtsgericht Görlitz für die Bezirke der Amtsgerichte Görlitz, Weißwasser und Zittau; 5. das Amtsgericht Leipzig für den Bezirk des Landgerichts Leipzig; 6. das Amtsgericht Zwickau für den Bezirk des Landgerichts Zwickau. Thüringen § 6 der Thüringer Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit (ThürGerZustVO) vom 17.11.2011. § 6 ThürGerZustVO lautet:
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§ 1 Rz. 6 Zuständiges Amtsgericht Zwangsversteigerungsgericht Die Entscheidungen in den zur Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts gehörenden Angelegenheiten der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken werden zugewiesen: 1. im Landgerichtsbezirk Erfurt a) dem Amtsgericht Arnstadt für diesen Bezirk, b) dem Amtsgericht Erfurt auch für den Bezirk des Amtsgerichts Sömmerda, c) dem Amtsgericht Gotha für diesen Bezirk, d) dem Amtsgericht Weimar auch für den Bezirk des Amtsgerichts Apolda, 2. im Landgerichtsbezirk Gera a) dem Amtsgericht Altenburg für diesen Bezirk, b) dem Amtsgericht Gera auch für den Bezirk des Amtsgerichts Greiz, c) dem Amtsgericht Jena auch für den Bezirk des Amtsgerichts Stadtroda, d) dem Amtsgericht Rudolstadt auch für den Bezirk des Amtsgerichts Pößneck, 3. im Landgerichtsbezirk Meiningen a) dem Amtsgericht Eisenach auch für den Bezirk des Amtsgerichts Bad Salzungen, b) dem Amtsgericht Meiningen für diesen Bezirk, c) dem Amtsgericht Sonneberg auch für den Bezirk des Amtsgerichts Hildburghausen, d) dem Amtsgericht Suhl für diesen Bezirk, 4. im Landgerichtsbezirk Mühlhausen a) dem Amtsgericht Mühlhausen auch für den Bezirk des Amtsgerichts Heilbad Heiligenstadt, b) dem Amtsgericht Nordhausen auch für den Bezirk des Amtsgerichts Sondershausen. In Schleswig-Holstein ist die Zuständigkeitskonzentration aufgehoben worden.
E. Örtliche Unzuständigkeit 7
Wird der Versteigerungsantrag bei einem örtlich unzuständigen Gericht gestellt, ist zu unterscheiden. Ist der Antrag bei einem Amtsgericht im gemeinsamen Bezirk gestellt und folgt die
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Bestimmung des zuständigen Amtsgerichts
§2
Unzuständigkeit aus einer Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 2, so ist der Antrag von Amts wegen an das zuständige Gericht weiterzuleiten5. Ist das Gericht aus einem sonstigen Grund örtlich unzuständig, erfolgt keine Abgabe von 8 Amts wegen. In diesem Fall ist der Antragsteller anzuhören. Auf Antrag wird an das zuständige Gericht weitergeleitet (formlos) oder nach § 281 ZPO verwiesen6. Da i.d.R. keine Verweisungswirkungen eintreten, sollte auf einen Abgabeantrag hingewirkt werden. Stellt der Antragsteller weder Abgabe- noch Verweisungsantrag, ist der Antrag zurückzuweisen. Wird die örtliche Unzuständigkeit nach Verfahrensanordnung festgestellt, erfolgt Aufhebung von Amts wegen nach § 28 Abs. 2 bzw. Zuschlagsversagung nach § 83 Nr. 6. Es handelt sich um einen absoluten Versagungsgrund (§ 84), der auch vom Beschwerdegericht von Amts wegen zu beachten ist (§ 100 Abs. 3). Auf Antrag kann auch Verweisung nach § 281 ZPO erfolgen7. Folge ist jedoch nicht das Wirksambleiben bzw. Wirksamwerden der Beschlagnahmewirkungen, die aufgrund der Beschlagnahme des Verfahrens des unzuständigen Gerichts eingetreten sind, vgl. Rz. 10. Das zuständige Gericht hat den Antrag neu zu prüfen. Erst bei Anordnung durch das zuständige Gericht treten die Beschlagnahmewirkungen (neu) ein, vgl. § 22. Das zuständige Gericht hat in dem Anordnungsbeschluss die Aufhebung des Verfahrens des unzuständigen Gerichts auszusprechen.
9
Vollstreckungsakte und Entscheidungen eines örtlich unzuständigen Vollstreckungsgerichts 10 sind nicht nichtig, sondern anfechtbar8. Die Zuständigkeit kann gerügt werden durch Erinnerung nach § 766 ZPO (wenn der Schuldner nicht gehört wurde) bzw. sofortige Beschwerde nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 793 ZPO (wenn der Schuldner gehört wurde) gegen den Anordnungsbeschluss oder, wenn der Zuschlag erteilt ist, durch Zuschlagsbeschwerde. Ist der Zuschlagsbeschluss des örtlich unzuständigen Gerichts rechtskräftig, kann die Zuständigkeit nicht mehr gerügt werden9.
11
F. Funktionelle Zuständigkeit Die Verfahren nach dem ZVG sind gem. § 3 Nr. 1i RPflG in vollem Umfang auf den Rechts- 12 pfleger übertragen („Vollübertragung“).
§2 [Bestimmung des zuständigen Amtsgerichts] (1) Ist das Grundstück in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen oder ist es mit Rücksicht auf die Grenzen der Bezirke ungewiß, welches Gericht zuständig ist, so hat das
5 Böttcher, § 1 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Rellermeyer, § 1 ZVG Rz. 6; Steiner/Hagemann, § 1 ZVG Rz. 31; Stöber/Keller, § 1 ZVG Rz. 11. 6 BayObLG v. 26.11.1985, Allg. Reg. 90/85, MDR 1986, 326 = NJW-RR 1986, 421; Böttcher, § 1 ZVG Rz. 7; Stöber/Keller, § 1 ZVG Rz. 12. 7 Stöber/Keller, § 1 ZVG Rz. 12; a.A. Steiner/Hagemann, § 1 ZVG Rz. 33. 8 Böttcher, § 1 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Rellermeyer, § 1 ZVG Rz. 7; Löhnig/Fischinger, § 1 ZVG Rz. 11. 9 Böttcher, § 1 ZVG Rz. 17; Dassler u.a./Rellermeyer, § 1 ZVG Rz. 7.
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§ 2 Rz. 1 Bestimmung des zuständigen Amtsgerichts zunächst höhere Gericht eines der Amtsgerichte zum Vollstreckungsgericht zu bestellen; § 36 Abs. 2 und 3 und § 37 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. (2) Die gleiche Anordnung kann getroffen werden, wenn die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung mehrerer Grundstücke in demselben Verfahren zulässig ist und die Grundstücke in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen sind. Von der Anordnung soll das zum Vollstreckungsgericht bestellte Gericht die übrigen Gerichte in Kenntnis setzen.
A. B. C. D.
Anwendungsbereich . . . Fälle des § 2 Abs. 1 1. Alt. Fälle des § 2 Abs. 1 2. Alt. Fälle des § 2 Abs. 2 . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
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Rz. 1 3 5 6
Rz. E. Fälle des § 36 ZPO . . . . . . . . . . . . . . 8 F. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 G. Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
A. Anwendungsbereich 1
Die Vorschrift gilt grundsätzlich für alle Arten der Versteigerung und die Zwangsverwaltung. Für die Zwangsversteigerung eines eingetragenen Schiffs und eines Luftfahrzeugs gelten besondere Regelungen (§§ 162, 170a, 171, 171b).
2
Ist nach § 1 die örtliche Zuständigkeit nicht zu ermitteln oder liegen die Grundstücke, die in demselben Verfahren versteigert werden sollen (§ 18), in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte, so ist die örtliche Zuständigkeit nach § 2 zu bestimmen.
B. Fälle des § 2 Abs. 1 1. Alt. 3
Ein Grundstück liegt in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte. Dieser Fall kann vorkommen nach Vereinigung von Grundstücken oder Zuschreibung nach § 890 BGB.
4
Außerdem, wenn verschiedene Flurstücke in verschiedenen Bezirken liegen, diese Flurstücke aber rechtlich ein Grundstück bilden1.
C. Fälle des § 2 Abs. 1 2. Alt. 5
Die Zuständigkeit ist mit Rücksicht auf die Grenzen der Gerichtsbezirke ungewiss. Dieser Fall spielt in der Praxis keine Rolle.
D. Fälle des § 2 Abs. 2 6
Mehrere Grundstücke können in einem Verfahren versteigert werden, § 18. Liegen die zu versteigernden Grundstücke in verschiedenen Bezirken, ist das örtlich zuständige Amtsgericht zu bestimmen.
7
Dieser Fall kann z.B. auch durch eine Gebietsreform eintreten. Nach Anordnung der Versteigerung eines Bruchteils ändert sich durch Gebietsreform die Zuständigkeit für das Grundstück. Wird nun die Versteigerung des anderen Bruchteils angeordnet und liegen die Voraus1 BayObLG v. 30.7.1999 – 4Z AR 20/99; BayObLG v. 14.1.1997 – 1Z AR 96/96, Rpfleger 1997, 269.
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Bestimmung des zuständigen Amtsgerichts
Rz. 16 § 2
setzungen für die Verbindung der Verfahren vor, ist das gemeinsame Vollstreckungsgericht zu bestimmen2.
E. Fälle des § 36 ZPO Weitere Fälle, in denen das örtlich zuständige Vollstreckungsgericht bestimmt werden kann, ergeben sich aus § 36 ZPO als allgemeine Regelung. In Frage kommen Nr. 1, Nr. 5 und Nr. 6. Die Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 sind ersetzt durch die speziellere Regelung des § 23.
8
§ 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Alle Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts sind tatsächlich (z.B. durch Krankheit) oder rechtlich verhindert (§§ 41 ff. ZPO). Alle müssen verhindert sein, da ansonsten der Geschäftsverteilungsplan die Vertretung regelt4.
9
§ 36 Abs. 1 Nr. 5 ZPO Verschiedene Gerichte haben sich rechtskräftig für zuständig erklärt, d.h., wenn verschiedene Amtsgerichte das Verfahren über dasselbe Grundstück angeordnet haben.
10
§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO Verschiedene Gerichte haben sich rechtskräftig für unzuständig erklärt.
11
F. Verfahren In den Fällen des § 2 Abs. 1 erfolgt die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts auf Gesuch eines Beteiligten, da Abs. 1 auf § 37 ZPO verweist. Es darf aber kein ausdrückliches Gesuch eines Beteiligten verlangt werden. Das Gesuch ist bereits konkludent in dem Antrag auf Verfahrensanordnung zu sehen5. So kann es dahinstehen, ob die Bestimmung auch auf Anregung eines der Gerichte erfolgen kann, was im Ergebnis aber zu bejahen ist6.
12
In den Fällen des § 2 Abs. 2 ist ein Gesuch eines Beteiligten nicht erforderlich, denn auch die Verbindung von Verfahren nach § 18 kann von Amts wegen erfolgen.
13
Auch in den Fällen des § 36 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 5 und Nr. 6 ZPO ist kein Gesuch eines Beteiligten erforderlich. Auch hier kann die Bestimmung von Amts wegen herbeigeführt werden7.
14
Das zuständige Gericht wird durch das zunächst höhere Gericht bestimmt. Liegen die Vollstreckungsgerichte also im selben Landgerichtsbezirk, so ist dieses für die Bestimmung zuständig. Liegen die Vollstreckungsgerichte in verschiedenen Landgerichtsbezirken, so ist das gemeinsame Oberlandesgericht zuständig. Liegen die Vollstreckungsgerichte in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken, so ist für die Bestimmung nicht der Bundesgerichtshof, sondern das Oberlandesgericht zuständig, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Vollstreckungsgericht liegt, Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 2 ZPO.
15
Die Sache ist nur dann dem Bundesgerichtshof vorzulegen, wenn das Oberlandesgericht in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will, Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 3 ZPO. Das gilt nur dann, wenn das Ober-
16
2 OLG Frankfurt/M. v. 9.6.1980 – 20 AR 18/80, Rpfleger 1980, 396. 3 Steiner/Hagemann, § 2 ZVG Rz. 8. 4 Dassler u.a./Rellermeyer, § 2 ZVG Rz. 4; Löhnig/Fischinger, § 2 ZVG Rz. 5; Steiner/Hagemann, § 2 ZVG Rz. 8; Stöber/Keller, § 2 ZVG Rz. 7. 5 Dassler u.a./Rellermeyer, § 2 ZVG Rz. 5. 6 Steiner/Hagemann, § 2 ZVG Rz. 9; a.A. Böttcher, § 2 ZVG Rz. 4; Stöber/Keller, § 2 ZVG Rz. 8. 7 Steiner/Hagemann, § 2 ZVG Rz. 11.
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§ 2 Rz. 16 Bestimmung des zuständigen Amtsgerichts landesgericht anstelle des Bundesgerichtshofs zuständig ist. Bei der originären Zuständigkeit des Oberlandesgerichts – wenn also die Vollstreckungsgerichte innerhalb eines Oberlandesgerichtsbezirks liegen – ist die Vorlage an den Bundesgerichtshof nicht möglich8. 17
Die Entscheidung über die Zuständigkeit durch das höhere Gericht erfolgt durch Beschluss, Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 1 ZPO. Sie ist eine gerichtliche Entscheidung und kein Akt der Justizverwaltung9. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich, Abs. 1 i.V.m. §§ 37 Abs. 1, 128 Abs. 4 ZPO.
18
Die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit stellt ein selbstständiges Verfahren dar und gehört nicht zum Vollstreckungsverfahren. Die Vollstreckungsvoraussetzungen werden in diesem Verfahren noch nicht geprüft10. Lediglich bei offensichtlichem Fehlen einer Vollstreckungsvoraussetzung fehlt das Rechtsschutzinteresse für die Zuständigkeitsbestimmung11.
19
Da das Verfahren als selbstständiges Verfahren nicht zum eigentlichen Vollstreckungsverfahren gehört, kann die Zuständigkeitsbestimmung bereits vor dem Antrag auf Anordnung der Versteigerung bzw. vor der Entscheidung über den Anordnungsantrag erfolgen12.
20
Rechtliches Gehör wird dem Schuldner/Antragsgegner i.d.R. aus dem Rechtsgedanken des § 834 ZPO nicht gewährt13, es sei denn, die Beschlagnahme ist bereits bewirkt (Fälle des Abs. 2).
21
Der Beschluss wird dem Gläubiger/Antragsteller bekannt gegeben. Wird die Zuständigkeit bestimmt erfolgt die Bekanntgabe formlos, da der Beschluss unanfechtbar ist, §§ 37 Abs. 2, 329 Abs. 2 ZPO. Der ablehnende Beschluss wird dem Gläubiger/Antragsteller zugestellt, wenn er anfechtbar ist, §§ 37 Abs. 1, 793, 329 Abs. 2 ZPO14.
22
Dem Schuldner/Antragsgegner wird der Beschluss nur bekannt gemacht, wenn er vorher gehört wurde.
23
Den anderen Beteiligten des Versteigerungsverfahrens (§ 9) wird der Beschluss nicht bekannt gemacht. Sie erhalten Mitteilung im eigentlichen Versteigerungsverfahren z.B. durch die Terminsbestimmung.
24
Im Fall des Abs. 2 soll das zum Vollstreckungsgericht bestellte Gericht die übrigen Gerichte in Kenntnis setzen.
G. Wirkungen 25
Die Bestimmung des Vollstreckungsgerichts bindet dieses sowie die anderen Gerichte und alle Beteiligten (§ 9), auch später hinzukommende Beitrittsgläubiger. Eine erneute Entscheidung wird aber erforderlich, wenn ein weiteres Grundstück in dem Verfahren versteigert werden soll, das nicht im Bezirk des bestellten Gerichts liegt15.
26
In den Fällen des Abs. 2 ist der Beschluss auch bindend bzgl. der Zulässigkeit der Verfahrensverbindung nach § 18. 8 9 10 11 12 13 14
Zöller/Schultzky, § 36 ZPO Rz. 13. Zöller/Schultzky, § 36 ZPO Rz. 2. BayObLG v. 16.1.1974 – Allg Reg 40/73, NJW 1974, 1204. BayObLG v. 30.10.1989 – BReg.1 Z 120/89, Rpfleger 1990, 131; Stöber/Keller, § 2 ZVG Rz. 15. BayObLG v. 16.8.1995 – 1Z AR 38/95, KTS 1995, 736. BayObLG v. 13.1.1999 – 1Z AR 123/98, JurBüro 1999, 382. Böttcher, § 2 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Rellermeyer, § 2 ZVG Rz. 7; Löhnig/Fischinger, § 2 ZVG Rz. 11; Steiner/Hagemann, § 2 ZVG Rz. 16; Stöber/Keller, § 2 ZVG Rz. 20. 15 Böttcher, § 2 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Rellermeyer, § 2 ZVG Rz. 8; Löhnig/Fischinger, § 2 ZVG Rz. 12; Steiner/Hagemann, § 2 ZVG Rz. 17; Stöber/Keller, § 2 ZVG Rz. 26.
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Zustellungen
Rz. 5 § 3
§3 [Zustellungen] Die Zustellungen erfolgen von Amts wegen. Sie können durch Einschreiben mit Rückschein erfolgen. Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein.
A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . B. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zustellungsadressat . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 5
Rz. D. Ausführung der Zustellung . . . . . . . . . 7 E. Zustellung im Ausland . . . . . . . . . . . . 11
A. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt grundsätzlich für alle Arten der Versteigerung und die Zwangsverwaltung.
1
B. Allgemeines Zustellung ist die Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person in einer bestimmten Form, 2 § 169 Abs. 1 ZPO. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe soll durch die Zustellung nachgewiesen werden. Beschlüsse und gerichtliche Verfügungen sind immer dann zuzustellen, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (z.B. §§ 30b Abs. 1, 32, 41 Abs. 1, 105 Abs. 2). Gibt es in den Verfahrensvorschriften keine Regelungen über die Zustellung, ist § 329 ZPO anzuwenden. Danach ist die Zustellung erforderlich, wenn eine Terminsbestimmung enthalten ist oder eine Frist in Lauf gesetzt wird (§ 329 Abs. 2 S. 2 ZPO). Außerdem, wenn ein Beschluss bzw. eine gerichtliche Verfügung einen Vollstreckungstitel bildet bzw. der sofortigen Beschwerde unterliegt (§ 329 Abs. 3 ZPO). Gegenstand der Zustellung ist immer eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift. Die Urschrift könnte ebenfalls Gegenstand der Zustellung sein, verbleibt aber regelmäßig bei den Gerichtsakten. Ist nicht ausdrücklich die Bekanntgabe einer Ausfertigung vorgeschrieben, genügt die Zustellung einer beglaubigten Abschrift.
3
Alle Zustellungen in Verfahren nach dem ZVG erfolgen von Amts wegen. Ausnahmen müssen ausdrücklich geregelt sein (z.B. §§ 22 Abs. 2 S. 3, 65 Abs. 1 S. 3).
4
C. Zustellungsadressat Zustellungsadressat ist grundsätzlich die prozessfähige Person selbst. Ist die Person, der zugestellt werden soll, nicht prozessfähig, erfolgen Zustellungen an den gesetzlichen Vertreter, § 170 I ZPO. Wenn der Zustellungsadressat einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat, erfolgen Zustellungen an diesen, § 172 ZPO. Die Zustellung nach § 172 ZPO hat Vorrang vor den anderen Zustellungen (§§ 170, 171, 184 ZPO). Zustellungen an den Vertretenen sind in diesem Fall unwirksam1. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechts1 Böttcher, § 3 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Rellermeyer, § 3 ZVG Rz. 11; Löhnig/Huber, Vorb. § 3 ZVG Rz. 6; Steiner/Hagemann, § 3 ZVG Rz. 30; Stöber/Keller, § 3 ZVG Rz. 15.
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5
§ 3 Rz. 5 Zustellungen zug, § 172 Abs. 1 S. 3 ZPO. Ist also in dem Vollstreckungstitel (erforderlich bei der Vollstreckungsversteigerung und der Zwangsverwaltung) ein Prozessbevollmächtigter benannt, so sind Zustellungen an diesen vorzunehmen. 6
Wird Wohnungseigentum versteigert und muss eine Zustellung an die anderen Wohnungseigentümer erfolgen, kann an den Verwalter zugestellt werden, § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG. Hierbei ist der Hinweis erforderlich, dass an ihn in seiner Eigenschaft als Verwalter zugestellt wird.
D. Ausführung der Zustellung 7
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ist für das Bewirken der Zustellung – auch ohne besondere Weisung – zuständig; er ist das Zustellungsorgan, § 168 Abs. 1 S. 1 ZPO. Sinnvoll erscheint es aber (so auch praxisüblich), dass der Rechtspfleger die Art der Zustellung sowie den Zustellungsadressaten angibt. Erfolgt diese Angabe, ist der UdG an die Weisung gebunden2.
8
Der UdG führt die Zustellung nach §§ 173 – 175 ZPO aus, d.h. durch Aushändigung auf der Amtsstelle, gegen Empfangsbekenntnis oder durch Einschreiben mit Rückschein. Sie kann einen nach § 33 Abs. 1 des Postgesetzes beliehenen Unternehmer (Post) oder einen Justizbediensteten mit der Ausführung der Zustellung beauftragen. Verspricht die Zustellung nach § 168 Abs. 1 ZPO keinen Erfolg, kann der Rechtspfleger einen Gerichtsvollzieher oder eine andere Behörde mit der Ausführung der Zustellung beauftragen, § 168 Abs. 2 ZPO. Die Zustellung richtet sich dann nach §§ 177 ff. ZPO. Sie wird durch eine öffentliche Urkunde dokumentiert (§ 182 ZPO).
9
Die Bewirkung der Zustellung hat der UdG zu überwachen. Er hat die Gerichtsakte grundsätzlich dem Rechtspfleger vorzulegen, wenn nicht vorschriftsmäßig zugestellt worden ist oder die Urkunden sonst zu einer Verfügung Anlass geben (Regelungen in den Geschäftsordnungen der einzelnen Länder).
10
Die öffentliche Zustellung richtet sich nach § 185 ZPO; kommt aber nur bei Anordnungsbzw. Beitrittsbeschlüssen in Betracht, vgl. § 8 Rz. 4 f.
E. Zustellung im Ausland 11
Eine Zustellung im Ausland richtet sich nach § 183 ZPO. Es ist zunächst festzustellen, ob die Zustellung in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union (einschl. Dänemark) erfolgen soll oder in einem anderen Staat.
12
Soll die Zustellung in einem Mitgliedsstaat der EU erfolgen, so gelten über § 183 Abs. 5 ZPO die Regelungen der EuZustVO3 i.V.m. §§ 1067 – 1069 ZPO. Nach Art. 14 EuZustVO und § 1068 Abs. 1 ZPO erfolgt die Zustellung auf dem Postweg per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg unter Beifügung des Formblatts nach Anhang II der EuZustVO (Art. 8 EuZustVO)4.
13
Außerhalb der EU richtet sich die Zustellung nach bestehenden völkerrechtlichen Vereinbarungen, § 183 Abs. 1 S. 1 ZPO, insbesondere das Haager Zustellungsübereinkommen5. Ob
2 BGH v. 5.5.1993 – XII ZR 44/92, NJW-RR 1993, 1213. 3 Verordnung (EG) Nr. 1393/2007; vgl. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri= CELEX:32007R1393&from=DE. 4 EuGH v. 16.9.2015 – C-519/13, EuZW 2015, 832. 5 Haager Zustellungsübereinkommen v. 15.11.1965 (BGBl. II 1977, 1452 und BGBl. II 2009, S. 1293).
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Zustellung durch Aufgabe zur Post
Rz. 3 § 4
Deutschland eine völkerrechtliche Vereinbarung mit einem anderen Staat unterhält, ergibt sich aus der Rechtshilfeordnung in Zivilsachen6. Die Zustellung soll vorrangig per Einschreiben mit Rückschein erfolgen, § 183 Abs. 1 S. 2 ZPO, sofern der Bestimmungsstaat insoweit keinen Widerspruch erklärt hat, Art. 10 HZÜ. Ist eine Zustellung nach § 183 Abs. 1 ZPO nicht möglich, ist durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung des Bundes oder die sonstige zuständige Behörde zuzustellen, § 183 Abs. 2 ZPO.
14
§4 [Zustellung durch Aufgabe zur Post] Wohnt derjenige, welchem zugestellt werden soll, weder am Ort noch im Bezirk des Vollstreckungsgerichts, so kann die Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolgen, solange nicht die Bestellung eines daselbst wohnhaften Prozeßbevollmächtigten oder Zustellungsbevollmächtigten dem Gericht angezeigt ist. Die Postsendung muß mit der Bezeichnung „Einschreiben“ versehen werden.
A. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . C. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 5
Rz. D. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 E. Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 F. Verhältnis zur EuZustVO . . . . . . . . . . 14
Literatur: Strasser, Neues zum Europäischen Zustellungsrecht, Rpfleger 2013, 585.
A. Zweck Zustellungen sollen aufgrund der meist großen Anzahl von Beteiligten vereinfacht werden. 1 Müsste grundsätzlich nach den üblichen Vorschriften (§§ 166 ff. ZPO) zugestellt werden, könnte es wegen der strengeren Voraussetzungen zu Verfahrensverzögerungen kommen. Der Gefahr der Verzögerungen soll vorgebeugt werden.
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt für alle Arten der Versteigerung und die Zwangsverwaltung. Da nicht von 2 „Beteiligten“ die Rede ist, sondern von „demjenigen, welchem zugestellt werden soll“, gilt die Vorschrift für Zustellungen an alle mit dem Verfahren im Zusammenhang Stehende (auch Bieter, Ersteher, Bürge (§ 69 Abs. 3), Meistbietender (§ 81 Abs. 4)). Dem Schuldner/Antragsgegner darf ein Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss nicht durch Aufgabe zur Post zugestellt werden, § 8. Dieser muss nach den ZPO-Vorschriften zugestellt werden.
6 https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Gerichte_Behoerden/IRZH/Rechtshilfeordnung/ZRHO_ node.html.
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3
§ 4 Rz. 4 Zustellung durch Aufgabe zur Post 4
Ausgenommen von der vereinfachten Zustellung sind Zustellungen im Parteibetrieb. Das kann die Zustellung einer Vorpfändung, § 22 Abs. 2 i.V.m. § 845 Abs. 1 ZPO oder die Zustellung der Anordnung nach § 65 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§ 835 Abs. 3, 829 Abs. 2 ZPO sein.
C. Voraussetzungen 5
Der Zustellungsadressat (Person, der zugestellt werden soll) wohnt weder am Ort noch im Bezirk des Vollstreckungsgerichts, wobei „Wohnung“ im zustellungsrechtlichen Sinne gemeint ist, also „Lebensmittelpunkt“1. Dem Gericht darf außerdem kein Prozess- oder Zustellungsbevollmächtigter in diesem Bezirk angezeigt sein. Diese Voraussetzungen liegen z.B. auch vor, wenn der Adressat im Ausland wohnt2 (vgl. Rz. 11 f.).
6
Ist dem Gericht ein Prozess- oder Zustellungsbevollmächtigter bekannt, der wiederum nicht im Bezirk des Vollstreckungsgerichts wohnt, kann auch an diesen durch Aufgabe zur Post zugestellt werden (vgl. § 5 Rz. 4). Zustellungen an diesen sind wirksam. § 4 ist nicht so zu verstehen, dass Zustellungen an einen außerhalb wohnenden unwirksam sind.
7
Soll an den gesetzlichen Vertreter zugestellt werden (Prozessunfähige, juristische Personen, Personenhandelsgesellschaften, Behörden), so kann durch Aufgabe zur Post zugestellt werden, wenn dieser nicht im Bezirk des Vollstreckungsgerichts wohnt. Dann ist der gesetzliche Vertreter Zustellungsadressat3. Entscheidend ist, ob der Adressat außerhalb wohnt.
8
Die Bewirkung der Zustellung ist Aufgabe des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG). Dieser hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden welche Zustellungsart er wählt. Er ist aber an Anordnungen des Gerichts gebunden (§ 166 Abs. 2 ZPO). Daraus resultieren unterschiedliche Zeitpunkte in denen die Voraussetzungen vorliegen müssen. Ordnet das Gericht (Rechtspfleger) die Zustellung durch Aufgabe zur Post an, sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Anordnung maßgebend. Entscheidet der UdG, sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ausführung (tatsächliche Aufgabe zur Post) maßgebend4. Das ist jeweils der letztmögliche Prüfungszeitpunkt der zuständigen Person.
9
Ein Hinweis an den Zustellungsadressaten, dass die Zustellung durch Aufgabe zur Post durchgeführt wird, ist vorab nicht erforderlich5.
D. Verfahren 10
Wohnt der Zustellungsadressat nicht im Bezirk des Vollstreckungsgerichts, dann kann die Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolgen. Weitere Anforderungen (eine Anschrift muss bekannt sein) gibt es nicht. Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob durch Aufgabe zur Post oder nach den üblichen Vorschriften (§§ 166 ff. ZPO) zugestellt wird. Dem zuverlässigeren Weg mit Zustellungsnachweis ist der Vorzug zu geben, insbesondere bei der Zustellung von Terminsladungen.
11
Insbesondere bei Zustellungen ins Ausland wird das Schriftstück häufig zur Post aufgegeben. Dabei ist darauf zu achten, dass die Anschrift vollständig, auch unter eindeutiger Bezeichnung des Landes angegeben wird. Die Angabe des Landes ist Teil der Anschrift6. Übliche Ab1 2 3 4 5 6
OLG Düsseldorf v. 5.3.2010 – 17 U 20/09, juris. LG Krefeld v. 12.12.1989 – 6 T 314/89, Rpfleger 1990, 266. Zöller/Schultzky, § 170 ZPO Rz. 2. Böttcher, § 4 ZVG Rz. 2 (Anordnung); Stöber/Keller, § 4 ZVG Rz. 3 (Ausführung). BGH v. 13.2.1963 – IV ZR 216/62, MDR 1963, 486. BGH v. 8.3.1979 – IX ZR 92/74, MDR 1979, 750 = Rpfleger 1979, 195.
32
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Zustellung durch Aufgabe zur Post
Rz. 14 § 4
kürzungen, wie z.B. CH für Schweiz, GB für Großbritannien oder E für Spanien, können verwendet werden (vgl. Rz. 14). Das Schriftstück ist zu verschließen, mit der Anschrift des Zustellungsadressaten, Angabe des Absenders, der Geschäftsnummer und der Bezeichnung „Einschreiben“ zu versehen und sodann zur Post zu geben. Erforderlich ist ein Übergabe-Einschreiben, Einwurf-Einschreiben reicht nicht aus, da der Empfang nicht bestätigt wird7. Die Übergabe kann mit Hilfe des Gerichtswachtmeisters erfolgen (Regelfall). Nach erfolgter Aufgabe zur Post wird durch die Geschäftsstelle ein Zustellungsvermerk in der Verfahrensakte gefertigt. In dem Vermerk ist anzugeben, wann und unter welcher Anschrift das Schriftstück zur Post gegeben wurde (§ 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO). Der Vermerk ist vom UdG zu unterschreiben und dient als Zustellungsnachweis. Der Vermerk muss nicht von dem UdG gefertigt werden, der das Schriftstück zur Post gegeben hat8. Wird das Schriftstück mit unvollständiger Anschrift (auch ggf. Angabe des Landes erforderlich, Rz. 11) zur Post gegeben, ist die Zustellung unwirksam.
12
E. Wirkung Zwei Wochen nach der Aufgabe zur Post gilt die Zustellung als bewirkt. Das gilt auch, wenn das Ende auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällt, denn es handelt sich hier nicht um eine Frist im üblichen Sinne, sondern um die Feststellung eines Zeitpunkts. Das Gericht kann eine längere Frist bestimmen (§ 184 Abs. 2 ZPO). Die Zustellung gilt auch dann als bewirkt, wenn die Sendung als unzustellbar zurück kommt (sogar wegen Todes, wenn dem Gericht der Tod nicht bekannt war) oder die Annahme verweigert wurde. Für folgende Zustellungen ist dann ein Zustellungsvertreter zu bestellen, § 6.
13
F. Verhältnis zur EuZustVO Ungeklärt ist bisher die Frage, ob im Anwendungsbereich der EuZustVO9, also den Mitgliedsstaaten der EU einschl. Dänemarks10, eine Zustellung durch Aufgabe zur Post überhaupt zulässig ist. Die Frage, ob die EuZustVO die Zustellung nach § 184 ZPO verbietet, ist bisher offen geblieben. Zum einen wird die Auffassung vertreten, dass die EuZustVO regelt, wie Zustellungen im Ausland vorzunehmen sind. Es wird nicht geregelt, ob die festgelegten Übermittlungswege gewählt werden müssen11. Andererseits wird die Auffassung vertreten, dass die EuZustVO § 184 ZPO entgegensteht12. Der EuGH macht in seiner Entscheidung deutlich, dass die EuZustVO bereits über die Frage entscheidet, ob eine Auslandszustellung nach der EuZustVO durchzuführen ist, um die Rechte der Parteien/Beteiligten zu wahren. Dieser Auffassung ist nur teilweise zu folgen. Die EuZustVO regelt nämlich nicht abschießend die Zustellungsmöglichkeiten. Das wird daran deutlich, dass z.B. Regelungen entsprechend § 177 ZPO oder § 189 ZPO fehlen13. Um die Rechte der Parteien/Beteiligten zu wahren genügt es, die EuZustVO unmittelbar lediglich auf verfahrenseinleitende Schriftstücke anzuwenden14. An7 Dassler u.a./Rellermeyer, § 4 ZVG Rz. 9. 8 BGH v. 18.9.2012 – VI ZR 225/11, MDR 2012, 1306 = Rpfleger 2013, 104. 9 Verordnung (EG) Nr. 1393/2007; vgl. http://ec.europa.eu/justice_home/judicialatlascivil/html/ds_in formation_de.htm. 10 Amtsblatt der Europäischen Union L331/21. 11 Zöller/Geimer, § 183 ZPO, Rz. 20, 79a. 12 EuGH v. 19.12.2012 – C-325/11; BGH v. 2.2.2011 – VIII ZR 190/10, MDR 2011, 505 = NJW 2011, 1885. 13 Vgl. Strasser, Rpfleger 2013, 585. 14 Vgl. zu der allgemeinen Problematik auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 183 ZPO, Rz. 2.
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14
§ 4 Rz. 14 Zustellung durch Aufgabe zur Post ordnungs- und Beitrittsbeschlüsse sind daher bei Beteiligten aus dem EU-Ausland unmittelbar nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1393/2007 zuzustellen. Eine Zustellung nach § 4 kommt hier ohnehin nicht in Betracht (§ 8).
§5 [Zustellungsbevollmächtigter] Die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten bei dem Grundbuchamt gilt auch für das Verfahren des Vollstreckungsgerichts, sofern sie diesem bekannt geworden ist. Rz. A. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 2 C. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Rz. D. Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 E. Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
A. Zweck 1
Ein Beteiligter im Grundbuchverfahren kann einen Zustellungsbevollmächtigten benennen, der Schriftstücke für ihn entgegennehmen soll. Diese Möglichkeit ergibt sich aus § 55 Abs. 7 GBO, der die Benachrichtigung im Grundbuchverfahren generell der freivertraglichen Vereinbarung unterstellt1. Diese Bestellung gilt auch für das ZVG-Verfahren.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift gilt für alle Arten der Versteigerung und die Zwangsverwaltung.
3
Dem Schuldner/Antragsgegner darf ein Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss nicht an einen Zustellungsbevollmächtigten nach § 5 zugestellt werden, § 8. Ein Anordnungs-/Beitrittsbeschluss ist nach den ZPO-Vorschriften zuzustellen. D.h., dass eine Zustellung z.B. an einen Bevollmächtigten nach § 171 ZPO erfolgen kann (Nachweis durch Anzeige des Vertretenen beim Vollstreckungsgericht bzw. schriftliche Vollmacht, vgl. Rz. 4).
C. Voraussetzungen 4
Voraussetzung ist die Bestellung/Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten beim Grundbuchamt. Ob der Zustellungsbevollmächtigte am Ort oder im Bezirk des Vollstreckungsgerichts wohnt, ist unerheblich2. Die Bestellung beim Grundbuchamt ist auch zu beachten, wenn sie erst nach Beginn des Versteigerungsverfahrens erfolgt. Zustellungen an einen Gläubiger/Antragsteller als Zustellungsbevollmächtigten für den Schuldner/Antragsgegner dürfen nicht erfolgen. Das verbietet der Rechtsgedanke des § 178 Abs. 2 ZPO3; es sei denn, der Vollmachtgeber kannte bei Erteilung der Vollmacht die Stellung des Bevollmächtigten im ZVG-Verfahren. Ein Zustellungsbevollmächtigter kann immer auch unmittelbar dem Vollstre1 Meikel/Morvilius, § 55 GBO Rz. 21. 2 A.A. Böttcher, § 5 Rz. 2; Stöber/Keller, § 5 ZVG Rz. 3. 3 Zöller/Schultzky, § 171 ZPO Rz. 2.
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Achenbach
Bestellung eines Zustellungsvertreters
§6
ckungsgericht benannt werden. Zustellungen dann nicht nach § 5, sondern § 171 ZPO, somit auch Zustellung eines Anordnungs-/Beitrittsbeschlusses an diesen möglich (vgl. Rz. 3). Das Vollstreckungsgericht muss von der Bestellung Kenntnis erlangt haben. I.d.R. wird das nach § 19 Abs. 2 der Fall sein. Erlangt das Vollstreckungsgericht auf andere Weise Kenntnis von der Bestellung, ist das ausreichend4.
5
D. Wirkung Ist dem Vollstreckungsgericht ein Zustellungsbevollmächtigter bekannt, haben Zustellungen an diesen zu erfolgen. Wird dennoch an den Beteiligten selbst zugestellt, ist die Zustellung trotzdem wirksam. Die Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten hat keinen Vorrang vor der Zustellung an den Beteiligten. Eine Zustellung ist auch dann wirksam, wenn sie an den Beteiligten selbst erfolgt, weil etwa das Vollstreckungsgericht keine Kenntnis von dem Bevollmächtigten hat. Ist ein Prozessbevollmächtigter (nicht Zustellungsbevollmächtigter) bestellt, so haben Zustellungen an diesen zu erfolgen, § 172 ZPO hat Vorrang.
6
Wohnt der Zustellungsbevollmächtigte am Ort oder im Bezirk des Vollstreckungsgerichts, ist eine Zustellung nach § 4 durch Aufgabe zur Post ausgeschlossen. Kann an den Zustellungsbevollmächtigten nicht zugestellt werden (z.B. unbekannter Aufenthalt), gilt er als nicht bestellt5. Wurde der Zustellungsbevollmächtigte nur für das Grundbuchverfahren bestellt, ist die Anwendung von § 5 ausgeschlossen. Die Zustellung ist unwirksam, wenn an einen tatsächlich nicht Bevollmächtigten zugestellt wird (z.B. wegen unrichtiger Mitteilung des Grundbuchamtes)6.
7
E. Beendigung Die Bevollmächtigung endet, wenn diese dem Vollstreckungsgericht oder dem Grundbuchamt gegenüber widerrufen wird oder das Erlöschen dem Grundbuchamt gegenüber angezeigt wird. Im letzteren Fall gilt die Bevollmächtigung für das Vollstreckungsgericht als fortbestehend, bis es Kenntnis erlangt7. Verstirbt der Vollmachtgeber oder wird er geschäftsunfähig, hat das keinen Einfluss auf die Vollmacht.
§6 [Bestellung eines Zustellungsvertreters] (1) Ist der Aufenthalt desjenigen, welchem zugestellt werden soll, und der Aufenthalt seines Zustellungsbevollmächtigten dem Vollstreckungsgericht nicht bekannt oder sind die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung aus sonstigen Gründen (§ 185 der Zivilprozeßordnung) gegeben, so hat das Gericht für denjenigen, welchem zugestellt werden soll, einen Zustellungsvertreter zu bestellen.
4 5 6 7
Böttcher, § 5 ZVG Rz. 3; Löhnig/Huber, § 5 ZVG Rz. 1; Stöber/Keller, § 5 ZVG Rz. 4. Dassler u.a./Rellermeyer, § 5 ZVG Rz. 5; Stöber/Keller, § 5 ZVG Rz. 5. Dassler u.a./Rellermeyer, § 5 ZVG Rz. 6; Stöber/Keller, § 5 ZVG Rz. 5. Böttcher, § 5 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Rellermeyer, § 5 ZVG Rz. 2; Löhnig/Huber, § 5 ZVG Rz. 1; Stöber/Keller, § 5 ZVG Rz. 7.
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8
§ 6 Rz. 1 Bestellung eines Zustellungsvertreters (2) Das gleiche gilt, wenn im Falle der Zustellung durch Aufgabe zur Post die Postsendung als unbestellbar zurückkommt. Die zurückgekommene Sendung soll dem Zustellungsvertreter ausgehändigt werden. (3) Statt der Bestellung eines Vertreters genügt es, wenn die Zustellung für nicht prozeßfähige Personen an die Vormundschaftsbehörde, für juristische Personen oder für Vereine, die als solche klagen und verklagt werden können, an die Aufsichtsbehörde angeordnet wird.
A. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . C. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 4
Rz. D. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 E. Vormundschafts- und Aufsichtsbehörde . 11
Literatur: Drasdo, Zustellungsvertretung in Zwangsversteigerung und -verwaltung, NJW-Spezial 2017, 417; Meerhoff, Zwangsversteigerungsverfahren ohne Schuldner, ZfIR 2015, 704; Schmidberger/Traub, Hat § 6 ZVG eine Zukunft?, ZfIR 2016, 339; Steffen, Der Wegfall des rechtskräftigen Zuschlags wegen unzulässiger Bestellung eines Zustellungsvertreters, ZfIR 2014, 757.
A. Zweck 1
Verfahrensverzögerungen durch öffentliche Zustellungen sollen verhindert werden.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift gilt für alle Arten der Versteigerung und die Zwangsverwaltung.
3
Dem Schuldner/Antragsgegner darf ein Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss nicht an einen Zustellungsvertreter nach § 6 zugestellt werden, § 8. Ein Anordnungs-/Beitrittsbeschluss ist nach den ZPO-Vorschriften zuzustellen.
C. Voraussetzungen 4
Das Vollstreckungsgericht muss einen Zustellungsvertreter bestellen, wenn der Aufenthalt des Zustellungsadressaten bzw. seines Zustellungsbevollmächtigten unbekannt ist. Es reicht aus, wenn das Gericht den Aufenthalt nicht kennt. Objektive Unkenntnis ist nicht erforderlich. Ist oder wird dem Vollstreckungsgericht der Aufenthalt bekannt (z.B. durch Mitteilung des Grundbuchamtes nach § 19 Abs. 2), liegen die Voraussetzungen nicht (mehr) vor. Ist der Aufenthalt des Adressaten unbekannt, aber eine Postfachadresse bekannt, liegen die Voraussetzungen nicht vor. An die Postfachadresse kann im Wege der Ersatzzustellung zugestellt werden. Wird in diesem Fall ein Zustellungsvertreter bestellt, sind Zustellungen an diesen unwirksam1.
5
Nachforschungen zum Aufenthalt sind nur anzustellen, wenn dadurch keine Verfahrensverzögerungen entstehen. So sind die Grundakten vom Grundbuchamt anzufordern um zu ermitteln, ob dort Anschriften, z.B. von Gläubigern bzw. Berechtigten, bekannt sind2. Weitere Nachforschungen, durch die Verzögerungen entstehen, sind abzulehnen. Der Zustellungsver1 BGH v. 14.6.2012 – V ZB 182/11, MDR 2012, 1055 = Rpfleger 2012, 184. 2 Stöber/Keller, § 6 ZVG Rz. 5.
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Bestellung eines Zustellungsvertreters
Rz. 10 § 6
treter muss jedenfalls aktiv werden. Lediglich die Entgegennahme von Schriftstücken genügt nicht und kann zum Schadenersatz führen3. Ist eine Anschrift des Adressaten bekannt, an die nach Angabe eines Dritten eine Zustellung nicht erfolgen kann, hat das Vollstreckungsgericht einen eigenen Zustellungsversuch zu unternehmen. Die Angabe des Dritten ist nicht ausreichend4. Die Bestellung eines Zustellungsvertreters ist nicht möglich, wenn die Person des Zustellungsadressaten unbekannt ist, wenn z.B. der Zustellungsadressat verstorben ist und die Erben unbekannt sind5. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 6. Ein Zustellungsvertreter ist nicht befugt, die unbekannte Person im Versteigerungsverfahren zu vertreten. Durch einen bloßen Zustellungsvertreter sind die Rechte der unbekannten Person nicht ausreichend gewahrt. Ist der Schuldner verstorben sollte dem Gläubiger nahegelegt werden, nach § 779 Abs. 2 ZPO zu verfahren bzw. auf die Bestellung eines Nachlasspflegers hinzuwirken (§ 1960 BGB); erst nach Bestellung darf das Versteigerungsverfahren fortgesetzt werden6. Ist ein anderer Beteiligter verstorben (Gläubiger, Antragsgegner usw.), ist nach § 1913 BGB zu verfahren, soweit ein Fürsorgebedürfnis besteht7.
6
Bestehen Zweifel an der Wirksamkeit der Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten, steht das dem unbekannten Aufenthalt gleich und es ist ein Zustellungsvertreter zu bestellen8. Der Inhaber eines Briefgrundpfandrechts ist nicht unbekannt, da es auf die subjektive Unkenntnis ankommt (Rz. 4). Zustellungsadressat ist der im Grundbuch eingetragene Gläubiger9.
7
Ein Zustellungsvertreter muss auch bestellt werden, wenn die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung aus sonstigen Gründen (§ 185 Nr. 2 – 4 ZPO) gegeben sind (vgl. Rz. 1).
8
Außerdem muss ein Zustellungsvertreter bestellt werden, wenn im Falle der Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 4) die Postsendung als unbestellbar (= unzustellbar) zurückkommt. Die Zustellung ist zwar wirksam (§ 4 Rz. 13), folgende Zustellungen sind aber an den Zustellungsvertreter zu bewirken. Die zurückgekommene Postsendung soll dem Zustellungsvertreter ausgehändigt werden. Er hat den Adressaten zu ermitteln und zu benachrichtigen (§ 7 Abs. 2). Unzustellbar im Sinne des § 6 ist eine Sendung auch dann, wenn sie mit dem Vermerk „nicht abgeholt“ (bzw. entsprechende Vermerke „nicht abgefordert“, „nicht behoben“ „unclaimed“, „non réclamé“) zurückkommt (vgl. § 4 Rz. 13).
9
D. Verfahren Als Zustellungsvertreter ist eine geeignete Person auszuwählen. Eine Verpflichtung zur Übernahme besteht nicht, es sollte daher eine zur Übernahme bereite Person aus dem Bezirk des Vollstreckungsgerichts (ansonsten § 4 anwendbar, was vermieden werden sollte) ausgewählt werden. Es kann ein Bediensteter des Vollstreckungsgerichts bestellt werden10. Die Bestellung des Zustellungsvertreters erfolgt durch Beschluss, der dem Zustellungsvertreter formlos bekanntzumachen ist (§ 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Vollstreckungsgericht ist nicht verpflichtet,
3 LG Potsdam v. 29.2.2016 – 4 O 360/14, ZfIR 2016, 361. 4 LG Braunschweig v. 16.4.2012 – 4 T 768/11, Rpfleger 2012, 568. 5 Löhnig/Huber, § 6 ZVG, Rz. 3; a.A. Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Rellermeyer, § 6 ZVG Rz. 3; Stöber/Keller, § 6 ZVG Rz. 7. 6 Vgl. BGH v. 23.9.2009 – V ZB 60/09, BGHZ 182, 293. 7 Vgl. MüKo/Schwab, § 1913 BGB, Rz. 14. 8 Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Rellermeyer, § 6 ZVG Rz. 3; Löhnig/Huber, § 6 ZVG Rz. 3; Stöber/Keller, § 6 ZVG Rz. 7. 9 Dassler u.a./Rellermeyer, § 6 ZVG Rz. 3. 10 Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Rellermeyer, § 6 ZVG Rz. 7; Löhnig/Huber, § 6 ZVG Rz. 6.
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10
§ 6 Rz. 10 Bestellung eines Zustellungsvertreters den Zustellungsvertreter zu belehren oder zu überwachen11. Kann oder will der Zustellungsvertreter seinen Pflichten nicht (mehr) nachkommen, kann er entlassen werden und ein anderer Zustellungsvertreter ist zu bestellen.
E. Vormundschafts- und Aufsichtsbehörde 11
Ein Zustellungsvertreter kann bestellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 oder Abs. 2 vorliegen und die Zustellung an eine nicht prozessfähige Person erfolgen muss, also an den gesetzlichen Vertreter (§ 170 ZPO). Ist also der Aufenthalt des gesetzlichen Vertreters einer natürlichen Person unbekannt, kann ein Zustellungsvertreter bestellt werden. Es genügt hier aber die Zustellung an die Vormundschaftsbehörde, also an das Familien- bzw. Betreuungsgericht. Das Gleiche gilt bei Zustellungen an juristische Personen oder Vereine, die als solche klagen und verklagt werden können. Hier genügt die Zustellung an die Aufsichtsbehörde, die Bestellung eines Zustellungsvertreters ist nicht verpflichtend. Die Bestellung liegt im Ermessen des Gerichts. Ist der Aufenthalt des gesetzlichen Vertreters bekannt und liegt eine Interessenkollision vor (§ 181 BGB bzw. besser: Rechtsgedanke des § 178 Abs. 2 ZPO), ist die Vorschrift ebenfalls anwendbar. Aufsichtsbehörde einer juristischen Person ist z.B. die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Banken und einige Versicherer). Jedenfalls keine Aufsichtsbehörde i.S.d. Vorschrift sind z.B. Vorstand oder Aufsichtsrat oder das Registergericht12. In den meisten Fällen wird eine Aufsichtsbehörde nicht vorhanden oder bekannt sein. Dann ist wieder ein Zustellungsvertreter zu bestellen.
§7 [Aufgaben und Vergütung des Zustellungsvertreters] (1) An den Zustellungsvertreter erfolgen die Zustellungen, solange derjenige, welchem zugestellt werden soll, nicht ermittelt ist. (2) Der Zustellungsvertreter ist zur Ermittlung und Benachrichtigung des Vertretenen verpflichtet. Er kann von diesem eine Vergütung für seine Tätigkeit und Ersatz seiner Auslagen fordern. Über die Vergütung und die Erstattung der Auslagen entscheidet das Vollstreckungsgericht. (3) Für die Erstattung der Auslagen haftet der Gläubiger, soweit der Zustellungsvertreter von dem Vertretenen Ersatz nicht zu erlangen vermag; die dem Gläubiger zur Last fallenden Auslagen gehören zu den Kosten der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.
A. B. C. D.
Rz. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 2 Aufgaben/Stellung des Zustellungsvertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Beendigung des Amtes . . . . . . . . . . . . 9
Rz. E. Vergütung und Auslagen des Zustellungsvertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 F. Festsetzungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . 12 G. Haftung des betreibenden Gläubigers . . . 14
11 Dassler u.a./Rellermeyer, § 6 ZVG Rz. 3; Stöber/Keller, § 6 ZVG Rz. 12; a.A. Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 6. 12 Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Rellermeyer, § 6 ZVG Rz. 9; Löhnig/Huber, § 6 ZVG Rz. 7; Stöber/Keller, § 6 ZVG Rz. 14.
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Aufgaben und Vergütung des Zustellungsvertreters
Rz. 8 § 7
Literatur: Drasdo, Zustellungsvertretung in Zwangsversteigerung und -verwaltung, NJW-Spezial 2017, 417.
A. Zweck Regelung der Aufgaben, der Vergütung und des Auslagenersatzes des Zustellungsvertreters.
1
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt für alle Arten der Versteigerung und die Zwangsverwaltung.
2
C. Aufgaben/Stellung des Zustellungsvertreters Die Stellung eines Zustellungsvertreters ist vergleichbar mit der eines Abwesenheitspflegers (§ 1911 BGB), allerdings mit einem eingeschränkten Aufgabenkreis1. Eine Überwachung durch das Vollstreckungsgericht erfolgt nicht (§ 6 Rz. 10).
3
Der Zustellungsvertreter muss alle Zustellungen für den Vertretenen in Empfang nehmen, mit Ausnahme von Anordnungs- und Beitrittsbeschlüssen (§ 8). Die Belehrung nach § 30b Abs. 1 Satz 2 kann an den Zustellungsvertreter erfolgen, wird aber in aller Regel mit der Zustellung des Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschlusses erfolgen (vgl. § 30b Abs. 1 Satz 3).
4
Mit der wirksamen Zustellung an den Vertreter treten die Wirkungen der Zustellung ein2.
5
Weitere Rechte stehen dem Zustellungsvertreter nicht zu. Er kann insbesondere keine Anträge stellen, Anmeldungen vornehmen, Termine wahrnehmen, Stellungnahmen abgeben oder Rechtsmittel einlegen3. Daher ist er auch nicht anzuhören. Tätigkeiten nach § 135 oder §§ 779, 787 ZPO gehören nicht zu den Aufgaben des Zustellungsvertreters.
6
Der Zustellungsvertreter muss den Vertretenen ermitteln und benachrichtigen. Er muss ak- 7 tiv werden. Lediglich die Entgegennahme von Schriftstücken genügt nicht und kann zum Schadenersatz führen4. Er kann z.B. Anfragen an das Einwohnermeldeamt, Gewerbeamt oder die Polizei stellen, die Grundakten beim Grundbuchamt einsehen, Handels-, Vereins- oder Genossenschaftsregister einsehen oder Nachforschungen bei Nachbarn, Arbeitgeber oder Verwandten anstellen. Die an den Vertreter zugestellten Schriftstücke hat er dem Vertretenen auszuhändigen, falls dieser ermittelt werden konnte. Eine erneute Zustellung an den Vertretenen erfolgt nicht. Neue Zustellungen erfolgen nur an den Ermittelten. Zustellungen an den Vertreter sind dann unwirksam. Stellt sich heraus, dass der Vertretene verstorben ist, wirken die erfolgten Zustellungen gegen die Erben. Der Zustellungsvertreter hat dann die Erben zu ermitteln5. Das Ergebnis der Ermittlungen hat der Zustellungsvertreter dem Vollstreckungsgericht mit- 8 zuteilen. Kann der Vertretene nicht ermittelt werden, ist bei Bedarf die Bestellung eines Ab-
1 Steiner/Hagemann, § 7 ZVG Rz. 2. 2 Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Rellermeyer, § 7 ZVG Rz. 3; Löhnig/Huber, § 7 ZVG Rz. 3; Stöber/Keller, § 7 ZVG Rz. 3. 3 Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Rellermeyer, § 7 ZVG Rz. 6; Löhnig/Huber, § 7 ZVG Rz. 3; Stöber/Keller, § 7 ZVG Rz. 4. 4 LG Potsdam v. 29.2.2016 – 4 O 360/14, ZfIR 2016, 361. 5 Steiner/Hagemann, § 7 ZVG Rz. 5.
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§ 7 Rz. 8 Aufgaben und Vergütung des Zustellungsvertreters wesenheitspflegers (§ 1911 BGB), eines Pflegers für unbekannte Beteiligte (§ 1913 BGB) bzw. eines Nachlasspflegers (§ 1960 BGB) anzuregen6.
D. Beendigung des Amtes 9
Das Amt des Zustellungsvertreters endet, wenn dem Vollstreckungsgericht der Aufenthalt desjenigen, dem zugestellt werden soll, bekannt wird (z.B. durch Mitteilung des Zustellungsvertreters) oder durch die Bestellung eines Pflegers (Rz. 8). Eines förmlichen Aufhebungsbeschlusses bedarf es nicht. Nicht die Person des Zustellungsadressaten, sondern der Aufenthalt der Person ist unbekannt. Wird der Aufenthalt bekannt, endet das Amt des Zustellungsvertreters kraft Gesetzes7 bzw. mit der Pflegerbestellung. Der Zustellungsvertreter wird von der Beendigung des Amtes benachrichtigt. Die Benachrichtigung kann erst erfolgen, wenn sich der bekanntgegebene Aufenthalt als zutreffend erweist, Zustellungen an den Ermittelten also (wieder) erfolgen können. Erweist sich der bekanntgegebene Aufenthalt als unzutreffend, ist das Amt des Zustellungsvertreters nicht beendet. Liegen die Voraussetzungen des § 6 nach der Ermittlung des Aufenthalts von neuem vor, ist ein Zustellungsvertreter neu zu bestellen.
E. Vergütung und Auslagen des Zustellungsvertreters 10
Der Zustellungsvertreter kann von dem Vertretenen eine Vergütung verlangen, wenn er ihn ermittelt hat. Über die Vergütung entscheidet das Vollstreckungsgericht. Ein Vergütungsanspruch besteht auch, wenn der Zustellungsvertreter zu Unrecht bestellt war8. Auch seine Auslagen kann der Zustellungsvertreter vom Vertretenen fordern. Auch darüber entscheidet das Vollstreckungsgericht. Es entscheidet über die Höhe der Vergütung und die Angemessenheit der Auslagen nach billigem Ermessen. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach der Dauer, Schwierigkeit und Haftungsgefahr der Tätigkeit, der Forderungshöhe und dem Interesse des Vertretenen9. Die Umsatzsteuer auf die Vergütung kann ebenfalls verlangt werden, wenn sie nicht nach § 19 Abs. 1 UStG unerhoben bleibt10. Üblich in der Praxis ist eine Vergütung von rund 50 Euro für ein Verfahren. Die Vergütung kann höher ausfallen, wenn die Arbeitsleistung nach den o.g. Kriterien überdurchschnittlich ist.
11
Auch wenn ein Rechtsanwalt als Zustellungsbevollmächtigter bestellt wird, ist das RVG nicht anwendbar11.
F. Festsetzungsbeschluss 12
Die Entscheidung durch das Vollstreckungsgericht erfolgt auf Antrag des Vertreters durch Beschluss. In dem Beschluss sind Vergütung und Auslagen getrennt festzusetzen. Der Festsetzungsbeschluss ist Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Der Beschluss ist dem Vertretenen zuzustellen, dem Vertreter formlos zu übersenden, wenn dem Antrag entsprochen wird. Werden Beträge abgesetzt, ist auch an den Vertreter zuzustellen.
6 Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Rellermeyer, § 7 ZVG Rz. 7; Löhnig/Huber, § 7 ZVG Rz. 5; Steiner/Hagemann, § 7 ZVG Rz. 9; Stöber/Keller, § 7 ZVG Rz. 4. 7 Vgl. BGH v. 23.9.2009 – V ZB 60/09, Rz. 19, MDR 2010, 51 = Rpfleger 2010, 40 = NJW 2010, 157. 8 Steiner/Hagemann, § 7 ZVG Rz. 10. 9 Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Rellermeyer, § 7 ZVG Rz. 10; Löhnig/Huber, § 7 ZVG Rz. 6; Stöber/Keller, § 7 ZVG Rz. 12. 10 Stöber/Keller, § 6 ZVG Rz. 12. 11 Stöber/Keller, § 6 ZVG Rz. 12.
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Zustellung des Anordnungs- und Beitrittsbeschlusses
§8
Gegen den Beschluss ist die sofortige Beschwerde statthaft, §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 2 ZPO, wenn der Beschwerdewert mehr als 200 Euro beträgt, ansonsten die befristete Erinnerung, § 11 Abs. 2 RPflG.
13
G. Haftung des betreibenden Gläubigers Für die Auslagen des Zustellungsvertreters haftet subsidiär (als Zweitschuldner, soweit der Zustellungsvertreter von dem Vertretenen Ersatz nicht zu erlangen vermag) der betreibende Gläubiger, mehrere betreibende Gläubiger als Gesamtschuldner12. Es reicht, wenn für den Vertreter keine Aussicht auf Beitreibung gegen den Vertretenen besteht (z.B. bei (weiterhin) unbekanntem Aufenthalt des Vertretenen). Ein erfolgloser Vollstreckungsversuch ist nicht notwendig13.
14
Die Festsetzung durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts gegen den betreibenden Gläubiger ist nicht möglich. Zahlt der Gläubiger nicht, muss der Zustellungsvertreter den Prozessweg bestreiten14.
15
Wenn der Gläubiger die Auslagen als Zweitschuldner zahlt, kann er diese als Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2) im Rang seines Anspruchs geltend machen. Die Vergütung und die Auslagen sind keine Verfahrenskosten i.S.d. § 109.
16
Für die Vergütung des Zustellungsvertreters haftet der betreibende Gläubiger nicht; auch nicht als Zweitschuldner. Zahlt der betreibende Gläubiger die Vergütung (nicht nur die Auslagen) an den Zustellungsvertreter freiwillig (in der Praxis üblich), kann er diese nicht (anders als die Auslagen, vgl. Rz. 14) im Rang seines Anspruchs geltend machen, da die Vergütung nach Abs. 3 keine Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung sind, jedenfalls keine notwendigen.
17
§8 [Zustellung des Anordnungs- und Beitrittsbeschlusses] Die Vorschriften der §§ 4 bis 7 finden auf die an den Schuldner zu bewirkende Zustellung des Beschlusses, durch welchen die Zwangsvollstreckung angeordnet oder der Beitritt eines Gläubigers zugelassen wird, keine Anwendung.
A. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . C. Zustellung der Anordnungs- und Beitrittsbeschlüsse an den Schuldner . . . . .
Rz. 1 3
Rz. D. Überblick über Zustellungen im Zwangsversteigerungsverfahren . . . . . . . . . . .
7
5
12 Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Rellermeyer, § 7 ZVG Rz. 14; Stöber/Keller, § 7 ZVG Rz. 11; Steiner/Hagemann, § 7 ZVG Rz. 15. 13 Steiner/Hagemann, § 7 ZVG Rz. 15. 14 Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Rellermeyer, § 7 ZVG Rz. 15; Steiner/Hagemann, § 7 ZVG Rz. 16.
Achenbach
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§ 8 Rz. 1 Zustellung des Anordnungs- und Beitrittsbeschlusses
A. Zweck 1
Schutz des Schuldners bzw. Antragsgegners. Die besonders wichtige Einleitung des Verfahrens durch Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss soll nicht der vereinfachten Zustellung nach §§ 4 bis 7 unterliegen.
2
Die Gefahr einer Verzögerung wird dadurch vermieden, dass die Beschlagnahme auch ohne Zustellung an den Schuldner bzw. Antragsgegner wirksam wird, nämlich durch Eingang des Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt oder Inbesitznahme durch den Zwangsverwalter (§§ 22 Abs. 1 Satz 2, 151 Abs. 1)1.
B. Anwendungsbereich 3
Die Vorschrift gilt für alle Arten der Versteigerung und die Zwangsverwaltung.
4
Die Vorschrift gilt nur für die Zustellung an den Schuldner bzw. an seinen gesetzlichen Vertreter, seinen Zustellungsbevollmächtigten oder seinen Prozessbevollmächtigten (§§ 170 – 172 ZPO). Sie gilt nicht für die Zustellung an den Gläubiger bzw. Antragsteller. Von der vereinfachten Zustellung ausgenommen sind nur der Anordnungsbeschluss und Beitrittsbeschlüsse. Alle anderen Zustellungen an den Schuldner bzw. Antragsgegner können nach §§ 4 – 7 erfolgen.
C. Zustellung der Anordnungs- und Beitrittsbeschlüsse an den Schuldner 5
Der Anordnungsbeschluss und alle Beitrittsbeschlüsse können dem Schuldner bzw. Antragsgegner ausschließlich nach den ZPO-Vorschriften zugestellt werden (vgl. auch § 4 Rz. 14). Die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 4), an einen beim Grundbuchamt bestellten Zustellungsbevollmächtigten (§ 5) oder an einen vom Vollstreckungsgericht bestellten Zustellungsvertreter (§ 6) ist ausgeschlossen. Eine vereinfachte Zustellung nach §§ 4 – 7 wäre unwirksam. Der Versteigerungstermin wäre dann aufzuheben (§ 43 Abs. 2) oder der Zuschlag zu versagen (§ 83 Nr. 1). Da auch bei einer vereinfachten Zustellung nach §§ 4 – 7 Zustellungswille vorliegt, kann Heilung nach § 189 ZPO eintreten2.
6
Ist der Aufenthalt des Schuldners bzw. Antragsgegners unbekannt, muss öffentlich zugestellt werden (§§ 185 – 188 ZPO). Die Bewilligung der öffentlichen Zustellung erfolgt durch den Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts (§ 3 Nr. 1i RPflG). Sie erfolgt von Amts wegen, weil auch die Zustellung von Amts wegen erfolgt3.
1 Steiner/Hagemann, § 8 ZVG Rz. 1. 2 Löhnig/Huber, § 8 ZVG Rz. 3; Stöber/Keller, § 8 ZVG Rz. 3; a.A. Dassler u.a./Rellermeyer, § 8 ZVG Rz. 2. 3 BGH v. 6.10.2006 – V ZR 282/05, MDR 2007, 419 = NJW 2007, 303.
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Achenbach
Was ist zuzustellen?
sonstiges Dokument
Anordnungs-/ Beitrittsbeschluss
Bestellung Zustellungsvertreter möglichst aus dem Bezirk des VG; Zustellung an diesen nach §§ 166 ff ZPO
Adressat bzw. Bevollmächtigter/Vertreter nicht im Bezirk des VG (dazu gehört auch Ausland)
Adressat bzw. Bevollmächtigter/Vertreter im Bezirk des VG
Öffentliche Zustellung nach § 185 ZPO
Adressat im Ausland
Beachte: Ist nicht der Aufenthalt, sondern die Person des Adressaten unbekannt → kein Zustellungsvertreter (sondern Pfleger)
Aufenthalt nicht bekannt
Aufenthalt bekannt
Aufenthalt nicht bekannt
Aufenthalt bekannt
Adressat in Deutschland
Zustellung durch Aufgabe zur Post (Einschreiben) nach § 4 ZVG
Zustellung nach §§ 166 ff ZPO
Adressat nicht in der EU
Adressat in der EU
Zustellung nach §§ 166 ff ZPO
Zustellung nach völkerrechtlichen Vereinbarungen (ZRHO, HZU)
Zustellung nach § 183 V ZPO, Art. 14 EuZustVO, § 1068 I ZPO per Einschreiben mit Rückschein
Zustellung des Anordnungs- und Beitrittsbeschlusses Rz. 7 § 8
D. Überblick über Zustellungen im Zwangsversteigerungsverfahren 7
Achenbach
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§ 9 Rz. 1 Beteiligte
§9 [Beteiligte] In dem Verfahren gelten als Beteiligte, außer dem Gläubiger und dem Schuldner: 1. diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist; 2. diejenigen, welche ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht, ein Recht an dem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht, einen Anspruch mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück oder ein Miet- oder Pachtrecht, auf Grund dessen ihnen das Grundstück überlassen ist, bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen.
A. B. C. D. E. I. II. III. IV. F. I. 1. 2. 3. 4.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . Gläubiger als Beteiligter (§ 9 einl. S.) . . Schuldner als Beteiligter (§ 9 einl. S.) . . Beteiligte aufgrund Grundbucheintragung (§ 9 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . Im Grundbuch eingetragene Rechte (§ 9 Nr. 1 Var. 1) . . . . . . . . . . . . . . . Durch Grundbucheintragung gesicherte Rechte (§ 9 Nr. 1 Var. 2) . . . . . . . . . Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligte aufgrund Anmeldung (§ 9 Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt einer Anmeldung . . . . . . . . . . . Form einer Anmeldung . . . . . . . . . . . Zeitpunkt der Anmeldung . . . . . . . . .
Rz. 1 2 5 8
5. II. 1. 2. 3.
13 13
4. III.
17
1.
18 19
2.
30 30 30 33 37 39
3.
4. G.
Wirkung der Anmeldung . . . . . . . . . . Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . Verlangen nach Glaubhaftmachung . . . . Möglichkeiten zur Glaubhaftmachung . . Entscheidung über die Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkung fehlender Glaubhaftmachung . . Die auf Anmeldung zu berücksichtigenden Rechte . . . . . . . . . . . . . Der Zwangsvollstreckung entgegenstehende Rechte (§ 9 Nr. 2 Var. 1) . . . . . . . Rechte an einem Grundstück oder an einem Grundstücksrecht (§ 9 Nr. 2 Var. 2) . a) Rechte an einem Grundstück . . . . . . b) Rechte an einem Grundstücksrecht . . Ansprüche mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 9 Nr. 2 Var. 3) . . . . . . . . . . . . . . . Miet- und Pachtrecht (§ 9 Nr. 2 Var. 4) . Sondervorschriften . . . . . . . . . . . . .
Rz. 41 44 44 46 47 48 50 50 51 51 54
55 58 61
Literatur: Riedel, Die Anmeldungen im Laufe des Zwangsversteigerungsverfahrens, JurBüro 1974, 689; Schneider, Gewöhnliche Miteigentümer und Wohnungseigentümer als Beteiligte gem. § 9 ZVG?, ZfIR 2012, 613; Sievers, Sind die Miteigentümer Beteiligte im ZVG-Verfahren?, Rpfleger 1990, 335.
A. Normzweck 1
Da die Zwangsversteigerung eines Grundstücks nicht nur die Rechtspositionen des Gläubigers und des Schuldners berührt, ist das ZVG-Verfahren gegenüber dem gewöhnlichen Parteiprozess in der ZPO als Beteiligten-Verfahren ausgestaltet. § 9 bestimmt und begrenzt demgemäß den Kreis der Personen, die nach einzelnen Vorschriften des Gesetzes am Verfahren zu beteiligen sind.1 Die Einbeziehung der Beteiligten ist im ZVG dabei teils zwingend (z.B. in den §§ 41 Abs. 1 u. Abs. 2, 43 Abs. 2, 88, 97 Abs. 1, 105 Abs. 2, 146 Abs. 2, 156 Abs. 2 S. 3), teils si1 Vgl. Denkschrift bei Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 5, 1897, S. 36.
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Beteiligte
Rz. 5 § 9
tuativ vorgesehen (z.B. in den §§ 59 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 2 u. Abs. 4, 67 Abs. 1, 68 Abs. 2, 74, 74a Abs. 1, 85 Abs. 1, 87 Abs. 3). Die Regelungen des § 9 sind nicht abschließend; es bestehen daneben noch weitere Sondervorschriften (vgl. Rz. 61).
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt für alle Verfahren nach dem ZVG (vgl. die allgem. Verweisungen in §§ 162, 171 Abs. 1, 171a, 172, 176, 180 Abs. 1 ZVG).
2
Darüber hinausgehend vertritt der BGH in neuerer Rechtsprechung die Auffassung, dass über die formelle Rechtsstellung gem. § 9 hinaus der Beteiligtenbegriff im Hinblick auf den Pflichtenkreis eines Zwangsverwalters materiell zu erweitern sei. Danach kommen z.B. als Beteiligte i.S.d. § 154 auch in Betracht – der frühere Vollstreckungsgläubiger nach Rücknahme seines Zwangsverwaltungsantrages2; – ein Versorgungsunternehmen, das für das verwaltete Grundstück Energie und Wasser liefert;3 – die formell an einem Zwangsverwaltungsverfahren nicht beteiligte rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft wegen nicht gezahlter Hausgelder und Sonderumlagen;4 – der Ersteher, wenn die Zwangsverwaltung über den Zuschlag hinaus fortgeführt wird;5 – ein Bauunternehmer, dessen Sicherheitseinbehalt gem. § 17 Nr. 6 VOB/B nicht auf ein Sperrkonto eingezahlt wurde.6
3
Kein Beteiligter in diesem erweiterten Sinne ist dagegen der Inhaber eines Anwartschaftsrechts auf das Grundstück.7
4
C. Gläubiger als Beteiligter (§ 9 einl. S.) Gläubiger iSd § 9 ist jeder betreibende Gläubiger, für den das Verfahren angeordnet oder der Beitritt zugelassen wurde.8 Unerheblich ist, ob das Verfahren wegen eines dinglichen oder persönlichen Anspruchs betrieben wird.9 An dieser Rechtsstellung ändert auch die einstweilige Einstellung des Verfahrens nichts.10
2 BGH v. 13.10.2011 – IX ZR 188/10, NotBZ 2012, 132 m. Anm. Zimmer = MDR 2012, 120 = NZI 2012, 54 = ZfIR 2012, 68 = ZInsO 2012, 43. 3 BGH v. 5.3.2009 – IX ZR 15/08, MDR 2009, 768 = NJW 2009, 1677 = Rpfleger 2009, 406 = ZInsO 2009, 789. 4 BGH v. 5.2.2009 – IX ZR 21/07, BGHZ 179, 336 = MietRB 2009, 171 = MDR 2009, 652 = NJW 2009, 1674 = Rpfleger 2009, 331 = ZfIR 2009, 434 = ZInsO 2009, 541. 5 BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, MietRB 2008, 41 = MDR 2008, 168 = Rpfleger 2008, 89 = ZfIR 2008, 25 = ZInsO 2007, 1221. 6 OLG Frankfurt/M. v. 10.9.2008 – 7 U 272/07, ZfIR 2008, 804 = ZInsO 2009, 982. 7 OLG Dresden v. 23.11.2011 – 13 U 1137/11, NZM 2012, 327; LG Schwerin v. 8.2.2013 – 1 O 71/12, Rpfleger 2013, 405 m. Anm. Schmidberger. 8 OLG Nürnberg v. 16.7.1975 – 7 W 15/75, OLGZ 1976, 126 = MDR 1976, 234. 9 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 4. 10 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 5; Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 2; Steiner/Hagemann, § 9 ZVG Rz. 19; Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.10; a.A. OLG Nürnberg v. 16.7.1975 – 7 W 15/75, OLGZ 1976, 126 = MDR 1976, 234.
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5
§ 9 Rz. 6 Beteiligte 6
Demgegenüber führt die Aufhebung des Verfahrens zum Verlust der Beteiligtenstellung als Gläubiger; eine Beteiligtenstellung aus anderem Grund (z.B. gem. § 9 Nr. 1 als im Grundbuch eingetragener Berechtigter) bleibt hiervon jedoch unberührt.
7
Tritt auf Seiten des betreibenden Gläubigers eine Rechtsnachfolge ein, so ist streitig, unter welchen Voraussetzungen der neue Gläubiger als Verfahrensbeteiligter anzusehen sein soll. Während eine Auffassung – zu weit gehend – allein auf die Rechtsstellung als neuer betreibender Gläubiger abstellen will und deshalb zur Erlangung des Beteiligtenstatus verfahrensrechtlich eine Anmeldung des neuen Gläubigers unter Vorlage der zum Betreiben erforderlichen Nachweise fordert (Umschreibung der Vollstreckungsklausel und Zustellung gem. §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO)11, genügt zur Erlangung der Beteiligtenstellung richtigerweise bereits die Anmeldung und ggf. Glaubhaftmachung durch den Rechtsnachfolger.12 Zum Erwerb der bloßen Beteiligtenstellung genügt die Verlautbarung der materiell außerhalb des Verfahrens erlangten Rechtsposition. Dies erlaubt die Berücksichtigung materieller Änderungen der bisherigen Rechtslage, ohne dass deshalb der neue Rechtsinhaber auch schon in die – mitunter erst zeitaufwändig zu erlangende – verfahrensrechtliche Stellung als betreibender Gläubiger eingetreten sein müsste.
D. Schuldner als Beteiligter (§ 9 einl. S.) 8
Schuldner i.S.d. § 9 ist der Vollstreckungsschuldner, gegen den sich die Zwangsvollstreckung in das Grundstück richtet (vgl. § 1147 BGB). Erfolgt die Zwangsvollstreckung lediglich in den Bruchteil eines Grundstücks, ist nach hier vertretener Auffassung allein der haftende Miteigentümer Beteiligter; zur Rechtsstellung der übrigen Miteigentümer s. Rz. 19 ff. Ist der dingliche Schuldner nicht zugleich auch persönlicher Schuldner, ist allein der dinglich haftende Grundstückseigentümer am Verfahren zu beteiligen.13
9
Bei einer Wiederversteigerung ist der Erstersteher Schuldner des neuen Verfahrens, während der ursprüngliche Eigentümer nicht mehr Beteiligter gem. § 9 ist.14
10
Im Zwangsverwaltungsverfahren ist ausnahmsweise auch der Eigenbesitzer Beteiligter (§ 147 ZVG).
11
Wechselt das Eigentum während eines laufenden Verfahrens, ändert dies im Hinblick auf § 23 Abs. 1 nur dann etwas an der Schuldnerstellung, wenn sich der Eigentumswechsel gegenüber dem betreibenden Gläubiger wirksam vollzogen hat (z.B. gem. §§ 878, 892 BGB). Nur in diesem Fall rückt der neue Eigentümer nach Umschreibung der Vollstreckungsklausel als dinglicher Schuldner in die Beteiligtenstellung gem. § 9. Davon unabhängig ist ein Erwerber allerdings immer gem. § 9 Nr. 1 Beteiligter, wenn er vor dem Versteigerungsvermerk in das Grundbuch eingetragen wurde bzw. aufgrund Anmeldung gem. § 9 Nr. 2, wenn seine Eintragung nach dem Versteigerungsvermerk erfolgte.
12
Ist die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Grundstückseigentümers auf Parteien kraft Amtes übergegangen (Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter), so treten diese für die jeweilige Sondermasse als Beteiligte an die Stelle des Rechtsinhabers.15 Etwas 11 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 5; Steiner/Hagemann, § 9 ZVG Rz. 22. 12 BGH v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = Rpfleger 2007, 93 = ZfIR 2007, 201; Dassler u.a./ Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 5; Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 2; Stöber, § 15 ZVG Rz. 20.21. 13 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 6; Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.28 unter Hinweis auf die Benachrichtigungspflicht des Gläubigers gem. § 1166 BGB. 14 OLG Karlsruhe v. 18.4.1995 – 11 U 32/94; Rpfleger 1995, 513; LG Karlsruhe v. 30.3.1994 – 2 O 451/93, Rpfleger 1994, 312. 15 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 6; für die Insolvenzanordnung: BVerfG v. 18.7.1979 – 1 BvR 655/79, BVerfGE 51, 405 = MDR 1979, 907 = NJW 1979, 2510; BGH v. 29.5.2008 – V ZB 3/08, MDR 2008, 1002 =
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Beteiligte
Rz. 16 § 9
anderes gilt nur, wenn der Insolvenzverwalter den Vollstreckungsgegenstand freigibt.16 Im Insolvenzverfahren bleibt der Schuldner jedoch gem. § 765a ZPO antragsberechtigt, wenn er den Vollstreckungsschutzantrag auf eine Suizidgefahr für sich oder einen nahen Angehörigen stützt. Der Schutzantrag betrifft in diesem Fall nämlich nur mittelbar die Verwaltung und Verfügung über das massezugehörige Vermögen; verfassungsrechtlich betroffenes Schutzgut ist in diesem Fall nicht das Eigentum des Schuldners (Art. 14 Abs. 1 GG), sondern das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG).17 Der vorläufige Insolvenzverwalter ist anstelle des Schuldners nur dann Beteiligter, wenn dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot gem. §§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 22 Abs. 1 S. 1 InsO auferlegt worden ist.18 Ein im Rahmen der Eigenverwaltung bestellter Sachwalter hat nur Aufsichtsfunktionen und ist demgemäß nicht Beteiligter (vgl. §§ 270 Abs. 1 S. 1, 274 InsO).19
E. Beteiligte aufgrund Grundbucheintragung (§ 9 Nr. 1) I. Grundsätze Außer dem Gläubiger und dem Schuldner beteiligt das Vollstreckungsgericht von Amts wegen alle Berechtigten, für die zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist. Erfolgt die Verlautbarung im Grundbuch erst nach der Eintragung des Vollstreckungsvermerks, sind solchermaßen Berechtigten nur aufgrund einer Anmeldung (§ 9 Nr. 2) am Verfahren zu beteiligen (Rz. 30 ff.).
13
Allein maßgeblich für die Beteiligtenstellung ist grundsätzlich die formelle Buchlage; auch ein 14 zu Unrecht im Grundbuch Eingetragener ist demnach Beteiligter.20 Wird dem Vollstreckungsgericht ein neuer Berechtigter bekannt, so tritt dieser an die Stelle des bisherigen Beteiligten.21 Hat sich außerhalb des Grundbuchs eine Änderung der materiellen Rechtslage ergeben, wird der neue Berechtigte erst nach Anmeldung und ggf. Glaubhaftmachung am Verfahren beteiligt. Ist ein Recht im Grundbuch gelöscht, entfällt die frühere Beteiligtenstellung. Steht mit Sicherheit fest, dass ein eingetragenes Recht zwischenzeitlich erloschen ist, ist die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB widerlegt; in diesem Fall kann eine Beteiligung des Rechtsinhabers am Verfahren unterbleiben (z.B. bei Fristablauf eines nicht rückstandsfähigen Rechts gem. §§ 163, 158 Abs. 2 BGB). Ist ein eingetragenes Recht löschungsreif, sind dem Vollstreckungsgericht sämtliche für die Löschung erforderlichen Unterlagen in grundbuchmäßiger Form vorzulegen (z.B. öffentlich beglaubigte Löschungsbewilligung gem. §§ 19, 29 GBO).22
15
Ist bei einem Grundpfandrecht die Abtretung auf das verzinsliche Stammrecht mit Ausnahme der rückständigen Zinsen beschränkt worden, so ist der bisherige Gläubiger mit seinen
16
16 17 18 19 20 21 22
Rpfleger 2008, 590 = ZInsO 2008, 741; BGH v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, MDR 2008, 105 = Rpfleger 2008, 146 = ZfIR 2008, 150; LG Lübeck v. 10.11.2003 – 3 T 469/03, Rpfleger 2004, 235; Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 6; Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.15; krit. Keller, ZfIR 2008, 134, 136. BGH v. 18.12.2008 – V ZB 57/08, MDR 2009, 348 = NJW 2009, 1283 = Rpfleger 2009, 259; BGH v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, MDR 2008, 105 = Rpfleger 2008, 146 = ZfIR 2008, 150. BGH v. 18.12.2008 – V ZB 57/08, MDR 2009, 348 = NJW 2009, 1283 = Rpfleger 2009, 259; OLG Celle v. 30.7.1981 – 4 W 80/81, ZIP 1981, 1005. Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.15 a.E. Stöber, NZI 1998, 105. Böttcher, § 9 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 10; Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 7. BGH v. 5.7.2007 – V ZB 48/06, MDR 2007, 1332 = Rpfleger 2007, 675 für Umschreibung einer Vormerkung. Böttcher, § 9 ZVG Rz. 8; Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.12; a.A. Löhnig/Rachlitz, § 9 ZVG Rz. 9.
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§ 9 Rz. 16 Beteiligte verbliebenen rückständigen Zinsansprüchen kein Beteiligter gem. § 9 Nr. 1 mehr.23 Die rückständigen Zinsen scheiden aus dem Grundbuch aus und nehmen am öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht mehr teil (vgl. § 1159 Abs. 2 BGB); sie folgen allein den Regeln über die Forderungsabtretung (§§ 398 ff. BGB).24; Ein solches „Zinsgrundpfandrecht“ soll damit allenfalls nur eine auf Anmeldung zu berücksichtigende wirkungsgeminderte Rechtsposition vermitteln können und soll sogar gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO von Amts wegen im Grundbuch zu löschen sein.25 Zur konsequenten Einordnung in das Rangklassensystem s. § 10 Rz. 153.
II. Im Grundbuch eingetragene Rechte (§ 9 Nr. 1 Var. 1) 17
Bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks sind als Berechtigte eines eingetragenen Rechts insbesondere beteiligt: – Eigentümer, auch Bruchteils- und Gesamthandseigentümer (soweit Vollstreckungsschuldner und nicht schon bei Rz. 8 erfasst) – Erbbauberechtigte – Eingetragene Berechtigte (auch der Eigentümer selbst) dinglicher Rechte in Abt. II und III des Grundbuchs (Grunddienstbarkeit, Nießbrauch, beschränkte persönliche Dienstbarkeit, Vorkaufsrecht, Reallast [auch Erbbauzinsreallast], Grundpfandrechte [(Zwangs-)Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden], Dauerwohn- und -nutzungsrechte) – Eingetragene Berechtigte von Rechten an dinglichen Rechten (Nießbrauch, Pfandrecht) – Gebäudeeigentümer bei Eintragung ihres dinglichen Nutzungsrechts (Art. 233 § 4 EGBGB) oder ihres nutzungsrechtslosen Gebäudeeigentums (Art. 233 §§ 2b, 8 EGBGB)26 – Besitzberechtiger bei Eintragung eines Vermerks gem. § 7 GGV aufgrund Sachenrechtsbereinigung (Art. 233 § 2a EGBGB) – Berechtigter eines eingetragenen Mitbenutzungsrechts (§§ 321 f. ZGB) – Behörden für ausnahmsweise eingetragene öffentliche Lasten (z.B. Bodenschutzlastvermerke gem. § 93b GBV; Wertersatzbeträge gem. § 64 Abs. 3 u. 6, §§ 80 Abs. 2 S. 1, 81 Abs. 2 S. 4 BauGB).
III. Durch Grundbucheintragung gesicherte Rechte (§ 9 Nr. 1 Var. 2) 18
Bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks sind als Berechtigte eines gesicherten Rechts insbesondere beteiligt27: – Berechtigte einer Vormerkung (§§ 883 ff., 1179 BGB, §§ 18 Abs. 2, 76 Abs. 1 GBO) – Durch Widerspruch Geschützte (§§ 894, 899, 1139 BGB, §§ 18 Abs. 2, 76 Abs. 1 GBO) – Parteien kraft Amtes anstelle des Rechtsinhabers bei eingetragenen Verfügungsentziehungen (Insolvenzeröffnung, Testamentsvollstreckung, Nachlassverwaltung) – Nacherben bei eingetragenem Nacherbenvermerk (§ 51 GBO) 23 Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 10; a.A. Böttcher, § 9 ZVG Rz. 8; Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.12. 24 Vgl. zu der im Grundbuchverfahren entbehrlichen Löschungsbewilligung des Zinsgläubigers OLG Hamm v. 4.11.2015 – I-15 W 476/15, Rpfleger 2016, 218; OLG München v. 14.5.2014 – 34 Wx 144/14, NotBZ 2014, 306; OLG Nürnberg v. 23.3.2011 – 10 W 84/11; MDR 2011, 592 = MittBayNot 2012, 126 m. Anm. Wolfsteiner. 25 So OLG Hamm v. 4.11.2015 – I-15 W 476/15, Rpfleger 2016, 218. 26 Eickmann, ZfIR 1997, 61. 27 Vgl. Böttcher, § 9 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 9; Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 6.
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Beteiligte
Rz. 19 § 9
– Verbotsgeschützte neben dem Rechtsinhaber bei eingetragenen Verfügungsverboten (z.B. §§ 829 Abs. 1 S. 2, 938 Abs. 2 ZPO) – Behörden neben dem Rechtsinhaber bei eingetragenen öffentlich-rechtlichen Verfügungsbeeinträchtigungen (z.B. § 75 Abs. 1 BVG) – Berechtigte aus einer eingetragenen Miteigentümervereinbarung gem. § 1010 BGB (vgl. Rz. 20) – Berechtigte aus einer eingetragenen Veräußerungsbeschränkung gem. § 12 WEG (vgl. Rz. 23)
IV. Abgrenzung Keine Beteiligtenstellung haben nach hier vertretener Auffassung demgegenüber inne: – Gewöhnliche Bruchteilseigentümer eines Grundstücks, wenn sich die Zwangsvollstreckung gegen einen anderen Miteigentümer richtet.28 Bei den zwischen Bruchteilseigentümern bestehenden Rechtsbeziehungen handelt es sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis.29 Die schuldrechtlichen Ansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis lasten jedoch nicht an dem Vollstreckungsgegenstand; sie bestehen vielmehr personenbezogen zwischen den Teilhabern der Gemeinschaft. Die dingliche Rechtsstellung der anderen Miteigentümer erfährt deshalb durch die zwangsweise Veräußerung eines Miteigentumsanteils keine Veränderung. Die Zwangsversteigerung eines Bruchteils bewirkt – unabhängig von der Art seiner grundbuchmäßigen Buchung (entweder gem. § 3 Abs. 1 S. 1 GBO unter Angabe der Bruchteile gem. § 47 Abs. 1 Var. 1 GBO oder gem. § 3 Abs. 4 ff. GBO im Wege der Zubuchung bei den herrschenden Grundstücken) – lediglich den Austausch des betreffenden Miteigentümers.30 Nach Auffassung des BGH sollen jedoch bei der Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück die übrigen Miteigentümer jedenfalls dann als Beteiligte i.S.v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen sein, wenn das Grundstück mit einem Gesamtgrundpfandrecht belastet ist.31 Begründet wird diese Rechtsauffassung mit der nicht zutreffenden (s.o.) und nicht näher erläuterten Feststellung, auch für Bruchteilseigentümer anderer, nicht in der Zwangsvollstreckung befindlicher Anteile sei ein (dingliches) Recht im Grundbuch eingetragen. Darüber hinaus werde deren Recht an dem Grundstück durch die Versteigerung des mitbelasteten Bruchteils im Hinblick auf § 1181 BGB zumindest mittelbar berührt. Diese Sichtweise ist neu. Es liegt in der Logik dieser Entscheidung, dass die Vollstreckungsgerichte danach auch Eigentümer anderer Wohnungseigentumsrechte und wohl auch anderer Grundstücke zu beteiligen haben werden, wenn deren nicht zur Versteigerung stehendes Eigentum mit einem Gesamtgrundpfandrecht belastet ist. Soweit ersichtlich, ist zumindest Letzteres bisher nicht vertreten worden. Der BGH wird sicherlich Gelegenheit zur Überprüfung dieser Frage erhalten. 28 A.A. BGH v. 7.6.2018 – V ZB 221/17, MDR 2018, 1404 = Rpfleger 2019, 47 = ZfIR 2019, 31 (jedenfalls bei bestehendem Gesamtrecht); OLG Stuttgart v. 27.8.1965 – 8 W 147/65, NJW 1966, 1036 = Rpfleger 1966, 113; Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 11; Jaeckel/Güthe, 7. Aufl. 1937, § 9 ZVG Rz. 3 S. 53; M. Müller, ZMR 2007, 747; Steiner/Hagemann, § 9 ZVG Rz. 47; Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.19. 29 Vgl. BGH v. 10.2.2012 – V ZR 137/11, MDR 2012, 580 = NJW 2012, 2343; BayObLG v. 30.7.1992 – 2Z BR 49/92, DNotZ 1993, 391 = Rpfleger 1993, 59; Palandt/Sprau, § 741 Rz. 9. 30 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 8b; Fischer/Schaefer, Die Gesetzgebung, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Reiche und in Preußen, 1. Aufl. 1902, § 9 ZVG Rz. 2a.; Schneider, ZfIR 2012, 613; Sievers, Rpfleger 1990, 335, 336; nicht ausreichend berücksichtigt bei BGH v. 7.6.2018 – V ZB 221/17, MDR 2018, 1404 = Rpfleger 2019, 47 = ZfIR 2019, 31. 31 BGH v. 7.6.2018 – V ZB 221/17, MDR 2018, 1404 = Rpfleger 2019, 47 = ZfIR 2019, 31.
Schneider
49
19
§ 9 Rz. 20 Beteiligte 20
Allenfalls wenn und soweit die schuldrechtlichen Regelungen durch Eintragung einer Miteigentümervereinbarung im Grundbuch gem. § 1010 BGB verdinglicht worden sind, bewirkt die Eintragung der Anteilsbelastung zugunsten der anderen Miteigentümer deren Beteiligung im Vollstreckungsverfahren; sie sind dann als Beteiligte kraft Grundbucheintragung anzusehen (§ 9 Abs. 1 Var. 2 ZVG).32
21
– Wohnungseigentümer der übrigen Einheiten werden wegen der strukturellen Nähe zu gewöhnlichen Bruchteilseigentümern von der wohl noch h.M. bei der Zwangsversteigerung einer Einheit in derselben Anlage ebenfalls als Beteiligte angesehen.33
22
Bei den zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Rechtsbeziehungen handelt es sich jedoch um eine schuldrechtliche Sonderverbindung34, die ggf. durch zusätzliche schuldrechtliche Vereinbarungen gem. § 10 Abs. 2 S. 2 WEG ergänzt und abgeändert sein kann. Weder die Grundbucheintragung einer solchen lediglich zur Erstreckung gegenüber Sondernachfolgern im Eigentum verdinglichten Regelung gem. § 10 Abs. 3 WEG noch die Eintragung der wechselseitigen Beschränkung der Miteigentumsanteile gem. § 7 Abs. 1 S. 2 WEG führt jedoch dazu, dass die übrigen Wohnungseigentümer an dem der Zwangsvollstreckung unterworfenen Wohnungseigentum dort als Berechtigte eingetragen sind. Die dingliche Rechtsstellung der anderen Wohnungseigentümer erfährt durch die zwangsweise Veräußerung eines Miteigentumsanteils ebenso wenig eine Veränderung, wie dies nach der hier vertretenen Auffassung bei einer rechtsgeschäftlichen Übertragung des Wohnungseigentums der Fall ist. Die Zwangsversteigerung eines Wohnungseigentums bewirkt lediglich den Austausch des betreffenden Wohnungseigentümers.35
23
Allenfalls wenn die Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümer durch ausdrückliche Eintragung (vgl. § 3 Abs. 2 WGV) einer Veräußerungsbeschränkung im Grundbuch gem. § 12 WEG mit absoluter Wirkung verdinglicht worden sind, bewirkt die Eintragung bei einem Wohnungseigentum zugunsten der anderen Miteigentümer deren Beteiligung im Vollstreckungsverfahren. Sie sind dann als Beteiligte kraft Grundbucheintragung anzusehen (§ 9 Abs. 1 Var. 2 ZVG), sofern nicht das Zustimmungserfordernis für den Fall der Zwangsversteigerung wiederum ausgenommen wurde.36 Zustimmungsberechtigt und somit Beteiligte von Amts wegen sind nach dem Wortlaut des Gesetzes die Wohnungseigentümer persönlich und nicht der rechtsfähige Verband Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. § 12 Abs. 1 WEG). Sind insoweit Zustellungen zu bewirken, ermöglicht § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG die Zustellung an den WEG-Verwalter.
32 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 8b; Schneider, ZfIR 2012, 613, 617; Sievers, Rpfleger 1990, 335, 337; Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.19 a.E. 33 So OLG Celle v. 16.12.1996 – 4 W 295/96, OLGR 1997, 147; OLG Stuttgart v. 27.8.1965 – 8 W 147/65, NJW 1966, 1036 = Rpfleger 1966, 113; LG Göttingen v. 19.6.2001 – 10 T 42/01, NZM 2001, 1141; Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 11; M. Müller, ZMR 2007, 747, 748; Steiner/Hagemann, § 9 ZVG Rz. 47; Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.35 i.V.m. 3.37; nur insoweit ebenfalls Sievers, Rpfleger 1990, 335, 336. 34 Vgl. BGH v. 10.11.2006 – V ZR 62/06, MDR 2007, 390 = MietRB 2007, 100 = NJW 2007, 292 = ZMR 2007, 464; BGH v. 22.4.1999 – V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 = NJW 1999, 2108 = ZfIR 1999, 528 = ZMR 1999, 647. 35 KG v. 19.1.2007 – 21 U 163/05, NZM 2007, 451 = ZMR 2007, 800, die insoweit tragenden Überlegungen zur Beteiligtenstellung gem. § 9 ZVG werden von der Aufhebungsentscheidung des BGH nicht berührt (vgl. BGH v. 5.2.2009 – IX ZR 21/07, BGHZ 179, 336 = MietRB 2009, 171 = MDR 2009, 652 = NJW 2009, 1674 = Rpfleger 2009, 331 = ZfIR 2009, 434); LG Bielefeld v. 29.5.2012 – 23 T 186/12, ZfIR 2012, 659; Böttcher, § 9 ZVG Rz. 8a; Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 10; Schneider, ZfIR 2012, 613. 36 LG Bielefeld v. 29.5.2012 – 23 T 186/12, ZfIR 2012, 659; Böttcher, § 9 ZVG Rz. 8a; Schneider, ZfIR 2012, 613, 621.
50
Schneider
Beteiligte
Rz. 27 § 9
– Die vorstehenden Ausführungen haben auch für die Zwangsversteigerung zur Entziehung 24 eines Wohnungseigentums gem. §§ 18 f. WEG zu gelten, soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht (§ 18 Abs. 1 S. 2, 19 Abs. 1 S. 2 WEG).37 Die Ausübung des Entziehungsrechts steht nämlich insoweit treuhänderisch ausschließlich der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in geborener Prozessstandschaft zu (vgl. § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 Var. 1 WEG). Auf diese Weise wird eine Doppelzuständigkeit von rechtsfähigem Verband einerseits und Wohnungseigentümern andererseits ausgeschlossen. Das individuelle Beteiligungs- und Antragsrecht der Wohnungseigentümer wird damit im Versteigerungsverfahren verdrängt; ihre Interessen werden durch die interne Verbandsorganisation sichergestellt.38 Zur Zwangsversteigerung wegen der Entziehung eines Wohnungseigentums s. ausf. § 10 Abschn E. – Der rechtsfähige Verband Wohnungseigentümergemeinschaft ist in dieser Eigenschaft nicht von Amts wegen gem. § 9 Nr. 1 an einem Vollstreckungsverfahren zu beteiligen39; er ist insbesondere nicht Eigentümer des gemeinschaftlichen Eigentums (vgl. § 10 Abs. 1 WEG). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Verband Wohnungseigentümergemeinschaft als Gläubiger selbst die Immobiliarvollstreckung betreibt (vgl. § 10 Abs. 7 S. 1 u. S. 3 WEG, § 10 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 S. 4 ZVG)40 oder als eingetragener Eigentümer41 selbst Vollstreckungsschuldner ist oder zu seinen Gunsten ein dingliches Recht vor dem Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch eingetragen ist (z.B. eine Zwangssicherungshypothek42). Im Übrigen ist er Beteiligter, wenn er seine Ansprüche gem. § 9 Nr. 2 zum Verfahren anmeldet. Wegen der sich bei einem sog. „Werdenden Verband Wohnungseigentümergemeinschaft“ stellenden Rechtsfragen s. die Kommentierung zu § 45 Abs. 3.
25
– Vormalige Eigentümer eines inzwischen herrenlosen Grundstücks43
26
– Dinglich Berechtigte an einem herrschenden Grundstück bei Versteigerung des mit einem subjektiv-dinglichen Recht belasteten dienenden Grundstücks44
27
37 A.A. Depré/Cranshaw, § 9 ZVG Rz. 23. 38 Zum Wegfall der individuellen Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümer bei „gekorenen“ Ansprüchen vgl. BGH v. 10.7.2015 – V ZR 169/14, MietRB 2015, 300 = MDR 2015, 1057 = NJW 2016, 53; BGH v. 5.12.2014 – V ZR 5/14, BGHZ 203, 327 = MietRB 2015, 78 = MDR 2015, 267 = NJW 2015, 1020 = ZfIR 2015, 346 m. Bespr. Dötsch, 328. 39 KG v. 19.1.2007 – 21 U 163/05, NZM 2007, 451 = ZMR 2007, 800; Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 10; M. Müller, ZMR 2007, 345, 348; Schneider, ZfIR 2012, 613; a.A. Slomian/G. Schmidberger, Immobilienverwaltung 2. Aufl. 2012, Rz. 864, der den „Verband der Eigentümer“ als „geborenen Beteiligten“ ansieht. 40 Vgl. BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, MietRB 2017, 226 = MDR 2017, 695. 41 Vgl. BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15, NotBZ 2016, 345 m. Anm. Böttcher = MietRB 2016, 163 = MDR 2016, 577 = NJW 2016, 2177 = ZfIR 2016, 459 = ZMR 2016, 476 m. Anm. Schneider = ZWE 2016, 268 m. Bespr. Lehmann-Richter, 250; OLG München v. 11.5.2016 – 34 Wx 73/15, MietRB 2016, 235 = Rpfleger 2016, 718 = ZfIR 2016, 465 m. Anm. Schneider = ZWE 2016, 256; OLG Frankfurt/M. v. 28.4.2014 – 20 W 32/14, MietRB 2015, 210; OLG Hamm v. 4.5.2010 – I-15 W 382/09, MietRB 2010, 202 = Rpfleger 2010, 583 = ZWE 2010, 270; OLG Hamm v. 20.10.2009 – I-15 Wx 81/09, NJW 2010, 1464 = Rpfleger 2010, 132 = ZfIR 2010, 190 = ZWE 2009, 452; OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, NotBZ 2008, 198 m. Anm. Heggen = MietRB 2008, 171 = NJW 2008, 1537 = Rpfleger 2008, 296. 42 So bereits ausdrücklich BGH v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154 = NotBZ 2005, 327 = MietRB 2005, 232 = MDR 2005, 1156 = NJW 2005, 2061 = Rpfleger 2005, 521 = ZfIR 2005, 506 = ZMR 2005, 547 = ZWE 2005, 422 sub. Abschn. III.7. 43 Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.14. 44 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 8.
Schneider
51
§ 9 Rz. 28 Beteiligte 28
– Ersteher eines Grundstücks45
29
– Bei einer Wiederversteigerung der ursprüngliche Eigentümer.46
F. Beteiligte aufgrund Anmeldung (§ 9 Nr. 2) I. Anmeldung 1. Grundsatz 30
Die in § 9 Nr. 2 Genannten werden vom Vollstreckungsgericht nicht von Amts wegen, sondern nur nach Anmeldung ihrer Ansprüche am Verfahren beteiligt. Anmeldung ist die Willensbekundung eines Berechtigten, dass er eine Berücksichtigung seines Rechts in dem Zwangsversteigerungsverfahren wünscht.47
31
Für das Gericht besteht insoweit grundsätzlich keine Ermittlungspflicht48, jedoch kann zur Vermeidung einer Verletzung des Willkürverbots auf das Erfordernis einer ausdrücklichen Anmeldung gem. § 139 ZPO hinzuweisen sein.49 Auch bei unerfahrenen Teilnehmern am Verfahren ist ein Hinweis gem. § 139 ZPO zur Anmeldebedürftigkeit von Ansprüchen angezeigt.50 Demgegenüber besteht bei anwaltlich vertretenen Personen Anlass zu einer Rückfrage nur dann, wenn in Betracht kommt, dass der zum Prozessbevollmächtigten bestellte Rechtsanwalt etwas übersehen und deshalb den Sachverhalt unvollständig vorgetragen oder einen sachdienlichen Antrag nicht gestellt hat.51
32
Die Aufzählung der in § 9 Nr. 2 genannten Beteiligten kraft Anmeldung erfolgt abschließend und ist nicht erweiterbar.52 2. Inhalt einer Anmeldung
33
Zur Anmeldung erforderlich sind Angaben zum Rechtsgrund und Rang des geltend gemachten Anspruchs sowie zu dem geforderten Betrag.53 Dabei muss insbesondere der Begriff „Anmeldung“ nicht verwendet werden, solange der Wille, das Recht möge im Verfahren berücksichtigt werden, erkennbar zum Ausdruck kommt.54 Eine schlüssige Darlegung zu der Entstehung bzw. zu dem Erwerb des Rechts braucht die Anmeldung nicht zu enthalten. Hierzu sind nähere Erläuterungen erst notwendig, wenn das Vollstreckungsgericht oder ein anderer Beteiligter die Glaubhaftmachung verlangt.55
45 Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.8. 46 OLG Karlsruhe v. 18.4.1995 – 11 U 32/94; Rpfleger 1995, 513; LG Karlsruhe v. 30.3.1994 – 2 O 451/93, Rpfleger 1994, 312. 47 BGH v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = Rpfleger 2007, 93 = ZfIR 2007, 201 m. Anm. Böttcher. 48 RG v. 28.2.1938 – V 205/37, RGZ 157, 89. 49 BVerfG v. 26.10.2011 – 2 BvR 1856/10, Rpfleger 2012, 217 = ZfIR 2012, 185 m. Anm. Traub 482. Bedenklich deshalb LG Hannover v. 20.2.2018 – 1 T 1/18 zit juris zur – versagten – Anmeldung eines anwaltlich vertretenen Pächters. 50 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 10. 51 LG Hannover v. 20.2.2018 – 1 T 1/18 zit juris unter Hinweis auf BGH v. 6.6.1977 – III ZR 53/75. 52 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 10. 53 BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30. 54 BGH v. 7.10.2010 – V ZB 37/10, MDR 2011, 130 = Rpfleger 2011, 171. 55 BGH v. 18.7.2013 – V ZB 29/12, MDR 2013, 1371 = Rpfleger 2014, 34 = ZfiR 2013, 873; BGH v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = Rpfleger 2007, 93 = ZfIR 2007, 201 m. Anm. Böttcher.
52
Schneider
Beteiligte
Rz. 42 § 9
Ist eine Anmeldung unvollständig, so hat das Vollstreckungsgericht im Rahmen seiner Hinweispflicht gem. § 139 ZPO auf eine Ergänzung hinzuwirken.56
34
Erfolgt im Versteigerungsverfahren eine Antragstellung, liegt es nahe, darin konkludent die Anmeldung eines Rechts zu sehen.57 Dies ist für die Ansprüche des betreibenden Gläubigers ausdrücklich so geregelt, soweit sie sich aus dem Versteigerungsantrag ergeben (§ 114 Abs. 1 S. 2).
35
Verschiedene Vollstreckungsverfahren sind getrennt zu betrachten. Eine im Zwangsverwaltungsverfahren erklärte Anmeldung entfaltet deshalb für das parallel laufende Zwangsversteigerungsverfahren – und umgekehrt – keine Wirkung.58
36
3. Form einer Anmeldung Eine besondere Form ist für die Erklärung nicht vorgeschrieben.59 Sie kann daher z.B. fernmündlich (schriftlicher Aktenvermerk nach Rückruf60), mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle (vgl. § 496 ZPO), in Textform (vgl. § 126b BGB), schriftlich (vgl. § 126 BGB) oder auch per Telefax61 erklärt werden.
37
Erfolgt die Anmeldung durch einen Vertreter, muss dieser seine gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht durch Vorlage einer Bestallungsurkunde, eines (Handelsregister-)Auszugs oder einer Vollmachtsurkunde, nachweisen.62
38
4. Zeitpunkt der Anmeldung Ein bestimmter Zeitpunkt oder gar eine Frist ist für die Anmeldung nicht vorgesehen; sie kann daher auch noch bei dem Beschwerdegericht erfolgen (§ 97 Abs. 2) und bis zur Beendigung des Verfahrens erklärt werden.
39
Sollen im Verfahren nicht grundbuchersichtliche Rechte berücksichtigt werden, muss die Anmeldung rechtzeitig erfolgen, d.h. vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin (§§ 37 Nr. 4, 66 Abs. 2, 114 Abs. 1 S. 1), weil nur auf diese Weise ein Rangverlust gem. § 110 vermieden werden kann.
40
5. Wirkung der Anmeldung Unter den in § 9 Nr. 2 genannten Voraussetzungen erlangt der Anmeldende Beteiligtenstatus; er wird deshalb für das weitere Verfahren als Beteiligter berücksichtigt. Die Eigenschaft als Beteiligter erlangt der Anmeldende dabei kraft Gesetzes, ohne dass seitens des Vollstreckungsgerichts eine gerichtliche Maßnahme (etwa eine Beschlussfassung) erforderlich ist.
41
Der Anmeldende tritt in das Verfahren in dem Stadium ein, in dem es sich befindet; das bis dahin durchgeführte Verfahren muss er gegen sich gelten lassen.
42
56 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 17. 57 Vgl. BVerfG v. 26.10.2011 – 2 BvR 1856/10, Rpfleger 2012, 217 = ZfIR 2012, 185 m. Anm. Traub 482. 58 Stöber, § 9 ZVG Rz. 4.1. 59 BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30. 60 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 16; Depré/Cranshaw, § 9 ZVG Rz. 54. 61 Vgl. BGH v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = Rpfleger 2007, 93 = ZfIR 2007, 201 m. Anm. Böttcher. 62 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 16.
Schneider
53
§ 9 Rz. 43 Beteiligte 43
In Fällen einer offensichtlich unbegründeten Anmeldung plädiert Böttcher63 nach erfolglosem Hinweis gem. § 139 ZPO für einen förmlichen Zurückweisungsbeschluss, um die Widerspruchsfiktion gem. § 115 Abs. 2 abzuwenden. Es würde sich dann um eine nicht selbständig anfechtbare Entscheidung i.S.d. § 95 handeln.
II. Glaubhaftmachung 1. Verlangen nach Glaubhaftmachung 44
Jeder Beteiligte kann sein Recht zunächst ohne weitere Erläuterung anmelden. Die in § 9 Nr. 2 genannten Rechtsinhaber gelten jedoch anders als die im Grundbuch eingetragenen Rechtsinhaber (§ 9 Nr. 1 ZVG) nur dann als Beteiligte, wenn sie das behauptete Recht bei dem Vollstreckungsgericht anmelden und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft machen. Wird eines der in § 9 Nr. 2 genannten Rechte angemeldet, gilt der Anmeldende zunächst als Beteiligter. Ob das Vollstreckungsgericht eine Glaubhaftmachung verlangt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen; dahingehende Auflagen kommen bei nachvollziehbaren Zweifeln an der Berechtigung oder der Ernsthaftigkeit der Anmeldung in Betracht, die sich auch erst im Verlauf des Verfahrens ergeben können (im entschiedenen Fall Anmeldung einer Mieterstellung durch einen Verwandten des Schuldners).64 Mithilfe der Befugnis, die Glaubhaftmachung zu verlangen, soll das Vollstreckungsgericht „offenbar unbegründeten, vielleicht frivolen Anmeldungen und Einwirkungen auf das Verfahren“ vorbeugen.65
45
Auch Behörden müssen ihren Anspruch glaubhaft machen, sofern das Verlangen danach nicht willkürlich und offensichtlich unnötig erscheint.66 Dies wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn eine Gemeindekasse unter Berufung auf das Landesrecht und die kommunale Satzung in der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 Steuern und Abgaben geltend macht. In solchen Fällen muss die anmeldende Kasse auf Verlangen nicht nur eine spezifizierte Forderungsaufstellung, sondern auch die einschlägige Ortssatzung und den Feststellungsbescheid zur Prüfung des Rangklassenprivilegs vorlegen.67 2. Möglichkeiten zur Glaubhaftmachung
46
Die Möglichkeiten zur Glaubhaftmachung nennt § 294 ZPO. Danach kann sich der Anmeldende folgender Beweismittel bedienen: – Augenscheinsbeweis (§§ 371 ff. ZPO) – Zeugenbeweis (§§ 373 ff. ZPO) – Sachverständigenbeweis (§§ 402 ff. ZPO) – Urkundsbeweis (§ 415 ff. ZPO) – Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO) – Versicherung an Eides statt (§ 294 ZPO).
63 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 19. 64 BGH v. 6.6.2013 – V ZB 7/12, MDR 2013, 934 = Rpfleger 2013, 692; Böttcher, § 9 ZVG Rz. 20; Steiner/Hagemann, § 9 ZVG Rz. 97 f.; Stöber, § 9 ZVG Rz. 4.3. 65 Motive zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (1889), S. 90. 66 LG Lüneburg v. 25.4.1975 – 1 T 29/75, Rpfleger 1976, 68. 67 Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 16.
54
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Beteiligte
Rz. 50 § 9
3. Entscheidung über die Glaubhaftmachung Die Entscheidung darüber, ob die Glaubhaftmachung zur Erlangung der Beteiligtenstellung gelungen ist, ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters.68 Sie kann sowohl durch begründeten Beschluss69, als auch lediglich durch schlüssiges Verhalten ergehen, indem die Zwangsversteigerung unter Beteiligung des Anmeldenden weitergeführt wird. Auch diese Entscheidung ist nicht selbstständig anfechtbar (vgl. § 95).
47
4. Wirkung fehlender Glaubhaftmachung Wird der Anmeldende zur Glaubhaftmachung aufgefordert und gelingt ihm diese nicht, verliert der Anmeldende seine zunächst erlangte Rechtsstellung als Beteiligter. Darüber hinaus wird er so behandelt, als wäre er nie Beteiligter im Sinne von § 9 Nr. 2 gewesen.70
48
Ausnahmsweise gilt als Beteiligter aber in einigen Sonderfällen auch, wer sein Recht zwar angemeldet, es aber noch nicht glaubhaft gemacht hat (vgl. §§ 41 Abs. 3, 88 S. 2, 105 Abs. 2 S. 2).
49
III. Die auf Anmeldung zu berücksichtigenden Rechte 1. Der Zwangsvollstreckung entgegenstehende Rechte (§ 9 Nr. 2 Var. 1) Beteiligte nach Anmeldung sind die Inhaber von Rechten, die der Zwangsvollstreckung entgegenstehen, aber zum Zeitpunkt der Eintragung des Zwangsvollstreckungsvermerks nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind. Die Geltendmachung dieser Rechte muss unabhängig von der erlangten Beteiligtenstellung gem. §§ 771 ff. ZPO erfolgen. Hierunter fallen insbesondere: – Der nicht im Grundbuch verlautbarte oder erst nach dem Vollstreckungsvermerk (wirksam) eingetragene Eigentümer.71 Demgegenüber ist der Eigenbesitzer nach Erklärung der Auflassung und Besitzübergabe des Grundstücks nicht zu beteiligen.72 – Der nach dem VermG rückübertragungsberechtigte Alteigentümer.73 – Der Eigentümer des unter Eigentumsvorbehalt stehenden oder sicherungsübereigneten Grundstückszubehörs (§ 55 Abs. 2).74 – Der nicht grundbuchgesicherte Scheineigentümer gem. § 95 BGB.75 – Berechtigte aus nicht grundbuchgesicherten Verfügungsverboten (vgl. § 772 ZPO). – Der nicht im Grundbuch verlautbarte Nacherbe unter den Voraussetzungen des § 2115 BGB (vgl. § 773 ZPO). – Ehegatten und Lebenspartner einer nicht im Grundbuch verlautbarten Gütergemeinschaft unter den Voraussetzungen des § 741 ZPO (vgl. § 774 ZPO).
68 BGH v. 6.6.2013 – V ZB 7/12, MDR 2013, 934 = Rpfleger 2013, 692. 69 Empfohlen von Böttcher, § 9 ZVG Rz. 22. 70 BGH v. 6.6.2013 – V ZB 7/12, MDR 2013, 934 = Rpfleger 2013, 692; Böttcher, § 9 ZVG Rz. 20; Steiner/Hagemann, § 9 ZVG Rz. 101; Stöber, § 9 ZVG Rz. 4.3. 71 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 11. 72 Vgl. RG v. 15.1.1930 – V 217/29, RGZ 127, 8. 73 LG Halle v. 16.3.2000 – 2 T 70/00, WM 2000, 1606. 74 BGH v. 18.7.2013 – V ZB 29/12, MDR 2013, 1371 = Rpfleger 2014, 34 = ZfIR 2013, 873. 75 Vgl. für eine Windkraftanlage, die für die gesamte wirtschaftliche Lebensdauer auf dem Grundstück verbleiben soll, BGH v. 7.4.2017 – V ZR 52/16, MDR 2017, 758 = NJW 2017, 2099 = ZfIR 2017, 541; Depré/Cranshaw, § 9 ZVG Rz. 27.
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50
§ 9 Rz. 50 Beteiligte – Nicht im Grundbuch verlautbarte Pfandrechtsgläubiger.76 – Anfechtungsberechtigte Insolvenzverwalter und -gläubiger.77 – ISd § 47 InsO „Aussonderungsberechtigte“ bzgl. schuldrechtlicher Herausgabeansprüche des Vermieters, Verpächters, Leasinggebers, Verleihers, Auftraggebers, Hinterlegers.78 Diese Ansprüche begrenzen das gläubigerseitige Zugriffsrecht wie in der Gesamtzwangsvollstreckung. 2. Rechte an einem Grundstück oder an einem Grundstücksrecht (§ 9 Nr. 2 Var. 2) a) Rechte an einem Grundstück 51
Beteiligte sind auch diejenigen, die ein erst nach Eintragung des Vollstreckungsvermerks im Grundbuch eingetragenes Recht an einem Grundstück anmelden. Zum Kreis dieser Berechtigten vgl. Rz. 13 ff.
52
Darüber hinaus sind auf Anmeldung im Grundbuch nicht eingetragene Rechtserwerber zu berücksichtigen, die ein eingetragenes Recht entweder rechtsgeschäftlich oder kraft Gesetzes erst nach Eintragung des Vollstreckungsvermerks erworben haben (z.B. aufgrund Erbfolge gem. § 1922 Abs. 1 BGB, aufgrund Ablösung gem. §§ 268 Abs. 3, 1150 BGB oder, aufgrund Abtretung eines Briefgrundpfandrechts).79
53
Weiterhin sind Beteiligte kraft Anmeldung auch die Berechtigten solcher Rechte an einem Grundstück, die ohne Grundbucheintragung bestehen: – Überbau- und Notwegerenten (§§ 912, 914, 917 BGB) – Altrechtliche Dienstbarkeiten (Art. 187 EGBGB) – Sicherungshypotheken (§ 1287 S. 2 BGB, 848 Abs. 2 ZPO) – zu Unrecht gelöschte Rechte80 – gesetzliche Vorkaufsrechte81 – öffentliche Lasten82 – das gepfändete Recht auf Auskehrung des Erlösüberschusses.83 b) Rechte an einem Grundstücksrecht
54
Nach Anmeldung sind als Beteiligte nach dieser Variante zu berücksichtigen: – Im Grundbuch nicht verlautbarte Nießbrauchsberechtigte und Pfandrechtsgläubiger.84 Dies wird auch dann gelten, wenn diese Rechte an einem im Grundbuch zu Unrecht gelöschten, aber materiell nicht untergegangenen Recht bestehen.85
76 Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 15. 77 BGH v. 26.4.2001 – IX ZR 53/00, MDR 2001, 1190 = NJW 2001, 2477 = Rpfleger 2001, 443 = ZfIR 2001, 499; BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 = MDR 1996, 412 = NJW 1995, 2846. 78 Depré/Cranshaw, § 9 ZVG Rz. 29. 79 Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 17; Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 18. 80 RG v. 3.6.1916 – V 70/16, RGZ 88, 278. 81 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 12. 82 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 12; Depré/Cranshaw, § 9 ZVG Rz. 363. 83 Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 18; Depré/Cranshaw, § 9 ZVG Rz. 36. 84 Depré/Cranshaw, § 9 ZVG Rz. 36. 85 So wohl auch Böttcher, § 9 ZVG Rz. 13.
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Beteiligte
Rz. 59 § 9
– Inhaber schuldrechtlicher Ansprüche, sofern diese geeignet sind, die Geltendmachung des dinglichen Rechts eines anderen zu beschränken. Dazu gehört der Inhaber des schuldrechtlichen Anspruchs auf Rückgewähr einer nicht (mehr) valutierten Grundschuld86 3. Ansprüche mit dem Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 9 Nr. 2 Var. 3) Hierunter fallen zunächst diejenigen Berechtigten, die keinen grundbuchgestützten Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück gem. § 10 Abs. 1 haben: – Ansprüche der Rangklasse 1 (Verwaltungskostenvorschüsse aus einem Zwangsverwaltungsverfahren) – Ansprüche der Rangklasse 1a (Feststellungskosten des Insolvenzverwalters) – Ansprüche der Rangklasse 2 (Privilegierte wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldansprüche) – Ansprüche der Rangklasse 3 (Öffentliche Grundstückslasten) – Ansprüche der Rangklasse 7 (ältere Rückstände der öffentlichen Grundstückslasten)
55
Hierunter fällt auch ein Anfechtungsgläubiger, der mit dem schuldrechtlichen Rückgewährsanspruch (§ 11 AnfG, § 143 InsO) ein Recht auf Befriedigung anmeldet.87
56
Ebenfalls unter Var. 3 fällt das Früchtepfandrecht nach dem DüngMSaatG (vgl. § 10 Rz. 9 ff.).
57
4. Miet- und Pachtrecht (§ 9 Nr. 2 Var. 4) Beteiligter ist auch ein Mieter bzw. Pächter, der seine Rechtsstellung im Verfahren anmeldet.88 Dazu muss dem Anmeldenden das Grundstück vom Berechtigten überlassen worden sein. Besitzverschaffung durch verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) scheidet somit aus.89 Es kann jedoch nicht auf die tatsächliche Selbstnutzung durch den Mieter bzw. Pächter ankommen90; abzustellen ist vielmehr auf dessen Recht zur Nutzung während der Miet- bzw. Pachtzeit.91
58
Demgemäß kann auch ein Untermieter bzw. Unterpächter des Schuldners Beteiligter durch Anmeldung werden.92 Zwar besteht kein unmittelbares Rechtsverhältnis des Untermieters bzw. Unterpächters mit dem Schuldner93, jedoch leitet sich das Untermiet- bzw. -pachtverhältnis vom Schuldner ab. Das Verfahren kann daher auch die durch § 9 Nr. 2 zu schützenden Interessen eines Untermieters bzw. Unterpächters berühren.
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86 BGH v. 20.12.2001 – IX ZR 419/98, MDR 2002, 603 = NJW 2002, 1578 = Rpfleger 2002, 273 = ZfIR 2002, 411; Böttcher, § 9 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 165; Depré/Cranshaw, § 9 ZVG Rz. 37. 87 BGH v. 26.4.2001 – IX ZR 53/00, MDR 2001, 1190 = NJW 2001, 2477 = Rpfleger 2001, 443 = ZfIR 2001, 499; BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 = MDR 1996, 412 = NJW 1995, 2846. 88 BGH v. 6.6.2013 – V ZB 7/12, MDR 2013, 934 = Rpfleger 2013, 692. 89 Stöber, § 9 ZVG Rz. 2.10 lit. a). 90 Stöber, § 9 ZVG Rz. 2.10 lit. a) für den Fall, dass das Grundstück noch gar nicht benutzungsfähig ist. 91 A.A. Böttcher, § 9 ZVG Rz. 15; Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 21, die bereits bei einem Umzug des Anmeldenden dessen Beteiligteneigenschaft entfallen lassen wollen. 92 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 15; Stöber, § 9 ZVG Rz. 2.10 lit. b); offen gelassen von BGH v. 7.7.2011– V ZB 9/11, MietRB 2011, 314 = MDR 2011, 1263 = Rpfleger 2012, 39 m.w.N. 93 Darauf stellen maßgeblich ab Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 20; Hk-ZV/Sievers, § 9 ZVG Rz. 21; Jaeckel/Güthe, § 9 ZVG Anm. 8 a.E.; Steiner/Hagemann, § 9 ZVG Rz. 87.
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§ 9 Rz. 60 Beteiligte 60
In den neuen Bundesländern kann auch ein Nutzer gem. § 4 SchuldRAnpG seine Rechtsstellung zum Verfahren anmelden, der aufgrund eines Überlassungs-, Miet-, Pacht- oder sonstigen Vertrages zur Nutzung eines Grundstücks berechtigt ist.94
G. Sondervorschriften 61
Aufgrund besonderer Vorschriften sind Beteiligte kraft gesetzlicher Anordnung: – der Grundstückseigentümer bei einer Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht (§ 24 ErbbauRG) – der Grundstückseigentümer bei einer Zwangsvollstreckung in das Gebäudeeigentum gem. § 288 Abs. 4, 292 Abs. 3 ZGB (§ 24 ErbbauRG analog)95 – die Träger der Sozialversicherung bei der Zwangsversteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken (§ 163 Abs. 3).
§ 10 [Rangordnung der Ansprüche] (1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge: 1. der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können; 1a. im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist; 2. bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet; 3. die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, ins94 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 15. 95 Böttcher, § 9 ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Rellermeyer, § 9 ZVG Rz. 25; Keller, Rpfleger 1992, 501; a.A. Eickmann, ZIR 1997, 61; Stöber, § 9 ZVG Rz. 3.38.
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Rangordnung der Ansprüche
§ 10
besondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14.8.1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt; 4. die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge; 5. der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist; 6. die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind; 7. die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände; 8. die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände. (2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung. (3) Zur Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nr. 2 müssen die dort genannten Beträge die Höhe des Verzugsbetrages nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes übersteigen; liegt ein vollstreckbarer Titel vor, so steht § 30 der Abgabenordnung einer Mitteilung des Einheitswerts an die in Absatz 1 Nr. 2 genannten Gläubiger nicht entgegen. Für die Vollstreckung genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen.
A. I. II. III. IV. B. C. I. 1. 2.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Vorrecht auf Befriedigung . . . . . . Festlegung von Rangklassen . . . . . Zuordnung eines Absonderungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . Die Rangklassen (§ 10 Abs. 1) . . . . Vor Rangklasse 1 („Rangklasse 0“) . Kosten des Verfahrens . . . . . . . . . Früchtepfandrecht . . . . . . . . . . . a) Gegenstand des Früchtepfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rang des Früchtepfandrechts . . .
Rz. 1 1 2 3 4 6 7 7 7 9 9 10
Rz.
3.
II. 1. 2. 3. 4.
c) Auswirkung des Früchtepfandrechts in der Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufwendungsersatz der Baupolizeibehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gegenstand des Aufwendungsersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rang des Aufwendungsersatzes . c) Auswirkung in der Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . Rangklasse 1 (Zwangsverwaltungsvorschüsse) . . . . . . . . . . . . . . . . Befriedigungsvorrecht . . . . . . . . . Berechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . Erhaltungsausgaben . . . . . . . . . . . Ausgabenersatz . . . . . . . . . . . . .
Schneider
11 13 13 14 15 17 17 18 20 24
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§ 10 Rangordnung der Ansprüche
III. 1. 2.
3. IV.
1.
2.
3.
60
a) Fortdauernde Zwangsverwaltung b) Keine Erstattung in der Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . c) Geltendmachung . . . . . . . . . . d) Mehrere Ansprüche . . . . . . . . . Rangklasse 1a (Insolvenzrechtliche Feststellungskosten) . . . . . . . . . . Befriedigungsvorrecht . . . . . . . . . Kosten der Feststellung . . . . . . . . . a) Regelungszweck . . . . . . . . . . . b) Art des Insolvenzverfahrens . . . . c) Bewegliche Gegenstände . . . . . . d) Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . e) Höhe der Feststellungskosten . . . Geltendmachung der Feststellungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rangklasse 2 (Wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldansprüche) . . . . . . . . . . . . . . . . . Befriedigungsvorrecht . . . . . . . . . a) Beiträge zu den Lasten und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweck der Regelung . . . . . . . . c) Inkrafttreten und Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gegenstand des Befriedigungsvorrechts . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtscharakter der Hausgeldansprüche . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammentreffen von Hausgeldund Regressansprüchen . . . . . . Umfang des Befriedigungsvorrechts . a) Objektmäßige Begrenzung . . . . b) Zeitliche Begrenzung . . . . . . . . aa) Laufende Beträge . . . . . . . bb) Rückständige Beträge . . . . . c) Betragsmäßige Begrenzung . . . . Geltendmachung des Befriedigungsvorrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Privilegiertes Betreiben der Zwangsversteigerung (§ 10 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen des Betreibens . . . . . . . . . . . (1) Vollstreckungsgläubiger . . (2) Betragsmäßige Anforderungen . . . . . . . . . . . . . (3) Titelmäßige Anforderungen . . . . . . . . . . . . . bb) Ausgewählte Rechtsfolgen . (1) Verhältnis von Hausgeldansprüchen und Erwerbsvormerkungen . . . . . . . . (2) Insolvenz des Wohnungseigentümers . . . . . . . . . .
Schneider
Rz. 24
Rz.
25 26 29 30 30 32 32 35 36 38 39
4. V. 1.
40
42 42 42 44 45 46 48 51 52 52 54 55 58 63 67 68 68 68
2.
72 76 82
3.
82 83
VI. 1.
(2.1) Fälligkeit der privilegierten Hausgeldansprüche vor Insolvenzeröffnung . . . . . (2.2) Fälligkeit der privilegierten Hausgeldansprüche nach Insolvenzeröffnung . . . . . b) Anmeldung der privilegierten Hausgeldansprüche . . . . . . . . . c) Keine Privilegierung . . . . . . . . Wohnungseigentumsrechtliches Entziehungsverfahren . . . . . . . . . Rangklasse 3 (Öffentliche Lasten) . Befriedigungsvorrecht . . . . . . . . . a) Öffentliche Lasten am Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Begriffsbestimmung . . . . . . . . c) Exemplarische öffentliche Grundstückslasten . . . . . . . . . aa) Öffentliche Grundstückslasten nach Bundesrecht . . . (1) Bodensanierung . . . . . . . . (2) Erschließungsbeiträge . . . . (3) Flurbereinigungsbeiträge . . (4) Grundsteuern . . . . . . . . . (5) Schornsteinfegergebühren . . (6) Umlegungsverfahren . . . . . (7) Wasser- und Bodenverbandsbeiträge . . . . . . . . . bb) Öffentliche Grundstückslasten nach Landesrecht . . . (1) Eigenständige landesrechtliche Regelungen . . . . . . . . (2) Grundstücksbezogene Benutzungsgebühren . . . . . cc) Keine öffentlichen Grundstückslasten . . . . . . . . . . . (1) Persönliche Steuern . . . . . . (2) Betriebssteuern u.a. . . . . . . (3) Sozialversicherungsbeiträge . (4) Bußgelder . . . . . . . . . . . . (5) Baulasten . . . . . . . . . . . . (6) Hausgeldelemente . . . . . . . (7) Kommunalabgaben . . . . . . d) Eintragungsfähigkeit . . . . . . . . Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einmalige Leistungen . . . . . . . b) Wiederkehrende Leistungen . . . c) Nebenleistungen . . . . . . . . . . . Geltendmachung . . . . . . . . . . . . a) Betreiben . . . . . . . . . . . . . . . b) Ablösung und Titelprobleme . . . c) Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . d) Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . e) Mehrere Ansprüche . . . . . . . . . Rangklasse 4 (Dingliche Rechte) . . Befriedigungsvorrecht . . . . . . . . .
83 86 89 90 91 92 92 92 93 94 94 94 95 97 98 99 100 103 104 105 106 111 111 112 113 114 115 116 117 118 122 122 125 129 130 130 131 132 133 135 136 136
Rangordnung der Ansprüche
2.
3.
VII. 1.
2.
3.
VIII. 1.
2. 3.
a) Rechte am Grundstück . . . . . . aa) Eingetragene Rechte am Grundstück . . . . . . . . . . . bb) Gesicherte Rechte . . . . . . . cc) Nicht eingetragene Rechte am Grundstück . . . . . . . . dd) Grundstücksrechte im Beitrittsgebiet . . . . . . . . . ee) Keine Rechte am Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechte an Grundstücksrechten . . Umfang des Befriedigungsvorrechts . a) Hauptanspruch . . . . . . . . . . . b) Nebenleistungen . . . . . . . . . . aa) Einmalige Nebenleistungen . bb) Wiederkehrende Nebenleistungen . . . . . . . . . . . . . . c) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . Geltendmachung des Befriedigungsvorrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Berücksichtigung des Vorrechts von Amts wegen . . . . . . . . . . . b) Berücksichtigung des Vorrechts auf Anmeldung . . . . . . . . . . . c) Mehrere Ansprüche . . . . . . . . . Rangklasse 5 (Betreibender Gläubiger) . . . . . . . . . . . . . . . . Befriedigungsrecht . . . . . . . . . . . a) Betreibende Gläubiger . . . . . . . b) Gegenstand des Anspruchs . . . . c) Rechtsstellung der betreibenden Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschlagnahme . . . . . . . . . . . Umfang des Befriedigungsrechts . . . a) Verhältnis Rangklasse 5 zu den übrigen Rangklassen . . . . . . . . b) Einzelne Ansprüche . . . . . . . . Geltendmachung des Befriedigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anordnungs- bzw. Beitrittsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ansprüche in mehreren Rangklassen . . . . . . . . . . . . . c) Mehrere Gläubiger . . . . . . . . . d) Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . Rangklasse 6 (Relativ unwirksame Ansprüche) . . . . . . . . . . . . . . . Befriedigungsrecht . . . . . . . . . . . a) Relativ unwirksame Rechte . . . . b) Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendungsbereich . . . . . . . . Umfang des Befriedigungsrechts . . . Geltendmachung des Befriedigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 136 137 142 143 144 145 147 148 148 149 149 150 154 155 155 157 158 159 159 159 160 163 165 166 166 169 172 172 174 176 177 178 178 178 181 182 187 189
§ 10 Rz.
IX. Rangklasse 7 (Ältere Rückstände der Rangklasse 3) . . . . . . . . . . . . 1. Befriedigungsrecht . . . . . . . . . . . a) Ältere Rückstände der Rangklasse 3 . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich . . . . . . . . 2. Umfang des Befriedigungsrechts . . . 3. Geltendmachung des Befriedigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Rangklasse 8 (Ältere Rückstände der Rangklasse 4) . . . . . . . . . . . . 1. Befriedigungsrecht . . . . . . . . . . . a) Ältere Rückstände der Rangklasse 4 . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich . . . . . . . . 2. Umfang des Befriedigungsrechts . . . 3. Geltendmachung des Befriedigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI. Nach Rangklasse 8 („Rangklasse 9“) . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Kosten (§ 10 Abs. 2) . . . . . . . . . . I. Befriedigungsrecht . . . . . . . . . . . 1. Dingliche Kostenhaftung . . . . . . . 2. Notwendigkeit der Kosten . . . . . . . II. Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kosten der Kündigung . . . . . . . . . 2. Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . III. Geltendmachung . . . . . . . . . . . . 1. Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . 2. Betreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Prüfung und Rechtsmittel . . . . . . . a) Prüfung durch das Vollstreckungsgericht . . . . . . . . . . . . b) Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . 5. Gerichtskosten in Sonderfällen . . . . E. Wohnungseigentumsrechtliches Entziehungsverfahren . . . . . . . . . I. Kein Befriedigungsvorrecht . . . . . 1. Regelungsbereich . . . . . . . . . . . . 2. Zweck der Regelung . . . . . . . . . . 3. Inkrafttreten und Übergangsrecht . . 4. Gegenstand des Entziehungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsnatur des Entziehungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umfang des geringsten Gebots . . . III. Geltendmachung . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . .
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192 192 192 193 194 195 199 199 199 200 201 204 208 210 210 210 211 212 212 213 215 216 216 218 219 221 221 224 226 227 227 227 228 229 230 231 234 235 235
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§ 10 Rz. 1 Rangordnung der Ansprüche
2. Vollstreckungsgläubiger . . . . . . 3. Vollstreckungsschuldner . . . . . . 4. Ausgewählte verfahrensrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . a) Beitritt . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . . 236 . . 238 . . 240 . . 240
b) Beschlagnahmewirkung . . . c) Einstweilige Einstellungen . . d) Abwendung der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . e) Eigengebote des Schuldners .
Rz. . . . 241 . . . 243 . . . 244 . . . 245
Allgemeine Literatur: Bartels, Dogmatik und Effizienz im Recht der Zwangsversteigerung 2010; Dernburg, Das bürgerliche Recht Bd. III 1898; Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht 3. Aufl. 2013; Nußbaum, Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 1916.
A. Normzweck I. Vorrecht auf Befriedigung 1
§ 10 ist die wohl bedeutendste Vorschrift des ZVG. Die Norm regelt einerseits, welche Ansprüche überhaupt ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück haben sollen.1 So verknüpft der Einleitungssatz von § 10 Abs. 1 ZVG alle nachgenannten Rangklassen mit einem gegenstandsbezogenen Befriedigungsrecht. Solche gegenstandsbezogenen Befriedigungsrechte ergeben sich, weil der Gesetzgeber entweder bestimmten Ansprüchen originär ein Befriedigungsrecht beilegt (kraft der Rechtsnatur der Ansprüche in den Rangklassen 1, 1a u. 2 bzw. kraft erfolgter Beschlagnahme in der Rangklasse 5), oder indem er auf eine „externe“ Haftungsregelung zurückgreift (Rangklassen 3 u. 7) oder weil das materielle Recht ein Recht auf Befriedigung bereits ausdrücklich anordnet (Rangklassen 4, 6 u. 8).2 Andere Ansprüche, also insbesondere persönliche Forderungen gegen den Grundstückseigentümer als Schuldner haben kein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück, sofern sie nicht das Verfahren aus der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG betreiben.3 Aus diesem Grunde eröffnet § 10 Abs. 1 ZVG den Zugang zu den dort genannten Rangklassen 1–4 und 6–8 nur objektbezogenen Ansprüchen und Pfandrechten. Das Recht zur Befriedigung aus dem Grundstück besteht daher (mit Ausnahme der persönlichen Ansprüche des Beschlagnahmegläubigers in der Rangklasse 5, der allerdings durch die Beschlagnahme ein wirkungsverwandtes pfandartiges [dingliches] Recht erlangt4) exklusiv nur wegen solcher Ansprüche, mit denen der Vollstreckungsgegenstand bereits – dinglich – (vor-)belastet ist.5 § 10 regelt die Aufnahme der ein Recht auf Befriedigung aus einem Grundstück gewährenden Ansprüche grundsätzlich abschließend. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Rangvorrecht an anderer Stelle ausdrücklich gesetzlich geregelt ist.6 Deshalb können z.B auch öffentliche Baulasten (vgl. § 44 Rz. 135)7 und Baukostenzuschüsse eines Mieters8 im Verfahren nicht berücksichtigt werden.
1 Denkschrift zum ZVG 1897, S. 37. 2 Vgl. dazu auch Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, § 4 I 1. S. 21 f. 3 Für alle: Stöber, § 10 Rz. 1.3. 4 Nußbaum, Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 1916, § 6a I (S. 32); ähnlich später auch Eickmann/Böttcher, aaO, § 9 II (S. 96): „verdinglichter Charakter des Vorzugsrechts“. 5 Zutr. Korintenberg/Wenz, § 10 Anm. I 1. 6 RG v. 2.10.1909 – V 187/09, RGZ 71, 424; BGH v. 29.10.2015 – V ZB 65/15, MDR 2016, 118 = NJW 2016, 502 = Rpfleger 2016, 238. 7 Es handelt sich um öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem das Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen; vgl. § 83 MBauO. 8 BGH v. 8.1.1971 – V ZR 95/68, MDR 1971, 287 = Rpfleger 1971, 102.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 6 § 10
II. Festlegung von Rangklassen Andererseits ird die Reihenfolge dieser Ansprüche zum Zwecke ihrer Befriedigung festgelegt. Auf der Grundlage des § 10 werden die dort genannten Berechtigten in neun Rangklassen eingeordnet. Außerhalb der dort genannten Rangklassen stehen zuvorderst immer noch die Kosten des Verfahrens (sog. „Rangklasse 0“), die dem Versteigerungserlös vorweg zu entnehmen sind (§ 109 Abs. 1). Nach den genannten Rangklassen werden außerdem noch Ansprüche berücksichtigt (sog. „Rangklasse 9“), die verspätet angemeldet oder glaubhaft gemacht wurden (§ 110, § 37 Nr. 4, § 45 Abs. 1). Die Befriedigung der Gläubiger erfolgt in der Weise, dass in numerischer Reihenfolge zunächst die Ansprüche der jeweils vorgehenden Rangklasse vollständig befriedigt sein müssen, bevor in der nächstfolgenden Rangklasse bei ausreichendem Erlös eine Zuteilung erfolgen kann („Trichterprinzip“).9 Innerhalb derselben Rangklasse haben die mehreren Ansprüche entweder gleichen Rang (Rangklassen 1 bis 3 und 7) oder die Rangfolge bestimmt sich nach § 11 (Rangklassen 4, 5, 6 und 8). Der bessere Rang schließt den jeweils schlechteren aus. Für Ansprüche aus demselben Recht ergibt sich die Rangfolge aus § 12.
2
III. Zuordnung eines Absonderungsrechts § 10 erfüllt ferner den Zweck, den Kreis derjenigen Personen festzulegen, denen in der Insolvenz des Grundstückseigentümers ein Absonderungsrecht an dem Vollstreckungsgegenstand zustehen soll (§ 49 InsO).10 Nur auf diese Weise lässt sich für Kreditgeber eine Immobilienfinanzierung langfristig und risikogerecht gestalten.
3
IV. Bedeutung Der Vorschrift kommt damit erhebliche materiell-rechtliche Bedeutung zu; sie regelt nicht lediglich die verfahrensrechtlichen Abläufe einer Zwangsversteigerung (z.B. mit der auf der Grundlage des § 10 erfolgenden Aufstellung des geringsten Gebots und des Teilungsplans).11
4
Die Rangordnung des § 10 ist für das Vollstreckungsgericht und die Beteiligten bindend.12 Abweichende Regelungen lassen sich allein in den Grenzen des § 59 erreichen. Zwischen den Beteiligten sind abweichende Vereinbarungen lediglich außerhalb des gerichtlichen Verfahrens möglich.
5
B. Anwendungsbereich § 10 gilt für die Vollstreckungsversteigerung in das unbewegliche Vermögen (vgl. § 864 ZPO), d. h. sowohl für ganze Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte (insbesondere Erbbaurechte, vgl. § 11 Abs. 1 ErbbauRG), sowie für Grundstückbruchteile (auch Wohnungsund Teileigentumseinheiten, vgl. § 1 Abs. 2 u. 3 WEG) und Bruchteile an grundstücksgleichen Rechten (auch Wohnungs- und Teilerbbaurechte, § 30 WEG). Besonderheiten gelten in der Zwangsverwaltung (§§ 155, 156), der Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters (§ 172) oder eines Erben (§ 176) und der Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Ge9 Vgl. auch Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 1: „Wasserfall der Befriedigungsreihenfolge“. 10 Nußbaum, § 11 I. 11 Zu eng daher BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = MietRB 2013, 327 = MDR 2013, 1309 = NJW 2013, 3515 = Rpfleger 2014, 31 = ZfIR 2013, 806 = ZWE 2013, 466; a.A. Schneider, ZWE 2014, 61. 12 BGH v. 25.6.1992 – IX ZR 24/92, MDR 1993, 139 = NJW 1992, 2629 = Rpfleger 1992, 533.
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§ 10 Rz. 6 Rangordnung der Ansprüche meinschaft (§ 180 Abs. 1). Wegen der Besonderheiten bei der Zwangsversteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen s. §§ 162, 171 sowie §§ 171a, 171i. Wegen der Zwangsversteigerung zur Entziehung eines Wohnungseigentums (§ 19 Abs. 1 S. 1 WEG) s. Rz. 227.
C. Die Rangklassen (§ 10 Abs. 1) I. Vor Rangklasse 1 („Rangklasse 0“) Spezielle Literatur: Drischler, Das Früchtepfandrecht nach dem Gesetz zur Sicherung der Düngemittelund Saatgutverordnung, Rpfleger 1948/49, 499; Ebeling, Das Früchtepfandrecht, 1955.
1. Kosten des Verfahrens 7
In der Zwangsversteigerung sind aus dem Versteigerungserlös die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme näher bestimmter Parteikosten vorweg zu entnehmen (§ 109 Abs. 1). Wegen der näheren Bestimmung und Abgrenzung der Gebühren und Auslagen s. die Kommentierung zu § 109. In der Zwangsverwaltung sind aus den Nutzungen des Grundstücks die Ausgaben der Verwaltung sowie die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme näher bestimmter Parteikosten vorweg zu bestreiten (§ 155 Abs. 1).
8
Diese Verfahrenskosten gehen allen übrigen in § 10 genannten Ansprüchen rangmäßig vor13; sie stehen außerhalb der gesetzlichen Rangordnung zur Befriedigung der Ansprüche aus dem Grundstück.14 Die Verfahrenskosten sind auch vor den anderen außerhalb der Rangordnung stehenden Ansprüchen zu befriedigen.15 2. Früchtepfandrecht a) Gegenstand des Früchtepfandrechts
9
Wegen der Ansprüche aus der Lieferung von Düngemitteln und anerkanntem Saatgut oder von zugelassenem Handelssaatgut – mit Ausnahme von Zuckerrübensamen –, die von dem Eigentümer, Eigenbesitzer, Nutznießer oder Pächter landwirtschaftlicher Grundstücke im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsweise in der für derartige Geschäfte üblichen Art nach dem 31. Juli zur Steigerung des Ertrags der nächsten Ernte beschafft und verwendet worden sind, hat der Gläubiger ein gesetzliches Pfandrecht an den in dieser Ernte anfallenden Früchten der zum Betrieb gehörigen Grundstücke, auch wenn die Früchte noch nicht vom Grundstück getrennt worden sind. Das Pfandrecht erstreckt sich nicht auf die der Pfändung nicht unterworfenen Früchte (§ 1 Abs. 1 DüngMSaatG).16 Das Pfandrecht des Gläubigers gilt auch für Ansprüche aus Darlehen, die von dem Eigentümer, Eigenbesitzer, Nutznießer oder Pächter zur Bezahlung dieser Lieferung in der für derartige Geschäfte üblichen Art aufgenommen werden (§ 1 Abs. 2 DüngMSaatG). Außer im Rahmen einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung erlischt das Pfandrecht mit dem 1. April des auf die Ernte folgenden Jahres, wenn es nicht vorher gerichtlich, insbesondere nach § 805 der Zivilprozessordnung, geltend gemacht worden ist (§ 4 DüngMSaatG). 13 14 15 16
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Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 3. Böttcher, § 10 Rz. 2; Schneider, ZWE 2014, 61; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 11. Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 11. Gesetz zur Sicherung der Düngemittel- und Saatgutversorgung v. 19.1.1949 (GBl. d. Verwaltung des vereinigten Wirtschaftsgebietes, S. 8) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-11, veröffentlichten bereinigten Fassung; unbefristet verlängert d. d. G. v. 30.7.1951 (BGBl. I S. 476).
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 14 § 10
b) Rang des Früchtepfandrechts Das Früchtepfandrecht geht allen an den Früchten bestehenden dinglichen Rechten im Rang vor (§ 2 Abs. 4 DüngMSaatG). Es steht damit außerhalb der Rangfolge des § 10.17 Sind mehrere Gläubiger der in § 1 bezeichneten Art vorhanden, so haben ihre Ansprüche untereinander gleichen Rang (§ 2 Abs. 5 DüngMSaatG). Der Pfandgläubiger muss seine Ansprüche anmelden und wird auf diese Weise Beteiligter gem. § 9 Nr. 2.
10
c) Auswirkung des Früchtepfandrechts in der Zwangsversteigerung Für die Auswirkungen des Früchtepfandrechts kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt der Ernte an. Erfolgt die Beschlagnahme vor der Ernte, so erstreckt sie sich auf diejenigen Früchte, die noch mit dem Boden verbunden sind (§ 21 Abs. 1). Das Pfandrecht wird als bestehenbleibendes Recht in das geringste Gebot aufgenommen, wenn der Gläubiger es rechtzeitig anmeldet (§§ 37 Nr. 4, 45, 52). Mit der Zuschlagserteilung wird der Ersteher Eigentümer der Früchte, allerdings belastet mit dem Pfandrecht.18 Erfolgt die Anmeldung des Gläubigers dagegen verspätet, erwirbt der Ersteher lastenfreies Eigentum. Der Früchtepfandgläubiger kann in diesem Fall nur noch im Rang nach allen anderen Ansprüchen Befriedigung aus dem Erlös erhalten (§ 110). Der Pfandgläubiger ist nicht zwingend an eine Beteiligung im Zwangsversteigerungsverfahren gebunden. Er kann sein Recht auch außerhalb des Verfahrens ausüben und dem betreibenden Gläubiger gegenüber gem. § 805 ZPO geltend machen.19
11
Erfolgt die Beschlagnahme nach der Ernte, können die getrennten Früchte von ihr nur noch 12 erfasst werden, wenn sie Zubehör des Grundstücks sind (§ 21 Abs. 1). Da sie aber insoweit in der Mobiliarvollstreckung unpfändbar sind (§ 865 Abs. 2 S. 1 ZPO), können sie für das Früchtepfandrecht nicht in Anspruch genommen werden (§ 1 Abs. 1 S. 2 DüngMSaatG). In diesem Fall muss der Pfandgläubiger sein Recht an den übrigen nicht Zubehör darstellenden Früchten außerhalb der Zwangsversteigerung geltend machen.20 3. Aufwendungsersatz der Baupolizeibehörde a) Gegenstand des Aufwendungsersatzes Gem. Art. 28 ff. PrAGZVG konnten in den ehemals preußischen Landesteilen bei vom Ei- 13 gentümer vernachlässigten Gebäuden Ansprüche auf Ersatz der von der Ortspolizeibehörde durch einstweilige Maßnahmen zur Abwendung dringender Gefahren gemachten Verwendungen in Betracht kommen, wenn der Eigentümer eines Gebäudes seine Pflichten zur Unterhaltung und Wiederherstellung versäumt hat und eine Einsturzgefahr oder eine Gefahr für das Publikum bestanden hat.21 Die als öffentliches Recht aufrecht erhaltenen Regelungen gehen zurück auf die §§ 40, 58 und 60 Teil I Titel 8 des Allgemeinen Landrechts und sind heute nur noch in Berlin anwendbar. An die Stelle der Ortspolizeibehörde ist die für die Bauaufsicht zuständige Kommunalbehörde getreten. b) Rang des Aufwendungsersatzes Der Anspruch auf Ersatz der im § 43 Teil I Titel 8 des Allgemeinen Landrechts bezeichneten Verwendungen gewährt ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück vor allen anderen 17 Böttcher, § 10 Rz. 3; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 4; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 14; a.A. Stöber, § 10 Rz. 7.1: zwischen Rangklasse 3 und 4. 18 Drischler, Rpfleger 1948/49, 499, 501. 19 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 16. 20 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 18. 21 Vgl. Dassler u.a./Rellermeyer, § 2 EGZVG Rz. 17; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 21 je mwN.
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§ 10 Rz. 14 Rangordnung der Ansprüche Ansprüchen (Art. 30 PrAGZVG). Der Anspruch ist nach Entnahme der Verfahrenskosten zu decken.22 c) Auswirkung in der Zwangsversteigerung 15
Die Vorschriften über das geringste Gebot finden auf den Aufwendungsersatz keine Anwendung (Art. 31 Abs. 1 PrAGZVG). Das Gericht hat die Übernahme der Wiederherstellung des Gebäudes von Amts wegen als Versteigerungsbedingung zu bestimmen (Art. 31 Abs. 2 PrAGZVG). Es handelt sich somit um ein eigenständiges Verfahren zur Zwangsversteigerung von Grundstücken nach landesrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts. In einem nach den allgemeinen bundesrechtlichen Vorschriften betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren kann der Aufwendungsersatz daher nicht geltend gemacht werden.23
16
In den ursprünglich den Bestimmungen des PrAGZVG unterliegenden Gebieten von Nordrhein-Westfalen besteht nunmehr24 zugunsten der Kommune ein vergleichbares Recht zur Ersatzvornahme (§ 59 VwVG NW). Grundstücksbezogene Kosten der Ersatzvornahme ruhen insoweit als öffentliche Last auf dem Grundstück (§ 59 Abs. 4 VwVG NW) und können damit in einem gewöhnlichen Versteigerungsverfahren in der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 geltend gemacht werden.
II. Rangklasse 1 (Zwangsverwaltungsvorschüsse) 1. Befriedigungsvorrecht 17
Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewährt der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks. Im Falle der Zwangsversteigerung besteht dieses Vorrecht jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können (§ 10 Abs. 1 Nr. 1). Das Vorrecht für die Zwangsverwaltungsvorschüsse beruht auf „dem Gesichtspunkt der nützlichen Verwendung“,25 die letztlich allen Gläubigern zugutekommt. 2. Berechtigter
18
Anspruchsberechtigt ist nur der die Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger. Dem steht ein Gläubiger gleich, dessen Beitritt zugelassen ist (§ 27 Abs. 2).
19
Vom Vorrecht nicht erfasst sind demzufolge Ansprüche, die entweder nicht vom betreibenden Gläubiger oder außerhalb einer Zwangsverwaltung erbracht wurden: – Ansprüche eines Bauhandwerkers.26 – Ansprüche eines Hypothekengläubigers, der Sicherungsmaßnahmen gem. §§ 1134, 1135 BGB hat anordnen lassen.27 – Ansprüche des Erstehers.
22 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 21 mwN. 23 Dassler u.a./Rellermeyer, § 2 EGZVG Rz. 19; a.A. LG Berlin v. 14.8.1991 – 81 T 568/91, Rpfleger 1991, 518; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 21; offen gelassen von Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 18. 24 Vgl. Artikel 1 des Gesetzes v. 8.7.2016 (GVBl NW S. 557). 25 Denkschrift zum ZVG 1897, S. 37; BGH v. 25.6.1992 – IX ZR 24/92, MDR 1993, 139 = NJW 1992, 2629 = Rpfleger 1992, 533. 26 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 24. 27 RG v. 22.12.1909 – V 18/09, RGZ 72, 332, 333.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 21 § 10
– Ansprüche eines Zwangsverwalters wegen von ihm geleisteter Vorschüsse. In der Zwangsverwaltung kann er sie allerdings als Ausgaben der Verwaltung den Einkünften entnehmen (§ 155 Abs. 1). – Ansprüche wegen Kosten einer gerichtlichen Verwaltung gem. §§ 25, 94.28 3. Erhaltungsausgaben Die Ausgaben müssen der Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks dienen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1). Es reicht somit nicht aus, dass die Ausgaben lediglich dazu bestimmt sind; sie müssen auch zweckentsprechend verwendet worden sein29 und zu einer Wertsteigerung des Grundstücks geführt haben.30 Hierfür ist der Gläubiger beweispflichtig.31 Ist eine angemessene Wertsteigerung nicht erfolgt, besteht das Vorrecht nicht; allerdings muss die Wertsteigerung zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nicht mehr vorhanden sein, weil andernfalls der Gläubiger sonst für die Werterhaltung einstehen müsste.32 Dass die Wertsteigerung nicht erfolgt sei, muss derjenige beweisen, der das Vorrecht bestreitet.33
20
Die Erhaltungsaufwendungen fallen nur dann unter § 10 Abs. 1 Nr. 1, wenn sie auch notwendig waren. Das erfordert eine Einzelfallprüfung und könnte bspw. für folgende Vorschüsse der Fall sein: – Altlasten oder Abfallbeseitigung.34 – Dünge- oder Futtermittel, Saatgut oder landwirtschaftliches Gerät.35 – Gebäudereparaturen, Ergänzungs- oder Umbauarbeiten an Gebäuden, Vollendung bereits begonnener Bauten36 (kein Neubau37). Die Notwendigkeit beurteilt sich nach evtl. mieterseitigen Instandsetzungsansprüchen bzw. der erstmaligen Schaffung der Räumlichkeiten zwecks Vermietbarkeit. – Lohnzahlungen an Bedienstete eines Gewerbebetriebes oder Hilfspersonen des Zwangsverwalters (Hausmeister). – Vergütung und Auslagen des Zwangsverwalters, wenn die Anordnung der Zwangsverwaltung zur Erhaltung des Grundstücks geboten war (§§ 1134 Abs. 2 BGB).38 – Versicherungsbeiträge für Elementarversicherungen (wie z.B. Feuer-, Hagel- u. Grundbesitzerhaftpflichtversicherung). Die Haftpflichtversicherung des Zwangsverwalters gegen seine Haftung aus § 154 gehört nicht hierhin.39 – Bei Wohnungs- und Teileigentumseinheiten nicht pauschal die Hausgeldzahlungen mit den laufenden Bewirtschaftungskosten des Gemeinschaftseigentums und den Grundsteu-
21
28 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 24. 29 BGH v. 10.4.2003 – IX ZR 106/02, BGHZ 154, 387 = MietRB 2003, 76 = MDR 2003, 1074 = NJW 2003, 2162 = Rpfleger 2003, 454 = ZfIR 2003, 788; OLG Köln v. 28.5.1998 – 18 U 243/97, Rpfleger 1998, 482. 30 RG v. 18.5.1898 – V 350/97, RGZ 41, 321 noch zu einer Vorläuferregelung; BGH v. 10.4.2003 – IX ZR 106/02, BGHZ 154, 387 = MietRB 2003, 76 = MDR 2003, 1074 = NJW 2003, 2162 = Rpfleger 2003, 454 = ZfIR 2003, 788; LG Mönchengladbach v. 16.7.1999 – 5 T 267/99, Rpfleger 2000, 80. 31 BGH v. 10.4.2003 – IX ZR 106/02, BGHZ 154, 387 = MietRB 2003, 76 = MDR 2003, 1074 = NJW 2003, 2162 = Rpfleger 2003, 454 = ZfIR 2003, 788. 32 Vgl. RG v. 4.5.1910 – V 221/09, RGZ 73, 397; Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 20. 33 Böttcher, § 10 Rz. 8; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 6; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 25. 34 Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 22; Keller, Rpfleger 2010, 568, 571 f. 35 Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 7. 36 RG v. 4.5.1910 – V 221/09, RGZ 73, 397, 401. 37 Böttcher, § 10 Rz. 8. 38 RG v. 13.11.1889 – V 177/89, RGZ 25, 227, 230 noch zu einer Vorläuferregelung. 39 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 26.
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§ 10 Rz. 21 Rangordnung der Ansprüche erzahlungen,40 sondern allenfalls Kosten des Sondereigentums wie z.B. die anteilig enthaltene Feuerversicherung und Aufwendung aus Sonderumlagen zur Finanzierung der notwendigen Betriebseinrichtungen für Heizung, Strom und Wasser.41 Begehrt der Gläubiger Vorabbefriedigung wegen der geleisteten Hausgeldzahlungen, muss er deren Nützlichkeit für jede der im Hausgeld zusammengefassten Positionen substantiiert vortragen.42 – Zinsen, die der Gläubiger zur Beschaffung des Vorschusses hat aufwenden müssen. Vorschüsse für Instandsetzungs-, Ergänzungs- oder Umbauarbeiten an Gebäuden sind mit 0,5 % über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SFR-Zinssatz) zu verzinsen (§ 155 Abs. 3).43 22
Der vormalige Vorrang für Aufwendungen landschaftlicher und ritterschaftlicher Kreditanstalten44 dürfte sich in der Praxis inzwischen erledigt haben (vgl. § 2 Abs. 2 EGZVG).45
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Nur in einem Zwangsverwaltungsverfahren haben Ansprüche aus Lieferungen von Düngemittel, Saatgut oder Futtermittel, die im Rahmen der bisherigen Wirtschaftsweise zur ordnungsmäßigen Aufrechterhaltung des Betriebs benötigt werden sowie die zur Bezahlung aufgenommenen Kredite den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Rang (§ 155 Abs. 4).46 4. Ausgabenersatz a) Fortdauernde Zwangsverwaltung
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Das Vorrecht des betreibenden Gläubigers in der Zwangsverwaltung auf Ersatz seiner vorgeschossenen Ausgaben besteht nur, wenn die Zwangsverwaltung bis zur Zuschlagserteilung in der Zwangsversteigerung andauert. Dabei muss der die Zwangsversteigerung betreibende Gläubiger nicht identisch mit dem die Zwangsverwaltung betreibenden sein. Nimmt dieser seinen Antrag zurück, ist das Vorrecht der Rangklasse 1 verloren, selbst wenn sofort im Anschluss wieder eine neue Zwangsverwaltung angeordnet würde.47 b) Keine Erstattung in der Zwangsverwaltung
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Das Befriedigungsvorrecht des die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers besteht nur, soweit die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können. Der Gläubiger muss also primär in der Zwangsverwaltung seine Befriedigung suchen. c) Geltendmachung
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Da sich die Ansprüche der Rangklasse 1 des § 10 Abs. 1 nicht aus dem Grundbuch ergeben, müssen sie in der Zwangsversteigerung zur Berücksichtigung im Teilungsplan rechtzeitig vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet und auf Verlangen auch glaubhaft gemacht werden (§§ 37 Nr. 4, 45, 110, 114). Die Anmeldung muss der ersatzberechtigte Gläubiger vornehmen und nicht der Zwangsverwalter. Das Versteigerungsgericht kann wegen der 40 BGH v. 10.4.2003 – IX ZR 106/02, BGHZ 154, 387 = MietRB 2003, 76 = MDR 2003, 1074 = NJW 2003, 2162 = Rpfleger 2003, 454 = ZfIR 2003, 788; OLG Braunschweig v. 15.4.2002 – 7 U 113/01, Rpfleger 2002, 580. 41 LG Mönchengladbach v. 16.7.1999 – 5 T 267/99, Rpfleger 2000, 80. 42 OLG Braunschweig v. 15.4.2002 – 7 U 113/01, Rpfleger 2002, 580. 43 Widersprüchlich Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 26, der im Text von 1,5 % Prozentpunkten schreibt, in der Beispielrechnung aber zutreffend von 0,5 % ausgeht. 44 Dazu noch ausf. Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 32. 45 Zutr. Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 29. 46 Böttcher, § 10 Rz. 13; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 8; a.A. Stöber, § 155 Rz. 4.3 lit. b). 47 Böttcher, § 10 Rz. 10.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 31 § 10
grundsätzlichen Trennung der Gerichtsverfahren nicht von Amts wegen aus der Zwangsverwaltung bekannte Ansprüche in der Zwangsversteigerung berücksichtigen. Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung48 kann wegen der – titulierten – Ersatzansprüche 27 ein Gläubiger die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 1 des § 10 Abs. 1 durchaus auch aktiv betreiben.49 Inwieweit eine Vollstreckung der Ansprüche in der Rangklasse 1 ihrem Wesen nach ausgeschlossen sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Es handelt sich insoweit nicht lediglich um einen unselbstständigen Nebenanspruch. Die Möglichkeit eines aktiven Betreibens ist auch notwendig, weil andernfalls ein den Vorschuss leistender persönlicher Gläubiger in einem Versteigerungsverfahren nur noch in der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 im Rang nach den (in der Regel wertausschöpfenden) Grundpfandrechtsgläubigern zum Zuge käme. Bei einer zwischenzeitlichen Schuldnerinsolvenz könnte der die Aufwendungen vorschießende persönliche Gläubiger wegen § 38 InsO überhaupt nicht mehr selbstständig seinen Anspruch verfolgen, ohne auf die Unterstützung eines dinglich gesicherten Gläubigers bei der Beantragung der Zwangsversteigerung angewiesen zu sein. Letztlich geht auch der Gesetzgeber selbst von der Zulässigkeit eines aktiven Betreibens wegen der Ansprüche aus der Rangklasse 1 des § 10 Abs. 1 aus, wenn er im Fall der Forderungsübertragung mit Absicherung durch eine Sicherungshypothek den Rangverlust in § 129 S. 1 ausdrücklich auch für diese Ansprüche an das fehlende Betreiben der Versteigerung innerhalb der sechsmonatigen Frist knüpft.50 Ein Bürge, der für einen Ausfall an Kapital und Zinsen einer grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensforderung haftet, hat die vorrangige Befriedigung des Gläubigers wegen eines Vorschusses nach § 161 Abs. 3 und somit seinen erweiterten Ausfall hinzunehmen, wenn nichts anderes vereinbart ist.51
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d) Mehrere Ansprüche Mehrere Ansprüche der Rangklasse 1 des § 10 Abs. 1 haben untereinander gleichen Rang. Innerhalb eines Anspruchs bestimmt sich das Rangverhältnis nach § 12.
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III. Rangklasse 1a (Insolvenzrechtliche Feststellungskosten) Spezielle Literatur: Eickmann, Problematische Wechselbeziehungen zwischen Immobiliarvollstreckung und Insolvenz, ZfIR 1999, 81.
1. Befriedigungsvorrecht Ist über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, gewähren die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a). Bei einer freihändigen Veräußerung des Grundstücks hat das Vorrecht demgemäß keine Wirkungen; in diesem Fall kann der Verwalter die entstandenen Kosten jedoch regelmäßig aus dem erzielten Erlös abdecken.52
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Die Rangklasse 1a des § 10 Abs. 1 findet neben der Vollstreckungsversteigerung auch in der Insolvenzverwalter- und Nachlassversteigerung Anwendung (§§ 174a, 175). Bei einer Zwangs-
31
48 Ablehnend etwa Böttcher, § 10 Rz. 12; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 11; Stöber, § 10 Rz. 2.9. 49 LG Bochum v. 30.6.1994 – 7 T 506/94, Rpfleger 1994, 517; Dierk/Morvilius/Vollkommer, 4. Kap. Rz. 62 f. 50 Dierk/Morvilius/Vollkommer, 4. Kap. Rz. 62 f. 51 BGH v. 25.6.1992 – IX ZR 24/92, MDR 1993, 139 = NJW 1992, 2629 = Rpfleger 1992, 533. 52 RegE eines EinführungsG zur Insolvenzordnung (EGInsO) v. 24.11.1992, BT-Drucks. 12/3803, S. 69.
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§ 10 Rz. 31 Rangordnung der Ansprüche versteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft kann diese Rangklasse nach hier vertretener Auffassung allenfalls Bedeutung erlangen, wenn das Grundstück zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft gehört (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Hinsichtlich der in § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO genannten Personenzusammenschlüsse (GbR, oHG, KG) liegt jeweils ein rechtlich verselbstständigter Vollstreckungsschuldner vor.53 2. Kosten der Feststellung a) Regelungszweck 32
Durch die Feststellung der beweglichen Gegenstände entstehen der Insolvenzmasse Kosten, die letztlich zulasten der ungesicherten Gläubiger im Insolvenzverfahren gehen. Deshalb sollen auch die absonderungsberechtigten Gläubiger eines Versteigerungsverfahrens einen Beitrag zu diesen Kosten leisten, die ausschließlich im Interesse der gesicherten Gläubiger aufgewendet werden.54
33
Die Kosten der Feststellung werden gewöhnlich nach der Verwertung eines Gegenstandes vorweg vom Erlös abgezogen und verbleiben der Insolvenzmasse (vgl. § 170 Abs. 1 S. 1 InsO). Bei beweglichen Gegenständen, auf die sich die Immobiliarvollstreckung erstreckt, ist dies aber nicht möglich. Damit der Insolvenzmasse diese Kosten nicht verloren gehen, sind sie vorrangig aus dem Versteigerungserlös zu decken.55
34
Den Kostenanteil zugunsten der Insolvenzmasse bewirkt im Ergebnis der letzte nicht mehr zum Zuge kommende Gläubiger in der Zwangsversteigerung; er allein trägt die Last der durch die Entnahme des Betrages bewirkten Erlöskürzung.56 b) Art des Insolvenzverfahrens
35
Nach dem Regelungszweck sollen die Feststellungskosten nur erhoben werden, wenn auch ein Insolvenzverwalter bestellt worden ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a 2. Hs.). Die Kosten werden daher nicht erhoben im Falle einer Eigenverwaltung durch den Schuldner unter Aufsicht eines Sachwalters (§ 270 ff. InsO), weil in diesem Verfahren Feststellungskosten nicht erhoben werden (§ 282 Abs. 1 S. 2 InsO).57 c) Bewegliche Gegenstände
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Die Feststellungskosten müssen bewegliche Gegenstände betreffen, auf die sich die Zwangsversteigerung erstreckt. Die Zwangsversteigerung erstreckt sich zunächst auf alle Gegenstände, deren Beschlagnahme noch wirksam ist (§ 55 Abs. 1). Erfasst sind damit das schuldnereigene Zubehör, vom Grundstück getrennte Erzeugnisse und sonstige Bestandteile (§ 20 Abs. 2, § 21, §§ 1120 bis 1122 BGB).
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Die Zwangsversteigerung erstreckt sich weiterhin auf schuldnerfremde Zubehörstücke, sofern der Dritte seine Rechte nicht gem. § 37 Nr. 5 geltend gemacht hat (§ 55 Abs. 2). Schuldnerfremde Zubehörstücke werden jedoch nicht vom Insolvenzverfahren erfasst (§ 35 Abs. 1 53 Becker, ZfIR 2013, 314; Schneider, ZMR 2013, 907; a.A. für eine GbR BGH v. 16.5.2013 – V ZB 198/12, BGHZ 197, 262 = NotBZ 2013, 429 m. Anm. Krauß = MDR 2013, 1428 = Rpfleger 2013, 694 = ZfIR 2013, 734. Zur Problematik s. auch die Erläuterungen bei § 180. 54 RegE eines EinführungsG zur Insolvenzordnung (EGInsO) v. 24.11.1992, BT-Drucks. 12/3803, S. 68. 55 Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 14. 56 Krit. Eickmann, ZfIR 1999, 81, 85. 57 Zur Stellung eines Treuhänders in der Verbraucherinsolvenz nach früherem und Übergangsrecht s. Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 16.
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Rangordnung der Ansprüche
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InsO), so dass Feststellungkosten insoweit auch nicht berücksichtigt werden können. Nicht erfasst sind weiterhin wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§§ 93 f. BGB) und mit diesem verbundene subjektiv-dingliche Rechte (§ 96, § 1126 BGB). Ob auch Versicherungsforderungen erfasst sein sollen (§ 1127 Abs. 1 BGB), ist umstritten.58 d) Maßgeblicher Zeitpunkt Die Feststellungskosten können auch dann berücksichtigt werden, wenn die Zwangsversteigerung zeitlich vor der Insolvenzeröffnung angeordnet wurde.59 Das Gleiche gilt, wenn der Insolvenzverwalter das Grundstück samt Zubehör zwischenzeitlich freigegeben haben sollte; es kommt nicht darauf an, ob die Zwangsversteigerung gegen den Insolvenzverwalter als Schuldner betrieben wird. Abgegolten werden sollen Bearbeitungskosten, dazu kann sich das Versteigerungsverfahren aber auch gegen den Eigentümer richten.60
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e) Höhe der Feststellungskosten Die Feststellungskosten werden pauschal mit 4 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 S. 2 vom 39 Versteigerungsgericht festgesetzten Verkehrswertes für die beweglichen Gegenstände berücksichtigt. Ist eine ausdrückliche Festsetzung des Verkehrswertes insoweit unterblieben, kann der Wert dem zugrundeliegenden Sachverständigengutachten entnommen werden.61 Der tatsächliche Umfang des Feststellungsaufwandes im Einzelfall ist für die Bemessung der Pauschale ohne Bedeutung.62 Für die pauschalierten Feststellungskosten ist in der Zwangsversteigerung keine Umsatzsteuer zu erheben, weil diese nicht zum Entgelt gehören.63 3. Geltendmachung der Feststellungskosten Da sich die Ansprüche der Rangklasse 1a des § 10 Abs. 1 nicht aus dem Grundbuch ergeben, 40 müssen sie in der Zwangsversteigerung zur Berücksichtigung im Teilungsplan rechtzeitig vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet werden (§ 37 Nr. 4, § 45, § 110, § 114). Die Anmeldung erübrigt sich nicht deshalb, weil im Grundbuch der Insolvenzvermerk eingetragen ist und die Feststellungskosten berechenbar sind.64 Die Feststellungskosten brauchen wegen der Pauschalierung des Anspruchs nicht glaubhaft gemacht zu werden.65 Die Zwangsversteigerung kann nach wohl h.M. wegen des (Erstattungs-)Anspruchs auf Ersatz der Feststellungskosten in der Rangklasse 1a des § 10 Abs. 1 nicht aktiv betrieben werden.66
IV. Rangklasse 2 (Wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldansprüche) Spezielle Literatur: Alff, Dingliche Haftung des Käufers für Hausgeldrückstände nach freihändiger Veräußerung durch den Insolvenzverwalter, Rpfleger 2013, 25; Alff, Beitragsforderungen bei Zwangsvollstre58 59 60 61 62 63
Bejahend Vallender, Rpfleger 1997, 353, 356; abl. demgegenüber Stöber, § 10 Rz. 3.2. LG Erfurt v. 12.4.2012 – 1 S 278/11, ZfIR 2012, 441. Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 16; Stöber, § 10 Rz. 3.3; a.A. Hk-ZV/Sievers, § 10 Rz. 10 aE. Böttcher, § 10 Rz. 14d; Stöber, § 10 Rz. 3.4. BGH v. 11.7.2002 – IX ZR 262/01, MDR 2002, 1393 = NJW 2002, 3475 = Rpfleger 2002, 646. Für den vergleichbaren § 170 Abs. 2 InsO s. BFH 28.7.2011 – V R 28/09 (Rz. 28), BFHE 235, 22 = BStBl II 2014, 406 = ZfIR 2012, 28; ebenso Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 34 Fn. 36. 64 Stöber, § 10 Rz. 3.6. 65 Hintzen, ZInsO 2004, 713, 716. 66 Böttcher, § 10 Rz. 14g; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 18; Hintzen, ZInsO 2004, 713, 716; Stöber, § 10 Rz. 3.7; a.A. MüKo InsO/Ganter, § 49 Rz. 50 aE; Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 523; Muth, ZIP 1999, 945, 949: Betreiben aus der Rangklasse 1a iVm Antrag gem. § 174a möglich.
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§ 10 Rz. 42 Rangordnung der Ansprüche ckung in Wohnungseigentum, ZWE 2010, 105; Alff/Hintzen, Hausgelder in der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rpfleger 2008, 165; Becker, Das Absonderungsrecht der Eigentümergemeinschaft, FS Derleder 2015, S. 33; Becker, Beitragsforderungen in der Insolvenz des Wohnungseigentümers, ZWE 2013, 6; Becker, Die dingliche Haftung für Hausgeldansprüche nach freihändiger Veräußerung durch den Insolvenzverwalter, ZMR 2012, 930; Bräuer/Oppitz, Hausgeldforderungen in der Zwangsversteigerung, ZWE 2007, 326; Commans, Die Zwangsversteigerung von Wohnungseigentum wegen Wohngeldrückständen und die Problematik des Einheitswertbescheids, ZfIR 2009, 489; Derleder, Die Realisierung des Vorrangs des Hausgeldes bei der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Eigentumswohnungen, ZWE 2008, 13; Fabis, Zwangsversteigerungsprivileg bei Wohngeldrückständen contra Auflassungsvormerkung – ein Risikofaktor für Kaufverträge über Wohnungseigentum, ZfIR 2010, 354; Geiselmann, Die Geltendmachung von Hausgeldansprüchen in der Immobliliarvollstreckung im Lichte der BGHRechtsprechung der vergangenen Jahre, JurBüro 2019, 230; Greiner, Durchsetzung von Hausgeldansprüchen – Der Weg zum Vollstreckungstitel, ZWE 2015, 149; Kesseler, Wohngeldrückstände als Gefahr für die Eigentumsvormerkung, NJW 2009, 121; Kesseler, Die Vollstreckung von Wohngeldforderungen aus der – privilegierten – Rangklasse des § 10 I Nr. 2 ZVG, NZM 2008, 274; Mayer, Hausgeldrückstand – was nun?, DWE 2015, 62; Mayer, Hausgeldforderungen in der Insolvenz, ZfIR 2012, 86; Oldenburg, Das Schicksal des Vorrechts der Wohnungseigentümergemeinschaft bei der rechtsgeschäftlichen Veräußerung von Wohnungseigentum, ZfIR 2017, 563; Reymann, Keine dingliche Haftung für Wohngeldrückstände – Ist der Erwerber einer Eigentumswohnung vor einer Inanspruchnahme sicher?, ZWE 2013, 446; Schmidberger/Slomian, Die Dinglichkeit des Hausgeldes, ZMR 2010, 549; Schneider, Die verspätete oder unterbliebene Anmeldung von Hausgeldansprüchen in der Zwangsversteigerung eines Wohnungseigentums, ZMR 2018, 119; Schneider, Zur dinglichen Wirkung persönlicher Hausgeldansprüche, ZWE 2014, 61; Schneider, Aktuelle Probleme mit der Beitreibung von Hausgeldansprüchen in der Zwangsversteigerung, ZMR 2014, 185; Schneider, § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG – Reform der Rangklasse 2?, ZWE 2013, 246; Schneider, Hausgeldansprüche in der Insolvenz eines Wohnungseigentümers, ZMR 2012, 759; Schneider, Umfang des Vollstreckungsvorrechts nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, ZWE 2011, 341; Schneider, Zahlung rückständiger Hausgelder während der vom Verband Wohnungseigentümergemeinschaft betriebenen Zwangsversteigerung, ZMR 2010, 340; Schneider, Der dingliche Charakter von Hausgeldansprüchen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, ZMR 2009, 165; Schneider, Ausgewählte Fragestellungen zur Immobiliarvollstreckung nach der WEG-Novelle 2007, ZfIR 2008, 161; Stresemann, Das Vorrecht für Hausgelder in § 10 ZVG, RpflStud 2015, 154; Suilmann, Bevorrechtigte Ansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG und das Verhältnis zu Auflassungsvormerkungen, NotBZ 2010, 365; Suilmann, Wohnungseigentümer insolvent – was nun?, ZWE 2010, 385; Weber, Das Rangklassenprivileg der Wohnungseigentümergemeinschaft – Herausforderung für Rechtsdogmatik und Vertragsgestaltung, DNotZ 2014, 738.
1. Befriedigungsvorrecht a) Beiträge zu den Lasten und Kosten 42
Bei der Vollstreckung in ein Wohnungseigentum gewähren die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer ein Vorrecht auf Befriedigung (sog. Hausgeldansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1).
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Wegen der Behandlung wohnungseigentumsrechtlicher Hausgeldansprüche in der Zwangsverwaltung s. ausf. die Kommentierung zu § 156. b) Zweck der Regelung
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Die im Jahr 2007 nach österreichischem Vorbild eingeführte Regelung ersetzt die historisch überholten vormaligen Litlohnansprüche der land- und forstwirtschaftlich Beschäftigten; sie will einem Ausfall der Wohnungseigentümergemeinschaften bei zukünftigen Immobiliarvollstreckungen entgegenwirken. Während die sog. Hausgeldforderungen (§ 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 u. 5 WEG) in der Vergangenheit hinter den dinglich gesicherten Ansprüchen der Fi72
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 46 § 10
nanzierungsgläubiger in der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG regelmäßig nicht mehr zum Zuge kamen oder als lediglich persönliche Ansprüche in der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG ohne jede Realisierungsaussichten den im Grundbuch abgesicherten Finanzierungsgläubigern im Rang nachgingen, bietet die aktuelle Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG den Wohnungseigentümergemeinschaften jetzt die Möglichkeit zur wirkungsvollen Beitreibung sonst regelmäßig ausfallgefährdeter Hausgeldansprüche. Darüber hinaus können aufgrund des Vorranges der genannten Ansprüche durch aktives Betreiben der Zwangsversteigerung nunmehr auch zahlungsunwillige oder unzumutbare Mitglieder zwangsweise aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entfernt werden.67 c) Inkrafttreten und Übergangsrecht § 10 Abs. 1 Nr. 2 ist zusammen mit § 45 Abs. 3 mit Wirkung zum 1.7.2007 eingefügt worden.68 Die damit verbundenen Hausgeldprivilegien können allerdings nur in solchen Zwangsversteigerungsverfahren zur Anwendung kommen, die nach diesem Zeitpunkt anhängig geworden sind (vgl. § 62 Abs. 1 WEG). Dabei ist zur Ermittlung des maßgeblichen Zeitpunkts auf die erste Beschlagnahme im Gesamtverfahren abzustellen (§ 20 Abs. 1 ZVG).69 Erfolgte die erste Beschlagnahme demgemäß vor dem 1.7.2007, wird das Versteigerungsverfahren auch für die erst nach diesem Zeitpunkt beitretenden oder anmeldenden Gläubiger insgesamt nach altem Recht und somit ohne die neuen Privilegien durchgeführt.
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d) Gegenstand des Befriedigungsvorrechts Die wohnungseigentumsrechtlichen Hausgeldansprüche gem. § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 WEG können sich als Beitragsschulden eines Wohnungseigentümers im Einzelnen wie folgt zusammensetzen70: – Ansprüche aus einem Einzelwirtschaftsplan gem. § 28 Abs. 2, § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG (Hausgeldvorschüsse und Rückstellungen); – Ansprüche aus dem Negativsaldo einer Jahresabrechnung gem. § 28 Abs. 5 WEG („Abrechnungsspitze“); – Ansprüche aus einem Sonderumlagenbeschluss gem. § 16 Abs. 2 WEG; – Erstattungsansprüche für Kosten eines Sondereigentums, die über die Gemeinschaft abgerechnet werden, z.B. Kaltwasserkosten eines Sondereigentums;71 – Nebenleistungen – insbesondere Zinsen (vgl. § 246 BGB) und Verzugszinsen (vgl. § 288 BGB) – Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 5);72 – Kosten der die Befriedigung aus dem Wohnungseigentum bezweckenden Rechtsverfolgung gem. § 10 Abs. 2 ZVG.
67 RegE eines G zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze v. 9.3.2006 (BTDrucks. 16/887) S. 43 f. 68 Art. 2 Nr. 1 lit. a) iVm Art. 4 S. 2 d G z Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 370). 69 BGH v. 21.2.2008 – V ZB 123/07, MietRB 2008, 140 = MDR 2008, 588 = NJW 2008, 1383 = Rpfleger 2008, 321 = ZMR 2008, 385. Zur vergleichbaren Regelung in Zwangsverwaltungsverfahren s. BGH v. 20.11.2008 – V ZB 81/08, MietRB 2009, 75 = NJW 2009, 598 = Rpfleger 2009, 163 = ZWE 2009, 175. 70 Alff, ZWE 2010, 105, 106; Schneider, ZWE 2011, 341. Beispiele für wohnungseigentumsrechtliche Kosten und Lasten nennt die einschlägige WEG-Literatur zu § 16. 71 Vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 44. 72 Ausgenommen sind damit vertragliche und deliktische Ansprüche eines Wohnungseigentümers.
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§ 10 Rz. 47 Rangordnung der Ansprüche 47
Die genannten Ansprüche müssen fällig sein. Fälligkeit tritt mangels anderslautender Vereinbarung der Wohnungseigentümer mit der Beschlussfassung über die Ansprüche und Abruf durch den Verwalter ein (vgl. § 28 Abs. 2 u. 5 WEG, die für ihren Anwendungsbereich § 271 BGB verdrängen).73 In der WEG-rechtlichen Rechtsprechung und Literatur hat sich insoweit die sog. Fälligkeitstheorie durchgesetzt.74 Maßgeblich für die Haftung eines Wohnungseigentümers ist danach auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Zahlung abzustellen, nicht dagegen auf den davon ggf. abweichenden Zeitpunkt der Beschlussfassung.75 e) Rechtscharakter der Hausgeldansprüche
48
Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BGH soll das in § 10 Abs. 1 Nr. 2 enthaltene Vorrecht kein dingliches Recht (gemeint ist: keine dingliche Haftung) begründen, sondern lediglich bestimmte schuldrechtliche Ansprüche in der Zwangsversteigerung eines Wohnungseigentums privilegieren.76 Die Norm biete keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine dingliche Haftung des Wohnungseigentums für Hausgeldrückstände, weil sie lediglich verfahrensrechtlichen Charakter habe. Auch fänden die für den Umfang des Vorrechts gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 maßgeblichen Begriffe der „Beschlagnahme“ einerseits und des „nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Werts“ außerhalb des Zwangsversteigerungs- bzw. Insolvenzverfahrens keine funktionelle Entsprechung. Ein Duldungstitel könne den Umfang des Vorrechts aber aus Gründen der Bestimmtheit nicht offenlassen. Damit spricht der V. Zivilsenat des BGH den wohnungseigentumsrechtlichen Hausgeldansprüchen entgegen der zuvor in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend vertretenen anderslautenden Auffassung77 den Charakter einer dinglichen Last am Wohnungseigentum ab. In der Konsequenz haftet der Erwer-
73 Grundlegend BGH v. 2.10.2003 – V ZB 34/03, BGHZ 156, 279 = MietRB 2004, 17 = NJW 2003, 3550 = ZfIR 2003, 991. 74 Vgl. grundlegend BGH v. 30.11.1995 – V ZB 16/95, BGHZ 131, 228 = MDR 1996, 897 = NJW 1996, 725. 75 Vgl. zur Anwendung der Fälligkeitstheorie auf einen Sonderumlagenbeschluss BGH v. 15.12.2017 – V ZR 257/16, NotBZ 2018, 262 = MDR 2018, 586 = NJW 2018, 2044 = Rpfleger 2018, 315 = ZfIR 2018, 408. 76 Grundlegend BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = MietRB 2013, 327 = MDR 2013, 1309 = NJW 2013, 3515 = Rpfleger 2014, 31 = ZfIR 2013, 806 = ZWE 2013, 466; bestätigt durch BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 = NotBZ 2014, 463 m. Anm. Suppliet = MietRB 2014, 268 = MDR 2014, 988 = NJW 2014, 2445 = Rpfleger 2014, 613 = ZfIR 2014, 654 und BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = Rpfleger 2018, 398 = ZfIR 2018, 232. 77 BGH v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, MDR 2009, 832 = NZI 2009, 382 = Rpfleger 2008, 407 = ZfIR 2009, 482; OLG Dresden v. 22.11.2010 – 17 W 1165/10, ZWE 2011, 365; OLG Frankfurt v. 28.10.2010 – 20 W 354/10, ZWE 2011, 89; LG Heilbronn v. 21.12.2012 – 1 T 231/12, ZfIR 2013, 111 = ZWE 2013, 230; LG Koblenz v. 8.6.2010 – 2 S 8/10, BeckRS 2011, 21451; LG Berlin v. 28.9.2010 – 55 S 87/10 WEG, ZWE 2011, 97 = MietRB 2011, 81; LG Berlin v. 22.7.2009 – 85 S 18/09 WEG, ZMR 2010, 142 = ZWE 2010, 228; AG Koblenz v. 10.12.2009 – 133 C 1461/09 WEG, ZMR 2010, 568; Alff, ZWE 2010, 105, 106; Alff, Rpfleger 2013, 15; Bärmann/Becker, § 16 Rz. 186 ff.; Becker, ZMR 2012, 930; Becker, ZWE 2013, 6; Böttcher, § 10 Rz. 19; Böttcher, ZfIR 2010, 345, 347; Böttcher, ZfIR 2010, 521, 531; Dassler u. a./Rellermeyer, § 10 Rz. 21.1; Derleder, ZfIR 2011, 830; Drasdo, NZI 2011, 736; Elzer/Riecke in Prütting/Wegen/Weinreich, 7. Aufl. 2012, § 16 WEG Rz. 12 u. nach § 28 WEG Rz. 5 f.; Glotzbach/Goldbach, 5. Aufl. 2011 Rz. 736; Hintzen/Alff, ZInsO 2008, 480; Hügel/Elzer, NZM 2009, 457, 472; Mayer, ZfIR 2012, 86; Müller, FS Merle 2010, 255, 261; Müller, Praktische Fragen, 5. Aufl. 2010, 6. Teil Rz. 85 u. 10. Teil Rz. 61; Palandt/Bassenge, § 16 WEG Rz. 29; Sinz/Hiebert, ZinsO 2012, 205; Schmidberger/Slomian, ZMR 2010, 579; Schneider, ZMR 2009, 165; Schneider, ZWE 2010, 341, 347; Schneider, ZMR 2012, 749, 754 ff.; Stöber, § 10 Rz. 4.7; Suilmann, NotBZ 2010, 365; Suilmann, ZWE 2010, 385; a.A. LG Ellwangen, ZMR 2010, 634; AG Heilbronn, ZMR 2010, 241; Fabis, ZfIR 2010, 354; Jennißen/Kemm, NZM 2012, 630; Kesseler, NJW 2009, 121.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 50 § 10
ber bei einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung also nicht mit dem Wohnungseigentum für Hausgeldrückstände seines Voreigentümers. Bzgl. bereits vorliegender Vollstreckungstitel kann nach dieser Auffassung eine Umschreibung der Vollstreckungsklausel gegen den Erwerber nur in das haftende Wohnungseigentum nicht vorgenommen werden.78 Die Rechtsauffassung des BGH ist abzulehnen.79 Sie trägt bereits den besonderen Anfor- 49 derungen an das Vorrecht nicht ausreichend Rechnung. Das Vorrecht gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 konkretisiert sich nämlich erst im Zwangsversteigerungsverfahren, da erst dort der maßgebliche Verkehrswert vom Vollstreckungsgericht festgesetzt wird. Dies hängt jedoch keineswegs mit der behaupteten verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Vorschrift zusammen, sondern vielmehr mit der – in § 10 Abs. 1 einzigartigen – betraglichen Begrenzung des Vorrechts auf 5 % des nach § 74a Abs. 5 festzusetzenden Verkehrswerts. Da der Umfang des Vorrechts erst im Zwangsversteigerungsverfahren bestimmbar ist, kann er auch nicht bereits in einem vorangegangenen Klageverfahren angegeben und geprüft werden.80 Da der Umfang des Vorrechts mit Ausnahme offensichtlich veralterter Ansprüche im Erkenntnisverfahren noch gar nicht festgestellt werden kann, muss ein Duldungstitel genügen, der den Vorrangsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 2 abstrakt umschreibt und den Anspruch bestimmbar festlegt.81 Beispiele finden sich in der zuvor zitierten Rechtsprechung. Die Rechtsauffassung des BGH setzt sich aber auch in Widerspruch zu den klassischen Auslegungskriterien.82 Bereits der Wortlaut des für alle Rangklassen des § 10 Abs. 1 geltenden Einleitungssatzes („Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren … Nr. 2. bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche …“) lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig; er verknüpft alle nachgenannten Rangklassen – also auch Rangklasse 2 – mit einem gegenstandsbezogenen Befriedigungsrecht. Die Regelungssystematik spricht ebenfalls für den dinglichen Charakter der privilegierten Hausgeldansprüche. Sie können nämlich gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 4 iVm § 45 Abs. 3 in einem Versteigerungsverfahren im Vorrang der Rangklasse 2 auch lediglich zur Berücksichtigung angemeldet werden, ohne dass ihretwegen das Verfahren betrieben werden müsste. Eine solche Anmeldung ist aber nur betreibenden Gläubigern oder dinglich bereits gesicherten Berechtigten möglich, weil nur ihnen – nicht aber einem gewöhnlichen persönlichen Gläubiger – ein Recht auf Befriedigung aus der Immobilie ohne eigene Beschlagnahme zusteht. Auch eine historische Einordnung bestätigt die hier vertretene Sichtweise. Entstehungsgeschichtlich ist nämlich nachweisbar, dass durch die Neubelegung der Rangklasse 2 nicht der Rechtscharakter der dort eingeordneten Ansprüche verändert werden sollte. Die Ansprüche sollten lediglich ausgetauscht werden, zumal für beide – Litlohnansprüche und Hausgeldansprüche – der Grundsatz der nützlichen Verwendung gilt. Für die vormaligen Litlohnansprüche war aber deren dinglicher Charakter anerkannt.83 Der Telos der Norm lässt ebenfalls keine andere Einordnung zu. Die Neubelegung
78 A.A. Becker, MietRB 2014, 282 für den Fall einer rechtsgeschäftlich vereinbarten Haftungsübernahme; Schneider, NotBZ 2013, 249 für den Fall einer dinglichen Wirkung von Hausgeldansprüchen. 79 Weiterhin abl. Bärmann/Becker, 14. Aufl. § 16 Rz. 186 ff.; Becker, ZfIR 2013, 809; Böttcher, 6. Aufl. § 10 Rz. 19; Schneider, ZWE 2018, 172; Schneider, ZWE 2014, 61; Stöber/Achenbach, 22. Aufl., § 10 Rz. 31 aE f. 80 Insoweit nicht richtig daher BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825. 81 Becker, ZfIR 2013, 809, 811; Schneider, ZWE 2018, 172; ders., ZWE 2014, 61, 66. 82 S. ausf. Schneider, ZWE 2014, 61, 62 ff. 83 OLG Königsberg, JW 1930, 419 m. zust. Anm. d Schriftl.; Jaeckel/Güthe, ZVG, 6. Aufl. 1929, § 9 Rz. 7 iVm § 10 Rz. 13; Korintenberg/Wenz, ZVG, 6. Aufl. 1935, § 10 Anm. II 2 (S. 186); Kretzschmar, Das Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 1904; § 11 Anm. 2, 47 f.; Steiner/Hagemann, ZVG, 9. Aufl. 1984 § 10 Rz. 50.
Schneider
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50
§ 10 Rz. 50 Rangordnung der Ansprüche der Rangklasse 2 hatte zum Ziel, die dort näher bestimmten Hausgeldansprüche den „nachfolgend dinglich gesicherten Ansprüchen vorgehen“ zu lassen.84 Eine dieses Ziel verfolgende Einordnung der Hausgeldansprüche kann im Rangklassensystem des § 10 Abs. 1 ZVG jedoch nur reibungslos funktionieren, wenn den Ansprüchen selbst ein dinglicher Charakter beigelegt ist. Die andernfalls auftretenden Friktionen (insbes. der aktuelle Vollstreckungsnotstand bei werdenden Wohnungseigentümern85) harren überwiegend noch heute einer Lösung.86 f) Zusammentreffen von Hausgeld- und Regressansprüchen 51
Treffen Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer, die sich typischerweise in verwalterlosen Zweiergemeinschaften mit stimmrechtlichem Patt ergeben können,87 mit Hausgeldansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft zusammen, so sind die Ansprüche nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berücksichtigen (§ 10 Abs. 1 S. 1 2. Hs.).88 Dies vermeidet ein „Abrutschen“ eines an sich bevorrechtigten Anspruchs, das sich ergeben würde, wenn man die verschiedenartigen Ansprüche des Verbandes und des einzelnen Wohnungseigentümers z.B. nach dem Entstehungszeitpunkt gem. § 366 Abs. 2 BGB beurteilt.89 2. Umfang des Befriedigungsvorrechts a) Objektmäßige Begrenzung
52
Die genannten Hausgeldansprüche können nur hinsichtlich der jeweiligen die Zahlungspflicht verursachenden Wohnungseigentumseinheit bevorrechtigt geltend gemacht werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1: „die daraus fällige Ansprüche“). Ein Titel über die Gesamtsumme von Hausgeldrückständen für mehrere Wohnungseigentumseinheiten desselben Schuldners (auch WE und TE) genügt zur Einordnung in die Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 nur, wenn sich die anteilige Höhe des Verzugsbetrags für das konkrete vom Zwangsversteigerungsverfahren betroffene Wohnungseigentum zumindest aus der Begründung des Titels ergibt oder sich wenigstens durch Auslegung mit Hilfe der dazu gehörigen Antragsschrift ermitteln lässt.90
53
Werden Hausgeldansprüche demgegenüber durch die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken abgesichert, können durchaus „Überkreuzeintragungen“ an anderen Einheiten desselben Eigentümers vorgenommen werden; eine Beschränkung wie bei § 10 ist den § 864 ff. ZPO fremd. b) Zeitliche Begrenzung
54
Das Vollstreckungsvorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 2). Die Regelung knüpft an die versteigerungsrechtliche Terminologie des § 13.91
84 BT-Drucks. 16/887, S. 43. 85 Instruktiv BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = Rpfleger 2018, 398 = ZfIR 2018, 232. 86 Vgl. Schneider, ZWE 2014, 61, 67 ff. 87 Vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 44. 88 Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 23; Schneider, ZfIR 2008, 161, 164. 89 So aber Derleder, ZWE 2008, 13, 20 unter Verkennung des Gleichrangprinzips. 90 LG Passau v. 4.3.2008 – 2 T 22/08, Rpfleger 2008, 381; Böttcher, § 10 Rz. 22 a. 91 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825; LG Amberg v. 28.10.2009 – 32 T 475/09, ZWE 2010, 99.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 60 § 10
aa) Laufende Beträge Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen sind demnach der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später fällig werdenden Beträge (§ 13 Abs. 1 S. 1).92
55
Erst zukünftig fällig werdende Hausgeldbeiträge können allerdings als laufende Beträge bei 56 der Anordnung der Zwangsversteigerung nur berücksichtigt werden, wenn sie auch entsprechend tituliert worden sind. Demgegenüber dürfte in der Praxis die Titulierung ausschließlich rückständiger Hausgeldansprüche aber wohl noch die Regel darstellen. Anmeldungen bisher nicht titulierter Hausgeldansprüche zum Versteigerungstermin sind allerdings bis zur betraglichen Höchstgrenze unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 im Vorrang der Rangklasse 2 möglich, wenn sie rechtzeitig erfolgen (§§ 37 Nr. 4, 110). Die Berechnung der laufenden Beträge erfolgt im geringsten Gebot bis zum Ablauf von 57 zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin (§ 47 S. 1), bei der Zuteilung bis einen Tag vor Erteilung des Zuschlags (vgl.§ 56 S. 2). Dies hat nach zutreffender Auffassung selbst dann zu gelten, wenn die Wohnungseigentümer eine Verfallklausel vereinbart haben sollten, nach der der gesamte für das betreffende Kalenderjahr geschuldete Hausgeldbetrag im Verzugsfall sofort fällig sein soll.93 bb) Rückständige Beträge Die nicht von § 13 Abs. 1 S. 1 erfassten älteren Beträge sind Rückstände (§ 13 Abs. 1 S. 2). Abweichend von § 10 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 erfasst der Vorrang in der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 damit weitergehend die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei davorliegenden Kalenderjahren. Abzustellen ist damit immer auf das Kalenderjahr.94
58
Auf diese Weise können u.U. auch Ansprüche aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der WEGNovelle erfasst werden.95
59
Bezugsgröße für die Berechnung der rückständigen Hausgeldbeträge ist der Zeitpunkt der 60 ersten Beschlagnahme. Welches das für die Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 maßgebliche Jahr der Beschlagnahme ist, bestimmt sich nach der Vorschrift des § 22 Abs. 1.96 Danach wird die Beschlagnahme mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem der Beschluss über die Anordnung der Zwangsversteigerung dem Schuldner zugestellt wird oder in welchem das Ersuchen um die Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt. Die Wirkungen der Beschlagnahme können nicht gem. § 167 ZPO auf den Zeitpunkt zurückbezogen werden, in dem der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung bei dem Vollstreckungsgericht eingeht. Insbesondere zum Ende eines Kalenderjahres kann dies erhebliche Bedeutung erlangen.97 Eine entsprechende Anwendung von § 167 ZPO kommt für die Ermittlung des Beschlagnahmezeitpunkts schon deshalb nicht in Betracht, weil es an der dafür notwendigen planwidrigen Regelungslücke im
92 93 94 95
So auch LG Amberg v. 28.10.2009 – 32 T 475/09, ZWE 2010, 99. Alff, ZWE 2010, 105, 106; Schneider, ZWE 2011, 341, 342. LG Amberg v. 28.10.2009 – 32 T 475/09, ZWE 2010, 99. Exemplarisch BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = Rpfleger 2018, 398 = ZfIR 2018, 232. 96 Wegen der Vorverlagerung auf den insolvenzrechtlichen Beschlagnahmezeitpunkt s. BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346, MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825. 97 Vgl. nur den Sachverhalt bei BGH v. 22.7.2010 – V ZB 178/09, MietRB 2010, 298, MDR 2010, 1214 Ls. = NJW 2011, 528 = Rpfleger 2011, 40 = ZfIR 2010, 863.
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§ 10 Rz. 60 Rangordnung der Ansprüche Gesetz fehlt. Eine zeitliche Vorverlagerung ist nur in den Grenzen des § 22 Abs. 1 S. 2 möglich.98 61
Sollte bis zur Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung eine Zwangsverwaltung fortgedauert haben, wird der für die Berechnung maßgebliche Zeitpunkt der ersten Beschlagnahme vorverlegt (§ 13 Abs. 4 S. 2).
62
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollen Forderungen, die sich wirtschaftlich auf einen früheren als den nach § 13 Abs. 1 ermittelten Zeitraum beziehen, selbst dann nicht privilegiert sein können, wenn die entsprechende Beschlussfassung innerhalb des nach § 13 Abs. 1 S. 2 bestimmten Zeitraumes erfolgt.99 Deshalb soll z. B. ein Nachzahlungsbetrag aus dem Jahre 2016 kein Vorrecht mehr genießen, wenn er erst im Jahre 2017 beschlossen wurde und die Beschlagnahme des Wohnungseigentums 2019 wirksam wird.100 Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden;101 die Motive des Gesetzgebers haben in dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes keinen Niederschlag gefunden. Auch in den anderen – vergleichbar formulierten – Rangklassen wird nur auf den Zeitpunkt der Rückständigkeit, nicht aber auf deren Bezugszeitraum abgestellt. Etwaigen Manipulationsversuchen durch Wiederholung bzw. Neubegründung des früheren Saldos in einer späteren Jahresabrechnung dürfte durch die Rechtsprechung des BGH zur Novation von Abrechnungsrückständen102 die Grundlage entzogen sein.103 c) Betragsmäßige Begrenzung
63
Das Vollstreckungsvorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 3). Dies gilt auch, wenn der Verband Wohnungseigentümergemeinschaft wegen einiger Hausgeldansprüche das Verfahren betreibt, wegen anderer aber lediglich Anmeldungen vorgenommen hat.
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Für das Vollstreckungsvorrecht gilt der Grundsatz der Einmaligkeit; Hausgeldansprüche können in demselben Versteigerungsverfahren nur einmal der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 bis zur Höhe von 5 % des festgesetzten Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts zugeordnet werden. Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft das Vorrecht der Zuordnung ihrer Forderungen zu der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 in voller Höhe in Anspruch genommen, steht ihr deshalb nach der Ablösung der Forderungen dieses Vorrecht in demselben Zwangsversteigerungsverfahren nicht nochmals zu.104 Die Ablösung führt nämlich gem. § 268 Abs. 3 S. 1 BGB
98 BGH v. 22.7.2010 – V ZB 178/09, MietRB 2010, 298, MDR 2010, 1214 Ls. = NJW 2011, 528 = Rpfleger 2011, 40 = ZfIR 2010, 863. 99 So ausdrücklich BT-Drucks. 16/887 S. 45; diese Begrenzung soll die Eigentümergemeinschaft dazu anhalten, bei säumigen Zahlern frühzeitig aktiv zu werden. 100 Alff, ZWE 2010, 105, 107; Bärmann/Becker, § 16 Rz. 190; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 25; Stöber, § 10 Rz. 4.6. 101 Abramenko, Das neue WEG § 8 Rz. 21; Bärmann/Seuß/Bergerhoff, § 90 Rz. 49; Jacoby, ZWE 2015, 297, 300; Kümmel/Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, Anh. zu § 16 Rz. 155; Schneider, ZWE 2011, 341, 342; offengelassen von BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346, MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825. 102 BGH v. 9.3.2012 – v. 30.12.1899 – V ZR 147/11, MDR 2012, 632 = NJW 2012, 2796 = ZfIR 2012, 265; BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290 = MDR 2000, 21 = NJW 1999, 3713 = Rpfleger 2000, 78 = ZfIR 1999, 914 = ZWE 2000, 29; BGH v. 30.11.1995 – V ZB 16/95, BGHZ 131, 228 = MDR 1996, 897 = NJW 1996, 725. 103 Schneider, ZWE 2011, 341, 342. 104 BGH v. 24.6.2010 – V ZB 17/10, ZWE 2010, 367; BGH v. 4.2.2010 – V ZB 129/09, MDR 2010, 620 = NotBZ 2010, 377 = MietRB 2010, 139, NJW 2010, 3169 = Rpfleger 2010, 333.
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Schneider
Rangordnung der Ansprüche
Rz. 67 § 10
zum Übergang der Forderung auf den Ablösenden. Der ablösende Gläubiger wird neuer Inhaber der wohnungseigentumsrechtlichen Forderungen gegen den Vollstreckungsschuldner (cessio legis); zugleich gehen mit der Forderung alle Nebenrechte und damit auch das Vollstreckungsvorrecht der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 über (§§ 412, 401 BGB). Damit wird die Rangstelle nicht frei; ein nachrangiger Gläubiger muss sich jedoch nur einmal den betraglich gedeckelten Vorrang für Hausgelder vorgehen lassen. War das Vorrecht nach der Ablösung also noch nicht vollständig ausgeschöpft, könnte der Verband Wohnungseigentümergemeinschaft wegen weiterer Ansprüche noch bis zur Differenz zwischen dem abgelösten Betrag und dem Höchstbetrag in der Rangklasse 2 beitreten bzw. anmelden.105 Ob der Grundsatz der Einmaligkeit auch gilt, wenn nach einer vollständigen Aufhebung des Versteigerungsverfahrens ein neues Verfahren hinsichtlich desselben Wohnungseigentums zur Durchführung gelangt, hat der BGH ausdrücklich offengelassen. In einem neuen Versteigerungsverfahren können die abgelösten Beträge mit weiterhin aufgelaufenen Hausgeldansprüchen im Vorrang zusammentreffen. Nach hier vertretener Auffassung sind die Ansprüche dann nach dem Verhältnis ihrer Beträge bis zu insgesamt 5 % des Verkehrswertes zu berücksichtigen (§ 10 Abs. 1 2. Hs.).106
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Dem Vollstreckungsschuldner selbst steht kein Ablösungsrecht i. S. d. §§ 268, 1150 BGB zu.107 Mit der Begleichung der Forderung des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft erlischt diese (§ 362 Abs. 1 BGB); bei Zahlungen des Vollstreckungsschuldners findet also keine Legalzession statt. Der Verband kann deshalb nach einer schuldnerischen Zahlung die insoweit vakant gewordene Rangposition im Vorrang der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 bis zur Obergrenze wieder „aufladen“108, indem er dem fortdauernden Verfahren mit weiteren Ansprüchen nunmehr im Vorrang der Rangklasse 2 beitritt. Es kann sich dabei auch um Ansprüche handeln, die bisher schon in der Rangklasse 5 berücksichtigt waren. Nachrangige Gläubiger erleiden durch eine solche Rangverschiebung keinen Nachteil, weil das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen unverändert bleiben.109 Sollten weitergehende Hausgeldansprüche noch nicht tituliert worden sein, könnte der frei gewordene Vorrang auch durch eine entsprechende Anmeldung seitens des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschöpft werden. In beiden Fällen bedarf der Mindestbetrag des § 10 Abs. 3 S. 1 (dazu sogleich) keiner Beachtung mehr, da das Vollstreckungsverfahren aus dem Vorrang ja bereits betrieben wird.110
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3. Geltendmachung des Befriedigungsvorrechts Wegen der privilegierten Hausgeldansprüche kann die Zwangsversteigerung aktiv durch Anordnung bzw. Zulassung des Beitritt zum Verfahren betrieben werden; sie können aber auch
105 Derleder, ZWE 2008, 13, 16; Schneider, ZfIR 2008, 161, 165. 106 Böttcher, § 10 Rz. 21; Schneider, ZMR 2010, 340, 341 f.; a.A. Alff/Hintzen, Rpfleger 2008, 165, 170. 107 Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Vollstreckungsschuldner zugleich Berechtigter eines Eigentümerrechts wäre. 108 BGH v. 14.6.2012 – V ZB 194/11, MietRB 2012, 263 = MDR 2012, 1251 = Rpfleger 2012, 701 = ZfIR 2012, 755; Schneider, ZMR 2010, 340, 343. 109 Der BGH scheint hier mit Alff, ZWE 2010, 105, 110 die Möglichkeit eines automatischen Aufrückens aus der Rangklasse 5 sehen zu wollen. Diese Sichtweise würde sich allerdings in Widerspruch zur „Beitrittslösung“ setzen, die noch von einer unterschiedlichen rechtlichen Qualität der Ansprüche in den Rangklassen 2 und 5 ausgegangen ist, vgl. BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = MDR 2008, 829 = NJW 2008, 1956 = Rpfleger 2008, 375 = ZWE 2008, 297. 110 Schneider, ZMR 2010, 340, 343.
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§ 10 Rz. 67 Rangordnung der Ansprüche lediglich in einem selbst oder von dritter Seite betriebenen Versteigerungsverfahren angemeldet werden.111 Der Gesetzgeber hat die jeweiligen Sonderregelungen für das Betreiben mit § 10 Abs. 3 und die Anmeldung mit § 45 Abs. 3 an verschiedenen Stellen im Gesetz geregelt. a) Privilegiertes Betreiben der Zwangsversteigerung (§ 10 Abs. 3) aa) Voraussetzungen des Betreibens (1) Vollstreckungsgläubiger 68
Die Geltendmachung der Hausgeldansprüche erfolgt durch die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 4).112 Alleiniger Rechtsinhaber der wohnungseigentumsrechtlichen Hausgeldansprüche ist der rechtsfähige Verband Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 10 Abs. 6 S. 1 u. 2 WEG; ihm steht das Verwaltungsvermögen mit den eingenommenen Geldern sowie den Verbindlichkeiten zu (§ 10 Abs. 7 S. 1 bis 3 WEG).113 Lediglich Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer müssen demgegenüber von diesen selbst verfolgt werden (vgl. § 10 Abs. 3 u. Abs. 1 Nr. 2 S. 5).
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Die Vertretung der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt durch den WEGVerwalter als deren gesetzlicher Vertreter (vgl. § 27 Abs. 3 WEG). Dazu ist zunächst der Nachweis der Verwalterbestellung erforderlich (vgl. § 24 Abs. 6 WEG). Eines förmlichen Bestellungsnachweises gem. § 26 Abs. 3 WEG, § 29 Abs. 1 GBO wie im Grundbuchverfahren bedarf es im Versteigerungsverfahren nicht; § 29 GBO findet hier keine Anwendung.114 Zusätzlich benötigt der WEG-Verwalter noch einen besonderen Nachweis seiner Ermächtigung zur Klage gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG. Eine solche ist nämlich für das aktive Betreiben eines gerichtlichen Verfahrens im Gegensatz zu einer bloßen Anmeldung erforderlich.115
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Ältere Zahlungstitel weisen bisweilen noch sämtliche Wohnungseigentümer persönlich116 oder den WEG-Verwalter als Gläubiger117 aus, weil dieser nach der seinerzeitigen Rechtslage in gewillkürter Prozessstandschaft den Hausgeldanspruch im eigenen Namen eingeklagt hat. Solche Vollstreckungstitel sind zunächst auf den rechtsfähigen Verband Wohnungseigentümergemeinschaft als zutreffenden Gläubiger umzuschreiben. Andernfalls würde das Vollstreckungsgericht mit der weitergehenden Anspruchs- und Identitätsprüfung hinsichtlich solcher Alttitel befasst. Die privilegierte Anordnung der Zwangsversteigerung in der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ist daher allein dem rechtsfähigen Verband vorbehalten.118 Zu Alt- und Übergangsfällen im Zuge der WEG-Novelle 2007 s. ausf. im Hdb des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht.119
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Ist bereits ein wirksamer Erwerbsvertrag abgeschlossen und im Grundbuch durch Eintragung einer Vormerkung gesichert sowie der Besitz an dem Wohnungseigentum auf den Erwerber übertragen worden, können Hausgeldansprüche auch von einer sog. werdenden Wohnungs-
111 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825. 112 Die Wortwahl der sowohl für Betreiben als auch Anmeldung geltenden Nr. 2 ist zu eng; andererseits kann für die Person des Betreibenden nichts anderes gelten als für die des Anmeldenden. 113 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, MietRB 2017, 226 = MDR 2017, 695 = ZWE 2017, 360. 114 Schneider, ZMR 2018, 119. 115 BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = ZfIR 2018, 232. 116 Exemplarisch KG v. 12.3.2019 – 1 W 56/19, Rpfleger 2019, 338 Ls. = ZfIR 2019, 322 Ls. 117 Exemplarisch BGH v. 13.9.2001 – V ZB 15/01, BGHZ 148, 392 = MDR 2002, 24 = NJW 2001, 3627 = Rpfleger 2002, 17 = ZfIR 2001, 1029. 118 A.A. Hk-ZV/Sievers, § 10 Rz. 24. 119 HdbFAMuW/Schneider, Kapitel 33 Rz. 92 ff.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 73 § 10
eigentümergemeinschaft120 geltend gemacht werden.121 Die im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 3 notwendige Titulierung erleichtert dem Vollstreckungsgericht hier – im Gegensatz zur Anmeldung (dazu § 45 Rz. 102 ff.) – die Prüfung der Vollstreckungsvoraussetzungen. Nach der hier vertretenen Auffassung wird man die (werdende) Wohnungseigentümergemeinschaft auch im Außenverhältnis als rechtsfähig und die werdende und die endgültige Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 10 Abs. 6 S. 1 WEG als identisch anzusehen haben. Der BGH hat jedenfalls die Parteifähigkeit des (werdenden) Verbandes für die Durchsetzung von Hausgeldansprüchen mehrfach angenommen.122 Zur Problematik s. ausf. die Kommentierung zu § 45 Abs. 3. (2) Betragsmäßige Anforderungen Zur Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nr. 2 müssen die dort genannten Beträge die Höhe des Verzugsbetrages nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes übersteigen; liegt ein vollstreckbarer Titel vor, so steht § 30 der Abgabenordnung einer Mitteilung des Einheitswerts an die in Absatz 1 Nr. 2 genannten Gläubiger nicht entgegen (§ 10 Abs. 3 S. 1). Der Wohnungseigentümer muss sich also mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung in Höhe eines Betrages, der 3 % des Einheitswertes seines Wohnungseigentums übersteigt, länger als drei Monate in Verzug befinden. Für die Berechnung des Verzugsbetrages bleiben Nebenleistungen unberücksichtigt.123 Der einmal durch die Anordnung der Zwangsversteigerung erlangte Vorrang des § 10 Abs. 1 Nr. 2 besteht für den betreibenden Verband bis zur vollständigen Tilgung der geltend gemachten Beträge einschließlich der Kosten fort.124 Selbst kurzfristige Teilzahlungen des Schuldners können somit keinen Wegfall des bestrangig betreibenden Gläubigers und dessen „Rückfall“ hinsichtlich des verbleibenden Anspruchs in die Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 bewirken.125
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Das Überschreiten der Wertgrenze ist zusätzliches Erfordernis für die Anordnung der Zwangsversteigerung; es gilt mithin nicht für eine bloße Anmeldung von Hausgeldansprüchen (vgl. § 45 Rz. 99). Es gilt aber auch nicht für die Zulassung eines Beitritts. Der Verzugsbetrag soll einen Wertungswiderspruch zu den Entziehungsvoraussetzungen des § 18 WEG verhindern.126 Demgemäß ist § 10 Abs. 3 S. 1 dann unbeachtlich, wenn die Anordnung der Zwangsversteigerung bereits für einen anderen Gläubiger oder die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst erfolgt ist. Im ersten Fall kann ein Wertungswiderspruch zu § 18 Abs. 2 Nr. 2
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120 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, MietRB 2016, 74 = MDR 2016, 264 = ZfIR 2016, 237 = ZWE 2016, 169; BGH v. 24.7.2015 – V ZR 275/14, BGHZ 206, 281 = NotBZ 2016, 31 m. Anm. Hueber = MietRB 2015, 296 = MDR 2015, 1171 = NJW 2015, 2877 = ZWE 2015, 406; BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 = NotBZ 2012, 449 m. Anm. Suppliet = MietRB 2012, 236 = MietRB 2012, 237 = MDR 2012, 958 = NJW 2012, 2650 = Rpfleger 2012, 641 = ZfIR 2012, 603 = ZWE 2012, 369; BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 = NotBZ 2008, 392 m. Anm. Otto = MietRB 2008, 270 = MDR 2008, 1088 = NJW 2008, 2639 = Rpfleger 2008, 564 = ZfIR 2008, 866 = ZWE 2008, 378. 121 Exemplarisch BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = ZfIR 2018, 232. 122 BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = ZfIR 2018, 232; zuvor bereits BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, MietRB 2016, 74 = MDR 2016, 264 = ZfIR 2016, 237 = ZWE 2016, 169: Parteifähigkeit jedenfalls insoweit, als der Verband die aus dem Innenverhältnis herrührenden Ansprüche gerichtlich geltend macht. 123 Böttcher, § 10 Rz. 22b; Stöber, § 10 Rz. 16.2; a.A. Alff/Hintzen, Rpfleger 2008, 165, 167. 124 Alff, ZWE 2010, 105, 111; Bräuer/Oppitz, ZWE 2007, 326, 329; Derleder, ZWE 2008, 13, 15; Hügel/ Elzer, Das neue WEG-Recht (2007), § 15 Rz. 15; Schneider, ZfIR 2008, 161, 164. 125 A.A. AG Heilbronn v. 27.10.2010 – 2 K 29/09, IGZInfo 2011, 46. 126 BT-Drucks. 16/887 S. 45.
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§ 10 Rz. 73 Rangordnung der Ansprüche WEG nicht mehr eintreten127; im anderen Fall müssen die Voraussetzungen bei der Anordnung ja bereits vorgelegen haben.128 74
Das Überschreiten der Wertgrenze des § 10 Abs. 3 S. 1 ist Vollstreckungsvoraussetzung. Diese Voraussetzung ist wie die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen vom Gläubiger nach § 16 Abs. 2 durch Vorlage des Einheitswertbescheides für das zu beschlagnahmende Wohnungseigentum urkundlich nachzuweisen.129 Die Nachweisführung war zunächst im Detail unklar und umstritten.130 So wurde z.B. das Heranziehen von Einheitswertbescheiden vergleichbarer Wohnungen in derselben Anlage durchaus kritisch gesehen.131 Der Nachweis konnte u.a. dadurch geführt werden, dass die Forderung, wegen der der Beitritt beantragt wurde, 3 % des rechtskräftig festgesetzten Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts überstieg.132 Zulässig war auch eine Verwertung des nach § 54 Abs. 1 S. 4 GKG zu Kostenzwecken mitgeteilten Einheitswerts.133 Gelang der Nachweis danach nicht, führte das Fehlen des Einheitswertbescheides aber nicht zur vollständigen Zurückweisung des Versteigerungsantrags, sondern nur dazu, dass die Versteigerung der Hausgeldrückstände nicht in der Rangklasse 2, sondern in der Rangklasse 5 angeordnet werden konnte.134 Wird der Einheitswertbescheid später nachgereicht, kann das Vollstreckungsgericht zwar seine ursprüngliche Anordnung nicht mehr ändern. Es hat jedoch in der Rangklasse 2 auf Antrag den Beitritt der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 27 zuzulassen (sog. Beitrittslösung).135 Der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung in der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 umfasst damit als „Minus“ den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung in der Rangklasse 5.136 Demgegenüber kommt ein Zurückstellen der Entscheidung über den Beitrittsantrag bis zur Vorlage des steuerlichen Einheitswertbescheides bzw. der gerichtlichen Festsetzung des Verkehrswertes nicht in Betracht.137 Ein Schwebezustand zur Erlangung der bevorrechtigten Rangklasse 2 ist weder gesetzlich vorgesehen noch hinnehmbar; er ist im Hinblick auf die spätere Beitrittsmöglichkeit auch nicht notwendig.138
127 BT-Drucks. 16/887 S. 45 f. 128 Nicht richtig daher BGH v. 7.5.2009 – V ZB 142/08, MDR 2009, 950 = MietRB 2009, 232 = NJW 2009, 2066 = Rpfleger 2009, 518 = ZfIR 2009, 475. 129 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = MDR 2008, 829 = NJW 2008, 1956 = Rpfleger 2008, 375 = ZWE 2008, 297. 130 Eine Darstellung der seinerzeit angestellten Überlegungen zum Einheitswertnachweis findet sich bei Schneider, ZMR 2008, 727. 131 Abl. BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = MDR 2008, 829 = NJW 2008, 1956 = Rpfleger 2008, 375 = ZWE 2008, 297. 132 BGH v. 2.4.2009 – V ZB 157/08, MDR 2009, 829 = MietRB 2009, 232 = NJW 2009, 1888 = Rpfleger 2009, 399 = ZfIR 2009, 477. 133 BGH v. 7.5.2009 – V ZB 142/08, MDR 2009, 950 = MietRB 2009, 232 = NJW 2009, 2066 = Rpfleger 2009, 518 = ZfIR 2009, 475; a.A. FG Düsseldorf v. 12.11.2008 – 4 K 170/08 AO, Rpfleger 2009, 258 = ZWE 2009, 81. 134 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = MDR 2008, 829 = NJW 2008, 1956 = Rpfleger 2008, 375 = ZWE 2008, 297. 135 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = MDR 2008, 829 = NJW 2008, 1956 = Rpfleger 2008, 375 = ZWE 2008, 297. Ob an dieser Auffassung heute noch festgehalten werden kann, erscheint zweifelhaft, nachdem ein unterschiedlicher Rechtscharakter von Hausgeldansprüchen in der Rangklasse 2 und der Rangklasse 5 nunmehr vom BGH abgelehnt wird. 136 LG Mönchengladbach v. 4.11.2008 – 5 T 239/08, Rpfleger 2009, 257. 137 So aber BGH v. 2.4.2009 – V ZB 157/08, MDR 2009, 829 = MietRB 2009, 232 = NJW 2009, 1888 = Rpfleger 2009, 399 = ZfIR 2009, 477. 138 Böttcher, § 10 Rz. 22b; Schneider, ZfIR 2009, 479, 481.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 79 § 10
Die in der Vergangenheit bestehenden Nachweisschwierigkeiten sind für die Praxis durch Einfügung des § 10 Abs. 3 S. 1 2. Hs. zwischenzeitlich wohl behoben139, wenngleich sich dadurch noch kein klageweise durchsetzbarer Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaften gegenüber den Finanzbehörden auf Erteilung eines Einheitswertbescheides ergibt.140
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(3) Titelmäßige Anforderungen Für die Vollstreckung im Vorrang der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 genügt ein rechtskräftiger oder vorläufig vollstreckbarer Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind (§ 10 Abs. 3 S. 2). Das kann auch ein Vollstreckungsbescheid sein.141 Ein dinglicher Titel zur Duldung der Zwangsvollstreckung ist in Rangklasse 2 nicht erforderlich.142 Die geforderten Angaben müssen sich nicht unbedingt unmittelbar aus dem Tenor ergeben; es reicht aus, wenn sie sich aus den Gründen des Urteils ergeben. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen (§ 10 Abs. 3 S. 3). Zu denken ist hier insbesondere an die Fälle, in denen die erforderlichen Angaben aus dem Titel selbst nicht zu ersehen sind, so bei Urteilen gemäß § 313a Abs. 1 und 2 ZPO (Urteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe) und gemäß § 313b ZPO (Versäumnis-, Anerkenntnis- und Verzichtsurteil). Hier können die Voraussetzungen des Abs. 3 S. 2 dadurch glaubhaft gemacht werden, dass z.B. ein Doppel der Klageschrift vorgelegt wird.143
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Das Vollstreckungsgericht ist gem. § 10 Abs. 3 S. 2 an die Falschbezeichnung einer Wohngeldforderung im Vollstreckungsbescheid als Forderung aus „Miete für Wohnraum“ gebunden, ohne dass insoweit eine anderweitige Glaubhaftmachung gem. § 10 Abs. 3 S. 3 möglich wäre.144
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Bei der Vollstreckung in Wohnungseigentum genügt ein Zahlungstitel über die Gesamtsumme von Hausgeldrückständen für mehrere Wohnungseigentumseinheiten desselben Schuldners zur Einordnung in der Rangklasse 2 von § 10 Abs. 1 nur, wenn sich die anteilige Höhe des Verzugsbetrags für das konkrete vom Zwangsversteigerungsverfahren betroffene Wohnungseigentum aus der Begründung des Titels ergibt oder zumindest durch Auslegung mit Hilfe der dazu gehörigen Antragsschrift ermitteln lässt (Objektbezug). Eine Glaubhaftmachung des Verzugsbetrags für das einzelne Wohnungseigentum erst im Zwangsversteigerungsverfahren soll hingegen nicht zulässig sein.145 Will man solchermaßen in der Praxis aufgrund einer Gesamtabrechnung ergangene Titel nicht für unvollstreckbar halten, bietet sich zur objektmäßigen Aufschlüsselung ebenfalls eine Glaubhaftmachung z.B. durch eidesstattliche Versicherung des WEG-Verwalters an.146
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Die Rangklasse gehört zur Art des Anspruchs, die nach § 16 Abs. 1 im Anordnungsbeschluss zu bezeichnen ist.147 Erfolgt die Anordnung der Zwangsversteigerung oder die Zulassung des
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139 Eingefügt durch Art. 8 d G zur Reform des Kontopfändungsschutzes v. 7.7.2009 (BGBl. I S. 1707). 140 Commans, ZfIR 2009, 489; Drasdo, ZMR 2009, 742; a.A. Klein, ZWE 2009, 421, 431; F. Schmidt, ZWE 2009, 276. 141 BT-Drucks. 16/887 S. 46. 142 BT-Drucks. 16/887 S. 46. 143 LG Heilbronn v. 28.11.2011 – 1 T 408/11, ZWE 2012, 277; BT-Drucks. 16/887 S. 46. 144 LG Mönchengladbach v. 4.11.2008 – 5 T 239/08, Rpfleger 2009, 257. 145 LG Itzehoe v. 28.7.2008 – 11 T 11/08, ZMR 2008, 913; LG Passau v. 4.3.2008 – 2 T 22/08, Rpfleger 2008, 381. 146 So zumindest Alff, ZWE 2010, 105, 106; HdbFA MuW/Schneider, Kap. 33 Rz. 194. 147 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = MDR 2008, 829 = NJW 2008, 1956 = Rpfleger 2008, 375 = ZWE 2008, 297.
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§ 10 Rz. 79 Rangordnung der Ansprüche Beitritts nicht antragsgemäß in der privilegierten Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1, so soll gegen die vermeintlich fehlerhafte Einordnung in die Rangklasse 5 die sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO möglich sein.148 Richtigerweise ist die sofortige Beschwerde jedoch dann unzulässig, wenn die nicht antragsgemäße Verbescheidung keine Auswirkungen auf das geringste Gebot und damit auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen hat,149 Die Frage der richtigen Rangklasse ist nämlich eine Frage der Befriedigungsreihenfolge, die erst in der Erlösverteilung abschließend geklärt wird. Würde die Eigentümergemeinschaft bei der Erlösverteilung in der Rangklasse 5 keine Zuteilung erhalten, wohl aber in der Rangklasse 2, wäre der zulässige und richtige Rechtsbehelf der Widerspruch (§ 115) gegen den fehlerhaften Rang nach § 10 Abs. 1.150 80
Im Range des Anspruchs sind berücksichtigungsfähig die Kosten der die Befriedigung aus dem Wohnungseigentum bezweckenden Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2). Zu den dinglichen Rechtsverfolgungskosten gehören nicht die Kosten einer persönlichen Klage und die damit verbundenen Kosten der Ausfertigung und Zustellung eines entsprechenden Urteils (vgl. Rz. 213). Bei den Hausgeldansprüchen der Rangklasse 2 wird man jedoch die Kosten für die Beschaffung des Titels im Vorrang berücksichtigen können, weil gem. § 10 Abs. 3 S. 2 hier ausnahmsweise der persönliche Zahlungstitel für eine (nach hier vertretener Auffassung: dingliche) Vollstreckung im Vorrang genügt.151 Demgegenüber geht die Auffassung zu weit, sämtliche Prozesskosten als Kosten der Verwaltung iSd § 16 Abs. 2 WEG im Vorrang des § 10 Abs. 1 Nr. 2 zu berücksichtigen152; § 10 Abs. 2 setzt notwendige Kosten der Rechtsverfolgung voraus.
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Ein Antrag auf Festsetzung von Mehrkosten, die dadurch entstanden sind, dass ein oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt worden sind, kann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein. Dies ist der Fall, wenn Wohngeldrückstände für mehrere Wohnungen desselben Eigentümers von der Wohnungseigentümergemeinschaft jeweils in Einzelverfahren geltend gemacht wurden, obwohl die Durchsetzung der Ansprüche auch in einem (einzigen) Verfahren möglich war, und bei der späteren Vollstreckung aus dem Urteil im Wege der Zwangsversteigerung keine ernsthaften Schwierigkeiten zu erwarten waren.153 Die in den Einzelverfahren festzusetzenden Erstattungsbeträge sind in diesem Fall auf einen Anteil an den Kosten herabzusetzen, die bei Durchsetzung aller Rückstände in einem Verfahren entstanden wären. Der Anteil entspricht dem Anteil des Streitwerts des Einzelverfahrens an dem Streitwert des an sich einzuleitenden Gesamtverfahrens.154 bb) Ausgewählte Rechtsfolgen (1) Verhältnis von Hausgeldansprüchen und Erwerbsvormerkungen
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Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 betreibt, sind gegenüber einer (Rück-)Erwerbsvormerkung stets vorrangig. Diese ist nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen und erlischt mit dem Zuschlag; erwirbt der Vormerkungsberechtigte nach der Beschlagnahme das Eigentum, ist das 148 BGH v. 14.6.2012 – V ZB 194/11, MietRB 2012, 263 = MDR 2012, 1251 = Rpfleger 2012, 701 = ZfIR 2012, 755; LG Stuttgart v. 15.3.2018 – 2 T 442/17, Rpfleger 2018, 490 = ZfIR 2018, 631 Ls. 149 Böttcher, ZfIR 2019, 113, 116; Hintzen, Rpfleger 2018, 492. 150 Böttcher, ZfIR 2019, 113, 116. 151 Alff, ZWE 2010, 105, 106; Schneider, ZMR 2011, 421. 152 So aber LG Bonn v. 17.8.2011 – 5 S 77/11, MietRB 2012, 79 = ZWE 2012, 139 = ZMR 2011, 985. 153 A.A. noch LG Itzehoe v. 28.7.2008 – 11 T 11/08, ZMR 2008, 913. 154 BGH v. 18.10.2012 – V ZB 58/12, ZMR 2013, 552.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 84 § 10
Verfahren fortzusetzen und nicht gem. § 28 Abs. 1 S. 1 einzustellen.155 Dazu bedarf es keiner Umschreibung des Vollstreckungstitels gegen den neuen Eigentümer; das Verfahren wird gegen denjenigen Schuldner fortgesetzt, gegen den es zulässigerweise angeordnet worden ist.156 Der BGH begründet seine Entscheidung in diesem Punkt allein mit der vollstreckungsrechtlichen Einordnung der Hausgeldansprüche in die bessere Rangklasse („2 vor 4“) und gelangt auf diese Weise zu einer quasi-dinglichen Haftung.157 Nachteile zeigen sich allerdings für die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft im Anmeldungsfall. Die grundsätzlich bestehende Wahlmöglichkeit zwischen eigenem Betreiben der Zwangsversteigerung und Anmeldung zu einem von dritter Seite betriebenem Verfahren wird nämlich insoweit de facto außer Kraft gesetzt, als sich das Hausgeldprivileg wegen seiner Gläubigerabhängigkeit im Anmeldefall als untergangsgefährdet erweist.158 (2) Insolvenz des Wohnungseigentümers (2.1) Fälligkeit der privilegierten Hausgeldansprüche vor Insolvenzeröffnung In der Insolvenz eines Wohnungseigentümers ist die Wohnungseigentümergemeinschaft wegen der nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 bevorrechtigten, vor der Insolvenzeröffnung fällig gewordenen Hausgeldansprüche ohne die Notwendigkeit einer vorherigen Beschlagnahme des Wohnungseigentums absonderungsberechtigt. Die Einordnung in die Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 gewährt ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück, das im Insolvenzverfahren im Wege der abgesonderten Befriedigung gem. § 49 InsO verfolgt werden kann, ohne dass eine Beschlagnahme des Wohnungseigentums vor Insolvenzeröffnung erforderlich ist. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann deswegen auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Hausgeldforderungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 in einem – durch einen anderen absonderungsberechtigten Gläubiger, den Insolvenzverwalter oder durch sie selbst wegen eines anderen zur Absonderung berechtigenden Anspruchs betriebenen – Zwangsversteigerungsverfahren anmelden, ohne dass insoweit ein (Zahlungs-) Titel erforderlich ist.159
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Weiterhin eröffnet § 49 InsO im eröffneten Insolvenzverfahren der Wohnungseigentümergemeinschaft die Möglichkeit, nach § 10 Abs. 3 die Zwangsversteigerung zu betreiben, indem sie entweder die Beschlagnahme der Wohnung durch den Antrag auf Zwangsversteigerung selbst erwirkt oder aber der Zwangsversteigerung durch einen anderen absonderungsberechtigten Gläubiger beitritt. Sie kann dies sowohl in den Fällen, in denen sie vor Insolvenzeröffnung gegen den Schuldner bereits einen Titel erstritten hat wie auch in den Fällen, in denen sie vor Insolvenzeröffnung den säumigen Wohnungseigentümer wegen der ausstehenden Hausgeldansprüche noch nicht verklagt hat. Allerdings ist zu diesem Zeitpunkt eine Zahlungsklage nicht mehr zulässig. Sofern die Berechtigten gegen den säumigen Wohnungseigentümer vor der Insolvenzeröffnung keinen Zahlungstitel erlangt haben, können sie den das Absonderungsrecht bestreitenden Insolvenzverwalter aber mit der Pfandklage analog § 1147
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155 BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 = NotBZ 2014, 463 m. Anm. Suppliet = MietRB 2014, 268 = MDR 2014, 988 = NJW 2014, 2445 = Rpfleger 2014, 613 = ZfIR 2014, 654. 156 LG Tübingen v. 22.4.2016 – 5 T 72/16, MietRB 2016, 264 = ZfIR 2016, 638. 157 Zutr. Reymann, ZIP 2014, 1899, 1900. 158 Ausf. Schneider, ZfIR 2014, 657, 659. 159 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825; LG Berlin v. 22.7.2009 – 85 S 18/09 WEG, ZMR 2010, 142 = ZWE 2010, 228; AG Koblenz v. 10.12.2009 – 133 C 1461/09 WEG, ZMR 2010, 568; Alff, ZWE 2010, 105, 111; Derleder, ZWE 2008, 13, 20; Schneider, ZMR 2009, 165, 170; Suilmann, ZWE 2010, 385, 386; a.A. Fabis, ZfIR 2010, 354, 358; Kesseler, NJW 2009, 121, 122.
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§ 10 Rz. 84 Rangordnung der Ansprüche BGB auf Duldung der Zwangsversteigerung in die Eigentumswohnung in Anspruch nehmen.160 Bis hierhin kann dem IX. Zivilsenat des BGH uneingeschränkt gefolgt werden. 85
Nach Auffassung des BGH muss im Klagefall das Prozessgericht und nicht das Vollstreckungsgericht feststellen, ob die Voraussetzungen des Vorrechts gegeben sind.161 Der konkrete Umfang des Vorrechts lässt sich jedoch erst in einem Zwangsversteigerungsverfahren bestimmen, so dass zur Titulierung eine abstrakte Beschreibung des Vorrangbereichs genügen muss.162 Bei der Ermittlung des maßgeblichen Beschlagnahmezeitpunkts soll für den Insolvenzfall unter der Beschlagnahme im Sinne von §§ 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, 13 Abs. 1 die Insolvenzeröffnung zu verstehen sein, sofern die Eigentumswohnung nicht schon vorher nach §§ 20, 22 beschlagnahmt worden ist.163 Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann deshalb nach dieser Auffassung wegen der vor der Insolvenzeröffnung fälligen Forderungen aus dem Jahr der Insolvenzeröffnung und zwei weiteren davor liegenden Jahren aus der Rangklasse 2 in die Eigentumswohnung des Schuldners vollstrecken. Wegen laufender Beträge kann sie die Vollstreckung nur noch wegen des letzten vor der Insolvenzeröffnung fällig gewordenen Betrages aus der Rangklasse 2 betreiben.164 (2.2) Fälligkeit der privilegierten Hausgeldansprüche nach Insolvenzeröffnung
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Die nach der Insolvenzeröffnung fällig werdenden Hausgeldansprüche sollen dagegen Masseschulden sein (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 InsO).165 Wegen dieser Masseschulden könne die Wohnungseigentümergemeinschaft den Insolvenzverwalter auf Zahlung verklagen und aus einem Zahlungstitel in die Masse vollstrecken. Unter den Voraussetzungen des § 90 InsO sei das auch aus der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 in das zur Insolvenzmasse gehörige Wohnungseigentum möglich. Habe der Insolvenzverwalter jedoch nach § 208 InsO Masseunzulänglichkeit angezeigt, könne die Wohnungseigentümergemeinschaft die Wohngeldforderungen, die nach Insolvenzeröffnung, aber vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit entstanden sind (Altmasseverbindlichkeiten), weder mit der Zahlungsklage verfolgen, noch wegen dieser Ansprüche in die Masse vollstrecken (§§ 209 f. InsO).166 Wirtschaftlich wären damit nach Insolvenzeröffnung fällig werdende Hausgeldansprüche für die Eigentümergemeinschaften verloren, weil selbst eine Zwangsvollstreckung aus der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 angesichts der voreingetragenen Grundpfandrechte regelmäßig nicht erfolgversprechend verlaufen wird.
160 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825. 161 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825. 162 LG Berlin v. 28.9.2010 – 55 S 87/10, MietRB 2011, 81 = ZWE 2011, 97; Becker, ZfIR 2013, 809, 811; Schneider, ZWE 2014, 61, 66; a.A. Brückner, ZNotP 2013, 326, 332. 163 BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = Rpfleger 2018, 398 = ZfIR 2018, 232; BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825; a.A. dagegen zu Recht unter Zugrundelegung eines fortwirkenden sog. „Grundlagenrechts“ der Wohnungseigentümer Becker, FS Derleder, 2015, S. 33, 45. 164 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825. 165 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825; OLG Köln v. 15.11.2007 – 16 Wx 100/07, NZI 2008, 377 allerdings für die Zeit vor Einführung des Rangklassenprivilegs; MüKoInsO/Hefermehl, § 55 Rz. 83 ff. allerdings ohne Problematisierung der Rechtsnatur der privilegierten Hausgeldansprüche. 166 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825; OLG Düsseldorf v. 28.4.2006 – I-3 Wx 299/05, NZI 2007, 50 = ZfIR 2007, 870 allerdings für die Zeit vor Einführung des Rangklassenprivilegs.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 88 § 10
Dieser Rechtsauffassung des IX. Zivilsenats kann nicht gefolgt werden;167 sie wird der hier vertretenen dinglichen Rechtsnatur des Befriedigungsvorrechts aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 nicht gerecht und kann sich allenfalls auf die persönlichen Zahlungsansprüche des säumigen Wohnungseigentümers beziehen. Zunächst ist dem IX. Zivilsenat zuzustimmen, wenn er feststellt, dass wohnungseigentumsrechtliche „Hausgeldansprüche ähnlich einer privaten Last auf dem Grundstück ruhen“.168 Private Lasten sind aber gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie auf der Sache liegende Verpflichtungen zu einer Leistung darstellen, die aus der Sache selbst zu entrichten sind und den Nutzungswert mindern.169 Dazu gehören persönliche Zahlungsansprüche aber gerade nicht. Vor diesem Hintergrund vermag auch die Anwendung des § 91 InsO auf nach Verfahrenseröffnung fällig werdende Hausgeldforderungen nicht zu überzeugen.170 Ein Recht an einem Gegenstand der Insolvenzmasse wird nämlich nicht erst gem. § 91 Abs. 1 InsO nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam erworben, wenn es bereits vorher durch dingliche Bevorrechtigung gesichert ist.171 Wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldansprüche entspringen aber einer bereits vor Insolvenzeröffnung gesicherten Rechtsposition (vgl. § 16 Abs. 2 WEG) und werden durch die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer lediglich noch betraglich konkretisiert; sie sind deshalb jenseits der persönlichen Hausgeldforderung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 insolvenzfest.172 Dieses dinglich bezogene Grundlagenrecht des Wohnungseigentümerverbandes ist zeitlich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Wohnungseigentümers angelegt. Es ist daher in der nachfolgenden Insolvenz in der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG genauso zu behandeln wie ein nach Insolvenzeröffnung geltend gemachter aus der Zwangsverwaltung resultierender Ersatzanspruch des dort betreibenden Gläubigers (Rangklasse 1),173 eine nach Insolvenzeröffnung entstandene und/oder geltend gemachte öffentliche Last (Rangklasse 3)174 oder nach Insolvenzeröffnung entstandene Zins- und Kostenansprüche eines Grundpfandrechts175 und ebensolche Erbbauzinsen176 (jeweils Rangklasse 4).177
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Nach hier vertretener Auffassung kann daher auch wegen der erst nach Insolvenzeröffnung entstandenen privilegierten Hausgeldansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung analog § 1147 BGB gegen den Insolvenzverwalter erhoben und die Zwangsversteigerung im Vorrang der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 durchgeführt werden.
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167 Ebenfalls ablehnend: LG Berlin v. 22.7.2009 – 85 S 18/09 WEG, ZMR 2010, 142 = ZWE 2010, 228; Alff, ZWE 2010, 105, 112; Becker, FS Derleder, 2015, S. 33, 43 f.; Böttcher, § 10 Rz. 22d; Derleder, ZfIR 2011, 830; Drasdo, NZI 2011, 736; Mayer, ZfIR 2012, 86; Schneider, ZMR 2012, 749. Krit. auch MüKoInsO/Ganter, § 49 Rz. 51b. 168 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10 – Rz. 23, MietRB 2011, 346 = MDR 2011, 1160 = NJW 2011, 3098 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825. 169 RG v. 21.9.1907 – V 601/06, RGZ 66, 316, 318; OLG Hamm v. 26.10.1988 – 13 U 96/86, NJW 1989, 839. 170 Drasdo, NZI 2011, 736. 171 Derleder, ZfIR 2011, 830. 172 Becker, ZWE 2013, 6, 9; Schneider, ZMR 2012, 749, 757. 173 Soweit mit der hier vertretenen Auffassung überhaupt die Möglichkeit zum eigenständigen Betreiben anerkannt wird (vgl. Rz. 27). 174 BGH v. 6.10.2011 – V ZB 18/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 271; MüKo InsO/Ganter § 49 Rz. 53; zur früheren KO ebenso OVG Münster v. 10.8.1998 – 22 A 2059/95, Rpfleger 1999, 89 = ZMR 1999, 209 und Hornung, KKZ 1995, 67. 175 BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 132/07, MDR 2008, 1301 = NJW 2008, 3064; BGH v. 5.12.1996 – IX ZR 53/96, BGHZ 134, 195 = MDR 1997, 250 = NJW 1997, 522 = Rpfleger 1997, 228 = ZIP 1997, 120. 176 Der gesetzliche Erbbauzinsanspruch ist dinglicher Natur; vgl. BGH v. 20.10.2005 – IX ZR 145/04, MDR 2006, 470 = NZI 2006, 97 = Rpfleger 2006, 94. 177 Schneider, ZMR 2012, 749, 757.
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§ 10 Rz. 89 Rangordnung der Ansprüche b) Anmeldung der privilegierten Hausgeldansprüche 89
Die Anmeldung der Hausgeldansprüche erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 4). Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 5). Zur Anmeldung s. ausführlich die Erläuterungen zu § 45 Abs. 3. c) Keine Privilegierung
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Soweit nach dem vorstehend Gesagten eine Privilegierung der Hausgeldansprüche nicht (mehr) in Betracht kommt, fehlt es im Gegensatz zu den Ansprüchen aus öffentlichen Lasten und dinglichen Rechten (Rangklassen 3 u. 4 des § 10 Abs. 1) an einer den Rangklassen 7 und 8 vergleichbaren „Auffangrangklasse“. Wegen der nicht privilegierten Hausgeldansprüche muss daher die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 5 betrieben werden, um ein Recht auf Befriedigung aus dem Wohnungseigentum zu erlangen. Davon ausgenommen sind lediglich diejenigen Hausgeldansprüche, die durch Eintragung einer Zwangssicherungshypothek im Grundbuch bereits eine Absicherung in der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 erfahren haben. 4. Wohnungseigentumsrechtliches Entziehungsverfahren
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Zur rechtlichen Einordnung und der verfahrensmäßigen Behandlung eines wohnungseigentumsrechtlichen Entziehungsverfahrens s. Abschn. E.
V. Rangklasse 3 (Öffentliche Lasten) Spezielle Literatur: Becker, Kommunale Abgaben als öffentliche Lasten des Wohnungseigentums, ZfIR 2012, 403; Drischler, Baulasten in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1986, 289; Drischler, Die Grundsteuer in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1984, 340; Engels, Altlasten in der Zwangsversteigerung und in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2010, 557; Fischer, Der lange Weg der verbrauchsabhängigen Benutzungsgebühren im Rahmen der öffentlichen Lasten nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG, ZfIR 2012, 489; Fischer, Verbrauchsabhängige Benutzungsgebühren als unbegrenztes Vorrecht in der Zwangsversteigerung? – Ein Beitrag zur „Last mit den öffentlichen Lasten“ in Rangklasse 3 des Zwangsversteigerungsrechts, ZfIR 2011, 468; Glotzbach/Goldbach, Immobiliarvollstreckung, 7. Aufl. 2018; Goldbach, Überall anders! In welchen Bundesländern sind grundstücksbezogene Benutzungsgebühren als öffentliche Grundstückslasten ausgestaltet?, KKZ 2016, 222; Hartung, Grundsteuer und weitere öffentliche Grundstückslasten in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2013, 661; Hornung, Grundsteuer und Zwangsversteigerung, KKZ 1988, 205; Mayer, Bundes-Bodenschutzgesetz und Bodenschutzlastvermerk in Grundbuch und Zwangsversteigerung, RpflStud 1999, 108; Röder-Persson, Das Privileg der öffentlichen Grundstückslast im Zwangsversteigerungsgesetz im Lichte der Abschaffung des fiskalischen Konkursprivilegs, 2003; Schneider, Einmalige öffentliche Lasten in der Zwangsversteigerung eines Grundstücks, ZfIR 2019, 666; Schoss, Altlasten in der Zwangsversteigerung und in der Zwangsverwaltung, IGZInfo 2007, 135; Sievers, Säumniszuschläge und Kosten in der Rangklasse 3 des § 10 ZVG, Rpfleger 2006, 522; Stoltenberg, Öffentliche Lasten in der Zwangsversteigerung, RpflJB 1988, 370.
1. Befriedigungsvorrecht a) Öffentliche Lasten am Grundstück 92
Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1). 88
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 94 § 10
b) Begriffsbestimmung Das Zwangsversteigerungsgesetz enthält keine Begriffsbestimmung der öffentlichen Grund- 93 stückslast. Bereits der historische Gesetzgeber sah sich dazu außerstande.178 Ob eine Abgabenverpflichtung diese Eigenschaft hat, richtet sich nach der gesetzlichen Regelung, die ihr zugrunde liegt. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 kann sich die Rechtsgrundlage auch aus dem Landesrecht ergeben. Es muss sich um eine Abgabenverpflichtung handeln, die auf öffentlichem Recht beruht, durch wiederkehrende oder einmalige Geldleistungen zu erfüllen ist und nicht nur die persönliche Haftung des Schuldners, sondern auch die dingliche Haftung des Grundstücks voraussetzt. Das für die Abgabe maßgebende öffentliche Bundes- oder Landesrecht entscheidet mithin darüber, ob die Abgabenverpflichtung zu den öffentlichen Grundstückslasten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 gehört. Dabei muss die Verpflichtung in dem Abgabengesetz nicht unbedingt als öffentliche Last bezeichnet sein; es genügt vielmehr, wenn sich diese Eigenschaft aus der rechtlichen Ausgestaltung der Zahlungspflicht und aus ihrer Beziehung zum Grundstück ergibt. Im letzteren Fall muss jedoch aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit aus der gesetzlichen Regelung eindeutig hervorgehen, dass die Abgabenverpflichtung auf dem Grundstück lastet und mithin nicht nur eine persönliche Haftung des Abgabenschuldners, sondern auch die dingliche Haftung des Grundstücks besteht. Zweifel in dieser Hinsicht schließen eine Berücksichtigung der Zahlungspflicht als öffentliche Last aus.179 c) Exemplarische öffentliche Grundstückslasten aa) Öffentliche Grundstückslasten nach Bundesrecht (1) Bodensanierung Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren180, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen (§ 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG).181 Soweit durch den Einsatz öffentlicher Mittel bei Maßnahmen zur Erfüllung der Pflichten nach § 4 BBodSchG der Verkehrswert eines Grundstücks nicht nur unwesentlich erhöht wird und der Eigentümer die Kosten hierfür nicht oder nicht vollständig getragen hat, hat er einen von der zuständigen Behörde festzusetzenden Wertausgleich in Höhe der maßnahmenbedingten Wertsteigerung an den öffentlichen Kostenträger zu leisten (§ 25 Abs. 1 S. 1 BBodSchG). Der Ausgleichsbetrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück (§ 25 Abs. 6 S. 1 BBodSchG). Er wird in der
178 Dass der Gesetzgeber für die Einordnung in den Rangklassen 3 und 7 eine „externe“ dingliche Haftung bereits voraussetzt, erklärt sich allein aus der Vielgestaltigkeit der öffentlichen Abgaben und Lasten und dem Mangel allgemein anerkannter Kategorien und bezeichnender Merkmale. Vor diesem Hintergrund sah sich die Reichsgesetzgebung nicht in der Lage, eine Bestimmung darüber zu treffen, welche Abgaben und Lasten im Sinne der Vorschrift zu den öffentlichen zu rechnen sind. Deshalb sollte sich aus den Landesgesetzen ergeben, „ob die Abgabe aus dem Grundstücke zu entrichten ist bzw auf demselben haftet“; Motive Amtliche Ausgabe 1889 § 9, 93. 179 BGH v. 30.3.2012 – V ZB 185/11, Rpfleger 2012, 560 = ZfIR 2012, 504; BGH v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 683 = ZfIR 2010, 696; BGH v. 30.6.1988 – IX ZR 141/87, MDR 1989, 60 = NJW 1989, 107 = Rpfleger 1988, 541. 180 Zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung der Norm s. BGH v. 29.9.2016 – I ZR 11/15, NVwZ 2017, 416 Ls. 181 G. z. Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (BBodSchG) v. 17.3.1998 (BGBl. I, S. 502).
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§ 10 Rz. 94 Rangordnung der Ansprüche Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 auf Anmeldung berücksichtigt.182 Auf den Ausgleichsbetrag nach § 25 des Bundes-Bodenschutzgesetzes wird durch einen Vermerk über die Bodenschutzlast in Abt. II des Grundbuchs hingewiesen (§ 93b Abs. 1 S. 1 GBV). (2) Erschließungsbeiträge 95
Erschließungskosten sind Kosten der Planung, der erstmaligen Herstellung und des Erwerbs öffentlicher Wege, Straßen, Grünanlagen und Plätze (vgl. § 127 Abs. 2 BauGB). Zur Deckung dieser Kosten erheben die Kommunen Erschließungsbeiträge (§ 127 Abs. 1 BauGB). Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen (§ 133 Abs. 2 S. 1 BauGB). Der Beitrag wird einen Monat nach der Bekanntgabe des Beitragsbescheids fällig (§ 135 Abs. 1 BauGB). Beitragspflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheids Eigentümer des Grundstücks ist. Ist das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so ist der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 EGBGB belastet, so ist der Inhaber dieses Rechts anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Mehrere Beitragspflichtige haften als Gesamtschuldner; bei Wohnungs- und Teileigentum sind die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil beitragspflichtig (§ 134 Abs. 1 BauGB). Der Beitrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück bzw. den anderen genannten Belastungsgegenständen (§ 134 Abs. 2 BauGB). Zinsen auf die Erschließungsbeiträge sind nur im Falle ihrer Verrentung möglich (§ 135 Abs. 3 BauGB).
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Fällige Erschließungskosten sind in der Versteigerung des Grundstücks rechtzeitig anzumelden (§ 37 Nr. 4, 110). Sie werden dann ins geringste Gebot aufgenommen und aus dem Versteigerungserlös gedeckt. Eine zum Zwangsversteigerungsverfahren nicht angemeldete öffentliche Grundstückslast erhält infolgedessen keine Deckung. Sie darf auch nicht mittels Duldungsbescheid beim Ersteher des Grundstücks erhoben werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Nichtanmeldung vom Gläubiger der öffentlichen Grundstückslast weder verschuldet wurde noch zu vertreten ist.183 Die nicht angemeldeten Erschließungsbeiträge erlöschen damit mit dem Zuschlag (§§ 91 Abs. 1, 52 Abs. 1 S. 2).184 Ab dem Zuschlag hat der Ersteher die danach fällig werdenden Erschließungskosten zu tragen (§ 56 S. 2). Weist die Kommune trotz bereits erkennbarer Kostenlast im Versteigerungstermin nicht auf die demnächst nach dem Zuschlag eintretende Fälligkeit von Erschließungsbeiträgen hin, soll deren Geltendmachung ohne Anmeldung verwirkt sein.185 Dies erscheint zumindest fraglich, wenn nicht zuvor das Vollstreckungsgericht einen mit einer entsprechenden Aufforderung verbundenen Hinweis erteilt hat.186 Richtigerweise wird man wohl davon auszugehen haben, dass noch gar keine (bezifferbare) rückständige öffentliche Last existiert; dann besteht aber auch kein Rechtsgrund für eine Anmeldung im Versteigerungsverfahren.187 (3) Flurbereinigungsbeiträge
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Die Teilnehmer an einem Flurbereinigungsverfahren können zu Geld- und Sachbeiträgen herangezogen werden (§ 19 FlurbG). Die Beitrags- und Vorschusspflicht ruht als öffentliche Last auf den im Flurbereinigungsgebiet liegenden Grundstücken. Die einzelnen Grundstücke haften jedoch nur in der Höhe der auf sie entfallenden Anteile der berechneten Beiträge und Vorschüsse (§ 20 FlurbG). Eigentümern von Grundstücken, die nicht zum Flurbereinigungs182 183 184 185 186 187
Schoss, IGZInfo 2007, 135; Mayer, RpflStud 1999, 108, 110. Sächs. OVG v. 7.3.2013 – 5 A 278/10 zit. www.justiz.sachsen.de//ovgentschweb/. Stoltenberg, RpflJB 1988, 370. Stoltenberg, RpflJB 1988, 370. So zumindest Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 73. Ähnlich Stöber, § 10 Rz. 6.17 lit. a).
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 100 § 10
gebiet gehören, aber von der Flurbereinigung wesentliche Vorteile haben, ist durch den Flurbereinigungsplan ein den Vorteilen entsprechender Beitrag zu den Ausführungskosten aufzuerlegen. Auch dieser Beitrag ruht als öffentliche Last auf den Grundstücken, für die er festgesetzt ist (§ 106 FlurbG). (4) Grundsteuern Die Grundsteuer ruht auf dem Grundstück oder einem vergleichbaren Steuergegenstand als 97a öffentliche Last (§ 12 GrStG). Die Grundsteuer wird für das Kalenderjahr festgesetzt (§ 27 Abs. 1 S. 1 GrStG). Die Grundsteuer wird zu je einem Viertel ihres Jahresbetrags am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig (§ 28 Abs. 1 GrStG). Wird ein Steuergegenstand übereignet, so haftet der Erwerber neben dem früheren Eigentümer für die auf den Steuergegenstand entfallende Grundsteuer, die für die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres zu entrichten ist. Das gilt allerdings nicht für Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und für Erwerbe im Vollstreckungsverfahren (§ 11 Abs. 2 GrStG); hier haftet mit dem Zuschlag der Ersteher (§ 56 S. 2) und zwar dinglich auch für die Zeit vom Zuschlag bis zum Ende des Kalenderjahres.188 Der Ersteher haftet nicht für nach dem Zuschlag infolge einer Wertberichtigung rückwirkend festgesetzte Grundsteuern.189 Die als öffentliche Last des Grundstücks ausgestalteten Grundsteuerforderungen sind als dingliche Rechte im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Europäischen Insolvenzverordnung (jetzt: Art. 8 EuInsVO 2015) anzusehen.190 Die Entscheidung bedeutet, dass aus der Grundsteuer als öffentlicher Last im Rang des § 10 Abs. 1 Nr. 3 weiterhin auch gegen ausländische Eigentümer aus dem Raum der EuInsVO vollstreckt werden darf, unabhängig von der für deren Insolvenzverfahren geltenden lex fori concursus.191 Im entschiedenen Fall war die französische Insolvenzschuldnerin Eigentümerin einer Immobilie in Deutschland, bei der Grundsteuerrückstände aufgelaufen waren.
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(5) Schornsteinfegergebühren Der Eigentümer hat für Tätigkeiten des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers, insbesondere zur Vornahme der Feuerstättenschau, zur Erstellung des Feuerstättenbescheids und für anlassbezogene Prüfungen Gebühren zu entrichten (§ 20 Abs. 1 S. 1 SchfHwG). Die Gebühren sind eine öffentliche Last des Grundstücks und sind von den Grundstückseigentümern, im Fall von Wohnungseigentum von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder, falls die Anlage zum Sondereigentum gehört, von dem Wohnungseigentümer zu tragen (§ 20 Abs. 2 S. 1 SchfHwG).
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(6) Umlegungsverfahren In einem Umlegungsverfahren können Ausgleichzahlungen für Mehrwerte nach den §§ 57 bis 61 BauGB zu leisten sein. Die Geldleistungen werden grundsätzlich mit der Bekanntmachung nach § 71 BauGB fällig. Die Fälligkeit der Ausgleichsleistungen für Mehrwerte kann allerdings bis zu längstens zehn Jahren hinausgeschoben werden; dabei kann vorgesehen werden, dass die Bezahlung dieser Ausgleichsleistungen ganz oder teilweise in wiederkehrenden Leistungen erfolgt. Wird die Fälligkeit hinausgeschoben oder erfolgt die Zahlung in wieder-
188 BVerwG v. 14.8.1992 – 8 C 15/90, NJW 1993, 871 = Rpfleger 1992, 443. 189 BVerwG v. 7.9.1984 – 8 C 30/82, BVerwGE 70, 91 = NJW 1985, 756 = Rpfleger 1985, 35. 190 BGH v. 8.12.2016 – V ZB 41/14, MDR 2017, 604 = Rpfleger 2017, 294 nach der Vorlage-Entscheidung des EuGH v. 26.10.2016 – C-195/15, ZfIR 2017, 8 („Senior home“). 191 Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 76.
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100
§ 10 Rz. 100 Rangordnung der Ansprüche kehrenden Leistungen soll die Ausgleichsleistung ab Fälligkeit und bei Anfechtung des Umlegungsplans lediglich wegen der Höhe einer Geldleistung diese in Höhe des angefochtenen Betrags ab Inkrafttreten des Umlegungsplans dem Grund nach mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich verzinst werden (§ 64 Abs. 2 BauGB). 101
Die Verpflichtungen des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten zu Geldleistungen nach den §§ 57 bis 61 BauGB gelten als Beitrag und ruhen als öffentliche Last auf dem Grundstück oder dem Erbbaurecht (§ 64 Abs. 3 BauGB). Diese öffentlichen Lasten sind ausnahmsweise im Grundbuch zu vermerken (§ 64 Abs. 6 BauGB). Näher bestimmten Grundpfandrechten kann auf Antrag von der Kommune ein Befriedigungsvorrecht vor der öffentlichen Last für den Fall der Zwangsvollstreckung bewilligt werden (§ 64 Abs. 4 BauGB).
102
Die vorgenannten Vorschriften finden im vereinfachten Umlegungsverfahren entsprechende Anwendung (§ 81 Abs. 2 S. 4 BauGB). (7) Wasser- und Bodenverbandsbeiträge
103
Die Verbandsmitglieder von Wasser- und Bodenverbänden sind verpflichtet, dem jeweiligen Verband Beiträge zu leisten, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist (§ 28 Abs. 1 WVG).192 Wer, ohne Verbandsmitglied zu sein, als Eigentümer eines Grundstücks oder einer Anlage, als Inhaber von Bergwerkseigentum oder als Unterhaltungspflichtiger von Gewässern von dem Unternehmen des Verbands einen Vorteil hat (Nutznießer), kann mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde wie ein Mitglied zu Geldbeiträgen herangezogen werden (§ 28 Abs. 3 WVG). Verbandsbeiträge sind öffentliche Abgaben. Die Beitragspflicht der dinglichen Verbandsmitglieder ruht als öffentliche Last auf den Grundstücken, Bergwerken und Anlagen, mit denen die dinglichen Verbandsmitglieder an dem Verband teilnehmen (§ 29 WVG). bb) Öffentliche Grundstückslasten nach Landesrecht
104
Die landesrechtlichen Regelungen sind kaum noch zu überschauen und einem stetigen Wandel unterworfen.193 Sie lassen sich nach zwei Gruppen klassifizieren: (1) Eigenständige landesrechtliche Regelungen
105
Solche landesrechtlichen Regelungen sind in unterschiedlichen eigenständigen Quellen angelegt. So finden sich etwa altrechtliche Regelungen in Ausführungsgesetzen zum BGB und zum ZVG, in zahlreichen Landesausführungsgesetzen zu weiteren Bundesgesetzen und einer Fülle länderspezifischer Einzelvorschriften. Hierzu gehören insbesondere Deich-, Kirchen-, Patronats-, und Schullasten, Sielabgaben sowie Versicherungsbeiträge für Versicherungsgesellschaften öffentlichen Rechts, soweit sich die Verträge auf den Grundbesitz und die für die Hypotheken haftenden Gegenstände beziehen (z.B. Brandversicherungsbeiträge, Hagel- und Viehversicherungen).194
192 Wasserverbandsgesetz (WVG) v. 12.2.1991 (BGBl. I S. 405). 193 Vgl. Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 84: „schlechterdings nicht mehr überschaubarer (…) Flickenteppich der öffentlichen Lasten nach Landesrecht“. Als umso verdienstvoller müssen daher die extremen Fleißarbeiten von Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 37 und Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 87 bis 117 jew. m. zahlr. Nachw. angesehen werden. Auf diese Zusammenstellungen kann für die aktuelle Rechtslage uneingeschränkt verwiesen werden. 194 Glotzbach/Goldbach, Rz. 16.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 107 § 10
(2) Grundstücksbezogene Benutzungsgebühren Daneben finden sich zunehmend Versuche, kommunale Abgaben wie z.B. die Kosten der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung oder Müllabfuhrgebühren landesrechtlich als öffentliche Lasten auszugestalten.195 Auf diese Weise soll ursprünglich ohne dingliche Wirkung ausgestatteten Benutzungsgebühren das Vollstreckungsprivileg der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 verschafft werden.196 Dies kann durch eine kommunale Satzung rechtswirksam allerdings nur dann erfolgen, wenn ihre Ermächtigungsgrundlage im KommunalabgabenG (KAG) des jeweiligen Bundeslandes die Begründung einer öffentlichen Last zulässt.197 Grundlegende Voraussetzung für die Einordnung von Benutzungsgebühren als öffentliche Last ist damit in einem ersten Schritt die Ermächtigung der Kommune durch das jeweilige KAG zur Ausgestaltung einer Abgabe als öffentliche Grundstückslast und in einem zweiten Schritt das Gebrauchmachen von diesem Recht durch eine Kommune in ihrer Satzung.198
106
Zur besseren Verdeutlichung, welche Bundesländer bereits solche grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren ermöglichen, dient die nachfolgende tabellarische Übersicht.
107
Übersicht zu den durch landesrechtliche Bestimmungen als öffentliche Grundstückslasten ausgestalteten Kommunalabgaben199 Bundesland
Beitrag
grundstücksbezogene Benutzungsgebühren
Norm
Baden-Württemberg
ja
ja
§§ 21, 27 KAG BW für Beiträge § 13 Abs. 3 KAG BW für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren
Bayern
ja
ja
Art. 5 und 5a KAG Bayern für Beiträge Art. 8 KAG Bayern für Benutzungsgebühren Art. 9 KAG Bayern für Grundstücksanschlüsse
Berlin
ja
nein
§§ 4, 10 Gesetz über Gebühren und Beiträge des Landes Berlin (GebGBerlin) und Art 2 PrAGZVG für Beiträge § 4, 10 GebG-Berlin für Benutzungsgebühren
Brandenburg
ja
nein
§§ 8 und 10 KAG Brandenburg für Beiträge und Grundstücksanschlüsse § 6 KAG Brandenburg für Benutzungsgebühren
195 BGH v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, MDR 2010 = 1083, Rpfleger 2010, 683 = ZfIR 2010, 696 m. krit. Anm. Traub; ebenfalls krit. Fischer, ZfIR 2011, 468, 471 ff. 196 Vgl. dazu die LT-Drucks. NW 14/4981 v. 11.9.2007, S. 73 f.: Es ging darum, die Kommunen durch „dingliche Sicherungsrechte über § 10 Abs. 1 Nr. 3 [ZVG …] und Absonderung in der Insolvenz […]“ besserzustellen. 197 BGH v. 30.6.1988 – IX ZR 141/87, MDR 1989, 60 = NJW 1989, 107 = Rpfleger 1988, 541; BGH v. 22.5.1981 – V ZR 69/80, MDR 1981, 1002 = NJW 1981, 2127 = Rpfleger 1981, 349. 198 Glotzbach/Goldbach, Rz. 35. 199 Goldbach, KKZ 2016, 222 mit Erg. (mit freundlicher Genehmigung des Verlags W. Reckinger GmbH & Co. KG).
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§ 10 Rz. 107 Rangordnung der Ansprüche Bundesland
Beitrag
grundstücksbezogene Benutzungsgebühren
Norm
Bremen
ja
nein
§§ 17 und 21 Bremisches Gebührenund Beitragsgesetz (BremGebBeitrG) für Beiträge §§ 12, 12a, 13 BremGebBeitrG für Benutzungsgebühren und Anschlusskosten
Hamburg
ja
ja
§ 3 Hamburgisches Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (HmbAGZVG) für Wasserversorgungsgebühren § 23 Sielabgabengesetz Hamburg für Schmutz- und Niederschlagswassergebühren
Hessen
ja
ja
§§ 11 und 11a KAG Hessen für Beiträge § 10 Abs. 6 KAG Hessen für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren § 12 KAG Hessen für Haus- und Grundstücksanschlusskosten
Mecklenburg-Vorpommern
ja
ja
§ 7 Abs. 6 KAG Mecklenburg-Vorpommern für Beiträge § 6 Abs. 4 KAG Mecklenburg-Vorpommern für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren
Niedersachsen
ja
nein
§ 6 Abs. 8 und 9 NKAG für Beiträge § 5 NKAG für Benutzungsgebühren
Nordrhein-Westfalen
ja
ja
§ 6 Abs. 5 KAG NRW für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren § 8 Abs. 9 KAG NRW für Beiträge § 10 Abs. 3 KAG NRW für Anschlusskosten § 59 Abs. 4 VwVG für grundstücksbezogene Ersatzvornahmekosten
Rheinland-Pfalz
ja
ja
§ 7 Abs. 7 KAG RLP für Beitrage und grundstücksbezogene Benutzungsgebühren § 13 Abs. 2 KAG RLP für Grundstücksanschlüsse
Saarland
ja
ja
§ 8 Abs. 12 SaarlKAG für Beiträge § 8 SaarlAbfallwirtschG, § 50 SaarlWasserG für Wasserbenutzungsgebühren Gesetz zur Änderung der Organisation des Entsorgungsverbandes Saar und zur Entlastung der Gemeinden für Abfallgebühren
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 108 § 10
Bundesland
Beitrag
grundstücksbezogene Benutzungsgebühren
Norm
Sachsen
ja
nein
§ 27 SächsKAG für Beiträge § 14 SächsKAG für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren
Sachsen-Anhalt
ja
nein
§ 6 Abs. 9 KAG-LSA für Beiträge; § 5 KAG-LSA für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren; § 9 KAG-LSA für Grundstücksanschlusskosten
Schleswig-Holstein
ja
ja
§ 8 Abs. 7 KAG S-H für Beiträge § 6 Abs. 7 KAG S-H für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren § 9a KAG S-H für Anschlusskosten
Thüringen
ja
nein
§ 7 Abs. 11 ThürKAG für Beiträge § 14 ThürKAG für Anschlusskosten § 12 ThürKAG für Benutzungsgebühren
Bei den grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren gilt es noch einen Sonderfall zu beachten. So ist in den Kommunalabgabengesetzen der einzelnen Bundesländer nicht einheitlich geregelt, ob nach einer Begründung von Wohnungs- und Teileigentumsrechten nur eine anteilige Haftung der Miteigentümer am Grundstück mit ihrem jeweiligen Sondereigentum besteht oder nicht. In den Kommunalabgabengesetzen der Länder wird zum Teil ausdrücklich angeordnet, dass Wohnungseigentümer nur anteilig entsprechend ihrem Miteigentumsanteil grundstücksbezogene Benutzungsgebühren und Beiträge schulden und auch nur in diesem Umfang eine dingliche Last auf dem Grundstück ruht (Art. 5 Abs. 6 S. 2, Abs. 7 S. 1 BayKAG; § 6 Abs. 8 S. 4 2. Hs., Abs. 9 letzter Hs. NKAG; § 7 Abs. 10 S. 3, Abs. 11 S. 1 ThürKAG; jeweils für Beiträge). In Baden-Württemberg besteht für grundstücksbezogene Benutzungsgebühren eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer;200 hingegen ruht eine dingliche Last nur entsprechend dem Miteigentumsanteil auf dem Grundstück (§ 13 Abs. 3 iVm. § 27 letzter Hs., § 21 Abs. 2 S. 2 2. Hs. KAG BW). In den Gesetzen anderer Länder fehlt eine derartige Einschränkung (§ 6 Abs. 5 KAG-NW für Benutzungsgebühren und § 8 Abs. 9 KAGNW für Beiträge; § 7 Abs. 7 KAG Rheinland-Pfalz für Gebühren und Beiträge; § 6 Abs. 4 S. 3 KAG Mecklenburg-Vorpommern für Gebühren, anders die dort in § 7 Abs. 6 letzter Hs., Abs. 2 S. 5 2. Hs. getroffene Regelung für Beiträge; § 8 Abs. 5 S. 6 des Saarländischen Abfallwirtschaftsgesetzes für Abfallentsorgungsgebühren, anders § 8 Abs. 8 S. 3, Abs. 12 SaarlKAG für Beiträge).201 § 6 Abs. 5 KAG-NW begründet nach dem Willen des Landesgesetzgebers von Nordrhein-Westfalen eine auf dem einzelnen Wohnungseigentum ruhende öffentliche Last in Höhe der für das gesamte Grundstück entstandenen Benutzungsgebühren, soweit diese nach der kommunalen Satzung grundstücksbezogen ausgestaltet sind und hiernach alle Inhaber von Miteigentumsanteilen an dem Grundstück gesamtschuldnerisch haften. Auch die bundesgesetzliche Regelung des § 10 Abs. 8 WEG steht dieser Sichtweise nicht entgegen.202 200 Vgl. VGH Mannheim v. 26.9.2008 – 2 S 1500/06, NJW 2009, 1017, 1019; VGH Mannheim v. 4.10.2005 – 2 S 995/05, ZMR 2006, 818, 819. 201 BGH v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 683 = ZfIR 2010, 696. 202 BGH v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 683 = ZfIR 2010, 696.
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§ 10 Rz. 109 Rangordnung der Ansprüche 109
Für den Ersteher eines Wohnungseigentums in Nordrhein-Westfalen ist das Risiko der alleinigen Inanspruchnahme nicht kalkulierbar. Würde ein Wohnungseigentümer dort für die Beiträge in voller Höhe in Anspruch genommen, so stünde ihm zwar der Gesamtschuldnerausgleich gem. § 426 Abs. 2 BGB zu. Eine Titelumschreibung scheidet jedoch wegen der Rechtsnatur der öffentlichen Ansprüche aus, so dass ggf. neu prozessiert werden müsste. Deshalb ist es zielführend, wenn der BGH feststellt, dass eine von den Wohnungseigentümern als Miteigentümer des gemeinschaftlichen Grundstücks gesamtschuldnerisch zu tragende Abgabenschuld eine gemeinschaftsbezogene Pflicht im Sinne des § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 1 WEG darstellt. Im Innenverhältnis ist die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet, den durch Leistungsbescheid in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer von der Abgabenschuld freizustellen. Erfüllt der Wohnungseigentümer die Abgabenforderung aus eigenen Mitteln, steht ihm gegen die Gemeinschaft ein Erstattungsanspruch zu.203
110
In Berlin ergibt sich eine gesamtschuldnerische Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer weder aus den landesrechtlichen Vorschriften des Landes Berlin noch aus den Leistungsbedingungen der Berliner Stadtreinigungsbetriebe.204 cc) Keine öffentlichen Grundstückslasten (1) Persönliche Steuern
111
Nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 3 fallen persönliche Steuern des Eigentümers wie z.B. Einkommensteuer, Erbschaftsteuer, Grunderwerbsteuer, Vermögenssteuer und Hundesteuer, Gasund Stromkosten. (2) Betriebssteuern u.a.
112
Ebenfalls keine öffentlichen Lasten sind Betriebssteuern (§§ 74 f. AO) wie z.B. Gewerbe-, Umsatz-, Körperschafts- und Verbrauchsteuern auf Getränke und Tabak.205 (3) Sozialversicherungsbeiträge
113
Krankenkassen-, Berufsgenossenschafts- und andere Sozialversicherungsbeiträge sind keine öffentlichen Lasten (Ausnahme: Knappschaftsbeiträge).206 (4) Bußgelder
114
Festgesetzte Bußgelder z.B. wegen Nichteinhaltung öffentlich-rechtlicher Vorgaben stellen keine öffentliche Last iSv § 10 Abs. 1 Nr. 3 dar.207 (5) Baulasten
115
Es handelt sich nicht um öffentliche Lasten iSv § 10 Abs. 1 Nr. 3, weil es sich nicht um Geldleistungen handelt.208
203 BGH v. 14.2.2014 – V ZR 100/13, MietRB 2014, 103 = MDR 2014, 397 = NJW 2014, 1093. 204 BGH v. 22.3.2012 – VII ZR 102/11, BGHZ 193, 10 = MietRB 2012, 202 = MDR 2012, 699 = NJW 2012, 1948 = Rpfleger 2012, 561 = ZfIR 2012, 469. 205 Böttcher, § 10 Rz. 39. 206 Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 43. 207 Vgl. OLG Köln v. 5.5.1976 – 2 U 57/75, MDR 1976, 931. 208 Drischler, Rpfleger 1986, 289.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 122 § 10
(6) Hausgeldelemente Wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldzahlungen sind bereits in der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 privilegiert. In den Hausgeldbeiträgen können Leistungen des Bezirksschornsteinfegermeisters enthalten sein, die die Eigenschaft als öffentliche Last erfüllen (s.o.). In solchen Fällen können nicht die Wohnungseigentümer oder der WEG-Verwalter, sondern allein der Bezirksschornsteinfegermeister diese Ansprüche in der Rangklasse 3 geltend machen.209
116
(7) Kommunalabgaben Soweit Anschluss-, Benutzungs- und Bezugskosten für Gas, Wasser, Strom und Fernwärme sowie Abgaben für Müllentsorgung, Straßenreinigung und Abwasserbeseitigung nicht (zunehmend) als grundstücksbezogene Benutzungsgebühren ausgestaltet werden (dazu Rz. 106 ff.), stellen sie keine öffentlichen Lasten iSv § 10 Abs. 1 Nr. 3 dar.210
117
d) Eintragungsfähigkeit Die auf einem Grundstück ruhenden öffentlichen Lasten als solche sind von der Eintragung in das Grundbuch ausgeschlossen, es sei denn, dass ihre Eintragung gesetzlich besonders zugelassen oder angeordnet ist (§ 54 GBO). Die Eintragung entsprechender Vermerke ist ausdrücklich für den Mehrwertausgleichsbetrag in § 64 Abs. 6 BauGB und den Bodenschutzlastvermerk in § 93b GBV vorgesehen.
118
Dies schließt nicht aus, die Ansprüche aus der öffentlichen Last am fraglichen Grundstück durch Eintragung einer Grundschuld abzusichern; für die Eintragung einer Hypothek in Rangklasse 4 fehlt zumindest das Rechtsschutzinteresse. Einer Eintragung von Grundpfandrechten an einem anderen als dem für die öffentliche Last bereits haftenden Grundstück steht nichts entgegen.
119
Möglich und in der Praxis verbreitet ist die Eintragung einer Sicherungshypothek in das 120 Grundbuch unter der aufschiebenden Bedingung, dass das Vorrecht des § 10 Abs. 1 Nr. 3 wegfällt (§ 322 Abs. 5 AO). Auf diese Weise können ältere Rückstände, die aus dem Vorrechtszeitrahmen herausfallen (sonst Rangklasse7), in der besseren Rangklasse 4 abgesichert werden, ohne dass ihretwegen die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 5 betrieben werden muss. Wie im vergleichbaren Fall der Rangklasse 4 dürfen auch in der Rangklasse 3 Säumniszuschläge nicht kapitalisiert werden.211 Andernfalls könnte sich der die Zwangsvollstreckung betreibende Gläubiger einen Rangvorteil verschaffen(vgl. Rz. 152). Eine entsprechende Verfahrensweise für in der Rangklasse 2 eingeordnete privilegierte Hausgeldansprüche ist nicht möglich.212
121
2. Umfang a) Einmalige Leistungen Die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks genießen das Vorrecht der Rangklasse 3 wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Hs. 1). Die Vorschrift enthält keine Regelung darüber, wie der Vierjahres209 Vgl. zum früheren Recht Ebeling, Rpfleger 1986, 125. 210 Vgl. OLG Zweibrücken v. 27.11.2007 – 8 U 60/07, Rpfleger 2008, 218; BGH v. 28.9.2007 – V ZR 276/06, Rpfleger 2008, 128. 211 OLG Hamm v. 7.2.2013 – I-15 W 4 + 5/13, FGPrax 2013, 149; OLG München v. 26.1.2012 – 34 Wx 433/11, ZfIR 2012, 204 Ls. 212 OLG Dresden v. 22.11.2010 – 17 W 1165/10, ZWE 2011, 365.
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§ 10 Rz. 122 Rangordnung der Ansprüche zeitraum zu berechnen ist. Nach aktueller Ansicht des BGH gehören Ansprüche auf einmalige Entrichtung öffentlicher Lasten (z.B. Erschließungsbeiträge) dann in die Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1, wenn der Gläubiger innerhalb von vier Jahren nach dem Eintritt der Fälligkeit wegen dieses Anspruchs die Anordnung der Zwangsversteigerung bzw. Zulassung des Beitritts zu einem bereits anhängigen Verfahren beantragt oder seinen Anspruch angemeldet hat.213 Abzustellen ist damit maßgeblich auf den Zeitpunkt, zu dem der Gläubiger – unabhängig vom Betreiben anderer Gläubiger – seinen Anspruch erstmalig in das Verfahren einführt. 123
Die Frist kann jedoch erst dann zu laufen beginnen, wenn auch eine dingliche Haftung des Grundstücks besteht. Das setzt das Entstehen einer wirksamen Beitragspflicht aufgrund eines rechtmäßigen Beitragsbescheides voraus. Die von dem Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannte Möglichkeit der nachträglichen Heilung von Beitragsbescheiden im Erschließungsbeitragsrecht gilt auch, wenn das nachträglich hinzugetretene, als Heilung in Betracht kommende Ereignis in dem Erlass einer gültigen Beitragssatzung besteht.214
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Auf die Fristberechnung finden grundsätzlich die Vorschriften des BGB Anwendung (§ 31 Abs. 1 VwVfG, §§ 187, 188 BGB).215 b) Wiederkehrende Leistungen
125
Wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen das Vorrecht der Rangklasse 3 nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Hs. 2).
126
Zur Abgrenzung der laufenden (§ 13 Abs. 1 S. 1) von den rückständigen Beträgen (§ 13 Abs. 1 S. 2) kann auf die Ausführungen zu § 13 verwiesen werden. Für die Abgrenzung der laufenden Beträge der öffentlichen Lasten von den Rückständen kommt es allein auf die Umstände im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlagnahme des Grundstücks an. Eine öffentliche Last, die in diesem Zeitpunkt Rückstand ist, bleibt dies auch dann, wenn sie nach den abgaberechtlichen Vorschriften gegenüber einem neuen Eigentümer des Grundstücks später wiederum fällig gestellt wird.216
127
Die Zeitgrenzen des § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Hs. 2 sind weder durch Parteivereinbarung noch durch Stundung oder Ratenzahlung abdingbar.217 Das Vorrecht öffentlicher Lasten steht im Interesse klarer und eindeutiger Rangklassenregelungen weder sachlich noch zeitlich zur Disposition der Parteien. Eine Ausnahme ist wohl für solche öffentlichen Lasten zu machen, die zwingend und ohne eigene Ermessenentscheidung von der öffentlichen Hand zu stunden sind. Sie sind mangels Fälligkeit bis zum Zuschlag nicht rückständig iSd Vorschrift und daher auch noch für längere Zeiträume bei der Erlösverteilung zu berücksichtigen.218 213 BGH v. 24.5.2012 – IX ZR 175/11, MDR 2012, 1062 = NJW 2012, 2504 = ZfIR 2012, 713; BGH v. 20.12.2007 – V ZB 89/07, Rpfleger 2008, 213. Vormals andere Auffassungen dürften damit zumindest für die Praxis überholt sein; vgl. noch BGH v. 9.2.2006 – IX ZR 151/04, MDR 2006, 1133 = Rpfleger 2006, 424; Stöber, § 10 Rz. 6.17 lit. b) für eine Anmeldung, jetzt fortgeführt von Stöber/ Achenbach, § 10 Rz. 71. 214 BGH v. 24.1.2008 – V ZB 118/07, NJW 2008, 1445; BGH v. 20.12.2007 – V ZB 89/07, Rpfleger 2008, 213 mwN. 215 BGH v. 24.5.2012 – IX ZR 175/11, MDR 2012, 1062 = NJW 2012, 2504 = ZfIR 2012, 713 mit einem instruktiven Beispiel zur Berechnung für Erschließungskosten. 216 BVerwG v. 14.5.2014 – 9 C 7/12, ZfIR 2014, 815. 217 RG v. 11.7.1913 – V 60/13, RGZ 83, 87; Böttcher, § 10 Rz. 45. 218 OLG Stuttgart v. 17.3.2014 – 5 U 126/13, ZfIR 2014, 791 Ls. für Abwasserbeiträge nach § 28 KAGBW: „Werden Grundstücke vom Eigentümer landwirtschaftlich (…) oder als Wald genutzt, ist der Beitrag auf Antrag so lange und insoweit zinslos zu stunden, wie das Grundstück zur Erhaltung
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 131 § 10
Anders ist allerdings der Sachverhalt bei einer gesetzlich zugelassenen Verrentung an sich einmalig zu entrichtender öffentlicher Lasten zu beurteilen. In diesen Fällen stehen die verrenteten Jahresleistungen wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ausdrücklich gleich (vgl. z.B. § 135 Abs. 3 S. 4 BauGB für Erschließungsbeiträge und § 64 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB für Mehrwertausgleichsbeträge).219 Mit der Bestandskraft des Verrentungsbescheides treten die festgesetzten Rentenleistungen an die Stelle der bis dahin bestehenden einmaligen öffentlichen Last.220 Dies hat nach dem Zweck der Regelung (Erleichterung der Fremdfinanzierung ohne Nachteile für die öffentliche Hand) zur Folge, dass erst künftig nach Zuschlagserteilung fällig werdende Raten beim geringsten Gebot nicht zu berücksichtigen sind; sie erlöschen mithin auch nicht durch den Zuschlag. Für sie haftet vielmehr der Erwerber dinglich mit dem erworbenen Grundstück unabhängig von der Zwangsversteigerung.221 Die Rechtslage ähnelt damit den ebenfalls erst nach Zuschlag fällig werdenden Grundsteueransprüchen.
128
c) Nebenleistungen Das Recht zur vorzugsweisen Befriedigung aus dem Grundstück besteht bereits nach dem 129 Wortlaut der Vorschrift für Zinsen der öffentlichen Last (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Hs. 2). Nichts anderes hat auch für Säumniszuschläge gem. § 240 AO zu gelten.222 3. Geltendmachung a) Betreiben Wegen Ansprüchen der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 kann aufgrund eines im Verwaltungs- 130 zwangsverfahren erteilten Duldungsbescheides die Zwangsversteigerung betrieben werden (§§ 77, 191 AO ggf. iVm den landesrechtlichen Vorschriften). Die Ansprüche können sich aber auch in anderen Rangklassen wiederfinden, so z.B. bei aufschiebend bedingten Zwangshypotheken in Rangklasse 4, beim Betreiben wegen persönlicher Ansprüche in Rangklasse 5 oder wegen veralterter Ansprüche in Rangklasse 7, wenn nicht ihretwegen das Verfahren betrieben wird. b) Ablösung und Titelprobleme Öffentliche Grundstückslasten können sowohl nach § 268 BGB als auch nach § 1150 BGB ab- 131 gelöst werden.223 Die Ablösung kann sich auch lediglich auf diejenigen Ansprüche beschränken, wegen denen das Verfahren in der Rangklasse 3 betrieben wird, falls zugleich noch ältere Ansprüche in Rangklasse 7 zurückgefallen sind.224 Der Ablösende erhält auch hier den Rang der Rangklasse 3 (§§ 412, 401 Abs. 2 BGB). Zur Fortsetzung der Zwangsversteigerung aus die-
219 220 221 222 223 224
der Wirtschaftlichkeit des Betriebs landwirtschaftlich oder als Wald genutzt werden muss.“ Vgl. auch § 135 Abs. 4 BauGB. Sächs. OVG v. 26.6.2015 – 5 A 706/13 für Abwasserbeiträge nach dem SächsKAG, zit. www.justiz. sachsen.de//ovgentschweb/ = ZfIR 2015, 807 m. zust. Anm. Alff; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 46 aE. A.A. Stöber/Achenbach § 10 Rz. 56. Sächs. OVG v. 26.6.2015 – 5 A 706/13 für Abwasserbeiträge nach dem SächsKAG, zit. www.justiz. sachsen.de//ovgentschweb/ = ZfIR 2015, 807 m. zust. Anm. Alff, Glotzbach/Goldbach, Rz. 32; Schneider, ZfIR 2019, 666 mwN. BGH v. 24.5.2012 – IX ZR 175/11, MDR 2012, 1062 = NJW 2012, 2504 = ZfIR 2012, 713; BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 24/09, MDR 2010, 411 = Rpfleger 2010, 225; a.A. OVG Lüneburg v. 3.4.2017 – 9 LC 31/16, KKZ 2018, 282; Sievers, Rpfleger 2006, 522. Vgl. RG v. 18.1.1935 – V 347/34, RGZ 146, 317. BGH v. 6.10.2011 – V ZB 18/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 271.
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§ 10 Rz. 131 Rangordnung der Ansprüche ser Rangposition benötigt der Ablösende jedoch einen neuen Duldungstitel.225 Eine Umschreibung der Vollstreckungsklausel bzgl. des öffentlich-rechtlichen Titels ist nicht möglich. Ein weiteres Titulierungsproblem ergibt sich, wenn die öffentliche Hand im Wege der Pfändung auf ein dem Eigentümer (inzwischen) zustehendes Grundpfandrecht zugreifen will, um aus der gepfändeten Eigentümergrundschuld sodann die Zwangsversteigerung betreiben zu können. Dabei wird es sich in der Praxis oftmals um eine frühere Zwangssicherungshypothek handeln, die infolge Zahlung zwischenzeitlich auf den Eigentümer übergegangen ist (§§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 BGB; vgl. auch § 868 ZPO). Für diesen Fall ist unklar, ob die Zwangsvollstreckung in das Grundstück aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Duldungsbescheides erfolgen kann226 oder ob hierzu ein privatrechtlicher Duldungstitel gem. § 1147 BGB nötig ist.227 c) Insolvenz 132
In der Insolvenz des Grundstückseigentümers gewähren die öffentlichen Lasten ein Absonderungsrecht gem. § 49 InsO, das funktional einem Grundpfandrecht entspricht.228 Unter die Rangklasse 3 fallen auch öffentliche Lasten, die erst während des Insolvenzverfahrens entstanden sind.229 Während eines andauernden Insolvenzverfahrens besteht das Absonderungsrecht auch für (ältere) Lasten, wegen denen (trotz § 89 InsO) in Rangklasse 5 die Zwangsversteigerung betrieben werden kann.230 Aufgrund des bestehenden Absonderungsrechtes kann ein Duldungsbescheid auch noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter wirksam erlassen werden.231 d) Anmeldung
133
Da die Ansprüche der Rangklasse 3 nicht grundbuchersichtlich sind, müssen sie zur Vermeidung von Rangverlusten rechtzeitig angemeldet und auf Verlangen glaubhaft gemacht werden (§§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 114 Abs. 1, 156 Abs. 2 S. 4). Dazu genügt eine spezifizierte Aufstellung des Gläubigers.232 Der beanspruchte Vorrang ist anzugeben. Erfolgt die Anmeldung nicht rechtzeitig vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten, fallen die verspätet angemeldeten Ansprüche in die Rangklasse 9 (§ 110).
134
Zum Versteigerungstermin sind die wiederkehrenden Ansprüche bis zwei Wochen nach dem Termin zu berechnen (§ 47). In der Praxis wird hier bisweilen fehlerhaft nur bis zum Versteigerungstermin angemeldet. In der Anmeldung wird man im Wege der Auslegung eine gesetzlich zutreffende Anmeldung bis zu zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin sehen können. Zum Verteilungstermin werden die Ansprüche bis einen Tag vor dem Zuschlag berechnet; danach haftet der Ersteher für sie (§ 56 S. 2). Bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke muss angemeldet werden, auf welchem Grundstück welche Last in welcher Höhe ruht.233
225 226 227 228 229 230 231 232 233
100
RG v. 18.1.1935 – V 347/34, RGZ 146, 317, 319 f. So Goldbach, ZfIR 2016, 203. So AG Görlitz ZfIR 2016, 203. BGH v. 8.12.2016 – V ZB 41/14, MDR 2017, 604 = Rpfleger 2017, 294. MüKoInsO/Ganter, § 49 Rz. 53; zur früheren KO ebenso OVG Münster v. 10.8.1998 – 22 A 2059/95, Rpfleger 1999, 89 = ZMR 1999, 209 und Hornung, KKZ 1995, 67. BGH v. 6.10.2011 – V ZB 18/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 271. OVG Magdeburg v. 14.3.2006 – 4 L 328/05, zit. juris. Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 47; Hk-ZV/Sievers, § 9 Rz. 16. Böttcher, § 10 Rz. 46.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 138 § 10
e) Mehrere Ansprüche Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2). Die einzige Ausnahme bildet die heute nicht mehr aktuelle Hypothekengewinnabgabe nach dem LAG, die den übrigen öffentlichen Lasten und in bestimmten Fällen auch privaten Lasten im Rang nachgeht (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 3).
135
VI. Rangklasse 4 (Dingliche Rechte) Spezielle Literatur: Böttcher, Sonstige Nebenleistungen nach § 1115 BGB, Rpfleger 1980, 81; Hagemann, Die Tilgungshypothek im geringsten Gebot und Teilungsplan, RpflStud 1982, 25; Schalhorn, Der Rang der Grundpfandrechtszinsen im geringsten Gebot bei der Zwangsversteigerung, JurBüro 1971, 121.
1. Befriedigungsvorrecht a) Rechte am Grundstück Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge (§ 10 Abs. 1 Nr. 4). Das Befriedigungsvorrecht besteht nur für solche Rechte, die nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind und deshalb in Rangklasse 6 eingeordnet werden.
136
aa) Eingetragene Rechte am Grundstück Zu den eingetragenen Rechten an einem Grundstück gehören alle beschränkten dinglichen Rechte, die sich aus dem numerus clausus des Sachenrechts ergeben.
137
Dies sind zum Einen diejenigen dinglichen Rechte, die dem Berechtigten einen Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück vermitteln (§ 1147 BGB). Dazu gehören: – (Verkehrs-)Hypotheken (§ 1113 BGB) mit den verschiedenen Ausprägungen als – Abgeltungshypothek (Zahlungsmodalität § 488 BGB) – Arresthypothek (§ 932 ZPO) – Höchstbetragssicherungshypothek (§ 1190 BGB) – Sicherungshypothek (§ 1184 BGB) – Tilgungshypothek (Zahlungsmodalität § 488 BGB) – Zwangssicherungshypothek (§ 866 ZPO) – Grundschulden (§ 1191 BGB) mit den verschiedenen Ausprägungen als – isolierte Grundschuld – Sicherungsgrundschuld (§ 1192 Abs. 1a BGB) – Rentenschulden (§ 1199 BGB)
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101
§ 10 Rz. 138 Rangordnung der Ansprüche – Reallasten (§§ 1105, 1107 BGB) mit den verschiedenen Ausprägungen als – Erbbauzinsreallast (§ 9 ErbbauRG) – Entschädigungsforderung als Surrogat des erloschenen Erbbaurechts (§§ 27, 28 ErbbauRG)234 139
Dies sind zum Anderen diejenigen dinglichen Rechte, die dem Berechtigten einen Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös vermitteln (§ 92). Dazu gehören: – Grunddienstbarkeiten (§ 1018 BGB) – Nießbrauchsrechte (§ 1030 BGB) mit der Ausprägung als Altenteil (§ 49 GBO) – Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (§ 1090 BGB) mit der Ausprägung als – Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) – Altenteil (§ 49 GBO) – Privatrechtliche Vorkaufsrechte (§ 1094 BGB) – Wiederkaufsrechte (§ 20 RSG) – Erbbaurechte (§ 1 ErbbauRG) mit seinen Ausprägungen als – Wohnungs- und Teilerbbaurecht (§ 30 WEG) – Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte (§ 31 WEG)
140
Die vorgenannten Rechte sind bei der Zwangsversteigerung nicht nur als Fremdrechte, sondern auch dann zu berücksichtigen, wenn sie dem Eigentümer selbst zustehen (vgl. § 889 BGB), z.B. als – Eigentümerhypothek (§§ 1163, 1168, 1170, 1177 BGB) – Eigentümergrundschuld (§§ 1168, 1196 BGB) – Eigentümerreallast235 – Eigentümergrunddienstbarkeit236 – Eigentümernießbrauch237 – Eigentümerdienstbarkeit238 – Eigentümererbbaurecht (§ 2 Nr. 4 u. Nr. 7 ErbbauRG)239 – Eigentümerdauerwohn- bzw. -dauernutzungsrecht240 In diesen Fällen wird allerdings zu beachten sein, dass dem Eigentümer Zinsen nur im Rahmen der §§ 1177 Abs. 1 S. 2, 1197 Abs. 2 BGB gebühren. Die einzelnen Leistungen einer (Erbbauzins-)Reallast werden wie Hypothekenzinsen behandelt (§ 1107 BGB) mit der Folge, dass 234 BGH v. 11.4.2013 – V ZB 109/12, BGHZ 197, 140 = NotBZ 2013, 298 m. Anm. Maaß = MDR 2013, 768 = Rpfleger 2013, 441 = ZfIR 2013, 550: „dingliches Sicherungsmittel eigener Art, auf das die Vorschriften über Reallasten entsprechend anwendbar sind“. 235 Staudinger/Reymann, (2017), § 1105 Rz. 12. 236 RG v. 14.11.1933 – V B 10/33, RGZ 142, 231. 237 BGH v. 14.7.2011 – V ZB 271/10, BGHZ 190, 267 = NotBZ 2011, 388 m. Anm. Otto = MDR 2011, 1282 = NJW 2011, 3517 = Rpfleger 2011, 659 = ZfIR 2011, 874. 238 KG v. 8.1.2019 – 1 W 344/18, Rpfleger 2019, 255; OLG München v. 9.5.2012 – 34 Wx 448/11, DNotZ 2012, 778. 239 BGH v. 11.12.1981 – V ZR 222/80, MDR 1982, 657 = NJW 1982, 2381 = Rpfleger 1982, 143. 240 BayObLG v. 28.5.1997 – 2Z BR 60/97, BayObLGZ 1997, 163 = DNotZ 1998, 374.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 145 § 10
dem Grundstückseigentümer bei einem Eigentümererbbaurecht keine Erbbauzinsen gebühren.241 Zum Entfallen der Unverzinslichkeit bei Geltendmachung durch andere Personen s. § 44 Rz. 143 und § 45 Rz. 12. Kein Eigentümerrecht entsteht aus der Hypothek für Rückstände von Zinsen und anderen Nebenleistungen sowie für Kosten, wenn sie sich mit dem Eigentum in einer Person vereinigt (§ 1178 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Erlöschen tritt lediglich dann nicht ein, solange einem Dritten (Pfandgläubiger oder Nießbraucher) ein Recht an dem Anspruch auf eine solche Leistung zusteht (§ 1178 Abs. 1 S. 2 BGB).
141
bb) Gesicherte Rechte Durch Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs gesicherte Rechte sind wie unbedingte Rechte zu behandeln (§ 48). Eine Erwerbsvormerkung wird wie ein Recht der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 behandelt.242
142
cc) Nicht eingetragene Rechte am Grundstück Die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 erfasst auch (noch) nicht eingetragene Rechte am Grundstück. Dies kann auf deren fehlender Eintragungsfähigkeit oder deren außergrundbuchlicher Entstehungsmöglichkeit beruhen. Auch materiell nicht erloschene, aber gleichwohl gelöschte Rechte gehören hierher. Als dingliche Rechte, die ohne Grundbucheintragung bestehen können, kommen in Betracht:243 – Überbaurenten (§ 912 BGB) – Notwegerenten (§ 917 BGB) – Altrechtliche Dienstbarkeiten (Art. 187 EGBGB) – Nießbrauchsrechte an einem Recht (§ 1075 BGB) – Außergrundbuchliche Sicherungshypotheken (§ 1287 BGB, § 848 Abs. 2 ZPO) – Ohne die notwendigen materiellen Erklärungen gelöschte Rechte.
143
dd) Grundstücksrechte im Beitrittsgebiet Im Beitrittsgebiet gehören folgende Rechte in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1:244 – Hypotheken (§§ 452, 454a, 456 ZGB-DDR) – Vorkaufsrechte (§ 306 ZGB-DDR) – Nutzungsrechte für selbstständiges Gebäudeeigentum (§§ 288 Abs. 4, 292 Abs. 3 ZGBDDR) – Mitbenutzungsrechte (§ 321 ZGB-DDR; allerdings nur bei Antragstellung bis zum 1.1.2001, vgl. Art. 233 § 5 EGBGB)
144
ee) Keine Rechte am Grundstück Keine dinglichen Rechte sind der Ersatzanspruch des Besitzers und sein Befriedigungsrecht wegen Verwendungen (§§ 999, 1003 BGB)245 sowie das Zurückbehaltungsrecht des Besit241 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 128 aE. 242 BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 = NotBZ 2014, 463 m. Anm. Suppliet = MietRB 2014, 268 = MDR 2014, 988 = NJW 2014, 2445 = Rpfleger 2014, 613 = ZfIR 2014, 654. 243 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 116. 244 Böttcher, § 10 Rz. 49. 245 RG v. 2.10.1909 – V 187/09, RGZ 71, 424.
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145
§ 10 Rz. 145 Rangordnung der Ansprüche zers (§ 1000 BGB).246 Der Besitzer kann wegen dieser Ansprüche die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 5 betreiben, wenn er sich zuvor einen entsprechenden Vollstreckungstitel beschafft hat.247 146
Kein dingliches Recht ist auch der Rangvorbehalt (§ 881 BGB). Es handelt sich um ein Stück vorbehaltenes Eigentümerrecht, das mit dem Zuschlag auf den Ersteher übergeht (§ 881 Abs. 3 BGB). Zur Behandlung eines Rangvorbehalts s. ausf. § 44 Rz. 108 ff. b) Rechte an Grundstücksrechten
147
Rechtsgeschäftlich (vgl. § 1273 BGB) oder im Wege der Zwangsvollstreckung (vgl. §§ 829, 830, 857 ZPO) begründete Pfandrechte an einem Grundstücksrecht und ein Nießbrauchsrecht an einem Grundstücksrecht (vgl. § 1068 BGB) sind in der Rangklasse 4 bei dem betreffenden Recht zu berücksichtigen. 2. Umfang des Befriedigungsvorrechts a) Hauptanspruch
147a
In der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 werden die vorgenannten Grundstücksrechte mit ihrem jeweiligen Hauptanspruch ohne zeitliche Begrenzung berücksichtigt.
148
Zum Hauptanspruch gehören in der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 – anders als in der Rangklasse 3 – auch solche Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind. Sie werden regelmäßig als Eigentümerrecht zu berücksichtigen sein. Zur Tilgungshypothek s. ausf. mit Berechnungsbeispielen § 44 Rz. 155 ff. Die in den Annuitäten enthaltenen Tilgungsleistungen veraltern nicht. Sie stellen keine Nebenleistung iSd § 1115 BGB dar; sie sind vielmehr als Kapitalteile zu dessen allmählicher Tilgung zu entrichten.248 b) Nebenleistungen aa) Einmalige Nebenleistungen
149
Für einmalige Nebenleistungen besteht ebenfalls keine zeitliche Beschränkung bei der Geltendmachung.249 bb) Wiederkehrende Nebenleistungen
150
Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, sind in Rangklasse 4 nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge bevorrechtigt. Die Bestimmung der laufenden und rückständigen Beträge regelt sich nach § 13 Abs. 1.
151
Ältere Rückstände fallen in die Rangklasse 8 zurück, wenn nicht ihretwegen das Verfahren betrieben wird; in diesem Fall steigen sie in die Rangklasse 5 auf.
246 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 117. 247 RG v. 2.10.1909 – V 187/09, RGZ 71, 424, 431. 248 RG v. 18.1.1922 – V 203/21, RGZ 104, 68, 72; RG v. 12.12.1917 – V 227/17, RGZ 91, 297, 299; RG v. 4.3.1903 – V 37/03, RGZ 54, 88, 92. 249 Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 52.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 156 § 10
Eine Kapitalisierung von wiederkehrenden Nebenleistungen vor Erlöschen des Hauptanspruchs ist unzulässig und könnte andernfalls zu einer Umgehung der Zeitschranke in § 10 Abs. 1 Nr. 4 führen.250
152
Wird ein Grundpfandrecht im Grundbuch gelöscht, so erlischt es insgesamt auch für die eingetragenen Nebenleistungen. Dies gilt nach hier vertretener Auffassung auch dann, soweit der Gläubiger des Hauptanspruchs infolge einer Abtretung nicht (mehr) mit dem Berechtigten des Zinsanspruchs identisch sein sollte. Die rückständigen Zinsen scheiden nämlich in diesem Fall aus dem Grundbuch aus und nehmen am öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht mehr teil (vgl. § 1159 Abs. 2 BGB); sie folgen allein den Regeln über die Forderungsabtretung (§§ 398 ff. BGB).251 Ein solches „Zinsgrundpfandrecht“ kann damit nach Auffassung des OLG Hamm allenfalls nur eine auf Anmeldung zu berücksichtigende wirkungsgeminderte Rechtsposition vermitteln und soll sogar gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO von Amts wegen im Grundbuch zu löschen sein.252 Dies erscheint widersprüchlich. Konsequenterweise wird man wohl das Ausscheiden der Zinsansprüche aus dem Grundbuch als dingliche „Enthaftung“ zu werten haben; die Loslösung der rückständigen Zinsen vom Vollstreckungsgegenstand kann dann aber nicht über eine bloße Anmeldung ihre Wiedereinführung in das Verfahren bewirken. Ihretwegen müsste schon die Versteigerung betrieben werden; sie stünden dann allerdings in der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1.
153
c) Kosten Im Rang des Hauptanspruchs können weiterhin die Kosten der Kündigung und der dinglichen Rechtsverfolgung geltend gemacht werden (§ 10 Abs. 2). Dazu s. Rz. 210 ff.
154
3. Geltendmachung des Befriedigungsvorrechts a) Berücksichtigung des Vorrechts von Amts wegen Das Vorrecht der Rangklasse 4 wird für einige Ansprüche bereits von Amts wegen berücksichtigt (§ 45): – Hauptanspruch eines Rechtes, soweit es bei Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich ist (§ 45 Abs. 1) – Laufende Beträge der wiederkehrenden Leistungen (§ 45 Abs. 2)
155
Die wiederkehrenden Leistungen werden dabei wie folgt berücksichtigt: – Im geringsten Gebot bis 2 Wochen nach dem Versteigerungstermin (§ 47) – Im Teilungsplan bei bestehenbleibenden Rechten bis einen Tag vor dem Zuschlag (§ 56) – Im Teilungsplan bei erlöschenden Rechten bis einen Tag vor dem Verteilungstermin
156
250 Im Zusammenhang mit der Eintragung von Zwangshypotheken KG v. 7.3.2017 – 1 W 135/17, Rpfleger 2017, 389 = ZfIR 2017, 331; OLG München v. 15.4.2016 – 34 Wx 37/16, Rpfleger 2016, 556; OLG Nürnberg v. 10.4.2014 – 15 W 665/14, MDR 2014, 802 = Rpfleger 2014, 585; OLG München v. 30.9.2011 – 34 Wx 418/11, MDR 2011, 1381 = Rpfleger 2012, 140; OLG München v. 30.9.2011 – 34 Wx 356/11, Rpfleger 2012, 138; OLG Köln v. 13.12.2010 – 2 Wx 199/10, zit. juris; OLG Hamm v. 8.1.2009 – I-15 Wx 291/08, Rpfleger 2009, 447 m. Anm. Hintzen; OLG Schleswig v. 17.3.1982 – 2 W 1/82, Rpfleger 1982, 301 m. Anm. Hellmig; Musielak/Voit/Becker, § 866 Rz. 4; HdbFAMW/Schneider, Kapitel 33 Rz. 60; a.A. LG Bonn v. 22.9.1981 – 4 T 490/81, Rpfleger 1982, 75; Stöber, Einl. Rz. 66.2, jetzt in der 22. Aufl. Einl. Rz. 321 von Stöber/Keller aufgegeben. 251 Vgl. zu der im Grundbuchverfahren entbehrlichen Löschungsbewilligung des Zinsgläubigers OLG Hamm v. 4.11.2015 – I-15 W 476/15, Rpfleger 2016, 218; OLG München v. 14.5.2014 – 34 Wx 144/14, NotBZ 2014, 306; OLG Nürnberg v. 23.3.2011 – 10 W 84/11, MDR 2011, 592 = MittBayNot 2012, 126 m. Anm. Wolfsteiner; LG Regensburg v. 21.1.1987 – 5 T 398/86, MittBayNot 1987, 102. 252 So OLG Hamm v. 4.11.2015 – I-15 W 476/15, Rpfleger 2016, 218; a.A. Böttcher, § 10 Rz. 52.
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§ 10 Rz. 157 Rangordnung der Ansprüche b) Berücksichtigung des Vorrechts auf Anmeldung 157
Das Vorrecht der Rangklasse 4 kann für einige Ansprüche nur auf Anmeldung berücksichtigt werden (§§ 37 Nr. 4, 45): – Sämtliche Ansprüche der aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Rechte – Sämtliche Ansprüche der erst nach Eintragung des Versteigerungsvermerks eingetragenen Rechte – Rückständige Beträge der wiederkehrenden Leistungen vor dem Versteigerungsvermerk eingetragener Rechte (§ 45 Abs. 2) – Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2) c) Mehrere Ansprüche
158
Sind mehrere Ansprüche aus verschiedenen Rechten in der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 zu befriedigen, so ist für sie grundsätzlich das materielle Rangverhältnis nach dem Grundbuchrang maßgebend (§ 11 Abs. 1).253 Fehlt es an einer Grundbucheintragung, ist auf den Zeitpunkt der früheren Entstehung des Rechts als entscheidendes Kriterium des Vorrangs zurückzugreifen.254
VII. Rangklasse 5 (Betreibender Gläubiger) 1. Befriedigungsrecht a) Betreibende Gläubiger 159
Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewährt der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 5). Gläubiger ist jeder betreibende Gläubiger, für den das Verfahren angeordnet oder der Beitritt zugelassen wurde (vgl. § 9 Rz. 5). Es handelt sich also um die Ansprüche der Beschlagnahmegläubiger.255 An deren durch die Beschlagnahme erworbener Rechtsstellung ändert auch die einstweilige Einstellung eines (Einzel-)Verfahrens nichts.256 b) Gegenstand des Anspruchs
160
Ob das Verfahren wegen eines dinglichen oder eines persönlichen Anspruchs betrieben wird, ist unerheblich.257
161
Es muss sich allerdings um einen Zahlungsanspruch handeln. § 10 Abs. 1 regelt nämlich die Rangordnung der Rechte auf Befriedigung aus einem Grundstück zur Verwirklichung eines Geldanspruchs. Das ZVG ist systematisch ein Teil der ZPO (vgl. § 869 ZPO).258
162
Ein gem. §§ 18, 19 WEG ausgeurteilter wohnungseigentumsrechtlicher Entziehungsanspruch stellt demgegenüber kein solches geldwertes Befriedigungsrecht dar. Zur rechtlichen Einordnung und der verfahrensmäßigen Behandlung eines wohnungseigentumsrechtlichen Entziehungsanspruchs s. Abschn. E mwN. 253 254 255 256 257 258
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Böttcher, § 10 Rz. 54; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 142. Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 127. Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 143. Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 143. Böttcher, § 10 Rz. 55. Die Überschrift vor dem 2. Abschnitt des 8. Buches der ZPO regelt ausdrücklich die „Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen“.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 167 § 10
c) Rechtsstellung der betreibenden Gläubiger Gläubigern der Rangklassen 1 bis 4 des § 10 Abs. 1 kommt bereits infolge ihrer Einordnung in eine dieser Rangklassen ein (nach hier vertretener Auffassung: dinglich wirkendes) Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück zu. Zur Geltendmachung solch dinglich wirkender Ansprüche in der Zwangsversteigerung reicht grundsätzlich eine bloße Anmeldung in einem von dritter Seite betriebenen Verfahren aus, weil die gegenständliche Verknüpfung mit dem Versteigerungsobjekt spätestens durch die gesetzliche Rangklasseneinordnung bewirkt wurde.
163
Ein bisher dinglich nicht gesicherter Gläubiger muss demgegenüber sein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück erst durch die Beschlagnahme erwerben. Die bloße Anmeldung von Ansprüchen eines gegenständlich bisher mit dem Versteigerungsobjekt nicht verknüpften Anspruchs vermittelt kein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück. Die Beschlagnahme zugunsten eines solchen persönlichen Gläubigers vermittelt damit ein zuvor noch nicht vorhandenes dingliches Zugriffsrecht in Form eines pfandartigen Rechts.259 Diese Wirkungsverwandtschaft mit den übrigen Rangklassen lässt sich insbesondere am synchronisierten Beschlagnahmeumfang für die unterschiedlichen Rangklassen erkennen (vgl. § 20 Abs. 2). Dazu passt die Aussage in der Denkschrift zum ZVG260, wonach der das Verfahren in Rangklasse 5 betreibende persönliche Gläubiger praktisch so behandelt wird, als ob im Beschlagnahmezeitpunkt eine Hypothek für ihn an letzter Rangstelle im Grundbuch eingetragen wäre.
164
d) Beschlagnahme Die Beschlagnahme des Grundstücks vollzieht sich durch die beschlussweise Anordnung des Versteigerungsverfahrens (§ 20 Abs. 1). Dieselbe Wirkung kommt der Zulassung eines Beitritts zu einem bereits angeordneten Verfahren zu (§ 27 Abs. 2). Erfolgte die Beitrittszulassung allerdings fehlerhaft, können aus der unrichtigen Beschlagnahme auch keine Beschlagnahmewirkungen hergeleitet werden. Damit entfällt insoweit das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück.261
165
2. Umfang des Befriedigungsrechts a) Verhältnis Rangklasse 5 zu den übrigen Rangklassen Betreibt ein Beschlagnahmegläubiger die Zwangsversteigerung wegen Ansprüchen aus einer der Rangklassen 1 bis 4, so wird er dieser bevorrechtigten Rangklasse zugeordnet. Die Beschlagnahmewirkung erschöpft sich dann für die Rangklasse 5 als quasi „Auffangbecken“ für solche Ansprüche, die in den bevorrechtigten Rangklassen nicht erfasst werden können und deshalb dort auch noch kein Recht auf Befriedigung erlangen konnten. Dies ist immer dann der Fall, wenn Ansprüche aufgrund Zeitablaufs aus den Rangklassen 2 (dort ggf. auch bei Überschreitung der Höchstgrenze), 3 oder 4 herausfallen.
166
Während für ältere Ansprüche der Rangklasse 2 nur das eigene Betreiben in der Rangklasse 5 167 zu ihrer Geltendmachung verbleibt, verfügen die Rangklassen 3 und 4 wegen der älteren Ansprüche mit den Rangklassen 7 und 8 über eigene „Auffangrangklassen“. Der dingliche Rechtscharakter der öffentlichen Lasten und der dinglich gesicherten Rechte zwingt daher nicht unbedingt zum eigenen Betreiben; die älteren Ansprüche würden gleichwohl – wenn auch ohne große Realisierungsaussicht – auf Anmeldung im Nachrang dieser Rangklassen berücksichtigt. Wird nun wegen dieser älteren Ansprüche aus den Rangklassen 7 und 8 das 259 Nußbaum, Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 1916, § 6a I (S. 32); ähnlich später auch Eickmann/Böttcher, aaO, § 9 II (S. 96): „verdinglichter Charakter des Vorzugsrechts“. 260 Denkschrift S. 37. 261 BGH v. 5.12.1969 – V ZR 159/66, BGHZ 53, 110 = NJW 1970, 473: Beschlagnahme eines Erbanteils.
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§ 10 Rz. 167 Rangordnung der Ansprüche Verfahren aktiv betrieben, so steigen diese Ansprüche im Umfang der Beschlagnahme in die Rangklasse 5 auf. Gleiches gilt für die relativ unwirksamen Ansprüche in der Rangklasse 6. 168
Pointiert könnte man das Verhältnis der übrigen Rangklassen zur Rangklasse 5 daher (in der Fussballersprache) so zusammenfassen, dass ein „Abstieg“ durch das zusätzliche Betreiben in der Rangklasse 5 nicht eintritt und allenfalls „Überhänge“ aus den rangbesseren Rangklassen dort aufgefangen werden. Umgekehrt bewirkt das Betreiben wegen Ansprüchen aus den Rangklassen 6, 7 und 8 einen „Aufstieg“ in die bessere Rangklasse 5. Der Gläubiger erhält den ihm gebührenden Versteigerungserlös selbstverständlich nur einmal an der besseren Rangstelle. b) Einzelne Ansprüche
169
Die in die Rangklasse 5 aufzunehmenden Ansprüche umfassen die Kosten, die Nebenleistungen und den Hauptanspruch des betreibenden Gläubigers. Die Rangfolge bestimmt sich gem. § 12.
170
Im Gegensatz zu den vorangehenden Rangklassen können in der Rangklasse 5 auch frühere Kosten der (persönlichen) Rechtsverfolgung aufgenommen werden, wenn das Verfahren auch ihretwegen betrieben wird (wegen der Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung gem. § 10 Abs. 2 vgl. Rz. 210 ff.). Eine Berücksichtigung in der Zuteilung kann aber nur erfolgen, wenn diese Kosten auch betraglich geltend gemacht bzw. in den Grenzen der Antragstellung spezifiziert angemeldet werden; die Angabe eines bloßen Anmeldegrundes reicht hierfür nicht aus.262
171
Im Gegensatz zu den vorangehenden Rangklassen können in der Rangklasse 5 auch Nebenleistungen ohne zeitliche oder betragliche Begrenzung geltend gemacht werden, wenn das Verfahren ihretwegen betrieben wird.263 3. Geltendmachung des Befriedigungsrechts a) Anordnungs- bzw. Beitrittsantrag
172
Die Geltendmachung des Befriedigungsrechts erfolgt durch Einreichung des Anordnungsbzw. Beitrittsantrags beim zuständigen Vollstreckungsgericht.
173
Eine evtl. eingetretene Verjährung würde vom Vollstreckungsgericht nicht geprüft. Es handelt sich um eine schuldnerseitig ggf. klageweise oder mit Widerspruch zu verfolgende Einrede.264 b) Ansprüche in mehreren Rangklassen
174
Dinglich gesicherte Gläubiger betreiben in aller Regel die Zwangsversteigerung wegen der ihnen zustehenden dinglichen Ansprüche z.B. aus eingetragenen Grundpfandrechten (Rangklasse 4) und zusätzlich aus einem Schuldanerkenntnis wegen der persönlichen Ansprüche (Rangklasse 5). In einem solchen Fall erhält der betreibende Gläubiger seinen Erlösanteil nur einmal und mangels anderslautender Anmeldung an der besseren Rangstelle. Eine solche Zweigleisigkeit kann sich insbesondere dann als zweckmäßig erweisen, wenn gegen den dinglichen Anspruch im Verteilungstermin ein Widerspruch erhoben werden sollte.265
175
Es kann aber auch vorkommen, dass ein dinglich in der 4. Rangklasse gesicherter Hypothekengläubiger die Zwangsversteigerung lediglich wegen der ihm zustehenden persönlichen Forderung in der Rangklasse 5 betreibt. Dies kommt immer dann in Betracht, wenn der 262 263 264 265
108
Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 148 aE. Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 57. Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 150. Vgl. Stöber, § 10 Rz. 9.4.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 181 § 10
Gläubiger noch keinen Duldungstitel erwirken konnte. Wird der Gläubiger in diesem Fall wegen des persönlichen Anspruchs befriedigt, geht die bestehenbleibende Hypothek auf den Schuldner über (§ 1164 BGB), soweit nicht noch ein besserrangiger Gläubiger das Verfahren betreibt.266 c) Mehrere Gläubiger Betreiben mehrere Gläubiger die Zwangsversteigerung (nur) aus der Rangklasse 5, bestimmt sich deren Rangverhältnis untereinander nach dem früheren Zeitpunkt der Beschlagnahme (§ 11 Abs. 2).
176
d) Anmeldung Die Ansprüche eines betreibenden Gläubigers müssen zum Verteilungstermin nicht angemeldet werden, weil sie sich bereits aus dem Versteigerungsantrag ergeben (§ 114 Abs. 1 S. 2). Wegen der kostenmäßigen Besonderheiten s.o. Die Formulierung ist insoweit ungenau, als es für die Berücksichtigung nicht auf den Antrag, sondern auf den Inhalt des Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschlusses ankommt.
177
VIII. Rangklasse 6 (Relativ unwirksame Ansprüche) 1. Befriedigungsrecht a) Relativ unwirksame Rechte Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 6). Es handelt sich somit um relativ unwirksame Rechte, die nach den Ausführungen zu Rz. 143 – ausnahmsweise – auch außerhalb des Grundbuchs begründet worden sein können und deshalb nicht unbedingt im Grundbuch eingetragen sein müssen.
178
Dem betreibenden Gläubiger gegenüber sind solche Rechte von Anfang an jedoch nicht relativ unwirksam sondern voll wirksam, wenn sie entweder mit seiner Einwilligung oder gem. § 878 BGB oder gutgläubig gem. § 892 BGB erworben worden sind. Dies kann jedoch bei einer Zwangs- oder Arresthypothek nie der Fall sein, weil die §§ 878 und 892 auf einen Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung nicht anwendbar sind.267
179
Die einmal eingetretene relative Unwirksamkeit kann nachträglich durch Genehmigung des betreibenden Gläubigers oder Wegfall des Verfügungsverbotes infolge Antragsrücknahme zum Wegfall der Beschränkung und damit zu einem voll wirksamen Recht führen.
180
b) Zweck Gem. § 20 Abs. 1 gilt der Beschluss, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet oder gem. § 27 der Beitritt zugelassen wird, zugunsten des betreibenden Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks. Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots im Sinne eines Verfügungsverbotes (§ 23 Abs. 1).268 Ein nach wirksamer Beschlagnahme begründetes Recht ist daher kraft Gesetzes dem betreibenden Gläubiger gegenüber relativ unwirksam 266 Böttcher, § 10 Rz. 57; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 145. 267 RG v. 12.3.1914 – V 368/13, RGZ 84, 265, 280; BGH v. 17.4.1953 – V ZB 5/53, BGHZ 9, 250; Morvilius, FPR 2013, 382; Palandt/Herrler, § 878 Rz. 4; Staudinger/C. Heinze, (2018), § 878 Rz. 13; a.A. MüKoBGB/Kohler, § 878 Rz. 27; Wacke, ZZP 82 (1969), 377, 380 ff. 268 Böttcher, § 23 Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 23 Rz. 1.
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§ 10 Rz. 181 Rangordnung der Ansprüche (§§ 135, 136 BGB). Da solche Rechte aber im Übrigen voll wirksam sind und daher in der Versteigerung aufgrund ihres Befriedigungsrechtes Berücksichtigung finden müssen, bedurfte es einer verfahrensmäßigen Regelung. Diese Rechtslage findet ihren Ausdruck in der rangmäßig schlechteren Einordnung gegenüber dem betreibenden Gläubiger. c) Anwendungsbereich 182
Die Rangklasse 6 bezieht sich nur auf relativ unwirksame Ansprüche der Rangklasse 4, nicht aber auf Ansprüche der vorgehenden Rangklassen 1–3 des § 10 Abs. 1. Bei den dort genannten Ansprüchen ist daher auch nicht zu prüfen, ob sie vor oder nach der Beschlagnahme entstanden sind.269 Werden also erst nach der Beschlagnahme entstandene wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldansprüche oder öffentliche Grundstückslasten im Verfahren geltend gemacht, so fallen diese immer in die bevorrechtigten Rangklassen 2 und 3 des § 10 Abs. 1.
183
Aber auch für dinglich in Rangklasse 4 gesicherte Gläubiger hat die Rangklasse 6 keine Bedeutung. Die Rechte eines aus dieser Rangklasse betreibenden Gläubigers stehen nämlich bereits kraft Gesetzes immer vor den erst nach der Beschlagnahme begründeten Rechten (vgl. § 879 BGB). Im Ergebnis ist die Rangklasse 6 damit nur für bisher nicht gesicherte persönliche Gläubiger relevant.270
184
Bei mehreren betreibenden Gläubigern ist allerdings gegenüber jedem einzelnen festzustellen, inwieweit die eingetragenen Rechte wirksam sind. Es kann also durchaus vorkommen, dass ein eingetragenes Recht z.B. dem Anordnungsgläubiger gegenüber relativ wirksam ist (damit Rangklasse 6), einem späteren Beitrittsgläubiger gegenüber aber wirksam ist (damit Rangklasse 4).271 Maßgeblich für die Ermittlung eines solchen doppelten Rangs ist der jeweilige Anordnungs- bzw. Beitrittszeitpunkt; dieser bestimmt sich nach § 27 Abs. 1.
185
Die in der Rangklasse 6 einzuordnenden Ansprüche müssen sich nicht unbedingt aus der vollständigen Neueintragung eines dinglichen Rechts ergeben. Für die Einordnung in der Rangklasse 6 genügt vielmehr jede für den betreibenden Gläubiger andernfalls mit einer Verschlechterung seiner Befriedigungsaussicht einhergehende Mehrbelastung des Grundstücks. Dazu gehören aber auch Hafterweiterungen eines schon bestehenden Rechts z.B. durch Zinserhöhung, die erst nach der Verfahrensanordnung eingetragen werden.272
186
In der Zwangsverwaltung spielt die Rangklasse 6 keine Rolle (vgl. § 155 Abs. 2 S. 1).273 2. Umfang des Befriedigungsrechts
187
Da es sich in der 6. Rangklasse um Rechte der Rangklasse 4 handelt, die lediglich dem betreibenden Gläubiger gegenüber relativ unwirksam sind, entspricht der Umfang dieser Rechte dem der Rangklasse 4. In der Rangklasse 6 werden demgemäß neben dem Hauptanspruch auch die laufenden und bis zu zwei Jahren rückständige wiederkehrende Leistungen berücksichtigt.
188
Ältere Rückstände gehören in die Rangklasse 8 des § 10 Abs. 1.274
269 270 271 272 273
Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 154. Böttcher, § 10 Rz. 61; ähnlich Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 152. Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 153. Ebenso Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 152. Aus diesem Grund geht der Verweis auf § 156 Abs. 2 S. 4 bei Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 62 fehl. 274 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 155.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 197 § 10
3. Geltendmachung des Befriedigungsrechts Da die Ansprüche regelmäßig nach dem Vollstreckungsvermerk eingetragen sein werden, 189 müssen sie rechtzeitig vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten zur Berücksichtigung angemeldet und ggf. glaubhaft gemacht werden (§ 37 Nr. 4, § 45 Abs. 1, § 114 Abs. 1); andernfalls erleiden sie eine Rangverschiebung gem. § 110. Erfolgte die Eintragung des Rechtes ausnahmsweise noch vor oder gleichzeitig mit dem Versteigerungsvermerk, wird der Anspruch gem. § 45 von Amts wegen berücksichtigt.275 Wird die Versteigerung wegen der Ansprüche aus der Rangklasse 6 betrieben, werden sie in der Rangklasse 5 berücksichtigt; sie gelten dann als angemeldet (§ 114 Abs. 1 S. 2).
190
Das Rangverhältnis innerhalb der Rangklasse 6 richtet sich nach dem Grundbuchrang (§ 11 Abs. 1).
191
IX. Rangklasse 7 (Ältere Rückstände der Rangklasse 3) 1. Befriedigungsrecht a) Ältere Rückstände der Rangklasse 3 Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände (§ 10 Abs. 1 Nr. 7). Das sind Rückstände einmaliger öffentlicher Grundstückslasten (Rangklasse 3), die älter als 4 Jahre sind und Rückstände wiederkehrender Leistungen, die älter als zwei Jahre sind. Wegen der Berechnungsweise s. Rz. 122 und § 13 Rz. 5 ff.
192
b) Anwendungsbereich In der Zwangsverwaltung spielt die Rangklasse 7 keine Rolle (vgl. § 155 Abs. 2 S. 1).276
193
2. Umfang des Befriedigungsrechts Säumniszuschläge verlieren ihren Vorrang, wenn das Hauptrecht die ursprüngliche Rangklasse 3 durch den Zeitablauf verloren hat.277
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3. Geltendmachung des Befriedigungsrechts Die Ansprüche müssen rechtzeitig vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten zur Berücksichtigung angemeldet und ggf. glaubhaft gemacht werden (§ 37 Nr. 4, § 45 Abs. 1, § 114 Abs. 1); andernfalls erleiden sie eine Rangverschiebung gem. § 110.
195
Wird die Versteigerung wegen dieser Ansprüche betrieben, werden sie in der Rangklasse 5 berücksichtigt; sie gelten dann als angemeldet (§ 114 Abs. 1 S. 2).
196
Eine evtl. eingetretene Verjährung würde vom Vollstreckungsgericht nicht geprüft. Es handelt sich um eine schuldnerseitig ggf. klageweise oder mit Widerspruch zu verfolgende Einrede.278
197
275 Böttcher, § 10 Rz. 66. 276 Aus diesem Grund geht der Verweis auf § 156 Abs. 2 S. 4 bei Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 65 fehl. 277 BGH v. 24.5.2012 – IX ZR 175/11, MDR 2012, 1062 = NJW 2012, 2504 = ZfIR 2012, 713; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 64. 278 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 164; Stöber, § 10 Rz. 11.1.
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§ 10 Rz. 198 Rangordnung der Ansprüche 198
Das Rangverhältnis innerhalb der Rangklasse 7 entspricht dem der Rangklasse 3; mehrere Ansprüche sind grundsätzlich gleichrangig zu behandeln.279
X. Rangklasse 8 (Ältere Rückstände der Rangklasse 4) 1. Befriedigungsrecht a) Ältere Rückstände der Rangklasse 4 199
Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände (§ 10 Abs. 1 Nr. 8). Das sind Rückstände wiederkehrender Leistungen von dinglichen Rechten (Rangklasse 4), die älter als zwei Jahre sind. Wegen der Berechnungsweise s. § 13 Rz. 5 ff. b) Anwendungsbereich
200
In der Zwangsverwaltung spielt die Rangklasse 8 keine Rolle (vgl. § 155 Abs. 2 S. 1).280 2. Umfang des Befriedigungsrechts
201
Kapitalbeträge und Tilgungszuschläge bleiben immer in Rangklasse 4.281
202
Die älteren Rückstände der wiederkehrenden Leistungen von dinglichen Rechten in der Rangklasse 6 sind ebenfalls hier einzuordnen. Es handelt sich der Sache nach um Ansprüche der 4. Rangklasse, die nur gegenüber dem betreibenden Gläubiger unwirksam sind und andernfalls gar nicht berücksichtigt werden könnten.282
203
Ein Gläubigerwechsel hat auf die Einordnung als Rückstand keine Auswirkungen.283 3. Geltendmachung des Befriedigungsrechts
204
Die Ansprüche müssen rechtzeitig vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten zur Berücksichtigung angemeldet und ggf. glaubhaft gemacht werden (§ 37 Nr. 4, § 45 Abs. 1, § 114 Abs. 1); andernfalls erleiden sie eine Rangverschiebung gem. § 110.
205
Wird die Versteigerung wegen dieser Ansprüche betrieben, werden sie in der Rangklasse 5 berücksichtigt; sie gelten dann als angemeldet (§ 114 Abs. 1 S. 2).
206
Eine evtl. eingetretene Verjährung würde vom Vollstreckungsgericht nicht geprüft. Es handelt sich um eine schuldnerseitig ggf. klageweise oder mit Widerspruch zu verfolgende Einrede.284
207
Das Rangverhältnis innerhalb der Rangklasse 8 entspricht dem der Rangklasse 4; mehrere Ansprüche sind grundsätzlich nach dem Grundbuchrang zu behandeln (§ 11 Abs. 1).
279 Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 66; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 165; Stöber, § 10 Rz. 11.2. 280 Aus diesem Grund geht der Verweis auf § 156 Abs. 2 S. 4 bei Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 68 fehl. 281 Böttcher, § 10 Rz. 69; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 166; Stöber, § 10 Rz. 12.1. 282 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 166; Stöber, § 10 Rz. 12.1. 283 RG v. 12.12.1917 – V 227/17, RGZ 91, 297. 284 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 164; Stöber, § 10 Rz. 11.1.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 211 § 10
XI. Nach Rangklasse 8 („Rangklasse 9“) Nicht rechtzeitig angemeldete Rechte, die zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren und nicht spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft gemacht worden sind, werden bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt (§§ 37 Nr. 4, 110). Solche Rechte gehen also allen anderen Ansprüchen der übrigen Rangklassen im Rang nach („Rangklasse 9“)und können in der Erlösverteilung auch nur dann berücksichtigt werden, wenn zumindest eine – verspätete – Anmeldung vorliegt.285
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In der Zwangsverwaltung spielt die „Rangklasse 9“ keine Rolle (vgl. § 155 Abs. 2 S. 1).286
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D. Kosten (§ 10 Abs. 2) I. Befriedigungsrecht 1. Dingliche Kostenhaftung Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2). Die Kosten erhalten damit in allen Rangklassen dieselbe Rangstelle wie der jeweilige Hauptanspruch. Innerhalb eines Anspruchs werden sie vor den Nebenleistungen und dem Hauptanspruch berücksichtigt (§ 12 Nr. 1).
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2. Notwendigkeit der Kosten Kosten der Rechtsverfolgung iSd § 10 Abs. 2 sind Kosten für Maßnahmen, die erforderlich erscheinen, um Befriedigung aus dem Grundstück und den mithaftenden Gegenständen zu erlangen (§ 1147 BGB). Sie müssen notwendig287, zweckmäßig und angemessen288 sein. Es gelten die zu den §§ 91, 788 ZPO, § 1118 BGB entwickelten Grundsätze.289 Es muss sich also um unmittelbar der Vorbereitung oder der Durchführung der Zwangsvollstreckung dienende Kosten des Gläubigers handeln, die er im Zeitpunkt ihrer Vornahme zur Durchsetzung seines Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte.290 Dabei sind die Kosten so niedrig zu halten, wie es ohne Gefährdung des Vollstreckungszwecks möglich ist.291
285 Böttcher, § 10 Rz. 70; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 172. 286 Aus diesem Grund geht der Verweis auf § 156 Abs. 2 S. 4 bei Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 70 fehl. 287 Vgl. BGH v. 9.10.2014 – V ZB 25/14, MDR 2015, 56 = Rpfleger 2015, 159 = ZfIR 2015, 38 bei erkennbarer Aussichtslosigkeit der Zwangsversteigerung. 288 Vgl. BGH v. 18.10.2012 – V ZB 58/12, ZMR 2013, 552 für die Titulierung rückständiger Hausgeldbeträge für mehrere Wohnungen in separaten Einzelverfahren. 289 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 173. 290 BGH v. 5.6.2014 – VII ZB 21/12, MDR 2014, 1109 = NJW 2014, 2508 = Rpfleger 2014, 611; BGH v. 24.1.2006 – VII ZB 74/05, MDR 2006, 1133 = NJW 2006, 1598. 291 OLG Frankfurt v. 12.8.1980 – 20 W 209/80, JurBüro 1981, 397 = Rpfleger 1981, 161 Ls.
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§ 10 Rz. 212 Rangordnung der Ansprüche
II. Umfang 1. Kosten der Kündigung 212
Zu den Kosten der Kündigung gehören u.a. folgende ausgewählte Beispiele: – Kosten der anwaltlichen Vertretung bei der Kündigung hinsichtlich des dinglichen Rechts292 – Kosten der Zustellung – Kosten eines Vertreters gem. § 1141 Abs. 2 BGB. 2. Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung
213
Zu den Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung gehören u.a. folgende ausgewählte Beispiele: – Titelbeschaffungskosten, allerdings nur für einen Duldungstitel. Wird zugleich wegen des persönlichen Anspruchs geklagt, erfasst § 10 Abs. 2 nur die fiktiven Kosten einer isolierten dinglichen Klage.293 In der Rangklasse 2 werden auch Kosten für die Beschaffung des persönlichen Titels im Vorrang zu berücksichtigen sein, weil gem. § 10 Abs. 3 S. 2 hier ausnahmsweise der persönliche Zahlungstitel für eine (nach hier vertretener Auffassung: dingliche) Vollstreckung im Vorrang genügt.294 Demgegenüber geht die Auffassung zu weit, sämtliche Prozesskosten als Kosten der Verwaltung iSd § 16 Abs. 2 WEG im Vorrang des § 10 Abs. 1 Nr. 2 zu berücksichtigen.295 Mehrkosten getrennter Einzelklagen wegen rückständiger Hausgeldzahlungen bei mehreren Einheiten sind nicht erstattungsfähig.296 – Kosten einer Prozessbürgschaft zur Sicherheitsleistung297 – Kosten der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek (§ 867 Abs. 1 S. 3 ZPO) – Kosten der Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung – Kosten für die Erteilung eines Grundbuchauszuges298 – Anordnungs- und Beitrittskosten – Kosten eines Zustellungsvertreters gem. § 7 Abs. 3 – Kosten für Sicherungsmaßnahmen gem. § 25 – Kosten für ein Vollstreckungsschutzverfahren – Kosten der Rechtsnachfolge auf Schuldnerseite. – Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwalts299, auch für nicht selbst betreibende Gläubiger.300 In komplexen Versteigerungsverfahren auch der betreibenden Bank301 Kosten der Terminswahrnehmung zzgl. Reisekosten iH eines ortsansässigen Anwalts.
292 293 294 295 296 297 298 299 300 301
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Stöber, § 10 Rz. 15.3. RG v. 21.4.1917 – V 9/17, RGZ 90, 171. Alff, ZWE 2010, 105, 106; Schneider, ZMR 2011, 421. So aber LG Bonn v. 17.8.2011 – 5 S 77/11, MietRB 2012, 79 = ZWE 2012, 139 = ZMR 2011, 985; vgl. dazu auch Schneider, ZMR 2011, 421. BGH v. 18.10.2012 – V ZB 58/12, ZMR 2013, 552. BGH v. 10.2.2016 – VII ZB 56/13, MDR 2016, 485 = NJW 2016, 2579 = Rpfleger 2016, 442. OLG Karlsruhe v. 10.2.1930 – I ZBS 18/30, JW 1930, 729. BGH v. 5.6.2014 – VII ZB 21/12, MDR 2014, 1109 = NJW 2014, 2508 = Rpfleger 2014, 611. Stöber, § 10 Rz. 15.2. LG Duisburg v. 9.1.2008 – 11 T 286/07, Rpfleger 2008, 274.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 215 § 10
– Kosten eines Inkassounternehmens, in der Höhe allerdings begrenzt auf fiktive Rechtsanwaltskosten.302 – Verzinsung der Kosten nur, wenn im Verfahren gem. § 788 ZPO ausgesprochen (§ 788 Abs. 2 S. 1 iVm § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO) Nicht zu den Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung gehören u.a. folgende ausgewählte Beispiele: – Kosten erkennbar aussichtsloser Vollstreckungsmaßnahmen303 – Kosten für die Eintragung einer Verkehrshypothek304 – Kosten der Eintragung nach einer Klage auf Bewilligung305 – Prozesskosten für eine persönliche Klage306 – Kosten der Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite307 – Kosten einer Bietvollmacht – Kosten früherer Vollstreckungsmaßnahmen, soweit nicht ihretwegen betrieben wird. – Kosten der Zwangsverwaltung einer vom Schuldner selbst genutzten Eigentumswohnung.308 – Kosten für Maßregeln zur Erhaltung des Grundstücks nach § 1134 Abs. 2 BGB309 – Kosten eines Maklers zur Aquise von Bietinteressenten.310
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3. Umsatzsteuer Nach der Einfügung des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO311 genügt zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen imKostenfestsetzungsverfahren die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der sich selbst vertretende Rechtsanwalt in einer privaten oder beruflichen Sache tätig geworden ist.312 Geltend gemachte Umsatzsteuerbeträge könnten nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Richtigkeit der Erklärung durch entsprechenden Beweis bereits entkräftet wäre oder sich eine offensichtliche Unrichtigkeit der Erklärung aus anderen, dem Gericht bekannten Umständen, etwa dem Inhalt der Akten, zweifelsfrei ergäbe.313
302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313
LG Bremen v. 12.12.2001 – 2 T 804/01, JurBüro 2002, 212. BGH v. 9.10.2014 – V ZB 25/14, MDR 2015, 56 = Rpfleger 2015, 159 = ZfIR 2015, 38. Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 75. Vgl. OLG Hamm v. 29.12.1999 – 23 W 666/99, JurBüro 2000, 494; OLG Celle v. 22.5.1968 – 8 W 98/68, NJW 1968, 2246. RG v. 21.4.1917 – V 9/17, RGZ 90, 171. Stöber, § 10 Rz. 15.5. BGH v. 14.4.2005 – V ZB 5/05, MDR 2005, 951 = NJW 2005, 2460 = Rpfleger 2005, 552. RG v. 22.12.1909 – V 18/09, RGZ 72, 332. OLG Düsseldorf v. 11.6.1999 – 16 U 140/98, Rpfleger 1999, 501. Art 8 Abs. 3 Nr. 1 lit b) d. G. zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen (KostRÄndG 1994) v. 24.6.1994 (BGBl. I, S. 1325, 1362). BVerfG v. 17.2.1995 – 1 BvR 697/93, NJW 1996, 382. BGH v. 11.2.2003 – VIII ZB 92/02, MDR 2003, 656 = NJW 2003, 1534 = Rpfleger 2003, 321; OLG Düsseldorf v. 12.4.2005 – I-10 W 153/04, Rpfleger 2005, 573 Ls.
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§ 10 Rz. 216 Rangordnung der Ansprüche
III. Geltendmachung 1. Vollstreckungstitel 216
Die Kosten werden zugleich mit dem zu vollstreckenden Anspruch beigetrieben (§ 788 Abs. 1 S. 1 2. Hs. ZPO); eines besonderen Vollstreckungstitels bedarf es dazu grundsätzlich nicht.
217
Auf Antrag kann jedoch eine Festsetzung durch das näher bezeichnete Vollstreckungsgericht erfolgen (§ 788 Abs. 2 S. 1 ZPO). Dies wird insbesondere dann notwendig sein, wenn die Kosten nach Erledigung der Hauptsache separat beigetrieben werden sollen; in einem solchen Fall fehlt es an einem bezugnahmefähigen Vollstreckungstitel.314 2. Betreiben
218
Soweit die Kosten nicht nur als Nebenforderung geltend gemacht werden sollen, kann ihretwegen auch das Versteigerungsverfahren separat betrieben werden. Sie gehören dann in die Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1. 3. Anmeldung
219
Zur Berücksichtigung der Kosten im Rang des Anspruchs bedarf es zumindest einer Anmeldung, die ohne Beifügung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses erfolgen kann. Die Anmeldung muss allerdings rechtzeitig erfolgen (§ 37 Nr. 4), damit keine Rangverschiebung eintritt (§ 110). Unabhängig von der gerichtlichen Prüfung (dazu sogleich) ist es einem Gläubiger unbenommen, den geltend gemachten Kosten zu widersprechen. Kostenbeträge gelten als angemeldet, soweit sie sich bereits aus dem Versteigerungsantrag ergeben (§ 114 Abs. 1 S. 2).
220
Die Anmeldung muss die Kostenbeträge spezifizieren und erkennen lassen, zu welchem Hauptanspruch sie geltend gemacht werden. Die Anmeldung von Pauschalbeträgen ist zunächst möglich, wenn sich die endgültigen Kostenbeträge noch nicht genau beziffern lassen (z.B. für Kosten der Terminswahrnehmung). In solchen Fällen muss die Pauschale allerdings ebenfalls rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin angemeldet und bis zum Verteilungstermin aufgeschlüsselt werden. Ein über den Pauschalbetrag hinausgehender Betrag kann nur im Nachrang berücksichtigt werden (§ 110).315 4. Prüfung und Rechtsmittel a) Prüfung durch das Vollstreckungsgericht
221
Das Vollstreckungsgericht hat zunächst die Ordnungsmäßigkeit (im Hinblick auf § 110 auch: Rechtzeitigkeit) der Anmeldung zur Berücksichtigung der angemeldeten Kosten im Range des Anspruchs sowie deren Rechtscharakter als Kosten der Kündigung oder der dinglichen Rechtsverfolgung zu prüfen.316
222
Unterschiedliche Auffassungen bestehen darüber, ob das Vollstreckungsgericht die angemeldeten Kosten auch hinsichtlich ihrer Entstehung, Höhe und Notwendigkeit zu prüfen hat. Dies wird unter Berufung auf die versteigerungsrechtlichen Verfahrensgrundsätze abgelehnt; eine Glaubhaftmachung soll nur zu erfolgen haben, wenn der betreibende Gläubiger dies ver314 Vgl. KG v. 23.7.1991 – 1 W 2934/91, MDR 1992, 300 = Rpfleger 1992, 31. 315 Böttcher, § 10 Rz. 72; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 77; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 177; Stöber, § 10 Rz. 15.9. 316 Insoweit besteht Konsens: Böttcher, § 10 Rz. 73; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 78 Stöber, § 10 Rz. 15.10.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 225 § 10
langt. Im Übrigen habe das Vollstreckungsgericht die angemeldeten Kosten hinsichtlich ihrer Entstehung, Höhe und insbesondere Notwendigkeit nicht zu überprüfen. Die materielle Berechtigung der geltend gemachten Kosten könne nur im Prozesswege, nicht aber vom Vollstreckungsgericht überprüft werden; eine Korrektur könne demgemäß nur über einen Widerspruch gegen den Teilungsplan erfolgen.317 Bei einer verbindlichen Feststellung bereits durch das Vollstreckungsgericht könne das Prozessgericht gar nicht mehr anderweitig über die Notwendigkeit erkennen.318 Der Meinungsstreit ist alt.319 Die dargestellte Rechtsauffassung lässt sich aber nur vertreten, wenn man die Anwendbarkeit des § 788 ZPO für das Versteigerungsverfahren ausschließt.320 Dies wird selbst von den aktuellen Befürwortern dieser Meinung nicht vertreten; es erschiene auch bereits im Hinblick auf § 869 ZPO bedenklich. Entscheidend ist aber vielmehr, dass § 788 ZPO in dem hier maßgeblichen Punkt eine inhaltliche Veränderung erfahren hat. So führt zunächst eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts nicht zu einem Präjudiz, weil der Kostenansatz lediglich auf einer Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) beruht (vgl. § 788 Abs. 2 S. 1 ZPO iVm § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO). Einer materiell-rechtlichen Überprüfung im Prozesswege wird damit nicht vorgegriffen. Im übrigen führt die geänderte Fassung des § 788 ZPO aber zu einer Zuständigkeitsänderung.321 Die Festsetzung der notwendigen Kosten erfolgt für das hier relevante Verfahren nunmehr allein durch das Vollstreckungsgericht (§ 788 Abs. 2 S. 1 ZPO).322 Das Vollstreckungsgericht ist bei seiner Festsetzung jedoch den Regelungen des § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO unterworfen (§ 788 Abs. 2 S. 1). Es würde damit nach aktueller Rechtslage zu einem Wertungswiderspruch führen, wenn einerseits die Entstehung, Höhe und Notwendigkeit der angemeldeten Kosten dem Vollstreckungsgericht bei der Berücksichtigung im Range des Rechts nicht glaubhaft zu machen wären, anderseits im Festsetzungsverfahren vor demselben Vollstreckungsgericht (= Versteigerungsgericht!) aber gerade dies zu erfolgen hat. Richtigerweise besteht daher – unabhängig von einem Widerspruch des Gläubigers -insoweit auch bei einer Anmeldung eine Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts.323
223
b) Rechtsmittel Werden die geltend gemachten Kostenbeträge im geringsten Gebot nicht antragsgemäß be- 224 rücksichtigt, kann der Gläubiger sich – bei entsprechender Beschwer – dagegen mit der Zuschlagsbeschwerde wehren. Die Beteiligten können Widerspruch gegen den Teilungsplan erheben. Werden geltend gemachte Kostenbeträge im Teilungsplan nicht antragsgemäß berücksichtigt, gilt bereits die Anmeldung als Widerspruch gegen den Plan (§ 115 Abs. 2). Im Widerspruchsprozess kann der Anspruch auf Abänderung des Plans nicht auf eine unrichtige Kostenfestsetzung sondern nur auf andere Gründe gestützt werden.324 317 Eine Prüfungspflicht ablehnend Böttcher, § 10 Rz. 73; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 78 unter Aufgabe seiner früher vertretenen Meinung; Stöber, § 10 Rz. 15.10, jetzt fortgeschrieben von Stöber/ Achenbach, § 10 Rz. 116. 318 Insbes. Reinhard/Müller, § 10 Anm. X 2. 319 Ablehnend bereits Reinhard/Müller, § 10 Anm. X 2. m. zahlreichen wN; a.A. ab der 6. Aufl. demgegenüber Jaeckel/Güthe, § 10 Rz. 24. 320 Ausdr. Reinhard/Müller, § 10 Anm. X 2. 321 Die früher h.M. nahm für die Festsetzung die Zuständigkeit des Prozessgerichts an; vgl. BGH v. 25.2.1982 – I ARZ 495/81, MDR 1982, 728 = NJW 1982, 2070 = Rpfleger 1982, 235 mwN auch zum vormaligen Meinungsstreit. 322 Art. 1 Nr. 11 lit. b) d Zweiten Gesetzes zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften (2. Zwangsvollstreckungsnovelle) v. 17.12.1997 (BGBl. I S. 3039) mWv 1.1.1999. 323 So auch schon Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 178 allerdings ohne weitere Auseinandersetzung mit der Streitfrage. 324 Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 179 aE.
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§ 10 Rz. 226 Rangordnung der Ansprüche 5. Gerichtskosten in Sonderfällen 226
Können die Gebühren für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung oder über den Beitritt zum Verfahren oder die Auslagen nicht vom Antragsteller eingezogen werden, weil ihm Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt ist (vgl. §§ 114 ff. ZPO) oder ihm Gebühren- bzw. Auslagenfreiheit zusteht (vgl. § 2 GKG), meldet die Gerichtskasse als Vollstreckungsbehörde diese Kosten mit dem Rang des Anspruchs des betreibenden Gläubigers rechtzeitig an (§ 4 Abs. 4 KostVfg.). Ebenso wird verfahren, wenn es sich um Kosten handelt, die durch den Antrag einer Vollstreckungsbehörde (z.B. für die Eintragung einer Zwangshypothek gem. § 322 AO)325 entstanden sind (§ 4 Abs. 4 S. 4 iVm Abs. 3 KostVfg.).
E. Wohnungseigentumsrechtliches Entziehungsverfahren Literatur: Schmidberger, Das ZVG und § 19 WEG, ZMR 2012, 168; Schneider, Ausgewählte Besonderheiten bei der Zwangsvollstreckung des wohnungseigentumsrechtlichen Entziehungsurteils, NZM 2014, 498.
I. Kein Befriedigungsvorrecht 1. Regelungsbereich 227
Hat ein Wohnungseigentümer sich einer so schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann, so können die anderen Wohnungseigentümer von ihm die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen (§ 18 Abs. 1 WEG). Das Urteil, durch das ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt wird, berechtigt jeden Miteigentümer zur Zwangsvollstreckung entsprechend den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (§ 19 Abs. 1 S. 1 WEG). Die Ausübung dieses Rechts steht der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht (§ 19 Abs. 1 S. 2 WEG). 2. Zweck der Regelung
228
Mit dem Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze326 wurde u.a. das bisher im Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit verortete Verfahrensrecht für Wohnungseigentumssachen der Zivilprozessordnung unterstellt (vgl. § 43 ff. WEG).327 Damit verbunden war die system- und sachgerechte Umstellung des wohnungseigentumsrechtlichen Entziehungsverfahrens gem. §§ 18, 19 WEG. Sie ist folgerichtiger Teil eines ZPO-Erkenntnisverfahrens und vermeidet eine sonst auftretende Spaltung des Rechtsmittelsystems und der Rechtsmittelzüge, die bei einem Verbleiben der bisherigen Notarversteigerung gegeben wäre.328 Gleichzeitig entfiel die frühere sog. freiwillige Versteigerung nach den §§ 53 ff. WEG aF.; die Vollstreckung erfolgt nunmehr im Wege eines gerichtlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens. 325 Vgl. OLG Köln v. 28.9.1977 – 17 W 313/77, Rpfleger 1977, 459. 326 Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze (WEGuaÄndG) v. 26.3.2007, BGBl. I 2007 S. 370. 327 Art. 1 Nr. 16 des WEGuaÄndG v. 26.3.2007 (BGBl. I 2007), S. 370. 328 BT-Drucks. 16/887, S. 27.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 231 § 10
3. Inkrafttreten und Übergangsrecht Es gilt die Übergangsvorschrift des § 62 Abs. 1 WEG. Soweit ein wohnungseigentumsrechtliches Entziehungsverfahren bereits am 1.7.2007 anhängig gewesen sein sollte, können die Wohnungseigentümer insgesamt den geltend gemachten Anspruch weiterverfolgen. Einer Verfahrensführung durch die Eigentümergemeinschaft bedarf es insoweit nicht.329
229
4. Gegenstand des Entziehungsanspruchs Das nach zivilprozessualen Bestimmungen ergangene Entziehungsurteil stellt einen zur 230 Zwangsvollstreckung nach dem ZVG geeigneten Titel dar. Die Zwangsvollstreckung soll dabei entsprechend den Vorschriften des Ersten Abschnitts des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung erfolgen (§ 19 Abs. 1 S. 1 WEG). Diese Vorschriften umfassen mit den §§ 1-161 die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung von Grundstücken im Wege der Zwangsvollstreckung. Die weitergehende Verweisung auf die Bestimmungen zur Zwangsverwaltung läuft allerdings nach überwiegender und richtiger Ansicht leer, weil sich die ausgeurteilte Entziehung eines Wohnungseigentums in einem allein auf Nutzziehung ausgerichteten Zwangsverwaltungsverfahren überhaupt nicht realisieren lässt.330 Demgemäß erfolgt die Vollstreckung eines wohnungseigentumsrechtlichen Entziehungsurteils ausschließlich im Wege eines gerichtlichen Zwangsversteigerungsverfahrens entsprechend den §§ 1-145a. 5. Rechtsnatur des Entziehungsverfahrens Die Anwendung der ZVG-Normen soll gem. § 19 Abs. 1 S. 1 WEG „entsprechend“ erfolgen. Wie dies konkret umgesetzt werden soll, bleibt mangels gesetzlicher Vorgaben und mangels systemkonformer Aussagen im Gesetzgebungsverfahren unklar.331 So hat nach der Gesetzesbegründung die Vollstreckung eines Entziehungsurteils in der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 zu erfolgen.332 Damit sollen dann „in der Regel“ sämtliche Belastungen des Wohnungseigentums im geringsten Gebot zu berücksichtigen sein. § 10 Abs. 1 regelt allerdings die Rangordnung der Rechte auf Befriedigung aus einem Wohnungseigentum zur Verwirklichung eines Geldanspruchs.333 Der ausgeurteilte Entziehungsanspruch stellt demgegenüber kein solches geldwertes Befriedigungsrecht dar; ein verbleibender Erlösüberschuss gebührt vielmehr dem bisherigen Wohnungseigentümer.334 Der Entziehungsanspruch kann somit nicht in die Rangklasse 5 eingeordnet werden; er steht außerhalb der Rangordnung des § 10 Abs. 1.335
329 OLG München v. 28.1.2008 – 34 Wx 77/07, NJW 2008, 856. 330 Bärmann/Suilmann, § 19 WEG Rz. 12; Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 25 aE; Niedenführ/ Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 1; Palandt/Wicke, § 19 WEG Rz. 1; Schneider, NZM 2014, 498, 499; Timme/Hogenschurz, § 19 WEG Rz. 4; a.A. Abramenko, Das neue WEG § 8 Rz. 7 für eine Entziehung wegen Zahlungsrückständen; Bärmann/Seuß/M. Müller, § 84 Rz. 81. 331 Unverständlich Jennißen/Heinemann, § 19 Rz. WEG 25a; das Gesetz – nicht der unterbreitete Lösungsvorschlag – ist unklar. 332 BT-Drucks. 16/887, S. 26 f. 333 Vgl. die Überschrift vor dem 2. Abschnitt des 8. Buches der ZPO, der mit § 869 ZPO auf das ZVG verweist. 334 Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 71. 335 Bärmann/Seuß/M. Müller, § 84 Rz. 84; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 71; HdbFAMW/Schneider, Kapitel 33 Rz. 458; Hk-ZV/Sievers, § 10 Rz. 57; Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 29: Löhnig/ Stenzel, § 19 WEG Rz. 5; Riecke/Schmid/Riecke, § 19 WEG Rz. 11a; a.A. Bärmann/Suilmann, § 19 WEG Rz. 14 f.; Böttcher, Rpfleger 2009, 181, 191; Böttcher, § 10 Rz. 55; Böttcher/Keller, Vor § 162–186 Rz. 9; Hügel/Elzer, § 19 WEG Rz. 9; Palandt/Wicke, § 19 WEG Rz. 1; Schmidberger, ZMR 2012, 168; Spielbauer/Then, § 19 WEG Rz. 2.
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§ 10 Rz. 232 Rangordnung der Ansprüche 232
Die in der Gesetzesbegründung vorgenommene rangklassenmäßige Einordnung hat keinen Eingang in das Gesetz selbst gefunden und ist daher nicht als verbindlich anzusehen336; es fehlt stattdessen bisher an einer gesetzlichen Regelung.337 Die Einordnung beruht ganz offensichtlich auf einer Fehlinterpretation der gesetzlichen Formulierung in § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG. Wenn dort von einem „Anspruch des Gläubigers“ gesprochen wird, „soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist“, kann nach der Systematik des Gesetzes nämlich nur ein sonstiger Zahlungsanspruch gemeint sein, der die Befriedigung aus dem Wohnungseigentum ermöglicht.338
233
Ein Zwangsversteigerungsverfahren zur Entziehung des Wohnungseigentums kann daher nur selbstständig geführt werden; es kann nicht mit einer Vollstreckungsversteigerung verbunden werden. Dieses Ergebnis wird bestätigt, wenn man die ebenfalls nicht primär auf Befriedigung aus einem Grundstück angelegten Sonderverfahren des 3. Abschnitts im ZVG vergleicht (Insolvenzverwalterversteigerung §§ 172 ff.; Nachlassversteigerung §§ 175 ff.; Auseinandersetzungsversteigerung §§ 180 ff.). Für diese Verfahren hat der Gesetzgeber gleichfalls die entsprechende Anwendung der Vorschriften des 1. Abschnitts des ZVG angeordnet (vgl. §§ 172, 176, 180 Abs. 1). Keines der genannten Sonderverfahren des 3. Abschnitts im ZVG ist jedoch mit einer Vollstreckungsversteigerung kompatibel; ein wechselseitiger Beitritt wird von der ganz h.M. wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen und Verfahrensstrukturen abgelehnt.339 Es handelt sich im Verhältnis zur Vollstreckungsversteigerung um jeweils unabhängige Verfahren, die auch gleichzeitig nebeneinander anhängig sein können.
II. Umfang des geringsten Gebots 234
Die Vorstellung des BMJ von der Einordnung in der Rangklasse 5 kollidiert mit dem zwangsversteigerungsrechtlichen Deckungsgrundsatz (vgl. § 44). Sieht man in dem Entziehungsanspruch zutreffend ein rangloses Recht, sind in einem Zwangsversteigerungsverfahren zur Entziehung des Wohnungseigentums nicht nur sämtliche im Grundbuch eingetragenen Rechte in das geringste Gebot aufzunehmen. Der versteigerungsrechtliche Deckungsgrundsatz verlangt darüber hinaus auch die Berücksichtigung der Rangklassen 6, 7 und 8 des § 10 Abs. 1, sofern diese Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht werden. Es ist kein Grund ersichtlich, sie im Entziehungsverfahren nicht zu berücksichtigen.340
III. Geltendmachung 1. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen 235
Für die Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens müssen die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gegeben sein. Das Entziehungsurteil muss daher rechtskräftig oder vorläufig vollstreckbar sein (§ 704 ZPO). Vollstreckungsgrundlage kann auch ein Versäumnisurteil sein.341 Die Zwangsvollstreckung des Urteils setzt wie auch sonst neben 336 So auch Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 29, der allerdings aus dieser zutreffenden Erkenntnis nicht die entsprechenden verfahrensrechtlichen Konsequenzen zieht. A.A. Bärmann/Suilmann, § 19 WEG Rz. 15. 337 Zutr. Riecke/Schmid/Riecke, § 19 WEG Rz. 11a. 338 Schneider, NZM 2014, 498. 339 Vgl. nur Stöber, § 172 Rz. 7; § 176 Rz. 4; § 180 Rz. 14.1 f. 340 HdbFAMW/Schneider, Kapitel 33 Rz. 461; Hk-ZV/Sievers, § 10 Rz. 57; im Ergebnis für ein mit einer Forderungversteigerung verbundenes Verfahren ebenso Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 71 u. Bärmann/Seuß/M. Müller, § 84 Rz. 84; a.A. Schmidberger, ZMR 2012, 168. 341 LG Rostock v. 4.4.2013 – 3 T 234/12 (3), NJW-Spezial 2013, 387.
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Rangordnung der Ansprüche
Rz. 240 § 10
der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung (§ 724 ZPO) dessen Zustellung an den Vollstreckungsschuldner voraus (§ 750 ZPO).342 2. Vollstreckungsgläubiger In der Vollstreckungsklausel ist der rechtsfähige Verband Wohnungseigentümergemeinschaft mit den nach § 10 Abs. 6 S. 4 WEG erforderlichen Angaben als Vollstreckungsgläubiger zu bezeichnen (§§ 724, 725, 750 ZPO), soweit es sich nicht um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Wohnungseigentümern besteht (§ 19 Abs. 1 S. 2 WEG).343 § 19 Abs. 1 S. 1 WEG ist missverständlich und bezieht sich allein auf eine solche Zweiergemeinschaft.344
236
Soll der Verband Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Antragstellung durch den WEGVerwalter vertreten werden, benötigt dieser – wie bei einer Forderungsversteigerung (s. Rz. 69 mwN) – neben dem Nachweis der Verwalterbestellung noch einen zusätzlichen Nachweis seiner entsprechenden Ermächtigung (§ 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG).345
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3. Vollstreckungsschuldner Zur Zwangsvollstreckung gegen Bruchteilseigentümer bedarf es eines gegen alle Miteigentümer gerichteten Entziehungsurteils.346
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Die §§ 10 ff. WEG sind nach ganz h. M. auf die so genannte werdende Wohnungseigentümergemeinschaft entsprechend anwendbar.347 Daraus wird allgemein gefolgert, dass auch schon einem werdenden Wohnungseigentümer sein Anwartschaftsrecht analog § 18 Abs. 1 WEG entzogen werden könne.348 Die Zwangsversteigerung auf Grund eines solchen Entziehungsurteils ist jedoch erst möglich, wenn der werdende Wohnungseigentümer auch als Eigentümer im Grundbuch voreingetragen ist (§ 17 Abs. 1). Kommt es nicht zum Eigentumswechsel, ist das gegen den Erwerber gerichtete Urteil nicht vollstreckbar.
239
4. Ausgewählte verfahrensrechtliche Besonderheiten a) Beitritt Der RegE geht zwar davon aus, dass ein Gläubiger wegen einer Geldforderung dem laufenden auf Entziehung gerichteten Versteigerungsverfahren gem. § 27 ZVG beitreten kann, was dann auch umgekehrt möglich sein müsste.349 Dies setzt allerdings gleichartige Verfahrensregeln voraus, die jedoch gerade nicht erkennbar sind (s.o.). Es erscheint deshalb nach hier vertretener Auffassung ausgeschlossen, den Entziehungsanspruch überhaupt im Rahmen einer
342 Bärmann/Suilmann, § 19 WEG Rz. 13. 343 Bärmann/Suilmann, § 19 WEG Rz. 13; Niedenführ/Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 3; Palandt/Wicke, § 19 WEG Rz. 1. 344 Hügel/Elzer, § 19 WEG Rz. 8. 345 Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 30. 346 BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17, MietRB 2018, 365 = MDR 2018, 1431 = Rpfleger 2019, 12 = ZfIR 2019, 147. 347 Vgl. nur BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 = NotBZ 2012, 449 m. Anm. Suppliet = MietRB 2012, 236 = MietRB 2012, 237 = MDR 2012, 958 = NJW 2012, 3650 = Rpfleger 2012, 641 = ZfIR 2012, 603; BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 = NotBZ 2008, 392 m. Anm. Otto = MietRB 2008, 270 = MDR 2008, 1088 = NJW 2008, 2639 = Rpfleger 2008, 564 = ZfIR 2008, 866. 348 Jennißen/Heinemann, § 18 WEG Rz. 8 u. § 19 WEG Rz. 25; Niedenführ/Vandenhouten, § 18 WEG Rz. 4; Riecke/Schmid/Riecke, § 18 WEG Rz. 5; Timme/Hogenschurz, § 18 WEG Rz. 4. 349 BT-Drucks. 16/887, S. 27.
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§ 10 Rz. 240 Rangordnung der Ansprüche Vollstreckungsversteigerung zu berücksichtigen.350 Entziehungsversteigerung und Forderungsversteigerung sind voneinander unabhängige Verfahren. b) Beschlagnahmewirkung 241
Die Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung bewirkt gem. § 23 Abs. 1 S. 1 ein Veräußerungsverbot. Eine gleichwohl noch vom Schuldner vorgenommene Veräußerung wäre dem betreibenden Verband gegenüber relativ unwirksam (§§ 135, 136 BGB). Dies erscheint einigermaßen paradox, ist doch das Entziehungsverfahren gerade auf die Veräußerung des Wohnungseigentums gerichtet.351 Will man deshalb nicht bereits in der Antragstellung beim Vollstreckungsgericht konkludent die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu einer freiwilligen Veräußerung des Schuldners sehen352, so spricht nach hier vertretener Auffassung alles für eine am Telos der Norm ausgerichtete Reduktion ihres Anwendungsbereichs.353 Da das Veräußerungsverbot des § 23 ZVG nach seinem Sinn und Zweck richtigerweise als ein Verfügungsverbot anzusehen ist354, verbleiben dem betreibenden Verband abgesehen von der entbehrlichen Veräußerungsbeschränkung dessen Wirkungen hinsichtlich aller sonstigen rechtsgeschäftlichen Verfügungen und solcher im Wege der Zwangsvollstreckung, die insbesondere nachteilige Auswirkungen auf die Höhe des geringsten Gebots haben könnten. Eine Einflussnahme auf die Person des Erwerbers355 ist dem Verband ohnehin nur durch Vereinbarung einer Veräußerungszustimmung gem.§ 12 WEG möglich.356
242
Dass mit dieser Sichtweise Erschwerungen der notariellen Vertragsgestaltung und -abwicklung verbunden sein sollen357, ist allein mit der Annahme eines nicht separat zu führenden Entziehungsverfahrens erklärbar.358 Nach dem hier zugrunde gelegten verfahrensrechtlichen Verständnis können dem versteigerungsmäßigen Sonderverfahren jedoch weitere Gläubiger gar nicht beigetreten sein. Auch ist eine Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zur Verfahrensaufhebung schon deshalb nicht nachzuweisen359, weil Antragsteller des Entzie-
350 HdbFAMuW/Schneider, Kapitel 33 Rz. 460; HK-ZV/Sievers, § 10 Rz. 58; Hügel/Elzer, § 19 WEG Rz. 8; Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 5; i.E. wohl auch Stöber, Einl. Rz. 3; a.A. Bärmann/Seuß/M. Müller, § 84 Rz. 85; Böttcher, Rpfleger 2009, 181, 191; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 72; Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 28 aE. 351 Bärmann/Seuß/M. Müller, § 84 Rz. 82. 352 Timme/Hogenschurz, § 19 WEG Rz. 9; abl. Böttcher, Rpfleger 2009, 181, 191; Abramenko, § 8 Rz. 10, der allerdings eine Verpflichtung des Verbandes zur Zustimmung aufgrund dessen Treupflicht annimmt. 353 Bärmann/Suilmann, § 19 WEG Rz. 19; Schneider, ZWE 2017, 408, 409; a.A. LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, MietRB 2018, 46 = ZWE 2017, 406; Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 33, der bei dem Hinweis auf den vermeintlich eindeutigen Wortlaut des § 23 aber außer Acht lässt, das § 19 WEG beim Inkrafttreten des § 23 noch gar nicht bekannt war. Gravierender fällt jedoch ins Gewicht, dass die unterschiedliche Funktion der Veräußerungsbeschränkung im jeweiligen Verfahren die Wirkungen der Beschlagnahme bestimmt, vgl. BGH v. 15.9.2016 – V ZB 183/14, MDR 2016, 1472 = Rpfleger 2017, 102 = ZfIR 2016, 759 mwN für eine Auseinandersetzungsversteigerung. 354 Böttcher, § 23 Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 23 Rz. 1. 355 Von einer solchen Möglichkeit geht irrigerweise der RegE, BT-Drucks. 16/887, 26 f. aus. 356 Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 13. 357 So LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, MietRB 2018, 46 = ZWE 2017, 406; 408; Jennißen/ Heinemann, § 19 WEG Rz. 33; die von Letzterem attestierte „Unkenntnis der praktischen Durchführung“ dürfte auf einer ungenauen Lektüre beruhen. 358 Deshalb könnte der Eindruck aufkommen, die schwierig zu beherrschenden Verhältnisse würden erst durch die keineswegs zwingende verfahrensrechtliche Einordnung des Entziehungsverfahrens entstehen. 359 So aber offenbar Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 33.
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Schneider
Rangordnung der Ansprüche
Rz. 245 § 10
hungsverfahrens nach der in § 19 Abs. 1 S. 2 WEG enthaltenen Regelung allein die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft ist. c) Einstweilige Einstellungen § 30a ist nach seinem Zweck (Sanierungsfähigkeit) ebenso wenig anwendbar360 wie § 74a Abs. 1.361
243
d) Abwendung der Zwangsvollstreckung Der zur Entziehung verurteilte Wohnungseigentümer kann im Falle des § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG bis zur Erteilung des Zuschlags die Zwangsversteigerung dadurch abwenden, dass er die Verpflichtungen, wegen deren Nichterfüllung er verurteilt worden ist, einschließlich der fälligen weiteren Verpflichtungen und der entstandenen Kosten erfüllt (§ 19 Abs. 2 WEG). In diesem Fall kann er die weitere Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens allerdings nur über eine Vollstreckungsabwehrklage verhindern. Da das Entziehungsurteil die Zahlungsverpflichtung nicht unmittelbar tituliert, reichen Zahlungsnachweise zur Abwendung der Entziehung gem. § 775 Nr. 5 ZPO oder § 75 nicht aus.362
244
e) Eigengebote des Schuldners Schuldnerische Eigengebote sind nach dem Sinn und Zweck des Verfahrens ebenso aus- 245 geschlossen wie vormals gem. § 56 Abs. 2 WEG a.F.363 andernfalls könnte der Schuldner durch Abgabe eines – für ihn unbedenklichen – zuschlagsfähigen Meistgebots den Zweck des Entziehungsurteils ad absurdum führen. Der Schuldner müsste im Rahmen des geringsten Gebots lediglich „seine“ bestehenbleibenden Rechte übernehmen; ein das geringste Gebot übersteigendes Bargebot käme ihm nämlich letztlich selbst zugute. Jeder andere Interessent könnte daher mühelos überboten werden. Die grundsätzlich vorgesehene Möglichkeit schuldnerischer Eigengebote (vgl. § 68 Abs. 3) passt daher nicht auf ein wohnungseigentumsrechtliches Entziehungsverfahren.364 360 Bärmann/Seuß/M. Müller, § 84 Rz. 86; Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 10; a.A. LG Regensburg v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, MietRB 2018, 46 = ZWE 2017, 406 m. abl. Anm. Schneider; Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 35. 361 Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 18; Schneider, NZM 2014, 498; 500; die dagegen von Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 42 eingewendete fehlende Differenzierung im Hinblick auf etwaige Eigentümerrechte des Schuldners lässt den unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Ansatz außer Betracht: Nach den dort abgelehnten Auffassungen ist ein Entziehungsverfahren nämlich separat zu führen. Sämtliche Belastungen müssen dabei in das geringste Gebot aufgenommen und gedeckt sein. Auch dem Schuldner kann unter diesen Voraussetzungen richtigerweise kein Antragsrecht gem. § 74a Abs. 1 zukommen. 362 Bärmann/Suilmann, § 19 WEG Rz. 24 f.; Bärmann/Seuß/M. Müller, § 84 Rz. 88; Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 73; Schneider, NZM 2014, 498, 500; a.A. Löhnig/Stenzel, § 19 WEG Rz. 28; Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 51. 363 Ebenso BGH v. 14.9.2018 – V ZR 138/17 – Rz. 29 obiter, MietRB 2018, 365 = MDR 2018, 1431 = Rpfleger 2019, 12 = ZfIR 2019, 147; Abramenko, Das neue WEG § 8 Rz. 14; Bärmann/Suilmann, § 19 WEG Rz. 20; Bärmann/Seuß/M. Müller, § 84 Rz. 93; jetzt auch Dassler u.a./Rellermeyer, § 10 Rz. 73.1; Hügel/Elzer, § 19 WEG Rz. 9; jetzt auch Niedenführ/Vandenhouten, § 19 WEG Rz. 8; Riecke/ Schmid/Riecke, § 19 WEG Rz. 11b; Schneider, NZM 2014, 498, 500 f.; Timme/Hogenschurz, § 19 WEG Rz. 8; a.A. Böttcher, Rpfleger 2009, 181, 191; Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 44 in der Annahme, dass das Entziehungsurteil beim Selbsterwerb durch den Schuldner noch nicht verbraucht sei und deshalb eine erneute Zwangsversteigerung beantragt werden könne – wie oft eigentlich? 364 Schneider, NZM 2014, 498, 500 f.
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§ 11 Rz. 1 Rangordnung in derselben Rangklasse
§ 11 [Rangordnung in derselben Rangklasse] (1) Sind Ansprüche aus verschiedenen Rechten nach § 10 Nr. 4, 6 oder 8 in derselben Klasse zu befriedigen, so ist für sie das Rangverhältnis maßgebend, welches unter den Rechten besteht. (2) In der fünften Klasse geht unter mehreren Ansprüchen derjenige vor, für welchen die Beschlagnahme früher erfolgt ist.
A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . C. Rangordnung im Grundbuch nicht eingetragener Ansprüche (§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 2, 3 und 7 ZVG) . . . . . . . . D. Rangordnung im Grundbuch eingetragener Rechte (§ 10 Abs. 1 Nr. 4, 6 und 8 ZVG) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besondere gesetzliche Rangbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rangbestimmung bei Hafterstreckung anlässlich einer Bestandteilszuschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rz. 1 2
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Rz. 2. Rangbestimmungen bei teilweisem Rechtsübergang von Grundpfandrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rangrücktritt infolge Leistung des Gebäudefeuerversicherers . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten im Beitrittsgebiet . . . . . III. Rangordnung im Grundbuch nicht bzw. nicht mehr eingetragener Rechte . . . . . . 1. Rang nicht eingetragener Rechte . . . . . . 2. Rang nicht mehr eingetragener Rechte . . E. Rangordnung mehrerer Beschlagnahmegläubiger . . . . . . . . . . . . . . . F. Gleichrangige Ansprüche . . . . . . . . .
11 12 13 14 14 16 17 21
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Literatur: Böttcher, Das Rangverhältnis im Grundbuchverfahren, BWNotZ 1988, 73; Feuerpeil, Die Rangeinheit von Haupt- und Veränderungsspalten in Abteilung II und III des Grundbuchs, Rpfleger 1983, 298; Meyer-Stolte, Rangverhältnis mehrerer Nachverpfändungen, Rpfleger 1971, 201; H. Schmid, Die angebliche Rangeinheit von Haupt- und Veränderungsspalten in Abteilung II und III des Grundbuchs, Rpfleger 1982, 251; H. Schmid, Nochmals: Die angebliche Rangeinheit von Haupt- und Veränderungsspalten in Abteilung II und III des Grundbuchs, Rpfleger 1984, 130.
A. Normzweck 1
Die Bestimmung der Rangverhältnisse ist eine notwendige Vorfrage zur Bestimmung der Befriedigungsreihenfolge bei mehreren am Erlös Berechtigten in derselben Rangklasse. Die Vorschrift regelt daher in Ergänzung des § 10 Abs. 1 (der Wortlaut des Gesetzes ist hier unvollständig) die Rangordnung mehrerer im Grundbuch eingetragener Rechte in derselben Rangklasse (Abs. 1) sowie die Rangordnung unter mehreren Beschlagnahmegläubigern (Abs. 2). Nicht ausdrücklich geregelt wird demgegenüber die Rangordnung im Grundbuch nicht eingetragener Ansprüche.
B. Anwendungsbereich 2
Abs. 1 der Vorschrift findet für alle Versteigerungsverfahren nach dem ZVG Anwendung. Abs. 2 ist auf eine Anwendung in der Forderungsversteigerung beschränkt; für die Sonderverfahren der § 172 ff. findet er keine Anwendung.
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Rangordnung in derselben Rangklasse
Rz. 8 § 11
Für Zwangsverwaltungsverfahren wird § 11 durch die Sonderregelungen der §§ 155, 156 ergänzt.
C. Rangordnung im Grundbuch nicht eingetragener Ansprüche (§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 2, 3 und 7 ZVG) Mangels einer ausdrücklichen anderslautenden Regelung genießen mehrere Ansprüche der Rangklassen 1 (Zwangsverwaltungsvorschüsse) und 2 (Hausgeldforderungen) untereinander jeweils gleichen Rang.1
3
Ebenfalls stehen mehrere Ansprüche der Rangklasse 3 (öffentliche Lasten) kraft ausdrücklicher Anordnung untereinander im Rang selbst dann gleich, wenn sie auf Bundes- und Landesrecht beruhen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2). Dies muss dann auch für ältere Rückstände gelten, wenn diese in Rangklasse 7 zurückfallen.2
4
Mehrere Ansprüche der Rangklasse 1a (insolvenzrechtliche Feststellungkosten) sind nicht denkbar; die Rangklasse ist daher im Rahmen des § 11 ohne Bedeutung.3
5
D. Rangordnung im Grundbuch eingetragener Rechte (§ 10 Abs. 1 Nr. 4, 6 und 8 ZVG) I. Grundsätze Für im Grundbuch eingetragene Rechte bestimmt sich ihr Rangverhältnis untereinander gem. §§ 879–881 BGB (§ 11 Abs. 1). Sind demgemäß Rechte in derselben Abteilung des Grundbuchs eingetragen bestimmt sich das Rangverhältnis nach der Reihenfolge der Eintragungen („Locusprinzip“, § 879 Abs. 1 S. 1 BGB). Sind die Rechte in verschiedenen Abteilungen eingetragen, so bestimmt sich das Rangverhältnis nach dem Eintragungstag („Tempusprinzip“, § 879 Abs. 1 S. 2 BGB).
6
Diese Ranggrundsätze kommen dann nicht zur Anwendung, wenn das Rangverhältnis entweder von Anfang an abweichend bestimmt (§ 879 Abs. 3 BGB) oder nachträglich geändert worden ist (§ 880 BGB) oder ein Recht unter Ausnutzung eines eingetragenen Rangvorbehaltes eingetragen worden ist (§ 881 BGB). Zu den Wirkungen einer Rangänderung und eines Rangvorbehaltes s. ausf. bei § 44.
7
Durch Eintragung einer Vormerkung gesicherte Rechte werden wie ein eingetragenes Recht berücksichtigt (§ 48). Eine eingetragene Erwerbsvormerkung ist im Zwangsversteigerungsverfahren wie ein Recht der Rangklasse 4 zu behandeln.4
8
1 Denkschrift bei Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 5, 1897, S. 38; Böttcher, § 11 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Rellermeyer, § 11 ZVG Rz. 2, der zutr. darauf hinweist, dass sich der Gleichrang nicht aus dem einleitenden Satz des § 10 Abs. 1 ergibt, sondern vielmehr von diesem vorausgesetzt wird. Explizit zur Rangklasse 2 s. auch Schneider, ZfIR 2008, 161, 164; a.A. Derleder, ZWE 2008, 13, 20 (maßgeblich sei der Entstehungszeitpunkt). Nicht zutreffend insoweit auch Depré/ Cranshaw, § 11 ZVG Rz. 7, der innerhalb der Rangklasse 2 eine Rangkonkurrenz für ausgeschlossen hält und dabei übersieht, dass durchaus Hausgeldansprüche des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft sowohl mit Regressansprüchen einzelner Wohnungseigentümer als auch mit abgelösten Hausgeldansprüchen Drittberechtigter zusammentreffen können. 2 Böttcher, § 11 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Rellermeyer, § 11 ZVG Rz. 2. 3 Insoweit zutr. Depré/Cranshaw, § 11 ZVG Rz. 7. 4 BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 = MDR 2014, 988 = NJW 2014, 2445 = ZfIR 2014, 654.
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§ 11 Rz. 9 Rangordnung in derselben Rangklasse 9
Erfolgen nachträglich Veränderungen bei eingetragenen Rechten, werden diese in den Veränderungsspalten der II. und III. Abteilung des Grundbuchs vollzogen (§§ 10 Abs. 5 GBV, 11 Abs. 6 GBV). Die Veränderungsspalten bilden aufgrund ihrer räumlichen Stellung mit den jeweiligen Hauptspalten einer Belastungsabteilung eine Einheit. Dies gilt nach h.M. auch für nachträglich eingetragene Rechtsänderungen, deren Rang sich somit nach den Eintragungen in der jeweiligen Hauptspalte bestimmt (Rangeinheit).5 Besonders deutlich zeigen sich die Meinungsunterschiede bei nachträglichen Zinserhöhungen6 (außerhalb des Anwendungsbereiches von § 1119 BGB) und bei Nachverpfändungen7. Lediglich fehlende Zustimmungserklärungen zwischenberechtigter Rechtsinhaber machen in diesen Fällen nach vorherrschender Ansicht die Eintragung von Rangvermerken zur Verlautbarung des „schiefen“ Rangs erforderlich; i.ü. entfallen nach h.M. Rangvermerke wegen der Rangeinheit. Erfolgt die Nachverpfändung gleichzeitig für mehrere bereits auf einem Grundstück lastende Grundpfandrechte, so bestimmt sich das Rangverhältnis der Rechte an dem nachverpfändeten Grundstück untereinander im Wege der Auslegung nach den bisherigen Rangverhältnissen an dem ursprünglich belasteten Grundstück8; der Eintragung besonderer Rangvermerke bedarf es daher nicht.
II. Besondere gesetzliche Rangbestimmungen 1. Rangbestimmung bei Hafterstreckung anlässlich einer Bestandteilszuschreibung 10
Wird ein Grundstück einem anderen Hauptgrundstück gem. § 890 Abs. 2 BGB als Bestandteil zugeschrieben, so erstrecken sich die am Hauptgrundstück bestehenden Grundpfandrechte auf das zugeschriebene Grundstück (§§ 1131 S. 1, 1192 Abs. 1 BGB). Dabei gehen Rechte (nicht nur Grundpfandrechte!), mit denen das zugeschriebene Grundstück bereits belastet ist, diesen Grundpfandrechten allerdings im Range vor (§§ 1131 S. 2, 1192 Abs. 1 BGB). Dies gilt selbst dann, wenn die Grundpfandrechte auf dem Hauptgrundstück zeitlich vor den Rechten auf dem zugeschriebenen Grundstück eingetragen worden sind.9 Die Erstreckungswirkung kann nach ganz h.M. nur bei Grundpfandrechten (also insbes. nicht bei Reallasten)10 und auch nicht umgekehrt vom Bestandteilsgrundstück auf das Hauptgrundstück eintreten.11 Erstrecken sich mehrere Grundpfandrechte gem. §§ 1131 S. 1, 1192 Abs. 1 BGB auf das zugeschriebene Grundstück, so haben sie untereinander auch am Bestandteilsgrundstück denselben Rang wie am Hauptgrundstück.12
5 RG v. 14.3.1931, RGZ 132, 106; KG v. 24.4.1941, JFG 22, 284; OLG Hamm v. 9.10.1984 – 15 W 250/83, OLGZ 1985, 23 = Rpfleger 1985, 17; Bauer/v. Oefele/Knothe, § 45 GBO Rz. 31; Dassler u.a./Rellermeyer, § 11 ZVG Rz. 4; Demharter, § 48 GBO Rz. 20; Schöner/Stöber, Rz. 2656 ff.; Stöber, § 11 ZVG Rz. 3.2; Streuer, Rpfleger 1985, 144; a.A. LG Bonn v. 5.1.1982 – 4 T 727/81, Rpfleger 1982, 138 m. abl. Anm. Streuer; Böttcher, § 11 ZVG Rz. 11; H. Schmid, Rpfleger 1984, 130; ders., Rpfleger 1982, 251. 6 RG v. 14.3.1931 – Vb 2/31, RGZ 132, 106; BGH v. 14.2.1958 – V ZB 49/57, BGHZ 26, 344 = NJW 1958, 630; BayObLG v. 22.12.1959 – BReg. 2 Z 192/59, BayObLGZ 1959, 520 = NJW 1960, 1155; OLG Frankfurt/M. v. 3.2.1978 – 20 W 758/77, Rpfleger 1978, 312. 7 KG v. 24.4.1941, JFG 22, 284; OLG Hamm v. 9.10.1984 – 15 W 250/83, OLGZ 1985, 23 = Rpfleger 1985, 17. 8 LG Köln v. 7.9.1973 – 11 T 138/73, DNotZ 1974, 618 LS. = MittRhNotK 1973, 438; Meyer-Stolte, Rpfleger 1971, 201. 9 KG v. 24.4.1941, JFG 22, 284. 10 Lemke/Schneider, § 6 GBO Rz. 54; Meikel/Böttcher, § 6 GBO Rz. 53 je m.w.N. auch zur a.A. 11 Lemke/Schneider, § 6 GBO Rz. 56; Meikel/Böttcher, § 6 GBO Rz. 54. 12 Lemke/Schneider, § 6 GBO Rz. 51; Meikel/Böttcher, § 6 GBO Rz. 53.
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Rangordnung in derselben Rangklasse
Rz. 15 § 11
2. Rangbestimmungen bei teilweisem Rechtsübergang von Grundpfandrechten Während ein vollständiger Rechtsübergang am ursprünglichen Rang eines dinglichen Rechts keine Veränderung bewirkt, hat der Gesetzgeber für Grundpfandrechte in den Fällen Sonderregelungen getroffen, wo noch ein (Rest)Recht in der Hand des ursprünglichen Gläubigers verbleibt. Geht demgemäß ein Teil eines Grundpfandrechts kraft Gesetzes auf den Eigentümer, einen der Eigentümer, den persönlichen Schuldner oder einen Dritter über, so hat der übergegangene Teil Rang nach dem unverändert beim Gläubiger verbliebenen (Rest)Recht (§§ 1176, 268 Abs. 3 S. 2, 426 Abs. 2 S. 2, 774 Abs. 1 S. 2, 1143 Abs. 1 S. 2 BGB).
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3. Rangrücktritt infolge Leistung des Gebäudefeuerversicherers Soweit der Gebäudefeuerversicherer den Hypothekengläubiger befriedigt, geht die Hypothek auf ihn über (§ 145 S. 1 VVG). Dieser Übergang kann im Hinblick auf den grundpfandrechtlichen Haftungsverband (§§ 1127, 1192 Abs. 1 BGB) nicht zum Nachteil eines gleich- oder nachstehenden Hypothekengläubigers geltend gemacht werden, dem gegenüber die Leistungspflicht des Versicherers bestehen geblieben ist (§ 145 S. 2 VVG). Insoweit greift also ein gesetzlich angeordneter Rangrücktritt ein, für dessen Wirkung es unerheblich ist, ob der Versicherer die von ihm geschuldete Versicherungssumme an den erstrangigen Grundpfandgläubiger in voller Höhe oder nur zum Teil erbracht hat.13 Der gesetzlich angeordnete Rangrücktritt gilt nicht nur für Grundpfandrechte, sondern auch für Reallasten (§ 148 VVG); lediglich Eigentümergrundpfandrechte kommen nicht in den Genuss des Rangrücktritts (§ 149 VVG).
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4. Besonderheiten im Beitrittsgebiet Bei Rechten an Grundstücken, die nicht der Eintragung in das Grundbuch bedürfen und nicht eingetragen sind, bestimmt sich der Rang nach dem Zeitpunkt der Entstehung des Rechts (Art. 223 § 9 Abs. 2 EGBGB). Bei eingetragenen Mitbenutzungsrechten ist der vermerkte Zeitpunkt (Art. 223 § 5 Abs. 3 S. 2 EGBGB) oder der vermerkte Vorrang (Art. 223 § 5 Abs. 3 S. 3 EGBGB) maßgeblich (Art. 223 § 9 Abs. 2 EGBGB).
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III. Rangordnung im Grundbuch nicht bzw. nicht mehr eingetragener Rechte 1. Rang nicht eingetragener Rechte Bei eintragungsfähigen Rechten wie z.B. altrechtlichen Dienstbarkeiten (Art. 187 EGBGB) oder Sicherungshypotheken (§ 1287 S. 2 BGB, § 848 Abs. 2 S. 2 ZPO) bestimmt sich das Rangverhältnis untereinander und im Verhältnis zu eingetragenen Rechten nach dem Zeitpunkt der Entstehung.14
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Nicht eintragungsfähige Rechte wie Überbaurenten (§ 912 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 914 Abs. 2 15 S. 1 BGB) und Notwegerenten (§ 917 Abs. 2 i.V.m. § 914 Abs. 2 S. 1 BGB) haben Rang vor allen anderen dinglichen Rechten (§ 914 Abs. 1 S. 1, § 917 Abs. 2 S. 2 BGB).
13 BGH v. 2.3.2005 – IV ZR 212/04, MDR 2005, 990 = ZfIR 2005, 504. 14 Böttcher, § 11 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Rellermeyer, § 11 ZVG Rz. 6; Stöber, § 11 ZVG Rz. 3.4.
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§ 11 Rz. 16 Rangordnung in derselben Rangklasse 2. Rang nicht mehr eingetragener Rechte 16
Ist ein Recht im Grundbuch zu Unrecht gelöscht15, so behält es grundsätzlich seine bisherige Rangposition. Der Rang des Rechts kann sich in diesem Fall allerdings infolge gutgläubigen Erwerbs eines Dritten gem. § 892 BGB ändern (bei Erwerb eines dinglichen Rechts an der nächst offenen Rangstelle) oder auch gänzlich entfallen (bei gutgläubig lastenfreiem Eigentumserwerb).
E. Rangordnung mehrerer Beschlagnahmegläubiger 17
Der Rang unter mehreren Beschlagnahmegläubigern der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der jeweiligen Beschlagnahme (§ 22 Abs. 1, § 151); die zeitlich frühere Beschlagnahme geht vor.
18
Erfolgen mehrere Beschlagnahmen gleichzeitig oder lässt sich nicht feststellen, zu welchem Zeitpunkt die jeweilige Beschlagnahme wirksam geworden ist (z.B. Zustellung am selben Tag ohne Angabe der Uhrzeit16), so besteht zwischen ihnen Gleichrang. Dies gilt auch dann, wenn die Anordnungsanträge zu unterschiedlichen Zeiten beim Vollstreckungsgericht eingegangen sein sollten, das Vollstreckungsgericht aber einen gemeinsamen Anordnungsbeschluss erlassen hat. Eine dem § 17 GBO vergleichbare Regelung kennt das ZVG nicht.17
19
Es macht keinen Unterschied, ob wegen bisher ungesicherter persönlicher Ansprüche oder solchen aus den Rangklassen 6 bis 8 die Beschlagnahme bewirkt wird. Im Betreibensfalle verbessern sich die letztgenannten Ansprüche in die Rangklasse 5; sie nehmen dort ebenfalls nach dem Prioritätsprinzip und nicht nach ihrer ursprünglichen Rangfolge am Verfahren teil.18
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Erfolgte eine Beschlagnahme fehlerhaft, so ist sie nur ausnahmsweise bei einem schweren und offenkundigen Mangel nichtig.19 Im übrigen ist eine fehlerbehaftete Beschlagnahme lediglich anfechtbar; solange sie nicht aufgehoben ist, muss sie als rechtswirksam angesehen werden.20 Auch eine fehlerhafte Beschlagnahme ist daher bei der Ermittlung der Rangfolge bis zu ihrer Aufhebung zu berücksichtigen.21
F. Gleichrangige Ansprüche 21
Stehen mehrere Ansprüche aus verschiedenen Rechten im gleichen Rang zueinander, erfolgt ihre Befriedigung nach dem Verhältnis ihrer Beträge (vgl. § 10 Abs. 1 einl S.). Für die Berechnung sind dabei die jeweiligen Gesamtansprüche maßgeblich (Kosten, Nebenleistungen, Hauptansprüche).22
15 16 17 18 19
Vgl. z.B. OLG München, Beschl. v. 25.11.2013 – 34 Wx 364/13, juris. Böttcher, § 11 ZVG Rz. 15. Böttcher, § 11 ZVG Rz. 15; Dassler u.a./Rellermeyer, § 11 ZVG Rz. 9; Stöber, § 11 ZVG Rz. 4.1. Stöber, § 11 ZVG Rz. 4.2. So z.B. bei Überweisung einer aufgrund eines Arrestbeschlusses gepfändeten Forderung, BGH v. 9.7.2014 – VII ZB 9/13, MDR 2014, 1108 = NJW 2014, 2732 = ZfIR 2014, 782; BGH v. 17.12.1992 – IX ZR 226/91, BGHZ 121, 98 = MDR 1993, 578 = NJW 1993, 735. 20 BGH v. 6.4.1979 – V ZR 216/77, MDR 1979, 922 = NJW 1979, 2045 (fehlerhafte Bezeichnung des Vollstreckungstitels); BGH v. 16.2.1976 – II ZR 171/74, BGHZ 66, 79 = NJW 1976, 851 (fehlende Zustellung des Vollstreckungstitels). 21 Dassler u.a./Rellermeyer, § 11 ZVG Rz. 11. 22 Böttcher, § 11 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Rellermeyer, § 11 ZVG Rz. 12; Stöber, § 11 ZVG Rz. 1.3.
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Rangordnung innerhalb desselben Rechts
Rz. 2 § 12
§ 12 [Rangordnung innerhalb desselben Rechts] Die Ansprüche aus einem und demselben Recht haben untereinander folgende Rangordnung: 1. die Ansprüche auf Ersatz der im § 10 Abs. 2 bezeichneten Kosten; 2. die Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen und andere Nebenleistungen; 3. der Hauptanspruch.
A. B. C. D. I.
Rz. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 2 Kosten (§ 12 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . 5 Wiederkehrende Leistungen und andere Nebenleistungen (§ 12 Nr. 2) . . . . . 8 Wiederkehrende Leistungen, die keine Nebenleistungen sind . . . . . . . . . . . . 9
Rz. II. Wiederkehrende und andere Nebenleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . E. Hauptanspruch (§ 12 Nr. 3) . . . . . F. Gesetzliche und vereinbarte Abweichungen von § 12 . . . . . . . I. Gesetzliche Abweichungen von § 12 II. Vereinbarte Abweichungen von § 12
. . . 10 . . . 13 . . . 15 . . . 16 . . . 16 . . . 18
Literatur: Amann, Durchsetzung der Reallast ohne Verlust der Reallast, DNotZ 2004, 599; Böttcher, Begleitschutz für die Reallast?, ZfIR 2007, 791; Böttcher, Sonstige Nebenleistungen nach § 1115 BGB, Rpfleger 1980, 81; Dümig, Spaltung einer Reallast in Stammrecht und Einzelleistungen, MittBayNot 2004, 153; Joost, Zur Rangfolge von Stammrecht und Einzelleistungen bei der Reallast, EWiR 2003, 161; Oppermann, Erhalt der Reallast trotz Zwangsversteigerung, RNotZ 2004, 84.
A. Normzweck § 12 regelt in Ergänzung des § 10 Abs. 1 die Rangordnung einzelner Ansprüche aus demselben Recht, nachdem § 11 die Rangordnung verschiedener Rechte in derselben Rangklasse zum Gegenstand hat. Während nach materiellem Recht eigentlich ein Gleichrangverhältnis mehrerer Ansprüche aus demselben Recht besteht1, legt § 12 eine davon abweichende Rangordnung fest, die sich immer dann auswirkt, wenn der Versteigerungserlös nicht zur Deckung des gesamten Anspruchs eines Gläubigers ausreicht. In diesem Fall dient die Regelung der Erhaltung seines verzinslichen Kapitalanspruchs. Die Befriedigungsreihenfolge innerhalb eines Rechts entspricht damit § 367 Abs. 1 BGB bei freiwilliger Teilleistung durch den Schuldner.
1
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt für alle Vollstreckungsverfahren nach dem ZVG.2 In der Zwangsverwaltung werden in den Rangklassen 2, 3 und 4 jedoch nur die laufenden wiederkehrenden Leistungen berücksichtigt (§ 155 Abs. 2 S. 2 ZVG).
1 RG v. 14.3.1931 – Vb 2/31, RGZ 132, 106, 110. 2 Böttcher, § 12 ZVG Rz. 1; Stöber, § 12 ZVG Rz. 1.1.
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2
§ 12 Rz. 3 Rangordnung innerhalb desselben Rechts 3
§ 12 hat nicht nur Bedeutung für dingliche, sondern auch für persönliche Ansprüche, insbesondere für den Kosten- und Zinsanspruch des Beschlagnahmegläubigers.3
4
Die Vorschrift ist nur anwendbar für Ansprüche, die in derselben Rangklasse zu berücksichtigen sind.4 Der Hauptsacheanspruch des in Rangklasse 4 eingeordneten Grundpfandrechtsgläubigers geht damit z.B. den in Rangklasse 8 eingeordneten älteren Zinsen vor. Nicht vorausgesetzt wird dabei, dass die Ansprüche auch demselben Gläubiger zustehen. So kann z.B. der Zinsanspruch einem anderen Gläubiger zustehen als der Hauptanspruch.5 Innerhalb der drei Ranggruppen verbleibt es mangels abweichender Regelungen bei dem grundsätzlich bestehenden Gleichrangverhältnis (Rz. 1).6
C. Kosten (§ 12 Nr. 1) 5
Gem. § 12 Nr. 1 sind zuerst die im § 10 Abs. 2 bezeichneten Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung zu decken. Für eingetragene Gläubiger dinglicher Rechte entspricht dies dem Haftungsumfang des § 1118 BGB. Zugunsten persönlicher Beschlagnahmegläubiger werden auf diese Weise insbesondere die Kosten für die Anordnung des Verfahrens sowie Kosten einer Terminswahrnehmung und einer anwaltlichen Vertretung erfasst. Wegen Einzelheiten s. § 10 Rz. 210 ff.
6
Soweit andere als die genannten Kosten verlangt werden (z.B. solche der Mobiliarzwangsvollstreckung), muss es sich um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung handeln. Deren Beitreibung erfolgt entweder gem. § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO zugleich mit dem Hauptanspruch oder gem. § 788 Abs. 2 S. 1 ZPO auf der Grundlage eines separaten Kostenfestsetzungsbeschlusses. Ihretwegen muss dann die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 5 betrieben werden, damit überhaupt ein Recht auf Befriedigung besteht. Da diese Kosten aber keine solchen „der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung“ darstellen, können sie nicht § 12 Nr. 1 unterfallen.7 Sie stellen richtigerweise aber auch keine „anderen Nebenleistungen“ i.S.d. § 12 Nr. 2 dar8, weil sie nicht von einem Hauptanspruch abhängen (s. Rz. 10). Sie sind vielmehr im Betreibensfall selbst als Hauptanspruch zu behandeln.9
7
Bei der Zwangsvollstreckung in ein Wohnungseigentum werden die Kosten der Rechtsverfolgung (auch der Titelbeschaffung) vom Gesetzgeber unter die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 genannten „Nebenleistungen“ subsumiert, um sie von der dort normierten – in § 10 einmaligen – betraglichen Obergrenze erfassen zu können.10 Sachlich handelt es sich dabei aber richtigerweise um Kosten gem. § 10 Abs. 2, die § 12 Nr. 1 unterfallen.11
3 Jäckel/Güthe, § 12 ZVG Rz. 1; Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 4. 4 Böttcher, § 12 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Rellermeyer, § 12 ZVG Rz. 1; Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 2. 5 Böttcher, § 12 ZVG Rz. 3; Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 2. 6 Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 2; Stöber, § 12 ZVG Rz. 1.3; insoweit missverständlich Böttcher, § 12 ZVG Rz. 3. 7 So aber Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 5 mit Fn. 12. 8 So aber Dassler u.a./Rellermeyer, § 12 ZVG Rz. 3; Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 9; Stöber, § 12 ZVG Rz. 2. 9 Allein zutreffend deshalb Böttcher, § 12 ZVG Rz. 5. 10 BT-Drs. 16/887, S. 45 reHsp. 11 Zutr. Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 20 a.E.; Schneider, ZMR 2011, 421; a.A. unter Verkennung der vollstreckungsrechtlichen Systematik, LG Bonn v. 17.8.2011 – 5 S 77/11, ZMR 2011, 985.
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Rangordnung innerhalb desselben Rechts
Rz. 10 § 12
D. Wiederkehrende Leistungen und andere Nebenleistungen (§ 12 Nr. 2) Die Regelung ist sprachlich unglücklich und deckt sich nicht mit vergleichbaren Termini in anderen Gesetzen.12 Nach der Syntax müsste „Nebenleistung“ als Oberbegriff anzusehen sein, die „wiederkehrenden Leistungen“ stellten dann lediglich einen Unterfall dar. Es besteht aber Einvernehmen, dass auch „wiederkehrende Leistungen“, die keine Nebenleistungen sind, unter § 12 Nr. 2 zu subsumieren sind.13 Allgemein wird deshalb wie folgt unterschieden14:
8
I. Wiederkehrende Leistungen, die keine Nebenleistungen sind Hierunter fallen z.B.
9
– in Rangklasse 2
bei einem Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 u. 5 WEG geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1). Dies entspricht der vormals auch schon für Litlohnansprüche in dieser Rangklasse gebräuchlichen Einordnung.15
– in Rangklasse 3
bei öffentlichen Lasten insbesondere die Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1). Soweit Beträge zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, gehören sie im Gegensatz zur Rangklasse 4 nicht zum Hauptanspruch.16
– in Rangklasse 4
bei Reallasten (§ 1105 Abs. 1 S. 1 BGB) und Rentenschulden (§ 1199 Abs. 1 BGB) die Einzelleistungen, die sich zum Stammrecht verhalten wie die Zinsen zur Hypothek (§ 1107 bzw. § 1200 Abs. 1 BGB). Auch Altenteilsrechte iSd § 49 GBO können solche wiederkehrenden Leistungen zum Gegenstand haben.17
II. Wiederkehrende und andere Nebenleistungen Nebenleistungen sind ihrem Wesen nach von einem Hauptanspruch abhängige Leistungen, die selbst aber keine Hauptforderung darstellen.18 Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Zinsen oder andere Nebenleistungen handelt. Denn auch Zinsen sind nach der Fassung des § 1115 Abs. 1 BGB Nebenleistungen, wenn auch solche besonderer Art, nämlich Gebrauchsvergütungen; ein rechtlicher Unterschied zwischen beiden Arten von Nebenleistungen besteht nicht.19 Nebenleistungen können einmalig, kontinuierlich, befristet und bedingt ausgestaltet sein.20 Sie ergeben sich entweder unmittelbar aus dem Vollstreckungstitel
12 Ausf. Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 10 m.w.N. 13 Vgl. bereits RG v. 4.3.1903 – V 37/03, RGZ 54, 88. 14 Böttcher, § 12 ZVG Rz. 7 f.; Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 11 ff.; Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 6; Stöber, § 12 ZVG Rz. 3.2. 15 Vgl. Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 7 m.w.N. 16 A.A. Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 21. 17 Böttcher, § 12 ZVG Rz. 7; Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 23; Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 7. 18 Vgl. OLG Düsseldorf v. 14.8.1995 – 3 Wx 206/95, Rpfleger 1996, 61 unter Hinweis auf die Motive zum BGB. 19 BGH v. 30.1.1967 – V ZB 28/66, BGHZ 47, 41 = Rpfleger 1967, 111. 20 Böttcher, Rpfleger 1980, 81.
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§ 12 Rz. 10 Rangordnung innerhalb desselben Rechts oder bei dinglichen Rechten – mit Ausnahme der gesetzlichen Zinsen (§ 1118 BGB) – aus der Grundbucheintragung (§ 1115 BGB). 11
Hierunter fallen z.B. (in alphabetischer Reihenfolge)21: Bearbeitungsgebühren; Bereitstellungsgebühren; Bürgschaftsgebühren; Disagio (Damnum); Entschädigung für höhere Auszahlung; Geldbeschaffungskosten für Hypothek; Kreditgebühren; Mahngebühren; Prämien für eine zur Sicherung einer Hypothekenforderung eingegangenen Lebensversicherung; (Abschluss- und Umsatz)Provisionen; Strafzinsen; Vertragsstrafen bei unpünktlicher Zahlung; Verwaltungskostenbeiträge und -zuschläge; Verzugs- und Überziehungsgebühren; Vorfälligkeitsentschädigung; Zinsen und im Rahmen des § 288 Abs. 2 BGB auch Zinseszinsen.
12
Zutreffend weist Cranshaw22 in diesem Zusammenhang allerdings darauf hin, dass einige der vorgenannten Entgeltansprüche in der Bankenpraxis durch die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH zumindest im Verbraucherbereich zurückgedrängt worden sind.23
III. Besonderheiten 13
Soweit Beträge zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, gehören sie hier zum Hauptanspruch (§ 12 Nr. 3) und stellen keine Nebenleistungen dar.24
14
Im Rahmen des § 12 Nr. 2 kommt es nicht darauf an, ob es sich bei den „wiederkehrenden Leistungen“ um laufende oder rückständige Beträge i.S.d. § 13 Abs. 1 handelt. Reicht die Teilungsmasse nur für einen Teil der unter § 12 Nr. 2 fallenden Nebenleistungen, wird man nach dem Rechtsgedanken des § 366 Abs. 2 BGB zunächst die rückständigen Rückstände und erst danach die laufenden berücksichtigen.25
E. Hauptanspruch (§ 12 Nr. 3) 15
Die Berücksichtigung des Hauptanspruchs erfolgt nach den Kosten sowie den wiederkehrenden Leistungen und anderen Nebenleistungen an letzter Stelle (§ 12 Nr. 3), soweit nichts anderes vereinbart worden ist. Hauptansprüche sind: – in Rangklasse 1
die Zwangsverwaltungsvorschüsse;
– in Rangklasse 2
der sich aus § 16 Abs. 2 WEG ergebende Gesamtanspruch auf Tragung der Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie der Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums. Es handelt sich nach hier vertretener Auffassung insoweit um einen abstrakten, nicht vollstreckungsfähigen
21 Nach Böttcher, § 12 ZVG Rz. 8; Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 8 je m.w.N. 22 Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 25. 23 Vgl. z.B. BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, MDR 2014, 912 (Bearbeitungsentgelt für Verbraucher in AGB); BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 = MDR 2014, 909 = NJW 2014, 2420 (Bearbeitungsgebühr bei Privatkreditverträgen in AGB); BGH v. 7.6.2011 – XI ZR 388/10, BGHZ 190, 66 = MDR 2011, 928 = NJW 2011, 2640 (Kontoführungsgebühren bei Privatkreditverträgen in AGB). 24 RG v. 18.1.1922 – V 203/21, RGZ 104, 68, 72; RG v. 12.12.1917– V 227/17, RGZ 91, 297, 299; Böttcher, § 12 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Rellermeyer, § 12 ZVG Rz. 4; a.A. Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 7. 25 Böttcher, § 12 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Rellermeyer, § 12 ZVG Rz. 4; Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 17; Stöber, § 12 ZVG Rz. 3.1.
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Rangordnung innerhalb desselben Rechts
Rz. 17 § 12
Anspruch aus dem Stammrecht, der erst der betraglichen Konkretisierung gem. § 28 Abs. 2 u. 5 WEG bedarf.26 – in Rangklasse 3
die Hauptsachebeträge i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Var. 1.
– in Rangklasse 4
bei Hypotheken und Grundschulden der eingetragene Kapitalbetrag (§§ 1113 Abs. 1, 1191 Abs. 1 BGB); bei Rentenschulden die Ablösungssumme (§ 1199 Abs. 2 BGB), bei anderen dinglichen Rechten der Anspruch auf Wertersatz (§ 92).
– in Rangklasse 5
die geltend gemachte persönliche Forderung.
F. Gesetzliche und vereinbarte Abweichungen von § 12 I. Gesetzliche Abweichungen von § 12 Die Rangfolge des § 12 findet keine Anwendung, wenn aufgrund einer gesetzlichen Anordnung ein teilweiser Rechtsübergang nicht zum Nachteil des (bisherigen) Gläubigers geltend gemacht werden kann. So hat die verbleibende Restforderung im Falle einer Ablösung (§§ 268 Abs. 3 S. 2, 1150 BGB)27, einer Zahlung durch einen Gesamtschuldner (§ 426 Abs. 2 S. 2 BGB) oder einen Bürgen (§ 774 Abs. 1 S. 2 BGB) oder durch den nicht persönlich haftenden Eigentümer (§ 1143 Abs. 1 S. 2 BGB) oder in den in § 1176 BGB genannten Fällen Vorrang vor dem übergegangenen Teil. Dies gilt auch dann, wenn die Zwangsversteigerung aus dem rangersten Teil einer Grundschuld betrieben und dieser Teil abgelöst worden ist.28 Auch ein allein abgetretener Zinsanspruch geht bei einem Rechtsübergang kraft Gesetzes dem Hauptsacheanspruch des bisherigen Gläubigers mit den laufenden Zinsen im Rang nach.29
16
Die Tilgungsreihenfolge des § 12 wird weiterhin verdrängt durch die Spezialregelung des § 497 Abs. 3 S. 1 BGB für Verbraucherdarlehensverträge.30 Danach werden Teilzahlungen abweichend von § 367 Abs. 1 BGB zunächst auf die Kosten der Rechtsverfolgung, dann auf den übrigen geschuldeten Betrag und zuletzt auf die Zinsen angerechnet. Weist der Vollstreckungstitel eine solche abweichende Reihenfolge aus, ist diese auch im Vollstreckungsverfahren zu beachten.31 Allerdings beschränkt das Gesetz selbst den Anwendungsbereich der Norm in einem für die Immobiliarvollstreckung wesentlichen Punkt: Verbraucherdarlehensverträge sind AllgemeinVerbraucherdarlehensverträge und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge (§ 491 Abs. 1 S. 2 BGB). Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer, die durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert sind (§ 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB) oder für den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder für den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten bestimmt sind (§ 491 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Für solche Immobiliar-Verbrau-
17
26 A.A. Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 20, der zwar die wohnungseigentumsrechtlichen Vorschussbeträge als Hauptanspruch versteht, diese aber „im Interesse der Gemeinschaft“ gleichwohl, § 12 Nr. 2 zuordnet. 27 Dies gilt auch für ein teilweise übergegangenes Verpächterpfandrecht (§§ 1249 S. 2, 1250, 1257 BGB); OLG Celle v. 29.2.1968 – 7 U 64/67, OLGZ 1969, 7 = NJW 1968, 1139. 28 BGH v. 13.3.1990 – XI ZR 206/89, Rpfleger 1990, 378; OLG Celle v. 7.4.1989 – 4 U 57/88, Rpfleger 1990, 378; Böttcher, § 12 ZVG Rz. 9; a.A. Muth, Rpfleger 1990, 380; Steiner/Hagemann, § 10 Rz. 142. 29 Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 9 a.E.; Stöber, § 12 ZVG Rz. 1.4. 30 Erman/Saenger, § 497 Rz. 37. 31 Dassler u.a./Rellermeyer, § 12 ZVG Rz. 6; Depré/Cranshaw, § 12 ZVG Rz. 2.
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§ 12 Rz. 17 Rangordnung innerhalb desselben Rechts cherdarlehensverträge ist die Anwendbarkeit des § 497 Abs. 3 S. 1 BGB aber gerade ausgenommen (§ 497 Abs. 4 S. 2 BGB).
II. Vereinbarte Abweichungen von § 12 18
Von der Rangordnung des § 12 kann durch Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner abgewichen werden. Die Änderung der Tilgungsreihenfolge kann schon bei der Bestellung des Rechts als dessen Inhalt32 oder auch erst während des anhängigen Zwangsversteigerungsverfahrens erfolgen. Eine besondere Form ist für eine solche Vereinbarung nicht vorgeschrieben.33 Sie kann sich als zweckmäßig erweisen, wenn Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren parallel laufen. Durch eine abgeänderte Reihenfolge lassen sich für ein Grundpfandrecht z.B. neben der Zuteilung laufender Zinsen aus der Zwangsverwaltungsmasse bei nicht ausreichendem Versteigerungserlös möglicherweise noch teilweise Hauptsacheansprüche realisieren, die bei einer an § 12 orientierten Rangfolge nicht mehr zur Zuteilung gekommen wären und über eine Zwangsverwaltung für gewöhnlich ebenfalls nicht zur Zuteilung gelangen.34
19
Eine solche abweichende Vereinbarung kann auch bei einer Reallast in der Weise erfolgen, dass das Stammrecht Rang vor den Einzelleistungen i.S.d. § 1107 haben soll.35 Sie hat allerdings nur Bedeutung für die Erlösverteilung; eine Teilung des Rechts in verschiedenrangige Teile ist damit jedoch nicht verbunden.36 Eine Reallast kann nämlich nicht mit verschiedenem Rang zwischen ihren Bestandteilen begründet werden.37 Soll also im Hinblick auf die materielle Gleichrangigkeit aller Ansprüche aus einer Reallast38 der Untergang des Stammrechts im Rahmen einer Zwangsversteigerung vermieden werden, kann dies auf dem vom BGH aufgezeigten Weg39 durch Einräumung eines Anspruchs auf Bestellung einer weiteren Reallast für den Fall des Erlöschens der eingetragenen Reallast in der Zwangsversteigerung erreicht werden.40 Dieser Anspruch ist durch eine vorrangige Vormerkung zu sichern. Für den Fall der Ausübung der Erneuerungsvormerkung erhält die dann neu einzutragende Reallast grundsätzlich den Rang der eingetragenen Vormerkung (§ 883 Abs. 3 BGB). Die Beteiligten können jedoch vereinbaren, dass das durch die Vormerkung zu sichernde Recht im Range nach der bestehen bleibenden Vormerkung einzutragen ist.41
32 BayObLG v. 11.10.1990 – BReg 2 Z 114/90, BayObLGZ 1990, 282 = MDR 1991, 154 = DNotZ 1991, 805. 33 Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 3; Stöber, § 12 ZVG Rz. 5.1. 34 Dassler u.a./Rellermeyer, § 12 ZVG Rz. 8; Steiner/Hagemann, § 12 ZVG Rz. 3; Stöber, § 12 ZVG Rz. 5.1. 35 BayObLG v. 11.10.1990 – BReg 2 Z 114/90, BayObLGZ 1990, 282 = MDR 1991, 154 = DNotZ 1991, 805. 36 Abl. Joost, EWiR 2003, 161. 37 BGH v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, BGHZ 156, 274 = NotBZ 2004, 277 = MDR 2004, 390 = NJW 2004, 361 = ZfIR 2004, 68; LG Hagen v. 11.5.2009 – 3 T 791/08, Rpfleger 2009, 564; a.A. BayObLG v. 11.10.1990 – BReg 2 Z 114/90, BayObLGZ 1990, 282 = MDR 1991, 154 = DNotZ 1991, 805. 38 Böttcher, ZfIR 2007, 795; Oppermann, RNotZ 2004, 84. 39 BGH v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, BGHZ 156, 274 = NotBZ 2004, 277 = MDR 2004, 390 = NJW 2004, 361 = ZfIR 2004, 68. 40 Weitere Möglichkeiten bei Amann, DNotZ 2004, 599 (nachträgliche Aufspaltung der Reallast; umstr.) und Oppermann, RNotZ 2004, 84 (Bestellung und Teilung von Grundschulden im Rang nach der Reallast). 41 OLG München v. 30.1.2007 – 32 Wx 9/07, NotBZ 2007, 102 = ZfIR 2007, 802; Böttcher, ZfIR 2007, 791.
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Laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen
§ 13
Eine Abweichung von § 12 kann auch zwischen Zedent und Zessionar anlässlich einer Ab- 20 tretung in der Weise vereinbart werden, dass der Zedent mit seinem Stammrecht den Vorrang vor den Zinsen erhalten soll.42 Die Abtretung eines Rechts ändert an der Rangfolge des § 12 nichts. Wird nur ein Teilbetrag abgetreten, haben die neu gebildeten Teile grundsätzlich gleichen Rang, wenn durch die beteiligten Gläubiger nichts anderes bestimmt wird (vgl. § 1151 BGB). Die Ansprüche sind dann nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berücksichtigen (§ 10 Abs. 1 Einl S). Gleiches gilt auch für eine teilweise Verpfändung.43
§ 13 [Laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen] (1) Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen sind der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später fällig werdenden Beträge. Die älteren Beträge sind Rückstände. (2) Absatz 1 ist anzuwenden, gleichviel ob die Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen auf öffentlichem oder privatem Recht oder ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen oder ob die gesetzlichen Vorschriften andere als die in § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bestimmten Fristen festsetzen; kürzere Fristen als die in § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bestimmten werden stets vom letzten Fälligkeitstag vor der Beschlagnahme zurückgerechnet. (3) Fehlt es innerhalb der letzten zwei Jahre an einem Fälligkeitstermin, so entscheidet der Zeitpunkt der Beschlagnahme. (4) Liegen mehrere Beschlagnahmen vor, so ist die erste maßgebend. Bei der Zwangsversteigerung gilt, wenn bis zur Beschlagnahme eine Zwangsverwaltung fortgedauert hat, die für diese bewirkte Beschlagnahme als die erste. Rz. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 2 C. Abgrenzung von laufenden und rückständigen Beträgen . . . . . . . . . . 5 I. Laufende Beträge . . . . . . . . . . . . . . . 5 II. Rückständige Beträge . . . . . . . . . . . . 6 III. Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Fälligkeitszeitpunkt und Bezugszeitraum 8 3. Eintritt der Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . 10 a) Ansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Rz. b) Ansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 u. 7 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . c) Ansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4, 6 u. 8 ZVG . . . . . . . . . . . . . d) Unterschiedliche Berechnungen . . . . IV. Beschlagnahmezeitpunkt . . . . . . . . . . V. Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fälligkeit am Tag der Beschlagnahme . b) Fälligkeit nach dem Tag der Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fehlen eines Fälligkeitstermins . . . . . d) Fehlen eines Zinsbeginns . . . . . . . . e) Stundung o.Ä. . . . . . . . . . . . . . . .
11 12 13 15 17 17 18 19 21 22
Literatur: Bauch, Fälligkeit von Grundschuldzinsen, Rpfleger 1985, 466.
42 Dassler u.a./Rellermeyer, § 12 ZVG Rz. 8; Stöber, § 12 ZVG Rz. 5.2. 43 Böttcher, § 12 ZVG Rz. 9.
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§ 13 Rz. 1 Laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen
A. Normzweck 1
Das Gesetz unterscheidet in mehreren Normen zwischen laufenden und rückständigen Beträgen wiederkehrender Leistungen (vgl. §§ 10 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4, 7 u. 8, 45 Abs. 2, 47, 114 Abs. 2, § 155 Abs. 2, 156 Abs. 1). Die Abgrenzung ist demgemäß für den Umfang des Befriedigungsrechts von Bedeutung, weil rückständige Beträge nicht in vollem Umfang an der Rangstelle des Hauptanspruchs befriedigt werden.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift gilt für alle Vollstreckungsverfahren nach dem ZVG.1 Ob sie auch auf den Rückstandsbegriff des § 1159 BGB anzuwenden ist, ist unklar.2
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Zum – erweiterten – Begriff der wiederkehrenden Leistungen s. zunächst § 12 Rz. 8 ff. Typische wiederkehrende Leistungen sind demgemäß insbesondere die für ein Wohnungseigentum gemäß dem Wirtschaftsplan festgelegten und i.d.R. monatlich zu zahlenden Hausgeldvorschüsse einschließlich der Rückstellungen, die quartalsmäßig zu begleichenden Grundbesitzabgaben, vereinbarte und gesetzliche Zinsen eines Grundpfandrechts, Leistungen aus einer (Erbbauzins-)Reallast. Nicht abschließend geklärt ist nach wie vor, ob und ggf. inwieweit eine von den Wohnungseigentümern beschlossene Sonderumlage und die sich aus der Jahresabrechnung ergebende Abrechnungsspitze im Rahmen des § 156 Abs. 1 S. 2 dazu zu zählen ist.3
4
Auf einmalige Leistungen findet § 13 keine Anwendung. Typische einmalige Leistungen sind kommunale Erschließungsgebühren, soweit sie als öffentliche Last ausgestaltet sind, Bearbeitungsgebühren, Kostenpauschalen und Vorfälligkeitsentschädigungen.4
C. Abgrenzung von laufenden und rückständigen Beträgen I. Laufende Beträge 5
Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen sind der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später fällig werdenden Beträge. Im geringsten Gebot sind laufende Beträge regelmäßig wiederkehrender Leistungen für die Zeit bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin zu decken (§ 47 S. 1). Im Teilungsplan werden die laufenden Beträge für bestehenbleibende Rechte bis zum Tag vor Erteilung des Zuschlags berechnet (vgl. § 56), für erlöschende Rechte bis zum Tag vor dem Verteilungstermin (vgl. § 114).
II. Rückständige Beträge 6
Die von der vorstehenden Regelung nicht erfassten älteren Beträge sind Rückstände i.S.d. § 13. Ein rechtsgeschäftlich oder kraft Gesetzes eingetretener Gläubigerwechsel wirkt sich auf einen eingetretenen Rückstand nicht aus.5 1 Böttcher, § 13 ZVG Rz. 1; Stöber, § 13 ZVG Rz. 1.2. 2 Abl. Stöber, § 13 ZVG Rz. 1.2; krit. Staudinger/Wolfsteiner, Einl. zu § 1113 ff. BGB Rz. 54. 3 So jedenfalls Alff/Hintzen, Rpfleger 2008, 165, 173; Bärmann/Becker, § 16 WEG Rz. 204; Dassler u.a./ Engels, § 156 ZVG Rz. 11.3; Stöber, § 156 ZVG Rz. 3.4; krit. und differenzierend Böttcher/Keller, § 155 ZVG Rz. 10b f.; Schneider, ZWE 2010, 77; abl. demgegenüber Hk-ZV/Sievers, § 13 ZVG Rz. 6. 4 Hk-ZV/Sievers, § 13 ZVG Rz. 6. 5 RG v. 12.12.1917 – V 227/17, RGZ 91, 297.
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Laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen
Rz. 11 § 13
III. Fälligkeit 1. Grundsatz Für die Abgrenzung von laufenden und rückständigen Beträgen kommt es demgemäß auf deren Fälligkeit an. Fälligkeit ist der Zeitpunkt, ab dem der Gläubiger eine gesetzliche oder rechtsgeschäftlich vereinbarte Leistung fordern kann (vgl. § 271 BGB).
7
2. Fälligkeitszeitpunkt und Bezugszeitraum Für die Abgrenzung der laufenden von den rückständigen Beträgen ist nur dieser Zeitpunkt der Fälligkeit maßgebend. Es kommt demgegenüber nicht auf den Zeitraum an, für den die einzelne Leistung geschuldet wird.6
8
Beispiel a) Eingetragen ist eine Grundschuld mit 12 % Jahreszinsen, fällig jährlich nachträglich am 31.12. eines jeden Jahres. b) Eingetragen ist eine Grundschuld mit 12 % Jahreszinsen, fällig jährlich im Voraus am 1.1. eines jeden Jahres. Die Beschlagnahme erfolgt jeweils am 20.7.2017. Berechnung zu a): Letzte Fälligkeit vor der Beschlagnahme ist am 31.12.2016 für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis zum 31.12.2016. Laufende Zinsansprüche somit vom 1.1.2016. Berechnung zu b): Letzte Fälligkeit vor der Beschlagnahme ist am 1.1.2017 für den Zeitraum ab dem 1.1.2017. Laufende Zinsansprüche somit vom 1.1.2017. Die Vereinbarung jährlich nachträglich fälliger Zinsansprüche entspricht inzwischen der gängigen Beleihungspraxis mit Finanzierungsgrundschulden.7
9
3. Eintritt der Fälligkeit a) Ansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG Für wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldansprüche ergibt sich die Fälligkeit der Ansprüche (Vorschuss, ggf. Abrechnungsspitze u. Sonderumlage, s.o.) entweder bereits aus der vereinbarten Gemeinschaftsordnung oder einer entsprechenden Beschlussfassung der Wohnungseigentümer (§ 28 Abs. 5 WEG). Fehlen solche Regelungen, ergibt sich für Hausgeldvorschüsse die Fälligkeit nach Abruf durch den WEG-Verwalter (§ 28 Abs. 2 WEG); auch Abrechnungsspitzen und Sonderumlagen sind nach diesen Grundsätzen fällig (Fälligkeitstheorie). § 271 Abs. 1 BGB wird durch § 28 WEG insoweit verdrängt.8
10
b) Ansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 u. 7 ZVG Für öffentliche Lasten ergibt sich die Fälligkeit der Ansprüche aus den maßgeblichen bundesoder landesgesetzlichen Bestimmungen ggf. i.V.m. einer Ortsatzung oder aus einem Feststellungsbescheid.9 6 A.A. für Ansprüche der Rangklasse 2 Dassler u.a./Rellermeyer, § 13 ZVG Rz. 3; vgl. zum Meinungsstand auch § 10 Rz. 62. 7 Vgl. Dassler u.a./Rellermeyer, § 13 ZVG Rz. 8. 8 A.A. Böttcher, § 13 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Rellermeyer, § 13 ZVG Rz. 6.1; vgl. zur Anwendung der Fälligkeitstheorie auf einen Sonderumlagenbeschluss BGH v. 15.12.2017 – V ZR 257/16, MDR 2018, 586 = NJW 2018, 2044 = Rpfleger 2018, 315 = ZfIR 2018, 408. 9 OLG Oldenburg v. 14.5.1982 – 11 U 81/81, Rpfleger 1982, 350.
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§ 13 Rz. 12 Laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen c) Ansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4, 6 u. 8 ZVG 12
Für dinglich gesicherte Ansprüche ergibt sich die Fälligkeit in aller Regel aus der Grundbucheintragung oder der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung (§§ 874 BGB). Die Fälligkeit von Grundschuldzinsen kann – unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsregelung – abweichend von der Fälligkeit der Grundschuld vereinbart werden.10 d) Unterschiedliche Berechnungen
13
Da der Eintritt der jeweiligen Fälligkeit somit von der Art des geltend gemachten Anspruchs abhängig ist, gestaltet sich die Berechnung der laufenden und rückständigen Leistungen in demselben Versteigerungsverfahren unterschiedlich, wobei für wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldansprüche zur Erleichterung der Abrechnungspraxis obendrein auf das vollständige Kalenderjahr abgestellt wird.
14
Beispiel Die Beschlagnahme einer Eigentumswohnung erfolgt am 20.7.2017. – Hausgeldansprüche (Rangklasse 2; vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 2) laufende und rückständige Ansprüche aus dem Beschlagnahmejahr v. 1.1.2017 (weitere) rückständige Ansprüche v. 1.1.2015 bis zum 31.12.2016. – Grundsteueransprüche (Rangklasse 3; vgl. § 28 GrdStG) letzte Fälligkeit am 15.5.2017 (Mitte des Quartals) für die Zeit v. 1.4.2017 bis 30.6.2017 laufende Ansprüche somit ab 1.4.2017; rückständige Ansprüche v. 1.4.2015 bis zum 31.3.2017. – Zinsansprüche einer Grundschuld (Rangklasse 4; kalenderjährlich nachträglich fällig) letzte Fälligkeit am 31.12.2016 für die Zeit v. 1.1.2016 bis 31.12.2016 laufende Ansprüche somit ab 1.1.2016 rückständige Ansprüche v. 1.1.2014 bis zum 31.12.2015.
IV. Beschlagnahmezeitpunkt 15
Für die Ermittlung des maßgeblichen Beschlagnahmezeitpunktes ist für alle Beteiligten auf die erste wirksame Beschlagnahme im Verfahren abzustellen (§§ 13 Abs. 4 S. 1, 22). Dieser Zeitpunkt bleibt wegen der notwendigen Einheitlichkeit der Berechnung auch dann maßgeblich, wenn der bestbetreibende Gläubiger seinen Antrag zurücknimmt, solange nur das Verfahren aufgrund eines anderen Beitrittsbeschlusses ununterbrochen fortgeführt wird.11 Diese auf die erste Beschlagnahme abstellende „überlappende“ Berechnungskontinuität gilt auch bei weiteren Antragsrücknahmen mit jeweils rechtzeitigen Beschlagnahmen im Beitrittsweg.
16
Hat bis zur ersten Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung eine Zwangsverwaltung des Objekts angedauert, so ist die in der Zwangsverwaltung bewirkte Beschlagnahme ausnahmsweise auch für das Zwangsversteigerungsverfahren zugrunde zu legen (§ 13 Abs. 4 S. 2). Eine spätere Aufhebung der Zwangsverwaltung ist dann ohne Einfluss. Umgekehrt kann der frühere Beschlagnahmezeitpunkt in der Zwangsversteigerung nur zugrunde gelegt werden, wenn eine ergebnislose Zwangsversteigerung als Zwangsverwaltung fortgesetzt wird (§ 77 Abs. 2).12
10 LG Augsburg v. 26.2.1986 – 4 T 644/86, Rpfleger 1986, 211 m. abl. Anm. Bauch. 11 Böttcher, § 13 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Rellermeyer, § 13 ZVG Rz. 10; Stöber, § 13 ZVG Rz. 3.1. 12 Böttcher, § 13 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Rellermeyer, § 13 ZVG Rz. 11; Stöber, § 13 ZVG Rz. 3.2.
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Laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen
Rz. 22 § 13
V. Sonderfälle a) Fälligkeit am Tag der Beschlagnahme Trifft die Fälligkeit der wiederkehrenden Leistung mit dem Tag der ersten Beschlagnahme zusammen, so ist „der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag“ für die Berechnung der laufenden Leistungen maßgebend.13
17
b) Fälligkeit nach dem Tag der Beschlagnahme Der Zeitpunkt der Beschlagnahme ist für die Berechnung von laufenden und rückständigen Leistungen auch dann maßgeblich, wenn die erste Fälligkeit erst nach der Beschlagnahme eingetreten ist.14
18
c) Fehlen eines Fälligkeitstermins Fehlt es innerhalb der letzten zwei Jahre vor der ersten Beschlagnahme an einem Fälligkeitstermin, so ist auf den Beschlagnahmezeitpunkt abzustellen (§ 13 Abs. 3). Die Berechnung der laufenden Beträge beginnt dann mit dem Tag der Beschlagnahme; alle Beträge bis zum Tag davor sind Rückstände.15 Die Anwendung des § 13 Abs. 3 kommt insbesondere in Betracht bei Zinsen für eine Zwangssicherungshypothek und gesetzlichen Zinsen wie etwa Verzugszinsen und Prozesszinsen (§§ 288, 291 BGB) oder Wechsel- und Scheckzinsen (Art. 48 f. WG, Art. 45 f. ScheckG).
19
Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 kommt aber auch zur Anwendung, wenn bei Grundschuldzinsen eine Fälligkeitsangabe fehlen sollte.16 Gleiches hat richtigerweise dann auch für eine Darlehenshypothek ohne Fälligkeitsangabe der Zinsen zu gelten. Insoweit kann § 488 Abs. 2 BGB mit einer Berechnung nach dem Zinsjahr ab Auszahlung des Darlehens nicht entsprechend herangezogen werden17; der Zeitpunkt der Darlehensauszahlung ist nämlich aus dem Grundbuch nicht ersichtlich.18
20
d) Fehlen eines Zinsbeginns Enthält die Eintragungsbewilligung keine Angaben zum Zinsbeginn, kann sie regelmäßig dahingehend ausgelegt werden, dass die Verzinsung mit der Eintragung des Rechts beginnen soll.19
21
e) Stundung o.Ä. Eine Stundung, Ratenzahlungsvereinbarung o.Ä. bewirkt ein Hinausschieben der Fälligkeit des Anspruchs. Dies kann jedoch die Abgrenzung der laufenden und rückständigen Beträge im Rahmen des § 13 nicht beeinflussen.20 Die Fristen des § 10, von denen § 13 ausgeht, liegen
13 14 15 16 17 18 19
Stöber, § 13 ZVG Rz. 2.2. OLG Oldenburg v. 14.5.1982 – 11 U 81/81, Rpfleger 1982, 350; Böttcher, § 13 ZVG Rz. 29. Böttcher, § 13 ZVG Rz. 25. Böttcher, § 13 ZVG Rz. 10; Stöber, § 13 ZVG Rz. 2.5. A.A. Steiner/Hagemann, § 13 ZVG Rz. 16. Böttcher, § 13 ZVG Rz. 10; Stöber, § 13 ZVG Rz. 2.5. RG v. 23.4.1932 – V 3/32, RGZ 136, 232; OLG Köln v. 2.11.1959 – 8 W 169/59, NJW 1969, 1108; OLG Hamm v. 23.4.1954 – 15 W 175/54, JurBüro 1955, 37. 20 RG v. 11.7.1913 – V 60/13, RGZ 83, 87.
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§ 13 Rz. 22 Laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen fest.21 Zu den Besonderheiten bei einer gesetzlich zugelassenen Verrentung s. § 10 Rz. 128 mwN.
§ 14 [Ansprüche von unbestimmtem Betrag] Ansprüche von unbestimmtem Betrag gelten als aufschiebend bedingt durch die Feststellung des Betrags.
A. B. C. I. II. III.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Ansprüche von unbestimmtem Betrag Begriffliche Abgrenzungen . . . . . . . . Unbestimmte Ansprüche i.S.d. § 14 . . . Keine unbestimmten Ansprüche i.S.d. § 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . 1 . 2 . 3 . 3 . 10
D. Rechtsfolgen der Unbestimmtheit . . I. Geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erlösverteilung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beseitigung der Unbestimmtheit . . . . 2. Zuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . . 20 . . . .
. . . .
20 21 21 23
. 17
Literatur: Gaßner, Erloschene Rechte von „unbestimmtem Betrag“, Rpfleger 1988, 51; Teufel, Gedanken zu § 14 ZVG, Rpfleger 1977, 193.
A. Normzweck 1
Bei der Feststellung des geringsten Gebotes und der Verteilung des Versteigerungserlöses sind gem. § 10 Abs. 1 auch solche Ansprüche zu berücksichtigen, die ihrem Betrag nach (noch) unbestimmt sind. Zu diesem Zweck werden Ansprüche, deren Betrag nicht bestimmt ist, nach § 14 als durch die Feststellung des Betrages aufschiebend bedingte fingiert.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift gilt für alle ZVG-Verfahren.1
C. Ansprüche von unbestimmtem Betrag I. Begriffliche Abgrenzungen 3
Ansprüche von unbestimmtem Betrag sind solche, die nicht auf einen bestimmten Geldbetrag gerichtet sind.2 Hier sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: – ein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen oder ein Hauptanspruch ist nicht auf Zahlung eines bestimmten oder zumindest in Geld umrechenbaren Betrages gerichtet; 21 Böttcher, § 13 ZVG Rz. 13; Stöber, § 13 ZVG Rz. 2.7 f. jew. unter Hinweis auf die Motive zum ZVG. 1 Böttcher, § 14 ZVG Rz. 1; Stöber, § 14 ZVG Rz. 1. 2 Böttcher, § 14 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Rellermeyer, § 14 ZVG Rz. 2; Stöber, § 14 ZVG Rz. 2.1.
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Ansprüche von unbestimmtem Betrag
Rz. 10 § 14
– Ein Anspruch ist zwar auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages gerichtet, dessen genaue Höhe kann jedoch noch nicht beziffert werden. § 14 erfasst lediglich die Unbestimmtheit des Geldbetrages, nicht dagegen eine Ungewissheit über das Bestehen des Anspruchs als solchen3 oder die Person des Berechtigten4. Ist dies zweifelhaft, müssten Einwendungen gegen die Aufnahme in das geringste Gebot oder den Teilungsplan im Wege des Widerspruchs (§ 115) geltend gemacht werden.5
4
Ein im Grundbuch eingetragener Höchstbetrag (§ 882 BGB) begrenzt lediglich den Wertersatz nach oben. Der Anspruch selbst ist deshalb bis zur Feststellung des Betrages unbestimmt i.S.d. § 14.6
5
Betagte unverzinsliche Ansprüche sind nicht unbestimmt, weil der Geldbetrag feststeht.7 Lediglich bei unbestimmtem Fälligkeitstermin gelten diese Ansprüche für die Erlösverteilung als aufschiebend bedingt (§ 111 S. 2 a.E.).
6
Ist bei einem Recht eine indexbasierte Wertsicherungsklausel im Grundbuch eingetragen, ist eine betragsmäßige Berechnung ohne Weiteres möglich; der Anspruch ist damit unter diesem Gesichtspunkt nicht unbestimmt i.S.d. § 14.8
7
Ansprüche in einer gem. § 28 S. 2 GBO zugelassenen Fremdwährung (§ 145a) sind umrechenbar und daher nicht unbestimmt i.S.d. § 14.9
8
Aufschiebend bedingte Ansprüche unterfallen bereits §§ 48, 119, 120, so dass es an sich der Fiktion des § 14 nicht mehr bedarf. Gleichwohl kann auch nach Feststellung des Eintritts der aufschiebenden Bedingung noch eine (zusätzliche) Ungewissheit über den Geldwert eines primär nicht auf Zahlung gerichteten Anspruchs bestehen (z.B.: Grunddienstbarkeit für den Fall der Teilung des Grundstücks). § 14 muss daher auch insoweit beachtet werden.10
9
II. Unbestimmte Ansprüche i.S.d. § 14 – Altenteilsrechte (Leibgedinge o.ä., vgl. § 49 GBO) Es handelt sich um Ansprüche auf Sach- und Dienstleistungen, die aus und auf einem Grundstück zu gewähren sind, der allgemeinen leiblichen und persönlichen Versorgung des Berechtigten dienen und eine – regelmäßig lebenslängliche – Verknüpfung des Berechtigten mit dem belasteten Grundstück bezwecken.11 Wegen der unter dieser Sammelbezeichnung buchungsmäßig zusammengefassten beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Reallasten s. dort. Es sind jedoch ggf. landesrechtliche Besonderheiten zu beachten (§ 9 EGZVG), die primär ein Erlöschen von Altenteilsrechten verhindern sollen (s. die Kommentierung zu § 9 EGZVG).
3 Böttcher, § 14 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Rellermeyer, § 14 ZVG Rz. 2; Stöber, § 14 ZVG Rz. 2.4; a.A. Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 10; Teufel, Rpfleger 1977, 193. 4 Böttcher, § 14 ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 11. 5 Böttcher, § 14 ZVG Rz. 2. 6 Böttcher, § 14 ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 14; Stöber, § 14 ZVG Rz. 2.2. 7 Dassler u.a./Rellermeyer, § 14 ZVG Rz. 6; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 13. 8 Böttcher, § 14 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Rellermeyer, § 14 ZVG Rz. 7; Stöber, § 14 ZVG Rz. 2.3 lit. h). 9 Depré/Cranshaw, § 14 ZVG Rz. 4; Stöber, § 14 ZVG Rz. 2.3 lit. a). 10 Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 12. 11 RG v. 30.10.1939 – V 83/39, RGZ 162, 52, 54.
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§ 14 Rz. 11 Ansprüche von unbestimmtem Betrag 11
– Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte (§§ 31 ff. WEG) Der Anspruch auf Wertersatz ist unbestimmt i.S.d. § 14.12
12
– Dienstbarkeiten Der Wertersatzbetrag (§ 92 Abs. 1) für eine durch Zuschlag erloschene Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) ist unbestimmt i.S.d. § 14.13 Gleiches gilt für Nießbrauchsrechte (§ 1030 BGB) und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (§ 1090 BGB), bei denen allerdings nicht das gem. § 92 Abs. 2 zu bildende Deckungskapital selbst, wohl aber die einzelnen Rentenleistungen vor Auszahlung der Feststellung gem. § 14 bedürfen.14
13
– Erbbaurecht nach altem Recht (§ 1012 BGB a.F.) Bei einem vor dem 22.1.1919 bestellten Erbbaurecht ist der Anspruch auf Wertersatz (§ 92 Abs. 1) unbestimmt i.S.d. § 14.15
14
– Reallast für persönliche Leistungen oder Naturalien (§ 1105 Abs. 1 BGB) Im Erlöschensfall ist zwischen solchen Reallasten mit bestimmter (§ 92 Abs. 1) und solchen mit unbestimmter Dauer (§ 92 Abs. 2) zu unterscheiden. In beiden Fällen ist der Geldwert für die einzelnen Leistungen i.S.d. § 14 unbestimmt.16 Im letztgenannten Fall ist das Deckungskapital wiederum bestimmt; lediglich die einzelnen Leistungen bedürfen der Feststellung (s.o.).
15
– Vorkaufsrecht (§ 1094 BGB) Ist ein dingliches Vorkaufsrecht durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erloschen, ist der Wertersatzanspruch nach § 92 Abs. 1 ebenfalls unbestimmt i.S.d. § 14.17 Zu beachten ist allerdings, dass das ohne abweichende Vereinbarungen bestellte Vorkaufsrecht nur für den ersten Verkaufsfall Wirkung entfaltet (§ 1097 BGB). Da das Vorkaufsrecht jedoch ausgeschlossen ist, wenn der Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt (§§ 1098 Abs. 1 S. 1, 471 BGB), erlischt in diesem Fall das Vorkaufsrecht selbst dann ersatzlos, wenn es dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vorgehen sollte.18 Zur Behandlung eines Vorkaufsrechts in der Auseinandersetzungsversteigerung s. § 180 Rz. 215 ff.
16
– Vormerkung (§ 883 BGB) und Widerspruch (§ 899 BGB) Vormerkung und Widerspruch sind nur dann unbestimmt i.S.d. § 14, wenn der Betrag des zu sichernden Rechts selbst unbestimmt ist.19 I.ü. finden auf durch Vormerkung oder Widerspruch gesicherte Ansprüche §§ 48, 119, 120 Anwendung.
III. Keine unbestimmten Ansprüche i.S.d. § 14 17
– Öffentliche Grundstückslasten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 u. 7) Ansprüche der Rangklassen 3 und 7 sind durch Beitragsbescheide festgestellt, die Geldbeträge enthalten; sie sind daher bestimmt i.S.d. § 14.20
12 13 14 15 16 17 18 19 20
Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 26. Böttcher, § 14 ZVG Rz. 7; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 27. Böttcher, § 14 ZVG Rz. 8; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 19 u. Rz. 27. Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 28. Böttcher, § 14 ZVG Rz. 8 u. 9; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 37. Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 38. Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 38. Böttcher, § 14 ZVG Rz. 12; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 40. Tlw. a.A. Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 34, der Unbestimmtheit annimmt, wenn das Entstehen des nicht durch Verwaltungsakt festgestellten Anspruchs in Zweifel gezogen wird.
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Ansprüche von unbestimmtem Betrag
Rz. 22 § 14
– Geldrentenreallasten (§ 1105 Abs. 1 BGB) Reallasten mit der Verpflichtung zur Leistung wiederkehrender Geldrenten aus dem Grundstück von bestimmter und unbestimmter Dauer sind i.S.d. § 14 bestimmt.
18
– Grundpfandrechte (§§ 1113, 1191, 1199 BGB) Wegen des im Grundbuch eingetragenen Kapitalbetrages (§ 1113 Abs. 1 BGB und § 1191 Abs. 1 BGB) bzw. der eingetragenen Ablösungssumme (§ 1199 Abs. 2 BGB) samt den eingetragenen Nebenleistungen sind Ansprüche aus Hypotheken, Grund- und Rentenschulden nicht unbestimmt i.S.d. § 14. Dies gilt auch für (Zwangs-)Sicherungshypotheken (§ 866, 867 ZPO, § 1184 BGB), Höchstbetragshypotheken (§ 1190 BGB) und Arresthypotheken (§ 932 ZPO). Bei den beiden letztgenannten Hypothekenarten ist nicht der Geldbetrag unbestimmt, sondern die Person des Berechtigten.21
19
D. Rechtsfolgen der Unbestimmtheit I. Geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen Bedingte Rechte sind im geringsten Gebot wie unbedingte zu behandeln (§ 48); dies gilt auch für die fiktiv bedingten Rechte gem. § 14.22 Deren betragsmäßige Feststellung richtet sich für wiederkehrende Leistungen, die nicht in Geld bestehen, nach § 46, i.ü. nach § 51 Abs. 2. Nach Auffassung der h.M.23 soll die in § 14 aufgestellte Fiktion einer aufschiebenden Bedingung jedoch nicht zur Anwendung der §§ 50 Abs. 2 Nr. 1, 51 Abs. 1 führen, weil Sinn und Zweck der Vorschrift sich nicht auf den Wert des bestehenbleibenden Rechts selbst, sondern nur auf die Geldleistungen zugunsten des Berechtigten bezieht.
20
II. Erlösverteilung 1. Beseitigung der Unbestimmtheit Die Unbestimmtheit i.S.d. § 14 kann nur durch die Feststellung des Geldbetrages, nicht aber durch eine bloße Anmeldung des Berechtigten beseitigt werden.24 Der Feststellungsanspruch des Berechtigten richtet sich dabei allein gegen den Grundstückseigentümer als Vollstreckungsschuldner, weil nur dieser die Befriedigung aus dem Grundstück schuldet. Nachrangig Berechtigte und Eventualberechtige sind somit keine Feststellungsgegner. Zu den Schutzmöglichkeiten eines Ausfallgläubigers gegen eine überhöhte Wertfeststellung s. ausführlich Gaßner.25
21
Das Vollstreckungsgericht selbst ist nicht befugt, die betragliche Feststellung herbeizuführen.26 Es kann jedoch den Anspruch dann als festgestellt ansehen, wenn der Berechtigte entweder die Einwilligung des Vollstreckungsschuldners (die auch zu Protokoll des Gerichts erklärt werden kann) oder eine gerichtliche Entscheidung über die Feststellung des Ersatzbetrages vorlegt.27
22
21 Böttcher, § 14 ZVG Rz. 11; Dassler/Rellermeyer, § 14 ZVG Rz. 5; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 30 u. 31; Stöber, § 14 ZVG Rz. 2.3. lit. d) u. e). 22 Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 16. 23 Teufel, Rpfleger 1977, 193, 196; ihm folgend Böttcher, § 14 ZVG Rz. 14; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 17, Stöber, § 14 ZVG Rz. 3.1; a.A. Denkschrift, S. 38. 24 Teufel, Rpfleger 1977, 193, 194. 25 Gaßner, Rpfleger 1988, 51. 26 Tlw. abweichend Achenbach, § 92 ZVG Rz. 16. 27 Teufel, Rpfleger 1977, 193, 195.
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§ 14 Rz. 23 Ansprüche von unbestimmtem Betrag 2. Zuteilung 23
Wird die Unbestimmtheit des Betrages bis zur Zuteilung beseitigt, kann eine Auszahlung erfolgen, sofern nicht andere Hindernisse entgegenstehen. Bei der Erlösverteilung auf Ansprüche mit unbestimmtem Betrag ist andernfalls wie bei aufschiebend bedingten Ansprüchen eine Eventualverteilung nach § 119 vorzunehmen und der auf den Anspruch entfallende Anteil am Versteigerungserlös nach § 120 zu hinterlegen. Eine Auszahlung an den Berechtigten kann erst dann erfolgen, wenn sein Befriedigungsanspruch gegen den Grundstückseigentümer als Vollstreckungsschuldner festgestellt worden ist.28
28 Böttcher, § 14 ZVG Rz. 15; Steiner/Teufel, § 14 ZVG Rz. 18 f.
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Zweiter Titel Zwangsversteigerung I. Anordnung der Versteigerung
§ 15 [Antrag auf Anordnung] Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks wird von dem Vollstreckungsgericht auf Antrag angeordnet. Nach den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen des Zivilprozesses erfordert jede Zwangsvollstreckung einen Antrag des Gläubigers. Seine Interessen sollen in dem angestrebten Verfahren durchgesetzt werden. Er bestimmt Beginn, Art, Ausmaß und Ende der Vollstreckung. Dies kommt in § 15 ZVG für die Immobiliarvollstreckung zum Ausdruck. Die formellen Antragserfordernisse sind daran anschließend in den §§ 16, 17 ZVG geregelt.
§ 16 [Inhalt des Antrags] (1) Der Antrag soll das Grundstück, den Eigentümer, den Anspruch und den vollstreckbaren Titel bezeichnen. (2) Die für den Beginn der Zwangsvollstreckung erforderlichen Urkunden sind dem Antrag beizufügen.
A. B. I. II. III. IV. C. I. II. 1. 2. 3. 4. III. 1.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . Partei- und Prozessfähigkeit . . . . . . Bevollmächtigung im Verfahren . . . . Anordnung oder Beitritt? . . . . . . . . Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . Vollstreckungsklausel . . . . . . . . . . . Einfache Klausel . . . . . . . . . . . . . . Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckungsklausel bei aufschiebender Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . Namensänderung . . . . . . . . . . . . . Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
Rz. 1 6 10 32 36 38
. . . . .
41 44 52 57 60
. . . .
75 78 79 79
2. 3. 4. D. E. F. G. I. II. III. IV. H. I. I.
Wer stellt zu? . . . . . . . . . . . . . . . . . Was wird zugestellt? . . . . . . . . . . . . Parteizustellung im Ausland . . . . . . . Zwischen- oder Aufklärungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . Anordnungsbeschluss . . . . . . . . . . . Beschlussinhalt . . . . . . . . . . . . . . . Zustellung des Anordnungsbeschlusses . Rechtsbehelfsbelehrung . . . . . . . . . . Nichtigkeit und Fehler bei der Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlagnahmewirkung . . . . . . . . . Besondere Vollstreckungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . Wartefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Goldbach
Rz. 114 117 132 139 141 144 155 157 175 181 190 195 198 198
145
1
§ 16 Inhalt des Antrags
II. III. IV. V. J. K. I. II. L.
I. II. III. IV. M. I. 1. 2. 3. II. III. IV. V.
1. 2. 3. 4.
Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . Sicherungsvollstreckung . . . . . . . . . . Fälligkeit der Ansprüche . . . . . . . . . . Betagte Ansprüche . . . . . . . . . . . . . Vollstreckungshindernisse . . . . . . . . Zwangsvollstreckung aus einer Sicherungsgrundschuld . . . . . . . . . Die Grundschuld als Sicherungsrecht . . Die Auswirkungen des Risikobegrenzungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . Geltendmachung von Hausgeldforderungen in der Immobiliarvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang des Vorrechts . . . . . . . . . . . Anmeldung oder Beitritt . . . . . . . . . Der Mindestverzugsbetrag . . . . . . . . Ablösung der Hausgeldforderung . . . . Besonderheiten beim Schuldner . . . . Personenmehrheiten als Schuldner . . . Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . Offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . Vereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Liquidierte GmbH als Schuldner . . . . Schuldner unter gesetzlicher Betreuung Tod des Schuldners . . . . . . . . . . . . . Zusammentreffen von Immobiliarvollstreckung und Insolvenz des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen der Insolvenzeröffnung . . . . . . Auswirkungen der Rückschlagsperre . . Zwangsvollstreckung nach Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckung bei vorläufiger Insolvenzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 201 213 217 221 223 227 227 243
263 263 267 274 282 289 289 290 293 295 296 301 304
309 309 314 323 325
Rz. 5. Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei laufender Zwangsversteigerung . . . . . . 6. Freigabe des Zwangsversteigerungsobjekts aus der Masse . . . . . . . . . . . N. Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . I. Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft/Teilungsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand der Vollstreckung . . . . . . 2. Veräußerungsbeschränkung . . . . . . . . III. Verwaltungszwangsverfahren bzw. Verwaltungsvollstreckung . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Grundlage . . . . . . . . . . . 2. Form und Inhalt der Vollstreckbarkeitsbescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Entziehungsverfahren nach § 18 WEG . O. Zwangsvollstreckung bei herrenlosem Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . . . P. Eheliches Güterrecht und Lebenspartnerschaften . . . . . . . . . . . . . . . I. Zugewinngemeinschaft . . . . . . . . . . II. Gütertrennung . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gütergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . IV. Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . Q. Ausländische Schuldtitel . . . . . . . . . R. DDR-Schuldtitel . . . . . . . . . . . . . . S. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gerichtskosten . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsanwaltskosten . . . . . . . . . . . . III. Kostenerinnerung bzw. -beschwerde . . IV. Prozesskostenhilfe in der Immobiliarvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . .
331 335 339
339 347 347 349 353 353 362 376 381 390 401 401 405 407 412 413 416 417 417 421 425 428
Literatur: Alff, Klauselprobleme in der Immobiliarvollstreckungspraxis, Rpfleger 2001, 385; Alff, Massenhafte Vollstreckungsmängel bei umwandlungsbedingter Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite?, Rpfleger 2013, 183; Alff, Endgültiges Aus für die Notarbescheinigung nach § 21 BNotO als Rechtsnachfolgeurkunde i.S.v. § 750 Abs. 2 ZPO?, Rpfleger 2014, 173; App, Zum Begriff der Verwaltungsvollstreckung, KKZ 2011, 11; Everts, Von gesetzlichen Verboten und zwingendem Recht – zur Zulässigkeit des Nachweisverzichts im Klauselerteilungsverfahren, DNotZ 2013, 730; App/Wettlaufer, Praxishandbuch Verwaltungsvollstreckungsrecht, 2011; Glotzbach, Die Zwangsversteigerung durch die Kommune (interkommunale Zusammenarbeit), Rpfleger 2015, 383; Glotzbach/Goldbach, Immobiliarvollstreckung aus Sicht der kommunalen Vollstreckungsbehörde, 7. Auflage, 2014; Goldbach, Vorrang für Forderungen der Wohnungseigentümer in der Immobiliarvollstreckung, FoVo 2008, 8; Goldbach, Die Forderungen der Wohnungseigentümer in der Zwangsverwaltung, FoVo 2009, 4; Goldbach, Grundstücksbezogene Benutzungsgebühren und die Rangfestlegung im Zwangsversteigerungsverfahren, KKZ 2013, 267; Goldbach, Die Vollstreckbarkeitsbescheinigung als Grundlage der Immobiliarvollstreckung, KKZ 2014, 2; Goldbach, Übersicht über die Kostenbefreiung der Kommunen im Zwangsversteigerungsverfahren, ZfIR 2015, 691; Goldbach, Überall anders! In welchen Bundesländern sind grundstücksbezogene Benutzungs-
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Goldbach
Inhalt des Antrags
Rz. 6 § 16
gebühren als öffentliche Grundstückslasten ausgestaltet?, KKZ 2016, 121; Goldbach, Die öffentliche Hand in Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung, ZfIR 2017, 384; Hornung, Gerichtliche Vollstreckung im Verwaltungszwangsverfahren, Rpfleger 1981, 86; Hornung, Zustellungsreformgesetz, Rpfleger 2002, 493; Hornung, Zur Frage der Auslandszustellung durch den Gerichtsvollzieher, DGVZ 2003, 167, Köhler, Das neue WEG, 2007; Klomfaß, Zwangsverwaltung und Bescheiderlass, KKZ 2013, 265; Lamberz, Klauselerteilung durch den Urkundsbeamten statt durch den Rechtspfleger, Rpfleger 2013, 371; Mayer, Hausgeldforderungen beitreiben, 2012; Möller, Auslandszustellung durch den Gerichtsvollzieher, NJW 2003, 1571; Nardone u.a., Grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung, 2010; Röder-Persson, Das Privileg der öffentlichen Grundstückslast im Zwangsversteigerungsgesetz im Lichte der Abschaffung des fiskalischen Konkursprivilegs, Diss. 2003; Schneider, Ausgewählte Fragestellungen zur Immobiliarvollstreckung nach der WEG-Novelle 2007, ZfIR 2008, 161; Strasser, Neues zum Europäischen Zustellungsrecht, Rpfleger 2013, 585; Stroschein, Parteizustellung im Ausland, Diss. 2008.
A. Allgemeines Örtlich und sachlich zuständig für die Anordnung eines Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahrens ist gemäß §§ 1 ZVG, 764, 802, 869 ZPO ausschließlich das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Eine Gerichtsstandvereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner ist bei diesem ausschließlichen Gerichtsstand nicht zulässig1.
1
Die Anordnung einer Zwangsversteigerung durch ein anderes Organ der Rechtspflege, wie beispielsweise Notar, Fachgericht, ist ebenso ausgeschlossen, wie die Durchführung einer Immobiliarvollstreckung im Verwaltungszwangsverfahren durch die Vollstreckungsbehörde.
2
Die Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts umfasst die Vollstreckungsvoraussetzungen ebenso, wie die allgemeinen Prozessvoraussetzungen im Zivilprozess. Sie bezieht sich jedoch nur auf die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung selbst. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Vollstreckungsorgans, die Tätigkeit des Erkenntnisgerichts, des Notars bei der Beurkundung oder eines Klauselerteilungsorgans zu überprüfen. Vor allem hat es nicht den Bestand einer vom Gläubiger beanspruchten Forderung nach materiellem Recht festzustellen. Die Zwangsvollstreckung ist dann zulässig, wenn die formellen Voraussetzungen, mindestens also Titel, Klausel und Zustellung, nachgewiesen werden.
3
Vollstreckt der Gläubiger aus einem Titel, ohne dass eine Forderung besteht, so ist dies ver- 4 fahrensrechtlich nicht zu überprüfen oder zu beanstanden, solange der Schuldner keine vollstreckungshindernden Nachweise gemäß § 775 ZPO vorlegt. Der Gläubiger macht sich durch die nicht gerechtfertigte Zwangsvollstreckung allerdings materiell-rechtlich dem Schuldner gegenüber schadensersatzpflichtig (§ 717 Abs. 2 ZPO). Sollten allerdings durch Fehler bei der Schaffung des Titels oder bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel ganz offensichtliche Vollstreckungsmängel entstanden sein, ist die Zwangsvollstreckung abzulehnen. Dann liegt nämlich auch aus formeller Sicht kein vollstreckbarer Anspruch vor2.
5
B. Antrag Inhaltlich muss der Antrag zumindest den in § 16 genannten Anforderungen entsprechen. Darüber hinaus, kann er aber auch weitere Informationen und Verfahrensanträge enthalten.
1 Zöller, § 802 ZPO Rz. 2. 2 Alff, Rpfleger 2001, 385.
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§ 16 Rz. 7 Inhalt des Antrags 7
Der Antrag kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle, nicht nur bei dem zuständigen, sondern bei jedem Amtsgericht abgegeben werden (§§ 496, 129a Abs. 1 ZPO).
8
Eine Antragstellung in elektronischer Form wäre zwar denkbar, soweit die Justizverwaltungen der Länder für ihren Bereich ein entsprechendes Verfahren vorsehen (§ 130a ZPO). Da jedoch mit dem Antrag grundsätzlich die Vollstreckungsunterlagen im Original vorzulegen sind, diese aber derzeit noch nicht in elektronischer Form nachgewiesen werden können, bleibt die elektronische Antragstellung auf die wenigen Fälle beschränkt, in denen sich die Unterlagen bereits beim Vollstreckungsgericht befinden und der Gläubiger dem Verfahren aus einem weiteren sich aus dem Titel ergebenden Teilanspruch beitreten will. In solchen Fällen wäre auch eine Antragstellung per Fax, nicht jedoch per einfacher E-Mail denkbar.
9
Die mittlerweile eingeführten Erleichterungen hinsichtlich der elektronischen Antragstellung, sind beschränkt auf die Zwangsvollstreckung aus Vollstreckungsbescheiden im Wege der Forderungspfändung (§ 829a ZPO) oder der Gerichtsvollziehervollstreckung (§ 754a ZPO) und deshalb in der Immobiliarvollstreckung nicht nutzbar.
I. Antragsinhalt 10
Der wesentliche Antragsinhalt ist: – Bezeichnung des Grundstücks Das Grundstück muss so angegeben sein, dass es als Eigentum des Schuldners festgestellt und von anderen Grundstücken unterschieden werden kann. Der Gläubiger hat den Vollstreckungsgegenstand zu bestimmen und kann dies nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen, indem er im Antrag eine Formulierung wie „jeglicher Grundbesitz des Schuldners“ oder „das bzw. alle mit der Grundschuld belasteten Grundstücke“ wählt. In aller Regel wird dies durch Angabe der Grundbuchstelle nach Grundbuchbezirk und -blatt sowie erforderlichenfalls der laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis erfolgen. Eindeutig identifizieren lässt sich das Grundstück auch über die katastermäßigen Angaben zu Gemarkung, Flur und Flurstück, nicht aber ausschließlich über die Angabe der Postanschrift. – Benennung des Schuldners und des Gläubigers mit zustellungsfähiger Anschrift. Die Identität muss sich auf Grund der Angaben des Gläubigers im Antrag eindeutig feststellen lassen, insbesondere müssen Zustellungen möglich sein. Dazu reicht die Angabe eines Postfachs aus, wenn dem Gläubiger keine andere zustellungsfähige Anschrift bekannt ist3. Bei juristischen Personen ist deren Firma oder gleichgestellte Bezeichnung ausreichend, weil sie damit im Rechtsverkehr auftreten. Es ist kein Grund ersichtlich, die Angabe des Vertretungsorgans zu verlangen oder dieses im Anordnungsbeschluss anzugeben, weil die Vollstreckung gegen die Gesellschaft als solche erfolgt und nicht gegen den gesetzlichen Vertreter. – Genaue Bezeichnung des Anspruchs, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgen soll, nach Betrag und Art (Hauptsache, Zinsen und Nebenleistung, Kosten) sowie nach der Rechtsnatur (öffentlich-rechtlich, persönlich, dinglich). – Angabe des vollstreckbaren Titels In seinem Antrag hat der Gläubiger Angaben zum Vollstreckungstitel zu machen. Das Vollstreckungsgericht soll prüfen können, auf welchen Vollstreckungstitel der Gläubiger seinen 3 BGH v. 14.6.2012 – V ZB 182/11, MDR 2012, 1055 = ZfIR 2012, 661 = Rpfleger 2012, 702.
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Inhalt des Antrags
Rz. 16 § 16
Versteigerungsantrag stützt. Soweit nur ein einziger Vollstreckungstitel vorgelegt wird, dürfte eine Bezugnahme auf diese Anlage ausreichen und seine genaue Bezeichnung im Antrag entbehrlich sein. Eine fehlende Erwähnung im Antrag wird nicht zu beanstanden sein. Bedeutung erlangt die Vorschrift insbesondere dann, wenn wegen mehrerer Ansprüche betrieben werden soll. Zweckmäßigerweise sollte der Gläubiger dann seine Ansprüche nach Vollstreckungstiteln sortiert angeben, damit das Vollstreckungsgericht leicht prüfen kann, ob alle geltend gemachten Forderungen des Gläubigers tituliert sind. Soll wegen dinglicher und persönlicher Ansprüche vollstreckt werden, dann sind sowohl ein Duldungs- als auch ein Zahlungstitel vorzulegen und im Antrag zu benennen, sofern diese beiden Ansprüche nicht in einem Titel enthalten sind. Gemäß § 16 Abs. 2 sind die für den Beginn der Zwangsvollstreckung erforderlichen Unterlagen beizufügen. Dies sind mindestens der mit einer Vollstreckungsklausel versehene Titel und der Nachweis über die erfolgte Zustellung §§ 704, 750 ZPO.
11
Darüber hinaus können weitere Dokumente beizufügen sein, wenn etwa besondere Vollstreckungsvoraussetzungen (z.B. Sicherheitsleistung bei vorläufiger Vollstreckbarkeit) nachzuweisen sind oder wegen landesrechtlicher Bestimmungen die Vorlage sonstiger Urkunden nötig ist.
12
Ohne dass es im Gesetz ausdrücklich erwähnt wird, kommt die Immobiliarvollstreckung nur wegen titulierter Geldansprüche in Betracht. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine Geldforderung in Euro oder in einer anderen Währungseinheit handelt. Eine Umrechnung erfolgt erst, wenn dies im Verfahren erforderlich ist, also bei der Aufstellung des geringsten Gebots oder des Erlösverteilungsplans, falls der Anspruch zu berücksichtigen ist, zum dann gültigen Tageskurs4.
13
Für das Ausmaß der Zwangsvollstreckung gilt die einschränkende Bestimmung des § 308 ZPO. Das Gericht ist bei der Anordnung an den Gläubigerantrag gebunden und kann nicht darüber hinaus gehen. Beantragt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung absichtlich oder versehentlich nur aus einem Teilbetrag, kann das Vollstreckungsgericht den Anordnungsbeschluss auch lediglich insoweit erlassen. Bei offensichtlichen Schreibversehen im Antrag, kommt zur schnellen Klärung und Verfahrensvereinfachung eine Nachfrage beim Gläubiger in Betracht. Alle Angaben zu Gläubiger, Schuldner, Grundstück und Vollstreckungsforderung sollten im Antrag so detailliert wie möglich erfolgen. Zumindest bezüglich des Anspruchs ist eine Bezugnahme auf den beigefügten Titel möglich5.
14
Die Rangklasse, aus der das Verfahren betrieben werden soll, gehört zur Art des Anspruchs, die nach § 16 Abs. 1 im Anordnungsbeschluss zu bezeichnen ist6. Deshalb sollte der Gläubiger bereits im Antrag erkennen lassen, in welche Rangklasse seine Ansprüche eingeordnet werden sollen.
15
Im ZVG ist zwar nicht direkt geregelt, wann einem Anspruch eine bestimmte Rangklasse zuzuweisen ist. Die Zuordnung einer Rangklasse des § 10 ZVG bereits bei der Anordnung ist jedoch im Interesse der Rechtsklarheit wünschenswert. Kommen mehrere Rangklassen in Betracht, so ist eine genaue Festlegung der Rangklasse von großer Bedeutung, weil sich der Gläubiger dann rechtzeitig gegen eine seiner Meinung nach falsche Zuordnung zur Wehr setzen kann.
16
4 Böttcher, §§ 15, 16 ZVG Rz. 11. 5 RG v. 2.10.1931 – III 383/30, RGZ 134, 56. 6 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = MDR 2008, 829 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = Rpfleger 2008, 375.
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§ 16 Rz. 17 Inhalt des Antrags 17
Im Verfahren selbst spielt die Rangposition erst bei der Aufstellung des geringsten Gebots und der Erlösverteilung eine bedeutende Rolle, so dass der Gläubiger nach erfolgter Anordnung in einer schlechteren Rangklasse noch genügend Zeit hat, im Beschwerdeverfahren die Zuweisung einer besseren Rangklasse zu erreichen.
18
An den Gläubigerantrag ist das Gericht hinsichtlich der Rangklasse dann nicht gebunden, wenn es die beantragte Rangklasse mangels der Voraussetzungen überhaupt nicht zuweisen kann, weil die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen. Beispielsweise muss bei einem Antrag auf Anordnung des Verfahrens wegen einer Abgabenforderung die Einordnung dann in die Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG als persönliche Forderungen erfolgen, wenn die Voraussetzungen der Rangklasse 3 als öffentliche Last nicht vorliegen oder nicht nachgewiesen sind. Gleiches gilt, wenn die Voraussetzungen der Rangklasse 2 mit dem Titel nicht eindeutig nachgewiesen werden können, weil nicht zweifelsfrei feststeht, für welchen Zeitraum die Forderung geschuldet wird. Dieser Nachweis kann mit einem Vollstreckungsbescheid nicht sicher erbracht werden, weil im gerichtlichen Mahnverfahren kein Erkenntnisverfahren stattfindet und somit auch keine Prüfung des im Mahnantrag behaupteten Anspruchs erfolgt7.
19
Entspricht das Vollstreckungsgericht dem Gläubigerantrag auf Zuweisung der gewünschten Rangklasse bei der Anordnung der Zwangsversteigerung oder der Zulassung des Beitritts nicht, kann der Gläubiger dagegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde einlegen (§ 11 RPflG, § 793 ZPO). Dem Gläubiger nur dann ein Beschwerderecht gegen die Nichtberücksichtigung in der gewünschten Rangklasse zuzugestehen, wenn der Anspruch überhaupt nicht berücksichtigt wird8, würde dem Interesse des Gläubigers an ranggerechter Berücksichtigung seines Anspruchs nicht genügen. Es kommt dem Gläubiger nicht nur darauf an, dass sein Anspruch im Verfahren überhaupt zum Zug kommt, sondern auch auf die Rangklasse, in welcher der Anspruch eingeordnet wird. Sie ist maßgeblich für die Erfolgsaussichten einer Zwangsversteigerung, die in der Rangklasse 2 oder 3 selbstverständlich wesentlich besser sind, als in der Rangklasse 5. Selbst wenn ein Teil der geltend gemachten Forderungen in die Rangklasse 2 eingeordnet wird und sich das geringste Gebot danach bestimmt, verbessern sich die Befriedigungschancen des Gläubigers für den nicht vorrangig berücksichtigten Teil nicht entscheidend. Deshalb muss dem Gläubiger auch bei teilweiser Nichtberücksichtigung seines gestellten Antrags insoweit ein Beschwerderecht bereits bei der Anordnung oder dem Beitritt zugestanden werden.
20
Ist über den Rang der betreibenden Forderung keine Entscheidung getroffen worden, muss das Vollstreckungsgericht dies spätestens bei der Aufstellung des geringsten Gebots tun. Dann wird jedoch erst sehr spät klar, ob die geltend gemachte Forderung als privilegiert anerkannt wird oder nicht. Nachteile ergeben sich in einem solchen Fall dadurch, dass für eine richtige Rangfeststellung durch das Gericht seitens des Gläubigers nun kaum noch etwas Sinnvolles getan werden kann.
21
Es bliebe nur die Zuschlagsbeschwerde wegen eines unrichtigen geringsten Gebots (§§ 83, 95 ZVG). Dieses Rechtsmittel kann aber ausschließlich zu einer Aufhebung eines erteilten Zuschlags führen und nicht etwa zum Bestand des Zuschlags bei gleichzeitiger Festlegung einer besseren Rangklasse.
22
Wird der Zuschlag auf die eingelegte Beschwerde hin aufgehoben, ist das gesamte Versteigerungsergebnis hinfällig. Es muss erst ein neuer Versteigerungstermin bestimmt werden, bei dem die begehrte Rangposition dann zwar möglicherweise anerkannt wird, dessen Ausgang aber ungewiss ist. Jedenfalls besteht keinerlei Garantie dafür, dass in einem weiteren Termin ein genau so hohes oder überhaupt ein zuschlagsfähiges Gebot abgegeben wird.
7 LG Stuttgart v. 15.3.2018 – 2 T 442/17, Rpfleger 2018, 490. 8 Hintzen, Rpfleger 2018, 490.
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Inhalt des Antrags
Rz. 30 § 16
Sicherlich ist das kein Ergebnis, welches den Gläubiger, zufriedenstellen kann. Schon darum ist es im Interesse einer effektiven und fairen Verfahrensführung nötig, die Rangfeststellung so frühzeitig wie möglich, also regelmäßig bei der Entscheidung über den Anordnungsbzw. Beitrittsantrag zu treffen9. Ebenso wenig ist dem Gläubiger damit gedient, seinen Einwand gegen die fehlerhafte Rangfeststellung mit einem Widerspruch gegen den Teilungsplan durchzusetzen. Die Klärung der Rangposition auf die Erlösverteilung zu verschieben bzw. den Gläubiger auf den Weg der Widerspruchsklage zu verweisen und die Entscheidung der Rangfrage letztendlich dem Prozessgericht zu überlassen, wäre nicht sachgerecht.
23
Im Hinblick auf Hausgeldforderungen ist allerdings eine sofortige Einordnung in eine Rangklasse nicht immer möglich, da die bevorrechtigte Rangklasse 2 auf einen Höchstbetrag von 5 % des Verkehrswerts begrenzt ist, dieser aber bei der Anordnung noch nicht feststehen kann. Außerdem kann der Anspruch wegen des Zinslaufs noch anwachsen. Entschieden werden kann insoweit über die Einordnung des Anspruchs in eine bestimmte Rangklasse erst dann, wenn seine endgültige Höhe und der Verkehrswert feststehen.
24
Streng genommen ist das erst im Versteigerungstermin der Fall, da der Verkehrswert bis dahin noch abgeändert werden kann10. Es ist ratsam, die Rangklasse von Hausgeldforderungen im Zweifelsfall im Anordnungsbeschluss ausnahmsweise offen zu lassen.
25
Soweit die sonstigen Voraussetzungen für die Einordnung in die Rangklasse 2 feststehen, könnte die Bezeichnung im Antrag und im Anordnungsbeschluss lauten: „… wegen einer Hausgeldforderung auf … (Rangklasse 2 bzw. 5 des § 10 ZVG)“.
26
Einen späteren kostenpflichtigen Beitritt zu verlangen, sobald solche Voraussetzungen für die Einordnung feststehen wie der Verkehrswert, den der Verband der Wohnungseigentümer ohnehin kaum beeinflussen kann, wäre unsachgemäß. Das soll jedoch nicht rechtfertigen eine Einordnung von Wohngeldforderungen deshalb aufzuschieben11, weil sonstige Nachweise wie der Einheitswertbescheid oder die Rechtsnatur der Forderung als Hausgeldforderung begründende Unterlagen wie Klageschrift oder Beschlüsse der Eigentümerversammlung noch nicht eingereicht wurden. Die bei der Anordnung nachweisbaren Voraussetzungen sind mit dem Antrag zu dokumentieren (§ 16 ZVG).
27
Auf die richtige Einordnung kommt es letztendlich bei der Erlösverteilung an und spätestens nach dem Zuschlag wäre ein Beitritt mit dem Ziel der Rangklassenverbesserung bei der Erlösverteilung ohnehin nicht mehr zulässig.
28
Legt der Gläubiger einen dinglichen und persönlichen Titel vor und beantragt die Zwangsversteigerung ohne Angabe, ob diese aus dinglichem oder/und aus persönlichem Recht erfolgen soll, kann im Zweifel nach Rückfrage im weitest möglichen Umfang angeordnet werden12. Eine Verletzung von § 308 ZPO ist dadurch nicht gegeben, weil es um einen einheitlichen Anspruch geht und der Gläubiger keinerlei Interesse daran haben kann, nicht aus dem bestrangigen Recht zu betreiben, soweit die Voraussetzungen dazu vorliegen.
29
Jedenfalls sollte bei einem Mangel des dinglichen Titels oder der fehlenden Glaubhaftma- 30 chung von Rangklasse 2 Voraussetzungen aus dem persönlichen Anspruch angeordnet werden und wegen des anderen Anspruchs eine Aufklärungsverfügung ergehen oder bei einem unheilbaren Mangel die Zurückweisung erfolgen. Ausschließlich eine Aufklärungsverfügung zu erlassen, obwohl bereits wegen eines Teilanspruchs die Anordnung erfolgen könnte, schadet dem Gläubiger häufig mehr, als es ihm nützt. In aller Regel wird ihm sehr daran gelegen sein, 9 Goldbach, KKZ 2014, 2. 10 S. Kommentierung zu § 74a. 11 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = MDR 2008, 829 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = Rpfleger 2008, 375. 12 Böttcher, §§ 15, 16 ZVG Rz. 12.
Goldbach
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§ 16 Rz. 30 Inhalt des Antrags möglichst schnell eine Beschlagnahme zu erreichen. Hat der Gläubiger seinen Antrag allerdings nur aus dem dinglichen Recht gestellt und das Verfahren kann wegen eines Vollstreckungsmangels nicht angeordnet werden (z.B. Nichteinhaltung der in § 798 ZPO vorgesehenen Wartefrist), dann kommt eine Anordnung wegen im Titel ebenfalls enthaltener, mängelfreier persönlicher Ansprüche nicht in Betracht, da es insoweit an einem Antrag fehlt. 31
Dem Gläubiger ist zu raten, den Antrag sowohl wegen dinglicher als auch persönlicher Forderung zu stellen, da so selbst bei Mängeln hinsichtlich eines Anspruchs eine Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts wegen des anderen mängelfreien Anspruchs erwirkt werden kann. So wird das Verfahren zunächst auf den Weg gebracht. Der Gläubiger kann den Mangel beheben und dem Verfahren dann wegen des noch nicht betreibenden Anspruchs beitreten. Diese Vorgehensweise kann beispielsweise bei der beabsichtigten Vollstreckung aus noch nicht wirksam gekündigten Grundschulden (s. Rz. 251 ff.) eine zunächst persönliche Vollstreckung ermöglichen.
II. Partei- und Prozessfähigkeit 32
Die Zwangsvollstreckung kann nur gegen partei- und prozessfähige, natürliche oder juristische Personen durchgeführt werden. Bei nicht prozessfähigen Personen hat sie sich gegen deren gesetzlichen Vertreter zu richten. Die Voraussetzungen der Prozessfähigkeit sind in der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsgericht nach den Regelungen des allgemeinen Teils der ZPO zu prüfen13.
33
Erfolgt dies nicht gründlich und die Zwangsvollstreckung wird gegen einen prozessunfähigen Schuldner statt gegen seinen gesetzlichen Vertreter durchgeführt, kann im Nachhinein selbst ein rechtskräftiger Zuschlag mit Nichtigkeitsklage angefochten werden (§ 579 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO).
34
In aller Regel dürften Partei- und Prozessfähigkeit bei einem volljährigen Erwachsenen vorliegen, da der Gläubiger ansonsten schon im Erkenntnisverfahren oder bei der Beurkundung keinen Titel erwirken könnte. Ein Wegfall ist aber nach der Titulierung denkbar und bei entsprechenden Anhaltspunkten vom Vollstreckungsorgan zu erforschen und zu beachten14.
35
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner neben dem Verwaltungsund Verfügungsrecht über sein Vermögen auch die Prozessfähigkeit15 hinsichtlich des vom Insolvenzbeschlag betroffenen Vermögens. Die Zwangsvollstreckung kann selbst auf Grundlage eines Absonderungsrechts nicht gegen ihn erfolgen, sondern hat sich gegen den Insolvenzverwalter zu richten. Etwas anderes gilt nur, wenn der Insolvenzverwalter den Vollstreckungsgegenstand freigibt16.
III. Bevollmächtigung im Verfahren 36
Im Verfahren vor dem Amtsgericht als Vollstreckungsgericht besteht kein Anwaltszwang. Die Parteien sind selbst postulationsfähig, können sich aber vertreten lassen.
37
Nach § 79 Abs. 2 ZPO dürfen als Vertreter im Zivilprozess grundsätzlich nur Rechtsanwälte auftreten, soweit nicht eine der in § 79 Abs. 2 Ziff. 1.-4. genannten Ausnahmen vorliegt. Das 13 AG Strausberg v. 3.4.2006 – 11 M 1127/05, DGVZ 2006, 79 = openJur 2012, 3478. 14 BGH v. 9.1.1996 – VI ZR 94/95, MDR 1996, 410 = NJW 1996, 1059. 15 BVerfG v. 18.7.1979 – 1 BvR 655/79, BVerfGE 51, 405; BGH v. 24.11.2005 – V ZB 84/05 und BGH v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, Rpfleger 2006, 423. 16 BGH v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, MDR 2008, 105 = Rpfleger 2008, 146.
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Inhalt des Antrags
Rz. 40 § 16
gilt sowohl für die Prozessführung als auch für die Vertretung in der mündlichen Verhandlung und ist auch in der Immobiliarvollstreckung zu beachten17. Eine Antragstellung durch Dritte, die nicht zum zugelassenen Personenkreis gehören, wie Servicinggesellschaften, Vermögensberater oder Inkassounternehmen, scheidet deshalb aus. Deren Anträge bleiben jedoch wirksam, bis das Vollstreckungsgericht den nicht berechtigten Bevollmächtigten zurückgewiesen hat (§ 79 Abs. 3 ZPO).
IV. Anordnung oder Beitritt? Ist bezüglich des im Antrag genannten Grundstücks bereits ein Zwangsversteigerungsverfah- 38 ren angeordnet, wird auf einen weiteren Antrag hin gemäß § 27 der Beitritt dieses weiteren Gläubigers zugelassen, da für jedes Grundstück nur ein Verfahren durchgeführt werden kann. Jeder Gläubiger betreibt das Verfahren selbstständig und unabhängig von anderen Gläubigern. Unschädlich ist es, wenn der Gläubiger eine Anordnung beantragt, obwohl wegen bereits erfolgter Anordnung nur ein Beitritt zulässig ist. Insoweit ist der Antrag entsprechend richtig auszulegen. Da jedoch gerade Gläubiger öffentlich-rechtlicher Forderungen meist nicht das Verfahren al- 39 lein betreiben wollen, sondern nur einen Beitritt zu einem anhängigen Verfahren wünschen, ist ein solcher Beitrittsantrag, etwa nach Aufhebung eines Verfahrens durch einen anderen Gläubiger, nicht ohne Weiteres als Anordnungsantrag auszulegen. Durch Nachfrage sollte geklärt werden, ob der Beitrittsantrag umgedeutet werden kann und tatsächlich eine Anordnung erfolgen soll. Näheres zum Beitritt kann der Kommentierung zu § 27 entnommen werden.
Musterantrag Zwangsversteigerung
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An das Amtsgericht … Zwangsversteigerungsantrag der (Vollständige zustellungsfähige Anschrift) Gläubigerin Prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt …, Aktenzeichen: ZV 19-102 gegen Herrn (vollständige zustellungsfähige Anschrift) Schuldner Der Schuldner ist Eigentümer des im Grundbuch von Mainz, Blatt 2001, eingetragenen Grundstücks lfd. Nr. 1, Gemarkung Innenstadt, Flur 8, Flurstück 11/3, Hauptstraße 51 = 456 m2 Auf das Grundbuch wird gemäß § 17 ZVG Bezug genommen. Für die Gläubigerin ist dort in Abteilung III unter Nr. 1 eine Grundschuld ohne Brief eingetragen. Wegen der dinglichen (§ 10 Abs. 1 Ziff. 4 ZVG) und persönlichen Ansprüche (§ 10 Abs. 1 Ziff. 5 ZVG) der Gläubigerin auf 200.000,00 Euro Grundschuldkapital nebst 10 % Zinsen daraus seit dem 29.4.2017 und auf die Kosten dieses Verfahrens,
17 BGH v. 20.1.2011 – I ZR 122/09, MDR 2011, 387 = MietRB 2011, 175 = Rpfleger 2011, 339.
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§ 16 Rz. 40 Inhalt des Antrags beantragen wir, die Zwangsversteigerung (und die Zwangsverwaltung) des genannten Grundstücks anzuordnen. Die vollstreckbare Urkunde des Notars Walter Wafel in Frankfurt/M. vom 29.4.2017 – UR Nr.: 115/2017 – haben wir beigefügt. Nach erfolgter Begutachtung bitten wir um Übersendung einer Kopie des Gutachtens, wenn möglich auch in Dateiform. Zum Versteigerungstermin melden wir bereits jetzt den betreibenden Anspruch, die Anordnungskosten, noch zu leistende Gerichtskostenvorschüsse und Zinsen bis 2 Wochen nach dem Versteigerungstermin an. Darüber hinaus wird bei der Erlösverteilung der titulierte Zinsanspruch bis einen Tag vor dem Verteilungstermin geltend gemacht. Den unserer Mandantin aus dem Erlös zustehenden Betrag bitten wir auf das nachstehende Konto zu überweisen: IBAN: BIC: Mit freundlichen Grüßen
C. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen 41
Das Vollstreckungsgericht prüft, wie jedes Vollstreckungsorgan zu Beginn der Zwangsvollstreckung, seine Zuständigkeit und ob die zivilrechtlichen Prozessvoraussetzungen, sowie die allgemeinen und gegebenenfalls die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen.
42
In der Immobiliarvollstreckung kommt die in § 17 ZVG festgelegte Bedingung hinzu, dass der Vollstreckungsgegenstand im Eigentum des Schuldners oder dessen Erben stehen muss (s. Kommentierung zu § 17). Formelle Vollstreckungsmängel, beispielsweise hinsichtlich des Titels, der Klausel oder der Zustellung sind ebenso zu beachten wie das Vorliegen eventueller Vollstreckungshindernisse (§§ 775, 776 ZPO, § 28 ZVG).
43
Eine materiell-rechtliche Überprüfung des Anspruchs selbst, ist hingegen in der Zwangsvollstreckung nicht vorgesehen, sondern bleibt dem Prozessgericht im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage vorbehalten. Demnach ist bei der Anordnung keine Prüfung der Forderung von Amts wegen vorzunehmen. Selbst leicht erkennbare Hinderungsgründe, wie die Verjährung der dinglichen Grundschuldzinsen, sind nicht von Amts wegen zu beachten, sondern müssen vom Schuldner im Wege der Vollstreckungsgegenklage eingewendet werden. Enthält der Vollstreckungstitel auch verjährte Ansprüche auf Zinsen, dann führt eine deswegen eingelegte Vollstreckungsabwehrklage nicht dazu, dass die Zwangsvollstreckung auch wegen der nicht verjährten Ansprüche einzustellen oder aufzuheben ist18.
43a
Die Erfolgsaussichten des vom Gläubiger beantragten Verfahrens sind vom Vollstreckungsgericht nicht zu bewerten. Das Verfahren kann auch von vermeintlich aussichtsloser Rangstelle betrieben werden, weil das Verbot der aussichtslosen Zwangsvollstreckung (§ 803 ZPO) in der Immobiliarvollstreckung nicht gilt und das ZVG keine solche Regelung enthält19. Selbst wenn ein Zwangsversteigerungsverfahren die Befriedigung des betreibenden Gläubigers aus dem Versteigerungserlös von vorneherein erkennbar nicht einmal teilweise erwarten lässt, ist der Versteigerungsantrag des Gläubigers wegen der ihm bleibenden Chance freiwilliger Leistungen des Schuldners zulässig. Allerdings sind die Kosten einer solchen Vollstreckung nicht als notwendig im Sinne von § 788 Abs. 1 ZPO anzusehen20. 18 LG Mainz v. 3.12.2013 – 6 O 75/13, Rpfleger 2013, 330 m. Anm. Kirsch. 19 BGH v. 30.1.2004 – IXa ZB 233/03, Rpfleger 2004, 302 = ZfIR 2004, 440. 20 BGH v. 9.10.2014 – V ZB 25/14, Rpfleger 2015, 159 = ZfIR 2015, 38.
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Inhalt des Antrags
Rz. 47 § 16
Erhält das Vollstreckungsgericht im Laufe des Verfahrens Kenntnis von materiell-rechtlichen Umständen, die offenkundig darauf hinweisen, dass das Verfahren rechtsmissbräuchlich betrieben wird, weil beispielsweise vollstreckt wird, obwohl der Sicherungsfall mangels ordnungsgemäßer Kündigung des Darlehens nicht vorlag, hat es das Verfahren aufzuheben21.
43b
I. Vollstreckungstitel Die Zwangsvollstreckung kann nur durchgeführt werden, wenn der Gläubiger seine gerichtlich festgestellten oder förmlich dokumentierten Ansprüche mit Hilfe eines Vollstreckungstitels nachweist. Dies geschieht durch Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungstitels in Ausfertigung (§ 724 ZPO). Kopien entsprechen nicht diesen gesetzlichen Anforderungen und weisen nicht das Bestehen des Vollstreckungsanspruchs nach. Ist die vollstreckbare Ausfertigung des Titels in Verlust geraten oder hat sie der Gläubiger dem Schuldner trotz Fortbestehen der titulierten Forderung ausgehändigt, kann er eine weitere vollstreckbare Ausfertigung beim Prozessgericht oder Notar beantragen (§ 733 ZPO). Ausreichend und erforderlich ist dazu, dass der Gläubiger die weitere Berechtigung zur Zwangsvollstreckung glaubhaft macht. Den Einwand der Erfüllung muss der Schuldner hingegen im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend machen22.
44
Gemeint sind damit die Urteile gemäß § 704 ZPO und die sonstigen Vollstreckungstitel nach § 794 ZPO. Daneben gibt es zahlreiche Titel außerhalb der ZPO, die dem Gläubiger eine Zwangsvollstreckung ermöglichen23.
45
Für die Immobiliarvollstreckung haben die notariellen Urkunden gemäß § 794 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO große Bedeutung, da die Vollstreckung häufig aus Grundpfandrechten erfolgt. Aber auch Urteile und Vollstreckungsbescheide für Wohngeldforderungen sowie Vollstreckbarkeitsbescheinigungen von Behörden werden nicht selten vorgelegt (zur Verwaltungsvollstreckung s. Rz. 353 ff.).
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Soll wegen dinglicher Ansprüche vollstreckt werden, so ist ein Duldungstitel erforderlich. Darin muss bestimmt sein, dass der Schuldner wegen einer bestimmten oder bestimmbaren Geldforderung zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück verpflichtet ist. Ein Duldungstitel kann nur durch Unterwerfungserklärung des Schuldners in einer Urkunde oder durch Duldungsklage erlangt werden. In der Verwaltungsvollstreckung ist zur Feststellung der Duldungspflicht (§ 191 AO) ein Duldungsbescheid möglich24. Im Vordergrund steht hierbei die Haftung des Grundstücks für die Forderung. Der Gläubiger kann die Erfüllung der Forderung aus dem Grundstück verlangen. Zweitrangig ist hier die Frage, wer gerade Eigentümer des Grundstücks ist. Das ist ausschließlich von verfahrensrechtlicher Bedeutung, weil der Gläubiger einen gültigen Titel gegen den aktuellen Eigentümer benötigt. Das Grundstück haftet für die Erfüllung der Forderung, der jeweilige Eigentümer hat die Zwangsvollstreckung zu dulden.
47
21 LG Mühlhausen v. 26.10.2017 – 1 T 231/17, Rpfleger 2018, 167. 22 OLG Düsseldorf v. 19.10.2012 – I-7 W 56/12, Rpfleger 2013, 283. 23 §§ 37-41 GVGA enthalten eine umfassende Aufzählung von Vollstreckungstiteln außerhalb der ZPO. 24 Goldbach, ZfIR 2016, 203 (Anm. zu AG Görlitz v. 15.12.2015 – 4 K 330/14, das in seiner Entscheidung die ZV aus einem Duldungsbescheid für nicht zulässig hält, weil es trotz der ausdrücklichen Regelung in § 77 Abs. 2 AO davon ausgeht, dass eine gesetzliche Duldungspflicht nicht bestehen kann, sondern rechtsgeschäftlich begründet werden muss).
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§ 16 Rz. 47 Inhalt des Antrags Ist an dem Grundstück ein Nießbrauch (§§ 1030 ff. BG) bestellt, so hindert das nicht die Durchführung der Zwangsversteigerung gegen den eingetragenen Eigentümer aus einem titulierten Duldungsanspruch gegen diesen25. Zur Durchführung der Zwangsverwaltung ist auch bei im Rang nach dem antragstellenden Gläubiger eingetragenen Nießbrauch ein Duldungstitel gegen den Nießbraucher nötig26, weil bei der Zwangsverwaltung die Vollstreckung in die dem Nießbraucher zustehenden Erträge des Grundstücks erfolgt. Hat sich jedoch der Grundstückseigentümer in einer notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterworfen, dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zulässig sein soll, kann gegen den Berechtigten eines im Rang nach der Grundschuld in das Grundbuch eingetragenen Nießbrauchs eine die eingeschränkte Rechtsnachfolge ausweisende Vollstreckungsklausel erteilt werden (titelerweiternde Klausel). Die mit ihr versehene Urkunde ist ein für die unbeschränkte Anordnung der Zwangsverwaltung ausreichender Vollstreckungstitel. 48
Bei der Zwangsversteigerung aus einer Zwangssicherungshypothek ist gemäß § 867 Abs. 3 ZPO zur dinglichen Vollstreckung ausnahmsweise kein Duldungstitel nötig.
49
Zur Zwangsvollstreckung aus einem persönlichen Anspruch muss lediglich ein Titel vorgelegt werden, der den Schuldner zur Leistung verurteilt. Der persönliche Anspruch richtet sich gegen die Person des Schuldners. Für die Erfüllung haftet das gesamte Vermögen des Schuldners. Falls zum Zeitpunkt der Vollstreckung ein Grundstück zu diesem Vermögen gehört, kann der Gläubiger wegen des persönlichen Anspruchs ins Grundstück vollstrecken.
50
Sowohl der dingliche als auch der persönliche Anspruch berechtigen den Gläubiger zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück. Die Ansprüche sind bei der Vollstreckung aus Urkunden häufig im selben Vollstreckungstitel vorhanden. Sie rangieren aber in unterschiedlichen Rangklassen, weshalb der Gläubiger immer bestrebt sein wird, aus dem bestrangigen, nämlich dem dinglichen Anspruch, zu betreiben. Hat der Vollstreckungstitel keinen konkret formulierten vollstreckbaren Inhalt, weil ganz pauschale Unterwerfungserklärungen wie etwa „wegen etwaiger Verpflichtung zur Zahlung bestimmter Geldsummen“ verwendet wurden, ist daraus keine Zwangsvollstreckung zulässig27.
51
Ist für das Vollstreckungsgericht offensichtlich, dass ein eingetragenes Grundpfandrecht nicht wirksam besteht, z.B. eine Zwangssicherungshypothek ist trotz Nichterreichens des Mindestbetrags ins Grundbuch eingetragen, kann nicht wegen des dinglichen Anspruchs angeordnet werden. Die fehlerhaft eingetragene Zwangssicherungshypothek ist nichtig, ein dinglicher Anspruch ist gar nicht zur Entstehung gelangt28.
II. Vollstreckungsklausel 52
Neben dem Vollstreckungstitel ist die Vollstreckungsklausel eine weitere Voraussetzung der Zwangsvollstreckung. Sie wird auf eine Ausfertigung des Urteils oder der Urkunde gesetzt und macht diese somit zur „vollstreckbaren Ausfertigung“.
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Die Vollstreckungsklausel ist eine amtliche Bescheinigung über die Vollstreckbarkeit des Titels. Aus dem Klauselvermerk ergibt sich, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Titel durch den bezeichneten Gläubiger gegen den genannten Schuldner zulässig ist. 25 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 227. 26 BGH v. 14.3.2003 – IXa ZB 45/03, Rpfleger 2003, 379 = ZfIR 2003, 396. 27 BGH v. 5.9.2012 – VII ZB 55/11, Rpfleger 2013, 37 und BGH v. 19.12.2014 – V ZR 82/13, Rpfleger 2015, 412. 28 Zöller, § 867 ZPO Rz. 5.
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Inhalt des Antrags
Rz. 60 § 16
Ein spezieller Wortlaut ist nicht vorgeschrieben. Der Gesetzgeber empfiehlt in § 725 ZPO folgende Formulierung:
54
„Vorstehende Ausfertigung wird dem usw. (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt.“
Diese Formulierung wird häufig verwendet, ist jedoch nicht bindend. Ähnlich lautende Fassungen sind anzuerkennen, soweit sich erkennen lässt, dass sie eine Vollstreckungsklausel darstellen. Zweck der Vollstreckungsklausel ist es, dem Vollstreckungsorgan die Arbeit zu erleichtern. 55 Durch die Klausel wird dem Vollstreckungsorgan bestätigt, dass der Titel wirksam und vollstreckbar ist. Das Vollstreckungsorgan darf und muss sich darauf verlassen. Es hat ausschließlich zu prüfen, ob eine Klausel vorhanden ist und ob sie ordnungsgemäß erteilt wurde, nicht hingegen, ob sie erteilt werden durfte. Vor allem ist es nicht Aufgabe des Vollstreckungsorgans, die Wirksamkeit der Klausel am Inhalt des Titels zu messen und die erforderliche Abgrenzung zwischen unbedingt und bedingt vollstreckbaren Titeln vorzunehmen sowie die sich bei richtiger Klauselerteilung ergebenden Zustellungspflichten einzufordern und somit doch eine Inhaltskontrolle vorzunehmen29. Man unterscheidet zwischen der einfachen Klausel und den qualifizierten Klauseln. Die Letzteren werden auch als titelübertragende oder titelergänzende Klauseln bezeichnet. Sie werden erteilt bei einer Rechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite oder soweit der Vollstreckungstitel eine aufschiebende Bedingung enthält.
56
1. Einfache Klausel Für die Erteilung von sogenannten einfachen Vollstreckungsklauseln ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs zuständig (§ 724 Abs. 2 ZPO).
57
Er entscheidet, ob eine einfache Klausel ausreicht, oder ob wegen einer Rechtsnachfolge oder einer Vollstreckungsbedingung eine qualifizierte Klausel durch den Rechtspfleger erteilt werden muss30.
58
Bei Urkunden erteilt der Notar, welcher die Urkunde verwahrt, sowohl die einfache als auch die qualifizierten Vollstreckungsklauseln (§ 797 Abs. 2 ZPO, § 45 BNotO).
59
2. Rechtsnachfolge Die Zwangsvollstreckung ist nur zulässig, wenn sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner im Vollstreckungstitel oder in der beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind. Das ist dann nicht mehr der Fall, wenn bei einer der Parteien Rechtsnachfolge eingetreten ist (Grundstücksverkauf, Erbschaft, Abtretung, Verschmelzung, Übernahme eines Handelsgeschäfts). Der Gläubiger benötigt deshalb eine vollstreckbare Ausfertigung, deren Vollstreckungsklausel ihn als neuen Gläubiger oder den Grundstückseigentümer als Rechtsnachfolger des im Titel genannten Schuldners ausweist. Eine im Grundbuch eingetragene
29 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, ZfIR 2017, 259; BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 11 = ZfIR 2017, 203 mit Anm. Volmer; LG Hamburg v. 28.12.2015 – 328 T 67/15, Rpfleger 2016, 305; LG Meiningen v. 9.7.2013 – 4 T 80/13, Rpfleger 2013, 691. 30 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, ZfIR 2017, 259; BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 11 = ZfIR 2017, 203 mit Anm. Volmer; LG Hamburg v. 28.12.2015 – 328 T 67/15, Rpfleger 2016, 305; LG Meiningen v. 9.7.2013 – 4 T 80/13, Rpfleger 2013, 691; BGH v. 25.10.2012 – VII ZB 57/11, MDR 2013, 174 = Rpfleger 2013, 161 und Lamberz, Rpfleger 2013, 371.
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§ 16 Rz. 60 Inhalt des Antrags dingliche Unterwerfungserklärung nach § 800 ZPO macht eine Rechtsnachfolgeklausel nicht entbehrlich, wenn gegen einen Rechtnachfolger des ursprünglichen Schuldners vollstreckt werden soll31. 61
Hierzu ist die Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen (§ 727 Abs. 1 ZPO) sofern sie nicht beim Klauselerteilungsorgan, also dem Rechtspfleger oder Notar, offenkundig ist32 (§ 291 ZPO). Die Offenkundigkeit ist in der Vollstreckungsklausel zu erwähnen (§ 727 Abs. 2 ZPO). Die neu erteilte Klausel und die ihrer Erteilung zugrundeliegenden Urkunden müssen dem Schuldner zusammen mit dem Vollstreckungstitel erneut zugestellt werden33. Das Zustellungserfordernis sichert hier den Anspruch des Schuldners auf rechtliches Gehör. Mit Hilfe der Zustellung wird er vollständig über die Grundlagen der Zwangsvollstreckung unterrichtet und in die Lage versetzt, deren Voraussetzungen zu prüfen34.
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Das Erfordernis besteht nicht nur zu Beginn der Zwangsvollstreckung, sondern auch dann, wenn während des Verfahrens eine Rechtsnachfolge auf der Gläubigerseite eintritt. Der Rechtsnachfolger nimmt prozessrechtlich die Stelle des Titelgläubigers ein und führt dessen Verfahren fort. Der Schuldner hat die Zwangsvollstreckung des Rechtsnachfolgers allerdings nur hinzunehmen, wenn die Berechtigung zur Zwangsvollstreckung des nicht in dem Titel benannten Gläubigers durch die Umschreibung der Vollstreckungsklausel auf den Rechtsnachfolger nachgewiesen worden und ihm die Rechtsnachfolgeklausel bis zur Zuschlagserteilung35 zugestellt worden ist. Ansonsten würde es nach Ansicht des BGH an der zur Rechtmäßigkeit der Zwangsvollstreckung notwendigen Gewähr dafür fehlen, dass der Schuldner in jeder Lage des Verfahrens den betreibenden Gläubiger kennt und wenigstens formell sichergestellt ist, dass er sich an diesen wenden kann. Der Nachweis der Rechtsnachfolge und die Zustellung der Rechtsnachfolgeklausel sind daher Voraussetzung jeder weiteren Maßnahme des Vollstreckungsgerichts gegen den Schuldner und nicht erst dann notwendig, wenn der Rechtsnachfolger des Titelgläubigers durch einen Antrag auf das Verfahren einwirkt36.
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Für die Erteilung von qualifizierten Klauseln (§§ 726, 727 ZPO) gerichtlicher Vollstreckungstitel ist der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 12 RpflG) des Gerichts zuständig, das den Titel geschaffen hat. Der Antrag auf Klauselerteilung oder -umschreibung ist also beim Gericht des ersten Rechtszugs und bei der Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid beim Mahngericht einzureichen.
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Bei Urkunden wird die Vollstreckungsklausel auch im Falle einer Rechtsnachfolge oder einer aufschiebenden Bedingung von dem Notar erteilt, welcher die Urkunde verwahrt (§ 797 Abs. 2 ZPO, § 45 BNotO).
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In diesem Zusammenhang kann er von einer Notarbescheinigung Gebrauch machen (§ 21 BNotO). Notare können Bescheinigungen über eine Vertretungsberechtigung sowie über das Bestehen oder den Sitz einer juristischen Person oder Handelsgesellschaft, die Firmenänderung, eine Umwandlung oder sonstige rechtserhebliche Umstände ausstellen, wenn sich diese Umstände aus einer Eintragung im Handelsregister oder in einem ähnlichen Register ergeben. Durch eine Ergänzung des § 21 der BNotO um einen Absatz 3 ist es dem Notar nun auch möglich, Bescheinigungen über eine durch Rechtsgeschäft begründete Vertretungs-
31 32 33 34 35 36
BGH v. 12.4.2018 – V ZB 212/17, Rpfleger 2018, 561 = ZfIR 2018, 626 = DGVZ 2018, 179. BGH v. 30.8.2017 – VII ZB 23/14, Rpfleger 2017, 715 = MDR 2017, 1206 = DGVZ 2018, 12. BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 11 = ZfIR 2017, 203 mit Anm. Volmer. BGH v. 25.1.2007 – V ZB 47/06, MDR 2007, 797 = Rpfleger 2007, 331. BGH v. 21.11.2013 – V ZB 109/13, MDR 2014, 367 = Rpfleger 2014, 215. BGH v. 25.1.2007 – V ZB 47/06, MDR 2007, 797 = Rpfleger 2007, 331.
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Inhalt des Antrags
Rz. 69 § 16
macht auszustellen, soweit sich die Bevollmächtigung aus einer öffentlichen oder öffentlichbeglaubigten Urkunde ergibt37. Beruht eine Vollstreckungsklausel auf einer notariellen Bescheinigung nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 BNotO, in welcher der Notar die verschmelzungsbedingt eingetretene Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite bestätigt, bedarf es nicht zusätzlich der Zustellung eines Handelsregisterauszuges, dessen Inhalt der notariellen Erklärung entspricht38. Dabei muss die Bescheinigung den Tag der Einsichtnahme in das Register erkennen lassen. Nach der Freigabe eines Grundstücks aus dem Insolvenzbeschlag findet § 727 ZPO entsprechende Anwendung, wenn von einem absonderungsberechtigten Gläubiger Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner eingeleitet werden sollen. Dieser ist zwar kein Rechtsnachfolger des Insolvenzverwalters, aber ihm fällt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Grundstück wieder zu (§ 80 Abs. 1 InsO). Deshalb kann nur der Schuldner nach der Freigabe des Grundstücks Adressat von Vollstreckungsmaßnahmen sein, was eine Klauselumschreibung auf ihn notwendig macht. Dabei kann der Nachwies der Freigabe meist nicht nur durch Vorlage der Freigabeerklärung in öffentlich-Beglaubigter Form erfolgen. Ausreichend ist aber zum Nachweis der Freigabe ein Grundbuchauszug, aus dem die Löschung des Insolvenzvermerks ersichtlich ist. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass das das Grundstück nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliegt39. Eine Notarbescheinigung kann auch aufgrund einer Einsichtnahme in einen Ausdruck aus einem maschinell geführten Register, also per Internetabruf, erteilt werden40.
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Allerdings muss die Bescheinigung des Notars als Bestandteil der Vollstreckungsklausel alle Angaben enthalten, die sich aus dem eingesehenen Register ergeben, damit der Schuldner die Rechtsnachfolge nachvollziehen und überprüfen kann. Ist das nicht der Fall, darf die Zwangsvollstreckung nur erfolgen, wenn dem Schuldner zusammen mit dem Titel, jedoch bis spätestens zur Zuschlagserteilung41, neben der Vollstreckungsklausel ein Auszug aus dem Register zugestellt wird, welcher die Rechtsnachfolge nachweist42. Die Meinung, es sei ein Registerauszug nötig, der den zum Zeitpunkt der Klauselerteilung aktuellen Registerinhalt wiedergibt43, hat der BGH wieder aufgegeben.
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Bei der Geltendmachung von Hausgeldforderungen war nach deren rangmäßiger Besserstellung zunächst davon ausgegangen worden, dass wegen des aus naheliegenden Gründen vermuteten, dinglichen Charakters für Rangklasse 2 fähige Ansprüche44 an dem spätestens seit der Entscheidung des BGH vom 12.2.200945 kaum mehr Zweifel bestehen konnten, eine Umschreibung auf einen Käufer als Rechtsnachfolger des Eigentümers in Betracht kommen müsse.
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Voraussetzung dafür wäre es gewesen, dass das Grundstück insoweit auch dinglich hinsichtlich der nicht gezahlten Hausgelder als Hausgeldforderungen der Rangklasse 2 für den
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37 Gesetz zur Übertragung von Aufgaben im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Notare vom 26.6.2013, BGBl. 2013, Teil I Nr. 32, S. 1800 ff. 38 LG Detmold v. 24.11.2015 – 3 T 199/15, Rpfleger 2016, 113 m. Anm. Alff. 39 BGH v. 30.8.2017 – VII ZB 23/14, Rpfleger 2017, 715 = MDR 2017, 1206 = DGVZ 2018, 12. 40 Rundschreiben Nr. 14/2003 der Bundesnotarkammer, ZNotP 2003, 260. 41 BGH v. 21.11.2013 – V ZB 109/13, MDR 2014, 367 = Rpfleger 2014, 215. 42 BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 11 = ZfIR 2017, 203 mit Anm. Volmer. 43 Aufgegeben: BGH v. 8.11.2012 – V ZB 124/12, MDR 2013, 173 = ZfIR 2013, 103. 44 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825 mit Anm. Derleder; Schneider, ZMR 2009, 165; Schneider, ZWE 2010, 341; Alff, ZWE 2010, 105; a.A.: Fabis, ZfIR 2010, 354. 45 BGH v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, MDR 2009, 832 = Rpfleger 2009, 408 ebenso BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825 mit Anm. Derleder.
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§ 16 Rz. 69 Inhalt des Antrags Zeitraum vor dem Verkauf der Wohnung haften würde, soweit die Ansprüche aus dem Jahr der Beschlagnahme und den zwei davorliegenden Kalenderjahren stammen46. Die Zwangsvollstreckung wegen der dinglichen Ansprüche hätte demzufolge nach einer Eigentumsübertragung gegen den Käufer zu erfolgen. Der Vollstreckungstitel hätte gegen den Verkäufer hinsichtlich der titulierten und noch bevorrechtigten Hausgeldforderungen auf den Käufer umgeschrieben werden müssen und die Zwangsvollstreckung wegen des dinglichen Anspruchs wäre gegen den Käufer durchzuführen gewesen, wie das etwa bei öffentlichen Grundstücklasten möglich ist47. 70
Allerdings hat der BGH dieser bislang vorherrschenden Rechtsauffassung eine Absage erteilt und festgestellt, dass das Vorrecht der Hausgeldforderungen gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 kein dingliches Recht an dem Grundstück begründet. Die vom Gesetzgeber zugestandene Privilegierung beschränke sich auf eine Besserstellung dieser schuldrechtlichen Ansprüche im Zwangsversteigerungs- und im Insolvenzverfahren48.
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Somit besteht nach einer Veräußerung des Wohnungseigentums das Vorrecht für vor dem Verkauf angefallene Wohngeldforderungen nicht mehr49.
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Die Entscheidung stellt den Verband der Wohnungseigentümer als Gläubiger von Wohngeldforderungen vor erheblichen Probleme, weil die eigentlich privilegierten Ansprüche im Falle einer Veräußerung vor Beschlagnahme des Pfandobjekts wesentlich schlechter gestellt sind, als öffentliche Grundstückslasten50 und eingetragene Grundpfandrechte51, welche auch nach einer Veräußerung am Grundstück fortbestehen und gegen den Käufer als Duldungsanspruch durchgesetzt werden können.
73
Der nicht zahlenden Wohnungseigentümer kann sich vor einer Vollstreckung in das Wohnungseigentum ganz einfach dadurch schützen, dass er das Wohnungseigentum vor Beginn einer Zwangsversteigerung an einen nahen Angehörigen überträgt.
74
Die persönliche Haftung bleibt dann zwar für die bis zum Verkauf angefallenen Hausgelder beim alten Eigentümer, aber eine dingliche Haftung der Wohnung für diese Ansprüche ist nach dem Verkauf überhaupt nicht mehr gegeben. Der Käufer haftet erst ab dem Eigentumsübergang für die dann anfallenden Hausgelder dinglich und persönlich. Vor dem Verkauf fällig gewordene Wohngeldforderungen können nur noch als persönliche Forderungen gegen den früheren Eigentümer in dessen sonstiges Vermögen vollstreckt werden. 3. Vollstreckungsklausel bei aufschiebender Bedingung
75
Steht der Vollstreckungstitel unter einer aufschiebenden Bedingung, so ist eine qualifizierte Klausel nach § 726 ZPO erforderlich. Sie wird nur erteilt, wenn die im Titel genannte Bedingung eingetreten und der Gläubiger dem Klauselerteilungsorgan den Eintritt der Bedingung durch öffentliche oder öffentlich-beglaubigte Urkunden nachgewiesen hat. Das Vollstreckungsorgan hat den Eintritt der Bedingung nicht zu prüfen. Vielmehr wird ihm der Bedingungseintritt durch die Klausel bindend bescheinigt52. Nur dem Klauselerteilungsorgan steht die Feststellung zu, ob der Vollstreckungstitel eine solche Bedingung enthält und somit deren
46 Schneider, ZMR 2009, 165; Hintzen/Alff, ZInsO 2008, 480. 47 LG Stuttgart v. 24.5.2012 – 2 T 130/12, ZMR 2012, 731 mit erläuternder Anm. Schneider. 48 BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, MDR 2013, 1309 = MietRB 2013, 327 = Rpfleger 2014, 31 = ZfIR 2013, 806 mit Anm. Becker. 49 LG Landau v. 17.8.2012 – 3 S 11/12, MietRB 2013, 121 = Rpfleger 2013, 45. 50 BGH v. 18.2.2010 – IX ZR 101/09, MDR 2010, 895 = Rpfleger 2010, 441. 51 Alff, Rpfleger 2013, 15. 52 Zöller, § 726 ZPO Rz. 1.
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Inhalt des Antrags
Rz. 78 § 16
Eintritt vor der Klauselerteilung vom Gläubiger zu beweisen ist53. Ebenso wenig steht dem Vollstreckungsgericht eine Prüfungskompetenz hinsichtlich der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Klauselerteilung zu. Es hat also nicht zu bewerten, ob die Klausel vom Klauselerteilungsorgan richtig erteilt wurde54. Eine Vollstreckungsbedingung kann sich ausschließlich aus dem Wortlaut des Titels ergeben und nicht etwa aus einer Interessenabwägung zwischen Gläubiger und Schuldner hergeleitet werden55. Demnach kann weder das Klauselerteilungs- noch das Vollstreckungsorgan den Nachweis über den Eintritt von Tatsachen wie beispielweise den Eintritt eines Zessionars einer Sicherungsgrundschuld in den Sicherungsvertrag56, wenn dies zwischen den Parteien nicht ausdrücklich als Vollstreckungsbedingung vereinbart war. Der Prüfungsumfang im Klauselerteilungsverfahren ist wegen dessen aus Vereinfachungsgründen geregelter Formalisierung eingeschränkt. Für materiell-rechtliche Bewertungen ist es nicht ausgelegt57. Diese Einschränkung der Prüfungskompetenz gilt selbstverständlich ebenso für die Prüfung von anderen materiell-rechtlichen Voraussetzungen durch das Vollstreckungsorgan58. Zur Prüfung der wirksamen Kündigung einer nach dem 19.8.2008 bestellten Sicherungsgrundschuld s. Rz. 252.
76
Eine Vollstreckungsbedingung ist jedoch ausnahmsweise dann im Titel angelegt, wenn der Schuldner die persönliche Haftung ausdrücklich so übernimmt, dass lediglich der jeweilige Inhaber der Grundschuld berechtigt sein soll, wegen der persönlichen Forderung gegen ihn zu vollstrecken. Darin liegt eine Vollstreckungsbedingung dergestalt, dass die Vollstreckung eines Rechtsnachfolgers des in der Schuldurkunde bezeichneten Gläubigers hinsichtlich der persönlichen Forderung gegen den Schuldner über die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen hinaus von dem Eintritt einer weiteren Tatsache, nämlich dem Erwerb der Grundschuld, abhängt59. Hier wäre zwar eine Klauselerteilung nur nach § 726 ZPO möglich, was jedoch lediglich im Klauselerteilungsverfahren und nicht durch das Vollstreckungsorgan als Vollstreckungsvoraussetzung zu prüfen ist (s. Rz. 55, 76).
77
4. Namensänderung In Folge einer Namensänderung bei Gläubiger oder Schuldner ist eine erneute Klauselerteilung nicht nötig und auch nicht zulässig. Da keine Rechtsnachfolge vorliegt, greift die gesetzliche Regelung dazu nicht. Eine Ergänzung der vorhandenen Klausel kann vom Gläubiger in Ermangelung einer Rechtsgrundlage nicht verlangt werden. Um das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzung einer namensgleichen Bezeichnung der Parteien des Rechtsstreits aus § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO nachzuweisen, kann der Gläubiger einen Identitätsnachweis füh-
53 BGH v. 19.8.2010 – VII ZB 2/09, MDR 2010, 1212 = NotBZ 2011, 34 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2011, 73. 54 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, ZfIR 2017, 259; BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 11 = ZfIR 2017, 203 mit Anm. Volmer; LG Hamburg v. 28.12.2015 – 328 T 67/15, Rpfleger 2016, 305; LG Meiningen v. 9.7.2013 – 4 T 80/13, Rpfleger 2013, 691. 55 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, Rpfleger 2017, 348 = MDR 2017, 727; BGH v. 29.6.2011 – VII ZB 89/10, NotBZ 2011, 443 = MDR 2011, 1069 = ZIP 2011, 1438. 56 In BGH v. 30.3.2010 – IX ZR 200/09, BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, MDR 2010, 880 = NotBZ 2010, 263 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2010, 414 noch gefordert, was jedoch vom VII. Zivilsenat mit der Entscheidung vom v. 29.6.2011 – VII ZB 89/11 angegriffen wird. 57 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, Rpfleger 2017, 348 = MDR 2017, 727; BGH v. 29.6.2011 – VII ZB 89/10, NotBZ 2011, 443 = MDR 2011, 1069 = ZIP 2011, 1438. 58 BGH v. 16.5.2012 – I ZB 65/11, MDR 2012, 1253 = NotBZ 2012, 419 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2012, 639 sowie Alff, Rpfleger 2013, 183. 59 BGH v. 24.11.2011 – VII ZB 12/11, MDR 2012, 187 = Rpfleger 2012, 156.
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§ 16 Rz. 78 Inhalt des Antrags ren60. Dazu sind Unterlagen nötig, die eine erfolgte Namensänderung dokumentieren. Geeignet sind Mitteilungen der Meldebehörde oder Personenstandsurkunden, die der Gläubiger beim Standesamt erhalten kann (§ 792 ZPO). Dabei muss es sich nicht um öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden handeln, denn die Formanforderungen des Klauselerteilungsverfahrens greifen beim Identitätsnachweis nicht. Bei juristischen Personen kann der Identitätsnachweis durch Vorlage eines Handelsregisterauszugs, aus dem sich eine Umfirmierung erkennen lässt, erfolgen61. Möglich ist auch die Beischreibung der geänderten Firma als Ergänzung der Gläubigerbezeichnung auf dem Vollstreckungstitel62.
III. Zustellung 1. Der Ablauf 79
Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn der Vollstreckungstitel bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird (§ 750 Abs. 1 ZPO).
80
Wird bei einer Zwangsvollstreckung ein anderes Vollstreckungsorgan als der Gerichtsvollzieher tätig, dann muss die Zustellung entgegen dem Wortlaut des § 750 Abs. 1 ZPO bereits vor der Vollstreckungshandlung ausgeführt werden. Nur der Gerichtsvollzieher ist befugt, gleichzeitig zuzustellen und zu vollstrecken, denn beide Handlungen gehören zu seinem Aufgabenspektrum (§§ 192, 753 ZPO).
81
Deswegen kann in der Immobiliarvollstreckung niemals von einer „gleichzeitigen“ Zustellung (§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO) die Rede sein. Der Gläubiger hat den Titel immer schon vor der Antragstellung zustellen zu lassen, wenn es sich nicht um einen Titel handelt, der bereits von Amts wegen zugestellt wurde. Erfolgt die Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde, dann schließt die einzuhaltende Wartefrist (798 ZPO) einen unmittelbaren Beginn der Vollstreckung sofort nach der Zustellung ohnehin aus.
82
Die Zustellung erfolgt in der Regel dadurch, dass eine Abschrift des Vollstreckungstitels durch ein amtliches Organ oder ein beauftragtes Postunternehmen an den Empfänger übergeben wird. Dabei wird der Zustellungsvorgang vom Zusteller beurkundet. Diese Zustellungsurkunde gelangt an den Gläubiger als Auftraggeber der Zustellung zurück und ermöglicht ihm gegenüber dem Vollstreckungsorgan den Nachweis zu führen, wer, was, wann, an wen zugestellt hat.
83
Durch die Zustellung wird dem Schuldner die Möglichkeit verschafft, vom Vollstreckungstitel Kenntnis zu nehmen und die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung zu prüfen um eventuelle Einwendungen zu erheben63. Gleichzeitig kann er aus der Zustellung schließen, dass die Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger unmittelbar bevorstehen könnte64.
84
Zustellungsadressat ist die Person, an die zugestellt werden soll. In der Zwangsvollstreckung also der Schuldner oder dessen gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertreter. Sind mehrere gesetzliche Vertreter vorhanden, ist die Zustellung an einen davon ausreichend (§ 170 Abs. 3 ZPO).
60 BGH v. 16.5.2012 – I ZB 65/11, MDR 2012, 1253 = NotBZ 2012, 419 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2012, 639. 61 LG Verden v. 24.8.2017 – 6 T 91/17, DGVZ 2018, 14. 62 AG Otterndorf v. 16.8.2017 – 8 M 220/17, DGVZ 2017, 247. 63 BGH v. 21.11.2013 – V ZB 109/13, MDR 2014, 367 = Rpfleger 2014, 215. 64 BGH v. 21.9.2006 – V ZB 76/06, NotBZ 2006, 427 = MDR 2007, 297 = Rpfleger 2007, 37 = ZfIR 2007, 110.
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Inhalt des Antrags
Rz. 88 § 16
Eine Zustellung an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter hat dieselbe Wirkung wie eine Zustellung an den Vertretenen selbst (§ 171 ZPO). Aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ergibt sich, ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter im Sinne von § 171 ZPO ist. Steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme von Zustellungen berechtigt, muss nach den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung derjenige das Erlöschen der Vollmacht beweisen, der sich darauf beruft65. Die bloße Behauptung eines in einer Grundschuldurkunde rechtsgeschäftlich bestellten Vertreters, er sei nicht mehr bevollmächtigt, reicht somit nicht aus, um die Unwirksamkeit einer Zustellung zu rügen. Ist ein Prozessbevollmächtigter bestellt, hat die Zustellung an diesen zu erfolgen (§ 172 ZPO). Zustellungsempfänger ist hingegen die Person, an die tatsächlich zugestellt wird. Das kann 85 der Zustellungsadressat sein, es ist aber auch eine Ersatzzustellung an andere Personen aus dem vermeintlichen Umfeld des Empfängers möglich (z.B. an Familienmitglieder oder Mitbewohner bzw. in Geschäftsräumen an Mitarbeiter, § 178 ZPO). Wird das zustellenden Schriftstücks von einer in den Geschäftsräumen beschäftigten Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) widerspruchslos angenommen, liegt darin zugleich die konkludente Erklärung, dass der Zustellungsadressat selbst abwesend beziehungsweise an der Entgegennahme der Zustellung verhindert ist66. Die Beweiskraft der Zustellungsurkunde reicht nur so weit, wie gewährleistet ist, dass das Zustellungsorgan die Tatsachen selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmungen zutreffend festgestellt hat. Sie vermag nicht, den Beweis dafür zu erbringen, dass der Adressat unter der Zustellungsanschrift wohnt oder eine Person, die in Geschäftsräumen zur Entgegennahme des Schriftstücks bereit war, dort auch tatsächlich beschäftigt ist. War jedoch ein Klinikmitarbeiter bereit, ein Schriftstück zum Zwecke der Zustellung entgegenzunehmen, hat dies zumindest eine starke Indizwirkung für das Bestehen einer Empfangsvollmacht. Diese muss der Zustellungsadressat, der die Zustellung nicht gegen sich wirken lassen will, durch eine plausible und schlüssige Darstellung von abweichenden Tatsachen erschüttern67. Sollte eine Ersatzzustellung auf diesem Weg nicht durchführbar sein, kann durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt werden, soweit der Zustellungsadressat tatsächlich dort wohnt68. Dabei wird das Schriftstück selbst in den Briefkasten eingeworfen (§ 180 ZPO).
86
Ein Postfach ist im Sinne der Zustellungsvorschriften eine Vorrichtung, „die der Empfänger für den Postempfang eingerichtet hat“. Auf diesem Weg kann wirksam zugestellt werden, sofern die Zustellung durch Aushändigung an den Schuldner persönlich sowie eine Ersatzzustellung in der Wohnung oder im Geschäftsraum nicht möglich sind, weil etwa eine Anschrift gar nicht bekannt ist. Die Bestellung eines Zustellungsvertreters ist nicht zulässig, wenn zumindest ein Postfach des Empfängers vorhanden ist. Eine Zustellung an einen dennoch bestellten Zustellungsvertreter oder eine öffentliche Zustellung sind unwirksam, was in einem vom BGH entschiedenen Fall zur Aufhebung des Zuschlags geführt hat69.
87
Durch Niederlegung des Schriftstücks wird dann zugestellt, wenn keine andere Art der Ersatzzustellung ausführbar ist, weil also weder der Adressat noch eine Ersatzperson angetroffen wird und kein Briefkasten vorhanden ist. Dabei sind die Niederlegungsorte beschränkt auf das Amtsgericht und „eine von der Post dafür bestimmte Stelle“ (§ 180 ZPO). Der Adressat ist über die Niederlegung zu informieren.
88
65 66 67 68 69
BGH v. 27.10.2016 – V ZB 47/15, MDR 2017, 55 = ZfIR 2017, 33. BGH v. 4.2.2015 – III ZR 513/13, MDR 2015, 415 = Rpfleger 2015, 483. BGH v. 11.7.2018 – XII ZB 138/18, MDR 2018, 1398 = Rpfleger 2018, 629. OLG München v. 18.10.2017 – 7 U 530/17, DGVZ 2018, 16. BGH v. 14.6.2012 – V ZB 182/11, MDR 2012, 1055 = ZfIR 2012, 661 = DGVZ 2012, 184.
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§ 16 Rz. 89 Inhalt des Antrags 89
Wirksam wird diese Zustellung bereits zum Zeitpunkt der Abgabe der Niederlegungsnachricht, etwa dem Anbringen eines entsprechenden Hinweises an der Haustür, nicht erst mit der Niederlegung selbst.
90
Ist der Schuldner unbekannten Aufenthalts, dann darf die Zustellung des Vollstreckungstitels „öffentlich“ erfolgen. Das bedeutet, dass eine Benachrichtigung über die Zustellung für einen Monat an der Gerichtstafel ausgehängt wird (§§ 185-188 ZPO).
91
Mit Hilfe der öffentlichen Zustellung soll ermöglicht werden, eine erforderliche Zustellung auch dann durchzuführen, wenn der Aufenthaltsort des Schuldners nicht bekannt und nicht feststellbar ist.
92
In den wenigsten Fällen wird die öffentliche Zustellung dem Zustellungsadressaten jedoch tatsächlich die „Möglichkeit zur Kenntnisnahme“ verschaffen.
93
Sie ist einerseits eine bedeutende Benachteiligung der Partei bezüglich des Anspruchs auf rechtliches Gehör, andererseits verhilft sie dem Gläubiger dazu, seine Rechte auch dann durchsetzen zu können, wenn der Empfänger die Zwangsvollstreckung dadurch unmöglich macht, dass er sich der Zustellung entzieht, indem er seinen Aufenthaltsort verheimlicht.
94
Wann genau der Aufenthaltsort einer Person „unbekannt“ ist, wird im Gesetz nicht näher bestimmt. Das Reichsgericht hat dazu ausgeführt, dass der Aufenthalt der Person nicht nur dem Antragsteller der öffentlichen Zustellung unbekannt sein muss, „sondern überhaupt“70.
95
Die erforderlichen Nachweise habe der Antragsteller durch „obrigkeitliche Bescheinigungen, unter Umständen auch durch Versicherungen unverdächtiger Privatpersonen“ zu erbringen. Gleichzeitig gesteht das RG ein, dass es kein Mittel gibt, „gewissermaßen absolut das Unbekanntsein des Aufenthalts einer Person festzustellen.“ Deshalb müsse das freie Ermessen des Gerichts darüber entscheiden, welche Nachweise es für erforderlich hält.
96
In der Praxis wird dieses „freie Ermessen“ völlig unterschiedlich ausgeübt. Im Erkenntnisverfahren darf eine öffentliche Zustellung nur angeordnet werden, wenn der Begünstigte der Zustellung (meist der Kläger) alle zumutbaren Nachforschungen angestellt und dies dem Gericht auch dargelegt hat71.
97
Viele Gerichte folgen dieser auch in der Kommentierung72 vertretenen Auffassung und legen dabei einen sehr strengen Maßstab an, wenn es um die Bewilligung der öffentlichen Zustellung geht73. Dies wird damit begründet, dass durch die Zustellungsfiktion der Empfänger in der Wahrnehmung seiner Rechte beeinträchtigt sei.
98
Bei der Zustellung einer Klageschrift oder eines Mahnbescheids ist das sicherlich naheliegend und verständlich. Hinsichtlich der Zustellung zur Vorbereitung einer Zwangsvollstreckung sollten jedoch noch andere Erwägungen, vor allem das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers, berücksichtigt werden.
99
Das OLG Frankfurt am Main vertritt die Auffassung, dass bei der Zustellung zwar hohe, aber nicht in unzumutbarer Weise überzogene Anforderungen an den Nachweis des unbekannten Aufenthalts gestellt werden dürfen74.
100
Im dort entschiedenen Fall wurden eine missglückte Zustellung und eine Einwohnermeldeamtsanfrage mit der Nachricht, die gesuchte Person sei von Amts wegen nach unbekannt 70 71 72 73 74
Reichsgericht v. 2.12.1904 – III 211/04, RGZ 59, 259, 265. BGH v. 6.12.2012 – VII ZR 74/12, MDR 2013, 484 = Rpfleger 2013, 223. Zöller, § 185 ZPO Rz. 2. BGH v. 31.10.2018 – I ZR 20/18, MDR 2019, 178 = Rpfleger 2019, 278. OLG Frankfurt/M. v. 27.2.2003 – 2 W 2/03, OLG-Report Frankfurt, 2003, 305.
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Inhalt des Antrags
Rz. 107 § 16
abgemeldet worden, als ausreichende Nachweise anerkannt. Dabei zog das OLG in Betracht, dass der Schuldner auf Grund des voran gegangenen Mahnverfahrens damit rechnen musste, wegen der Forderung in Anspruch genommen zu werden. Entzieht er sich der Zustellung dadurch, dass er unbekannt verzieht, dann ist das Interesse des Gläubigers an einer öffentlichen Zustellung höher zu bewerten, als der Anspruch des Gegners auf rechtliches Gehör. Der BGH sieht die Interessenlage bei der Zustellung eines Pfändungsund Überweisungsbeschlusses ähnlich75 und lässt aktuelle Auskünfte der Meldebehörde und des Postamts am letzten Wohnsitz des Schuldners genügen. Mit derselben Begründung geht das LG Leipzig davon aus, dass im Vollstreckungsverfahren zum Nachweis der Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung, die Vorlage aktueller Auskünfte des für den letzten bekannten Wohnort des Schuldners zuständigen Einwohnermeldeamts ausreichen76.
101
Bei der Forderungspfändung bestehe ein mit dem Erkenntnisverfahren vergleichbares Schutzbedürfnis des Schuldners nicht. Weitere Ermittlungen könnten vom Gläubiger nur verlangt werden, wenn sich aus den Zwangsvollstreckungsunterlagen erfolgversprechende Ansätze für die Ermittlung des unbekannten Aufenthaltsortes des Schuldners ergeben.
102
Streng ist die Rechtsprechung auch in Bezug auf die Bestandskraft einer bewilligten öffentlichen Zustellung. Ging das Reichsgericht noch davon aus, dass eine einmal bewilligte und durchgeführte öffentliche Zustellung wirksam bleibt, so sieht das der BGH ganz anders. Lagen die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung nicht vor und das Gericht hat sie dennoch angeordnet, soll diese öffentliche Zustellung unwirksam sein77. Allerdings kann sich der Empfänger dann nicht auf die Unrichtigkeit der Zustellung berufen, wenn er selbst versucht hat, die Zustellung zu verhindern. Dazu genügt es bereits, dass der Empfänger seiner Meldepflicht nicht nachgekommen ist78.
103
Im Zusammenhang mit einer erforderlichen Zustellung im Ausland kann ebenfalls die öf- 104 fentliche Zustellung angeordnet werden (§ 185 Ziff. 3 ZPO). Dies kommt dann in Betracht, wenn der Aufenthalt zwar bekannt ist, aber die Zustellung nicht möglich ist, weil entweder kein Rechtshilfeabkommen besteht oder aber die Zustellung deshalb keinen Erfolg verspricht, weil beispielsweise die Erledigung zu lange dauert oder kein Nachweis über die Zustellung zurück gelangt. Indes muss es der Gläubiger hinnehmen, dass die Zustellung im Ausland einige Monate dauern kann. Der BGH vertritt die Auffassung, ein Zeitraum von sechs bis neun Monaten überschreite nicht den Rahmen für Rechtshilfeverfahren, wie er auch sonst im internationalen Rechtsverkehr üblich sei79.
105
Abhängig von der Art des Titels, ist zum Schutz des Schuldners teilweise eine zweiwöchige Wartefrist zwischen Zustellung und Vollstreckung einzuhalten (§ 798 ZPO). Dies gilt bei dem in der Immobiliarvollstreckung häufigen Fall der Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden gemäß § 794 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO, aber auch aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen und für vollstreckbar erklärten Anwaltsvergleichen.
106
Die Einhaltung dieser Frist ist vom Vollstreckungsgericht zu prüfen, wird aber selten zu bemängeln sein, da zwischen Zeitpunkt der Zustellung des Titels und Antragstellung beim Vollstreckungsgericht aus organisatorischen Gründen, wie Postlaufzeit und Bearbeitung beim Gläubiger, die geforderten zwei meist Wochen vergangen sind.
107
75 76 77 78 79
BGH v. 14.2.2003 – IXa ZB 56/03, MDR 2003, 708 = Rpfleger 2003, 307. LG Leipzig v. 30.4.2015 – 8 T 208/15, Rpfleger 2015, 662. BGH v. 19.12.2001 – VIII ZR 282/00, MDR 2002, 600 = NJW 2002, 399. BGH v. 28.4.2008 – II ZR 61/07, MDR 2008, 995 = Rpfleger 2008, 508. BGH v. 20.1.2009 – VIII ZB 47/08, MDR 2009, 462 = Rpfleger 2009, 323.
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§ 16 Rz. 108 Inhalt des Antrags 108
Sollte die Zwei-Wochen-Frist ausnahmsweise nicht verstrichen sein, darf eine Anordnung noch nicht erfolgen. Es steht im Ermessen des Rechtspflegers, ob er den Antrag bis zum Fristablauf nicht bearbeitet, oder eine Zwischenverfügung erlässt. Allerdings wäre es übertrieben förmlich, dem Gläubiger die Vollstreckungsunterlagen zurück zu senden, damit dieser sie nach Fristablauf erneut einreicht. Eine Handlung des Gläubigers ist nicht mehr erforderlich, so dass ebenso gut die Entscheidung über den Antrag aufgeschoben werden kann, ohne dass die Vollstreckungsunterlagen grundlos hin und her gesandt werden.
109
Sinn der Vorschrift ist wohl, dem Schuldner bei der Vollstreckung aus den genannten Titeln eine letzte Frist zur Zahlung zu gewähren80. Wieso diese Frist nicht bei allen Titeln oder eben einheitlich gar nicht gewährt wird, ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar.
110
Für die Berechnung dieser gesetzlichen Mindestfrist gilt § 222 ZPO. Demnach kann der Anordnungsbeschluss am fünfzehnten Tag nach Zustellung des Vollstreckungstitels ergehen, sofern es sich bei diesem Tag nicht um einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag handelt (§ 188 BGB).
111
Zahlt der Schuldner tatsächlich innerhalb der zweiwöchigen Frist die Forderung an den Gläubiger, muss dieser seinen Antrag beim Vollstreckungsgericht zurücknehmen, da er sich ansonsten durch die nunmehr ungerechtfertigte Vollstreckung schadensersatzpflichtig machen könnte (§ 717 Abs. 2 ZPO).
112
In den folgenden Fällen ist eine Zustellung vor Beginn der Zwangsvollstreckung nicht erforderlich: – Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung (§ 929 Abs. 3 ZPO) – Vorpfändung (§ 845 ZPO) – Verzicht des Schuldners auf Zustellung
113
Vollstreckungsmaßnahmen, die trotz mangelhafter oder fehlender Zustellung durchgeführt wurden, sind zunächst wirksam, können aber mit Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) angefochten und daraufhin aufgehoben werden81. 2. Wer stellt zu?
114
Gerichtliche Vollstreckungstitel wie Urteile und Beschlüsse, werden von Amts wegen zugestellt (§§ 317 Abs. 1, 329 Abs. 3 ZPO). Alle anderen Titel, also auch die vollstreckbaren Urkunden, müssen im Parteibetrieb zugestellt werden. Diese Zustellung wird auf Antrag des Gläubigers vom Gerichtsvollzieher selbst oder durch dessen Auftrag an die Post ausgeführt (§ 192 ZPO).
115
Zustellungen mit Empfangsbekenntnis oder Einschreiben gegen Rückschein sind dem Gerichtsvollzieher zumindest nicht ausdrücklich gestattet. Somit ist davon auszugehen, dass diese Arten der Zustellung nur bei Zustellungen von Amts wegen genutzt werden können.
116
Die örtliche Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers beschränkt sich auf den von dem die Dienstaufsicht führenden Richter des Amtsgerichts zugewiesenen Bezirk (§§ 154 GVG, 16 GVO). Bei Zustellungen ist der Gerichtsvollzieher örtlich nur zuständig, wenn entweder der Auftraggeber bzw. sein Prozessbevollmächtigter oder ein Zustellungsempfänger seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Bezirk des Gerichtsvollziehers hat. Wird ein örtlich unzuständiger Gerichtsvollzieher tätig, so führt dies aber nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Zustellung (§ 16 Abs. 5 GVO).
80 Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers, § 798 ZPO Rz. 2. 81 BGH v. 10.6.1959 – V ZR 294/57, BGHZ 30, 175 = NJW 1959, 1873.
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Inhalt des Antrags
Rz. 123 § 16
3. Was wird zugestellt? Grundsätzlich ist als Zwangsvollstreckungsvoraussetzung lediglich der Vollstreckungstitel in beglaubigter Abschrift zuzustellen. Bei der durch den Gläubiger betriebenen Zustellung des Urteils braucht die Ausfertigung den Tatbestand und die Entscheidungsgründe nicht zu enthalten (§ 750 Abs. 1 ZPO).
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In den Fällen der qualifizierten Klauseln muss außer dem Titel noch die Vollstreckungsklau- 118 sel zugestellt werden (§ 750 Abs. 2 ZPO). Sofern in einem solchen Fall die Klausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt wurde, ist außer dem Titel und der neu erteilten Klausel auch eine Abschrift dieser Urkunden zuzustellen. Dabei genügt die Zustellung derjenigen Nachweisurkunden, die zur Klauselerteilung vorgelegt wurden. Es ist nicht nötig, dass die Nachweise den aktuellen Registerinhalt wiedergeben82. Für die Praxis sehr bedeutende Ausnahmen zum Zustellungserfordernis nach Titelumschrei- 119 bung sind in den §§ 799, 800 ZPO geregelt. Unter den dort genannten Voraussetzungen, wenn sich nämlich die Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite oder auf Schuldnerseite aus einer Eintragung im Grundbuch ergibt, kann auf die Zustellung der Urkunden, die zur Klauselumschreibung geführt haben, verzichtet werden. In Bezug auf die Rechtsnachfolge auf Schuldnerseite greift die Regelung allerdings nur, soweit diese Erleichterung bei der Grundschuldbestellung vereinbart wurde und diese Erleichterung ins Grundbuch eingetragen wurde, was häufig durch die Formulierung „vollstreckbar nach § 800 ZPO“ oder „vollstreckbar gegen den jeweiligen Eigentümer“ geschieht. Es ist aber in beiden Fällen dennoch die Umschreibung der Vollstreckungsklausel und die Zustellung der umgeschriebenen Klausel erforderlich83. Die Regelungen der §§ 799, 800 ZPO gewähren also lediglich eine Zustellungserleichterung hinsichtlich der grundsätzlichen Verpflichtung zur Zustellung weiterer Urkunden aus § 750 Abs. 2 ZPO.
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Ist die Rechtsnachfolge nicht im Grundbuch gewahrt, wie das beispielsweise beim Tod des Schuldners ohne bislang erfolgte Grundbuchberichtigung sowie bei der Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite durch Abtretung eines Briefpfandrechts oder Gesamtrechtsnachfolge durch Verschmelzung der Fall ist, dann sind dem Schuldner neben dem umgeschriebenen Vollstreckungstitel alle Urkunden zuzustellen, welche die eingetretene Rechtsnachfolge beweisen. Das können Erbschein, Abtretungserklärung, Verschmelzungsvertrag oder ein vollständiger Registerauszug sein84.
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Erfolgt die Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren Urkunde und hat ein Vertreter die Unterwerfung des Schuldners gemäß § 800 ZPO erklärt, ist nach Ansicht des BGH85 die Vollstreckung nur zulässig, wenn die Urkunden, die eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Vertreters beweisen, dem Schuldner zugestellt wurden (§ 750 Abs. 2 ZPO). Die Klausel dürfe in einem solchen Fall nur erteilt werden, wenn dem Notar die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Vertreters nachgewiesen sei. Daraus ergibt sich, dass die Vollmachtsoder Genehmigungserklärung, aus der die Wirksamkeit des Handelns des Vertreters gegen den Vertretenen erkennbar ist, zugestellt werden muss.
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Dabei sei nicht die Wirksamkeit der abgegebenen Erklärung zu prüfen, sondern lediglich die Zustellung der Vertretungsvollmacht. Alleine die Zustellung der Vollmacht gewährleiste, dass der Schuldner vollständig und in derselben Weise wie das Organ, das die vollstreckbare Ausfertigung des Titels erteilt hat, über die Grundlagen und Voraussetzungen der Zwangsvoll-
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82 83 84 85
BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 11 = ZfIR 2017, 203 mit Anm. Volmer. BGH v. 12.4.2018 – V ZB 212/17, MDR 2018, 1275 = Rpfleger 2018, 561 = ZfIR 2018, 626. BGH v. 8.11.2012 – V ZB 124/12, MDR 2013, 173 = ZfIR 2013, 103 mit Anm. Hertel. BGH v. 21.9.2006 – V ZB 76/06, NotBZ 2006, 427 = MDR 2007, 297 = Rpfleger 2007, 37 = ZfIR 2007, 110.
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§ 16 Rz. 123 Inhalt des Antrags streckung unterrichtet und in die Lage versetzt ist, die Voraussetzungen der Vollstreckung zu prüfen. 124
Mehr oder weniger stillschweigend erhebt der BGH die Wirksamkeit der Vollmacht zu einer aufschiebenden Bedingung für die Klauselerteilung, deren Vorliegen vom Klausel erteilenden Notar zu prüfen ist. Hieraus würde sich dann konsequenterweise ein Zustellungserfordernis nach § 750 Abs. 2 ZPO ergeben.
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Anders als das Klauselerteilungsorgan ist das Vollstreckungsorgan hingegen nicht befugt, den Vollstreckungstitel inhaltlich zu prüfen und aus dieser Prüfung ein Klausel- oder Zustellungserfordernis herzuleiten86. Ebenso wenig kann es die Vollstreckung ablehnen, weil seiner Ansicht nach eine Vollstreckungsbedingung vorliegt, aber nur eine einfache Klausel erteilt wurde87. Der Bundesgerichtshof vertritt dazu konsequent die Meinung, dass die materielle Richtigkeit der Klausel, also die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Klausel erteilt werden durfte, nicht vom Vollstreckungsgericht zu prüfen sei88. Das Vollstreckungsgericht muss demnach die Zwangsversteigerung immer anordnen, wenn die formellen Voraussetzungen erfüllt sind, also eine Klausel vorhanden ist. Es darf dem Gläubiger nicht zusätzliche Nachweise oder Zustellungen abverlangen, die das Klauserteilungsorgan nicht gefordert hat. Zur Prüfungskompetenz des Vollstreckungsgerichts hinsichtlich der Kündigung von Sicherungsgrundschulden s. Rz. 252.
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Trotzdem wird immer noch die Auffassung vertreten, die Unterwerfungserklärung sei ohne die Wirksamkeit der Vollmacht nicht entstanden. Diese Meinung sieht ebenfalls die Notwendigkeit der Zustellung, jedoch aus einem ganz anderen Grund, nämlich offenbar als Bestandteil des Titels und verlangt Zustellung der Vollmacht gemäß § 750 Abs. 1 ZPO89. Das ist eine sehr weite Ausdehnung der Prüfungsbefugnisse des Vollstreckungsgerichts, die mit der neueren Rechtsprechung des BGH, welcher dem Vollstreckungsorgan eine materielle Prüfung des Vollstreckungstitels abspricht, nicht vereinbar ist90.
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Der Nachweis und die Zustellung der Vollmacht sind aber jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der jetzige Eigentümer und Vollstreckungsschuldner bei der Grundschuldbestellung den damaligen Grundstückseigentümer vertreten hat. Dann ist der Nachweis der Vollmacht sowohl bei der Klauselerteilung als auch zum Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen gegenüber dem Vollstreckungsgericht überflüssig, weil der Schuldner selbst als Bevollmächtigter aufgetreten ist und eine Überprüfung der eigenen Vollmacht vorzunehmen hätte. Selbst bei einer fehlerhaften Vollmacht wäre er gemäß § 185 Abs. 2 BGB zur Duldung der Zwangsvollstreckung verpflichtet91.
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Der BGH hat der weiten Auslegung des Begriffs „Vollstreckungsbedingung“ und der ausufernden analogen Anwendung der Sonderregelung des § 726 Abs. 1 ZPO in seiner neueren 86 BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 11 = ZfIR 2017, 203 mit Anm. Volmer; BGH v. 16.5.2012 – I ZB 65/11, MDR 2012, 1253 = NotBZ 2012, 419 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2012, 639. 87 BGH v. 25.10.2012 – VII ZB 57/11, MDR 2013, 174 = Rpfleger 2013, 161. 88 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, Rpfleger 2017, 348 = MDR 2017, 727. 89 Zöller, § 794 ZPO Rz. 37. 90 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, Rpfleger 2017, 348 = MDR 2017, 727; BGH v. 29.6.2011 – VII ZB 89/10, NotBZ 2011, 443 = MDR 2011, 1069 = ZIP 2011, 1438; BGH v. 16.5.2012 – I ZB 65/11, MDR 2012, 1253 = NotBZ 2012, 419 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2012, 639; BGH v. 23.5.2012 – VII ZB 31/11, MDR 2012, 1063 = Rpfleger 2012, 638; BGH v. 25.10.2012 – VII ZB 57/11, MDR 2013, 174 = Rpfleger 2013, 161. 91 BGH v. 14.4.2005 – V ZB 9/05, MDR 2005, 1072 = ZfIR 2005, 884.
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Inhalt des Antrags
Rz. 132 § 16
Rechtsprechung eine klare Absage erteilt92. Damit sind die älteren Rechtsmeinungen und Entscheidungen zu den sich daraus ergebenden Zustellungserfordernissen beispielsweise bei der Grundschuldbestellung durch einen Bevollmächtigten und der Abtretung von Sicherungsgrundschulden überholt93. Der Gläubiger hat dem Vollstreckungsorgan die durchgeführte Zustellung des Vollstreckungstitels und der im Einzelfall darüber hinaus noch zuzustellenden Unterlagen immer nachzuweisen, wobei allerdings das Vollstreckungsorgan von der Richtigkeit der erteilten Klausel auszugehen hat und ausschließlich Zustellungserfordernisse prüfen kann, die sich daraus ergeben. Weitere Zustellungen als die der vom Klauserteilungsorgan verlangten Nachweise, kann das Vollstreckungsgericht nicht fordern94. Erst nach der Anordnung des Verfahrens erkannte Zustellungsmängel sind im Rahmen der Zuschlagserteilung relevant und können zu einer Zuschlagsversagung führen. Versäumte oder fehlerhafte Zustellungen können noch bis zur Zuschlagserteilung nachgeholt werden, nicht jedoch im Verfahren der Zuschlagsbeschwerde95. Der Nachweis geschieht bei einer erfolgten Amtszustellung durch Vorlage einer Zustellungsbescheinigung der Geschäftsstelle (§ 169 ZPO) und bei der Parteizustellung durch Vorlage der Zustellungsurkunde (§ 182 ZPO), die mit dem zugestellten Schriftstück verbunden ist.
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Sind bei der Zustellung Verfahrensmängel aufgetreten, dann gilt der Zustellungsmangel als 130 geheilt, wenn das Schriftstück dem Adressaten tatsächlich zugeht (§ 189 ZPO). Die Zustellung ist also trotzdem wirksam. Allerdings ist eine Heilung nur dann möglich, wenn das Zustellungsorgan eine förmliche Zustellung des Dokuments vornehmen wollte. Dieser Zustellungswille muss sich auf den Schuldner als Adressaten beziehen. Nur für Zustellungsmängel, die einer an den Schuldner gerichteten Zustellung anhaften, kommt eine Heilung nach § 189 ZPO in Betracht96. Aus diesem Grund kann der Schuldner eine Verletzung der Zustellungsvorschriften dann nicht rügen, wenn ihn die Zustellung dennoch erreicht hat. Allerdings wird das Vollstreckungsorgan den Erfolg der Zustellung nur in Ausnahmefällen nachprüfen können. Weist die Zustellungsurkunde aus, dass beispielsweise eine Ersatzzustellung an eine falsche Person oder an einem falschen Ort ausgeführt wurde (z.B. Zustellung an Ehefrau des Schuldners auf der Straße statt in der Wohnung), dann muss von einem Vollstreckungsmangel ausgegangen werden und die Anordnung kann nicht erfolgen.
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4. Parteizustellung im Ausland Ist eine Zustellung im Ausland erforderlich, muss sie nach § 183 ZPO vorgenommen werden. Grundsätzlich also auf Ersuchen des Prozessgerichts durch die Behörden des Staates in dem zugestellt werden soll. Falls das nicht möglich ist, durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland.
92 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, Rpfleger 2017, 348 = MDR 2017, 727; BGH v. 29.6.2011 – VII ZB 89/10, NotBZ 2011, 443 = MDR 2011, 1069 = ZIP 2011, 1438, BGH v. 16.5.2012 – I ZB 65/11, MDR 2012, 1253 = NotBZ 2012, 419 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2012, 639; BGH v. 23.5.2012 – VII ZB 31/11, MDR 2012, 1063 = Rpfleger 2012, 638; BGH v. 25.10.2012 – VII ZB 57/11, MDR 2013, 174 = Rpfleger 2013, 161. 93 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, ZfIR 2017, 259; BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 11 = ZfIR 2017, 203 mit Anm. Volmer; LG Hamburg v. 28.12.2015 – 328 T 67/15, Rpfleger 2016, 305; LG Meiningen v. 9.7.2013 – 4 T 80/13, Rpfleger 2013, 691. 94 BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 111 = Rpfleger 2017, 220. 95 BGH v. 21.11.2013 – V ZB 109/13, MDR 2014, 367 = Rpfleger 2014, 215. 96 BGH v. 29.3.2017 – VIII ZR 11/16, MDR 2017, 1078 = DGVZ 2017, 196.
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§ 16 Rz. 133 Inhalt des Antrags 133
Auslandszustellungen sind demnach durch die Gerichte vorzunehmen. Der Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland ist ausschließlich Aufgabe der Justizverwaltung. Es obliegt allein den Justizbehörden die einschlägigen Staatsverträge zu ermitteln und die dort gestellten Anforderungen einzuhalten97.
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Bei Zustellungen innerhalb der EU gilt die Erleichterung, dass die Zustellung durch Übermittlung von einer inländischen „Übermittlungsstelle“ an eine sogenannten „Empfangsstelle“ im Empfängerstaat erfolgt98. Diese Stellen sind von den Mitgliedsstaaten in nationalen Regelungen benannt.
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In der Bundesrepublik Deutschland hat der Gesetzgeber die Aufgaben der Übermittlungsstelle den Amtsgerichten bzw. dem Prozessgericht und die Aufgaben der Empfangsstelle den Amtsgerichten übertragen (§ 1069 ZPO).
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Ausnahmsweise können Zustellungen im Ausland mit Einschreiben gegen Rückschein (EgR) durchgeführt werden, wenn mit dem Staat, in dessen Hoheitsgebiet zugestellt werden soll, ein entsprechendes Abkommen besteht.
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Für die EU-Mitgliedsstaaten sind solche Regelungen in der EU-Verordnung Nr. 1393/2007 (EuZVO)99 getroffen, so dass die Zustellung in allen Mitgliedsstaaten durch EgR möglich ist. Diese Zustellung kann der Empfänger allerdings durch Annahmeverweigerung verhindern, wenn das Schriftstück nicht in einer Sprache die der Empfänger versteht oder einer Amtssprache des Empfängerstaats abgefasst ist. Eine Übersetzung in die Amtssprache des Empfängerstaates ist also dann nicht nötig, wenn der Empfänger Deutscher ist100.
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Teilweise wird noch immer die Auffassung vertreten, der Gerichtsvollzieher könne eine Auslandszustellung im Parteibetrieb durchführen, soweit diese durch Einschreiben gegen Rückschein erfolgt101. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Dem Gerichtsvollzieher ist nur die Zustellung durch die Post oder durch persönliche Übergabe möglich. Eine Zustellung in vereinfachter Form, nämlich gegen Empfangsbekenntnis oder durch Einschreiben gegen Rückschein ist ihm schon bei der Zustellung im Inland nicht gestattet102. Deshalb kann bei der Auslandszustellung nichts Anderes gelten103, zumal im Gesetz ausschließlich das „die Zustellung betreibende Gericht“ und für außergerichtliche Schriftstücke das Amtsgericht als Übermittlungsstelle vorgesehen sind (§ 1069 ZPO).
D. Zwischen- oder Aufklärungsverfügung 139
Liegt ein mangelhafter oder unvollständiger Antrag vor, so ist dem Gläubiger durch Zwischenverfügung (auch „Beanstandungsverfügung“ oder „Aufklärungsverfügung“) wegen der Hinweispflicht aus § 139 ZPO, die auch im Zwangsversteigerungsverfahren besteht, der vermeintliche Mangel mitzuteilen und ihm Gelegenheit zur Richtigstellung, Begründung, Ergänzung oder kostenfreien Antragsrücknahme zu geben. Um weitere Verzögerungen bei der Anordnung zu vermeiden, sollte das Vollstreckungsgericht in einer Zwischenverfügung alle 97 BGH v. 11.7.2003 – V ZR 414/02, MDR 2003, 1368 = NJW 2003, 2830. 98 Art. 2 EU-Verordnung Nr. 1393/2007 (EuZVO). 99 Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, ABl. (EG) Nr. L 324 v. 10.12.2007, S. 79. 100 Art. 8 EU-Verordnung Nr. 1393/2007 (EuZVO). 101 Möller, NJW 2003, 1571. 102 Hornung, Rpfleger 2002, 493. 103 Hornung, DGVZ 2003, 167.
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Inhalt des Antrags
Rz. 143 § 16
Mängel aufzeigen und nicht die Prüfung bei der Feststellung eines Mangels beenden. Nur so kann der Gläubiger zeitnah die Vollstreckungsvoraussetzungen schaffen und danach das Vollstreckungsgericht das Verfahren anordnen. Die gesetzliche Hinweispflicht erfordert jedoch nicht allgemeine Ausführungen über die Rechte der Beteiligten, sondern ist dann von Bedeutung, wenn ein Beteiligter die Rechtslage in seinem Antrag falsch einschätzt und ihm deshalb die kostenpflichtige Zurückweisung seines Antrags droht104. Zweckmäßigerweise wird dem Gläubiger hierzu eine angemessene Frist gesetzt. Diese „richterliche“ Frist kann bei Bedarf auf Antrag des Gläubigers verlängert werden. Nach ergebnislosem Fristablauf wird der Antrag kostenpflichtig zurückgewiesen. Liegen keine Vollstreckungsmängel, -hindernisse, Verfügungsbeschränkungen oder sonstige der Zwangsversteigerung entgegenstehende Rechte105 vor, ordnet der Rechtspfleger die Zwangsversteigerung entsprechend dem Gläubigerantrag an. Die Anordnung oder eine erforderliche Zurückweisung des Antrags erfolgen durch Beschluss.
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E. Rechtliches Gehör Grundsätzlich gilt für alle Gerichtsverfahren, dass vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat (Art. 103 GG). Rechtliches Gehör ist aber ausnahmsweise dann nicht zu gewähren, wenn das Gesetz hierüber ausdrücklich eine entsprechende Regelung getroffen hat, wie z.B. in § 834 ZPO, oder durch die Anhörung der Antragsteller einer Entscheidung benachteiligt werden könnte, wie beispielsweise der Gläubiger bei einer Schuldversteigerung. In diesem Fällen muss der Gehörsanspruch hinter das objektiv erforderliche Überraschungsmoment zurücktreten106. Um den Vollstreckungserfolg einer Zwangsversteigerung nicht zu gefährden, wird der Schuldner vor der Entscheidung über den Antrag nicht gehört.
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Eine vorherige Anhörung muss auch dann nicht erfolgen, wenn der Gläubiger das Verfah- 142 ren wegen eines dinglichen Rechts betreibt. Dabei kann zwar der durch eine vorherige Anhörung gewarnte Schuldner nicht so einfach durch Verfügungen über das Grundstück die Zwangsversteigerung verhindern. Er kann jedoch durch Veräußerung und Entfernung von Zubehörstücken, Bestandteilen und Erzeugnissen den Haftungsverband schmälern und dadurch den Vollstreckungserfolg gefährden107. Für die Teilungsversteigerung ist dies anders zu bewerten. Ein Rechtfertigungsgrund für den ausnahmsweisen Verzicht auf Anhörung des Antragsgegners ist dort nicht gegeben, denn eine Gefährdung „der Zwangsvollstreckung“ muss nicht befürchtet werden. Selbst wenn ein Miteigentümer als Antragsgegner nach Anhörung und vor der Beschlagnahme über seinen Anteil verfügt oder ihn belastet, hindert das nicht die Durchführung des Verfahrens. Eine Teilungsversteigerung könnte dann ohne Weiteres gegen den neuen Miteigentümer erfolgen, Belastungen würden die Veräußerung nicht blockieren, da nur die den Anteil des Antragsstellers belastenden Rechte ins geringste Gebot fallen.
104 BGH v. 10.10.2013 – V ZB 181/12, MDR 2014, 50 = WM 2013, 2324 = NZI 2013, 1048 = Rpfleger 2014, 95. 105 S. dazu die Kommentierung zu § 28. 106 BVerfG v. 8.1.1959 – 1 BvR 396/55, BVerfGE 9, 89, 98. 107 BGH v. 3.5.1984 – IX ARZ 5/84, MDR 1985, 52 = Rpfleger 1984, 363.
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§ 16 Rz. 144 Inhalt des Antrags
F. Rechtsmittel 144
Entspricht das Vollstreckungsgericht dem Gläubigerantrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung oder auf Zulassung des Beitritts nicht oder nicht in vollem Umfang oder fordert es im Wege der Zwischenverfügung Nachweise, welche der Gläubiger nach seiner Ansicht gar nicht vorlegen muss, kann er dagegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde einlegen (§ 11 RPflG, § 793 ZPO).
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Die sofortige Beschwerde muss innerhalb von zwei Wochen (§ 569 Abs. 1 ZPO) schriftlich beim Vollstreckungsgericht oder bei dem für die Entscheidung zuständigen Landgericht eingelegt werden (§ 569 Abs. 2 ZPO). Die Rechtsmittelfrist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung an den Gläubiger. Der Rechtspfleger kann die angefochtene Entscheidung durch Abhilfe ändern (§ 572 Abs. 1 ZPO). Bleibt er bei seiner Rechtsauffassung, dann trifft er eine begründete Entscheidung über die „Nichtabhilfe“ und legt die Sache verzugslos dem Landgericht vor.
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Im Falle einer Zurückweisung durch das Landgericht ist der Gläubiger kostenpflichtig. Die Gebühr beträgt 120 Euro (Nr. 2240 KVGKG).
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Nur wenn das Landgericht als Beschwerdegericht es ausdrücklich zulässt, kann die Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) eingelegt werden. Dazu befugt ist nur der ursprüngliche Beschwerdeführer, nicht aber ein anderer Beteiligter im Sinne von § 9 ZVG, der von seinem Beschwerderecht keinen Gebrauch gemacht hat108. Eine „Nichtzulassungsbeschwerde“ kennt die Zivilprozessordnung ebenso wenig wie eine „sofortige weitere Beschwerde“ zum Oberlandesgericht109. Lässt also das Landgericht die Rechtsbeschwerde nicht zu, gibt es kein weiteres Rechtsmittel und der Beschluss ist rechtskräftig. Über eine zulässigerweise eingelegte Rechtsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof (§ 133 GVG). Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat ab Zugang der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts einzulegen. Bei einer Ablehnung fallen Gerichtsgebühren in Höhe von 240 Euro an (Nr. 2242 KVGKG).
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Geht es bei einem Rechtsmittel ausschließlich um die Berücksichtigung von Kosten im Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss, also z. B. über bisherige Vollstreckungskosten, welche der Gläubiger fordert, das Gericht jedoch nicht anerkennen will, so kommt es hinsichtlich des Rechtsmittels auf deren Höhe an. Beträgt der Streitwert 200 Euro oder weniger, so bleibt dem Gläubiger die gebührenfreie Rechtspflegererinnerung zum Richter des Vollstreckungsgerichts, welche innerhalb von zwei Wochen einzulegen ist.
149
Der Rechtspfleger kann auf die Erinnerung hin seine getroffene Entscheidung ändern. Hilft er der Erinnerung nicht ab, entscheidet der Richter endgültig. Geht es um mehr als 200 Euro, gelten die vorgenannten allgemeinen Regeln zur sofortigen Beschwerde (567 ZPO). Ist die Höhe oder Zahlungspflicht von Gerichtskosten, also der Kostenrechnung über den Anordnungsbzw. Beitrittsbeschluss, im Streit, greift nur die Kostenerinnerung (§ 66 GKG).
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Da der Schuldner vor der Anordnung oder vor dem Beitritt regelmäßig nicht gehört wird, ist ihm gegenüber die Tätigkeit des Rechtspflegers keine „Entscheidung des Gerichts“, sondern eine „Vollstreckungsmaßnahme“. Deshalb ist das Rechtsmittel des Schuldners gegen die Rechtspflegerentscheidung über die Anordnung die unbefristete Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO. Bei Nichtabhilfe des Rechtspflegers entscheidet der Vollstreckungsrichter.
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Gegen dessen Entscheidung bleibt dem Schuldner dann die sofortige Beschwerde zum Landgericht binnen zwei Wochen. Der Schuldner kann die sofortige Beschwerde gegen die Rich-
108 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, MDR 2014, 1230 = Rpfleger 2014, 689. 109 OLG Koblenz v. 8.10.2013 – 3 W 525/13, ZInsO 2013, 2179.
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Inhalt des Antrags
Rz. 154 § 16
terentscheidung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle entweder beim Vollstreckungsgericht oder beim Landgericht einlegen. Es besteht kein Anwaltszwang. Wurde der Schuldner ausnahmsweise vor der Entscheidung über die Anordnung der Zwangsversteigerung oder die Zulassung des Beitritts gehört, hat er die gleichen Rechtsbehelfe wie der Gläubiger.
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Eine Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 232 ZPO soll nach der Gesetzesbegründung bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen regelmäßig nicht nötig sein110. Wird allerdings dem Gläubigerantrag nicht in vollem Umfang entsprochen oder wurde der Schuldner vor der Anordnung ausnahmsweise angehört, dürfte eine Belehrung erforderlich sein, weil dann das Vollstreckungsgericht eine streitige Sachentscheidung trifft, die mit sofortiger Beschwerde angegriffen werden kann.
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Das Gericht prüft vor der Anordnung Folgendes: – Zuständigkeit – Liegt ein Antrag vor, der den Anforderungen der §§ 15, 16 ZVG entspricht? – Ist der Schuldner eingetragener Eigentümer des Grundeigentums oder Erbe des eingetragenen Eigentümers (§ 17 ZVG)? Nachweis der Eintragung erfolgt durch Vorlage eines Grundbuchauszugs neueren Datums oder durch Bezugnahme auf das Grundbuch, wenn dies beim selben Amtsgericht geführt wird. Die Erbfolge wird mittels Erbschein, Europäischem Nachlasszeugnis oder eröffnetem Testament111 nachgewiesen. – Liegen die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vor? Titel, Klausel, Zustellung, weitere Vollstreckungsvoraussetzungen? (Wartefrist § 798 ZPO, Klauselumschreibung, Zustellungen, § 800 ZPO) – Prozess- und Parteifähigkeit (nach der ZPO) sind in der Regel gegeben, da sonst kein Titel vorliegen würde. – Rechtsschutzbedürfnis Dieses fehlt nur dann, wenn der Gläubiger kein schutzwürdiges Interesse an der Zwangsvollstreckung hat. Im Normalfall ist ein Rechtsschutzinteresse immer gegeben, wenn eine Forderung gegen den Schuldner besteht (auch Bagatellforderung). Erfolgsaussichten sind oft schwer zu beurteilen und nicht Grundlage für ein Rechtsschutzbedürfnis, da die Zwangsvollstreckung ebenso als Druckmittel dienen kann und darf. Betreibt der Gläubiger jedoch ein Verfahren, bei dem von vorneherein erkennbar mit keinerlei Befriedigung der Forderung aus der Erlösverteilung zu rechnen ist, dann sind die Kosten des Verfahrens keine notwendigen Vollstreckungskosten gemäß § 788 ZPO. Zulässig ist ein solches Verfahren dennoch112. – Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte Damit keine Aufhebung unmittelbar nach der Anordnung erforderlich wird, hat das Vollstreckungsgericht den § 28 ZVG bereits bei der Anordnung zu beachten (Veräußerungsverbot, fremdes Eigentum).
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110 Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess, BT-Drucks. 17/10490 v. 15.8.2012. 111 BGH v. 5.4.2016 – XI ZR 440/15, Rpfleger 2016, 415 = MDR 2016, 716. 112 BGH v. 9.10.2014 – V ZB 25/14, Rpfleger 2015, 159 = ZfIR 2015, 38 = MDR 2015, 56.
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§ 16 Rz. 155 Inhalt des Antrags
G. Anordnungsbeschluss 155
Hat der Gläubiger einen vollständigen Antrag mit Vollstreckungsunterlagen vorgelegt und bestehen keine Vollstreckungshindernisse, erlässt der zuständige Rechtspfleger unverzüglich den schriftlichen Anordnungsbeschluss. Mit der Unterschrift unter diesen Beschluss beginnt das Zwangsvollstreckungsverfahren113.
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Nach einer überholten Ansicht soll die „Wirksamkeit“ erst dann eintreten, wenn der Beschluss den „Bereich des Vollstreckungsgerichts“ verlässt114. Dem ist schon deshalb nicht zu folgen, weil sich dieser räumliche Bereich nur schwer definieren und der Zeitpunkt nicht nachvollziehen lässt. Die Wirksamkeit des Beschlusses kann keinesfalls davon abhängig sein, wann ihn der Wachtmeister oder die Schreibkraft in die Post gibt, sondern soll mit der Unterschrift des Rechtspflegers bewusst in Kraft gesetzt werden.
I. Beschlussinhalt 157
Bezüglich des Inhalts sind im Gesetz keine Vorgaben zu finden. Auf jeden Fall sollten sowohl die Anordnung ausgesprochen als auch die Angaben nach § 16 wiedergegeben werden. Eine Bezugnahme auf den Inhalt des Gläubigerantrags wird als nicht zulässig erachtet, auf den Inhalt des der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegenden Vollstreckungstitels schon115.
158
Regelmäßig wird dem Schuldner der Antrag nicht übersandt, weshalb sich sein wesentlicher Inhalt aus dem Anordnungsbeschluss ergeben sollte. Eine Übersendung des Gläubigerantrags ist aber unschädlich und vor allem dann zweckmäßig, wenn eine aufwendige Forderungsaufstellung zur Darstellung der aktuellen (Rest-) Forderung nötig ist. Jedenfalls sollte der Schuldner mit Hilfe des übersandten Antrags oder der entsprechenden Angaben im Anordnungsbeschluss erkennen können, wie viel er an wen zahlen muss, um die Vollstreckung abzuwenden.
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Erfolgt die Anordnung der Versteigerung auf Grund einer Pfändung (z.B. Teilungsversteigerung des Gläubigers eines Miteigentümers, der den gesetzlichen Aufhebungsanspruch gepfändet hat), dann ist die Angabe der Pfändungsforderung im Anordnungsbeschluss nötig, damit der Schuldner erkennen kann, wegen welcher Geldforderung die Vollstreckung erfolgt.
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Für die Forderung gilt also, dass sie der Höhe nach und bezüglich ihrer Rechtsnatur nach Maßgabe des Titels zu bezeichnen ist. Die Angabe eines Gesamtbetrages reicht dazu nicht aus. Von Bedeutung ist auch, ob es sich um eine Hauptforderung, einen Zinsanspruch für einen konkreten Zeitraum oder um Kostenforderungen handelt, damit der Schuldner gegebenenfalls durch Vollstreckungsgegenklage Einwendungen, wie Erfüllung oder Verjährung erheben kann.
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Die Rangklasse, aus der das Verfahren betreiben werden soll, gehört zur Art des Anspruchs, die nach § 16 Abs. 1 im Anordnungsbeschluss zu bezeichnen ist116. Die Zuordnung zu einer Rangklasse des § 10 bereits durch den Anordnungsbeschluss ist im Interesse der Rechtsklarheit wünschenswert und sollte schon deshalb immer erfolgen117. Vor allem die Frage, ob es sich um einen dinglichen oder persönlichen Anspruch handelt, ist im Hinblick auf eine eventuelle Insolvenz des Schuldners von großer Bedeutung. Dingliche 113 114 115 116
Böttcher, §§ 15, 16 ZVG Rz. 69. BGH v. 28.11.1973 – VIII ZB 23/73, VersR 1974, 365. RG v. 2.10.1931 – III 383/30, RGZ 134, 56. BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = MDR 2008, 829 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = Rpfleger 2008, 375. 117 Goldbach, KKZ 2014, 2.
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Inhalt des Antrags
Rz. 168 § 16
Ansprüche genießen in der Insolvenz des Schuldners ein Absonderungsrecht (Rz. 312; § 49 InsO), für persönliche Ansprüche gilt das nur eingeschränkt (Rz. 314 ff.). Deshalb ist eine zutreffende Bezeichnung in dieser Hinsicht hilfreich. Insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Ansprüchen ist zu differenzieren, ob es sich um grundstücksbezogene, also dingliche (§ 77 Abs. 2 AO) oder um persönliche Forderungen handelt. Insoweit können auch öffentlichrechtliche Forderungen in der Rangklasse 5 dinglich sein. Beispielsweise wären betreibende Ansprüche aus Grundsteuern, deren letzte Fälligkeit weiter zurückliegt, als zwei Jahre vor der Beschlagnahme, trotzdem dingliche Ansprüche. Sie im Anordnungsbeschluss als „persönlich“ zu bezeichnen wäre falsch. Bei der Zwangsvollstreckung des Verbandes der Wohnungseigentümer wegen Hausgeldforderungen ist dies jedoch nicht immer möglich (s. Rz. 24).
162
Voraussetzung für die Anordnung ist nur, dass es sich um einen Anspruch aus § 10 handelt, 163 denn nur dann besteht ein Befriedigungsrecht. Kommen dabei ausnahmsweise mehrere Rangklassen in Betracht, dann ist eine genaue Festlegung der Rangklasse bereits im Anordnungsbeschluss nicht zwingend erforderlich. Letztendlich kommt es im Zeitpunkt der Anordnung auf die Rangposition noch nicht an. Entscheidend ist nur, dass generell ein Befriedigungsrecht nach § 10 besteht, damit der Anspruch überhaupt berücksichtigt werden kann.
164
Die Rangposition spielt erst bei der Aufstellung des geringsten Gebots und der Erlösverteilung eine bedeutende Rolle. An den Gläubigerantrag ist das Gericht insoweit nicht gebunden, als es die beantragte Rangklasse mangels der Voraussetzungen nicht zuweisen kann. Bei einem Antrag auf Anordnung des Verfahrens wegen einer Hausgeldforderung kann die Einordnung lediglich in die Rangklasse 5 erfolgen, wenn die Voraussetzungen der Rangklasse 2 nicht nachgewiesen sind118. Eine Zwischenverfügung mit der Maßgabe, der Gläubiger müsse im Antrag die gewünschte Rangklasse angeben, ist nicht gerechtfertigt, weil die gesetzliche Regelung die Angabe der Rangklasse im Antrag nicht verlangt und zudem vom Gläubiger wegen unterschiedlich langer Bearbeitungsdauer der Anträge nicht sicher abgeschätzt werden kann, welche seiner Ansprüche zum Zeitpunkt der Anordnung noch das Vorrecht der Rangklasse 2, 3 oder 4 genießen. Ist die Zuordnung der Rangklasse aber bereits bei der Entscheidung über den Antrag möglich, dann sollte sie vom Vollstreckungsgericht aus Gründen der Rechtssicherheit getroffen und im Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss bekannt gegeben werden (s. Rz. 16 ff.).
165
Die Grundstücksbezeichnung wird nach den Angaben im Grundbuch erfolgen müssen, ohne dass der Rechtspfleger deren tatsächliche Richtigkeit prüfen kann. Für das Vollstreckungsgericht ist beispielsweise nicht erkennbar, ob die Angabe „Bauplatz“ oder „Freifläche“ noch den Tatsachen entspricht, oder das Grundstück mittlerweile bebaut ist. Bruchteilseigentum muss mit dem Bruchteil bezeichnet werden, wie es im Grundbuch eingetragen ist.
166
Grundsätzlich wird zwar für jedes Grundstück ein eigenes Verfahren angeordnet119, eine Verfahrensverbindung ist unter den Voraussetzungen des § 18 jedoch bereits im Anordnungsbeschluss konkludent oder ausdrücklich möglich.
167
Bei gleichzeitiger Entscheidung über die Anträge mehrerer Gläubiger ergeht nur ein gemeinsamer Anordnungsbeschluss, in dem alle Gläubiger und deren jeweilige Forderungen aufgeführt werden. Nur so ist gewährleistet, dass eine gleichzeitige Beschlagnahme und somit auch Ranggleichheit in der Rangklasse 5 erreicht wird. Dennoch betreibt jeder Gläubiger das Verfahren selbstständig und kann es bezüglich seiner Forderung einstweilen einstellen oder den Antrag zurücknehmen.
168
118 LG Mönchengladbach v. 4.11.2008 – 5 T 239/08, Rpfleger 2009, 257. 119 Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 1.
Goldbach
175
§ 16 Rz. 169 Inhalt des Antrags 169
Den Eintritt der Beschlagnahme als Inhalt des Anordnungsbeschlusses aufzuführen ist nicht zwingend nötig, da dies eine gesetzliche Rechtsfolge der Anordnung darstellt.
170
Eine Kostenentscheidung muss das Vollstreckungsgericht bei der Anordnung nicht treffen, da die Kostentragungspflicht im Gerichtskostengesetz geregelt ist (§§ 26 Abs. 1 und 29 Nr. 4 GKG)
171
Der Anordnungsbeschluss wird durch die Unterschrift des Rechtspflegers (§§ 329, 315 ZPO) wirksam120.
172
Amtsgericht …
842 K 138/19 Beschluss
In der Zwangsvollstreckungssache der (Vollständige zustellungsfähige Anschrift) Gläubigerin Prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt …, Aktenzeichen: ZV 19-102 gegen Herrn (Vollständige zustellungsfähige Anschrift) Schuldner über das auf den Namen des Schuldners im Grundbuch von Mainz, Blatt 2001, eingetragene Grundstück lfd. Nr. 1, Gemarkung Innenstadt, Flur 8, Flurstück 11/3, Hauptstraße 51 = 456 m2 Nach der vollstreckbaren Urkunde des Notars Walter Wafel in Frankfurt/M. vom 29.4.2017 – UR Nr.: 115/2017 – hat die Gläubigerin gegen den Schuldner einen dinglichen und persönlichen Anspruch auf 200.000,00 Euro Grundschuldkapital nebst 10 % Zinsen daraus seit dem 29.4.2017 eingetragen in diesem Grundbuch in Abteilung III unter Nr. 1 und auf die Kosten dieses Verfahrens. Auf Antrag der Gläubigerin wird die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet. Der Beschluss gilt zu Gunsten der Gläubigerin als Beschlagnahme des Grundstücks. Ort, Datum Schneider, Rechtspflegerin 173
Zum Original des Beschlusses, welches bei den Akten verbleibt, gehört noch die Verfügung des Rechtspflegers mit entsprechenden Anweisungen an die Geschäftsstelle hinsichtlich Zustellung, Eintragungsersuchen, eventueller Beiziehung anderer Verfahrensakten sowie der Wiedervorlagefrist.
174
Ist bereits ein Verfahren über ein Grundstück angeordnet, wird gemäß § 27 ZVG der Beitritt zugelassen. Jeder Gläubiger erwirkt eine eigene Beschlagnahme und betreibt das Verfahren selbstständig und unabhängig von anderen Gläubigern, obwohl für jedes Grundstück nur ein Verfahren durchgeführt wird.
120 BGH v. 23.10.1997 – IX ZR 249/96, BGHZ 137, 49 = MDR 1998, 298 (51) = NJW 1998, 609 = Rpfleger 1998, 123.
176
Goldbach
Inhalt des Antrags
Rz. 182 § 16
II. Zustellung des Anordnungsbeschlusses Der Anordnungsbeschluss ist dem Schuldner von Amts wegen mit der Belehrung gemäß § 30a, b ZVG nach den Zustellungsvorschriften der §§ 166 ff. ZPO zuzustellen (§§ 3, 8, 22 ZVG, 329 ZPO). Wohnt der Schuldner im Ausland, muss die Zustellung erforderlichenfalls auch im Ausland erfolgen (§ 183 ZPO).
175
Bei unbekanntem Aufenthalt des Schuldners wird der Anordnungsbeschluss öffentlich zugestellt. Für die Bewilligung dieser öffentlichen Zustellung und die Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen dafür ist das Vollstreckungsgericht selbst zuständig. Die Bewilligung der öffentlichen Zustellung erfolgt zweckmäßigerweise im Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss bei gleichzeitiger Bestellung eines Zustellungsvertreters für das weitere Verfahren (§ 6 ZVG). Stellt sich erst bei der Zustellung des Anordnungsbeschlusses heraus, dass der Aufenthalt des Schuldners unbekannt ist, dann ergeht wegen der öffentlichen Zustellung ein gesonderter Beschluss. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung des Anordnungsbeschlusses gilt, dass ein weniger strenger Maßstab als bei der öffentlichen Zustellung im Erkenntnisverfahren anzulegen ist (s. Rz. 98 ff.).
176
Nachfragen des Vollstreckungsgerichts beim Antragsteller hinsichtlich einer aktuellen An- 177 schrift des Schuldners sind zulässig und sinnvoll. Da die Zustellung des Anordnungsbeschlusses jedoch von Amts wegen zu erfolgen hat, kann die Bewilligung der öffentlichen Zustellung, anders als im Erkenntnisverfahren, nicht von Ermittlungsversuchen des Gläubigers oder von einem seitens des Gläubigers zu stellenden Antrag auf öffentliche Zustellung des Anordnungsbeschlusses abhängig gemacht werden. Falls dem Vollstreckungsgericht eine Postfachadresse des Schuldners bekannt ist, so hat die Zustellung dort zu erfolgen. Eine öffentliche Zustellung scheidet dann ebenso aus, wie die Bestellung eines Zustellungsvertreters121.
178
Die Zustellungsvorschriften der § 4-7 ZVG finden auf die Zustellung des Anordnungs- oder Beitrittsbeschlusses keine Anwendung, da § 8 ZVG die Möglichkeit der Zustellung von Anordnungs- oder Beitrittsbeschlüssen an einen gemäß § 6 bestellten Zustellungsvertreter ausdrücklich ausschließt.
179
Einer förmlichen Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Gläubiger bedarf es nur, 180 wenn seinem Versteigerungsantrag nicht in vollem Umfang entsprochen wurde. Dann wird durch die Zustellung des Beschlusses, der eine teilweise Zurückweisung des Gläubigerantrags enthält, die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde in Gang gesetzt.
III. Rechtsbehelfsbelehrung Nach § 232 ZPO122 hat „jede anfechtbare gerichtliche Entscheidung eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie über das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, über den Sitz des Gerichts und über die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten.“
181
Grundsätzlich gilt die Vorschrift in allen zivilrechtlichen Verfahren ohne Anwaltszwang, somit auch im Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren, so dass mit Ausnahme des „unstreitigen“ Anordnungsbeschlusses eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erfolgen hat, soweit streitige Sachentscheidungen ergehen, die mit einem der in § 232 ZPO aufgeführten Rechtsmittel oder -behelfe angreifbar sind.
182
121 BGH v. 14.6.2012 – V ZB 182/11, MDR 2012, 1055 = DGVZ 2012, 184 = ZfIR 2012, 661. 122 Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 5.12.2012 (BGBl. I S. 2418).
Goldbach
177
§ 16 Rz. 183 Inhalt des Antrags 183
Nach dem in der Gesetzesbegründung geäußerten Willen des Gesetzgebers, muss eine Rechtsmittelbelehrung nur bei den Handlungen des Gerichts vorgenommen werden, die eine streitige Sachentscheidung darstellen. Das ist sicher dann gegeben, wenn das Gericht nach Anhörung des Schuldners die gegensätzlichen Interessen des Schuldners und des Gläubigers abwägt oder wenn ein Vollstreckungsantrag des Gläubigers ganz oder teilweise abgewiesen wird.
184
Ergeht der Anordnungsbeschluss antragsgemäß und ohne vorherige Anhörung des Schuldners, handelt es sich dabei um eine Vollstreckungsmaßnahme, die der gesetzlichen Belehrungspflicht nicht unterliegt.
185
Als Rechtsbehelfe kommen in den Verfahren der Immobiliarvollstreckung die Vollstreckungserinnerung, die sofortige Beschwerde und die Rechtsbeschwerde, der Widerspruch und die Erinnerung in Betracht. Hinsichtlich des nicht an eine Frist gebundenen Rechtsbehelfs der Vollstreckungserinnerung ist statt der erforderlichen Belehrung über die Frist der Vermerk ausreichend, dass keine Frist einzuhalten ist.
186
Über besondere Rechtsbehelfe wie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO, die Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO, die Ergänzung bzw. Berichtigung der Entscheidung und die Tatbestandsberichtigung (§§ 319 bis 321 ZPO), die Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO, die Klauselklage und Klauselgegenklage gemäß den §§ 731, 768 ZPO, den Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO sowie die Verfassungsbeschwerde muss nicht ausdrücklich belehrt werden, da diese nicht in der Aufzählung der Rechtsbehelfe in § 232 ZPO erwähnt sind.
187
Bezüglich der möglichen Rechtsbehelfe Dritter, wie die Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO und die Klage auf vorzugsweise Befriedigung gemäß § 805 ZPO, ist ebenfalls keine Belehrung vorgesehen.
188
Die Rechtsbehelfsbelehrung hat das zulässige Rechtsmittel ausdrücklich zu bezeichnen. Sie muss Angaben dazu enthalten binnen welcher Frist das Rechtsmittel bei welchem Gericht eingelegt werden kann. Angaben der Anschrift des Rechtsmittelgerichts, zur Form der Rechtsmittelschrift und zum notwendigen Inhalt sind ebenfalls gefordert. Kann das Rechtsmittel wahlweise bei mehreren Gerichten eingelegt werden, so müssen diese Gerichte mit der jeweiligen Anschrift in der Belehrung bezeichnet werden. Obwohl eine Form für die Belehrung nicht gesetzlich normiert ist, wird die Belehrung zweckmäßigerweise in die anfechtbare Entscheidung aufzunehmen sein123.
189
Unterbleibt eine erforderliche Belehrung so bedeutet dies nicht, dass eine gerichtliche Entscheidung aus diesem Grund angreifbar oder gar nichtig wäre. Die Konsequenzen einer unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung bestehen darin, dass der durch die Entscheidung beschwerte Verfahrensbeteiligte nach einer versäumten Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragen kann, ohne das schuldlose Versäumen der Rechtsmittelfrist darlegen zu müssen. Fehlendes Verschulden wird demnach schon deshalb vermutet, weil eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft erfolgt ist (§ 233 ZPO).
IV. Nichtigkeit und Fehler bei der Anordnung 190
Enthält der Anordnungsbeschluss einen Schreibfehler, weil sich der Rechtspfleger bei der Abfassung vertippt hat oder einen Schreibfehler begangen hat, dann ist eine nachträgliche Berichtigung gemäß § 319 ZPO möglich. Dies gilt jedoch nur bei „echten“ Schreibversehen und nicht, wenn wichtige Angaben fehlen oder der Vollstreckung eine falsche Urkunde zu Grunde 123 Prütting/Helms/Abramenko, § 39 FamFG Rz. 5.
178
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Inhalt des Antrags
Rz. 193 § 16
liegt. Zur Berichtigung ist kein Antrag erforderlich. Das Vollstreckungsgericht kann von selbst oder auf Anregung tätig werden124. Fehlerhafte Vollstreckungshandlungen sind wirksam, aber anfechtbar. Dies gilt insbesondere, wenn hinsichtlich der allgemeinen oder besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen ein Mangel besteht. Beispielsweise wenn eine Zustellung nicht wirksam erfolgt ist oder eine Klausel unvollständig formuliert wurde. Fehlte es bei der Anordnung des Verfahrens an einer wirksamen Zustellung des Vollstreckungstitels, ohne dass dieser Mangel vom Gericht erkannt wurde, kann der Mangel durch Nachholung der Zustellung geheilt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen für die Anordnung weiterhin vorliegen125. Auch bei Nichteinhaltung der Wartefrist des § 798 ZPO oder fehlender Zustellung von Urkunden trotz eines sich aus der Klausel unmittelbar ergebenden Erfordernisses, bleiben die Anordnung und die damit einhergehende Beschlagnahme wirksam, soweit der Mangel heilbar ist126. Wurde bei einer Zustellung von Nachweisurkunden gem. § 750 Abs. 2 ZPO an Stelle einer beglaubigten Abschrift lediglich eine einfache Abschrift zugestellt, so ist dieser Mangel schon dann geheilt, wenn die Abschrift nach Inhalt und Fassung mit der Nachweisurkunde übereinstimmt127.
191
Erforderlichenfalls ist das Verfahren einstweilen einzustellen und dem Gläubiger Gelegenheit zur Beseitigung des Mangels zu geben. Dies kann regelmäßig noch bis zur Entscheidung über eine Zuschlagsbeschwerde erfolgen128, soweit es sich nicht um einen Mangel bei den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen handelt. Bei grundlegenden Vollstreckungsvoraussetzungen wie etwa bei einer fehlenden Rechtsnachfolgeklausel, ist eine Heilung „nur“ bis zur Zuschlagserteilung möglich129. Fehlende oder mangelhafte Zustellungen können ebenfalls nur bis zur Zuschlagserteilung nachgeholt werden130.
192
Nichtigkeit einer Anordnung131 kommt nur in Betracht, wenn sie trotz eines schwerwiegenden Mangels erfolgt ist, wenn etwa gar kein Vollstreckungstitel existiert oder ein unzuständiges Gericht oder Vollstreckungsorgan gehandelt hat132. Nichtige Vollstreckungshandlungen sind unheilbar und deshalb ist ein ergangener Anordnungsbeschluss bei Bekanntwerden der Nichtigkeit sofort aufzuheben. Das kommt in Betracht, wenn die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit nicht besteht. Ist beispielsweise das inländische Grundstück eines ausländischen Staates mit einer Zwangssicherungshypothek belastet worden, führt eine danach eingetretene hoheitliche Zweckbestimmung des Grundstücks dazu, dass die deutsche Gerichtsbarkeit nicht mehr eröffnet und die Anordnung der Zwangsversteigerung deshalb unzulässig ist133. Im entschiedenen Fall hat der Bundesgerichtshof die Zwangsversteigerung wegen einer hoheitlichen Zweckbestimmung des Grundstücks (die erst nach wirksamer Beschlagnahme erfolgte) als unzulässigen Verstoß gegen die Vollstreckungsimmunität bewertet.
193
124 125 126 127 128 129 130
Zöller, § 319 ZPO Rz. 21. BGH v. 27.10.2016 – V ZB 48/15, MDR 2017, 55 = Rpfleger 2017, 168. S. Kommentierung zu § 28 ZVG. BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 11 = ZfIR 2017, 203 mit Anm. Volmer. BGH v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, Rpfleger 2008, 435. BGH v. 18.3.2010 – V ZB 124/09, MDR 2010, 771 = Rpfleger 2010, 437. BGH v. 21.11.2013 – V ZB 109/13, MDR 2014, 367 = lexetius.com/2013, 4951 = Rpfleger 2014, 215. 131 BGH v. 12.1.2012 – VII ZB 71/09, MDR 2012, 367 = Rpfleger 2012, 321. 132 Böttcher, §§ 15, 16 ZVG Rz. 131. 133 BGH v. 22.9.2016 – V ZB 125/15, MDR 2017, 361 = Rpfleger 2017, 231 m. Anm. Krainhöfner.
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179
§ 16 Rz. 194 Inhalt des Antrags 194
Die Aufhebung des Anordnungsbeschlusses führt zum unverzüglichen Erlöschen der Beschlagnahme, die auch in einem anschließenden Rechtsmittelverfahren gegen den Aufhebungsbeschluss nicht mehr erneuert werden kann. Im Einzelfall kann es ratsam sein, die Wirkungen des Aufhebungsbeschlusses von seiner Rechtskraft abhängig zu machen. Dazu wäre ein entsprechender Zusatz im Aufhebungsbeschluss nötig.
H. Beschlagnahmewirkung 195
Die Anordnung der Versteigerung wird ins Grundbuch eingetragen (§ 19 ZVG). Hierfür richtet das Vollstreckungsgericht ein Ersuchen an das Grundbuchamt. Der Zeitpunkt des Eingangs des Ersuchens kann maßgeblich für die Beschlagnahme sein (§ 22 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Sie wird ebenso durch die Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner bewirkt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG).
196
Durch die Eintragung des Vermerks wird das durch die Beschlagnahme bewirkte Veräußerungsverbot (§ 23 ZVG) gegenüber allen wirksam, die ein Recht an dem Grundstück durch Rechtsgeschäft erwerben (§§ 135 Abs. 2, 892 Abs. 1 BGB). Jede gegen die Beschlagnahme verstoßende Verfügung bleibt gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger unwirksam. Gutgläubiger Erwerb eines Dritten bleibt ausgeschlossen. Der Zwangsversteigerungsvermerk bewirkt jedoch keine Grundbuchsperre.
197
Die Löschung des Vermerks erfolgt bei Aufhebung (§ 34 ZVG) und bei Zuschlag (§ 130 ZVG) durch Ersuchen des Vollstreckungsgerichts an das Grundbuchamt.
I. Besondere Vollstreckungsvoraussetzungen I. Wartefrist 198
Bei bestimmten Titeln ist eine Wartefrist von mindestens zwei Wochen zwischen Zustellung und Vollstreckungsbeginn zu beachten (§ 798 ZPO). Insbesondere bei dem in der Immobiliarvollstreckung häufigen Fall der Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden gemäß § 794 Abs. 1 Ziff. 5 ZPO, aber ebenso bei der Vollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen und für vollstreckbar erklärten Anwaltsvergleichen. Die Einhaltung der Frist ist vom Vollstreckungsgericht zu prüfen (s. Rz. 106, 154, 191).
199
Sollte die Zwei-Wochen-Frist ausnahmsweise nicht abgelaufen sein, darf eine Anordnung noch nicht erfolgen. Der Rechtspfleger entscheidet dann, ob er den Antrag bis zum Fristablauf nicht bearbeitet, oder eine Zwischenverfügung erlässt. Dabei ist es nicht sinnvoll dem Gläubiger die Vollstreckungsunterlagen zurück zu senden, damit dieser sie nach Fristablauf noch einmal vorlegt. Durch den Gläubiger ist nichts mehr zu veranlassen, so dass die Entscheidung über den Antrag bis zum Fristablauf aufgeschoben werden kann. Lediglich eine Antragsrücknahme des Gläubigers wegen zwischenzeitlicher Zahlung des Schuldners wäre denkbar.
200
Die Anordnung kann in den genannten Fällen am fünfzehnten Tag nach Zustellung des Titels erfolgen, sofern es sich bei diesem Tag nicht um einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag handelt (§ 188 BGB).
II. Sicherheitsleistung 201
Bei der Zwangsvollstreckung aus Urteilen ist die vorläufige Vollstreckbarkeit eine Voraussetzung für deren Zulässigkeit bereits vor Eintritt der Rechtskraft. Der Schuldner wird vor 180
Goldbach
Inhalt des Antrags
Rz. 210 § 16
den Folgen einer sich im Nachhinein als unzulässig erweisenden Vollstreckung dadurch geschützt, dass der Gläubiger grundsätzlich vor der Vollstreckung eines noch nicht rechtskräftigen Urteils Sicherheit leisten muss (§ 709 ZPO). Ausgesprochen wird die vorläufige Vollstreckbarkeit vom Prozessgericht in der Urteilsformel. Unterbleibt dies, ist das Urteil auf Antrag zu ergänzen (§ 716 ZPO).
202
Dabei hat das Prozessgericht zu prüfen, ob der Gläubiger ohne oder nur gegen Sicherheitsleistung vollstrecken darf und ob dem Schuldner ermöglicht werden muss, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung zu verhindern (§§ 708 bis 720a ZPO). Die Sicherheitsleistung des Gläubigers stellt eine Haftungsmasse dar, die einen eventuellen Schadensersatzanspruch gegen den Gläubiger wegen ungerechtfertigter Vollstreckung absichert. Die Höhe der Sicherheit ist vom Prozessgericht im Erkenntnisverfahren so zu bemessen, dass alle denkbaren Vollstreckungsschäden abgedeckt sind.
203
Leistet der Schuldner Sicherheit zur Abwendung der Vollstreckung, dann soll durch die Sicherheit dem Gläubiger ermöglicht werden, seinen titulierten Anspruch zu einem späteren Zeitpunkt noch durchsetzen zu können.
204
Im Urteil hat das Prozessgericht zu bestimmen, in welcher Art und Höhe Sicherheit zu leisten ist (§ 108 ZPO). Als Regelfall nennt das Gesetz die Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft oder Hinterlegung von Geld und Wertpapieren.
205
Der Nachweis der Hinterlegung ist vom Gläubiger mit Hilfe einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde zu führen. Dies geschieht normalerweise durch Vorlage des Hinterlegungsscheins. Eine Abschrift dieses Nachweises muss bis zu Beginn der Vollstreckung an den Schuldner zugestellt sein (§ 751 Abs. 2 ZPO). Meist wird die Sicherheit durch eine Bankbürgschaft geleistet. Dann ist die Zustellung der Bürgschaftserklärung an den Schuldner erforderlich.
206
Die Fälle der vorläufigen Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung des Gläubigers stellen eine Ausnahme dar und ergeben sich aus der Aufzählung in § 708 ZPO. Bei Titeln nach den Ziffern 4-11 hat das Gericht dem Schuldner daneben die Möglichkeit einzuräumen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung seinerseits abzuwenden, wenn nicht der Gläubiger Sicherheit leistet (§ 711 ZPO). Hier ist eine „Teilabwendung“ nicht zulässig. Der Schuldner muss die Sicherheit in voller Höhe erbringen.
207
Solange der Schuldner die Sicherheit nicht leistet und damit von seiner Abwendungsbefugnis keinen Gebrauch macht, darf der Gläubiger vollstrecken. Der Erlös muss aber hinterlegt werden (§ 720 ZPO). Leistet der Schuldner Sicherheit um die Vollstreckung abzuwenden, kann gegen ihn zunächst nicht vollstreckt werden. Der Gläubiger kann trotz der Sicherheitsleistung des Schuldners dann vollstrecken, wenn er selbst Sicherheit leistet.
208
Die vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung des Gläubigers ist nach § 709 ZPO vom Prozessgericht im Urteil anzuordnen, wenn ein Tatbestand des § 708 ZPO nicht gegeben ist. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird.
209
In Ausnahmefällen braucht der Gläubiger jedoch keine Sicherheit zu erbringen. Einmal kann er im Erkenntnisverfahren beantragen, dass das Urteil auch ohne Anordnung einer Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt wird (§ 710 ZPO). Zum anderen hat er die Möglichkeit, aus einem gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Urteil, welches auf eine Geldzahlung lautet, ein Pfandrecht ohne die Leistung einer Sicherheit zu erlangen. Bei der Sicherungsvollstreckung (§ 720a ZPO) darf jedoch nur durch Eintragung einer Siche-
210
Goldbach
181
§ 16 Rz. 210 Inhalt des Antrags rungshypothek ins Grundstück vollstreckt werden. Die Durchführung einer Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung ist auf diesem Weg nicht möglich. Dazu muss der Gläubiger die geforderte Sicherheit erbringen oder die Rechtskraft des Urteils abwarten. 211
Falls dem Schuldner durch die Vollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen würde, dann ordnet das Prozessgericht auf seinen Antrag hin entweder an, dass der Schuldner die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden kann, erklärt das Urteil für nicht vorläufig vollstreckbar, oder beschränkt die Zwangsvollstreckung lediglich auf die Pfändung oder die Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 712 ZPO).
212
Nach Eintritt der Rechtskraft, sind die im Titel enthaltenen Bestimmungen zur Sicherheitsleistung und Abwendungsbefugnis hinfällig und nicht mehr zu beachten. Allerdings muss der Gläubiger eines solchen Anspruchs dem Vollstreckungsgericht den Eintritt der Rechtskraft nachweisen. Dazu kann er den Titel vom Prozessgericht mit einem Rechtskraftvermerk versehen lassen.
III. Sicherungsvollstreckung 213
Die Sicherheitsleistung des Gläubigers dient dem Schutz des Schuldners. Dieser ist aber dann ausreichend geschützt, wenn der Gläubiger pfänden aber vorerst nicht verwerten darf. Andererseits kann es dem Gläubiger im Einzelfall genügen, dass er durch eine Pfändung gesichert ist, die ihm den Rang vor später pfändenden Gläubigern wahrt. Dieser Interessenlage trägt § 720a ZPO Rechnung.
214
Aus einem nur gegen Sicherheit vorläufig vollstreckbaren Urteil, das den Schuldner zur Geldzahlung verpflichtet, darf der Gläubiger ausnahmsweise ohne Sicherheitsleistung vollstrecken. Die Zwangsvollstreckung darf jedoch nur insoweit betrieben werden, als bewegliches Vermögen gepfändet und bei unbeweglichem Vermögen eine Sicherungshypothek eingetragen wird. Die Vollstreckung führt also nur zur Sicherung des Gläubigers und heißt deshalb „Sicherungsvollstreckung“. Die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung können im Wege der Sicherungsvollstreckung nicht beantragt werden.
215
Eine Verwertung darf erst erfolgen, wenn der Gläubiger Sicherheitsleistung erbracht und nachgewiesen hat (§ 751 Abs. 2 ZPO) oder das Urteil rechtskräftig geworden ist.
216
Der Schuldner kann die Sicherungsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Hauptforderung abwenden (§ 720a Abs. 3 ZPO). Dazu ist kein Ausspruch im Urteil nötig. Erbringt der Schuldner die Sicherheitsleistung innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung von Urteil und Vollstreckungsklausel, ist dem Gläubiger die Sicherungsvollstreckung verwehrt. Er hat aber die Möglichkeit, seinerseits die im Urteil genannte Sicherheit zu leisten. Damit überwindet er die Abwendungsbefugnis des Schuldners selbst dann, wenn dieser bereits Sicherheit geleistet hat.
IV. Fälligkeit der Ansprüche 217
Die Zwangsvollstreckung kann nur aus fälligen Ansprüchen erfolgen134. Bei Zinsen einer betreibenden Hauptforderung wird allgemein angenommen, dass die Anordnung auch wegen zu diesem Zeitpunkt noch nicht fälliger aber künftig noch anfallender Zinsen als Nebenforderung erfolgen darf, obwohl die Fälligkeit noch nicht eingetreten ist135.
134 Steiner/Hagemann, § 15 ZVG Rz. 41; Dassler u.a./Hintzen, § 15 ZVG Rz. 54. 135 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 113; Böttcher, §§ 15, 16 ZVG Rz. 63.
182
Goldbach
Inhalt des Antrags
Rz. 225 § 16
Das bedeutet aber zwingend, dass wegen künftiger Zinsansprüche nur betrieben werden 218 darf, wenn der Hauptanspruch aus dem sie entstehen, das Verfahren betreibt. Demnach kann auch aus diesem künftigen Zinsanspruch die Anordnung erfolgen. Er ist zwar der Höhe nach zunächst unbestimmt, weil er bei fortwährender Dauer der Beschlagnahme stetig zunimmt, aber er ist erforderlichenfalls bestimmbar und wird durch den Zahlungstag im Erlösverteilungstermin bzw. beim bestehenbleibenden Recht durch den Zuschlagstag abgegrenzt. Das Betreiben eines Verfahrens ausschließlich wegen künftig fällig werdender Forderungen 219 als Hauptforderung ist nicht zulässig, weil Fälligkeit noch nicht eingetreten ist und § 751 Abs. 1 ZPO einer Zwangsvollstreckung aus nicht fälligen Ansprüchen entgegen steht136. Zum Nachweise der fristgerechten Kündigung von Sicherungsgrundschulden s. Rz. 252. Demzufolge kann das Verfahren auch nicht wegen künftig fällig werdender Ansprüche als 220 Hauptforderung, wie beispielsweise Hausgeld- oder Grundsteuerforderungen, für die Zukunft, angeordnet werden, selbst wenn diese noch vor dem Zuschlag fällig werden könnten. Das wird vermutlich schon an einer entsprechenden Titulierung scheitern. Doch selbst wenn ein Vollstreckungstitel künftige Ansprüche wie Unterhalt enthält oder für künftige Grundsteuern bereits ein Abgabenbescheid ergangen ist, kann nur aus den bereits fälligen Beträgen vollstreckt werden137.
V. Betagte Ansprüche Ist die Geltendmachung des Anspruchs von dem Eintritt eines Kalendertags abhängig, so darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn der Kalendertag abgelaufen ist (§ 751 Abs. 1 ZPO). Der Tag muss nicht durch ein Datum bestimmt, jedoch mit Hilfe des Kalenders bestimmbar sein.
221
In der Praxis vorkommende Fälle sind die Urteile auf künftige Leistung, insbesondere bei Renten- und Unterhaltsansprüchen, sowie die Prozessvergleiche und vollstreckbaren Urkunden, soweit die Fälligkeit an bestimmten Kalendertagen vereinbart ist.
222
J. Vollstreckungshindernisse Von den allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen sind die Vollstreckungs- 223 hindernisse zu unterscheiden. Das sind solche (meist materiell-rechtlichen) Umstände, die einer Zwangsvollstreckung ausnahmsweise entgegenstehen. Das Vollstreckungsorgan muss das Vorliegen von Vollstreckungshindernissen nicht grundsätzlich prüfen, sondern nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für ein solches Hindernis gegeben sind, der Schuldner also Einwendungen erhebt und einen Nachweis darüber führt. Auf diese Weise wird materiellem Recht in der sonst einzig und allein auf formellen Voraussetzungen beruhenden Zwangsvollstreckung ausnahmsweise Geltung verschafft. Besteht ein Vollstreckungshindernis, wird die bereits begonnene Zwangsvollstreckung eingestellt oder sogar aufgehoben. Eine noch nicht begonnene Zwangsvollstreckung darf nicht mehr eingeleitet werden.
224
In § 775 ZPO werden unter Nr. 1-5 die Tatbestände genannt, bei deren Vorliegen die Zwangsvollstreckung einzustellen oder zu beschränken ist (§ 776 ZPO). Bestreitet der Gläubiger allerdings eine Befriedigung oder die Stundung der titulierten Forderung trotz vom Schuldner vorgelegter urkundlicher Nachweise im Sinne des § 775 Nr. 4
225
136 LG Berlin v. 24.4.1979 – 81 T 161/79, Rpfleger 1981, 364. 137 LG Berlin v. 9.5.1978 – 81 T 144, 146/78, Rpfleger 1978, 335.
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§ 16 Rz. 225 Inhalt des Antrags ZPO (weil die Nachweise beispielsweise versehentlich erteilt wurden), dann ist die Vollstreckung fortzusetzen. In solchen Fällen bleibt dem Schuldner nur die Möglichkeit, seine materiell-rechtlichen Einwendungen mit der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO durchzusetzen138. Er kann deswegen keine Vollstreckungserinnerung einlegen139. 226
Vollstreckungshindernisse können sein: – einstweilige Einstellungsanordnung des Rechtsmittelgerichts bei Rechtsmitteln (§ 719 ZPO) – einstweilige Einstellungsanordnung des Prozessgerichts bei Wiedereinsetzungs- und Wiederaufnahmeantrag (§ 707 ZPO) – Gewährung von Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO durch Einstellung oder Aufhebung bestimmter Vollstreckungsmaßnahmen – einstweilige Anordnungsanordnung des Prozessgerichts gemäß §§ 769, 771 Abs. 3 ZPO nach Vollstreckungsgegenklage oder Drittwiderspruchsklage – Quittung des Gläubigers über Zahlung oder Vollstreckungsvertrag über Stundung oder Ratenzahlung – Bankeinzahlungsbeleg oder Kontoauszug mit Abbuchung über Zahlung der Vollstreckungsforderung, soweit daraus der Gläubiger als Zahlungsempfänger und dessen Kontonummer ersichtlich sind – Das Vollstreckungsverbot nach § 89 Insolvenzordnung steht einer Zwangsvollstreckung ebenfalls entgegen. Bei Zuwiderhandlungen im Wege der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung hat das Vollstreckungsgericht eine Einstellung oder Aufhebung vorzunehmen140. In der Mobiliarvollstreckung entscheidet das Insolvenzgericht über die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme. – Die hoheitliche Zweckbestimmung eines Grundstücks führt dazu, dass die deutsche Gerichtsbarkeit nicht mehr eröffnet ist und deshalb die Zwangsversteigerung aus einer eingetragenen Zwangssicherungshypothek unzulässig ist141.
K. Zwangsvollstreckung aus einer Sicherungsgrundschuld I. Die Grundschuld als Sicherungsrecht 227
Da die Wirksamkeit einer Grundschuld nicht vom Bestand einer Forderung abhängig ist, kann der Gläubiger aus verfahrensrechtlicher Sicht jederzeit und unabhängig vom Bestehen einer Forderung die Zwangsvollstreckung aus einer titulierten Grundschuld betreiben. Zulässig ist es auch, eine Grundschuld mehrfach als Sicherungsmittel, etwa für spätere Darlehen nach Rückzahlung der zunächst gesicherten Forderung, zu verwenden. Selbst wenn der Gläubiger die vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldurkunde und den Grundschuldbrief samt einer Löschungsbewilligung an den Schuldner ausgehändigt hat, nachdem dieser die gesicherte Schuld getilgt hatte, können sich die Parteien bei Fortbestehen der Grundschuld formlos darüber einigen, dass die Vollstreckung aus dem Titel erneut möglich sein soll142.
228
Materiellrechtlich kann er zwar durch den Sicherungsvertrag mit dem Schuldner an einer Zwangsvollstreckung gehindert sein, wenn das durch die Grundschuld gesicherte Darlehen 138 BGH v. 15.10.2015 – V ZB 62/15, MDR 2016, 119 = Rpfleger 2016, 177 = ZfIR 2016, 146 m. Anmerkung Traub. 139 BGH v. 18.5.2017 – VII ZB 38/16, MDR 2017, 903 = Rpfleger 2017, 632. 140 S. Kommentierung zu § 28 ZVG. 141 BGH v. 22.9.2016 – V ZB 125/15, MDR 2017, 361 = Rpfleger 2017, 231. 142 BGH v. 27.3.2015 – V ZR 296/13, MDR 2015, 671 = Rpfleger 2015, 487.
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Inhalt des Antrags
Rz. 234 § 16
nicht gekündigt ist, was aber bei der Zwangsvollstreckung nicht geprüft wird. Entsprechende Einwendungen gegen die vertraglich eingeschränkte Zulässigkeit der Vollstreckung könnte der Schuldner nur außerhalb der Zwangsvollstreckung durch Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO), Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) oder Klage gegen die Klausel (§ 768 ZPO) erheben. In der Praxis werden Grundschulden höchst selten forderungsunabhängig bestellt, sondern dienen meist zur Sicherung einer Darlehensforderung und dürfen deshalb vom Gläubiger letztendlich nur dann zur Verwertung des Grundstücks eingesetzt werden, wenn Störungen im Darlehensvertragsverhältnis auftreten. Im alltäglichen Geschäftsverkehr ist die Grundschuld also kein „abstraktes Schuldversprechen“, sondern ein mit einer Forderung verknüpftes Sicherungsrecht.
229
Probleme können dann entstehen, wenn eine solche Grundschuld abgetreten wird, der Zes- 230 sionar dabei nicht in den Sicherungsvertrag eintritt und anschließend aus der damit forderungsunabhängigen Grundschuld vollstreckt. Dann könnte nämlich der Grundstückseigentümer die Einreden aus dem Sicherungsvertrag nur dem ursprünglichen Gläubiger gegenüber erheben, der aber gerade nicht gegen den Schuldner vorgeht. Gegenüber dem Zessionar hätte der Schuldner keine die Vollstreckung hindernden Einreden. Die Abtretbarkeit einer Grundschuld ist gesetzlich nicht eingeschränkt und kann nur durch ausdrückliche Vereinbarung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer ausgeschlossen werden. Dies hat der BGH mehrfach143 bestätigt und die Auffassung gefestigt, dass in der Abtretung einer Grundschuld keine unangemessene Benachteiligung des Grundstückseigentümers zu sehen sei. Allerdings hatte der BGH nach dem Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes zunächst einen Wandel hinsichtlich der Vollstreckbarkeit abgetretener Grundschulden vollzogen.
231
Nach den verbraucherfreundlichen Bestimmungen des Risikobegrenzungsgesetzes144 kann 232 der Grundstückseigentümer dem Erwerber einer Grundschuld alle Einwendungen entgegenhalten, die er auch dem ursprünglichen Gläubiger gegenüber erheben konnte, also alle Einreden aus dem Sicherungsvertrag (§ 1192 Abs. 1a BGB), selbst dann wenn der Zessionar ausdrücklich nicht in den Sicherungsvertrag eintreten wollte. Die Neuregelung zum Schutz von Darlehensnehmern erstreckt sich jedoch nicht auf vor dem 20.8.2008 bestellte Grundschulden. Um den Schuldner bei älteren Grundschulden einen ähnlichen Schutz zu gewähren und um deren Benachteiligung gegenüber Schuldnern aus ab dem 19.8.2008 bestellten Grundschulden auszugleichen, stellte sich der BGH in seiner Rechtsprechung145 zunächst auf den Standpunkt, dass durch die Abtretung einer Grundschuld nicht automatisch auch das Recht zur Zwangsvollstreckung aus der Unterwerfungserklärung auf den Zessionar übergehe. Dabei unterliege nicht die Abtretbarkeit von Grundschulden einer Beschränkung, sondern die Vollstreckbarkeit solcher abgetretenen Ansprüche.
233
Die ursprüngliche bei der Grundschuldbestellung abgegebene Unterwerfungserklärung des Schuldners erstrecke sich nur auf eine „treuhänderisch gebundene Sicherungsgrundschuld“ und nicht auf eine davon losgelöste Grundschuld.
234
143 BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 = MDR 2010, 880 = NotBZ 2010, 263 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2010, 414; BGH v. 16.4.2009 – VII ZB 62/08, MDR 2009, 890 = Rpfleger 2009, 465. 144 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12.8.2008, BGBl. I 2008, S. 1666. 145 BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 = MDR 2010, 880 = NotBZ 2010, 263 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2010, 414.
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§ 16 Rz. 235 Inhalt des Antrags 235
Ein Zessionar, der nicht in den Sicherungsvertrag eintritt, erwerbe nicht das Recht, aus der Unterwerfungserklärung gegen den Eigentümer vorzugehen. Aus diesem Grund dürfe eine Klauselumschreibung auf den Erwerber der Grundschuld nicht erfolgen.
236
Geprüft werden müsse dies durch den Notar bei der Klauselumschreibung. Er dürfe dem Rechtsnachfolger nur dann eine Klausel erteilen, wenn dieser den Eintritt in den Sicherungsvertrag nachweist. Das könne durch Vorlage eines neuen Sicherungsvertrags zwischen Grundstückseigentümer und Zessionar oder Vorlage des alten Sicherungsvertrags mit zusätzlicher Unterschrift des Zessionars geschehen.
237
Schnell zeigte sich aber, dass dieses Erfordernis die Praxis vor teilweise unlösbare Probleme stellte. Häufig war in Abtretungserklärung keinerlei Regelung enthalten, ob der Zessionar in den Sicherungsvertrag eintritt oder nicht, so dass ein entsprechender Nachweis nicht geführt werden konnte. Daraus wiederum ergab sich, dass der Gläubiger keine Vollstreckungsklausel als Rechtsnachfolger erhielt und an der Zwangsvollstreckung gehindert war.
238
Abgesehen davon gab es zahlreiche Fälle, in denen der Zessionar einer Grundschuld gerade nicht in den Sicherungsvertrag eintreten wollte, weil dieser durch Zahlung des Schuldners und Rückgewähr der Grundschuld durch den Gläubiger bereits erledigt war. Der Zessionar hatte nur das Ziel, einen neuen Sicherungsvertrag zur Absicherung eines weiteren Darlehens zu schließen. Der vom BGH geforderte Verbraucherschutz ginge dabei ins Leere, weil der Schuldner gerade keinen Schaden befürchten muss, sondern ein großes Interesse an der ungehinderten Abtretung der Grundschuld hatte.
239
Vor diesem Hintergrund erging dann rasch eine weitere Entscheidung durch den BGH146, die klarstellte, dass Einwendungen gegen den Einspruch selbst oder seine Abtretbarkeit weder bei der Zwangsvollstreckung noch bei der Klauselerteilung vorgebracht werden können. So erfolgte eine Stärkung des Grundsatzes, dass in der Zwangsvollstreckung materielle Einwendungen grundsätzlich nicht erhoben werden können.
240
Der Notar muss im Klauselerteilungsverfahren nur von dem Wortlaut der Urkunde ausgehen. Ist eine Vollstreckungsbedingung nach § 726 Abs. 1 ZPO im Text der notariellen Urkunde nicht enthalten, verbietet sich für den Notar die Annahme, dass eine solche Bedingung besteht.
241
Deshalb ist ihm die vom BGH zunächst geforderte Auslegung verwehrt, die in einer notariellen Urkunde enthaltene Unterwerfungserklärung beziehe sich nur auf Ansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld, wenn sie im Wortlaut der notariellen Urkunde nicht enthalten ist.
242
Bedeutung erlangt diese Rechtsprechung nur für Grundschulden, die vom Gläubiger bis zum 19.8.2008 „erworben“, also bestellt oder abgetreten wurden. Bei solchen Rechten greift der neu geschaffene Eigentümerschutz des § 1192 Abs. 1a BGB wegen der Überleitungsvorschrift nicht (Art. 229, § 18 EGBGB). Bei nach dem 19.8.2008 bestellten oder abgetretenen Grundschulden ist der Eigentümer durch § 1192 Abs. 1a ZPO kraft Gesetzes geschützt. Er kann bei diesen Grundschulden einem Zessionar des Rechts ohne Weiteres alle Einwendungen aus dem mit dem Zedenten der Grundschuld abgeschlossenen Sicherungsvertrag entgegenhalten.
146 BGH v. 29.6.2011 – VII ZB 89/10, NotBZ 2011, 443 = MDR 2011, 1069 = Rpfleger 2011, 592 = ZfIR 2011, 730 nunmehr auch gefestigt in BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, MDR 2017, 727 = Rpfleger 2017, 348.
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Inhalt des Antrags
Rz. 251 § 16
II. Die Auswirkungen des Risikobegrenzungsgesetzes147 Vor einigen Jahren ist es im Zusammenhang mit Verkäufen von immobiliengesicherten 243 Forderungen vereinzelt zu ungerechtfertigten Vollstreckungshandlungen durch Forderungsaufkäufer gekommen. Daraufhin hat die Bundesregierung zur Begrenzung der Risiken von Grundstückseigentümern die Regelungen zu Darlehensverträgen und Sicherungsgrundschulden sowie das Verfahrensrecht zur Zwangsvollstreckung aus solchen Ansprüchen geändert. Die neuen Vorschriften gelten seit dem 19.8.2008. Allerdings sind die Voraussetzungen für die Kündigung eines Darlehens (§ 498 BGB) sowie die Kündigungsfrist für die Grundschuld (§ 1193 Abs. 1 Satz 3 BGB) nur auf nach dem 19.8.2008 geschlossene Darlehensverträge anzuwenden. In erster Linie sollen mit Hilfe der Neuregelungen Darlehensnehmer und Grundstückseigentümer vor den Folgen einer ungerechtfertigten Verwertung der gegebenen Sicherheiten geschützt werden. Der Forderungsverkauf selbst wird jedoch nicht eingeschränkt. Er kann nach wie vor lediglich durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen Darlehensnehmer und -geber ausgeschlossen werden.
244
In nach dem Inkrafttreten der Neuregelung abgeschlossenen Darlehensverträgen ist der Darlehensnehmer nunmehr ausdrücklich deutlich auf die Abtretbarkeit der Forderung hinzuweisen (§ 492 Abs. 1a BGB).
245
Darlehensgeber und ihre Rechtsnachfolger sind zudem verpflichtet, gegenüber dem Darlehensnehmer spätestens drei Monate vor Beendigung des Darlehensvertrags eine Erklärung abzugeben, ob sie den Vertrag fortführen wollen (§ 492a BGB).
246
Werden Darlehensforderungen abgetreten, so ist das dem Darlehensnehmer unter Mitteilung der Kontaktdaten des Zessionars anzuzeigen (§ 496 Abs. 2 BGB). Seine Zustimmung ist zur Abtretung – wie bislang – nicht nötig.
247
Eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann bei einem Immobiliendarlehen nur erfolgen, wenn der Darlehensnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Raten ganz oder teilweise in Verzug ist und der rückständige Betrag mindestens 2,5 % der Darlehenssumme ausmacht (§ 498 Abs. 3 BGB).
248
Eindeutig geregelt ist nun auch, dass der Eigentümer bei einer Sicherungsgrundschuld alle Einwendungen aus dem Sicherungsvertrag sowohl dem Gläubiger als auch seinem Rechtnachfolger entgegenhalten kann (§ 1192 Abs. 1a BGB).
249
Gleichzeitig wurde eine zwingende Mindestfrist von 6 Monaten für die Kündigung einer Grundschuld eingeführt (§ 1193 Abs. 1 Satz 3 BGB). Wegen dieser Neuregelung können Grundschulden nicht mehr -wie bislang üblich- sofort bei der Bestellung fällig gestellt werden, sondern müssen dazu erst unter Einhaltung der Sechs-Monats-Frist gekündigt werden. Insoweit kann allerdings in der Grundschuldurkunde vereinbart werden, dass der Schuldner auf den Nachweis der Kündigung verzichtet, so dass der Notar „ohne Weiteres“ bzw. nach Mitteilung des Gläubigers, dass er die Grundschuld gekündigt habe, die Klausel erteilen könnte.
250
In diesem Zusammenhang taucht die Frage auf, wer die Einhaltung der ordnungsgemäßen und fristwahrenden Kündigung überwacht. Ist diese bereits vom Notar vor der Klauselerteilung oder vom Vollstreckungsorgan vor Beginn der Vollstreckung zu prüfen? Oder kann ein Verstoß nur durch Vollstreckungsgegenklage seitens des Schuldners geltend gemacht werden?
251
147 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12.8.2008, BGBl. I 2008, S. 1666.
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§ 16 Rz. 252 Inhalt des Antrags 252
In der Praxis wird das sehr unterschiedlich gesehen, was in Anbetracht der inzwischen sehr eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unverständlich ist (s. Rz. 253–255). Der Bundesgerichtshof vertritt die konsequente Meinung, dass die materielle Richtigkeit der Klausel, also die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Klausel erteilt werden durfte, nicht vom Vollstreckungsgericht zu prüfen sei148. Das Vollstreckungsgericht muss somit die Zwangsversteigerung anordnen, wenn die formellen Voraussetzungen erfüllt sind, also eine Klausel vorhanden ist.
252a
Hinsichtlich der wirksamen Kündigung der Sicherungsgrundschuld gem. § 1193 Abs. 1 Satz 3 BGB wird aber keine materiell-rechtliche und damit der Prüfungspflicht des Vollstreckungsorgans entzogene Bestimmung gesehen, sondern eine Vollstreckungsbedingung im Sinne von § 751 Abs. 1 ZPO149. Nach dieser Regelung darf, wenn die Geltendmachung eines Anspruchs von dem Eintritt eines Kalendertages abhängig ist, die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn der Kalendertag abgelaufen ist. Die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz kann somit erst sechs Monate nach Zugang der erforderlichen Kündigung beginnen. Die Einhaltung der Kündigungsfrist ist verfahrensrechtlich festgelegte Vollstreckungsvoraussetzung und vom Vollstreckungsorgan zu prüfen. Dazu muss der Gläubiger mit den weiteren Vollstreckungsunterlagen einen entsprechenden Nachweis vorlegen (s. Rz. 219). Zunächst ging man dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung folgend davon aus, dass eine Kündigung nur zur Zwangsvollstreckung aus dem Grundschuldkapital erforderlich sei und eine Zwangsvollstreckung aus dinglichen Grundschuldzinsen keine Kündigung voraussetzt.
252b
Da bei einer Zwangsvollstreckung aus dinglichen Zinsen jedoch der Schutzzweck der Norm nicht erfüllt wird und der Schuldner ohne Kündigung der Grundschuld oder Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist das Eigentum am Grundstück verlieren könnte, ist auch hinsichtlich der Zwangsvollstreckung aus Grundschuldzinsen die Einhaltung der Kündigungsfrist oder eine Androhung der Zwangsvollstreckung aus den Grundschuldzinsen unter Einhaltung einer Sechsmonatsfrist erforderlich (§§ 1234 analog, 1193 Abs. 1 Satz 3 BGB)150. Die Vollstreckungsgerichte haben die Einhaltung dieser Frist als Vollstreckungsbedingung zu prüfen (§ 751 Abs. 1 ZPO).
253
Anders als die Rechtsprechung befürwortet Stöber151 in solchen Fällen die Anwendung von § 726 Abs. 1 ZPO, wonach der Notar die Kündigung überwacht und nur dann eine Vollstreckungsklausel erteilen dürfe, wenn ihm der Gläubiger die Kündigung nachweist.
254
Den Verzicht seitens des Schuldners auf den Nachweis der Kündigung hält er für bedenklich, weil sie gegen die gesetzliche Kündigungsfrist verstoße (134 BGB). Eine vom Notar ohne Prüfung der Kündigung erteilte Klausel sei nicht wirksam. Außerdem vertritt er die Meinung, das Vollstreckungsgericht habe zu prüfen, ob sich der Notar vor Erteilung der Vollstreckungsklausel die ordnungsgemäße Kündigung der Grundschuld durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde habe nachweisen lassen.
255
Da es sich um eine qualifizierte Klausel handeln soll, sind dem Schuldner neben der vollstreckbaren Ausfertigung auch die zur Umschreibung benötigten Urkunden zuzustellen (§ 750 Abs. 2 ZPO).
256
Die Anwendbarkeit der Spezialvorschrift § 726 ZPO ist auch in Anbetracht der BGH-Entscheidungen (s. Rz. 252) zur Annahme von Vollstreckungsbedingungen fraglich, aber wohl 148 149 150 151
188
BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, MDR 2017, 727 = Rpfleger 2017, 348. BGH v. 30.3.2017 – V ZB 84/16, MDR 2017, 848 = Rpfleger 2017, 567. BGH v. 30.3.2017 – V ZB 84/16, MDR 2017, 848 = Rpfleger 2017, 567. Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 115.
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Inhalt des Antrags
Rz. 262 § 16
kaum haltbar, denn die Regelung zur Klausel bei aufschiebender Bedingung stellt eindeutig auf solche Bedingungen ab, die sich aus dem zu vollstreckenden Titel ergeben und nicht auf gesetzliche Voraussetzungen. Da die Bestimmungen über die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung aber hinsichtlich der Prüfungspflichten des Vollstreckungsorgans gerade nicht geändert wurden, kann die ordnungsgemäße Klauselerteilung nicht wie eine Vollstreckungsvoraussetzung behandelt werden, sondern stellt eine Einrede des Eigentümers dar, die nur bei einer Vollstreckungsgegenklage beachtlich wäre152.
257
Im Übrigen ist es nicht die Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, die ordnungsgemäße Er- 258 teilung der Vollstreckungsklausel zu überprüfen. Das Klauselerteilungsverfahren ist ein selbstständiges Verfahren mit eigenem Rechtsmittelzug und gehört nicht zur Zwangsvollstreckung153. Der Nachprüfung des Vollstreckungsorgans unterliegt es nur, ob eine Klausel vorhanden ist und ob sie ordnungsgemäß erteilt wurde, nicht hingegen, ob sie erteilt werden durfte154. Damit sollte klar sein, dass dem Vollstreckungsgericht keine Überprüfungsbefugnis hinsichtlich der Tätigkeit des UdG oder des Notars bei der Klauselerteilung zusteht. Sie besteht weder im Zusammenhang mit erteilten Belastungsvollmachten und daraus resultierenden Unterwerfungserklärungen durch Bevollmächtigte155 noch hinsichtlich des ordnungsgemäßen Nachweises einer Rechtsnachfolge156. In solchen Fällen bleibt alleine dem Klauserteilungsorgan die Entscheidung vorbehalten, welche Nachweise es verlangt. Das Vollstreckungsgericht muss seine Prüfung darauf beschränken, ob die bei der Klauselerteilung für nötig gehaltenen Urkunden dem Schuldner auch zugestellt wurden (§ 750 Abs. 2 ZPO). Im Falle einer fehlerhaft erteilten Klausel bleibt dem Beschwerten die Einlegung der Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) oder die Klage auf Erteilung (§ 731 ZPO) bzw. gegen die Erteilung einer Vollstreckungsklausel (§ 768 ZPO).
259
Die gesetzliche Kündigungsfrist von sechs Monaten (s. Rz. 250) findet allerdings nur auf nach dem 19.8.2008 „bestellte“ (gemeint ist wohl „beurkundete“) Grundschulden Anwendung, so dass ältere Urkunden im vollen Umfang und zwar auch in Bezug auf kürzere Kündigungsfristen oder bereits erfolgte Kündigungen wirksam bleiben.
260
Kann ein im Klauselerteilungsverfahren benötigter Nachweis nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden erbracht werden, so bleibt dem Zessionar nur die Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel (§ 731 ZPO).
261
Verweigert der Notar die Umschreibung, obwohl der Nachweis vorliegt oder entbehrlich ist, hat der Zessionar die Beschwerde gemäß § 54 BeUrkG. Über diese Beschwerde entscheidet das Landgericht.
262
152 BGH v. 16.5.2012 – I ZB 65/11, MDR 2012, 1253 = NotBZ 2012, 419 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2012, 639. 153 BGH v. 23.5.2012 – VII ZB 31/11, MDR 2012, 1063 = Rpfleger 2012, 638; BGH v. 25.10.2012 – VII ZB 57/11, MDR 2013, 174 = Rpfleger 2013, 161; LG Meiningen v. 9.7.2013 – 4 T 80/13, Rpfleger 2013, 691. 154 BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, MDR 2017, 727 = Rpfleger 2017, 348. 155 BGH v. 21.9.2006 – V ZB 76/07, MDR 2007, 297 = Rpfleger 2007, 37. 156 BGH v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, MDR 2017, 111 = Rpfleger 2017, 220.
Goldbach
189
§ 16 Rz. 263 Inhalt des Antrags
L. Geltendmachung von Hausgeldforderungen in der Immobiliarvollstreckung I. Umfang des Vorrechts 263
Das Vorrecht der Rangklasse 2 steht dem Verband der Wohnungseigentümer sowohl bei der Anmeldung ihrer Forderung in einem laufenden Verfahren eines anderen Gläubigers, als auch in einer von ihr selbst beantragten Zwangsversteigerung zu.
264
Begünstigt sind alle fälligen Ansprüche gegen den Schuldner, die aus – einem Wirtschaftsplan (monatliches Wohngeld) – einer Jahresabrechnung (Nachzahlungen) – oder einer Sonderumlage herrühren (§§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 und 5 WEG). Dazu gehören neben den laufenden Zahlungsverpflichtungen ebenso die Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsanspruch einzelner Wohnungseigentümer.
265
Das Vorrecht besteht lediglich für Ansprüche, die aus dem jeweiligen Wohnungseigentum entstanden sind. Nicht also für Forderungen des Verbandes der Wohnungseigentümer gegen den Eigentümer der zu versteigernden Wohnung, die aus anderen Wohnungs- oder Teileigentumsrechten stammen.
266
Der Vorrang in der Rangklasse 2 ist in zweierlei Hinsicht beschränkt: – der Höhe nach auf einen Maximalbetrag (Kosten, Zinsen und Hauptforderung) von insgesamt bis zu 5 % des Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts, – in zeitlicher Hinsicht auf die Ansprüche aus dem Jahr der Beschlagnahme und die Rückstände aus den beiden davorliegenden Kalenderjahren. Den Höchstbetrag übersteigende oder ältere Forderungen kann der Verband der Wohnungseigentümer nur in der Rangklasse 5 bekommen.
II. Anmeldung oder Beitritt 267
Vollstreckt ein anderer Gläubiger bereits in das Grundstück, kann der Verband der Wohnungseigentümer die Forderung durch Anmeldung geltend machen. Dies hat den Vorteil, dass er nicht zwingend einen Vollstreckungstitel benötigt. Die Forderung kann angemeldet und muss durch Vorlage einer „Niederschrift der Beschlüsse der Wohnungseigentümer“ oder „in sonst geeigneter Weise“ glaubhaft gemacht werden (§§ 10 Abs. 3, 45 Abs. 3 ZVG, § 294 ZPO).
268
Glaubhaftmachung kann durch Vorlage „geeigneter“ Unterlagen erfolgen. Das sind beispielsweise Vollstreckungstitel oder Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung, aus denen sich Art, Höhe und Bezugszeitraum der angemeldeten Ansprüche ergeben. Glaubhaftmachung hat auch dahingehend zu erfolgen, dass die geltend gemachten Ansprüche aus dem zu versteigernden Wohnungs- oder Teileigentum herrühren, da nur insoweit eine objektgebundene Haftung und das damit einhergehende Vorrecht besteht157. Zumindest fraglich ist, ob ein Vollstreckungsbescheid geeignet ist, die Voraussetzungen der Rangklasse 2 glaubhaft zu machen, da die im Mahnantrag gemachten Angaben zur Forderungsart und zum Zeitraum bei der Titulierung nicht überprüft werden158.
157 Goldbach, FoVo 2008, 8 und FoVo 2009, 4 zum Vorrecht in der Zwangsverwaltung. 158 LG Stuttgart v. 15.3.2018 – 2 T 442/17, Rpfleger 2018, 490 (m. Anm. Hintzen).
190
Goldbach
Inhalt des Antrags
Rz. 274 § 16
Obwohl der Gesetzgeber hinsichtlich einer Anmeldung keine ausdrückliche Regelung bezüglich der Form der Schriftstücke formuliert hat, sind die Anforderungen des § 294 ZPO für die Glaubhaftmachung zu beachten. Demnach müssen die Unterlagen im Original vorgelegt werden oder aber beglaubigte Abschriften hiervon.
269
Die Glaubhaftmachung der nötigen Angaben ist sowohl beim Betreiben des Verfahrens als auch bei Anmeldung der Hausgeldansprüche unerlässlich, denn nur so kann vom Vollstreckungsgericht eindeutig festgestellt werden, ob das Vorrecht der Rangklasse 2 tatsächlich besteht.
270
Ein Vollstreckungstitel ist nur dann erforderlich, wenn der Verband der Wohnungseigentümer wegen der Ansprüche selbst einen Zwangsversteigerungsantrag stellen möchte. Dazu ist kein Duldungstitel nötig, sondern ein Leistungstitel, wie zum Beispiel eine vollstreckbare Urkunde, ein notarielles Schuldanerkenntnis oder ein Urteil sind ausreichend (§ 10 Abs. 3 ZVG), ob ein Vollstreckungsbescheid zum Betreiben des Verfahrens aus der Rangklasse 2 ausreicht, ist fraglich159.
271
Eine im Grundbuch eingetragene Auflassungsvormerkung hindert die Zwangsvollstre- 271a ckung aus Wohngeldforderungen nicht. Betreibende Ansprüche aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG sind gegenüber einer Auflassungsvormerkung stets vorrangig. Die Auflassungsvormerkung ist nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen und erlischt mit dem Zuschlag. Selbst wenn das Eigentum nach der Beschlagnahme auf den Vormerkungsberechtigten umgeschrieben wird, ist das Verfahren fortzusetzen und nicht gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 ZVG einzustellen160. Eine Veräußerungsbeschränkung nach § 12 WEG steht der Anordnung der Zwangsversteigerung nicht entgegen, ist aber bei der Zuschlagserteilung zu beachten. Der betreibende Gläubiger ist befugt, den Anspruch des Wohnungseigentümers auf Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums selbständig auszuüben161. In der Praxis dürfte das vor allem dann wenig problematisch sein, wenn der Verband der Wohnungseigentümer selbst das Verfahren betreibt.
271b
Die in der Rangklasse 2 bevorrechtigten Ansprüche des Verbandes der Wohnungseigentümer sind nicht dinglich162 und können deshalb gegen den Rechtsnachfolger des Wohnungseigentümers, also nach einem Verkauf vor Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung nicht mehr durchgesetzt werden. Der Käufer haftet weder schuldrechtlich, also persönlich, noch dinglich mit dem Wohnungseigentum für die Rückstände aus dem Zeitraum vor dem Eigentumsübergang auf ihn.
272
Bevorrechtigte Wohngeldforderungen gewähren dem Verband der Wohnungseigentümer aber ein Absonderungsrecht im Falle einer Insolvenz des Wohnungseigentümers163.
273
III. Der Mindestverzugsbetrag Zur Vollstreckung aus der Rangklasse 2 muss die Forderung „die Höhe des Verzugsbetrages nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG übersteigen“. Das sind derzeit 3 % des Einheitswerts für mehr als drei Monate. 159 160 161 162
LG Stuttgart v. 15.3.2018 – 2 T 442/17, Rpfleger 2018, 490 (m. Anm. Hintzen). BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, Rpfleger 2014, 613 = ZfIR 2014, 654. BGH v. 21.11.2013 – V ZR 269/12, MDR 2014, 801 = Rpfleger 2014, 438. BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, MDR 2013, 1309 = MietRB 2013, 327 = Rpfleger 2014, 31 = ZfIR 2013, 806 mit Anm. Becker. 163 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825 mit Anm. Derleder.
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191
274
§ 16 Rz. 275 Inhalt des Antrags 275
Den Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen hat der Gläubiger mit Hilfe von Urkunden zu erbringen (§ 16 Abs. 2). Das ist hinsichtlich des Einheitswerts nur durch die Vorlage eines Einheitswertbescheids möglich164.
276
Durch Ergänzung der §§ 18 Abs. 2 WEG und 10 Abs. 3 hat der Gesetzgeber inzwischen geklärt, dass das Steuergeheimnis einer Bekanntgabe des Einheitswerts an die WEG nicht entgegensteht. Daraus ergibt sich für diese ein Anspruch auf Mitteilung des Einheitswerts durch die Finanzbehörden, wenn sie einen Vollstreckungstitel vorlegt.
277
Überholt ist durch diese Gesetzesänderung mittlerweile die Ansicht, ein Antrag der WEG könne nicht am fehlenden Einheitswertbescheid scheitern. Nach dieser veralteten Auffassung sollte das Vollstreckungsgericht die Entscheidung über den Antrag auf Beitritt in der Rangklasse 2 aufschieben und zunächst nur über den darin angeblich auch immer enthaltenen Antrag auf Beitritt in der Rangklasse 5 entscheiden165, soweit zum Zeitpunkt der Antragstellung weder der Einheitswert aktenkundig noch ein Verkehrswert festgesetzt ist. Nach der Anordnung solle dann das Gericht vom Finanzamt den Einheitswert anfordern. Mit Eingang des Einheitswertbescheids beim Vollstreckungsgericht sei dieser aktenkundig und könne bei einem Beitrittsantrag der WEG wegen derselben Ansprüche, jetzt allerdings in der Rangklasse 2, herangezogen werden166.
278
Dieser Vorschlag ließ allerdings außer Acht, dass die Gerichte bei der Anordnung des Verfahrens nicht regelmäßig den Einheitswert bei den Finanzbehörden abfragen, denn er ist für die Durchführung des Verfahrens meist nicht relevant. Der Einheitswert wird vom Vollstreckungsgericht nur dann (und zwar ausschließlich zur Kostenberechnung) benötigt, wenn die Zwangsversteigerung vor Festsetzung des Verkehrswerts endet.
279
Da es der WEG seit der Gesetzesänderung problemlos möglich ist, den Einheitswertbescheid vom Finanzamt zu bekommen, gibt es für das Gericht keine Veranlassung, insoweit von Amts wegen tätig zu werden. Es gilt der Beibringungsgrundsatz der ZPO.
280
Ein Verzicht auf die Vorlage des Einheitswertbescheides ist nicht möglich, da es sich bei der Einhaltung des Mindestvollzugsbetrags um eine Vollstreckungsvoraussetzung handelt, deren Einhaltung vom Vollstreckungsgericht bei Anordnung zwingend zu prüfen ist.
281
Allerdings ist es ebenso ausreichend, wenn die Vollstreckung aus einem Betrag erfolgt, der 3 % des Verkehrswerts übersteigt167. Dann kann auf die Vorlage eines Einheitswertbescheids verzichtet werden. Zum Nachweis der Mindestsumme genügt stattdessen der Beschluss über die Wertfestsetzung. Naturgemäß kommt diese Vorgehensweise nur bei einem Beitritt der WEG nach bereits erfolgter Verkehrswertfestsetzung in dem bereits von einem anderen Gläubiger betriebenen Verfahren in Betracht.
IV. Ablösung der Hausgeldforderung 282
Will ein Grundschuldgläubiger oder ein anderer Berechtigter die Zwangsvollstreckung aus der Rangklasse 2 und den damit drohenden Verlust seines Pfandrechts verhindern, hat er die Möglichkeit der Ablösung des betreibenden Gläubigers (§ 268 BGB). Dazu zahlt er die 164 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = MDR 2008, 829 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = Rpfleger 2008, 375 = ZfIR 2008, 588. 165 BGH v. 7.5.2009 – V ZB 142/08, MDR 2009, 950 = MietRB 2009, 232 = Rpfleger 2009, 518 = ZfIR 2009, 475. 166 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, NotBZ 2008, 467 = MDR 2008, 829 = NotBZ 2008, 268 = MietRB 2008, 206 = Rpfleger 2008, 375 = ZfIR 2008, 588. 167 BGH v. 2.4.2009 – V ZB 157/08, MDR 2009, 829 = MietRB 2009, 232 = Rpfleger 2009, 399 = ZfIR 2009, 477.
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Inhalt des Antrags
Rz. 290 § 16
betreibenden Ansprüche an den Gläubiger und wendet so die Vollstreckung durch die WEG ab. Mit der Ablösung erwirbt der ablösende Grundschuldgläubiger die Forderung. Fraglich war zunächst, ob daneben automatisch die Rangposition in der Rangklasse 2 als Nebenrecht mit übergeht.
283
Da ein Forderungsübergang durch Ablösung nicht zum Nachteil der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden kann (§ 268 Abs. 3 S. 2 BGB), hätten die abgelösten Ansprüche jedenfalls bei einer Teilablösung innerhalb der Rangklasse 2 immer Rang nach anderen Ansprüchen der Gemeinschaft.
284
Auf Grund der Beschränkung der Rangklasse 2 auf einen Höchstbetrag von 5 % des Verkehrs- 285 wertes wäre denkbar, dass dem Ablösenden unter Umständen sogar ein Rangverlust mit Absturz in die Rangklasse 5 droht, wenn die WEG dem Verfahren wegen anderer Ansprüche beitritt oder weitere Forderungen in der Rangklasse 2 anmeldet. Dazu hat der BGH entschieden, dass, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft das Vorrecht der Rangklasse 2 in voller Höhe in Anspruch genommen hat, ihr nach der Ablösung der Forderung dieses Vorrecht in demselben Zwangsversteigerungsverfahren nicht nochmals zusteht168. Der Gesetzgeber habe bei der Einführung der Rangklasse 2 nur ein begrenztes Vorrecht für die Durchsetzung der WEG-Forderungen schaffen wollen, so dass durch den Übergang des Vorrechts der Rangklasse 2 auf den Ablösenden die WEG nicht beeinträchtigt werde.
286
Das Vorrecht sollte für die Grundpfandrechtsgläubiger kalkulierbar sein und wurde deshalb auf einen einmaligen Höchstbetrag von 5 % des Verkehrswerts beschränkt. Ginge das Vorrecht nicht auf den ablösenden Grundpfandrechtsgläubiger über und die WEG könnte neue Forderungen in der Rangklasse 2 geltend machen, wäre das Ziel des Gesetzgebers, die Benachteiligung der Realkreditgeber überschaubar zu halten, verfehlt.
287
Anders liegt der Fall aber, wenn der Schuldner während des Verfahrens die betreibenden Hausgelder bezahlt. Im Gegensatz zu den Zahlungen ablösungsberechtigter Dritter nach § 268 BGB, vermindert eine Schuldnerzahlung nicht den Höchstbetrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ZVG, bis zu dem die Hausgeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft aus der Rangklasse 2 zu bedienen sind169.
288
M. Besonderheiten beim Schuldner I. Personenmehrheiten als Schuldner Die Zwangsvollstreckung findet statt für und gegen die im Titel bezeichneten Parteien (§ 750 Abs. 1 ZPO). Besonderheiten ergeben sich dann, wenn gegen mehrere Personen, insbesondere gegen Gesamthandsgemeinschaften vollstreckt werden soll.
289
1. Gesellschaft bürgerlichen Rechts Hier steht das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern zur gesamten Hand zu. Zur 290 Zwangsvollstreckung in dieses Vermögen ist jeweils ein Titel gegen jeden Gesellschafter erforderlich. Es genügt auch ein Titel gegen alle Gesellschafter (§ 736 ZPO). Entscheidend ist, dass gegen alle Personen, die im Zeitpunkt der Vollstreckung Gesellschafter sind, ein Vollstreckungstitel vorliegt und die weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind. 168 BGH v. 4.2.2010 – V ZB 129/09, MDR 2010, 620 = NotBZ 2010, 377 = MietRB 2010, 139 = Rpfleger 2010, 333. 169 BGH v. 14.6.2012 – V ZB 194/11, MDR 2012, 1251 = MietRB 2012, 263 = Rpfleger 2012, 701.
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§ 16 Rz. 291 Inhalt des Antrags 291
Die Rechtsprechung erkennt mittlerweile die Rechtsfähigkeit der GbR an, so dass gegen diese als solche geklagt und vollstreckt werden kann170.
292
Hinsichtlich des als Vollstreckungsvoraussetzung vorzulegenden Vollstreckungstitels besteht die Besonderheit, dass der Titel auf die aktuellen und im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter lauten muss. Hat sich der Gesellschafterbestand seit der Titulierung geändert und ergibt sich dies aus dem Grundbuch, soll unter analoger Anwendung von § 727 ZPO eine „Rechtsnachfolgeklausel“ unter Nennung der eingetretenen Gesellschafter erforderlich sein171.
292a
Der Grundsatz, wonach als Gesellschafter der GbR in der Immobiliarvollstreckung diejenigen gelten, die im Grundbuch als Gesellschafter eingetragen sind (§ 899a BGB), erleichtert die Zwangsvollstreckung für den Gläubiger insoweit, als an Stelle der nicht vorgesehenen Handelsregistereintragung, die Grundbucheintragung zur Identifizierung der GbR und ihrer Gesellschafter herangezogen wird. Sogar nach der Auflösung der Gesellschaft durch den Tod eines eingetragenen Gesellschafters gelten die noch im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter grundsätzlich als Gesellschafter172. Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück der Gesellschaft ist formell dann zulässig, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen gegen die im Grundbuch eingetragene Gesellschaft oder alle eingetragenen Gesellschafter nachgewiesen werden. Wurde eine Kapital- oder Personenhandelsgesellschaft durch formwechselnde Umwandlung mit Handelsregistereintrag zur GbR, ohne dass eine Grundbuchberichtigung erfolgte, dann kann aus dem Vollstreckungstitel gegen die noch im Grundbuch eingetragenen Gesellschaft die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung erfolgen173. 2. Offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft
293
Die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG sind im Vollstreckungsverfahren parteifähig. Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist ein Titel gegen die Gesellschaft erforderlich (§§ 124 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB).
294
Obwohl den Gläubigern der Gesellschaft die Gesellschafter auch persönlich haften (§ 128 HGB), findet aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten Titel eine Zwangsvollstreckung gegen die einzelnen Gesellschafter nicht statt (§ 129 Abs. 4 HGB). Dazu ist ein Titel gegen die Gesellschafter nötig. 3. Vereine
295
Soll gegen einen nicht rechtsfähigen Verein vollstreckt werden, muss ein Titel gegen den Verein erwirkt werden (§ 735 ZPO). Das ist ohne Schwierigkeiten möglich, denn in einem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins (§ 50 Abs. 2 ZPO). Damit ist er auch im Zwangsvollstreckungsverfahren prozessfähig. Zur Zwangsvollstreckung sind ebenso gleichlautende Titel wegen einer Vereinsschuld gegen alle Vereinsmitglieder geeignet.
170 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = Rpfleger 2001, 246. 171 BGH v. 2.12.2010 – V ZB 84/10, MDR 2011, 320 = ZfIR 2011, 147. 172 BGH v. 19.11.2015 – V ZB 201/14, MDR 2016, 168 = Rpfleger 2016, 237 = ZfIR 2016, 189 m. Anm. Volmer; BGH v. 24.2.2011 – V ZB 253/10, Rpfleger 2011, 337 = ZfIR 2011, 338. 173 BGH v. 14.1.2016 – V ZB 148/14, MDR 2016, 909 = Rpfleger 2016, 494 = ZfIR 2016, 414 m. Anm. Keller.
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Inhalt des Antrags
Rz. 304 § 16
II. Liquidierte GmbH als Schuldner Eine GmbH besteht nach ihrer Auflösung zum Zweck der Abwicklung fort. Vertreten wird 296 sie in dieser Phase durch die Liquidatoren, bei denen es sich grundsätzlich um die ehemaligen Geschäftsführer handelt, soweit keine anderen Liquidatoren bestellt wurden. Die Vertretungsregelung kann durch Einsicht ins Handelsregister festgestellt werden. Die Zwangsvollstreckung erfolgt hier aus einem Titel gegen die Gesellschaft.
297
Ist die Liquidation beendet und kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden, dann wird die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht.
298
Gelegentlich kommt es jedoch vor, dass die Löschung erfolgt, obwohl noch Grundstücke 299 vorhanden sind. Um eine Zwangsvollstreckung gegen die gelöschte Gesellschaft zu ermöglichen, muss der Gläubiger dem Registergericht nachweisen, dass entgegen der dortigen Annahme doch noch Vermögen vorhanden ist. Daraufhin hat das Registergericht auf Antrag des Gläubigers einen Liquidator als Vertretungsorgan der so genannten Restgesellschaft174 zu bestellen (§ 66 Abs. 5 GmbHG bzw. § 273 Abs. 4 Satz 1 AktG). Die früheren Liquidatoren sind nach der Löschung nicht mehr vertretungsbefugt. Soweit der Vollstreckungstitel noch nicht zugestellt ist, hat die Zustellung an den Nachtragsliquidator zu erfolgen. Eine Titelumschreibung ist nicht nötig, da es sich in Bezug auf den Schuldner nach wie vor um dieselbe Gesellschaft handelt.
300
III. Schuldner unter gesetzlicher Betreuung Grundsätzlich verliert eine unter Betreuung stehende Person nicht die Geschäftsfähigkeit und damit auch nicht die Prozessfähigkeit. Da das Vollstreckungsgericht bei jeder einzelnen Verfahrenshandlung aber die zumeist fragliche Geschäftsfähigkeit und damit einhergehende Prozessfähigkeit prüfen müsste, wird regelmäßig der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Schuldners am Verfahren beteiligt. Das ist jedoch nur zulässig, wenn sein Aufgabenkreis die Vermögenssorge umfasst.
301
Ist der Mangel der Geschäftsfähigkeit eindeutig, kann das Verfahren nur gegen den Betreuer geführt werden, da ansonsten selbst einem rechtskräftigen Zuschlag die Nichtigkeitsklage droht (§ 579 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO).
302
Er ist aber weder Rechtsnachfolger des Schuldners noch Partei kraft Amtes, so dass eine Klauselumschreibung nicht erforderlich ist. Die Zustellung des Titels an den Betreuer ist empfehlenswert, hat aber nur dann zwingend an diesen zu erfolgen, wenn der Betreute geschäfts- und damit prozessunfähig ist175, denn eine Zustellung an einen prozessunfähigen Schuldner ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
303
IV. Tod des Schuldners Beim Tod des Schuldners wird eine bereits begonnene Zwangsvollstreckung ohne Weiteres, also auch ohne Titelumschreibung, in den Nachlass fortgesetzt (§ 779 ZPO). Dabei genügt es, wenn gegen den Schuldner zu dessen Lebzeiten aus dem Titel bereits irgendeine Zwangsvollstreckungsmaßnahme begonnen hatte176. 174 BGH v. 22.11.2016 – II ZB 19/15, MDR 2017, 347 = Rpfleger 2017, 287; KG v. 6.6.2018 – 22 W 22/18, MDR 2019, 42 = DGVZ 2019, 63. 175 BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 100/13, NJW 2014, 937 = DGVZ 2014, 193 = MDR 2014, 856. 176 BGH v. 23.9.2009 – V ZB 60/90, MDR 210, 51 = Rpfleger 2010, 40.
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304
§ 16 Rz. 305 Inhalt des Antrags 305
Ist in einem solchen Verfahren die „Zuziehung des Schuldners nötig“ muss das Vollstreckungsgericht einen besonderen Vertreter für die unbekannten Erben bestellen (§ 779 Abs. 2 ZPO). Sind die Erben bekannt, sind sie am Verfahren zu beteiligen.
306
Soll eine Zwangsvollstreckung erst nach dem Tod des Schuldners beginnen, so muss der Titel grundsätzlich gegen die Erben umgeschrieben und diesen zugestellt werden (§§ 727, 750 Abs. 2 ZPO), bevor die Zwangsvollstreckung in den Nachlass oder das Vermögen des Erben durchgeführt werden kann.
307
Sind die Erben nicht bekannt, dann kommt die Bestellung eines Nachlasspflegers als gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben in Betracht. Diese erfolgt auf Antrag des Gläubigers durch das Nachlassgericht (§ 1961 BGB). Der Nachlasspfleger ist Handlungsorgan des Nachlasses und die Vollstreckung wird gegen ihn durchgeführt. Deshalb ist eine Titelumschreibung auf den Nachlasspfleger und nicht auf die Erben nötig.
308
Ist ein Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker oder Nachlassinsolvenzverwalter bestellt, dann muss ein auf diese Partei kraft Amtes umgeschriebener Vollstreckungstitel vorgelegt werden (§§ 748, 727, 750 Abs. 2 ZPO), soweit die Zwangsvollstreckung nicht schon zu Lebzeiten des Schuldners begonnen hatte.
V. Zusammentreffen von Immobiliarvollstreckung und Insolvenz des Schuldners 1. Folgen der Insolvenzeröffnung 309
Mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners ändern sich die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Zwangsvollstreckung stattfinden kann.
310
Einfluss auf das Zwangsversteigerungs- oder -verwaltungsverfahren haben in erster Linie das Verfügungs- und Vollstreckungsverbot mit den Wirkungen der so genannten „Rückschlagsperre“ sowie die Möglichkeiten der einstweiligen Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwalters in Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das Schuldnervermögen auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Absatz 1 InsO). Die damit erwirkte Insolvenzbeschlagnahme erstreckt sich auf das gesamte Schuldnervermögen zur Zeit der Verfahrenseröffnung und das Vermögen, welches der Schuldner während des laufenden Verfahrens erwirbt (§ 35 InsO).
311
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen persönlicher Gläubiger in das Vermögen des Schuldners, also in die Insolvenzmasse, nicht mehr möglich (§ 89 Abs. 1 InsO). Alle zum Zeitpunkt der Eröffnung begründeten persönlichen Forderungen gegen den Schuldner können nur noch zum Insolvenzverfahren angemeldet werden. Das allgemeine Vollstreckungsverbot gilt auch hinsichtlich des Neuerwerbs und der aus der Insolvenzmasse freigegebenen beweglichen und unbeweglichen Sachen.
312
Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück zusteht, sind trotz des im Insolvenzverfahren bestehenden Vollstreckungsverbots (§ 89 InsO) berechtigt, in unbewegliches Vermögen durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung zu vollstrecken (§ 49 InsO). Deshalb kann es trotz eines laufenden Insolvenzverfahrens zu einer Zwangsversteigerung kommen, wenn sie von einem absonderungsberechtigten Grundpfandrechtsgläubiger, einer öffentlichen Kasse wegen absonderungsberechtigter öffentlicher Grundstückslasten oder dem Verband der Wohnungseigentümer betrieben wird. 196
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Inhalt des Antrags
Rz. 321 § 16
Bei einem Verstoß gegen das Vollstreckungsverbot hat grundsätzlich das Insolvenzgericht auf Erinnerung eines Beteiligten zu entscheiden. Für das Zwangsversteigerungsverfahren gilt aber die Sonderregelung des § 28 Absatz 2, wonach das Versteigerungsgericht von Amts wegen tätig werden muss, wenn ihm ein solcher Verstoß bekannt wird.
313
2. Auswirkungen der Rückschlagsperre Erweitert wird das Vollstreckungsverbot im Insolvenzverfahren durch die so genannte Rückschlagsperre. Sie erstreckt das Vollstreckungsverbot auf einen Zeitraum, der zeitlich bereits vor der Insolvenzeröffnung liegt.
314
Soweit ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach eine Sicherung durch Zwangsvollstreckung an dem zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners erlangt, so wird die Sicherung mit der Insolvenzeröffnung rückwirkend wieder unwirksam (§ 88 Abs. 1 InsO).
315
Im Verbraucherinsolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners beträgt die Rückschlagsperre drei Monate (§ 88 Abs. 2 InsO).
316
Auf Grund dieser Regelung, die den Schutz der Masse schon vor Insolvenzeröffnung be- 317 zweckt, werden die von einem persönlichen Gläubiger erlangten Sicherungen rückwirkend wieder unwirksam. Zu beachten ist dabei, dass die Rückschlagsperre mit Insolvenzeröffnung in Kraft tritt und auf den Zeitraum vor der Antragstellung zurückwirkt. Es ist also durchaus denkbar, dass eine Sicherung, die mehrere Monate vor der Eröffnung erwirkt wurde, rückwirkend wieder unwirksam wird, wenn zwischen der Antragstellung und der Verfahrenseröffnung ein entsprechend langer Zeitraum liegt. Die Rückschlagsperre wirkt sich auch auf die Zwangsversteigerung aus. Wird ein Verstoß ge- 318 gen das Vollstreckungsverbot bekannt, weil etwa ein persönlicher Gläubiger innerhalb der Sperrfrist des § 88 InsO einer Zwangsversteigerung beigetreten ist, dann wird er durch die Rückschlagsperre vom Zwangsversteigerungsverfahren ausgeschlossen. Eine für ihn erwirkte Beschlagnahme wird rückwirkend unwirksam und das Verfahren ist für diesen Gläubiger vom Vollstreckungsgericht von Amts wegen insoweit aufzuheben, als es nicht aus einem Absonderungsrecht betrieben wird. Dabei ist nicht die Eintragung des Insolvenzvermerks im Grundbuch maßgebend, sondern bereits die Kenntnis des Versteigerungsgerichts von der Insolvenzeröffnung. Ein im Insolvenzeröffnungsverfahren angeordnetes Verfügungs- oder Vollstreckungsverbot hat hingegen keine Auswirkung auf die Zulässigkeit der Immobiliarvollstreckung. Ein solches Verbot kann sich nicht auf unbewegliches Vermögen erstrecken (§ 21 Abs. 2 Ziff. 3 InsO), so dass während des Eröffnungsverfahrens die Zwangsversteigerung sogar noch durch einen persönlichen Gläubiger betrieben werden kann. Allerdings muss dieser damit rechnen, dass er seine durch die Anordnung erlangte Sicherung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die Rückschlagsperre wieder verliert.
319
Ein persönlicher Gläubiger, der die Beschlagnahme von unbeweglichem Vermögen durch Anordnung der Zwangsversteigerung oder Beitritt außerhalb der Sperrfrist des § 88 InsO erwirkt hat, kann das Verfahren auch nach Insolvenzeröffnung fortsetzen, da er ein Recht auf abgesonderte Befriedigung genießt (§§ 49, 50 InsO) und insoweit einem dinglichen Gläubiger gleichgestellt ist.
320
Weitere Gläubiger, die abgesonderte Befriedigung verlangen können, sind die Berechtigten aus Grundpfandrechten, der Verband der Wohnungseigentümer wegen ihrer nach § 10
321
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§ 16 Rz. 321 Inhalt des Antrags Abs. 1 Ziff. 2 bevorrechtigten Ansprüche bis zur Insolvenzeröffnung177, sowie die öffentlichen Kassen wegen der öffentlichen Grundstückslasten in den Rangklassen 3 und 7 des § 10178. In einem ausländischen EU-Insolvenzverfahren sind ebenfalls sämtliche öffentliche Lasten des Grundstücks als dingliche Rechte im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Europäischen Insolvenzverordnung anzusehen und genießen bei der Verwertung eines inländischen Grundstücks ein Absonderungsrecht179. 322
Sie sind zwar Insolvenzgläubiger, soweit ihnen der Schuldner auch persönlich haftet. Zur Befriedigung aus der Insolvenzmasse sind sie jedoch nur berechtigt, soweit sie auf ihr Absonderungsrecht verzichten, was sie aber regelmäßig nicht tun werden, weil die Befriedigungschancen im Zwangsversteigerungsverfahren fast immer besser sind, als im Insolvenzverfahren. Verzichten sie nicht auf ihr Recht und erleiden sie auch keinen Ausfall, nehmen sie am Insolvenzverfahren nicht teil. Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen zusteht und die dieses auch ausüben wollen, können sich weitestgehend so verhalten, als wäre das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden. Sie sind weiterhin zur abgesonderten Befriedigung berechtigt. Unter dem Gesichtspunkt der Verwertungsbefugnis berührt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Rechtsstellung des Gläubigers also nicht180. Sie benötigen aber zur Durchsetzung des Absonderungsrechts einen Vollstreckungstitel gegen den Insolvenzverwalter (s. Rz. 323). Ist ein Absonderungsberechtigter bei der Geltendmachung seines Rechts durch Zwangsversteigerung oder -verwaltung ausgefallen (§ 52 InsO), kann er den Ausfallbetrag im Insolvenzverfahren anmelden. 3. Zwangsvollstreckung nach Insolvenzeröffnung
323
Beabsichtigt ein absonderungsberechtigter Gläubiger während eines laufenden Insolvenzverfahrens die Immobiliarvollstreckung aus einem Titel gegen den Insolvenzschuldner zu betreiben, so ist allerdings die Umschreibung der Vollstreckungsklausel gegen den Insolvenzverwalter erforderlich. Die ZPO enthält dazu zwar keine ausdrückliche Regelung, was angesichts der Häufigkeit von Insolvenzverfahren verwunderlich ist. Die Notwendigkeit einer Titelumschreibung wird aber aus der allgemein anerkannten Rechtsauffassung hergeleitet, dass der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes nur selbst prozessfähig ist und das Verfahren gegen ihn durchgeführt wird (analog §§ 727, 748, 749, 750 Abs. 2 ZPO).
324
In der Praxis kommt es oft genug vor, dass der Insolvenzverwalter das Grundstück unmittelbar nach einer Klauselumschreibung und Zustellung an ihn aus der Masse frei gibt, was eine Rückumschreibung der Klausel nötig macht. Nach der Freigabe muss die Immobiliarvollstreckung des Absonderungsgläubigers nämlich gegen den Schuldner durchgeführt werden. Deshalb sollte sich der Gläubiger auf jeden Fall vor der Titelumschreibung beim Insolvenzverwalter erkundigen, ob dieser das Grundstück aus der Masse frei gibt. So kann möglicherweise eine kostenträchtige und unnötige Umschreibung des Titels vermieden werden. Eine Besonderheit ist darin zu sehen, dass der Insolvenzverwalter aus einer zur Masse gehörenden Eigentümergrundschuld die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben darf, obwohl dies dem Eigentümer eines Grundstücks grundsätzlich nicht gestattet ist (§ 1197 Abs. 1 BGB). Selbst eine vor der Insolvenzeröffnung eingegangene schuldrechtliche Verpflich177 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, MDR 2011, 1160 = MietRB 2011, 346 = Rpfleger 2011, 686 = ZfIR 2011, 825 mit Anm. Derleder. 178 BGH v. 6.10.2011 – V ZB 18/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 271. 179 BGH v. 8.12.2016 – V ZB 41/14, Rpfleger 2017, 294 = MDR 2017, 604; vgl. EuGH v. 26.10.2016, Senior Home, C-195/15, EU:C:2016:804. 180 BGH v. 29.11.2007 – IX ZB 12/07, MDR 2008, 344 = Rpfleger 2008, 220.
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Inhalt des Antrags
Rz. 330 § 16
tung, eine Grundschuld nicht zu revalutieren und sie nicht zu übertragen, steht einer Verwertung der Grundschuld durch den Insolvenzverwalter nicht entgegen181. 4. Vollstreckung bei vorläufiger Insolvenzverwaltung Falls im Eröffnungsverfahren ein so genannter „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter 325 bestellt wurde, geht damit nach weit verbreiteter Ansicht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Schuldner auf den Verwalter über. Die weiterhin zulässige Zwangsvollstreckung soll dann gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter erfolgen, da die Partei- und Prozessfähigkeit für Massegegenstände bei ihm liegt und er deshalb wie ein Rechtsnachfolger des Schuldners zu behandeln ist. Dazu ist Titelumschreibung und erneute Zustellung erforderlich182. Weil der Schuldner im Eröffnungsverfahren nicht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht hinsichtlich des unbeweglichen Vermögens verliert, hat die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen jedoch noch gegen den Schuldner selbst zu erfolgen und der Sinn einer Titelumschreibung auf den vorläufigen starken Verwalter ist zumindest fraglich. Diese Rechtsauffassung wird durch den BGH insoweit gestützt, dass der Schuldner seine Prozessfähigkeit im Insolvenzverfahren nicht verlieren soll, soweit insolvenzfreies Vermögen betroffen ist183. Im Eröffnungsverfahren ist gerade das unbewegliche Vermögen noch nicht erfasst.
326
Fraglich ist jedenfalls, ob auch im Fall des vorläufigen Verwalters die „Amtstheorie“ greift und ihm hinsichtlich des unbeweglichen Vermögens die gleiche rechtliche Position zukommen soll, wie dem Insolvenzverwalter nach der Verfahrenseröffnung. Die aufgezeigten Argumente des BGH sprechen dagegen. Ein besserer Schutz für die Masse oder den Insolvenzschuldner wird durch die Klauselumschreibung nicht erreicht. Die Titelumschreibung auf den vorläufigen Verwalter verursacht jedoch Kosten und Zeitaufwand. Daneben ist ungeklärt, wie der Verwalter in der Klausel zu bezeichnen ist und ob diese Klausel nach der Verfahrenseröffnung überhaupt noch Gültigkeit hat oder etwa eine erneute Umschreibung erforderlich wird.
327
Ein weiteres Problem tritt ein, wenn das Insolvenzverfahren gar nicht eröffnet wird. Dann 328 kann der Gläubiger womöglich erst nach kostenverursachender (Rück-)Umschreibung des Titels gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung durchführen. Wurde die Immobiliarvollstreckung auf Grund eines Titels gegen den Schuldner angeordnet, obwohl bereits das Insolvenzverfahren eröffnet war, dann bleibt die Beschlagnahme zunächst wirksam.
329
Das Versteigerungsgericht muss das Verfahren gemäß § 28 Abs. 2 einstweilen einstellen, bis der Vollstreckungstitel gegen den Insolvenzverwalter umgeschrieben ist. Geschehen kann dies aber nur in der Zeit zwischen Insolvenzeröffnung und Eintragung des Insolvenzvermerks im Grundbuch (§ 32 InsO). Ansonsten würde das Vollstreckungsgericht bei der Grundbucheinsicht vor der Anordnung erkennen, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet ist und müsste die Anordnung eines Verfahrens gegen den Schuldner ablehnen.
330
181 BGH v. 24.3.2016 – IX ZR 259/13, Rpfleger 2016, 491 = NJW 2016, 3239. 182 LG Cottbus v. 28.1.2000 – 7 T 549/99, Rpfleger 2000, 294; Alff, Rpfleger 2002, 90 als ablehnende Anm. zu LG Halle v. 20.9.2001 – 2 T 151/01, Rpfleger 2002, 89; Ganter, MüKo-InsO, vor § 49 InsO, Rz. 165a; Dassler u.a./Hintzen, § 15 ZVG Rz. 41, Stöber/Keller § 15 Rz. 186. 183 BGH v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12, MDR 2013, 1314.
Goldbach
199
§ 16 Rz. 331 Inhalt des Antrags 5. Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei laufender Zwangsversteigerung 331
Erfolgt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst nach der Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung, dann ist keine Titelumschreibung erforderlich184.
332
Das Verfahren wird für die absonderungsberechtigten Gläubiger unter Beachtung der Rückschlagsperre fortgeführt. Dabei tritt der Insolvenzverwalter an Stelle des Schuldners in das laufende Verfahren ein.
333
Wurde die Vollstreckungsklausel gegen den Insolvenzverwalter umgeschrieben und das Verfahren angeordnet, so kann die Zwangsvollstreckung auch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens aus diesem Titel fortgeführt werden. Eine Rückumschreibung auf den Schuldner ist dann genau so wenig erforderlich, wie wenn der Insolvenzverwalter das beschlagnahmte Grundstück aus der Masse frei gibt185.
334
Eine wirksam eingeleitete Vollstreckung soll von einem Wechsel der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis unberührt bleiben. Dabei ist es gleich, ob der Wechsel durch die Insolvenzeröffnung vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter erfolgt oder umgekehrt durch Freigabe des beschlagnahmten Grundstücks aus der Masse186. 6. Freigabe des Zwangsversteigerungsobjekts aus der Masse
335
Der Insolvenzverwalter kann Gegenstände und Grundstücke aus der Insolvenzmasse freigeben mit der Folge, dass diese künftig nicht mehr zur Insolvenzmasse gehören. Die Freigabe nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO erlangt Wirksamkeit mit dem Zugang der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters bei dem Schuldner187.
336
Ist diese erfolgt, so ist das Insolvenzgericht verpflichtet, auf Antrag eines absonderungsberechtigten Gläubigers, das Grundbuchgericht um Löschung des Insolvenzvermerks zu ersuchen, wenn der Insolvenzverwalter nicht selbst die Löschung des Vermerks beantragt (§ 32 Abs. 3 InsO).
337
Auf Grund des in § 89 Abs. 1 InsO festgelegten Vollstreckungsverbots können Insolvenzgläubiger wegen einer nicht absonderungsberechtigten Insolvenzforderung nicht in ein freigegebenes Grundstück vollstrecken188.
338
Zulässig ist aber die Vollstreckung aus einem Absonderungsrecht oder wegen einer später entstandenen Forderung, die nicht Insolvenzforderung ist. Die Zwangsvollstreckung richtet sich dann gegen den Schuldner, der nach der Freigabe seine Prozessführungsbefugnis hinsichtlich des freigegebenen Vermögens wieder erlangt189. Die einmal erteilte Freigabe kann der Insolvenzverwalter nicht widerrufen oder anfechten. Der Übererlös für ein freigegebenes Grundstück steht dem Schuldner zu190. Anders ist es aber, wenn ein Gläubiger einer im Insolvenzverfahren nicht mehr valutierten Sicherungsgrundschuld im Zwangsversteigerungsverfahren nach dem Zuschlag auf die Zuteilung verzichtet. Der dann dem Schuldner zuzuteilende Erlösanteil aus dem Grundpfandrecht (Eigentümererlösanspruch) steht trotz vorheriger Freigabe der Insolvenzmasse zu191. 184 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 84/05 und BGH v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, Rpfleger 2006, 423; Stöber/ Keller, § 15 ZVG Rz. 198. 185 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 84/05 und BGH v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, Rpfleger 2006, 423. 186 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 84/05 und BGH v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, Rpfleger 2006, 423. 187 BGH v. 9.2.2012 – IX ZR 75/11, BGHZ 192, 322-334 = MDR 2012, 676. 188 BGH v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, MDR 2009, 832 = Rpfleger 2009, 407 = ZfIR 2009, 482. 189 BGH v. 18.4.2013 – IX ZR 165/12, MDR 2013, 1314 = WM 2013, 1129. 190 BGH v. 3.4.2014 – IX ZA 5/14, MDR 2014, 747 = Rpfleger 2014, 537. 191 BGH v. 27.4.2017 – IX ZB 93/16, MDR 2017, 907 = Rpfleger 2017, 580.
200
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Inhalt des Antrags
Rz. 345 § 16
N. Sonderregelungen I. Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft/Teilungsversteigerung Jeder Miteigentümer kann jederzeit einen Antrag auf Versteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft nach Bruchteilen stellen, denn jeder Teilhaber an einer Grundstücksgemeinschaft darf jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Eine Vereinbarung, durch welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nicht zulässig (§ 749 BGB).
339
Bei einer Erbengemeinschaft kann ebenfalls jeder Miterbe jederzeit den Antrag auf Teilungsversteigerung stellen (§ 2042 Abs. 1 BGB). Gegenstand eines Teilungsversteigerungsverfahrens kann auch das Grundstück einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sein. Den Antrag auf Teilungsversteigerung kann der einzelne Gesellschafter stellen, ohne zuvor seinen Anspruch auf Versteigerung des Gesellschaftsgrundstücks gegen die übrigen Gesellschafter oder die GbR gerichtlich durchsetzen zu müssen. Die GbR selbst und die übrigen Gesellschafter müssen eventuelle Einwände aus dem Gesellschaftsvertrag oder dem Gesellschaftsverhältnis gegen die Teilungsversteigerung im Wege der Widerspruchsklage analog § 771 ZPO geltend machen192. Der Gesetzgeber lässt also bei den Gemeinschaften einen Anspruch auf Auseinandersetzung und damit die Berechtigung zur Antragstellung einer Teilungsversteigerung zu.
340
Zum Begriff der Teilungsversteigerung meint Stöber, dass man das Verfahren zweckmäßiger- 341 weise „Aufhebungs- oder Auseinandersetzungsversteigerung“ nennen müsse. Der Begriff der Teilungsversteigerung habe sich aber so durchgesetzt, dass er nicht mehr verdrängt werden kann193. Der Antrag auf Zwangsversteigerung kann von jedem Miteigentümer alleine gestellt werden. Für die formellen Antragserfordernisse gelten die §§ 16, 17. Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. Obwohl das Verfahren hinsichtlich der Verfahrensdurchführung wie eine Zwangsvollstreckung behandelt wird, muss ein Titel nicht vorgelegt werden (§ 181 Abs. 1).
342
Sinn des Verfahrens ist es, den Anspruch einzelner Mitglieder einer Grundstücksgemeinschaft 343 auf Auseinandersetzung durchzusetzen. Zu diesem Zweck wird das in der Natur selten teilbare Grundstück durch Zwangsversteigerung auf einen Dritten übertragen, so dass sich die Gemeinschaft am Erlös fortsetzt. Das wird jedoch nur notwendig, wenn eine Einigung der Beteiligten nicht möglich ist. Die fehlende Einigungsmöglichkeit ist nicht Voraussetzung für die Berechtigung zur An- 344 tragstellung. Am Ende des Verfahrens muss hinsichtlich des Erlöses noch der Auseinandersetzungsanspruch durchgesetzt werden. Das Vollstreckungsgericht nimmt nämlich dann keine Verteilung vor, wenn nicht alle Mitglieder der Gemeinschaft übereinstimmende Erklärung abgeben, wie der Übererlös verteilt werden soll. Die Einigung ist jedoch durch die erfolgte Umwandlung des Grundstücks in einen Geldbetrag in vielen Fällen erheblich erleichtert. Die beschränkten Vollstreckungsmöglichkeiten bei Bruchteilseigentum des Schuldners führen dazu, dass Pfändungsgläubiger zunehmend das Verfahren betreiben, nachdem sie den Aufhebungsanspruch des Schuldners gepfändet haben.
192 BGH v. 16.5.2013 – V ZB 198/12, MDR 2013, 1428 = Rpfleger 2013, 693 = ZfIR 2013, 734 m. Anm. Becker. 193 Stöber/Kiderlen, § 180 ZVG Rz. 67.
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201
345
§ 16 Rz. 346 Inhalt des Antrags 346
Weiteres zur Versteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft kann der Kommentierung zu § 180 entnommen werden.
II. Erbbaurecht 1. Gegenstand der Vollstreckung 347
Das Recht, auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk zu haben heißt Erbbaurecht und unterliegt als so genanntes grundstücksgleiches Recht der Immobiliarvollstreckung (§ 864 ZPO, § 11 ErbbauRG). Sowohl das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück, als auch das Erbbaurecht selbst, können Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein.
348
Die Zwangsvollstreckung in ein Erbbaurecht erfolgt nach denselben Bestimmungen wie die Zwangsvollstreckung in Grundstücke. Allerdings gibt es einige Besonderheiten zu beachten, die nachfolgend dargestellt werden. 2. Veräußerungsbeschränkung
349
Das Erbbaurecht kann insoweit beschränkt werden, als zur Veräußerung die Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich ist (§ 5 ErbbauRG). Eine solche Beschränkung ist auch in der Immobiliarvollstreckung zu beachten. Sie hindert jedoch nicht schon die Anordnung des Verfahrens, sondern die erforderliche Genehmigung muss erst zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs, also bei der Zuschlagserteilung, vorliegen.
350
Ein Interesse an der Beibringung der Zustimmungserklärung hat zwar in erster Linie der Ersteher, da jedoch auch der Gläubiger am Erfolg der Vollstreckung interessiert ist, sollte er sich gleichfalls um die Zustimmung des Grundstückseigentümers kümmern. Ihm steht ein eigenes Antragsrecht zu194.
351
Verweigert werden darf die Zustimmung nur aus einem wichtigen Grund, der in der Person des Erwerbers besteht. Ist beispielsweise absehbar, dass der Erwerber nicht in der Lage sein wird, den Erbbauzins zu zahlen oder wird der Zweck des Erbbaurechts durch den neuen Eigentümer verfehlt (z.B. Förderung kinderreicher Familien als Zweck und der Ersteher ist kinderlos), dann kann der Grundstückseigentümer die Zustimmung verweigern. Ist der Meistbietende nicht bereit, eine schuldrechtliche Verpflichtung für den Erbbauzins zu übernehmen, kann der Grundstückseigentümer seine Zustimmung zur Erteilung des Zuschlags verweigern, was zu einer Zuschlagsversagung führt195. Auf diese Weise kann der Erbbaurechtsausgeber sicherstellen, dass mit dem Erbbaurecht auch dann eine Rendite erzielt wird, wenn eine eingetragene Erbbauzinsreallast den schuldrechtlichen Erbbauzins nicht in voller Höhe absichert, die dingliche Sicherung also wertmäßig hinter der schuldrechtlichen Verpflichtung zurückbleibt. Da die Erzielung einer Rendite grundsätzlich der Zweck eines Erbbaurechts ist, muss der Erbbaurechtsausgeber die Zustimmung zum Zuschlag auch dann verweigern können, wenn der Erbbauzins nicht dinglich gesichert ist oder die dingliche Sicherung mit dem Zuschlag erlischt und der Ersteher nicht bereit ist, eine schuldrechtliche Verpflichtung einzugehen196.
352
Eine fehlende Zustimmung kann auf Antrag des Erbbauberechtigten oder des Gläubigers gerichtlich ersetzt werden (§ 7 Abs. 3 ErbbauRG). Der gerichtlichen Ersetzung der Zustimmung des Grundstückseigentümers zum Erwerb des Erbbaurechtes durch den Ersteher in der Zwangsversteigerung aus einem vorrangigen Grundpfandrecht steht nicht entgegen, dass 194 BGH v. 26.2.1987 – V ZB 10/86, MDR 1987, 570 = Rpfleger 1987, 320. 195 BGH v. 13.7.2017 – V ZB 186/15, MDR 2017, 1236 = Rpfleger 2018, 40. 196 Goldbach, KKZ 2018, 121.
202
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Inhalt des Antrags
Rz. 357 § 16
der durch eine Reallast gesicherte Anspruch auf den Erbbauzins wegfällt und der Ersteher nicht zur freiwilligen Übernahme einer schuldrechtlichen Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses bereit ist197.
III. Verwaltungszwangsverfahren bzw. Verwaltungsvollstreckung 1. Gesetzliche Grundlage Die Verwaltungsvollstreckung ist ein staatliches Verfahren zur Durchsetzung eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs gegenüber einem Bürger oder einer juristischen Person198. Im Verwaltungsrecht wird dem Pflichtigen zunächst durch Verwaltungsakt ein Gebot oder Verbot auferlegt und ihm eine Frist zur Erfüllung gesetzt. Kommt der Verpflichtete der Aufforderung nicht nach, muss der Anspruch im Verwaltungszwangsverfahren mit staatlicher Gewalt durchgesetzt werden.
353
Die Verwaltungsvollstreckung erfolgt durch die öffentlichen Kassen und Finanzämter nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder und der Abgabenordnung (AO) sowie durch die Gerichtskassen nach der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO).
354
Das Verwaltungsvollstreckungsrecht gibt der Behörde die Möglichkeit, Ansprüche selbst zu titulieren und Vollstreckungsmaßnahmen vorzunehmen, ohne die Organe der Justiz in Anspruch zu nehmen199. Das gilt jedoch hinsichtlich der Durchführung der Zwangsvollstreckung nur für die Mobiliarvollstreckung und die Forderungspfändung. Für die Immobiliarvollstreckung verbleibt es bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit200.
355
Voraussetzung für die Zulässigkeit der Selbsttitulierung ist, dass die Behörde gleichzeitig 356 der Gläubiger der Forderung ist oder als Gläubiger im Sinne des § 252 AO gilt. Es handelt sich dabei um eine gesetzliche Fiktion, wonach als verfahrensrechtlicher Gläubiger des zu vollstreckenden Anspruchs die Vollstreckungsbehörde gilt, die mit der Vollstreckung beauftragt ist. Dies gilt auch dann, wenn die Vollstreckungsbehörde Ansprüche anderer Körperschaften vollstreckt. Wenn eine Behörde als der schuldrechtliche Gläubiger der Forderung selbst nicht die Befugnisse einer Vollstreckungsbehörde hat, darf sie die Vollstreckbarkeit von eigenen Forderungen bescheinigen, weil sie als schuldrechtlicher Gläubiger und Forderungsinhaber zweifelsfrei feststellen kann, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen201. Das ist dann von Bedeutung, wenn die Behörde ihre Befugnisse als Vollstreckungsbehörde auf eine andere Behörde übertragen hat (z.B. Gemeindekasse auf Kreiskasse in Hessen und Thüringen), die dann den Versteigerungsantrag beim Vollstreckungsgericht stellen muss. Meist ist jedoch der Gläubiger einer öffentlich-rechtlichen Forderung auch Vollstreckungsbehörde und zur Antragstellung beim Vollstreckungsgericht berechtigt. Um als Vollstreckungsbehörde in das unbewegliche Vermögen vollstrecken zu können, müssen alle in den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes, der Länder oder der AO bestimmten Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sein. Dazu hat vor Beginn der Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung ein Leistungsbescheid (Verwaltungsakt) zu ergehen, der dem Schuldner gegenüber bekannt zu geben oder teilweise sogar zuzustellen ist.
197 OLG Frankfurt/M. v. 27.12.2011 – 20 W 81/11, Rpfleger 2012, 314; OLG Düsseldorf v. 20.6.2013 – I-3 Wx 92/13, Rpfleger 2013, 698. 198 App, KKZ 2011, 11. 199 Goldbach, ZfIR 2017, 384. 200 Goldbach, KKZ 2014, 2. 201 Goldbach, ZfIR 2017, 384.
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203
357
§ 16 Rz. 357 Inhalt des Antrags Des Weiteren muss die Geldleistung fällig, dem Schuldner die Vollstreckung durch eine Mahnung angedroht worden und die in der Mahnung angegebene Frist verstrichen sein. 358
Hinsichtlich privatrechtlicher Forderungen, gilt das Selbstitulierungsrecht ausnahmsweise ebenso, soweit privatrechtliche Forderungen der öffentlich-rechtlichen Gläubiger nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder im Verwaltungswege vollstreckt werden dürfen und nicht eine Vollstreckung oder Titulierung auf dem ordentlichen Rechtsweg erforderlich ist. Hierbei tritt an die Stelle des bei öffentlich-rechtlichen Geldleistungen geforderten Verwaltungsaktes die Zahlungsaufforderung.
359
Wenn ein Gläubiger auf Grund seiner öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung zur Selbsttitulierung berechtigt ist und er nach erfolgter Titulierung in ein privatrechtliches Unternehmen umgewandelt wird, dann kann er aus einem selbst geschaffenen Titel nicht mehr im Verwaltungszwangsverfahren vollstrecken, sondern benötigt einen privatrechtlichen Vollstreckungstitel202.
360
Soll das Verwaltungszwangsverfahren gegen eine Person durchgeführt werden, die für die Erfüllung der Forderung nicht persönlich haftet, sondern ausschließlich als Verwalter einer bestimmten Vermögensmasse handelt, zu der das Vollstreckungsobjekt gehört, wie etwa ein Insolvenz- oder Zwangsverwalter, hat gegen diesen Verwalter ein Duldungsbescheid zu ergehen203.
361
Zur Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen, reicht die Vollstreckungsbehörde an Stelle eines Vollstreckungstitels nebst Klausel und Zustellungsnachweis eine Vollstreckbarkeitsbescheinigung und einen den Anforderungen der §§ 15, 16 ZVG entsprechenden Antrag beim Vollstreckungsgericht ein. Häufig erfolgt dies in Form eines vollstreckbaren Antrags bzw. Ersuchens, so dass die Vollstreckbarkeitsbescheinigung und der Antrag selbst in einem einheitlichen Schriftstück enthalten sind. Das Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren wird dann vom Vollstreckungsgericht nach den Vorschriften von ZPO und ZVG durchgeführt. 2. Form und Inhalt der Vollstreckbarkeitsbescheinigung
362
Im Gegensatz zu anderen Gläubigern benötigt der Gläubiger im Verwaltungszwangsverfahren zur Vollstreckung in das unbewegliche und bewegliche Vermögen keinen Titel, soweit öffentlich-rechtliche Geldleistungen vollstreckt werden. Es genügt die unterschriebene Bescheinigung, dass der Anspruch vollstreckbar ist.
363
Das „vollstreckbare Ersuchen“ auf Anordnung der Zwangsversteigerung an das Amtsgericht ersetzt den Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen, wie er von einem aus privatrechtlichem Anspruch betreibenden Gläubiger geführt werden muss (§§ 704, 750 ZPO). Das Ersuchen muss daher schriftlich gestellt sein. Es ist kein Verwaltungsakt204 und muss dem Schuldner weder von der Behörde noch vom Vollstreckungsgericht bekannt gemacht werden205.
364
Eine Ausnahme besteht in Rheinland-Pfalz, wo nach § 59 Abs. 2 LVwVG RP die Vollstreckungsbehörde dem Vollstreckungsschuldner unverzüglich mitzuteilen hat, dass sie die Vollstreckung in sein unbewegliches Vermögen beantragt hat. Diese Mitteilung steht einer im Verwaltungsvollstreckungsverfahren ergangenen Verfügung gleich. Üblicherweise ge202 OLG Hamm v. 15.2.1989 – 15 W 591/88, Rpfleger 1989, 337. 203 Klomfaß, KKZ 2013, 265; OVG Münster v. 19.6.2012 – 14 B 1137/11, ZfIR 2012, 656 mit Anm. B. Schmidberger; Glotzbach/Goldbach, Immobiliarvollstreckung aus Sicht der kommunalen Vollstreckungsbehörden, Rz. 719. 204 OVG Münster v. 19.6.2012 – 14 B 1137/11, ZfIR 2012, 656 mit Anm. B. Schmidberger. 205 VG Oldenburg v. 8.4.2003 – 2 B 4649/02, KKZ 2007, 45.
204
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Inhalt des Antrags
Rz. 370 § 16
schieht dies mit einer Abschrift des ZV-Antrags. Mit dieser Regelung ist der Antrag zwar immer noch kein Verwaltungsakt, die Mitteilung wird aber so behandelt und unterwirft sie damit der Anfechtbarkeit als Verwaltungsakt206. Ob ein Dienstsiegel erforderlich ist, wird unterschiedlich bewertet. In der Praxis wird dies gelegentlich verlangt207. Eine gesetzliche Grundlage dafür ist sowohl im Verwaltungsrecht als auch im ZVG nicht vorhanden208. Eine mit § 29 Abs. 3 GBO vergleichbare Regelung existiert für die Zwangsversteigerung nicht.
365
Weitere Erklärungen und Nachweise der Vollstreckungsbehörde, beispielsweise, der Leistungsbescheid, eine Bestätigung, dass der Anspruch durch Pfändung nicht beigetrieben werden kann oder eine Unpfändbarkeitsbescheinigung des Vollziehungsbeamten, kann das Vollstreckungsgericht nicht verlangen. Die Vollstreckungsvoraussetzungen werden bei der Verwaltungsvollstreckung durch die Vollstreckungsbehörde geprüft und nicht durch das Vollstreckungsgericht209.
366
Das gilt auch für den der Vollstreckung zu Grunde liegenden Bescheid, der einer Nachprüfung durch das Vollstreckungsgericht nicht unterliegt und nur vom Schuldner selbst im Verwaltungsverfahren angegriffen werden kann. Eine als Forderungsbescheid bezeichnete und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Aufstellung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge, mit der der Adressat zur Zahlung des Saldos aufgefordert wird, stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X dar, der gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung vollstreckt werden kann210. Das Vollstreckungsgericht darf auch dabei nicht überprüfen, ob der Bescheid ausreichend begründet ist und ob er inhaltlich zutreffend ist.
366a
Das Versteigerungsobjekt ist eindeutig zu bezeichnen. Bei nur einem Grundstück genügt die Angabe des Grundbuchblattes. Bei mehreren Grundstücken auf demselben Blatt oder der Vollstreckung in einzelne Miteigentumsanteile bedarf es zusätzlich der katastermäßigen Bezeichnung oder der Angabe der laufenden Nummer des Bestandsverzeichnisses.
367
Die genaue Angabe des Eigentümers ist erforderlich, damit das Gericht die Identität des in der Erklärung über die Vollstreckbarkeit der Forderung genannten Schuldners mit dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer feststellen kann. Außerdem muss der Anspruch eine Geldforderung zum Gegenstand haben, die unter Angabe der Fälligkeit und der Beanspruchung des Ranges nach Kosten, Zinsen und Hauptforderung aufzuschlüsseln ist.
368
Aus dem Antrag muss erkennbar sein, ob nur wegen der Kosten, der Zinsen oder der Hauptforderung das Verfahren betrieben werden soll bzw. der Gläubiger den Antrag aus einem dinglichen Recht oder einer persönlichen Forderung oder aus beidem gleichzeitig stellt. Die Forderung sollte in dem Ersuchen so genau wie möglich bezeichnet werden. Angaben wie etwa „Rückstand“ oder „Abgabenschulden“ werden aufgrund der unterschiedlichen Rangklassen sicherlich zu Rückfragen durch das Vollstreckungsgericht führen.
369
Im Antrag muss die Vollstreckungsbehörde hinreichend genaue Angaben zur Rechtsnatur des Anspruchs und zum Leistungszeitraum machen, denn nur dann kann das Vollstreckungsgericht die Einordnung in eine Rangklasse vornehmen.
370
206 Engelhardt/App, Abgabenordnung, § 322 Rz. 8. 207 Hornung, Rpfleger 1981, 86, 89. 208 OLG Frankfurt/M. v. 4.11.1959 – 2 W 111/59, NJW 1960, 1675 nach dessen Ansicht die Unterschrift des zuständigen Beamten und der Briefkopf der Vollstreckungsbehörde die Rechtsbeständigkeit des Verwaltungsaktes eher nachweist, als ein allgemeines Dienstsiegel des Landkreises; Stöber/Becker, § 16 ZVG Rz. 5. 209 Siehe § 322 Abs. 3 Satz 3 AO sowie die meist gleichlautenden Bestimmungen in den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder. 210 BGH v. 25.2.2016 – V ZB 25/15, Rpfleger 2016, 365 = MDR 2016, 549.
Goldbach
205
§ 16 Rz. 371 Inhalt des Antrags 371
Zur Einordnung in die Rangklasse 3 ist es zwingend erforderlich, dass sich die Grundstücksbezogenheit der Forderung zum Vollstreckungsobjekt, also dem zu versteigernden Grundstück, Erbbaurecht oder Wohnungseigentum ergibt. Dingliche Haftung besteht ausschließlich für die Forderungen, die aus dem Vollstreckungsobjekt selbst geschuldet werden und nicht für Forderungen aus anderen Grundstücken desselben Eigentümers.
372
Nur soweit sich die geltend gemachten Forderungen auf den Gegenstand der Vollstreckung beziehen, kann eine Berücksichtigung in der bevorrechtigten Rangklasse 3 erfolgen. Enthält die Vollstreckbarkeitsbescheinigung dazu keine ausreichenden Angaben, kann die Einordnung nur in die Rangklasse 5 erfolgen, in der ein Gläubiger wesentlich schlechtere Chancen auf eine Zahlung aus dem Erlös hat.
373
Das Vorrecht der Rangklasse 3 gilt auch für Säumniszuschläge211. Zwar sind diese vor allem ein Druckmittel zur Zahlung und für sich genommen keine öffentliche Grundstückslast, können aber als Nebenforderungen zu bevorrechtigten Forderungen beansprucht werden. Da die Mahnung einer fälligen Forderung nach den verwaltungsrechtlichen Vorschriften zu den Vollstreckungsvoraussetzungen gehört, sind die für eine Mahnung anfallenden Kosten notwendige Titulierungskosten des Gläubigers und deshalb wie die Säumniszuschläge auch mit dem Hauptanspruch in dessen Rangklasse aufzunehmen (§ 10 Abs. 2)212. Trotz der deutlichen Aussage des BGH wird vereinzelt die Ansicht vertreten, dass es sich bei den Mahngebühren um rein persönliche Forderungen gegen den Schuldner handelt, diese deshalb nicht zu den Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung gehören und somit nicht privilegiert sind. Diese Meinung übersieht jedoch, dass die Mahnung bei einer öffentlich-rechtlichen Forderung zwingend erforderlich ist, um sie vollstreckungsreif zu machen. Sie entstehen deshalb, weil der Schuldner nicht fristgerecht zahlt.
374
Eine Glaubhaftmachung im Sinne von § 45 ZVG kann nur der Gläubiger, nicht jedoch das Vollstreckungsgericht oder ein anderer Beteiligter verlangen213. Alle in der Vollstreckbarkeitsbescheinigung aufgeführten Ansprüche gelten dann als im Sinne des § 45 ZVG glaubhaft gemacht, wenn „eine spezifizierte Aufstellung“ eingereicht wird214. Es muss also aus dem Antrag oder der Vollstreckbarkeitsbescheinigung erkennbar sein, welche konkreten Forderungen aus welchem Rechtsgrund vollstreckt werden215.
375
Falls Ansprüche im geringsten Gebot oder bei der Erlösverteilung Berücksichtigung finden, die ein anderer Gläubiger nicht für „rangklasse-3-fähig“ hält, bleibt ihm nur die Zuschlagsbeschwerde als Rechtsmittel gegen ein unrichtiges geringstes Gebot oder die sofortige Beschwerde gegen den Teilungsplan216. 3. Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts
376
Ebenso wie bei allen anderen titulierten Forderungen hat das Vollstreckungsgericht nicht zu prüfen, ob der geltend gemachte und bescheinigte öffentlich-rechtliche Anspruch tatsächlich besteht.
377
Die Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts beschränkt sich darauf, ob die Zuständigkeit der antragstellenden Vollstreckungsbehörde gegeben ist, die Vollstreckbarkeitsbe211 212 213 214 215
BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 24/09, MDR 2010, 411 = Rpfleger 2010, 225 = ZfIR 2010, 154. BGH v. 30.3.2012 – V ZB 185/11, Rpfleger 2012, 560 = KKZ 2013, 12. Stöber/Achenbach, § 10 ZVG Rz. 76 und Stöber/Gojowczyk, § 45 Rz. 14. Stöber/Gojowczyk, § 45 ZVG Rz. 18; Dassler/Schiffhauer/Hintzen, § 45 Rz. 12. Glotzbach/Goldbach, Immobiliarvollstreckung aus Sicht der kommunalen Vollstreckungsbehörden, Rz. 186. 216 BGH v. 19.2.2009 – V ZB 54/08, MDR 2009, 769 = Rpfleger 2009, 401, Goldbach, KKZ 2013, 267.
206
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Inhalt des Antrags
Rz. 380 § 16
scheinigung oder das vollstreckbare Ersuchen der gültigen Form entspricht und es sich bei der Forderung um einen Anspruch nach § 10 Abs. 1, Ziff. 3 ZVG handelt217. Die Vollstreckbarkeit des Verwaltungsakts, mit der die Geldleistung gefordert wird, unterliegt dabei nicht der Beurteilung des Gerichts (§ 322 Abs. 3 AO bzw. die oft wortgleichlauten Bestimmungen in den VwVG der Länder). Das Vollstreckungsgericht darf demnach nur prüfen, ob ein wirksames vollstreckbares Ersuchen vorliegt. Es prüft nicht das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen. Das ist allein Aufgabe der Vollstreckungsbehörde. Bei der Zwangsvollstreckung aus anderen Verwaltungsakten darf das Vollstreckungsgericht ebenfalls nicht prüfen, ob der Bescheid ausreichend begründet und inhaltlich zulässig ist. Eine solche Prüfung erfolgt mit den Rechtsbehelfen des Verwaltungsverfahrens im Rechtsstreit des Schuldners mit der Behörde218.
378
Nach einigen Verwaltungsvollstreckungsgesetzen soll ein Antrag auf Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen von der Vollstreckungsbehörde nur gestellt werden, soweit eine Vollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolglos verlaufen ist bzw. der geschuldete Betrag nicht „durch Pfändung“ beigetrieben werden kann. Es handelt sich hierbei um eine Bestimmung, die sich ausschließlich an die Vollstreckungsbehörde, nicht dagegen an das Vollstreckungsgericht wendet. Ein gegen diese Bestimmung verstoßender Antrag auf Zwangsversteigerung ist daher für das Gericht trotzdem bindend und kann vom Schuldner nur mit den im Verwaltungswege vorgesehenen Rechtsmitteln angegriffen werden. Dabei ist dann ausschließlich im Verwaltungsrechtstreit zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen. Insoweit ist von der Vollstreckungsbehörde dem Verwaltungsgericht gegenüber ein erfolgloser Sachpfändungsversuch oder eine erfolglose Forderungspfändung nachzuweisen. Diese verwaltungsrechtliche Vollstreckungsvoraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn wegen des Vollstreckungsverbots nach § 89 InsO keine Pfändungsmaßnahmen erfolgen können oder eine Vollstreckung der öffentlich-rechtlichen Forderung im Ausland nicht möglich ist.
379
Muster für Vollstreckbarkeitsbescheinigung
380
Kreiskasse des Landkreises … – als Vollstreckungsbehörde – Vollstreckbarkeitsbescheinigung Die Gemeinde Neuhof, Hauptstr. 77, 98765 Neuhof Aktenzeichen: 123 IKZ 2019 hat gegen Herrn Dietrich Müller, Seitengasse 7, 98765 Neuhof einen öffentlich-rechtlichen Ansprüche (§ 10 Abs. 1, Ziff. 3 ZVG) auf: 1.340,70 Euro Grundsteuern vom 1.10.2017 bis 31.3.2019 820,00 Euro Müllabfuhrgebühren vom 1.1.2018 bis 31.3.2019 25,00 Euro Mahngebühren dazu 18,00 Euro Säumniszuschläge lastend auf dem auf den Namen des Schuldners im Grundbuch von Neuhof, Blatt 1234, eingetragenen Grundstück lfd. Nr. 1, Gemarkung Neuhof, Flur 1, Flurstück 17/4, Seitengasse 7 = 512 m2
Gläubigerin
Schuldner
217 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 320. 218 BGH v. 25.2.2016 – V ZB 25/15, MDR 2016, 549 = Rpfleger 2016, 365.
Goldbach
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§ 16 Rz. 380 Inhalt des Antrags sowie einen persönlichen Anspruch auf: 2.784,33 Euro Gewerbesteuer vom 1.1.2017 bis 31.12.2018 Die Vollstreckbarkeit der Forderung wird bescheinigt. Im Auftrag (Unterschrift)
(Dienstsiegel)
IV. Entziehungsverfahren nach § 18 WEG 381
Ein Wohnungseigentümer, der sich gegenüber den anderen Miteigentümern einer so schweren Verletzung der ihm obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht hat, dass den Miteigentümern die Fortsetzung der Gemeinschaft mit ihm nicht mehr zugemutet werden kann, ist nach einer entsprechenden Beschlussfassung der Gemeinschaft verpflichtet, sein Wohnungseigentum zu veräußern. Tut er dies nicht freiwillig, dann muss der Verband der Wohnungseigentümer diesen Anspruch gerichtlich einklagen und nach erfolgter Titulierung durch Zwangsversteigerung durchsetzen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 WEG).
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Nach der Formulierung in § 19 WEG handelt es sich bei dem Entziehungsurteil um einen Titel, der im Rang des § 10 Abs. 1 Nr. 5 vollstreckt werden kann, weil in diese Rangklasse 5 alle Ansprüche des betreibenden Gläubigers einzuordnen sind, soweit sie nicht unter die Ranglassen 1-4 fallen219.
383
Das Urteil muss nicht rechtskräftig sein, vorläufige Vollstreckbarkeit ist hinreichend220.
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Daraus ergibt sich allerdings auch, dass bei der Aufstellung des geringsten Gebots alle Ansprüche, die diesem Anspruch rangmäßig vorgehen, aufzunehmen sind. Demnach fallen zumindest die Gerichtskosten, die öffentlichen Grundstückslasten und die sich aus dem Grundbuch ergebenden Belastungen ins geringste Gebot. Häufig wird dies allerdings dazu führen, dass das Wohnungseigentum wegen des hohen, möglicherweise über dem Verkehrswert liegenden geringsten Gebots, nicht verwertbar ist und das Entziehungsrecht faktisch nicht ausgeübt werden kann.
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Eine bis zur Beschlagnahme durch Anordnung der Zwangsversteigerung erfolgte Belastung des Wohnungseigentums mit rechtsgeschäftlich bestellten Grundpfandrechten oder Zwangssicherungshypotheken durch den Eigentümer, muss die WEG hinnehmen und sich vorgehen lassen. Jedoch kann die WEG dem durch Eintragung eines Belastungsverbots (§ 826 BGB) oder einer Vormerkung entgegenwirken.
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Das Recht aus dem vorläufig vollstreckbaren Entziehungsurteil ist nämlich durch eine Vormerkung im Grundbuch nach § 883 BGB, § 895 ZPO sicherbar. Die Eintragung einer solchen Vormerkung in das Wohnungsgrundbuch zur Sicherung des Anspruchs der Titelgläubiger auf Rechtsübertragung an den Ersteigerer und künftigen Eigentümer gilt durch das Urteil als bewilligt221.
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Besteht die Pflichtverletzung des Miteigentümers darin, dass dieser seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft nicht nachkommt, sollte sich der Verband der Wohnungseigentümer einen geeigneten Vollstreckungstitel verschaffen und dann wegen der titulierten rückständigen Hausgelder die Zwangsversteigerung des betreffenden Wohnungseigentums durchführen. 219 Köhler, Das neue WEG, § 19 WEG, Rz. 283. 220 LG Rostock v. 4.4.2013 – 3 T 234/12, NJW-Spezial 2013, 387; juris. 221 Geiben, jurisPK-BGB, 2012, § 18 WEG.
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Inhalt des Antrags
Rz. 397 § 16
Damit ist sie schon deshalb besser beraten, weil diese Ansprüche unter bestimmten Voraussetzungen in der Rangklasse 2 des § 10 ZVG rangieren und bei einer Verwertung allerbeste Chancen auf eine Zuteilung aus dem Versteigerungserlös haben. Geht es also der Gemeinschaft um die Beitreibung rückständiger Hausgelder, sollte sie wegen der besseren Rangposition den Weg der Zwangsversteigerung aus einem Zahlungstitel wählen.
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Das Ziel des Entziehungsverfahrens, nämlich an Stelle des zahlungsunwilligen oder -unfähigen Miteigentümers einen neuen Miteigentümer für die Gemeinschaft zu gewinnen, wird so ebenfalls erreicht.
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O. Zwangsvollstreckung bei herrenlosem Grundstück Jedem Grundstückseigentümer ist es freigestellt, auf das Eigentum an einem Grundstück zu verzichten. Dazu ist eine Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt und die Eintragung des Verzichts im Grundbuch erforderlich (§ 928 BGB). Mit der Eintragung im Grundbuch wird das Grundstück herrenlos. Es fällt jedoch nicht automatisch in das Eigentum des Fiskus.
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Die Möglichkeit der Eigentumsaufgabe ist allerdings bei Miteigentumsanteilen sowie Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechten nicht gegeben. Hier ist eine Eigentumsaufgabe unzulässig, weil die Rechtsfolgen nicht mit den sachen- und schuldrechtlichen Regelungen über das Miteigentum an Grundstücken in Einklang stehen222.
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Bei einem herrenlosen Grundstück besteht ein unbefristetes und ausschließliches Aneignungsrecht des Fiskus (§ 928 BGB). Es wird dadurch ausgeübt, dass sich der Fiskus als Eigentümer ins Grundbuch eintragen lässt. Verzichtet der Fiskus gegenüber dem Grundbuchamt ausdrücklich auf dieses Recht, dann unterliegt das Grundstück dem Aneignungsrecht eines Dritten. Jeder ist also berechtigt, beim Grundbuchamt einen Antrag auf Eintragung als Eigentümer zu stellen. Voraussetzung ist lediglich eine Verzichtserklärung des Fiskus und ein Antrag desjenigen, der Grundstückseigentümer werden möchte, an das Grundbuchamt223.
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Der Gläubiger könnte sich auf diesem Weg das Grundstück selbst aneignen und an Stelle einer Zwangsversteigerung einen freihändigen Verkauf durchführen. Die dazu erforderliche Verzichtserklärung ist jedoch meist nur gegen Zahlung eines Geldbetrags in Höhe des Grundstückswerts vom Fiskus erhältlich.
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Durch die Aufgabe des Eigentums an einem Grundstück erlöschen weder die persönliche Forderung eines Gläubigers gegen den Schuldner, noch die dinglichen Ansprüche „aus dem Grundstück“.
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Allerdings ergeben sich bei der Zwangsvollstreckung einige Besonderheiten. Die Vollstreckung in ein herrenloses Grundstück ist ausschließlich wegen dinglicher Ansprüche, also aus Grundpfandrechten oder öffentlichen Grundstückslasten zulässig.
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Aus einer persönlichen Forderung kann zwar nach wie vor in das persönliche Vermögen des Schuldners, jedoch nicht mehr in das Grundstück vollstreckt werden, da dieses gerade nicht mehr zum Schuldnervermögen gehört.
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Zur Durchführung des Verfahrens muss das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers einen Vertreter zur Wahrnehmung „der sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte und Verpflichtungen“ bestellen (§ 787 ZPO)224. Dieser Vertreter nimmt in der Immobiliarvollstreckung die Stellung des Schuldners ein, soweit es um diese sich aus dem Eigentum ergeben-
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222 BGH v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, BGHZ 172, 209 = MDR 2007, 1125 = NotBZ 2007, 287 = Rpfleger 2007, 459. 223 BGH v. 7.7.1989 – V ZR 76/88, BGHZ 108, 278 = MDR 1990, 141 = Rpfleger 1989, 497. 224 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 173.
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§ 16 Rz. 397 Inhalt des Antrags den Rechte und Verpflichtungen geht. Für seine Tätigkeit erhält er eine vom Gläubiger zu zahlende Vergütung. Eine Eintragung des Vertreters im Grundbuch erfolgt nicht. Seine Stellung ist mit der des Vertreters nach § 779 ZPO vergleichbar. Muss der Gläubiger seine dingliche Forderung erst titulieren lassen, dann ist nicht das Vollstreckungsgericht für die Bestellung des Vertreters zuständig, sondern das Prozessgericht (§ 58 ZPO). Bei öffentlich-rechtlichen Forderungen ist nach § 81 AO oder entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen zu verfahren. 398
Da er verfahrensrechtlich wie der Rechtsnachfolger des Eigentümers behandelt wird, ist eine Klauselumschreibung auf den Vertreter nötig, bevor die Zwangsvollstreckung beginnen kann.
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Sind bereits eine wirksame Beschlagnahme und die Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner erfolgt, so ist eine Klauselumschreibung wegen § 26 verzichtbar und das Verfahren ist nach Bestellung des Vertreters fortzuführen.
400
Ob bei einem Eigentumsverzicht im laufenden Verfahren eine Einstellung nach § 28 erfolgen muss, wird unterschiedlich bewertet. Dagegen spricht jedenfalls, dass eine Einstellung im Zwangsverwaltungsverfahren gar nicht möglich ist und schon deshalb in einer gleichzeitig laufenden Zwangsversteigerung nicht verlangt werden kann. Bezweifelt werden kann auch, dass es sich bei den Folgen einer Eigentumsaufgabe überhaupt um ein entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28 handelt225.
P. Eheliches Güterrecht und Lebenspartnerschaften I. Zugewinngemeinschaft 401
Grundsätzlich leben Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 Abs. 1 BGB). Ein anderer Güterstand kann durch Vertrag oder Ausschluss der Zugewinngemeinschaft vereinbart werden. Faktisch ist die Zugewinngemeinschaft eine Trennung der Vermögensmassen von Mann und Frau. Insoweit besteht kein Unterschied zur Gütertrennung. Es findet lediglich bei einer Auflösung der Ehe ein Ausgleich des während der Ehe hinzugewonnen Vermögens unter den Eheleuten statt. Zu diesem Zweck besteht ein Verbot für jeden Ehegatten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen.
402
Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen selbst, gemeinschaftliches Vermögen oder gar eine gegenseitige Haftung existieren nicht, es sei denn die Ehegatten haften für eine Forderung gesamtschuldnerisch. Dann ist eine Zwangsvollstreckung gegen beide Ehegatten aus einem entsprechend lautenden Titel zulässig.
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Es besteht lediglich die Einschränkung, dass keiner der Ehegatten durch Rechtsgeschäft über sein gesamtes Vermögen verfügen darf (§ 1365 Abs. 1 BGB). Hierdurch sollen die Ehepartner untereinander vor einseitigen Verfügungen gesichert werden, die geeignet sind, die wirtschaftliche Grundlage der Familie oder den Zugewinnausgleichsanspruch zu gefährden. Das Zustimmungserfordernis führt aber nicht zu einem generellen Schutz vor Minderungen des Familienvermögens und zu einer Einschränkung von Gläubigerrechten. Deshalb kann sich ein Ehegatte der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des anderen Ehegatten nicht deshalb widersetzen, weil es sich bei dem Vollstreckungsobjekt um dessen ganzes Vermögen im Sinne von § 1365 Abs. 1 BGB handelt226. Die gesetzliche Beschränkung des Verfügungsrechts ist bei der Zwangsvollstreckung nicht von Bedeutung, da es sich dabei nicht um ein Rechts225 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 174. 226 BGH v. 20.12.2005 – VII ZB 50/05, MDR 2006, 832 = Rpfleger 2006, 204 und BGH v. 2.2.2000 – XII ZR 25/98, MDR 2000, 703 = NJW 2000, 1947.
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Inhalt des Antrags
Rz. 411 § 16
geschäft handelt. Beim Antrag auf Teilungsversteigerung kann die Regelung jedoch Bedeutung erlangen227. Gläubiger eines Ehegatten können ausschließlich auf dessen Vermögen zugreifen. Dazu benötigen die Gläubiger keinen Zahlungs- oder Duldungstitel gegen den anderen Ehegatten.
404
II. Gütertrennung Falls die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand ausschließen oder aufheben und vertrag- 405 lich keine andere Vereinbarung treffen, tritt Gütertrennung ein. Sie tritt ebenso ein, wenn der Ausgleich des Zugewinns ausgeschlossen oder die Gütergemeinschaft aufgehoben wird (§ 1414 BGB). Wie bei der Zugewinngemeinschaft gibt es auch bei diesem Güterstand kein gemeinsames Vermögen der Eheleute. Die Zwangsvollstreckung kann in das Vermögen eines jeden Ehegatten uneingeschränkt erfolgen, soweit gegen ihn die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Aus vollstreckungsrechtlicher Sicht besteht zwischen der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung kein Unterschied, so dass auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen wird.
406
III. Gütergemeinschaft Durch einen Ehevertrag können Eheleute den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbaren. Dann werden das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut). Ebenso wird das Vermögen, das der Mann oder die Frau während der Gütergemeinschaft erwerben zum Gesamtgut (§ 1416 BGB). Wer die Verwaltung des Gesamtguts übernimmt, sollte im Ehevertrag geregelt sein und kann im Güterrechtsregister eingetragen werden. Ist keine Bestimmung erfolgt, nehmen beide Ehegatten die Verwaltung wahr (§ 1421 BGB).
407
Vermögensgegenstände, die im Eigentum eines Ehegatten bleiben sollen, können durch Ehevertrag zum Vorbehaltsgut dieses Ehegatten erklärt werden. Dann werden sie nicht gemeinschaftliches Vermögen und bleiben unter der alleinigen Verwaltung des Ehegatten, dem sie vorbehalten sind (§ 1418 BGB).
408
Zur Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut ist ein Titel gegen den verwaltenden Ehegatten, bei gemeinsamer Verwaltung gegen beide, erforderlich (§ 740 ZPO). Verwaltet ein Ehegatte das Gesamtgut alleine und erfolgt die Zwangsvollstreckung aus einem Titel gegen ihn, ist der andere Ehegatte dennoch Vollstreckungsschuldner und verfahrensbeteiligt228.
409
Handelt es sich um eine mit den Erben fortgesetzte Gütergemeinschaft nach dem Tod eines Ehegatten, erfolgt die Vollstreckung aus einem Titel gegen den überlebenden Ehegatten.
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Um in das Vorbehaltsgut eines Ehegatten zu vollstrecken, wird nur ein Vollstreckungstitel gegen diesen Ehegatten benötigt.
411
227 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 102/06, MDR 2007, 1220 = Rpfleger 2007, 558 und Kommentierung zu § 180. 228 LG Zweibrücken v. 28.7.1994 – 3 T 50/94, Rpfleger 1995, 222.
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§ 16 Rz. 412 Inhalt des Antrags
IV. Lebenspartnerschaft 412
Gleichgeschlechtliche Paare, die eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz geschlossen haben oder verheiratet sind, leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Abweichende Vereinbarungen des Güterstandes sind wie bei Eheleuten zulässig, so dass auch Gütergemeinschaft oder Gütertrennung denkbar sind, in der Praxis aber sowohl bei Lebenspartnerschaften genau wie bei Ehen höchst selten vorkommen. Hinsichtlich der Zwangsvollstreckung gelten dieselben Bestimmungen wie bei Eheleuten.
Q. Ausländische Schuldtitel 413
Ausländische Urteile können durch inländische Vollstreckungsorgane prinzipiell nur vollstreckt werden, wenn sie vom Prozessgericht des ersten Rechtszugs durch Vollstreckungsurteil ganz oder teilweise für vollstreckbar erklärt wurden (§§ 722, 723 ZPO). Durch zahlreiche Verträge mit anderen Staaten sind hierzu Erleichterungen vereinbart, so dass teilweise eine inländische Klausel ausreicht. Innerhalb der EU regelt das „Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen“ (AVAG)229 die Vollstreckbarkeit von Schuldtiteln aus Mitgliedsstaaten.
414
Zur Zwangsvollstreckung aus einem „Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen“230, der als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt ist, bedarf es ebenso wenig einer Klausel (§ 1082 ZPO), wie bei der Vollstreckung aus einem Titel, der in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 in einem „Verfahren für geringfügige Forderungen“ ergangen ist231 (§ 1107 ZPO).
415
Ein erlassener und für vollstreckbar erklärter „Europäischer Zahlungsbefehl“232 kann gleichfalls ohne Vollstreckungsurteil oder inländische Klausel vollstreckt werden (§ 1093 ZPO).
R. DDR-Schuldtitel 416
Nach dem Recht der ehemaligen DDR ergangene Schuldtitel sind auch über den Tag des Wirksamwerdens des Beitritts am 3.10.1990 hinaus gültig und können ohne Weiteres vollstreckt werden, soweit ihr Inhalt mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar ist233.
S. Kosten I. Gerichtskosten 417
Die Gerichtskosten für die Anordnung des Verfahrens sind nicht von der Forderungshöhe abhängig. Nach dem Gerichtskostengesetz fällt hier eine Festgebühr nach KV Nr. 2210 bei 229 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. (EG) Nr. L 324 v. 10.12.2007, 79. 230 Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen. 231 Verordnung (EG) Nr. 861/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.7.2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderung. 232 Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens. 233 Art. 18, Abs. 1 EinigVtr, BGBl. 1990 II S. 889.
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Inhalt des Antrags
Rz. 424 § 16
der Zwangsversteigerung und nach KV Nr. 2220 bei der Zwangsverwaltung an. Diese beträgt aktuell 100,00 Euro. Nach KV 9002 sind bei Gebühren, die sich nicht nach dem Streitwert richten, zusätzlich noch Zustellungskosten in Höhe von derzeit 3,50 Euro pro Zustellung zu erheben. Fällig werden die Kosten mit der Entscheidung über den Antrag (§ 7 GKG), also mit Erlass des Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschlusses oder einer den Antrag zurückweisenden Entscheidung. Wird auf den Antrag hin wegen eines Teilbetrags der geltend gemachten Forderung angeordnet und wegen des anderen Teils zurückgewiesen, so fallen nur einmal Kosten an. Für den Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen besteht im Zivilprozess und damit auch in der Immobiliarvollstreckung Kostenfreiheit (§ 2 GKG). Städte, Gemeinden, Kirchen und andere können nach landesrechtlichen Bestimmungen Gebührenfreiheit genießen, haben dann aber die Auslagen zu tragen234, sie sind weder für Gebühren noch für Auslagen vorschusspflichtig (§ 20 Abs. 6 Kostenverfügung).
418
Falls der Antrag auf Grund einer Aufklärungs- bzw. Zwischenverfügung vom Gläubiger im vollen Umfang zurückgenommen wird, bevor das Vollstreckungsgericht darüber entschieden hat, werden keine Kosten erhoben.
419
Ergeht eine Entscheidung über mehrere Anträge zum selben Versteigerungsobjekt in einem einheitlichen Beschluss, so fallen nur einmal Kosten an. Für die Anordnungskosten besteht keine Vorschusspflicht, denn § 12 GKG sieht das nicht vor. Vorschüsse können im Zwangsversteigerungsverfahren nur nach § 15 GKG vor der Terminsbestimmung und nach § 17 als Auslagenvorschuss vor der Beauftragung eines Gutachters zur Ermittlung des Verkehrswerts angefordert werden.
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II. Rechtsanwaltskosten Der Rechtsanwalt erhält für die Antragstellung in der Zwangsversteigerung keine gesonderte Gebühr. Die Antragstellung gehört insoweit zur Tätigkeit im Verfahren und ist mit der 0,4 Gebühr nach RVG-VV 3311 Nr. 1 abgegolten. Hingegen kann er in der Zwangsverwaltung für die Vertretung bei der Antragstellung und für die Vertretung des Antragstellers im Verfahren je eine 0,4 Gebühr nach RVG-VV 3311 (Nr. 3 und 4) erheben (s.a. Kommentierung zu § 146)
421
Der Gegenstandswert richtet sich nach § 26 RVG. Für die Vertretung eines Verfahrensbeteiligten im Versteigerungstermin erhält der Rechtsanwalt neben der Verfahrensgebühr noch eine 0,4 Terminsgebühr nach RVG-VV 3312, soweit er zumindest zeitweise im Termin anwesend ist.
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Vertritt der Rechtsanwalt einen Beteiligten im Verteilungsverfahren, dann verdient er eine 0,4 Gebühr nach RVG-VV 3311 Nr. 2. Dazu muss er nicht im Erlösverteilungstermin erscheinen. Es genügt, dass er zum Verteilungstermin Forderungen für den Mandanten anmeldet oder bei einer außergerichtlichen Verteilung mitwirkt.
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Jeweils eine zusätzliche 0,4 Gebühr fällt nach RVG-VV 3311 Nr. 6 an für die Tätigkeit im Verfahren über Anträge auf einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung und einstweilige Einstellung des Verfahrens sowie für Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner mit dem Ziel der Aufhebung des Verfahrens.
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234 Goldbach, KKZ 2015, 100 mit Übersicht zur Gebühren- und Kostenbefreiung der Kommunen.
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§ 16 Rz. 425 Inhalt des Antrags
III. Kostenerinnerung bzw. -beschwerde 425
Gegen den Ansatz der Gerichtskosten für die Anordnung oder den Beitritt kann der Kostenschuldner eine unbefristete Erinnerung nach § 66 GKG beim Vollstreckungsgericht einlegen. Es entscheidet der Rechtspfleger beim Vollstreckungsgericht, nachdem er (oder wo vorhanden, der Kostenbeamte) geprüft hat, ob er den Kostenansatz aufrechterhält oder der Kostenerinnerung abhilft. Ändert der Rechtspfleger die Kostenentscheidung nicht, und der Streitwert liegt über 200 Euro, so bleibt dem Kostenschuldner die unbefristete Beschwerde zum Landgericht (§ 66 Abs. 2 GKG), welches endgültig entscheidet.
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Bei einem Streitwert von 200 Euro oder weniger ist das Rechtsmittel die befristete Rechtspflegererinnerung (§ 11 Abs. 2 RPflG). Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen, die Einlegungsfrist beträgt 2 Wochen. Bei Nichtabhilfe entscheidet der Abteilungsrichter endgültig.
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Die Verfahren der Kostenerinnerung und -beschwerde sind gebührenfrei; außergerichtliche Kosten (z.B. Anwaltskosten) werden auch dann nicht erstattet, wenn der Erinnerungsführer obsiegt (§ 66 Abs. 8 GKG).
IV. Prozesskostenhilfe in der Immobiliarvollstreckung 428
Das ZVG enthält keine eigenen Regelungen zur Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH). Deshalb gelten in der Immobiliarvollstreckung insoweit die Vorschriften der ZPO235. Demnach ist für die Zwangsvollstreckung ein selbstständiger Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu stellen (§§ 114-127 ZPO), denn eine bereits erfolgte Bewilligung für das Erkenntnisverfahren schließt die Zwangsvollstreckung nicht ein.
429
Einer mittellosen Partei soll die für sie nicht bezahlbare Rechtsverfolgung dennoch ermöglicht werden, um eine gegen das Sozialstaatsprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßende Schlechterstellung gegenüber einer wohlhabenden Partei zu vermeiden. Die Gewährung von PKH erfüllt den Anspruch des Bedürftigen auf Rechtschutzgleichheit und garantiert effektiven Rechtsschutz236.
430
Der mittellose Antragsteller wird aber nicht bessergestellt, als eine vermögende Partei, die bei der Rechtsverfolgung das Risiko eines Unterliegens mit der Folge der Kostentragungspflicht einkalkulieren muss237.
431
Dem Antrag kann nur dann entsprochen werden, wenn die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen. Deshalb hat der Antragsteller eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen.
432
Neben der Feststellung, ob der Antragsteller vermögenslos ist oder einen Teil seines Vermögens in Form von Raten einzusetzen hat, muss der für die Entscheidung über den Antrag zuständige Rechtspfleger beim Vollstreckungsgericht vor allem prüfen, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend erfolgversprechend ist und gleichzeitig nicht mutwillig erscheint.
433
Bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten wird das Vollstreckungsgericht einen eher großzügigen Maßstab anlegen müssen. Die geforderte „hinreichende Erfolgsaussicht“ wird schon dann zu bejahen sein, wenn der Rechtsweg zulässig ist und ein Erfolg zumindest denkbar
235 Zöller, § 869 ZPO Rz. 1. 236 BVerfG v. 18.12.2001 – 1 BvR 391/01, Rpfleger 2002, 212. 237 BVerfG v. 28.1.1981 – 1 BvR 650/80, Rpfleger 1981, 184.
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Inhalt des Antrags
Rz. 440 § 16
ist. In der Teilungsversteigerung ist sie schon dann gegeben, wenn keine möglichen Einwendungen durch die übrigen Miteigentümer ersichtlich sind238. Daneben darf die angestrebte Rechtsverfolgung nicht mutwillig sein. Mutwilligkeit ist dann gegeben, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil das Kostenrisiko hoch und die Durchführung wirtschaftlich zwecklos erscheinen239.
434
In einer Teilungsversteigerung ist eine Rechtsverfolgung nicht bereits mutwillig, wenn der Wert der bestehen bleibenden Rechte über dem Verkehrswert des Grundstücks liegt. Sie liegt erst vor, wenn überhaupt nicht mit der Abgabe von Geboten zu rechnen ist, also auch Gebote eines Miteigentümers oder eines Grundbuchberechtigten keinesfalls zu erwarten sind240.
435
Der Prozessgegner ist zum PKH-Antrag anzuhören. Er hat aber kein echtes Widerspruchsrecht bezüglich der Gewährung. Vielmehr kann das Vollstreckungsgericht auf diesem Weg möglicherweise Erkenntnisse zu den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder einer eventuellen Mutwilligkeit erlangen241. Dabei sind dem Gegner weder die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch die den Antrag begründenden Unterlagen zur Kenntnis zu bringen (§ 118 ZPO). Sie sind, getrennt von den Verfahrensakten, in einem gesonderten PKH-Heft aufzubewahren, das nicht der Akteneinsicht der Parteien unterliegt.
436
Einem bedürftigen Gläubiger kann, soweit die Voraussetzungen vorliegen, PKH für die Durchführung des gesamten Verfahrens bewilligt werden. Da die Bewilligung nicht rückwirkend, sondern nur ab der Antragstellung erfolgen kann, wird die Prozesskostenhilfe zweckmäßigerweise mit dem Anordnungs- bzw. Beitrittsantrag verknüpft.
437
Wird sie bewilligt, übernimmt die Staatskasse alle gerichtlichen Gebühren und Auslagen, sowie die Kosten für einen eventuell beigeordneten Rechtsanwalt (§ 122 ZPO), nicht jedoch die vorgerichtlichen Kosten. Diese können gegebenenfalls als notwendige Rechtsverfolgungskosten für oder gegen die mittellose Partei geltend gemacht werden.
438
Für den Schuldner gibt es grundsätzlich keine pauschale Bewilligung von PKH für das gesamte Zwangsversteigerungsverfahren (§ 119 Abs. 2 ZPO), sondern nur für einzelne Verfahrensabschnitte. Wie allerdings das Zwangsversteigerungsverfahren in einzelne Abschnitte zu gliedern ist, bleibt wohl dem Antragsteller bei der Formulierung seines Antrags und der Entscheidung des Vollstreckungsgerichts vorbehalten. Denkbar wäre, dem Schuldner PKH lediglich für den Einstellungsantrag nach § 30a oder § 765a ZPO, die Wertbeschwerde, die Vertretung im Versteigerungstermin oder die Erlösverteilung zu bewilligen, soweit entsprechende Erfolgsaussichten bestehen und keine Mutwilligkeit erkennbar ist. Eine erfolgte Bewilligung für das gesamte Verfahren dürfte beim Vorliegen der Voraussetzungen aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht zu beanstanden sein242.
439
Auf entsprechenden Antrag kann der PKH-Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, obwohl eine Vertretung durch Anwälte im ZVG-Verfahren nicht zwingend erforderlich ist243. Voraussetzung ist aber insoweit, dass entweder der Prozessgegner anwaltlich vertreten ist, oder die Gegenseite aus einem anderen Grund überlegen ist, etwa wegen besonderer Sach-
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238 239 240 241 242 243
BGH v. 15.3.2011 – V ZB 177/10, MDR 2011, 630 = Rpfleger 2011, 547. BGH v. 6.7.2010 – VI ZB 31/08, MDR 2010, 1048 = NJW 2010, 3522. BGH v. 15.3.2011 – V ZB 177/10, MDR 2011, 630 = Rpfleger 2011, 547. Zöller, § 118 ZPO Rz. 2. Stöber/Keller, ZVG, Einleitung Rz. 408. BGH v. 31.10.2003 – IXa ZB 197/03, MDR 2004, 414 = Rpfleger 2004, 174.
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§ 16 Rz. 440 Inhalt des Antrags kenntnis oder aber sich die Sach- und Rechtslage so schwierig gestaltet, dass zur sachgerechten Wahrnehmung der Parteiinteressen anwaltlicher Beistand erforderlich erscheint244. 441
Die anwaltliche Beiordnung bezieht sich nur auf das Verfahren selbst, nicht jedoch auf die Vertretung beim PKH-Antrag. Die Beiordnung wird regelmäßig mit dem PKH-Antrag beantragt werden, kann jedoch auch noch nachträglich auf besonderen Antrag erfolgen. Die Wirksamkeit eines gleichzeitig vom beizuordnenden Anwalt gestellten Verfahrensantrags darf von der positiven Entscheidung über die Beiordnung abhängig gemacht werden. So kann die mittellose Partei erreichen, dass ein vom Anwalt gestellter Antrag nur wirkt, wenn die dafür entstehenden Kosten über die PKH abgedeckt sind.
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Ändern sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der PKH-Partei während oder nach dem Verfahren, so hat sie das dem Vollstreckungsgericht mitzuteilen woraufhin eine Abänderung der über die PKH getroffenen Entscheidung möglich ist. Auf diesem Weg können sowohl Ratenzahlungen angeordnet, wenn das Einkommen der PKH-Partei ansteigt als auch angeordnete Ratenzahlungen wieder aufgehoben werden, soweit Erwerbslosigkeit oder Minderung eintritt.
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Denkbar ist auch eine Änderung oder Aufhebung der Bewilligung, wenn der Partei Erträge aus dem Verfahren zufließen bzw. das Verfahren mit einem Verkauf des Versteigerungsobjektes vermieden wird und der Partei ein Übererlös oder eine Prämie gezahlt wird.
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Zu diesem Zweck sollte das Vollstreckungsgericht die Vermögensverhältnisse des Schuldners bis zum Ende des Verfahrens und noch darüber hinaus regelmäßig überprüfen, um gegebenenfalls eine Änderung der PKH-Entscheidung vorzunehmen.
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Zulässig ist eine Überprüfung mit der möglichen Folge einer Änderung oder Aufhebung der PKH-Bewilligung bis zu vier Jahre nach dem Verfahrensende. Sie erfolgt durch Anforderung einer erneuten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei der PKH-Partei.
446
Eine im Voraus angeordnete Nachzahlung der Verfahrenskosten aus dem Übererlös einer Verwertung oder für den Fall, dass der Versteigerungsantrag zurückgenommen wird, ist ohne Rechtsgrundlage245.
§ 17 [Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge] (1) Die Zwangsversteigerung darf nur angeordnet werden, wenn der Schuldner als Eigentümer des Grundstücks eingetragen oder wenn er Erbe des eingetragenen Eigentümers ist. (2) Die Eintragung ist durch ein Zeugnis des Grundbuchamts nachzuweisen. Gehören Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt demselben Amtsgericht an, so genügt statt des Zeugnisses die Bezugnahme auf das Grundbuch. (3) Die Erbfolge ist durch Urkunden glaubhaft zu machen, sofern sie nicht bei dem Gericht offenkundig ist. 244 BGH v. 31.10.2003 – IXa ZB 197/03, MDR 2004, 414 = Rpfleger 2004, 174; KG v. 7.6.2012 – 1 W 94/12, Rpfleger 2012, 552 wo bereits für die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek die Beiordnung als notwendig erachtet wird. 245 OLG Hamm v. 26.10.2011 – II-2 WF 255/11, FamRZ 2012, 386.
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Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge Rz. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Eintragung des Schuldners erforderlich 9 Nachweis der Eintragung (Abs. 2) . . . . 12 Vollstreckung gegen nicht eingetragene Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 E. Weitere Ausnahmen vom Eintragungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
A. B. C. D.
I. II. III. IV. V.
Rz. 4 § 17
ZV gegen Partei kraft Amtes . . . . Wiederversteigerung . . . . . . . . . Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . Herrenloses Grundstück . . . . . . . Flurbereinigungs- und Umlegungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Offenkundigkeit . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
Rz. 32 34 38 41
. . . . 46 . . . . 47
A. Allgemein Vor Beginn der Immobiliarvollstreckung hat der Gesetzgeber dem Vollstreckungsorgan eine Überprüfung der Eigentumsverhältnisse am Vollstreckungsgegenstand auferlegt. Die Zwangsvollstreckung darf nur erfolgen, wenn der Schuldner im Grundbuch als Grundstückseigentümer eingetragen ist oder wenn er Erbe des eingetragenen Eigentümers ist. So soll verhindert werden, dass die Zwangsvollstreckung in schuldnerfremdes Vermögen erfolgt.
1
Die Feststellung des Eigentümers ist bei beweglichen Sachen oder Forderungen eher schwierig und wird dem Vollstreckungsorgan vom Gesetzgeber vor Beginn der Vollstreckung nicht zugemutet. Erfolgt dabei die Vollstreckung versehentlich in das Eigentum eines Dritten, muss dieser sich mit Drittwiderspruchsklage wehren (§ 771 ZPO).
2
Bei der Immobiliarvollstreckung hingegen verlangt der Gesetzgeber anders als bei der Sachund Forderungspfändung die Feststellung der Eigentumsverhältnisse als Vollstreckungsvoraussetzung. Diese Aufgabe des Vollstreckungsgerichts ist in aller Regel unkompliziert, weil der vom Gesetz geforderte Nachweis des Eigentums durch den Gläubiger zu führen ist, was mittels Urkunden, entweder als Grundbuchauszug oder Zeugnis des Grundbuchamts, erfolgen kann. Die Feststellung der Eigentumsverhältnisse durch das Vollstreckungsorgan geschieht an Hand der erbrachten Nachweise.
3
Dabei wird nicht geprüft, ob der Schuldner tatsächlich Eigentümer ist, sondern die Beurteilung des Vollstreckungsgerichts beschränkt sich darauf, ob der Schuldner als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Bei der Zwangsvollstreckung gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird der Grundbucheintragung sogar die Wirkung eines Handelsregistereintrags zuteil. Die gesetzliche Vermutung, wonach als Gesellschafter der GbR diejenigen gelten, die im Grundbuch als Gesellschafter eingetragen sind (§ 899a BGB), erleichtert die Zwangsvollstreckung für den Gläubiger dahingehend, dass die Grundbucheintragung zur Identifizierung der GbR und ihrer Gesellschafter zur Hilfe genommen wird. Selbst nach der Auflösung der Gesellschaft durch den Tod eines eingetragenen Gesellschafters gelten die noch im Grundbuch eingetragenen Personen als Gesellschafter1. Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück der Gesellschaft ist formell dann zulässig, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen gegen die im Grundbuch eingetragene Gesellschaft nachgewiesen werden. Wurde eine Kapital- oder Personenhandelsgesellschaft durch formwechselnde Umwandlung mit Handelsregistereintrag zur GbR, ohne dass eine Grundbuchberichtigung erfolgte, dann
4
1 BGH v. 19.11.2015 – V ZB 201/14, MDR 2016, 168 = Rpfleger 2016, 237 = ZfIR 2016, 189 m. Anm. Volmer; BGH v. 24.2.2011 – V ZB 253/10, Rpfleger 2011, 337 = ZfIR 2011, 338.
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§ 17 Rz. 4 Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge kann aus dem Vollstreckungstitel gegen die noch im Grundbuch eingetragenen Gesellschaft die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung erfolgen2. Die gesetzliche Regelung in § 17 entspricht dem in den §§ 39 und 40 GBO geregelten Grundsatz der Voreintragung im Grundbuchverfahrensrecht. 5
Tatsächlich kommt es nicht auf den lückenlosen Nachweis an, dass der Schuldner wirklich Eigentümer des Grundstücks ist, sondern es wird lediglich gefordert, dass er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Aus der Eintragung folgt die gesetzliche Vermutung, dass der eingetragene Eigentümer auch der wahre Eigentümer des Grundstücks ist (§ 891 BGB). Diese Annahme ist in den allermeisten Fällen zutreffend, da bei Grundstücken die Eintragung des Eigentümers grundsätzlich Voraussetzung für den Eigentumsübergang bei rechtsgeschäftlichem Erwerb ist (§ 873 BGB). Erfolgt der Eigentumserwerb durch staatlichen Hoheitsakt oder Gesamtrechtsnachfolge gilt das jedoch nicht, so dass in diesen Fällen ein Eigentumsübergang außerhalb des Grundbuchs stattfindet, was eine Unrichtigkeit des Grundbuchs zur Folge haben kann.
6
Die gesetzliche Regelung des § 17 trägt einem möglichen Eigentumsübergang außerhalb des Grundbuchverfahrens lediglich insoweit Rechnung und bietet bei Erbfolge eine Erleichterung dahingehend, als zum Nachweis der Eigentümerstellung auch ein vom Gläubiger vorzulegender Erbennachweis genügen kann. Das ist dann der Fall, wenn der Schuldner Erbe des eingetragenen Eigentümers ist, seine Eintragung im Wege der Grundbuchberichtigung aber nicht erfolgt ist. Grundbuchberichtigung ist dann nicht mehr erforderlich, um die Zwangsversteigerung gegen den nicht eingetragenen Erben durchzuführen. Über die ausdrückliche gesetzliche Fallkonstellation hinaus dürfte die Erleichterung auch beim Erbeserben und anderen Fällen eines Erbgangs gleichen Gesamtrechtsnachfolge anwendbar sein. Im Grundbuchrecht ist insoweit anerkannt, dass eine Ausnahme von dem Prinzip der Voreintragung des Betroffenen nicht nur in dem speziell in § 40 Abs. 1 GBO geregelten Fall des Erben, sondern auch darüber hinaus geboten ist. Die im Grundbuchrecht gleichfalls vorhandene Regelungslücke wird dort durch eine entsprechende Anwendung von § 40 GBO geschlossen. Die gleiche Lücke ergibt sich in solchen Fällen auch bei § 17 Abs. 1 Fall 2 ZVG. Sie hätte der Gesetzgeber, hätte er das Problem erkannt, in gleicher Weise geschlossen. Er hat § 17 ZVG der Regelung im formellen Grundbuchrecht nachgebildet und für das Zwangsversteigerungsverfahren das gleiche Regelungsmuster gewählt. Diese Parallelität lässt sich nur erhalten, wenn die bei § 40 GBO anerkannten Ausnahmen im Zwangsversteigerungsrecht ebenso nachvollzogen werden3. Bei Erbgangs gleicher Vermögenssukzession ist somit eine entsprechende Anwendung von § 17 Abs. 1 Fall 2 ZVG gerechtfertigt. Erfolgt allerdings ein anderer, ohne Auflassung wirksamer Eigentumsübergang außerhalb des Grundbuchs, ist eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück erst nach Grundbuchberichtigung auf den neuen Eigentümer zulässig. Die allein für die Erbfolge anwendbare Erleichterung des § 17 Abs. 1 2. Alternative ZVG greift dann nicht. Vielmehr muss der Gläubiger zunächst die Grundbuchberichtigung herbeiführen, damit die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 1. Alternative ZVG erfüllt ist. Das kann beispielsweise bei einer Verschmelzung von Handelsunternehmen oder anderen juristischen Personen nach dem Umwandlungsgesetz der Fall sein. Mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister tritt Gesamtrechtsnachfolge ein und das Eigentum an Grundstücken geht auf den aufnehmenden Rechtsträger über (§ 20 UmwG), ohne dass es dazu einer rechtsbegründenden Grundbucheintragung bedarf. Lässt das aufnehmende Unternehmen als neuer Grundstückseigentümer das Grundbuch nicht von sich aus berichtigen, bleibt dem 2 BGH v. 14.1.2016 – V ZB 148/14, MDR 2016, 909 = Rpfleger 2016, 494 = ZfIR 2016, 414 m. Anm. Keller. 3 BGH v. 30.9.2010 – V ZB 219/09, MDR 2011, 69 = Rpfleger 2011, 97.
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Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge
Rz. 11 § 17
Gläubiger einer Forderung gegen das aufgenommene Unternehmen nur die Möglichkeit, die Grundbuchberichtigung selbst herbeizuführen, bevor ein Zwangsversteigerungsantrag gestellt werden kann. Die Umschreibung des Vollstreckungstitels auf den Rechtsnachfolger (§§ 727, 750 Abs. 2 ZPO) ist ebenfalls nötig und kann auf Grund des Verschmelzungsvertrags bzw Handelsregistereintrags erfolgen, genügt aber wegen des besonderen Erfordernisses des § 17 Abs. 1 ZVG nicht, um die Zwangsversteigerung durchzuführen. Der bei der Immobiliarvollstreckung grundsätzlich erforderliche Eigentumsnachweis kann 7 unter bestimmten Voraussetzungen durch Bezugnahme auf das Grundbuch geführt werden. Er darf dann unterbleiben, wenn die Eigentümerstellung beim Vollstreckungsgericht offenkundig ist (§ 291 ZPO). Die Regelung gilt für alle Zwangsversteigerungsverfahren, also auch für die Sonderverfahren, 8 bei denen Ausnahmebestimmungen zu beachten sind. So gelten bei der Versteigerung von Schiffen4 ebenso Besonderheiten wie bei der Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft5. Eine Zwangsverwaltung kann nicht immer gegen den eingetragenen Eigentümer erfolgen, sondern ist unter bestimmten Umständen gegen den Eigenbesitzer durchzuführen6.
B. Eintragung des Schuldners erforderlich Der im Vollstreckungstitel oder in der beigefügten Klausel bezeichnete Schuldner, gegen den die Immobiliarvollstreckung erfolgen soll, muss als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sein, damit das Verfahren angeordnet oder der Beitritt zugelassen werden kann. Ist das nicht der Fall, muss der Antrag des Gläubigers zurückgewiesen werden, soweit nicht einer der unten aufgeführten Ausnahmefälle (Vollstreckung gegen Erben des Eigentümers, gegen Partei kraft Amtes, nach Anfechtung oder in herrenloses Grundstück) vorliegt.
9
Im streng formellen Verfahren der Zwangsvollstreckung muss das Vollstreckungsorgan nur die Eintragung des Eigentümers selbst prüfen und nicht deren materielle Rechtmäßigkeit7. Der Inhalt des Grundbuchs gilt auch für das Vollstreckungsgericht als richtig. Weder Verfahrensbeteiligte noch Dritte können sich gegenüber dem Vollstreckungsgericht auf die Unrichtigkeit der Grundbucheintragung berufen8. Selbst ein gegen das Eigentum eingetragener Widerspruch (§ 899 BGB) ist bei der Anordnung nicht beachtlich und gilt nicht als entgegenstehendes Recht im Sinne von § 289.
10
Falls die Grundbucheintragung nicht eindeutig ist, weil das Grundbuch wegen einer Doppelbuchung oder einer vergessenen Rötung mehrere Eigentümer aufführt10 oder die Summe der eingetragenen Bruchteile nicht ein Ganzes ergibt, muss die Unrichtigkeit von der Grundbuchabteilung beseitigt werden, bevor die Zwangsvollstreckung ins Grundstück erfolgen kann11.
11
4 5 6 7 8 9 10 11
S. Kommentierung zu § 164. S. Kommentierung zu § 181. S. Kommentierung zu § 147. Stöber/Becker, § 17 ZVG Rz. 6. Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 7. Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 7. Reichsgericht v. 25.11.1903 – V 453/03, RGZ 56, 58. Reichsgericht v. 25.11.1903 – V 353/03, RGZ 56, 58.
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§ 17 Rz. 12 Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge
C. Nachweis der Eintragung (Abs. 2) 12
Den benötigten Nachweis kann der Gläubiger durch „ein Zeugnis des Grundbuchamts“ führen (Abs. 2 Satz 1). Form und Inhalt dieses Zeugnisses sind in der gesetzlichen Regelung nicht näher definiert. Zur Erfüllung des Normzwecks muss es aber mindestens detaillierte Angaben zum Inhalt des Bestandsverzeichnisses, zu den Eigentumsverhältnissen und zu entgegenstehenden Rechten im Sinne von § 28 ZVG enthalten. Erteilt wird das Zeugnis vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 4 Abs. 1c AVOGBO). Es ist nicht zwingend mit einem Dienstsiegel zu versehen12.
13
Da in der Kostenordnung nicht vorgesehen, dürfen für die Erteilung des Zeugnisses keine Kosten erhoben werden (§ 1 Abs. 1 GNotKG). An Stelle eines Zeugnisses kann ein allerdings kostenpflichtiger beglaubigter Grundbuchauszug oder ein Teilauszug mit dem geforderten Inhalt vorgelegt werden, aus dem sich die Eigentümerstellung des Schuldners ergibt (§ 45 GBVfg.).
14
Sowohl Zeugnis als auch Bescheinigung müssen möglichst aktuell sein, da nur so gewährleistet ist, dass die Angaben noch korrekt sind und die Voraussetzung des § 17 erfüllt ist.
15
Von einem Beitrittsgläubiger kann die Vorlage eines Eigentumsnachweises nur ausnahmsweise verlangt werden. Das ist dann der Fall, wenn der Beitritt gegen einen Rechtsnachfolger des bei der Anordnung des Verfahrens eingetragenen Schuldners beantragt wird. Erfolgt der Beitritt gegen denselben Schuldner, dann ist der Eigentumsnachweis durch den Beitrittsgläubiger entbehrlich sein, weil die Eigentumsverhältnisse beim Vollstreckungsgericht bereits durch die bei der Anordnung vorgenommene Überprüfung offenkundig sind13.
16
Statt eines Nachweises kann der Gläubiger unter festgelegten Voraussetzungen auf die Grundbucheintragung Bezug nehmen. Der Gläubiger kann so auf die Erbringung des Nachweises verzichten, sollte aber vor Antragstellung den Inhalt des Grundbuchs hinsichtlich des eingetragenen Eigentümers dennoch selbst prüfen um sicher zu sein, dass die Vollstreckung durchgeführt werden kann. Diese vom Gesetz vorgesehene Ausnahme ist in der Praxis der Regelfall und führt zur kürzesten Zeitspanne zwischen Eigentumsfeststellung und Anordnung. Damit wird am besten gewährleistet, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Anordnung noch immer eingetragener Eigentümer ist.
17
Im Zeitraum zwischen Erstellung des Zeugnisses oder eines Grundbuchauszugs und der Verfahrensanordnung kann durchaus noch eine Eigentumsumschreibung erfolgen, so dass ein Verfahren zunächst angeordnet wird, dann aber wegen der fehlenden Eigentümerstellung des Schuldners zum Zeitpunkt der Anordnung im Nachhinein wieder aufgehoben werden muss. Dieses Risiko wird bei annähernd zeitgleicher, idealerweise elektronischer, Grundbucheinsicht und Anordnung des Verfahrens nahezu ausgeschlossen.
18
Die Bezugnahme auf das Grundbuch kann ausdrücklich erfolgen oder sich konkludent aus dem Inhalt des Antrags ergeben14.
19
Das Vollstreckungsgericht nimmt dann vor der Anordnung eine Prüfung der Eigentümereintragung durch Grundbucheinsicht vor. Da die Grundbücher vielerorts elektronisch geführt werden und häufig auch den Versteigerungsrechtspflegern die Einsicht an ihrem Arbeitsplatz möglich ist, wird die Bezugnahme auf das Grundbuch keinesfalls zu Verzögerungen bei der Anordnung führen, sondern ist mittlerweile der zeitsparendste Weg zum geforderten Nachweis bzw. der Überprüfung der Eigentümerstellung. 12 LG Stuttgart v. 4.6.1991 – 2 T 352/91, Rpfleger 1992, 34. 13 S. Kommentierung zu § 27 Rz. 31; Stöber/Keller, § 27 ZVG Rz. 13, Dassler u.a./Hintzen, § 27 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 27 ZVG Rz. 5. 14 Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 23.
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Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge
Rz. 28 § 17
Die Prüfung durch das Vollstreckungsgericht geschieht durch unmittelbare Einsicht der elektronischen Eintragung, wo das nicht möglich ist durch persönliche Einsichtnahme beim Grundbuchamt. Die Anforderung eines Grundbuchauszugs durch das Vollstreckungsgericht beim Grundbuchamt sollte nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, weil sie vergleichsweise zeitaufwendig ist.
20
Im Interesse einer zügigen Anordnung des Verfahrens, die das Verwertungsrecht des Gläubigers durch Beschlagnahme sichert, hat der Rechtspfleger die schnellste Möglichkeit der Einsichtnahme zu wählen und sollte unnötige Verzögerungen vermeiden15. Einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit der Einsichtnahme zu beauftragen ist aus Zeitgründen nicht zweckmäßig16 und in Anbetracht der technischen Möglichkeiten auch nicht zeitgemäß.
21
Zulässig ist die Bezugnahme auf das Grundbuch nur dann, wenn Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt demselben Amtsgericht angehören. Erfüllt ist das auch, wenn beide nicht im selben Gebäude untergebracht sind oder sich eine der Abteilungen bei einer Zweigstelle befindet17.
22
Ob eine Bezugnahme möglich ist, wenn das Zwangsversteigerungsverfahren von einem gemeinsamen Vollstreckungsgericht für mehrere Amtsgerichte durchgeführt wird (§ 1 Abs. 2), wird unterschiedlich bewertet. Teilweise wird ausschließlich dann eine Bezugnahme auf das Grundbuch als zulässig erachtet, wenn das Grundbuch bei dem Amtsgericht geführt wird, dass als gemeinsames Vollstreckungsgericht tätig wird18.
23
Im Hinblick auf die Tatsache, dass fast alle Vollstreckungsgerichte Zugriff auf das elektronische Grundbuch haben und durch die Einsichtnahme eine Verzögerung nicht befürchtet werden muss, ist diese Meinung abzulehnen. Es kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum eine Bezugnahme auf das Grundbuch in solchen Fällen nicht erlaubt sein könnte.
24
Sie kann wegen der voranschreitenden technischen Entwicklung und auf Grund der Tatsache, dass jedes Vollstreckungsgericht Zugriff auf das elektronische Grundbuch hat, in aller Regel genau so zügig und mit keinem höheren Aufwand erfolgen, wie wenn Grundbuchamt und Vollstreckungsgericht am selben Ort sind.
25
D. Vollstreckung gegen nicht eingetragene Erben Vom Erfordernis der Eintragung des Schuldners kann in wenigen Fällen abgesehen werden. Die bedeutendste Ausnahme ist im Wortlaut der Vorschrift ausdrücklich genannt. Soll die Zwangsvollstreckung gegen den oder die Erben des eingetragenen Eigentümers erfolgen, ist dies auch ohne deren vorherige Eintragung möglich.
26
Der Erbe erwirbt das Eigentum außerhalb des Grundbuchs und ist nicht verpflichtet, das Grundbuch berichtigen zu lassen. Trotzdem soll die Zwangsvollstreckung gegen ihn in das Grundstück möglich sein. Deshalb wird dem Gläubiger gestattet, gegen den nicht als Eigentümer eingetragenen Schuldner zu vollstrecken, wenn er dessen Erbenstellung durch Urkunden nachweisen und ordnungsgemäße Vollstreckungsunterlagen gegen den Erben vorlegen kann.
27
Zum Nachweis der Erbenstellung geeignet ist in erster Linie der Erbschein (§ 2353 BGB) oder ein Europäisches Nachlasszeugnis, weil ein solches Dokument die widerlegbare Vermutung einer richtigen Darstellung der in Frage stehenden Erbfolge begründet. Seine Vor-
28
15 16 17 18
Stöber/Becker, § 17 ZVG Rz. 23. Stöber/Becker, § 17 ZVG Rz. 23. Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 22. Stöber/Becker, § 17 ZVG Rz. 22; Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 22; Dassler u.a./Hintzen, § 17 ZVG Rz. 10; Böttcher, § 17 ZVG Rz. 6.
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§ 17 Rz. 28 Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge lage muss aber nicht zwingend verlangt werden, wenn sich die Erbfolge anhand anderer Urkunden darlegen lässt. 29
Gleichfalls geeignet ist ein notarielles oder eigenhändiges Testament nebst Eröffnungsprotokoll, wenn die letztwillige Verfügung die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist19, was bei einem notariellen Testament regelmäßig erfüllt sein sollte. In solchen Fällen kann vom Erben kein Erbschein als Legitimationsnachweis verlangt werden. Lässt sich bei einem eigenhändigen Testament die Erbfolge nicht zweifelsfrei ermitteln, kann ein Erbschein verlangt werden Ebenso sind ausländische Urkunden verwendbar, soweit sie die Erbfolge nachweisen20. Bei Zweifeln an der Beweiskraft der eingereichten Unterlagen kann ein Europäisches Nachlasszeugnis oder eine eidesstattliche Versicherung bezüglich der Echtheit der Urkunden oder eben doch die Vorlage eines gegebenenfalls auch gegenständlich-beschränkten Erbscheins verlangt werden21.
30
Die zum Erbennachweis benötigten Urkunden kann sich der Gläubiger an Stelle des Schuldners von den zuständigen Behörden erteilen lassen (§ 792 ZPO). Eine Bezugnahme auf die beim selben Gericht geführten Nachlassakten ist als zulässig anzusehen. Deren Inhalt gilt als offenkundig.
31
Zusätzlich zum Erbennachweis hat der Gläubiger die Eintragung des Erblassers durch Grundbuchzeugnis oder Bezugnahme auf das Grundbuch nachzuweisen, sofern dessen Eintragung nicht durch ein bereits voran gegangenes oder noch anhängiges Verfahren beim Vollstreckungsgericht offenkundig ist.
E. Weitere Ausnahmen vom Eintragungserfordernis I. ZV gegen Partei kraft Amtes 32
Wenn die Zwangsvollstreckung nicht gegen den Schuldner oder seinen Erben selbst erfolgen soll, sondern gegen eine Partei kraft Amtes, die beispielweise als Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Nachlassinsolvenzverwalter oder Testamentsvollstrecker handelt, dann ist dennoch die Eintragung des Schuldners oder des Erblassers nachzuweisen22. Eine Grundbuchberichtigung auf den Erben lediglich zur Durchführung des Verfahrens mit dem Ziel, das Eigentum zu verwerten ist jedoch nicht nötig und kann vom Gläubiger nicht gefordert werden.
33
Die Partei kraft Amtes wird ebenfalls nicht als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Zur Durchführung der Zwangsvollstreckung ist aber ein gegen die Partei kraft Amtes umgeschriebener Vollstreckungstitel erforderlich (§§ analog §§ 727, 748, 749, 750 Abs. 2 ZPO)23.
19 BGH v. 5.4.2016 – XI ZR 440/15, MDR 2016, 716 = Rpfleger 2016, 415. 20 Steiner/Hagemann, § 17 ZVG, Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 17 ZVG Rz. 411; Stöber/Becker, § 17 ZVG Rz. 14; a.A. Böttcher, § 17 ZVG Rz. 9. 21 Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 17 ZVG Rz. 11; Böttcher, § 17 ZVG Rz. 9. 22 Stöber/Becker, § 17 ZVG Rz. 10; Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 41-43; Dassler u.a./Hintzen, § 17 ZVG Rz. 11. 23 S. Kommentierung zu § 16 Rz. 308, 323.
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Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge
Rz. 41 § 17
II. Wiederversteigerung Soweit in einem Zwangsversteigerungsverfahren das abgegebene Bargebot im Erlösverteilungstermin nicht erbracht wird, überträgt das Gericht die Forderung des Schuldners auf Zahlung des Gebots gegen den Ersteher an die Berechtigten aus dem Teilungsplan.
34
Aus der Forderungsübertragung kann ohne Eintragung von Sicherungshypotheken bereits vollstreckt werden, obwohl der Ersteher noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (§ 133 ZVG). Der Ersteher ist bereits seit dem Zuschlag Eigentümer und sein Eigentum ist dem Vollstreckungsgericht, welches auf Grund seiner ausschließlichen Zuständigkeit sowohl das erste Versteigerungsverfahren als auch die Wiederversteigerung durchführt, bekannt.
35
Naturgemäß kann der Gläubiger die Eigentümerstellung des Erstehers nicht durch ein Zeugnis des Grundbuchamts nachweisen, denn der Eigentumsübergang auf ihn ergibt sich zunächst nur aus dem Zuschlagsbeschluss. Meist ist der Ersteher wegen der fehlenden Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
36
Ist das Grundbuchamt bereits um Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 130 ZVG ersucht, kann ein Zeugnis vom Gläubiger verlangt werden. Es dürfte allerdings wegen Offenkundigkeit entbehrlich oder durch Bezugnahme auf das Grundbuch ersetzbar sein.
37
III. Anfechtung Nach einer Veräußerung des Grundstücks durch den Schuldner können Gläubiger (§ 1 AnfG) oder der Insolvenzverwalter (§ 129 ff. InsO) die Auflassung anfechten, wenn durch die Veräußerung eine Benachteiligung der Gläubiger entstanden ist.
38
In einem Anfechtungsprozess kann vom Gläubiger ein Duldungstitel gegen den neuen Eigentümer erwirkt werden, wonach dieser die Zwangsvollstreckung ins Grundstück wegen der Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner zu dulden hat24. Eine Rückauflassung und Eigentumsumschreibung auf den Schuldner ist nicht nötig25. Die Zwangsvollstreckung erfolgt aus dem Duldungstitel gegen den neuen Eigentümer26.
39
Erfolgt eine Anfechtung der Auflassungserklärung nach §§ 119, 123 BGB, dann kann die Zwangsvollstreckung in das Grundstück erst erfolgen, wenn der ehemalige Eigentümer, dessen Auflassung erfolgreich angefochten wird, wieder als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Seine wieder erlangte Eigentümerstellung ist gemäß § 17 nachzuweisen27.
40
IV. Herrenloses Grundstück Der Eigentümer eines Grundstücks28 kann auf sein Eigentum verzichten. Dazu ist eine Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt und die Eintragung des Verzichts im Grundbuch erforderlich (§ 928 BGB). Mit der Eintragung des Verzichts im Grundbuch wird das Grundstück herrenlos. Es ist also überhaupt kein eingetragener Eigentümer vorhanden. 24 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 258/02, Rpfleger 2004, 644. 25 Reichsgericht v. 14.1.1902 – VII 363/01, RGZ 50, 121; Reichsgericht v. 29.10.1907 – VII 44/07, RGZ 67, 20. 26 Reichsgericht v. 6.11.1903 – VII 225/03, RGZ 56, 142. 27 Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 27; Böttcher, § 17 ZVG Rz. 4. 28 Eigentumsaufgabe ist bei Miteigentumsanteilen sowie Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechten nicht möglich: BGH v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, BGHZ 172, 209 = Rpfleger 2007, 459.
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§ 17 Rz. 42 Eintragung des Schuldners als Eigentümer; Glaubhaftmachung der Erbfolge 42
Durch die Aufgabe des Eigentums an einem Grundstück erlöschen weder die persönliche Forderung eines Gläubigers gegen den Schuldner, noch die dinglichen Ansprüche „aus dem Grundstück“. Allerdings ist die Zwangsvollstreckung in ein herrenloses Grundstück ausschließlich wegen dinglicher Ansprüche zulässig.
43
Aus einer persönlichen Forderung kann zwar nach wie vor in das persönliche Vermögen des Schuldners, jedoch nicht mehr in das Grundstück vollstreckt werden, da dieses gerade nicht mehr zum Schuldnervermögen gehört.
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Zur Durchführung des Verfahrens muss das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers einen Vertreter zur Wahrnehmung „der sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte und Verpflichtungen“ bestellen (§ 787 ZPO)29. Dieser Vertreter nimmt in der Immobiliarvollstreckung die Stellung des Schuldners ein, soweit es um diese sich aus dem Eigentum ergebenden Rechte und Verpflichtungen geht. Eine Eintragung des Vertreters im Grundbuch erfolgt nicht30.
45
Da er verfahrensrechtlich wie der Rechtsnachfolger des Eigentümers behandelt wird, ist eine Klauselumschreibung auf den Vertreter nötig (§ 727 ZPO), bevor die Zwangsvollstreckung beginnen kann.
V. Flurbereinigungs- und Umlegungsverfahren 46
Trotz eines laufenden Flurbereinigungs- oder Umlegungsverfahrens kann eine Zwangsvollstreckung in die betroffenen Grundstücke erfolgen31. Bis zum Ende des jeweiligen Verfahrens kommt es zwar zu einer vorübergehenden Unrichtigkeit des Grundbuchs, die neue Grundstücke werden aber durch die eingetragenen Grundstücke repräsentiert. Die eintretenden Änderungen gelten auch gegen den Ersteher. Er tritt in das Verfahren ein und erwirbt letztendlich die zugewiesenen Grundstücke oder den Abfindungsanspruch. Zur Durchführung einer Zwangsversteigerung ist es erforderlich, dass der Schuldner als Eigentümer der Einlagegrundstücke eingetragen ist32.
VI. Offenkundigkeit 47
Den Nachweis des Eigentums oder einer Erbfolge nach dem eingetragenen Eigentümer muss der Gläubiger dann nicht erbringen, wenn diese Tatsachen beim Vollstreckungsgericht offenkundig sind (§ 291 ZPO). Offenkundigkeit kann in Allgemeinkundigkeit bestehen, wenn nämlich weite verständige Kreise eine Tatsache für feststehend halten33 oder in Gerichtskundigkeit. Tatsachen sind dann gerichtskundig, wenn sie dem Vollstreckungsgericht aus einem früheren oder noch anhängigen Verfahren bekannt sind34.
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Verzichtet das Vollstreckungsgericht auf die Vorlage von Urkunden oder Nachweisen, weil die nachzuweisenden Tatsachen offenkundig sind, dann sollte hierüber ein Aktenvermerk erstellt werden35. Die Feststellung der Vollstreckungsvoraussetzungen hat für das gesamte Verfahren bis hin zu einer möglichen Zuschlagsbeschwerde Bedeutung und sollte sich aus den Verfahrensakten ergeben, damit sie auch von einem Vertreter oder einer Rechtsmittelinstanz nachvollzogen werden kann. 29 30 31 32 33 34 35
S. Kommentierung zu, § 16 Rz. 390 ff. Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 29-36; Stöber/Becker, § 17 ZVG Rz. 10. OLG Koblenz v. 21.3.1967 – 7 W 339/66, Rpfleger 1967, 417. Steiner/Hagemann, § 17 ZVG Rz. 37-38; Stöber/Becker, § 17 ZVG Rz. 11, 12. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 291 ZPO Rz. 4. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 291 ZPO Rz. 5. Steiner/Hagemann, § 17 ZVG, Rz. 47; Böttcher, § 17 ZVG Rz. 9.
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Verfahrensverbindung
Rz. 2 § 18
§ 18 [Verfahrensverbindung] Die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstücke kann in demselben Verfahren erfolgen, wenn sie entweder wegen einer Forderung gegen denselben Schuldner oder wegen eines an jedem der Grundstücke bestehenden Rechts oder wegen einer Forderung, für welche die Eigentümer gesamtschuldnerisch haften, betrieben wird.
A. B. C. I. II. D. E.
Zweck . . . . . . . Geltungsbereich Voraussetzungen Verbindung . . . . Trennung . . . . . Entscheidung . . Rechtsmittel . . .
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Rz. 1 2 11 11 16 17 25
Rz. I. Verbindung oder Trennung gem. § 18 bei der Verfahrensanordnung . . . . . . . . . . II. Verbindung oder Trennung gemäß § 18 im Laufe des Verfahrens . . . . . . . . F. Behandlung nach Aktenordnung . . . . . G. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 32 36 39
Literatur: Hagemann, Die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstücke in demselben Verfahren, RpflStud 1985, 28; Schmidberger/Traub, Die Verfahrensverbindung nach § 18 ZVG, IGZInfo 2008, 111; Traub, § 18 ZVG – Eine bekannte/unbekannte Vorschrift, ZfIR 2011, 857.
A. Zweck § 18 ist dem Spezialitätsgrundsatz geschuldet, da dogmatisch jedes Grundstück im Rechtssinne1 allein Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll. Der Gesetzgeber hat aber andererseits mit § 63 die Möglichkeit geschaffen, entgegen des Grundsatzes der Einzelvollstreckung, für mehrere Grundstücke auch sogenannte Gruppen- oder Gesamtausgebote durchzuführen, die nur bei gemäß § 18 verbundenen Verfahren zulässig sind2. Ziel der Verbindung von Einzelverfahren soll es sein, Objekte die eine wirtschaftliche und/oder räumliche Einheit bilden, in demselben Verfahren zu versteigern, um so ein für alle Beteiligte besseres Ergebnis erzielen zu können3.
1
B. Geltungsbereich Die Vorschrift gilt gem. § 864 Abs. 1 ZPO entsprechend für grundstücksgleiche Rechte (insbes. Erbbaurechte) und gem. § 864 Abs. 2 ZPO auch für Grundstücksbruchteile (bzw. Bruchteile an grundstücksgleichen Rechten) im Miteigentum (so z.B. bei Ehegatten – Miteigentum zu je 1/2-Anteil)4, nicht aber für Gesamthandseigentum (so z.B. Erbengemeinschaften). Als besonders ausgestaltetes Bruchteilseigentum gehört auch Wohnungseigentum hierher.
1 RG 84, 265, 270; BGH v. 8.12.2011 – V ZB 197/11, MDR 2012, 309 = NJW-RR 2012, 220 = WM 2012, 272; BGH v. 15.1.1971 – V ZR 164/68, NJW 1971, 560; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 1 m.w.N. zu den historischen Quellen; Dassler u.a./Hintzen, § 15 ZVG Rz. 2; Stöber/Keller, Einleitung, Rz. 26. 2 BGH v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, NJW 2007, 2995 = WM 2007, 1286. 3 Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 1. 4 Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 1; Zöller/Seibel, § 864 Rz. 5.
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2
§ 18 Rz. 3 Verfahrensverbindung 3
Die Vorschrift ist auch anwendbar bei der nach § 78 Abs. 1 S. 2 SachenRBerG zulässigen isolierten Versteigerung eines selbständigen Gebäudeeigentums5.
4
Auch findet die Vorschrift Anwendung für Verfahren, in denen das Grundstückseigentum und das Gebäudeeigentum auseinander fallen, § 78 Abs. 1 S. 1 SachenRBerG findet insoweit bei Veräußerung im Wege der Zwangsversteigerung keine Anwendung6.
5
§ 18 ist für alle Verfahrensarten anwendbar, so insbesondere auch für die Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft, die Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters7 und die Zwangsverwaltung8. Verbunden werden können aber immer nur gleichartige Verfahren, so ein Forderungsversteigerungsverfahren mit einem Forderungsversteigerungsverfahren (auch eines Grundstücks mit einem Bruchteil eines Grundstücks9), ein Zwangsverwaltungsverfahren mit einem Zwangsverwaltungsverfahren oder ein Zwangsversteigerungsverfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft mit einem Zwangsversteigerungsverfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft10.
6
Kein Fall des § 18 ist aber das Zusammentreffen einer Forderungsversteigerung mit einem Versteigerungsverfahren gemäß §§ 18, 19 WEG. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat das Entziehungsverfahren nach §§ 18, 19 WEG nach den Vorschriften des 1. Abschnitts des ZVG zu erfolgen11 (näheres hierzu bei § 13). Somit ist ein Antrag gemäß §§ 18, 19 WEG bei einem anhängigen Forderungsversteigerungsverfahren als Beitritt gemäß § 27 hierzu zu behandeln und umgekehrt12.
7
Nicht möglich ist dagegen die Verbindung von einem Forderungsversteigerungsverfahren mit einem Zwangsversteigerungsverfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft, einem Forderungsversteigerungsverfahren mit einem Zwangsverwaltungsverfahren13.
8
In Zwangsverwaltungsverfahren ist jedoch die Maxime zu beachten, dass die Vollstreckung transparent erfolgen soll. Dies dient der Übersichtlichkeit und Beschleunigung der Verfahren. Diese Grundsätze hat das LG Berlin14 für die Verbindung mehrerer Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse entwickelt; der dahinter liegende rechtliche Aspekt ist auch auf Zwangsverwaltungsverfahren anzuwenden, die neben anderen Wirkungen auch Rechte wie ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entfalten. Überzeugend ist daher die Ansicht von Depré/Mayer: „Mehrere getrennte Eigentumswohnungen sollen deshalb auch dann nicht in verbundenen Verfahren verwaltet werden, wenn sie in der gleichen Wohneinheit liegen“15.
9
Durch die Verfahrensverbindung ergibt sich für den Gläubiger auch kein kostenmäßiger Vorteil; die Vergütung des Zwangsverwalters entsteht nämlich pro verwalteter Wohnung
5 OLG Jena v. 10.7.2000 – 6 W 433/00, Rpfleger 2000, 509; Rpfleger 2002, 637 m. Anm. Fisch; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 1; Zöller/Seibel, § 864 Rz. 9. 6 Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 1. 7 RG v. 21.6.1902 (V. Senat), JB 02, 402 = ZBlFG 3, 154. 8 Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 1; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 1. 9 BGH v. 17.8.1984 – IX ARZ 7/84; ZIP 1984, 1540; Stöber/Becker, § 18 Rz. 7. 10 BayObLG v. 7.10.1997 – 1Z AR 71/97, Rpfleger 1998, 79; Böttcher, § 18 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 1; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 10. 11 BT-Drucks. 16/887; Dassler u.a./Hintzen, § 10 Rz. 71 m.w.N.; Schmidberger, Das ZVG und § 19 ZVG, ZMR 2012, 168; insoweit unzutreffend Jennißen/Heinemann, § 19 WEG Rz. 29. 12 So zutreffend AG München, Verfahren 1519 K 25/08 zitiert nach Schmidberger, ZMR 2012, 168. 13 Böttcher, § 18 Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 1; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 2; Steiner/ Hagemann, § 18 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 7. 14 LG Berlin v. 2.9.1992 – 81 T 429/92, Rpfleger 1993, 167. 15 Depré/Mayer, Rz. 279.
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Verfahrensverbindung
Rz. 12 § 18
bzw. Einheit16. Auch ist die Verbindung von Zwangsverwaltungsverfahren mehrerer Wohneinheiten im Hinblick auf die vom BGH17 geforderte strikte Massetrennung der einzelnen Verfahren problematisch, da eine Verwendung von Einnahmen einer Einheit nicht zur Begleichung von Forderungen einer anderen Einheit verwendet werden dürfen. Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des WEG und anderer Gesetze zum 1.7.200718 ist von einer Verbindung mehrerer Wohnungseigentums- bzw. Teileigentumsrechte gemäß § 18 erst recht abzuraten. Gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG genießt die Eigentümergemeinschaft für bestimmte Forderungen das Vorrecht, aber jeweils nur mit den Forderungen, die auch dem betreffenden Wohnungseigentums- bzw. Teileigentumsrecht zuzurechnen sind.
10
C. Voraussetzungen I. Verbindung Eine Verfahrensverbindung ist zunächst nur dann möglich, wenn dasselbe Amtsgericht ge- 11 mäß § 1 ZVG zuständig ist19. Liegen die beteiligten Grundstücke in verschiedenen Gerichtsbezirken, bestimmt das gemeinsame Obergericht nach § 2 Abs. 2 ZVG ein gemeinsames Amtsgericht20. Hierfür ist die Gewährung rechtlichen Gehörs für den Schuldner nicht erforderlich.21. Weiterhin kann eine Verbindung nur erfolgen, wenn eine oder mehrere der in § 18 genannten 3 Voraussetzungen vorliegen, und zwar Var. 1: das Verfahren wird wegen einer Forderung gegen denselben Schuldner in mehrere Grundstücke oder Grundstücksbruchteile oder grundstücksgleiche Rechte betrieben22. Dies liegt vor, wenn ein Gläubiger wegen einer oder mehrerer Forderungen in der Rangklasse des § 10 I Nr. 5 in mehrere Objekte des Schuldners vollstreckt. Eine Identität des Schuldners hinsichtlich der verschiedenen Grundstücke muss gegeben sein23. Nicht verbindungsfähig ist dagegen, wenn der Gläubiger wegen Teilbeträge einer Forderung oder auf Grund mehrerer Forderungen in einzelne Grundstücke des Schuldners die Vollstreckung betreibt. Dies gilt auch für den Fall, dass der Gläubiger auf Grund des dinglichen Anspruchs (z.B. der eingetragenen Zwangssicherungshypothek) in ein Grundstück des Schuldners vollstreckt und auf Grund der dadurch gesicherten persönlichen Forderung in ein weiteres Grundstück des
16 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 133/05, MDR 2006, 837 = Rpfleger 2006, 151 = ZfIR 2006, 342 = ZInsO 2006, 151 = IGZInfo 2006, 12; fortgeführt BGH v. 18.1.2007 – V ZB 63/06, MDR 2007, 684 = Rpfleger 2007, 274 = IGZlnfo 2007, 65; Depré/Mayer, Rz. 888. 17 BGH v. 20.11.2008 – V ZB 81/08, MietRB 2009, 75 = NJW 2009, 598 = Rpfleger 2009, 163 = ZMR 2009, 294 m. Anm. Schneider. 18 Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze v. 26.3.2007, BGBl. I 2007, 370. 19 Böttcher, § 18 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 1; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 8. 20 Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 8; so auch schon RG v. 15.10.1907, OLG 15, 289; insoweit unzutreffend Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 6. 21 BGH v. 3.5.1984 – IX ARZ 5/84, MDR 1985, 52 = Rpfleger 1984, 363 = NJW 1984, 2166 (zurecht wurde vom BGH die Verbindung von Verfahren abgelehnt, wenn die Grundstücke in Hannover und Berlin liegen, s. BGH v. 4.7.1991 – IX ARZ 7/91); Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 11. 22 OLG Saarbrücken v. 26.8.1991 – 5 W 124/91, Rpfleger 1992, 123 m. Anm. Hintzen; Stöber, Hdb., Rz. 373; Böttcher, § 18 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 3; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 8; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 4. 23 Böttcher, § 18 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 3; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 4.
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12
§ 18 Rz. 12 Verfahrensverbindung Schuldners vollstreckt24. Auch nicht verbindungsfähig sind Verfahren, in denen mehrere Gläubiger jeweils wegen ihrer Forderung in verschiedene Grundstücke desselben Schuldners das Verfahren betreiben. 13
Var. 2: das Verfahren wird auf Grund des dinglichen Anspruchs aus einem eingetragenen Recht (Gesamtgrundpfandrecht, Gesamtreallast) betrieben25. Die Verbindung von Verfahren ist möglich, wenn auf der Grundlage eines Rechtes, das auf allen Grundstücken des oder der Schuldner lastet, die Vollstreckung betrieben wird. Es muss somit die Identität des Rechtes26, aus welchem das Verfahren betrieben wird, gegeben sein. Der klassische Fall in der Praxis ist hierfür das Miteigentum zu Bruchteilen der Ehegatten an einem Grundstück, welches mit einer Gesamt-Grundschuld belastet ist. Gleiches Recht im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur die Grundpfandrechte gemäß § 1132 BGB in Abt. III des Grundbuches und die Gesamtreallasten gemäß §§ 1107, 1132 BGB in Abt. II des Grundbuches sondern auch die nicht im Grundbuch eingetragenen öffentlichen Lasten gemäß § 10 I 3, die unverteilt auf allen Grundstücken oder Grundstücksbruchteilen gemäß dem jeweiligen Landes – KAG27 lasten
14
Eine Verbindung ist hingegen unzulässig, wenn aus einer gemäß § 867 Abs. 2 Satz 1 ZPO verteilten Zwangssicherungshypothek (oder einer gemäß § 1132 Abs. 2 BGB auf die Grundstücke aufgeteilten Gesamtgrundschuld) dinglich in einzelne Grundstücke betrieben wird, deren Grundlage eine einheitliche persönliche Forderung ist28 (eine Verbindung wäre nur bei gleichzeitiger Vollstreckung aus der unverteilten persönlichen Forderung möglich). Voraussetzung der Verbindung ist aber nicht, dass das einheitliche Recht an jedem der Grundstücke in gleicher Rangstelle oder sogar bestrangig eingetragen ist29
15
Var. 3: das Verfahren wird wegen einer (persönlichen) Forderung, für welche die (mehreren) Eigentümer gesamtschuldnerisch haften, betrieben30. Eine Verbindung ist ebenso für den Gläubiger möglich, der das Verfahren auf Grund einer Forderung, für die mehrere Grundstückseigentümer gesamtschuldnerisch haften, in die Grundstücke der mehreren Eigentümer betreibt. Es muss somit eine Identität der Forderung31 gegeben sein. Es können hierbei sowohl Grundstücksbruchteile als auch Miteigentumsanteile miteinander verbunden werden32. Dies soll eine Vollstreckung für denjenigen erleichtern, der einen Titel gegen Gesamtschuldner hat, diese aber Bruchteilseigentümer sind (z.B. Ehegatten).
24 Böttcher, § 18 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 3; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 11; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 3; Steiner/Hagemann, § 18 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 4. 25 Böttcher, § 18 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 4; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 12; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 5. 26 Böttcher, § 18 ZVG Rz. 5, Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 4; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 5. 27 BGH v. 11.5.2010 – IX ZR 127/09, MDR 2010, 1083 = MietRB 2010, 327 = ZfIR 2010, 696 m. Anm. Traub; Böttcher, § 18 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 18 Rz. 4; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 14; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 5. 28 Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 14; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 5. 29 OLG Hamm v. 30.7.1987 – 15 W 283/87, Rpfleger 1987, 467; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 5. 30 Böttcher, § 18 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 6; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 15; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 6. 31 Böttcher, § 18 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 6; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 15; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 6. 32 Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 6, Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 6.
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Verfahrensverbindung
Rz. 20 § 18
II. Trennung Genauso wie das Gericht die Verfahrensverbindung von sich aus beschließen kann, darf es die Verfahren wieder trennen, falls dies als notwendig erachtet wird. Storz/Kiderlen nennen als Beispiel, wenn sich die Bewertung eines Grundstückes zeitlich in die Länge zieht33. Auch denkbar ist, dass in einer Wohnanlage mehrere Wohnungseigentums- und Teileigentumsrechte in einem Verfahren verbunden sind und es sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass die Wohnungen außer der Tatsache des gleichen Eigentümers nichts gemein haben (z.B. Laden, Lager und Wohnung etc.) und womöglich auf mehrere Häuser wahllos verteilt sind34. Ein weiterer Grund ist, wenn der Gläubiger, der als einziger die Voraussetzungen der Verbindung (Identität des Schuldners, Identität des Rechtes oder Identität der Forderung) erfüllt, später wegfällt (z.B. infolge Antragsrücknahme)35.
16
D. Entscheidung Die Verfahrensverbindung oder -trennung kann auf Antrag (= Anregung) eines Beteiligten gem. § 9 oder auch von Amts wegen angeordnet werden36. Zu den rechtlichen Voraussetzungen für die Verbindung von Verfahren muss aber grundsätzlich auch für jedes Einzelverfahren ein Rechtsschutzinteresse vorliegen37.
17
Eine Anhörung der weiteren Beteiligten und des Schuldners zu dieser Anregung (Antrag) ist regelmäßig nicht erforderlich, da das Vollstreckungsgericht über diesen Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten entscheidet und nicht unmittelbar in Rechte der Beteiligten eingreift38. Eine Anhörung kann nur in absoluten Ausnahmefällen angezeigt sein, wenn z.B. durch einen Bericht des Zwangsverwalters oder nach Erstattung des Verkehrswertgutachtens gravierende Umstände bekannt würden39.
18
Über die Verbindung oder Trennung des Verfahrens entscheidet das zuständige Vollstreckungsgericht durch begründeten Beschluss40 – meist bei Verbindung im Anordnungsbeschluss ohne gesonderte Beschlussformel schlüssig – nach pflichtgemäßem Ermessen unter Abwägung der Interessen der Beteiligten41.
19
Eine Verfahrensverbindung soll der Vereinfachung des Verfahrensablaufes und zur Verminderung von Kosten dienen, stellt aber die Ausnahme dar42 und kommt in erster Linie zum
20
33 34 35 36 37 38
39 40 41 42
Storz/Kiderlen, C 1.3.3. Böttcher, § 18 ZVG Rz. 15; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 16. Dassler/Hintzen, § 18 ZVG Rz. 15; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 6. Böttcher, § 18 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 7; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 19; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 9. H/W/F/H, Hdb., Kapitel 2 Rz. 29. BGH v. 17.8.1984 – IX ARZ 7/84, ZIP 1984, 1540; BGH v. 3.5.1984 – IX ARZ 5/84, MDR 1985, 52 = Rpfleger 1984, 363 = ZIP 1984, 886; Böttcher, § 18 ZVG Rz. 10; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 11; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 8 (Anhörung sei durchweg zweckmäßig). BGH v. 3.5.1984 – IX ARZ 5/84, Rpfleger 1984, 363 = NJW 1984, 2166 = MDR 1985, 52. Böttcher, § 18 ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 8; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 20; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 11. BGH v. 4.7.1991 – IX ARZ 7/91, zit. Juris = Beck RS 1991, 31062137; BGH v. 3.5.1984 – IX ARZ 5/84, Rpfleger 1984/363 = NJW 1984/2166 = MDR 1985, 52; Böttcher, § 18 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 9. Böttcher, § 18 ZVG Rz. 1; Storz/Kiderlen, TH C 1.3.4.5, empfiehlt aber immer im größtmöglichen Umfang und zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Verbindung.
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§ 18 Rz. 20 Verfahrensverbindung Tragen bei wirtschaftlich verbundenen Grundstücken, besonders im Hinblick auf Gesamtausgebote in der Versteigerung43. 21
Es ist nicht erforderlich, dass die Anträge (Anordnung des Verfahrens und Verbindungsantrag) gleichzeitig gestellt werden. Auch ein bereits angeordnetes Verfahren kann mit einem Neuantrag (Beitrittsantrag zum laufenden Verfahren oder Neuantrag bezüglich eines weiteren Grundstücks), der zeitlich deutlich später erfolgt, verbunden werden. Zeitliche Grenze ist aber regelmäßig eine unzumutbare Verfahrensbehinderung, wenn z.B. für das zuerst angeordnete Verfahren schon ein Versteigerungstermin bestimmt ist. Zurecht kritisch gesehen wird die Entscheidung des BGH vom 22.3.2007, worin der BGH die Möglichkeit der zeitgleichen Abhaltung von Versteigerungsterminen in Verfahren, die nicht verbindungsfähig sind, eröffnete44.
22
Der Gläubiger hat keinen Anspruch, dass die Verfahren in einem gemeinsamen bzw. in gesonderten Verfahren behandelt werden. Das Gericht befindet als Vollstreckungsorgan wie das Verfahren im Interesse aller Beteiligten zu gestalten ist. Es entscheidet von Amts wegen, wobei jedoch die Beteiligten (auch der Insolvenzverwalter oder der Zwangsverwalter) verfahrensleitende Anträge (= Anregungen) durchaus stellen dürfen. § 18 ist als Ausnahme von dem Grundsatz der Einzelvollstreckung als Kann-Vorschrift ausgestaltet, ein Verbindungsautomatismus ist nicht gegeben. Allein die Erfüllung der rein formellen Voraussetzungen nach § 18 rechtfertigt daher für sich die Anordnung der Verbindung noch nicht. Laut Eickmann ist die Anordnung der Verbindung von vornherein bei der Versteigerung mehrerer Wohnungen im gleichen Objekt vom Gesetz nicht abgedeckt45. Er empfiehlt daher, einen Antrag der Beteiligten abzuwarten, der jederzeit auch in einem laufenden Verfahren zulässig ist. Die Praxis erkennt jedoch häufig im Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung bzw. -verwaltung mehrerer Grundstücke im selben Schriftsatz konkludent den. Antrag gemäß § 18 ZVG.
23
Aufgegeben wurden frühere landesrechtliche Regelungen46, wonach der Schuldner befragt werden sollte, ob bei mehreren Grundstücken ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, auch hinsichtlich ihrer Belastung mit Grunddienstbarkeiten oder ihrer Überbauung.
24
Eine Verbindung kann nicht abgelehnt werden, wenn das Vollstreckungsgericht im Falle der Verbindung einen erhöhten Bearbeitungsaufwand bei der Berechnung des geringsten Gebotes und der Erlösverteilung sowie der Händelbarkeit des Verfahrens sieht. Die Ablehnung der Verbindung ist in diesem Fall eine ermessensfehlerhafte Entscheidung47. Eine mit einem Ermessensfehler behaftete Ablehnung der Verbindung von Verfahren führt regelmäßig zu einer Aufhebung der in den Einzelverfahren ergangenen Zuschlagsbeschlüssen48.
E. Rechtsmittel 25
Gegen die Verbindung, die Nichtverbindung und die Trennung der Verfahren ist trotz § 95 ein separates Rechtsmittel zulässig49. Zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen eine Entscheidung gemäß § 18 über die Verbindung oder Trennung von Verfahren sind der Gläubiger, der 43 Böttcher, § 18 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 9. 44 BGH v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = NJW 2007, 2995 = Rpfleger 2007, 410; BGH v. 18.9.2008 – V ZB 18/08, NJW 2008, 3710 = Rpfleger 2009, 95 = MDR 2008, 3710 = ZfIR 2007, 725; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 7. 45 Eickmann, § 23 Abs. 1. 46 § 2 Abs. 3 Sächs. AV zum ZVG v. 19.9.1900, abgedruckt bei Wenz, ZVG, 1901, S. 265. 47 LG Koblenz v. 8.6.2010 – 2 T 301/10, n.v. 48 LG Bonn v. 10.6.2013 – 6 T 116/13, juris = BeckRS 2013, 12549. 49 OLG Hamm v. 30.7.1987 – 15 W 283/87, Rpfleger 1987, 467 m. Anm. Muth = JurBüro 1987, 1880; OLG Hamm v. 4.1.1989 – 15 W 597/88, Rpfleger 1989, 249 m. Anm. d. Schriftleitung; Dassler u.a./
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Verfahrensverbindung
Rz. 32 § 18
Schuldner, sowie die weiteren Beteiligten gemäß § 9 berechtigt, soweit sie in ihren Rechten beeinträchtigt sind50. Zu unterscheiden ist nach dem Zeitpunkt, in welchem die Entscheidung gemäß § 18 über die Verbindung oder Trennung von Einzelverfahren ergeht.
26
I. Verbindung oder Trennung gem. § 18 bei der Verfahrensanordnung Grundsätzlich ergeht die Entscheidung über die Verbindung oder Trennung gemäß § 18 bei der Anordnung des Verfahrens ohne Anhörung der Beteiligten, insbesondere des Schuldners, nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichtes unter Berücksichtigung der nach Aktenlage vorliegenden Tatsachen.51 Es handelt sich um eine gerichtliche Vollstreckungsmaßnahme und nicht um einen Verwaltungsakt52.
27
Gegen diese gerichtliche Maßnahme (gleichzeitige Anordnung des Verfahrens und Verbindung oder Trennung von Verfahren) ist nach den allgemeinen Vorschriften gemäß §§ 1, 15 die unbefristete Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO gegeben53.
28
Die Entscheidung des Vollstreckungsrichters über diese Erinnerung ist mit der sofortigen Beschwerde gemäß § 793 ZPO angreifbar54, eine Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung ist nur statthaft, wenn das Beschwerdegericht diese nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassen hat55.
29
Erfolgte ausnahmsweise vor Anordnung des Verfahrens (bei gleichzeitiger Verbindung oder Trennung gemäß § 18) eine Anhörung des Schuldners oder des Antragstellers (= Gläubigers) durch eine Aufklärungs-(Zwischen-)verfügung, so ist gegen die im Anordnungsbeschluss ergangene Verbindung oder Trennung des Verfahrens gemäß § 18 die sofortige Beschwerde des § 793 ZPO gegeben56.
30
Da die Entscheidung über die Verbindung oder Trennung von Verfahren gemäß § 18 für das gesamte Verfahren und gegenüber allen Verfahrensbeteiligten wirken, kann sie von allen Beteiligten des Verfahrens im Sinne des § 9, die in ihren Rechten beeinträchtigt werden, auch noch zu einem späteren Verfahrenszeitpunkt mit der unbefristeten Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO angegriffen werden57.
31
II. Verbindung oder Trennung gemäß § 18 im Laufe des Verfahrens Eine Verbindung oder Trennung von Verfahren gemäß § 18 kann im gesamten Verfahren erfolgen, und zwar von Amts wegen oder auf Anregung (= Antrag) eines Beteiligten i.S.d. § 9. Eine Anhörung der weiteren Beteiligten und des Schuldners zu dieser Anregung (Antrag) ist
50 51 52 53 54 55 56 57
Hintzen, § 18 ZVG Rz. 16; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 24; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 18; a.A. KG v. 7.5.1907, OLG 15, 29 (Keidel, S. 243); Böttcher, § 18 ZVG Rz. 16. So noch Stöber, 21. Aufl., § 18 ZVG Rz. 3.10, jetzt nicht mehr so deutlich Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 18. BGH, Beschl. v. 3.5.1984 – IX ARZ 5/84, Rpfleger 1984/363 = NJW 1984/2166 = MDR 1985, 52. Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 11. OLG Hamm v. 30.7.1987 – 15 W 283/87, Rpfleger 1987, 467 m. Anm. Muth = JurBüro 1987; Stöber/ Keller, § 15 ZVG Rz. 31; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 18. Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 31; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 18; Stöber/Achenbach, § 95 ZVG Rz. 4. Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 33. Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 16; Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 31; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 18: Stöber/Achenbach, § 95 ZVG Rz. 4. Steiner/Riedel, ZVG, Bd. II, B. Aufl. 1975, § 18 Rz. 10.
Traub
231
32
§ 18 Rz. 32 Verfahrensverbindung regelmäßig nicht erforderlich, da das Vollstreckungsgericht über diesen Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten entscheidet und nicht unmittelbar in Rechte der Beteiligte eingreift. Eine Anhörung kann nur in absoluten Ausnahmefällen angezeigt sein, wenn gravierende Umstände bekannt werden. 33
Gegen diese selbstständige Entscheidung durch Beschluss58 über die Verbindung oder Trennung von Verfahren gemäß § 18 ist, soweit eine Anhörung der Beteiligten nicht erfolgte, die unbefristete Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO, soweit eine Anhörung der Beteiligten erfolgte, die sofortige Beschwerde gemäß § 793 ZPO zulässig59.
34
Nach Ablehnung der Verbindung oder Trennung von Verfahren gemäß § 18 können neue Gründe oder Tatsachen im Laufe des Verfahrens eine erneute Prüfung und gegebenenfalls eine andere Entscheidung rechtfertigen60.
35
Von einer für das gesamte Verfahren ausgehenden Bindungswirkung einer formal rechtskräftig gewordenen Entscheidung, wie vom AG Hannover61 gesehen, ist daher nicht auszugehen, insbesondere da eine angeordnete Verbindung oder Trennung der Verfahren auch aufgrund einer Gegenvorstellung jederzeit wieder aufgehoben werden kann62. Eine Trennung verbundener Verfahren ist daher nach zutreffender Auffassung auch dann möglich, wenn die Verbindung zuvor von einem höheren Gericht angeordnet worden war.63
F. Behandlung nach Aktenordnung 36
Die registermäßige Erfassung der neu eingegangenen Anträge regelt § 14 Abs. 1 und Abs. 4 der Aktenordnung64.
37
Betrifft ein Antrag auf Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung mehrere Grundstücke (auch mehrere Miteigentumsanteile) oder grundstücksgleiche Rechte, so erfolgt die Erfassung unter einem Aktenzeichen, wenn eine Verbindung gemäß § 18 möglich ist65. Somit wäre bei einem Antrag eines Gesamtrechtgläubigers, der z.B. mehrere Wohnungseigentums- oder Teileigentumsrechte eines Schuldners umfasst, seitens des Gerichtes unter Beachtung der Aktenordnung das Verfahren nur unter einem Aktenzeichen in einem Vorgang zu führen.
38
Da die Aktenordnung aber nur eine Verwaltungsvorschrift ist, kann sie nicht in die sachliche Unabhängigkeit des Gerichtes eingreifen, weil die Entscheidung des Gerichtes über die Verbindung von Verfahren gemäß § 18 eine Vollstreckungsmaßnahme darstellt, die der rechtspflegerischen Unabhängigkeit unterliegt, und kein Verwaltungsakt ist.66 Stöber warnt zu Recht
58 Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 12. 59 OLG Hamm v. 30.7.1987 – 15 W 283/87, Rpfleger 1987, 467 m. Anm. Muth = JurBüro 1987, 1880; OLG Hamm v. 4.1.1989 – 15 W 597/88, Rpfleger 1989, 249 m. Anm. d. Schriftleitung; Depré/ Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 24. 60 Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 19. 61 AG Hannover v. 13.10.1987 – 731a K 76/86 i.V.m. LG Hannover v. 4.12.1987 – 8 T 283/87, Rpfleger 1988, 322. 62 Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 15. 63 Dassler u.a./Hintzen, § 18 Rz. 15; a.A. Steiner/Hagemann, § 18 Rz. 24. 64 Hier beispielhaft: Anweisung für die Verwaltung des Schriftguts bei den Geschäftsstellen der Gerichte und Staatsanwaltschaften (AktO), herausgegeben vom Justizministerium Baden-Württemberg, Stand: 1.1.2013 (gleichlautend für das Land Brandenburg, Nds. [It. Internet], inhaltsgleich für die anderen Bundesländer). 65 Böttcher, § 18 ZVG Rz. 14; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 14; Erläuterung 2 Satz 1 zu Liste 14 zu § 14 Abs. 1 AktO. 66 Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 11.
232
Traub
Eintragung der Anordnung im Grundbuch
§ 19
vor einer zu weitreichenden Befolgung der Aktenordnung67. Dies hat auch der Verordnungsgeber erkannt und in der Aktenordnung ausgeführt, dass bei einer getrennten Anordnung der Verfahren auf Grund eines gemeinsamen Antrages neue Aktenzeichen vergeben werden können68 (allerdings ohne Anrechnung auf der „Strichliste“ bezüglich der Grundstücke nach Pebb§y69).
G. Kosten Weder für die Entscheidung über die Verbindung noch über die Trennung von Verfahren fallen gesonderte Gerichtsgebühren an70. Die Entscheidung ist von der allgemeinen Verfahrensgebühr GKG KV 2211 bzw. KV 2212 abgedeckt. Bei einer Trennung von Verfahren werden danach die jeweils angefallenen Gebühren in jedem Einzelverfahren abgerechnet.71
39
Ebenso entsteht keine gesonderte Gebühr für den anwaltlichen Vertreter. Die Tätigkeit in diesem Verfahrensabschnitt ist von der allgemeinen Verfahrensgebühr gemäß RVG VV 3311 Nr. 1 abgedeckt.
40
§ 19 [Eintragung der Anordnung im Grundbuch] (1) Ordnet das Gericht die Zwangsversteigerung an, so hat es zugleich das Grundbuchamt um Eintragung dieser Anordnung in das Grundbuch zu ersuchen. (2) Das Grundbuchamt hat nach der Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Gericht eine beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts und der Urkunden, auf welche im Grundbuch Bezug genommen wird, zu erteilen, die bei ihm bestellten Zustellungsbevollmächtigten zu bezeichnen und Nachricht zu geben, was ihm über Wohnort und Wohnung der eingetragenen Beteiligten und deren Vertreter bekannt ist. Statt der Erteilung einer beglaubigten Abschrift der Urkunden genügt die Beifügung der Grundakten oder der Urkunden. (3) Eintragungen im Grundbuch, die nach der Eintragung des Vermerks über die Anordnung der Zwangsversteigerung erfolgen, soll das Grundbuchamt dem Gericht mitteilen.
A. B. C. I.
Rz. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Eintragungsersuchen nach Anordnung . 7 Grundbucheintragung . . . . . . . . . . . 23 Prüfungspflicht des Grundbuchamts . . . 23
Rz. II. Konkurrenz zu anderen Anträgen . . . . . 28 D. Mitteilungen des Grundbuchamts (Abs. 2 und 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I. Übersendung nach Anordnung . . . . . . . 40
67 Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 15. 68 Erläuterung 2 Satz 2 zu Liste 14 zu § 14 Abs. 1 AktO. 69 PEBB§Y (Personalbarfsberechnungssystem oder offiziell: Erarbeitung eines Systems der Personalbedarfsberechnung für den richterlichen, staatsanwaltlichen und Rechtspflegerdienst in der ordentlichen Gerichtsbarkeit) steht als Akronym für die (umstrittene) Berechnung der Pensenschlüssel in der Justiz; zitiert nach www.wikipedia.org. 70 Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 17; Depré/Cranshaw, § 18 ZVG Rz. 26; Löhnig/Bluhm, § 18 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 17. 71 Stöber/Keller, Einleitung ZVG Rz. 443.
Traub und Goldbach
233
§ 19 Rz. 1 Eintragung der Anordnung im Grundbuch Rz. II. Benachrichtigungen während des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 E. Löschung des Vermerks . . . . . . . . . . . 53
Rz. F. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 G. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Literatur: Baum, Zwangsversteigerungsvermerk und unerledigte Eintragungsanträge, Rpfleger 1990, 141; Böhringer, Informationelles Selbstbestimmungsrecht kontra Publizitätsprinzip bei § 12 GBO, Rpfleger 1987, 181; Böhringer, Der Einfluss des informationellen Selbstbestimmungsrechts auf das Grundbuchverfahren, Rpfleger 1989, 309; Böttcher, Beeinträchtigungen der Verfügungsbefugnis, Rpfleger 1983, 49; Böttcher, Verfügungsbeschränkungen – Allgemeine Auswirkungen im Grundstücksrecht, Rpfleger 1984, 377; Böttcher, Verfügungsbeschränkungen – Anwendungsprobleme im Grundstücksrecht, Rpfleger 1985, 1; Böttcher, Verfügungsverbote, Rpfleger 1985, 381; Hagemann, Aufgaben des Grundbuchamts nach Anordnung der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1984, 397 und Rpfleger 1985, 341; Tröster, Die grundbuchliche Behandlung des Ersuchens nach § 19 ZVG bei Vorliegen unerledigter Eintragungsanträge, Rpfleger 1985, 337; Vollkommer, Verfassungsmäßigkeit des Vollstreckungszugriffs, Rpfleger 1982, 1.
A. Allgemeines 1
Die Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung wird auf Veranlassung des Vollstreckungsgerichts vom Grundbuchamt ins Grundbuch eingetragen (§ 19). Das gilt auch für die Anordnung einer Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft (§ 180 ff.), auf Antrag des Insolvenzverwalters oder anderer Sonderverfahren (§ 172 ff.).
2
Dazu richtet das Vollstreckungsgericht ein „behördliches“ Ersuchen an das Grundbuchamt (§ 38 GBO). Der Zeitpunkt des Eingangs des Ersuchens kann maßgeblich für die Beschlagnahme sein (§ 22 Abs. 1 Satz 2).
3
Durch die Eintragung des Vermerks entfaltet das durch die Beschlagnahme entstandene Veräußerungsverbot (§ 23 ZVG) gegenüber denjenigen Wirksamkeit, die rechtsgeschäftlich eine Berechtigung an dem beschlagnahmten Grundstück erlangen wollen (§§ 135 Abs. 2, 892 Abs. 1 BGB).
4
Jede gegen die Beschlagnahme verstoßende Verfügung bleibt gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger unwirksam. Gutgläubiger Erwerb eines Dritten bleibt ausgeschlossen, weil sich der Käufer oder Erwerber eines Rechts nicht mehr auf seinen guten Glauben bezüglich der uneingeschränkten Verfügungsbefugnis des Eigentümers berufen kann, sondern sich die im Grundbuch sichtbar gemachte Beschlagnahme entgegenhalten lassen muss, obwohl er sie möglicherweise nicht kannte (892 Abs. 1 Satz 2 BGB).
5
Der Zwangsversteigerungsvermerk bewirkt jedoch keine Grundbuchsperre1. Andere Eintragungen werden auch nach der Eintragung eines Zwangsversteigerungsvermerks noch vorgenommen, wirken sich aber nicht unmittelbar auf das Verfahren aus.
6
Während der Dauer des Zwangsversteigerungsverfahrens hat das Grundbuchamt dem Vollstreckungsgericht die für die Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens benötigten Urkunden zur Verfügung zu stellen und über nach der Anordnung erfolgte Eintragungen zu informieren. So wird erreicht, dass sowohl die Verfahrensbeteiligten als auch das Vollstreckungsgericht über den jeweiligen Grundbuchstand informiert sind, ohne wiederholt das Grundbuch und die Grundakten einsehen zu müssen.
1 Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 16.
234
Goldbach
Eintragung der Anordnung im Grundbuch
Rz. 13 § 19
B. Eintragungsersuchen nach Anordnung Bereits mit der Anordnung des Verfahrens ist gleichzeitig das Eintragungsersuchen zu ferti- 7 gen und an das Grundbuchamt zu senden. Die Eintragung darf nicht verzögert werden, weil beispielweise die Zustellung des Anordnungsbeschlusses abgewartet werden soll2. Im Gegenteil ist ein Augenmerk auf zügige Übersendung an das Grundbuchamt zu richten, denn durch den dortigen Eingang des Ersuchens kann die Beschlagname bewirkt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2). Das Ersuchen muss eine ausreichende genaue Bezeichnung des Grundstücks enthalten (§ 28 GBO). Dazu sind auch die Angaben zum Grundbuchbezirk und zur Blattnummer erforderlich3.
8
Mit dem Ersuchen sollte das Grundbuchamt aufgefordert werden, den Zeitpunkt des Eingangs des Ersuchens an das Vollstreckungsgericht mitzuteilen, damit sich der Tag der ersten Beschlagnahme feststellen lässt (§ 13 Abs. 4). Das Grundbuchamt ist nämlich nicht verpflichtet, den Zeitpunkt von sich aus anzugeben4. Die Kenntnis ist aber für das Vollstreckungsgericht von größter Bedeutung. Eine Aufforderung, die dem Grundbuchamt nach § 19 Abs. 2 zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen, braucht nicht besonders aufgenommen werden5.
9
Da es sich um ein behördliches Ersuchen im Sinnen von § 38 GBO handelt, unterliegt es der Form des § 29 Abs. 3 GBO. Es ist vom Rechtspfleger zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Nach erfolgter Eintragung des Vermerks wird es zur Grundakte genommen (§ 10 GBO). Schon weil der Eingang des Ersuchens die Beschlagnahme entstehen lässt und als Grundlage einer Eintragung aktenkundig sein muss, ist es nicht möglich, auf ein förmliches Ersuchen zu verzichten. Das gilt auch dann, wenn die/der selbe Rechtspfleger*in sowohl für die Zwangsversteigerung als auch für das Grundbuchverfahren zuständig sein sollte6.
10
Die bloße Übersendung eines Anordnungsbeschlusses statt eines förmlichen Ersuchens reicht nicht aus7. Dem Ersuchen müssen keine weiteren Unterlagen beigefügt werden. Der Anordnungsbeschluss kann ausnahmsweise dann beigefügt werden, wenn im Ersuchen zur Bezeichnung mehrere Grundstücke darauf Bezug genommen wird8. Das dürfte aber auf Grund der Tatsache, dass das Ersuchen üblicherweise automatisiert mit dem Anordnungsbeschluss unter Verwendung einer programmierten Textverarbeitung gefertigt wird, kaum noch zum Tragen kommen.
11
Ein fehlerhaftes Ersuchen kann noch bis zu seiner Vollziehung im Grundbuch ergänzt oder abgeändert werden. Nach der Erledigung eines fehlerhaften Ersuchens kann das Grundbuchamt um eine ergänzende Eintragung ersucht werden. Wurde etwa die Zwangsversteigerung angeordnet im Ersuchen jedoch die Eintragung eines Zwangsverwaltungsvermerks beantragt, dann ist ein berichtigtes Ersuchen zu stellen, so dass die Eintragung entsprechend richtig gestellt werden kann9.
12
Für jedes Verfahren ist ein gesonderter Vermerk einzutragen. Werden Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gleichzeitig angeordnet oder läuft bereits eine Zwangsversteigerung und es wird eine Teilungsversteigerung angeordnet, dann wird für jedes Verfahren ein Ver-
13
2 3 4 5 6 7 8 9
Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 3. KG v. 20.11.2012 – 1 W 136/12, Rpfleger 2013, 284. Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 24. Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 7. Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 4. Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 8. Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 8. Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 8.
Goldbach
235
§ 19 Rz. 13 Eintragung der Anordnung im Grundbuch merk nötig. Dabei sollte die Art des Verfahrens, nämlich ob es sich um eine Schuldversteigerung oder ein Verfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft handelt, aus dem Vermerk erkennbar sein, damit ein sachkundiger Dritter erkennen kann, welchen Umfang die Beschlagnahme hat. 14
Gleichzeitig sollte bei der Eintragung die „diskriminierende Wirkung“10 eines solchen Vermerks bedacht werden. Ein zu Unrecht eingetragener Vermerk kann den Eigentümer in Misskredit bringen und ist auch nach seiner Löschung im Grundbuch noch sichtbar.
15
Das kann bei einem beabsichtigten Verkauf oder bei einer Darlehensaufnahme zu großen Nachteilen führen. Dem kann nur durch Übertragung des Eigentums auf ein anderes Grundbuchblatt begegnet werden. Dann wird nämlich der zu Unrecht eingetragene, wieder gelöschte aber noch sichtbare Vermerk nicht mit übertragen11.
16
Musterantrag Eintragung Zwangsversteigerungsvermerk Amtsgericht Mainz – Vollstreckungsgericht – Geschäftsnr. 1 K 123/19
Mainz, 30.7.2019
An die Grundbuchabteilung Im Hause In der Zwangsversteigerungssache über das im Grundbuch von Mainz, Blatt 2001, eingetragene Grundstück lfd. Nr. 1, Gemarkung Innenstadt, Flur 8, Flurstück 11/3, Hauptstraße 51 = 456 m2 ist durch Beschluss vom 30.7.2017 die Zwangsversteigerung angeordnet. Es wird ersucht, den Zwangsversteigerungsvermerk in das Grundbuch einzutragen und den Zeitpunkt des Eingangs dieses Ersuchens nach hier mitzuteilen. Dienstsiegel (Unterschrift) Schneider, Rechtspflegerin 17
Eventuelle Beanstandungen bezüglich Form und Inhalt hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO zu erheben. Erforderlichenfalls ist auch eine Vormerkung nach § 18 Abs. 2 GBO einzutragen. Dabei sichert der Vermerk einerseits die Rangposition im Sinne einer Wirksamkeitsreihenfolge mehrerer Anträge und zerstört andererseits den guten Glauben eines potentiellen Käufers, dem somit schon vor der endgültigen Eintragung des Vermerks die Beschlagnahme bekannt gemacht wird12.
18
Bei kleineren Unklarheiten ist eine unkomplizierte Klärung per Telefon oder persönliche Rücksprache zwischen Grundbuchamt und Vollstreckungsgericht sinnvoll.
19
Die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks wird vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen (§ 12c Abs. 2 Nr. 3 GBO). 10 Böhringer, Rpfleger 1989, 309; Vollkommer, Rpfleger 1982, 1. 11 OLG Frankfurt/M. v. 5.11.1986 – 20 W 412/86, NJW 1988, 976. 12 Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 23.
236
Goldbach
Eintragung der Anordnung im Grundbuch
Rz. 26 § 19
Die Erledigung des Ersuchens ist vom Vollstreckungsgericht zu überwachen und nötigenfalls durch Dienstaufsichtsbeschwerde auf eine zügige Erledigung hinzuwirken13.
20
Nach Eingang der Eintragungsmitteilung hat das Vollstreckungsgericht den Vermerk selbst auf Richtigkeit zu überprüfen. Außerdem hat es festzustellen, ob wegen des Grundbuchinhalts Entscheidungen nach § 28 zu veranlassen sind14.
21
Lehnt das Grundbuchamt die Vollziehung des Ersuchens ab, dann hat dies durch eine begründete Entscheidung zu geschehen, gegen die dem Vollstreckungsgericht oder dem Gläubiger ein Rechtsbehelf zur Verfügung steht (s. Rz. 54 ff.). Gegen eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts ist ebenfalls Beschwerde nach § 71 GBO zulässig15.
22
C. Grundbucheintragung I. Prüfungspflicht des Grundbuchamts Das Grundbuchamt hat nur eine formelle Prüfung des Ersuchens vorzunehmen und es nicht hinsichtlich der Zulässigkeit der Vollstreckungshandlung zu bewerten. Insoweit steht ihm keine Prüfungskompetenz zu16. Beruht eine Eintragung auf einem Ersuchen des Vollstreckungsgerichts, so trägt dieses die alleinige Verantwortung für die sachliche Richtigkeit des Ersuchens. Das Grundbuchamt hat nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen der ersuchten Eintragung vorliegen17. Das Grundbuchamt überprüft das Ersuchen hinsichtlich folgender Aspekte: – Sachliche Zuständigkeit des ersuchenden Gerichts als Vollstreckungsgericht – Ausreichend genaue Bezeichnung des Vollstreckungsobjekts (§ 28 GBO) – Form des § 29 Abs. 3 GBO (Unterschrift und Dienstsiegel bzw. Stempel)
23
Einer Zwangsvollstreckung entgegenstehende Umstände wie etwa fremdes Eigentum oder Verfügungsbeschränkungen hat nicht das Grundbuchamt, sondern nur das Vollstreckungsgericht zu beachten (§ 28 ZVG). Sie hindern keinesfalls die Eintragung des Vermerks18.
24
Entspricht das Ersuchen den genannten Erfordernissen, dann wird der Vermerk unverzüglich eingetragen. Sein Wortlaut ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sollte aber möglichst kurz sein und keine unnötigen Angaben enthalten. Dennoch sollte erkennbar sein, um was für ein Verfahren es sich handelt. Nicht nötig ist die Angabe, dass die Beschlagnahme erfolgt ist oder die Wiedergabe anderer gesetzlicher Folgen.
25
Unterschiedlich wird beurteilt, ob Geschäftsnummer und Angabe des Vollstreckungsgerichts nötig sind19. Jedenfalls spricht nichts gegen die Eintragung der Verfahrensart und der Geschäftsnummer, da so für jeden Einsichtnehmer erkennbar ist, um was für ein Verfahren es sich handelt und er sich wegen weiterer Auskünfte an das Vollstreckungsgericht wenden kann, ohne vorher die Grundakte einsehen zu müssen um die Informationen dort zu erlangen.
26
13 14 15 16 17 18 19
Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 9. Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 9. OLG Hamm v. 17.3.2011 – I-15 W 706/10, Rpfleger 2011, 453. Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 11. Brandenburgisches OLG v. 9.9.2014 – 5 W 142/14, Rpfleger 2015, 97 = MDR 2015, 56. Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 11. Befürwortend: Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 19 ZVG Rz. 10; a.A. Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 14.
Goldbach
237
§ 19 Rz. 27 Eintragung der Anordnung im Grundbuch 27
Der Vermerk kann wie folgt formuliert werden: „Die Zwangsversteigerung zur Zwangsvollstreckung (bzw. zur Aufhebung der Gemeinschaft) – AG Mainz 1 K 123/19 – ist angeordnet“.
Der Vermerk wird nicht mehr eingetragen, wenn das Verfahren vor seiner Eintragung wieder aufgehoben wurde und bereits ein Löschungsersuchen beim Grundbuchamt vorliegt20.
II. Konkurrenz zu anderen Anträgen 28
Geht das Ersuchen beim Grundbuchamt ein und es liegen noch andere unerledigte Anträge dort vor, dann kann das Ersuchen erst nach deren Bearbeitung ausgeführt werden. Der Versteigerungsvermerk ist dabei nicht vorrangig zu behandeln, sondern erst nach den vorher eingegangenen Anträgen zu vollziehen (§§ 17, 45 GBO)21.
29
Zwar steht der Versteigerungsvermerk nicht in einer Rangkonkurrenz mit anderen Rechten22, die Eintragung hat aber wegen ihrer Auswirkungen auf einen möglichen gutgläubigen Erwerb der früher beantragten Rechte zu unterbleiben23. Insoweit regelt die Reihenfolge der Eintragung eben nicht nur das Rangverhältnis der Rechte untereinander, sondern auch deren „Wirksamkeitsreihenfolge“24.
30
Die Bedeutung der Eintragungsreihenfolge besteht in erster Linie darin, dass eine sofortige Eintragung des Vermerks einen grundsätzlich möglichen und im Gesetz zugelassenen gutgläubigen Erwerb ausschließen würde, obwohl der Erwerber zum Zeitpunkt seines Eintragungsantrags möglicherweise nichts von der Verfügungsbeschränkung wusste oder diese noch gar nicht bestand.
31
Die gesetzliche Vorschrift stellt beim Vorliegen der Gutgläubigkeit nämlich auf den Zeitpunkt der Eintragung (§ 892 Abs. 2 BGB) des erworbenen Rechts ab, welcher bei dieser Verfahrensweise nach der „Bekanntgabe der Beschlagnahme“ durch Eintragung im Grundbuch liegen würde. So würde ein gutgläubiger Erwerb letztendlich verhindert, obwohl der Erwerber des Rechts beim Vertragsabschluss tatsächlich gutgläubig war. Eine Verlegung des für den gutgläubigen Erwerb maßgeblichen Zeitpunkts auf die Antragstellung ist nicht mehr möglich, sobald der den guten Glauben zerstörende Zwangsversteigerungsvermerk oder eine Vormerkung nach § 18 Abs. 2 GBO dafür eingetragen ist.
32
Des Weiteren könnte der Antragsteller bei Nichteinhaltung der Rangfolge mit seinem früher beantragten Recht einen verfahrensrechtlichen Nachteil erleiden. Wird sein Recht rangmäßig nach dem Versteigerungsvermerk eingetragen, dann wird es im Zwangsversteigerungsverfahren nicht von Amts wegen berücksichtigt, sondern muss explizit angemeldet werden (§§ 9, 37, 45, 114). Das wäre eine Schlechterstellung die dann nicht eintritt, wenn die Vollzugsreihenfolge des § 17 GBO eingehalten wird.
33
Sind früher gestellte Anträge noch nicht vollzugsreif, dann ist fraglich, ob der Vermerk dennoch eingetragen werden kann bzw. muss. Die Eintragung einer Vormerkung gemäß § 18 Abs. 2 GBO für die früher beantragten Eintragungen ist zwar zulässig und wahrt auch den Rang, aber nicht die Wirksamkeitsreihenfolge, weil sie nach anschließender Eintragung des Vermerks keinen gutgläubigen Erwerb mehr zulässt25.
20 21 22 23 24 25
Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 27. Böttcher, Rpfleger 1983, 49. Reichsgericht v. 7.3.1932 – VI 447/31, RGZ 135, 378, 384. Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 18. Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 12. Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 13.
238
Goldbach
Eintragung der Anordnung im Grundbuch
Rz. 41 § 19
Die durch die Beschlagnahme eingetretene Verfügungsbeschränkung würde nämlich dann bei der später erfolgenden endgültigen Eintragung des Rechts aus dem Grundbuch ersichtlich sein und wie oben beschrieben einen gutgläubigen Erwerb des Rechts verhindern.
34
Deshalb wird teilweise befürwortet, den Vermerk so lange nicht einzutragen, bis eine durch Vormerkung gemäß § 18 Abs. 2 GBO gesicherte Eintragung endgültig vollzogen ist, um einen gutgläubigen Erwerb nicht zu verhindern26.
35
Dieser Ansicht kann aber deshalb nicht gefolgt werden, weil sie gesetzlich nicht fundiert ist und zudem die Interessen des betreibenden Gläubigers dergestalt außer Acht lässt, dass sein Anspruch auf Sicherung des Verwertungsrechts durch die unterbleibende Kenntlichmachung der Beschlagnahme zurückgestellt wird27. Dazu kommt, dass durch die Nichteintragung des Zwangsversteigerungsvermerks bis zur endgültigen Erledigung des Vorantrags weitere beschlagnahmeschädliche Verfügungen des Schuldners mit gutgläubigen Vertragspartnern ermöglicht werden.
36
Aus diesem Grund ist bei der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks zwar die Eintragungsreihenfolge des § 17 GBO zu beachten, seine Eintragung darf aber wie bei sonstigen später beantragten Rechten nicht deshalb unterbleiben, weil ein früher gestellter Antrag wegen eines Mangels nicht vollzogen werden kann. Die Vormerkung hat auch die Aufgabe, eine Erledigung des späteren Antrags für den Fall zu gewährleisten, dass der erste Antrag endgültig zurückgewiesen wird28. Schon alleine deshalb sollte sie eingetragen werden, denn nur so ist gewährleistet, dass keine anderen Berechtigungen am Grundstück mehr begründet werden, die das Verwertungsrecht des Gläubigers schmälern würden.
37
Steht hingegen der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks ein vom Grundbuchamt zu beachtender Mangel entgegen, dann ist zur Sicherung der Wirksamkeitsreihenfolge und der Rangfolge eine Vormerkung nach § 18 Abs. 2 GBO einzutragen29.
38
Da dem Zwangsversteigerungsvermerk kein Rang zukommt30, hat die einzutragende Vormerkung hauptsächlich die Aufgabe, schon auf die Beschlagnahme hinzuweisen, bevor der Vermerk endgültig eingetragen ist.
39
D. Mitteilungen des Grundbuchamts (Abs. 2 und 3) I. Übersendung nach Anordnung Da für das Vollstreckungsgericht bei der Durchführung einer Zwangsversteigerung oder -ver- 40 waltung die Kenntnis von Berechtigungen am Grundstück von enormer Bedeutung ist, wird dem Grundbuchamt die Bereitstellung zahlreicher Unterlagen zur Unterstützung des Vollstreckungsgerichts auferlegt. Unmittelbar nach der Anordnung ist zunächst die Zusendung eines beglaubigten Grund- 41 buchsauszugs gefordert, damit das Vollstreckungsgericht den Grundbuchstand bei Eintragung des Vermerks prüfen und aktenkundig machen kann. Der Inhalt des Grundbuchs zum Zeitpunkt der Eintragung des Vermerks ist unter anderem bedeutsam für die Frage, welche Ansprüche angemeldet werden müssen und welche von Amtswegen berücksichtigt werden, weil sie grundbuchersichtlich sind (§§ 9, 10, 28, 37, 38, 45, 105, 114 ZVG).
26 27 28 29 30
Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 13, Böttcher, § 19 ZVG Rz. 9, Baum, Rpfleger 1990, 441. Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 22; Tröster, Rpfleger 1985, 337. Reichsgericht v. 28.1.1925 – V 168/24, RGZ 110, 203. Stöber/Becker, § 19 ZVG, Rz. 20; Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 12. Reichsgericht v. 7.3.1932 – VI 447/31, RGZ 135, 378, 384.
Goldbach
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§ 19 Rz. 42 Eintragung der Anordnung im Grundbuch 42
Übersendung in einfacher Form, also ohne Beglaubigung, wird selbst dann nicht als ausreichend anzusehen sein, wenn an der Richtigkeit der Abschrift bzw. Kopie keinerlei Zweifel bestehen, denn das Gesetz legt die Form ausdrücklich fest.
43
Die Bereitstellung der geforderten Grundbuchblattabschrift kann schon wegen der nötigen Dokumentation des Grundbuchstandes in der Verfahrensakte nicht durch bloße Überlassung der Grundakte ersetzt werden31.
44
Hinsichtlich einer Mitteilungspflicht über den Zeitpunkt des Eingangs des Ersuchens beim Grundbuchamt gibt es zwar keine ausdrückliche gesetzliche Regelung, der Zeitpunkt ist aber für die Ermittlung des Beschlagnahmetags von großer Wichtigkeit (§ 22 Abs. 1 ZVG).
45
Das Grundbuchamt ist nicht ausdrücklich verpflichtet, den Zeitpunkt von sich aus mitzuteilen32, wird aber einer Nachfrage des Vollstreckungsgerichts auf jeden Fall entsprechen müssen.
46
Das Grundbuchamt hat dem Vollstreckungsgericht außerdem alle Urkunden, auf die in den noch gültigen Grundbucheintragungen Bezug genommen wird, zur Verfügung zu stellen. Nur so wird dem Vollstreckungsgericht ermöglicht, den Inhalt eines eingetragenen Rechts in vollem Umfang zu ermitteln und zu beachten.
47
Statt der Übersendung kann insoweit eine Überlassung der Grundakte erfolgen33. Allerdings sollte das Grundbuchamt dann sicherstellen, dass die übersandten Grundakten tatsächlich alle in Bezug genommenen Urkunden enthalten. Insbesondere bei der Versteigerung von Wohnungs- und Teileigentumsrechten enthalten die Grundakten meist nicht die Teilungserklärung, welche aber häufig zur eindeutigen Identifizierung der Wohnung bei der Schätzung und zur Feststellung des Verwalters nach WEG erforderlich ist, soweit der Verband der Wohnungseigentümer als verfahrensbeteiligt angesehen wird.
48
Benötigt werden die Urkunden bzw. die Grundakten vor allem zur Ermittlung der Verfahrensbeteiligten im Rahmen der Wertermittlung, zur Aufstellung des geringsten Gebots und zur Erlösverteilung. Deshalb genügt in aller Regel die Übersendung auf Anforderung des Vollstreckungsgerichts und ist nicht schon unmittelbar nach der Anordnung nötig. Dasselbe gilt für die vorgesehene Mitteilung über Name und Wohnort der Grundbuchberechtigten oder dort bekannter Zustellungsvertreter.
49
Eine im Grundbuchverfahren erteilte Zustellungsvollmacht gilt auch in den Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht, soweit es von der Bestellung Kenntnis erlangt (§ 5).
50
Das Vollstreckungsgericht ist auf diese Informationen angewiesen, die dem Grundbuchamt zur Verfügung stehen. Auf die Richtigkeit der mitgeteilten Informationen darf sich der Versteigerungsrechtspfleger verlassen und hat nur bei Unstimmigkeiten weitere Ermittlungen anzustellen34. Deshalb wird die Weitergabe der benötigten Daten gesetzlich geregelt. Sie erfolgt durch die Erstellung einer Beteiligtenliste oder durch die Übermittlung des beim Grundbuchamt geführten Wohnungsblatts (§ 21 Nr. 5 AktO). Eine bloße Übersendung der Grundakte ersetzt diesbezüglich die Mitteilungspflicht nicht35.
31 32 33 34 35
Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 32; Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 25; Böttcher, § 19 ZVG Rz. 16. Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 24; a.A. Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 31. Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 33; Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 26. Reichsgericht v. 28.2.1938 – V 205/37, RGZ 157, 89. Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 34; Steiner/Hagemann, § 19 ZVG Rz. 28.
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Goldbach
Eintragung der Anordnung im Grundbuch
Rz. 57 § 19
II. Benachrichtigungen während des Verfahrens Schließlich hat das Grundbuchamt dem Vollstreckungsgericht alle nach dem Versteigerungsvermerk vorgenommenen Eintragungen bekannt zu machen. Obwohl sich diese Amtspflicht bereits aus § 55 GBO herleiten lässt, ist sie in § 19 nochmals besonders hervorgehoben.
51
Auf diesem Weg bleibt das Vollstreckungsgericht über den aktuellen Grundbuchstand und den Eintragungszeitpunkt aller das Verfahren betreffenden Rechte informiert und kann beispielsweise im Hinblick auf später eingetragene Rechte entscheiden, ob die Inhaber dieser Rechte in Verbindung mit einer Anmeldung die Beteiligtenstellung erlangt haben (§§ 9 Abs. 2, 10 Abs. 1 Ziff. 6, 45).
52
E. Löschung des Vermerks Die Löschung des Vermerks erfolgt bei Aufhebung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme (§ 34) oder bei Zuschlag (§ 130) durch Ersuchen des Vollstreckungsgerichts an das Grundbuchamt.
53
F. Rechtsmittel Das Rechtsmittel gegen eine Zwischenverfügung oder die Entscheidungen des Urkundsbeamten über das Ersuchen des Vollstreckungsgerichts ist die Erinnerung (§ 12c Abs. 4 GBO). Bei Ablehnung der Eintragung sind sowohl das Vollstreckungsgericht als auch der betreibende Gläubiger beschwerdebefugt36. Der Schuldner kann sich gegen eine seiner Meinung nach ungerechtfertigte Eintragung des Vermerks mit dem Ziel der Löschung des Vermerks beschweren37.
54
Zu entscheiden hat über das Rechtsmittel nach der Vollübertragung aller richterlichen Aufgaben im Grundbuchverfahren nun mehr der Rechtspfleger38. Gegen dessen Entscheidung findet die Beschwerde (§ 71 Abs. 1 GBO) statt. Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nur möglich, wenn sie vom Beschwerdegericht ausdrücklich zugelassen wird (§ 78 GBO).
55
Handelt statt des Urkundsbeamten der Rechtspfleger, dann hat dies keine Auswirkungen 56 auf die Wirksamkeit (§ 8 Abs. 5 RPflG). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich dann nach § 11 Abs. 2 RPflG39. Demnach ist das Rechtsmittel auch in diesem Fall die Beschwerde (§ 71 Abs. 1 GBO).
G. Kosten Für das Ersuchen sowie die Eintragung des Vermerks und seine Löschung entstehen keine 57 Gerichtskosten (§ 1 GNotKG).
36 Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 25. 37 BayObLG v. 30.10.1996 – 2 Z BR 106/96, Rpfleger 1997, 101. 38 OLG München v. 25.1.2011 – 34 Wx 160/10; Rpfleger 2011, 196; KG Berlin v. 28.8.2012 – 1 W 80/12, Rpfleger 2012, 682. 39 BayObLG v. 30.10.1996 – 2 Z BR 106/96, Rpfleger 1997, 101.
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§ 20 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
§ 20 [Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts] (1) Der Beschluß, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet wird, gilt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks. (2) Die Beschlagnahme umfaßt auch diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt.
A. I. II. B. I. II. III. IV. C. I. II. D. I. II. III. IV. V. VI. VII.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Beschlagnahmewirkung . . . . . . . . Rechtsnatur der Beschlagnahme . . . . Begründung der Beschlagnahme . . . . Beschlagnahme durch Anordnung oder Beitritt . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkung der Beschlagnahme zugunsten des jeweiligen Gläubigers . . . . . . Befriedigungsrecht . . . . . . . . . . . Verfahrensziel der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . Veräußerungsverbot . . . . . . . . . . . Umfang der Beschlagnahme . . . . . . Unbewegliches Vermögen . . . . . . . . Erweiterter Umfang der Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung für die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung . . . . . . Wesentliche Bestandteile . . . . . . . . Sonderfall Scheinbestandteil (§ 95 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfache oder nichtwesentliche Bestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . Bestandteile im Einzelnen . . . . . . . .
Rz. 1 1 7 12 12 19 21 26 34 34 37 42 42 47 54 64 77 92 97
Rz. 1. Gebäude als wesentlicher Bestandteil einer Immobilie . . . . . . . . . . . . . 2. Überbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere wesentliche Bestandteile im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nicht wesentliche Bestandteile im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einrichtungsgegenstände, Betriebseinrichtungen und Ausstattung . . . 6. Einbauküche . . . . . . . . . . . . . . . 7. Windkraftanlagen . . . . . . . . . . . . 8. Photovoltaikanlagen . . . . . . . . . . VIII. Zubehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Was ist Zubehör des Grundstücks? . 2. Bedeutung für die Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gewerbliches Inventar als Zubehör . 4. Zubehör im Einzelnen . . . . . . . . . IX. Versicherungsforderungen . . . . . . 1. Versicherungsforderung als Bestandteil des Hypothekenhaftungsverbandes . . . . . . . . . . . 2. Wiederherstellungsklausel . . . . . . . 3. Gestörtes Leistungsverhältnis . . . . . 4. Auswirkungen auf das Immobiliarvollstreckungsverfahren . . . . . . . . X. Sonstige Entschädigungsansprüche .
. 98 . 103 . 110 . 122 . . . . . .
124 130 137 143 152 152
. . . .
163 170 176 180
. 180 . 191 . 197 . 200 . 205
Literatur: Dorn, Bestandteile und Zubehör in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1987, 143, Goldbach, Erneuerbare Energien in der Zwangsversteigerung, ZfIR 2014, 37, Graba/Teufel, Anwartschaftsrecht am Zubehör in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1979, 401, Kappler, Photovoltaikanlagen auf fremdem Grund und Boden – Sicherheit für alle Zeiten?, ZfIR 2012, 265, Klawikowski, Schadensfälle in der Grundstücksversteigerung, Rpfleger 2005, 341, Mayer, Wer klares Wasser will, muss zur Quelle gehen, ZfIR 2011, 635, Paschold, Die Grundstücksbeschlagnahme nach § 20 ZVG und ihre Auswirkung auf die, Fahrnisvollstreckung des Gerichtsvollziehers, DGVZ 1974, 53, Schneider, Ausgewählte Besonderheiten bei der Zwangsvollstreckung des wohnungseigentumsrechtlichen Entziehungsurteils, NZM 2014, 498, Teufel, Der Beitritt zur Zwangsversteigerung und das Zubehör, Rpfleger 1979, 186.
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Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 8 § 20
A. Allgemeines I. Bedeutung Die Vorschrift stellt zunächst die Wirkung des dem Versteigerungsantrag stattgebenden Beschlusses fest, nämlich die Beschlagnahme des Grundstücks. In Verbindung mit den konkreten Wirkungen der erfolgten Beschlagnahme (s. die Erläuterungen zu § 23) wird damit die Durchführung des Verfahrens zugunsten des betreibenden Gläubigers gesichert1. Die Beschlagnahme ist Garant für den Erfolg des Immobiliarvollstreckungsverfahrens, weil sie dem Schuldner das Recht entzieht, zum Nachteil des Gläubigers über den Pfandgegenstand zu verfügen.
1
Der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Beschlagnahme bestimmt sich nach § 22 Abs. 1. Sie tritt demnach ein mit der Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner oder mit dem Zeitpunkt des Eingangs des Ersuchens um Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks beim Grundbuchamt. Regelmäßig erfolgt dies am nächsten oder übernächsten Werktag nach Erlass des Anordnungsbeschlusses durch den Rechtspfleger und die daran anschließende Bearbeitung durch die Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts.
2
Wird wegen eines weiteren Antrags in demselben Verfahren der Beitritt zugelassen, bewirkt dies für den weiteren Gläubiger bzw. dessen Anspruch gem. § 27 Abs. 2 die Beschlagnahme ebenso wie für den Gläubiger, aufgrund dessen Antrag das Verfahren angeordnet wurde. Die Wirksamkeit der Beitrittsbeschlagnahme kann nur durch Zustellung an den Schuldner eintreten, da bei einem Beitritt keine erneute Eintragung eines Vermerks im Grundbuch erfolgt.
3
Darüber hinaus regelt die Vorschrift den Umfang der von der Beschlagnahme erfassten Gegenstände unter Bezugnahme auf die Regelungen zur Haftung für eine Hypothek oder Grundschuld (Hypothekenhaftungsverband gem. §§ 1120 ff. BGB). Der Umfang der Beschlagnahme wird durch die Regelung in § 21 für das Zwangsversteigerungsverfahren teilweise eingeschränkt.
4
Durch den Eintritt der Beschlagnahme werden die für die Hypothek mithaftenden Gegen- 5 stände einerseits von der Immobiliarzwangsvollstreckung erfasst und andererseits dem Zugriff des Gerichtsvollziehers in der Mobiliarvollstreckung entzogen, denn der Umfang der Beschlagnahme hat Auswirkungen auf die Frage der Zulässigkeit einer Mobiliarvollstreckung in die mithaftenden Gegenstände2 obwohl es sich dabei teilweise um bewegliche Sachen handelt. Der Umfang der Beschlagnahme legt für alle Zwangsversteigerungsverfahren fest, welche Gegenstände der Ersteher über das Hauptobjekt Grundstück oder grundstücksgleiches Recht hinaus durch den Zuschlag erwirbt (§§ 90 Abs. 2; 55 Abs. 1 erweitert durch Abs. 2)3.
6
II. Anwendungsbereich Die Vorschrift ist neben dem Verfahren der Vollstreckungsversteigerung gem. § 146 Abs. 1 grundsätzlich auch für das Zwangsverwaltungsverfahren, insoweit ergänzt durch § 148 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 (vgl. Kommentierung zu § 146), anwendbar.
7
Für das Sonderverfahren zur Aufhebung einer Gemeinschaft gem. § 180 ff. bedarf es mangels eines betreibenden Gläubigers grundsätzlich keiner Beschlagnahme und eines daraus sich ergebenden Veräußerungsverbots, so dass die Norm insoweit keine Bedeutung hat (s.
8
1 Denkschrift ZVG, S. 39. 2 Zöller/Stöber, § 865 ZPO Rz. 9 ff. 3 BGH v. 30.11.1995 – IX ZR 181/94, Rpfleger 1996, 256 = NJW 1996, 835 = MDR 1996, 739.
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§ 20 Rz. 8 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts § 22 Rz. 2; vgl. Kommentierung zu § 180)4. Ein Veräußerungsverbot entsteht im Verfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft durch die Beschlagnahme nicht5. Das ist insbesondere für einen Pfändungsgläubiger von erheblichem Nachteil, wenn dieser aus dem gepfändeten Auseinandersetzungsanspruch die Teilungsversteigerung betreibt. Das fehlende Veräußerungsverbot ermöglicht dem Pfändungsschuldner und Miteigentümer die Eigentumsübertragung auf einen Dritten noch nach erfolgter Beschlagnahme und damit zum Nachteil des Pfändungsgläubigers. Der Bruchteilseigentümer kann trotz erfolgter Pfändung des Aufhebungsanspruchs selbst die Teilungsversteigerung beantragen6. 9
Für die Versteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken ist die Norm einschlägig und wird ergänzt durch § 165 Abs. 1, 166 (vgl. Kommentierung zu § 165), gem. §§ 162, 163 Abs. 2. Dies gilt ebenso für das Verfahren zur Entziehung des Wohnungseigentums gem. §§ 19 Abs. 1 WEG (s. vor § 172)7.
10
In den vorgenannten Sonderverfahren bestimmt sich der Umfang der vom Ersteher über das Hauptobjekt Grundstück oder grundstücksgleiches Recht bzw. Schiff, Schiffsbauwerk oder Luftfahrzeug hinaus durch den Zuschlag erworbenen Gegenstände über diese Vorschrift.
11
Für das Versteigerungsverfahren auf Antrag des Insolvenzverwalters bzw. eines Erben gelten die Sonderregelungen der §§ 173, 176 (vgl. Kommentierung zu § 173; § 176).
B. Beschlagnahmewirkung I. Rechtsnatur der Beschlagnahme 12
Die Beschlagnahme stellt einen staatlichen, öffentlich-rechtlichen Hoheitsakt dar8. Sie ist Ausdruck des auch in der Zwangsvollstreckung geltenden staatlichen Gewaltmonopols9. Als Vollstreckungsmaßnahme gewährt sie dem betreibenden Gläubiger ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück an seiner Rangstelle in der Rangfolge des § 10, ohne sie einem Grundpfandrecht oder anderem dinglichem Recht völlig gleichzusetzen10.
13
Sie begründet für den Gläubiger ein Pfändungspfandrecht an dem Grundstück und ist mit der Verstrickung in der Mobiliarvollstreckung vergleichbar. Insbesondere gilt das, wenn ein persönlicher Gläubiger das Verfahren betreibt. Für ihn entsteht das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück, bzw. dem Versteigerungserlös als Surrogat, überhaupt erst mit der Beschlagnahme.
14
Dagegen ist ihre Bedeutung für den dinglichen Gläubiger ein Stück weit geringer einzuschätzen, denn dieser erlangt bereits durch das Grundpfandrecht und die gesetzlichen Regelungen über den Hypothenhaftungsverband (§§ 1120 ff. BGB) eine gesicherte Rechtsstellung, die sein Verwertungsrecht schützt.
15
Für den dinglichen Gläubiger stellt die Beschlagnahme eine Aktivierung des grundbuchlich gesicherten Pfandrechts gem. §§ 1113 ff., 1147 BGB dar11. 4 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 1, § 180 ZVG Rz. 63; Dassler u.a./Hintzen, § 20 ZVG Rz. 1, § 180 Rz. 63 ff.; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 2; Stöber/Kiderlen, § 180 Rz. 70. 5 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 183/14, Rpfleger 2017, 102 = ZfIR 2016, 759 m. Anm. Becker/Schneider. 6 BGH v. 29.6.2017 – IX ZB 98/16, Rpfleger 2017, 720 = MDR 2017, 1366. 7 Schneider, NZM 2014, 498. 8 Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 4. 9 BVerfG v. 19.10.1982 – 1 BvL 34/80, 1 BvL 55/80, BVerfGE 61, 126 = Rpfleger 1983, 80 = MDR 1983, 371. 10 Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 3, 19. 11 Böttcher, § 20 ZVG Rz. 4, 10; Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 4.
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Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 23 § 20
Der im Zeitpunkt der Beschlagnahme tatsächlich vorhandene Haftungsverband wird zur Befriedigung der mittels Grundpfandrechts gesicherten Forderung reserviert und kann dem Gläubigerzugriff nicht mehr durch Enthaftung (§§ 1121 BGB ff.) entzogen werden.
16
Nach der Beschlagnahme sind weder eine Enthaftung der mithaftenden Gegenstände gem. §§ 1120 BGB ohne Zustimmung des Gläubigers, noch eine bis dahin teilweise zulässige Mobiliarvollstreckung mehr möglich (§ 865 Abs. 2 ZPO), weil sie das durch Grundpfandrecht und Beschlagnahme gesicherte Verwertungsrecht des Gläubiger beeinträchtigen würden.
17
Der Nutzen der Beschlagnahme besteht für den dinglichen Gläubiger in erster Linie in dem damit einhergehenden Veräußerungsverbot, dass eine störungsfreie Durchsetzung des Verwertungsrechts gewährleistet. Eine Veräußerung des Pfandgegenstandes hätte ohne die Beschlagnahme für den Gläubiger zwar letztendlich keine gravierenden Nachteile, weil sich das Grundpfandrecht auch nach einer Veräußerung gegen den jeweiligen Eigentümer durchsetzen ließe. Allerdings müsste der Gläubiger gegenüber dem neuen Eigentümer erst wieder die Vollstreckungsvoraussetzungen schaffen. Das ist zwar wegen der dinglichen Haftung des Grundstücks rechtlich gesehen kein Problem, jedoch mit zusätzlichem Kosten- und Zeitaufwand für die Titelumschreibung und erneute Zustellung verbunden.
18
II. Begründung der Beschlagnahme Die Beschlagnahme des Grundstücks und der mithaftenden Gegenstände entsteht mit dem Anordnungsbeschluss in der Zwangsversteigerung und in der Zwangsverwaltung.
19
Darüber hinaus entsteht auch durch Arrest, einstweilige Verfügung oder Pfändung von 20 nach §§ 1120 BGB ff. mithaftenden Gegenständen wegen dinglicher Ansprüche eine „Beschlagnahme“12 zu Gunsten des dinglichen Gläubigers. Gegenüber einer gewöhnlichen, nur im Rahmen des § 865 ZPO überhaupt zulässigen, Mobiliarvollstreckungsmaßnahme hat eine so genannte „dingliche Pfändung“ stets Vorrang13.
III. Beschlagnahme durch Anordnung oder Beitritt Die Wirkung der Beschlagnahme durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung tritt, wie in § 20 bezeichnet, kraft Gesetzes ein, ohne dass eine ausdrückliche Feststellung dieser Wirkung im Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss erforderlich ist, obwohl sie in der Praxis gewohnheitsmäßig zur Verdeutlichung der Beschlagnahmewirkung regelmäßig erfolgt (siehe auch Kommentierung zu § 16, Rz. 169)14.
21
Der Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss begründet also die Beschlagnahme, die dann mit 22 der Zustellung des entsprechenden Beschlusses an den Schuldner oder mit dem Eingang des Ersuchens auf Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks beim Grundbuchamt ihre volle Wirksamkeit entfaltet (§ 22 Abs. 1). Der Beginn der Zwangsvollstreckung erfolgt jedoch nicht etwa erst mit dem Wirksamwerden der Beschlagnahme, sondern bereits mit der Unterschrift des Rechtspflegers15 (§§ 329, 315 ZPO) auf dem Anordnungsbeschluss (§ 16 Rz. 171). Bedeutsam kann dieser Zeitpunkt
12 13 14 15
Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 5. Stöber, Forderungspfändung, Rz. 233 m.w.N. Dassler u.a./Hintzen, § 20 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 3. BGH v. 23.10.1997 – IX ZR 249/96, BGHZ 137, 49 = MDR 1998, 298 = NJW 1998, 609 = Rpfleger 1998, 123.
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23
§ 20 Rz. 23 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts unter anderem bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Fortführung der Zwangsvollstreckung nach dem Tod des Schuldners sein (§ 779 ZPO). 24
Während des gesamten Vollstreckungsverfahrens bleibt die Beschlagnahme bestehen. Sie endet mit teilweiser oder vollständiger Antragsrücknahme des Gläubigers oder durch den Zuschlag. Durch Beschränkung seines Antrags von vorneherein oder durch teilweise Rücknahme seines Zwangsversteigerungsantrags kann der Gläubiger einzeln zu bezeichnende Gegenstände aus dem Hypothekenhaftungsverband von den Wirkungen der Beschlagnahme befreien. Das wird er dann tun, wenn die Gegenstände nicht im Eigentum des Schuldners stehen oder getrennt vom Grundstück verwertet werden sollen. Das Vollstreckungsgericht kann den Beschlagnahmeumfang ohne entsprechenden Gläubigerantrag nicht verändern.
25
Mit der Zuschlagserteilung endet die Beschlagnahme am Grundstück und setzt sich nach dem Surrogationsprinzip am Erlös fort. Sie endet erst mit der Befriedigung des Gläubigers durch Zuteilung16.
IV. Wirkung der Beschlagnahme zugunsten des jeweiligen Gläubigers 26
Die Wirkung der Beschlagnahme tritt zugunsten des Gläubigers ein, der mit seinem Antrag die Anordnung erwirkt hat und nach § 27 Abs. 2 auch für denjenigen Gläubiger, dessen Beitritt zugelassen wurde, also alle das Verfahren betreibenden Gläubiger. Aufgrund ihrer nur relativen Wirkung ist sie für jeden betreibenden Gläubiger individuell zu beurteilen und kann sich somit sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch der Wirksamkeit späterer Verfügungen des Schuldners im Ergebnis unterschiedlich darstellen (s. Kommentierung zu §§ 22, 23).
27
Da es sich bei Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung um Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen handelt, wirkt die Beschlagnahme ausschließlich zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner. Es entsteht deshalb, anders als bei der Gesamtvollstreckung im Insolvenzverfahren, lediglich ein relatives Veräußerungsverbot (§ 136 BGB) und nicht etwa ein absolutes Verfügungsverbot, wie es durch § 80 InsO begründet wird.
28
Bei mehreren betreibenden Gläubigern sind unterschiedliche Beschlagnahmezeitpunkte maßgeblich. Bedeutend ist das vor allem bei der Einordnung von Ansprüchen in die Rangklasse 5 und 6, weil es dabei jeweils auf den Beschlagnahmezeitpunkt ankommt.
29
Lediglich bei der Berechnung von wiederkehrenden Leistungen für die Berücksichtigung in der Rangklasse 3 oder 4 des § 10 darf auf Grund der ausdrücklichen Regelung in § 13 Abs. 4 ZVG die erste Beschlagnahme im Verfahren ausnahmsweise für alle Gläubiger einheitlich zu Grunde gelegt werden.
30
Eine Beschlagnahme gilt nur in dem Verfahren, für welches der Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss ergangen ist. Deshalb entfaltet eine Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung keine Wirkung in einer parallellaufenden Zwangsverwaltung desselben Grundstücks und umgekehrt17.
31
Durch die Beschlagnahme wird das Verwertungsrecht des Gläubigers wirksam gesichert. Aus dem Grundstück und den weiteren für die Hypothek haftenden Gegenständen (§ 20 Abs. 2, §§ 1120 ff. BGB) wird ein Sondervermögen18 gebildet, aus dessen Verwertungserlös der Gläubiger und die weiteren Berechtigten in der Rangfolge des § 10 befriedigt werden. Mit Zutei-
16 Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 11. 17 Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 42. 18 RG v. 20.10.1933 – II 30/33, RGZ 142, 85.
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Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 40 § 20
lung kann der Gläubiger allerdings nur rechnen, soweit an seiner Rangstelle noch verteilbarer Erlös vorhanden ist. Dem Schuldner verbleibt jedoch die Befugnis, über die mitbeschlagnahmten beweglichen Gegenstände zu verfügen, soweit die jeweilige Verfügung die Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht überschreitet, so dass die Rechtsänderung dann ausnahmsweise auch dem betreibenden Gläubiger gegenüber volle Wirksamkeit entfaltet.
32
Diese Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 S. 2 ist die Konsequenz der gemäß § 24 dem Schuldner in den Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft verbleibenden Verwaltungsbefugnis (s. Kommentierung zu § 24).
33
C. Befriedigungsrecht I. Verfahrensziel der Zwangsvollstreckung Das dem Grundpfandrechtsgläubiger zugesicherte Befriedigungsrecht wird auf seinen Antrag hin durch Verwertung des Sicherungsgegenstandes im Wege der Zwangsvollstreckung (§ 1147 BGB) durchgesetzt.
34
Die Zwangsvollstreckung hat bei Grundstücken ausschließlich durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung zu erfolgen (§ 866 ZPO). Persönliche Gläubiger können außerdem für ihre Forderung eine Zwangssicherungshypothek eintragen lassen, was zur Entstehung eines Grundpfandrechts führt und ihnen ebenfalls ein Verwertungsrecht einräumt.
35
Gesichert wird das Verwertungsrecht des Gläubigers durch das mit der Beschlagnahme einhergehende Veräußerungsverbot.
36
II. Veräußerungsverbot Gegen nachteilige Verfügungen des Schuldners nach Eintritt der Beschlagnahme wird der jeweilige Gläubiger durch die Wirkung der Beschlagnahme als Verfügungsverbot geschützt (vgl. die Erläuterungen zu § 23).
37
Mit der Beschlagnahme entsteht ein relatives Veräußerungsverbot (§§ 135, 136 BGB) zum Schutz des betreibenden Gläubigers19.
38
Eine gegen das Verbot verstoßende Verfügung des Schuldners über das Grundstück oder andere Gegenstände aus dem Haftungsverband durch Veräußerung oder Belastung, ist dem Gläubiger und in letzter Konsequenz auch dem Vollstreckungsgericht gegenüber unwirksam. Eine Grundstücksteilung oder Vereinigung nach Beschlagnahme gilt ebenfalls als beschlagnahmewidrige Verfügung und wird im Zwangsversteigerungsverfahren nicht beachtet20.
39
Ein bereits laufendes Versteigerungsverfahren wird nach einer Veräußerung oder anderweitigen Verfügung über das Beschlagnahmeobjekt ohne weiteres gegen den Käufer fortgeführt, der mit einem eventuellen Zuschlag sein Eigentum wieder verliert. Der Gläubiger muss dazu weder die Vollstreckungsvoraussetzungen gegen den Käufer schaffen, noch einen Antrag gegen diesen stellen (s. Kommentierung zu § 26).
40
19 Dassler u.a./Hintzen, § 20 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 4; Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 23. 20 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, Rpfleger 2014, 689 = MDR 2014, 1230.
Goldbach/Klos
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§ 20 Rz. 41 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts 41
Zeitlich nach der Beschlagnahme eingetragene Grundpfandrechte erhalten durch die Einordnung in die Rangklasse 6 des § 10 bei der Erlösverteilung immer Rang nach den bereits eingetragenen Grundpfandrechten und den persönlich betreibenden Gläubigern.
D. Umfang der Beschlagnahme I. Unbewegliches Vermögen 42
Die Beschlagnahme erfasst zunächst einmal das unbewegliche Vermögen (vgl. § 864 ZPO) somit in erster Linie das Grundstück. Dem Grundstück gleichgestellt sind der Miteigentumsanteil als Bruchteilseigentum, Wohnungs- bzw. Teileigentum (§§ 864 Abs. 2 ZPO; 1, 6 WEG) sowie grundstücksgleiche Rechte wie das Erbbaurecht, das Wohnungserbbaurecht (§§ 1 Abs. 1 ErbbauRG; 864 Abs. 2 ZPO; 1, 6 WEG); Schiffe und Schiffsbauwerke (§§ 162 ff.) und Luftfahrzeuge (§§ 171a).
43
Sie sind der eigentliche Gegenstand des Verfahrens und werden im Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss genau, zweckmäßigerweise mit ihrer grundbuchmäßigen Bezeichnung, benannt (s. Kommentierung zu § 16 Rz. 166).
44
Ein Grundstück im Rechtssinn ist ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der von einer Grundstücksgrenze umgeben ist, die als Begrenzungslinie das Grundstück gegenüber Nachbargrundstücken abgrenzt21. Es wird im Grundbuch auf einem eigenen Blatt (§ 3 Abs. 1 GBO) oder unter einer eigenen laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis geführt (§ 4 Abs. 1 GBO).
45
Mehrere im Grundbuch zu einem Grundstück zusammengefasste Bodenflächen stellen aufgrund dieser Definition eines Grundstücks im rechtlichen Sinne keine aus einzelnen Sachen zusammengesetzte, sondern eine einheitliche Sache dar22.
46
Die Beschlagnahme und die damit beginnende die Zwangsvollstreckung erfasst neben dem Grundstück oder grundstücksgleichen Recht zusätzlich die weiteren Gegenstände des Hypothekenhaftungsverbandes.
II. Erweiterter Umfang der Beschlagnahme 47
Über das Hauptobjekt (Grundstück etc.) hinaus erstreckt sich gem. Abs. 2 die Beschlagnahme (mit den Einschränkungen des § 21) auch auf die zum Hypothekenhaftungsverband gehörenden Gegenstände (§§ 1120 ff. BGB).
48
Nach den Regelungen in §§ 1120 ff. BGB gehören zum Hypothekenhaftungsverband: – Grundstück – wesentliche Bestandteile – Zubehör – Erzeugnisse – Miet- und Pachtzinsen – Versicherungsforderungen
21 C. A. Hesse, Über die Rechtsverhältnisse zwischen Grundstücksnachbarn, Band 2, Ausgabe 2, 1862, S. 149 f. verfügbar über Google E-Books. 22 MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 3.
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Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 57 § 20
In der Zwangsversteigerung umfasst die Beschlagnahme nicht den gesamten Hypothekenhaftungsverband. Bei dieser Vollstreckungsmaßnahme sind nämlich die vom Boden getrennten Erzeugnisse (§ 21 Abs. 1) sowie Miet- und Pachtzinsforderungen (§ 21 Abs. 2) nicht beschlagnahmt.
49
Somit werden grundsätzlich sowohl die wesentlichen und nichtwesentlichen Bestandteile des Grundstücks, die vom Grundstück bereits getrennten Bestandteile und Erzeugnisse, sofern nicht ein Dritter Eigentum daran erworben hat, sowie dem Grundstückseigentümer gehörendes Zubehör (§ 1120 BGB) erfasst. Vom Boden getrennte land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse jedoch nur, wenn sie Zubehör des Grundstücks sind (§ 21 Abs. 1)23. Forderungen aus Versicherungen des Objekts und der mithaftenden Gegenstände unterliegen ebenfalls der Beschlagnahme (§§ 1127 ff. BGB).
50
Hinsichtlich des Gläubigers eines Grundpfandrechts oder einer Reallast (§ 1107 BGB) besteht diese erweiterte Haftung bereits mit der Entstehung seines Rechts (im Regelfall mit der Eintragung) und ist sodann, sofern sich bis zur Wirksamkeit seiner Beschlagnahme (gem. § 22 Abs. 1) keine Veränderung durch Enthaftung gem. §§ 1121 ff. BGB ergeben hat, mit dem Umfang der Beschlagnahme identisch24.
51
Für den aufgrund eines persönlichen Anspruchs betreibenden Gläubiger entsteht ein Pfandrecht erstmals mit der Wirksamkeit seiner Beschlagnahme und damit in dem Umfang, wie wenn zu diesem Zeitpunkt ein Grundpfandrecht für ihn entstanden wäre25.
52
Der auf den Hypothekenhaftungsverband erweiterte Umfang der Beschlagnahme besteht in jedem Fall und zwar unabhängig davon, ob im Einzelfall überhaupt Grundpfandrechte auf dem Beschlagnahmeobjekt lasten oder nicht26.
53
III. Bedeutung für die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Die Einordnung einer Sache als wesentlichen Bestandteil, nichtwesentlichen Bestandteil, Scheinbestandteil, Zubehör oder Erzeugnis wirkt sich im Zwangsversteigerungsverfahren wie folgt aus:
54
Wesentliche Bestandteile werden von der Beschlagnahme erfasst, mit dem Hauptobjekt selbst (Grundstück, Miteigentumsanteil, grundstücksgleiches Recht) versteigert und gehen in das Eigentum des Erstehers über (§§ 20 Abs. 2, 55, 90). Insoweit ist eine Mobiliarvollstreckung in diese Gegenstände nicht zulässig.
55
Für die Einordnung als von der Beschlagnahme erfasster wesentlicher Bestandteil kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung des dinglichen Rechts27 bzw. für den persönlichen Gläubiger denjenigen der Wirksamkeit seiner Beschlagnahme (§ 22 Abs. 1) an.
56
Das gilt auch für nichtwesentliche Bestandteile, sofern sie nicht mit der Trennung in das Eigentum eines Dritten gelangt sind (s. Rz. 122 f.)28 oder ausdrücklich vor oder spätestens mit dem Zuschlagsbeschluss von der Versteigerung ausgenommen wurden29.
57
23 24 25 26 27 28
Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 7. Böttcher, § 20 ZVG Rz. 10. Böttcher, § 20 ZVG Rz. 10. BGH v. 30.11.1995 – IX ZR 181/94, Rpfleger 1996, 256 = NJW 1996, 835 = MDR 1996, 739. MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 10b. Böttcher, § 20, 21 ZVG Rz. 25; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 7; Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 60 ff., 78. 29 BGH v. 30.11.1995 – IX ZR 181/94, Rpfleger 1996, 256 = NJW 1996, 835 = MDR 1996, 739.
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§ 20 Rz. 58 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts 58
Zubehör, das im Eigentum des Schuldners stand, wird ebenfalls von der Versteigerung erfasst und vom Ersteher erworben (s. Kommentierung zu § 55). Insoweit ist ebenfalls keine Mobiliarvollstreckung zulässig30.
59
Lediglich im Besitz des Schuldners befindliches, fremdes Zubehör, ist zwar gem. § 1120 BGB von der Beschlagnahme nicht erfasst, wird aber ebenfalls mitversteigert, sofern es nicht von dem Grundstück entfernt bzw. vor dem Zuschlag von der Versteigerung ausgenommen wurde (§§ 55 Abs. 2; 37 Nr. 5).
60
Eine dem Hypothekenhaftungsverband unterliegende Sache kann nur gem. §§ 1121, 1122 BGB dieser Haftung wieder entzogen und auf diese Weise enthaftet werden. Dann wird sie nicht von der Beschlagnahme erfasst und nicht mitversteigert. Diese Enthaftung kommt lediglich in Betracht für nichtwesentliche Bestandteile, Zubehör oder Erzeugnisse (§ 1121 BGB).
61
Da der Umfang der Beschlagnahme gesetzlich festgelegt ist und nur zur Disposition des Gläubigers steht, ist dem Vollstreckungsgericht verfahrensrechtlich keinerlei Möglichkeit eröffnet, bindende Entscheidungen über die Zugehörigkeit bestimmter Gegenstände zum von der Beschlagnahme erfassten Vermögen zu treffen31. Es wird im Rahmen seiner gesetzlichen Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) „mit der gebotenen Zurückhaltung“32 Hinweise zum Umfang der Versteigerung geben müssen, hat dabei aber nicht zu entscheiden oder verbindliche Erklärungen abzugeben.
62
Die Aufklärungspflicht erfordert generell nicht allgemeine Ausführungen über die Rechte der Beteiligten, sondern soll vor allem dann wirken, wenn das Vollstreckungsgericht Anlass zu der Annahme hat, dass ein Beteiligter die Rechtslage falsch einschätzt und ihm deshalb ein Rechtsnachteil droht33.
63
Streitigkeiten über den Umfang des mit dem Zuschlag erworbenen Eigentums können nur außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens durch Feststellungsklage geklärt werden.
IV. Wesentliche Bestandteile 64
Bei Bestandteilen ist zwischen den wesentlichen und nichtwesentlichen Bestandteilen zu unterscheiden.
65
Als wesentlicher Bestandteil wird ein körperlicher Gegenstand bezeichnet, der zusammen mit anderen Gegenständen von Natur aus oder durch Verbindung eine einheitliche Sache bildet, so dass deren einzelne Elemente ihre Selbstständigkeit verlieren. Für die Beurteilung als einheitliche Sache ist im Regelfall auf die (evtl. auch regional unterschiedliche) Verkehrsanschauung abzustellen34.
66
Nach der Legaldefinition des § 93 BGB stellt ein Gegenstand dann einen wesentlichen Bestandteil der Gesamtsache dar, wenn eine Trennung nicht möglich ist, ohne dass der eine oder der andere Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird. Im Vordergrund steht dabei der Erhalt volkswirtschaftlicher Werte.
30 31 32 33 34
Böttcher, § 20, 21 ZVG Rz. 38; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 20 ff.; Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 79. Dassler u.a./Hintzen, § 20 ZVG Rz. 23. Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 33. BGH v. 10.10.2013 – V ZB 181/12, Rpfleger 2014, 95 = MDR 2014, 50. BGH v. 11.11.2011 – V ZR 231/10, BGHZ 191, 285 = MDR 2012, 273 = NJW 2012, 78; Erman/ Schmidt, § 93 BGB Rz. 1; MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 3 ff.; Böttcher, § 20 ZVG Rz. 13.
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Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 73 § 20
Hinsichtlich der Immobilien wird diese Definition durch § 94 BGB ergänzt, nicht jedoch ersetzt35. Danach stellen die auf dem Grundstück befindlichen und mit diesem fest verbundenen Gebäude sowie die zur Herstellung eines Gebäudes eingefügten Sachen wesentliche Bestandteile des Grundstücks dar. Dasselbe gilt für die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Letztlich sind auch Samen mit dem Aussäen und Pflanzen nach dem Einpflanzen wesentliche Bestandteile des Grundstücks.
67
Solche wesentlichen Bestandteile können nicht selbstständiger Gegenstand von Rechten 68 sein (§ 93 BGB). Damit soll möglichst eine wirtschaftliche Einheit erhalten bleiben (Akzessionsprinzip)36. Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes fallen damit kraft Gesetzes (§ 946 BGB) zwingend ins Eigentum des Grundstückseigentümers, soweit kein Ausnahmefall des § 95 BGB gegeben ist37. Ausnahmeregelungen für bestimmte mit einem Grundstück oder einem Gebäude verbundene Sachen enthält § 95 BGB, so dass es sich dann statt um einen wesentlichen um einen sog. Scheinbestandteil handelt38. Das gilt hauptsächlich im Falle einer nur vorübergehenden Verbindung mit dem Grundstück oder einer nur vorübergehenden Einfügung in das Gebäude.
69
Eine Sache, die einen wesentlichen Bestandteil einer Immobilie darstellt, teilt immer das 70 rechtliche Schicksal des Grundstücks und unterliegt deshalb ausschließlich der Immobiliarzwangsvollstreckung. Sie wird infolge der fehlenden Sonderrechtsfähigkeit zwingend von der Zuschlagswirkung erfasst39. Da wesentliche Bestandteile rechtlich untrennbar mit dem Grundstück verbunden sind, kann ein betreibender Gläubiger deren Bindung an die Hauptsache weder durch einen beschränkten Antrag noch durch eine teilweise Rücknahme beeinflussen40. Selbst durch im Wege der Zwangsvollstreckung vorgenommene staatliche Hoheitsakte kann kein vom Grundstück getrenntes Sondereigentum an dem wesentlichen Bestandteil begründet werden41.
71
Ein an einer zunächst selbstständigen Sache bestehender Eigentumsvorbehalt erlischt, sobald diese durch Verbindung mit einer anderen Sache zu deren wesentlichem Bestandteil wird. Selbst mit einer späteren Trennung lebt der Eigentumsvorbehalt nicht wieder auf42.
72
Hingegen kann ein nicht serienmäßig gefertigter Bestandteil einer Gesamtsache sonderrechtsfähig sein, wenn er nicht besonders angepasst und durch einen anderen gleichartigen Gegenstand ersetzbar ist. Dabei ist ein Bestandteil nicht alleine deshalb als wesentlich einzuordnen, weil seine Trennung mit großem Aufwand verbunden ist. Das ist erst dann der Fall, wenn der Kostenaufwand der Trennung im Vergleich zum Wert des abzutrennenden Bestandteils unverhältnismäßig ist. Inwieweit ein Bestandteil wesentlich und damit nicht sonderrechtsfähig ist, muss nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Verbindung bewertet werden. Spätere Wertveränderungen, etwa durch Abnutzung oder Alterung, sollen bei der Prüfung der Wesentlichkeit eines Bestandteils nicht in Betracht gezogen werden43.
73
35 36 37 38 39 40 41 42 43
Erman/Schmidt, § 93 BGB Rz. 8; MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 1, 11. BGH v. 2.12.2005 – V ZR 35/05, BGHZ 165, 184 = MDR 2006, 921. Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 1. MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 9. BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155 = NJW-RR 2007, 194 = MDR 2007, 547; Erman/Schmidt, § 93 BGB Rz. 14; MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 18. BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155 = NJW-RR 2007, 194 = MDR 2007, 547 (Gebäudeeigentum). BGH v. 20.5.1988 – V ZR 269/86, NJW 1988, 2789 = MDR 1988, 946 (Übereignung gem. § 825 ZPO). Erman/Schmidt, § 93 BGB Rz. 13; MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 17. BGH v. 11.11.2011 – V ZR 231/10, BGHZ 191, 285 = MDR 2012, 273 = NJW 2012, 78.
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§ 20 Rz. 74 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts 74
Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Sonderrechtsunfähigkeit wesentlicher Bestandteile stellen die Regelungen über das Wohnungs- bzw. Teileigentum sowie das Erbbaurecht dar.
75
Gemäß § 3 Abs. 1 bzw. 3 WEG kann Wohnungs- bzw. Teileigentum an realen Teilen eines Gebäudes begründet werden. Dieses Wohnungs- bzw. Teileigentum ist verbunden mit einem Miteigentumsanteil am Grundstück und den übrigen gemeinschaftlichen Gebäudeteilen und kann selbstständig belastet und veräußert werden. Insoweit sind die wesentlichen Bestandteile nach den dargestellten Regeln entweder dem Wohnungs- bzw. Teileigentum oder dem gemeinschaftlichen Eigentum zuzuordnen44.
76
Das Erbbaurechtsgesetz eröffnet die Möglichkeit, aufgrund eines bestellten Erbbaurechts auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk zu errichten, dass dann – entgegen §§ 93, 94 BGB – nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, sondern als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts gilt (§§ 1, 11 ErbbauRG). Dabei sind die wesentlichen Bestandteile ebenfalls nach den dargestellten Regeln entweder dem Erbbaurecht oder dem Grundstück zuzuordnen. Die wesentlichen Bestandteile des Erbbaurechts (z.B. ein Gebäude gem. § 94 Abs. 2 BGB) sind dann keine wesentlichen Bestandteile des Grundstücks.
V. Sonderfall Scheinbestandteil (§ 95 BGB) 77
Als Ausnahmeregelung zum Begriff des Bestandteils wird eine Sache trotz fester Verbindung nicht als Bestandteil einer anderen Sache behandelt, wenn eine der Ausnahmetatbestände des § 95 BGB gegeben ist. Es handelt sich dann um sog. Scheinbestandteile45, die als bewegliche Sachen behandelt werden und rechtlich selbstständig sind46.
78
Solche Scheinbestandteile gehen trotz Verbindung nicht in das Eigentum des Grundstücksbzw. Gebäudeeigentümers über, sondern verbleiben im Eigentum des ursprünglichen Eigentümers, der die Sache verbunden bzw. eingefügt hat47. Daran ändert sich auch durch die Beschlagnahme und die Zuschlagserteilung im Zwangsversteigerungsverfahren nichts48.
79
Die Ausnahmetatbestände des § 95 BGB betreffen sowohl die mit dem Grund und Boden verbundenen Sachen als auch diejenigen, die in ein Gebäude eingefügt sind.
80
Um einen Scheinbestandteil handelt es sich, sofern die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt, somit von Beginn an die spätere Trennung nach dem inneren Willen des die Sache Einfügenden, der jedoch mit dem nach außen erkennbar werdenden Sachverhalt in Einklang zu bringen sein muss, beabsichtigt ist. Vorübergehend ist eine Verbindung selbst dann, wenn die Sache für ihre gesamte wirtschaftliche Lebensdauer auf dem Grundstück verbleiben soll49.
81
Es sind allerdings auch objektive Kriterien heranzuziehen, um den maßgeblichen Willen des Einfügenden zu ermitteln. Die äußeren Umstände oder vertraglichen Vereinbarungen können nämlich durchaus eine Vermutung für eine nur vorübergehende Verbindung begründen50.
82
Aus den genannten Gründen wird man bei einer Verbindung der Sache durch einen Mieter oder Pächter regelmäßig von einem nur vorübergehenden Zweck ausgehen können. Glei44 45 46 47 48
Erman/Schmidt, § 93 BGB Rz. 18; MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 22. Erman/Schmidt, § 95 BGB Rz. 1; MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 1. BGH v. 11.7.1962 – V ZR 175/60, BGHZ 37, 353. BGH v. 21.2.2013 – III ZR 266/12, NJW-RR 2013, 910 = MDR 2013, 452. OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. 49 BGH v. 7.4.2017 – V ZR 52/16, Rpfleger 2017, 638 = MDR 2017, 758. 50 OLG Schleswig v. 21.5.2013 – 3 U 77/12, NotBZ 2013, 441 = MDR 2013, 1214 = NJW-RR 2014, 333.
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Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 88 § 20
ches gilt, wenn Gegenstände in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden sind. Die Festigkeit der Verbindung, eine massive Bauart oder eine lange Dauer des Vertragsverhältnisses alleine können eine aufgestellte Vermutung für eine nur vorübergehende Verbindung nicht entkräften. Lediglich, wenn nach dem Willen des Erbauers (Mieters) zum Zeitpunkt der Verbindung die Sache (z.B. ein Gebäude) nach Beendigung des Mietverhältnisses in das Eigentum des Vertragspartners (Vermieters) übergehen soll, kann nicht von einer nur vorübergehenden Verbindung ausgegangen werden. Dies gilt ebenfalls, wenn die verbundene Sache später den Zwecken des Vermieters bzw. Verpächters dienen soll51.
83
Eine solche Vermutung gilt für vom Pächter bzw. Mieter gesetzte Pflanzen52. Der Hinweis der Gegenansicht, die Vermutung einer nur vorübergehenden Verbindung könne angesichts der mit einer Entfernung der Pflanzen nach längerer Zeit verbundenen Schwierigkeiten und Risiken für deren Bestand widerlegt werden, kann nicht überzeugen.
84
Wenn der Errichtende von der Erwartung ausging, in Zukunft das Eigentum oder ein Erb- 85 baurecht am Grundstück zu erwerben53 oder ist dem Grundstückseigentümer lediglich die spätere Übernahme des Gebäudes nach seiner Wahl freigestellt54, kann nicht von einer nur vorübergehenden Verbindung ausgegangen werden. Die Verbindung eines unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Gegenstands vermag die Annahme einer nur vorübergehenden Verbindung nicht zu rechtfertigen, da dieser Gegenstand nach dem Willen der Parteien letztlich – nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises – in das Eigentum des Hauseigentümers übergeht55.
86
Wenn nach Ablauf des Miet-, Pacht- oder Nutzungsrecht der Erwerb der eingebrachten Sache durch den Grundstückseigentümer vorgesehen ist, handelt es sich nicht um einen Scheinbestandteil56. Gleiches gilt, wenn eine aufgrund eines Leasingvertrages mit dem Grundstück des Leasingnehmers verbundene Sache nach Vertragsbeendigung ohne weiteres in dessen Eigentum übergehen soll. Dann ist die Verbindung nicht nur vorübergehender Natur, so dass es sich um einen wesentlichen Bestandteil handelt57.
87
Maßgeblich ist also der Wille zum Zeitpunkt der Verbindung, spätere Änderungen der Zweckbestimmung sind unbeachtlich58. Eine lange Dauer des Vertragsverhältnisses steht der Einordnung als Scheinbestandteil ebenso wenig entgegen wie die Festigkeit der Verbindung
88
51 BGH v. 31.10.1952 – V ZR 36/51, BGHZ 8, 1 = NJW 1953, 137; BGH v. 4.7.1984 – VIII ZR 270/83, BGHZ 92, 70 = MDR 1984, 1019 = NJW 1984, 2878; BGH v. 21.2.2013 – III ZR 266/12, NJW-RR 2013, 910 = MDR 2013, 452; Erman/Schmidt, § 95 BGB Rz. 3; MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 3, 8, 10. 52 BGH v. 21.2.2013 – III ZR 266/12, NJW-RR 2013, 910 = MDR 2013, 452; MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 10; a.A. OLG Bamberg v. 18.3.2010 – 1 U 142/09, BeckRS 2010, 10404; OLG Düsseldorf v. 3.4.1998 – 22 U 161/97, NJW-RR 1999, 160. 53 BGH v. 20.5.1988 – V ZR 269/86, BGHZ 104, 298 = MDR 1988, 946 = NJW 1988, 2789; Erman/ Schmidt, § 95 BGB Rz. 2; MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 6, 8, 9. 54 MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 9. 55 BGH v. 13.3.1970 – V ZR 71/67, BGHZ 53, 324 = NJW 1970, 895; Erman/Schmidt, § 95 BGB Rz. 2; MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 6. 56 OLG Schleswig v. 21.5.2013 – 3 U 77/12, NotBZ 2013, 441 = MDR 2013, 1214 = NJW-RR 2014, 333. 57 BGH v. 10.12.1998 – IX ZR 86/98, ZIP 1999, 75 = BeckRS 1998 30038397; Erman/Schmidt, § 95 BGB Rz. 3; MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 6. 58 BGH v. 16.5.1956 – V ZR 146/54, BeckRS 1956, 31373376; BGH v. 13.6.1956 – V ZR 153/54, NJW 1956, 1273.
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§ 20 Rz. 88 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts oder eine massive Bauart, wie die Entscheidungen des BGH zu den sog. Westwall-Bunkern59 und zu Windenergieanlagen60 deutlich zeigen. 89
Ein Scheinbestandteil wird vor allem dann vorliegen, wenn aufgrund der tatsächlichen Umstände von einer späteren Trennung sicher ausgegangen werden kann. Dies dürfte regelmäßig der Fall sein bei Tribünen für eine bestimmte Veranstaltung, Ausstellungshallen, die nur für die Dauer einer Messe errichtet werden, Bauhütten und Gerüste, die für die Dauer eines Bauvorhabens errichtet werden, für einen absehbar nur begrenzten Abbau eines Steinbruchs errichtete Anlagen, zur Ausübung von Dienstbarkeiten angebrachte Photovoltaik- und Windenergieanlagen oder ähnliche Gegenstände.
90
Selbst zum Verkauf vorgesehene, eingepflanzte Bestände einer Baumschule, sind Scheinbestandteile61.
91
Vereinigt sich das Eigentum am Grundstück und am Scheinbestandteil wird im Regelfall der vorübergehende Zweck entfallen und ein wesentlicher Bestandteil gegeben sein62.
VI. Einfache oder nichtwesentliche Bestandteile 92
Als nichtwesentliche Bestandteile sind diejenigen Gegenstände anzusehen, die nicht zu den wesentlichen Bestandteilen gem. §§ 93, 94 BGB gehören. Bei der Abgrenzung ist einerseits entscheidend darauf abzustellen, ob die Restsache nach der Abtrennung des Bestandteils – evtl. auch nach Verbindung mit einer anderen Sache – noch wie bisher genutzt werden kann. Andererseits ist zu beachten, ob bei einer Trennung einer der Teile eine gravierende Wertminderung erleiden würde. Wenn eine solche Wertminderung durch die Trennung nicht eintritt, handelt es sich um einen nichtwesentlichen Bestandteil63.
93
Ein bloß erheblicher Aufwand allein, rechtfertigt die Einordnung als wesentlichen Bestandteil nicht. Vielmehr müssen sich die Kosten der Abtrennung als unverhältnismäßig gegenüber dem Wert der abzutrennenden Sache darstellen64.
94
Nichtwesentliche (einfache) Bestandteile sind grundsätzlich sonderrechtsfähig und können Gegenstand besonderer – die Hauptsache nicht berührender – Rechte sein65. Deshalb können sie auch Gegenstand eigenständiger Vollstreckungsmaßnahmen sein, sofern eine Abgrenzung von der Hauptsache möglich ist66.
95
Handelt es sich jedoch um nichtwesentliche Bestandteile einer Immobilie, kommt für die Dauer der Verbindung eine gesonderte Mobiliarzwangsvollstreckung nicht in Betracht67. Sie werden dann von der Immobiliarvollstreckung erfasst68. Für die Dauer der Verbindung teilen die nichtwesentlichen Bestandteile das rechtliche Schicksal der gesamten Sache69.
96
Die Einordnung als wesentlicher bzw. nichtwesentlicher Bestandteil ist vielfach von der Beurteilung des Einzelfalles abhängig.
59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69
BGH v. 13.6.1956 – V ZR 153/54, NJW 1956, 1273. BGH v. 7.4.2017 – V ZR 52/16, Rpfleger 2017, 638 = MDR 2017, 758. Erman/Schmidt, § 95 BGB Rz. 1; MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 1. Erman/Schmidt, § 95 BGB Rz. 6; MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 17. BGH v. 11.11.2011 – V ZR 231/10, BGHZ 191, 285 = MDR 2012, 273 = NJW 2012, 78. BGH v. 11.11.2011 – V ZR 231/10, BGHZ 191, 285 = MDR 2012, 273 = NJW 2012, 78. MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 9, 27. MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 28. MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 28. MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 29. Böttcher, § 20 ZVG Rz. 16; MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 29.
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Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 102 § 20
VII. Bestandteile im Einzelnen Zu der Frage, welche Gegenstände als wesentliche Bestandteile, Scheinbestandteile, nichtwesentliche Bestandteile oder Zubehör einzuordnen sind, liegt umfangreiche Literatur und Rechtsprechung vor. Meist sind prozessgerichtliche Entscheidungen nötig, die eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls vornehmen.
97
1. Gebäude als wesentlicher Bestandteil einer Immobilie Als wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks ist in erster Linie das aufstehende Gebäude anzusehen (§ 94 BGB). Die Klassifizierung als Gebäude ist bei einem konventionell aus Beton oder gemauert mit Betonfundament errichteten Gebäude einschließlich der Nebengebäude (z.B. Garage) unproblematisch.
98
Maßgebliches Kriterium für das Gebäude als wesentlichen Bestandteil des Grundstücks ist die feste Verbindung der Sache mit dem Grund und Boden (§ 94 Abs. 1 S. 1 BGB)70. Im Einzelfall können aber auch Bauwerke als wesentliche Bestandteile der Immobilie anzusehen sein, bei denen diese feste Verbindung nicht gegeben ist71. Dabei kann die Frage einer festen Verbindung nicht aufgrund allgemeiner einheitlicher Regeln beurteilt werden. Sie lässt sich meist nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles klären72.
99
Ein Fertighaus, auch aus Holz, bzw. ein Blockhaus, ist wesentlicher Bestandteil, sofern eine feste Verbindung mit einem Fundament oder einem anderen massiv errichteten Gebäudeteil gegeben ist73. Die Ruine eines Gebäudes bleibt wesentlicher Bestandteil74. Ebenso haben eine Tiefgarage75 und ein Rohbau76 die Eigenschaft als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Ein nicht fest mit dem Gebäude verbundener Carport stellt demgegenüber weder einen wesentlichen Bestandteil des Gebäudes dar, noch handelt es sich dabei um Zubehör77.
100
Ein Bauwerk kann selbst dann einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks darstellen, wenn es aufgrund seines Eigengewichts als mit dem Grundstück verankert anzusehen ist, wie z.B. eine Fertiggarage ohne Fundament78 oder eine Transformatorenstation79.
101
Eine objektive Abgrenzung solcher Gebäudeteile zu lediglich auf den Boden gestellten, nicht verbundenen Sachen gestaltet sich schwierig80. Beispielsweise stellen Wohncontainer, Wellblechbaracken, aber auch Fertighäuser, sofern sie jederzeit zerlegt und anderswo aufgestellt werden können, keine wesentlichen Bestandteile des Grundstücks dar81. Ein alleine aufgrund seiner Schwerkraft auf dem Grundstück stehender, nicht sturmsicherer Bierpavillon gilt ebenfalls nicht als wesentlicher Bestandteil82.
102
70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82
Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 2; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 4. Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 6. Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 3; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 4. Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 6; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 6. MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 6. Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 6; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 6. BGH v. 27.9.1978 – V ZR 36/77, NJW 1979, 712 = MDR 1979, 712 (Schulgebäude); Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 6. OLG Köln v. 21.5.1996 – 9 U 255/95, VersR 1997, 694; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 8. BFH v. 4.10.1978 – II R 15/77, NJW 1979, 392 (Fertiggarage aus Beton); teilweise a.A. Böttcher, § 20 ZVG Rz. 17 unter Bezugnahme auf die aufgehobene Entschdg. d. FG Bremen; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 6; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 6. OLG Schleswig v. 21.5.2013 – 3 U 77/12, NotBZ 2013, 441 = MDR 2013, 1214 = NJW-RR 2014, 333. MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 6. LG Bochum v. 11.3.1988 – 7 T 75/88, DGVZ 1988, 156; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 6. OLG Düsseldorf v. 13.2.1998 – 22 U 124/97, MDR 1998, 1350.
Goldbach/Klos
255
§ 20 Rz. 103 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts 2. Überbau 103
Im Falle des Grenzüberbaus mit einem Gebäude kollidiert die dem § 94 Abs. 1 BGB entsprechende Bindung von Grund und Boden und darauf stehendem Gebäude mit der im Hinblick auf das Verwertungsergebnis erwünschten Bewahrung einer Einheit zwischen den einzelnen Teilen eines einheitlichen Gebäudes gem. §§ 93, 94 Abs. 2 BGB83. Hier ist wie folgt zu unterscheiden:
104
Im Falle eines rechtmäßigen bzw. entschuldigten Überbaus (gem. § 912 BGB oder aufgrund der Zustimmung des anderen Eigentümers) stellt das gesamte Bauwerk einen wesentlichen Gegenstand des Grundstücks dar, von dem aus die Überbauung ausgeht (sog. Stammgrundstück)84. Bei der Bestimmung dieses Stammgrundstücks ist auf die Absichten und wirtschaftlichen Interessen des Erbauers im Zeitpunkt der Überbauung abzustellen, nicht hingegen auf die Größe, die wirtschaftliche Bedeutung oder den Ort der Überbauung. Auf dem Grundstück, auf das sich die Überbauung erstreckt, ist der überbaute Gebäudeteil zugleich Scheinbestandteil85. Eine Zuordnung der Bauwerke ist dann je nach örtlichen Gegebenheiten für Dritte jedoch kaum noch möglich.
105
Im Falle des Eigengrenzüberbaus (identischer Eigentümer mehrerer von dem Bau über die Grenze hinaus erfassten Grundstücke) ist das Gebäude ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, von dem aus die Überbauung ausgeht86. Dies gilt gleichermaßen, sofern das Gebäude erst infolge einer späteren Aufteilung des Grundstücks von der Grenze dann selbstständiger Grundstücke durchschnitten wird, die später in das Eigentum verschiedener Personen gelangen87.
106
Eine Ausnahme von der Zuordnung allein zu einem Stammgrundstück ist gerechtfertigt, wenn die Bauweise die Trennung in mehrere wirtschaftliche Einheiten zulässt, wie dies bei einem Doppelhaus88 oder bei Reihenhäusern im Regelfall gegeben sein wird. Das jeweilige Gebäude wird dann dem Grundstück zugeordnet, auf dem es steht.
107
Handelt es sich hingegen um einen rechtswidrigen, nicht entschuldigten Überbau, folgt daraus eine reale Teilung des Eigentums an dem Bauwerk auf der Grenzlinie und der übergebaute Teil des Bauwerks ist wesentlicher Bestandteil des überbauten Grundstücks89.
108
Die dargestellten Grundsätze über das Eigentum an einem Überbau sind nur anzuwenden, sofern ein einheitliches Gebäude über die Grundstücksgrenze gebaut ist. Dies ist in erster Linie nach der bautechnischen Beschaffenheit zu beurteilen. Gebäudeteile, die nicht voneinander getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird, sind grundsätzlich als einheitliches Gebäude zu betrachten. Verkehrsanschauung oder natürliche Betrachtungsweise können im Einzelfall eine andere Beurteilung rechtfertigen90. 83 Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 7; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 8. 84 BGH v. 4.12.1987 – V ZR 274/86, BGHZ 102, 311 = MDR 1988, 394 = NJW 1988, 1078; BGH v. 22.5.1981 – V ZR 102/80, NJW 1982, 756 = MDR 81, 1002; BGH v. 22.2.1974 – V ZR 103/73, BGHZ 62, 141 = NJW 1974, 794; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 9. 85 BGH v. 23.2.1990 – V ZR 231/88, BGHZ 110, 298 = MDR 1990, 609 = NJW 1990, 1791; BGH v. 12.7.1984 – IX ZR 124/83, NJW 1985, 789 = MDR 1985, 226; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 9. 86 BGH v. 20.6.1975 – V ZR 206/74, BGHZ 64, 333 = NJW 1975, 1556. 87 BGH v. 20.6.1975 – V ZR 206/74, BGHZ 64, 333 = NJW 1975, 1556; BGH v. 4.12.1987 – V ZR 274/86, BGHZ 102, 311 = MDR 1988, 394 = NJW 1988, 1078. 88 Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 7; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 10. 89 BGH v. 30.4.1958 – V ZR 215/56, BGHZ 27, 204 = NJW 1958, 1182; BGH v. 4.12.1987 – V ZR 274/86, BGHZ 102, 311 = MDR 1988, 394 = NJW 1988, 1078; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 11. 90 BGH v. 22.5.1981 – V ZR 102/80, NJW 1982, 756 = MDR 1981, 1002 (Tiefgarage).
256
Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 114 § 20
Für eine auf der Grenze zweier Grundstücke errichtete Außenmauer gelten die Grundsätze 109 über den Überbau, solange an die Außenmauer auf dem anderen Grundstück noch nicht angebaut wurde. Baut der Nachbar an diese Mauer an, wird sie wesentlicher Bestandteil beider Grundstücke mit der Folge, dass die Nachbarn insoweit Miteigentümer je zur Hälfte werden. Das gilt auch noch nach dem Abriss eines der Gebäude91. Sofern die Mauer die Grenze nicht überschreitet, steht sie im alleinigen Eigentum des damit bebauten Grundstückseigentümers92. 3. Weitere wesentliche Bestandteile im Einzelnen Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes und damit im Regelfall auch zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks gem. § 94 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB gehören auch die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen. Damit sind alle Bauteile gemeint, ohne die das Gebäude nach der Verkehrsanschauung nicht fertiggestellt ist93. Die Bestandteile können sich sogar auf einem anderen Grundstück befinden als das Gebäude selbst, dem sie zuzuordnen sind94.
110
Zu dieser Problematik liegt aufgrund der zahlreichen denkbaren Fallgestaltungen eine umfangreiche Kommentierung und Rechtsprechung vor95, die nachstehend nur verkürzt wiedergegeben werden kann. Es ist zunächst auf das Gebäude abzustellen, in das die Sache eingefügt wurde, sodann ist das Grundstück maßgebend, auf dem es steht96.
111
Zur Herstellung des Gebäudes eingefügt sind naturgemäß alle erforderlichen Baumaterialien und -elemente, die den Baukörper bilden, also Mauern, Böden, Decken, Treppen, Dach und deren Einzelteile wie Steine, Ziegel, ebenso Türen, Fenster, Rollläden etc97. Die innerhalb des Hauses verlaufenden Strom-, Wasser-, Abwasserleitungen stellen wesentliche Bestandteile dieses Gebäudes dar98. Das gilt nur dann ausnahmsweise nicht, sofern sie ausschließlich der Versorgung anderer Grundstücke dienen99.
112
Aggregate einer Heizungsanlage, wie beispielsweise ein Öltank, werden auch dann wesentli- 113 che Bestandteile des zu heizenden Gebäudes und somit des diesbezüglichen ggf. auch im Eigentum eines Dritten befindlichen Grundstücks, wenn sie außerhalb des Gebäudes im Erdreich eingegraben sind100. Als zur Herstellung eingefügt sind zudem solche Teile anzusehen, ohne die dem Gebäude nach der Verkehrsanschauung sein besonderer Charakter fehlt und die somit erst seine Eigenart prägen und es als fertiggestellt erscheinen lassen101. 91 BGH v. 28.11.1980 – V ZR 148/79, BGHZ 78, 397 = MDR 1981, 305 = NJW 1981, 866; Erman/ Schmidt, § 94 BGB Rz. 8; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 13. 92 BGH v. 18.5.2001 – V ZR 119/00, MDR 2001, 1165 = NJW-RR 2001, 1528; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 13. 93 BGH v. 27.9.1978 – V ZR 36/77, NJW 1979, 712 = MDR 1979, 389; BGH v. 25.5.1984 – V ZR 149/83, NJW 1984, 2277 = MDR 1985, 131; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 15. 94 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 20. 95 Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 13 ff.; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 20 ff. 96 BGH v. 19.10.2012 – V ZR 263/11, MietRB 2013, 122 = NJW-RR 2013, 652 = MDR 2013, 329 (Öltank). 97 Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 15; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 23. 98 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 24. 99 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 233/10, NJW-RR 2011, 1458. 100 BGH v. 19.10.2012 – V ZR 263/11, MietRB 2013, 122 = NJW-RR 2013, 652 = MDR 2013, 329 (Öltank). 101 BGH v. 13.3.1970 – V ZR 71/67, BGHZ 53, 324 = NJW 1970, 895; BGH v. 25.5.1984 – V ZR 149/83, NJW 1984, 2277 = MDR 1985, 131; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 15, 16; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 25.
Goldbach/Klos
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114
§ 20 Rz. 115 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts 115
Eine Einfriedungsmauer dient nicht der Fertigstellung des Gebäudes und kann somit nicht als wesentlicher Bestandteil des Gebäudes angesehen werden102.
116
Die für eine Bewertung als wesentlicher Bestandteil bedeutsame Verkehrsanschauung103 unterliegt naturgemäß aufgrund insbesondere der technischen aber auch der gesellschaftlichen Entwicklung einer stetigen Veränderung und Anpassung104.
117
So war die Frage, ob ein Wohnhaus erst nach Installation einer vollständigen Heizungsanlage, einer Kochgelegenheit sowie eines Warmwasserbereiters im Bad als fertiggestellt angesehen werden kann, Anfang der 1950er Jahre noch streitig105. Heute wird diese Frage in Deutschland niemand mehr ernsthaft zur Diskussion stellen.
118
Maßgebliche Kriterien für die Zuordnung als wesentlicher Bestandteil sind: – ein räumlicher Zusammenhang zum Gebäude, nicht zwingend darin befindlich und auch nicht unbedingt fest damit verbunden – bloßes Abstellen auf dem Grundstück oder im Gebäude reicht indes nicht – der Zeitpunkt der Einfügung ist unerheblich, sofern der Zweck der Herstellung bzw. zur Vervollständigung verfolgt wird, das gilt selbst im Falle eines späteren Austauschs oder einer Erneuerung von bereits eingefügten Bestandteilen106
119
Darüber hinaus gelten auch andere Sachen aufgrund einer festen Verbindung als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks: – eine auf einem Nachbargrundstück befindliche Zufahrt zu einem Gebäude bleibt wesentlicher Bestandteil des Nachbargrundstücks und nicht des zu erreichenden Bauwerks oder Grundstücks, auch wenn es sich dabei um ein Überbauwerk handelt107 – die Brücke über einen die Grundstücksgrenze bildenden Bach wurde als wesentlicher Bestandteil beider betroffener Grundstücke angesehen und Miteigentum dieser Eigentümer angenommen108 – ein in einer Betonfassung im Boden eingebettetes Schwimmbecken, ein abbaubarer Stahlturm, eine ausbaubare Förderanlage, Flutlichtmasten und ein Rohrbrunnen mit herausziehbaren Rohren sind Bauwerke und damit wesentliche Bestandteile des Grundstücks109 – Eisenbahngleise110, die Anlagen einer U-Bahn, Tunnelröhren, Bahnhofsanlagen sowie die diesbezüglichen Zugänge, gehören zwar grundsätzlich zu den wesentlichen Bestandteilen des jeweiligen Grundstücks, im Regelfall werden diese auf fremden Grundstücke jedoch in Ausübung eines Rechts an diesen Grundstücken errichtet, so dass der Ausnahmefall des § 95 Abs. 1 S. 2 BGB (Scheinbestandteil) gegeben sein wird. Das gilt ebenso für
102 OLG Koblenz v. 23.9.2011 – 10 U 148/11, NJW-RR 2012, 277 = MDR 2012, 222; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 16. 103 BGH v. 13.3.1970 – V ZR 71/67, BGHZ 53, 324 = NJW 1970, 895. 104 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 26. 105 BGH v. 21.5.1953 – IV ZR 24/53, NJW 1953, 1180 = MDR 1953, 539. 106 BGH v. 19.10.2012 – V ZR 263/11, MietRB 2013, 122 = NJW-RR 2013, 652 = MDR 2013, 329 (Öltank). 107 BGH v. 15.11.2013 – V ZR 24/13, NJW 2014, 311 = MDR 2014, 212. 108 OLG Karlsruhe v. 31.10.1990 – 4 U 165/89, NJW 1991, 926. 109 BGH v. 4.11.1982 – VII ZR 65/82, NJW 1983, 568 = MDR 83, 391; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 14. 110 BGH v. 13.1.1972 – VII ZR 46/70, MDR 1972, 410 (Gleise als Bauwerk); Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 4.
258
Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 126 § 20
Ver- und Entsorgungsleitungen für Frischwasser, Abwasser, Elektrizität, Telefon, Fernwärme, Gas, Öl oder ähnliches111. Gleichzeitig sind solche sich auf den fremden Grundstücken befindende Leitungen Zubehör des Grundstücks, auf dem das Unternehmen die Hauptanlage (Gas-, Wasser-, Elektrizitäts-, Fernheizwerk) betreibt. Die auf oder in den Grundstücken des Versorgungsunternehmens befindlichen Leitungen stellen dafür wesentliche Bestandteile dar112.
120
Diese Grundsätze können auf private Leitungen in oder auf fremden Grundstücken nicht ohne weiteres übertragen werden113. Hingegen stellen die innerhalb eines Gebäudes verlaufenden Leitungen wesentliche Bestandteile dieses Gebäudes dar114.
121
4. Nicht wesentliche Bestandteile im Einzelnen Mangels fester Verbindung mit dem Grundstück oder dem Gebäude sind Möbel, die mit Dübeln mit dem Gebäude verbunden sind, im Regelfall keine wesentlichen Bestandteile (bzgl. Einbaumöbel s. Rz. 129 ff.)115.
122
Nur zu einem vorübergehenden Zweck gem. § 95 Abs. 1 S. 1 BGB errichtete Bauteile sind keine wesentlichen Bestandteile des Grundstücks, wie z.B. Tribünen für einen Wettkampf, Scheunen oder Hallen, die für die Pachtdauer errichtet wurden und auch gem. § 95 Abs. 1 S. 2 BGB in Ausübung eines Rechts errichtete Gebäude116.
123
5. Einrichtungsgegenstände, Betriebseinrichtungen und Ausstattung Die allein der betriebswirtschaftlichen Einrichtung des Gebäudes dienenden Sachen gelten grundsätzlich nicht als dessen wesentliche Bestandteile117. So wurde die Ladeneinrichtung einer Bäckerei, die Klimaanlage in einem Fotolabor, die Kegel- bzw. Bowlingbahnanlage einer Gaststätte oder die Glocke und das Läutwerk einer Kapelle nicht als wesentliche Bestandteile angesehen118.
124
Ist jedoch das Gebäude für eine bestimmte wirtschaftliche Nutzung dauerhaft ausgebaut, dann sind ausnahmsweise auch diese Sachen als wesentliche Bestandteile anzusehen, sofern sie das Gebäude maßgeblich prägen. Das kann sicher für Krankenhäuser, Fabrikgebäude, Tankstellen, Hotels, und Gaststätten angenommen werden. Maschinen in Fabrikgebäuden müssen hingegen besonders aufeinander abgestimmt sein, um ausnahmsweise als wesentliche Bestandteile eingeordnet werden zu können119.
125
Als wesentliche Bestandteile eingeordnet wurden: Die automatische Fütterungs- und Tränkanlage nebst Heizungs- und Belüftungssystem120, die Maschinenanlage (Turbinen) eines mit Wasserkraft betriebenen Elektrizitätswerks, ein am Fa-
126
111 BGH v. 11.7.1962 – V ZR 175/60, BGHZ 37, 353 = NJW 1962, 1817; BGH v. 2.12.2005 – V ZR 35/05, BGHZ 165, 184 = MDR 2006, 921 = NJW 2006, 990; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 11; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 14, 16. 112 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 16. 113 BGH v. 20.9.1968 – V ZR 55/66, NJW 1968, 2331 = MDR 1969, 39; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 16. 114 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 24. 115 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 7. 116 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 7. 117 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 32a, § 94 Rz. 33. 118 Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 23; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 34. 119 Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 23; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 33. 120 BGH v. 17.9.1987 – III ZR 222/86, BGHR BGB § 94 Abs. 2 Stallgebäude; BFH v. 14.7.2010 – XI R 9/09, DStR 2010, 2240.
Goldbach/Klos
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§ 20 Rz. 126 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts brikgebäude befestigter Lastenfahrstuhl, der Heißwasserkessel eines Fernheizwerks, die Klimaanlage eines Druckereigebäudes, das Notstromaggregat eines Hotels bzw. einer Diskothek, die Flutlichtanlage eines Stadions121. 127
Gegenstände, welche der Ausstattung oder Einrichtung des Bauwerks dienen, sind nur dann „eingefügt“ und somit wesentlicher Bestandteil, wenn nach der Verkehrsanschauung erst deren Einbringung dem Gebäude eine besondere Eigenart, ein bestimmtes Gepräge gibt oder wenn sie dem Baukörper besonders angepasst sind und deswegen mit ihm eine Einheit bilden122. Zur Ausstattung eingefügt sind anzusehen:
128
Heizungsanlagen, auch sofern das Gebäude nicht fertiggestellt wird123, Aggregate einer Heizungsanlage (Öltank) auf fremden Grundstück eingegraben124, die Heizungsanlage eines Fabrikgebäudes und die Wärmeversorgungsanlage eines Schwimmbads sind wesentliche Bestandteile des jeweiligen Gebäudekomplexes125, so auch ein nachträglich vom Mieter eingebauter offener Kamin bei relevanter Beteiligung des Vermieters an den Baukosten126, gleiches gilt für am Gebäude befestigte Markise und für Rauchwarnmelder, sofern deren Einbau gesetzlich vorgeschrieben ist127.
129
Einbaumöbel gelten nur dann als wesentliche Bestandteile, wenn sie zumindest stellenweise fest eingepasst und mit dem Mauerwerk vereinigt sind128. Das gilt im Regelfall somit nicht für Schranktrennwände oder Raumteiler129. 6. Einbauküche
130
Die Einordnung einer Einbauküche war über lange Zeit sehr umstritten. Fraglich ist dabei zunächst, was nach allgemeiner Verkehrsanschauung unter dem Begriff „Einbauküche“ zu verstehen ist. Die heutzutage meist verwendete Ausführung einer aus Einzelelementen zusammengestellten und mit Wandhaken angebrachten Kücheneinrichtung kann nach den vorgenannten Grundsätzen nicht als wesentlicher Bestandteil angesehen werden.
132
Sie ist weder zur Herstellung eingefügt noch untrennbar fest verbunden. Das Gebäude prägt sie ebenfalls nicht in wesentlicher Hinsicht. Des Weiteren dürfte die Verkehrsanschauung überwiegend davon ausgehen, dass eine solche Einbauküche nicht Gebäudebestandteil, sondern eine selbstständige bewegliche Sache ist130. Vor allem, wenn sie nur zu einem vorübergehenden Zweck vom Mieter angebracht wird, ist sie grundsätzlich weder als Bestandteil noch als Zubehör anzusehen131.
121 Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 23; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 35. 122 BGH v. 25.5.1984 – V ZR 149/83, NJW 1984, 2277 = MDR 1985, 131; BGH v. 1.2.1990 – IX ZR 110/89, NJW-RR 1990, 586 = MDR 1990, 815; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 25. 123 BGH v. 27.9.1978 – V ZR 36/77, NJW 1979, 712 = MDR 1979, 712 (Schulgebäude). 124 BGH v. 19.10.2012 – V ZR 263/11, MietRB 2013, 122 = NJW-RR 2013, 652 = MDR 2013, 329 (Öltank). 125 OLG Frankfurt v. 23.4.2008 – 4 U 150/07, CUR 2009, 65. 126 OLG Düsseldorf v. 7.3.1997 – 14 U 117/96, NZM 1998, 805; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 27. 127 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 32; für Zubehör Schneider, ZMR 2010, 822; offengelassen in BGH v. 8.2.2013 – V ZR 238/11, MietRB 2013, 241 = NJW 2013, 3092 = MDR 2013, 835. 128 BGH v. 6.6.1989 – VI ZR 281/88, NJW-RR 1989, 1045 = MDR 1989, 984; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 20; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 28. 129 OLG Düsseldorf v. 18.6.1986 – 9 U 14/86, OLGZ 1988, 115; OLG Köln v. 22.6.1999 – 9 U 179/98, NJW-RR 2000, 697; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 20; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 28. 130 BFH v. 3.8.2016 – IX R 14/15, DStR 2016, 2846. 131 Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 15.
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Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 140 § 20
Wurde die Einbauküche hingegen ausnahmsweise passgenau gefertigt und den örtlichen Bedingungen der Wohnung angepasst, dürfte sie durch die dauerhafte Verbindung mit dem Gebäude wesentlicher Bestandteil geworden sein.
133
Von einem wesentlichen Bestandteil kann im Einzelfall auch dann ausgegangen werden, 134 wenn die Kosten des Ein- und Ausbaus und die dabei eintretenden wirtschaftlichen Verluste in keinem vernünftigen Verhältnis zum Restwert einer vom Eigentümer eingebauten Einbauküche der Sache stehen würden132. Ist das nicht der Fall, wurde in der Vergangenheit teilweise angenommen, dass es sich nach örtlich unterschiedlicher Verkehrsanschauung um Zubehör des Grundstücks handeln kann133. Die neuere Rechtsprechung134 geht davon aus, dass eine Einbauküche regelmäßig weder wesentlicher Bestandteil noch Zubehör ist und nur aus den Umständen des Einzelfalls etwas Anderes geschlossen werden kann.
135
Wichtige Entscheidungskriterien sind dabei die örtliche Verkehrsanschauung, die Frage, ob die Küche von vorneherein zum dauerhaften Verbleib installiert wurde und wer sie bezahlt hat. Wurde sie von einem Mieter angeschafft, ist grundsätzlich zu unterstellen, dass sie nicht dauerhaft angebracht, sondern bei einem denkbaren Auszug wieder abgebaut werden sollte135.
136
7. Windkraftanlagen Die alternative Energiegewinnung ist seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. Entweder ver- 137 sehen Grundstückseigentümer ihre Grundstücke oder die darauf befindlichen Gebäude mit Energiegewinnungsanlagen oder Unternehmen mieten oder pachten fremde Grundstücke oder Gebäudeflächen, um darauf ihre Energiegewinnungsanlagen zu installieren. In der vollstreckungsrechtlichen Praxis stellt sich immer häufiger die Frage, welches rechtliche Schicksal Energiegewinnungsanlagen erleiden, wenn das bebaute Grundstück zwangsversteigert wird. Windkraftanlagen sind als Gebäude anzusehen136. Sind sie vom Eigentümer auf einem eigenen Grundstück errichtet, stellen sie einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks dar. Liegt allerdings eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden oder dem Gebäude nicht vor, ist die Anlage nicht Bestandteil des Grundstücks, kann jedoch als dessen Zubehör anzusehen sein.
138
Ob eine feste Verbindung gegeben ist, wird im Einzelfall anhand der Beschaffenheit der Anlage zu prüfen sein. Bei großen, mit einem Fundament versehenen Windenergieanlagen oder Biogasanlagen wird davon auszugehen sein, dass die fest mit dem Boden verbundenen Teile der Anlage als wesentliche Bestandteile anzusehen sind. Dabei ist die Windkraftanlage einheitlich, also auch Gondel und Rotor zu betrachten.137
139
Soll der Grundstückseigentümer mit dem Einbau nicht Eigentümer der Anlage werden, 140 weil ein fremder Betreiber das Grundstück oder das Gebäude lediglich als Aufstellort für die 132 OLG Celle v. 31.3.1989 – 4 U 34/88, NJW-RR 1989, 913. 133 BGH v. 1.2.1990 – IX ZR 110/89, NJW-RR 1990, 586 = MDR 1990, 815 (mögliches Zubehör in Norddeutschland); OLG Düsseldorf v. 15.12.1982 – 9 U 170/82, OLGZ 1983, 350 (ablehnend für das Rheinland); Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 21; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 30. 134 BFH v. 3.8.2016 – IX R 14/15, DStR 2016, 2846. 135 BGH v. 20.11.2008 – IX ZR 180/07, MietRB 2009, 94 = Rpfleger 2009, 253 = MDR 2009, 374 = NJW 2009, 1078. 136 BGH v. 17.11.2010 – VIII ZR 277/09, BGHZ 187, 311 = NJW 2011, 380; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 6; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 17, 21. 137 BGH v. 17.11.2010 – VIII ZR 277/09, BGHZ 187, 311 = NJW 2011, 380; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 12; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 17, 21.
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§ 20 Rz. 140 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts Anlage benutzt, erfolgt meist eine „Absicherung“ des schuldrechtlich vereinbarten Betriebsrechts über die Einräumung einer beschränkten-persönlichen Dienstbarkeit für einen vereinbarten Zeitraum. Damit wird das Recht zum Betreiben der Anlage dinglich gesichert und gleichzeitig die Anlage zum Scheinbestandteil gem. § 95 Abs. 1 S. 1 oder S. 2 BGB. Vorübergehend im Sinne dieser Regelung ist eine Verbindung selbst dann, wenn die Anlage zur Ausübung der Dienstbarkeit für ihre gesamte wirtschaftliche Lebensdauer auf dem Grundstück verbleiben soll138. Auf diese Weise verliert der Betreiber nicht das Eigentum, die Anlage kann weiterhin Gegenstand besonderer Rechte sein und beispielsweise einem Kreditgeber sicherungsübereignet werden. 141
Freilandphotovoltaik-, Windenergie- und Biogasanlagen werden auf Grund Ihrer Beschaffenheit und nach der Verkehrsanschauung nicht als Zubehör eines Grundstücks anzusehen sein. Wenn sie von einem fremden Betreiber auf das Grundstück gebracht wurden, sind sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig als Scheinbestandteile anzusehen. Damit sind sie dem Hypothekenhaftungsverband ebenso entzogen, wie der Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung.
142
In solchen Fällen erwirbt der Ersteher des bebauten Grundstücks mit dem Zuschlag kein Eigentum an der Anlage. Das Betriebsrecht des Anlagenbetreibers wirkt gegen den Ersteher nur dann, wenn es dinglich abgesichert ist und das Sicherungsrecht mit dem Zuschlag nicht erlischt. 8. Photovoltaikanlagen
143
Bei Photovoltaikanlagen ist zunächst nach der Bauart zu differenzieren: Eine das Dach ersetzende (integrierte) Anlage stellt einen wesentlichen Bestandteil des Gebäudes gem. § 94 Abs. 2 BGB und somit auch des Grundstücks dar.
144
Eine Freiflächenanlage ist grundsätzlich als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks anzusehen. Das soll selbst dann gelten, wenn sie statt mittels eines Fundaments mit einer Vielzahl von in den Boden gerammten Metallpfosten verankert ist und diese einzeln ohne Beschädigung ausgegraben werden könnten139. Vielfach wird die Anlage jedoch auf Grund vertraglicher Vereinbarung zwischen Betreiber und Grundstückseigentümer bloß Scheinbestandteil gem. § 95 BGB sein.
145
Die am Häufigsten anzutreffende, mittels Dachhaken und Schienen aufgesetzte Aufdachanlage, ist wegen der verhältnismäßig einfachen Trennbarkeit vom Gebäude regelmäßig nicht als dessen wesentlicher Bestandteil anzusehen140.
146
Wird die gewonnene Energie ausschließlich in das öffentliche Stromnetz eingespeist, fehlt darüber hinaus auch die für Zubehör des Gebäudes notwendige dienende Funktion und die Einordnung als einfacher Bestandteil ist gerechtfertigt141.
147
Oft steht die Photovoltaikanlage nicht im Eigentum des Schuldners, sondern eines Dritten, der lediglich das Grundstück oder Gebäude nutzt. Um einen Eigentumsübergang der Anlage durch Zwangsversteigerung des Grundstücks zu verhindern wird ein Miet- oder Pachtvertrag geschlossen und zusätzlich das Nutzungsrecht an der Dachfläche mittels einer beschränkt-persönlichen Dienstbarkeit abgesichert142.
138 BGH v. 7.4.2017 – V ZR 52/16, Rpfleger 2017, 638 = MDR 2017, 758. 139 OLG Bamberg v. 12.1.2012 – 6 W 38/11, MDR 2012, 904; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 12. 140 OLG Oldenburg v. 27.9.2012 – 12 W 230/12, JurBüro 2013, 96 = BeckRS 2013, 03671; Erman/ Schmidt, § 94 BGB Rz. 12; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 32a, § 97 Rz. 33. 141 MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 32a, § 97 Rz. 33. 142 Kappler, ZfIR 2012, 265.
262
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Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 156 § 20
Meist wird zusätzlich vertraglich vereinbart, dass die Photovoltaikanlage im Eigentum des Betreibers bleiben soll und sie nur vorübergehend installiert wird.
148
Im Ergebnis wird somit die Anlage von einem Dritten zur Ausübung eines Pachtrechts oder einer Dienstbarkeit installiert und nur zu einem vorübergehenden Zweck auf das Grundstück gebracht. Dadurch fehlt es an der Zubehöreigenschaft (§ 97 Abs. 2), weshalb die Anlage nicht von der Versteigerung betroffen ist143.
149
Nach neuerer Ansicht wird vertreten, dass es sich bei einer Aufdachanlage dann nicht um Zu- 150 behör handelt, wenn die gewonnene Energie ausschließlich ins Stromnetz eingespeist wird. Dann soll es sich lediglich um einen einfachen Bestandteil des Gebäudes handeln, weil durch den Betrieb der Anlage der eigentliche Zweck eines Wohngebäudes nicht verändert wird und kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Gebäude und der Anlage bestehe. Daraus wiederum folgt, dass die Aufdachanlage lediglich als „sonstiger Bestandteil“ im Sinne von § 1120 BGB anzusehen ist und nur dann von der Beschlagnahme erfasst und mitversteigert wird, wenn sie sich im Eigentum des Schuldners befindet144. Ein fremder Betreiber wäre hingegen von einer Zwangsversteigerung des Grundstücks nicht beeinträchtigt.
151
VIII. Zubehör 1. Was ist Zubehör des Grundstücks? Das im Eigentum des Schuldners stehende Zubehör eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts unterliegt als dem Hypothekenhaftungsverband zugehörig der Beschlagnahme (§ 1120 BGB) und teilt das rechtliche Schicksal des Grundstücks.
152
Damit soll gewährleistet werden, dass dem dinglichen Gläubiger zur Sicherung seiner Forderung nicht nur das Grundstück und die Bestandteile, sondern auch das Zubehör des Grundstücks haften. Im Falle der einer erforderlichen Zwangsvollstreckung wird so der Hypothekenhaftungsverband zusammengehalten und einheitlich im Zwangsversteigerungsverfahren verwertet145.
153
Die Zubehörstücke sind von den oben erläuterten Bestandteilen (§ 97 BGB) abzugrenzen146. Dies ist allerdings meist schwierig und im Einzelfall ist prozessgerichtlich zu klären, ob ein Gegenstand die erforderlichen Zubehöreigenschaften aufweist und deshalb mitversteigert wird.
154
Dem Vollstreckungsgericht fällt ausschließlich im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) eine gewisse Kompetenz dahingehend zu, welche Gegenstände generell von der Versteigerung erfasst sind147. Ob es sich bei einem bestimmten beweglichen Gegenstand tatsächlich um Zubehör handelt, kann es nicht rechtsverbindlich feststellen.
155
Die Zubehöreigenschaft eines Gegenstandes ergibt sich aus den §§ 97, 98 BGB148. Ein Gegenstand ist dann Zubehör des Grundstücks, wenn – es sich um eine bewegliche Sache handelt, die nicht Bestandteil der Hauptsache ist – die Sache dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt ist
156
143 LG Heilbronn v. 3.3.2014 – 1 T 20/14, ZfIR 2014, 787 m. Anm. Goldbach. 144 OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. 145 MüKoBGB/Stresemann, § 97 BGB Rz. 13. 146 MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 8. 147 Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 33. 148 BGH v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, NJW 1983, 746 = MDR 1983, 388 = Rpfleger 1983, 167.
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§ 20 Rz. 156 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts – eine dauerhafte Zweckbindung zur Hauptsache besteht – sie zur Hauptsache in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis steht – die Verkehrsanschauung einer Einordnung als Zubehör nicht entgegensteht 157
Zubehöreigenschaft setzt voraus, dass es sich um eine bewegliche Sache handelt, die nicht bereits Bestandteil des Grundstücks ist. Echte Bestandteile des Grundstücks können nicht Zubehör sein, hingegen kann einem Scheinbestandteil (§ 95 BGB) durchaus die Zubehöreigenschaft zugesprochen werden149, sofern es nicht an der dafür nötigen dauerhaften Zweckbestimmung fehlt.
158
Die Bedingung, dass ein Gegenstand lediglich dann Zubehör ist, wenn er dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks dient, erfordert nicht zwingend eine gewerbliche Nutzung des Grundstücks. Der Begriff des „wirtschaftlichen Zwecks“ ist dabei weit auszulegen150. Das Grundstück muss nur überhaupt wirtschaftlich nutzbar sein und das Zubehör in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Hauptsache stehen151. Deshalb müssen die Umstände erkennen lassen, dass durch das Zubehörstück der wirtschaftliche Zweck gefördert wird152.
159
Bewegliche Sachen werden nur dann als Zubehör eingeordnet, wenn eine dauerhafte Zweckbindung zum Grundstück besteht. Davon ist grundsätzlich auszugehen, sofern nicht eine vorübergehende Nutzung offensichtlich ist.
160
Nach § 97 Abs. 2 BGB begründen die zur vorübergehenden Nutzung einer Sache für den Zweck der anderen Sache eingesetzten Gegenstände nicht die Zubehöreigenschaft. Dabei handelt es sich in erster Linie um solche Sachen, die aufgrund eines Miet-, Pacht- oder dinglichen Nutzungsrechts auf dem Grundstück nur vorübergehend genutzt werden153. Diese Gegenstände sind Scheinzubehör und werden weder von der Beschlagnahme erfasst noch als schuldnerfremdes Zubehör (§ 55 Abs. 2) mitversteigert154.
161
Der räumliche Zusammenhang erfordert es nicht, dass Zubehör und Hauptsache fest verbunden sind, denn dann würde es sich ohnehin meist um einen Bestandteil handeln. Es genügt ein örtlicher Zusammenhang, der die Benutzung des Zubehörs für die Hauptsache gewährleistet155.
162
Um Zubehör handelt es sich dann nicht, wenn die Verkehrsanschauung156 dem entgegensteht. Davon kann ausgegangen werden, wenn eine bewegliche Sache üblicherweise nicht mit dem Grundstück, sondern getrennt davon verkauft wird157. 2. Bedeutung für die Zwangsversteigerung
163
Das im Eigentum des Schuldners stehende Zubehör des Grundstücks wird von der Beschlagnahme erfasst und geht mit dem Zuschlag auf den Ersteher über (s. Kommentierung zu § 55). 149 150 151 152 153 154 155 156 157
264
MüKoBGB/Stresemann, § 97 BGB Rz. 8. MüKoBGB/Stresemann, § 97 BGB Rz. 13. BGH v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, NJW 1983, 746 = MDR 1983, 388 = Rpfleger 1983, 167. OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. BGH v. 25.5.1984 – V ZR 149/83, NJW 1984, 2277 = MDR 1985, 131; Erman/Schmidt, § 97 BGB Rz. 15; Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 99. OLG Frankfurt/M. v. 19.6.2007 – 14 U 181/06, ZMR 2008, 145. BGH v. 10.6.2011 – V ZR 233/10, NJW-RR 2011, 1458. BGH v. 20.11.2008 – IX ZR 180/07, MietRB 2009, 94 = Rpfleger 2009, 253 = MDR 2009, 374 = NJW 2009, 1078. Erman/Schmidt, § 97 BGB Rz. 21.
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Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 173 § 20
Zubehör kann zwar Gegenstand besonderer Rechte (sogar fremden Eigentums) sein, aber eine Mobiliarvollstreckung in Zubehörstücke ist unter keinen Umständen zulässig (§ 865 Abs. 2 S. 1 ZPO)158. Durch diese gesetzliche Beschränkung soll der wirtschaftliche Zusammenhang von Grundstück und Zubehör zu Gunsten eines besseren Verwertungsergebnisses in der Zwangsversteigerung erhalten bleiben159.
164
Aus dem Hypothekenhaftungsverband kann Zubehör gem. §§ 1121, 1122 BGB gelöst werden.
165
Durch Beendigung der Zubehöreigenschaft wird der Gegenstand ebenfalls wirksam enthaftet, von der Beschlagnahme frei und nicht mitversteigert. Das kommt in Betracht, wenn das Zubehör verbraucht oder ausrangiert ist. Wird es durch eine entsprechende Neuanschaffung ersetzt, unterliegt das Ersatzstück der Beschlagnahme.
166
Nicht im Eigentum des Schuldners stehendes bzw. sicherungsübereignetes oder unter Eigentumsvorbehalt gekauftes Zubehör ist zwar gem. § 1120 BGB von der Beschlagnahme nicht erfasst, wird aber dennoch mitversteigert, sofern es nicht vor dem Zuschlag von dem Grundstück entfernt bzw. von der Versteigerung ausgenommen wurde (§§ 55 Abs. 2, 37 Nr. 5).
167
Diese Sonderregelung schützt das Vertrauen des Bieters darauf, dass er in der Zwangsversteigerung das Beschlagnahmeobjekt „mit Allem was dazu gehört“ erwirbt. Diesem Schutz unterliegen alle Gegenstände, die tatsächlich Zubehöreigenschaft haben und sich im Besitz des Schuldners befinden160.
168
Das Anwartschaftsrecht des Grundstückseigentümers auf Erwerb des Eigentums von unter Eigentumsvorbehalt erworbenem Zubehör des Grundstücks ist von der Beschlagnahme erfasst und wird mitversteigert161.
169
3. Gewerbliches Inventar als Zubehör Ist auf dem Grundstück ein Gewerbebetrieb oder ein landwirtschaftlicher Betrieb vorhanden, dann unterstellt § 98 BGB, dass die zum Betrieb erforderlichen Gerätschaften dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks dienen.
170
Sind neben der wirtschaftlichen Zweckbindung auch die anderen Kriterien aus § 97 BGB erfüllt162, dann sind Gegenstände Zubehör, gehören damit dem Hypothekenhaftungsverband an und unterliegen der Beschlagnahme. Damit soll unterstrichen werden, dass bei Grundstücken, die dem Betriebszweck entsprechend besonders ausgestaltet sind, der wirtschaftliche Schwerpunkt des Betriebes auf dem Betriebsgrundstück liegt.
171
Die vom BGB-Gesetzgeber aufgezählten Beispiele einer Mühle, einer Schmiede, eines Brauhauses und einer Fabrik sind zwar nicht mehr zeitgemäß, verdeutlichen dennoch den Sinn der Regelung, die eine Erläuterung zu § 97 BGB darstellt163. Neben diesen Beispielen fallen auch andere Gewerbe- oder Handwerksbetriebe unter diese Regelung164.
172
Mit der Einbindung des gewerblichen Inventars als Zubehör in den Hypothekenhaftungsverband und der daraus folgenden Beschlagnahme des dem Schuldner gehörenden Zubehörs sol-
173
158 Böttcher, § 20, 21 ZVG Rz. 38; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 22; Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 79. 159 Zöller/Stöber, § 865 ZPO Rz. 9. 160 OLG Düsseldorf v. 24.11.1993 – 11 U 46/93, juris; OLG Frankfurt/M. v. 19.6.2007 – 14 U 181/06, ZMR 2008, 145. 161 BGH v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 85 = WM 1961, 668. 162 MüKoBGB/Stresemann, § 98 BGB Rz. 18. 163 Erman/Schmidt, § 98 BGB Rz. 1. 164 Erman/Schmidt, § 98 BGB Rz. 3.
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§ 20 Rz. 173 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts len der Wert und die Nutzbarkeit eines gewerblich genutzten Grundstücks mittels Aufrechterhaltung der Verbindung des Betriebsinventars mit dem Grundstück erhalten werden165. 174
Allerdings ist es nötig, dass zwischen der Hauptsache und dem Zubehör zumindest irgendein Abhängigkeitsverhältnis besteht, welches durch Überordnung der Hauptsache (des Grundstücks bzw. des Gebäudes) und Unterordnung der Hilfssache (Zubehör) gekennzeichnet ist166.
175
Besteht hingegen zwischen der beweglichen Sache und dem Grundstück keine Abhängigkeit und der Gegenstand hat für die Hauptsache keinerlei dienende Funktion, ist eine Zubehöreigenschaft nicht gegeben167. 4. Zubehör im Einzelnen
176
Grundsätzlich ist die Frage, ob es sich bei einem Gegenstand um Zubehör handelt, nach den vom Gesetzgeber in § 97 BGB aufgestellten und oben (Rz. 152 ff.) erläuterten Merkmalen zu beantworten.
177
Dazu ist umfangreiche Rechtsprechung ergangen, die nachfolgend nur auszugsweise dargestellt werden kann. Die angeführten Entscheidungen berücksichtigen selbstverständlich jeweils die Umstände eines konkreten Einzelfalls und sind deshalb nicht immer in jeglicher Hinsicht allgemeingültig. Zahlreiche weitere Entscheidungen können in den BGB-Kommentaren gefunden werden.
178
Zubehör: – Alarmanlage eines Wohngebäudes168 – der Fuhrpark im weitesten Sinn, also Fahrzeuge, die dem wirtschaftlichen Zweck eines Unternehmens oder einer Landwirtschaft dienen, wie etwa ein Kleinbus eines Hotelbetriebs, ein Dienstwagen eines Gewerbebetriebs sowie Traktor, Mähdrescher und ähnliche Fahrzeuge gelten als Zubehör169 – Dünger170 bei einem landwirtschaftlichen Betrieb – Heizölvorrat eines Wohnhauses wegen seiner dienenden Funktion für die Hauptsache171 – Versorgungsleitungen sind selbst dann Zubehör des Betriebsgrundstücks des Versorgers, wenn sie auf fremdem Grundstück verlegt sind172 – Nutztiere173 eines landwirtschaftlichen Betriebs, die zur Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte oder als Arbeitstiere gehalten werden – Satelittenantenne174 eines Wohnhauses als dem wirtschaftlichen Zweck dienend – Telekommunikationsanlage eines Hotels175 nach der Verkehrsanschauung
165 BGH v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, NJW 1983, 746 = MDR 1983, 388 = Rpfleger 1983, 167. 166 BGH v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, NJW 1983, 746 = MDR 1983, 388 = Rpfleger 1983, 167; BGH v. 19.3.1965 – V ZR 270/62, MDR 1965, 561. 167 OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. 168 OLG München v. 3.7.1979 – 5 U 1851/79, MDR 1979, 934 = ZMR 1980, 308. 169 BGH v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, NJW 1983, 746 = MDR 1983, 388 = Rpfleger 1983, 167. 170 Erman/Schmidt, § 98 BGB Rz. 16. 171 LG Braunschweig v. 7.2.1985 – 4 O 524/83, ZMR 1986, 120. 172 BGH v. 19.9.1979 – V ZR 41/77, NJW 1980, 771 = MDR 1980, 771. 173 MüKoBGB/Stresemann, § 98 BGB Rz. 18. 174 LG Nürnberg-Fürth v. 5.5.1993 – 11 S 1466/93, DGVZ 1996, 123. 175 LG Flensburg v. 3.6.1999 – 5 O 26/98, Rpfleger 2000, 345.
266
Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 182 § 20
– Zapfanlage176 in einer Gaststätte und Gaststätteninventar177, weil es dem wirtschaftlichen Zweck der Gaststätte dient – Zuchthengst178 und Reitpferd179 eines Reiterhofs, als dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks dienend Kein Zubehör: – Baumaschinen, die nahezu ausschließlich auf Baustellen und nicht auf dem Betriebsgrundstück eingesetzt werden180 – Einbauküche181, weil überwiegend keine dauerhafte Zweckbindung und vom Mieter eingebracht – Fahrzeuge einer Spedition sind kein Zubehör, weil der wirtschaftliche Zweck des Unternehmens nicht auf dem Grundstück liegt182 – Möbel, Schranktrennwände, Raumteiler183 sind kein Grundstückszubehör – Photovoltaikanlagen sind als Freifeldanlagen184 oder integrierte Dachanlage meist wesentlicher Bestandteil oder Scheinbestandteil des Grundstücks und als Aufdachanlage185 weder wesentlicher Bestandteil noch Zubehör (Rz. 143 ff.) – Rohstoffe und Halbfertigwaren186 haben keinerlei Zweckbindung zum Grundstück – Warenvorräte und zum Verkauf bestimmte Erzeugnisse,187 weil keine dauerhafte Zweckbindung zum Grundstück besteht
179
IX. Versicherungsforderungen 1. Versicherungsforderung als Bestandteil des Hypothekenhaftungsverbandes Von der Beschlagnahme erfasst sind auch die zum Hypothekenhaftungsverband gehörenden Versicherungsforderungen, die aus Versicherungen für Gegenstände herrühren, welche der Hypothekenhaftung unterliegen (§§ 1127 bis 1130 BGB).
180
Diese Forderungen sollen dem Grundpfandrechtsgläubiger ersatzweise zur Absicherung seiner dinglichen Ansprüche zur Verfügung stehen, wenn ein zum Haftungsverband gehörender Gegenstand unbrauchbar oder zerstört wird. In solchen Fällen wird dem Grundpfandrechtsgläubiger eine besondere Rechtsstellung gegenüber der Versicherung eingeräumt, die ihm einen Zugriff auf die Versicherungsforderung erleichtert (§ 1127 BGB). Dem Schuldner wird es erschwert, alleine über die Versicherungsforderung zu verfügen und diese möglicherweise zweckfremd einzusetzen.
181
Die Regelung ist für den Grundpfandrechtsgläubiger vor allem hinsichtlich der auf einem Grundstück befindlichen Gebäude von Bedeutung, erstreckt sich aber auch auf die Versiche-
182
176 177 178 179 180 181 182 183 184 185
OLG Celle v. 27.7.1979 – 4 U 41/79, OLGZ 1980, 13. OLG Schleswig v. 21.8.1987 – 14 U 77/84, Rpfleger 1988, 76. AG Oldenburg/Holstein v. 4.3.1980 – 2 M 396/80, DGVZ 1980, 93. AG Aschaffenburg v. 1.8.1990 – M 2901/90, DGVZ 1991, 45. BGH v. 13.1.1994 – IX ZR 79/93, Rpfleger 1994, 266 = MDR 1994, 771. Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 15.; BFH v. 3.8.2016 – IX R 14/15, DStR 2016, 2846. BGH v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, NJW 1983, 746 = MDR 1983, 388 = Rpfleger 1983, 167. OLG Düsseldorf v. 18.6.1986 – 9 U 14/86, OLGZ 1988, 115. OLG Bamberg v. 12.1.2012 – 6 W 38/11, MDR 2012, 904; Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 12. OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. 186 RG v. 17.3.1915 – V 487/14, RGZ 86, 326. 187 RG v. 27.4.1907 – V 459/06, RGZ 66, 88.
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§ 20 Rz. 182 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts rungen für andere mithaftende Gegenstände wie Zubehör oder Erzeugnisse des Grundstücks188, also für Sturm-, Wasser-, Feuer- oder Hagelschaden und ähnliche Versicherungen genauso wie für Ernte- oder Gebäudeversicherungen oder die Kraftfahrzeugversicherung von unter das Zubehör fallenden Fahrzeugen. 183
Der im Versicherungsfall zu leistende Betrag richtet sich regelmäßig nach dem Versicherungswert. Dabei handelt es sich um den nach den Versicherungsbedingungen des Versicherers zu errechnenden Betrag, den der Versicherungsnehmer zur Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung der versicherten Sache in neuwertigem Zustand unter Abzug des sich aus dem Unterschied zwischen alt und neu ergebenden Minderwertes aufzuwenden hat (§ 88 VVG).
184
Von praktischer Bedeutung für den dinglichen Gläubiger ist die Gebäudeversicherung, da auch Objekte in der Zwangsversteigerung naturgemäß von Brandfällen nicht verschont werden189. Zwar besteht für den Grundstückseigentümer keine gesetzliche Versicherungspflicht hinsichtlich der mithaftenden Gegenstände, aber die Kreditinstitute verlangen nahezu ausnahmslos bei der Beleihung den Nachweis einer Gebäudeversicherung190 um ihr Beleihungsrisiko zu minimieren. Meist wird also eine entsprechende Versicherung bestehen.
185
Dabei muss der Grundstückseigentümer nicht zwingend Versicherungsnehmer sein, sondern es genügt, dass die Versicherung zu seinen Gunsten abgeschlossen wurde191, wie das häufig bei der Gebäudeversicherung einer Wohnungseigentümergemeinschaft der Fall ist. Es handelt sich dann um eine Versicherung auf fremde Rechnung, aus der dem einzelnen Wohnungseigentümer ein Auszahlungsanspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zusteht, soweit die Versicherung eine Leistung erbringt, die sich auf einen Schaden an seinem Sondereigentum bezieht192. Anspruchsberechtigt ist dabei der Grundstückseigentümer zum Zeitpunkt des Schadensfalls (§ 95 Abs. 1 VVG).
186
Die Verhaftung der Versicherungsforderung erfolgt mit deren Entstehung, so dass eine bereits erfolgte Beschlagnahme die Forderung des Grundstückseigentümers gegen die Versicherung genauso ergreift, wie eine nach dem Entstehen der Forderung wirksame Beschlagnahme (§ 1127 Abs. 1 BGB). Beendet werden Haftung und Beschlagnahme automatisch mit der Neuherstellung oder Ersatzbeschaffung des versicherten Gegenstandes (§ 1127 Abs. 2 BGB)193. Eine besondere Situation entsteht aber, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist, bevor die Beschlagnahme erfolgt, also ein Schaden am Versicherungsobjekt eingetreten ist, der zum Zeitpunkt der Beschlagnahme noch nicht reguliert ist. Dem Grundstückseigentümer ist es nämlich vor der Beschlagnahme gestattet, das Objekt freihändig zu veräußern, ohne dass die Versicherungsforderung automatisch mitverkauft ist. In solchen Fällen steht die Versicherungsforderung sogar regelmäßig dem Veräußerer zu und nicht dem Käufer194. Dem Grundpfandrechtsgläubiger entsteht hierdurch kein Schaden, denn einerseits scheidet zwar die Versicherungsforderung aus dem Hypothekenhaftungsverband des Grundstücks aus, aber andererseits bleibt dem Grundpfandrechtsgläubiger das gesetzliche Pfandrecht (§ 1128 Abs. 3 BGB) an der Versicherungsforderung.
186a
Da die Versicherungsforderung für einen vor einem freihändigen Verkauf eingetretenen Schadensfall nicht auf den Käufer übergeht, sondern beim Veräußerer verbleibt, ist die Versicherungsforderung in einem gegen den Käufer betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren nicht von der Beschlagnahme erfasst und geht demnach selbst dann nicht auf den Ersteher 188 189 190 191 192 193 194
268
MüKoBGB/Eickmann, § 1127 BGB Rz. 2. Klawikowski, Rpfleger 2005, 341. MüKoBGB/Eickmann, § 1127 BGB Rz. 3. BGH v. 20.1.1988 – IVa ZR 165/86, NJW-RR 1988, 727. BGH v. 16.9.2016 – V ZR 29/16, MDR 2016, 1333 = ZfIR 2016, 843. MüKoBGB/Eickmann, § 1127 BGB Rz. 17. BGH v. 16.9.2016 – V ZR 29/16, MDR 2016, 1333 = ZfIR 2016, 84.
Goldbach/Klos
Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts
Rz. 193 § 20
in der Zwangsversteigerung über, wenn sie zum Zeitpunkt des Zuschlags noch besteht. Sie verbleibt in solchen Fällen beim Veräußerer und ist von der Versicherung bzw. dem Versicherungsnehmer an diesen als Versicherten zu entrichten, wobei das gesetzliche Pfandrecht des Gläubigers ausgeübt werden kann, wenn dieser bei der Verwertung des Grundstücks nicht voll befriedigt wird195. Im Zusammenhang mit einer Gebäudeversicherung wird dem Grundpfandrechtsgläubiger hinsichtlich der Versicherungsforderung zu seinem Schutz die Sonderstellung eines Pfändungsgläubigers eingeräumt (§ 1128 Abs. 3 BGB). Auf Grund dieser Rechtsposition kann der Grundpfandrechtsgläubiger auch ohne Beschlagnahme eine auszuzahlende Versicherungsforderung beanspruchen196.
187
Um sicherzustellen, dass die Versicherungsforderung vom Grundstückseigentümer zweckentsprechend verwendet wird und dem Grundpfandrechtsgläubiger in Form von Wiederherstellung oder Ersatzbeschaffung des Haftungsgegenstandes zu Gute kommt, ist bei der Einziehung der Forderung grundsätzlich die Mitwirkung des Grundpfandrechtsgläubigers erforderlich.
188
Soweit ein Grundpfandrecht eingetragen, aber nicht beim Versicherer förmlich angemeldet wurde, muss dem Gläubiger dennoch der Schadensfall entweder durch den Versicherten oder die Versicherung angezeigt werden. Widerspricht der Gläubiger nicht binnen eines Monats der Auszahlung der Forderung an den Versicherten, dann kann die Versicherung befreiend an den Eigentümer leisten (§ 1128 Abs. 1 BGB).
189
Hat der Grundpfandrechtsgläubiger sein Grundpfandrecht angemeldet, dann kann der Versicherer nur mit schriftlicher Zustimmung des Gläubigers befreiend leisten (§ 1128 Abs. 2 BGB)
190
2. Wiederherstellungsklausel Allerdings wird die Sonderstellung des Grundpfandgläubigers mittlerweile regelmäßig eingeschränkt durch eine sog. Wiederherstellungsklausel in den Versicherungsbedingungen (§ 1130 BGB, § 93 VVG). In diesem Fall hat der Versicherer einen den Zeitwert übersteigenden Betrag für Wiederaufbaukosten (sog. Neuwertspitze) zu zahlen.
191
Dazu ist er jedoch lediglich dann verpflichtet, wenn die versicherte Sache tatsächlich wieder- 192 hergestellt wird197. Der Versicherungsnehmer kann die Zahlung eines über den Versicherungswert hinausgehenden Betrags erst verlangen, wenn die Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung gesichert ist. Allerdings darf der Versicherer bei nachgewiesenem Wiederaufbau bzw. dessen Beginn ohne 193 Mitwirkung des Grundpfandrechtsgläubigers an den Versicherungsnehmer zahlen198 (§ 1130 BGB). Dadurch ist nicht mehr sichergestellt, dass der Versicherungsnehmer die Zahlung vollumfänglich zum Wiederaufbau des Haftungsobjektes tatsächlich verwendet und der Wert des Haftungsobjektes wieder erreicht wird.
195 BGH v. 12.4.2019 – V ZR 132/18, WM 2019, 1798 = ZInsO 2019, 2030. 196 OLG Hamm v. 28.1.1994 – 20 U 265/93, NJW-RR 1995, 1495. 197 BGH v. 13.12.2000 – IV ZR 280/99, NJW-RR 2001, 525; LG Wiesbaden v. 12.6.2014 – 9 O 404/10, VersR 2015, 236. 198 Dassler u.a./Hintzen, § 20 ZVG Rz. 41; Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 170.
Goldbach/Klos
269
§ 20 Rz. 194 Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts 194
Ist die Wiederherstellung gar nicht mehr möglich, dann kann der Grundpfandrechtsgläubiger die Auszahlung der Entschädigung an sich verlangen199, denn die Berechtigung für die Wiederherstellungsklausel entsteht dann nicht mehr200.
195
Bei Weigerung des Grundstückseigentümers, soll der dingliche Gläubiger ebenfalls Zahlung an sich verlangen können, soweit eine einfache Wiederherstellungsklausel vorliegt201.
196
Soweit eine strenge Wiederherstellungsklausel202 (mit einer Zeitgrenze für den Wiederaufbau) vereinbart ist, kann der dingliche Gläubiger hingegen keine Zahlung an sich fordern, sondern muss Unterlassungsklage erheben und entsprechende Maßnahmen anordnen lassen (§ 1134 Abs. 2 BGB). 3. Gestörtes Leistungsverhältnis
197
Der Versicherer ist dem Grundstückseigentümer dann nicht zur Leistung verpflichtet, wenn dieser bestimmte Obliegenheiten (§ 23 VVG) aus dem Vertrag nicht erfüllt. Dazu gehören die Nichtzahlung der Versicherungsprämie (§ 38 Abs. 2 VVG), Risikoerhöhungen ohne Anzeige an bzw. Zustimmung des Versicherers (§ 26 VVG) und das vorsätzliche Herbeiführen des Versicherungsfalls (§ 81 Abs. 1 VVG). Wird der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, kann der Versicherer seine Zahlungen in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers angemessenen Maß kürzen (§ 81 Abs. 1 VVG).
198
Eine vertragliche Leistungsstörung und die damit verbundene Leistungsfreiheit des Versicherers gilt grundsätzlich auch gegenüber dem Grundpfandrechtsgläubiger203. Zu dessen Schutz ist der Versicherer allerdings nach Anzeige des Grundpfandrechts verpflichtet, den Gläubiger über Prämienrückstände und Vertragskündigung zu informieren (§ 142-144 VVG). Der Gläubiger kann den Versicherungsschutz dadurch aufrechterhalten, dass er die Leistungsstörung beseitigt (in dem er beispielweise die Prämienrückstände zahlt).
199
Eine Kündigung befreit den Versicherer erst dann von der Leistungspflicht, wenn die Kündigung dem Gläubiger angezeigt wurde und seitdem zwei Monate verstrichen sind. 4. Auswirkungen auf das Immobiliarvollstreckungsverfahren
200
Die zum Hypothekenhaftungsverband gehörende Versicherungsforderung ist von der Beschlagnahme erfasst und wird mitversteigert, falls die Forderung beim Zuschlag noch besteht (§§ 55 Abs. 1, 90 Abs. 2).
201
Wird sie erst nach dem Zuschlag auszahlungsreif, dann ist sie vom Versicherer an den Ersteher auszuzahlen. Darüber hat aber das Vollstreckungsgericht keine Entscheidung zu treffen. Weil es sich um eine materielle Rechtsfrage handelt, ist das Prozessgericht zuständig204.
202
Nicht vorgeschrieben aber zweckmäßig dürfte es sein, den Übergang der Versicherungsforderung im Zuschlagsbeschluss zu erwähnen und den Beschluss der Versicherung zu übersenden205.
199 200 201 202 203 204 205
270
Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 172. Palandt/Bassenge, § 1130 BGB Rz. 5. Palandt/Bassenge, § 1130 BGB Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 20 ZVG Rz. 41. BGH v. 24.1.2007 – IV ZR 84/05, MDR 2007, 720 = ZfiR 2007, 407. Dassler u.a./Hintzen, § 20 ZVG Rz. 42. Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 29. Klawikowski, Rpfleger 2005, 341, 344.
Goldbach/Klos
Besonderheiten zum Umfang der Beschlagnahme
§ 21
Haftung und Beschlagnahme enden aber, wenn während des Verfahrens eine Wiederherstellung erfolgt (§ 1127 Abs. 2 BGB).
203
Eine Ausnahme bildet das gestörte Versicherungsverhältnis. Dabei entsteht für den Grundpfandrechtsgläubiger ein eigener Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme (§ 143 VVG). Dieser Anspruch unterliegt nicht der Beschlagnahme und geht nicht auf den Ersteher über206.
204
X. Sonstige Entschädigungsansprüche Der Beschlagnahme unterliegen auch außerhalb eines Versicherungsverhältnisses bestimmte Schadensersatzforderungen. Diese können aus Enteignung nach Bundes- und Landesrecht herrühren (Art. 14 GG; Art. 52, 53, 53a, 109 EGBGB).
205
Außerdem sind Entschädigungen für Bergschäden nach landesrechtlichen Bestimmungen (Art. 67 Abs. 2 EGBGB) von der Beschlagnahme erfasst207. Das gilt auch für einen im Umlegungsverfahren entstandenen Anspruch des Grundstückseigentümers auf Geldabfindung oder Geldausgleich (§§ 59-61, 63 Abs. 2 BauGB).
206
Stehen dem Grundstückseigentümer Schadensersatzansprüche wegen einer Beschädigung des Grundstücks oder eines zum Haftungsverband gehörenden Gegenstandes zu, so unterliegen diese Ansprüche weder der Hypothekenhaftung noch der Beschlagnahme208.
207
§ 21 [Besonderheiten zum Umfang der Beschlagnahme] (1) Die Beschlagnahme umfaßt land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse des Grundstücks sowie die Forderung aus einer Versicherung solcher Erzeugnisse nur, soweit die Erzeugnisse noch mit dem Boden verbunden oder soweit sie Zubehör des Grundstücks sind. (2) Die Beschlagnahme umfaßt nicht die Miet- und Pachtforderungen sowie die Ansprüche aus einem mit dem Eigentum an dem Grundstück verbundenen Recht auf wiederkehrende Leistungen. (3) Das Recht eines Pächters auf den Fruchtgenuß wird von der Beschlagnahme nicht berührt.
A. I. II. B.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse . . . . . . . . . . . . I. Umfang der Beschlagnahme . . II. Pfändbarkeit in der Mobiliarvollstreckung . . . . . . . . . . . .
...... ...... ......
Rz. 1 1 4
...... ......
7 7
C. Miet- und Pachtforderungen (Abs. 2) . I. Umfang der Beschlagnahme . . . . . . . II. Pfändbarkeit in der Mobiliarvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Dingliche Mietpfändung . . . . . . . . . D. Recht des Pächters auf den Früchtegenuss (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . 18 . 18 . 22 . 25 . 35
. . . . . . 14
206 Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 30; BGH v. 19.2.1981 – IVa ZR 57/80, Rpfleger 1981, 291 = MDR 1981, 738. 207 Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 193, LG Saarbrücken v. 18.5.1998 – 1 O 401/97, Rpfleger 1998, 532. 208 BGH v. 11.5.1989 – IX ZR 278/88, NJW 1989, 2123 = MDR 1989, 809.
Goldbach/Klos und Goldbach
271
§ 21 Rz. 1 Besonderheiten zum Umfang der Beschlagnahme Literatur: Mayer, Wer klares Wasser will, muss zur Quelle gehen, ZfIR 2011, 635, Schneider, Zwangsvollstreckung in Mietforderungen des Grundstückseigentümers, ZMR 2008, 595, Zipperer, Die Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen aus dinglichen Titeln – die ewig junge Pfändungsbeschlagnahme, ZfIR 2006, 395.
A. Allgemeines I. Bedeutung 1
Die Vorschrift schränkt den Umfang der von der Beschlagnahme erfassten Gegenstände (Hypothekenhaftungsverband gem. §§ 1120 ff. BGB) teilweise ein. Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse des Beschlagnahmegrundstücks haften nur, solange sie noch mit dem Boden verbunden sind, oder wenn es sich dabei ausnahmsweise um Grundstückszubehör handelt.
2
Miet- und Pachtzinsforderungen, sowie sonstige Ansprüche des Eigentümers auf wiederkehrende Leistungen aus Rechten am Grundstück, werden für das Zwangsversteigerungsverfahren von der Beschlagnahme ausgenommen und verbleiben dem Schuldner im Rahmen seiner Verwaltungsbefugnis (§ 24). Die Beschlagnahme dieser Forderungen erfolgt aber in der Zwangsverwaltung (§ 148).
3
Schließlich wird der Einfluss der Beschlagnahme auf das Pachtrecht geregelt.
II. Anwendungsbereich 4
Die Regelung ist sowohl in der Vollstreckungsversteigerung als auch gem. § 146 Abs. 1 in der Zwangsverwaltung anwendbar, dabei wird sie ergänzt durch § 148 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 (vgl. Kommentierung zu § 146).
5
Im Verfahren zur Aufhebung einer Gemeinschaft gem. § 180 ff. hat die Vorschrift keine Bedeutung (s. § 20 Rz. 8; vgl. Kommentierung zu § 180)1, weil dabei keine Beschlagnahme mit Veräußerungsverbot entsteht.
6
In den weiteren Sonderverfahren (§§ 172 ff.) ist sie ebenfalls nicht relevant.
B. Land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse I. Umfang der Beschlagnahme 7
In der Zwangsversteigerung umfasst die Beschlagnahme nicht den gesamten Hypothekenhaftungsverband. Bei dieser Vollstreckungsmaßnahme sind nämlich die vom Boden getrennte Erzeugnisse (Absatz 1) sowie Miet- und Pachtzinsforderungen (Absatz 2) nicht beschlagnahmt.
8
Solange die Erzeugnisse des Grundstücks noch mit dem Boden zusammenhängen, unterliegen sie hingegen der Beschlagnahme. Auf Grund der natürlichen Verbindung gelten Samen mit dem Aussäen und Pflanzen nach dem Einpflanzen als wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§ 94 BGB).
9
Werden solche Früchte während des Beschlagnahmezeitraums geerntet und im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung veräußert (und entfernt), dann werden sie enthaftet 1 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 1, § 180 ZVG Rz. 63; Dassler u.a./Hintzen, § 20 ZVG Rz. 1, § 180 Rz. 63 ff.; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 2; Stöber/Kiderlen, § 180 Rz. 70.
272
Goldbach
Besonderheiten zum Umfang der Beschlagnahme
Rz. 17 § 21
(§ 1121 Abs. 1 BGB bzw. § 1122 Abs. 1 BGB) und von der Beschlagnahme frei. Handelt es sich allerdings bei den vom Boden getrennten Erzeugnissen ausnahmsweise um Saatgut oder Viehfutter, dann sind sie Zubehör des Grundstücks (§ 98 Abs. 2 BGB), von der Beschlagnahme erfasst (Absatz 1)2 und werden mitversteigert (§§ 55 Abs. 1, 90 Abs. 2). Stellen die Erzeugnisse Warenvorräte dar oder sind zum Verkauf bestimmt3, dann besteht keine dauerhafte Zweckbindung zum Grundstück und die Beschlagnahme wirkt nicht.
10
Zum Verkauf vorgesehene, eingepflanzte Bestände einer Baumschule, sind Scheinbestandteile4, weil auf Grund der tatsächlichen Umstände von einer späteren Trennung sicher ausgegangen werden kann
11
Ergreift die Beschlagnahme ausnahmsweise die Erzeugnisse, dann werden gleichzeitig die Ver- 12 sicherungsforderungen für solche Erzeugnisse5 als mithaftende Gegenstände, also sie betreffende Sturm-, Wasser-, Feuer-, Ernteausfall oder Hagelschadenversicherungen, beschlagnahmt. Der Zeitpunkt der Wirksamkeit einer eventuellen Beschlagnahme bestimmt sich bei den mithaftenden Gegenständen gleichfalls nach § 22 Abs. 1. Mit der Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner oder mit dem Zeitpunkt des Eingangs des Ersuchens um Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks beim Grundbuchamt tritt sie ein.
13
II. Pfändbarkeit in der Mobiliarvollstreckung Die ungetrennten Bodenfrüchte des Grundstücks, wie Gemüse, Obst oder Getreide, sind in 14 der Mobiliarvollstreckung eingeschränkt pfändbar (§ 810 ZPO). Das gilt aber nicht für den Boden selbst oder Bäume, Steine, Bodenschätze und Mineralien6. Da die ungetrennten Früchte in der Zwangsverwaltung von der Beschlagnahme erfasst sind (§ 148), ist nach Beschlagnahme durch Zwangsverwaltung keine Mobiliarvollstreckung mehr zulässig (§ 865 Abs. 2 ZPO). Erfolgte die Sachpfändung durch einen persönlichen Gläubiger vor der Beschlagnahme, dann ist sie zunächst wirksam. Ein dinglicher Gläubiger kann jedoch nach einer zu seinen Gunsten erfolgten Beschlagnahme der Sachpfändung mit Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) oder Vorzugsklage (§ 805 ZPO) entgegentreten. Mehrere dingliche Gläubiger haben mit ihren Pfandrechten den Rang nach § 107.
15
Die Zwangsverwaltung durch einen persönlichen Gläubiger hebelt hingegen eine früher erfolgte Sachpfändung nach § 810 ZPO nicht aus, weil der persönliche Gläubiger erst mit der Beschlagnahme ein Pfandrecht erwirbt, dass dem Pfändungsgläubiger nachgehen muss8.
16
Eine nach der Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung vorgenommene Sachpfändung von beschlagnahmten Gegenständen ist nichtig9.
17
2 3 4 5 6 7 8 9
Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 7. RG v. 27.4.1907 – V 459/06, RGZ 66, 88. Erman/Schmidt, § 95 BGB Rz. 1; MüKoBGB/Stresemann, § 95 BGB Rz. 1. MüKoBGB/Eickmann, § 1127 BGB Rz. 2. Zöller/Seibel, § 810 ZPO Rz. 2. Zöller/Seibel, § 810 ZPO Rz. 13. Stöber/Becker, § 21 ZVG Rz. 8. Stöber/Becker, § 21 ZVG Rz. 7.
Goldbach
273
§ 21 Rz. 18 Besonderheiten zum Umfang der Beschlagnahme
C. Miet- und Pachtforderungen (Abs. 2) I. Umfang der Beschlagnahme 18
Obwohl die Miet- und Pachtzinsen als Erträge des Grundstücks der Hypothekenhaftung unterliegen (§ 1123 Abs. 1 BGB), werden sie von der Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung nicht erfasst. Sie verbleiben dem Schuldner im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Grundstücks (§ 24).
19
Auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass der Schuldner aus den in der Zwangsversteigerung nicht beschlagnahmten Miet- und Pachteinnahmen die laufenden Bewirtschaftungskosten bestreitet. Tut er das nicht, kann der Gläubiger dem Schuldner durch eine Zwangsverwaltung den Zugriff auf diese Einnahmen entziehen und deren Verwendung zur ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks sicherstellen (§ 148).
20
Die Anordnung der Zwangsverwaltung bewirkt zu Gunsten des Gläubigers die Beschlagnahme des Grundstücks (§§ 146 Abs. 1, 20 Abs. 1) unabhängig davon, ob die Zwangsverwaltung aus einem dinglichen Recht oder aus einer persönlichen Forderung betrieben wird10. Diese Beschlagnahme erstreckt sich auch auf die Forderungen aus der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks (§§ 148, 21 Abs. 2; § 1123 Abs. 1 BGB).
21
Eine vor ihrer Beschlagnahme im Zwangsverwaltungsverfahren vorgenommene Abtretung der Mieten ist nach § 1124 Abs. 2 BGB gegenüber dem Gläubiger unwirksam, zu dessen Gunsten das Grundstück in Beschlag genommen worden ist11.
II. Pfändbarkeit in der Mobiliarvollstreckung 22
Beim Zusammentreffen einer Beschlagnahme und einer vorausgegangenen Pfändung oder Abtretung künftiger Mietforderungen räumt das Gesetz dem die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubiger den Vorrang ein (§ 1124 Abs. 2 BGB). Abweichend vom sonst in der Zwangsvollstreckung vorherrschenden Prioritätsprinzip, werden die laufenden Miet- und Pachteinnahmen zu Gunsten der Grundpfandgläubiger als Hypothekenhaftungsobjekt herangezogen12.
23
Die Zwangsverwaltung geht nach § 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO einer Forderungspfändung immer vor. Selbst ein zeitlich vor der Beschlagnahme pfändender Gläubiger kann das in der Forderungspfändung erlangte Pfändungspfandrecht nur noch bis zum Eintritt des Zwangsverwaltungsbeschlag (im Zeitraum des § 1124 Abs. 2 BGB) beanspruchen13.
24
Nach dem Ende der Beschlagnahme lebt eine durch die Zwangsverwaltung zum Ruhen gebrachte Mietpfändung wieder auf14.
10 BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, MietRB 2006, 40 = Rpfleger 2005, 684 = MDR 2005, 1280. 11 BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, MietRB 2006, 40 = Rpfleger 2005, 684 = MDR 2005, 1280; BGH v. 25.4.2007 – VIII ZR 234/06, MietRB 2007, 268 = MDR 2007, 1186 = ZfIR 2008, 207; BGH v. 8.12.2010 – XII ZR 86/09, MietRB 2011, 76 = MDR 2011, 193 = ZfIR 2011, 208 mit Anmerkung Keller. 12 BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, MietRB 2006, 40 = Rpfleger 2005, 684 = MDR 2005, 1280; BGH v. 13.3.2008 – IX ZR 119/06, MDR 2008, 768 = Rpfleger 2008, 429 = ZMR 2008, 610; Schneider, ZMR 2008, 595. 13 Zipperer, ZfIR 2006, 395. 14 Zöller/Seibel, § 865 ZPO Rz. 8 ff.
274
Goldbach
Besonderheiten zum Umfang der Beschlagnahme
Rz. 32 § 21
III. Dingliche Mietpfändung Durch Arrest, einstweilige Verfügung oder Pfändung von nach §§ 1120 BGB ff. mithaftender Gegenständen kann ebenfalls eine „Beschlagnahme“15 zu Gunsten des dinglichen Gläubigers entstehen. Demnach kann die Beschlagnahme von Mietforderungen außer durch Zwangsverwaltung auch durch Forderungspfändung bewirkt werden16.
25
Gegenüber einer gewöhnlichen, nur im Rahmen des § 865 ZPO überhaupt zulässigen, Mobiliarvollstreckungsmaßnahme, hat eine so genannte „dingliche Pfändung“ immer Vorrang17, also auch dann, wenn sie zeitlich nach der Pfändung des persönlichen Gläubigers erfolgt ist. Grundlage der Pfändung muss dabei allerdings der titulierte dingliche Anspruch sein. Bei einer Zwangsvollstreckung aufgrund einer Unterwerfungserklärung wegen einer persönlichen Forderung ist diese Voraussetzung genau so wenig erfüllt, wie bei der Pfändung aus einer mittels Zwangssicherungshypothek gesicherten Forderung18.
26
Wird nach einer dinglichen Mietpfändung auf Antrag eines dinglichen oder persönlichen Gläubigers eine Zwangsverwaltung angeordnet, so unterbricht die Zwangsverwaltung jegliche Mietpfändungen19 (§ 865 Abs. 2 ZPO). Die Miete wird dann durch die Beschlagnahme nach Maßgabe des § 1124 Abs. 2 von der Pfändung frei und steht ausschließlich dem Zwangsverwalter zur Verfügung20.
27
Ähnlich wie einem Grundpfandrechtsgläubiger ist auch den öffentlichen Kassen eine dingliche Mietpfändung wegen ihrer Forderungen auf laufend wiederkehrende öffentliche Grundstückslasten gestattet.
28
Im Gesetz über die Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen wegen Ansprüchen aus öffentlichen Grundstückslasten (MietPfG)21 wird das den öffentlichen Grundstückslasten in § 10 Abs. 1 Ziffer 3 eingeräumte Privileg bei der dinglichen Forderungspfändung konsequent fortgeführt und in Anlehnung an § 1124 BGB die Unwirksamkeit von Vorausverfügungen bestimmt.
29
Allerdings besteht lediglich ein Vorrecht für die laufend wiederkehrenden öffentlichen Lasten wie Grundsteuern, Schornsteinfegergebühren und grundstücksbezogenen Benutzungsgebühren (siehe auch Kommentierung zu § 10).
30
Für einmalige öffentliche Lasten haften die Miet- und Pachteinnahmen des Grundstücks nicht, so dass wegen solcher Forderungen eine dingliche Mietpfändung nicht erfolgen kann.
31
Liegen mehrere dingliche Mietpfändungen vor, so bestimmt sich der Rang der Pfändungen nicht nach dem Zeitpunkt der Pfändung (§ 804 Abs. 3 ZPO), sondern richtet sich nach der Rangstelle des dinglichen Rechts im Grundbuch (§ 879 ff. BGB)22. Die dingliche Mietpfändung wegen einer öffentlichen Last hat Vorrang vor allen anderen dinglichen Mietpfändun-
32
15 Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 5. 16 BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, MietRB 2006, 40 = Rpfleger 2005, 684 = MDR 2005, 1280. 17 BGH v. 13.3.2008 – IX ZR 119/06, MDR 2008, 768 = Rpfleger 2008, 429 = ZMR 2008, 610; Schneider, ZMR 2008, 595; Stöber, Forderungspfändung, Rz. 233 m.w.N. 18 BGH v. 13.3.2008 – IX ZR 119/06, MDR 2008, 768 = Rpfleger 2008, 429 = ZMR 2008, 610; Schneider, ZMR 2008, 595. 19 Saarländisches OLG v. 24.6.1992 – 5 W 184/91, Rpfleger 1993, 80. 20 Stöber, Forderungspfändung, Rz. 231. 21 Gesetz über die Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen wegen Ansprüche aus öffentlichen Grundstückslasten in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-16, veröffentlichten bereinigten Fassung, das durch Artikel 7 Absatz 19 des Gesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl. I, S. 1149) geändert worden ist. 22 Stöber, Forderungspfändung, Rz. 233.
Goldbach
275
§ 21 Rz. 32 Besonderheiten zum Umfang der Beschlagnahme gen, weil ihr auch ohne Grundbucheintrag ein Vorrecht vor allen Grundbuchrechten zusteht (§ 10 Abs. 1 Ziff. 3). 33
In der Insolvenz des Grundstückseigentümers gewährt die dingliche Mietpfändung den Grundpfandrechtsgläubigern kein eigenständiges Absonderungsrecht. Da im Insolvenzverfahren den dinglichen Gläubigern ausdrücklich nur nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ein Absonderungsrecht zugestanden wird, unterliegt die dingliche Mietpfändung dem Verbot der Einzelzwangsvollstreckung (§ 89 InsO) und ist während es Insolvenzverfahrens unzulässig23.
34
Will der dingliche Gläubiger in der Insolvenz des Grundstückseigentümers auf die Mietund Pachteinnahmen zugreifen, muss er dazu die Zwangsverwaltung betreiben.
D. Recht des Pächters auf den Früchtegenuss (Abs. 3) 35
Das Eigentum eines Pächters am eingebrachten Zubehör (s. § 20 Rz. 82), den Bestandteilen eines Grundstücks (s. § 20 Rz. 84; § 95 BGB) sowie den vom Boden getrennten Erzeugnissen (s. § 20 Rz. 50), wird durch die Beschlagnahme nicht berührt. Die Regelung in Absatz 3 stellt ergänzend dazu klar, dass die Beschlagnahme ebenso wenig die Rechte des Pächters auf den Früchtegenuss (§§ 581 Abs. 1 BGB) erfasst.
36
Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Erzeugnisse eines Pachtgrundstücks (der sog. Früchtegenuss) ausschließlich dem Pächter zustehen. Sein Anspruch darauf soll bereits dann nicht durch eine Beschlagnahme beeinträchtigt werden, wenn die Früchte noch gar nicht vom Boden getrennt sind und eigentlich nach Abs. 1 beschlagnahmt wären24.
37
Als Erzeugnisse sind im Sinne der Vorschrift alle aus dem Grundstück entstehende organische Produkte wie Samen, Pflanzen, Feldfrüchte, Obst, Gemüse und Holz anzusehen25.
38
Der Grundpfandrechtsgläubiger ist durch das mit der Regelung einhergehende Zugeständnis an den Pächter nicht benachteiligt, denn ihm steht der vom Pächter als Gegenleistung für das Pachtrecht und die damit verbundene Einräumung des Früchtegenusses zu zahlende Pachtzins zur Verfügung26.
39
Dieser fällt zunächst zwar in das Vermögen des Schuldners, gehört aber zum Hypothekenhaftungsverband (§ 1123 BGB) und kann vom Gläubiger entweder durch Forderungspfändung oder Zwangsverwaltung zur Befriedigung seiner Forderung herangezogen werden.
40
Weil sich die Beschlagnahme des Grundstücks nicht auf das Recht auf den Früchtegenuss erstreckt, können die Gläubiger des Pächters diesen Anspruch unbeeinträchtigt von der Beschlagnahme des Pachtgrundstücks pfänden27.
41
Ebenso dürfen die Gläubiger des Pächters bereits die ungetrennten Früchte „auf dem Halm“ (§ 810 ZPO) pfänden28.
23 24 25 26 27 28
BGH v. 13.7.2006 – IX ZB 301/04, Rpfleger 2006, 549 = MDR 2007, 300. Stöber/Becker, § 21 ZVG Rz. 11. Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 56. Dassler u.a./Hintzen, § 21 ZVG Rz. 12; MüKoBGB/Eickmann, § 1120 BGB Rz. 22. Stöber/Becker, § 21 ZVG Rz. 11. Zöller/Seibel, § 810 ZPO, Rz. 8.
276
Goldbach
Wirksamwerden der Beschlagnahme und Zahlungsverbot
Rz. 2 § 22
§ 22 [Wirksamwerden der Beschlagnahme und Zahlungsverbot] (1) Die Beschlagnahme des Grundstücks wird mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem der Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet ist, dem Schuldner zugestellt wird. Sie wird auch wirksam mit dem Zeitpunkt, in welchem das Ersuchen um Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt. (2) Erstreckt sich die Beschlagnahme auf eine Forderung, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Die Beschlagnahme wird dem Drittschuldner gegenüber erst mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm bekannt oder das Zahlungsverbot ihm zugestellt wird. Die Vorschriften des § 845 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung.
A. I. II. B.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt der wirksamen Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wirksamkeit der Anordnung ggü. Schuldnern und anderen Berechtigten . 1. Beschlagnahme aufgrund Anordnungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beitritt zum Verfahren . . . . . . . . . . .
. . .
Rz. 1 1 2
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4
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4
. 4 . 11
3. Insolvenzverfahren des Schuldners . . . 4. Wegfall der Beschlagnahme . . . . . . . . II. Wirksamkeit der Beschlagnahme gegenüber Drittschuldnern . . . . . . . . . . . . 1. Erfasste Forderungen . . . . . . . . . . . . 2. Wirksamkeit der Forderungsbeschlagnahme ggü. Drittschuldnern . . . . . . . 3. Ankündigung des Zahlungsverbots (Vorpfändung) . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . 14 . 17 . 20 . 20 . 22 . 27
A. Allgemeines I. Bedeutung Die Vorschrift regelt den Zeitpunkt, zu dem die durch den Anordnungsbeschluss (vgl. § 20 Abs. 1) eintretende Beschlagnahme wirksam wird. Dies hat insbesondere Bedeutung für die Frage der Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners (vgl. § 23), je nach Art des Anspruchs/Rechts eines Berechtigten für dessen Rang (vgl. §§ 10 Abs. 1 Nr. 2, 5, 6; 11 Abs. 2) sowie für die Einordnung der wiederkehrenden Leistungen gem. § 13 Abs. 1.
1
II. Anwendungsbereich Die Vorschrift ist neben dem Verfahren der Vollstreckungsversteigerung gem. § 146 Abs. 1 auch für das Zwangsverwaltungsverfahren, insoweit ergänzt durch § 151 Abs. 1 (vgl. Kommentierung zu § 146) anwendbar. Für das Verfahren zur Aufhebung einer Gemeinschaft gem. § 180 ff. ist die Norm zwar ebenfalls anwendbar, die Wirkungen der Beschlagnahme sind jedoch unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieses Verfahrens eingeschränkt (vgl. Kommentierung zu § 180).1 Auch für die Versteigerung von Schiffen ist die Norm, ergänzt durch § 165 Abs. 1 (vgl. Kommentierung zu § 165), gem. §§ 162, 163 Abs. 2 anwendbar. 1 Böttcher, § 22 ZVG Rz. 1, § 180 ZVG Rz. 63; Dassler u.a./Hintzen, § 180 ZVG Rz. 65 ff.; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 2; Stöber/Kiderlen, § 180 ZVG Rz. 70.
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§ 22 Rz. 3 Wirksamwerden der Beschlagnahme und Zahlungsverbot 3
Für das Versteigerungsverfahren auf Antrag des Insolvenzverwalters bzw. eines Erben gelten die Sonderregelungen der §§ 173 Abs. 1; 176 (vgl. dortige Kommentierung).2
B. Zeitpunkt der wirksamen Beschlagnahme I. Wirksamkeit der Anordnung ggü. Schuldnern und anderen Berechtigten 1. Beschlagnahme aufgrund Anordnungsbeschlusses 4
Gegenüber dem Schuldner und – ggf. hinsichtlich des Ranges auch gegenüber anderen Berechtigten (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 5, 6 bzw. § 11 Abs. 2) – wird die durch den Anordnungsbeschluss gem. § 20 Abs. 1 eintretende Beschlagnahme entweder durch Zustellung an den Schuldner oder dem Eingang des gem. § 19 Abs. 1 zu fertigenden Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt wirksam. Bei verschiedenen Zeitpunkten ist der frühere maßgebend (vgl. die Formulierung in Abs. 1 S. 2 „auch“).3 Auch im Falle eines – in der Praxis häufig – früheren Eingangs des Eintragungsersuchens darf auf die Zustellung des Beschlusses jedoch nicht verzichtet werden.4 Ein anderer Zeitpunkt der Wirksamkeit der Beschlagnahme, etwa derjenige des Antragseingangs gem. § 167 ZPO, kommt aufgrund der abschließenden Regelung in Abs. 1 nicht in Betracht.5 Der Eingang des Eintragungsersuchens beim Grundbuchamt muss nach der Systematik der Vorschrift auch dann als maßgeblicher Zeitpunkt angenommen werden, wenn die frühere Zustellung an den Schuldner unwirksam war (zB an den prozessunfähigen Schuldner).6
5
Die (jeweilige) Beschlagnahme kann naturgemäß nur aufgrund eines wirksamen Anordnungsbeschlusses gem. § 20 (ebenso eines Beitrittsbeschlusses gem. § 27) eintreten. Zur insoweit notwendigen Angabe des verfolgten Anspruchs (s. § 16 Rz. 157 ff.) wird die Bezugnahme auf den Titel als ausreichend angesehen, auch sofern zwischen persönlichem und dinglichem Anspruch zu differenzieren ist.7 Wenn auch nicht jede Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Beschlusses dessen Wirksamkeit und somit die Beschlagnahme beeinflusst,8 empfiehlt sich für die Praxis schon aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Vermeidung zumindest möglicher Zuschlagsversagungsgründe, auch im Hinblick auf § 43 Abs. 2, die konkrete Bezeichnung des Anspruchs (nochmals) im Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss.
6
Der Beschlagnahmezeitpunkt ist für jedes eigenständige Versteigerungsobjekt (Grundstück, grundstückgleiches Recht, Miteigentumsanteil) gesondert festzustellen. So ist insbesondere bei der gemeinsamen Versteigerung mehrerer Miteigentumsanteile (vgl. § 18) hinsichtlich eines jeden Anteils nur die Zustellung (im Vergleich zum Eingang des Ersuchens) an den jeweiligen Miteigentümer maßgeblich. Dies kann zu unterschiedlichen Beschlagnahmezeitpunkten der mehreren Anteile führen,9 was wiederum Auswirkungen auf die Berechnung der
2 3 4 5 6 7 8 9
Böttcher, § 22 ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 2; Stöber/Kiderlen, § 180 ZVG Rz. 70. Böttcher, § 22 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 3. Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 3. BGH v. 22.7.2010 – V ZB 178/09, MDR 2010, 1214 = MietRB 2010, 298 = NJW 2011, 528 = Rpfleger 2011, 40. LG Saarbrücken v. 13.10.2009 – 5 T 427/09, FamRZ 2010, 587. BGH v. 7.4.2011 – V ZB 207/10, MDR 2011, 811 = NJW-RR 2011, 953 = Rpfleger 2011, 544; RG v. 2.10.1931, RGZ 134, 56. BGH v. 7.4.2011 – V ZB 207/10, MDR 2011, 811 = NJW-RR 2011, 953 = Rpfleger 2011, 544 (fehlende Angabe des Zinsbeginns). Böttcher, § 22 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 3.
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Wirksamwerden der Beschlagnahme und Zahlungsverbot
Rz. 11 § 22
wiederkehrenden Leistungen (vgl. § 13 Abs. 1, 4) und/oder auch den Rang hinsichtlich der einzelnen Anteile haben kann (vgl. Rz. 11).10 Unterschiedliche Beschlagnahmezeitpunkte können sich auch ergeben, wenn die Eintragungsersuchen hinsichtlich mehrerer, bei verschiedenen Grundbuchämtern eingetragener Grundstücke zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingehen.11
7
Nur im Falle eines bestehenden Gesamthandseigentums (z.B. der Erbengemeinschaft) ist hinsichtlich der Zustellung auf diejenige an den letzten der mehreren Schuldner abzustellen.12
8
Die Wirksamkeit der Beschlagnahme durch Zustellung setzt eine – nach den Vorschriften der §§ 869, 166 ff. ZPO – ordnungsgemäße Zustellung voraus. Die Regelungen der §§ 4 – 7 sind insoweit nicht anwendbar (s. § 8). Auch eine Heilung gem. § 189 ZPO ist somit möglich. Im Falle eines bereits anhängigen, aber noch nicht eröffneten Insolvenzverfahrens hat die Zustellung an den Schuldner selbst zu erfolgen, auch wenn als Sicherungsmaßnahme eine Postsperre angeordnet und/oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter (§ 21 InsO) bestellt wurde.13 Nach der Eröffnung hingegen hat die Zustellung an den – nun an die Stelle des Schuldners tretenden (vgl. § 80 Abs. 1 InsO) – Insolvenzverwalter zu erfolgen.14 Im Hinblick auf die Wirkungen des § 22 Abs. 1 S. 1 InsO dürfte dies auch im Falle der Bestellung eines sog. starken vorläufigen Verwalters gelten.
9
Die Wirksamkeit der Beschlagnahme durch (den zeitlich vor der Zustellung liegenden) Eingang des Ersuchens setzt die nachfolgende Eintragung des Versteigerungsvermerks voraus (vgl. Abs. 1 S. 2, letzt. Hs.) und kann somit nicht eintreten, wenn dieser Vermerk letztlich nicht eingetragen wird. Diese Eintragung muss nach dem Gesetzeswortlaut demnächst, nicht sofort erfolgen, so dass auch evtl. vorherige Zwischenverfügungen der Wirkung nicht entgegenstehen.15 Diese Regelung und die ggf. nicht zu enge Auslegung des Begriffs „demnächst“ erklärt bzw. rechtfertigt sich aus dem Schutzgedanken der Norm. So soll der Gläubiger, insbesondere im Hinblick auf die Regelung des § 878 BGB bereits mit Eingang des Ersuchens gegen beschlagnahmewidrige (vgl. § 23) Verfügungen und insbesondere einen gutgläubigen Erwerb (des Eigentums oder von Rechten am Grundstück) durch Dritte gem. § 892 Abs. 1 S. 2 BGB geschützt werden.16 Die Beschlagnahmewirkung durch das Ersuchen tritt demzufolge jedoch nicht erst mit der späteren Eintragung rückwirkend ein. Vielmehr entfaltet der Eingang des Ersuchens (rückwirkend) nur ausnahmsweise dann keine Wirkung, sofern die Eintragung gar nicht erfolgt.17 Die (endgültige) Nichteintragung kann somit als auflösende Bedingung hinsichtlich des Eingangs des Ersuchens eingeordnet werden.
10
2. Beitritt zum Verfahren Die Wirkung der Beschlagnahme (§§ 10 Abs. 1 Nr. 5, 6; 11 Abs. 2; 23) tritt lediglich zugunsten des jeweiligen Gläubigers, bei verschiedenen (ggf. Teil-)Ansprüchen nur hinsichtlich des jeweiligen (Teil-)Anspruchs ein, so dass insoweit keine einheitliche Beschlagnahme gegeben ist.18 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 3; Steiner/Teufel, § 22 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 4. Steiner/Teufel, § 22 ZVG Rz. 16. Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 3; Steiner/Teufel, § 22 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 4. OLG Braunschweig, Urt. v. 11.1.2001 – 2 U 120/00, Rpfleger 2001, 254 = ZInsO 2001, 627. Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 5. Böttcher, § 22 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 9. Denkschrift S. 40; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 9. Böttcher, § 22 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 9. Steiner/Teufel, § 21 Rz. 12.
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§ 22 Rz. 12 Wirksamwerden der Beschlagnahme und Zahlungsverbot 12
Die Zulassung des Beitritts wegen eines weiteren Anspruchs – desselben oder eines anderen Gläubigers – erfolgt ebenfalls durch Beschluss, ohne dass jedoch ein weiterer Versteigerungsvermerk in das Grundbuch eingetragen wird (s. § 27 Abs. 1 S. 2). Diese (gesonderte) Beschlagnahme wird somit ausschließlich durch Zustellung des jeweiligen Beitrittsbeschlusses an den Schuldner wirksam.19 Eine Rückwirkung dieser Beschlagnahme und insbesondere des diesbezüglichen relativen Veräußerungsverbots (§ 23 Abs. 1) auf den Zeitpunkt der ersten Beschlagnahme in diesem Verfahren tritt selbst dann nicht ein, wenn derselbe Gläubiger die Anordnung und den späteren Beitritt (wegen eines anderen, ggf. Teils des Anspruchs) beantragt hatte. Die Regelung des § 13 Abs. 4 S. 1 ist darauf nicht anwendbar, sondern dient lediglich der Einordnung der wiederkehrenden Leistungen gem. § 13 Abs. 1.20
13
Hinsichtlich der Bestimmung des Zeitpunkts der sog. ersten Beschlagnahme (vgl. § 13 Abs. 4) – in einem Verfahren bzgl. eines Objekts -, sofern bei Anordnung der Zwangsversteigerung bereits ein Zwangsverwaltungsverfahren anhängig ist, vgl. Kommentierung zu § 13. 3. Insolvenzverfahren des Schuldners
14
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners hat auf eine zuvor wirksam gewordene Beschlagnahme keinen Einfluss. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beschlagnahme durch Zustellung oder Eingang des Ersuchens wirksam geworden ist. Aufgrund der gerade nicht gegebenen Rückwirkung (s. Rz. 4), muss dies auch für den Fall gelten, dass die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks ggf. erst nach der Insolvenzeröffnung erfolgt. Es ist somit grundsätzlich auch unerheblich, ob die Beschlagnahme zugunsten eines dinglichen oder persönlichen Gläubigers erfolgt ist.21
15
Allerdings erwirbt der persönliche Gläubiger erst mit der Wirksamkeit der Beschlagnahme ein Absonderungsrecht gem. §§ 10 Abs. 1 Nr. 5; 49 InsO, das grundsätzlich auch gegenüber den Insolvenzgläubigern wirksam bleibt (§ 80 Abs. 2 S. 2 InsO). Ist diese Beschlagnahme jedoch im Zeitraum innerhalb eines Monats (im Verbraucherinsolvenzverfahren innerhalb von drei Monaten, § 88 Abs. 2 InsO) vor Stellung des Insolvenzantrags wirksam geworden, wird sie mit der Insolvenzeröffnung gem. § 88 InsO (sog. Rückschlagsperre) rückwirkend unwirksam.
16
Für den einzelnen Gläubiger, auf dessen Antrag das Verfahren angeordnet oder der Beitritt zugelassen wurde, endet die Beschlagnahmewirkung mit der Aufhebung des Anordnungsbeschlusses bzw. Beitrittsbeschlusses. 4. Wegfall der Beschlagnahme
17
Die für den einzelnen Gläubiger gem. Abs. 1 erwirkte Beschlagnahme fällt mit der Aufhebung des ihn betreffend ergangenen Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschlusses weg. Bei mehreren Anordnungs-/Beitrittsbeschlüssen in dem Verfahren zugunsten desselben Gläubigers wegen verschiedener Forderungen (s. Rz. 12) ist jeder Beschluss gesondert zu betrachten. Die Rücknahmeerklärung des Gläubigers alleine reicht insoweit nicht aus; vielmehr bedarf es noch eines (konstitutiv wirkenden) Aufhebungsbeschlusses.22 Eine bloße Einstellung des Verfahrens hat auf eine wirksam gewordene Beschlagnahme – auch dieses Gläubigers – keinen Einfluss. Dies
19 Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 5. 20 BGH, Urt. v. 31.5.1988 – IX ZR 103/87, MDR 1988, 958 = NJW-RR 1988, 1274 = Rpfleger 1988, 543. 21 Böttcher, § 22 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 9. 22 BGH v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, BGHZ 177, 218 = NotBZ 2009, 127 m. Anm. Hueber = MDR 2008, 1182 = NJW 2008, 3067; Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 12.
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Wirksamwerden der Beschlagnahme und Zahlungsverbot
Rz. 23 § 22
gilt auch für eine wie eine Einstellung wirkende rechtskräftige Versagung des Zuschlags (vgl. §§ 33, 86), sofern das Verfahren (auch für diesen Gläubiger) fortgesetzt werden kann. Die Beschlagnahmewirkung für das Verfahren hinsichtlich eines jeden Objekts (s. Rz. 6) insgesamt endet mit der Aufhebung des Anordnungs- und des letzten in diesem Verfahren ggf. erlassenen Beitrittsbeschlusses.23 Sofern die Beschlagnahme auch mithaftende bewegliche Gegenstände erfasst (vgl. §§ 20 Abs. 2; 21 Abs. 1), endet diese Beschlagnahme insoweit auch durch eine Veräußerung im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft (s. § 23 Abs. 1). Geben die betreibenden Gläubiger diese mithaftenden beweglichen Gegenstände frei, fällt die Beschlagnahmewirkung insoweit ebenfalls weg.24
18
Sofern das Grundstück/Objekt in diesem Verfahren versteigert wird, endet mit dem Zuschlag zwar die Beschlagnahme des Grundstücks und der erfassten Gegenstände selbst; allerdings setzt sich diese Beschlagnahme in demselben Rang (vgl. §§ 10, 11, 12) aufgrund des Surrogationsgrundsatzes am Versteigerungserlös fort.25
19
II. Wirksamkeit der Beschlagnahme gegenüber Drittschuldnern 1. Erfasste Forderungen Gemäß §§ 20 Abs. 2; 1127 ff. BGB werden von der Beschlagnahme des Versteigerungsobjekts selbst und ggf. den mithaftenden beweglichen Gegenständen auch Forderungen gegen Dritte erfasst. Im Zwangsversteigerungsverfahren gehört dazu insbesondere der Anspruch des Eigentümers aus einer Elementar- und/oder Feuerversicherung (§§ 20 Abs. 2; 1127 BGB 1127 – 1130 BGB), aber auch Ansprüche auf Entschädigung (s. § 20 Rz. 180 ff.).
20
Miet- und Pachtforderungen sowie mit dem Eigentum am Grundstück verbundene Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen (§ 1126 BGB) werden nur im Zwangsverwaltungs-, nicht jedoch im Zwangsversteigerungsverfahren von der Beschlagnahme erfasst (§§ 21 Abs. 2; 148 Abs. 1 S 1; s. Kommentierung zu § 148).26
21
2. Wirksamkeit der Forderungsbeschlagnahme ggü. Drittschuldnern Um auch die Schuldner einer Forderung des Schuldners/Eigentümers, die Drittschuldner, – ähnlich wie Dritte, die Rechte am beschlagnahmten Objekt oder mit erfassten Gegenständen gutgläubig erwerben können (s. §§ 23; 135 Abs. 2 BGB) – angemessen vor den Folgen einer ihnen unbekannten Beschlagnahme zu schützen, sieht Abs. 2 insoweit eine Sonderregelung vor.27
22
Die Bestimmung des Abs. 2 S. 2, 3 regelt lediglich gesondert die Wirksamkeit der Beschlagnahme der Forderung gegenüber dem Drittschuldner, die im Übrigen bereits von der (zumeist früheren) Beschlagnahme gem. Abs. 1 erfasst wurde (vgl. §§ 20 Abs. 2; 21 Abs. 1; 22 Abs. 2 S. 1). Der Drittschuldner kann somit – trotz bereits erfolgter Beschlagnahme – noch schuldbefreiend an den Schuldner/Eigentümer zahlen, solange ihm gegenüber die Beschlagnahme der Forderung nicht wirksam geworden ist.28
23
23 Böttcher, § 22 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 11; Stöber/Keller, § 29 ZVG Rz. 11. 24 Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 11. 25 Böttcher, § 22 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 14 (Verfahrensbeendigung); Steiner/ Teufel, § 22 ZVG Rz. 40; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 11. 26 Böttcher, § 22 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 12. 27 Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 9; Denkschrift S. 40, 41; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 13. 28 Böttcher, § 22 ZVG Rz. 7; Steiner/Teufel, § 22 ZVG Rz. 28, 29.
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§ 22 Rz. 24 Wirksamwerden der Beschlagnahme und Zahlungsverbot 24
Die Beschlagnahme – der grundsätzlich bereits erfassten Forderung (s. Rz. 20) – wird dem Drittschuldner gegenüber erst mit dem Zeitpunkt wirksam, zu dem ihm ein gesondertes Zahlungsverbot zugestellt worden ist (Abs. 2 S. 2). Dieses Zahlungsverbot wird gem. Abs. 2 S. 1 2. Alt. auf Antrag eines Gläubigers erlassen und untersagt – der Systematik der Forderungspfändung gem. § 829 ZPO folgend – eine (schuldbefreiende) Zahlung des Drittschuldners an den Schuldner. Antragsberechtigt ist jeder betreibende Gläubiger und auch der Zwangsverwalter (s. § 151 Abs. 3).
25
Sofern dem Drittschuldner die erfolgte Beschlagnahme – z.B. durch Informationen des Schuldners etc. – bereits zuvor bekannt geworden ist, hat das keine Auswirkungen und die Beschlagnahme wird auch ihm gegenüber zu diesem früheren Zeitpunkt nicht wirksam (Abs. 2 S. 2 1. Alt.). Die bloße Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks im Grundbuch ist für den – im Übrigen gutgläubigen – Drittschuldner genauso unschädlich, wie die Kenntnis vom Antrag auf Zwangsverwaltung; die Regelung des § 23 Abs. 2 betrifft ausdrücklich nur bewegliche Gegenstände.29
26
Das Zahlungsverbot ist Teil des Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahrens und wird somit vom Rechtspfleger des Versteigerungsgerichts erlassen und von Amts wegen zugestellt.30 Insoweit sind die speziellen Vorschriften der § 3 – 7 zu beachten (vgl. diesbezügliche Kommentierung), so dass die (abweichenden) Zustellungsvorschriften der ZPO nicht anwendbar erscheinen, insbesondere hinsichtlich einer öffentlichen Zustellung an den Drittschuldner.31 3. Ankündigung des Zahlungsverbots (Vorpfändung)
27
Ebenfalls anknüpfend an die Regelungen der Forderungspfändung der ZPO (§§ 829 ff.) besteht gem. Abs. 2 S. 3 die Möglichkeit, durch Ankündigung des Zahlungsverbots (sog. Vorpfändung) den Zeitpunkt der Beschlagnahme der Forderung vorzuziehen. Es gelten die Vorschriften des § 845 ZPO entsprechend, so dass die Zustellung der Ankündigung vom Gläubiger durch den Gerichtsvollzieher im Parteibetrieb (§ 191 ZPO) veranlasst werden muss. Mit der Zustellung dieses vorläufigen Zahlungsverbots wird die Forderung vorläufig beschlagnahmt. Diese vorläufige Beschlagnahme bleibt nur erhalten, sofern gem. § 845 Abs. 2 ZPO innerhalb eines Monats ab dieser Zustellung das endgültige Zahlungsverbot – gem. Abs. 2 S. 1 durch Zustellung an den Drittschuldner (s. Rz. 24) – wirksam wird.32 Andernfalls fällt die vorläufige Beschlagnahme rückwirkend wieder weg. Die bloße Kenntnis des Drittschuldners von der Beschlagnahme reicht nicht aus, um die Monatsfrist des § 845 Abs. 2 ZPO und damit den früheren Zeitpunkt der Beschlagnahme der Forderung zu erhalten.33
28
Eine (zusätzliche) Zustellung auch dieses Zahlungsverbots an den Schuldner ist nicht erforderlich, da die Beschlagnahme und damit das Zahlungsverbot ihm gegenüber durch die Zustellung des Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschlusses bewirkt wird.
29 Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 9; Steiner/Teufel, § 22 ZVG Rz. 28 ff.; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 13, die davon ausgehen, dass die Kenntnis des Drittschuldners über den ZV-Antrag schädlich ist. 30 Böttcher, § 22 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 10; Steiner/Teufel, § 22 ZVG Rz. 25; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 13. 31 Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 10; (teilweise) a.A. Böttcher, § 22 ZVG Rz. 8; Steiner/Teufel, § 22 ZVG Rz. 26; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 13. 32 AG Heilbronn v. 21.5.2008 – 8 C 518/08, ZfIR 2008, 770 (macht Wirkung von der Bezeichnung Pfändung/Zahlungsverbot abhängig; zu enge Auslegung; vgl. Schmidberger, ZfIR 2008, 772. 33 Böttcher, § 22 ZVG Rz. 9 (insoweit nicht mehr zutreffend Frist von drei Wochen); Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 11; Steiner/Teufel, § 22 ZVG Rz. 34 ff.; Stöber/Becker, § 22 ZVG Rz. 14.
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Relatives Veräußerungsverbot
Rz. 2 § 23
§ 23 [Relatives Veräußerungsverbot] (1) 1Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots. 2Der Schuldner kann jedoch, wenn sich die Beschlagnahme auf bewegliche Sachen erstreckt, über einzelne Stücke innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft auch dem Gläubiger gegenüber wirksam verfügen. (2) 1Kommt es bei einer gegen die Beschlagnahme verstoßenden Verfügung nach § 135 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs darauf an, ob derjenige, zu dessen Gunsten verfügt wurde, die Beschlagnahme kannte, so steht die Kenntnis des Versteigerungsantrags einer Kenntnis der Beschlagnahme gleich. 2Die Beschlagnahme gilt auch in Ansehung der mithaftenden beweglichen Sachen als bekannt, sobald der Versteigerungsvermerk eingetragen ist.
A. I. II. B. I. II. 1. 2. III. IV.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . Relatives Veräußerungsverbot . Verfügungsverbot zugunsten der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . Umfang des Verfügungsverbots . Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . Erfasste Handlungen . . . . . . . . Verfügung nach Beschlagnahme . Schutz Dritter . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 1 3 5
. . . .
. . . .
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. . . .
. . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. 5 . 8 . 8 . 9 . 14 . 17
Rz. 1. Wirksamer Rechtserwerb gem. § 878 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gutgläubiger Erwerb gem. § 892 BGB 3. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung V. Verfügungen über bewegliche Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ordnungsmäßige Wirtschaft . . . . . . 2. Schutz Dritter betreffend bewegliche Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verfügungen über Forderungen . . . .
. . 18 . . 28 . . 38 . . 39 . . 39 . . 44 . . 48 . . 49
Literatur: Böttcher, Beeinträchtigungen der Verfügungsbefugnis, Rpfleger 1983, 49; ders., Verfügungsverbote, Rpfleger 1985, 381; Hansmeyer, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Verkäufer oder Käufer während der Abwicklung eines notariellen Kaufvertrages, MittRhNotk 1989, 149; Helwich, Die Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren, JurBüro 2009, 570; Jursnik, Veräußerung von Grundbesitz nach Anordnung der Zwangsversteigerung, MittBayNot 1999, 125; ders., Störungen der Vertragsabwicklung durch Anordnung der Zwangsversteigerung nach Beurkundung des Kaufvertrages, MittBayNot 1999, 433; Lenenbach, Guter Glaube des Grundbuchamtes als ungeschriebene Voraussetzung des Gutglaubenserwerbs? NJW 1999, 923.
A. Allgemeines I. Bedeutung Um die weitere Durchführung des auf ihren Antrag angeordneten Zwangsversteigerungsverfahrens bzw. des für sie zugelassenen Beitritts zu gewährleisten, sollen mit der Vorschrift die von der Beschlagnahme erfassten Gegenstände vor dem Zugriff des Schuldners oder auch eines Dritten gesichert werden, um so die Rechte der Gläubiger zu wahren. Betreiben mehrere Gläubiger das Verfahren, ist die Anwendung der Vorschrift für jeden gesondert zu prüfen und ggf. auch unterschiedlich zu bewerten (s. auch § 22 Rz. 11).
1
Hinsichtlich der von der Beschlagnahme erfassten beweglichen Gegenstände verbleibt dem Schuldner die Befugnis, in den Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft über diese Gegenstände zu verfügen. Insoweit hat sich der Gesetzgeber für die wirtschaftliche Bewegungsfrei-
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§ 23 Rz. 2 Relatives Veräußerungsverbot heit des Schuldners entschieden und die dadurch evtl. eintretenden Nachteile für die Gläubiger als zumutbar angesehen.
II. Anwendungsbereich 3
Die Vorschrift ist neben dem Verfahren der Vollstreckungsversteigerung grundsätzlich gem. § 146 Abs. 1 auch für das Zwangsverwaltungsverfahren, insoweit ergänzt durch § 148 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 (vgl. Kommentierung zu § 146) – anwendbar. Für das Verfahren zur Aufhebung einer Gemeinschaft gem. § 180 ff. bedarf es – mangels eines betreibenden Gläubigers – keines Veräußerungsverbots, so dass die Norm insoweit nicht anwendbar ist (s. § 20 Rz. 8; s. Kommentierung zu § 180).1 Auch für die Versteigerung von Schiffen etc. ist die Norm, ergänzt durch § 165 Abs. 1, 166 (vgl. Kommentierung zu § 165), gem. §§ 162, 163 Abs. 2 anwendbar. Keine Anwendung findet die Regelung auf das Verfahren zur Entziehung des Wohnungseigentums gem. §§ 19 Abs. 1 WEG.2
4
Für das Versteigerungsverfahren auf Antrag des Insolvenzverwalters bzw. eines Erben gelten die Sonderregelungen der §§ 173; 176 (vgl. Kommentierung zu § 173; § 176).
B. Relatives Veräußerungsverbot I. Verfügungsverbot zugunsten der Gläubiger 5
Die mit der Anordnung bzw. der Zulassung des Beitritts bewirkte Beschlagnahme (s. § 20 Rz. 21; § 22 Rz. 11 f.) bewirkt zugunsten des jeweiligen Gläubigers ein Veräußerungsverbot entsprechend den Regelungen der §§ 135, 136 BGB. Die damit einhergehende Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Eigentümers erstreckt sich jedoch nicht lediglich auf Veräußerungen, sondern allgemein auf Verfügungen des Eigentümers über das Grundstück bzw. grundstücksgleiche Rechte sowie die von der Beschlagnahme ebenfalls erfassten Gegenstände (s. § 20 Rz. 39). Der rechtsgeschäftlichen Verfügung stehen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung und Arrestvollziehung gleich.3
6
Der Eigentümer verliert die Verfügungsbefugnis jedoch nicht absolut, sondern lediglich relativ gegenüber dem jeweiligen Gläubiger, sofern die Verfügung nach der Wirksamkeit der jeweiligen Beschlagnahme erfolgte. Die Verfügung kann somit einzelnen betreibenden Gläubigern gegenüber unwirksam, anderen gegenüber hingegen wirksam sein, je nach Wirksamkeit der Beschlagnahme (§ 22) und Zeitpunkt der Verfügung. Ob der einzelne Gläubiger aufgrund eines persönlichen oder dinglichen Anspruchs das Verfahren betreibt, ist insoweit unerheblich.4 Zur Frage der uneingeschränkten Fortsetzung des Verfahrens nach einer Veräußerung bei Anordnung bzw. Beitritt wegen eines dinglichen Anspruchs vgl. § 26.
7
Die Anordnung der Zwangsversteigerung bewirkt somit grundsätzlich keine Grundbuchsperre, so dass Eintragungen, insbesondere Eigentumswechsel, Belastungen etc. weiterhin unge-
1 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 1, § 180 ZVG Rz. 63; Dassler u.a./Hintzen, § 180 ZVG Rz. 65 ff.; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 2; Stöber/Kiderlen, § 180 Rz. 70. 2 Schneider, NZM 2014, 498. 3 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 22; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 5; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 4; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 3. 4 Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 2.
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Relatives Veräußerungsverbot
Rz. 10 § 23
achtet der Beschlagnahme(n) im Zwangsversteigerungsverfahren, selbst nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks, vorgenommen werden können.5
II. Umfang des Verfügungsverbots 1. Verfügung Als Verfügung wird regelmäßig ein Rechtsgeschäft angesehen, durch das der Verfügende auf ein Recht unmittelbar einwirkt, es also auf einen Dritten überträgt, mit einem Recht belastet oder aufhebt oder es sonst wie inhaltlich ändert, gfl. auch durch einseitige Gestaltungserklärungen.6 Entsprechend der Zielsetzung der Norm (s. Rz. 1) sind von dem Verfügungsverbot somit alle Rechtshandlungen des Schuldners/Eigentümers erfasst, die sich für den jeweiligen Gläubiger nachteilig auswirken können.7 Man wird dabei grundsätzlich auf die rechtliche Beeinträchtigung des Gläubigers abstellen müssen. Sofern sich die Verfügung im Einzelfall für den Gläubiger als wirtschaftlich vorteilhaft erweist, steht es ihm frei, die ihm gegenüber unwirksame Verfügung zu genehmigen (s. Rz. 16).
8
2. Erfasste Handlungen Von dem (relativen) Verfügungsverbot erfasst ist somit die Veräußerung des Grundstücks sowie die (weitere) Belastung mit dinglichen Rechten aller Art.
9
Auch die Zinserhöhung oder Erweiterung sonstiger Nebenleistungen als zusätzliche Belastung des Grundstücks wird grundsätzlich von dem relativen Verfügungsverbot erfasst. Sofern die Zinserhöhung den Umfang des § 1119 BGB nicht überschreitet, erscheint es gerechtfertigt, sie auch dem Gläubiger gegenüber als wirksam anzusehen, sofern das Grundpfandrecht diesem Gläubiger überhaupt im Rang vorgeht. Mit der Regelung des § 1119 BGB hat der Gesetzgeber diese erweiterte Belastung im Range des Hauptrechts auch den nachfolgenden Gläubigern/Berechtigten gegenüber ausnahmsweise ohne deren – grundsätzlich erforderliche – Zustimmung als zumutbar angesehen, da mit einem Zins von bis zu 5 % ohnehin jeder rechnen muss.8 Eine entsprechende Anwendung in der Zwangsversteigerung gegenüber dem betreibenden Gläubiger erscheint daher vertretbar; nennenswerte praktische Bedeutung hat diese Frage indes nicht.9 Die Umwandlung eines Grundpfandrechts, insbesondere einer Hypothek in eine Grundschuld mit dem Wegfall der Akzessorietät zur gesicherten Forderung10, die Bestellung einer
10
5 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, NJW-RR 2014, 1279 = MDR 2014, 1230; BayObLG v. 15.2.1996 – 2Z BR 102/95, NJW-RR 1996, 1041 = Rpfleger 1996, 333; Hansmeyer, MittRhNotk 1989, 149; Jursnik, MittBayNot 1999, 125; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 12, § 19 Rz. 12; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 8; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 10. 6 BGH v. 15.3.1951 – IV ZR 9/50, BGHZ 1, 294; BGH v. 28.9.1988 – IVa ZR 126/87, NJW-RR 1989, 21 = MDR 1989, 144. 7 BGH v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, ZMR 2012, 638 = ZWE 2012, 270; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 5. 8 MüKoBGB/Eickmann, § 1119 BGB Rz. 1. 9 Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 14; a.A. Böttcher, § 23 ZVG Rz. 10; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 15; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 6. 10 Vgl. OLG Hamm v. 27.5.1986 – 15 W 128/86, Rpfleger 1987, 297; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 14; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 4; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 20; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 6.
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§ 23 Rz. 10 Relatives Veräußerungsverbot Baulast11, die Erhöhung der Ablösesumme einer Rentenschuld sowie die Ausübung des Rangvorbehalts – der Beschlagnahmegläubiger kann als beeinträchtigt angesehen werden, vgl. § 881 Abs. 4 BGB – unterliegen ebenfalls dem (relativen) Verfügungsverbot der Vorschrift.12 11
Die Aufteilung des beschlagnahmten Grundstücks in Wohnungseigentumseinheiten stellt nach der Definition (s. Rz. 5) ebenfalls eine relativ unwirksame Verfügung dar;13 ebenso die (ggf. weitere) Teilung oder die Vereinigung des Grundstücks mit anderen Objekten.14 Da die Aufteilung/Vereinigung für den Gläubiger im Einzelfall – durch Erhöhung des Wertes – wirtschaftlich jedoch sogar von Vorteil sein kann, erscheint es angezeigt, dass das Vollstreckungsgericht den betroffenen Gläubiger (alle, denen ggü. die Veränderung relativ unwirksam ist) zur Frage der Zustimmung anhört (vgl. § 139 ZPO).15 Wird diese nicht (von allen betroffenen Gläubigern) erteilt, ist die Versteigerung des Grundstücks unverändert fortzusetzen, als sei die Verfügung (Teilung/Vereinigung) nicht erfolgt. Andernfalls wären nach veränderter Wertfestsetzung gem. § 74a Abs. 5 und neuer Terminsbestimmung die aufgrund der erteilten Genehmigung nun wirksam entstandenen neuen Objekte zu versteigern.16
12
Das Verfügungsverbot betrifft nur die Verfügung über das Grundstück und die erfassten Gegenstände selbst. Verfügungen über darauf lastende Rechte sind davon grundsätzlich nicht erfasst, somit insbesondere nicht die Verfügung über ein Eigentümergrundpfandrecht.17 Die Abtretung, Verpfändung bzw. Pfändung des Eigentümerrechts stellt keine Neubelastung des beschlagnahmten Grundstücks dar. Damit entfallen für den Zessionar, Pfändungsgläubiger zwar die Besonderheiten des § 1197 Abs. 1 BGB, der Vollstreckungsausschluss sowie die Zinsbeschränkung des § 1197 Abs. 2, so dass die Abtretung etc. sich insoweit als zumindest wirtschaftlich nachteilig für den Gläubiger erweisen kann und somit als Verstärkung einer bereits bestehenden Belastung angesehen werden könnte. Die Regelungen des § 1197 BGB, insbesondere des Abs. 2 stellen jedoch keine inhaltliche, sondern lediglich eine zeitliche Beschränkung (der bereits bestehenden verzinslichen Belastung) für die Dauer der Identität des Eigentümers und Grundpfandrechtsinhabers dar.18 Als beschlagnahmewidrige (unmittelbare) Verfügung ist sie demnach nicht anzusehen.19
13
Mangels Beeinträchtigung des Beschlagnahmegläubigers wird man die Kündigung von Grundpfandrechten, die Feststellung der Forderung einer Höchstbetragshypothek gem. § 1190 Abs. 1 S. 1 BGB, die Forderungsauswechselung gem. § 1180 BGB sowie die Unterwerfung unter die
11 OVG Münster v. 18.7.1995 – 11 A 11/94, NJW 1996, 1362; VG Neustadt v. 4.9.2008 – 4 K 571/08.NW; Hessischer VGH v. 19.6.1981 – IV OE 70/80, BauR 1982, 17; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 15; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 4. 12 Morvillus, MittBayNot 2005, 478; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 14; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 6. 13 BGH v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, ZMR 2012, 638 = ZWE 2012, 270; LG Würzburg v. 21.7.1988, Rpfleger 1989, 117; Becker/Schneider, ZfIR 2011, 547; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 7; a.A. LG Essen v. 29.3.1988, Rpfleger 1989, 116; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 16; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 5. 14 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, Rpfleger 2015, 689 = NJW-RR 2014, 1279 = MDR 2014, 1230; BayObLG v. 15.2.1996, NJW-RR 1996, 1041 = Rpfleger 1996, 333. 15 Böttcher, ZfIR 2015, 53. 16 BGH v. 29.3.2012 – V ZB 103/11, ZMR 2012, 638 = ZWE 2012, 270; BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, NJW-RR 2014, 1279 = MDR 2014, 1230; Böttcher, § ZVG 23 Rz. 11; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 6. 17 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 6; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 17. 18 BGH v. 16.5.1975 – V ZR 24/74, BGHZ 64, 316 (auch zur Frage des § 883 Abs. 2 BGB); Erman/Wenzel, § 1197 BGB Rz. 4; MüKoBGB/Eickmann, § 1197 BGB Rz. 1. 19 Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 8; Steiner/Teufel, § 23 Rz. 17; a.A. Böttcher, § 23 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 6; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 4.
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Relatives Veräußerungsverbot
Rz. 16 § 23
Zwangsvollstreckung gem. § 800 ZPO nicht als beschlagnahmewidrige Verfügung ansehen können;20 ebenso die Umwandlung eines Brief- bzw. Buchrechts (§ 1116 BGB). Die Zustimmung des Eigentümers zu einer Rangänderung von Grundpfandrechten gem. § 880 Abs. 2 S. 2 BGB betrifft die davon betroffenen Rechte und stellt keine (beschlagnahmewidrige) Verfügung über das Grundstück dar.21
III. Verfügung nach Beschlagnahme Die nach wirksamer Beschlagnahme (§ 22) erfolgte Verfügung ist dem (jeweiligen) betrei- 14 benden Gläubiger gegenüber grundsätzlich (relativ) unwirksam (§§ 136, 135 BGB), so dass das Verfahren – hinsichtlich des durch die Beschlagnahme geschützten Gläubigers – ungeachtet dieser Verfügung fortgesetzt wird. Das Verfügungsverbot besteht unabhängig von der Art des Anspruchs (dinglich oder persönlich) des betreibenden Gläubigers (s. Rz. 6). Im Falle einer (weiteren) Belastung bewirkt die relative Unwirksamkeit der Verfügung die Zuordnung des neuen Rechts bzw. der erweiterten Belastung in die Rangklasse 6 des § 10. Zu den Folgen einer (relativ unwirksamen) Veräußerung s. die Erläuterungen zu § 26. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der (relativen) Unwirksamkeit ist derjenige, zu dem der Rechtserwerb bzw. die Rechtsänderung vollendet wird, bei Grundstücken etc. und dinglichen Rechten somit im Regelfall die – der notwendigen Einigung folgende – Grundbucheintragung (§ 873 BGB).22 Ist der Rechtserwerb bzw. die Rechtsänderung (Einigung und Eintragung) bereits vollendet, bleibt diese wirksam und das später wirksam gewordene Verfügungsverbot hat darauf keine Auswirkungen.23
15
Die Verfügung wird voll – auch dem jeweiligen betreibenden Gläubiger gegenüber – wirksam, 16 wenn die Grundlage des Verfügungsverbots, der Schutz des jeweiligen Gläubigers, entfällt. Somit, wenn dieser in die Verfügung eingewilligt bzw. diese genehmigt hat (§ 185 Abs. 1; Abs. 2 S. 1, 1. Alt. BGB), wobei diese Wirkung ex tunc eintritt. Die Zustimmung ist nur bis zur Versteigerung (§§ 55, 90) möglich, da der Erwerb der bei Beginn der Versteigerung noch beschlagnahmten Gegenstände durch den Ersteher mit Zuschlag nicht beeinträchtigt werden darf.24 Nimmt der jeweilige Gläubiger seinen Versteigerungs-/Beitrittsantrag zurück oder wird sein Verfahren aufgehoben, entfaltet die verbotswidrige Verfügung ebenfalls ihm gegenüber volle Wirksamkeit,25 die jedoch (analog § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 2 BGB)26 ex nunc eintritt.27
20 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 17; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 6; Steiner/Teufel, § 23 Rz. 18, 19; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 8. 21 Vgl. BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 = NJW-RR 2013, 1171 (letztlich offengelassen). 22 Jursnik, MittBayNot 1999, 125; Steiner/Teufel, § 23 Rz. 22; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 9. 23 Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 23. 24 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 5, 7; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 7; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 11; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 4. 25 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 = NJW-RR 2013, 1171. 26 Erman/Maier-Reimer, § 185 BGB Rz. 1, 27; MüKoBGB/Bayreuther, § 185 BGB Rz. 50. 27 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 8; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 11.
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§ 23 Rz. 17 Relatives Veräußerungsverbot
IV. Schutz Dritter 17
Die grundsätzlich verbotswidrige Verfügung ist dem betreibenden Gläubiger gegenüber auch dann voll wirksam, wenn die Voraussetzungen des § 878 BGB oder die Regelungen betreffend den gutgläubigen Erwerb (§§ 136; 135 Abs. 2; 892 BGB) erfüllt sind.28 1. Wirksamer Rechtserwerb gem. § 878 BGB
18
Die Regelung des § 878 BGB soll den – das Eigentum oder ein Recht erwerbenden – Dritten vor Beschränkungen der Verfügungsbefugnis des Berechtigten schützen, die allein während des durch den für den Vollzug der Eintragung erforderlichen Zeitablaufs eintreten können.29 Es handelt sich dabei um einen sog. redlichen Erwerb, bei dem die Frage einer evtl. Gut- bzw. Bösgläubigkeit völlig unbeachtlich ist (s. Rz. 19). Die Voraussetzungen des § 878 BGB sind erfüllt, wenn die – gem. § 873 BGB erforderliche – Einigung bindend (vgl. § 873 Abs. 2 BGB) und der Eintragungsantrag beim Grundbuchamt gestellt worden ist, bevor das (jeweilige) Verfügungsverbot – gem. § 22 – wirksam wurde.
19
Ob die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks sodann noch vor Eintragung der Rechtsänderung erfolgt, ist dann unbeachtlich. Dieser Vermerk dient allein dem Zweck, einen – hier gerade nicht gegebenen – gutgläubigen Erwerb zu verhindern. Sind die Voraussetzungen des § 878 BGB erfüllt, ist auch eine evtl. Kenntnis des Dritten vom Versteigerungsantrag bzw. der späteren Beschlagnahme völlig unbeachtlich ist (s. Rz. 18).30
20
Im Falle einer Veräußerung des Grundstücks wird die Einigung im Hinblick auf die Regelungen der §§ 925 Abs. 1 BGB und insbesondere des § 20 GBO (aufgrund erfolgter notarieller Beurkundung) im Regelfall bindend geworden sein, so dass ein erst nach Eingang des Umschreibungsantrags beim Grundbuchamt wirksam gewordenes Verfügungsverbot auf den Eigentumserwerb diesem betreibenden Gläubiger gegenüber keine Auswirkungen mehr hat. Zu den Besonderheiten für den aufgrund eines dinglichen Anspruchs betreibenden Gläubiger s. § 26 Rz. 5.31
21
Wurde das (jeweilige) Verfügungsverbot hingegen bereits vor (bindender) Einigung und/oder dem Eingang des Eintragungsantrags wirksam, kommt nur noch ein gutgläubiger Erwerb gem. § 892 BGB in Betracht.
22
Für den Rechtserwerb im Übrigen (Belastungen etc.) wird die Bindung gem. § 873 Abs. 2 BGB wohl nur selten gegeben sein – z.B. durch Übergabe einer zumindest öffentlich beglaubigten Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) an den Dritten -, so dass insoweit die Voraussetzungen des § 878 BGB nur ausnahmsweise gegeben sein werden.
23
Die Schutzwirkung des § 878 BGB greift jedoch nur ein, sofern es zur Vollendung der Rechtsänderung – nach der bindenden Einigung und dem bereits gestellten Eintragungsantrag – materiell-rechtlich nur noch der Grundbucheintragung bedarf.32 28 Hansmeyer, MittRhNotk 1989, 161; Jursnik, MittBayNot 1999, 125. 29 BGH v. 31.5.1988 – IX ZR 103/87, MDR 1988, 958 = Rpfleger 1988, 543; v. 17.6.1997 – XI ZR 119/96, NJW 1997, 2751 = MDR 1997, 1014; Jursnik, MittBayNot 1999, 433; Erman/Artz, § 878 BGB Rz. 1, 14; MüKoBGB/Kohler, § 878 BGB Rz. 4, 7; Palandt/Bassenge, § 878 BGB Rz. 1; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 9. 30 Jursnik, MittBayNot 1999, 433; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 19; Löhnig/ Fischinger, § 23 ZVG Rz. 10; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 25, 27, 28; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 9. 31 Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 28. 32 OLG Frankfurt/M. v. 21.11.2005 – 20 W 462/04, ZinsO 2006, 269; Jursnik, MittBayNot 1999, 433; Erman/Artz, § 878 BGB Rz. 14, 15; MüKoBGB/Kohler, § 878 BGB Rz. 18 f., Palandt/Bassenge, § 878 BGB Rz. 15.
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Relatives Veräußerungsverbot
Rz. 26 § 23
Sind weitere Voraussetzungen (z.B. bei Briefrechten die Briefübergabe bzw. ein Übergabesurrogat gem. §§ 1117 BGB; Entstehung der Forderung für die Hypothek gem. § § 1113 BGB; Zustimmungen, Genehmigungen Dritter, z.B. gem. § 12 Abs. 3 WEG etc.) vor der Wirksamkeit der Beschlagnahme noch nicht erfüllt, schützt den Dritten auch die bereits bindende Einigung und der vorherige Eintragungsantrag nicht und die Verfügung bleibt relativ unwirksam. Es kommt auch dann allenfalls noch ein gutgläubiger Erwerb gem. § 892 BGB in Betracht, wenn die Rechtsänderung auch vor dem Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen wird. Erfolgt die Eintragung des Rechts – naturgemäß auf den Namen des Gläubigers – hingegen 24 noch vor Wirksamkeit der Beschlagnahme, wird die diesbezügliche (vorläufige) Eigentümergrundschuld (§ 1163 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 BGB)33 jedoch volle Wirksamkeit entfalten, auch wenn der Gläubiger sie (durch spätere Entstehung der Forderung etc.) selbst nicht mehr – bzw. allenfalls gutgläubig gem. § 892 BGB (s. Rz. 23) – voll wirksam erwerben kann (s. jedoch zur möglichen Abtretung s. Rz. 12). Das Recht (des Eigentümers) wird dann in die Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 einzuordnen sein, was insbesondere für einen persönlichen Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 5) eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen kann, dem insoweit auch kein Löschungsanspruch zusteht (vgl. § 1179a Abs. 2 BGB); vergleichbar mit der vor der Beschlagnahme wirksam bestellten Eigentümergrundschuld gem. § 1196 BGB, auch wenn diese hier gerade nicht gewollt war.34 Diese – dann endgültige – Eigentümergrundschuld – kann der Eigentümer spätestens dann abtreten, wenn (z.B.) feststeht, dass die Forderung nicht mehr entstehen wird.35 Diese Abtretung wiederum stellt keine (beschlagnahmewidrige) Verfügung über das Grundstück, sondern eine – voll wirksame – über das Eigentümerrecht dar (s. Rz. 12). Dieses zunächst etwas merkwürdig anmutende Ergebnis wird man als Folge des Prinzips der gesicherten Rangstelle36 gem. § 1163 BGB hinnehmen müssen. Wurde hingegen die Beschlagnahme noch vor der Eintragung wirksam, wenn auch nach bin- 25 dender Einigung und Antragseingang, wird die – volle – Wirksamkeit der (zunächst nur vorläufigen) Eigentümergrundschuld (s. Rz. 24)37 nicht gegeben sein. Eine Anwendung des § 878 BGB zugunsten des Eigentümers (s. Rz. 18) erscheint bei dieser Fallgestaltung nicht gerechtfertigt; eine der (originären) Eigentümergrundschuld (vgl. § 1196 Abs. 2 BGB) vergleichbare Konstellation ist gerade nicht gegeben (s. Rz. 24), denn durch die Regelung soll nur ein Dritter geschützt werden. Wegen weiterer Einzelheiten zu § 878 BGB vergleiche die diesbezüglichen Kommentierungen. Ob die Voraussetzungen des § 878 BGB im Einzelfall erfüllt sind, ist regelmäßig nicht aus dem Grundbuch ersichtlich und kann somit vom Vollstreckungsgericht nicht von Amts wegen berücksichtigt werden (s. Kommentierung zu § 28). Der Dritte wird daher seine Rechte selbst wahrnehmen müssen, um drohende Nachteile im uneingeschränkt fortzusetzenden Versteigerungsverfahren zu vermeiden. Im Falle des Eigentumserwerbs gem. §§ 37 Nr. 5; 771 ZPO und bezüglich sonstiger Rechtsänderungen (Belastungen etc.) durch Anmeldung gem.
33 Erman/Wenzel, § 1163 BGB Rz. 8 ff.; MüKoBGB/Eickmann, § 1163 BGB Rz. 15; Staudinger/Wolfsteiner, § 1163 BGB Rz. 31; Palandt/Bassenge, § 1163 BGB Rz. 6, 18. 34 Erman/Wenzel, § 1163 BGB Rz. 6; MüKoBGB/Eickmann, § 1196 BGB Rz. 4 f. (wohl keine Umdeutung möglich). 35 Erman/Wenzel, § 1163 BGB Rz. 8 ff.; MüKoBGB/Eickmann, § 1163 BGB Rz. 44 ff.; Staudinger/Wolfsteiner, § 1163 BGB Rz. 31 ff. 36 MüKoBGB/Eickmann, § 1163 BGB Rz. 1. 37 Erman/Wenzel, § 1163 BGB Rz. 8 ff.; Staudinger/Wolfsteiner, § 1163 BGB Rz. 31; Palandt/Bassenge, § 1163 BGB Rz. 6, 18.
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§ 23 Rz. 26 Relatives Veräußerungsverbot § 37 Nr. 4, 45, 114 und gfl. durch Widerspruch gem. § 115 (z.B. hinsichtlich seines Ranges gem. § 10).38 27
Im Falle des Eigentumserwerbs werden die Voraussetzungen des § 878 (bindende Einigung und Antragstellung vor Wirksamkeit des Verfügungsverbots, s. Rz. 18) zwar nicht aus dem Grundbuch selbst, im Regelfall jedoch in Verbindung mit den Grundakten ersichtlich sein. Bei dieser Fallkonstellation ist einerseits die Zielsetzung des formalisierten Vollstreckungsverfahrens zu beachten, das regelmäßig der Durchsetzung des materiellen Rechts dient39, keinesfalls aber ein dieser Rechtslage offenbar entgegenstehendes Ergebnis fördern oder gar erst ermöglichen soll. Zudem besteht insbesondere im Falle des Eingriffs in das Eigentum eine Verpflichtung des Vollstreckungsgerichts zur umfassenden Klärung der rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte gem. § 139 ZPO.40 Es erscheint daher angezeigt und praxisgerecht, dass das Vollstreckungsgericht im Falle des Eigentumswechsels den Tatbestand des § 878 BGB unter Hinzuziehung der Grundakten prüft und bei positivem Ergebnis das Verfahren gem. § 28 unter Fristsetzung vorläufig einstellt, damit der Dritte seine Rechte gem. § 771 ZPO durchsetzen kann, sofern der betreibende Gläubiger nicht ohnehin der Veräußerung zustimmt bzw. seinen Antrag zurücknimmt (s. Rz. 16).41 Die Gegenauffassung geht teilweise auf die Besonderheit des § 878 im Unterschied zur Konstellation des § 892 nicht ein bzw. dürfte der dargestellten Zielsetzung des formellen Vollstreckungsverfahrens nicht angemessen gerecht werden. Sofern das Verfahren aufgrund eines dinglichen Anspruchs betrieben wird, ist die Sonderregelung des § 26 zu beachten (s. Kommentierung zu § 26). 2. Gutgläubiger Erwerb gem. § 892 BGB
28
Die Regelungen über den gutgläubigen Erwerb (§ 892 BGB) gelten auch für das durch die Beschlagnahme bewirkte Verfügungsverbot (§§ 136, 135 Abs. 2 BGB), werden hinsichtlich der maßgeblichen Kenntnis des Erwerbs durch die Sonderregelungen des Abs. 2 ergänzt. Ein Rechtserwerb (bzgl. des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte) gem. § 892 BGB kommt immer dann in Betracht, wenn die nach wirksamer Beschlagnahme vorgenommene Verfügung dem (jeweiligen) betreibenden Gläubiger gegenüber – mangels seiner Zustimmung (s. Rz. 16) und fehlender Erfüllung der Voraussetzungen des § 878 (s. Rz. 18) – grundsätzlich unwirksam ist. Die Rechtsänderung entfaltet jedoch nur dann entgegen Abs. 1 S. 1 volle Wirksamkeit, wenn der Dritte gutgläubig war, somit weder die Beschlagnahme noch den Versteigerungsantrag (s. Abs. 2 S. 1) kannte und auch der Versteigerungsvermerk nicht eingetragen war.42 Die Regelung zur Kenntnis vom bereits gestellten Versteigerungsantrag (Eingang bei Gericht) rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass derjenige, der den Antrag kennt, mit der nachfolgenden Beschlagnahme rechnen muss. Die positive Kenntnis des Dritten vom Versteigerungsantrag ist nur dann unschädlich, wenn dieser Antrag letztlich zurückgewiesen wird.43 38 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 18, 19; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 23; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 18; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 31-33; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 32. 39 Schmidt-Ränsch, RpflStud. 2013, 110. 40 BGH v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, NJW-RR 2007, 165 = MDR 2007, 426. 41 Böttcher, § 26 ZVG Rz. 4, 5; a.A. Jursnik, MittBayNot 1999, 434; Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 5; Löhnig/Fischinger, § 26 ZVG Rz. 8; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 34; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 9. 42 Erman/Artz, § 892 BGB Rz. 39; MüKoBGB/Kohler, § 892 BGB Rz. 59; Staudinger/Gursky, § 892 BGB Rz. 238; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 8, 19 f.; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 12; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 26, 27; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 27. 43 Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 12; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 26; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 27.
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Relatives Veräußerungsverbot
Rz. 32 § 23
Hinsichtlich des eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerks ist eine konkrete Kenntnis des Erwerbers unbeachtlich, insoweit verhindert die (vorherige, aber auch gleichzeitige) Eintragung des Vermerks in jedem Fall den gutgläubigen Rechtserwerb.44 Der Zeitpunkt der Antragstellung ist hinsichtlich dieses Vermerks nicht entscheidend, da § 892 Abs. 2 BGB eine Sonderregelung allein bezogen auf die unterstellte Kenntnis des Dritten darstellt (s. Rz. 29).45 Maßgeblicher Zeitpunkt für die – den gutgläubigen Erwerb ausschließende – Kenntnis des Erwerbers ist grundsätzlich der Eingang des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt, sofern nicht – wohl nur ausnahmsweise – die notwendige Einigung (§ 873 BGB) erst danach erfolgt (§ 892 Abs. 2 BGB). Bezogen auf die Kenntnis des Dritten soll der Dauer des Eintragungsverfahrens keine Bedeutung zukommen, sofern es für den Rechtserwerb nur noch der Eintragung bedarf.46 Werden weitere zur Rechtsänderung noch erforderliche Voraussetzungen (z.B. bei Briefrechten die Briefübergabe bzw. ein Übergabesurrogat gem. §§ 1117 BGB; Entstehung der akzessorischen Forderung für die Hypothek gem. § § 1113 BGB; Zustimmungen, Genehmigungen Dritter, z.B. gem. § 12 Abs. 3 WEG etc.) erst nach der Antragstellung (und der Einigung) erfüllt, ist dieser spätere Zeitpunkt maßgebend für die Gutgläubigkeit des Dritten,47 sofern nicht zuvor der Versteigerungsvermerk eingetragen wurde, was ohnehin einen gutgläubigen Erwerb ausschließt. Die diesbezügliche (vorläufige) Eigentümergrundschuld (§ 1163 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 BGB, s. Rz. 25 f.) kann (beschlagnahmewidrig) nicht wirksam gem. § 892 BGB entstehen, da nur der gutgläubige Dritte, nicht jedoch der Eigentümer insoweit geschützt wird.48
29
Erfolgt die Eintragung des Rechts – auf den Namen des Gläubigers – hingegen noch vor Wirksamkeit der Beschlagnahme, wird die diesbezügliche (vorläufige) Eigentümergrundschuld jedoch volle Wirksamkeit entfalten, auch wenn der Gläubiger sie selbst nicht mehr gutgläubig gem. § 892 BGB – voll wirksam – erwerben kann, weil z.B. die Forderung erst nach seiner Kenntnis von der Beschlagnahme oder zumindest nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks entstanden ist (s. Rz. 24). Zur dann wiederum möglichen Abtretung der entstandenen Eigentümergrundschuld s. Rz. 12.
30
Bezüglich eines dem Verfahren beigetretenen Gläubigers ist Abs. 2 S. 1 zwar nur auf die Kenntnis des konkreten Beitrittsantrags anzuwenden, jedoch wird ein – grundsätzlich beschlagnahmewidriger – lediglich noch gutgläubiger Erwerb regelmäßig an dem bereits nach der Verfahrensanordnung eingetragenen Versteigerungsvermerk scheitern (§ 892 Abs. 1 S. 2 BGB; s. Rz. 29).
31
Davon streng zu unterscheiden ist die vor der (jeweiligen) Wirksamkeit der Beschlagnahme vorgenommene Verfügung (ggf. auch gem. § 878 BGB), für die eine Kenntnis vom Versteigerungsantrag bzw. der späteren Beschlagnahme völlig unbeachtlich ist (s. Rz. 18). Der beitretende Gläubiger erwirkt seine Beschlagnahme erst durch Zustellung des Beitrittsbeschlusses (§ 27 Abs. 2; s. § 22 Rz. 11), so dass eine vorherige Verfügung (ggf. ebenfalls gem. § 878 BGB) diesem gegenüber trotz des bereits eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerks und ungeachtet der evtl. Kenntnis vom Beitrittsantrag dennoch uneingeschränkt wirksam ist. Der
32
44 Erman/Artz, § 892 BGB Rz. 3; MüKoBGB/Kohler, § 892 BGB Rz. 1; Staudinger/Gursky, § 892 BGB Rz. 188, 247. 45 Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 26; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 25. 46 BGH v. 13.10.2000 – V ZR 349/99, NJW 2001, 359 = MDR 2001, 382; Erman/Artz, § 892 BGB Rz. 3; MüKoBGB/Kohler, § 892 BGB Rz. 53; Staudinger/Gursky, § 892 BGB Rz. 196 f. 47 Erman/Artz, § 892 BGB Rz. 35; MüKoBGB/Kohler, § 892 BGB Rz. 55; Staudinger/Gursky, § 892 BGB Rz. 208; Palandt/Bassenge, § 892 BGB Rz. 25; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 9. 48 Erman/Artz, § 892 BGB Rz. 18 f.; MüKoBGB/Kohler, § 892 BGB Rz. 33 f.; Staudinger/Gursky, § 892 BGB Rz. 97 f.
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§ 23 Rz. 32 Relatives Veräußerungsverbot eingetragene Vermerk bzw. die Kenntnis verhindert nur den gutgläubigen, grundsätzlich gem. Abs. 1 S. 1 unwirksamen Rechtserwerb, beeinträchtigt jedoch nicht die ohnehin voll wirksame Verfügung.49 Eine Rückwirkung der Beschlagnahme für den beitretenden Gläubiger auf einen früheren Zeitpunkt als die Zustellung des (neuen) Beitrittsbeschlusses – gfl. gar den Beginn des Verfahrens – tritt auch dann nicht ein, wenn die frühere Beschlagnahme von ihm erwirkt, infolge Aufhebung (s. Rz. 16) jedoch entfallen war.50 33
Umstritten ist die Frage, in welcher Reihenfolge das Grundbuchamt seine Eintragungen vorzunehmen hat, wenn das Ersuchen des Vollstreckungsgerichts (§ 19 Abs. 1) dort eingeht und ein zuvor eingegangener Antrag auf eine Rechtsänderung noch nicht vollzogen wurde. Wird der Versteigerungsvermerk entgegen der zeitlichen Reihenfolge zuerst eingetragen, kommt ein evtl. möglicher gutgläubiger Rechtserwerb des Dritten – ungeachtet seiner Kenntnis – keinesfalls mehr in Betracht (s. Rz. 28). Die teilweise insoweit angeführte Begründung, das Grundbuchamt dürfe einen gutgläubigen Erwerb nicht fördern,51 vermag nicht zu überzeugen. Der Erwerb gem. § 892 BGB ist in keiner Weise minderer Art, sondern – zum Schutz des gutgläubigen Dritten – dem „regelgerechten“ Erwerb vom (hier nicht in der Verfügung beschränkten) Berechtigten völlig gleichgestellt.52 Es dürfte daher nicht die Aufgabe des Grundbuchamtes sein, durch Änderung der Erledigungsreihenfolge einen solchen Erwerb zu verhindern.53
34
Wegen weiterer Einzelheiten zu § 892 BGB s. die diesbezüglichen Kommentierungen.
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Ein ggf. gegebener gutgläubiger Rechtserwerb gem. § 892 BGB ist – anders als evtl. derjenige gem. § 878 BGB (s. Rz. 18 ff.) – keinesfalls aus dem Grundbuch ersichtlich, auch nicht in Verbindung mit den Grundakten, so dass der Dritte seine Rechte gem. § 37 Nr. 5, § 771 ZPO (bzgl. eines Eigentumserwerbs) bzw. durch Anmeldung gem. §§ 37 Nr. 4, 45 und evtl. Widerspruch gem. § 115 (bzgl. des Ranges einer Belastung gem. § 10 etc.) geltend machen muss (zur konkreten Berücksichtigung im Verfahren nach dem Zeitpunkt der Eintragung s. die Erläuterungen zu §§ 10, 44, 45, 114).54 Im Falle des Eigentumswechsels erscheint eine Einstellung von Amts wegen durch das Vollstreckungsgericht auch dann nicht gerechtfertigt, wenn – soweit § 878 BGB nicht bejaht werden kann (s. Rz. 27) – die Eintragung vor dem Zwangsversteigerungsvermerk erfolgte, ein gutgläubiger Erwerb somit in Betracht kommt. Das Dritteigentum ist dann zwar grundbuchersichtlich, nicht jedoch der – nach Beschlagnahme erfolgte – gutgläubige Erwerb. Eine diesbezügliche Prüfung erscheint im Vollstreckungsverfahren nicht möglich (s. im Übrigen die Erläuterungen zu § 28).55 Im Falle einer Veräußerung ist für den aufgrund eines dinglichen Anspruchs betreibenden Gläubiger die Sonderregelung des § 26 zu beachten (s. § 26 Rz. 3).
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Jeder betreibende Gläubiger wird – unabhängig vom Zeitpunkt der Beschlagnahme anderer Gläubiger – erst mit dem Zeitpunkt der Wirksamkeit seiner Beschlagnahme geschützt (s. § 22 Rz. 11). Somit können Verfügungen hinsichtlich einzelner Gläubiger relativ unwirksam, 49 Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 28. 50 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 = NJW-RR 2013, 1171. 51 OLG Köln v. 22.5.2013 – I-2 Wx 94/13, ZInsO 2013, 1853 = MittBayNot 2014, 50 (auch zur zunehmend vertretenen anderen Auffassung); Staudinger/Gursky, § 892 BGB Rz. 253. 52 BGH v. 21.2.1986 – V ZR 38/84, BGHZ 97, 187 = NJW 1986, 1687; Böttcher, RpflStud. 2014, 140. 53 Böttcher, Rpfleger 1985, 386; Lenenbach, NJW 1999, 923; Erman/Artz, § 892 BGB Rz. 37; MüKoBGB/ Kohler, § 892 BGB Rz. 66-68; Staudinger/Kohler, § 135 BGB Rz. 105, 106; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 12; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 29. 54 Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 5; Löhnig/Fischinger, § 26 ZVG Rz. 8; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 34; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 9. 55 A.A. Böttcher, § 26 ZVG Rz. 5.
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Relatives Veräußerungsverbot
Rz. 41 § 23
in Bezug auf andere Gläubiger hingegen (evtl. auch gem. § 878 BGB) uneingeschränkt wirksam sein.56 Spätere Belastungen z.B. sind gegenüber betreibenden Gläubigern, deren Beschlagnahme bereits zuvor wirksam gewordenen sind – von § 878 BGB abgesehen – in Rangklasse 6, den später beitretenden Gläubigern gegenüber jedoch in Rangklasse 4 des § 10 einzuordnen. Die im Falle eines wie hier gegebenen nur relativen Verfügungsverbots notwendige Geltendmachung durch den jeweiligen geschützten Beschlagnahmegläubiger wird grundsätzlich im Anordnungs- bzw. Beitrittsantrag zu sehen sein, ohne dass es zusätzlicher Erklärungen bzw. Anträgen bedarf.57
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3. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung Sowohl die Vorschrift des § 878 BGB als auch die Regelungen des § 892 BGB schützen ledig- 38 lich den rechtsgeschäftlichen Erwerb und sind für beschlagnahmewidrige Verfügungen im Rahmen der Zwangsvollstreckung (z.B. Eintragung von Zwangshypotheken gem. § 867 ZPO; einer Arresthypothek gem. § 932 ZPO; einer Vormerkung aufgrund einstweiliger Verfügung gem. §§ 936 ZPO; 885 BGB) nicht anwendbar. Die nach Wirksamkeit der Beschlagnahme vollzogene Vollstreckungsmaßnahme (Eintragung der Zwangshypothek etc.) ist somit dem jeweiligen betreibenden Gläubiger gegenüber unwirksam, auch wenn der Eintragungsantrag vor diesem Zeitpunkt gestellt sein sollte oder der Dritte die Beschlagnahme etc. nicht kannte.58 Eine (auch) aufgrund einer gem. §§ 894, 897 ZPO fingierten Erklärung des Eigentümers vorgenommene Eintragung selbst stellt keine Zwangsvollstreckungsmaßnahme dar und insoweit ist ein Rechtserwerb gem. §§ 878, 892 BGB möglich (vgl. § 898 ZPO).59
V. Verfügungen über bewegliche Gegenstände 1. Ordnungsmäßige Wirtschaft Auch bewegliche Gegenstände werden nach den Maßgaben der §§ 20 Abs. 2; 21 Abs. 1 von 39 der Beschlagnahme des Grundstücks erfasst (s. §§ 20 Rz. 46 ff.; 21 Rz. 7 ff.) und diese unterliegen somit grundsätzlich ebenfalls dem Verfügungsverbot des Abs. 1 S. 1. Eine Verfügung über bewegliche Gegenstände stellt neben der Veräußerung (§§ 929 ff. BGB), 40 die Belastung in Form einer Verpfändung (§§ 1204 ff. BGB) oder mit einem Nießbrauchsrecht dar.60 Dem Schuldner verbleibt jedoch die Befugnis, über die einzelnen mitbeschlagnahmten beweglichen Gegenstände zu verfügen, soweit die jeweilige Verfügung die Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht überschreitet, so dass die Rechtsänderung dann – ausnahmsweise entgegen Abs. 1 S. 1 – auch dem betreibenden Gläubiger gegenüber volle Wirksamkeit entfal56 Jursnik, MittBayNot 1999, 125; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 5, 7; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 7; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 11; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 13. 57 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 9, 16; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 7; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 11; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 13. 58 BGH v. 17.4.1953 – V ZB 5/53, BGHZ 9, 250; Erman/Artz, § 878 BGB Rz. 5, § 892 Rz. 17; MüKoBGB/Kohler, § 892 BGB Rz. 29; Staudinger/Gursky, § 878 BGB Rz. 12 f., § 892 Rz. 89 ff.; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 22; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 9; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 9, 34; a.A. bzgl. § 878 MüKoBGB/Kohler, § 878 BGB Rz. 27. 59 BGH v. 17.4.1953 – V ZB 5/53, BGHZ 9, 250; MüKoBGB/Kohler, § 878 BGB Rz. 27; § 892 Rz. 29; Staudinger/Gursky, § 878 BGB Rz. 15, § 892 Rz. 89 ff. 60 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 8; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 20; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 6.
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§ 23 Rz. 41 Relatives Veräußerungsverbot tet. Die Ausnahmeregelung des Abs. 1 S. 2 ist die Konsequenz der gem. § 24 dem Schuldner – in den Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft – verbleibenden Verwaltungsbefugnis (s. Kommentierung zu § 24).61 Ob die Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft noch eingehalten sind, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen. Maßgebende Kriterien werden dabei Art und Zweck des Grundstücks sowie des jeweiligen Gegenstandes (z.B. land-, fortwirtschaftlich etc.; s. die Erläuterungen zu § 24). 42
Verbleibt das gem. Abs. 1 S. 2 voll wirksam veräußerte Zubehörstück jedoch im Besitz des Schuldners (oder neu eingetragenen Eigentümers), erwirbt es der Ersteher gem. § 55 Abs. 2 dennoch mit dem Zuschlag. Der Erwerber (des Zubehörstücks) kann sein Eigentum daran nur wahren, wenn er seine Rechte gem. § 37 Nr. 5 vor Zuschlagserteilung (gem. §§ 769; 771 ff. ZPO) geltend macht oder der Gegenstand auf Bewilligung der betreibenden Gläubiger freigegeben bzw. das Verfahren insoweit eingestellt wird (vgl. die Erläuterungen zu § 37 bzw. 55).62
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Für das Zwangsverwaltungsverfahren ist die Regelung des Abs. 1 S. 2 nicht anwendbar (§ 148 Abs. 1 S. 2). 2. Schutz Dritter betreffend bewegliche Gegenstände
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Für eine Rechtsänderung bezüglich der beweglichen Gegenstände bedarf es keiner Grundbucheintragung (s. Rz. 15), so dass eine Anwendung der Vorschrift des § 878 BGB nicht in Betracht kommt.
45
Ein gutgläubiger Rechtserwerb hingegen ist bezüglich der beweglichen Gegenstände ebenso möglich wie auch hinsichtlich des Grundstücks bzw. der Rechte daran (§§ 20 Abs. 2; 21 Abs. 1; §§ 136; 135 Abs. 2; 932 ff., 1032 ff., 1207 f., 1244 BGB; 366 HGB.63 Es gelten insoweit grundsätzlich die Ausführungen zu Rz. 28 ff.
46
Sofern die Verfügung dem jeweiligen betreibenden Gläubiger gegenüber relativ unwirksam ist – nach Wirksamkeit der jeweiligen Beschlagnahme und zusätzlich auch die Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft überschreitend (s. Rz. 41) -, wird der Rechtserwerb dennoch wirksam, wenn der Dritte gutgläubig ist. Dies ist gegeben, wenn er weder die (bereits wirksam gewordene) Beschlagnahme des jeweiligen betreibenden Gläubigers, noch dessen Versteigerungsantrag kannte (Abs. 2 S. 1 gilt auch insoweit) und auch der Zwangsversteigerungsvermerk beim Rechtserwerb noch nicht eingetragen war. Der bereits eingetragene Vermerk, dessen Wirkung sich grundsätzlich nur auf den Rechtserwerb eintragungsfähiger Rechte bezieht (vgl. § 892 BGB), steht gem. Abs. 2 S. 2 insoweit der Kenntnis der Beschlagnahme gleich und verhindert somit den (späteren) Rechtserwerb bezüglich der mithaftenden beweglichen Gegenstände. Beruht die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit, ist ein gutgläubiger Erwerb an beweglichen Gegenständen ausgeschlossen (§ 932 Abs. 2 BGB).
47
Der gute Glauben des Dritten kann sich nur auf die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis beziehen, nicht auf die Frage, ob der Gegenstand überhaupt von der Beschlagnahme erfasst wird. So kommt z.B. ein gutgläubiger Erwerb nicht in Betracht, wenn der Dritte die Beschlag61 Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 25; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 22; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 16. 62 Helwich, JurBüro 2009, 573; Böttcher, § 55 ZVG Rz. 5, 7 ff.; Dassler u.a./Hintzen, § 55 ZVG Rz. 14, 17; Löhnig/Fischinger, § 55 ZVG Rz. 14, 17 ff.; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 19. 63 Böttcher, § 23 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 8; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 21; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 40; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 24.
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§ 24
Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch den Schuldner
nahme kennt, die Sache jedoch unzutreffend nicht als – ebenfalls beschlagnahmtes – Zubehör (vgl. § 20 Abs. 2) des Grundstücks betrachtet.64 3. Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen Auch bezüglich der beweglichen Gegenstände betreffen die Regelungen über den gutgläubigen Erwerb (§§ 932 ff. BGB; s. Rz. 28) lediglich den rechtsgeschäftlichen Erwerb und sind für beschlagnahmewidrige Verfügungen im Rahmen der Zwangsvollstreckung ebenfalls nicht anwendbar (s. auch Rz. 38).65
48
VI. Verfügungen über Forderungen Soweit die Beschlagnahme auch Forderungen des Eigentümers erfasst (s. §§ 20 Abs. 2; 21; 22 und die diesbezüglichen Erläuterungen), unterliegen diese ebenfalls dem Verfügungsverbot des Abs. 1 S. 1. Als beschlagnahmewidrige Verfügungen kommen insoweit Erlass, Abtretung oder Verpfändung (§§ 387; 398, 1279 ff. BGB) in Betracht. Ein gutgläubiger Erwerb einer Forderung ist zwar nicht möglich.66 Allerdings ist der Drittschuldner geschützt und kann somit schuldbefreiend an den Eigentümer zahlen, solange ihm die Beschlagnahme nicht bekannt ist und auch das notwendige Zahlungsverbot noch nicht zugestellt worden ist (§ 22 Abs. 2 S. 2; s. § 22 Rz. 23 f.).67 Miet- und Pachtforderungen aus bestehenden Verträgen sind von der Beschlagnahme in einem Zwangsversteigerungsverfahren ohnehin nicht erfasst (§ 21 Abs. 2), so dass der Eigentümer hierüber uneingeschränkt auch dem betreibenden Gläubiger gegenüber verfügen kann. Zur Frage der Berechtigung zum Abschluss neuer derartiger Verträge nach wirksamer Beschlagnahme vgl. die Erläuterungen zu § 24.68
§ 24 [Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch den Schuldner] Die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks verbleibt dem Schuldner nur innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft.
I. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum Schuldner . . . . . . . . .
Rz. 1 2 3
1. 2. 3. 4.
Benutzungsrecht . Verstoß . . . . . . Mietverträge . . . Zubehör . . . . . .
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Rz. 3 4 5 6
64 BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 162/07, ZfIR 2008, 863; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 8; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 21; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 40; Stöber/Becker, § 23 ZVG Rz. 29. 65 BGH v. 2.7.1992 – IX ZR 274/91, BGHZ 119, 75 = Rpfleger 1993, 75; Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 9. 66 OLG Frankfurt/M. v. 9.2.2011 – 2 U 230/10 juris. 67 Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 28; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 24; Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 41 f. 68 Dassler u.a./Hintzen, § 23 ZVG Rz. 28; Löhnig/Fischinger, § 23 ZVG Rz. 24.
Goldbach/Klos und Schmidberger
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§ 24 Rz. 1 Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch den Schuldner Literatur: Eberhard, Beiträge zur Lehre von den Wirkungen der Grundstücksbeschlagnahme, ZBlFG X, 677; Ertle, Heilbronner Fortbildung und Erfahrungsaustausch (IGZInfo 2014, 71); Hally, Die Rechtsstellung des Erstehers bei Vermietung und Verpachtung des Versteigerungsgrundstücks, Diss. 1904; Kirsch, Wiederbepflanzungsrecht in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1998, 192; Kretzschmar, Die Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren, SeuffBl. 1911, 49, 1911, 95; Lunow, Die Wirkungen der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung nach Reichsrecht, Diss. 1912; Mothes, Die Beschlagnahme nach Wesen, Arten und Wirkungen, Diss. 1903; Peiser, Die rechtliche Eigenart der Beschlagnahme bei der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken, Diss. 1911; Scheufler, Die gegenständlichen Grenzen der Liegenschaftsbeschlagnahme, Diss. 1912; Schmidberger, Der Besitz und die Immobiliarvollstreckung, Rpfleger 2008, 105.
I. Zweck 1
Durch die Beschlagnahme wird der Schuldner in seiner Verwaltungsbefugnis nicht beeinträchtigt. Er hat aber das Grundstück ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Über Landesrecht kann er sogar trotz laufender Zwangssteigerung angehalten werden, einer Verwahrlosung entgegenzuwirken.1 Dies gilt uneingeschränkt auch für den Insolvenzverwalter.2 Die Früchte (Sachfrüchte und Mietzinsen, Stromeinspeisungen) stehen dem Gläubiger nicht zur Verfügung.3 Grund mag gewesen sein, dass ansonsten für jedes Versteigerungsverfahren ein Verwalter zu bestellen gewesen wäre. Nur in der Zwangsverwaltung sind die Erträgnisse beschlagnahmt.4 Bei Gefährdung gilt § 25. Der Schuldner wird so behandelt, als wäre er ein Nießbraucher, der den Beschränkungen der §§ 1036 BGB unterliegt.5
II. Anwendungsbereich 2
Bei der Teilungsversteigerung macht die Vorschrift keinen Sinn.6 Die Eigentümer sind gehalten, das Grundstück gemeinsam zu verwalten. Streitigkeiten sind vor dem Prozessgericht zu klären. Bei der Zwangsverwaltung und Verwaltung gegen den Insolvenzverwalter (§ 172) oder in den Nachlass (§ 175) liegt die Verwaltungsbefugnis beim Zwangsverwalter (§ 148 Abs. 2).7
III. Verhältnis zum Schuldner 1. Benutzungsrecht 3
Trotz der angeordneten Zwangsversteigerung verbleibt der Schuldner im Besitz des Grundstücks samt dessen Zubehör. Erst der Zuschlag setzt dem Besitzrecht ein Ende. § 24 ordnet aber nicht an, dass der Schuldner zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung aktiv verpflichtet wäre.8 Der Gesetzestext besagt nur, dass der Schuldner weiterhin nutzen darf. Er unterliegt daher keiner Aufsicht durch den Gläubiger und hat ihm gegenüber keine Rechenschaftspflichten.9 Ein Überschuss aus der Bewirtschaftung verbleibt dem Schuldner.10 Aufwendungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
S. insoweit: OVG NRW v. 22.12.2017 – 14 B 1188/17, juris. RG v. 7.7.1915 – V 111/15, JW 1915, 1033. Storz/Kiderlen, A.TH.3.2.2 betonen diesen Umstand besonders. Denkschrift S. 41. Jaeckel, ZVG 24 Anm. 1. Böttcher, § 24 ZVG Rz. 1 (ohne Bedeutung); Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 24 ZVG Rz. 2. Depré/Cranshaw, § 24 ZVG Rz. 3 (weitgehend gegenstandslos). LG Schweinfurt v. 25.7.1966 – 2 T 66/66, WM 1966, 127; Depré/Cranshaw, § 24 ZVG Rz. 2. Depré/Cranshaw, § 24 ZVG Rz. 9. Dassler u.a./Hintzen, § 24 ZVG Rz. 8.
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Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch den Schuldner
Rz. 5 § 24
kann er vom Gläubiger nicht verlangen.11 Bei angeordneter Zwangsverwaltung wird dem Schuldner die Bewirtschaftung, auch sollte diese ordnungsgemäß sein, entzogen.12 2. Verstoß Wird die Hypothek gefährdet, stehen dem Gläubiger die §§ 1134, 1135 BGB zur Verfügung. 4 Diese Vorschriften haben in heutiger Zeit an Bedeutung verloren. Der Gläubiger kann die Sequestration (§ 25) oder gleich die Zwangsverwaltung beantragen. Hypothekenbeteiligte ohne Titel können auf den Schuldner nur über die vorgenannten §§ 1134, 1135 BGB einwirken. Überschreitet der Schuldner das Maß einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung, kommt Strafrecht zum Zug: §§ 823 Abs. 2 BGB, 136 StGB13, auch ist Schadensersatz möglich.14 3. Mietverträge Mit der Vorschrift des § 24 ist der Schuldner nicht gehindert, Mietverträge abzuschließen. Sind die Mietverträge jedoch augenfällig nicht im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung abgeschlossen15 (z.B. weil Mieten weit unter der ortsüblichen Höhe liegen, weil die Vermietung an einen Dritten erfolgt und dieser wiederum an den Schuldner vermietet16, oder weil dem Dritten de facto eine unbefristete eigentümerähnliche Rechtsposition eingeräumt wird17, grob unwirtschaftlich sind18), ist der Ersteher entgegen § 57 ZVG an diese nicht gebunden.19 § 24 umfasst nach der Lehre20 und dem Gesetzeszweck21 auch unzweifelhaft Mietverträge, die in fraudem creditorium abgeschlossen wurden22. Der Mieter kann mit dem Argument, er hätte keine Kenntnis von der Beschlagnahme gehabt, nicht gehört werden, da es im BGB keinen gutgläubigen Rechtserwerb gibt, auch nicht für eine Mietberechtigung.23 Dem Ersteher kann auch auf Antrag eine Klausel gegen den besitzenden Scheinmieter erteilt wer-
11 Löhnig/Fischinger, § 24 ZVG Rz. 6. 12 AG Ellwangen v. 30.12.1991 – C 236/91 WuM 1992, 237, Rz. 11. 13 RG v. 19.9.1929 – RevReg. I 682/29, BayRpflZ. 1930, 131; AG Dillenburg v. 22.12.1993 – 3 Js 7344.0/91, Rpfleger 1995, 79, m. Anm. Eickhoff; Böttcher, § 24 ZVG Rz. 1; Depré/Cranshaw, § 24 ZVG Rz. 7; Storz/Kiderlen, B.5.3.1(6). 14 RG v. 7.5.1910 – V. 354/09, RGZ 73, 333; v. 17.6.1908 – V. 629/07, RGZ 69, 85, 91; Fraeb, § 24 Anm. VI; Steiner/Teufel, § 24 ZVG Rz. 16. 15 AG Bremen v. 20.10.1999 – 25 C 190/99, NZM 2000, 1062, Miete 60 % weniger als ortsüblich ist sittenwidrig; Ertle, Rpfleger 2003, 14; weitere Beispiele: Schmidberger, IGZInfo 2007, 119. 16 LG Berlin v. 11.5.2001 – 29 O 460/99, GE 2002, 468, Rückvermietung ist als Scheingeschäft nichtig. 17 LG Frankfurt/O. v. 25.5.2012 – 15 S 150/10, ZfIR 2013, 882 (LS), Verf.beschw. abgelehnt: VerfG Brandenburg v. 19.6.2013 – VfGBbg 46/12, juris. 18 LG Berlin v. 19.7.2013 – 65 S 515/12, GE 2013, 1344 (Hinweisbeschl.) i.V.m. Beschl. v. 28.8.2013 n.v. (Zurückweisung der Berufung). 19 OLG Frankfurt/M. v. 9.2.2011 – 2 U 230/10, zit. nach juris, Nichtzulassungsbeschwerde verworfen XII ZR 24/11 – 29.2.2012 zit. nach juris; LG Kiel v. 26.2.1998 – 1 S 169/97, WuM 1999, 570 (verkürzt); LG Kassel v. 6.7.1989 – 1 S 283/89, WuM 1990, 138 bestätigt durch BVerfG v. 5.12.1989 – 1 BvR 1188/89, WuM 1990, 139; AG Siegburg v. 24.11.2010 – 115 C 112/05, zit. nach juris; Eberhard, ZBlFG X, 677, 688; im Ergebnis auch Depré/Cranshaw, ZVG § 24 Rz. 14; schon Hally (Lit.Verz.) S. 51. 20 Eberhard, ZBlFG X, 677, 686-687. 21 Mot. S. 139. 22 LG Wiesbaden v. 14.6.2013 – 3 S 129/12, n.v. (nichtig gem. § 134 BGB i.V.m. § 283c STGB). 23 LG Berlin v. 19.7.2013 – 65 S 515/12, GE 2013, 1343 (Hinweisbeschl.) i.V.m. Beschl. v. 28.8.13 n.v. (Zurückweisung der Berufung).
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§ 24 Rz. 5 Verwaltung und Benutzung des Grundstücks durch den Schuldner den.24 In einem Hinweisbeschluss kann das Gericht bereits im Versteigerungstermin hierauf hinweisen, wenn Schwindelmietverträge bekannt sein sollten. Dem Scheinmieter verbleibt die Gegenwehr über § 771 ZPO.25 4. Zubehör 6
Die Vorschrift bezieht sich auch auf das mit verhaftete Zubehör. Eine Betriebsaufgabe gehört nicht zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung; das Zubehör unterliegt weiter der Haftung.26 Das Milchkontingent27 ist personenbezogen und daher nicht beschlagnahmt, gleiches gilt auch für andere, Personen bezogenen Konzessionen.28
§ 25 [Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung] Ist zu besorgen, daß durch das Verhalten des Schuldners die ordnungsmäßige Wirtschaft gefährdet wird, so hat das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers die zur Abwendung der Gefährdung erforderlichen Maßregeln anzuordnen. Das Gericht kann die Maßregeln aufheben, wenn der zu deren Fortsetzung erforderliche Geldbetrag nicht vorgeschossen wird.
A. B. I. II. 1. 2. 3. III. 1. 2. 3. 4. IV.
Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Vorschrift . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Verhandlung . . . . . Vorschusspflicht . . . . . . . . . . Maßnahmen . . . . . . . . . . . . Ermahnung des Schuldners . . . Zwangsgeld bzw. Zwangshaft . . Einsetzung eines Sequesters . . . Nicht angeordnet werden kann Umsetzen der Maßnahmen . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
Rz. . 1 . 2 . 2 . 3 . 3 . 4 . 5 . 6 . 7 . 8 . 9 . 12 . 13
V. Konkurrenz zu anderen Verfahren . 1. Einstweilige Verfügung, § 938 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . 2. Ersteher, § 94 ZVG . . . . . . . . . . 3. Insolvenzverwalterversteigerung . . 4. Nießbraucher, § 1052 BGB . . . . . 5. Aufhebungsversteigerung . . . . . . 6. Unveräußerliche Rechte, § 857 Abs. 4 ZPO . . . . . . . . . . . 7. Versteigerung nach § 19 WEG . . . 8. Vertreter nach § 787 ZPO . . . . . . 9. Zwangsverwaltung . . . . . . . . . .
Rz. . . . 14 . . . . .
. . . . .
. . . . .
14 15 16 17 18
. . . .
. . . .
. . . .
19 20 21 22
24 OLG Frankfurt/M. v. 31.7.1987 – 20 W 251/87, Rpfleger 1989, 209; OLG Düsseldorf v. 11.12.2007 – I-10 W 160/07, juris; LG Münster v. 10.5.2010 – 5 T 257/10 zit. nach juris, Klausel bei Leihe; LG Köln v. 9.10.1995 – 12 T 214/95, Rpfleger 1996, 121; LG Freiburg v. 26.6.1989 – 4 T 90/88, Rpfleger 1990, 266; Klawikowski, Rpfleger 1997, 418, 420; a.A. OLG Düsseldorf v. 22.1.1996 – 9 U 115/95, NJW-RR 1996, 720; OLG Hamburg v. 24.5.1995 – 4 U 60/95, WuM 1996, 41; OLG Hamm v. 6.12.1988 – 15 W 545/88, Rpfleger 1989, 165; Eberhard, ZBlFG X, 677, 688. 25 LG Wuppertal v. 14.9.1992 – 6 T 693/92 Rpfleger 1993, 81 m. Anm. Meyer-Stolte. 26 BGH v. 30.11.1995 – IX ZR 181/94, Rpfleger 1996, 256 = MDR 1996, 739; Dassler u.a./Hintzen, § 24 ZVG Rz. 4. 27 BGH v. 26.4.1991 – V ZR 53/90, Rpfleger 1991, 429; Dassler u.a./Hintzen, § 24 ZVG Rz. 5; nunmehr obsolet, da zum 1.4.2015 abgeschafft. 28 Zipperer, ZfIR 2011, 385, 389 (Konzessionen für Betreiben einer Gaststätte, Errichtung eines gentechnischen Betriebes, Start- und Landelizenzen, Apotheke (Bamberg v. 17.5.1913 – J 125/13, BayRpflZ. 1914, 309.
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Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung
VI. 1. 2. 3. 4. VII. VIII. 1.
Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichts/Anwaltsgebühren . . . . . . . . Auslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festsetzung der Kosten . . . . . . . . . . . Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebung der Maßnahmen . . . . . . . Rücknahme des Versteigerungsantrags/ Einstellungsbewilligung . . . . . . . . . . 2. Antragsrücknahme . . . . . . . . . . . . .
Rz. 23 23 24 25 26 27 28 28 30
3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. IX.
Rz. 1 § 25
Teilrücknahme in Zubehör . . . . . . Nichtleistung des Vorschusses . . . . Anordnung der Zwangsverwaltung . Eröffnung des Insolvenzverfahrens . Schuldner bewirtschaftet wieder ordnungsgemäß . . . . . . . . . . . . . Schuldner leistet Sicherheit . . . . . . Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuschlag mit Verwaltung nach § 94 . Änderungsvorschläge . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
Rz. 31 32 33 34
. . . . .
. . . . .
35 36 37 38 39
Literatur: Boywidt, Zwangsverwaltung oder Sequestration, Diss. 1912; Dehnik, Die rechtliche Behandlung herrenloser Grundstücke, Diss. 1937; Drasdo, Die Wohnraumüberlassung an den Zwangsverwaltungsschuldner, ZfIR 2013, 839-856; Drasdo, Die Verwaltung im Rahmen des § 25 ZVG, ZfIR 2015, 423; Ertle/Schmidberger, § 25 ZVG – Die „kleine Schwester der Zwangsverwaltung“, IGZInfo 2013, 85-90; Drebes, Die Schutzmittel des Hypothekars im Falle des § 1134 BGB, Diss. 1911; Ertle, Die Sequestration nach § 25 ZVG, ZfIR 2016, 385-392; Fränkel, Die Sequestration von Grundstücken bei bestehender Zwangsverwaltung! DJZ 1917, 895; Grabner, Die Zwangsverwaltung auf Antrag eines Hypothekengläubigers nach dem BGB und der ZPO, GruchB (1909) 53, 668; Grundherr, Der Schutz des Hypothekengläubigers gegen Verschlechterung seiner Sicherheit § 1133 ff. BGB, Diss. 1935; Pusch, Zwangsverwaltung und Sequestration, GruchB (1901) 45, 314; Roetger, Die im Wege einstweiliger Verfügung angeordnete Zwangsverwaltung. Diss. 1912; Scheven, Der Einfluss der Real- und Beschlagnahme-Gläubiger auf die Versicherung eines Grundstücks gegen Feuergefahr, DJZ 1902, 390; Schmidberger, Der Besitz und die Immobiliarvollstreckung, Rpfleger, 2008, 105; Teuffel, Schutzmittel des Gläubigers, wenn eine Gefährdung der hypothekarischen Sicherheit zu besorgen ist (nach Reichsrecht), Diss. 1910.
A. Zweck § 25 kann auch als die kleine Schwester der Zwangsverwaltung bezeichnet werden.1 Die Zwangsversteigerung greift in das Besitzrecht des Schuldners nicht ein. Die §§ 1133 – 1135 BGB (sog. Schutzpfand- oder Devastationsklage) geben dem Hypothekengläubiger ein Recht, auf den Schuldner bzw. in das Grundstück einzuwirken.2 Diese Möglichkeit soll dem Gläubiger, auch dem persönlichen3, der in das Grundstück vollstreckt ohne weiteres zustehen.4 § 25 wird heute völlig vernachlässigt;5 die Vorschrift bietet jedoch erhebliches Potential.6 Insbesondere ist der Sequester nicht Partei kraft Amtes, der für die Nachlässigkeiten des Schuldners aus den §§ 836-838 BGB haftet.7
1 Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 24 („Schwacher Verwalter“ anlehnend an die Insolvenz). 2 Allgemein in. Mot. BGB III S. 668-670; eine Sicherungsverwaltung ist auch aufgrund einer einst. Verfügung möglich: RG v. 5.1.1918 – Rep. V. 217/17, RGZ 92, 18; LG Dresden v. 12.9.1900, ZZP 1903, 249. 3 Korintenberg/Wenz, § 25 ZVG Anm. 1. 4 Mot. S. 139, 140. 5 Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 27 (Schattendasein). 6 So schon Nußbaum, S. 213. 7 A.A. AG Schwäbisch Hall v. 21.12.2009 – K 76/09, n.v.
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§ 25 Rz. 2 Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung
B. Inhalt der Vorschrift I. Anwendungsbereich 2
Der Gesetzeswortlaut spricht allgemein von einer Gefährdung der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung. Dringlichkeit ist nicht erforderlich.8 Es genügt eine objektive Gefährdung. In heutiger Zeit sind Zwangsverwaltungen in landwirtschaftliche Grundstücke zu vernachlässigen, weshalb das Unterlassen der Aussaat,9 Nichternten und dergleichen,10 zwar Gründe für die Anordnung von Maßnahmen nach § 25 darstellen, aber nicht mehr praxisrelevant sind. Häufiger Fall ist die Wintersicherung leerstehender Gebäude. Weitere Gründe können sein: Unterlassen der Aufrechterhaltung der Sachversicherungen11 (Feuer-/Sturm-/Elementar-/Leitungswasser-) oder Haftpflichtversicherung (Gewässerschadenshaftpflichtversicherung, die dem Gläubiger den Sachwert des Grundstücks sichert), nicht jedoch die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung (die nur das persönliche Risiko des Schuldners abdeckt), Beiseiteschaffung von beschlagnahmtem Zubehör,12 Nichtüberwachen Dritter, wie Mieter, Pächter13 oder Nießbraucher, Sicherung von Ansprüchen nach § 1128 BGB, Nichtausführung notwendiger Reparaturen (z.B. zerbrochene Fensterscheiben ersetzen, Öltanks überprüfen und sichern,14 Reparaturen nach einem Brand15) oder das Grundstück bzw. das Gebäude vor unbefugtem Zutritt zu schützen. Vornehmlich kommt § 25 dann zum Zuge, wenn der Schuldner ausfällt z.B. durch Inhaftierung, Auslandsaufenthalt,16 unbekannten Aufenthalts17, verstorben18 ist und keine Erben bekannt sind oder wenn „er sich dem Trunke ergeben hat“.19 Keine Gründe sind: entgegen der h.M. Nichtvermieten,20 da die Mietforderungen in der Zwangsversteigerung nicht beschlagnahmt21 sind,22 Zugangsmöglichkeiten für Bietinteressenten zu schaffen, Nichtzahlen des Hausgeldes bei Wohnungseigentum, Herstellen der Verkehrssicherheit.23 Die Sequestration belässt die Verantwortlichkeit beim Schuldner. Mietpfändungen stellen keine Verschlechterung des Grundstücks dar.24 Das Vermieten leerstehender Wohnräume ist ebenfalls kein Grund.25
8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Jaeckel, ZVG § Anm. 2. Dassler u.a./Hintzen, § 25 ZVG Rz. 4; Steiner/Teufel, § 25 ZVG Rz. 7. Steiner/Eickmann, § 25 ZVG Rz. 1 (Abholzen). RG v. 28.7.1896 – V. 206/96, RGZ 37, 356; v. 15.10.1902 – V. 170/02, RGZ 52, 295 = JW 1902, Beil. 277; Scheven, DJZ 1902, 390. LG Schweinfurt v. 25.7.1966 – 2 T 66/66, WM 1966, 127, auch bei aufgegebenem Betrieb; Stöber Hdb. Rz. 143. Steiner/Teufel, § 25 ZVG Rz. 7. Ha/Hi, § 9 ZwVwV Rz. 31 (Öltanks können Zeitbomben darstellen). Stör, SeuffBl. 68, 329. LG Schweinfurt v. 25.7.1966 – 2 T 66/66, WM 1966, 1275. Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 2. Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 2. So wörtlich aus Wolff, § 25 ZVG Anm. 2. Drasdo, ZfIR 2015, 423, 424, Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 7 unter Aufgabe der Meinung Stöber, 21. Aufl., § 25 ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, § 25 ZVG Rz. 11; a.A. Böttcher, § 25 ZVG Rz. 2, Löhnig/Fischinger, § 25 ZVG Rz. 4; indifferent Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 1. Steiner/Hagemann, § 25 ZVG Rz. 11. Hierfür wäre die Anordnung einer Zwangsverwaltung nach § 938 Abs. 2 ZPO angezeigt: RG v. 9.7.1902 – Rep. V. 202/02, RGZ 52, 138, 132; OLG Braunschweig v. 17.2.1911, OLG 23, 235; AG Buchen v. 3.4.2013 – 1 C 127/13, ZfIR 2013, 704 (LS). A.A. AG Schwäbisch Hall v. 21.12.2009 – K 76/09, n.v. OLG Breslau v. 14.1.1909, OLG 18, 171. A.A. Fischer, § 25 ZVG Anm. 3.
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Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung
Rz. 8 § 25
II. Verfahren 1. Antrag Es ist immer der Antrag des betreibenden Gläubigers26 erforderlich.27 Dieser hat die notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.28 Grundsätzlich entscheidet das Gericht ohne Anhörung des Schuldners.29 Der Antrag ist in jedem Verfahrensstadium bis zur Erteilung des Zuschlages möglich.30 Der Beschluss ist zu begründen.
3
2. Mündliche Verhandlung Das Vollstreckungsgericht kann eine mündliche Verhandlung zur Entscheidung über den Antrag durchführen.31 Die Anberaumung steht im pflichtgemäßen Ermessen.
4
3. Vorschusspflicht Die Verwaltung nach § 25 wird dauerhaft ohne Einnahmen verbleiben.32 Daher ist bereits mit Erlass des Beschlusses dem Gläubiger eine Vorschusspflicht aufzuerlegen, § 25 Satz 2.33
5
III. Maßnahmen Das Gericht hat das Erforderliche anzuordnen.34 Vorgaben des Gläubigers können als Anre- 6 gung dienen, sind aber nicht verbindlich. An Maßnahmen sind denkbar: 1. Ermahnung des Schuldners Sie wird vom BVerfG35 im Zusammenhang mit § 149 als Vorstufe für weitere Maßnahmen verlangt.
7
2. Zwangsgeld bzw. Zwangshaft Der Schuldner kann mit einem Zwangsgeld belegt werden. Da die Verbindlichkeiten schon nicht bezahlt werden und nicht selten ein Insolvenzverfahren parallel anhängig sein wird, ist die Vollstreckung des Zwangsgeldes nahezu aussichtlos. Sollte das Zwangsgeld in Haft umgewandelt werden, ist der Richter zur Entscheidung berufen.36 Würde die Haft vollstreckt, wä-
26 Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 10; frühere Regelungen (Anordnung von Amts wegen, § 83 Abs. sächs. SubHO) wurden nicht übernommen. 27 Nußbaum, S. 51. 28 Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 11; großzügiger: Dassler u.a./Hintzen, nur auf Verlangen des Vollstreckungsgerichts, § 25 ZVG Rz. 5 sowie Steiner/Teufel, § 25 ZVG Rz. 17. 29 A.A. Steiner/Teufel, § 25 ZVG Rz. 20; Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 12: steht im Ermessen des Gerichts. 30 A.A. Dassler u.a./Hintzen, § 25 ZVG Rz. 5 (bis zur Rechtskraft des Zuschlags); zur gleichen Ansicht tendierend: Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 4. 31 Jaeckel, § 25 ZVG Anm. 5 (in Ausnahmefällen). 32 Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 29; a.A. Depré/Mayer, Rz. 1032. 33 AG Bergen auf Rügen v. 25.10.2008 – 14 K 26/08 n.v. 34 Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 9 (weites Ermessen). 35 BVerfG v. 7.1.2009 – 1 BvR 312/08, Rpfleger 2009, 329 = ZfIR 2009, 426 (m. Anm. Bergsdorf). 36 § 4 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 RPflG.
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§ 25 Rz. 8 Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung re dies wegen der Abwesenheit des Schuldners ein erneuter Grund eine Sequestration nach § 25 anzuordnen – ein typischer Zirkelschluss.37 3. Einsetzung eines Sequesters 9
Dies ist in allen Fällen sinnvoll. Der Gläubiger kann eine Person als Sequester vorschlagen. An diesen Vorschlag ist das Vollstreckungsgericht aber nicht gebunden. Es gibt keinen „Institutssequester“ analog zu § 150a. Das Vollstreckungsgericht hat dem Sequester die zu treffenden Maßnahmen vorzugeben. Hierbei sind z.B. denkbar: – Abschluss bzw. Aufrechterhaltung der notwendigen Versicherungen – bei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken: Einbringen der Ernte, Aussaat. – Sicherung leerstehender Gebäude vor unbefugtem Zutritt – Sicherung von Zubehör – Vereinnahmung und Verwahrung der Entschädigung aus einer Sachversicherung, § 1128 BGB, 20 Abs. 2, sofern kein Antrag nach § 65 ZVG vorliegt – Veranlassung notwendiger Reparaturen – Wintersicherung des Objekts – Zugang für den Sachverständigen bei leerstehenden Gebäuden.38
10
Zum Abschluss von Versicherungen: Allein das Bezahlen der Versicherungsprämie bei leerstehenden Gebäuden gewährleistet in der Regel noch nicht den Versicherungsschutz. Die Sachversicherer verlangen im Rahmen der Obliegenheitsverpflichtung erhebliche Mitarbeit des Versicherungsnehmers, wie etwa regelmäßiges Begehen des Gebäudes und Entfernen brennbaren Materials. Aus einem Schreiben eines Versicherers: „Leerstand. Folgende Sicherheitsvorschriften sind bei leerstehenden Gebäuden bzw. leerstehenden Gebäudeteilen zu beachten: Es ist vereinbart, dass sämtliche Gebäudeöffnungen gegen unerwünschten Zutritt Dritter wirksam geschützt und verschlossen werden. Ferner sind allgemein zugängliche Gebäudeteile von Hausrat, Unrat, Sperrmüll und dergleichen zu beräumen. Bei der Lagerung von brennbaren Materialien an der Außenseite des Gebäudes muss ein Mindestabstand von 5 m zum Gebäude eingehalten werden. Dies ist regelmäßig, mindestens zweimal die Woche, zu prüfen und zu protokollieren. Die Protokolle müssen bei Bedarf dem Versicherer vorgelegt werden. In nicht benutzten Gebäude oder Gebäudeteile sind alle Wasser führenden Anlagen und Einrichtungen genügend häufig zu kontrollieren oder abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Diese Vereinbarungen fallen unter die Sicherheitsvorschriften des § 15 der Verbundenen Versicherungsbedingungen für die FirmenSachversicherung (VFS) Teil C. Auf die Rechtsfolgen des § 15, Ziffer 3 und 4, VFS Teil C wird hingewiesen.
11
Zur Haftung des Sequesters: Den Sequester trifft keine Haftung wegen nicht Einhaltung der Verkehrssicherheit des Grundstücks.39 Dem Schuldner wird mit § 25 gerade nicht die Verwaltung entzogen. Er verbleibt im Genuss der Mietzahlungen. Dem Gläubiger soll ein rascher Zugriff auf die Erhaltung der Gebäudesubstanz an die Hand gegeben werden, s. einleitend zum Zweck der Maßnahme. Der Gesetzgeber hat bewusst nicht die Formulierung des § 152 Abs. 1 Halbs. 1 gewählt.
37 Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 13. 38 AG Calw v. 3.5.2012 – 1 K 1/12, n.v.; gestützt auf Stöber/Becker, 22. Aufl., § 74a ZVG Rz. 60, bei gleichzeitiger Zwangsverwaltung. 39 Dassler u.a./Hintzen, § 25 ZVG Rz. 8; a.A. Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 15.
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Rz. 15 § 25
4. Nicht angeordnet werden kann – – – – – –
Abschluss von Mietverträgen40 Durchführung von Besichtigungen für Bietinteressenten41 Entzug des Wohnrechts des Schuldners Teilnahme des Sequesters an Eigentümerversammlungen Bezahlung des Hausgeldes, auch nicht vorschussweise Mietinkasso42
12
IV. Umsetzen der Maßnahmen Die Maßnahmen sind sofort und ohne Klausel43 vollstreckbar. Regelmäßig wird der Zugang zum Gebäude erforderlich. Die Besitzeinweisung erfolgt über §§ 25, 150 Abs. 2 mittels Ermächtigung an den Sequester.44 Auch ein Sequester darf und muss den Gerichtsvollzieher bei Widerstand des Schuldners beiziehen,45 § 892 ZPO. Sinnvoll ist, das Vollstreckungsgericht weist den örtlich und sachlich zuständigen Gerichtsvollzieher direkt an, dem Sequester den Besitz zu übergeben.46 Eine Information an die Beteiligten nach § 9 erfolgt nicht. § 146 Abs. 2 findet keine Anwendung. Der Sequester unterliegt nach Maßgabe des § 153 der Aufsicht des Vollstreckungsgerichts.47 Er ist dem Schuldner und dem Gläubiger gegenüber rechenschaftspflichtig.
13
V. Konkurrenz zu anderen Verfahren 1. Einstweilige Verfügung, § 938 Abs. 2 ZPO Die Einsetzung eines Sequesters durch das Prozessgericht ist dem Grunde nach die vorweggenommene Sicherungsverwaltung nach § 25. Besteht bereits eine Verwaltung nach § 938 Abs. 2 ZPO, ist wiederum für § 25 kein Raum, es sei denn, der bereits eingesetzte Verwalter wäre ungeeignet oder befangen.
14
2. Ersteher, § 94 ZVG Die Maßnahme hat mit der Sequestration nach § 25 nichts gemein.48 Mit dem Zuschlag sind die Maßnahmen nach § 25 beendet49 bzw. ruhen.50
40 Dassler u.a./Hintzen, § 25 ZVG Rz. 8; a.A. Depré/Mayer, Rz. 1032. 41 AG Calw v. 3.5.2012 – 1 K 1/12, n.v.; Brüggemann/Haut, Rz. 1156. 42 Van der Pfordten, § 24, 25 ZVG II.3 (nur soweit die Beschlagnahme reicht); Steiner/Hagemann, § 25 ZVG Rz. 11; a.A. Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 15. 43 Böttcher, § 25 ZVG Rz. 7; Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 18. 44 AG Heilbronn v. 10.12.2018 – 3 K 38/18, n.v. 45 Depré/Mayer, Rz. 1031; Jaeckel, § 25 ZVG Anm. 5. 46 AG Heilbronn v. 10.12.2018 – 3 K 38/18, n.v. 47 Depré/Mayer, Rz. 1028. 48 Mohrbutter, Muster 48.2. 49 Steiner/Teufel, § 25 ZVG Rz. 16. 50 Löhnig/Fischinger, § 25 ZVG Rz. 13.
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§ 25 Rz. 16 Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung 3. Insolvenzverwalterversteigerung 16
Maßnahmen nach § 25 sind nicht zulässig, da der Insolvenzverwalter alle Handlungen vorzunehmen hat, um das Grundstück vor Verschlechterung zu schützen. Wird das Verfahren von einem absonderungsberechtigten Gläubiger betrieben (keine Versteigerung nach § 172), findet § 25 solange keine Anwendung, als das Grundstück nicht freigegeben ist. 4. Nießbraucher, § 1052 BGB
17
Steht ein Nießbraucher unter gerichtlicher Verwaltung, kommt § 25 nur dann zum Zuge, wenn der Gläubiger nachweist, dass der eingesetzte Verwalter zur Überwachung des Nießbrauchers seinen Aufgaben nicht nachkommt. Ein Sequester hat dann den Nießbraucher zu überwachen. 5. Aufhebungsversteigerung
18
Für die Teilungsversteigerung sind Maßnahmen nach § 25 ZVG abzulehnen51. Der Gläubiger ist durch den antragsstellenden Miteigentümer ersetzt. Der Miteigentümer ist als Eigentümer berufen, selbst gegen seine übrigen Miteigentümer vorzugehen.52 Die Teilungsversteigerung ist keine Vollstreckungsmaßnahme.53 6. Unveräußerliche Rechte, § 857 Abs. 4 ZPO
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Wird z.B. in einen Nießbrauch vollstreckt, hat das Vollstreckungsgericht einen Sequester zu bestellen. Diesem obliegt u.a. die Aufsicht über den Nießbraucher. § 25 kommt nur dann zum Zuge, wenn der Gläubiger nachweist, dass der eingesetzte Verwalter seinen Aufgaben nicht nachkommt. 7. Versteigerung nach § 19 WEG
20
Maßnahmen nach § 25 sind zulässig. 8. Vertreter nach § 787 ZPO
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Gibt der Schuldner während des Verfahrens das Eigentum auf, hat dies auf den weiteren Verlauf keinen Einfluss.54 Die Bestellung eines Sequesters bei einem herrenlosen Grundstück, das bereits beschlagnahmt ist, ist die Bestellung eines Sequesters das probate Mittel. Im Gegensatz zum Vertreter nach § 787 ZPO55 treffen ihn nämlich nicht alle Pflichten aus dem Eigentum, vornehmlich die Verkehrssicherungspflichten.
51 Steiner/Teufel, § 25 ZVG Rz. 4; a.A. KG v. 14.2.1966 – 1 W 195/66, NJW 1966, 1273; Dassler u.a./ Hintzen, § 25 ZVG Rz. 1; Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 5; Wedekind, Rz. 74; unklar Depré/ Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 8 (Antragsteller bei § 180 hat ein Antragsrecht, § 24 gilt nicht für die Teilungsversteigerung, § 24 Rz. 3). 52 Nickel, FPR 2013, 370, 378; Stöber/Kiderlen, 22. Aufl., § 180 ZVG Rz. 334 (beide: eine Zwangsverwaltung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft ist unzulässig). 53 OLG Braunschweig v. 8.1.1909, OLG 19, 200, 201. 54 Böttcher, § 28 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 20. 55 Ausführlich Dehnik, S. 70-73.
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Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung
Rz. 26 § 25
9. Zwangsverwaltung Bei bereits bestehender Zwangsverwaltung ist eine zusätzliche Verwaltung nach § 25 nicht möglich56. Hält der Schuldner aber bei dauerhaft einnahmeloser Zwangsverwaltung das Grundstück in ordnungsgemäßem Zustand und bezahlt lediglich die Versicherungsprämien nicht, kann eine Zwangsverwaltung nach § 765a ZPO unzulässig sein und stattdessen die Anordnung einer Sequestration ausreichen.57
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VI. Kosten 1. Gerichts/Anwaltsgebühren Es entstehen weder Gerichtsgebühren, diese sind in der allgemeinen Verfahrensgebühr KV 2211 mit abgegolten, noch Anwaltsgebühren (includiert in VergV Nr. 3311).58
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2. Auslagen Die tatsächlichen Aufwendungen hat der antragstellende Gläubiger zu erstatten, ebenfalls die Vergütung eines eingesetzten Sequesters. Für die Vergütung des Sequesters kann die ZwVwV herangezogen werden.59 Der vom BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 2005 ausgeworfene Stundenansatz von 35,00 t ist nicht mehr zeitgemäß.60 Ob das die allgemeine Ansicht war, sei dahin gestellt. Die Verfahrensdauer in diesem Verfahren war sehr lang, die geltend gemachten Stunden erreichten daher eine hohe Anzahl. Über die Höhe des Stundensatzes erfolgte auf diese Weise ein Regulativ.
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3. Festsetzung der Kosten Die Vergütung des Sequesters ist auf dessen Antrag vom Vollstreckungsgericht festzusetzen. Für die tatsächlichen Kosten (Handwerkeraufträge, Versicherungsprämien u.a.) haftet der Gläubiger über Auftragsrecht. Mehrere antragstellende Gläubiger haften gesamtverbindlich.61
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4. Kostenerstattung Die Kosten sind gem. § 788 ZPO mit dem Titel im Range des Rechts62 und keine Verfahrenskosten nach § 10963 oder § 10 Abs. 1 Nr. 164 vollstreckbar. Für die Kosten haftet nicht der Staat.65 Die Kosten sind Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung.66
56 OLG Dresden v. 3.2.1917, SächArch 1917, 310 (keine Sequestration bei Zwangsverwaltung); Drasdo, ZfIR 2013, 839, 854 (es kann kein Sequester eingesetzt werden); leicht a.A. Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 5. 57 LG Nürnberg-Fürth v. 22.3.2000 – 11 T 1851/00, n.v. 58 Gerold/Schmidt/Madert, VergV 3300 RVG Rz. 46. 59 So schon OLG Hamburg v. 25.3.1916, OLG 33, 136; LG Rostock v. 22.11.2000 – 2 T 357/00, Rpfleger 2001, 193 zur ZwVwV alter Fassung. 60 BGH v. 14.4.2005 – V ZB 55/05, Rpfleger 2005, 549 = MDR 2005, 1251. 61 Depré/Mayer, Rz. 1039. 62 Hock/Christ, § 34 Rz. 5; Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 30. 63 Stöber/Nicht, 22. Aufl., § 109 ZVG Rz. 4 u. 5. 64 Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 29 u. 30; keine Kosten nach § 109. 65 OLG Düsseldorf v. 15.9.1954 – 10 W 306/54, Rpfleger 1956, 214 (LS), so entschieden zu § 938 ZPO. 66 Böttcher, § 25 ZVG Rz. 5.
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§ 25 Rz. 27 Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung
VII. Rechtsbehelfe 27
Gegen die Anordnung ohne Anhörung steht dem Schuldner die Erinnerung gem. § 766 ZPO zur Verfügung, nach Anhörung die Beschwerde gem. § 793 ZPO. Der Gläubiger, dessen Antrag abgelehnt oder nicht voll entsprochen worden war, kann ebenfalls Beschwerde nach § 793 ZPO einlegen.67 § 95 steht dem Beschwerderecht nicht entgegen,68 da die Maßnahmen nach § 25 nicht der Vorbereitung des Zuschlags dienen.
VIII. Aufhebung der Maßnahmen 1. Rücknahme des Versteigerungsantrags/Einstellungsbewilligung 28
Nimmt der Gläubiger den Versteigerungsantrag zurück (§ 29), sind die Maßnahmen aufzuheben, auch wenn noch andere Gläubiger das Verfahren betreiben, die aber keinen Antrag nach § 25 ZVG gestellt haben. Bewilligt der die Maßnahmen veranlassende Gläubiger die Einstellung, hat dies auf die getroffenen Maßnahmen keinen Einfluss.
29
Aufhebungsbeschluss. Obwohl nirgends geregelt, sind getroffene Maßnahmen förmlich aufzuheben.69 Bei einer bloßen Abmahnung ist ein solcher Beschluss aber obsolet. Ein Sequester ist förmlich zu entlassen. 2. Antragsrücknahme
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Nimmt der Gläubiger den Antrag nach § 25 zurück, sind die Maßnahmen aufzuheben. 3. Teilrücknahme in Zubehör
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Eine Teilrücknahme zur Sicherung von Zubehör (dieses stellt sich vielleicht als wertlos dar) ist zulässig. 4. Nichtleistung des Vorschusses
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Für die Kosten haftet der Gläubiger. Der Gläubiger ist mit einem Vorschuss zu belegen. Wird der Vorschuss nicht gezahlt, ist das Verfahren analog § 161 Abs. 3 ZVG aufzuheben. Der Sequester hat den Gläubiger vor der Beauftragung von größeren Maßnahmen anzuhören. 5. Anordnung der Zwangsverwaltung
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Mit der Anordnung der Zwangsverwaltung gehen die Befugnisse des Sequesters automatisch auf den Zwangsverwalter über. Der Sequester sollte daher möglichst als Zwangsverwalter eingesetzt werden. 6. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
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Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehen die Befugnisse des Sequesters automatisch auf den Insolvenzverwalter über. Die Sequestration ist aufzuheben. 67 LG Schweinfurt v. 25.7.1966 – 2 T 66/66, WM 1966, 127. 68 KG v. 14.2.1966 – 1 W 195/66, NJW 1966, 1273; überholt: OLG Koblenz v. 24.2.1956 – 5 W 50/56, MDR 1957, 172. 69 Depré/Cranshaw, § 25 ZVG Rz. 20 (ist sachgerecht); Depré/Mayer, Rz. 1041; Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 25 ZVG Rz. 13, a.A. Löhnig/Fischinger, § 25 ZVG Rz. 13 bei Wegfall der Maßnahme oder nach rechtskräftigem Zuschlag.
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Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung
Rz. 39 § 25
7. Schuldner bewirtschaftet wieder ordnungsgemäß Wenn der Schuldner nachweist, dass er sich wieder im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung bewegt, sind die getroffenen Maßnahmen aufzuheben. Vor der Aufhebung sind der Gläubiger und der Sequester anzuhören. Der Gläubiger ist bei einer Aufhebung beschwerdeberechtigt, nicht so der Sequester.
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8. Schuldner leistet Sicherheit Der Schuldner kann die Maßnahmen durch die Stellung einer Sicherheitsleistung70 abwen- 36 den – so die Theorie, aufgekommen zu Beginn des letzten Jahrhunderts, aber so auch noch Hintzen.71 Völlig ungeklärt ist jedoch, wer die Sicherheit verwahren soll und unter welchen Umständen sie verfällt. Soll die Sicherheit den Versteigerungserlös anreichern (eine Sequestration kommt in erster Linie dem Grundstück zugute und nicht direkt dem beantragenden Gläubiger), ist die Sicherheit von Drittgläubigern pfändbar und was geschieht im Insolvenzfall? Die Idee der Leistung einer Sicherheit dürfte dem Gedanken nach dem § 1052 BGB entsprungen sein, ist aber in der Zwangsversteigerung nur schwer denkbar. 9. Zuschlag Mit dem Zuschlag ist die Maßnahme nicht sofort beendet, sondern sie ruht lediglich (ähn- 37 lich wie bei der Problematik Zuschlag/Zwangsverwaltung).72 Mit der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses sollte aus Gründen der Rechtssicherheit ein Aufhebungsbeschluss erlassen werden.73 Nach Erteilung einer Klausel gem. § 93 kann der Ersteher den Schuldner aus dem Besitz verdrängen. Sollte der Zuschlag im Beschwerdewege versagt werden, leben die angeordneten, aber ruhenden Maßnahmen wieder auf. 10. Zuschlag mit Verwaltung nach § 94 Ein grundsätzlicher Unterschied besteht zu Ziff. 9 nicht. § 25 schützt den Gläubiger vor der Untätigkeit des Schuldners (= Eigentümers). § 94 schützt den Beteiligten, der aus dem Gebot eine Befriedigung zu erwarten hat, vor dem Ersteher. Für die Verwaltung nach § 94 sollte möglichst derselbe Verwalter eingesetzt werden.74 Der Verwalter nach § 94 ZVG handelt jedoch nicht mehr für Rechnung des Schuldners und des antragstellenden Gläubigers sondern für den Ersteher und diejenigen, die aus dem Gebot Befriedigung erwarten können
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IX. Änderungsvorschläge Bartels stellt gute Änderungsvorschläge vor75. Denkbar ist: – Stärkung der Rechte des Sequesters gegenüber Wohnungseigentümergemeinschaften durch – Anforderung von Protokollen/der Beschlusssammlung
70 Reinhard/Müller, 2. Aufl. 1929 und 3 u. 4. Aufl. 1931, § 25 ZVG je Anm. III, V; Jaeckel, 3. Aufl., § 25 ZVG Rz. 6, 8; Muth, Rz. 10. 71 Dassler u.a./Hintzen, § 25 ZVG Rz. 9. 72 Depré/Mayer, Rz. 1042 (Verwaltung ist auszusetzen, ohne aufzuheben). 73 Insoweit in Erweiterung von Schmidberger, Rpfleger 2008, 104, 109. 74 Depré/Mayer, Rz. 935. 75 Bartels, S. 224, 225.
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§ 25 Rz. 39 Sicherung der ordnungsmäßigen Bewirtschaftung – Anforderung des Wirtschaftsplanes – evtl. Teilnahme an der Eigentümerversammlung. – Zugangsmöglichkeiten für Bietinteressenten (eventuell durch den Gerichtsvollzieher) – Zugangsregelungen für Sachverständige
§ 26 [Veräußerung nach Beschlagnahme] Ist die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Recht angeordnet, so hat eine nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf den Fortgang des Verfahrens gegen den Schuldner keinen Einfluß.
A. I. II. B. I. II. III.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . Veräußerung des Grundstücks . . Begriff der Veräußerung . . . . . . . Veräußerung vor Beschlagnahme . Veräußerung nach Beschlagnahme
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
Rz. . 1 . 1 . 6 . 7 . 7 . 10 . 14
1. Persönlich betreibender Gläubiger . . . . . 2. Gläubiger eines eingetragenen Grundpfandrechts betreibt . . . . . . . . . . . . . 3. Gläubiger öffentlicher Grundstückslasten (Rangklasse 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gläubiger von WEG-Forderungen (Rangklasse 2) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 14 18 25 35
Literatur: Böttcher, Probleme bei der Betreibung einer Zwangsversteigerung eines Grundstücks aus einer Zwangshypothek bei nach Beschlagnahme bewirkter Grundstücksveräußerung, ZfIR 2007, 551; Goldbach, Ist die Auflassungsvormerkung ein Hindernis bei der Vollstreckung öffentlicher Grundstückslasten?, KKZ 2015, 184.
A. Allgemeines I. Bedeutung 1
Die Vorschrift bestimmt die (uneingeschränkte) Fortsetzung des Verfahrens für den Gläubiger eines eingetragenen Rechts für den seltenen Fall einer Veräußerung nach Eintritt der Beschlagnahme, die dem Gläubiger gegenüber ausnahmsweise wirksam ist.
2
Die nach wirksamer Beschlagnahme (§ 22) erfolgte Veräußerung des Grundstücks ist dem (jeweiligen) betreibenden Gläubiger gegenüber gem. §§ 23 ZVG; 135, 135 BGB grundsätzlich ohnehin (relativ) unwirksam. Diese Rechtsfolge wird durch § 26 nicht nochmals festgestellt.1
3
Die Regelung erfasst vielmehr den besonderen Fall, dass die nach der Beschlagnahme erfolgte Veräußerung ausnahmsweise dem betreibenden Gläubiger gegenüber wirksam ist und dieser das Verfahren aus einem eingetragenen dinglichen Recht betreibt, vergleichbar mit der Regelung des § 265 ZPO2 bei Veräußerung der in Streit befangenen Sache im Erkenntnisverfahren sowie in Anlehnung an die Bestimmung des § 325 Abs. 3 ZPO.
1 Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 1 f. 2 BGH v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, Rpfleger 2006, 423.
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Schmidberger und Goldbach/Klos
Veräußerung nach Beschlagnahme
Rz. 9 § 26
Diese Wirksamkeit des Eigentumsübergangs ergibt sich durch Erfüllung der Voraussetzungen des § 892 BGB i.V.m. § 23 bzw. des § 878 BGB. Obwohl der Erwerber keine Kenntnis von der Beschlagnahme bzw. dem Versteigerungsantrag (vgl. § 23 Abs. 2) hatte, muss er damit rechnen, dass der Gläubiger des grundbuchersichtlichen Rechts seinen (dinglichen) Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgt.3 In der Praxis wird das eher selten vorkommen, da erfahrungsgemäß bei einem Grundstücksverkauf die eingetragenen Grundpfandrechte nicht übernommen werden sollen. Eine Übernahme von Grundpfandrechten erfolgt aber gelegentlich bei der Grundstücksübertragung an nahe Angehörige. Bei den nicht aus dem Grundbuch ersichtlichen öffentlichen Grundstückslasten, die ebenfalls dingliche Belastungen sind, finden sich öfter Anwendungsfälle, da der Käufer von der Existenz solcher Rechte keine Ahnung hat und sie „stillschweigend“ übernimmt (s. Rz. 25 ff.). Betreiben mehrere Gläubiger das Verfahren ist die Frage der Wirksamkeit der Veräußerung für jeden Gläubiger aufgrund seiner eigenen erwirkten Beschlagnahme gesondert (ggf. unterschiedlich) zu beantworten. Nach der Anordnung des Verfahrens (§ 20 Abs. 1) und der darauffolgenden Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks im Grundbuch (vgl. § 19 Abs. 1, 2) kommt ein redlicher Erwerb hinsichtlich der danach beitretenden Gläubiger (§ 27) gem. § 892 BGB nicht mehr in Betracht.
4
Die Regelung des § 26 erfasst dann nur noch den Fall, dass der Erwerber sich gegenüber einem aufgrund eines dinglichen Anspruchs beigetretenen Gläubiger auf die Regelung des § 878 BGB berufen kann, so dass das Verfahren dennoch für ihn fortgesetzt werden kann.4
5
II. Anwendungsbereich Die Vorschrift ist sowohl für das Verfahren der Vollstreckungsversteigerung als auch gem. § 146 Abs. 1 für das Zwangsverwaltungsverfahren anwendbar (vgl. Kommentierung zu § 146), nicht jedoch für die Verfahren gem. §§ 172 ff. bzw. 180 (s. Kommentierung zu §§ 172; 180)5, da es in diesen Sonderverfahren keinen betreibenden Gläubiger gibt.
6
B. Veräußerung des Grundstücks I. Begriff der Veräußerung Die Regelung bezieht sich auf die rechtsgeschäftliche Veräußerung durch Auflassung und Eintragung gem. §§ 873, 925 BGB.
7
Die Aneignung herrenloser Grundstücke durch den Fiskus gem. § 928 Abs. 2 BGB, der Eigentumserwerb durch Vereinbarung der Gütergemeinschaft gem. §§ 1415, 1416 BGB, der Eigentumswechsel aufgrund Erbfolge (insoweit gilt ggf. § 779 ZPO) sowie Enteignung oder Verzicht gem. § 928 Abs. 1 BGB sind nicht erfasst.6
8
Die Auswirkungen einer Veräußerung sind sowohl vom Zeitpunkt ihrer Vollendung (Eintra- 9 gung des Erwerbers im Grundbuch), als auch von der Frage abhängig, ob das Verfahren von 3 BGH v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 = MDR 2007, 913 = Rpfleger 2007, 333; Denkschrift S. 41; Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 1 ff.; Stöber/Keller, § 26 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 1. 4 Stöber/Keller, § 26 ZVG Rz. 14. 5 Böttcher, § 26 ZVG Rz. 1; Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 5; Stöber/Keller, § 26 ZVG Rz. 2. 6 Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 6 ff.; Stöber/Keller, § 26 ZVG Rz. 15; Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 2.
Goldbach/Klos
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§ 26 Rz. 9 Veräußerung nach Beschlagnahme einem dinglichen oder persönlichen Gläubiger betrieben wird, jeweils unter Berücksichtigung der Sonderregelungen §§ 892, 878 BGB.
II. Veräußerung vor Beschlagnahme 10
Eine vor der Wirksamkeit der Beschlagnahme (§ 22 Abs. 1) vom Schuldner vorgenommene Veräußerung ist dem betreibenden Gläubiger gegenüber voll wirksam. Das Vollstreckungsverfahren kann nicht angeordnet werden, da gegen den (neuen) Eigentümer weder Titel, Klausel, Zustellung noch die Voreintragung (s. § 17) gegeben sind, unabhängig davon, ob es sich um einen dinglichen oder persönlichen Gläubiger handelt. Eine Anwendung des § 26 kommt in solchen Fällen niemals in Betracht.
11
Erfolgt die Veräußerung (Eintragung) nach der Verfahrensanordnung bzw. der Zulassung des Beitritts, jedoch vor der Wirksamkeit der Beschlagnahme (§ 22 Abs. 1) ist § 28 zu beachten.
12
Hinsichtlich des persönlichen Gläubigers ist das Verfahren gem. § 28 aufzuheben, da der neue Eigentümer nicht Rechtsnachfolger hinsichtlich der persönlichen Schuld des Veräußerers ist und deswegen keine Titelumschreibung (§ 727 ZPO) erfolgen kann.
13
Das für den dinglichen Gläubiger angeordnete Verfahren hingegen ist gem. § 28 lediglich einzustellen, damit der dingliche Gläubiger die für ihn mögliche Titelumschreibung nebst Zustellung (§§ 727, 750 Abs. 2 ZPO) – der neue Eigentümer ist Rechtsnachfolger hinsichtlich des Grundstücks und des dinglichen Anspruchs – bewirken lassen kann (s. Kommentierung zu § 28).7
III. Veräußerung nach Beschlagnahme 1. Persönlich betreibender Gläubiger 14
Die demwegen eines persönlichen Anspruchs betreibenden Gläubiger gegenüber unwirksame Veräußerung nach wirksamer Beschlagnahme (§§ 23; 135, 135 BGB) steht der uneingeschränkten Fortsetzung des Verfahrens gegen den bisherigen Eigentümer (ohne Titelumschreibung etc.) unabhängig von § 26 grundsätzlich nicht entgegen (s. Rz. 2). Der Erwerber wird Verfahrensbeteiligter unter den Voraussetzungen des § 9 (im Regelfall Nr. 2; s. Kommentierung zu § 9).
15
Ein ausnahmsweise wirksamer Erwerb (gem. §§ 892, 878 BGB i.V.m. § 23 Abs. 2) ist zum Zeitpunkt der Anordnung des Verfahren nicht aus dem Grundbuch ersichtlich, so dass der Erwerber die Wirksamkeit des Eigentumsübergangs im Rahmen des § 771 ZPO geltend machen muss (vgl. § 37 Nr. 5).8
16
Die Auffassung, das Vollstreckungsgericht habe (wohl nur zunächst) selbst zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 878 BGB und insbesondere des § 892 BGB im Einzelfall gegeben sind,9 wird wohl dem Umstand nicht angemessen gerecht, dass ein solcher Erwerb – insbesondere gem. § 892 BGB – systematisch den Ausnahmefall darstellt und nicht als Regelfall unterstellt werden kann. Im Übrigen hat auch nach dieser Ansicht letztlich der Erwerber eine Entscheidung im Rahmen des § 771 ZPO selbst zu erwirken. 7 Böttcher, § 26 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 4, 5; Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 10, 11; Stöber/Keller, § 26 ZVG Rz. 13. 8 Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 1; Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 14 ff.; Stöber/Keller, § 26 ZVG Rz. 5. 9 Böttcher, § 26 ZVG Rz. 5 m.w.N.
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Veräußerung nach Beschlagnahme
Rz. 24 § 26
Eine andere Frage ist, ob nicht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und insbesondere des Verfahrensstadiums eine vorläufige Einstellung in entsprechender Anwendung des § 28 ZVG gerechtfertigt erscheint (z.B. zu erwartende alsbaldige Versteigerung etc.); insoweit wird häufig jedoch ohnehin eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts gem. §§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 2 ZPO zu fordern sein.
17
2. Gläubiger eines eingetragenen Grundpfandrechts betreibt Gegenüber dem wegen eines dinglichen Anspruchs betreibenden Gläubiger ist eine nach Wirksamkeit der Beschlagnahme erfolgte Veräußerung grundsätzlich unwirksam (§§ 23; 135, 135 BGB) und das Verfahren ist gegen den bisherigen Eigentümer (ohne Titelumschreibung etc.) unabhängig von § 26 fortzuführen. (s. Rz. 2).10
18
Zu den dinglichen Ansprüchen gehören neben den Grundpfandrechten (vgl. § 1147 BGB) und öffentlichen Grundstückslasten (§ 77 Abs. 2 AO) auch die Reallast (vgl. § 1107 BGB) sowie der Anspruch aus einer Zwangshypothek (vgl. § 867 Abs. 3 ZPO).11 Maßgebend für die Einordnung des Anspruchs (persönlich/dinglich) sind grundsätzlich die Angaben im Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss (vgl. auch § 16, Rz. 161; § 22 Rz. 5).12 Eine fehlende oder fehlerhafte Bezeichnung der Rechtsnatur von betreibenden Ansprüchen im Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss ist bedauerlicherweise nicht selten und kann nicht dazu führen, dass die Anwendbarkeit von § 26 daran geknüpft wird. Vielmehr ist eine erneute Beurteilung der Rechtsnatur Voraussetzung für die Entscheidung, ob § 26 Anwendung finden kann. Gerade beim Betreiben aus öffentlich-rechtlichen Forderungen ist zu klären, ob es sich bei den betreibenden Ansprüchen um öffentliche Grundstückslasten13 handelt, die den eingetragenen Grundpfandrechten gleichgestellt sind (s. Rz. 25 ff.).
19
Selbst wenn die zeitlich nach der Beschlagnahme im Einklang mit den Regelungen über den redlichen Erwerb (siehe § 23 Rz. 18) erfolgte Veräußerung ausnahmsweise dem betreibenden Gläubiger eines eingetragenen Grundpfandrechts gegenüber wirksam ist (gem. § 892 BGB i.V.m. § 23 bzw. gem. § 878 BGB), wird das Verfahren gleichwohl aufgrund der dann maßgeblichen Sonderregelung des § 26 gegen den bisherigen Eigentümer uneingeschränkt (ohne Titelumschreibung etc.) fortgesetzt.
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Der Erwerber wird in diesem Fall trotz ihm zwangsläufig fehlender Kenntnis von der Beschlagnahme nicht als schutzwürdig angesehen, da er das eingetragene Recht, aus dem betrieben wird, kannte bzw. kennen musste (s. Rz. 3), so dass eine erfolgreiche Geltendmachung seines Erwerbs im Rahmen des § 771 ZPO ausscheidet.
21
In diesem Fall wird der Erwerber Verfahrensbeteiligter unter den Voraussetzungen des § 9 (im Regelfall Nr. 2; s. Rz. 14; s. Kommentierung zu § 9).
22
Betreibt ein Grundpfandrechtsgläubiger nur bzw. auch aus einem persönlichen Anspruch, ist § 26 insoweit nicht anwendbar und wegen des persönlichen Anspruchs ist entsprechend Rz. 12 zu verfahren.
23
Zu den Auswirkungen einer für den neuen Eigentümer zuvor eingetragenen Auflassungsvormerkung (vgl. Kommentierung zu § 28).
24
10 Böttcher, § 26 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 4; Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 17; Stöber/Keller, § 26 ZVG Rz. 3. 11 BGH v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 = MDR 2007, 913 = Rpfleger 2007, 333. 12 Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 3; Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 17; Stöber/Keller, § 26 ZVG Rz. 11. 13 BGH v. 30.3.2012 – V ZB 185/11, Rpfleger 2012, 560 = ZfIR 2012, 504.
Goldbach/Klos
311
§ 26 Rz. 25 Veräußerung nach Beschlagnahme 3. Gläubiger öffentlicher Grundstückslasten (Rangklasse 3) 25
Die Vorschrift regelt ausdrücklich nur den Fall, dass ein Gläubiger eines eingetragenen Rechts die Zwangsversteigerung betreibt. Ob sie auch anwendbar ist, wenn der Gläubiger eines nicht eingetragenen dinglichen Rechts das Verfahren betreibt, lässt sich dem Wortlaut jedenfalls nicht unmittelbar entnehmen. Orientiert man sich aber am Normzweck, dann muss man zu der Auffassung gelangen, dass die Regelung für solche Fälle angewendet werden darf.
26
Durch die Bestimmungen des § 26 will der Gesetzgeber ganz offensichtlich den dinglichen Berechtigten einen besonderen Schutz vor Verfügungen des Schuldners zukommen lassen, die ihr Verwertungsrecht am Grundstück in irgendeiner Hinsicht beeinträchtigen oder nur erschweren würden.
27
Die im Gesetzestext gewählte Formulierung „aus einem eingetragenen Recht …“ wird in der Kommentierung überwiegend so ausgelegt, dass die Vollstreckung aus einem dinglichen Recht gemeint sei. Eine Differenzierung zwischen „eingetragenen dinglichen Rechten“ und „nicht eingetragenen dinglichen Rechten“ erfolgt entweder gar nicht14 oder die Gleichstellung öffentlicher Grundstückslasten mit eingetragenen dinglichen Rechten wird vorausgesetzt15.
28
Daneben wird die Auffassung vertreten, dass der Erwerbsschutz nach § 878 BGB in einem aus Ansprüchen der Rangklasse 3 des § 10 betriebenen Verfahren gar nicht gelten soll. Als Folge davon wäre das bereits angeordnete Verfahren ohne die Anwendung von § 26 dennoch unbeeinträchtigt vom Eigentumsübergang fortzusetzen16.
29
Ist die Zwangsversteigerung wegen des Anspruchs aus einem dinglichen Recht angeordnet, so hat eine vor oder nach der Beschlagnahme bewirkte Veräußerung des Grundstücks auf die Durchsetzbarkeit der Forderung ohnehin keinen großen Einfluss.
30
Eine solche Verfügung über das Grundstück ist zwar unter den Voraussetzungen der §§ 878, 892 BGB nicht beschlagnahmewidrig, sie soll aber nach § 26 dem das Verfahren betreibenden dinglichen Gläubiger gegenüber deshalb unwirksam sein, weil dessen Anspruch letztendlich problemlos auch gegen den Käufer durchsetzbar (§ 1147 BGB) ist17, was wegen der in § 77 Abs. 2 AO normierten Duldungspflicht für öffentliche Lasten gegeben ist.
31
Zur Vollstreckung gegen den „redlichen Erwerber“ als Rechtsnachfolger ist lediglich ein verfahrensrechtlicher Zwischenschritt nötig, nämlich die Umschreibung der Vollstreckungsklausel gegen den Rechtsnachfolger (§ 727 ZPO) und eine Zustellung (§ 750 Abs. 2 ZPO) an diesen.
32
Um dem Gläubiger diesen zusätzlichen Aufwand zu ersparen bestimmt § 26, dass ein bereits begonnenes Verfahren einfach fortgesetzt wird, ohne dass die Vollstreckungsvoraussetzungen gegen den Käufer geschaffen werden müssen. Es wird quasi fingiert, dass die Verfügung beschlagnahmewidrig erfolgt ist, weil der bis dahin hinsichtlich der Beschlagnahme redliche Käufer jederzeit damit rechnen muss, dass ein dinglicher Anspruch auch nach der Eigentumsübertragung gegen ihn vollstreckt wird18.
33
Auf den genauen Zeitpunkt der Beschlagnahme des betreibenden Gläubigers kommt es in Bezug auf die grundsätzliche Vollstreckbarkeit einer dinglichen Forderung nicht an. Das Grundstück haftet für dingliche Forderungen unabhängig von der Frage, wer gerade Eigentümer ist. Die Person des Eigentümers ist nur maßgeblich für die Erfüllung der formellen Vollstreckungsvoraussetzungen (§§ 16, 17 i.V.m. § 750 ZPO). 14 15 16 17 18
Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 2, 4; Löhnig, § 26 ZVG Rz. 4. Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 1, 3. Stöber/Keller, § 26 ZVG, Rz. 11. BGH v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, MDR 2007, 913 = Rpfleger 2007, 333 = ZfIR 2007, 549. Dassler u.a./Hintzen, § 26 ZVG Rz. 1.
312
Goldbach/Klos
§ 27
Beitritt zum Versteigerungsverfahren
Bei öffentlichen Grundstückslasten kann nichts Anderes gelten, denn diese Forderungen bestehen als auf dem Grundstück (§ 77 Abs. 2 AO) lastende Ansprüchen nach der Eigentumsumschreibung gegen den neuen Eigentümer ebenfalls weiter und können nach Erlass eines Duldungsbescheids (§ 191 Abs. 1 AO) gegen ihn vollstreckt werden19.
34
4. Gläubiger von WEG-Forderungen (Rangklasse 2) Eine Anwendung der Regelung auf Ansprüche des Verbandes der Wohnungseigentümer ist nicht möglich.
35
Diese Forderungen sind zwar bevorrechtigte Ansprüche in der Rangklasse 2 des § 10 ZVG, aber sie geltend nicht als dingliche Ansprüche20 und können deshalb gegen den Rechtsnachfolger des Wohnungseigentümers, nach einem redlichen Verkauf der zeitlich vor Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung erfolgt, nicht mehr durchgesetzt werden.
36
Weil der Käufer weder schuldrechtlich, also persönlich, noch dinglich mit dem Wohnungseigentum für die Rückstände aus dem Zeitraum vor dem Eigentumsübergang auf ihn haftet, scheidet eine Zwangsvollstreckung gegen ihn generell aus. Deshalb ist es auch nicht denkbar, die Zwangsvollstreckung unter den Erleichterungen des § 26 zuzulassen.
37
§ 27 [Beitritt zum Versteigerungsverfahren] (1) Wird nach der Anordnung der Zwangsversteigerung ein weiterer Antrag auf Zwangsversteigerung des Grundstücks gestellt, so erfolgt statt des Versteigerungsbeschlusses die Anordnung, daß der Beitritt des Antragstellers zu dem Verfahren zugelassen wird. Eine Eintragung dieser Anordnung in das Grundbuch findet nicht statt. (2) Der Gläubiger, dessen Beitritt zugelassen ist, hat dieselben Rechte, wie wenn auf seinen Antrag die Versteigerung angeordnet wäre.
A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Voraussetzungen (gleicher Vollstreckungsgegenstand, gleiches Verfahren) . D. Rechte des Beitrittsgläubigers . . . . . . . I. Gleiche Rechte, gleiche Kostentragungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beitritt desselben Gläubigers . . . . . . . . E. Bezeichnung des Antrags . . . . . . . . . . F. Beitritt bei Rechtsnachfolge . . . . . . . . G. Vollstreckungsvoraussetzungen wie bei der Anordnung . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 4 6 13 13 21 26 28 30
I. II. III. IV. H. I. I. II. III. IV.
Kein Grundbuchauszug nötig . . . . . Kein erneuter ZVG-Vermerk . . . . . . Mustertext für Beitrittsbeschluss . . . . Beschlusszustellung und Belehrung gemäß § 30a, b ZVG . . . . . . . . . . . Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtskosten . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsanwaltskosten . . . . . . . . . . . Kostenerinnerung bzw. Beschwerde . . Prozesskostenhilfe in der Immobiliarvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . . 31 . . 32 . . 33 . . . . . .
. . . . . .
34 39 49 49 52 53
. . 56
19 VG Schwerin v. 20.11.2015 – 4 B 1851/15 SN, NZI 2016, 464. 20 BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, MDR 2013, 1309 = MietRB 2013, 327 = Rpfleger 2014, 31 = ZfIR 2013, 806 mit Anm. Becker.
Goldbach/Klos und Goldbach
313
§ 27 Rz. 1 Beitritt zum Versteigerungsverfahren
A. Allgemeines 1
Nachdem bezüglich eines Grundstücks ein Verfahren angeordnet und noch nicht wieder aufgehoben ist, wird auf einen weiteren Vollstreckungsantrag hin kein zusätzliches Verfahren neu begonnen, sondern gemäß § 27 ZVG der Beitritt des weiteren Gläubigers zum schon angeordneten Verfahren zugelassen.
2
Weil von einem Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren nicht nur Gläubiger und Schuldner betroffen sind, sondern die Anzahl der Verfahrensbeteiligten meist weit größer ist, soll für jedes Grundstück nur ein Verfahren durchgeführt werden. Es beginnt mit der ersten Anordnung und endet mit einem Aufhebungsbeschluss oder mit der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses. Zur sich daran anschließenden Erlösverteilung kann kein anderer Gläubiger mehr beitreten.
3
Während des Zeitraums von der ersten Anordnung bis zur Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses können weitere Gläubiger hinzukommen oder bereits betreibende Gläubiger wegfallen, wenn diese ihren Antrag zurücknehmen. Es ist also durchaus denkbar, dass der den ersten Zwangsversteigerungsantrag stellende Gläubiger beim Zuschlag gar kein Interesse mehr an der Verwertung hat und nicht mehr betreibt, aber stattdessen andere Gläubiger dieses Verfahren vorantreiben.
B. Zuständigkeit 4
Zuständig für die Zulassung des Beitritts zu einem laufenden Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren ist gemäß § 1 ZVG, §§ 764, 802, 869 ZPO ausschließlich das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Dabei handelt es sich naturgemäß um das Gericht, bei dem das bereits angeordnete Verfahren geführt wird.
5
Der Beitritt zu einem laufenden Verfahren ist nach dem Wortlaut des Gesetzes schon unmittelbar nach erfolgter Anordnung des Verfahrens möglich. Dazu muss nicht erst die Beschlagnahme wirksam erfolgt, sondern lediglich der Anordnungsbeschluss unterschrieben sein. Mit der Unterschrift des Rechtspflegers unter diesen Beschluss ist das Zwangsvollstreckungsverfahren angeordnet1. Danach ist auf weitere Anträge hin der Beitritt zuzulassen.
C. Voraussetzungen (gleicher Vollstreckungsgegenstand, gleiches Verfahren) 6
Eine Bedingung für die Zulassung des Beitritts ist, dass sich der weitere Versteigerungsantrag, mit dem der Beitritt begehrt wird, auf dasselbe Vollstreckungsobjekt bezieht. Ist das nicht der Fall, weil der Beitrittsgläubiger lediglich in einen Bruchteil am Grundstück oder in einem verbunden Verfahren nicht in alle beschlagnahmten Grundstücke vollstrecken will, dann wird der Beitritt nur zu diesen Grundstücken oder Bruchteilen zugelassen.
7
Bezieht sich der Gläubigerantrag auch auf Grundstücke, die noch nicht beschlagnahmt sind, dann wird wegen der bereits von einer Beschlagnahme erfassten der Beitritt zugelassen und wegen der bislang noch beschlagnahmefreien Grundstücke das Verfahren angeordnet. Beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kann das Verfahren bezüglich des neuen Grundstücks bereits im Anordnungsbeschluss mit dem schon laufenden Verfahren verbunden wer-
1 S. Kommentierung zu §§ 16 Rz. 155.
314
Goldbach
Beitritt zum Versteigerungsverfahren
Rz. 14 § 27
den2. In der Praxis ist dies dann von Bedeutung, wenn beispielsweise ein persönlicher Gläubiger eines Miteigentümers lediglich in dessen Anteil vollstrecken kann und der Beitrittsgläubiger aus einem dinglichen Recht die Versteigerung des gesamten Grundstücks betreiben will. Grundstücksbruchteile gelten auch insoweit als selbständige Vollstreckungsobjekte (§ 864 Abs. 2 ZPO). Ändert sich der Bestand nach der Anordnung durch Zuschreibung oder Vereinigung, dann wird wegen des neu hinzu gekommen Bestands angeordnet und wegen des bereits beschlagnahmten Grundstücks der Beitritt zugelassen.
8
Um beitreten zu können, muss das angeordnete Verfahren noch andauern. Beendet ist es mit der Unterzeichnung des Aufhebungsbeschlusses3 und zwar unabhängig von der Frage, ob das Verfahren durch Antragsrücknahme gemäß § 29 ZVG endet oder aus einem anderen Grund (§§ 30 Abs. 1 S 3, 77 Abs. 2, 28 ZVG, § 765a ZPO). Denn nach neuerer Ansicht kann nur das Vollstreckungsgericht die durch den Anordnungsbeschluss wirksam gewordene Beschlagnahme (§ 20 ZVG) wieder beseitigen. Dafür bedarf es eines Aufhebungsbeschlusses (§ 32 ZVG), der konstitutiv wirkt4.
9
Der Zeitpunkt der Beendigung der Beschlagnahme ist dabei ebenso wenig von Bedeutung, wie die Frage, ob ein Verfahren nach versäumter Fortsetzungsfrist des § 31 längst aufzuheben gewesen wäre, dies aber bei Eingang des Beitrittsantrags noch nicht erfolgt ist.
10
Selbst im Versteigerungstermin kann bis zur Aufforderung zum Bieten noch uneingeschränkt ein Beitritt und darüber hinaus bis zur Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses erfolgen, dann jedoch mit Rangverlust des § 110 ZVG.
11
Ist bereits ein Zuschlag erteilt, der noch nicht rechtskräftig geworden ist, kann ein Beitritt nur unter der Bedingung zugelassen werden, dass der Zuschlag wieder aufgehoben wird. Nur in diesem Fall wäre die nach dem Eigentumsübergang unzulässige Vollstreckung des Beitrittsgläubiger in das Grundstück zulässig, weil der Ersteher nach Aufhebung des Zuschlags das Eigentum ex tunc wieder verliert. Erlangt der Zuschlag Rechtskraft, ist der nach einer Zuschlagserteilung zugelassene Beitritt wieder aufzuheben5.
12
D. Rechte des Beitrittsgläubigers I. Gleiche Rechte, gleiche Kostentragungspflicht Nach dem Wortlaut des Absatzes 2 hat der Beitrittsgläubiger die gleichen Rechte, wie wenn auf seinen Antrag hin die Versteigerung angeordnet worden wäre. Sowohl „Antragsgläubiger“ als auch Beitrittsgläubiger werden im Zwangsversteigerungsverfahren als „Gläubiger“ bezeichnet. Das ZVG bezeichnet nur den das Verfahren betreibenden Berechtigten als „Gläubiger“6. Die sonstigen Berechtigten werden „Beteiligte“ genannt.
13
Jeder Gläubiger betreibt das Verfahren selbstständig und losgelöst von anderen Gläubigern. Zwar läuft für alle Gläubiger ein einheitliches Verfahren, dennoch gilt, dass jeder der Gläubiger mit den Wirkungen des für ihn ergangenen Anordnungs- oder Beitrittsbeschlusses
14
2 Stöber/Becker, § 18 ZVG, Rz. 12. 3 BGH v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, NotBZ 2009, 127 m. Anm. Hueber = MDR 2008, 1182 = Rpfleger 2008, 586; Stöber, § 27 ZVG, Rz. 2.3 und Böttcher, § 27 ZVG, Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 27 ZVG Rz. 6. 4 BGH v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, NotBZ 2009, 127 m. Anm. Hueber = MDR 2008, 1182 = Rpfleger 2008, 586. 5 Stöber/Keller, § 27 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 27 ZVG Rz. 6; Böttcher, § 27 ZVG, Rz. 3. 6 Ausführliche Abhandlung zum Gläubigerbegriff von Mayer, Rpfleger 1983, 265.
Goldbach
315
§ 27 Rz. 14 Beitritt zum Versteigerungsverfahren völlig unabhängig steht. Seine Verfahrenserklärungen im Hinblick auf einstweilige Einstellung oder Antragsrücknahme gelten nur für das von ihm betriebene Verfahren. Nimmt also ein Gläubiger seinen Antrag zurück oder wird das Verfahren für ihn einstweilen eingestellt, dann wird der Fortgang des Verfahrens für die anderen Gläubiger nicht beeinträchtigt7. 15
Tritt ein Gläubiger einem laufenden Verfahren bei, muss sein Beitrittsbeschluss dem Schuldner vier Wochen vor der Versteigerung zugestellt sein, um bei der Aufstellung des geringsten Gebots Berücksichtigung zu finden (§ 44 Abs. 2 ZVG).
16
Zulässig ist ein Beitritt aber auch noch kurz vor oder in dem Versteigerungstermin, also ohne dass die Frist des § 44 Abs. 2 eingehalten wird. Allerdings hat dieser Beitritt dann keinen Einfluss auf das geringste Gebot, kann jedoch aus taktischen Gründen ratsam sein, um beispielsweise mit einer persönlichen Forderung ein Druckmittel gegen den Schuldner zu haben, falls die vorrangigen Gläubiger ihre Anträge zurücknehmen oder die einstweilige Einstellung des Verfahrens bewilligen. Ohnehin kommt es dem Gläubiger einer persönlichen Forderung bei einem Beitritt in erster Linie darauf an, überhaupt ein Befriedigungsrecht zu erlangen und über den Bestand der Beschlagnahme mit zu bestimmen. Bei der Aufstellung des geringsten Gebotes spielt der beigetretene persönliche Gläubiger wegen seiner schlechten Rangposition selten eine Rolle. Vor diesem Hintergrund ist die Praxis einiger Vollstreckungsgerichte, Beitrittsanträge, die nicht mehr innerhalb der Vierwochenfrist (§ 44 Abs. 2 ZVG) zugestellt werden können, bis nach dem Versteigerungstermin liegen zu lassen und erst dann darüber zu entscheiden nicht verständlich. Auf diese Weise werden persönliche Gläubiger von einer keineswegs immer nur theoretischen Befriedigung bei der Erlösverteilung ausgeschlossen.
17
Ist ein Gläubiger „zu spät“ beigetreten und die anderen Gläubiger haben das Verfahren einstweilen einstellen oder aufheben lassen, könnte im anstehenden Termin kein geringstes Gebot aufgestellt werden, weil kein Gläubiger dem geringsten Gebot zu Grunde gelegt werden kann8. Der Termin muss aufgehoben werden (§ 43 Abs. 2 ZVG). Für den verbliebenen Gläubiger ist jedoch unverzüglich wegen seines betreibenden Anspruchs ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. Das Verfahren kommt nur dann tatsächlich zum Stillstand, wenn auch der letzte beigetretene Gläubiger die einstweilige Einstellung bewilligt oder seinen Antrag zurück nimmt9.
18
Hinsichtlich der Kostentragungspflicht gilt, dass bei mehreren Gläubigern alle als Gesamtschuldner für die Verfahrenskosten haften (§ 31 GKG, § 421 BGB). Diesbezüglich sind der Anordnungs- und der Beitrittsgläubiger gleichgestellt. Die gemeinsame Haftung bezieht sich auf alle gerichtlichen Verfahrenskosten mit Ausnahme der Anordnungs-, Beitritts- und Zuschlagskosten.
19
Der Kostenbeamte kann sich als Gläubiger der Gesamtschuld aussuchen, von wem er die Kosten anfordert, da jeder der betreibenden Gläubiger zur vollen Leistung verpflichtet ist. In der Praxis geschieht dies häufig dergestalt, dass die Kostenrechnung an den Anordnungsgläubiger gesandt wird. Ist dieser aber von den Kosten befreit oder zahlungsunfähig, dann können die Kosten selbstverständlich auch dem Beitrittsgläubiger in Rechnung gestellt werden.
20
Im Innenverhältnis sind die betreibenden Gläubiger zur Ausgleichung „nach Köpfen“ und nicht etwa nach der Höhe ihrer Forderung verpflichtet (§ 426 BGB). Das Gericht oder die Gerichtskasse haben die Ausgleichung nicht durch Aufteilung der Kosten und Fertigung von einzelnen Kostenrechnungen für jeden Gläubiger vorzunehmen.
7 Reichsgericht v. 7.6.1929 – III 463/28, RGZ 125, 24. 8 S. Kommentierung zu § 44. 9 S. Kommentierung zu § 30.
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Goldbach
Beitritt zum Versteigerungsverfahren
Rz. 27 § 27
II. Beitritt desselben Gläubigers Ein Beitritt zum Verfahren ist nicht nur anderen, sondern auch dem betreibenden Gläubiger möglich10. Dieser kann den Beitritt entweder wegen anderer Ansprüche beantragen oder wenn er dadurch die Einordnung in eine andere Rangklasse anstrebt und zunächst aus einem persönlichen Anspruch betrieben hat, jetzt aber aus einem dinglichen Anspruch betreiben möchte11.
21
Auch hier führen ein der mehrere Beitritte desselben Gläubigers jeweils zu unabhängigen Verfahrensrechten. Die Bewilligung einer einstweiligen Einstellung kann sich sowohl auf die mit einem Beitritt geltend gemachte Forderung beziehen, als auch für alle betreibenden Ansprüche erfolgen. Im Zweifel hat das Vollstreckungsgericht zu prüfen, auf welche betreibenden Ansprüche sich eine Verfahrenshandlung des Gläubigers bezieht12
22
Die Möglichkeit dem selbst betriebenen Verfahren beizutreten darf nicht zum Erreichen verfahrensfremder Zwecke eingesetzt werden, etwa um eine Beschlagnahme möglichst lange aufrecht zu erhalten, indem immer weitere Beitritte aus Teilbeträgen erfolgen. Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt auch in der Immobiliarvollstreckung13.
23
Es kann allerdings nicht grundsätzlich von einem Rechtsmissbrauch ausgegangen werden, 24 wenn ein Gläubiger einer Grundschuld wegen der Hauptforderung und der Zinsen gesondert vollstreckt, oder den Beitritt zu dem Versteigerungsverfahren wegen später fällig werdender Zinsen beantragt14. Eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung ist nur dann gegeben, wenn der Gläubiger Haupt- und Nebenforderungen sukzessive geltend macht, um eine Aufhebung des Verfahrens zu vermeiden und durch die wiederholte Einstellung und Fortsetzung eines ansonsten ohne nachdrückliche Versteigerungsabsicht betriebenen Verfahrens einen permanenten Zahlungsdruck auf den Schuldner auszuüben15.
25
E. Bezeichnung des Antrags Wenn der Gläubiger eine Verfahrensanordnung beantragt, obwohl wegen bereits erfolgter Anordnung nur ein Beitritt zulässig ist, stellt dies keinen unzulässigen Antrag dar. Insoweit ist der Anordnungsantrag richtig als Beitrittsantrag auszulegen16.
26
Zu beachten ist jedoch, dass ein Gläubiger ein vor allem kostenrechtliches Interesse daran ha- 27 ben könnte, das Verfahren nicht alleine zu betreiben, sondern nur ausschließlich als Beitrittsgläubiger neben anderen Gläubigern. Gerade Inhaber öffentlich-rechtlicher Forderungen wünschen oftmals aus Kostengründen nur einen Beitritt zu einem anhängigen Verfahren. Deshalb ist ein solcher Beitrittsantrag (etwa nach Aufhebung eines Verfahrens durch einen anderen Gläubiger) nicht ohne Weiteres als Anordnungsantrag auszulegen. Durch Nachfrage sollte geklärt werden, ob der Beitrittsantrag umgedeutet werden kann und tatsächlich eine Anordnung erfolgen soll. 10 Stöber/Keller, § 27 ZVG Rz. 14, Dassler u.a./Hintzen, § 27 ZVG Rz. 1. 11 Stöber/Keller, § 27 ZVG Rz. 14, Steiner/Teufel, § 27 ZVG Rz. 23, Schneider, ZfIR 2008, 161. 12 OLG Düsseldorf v. 31.8.1990 – 3 W 310/90, Rpfleger 1991, 28 bzw. Rpfleger 1991, 69 m. Anm. Hintzen. 13 BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, MDR 2007, 1453 = Rpfleger 2007, 483; dazu Keller, ZfIR 2008, 671. 14 OLG Düsseldorf v. 31.8.1990 – 3 W 310/90, Rpfleger 1991, 28 bzw. Rpfleger 1991, 69 m. Anm. Hintzen. 15 BGH v. 26.1.2012 – V ZB 220/11, juris. 16 Steiner/Teufel, § 27 ZVG Rz. 24.
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§ 27 Rz. 28 Beitritt zum Versteigerungsverfahren
F. Beitritt bei Rechtsnachfolge 28
Ist seit der Anordnung des Verfahrens eine Rechtsnachfolge durch Eigentumsübertragung oder Erbfolge auf der Schuldnerseite eingetreten, dann kann ein Beitritt nur gegen den neuen Eigentümer17 oder die Erben, nach Insolvenzeröffnung nur noch gegen den Insolvenzverwalter zugelassen werden.
29
Gläubiger und aktueller Eigentümer als Schuldner müssen im Vollstreckungstitel oder in der beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sein18. Der Gläubiger muss also ordnungsgemäße Vollstreckungsunterlagen gegen den neuen Grundstückseigentümer vorlegen.
G. Vollstreckungsvoraussetzungen wie bei der Anordnung 30
Zur Zulassung des Beitritts gelten dieselben Verfahrensvoraussetzungen wie bei der Anordnung19. Das Vollstreckungsgericht hat einen Beitrittsantrag ebenso zu prüfen, wie einen Antrag auf Anordnung des Verfahrens. Insoweit wird auf die Kommentierung zu § 15, 16 ZVG verwiesen.
I. Kein Grundbuchauszug nötig 31
Vom Beitrittsgläubiger kann ein Nachweis, dass der Schuldner eingetragener Eigentümer des Grundstücks ist (§ 17 ZVG) nur ausnahmsweise und zwar dann verlangt werden, wenn der Beitritt gegen einen Rechtsnachfolger des bei der Anordnung des Verfahrens eingetragenen Schuldners beantragt wird. Soll die Zwangsvollstreckung des beitretenden Gläubigers gegen denselben Schuldner erfolgen, dann sollte der Eigentumsnachweis durch den Beitrittsgläubiger schon deshalb entbehrlich sein, weil er beim Vollstreckungsgericht offenkundig ist20.
II. Kein erneuter ZVG-Vermerk 32
Die Eintragung eines weiteren Versteigerungsvermerks erfolgt nach der Zulassung eines Beitritts nicht. § 27 Abs. 1 Satz 2 hebt dies in seinem Wortlaut ausdrücklich hervor. In Ausnahmefällen muss eine Eintragung dann erfolgen, wenn sie bei der Anordnung des Verfahrens versehentlich unterblieben ist. Beim Beitritt ist Grundbucheintragung deshalb nicht nötig, weil der bereits bei der Anordnung eingetragene Vermerk auch die Beitrittsgläubiger vor einer beschlagnahmewidrigen Verfügung des Schuldners schützt21. Er bleibt von der Anordnung bis zur endgültigen Beendigung des Versteigerungsverfahrens eingetragen22.
17 18 19 20 21 22
Stöber/Keller, § 27 ZVG Rz. 10; Steiner/Teufel, § 27 ZVG Rz. 34. S. Kommentierung zu §§ 16 Rz. 60 ff. S. Kommentierung zu §§ 16 Rz. 10 ff. Stöber/Keller, § 27 ZVG Rz. 12, Dassler u.a./Hintzen, § 27 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 27 ZVG Rz. 5. Stöber/Keller, § 27 ZVG Rz. 16, Dassler u.a./Hintzen, § 27 ZVG Rz. 5; Böttcher, § 27 ZVG Rz. 12. S. Kommentierung zu § 19 Rz. 7, 53.
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Goldbach
Beitritt zum Versteigerungsverfahren
Rz. 35 § 27
III. Mustertext für Beitrittsbeschluss Amtsgericht … .
842 K 138/19
33
Beschluss In der Zwangsvollstreckungssache der (Vollständige zustellungsfähige Anschrift) Gläubigerin Prozessbevollmächtigt: Rechtsanwalt …, Aktenzeichen: ZV 19-102 gegen Herrn/Frau (Vollständige zustellungsfähige Anschrift) Schuldner über das auf den Namen des Schuldners im Grundbuch von Mainz, Blatt 2001, eingetragene Grundstück lfd. Nr. 1, Gemarkung Innenstadt, Flur 8, Flurstück 11/3, Hauptstraße 51 = 456 m2 Nach der vollstreckbaren Urkunde des Notars Walter Wafel in Frankfurt/M. vom 29.4.2017 – UR Nr.: 116/2017 – hat die Gläubigerin gegen den Schuldner einen dinglichen und persönlichen Anspruch auf 100.000,00 Euro Grundschuldkapital nebst 10 % Zinsen daraus seit dem 29.4.2017 eingetragen in diesem Grundbuch in Abteilung III unter Nr. 2 und auf die Kosten dieses Verfahrens. Auf Antrag der Gläubigerin wird der Beitritt zur Zwangsversteigerung des Grundstücks zugelassen. Der Beschluss gilt zu Gunsten der Gläubigerin als Beschlagnahme des Grundstücks. Ort, Datum Schneider, Rechtspflegerin
IV. Beschlusszustellung und Belehrung gemäß § 30a, b ZVG Wie bei der Anordnung23 ist auch der Beitrittsbeschluss von Amts wegen mit der Belehrung gemäß § 30a, b ZVG nach den Zustellungsvorschriften der §§ 166 ff. ZPO an den Schuldner zuzustellen (§§ 3, 8, 22 ZVG, 329 ZPO). Hat der Schuldner seinen Wohnsitz im Ausland, muss die Zustellung dort erfolgen (§ 183 ZPO).
34
Ist er unbekannten Aufenthalts, kann der Beitrittsbeschluss öffentlich zugestellt werden. Dazu hat das Vollstreckungsgericht selbst das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 185 ZPO zu prüfen und gegebenenfalls die öffentliche Zustellung zu bewilligen, was im Beitrittsbeschluss unter gleichzeitiger Bestellung eines Zustellungsvertreters für das weitere Verfahren geschehen kann (§ 6 ZVG). Dabei sind bei der Feststellung der Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung wegen der Einschränkungen des grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör hohe Anforderungen zu stellen24.
35
23 S. Kommentierung zu § 16, Rz. 175. 24 BGH v. 31.10.2018 – I ZR 20/18, MDR 2019, 178 = Rpfleger 2019, 278.
Goldbach
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§ 27 Rz. 36 Beitritt zum Versteigerungsverfahren 36
Ist eine Postfachadresse des Schuldners bekannt ist, muss die Zustellung dort erfolgen. Eine öffentliche Zustellung und die Bestellung eines Zustellungsvertreters sind in einem solchen Fall nicht zulässig25.
37
Eine Zustellung des Beitrittsbeschlusses an einen bereits bestellten Zustellungsvertreter ist nicht möglich (§ 8 ZVG).
38
Der Beitrittsbeschluss muss dem Gläubiger nur dann förmlich zugestellt werden, wenn seinem Beitrittsantrag nicht in vollem Umfang entsprochen wurde. Durch die Zustellung des Beschlusses wird die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde bezüglich der (teilweisen) Zurückweisung des Gläubigerantrags in Gang gesetzt wird.
H. Rechtsmittel 39
Entspricht das Vollstreckungsgericht dem Gläubigerantrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zulassung des Beitritts nicht oder nicht in vollem Umfang oder fordert es im Wege der Zwischenverfügung Nachweise, welche der Gläubiger nach seiner Ansicht nicht vorlegen muss, kann er dagegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde einlegen (§ 11 RPflG, § 793 ZPO).
40
Die sofortige Beschwerde muss innerhalb von zwei Wochen (§ 569 Abs. 1 ZPO) schriftlich beim Vollstreckungsgericht oder bei dem für die Entscheidung zuständigen Landgericht eingelegt werden (§ 569 Abs. 2 ZPO). Die Rechtsmittelfrist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung an den Gläubiger. Der Rechtspfleger kann die angefochtene Entscheidung durch Abhilfe ändern (§ 572 Abs. 1 ZPO). Bleibt er bei seiner Rechtsauffassung, dann trifft er eine begründete Entscheidung über die „Nichtabhilfe“ und legt die Sache verzugslos dem Landgericht vor.
41
Im Falle einer Zurückweisung durch das Landgericht ist der Gläubiger kostenpflichtig. Die Gebühr beträgt 120 Euro (Nr. 2240 KVGKG).
42
Wenn das Landgericht als Beschwerdegericht dies ausdrücklich zulässt, kann die Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) eingelegt werden. Lässt das Landgericht die Rechtsbeschwerde nicht zu, gibt es kein weiteres Rechtsmittel und der Beschluss ist rechtskräftig. Eine „Nichtzulassungsbeschwerde“ kennt die Zivilprozessordnung nicht.
43
Über eine zulässigerweise eingelegte Rechtsbeschwerde entscheidet der BGH (§ 133 GVG). Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat ab Zugang der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts einzulegen. Bei einer Ablehnung fallen Gerichtsgebühren in Höhe von 240 Euro an (Nr. 2242 KVGKG).
44
Geht es bei einem Rechtsmittel ausschließlich um die Berücksichtigung von Kosten im Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss, also z. B. über bisherige Vollstreckungskosten, welche der Gläubiger fordert, das Gericht diese jedoch nicht anerkennt, so kommt es auf deren Höhe an. Beträgt der Streitwert 200 Euro oder weniger, so bleibt dem Gläubiger die gebührenfreie Rechtspflegererinnerung zum Richter des Vollstreckungsgerichts, welche ebenfalls innerhalb von zwei Wochen einzulegen ist.
45
Der Rechtspfleger kann seine getroffene Entscheidung ändern. Hilft er der Erinnerung nicht ab, entscheidet der Richter endgültig. Geht es um mehr als 200 Euro (§ 66 Abs. 2 GKG), gelten die vorgenannten allgemeinen Regeln zur sofortigen Beschwerde. Ist die Höhe oder Zahlungspflicht von Gerichtskosten also die Kostenrechnung über den Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss im Streit, greift nur die Kostenerinnerung (§ 66 Abs. 1 GKG). 25 BGH v. 14.6.2012 – V ZB 182/11, MDR 2012, 1055 = DGVZ 2012, 184 = ZfIR 2012, 661.
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Goldbach
Beitritt zum Versteigerungsverfahren
Rz. 52 § 27
Da der Schuldner vor der Anordnung oder vor dem Beitritt regelmäßig nicht gehört wird, ist ihm gegenüber die Tätigkeit des Rechtspflegers keine „Entscheidung des Gerichts“, sondern eine „Vollstreckungsmaßnahme“. Deshalb ist das Rechtsmittel des Schuldners gegen die Rechtspflegerentscheidung über die Anordnung oder den Beitritt die unbefristete Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO. Bei Nichtabhilfe des Rechtspflegers entscheidet der Richter des Vollstreckungsgerichts.
46
Gegen dessen Entscheidung bleibt dem Schuldner dann die sofortige Beschwerde zum Landgericht binnen zwei Wochen. Der Schuldner kann die sofortige Beschwerde gegen die Richterentscheidung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle entweder beim Vollstreckungsgericht oder beim Landgericht einlegen. Es besteht dafür kein Anwaltszwang (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
47
Wurde der Schuldner ausnahmsweise vor der Entscheidung über die Anordnung der Zwangsversteigerung oder die Zulassung des Beitritts gehört, hat er die gleichen Rechtsbehelfe wie der Gläubiger.
48
I. Kosten I. Gerichtskosten Die Gerichtskosten für den Beitritt zum Verfahren sind identisch mit denen, bei der An- 49 ordnung des Verfahrens. Sie sind gleichfalls nicht von der Forderungshöhe abhängig. Nach dem Gerichtskostengesetz ist eine Festgebühr nach KV Nr. 2210 bei der Zwangsversteigerung und nach KV Nr. 2220 bei der Zwangsverwaltung in Höhe von derzeit 100,00 Euro fällig. Außerdem sind zusätzlich noch die Zustellungskosten in Höhe von derzeit 3,50 Euro pro Zustellung zu erheben (GKG KV 9002). Fällig werden die Kosten mit der Entscheidung über den Antrag (§ 7 GKG), also mit Erlass des Beitrittsbeschlusses oder einer den Antrag zurückweisenden Entscheidung. Wird auf einen Antrag hin, wegen eines Teilbetrags der geltend gemachten Forderung der Beitritt zugelassen und wegen eines anderen Teils zurückgewiesen, so fallen nur einmal Kosten an. Ergeht eine Entscheidung über mehrere Anträge zum selben Versteigerungsobjekt in einem einheitlichen Beschluss, so fallen nur einmal Kosten an.
50
Falls der Antrag auf Grund einer Aufklärungs- oder Zwischenverfügung vom Gläubiger in vollem Umfang zurückgenommen wird, bevor das Vollstreckungsgericht darüber entschieden hat, sind keine Kosten zu erheben.
51
II. Rechtsanwaltskosten Ein Rechtsanwalt erhält für die Antragstellung in der Zwangsversteigerung keine besondere Gebühr. Die Antragstellung ist eine Tätigkeit im Verfahren, und ist mit der 0,4 Gebühr nach RVG-VV 3311 Nr. 1 abgedeckt. In der Zwangsverwaltung entsteht für die Vertretung bei der Antragstellung und damit ebenso beim Beitritt je eine 0,4 Gebühr nach RVG-VV 3311 Nr. 3 und 4 für die Vertretung des Antragstellers. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 26 RVG. Für die Vertretung eines Verfahrensbeteiligten im Versteigerungstermin kann der Rechtsanwalt die bei der Kommentierung zu § 16 aufgeführten Gebühren geltend machen26.
26 S. Kommentierung zu §§ 15, 16 Rz. 421.
Goldbach
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§ 27 Rz. 53 Beitritt zum Versteigerungsverfahren
III. Kostenerinnerung bzw. Beschwerde 53
Gegen den Ansatz der Gerichtskosten für die Anordnung oder den Beitritt kann der Kostenschuldner eine unbefristete Erinnerung nach § 66 GKG beim Vollstreckungsgericht einlegen. Ändert der Rechtspfleger die Kostenentscheidung nicht und der Streitwert liegt über 200 Euro, so bleibt dem Kostenschuldner die unbefristete Beschwerde zum Landgericht (§ 66 Abs. 2 GKG), welches endgültig entscheidet.
54
Bei einem Streitwert von 200 Euro oder weniger, ist das Rechtsmittel die befristete Rechtspflegererinnerung (§ 11 Abs. 2 RPflG). Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen, die Einlegungsfrist beträgt 2 Wochen. Bei der Nichtabhilfe entscheidet der Richter des Vollstreckungsgerichts endgültig.
55
Die Verfahren der Kostenerinnerung und -beschwerde sind gebührenfrei; außergerichtliche Kosten (z. B. Anwaltskosten) werden auch dann nicht erstattet, wenn der Erinnerungsführer obsiegt (§ 66 Abs. 8 GKG).
IV. Prozesskostenhilfe in der Immobiliarvollstreckung 56
Das ZVG enthält keine Regelungen zur Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH). Deshalb gelten in der Immobiliarvollstreckung die Vorschriften der ZPO27. Demnach ist für die Zwangsvollstreckung ein selbstständiger Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu stellen (§§ 114-127 ZPO), denn eine bereits erfolgte Bewilligung für das Erkenntnisverfahren schließt die Zwangsvollstreckung nicht ein.
57
Einer mittellosen Partei soll die für sie nicht bezahlbare Rechtsverfolgung dennoch ermöglicht werden, um eine gegen das Sozialstaatsprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßende Schlechterstellung gegenüber einer wohlhabenden Partei zu vermeiden. Die Gewährung von PKH erfüllt den Anspruch des Bedürftigen auf Rechtsschutzgleichheit und garantiert effektiven Rechtsschutz28. Der mittellose Antragsteller wird aber nicht bessergestellt, als eine vermögende Partei, die bei der Rechtsverfolgung das Risiko eines Unterliegens mit der Folge der Kostentragungspflicht einkalkulieren muss29.
58
Dem Antrag kann nur dann entsprochen werden, wenn die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen. Deshalb hat der Antragsteller eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen. Neben der Feststellung, ob der Antragsteller vermögenslos ist oder einen Teil seines Vermögens in Form von Raten einzusetzen hat, muss der für die Entscheidung über den Antrag zuständige Rechtspfleger beim Vollstreckungsgericht vor allem prüfen, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend erfolgversprechend ist und gleichzeitig nicht mutwillig erscheint.
59
Bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten wird das Vollstreckungsgericht einen eher großzügigen Maßstab anlegen müssen. Die geforderte „hinreichende Erfolgsaussicht“ wird schon zu bejahen sein, wenn der Rechtsweg zulässig ist, und ein Erfolg zumindest denkbar ist. In der Teilungsversteigerung gegeben, wenn keine möglichen Einwendungen durch die anderen Miteigentümer ersichtlich sind30.
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Daneben darf die angestrebte Rechtsverfolgung nicht mutwillig sein. Mutwilligkeit ist dann gegeben, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher
27 28 29 30
Zöller, § 869, Rz. 1. BVerfG v. 18.12.2001 – 1 BvR 391/01, Rpfleger 2002, 212. BVerfG v. 28.1.1981 – 1 BvR 650/80, Rpfleger 1981, 184. BGH v. 15.3.2011 – V ZB 177/10, Rpfleger 2011, 547.
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§ 28
Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Weise verfolgen würde, weil das Kostenrisiko hoch und die Durchführung wirtschaftlich zwecklos erscheinen31. Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen bei der Kommentierung zu § 16 verwiesen.
II. Aufhebung und einstweilige Einstellung des Verfahrens
§ 28 [Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse] (1) Wird dem Vollstreckungsgericht ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht bekannt, welches der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht, so hat das Gericht das Verfahren entweder sofort aufzuheben oder unter Bestimmung einer Frist, binnen welcher der Gläubiger die Hebung des Hindernisses nachzuweisen hat, einstweilen einzustellen. Im letzteren Fall ist das Verfahren nach dem Ablauf der Frist aufzuheben, wenn nicht inzwischen der Nachweis erbracht ist. (2) Wird dem Vollstreckungsgericht eine Verfügungsbeschränkung oder ein Vollstreckungsmangel bekannt, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden.
A. I. II. B. I. II. III. 1. 2. IV. C. I.
II. III. D. I. 1. 2.
Allgemeiner Regelungsgehalt . . . . . Rechtsgeschichte und Zweck . . . . . . Anwendungsbereich der Norm . . . . Der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht . . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . Aus dem Grundbuch ersichtlich . . . . Nicht grundbuchersichtliche Rechte . Verfügungsbeeinträchtigungen . . . . . Ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckungshindernisse . . . . . . . . Verfahrensgang . . . . . . . . . . . . . . Beachtung eines entgegenstehenden Rechts oder Vollstreckungshindernisses . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Einstellung oder Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . Eintragung eines neuen Eigentümers . Eigentumserwerb eines Dritten . . . . Eintragung des wahren Eigentümers durch Grundbuchberichtigung . . . .
Rz. 1 1 6 9 9 10 14 14 15 16 18
18 19 23 27 27 27
II. Auflassungsvormerkung . . . . . . . . 1. Sicherungswirkung der Vormerkung 2. Vormerkung bei Anordnung bereits im Grundbuch eingetragen . . . . . . 3. Vormerkung nach Anordnung im Grundbuch eingetragen . . . . . . . . III. Sachenrechtliche Sonderformen des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . 1. Reichsheimstätte . . . . . . . . . . . . 2. Reichssiedlungsgesetz . . . . . . . . . 3. Verfügungsbeschränkung nach § 5 ErbbauRG . . . . . . . . . . . . . . 4. Wohnungs- und Teileigentum nach WEG . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Nachlassrechtliche Beschränkungen . 1. Nacherbenvermerk . . . . . . . . . . . 2. Testamentsvollstreckung . . . . . . . . 3. Nachlassverwaltung . . . . . . . . . . . V. Beschränkungen durch Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfügungsentziehung und Vollstreckungshindernis . . . . . . . . . . 2. Betreiben durch Absonderungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . .
. .
Rz. 34 34
.
37
.
39
. . .
40 40 41
.
42
. . . . .
45 48 48 52 55
.
58
.
58
.
67
32
31 BGH v. 6.7.2010 – VI ZB 31/08, NJW 2010, 3522.
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§ 28
Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Weise verfolgen würde, weil das Kostenrisiko hoch und die Durchführung wirtschaftlich zwecklos erscheinen31. Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen bei der Kommentierung zu § 16 verwiesen.
II. Aufhebung und einstweilige Einstellung des Verfahrens
§ 28 [Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse] (1) Wird dem Vollstreckungsgericht ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht bekannt, welches der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht, so hat das Gericht das Verfahren entweder sofort aufzuheben oder unter Bestimmung einer Frist, binnen welcher der Gläubiger die Hebung des Hindernisses nachzuweisen hat, einstweilen einzustellen. Im letzteren Fall ist das Verfahren nach dem Ablauf der Frist aufzuheben, wenn nicht inzwischen der Nachweis erbracht ist. (2) Wird dem Vollstreckungsgericht eine Verfügungsbeschränkung oder ein Vollstreckungsmangel bekannt, ist Absatz 1 entsprechend anzuwenden.
A. I. II. B. I. II. III. 1. 2. IV. C. I.
II. III. D. I. 1. 2.
Allgemeiner Regelungsgehalt . . . . . Rechtsgeschichte und Zweck . . . . . . Anwendungsbereich der Norm . . . . Der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht . . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . Aus dem Grundbuch ersichtlich . . . . Nicht grundbuchersichtliche Rechte . Verfügungsbeeinträchtigungen . . . . . Ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckungshindernisse . . . . . . . . Verfahrensgang . . . . . . . . . . . . . . Beachtung eines entgegenstehenden Rechts oder Vollstreckungshindernisses . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Einstellung oder Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . Eintragung eines neuen Eigentümers . Eigentumserwerb eines Dritten . . . . Eintragung des wahren Eigentümers durch Grundbuchberichtigung . . . .
Rz. 1 1 6 9 9 10 14 14 15 16 18
18 19 23 27 27 27
II. Auflassungsvormerkung . . . . . . . . 1. Sicherungswirkung der Vormerkung 2. Vormerkung bei Anordnung bereits im Grundbuch eingetragen . . . . . . 3. Vormerkung nach Anordnung im Grundbuch eingetragen . . . . . . . . III. Sachenrechtliche Sonderformen des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . 1. Reichsheimstätte . . . . . . . . . . . . 2. Reichssiedlungsgesetz . . . . . . . . . 3. Verfügungsbeschränkung nach § 5 ErbbauRG . . . . . . . . . . . . . . 4. Wohnungs- und Teileigentum nach WEG . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Nachlassrechtliche Beschränkungen . 1. Nacherbenvermerk . . . . . . . . . . . 2. Testamentsvollstreckung . . . . . . . . 3. Nachlassverwaltung . . . . . . . . . . . V. Beschränkungen durch Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfügungsentziehung und Vollstreckungshindernis . . . . . . . . . . 2. Betreiben durch Absonderungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . .
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Rz. 34 34
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31 BGH v. 6.7.2010 – VI ZB 31/08, NJW 2010, 3522.
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§ 28 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse Rz. 3. Betreiben aus Sicherungshypothek nach § 866, 867 ZPO . . . . . . . . . . . 4. Freigabe des Grundstücks aus der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . 5. Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . VI. Eintragungen in Abteilung II des Grundbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorkaufsrechte . . . . . . . . . . . . . . . 3. Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Gerichtlich oder behördlich angeordnete Verfügungsbeeinträchtigungen . . 1. Pfändung eines Gesamthandanteils . . 2. Gerichtlich angeordnetes Verfügungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschlagnahme nach §§ 111b ff. StPO 4. Veräußerungsverbot nach Bundesversorgungsrecht . . . . . . . . . . . . . VIII. Öffentlich-rechtliche Planungsverfahren und Vermerke . . . . . . . . .
72 75 77 78 78 80 82
1. 2. 3. 4. 5. IX. 1. 2. 3.
83 83 84 85 89
4. X. 1. 2. 3.
Sanierungsverfahren . . . . . . . . . . Umlegungsverfahren . . . . . . . . . . Flurbereinigung . . . . . . . . . . . . . Enteignungsverfahren . . . . . . . . . Bodenschutzlastvermerk . . . . . . . . Besonderheiten bei Grundstücken in den neuen Bundesländern . . . . . Bodensonderungsverfahren . . . . . . Vermögensrechtlicher Rückübertragungsanspruch . . . . . . . . . . . . Verfügungsverbot bei selbständigem Gebäudeeigentum . . . . . . . . . . . . Verfügungsverbot nach Flächenerwerbsverordnung . . . . . . . . . . . Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzverwirrung . . . . . . . . . . . . Eigentumsaufgabe . . . . . . . . . . . Befristung des Rechts des betreibenden Gläubigers . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
Rz. 90 91 92 95 97
. 100 . 100 . 103 . 106 . . . .
110 111 111 112
. 116
90
Literatur: Albrecht/Teifel, Auswirkungen der Wertausgleichsregelung im neuen Bundes-Bodenschutzgesetz auf die Kreditsicherung durch Grundstücke, Rpfleger 1999, 366; Becker, Die Zwangshypothek in der Insolvenz des Grundstückseigentümers, ZfIR 2015, 81; Blomeyer, Die Auflassungsvormerkung in der Zwangsversteigerung, DNotZ 1979, 515; Böttcher, Beeinträchtigungen der Verfügungsbefugnis, Rpfleger 1983, 49; Böttcher, Verfügungsentziehungen, Rpfleger 1983, 187; Böttcher, Verfügungsbeschränkungen, Rpfleger 1984, 377; Böttcher, Verfügungsverbote, Rpfleger 1985, 381; Böttcher, Zwangshypothek und Insolvenzeröffnung, NotBZ 2007, 86; Ebeling, Verfügungsverbot bei Flurbereinigung und Zwangsversteigerung, Rpfleger 1987, 232; Engels, Altlasten in der Zwangsversteigerung und in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2010, 557; Hintzen, Änderungen zum Zwangsversteigerungsgesetz, Rpfleger 1998, 148; Hornung, Zur Aufhebung des Reichsheimstättengesetzes, Rpfleger 1994, 277; Jursnik, Veräußerung von Grundbesitz nach Anordnung der Zwangsversteigerung, MittBayNot 1999, 125; Jursnik, Störungen der Vertragsabwicklung durch Anordnung der Zwangsversteigerung nach Beurkundung des Kaufvertrages, MittBayNot 1999, 433; Keller, Grundstücksrechte der ehemaligen DDR in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1992, 501; Keller, Zwangshypothek und Gesamtvollstreckung, Rpfleger 1997, 45; Keller, Die Umsetzung der Rückschlagsperre des § 88 InsO im Grundbuchverfahren, ZIP 2000, 1324; Keller, Der Nachweis der Tatbestandsvoraussetzungen des § 88 InsO im Grundbuchverfahren, ZfIR 2006, 499; Keller, Die Wirkungen der Rückschlagsperre des § 88 InsO auf die Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO, ZIP 2006, 1174; Keller, Altlastensanierung durch den Zwangsverwalter bei gleichzeitiger Insolvenz des Grundstückseigentümers, Rpfleger 2010, 568; Keller, Die Rückschlagsperre nach § 88 InsO – eine überflüssige Vorschrift, ZIP 2018, 2156; Klawikowski, Die Grundstücksversteigerung bei Vor- und Nacherbschaft, Rpfleger 1998, 100; Kohler, Rang konvaleszierender Sicherungshypotheken im Fall des § 88 InsO, ZIP 2015, 1471; Limmer, Das Restitutionsverfahren als ein die Zwangsversteigerung hinderndes Recht?, VIZ 1994, 516; Nicola, Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – weitgehende Abschaffung der zivilrechtlichen Arreste im Kapitalanlagenrecht?, WM 2017, 2141; Muth, Belastungsbeschränkung des Erbbaurechts, Rpfleger 1991, 441; Reinke, Eigentümerzustimmung in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts, Rpfleger 1990, 498; Savini, Das von unbekannte Vollstreckungsverbot nach § 111h Absatz 2 StPO n.F., Rpfleger 2018, 177; Schmidt, Das Grundstück in der Zwangsversteigerung – die Auswirkungen auf bestehende Kaufverträge, Besonderheiten bei deren Gestaltung, BWNotZ 1992, 35; Seifert, § 765a ZPO im Verfahren der Räumungsvollstreckung und der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2015, 237; Sorge, Das Bundes-Bodenschutzgesetz und seine Auswirkungen auf den Grundstückskaufvertrag, MittBayNot 1999, 232; Stöber, Vorkaufsrechte in der Zwangsversteigerung, NJW 1988, 3121; Streuer, Verfügungsbeschränkungen und Eigentumsvormerkung in der Zwangsversteigerung des Grundstücks, Rpfleger 2000, 357; Wolf, Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, Rpfleger 2017, 489.
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Keller
Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 5 § 28
A. Allgemeiner Regelungsgehalt I. Rechtsgeschichte und Zweck Die Vorschrift steht innerhalb des 2. Titels des ersten Abschnitts des ZVG zusammen mit weiteren Vorschriften betreffend die Aufhebung und einstweilige Einstellung des Verfahrens bis zu deren Folgen im Hinblick auf Zuschlagserteilung (§ 33) oder Löschung des Versteigerungsvermerks (§ 34).1 Systematisch steht § 28 nicht im Zusammenhang mit der Aufhebung des Verfahrens auf Antragsrücknahme des betreibenden Gläubigers (§ 29), der einstweiligen Einstellung auf seine Bewilligung (§ 30) oder der einstweiligen Einstellung auf Antrag des Schuldners (§§ 30a ff.) oder des Insolvenzverwalters (§§ 30d ff.).2 Sie ist vielmehr Ausdruck des Amtsbetriebs des Zwangsversteigerungsverfahrens, bei welchem das Vollstreckungsgericht zu jeder Zeit selbständig entgegenstehende Rechte des Verfahrens oder Vollstreckungshindernisse zu beachten hat. Systematisch steht die Vorschrift eher in Verbindung mit den §§ 15 ff. betreffend die Anordnung der Zwangsversteigerung und die Einhaltung der Verfahrensvoraussetzungen, die während der gesamten Dauer des Verfahrens zu beachten sind. Hinsichtlich grundbuchersichtlicher Hindernisse kann sie auch als Korrektiv zu § 17 Abs. 1 gesehen werden, wonach zur Anordnung der Zwangsversteigerung lediglich die Eintragung des Schuldners als Eigentümer im Grundbuch nachzuweisen ist, Hindernisse insbesondere aus Abteilung II des Grundbuchs aber noch nicht erkennbar sein müssen (eingehend § 17 Rz. 12 ff.). Diese ergeben sich mitunter aus dem nach Anordnung beizuziehenden Grundbuchinhalt oder späteren Grundbuchmitteilungen nach § 19.
1
Zweck der Vorschrift ist die Sicherung der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens sowie eines 2 schlanken Verfahrensablaufs, indem das Vollstreckungsgericht entgegenstehende Rechte von Amts wegen berücksichtigt, insbesondere wenn sie grundbuchersichtlich sind.3 § 28 Abs. 1 ordnet an, dass das Verfahren bei behebbaren Mängeln bis zu deren Beseitigung einstweilen einzustellen ist, bei nicht behebbaren Mängeln dagegen die Aufhebung zu erfolgen hat. Die Wahl dieser Maßnahmen steht nicht im Ermessen des Vollstreckungsgerichts, sondern ergibt sich sachlich aus dem im Einzelfall vorliegenden Hindernis (eingehend Rz. 18 ff.). Selbstverständlich hat das Vollstreckungsgericht bei einem nicht behebbaren Hindernis das Verfahren auch nicht sofort aufzuheben, sondern dem betreibenden Gläubiger vorher rechtliches Gehör zu gewähren, auch wenn dieser die Verfahrensaufhebung im Ergebnis nicht verhindern kann (Rz. 24).4
3
Bei entgegenstehenden Rechten, die nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind, ist § 28 Abs. 1 von dem Hinweis aus § 37 Nr. 5 abzugrenzen, wonach der Berechtigte eines nicht grundbuchersichtlichen entgegenstehenden Rechtes selbst für die Wahrung seines Rechtes sorgen muss (eingehend § 37 Rz. 27).5
4
Absatz 2 wurde eingefügt durch Gesetz vom 18. Februar 1998 (BGBl. I S. 866) mit Wirkung vom 1. August 1998.6 Hinsichtlich der Berücksichtigung von Verfügungsbeeinträchtigungen oder Vollstreckungshindernissen hat der Absatz nur klarstellende Bedeutung, denn Mängel in den Vollstreckungsvoraussetzungen oder insbesondere Vollstreckungshindernisse des § 775
5
1 Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 1 ff. 2 Nußbaum, Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, § 9 III.: „Die Wege dahin sind vielfältig und verworren.“ 3 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 1, 6 mit Zitierung der Denkschrift zum ZVG; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 2. 4 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 81; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 43. 5 Zu allgemein Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 4. 6 Dazu Hintzen, Rpfleger 1998, 148.
Keller
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§ 28 Rz. 5 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse ZPO hat nach allgemeinem Vollstreckungsrecht das Vollstreckungsorgan zu jeder Zeit des Verfahrens zu beachten.7 Eine Amtsermittlungspflicht besteht aber nicht.8
II. Anwendungsbereich der Norm 6
§ 28 gilt für alle Versteigerungsverfahren des Zwangsversteigerungsgesetzes, auch für die Versteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters (§§ 172 ff.). § 28 gilt auch in der Teilungsversteigerung nach § 180 ff.
7
§ 28 findet auch in der Zwangsverwaltung Anwendung (§ 161 Abs. 4).9
8
§ 28 ist für jeden betreibenden Gläubiger selbständig zu beurteilen. Es können sich Verfahrenshindernisse gegenüber allen betreibenden Gläubigern auswirken oder auch nur gegen einzelne. Dies ist Frage des Einzelfalles.
B. Der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht I. Begriffsbestimmung 9
Ein dem Verfahren entgegenstehendes Recht ist gegeben, wenn eine Rechtslage bereits bei Anordnung des Verfahrens gegeben war oder während des Verfahrens Eintritt, durch welche die Verfahrensdurchführung als solche rechtswidrig ist oder wird.10 Dies liegt vor, wenn das Recht eines Dritten in seiner Existenz oder seiner Durchsetzung durch das Zwangsversteigerungsverfahren behindert wird und der Dritte dieser Behinderung nicht dulden muss.11 Insoweit besteht eine Parallele zu § 771 ZPO.12 Dies muss je nach Einzelfall bestimmt werden (eingehend Rz. 27 ff.).
II. Aus dem Grundbuch ersichtlich 10
§ 28 Abs. 1 Satz 1 nennt an erster und wichtigster Stelle den Fall, nach welchem das entgegenstehende Recht aus dem Grundbuch ersichtlich ist. Das Vollstreckungsgericht hat ein solches grundbuchersichtliches Recht von Amts wegen zu berücksichtigen.13 Kenntnis von einem grundbuchersichtlichen Recht erhält das Vollstreckungsgericht nach Übersendung des Grundbuchblattes durch das Grundbuchamt nach § 19 Abs. 2 Satz 1 beziehungsweise Einsicht in das elektronische Grundbuch und nach Übersendung der Grundakte nach § 19 Abs. 2 Satz 2. Es ist nicht maßgeblich, dass das Recht im Zeitpunkt der Eintragung des Versteigerungsvermerks im Grundbuch eingetragen gewesen sein muss, § 45 Abs. 1 ist hier nicht anwendbar.14 Bei
7 Ganz allgemeine Ansicht, statt aller Stein/Jonas/Münzberg, § 775 ZPO Rz. 3; Zöller/Seibel, Vor § 704 Rz. 20, § 775 Rz. 9; Keller/Rellermeyer, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.499. 8 LG Bonn, Beschl. v. 11.11.2014 – 6 T 293/14 (nicht veröffentlicht). 9 AG Vaihingen, Beschl. v. 2.3.2016 – L 2/15, ZfIR 2016, 368 (LS); Böttcher/Keller, § 146 ZVG Rz. 24. 10 RG, Urt. v. 21.3.1927 – V 381/26 RGZ 116, 363, 366 (Besitz des Käufers als Recht i.S.d. § 771 ZPO); BGH, Urt. v. 11.11.1970 – VIII ZR 242/68, BGHZ 55, 20, 26 (Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers); Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 9; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 4; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 8. 11 Böttcher, § 28 ZVG Rz. 2. 12 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 10; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 4. 13 Grundlegend Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 5 Rz. 64 ff. 14 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 6, 13; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 4; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 6.
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Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 15 § 28
später eingetragenen entgegenstehenden Rechten erlangt das Vollstreckungsgericht Kenntnis durch die Eintragungsmitteilung des Grundbuchamtes nach § 19 Abs. 4 (§ 55 GBO). Zu unterscheiden ist, ob das grundbuchersichtlich entgegenstehende Recht selbst erst mit Grundbucheintragung entsteht oder ob die Grundbucheintragung nur deklaratorisch wirkt:
11
– Wird das entgegenstehende Recht erst mit Grundbucheintragung wirksam, muss es dem betreibenden Gläubiger gegenüber wirksam sein, um nach § 28 Abs. 1 beachtet werden zu können; es muss mithin der Beschlagnahme gegenüber wirksam sein.15 Bestes Beispiel hierfür ist das Eigentum eines Dritten am Versteigerungsobjekt (Rz. 27 ff.).
12
– Ist das entgegenstehende Recht ohne Grundbucheintragung wirksam und ist diese nur deklaratorisch, ist es nach § 28 Abs. 1 stets zu berücksichtigen. Ob das Verfahrenshindernis im Einzelfall durch den betreibenden Gläubiger beseitigt werden kann, ist im Rahmen der Entscheidung zu prüfen, ob eine einstweilige Einstellung des Verfahrens oder Verfahrensaufhebung zu erfolgen hat (Rz. 19 ff.). Typischer Fall ist hier die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners mit der kraft Gesetzes eintretenden Verfügungsentziehung nach § 80 InsO und dem Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO gegenüber Insolvenzgläubigern (Rz. 58 ff.).
13
III. Nicht grundbuchersichtliche Rechte 1. Verfügungsbeeinträchtigungen Als weitere zu beachtende entgegenstehende Hindernisse nennt § 28 Abs. 2 Verfügungsbeschränkungen und Vollstreckungsmängel. Terminologisch richtiger ist der Begriff der Verfügungsbeeinträchtigung,16 der auch Verfügungsentziehungen und lediglich relativ wirkende Verfügungsverbote erfasst. Verfügungsbeeinträchtigungen müssen nicht in jedem Fall grundbuchersichtlich sein.17 Beispielsweise werden gesetzliche Verbote im Sinne des § 134 BGB, die oft auch als absolute Verfügungsbeschränkungen bezeichnet werden, nicht in das Grundbuch eingetragen.18 Beispiel ist hier die gesetzliche Veräußerungsbeschränkung von selbständigem Gebäudeeigentum und Grundstück nach § 78 SachenRBerG, die auch für die Zwangsversteigerung gilt und vom Vollstreckungsgericht zu beachten ist (Rz. 106 ff.).
14
2. Ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht Ein nicht aus dem Grundbuch ersichtliches, der Versteigerung entgegenstehendes Recht eines Dritten, ist dagegen nicht nach § 28 zu berücksichtigen. Hier hat der Dritte selbst sein entgegenstehendes Recht nach § 771 ZPO bis zur Erteilung des Zuschlags geltend zu machen, widrigenfalls das Recht erlischt und der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes tritt.19 Der Dritte wird bei der Bekanntmachung des Versteigerungstermins hierauf hingewiesen (§ 37 Nr. 5), gegebenenfalls hat er über § 771 Abs. 3 mit § 769 ZPO die einstweilige Einstellung des Verfahrens zu bewirken (eingehend § 37 Rz. 27 ff.).20 15 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 13, 14. 16 Grundlegend hierzu Meikel/Böttcher, Nach § 20 GBO Rz. 9 ff., 24 ff.; Böttcher, Rpfleger 1983, 49; ders., Rpfleger 1983, 187; ders., Rpfleger 1984, 377; ders., Rpfleger 1985, 381. 17 Depré/Popp, § 28 ZVG Rz. 6; Meikel/Böttcher, Anhang zu §§ 19, 20 GBO Rz. 61 ff.; Kohler in Bauer/v. Oefele, AT VIII Rz. 14 ff.; KEHE/Keller, Einl. § 9 Rz. 3, 13 ff. 18 Eingehend Armbrüster in Münchener Kommentar, § 134 BGB Rz. 30 ff.; zur Grundbucheintragung KEHE/Keller, Einl. § 9 Rz. 19. 19 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 188. 20 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 123 ff. (durch § 28 Abs. 2 ZVG teilweise überholt); Böttcher, § 28 ZVG Rz. 47; Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.661 ff.
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15
§ 28 Rz. 16 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
IV. Vollstreckungshindernisse 16
Ein Vollstreckungsmangel – oder terminologisch zutreffender: ein Vollstreckungshindernis – ist vom Vollstreckungsgericht als Vollstreckungsorgan zu beachten, sobald es von diesem Kenntnis hat, § 28 Abs. 2 hatte insoweit nur deklaratorische Bedeutung.
17
In Betracht kommen wesentlich die Vollstreckungshindernisse des § 775 ZPO, die je nach Tatbestand zu einer einstweiligen Einstellung des Verfahrens oder einer Verfahrensaufhebung führen.21 Ist das Vollstreckungshindernis erst nach Anordnung der Zwangsversteigerung entstanden, gilt hierfür § 776 ZPO.22 Lag das Vollstreckungshindernis bereits bei Anordnung der Zwangsversteigerung vor und ist es dem Vollstreckungsgericht erst später zur Kenntnis gelangt, ist das Verfahren stets aufzuheben, da es objektiv wegen des Vollstreckungshindernisses nicht hätte angeordnet werden dürfen, § 776 ZPO findet hier keine Anwendung.23 Der Verfahrensaufhebung kann eine einstweilige Einstellung mit der Aufforderung an den betreibenden Gläubiger vorausgehen, den Wegfall des Vollstreckungshindernis nachzuweisen.24
C. Verfahrensgang I. Beachtung eines entgegenstehenden Rechts oder Vollstreckungshindernisses 18
Das Vollstreckungsgericht stellt hinsichtlich entgegenstehende Rechte oder Verfahrenshindernisse keine eigenen Ermittlungen an, hat aber bei entsprechender Kenntnis selbständig hierauf zu reagieren und tätig zu werden.
II. Einstweilige Einstellung oder Aufhebung 19
Die in § 28 Abs. 1 Satz 1 vorgegebenen Alternativen zwischen einstweiliger Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens stehen nicht im Ermessen des Vollstreckungsgerichts.25 Ob im Einzelfall eine Aufhebung des Verfahrens erfolgen muss oder eine einstweilige Einstellung bis zur Behebung eines Verfahrensmangels, hängt von der Art des jeweiligen Hindernisses ab und steht weder in der Disposition des Vollstreckungsgerichts noch des betreibenden Gläubigers.
20
Eine scheinbare Wahlmöglichkeit zwischen einstweiliger Einstellung und Aufhebung besteht dann, wenn unsicher ist, ob ein Verfahrenshindernis tatsächlich noch besteht und der Gläubiger den Wegfall nachweisen könnte. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn im Grundbuch noch einen Insolvenzvermerk (§ 32 InsO) eingetragen ist, der persönlich betreibende Gläubiger jedoch nachweisen könnte, dass das Insolvenzverfahren ohne Verwertung des Grundstücks beendet ist und damit das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO weggefallen ist (denkbar etwa bei Einstellung mangels Masse nach § 207 InsO).
21
Zu beachten ist, dass mit der Aufhebung des Verfahrens die Beschlagnahmewirkung zu Gunsten des betreibenden Gläubigers endet, während diese bei einstweiliger Einstellung zunächst erhalten bleibt. Daher hat das Vollstreckungsgericht mit einstweiliger Einstellung des Verfah-
21 Ausführlich Keller/Rellermeyer, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.499 ff. 22 Zöller/Geimer, ZPO, § 775 Rz. 10, § 776 Rz. 1. 23 BGH, Urt. v. 27.6.1957 – III ZR 51/56, BGHZ 25, 60 (Wirksamkeit Anordnung § 775 Nr. 2 ZPO); ausdrücklich Zöller/Geimer, ZPO, § 775 Rz. 13. 24 Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 46. 25 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 78; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 32; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 37.
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Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 27 § 28
rens dem betreibenden Gläubiger die Möglichkeit zu geben, den Wegfall des Verfahrenshindernisses nachzuweisen. In jedem Fall ist dem betreibenden Gläubiger vor der Verfahrensaufhebung rechtliches Gehör zu gewähren, auch wenn eine Beseitigung des Verfahrensmangels durch den Gläubiger oder ein Nachweis des Wegfalls a priori nicht möglich ist.26
22
III. Beschluss Die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts ergeht in jedem Fall durch Beschluss.27 Beschließt das Gericht die Aufhebung des Verfahrens, hat es dies zu begründen. Stets empfehlenswert ist die Anordnung, dass die Wirksamkeit der Entscheidung erst mit Rechtskraft eintritt, so dass die Beschlagnahmewirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung erhalten bleibt und nicht bereits mit Wirksamkeit des Beschlusses durch Bekanntgabe an den Betroffenen eintritt.28
23
Bei Anordnung der einstweiligen Einstellung hat das Vollstreckungsgericht dem betreiben- 24 den Gläubiger unter Fristsetzung die Behebung des Verfahrenshindernisses aufzugeben und anzugeben, wie dies im Einzelfall erfolgen kann. Die Behebungsfrist kann durch das Vollstreckungsgericht verlängert werden.29 Wird das Hindernis behoben, wird das Verfahren von Amts wegen fortgesetzt, § 31 ist nicht anzuwenden. Es wird empfohlen, dies durch Fortsetzungsbeschluss festzustellen.30 Wird das Hindernis nicht fristgerecht behoben, ist das Verfahren durch Beschluss aufzuheben. Auch hier ist die Anordnung, dass die Beschlagnahmewirkung erst mit Rechtskraft der Entscheidung entfallen soll, ratsam, da der betreibende Gläubiger im Beschwerdeverfahren die Behebung des Hindernisses noch nachweisen kann (§ 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
25
Gegen den Aufhebungsbeschluss wie auch den Einstellungsbeschluss ist seitens des betrei- 26 benden Gläubigers die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO statthaft. Dies gilt auch dann, wenn dem Gläubiger vor Erlass des Aufhebungsbeschlusses kein rechtliches Gehör gewährt wurde.31 Der Schuldner ist bei Aufhebung oder einstweiliger Einstellung des Verfahrens regelmäßig nicht beschwert und damit nicht beschwerdebefugt.
D. Einzelfälle I. Eintragung eines neuen Eigentümers 1. Eigentumserwerb eines Dritten Erfolgt nach Anordnung aber vor Beschlagnahme der Eigentumserwerb eines Dritten, steht dieser gegenüber einem persönlich betreibenden Gläubiger nach § 28 entgegen, das Verfahren ist aufzuheben.32 Das Verfügungsverbot zu Gunsten des Gläubigers aus § 23 tritt erst mit wirksamer Beschlagnahme nach § 22 ein. Gegenüber einem dinglich betreibenden Gläubiger liegt eine Rechtsnachfolge auf Schuldnerseite vor, die über §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO nachzuvollzie26 27 28 29 30 31 32
Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 81; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 43. Muster bei Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 182, 86; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 36. Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 80; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 39. Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 27; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 40. Böttcher, § 28 ZVG Rz. 40. Etwas unklar zu § 766 ZPO Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 46. Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 17 ff.; Böttcher, § 26 ZVG Rz. 3.
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§ 28 Rz. 27 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse hen ist. Das Verfahren ist einstweilen einzustellen mit der Auflage an den Gläubiger, Rechtsnachfolgeklausel und Zustellungsnachweis beizubringen.33 28
Ob der Eigentumserwerb eines Dritten nach Anordnung der Zwangsversteigerung ein entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28 ist, hängt von der Wirksamkeit des Eigentumserwerbs gegenüber dem betreibenden Gläubiger ab:34
29
– Für den dinglich betreibenden Gläubiger gilt § 26, wonach der Eigentumserwerb eines Dritten den Verfahrensfortgang nicht hindert, es ist auch keine Titelumschreibung und -zustellung nach §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO erforderlich. Ist der Eigentumserwerb dem dinglichen Gläubiger gegenüber nach § 878 oder § 892 BGB wirksam, hat dies der neue Eigentümer durch Klage nach § 771 ZPO geltend zu machen (eingehend § 26 Rz. 16).
30
– Für den persönlich betreibenden Gläubiger gilt gleiches; der Eigentumserwerb ist dem persönlich betreibenden Gläubiger gegenüber relativ unwirksam (§ 23, §§ 135, 136 BGB). Eine Wirksamkeit nach § 878 oder § 892 BGB ist durch Klage nach § 771 ZPO geltend zu machen.35 Nach anderer Ansicht soll das Vollstreckungsgericht durchaus in der Lage und verpflichtet sein, die Voraussetzungen von § 878 BGB oder § 892 BGB zu prüfen. Es soll dann entsprechend § 28 das Verfahren einstweilen eingestellt werden mit Fristsetzung zur Beibringung einer Entscheidung nach §§ 771, 769 ZPO.36 Diese Anwendung des § 28 ist aber systemwidrig: Die einstweilige Einstellung nach § 28 Abs. 1 Satz 1 ist dafür konzipiert, dem betreibenden Gläubiger die Beschlagnahmewirkung zu erhalten, bis er entgegenstehende Rechte beseitigt oder Hindernisse ausgeräumt hat. Es ist nicht Zweck der einstweiligen Einstellung, Gelegenheit für die Beibringung eines Hindernisses zu geben. Im Übrigen hätte die Fristsetzung keinerlei Präklusionswirkung. Unabhängig von der einstweiligen Einstellung durch das Vollstreckungsgericht nach § 28 kann jederzeit die Anordnung nach § 769 ZPO beigebracht werden, die als Vollstreckungshindernis nach § 775 Nr. 2 ZPO eine einstweilige Einstellung des Verfahrens zur Folge hat.
31
War der Eigentumserwerb durch Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert, bestimmt sich die Anwendung nach § 28 in Bezug auf die Vormerkung. 2. Eintragung des wahren Eigentümers durch Grundbuchberichtigung
32
Erfolgt die Eintragung des Dritten als Eigentümer im Wege der Grundbuchberichtigung, ist dieses Eigentum entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28 schon deshalb, weil mit der Grundbuchberichtigung feststeht, dass der Vollstreckungsschuldner nicht Eigentümer des Grundstücks ist. Es fehlt an einem Vollstreckungstitel gegen den jetzt eingetragenen wahren Eigentümer.37 Das Verfahren des persönlich betreibenden Gläubigers ist daher aufzuheben.38 Das Verfahren des dinglich betreibenden Gläubigers ist einstweilen einzustellen; dem Gläubiger ist Gelegenheit zu geben, seinen Duldungstitel gegen den jetzt eingetragenen Eigentümer umschreiben zu lassen (§§ 727, 750 Abs. 2 ZPO). Die Frage, ob zu Gunsten des Gläubigers § 1148 BGB gilt, ist zwischen diesem und dem Eigentümer im Zivilprozess zu klären.39
32a
Ist Schuldner der Zwangsvollstreckung eine Kapitalgesellschaft oder eine Personengesellschaft und wurde diese durch formwechselnde Umwandlung in eine Gesellschaft bürgerlichen 33 OLG Hamm, Beschl. v. 18.12.1989 – 5 W 123/89, Rpfleger 1990, 215; Böttcher, § 26 ZVG Rz. 3; Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, § 5 II. 1. 34 Varianten dargestellt bei Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 18 ff.; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 7 ff. 35 Steiner/Teufel, § 23 ZVG Rz. 34, § 26 Rz. 16; Stöber/Keller, § 26 ZVG Rz. 5, Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 4. 36 Böttcher, § 26 ZVG Rz. 5; Eickmann/Böttcher, § 9 IV. 2b. 37 Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 11. 38 Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 11. 39 Eingehend Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 11.
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Rz. 34 § 28
Rechts umgewandelt, bedarf es für eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück keiner titelergänzenden Klausel nach § 727 ZPO und damit keiner Einstellung nach § 28. Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung können auf Grund eines auf die im Grundbuch eingetragene Gesellschaft lautenden Titels angeordnet und fortgesetzt werden, wenn die Umwandlung zwar im Handelsregister eingetragen, im Grundbuch aber nicht durch eine berichtigende Eintragung nach § 47 Abs. 2 GBO nachvollzogen worden ist.40 Erfolgt die Grundbuchberichtigung nach § 35 GBO, etwa weil der im Grundbuch eingetragene Eigentümer (Vollstreckungsschuldner) tatsächlich nicht Erbe des vormaligen Eigentümers ist, gilt grundsätzlich das Gleiche. War hier das Recht des dinglich betreibenden Gläubigers bereits vor dem Erbfall im Grundbuch eingetragen, ist die Titelumschreibung nach §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO regelmäßig nicht problematisch. Der persönlich betreibende Gläubiger könnte eine Titelumschreibung erlangen, wenn sein Vollstreckungstitel ursprünglich gegen den Erblasser lautete und er damit Nachlassgläubiger ist. Das Verfahren ist daher einstweilen einzustellen mit der Aufgabe an den Gläubiger, eine Titelumschreibung gegen den jetzt wahren Erben und Eigentümer herbeizuführen. Hat der Gläubiger seinen Titel unmittelbar gegen den Scheinerben erwirkt – als dessen Privatgläubiger oder auch als Nachlassgläubiger -, scheidet eine Titelumschreibung aus.
33
II. Auflassungsvormerkung 1. Sicherungswirkung der Vormerkung Die Auflassungsvormerkung oder auch Eigentumsvormerkung41 ist kein der Versteigerung entgegenstehendes Recht.42 Sie ist besonders geartetes Sicherungsmittel für einen schuldrechtlichen Anspruch, der auf dingliche Rechtsänderung gerichtet ist, in der Weise, dass sie für den Anspruch eine dingliche Gebundenheit des betroffenen Grundstücks oder Rechts beinhaltet.43 Der Vormerkungsberechtigte hat einen Beseitigungsanspruch gegen denjenigen, welcher dem Vormerkungsberechtigten gegenüber relativ unwirksam ein Recht erworben hat (§§ 888, 883 Abs. 2 BGB). Die Sicherungswirkung der Vormerkung bleibt nach Eigentumsumschreibung auch dann erhalten, wenn die Vormerkung mit Eigentumsumschreibung gelöscht wird,44 wobei üblicherweise die Löschung nur unter der grundbuchverfahrensrechtlich beachtlichen Bedingung beantragt wird, dass nach Eintragung der Vormerkung keine Rechte in das Grundbuch eingetragen worden sind, deren Eintragung der Vormerkungsberechtigte nicht zugestimmt hat.45 Bei der Versteigerung von Wohnungs- oder Teileigentum stellt die Vormerkung insbesondere gegenüber den (vorrangigen) Ansprüchen aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 kein entgegenstehendes Recht dar.46 Sie ist nach § 48 im geringsten Gebot zu berücksichtigen und erlischt, wenn sie dem betreibenden Gläubiger im Range nachgeht. 40 BGH, Beschl. v. 14.1.2016 – V ZB 148/14, Rpfleger 2016, 494 = ZIP 2016, 765 = ZfIR 2016, 414 m. Anm. Keller. 41 Staudinger/Gursky, § 883 BGB Rz. 120, 124, 191 ff.; Schöner/Stöber, Rz. 1489b. 42 BGH, Urt. v. 28.10.1966 – V ZR 11/64, BGHZ 46, 124; Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 16; sehr eingehend Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 12 ff.; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 4 ff.; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 15; Depré/Popp, § 28 ZVG Rz. 9; Blomeyer, DNotZ 1979, 515; Streuer, Rpfleger 2000, 357. 43 Grundlegend BGH, Urt. v. 15.12.1972 – V ZR 76/71, BGHZ 60, 46, 49; BayObLG, Beschl. v. 21.11.1973 – 2 Z 43/73, BayObLGZ 1973, 309, 312 = Rpfleger 1974, 65; Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 883 Rz. 135 ff.; Kohler in Münchener Kommentar, BGB, § 883 Rz. 5 ff. 44 BGH, Urt. v. 15.12.1972 – V ZR 76/71, BGHZ 60, 46; Steiner/Teufel, § 26 ZVG Rz. 13; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 11; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 6. 45 Schöner/Stöber, Rz. 1539, 1540. 46 BGH, Urt. v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = ZIP 2013, 2122, dazu EWiR 2013, 265 (Kesseler) = NJW 2013, 3515 m. Anm. Herrler = NZI 2013, 997 = ZfIR 2013, 806 m. Anm. Becker = Rpfleger 2014, 31 = MittBayNot 2014, 239 m. Anm. Kreuzer; BGH, Beschl. v. 9.5.2014 – V ZB
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§ 28 Rz. 35 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse 35
Dies gilt ebenso für die Vormerkung zur Sicherung eines bedingten, befristeten oder auch eines künftigen Anspruchs, praktisch bedeutsam vor allem bei sogenannten Rückauflassungsvormerkungen zur Sicherung von künftigen oder bedingten Rückübertragungsansprüchen. Die Vormerkung, die einen lediglich künftigen Anspruch sichert (§ 883 Abs. 1 Satz 2 BGB), entsteht materiell rechtlich jedoch erst mit Entstehen des künftigen Anspruchs selbst.47
36
Im Hinblick auf § 28 Abs. 1 ist zwar nicht die Auflassungsvormerkung das entgegenstehende Recht sondern der durch sie gesicherte Eigentumserwerb des Vormerkungsberechtigten (Rz. 27 ff.). Unter Beachtung der Sicherungswirkung der Vormerkung ist aber entscheidend, ob der neue Eigentümer die Anordnung der Zwangsversteigerung gegen sich gelten lassen muss. 2. Vormerkung bei Anordnung bereits im Grundbuch eingetragen
37
Ist die Vormerkung bei Anordnung der Zwangsversteigerung bereits im Grundbuch eingetragen, ist die Anordnung der Zwangsversteigerung dem Vormerkungsberechtigten gegenüber relativ unwirksam (§ 883 Abs. 2 Satz 2 BGB), wenn das Recht, aus welchem die Zwangsversteigerung betrieben wird, der Vormerkung gegenüber relativ unwirksam ist. Bei einem persönlich betreibenden Gläubiger ist dies regelmäßig der Fall, beim dinglich betreibenden Gläubiger ist die Wirksamkeit des Grundpfandrechts gegenüber der Vormerkung entscheidend. Ist das Grundpfandrecht der Vormerkung gegenüber unwirksam (nachrangig), ist das Verfahren nach § 28 aufzuheben und ein Zuschlag zu versagen (§ 33).48 Ist das Grundpfandrecht dagegen der Vormerkung gegenüber wirksam (vorrangig), wird das Verfahren fortgesetzt. Streitig ist allein, ob gegenüber dem neuen Eigentümer eine Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO mit neuerlicher Zustellung nach § 750 Abs. 2 ZPO erteilt werden muss49 oder ob das Verfahren dem Rechtsgedanken des § 779 ZPO entsprechend ohne weiteres fortgesetzt wird.50
38
Das Verfahren des persönlich betreibenden Gläubigers ist in jedem Fall aufzuheben, ein möglicher Zuschlag ist zu versagen.51 Bereits vor Eigentumsumschreibung kann der Vormerkungsberechtigte nach § 888 BGB gegen den betreibenden Gläubiger die Rücknahme des Versteigerungsantrags verlangen.52 3. Vormerkung nach Anordnung im Grundbuch eingetragen
39
Wird nach Anordnung und Beschlagnahme der Zwangsversteigerung eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen, ist diese regelmäßig dem betreibenden Gläubiger gegenüber relativ unwirksam (§ 23, §§ 135, 136 BGB), insbesondere auch dem persönlich betreibenden Gläubiger.53 Sie kann schon deshalb kein entgegenstehendes Recht sein.
47 48 49 50 51 52 53
123/13, BGHZ 201, 157 = NJW 2014, 2445 = ZIP 2014, 1895 m. Anm. Reymann = ZfIR 2014, 654 m. Anm. Schneider = Rpfleger 2014, 613 = MittBayNot 2015, 39. Allgemein Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 883 Rz. 182, 193 ff. LG Trier, Beschl. v. 22.11.1999 – 6 T 100/99, Rpfleger 2000, 286; Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 16; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 8; eingehend Jursnik, MittBayNot 1999, 433. OLG Hamm, Beschl. v. 4.5.1984 – 15 W 136, 137/84, MDR 1984, 947 = Rpfleger 1984, 426; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 9; Böttcher in Anm. zu BGH, Beschl. v. 15.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 = NJW 2007, 2993 = BGH ZfIR 2007, 549. BGH, Beschl. v. 15.1.2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 = NJW 2007, 2993 = BGH ZfIR 2007, 549 m. Anm. Böttcher; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 11. LG Frankenthal, Beschl. v. 30.5.1985 – 1 T 138/85, Rpfleger 1985, 371; Jursnik, MittBayNot 1999, 433, 436. Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 7; Schmidt, BWNotZ 1992, 35. Böttcher, § 28 ZVG Rz. 5; Jursnik, MittBayNot 1999, 125.
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Rz. 44 § 28
III. Sachenrechtliche Sonderformen des Eigentums 1. Reichsheimstätte Die Reichsheimstätte ist mit Gesetz vom 17. Juni 1993 (BGBl. I S. 912) mit Wirkung zum 1. Oktober 1993 aufgehoben. Beschränkungen der Immobiliarvollstreckung sind mit Ablauf des 31. Dezember 1998 weggefallen. Ein Reichsheimmstättenvermerk ist nach 1. Januar 1999 im Grundbuch von Amts wegen als gegenstandslose Eintragung zu löschen.54
40
2. Reichssiedlungsgesetz Vollstreckungsrechtliche Beschränkungen des Reichssiedlungsgesetzes vom 11. August 1919 (RGBl. I S. 1419) sind bereits mit Wirkung zum 1. Januar 1962 entfallen.55 Dies gilt auch für das Vorkaufsrecht, das dem Siedlungswerk bis dato zustand und bei Zuschlagserteilung (bis 31. Dezember 1962) zu beachten war.56
41
3. Verfügungsbeschränkung nach § 5 ErbbauRG Die im Erbbaugrundbuch eingetragene Belastungs- und Veräußerungsbeschränkung des § 5 ErbbauRG gilt nach § 8 ErbbauRG auch bei Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung, soweit dieser Fall nicht ausdrücklich von der Zustimmungspflicht ausgenommen ist. §§ 5, 8 ErbbauRG hindern nicht die Verfahrensanordnung sondern machen die Zuschlagserteilung von der Zustimmung des Grundstückseigentümers abhängig (dazu § 87 Rz. 144).57
42
Wurde das dingliche Recht, aus welchem die Zwangsversteigerung betrieben wird, entgegen § 5 ErbbauRG in das Grundbuch eingetragen, hat der Grundstückseigentümer mit Klage nach § 771 ZPO gegen die Vollstreckung vorzugehen.58 Für das Vollstreckungsgericht besteht keine Veranlassung zu einstweiliger Einstellung des Verfahrens, da es nach dem Inhalt des Grundbuchs von der Wirksamkeit des Rechts auszugehen hat.59 Einstweilige Einstellung erfolgt, wenn die Anordnung nach § 771 Abs. 3 mit § 769 ZPO vorgelegt wird.
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Bei einem persönlich betreibenden Gläubiger soll nach den Absätzen des § 5 ErbbauRG zu unterscheiden sein:60 Ist nur die Veräußerungsbeschränkung des § 5 Abs. 1 ErbbauRG bestimmt, besteht kein entgegenstehendes Recht; allein die Zuschlagserteilung ist zustimmungspflichtig. Ist auch die Belastungsbeschränkung des § 5 Abs. 2 ErbbauRG bestimmt, soll im Hinblick auf § 128 auch die Verfahrensanordnung zustimmungspflichtig sein.61 Das ist mit Muth abzulehnen.62 Die Sicherungshypothek nach § 128 ist keine Belastung des Erbbaurechts, die auf Verfügung des Erbbauberechtigten (Vollstreckungsschuldner) zurückzuführen ist. Sie entsteht, wenn der Ersteher das Meistgebot nicht entrichtet. Dieser Umstand könnte aber ebenso gut dem Grundstückseigentümer selbst zugeschrieben werden, der zur Zuschlagserteilung seine Zustimmung erteilt hat. Im Übrigen erscheint § 128 bereits bei Anordnung der Zwangsversteigerung als zu weit entfernte Möglichkeit als dass sie mit dem Zweck des § 5 Abs. 2 ErbbauRG in Einklang zu bringen wäre.
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54 55 56 57 58 59 60 61 62
Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 273; Hornung, Rpfleger 1994, 277. Gesetz v. 28.7.1961 (BGBl. I S. 1091). Stöber/Becker, § 81 ZVG Rz. 63; anders für die Teilungsversteigerung Drischler, RpflJB 1961, 262. Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 67, 68; dazu auch eingehend v. Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, Rz. 4.255, 274 ff. Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 89; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 30; Reinke, Rpfleger 1990, 498, 499. Anders Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 66. Böttcher, § 28 ZVG Rz. 31; Reinke, Rpfleger 1990, 498. Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 68; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 31; Reinke, Rpfleger 1990, 498. Muth, Rpfleger 1991, 441.
Keller
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§ 28 Rz. 45 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse 4. Wohnungs- und Teileigentum nach WEG 45
Ist bei Wohnungs- und Teileigentum die Veräußerungsbeschränkung des § 12 WEG im Grundbuch eingetragen, ist nicht die Verfahrensanordnung sondern erst die Zuschlagserteilung zustimmungspflichtig.
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Die Fallgestaltung, dass das dingliche Recht vor Wirksamwerden der Verfügungsbeschränkung mit Grundbucheintragung bereits im Grundbuch eingetragen war oder dass ein persönlich betreibender Gläubiger vor der Verfügungsbeschränkung seine Beschlagnahme erwirkt hat,63 kann getrost als realitätsfern außer Acht gelassen werden, da in den seltensten Fällen § 12 WEG erst nachträglich vereinbart wird; in aller Regel ist die Veräußerungsbeschränkung bereits Teil der Gemeinschaftsordnungbei Begründung von Wohnungs- und Teileigentum nach § 3 und insbesondere nach § 8 WEG.
47
Ein faktisches Verfahrenshindernis kann bestehen, wenn die Teilungserklärung und der Aufteilungsplan nicht mit der tatsächlichen Bauweise des Wohnungs- oder Teileigentums übereinstimmen und nicht bestimmt werden kann, welche Räume von der Versteigerung betroffen sein sollen.64 Dieses nicht ganz seltene Problem des Auseinanderfallens von Aufteilungsplan und Bauausführung65 sollte aber bereits bei der Bestellung des entsprechenden Grundpfandrechtes bedacht werden.
IV. Nachlassrechtliche Beschränkungen 1. Nacherbenvermerk 48
Ist der im Grundbuch eingetragene Eigentümer (Vollstreckungsschuldner) Vorerbe des vormaligen Eigentümers und ist in Abteilung II des Grundbuchs nach § 51 GBO der Nacherbenvermerk eingetragen, stellt sich materiell rechtlich und nachlassrechtlich die Frage der Wirksamkeit der Zwangsvollstreckung gegenüber dem Nacherben für den Fall des Eintritts des Nacherbfalles. Maßgebende Vorschrift ist § 2115 Satz 2 BGB. Danach ist die Zwangsvollstreckung gegenüber dem Nacherben wirksam, wenn sie wegen einer Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) erfolgt oder aus einem Recht, das auch dem Nacherben gegenüber wirksam ist. Letzteres ist unproblematisch gegeben, wenn das Recht des dinglich betreibenden Gläubigers durch den Erblasser selbst bestellt worden ist. In diesem Fall stellen der Nacherbenvermerk und die Nacherbfolge kein entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28 dar; die Wirksamkeit des dinglichen Rechts gegenüber dem Nacherben ist grundbuchersichtlich.66 Der dinglich betreibende Gläubiger bedarf eines Vollstreckungstitels gegen den Vorerben (§§ 727, 750 Abs. 2 ZPO), nicht aber zusätzlich gegen den Nacherben.
49
Im übrigen hat das Vollstreckungsgericht § 2115 BGB zu beachten, wobei die Vorschrift nicht bereits die Anordnung der Zwangsversteigerung67 und nicht erst die Zuschlagserteilung hindert68 sondern nach der Anordnung als entgegenstehendes Recht zu beachten ist. Ist die Wirksamkeit der Zwangsvollstreckung gegen den Nacherben (§ 2115 Satz 2 BGB) nicht grundbuchersichtlich, hat der Gläubiger gegenüber dem Vollstreckungsgericht die Wirksamkeit daher nachzuweisen.69 Der persönlich betreibende Gläubiger kann beispielsweise mit dem 63 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 70; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 32. 64 Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 6. 65 Allgemein hierzu Staudinger/Rapp, BGB, 2005, § 3 WEG Rz. 73 ff.; Schneider in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, A Rz. 296 ff. 66 Steiner/Hagemann, § 15 ZVG Rz. 160; Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 38-40; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 21; Klawikowski, Rpfleger 1998, 100. 67 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 267 m.w.N. 68 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 270 m.w.N. 69 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 40; Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 261; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 21.
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Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 52 § 28
Datum des Vollstreckungstitels nachweisen, dass es sich bei seiner Forderung um eine Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 1967 BGB handelt. Richtet sich der Titel bereits gegen den Erblasser, ist eine Vollstreckungsklausel gegen den Vorerben nach §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO erforderlich und zum Nachweis der nach § 2115 Satz 2 BGB wirksamen Zwangsvollstreckung genügend. Ist das nicht möglich, weil beispielsweise der Titel unmittelbar erst gegen den Vorerben erwirkt wurde, muss schlimmstenfalls der Nacherbe auf Duldung der Zwangsvollstreckung verklagt werden. Bei einem dinglich betreibenden Gläubiger stellt sich die Frage des Nachweises nur, wenn das Grundpfandrecht nach dem Erbfall auf Bewilligung des Vorerben in das Grundbuch eingetragen wurde. Dem Nacherben gegenüber ist diese Verfügung wirksam, wenn sie durch den befreiten Vorerben (§ 2136 BGB) entgeltlich erfolgte70 oder wenn der Nacherbe zugestimmt hat. War der Vorerbe befreit, verweist § 2136 BGB nicht auf § 2115 BGB. Hieraus ist zu schließen, dass auch beim befreiten Vorerben ein persönlicher Gläubiger des Vorerben die Vollstreckung nicht mit Wirkung gegen den Nacherben betreiben kann. Hinsichtlich des dinglich betreibenden Gläubigers heißt dies aber nicht, dass der Grundpfandrechtsgläubiger, der auch mit Wirksamkeit gegenüber dem Nacherben sein Grundpfandrecht vom Vorerben entgeltlich (§ 2113 Abs. 1 BGB) erworben hat, die Zwangsvollstreckung nicht betreiben könnte. Es ist dann, wie bereits erwähnt, die Entgeltlichkeit der Grundpfandrechtsbestellung nachzuweisen. Für den Nachweis der Entgeltlichkeit wie auch für die Zustimmung des Nacherben bedarf es nicht der Form des § 29 GBO.71 Grundbuchverfahrensrechtlich ist hier ratsam, bei dem Grundpfandrecht einen Wirksamkeitsvermerk eintragen zu lassen, aus welchem sich grundbuchersichtlich die Wirksamkeit der Grundpfandrechtsbestellung gegenüber dem Nacherben ergibt.72 Die Nacherbfolge ist entgegenstehendes Recht, wenn die Zwangsvollstreckung wegen einer persönlichen Forderung betrieben wird, die der Nacherbe nicht gegen sich gelten lassen muss, beispielsweise weil sie vom Vorerben ohne dessen Zustimmung begründet wurde, oder wenn die Zwangsvollstreckung aus einem vom Vorerben ohne Zustimmung des Nacherben bestellten Grundpfandrechtes erfolgt.73 Nebenbei sei erwähnt, dass dieser Fall im Hinblick auf § 2113 Abs. 1 und § 2115 BGB schon sachenrechtlich kaum erfolgen dürfte, da der sorgfältige Grundpfandrechtsgläubiger stets die Zustimmung des Nacherben verlangen wird. Gleiches gilt schließlich bei der Veräußerung des Grundstücks durch den nicht befreiten Vorerben, die der sorgfältig handelnde Erwerber regelmäßig nur mit Zustimmung des Nacherben und Löschung des Nacherbenvermerks akzeptiert.
50
Gegen eine unzulässige Zwangsvollstreckung hat der Nacherbe mit Drittwiderspruchsklage nach §§ 773, 771 ZPO vorzugehen. Ist die Unzulässigkeit der Zwangsversteigerung für das Vollstreckungsgericht nicht ersichtlich und hebt es das Verfahren nicht nach § 28 auf, kann der Nacherbe bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Klage nach § 769 ZPO die einstweilige Einstellung des Verfahrens erwirken.
51
2. Testamentsvollstreckung Testamentsvollstreckung (§§ 2197 ff. BGB) und Testamentsvollstreckervermerk (§ 52 GBO) 52 sind kein entgegenstehendes Recht, wenn der Erbfall nach Beschlagnahme der Zwangsversteigerung eintritt. Das Verfahren wird nach § 779 ZPO fortgesetzt, einer nachträglichen Titelumschreibung gegenüber dem Testamentsvollstrecker bedarf es nicht.74
70 71 72 73 74
Allgemein Palandt/Weidlich, BGB, § 2136 Rz. 3; Schöner/Stöber, Rz. 3485. Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 261; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 21. Zum Wirksamkeitsvermerk KEHE/Keller, GBO, § 1 Einl. § 9 Rz. 50, 70. Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 38-40; Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 263. Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 260; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 26.
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§ 28 Rz. 53 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse 53
Lag der Erbfall dagegen vor der Beschlagnahme, ist ein Vollstreckungstitel gegen den Testamentsvollstrecker nach §§ 749, 727, 750 Abs. 2 ZPO erforderlich. Das auf Grund eines Titels gegen den Erblasser angeordnete Verfahren ist einstweilen einzustellen und dem betreibenden Gläubiger aufzugeben, die Titelumschreibung nachzuholen.75 Erfolgt diese nicht, ist das Verfahren aufzuheben.76
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Sonderfälle regelt § 748 ZPO, wenn die Testamentsvollstreckung auf das Grundstück beschränkt ist oder wenn wegen eines Pflichtteilsanspruchs die Zwangsvollstreckung betrieben wird.77 3. Nachlassverwaltung
55
Die Nachlassverwaltung nach §§ 1981 ff. BGB bewirkt gegenüber dem Erben eine Verfügungsentziehung, gegenüber Gläubigern, die nicht Nachlassgläubiger sind, bewirkt sie ein Vollstreckungshindernis (§ 1984 Abs. 1 und 2 BGB). Der Nachlassgläubiger bedarf für die für ihn zulässige Zwangsvollstreckung eines Vollstreckungstitels gegen den Nachlassverwalter, wenn die Nachlassverwaltung bei Beschlagnahme der Zwangsversteigerung bereits angeordnet war.78 Bei Anordnung der Nachlassverwaltung nach Beschlagnahme, ist eine nachträgliche Titelumschreibung nicht erforderlich.
56
Betreibt ein Gläubiger die Vollstreckung, obwohl gegen ihn das Hindernis des § 1984 Abs. 2 BGB wirkt, kann der Nachlassverwalter mit Klage nach §§ 767, 784 Abs. 2, § 785 ZPO hiergegen vorgehen. Insoweit gilt für die Zwangsversteigerung § 28.79 Kann der betreibende Gläubiger nicht nachweisen, dass er Nachlassgläubiger ist, soll das Verfahren einstweilen einzustellen sein, um dem Nachlassverwalter Gelegenheit zur Vorlage einer Anordnung nach § 769 ZPO zu geben.80 Die Befristung der einstweiligen Einstellung beinhaltet gegenüber der Klageerhebung des Nachlassverwalters und der Vorlage einer Anordnung nach § 769 ZPO keine Präklusion; Klage nach § 785 ZPO kann bis zum Ende der Vollstreckungsmaßnahme durch Zuschlagserteilung erhoben werden.
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Der dinglich betreibende Gläubiger kann unproblematisch die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn sein Grundpfandrecht im Zeitpunkt des Erbfalls bereits im Grundbuch eingetragen war.
V. Beschränkungen durch Insolvenzverfahren 1. Verfügungsentziehung und Vollstreckungshindernis 58
Die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Grundstückseigentümers bewirkt nach § 80 Abs. 1 InsO eine Verfügungsentziehung im Zeitpunkt der Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 InsO). Dies gilt für das so genannte Regelinsolvenzverfahren, ebenso wie für die Verbraucherinsolvenz nach §§ 305 ff. InsO. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Eigenverwaltung nach § 270 ff. InsO bleibt dem Schuldner grundsätzlich die Verfügungsbefugnis erhalten.81 75 76 77 78 79 80 81
Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 54; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 26. Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 260. Stein/Jonas/Münzberg, § 748 Rz. 4 ff. Stöber, § 15 ZVG Rz. 30.7c; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 23. LG Bonn, Beschl. v. 11.11.2014 – 6 T 293/14 (nicht veröffentlicht). Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 42; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 31. Eingehend zum Entzug der Verfügungsbefugnis Jaeger/Windel, InsO, § 80 Rz. 21 ff.; K. Schmidt/Sternal, InsO, § 81 Rz. 4 ff.; Uhlenbruck/Mock, InsO, § 81 Rz. 4 ff.; Keller, Insolvenzrecht, Rz. 818 ff. mit umfangreichen Nachweisen.
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Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 67 § 28
Für die Zwangsvollstreckung bedeutender sind die in der Insolvenzordnung eher verstreut geregelten Vollstreckungshindernisse für unterschiedliche Verfahrensabschnitte und gegenüber unterschiedlichen Gläubigern:82
59
– Eine vor dem Insolvenzantrag erfolgte Zwangsvollstreckung kann nach §§ 129, 131 Abs. 1, § 141 InsO für den Insolvenzverwalter anfechtbar sein.83 § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO überschneidet sich mit § 88 InsO, so dass bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Insolvenzantrag eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 InsO in Betracht kommt. Eine Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist denkbar, wenn der Schuldner durch eigene Rechtshandlung die Zwangsvollstreckung des Gläubigers ermöglicht hat.84
60
– Während des Insolvenzeröffnungsverfahrens kann das Insolvenzgericht nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO die Einzelzwangsvollstreckung untersagen und die Einstellung bereits laufender Vollstreckungsmaßnahmen anordnen.85 Die Immobiliarvollstreckung ist ausdrücklich von dieser Vorschrift ausgenommen, als lex specialis soll § 30d Abs. 4 gelten (dazu § 30d Rz. 28 ff.).
61
– Mit Insolvenzeröffnung tritt gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus der Zeit vor 62 dem Insolvenzantrag gilt kraft Gesetzes die Rückschlagsperre des § 88 InsO.86 – Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gilt nach § 89 Abs. 1 InsO gegen Insolvenzgläubiger ein umfassendes Vollstreckungsverbot für Zwangsvollstreckungen in die Insolvenzmasse und das sonstige Vermögen des Schuldners. Die Zwangsvollstreckung von Massegläubigern wird zeitlich befristet durch § 90 InsO untersagt, bei Masseunzulänglichkeit gilt ein besonderes Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO.
63
– Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens besteht grundsätzlich das Recht unbeschränkter Nachforderung (§ 201 Abs. 1 InsO).87 Die Regelung hat nicht zuletzt wegen der Restschuldbefreiung kaum praktische Bedeutung.
64
– Im Restschuldbefreiungsverfahren wirkt das Vollstreckungsverbot des § 89 durch § 294 Abs. 1 InsO inhaltlich fort.
65
– Mit Erteilung der Restschuldbefreiung gegenüber dem Schuldner werden die Insolvenzforderungen des Insolvenzverfahrens zu so genannten Naturalobligationen umgewandelt (§ 301 InsO). Die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung ist durch den Schuldner mit Klage nach § 767 ZPO geltend zu machen.88
66
2. Betreiben durch Absonderungsberechtigten Die Insolvenzeröffnung und das damit verbundene Vollstreckungshindernis des § 89 Abs. 1 InsO sind entgegenstehendes Recht beim Betreiben der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung seitens eines Insolvenzgläubigers (§ 38 InsO). Der Absonderungsberechtigte nach
82 K. Schmidt/Keller, InsO, § 88 Rz. 8 ff.; eingehend auch Depré/Popp, § 28 ZVG Rz. 15 ff. 83 Eingehend mit umfangreichen Nachweisen der Rechtsprechung Kayser in Münchener Kommentar, InsO, § 131 Rz. 26 ff., § 141 Rz. 8, 9; Jaeger/Henckel, InsO, § 131 Rz. 49 ff. 84 Eingehend mit umfangreichen Nachweisen der Rechtsprechung K. Schmidt/Ganter, InsO, § 133 Rz. 18 ff.; Thole in Heidelberger Kommentar, InsO, § 133 Rz. 8, 9. 85 BT-Drucks. 12/2443, S. 116. 86 Eingehend hierzu K. Schmidt/Keller, InsO, § 88 Rz. 9 ff. 87 Zur Rechtsgeschichte Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 164 Rz. 1; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 25.11 ff. 88 BGH, Beschl. v. 25.9.2008 – IX ZB 205/06, MDR 2009, 108 = NJW 2008, 3460 = NZI 2008, 737 = Rpfleger 2009, 47.
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67
§ 28 Rz. 67 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse § 49 InsO ist vom Vollstreckungsverbot nicht betroffen und kann ungeachtet des Insolvenzverfahrens die Immobiliarvollstreckung betreiben. Im einzelnen ist zu unterscheiden:89 68
– Betreibt ein dinglich betreibender Gläubiger das Verfahren, ist er Absonderungsberechtigter im Sinne des § 49 InsO und kann in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 4 vom Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO unberührt die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung betreiben. Soll das Verfahren erst nach Insolvenzeröffnung gegen den Insolvenzverwalter angeordnet werden, bedarf der dingliche Vollstreckungstitel (Duldungstitel) einer Vollstreckungsklausel nach §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO gegen den Insolvenzverwalter.90 War das Verfahren bereits vor Insolvenzeröffnung angeordnet, ist eine Titelumschreibung nicht erforderlich, der Insolvenzverwalter tritt ohne weiteres in die verfahrensrechtliche Stellung des Schuldners ein (arg. ex § 779 ZPO).91 In Anbetracht einer möglichen Freigabe des Grundstücks ist es empfehlenswert, auch stets den Schuldner selbst noch als Beteiligten im Sinne des § 9 im Verfahren zu berücksichtigen und ihm insbesondere Terminsbestimmungen zuzustellen.
69
– Betreibt ein persönlich betreibender Gläubiger in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ist er absonderungsberechtigt nach § 49 InsO, wenn er seine Beschlagnahme nach § 22 ZVG rechtzeitig vor Insolvenzeröffnung erlangt hat. Die Beschlagnahme ist in diesem Fall auch zu Gunsten des persönlich betreibenden Gläubigers insolvenzfest (§ 80 Abs. 2 Satz 2 InsO). Nach Insolvenzeröffnung darf zu Gunsten eines persönlich betreibenden Gläubigers in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 das Zwangsversteigerungs- oder das Zwangsverwaltungsverfahren nicht mehr angeordnet werden, der Gläubiger ist hier lediglich Insolvenzgläubiger, gegen ihn wirkt § 89 Abs. 1 InsO.
70
Hat der persönlich betreibende Gläubiger seine Beschlagnahme innerhalb der für die Rückschlagsperre des § 88 InsO geltenden Frist vor dem maßgeblichen Insolvenzantrag erlangt, entfällt die Beschlagnahmewirkung mit Insolvenzeröffnung kraft Gesetzes. Gegen den persönlich betreibende Gläubiger, der nunmehr lediglich Insolvenzgläubiger ist, wirkt das Vollstreckungshindernis des § 89 Abs. 1 InsO. Dies hat das Vollstreckungsgericht im Rahmen des § 28 selbständig zu beachten. Problematisch ist dabei ähnlich wie im Grundbuchverfahren die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 88 InsO, wobei das Vollstreckungsgericht anders als das Grundbuchamt nicht an § 29 GBO gebunden ist. Problematische Tatbestandsvoraussetzung ist die Berechnung der Monats- oder Dreimonatsfrist seit dem Insolvenzantrag, der zwar aus der Insolvenzakte ersichtlich ist, nicht aber durch öffentliche Urkunde im Sinne des § 29 GBO nachgewiesen werden kann.92 Wurde die Beschlagnahme innerhalb des maßgeblichen Zeitraums rückwärts gerechnet ab Insolvenzeröffnung wirksam, gilt § 88 InsO zwangsläufig, da ja der Insolvenzantrag vor der Eröffnung gestellt sein muss. Ist bei mehreren Insolvenzanträgen streitig, welcher Insolvenzantrag für die Berechnung der Frist maßgeblich ist (§ 139 Abs. 2 InsO), ist für die Beantwortung dieser Frage nicht das Vollstreckungsgericht sondern das Prozessgericht zuständig.93 Behauptet beispielsweise der Insolvenzverwalter, der persönlich betreibende Gläubiger sei von der Rückschlagsperre betroffen und bestreitet dieser dies mit dem Hinweis, von mehreren Insolvenzanträgen sei ein späterer maßgebend und er deshalb von der Rückschlagsperre nicht betroffen, hat das Vollstreckungs89 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 192 ff.; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 16 ff.; Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 42 ff. 90 Allgemein Zöller/Seibel, ZPO, § 727 Rz. 18; zur Zwangsversteigerung Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 198; Keller, Grundstücke in Vollstreckung und Insolvenz, Rz. 439 ff. 91 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 200. 92 BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = MDR 2012, 1313 = NJW 2012, 3574 = NZI 2012, 753 m. Anm. Keller; eingehend K. Schmidt/Keller, InsO, § 88 Rz. 50; Keller, ZfIR 2006, 499; eingehend kritisch zu § 88 InsO Keller, ZIP 2018, 2156. 93 BT-Drucks. 12/2443, S. 34, 164 ff.; BT-Drucks. 12/7302, S. 174; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 139 Rz. 7.
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Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 74 § 28
gericht von der Wirksamkeit der Beschlagnahme auszugehen. Der Insolvenzverwalter kann eine Anordnung nach §§ 767, 769 ZPO beibringen und so das Verfahren einstweilen einstellen lassen. Liegen die Voraussetzungen des § 88 InsO vor, ist das Verfahren aufzuheben. Die Beschlagnahme lebt nicht wieder auf, wenn das Grundstück aus der Insolvenzmasse freigegeben oder das Insolvenzverfahren ohne Verwertung des Grundstücks beendet wird.94 Ein Massegläubiger (§ 55 InsO) kann als Gläubiger des Insolvenzverwalters mit einem Titel gegen diesen auch die Immobiliarvollstreckung in das zur Insolvenzmasse gehörende Grundstück betreiben. Als Vollstreckungshindernis könnte § 90 InsO gelten, der aber schon wegen seiner zeitlichen Begrenzung kaum Anwendung findet.95 Bei Masseunzulänglichkeit gilt das Vollstreckungshindernis des § 210 InsO, das der Insolvenzverwalter mit Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO geltend zu machen hat. Als Nachweis genügt die Verweisung auf die öffentliche Bekanntmachung der Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208 Abs. 2 Satz 1 InsO).
71
3. Betreiben aus Sicherungshypothek nach § 866, 867 ZPO Wird die Zwangsversteigerung aus einer im Wege der Zwangsvollstreckung eingetragenen Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO betrieben, ist der Gläubiger zwar dinglich betreibender Gläubiger, es kann aber die Sicherungshypothek selbst als Zwangsvollstreckungsmaßnahme unter die Rückschlagsperre des § 88 InsO fallen.96
72
Dies hat das Vollstreckungsgericht selbständig zu beachten. Gilt danach § 88 InsO, ist mit In- 73 solvenzeröffnung das Recht des betreibenden Gläubigers weggefallen. Das Verfahren ist aufzuheben. Da es sich anders als beim persönlich betreibenden Gläubiger um den Bestand eines im Grundbuch eingetragenen Rechtes handelt, sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 88 InsO auch für das Vollstreckungsgericht in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO nachzuweisen.97 Wiederum problematisch ist der Nachweis, dass die Eintragung des Sicherungshypothek innerhalb der maßgeblichen Frist erfolgte, wenn zwischen der Eintragung und der Insolvenzeröffnung selbst ein längerer Zeitraum liegt. Das Datum des Insolvenzantrags kann dann nicht in öffentliche Urkunde nachgewiesen werden, insbesondere ist das Insolvenzgericht nicht befugt, den Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung zu bescheinigen.98 Trägt in einem solchen Falle der Insolvenzverwalter vor, die Sicherungshypothek sei von der Rückschlagsperre betroffen, kann er dies aber nicht vollständig in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO nachweisen, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren nicht einstweilen einzustellen. Es ist Sache des Insolvenzverwalters, eine Anordnung nach §§ 767, 769 ZPO beizubringen. Eine andere Frage ist die Behandlung der von einer Rückschlagsperre betroffenen Sicherungs- 74 hypothek bei der Bestimmung des geringsten Gebots und der Erlösverteilung (dazu auch § 114 Rz. 142).99 Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs soll die Unwirksamkeit des § 88 InsO zu einem Erlöschen der Sicherungshypothek führen.100 Das ist abzulehnen. Zutreffend ist von
94 Eingehend Keller, ZIP 2018, 2156; anders aber BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74 = MDR 2006, 1070 = NJW 2006, 1286 = ZIP 2006, 479. 95 K. Schmidt/Keller, InsO, § 90 Rz. 3. 96 BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74 = MDR 2006, 1070 = NJW 2006, 1286 = ZIP 2006, 479; eingehend K. Schmidt/Keller, InsO, § 88 Rz. 39 ff., 50 ff.; Keller, ZIP 2000, 1324; ders., ZIP 2006, 1174; Böttcher, NotBZ 2007, 86; zu § 7 Abs. 3 GesO bereits Keller, Rpfleger 1997, 45. 97 Allgemeine Ansicht, statt aller Stöber/Gojowczyk, § 45 ZVG Rz. 30. 98 BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – V ZB 219/11, BGHZ 194, 60 = MDR 2012, 1313 = NJW 2012, 3574 = NZI 2012, 753 m. Anm. Keller. 99 Eingehend dazu auch Keller, ZIP 2006, 1174; Böttcher, NotBZ 2007, 84. 100 BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74 = MDR 2006, 1070 = NJW 2006, 1286 = ZIP 2006, 479.
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§ 28 Rz. 74 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse einer Umwandlung der Sicherungshypothek in eine Eigentümergrundschuld analog § 868 ZPO auszugehen, die dann als Teil der Insolvenzmasse zu behandeln ist.101 Ebenfalls ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die absolute Unwirksamkeit der Sicherungshypothek zeitlich begrenzt sei und die Sicherungshypothek wieder auflebe, wenn das Grundstück aus der Insolvenzmasse freigegeben wird oder das Insolvenzverfahren ohne Verwertung des Grundstücks beendet wird, weder dogmatisch noch in ihren praktischen Ergebnissen überzeugend.102 Nach richtigem Verständnis ist die Rückschlagsperre als eine kraft Gesetzes eintretende Wirkung der Insolvenzanfechtung zu betrachten, die auch nach Beendigung des Insolvenzverfahren ihre Wirkung behält. Die von § 88 InsO betroffene Sicherungshypothek lebt nicht wieder auf.103 4. Freigabe des Grundstücks aus der Insolvenzmasse 75
Gibt der Insolvenzverwalter das Grundstück aus der Insolvenzmasse frei, kann der persönlich betreibende Gläubiger, der als Insolvenzgläubiger während des Insolvenzverfahrens die Zwangsversteigerung nicht betreiben durfte, dies auch nicht nach der Freigabe, da sich das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO auch auf insolvenzfreies Vermögen erstreckt.104 Die Zwangsvollstreckung ist dagegen zulässig zu Gunsten eines so genannten Neugläubigers, dessen Forderung gegen den Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist.105
76
Erhält das Vollstreckungsgericht durch das Grundbuchamt Mitteilung von der Löschung des Insolvenzvermerks, hat es schon wegen § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB davon auszugehen, dass das Grundstück aus der Insolvenzmasse freigegeben wurde oder das Insolvenzverfahren ohne Grundstücksverwertung beendet wurde. Eine weitergehende Prüfungspflicht hinsichtlich der Wirksamkeit der Freigabe besteht nicht.106 5. Insolvenzanfechtung
77
Ist das Grundpfandrecht, aus welchem die Zwangsversteigerung betrieben wird, insolvenzrechtlich anfechtbar (§§ 129 ff. InsO), oder unterliegt auch die Beschlagnahme des persönlich betreibenden Gläubigers der Insolvenzanfechtung, ist dies kein entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28. Der Insolvenzverwalter, der eine Insolvenzanfechtung vorträgt, hat diese durch
101 BayObLG, Beschl. v. 15.6.2000 – 2Z BR 46/00, ZIP 2000, 1263 = NZI 2000, 427, dazu EWiR 2000, 887 (Hintzen); Breuer in Münchener Kommentar, InsO, § 88 Rz. 34; K. Schmidt/Keller, InsO, § 88 Rz. 40 ff.; Keller, ZIP 2000, 1324; ders., ZIP 2006, 1174. 102 Eingehend Breuer in Münchener Kommentar, InsO, § 88 Rz. 34; K. Schmidt/Keller, InsO, § 88 Rz. 40 ff.; Becker, ZfIR 2015, 81; Kohler, ZIP 2015, 1471. 103 Eingehend Keller, ZIP 2018, 2156. 104 Allgemein K. Schmidt/Keller, InsO, § 89 Rz. 16 ff. 105 K. Schmidt/Keller, InsO, § 89 Rz. 14. 106 BGH, Beschl. v. 30.8.2017 – VII ZB 23/14, NZI 2017, 910 m. Anm. Kesseler = ZfIR 2017, 707 m. Anm. Schneider; OLG Köln, Beschl. v. 22.5.2013 – I-2 Wx 94/13 u.a., FGPrax 2013, 201 = MittBayNot 2014, 50; OLG Hamm, Beschl. v. 20.3.2014 – 15 W 392/13, ZIP 2014, 1297 = FGPrax 2014, 152 = NZI 2014, 474 = Rpfleger 2014, 363; anders aber OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.1.2012 – 5 Wx 114/11, MittBayNot 2013, 76 = NotBZ 2012, 384; OLG Celle, Beschl. v. 16.4.2015 – 4 W 57/15, FGPrax 2015, 154 m. Anm. Keller; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.3.2013 – 3 W 164/12, FGPrax 2013, 206 = NotBZ 2013, 487 = NZI 2013, 952; OLG Jena, Beschl. v. 26.8.13 – 9 W 323/13, BauR 2014, 1050 (Leitsatz); OLG Naumburg, Beschl. v. 12.11.2013 – 12 Wx 43/13, ZIP 2014, 836 = NotBZ 2014, 271 = Rpfleger 2014, 365; dazu auch Reul, MittBayNot 2013, 16; eingehend K. Schmidt/Keller, InsO, § 32 Rz. 47; Keller in Festschrift Beck, 2016, S. 305.
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Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 82 § 28
Klage gegen den betreffenden Gläubiger aus § 143 InsO oder § 771 ZPO zu erheben.107 Das Zwangsversteigerungsverfahren ist einstweilen einzustellen, wenn eine Anordnung nach § 769 ZPO ergeht.
VI. Eintragungen in Abteilung II des Grundbuchs 1. Nießbrauch Ein in Abteilung II des Grundbuchs eingetragener Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB) stellt kein 78 entgegenstehendes Recht dar. Ein Duldungstitel gegen den Nießbraucher ist für die Zwangsverwaltung erforderlich, da sie mit der Beschlagnahme der in § 21 Abs. 2 bezeichneten Ansprüche unmittelbar in das Recht des Nießbrauchers eingreift (eingehend § 146 Rz. 62 ff.).108 Hinsichtlich der Beschlagnahme von Erzeugnissen nach § 21 Abs. 1 kann der Nießbraucher gegenüber einem nachrangigen betreibenden Gläubiger Drittwiderspruchsklage erheben (§§ 771, 810 Abs. 2 ZPO). Entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28 ist das entsprechende Urteil oder mindestens die Anordnung der einstweiligen Einstellung nach § 771 Abs. 3 mit § 769 ZPO.109
79
2. Vorkaufsrechte Ein im Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht (§§ 1094 ff. BGB) hindert die Zwangsversteigerung nicht. Es kann in der Zwangsversteigerung nicht ausgeübt werden (§ 1098 Abs. 1 Satz 1, § 471 BGB).110
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Gesetzliche Vorkaufsrechte nach öffentlichem Recht (insbesondere § 24 BauGB) sind ebenfalls keine entgegenstehenden Rechte im Sinne des § 28.
81
3. Widerspruch Ein im Grundbuch eingetragener Widerspruch gegen die Eintragung des Eigentümers (§ 899 BGB) hindert die Zwangsvollstreckung nicht. Er entkräftet nicht die nach § 17 erforderliche Eintragung des Schuldners im Grundbuch. Die bereits laufende Zwangsversteigerung wird nicht beeinträchtigt. Der Widerspruchsberechtigte hat durch Klage nach § 771 ZPO seine Rechte geltend zu machen. Wird aber die Zwangsversteigerung aus einem nach Eintragung des Widerspruchs eingetragenen Recht betrieben, ist sie nur mit Zustimmung des Widerspruchsberechtigten zulässig. Ebenso kann nach Eintragung des Widerspruchs ein persönlich betreibender Gläubiger keine Beschlagnahme erwirken.111
107 Für § 771 ZPO RG, Beschl. v. 29.12.1892 – VI 155/92, RGZ 30, 394; Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 89; Zöller/Herget, ZPO, § 771 Rz. 14; für unmittelbar haftungsrechtliche Wirkung des § 143 InsO BGH, Urt. v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, MDR 1990, 622 = ZIP 1990, 246 m. abl. Anm. K. Schmidt, dazu EWiR 1990, 257 (Balz); dazu Raebel in Schuschke/Walker, Zwangsvollstreckung, § 771 Rz. 33. 108 BGH, Beschl. v. 14.3.2003 – IXa ZB 45/03, MDR 2003, 773 = NJW 2003, 2164 = Rpfleger 2003, 378; Böttcher/Keller, § 146 ZVG Rz. 49. 109 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 48; Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 228. 110 Umfassend Stöber, NJW 1988, 3121. 111 Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 28; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 36.
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§ 28 Rz. 83 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
VII. Gerichtlich oder behördlich angeordnete Verfügungsbeeinträchtigungen 1. Pfändung eines Gesamthandanteils 83
Ist bei dem Erbteil eines Miterben oder einem sonstigen Gesamthandsanteil ein Pfändungsvermerk eingetragen,112 bedarf die Zwangsversteigerung der Zustimmung des Pfändungsgläubigers oder eines gegen ihn gerichteten Duldungstitels.113 Dies ist nicht erforderlich, wenn die Versteigerung aus einem Recht betrieben wird, das bei Entstehen des Pfändungspfandrechtes bereits im Grundbuch eingetragen war.114 2. Gerichtlich angeordnetes Verfügungsverbot
84
Ein im Wege einstweiliger Verfügung angeordnetes und im Grundbuch eingetragenes Verfügungsverbot (§§ 938, 941 ZPO) ist entgegenstehendes Recht, wenn es vor Wirksamwerden der Beschlagnahme des persönlich betreibenden Gläubigers oder vor Eintragung des Rechts des dinglich betreibenden Gläubigers entstanden ist.115 Das Verfügungsverbot entsteht mit Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Grundstückseigentümer, nicht erst mit Grundbucheintragung.116 3. Beschlagnahme nach §§ 111b ff. StPO
85
Gegenstände, die bei strafrechtlicher Verurteilung dem Verfall oder der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB unterliegen, können bereits im Ermittlungsverfahren beschlagnahmt werden (§ 111b Abs. 1 StPO).117 In gleicher Weise soll durch die Anordnung des Arrestes die Vollstreckung einer zu erwartenden Geldstrafe nach §§ 459 ff. StPO und der Verfahrenskosten gesichert werden (§ 111e Abs. 2 StPO). In den letztgenannten Fällen darf der Arrest aber nicht schon im Ermittlungsverfahren angeordnet werden, sondern erst nach Erlass des Strafurteils und nur für angemessene Beträge. §§ 111c, 111d Abs. 1 und § 111f StPO verweisen zur Durchführung der Beschlagnahme sowie zu Anordnung und Vollziehung des Arrestes weitgehend auf die Vorschriften der ZPO. In den Fällen der Beschlagnahme regelt § 111c StPO die Arten der Sicherstellung je nach Beschaffenheit des Gegenstandes. Bei unbeweglichem Vermögen ist nach § 111c Abs. 3 StPO ein Beschlagnahmevermerk in das Grundbuch einzutragen. Nach § 111c Abs. 3 Satz 2 StPO gelten die Vorschriften des ZVGentsprechend; es entsteht ein Veräußerungsverbot nach §§ 136, 135 BGB (§ 111d Abs. 1 StPO).118
86
Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, kann zur Sicherung der Vollstreckung ein Vermögensarrest angeordnet werden (§ 111e Abs. 1 StPO). Dieser wird durch das Gericht oder bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft angeordnet (§ 111j Abs. 1 StPO), sachlich ist der Vermögensarrest dem dinglichen Arrest nach §§ 917 ff. ZPO nachgebildet; er hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots (§ 111h Abs. 1 StPO). In Grundstücke als Gegenstand des dinglichen Arrestes ist auf Ersuchen der zuständigen Behörde (§ 111f Abs. 2 StPO) eine Sicherungshypothek für den im Arrestbeschluss genannten Geldbetrag in das Grundbuch einzutragen.
112 113 114 115 116 117
Dazu Schöner/Stöber, Rz. 1661 ff. Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 50 m.w.N.; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 25. Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 50; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 25. OLG Köln, Beschl. v. 24.3.1983 – 2 W 52/83, Rpfleger 1983, 450; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 28. Zöller/G. Vollkommer, ZPO, § 938 Rz. 14 m.w.N. Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872); in Kraft getreten am 1.7.2017. 118 Dazu Wolf, Rpfleger 2017, 489; Nicola, WM 2017, 2141; Savini, Rpfleger 2018, 177.
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Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 91 § 28
Die Beschlagnahme eines Grundstücks nach § 111c Abs. 3 StPO steht einer späteren Zwangsversteigerung grundsätzlich entgegen. Wird die Versteigerung aus einem im Grundbuch bei Wirksamwerden der Beschlagnahme nach § 111c StPO bereits eingetragenen Recht betrieben, wird das Verfahren nicht berührt. Gleiches gilt, wenn der persönlich betreibende Gläubiger seine Beschlagnahme nach § 23 vorher erlangt hat.
87
Im Strafprozess kann im Verfahren gegen einen Abwesenden eine Vermögensbeschlagnahme nach §§ 290 ff. StPO angeordnet werden. Zur Zwangsvollstreckung ist nach § 292 Abs. 2 StPO ein Vertreter für den Angeklagten zu bestellen.119
88
4. Veräußerungsverbot nach Bundesversorgungsrecht Nach § 1 Bundesversorgungsgesetz (BVersG)120 hat Anspruch auf Versorgung, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Die Versorgung oder Entschädigung kann auch in einer Kapitalabfindung nach §§ 72 ff. BVersG bestehen. Zur Sicherung der Kapitalabfindung ist nach § 75 BVersG in das Grundbuch ein Veräußerungsverbot einzutragen; die Grundbucheintragung ist konstitutiv. Dieses Veräußerungsverbot zu Gunsten der zuständigen Behörde ist auch im Zwangsversteigerungsverfahren zu beachten. Die Genehmigung ist bereits zur Anordnung erforderlich.121 Sie ist nicht erforderlich, wenn die Versteigerung aus einem bereits mit Zustimmung eingetragenen Recht betrieben wird.
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VIII. Öffentlich-rechtliche Planungsverfahren und Vermerke 1. Sanierungsverfahren Befindet sich das Grundstück innerhalb eines förmlich festgestellten Sanierungsgebietes nach §§ 136 ff. BauGB, sind rechtsgeschäftliche Verfügungen nach § 144 BauGB nur mit Zustimmung der Sanierungsbehörde zulässig. Nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB bedarf die rechtsgeschäftliche Veräußerung einer Genehmigung. Das Genehmigungserfordernis gilt danach nicht für Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung. Der im Grundbuch nach § 143 Abs. 2 BauGB eingetragene Sanierungsvermerk ist daher kein entgegenstehendes Recht.122 Gleiches gilt für städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen nach §§ 165 ff. BauGB.
90
2. Umlegungsverfahren Das Umlegungsverfahren als städtebauliches Pendant zur Flurbereinigung mit dem Ziel der Neuordnung von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder innerhalb eines bebauten Ortsteils nach den §§ 45 ff. BauGB ist kein entgegenstehendes Recht.123 Die sogenannte Veränderungssperre des § 51 BauGB gilt nicht für Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung. Der Ersteher tritt ebenso wie bei der Flurbereinigung an die Stelle des Schuldners in das Umlegungsverfahren ein. Die Umlegungsstelle hat dem Vollstreckungsgericht Kenntnis von einem bereits erlassenen Umlegungsbeschluss (§ 53 Abs. 4 BauGB).
119 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 73. 120 I.d.F. v. 22.1.1982 (BGBl. I, S. 21); zuletzt geändert durch Gesetz v. 14.8.2013 (BGBl. I, S. 3227). 121 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 61; Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 50; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 27; anders Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 14 (Zuschlag). 122 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 39. 123 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 40.
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§ 28 Rz. 91 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse Der Umlegungsvermerk nach § 53 Abs. 3 BauGB hat nur nachrichtlichen Charakter.124 Er bleibt auch nach Zuschlagserteilung im Grundbuch bestehen. 3. Flurbereinigung 92
Das Flurbereinigungs- oder Flurneuordnungsverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz (FlurbG)125 und den Ausführungsgesetzen der Länder dient der Neuordnung von Grundstücksflächen im landwirtschaftlichen Raum. Es ist öffentlich-rechtliches Verfahren, an welchem den betroffenen Grundstückseigentümer als Teilnehmergemeinschaft beteiligt werden. Nach Klärung aller Sach- und Rechtsverhältnisse unter Beteiligung der betroffenen Eigentümer erstellt die zuständige Behörde einen Flurbereinigungsplan (§§ 56 ff. FlurbG), nach welchem Grundstücksflächen, Eigentumsverhältnisse und auch Belastungen neu geordnet werden. Mit Unanfechtbarkeit des Plans wird dessen Ausführung durch Grundbucheintragung angeordnet (§§ 61 ff. FlurbG), die Behörde kann Beteiligte vorläufig in den Besitz der neuen Fläche einweisen (§ 65 FlurbG). Statt eines Flächenausgleichs kann einem Beteiligten auch Geldausgleich zugesprochen werden (§ 52 FlurbG). Hat er dem Geldausgleich zugestimmt, gilt gegen ihn ein Veräußerungsverbot im Sinne des § 135 BGB hinsichtlich seines Einlagegrundstücks (§ 52 Abs. 3 FlurbG). Das Veräußerungsverbot ist auf Ersuchen der Behörde in das Grundbuch einzutragen, gutgläubiger Erwerb ist möglich.
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Die Durchführung des zumeist mehrere Jahre dauernden Verfahrens der Flurbereinigung wird für grundbucheintragungsfähig erachtet.126 Sie ist kein entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28.127 Das Flurbereinigungsverfahren läuft unabhängig vom Zwangsversteigerungsverfahren weiter. Der Ersteher tritt an die Stelle des Schuldners in die Teilnehmergemeinschaft ein, soweit das Verfahren noch nicht beendet ist. Wird der Flurbereinigungsplan vor Erteilung des Zuschlags unanfechtbar, tritt das Ersatzgrundstück an die Stelle des Einlagegrundstücks.128
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Ein entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28 wird angenommen, wenn ein Veräußerungsverbot nach § 52 Abs. 3 FlurbG angeordnet worden ist.129 Danach kann das Verfahren aus einem nach Anordnung des Veräußerungsverbots eingetragenen Rechts oder bei späterer Beschlagnahme zu Gunsten eines persönlich betreibenden Gläubigers nicht mehr fortgesetzt werden. Nach zutreffender Ansicht130 hindert das Veräußerungsverbot die Versteigerung nicht, der Ersteher ist dann aber zwingend auf den Geldausgleich verwiesen. 4. Enteignungsverfahren
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Ein nach den §§ 85 ff. BauGB eingeleitetes Enteignungsverfahren stellt kein entgegenstehendes Recht dar. Der Enteignungsvermerk nach § 108 Abs. 6 BauGB hat deklaratorischen Charakter. Die Genehmigungspflicht für Verfügungen nach § 109 mit § 51 BauGB betrifft nicht die Zwangsvollstreckung in das vom Enteignungsverfahren betroffene Grundstück. Der Ersteher tritt an die Stelle des Schuldners als Beteiligter des Enteignungsverfahrens. Der Enteignungsvermerk bleibt deshalb im Grundbuch eingetragen. Die Enteignungsbehörde gibt dem Vollstreckungsgericht Kenntnis vom Enteignungsbeschluss (§ 113 Abs. 5 BauGB). 124 BGH, Urt. v. 12.3.1987 – III ZR 29/86, BGHZ 100, 148, 151 = MDR 1987, 824; LG Frankenthal, Beschl. v. 18.10.1999 – 5 T 213/99, Rpfleger 2000, 63; Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 40. 125 I.d.F. v. 16.3.1976 (BGBl. I, S. 546); zuletzt geändert durch Gesetz v. 19.12.2008 (BGBl. I, S. 2794). 126 KEHE/Keller, GBO, § 1 Einl. § 9 Rz. 75 m.w.N.; anders Schöner/Stöber, Rz. 4037. 127 OLG Hamm, Beschl. v. 28.1.1987 – 15 W 426/86, Rpfleger 1987, 258; Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 28; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 28; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 14. 128 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 28. 129 Böttcher, § 28 ZVG Rz. 14; Ebeling, Rpfleger 1987, 232. 130 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 122; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 18.
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Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 99 § 28
Wird der Enteignungsbeschluss (§ 113 BauGB) während des Zwangsversteigerungsverfahrens bestandskräftig, tritt an die Stelle des Grundstücks beziehungsweise des Rechts des betreibenden Gläubigers das zugewiesene Ersatzgrundstück. Wird das Recht des betreibenden Gläubigers nicht aufrechterhalten, hat er Anspruch auf Wertersatz aus der Geldentschädigung für das Eigentum an dem Grundstück (§ 97 Abs. 4 BauGB). Sein Befriedigungsrecht setzt sich an diesem Entschädigungsanspruch fort.131 Die Ausführung der Verteilung erfolgt nach den §§ 117 ff. BauGB. Das Zwangsversteigerungsverfahren ist aufzuheben; hinsichtlich der Berechnung der Ansprüche des Berechtigten bleibt seine Beschlagnahmewirkung aber erhalten (§ 119 Abs. 3 Nr. 2 BauGB).
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5. Bodenschutzlastvermerk Bei Kontamination des Grundstücks mit sogenannten Altlasten kommt eine besondere öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Eigentümers zur Beseitigung nach dem Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG)132 oder anderen bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften in Betracht.133 Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG haftet der sogenannte Verursachungsstörer für die Beseitigung von Altlasten (§ 2 Abs. 5 BBodSchG); nach Satz 4 trifft die Beseitigungspflicht auch denjenigen, der aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische Person einzustehen hat. Dies gilt insbesondere für den Insolvenzverwalter aber auch für den Zwangsverwalter.134 Die zuständige Behörde kann nach § 9 Abs. 2 BBodSchG anordnen, dass geeignete Maßnahmen zur Ermittlung des Sachverhalts angestellt werden; die Kosten trägt der aus § 4 Abs. 3 BBodSchG Verpflichtete (§ 24 Abs. 1 BBodSchG). §§ 13 ff. BBodSchG regeln die Durchführung von Sanierungsuntersuchungen. Die Überwachung der mit Altlasten belasteten Flächen und deren Dekontamination unterliegt der Aufsicht der zuständigen Behörde (§ 15 BBodSchG).
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Im Falle sogenannter Ersatzvornahme der Altlastenbeseitigung durch die zuständige Behörde 98 kann zusätzlich zur Kostentragungspflicht ein Wertausgleich nach § 25 BBodSchG in Betracht kommen, wenn sich durch die Dekontamination durch Ersatzvornahme der Grundstückwert wesentlich erhöht hat. Der entsprechende Ausgleichsbetrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück (§ 25 Abs. 6 Satz 1 BBodSchG).135 Zu seiner Sicherung kann ein sogenannter Bodenschutzlastvermerk in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen werden (§ 93a, 93b GBV). Ein entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28 ist dieser Vermerk nicht.136 Der Ausgleichsbetrag als öffentliche Last wirkt auch gegenüber dem Ersteher des Grundstücks. Der Vermerk wird daher in das geringste Gebot aufgenommen, unabhängig davon, ob er dem betreibenden Gläubiger „im Range“ vorgeht oder nicht.
131 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 37. 132 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten v. 17.3.1998 (BGBl. I, S. 502); zuletzt geändert durch Gesetz v. 24.2.2012 (BGBl. I, S. 212). 133 Eingehend dazu Engels, Rpfleger 2010, 557; Keller, Rpfleger 2010, 568. 134 Böttcher/Keller, § 155 Rz. 10d; Dassler u.a./Engels, § 155 ZVG Rz. 24. 135 Allgemein zur Ersatzvornahme Lwowski/Tetzlaff, Umweltrisiken und Altlasten in der Insolvenz, Rz. B 131 ff.; zur öffentlichen Last Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rz. 27; Stöber/Achenbach, § 10 ZVG Rz. 50; Albrecht/Teifel, Rpfleger 1999, 366; Sorge, MittBayNot 1999, 232. 136 Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 13; Depré/Popp, § 28 ZVG Rz. 12.
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§ 28 Rz. 100 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
IX. Besonderheiten bei Grundstücken in den neuen Bundesländern 1. Bodensonderungsverfahren 100
Zur Neuordnung übergroßer Grundstücksflächen mit unterschiedlicher Grundstücksnutzung, insbesondere so genannter ungetrennten Hofräume,137 in den neuen Bundesländern ermöglicht das Bodensonderungsgesetz (BoSoG)138 ein besonderes Verfahren zur Feststellung von Grundstücke, Grundstücksgrüßen und Grenzverlauf.
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Das Sonderungsverfahren nach §§ 6 ff. BoSoG stellt kein entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28 dar. Die Sonderungsbehörde kann einen Zustimmungsvorbehalt nach § 6 Abs. 4 BoSoG erlassen, der in das Grundbuch einzutragen ist und nur bei Grundbucheintragung wirksam ist. Die Zwangsversteigerung wird auch hierdurch nicht gehindert. Mit Aufstellung des Sonderungsplans, Erlass des Sonderungsbescheides und dessen Bestandskraft treten an die Stelle der bisherigen Grundstücke die im Sonderungsplan neu festgestellten Grundstücke.
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Für die Zwangsversteigerung bei noch nicht festgestellter Klärung der Grundstücksflächen gelten nach §§ 1 und 2 der Hofraumverordnung (HofV) aus dem Jahre 2017139 die dort bezeichneten Unterlagen als Bestandsverzeichnis des jeweiligen Grundstücks.140 Die Hofraumverordnung von 1993 galt bis 31. Dezember 2015.141 Bis dahin sollte die Bodensonderung insgesamt abgeschlossen sein. Die Hofraumverordnung 2017 sieht eine Bereinigung bis 31. Dezember 2025 vor. 2. Vermögensrechtlicher Rückübertragungsanspruch
103
Bei der Zwangsversteigerung eines mit einem Restitutionsanspruch nach § 3 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG)142 bedarf die Anordnung der Zwangsversteigerung keiner Genehmigung nach § 2 Abs. 1 GVO.143 Klargestellt ist dies durch § 2 Abs. 2 Nr. 5 GVO, wonach der Rechtserwerb in der Zwangsversteigerung nicht genehmigungspflichtig ist. Seit 1.7.2018 gilt im Übrigen § 2 Abs. 2 Nr. 6 GVO, wonach eine Genehmigungspflicht überhaupt nur noch gegeben ist, wenn ein Anmeldevermerk nach § 30b VermG im Grundbuch eingetragen ist. Die Eintragung des Anmeldevermerks erfolgt auf Ersuchen der nach § 30b VermG zuständigen Behörde, regelmäßig des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen.144 Nach § 3b VermG sind Beschlüsse im Zwangsversteigerungsverfahren auch dem Restitutionsberechtigten zuzustellen. Hieraus folgt, dass der Anspruch kein die Zwangsversteigerung hinderndes Recht im Sinne des § 28 ist, dass ferner deren Anordnung oder der Zuschlag keiner Genehmigung nach § 2 GVO bedarf. Die Zustellung der gerichtlichen Beschlüsse an den Be-
137 138 139 140 141 142 143 144
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Meikel/Böhringer, GBO, Einl. H Rz. 56 ff. Bodensonderungsgesetz v. 20.12.1993 (BGBl. I, S. 2215). Hofraumverordnung v. 12.7.2017 (BGBl. I, S. 2358), v. 24.9.1993 (BGBl. I, S. 1658). Lemke/Schneider, Immobilienrecht, § 2 GBO Rz. 15; Meikel/Böhringer, GBO, Einl. K Rz. 213 m.w.N. Fn. 134. Hofraumverordnung v. 24.9.1993 (BGBl. I, S. 1658); Art. 9 des Gesetzes v. 22.12.2010 (BGBl. I, S. 2255). I.d.F. v. 9.2.2005 (BGBl. I, S. 2005); zuletzt geändert durch Gesetz v. 1.10.2013 (BGBl. I, S. 3719). Dazu noch Keller, Rpfleger 1992, 501; Limmer, VIZ 1994, 516. § 30b VermG und § 2 Abs. 2 Nr. 6 GVO eingefügt durch Art. 5 und 7 des Gesetzes zur Einführung eines Datenbankgrundbuches vom 1.10.2013 (BGBl. I, S. 3719); das ursprünglich geplante Inkrafttreten zum 1.1.2017 wurde durch Art. 18 und 21 Abs. 8 des Gesetzes vom 21.11.2016 (BGBl. I, S. 2591) auf den 1.7.2018 verschoben; eingehend KEHE/Keller, GBO, § 12c Rz. 14.
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Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse
Rz. 106 § 28
rechtigten gibt gleichsam die Stellung eines Verfahrensbeteiligten im Sinne des § 9.145 Der Rückübertragungsanspruch berechtigt nicht zur Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO berechtigt.146 Das Schicksal des Anspruchs selbst ist durch § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG geregelt. Danach erlischt der Anspruch bei einer nach dem 31. Dezember 1999 angeordneten Versteigerung mit Erteilung des Zuschlags. Der Anspruch erlischt nicht, wenn er nach dem Wortlaut des Gesetzes im Grundbuch vermerkt ist oder rechtzeitig zum Zwangsversteigerungsverfahren angemeldet ist. Eine Eintragung des Rückübertragungsanspruchs im Grundbuch ist außer durch Eintragung des Anmeldevermerks nach § 30b VermG nicht möglich, seine Sicherung ist nur durch Eintragung eines Veräußerungsverbots auf Grund einstweiliger Verfügung nach §§ 938, 935 ZPO zulässig.147 Der Berechtigte kann seinen Anspruch praktisch nur durch rechtzeitige Anmeldung im Zwangsversteigerungsverfahren sichern. Die Anmeldung muss bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgen (§ 9a Abs. 2 Satz 2 EGZVG, § 37 Nr. 4). Wird der Anspruch im Versteigerungsverfahren angemeldet, hat das Vollstreckungsgericht dies als Inhalt der Versteigerungsbedingungen aufzunehmen und bei der Versteigerung darauf hinzuweisen.
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Im Falle des Erlöschens des Anspruchs mit Zuschlag nach § 9a Abs. 1 Satz 3 EGZVG, erhält 105 der Berechtigte einen Ausgleich nach § 3b Abs. 4 VermG. Der Berechtigte kann daher von dem Verfügungsberechtigten die Zahlung einer Geldsumme in Höhe des Versteigerungserlöses verlangen, § 3 Abs. 4 Satz 1 VermG. Was als Versteigerungserlös zu zahlen ist, sagt die Vorschrift nicht. Es ist hier wohl auf die Teilungsmasse des Versteigerungsverfahrens nach §§ 105, 107 Bezug zu nehmen. Der Anspruch umfasst danach das bare Meistgebot des Erstehers, verzinst vom Zuschlag bis zum Verteilungstermin (§ 49 Abs. 2), daneben eventuelle Zuzahlungsbeträge nach §§ 50, 51. Auch um die bestehenbleibende Rechte, deren Schuld der Ersteher nach § 53 zu übernehmen hat, ist der Verfügungsberechtigte bevorteilt, sie sollten daher dem Versteigerungserlös zugerechnet werden. Für Zwangsversteigerungsverfahren nach dem 31. Dezember 1999 ist trotz des Ausgleichs aus § 3b Abs. 4 VermG dem Berechtigten zu raten, seinen Anspruch im Zwangsversteigerungsverfahren geltend zu machen. Denn schon die Tatsache der Zwangsversteigerung des Grundstücks des Verfügungsberechtigten zeigt dessen Zahlungsunfähigkeit, so dass ein Ausgleich nach § 3b Abs. 4 VermG wohl oft nicht realisiert werden kann. 3. Verfügungsverbot bei selbständigem Gebäudeeigentum Das selbständige Gebäudeeigentum nach Art. 231 § 5 mit Art. 233 § 4 EGBGB wird wie Grundstückseigentum behandelt und unterliegt der Immobiliarvollstreckung. Es soll langfristig durch die sogenannte Sachenrechtsbereinigung mit dem Grundstück in einer Person und einer Rechtseinheit vereinigt werden.148 Zur Bereinigung der Rechtsverhältnisse können Grundstückseigentümer und Nutzer des Gebäudes für das Gebäude ein Erbbaurecht bestellen oder das Grundstück zu einem bestimmten Preis kaufen (§ 3 Abs. 1 SachenRBerG). Mit Erwerb des Grundstücks durch den Gebäudeeigentümer geht das Gebäudeeigentum nicht sofort unter. Beide Rechtsobjekte bestehen ähnlich dem Eigentümererbbaurecht fort. Nach § 78 SachenRBerG darf aber nur noch über beide Objekte gemeinsam verfügt werden; ist das Ge-
145 Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 51; Säcker/Busche, VermG, § 3b Rz. 15; Wasmuth, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen, § 3b VermG Rz. 49. 146 So noch BezG Potsdam, Beschl. v. 14.8.1992 – 1 T 212/92, VIZ 1993, 77. 147 Allgemein dazu Wasmuth, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen, § 3 VermG Rz. 305, 307, 317, 318; grundlegend Kohler, NJW 1991, 465; ders., DNotZ 1991, 699; ders., VIZ 1992, 308. 148 Eingehend je mit umfangreichen Nachweisen KEHE/Keller, GBO, Einl. § 4 Rz. 47 ff.
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§ 28 Rz. 106 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse bäudeeigentum im Grundbuch unbelastet, soll das zugrundeliegende Nutzungsrecht aufgehoben werden und so das Bauwerk wieder wesentlicher Bestandteil des Grundstücks werden.149 Das Verfügungsverbot des § 78 Abs. 1 Satz 1 SachenRBerG nach Ankauf des Grundstücks durch den Gebäudenutzer (oder auch umgekehrt, z. B. nach §§ 29 Abs. 5, 81 ff. SachenRBerG) hat auch Auswirkungen auf die Zwangsversteigerung von Gebäude oder Grundstück. Zunächst ist fraglich, ob § 78 SachenRBerG auch Anwendung findet; wenn der Eigentumserwerb vor dem 1. Oktober 1994 (Inkrafttreten) erfolgte.150 Nach dem Zweck der Vorschrift wird man § 78 SachenRBerG richtigerweise aber auf alle Erwerbsfälle gleich aus welcher Zeit anwenden müssen.151 107
Zum Schutz der bereits durch Grundpfandrechte gesicherten Gläubiger wird durch § 78 Abs. 1 Satz 2 SachenRBerG die Veräußerung des Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung oder zu deren Abwendung zugelassen. Die Gesetzesbegründung hat dabei auf Grundpfandrechtsgläubiger Bezug genommen. Daher wird dieser Ausnahmetatbestand in der Literatur verschiedentlich eng ausgelegt und nur für dingliche Gläubiger angewendet.152 Das dingliche Recht, aus welchem die Zwangsversteigerung betrieben wird, muss dabei vor dem Eigentumserwerb des Gebäudeeigentümers am Grundstück entstanden sein, später galt gegen ihn das Verfügungsverbot.153 Gegen den persönlich betreibenden Gläubiger soll das Verfügungsverbot des § 78 Abs. 1 Satz 1 SachenRBerG gelten.
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Erfolgt eine Versteigerung von Gebäude oder Grundstück (nach § 78 Abs. 1 Satz 2 SachenRBerG) tritt damit wieder eine Trennung von Gebäude- und Grundstückseigentum ein.154 Dies will das Gesetz gerade verhindern. Daher gibt es dem Ersteher des Gebäudes oder Grundstücks gegen den anderen Eigentümer (und vormaligen Vollstreckungsschuldner) einen Anspruch auf Ankauf des Gebäudes oder Grundstücks zum vollen Verkehrswert (§ 78 Abs. 3 Satz 1 SachenRBerG).155 Das Vollstreckungsgericht hat auf den Anspruch nach § 78 Abs. 3 SachenRBerG im Versteigerungstermin hinzuweisen.
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Die Ansprüche aus den Sachenrechtsbereinigungsgesetz sind nicht dem jeweiligen Eigentum innewohnende Ansprüche dinglicher Natur, sie unterliegen der Verjährung und sind mit Ablauf des 31.12.2011 verjährt.156 Eine nach wie vor zulässige Veräußerung des Grundstücks an den Gebäudenutzer kann daher nicht mehr erzwungen werden. Ansprüche des Gebäudenutzers, der kein selbstständiges Gebäudeeigentum – mit Gebäudegrundbuch – hat, hat auch kein Besitzrecht am Grundstück mehr. Das Verfügungsverbot des § 78 SachenRBerG müsste konsequent nur noch für einen Erwerb vor dem 31.12.2011 gelten. Mit dem Zweck der Norm wäre das aber nicht vereinbar.
149 Zur sogenannten Komplettierung KEHE/Keller, GBO, § 3 Einl. § 4 Rz. 218, 219, § 12 GGV Rz. 4 ff.; Moser-Merdian/Flik/Keller, Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern, Rz. 258 ff. 150 Verneinend LG Dresden, Beschl. v. 17.3.1995 – 2 T 52/95, Rpfleger 1995, 407 m. Anm. Wanek; Etzbach, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen, § 78 SachenRBerG Rz. 6. 151 Grundlegend zur Eintragung der Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO OLG Jena, Beschl. v. 14.7.1997 – 6 W 279/97, Rpfleger 1997, 431; Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 55; umfassend Stöber/Keller, ZVG, § 9a EGZVG Rz. 20 ff. 152 BT-Drucks. 12/5992, S. 158; Eickmann/Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, § 78 SachenRBerG Rz. 3; Etzbach, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen, § 78 SachenRBerG Rz. 13. 153 LG Halle, Beschl. v. 31.7.1996 – 2 T 283/96, Rpfleger 1997, 35 m. Anm. Keller. 154 Stöber/Nicht, § 28 ZVG Rz. 55. 155 Eickmann/Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, § 78 SachenRBerG Rz. 18, 19. 156 BGH, Urt. v. 21.11.2014 – V ZR 32/14, NJW-RR 2015, 338 = Rpfleger 2015, 194 = NotBZ 2015, 144 m. Anm. Böhringer = ZfIR 2015, 152 m. Anm. Maletz; BGH, Urt. v. 22.9.2017 – V ZR 255/16, NotBZ 2018, 182 = ZfIR 2018, 265 m. Anm. Maletz; dazu KEHE/Keller, GBO, § 3 Rz. 221; SchmidtRäntsch/Czub, ZfIR 2007, 517; Maletz, ZfIR 2007, 613; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2012, 217.
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Rz. 112 § 28
4. Verfügungsverbot nach Flächenerwerbsverordnung Bei Veräußerung landwirtschaftlicher Flächen in den neuen Bundesländern in Anwendung des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusgLG)157 und der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV)158 ist nach § 3 Abs. 10 AusgLG § 13 Abs. 5 FlErwV ein zeitlich befristetes Veräußerungsverbot in das Grundbuch einzutragen; die Grundbucheintragung ist konstitutiv. Ob das Veräußerungsverbot auch die Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfasst, ist aus dem Wortlaut der Normen nicht erkennbar. Einerseits sprechen die Vorschriften sowohl des § 3 AusgLG als auch der §§ 12 ff. FlErwV nur von Mitteilungen und Genehmigungen bei rechtsgeschäftlicher Veräußerung, andererseits dienen sie der Zweckbindung der land- oder forstwirtschaftlichen Flächen. Letzteres spräche für eine Geltung auch in der Zwangsversteigerung. Nach dem Wortlaut ist das Veräußerungsverbot aber kein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht. Die Erteilung des Zuschlags ist dann auch von keiner Genehmigung der für die Privatisierung zuständigen Stelle im Sinne des § 14 FlErwV abhängig. Damit würde aber mit Zuschlag die gewollte Zweckbindung entfallen. Sie wäre nurmehr durch allgemeines öffentliches Recht (Naturschutz, Bauplanungsrecht) gewährleistet.
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X. Sonstiges 1. Grenzverwirrung Der öffentliche Glaube nach § 891 BGB erstreckt sich grundsätzlich auch auf den Grenzverlauf, wie er sich mit Nennung des Flurstücks in Spalte 3 des Bestandsverzeichnisses aus der amtlichen Karte nach § 2 Abs. 2 GBO und dem Liegenschaftskataster ergibt.159 Ist der Grenzverlauf unklar, kann dies zu praktischer Unversteigerbarkeit führen, solange der Grenzverlauf nicht geklärt ist, letztlich durch § 920 BGB (dazu auch § 37 Rz. 14 ff.).
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2. Eigentumsaufgabe Die Aufgabe des Eigentums am Grundstück (Dereliktion) erfolgt nach § 928 BGB durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt und Grundbucheintragung.160 Sie erfordert öffentlich-beglaubigte Verzichtserklärung (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GBO) des Eigentümers und Eintragung des Verzichts in das Grundbuch. Das Grundstück wird herrenlos. Das Recht zur Aneignung steht nach § 928 Abs. 2 BGB zunächst dem Fiskus (Land) zu. Dieses Aneignungsrecht ist in der Form des § 925 BGB übertragbar.161 Verzichtet der Fiskus auf die Aneignung,162 kann jedermann durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt sich das herrenlose
157 I.d.F. v. 13.7.2004 (BGBl. I, S. 1665); zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.3.2011 (BGBl. I, S. 450). 158 Verordnung über den Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Flächen und das Verfahren nach dem Ausgleichsleistungsgesetz v. 20.12.1995 (BGBl. I, S. 2072); zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.2.2014 (BGBl. I, S. 147). 159 BGH, Urt. v. 1.3.1973 – III ZR 69/70, NJW 1973, 1077; BGH, Urt. v. 2.12.2005 – V ZR 11/05, MDR 2006, 923 = NotBZ 2006, 92 = MietRB 2006, 161 = NJW-RR 2006, 662, Begründung Rz. 8; BGH, Urt. v. 12.10.2012 – V ZR 187/11, NJW-RR 2013, 789, Begründung Rz. 14; Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 891 Rz. 25 ff., 31; Demharter, GBO, § 2 Rz. 26; Lemke/Schneider, Immobilienrecht, § 2 GBO Rz. 26 ff. 160 Allgemein dazu Kanzleiter in Münchener Kommentar, BGB, § 928 Rz. 2 ff.; Staudinger/Pfeifer, BGB, 2011, § 928 Rz. 9. 161 Staudinger/Pfeifer/Diehn, BGB, 2017, § 928 Rz. 20. 162 BGH, Urt. v. 7.7.1989 – V ZR 76/88, BGHZ 108, 278 = MDR 1990, 141; Staudinger/Pfeifer/Diehn, BGB, 2017, § 928 Rz. 24.
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§ 28 Rz. 112 Entgegenstehende grundbuchmäßige Rechte; andere Hindernisse Grundstück aneignen. Dereliktion eines Miteigentumsanteils oder von Wohnungs- oder Teileigentum ist nicht zulässig.163 113
Erfolgte die Eigentumsaufgabe vor Wirksamwerden der Beschlagnahme, kann ein persönlich betreibender Gläubiger nicht mehr in das herrenlose Grundstück vollstrecken, sein Schuldner ist gerade nicht Grundstückseigentümer. Das Verfahren ist aufzuheben. Der dinglich betreibende Gläubiger hat nach § 787 ZPO vom Vollstreckungsgericht einen Vertreter nach § 787 ZPO bestellen zu lassen, gegen welchen der Vollstreckungstitel nach §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO umzuschreiben ist.164 Dies gilt auch für den Gläubiger der Rangklasse Nr. 3 des § 10 Abs. 1, der gegen den Vertreter einen Duldungstitel nach § 77 AO zu erlassen hat.165
114
Erfolgt die Eigentumsaufgabe nach Beschlagnahme, gilt § 787 mit §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO auch zu Gunsten des persönlich betreibenden Gläubigers.
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Eignet sich der Fiskus oder nach dessen Verzicht sonst jemand das Grundstück an, kann das Verfahren zu Gunsten des dinglich betreibenden Gläubigers unproblematisch fortgeführt werden, da sein Recht bereits bei Eigentumserwerb im Grundbuch eingetragen gewesen sein muss. Das Verfahren des persönlich betreibenden Gläubigers kann nur fortgeführt werden, wenn die Eigentumsaufgabe nach Beschlagnahme erfolgt ist. 3. Befristung des Rechts des betreibenden Gläubigers
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Ist das Recht, aus welchem die Zwangsversteigerung betrieben wird, befristet und tritt nach Anordnung der Zwangsversteigerung der Befristungstag ein, stellt das Erlöschen des Rechtes kein Hindernis im Sinne des § 28 dar.166 Die Befristung ist regelmäßig in der Weise auszulegen, dass sie vor Anordnung der Zwangsversteigerung eingetreten sein muss, um diese zu verhindern. Wollte man stattdessen auf die Beendigung der Versteigerung abstellen, trüge der Berechtigte das Risiko einer zu langen Verfahrensdauer. Konsequent muss gleiches gelten bei einem auflösend bedingt bestellten Recht, aus welchem vor Eintritt der Bedingung die Zwangsversteigerung betrieben wird.
§ 29 [Rücknahme des Antrags] Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Versteigerungsantrag von dem Gläubiger zurückgenommen wird. Rz. A. Allgemeiner Regelungsgehalt . . . . . . . 1 I. Antragsverfahren und Parteiherrschaft . . 1 II. Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . 3
Rz. B. Anforderungen an die Rücknahmeerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 5
163 BGH, Beschl. v. 14.6.2007 – V ZB 18/07, BGHZ 172, 338 = MDR 2007, 1122 = NotBZ 2007, 326 = MietRB 2007, 264. 164 Steiner/Eickmann, § 28 ZVG Rz. 27; Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 173; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 20. 165 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 178; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 20. 166 LG Tübingen, Beschl. v. 29.6.1983 – 5 T 131/83, Rpfleger 1984, 156; Böttcher, § 28 ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 28 ZVG Rz. 4.
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Rücknahme des Antrags
Rz. 4 § 29
Rz. II. Vertretungsmacht und Genehmigungserfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zeitpunkt der Antragsrücknahme . . . . IV. Adressat der Erklärung . . . . . . . . . . . V. Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . C. Wirkungen der Antragsrücknahme . . I. Prüfung des Vollstreckungsgerichts . . . II. Aufhebungsbeschluss . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
6 11 12 13 18 18 19
III. Wegfall der Beschlagnahmewirkung . IV. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . D. Aufhebung auf Grund sonstiger Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . I. Zwangsversteigerungsgesetz . . . . . . II. Aufhebung bei Vollstreckungshindernissen . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . . . 20 . . . 22 . . . 24 . . . 24 . . . 26
Literatur: Brüggemann, Der sperrige Katalog, FamRZ 1990, 124; Depré, Eine Antragsrücknahme im Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren erfordert eine konstitutive Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, ZfIR 2008, 841; Eickmann, Vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 199; Hintzen, Beschlagnahmewirkung nach Antragsrücknahme in der Zwangsverwaltung, Rpfleger 2009, 68; Keller, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsverwaltung im Jahre 2008, ZfIR 2009, 385; Schmidberger/Traub, Das Ende der Zwangsverwaltung, ZfIR 2012, 805.
A. Allgemeiner Regelungsgehalt I. Antragsverfahren und Parteiherrschaft Die Vorschrift ordnet für das Vollstreckungsgericht an, dass es die Aufhebung des Verfahrens zu beschließen hat, wenn der betreibende Gläubiger dem Versteigerungsantrag zurücknimmt. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit den §§ 30 ff. und 31 betreffend die einstweilige Einstellung des Verfahrens, teilweise wird auch die Rücknahme des Versteigerungsantrags gesetzlich fingiert (§ 30 Abs. 1 Satz 2, § 76 Abs. 2 Satz 2).
1
Die Vorschrift ist Ausdruck der Parteiherrschaft des Gläubigers im Zwangsvollstreckungsverfahren, er bestimmt mit seinem Antrag oder auch der Antragsrücknahme den Beginn, den Umfang und das Ende der Zwangsvollstreckung.1
2
II. Anwendungsbereich der Norm Die Vorschrift gilt für alle Verfahren der Versteigerung, auch für die Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff., Gläubiger im Sinne des § 29 ist der antragstellende Miteigentümer.
3
§ 29 gilt auch im Zwangsverwaltungsverfahren nach §§ 146 ff. (§ 161 Abs. 4), bei welchem die Wirkungen der Antragsrücknahme auf beschlagnahmte Miet- und Pachtforderungen zu beachten sind (§ 161 Rz. 14 sowie § 161 Rz. 57 ff.).
4
1 Steiner/Storz, § 29 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 1; allgemein für das gesamte Vollstreckungsrecht Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.38 ff.
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§ 29 Rz. 5 Rücknahme des Antrags
B. Anforderungen an die Rücknahmeerklärung I. Form 5
Die Erklärung des betreibenden Gläubigers bedarf als Verfahrenshandlung der Zivilprozessordnung grundsätzlich der Schriftform.2 Elektronische Form ist unter den Voraussetzungen des § 130a ZPO zulässig. Eine dem Vollstreckungsgericht gegenüber mündlich erklärte Antragsrücknahme ist zu protokollieren, eine fernmündlich oder durch Telefax erklärte Antragsrücknahme gilt als Ankündigung bis zu dessen schriftlicher Erklärung.3 Das Bedürfnis für unverzügliches Handeln besteht bei der Antragsrücknahme anders als im Fall eines unmittelbar bevorstehenden Versteigerungstermins und der Bewilligung einer einstweiligen Einstellung nach § 30 (dort Rz. 17 ff.) nicht. Es besteht deshalb kein Bedürfnis, von den allgemeinen Formerfordernissen des Zivilprozessrechtes abzuweichen.
II. Vertretungsmacht und Genehmigungserfordernisse 6
Wird die Antragsrücknahme durch einen Prozessbevollmächtigten erklärt, gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 79, 81 ff. ZPO.
7
Die familienrechtlichen gesetzlichen Vertreter eines betreibenden Gläubigers (Eltern, Vormund, Pfleger, Betreuer) bedürfen nicht der Genehmigung des Familiengerichts oder Betreuungsgerichts.4 Es wird vertreten, die Antragsrücknahme stelle eine Verfügung über eine Sicherheit für eine Forderung oder ein Recht im Sinne des § 1822 Nr. 13 BGB dar, da mit Wegfall der Beschlagnahme eine Sicherheit für eine Recht oder eine Forderung, insbesondere bei Betreiben aus § 10 Abs. 1 Nr. 5, aufgehoben wird.5 Dem ist nicht zuzustimmen. Zwar ist mit dem Wegfall der Beschlagnahme eine Minderung der Sicherheit verbunden, diese beruht aber nicht auf Vergleich als Vertrag nach § 779 BGB oder sonst rechtsgeschäftlicher Vereinbarung mit dem Schuldner, wie dies § 1822 Nr. 13 BGB voraussetzt.6 Das Genehmigungserfordernis des § 1822 Nr. 13 BGB gilt im übrigen ohnehin nicht für Eltern als gesetzliche Vertreter (§ 1643 Abs. 1 BGB).
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Betreibt die Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten durch den Verwalter die Zwangsversteigerung, ist fraglich, ob dieser zur Antragsrücknahme der Zustimmung der Eigentümerversammlung nach § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG bedarf. Zwar ist das Betreiben der Zwangsversteigerung als Maßnahme im Sinne des § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG Gegenstand der allgemeinen Aufgaben und Befugnisse des Verwalters, mit der Antragsrücknahme verzichtet er aber hinsichtlich der Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 10 Abs. 1 Nr. 2) auf die dingliche Beschlagnahmewirkung des § 23. Für die Rücknahme eines Antrags auf Eintragung einer Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO oder für die Erteilung einer Löschungsbewilligung wird grundbuchrechtlich die Zustimmung der Eigentümerversammlung verlangt.7 Dies dürfte für den Fall der Antragsrücknahme nach § 29 nicht anders sein.
2 3 4 5 6 7
Allgemein Zöller/Greger, ZPO, § 130 Rz. 7; Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 3. Zu allgemein Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 2. Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 3. Böttcher, § 29 ZVG Rz. 4; Eickmann, Rpfleger 1983, 199; Brüggemann, FamRZ 1990, 124. Allgemein Palandt/Götz, BGB, § 1812 Rz. 11, § 1822 Rz. 23, 24. OLG München, Beschl. v. 16.2.2011 – 34 Wx 156/10, NJW-RR 2011, 590 = MittBayNot 2012, 47 m. Anm. Then = MietRB 2011, 182 = Rpfleger 2011, 429; allgemein Keller in Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, § 5 Rz. 51 ff.
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Rücknahme des Antrags
Rz. 13 § 29
Die Antragsrücknahme kann auch der Rechtsnachfolger des betreibenden Gläubigers, insbesondere der nachrangige Gläubiger nach Ablösung der Forderung (§ 268 BGB) erklären. Eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO wird nicht gefordert.8
9
Die Aufhebung einer Zwangsverwaltung mit Antragsrücknahme durch den betreibenden Gläubiger bedarf keiner Zustimmung des Schuldners, gegen den Aufhebungsbeschluss ist der Schuldner nicht beschwerdeberechtigt. Das gilt auch dann, wenn ein angeblich mangelhafter Zustand des Zwangsverwaltungsobjekts dem Zwangsverwalter anzulasten ist.9 Die Aufhebung des Verfahrens schließt seine Haftung nach § 154 nicht aus.
10
III. Zeitpunkt der Antragsrücknahme Der Versteigerungsantrag kann bis zur Verkündung des Zuschlags zurückgenommen werden.10 Die Antragsrücknahme nach dem Schluss der Versteigerung bewirkt Zuschlagsversagung nach § 33 (dort Rz. 10). Die Antragsrücknahme kann auch noch im Beschwerdeverfahren erklärt werden.11 Eine andere Ansicht sieht eine Antragrücknahme nach Zuschlagsverkündung, also insbesondere im Beschwerdeverfahren, als unzulässig an, weil mit den Wirkungen des (angefochtenen) Zuschlags das Grundstück der Verfügungsgewalt des Schuldners und des Gläubigers entzogen ist.12 Dagegen ist aber zu beachten, dass im Beschwerdeverfahren Sachverhaltsänderungen zu beachten sind (§ 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und selbst im Zivilprozess eine Klagerücknahme nach § 269 ZPO noch im Rechtsmittelverfahren für zulässig erachtet wird.13 Die Antragsrücknahme nach § 29 kann demgegenüber nicht eingeschränkt behandelt werden, auch wenn man mit § 90 den sofortigen Eigentumsübergang des angefochtenen Zuschlagsbeschlusses berücksichtigt; dieser fällt auch sonst mit Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses im Beschwerdeverfahren weg.
11
IV. Adressat der Erklärung Die Rücknahmeerklärung erfolgt gegenüber dem Vollstreckungsgericht, nicht gegenüber dem Schuldner oder sonstigen Beteiligten des Verfahrens. Wirksam wird sie als Verfahrenshandlung mit Eingang bei Gericht.
12
V. Inhalt und Umfang Der betreibende Gläubiger muss in seiner Erklärung den Begriff „Antragsrücknahme“ nicht wörtlich verwenden. Es genügt, wenn sich aus dem Inhalt der Erklärung eindeutig der Wille ergibt, das Verfahren endgültig nicht weiter betreiben zu wollen. Insoweit ist die Antragsrücknahme von der Bewilligung der einstweiligen Einstellung nach § 30 klar abzugrenzen. Bei unklarer Erklärung hat das Vollstreckungsgericht nach § 139 ZPO vom Gläubiger eine eindeutige Erklärung zu verlangen. Als Verfahrenshandlung hat die Erklärung unbedingt zu erfolgen, sie 8 Steiner/Storz, § 29 ZVG Rz. 26; Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 165; Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 4. 9 LG Neubrandenburg, Beschl. v. 27.5.2013 – 4 T 93/13, ZfIR 2013, 659 m. Anm. Schmidberger. 10 RG, Urt. v. 23.2.1917 – III 387/16, RGZ 89, 426 (Antragsrücknahme eines vorrangigen Gläubigers bei mehreren Betreibenden); OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 12.2.1991 – 20 W 9/91, Rpfleger 1991, 470; Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 7; Böttcher, § 29 ZVG Rz. 8. 11 LG Aachen, Beschl. v. 12.4.1985 – 3 T 19/85, Rpfleger 1985, 452; Böttcher, § 29 ZVG Rz. 8. 12 Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 11. 13 Stein/Jonas/Roth, ZPO, § 269 Rz. 29, 31; Becker-Eberhard in Münchener Kommentar, ZPO, § 269 Rz. 16, 17; kritisch Zöller/Greger, ZPO, § 269 Rz. 18d.
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§ 29 Rz. 13 Rücknahme des Antrags kann nicht unter Vorbehalt bestimmter Rechtsfolgen erklärt werden, sofern diese nicht ohnehin gesetzlich eintreten.14 14
Die Antragsrücknahme kann auf einzelne Grundstücke oder auf einzelne Zubehörstücke beschränkt werden.15 Letzteres erfolgt insbesondere dann, wenn ein Dritter mit Hinweis auf § 37 Nr. 5 und § 771 ZPO ein Recht an einem Zubehörgegenstand geltend macht. Das Gericht hat bei Erlass des Aufhebungsbeschlusses nicht zu prüfen, ob der freigegebene Gegenstand tatsächlich mithaftendes Zubehör ist.
15
Der Bundesgerichtshof hatte dies ebenso für die Freigabe selbständigen Gebäudeeigentums in den neuen Bundesländern (Art. 231 § 5 und Art. 233 § 4 EGBGB) entschieden.16 Das ist aber insofern unzutreffend, als sich bei Gebäuden anders als bei beweglichen Sachen sachenrechtlich entscheidend ist, dass das Gebäude grundsätzlich wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist, wohingegen bei Zubehör lediglich die Eigentumsfrage hinsichtlich § 771 ZPO und § 55 Abs. 2 relevant ist. Mitunter besteht die Gefahr, dass der Gläubiger mit dem vermeintlich selbständigen Gebäudeeigentum etwas aus der Versteigerung freigibt, was sachenrechtlich wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist und daher gar nicht freigegeben werden kann.
16
Die Antragsrücknahme bezüglich einzelner Grundstücke setzt voraus, dass es sich mindestens um ein Flurstück handelt, die Aufhebung des Verfahrens bezüglich einer nicht vermessenen Teilfläche ist nicht möglich.
17
Beschränkt der betreibende Gläubiger die Zwangsversteigerung nachträglich auf einen Teilbetrag seiner Forderung oder seines Rechtes, liegt grundsätzlich kein Fall des § 29 vor, weil wegen des verbleibenden Anspruchs die Versteigerung fortgeführt wird.17 Ein Fall des § 29 liegt nur dann vor, wenn sich die Rücknahme hinsichtlich eines Teilbetrages auf eines von mehreren Grundstücken auswirkt. Betreibt der Gläubiger beispielsweise aus zwei Grundschulden die Zwangsversteigerung in zwei verschiedene Grundstücke und nimmt er später den Antrag „wegen einer Grundschuld“ zurück, ist hinsichtlich des nur von dieser Grundschuld betroffenen Grundstücks das Verfahren aufzuheben.18
C. Wirkungen der Antragsrücknahme I. Prüfung des Vollstreckungsgerichts 18
Das Vollstreckungsgericht hat bei klarem Inhalt der Rücknahmeerklärung kein Recht und keine Pflicht zur inhaltlichen Prüfung. Dies gilt auch dann, wenn mit der Antragsrücknahme wegen des Wegfalls der Beschlagnahmewirkung insbesondere im Zwangsverwaltungsverfahren Nachteile für den betreibenden Gläubiger verbunden sind, die dieser bei Abgabe seiner Erklärung möglicherweise nicht bedacht hat. Im übrigen ist die Erklärung des Gläubigers als Ver-
14 Zur Zwangsverwaltung LG Bielefeld, Beschl. v. 4.3.2014 – 23 T 103/14, ZInsO 2014, 2292 m. Anm. Knees. 15 Steiner/Storz, § 29 ZVG Rz. 17; Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 16, 17; Böttcher, § 29 ZVG Rz. 10, 11; Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 6; Depré/Popp, § 29 ZVG Rz. 5. 16 BGH, Beschl. v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155 = NJW-RR 2007, 194 = ZfIR 2007, 506 m. Anm. Toussaint; OLG Koblenz, Beschl. v. 26.4.1988 – 4 W 191/88, Rpfleger 1988, 493. 17 Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 19; zur Rücknahme betreffend bereits verjährter Grundschuldzinsen LG Mainz, Beschl. v. 3.12.2013 – 6 O 75/13, Rpfleger 2014, 330 m. Anm. Kirsch. 18 Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 19; Böttcher, § 29 ZVG Rz. 11.
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Rücknahme des Antrags
Rz. 22 § 29
fahrenshandlung nicht nach § 119 BGB anfechtbar,19 insbesondere kann der Gläubiger nicht vortragen, er sei über die Wirkungen der Antragsrücknahme im Irrtum gewesen.
II. Aufhebungsbeschluss Das Vollstreckungsgericht hat vielmehr ohne weiteres die Aufhebung des Verfahrens für den betreibenden Gläubiger oder betreffend einzelner Grundstücke oder Zubehörstücke zu beschließen.20 Wird die Zwangsversteigerung von mehreren Gläubigern betrieben, wird sie für diese weiter fortgeführt.
19
III. Wegfall der Beschlagnahmewirkung Der Aufhebungsbeschluss wirkt konstitutiv. Mit Zustellung des Aufhebungsbeschlusses an den Schuldner (§ 22 e contrario) fällt die Beschlagnahmewirkung aus § 23 weg.21 Diese Wirkung tritt nicht bereits mit Zugang der Rücknahmeerklärung bei Gericht ein.22
20
Im Zwangsverwaltungsverfahren führt der Wegfall der Beschlagnahme zum Freiwerden der vom Zwangsverwalter eingenommenen Miet- und Pachtforderungen (§ 161 Rz. 57). Auch bereits fällige und noch nicht eingezogenen oder vom Zwangsverwalter gegen den jeweiligen Mieter eingeklagte und rechtshängig gemachte Forderungen werden von der Beschlagnahme frei, wenn der Gläubiger in seiner Erklärung diese nicht ausdrücklich von der Rücknahme ausgenommen hat.23 Der Gläubiger kann dann lediglich durch Pfändung des Auszahlungsanspruchs des Schuldners gegen den Zwangsverwalter auf bereits eingenommene Mieten zugreifen.24 Bei gleichzeitiger Insolvenz des Schuldners ist ihm dieser Zugriff jedoch wegen § 89 Abs. 1 InsO verwehrt, auch der im übrigen absonderungsberechtigter Gläubiger (§ 49 InsO) kann nur im Wege der Zwangsverwaltung auf Miet- und Pachtforderungen zugreifen.25
21
IV. Rechtsbehelfe Gegen den Aufhebungsbeschluss ist sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO statthaft.26 Dem betreibenden Gläubiger, der die Rücknahme erklärt hat, dürfte aber in aller Regel das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde fehlen, es sei denn, eine unklare Erklärung wurde durch das Gericht fälschlich als Antragsrücknahme ausgelegt. 19 Allgemein Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 5. 20 Muster für Beschlussfassungen bei Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 13, 14; Stöber, ZVG-Handbuch, Rz. 201, 202, 207. 21 BGH, Beschl. v. 10.7.2008 – V ZB 130/07, BGHZ 177, 218 = NotBZ 2009, 127 m. Anm. Hueber = MDR 2008, 1182 = NJW 2008, 3067 = Rpfleger 2008, 586 = ZfIR 2008, 876; dazu Hintzen, Rpfleger 2009, 68; Depré, ZfIR 2008, 841; Keller, ZfIR 2009, 385; Schmidberger/Traub, ZfIR 2012, 805. 22 So früher einhellig vertretene Ansicht, statt aller Steiner/Storz, § 29 ZVG Rz. 27. 23 BGH, Urt. v. 8.5.2003 – IX ZR 385/00, BGHZ 155, 38 = Rpfleger 2003, 457 = NJW-RR 2003, 1419 = ZIP 2003, 1466 = NZI 2004, 54; BGH, Urt. v. 13.10.2011 – IX ZR 188/10, MDR 2012, 120 = NotBZ 2012, 132 m. Anm. Zimmer = Rpfleger 2012, 163 = NJW-RR 2012, 263; eingehend Engels in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, § 161 ZVG Rz. 23 ff.; Böttcher/Keller, § 161 ZVG Rz. 16 ff.; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, Rz. 385 ff., 396. 24 Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, Rz. 362. 25 BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – IX ZB 197/11, MDR 2013, 1488 = ZIP 2013, 2331 = ZfIR 2014, 74 (Leitsatz) = Rpfleger 2014, 97 = NZI 2013, 1046 m. Anm. Mitlehner; allgemein BGH, Beschl. v. 13.7.2006 – IX ZB 301/04, BGHZ 168, 339 = MDR 2007, 300 = NotBZ 2007, 22 = MietRB 2006, 326 = ZIP 2006, 1554 = ZfIR 2007, 206 = Rpfleger 2006, 549 = NJW 2006, 3356 = NZI 2006, 577. 26 Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 18.
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§ 29 Rz. 23 Rücknahme des Antrags 23
Wird der Aufhebungsbeschluss auf eine begründete Beschwerde hin aufgehoben, besteht das Problem des Wegfalls der Beschlagnahme. Diese ist nämlich bereits mit Zustellung des Beschlusses an den Schuldner weggefallen und kann nicht rückwirkend wieder aufleben. Das Problem lässt sich umgehen, indem im Aufhebungsbeschluss angeordnet wird, dass die Wirkungen der Aufhebung – Wegfall der Beschlagnahme – erst mit Rechtskraft des Beschlusses eintreten.27 Diese Verfahrensweise ist durchweg zu empfehlen. Das Vollstreckungsgericht darf dann auch das Grundbuchamt erst nach Eintritt der Rechtskraft um Löschung des Versteigerungsvermerks ersuchen.
24
Wird das Verfahren trotz Antragsrücknahme fortgeführt, stellt dies einen Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 6 dar.
D. Aufhebung auf Grund sonstiger Rechtsvorschriften I. Zwangsversteigerungsgesetz 25
Das Zwangsversteigerungsgesetz kennt Weitere Vorschriften, nach welchen das Verfahren aufzuheben ist. Insbesondere ist dies der Fall bei dreimaliger Bewilligung der einstweiligen Einstellung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 oder nach dem zweiten ergebnislosen Versteigerungstermin nach § 77 Abs. 2 Satz 1, wobei hier die Fortführung als Zwangsverwaltungsverfahren in Betracht kommt.
26
Die Aufhebung des Verfahrens erfolgt auch dann, wenn die einstweilige Einstellung nach §§ 30, 30a oder auch 30d nicht innerhalb von sechs Monaten nach Maßgabe des § 31 Abs. 2 durch Fortsetzung des Verfahrens beendet wird (eingehend § 31 Rz. 18 ff.).
II. Aufhebung bei Vollstreckungshindernissen 27
Nach den Vorschriften des Allgemeinen Vollstreckungsrechtes ist das Verfahren aufzuheben, wenn ein nicht behebbares Vollstreckungshindernis vorliegt (§ 28 Rz. 19), wenn eine Entscheidung nach § 775 Nr. 1 ZPO vorgelegt wird (§ 776 Satz 1 ZPO) oder wenn der Schuldner zulässig Sicherheitsleistung gegenüber dem Gläubiger erbringt (§ 775 Nr. 3 ZPO).
28
Im Falle des § 775 Nr. 1 ZPO bewirkt nicht allein die Entscheidung des Prozessgerichts die Aufhebung des Verfahrens, Sie muss durch das Vollstreckungsgericht konkret erfolgen.28
§ 30 [Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers] (1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt. Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Ist das Verfahren auf Grund einer Bewilligung des Gläubigers bereits zweimal eingestellt, so gilt eine erneute Einstellungsbewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags. (2) Der Bewilligung der Einstellung steht es gleich, wenn der Gläubiger die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt. 27 Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 12. 28 RG, Urt. v. 13.3.1909 – V 216/08, RGZ 70, 399; Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 17.
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Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers
A. Allgemeiner Regelungsgehalt . . . . . . . I. Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . B. Anforderungen an die Einstellungsbewilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erklärungsberechtigter . . . . . . . . . . . . III. Adressat und Zeitpunkt der Erklärung . . IV. Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . 1. Erklärungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkung auf einzelne Grundstücke und Zubehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Unzulässige Rechtsausübung . . . . . . . . C. Einstellungsbeschluss und Wirkungen . I. Einstellungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . II. Wirkungen der einstweiligen Einstellung 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einstellung während der Bietzeit . . . . . . 3. Einstellung nach Ende der Bietzeit . . . . 4. Einstellung nach Zuschlagserteilung . . . III. Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 1 3 5 5 7 10 11 11 13 14 17 17 19 19 21 22 24 25
Rz. 2 § 30 Rz.
D. Wiederholte Einstellungsbewilligung (Absatz 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . I. Zweite Einstellungsbewilligung . . . . . . . II. Dritte Einstellungsbewilligung (Absatz 1 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . III. Betreiben aus Teilforderungen . . . . . . . E. Sonstige Fälle einstweiliger Einstellung I. Einstellungsmöglichkeiten im ZVG . . . . II. Einstellung bei Vollstreckungshindernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konkurrenz der Einstellungsarten . . . . . 1. Einstellung bei Verfahrenshindernis nach § 28 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einstellung auf Antrag des Schuldners nach § 30a ZVG oder nach § 765a ZPO . 3. Einstellung nach § 30d ZVG . . . . . . . . 4. Einstellung nach § 180 Abs. 2 und 3 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einstellung nach § 77 ZVG . . . . . . . . . 6. Einstellung bei Vollstreckungshindernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 27 28 29 31 31 32 33 34 35 38 39 40 41
Literatur: Kirberger, Vollstreckungsverfahren nach Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Prozeßgericht, Rpfleger 1976, 8; Kirsch, Risiken des Nachverhandelns in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2006, 373; Ordemann, Die Einreichung und Rücknahme der Einstellungsbewilligung und des Fortsetzungsantrags in der Zwangsversteigerung, AcP 157, 470; Schmidt/Lorenz, Konkurrenz von Einstellungsanträgen nach § 30 und § 30a ZVG, NJW 1960, 1750; Wangemann, Das Verhältnis von § 30 zu § 30a ZVG, NJW 1961, 105.
A. Allgemeiner Regelungsgehalt I. Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens Das Zwangsversteigerungsverfahren steht unter der Parteiherrschaft des betreibenden Gläubigers, bei mehreren betreibenden Gläubigern ist das Verfahren für jeden als Einzelverfahren zu betrachten. Aus der Parteiherrschaft des Gläubigers folgt, dass dieser jederzeit ohne Begründung seinen Antrag nach § 29 zurücknehmen kann (dort Rz. 18). § 30 ermöglicht es darüber hinaus, das Verfahren einstweilen ruhen zu lassen. Die Gründe hierfür können vielfältig sein, sie können beispielsweise in möglichen Vergleichsverhandlungen mit dem Schuldner liegen. Das Vollstreckungsgericht hat dies jedoch nicht zu prüfen. Bei Ruhen des Verfahrens aufgrund Einstellungsbewilligung des betreibenden Gläubigers bleibt die Beschlagnahme bestehen, weiter fällig werdende wiederkehrende Leistungen gelten damit als laufende Leistungen im Sinne des § 13 in einer späteren Versteigerung.
1
Unter Beachtung der Rechte der weiteren – nicht lediglich der betreibenden – Gläubiger und Berechtigten am Grundstück ist es erforderlich, die Möglichkeit des Ruhens des Verfahrens einzugrenzen, um die Ansprüche des betreibenden Gläubigers gegenüber nachrangigen Gläubigern hinsichtlich der laufenden wiederkehrenden Leistungen nicht zu hoch werden zu las-
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§ 30 Rz. 2 Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers sen.1 Daher bestimmt § 30 Abs. 1 Satz 3, dass die dritte Einstellungsbewilligung als Antragsrücknahme im Sinne des § 29 anzusehen ist. Ferner muss der Gläubiger innerhalb von sechs Monaten die Fortsetzung des Verfahrens beantragen, da andernfalls nach § 31 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 lit. a) das Verfahren aufzuheben ist (dazu § 31 Rz. 15).
II. Anwendungsbereich der Norm 3
§ 30 gilt für alle Versteigerungsverfahren des Zwangsversteigerungsgesetzes. Im Verfahren der Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. tritt der betreibende Antragsteller/Miteigentümer an die Stelle des Gläubigers. Im Verfahren der Insolvenzversteigerung nach §§ 172 ff. kann der betreibende Insolvenzverwalter die einstweilige Einstellung bewilligen, nicht aber ein Berechtigter, dessen Recht nach § 174 dem geringsten Gebot zu Grunde gelegt wird. Auch bei der Versteigerung auf Antrag der WEG-Gemeinschaft nach § 19 WEG ist § 30 anwendbar.2
4
Ob § 30 auf das Zwangsverwaltungsverfahren anwendbar ist, ist streitig (dazu auch § 146 Rz. 107). Die ältere Literatur verneint dies, weil die einstweilige Einstellung einem Verwaltungsverfahren fremd sei.3 Dagegen wird in der neueren Literatur vorgetragen, dass eine einstweilige Einstellung eines Zwangsverwaltungsverfahrens auch aus anderen Gründen möglich sei, insbesondere bei vorliegen eines Vollstreckungshindernisses, und der Zwangsverwalter sehr wohl bei einstweiliger Einstellung des Verfahrens seine Tätigkeit ruhen lassen könne.4 Fraglich ist freilich, ob die durch § 31 Abs. 1 Satz 2 sehr kurz bemessene Einstellungsdauer für ein Zwangsverwaltungsverfahren praktikabel ist.
B. Anforderungen an die Einstellungsbewilligung I. Form 5
Für die Einstellungsbewilligung als Verfahrenserklärung gelten die allgemeinen Formerfordernisse der Zivilprozessordnung, sie ist regelmäßig schriftlich zu erklären; die elektronische Form ist ausreichend, wenn sie § 130a ZPO genügt.5
6
Die einstweilige Einstellung des Verfahrens wird oft auch kurz vor dem Versteigerungstermin bewilligt. Die Vollstreckungspraxis akzeptiert hier auch fernmündliche Erklärung des Gläubigers oder Erklärung durch Telefax. Dies ist ausreichend, wenn die schriftliche Einstellungsbewilligung unverzüglich nachfolgt. Bei fernmündlicher Erklärung sollte das Vollstreckungsgericht selbst beim betreibenden Gläubiger zurückrufen und die fernmündliche Bestätigung der Einstellungsbewilligung einholen, damit Manipulationsmöglichkeiten ausgeschlossen sind.
1 Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 1. 2 LG Regensburg, Beschl. v. 21.8.2017 – 64 T 309/17, ZWE 2017, 406 m. Anm. Schneider; allgemein zu diesem Verfahren Keller in Elzer/Fritsch/Meier, § 5 Rz. 142, 143, 181 ff. 3 Stöber/Drasdo, § 146 ZVG Rz. 30; Dassler u.a./Engels, § 161 ZVG Rz. 4.2; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, Rz. 183; Morvilius, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rz. 866. 4 Steiner/Hagemann, § 161 ZVG Rz. 109; Böttcher/Keller, § 146 ZVG Rz. 73, 78; Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, § 6 VIII. 5 Zu allgemein Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 2.
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Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers
Rz. 11 § 30
II. Erklärungsberechtigter Die einstweilige Einstellung kann jeder betreibende Gläubiger für sein Verfahren bewilligen. Für die Erklärung eines Prozessbevollmächtigten gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 79, 81 ff. ZPO).
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Die familienrechtlichen gesetzlichen Vertreter eines betreibenden Gläubigers (Eltern, Vor- 8 mund, Pfleger, Betreuer) bedürfen keiner Genehmigung des Familiengerichts oder Betreuungsgerichts. Der WEG-Verwalter als Vertreter der betreibenden Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf keiner Zustimmung der Eigentümerversammlung oder des Verwaltungsbeirates.6 Die Einstellung kann auch der Rechtsnachfolger des betreibenden Gläubigers, insbesondere 9 der nachrangige Gläubiger nach Ablösung der Forderung (§ 268 BGB) bewilligen.7 Eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO wird nicht gefordert, da die Erklärung der einstweiligen Einstellung kein Betreiben darstelle.8
III. Adressat und Zeitpunkt der Erklärung Die Einstellungsbewilligung ist an das Vollstreckungsgericht zu richten und wird wirksam mit Zugang bei Gericht. Sie kann während des gesamten Versteigerungsverfahrens, auch nach dem Schluss der Versteigerung bis zur Erteilung des Zuschlags erklärt werden. Der Zuschlag ist dann nach § 33 zu versagen (§ 33 Rz. 10).9
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IV. Inhalt und Umfang 1. Erklärungsinhalt Die Einstellungsbewilligung ist als Verfahrenshandlung bedingungsfeindlich und nicht wegen Irrtums anfechtbar.10 Sie bedarf aber auch keiner Begründung.11 Die Einstellungsbewilligung kann zurückgenommen werden, solange das Gericht die Einstellung nicht beschlossen hat.12 Ob die Einstellungsbewilligung mit einem Fortsetzungsantrag nach § 31, der auf einen bestimmten Kalendertag gerichtet ist, verbunden werden kann, ist streitig. Die allgemeine Unzulässigkeit von Bedingung und Befristung bei Verfahrenshandlungen spricht dagegen.13 Die praktische Handhabung bei Gericht spricht dafür,14 das Gericht muss mit der Einstellung des Verfahrens die Akte rechtzeitig vor dem für die Fortsetzung bestimmten Kalendertag auf Wiedervorlage legen.
6 Zum Verhältnis mehrerer betreibender Gläubiger LG Heilbronn, Beschl. v. 30.9.2011 – 1 T 205/11, ZMR 2012, 151. 7 Umfassend zur Ablösung Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 142 ff. 8 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 165; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 7; krit. bezüglich Ablösung öffentlicher Lasten OLG Bremen, Beschl. v. 30.3.1987 – 2 W 10/87, Rpfleger 1987, 381 m. Anm. Bischoff/Bobenhausen. 9 BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 95/06, MDR 2007, 977 = Rpfleger 2007, 414 = NJW-RR 2007, 1005; Böttcher, § 30 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 13. 10 LG Traunstein, Beschl. v. 24.6.1988 – 4 T 2069/88, Rpfleger 1989, 35; allgemein Steiner/Storz, § 30 Rz. 34; Stöber, § 30 ZVG Rz. 2.4, 2.5; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 11. 11 Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 3. 12 AG Bamberg, Beschl. v. 19.11.1968 – K 28/68, Rpfleger 1969, 99; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 9. 13 LG Traunstein, Beschl. v. 24.6.1988 – 4 T 2069/88, Rpfleger 1989, 35. 14 Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 11.
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§ 30 Rz. 12 Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers 12
Aus der Erklärung des betreibenden Gläubigers hat hinreichend klar hervorzugehen, dass er den weiteren Fortgang seines Verfahrens vorerst nicht wünsche, das Verfahren aber auch nicht beenden wolle.15 Wenn der betreibende Gläubiger beispielsweise erklärt, das Verfahren solle ruhen, weil er mit dem Schuldner eine Stundungsvereinbarung getroffen habe, ist dies als Bewilligung nach § 30 anzusehen.16 Bewilligt der Gläubiger die Aufhebung des bereits anberaumten Versteigerungstermins, ist dies nach Absatz 2 der Vorschrift als Einstellungsbewilligung anzusehen. Erklärt der (best-)betreibende Gläubiger nach dem Schluss der Versteigerung, dass er keine Zuschlagserteilung wünsche, kann dies als Bewilligung der einstweiligen Einstellung angesehen werden, wenn im übrigen die §§ 74a, 85a nicht mehr gelten.17 Tritt der Gläubiger dagegen einem Einstellungsantrag des Schuldners nach § 30a oder § 765a ZPO ausdrücklich oder stillschweigend nicht entgegen, ist dies nicht automatisch als Einstellungsbewilligung anzusehen.18 2. Beschränkung auf einzelne Grundstücke und Zubehör
13
Ebenso wie die Rücknahme des Versteigerungsantrags nach § 29 kann auch die einstweilige Einstellung auf einzelne Grundstücke oder Zubehörstücke beschränkt werden (§ 29 Rz. 14).19
V. Unzulässige Rechtsausübung 14
Die Erklärung der einstweiligen Einstellung ist grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich oder schikanös,20 insbesondere nicht gegenüber dem Schuldner. Nachrangige Berechtigte sind durch die zeitliche Grenze des § 31 geschützt. Allerdings wird es als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn der Gläubiger mit wiederholter einstweiliger Einstellung Zahlungsdruck auf den Schuldner ausüben will.21
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Wird die Zwangsversteigerung aus mehreren Beitrittsbeschlüssen betrieben, ist für jedes selbstständige Einzelverfahren gesondert zu prüfen, ob die mehrfache Bewilligung der einstweiligen Einstellung des Verfahrens durch den Gläubiger für jedes Einzelverfahren nach § 30 Abs. 1 Satz 3 als Rücknahme des Versteigerungsantrags gilt oder nur für einzelne.22 Betreibt der Gläubiger die Zwangsversteigerung aus Teilbeträgen seines Rechtes oder nur wegen der Zinsen, können sich über § 30 Abs. 1 Satz 3 mehrfache Einstellungsmöglichkeiten ergeben. Hier kann rechtsmissbräuchliches Verhalten gegeben sein, wenn das Betreiben aus Teilbeträgen nur dazu dient, § 30 Abs. 1 Satz 3 zu umgehen.
16
Ein Rechtsmissbrauch23 kann vorliegen, wenn nach dem Schluss der Versteigerung der Gläubiger beantragt, einen Verkündungstermin nach § 87 zu bestimmen, obwohl der Zuschlag so-
15 Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 23 ff. 16 Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 27; Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 6; Böttcher, § 30 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./ Hintzen, § 30 ZVG Rz. 4. 17 Böttcher, § 30 ZVG Rz. 2. 18 Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 29; Böttcher, § 30 ZVG Rz. 2; anders Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 6. 19 Böttcher, § 30 ZVG Rz. 10. 20 OLG Celle, Beschl. v. 4.10.1987 – 4 W 181/87, WM 1987, 1438; LG Braunschweig, Beschl. v. 29.6.1998 – 8 T 468/98, Rpfleger 1998, 482; Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 7; Böttcher, § 30 ZVG Rz. 14. 21 LG Braunschweig, Beschl. v. 29.6.1998 – 8 T 468/98, Rpfleger 1998, 482; LG Koblenz, Beschl. v. 24.8.2012 – 2 T 486/12, ZVI 2012, 426; Depré/Popp, § 30 ZVG Rz. 8. 22 BGH, Beschl. v. 26.1.2012 – V ZB 220/11 (nicht veröffentlicht); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.8.1990 – 3 W 310/90, Rpfleger 1991, 28. 23 Zum rechtsmissbräuchlichen Betreiben der Vollstreckung bei fehlendem Eintritt des Sicherungsfalles LG Mühlhausen, Beschl. v. 26.10.2017 – 1 T 231/17, Rpfleger 2018, 167.
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Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers
Rz. 21 § 30
fort erteilt werden könnte.24 Zutreffend betrachtet es der Bundesgerichtshof als rechtswidrig, wenn nach dem Schluss der Versteigerung ein Gläubiger sich durch Sonderzahlung seitens des Meistbietenden außerhalb des Bargebots einen Vorteil zu verschaffen versucht.25 Ist dem Gericht dies bekannt, darf es den Zuschlag nicht erteilen; eine Zuschlagsbeschwerde etwa des Schuldners wäre begründet. Der (best-)betreibende Gläubiger kann eine solche Sonderzahlung aber nur erzwingen, wenn er noch eine Einstellungsmöglichkeit nach § 30 hat und den Meistbietenden mit Hinweis hierauf zur Zahlung bewegt.
C. Einstellungsbeschluss und Wirkungen I. Einstellungsbeschluss Bewilligt der betreibende Gläubiger die einstweilige Einstellung, hat das Vollstreckungsgericht die Gründe hierfür nicht zu prüfen. Bei unklarer oder mehrdeutige Erklärung ist es aber geboten, den Gläubiger zu einer eindeutigen Erklärung anzuhalten (§ 139 ZPO).
17
Das Vollstreckungsgericht stellt das Verfahren durch konstitutiven26 Beschluss ein.27 Wegen § 31 Abs. 2 ist der Einstellungsgrund anzugeben. Die Einstellung des Verfahrens auf Bewilligung des Gläubigers erfolgt ohne Auflagen an den Schuldner. Der Beschluss ist dem Schuldner und dem Gläubiger zuzustellen, dem Gläubiger mit der Belehrung nach § 31 Abs. 3 (§ 31 Rz. 25).
18
II. Wirkungen der einstweiligen Einstellung 1. Grundsatz Mit der einstweiligen Einstellung ruht das Verfahren des betreffenden Gläubigers.28 Die zu seinen Gunsten bewirkte Beschlagnahme bleibt bestehen, als erste Beschlagnahme selbstverständlich auch für das Verfahren der übrigen betreibenden Gläubiger.
19
Der Gläubiger, dessen Verfahren ruht, kann im Versteigerungstermin dem geringsten Gebot 20 nach §§ 44, 45 nicht zu Grunde gelegt werden. Ein bereits anberaumter Versteigerungstermin ist aufzuheben, wenn er nicht für einen weiteren betreibende Gläubiger abgehalten werden kann; maßgeblich ist, ob für den weiteren Gläubiger die maßgeblichen Fristen eingehalten sind (eingehend § 35 Rz. 11, § 36 Rz. 15, § 43 Rz. 13).29 2. Einstellung während der Bietzeit Stellt der Gläubiger, dessen Anspruch dem geringsten Gebot zu Grunde gelegt wurde, während Bietzeit sein Verfahren ein, ist die Bietzeit abzubrechen. Abgegebene Gebote erlöschen (§ 72 Abs. 3). Soweit für den an nächster Rangstelle betreibenden Gläubiger der Versteige-
24 Zur Bestimmung eines gesonderten Verkündungstermins nur in Ausnahmefällen BGH, Beschl. v. 12.5.2016 – V ZB 141/15, KKZ 2017, 2017, 68 m. Anm. Goldbach = NJW-RR 2016, 959 = Rpfleger 2016, 597; dazu Ertle, Rpfleger 2017, 46. 25 BGH, Beschl. v. 31.5.2012 – V ZB 207/11, Rpfleger 2012, 640 m. Anm. Ertle, Rpfleger 2013, 41 = ZfIR 2012, 648 m. Anm. Kirsch; dazu auch Kirsch, Rpfleger 2006, 373. 26 OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.7.1975 – 7 W 15/75, MDR 1976, 234. 27 Muster bei Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 27. 28 Eingehend Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 41 ff. 29 Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 18; Böttcher, § 30 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 16; unzutreffend Löhnig/Strauß, § 30 ZVG Rz. 12 (stets Aufhebung).
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§ 30 Rz. 21 Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers rungstermin durchgeführt werden kann, ist das geringste Gebot sofort neu zu berechnen, bekanntzugeben und eine neue Bietzeit zu eröffnen.30 Ist dies aus Zeitgründen oder wegen des besonderen Umfangs des geringsten Gebots nicht möglich, kann der Versteigerungstermin auch vertagt werden (§ 227 ZPO). 3. Einstellung nach Ende der Bietzeit 22
Die Bewilligung der einstweiligen Einstellung nach dem Schluss der Versteigerung führt zur Versagung des Zuschlags nach § 33.31 Dies gilt nicht uneingeschränkt: Löst der bestbetreibende Gläubiger in Rangklasse Nr. 4 des § 10 Abs. 1 vorrangige öffentliche Lasten aus Rangklasse Nr. 3, aus welchen ebenfalls betrieben wird, nach dem Schluss der Versteigerung ab, soll die Einstellung wegen der Ansprüche aus Nr. 3 nicht zur Zuschlagsversagung führen.32 In einen solchen Sachverhalt ist aber schon fraglich, weshalb überhaupt eine Ablösung erfolgte.
22a
Eine Bewilligung nach § 30 ist auch dann unzulässig, wenn sie nach dem Schluss der Versteigerung nur dazu dient, eine Verfahrensaufhebung nach § 77 Abs. 2 zu verhindern. Denn die Wirkung des § 77 Abs. 2 tritt zwingend ein und kann nicht durch den betreibenden Gläubiger umgangen werden.33
23
Ist der Gläubiger, der die einstweilige Einstellung bewilligt, selbst Meistbietender, ist fraglich, ob seine Einstellungsbewilligung nicht auch als Zuschlagsversagung nach § 74a anzusehen ist. Dies ist zu verneinen, denn die Einstellung nach § 30 geht in ihren Schutzgedanken weiter als Zuschlagsversagung nach § 74a.34 im übrigen ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das so genannte Eigengebot des Gläubigers unzulässig ist, wenn es nur der Zerstörung der Wertgrenzen nach §§ 74a, 85a dient.35 Ist dies dem Gericht bekannt, darf es mangels eines wirksamen Gebots hierauf ohnehin keinen Zuschlag erteilen. 4. Einstellung nach Zuschlagserteilung
24
Nach Erteilung des Zuschlags geht die Bewilligung der einstweiligen Einstellung ins Leere.36 Ebenso wie die Antragsrücknahme nach § 29 ist aber auch die einstweilige Einstellung im Beschwerdeverfahren möglich (§ 29 Rz. 23). Das Beschwerdegericht hat dann selbst den Zuschlag zu versagen (§ 101 Abs. 1).
30 31 32 33
Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 17. BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 95/06, NJW-RR 2007, 1005 = Rpfleger 2007, 414. LG Waldshut-Tiengen, Beschl. v. 24.10.1985 – 1 T 35/85, Rpfleger 1986, 102. LG Mainz, Beschl. v. 28.4.1988 – 8 T 9/88, Rpfleger 1988, 376; LG Suttgart, Beschl. v. 2.12.2010 – 10 T 330/10 (nicht veröffentlicht). 34 Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 19. 35 Grundlegend BGH, Beschl. v. 17.7.2008 – V ZB 1/08, BGHZ 177, 334 = MDR 2008, 1360 = Rpfleger 2008, 587 = ZfIR 2008, 684; BGH, Beschl. v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 = MDR 2007, 1453 = Rpfleger 2007, 483; vorgehend BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 98/05, MDR 2006, 708 = Rpfleger 2006, 144 m. Anm. Hintzen = ZfIR 2006, 652 m. Anm. Eickmann; BGH, Beschl. v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617 m. Anm. Alff; BGH Beschl. v. 19.7.2007 – V ZB 15/07, nicht veröffentlicht; BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, MDR 2008, 105 = ZfIR 2008, 150; eingehend Stöber, § 85a Rz. 4; Eickmann, ZfIR 2006, 652; Hasselblatt, NJW 2006, 1320; Weis, BKR 2006, 120; Mayer, RpflStud 2007, 146; Keller, ZfIR 2008, 134.; ders., ZfIR 2008, 671; ders., ZfIR 2008, 349. 36 Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 15.
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Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers
Rz. 29 § 30
III. Rechtsbehelf Gegen den Beschluss des Vollstreckungsgerichts zur einstweiligen Einstellung ist die sofortige Beschwerde über § 793 ZPO statthaft.37 Dem Gläubiger, der die Einstellung bewilligt hat, dürfte aber in aller Regel das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde fehlen, es sei denn, seine Erklärung wurde durch das Gericht inhaltlich unzutreffend gewürdigt.
25
Wird das Verfahren trotz Einstellungsbewilligung fortgeführt, stellt dies einen Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 6 dar, wenn der Anspruch des betreffenden Gläubigers der Versteigerung zugrunde gelegt war.
26
D. Wiederholte Einstellungsbewilligung (Absatz 1 Satz 2) I. Zweite Einstellungsbewilligung Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Der Gläubiger kann zusammen mit einem (rechtzeitigen) Fortsetzungsantrag nach § 31 nach einer ersten Einstellung gleichzeitig die wiederholte Einstellung des Verfahrens bewilligen.38 Die Sechs-Monatsfrist des § 31 Abs. 1 Satz 2 beginnt dann von neuem zu laufen. Das Gericht hat selbstverständlich auch in diesem Fall einen neuen Einstellungsbeschluss zu erlassen und diesen mit der Belehrung nach § 31 Abs. 3 zuzustellen.
27
II. Dritte Einstellungsbewilligung (Absatz 1 Satz 3) Die dritte Einstellungsbewilligung gilt kraft Gesetzes als Rücknahme des Versteigerungsantrags. Das Gericht hat das Verfahren nach § 29 aufzuheben. Diese Folge einer dritten Einstellungsbewilligung ist gesetzlich zwingend. Das Gericht muss den Gläubiger hierauf nicht hinweisen, es muss ihn nach seiner zweiten Einstellung auch nicht besonders belehren. Der Gläubiger kann die dritte Einstellungsbewilligung auch nicht bilden Irrtums anfechten oder widerrufen.
28
III. Betreiben aus Teilforderungen Betreibt ein Gläubiger das Verfahren nur aus einem Teilbetrag seines Anspruchs, kann er wegen eines weiteren Teilbetrages dem Verfahren später beitreten (§ 27). Das Betreiben aus den Teilbeträgen ist jeweils als Einzelverfahren anzusehen.39 Zu Recht kann man jedoch fragen, welchen verfahrensrechtlichen Sinn ein solches Vorgehen hat, denn insbesondere beim Betreiben aus einem Teilbetrag oder mehreren gleichrangigen Teilbeträgen einer Grundschuld, bleibt diese insgesamt im geringsten Gebot nicht bestehen (allgemein zum Bestehenbleiben § 52 Rz. 4 ff.).40 Deutlicher wird dies, wenn ein Gläubiger lediglich aus bereits fälligen Zinsen seines Rechtes die Zwangsversteigerung betreibt,41 auch dann bleibt das Grundpfandrecht mit seinem Kapitalbetrag nicht bestehen.42 37 Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 38. 38 Zu Unklarheiten im Erklärungsinhalt Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 23; Ordemann, AcP 157, 470. 39 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.8.1990 – 3 W 310/90, Rpfleger 1991, 28, dazu EWiR 1991, 103 (Hintzen); zu Rücknahme und späterem neuerlichen Betreiben LG Bonn, Beschl. v. 6.6.1990 – 4 T 289/90, Rpfleger 1990, 433 m. Anm. Hintzen, Rpfleger 19991, 69. 40 Stöber/Gojowczyk, § 44 ZVG Rz. 6, 69. 41 Steiner/Hagemann, §§ 15, 16 ZVG Rz. 41; Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 111. 42 Zu abgetretenen Zinsen Stöber/Gojowczyk, § 44 ZVG Rz. 69.
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§ 30 Rz. 30 Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers 30
Das Betreiben wegen Teilforderungen führt aber dazu, dass der Gläubiger über § 30 Abs. 1 Satz 2 hinaus mehrfache Einstellungsmöglichkeiten im Verfahren erhält. Dies ist nicht grundsätzlich rechtsmissbräuchlich.43 Zu beachten ist der Schutzzweck des § 30, nachrangige Berechtigte nicht zu benachteiligen. Hinzu kommt, dass auch dem Schuldner gegenüber ein dauerhaftes Ruhen des Verfahrens mit dauernder Beschlagnahme eine unzumutbare Drucksituation erzeugt werden kann. Dies kann nicht grundsätzlich unterstellt werden.44 Betreibt aber der Gläubiger das Verfahren wegen Zinsen aus mehreren Jahren sowie auch gesondert wegen einzelner Kapitalteilbeträge mit einer Verfahrensdauer von mehr als fünf Jahren mit wiederholten Einstellungsbewilligungen und fünf anberaumten Versteigerungsterminen, kann eine erneute Einstellungsbewilligung zur Rücknahmefiktion und damit zur Verfahrensaufhebung führen.45
E. Sonstige Fälle einstweiliger Einstellung I. Einstellungsmöglichkeiten im ZVG 31
Die einstweilige Einstellung eines Zwangsversteigerungsverfahrens erfolgt außer nach § 30 bei Vorliegen eines Verfahrenshindernisses nach § 28, in den Fällen der §§ 30a, 30d ZVG, nach §§ 75, 76, 77 Abs. 1 und in der Teilungsversteigerung nach § 180 Abs. 2, 3.46
II. Einstellung bei Vollstreckungshindernissen 32
Nach den Vorschriften des Allgemeinen Vollstreckungsrechtes ist das Verfahren einzustellen, wenn ein Vollstreckungshindernis nach § 775 Nr. 2 ZPO vorliegt (§ 776 Satz 2 ZPO). Ein solches ist insbesondere die Anordnung des Prozessgerichts nach § 769 Abs. 1 ZPO bei Vollstreckungsgegenklage des Schuldners (§ 767 ZPO) oder Drittwiderspruchsklage (§ 771 Abs. 3 ZPO) oder auch die Anordnung des Vollstreckungsgerichts in dringenden Fällen nach § 769 Abs. 2 ZPO.47 In diesen Fällen bewirkt nicht allein die Entscheidung des Prozessgerichts die Aufhebung des Verfahrens, sie muss durch das Vollstreckungsgericht konkret erfolgen.48 Als Vollstreckungshindernis ist auch die einstweilige Einstellung des Verfahrens durch das Vollstreckungsgericht bei sittenwidriger Härte nach § 765a ZPO anzusehen (dazu § 30a Rz. 72 ff.).
III. Konkurrenz der Einstellungsarten 33
Trifft die Einstellungsbewilligung des Gläubigers mit anderen Arten der einstweiligen Einstellung zusammen, stellt sich die Frage, welcher Art der Einstellung der Vorgang einzuräumen ist. Bedeutsam ist die Bestimmung des Einstellungsgrundes wegen § 31 Abs. 2. In der Konkurrenz der Einstellungsarten ist zunächst die Parteiherrschaft des betreibenden Gläubigers als Verfahrensmaxime zu beachten, zu beachten sind aber auch die verfahrensrechtlichen Funktionen und Schutzwirkungen der einzelnen Einstellungsarten.49 43 BGH, Beschl. v. 26.1.2012 – V ZB 220/11, nicht veröffentlicht. 44 LG Dessau, Beschl. v. 16.6.2004 – 7 T 193/04, Rpfleger 2004, 724; LG Erfurt, Beschl. v. 28.1.2005 – 7 T 90/02, Rpfleger 2005, 375; Böttcher, § 30 ZVG Rz. 17; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 25. 45 LG Bonn, Beschl. v. 1.3.2001 – 4 T 741/00, Rpfleger 2001, 365. 46 Eingehend Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, § 6. 47 Eingehend Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.661 ff., 673 ff. 48 RG, Urt. v. 13.3.1909 – V 216/08, RGZ 70, 399; Dassler u.a./Hintzen, § 29 ZVG Rz. 17; eingehend Kirberger, Rpfleger 1976, 8. 49 Allgemein Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 10 ff.; Böttcher, § 30 ZVG Rz. 18 ff.
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Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers
Rz. 38 § 30
1. Einstellung bei Verfahrenshindernis nach § 28 ZVG Liegt ein Verfahrenshindernis nach § 28 vor, geht die Einstellung des Verfahrens bis zur Beendigung des Hindernisses der von Gläubiger bewilligten Einstellung vor. § 28 hat die Funktion, die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrensablaufs zu gewährleisten. Die durch § 30 gewährleistete Parteiherrschaft des Gläubigers kann nicht gelten, wenn ein dem Verfahren entgegenstehendes Recht im Sinne des § 28 Abs. 1 oder ein zu beachtendes Vollstreckungshindernis gegeben sind.50 Sieht man dagegen den Vorrang der Einstellungsbewilligung des betreibenden Gläubigers, wäre die durch § 28 erforderliche Einstellung des Verfahrens bis zur Behebung eines Hindernisses während der Einstellung nach § 30 suspendiert.
34
2. Einstellung auf Antrag des Schuldners nach § 30a ZVG oder nach § 765a ZPO Ist das Verfahren bereits nach § 30a oder § 765a ZPO eingestellt, besteht für den betreibenden Gläubiger kein Bedürfnis, eine Einstellung nach § 30 zu bewilligen. Eine Einstellungsbewilligung erfolgt mitunter, wenn der Schuldner einen unbegründeten Antrag nach § 30a stellt, der Gläubiger den Schuldner jedoch entgegenkommen möchte. Im Rahmen der Anhörung des Gläubigers nach § 30a Abs. 2 darf aber eine Einstellungsbewilligung nicht schon darin erblickt werden, dass der Gläubiger sich nicht äußert oder den Antrag des Schuldners ausdrücklich nicht entgegentritt. Stimmt er dagegen ausdrücklich dem Einstellungsantrag des Schuldners zu, ist dies als Einstellungsbewilligung anzusehen, wenn der Antrag des Schuldners objektiv unbegründet ist. Es ist deshalb zu pauschal, generell einen Vorrang der Einstellung nach § 30 zu sehen.51 Wollte man dies annehmen, käme es mitunter nur auf die richtige oder falsche Formulierung des Gläubigers in seiner Stellungnahme zum Schutzantrag des Schuldners an.
35
Ist der Schutzantrag des Schuldners nach § 30a begründet, ist auch bei positiver Stellungnah- 36 me des Gläubigers das Verfahren nach § 30a mit den Auflagen nach Absätzen 3 bis 5 dieser Vorschrift einzustellen (§ 30a Rz. 48 ff.). Seitens des betreibenden Gläubigers wäre es unlogisch, bei einem begründeten Schuldnerantrag durch Einstellungsbewilligung einen Joker nach § 30 Abs. 1 Satz 2 zu vergeben. In gleicher Weise ist das Verhältnis der Einstellung nach § 30 zu einem Schutzantrag des Schuldners nach § 765a ZPO zu bewerten.52 Der Gläubiger kann auf den Antrag des Schuldners mit einer ausdrücklich Einstellungsbewilligung antworten, der Antrag nach § 765a ZPO ist dann in der Hauptsache erledigt, was im Einstellungsbeschluss seitens des Gerichts klarzustellen ist. Eine Stellungnahme des Gläubigers mit dem Inhalt, dass er die vom Schuldner vorgebrachten Gründe für § 765a ZPO anerkenne, stellt aber keine Einstellungsbewilligung dar. Es wäre mehr als bei § 30a für den Gläubiger taktisch unklug, bei einem objektiv begründeten Schutzantrag des Schuldners die Einstellung des Verfahrens zu bewilligen.
37
3. Einstellung nach § 30d ZVG Für das Verhältnis zum Antrag auf einstweilige Einstellung im Insolvenzverfahren gilt gleiches. Bewilligt der Gläubiger die einstweilige Einstellung des Verfahrens, ist ein im übrigen
50 Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 36; anders Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 33; Wangemann, NJW 1961, 105. 51 So aber Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 10, 11; Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 37; Böttcher, § 30 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 34; Wangemann, NJW 1961, 105; Schmidt/Lorenz, NJW 1960, 1750. 52 Zu allgemein Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 12; Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 44; Böttcher, § 30 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 35.
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§ 30 Rz. 38 Einstweilige Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers unbegründeter Einstellungsantrag des Insolvenzverwalters erledigt. Bei einem begründeten Antrag sollte der Gläubiger die Einstellung nach § 30 nicht bewilligen. 4. Einstellung nach § 180 Abs. 2 und 3 ZVG 39
Gegenüber der Einstellung des Teilungsversteigerungsverfahrens nach §§ 180 Abs. 2 und 3 geht die Einstellungsbewilligung des betreibenden Miteigentümers vor.53 5. Einstellung nach § 77 ZVG
40
Gegenüber der Einstellung nach ergebnislosem Versteigerungstermin nach § 77 Abs. 1 wird die Einstellung nach § 30 ZVG als vorrangig betrachtet, wenn sie bis zum Schluss der Versteigerung erfolgt.54 6. Einstellung bei Vollstreckungshindernissen
41
Liegen Anordnungen auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 766 Abs. 1 Satz 2 mit § 732 Abs. 2, § 769, § 775 Nr. 2 ZPO vor, werden diese von der Einstellungsbewilligung des § 30 verdrängt.55 Auch hier ist taktisch zu beachten, dass ein betreibende Gläubiger die Einstellung des Verfahrens nicht bewilligen wird, wenn diese bereits anderweitig angeordnet ist.
§ 30a [Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners] (1) Das Verfahren ist auf Antrag des Schuldners einstweilen auf die Dauer von höchstens sechs Monaten einzustellen, wenn Aussicht besteht, daß durch die Einstellung die Versteigerung vermieden wird, und wenn die Einstellung nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners sowie nach der Art der Schuld der Billigkeit entspricht. (2) Der Antrag ist abzulehnen, wenn die einstweilige Einstellung dem betreibenden Gläubiger unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist, insbesondere ihm einen unverhältnismäßigen Nachteil bringen würde, oder wenn mit Rücksicht auf die Beschaffenheit oder die sonstigen Verhältnisse des Grundstücks anzunehmen ist, daß die Versteigerung zu einem späteren Zeitpunkt einen wesentlich geringeren Erlös bringen würde. (3) Die einstweilige Einstellung kann auch mit der Maßgabe angeordnet werden, daß sie außer Kraft tritt, wenn der Schuldner die während der Einstellung fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen nicht binnen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit bewirkt. Wird die Zwangsversteigerung von einem Gläubiger betrieben, dessen Hypothek oder Grundschuld innerhalb der ersten sieben Zehntel des Grundstückswertes steht, so darf das Gericht von einer solchen Anordnung nur insoweit absehen, als dies nach den besonderen Umständen des Falles zur Wiederherstellung einer geordneten wirtschaftlichen Lage des Schuldners geboten und dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner gesamten 53 Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 43. 54 Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 36. 55 Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 13; Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 37.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
§ 30a
wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere seiner eigenen Zinsverpflichtungen, zuzumuten ist. (4) Das Gericht kann ferner anordnen, daß der Schuldner Zahlungen auf Rückstände wiederkehrender Leistungen zu bestimmten Terminen zu bewirken hat. (5) Das Gericht kann schließlich die einstweilige Einstellung von sonstigen Auflagen mit der Maßgabe abhängig machen, daß die einstweilige Einstellung des Verfahrens bei Nichterfüllung dieser Auflagen außer Kraft tritt.
A. I. II. III. B. I. II. 1. 2. 3. 4. C. I. II. III. IV. D. I. II. III.
IV.
Allgemeiner Regelungsgehalt . . . . . Rechtsgeschichte und Regelungszweck Anwendungsbereich der Norm . . . . . Verhältnis zu anderen Einstellungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . Systematik der einstweiligen Einstellung und praktische Anwendung . . . Systematik der §§ 30a ff. ZVG . . . . . Praktische Anwendung der Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 30a ZVG und die Realität des Kreditgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . § 30a ZVG als Störpotential . . . . . . . § 30a ZVG und § 765a ZPO . . . . . . Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . Die Einstellungsvoraussetzungen nach § 30a Abs. 1 und 2 ZVG . . . . . Antrag des Schuldners . . . . . . . . . . Aussicht auf Vermeidung der Versteigerung . . . . . . . . . . . . . . . Billigkeit der einstweiligen Einstellung Berücksichtigung der Gläubigerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erteilung von Zahlungsauflagen . . . Systematik der Norm . . . . . . . . . . . Zahlungen auf laufende wiederkehrende Leistungen . . . . . . . . . . . Auflage von Zahlungen bei betreibendem Gläubiger innerhalb der 7/10-Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestimmung von Höhe und Fälligkeit der Zahlungsauflagen . . . . . . . . . .
. . .
Rz. 1 1 4
.
9
. .
13 13
.
24
. . . .
24 27 30 32
. .
33 33
. .
36 42
. . .
45 48 48
.
53
.
63
.
66
V. Anordnung sonstiger Zahlungsauflagen E. Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen sittenwidriger Härte nach § 765a ZPO . . . . I. Die allgemeine Bedeutung des § 765a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Fallgruppen sittenwidriger Zwangsvollstreckung in der Zwangsversteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die aussichtslose Vollstreckung durch den Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vollstreckung wegen einer Bagatellforderung . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Verschleuderung des Grundstücks . III. Die drohende Suizidgefahr als Fall sittenwidriger Zwangsvollstreckung . . . . 1. Ernsthafte Suizidgefahr und Missbrauch des § 765a ZPO . . . . . . . . . . 2. Der Umgang mit ernsthafter Suizidgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Höchstrichterliche Rechtsprechung . . . IV. Die Geltendmachung von sittenwidriger Härte im Verfahren . . . . . . . V. Handlungsvorgaben für das Vollstreckungsgericht . . . . . . . . . . . . VI. Die Anwendung des § 765a ZPO in der Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . . 1. Suizidgefahr bei Zwangsverwaltung . . . 2. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei dauerhaft fehlenden Einnahmen . . . . . 3. Die Nutzung des Zwangsverwaltungsobjekts durch den Schuldner . . . . . . .
Rz. 70
72 72
76 76 79 82 83 83 84 94 106 114 122 122 123 125
Literatur: Arnold, Die Vollstreckungsnovelle vom 1. Februar 1979, MDR 1979, 358; Beyer, Suizidgefahr des Versteigerungsschuldners als nachträglicher Beschwerdegrund i.S.d. § 100 ZVG oder: Der Rechtspfleger als neuer Hüter der Verfassung?, ZfIR 2006, 535; Clemente/Lenk, Planmäßige Übersicherung durch Grundschulden, ZfIR 2002, 337; Drischler, Die ab 1. Juli 1979 in Kraft tretenden Änderungen des Zwangsversteigerungsgesetzes, KTS 1979, 146; Ertle, Probleme mit „Versteigerungsverhinderern“, Rpfleger 2003, 14; N. Fischer, Vorbeugender Gesundheitsschutz gegen drohende Zwangsvollstreckung?, WuM 2004, 257; Gaul, Die Verfassungswidrigkeit der Härteentscheidung nach § 765a ZPO wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt aus Art. 92 GG, JZ 2013, 1081; Hornung, Die Zwangsvollstreckungsnovelle 1979, Rpfleger 1979, 321; Kaiser, Räumung und Vollstreckungsschutz bei Suizidgefahr, NJW 2011, 2412;
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§ 30a Rz. 1 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners Keller, Probleme im Umgang mit dem Schuldner aus Sicht des Vollstreckungsgerichts und des Zwangsverwalters, DZWIR 2006, 315; Keller/Beeneken, Der Schuldnerschutz in der Immobiliarvollstreckung – Reformbedarf des ZVG, ZVI 2018, 175; Nettersheim, Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Auslegung und Anwendung von § 765a ZPO, ZfIR 2017, 174; Schiffhauer, Soziale Aspekte im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1978, 397; Schiffhauer, Die offensichtlich aussichtslose Zwangsversteigerung, Rpfleger 1983, 236; Schneider/Goldbach, Umgang mit einem Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners im Zwangsversteigerungsverfahren, KKZ 2014, 49; Schmid, Zwangsversteigerung, Zwangsräumung und Selbstmorddrohung, ZfIR 2014, 838; Schmidt-Räntsch, Suizid in der Zwangsversteigerung, ZfIR 2011, 849; Seifert, § 765a ZPO im Verfahren der Räumungsvollstreckung und der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2015, 237; Sostmann, Der Umfang des Zinsanspruchs bei Grundschulden, MittRhNotK 1999, 274; Stöber, Ist § 765a ZPO bei der Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft anwendbar?, Rpfleger 1960, 237; Stöber, Verjährte, rückständige und laufende Grundschuldzinsen in der Zwangsversteigerung, MitBayNot 1999, 441; Teufel, § 765a ZPO in der Teilungsversteigerung, Rpfleger 1976, 86; Ulrich, Suizid als sittenwidrige Härte des § 765a ZPO, Rpfleger 2012, 477; Wieser, Die zwecklose Zwangsversteigerung, Rpfleger 1985, 96; Zschieschack/Brücher, Die „begleitete Räumung“ bei Suizidankündigungen in der Räumungsvollstreckung, ZMR 2015, 745.
A. Allgemeiner Regelungsgehalt I. Rechtsgeschichte und Regelungszweck 1
Die §§ 30a ff. ZVG wurden eingefügt durch Gesetz vom 20. August 1953 (BGBl. I S. 952). Mit ihnen wurde der Vollstreckungsschutz, der bis dato in den Zwangsvollstreckungsnotverordnungen1 geregelt war, in das allgemeine Immobiliarvollstreckungsrecht integriert.2 Im Wortlaut des seinerzeit geltenden § 30a ZVG war eine Einstellung der Zwangsversteigerung möglich, wenn die Notlage des Schuldners „in den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen“ begründet war. Durch Gesetz vom 1. Februar 1979 (BGBl. I S. 127) wurde § 30a Abs. 1 dahingehend geändert, dass für eine Einstellung der Zwangsversteigerung auf die allgemeinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners und auf Billigkeit abzustellen ist.3 Der Gesetzgeber wollte hierbei dem Vollstreckungsschutz nach §§ 30a ff. im Gegensatz zu § 765a ZPO mehr Geltung verschaffen.4
2
Redaktionell fiel durch Einführung der § 30d ff. mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 1. Januar 1999 der frühere § 30c weg (§ 30d Rz. 1), der bis dato geltende § 30d rückte auf zum jetzigen § 30c. In diesem war in Absatz 2 vorgeschrieben, dass nach zweimaliger Einstellung des Verfahrens auch § 765a ZPO nicht mehr anwendbar sei. Diese in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Einschränkung wurde durch Gesetz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3416) mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben (dazu § 30c Rz. 10).5
3
Der Zweck der §§ 30a ff. besteht darin, eine Zwangsversteigerung zu vermeiden, wenn dies nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners und unter Berücksichtigung der Belange des betreibenden Gläubigers möglich und angemessen ist. Es soll mithin eine Zwangsvollstreckung vermieden werden, wenn der Schuldner sanierungsfähig und 1 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 7; Verordnung v. 26.5.1933 (RGBl. 392); Verordnung v. 22.3.1934 und v. 24.10.1934 (RGBl. 231, 1070); Zweites Gesetz über den landwirtschaftlichen Vollstreckungsschutz v. 27.12.1933 (RGBl. 1115); dazu Jaeckel/Güthe, Anhang III S. 1117 ff.; Nußbaum, Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, § 9 V. 2 BT-Drucks. 1/3284, S. 25; in gleicher Weise wurden die §§ 850 ff. ZPO betreffend die Pfändung des Arbeitseinkommens, die bis dato in der Lohnpfändungsverordnung von 1940 geregelt waren, dazu Lippross, Vollstreckungsrecht, S. 7 ff.; Stöber, Forderungspfändung, Rz. 871 Fn. 1. 3 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 8, 9. 4 Schiffhauer, Rpfleger 1978, 397; Arnold, MDR 1979, 358; Drischler, KTS 1979, 146; Hornung, Rpfleger 1979, 321. 5 Stöber, § 30c ZVG Rz. 7.1.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 7 § 30a
sanierungswillig ist.6 §§ 30a ff. bezwecken nicht den Schutz des Schuldners vor Vollstreckung allgemein und schränken nicht das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers ein, auch wegen einer geringen Forderung oder an scheinbar aussichtsloser Rangstelle die Versteigerung betreiben zu dürfen (Rz. 76).7 Sie schützen den Schuldner auch nicht vor Verschleuderung des Zwangsversteigerungsobjektes; dieser Schutz wird durch § 85a gewährt. Im Verhältnis zu den berechtigten Interessen des Gläubigers an einer Befriedigung seiner Ansprüche und seinem Anspruch gegenüber dem Staat, diese zwangsweise durchzusetzen,8 ist über die Verfahrenseinstellung nach § 30a Abs. 2 unter Berücksichtigung seiner Interessen zu entscheiden. Gleichzeitig soll sie unter Zahlungsauflagen nach § 30a Abs. 3 angeordnet werden und ist nur zweimal möglich (§ 30c).9
II. Anwendungsbereich der Norm Die einstweilige Einstellung nach §§ 30a ff. kommt nur in der Vollstreckungsversteigerung in Betracht, auch bei Wiederversteigerung nach § 133.10 Sie ist stets auf das ganze Versteigerungsobjekt zu beziehen, nicht lediglich auf einzelne Grundstücke oder gar auf einzelne Zubehörstücke.11 Ist über das Vermögen des Schuldners gleichzeitig das Insolvenzverfahren eröffnet, werden die §§ 30a ff. durch die §§ 30d ff. ersetzt.
4
Bei mehreren betreibenden Gläubigern gelten die §§ 30a ff. für jedes Einzelverfahren.12 Das 5 Vollstreckungsgericht hat damit bei Zulassung eines jeden weiteren Beitritts nach § 27 den Schuldner erneut über die Einstellungsmöglichkeit zu belehren. Die Versteigerung selbst wird freilich nur dann verhindert, wenn die Verfahren sämtlicher betreibender Gläubiger eingestellt werden können. Im Verfahren der Teilungsversteigerung gehen § 180 Abs. 2 und 3 den §§ 30a ff. vor.
6
WEG13
Im Verfahren der Zwangsversteigerung von Wohnungs- oder Teileigentum nach § 19 sind die §§ 30a ff. nicht anzuwenden. Der Ausschluss eines Wohnungs- oder Teileigentümers erfolgt nicht wegen ausstehender Zahlungen an die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern wegen schwerwiegender Pflichtverletzungen.14 Grundlage der Versteigerung ist das gegen den Miteigentümer ergangene Urteil auf Grund eines wirksamen Beschlusses der Eigentümerversammlung.15 Die Versteigerung zur Durchsetzung dieses Urteils ist keine Vollstreckungsversteigerung, für welche §§ 30a ff. anwendbar sind und die der Schuldner durch Gläubigerbefriedigung abwenden könnte. Im übrigen ist § 19 Abs. 2 WEG als lex specialis zu beachten, wonach der betroffene Wohnungseigentümer bis zum Zuschlag die Wirkungen des gegen ihn
6 Depré/Popp, § 30a ZVG Rz. 3. 7 Allgemein dazu Stöber, Einl. Rz. 48.4. 8 Allgemein dazu Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.7, 1.24 ff.; Gaul/Schilken/ Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 1 Rz. 9 ff. 9 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 4. 10 Stöber, § 30a ZVG Rz. 1.2. 11 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 26; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 3; Beschränkung auf einzelne Grundstücke hält aber für zulässig Stöber, § 30b ZVG Rz. 7.2. 12 Stöber, § 30b ZVG Rz. 6. 13 BT-Drucks. 16/887, S. 26; allgemein zu § 19 WEG Keller in Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, § 5 Rz. 142, 143; zur früheren Zuweisung an den Notar Staudinger/Kreuzer, BGB, 2006, § 53 WEG Rz. 3 ff. 14 Engelhardt in Münchener Kommentar, BGB, § 19 WEG Rz. 1, 2. 15 Engelhardt in Münchener Kommentar, BGB, § 18 WEG Rz. 13 ff.; Scheffler in Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, § 3 Rz. 151 ff.; Bonifacio in Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, Kap. F Rz. 401 ff.
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7
§ 30a Rz. 7 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners ergangenen Urteils durch Zahlung aller Ansprüche und Kosten abwenden kann.16 Betreibt die Wohnungseigentümergemeinschaft dagegen wegen ausstehender Hausgeldansprüche in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 die Vollstreckungsversteigerung, sind §§ 30a ff. anwendbar. § 765a ZPO ist als Generalklausel auch in der Versteigerung nach § 19 WEG anwendbar. 8
Im Zwangsverwaltungsverfahren nach §§ 146 ff. finden die §§ 30a ff. nach allgemeiner Ansicht keine Anwendung.17 Dies erscheint fraglich, da unstreitig die einstweilige Einstellung nach § 765a ZPO möglich ist (Rz. 140), ferner nach zutreffender Ansicht auch die Einstellung auf Bewilligung des betreibenden Gläubigers nach § 30 (dazu § 30 Rz. 4). Gegen die Anwendung der §§ 30a ff. im Zwangsverwaltungsverfahren sprechen aber weniger die Einstellungsvoraussetzungen als eher die Verfahrensvorschrift des § 30b, die eindeutig nur die Zwangsversteigerung betrifft.
III. Verhältnis zu anderen Einstellungsvorschriften 9
Neben §§ 30a ff. ist uneingeschränkt § 765a ZPO anwendbar (eingehend Rz. 72 ff.). Die Vorschriften schließen sich nicht aus.18 Während aber der Antrag nach § 30a nur innerhalb von zwei Wochen nach Belehrung durch das Gericht gestellt werden kann (§ 30b Abs. 1), ist ein Antrag auf einstweilige Einstellung wegen sittenwidriger Härte nach § 765a ZPO während des gesamten Verfahrens möglich.
10
§§ 30a ff. und §§ 30d ff. schließen sich gegenseitig aus.19 In der Insolvenz des Grundstückseigentümers kann eine Verfahrenseinstellung allein auf Antrag des Insolvenzverwalters oder der sonstigen Antragsberechtigten nach § 30d erfolgen. Bei Anordnung der Zwangsversteigerung gegen den Insolvenzverwalter muss dieser nicht nach §§ 30a, 30b belehrt werden. Gibt der Insolvenzverwalter während eines bereits angeordneten Versteigerungsverfahrens das Grundstück aus der Insolvenzmasse frei (dazu § 30f Rz. 9), ist § 30a nicht mehr im bereits laufenden Versteigerungsverfahren anwendbar.20 Das Gericht muss nicht den jetzt wieder verfügungsbefugten Schuldner über eine Verfahrenseinstellung nach § 30b belehren. Die Geltendmachung sittenwidriger Härte nach § 765a ZPO ist dagegen trotz Insolvenz auch für den Schuldner selbst möglich.21
11
Gegenüber§ 30 ist § 30a nachrangig. Nicht selten bewilligt der betreibende Gläubiger die Einstellung nach § 30, wenn der Schuldner einen Antrag nach § 30a stellt. Empfehlenswert ist dies grundsätzlich nicht (eingehend § 30 Rz. 35 ff.). Das Gericht hat jedoch bei § 30 ohne weitere Prüfung das Verfahren einstweilen einzustellen, ein Antrag nach § 30a ist mit dieser Einstellung erledigt.
12
War das Verfahren nach § 28, 30 oder § 765a ZPO bereits einmal eingestellt, ist die erneute Einstellung nach § 30a nicht ausgeschlossen.22 Sie wird jedoch regelmäßig an der Notfrist von zwei Wochen für den Antrag scheitern.
16 17 18 19
Engelhardt in Münchener Kommentar, BGB, § 19 WEG Rz. 5. Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 24; Böttcher/Keller, § 146 ZVG Rz. 73. Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 18. Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 32, § 30b Rz. 9; zu allgemein Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 5, der auch von einem Antragsrecht des Insolvenzverwalters spricht. 20 Zu allgemein Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 32. 21 BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – V ZB 57/08, NJW 2009, 1283 = Rpfleger 2009, 259 = ZIP 2009, 781. 22 Eingehend Stöber, § 30b ZVG Rz. 10.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 24 § 30a
B. Systematik der einstweiligen Einstellung und praktische Anwendung I. Systematik der §§ 30a ff. ZVG Die §§ 30a ff. beinhalten vor allem in den verfahrensrechtlichen Vorschriften einen unmittelbar nach Anordnung der Zwangsversteigerung einsetzenden Automatismus, der in seinem hohen Grad an Belehrung und Fristwahrung in nichts den modernen Vorschriften des Verbraucherschutzes nachsteht, bei welchen beispielsweise der Verbraucher über Widerrufsrechte und Vertragsbedingungen ausdrücklich belehrt werden muss und widrigenfalls keine entsprechende Frist zu laufen beginnt.23 Vereinfacht ist folgender Verfahrensweg vorgegeben:
13
– Mit Anordnung der Zwangsversteigerung stellt das Gericht dem Schuldner die Belehrung zur Möglichkeit der Antragstellung nach § 30a zu (§ 30b Abs. 1). Hierbei ist auf die Notfrist von zwei Wochen und die Folgen fruchtlosen Fristablaufs hinzuweisen.
14
– Der Schuldner beantragt innerhalb der Notfrist von zwei Wochen die einstweilige Einstellung des Verfahrens nach § 30a Abs. 1. Er hat die maßgeblichen Tatsachen glaubhaft zu machen.
15
– Das Gericht hört den betreibenden Gläubiger unter Fristsetzung zu diesem Antrag an (§ 30a Abs. 2 und § 30b Abs. 2 Satz 2).
16
Nimmt der Gläubiger zu dem Antrag Stellung, wird regelmäßig diese Stellungnahme wiederum dem Schuldner übersandt (§ 30b Abs. 2 Satz 2).
17
– Über den Antrag des Schuldners entscheidet das Gericht durch begründeten Beschluss (§ 30b Abs. 2 Satz 1). Der Beschluss ist mit Rechtsbehelfsbelehrung (§ 232 ZPO) dem Schuldner und dem betreibenden Gläubiger zuzustellen.
18
– Ordnet das Gericht die einstweilige Einstellung für höchstens sechs Monate an, erteilt es dem Schuldner nach Maßgabe der § 30a Abs. 3 und 4 Auflagen. Das Verfahren wird fortgesetzt, wenn nach dem Ende der einstweiligen Einstellung der Gläubiger die Fortsetzung beantragt (§ 31 Abs. 1 mit Abs. 2 lit. b) oder wenn der Schuldner ihm auferlegte Auflagen nicht erfüllt (§ 30a Abs. 5).
19
Die Fortsetzung des Verfahrens unterbleibt, wenn der Schuldner erneut die einstweilige Einstellung beantragt (§ 30c Satz 1). Hierfür gilt wiederum die Notfrist des § 30b Abs. 1 mit Zustellung des Fortsetzungsbeschlusses.
20
Im Übrigen steht dem betreibenden Gläubiger gegen den Einstellungsbeschluss die sofortige Beschwerde zu (§ 30b Abs. 3).
21
– Weist das Gericht den Antrag des Schuldners ab, steht diesem die sofortige Beschwerde zu (§ 30b Abs. 3).
22
– Die Bestimmung des Versteigerungstermins und regelmäßig auch erst die Beauftragung eines Sachverständigen zur Verkehrswertermittlung nach § 74a Abs. 5 erfolgen nach Rechtskraft des (Abweisungs-)Beschlusses (§ 30b Abs. 4).
23
II. Praktische Anwendung der Vorschriften 1. § 30a ZVG und die Realität des Kreditgeschäfts Dieser aufwendige Verfahrensablauf steht heute in krassem Missverhältnis zur tatsächlichen Relevanz der Vorschrift des § 30a. In den seltensten Fällen gelingt es dem Schuldner glaub23 „In dubio pro consumatore“; dazu Mocklitz in Münchener Kommentar, BGB, Vor §§ 13, 14 Rz. 96 ff.
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24
§ 30a Rz. 24 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners haft zu machen, dass er nach seinen persönlichen wirtschaftlichen Verhältnissen eine Versteigerung auf Dauer verhindern kann.24 Die Einhaltung von Zahlungsauflagen ist kaum möglich. 25
Zwar wollte der Gesetzgeber mit der Lockerung der Tatbestandsvoraussetzungen der einstweiligen Einstellung im Jahre 1979 den Anwendungsbereich der Vorschrift erweitern und gegenüber § 765a ZPO abgrenzen, jedoch entspricht auch der heute geltende Wortlaut der Norm nur noch in den wenigsten Fällen der vollstreckungsrechtlichen Realität. Die Zwangsversteigerung wird heute überwiegend von Grundpfandrechtsgläubigern an erster oder zweiter Rangstelle betrieben. Im klassischen Fall einer Immobilienfinanzierung steht beim notleidenden Immobilienkredit aus der Sicht des Grundpfandrechtsgläubigers die Zwangsversteigerung als Option an letzter Stelle.25 Sie wird betrieben, wenn eine Veräußerung des Objektes insbesondere an mangelnder Kooperation des Schuldners scheitert. Für den Grundpfandrechtsgläubiger ist die Einleitung der Zwangsversteigerung ein eher technischer Vorgang, der zunächst zur vollständigen Abwertung des gesicherten Kredits in seiner Werthaltigkeit führt. Dem Grundstückseigentümer als Schuldner ist es regelmäßig nicht mehr möglich, durch Zahlungen den geschuldeten Kredit nebst Strafzinsen und Kosten wegzufertigen. Eine Sanierungsfähigkeit, wie sie § 30a mit der Auflage vorsieht, an den Gläubiger Zahlungen auf fällige Ansprüche zu leisten, ist meist nicht gegeben.
26
§ 30a Abs. 1 könnte eine Option sein, wenn durch eine für den Einzelfall passende Umschuldung die Zwangsvollstreckung vermieden werden kann. Jedoch wird im klassischen Kreditgeschäft die Umschuldung ebenfalls als Option vor einer möglichen Zwangsversteigerung in Betracht zu ziehen sein. Wollte man einen unmittelbaren Anwendungsfall für § 30a finden, läge dieser im Betreiben der Zwangsversteigerung wegen einer geringen persönlichen Forderung, deren Wegfertigung in absehbarer Zeit möglich ist, oder auch wegen Ansprüchen aus § 10 Abs. 1 Nr. 2. In diesem Zusammenhang kann auch die allgemeine Problematik der Versteigerung wegen einer so genannten Bagetellforderung gesehen werden. Die Vollstreckung einer Bagatellforderung wird zu Recht als zulässig erachtet, da – wie Stöber zu Recht anmerkt – eine Bagatell-forderung auch der Schuldner aufbringen kann, der in bedrängten Verhältnissen lebt.26 Die Frage der Einführung eines Mindestbetrages der Vollstreckungsforderung, etwa 750,00 EUR ähnlich § 866 Abs. 3 3 ZPO, aber mit anderem Regelungshintergrund, würde sich erübrigen.27 Gerade hier könnte § 30a ZVG einen gerechten Ausgleich zwischen den Gläubigerinteressen und seinem Rechtsschutzbedürfnis auf Befriedigung und den Schuldnerinteressen herbeiführen. Der Schuldner kann eine Bagatellforderung eher befriedigen, muss sich dann aber auch bemühen.28 2. § 30a ZVG als Störpotential
27
Die zwingenden Vorgaben des § 30b hinsichtlich der Belehrungen, Zustellungen und einzuhaltenden Fristen machen aus der gut gemeinten Möglichkeit der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Aussicht auf Vermeidung derselben ein Störpotential zu Gunsten des Schuldners und ihn beratender professioneller Versteigerungsverhinderer.29 Es ist unter Berücksichtigung von Postlaufzeiten und Bearbeitungszeiten am Vollstreckungsgericht ohne weiteres möglich, die Anberaumung des Versteigerungstermins um mindestens vier Monate zu verzögern. Hock/Klein/Hilbert/Deimann bezeichnen § 30a etwas drastisch als arbeitsauf24 25 26 27 28
Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 4. Dazu Löhnig/Cranshaw, Taktik in der Zwangsversteigerung Rz. 32 ff., 36 ff. Stöber, 21. Aufl. 2016, Einl. Rz. 48.4; fortgeführt Stöber/Keller, Einl. Rz. 170. Für Mindestbetrag Bartels, Dogmatik, S. 152; Güte, ZZP 100 (1987), 412. LG Hannover, Beschl. v. 15.11.2013 – 1 T 24/13, ZMR 2014, 418; Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 234 ff. 29 Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 15; Ertle, Rpfleger 2003, 14.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 31 § 30a
wendige „Feigenblatt-Regelung“ zur Betonung der Sozialstaatlichkeit.30 Beispielsweise stellt der Schuldner seinen Einstellungsantrag fristwahrend per Telefax am letzten Tag des Fristablaufs ohne Begründung. Diese wird schriftsätzlich einige Tage später nachgereicht. Das Vollstreckungsgericht bittet den Gläubiger um Stellungnahme. Selbst wenn es die Stellungnahmefrist auf nur eine Woche festsetzt, sind bis dato regelmäßig bereits vier Wochen seit Anordnung der Zwangsversteigerung vergangen. Nimmt der Gläubiger zu dem möglicherweise völlig unsubstantiiert Antrag des Schuldners auch noch Stellung, wird diese Stellungnahme wiederum dem Schuldner zugeleitet. Bis das Vollstreckungsgericht entscheidet und den Antrag des Schuldners zurückweist, sind sechs bis acht Wochen vergangen. Gegen den Abweisungsbeschluss legt der Schuldner wiederum am letzten Tag der Beschwerdefrist fristwahrend per Telefax ohne Begründung Beschwerde ein und reicht die Begründung einige Tage später nach. Das Vollstreckungsgericht, das über die Abhilfe der Beschwerde zu entscheiden hat (§ 572 Abs. 1 ZPO) leitet die Beschwerdebegründung wiederum dem betreibenden Gläubiger zur Stellungnahme zu. Bis die Akte an das zuständige Landgericht als Beschwerdegericht gelangt, sind mithin mindestens zwölf Wochen seit Anordnung der Zwangsversteigerung vergangen. Wann das Beschwerdegericht abschließend entscheidet – Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO unberücksichtigt –, wissen die Götter. Dem betreibenden Gläubiger ist hier nur zu raten, auf einen unsubstantiierten oder offensichtlich unbegründeten Einstellungsantrag des Schuldners keine Stellungnahme abzugeben. Auch die Stellungnahme mit dem Inhalt, dem Antrag des Schuldners werde nicht entgegengetreten, ist nicht ratsam. Auch sie führt zur Verfahrensverzögerung. Im Übrigen ist aber ein Einstellungsantrag des Schuldners nicht bereits deshalb begründet, weil der betreibende Gläubiger ihm nicht entgegentritt.
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Dem Vollstreckungsgericht ist zu raten, bei erkennbarer Verfahrensverzögerung dem Schuldner etwa zur Nachreichung erforderlicher Unterlagen zur Glaubhaftmachung kurze Fristen zu setzen und Stellungnahmen nicht unnötig der jeweils anderen Partei nochmals zur Stellungnahme zu übersenden. Die Entscheidung ist unverzüglich zu treffen, sobald die Sache entscheidungsreif ist.
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3. § 30a ZVG und § 765a ZPO Der Schuldnerschutz des § 765a ZPO bei sittenwidriger Härte der Zwangsvollstreckung ist von dem Vollstreckungsschutz des § 30a, der bei Sanierungsfähigkeit des Schuldners eine Zwangsversteigerung vermeiden will, abzugrenzen. In der praktischen Anwendung sind beide Vorschriften verfahrensrechtliche Instrumente des Schuldners, die dazu dienen, eine Versteigerung zu verhindern, wenn ihre sachlichen Voraussetzungen wirklich vorliegen, oder wenigstens zu verzögern, gerade wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen. Gerade angesichts die umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 765a ZPO erweckt den Eindruck, die Vorschrift habe in der Versteigerungspraxis den § 30a verdrängt. Dem ist freilich nicht so.
30
Der Schuldner, der die Versteigerung seiner Immobilie verhindern möchte, wird indes beide 31 Instrumente in Anspruch nehmen. Da der Antrag nach § 30a nur innerhalb von zwei Wochen nach Belehrung durch das Gericht gestellt werden kann, ist seine Wirkung begrenzt. Sie besteht für den offensichtlich unsubstantiierten oder unbegründeten Antrag in der bereits erwähnten Verzögerung des Verfahrens. Der Antrag auf einstweilige Einstellung wegen sittenwidriger Härte nach § 765a ZPO ist während des gesamten Verfahrens möglich. Er wird insbesondere kurz vor oder unmittelbar im Versteigerungstermin gestellt, um einen Termin platzen zu lassen oder Bietinteressenten abzuschrecken. Das Vollstreckungsgericht sollte sich in seiner Verfahrensführung hiervon nicht beirren lassen, den Versteigerungstermin trotzdem durchführen und im Rahmen der Zuschlagsentscheidung über den Antrag nach § 765a 30 Hock/Klein/Hilbert/Deimann, Immobiliarvollstreckung, Rz. 218.
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§ 30a Rz. 31 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners ZPO mitentscheiden (dazu Rz. 108). Da bei einer Antragstellung im Versteigerungstermin eine Abschreckungswirkung gegenüber den anwesenden Bietinteressenten nie auszuschließen ist, sollte das Vollstreckungsgericht mit einem unmittelbar gestellten Antrag auch offensiv umgehen und die weitere Verfahrensweise klar erläutern. Ist ein Antrag offensichtlich unbegründet, sollte das Gericht seine Zweifel am Erfolg des Antrags auch äußern dürfen. Eine Besorgnis der Befangenheit ist damit nicht verbunden. 4. Zwischenfazit 32
Die Erfahrungen der praktischen Anwendung des § 30a und auch des § 765a ZPO erwecken den Eindruck, als seien diese Vorschriften lediglich Mittel der Verfahrensverzögerung und als sei jeder entsprechende Antrag offensichtlich unbegründet. Tatsächlich ist ein Antrag nach § 30a nur selten erfolgreich, weil die Sanierungsfähigkeit des Schuldners gerade unter Berücksichtigung der notwendigen Erteilung von Auflagen nach § 30a Abs. 3 Satz 2 nicht glaubhaft gemacht werden kann. Bei einem Antrag wegen sittenwidriger Härte nach § 765a ZPO ist gerade bei geltend gemachter Suizidgefahr (Rz. 83 ff.) genau zu prüfen, ob eine solche wirklich vorliegt und der betroffenen Person geholfen werden muss. Die praktische Erfahrung, dass auch hier Anträge nur zur Verfahrensvereitelung gestellt werden, lehrt leider, dass die Instrumente des Schuldnerschutzes auch missbraucht werden.
C. Die Einstellungsvoraussetzungen nach § 30a Abs. 1 und 2 ZVG I. Antrag des Schuldners 33
Die einstweilige Einstellung erfolgt auf Antrag des Schuldners. Dieser kann nach den allgemeinen Vorschriften des Zivilprozessrechts schriftlich oder auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts gestellt werden.31 Elektronische Form ist unter den Voraussetzungen des § 130a ZPO zulässig. Ein durch Telefax gestellter Antrag ist zulässig und fristwahrend, wenn die (Original-)Unterschrift wiedergegeben wird (§ 130 Nr. 6 ZPO).32
34
Sind mehrere Personen Schuldner des Verfahrens (Miteigentümer zu Bruchteilen oder Gesamthand), kann der Antrag nur von allen Schuldnern gemeinsam gestellt werden, um die Einstellung betreffend das Versteigerungsobjekt im Ganzen zu erreichen. Zwar wäre es bei Bruchteilseigentum wegen § 864 ZPO denkbar, hinsichtlich eines Miteigentumsanteils die einstweilige Einstellung anzuordnen, hinsichtlich eines anderen nicht. Die dann erfolgende Versteigerung eines ideellen Bruchteils wird aber regelmäßig nie zum Erfolg führen und daher a priori dem Gläubiger im Hinblick auf § 30a Abs. 2 nicht zuzumuten sein. Steht das Versteigerungsobjekt als Gesamtgut Eheleuten in Gütergemeinschaft zu, steht das Antragsrecht auch dem nicht das Gesamtgut verwaltenden Ehegatten allein zu.33
35
Der Schuldner hat im Antrag substantiiert darzulegen, auf Grund welcher Tatsachen die Versteigerung im Sinne des § 30a Abs. 1 vermieden werden kann; mithin sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen.34 Es ist dabei auch zu erläutern, in welcher Weise und mit welchen Mitteln die Forderung des betreibenden Gläubigers befriedigt werden soll. Die vorgetragenen Tatsachen sind aber erst dann glaubhaft zu machen, wenn das Gericht dies
31 Allgemein Zöller/Greger, ZPO, § 130 Rz. 7. 32 GemS-OGB, Beschl. v. 5.4.2000 – GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160 = NJW 2000, 2340; eingehend Zöller/Greger, ZPO, § 130 Rz. 18a ff. 33 Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 1; Böttcher, § 30a ZVG Rz. 8. 34 Muster Stöber, ZVG-Handbuch, Rz. 165.
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Keller
Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 39 § 30a
verlangt (§ 30b Abs. 2 Satz 3);35 (unaufgeforderte) Glaubhaftmachung bereits mit Antragstellung ermöglicht freilich eine frühe positive Entscheidung.
II. Aussicht auf Vermeidung der Versteigerung Die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung setzt voraus, dass der Schuldner nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sanierungsfähig ist. Ist diese Tatbestandsvoraussetzung nicht gegeben, scheidet eine einstweilige Einstellung des Verfahrens schon deshalb aus, auf die weiteren Voraussetzungen, insbesondere Billigkeit, kommt es nicht mehr an.36 Es muss dem Schuldner nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen möglich sein, den Anspruch des Gläubigers, wegen dessen die Zwangsversteigerung betrieben wird, in angemessener Zeit zu befriedigen. Neben den wirtschaftlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sind als persönliche Verhältnisse des Schuldners seine Unterhaltsverpflichtungen, mögliche besonderen Aufwendungen wegen körperlicher Behinderung oder besondere Erschwernisse in der Erwerbstätigkeit, beispielsweise besonders weite Entfernung vom Wohnort zum Arbeitsplatz oder häufig wechselnde Einsatztätigkeit, zu berücksichtigen.
36
Die einstweilige Einstellung erfolgt für höchstens sechs Monate und kann ein weiteres Mal 37 gewährt werden (§ 30c). Die Prognose der Sanierungsfähigkeit muss deshalb ergeben, dass der Schuldner innerhalb von zwölf Monaten den Anspruch des betreibenden Gläubigers voraussichtlich wird tilgen können.37 Diese Prognose entspricht auch den Vorgaben des allgemeinen Vollstreckungsrechts, wenn beispielsweise der Gerichtsvollzieher mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung nach § 802b ZPO schließt.38 Zwar hat der Schuldner als Auflagen nach § 30a Abs. 3 nur die während der Einstellung fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen des Gläubigeranspruchs zu befriedigen, also grundsätzlich keine Tilgung einer Hauptsache, nach dem Ende der Einstellung hätte dann aber der Gläubiger immer noch den vollen Anspruch und die Zwangsversteigerung wäre im Ergebnis nicht vermieden. Die Sanierungsfähigkeit des Schuldners ist daher nicht bereits dann gegeben, wenn der Schuldner die Auflagen nach § 30a Abs. 3 voraussichtlich wird zahlen können. Die Auflagen sollen dem Gläubiger lediglich vor weiterem Verzögerungsschaden schützen. Der Schuldner hat in seinem Antrag substantiiert darzulegen, in welcher Art und Weise er die Befriedigung des betreibenden Gläubigers bewerkstelligen kann.39 Allgemeine Behauptungen, man befinde sich in Verhandlungen über eine Veräußerung des Objektes oder es bestehe die Aussicht auf eine Umschuldung, genügen nicht. Der Schuldner muss konkrete Tatsachen vortragen und auf Verlangen des Gerichts glaubhaft machen.40 Je nach Anspruch, wegen dessen die Zwangsversteigerung betrieben wird, sind die Anforderungen an den Tatsachenvortrag und die Glaubhaftmachung unterschiedlich streng:
38
– Betreibt der Gläubiger wegen eines dinglichen Rechtes die Zwangsversteigerung, ist, wie bereits erwähnt, für den Grundpfandrechtsgläubiger der heutigen Vollstreckungspraxis die Zwangsversteigerung die letzte Option einer Reihe von Möglichkeiten der Forderungsbetreibung. Die Fragestellungen einer Veräußerung des Objektes oder einer Umschuldung sind zumeist bereits im Vorfeld des Zwangsversteigerungsverfahrens negativ beantwortet
39
35 LG Rostock, Beschl. v. 15.11.2002 – 2 T 349/02, InVo 2003, 343; Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 5. 36 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 37; Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 6. 37 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 36; Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 6. 38 Dazu Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 2.58 ff., 66. 39 Eingehend auch Schneider/Goldbach, KKZ 2014, 49. 40 Zur fehlenden Glaubhaftmachung einer Umschuldung mit Hilfe Familienangehöriger AG Zeitz, Beschl. v. 3.9.2015 – 5 K 10/15 (nicht veröffentlicht).
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§ 30a Rz. 39 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners worden. Dies wird sich regelmäßig aus der Stellungnahme des betreibenden Gläubigers ergeben, ist aber auch durch das Vollstreckungsgericht bereits im Rahmen des Tatsachenvortrages und der Glaubhaftmachung seitens des Schuldners zu berücksichtigen. Die Sanierungsfähigkeit des Schuldners mit der Prognose, den Gläubigeranspruch innerhalb von zwölf Monaten voraussichtlich tilgen zu können, ist hier in aller Regel nicht gegeben.41 40
– Betreibt der Gläubiger wegen eines persönlichen Anspruchs (Hausgeldforderung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2, öffentliche Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 oder persönliche Forderung nach § 10 Abs. 1 Nr. 5) oder aus einer Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO die Zwangsversteigerung, ist seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit konkret mit der Forderung des betreibenden Gläubigers in Relation zu setzen. Hier muss der Schuldner seine Einkommensverhältnisse und seine persönlichen Verhältnisse offenlegen, damit bestimmt werden kann, welchen Betrag er monatlich für eine Schuldentilgung aufbringen kann.
41
Macht der Schuldner geltend, der Gläubiger sei mit seiner durch eine Grundschuld gesicherten Forderung bereits befriedigt, ist dies im übrigen kein Fall für § 30a; der Schuldner hat in diesem Fall über die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO die einstweilige Einstellung der Vollstreckung nach § 769 ZPO zu erwirken.
III. Billigkeit der einstweiligen Einstellung 42
Zusätzlich zur Prognose der Gläubigerbefriedigung muss die einstweilige Einstellung nach den Verhältnissen des Schuldners sowie Art der Schuld der Billigkeit entsprechen. Diese Voraussetzung überschneidet sich mit der Berücksichtigung der berechtigten Gläubigerinteressen (§ 30a Abs. 2). Sie ist nicht zu verwechseln mit den im Rahmen der Prognoseentscheidung zu berücksichtigenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldners.42 Hat der Schuldner beispielsweise eine akute schwere Krankheit zu überstehen, den Tod eines Familienangehörigen zu überwinden oder ist er plötzlich arbeitslos geworden, kann dies für eine Billigkeit der einstweiligen Einstellung sprechen.43 Solche Umstände können, müssen aber nicht gleichzeitig in die Prognose der Sanierungsfähigkeit Eingang finden.
43
Bei der Prüfung der Billigkeit ist auch die Art der Forderung zu berücksichtigen, wegen welcher die Zwangsversteigerung betrieben wird. Klassischerweise werden entlehnt aus dem allgemeinen Vollstreckungsrecht sowie dem Insolvenzrecht Unterhaltsansprüche sowie Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung bevorzugt behandelt (beispielhaft § 850d und § 850f Abs. 2 ZPO). Wird wegen solcher Ansprüche die Zwangsversteigerung betrieben, spricht dies gegen die Billigkeit einer einstweiligen Einstellung der Versteigerung.
44
Bei der Billigkeitsprüfung ist auch zu berücksichtigen, wie der Schuldner sich bisher in Rahmen der Zwangsvollstreckung verhalten hat,44 ob er beispielsweise dem betreibenden Gläubiger gegenüber versucht hat, sich der Vollstreckung zu entziehen oder diese zu vereiteln, oder ob er konstruktiv versucht hat, die Ansprüche des Gläubigers zu befriedigen.
41 Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 6 am Ende. 42 Etwas unklar formuliert bei Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 7, 8. 43 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 38 ff., 41; Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 7, 8. 44 Zur Billigkeitsprüfung bei § 850b Abs. 2 ZPO BGH, Beschl. v. 19.3.2004 – IXa ZB 57/03, NJW 2004, 1132 = Rpfleger 2004, 503.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 49 § 30a
IV. Berücksichtigung der Gläubigerinteressen Selbständige Voraussetzung neben der Sanierungsfähigkeit des Schuldners und der Billigkeit einer einstweiligen Einstellung ist, dass diese dem betreibenden Gläubiger zuzumuten ist (§ 30a Abs. 2).45 Zu berücksichtigen sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des betreibenden Gläubigers selbst sowie ein möglicher Nachteil, der mit einer Versteigerung zu einem späteren Zeitpunkt verbunden wäre.
45
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des betreibenden Gläubigers sprechen im Regelfall eines 46 Zwangsversteigerungsverfahrens nicht gegen die einstweilige Einstellung. Insbesondere bei der Versteigerung durch ein Kreditinstitut als Grundpfandrechtsgläubiger sind diese nicht beachtlich. Ist betreibender Gläubiger ein Unterhaltsgläubiger des Schuldners (sehr seltener Fall)46 oder sonst ein Gläubiger wegen einer persönlichen Forderung, können seine eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse einer einstweiligen Einstellung entgegenstehen. Zu berücksichtigen sind eigene Bedürftigkeit des Gläubigers, die Notwendigkeit der unmittelbaren Befriedigung aufgrund eigener Verpflichtungen oder hohe Zinsbelastungen des Gläubigers.47 Dass mit der einstweiligen Einstellung allgemein die Zinsansprüche des betreibenden Gläubigers weiter anwachsen, genügt als Argument gegen eine einstweilige Einstellung nicht.48 Wäre dem so, wäre die einstweilige Einstellung in jedem Fall einem Gläubiger nicht zuzumuten. Ferner soll dieser Umstand durch Auflagen an den Schuldner gerade ausgeglichen werden. Ein unverhältnismäßiger Nachteil des betreibenden Gläubigers liegt vor, wenn die Versteigerung zu einem späteren Zeitpunkt nach Ende der einstweiligen Einstellung einen wesentlich geringeren Erlös bringen würde. Der Wortlaut des § 30a Abs. 2 fordert hierbei das Attribut der Wesentlichkeit, voraussichtlich geringe Einbußen bei späterer Versteigerung sind damit hinzunehmen. Die Einschätzung einer künftigen Marktsituation ist auch im Immobilienbereich nicht einfach. Es ist Frage des Einzelfalles zu prognostizieren, ob bei einer Versteigerung in sechs bis zwölf Monaten ein wesentlich geringerer Erlös zu erwarten ist; dies darf nicht grundsätzlich unterstellt werden. Zu berücksichtigen ist insbesondere die Beschaffenheit des Versteigerungsobjektes.49 Handelt es sich beispielsweise um eine Hotelanlage, kann unter Berücksichtigung der allgemeinen Branchensituation und der Lage des Objektes eine wesentliche Änderung zu befürchten sein. Gleiches kann gelten bei der Versteigerung eines steckengebliebenen Bauvorhabens, bei welchen weiterer Verfall zu befürchten ist.
47
D. Erteilung von Zahlungsauflagen I. Systematik der Norm Die Anordnung von Auflagen an den Schuldner bei einstweiliger Einstellung der Versteigerung erfolgt nach einer etwas diffusen Systematik zwischen Absätzen 3, 4 und 5 des § 30a:
48
– Die Anordnung der Zahlung laufender wiederkehrender Leistungen an den betreibenden Gläubiger liegt grundsätzlich im Ermessen des Gerichts (§ 30a Abs. 3 Satz 1).
49
45 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 45 ff.; Depré/Popp, § 30a ZVG Rz. 9 ff. 46 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 45, 46; Stöber, § 30a ZVG Rz. 3.3d, 5.2; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 13. 47 Stöber, § 30a ZVG Rz. 5.2. 48 Böttcher, § 30a ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 13; anders Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 46; für das Anwachsen vorrangiger Zinsansprüche aber Stöber, § 30a ZVG Rz. 5.3. 49 Stöber, § 30a ZVG Rz. 5.3.
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§ 30a Rz. 50 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners 50
– Betreibt der Gläubiger die Versteigerung aus einem Grundpfandrecht innerhalb der 7/10Grenze des Verkehrswertes, hat die Anordnung grundsätzlich zu erfolgen, von ihr darf nur im Ausnahmefall abgesehen werden (§ 30a Abs. 3 Satz 2).
51
– Die Auflage, auch Rückstände wiederkehrender Leistungen zu zahlen, steht insgesamt im Ermessen des Gerichts (§ 30a Abs. 4).
52
– Darüber hinaus kann das Gericht sonstige Anordnungen treffen, etwa die Auflage, laufende öffentliche Lasten oder Betriebskosten zu zahlen (§ 30a Abs. 5).
II. Zahlungen auf laufende wiederkehrende Leistungen 53
Die Anordnung von Zahlungsauflagen liegt im Falle des § 30a Abs. 3 Satz 1 grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Vollstreckungsgerichtes.50 Das Vollstreckungsgericht hat die Anordnung von Zahlungsauflagen regelmäßig in Betracht zu ziehen, da durch sie vom Schuldner nur verlangt wird, was er ohnehin zu leisten hat.51 Das Gericht hat sie unter Abwägung der Billigkeitsgründe der einstweiligen Einstellung sowie der berechtigten Interessen des betreibenden Gläubigers anzuordnen. Macht der Gläubiger beispielsweise geltend, eine eigene hohe Zinsbelastung zu haben, hat die Anordnung von Zahlungsauflagen zu erfolgen. Die Zahlungsauflage hat den Sinn, für die Dauer der einstweiligen Einstellung dem betreibenden Gläubiger einen weiteren Verzögerungsschaden zu ersetzen, Sie hat nicht den Zweck, die Hauptsacheforderung des Gläubigers zu tilgen. Gleichwohl ist der Schuldner nur sanierungsfähig, wenn er auch eine Tilgung der Forderungshauptsache glaubhaft machen kann.
54
Der Schuldner hat die während der Einstellung fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen zu zahlen. Die Zahlungspflicht betrifft damit nicht bereits bei Anordnung der Zwangsversteigerung fällig gewordene wiederkehrende Leistungen, wegen derer auch die Zwangsversteigerung betrieben wird; sie betrifft auch nicht die nach Anordnung bis Wirksamwerden der Einstellung fällig werdenden Leistungen.52 Die Fälligkeit bestimmt sich grundsätzlich nach dem Rechtsverhältnis, das der Vollstreckungsforderung zu Grunde liegt. Dies kann im Einzelfall zu seltsamen Ergebnissen führen, die eine modifizierte Anordnung der Zahlungspflicht notwendig machen:
55
– Vollstreckt er Gläubiger wegen einer im Grundbuch eingetragenen Grundschuld, sind deren Zinsen regelmäßig kalenderjährlich nachträglich fällig.53 Hier wäre es reiner Zufall, wenn die Dauer der Einstellung sich über ein Kalenderjahr und damit einen Fälligkeitszeitpunkt erstrecken würde. Der Schuldner hätte dann günstigstenfalls während der Dauer der Einstellung keine Zahlungen zu leisten.
56
– Vollstreckt der Gläubiger wegen einer persönlichen Forderung oder eine ihm zustehenden Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO, werden die Zinsen der Forderung oder des Rechtes als Verzugszinsen täglich fällig.54 Es wäre aber unsinnig, dem Schuldner eine tägliche Zahlungspflicht aufzuerlegen.
57
Unter Berücksichtigung der Höchstdauer der einstweiligen Einstellung von sechs Monaten ist die Fälligkeit der wiederkehrenden Leistungen mindestens auf monatliche Zahlungspflicht zu berechnen (dazu Rz. 66 ff.).
50 51 52 53 54
Stöber, § 30a ZVG Rz. 6.1; Böttcher, § 30a ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 15. Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 51; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 16. Stöber, § 30a ZVG Rz. 6.2. Schöner/Stöber, Rz. 2286b, 2315. Allgemein Ernst in Münchener Kommentar, BGB, § 288 Rz. 15, 17; für die Zwangsvollstreckung Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 2.37.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 64 § 30a
Weitgehend unklar ist, was als wiederkehrende Leistung zu bestimmen ist.55 Die Problematik ist identisch mit jener des § 30e, der eine gleiche Zahlungspflicht geschuldeter Zinsen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit anordnet (§ 30e Rz. 7 ff.). Zu unterschieden ist, aus welchem Recht und in welcher Rangklasse des § 10 Abs. 1 die Versteigerung betrieben wird:
58
– Wiederkehrende Leistungen (Zinsen) der Hypothek sind wegen der Akzessorietät der Hypothek die Zinsen der gesicherten Forderung.
59
– Wiederkehrende Leistungen (Zinsen) der Grundschuld sind die im Grundbuch eingetragenen „dinglichen“ Zinsen des Rechtes.56 Unerheblich ist, ob und in welchem Umfang nach der schuldrechtlichen Sicherungsabrede eine Verrechnung der dinglichen Zinsen auf die gesicherte Forderung erfolgt.57 Da die Zinsen der Grundschuld regelmäßig sehr hoch sind, kann das Vollstreckungsgericht die Auflage auch nur wegen eines Teiles der wiederkehrenden Leistungen anordnen.58
60
– Wiederkehrende Leistungen bei dem persönlich betreibenden Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 5) sind die im vollstreckbaren Schuldtitel genannten täglich fällig werdenden Zinsen der Forderung. Gleiches gilt für die Zinsen der Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO.
61
Die Auflage, auch Rückstände wiederkehrender Leistungen zu zahlen, liegt nach § 30a Abs. 4 im pflichtgemäßen Ermessen des Vollstreckungsgerichtes. Sie ist beispielsweise dann geboten, wenn der Gläubiger auf die Befriedigung seiner Zinsen angewiesen ist und die bisherige Zwangsvollstreckung für ihn besonders mühsam und im Ergebnis erfolglos war.59
62
III. Auflage von Zahlungen bei betreibendem Gläubiger innerhalb der 7/10-Grenze Betreibt der Gläubiger die Versteigerung aus einem Grundpfandrecht, das innerhalb der 7/10Grenze des Verkehrswerts des Grundstücks liegt, hat die Anordnung der Zahlungsauflage grundsätzlich zu erfolgen (§ 30a Abs. 3 Satz 2).60
63
Das Vollstreckungsgericht darf nur ausnahmsweise hiervon absehen, als dies nach den beson- 64 deren Umständen geboten ist. Über die bereits bei der Anordnung der einstweiligen Einstellung gewürdigten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners hinaus muss es zu einer Wiederherstellung einer geordneten wirtschaftlichen Lage des Schuldners geboten sein, von der Zahlungsauflage Abstand zu nehmen. Dabei sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gläubigers zu berücksichtigen. Das Absehen von einer Zahlungsauflage muss für ihn zumutbar sein. Beide Tatbestände müssen vorliegen, damit das Vollstreckungsgericht von einer Zahlungsauflage absehen kann. Im Regelfall der Versteigerung durch ein Kreditinstitut als Grundpfandrechtsgläubiger wird zwar das Absehen von der Zahlungsauflage diesem gegenüber zumutbar sein, es müssen aber weiterhin beim Schuldner ganz besondere Umstände vorliegen, die das absehen von der Zahlungsauflage rechtfertigen. Der Gesetzgeber stellt auf das Herstellen einer geordneten wirtschaftlichen Lage des Schuldners ab. Praktisch kann damit nur eine untergeordnete Vermögenssituation des Schuldners in Betracht kommen, die im übrigen seine Sanierungsfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht ausschließt: Damit die einst55 Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 21. 56 Dazu Schöner/Stöber, Rz. 2315; Sostmann, MittRhNotK 1999, 274; Stöber, MitBayNot 1999, 441; Clemente/Lenk, ZfIR 2002, 337. 57 Allgemein BGH, Urt. v. 27.2.1981 – V ZR 9/80, NJW 1981, 1505 = Rpfleger 1981, 292 = ZIP 1981, 487; Stöber, § 114 ZVG Rz. 7.6g m.w.N. 58 Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 21. 59 Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 23. 60 Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 22.
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§ 30a Rz. 64 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners weilige Einstellung überhaupt erfolgen kann, muss der Schuldner nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen sanierungsfähig sein. In welchen Fällen dann das Absehen von einer Zahlungsauflage zur Wiederherstellung geordneter wirtschaftlicher geboten sein soll, weiß allein der historische Gesetzgeber. 65
Die Bestimmung, ob das Recht des betreibenden Gläubigers innerhalb der 7/10-Grenze des Verkehrswerts des Grundstücks liegt, erfordert nicht, dass das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert bereits nach § 74a Abs. 5 festgesetzt hat. Es ist auch nicht erforderlich, nur für diese Feststellung die Verkehrswertfestsetzung durchzuführen und insbesondere einen Sachverständigen mit der Wertermittlung zu beauftragen.61 Die Feststellung des Verkehrswertes erfolgt durch das Vollstreckungsgericht in pflichtgemäßem Ermessen unter Anhörung des betreibenden Gläubigers und des Schuldners.
IV. Bestimmung von Höhe und Fälligkeit der Zahlungsauflagen 66
Das Gericht hat im Einstellungsbeschluss genau anzugeben, in welcher Höhe und zu welchen Zeitpunkten der Schuldner Leistungen an den betreibenden Gläubiger zu erbringen hat.62 Das Gericht bestimmt Höhe und Zahlungszeitpunkt nach Anhörung des Schuldners und des betreibenden Gläubigers. Die Vorgabe des § 30a Abs. 3 Satz 1, wonach die Zahlung binnen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit der wiederkehrenden Leistung erfolgen soll, ist hinsichtlich der konkreten Fälligkeit der Ansprüche des Gläubigers zu modifizieren:63
67
– Vollstreckt der Gläubiger wegen einer persönlichen Forderung oder eine ihm zustehenden Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO, empfiehlt es sich, die Zahlungspflicht jeweils für zwei Wochen auf die jeweils aufgelaufenen täglich fällig gewordenen Verzugszinsen zu bestimmen.
68
– Vollstreckt der Gläubiger wegen einer im Grundbuch eingetragenen Grundschuld, ist die kalenderjährliche Zahlungspflicht der dinglichen Zinsen auf die Zeit der einstweiligen Einstellung herunterzurechnen und für deren Dauer mindestens eine monatliche Zahlungspflicht anzuordnen. Ein Zwischenzinsabzug hinsichtlich der am Ende des laufenden Kalenderjahres fälligen Zinsen muss dabei nicht erfolgen. Es empfiehlt sich daher, eine monatliche Zahlungspflicht anzuordnen, die sich rechnerisch an den wiederkehrenden Leistungen des Anspruchs orientiert. Bei einem Grundschuldgläubiger kann dies durchaus auch zu sehr hohen Zahlungsauflagen führen. Dies ist aber gerechtfertigt, wenn man die Grundschuld nebst ihrer dinglichen Zinsen als abstraktes Sicherungsmittel betrachtet.64 Es ist nicht maßgebend und kann vom Vollstreckungsgericht auch nicht geprüft werden, wie hoch eine gesicherte schuldrechtliche Forderung ist oder wie hoch deren Zinsen sind, die nach Kündigung der Forderung auch regelmäßig höher sind als sie ursprünglich vereinbart waren. Das Abstellen auf die dinglichen Zinsen ist daher sachgerecht. Dabei kann auf die besondere Berücksichtigung von Berechtigten innerhalb der 7/10-Grenze des Grundstückswertes nach § 30a Abs. 3 Satz 2 verzichtet werden.
61 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 55; Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 22; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 16. 62 Entscheidungsmuster jedoch ohne Geldbeträge Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 32 ff.; Stöber, ZVGHandbuch, Rz. 168. 63 Ebenso die Empfehlungen von Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 243 ff. 64 Allgemein zur Verrechnung BGH, Urt. v. 27.2.1981 – V ZR 9/80, NJW 1981, 1505 = Rpfleger 1981, 292 = ZIP 1981, 487; Stöber/Nicht, ZVG, § 114 Rz. 160 m.w.N.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 71 § 30a
– Wird die Versteigerung von einem Gläubiger betrieben, der nicht nur außerhalb der 7/10Grenze liegt, sondern insgesamt keine Befriedigung zu erwarten hat, kann das Gericht insgesamt von einer Zahlungsauflage absehen.
68a
Beispiel: Das Grundstück ist erstrangig mit einer Grundschuld zu 100.000,00 Euro nebst 69 14 Prozent Zinsen, kalenderjährlich nachträglich fällig, belastet; zweitrangig mit einer Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO zu 10.000,00 Euro nebst fünf Prozent Verzungszinsen. Beide Gläubiger betreiben die Zwangsversteigerung. Gegenüber beiden Gläubigern kann der Schuldner eine einstweilige Einstellung für die Dauer von sechs Monaten erwirken. Die Einstellungsbeschlüsse ergehen am 13.6. und werden an diesem Tag dem Schuldner und den Gläubigern zugestellt. Gegenüber dem Grundschuldgläubiger ist eine Zahlungspflicht hinsichtlich der am 31.12. fällig werdenden dinglichen Zinsen von 14.000,00 Euro in der Weise anzuordnen, dass der Schuldner 2.333,33 Euro jeweils am 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11. und 1.12. zu zahlen hat. Es kann auch angeordnet werden, dass er am 1.7. nur 2.000,00 Euro und in den Folgemonaten jeweils 2.400,00 Euro zu zahlen habe. Auch die Anordnung nur teilweiser Zahlung der Zinsen ist denkbar. Gegenüber dem Gläubiger der Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO empfiehlt sich eine Zahlungspflicht jeweils am 1. und am 15. eines Monats in Höhe von jeweils 20,55 Euro (10.000,00 Euro × 0,05 ./. 365 Tage × 15 Tage).
V. Anordnung sonstiger Zahlungsauflagen Über die Anordnung der Zahlung laufender oder ausnahmsweise auch rückständiger wieder- 70 kehrender Leistungen hinaus kann das Vollstreckungsgericht die einstweilige Einstellung von der Erfüllung weiterer Auflagen abhängig machen (§ 30a Abs. 5). Zu denken ist an die Zahlung laufender öffentlicher Lasten, wobei die vierteljährliche Fälligkeit der Grundsteuer wenig praktische Bedeutung haben mag, oder die Zahlung von Betriebskosten des Versteigerungsobjektes (Wasserver- und -entsorgung, Müllgebühren, Energieversorgung, Versicherungen). Die Anordnung sonstiger Auflagen kann dazu dienen, das Versteigerungsobjekt in seinem Bestand zu erhalten und hinsichtlich einer späteren Verwertung einen Wertverlust zu vermeiden. Die Anordnung der Erfüllung sonstiger Auflagen darf aber die Sanierungsfähigkeit des Schuldners nicht gefährden. Die einstweilige Einstellung tritt außer Kraft, wenn der Schuldner die besonderen Auflagen des § 30a Abs. 5 nicht erfüllt. Die Feststellung erfolgt von Amts wegen, wenn das Vollstreckungsgericht Kenntnis von der Nichterfüllung erlangt,65 in der Regel beantragt jedoch der betreibende Gläubiger die Fortsetzung des Verfahrens wegen Nichterfüllung der Auflagen. Das Gericht hat dann im Rahmen der Fortsetzungsentscheidung die Erfüllung der Auflagen zu prüfen,66 wobei die Beweislast der Zahlung regelmäßig beim Schuldner liegt. Es kommt nicht darauf an, ob dem Schuldner die Nichterfüllung vorzuwerfen ist.67 Der Schuldner kann auch nicht durch nachträgliche Zahlung das Außerkrafttreten rückgängig machen.68 Die Feststellung führt nicht selbst zur Fortsetzung des Verfahrens, diese muss vom betreibenden Gläubiger innerhalb der Frist des § 31 beantragt werden. Mit der Feststellung des Außerkrafttretens der einstweiligen Einstellung ist der Gläubiger über das Erfordernis eines Fortsetzungsantrags nach § 31 zu belehren.
65 66 67 68
Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 19. Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 25. Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 25. Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 25.
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§ 30a Rz. 72 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
E. Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen sittenwidriger Härte nach § 765a ZPO I. Die allgemeine Bedeutung des § 765a ZPO 72
Der Vollstreckungsschutz des § 765a ZPO hat in der Zwangsversteigerung große Bedeutung. Wegen der besonders eng auszulegenden Tatbestandsvoraussetzungen sind entsprechende Anträge aber selten erfolgreich.69 Bedauerlich ist, dass § 765a ZPO gerade seitens professioneller Zwangsversteigerungsverhinderer genutzt wird, um das Verfahren zu verzögern, und Anträge insbesondere im Versteigerungstermin strategisch gestellt werden, um potentielle Bieter zu verunsichern. Dies schmälert die Bedeutung des § 765a ZPO in den wirklich berechtigten Fällen, insbesondere, wenn tatsächlich ernsthaft Gefahr für Leben und körperliche Unversehrtheit des Schuldners oder Angehöriger besteht.
73
Durch § 765a ZPO werden besondere Umständen berücksichtigt, durch welche die an sich ordnungsgemäße Vollstreckung für den Schuldner Härten mit sich bringt, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren sind. Zweck der Norm ist Schuldnerschutz zur Milderung untragbarer, dem allgemeinen Rechtsgefühl widersprechender Härte.70 § 765a ZPO verlangt ganz besondere Umstände des Einzelfalles.71 Die Voraussetzungen der Vorschrift sind eng auszulegen.72 Allgemeine Interessenabwägungen rechtfertigen eine Anwendung des § 765a ZPO nicht. Dies betonte der Bundesgerichtshof gerade auch zu Sachverhalten, welche Suizidgefahr als Grund sittenwidriger Härte betrafen.73
74
Die schutzwürdigen Belange des Gläubigers an der Zwangsvollstreckung sind voll zu würdigen.74 Das Vollstreckungsgericht hat das Interesse des Gläubigers an der Rechtsverwirklichung auch unter Berücksichtigung des Art. 14 GG zu würdigen. Die Härten und wirtschaftlichen wie persönlichen Nachteile, die eine Zwangsvollstreckung als solche mit sich bringt, muss der Schuldner hinnehmen.75 Bei der Zwangsversteigerung gilt dies auch die Räumung nach Erteilung des Zuschlags. Auch bei freihändiger Veräußerung der Immobilie zur Schuldentilgung ist der Schuldner zu ihrer Räumung verpflichtet.76 Mit den Worten Brox/Walkers ist stets zu beachten, dass es dem Vollstreckungsgläubiger nicht zuzumuten ist, die Aufgaben der Sozialbehörden wahrzunehmen.77
69 Allgemein zur Anwendung BVerfG, Beschl. v. 27.9.1978 – 1 BvR 361/78, BVerfGE 49, 220 = NJW 1979, 534; BGH, Urt. v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, BGHZ 44, 138; Stöber/Keller, Einl. Rz. 216; Böttcher, § 30a ZVG Rz. 25 ff.; Depré/Popp, § 30a ZVG Rz. ff.; zur Teilungsversteigerung Stöber, Rpfleger 1960, 237; Teufel, Rpfleger 1976, 86. 70 Stein/Jonas/Münzberg, § 765a Rz. 5. 71 BGH, Urt. v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, BGHZ 44, 138, 143; eingehend Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 86 ff.; Böttcher, § 30a ZVG Rz. 37 ff. 72 BGH, Urt. v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, BGHZ 44, 138, 143. 73 BGH, Beschl. v. 27.6.2003 – IXa ZB 21/03, NJW-RR 2004, 1648 = Rpfleger 2003, 604; BGH, Beschl. v. 30.1.2004 – IXa ZB 233/03, Rpfleger 2004, 302 = ZfIR 2004, 440; BGH, Beschl. v. 25.6.2004 – IXa ZB 267/03, NJW 2004, 3635 = Rpfleger 2004, 722 (Teilungsversteigerung, § 180 Abs. 2); BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 99/05, NJW 2006, 505 = Rpfleger 2006, 147; BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 24/05, NJW 2006, 508 = Rpfleger 2006, 149 (Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO); dazu Beyer, ZfIR 2006, 535; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2011, 849. 74 Stein/Jonas/Münzberg, § 765a Rz. 7. 75 Stöber/Keller, Einl. Rz. 225. 76 Stöber/Keller, Einl. Rz. 225. 77 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1483.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 77 § 30a
Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 765a ZPO gegeben, kann seine Geltendmachung je nach Fallgestaltung zu einer einstweiligen Einstellung des Verfahrens oder auch zur Aufhebung des Verfahrens führen (zum Verfahrensrecht Rz. 106 ff.).78
75
II. Allgemeine Fallgruppen sittenwidriger Zwangsvollstreckung in der Zwangsversteigerung 1. Die aussichtslose Vollstreckung durch den Gläubiger Eine sittenwidrige Härte liegt vor, wenn die Zwangsvollstreckung dem Gläubiger unter keinerlei sachlichem Gesichtspunkt einen Vorteil bringt, sie dagegen allein dem Schuldner schadet.79 Der Gläubiger muss dabei nicht in Schädigungsabsicht handeln. Es muss auch kein Fall des § 826 BGB vorliegen. Sittenwidrig ist die Zwangsvollstreckung aber dann, wenn sie nur dazu dient, dem Schuldner Kosten zu verursachen.80 Insoweit ähnelt § 765a ZPO dem Verbot der zwecklosen Pfändung nach § 803 Abs. 2 ZPO, beide Vorschriften dürfen aber nicht miteinander vermischt werden.81 Die Anwendung des § 803 Abs. 2 ZPO ist nämliche eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses des Gläubigers für die Zwangsvollstreckung, dieses ist durch das Vollstreckungsorgan von Amts wegen zu prüfen. § 803 Abs. 2 ZPO gilt seinem Standort nach nur für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen. Bei Forderungspfändung ist die Vorschrift regelmäßig ohne Bedeutung, da sich die Einziehungsbefugnis des Gläubiger bei Überweisung nach § 835 ZPO ohnehin auf seine Vollstreckungsforderung beschränkt. Bei der Zwangsversteigerung ist nicht bereits deren Anordnung als zwecklose Maßnahme im Sinne des § 803 Abs. 2 ZPO anzusehen, denn die Drohung der Versteigerung kann den Schuldner auch dazu bewegen, die Forderung des Gläubigers zu bedienen oder sich selbst überhaupt „einmal zu bewegen“. Das Landgericht Freiburg82 sprach daher mit Hinweis § 803 Abs. 2 ZPO einem Gläubiger an scheinbar aussichtsloser Rangstelle ein Rechtsschutzbedürfnis für die Zwangsversteigerung nicht ab. Die Rechtsprechung verweigert aber überwiegend dem Gläubiger das Rechtsschutzbedürfnis für die Zwangsversteigerung, wenn er mit einer Befriedigung aus dem Versteigerungserlös nicht zu rechnen hat.83 Oft werden dabei auch § 803 Abs. 2 ZPO und § 765a ZPO miteinander vermischt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf nahm eine sittenwidrige Härte bei einem Betreiben der Zwangsversteigerung aus einer Rangstelle an, bei welcher das geringste Gebot einschließlich der bestehenbleibenden Rechte 181 Prozent des Verkehrswerts des Objektes umfasste.84 Doch auch hier führt die Anordnung der Zwangsversteigerung nicht unmittelbar zur Verwertung.
76
Betreibt der Gläubiger die Zwangsversteigerung an scheinbar aussichtsloser Rangstelle, kann zwar ein Fall des § 765a ZPO gegeben sein.85 Es darf aber nicht schon aus diesem Grunde und erst recht nicht von Amts wegen dem Gläubiger sein Rechtsschutzbedürfnis für die Zwangsvollstreckung abgesprochen werden. Der Gläubiger ist auch dann berechtigt, die Zwangsmittel
77
78 Stöber/Keller, Einl. Rz. 241. 79 Allgemein zum Rechtsmissbrauch Sicherungsfalles LG Mühlhausen, Beschl. v. 26.10.2017 – 1 T 231/17, Rpfleger 2018, 167. 80 LG Lüneburg, Beschl. v. 26.11.1975 – 1 T 284/75, MDR 1976, 1027; Stöber/Keller, Einl. Rz. 227. 81 Zu § 803 ZPO Zöller/Seibel, ZPO, § 803 Rz. 9; Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 2.259. 82 LG Freiburg, Beschl. v. 3.4.1989 – 4 T 47/89, Rpfleger 1989, 469. 83 LG Oldenburg, Beschl. v. 16.4.1982 – 5 T 14/82, Rpfleger 1982, 303 = ZIP 1982, 626, dazu Schiffhauer, Rpfleger 1983, 236; LG Düsseldorf, Beschl. v. 8.1.1987 – 25 T 1049/86, Rpfleger 1987, 210; LG Bielefeld, Beschl. v. 11.8.1987 – 3 T 719/87, Rpfleger 1987, 424; zur zwecklosen Zwangsversteigerung eingehend Wieser, Rpfleger 1985, 96. 84 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.4.1989 – 3 W 515/88, Rpfleger 1989, 470. 85 Stöber/Keller, Einl. Rz. 232.
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§ 30a Rz. 77 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners des Verfahrensrechts in Anspruch zu nehmen, wenn er aus einem voraussichtlichen Verwertungserlös scheinbar nichts zu erwarten hat. Bereits die Anordnung der Zwangsversteigerung stellt gegenüber dem Schuldner eine Drucksituation her, die ihn zur Zahlung gegenüber dem Gläubiger bewegen kann. Ein solches Vorgehen des Gläubigers ist keinesfalls verwerflich, auch wenn mit ihm Kosten für den Schuldner verbunden sind. Auch können sich hinsichtlich der Rangstelle und der Befriedigungsreihenfolge Änderungen ergeben, wonach der Gläubiger doch noch Befriedigung erlangen könnte. 78
Zum Verbot der zwecklosen Pfändung des § 803 Abs. 2 ZPO und zum Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers bei aussichtsloser Rangstelle stellte der Bundesgerichtshof für das Zwangsverwaltungsverfahren fest, dass § 803 Abs. 2 ZPO diesem nicht entgegenstehe, da die Zwangsverwaltung nicht lediglich den Sinn der Gläubigerbefriedigung habe sondern auch die ordnungsmäßige Bewirtschaftung der Immobilie und Vorbereitung einer Zwangsversteigerung bezwecke.86 Es liegt dann auch kein Fall des § 765a ZPO vor. 2. Die Vollstreckung wegen einer Bagatellforderung
79
Die Zwangsversteigerung ist auch nicht deshalb sittenwidrig, weil Vollstreckungsforderung und Grundstückswert in keinem adäquaten Verhältnis stehen. Die Anordnung der Zwangsversteigerung hängt nicht von einer bestimmten Höhe der Vollstreckungsforderung ab, Zwangsversteigerung ist auch wegen einer sogenannten Bagatellforderung zulässig.87 Der Bundesgerichtshof bejaht dies im Beschluss vom 25. Juni 200488 mit klaren Worten:
80
„Das Gesetz läßt die Möglichkeit der Zwangsversteigerung auch wegen geringer Forderungen grundsätzlich zu. In diesen Fällen ist es dem Schuldner umso eher möglich, die titulierte Forderung zu erfüllen und dadurch die Zwangsvollstreckung abzuwenden.“
81
Ein Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses des Gläubigers oder eine Sittenwidrigkeit der Vollstreckung ist nur in besonderen Einzelfällen denkbar, etwa wenn die Forderung nur noch aus einem Zinsrest oder einem geringen Kostenrest besteht.89 Die Vollstreckung geringer Hausgeldforderungen seitens der WEG-Gemeinschaft im Range des § 10 Abs. 1 Nr. 2 oder geringer öffentlicher Lasten im Range des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ist nicht rechtsmißbräuchlich.90 3. Die Verschleuderung des Grundstücks
82
Die Erteilung des Zuschlags an ein angeblich unverhältnismäßig geringes Meistgebot wird seitens der Schuldner oft als Fall sittenwidriger Härte angesehen.91 Die Rechtsprechung hat hierzu stets Einzelfälle entschieden, die nicht verallgemeinert werden können. Es ist stets der Einzelfall unter Berücksichtigung der Dauer des Verfahrens, der Beschaffenheit des Versteigerungsobjektes und der konkreten Bietsituation maßgebend.92 Viel zu weitgehend ist bei86 BGH, Beschl. v. 18.7.2002 – IX ZB 26/02, BGHZ 151, 384 = NJW 2002, 3178 = Rpfleger 2002, 578. 87 Stöber/Keller, Einl. Rz. 170. 88 Zur Teilungsversteigerung BGH, Beschl. v. 25.6.2004 – IXa ZB 267/03, NJW 2004, 3635 = Rpfleger 2004, 722. 89 LG Bochum, Beschl. v. 17.8.1993 – 7 T 761/93, Rpfleger 1994, 117 (Zwangsvollstreckung von 14,82 DM Restforderung); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.3.1980 – 3 W 54/80, NJW 1980, 1171 (Zinsen, die zwischen Überweisung und Gutschrift entstanden sind); allgemein Zöller/Seibel, ZPO, § 753 Rz. 8. 90 Für Hausgeld LG Hannover, Beschl. v. 15.11.2013 – 1 T 24/13, ZMR 2014, 418. 91 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.5.1989 – 3 W 92/88, Rpfleger 1989, 36 m. Anm. Meyer-Stolte; Stöber/ Keller, Einl. Rz. 233 m.w.N. 92 Grundlegend BGH, Urt. v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, BGHZ 44, 138; hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Einschränkung überholt durch BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 99/05, NJW 2006, 505 = Rpfleger 2006, 147; Stöber/Keller, Einl. Rz. 226.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 85 § 30a
spielsweise die Ansicht des Landgerichts Neubrandenburg,93 wonach bei einem Meistgebot von 37 Prozent des Verkehrswerts der Zuschlag auch dann zu versagen sei, wenn der entsprechend belehrte Schuldner keinen (!) Antrag nach § 765a ZPO gestellt habe. Ob eine zu erwartende Wertsteigerung einer aktuellen Versteigerung entgegensteht, ist für den Einzelfall zu entscheiden.94 Die Zuschlagserteilung an ein besonders niedriges Meistgebot ist nur dann sittenwidrig, wenn konkrete Umstände vorliegen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ein wesentlich höheres Gebot in einem Fortsetzungstermin erwarten lassen.95 Um der Gefahr der Grundstücksverschleuderung vorzubeugen, ist bei entsprechenden Anhaltspunkten die Anberaumung eines gesonderten Verkündungstermins (§ 87) angezeigt, insbesondere wenn ein dinglich Berechtigter sein Interesse bekundet hat, das Grundstück zu einem angemessenen Meistgebot ersteigern zu wollen.96
III. Die drohende Suizidgefahr als Fall sittenwidriger Zwangsvollstreckung 1. Ernsthafte Suizidgefahr und Missbrauch des § 765a ZPO Gerade im Zwangsversteigerungsverfahren ist als sittenwidrige Härte die ernsthafte gesundheitliche Beeinträchtigung des Schuldners oder Angehöriger bedeutsam, insbesondere die ernsthafte Gefahr der Selbsttötung.97 Substantiierte Suizidgefahr und ernsthafte Gefährdungen sind von rechtsmissbräuchlich und häufig unvermittelt im Verfahren gestellten Anträgen auf Vollstreckungsschutz zu unterscheiden; dies ist in der Rechtspraxis nicht selten schwierig.98 Nicht selten wird unmittelbar vor dem Versteigerungstermin ein Antrag nach § 765a ZPO mit unkonkreter Gefährdungsabsicht nur gestellt, um die unmittelbar drohende Versteigerung zu verhindern und Bietinteressenten abzuschrecken. Mit diesen „Versteigerungsverhinderungsmethoden“ werden letztlich aber auch die wirklichen Fälle ernsthafter Gefährdung des Lebens in Misskredit gebracht.
83
2. Der Umgang mit ernsthafter Suizidgefahr Zur sittenwidrigen Härte der Zwangsvollstreckung bei Immobiliarvollstreckung und auch Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO haben das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof umfangreich Stellung genommen und grundlegend Vorgaben für die Rechtspraxis gegeben:
84
– Die ernsthafte Gefahr der Selbsttötung des Schuldners oder eines Angehörigen ist im Immobiliarvollstreckungsverfahren jederzeit zu beachten, durch das Vollstreckungsgericht
85
93 LG Neubrandenburg, Beschl. v. 3.6.2004 – 4 T 96/04, Rpfleger 2005, 42 m. Anm. Alff. 94 So AG Dieburg, Beschl. v. 4.11.2016 – 30 K 11/15 (nicht veröffentlicht). 95 So BGH, Beschl. v. 27.6.2003 – IXa ZB 21/03, NJW-RR 2004, 1648 = Rpfleger 2003, 604; ebenso bereits OLG Hamm, Beschl. v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, NJW 1976, 1754 (Antrag des Konkursverwalters nach § 765a ZPO); OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 7.3.1979 – 20 W 14/79, Rpfleger 1979, 391; OLG Celle, Beschl. v. 30.7.1981 – 4 W 80/81, ZIP 1981, 1005 (Antragsrecht des Schuldners trotz Konkurs); OLG Koblenz, Beschl. v. 23.4.1986 – 4 W 286/86, JurBüro 1986, 1587. 96 BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 27/04, ZfIR 2005, 295 m. Anm. Dümig. 97 BVerfG, Beschl. 3.10.1979 – 1 BvR 614/79, BVerfGE 52, 214 = NJW 1979, 2607 = Rpfleger 1979, 450; BVerfG, Beschl. v. 2.5.1994 – 1 BvR 549/94, NJW 1994, 1720 = Rpfleger 1994, 470; BVerfG, Beschl. v. 29.7.2014 – 2 BvR 1400/14, NJW-RR 2014, 1290 = Rpfleger 2014, 608 = ZfIR 2014, 874, dazu Seifert, Rpfleger 2015, 237; eingehend Stein/Jonas/Münzberg, § 765a Rz. 5 Fn. 25 und Rz. 6 Fn. 40; Zöller/Seibel, ZPO, § 765a Rz. 11; Stöber/Keller, Einl. Rz. 270; Böttcher, § 30a ZVG Rz. 44 ff.; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 34 ff.; Löhnig/Cranshaw, § 765a ZPO Rz. 30 ff.; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, § 43 Rz. 14; Keller, DZWIR 2006, 315; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2011, 849; Kaiser, NJW 2011, 2412; Ulrichs, Rpfleger 2012, 477. 98 Beyer, ZfIR 2006, 535.
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§ 30a Rz. 85 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners auch von Amts wegen, wenn es hiervon Kenntnis erlangt.99 Das Gericht muss sich gegebenenfalls durch persönliche Anhörung der gefährdeten Person einen unmittelbaren Eindruck verschaffen. 86
– Die ernsthafte Suizidgefahr muss durch fachärztliche Nachweise festgestellt werden, eine allgemeine Basissuizidalität oder depressive Schübe, nachgewiesen durch einfaches Attest des Hausarztes, genügen nicht, um die Zwangsversteigerung konkret einzustellen.100
87
– Die suizidale Person muss eigene Anstrengungen unternehmen, um die Suizidgefahr abzuwenden.101 Sie muss sich gegebenenfalls auch freiwillig einer stationären psychiatrischen Behandlung unterziehen, wenn die Suizidgefahr anders nicht abgewendet werden kann.
88
– Das Vollstreckungsgericht hat bei ernsthafter Suizidgefahr das Betreuungsgericht zu informieren, damit dieses durch geeignete Maßnahmen (Unterbringung bei Betreuung nach § 1906 BGB oder öffentlich-rechtliche Unterbringung nach Landesrecht102) die Suizidgefahr abwenden kann. Jedoch darf das Vollstreckungsgericht einen Vollstreckungsschutz nicht einfach mit der Begründung ablehnen, das Betreuungsgericht habe keine Veranlassung zu geeigneten Maßnahmen gesehen.103
89
– Dabei darf die Unterbringung der suizidgefährdeten Person nicht Selbstzweck sein. Sie darf auch nicht allein der Verwirklichung der Zwangsvollstreckung dienen. Es muss Aussicht auf gesundheitliche Besserung bestehen.
90
– Das Zwangsversteigerungsverfahren darf bei Suizidgefahr nicht aufgehoben werden; es ist durch zeitlich begrenzte Einstellung in wiederkehrenden Abständen zu prüfen, ob die Suizidgefahr beseitigt ist und dann das Verfahren fortgeführt werden kann.104
91
– Bei fortdauernder und nicht abwendbarer Suizidgefahr steht diese aber der Versteigerung oder einer anschließenden Räumung dauerhaft entgegen.105 Das Recht des Schuldners oder eines Angehörigen auf körperliche Unversehrtheit darf nicht gegenüber dem Vollstreckungsanspruch des Gläubigers relativiert werden.106
92
Bemerkenswert in der Terminologie der Rechtsprechung ist, dass das Bundesverfassungsgericht stets vorsichtig von „berechtigten Belangen“ des Gläubigers spricht, während der Bundesgerichtshof den Vollstreckungsanspruch des Gläubigers ausdrücklich als von Art. 14 GG geschützt ansieht.107 Zu den Gläubigerinteressen wird vom Bundesgerichtshof betont, dass die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners nicht mit einer dauerhaften Einstellung der Vollstreckung erfüllt werden kann.108 Die Zwangsvollstreckung ist daher fortzusetzen, wenn die für den Lebensschutz primär zuständigen und notfalls vom Vollstreckungs-
99 BVerfG, Beschl. v. 29.7.2014 – 2 BvR 1400/14, NJW-RR 2014, 1290 = Rpfleger 2014, 608 = ZfIR 2014, 874. 100 BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 82/10, Rpfleger 2011, 225 = ZfIR 2011, 31 m. Anm. Keller. 101 Zur Zwangsräumung BGH, Beschl. v. 4.5.2005 – 1 ZB 10/05, BGHZ 163, 66 = NJW 2005, 1859 = Rpfleger 2005, 454; BVerfG, Beschl. v. 27.6.2005 – 1 BvR 224/05, Rpfleger 2005, 614; eingehend auch N. Fischer, WuM 2004, 257. 102 Nachweise bei Bassenge/Roth, FamFG, Vor § 312 Rz. 5. 103 BVerfG, Beschl. v. 29.7.2014 – 2 BvR 1400/14, NJW-RR 2014, 1290 = Rpfleger 2014, 608 = ZfIR 2014, 874. 104 BGH, Beschl. v. 6.12.2007 – V ZB 67/07, NJW 2008, 586 = Rpfleger 2008, 212. 105 BGH, Beschl. v. 12.11.2014 – V ZB 99/14, NJW-RR 2015, 393 = Rpfleger 2015, 217. 106 LG Bielefeld, Beschl. v. 30.1.2015 – 23 T 851/14, (nicht veröffentlicht); dazu IVR 2016, 18 (Schendel); Keller in Anm. BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 82/10, Rpfleger 2011, 225 = ZfIR 2011, 31. 107 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 3 Rz. 45. 108 Zur Interessenabwägung auch BVerfG, Beschl. v. 1.3.2019 – 2 BvR 305/19, WM 2019, 538.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 96 § 30a
gericht informierten Stellen Maßnahmen zum Schutz des Schuldners nicht für notwendig erachten.109 Kommt es – gegebenenfalls nach mehrmaliger einstweiliger Einstellung – zur Versteigerung und der Möglichkeit der Zuschlagserteilung an einen Meistbietenden, hat das Vollstreckungsgericht bei immer noch akuter Gefahr eines Suizids vor der Zuschlagserteilung das zuständige Betreuungsgericht zu informieren, damit geeignete Maßnahmen zum Schutz der suizidgefährdeten Person – insbesondere auch freiheitsentziehende Maßnahmen – getroffen werden können.110 Erst nach entsprechender Mitteilung und Fristsetzung ist der Zuschlag nach § 88 bekanntzumachen.111
93
3. Höchstrichterliche Rechtsprechung Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung des § 765a ZPO in der Immobiliarvollstreckung sowie der Räumungsvollstreckung insbesondere bei Suizidgefahr sind für die Vollstreckungspraxis folgende Entscheidungen beachtenswert und von Bedeutung:112
94
BGH, Beschl. v. 4.5.2005 – I ZB 10/05, BGHZ 163, 66 = NJW 2005, 1859 = Rpfleger 2005, 454: 1. Besteht im Fall einer Zwangsräumung bei einem nahen Angehörigen des Schuldners eine Suizidgefahr, ist diese bei der Anwendung des § 765a ZPO in gleicher Weise wie eine beim Schuldner selbst bestehende Gefahr zu berücksichtigen. 2. Selbst dann, wenn mit einer Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden ist, kann eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres einstweilen eingestellt werden. Erforderlich ist stets die Abwägung der – in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen – Interessen der Betroffenen mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers. Es ist deshalb auch dann, wenn bei einer Räumungsvollstreckung eine konkrete Suizidgefahr für einen Betroffenen besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Auch der Gefährdete selbst ist gehalten, das ihm Zumutbare zu tun, um die Risiken, die für ihn im Fall der Vollstreckung bestehen, zu verringern.
95
BGH, Beschl. v. 14.6.2007 – V ZB 28/07, NJW 2007, 3719 = Rpfleger 2007, 561: 1. Ist mit einer Zwangsvollstreckung die konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden, so muss das Vollstreckungsgericht, wenn es zur Abwehr dieser Gefahr die Unterbringung des Schuldners in einer psychiatrischen Einrichtung für erforderlich hält, mit der Vollstreckungsmaßnahme zuwarten, bis die Unterbringung durch die zuständigen Behörden und Gerichte angeordnet und durchgeführt worden ist. 2. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit hat der Tatrichter, bevor er die Unterbringung anregt, stets zu prüfen, ob der Gefahr der Selbsttötung durch ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Maßnahmen begegnet werden kann. Bei der gebotenen Abwägung mit den Interessen des Gläubigers (und gegebenenfalls des Erstehers) sind die Erfolgsaussichten einer solchen Behandlung und die voraussichtliche Dauer zu berücksichtigen.
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109 110 111 112
BGH, Beschl. v. 14.6.2007 – V ZB 28/07, Rpfleger 2007, 561. BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – V ZB 1/10, Rpfleger 2010, 681 = ZfIR 2010, 738 m. Anm. Keller. BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – V ZB 1/10, Rpfleger 2010, 681 = ZfIR 2010, 738 m. Anm. Keller. Eingehend auch Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 32 ff.; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2011, 849; Kaiser, NJW 2011, 2412; Ulrichs, Rpfleger 2012, 477; Schmid, ZfIR 2014, 838; Nettersheim, ZfIR 2017, 174; zu den Anforderungen an Verfassungsbeschwerde und Erlass einer einstweiligen Anordnung BVerfG, Beschl. v. 13.2.2017 – 2 BvR 321/17, juris.
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§ 30a Rz. 96 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners 3. Regt das Vollstreckungsgericht bei den zuständigen Stellen eine Unterbringung an, sollte es darauf hinweisen, dass die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners nicht in einer dauerhaften Einstellung der Vollstreckung gelöst werden kann und dass daher die Zwangsvollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär zuständigen Stellen Maßnahmen zum Schutz des Schuldners nicht für notwendig erachten. 97
BVerfG, Beschl. v. 11.7.2007 – 1 BvR 501/07, NJW 2007, 2910: 1a. In besonders gelagerten Einzelfällen kann die Pflicht zur Beachtung der Grundrechte des Schuldners im Zwangsvollstreckungsverfahren dazu führen, dass die Vollstreckung für einen gewissen Zeitraum einzustellen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht des Art 2 Abs. 2 S 1 GG konkret zu besorgen ist und eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen zu einem Vorrang der Belange des Schuldners führt. 1b. Die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Schuldners wegen der Zwangsversteigerung seiner Immobilie kann auch dann zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens führen, wenn sich die Gefahr erst nach dem Zuschlagsbeschluss während des Beschwerdeverfahrens auf Grund zu Tage tretender neuer Umstände ergibt.
98
BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – V ZB 1/10, Rpfleger 2010, 681 = ZfIR 2010, 738 m. Anm. Keller: Erachtet das Vormundschaftsgericht Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Schuldners nicht für geboten, solange die Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt wird, so setzt die Fortsetzung der Vollstreckung gegen den suizidgefährdeten Schuldner voraus, dass das Vollstreckungsgericht flankierende Maßnahmen ergreift, die ein rechtzeitiges Tätigwerden des Vormundschaftsgerichts zur Abwendung der Suizidgefahr ermöglichen.
99
BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 199/09, ZfIR 2011, 29: 1. Selbst wenn mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners oder eines nahen Angehörigen verbunden ist, ist eine Zwangsversteigerung nicht ohne weiteres einstweilen einzustellen. Vielmehr ist in solchen Fällen stets eine Abwägung zwischen den Interessen des Schuldners, des Gläubigers und des Erstehers erforderlich. 2. In die Abwägung einzustellen ist nur eine konkrete Suizidgefahr. Dabei kommt es in Konstellationen, in denen der Zuschlag bereits erteilt worden ist, ausschlaggebend darauf an, ob eine solche Gefahr für den Fall des endgültigen Eigentumsverlustes anzunehmen ist. Bezogen auf diesen Zeitpunkt ist tatrichterlich zu würdigen, ob die ernsthafte Befürchtung der Selbsttötung besteht. Verneint der Tatrichter diese Voraussetzung, hat er dies nicht zuletzt mit Blick auf den hohen Rang, der dem Schutzgut Leben zukommt, nachvollziehbar zu begründen (§ 286 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).
100
BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 82/10, Rpfleger 2011, 225 = ZfIR 2011, 31 m. Anm. Keller: Der Umstand, dass ein Schuldner im Zwangsversteigerungsverfahren geltend macht, dass sein Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt wird, begründet – für sich genommen – keinen Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
101
BGH, Beschl. v. 17.2.2011 – V ZB 205/10, NJW-RR 2011, 1000: Besteht die konkrete Gefahr einer Selbsttötung des Schuldners, so ist auch der erst nach der Erteilung des Zuschlags gestellte Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO beachtlich. Erst wenn der Zuschlagsbeschluss rechtskräftig ist, kommt ein Vollstreckungsschutzantrag mit dem Ziel der Aufhebung des Zuschlags nicht mehr in Betracht.
388
Keller
Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 105 § 30a
BGH, Beschl. v. 9.6.2011 – V ZB 319/10, ZfIR 2011, 727 m. Anm. Keller: 1. Hat sich die zuständige Behörde des suizidgefährdeten Schuldners angenommen und Maßnahmen ergriffen, kann das Vollstreckungsgericht davon ausgehen, dass diese ausreichen. 2. Flankierende Maßnahmen hat das Vollstreckungsgericht nur zu erwägen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die von der Behörde ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, oder wenn sich konkrete neue Gesichtspunkte ergeben, die die Lage entscheidend verändern.
102
BVerfG, Beschl. v. 26.10.2011 – 2 BvR 320/11, NJW-RR 2012, 393 = ZfIR 2012, 134 m. Anm. 103 Keller: […] 2a. Steht die Gewährung von Vollstreckungsschutz wegen Suizidgefahr des Schuldners in Rede, so ist zunächst zu klären, ob eine konkrete Suizidgefahr besteht und, wenn ja, ob diese gerade im endgültigen Eigentumsverlust durch den rechtskräftigen Zuschlagsbeschluss ihre maßgebliche Ursache hat. Ist dies der Fall, so muss das Gericht die Gesamtumstände umfassend würdigen, die sowohl den Grundrechten des Schuldners als auch den ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der anderen Verfahrensbeteiligten Rechnung trägt. Zugleich muss es prüfen, ob der Gefahr nicht auf andere Weise als durch die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und eine vorübergehende Einstellung der Zwangsvollstreckung begegnet werden kann. BVerfG, Beschl. v. 25.2.2014 – 2 BvR 2457/13, WM 2014, 566: 1a. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO müssen die Vollstreckungsgerichte auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die Grundrechte des Schuldners – etwa das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) – berücksichtigen. Dies kann in besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum bzw. – in absoluten Ausnahmefällen – auf unbestimmte Zeit einzustellen ist. 1b. Hinsichtlich der Verfahrensgestaltung der Vollstreckungsgerichte kann es erforderlich sein, Beweisangeboten des Schuldners zur Gefahr schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen besonders sorgfältig nachzugehen. Das Verfahren der Vollstreckungsgerichte ist so durchzuführen, dass den verfassungsrechtlichen Schutzpflichten Genüge getan wird.
104
BVerfG, Beschl. v. 29.7.2014 – 2 BvR 1400/14, NJW-RR 2014, 1290 = Rpfleger 2014, 608 = ZfIR 2014, 874: 1a. Das Grundrecht aus Art 2 Abs 2 Satz 1 GG verpflichtet die Vollstreckungsgerichte, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen. Ergibt die erforderliche Abwägung, dass die der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden, unmittelbar der Erhaltung von Leben und Gesundheit dienenden Interessen des Schuldners im konkreten Fall ersichtlich schwerer wiegen als die Belange, deren Wahrung die Vollstreckungsmaßnahme dienen soll, so kann der trotzdem erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und das Grundrecht des Schuldners aus Art 2 Abs 2 Satz 1 GG verletzen. 1b. Die Vollstreckungsgerichte haben in ihrer Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgeschlossen werden. Dies kann es erfordern, dass Beweisangeboten des Schuldners, ihm drohten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen, besonders sorgfältig nachgegangen wird. Ein Verweis auf die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Betreuungsgerichte kann allenfalls dann verfassungsrechtlich tragfähig sein, wenn diese entweder Maßnahmen zum Schutz des Betroffenen getroffen oder eine erhebliche Suizidgefahr
105
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§ 30a Rz. 105 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners gerade für das diese Gefahr auslösende Moment – hier: die Durchführung der Räumung – nach sorgfältiger Prüfung abschließend verneint haben. 2a. Verfassungsrechtlich nicht tragfähig ist es, wenn trotz Feststellung einer Suizidgefahr durch den Sachverständigen die Versagung von Vollstreckungsschutz allein darauf gestützt wird, dass das Betreuungsgericht als das für den Lebensschutz primär zuständige Gericht auf der Grundlage der Akte und des Sachverständigengutachtens keine Veranlassung für die Einrichtung einer Betreuung oder die Ergreifung ergänzender lebensschützender Maßnahmen wie eine vorübergehende Unterbringung des Beschwerdeführers gesehen habe. 2b. Wenn ausweislich der beigezogenen Verfahrensakte das Betreuungsgericht weder Maßnahmen zum Schutz des Beschwerdeführers getroffen, noch eine erhebliche Suizidgefahr gerade für das diese Gefahr auslösende Moment der Räumung nach sorgfältiger Prüfung abschließend verneint hat, muss das Vollstreckungsgericht selbst prüfen, ob die von dem Sachverständigen für den Fall der Räumung bejahte Suizidgefahr Vollstreckungsschutzmaßnahmen gebietet. 105a
BVerfG, Beschl. v. 6.7.2016 – 2 BvR 548/16, NJW 2016, 3090: 1a. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO müssen die Vollstreckungsgerichte auch die Wertentscheidungen des GG und die Grundrechte des Schuldners – etwa das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs 2 S 1 GG) – berücksichtigen. Dies kann in besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum bzw. – in absoluten Ausnahmefällen – auf unbestimmte Zeit einzustellen ist. 1b. Zwar wird auch bei erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit regelmäßig die Einstellung der Vollstreckung für einen längeren Zeitraum ausreichen. Sind die fraglichen Umstände indes ihrer Natur nach keiner Änderung zum Besseren zugänglich, kann in einem noch engeren Kreis von Ausnahmefällen aber auch die Gewährung von Vollstreckungsschutz auf Dauer geboten sein. 1c. Es entlastet das Vollstreckungsgericht nicht, wenn das Betreuungsgericht als das für den Lebensschutz primär zuständige Gericht keine Veranlassung für die Einrichtung einer Betreuung (außerhalb des Aufgabenkreises der Vermögenssorge) gesehen hat.
105b
BGH, Beschl. v. 16.6.2016 – I ZB 109/15, NJW-RR 2016, 1104 (Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO und Berücksichtigung der Belange des Gläubigers in Bezug auf dessen Gesundheitsgefährdung): Begründet die Einstellung der für den Schuldner lebensbedrohlichen Räumungsvollstreckung eine Gefahr für Leben und Gesundheit des Gläubigers, so ist im Rahmen der Entscheidung nach § 765a ZPO das Ausmaß der jeweiligen Gefährdung zu würdigen. Ist das mit einer Zwangsräumung verbundene Gefährdungspotential für den Schuldner deutlich höher zu bewerten als die mit einem weiteren Vollstreckungsstillstand für den Gläubiger bestehenden Gesundheitsgefahren, so kommt eine befristete Einstellung der Zwangsvollstreckung in Betracht, mit der dem Schuldner auferlegt wird, durch geeignete Maßnahmen an einer Verbesserung seines Gesundheitszustands zu arbeiten.
105c
BGH, Beschl. v. 21.9.2017 – 1 ZB 125/16, NJW-RR 2018, 135: 1. Ist mit einer Räumungsvollstreckungeine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden, kann dies die Untersagung oder einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO rechtfertigen. Abzwägen sind die Interessen des Schuldners und sein Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers und seinem Grundrecht auf Schutz des Eigentums und effektiven Rechtsschutz (Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 19 Abs. 4 GG). 2. Hierdurch dürfen dem Gläubiger keine Verpflichtungen auferlegt werden, die nach dem Sozialstaatsprinzip dem Staat obliegen. Es ist deshalb auch bei konkreter Lebensgefahr zu prüfen, ob diese Gefahr nicht auf andere Weise beseitigt werden kann. 390
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 107 § 30a
3. Der Schuldner hat alles ihm Mögliche und Zumutbare zu unternehmen, um Gefahren für Leben und Gesundheit auszuschließen. Es ist ihm zuzumuten, fachärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und erforderlichenfalls sich stationär in eine Klinik zu begeben. Die Ingewahrsamnahme der suizidgefährdeten Person nach polizeirechtlichen Vorschriften oder seine Unterbringung nach den einschlägigen Landesgesetzen sowie betreuungsrechtliche Maßnahmen sind ebenfalls in Betracht zu ziehen. 4. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung scheidet aus, wenn der Gefahr eines Suizids auf diese Weise entgegengewirkt werden kann. Durch diese Rechtsprechung wird insgesamt deutlich, dass gerade bei Vorbringen der Gesundheitsgefährdung erst in der Zuschlagsbeschwerde nicht nur die Grundrechte des Gläubigers und des Schuldners betroffen und gegeneinander abzuwägen sind. Es sind auch die Eigentumsinteressen des Erstehers zu berücksichtigen. Eine lange Dauer des Beschwerdeverfahrens beeinträchtigt ihn wegen möglicher Fragen zur Finanzierung des Meistgebots, sie kann ihn aber auch gesundheitlich belasten und sogar für ihn einen Fall ähnlich des § 765a ZPO begründen. Mieterschutz muss im Rahmen des Versteigerungsverfahrens nicht berücksichtigt werden. Ein Mieter ist durch § 57 ZVG geschützt, eine ihn betreffende Gefahr für Leben und Gesundheit bei möglicher Räumung betrifft das mietrechtliche Verfahren von Kündigung, Räumungsprozess und Räumung zwischen Ersteher und Mieter, das Zwangsversteigerungsverfahren ist nicht berührt.
105d
BVerfG, Beschl. v. 15.5.2019 – 2 BvR 2425/18, NJW 2019, 2012:113 1. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet die Vollstreckungsgerichte, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO auch die Wertentscheidungen des GG und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen. Eine unter Beachtung dieser Grundsätze vorgenommene Würdigung aller Umstände kann in besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und – in absoluten Ausnahmefällen – auf unbestimmte Zeit einzustellen ist. 2. Die Vollstreckungsgerichte haben in ihrer Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgeschlossen werden und dadurch der sich aus dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergebenden Schutzpflicht staatlicher Organe Genüge getan wird. Dies kann es erfordern, dass Beweisangeboten des Schuldners, ihm drohten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen, besonders sorgfältig nachgegangen wird.
105e
IV. Die Geltendmachung von sittenwidriger Härte im Verfahren Ein Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung wegen § 765a ZPO ist an keine Frist gebunden, er kann während der gesamten Dauer des Verfahrens bis zur Zuschlagserteilung gestellt werden.114 Das Vollstreckungsgericht kann auf den Antrag je nach Verfahrensstand unterschiedlich reagieren:
106
– Wird § 765a ZPO noch vor dem Versteigerungstermin geltend gemacht, kann das Gericht über diesen Antrag selbständig durch Beschluss – selbstverständlich nach Anhörung der Parteien – entscheiden.115 Es kann auch abwarten und im Rahmen der Zuschlagsentschei-
107
113 Ferner BVerfG, Beschl. v. 8.8.2019 – 2 BvR 305/19, NJW 2019, 299. 114 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 79 Stöber/Keller, Einl. Rz. 245; Böttcher, § 30a ZVG Rz. 36; Dassler u.a./ Hintzen, § 30a ZVG Rz. 25 ff. 115 Stöber/Keller; ZVG, Einl. Rz. 249, 250.
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§ 30a Rz. 107 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners dung den unbegründeten Antrag abweisen.116 Je nach Zeitdauer bis zur Versteigerung ist dies nicht empfehlenswert. 108
– Wird § 765a ZPO unmittelbar vor oder während des Versteigerungstermins geltend gemacht, ist der Versteigerungstermin nicht aufzuheben oder zu vertagen. Im Rahmen der Zuschlagsentscheidung ist über den Antrag zu entscheiden. Bei Begründetheit ist der Zuschlag zu versagen (§ 33) und das Verfahren einstweilen einzustellen.117
109
Stellt das Vollstreckungsgericht das Verfahren auf Antrag nach § 765a ZPO einstweilen ein, steht jedem betreibenden Gläubiger hiergegen die sofortige Beschwerde nach §§ 793, 567 ff. ZPO zu. Rechtsfragen im Zusammenhang mit Suizidgefährdung sieht der Bundesgerichtshof als geklärt und nicht mehr einer Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO zugänglich an.118
110
Die Suizidgefährdung ist durch das Vollstreckungsgericht nicht nur bei Antrag nach § 765a ZPO zu berücksichtigen sondern nach § 100 Abs. 1, 3 und § 83 Nr. 6 von Amts wegen.119 Das Vollstreckungsgericht hat zwar keine Amtsermittlungspflicht, hat es aber Kenntnis von einer Gefährdung des Schuldners oder einer dritten Person, hat es dies bei der Zuschlagserteilung zu berücksichtigen.120
111
Ungeklärt war lange, ob neue Tatsachen mit einem Antrag nach § 765a ZPO auch in der Zuschlagsbeschwerde geltend gemacht werden können. Der Bundesgerichtshof verneinte dies zunächst.121 Diese Rechtsprechung wurde ausdrücklich aufgegeben: Nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24. November 2005 kann gerade die Gefahr der Selbsttötung auch selbständig im Beschwerdeverfahren bei neu eingetretenen Umständen zu berücksichtigen sein.122
112
Ist der Schuldner wegen psychischer Erkrankung prozessunfähig,123 kann der Zuschlagsbeschluss unter den Voraussetzungen der § 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO, § 579 Abs. 1 Nr. 4 und § 586 Abs. 3 ZPO auch mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden.124
113
Bei der Berücksichtigung von Suizidgefahr kommt es im übrigen nicht allein auf die Zuschlagserteilung an, sondern auf die Räumung des Schuldners oder des suizidalen Angehörigen nach § 96. Terminologisch unsauber bezeichnete der Bundesgerichtshof dies als „tatsächlichen Eigentumsverlust“.125 Die möglicherweise zwangsweise Räumung aus dem Zuschlagsbeschluss nach § 885 ZPO mit § 96 ist als selbständiges Vollstreckungsverfahren anzusehen, der eine nicht zu beseitigende Suizidgefahr schlimmstenfalls dauerhaft entgegenstehen kann.
116 Stöber/Keller; ZVG, Einl. Rz. 249. 117 BGH, Beschl. v. 25.2.2016 – V ZA 35/15, NJW-Spezial 2016, 327; OLG Köln, Beschl. v. 19.8.1996 – 2 W 165/96, Rpfleger 1997, 34; LG Bayreuth, Beschl. v. 12.2.2001 – 15 T 8/01, Rpfleger 2001, 367; Stöber/Keller; ZVG, Einl. Rz. 249. 118 BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 82/10, Rpfleger 2011, 225 = ZfIR 2011, 31 m. Anm. Keller. 119 Allgemein Zöller/Seibel, ZPO, § 765a Rz. 31. 120 BGH, Beschl. v. 9.6.2011 – V ZB 319/10, ZfIR 2011, 727 m. Anm. Keller. 121 BGH, Urt. v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, BGHZ 44, 138. 122 BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 99/05, NJW 2006, 505 = Rpfleger 2006, 147 = ZfIR 2006, 559 m. Bespr. Beyer, ZfIR 2006, 535; zur Prozessunfähigkeit des Schuldners und zur Nichtigkeitsbeschwerde nach § 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO, § 579 Abs. 1 Nr. 4 und § 586 Abs. 3 ZPO BGH Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04 (nicht veröffentlicht); Stöber/Achenbach, § 96 ZVG Rz. 19. 123 BGH Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04 (nicht veröffentlicht). 124 Stöber/Achenbach, § 96 ZVG Rz. 19. 125 BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 82/10, Rpfleger 2011, 225 = ZfIR 2011, 31 m. Anm. Keller.
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Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners
Rz. 120a § 30a
V. Handlungsvorgaben für das Vollstreckungsgericht Für das Vollstreckungsgericht sind folgende Handlungsvorgaben zu beachten:126
114
– Erlangt das Gericht Kenntnis von einer konkreten Suizidgefährdung, hat es selbständig Ermittlungen anzustellen. Das Gericht darf nicht auf Anträge nach § 765a ZPO warten.
115
– Die Suizidgefahr ist daraufhin zu prüfen, ob eine akute Gefährdung für den Fall des endgültigen Eigentumsverlustes vorliegt. Dabei sind substantiierte und ernsthafte Gefährdungen von rechtsmissbräuchlich gestellten Anträgen auf Vollstreckungsschutz zu unterscheiden; dies ist in der Rechtspraxis oft schwierig.
116
– Bei ernsthafter Suizidgefährdung ist die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen. Die 117 gefährdete Person ist darauf hinzuweisen, dass sie durch ambulante oder auch stationäre psychiatrische Behandlung an der Beseitigung der Gefahr mitwirken muss. – Spätestens bei akuter Suizidgefährdung ist das Betreuungsgericht zu informieren, damit es geeignete Maßnahmen treffen kann. Eine Unterbringung der gefährdeten Person ist aber sinnlos, wenn sie nicht therapierbar ist; dann ist faktisch auch die Zwangsvollstreckung sinnlos.
118
– Erteilt das Vollstreckungsgericht – nach einstweiliger Einstellung – im Zwangsversteigerungsverfahren den Zuschlag, hat es diesen zunächst dem Betreuungsgericht mitzuteilen, damit dieses entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung der Suizidgefahr treffen kann. Erst nach entsprechender Mitteilung und Fristsetzung ist der Zuschlag nach § 88 bekanntzumachen.
119
– Eine Zuschlagsbeschwerde ist begründet, wenn das Vollstreckungsgericht das Ausmaß der akuten Suizidgefahr nicht richtig eingeschätzt hat oder das Betreuungsgericht nicht informiert hat. Eine Zuschlagsbeschwerde ist auch dann zulässig und begründet, wenn sich die Suizidgefahr erst nach Zuschlagserteilung ergibt.
120
Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lassen sich folgende Handlungs- 120a optionen bei einem Antrag nach § 765a ZPO herleiten:127 – Der Antrag nach § 765a ZPO ist zulässig, wenn ein zeitlich aktuelles amtsärztliches Gutachten vorgelegt wird, welches die besondere Gesundheitsgefährdung nachweist. – Das Gericht hat von Amts wegen ein fachärztliches Gutachten einzuholen.128 Es kann ferner eine mündliche Verhandlung anberaumen und das persönliche Erscheinen des Schuldners anordnen. Eine zwangsweise Vorführung des Schuldners erscheint nicht erforderlich. Dies würde zudem die Frage der Zuständigkeit des Richters aufwerfen.129 – Wird der Antrag erst nach dem Schluss der Versteigerung gestellt, ist er nur zulässig, wenn die Gründe, auf welchen er beruht, erst nachträglich entstanden sind. Dies würde auch für die Zuschlagsbeschwerde gelten.
126 Keller in Anm. BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 82/10, Rpfleger 2011, 225 = ZfIR 2011, 31; ähnlich Löhnig/Cranshaw, § 765a ZPO Rz. 46. 127 Ebenso die Empfehlungen von Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 246 ff.; eingehend auch Nettersheim, ZfIR 2017, 174; Keller/Beeneken, ZVI 2018, 175. 128 Dazu instruktiv BGH, Beschl. v. 28.1.2016 – V ZB 115/15, NJW-RR 2016, 336. 129 Seifert, Rpfleger 2015, 237; Zschieschack/Brücher, ZMR 2015, 745; Gaul, JZ 2013, 1081.
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§ 30a Rz. 121 Einstweilige Einstellung auf Antrag des Schuldners 121
Kann die Suizidgefahr dauerhaft nicht abgewendet werden, kann im Ergebnis die Zwangsvollstreckung auf unbestimmte unzulässig sein.130 In der Zwangsversteigerung ist eine Zuschlagserteilung dann nicht zulässig. Nach einer Zuschlagserteilung kann der Ersteher den Schuldner oder die gefährdete Person nach § 96 nicht räumen. Letztlich ist die ernsthafte Suizidgefahr für den Gläubiger der Zwangsvollstreckung wie auch für das Vollstreckungsgericht nach wie vor ein kaum kalkulierbares Risiko.
VI. Die Anwendung des § 765a ZPO in der Zwangsverwaltung 1. Suizidgefahr bei Zwangsverwaltung 122
§ 765a ZPO ist grundsätzlich auch im Zwangsverwaltungsverfahren anwendbar.131 Der Bundesgerichtshof bejaht ausdrücklich die Anwendung des § 765a ZPO bei konkreter Suizidgefahr auch im Zwangsverwaltungsverfahren. Die Suizidgefahr muss nicht nur in Ansehung eines Eigentumsverlustes und der Gefahr der Räumung gegeben sein, sie ist auch denkbar, wenn dem Schuldner der Verlust der tatsächlichen Sachherrschaft droht.132 2. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei dauerhaft fehlenden Einnahmen
123
Der Bundesgerichtshof verneint im übrigen das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für eine Zwangsverwaltung, wenn dauerhaft keine Nutzungen erzielt werden können.133 Er berücksichtigte dabei nicht den Beschluss vom 18. Juli 2002,134 in welchem ein Rechtsschutzbedürfnis für die Zwangsverwaltung eines Gläubigers an nachrangiger Position ausdrücklich bejaht wurde. Das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses bei mangelnden Einnahmen kann daher nur richtig sein, wenn der Schuldner das Objekt selbst bewohnt, völlig vermögenslos ist und sogar Hilfebedürftigkeit des Schuldners im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II vorliegt. Es ist nicht Zweck der Zwangsvollstreckung, den Schuldner hilfebedürftig werden zu lassen.135 Dann würde mittelbar die Allgemeinheit für die Schuldentilgung aufkommen. Dem entsprechen auch die für den Schuldner indisponiblen Regelungen des Schuldnerschutzes nach § 811 Abs. 1 oder § 850c ZPO zu Grunde. Ist im Falle der Zwangsverwaltung der Schuldner hilfebedürftig oder wird er dies durch die Räumung nach § 149 Abs. 2, würde durch die Übernahme von Mietkosten nach § 22 SGB II die Allgemeinheit mittelbar zu dessen Schuldentilgung beitragen. In einem solchen Fall muss es der Gläubiger hinnehmen, dass eine Zwangsverwaltung ergebnislos ist.
124
Das fehlende Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers kann mit dem besonderen Vollstreckungsschutz des § 765a ZPO geltend gemacht werden. Das Vollstreckungsgericht kann bei Anordnung der Zwangsverwaltung nicht prüfen, ob Nutzungen aus dem Zwangsverwaltungsobjekt gezogen werden oder ob die Voraussetzungen des § 149 vorliegen. Der Zwangsverwalter
130 BGH, Beschl. v. 21.1.2016 – I ZB 12/15, Rpfleger 2016, 434; BGH, Beschl. v. 13.10.2016 – V ZB 138/15, Rpfleger 2017, 295, dazu Zschieschack, NZM 2017, 15; BGH, Beschl. v. 16.3.2017 – V ZB 150/16, NJW-RR 2017, 695. 131 Stöber/Keller, Einl. Rz. 217. 132 BGH, Beschl. v. 20.11.2008 – V ZB 31/08, NJW 2009, 444 = Rpfleger 2009, 252 = ZfIR 2009, 147 m. Anm. Schmidberger. 133 BGH, Beschl. v. 20.11.2008 – V ZB 31/08, NJW 2009, 444 = Rpfleger 2009, 252 = ZfIR 2009, 147 m. Anm. Schmidberger; allgemein Böttcher/Keller, § 146 ZVG Rz. 6. 134 BGH, Beschl. v. 18.7.2002 – IX ZB 26/02, BGHZ 151, 384 = NJW 2002, 3178 = Rpfleger 2002, 578. 135 Stein/Jonas/Münzberg, § 811 Rz. 3; Brehm ebenda, § 850 Rz. 1, 17; Zöller/Seibel, ZPO, § 811 Rz. 3; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 277, 302, 539.
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Antrag, Belehrung, Entscheidung, Rechtsmittel
§ 30b
hat bei Inbesitznahme des Objektes die erheblichen Tatbestände festzustellen und dem Vollstreckungsgericht zu berichten (§ 3 Abs. 1 ZwVwV). 3. Die Nutzung des Zwangsverwaltungsobjekts durch den Schuldner Die Anwendung des § 765a ZPO ist im Zwangsverwaltungsverfahren regelmäßig nicht von 125 Bedeutung, wenn das Zwangsverwaltungsobjekt bereits durch den Schuldner vermietet oder verpachtet ist, er es selbst nicht unmittelbar nutzt. Bewohnt er das Zwangsverwaltungsobjekt selbst, hat er regelmäßig das Wohnrecht nach § 149 Abs. 1. Nutzt er das Zwangsverwaltungsobjekt gewerblich, ist er dem Zwangsverwalter gegenüber zur Zahlung einer angemessenen Nutzungsentschädigung verpflichtet.136 Ergeht gegen den Schuldner der Räumungsbeschluss des § 149 Abs. 2, kann bei Vorliegen der 126 entsprechenden Voraussetzungen die zwangsweise Räumung durch den Zwangsverwalter einen Fall sittenwidriger Härte darstellen (§ 149 Rz. 42 ff.).137 Für das Vollstreckungsgericht ist dies nicht im Rahmen des Erlasses des Räumungsbeschlusses beachtlich, sondern erst bei der zwangsweisen Räumung selbst (§ 885 ZPO). Gegen den Schuldner gilt dann die besondere Antragsfrist des § 765a Abs. 3 ZPO.138
§ 30b [Antrag, Belehrung, Entscheidung, Rechtsmittel] (1) Die einstweilige Einstellung ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen zu beantragen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung, in welcher der Schuldner auf das Recht zur Stellung des Einstellungsantrages, den Fristbeginn und die Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs hingewiesen wird. Der Hinweis ist möglichst zugleich mit dem Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet wird, zuzustellen. (2) Die Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens ergeht durch Beschluß. Vor der Entscheidung sind der Schuldner und der betreibende Gläubiger zu hören; in geeigneten Fällen kann das Gericht mündliche Verhandlung anberaumen. Der Schuldner und der betreibende Gläubiger haben ihre Angaben auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. (3) Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig; vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. (4) Der Versteigerungstermin soll erst nach Rechtskraft des die einstweilige Einstellung ablehnenden Beschlusses bekanntgegeben werden. Rz. A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . B. Einstellungsantrag des Schuldners . I. Belehrung des Schuldners . . . . . . . II. Einstellungsantrag des Schuldners . .
. . . .
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1 2 2 4
1. 2. 3. C.
Die Frist des § 30b Abs. 1 Satz 1 ZVG . Form und Inhalt des Antrags . . . . . . Antragsrücknahme . . . . . . . . . . . . Entscheidung über den Einstellungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. .. 4 .. 6 . . 10 . . 12
136 BGH, Urt. v. 14.5.1992 – IX ZR 241/91, NJW 1992, 2487 = Rpfleger 1992, 402; Stöber/Drasdo, § 149 ZVG Rz. 12. 137 Stöber/Drasdo, § 149 ZVG Rz. 116; Böttcher/Keller, § 149 ZVG Rz. 11. 138 Stöber/Drasdo, § 149 ZVG Rz. 116.
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§ 30b Rz. 1 Antrag, Belehrung, Entscheidung, Rechtsmittel Rz. I. Anhörung des Gläubigers und des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . II. Beschluss des Gerichts . . . . . . . . III. Bekanntgabe der Entscheidung . . IV. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . .
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12 16 20 22
Rz. D. Weiterer Gang des Verfahrens . . . . . . . 24 I. Wirkung der einstweiligen Einstellung . . 24 II. Bestimmung des Versteigerungstermins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Literatur: Bartels, Der Verzicht auf den gesetzlichen Vollstreckungsschutz, Rpfleger 2008, 397.
A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich 1
Siehe hierzu § 30a Rz. 1 ff.
B. Einstellungsantrag des Schuldners I. Belehrung des Schuldners 2
Der Schuldner wird von Amts wegen über die Möglichkeit der einstweiligen Einstellung belehrt (§ 30b Abs. 1). Die Belehrung beinhaltet auch Hinweise zur Antragsfrist und zu den Folgen eines fruchtlosen Fristablaufs. Die Belehrung erfolgt regelmäßig formularmäßig1 und wird dem Schuldner mit dem Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss zugestellt (§ 30b Abs. 1 Satz 3). Sie hat bezüglich eines jeden Einzelverfahrens eines betreibenden Gläubigers gesondert zu erfolgen.2
3
War das Verfahren bereits nach § 30a einstweilen eingestellt und beantragt der betreibende Gläubiger die Fortsetzung, ist mit dem Fortsetzungsbeschluss der Schuldner auf die erneute Einstellungsmöglichkeit nach § 30c hinzuweisen und zu belehren. Dies gilt selbstverständlich nicht für die sonstigen Fälle einstweiliger Einstellung, insbesondere nicht auf Bewilligung des betreibenden Gläubigers nach § 30.3
II. Einstellungsantrag des Schuldners 1. Die Frist des § 30b Abs. 1 Satz 1 ZVG 4
Die Antragsfrist ist eine Notfrist, die mit der Zustellung der Belehrung an den Schuldner beginnt (§ 30b Abs. 1 Satz 2). Die Frist kann durch das Vollstreckungsgericht nicht verkürzt oder verlängert werden. Ein verspätet gestellter Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.4 Gleiches gilt bei Antragstellung an ein unzuständiges Gericht, wenn der Antrag verspätet an das zuständige Vollstreckungsgericht gelangt.5 Bei unverschuldeter Fristversäumnis ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Maßgabe der §§ 233 ff. ZPO möglich.
5
Hat das Vollstreckungsgericht die Belehrung an den Schuldner unterlassen oder wurde sie fehlerhaft zugestellt, hat die Frist nicht zu laufen begonnen, der Schuldner kann dann schlimms-
1 Muster bei Stöber, ZVG-Handbuch, Rz. 164. 2 Steiner/Storz, § 30b ZVG Rz. 12. 3 LG Münster, Beschl. v. 17.6.2010 – 5 T 258/10, JurBüro 2010, 496; Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 2. 4 Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 3. 5 StöberNicht, § 30b ZVG Rz. 10; Böttcher, § 30b ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 3.
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Antrag, Belehrung, Entscheidung, Rechtsmittel
Rz. 11 § 30b
tenfalls bis zur Zuschlagserteilung die einstweilige Einstellung des Verfahrens beantragen.6 Die unterlassene oder fehlerhafte Belehrung hindert die Erteilung des Zuschlags selbst aber nicht.7 2. Form und Inhalt des Antrags Der Antrag kann nach den allgemeinen Vorschriften des Zivilprozessrechts schriftlich oder auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts gestellt werden,8 ferner elektronisch unter den Voraussetzungen des § 130a ZPO oder durch Telefax, wenn die (Original-)Unterschrift wiedergegeben wird (§ 130 Nr. 6 ZPO).9
6
Der Schuldner hat im Antrag die Tatbestandsvoraussetzungen der einstweiligen Einstellung, insbesondere seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, substantiiert darzulegen (eingehend § 30a Rz. 35).10
7
Die vorgetragenen Tatsachen sind auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen (§ 30b 8 Abs. 2 Satz 3). Glaubhaftmachung sollte das Gericht in jedem Fall verlangen, nicht lediglich wenn der Gläubiger in seiner Stellungnahme diese verlangt oder vom Schuldner vorgetragene Tatsachen bestreitet.11 Das Gericht ist unabhängig von der Stellungnahme des Gläubigers in der Würdigung der vom Schuldner vorgelegten Beweismittel der Glaubhaftmachung frei (§§ 286, 294 ZPO). Der Einstellungsantrag kann wegen fehlender Glaubhaftmachung vorgetragener Tatsachen nur dann zurückgewiesen werden, wenn das Gericht vorher die Glaubhaftmachung gefordert hat.12
9
3. Antragsrücknahme Der Einstellungsantrag kann zurückgenommen werden, solange das Gericht über diesen noch nicht entschieden hat.13
10
Ein gegenüber dem betreibenden Gläubiger erklärter Verzicht auf Vollstreckungsschutz wird 11 allgemein kritisch betrachtet.14 Unzulässig ist er, wenn er bereits vor Beginn der Zwangsvollstreckung etwa als Teil des schuldrechtlichen Kreditgeschäfts erklärt wird.15 Nach Beginn der Zwangsvollstreckung kann der Schuldner wirksam gegenüber dem Gläubiger auf den Schutz des § 30a verzichten.16 Im konkreten Verfahren hat dies der Gläubiger im Rahmen seiner Anhörung vorzutragen und nachzuweisen.
6 Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 6. 7 BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 118/08, Rpfleger 2009, 403; Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 2; Depré/Popp, § 30b ZVG Rz. 4. 8 Allgemein Zöller/Greger, ZPO, § 130 Rz. 7. 9 GemS-OGB, Beschl. v. 5.4.2000 – GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160 = NJW 2000, 2340; eingehend Zöller/Greger, ZPO, § 130 Rz. 18a ff. 10 Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 16. 11 Zu allgemein Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 9. 12 LG Rostock, Beschl. v. 15.11.2002 – 2 T 349/02, InVo 2003, 343; Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 9. 13 Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 22; Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 4. 14 Allgemein Stein/Jonas/Münzberg, § 811 Rz. 3; Brehm ebenda, § 850 Rz. 1, 17; Zöller/Seibel, ZPO, § 811 Rz. 3; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 277, 302, 539; Bartels, Rpfleger 2008, 397. 15 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 34; Stöber/Keller, Einl. Rz. 246; Stöber/Nicht, § 30a ZVG Rz. 28; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 5. 16 Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 34; Dassler u.a./Hintzen, § 30a ZVG Rz. 5.
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§ 30b Rz. 12 Antrag, Belehrung, Entscheidung, Rechtsmittel
C. Entscheidung über den Einstellungsantrag I. Anhörung des Gläubigers und des Schuldners 12
Das Vollstreckungsgericht hat vor seiner Entscheidung den betreibenden Gläubiger zu hören (§ 30b Abs. 2 Satz 2).17 Die Anhörung erfolgt unter Übersendung des Antrags des Schuldners mit Fristsetzung zur Stellungnahme. Ob und in welcher Weise der betreibende Gläubiger zum Antrag des Schuldners Stellung nimmt, sei ihm überlassen, nicht selten führen gegenseitige Stellungnahmen zu übermäßiger Verfahrensverzögerung (dazu § 30a Rz. 27). Insbesondere bei offensichtlich unzulässigem oder unbegründetem Antrag des Schuldners sollte sich der Gläubiger einer Stellungnahme enthalten, um keine weiteren Verfahrensverzögerungen herbeizuführen. Der Gläubiger kann einen Tatsachenvortrag des Schuldners ausdrücklich zugestehen, die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO gilt jedoch nicht.
13
Ob das Gericht eine Stellungnahme des Gläubigers dem Schuldner zur neuerlichen Stellungnahme zuleitet, ist Frage des Einzelfalles. Dies ist dann angezeigt, wenn der Gläubiger in seiner Stellungnahme neue Tatsachen oder Beweismittel vorträgt, auf welche der Schuldner in seinem Antrag noch nicht eingegangen ist.
14
Die Anhörung von Gläubiger und Schuldner erfolgt nicht nur in Bezug auf die Einstellungsentscheidung als solche sondern auch hinsichtlich der Anordnung möglicher Auflagen nach § 30a Abs. 3 bis 5.
15
Das Gericht hat die für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen vollständig aufzuklären und auf sachdienliche Anträge und Erklärungen hinzuwirken (§ 139 ZPO). Ist der Antrag des Schuldners unvollständig oder in seiner rechtlichen Würdigung nicht eindeutig, hat das Gericht den Schuldner zur Ergänzung oder Klarstellung aufzufordern.18 Es erfolgt jedoch keine Amtsermittlung, Tatsachen die für oder gegen die einstweilige Einstellung sprechen, sind vom Schuldner oder vom betreibende Gläubiger vorzutragen und gegebenenfalls glaubhaft zu machen. Das Gericht kann auch eine mündliche Verhandlung anberaumen (§ 30b Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz). Dies erfolgt in der Vollstreckungspraxis so gut wie nicht; die Annahme, eine mündliche Verhandlung könne zu einer gütlichen Einigung führen – ähnlich § 802b ZPO – ist realitätsfern.19
II. Beschluss des Gerichts 16
Das Vollstreckungsgericht hat über den Einstellungsantrag zu entscheiden, sobald nach Klärung des Sachverhaltes Entscheidungsreife vorliegt. Unnötiges gegenseitiges Übersenden von Stellungnahmen sollte vermieden werden. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss (§ 30b Abs. 2 Satz 1), der in jedem Fall zu begründen ist.
17
Ordnet das Gericht die einstweilige Einstellung an, hat es deren Zeitdauer anzugeben, die Einstellung darf längstens für sechs Monate erfolgen (§ 30a Abs. 1). Zur Vermeidung von Unklarheiten hinsichtlich der Frist zur Fortsetzung des Verfahrens nach § 31 Abs. 2 lit. b) und Abs. 1 sollte ein Kalendertag angegeben werden, zu welchen die einstweilige Einstellung außer Kraft tritt.
18
Ordnet das Gericht Auflagen an den Schuldner an, ist genau anzugeben, zu welchem Kalendertag welcher Geldbetrag zu zahlen ist (§ 30a Rz. 66 ff.).
17 Steiner/Storz, § 30b ZVG Rz. 23 ff.; Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 17. 18 Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 18; Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 7. 19 So aber Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 19.
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Antrag, Belehrung, Entscheidung, Rechtsmittel
Rz. 25 § 30b
Erfolgt die einstweilige Einstellung erst nach dem Schluss der Versteigerung (§ 73 Abs. 2), was praktisch nur denkbar ist, wenn das Gericht bei Anordnung der Zwangsversteigerung den Schuldner nicht ordnungsgemäß belehrt hat, hat das Gericht nach § 33 den Zuschlag zu versagen.20
19
III. Bekanntgabe der Entscheidung Der Beschluss ist dem Schuldner und dem betreibenden Gläubiger zuzustellen (§ 32).21 Dies gilt auch, wenn er in einer mündlichen Verhandlung verkündet wurde.
20
Der Gläubiger kann bereits mit Zustellung des Einstellungsbeschlusses auf die Frist zur Stellung des Fortsetzungsantrages nach § 31 hingewiesen und belehrt werden (§ 31 Abs. 3). Sinnvoll ist dies, wenn der Einstellungsbeschluss einen Kalendertag für die Dauer der Einstellung nennt. Hat das Gericht besondere Auflagen nach § 30a Abs. 5 erteilt, stellt es das Außerkrafttreten der Einstellung von Amts wegen fest; der Gläubiger ist mit diesem Beschluss über die Fortsetzung zu belehren.
21
IV. Rechtsmittel Gegen den Beschluss des Gerichts stehen dem Schuldner und dem betreibenden Gläubiger die sofortige Beschwerde nach §§ 569 ff. ZPO zu (§ 30b Abs. 3). Über diese entscheidet das Landgericht als Beschwerdegericht, das Vollstreckungsgericht hat zu prüfen, ob es der Beschwerde abhelfen kann (§ 572 Abs. 1 ZPO).
22
Die Rechtsbeschwerde ist nach Maßgabe der Tatbestandsvoraussetzungen des § 574 ZPO vom 23 Beschwerdegericht zuzulassen.
D. Weiterer Gang des Verfahrens I. Wirkung der einstweiligen Einstellung Die einstweilige Einstellung wirkt für jeden betreibenden Gläubiger gesondert. Während der einstweiligen Einstellung wird das Verfahren nicht fortgeführt, Prozesshandlungen sind nicht zulässig. Auch für das Vollstreckungsgericht ruht das Verfahren, es wird beispielsweise nicht bereits die Feststellung des Verkehrswertes nach § 74a Abs. 5 betrieben.
24
II. Bestimmung des Versteigerungstermins Die Bekanntmachung (richtig: Bestimmung) des Versteigerungstermins soll erst nach Rechts- 25 kraft eines die einstweilige Einstellung ablehnenden Beschlusses erfolgen (§ 30b Abs. 4). Im Regelungsgefüge zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens stellt dies das entscheidende Verfahrenshindernis und gegebenenfalls auch das Störpotential des Schuldners dar (§ 30a Rz. 27). Obwohl § 30b Abs. 4 das Abwarten der Rechtskraft als Soll-Vorschrift normiert, wird das Vollstreckungsgericht regelmäßig die Rechtskraft für die Bestimmung des Versteigerungstermins abwarten.22 Obwohl gesetzlich nicht verboten, erfolgt in der Vollstreckungspraxis regelmäßig auch keine Beauftragung eines Sachverständigen zur Ermittlung des Verkehrswerts 20 Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 27 mit Muster Rz. 28; Böttcher, § 30b ZVG Rz. 12. 21 Steiner/Storz, § 30b ZVG Rz. 49; Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 25. 22 Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 49.
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§ 30b Rz. 25 Antrag, Belehrung, Entscheidung, Rechtsmittel und keine Verkehrswertfestsetzung nach § 74a Abs. 5. Im System der Rechtsbehelfe des Vollstreckungsrechts, die sämtlich keine aufschiebende Wirkung haben und bei deren Erhebung stets im Einzelfall die einstweilige Einstellung der Vollstreckung angeordnet werden muss (vgl. nur § 732 Abs. 2, § 766 Abs. 1 Satz 2, § 769 ZPO), stellt § 30b Abs. 4 einen Fremdkörper dar, der de lege ferenda gestrichen werden sollte.23 26
Die Verletzung des § 30b Abs. 4 stellt keinen Zuschlagsversagungsgrund dar.24 In Betracht kommt ein entsprechender Sachverhalt ohnehin nur, wenn das Vollstreckungsgericht bereits vor der Entscheidung des Beschwerdegerichts dem Versteigerungstermin anberaumt hat und bis zur Zuschlagserteilung das Beschwerdegericht den Antrag des Schuldners auf einstweilige Einstellung zurückgewiesen hat. Ist demnach der Einstellungsantrag des Schuldners offensichtlich unzulässig oder unbegründet, kann das Vollstreckungsgericht folgenlos die Soll-Vorschrift des § 30b Abs. 4 unbeachtet lassen. Je nach Dauer der Entscheidungsfindung beim Beschwerdegericht sollte es lediglich mit der Zuschlagserteilung zuwarten.
27
§ 30b Abs. 4 kommt nicht zum Tragen, wenn die Versteigerung von mehreren Gläubigern betrieben wird und der Schuldner nicht gegenüber allen betreibenden Gläubigern die einstweilige Einstellung bewirken kann.25
§ 30c [Erneute einstweilige Einstellung auf Antrag] War das Verfahren gemäß § 30a einstweilen eingestellt, so kann es auf Grund des § 30a einmal erneut eingestellt werden, es sei denn, daß die Einstellung dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist. § 30b gilt entsprechend. Rz. A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen erneuter Einstellung I. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Antrag des Schuldners . . . . . . . . . . .
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1 2 2 5
Rz. III. Einstellungsgründe . . . . . . . . . . . . . . 7 C. Entscheidung über den erneuten Einstellungsantrag . . . . . . . . . . . . . . 9 D. Verhältnis zu § 765a ZPO . . . . . . . . . 10
A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich 1
Siehe hierzu § 30a Rz. 1 ff.
23 Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 245. 24 BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 118/08, Rpfleger 2009, 403; Dassler u.a./Hintzen, § 30b ZVG Rz. 14. 25 Stöber/Nicht, § 30b ZVG Rz. 50 mit ausführlicher Auseinandersetzung zu BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 118/08, Rpfleger 2009, 403.
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Erneute einstweilige Einstellung auf Antrag
Rz. 8 § 30c
B. Voraussetzungen erneuter Einstellung I. Grundsätze § 30c ermöglicht eine zweite Einstellung des Verfahrens für die Dauer von weiteren sechs Monaten. Die erneute Einstellung muss das Verfahrens desselben betreibenden Gläubigers betreffen, dieses muss nach § 30a eingestellt gewesen sein.1 Hat der Schuldner die erstmalige Einstellung nicht beantragt oder wurde der Antrag rechtskräftig abgewiesen, ist für § 30c kein Raum. Eine Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers nach § 30 steht § 30c ebenfalls entgegen.2 Die wiederholte Einstellung muss aber nicht unmittelbar der ersten Einstellung nach § 30a folgen. Wegen der neuerlich geltenden Antragsfrist von zwei Wochen, wird zwischen dem Ende der ersten Einstellung und dem Antrag auf neuerliche Einstellung regelmäßig kein langer Zeitraum liegen. Wesentlich hängt dies auch davon ab, wann nach dem Ende der ersten Einstellung der betreibende Gläubiger die Fortsetzung des Verfahrens beantragt.
2
Die neuerliche einstweilige Einstellung erfolgt, wenn die Gründe für die einstweilige Einstellung weiter fortbestehen oder nach dem Ende der ersten Einstellung neu entstanden sind. Dies hat der Schuldner in seinem Antrag vorzutragen und gegebenenfalls glaubhaft zu machen.
3
§ 30c ist nicht anzuwenden, wenn der erste Einstellungsantrag zurückgewiesen worden ist3 oder wenn die erste Einstellung nicht auf § 30a beruhte.4
4
II. Antrag des Schuldners § 30c Satz 2 verweist für das Verfahren der neuerlichen Einstellung auf § 30b. Der Schuldner kann bereits vor Ablauf der ersten Einstellung die neuerliche Einstellung gleichsam als Verlängerung der einstweiligen Einstellung beantragen.
5
Nach dem Ende der ersten Einstellung und mit Fortsetzung des Verfahrens auf Antrag des betreibenden Gläubigers ist der Schuldner mit Zustellung des Fortsetzungsbeschlusses über die Möglichkeit einer neuerlichen Einstellung zu belehren. Mit Zustellung der Belehrung nach § 30b Abs. 1 beginnt die neuerliche Antragsfrist von zwei Wochen (§ 30b Rz. 4).
6
III. Einstellungsgründe Die neuerliche einstweilige Einstellung erfolgt, wenn die Gründe des § 30a weiter fortbestehen oder sich nach dem Ende der ersten einstweiligen Einstellung bis zum Fortsetzungsantrag des Gläubigers und der mit diesem verbundenen Belehrung an den Schuldner neu ergeben haben.
7
Im Unterschied zu § 30a Abs. 2 lässt § 30c Satz 1 die neuerliche Einstellung nur zu, wenn dies dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist. Die Interessen des Gläubigers sollen deshalb stärker und umfassender zu berücksichtigen sein als bei der ersten Einstellung.5 Zu berücksichtigen ist auch, weshalb die erste Einstellung aufgehoben wurde. Erfolgte die Aufhebung, weil der Schuldner die Auflagen
8
1 2 3 4 5
Steiner/Storz, § 30a ZVG Rz. 4; Stöber/Nicht, § 30c ZVG Rz. 4. LG Aachen, Beschl. v. 20.10.2008 – 3 T 304/08 (nicht veröffentlicht). Stöber/Nicht, § 30c ZVG Rz. 13; Böttcher, § 30c ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 30c ZVG Rz. 4. Stöber/Nicht, § 30c ZVG Rz. 8; Böttcher, § 30c ZVG Rz. 8 ff. Steiner/Storz, § 30c ZVG Rz. 21; Stöber/Nicht, § 30c ZVG Rz. 14; Böttcher, § 30c ZVG Rz. 17; zweifelnd Dassler u.a./Hintzen, § 30c ZVG Rz. 8.
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§ 30c Rz. 8 Erneute einstweilige Einstellung auf Antrag nicht erfüllt hat, dürfte eine neuerliche Einstellung dem betreibenden Gläubiger in keinem Fall zuzumuten sein.6
C. Entscheidung über den erneuten Einstellungsantrag 9
Das Vollstreckungsgericht entscheidet über den neuerlichen Einstellungsantrag in Anwendung des § 30b nach Anhörung des betreibenden Gläubigers und gegebenenfalls Glaubhaftmachung vorgetragener Tatsachen.
D. Verhältnis zu § 765a ZPO 10
Bis 1. Januar 2007 war durch einen Absatz 2 des § 30c die Anwendung des § 765a ZPO nach zweimaliger einstweiliger Einstellung des Verfahrens ausgeschlossen. Dies wurde zu Recht heftig kritisiert,7 teilweise auch als verfassungswidrig angesehen.8 Die Streichung des Absatzes 2 durch Gesetz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3416) folgte dieser Kritik.
11
Zutreffend ist dies, weil die Einstellungsgründe des § 30a mit dem Vollstreckungsschutz des § 765a ZPO nichts zu tun haben, es sich um völlig verschiedene Anwendungsbereiche handelt (§ 30a Rz. 30 ff.). Eine sittenwidrige Zwangsvollstreckung im Sinne des § 765a ZPO kann sich insbesondere während des gesamten Versteigerungsverfahrens ergeben. Es muss daher den Schuldner und auch dem Vollstreckungsgericht möglich sein, auch nach einer zweiten Einstellung nach § 30a hierauf zu reagieren. Nicht verschwiegen werden darf, dass damit auch Verfahrensverzögerung und Störpotential verbunden sein kann, insbesondere, wenn offensichtlich unbegründete Anträge nach § 765a ZPO gestellt werden (§ 30a Rz. 72).
§ 30d [Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens] (1) Ist über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet, so ist auf Antrag des Insolvenzverwalters die Zwangsversteigerung einstweilen einzustellen, wenn 1. im Insolvenzverfahren der Berichtstermin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung noch bevorsteht, 2. das Grundstück nach dem Ergebnis des Berichtstermins nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung im Insolvenzverfahren für eine Fortführung des Unternehmens oder für die Vorbereitung der Veräußerung eines Betriebs oder einer anderen Gesamtheit von Gegenständen benötigt wird, 3. durch die Versteigerung die Durchführung eines vorgelegten Insolvenzplans gefährdet würde oder 4. in sonstiger Weise durch die Versteigerung die angemessene Verwertung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert würde.
6 Steiner/Storz, § 30c ZVG Rz. 22; Dassler u.a./Hintzen, § 30c ZVG Rz. 8 am Ende. 7 Stöber, 20. Aufl. 2013, § 30c ZVG Rz. 7.4, 7.5; Böttcher, § 30c ZVG Rz. 5. 8 Steiner/Storz, § 30c ZVG Rz. 43; Dassler u.a./Hintzen, § 30c ZVG Rz. 11 m.w.N.
402
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Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens
§ 30d
Der Antrag ist abzulehnen, wenn die einstweilige Einstellung dem Gläubiger unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist. (2) Hat der Schuldner einen Insolvenzplan vorgelegt und ist dieser nicht nach § 231 der Insolvenzordnung zurückgewiesen worden, so ist die Zwangsversteigerung auf Antrag des Schuldners unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 einstweilen einzustellen. (3) § 30b Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Schuldners der Insolvenzverwalter tritt, wenn dieser den Antrag gestellt hat, und daß die Zwangsversteigerung eingestellt wird, wenn die Voraussetzungen für die Einstellung glaubhaft gemacht sind. (4) Ist vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein vorläufiger Verwalter bestellt, so ist auf dessen Antrag die Zwangsversteigerung einstweilen einzustellen, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die einstweilige Einstellung zur Verhütung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners erforderlich ist. Ist ein vorläufiger Sachwalter bestellt, so steht dieses Antragsrecht dem Schuldner zu. Rz.
Rz. A. Allgemeiner Regelungsgehalt der §§ 30d bis 30f ZVG . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsgeschichte und Regelungszweck . . II. Anwendungsbereich der Normen . . . . . 1. Regelinsolvenz, Verbraucherinsolvenz und Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . 2. Vollstreckungsversteigerung, Teilungsversteigerung und Zwangsverwaltung . . B. Immobiliarvollstreckung bei Insolvenz des Grundstückseigentümers . . . . . . . C. Einstellungsvoraussetzungen bei eröffnetem Insolvenzverfahren . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vor dem Berichtstermin (Nr. 1) . . . . . . III. Beschlossene Unternehmensfortführung (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Insolvenzplan (Nr. 3 und Abs. 2) . . . . . 1. Einbeziehung des Grundstücks in den Insolvenzplan . . . . . . . . . . . . . . . 2. Insolvenzplan des Schuldners . . . . . . . V. Angemessene Verwertung der Insolvenzmasse (Nr. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 5 5 8 11 18 18 19 20 22 22 23
VI. Strategisches Handeln des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Einstellungsvoraussetzungen im Insolvenzeröffnungsverfahren (Abs. 4) . . . . I. Antrag eines vorläufigen Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Antrag im Eröffnungsverfahren bei Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einstellungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . IV. Erneute Einstellung nach Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Einstellungsantrag und -verfahren . . . . I. Antrag des (vorläufigen) Insolvenzverwalters oder des Schuldners . . . . . . . II. Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des betreibenden Gläubigers (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . III. Einstellungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . 1. Erlass und Wirkungen . . . . . . . . . . . . 2. Einstellung unter Auflagen . . . . . . . . . 3. Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26 28 28 30 31 35 36 36
41 44 44 48 49
25
Literatur zu den §§ 30d bis 30f: Becker, Insolvenz des Grundstückseigentümers nach Anordnung der Zwangsversteigerung, ZfIR 2017, 813; Bork, Die „kalte Zwangsvollstreckung“ – ein heißes Eisen, ZIP 2013, 2129; Clemente/Lenk, Planmäßige Übersicherung durch Grundschulden, ZfIR 2002, 337; Eickmann, Problematische Wechselbeziehungen zwischen Immobiliarvollstreckung und Insolvenz, ZfIR 1999, 81; Hintzen, Insolvenz und Immobiliarzwangsvollstreckung, Rpfleger 1999, 256; Jungmann, Die einstweilige Einstellung der Zwangsverwaltung im Insolvenzeröffnungsverfahren, NZI 1999, 352; Keller, Die Umsetzung der Rückschlagsperre des § 88 InsO im Grundbuchverfahren, ZIP 2000, 1324; Keller, Grundstücksverwertung im Insolvenzverfahren, ZfIR 2002, 861; Keller, Die Wirkungen der Rückschlagsperre des § 88 InsO auf die Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO, ZIP 2006, 1174; Keller, Das Erbbaurecht in der Insolvenz des Erbbauberechtigten, NZI 2012, 777; Keller, Die Voraussetzungen und der rechtliche Rahmen zur Durchführung einer so genannten kalten Zwangsverwaltung, NZI 2013, 265; Lwowski/Tetzlaff,
Keller
403
§ 30d Rz. 1 Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens Verwertung unbeweglicher Gegenstände im Insolvenzverfahren, WM 1999, 2336; Mönning/Zimmermann, Die Einstellungsanträge des Insolvenzverwalters gem. §§ 30d I, 153b I ZVG im eröffneten Insolvenzverfahren, NZI 2008, 134; Muth, Die Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters, ZIP 1999, 945; Schmidt, Das neue Spannungsverhältnis, InVo 1999, 73; Sostmann, Der Umfang des Zinsanspruchs bei Grundschulden, MittRhNotK 1999, 274; Stöber, Insolvenzverfahren und VollstreckungsZwangsversteigerung, NZI 1998, 105; Stöber, Aufhebung der auf Antrag des Insolvenzverwalters angeordneten Einstellung der Zwangsversteigerung, NZI 1999, 439; Stöber, Verjährte, rückständige und laufende Grundschuldzinsen in der Zwangsversteigerung, MitBayNot 1999, 441; Tetzlaff, Rechtsprobleme der kalten Zwangsverwaltung, ZfIR 2005, 179; Wenzel, Die Rechtsstellung des Grundpfandrechtsgläubigers im Insolvenzverfahren, NZI 1999, 101.
A. Allgemeiner Regelungsgehalt der §§ 30d bis 30f ZVG I. Rechtsgeschichte und Regelungszweck 1
Zeitgleich mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 1. Januar 1999 wurden an Stelle des früher eher beschränkten Einstellungsrechts des Konkursverwalters nach § 30c die §§ 30d bis 30f eingefügt. Der frühere § 30d (wiederholte Einstellung bei § 30a) wurde zu § 30c. Die §§ 30d bis 30f wurden eigenfügt durch Art. 20 Nr. 3 EGInsO vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2911) und sind am 1. Januar 1999 in Kraft getreten (Art. 110 Abs. 1 EGInsO). Die §§ 30d bis 30f sollten nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf zur Insolvenzordnung als §§ 187 bis 190 dort geregelt werden.1 Zuständig für die Anordnung der Verfahrenseinstellung wäre dann das Insolvenzgericht gewesen, gegenüber dem Vollstreckungsgericht wäre die Anordnung Vollstreckungshindernis im Sinne des § 775 Nr. 2 ZPO gewesen. Die Integration der Einstellungsvorschriften in das Zwangsversteigerungsgesetz entspricht dagegen dem System der sonstigen Einstellungsvorschriften der §§ 30 ff.2
2
§ 30d Abs. 4 Satz 2 wurde angefügt durch Art. 6 des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011 (BGBl. I S. 2582). Durch ihn wird für das Insolvenzeröffnungsverfahren bei Eigenverwaltung nach § 270a InsO und insbesondere das sogenannte Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO ein Antragsrecht des eigenverwaltenden Schuldners geregelt.3
3
Der Zweck der §§ 30d bis 30f besteht darin, sicherzustellen, dass eine ordnungsgemäße Insolvenzabwicklung und insbesondere eine Sanierung eines schuldnerischen Unternehmens nicht durch die Zwangsversteigerung einzelner Grundstücke gefährdet werden soll. Insofern hat sich auch der absonderungsberechtigte Gläubiger (§ 49 InsO) den Interessen der Gläubigergesamtheit im Insolvenzverfahren unterzuordnen; seine Rechte sollen durch die Auflagen nach § 30e geschützt werden.
4
Das grundsätzliche Recht eines Absonderungsberechtigten, die Immobiliarvollstreckung durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung in den verhafteten Gegenstand zu betreiben, wird durch §§ 30d bis 30f nicht beeinträchtigt. Dieses Recht ergibt sich unmittelbar aus § 49 InsO,4 wobei die ansonsten zulässige Pfändung von Mietzinsen aus dem Duldungstitel 1 BT-Drucks. 12/2443, S. 39, 176. 2 So ausdrücklich die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks 12/7302, S. 173. 3 Zum sog. Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO eingehend Gesetzesbegründung BT-Drucks. 17/5712, S. 19, 59; Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 270b Rz. 7 ff.; Lanfermann in Heidelberger Kommentar, InsO, § 270b Rz. 4 ff., 11 ff.; Fiebig in Hamburger Kommentar, InsO, § 270b Rz. 15 ff.; K. Schmidt/Undritz, InsO, § 270b Rz. 2 ff. 4 Allgemein zu den Absonderungsrechten Jaeger/Henckel, InsO, § 49 Rz. 3 ff.; Ganter in Münchener Kommentar, InsO, § 49 Rz. 46 ff.; Prütting in Kübler/Prütting, InsO, § 49 Rz. 13; Andres in Nerlich/ Römermann, InsO, § 49 Rz. 21 ff.; Lohmann in Heidelberger Kommentar, InsO, § 49 Rz. 19 ff.; Gottwald/Adolphsen, Insolvenzrechts-Handbuch, § 42 Rz. 5 ff.; Keller, Insolvenzrecht, Rz. 400 ff.
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Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens
Rz. 6 § 30d
des dinglichen Rechts5 im Insolvenzverfahren nicht zulässig ist.6 Der Absonderungsberechtigte muss hier die Zwangsverwaltung betreiben, um auf die Mieten Zugriff nehmen zu können.7
II. Anwendungsbereich der Normen 1. Regelinsolvenz, Verbraucherinsolvenz und Eigenverwaltung Die §§ 30d bis 30f gelten für die Vollstreckungsversteigerung auf Betreiben eines Absonderungsberechtigten (§ 49 InsO) bei gleichzeitiger Insolvenz des Grundstückseigentümers. Es ist gleichgültig, ob das Insolvenzverfahren vor oder nach Anordnung der Zwangsversteigerung eröffnet worden ist.8 Absonderungsberechtigt im Sinne des § 49 InsO ist auch der persönlich betreibende Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 5), der seine Beschlagnahme unter Berücksichtigung von §§ 88 oder 141, 129, 131 InsO hinreichend früh erlangt hat.9
5
Es macht keinen Unterschied, ob über das Vermögen des Grundstückseigentümers ein sogenanntes Regelinsolvenzverfahren oder ein Verbraucherinsolvenzverfahren nach §§ 304 ff. InsO beantragt und eröffnet ist. Die einschränkenden Besonderheiten bei der Immobiliarverwertung im Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 313 Abs. 3 InsO10 sind seit 1. Juli 2014 weggefallen.11 Für Verbraucherinsolvenzverfahren, die vor dem 1. Juli 2014 beantragt worden sind, gelten jedoch die §§ 312 bis 314 InsO, damit auch § 313 Abs. 3 InsO, weiter (Art. 103h Sätze 1 uns 2 EGInsO). Das eingeschränkte Verwertungsrecht des Treuhänders nach § 313 Abs. 3 InsO schränkt die Anwendung der §§ 30d ff. nicht ein; auch der Treuhänder in den bis
6
5 RG, Urt. v. 4.11.1921 – VII 134/21, RGZ 103, 137; BGH, Urt. v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, BGHZ 163, 201, 208 = Rpfleger 2005, 684 = ZIP 2005, 1452 = NJW-RR 2005, 1466; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 24.6.1992 – 5 W 184/91, Rpfleger 1993, 80; Staudinger/Wolf Steiner, BGB, § 1123 Rz. 13, 18 ff. m.w.N.; Eickmann in Münchener Kommentar, BGB, § 1123 Rz. 22; Böttcher/Keller, § 148 ZVG Rz. 7. 6 BGH, Beschl. v. 13.7.2006 – IX ZB 301/04, BGHZ 168, 339 = ZIP 2006, 1554 = ZfIR 2007, 206 = Rpfleger 2006, 549 = NJW 2006, 3356 = NZI 2006, 577; eingehend Keller, Insolvenzrecht, Rz. 1053; Keller, ZfIR 2007, 377. 7 Ebenso zur Abtretung der Miete an Grundpfandrechtsgläubiger entfaltet nicht die Beschlagnahmewirkung des § 1124 BGB, BGH, Urt. v. 9.6.2005 – IX ZR 160/04, BGHZ 163, 201 = Rpfleger 2005, 684 = ZIP 2005, 1452 = NJW-RR 2005, 1466; zur Rechtsentwicklung betreffend die Frage, ob die Miete nach §§ 1123, 124 BGB unmittelbar dem Absonderungsrecht unterliegt BGH, Beschl. v. 13.7.2006 – IX ZB 301/04, BGHZ 168, 339 (keine dingliche Pfändung nach § 49 InsO); BGH, Urt. v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35, dazu EWiR 2007, 83 (Neuner), (keine Anfechtung der Mietpfändung eines Grundpfandrechtsgläubigers mangels Gläubigerbenachteiligung); BGH, Urt. v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 = ZIP 2010, 38, dazu EWiR 2010, 191 (Eckardt) = NZI 2010, 58 = NJW 2010, 444 (Wirksamkeitszeitpunkt der Pfändung künftiger Mieten, kein Sicherheiten tausch, wenn Mieten in Haftungsverband des pfändenden Gläubigers gehören); BGH, Beschl. v. 10.10.2013 – IX ZB 197/11, ZIP 2013, 2331 = Rpfleger 2014, 97 = NZI 2013, 1046 m. Anm. Mitlehner (keine Auskehrt der Miete nach Aufhebung der Zwangsverwaltung an Grundpfandrechtsgläubiger bei Insolvenz des Eigentümers); zur sog. kalten Zwangsverwaltung im Insolvenzverfahren Tetzlaff, ZfIR 2005, 179; Keller, NZI 2013, 265; Bork, ZIP 2013, 2129. 8 Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 4. 9 BGH, Beschl. v. 12.2.2009 – IX ZB 112/06, Rpfleger 2009, 407 = ZIP 2009, 818 = NZI 2009, 382; Ganter in Münchener Kommentar, InsO, § 49 Rz. 76; Keller, Insolvenzrecht, Rz. 404, 1104. 10 Dazu Waltenberger in Heidelberger Kommentar, § 313 InsO a.F. Rz. 19 ff.; zur analogen Anwendung von § 173 InsO auf Immobiliarvermögen BT-Drucks. 14/5680, S. 33; Uhlenbruck/Vallender, § 313 InsO Rz. 104 ff.; abwegig war es, dem Grundpfandrechtsgläubiger ein Recht zur freihändigen Verwertung zuzubilligen, so aber LG Hamburg, Beschl. v. 1.10.1999 – 321 T 85/99, Rpfleger 2000, 37 m. Anm. Alff = NZI 1999, 504. 11 Art. 1 Nr. 38 Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 (BGBl. I S. 2379).
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§ 30d Rz. 6 Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens 30. Juni 2014 beantragten Verbraucherinsolvenzverfahren kann nach § 30d die Einstellung eines Zwangsversteigerungsverfahrens beantragen.12 7
Im Insolvenzverfahren bei Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO) tritt an die Stelle des Insolvenzverwalters der Schuldner.13 Er ist somit zur Antragstellung nach § 30d berechtigt.14 Die Insolvenzordnung enthält keine Regelung, wonach die Antragsbefugnisse dem Sachwalter übertragen sind. 2. Vollstreckungsversteigerung, Teilungsversteigerung und Zwangsverwaltung
8
Die Vorschriften gelten nicht bei der Teilungsversteigerung. Ist der Insolvenzschuldner Miteigentümer eines Grundstücks, erfolgt die Auseinandersetzung der Eigentümergemeinschaft (Gesamthand oder Bruchteilsgemeinschaft) außerhalb des Insolvenzverfahrens (§ 84 InsO), wobei der Insolvenzverwalter die Rechte des insolventen Miteigentümers wahrnimmt und an seiner Stelle Beteiligter des Verfahrens nach § 9 ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Gläubiger den Auseinandersetzungsanspruch des Schuldners (§§ 747, 749 BGB) gepfändet und überwiesen erhalten hat und die Teilungsversteigerung betreibt.15
9
Die §§ 30d bis 30f gelten nicht in der Zwangsverwaltung. Hier ist § 153b als Sondervorschrift zu beachten (siehe dort Rz. 2 ff.). § 153b sieht allerdings keine Einstellungsmöglichkeit der Zwangsverwaltung während des Insolvenzeröffnungsverfahrens vor. Hier wird vorgeschlagen, § 30d Abs. 4 entsprechend anzuwenden.16
10
Auf die Versteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken findet § 30d grundsätzlich Anwendung. Eine Einstellung soll aber nicht denkbar sein, wenn sich das Schiff in ausländischen Gewässern befindet.17 Ohnehin ist aber eine Anordnung der Versteigerung nur möglich, wenn das Schiff in einem deutschen Hafen liegt (§§ 163, 165).18 Zur Versteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters sind die §§ 172 ff. zu beachten.19
B. Immobiliarvollstreckung bei Insolvenz des Grundstückseigentümers 11
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Zwangsvollstreckungen einzelner Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) in die Insolvenzmasse unzulässig (§ 89 Abs. 1 InsO).20 Im Insolvenzeröffnungsverfahren kann das Insolvenzgericht nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO ein Vollstreckungsverbot erlassen, das nach dem Wortlaut der Norm die Immobiliarvollstreckung zwar nicht erfasst, nach der Generalklausel des § 21 Abs. 1 InsO aber ausdrücklich auch für diese erlassen werden kann.21 Von der Anordnung eines Vollstreckungsverbots im Eröffnungsverfahren ausdrücklich für die Immobiliarvollstreckung wird in der insolvenzgerichtlichen Praxis aber
12 Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 3; Hk-ZV/Noethen, § 30d ZVG Rz. 3. 13 Allgemein zur Eigenverwaltung Gottwald/Haas/Kahlert, Insolvenzrechts-Handbuch, § 89; zu § 30d ZVG Dassler u.a./Hintzen, § 30d ZVG Rz. 29; Hintzen, Rpfleger 1999, 256. 14 Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 23; Böttcher, § 30d ZVG Rz. 1; Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 261. 15 Soweit die Pfändung selbst nicht von der Rückschlagsperre erfasst ist, stellt die Teilungsversteigerung durch den Gläubiger keine verbotene Zwangsvollstreckung dar, BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 67/13, ZIP 2014, 796. 16 So Jungmann, NZI 1999, 352. 17 AG Hamburg, Beschl. v. 3.3.2015 – 67a IN 400/14, ZIP 2015, 940 = WM 2016, 135. 18 Dazu Depré/Wedekind, § 163 Rz. 20 ff. 19 Eingehend auch Muth, ZIP 1999, 945. 20 Allgemein K. Schmidt/Keller, InsO, § 88 Rz. 8, § 89 Rz. 7 ff. 21 Keller, Insolvenzrecht, Rz. 627 mit Hinweisen zu den Gesetzesmaterialien; ungenau Jaeger/Gerhardt, InsO, § 21 Rz. 42.
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Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens
Rz. 18 § 30d
kaum Gebrauch gemacht. Gesetzlich ist § 30d Abs. 4 als Sondervorschrift gegenüber § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO gedacht. Bei Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eines zur Insolvenzmasse gehörenden Grundstücks ist zu unterscheiden, auf wessen Betreiben das Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren durchgeführt wird:22
12
– Betreibt ein Grundpfandrechtsgläubiger das Verfahren, ist er Absonderungsberechtigter im Sinne des § 49 InsO und kann als dinglich betreibender Gläubiger nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 vom Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO unberührt die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwaltung betreiben.
13
Bei Anordnung oder Beitritt vor Insolvenzeröffnung angeordnet, ist eine Titelumschreibung gegen den Insolvenzverwalter in Anwendung des § 727 ZPO nicht erforderlich (arg ex § 779 ZPO), der Insolvenzverwalter tritt ohne weiteres an die Stellung des Schuldners und wird Verfahrensbeteiligter nach § 9.23 Für das Vollstreckungsgericht ist es aber empfehlenswert, weiterhin sämtliche Beschlüsse und insbesondere die Terminsbestimmungen auch dem Schuldner selbst zuzustellen, weil der Insolvenzverwalter während der Versteigerung das Grundstück aus der Insolvenzmasse freigeben könnte. Bei unterbliebener Verfahrensbeteiligung des Schuldners müsste dann schlimmstenfalls ein anberaumter Versteigerungstermin aufgehoben und neu bestimmt werden.
14
Bei Anordnung oder Beitritt nach Insolvenzeröffnung bedarf der dingliche Vollstreckungstitel (Duldungstitel) einer Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO gegen den Insolvenzverwalter.24
15
– Betreibt ein persönlicher Gläubiger in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ist er Absonde- 16 rungsberechtigter nach § 49 InsO, wenn er seine Beschlagnahme nach § 22 rechtzeitig vor Insolvenzeröffnung erlangt hat, die Beschlagnahme mithin nicht unter die Rückschlagsperre des § 88 InsO fällt oder nicht nach §§ 129 ff. InsO anfechtbar ist (§ 80 Abs. 2 Satz 2 InsO). Nach Insolvenzeröffnung darf zu Gunsten eines persönlich betreibenden Gläubigers die Immobiliarvollstreckung nicht mehr angeordnet oder er nicht zum Beitritt zugelassen werden. Der Gläubiger ist bei Insolvenzeröffnung Insolvenzgläubiger, gegen ihn wirkt das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO.
17
C. Einstellungsvoraussetzungen bei eröffnetem Insolvenzverfahren I. Allgemeines Im eröffneten Insolvenzverfahren kann der Insolvenzverwalter unter den alternativen Tatbeständen des Absatz 1 die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens beantragen. Für den Antrag besteht keine Antragsfrist, § 30b Abs. 1 Satz 1 gilt nicht. Der Insolvenzverwalter kann die Einstellung bis zur Verkündung des Zuschlags beantragen. Insoweit kann er je nach Stand des Versteigerungsverfahrens die Einstellungsmöglichkeiten auch taktisch nutzen 22 Eingehend Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 26 ff.; Becker in Nerlich/Römermann, InsO, § 165 Rz. 39 ff.; Keller, Insolvenzrecht, Rz. 1102 ff., Stöber, NZI 1998, 105; Lwowski/Tetzlaff, WM 1999, 2336; Becker, ZfIR 2017, 813. 23 Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 200. 24 Allgemein Zöller/Seibel, ZPO, § 727 Rz. 18; zur Zwangsversteigerung Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 198; Keller, Grundstücke in Vollstreckung und Insolvenz, Rz. 439 ff.; der Nachweis der Verwaltereigenschaft erfolgt durch die Bestellungsurkunde nach § 56 Abs. 2 InsO, der Eröffnungsbeschluss ist nicht ausreichend, BGH, Beschl. v. 5.7.2005 – VII ZB 16/05, Rpfleger 2005, 610 = ZIP 2005, 1474 = NZI 2005, 689.
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§ 30d Rz. 18 Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens (Rz. 26). Ebenso ist die Dauer der einstweiligen Einstellung nicht begrenzt. Sind die Einstellungsvoraussetzungen weggefallen, kann der betreibende Gläubiger die Aufhebung nach § 30f Abs. 1 beantragen. Die übliche Sechs-Monatsfrist des § 31 Abs. 1 gilt nur bei Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens ohne Verwertung des Grundstücks, Freigabe des Grundstücks aus der Insolvenzmasse (dazu § 30f Rz. 9) oder Beendigung des Eröffnungsverfahrens (§ 31 Abs. 2 lit. c)).
II. Vor dem Berichtstermin (Nr. 1) 19
Das Zwangsversteigerungsverfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Berichtstermin im Insolvenzverfahren noch bevorsteht (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, § 156 InsO). Dadurch soll die weitere Verwertung des schuldnerischen Vermögens oder Sanierung des Unternehmens je nach Beschlusslage der Gläubigerversammlung (§§ 157, 159 InsO) gesichert werden.25 Es ist ausreichend, wenn der Insolvenzverwalter durch Vorlage des Eröffnungsbeschlusses die Bestimmung des Berichtstermins nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO nachweist.26 Dieser soll nicht länger als sechs Wochen und darf nicht später als drei Monate nach Insolvenzeröffnung stattfinden.27 Das Zeitfenster dieser Einstellungstatbestandes ist damit klein. Er kann genutzt werden, um einen unmittelbar vor dem Berichtstermin anberaumten Versteigerungstermin zu kippen.
III. Beschlossene Unternehmensfortführung (Nr. 2) 20
Der Tatbestand der Nr. 2 trägt dem Sanierungsgedanken der Insolvenzordnung Rechnung. Droht die Versteigerung die Unternehmensfortführung oder eine beabsichtigte übertragende Sanierung28 zu beeinträchtigen, ist das Verfahren einzustellen. Nr. 2 stellt aber nicht lediglich auf die Unternehmensfortführung oder Veräußerung des Geschäftsbetriebes im Ganzen ab; es genügt, wenn das Grundstück zu einer Gesamtheit von Gegenständen gehört, deren Veräußerung durch die Versteigerung beeinträchtigt wird.
21
Die beschlossene Unternehmensfortführung nach dem Berichtstermin (§ 157 InsO) kann durch Vorlage des gerichtlichen Protokolls der Gläubigerversammlung nachgewiesen werden. Die beabsichtigte Veräußerung des Geschäftsbetriebes (übertragende Sanierung) oder einer Gesamtheit von Gegenständen kann durch Nachweis der Berichterstattung an das Insolvenzgericht oder auch durch Vorlage von Protokollen eines Gläubigerausschusses nachgewiesen werden.
IV. Insolvenzplan (Nr. 3 und Abs. 2) 1. Einbeziehung des Grundstücks in den Insolvenzplan 22
Ist im Insolvenzverfahren ein Insolvenzplan nach §§ 217 ff. InsO eingebracht, kann die Versteigerung dessen Inhalt beeinträchtigen. Hier soll sich ähnlich wie bei Nr. 2 der betreibende 25 BT-Drucks. 12/2443, S. 176. 26 Dassler u.a./Hintzen, § 30d ZVG Rz. 13; Depré/Popp, § 30d ZVG Rz. 4 ff.; Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 92; Stöber, NZI 1998, 108; Wenzel, NZI 1999, 101; Hintzen, Rpfleger 1999, 256. 27 K. Schmidt/Keller, InsO, § 29 Rz. 6 ff., zur Verletzung der Fristvorgabe ebenda Rz. 19. 28 Zum Begriff K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, Köln 1990, S. 137 ff. mit umfangreichen Nachweisen; K. Schmidt in K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rz. 2.133, 7.99 ff.; Denkhaus in Borchardt/Frind, Betriebsfortführung im Insolvenzverfahren, Rz. 2513 ff.; Keller, Insolvenzrecht, Rz. 1632 m.w.N.
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Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens
Rz. 26 § 30d
Gläubiger der Gesamtheit der Gläubiger im Insolvenzverfahren unterordnen, indem das konkrete Versteigerungsverfahren eingestellt wird. Es ist nicht maßgeblich, ob der Insolvenzplan eine Sanierung des schuldnerischen Unternehmens oder eine bestimmte Art der Liquidation des Vermögens vorsieht.29 Entscheidend ist, dass der Insolvenzplan hinsichtlich des Grundstücks eine konkrete Aussage trifft. Werden beispielsweise die Rechte der Absonderungsberechtigten durch den Insolvenzplan überhaupt nicht beeinträchtigt (§ 223 Abs. 1 Satz 1 InsO), liegt keine Veranlassung für eine Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens vor. Sieht der Insolvenzplan eine bestimmte Form der Verwertung oder Einbindung des Grundstücks in eine Sanierung vor, müssen auch die Absonderungsberechtigten am Grundstück darin berücksichtigt sein.30 2. Insolvenzplan des Schuldners Hat der Schuldner selbst einen Insolvenzplan eingebracht, den das Insolvenzgericht nach § 231 InsO zugelassen hat, gilt für ihn gleiches nach § 30d Abs. 2. Antragsberechtigt ist hier der Schuldner selbst, das Antragsrecht des Insolvenzverwalters wird aber nicht ausgeschlossen. Es kann, muss aber nicht sein, dass der vom Schuldner eingebrachte Insolvenzplan den Vorstellungen des Insolvenzverwalters zuwiderläuft. Der Insolvenzverwalter kann ohne weiteres den Insolvenzplan des Schuldners unterstützen.
23
§ 30d Abs. 2 gilt insbesondere auch im Verfahren der Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO. Im Eröffnungsverfahren bei Eigenverwaltung (§ 270a InsO) oder im sogenannten Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO gilt § 30d Abs. 4 Satz 2.
24
V. Angemessene Verwertung der Insolvenzmasse (Nr. 4) Der Tatbestand Nr. 4 übernimmt die Generalklausel des früher für das Konkursverfahren gel- 25 tenden § 30c.31 Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs in § 30d Abs. 1 Nr. 4 wird daher allgemein auf den zum früheren Konkursrechts geltenden § 30c Abs. 1 verwiesen.32 Grund für die einstweilige Einstellung ist danach beispielsweise die Aussicht auf eine wesentlich bessere Verwertung des Grundstücks zur freihändigen Verkauf seitens des Insolvenzverwalters.33 Der Insolvenzverwalter muss konkret nachweisen, dass die von ihm beabsichtigte Verwertungsart eine wesentliche bessere Befriedigung ermöglicht; sie muss ferner in absehbarer Zeit möglich sein.34 Allein vage Ausführungen zu einer Verwertung im Insolvenzverfahren genügen für eine Einstellung der Zwangsversteigerung nicht.
VI. Strategisches Handeln des Insolvenzverwalters Obwohl die Tatbestände des § 30d Abs. 1 auf konkrete Verfahrensabschnitte oder Handlungen im Insolvenzverfahren abstellen, wird in der Einstellung auf Antrag des Insolvenzverwal29 Allgemein zu den Planalternativen Uhlenbruck/Lüer, InsO, § 217 Rz. 7 ff.; Haas in Heidelberger Kommentar, InsO, § 217 Rz. 15 ff. 30 Dassler u.a./Hintzen, § 30d ZVG Rz. 15; Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 96. 31 Dazu noch Steiner/Storz, § 30c ZVG Rz. 15 ff. 32 Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 12/2443, S. 176 rechte Spalte; Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 5; Depré/Popp, § 30d ZVG Rz. 11. 33 Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 5; zur Bewertung einer freihändigen Veräußerung durch den Insolvenzverwalter im Rahmen einer Insolvenzanfechtung gegen das Betreiben der Zwangsversteigerung BGH, Urt. v. 9.6.2016 – IX ZR 153/15, NZI 2016, 773 m. Anm. Mitlehner = ZIP 2016, 1491 = ZfIR 2016, 680 m. Anm. Cranshaw, dazu EWiR 2016, 469 (Eckardt). 34 Zum früheren § 30c ZVG LG Ulm, Beschl. v. 21.4.1980 – 1 T 2/80, ZIP 1980, 477.
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§ 30d Rz. 26 Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens ters ein allgemeines Störpotential gesehen;35 dies nicht zu Unrecht, jedoch vom Gesetzgeber auch gewollt. So kann der Insolvenzverwalter durch geschickte Antragstellung einen unmittelbar bevorstehenden Versteigerungstermin zu Fall bringen. Je nach Tatbestand ist aber der Begründungsaufwand entsprechend hoch: Ein Versteigerungstermin vor dem Berichtstermin kann mit Nr. 1 ohne große Begründung verhindert werden. Im laufenden Insolvenzverfahren ohne Insolvenzplan kann der Insolvenzverwalter dagegen nur nach Nr. 4 die Einstellung der Zwangsversteigerung herbeiführen. Hier muss das Vollstreckungsgericht hohe Anforderungen an den Sachvortrag des Insolvenzverwalters stellen. In gleicher Weise müssen sich auch Unternehmensfortführung, Unternehmensveräußerung oder ein Insolvenzplan konkret auch auf das Grundstück, welches versteigert werden soll, beziehen. 27
Stellt der Insolvenzverwalter ersichtlich einen Antrag nach § 30d nur, um einen bevorstehenden Versteigerungstermin zu vereiteln, muss das Vollstreckungsgericht diesen nicht zwangsläufig aufheben. Es kann ebenso wie bei einem Schuldnerantrag nach § 765a ZPO nach dem Schluss der Versteigerung im Rahmen der Zuschlagsentscheidung über den (unbegründeten) Antrag befinden. Ist der kurzfristig vor dem Versteigerungstermin gestellte Einstellungsantrag aber begründet, wäre es gegenüber den Bietinteressenten unangemessen, den Termin durchzuführen und sodann das Verfahren einzustellen anstatt über die Zuschlagsteilung zu entscheiden.
D. Einstellungsvoraussetzungen im Insolvenzeröffnungsverfahren (Abs. 4) I. Antrag eines vorläufigen Insolvenzverwalters 28
Im Insolvenzeröffnungsverfahren steht die Sicherung des schuldnerischen Vermögens im Vordergrund.36 Diese kann durch eine Zwangsversteigerung beeinträchtigt sein, insbesondere wenn eine Unternehmensfortführung, Sanierung oder Insolvenzplan im eröffneten Verfahren angedacht sind. Daher ermöglicht Absatz 4 die Einstellung der Zwangsversteigerung während des Eröffnungsverfahrens.
29
Antragsberechtigt ist im „gewöhnlichen“ Insolvenzeröffnungsverfahren nur der vorläufige Insolvenzverwalter. Es ist nicht maßgeblich, ob es sich um einen vorläufigen Verwalter handelt, auf welchen die Verfügungsbefugnis des Schuldners übergegangen ist (sogenannter starker vorläufiger Verwalter nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 Nr. 2 erste Alternative und § 22 Abs. 1 InsO) oder nicht (sogenannter schwacher vorläufiger Verwalter nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 Nr. 2 zweite Alternative und § 22 Abs. 2 InsO).37
II. Antrag im Eröffnungsverfahren bei Eigenverwaltung 30
Hat der Schuldner Insolvenzantrag mit Eigenverwaltung gestellt (§ 270 InsO) und hat das Gericht statt eines vorläufigen Insolvenzverwalters einen vorläufigen Sachwalter nach § 270a oder § 270b InsO bestellt,38 ist nicht dieser sondern der Schuldner antragsberechtigt.39
35 So insbesondere Schmidt, InVo 1999, 73. 36 Allgemein statt aller Gottwald/Uhlenbruck/Vuia, Insolvenzrechts-Handbuch, § 14 Rz. 5 ff. 37 Dassler u.a./Hintzen, § 30d ZVG Rz. 18; Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 88; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rz. 18. 38 Eingehend Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 270b Rz. 61 ff. 39 Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 22.
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Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens
Rz. 36 § 30d
III. Einstellungsgrund Die Einstellung des Verfahrens erfolgt, wenn glaubhaft gemacht wird, dass dies zur Verhütung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners erforderlich ist. § 30d Abs. 4 übernimmt den gleichen Wortlaut, wie ihn § 21 Abs. 1 InsO als Generalklausel für einstweilige Sicherungsmaßnahmen des Insolvenzgerichts verwendet, allerdings muss die Erforderlichkeit der Maßnahme in § 21 Abs. 1 InsO nur als solches „erscheinen“, bei § 30d Abs. 4 muss sie gegeben sein. Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO werden im Insolvenzeröffnungsverfahren beinahe standardisiert angeordnet, insbesondere gehört das Vollstreckungsverbot des § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO zu den stets angeordneten Maßnahmen.40
31
Dieser Automatismus darf bei § 30d Abs. 4 nicht angewendet werden. Zu bedenken ist, dass der betreibende Gläubiger regelmäßig auch im eröffneten Insolvenzverfahren absonderungsberechtigt sein wird und dann nur unter den Voraussetzungen des § 30d Abs. 1 die Verfahrenseinstellung zulässig ist. Durch § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO sollen hingegen auch Zwangsvollstreckungen unterbunden werden, die im eröffneten Verfahren von der Rückschlagsperre des § 88 InsO und vom Vollstreckungsverbot des § 89 InsO erfasst werden.41
32
Der antragstellende vorläufige Insolvenzverwalter oder Schuldner muss daher konkret glaub- 33 haft machen, dass durch die Fortführung des Versteigerungsverfahrens die mögliche Unternehmensfortführung oder die künftige Verwertung der Insolvenzmasse beeinträchtigt werden. Allein, dass während des Insolvenzeröffnungsverfahrens in einem Versteigerungstermin das Grundstück versteigert werden könnte und damit die Insolvenzmasse geschmälert werden könnte, genügt für eine Einstellung nicht. Anders als im eröffneten Verfahren verlangt § 30d Abs. 4 in seinem Wortlaut aber keine Abwä- 34 gung des Einstellungsantrags mit den Interessen des betreibenden Gläubigers (dazu Rz. 41 ff.).
IV. Erneute Einstellung nach Insolvenzeröffnung Wird das Insolvenzeröffnungsverfahren beendet, ist der Einstellungsgrund des § 30d Abs. 4 nicht mehr gegeben. Die Aufhebung der Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens erfolgt nach § 30f Abs. 2 Satz 1, der aber nur die Beendigung des Eröffnungsverfahrens durch Antragsrücknahme oder Abweisung regelt. Daher wird vertreten, die Einstellung des Verfahrens bleibe nach Insolvenzeröffnung bestehen, wenn die Einstellungsgründe des § 30d Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 gegeben sind.42 Unmittelbar nach Insolvenzeröffnung ist immer § 30d Abs. 1 Nr. 1 gegeben. Da die Einstellung auch nach dieser Norm nicht von Amts wegen aufgehoben wird, bleibt die vor Insolvenzeröffnung nach § 30d Abs. 4 angeordnete Einstellung auch nach Insolvenzeröffnung solange erhalten, bis der betreibende Gläubiger die Aufhebung beantragt.
35
E. Einstellungsantrag und -verfahren I. Antrag des (vorläufigen) Insolvenzverwalters oder des Schuldners Der Antrag des (vorläufigen) Insolvenzverwalters ist regelmäßig schriftlich zu stellen, es gelten die allgemeinen Formvorschriften der Zivilprozessordnung. Der (vorläufige) Insolvenzverwalter hat seine Antragsbefugnis durch Vorlage der Bestellungsurkunde nach § 56 Abs. 2 InsO nachzuweisen. Dass das Grundstück Bestandteil der Insolvenzmasse ist, ergibt sich regelmäßig 40 Eingehend Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rz. 688 ff. 41 Allgemein K. Schmidt/Keller, InsO, § 88 Rz. 8. 42 Stöber/Nicht, § 30f ZVG Rz. 7; Böttcher, § 30f ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 30f ZVG Rz. 9.
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§ 30d Rz. 36 Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens aus der Eintragung des Insolvenzvermerks nach § 32 InsO,43 wobei unmaßgeblich ist, ob dieser bei Eintragung des Versteigerungsvermerks nach § 19 bereits grundbuchersichtlich ist. Der Insolvenzverwalter wird vom Vollstreckungsgericht über sein Antragsrecht nach § 30d nicht belehrt.44 37
Da das Verfahren eines jeden betreibenden Gläubiger gesondert zu betrachten ist, hat der Insolvenzverwalter die Einstellung gegenüber jedem betreibenden Gläubiger zu beantragen.45 Da aber die Einstellungsgründe sich notwendig auf das Versteigerungsobjekt als solches beziehen, wird in aller Regel anzunehmen sein, dass der Insolvenzverwalter die Einstellung der Verfahren sämtlicher betreibender Gläubiger erwirken will. Bedeutsam ist dies wegen der Zinszahlungspflicht des § 30e Abs. 1 (dort Rz. 7 ff.). Ist der Antrag nicht eindeutig formuliert und lässt er insbesondere erkennen, dass sich der Insolvenzverwalter über die Zinszahlungspflicht an die von der Einstellung betroffenen Gläubiger im Unklaren ist, sollte er nach § 139 ZPO hierauf hingewiesen werden.
38
Der Insolvenzverwalter unterliegt für den Antrag auf einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens keiner Frist, insbesondere unterliegt er nicht der zweiwöchigen Antragsfrist des § 30b Abs. 1 (oben Rz. 1). Die einstweilige Einstellung kann durch den Insolvenzverwalter auch mehrfach beantragt und erwirkt werden.
39
Die Einstellung kann während des gesamten Versteigerungsverfahrens erwirkt werden, sie kann auch nur dazu dienen, einen Versteigerungstermin zu vereiteln. Ein begründeter Einstellungsantrag nach dem Schluss der Versteigerung führt zur Zuschlagsversagung nach § 33. Nach Erteilung des Zuschlags ist eine einstweilige Einstellung selbstverständlich nicht mehr möglich.46
40
Der Insolvenzverwalter hat in seinem Einstellungsantrag den Einstellungsgrund nach § 30d Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 nachzuweisen. Da die Tatbestände des § 30d Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 auf konkrete Vorgänge des Insolvenzverfahrens abstellen, ist ein Nachweis möglich und zumutbar. Allein beim Tatbestand der Nr. 4 erscheint voller Nachweis schwierig, hier kann auch Glaubhaftmachung ausreichend sein.47
II. Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des betreibenden Gläubigers (Abs. 1 Satz 2) 41
Die Einstellung hat zu unterbleiben, wenn sie dem betreibenden Gläubiger unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zuzumuten ist. Der Wortlaut des § 30d Abs. 1 Satz 2 stellt nicht auf die Interessen des betreibenden Gläubigers, sondern seine wirtschaftlichen Verhältnisse ab. Es kommt mithin nicht darauf an, ob ihm die einstweilige Einstellung allgemein zuzumuten48 ist oder wie sich der Schuldner bisher bei der Zwangsvollstreckung verhalten hat. Das Gericht hat keine allgemeine Billigkeitsprüfung durchzuführen. Maßgebend ist allein, ob ein weiteres Hinauszögern der Versteigerung und die Befriedigung des Gläubigers unter Berücksichtigung seiner eigenen wirtschaftlichen Lage für ihn zumutbar ist.
43 44 45 46 47
Dazu K. Schmidt/Keller, InsO, § 32 Rz. 8, 27 ff. Dassler u.a./Hintzen, § 30d ZVG Rz. 9. Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 17. Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 8; Böttcher, § 30d ZVG Rz. 3. Zu allgemein Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 12; Böttcher, § 30d ZVG Rz. 12; Hk-ZV/Noethen, § 30d ZVG Rz. 10. 48 Zu allgemein daher Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 6; Böttcher, § 30d ZVG Rz. 9 mit Hinweis auf § 30a ZVG; Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 100.
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Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens
Rz. 47 § 30d
Ist der betreibende Gläubiger ein Kreditinstitut, wird dies stets der Fall sein. Ein Überwiegen der Gläubigerinteressen könnte angenommen werden, wenn er persönlich betreibender Gläubiger an aussichtsreicher Rangstelle ist und auf die Befriedigung seiner Forderung angewiesen ist. Betreibt der Gläubiger die Zwangsversteigerung an aussichtsloser Rangstelle, ist diese angesichts eines hohen geringsten Gebots ohnehin wirtschaftlich sinnlos. Es ist dann schwer vorstellbar, dass Gläubigerinteressen im Sinne des § 30d Abs. 1 Satz 2 überwiegen, im Übrigen wären dann auch Auflagen nach § 30e ausgeschlossen (§ 30e Abs. 3). Gerade beim Einstellungsgrund des § 30d Abs. 1 Nr. 4 sind die Interessen der Gläubigergesamtheit im Insolvenzverfahren gegenüber wirtschaftlichen Verhältnissen des betreibenden Gläubigers abzuwägen. Es besteht dabei auch die Gefahr, dass der Insolvenzverwalter den Einstellungsantrag als taktisches Mittel gegen einen absonderungsberechtigten Gläubiger einsetzt, um ihn beispielsweise zur Zustimmung zu freihändiger Veräußerung des Grundstücks zu bewegen.49 Dies ist nicht rechtsmissbräuchlich.
42
Bei Einstellung des Verfahrens während des Insolvenzeröffnungsverfahrens sieht § 30d Abs. 4 keine Berücksichtigung der Interessen des betreibenden Gläubigers vor. Dennoch wird gefordert, § 30d Abs. 1 Satz 2 auch hier anzuwenden und die Einstellung des Verfahrens abzulehnen, wenn dies angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse dem Gläubiger nicht zuzumuten ist.50
43
III. Einstellungsbeschluss 1. Erlass und Wirkungen Das Vollstreckungsgericht hat vor Erlass einer Entscheidung den betreibenden Gläubiger zu hören. Bewilligt er die Einstellung des Verfahrens nach § 30, geht diese Einstellung vor, der Antrag des Insolvenzverwalters ist dann erledigt (siehe dazu § 30 Rz. 38). Wegen der eingeschränkten Berücksichtigung der Gläubigerinteressen in § 30d Abs. 1 Satz 2 wird der Einstellungsantrag des Insolvenzverwalters aber eher begründet sein, weswegen eine Bewilligung nach § 30 nicht ratsam ist; zudem entgehen dem betreibenden Gläubiger dann Zahlungen nach § 30e.
44
Der Einstellungsbeschluss ist dem betreibenden Gläubiger zuzustellen, er wirkt konstitutiv.
45
Die Einstellung des Verfahrens erfolgt ohne zeitliche Beschränkung. Die Aufhebung der Einstellung und damit Fortsetzung des Verfahrens erfolgt nur auf Antrag des betreibenden Gläubigers nach § 30 f. Diese Regelungssystematik ist für das Versteigerungsverfahren misslich, da sie auf theoretisch unabsehbar lange Zeit das Versteigerungsverfahren in der Schwebe hält. Erst nach Wegfall der Einstellungsvoraussetzungen beginnt gegenüber dem betreibenden Gläubiger eine sechsmonatige Frist, innerhalb derer er die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu beantragen hat (§ 30f Abs. 1, § 31 Abs. 1).51
46
Während der Einstellung kann ein anderer Absonderungsberechtigter wegen seines Rechtes den Beitritt zum Verfahren nach § 27 beantragen. Der Insolvenzverwalter hat dann gegenüber diesem betreibenden Gläubiger die Einstellung des Verfahrens erneut zu beantragen, ihn trifft dann auch gegen diesen betreibenden Gläubiger die Zahlungspflicht des § 30e (§ 30e Rz. 7 ff.).
47
49 So auch Stöber, NZI 1998, 105, 109; dazu auch Keller, ZfIR 2002, 861. 50 Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 20; Böttcher, § 30d ZVG Rz. 15. 51 Eingehend Stöber, NZI 1999, 439.
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§ 30d Rz. 48 Einstweilige Einstellung während eines Insolvenzverfahrens 2. Einstellung unter Auflagen 48
Die Einstellung des Verfahrens erfolgt zwingend unter der Auflage an den Insolvenzverwalter oder den Schuldner, Zahlungen an den betreibenden Gläubiger nach § 30e zu erbringen (§ 30e Rz. 7 ff., 19 ff.).52 3. Rechtsbehelf
49
Gegen die Einstellung der Zwangsversteigerung oder auch die Ablehnung des Antrags auf Einstellung steht dem jeweiligen Beteiligten die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO zu. Die Beschwerde des Insolvenzverwalters bei Einstellung des Verfahrens kann sich auch gegen die Anordnung von Zahlungen nach § 30e richten.
§ 30e [Auflagen bei Einstellung infolge eines Insolvenzverfahrens] (1) Die einstweilige Einstellung ist mit der Auflage anzuordnen, daß dem betreibenden Gläubiger für die Zeit nach dem Berichtstermin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung laufend die geschuldeten Zinsen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit aus der Insolvenzmasse gezahlt werden. Ist das Versteigerungsverfahren schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 30d Abs. 4 einstweilen eingestellt worden, so ist die Zahlung von Zinsen spätestens von dem Zeitpunkt an anzuordnen, der drei Monate nach der ersten einstweiligen Einstellung liegt. (2) Wird das Grundstück für die Insolvenzmasse genutzt, so ordnet das Gericht auf Antrag des betreibenden Gläubigers weiter die Auflage an, daß der entstehende Wertverlust von der Einstellung des Versteigerungsverfahrens an durch laufende Zahlungen aus der Insolvenzmasse an den Gläubiger auszugleichen ist. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit nach der Höhe der Forderung sowie dem Wert und der sonstigen Belastung des Grundstücks nicht mit einer Befriedigung des Gläubigers aus dem Versteigerungserlös zu rechnen ist. Rz. A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . B. Zahlung von Zinsen und Wertverlustausgleich an den betreibenden Gläubiger (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . I. Entsprechung zu Vorschriften der Insolvenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . II. Anordnung der Zinszahlungs- und Wertausgleichspflicht . . . . . . . . . . . . . III. Anordnung der Zinszahlungspflicht (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dingliche oder schuldrechtliche Zinsen? .
1
2 2 5 7 7
2. Fälligkeiten und Zahlungszeitpunkt . . . IV. Auflage zur Zahlung von Wertverlustausgleich (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . V. Behandlung der Zahlungen in Insolvenz und Zwangsversteigerungsverfahren . . VI. Absehen von Zahlungsauflagen (Abs. 3) C. Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . I. Anordnung der Zahlungspflicht in gerichtlichem Beschluss . . . . . . . . . . II. Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . .
52 Stöber/Nicht, § 30e ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 2.
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Rz. . 14 . 19 . 22 . 25 . 27 . 27 . 29
Auflagen bei Einstellung infolge eines Insolvenzverfahrens
Rz. 6 § 30e
A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich Siehe hierzu § 30d Rz. 1 ff.
1
B. Zahlung von Zinsen und Wertverlustausgleich an den betreibenden Gläubiger (Abs. 1) I. Entsprechung zu Vorschriften der Insolvenzordnung Die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens unter Auflagen entspricht der Zinszahlungs- und Wertverlustausgleichspflicht für den absonderungsberechtigten Gläubiger bei verzögerter Verwertung beweglichen Vermögens nach § 169 InsO.1 Nach dem Wortlaut des § 169 Abs. 1 Satz 1 InsO hat der Insolvenzverwalter dem Gläubiger von dem Berichtstermin an laufend die geschuldeten Zinsen zu zahlen.2 Mit gleichem Wortlaut normiert § 30e Abs. 1 die Zahlung der laufend geschuldeten Zinsen an den betreibenden Gläubiger.
2
Bei Anordnung eines Verwertungsverbots im Insolvenzeröffnungsverfahren nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO ist ebenfalls eine Zinszahlungspflicht sowie eine Wertverlustausgleichspflicht vorgesehen.3
3
Durch die Anordnung der Zinszahlungs- und Wertverlustausgleichspflicht in § 30e soll das Absonderungsrecht geschützt werden. Auch wenn sich der betreibende Gläubiger hinsichtlich der Versteigerung selbst den Vorgaben des Insolvenzverfahrens beugen muss, muss er wirtschaftlich so gestellt werden, wie wenn das Verfahren zu seinen Gunsten weiter fortgeführt würde.
4
II. Anordnung der Zinszahlungs- und Wertausgleichspflicht Das Gericht hat zwingend mit der Einstellung des Verfahrens die Zinszahlungs- und Wertausgleichspflicht des § 30e zu prüfen und anzuordnen.4 Die Zahlungspflicht ergeht für jeden Gläubiger, der das Zwangsversteigerungsverfahren betreibt; die Verfahren sind auch hier als Einzelverfahren zu betrachten. Der Insolvenzverwalter will mit seinem Antrag nach § 30d die Versteigerung des Grundstücks verhindern, er muss daher die Verfahren sämtlicher betreibender Gläubiger zum Stillstand bringen und daher an sämtliche betreibenden Gläubiger Zahlungen leisten.
5
Die Zahlungspflicht gilt auch gegenüber demjenigen Absonderungsberechtigten, der während eines bereits eingestellten Verfahrens diesem beitritt (§ 27). Der Insolvenzverwalter muss auch diesem Gläubiger gegenüber die Einstellung seines Verfahrens beantragen (§ 30d Rz. 47) und ist auch diesem gegenüber nach § 30e zur Zahlung der Zinsen und von Wertverlustausgleich verpflichtet.
6
1 BT-Drucks. 12/2443, S. 176. 2 Tetzlaff in Münchener Kommentar, § 169 InsO Rz. 28 ff.; Uhlenbruck/Brinkmann, § 169 InsO Rz. 4 ff.; Landfermann in Heidelberger Kommentar, § 169 InsO Rz. 14 ff. 3 Rüntz/Laroche in Heidelberger Kommentar, § 21 InsO Rz. 40 ff. 4 Stöber/Nicht, § 30e ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 2.
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§ 30e Rz. 7 Auflagen bei Einstellung infolge eines Insolvenzverfahrens
III. Anordnung der Zinszahlungspflicht (Abs. 1) 1. Dingliche oder schuldrechtliche Zinsen? 7
Umstritten ist, was unter dem Begriff „laufend die geschuldeten Zinsen“ zu verstehen ist. Die Gesetzesbegründung zu § 188 InsO-E stellt auf die Zinsen ab, „die der Gläubiger auf Grund seines Rechtsverhältnisses mit dem Schuldner beanspruchen kann“, nennt daneben auch kraft Gesetzes geschuldete Zinsen, nimmt aber Tilgungsanteile ausdrücklich von der Zahlungspflicht aus.5 Nach dem ursprünglich gedachten Standort der Norm innerhalb der Insolvenzordnung hatte der Gesetzgeber ebenso wie bei Absonderungsrechten an beweglichem Vermögen an die Zahlung der Zinsen aus dem Schuldrechtsverhältnis gedacht. Daher wird insbesondere von Mönning/Zimmermann sehr engagiert vertreten, auch bei § 30e seien in jedem Fall die Zinsen der gesicherten Insolvenzforderung zu zahlen.6
8
Im Zwangsversteigerungsverfahren wird jedoch unterschieden, aus welchem Recht und in welcher Rangklasse des § 10 Abs. 1 die Versteigerung betrieben wird:
9
– Geschuldete Zinsen nach dem Wortlaut der Vorschrift sind bei dem persönlich betreibenden Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 5) die im vollstreckbaren Schuldtitel genannten Zinsen der Forderung. Diese sind zumeist Verzugszinsen im Sinne des § 288 BGB, die täglich fällig sind.7
10
– Der dinglich betreibende Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 4) kann die Versteigerung aus einem Grundpfandrecht oder einer Reallast (§§ 1105, 1107, 1159, 1147 BGB) betreiben.8
11
„Zinsen“ der Reallast sind die als Inhalt dieses Rechtes zu erbringenden Leistungen (§§ 1107, 1159 BGB).9
12
Zinsen der Hypothek sind wegen der Akzessorietät der Hypothek die Zinsen der gesicherten Forderung.
13
Problematisch und allein praxisrelevant sind die Zinsen der Grundschuld. Allgemein werden Sicherungsgrundschulden mit Zinssätzen von 12 bis 18 Prozent in das Grundbuch eingetragen.10 Der Grundschuldgläubiger betreibt die Zwangsversteigerung wegen des Duldungsanspruchs aus der Grundschuld (§ 1192, 1147 BGB) mit diesen Zinsen des dinglichen Rechts.11 Aus dem Versteigerungserlös erhält die Grundschuld ebenso Zuteilung auf die dinglichen Zinsen. Die Verrechnung dieser Zuteilung auf dingliche Zinsen und Hauptsache auf die gesicherte Forderung erfolgt allein im Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner.12 Zu keinem Zeitpunkt im Versteigerungsverfahren prüft das Gericht, ob und in welchem Umfang der Grundschuld, wegen welcher das Verfahren be5 BT-Drucks. 12/2443, S. 176, 177. 6 Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134. 7 Allgemein Ernst in Münchener Kommentar, BGB, § 288 Rz. 15, 17; für die Zwangsvollstreckung Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 2.37. 8 Zum Duldungsanspruch wegen der Reallast Staudinger/Mayer, 2009, § 1107 BGB Rz. 17, 18. 9 Stöber/Nicht, § 30e ZVG Rz. 3 am Ende; zu den Leistungen der Erbbauzinsreallast als Insolvenzforderungen Keller, NZI 2012, 777. 10 Dazu Schöner/Stöber, Rz. 2315; zu dieser Problematik Sostmann, MittRhNotK 1999, 274; Stöber, MitBayNot 1999, 441; Clemente/Lenk, ZfIR 2002, 337. 11 BGH, Urt. v. 27.2.1981 – V ZR 9/80, NJW 1981, 1505 = Rpfleger 1981, 292 = ZIP 1981, 487; BGH, Urt. v. 13.5.1982 – IIIZR 164/80, NJW 1982, 2768 = ZIP 1982, 1051; BGH, Urt. v. 9.11.1995 – IX ZR 179/94, NJW 1996, 253 = ZIP 1995, 1973; dazu auch Stöber, § 114 ZVG Rz. 7.6d ff.; Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, Rz. 11 ff.; krit. Clemente/Lenk, ZfIR 2002, 337. 12 Der Gläubiger ist berechtigt, den Betrag der persönlichen Hauptforderung auf die dinglichen Zinsen zu verrechnen, BGH, Urt. v. 27.2.1981 – V ZR 9/80, NJW 1981, 1505 = Rpfleger 1981, 292 = ZIP 1981, 487; Stöber/Nicht, § 114 ZVG Rz. 160 m.w.N.
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Auflagen bei Einstellung infolge eines Insolvenzverfahrens
Rz. 16 § 30e
trieben wird, eine gesicherte Forderung zugrunde liegt.13 Im übrigen kann auch das Absonderungsrecht im Insolvenzverfahren für laufende Zinsen der Insolvenzforderung des Gläubigers geltend gemacht werden, § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO steht dem nicht entgegen.14 Daher vertritt fast die gesamte versteigerungsrechtliche Literatur zu Recht die Auffassung, das „geschuldete Zinsen“ im Sinne des § 30e bei dem in Rangklasse § 10 Abs. 1 Nr. 4 betreibenden Gläubiger die Zinsen des im Grundbuch eingetragenen Rechts sind.15 Die insolvenzrechtliche Literatur und spärliche Rechtsprechung neigt dagegen der Auffassung zu, es seien schuldrechtliche Zinsen der gesicherten Forderung maßgebend.16 2. Fälligkeiten und Zahlungszeitpunkt Mit der Bestimmung des Zahlungszeitpunktes und der Fälligkeit ist es dem Gesetzgeber im Wortlaut des § 30e Abs. 1 gelungen, völlig unverständlich zu sein.17 Zu unterscheiden sind Fälligkeit der Zinsen nach dem Inhalt des jeweiligen Rechts oder Schuldverhältnisses und Eintritt der Zahlungspflicht für den Insolvenzverwalter; nur letzteres regelt § 30e Abs. 1.
14
Die Zinsen der Forderung des persönlich betreibenden Gläubigers sind als titulierte Verzugszinsen täglich fällig.18 Gleiches gilt für die Zinsen der Forderung einer Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO. Die Zinsen der Forderung einer rechtsgeschäftlich bestellten Hypothek sind entsprechend der jeweiligen Vereinbarung mit dem Schuldner der Forderung fällig. Die dinglichen Zinsen der Grundschuld werden regelmäßig als am Ende eines Kalenderjahres für das abgelaufene Kalenderjahr fällig als Inhalt der Grundschuld vereinbart. Dies dient wesentlich nur dazu, dass die Abgrenzung laufender und rückständiger Leistungen nach § 13 maximal ausgenutzt werden kann.19 In der Immobiliarvollstreckung führt dies aber auch dazu, dass der Grundschuldgläubiger eben erst am Ende des Kalenderjahres die dinglichen Zinsen erhalten kann, insbesondere bei Zuteilung in der Zwangsverwaltung nach § 155 Abs. 2, § 157 (§ 157 Rz. 2).20 Diese Zinsfälligkeiten sind auch bei § 30e Abs. 1 zu beachten. Es besteht eine ähnliche Problematik wie bei Auflagen nach § 30a (dazu § 30a Rz. 66 ff.).
15
Zu leisten ist nur auf laufende, nicht auf rückständige Zinsen.21 Unklar ist, ob die Abgrenzung nach § 13 erfolgt22 oder ob mit „laufend die geschuldeten Zinsen … nach Eintritt der Fälligkeit“ die „tatsächliche“ Fälligkeit nach dem Berichtstermin gemeint ist. Verglichen mit § 169 InsO ist letzteres anzunehmen, bezogen auf das Zwangsversteigerungsverfahren eher § 13, der
16
13 BGH, Beschl. v. 27.2.2004 – IXa ZB 135/03, BGHZ 158, 159 = NJW 2004, 1803 = Rpfleger 2004, 433 (Grundschuld mit vollem Nennbetrag bei § 74a Abs. 1 ZVG zu berücksichtigen); Dassler u.a./ Hintzen, § 30e ZVG Rz. 7; allgemein auch Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 336; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 36 ff.; Böttcher, § 85a ZVG Rz. 9; Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 4, 5. 14 BGH, Urt. v. 5.12.1996 – IX ZR 53/96, BGHZ 134, 195 = NJW 1997, 522 = Rpfleger 1997, 228; BGH, Urt. v. 17.7.2008 – IX ZR 132/07, NJW 2008, 3064 = ZIP 2008, 1539 = NZI 2008, 542; Ganter in Münchener Kommentar, InsO, § 52 Rz. 29. 15 Stöber/Nicht, § 30e ZVG Rz. 3; Böttcher, § 30e ZVG Rz. 4; Depré/Popp, § 30e ZVG Rz. 6; Eickmann, ZfIR 1999, 81; Hintzen, Rpfleger 1999, 256; Alff, Rpfleger 2000, 228; anders Hk-ZV/Noethen, § 30e ZVG Rz. 4; Löhnig/Bauch, § 30e ZVG Rz. 4 („Der Gläubiger könne aber nicht die dinglichen Zinsen fordern, sondern aus diesen nur die Vollstreckung betreiben“). 16 LG Göttingen, Beschl. v. 27.1.2000 – 10 T 1/00, Rpfleger 2000, 228; LG Stade, Beschl. v. 19.3.2002 – 7 T 47/02, Rpfleger 2002, 479; Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 104 ff.; Flöther in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 165 Rz. 38; Hess, InsO, § 165 Rz. 49. 17 Allgemein zur unklaren Berechnung Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 3. 18 Allgemein Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 2.37. 19 Schöner/Stöber, Rz. 2286b, 2315. 20 Böttcher/Keller, § 155 ZVG Rz. 26, § 157 Rz. 7. 21 Stöber/Nicht, § 30e ZVG Rz. 5; Böttcher, § 30e ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 4. 22 So Böttcher, § 30e ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 5.
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§ 30e Rz. 16 Auflagen bei Einstellung infolge eines Insolvenzverfahrens ja im übrigen auch für das Zwangsverwaltungsverfahren gilt, bei welchem nach § 155 Abs. 2 ebenfalls nur laufende Beträge wiederkehrender Leistungen gezahlt werden. Die Zahlungspflicht des Insolvenzverwalters beginnt frühestens nach dem Berichtstermin nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Dem Insolvenzverwalter wird zudem eine Zahlungsfrist von zwei Wochen nach der jeweiligen Zinsfälligkeit eingeräumt. 17
Beispiel: Das Grundstück ist erstrangig mit einer Grundschuld zu 100.000,00 Euro nebst 14 Prozent Zinsen, kalenderjährlich nachträglich fällig, belastet; zweitrangig mit einer Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO zu 10.000,00 Euro nebst fünf Prozent Verzungszinsen. Beide Gläubiger betreiben die Zwangsversteigerung; Zeitpunkt der ersten Beschlagnahme war der 15.2. Berichtstermin im Insolvenzverfahren war am 1.11.; der Insolvenzverwalter hat den Gläubiger der Sicherungshypothek ab dem 15.11. täglich (!) 1,37 Euro zu zahlen (10.000,00 Euro × 0,05 ./. 365 Tage). An den Grundschuldgläubiger hat er am 14.1. des Folgejahres an den Grundschuldgläubiger 14.000,00 Euro zu zahlen. Nimmt man für den Begriff „laufend die geschuldeten Zinsen“ die Abgrenzung des § 13, hätte der Insolvenzverwalter an den Gläubiger der Grundschuld am 15.11. bereits 14.000,00 Euro (nach § 13 als laufend geltende) Grundschuldzinsen des Vorjahres zu zahlen sowie 199,27 Euro laufende Zinsen der Sicherungshypothek (§ 13 Abs. 3) von 15.2. bis 15.11. (10.000,00 Euro × 0,05 ./. 365 Tage × 273 Tage).
18
War das Verfahren bereits nach § 30d Abs. 4 eingestellt, gilt als Zahlungszeitpunkt nach § 30e Abs. 1 Satz 2 der Zeitpunkt, der drei Monate nach der Einstellung liegt. War das Verfahren beispielsweise am 1.9. eingestellt worden, hat der vorläufige Insolvenzverwalter am 1.12. die zu diesem Zeitpunkt fälligen laufenden Zinsen zu zahlen. Da in den seltensten Fällen ein Insolvenzeröffnungsverfahren länger als drei Monate andauert, wird diese Zahlungspflicht selten eingreifen. Nach Insolvenzeröffnung gilt dann die Zahlungspflicht des § 30e Abs. 1 Satz 1.
IV. Auflage zur Zahlung von Wertverlustausgleich (Abs. 2) 19
Im Gegensatz zur Zinszahlungspflicht ist die Zahlung von Ausgleich eines Wertverlustes nur anzuordnen, wenn der von der Einstellung betroffene Gläubiger dies beantragt. Der Antrag ist an keine Frist gebunden und kann daher auch nach Anordnung der Einstellung gestellt werden. Die Zahlungspflicht eines Wertverlustausgleichs kann dann aber nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einstellungsanordnung als solcher angeordnet werden.23
20
Die Zahlungspflicht ist von zwei Voraussetzungen abhängig: Das Grundstück muss für die Insolvenzmasse – also durch den Insolvenzverwalter – genutzt werden und es muss hierdurch ein Wertverlust eintreten.24 Beides hat der antragstellende Gläubiger glaubhaft vorzutragen. Der Insolvenzverwalter ist zu hören. Die Nutzung muss sich nicht auf das gesamte Grundstück beziehen, es kann auch Nutzung mithaftenden Zubehörs genügen.25 Die Nutzung muss zu einem Wertverlust des Grundstücks führen. Dies ist im Einzelfall schwierig nachzuweisen. Ein Wertverlust kann eintreten, wenn der Insolvenzverwalter Bodenschätze abbaut. Festzuhalten ist aber, dass eine bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks keinen Wertverlust begründet.26 Ein solcher würde im übrigen auch dann eintreten, wenn im gewöhnlichen Fall einer Zwangsversteigerung der Schuldner bis zur Zuschlagserteilung sein Grundstück nutzt. Der betreibende Gläubiger erhielte dann auch keinen besonderen Verlustausgleich. Im übrigen kann der Gläubiger stets die Zwangsverwaltung beantragen, um einen
23 24 25 26
Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 11. Stöber/Nicht, § 30e ZVG Rz. 7; Böttcher, § 30e ZVG Rz. 7; Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 261. Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 12. Böttcher, § 30e ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 12; Eickmann, ZfIR 1999, 81.
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Auflagen bei Einstellung infolge eines Insolvenzverfahrens
Rz. 25 § 30e
Wertverlust zu verhindern.27 Wertausgleichszahlungen in Höhe fiktiver Miet- oder Pachteinnahmen sind deshalb nicht anzusetzen.28 Die Zahlung von Wertverlustausgleich hat gegenüber dem betreibenden Gläubiger zu erfolgen, der diese beantragt und für welchen sie seitens des Gerichts angeordnet ist. Das Gericht hat zu bestimmen, in welcher Höhe und zu welcher Fälligkeit Zahlungen zu leisten sind. Bei mehreren betreibenden Gläubigern sind die Ausgleichszahlungen entsprechend der Rangfolge des § 10 zu verteilen.29
21
V. Behandlung der Zahlungen in Insolvenz und Zwangsversteigerungsverfahren Die seitens des Vollstreckungsgerichts angeordneten Zahlungen sind im Insolvenzverfahren Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.30 Zahlungen während des Eröffnungsverfahrens sind im eröffneten Verfahren ebenfalls als Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 InsO anzusehen, die Einschränkung des § 55 Abs. 2 InsO hinsichtlich der Rechtsstellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters gilt für § 30d Abs. 4 nicht.31
22
Der Insolvenzverwalter, der die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung nach § 30d Abs. 1 erwirkt, läuft stets Gefahr, laufende Zinsen insbesondere der Grundschuld in einem Umfang zahlen zu müssen, den die Insolvenzmasse regelmäßig nicht bewältigen kann. Unter Berücksichtigung der Zinszahlungspflicht erscheint die Einstellungsmöglichkeit nach § 30d Abs. 1 daher als stumpfe Waffe.32 Zu bedenken ist aber immer noch, dass der Insolvenzverwalter aus taktischen Gründen die einstweilige Einstellung beantragen kann, um beispielsweise den betreibenden Gläubiger zu Zugeständnissen bei der freihändigen Verwertung zu bewegen oder um kurzfristig einen bevorstehenden Versteigerungstermin zu verhindern und potentielle Interessenten abzuschrecken (§ 30d Rz. 26).
23
Im späteren Zwangsversteigerungsverfahren sind die Zahlungen bei der Bildung des geringsten Gebots und spätestens bei der Verteilung des Versteigerungserlöses zu berücksichtigen.
24
VI. Absehen von Zahlungsauflagen (Abs. 3) Insgesamt unterbleibt die Anordnung von Zinszahlung und Wertverlustausgleich, wenn der betreibende Gläubiger mit einer Zuteilung aus dem Versteigerungserlös nicht zu rechnen hat. Das Gericht hat hierbei eine prognostische Verteilung nach §§ 105 ff. zu berechnen, ausgehend von einem voraussichtlichen Versteigerungserlös.33 Ob dieser in Höhe des festgesetzten Verkehrswertes (§ 74a Abs. 5)34 oder in Höhe von 7/10 dieses Wertes oder gar höher angesetzt werden muss, ist Frage des Einzelfalles und vor allem der konkreten Marktsituation. Wenn im Zeitpunkt der Einstellung des Verfahrens der Verkehrswert noch nicht festgesetzt ist,
27 Allgemein zum Rechtsschutzbedürfnis BGH, Beschl. v. 18.7.2002 – IX ZB 26/02, BGHZ 151, 384 = NJW 2002, 3178 = Rpfleger 2002, 578 = ZIP 2002, 1595; Böttcher/Keller, § 146 ZVG Rz. 6. 28 Stöber, NZI 1998, 105, 109. 29 Stöber/Nicht, § 30e ZVG Rz. 11; Böttcher, § 30e ZVG Rz. 9; Hintzen, Rpfleger 1999, 256, 260. 30 Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 16; Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 105; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 165 Rz. 19b. 31 Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 20. 32 Dazu auch Löhnig/Bauch, § 30d ZVG Rz. 2. 33 Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 9. 34 BT Drucks. 12/2443, S. 177.
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25
§ 30e Rz. 25 Auflagen bei Einstellung infolge eines Insolvenzverfahrens muss und sollte allein wegen der Kosten hierfür die Festsetzung nach § 74a Abs. 5 nicht allein deshalb erfolgen.35 26
Hat unter Berücksichtigung der Rangordnung der Rechte nach § 10 Abs. 1 ein betreibender Gläubiger mit keiner Zuteilung zu rechnen, sind ihm keine Zinszahlung und auch kein Verlustausgleich zuzusprechen. Bei voraussichtlich teilweiser Zuteilung ist die Zahlungspflicht anteilig zu bestimmen.36
C. Verfahrensfragen I. Anordnung der Zahlungspflicht in gerichtlichem Beschluss 27
Das Vollstreckungsgericht ordnet die Zinszahlungspflicht nach § 30e Abs. 1 im Einstellungsbeschluss nach § 30d an (§ 30d Rz. 48), § 30e Abs. 3 ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Höhe der Zinszahlungen und insbesondere die Zahlungstermine sind genau zu bestimmen und zu begründen. Zu begründen ist insbesondere das Absehen von Anordnungen nach § 30e Abs. 3.
28
Vor Anordnung der Einstellung ist der betreibende Gläubiger zu hören (§ 30d Rz. 44). Er kann bereits hier Antrag auf Wertverlustausgleich stellen. Zu diesem Antrag ist wiederum der Insolvenzverwalter zu hören.
II. Rechtsbehelf 29
Der Beschluss nach § 30d, kann mit der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO auch lediglich hinsichtlich der Festlegung von Zahlungsauflagen angefochten werden.
§ 30f [Aufhebung der Einstellung infolge des Insolvenzverfahrens] (1) Im Falle des § 30d Abs. 1 bis 3 ist die einstweilige Einstellung auf Antrag des Gläubigers aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für die Einstellung fortgefallen sind, wenn die Auflagen nach § 30e nicht beachtet werden oder wenn der Insolvenzverwalter, im Falle des § 30d Abs. 2 der Schuldner, der Aufhebung zustimmt. Auf Antrag des Gläubigers ist weiter die einstweilige Einstellung aufzuheben, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist. (2) Die einstweilige Einstellung nach § 30d Abs. 4 ist auf Antrag des Gläubigers aufzuheben, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgenommen oder abgewiesen wird. Im Übrigen gilt Absatz 1 Satz 1 entsprechend. (3) Vor der Entscheidung des Gerichts ist der Insolvenzverwalter, im Falle des § 30d Abs. 2 der Schuldner, zu hören. § 30b Abs. 3 gilt entsprechend.
35 Stöber/Nicht, § 30e ZVG Rz. 9; so aber Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 109; Wenzel, NZI 1999, 101, 103. 36 Stöber/Nicht, § 30e ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 30e ZVG Rz. 8; Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 107 ff.
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Aufhebung der Einstellung infolge des Insolvenzverfahrens
Rz. 4 § 30f
Rz. A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . B. Aufhebung der einstweiligen Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Voraussetzungen der Aufhebung . . . . . . 1. Wegfall der Einstellungsvoraussetzungen 2. Nichtbeachtung der Auflagen nach § 30e ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zustimmung Insolvenzverwalter . . . . . . 4. Beendigung des Insolvenzverfahrens . . .
1 2 2 3 3 4 5 7
5. Freigabe des Grundstücks . . . . . . . . . 6. Einstweilige Einstellung nach § 30d Abs. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Antrag des betreibenden Gläubigers . . II. Nachweis und Anhörung des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Antragsfrist nach § 31 Abs. 2 lit. c) ZVG IV. Beschluss und Rechtsmittel . . . . . . . .
.
Rz. 9
. 12 . 13 . 13 . 14 . 17 . 22
A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich Siehe hierzu § 30d Rz. 1 ff.
1
B. Aufhebung der einstweiligen Einstellung I. Terminologie § 30f ist in der Terminologie unklar, da er von Aufhebung der einstweiligen Einstellung spricht, obwohl im Zwangsversteigerungsgesetz bei einstweiliger Einstellung die „Fortsetzung“ des Verfahrens nach § 31 als Terminus gebraucht wird. § 30f hängt aber auch mit § 31 insoweit zusammen, als der betreibende Gläubiger die Aufhebung der Einstellung innerhalb der üblichen Sechs-Monatsfrist des § 31 Abs. 1 stellen muss, wobei wiederum der Fristbeginn in § 31 Abs. 2 lit. c) unvollkommen geregelt ist (§ 31 Rz. 20). Zudem nennt § 30f Abs. 1 Satz 1 nur die Einstellungsgründe des § 30d Abs. 1 Nrn. 1 bis 3, für die Generalklausel des § 30d Abs. 1 Nr. 4 gilt dann allein § 30f Abs. 1 Satz 2.
2
II. Voraussetzungen der Aufhebung 1. Wegfall der Einstellungsvoraussetzungen Die Einstellung des Verfahrens nach § 30d Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 ist aufzuheben, wenn die jeweilige Einstellungsvoraussetzung weggefallen ist. Das ist der Fall nach Abhaltung des Berichtstermins (Nr. 1), wobei entsprechend der Beschlusslage der Gläubigerversammlung der Insolvenzverwalter dem Aufhebungsantrag des betreibenden Gläubigers mit einem neuerlichen Einstellungsantrag nach Nr. 2 des § 30d Abs. 1 antworten kann. Bezogen auf Nr. 2 des § 30d Abs. 1 ist der Einstellungsgrund weggefallen, wenn die Gläubigerversammlung keine Unternehmensfortführung beschlossen hat. Nr. 3 des § 30d Abs. 1 fällt weg, wenn der Insolvenzplan endgültig nicht angenommen worden ist; gleiches gilt für den Insolvenzplan des Schuldners bei § 30d Abs. 2.
3
2. Nichtbeachtung der Auflagen nach § 30e ZVG Der betreibende Gläubiger kann die Aufhebung der Einstellung beantragen, wenn der Insolvenzverwalter die auferlegten Zahlungspflichten des § 30e nicht erfüllt. Hält der Insolvenzverwalter die Zahlungspflicht beispielsweise hinsichtlich der Zinsen für sachlich falsch oder
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§ 30f Rz. 4 Aufhebung der Einstellung infolge des Insolvenzverfahrens kann er hinsichtlich eines Wertverlustes neue Tatsachen vorbringen, hat er dies durch sofortige Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluss geltend zu machen.1 3. Zustimmung Insolvenzverwalter 5
Zu dem Antrag auf Aufhebung der Einstellung ist der Insolvenzverwalter zu hören. Im Falle des § 30d Abs. 2 sowie bei Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO ist auch der Schuldner zu hören. Stimmen der Insolvenzverwalter oder der Schuldner der Aufhebung zu, kann diese unproblematisch erfolgen.
6
Die Zustimmung ist nicht ausgeschlossen, da sie den Verwalter von der Zahlungspflicht des § 30e befreit. Der Insolvenzverwalter kann selbst aber nicht die Aufhebung der Einstellung beantragen, er kann lediglich durch Unterlassen der Zahlungen den Antrag des Gläubigers provozieren. Dies lässt aber gleichzeitig fragen, weshalb der Gläubiger den Antrag auf Aufhebung stellen soll, wenn dadurch für ihn eine unter Umständen bequeme Zahlung wegfällt. 4. Beendigung des Insolvenzverfahrens
7
Im Übrigen kann der betreibende Gläubiger die Aufhebung der einstweiligen Einstellung beantragen, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist. Die Art der Verfahrensbeendigung ist nicht maßgebend. Entscheidend ist, dass das Grundstück im Insolvenzverfahren nicht verwertet worden ist.
8
Die Beendigung des Insolvenzverfahrens ist Grund für die Aufhebung der einstweiligen Einstellung nach § 30d Abs. 1 Nr. 4. Darüber hinaus wird auch mit Zustimmung des Insolvenzverwalters die Aufhebung der Einstellung zulässig sein. 5. Freigabe des Grundstücks
9
Nicht selten wird eine Immobilie aus der Insolvenzmasse freigegeben,2 die Gründe können vielfältig sein.3 Die Freigabe aus der Insolvenzmasse stellt in Entsprechung zu § 30f Abs. 1 Satz 2 ebenfalls einen Grund für die Aufhebung der Einstellung dar.4 Bei einem bereits freigegebenen Grundstück kann § 30d im übrigen nicht mehr neu beantragt werden.5
10
Fraglich ist dann, ob die weitere Zwangsversteigerung nicht durch das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO untersagt ist, da dieses auch das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners schützt.6 Soweit ein Absonderungsberechtigter die Versteigerung bereits betreibt, kann er durch Aufhebung der Einstellung diese fortsetzen. Einer Rückumschreibung des zuvor nach § 727 ZPO gegen den Insolvenzverwalter erteilten Vollstreckungstitels gegen den Schuldner bedarf es nicht.7
11
Ein Insolvenzgläubiger kann mit seinem persönlichen Anspruch dem Verfahren aber nicht beitreten. War das Grundstück mit einer Sicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO belastet, die im Übrigen von der Rückschlagsperre des § 88 InsO betroffen war, soll der Gläubiger nach der Freigabe aus der nach Ansicht des Bundesgerichtshofs wieder aufgelebten Sicherungshypothek die Immobiliarvollstreckung betreiben können, von § 89 Abs. 1 InsO wäre er nicht
1 2 3 4 5 6 7
Im Ergebnis Böttcher, § 30f ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 30f ZVG Rz. 5. Peters in Münchener Kommentar, § 35 InsO Rz. 84 ff.; K. Schmidt/Büteröwe, § 35 InsO Rz. 37 ff. Dazu Keller, ZfIR 2002, 861. Stöber/Nicht, § 30f ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 30f ZVG Rz. 8. Stöber/Nicht, § 30d ZVG Rz. 2. K. Schmidt/Keller, § 89 InsO Rz. 16. BGH, Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 25/05, Rpfleger 2006, 423.
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Aufhebung der Einstellung infolge des Insolvenzverfahrens
Rz. 16 § 30f
betroffen. Dieses Verständnis von der Wirkung des § 88 InsO ist abzulehnen (dazu § 28 Rz. 72 ff.).8 6. Einstweilige Einstellung nach § 30d Abs. 4 Die einstweilige Einstellung während des Eröffnungsverfahrens ist auf Antrag des betreibenden Gläubigers aufzuheben, wenn das Eröffnungsverfahren ohne Insolvenzeröffnung beendet wird, insbesondere durch Antragsrücknahme, Erledigterklärung des Gläubigers,9 Antragzurückweisung oder Abweisung mangels Masse.10 Die Aufhebung der Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens erfolgt nach § 30f Abs. 2 Satz 1, der aber nur die Beendigung des Eröffnungsverfahrens durch Antragsrücknahme oder Abweisung regelt. Die Einstellung nach § 30d Abs. 4 bleibt aber auch nach Insolvenzeröffnung solange wirksam, bis der betreibende Gläubiger die Aufhebung beantragt (§ 30d Rz. 35).
12
C. Verfahren I. Antrag des betreibenden Gläubigers Der betreibende Gläubiger hat in jedem Fall die Aufhebung der einstweiligen Einstellung zu beantragen.11 Sie erfolgt nicht von Amts wegen, auch dann nicht, wenn das Vollstreckungsgericht Kenntnis vom Wegfall des Einstellungsgrundes erlangt, wenn es beispielsweise die Mitteilung des Grundbuchamtes über die Löschung des Insolvenzvermerks erhält (§ 19 Abs. 4).
13
II. Nachweis und Anhörung des Insolvenzverwalters Der Gläubiger hat den Aufhebungsgrund nachzuweisen.12 Unter Bezugnahme auf die Akten und Protokolle des Insolvenzgerichts sollte in den Fällen des § 30d Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 der Nachweis möglich sein.13
14
Das Vollstreckungsgericht hat den Insolvenzverwalter – bei Eigenverwaltung und bei § 30d Abs. 2 den Schuldner – anzuhören. Der Insolvenzverwalter kann den Aufhebungsgrund zugestehen.14 Ob auch § 138 Abs. 3 ZPO gilt, ist zu bezweifeln.15
15
Beantragt der Gläubiger die Aufhebung wegen Nichtleistung der Auflagen nach § 30e, trifft ihn keine Nachweispflicht. Hier hat allgemeinem Schuldrecht folgend der Insolvenzverwalter nachzuweisen, dass er seinen Zahlungspflichten nachgekommen ist.
16
8 BGH, Urt. v. 19.1.2006 – IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74 = NJW 2006, 1286 = Rpfleger 2006, 253 = ZIP 2006, 479, eingehend dazu K. Schmidt/Keller, § 88 InsO Rz. 39 ff.; Keller, ZIP 2000, 1324; ders., ZIP 2006, 1174; ders., ZIP 2018, 2156. 9 Uhlenbruck/Wegener, § 14 InsO Rz. 187 ff.; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rz. 414c, 479 ff.; Keller, Insolvenzrecht, Rz. 535. 10 Dazu K. Schmidt/Keller, § 26 InsO Rz. 9 ff. 11 Stöber/Nicht, § 30f ZVG Rz. 3; Böttcher, § 30f ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 30f ZVG Rz. 2. 12 Stöber/Nicht, § 30f ZVG Rz. 9; nur Glaubhaftmachung Dassler u.a./Hintzen, § 30f ZVG Rz. 3; allgemein zur Nachweispflicht LG Göttingen, Beschl. v. 30.11.2000 – 10 T 138/00, Rpfleger 2001, 193. 13 Die Frage, ob Glaubhaftmachung genügt, oder der volle Beweis zu fordern ist, ist weniger relevant; dazu Depré/Popp, § 30f ZVG Rz. 2. 14 Stöber/Nicht, § 30f ZVG Rz. 9; Böttcher, § 30f ZVG Rz. 7. 15 So Stöber/Nicht, § 30f ZVG Rz. 9; Böttcher, § 30f ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 30f ZVG Rz. 2.
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§ 30f Rz. 17 Aufhebung der Einstellung infolge des Insolvenzverfahrens
III. Antragsfrist nach § 31 Abs. 2 lit. c) ZVG 17
Der Antrag ist innerhalb der Frist des § 31 Abs. 1 zu stellen, andernfalls ist das Verfahren von Amts wegen aufzuheben (allgemein § 31 Rz. 1). Diese Verknüpfung von § 30f und § 31 ist unglücklich und für das Vollstreckungsgericht praktisch kaum umsetzbar.
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Die Sechs-Monatsfrist beginnt nach § 31 Abs. 2 lit. c) mit § 30f Abs. 1 in folgenden Fallgestaltungen (§ 31 Rz. 18 ff.):
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– Bei Einstellung während des Eröffnungsverfahrens nach § 30d Abs. 4 mit Beendigung des Eröffnungsverfahrens durch Antragsrücknahme, Erledigterklärung, Antragszurückweisung, Abweisung mangels Masse oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dies ergibt sich aus § 30f Abs. 2 Satz 1 mit § 31 Abs. 2 lit. c), wobei die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht genannt ist. Wegen der unterschiedlichen Einstellungsvoraussetzungen von § 30d Abs. 4 und Abs. 1 muss die Insolvenzeröffnung aber auch Tatbestand der Aufhebung der Einstellung während des Eröffnungsverfahrens sein; der Insolvenzverwalter hat einen neuen Antrag nach § 30d Abs. 1 zu stellen, um die weitere Einstellung zu bewirken.
20
– Bei Einstellung nach § 30d Abs. 1 beginnt die Frist mit Beendigung des Insolvenzverfahrens (§ 31 Abs. 2 lit. c) und § 30f Abs. 1).
21
Für das Vollstreckungsgericht kaum umsetzbar ist die Fristenregelung, weil es nicht prüfen kann, zu welchem Zeitpunkt das Insolvenzeröffnungsverfahren oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Es könnte zwar auf die öffentliche Bekanntmachung der Aufhebung oder Einstellung nach § 200 Abs. 2, § 215 Abs. 1 Satz 1, § 26 Abs. 1 Satz 3 InsO abstellen, müsste dann aber gleichsam von Amts wegen in jedem Verfahren prüfen, ob und wann die Verfahrensbeendigung erfolgt und öffentlich bekanntgemacht ist. Mithin ist der Fristbeginn des § 31 für das Vollstreckungsgericht nicht ermittelbar, so dass eine Aufhebung des Verfahrens nach Ablauf der sechs Monate von Amts wegen nicht erfolgen kann.
IV. Beschluss und Rechtsmittel 22
Das Gericht entscheidet durch Beschluss über die Aufhebung der einstweiligen Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens. Der Beschluss ist den Beteiligten zuzustellen. Er ist mit sofortiger Beschwerde nach § 793 ZPO anfechtbar.
§ 31 [Fortsetzung des Verfahrens auf Antrag des Gläubigers] (1) 1Im Falle einer einstweiligen Einstellung darf das Verfahren, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt, nur auf Antrag des Gläubigers fortgesetzt werden. 2Wird der Antrag nicht binnen sechs Monaten gestellt, so ist das Verfahren aufzuheben. (2) Die Frist nach Absatz 1 Satz 2 beginnt a) im Falle des § 30 mit der Einstellung des Verfahrens, b) im Falle des § 30a mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Einstellung angeordnet war, c) im Falle des § 30f Abs. 1 mit dem Ende des Insolvenzverfahrens, im Falle des § 30f Abs. 2 mit der Rücknahme oder der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens,
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Fortsetzung des Verfahrens auf Antrag des Gläubigers
Rz. 1 § 31
d) wenn die Einstellung vom Prozeßgericht angeordnet war, mit der Wiederaufhebung der Anordnung oder mit einer sonstigen Erledigung der Einstellung. (3) Das Vollstreckungsgericht soll den Gläubiger auf den Fristbeginn unter Bekanntgabe der Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs hinweisen; die Frist beginnt erst zu laufen, nachdem der Hinweis auf die Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs dem Gläubiger zugestellt worden ist.
A. Allgemeiner Regelungsgehalt . . . . . . . I. Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . B. Fortsetzungsantrag . . . . . . . . . . . . . I. Betreibender Gläubiger . . . . . . . . . . . II. Form des Antrags . . . . . . . . . . . . . . . III. Bedingungsfeindlichkeit . . . . . . . . . . . IV. Begründung des Fortsetzungsantrags . . . V. Gegenständlicher Umfang der Fortsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Antragstellung und Rücknahme . . . . . . C. Fristen zur Antragstellung . . . . . . . . . I. Allgemeines zur Fortsetzungsfrist . . . . . II. Fristen und Fortsetzungsvoraussetzungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 1 2 5 5 6 7 8 10 12 15 15
1. Einstellung nach § 30 . . . . . . . . . . . . 2. Einstellung nach §§ 30a, 30c und 180 Abs. 2 und 3 und korrespondierend § 765a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einstellung nach § 30d und Aufhebung der Einstellung nach § 30f . . . . . . . . . 4. Einstellung nach § 76 . . . . . . . . . . . . 5. Einstellung nach 75 und korrespondierend § 775 Nrn. 4 oder 5 ZPO . . . . 6. Einstellung durch das Prozessgericht . . D. Belehrung durch das Vollstreckungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Fortsetzungsbeschluss . . . . . . . . . . I. Notwendigkeit und Inhalt . . . . . . . . . II. Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . 18
. 19 . 20 . 21 . 22 . 23 . . . .
25 29 29 32
18
Literatur: Hintzen, Insolvenz und Immobiliarzwangsvollstreckung – Vollstreckungshindernisse und neues Einstellungsrecht des Insolvenzverwalters, Rpfleger 1999, 256; Stöber, Insolvenzverfahren und Vollstreckungs-Zwangsversteigerung, NZI 1998, 110.
A. Allgemeiner Regelungsgehalt I. Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens Allgemeiner Konzeption des Zwangsvollstreckungsrechts entsprechend wird der betreibende Gläubiger als „Herr des Zwangsversteigerungsverfahrens“ angesehen. Er bestimmt über Beginn, Umfang und Ende des Verfahrens. Eine einstweilige Einstellung kann er nach § 30 ohne Begründung bewilligen. Diesem Grundgedanken der Gläubigerherrschaft entspricht es, dass § 31 jede Fortsetzung des einstweilen eingestellten Verfahrens nicht von Amts wegen vorsieht sondern einen Fortsetzungsantrag des Gläubigers voraussetzt.1 Dies gilt auch in den Fällen der §§ 30a oder § 30d, bei welchen die einstweilige Einstellung nicht durch den Gläubiger veranlasst ist.2 Der Gläubigerherrschaft werden insoweit Grenzen gesetzt, als die Fortsetzung nur innerhalb von sechs Monaten beantragt werden kann, andernfalls das Verfahren von Amts wegen aufgehoben wird (§ 31 Abs. 1 Satz 2). Mit der Aufhebung erlischt die Beschlagnahme zu Gunsten des betreibenden Gläubigers (§§ 20 ff.). Daher ist er regelmäßig bestrebt, eine einstweilige Einstellung durch Fortsetzungsantrag zu beenden und sei es auch nur, um sogleich wieder eine Einstellung nach § 30 zu bewilligen.3 Ob in diesem Zusammenhang die in der 1 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 3. 2 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 3, 4. 3 Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 39; Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 27.
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§ 31 Rz. 1 Fortsetzung des Verfahrens auf Antrag des Gläubigers Vollstreckungspraxis anzutreffende Variante, jeweils nur aus Teilbeträgen eines Rechts die Versteigerung zu betreiben, um sich dadurch mehrmalig die Einstellungsmöglichkeiten des § 30 zu sichern, zulässig ist und nicht etwa als missbräuchliches Gläubigerverhalten abzulehnen ist, sei dahingestellt (dazu § 30 Rz. 14 ff.).
II. Anwendungsbereich der Norm 2
§ 31 gilt für alle Versteigerungsverfahren des Zwangsversteigerungsgesetzes. Im Verfahren der Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. tritt der betreibende Antragsteller/Miteigentümer an die Stelle des Gläubigers. Für die Zwangsverwaltung gilt er nicht, da hier eine einstweilige Einstellung des Verfahrens wegen der Natur der Zwangsverwaltung allgemein abgelehnt wird.4
3
§ 31 gilt für alle Fälle der einstweiligen Einstellung mit Ausnahme derjenigen, bei welchen aus von Amts wegen zu beachtenden Hindernissen der Fortgang des Verfahrens gehindert ist (§ 28) oder die Einstellung selbst befristet wird (§ 769 Abs. 2 ZPO). In diesen Fällen wird das Verfahren von Amts wegen nach Wegfall des Hindernisses oder der Frist fortgeführt.
4
Mithin gilt § 31 für die Einstellungen nach §§ 30, 30a, 30c, 30d, 75, 76, 77 Abs. 1, §§ 86 mit 33 und § 180 Abs. 2, §§ 765a und 775 ZPO, insbesondere dessen Nrn. 2, 4 und 5.
B. Fortsetzungsantrag I. Betreibender Gläubiger 5
Fortsetzungsantrag hat jeder Gläubiger zu stellen, für welchen das Verfahren betrieben wird. Bei Anordnungs- und Beitrittsgläubigern gilt eine Einstellung des Verfahrens und damit auch eine Fortsetzung für jeden Gläubiger gesondert. Dies gilt auch dann, wenn die Einstellung für alle Gläubiger erfolgte, etwa im Falle des § 77.5 Der Rechtsnachfolger eines betreibenden Gläubigers etwa nach Abtretung der Forderung oder Ablösung eines vorrangigen Rechts muss seine Berechtigung durch Rechtsnachfolgeklausel und Zustellung an den Schuldner nach §§ 727, 750 Abs. 2 ZPO nachweisen.6
II. Form des Antrags 6
Der Fortsetzungsantrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden.
III. Bedingungsfeindlichkeit 7
Der Fortsetzungsantrag ist als Prozesshandlung bedingungsfeindlich.7 Der Gläubiger kann seine Fortsetzung insbesondere nicht von der Bedingung abhängig machen, dass auch andere betreibende Gläubiger die Fortsetzung beantragen.8 Er kann mit dem Fortsetzungsantrag eine Einstellungsbewilligung nach § 30 verbinden, um sich bei weiterem Ruhen des Verfahrens 4 Zu § 30 Stöber/Drasdo, § 146 ZVG Rz. 56 ff.; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung, Rz. 180 ff.; Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, § 6 VIII. 5 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 5. 6 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 15; Böttcher, § 31 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 31 ZVG Rz. 3. 7 Löhnig/Heiß, § 31 ZVG Rz. 8, 9. 8 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 17; Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 28; Böttcher, § 31 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./ Hintzen, § 31 ZVG Rz. 6.
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Fortsetzung des Verfahrens auf Antrag des Gläubigers
Rz. 10 § 31
die Beschlagnahmewirkung zu erhalten.9 Ob er umgekehrt mit der Einstellung nach § 30 einen befristeten Fortsetzungsantrag stellen kann („bewillige ich die Einstellung und beantrage, das Verfahren, nach vier Monaten fortzusetzen …“), ist sehr fraglich.10 Schon aus Gründen der Rechtsklarheit auch für das Gericht sollte man in jedem Fall vom Gläubiger verlangen, zu gegebener Zeit wieder einen Fortsetzungsantrag zu stellen. Stellt der Gläubiger mit der Einstellungsbewilligung einen befristeten Fortsetzungsantrag, überträgt er damit auch die ihm zukommende Aufgabe der Fristenkontrolle an das Gericht, was keinesfalls Sinn der Verfahrensordnung ist.
IV. Begründung des Fortsetzungsantrags Der Fortsetzungsantrag bedarf grundsätzlich keiner Begründung, gerade wenn die Einstellung auf ebenfalls begründungsunabhängige Bewilligung des Gläubigers erfolgte (§ 30).
8
Soll das Verfahren fortgesetzt werden, weil die besonderen Gründe der Einstellung weggefallen sind, hat der Gläubiger den Wegfall zunächst substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.11 Beweislast trifft den Gläubiger dann, wenn der Schuldner nach Anhörung durch das Gericht die substantiiert dargelegten Tatsachen nicht zugesteht und bestreitet (§§ 288, 138 Abs. 2 ZPO). In Betracht kommt wesentlich die Nichterfüllung von Zahlungsauflagen nach § 30a Abs. 3 oder § 30e. Die Beendigung des Insolvenzverfahrens im Falle des § 30f Abs. 112 ist offenkundig durch die öffentliche Bekanntmachung der Verfahrensaufhebung oder der Einstellung (§ 200 Abs. 2, § § 215 Abs. 1 Satz 1 InsO; dazu § 30f Rz. 7, 19).13 Gleiches gilt für die Abweisung mangels Masse nach § 26 Abs. 1 Satz 3 InsO im Falle des § 30f Abs. 2. Der Wegfall der Gründe des § 30d Abs. 1 bis 3 und auch 414 ist durch den Gläubiger darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (wenn der Insolvenzverwalter an Stelle des Schuldners bestreitet).15 Die Rücknahme des Insolvenzantrags bei der Einstellung nach § 30d Abs. 4 ist durch den Gläubiger darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, hier kann ein Verweis auf die Insolvenzakten desselben Amtsgerichts genügen.
9
V. Gegenständlicher Umfang der Fortsetzung Der Gläubiger kann die Fortsetzung auf einzelne Gegenstände der Zwangsversteigerung beschränken, er kann bei Versteigerung mehrerer Grundstücke nur bezüglich einzelner Grundstücke eine Fortsetzung beantragen, bezüglich der sonstigen Grundstücke das Verfahren einstweilen eingestellt lassen. Das Gericht hat gegebenenfalls eine Verfahrensverbindung nach § 18 9 Steiner/Storz, § 30 ZVG Rz. 30, 39 und § 31 Rz. 21; Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 27; Dassler u.a./Hintzen, § 31 ZVG Rz. 6. 10 Zutreffend ablehnend LG Traunstein, Beschl. v. 24.6.1988 – 4 T 2069/88, Rpfleger 1989, 35; Steiner/ Storz, § 31 ZVG Rz. 11; Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 27; Böttcher, § 31 ZVG Rz. 3; befürwortend LG Frankfurt/M., Beschl. v. 27.1.1986 – 2/9 T 1294/84, Rpfleger 1986, 231; Dassler u.a./Hintzen, § 30 ZVG Rz. 30 und § 31 Rz. 6. 11 Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 35; allein Glaubhaftmachung Dassler u.a./Hintzen, § 31 ZVG Rz. 5. 12 Die Vorschrift des § 30f spricht misslich von Aufhebung der Einstellung und meint innerhalb der Systematik des Zwangsversteigerungsgesetzes Fortsetzung des Verfahrens; dazu Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 14; die §§ 30d bis 30f sollten ursprünglich als §§ 187 bis 189 in die Insolvenzordnung eingefügt werden, Gesetzesbegründung BT-Drucks. 12/2443, S. 176; Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks 12/7302, S. 176. 13 Eingehend Uhlenbruck/Wegener, InsO, § 200 Rz. 4; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rz. 1721 ff. 14 Stöber/Nicht, § 30f ZVG Rz. 6; Hintzen, Rpfleger 1999, 256. 15 Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 30f ZVGRz. 4; Stöber, NZI 1998, 110; Hintzen, Rpfleger 1999, 256.
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§ 31 Rz. 10 Fortsetzung des Verfahrens auf Antrag des Gläubigers aufzuheben und für jedes Grundstück die Versteigerung in einem eigenen Verfahren fortzusetzen.16 11
Hinsichtlich mithaftender Gegenstände (§ 20 Abs. 2 mit § 1120 BGB) kann die Fortsetzung nicht gesondert bewilligt werden, da diese Gegenstände nicht gesondert, sondern nur als Erzeugnisse oder Zubehör des Grundstücks zusammen mit diesem versteigert werden können.
VI. Antragstellung und Rücknahme 12
Sachliche Voraussetzung der Fortsetzung ist, dass das Verfahren tatsächlich einstweilen eingestellt ist, für den betreffenden Gläubiger aber nicht aufgehoben ist. Hat das Gericht bereits die Aufhebung des Verfahrens beschlossen, beispielsweise weil die Frist des § 31 Abs. 1 Satz 2 abgelaufen ist, kommt ein Fortsetzungsantrag zu spät. Er kann auch nicht in einen neuen Versteigerungsantrag nach § 15 umgedeutet werden.
13
Wird der Fortsetzungsantrag gestellt, bevor das Gericht die einstweilige Einstellung beschlossen hat, ist dieser als Rücknahme einer Einstellungsbewilligung nach § 30 zu sehen; das Verfahren wird ohne weiteres fortgeführt.
14
Der Gläubiger kann seinen Fortsetzungsantrag solange zurücknehmen, als das Gericht noch nicht entschieden hat. Nimmt der Gläubiger den Fortsetzungsantrag zurück, nachdem das Gericht die Fortsetzung bereits beschlossen hat, ist dies als neue Einstellungsbewilligung zu sehen.17
C. Fristen zur Antragstellung I. Allgemeines zur Fortsetzungsfrist 15
Der Fortsetzungsantrag ist innerhalb von sechs Monaten zu stellen, andernfalls wird das Verfahren für den betreibenden Gläubiger aufgehoben (§ 31 Abs. 1 Satz 2). Im Falle des § 76 Abs. 2 Satz 2 beträgt die Frist drei Monate. Der Antrag muss rechtzeitig beim Vollstreckungsgericht eingehen.18 Für die Fristberechnung gelten über § 222 ZPO die §§ 186 bis 193 BGB.
16
Die Frist kann weder durch die Beteiligten noch durch das Gericht verlängert werden.19 Eine Verkürzung durch Gläubiger und Schuldner in Anwendung des § 224 Abs. 1 Satz 1 ZPO wird für zulässig erachtet.20 Da es sich bei § 31 Abs. 1 Satz 2 ZPO um eine gesetzliche Frist handelt, steht dem aber § 224 Abs. 2 ZPO entgegen, da insbesondere die Formstrenge des Zwangsversteigerungsgesetzes gegen die Veränderung der gesetzlichen Frist spricht.21 Die Frist ist keine Notfrist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO ist nicht möglich.22
17
Die Frist des § 31 Abs. 1 Satz 2 beginnt erst mit Zustellung der entsprechenden Belehrung nach Absatz 3 der Vorschrift an den Gläubiger.
16 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 8; Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 47. 17 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 35; Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 30; Böttcher, § 31 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./ Hintzen, § 31 ZVG Rz. 10. 18 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 20; Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 25. 19 LG Frankenthal, Beschl. v. 17.12.1982 – 1 T 370/82, Rpfleger 1983, 120. 20 Böttcher, § 31 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 31 ZVG Rz. 8. 21 Überzeugend Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 21. 22 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 18 (kleiner Schreibfehler bei „eine Notfrist“); Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 22; Böttcher, § 31 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 31 ZVG Rz. 9.
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Fortsetzung des Verfahrens auf Antrag des Gläubigers
Rz. 22 § 31
II. Fristen und Fortsetzungsvoraussetzungen im Einzelnen 1. Einstellung nach § 30 Bei Einstellung auf Bewilligung des Gläubigers beginnt die Frist mit Zustellung des Einstellungsbeschlusses (§ 31 Abs. 2 lit. a)), der zweckmäßig die Belehrung des Absatzes 3 enthält. Bewilligt der Gläubiger die Einstellung nach dem Schluss der Versteigerung und erfolgt deshalb Zuschlagsversagung nach § 33, beginnt die Frist mit Rechtskraft des Zuschlagsversagungsbeschlusses (§ 86).
18
2. Einstellung nach §§ 30a, 30c und 180 Abs. 2 und 3 und korrespondierend § 765a ZPO Bei Einstellung nach § 30a, wiederholter Einstellung nach § 30c und auch den vergleichbaren 19 Fällen der § 180 Abs. 2 und 3 und § 765a beginnt die Frist mit dem Ende des Zeitpunkts, bis zu welchem die Einstellung angeordnet war (§ 31 Abs. 2 lit. b)).23 Hat das Gericht nach § 30a Abs. 3 dem Schuldner Zahlungsauflagen erteilt, kann bei Nichteinhaltung freilich schon vor Ablauf der Einstellungsfrist die Fortsetzung beantragt werden.24 Hat das Gericht keinen Endzeitpunkt der einstweiligen Einstellung bestimmt, beginnt die Frist nach Zustellung des Einstellungsbeschlusses nebst Belehrung nach § 31 Abs. 3. 3. Einstellung nach § 30d und Aufhebung der Einstellung nach § 30f Bei Einstellung nach § 30d beginnt die Frist mit Beendigung des Insolvenzverfahrens (§ 31 Abs. 2 lit. c) und § 30f Abs. 1) oder mit Beendigung des Eröffnungsverfahrens durch Antragsrücknahme, wozu auch die Erledigung des Insolvenzantrags in der Hauptsache zählt,25 oder Abweisung der Insolvenzeröffnung mangels Masse. Bei öffentlicher Bekanntmachung der Verfahrensbeendigung oder der Abweisung mangels Masse (§ 200 Abs. 2, § 215 Abs. 1 Satz 1, § 26 Abs. 1 Satz 3 InsO) ist § 9 Abs. 1 Satz 3 InsO zu beachten, wonach die Bekanntmachung mit Ablauf des zweiten auf die Veröffentlichung folgenden Tages wirksam wird.26 Beantragt der Gläubiger vor Beendigung des Insolvenzverfahrens die Fortsetzung, hat er den Wegfall der Gründe des § 30d Abs. 1 oder die Nichteinhaltung der Zahlungspflichten des § 30e darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
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4. Einstellung nach § 76 Bei Einstellung nach § 76 beginnt die Drei-Monats-Frist am Tag nach dem Verteilungstermin. Eine Belehrung nach § 31 Abs. 3 erfolgt hier nicht, dies wird durch die eigenständige DreiMonats-Frist und die fehlende Verweisung auf § 31 deutlich.27
21
5. Einstellung nach 75 und korrespondierend § 775 Nrn. 4 oder 5 ZPO Bei Einstellung nach § 75 mit Zahlungsnachweis des Schuldners zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers beginnt die Frist mit Zustellung der Belehrung nach § 31 Abs. 3. § 75 er-
23 Löhning/Heiß, § 31 ZVG Rz. 14. 24 Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 13. 25 Eingehend Uhlenbruck/Wegener, InsO, § 14 Rz. 188 ff.; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rz. 414c, 479 ff.; Keller, Insolvenzrecht, Rz. 535. 26 Eingehend Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rz. 68 ff. 27 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 27; Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 7; Böttcher, § 31 ZVG Rz. 15; anders Dassler u.a./Hintzen, § 31 ZVG Rz. 24.
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§ 31 Rz. 22 Fortsetzung des Verfahrens auf Antrag des Gläubigers gänzt die Vollstreckungshindernisse der Nrn. 4 und 5 des § 775 ZPO.28 Der Gläubiger kann den Fortsetzungsantrag sofort nach der einstweiligen Einstellung stellen, er muss nicht darlegen, dass tatsächlich vielleicht keine Zahlung nach § 75 oder § 775 Nr. 5 ZPO erfolgt ist; das Gericht hat dies nicht zu prüfen.29 Gegebenenfalls hat der Schuldner Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO zu erheben, einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung durch das Vollstreckungsgericht kann er dann über § 769 Abs. 2 ZPO erhalten. 6. Einstellung durch das Prozessgericht 23
Bei Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Prozessgericht beispielsweise nach §§ 719, 707 ZPO oder auch nach § 769 Abs. 1 ZPO (auch bei § 771 Abs. 3 ZPO)30 beginnt die Frist zur Fortsetzung mit der Aufhebung der prozessgerichtlichen Anordnung oder sonstiger Erledigung (§ 31 Abs. 2 lit. d)). In Betracht kommt bei Einstellung nach §§ 719, 707 ZPO etwa die Zurückweisung der Berufung durch das Berufungsgericht oder bei § 769 Abs. 1 ZPO die Zurückweisung der Vollstreckungsgegenklage oder der Drittwiderspruchsklage. Denkbar ist auch, dass das Prozessgericht lediglich seinen Beschluss zur einstweiligen Einstellung wieder aufhebt. Der Gläubiger hat im Fortsetzungsantrag die Aufhebung oder Erledigung nachzuweisen.
24
Bei einstweiliger Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsgericht beispielsweise nach § 766 Abs. 1 Satz 2 mit § 732 Abs. 2 ZPO oder nach § 769 Abs. 2 ZPO gilt dies entsprechend.
D. Belehrung durch das Vollstreckungsgericht 25
Wesentlicher Bestandteil der einstweiligen Einstellung und der rechtzeitigen Fortsetzung oder der Aufhebung des Verfahrens ist die Belehrung des Gläubigers über die Sechs-Monats-Frist nach § 31 Abs. 3. Sie hat durch das Vollstreckungsgericht zu erfolgen, zweckmäßig zusammen mit dem Einstellungsbeschluss. Sie kann auch gesondert ergehen. Die Belehrung ist schon wegen der die Frist auslösenden Wirkung dem Gläubiger zuzustellen.
26
Betreiben mehrere Gläubiger die Zwangsversteigerung, erfolgt die Belehrung an jeden Gläubiger gesondert, da ja auch die einstweilige Einstellung für jeden gesondert erfolgt.31
27
Erfolgt die einstweilige Einstellung durch das Beschwerdegericht, obliegt ihm die Belehrung des Gläubigers.32
28
Eine Belehrung des Gläubigers ist dann entbehrlich und würde diesem sogar falsche Voraussetzungen suggerieren, wenn die Fortsetzung des Verfahrens von Amts wegen erfolgt, etwa in den Fällen des § 28 nach Beseitigung von Verfahrenshindernissen oder des § 769 Abs. 2 ZPO nach fruchtlosem Fristablauf (Rz. 22).
E. Fortsetzungsbeschluss I. Notwendigkeit und Inhalt 29
Auch wenn das Gesetz dies nicht ausdrücklich regelt, hat das Vollstreckungsgericht die Fortsetzung des Verfahrens zu beschließen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Frist des 28 29 30 31 32
Dazu Steiner/Storz, § 75 ZVG Rz. 75, 5 ff.; Stöber/Keller, Einl Rz. 99 ff. Stöber/Becker, § 75 ZVG Rz. 18. Umfassend Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.661 ff. Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 7. Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 4; Böttcher, § 31 ZVG Rz. 18; Dassler u.a./Hintzen, § 31 ZVG Rz. 25.
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Zustellung des Aufhebungs- oder Einstellungsbeschlusses
Rz. 1 § 32
§ 43 Abs. 2 sinnvoll und notwendig.33 Der Fortsetzungsbeschluss ist dem Schuldner zuzustellen, an den Gläubiger genügt Mitteilung des Beschlusses. Der Fortsetzungsbeschluss sollte kurz begründet werden.34 Gegenüber dem Schuldner ist der Fortsetzungsbeschluss mit der Belehrung über die Möglichkeit einer erneuten Verfahrenseinstellung nach § 30c Abs. 1 Satz 1 mit § 30b Abs. 1 Satz 2 und § 30a zu verbinden und zuzustellen.35 Gleiches gilt für den Antragsgegner bei der Teilungsversteigerung nach § 180 Abs. 2.
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Zurückweisung des Fortsetzungsantrags des Gläubigers hat durch begründeten Beschluss zu erfolgen.
31
II. Rechtsbehelf Wurde der Schuldner vor Erlass des Fortsetzungsbeschlusses gehört, etwa zu den Voraussetzungen der Fortsetzung und den Nachweisen des Gläubigers hierzu, steht ihm gegen den Fortsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde zu (§ 793 ZPO). Wurde er nicht gehört, etwa bei Fortsetzung einer Einstellung nach § 30, ist Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO statthaft. Allein Klage nach § 767 ZPO ist statthaft, wenn der Schuldner die Fortsetzung aus materiellrechtlichen Gründen für unzulässig hält.
32
Dem Gläubiger steht gegen die Ablehnung seines Fortsetzungsantrags sofortige Beschwerde 33 nach § 793 ZPO zu.
§ 32 [Zustellung des Aufhebungs- oder Einstellungsbeschlusses] Der Beschluß, durch welchen das Verfahren aufgehoben oder einstweilen eingestellt wird, ist dem Schuldner, dem Gläubiger und, wenn die Anordnung von einem Dritten beantragt war, auch diesem zuzustellen. Rz. A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich der Norm . . . . . . B. Aufhebungsbeschluss und Einstellungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
C. Ausführung der Zustellung . . . . . . . . I. Gläubiger und Schuldner . . . . . . . . . . II. Sonstige Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 6 6 9
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A. Allgemeiner Regelungsgehalt und Anwendungsbereich der Norm Die Vorschrift ergänzt die §§ 29, 30 ff. hinsichtlich der Ausführung der Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens. Sie ist lex specialis zu § 329 ZPO. 33 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 42; Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 36, 37; Böttcher, § 31 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 31 ZVG Rz. 11; Stöber, ZVG-Handbuch, Rz. 200a; anders nur Jaeckel/Güthe, § 31 ZVG Rz. 7. 34 Steiner/Storz, § 31 ZVG Rz. 44; Muster bei Stöber/Nicht, § 31 ZVG Rz. 48; Stöber, ZVG-Handbuch, Rz. 196; Mohrbutter, Zwangsversteigerungspraxis, Muster 55. 35 Zur neuerlichen Einstellung Dassler u.a./Hintzen, § 30c ZVG Rz. 3.
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§ 32 Rz. 2 Zustellung des Aufhebungs- oder Einstellungsbeschlusses 2
Die Vorschrift gilt für alle Verfahren des Zwangsversteigerungsgesetzes, auch für das Zwangsverwaltungsverfahren hinsichtlich dessen Aufhebung.
B. Aufhebungsbeschluss und Einstellungsbeschluss 3
Aufhebung und Einstellung eines Verfahrens bezieht sich auf jedes von einem Gläubiger betriebene Verfahren, auch wenn er nur Beitrittsgläubiger ist. § 32 ist deshalb für jeden Gläubiger gesondert zu beachten.
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Das Gericht muss die Versteigerung nicht insgesamt aufheben oder einstellen. Auch die Aufhebung beispielsweise hinsichtlich eines schuldnerfremden Gegenstandes nach Intervention des Berechtigten und Freigabe des Gläubigers (§ 37 Nr. 4) erfordert einen Beschluss, der nach § 32 auszuführen ist.1
5
Hat das Prozessgericht nach §§ 719, 707 oder 769 Abs. 1 ZPO allgemein die Zwangsvollstreckung eingestellt, stellt diese Entscheidung ein Vollstreckungshindernis im Sinne des § 775 Nr. 2 ZPO dar. Das Vollstreckungsgericht hat daraufhin durch entsprechenden Beschluss die konkrete Maßnahme der Zwangsversteigerung einzustellen.2 Auch hierfür gilt § 32.
C. Ausführung der Zustellung I. Gläubiger und Schuldner 6
Zustellung der von § 32 genannten Beschlüsse erfolgt von Amts wegen (§ 3). Zustellung kann durch Einschreiben mit Rückschein oder unter den Voraussetzungen des § 4 auch durch Aufgabe zur Post (§ 184 ZPO) erfolgen.
7
Die Zustellung hat abweichend von § 329 ZPO auch dann zu erfolgen, wenn der Beschluss bereits in einem Termin verkündet wurde.3 Dies gilt einzig nicht für die Aufhebung oder Einstellung mit Zuschlagsversagung nach §§ 86 mit 33. Hier besteht kein Bedürfnis für eine Zustellung des Zuschlagsversagungsbeschlusses, der nach § 86 als Einstellung oder Aufhebung gilt, da nach § 98 Satz 1 die Beschwerdefrist mit Verkündung der Entscheidung zu laufen beginnt.
8
Mit der Zustellung nach § 32 wird gegenüber Gläubiger und Schuldner die Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt.4
II. Sonstige Beteiligte 9
An die sonstigen Beteiligten nach § 9, auch an betreibende Gläubiger, die von einer Aufhebung oder Einstellung nicht betroffen sind, wird die Entscheidung nicht zugestellt sondern nur mitgeteilt.5 Das gilt auch dann, wenn mit der Einstellung des Verfahrens des bestbetreibenden Gläubigers der Versteigerungstermin aufgehoben werden muss; auch hier ist Zustellung an die übrigen Beteiligten nicht erforderlich.6 1 2 3 4
Steiner/Storz, § 32 ZVG Rz. 2; Stöber/Nicht, § 32 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 32 ZVG Rz. 2. Steiner/Storz, § 32 ZVG Rz. 3 („Vollzugsbeschluss“). Dassler u.a./Hintzen, § 32 ZVG Rz. 2. Steiner/Storz, § 32 ZVG Rz. 4; Stöber/Nicht, § 32 ZVG Rz. 3; Böttcher, § 32 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./ Hintzen, § 32 ZVG Rz. 4. 5 Steiner/Storz, § 32 ZVG Rz. 5. 6 Steiner/Storz, § 32 ZVG Rz. 8; Stöber/Nicht, § 32 ZVG Rz. 3; Böttcher, § 32 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./ Hintzen, § 32 ZVG Rz. 5 (mit vermeintlicher Gegenmeinung Steiner/Storz, § 32 ZVG Rz. 12, vgl. dort aber Rz. 8).
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Entscheidung durch Versagung des Zuschlags
Rz. 3 § 33
§ 33 [Entscheidung durch Versagung des Zuschlags] Nach dem Schluß der Versteigerung darf, wenn ein Grund zur Aufhebung oder zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens oder zur Aufhebung des Termins vorliegt, die Entscheidung nur durch Versagung des Zuschlags gegeben werden.
A. B. I. II. C. I. II. III. IV. D.
Allgemeiner Regelungsgehalt . . . . . Voraussetzungen der Norm . . . . . . Zeitpunkt der Entscheidung . . . . . . Einstellungs- oder Aufhebungsgrund für das Verfahren . . . . . . . . . . . . . Einheitlichkeit der Entscheidung . . Zuschlagsversagung im Ganzen . . . . Freigabe mitversteigerter Gegenstände Versteigerung mehrerer Grundstücke . Abweichung von Versteigerungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . Fallgestaltungen bei mehreren betreibenden Gläubigern . . . . . . . .
.. .. .. . . . . .
. . . . .
Rz. 1 3 3 7 10 10 11 13
. . 14
Rz. I. Verfahrenshindernisse vor dem Schluss der Versteigerung . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrenshindernisse nach dem Schluss der Versteigerung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einstellungs- oder Aufhebungsgrund bei nachrangig betreibendem Gläubiger . . . 2. Einstellungs- oder Aufhebungsgrund bei bestrangig betreibendem Gläubiger . . . . E. Verfahren der Zuschlagsversagung . . . . I. Beschluss des Gerichts . . . . . . . . . . . . II. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 19 19 20 28 28 30
. . 15
Literatur: Hagemann, Einstellung bzw. Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens oder Zuschlagsversagung?, RpflStud 1983, 25; Keller, Probleme im Umgang mit dem Schuldner aus Sicht des Vollstreckungsgerichts und des Zwangsverwalters, DZWIR 2006, 315.
A. Allgemeiner Regelungsgehalt Die Vorschrift vervollständigt den Regelungsgehalt der §§ 30 ff. für den Fall, dass der Einstellungsgrund der Zwangsversteigerung nach dem Schluss der Versteigerung nach § 73 Abs. 2 eintritt. Um Rechtsklarheit auch für den Meistbietenden zu schaffen, ordnet § 33 an, dass die Einstellung des Verfahrens durch Zuschlagsversagung zu erfolgen hat. Bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses (§ 86) bleibt das Meistgebot wirksam und erlischt nicht nach § 72 Abs. 3.
1
Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren des Zwangsversteigerungsgesetzes.
2
B. Voraussetzungen der Norm I. Zeitpunkt der Entscheidung Die Vorschrift setzt zeitlich nach dem Schluss der Versteigerung nach § 73 Abs. 2 an.1 Tritt noch während der Bietzeit ein Einstellungs- oder Aufhebungsgrund ein, ist das Verfahren durch Beschluss einzustellen, abgegebene Gebote erlöschen dann nach § 72 Abs. 3. Bei Einstellung oder Aufhebung nach dem Schluss der Versteigerung würde die Anwendung des § 72 Abs. 3 dazu führen, dass das bereits feststehende Meistgebot unwiederbringlich verloren geht. Bei der Zuschlagsversagung hingegen tritt diese Rechtsfolge wegen § 86 erst mit Rechtskraft 1 Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 18 ff.
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433
3
§ 33 Rz. 3 Entscheidung durch Versagung des Zuschlags der Entscheidung ein, weswegen noch im Beschwerdewege der Zuschlag erteilt werden könnte. Der eigentliche Regelungsgehalt des § 33 besteht deshalb darin, dem Meistbietenden die Zuschlagserteilung gewähren zu können, wenn ein möglicher Einstellungs- oder Aufhebungsgrund im Beschwerdewege als solcher verneint wird. 4
Wird das Verfahren von mehreren Gläubigern betrieben und tritt der Einstellungs- oder Aufhebungsgrund während der Bietzeit nur beim bestbetreibenden Gläubiger ein, kann die Versteigerung für den nächstrangigen Gläubiger durchgeführt werden, wenn unter Beachtung insbesondere des § 43 auch für diesen der Termin stattfinden kann. Freilich muss ein neues geringstes Gebot erstellt und eine neue Bietzeit eröffnet werden.2
5
Der Einstellungs- oder Aufhebungsgrund kann bereits vor dem Schluss der Versteigerung vorgelegen haben und dem Gericht erst danach zur Kenntnis gelangen, auch dann ist § 33 anwendbar. Die Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn das Gericht ein bereits bestehendes Hindernis bei seiner Entscheidung über den Zuschlag entgegen ursprünglicher Bewertung nunmehr als Einstellungs- oder Aufhebungsgrund bewertet. Das Gericht ist nach § 79 nicht an eine frühere Einschätzung gebunden.
6
§ 33 ist wegen seiner Schutzfunktion für den Meistbietenden auch und gerade durch das Beschwerdegericht zu beachten, das im Rahmen einer Zuschlagsbeschwerde einen Einstellungsoder Aufhebungsgrund zu beachten hat. Gegebenenfalls hat das Beschwerdegericht durch eigene Entscheidung den Zuschlag zu versagen oder eben zu erteilen.3
II. Einstellungs- oder Aufhebungsgrund für das Verfahren 7
Die Vorschrift gilt grundsätzlich für alle Einstellungsgründe oder Aufhebungsgründe des Zwangsversteigerungsgesetzes.4 Häufigster Fall ist die Einstellungsbewilligung des Gläubigers nach dem Schluss der Versteigerung nach § 30.5 Aber auch auf Antrag des Insolvenzverwalters könnte nach dem Schluss der Versteigerung nach § 30d Abs. 1 ein begründeter Einstellungsantrag gestellt werden (zum zeitlichen Anwendungsbereich des § 30d Rz. 18). Eine Verfahrenseinstellung nach § 30a könnte als neuerliche Einstellung nach § 30c denkbar sein, im Übrigen ist sie wegen § 30b Abs. 4 kein Fall des § 33.
8
Kein Fall des § 33 liegt bei der ergebnislosen Versteigerung nach § 77 vor. Dies ist logisch, da dort gerade kein Gebot abgegeben worden ist, auf welches der Zuschlag versagt werden müsste.
9
Einen Sonderfall stellt § 769 Abs. 2 ZPO dar, wenn diese Anordnung erst nach dem Schluss der Versteigerung beantragt worden ist und ergeht. Hier bestimmt das Vollstreckungsgericht in seinem eigenen Einstellungsbeschluss eine Frist zur Beibringung der Entscheidung des Prozessgerichts nach § 769 Abs. 1 ZPO (einstweilige Einstellung ohne Frist bis zur Entscheidung in der Hauptsache).6 Hinsichtlich der Zuschlagsentscheidung bestimmt es einen Verkündungstermin nach § 87 auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der Frist.7 Dies kann auch mehrfach geschehen. Bei fruchtlosem Fristablauf – wenn der Antragsteller die Entscheidung des Prozessgerichts nicht beibringt – ist der Zuschlag zu erteilen. Stellt das Prozessgericht die Zwangsvollstreckung (unbefristet) ein, ist der Zuschlag aber zu versagen. Es ist weder dem Vollstre2 3 4 5 6 7
Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 8. Böttcher, § 33 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 33 ZVG Rz. 1. Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 22 ff.; Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 7. BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 95/06, Rpfleger 2007, 414 = NJW-RR 2007, 1005. Eingehend Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.661 ff. BGH, Beschl. v. 8.7.1960 – V ZB 8/59, BGHZ 33, 76 = Rpfleger 1961, 192; Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 26; Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 5; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 33 ZVG Rz. 3.
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Entscheidung durch Versagung des Zuschlags
Rz. 14 § 33
ckungsgericht noch den Beteiligten zuzumuten, die Zuschlagserteilung auf einen ungewissen Zeitpunkt (Entscheidung in der Hauptsache) hinauszuschieben. Bei letztlich erfolgloser Klage nach §§ 767, 771 ZPO ist dann ein neuer Versteigerungstermin anzuberaumen.
C. Einheitlichkeit der Entscheidung I. Zuschlagsversagung im Ganzen Die Zuschlagsversagung kann nur im Ganzen erfolgen. Es kann nicht hinsichtlich einzelner 10 Teile des Versteigerungsgegenstandes der Zuschlag erteilt, hinsichtlich anderer versagt werden. Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil der Meistbietende sein Gebot auf den ganzen Versteigerungsgegenstand abgegeben hat und dieses nicht teilbar ist.8
II. Freigabe mitversteigerter Gegenstände Demgemäß muss der Zuschlag im Ganzen versagt werden, wenn auch nur hinsichtlich einzelner mitversteigerter Gegenstände (§ 55) ein Hinderungsgrund vorliegt oder der betreibende Gläubiger diese noch freigibt.9
11
Eine Zuschlagserteilung soll dann möglich sein, wenn der Meistbietende ausdrücklich zu Protokoll erklärt, dass er das Grundstück auch ohne die freigegebenen Gegenstände zum abgegebenen Meistgebot erwerben wolle.10
12
III. Versteigerung mehrerer Grundstücke Bei Versteigerung mehrerer Grundstücke in einem Termin nach §§ 63 ff. genügt es, wenn hin- 13 sichtlich eines Grundstücks ein Hinderungsgrund auftritt.11 Es ist unerheblich, ob die Grundstücke im Einzel- oder Gesamt- oder Gruppenausgebot ausgeboten waren; es ist nicht etwa nur der Zuschlag auf ein Einzelausgebot zu versagen. Denn Einzel- und Gesamtausgebot hängen wegen § 63 Abs. 3 entscheidend zusammen, für einen Beteiligten ist auch die Zustimmung zum Wegfall eines Einzelausgebotes nach § 63 Abs. 4 entscheidend davon abhängig, dass alle Grundstücke gesamt versteigert werden können. Daher muss in jedem Fall einheitlich der Zuschlag versagt werden.
IV. Abweichung von Versteigerungsbedingungen Zuschlagsversagung nach § 33 muss auch dann erfolgen, wenn sich nach dem Schluss der Versteigerung eine Abweichung von den ursprünglich festgestellten Versteigerungsbedingungen herausstellt (§§ 100, 83 Nr. 1).12
8 9 10 11
Überzeugend Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 17; ferner Löhning/Heiß, § 33 ZVG Rz. 10. Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 28; Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 17; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 2. Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 29; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 2. OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.10.2001 – 8 W 427/01, Rpfleger 2002, 165; Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 30; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 33 ZVG Rz. 4. 12 Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 28; Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 17; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 2.
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§ 33 Rz. 15 Entscheidung durch Versagung des Zuschlags
D. Fallgestaltungen bei mehreren betreibenden Gläubigern 15
Besteht ein Einstellungs- oder Aufhebungsgrund für alle Gläubiger oder wird das Verfahren nur durch einen Gläubiger betrieben, gilt § 33.13 Beispielsweise ist dies denkbar, wenn nur persönliche Gläubiger das Verfahren betreiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5) und nach dem Schluss der Versteigerung das Vollstreckungsgericht Kenntnis von einer Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Schuldners bereits vor der ersten Beschlagnahme erlangt. Das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO gilt dann unheilbar für alle Gläubiger, ein Absonderungsrecht nach §§ 49, 80 Abs. 2 Satz 2 InsO mit § 22 kann nicht entstanden sein,14 das Verfahren ist mit Zuschlagsversagung aufzuheben.15
16
Eine besondere Problematik ergibt sich, wenn das Verfahren von mehreren Gläubigern betrieben wird und der Einstellungs- oder Aufhebungsgrund nur bei einzelnen Gläubigern besteht. Es ist zu differenzieren:16
I. Verfahrenshindernisse vor dem Schluss der Versteigerung 17
Bei Einstellungs- oder Aufhebungsgrund vor dem Schluss der Versteigerung betreffend einen nachrangigen Gläubiger ist das Verfahren für diesen einzustellen oder aufzuheben. Für den bestbetreibenden kann die Versteigerung stattfinden und auch der Zuschlag erteilt werden.
18
Betrifft das Verfahrenshindernis den bestbetreibenden Gläubiger, ist zu prüfen, ob die Versteigerung für den nächstrangig betreibenden Gläubiger erfolgen kann. Können für ihn die Fristen des § 43 für einen bereits anberaumten Termin nicht eingehalten werden, ist ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen.17
II. Verfahrenshindernisse nach dem Schluss der Versteigerung 1. Einstellungs- oder Aufhebungsgrund bei nachrangig betreibendem Gläubiger 19
Tritt nach dem Schluss der Versteigerung nach § 73 Abs. 2 ein Hinderungsgrund nur beim nachrangigen Gläubiger ein, ist das Verfahren für diesen einzustellen oder aufzuheben. Das ändert nichts an der bereits beendeten Versteigerung für den bestrangig betreibenden Gläubiger. Der Zuschlag kann erteilt werden. 2. Einstellungs- oder Aufhebungsgrund bei bestrangig betreibendem Gläubiger
20
Tritt nach dem Schluss der Versteigerung ein Hinderungsgrund beim bestrangig betreibenden Gläubiger ein, ist die Anwendung des § 33 nicht abschließend geklärt.18 Mit Wegfall der Position als bestbetreibender Gläubiger durch die Einstellung oder Aufhebung ist das für seine Versteigerung aufgestellte geringste Gebot unrichtig. Ein Zuschlag kann hierauf grundsätzlich 13 Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 11. 14 Eingehend Keller, Insolvenzrecht, Rz. 400 ff., 404, 1104. 15 Zum Sonderfall der Teilungsversteigerung durch einen Pfändungsgläubiger eines insolventen Miteigentümers BGH, Beschl. v. 20.3.2014 – IX ZB 67/13, NJW-RR 2014, 740 NZI 2014, 565 = Rpfleger 2014, 438 = ZIP 2014, 796. 16 Hk-ZV/Noethen, § 33 ZVG § 6; eingehend Hagemann, RpflStud 1983, 25. 17 Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 11; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 9. 18 Eingehend Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 12 ff.; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 33 ZVG Rz. 9 ff.; Depré/Popp, § 33 ZVG Rz. 6 ff.; allgemein abgelehnt wird die Ansicht von Eickmann/ Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht § 6 VIII. 1., die einen Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG annehmen.
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Entscheidung durch Versagung des Zuschlags
Rz. 25 § 33
nicht mehr erteilt werden (§ 83 Nr. 1 mit § 44).19 Der Zuschlagsversagungsgrund des § 83 Nr. 1 kann aber nach § 84 Abs. 1 geheilt werden. Dabei darf das Recht eines Beteiligten nicht beeinträchtigt werden, ist dies der Fall, hat er das Verfahren zu genehmigen; sie ist öffentlich beglaubigt nachzuweisen (allgemein zu § 84 Rz. 7). Für den an nächster Rangstelle bestbetreibenden Gläubiger kann keine neue Bietzeit eröffnet werden kann, weil ein neues geringstes Gebot aufgestellt und bekanntgemacht werden müsste. Hier wäre § 83 Nr. 7 verletzt.
21
Zu prüfen ist daher, ob eine Zuschlagserteilung auf das Meistgebot nach dem geringsten Gebot des bisher bestbetreibenden Gläubigers unter Berücksichtigung des § 84 erfolgen kann. Hierzu müssen diejenigen Beteiligten zustimmen, die durch die Zuschlagserteilung eine Benachteiligung erfahren könnten, weil sie bei einer Versteigerung für den nächstrangig betreibenden Gläubiger und bei dessen geringstem Gebot eine bessere Rechtsstellung haben könnten.20 Insgesamt ist zu differenzieren:21
22
– War der bisher bestbetreibende Gläubiger in Rangklasse § 10 Abs. 1 Nrn. 1, 1a, 2, 3 oder auch 5, sind Berechtigte im Range vor dem weggefallenen bestbetreibenden Gläubiger bereits durch sein geringstes Gebot gedeckt. Sie werden es auch beim neuen geringsten Gebot für einen nachrangigen Gläubiger sein. Haben sie ohnehin nur Anspruch auf Zahlung (insbesondere § 10 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3), sind sie nicht beeinträchtigt, da ja das abgegebene Meistgebot ihre Ansprüche bereits deckt. Mit einem bestehenbleibenden Recht in Rangklasse Nr. 4 bleiben sie auch beim geringsten Gebot des nächstberechtigten Gläubigers gedeckt. Sie sind durch die Zuschlagserteilung nicht beeinträchtigt, ihre Zustimmung ist nicht erforderlich.22
23
– War der bisher bestbetreibende Gläubiger in Rangklasse § 10 Abs. 1 Nr. 4, würden Berechtigte im Range nach dem weggefallenen bestbetreibenden Gläubiger und vor dem nächsten bestbetreibenden Gläubiger bei dessen geringstem Gebot mit ihrem Recht bestehen bleiben. Ist das abgegebene Meistgebot höher als das neue geringste Gebot würden sie zwar Deckung erlangen, ihre Rechte blieben aber nicht bestehen, insoweit sind sie beeinträchtigt.23 Sie wären bei Versteigerung zu Gunsten des ursprünglich bestrangig Betreibenden zwar auch erloschen, aber bei diesem liegt eben ein Verfahrenshindernis vor, was in Folge auch den nachrangigen Berechtigten hinsichtlich des möglichen Bestehenbleibens ihrer Rechte zu Gute kommt. In diesem Fall ist Zustimmung der nachrangig Berechtigten bis zu dem in der Rangfolge nächsten betreibenden Gläubiger erforderlich.
24
– Letztlich kann auch der Schuldner beeinträchtigt sein, da nicht vorherzusehen ist, wie eine Versteigerung zu Gunsten des nächsten bestbetreibenden Gläubigers ausgehen wird. Es könnten weitere Rechte bestehenbleiben, und es könnte auch ein noch höheres Meistgebot erzielt werden.24 Letztlich hat der Schuldner die Aussicht auf höhere Schuldbefreiung. Seine Zustimmung nach § 84 wird zur Zuschlagserteilung daher immer notwendig
25
19 RG, Beschl. v. 23.1.1917 – III 387/16, RGZ 89, 426, 429; OLG Köln, Beschl. v. 31.3.1971 – 2 W 18/71, Rpfleger 1971, 326 m. Anm. Stöber; OLG Köln, Beschl. v. 16.6.1989 – 2 W 47/89, Rpfleger 1990, 176 (Ablösung des Gläubigers); LG Verden, Beschl. v. 9.9.2016 – 6 T 110/16, Rpfleger 2017, 105 m. Anm. Alff = ZfIR 2017, 549 m. Bespr. Meehrhoff, ZfIR 2017, 528 (Befriedigung des bestrangig betreibenden Gläubigers bei Vollstreckung aus Hypotheken nach § 128 ZVG); Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 15; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 12; Nußbaum, Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, § 16 IV. 20 RG, Beschl. v. 23.1.1917 – III 387/16, RGZ 89, 426. 21 Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 13; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 10 ff.; Dassler u.a./Hintzen, § 33 ZVG Rz. 11, 12. 22 Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 13. 23 Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 13; anders OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.4.1997 – 8 W 50/97, Rpfleger 1997, 397 zur Eigentümergrundschuld mit Löschungsanspruch nach § 1179a BGB. 24 Überzeugend Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 14.
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§ 33 Rz. 25 Entscheidung durch Versagung des Zuschlags sein.25 Mit gleicher Argumentation kann aber auch die Zustimmung aller übrigen Berechtigten am Grundstück gefordert werden, auch wenn sie dem nächstrangig betreibenden Gläubiger im Range nachgehen. 26
Demnach kann eine Zuschlagserteilung praktisch nur dann erfolgen, wenn alle Beteiligten, deren Rechte dem weggefallenen Bestbetreibenden nachgehen, und auch der Schuldner zustimmen und der Meistbietende ausdrücklich damit einverstanden ist, dass die dem nächstrangig Bestbetreibenden vorgehenden Rechte nunmehr bestehenbleiben.26
27
Das Vollstreckungsgericht hat die Beteiligten auf ihre Beeinträchtigung und die Gefahren und Folgen ihrer möglichen Zustimmung hinzuweisen (139 ZPO). Auch wenn in aller Regel eine Zuschlagsversagung erfolgen muss, schon weil meist der Schuldner seine Zustimmung verweigert, ist die Anberaumung eines Verkündungstermins nach § 87 notwendig, damit eine konkrete Berechnung der möglichen Beeinträchtigungen vorgenommen werden kann und mögliche Zustimmungen in der Form des § 84 Abs. 2 vorgelegt werden können.27
E. Verfahren der Zuschlagsversagung I. Beschluss des Gerichts 28
Die Zuschlagsversagung ergeht durch Beschluss, der auch den Einstellungs- oder Aufhebungsgrund zu enthalten hat und daher zu begründen ist. Die einstweilige Einstellung muss als solche nicht ausgesprochen werden.28 Er wird verkündet (§ 87), Beschwerdefrist läuft ab Verkündung (§ 98 Satz 1). Die Zuschlagsversagung wird erst mit Rechtskraft wirksam (§ 86).
29
Soweit eine Fortsetzung des Verfahrens in Betracht kommt, ist der betreffende Gläubiger nach § 31 Abs. 3 zu belehren (§ 31 Rz. 25).
II. Rechtsbehelfe 30
Gegen die Zuschlagsversagung ist sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO statthaft. Mit der Zuschlagsversagung sind weitere Rechtsbehelfe, über die noch nicht entscheiden ist, insbesondere derjenige nach § 765a ZPO gegenstandslos. Gleiches gilt bei Zuschlagserteilung.29
§ 34 [Ersuchen auf Löschung des Versteigerungsvermerks] Im Falle der Aufhebung des Verfahrens ist das Grundbuchamt um Löschung des Versteigerungsvermerks zu ersuchen.
25 26 27 28 29
Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 14 am Ende; Dassler u.a./Hintzen, § 33 ZVG Rz. 9. Böttcher, § 33 ZVG Rz. 12. LG Waldshut-Tiengen, Beschl. v. 24.10.1985 – 1 T 35/85, Rpfleger 1986, 102. Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 9; Böttcher, § 33 ZVG Rz. 13; anders Steiner/Storz, § 33 ZVG Rz. 35. Allgemein BGH, Urt. v. 13.7.1965 – V ZR 269/92, BGHZ 44, 138 = Rpfleger 1965, 302; Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 15; hinsichtlich § 765a ZPO aber beachtlich BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 99/05, Rpfleger 2006, 147; ebenso BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04 (nicht veröffentlicht); dazu Keller, DZWIR 2006, 315.
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Keller
Ersuchen auf Löschung des Versteigerungsvermerks
A. B. I. II.
Allgemeiner Regelungsgehalt . . . Aufhebung des Verfahrens . . . . . Wegfall der Beschlagnahme . . . . . Rechtskraft der verfahrensleitenden Entscheidung . . . . . . . . . . . . . .
.... .... ....
Rz. 1 2 2
....
5
C. I. II. D.
Rz. 6 § 34
Löschungsersuchen . . . . . . . . . . . . Form und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungsumfang des Grundbuchamtes . Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . 8 . 8 . 10 . 15
A. Allgemeiner Regelungsgehalt Die Vorschrift regelt als Entsprechung zu § 19 die Löschung des Versteigerungsvermerks im Grundbuch bei Aufhebung des Verfahrens. Sie gilt ebenso wie § 19 für alle Versteigerungsverfahren, bei der Zwangsverwaltung auch für die Löschung des Zwangsverwaltungsvermerks (zur Eintragung § 19 Rz. 7 ff.).1
1
B. Aufhebung des Verfahrens I. Wegfall der Beschlagnahme Um Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks/Zwangsverwaltungsvermerks ist zu ersuchen, wenn das Verfahren insgesamt aufgehoben wird und die Beschlagnahme des Grundstücks wegfällt. Dies ist der Fall, wenn der betreibende Gläubiger seinen Antrag nach § 29 zurücknimmt, der Zuschlag versagt wird und das Verfahren aufgehoben werden muss, weil keine Fortsetzung zulässig ist (§ 86), der Gläubiger einzelne Grundstücke aus der Beschlagnahme freigibt, also gegenständlich beschränkt seinen Versteigerungsantrag zurücknimmt. Wird das Verfahren von mehreren Gläubigern betrieben, müssen diese Voraussetzungen bei allen Gläubigern vorliegen, die Beschlagnahme muss insgesamt wegfallen.
2
Nach rechtskräftiger Zuschlagserteilung erfolgt Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks im Rahmen des Ersuchens nach § 130, § 34 ist nicht einschlägig.
3
Nach Überleitung eines Zwangsversteigerungs- in ein Zwangsverwaltungsverfahren (§ 77 Abs. 2), ist um Umschreibung des Vermerks nach § 19 zu ersuchen.
4
II. Rechtskraft der verfahrensleitenden Entscheidung Hinsichtlich des Wegfalls der Beschlagnahme bei Aufhebung des Verfahrens sollte unterschieden werden, ob der entsprechende Beschluss konstitutiv wirkt oder lediglich deklaratorisch, die Beschlagnahme mithin bereits weggefallen ist:2
5
– Bei konstitutiver Aufhebung des Verfahrens wird empfohlen, die Wirkungen des Beschlusses – Wegfall der Beschlagnahme – ausdrücklich erst mit Rechtskraft desselben eintreten zu lassen.3 Das Ersuchen um Löschung sollte dann erst nach Eintritt der Rechtskraft gestellt werden. Beispielsweise ist dies der Fall, wenn der Zuschlag versagt wird und die Fortsetzung
6
1 Allgemein zur Eintragung Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 14. 2 Steiner/Storz, § 34 ZVG Rz. 2; Stöber/Nicht, § 34 ZVG Rz. 2; nicht genau differenzierend Böttcher, § 34 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 34 ZVG Rz. 3. 3 Allgemein zur Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme OLG Köln, Beschl. v. 17.9.1986 – 2 W 213/86, Rpfleger 1986, 488; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 17.6.1991 – 5 W 66/91, Rpfleger 1991, 513; allgemein Stöber/Keller, § 15 ZVG Rz. 33, 34.
Keller
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§ 34 Rz. 6 Ersuchen auf Löschung des Versteigerungsvermerks des Verfahrens nicht zulässig ist, die Zuschlagsversagung gilt als Aufhebung des Verfahrens (§ 86). 7
– Bei deklaratorischer Aufhebung des Verfahrens kann die Löschung bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses erfolgen. Beispielsweise war dies im Falle des § 29 früher so, wo allgemein der Wegfall der Beschlagnahme bereits mit Eingang der Antragsrücknahme des Gläubigers bei Gericht angenommen wurde (§ 29 Rz. 20, 21).4
C. Löschungsersuchen I. Form und Inhalt 8
Das Ersuchen nach § 38 GBO ergeht in der Form des § 29 Abs. 3 GBO (Unterschrift und Siegel). Der Aufhebungsbeschluss muss dem Ersuchen nicht beigefügt werden. Das Ersuchen hat das Grundstück genau zu bezeichnen, bei welchem der Vermerk zu löschen ist (§ 28 GBO).
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Enthält das Ersuchen unrichtige Angaben insbesondere zum betroffenen Grundbesitz, kann es vor Vollzug ohne weiteres berichtigt werden. Auch nach Grundbuchvollzug (Löschung) ist eine Berichtigung möglich, soweit zwischenzeitlich keine Eintragung stattgefunden hat, durch welche insbesondere die neuerliche Eintragung des Vermerks gehindert würde.5 Das wäre der Fall, wenn der Schuldner unmittelbar nach Löschung des Vermerks das Grundstück veräußert. Bei zwischenzeitlicher Eintragung weiterer Grundstücksrechte ist die neuerliche Eintragung des Versteigerungsvermerks nicht gehindert, allerdings ist ein Rechtsinhaber wegen gutgläubigen Erwerbs seines Rechtes einem persönlich betreibenden Gläubiger gegenüber dann in Rangklasse § 10 Abs. 1 Nr. 4 statt in Nr. 6 einzuordnen.
II. Prüfungsumfang des Grundbuchamtes 10
Für Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchamtes gelten die allgemeinen Grundsätze des § 38 GBO.6 Zuständig ist der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 lit. h) RPflG), § 12c Abs. 2 Nr. 3 GBO gilt nicht für die Löschung des Vermerks.
11
Allgemein prüft das Grundbuchamt, ob die ersuchende Behörde abstrakt zur Stellung eines Ersuchens berechtigt ist. Für den vorliegenden Tatbestand ergibt sich dies unmittelbar aus § 34. Im Übrigen kann ein Zwangsversteigerungsvermerk überhaupt nur auf Ersuchen des Versteigerungsgerichts gelöscht werden.
12
Das Grundbuchamt prüft die ordnungsgemäße Bezeichnung des Grundstücks (§ 28 GBO), letztlich, damit der Vermerk nicht am falschen Grundstück gelöscht wird. Es prüft nicht, ob die Beschlagnahme tatsächlich weggefallen ist oder das Versteigerungsgericht tatsächlich das Verfahren wirksam aufgehoben hat.7
13
Die Löschung ist gebührenfrei (Vorbem. 1.4 Abs. 2 Nr. 2 vor Hauptabschnitt 4 KV GNotKG). Der Eigentümer und das ersuchende Vollstreckungsgericht erhalten Eintragungsnachricht nach § 55 GBO.
4 Steiner/Storz, § 29 ZVG Rz. 27 ff.; Stöber/Nicht, § 29 ZVG Rz. 7 mit Hinweisen zur Denkschrift zum ZVG. 5 Je mit Nachweisen Meikel/Krause, GBO, § 38 Rz. 35, 36; KEHE/Volmer, GBO, § 38 Rz. 81, 82. 6 Meikel/Krause, GBO, § 38 Rz. 13 ff.; Demharter, GBO, § 38 Rz. 73 ff.; Schöner/Stöber, Rz. 219. 7 Zur Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks Stöber/Becker, § 19 ZVG Rz. 14.
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Ausführung durch Versteigerungsgericht
Rz. 2 § 35
Nach Löschung des Vermerks hat ein Grundstückseigentümer keinen Anspruch gegen das Grundbuchamt auf Umschreibung des Grundbuchblattes nach §§ 28 GBV, damit der gelöschte Vermerk nicht mehr sichtbar wird („Grundbuchwäsche“).8
14
D. Rechtsmittel Weigert sich das Grundbuchamt zu Unrecht, dem Ersuchen stattzugeben, steht dem Vollstre- 15 ckungsgericht die Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO zu.9 Gegen die Löschung des Vermerks im Grundbuch – etwa am falschen Grundstück -, ist nur 16 beschränkte Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 71 Abs. 2 mit § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO statthaft. Mit der Löschung des Vermerks wird öffentlicher Glaube im Sinne des § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet, der die unbeschränkte Beschwerde mit dem Ziel der Wiedereintragung des Vermerks verbietet.10 Es dürfte aber nichts dagegen stehen, dass das Versteigerungsgericht in einem solchen Fall nach § 19 um neuerliche Eintragung des Vermerks ersucht.
III. Bestimmung des Versteigerungstermins
§ 35 [Ausführung durch Versteigerungsgericht] Die Versteigerung wird durch das Vollstreckungsgericht ausgeführt.
A. I. II. III.
Regelungsgehalt der Norm . . . . . . . . . Bestimmung des Versteigerungstermins . Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts Versteigerung von Wohnungseigentum nach §§ 18 ff. WEG . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 1 4 6
Rz. B. Vorbereitung des Versteigerungstermins im Allgemeinen . . . . . . . . . . 8 I. Der Fortgang des Verfahrens nach Anordnung der Versteigerung . . . . . . . 8 II. Checkliste für das Vollstreckungsgericht . 10
A. Regelungsgehalt der Norm I. Bestimmung des Versteigerungstermins Die §§ 35 bis 43 enthalten verfahrensrechtliche Regelungen zur Bestimmung des Versteigerungstermins. Sie sind grundsätzlich zwingendes Recht, ihre Nichtbeachtung ist Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nrn. 1, 6 oder 7.
1
Systematisch regelt § 36 die Bestimmung des Terminsortes und des Zeitpunktes der Versteigerung. § 37 regelt den zwingenden Inhalt der Terminsbestimmung, wobei insbesondere den Nrn. 4 und 5 Bedeutung auch für die Durchführung der Versteigerung zukommt. § 38 regelt
2
8 BayObLG, Beschl. v. 14.5.1992 – 2 Z BR 33/92, Rpfleger 1992, 513; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.7.1987 – 3 Wx 144/87, Rpfleger 1987, 409; Stöber/Nicht, § 34 ZVG Rz. 6. 9 Zur Beschwerde gegen die Eintragung des Versteigerungsvermerks BayObLG, Beschl. v. 30.10.1996 – 2 Z BR 106/96, Rpfleger 1997, 101; allgemein Meikel/Schmidt-Räntsch, § 71 GBO Rz. 55 ff. 10 Allgemein Meikel/Schmidt-Räntsch, GBO, § 71 Rz. 53 ff.; KEHE/Sternal, GBO, § 71 Rz. 32 ff.
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Ausführung durch Versteigerungsgericht
Rz. 2 § 35
Nach Löschung des Vermerks hat ein Grundstückseigentümer keinen Anspruch gegen das Grundbuchamt auf Umschreibung des Grundbuchblattes nach §§ 28 GBV, damit der gelöschte Vermerk nicht mehr sichtbar wird („Grundbuchwäsche“).8
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D. Rechtsmittel Weigert sich das Grundbuchamt zu Unrecht, dem Ersuchen stattzugeben, steht dem Vollstre- 15 ckungsgericht die Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO zu.9 Gegen die Löschung des Vermerks im Grundbuch – etwa am falschen Grundstück -, ist nur 16 beschränkte Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 71 Abs. 2 mit § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO statthaft. Mit der Löschung des Vermerks wird öffentlicher Glaube im Sinne des § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet, der die unbeschränkte Beschwerde mit dem Ziel der Wiedereintragung des Vermerks verbietet.10 Es dürfte aber nichts dagegen stehen, dass das Versteigerungsgericht in einem solchen Fall nach § 19 um neuerliche Eintragung des Vermerks ersucht.
III. Bestimmung des Versteigerungstermins
§ 35 [Ausführung durch Versteigerungsgericht] Die Versteigerung wird durch das Vollstreckungsgericht ausgeführt.
A. I. II. III.
Regelungsgehalt der Norm . . . . . . . . . Bestimmung des Versteigerungstermins . Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts Versteigerung von Wohnungseigentum nach §§ 18 ff. WEG . . . . . . . . . . . . . .
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Rz. B. Vorbereitung des Versteigerungstermins im Allgemeinen . . . . . . . . . . 8 I. Der Fortgang des Verfahrens nach Anordnung der Versteigerung . . . . . . . 8 II. Checkliste für das Vollstreckungsgericht . 10
A. Regelungsgehalt der Norm I. Bestimmung des Versteigerungstermins Die §§ 35 bis 43 enthalten verfahrensrechtliche Regelungen zur Bestimmung des Versteigerungstermins. Sie sind grundsätzlich zwingendes Recht, ihre Nichtbeachtung ist Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nrn. 1, 6 oder 7.
1
Systematisch regelt § 36 die Bestimmung des Terminsortes und des Zeitpunktes der Versteigerung. § 37 regelt den zwingenden Inhalt der Terminsbestimmung, wobei insbesondere den Nrn. 4 und 5 Bedeutung auch für die Durchführung der Versteigerung zukommt. § 38 regelt
2
8 BayObLG, Beschl. v. 14.5.1992 – 2 Z BR 33/92, Rpfleger 1992, 513; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 3.7.1987 – 3 Wx 144/87, Rpfleger 1987, 409; Stöber/Nicht, § 34 ZVG Rz. 6. 9 Zur Beschwerde gegen die Eintragung des Versteigerungsvermerks BayObLG, Beschl. v. 30.10.1996 – 2 Z BR 106/96, Rpfleger 1997, 101; allgemein Meikel/Schmidt-Räntsch, § 71 GBO Rz. 55 ff. 10 Allgemein Meikel/Schmidt-Räntsch, GBO, § 71 Rz. 53 ff.; KEHE/Sternal, GBO, § 71 Rz. 32 ff.
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§ 35 Rz. 2 Ausführung durch Versteigerungsgericht den Sollinhalt der Bekanntmachung. Die Form der Bekanntmachung ist durch §§ 39 und 40 nach den Änderungen des Justizkommunikationsgesetzes1 stark vereinfacht. Zur Form der Bekanntmachung gehört auch die Vorschrift des § 41, welche die Zustellung der Terminsbestimmung regelt. Zur Vorbereitung auf den Termin ist den Beteiligten Akteneinsicht nach § 42 zu gewähren. Die zwingend einzuhaltenden Fristen für die Zulässigkeit der Abhaltung des Termins regelt abschließend § 43. 3
Die Vorschriften gelten für alle Versteigerungsverfahren. Für die Versteigerung von Schiffen gelten ergänzend die §§ 167 ff., 170a, für die Versteigerung von Luftfahrzeugen gilt ergänzend § 171d. Zu beachten sind auch die Vorbehalte für landesrechtliche Regelungen zur Terminsbekanntmachung nach §§ 6 und 7 EGZVG.
II. Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts 4
Die Vorschrift regelt als erste innerhalb des Abschnitts über die formellen Vorschriften die Bestimmung des Versteigerungstermins betreffend die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts für die Durchführung der Versteigerung. Sie ergänzt für diesen Verfahrensabschnitt die allgemeine Zuständigkeitsregelung des § 1.
5
Bedeutung hatte die Norm solange, als in Ausführung des § 13 EGZVG die Länder eigene Regelungen zur Zuständigkeit für die Versteigerung getroffen hatten. Diese Vorschrift ermöglichte mit Rücksicht auf die Organisation der Rechtspflege in den süddeutschen Staaten des Deutschen Reiches ein Abweichen von der Zuständigkeitsregelung des § 1 mit Ausnahme der in § 13 Abs. 1 EGZVG genannten Entscheidungen und Maßnahmen. Von dem Vorbehalt hatten seinerzeit Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen Gebrauch gemacht.2 Mit Gegenstandslosigkeit des § 13 EGZVG durch Übertragung der funktionellen Zuständigkeit auf den Rechtspfleger durch das erste Rechtspflegergesetz von 1957 hat auch § 35 seine Funktion als Zuständigkeitsregel verloren. Im übrigen sprachen sich bereits die Motive zum ZVG ausdrücklich für die ausschließliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts aus.3 Als einziges Bundesland hielt Baden-Württemberg bis 1972 an der Zuständigkeit des Notars in Baden oder des Zwangsversteigerungskommissars in Württemberg fest (§ 1 Badisches AGZVG, Art. 291 Württembergisches AGBGB).4
5a
Die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts sollte auch de lege ferenda nicht angetastet werden.5 Das folgt bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Gwaltmonopol des Staates für die Verfahren der Zwangsvollstreckung. Zwar wäre es denkbar, das Versteigerungsgeschäft selbst an beliehene Unternehmer zu übertragen, dies würde aber wieder zu einem im Ablauf zersplitterten Verfahren führen. Die Übertragung des Versteigerungstermins auf Dienstleister wäre etwa angezeigt, wenn die Versteigerung durch das Gericht zu niedrigen Meistgeboten und damit unangemessenen Ergebnissen führen würde. Das ist nicht zu erkennen. In Zeiten eines volatilen Immobilienmarktes werden auch bei Zwangsversteigerungen hohe Meistgebote erzielt, Die Problematik zu geringer Gebote besteht bei nicht marktgängigen Immobilien oder während eines allgemein nicht angemessenen Marktgeschehens. Hier unterscheiden sich die Ergebnisse bei Zwangsversteigerungen nicht von denen des allgemeinen Immobilienmarktes. Mithin ist die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts für die Durchführung des Versteigerungstermins nicht der Grund für angeblich zu geringe Meistgebote. Vielmehr ist auch bei 1 2 3 4 5
V. 22.3.2005 (BGBl. I, S. 837). Jaeckel/Güthe, § 13 EGZVG Rz. 4; Reinhard/Müller, § 13 EGZVG Anm. II. 1. und 2. Motive, S. 120. Rellermeyer in Arnold/Meyer-Stolte, RPflG, § 38 Rz. 4. Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 197 ff.
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Ausführung durch Versteigerungsgericht
Rz. 9 § 35
freiwilligen Versteigerungen zu beobachten, dass nicht marktgängige Immobilien nicht oder nur zu geringen Geboten veräußert werden können. Auch können sich im Vorfeld oder während des Versteigerungstermins Tatbestände ereignen oder Anträge gestellt werden, auf die unmittelbar durch eine gerichtliche Entscheidung reagiert werden muss. Eine Übertragung des Versteigerungsvorgangs auf einen privaten Versteigerer würde dem nicht gerecht.
III. Versteigerung von Wohnungseigentum nach §§ 18 ff. WEG Die Versteigerung von Wohnungs- oder Teileigentum bei Entziehung nach § 18 WEG erfolgt nach § 19 Abs. 1 WEG in der seit 1. Juli 2007 geltenden Fassung nach den allgemeinen Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes.6 Voraussetzung ist, dass der Wohnungs- oder Teileigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt worden ist (§ 19 Abs. 1 Satz 1 WEG). Antragsteller ist grundsätzlich der WEG-Verwalter als Vertreter der insoweit parteifähigen Gemeinschaft der Eigentümer (§ 19 Abs. 1 Satz 2 mit § 10 Abs. 6 und § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG).7 Die Versteigerung soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze8 aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 erfolgen. Das ist zweifelhaft, da damit die älteren Ansprüche dinglich Berechtigter (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 und 8) auf Grund eines wenn auch titulierten Anspruchs ausgeschlossen werden, der selbst nicht auf Zahlung gerichtet ist. Es ist zu überlegen, ob nicht ähnlich wie im Falle der Versteigerung durch den Insolvenzverwalter nach §§ 172 ff. grundsätzlich alle Ansprüche des § 10 Abs. 1 vom geringsten Gebot gedeckt sein müssen (siehe hierzu § 172 Rz. 45 ff.).9
6
Die Sondervorschriften der §§ 53 ff. WEG zur Versteigerung durch den Notar sind mit Wirkung seit 1. Juli 2007 aufgehoben.10
7
B. Vorbereitung des Versteigerungstermins im Allgemeinen I. Der Fortgang des Verfahrens nach Anordnung der Versteigerung Das Zwangsversteigerungsgesetz steuert in seinen Vorschriften zielgerichtet nach Anordnung der Versteigerung auf die Bestimmung des Versteigerungstermins und die Zwangsversteigerung zu.11 Spielraum für Verhandlungen zwischen betreibendem Gläubiger und Schuldner über die Versteigerung und ihre einstweilige Einstellung nach § 30 ist gleichwohl ausreichend vorhanden, insbesondere lassen die durch § 43 vorgeschriebenen Fristen auch Zeit für eine gütliche Einigung.
8
Vor Bestimmung des Versteigerungstermins soll über Anträge auf einstweilige Einstellung nach § 30a rechtskräftig beschlossen sein (§ 30b Abs. 4). Sinnvoll ist es auch, die Rechtskraft
9
6 § 19 WEG geändert durch Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze v. 26.3.2007 (BGBl. I, S. 370); Gesetzentwurf v. 8.3.2006, BT-Drucks. 16/887; abgedruckt bei Bärmann/Pick, WEG, Ergänzungsband, S. 107 ff. 7 Allgemein zu Vertretung Bärmann/Pick, WEG, § 27 Rz. 26 ff.; Staudinger/Bub, BGB, Neubearb. 2005, § 27 WEG Rz. 204, 268 ff. 8 Gesetzentwurf v. 8.3.2006, BT-Drucks. 16/887. 9 Eingehend auch Stöber/Gojowczyk, § 174 ZVG Rz. 3; Böttcher/Keller, § 174 ZVG Rz. 4 ff.; Keller, Insolvenzrecht, Rz. 1115; zu undifferenziert dagegen Jaeckel/Güthe, § 174 ZVG Rz. 1; Steiner/Eickmann, § 174 ZVG Rz. 3, 4; Tetzlaff in Münchener Kommentar, InsO, § 165 Rz. 145. 10 Dazu noch Steiner/Teufel, § 35 ZVG Rz. 13-18; Staudinger/Bub, BGB, Neubearb. 2005, Kommentierung zu §§ 53 ff. WEG; ein geringstes Gebot nach § 44 ZVG war dort nicht vorgesehen, LG Mainz, Beschl. v. 22.1.1999 – 8 T 282/98, Rpfleger 1999, 342; Staudinger/Kreuzer, (2005), § 54 WEG Rz. 9. 11 Steiner/Teufel, Vorbem. vor §§ 35 ZVG ff. Rz. 3.
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§ 35 Rz. 9 Ausführung durch Versteigerungsgericht von Anträgen auf Einstellung des Verfahrens nach § 765a ZPO abzuwarten, soweit diese nicht ersichtlich mit dem Willen der Verfahrensverschleppung gestellt sind. Die Festsetzung des Verkehrswertes nach § 74a Abs. 5 muss nicht rechtskräftig sein. Mit Rücksicht auf die mögliche Zuschlagsversagung nach §§ 74a und 85a ist auch dies aber ratsam.
II. Checkliste für das Vollstreckungsgericht 10
Das Vollstreckungsgericht darf bei der Bestimmung des Versteigerungstermins keineswegs übereilt vorgehen und darf sich nicht von Beteiligten drängen lassen. Vor Bestimmung des Termins sind insbesondere die Vollstreckungsvoraussetzungen der betreibenden Gläubiger und alle erforderlichen Zustellungen nochmals genau zu prüfen, damit der angesetzte Termin nicht etwa abgesagt werden muss oder gar der Zuschlag versagt werden muss, wenn sich erst nach dem Schluss der Versteigerung ein Mangel herausstellt.
11
Es ist empfehlenswert, für die Bestimmung des Versteigerungstermins eine Checkliste mit einem festen Prüfungsschema anzulegen und zu beachten:12 – Prüfung, für welche betreibenden Gläubiger die Versteigerung erfolgen soll (Anordnungsund Beitrittsgläubiger); Feststellung der Rangklasse. – Erstellung und Überprüfung eines Beteiligtenverzeichnisses (§ 9). – Prüfung, ob alle Beschlüsse an alle Beteiligten ordnungsgemäß zugestellt worden sind (insbesondere Anordnungs- und Beitrittsbeschlüsse sowie Fortsetzungsbeschlüsse nach § 31). – Prüfung, ob der Schuldner ordnungsgemäß nach § 30a belehrt worden ist und gegebenenfalls Anträge hierzu rechtskräftig abgewiesen sind. – Prüfung, ob Mieter ermittelt und benachrichtig sind (§ 57d allerdings aufgehoben zum 1. Februar 200713). – Prüfung der Wertfestsetzung nach § 74a Abs. 5. – Prüfung, ob entgegenstehende Rechte oder Vollstreckungshindernisse nach § 28 vorliegen. – Prüfung des Grundbuchinhalts auf Grundstücksbestand und Inhalt dinglicher Rechte; auch Prüfung der Grundakte (§ 874 BGB). – Prüfung von Grundstücksbezeichnung, auch nach Straße und Hausnummer. – Prüfung von Zustimmungspflichten nach § 12 WEG oder § 5 ErbbauVO zur Zuschlagserteilung. – Prüfung der Anmeldungen der Beteiligten, insbesondere zu § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4, aber auch zur möglichen Feststellung eines Zuzahlungsbetrages nach § 51 Abs. 2. – Prüfung, ob Brandversicherungsurkunde und Einheitswertbescheid vorliegen (letzterer bei Wohnungseigentum auch im Hinblick auf § 10 Abs. 3).
12
Bei der Bestimmung des Versteigerungstermins ist sodann wesentlich zu beachten, dass die Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1 eingehalten wird. Die Sechsmonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 1 kann wegen des hohen Geschäftsanfalls bei Gericht meist nicht eingehalten werden. Die Beschlusszustellungsfrist des § 43 Abs. 2 sollte nicht nur für den bestbetreibenden Gläubiger eingehalten sein sondern möglichst für alle betreibenden Gläubiger, damit bei kurzfristiger einstweiliger Einstellung durch den bestbetreibenden Gläubiger der Termin nicht aufgehoben werden muss sondern die Versteigerung für den an nächster Rangstelle betreibenden Gläubi-
12 Steiner/Teufel, Vorbem. vor §§ 35 ff. Rz. 7, Stöber/Gojowczyk, § 35 ZVG Rz. 4; Böttcher, §§ 35, 36 Rz. 1. 13 Art. 11 Zweites Justizmodernisierungsgesetz v. 22.12.2006 (BGBl. I, S. 3416).
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Bestimmung des Versteigerungstermins
Rz. 1 § 36
ger erfolgen kann.14 Die Einhaltung der Fristen ist mit Rücksicht auf § 83 Nrn. 1, 6 und 7 dringend geboten.
§ 36 [Bestimmung des Versteigerungstermins] (1) Der Versteigerungstermin soll erst nach der Beschlagnahme des Grundstücks und nach dem Eingang der Mitteilungen des Grundbuchamts bestimmt werden. (2) Der Zeitraum zwischen der Anberaumung des Termins und dem Termin soll, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, nicht mehr als sechs Monate betragen. War das Verfahren einstweilen eingestellt, so soll diese Frist nicht mehr als zwei Monate, muß aber mindestens einen Monat betragen. (3) Der Termin kann nach dem Ermessen des Gerichts an der Gerichtsstelle oder an einem anderen Ort im Gerichtsbezirk abgehalten werden.
A. Regelungszweck der Norm . . . . . . . B. Voraussetzungen der Terminsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beschlagnahme und Grundbuchmitteilung nach Abs. 1 . . . . . . . . . . II. Weitere Voraussetzungen . . . . . . . . C. Die einzuhaltenden Fristen der Terminsbestimmung . . . . . . . . . . I. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Terminsbestimmungsfrist des Absatzes 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Sechs-Monats-Frist . . . . . . . . . 2. Die Frist bei einstweiliger Einstellung . III. Die Frist bei erneuter Versteigerung nach § 74a Abs. 3 Satz 2 ZVG . . . . .
..
Rz. 1
..
4
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4 6
. . 10 . . 10 . . 15 . . 15 . . 18
D. Der Ort der Versteigerung . . . . . . I. Amtsgericht und Gerichtsbezirk . . . II. Die Versteigerung in mehreren Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Terminsänderung und Verlegung des Terminsortes . . . . . . . . . . . . 1. Verlegung des Versteigerungstermins 2. Vertagung des Versteigerungstermins 3. Verlegung nur des Terminsortes . . . E. Verfahren der Terminsbestimmung I. Beschluss des Gerichts . . . . . . . . . II. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . III. Kostenvorschuss . . . . . . . . . . . . .
Rz. . . . 23 . . . 23 . . . 25 . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
28 28 30 31 32 32 33 34
. . 21
Literatur: Drischler, Zur Frage der Durchführung mehrerer voneinander unabhängiger Zwangsversteigerungsverfahren in einem Termin, KTS 1985, 31; Hagemann, Gleichzeitige Abhaltung mehrerer Versteigerungstermine durch denselben Rechtspfleger, Rpfleger 1984, 256; Keller, Probleme im Umgang mit dem Schuldner aus Sicht des Vollstreckungsgerichts und des Zwangsverwalters, DZWIR 2006, 315.
A. Regelungszweck der Norm Die Vorschrift bestimmt Grundsätze zur Terminsbestimmung durch das Vollstreckungsgericht und benennt Fristen, die als Mindestfristen oder Höchstfristen eingehalten werden sollen. Dies dient der Transparenz des Verfahrensablaufs und der Vorbereitung der Beteiligten auf den Versteigerungstermin.
14 Hierzu anschaulich Hock/Mayer/Hilbert/Deimann, Immobiliarvollstreckung, Rz. 477.
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§ 36 Rz. 2 Bestimmung des Versteigerungstermins 2
Hinsichtlich der zu beachtenden Fristen der Versteigerung steht die Vorschrift in sachlichem Zusammenhang mit § 43, der zwingend einzuhaltende Fristen regelt.
3
Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren. Für die Versteigerung von Schiffsbauwerken ist ergänzend § 170a Abs. 2 Satz 3 zu beachten.
B. Voraussetzungen der Terminsbestimmung I. Beschlagnahme und Grundbuchmitteilung nach Abs. 1 4
Selbstverständliche Voraussetzung der Terminsbestimmung ist die Wirksamkeit der Beschlagnahme des zu versteigernden Grundstücks nach §§ 22, 23.
5
Der Zwangsversteigerungsvermerk muss im Grundbuch eingetragen sein, und das Grundbuchamt muss die Mitteilung nach § 19 Abs. 2 übersandt haben. Hierzu gehört auch, dass das Vollstreckungsgericht den Grundbuchinhalt und auch die Grundakte geprüft hat, um die Eigentümerstellung des Schuldners (siehe auch § 17), die im Zeitpunkt der Eintragung des Versteigerungsvermerks eingetragenen Rechte und mögliche Hindernisse nach § 28 festzustellen.1
II. Weitere Voraussetzungen 6
Der Versteigerungstermin soll erst dann bestimmt werden, wenn der Beschluss über einen Antrag auf einstweilige Einstellung nach § 30a rechtskräftig ist (§ 30b Abs. 4). Dies ist Soll-Vorschrift; eine hiergegen verstoßende Terminsbestimmung ist gleichwohl wirksam. Sollte selbst im Zeitpunkt der Versteigerung und der Entscheidung über den Zuschlag über eine einstweilige Einstellung noch nicht rechtskräftig entschieden sein, weil das Rechtsmittelverfahren noch nicht abgeschlossen ist, wird das Gericht keinesfalls den Zuschlag erteilen, da damit dem noch schwebenden Antrag des Schuldners auf einstweilige Einstellung die rechtliche Grundlage entzogen würde.
7
Bezüglich eines Antrags auf einstweilige Einstellung nach § 765a ZPO ist zu unterscheiden: Ist der Antrag vor Bestimmung des Versteigerungstermins gestellt, hat das Gericht über ihn zu entscheiden. Seine Rechtskraft sollte abgewartet werden, soweit der Einstellungsantrag nicht ersichtlich in Verschleppungsabsicht gestellt worden ist. Ist der Antrag nach Bestimmung des Versteigerungstermins gestellt worden, kann die Versteigerung stattfinden. Das Gericht kann im Rahmen der Zuschlagserteilung über den Antrag nach § 765a ZPO mit entscheiden.2
8
Die Festsetzung des Verkehrswerts nach § 74a Abs. 5 muss nicht zwingend rechtskräftig sein, um den Versteigerungstermin bestimmen zu können. Um bei der Versteigerung hinsichtlich möglicher Zuschlagsversagung nach §§ 74a oder 85a keine Unklarheiten entstehen zu lassen, sollte der Versteigerungstermin aber so gewählt werden, dass zu diesem Zeitpunkt der Verkehrswert feststeht. Im Zweifel ist daher auch für die Terminsbestimmung die Rechtskraft des Beschlusses nach § 74a Abs. 5 abzuwarten.
9
Wegen der sonst zu beachtenden Formalitäten und Voraussetzungen wird auf die Checkliste zu § 35 Rz. 11 verwiesen.
1 Eingehend auch Depré/Bachmann, § 36 ZVG Rz. 6. 2 BGH, Urt. v. 13.7.1965 – V ZR 269/61, BGHZ 44, 138; BGH, Beschl. v. 24.11.2005 – V ZB 99/05, Rpfleger 2006, 147; allgemein Stöber/Keller, Einl. Rz. 247 ff.; zu Einzelfragen Keller, DZWIR 2006, 315.
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Bestimmung des Versteigerungstermins
Rz. 17 § 36
C. Die einzuhaltenden Fristen der Terminsbestimmung I. Übersicht Für die Terminsbestimmung und -abhaltung sind zahlreiche Fristen zu beachten. Ihre Verletzung ist Zuschlagsversagungsgrund, soweit ihre Einhaltung im Gesetz als „Muss“ bezeichnet ist. Dies gilt insbesondere für die Fristen des § 43, nicht aber für die des § 36 Abs. 2. Im Überblick gelten folgende Fristen:
10
– Terminsbestimmungsfrist (§ 36 Abs. 2 Satz 1): Höchstens sechs Monate; nach vorangegangener Einstellung (§ 36 Abs. 2 Satz 2): Zwei Monate; nach Zuschlagsversagung wegen Nichterreichens der 5/10- oder 7/10-Grenze (§ 74a Abs. 3 Satz 2): Drei bis sechs Monate.
11
– Bekanntmachungsfrist (§ 43 Abs. 1): Mindestens sechs Wochen; nach vorangegangener Einstellung (§ 43 Abs. 1 Satz 2): Zwei Wochen.
12
– Beschlusszustellungsfrist (§ 43 Abs. 2): Mindestens vier Wochen.
13
– Terminsmitteilungsfrist (§ 41 Abs. 1 und 43 Abs. 2): Mindestens vier Wochen; Mitteilung nach § 41 Abs. 2 in der vierten Woche vor dem Termin.
14
II. Die Terminsbestimmungsfrist des Absatzes 2 1. Die Sechs-Monats-Frist Zwischen der Terminsbestimmung durch das Gericht und dem Versteigerungstermin sollen nach Abs. 2 Satz 1 höchstens sechs Monate liegen. Das Zwangsversteigerungsgesetz will damit im Sinne aller Beteiligten einen zügigen Verlauf des Verfahrens erreichen. Die Bestimmung der Höchstfrist ist Soll-Vorschrift, ein Überschreiten der Sechs-Monatsfrist stellt keinen Zuschlagsversagungsgrund oder Beschwerdegrund dar.
15
Das Gericht soll die Frist aber nur überschreiten, wenn besondere Gründe vorliegen. All- 16 gemein wird es als ein solcher Grund angesehen, wenn mit dem Zuwarten der Versteigerung ein höherer Versteigerungserlös erzielt werden kann. Auch können Belange des Schuldners berücksichtigt werden, freilich unter Würdigung der Interessen des Gläubigers. Wird von beiden gewünscht, das Gericht möge zunächst keinen Versteigerungstermin bestimmen oder einen sehr späten Termin ansetzen, um Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger führen zu können, ist dem mit Vorsicht zu begegnen. Das Gesetz kennt mit §§ 30 oder 30a geeignete Mittel der einstweiligen Einstellung des Verfahrens.3 Ein bloßes Ruhen auf Wunsch der Beteiligten sieht das Gesetz nicht vor. Die personelle Ausstattung der Vollstreckungsgerichte und der zunehmende Geschäftsanfall haben es zur Regel werden lassen, die Höchstfrist des Abs. 2 Satz 1 zu überschreiten; Terminsbestimmungen von neun bis zwölf Monaten sind keine Seltenheit. Dies sind aber keine besonderen Gründe im Sinne der Vorschrift. Auch wenn die Terminsbestimmungsfrist als Soll-Frist angeordnet ist und ihre Nichtbeachtung im konkreten Verfahren nicht beanstandet werden kann, ist doch zu bedenken, dass mit zu langer Terminierung allen Beteiligten erheblicher Schaden entstehen kann. Allein hinsichtlich der Zinsansprüche der dinglich Berechtigten und persönlich betreibenden Gläubiger4 kann bei zu langer Terminierung sich für den Schuldner eine Summe anhäufen, die in diesem Maße bei zeitnaher Terminierung nicht angefallen wäre. Für Gläubiger kann dann ein Schaden entstehen, wenn sie aus dem Erlös nicht
3 Steiner/Teufel, § 36 ZVG Rz. 24. 4 Steiner/Teufel, § 36 ZVG Rz. 23 am Ende.
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§ 36 Rz. 17 Bestimmung des Versteigerungstermins befriedigt werden können. Im Übrigen ist der Schuldner benachteiligt. Es ist daher durchaus ein Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB mit Art. 34 GG gegen das betreffende Land zu erwägen, wenn es nicht ausreichend Anstrengungen unternommen hat, um eine personelle Unterbesetzung der Gerichte mit Rechtspflegern zu beseitigen.5 Der Bundesgerichtshof hatte betreffend das Grundbuchverfahren und die Dauer von Antragstellung bis Eintragung eine solche Haftung erwogen und dem beklagten Land den Exkulpationsbeweis aufgebürdet.6 2. Die Frist bei einstweiliger Einstellung 18
War das Verfahren einstweilen eingestellt, muss eine Frist von einem Monat eingehalten werden, sie soll aber zwei Monate nicht übersteigen (§ 36 Abs. 2 Satz 2). Die Anordnung der Mindestfrist von einem Monat wird allgemein entgegen dem Gesetzeswortlaut als Soll-Vorschrift angesehen.7 Die Zwei-Monats-Frist kann bei Vorliegen eines besonderen Grundes überschritten werden. In jedem Fall muss die Mindestfrist des § 43 Abs. 1 Satz 2 von zwei Wochen zwischen Bekanntmachung und Versteigerungstermin eingehalten werden.
19
Sachlich erfasst die verkürzte Frist jede Art der einstweiligen Einstellung, insbesondere jene nach §§ 30, 30a ff., 77, 86 oder §§ 765a, 769 ZPO. Wird eine einstweilige Einstellung durch das Beschwerdegericht aufgehoben, gilt sie als nicht erfolgt und es gilt die allgemeine Frist des § 36 Abs. 2 Satz 1.
20
Betreiben mehrere Gläubiger das Verfahren, ist, ebenso wie jede Einstellung für jeden Gläubiger gesondert wirkt, die gegebenenfalls verkürzte Frist für jeden gesondert zu beachten.8 Für die Terminsdurchführung genügt es, wenn die Frist für den bestbetreibenden Gläubiger eingehalten ist.9
III. Die Frist bei erneuter Versteigerung nach § 74a Abs. 3 Satz 2 ZVG 21
Bei Versagung des Zuschlags wegen Nichterreichens der 5/10- oder der 7/10-Grenze ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen (§ 74a Abs. 3 Satz 1, § 85a Abs. 2 Satz 1). Zwischen den beiden Terminen soll nach § 74a Abs. 3 Satz 2 eine Frist von drei bis sechs Monaten liegen. Die Mindestfrist von drei Monaten kann im Ausnahmefall unterschritten werden.10 Die Höchstfrist von sechs Monaten wird allgemein als Sollvorgabe betrachtet, auch wenn der Gesetzeswortlaut auf eine zwingende Geltung hindeutet.11 Es muss aber bedacht werden, dass es schon hinsichtlich der Rechtsfolge unsinnig wäre, eine Höchstfrist als zwingend anzusehen. Was soll gelten, wenn sie dann verletzt wird? Es wäre schlicht undenkbar, einen späteren Termin deshalb als unwirksam oder anfechtbar anzusehen.
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Auch im Fall des § 74a Abs. 3 muss die Mindestfrist des § 43 Abs. 1 Satz 2 von sechs Wochen zwischen Bekanntmachung und Versteigerungstermin eingehalten werden.12
5 Anders Dassler u.a./Hintzen, § 36 ZVG Rz. 6 betreffend die Haftung des Rechtspflegers. 6 BGH, Urt. v. 11.1.2007 – III ZR 302/05, Rpfleger 2007, 254; anders noch zum Erlass eines Pfändungsund Überweisungsbeschlusses KG, Urt. v. 11.11.2005 – 9 U 116/05, Rpfleger 2006, 168; in erster Instanz eine Amtshaftung bejahend LG Berlin, Urt. v. 12.5.2005 – 13 O 20/04, Rpfleger 2005, 418. 7 Steiner/Teufel, § 36 ZVG Rz. 27; Stöber/Gojowczyk, § 36 ZVG Rz. 9. 8 Stöber/Gojowczyk, § 36 ZVG Rz. 13. 9 Stöber/Gojowczyk, § 36 ZVG Rz. 13; Böttcher, §§ 35, 36 Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 36 ZVG Rz. 7. 10 Steiner/Teufel, § 36 ZVG Rz. 32. 11 Steiner/Teufel, § 36 ZVG Rz. 32. 12 Steiner/Teufel, § 36 ZVG Rz. 34.
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Bestimmung des Versteigerungstermins
Rz. 26 § 36
D. Der Ort der Versteigerung I. Amtsgericht und Gerichtsbezirk Der Versteigerungstermin findet grundsätzlich am Amtsgericht – Vollstreckungsgericht statt. Das Vollstreckungsgericht kann die Versteigerung auch an einem anderen Ort abhalten. Die Entscheidung liegt im Ermessen des Gerichts. Maßstab für die Wahl eines anderen Terminsortes sind bessere Aussichten auf eine erfolgreiche Versteigerung. Das Gericht kann hierbei Belange und Wünsche der Beteiligten berücksichtigen, an Anträge ist es nicht gebunden.13 Das Gericht hat auch das öffentliche Interesse zu berücksichtigen oder für die Sicherheit der Versteigerung zu sorgen. So kann es erforderlich sein, bei zu befürchtendem Besucheransturm den Saal des Rathauses oder eine Turnhalle oder Mehrzweckhalle anzumieten. Sind Störungen zu befürchten, sind auch ausreichend Wachtmeister abzustellen oder gar die Polizei zu informieren. Für die Terminsdurchführung wie auch für seine Vorbereitung ist das Vollstreckungsgericht als Gericht verantwortlich (§ 176 GVG), Kostenargumente oder sonstige Bedenken der Geschäftsleitung oder Justizverwaltung sind nachrangig. Ein Weisungsrecht besteht nicht.
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Ist die Zuständigkeit für Zwangsversteigerungssachen nach § 1 Abs. 2 durch Landesrecht auf ein Amtsgericht für mehrere Amtsgerichtsbezirke konzentriert (dazu § 1 Rz. 5),14 kann die Versteigerung beispielsweise an dem Amtsgericht erfolgen, in dessen Bezirk das betreffende Grundstück belegen ist. Die Ortsnähe kann gerade im ländlichen Raum zu einem besseren Versteigerungsergebnis führen. Die Versteigerung unmittelbar auf dem Grundstück ist dagegen nicht mehr üblich und auch nicht notwendig.15
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II. Die Versteigerung in mehreren Verfahren Das Gericht hat für jedes Versteigerungsverfahren einen eigenen Versteigerungstermin zu bestimmen und durchzuführen. Die Versteigerung mehrerer Grundstücke in verschiedenen Verfahren zur gleichen Zeit, insbesondere um Zeit zu sparen und die Bietzeit des einen Verfahrens zur Bekanntmachung der Versteigerungsbedingungen eines anderen Verfahrens zu nutzen, wird zwar überwiegend für zulässig erachtet,16 ist aber entschieden abzulehnen. Zwar hält der Bundesgerichtshof dies für zulässig, sieht als Schranke aber. das verfassungsrechtliche Gebot einer fairen Verfahrensgestaltung.17 Zu bedenken ist, dass der Versteigerungstermin öffentliche gerichtliche Verhandlung im Sinne des § 169 GVG ist18 und die mögliche Erteilung des Zuschlags im Versteigerungstermin durch den Rechtspfleger mit den materiellrechtlichen Wirkungen der Zuschlagserteilung (§ 90) einem Urteil ähnliche rechtsgestaltende Wirkung hat19
25
Zu den Grundsätzen der fairen Verfahrensgestaltung gehört es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass bei komplizierten Sachverhalten eine zeitgleiche Versteigerung nicht erfol-
26
13 Steiner/Teufel, § 36 ZVG Rz. 39. 14 Böttcher, § 1 ZVG Rz. 5. 15 Zum Problem der Mitversteigerung schuldnerfremden Zubehörs eher humoristisch Stöber, 21. Aufl. 2016, § 55 ZVG Rz. 3.2. 16 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.4.1989 – 3 W 63/89, NJW-RR 1989, 1023; LG Hildesheim, Beschl. v. 30.4.1986 – 5 T 247/86, Rpfleger 1986, 311; LG Bremen, Beschl. v. 23.3.1988 – 9 T 938/87, Rpfleger 1988, 373 m. Anm. Bischoff; Jaeckel/Güthe, § 73 ZVG Rz. 1; Hagemann, Rpfleger 1984, 256; Drischler, KTS 1985, 31; Meyer-Stolte in Anm. zu OLG Köln, Beschl. v. 8.1.1987 – 2 W 279/86, Rpfleger 1987, 167 = NJW-RR 1987, 636. 17 BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, Rpfleger 2007, 411. 18 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 3. 19 BGH, Urt. v. 15.5.1986 – IX ZR 2/85, Rpfleger 1986, 396 = NJW-RR 1986, 1115; Stöber/Becker, § 79 ZVG Rz. 3.
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§ 36 Rz. 26 Bestimmung des Versteigerungstermins gen solle oder, wenn solche Schwierigkeiten in einem Termin auftreten, einzelnen Verfahren unterbrochen werden sollten.20 Allerdings solle zu bedenken sein, dass bei gemeinsamer Versteigerung von örtlich und wirtschaftlich zusammenhängenden Grundstücken eine höhere Aussicht bestehe, interessierte Bieter anzulocken, die sonst einer Versteigerung ferngeblieben wären. Dem ist nicht so: Wer mehrere Grundstücke ersteigern möchte und ernsthaft interessiert ist, nimmt an jedem Versteigerungstermin teil, ebenso wie derjenige an mehreren nachfolgenden Terminen für dasselbe Objekt teilnimmt, der es unbedingt haben möchte. 27
Das eigentliche Problem der zeitgleichen Versteigerung mehrerer Grundstücke verschiedener Verfahren besteht in der mindestens halbstündigen Bietzeit des § 73 Abs. 1: Ihr Zweck besteht darin, den Interessenten Gelegenheit zur Überlegungen zu geben, das Wertgutachten einzusehen, mit dem anwesenden Vertreter des betreibenden Gläubigers oder auch mit dem Schuldnerrücksprache zu nehmen; nicht zuletzt besteht er darin, Gebot abgeben zu können.21 Daher muss der Versteigerungsrechtspfleger während der Bietzeit stets anwesend und in der Lage sein, jederzeit Gebote entgegennehmen zu können. So argumentiert ist das Vollstreckungsgericht im Versteigerungstermin nicht ordnungsgemäß besetzt, wenn etwa der Rechtspfleger während der Bietzeit für ein Grundstück die Bekanntmachungen für ein anderes Grundstück verliest oder Gebote für ein anderes Grundstück entgegennimmt. Dies stellt keine ordnungsgemäße Verhandlung im Sinne des Gerichtsverfassungsrechts dar.22
III. Terminsänderung und Verlegung des Terminsortes 1. Verlegung des Versteigerungstermins 28
Das Vollstreckungsgericht kann nach den allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung den bereits anberaumten Versteigerungstermin verlegen und neu bestimmen (§ 227 ZPO).23 Erheblicher Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO kann eine Erkrankung des Schuldners sein, wenn unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen der Schuldner nicht mehr rechtzeitig einen Vertreter mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen kann.24 Erheblicher Grund einer Verlegung kann sein, dass der zuständige Rechtspfleger und auch der geschäftsplanmäßige Vertreter verhindert sind oder die Akten unvorhergesehen nicht zur Verfügung stehen.
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Der nach Verlegung neu bestimmte Termin ist nach §§ 37 ff. öffentlich bekanntzumachen. Für die Bekanntmachung des neu bestimmten Termins sind die Fristen des § 43 einzuhalten. 2. Vertagung des Versteigerungstermins
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Die Vertagung einer bereits eröffneten Terminsverhandlung ist zulässig.25 Auch hier muss ein erheblicher Grund vorliegen. Mit Vertagung des Termins erlöschen die hier abgegebenen Gebote (§ 72 Abs. 3). Der neue Termin ist dann Versteigerungstermin im Sinne der §§ 66 ff.26 Der mit der Vertagung neu bestimmte Termin ist nicht mehr nach §§ 37 ff. öffentlich bekanntzumachen.
20 21 22 23 24 25 26
BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, Rpfleger 2007, 411, Begründung Rz. 20. Allgemein Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 3. Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 75. Allgemein zu Absetzung, Verlegung und Vertagung Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 24 ff. BVerfG, Beschl. v. 22.1.1988 – 1 BvR 33/88, Rpfleger 1988, 156; Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 27. Allgemein Stein/Jonas/Roth, § 227 ZPO Rz. 3 ff.; Zöller/Feskorn, ZPO, § 227 Rz. 3. Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 30.
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Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung
§ 37
3. Verlegung nur des Terminsortes Für die Verlegung nur des Terminsortes, beispielsweise in einen anderen Saal des Amtsgerichts, ist durch Aushang und Information der Pforte ausreichend dafür zu sorgen, dass Bietinteressenten den neuen Sitzungsort ohne Probleme finden können.27 Überspitzte Anforderungen dürfen nicht gestellt werden, insbesondere ist es nicht erforderlich, am ursprünglichen Sitzungssaal einen Wachtmeister abzustellen, der den Bietinteressenten den Weg zum neuen Raum weist.28 Dann müsste man konsequent noch einen Wachtmeister abstellen, der mit den Terminsbesuchern zum neuen Sitzungssaal geht, damit sie sich auch ja nicht verlaufen.29
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E. Verfahren der Terminsbestimmung I. Beschluss des Gerichts Die Terminsbestimmung nach § 36 erfolgt durch ordnungsgemäß unterzeichneten Beschluss des Vollstreckungsgerichts.30 Der Beschluss muss nicht begründet werden.
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II. Rechtsbehelfe Die Terminsbestimmung ist als solche mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO anfechtbar. Mit ihr kann eine unangemessene Verzögerung der Terminsbestimmung gerügt werden.31 Im Übrigen berührt die Verletzung der Terminsfristen des § 36 die Rechtmäßigkeit des Verfahrens nicht. Die Wahl des Terminsortes ist selbständig nicht anfechtbar.32
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III. Kostenvorschuss Mit Bestimmung des Versteigerungstermins ist ein Kostenvorschuss für die Terminsgebühr und die Auslagen nach KV GKG 2213 zu erheben (§§ 15 Abs. 1, 17 GKG). Die Terminsbestimmung ist nicht von der Zahlung des Vorschusses abhängig zu machen (§ 7 Abs. 1 GKG).
§ 37 [Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung] Die Terminsbestimmung muß enthalten: 1. die Bezeichnung des Grundstücks; 2. Zeit und Ort des Versteigerungstermins;
27 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 5. 28 So aber OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40, 238/78, KTS 1979, 108 = NJW 1979, 1720; LG Oldenburg, Beschl. v. 22.2.1985 – 6 T 94/85, Rpfleger 1985, 311 m. Anm. Schiffhauer; aufgegeben in LG Oldenburg, Beschl. v. 16.8.1990 – 6 T 497/90, Rpfleger 1990, 471. 29 Ähnlich Stöber, 21. Aufl. 2016, § 66 ZVG Rz. 3.2. 30 Steiner/Teufel, § 36 ZVG Rz. 2; Stöber/Gojowczyk, § 36 ZVG Rz. 2. 31 Stöber/Gojowczyk, § 36 ZVG Rz. 4. 32 Stöber/Gojowczyk, § 36 ZVG Rz. 22.
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§ 37 Rz. 1 Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung 3. die Angabe, daß die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt; 4. die Aufforderung, Rechte, soweit sie zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Versteigerungserlöses dem Anspruch des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden; 5. die Aufforderung an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht haben, vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes treten würde. Rz. A. Regelungszweck der Norm und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . B. Muss-Inhalt und Soll-Inhalt der Terminsbestimmung . . . . . . . . . . . I. Das Verhältnis von § 37 und § 38 ZVG . II. Mängel der Terminsbestimmung . . . . C. Muss-Inhalt der Terminsbestimmung I. Die Bezeichnung des Grundstücks (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Bezeichnung nach Grundbuch und weiterem Kenntnisstand des Gerichts . . 2. Verbindung und Trennung von Verfahren nach § 18 . . . . . . . . . . . . 3. Doppelbuchungen oder Unklarheiten bei Grenzverlauf . . . . . . . . . . . . . . .
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1
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. 12 . 14
Rz. 4. Haftungsgefahr des Vollstreckungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zeit und Ort des Versteigerungstermins (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Zeit der Versteigerung . . . . . . . . . 2. Der Ort der Versteigerung . . . . . . . . . . III. Angabe der Versteigerungsart (Nr. 3) . . . IV. Aufforderung zur Anmeldung von Rechten am Grundstück (Nr. 4) . . . . . . V. Aufforderung zur Geltendmachung entgegenstehender Rechte (Nr. 5) . . . . . 1. Problemstellung für einen Rechtsinhaber 2. Inhalt der Aufforderung . . . . . . . . . . . 3. Einstweilige Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechte nach Zuschlagserteilung . . . . . .
17 19 19 20 23 24 27 27 28 30 33
Literatur: Bartels, Zum Erwerb schuldnerfremden Eigentums nach ZVG, ZZP 2015, 341; Schiffhauer, Zur Verlegung des Versteigerungstermins in ein anderes Zimmer, Rpfleger 1985, 312.
A. Regelungszweck der Norm und Anwendungsbereich 1
Die Zwangsversteigerung soll im Interesse der Gläubiger des § 10 sowie im Interesse des Schuldners einen möglichst hohen Erlös erzielen. Es ist damit erforderlich, die Bestimmung des Versteigerungstermins inhaltlich so auszugestalten, dass ein möglichst breiter Interessentenkreis angesprochen wird und dieser hinsichtlich des Versteigerungsobjektes möglichst umfassend und zutreffend informiert wird.1 Dies gewährleisten die §§ 37, 38.
2
Der sogenannte Muss-Inhalt der Bekanntmachung nach § 37 richtet sich mit den Nrn. 4 und 5 ferner an Berechtigte am Grundstück, ihre nicht grundbuchersichtlichen Rechte geltend zu machen, beziehungsweise der Versteigerung entgegenstehende Rechte zu verfolgen. Verfahrensrechtlich steht § 37 Nr. 4 im Zusammenhang mit § 110 (Rangverlust bei verspäteter An-
1 Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 1, 2.
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Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung
Rz. 6 § 37
meldung) und § 37 Nr. 5 im Zusammenhang mit § 55 Abs. 2 (Versteigerung schuldnerfremden Zubehörs).2 Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren. Für die Versteigerung von Bergwerkseigentum und unbeweglichen Bergwerksanteilen sowie Bahneinheiten sind über § 2 EGZVG landesrechtliche Vorbehalte zu berücksichtigen (dazu § 2 EGZVG Rz. 3).3 Nach § 6 EGZVG sind die Landesjustizverwaltungen ermächtigt, weitere Angaben für die Terminsbestimmung vorzuschreiben (dazu § 6 EGZVG Rz. 1).4
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B. Muss-Inhalt und Soll-Inhalt der Terminsbestimmung I. Das Verhältnis von § 37 und § 38 ZVG § 37 bestimmt mit den Nrn. 1 bis 5 den sogenannten Muss-Inhalt der Terminsbestimmung, die bekanntzumachen ist. § 38 bestimmt ergänzend den sogenannten Soll-Inhalt.5 Die Vorschriften überschneiden sind, insbesondere hinsichtlich der Bezeichnung des Versteigerungsobjektes nach § 37 Nr. 1 und § 38 Abs. 1.6 Trotz der Unterscheidung zwischen Muss- und SollInhalt misst der Bundesgerichtshof § 38 die gleiche Bedeutung wie dem § 37 zu (§ 38 Rz. 4 ff.). Relevant ist dies bei unterbliebenen oder unrichtigen Angaben.
4
II. Mängel der Terminsbestimmung Mängel der Terminsbestimmung hinsichtlich des Muss-Inhalts nach § 37 führen zu einer unwirksamen Bekanntmachung des Versteigerungstermins, weshalb die Frist des § 43 Abs. 1 nicht in Lauf gesetzt wird. Es liegt dann ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 7 mit § 100 Abs. 3 vor.7 Der Mangel kann nur durch erneute fehlerfreie Terminsbestimmung nachgeholt werden, wenn dies für den bereits anberaumten Termin innerhalb der Frist des § 43 Abs. 1 reicht, kann auch der bereits anberaumte Termin bestehen bleiben; es wird dann eben der neu bekanntgemachte Termin auf denselben Tag und Uhrzeit bestimmt. Eine Genehmigung der unwirksamen Terminsbestimmung nach § 84 Abs. 1 ist nicht möglich, da die Terminsbestimmung gerade auch Bietinteressenten betrifft, die von der unrichtigen Terminsbestimmung möglicherweise von der Teilnahme am Versteigerungstermin abgehalten worden sind.
5
Zu Mängeln im Soll-Inhalt nach § 38 siehe dort Rz. 10.
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Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 3. Eingehend auch Dassler u.a./Rellermeyer, § 2 EGZVG Rz. 2 ff., 9 ff. Stöber/Keller, § 6 EGZVG Rz. 2. Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 11 ff. Dazu auch Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 203 ff. 7 Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 2.
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§ 37 Rz. 7 Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung
C. Muss-Inhalt der Terminsbestimmung I. Die Bezeichnung des Grundstücks (Nr. 1) 1. Die Bezeichnung nach Grundbuch und weiterem Kenntnisstand des Gerichts 7
Das Versteigerungsobjekt (Grundstück, Miteigentumsanteil,8 Wohnungs- oder Teileigentum, Erbbaurecht,9 Gebäudeeigentum, Schiff, Schiffsbauwerk, Bergwerkseigentum) muss so genau wie möglich bezeichnet werden.10
8
Bei Versteigerung von Wohnungs- oder Teileigentum sind der Miteigentumsanteil11 sowie die nach dem Aufteilungsplan bezeichneten Räume anzugeben (Nr. des Aufteilungsplans, wie im Bestandsverzeichnis beschrieben).12 Angabe des Stockwerks oder Wohnfläche des Wohnungseigentums haben zutreffend zu erfolgen,13 ebenfalls zum Sondereigentum gehörende Kellerräume oder eingeräumte Sondernutzungsrechte (Kfz-Stellplatz).
9
Art und Umfang der Bezeichnung liegen in pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts.14 Auszugehen ist zunächst von der Eintragung der Lage und der Wirtschaftsart im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs.15 Anzugeben sind Gemarkung/Grundbuchbezirk, Flur, Flurstück, Straße und Hausnummer. Die Angabe der Gemarkung ist um den tatsächlichen Ortsnamen des Grundstücks zu ergänzen, wenn die Gemarkung allein keinen Rückschluss auf den Ortsnamen zulässt.16 Die Angabe der Wirtschaftsart nach den Vorgaben des Liegenschaftskatasters17 sind häufig unverständlich (Gebäude- und Freifläche), sollten aber zunächst wie im Bestandsverzeichnis angegeben erfolgen und um klare Angaben zur konkreten Nutzung ergänzt werden.18 Die Angabe des Grundbuchblattes „soll“ nach § 38 Abs. 1 erfolgen (dort Rz. 4 ff.). Sind dem Vollstreckungsgericht insbesondere aus dem Sachverständigengutachten zur Verkehrswertfestsetzung weitere Angaben zu Wirtschaftsart, Bebauung und Nutzung des Versteigerungsobjektes bekannt, sind auch diese anzugeben. Anzugeben sind etwa die Nutzung als Ein- oder Mehrfamilienhaus, als Wohnung oder Ladengeschäft, gemischte oder allein gewerbliche Nutzung.19 Bei überwiegender Nutzung als Wohngebäude genügt es, wenn ein Grundstück als „mit einem Einfamilienhaus bebaut“ bezeichnet wird, auch wenn einige Räume als Ingenieurbüro genutzt werden.20 Soweit bekannt (aus Gutachten meist der Fall) sind auch Baujahr und Wohn- oder Nutzfläche anzugeben.21
8 Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 15. 9 Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 17. 10 BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, NJW 2007, 2995; BGH, Beschl. v. 17.1.2013 – V ZB 53/12, Rpfleger 2013, 403 = NJW-RR 2013, 915. 11 LG Potsdam, Beschl. v. 8.10.2012 – 1 T 137/12, Grundeigentum 2012, 1703. 12 Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 18. 13 BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, Rpfleger 2011, 173; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.12.1992 – 18a W 30/92, Rpfleger 1993, 256. 14 Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 5; Böttcher, § 37 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 4. 15 BGH, Urt. v. 8.11.2013 – V ZR 155/12, BGHZ 199, 31 = NJW 2014, 636 m. Anm. Hasselblatt = NZI 2014, 93 = ZfIR 2014, 155 m. Anm. Becker, Begründung Rz. 11; Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 5; Böttcher, §§ 37, 38 Rz. 4; Löhning/Huber, § 37 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, §§ 37, 38 ZVG Rz. 5; dazu eingehend auch Bartels, ZZP 2015, 341. 16 BGH, Beschl. v. 17.1.2013 – V ZB 53/12, Rpfleger 2013, 403 = NJW-RR 2013, 915. 17 Schöner/Stöber, Rz. 572, 575. 18 Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 9; etwas allgemein Böttcher, §§ 37, 38 ZVG Rz. 2. 19 OLG Hamm, Beschl. v. 5.12.1991 – 15 W 319/91, Rpfleger 1992, 122; OLG Hamm, Beschl. v. 2.12.1996 – 15 W 453/96, 1997, 226 m. Anm. Demharter. 20 BGH, Beschl. v. 29.9.2011 – V ZB 65/11, Rpfleger 2012, 93 = NJW-RR 2012, 134. 21 LG Rostock, Beschl. v. 23.1.2014 – 3 T 232/13, ZfIR 2014, 534; Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 6.
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Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung
Rz. 14 § 37
Erstreckt sich die Bebauung des Grundstücks auf ein Nachbargrundstück (Überbau), ist dies anzugeben.22 Bei Objekten mit außergewöhnlichem Charakter (Schlossanlage) ist mindestens schlagwortartig auf die derzeitige Nutzung oder auf mögliche Nutzungsart (gewerblich) hinzuweisen.23
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Nicht ausreichende Bezeichnungen sind beispielsweise:24 „Wiese“ bei einem bereits mit Wohnhaus bebauten Grundstück;25 „Ackerland“ bei einem Gartenbaubetrieb mit Wohn- und Betriebsgebäude;26 „mehrere Flurstücke verschiedener Wirtschaftsart und Lage“ bei einer Reitanlage bestehend aus Reithalle, Pferdestall, Remisen und zwei Wohnungen mit gesamt 240 m2 Wohnfläche;27 „Gebäude- und Freifläche“ bei Bebauung mit gewerblich genutzter Halle;28 „Gebäude- und Freifläche“ bei Hotelbetrieb.29
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2. Verbindung und Trennung von Verfahren nach § 18 Werden mehrere Grundstücke in einem Verfahren versteigert (§ 18), sind sämtliche Grundstücke anzugeben. Ob diese in Einzel-, Gesamt- oder Gruppenausgebot nach §§ 63, 64 ausgeboten werden, muss und kann nicht angegeben werden, da sich dies mitunter erst im Versteigerungstermin entscheiden kann.
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Ändert sich nach der Terminsbekanntmachung das Verfahren nach § 18, ist eine erneute Terminsbestimmung oder, wenn dies mit Rücksicht auf § 43 Abs. 1 nicht mehr möglich ist, eine Aufhebung des Termins erforderlich, wenn durch die Veränderung der Versteigerungsgegenstand insgesamt so verändert wird, dass es für einen verständigen Bietinteressenten wesentlich wäre, dies zu wissen.30 Dies ist für den Einzelfall zu beantworten. Käme beispielsweise bei ursprünglicher Terminsbestimmung ein Gesamtausgebot nicht in Betracht und wird nachträglich ein Verfahren eines wirtschaftlich interessanten Grundstücks nach § 18 hinzuverbunden, so dass nunmehr ein Gesamtausgebot denkbar ist, ist eine neue Terminsbestimmung angezeigt. Umgekehrt ist es bei Wegfall eines Grundstücks, weil etwa der betreibende Gläubiger nach § 30 die Einstellung bewilligt, hinsichtlich § 83 Nr. 7 wohl unbeachtlich, wenn ein Bietinteressent im Termin erscheint und das Grundstück, auf welches er bieten wollte, nicht zur Versteigerung gelangt.
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3. Doppelbuchungen oder Unklarheiten bei Grenzverlauf Mit Bezugnahme auf den Inhalt des Grundbuchs nach § 37 Nr. 1 ist das Grundstück in der Terminsbestimmung entsprechend dem sich auf dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs ergebenden Bestand bekanntzumachen. Ist das Grundstück im Grundbuch doppelt gebucht, besteht hinsichtlich der Eintragungen kein öffentlicher Glaube nach § 891 BGB.31 Demzufol-
22 LG Oldenburg, Beschl. v. 7.3.1980 – 5 T 39/80, Rpfleger 1980, 306; Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 8. 23 OLG Hamm, Beschl. v. 23.12.1999 – 15 W 453/99, Rpfleger 2000, 172; Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 8. 24 Depré/Bachmann, §§ 37, 38 ZVG Rz. 7. 25 LG Kaiserslautern, Beschl. v. 8.3.1963 – 1 T 242/63, Rpfleger 1964, 120 m. Anm. Stöber. 26 LG Frankenthal, Beschl. v. 7.3.1984 – 1 T 49/84, Rpfleger 1984, 326 m. Anm. Meyer-Stolte. 27 LG Oldenburg, Beschl. v. 29.11.1978 – 5 T 254/78, Rpfleger 1979, 115. 28 LG Ellwangen, Beschl. v. 22.4.1996 – 1 T 46/96, Rpfleger 1996, 361. 29 OLG Nürnberg, Beschl. v. 9.11.2005 – 4 U 920/05, Rpfleger 2006, 215 m. Anm. Storz/Kiderlen, Rpfleger 2006, 615; OLG Hamm, Beschl. v. 22.11.1990 – 15 W 355/90, Rpfleger 1991, 71 m. Anm. Meyer-Stolte. 30 Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 8. 31 Mit umfangreichen Nachweisen Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 891 Rz. 50.
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§ 37 Rz. 14 Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung ge kann auch keine ordnungsmäßige Bezeichnung nach § 37 Nr. 1 erfolgen.32 Die Doppelbuchung muss zunächst beseitigt werden. 15
Der öffentliche Glaube nach § 891 BGB erstreckt sich aber auf den Grenzverlauf, wie er sich mit Nennung des Flurstücks in Spalte 3 des Bestandsverzeichnisses aus der amtlichen Karte nach § 2 Abs. 2 GBO und dem Liegenschaftskataster ergibt.33 Ist der Grenzverlauf unklar, ist hierauf hinzuweisen. Dies kann praktisch zu einer Unversteigerbarkeit des Grundstücks führen. Denn solange der Grenzverlauf, die Grundstücksgröße und letztlich die Existenz des Grundstücks nicht geklärt sind, besteht kein öffentlicher Glaube.34 Bedeutsam wurde dies durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2013:35 Das Gericht machte das Versteigerungsobjekt nach dem Inhalt des Grundbuchs sowie nach postalischer Anschrift bekannt. Nach Zuschlagserteilung stellten sich Unklarheiten im Grenzverlauf heraus, ein Grundstücksnachbar machte geltend, das versteigerte Gebäude stehe auf seinem Grundstück. Der Bundesgerichtshof erklärte wegen mangelnder Grundstücksbezeichnung und mangelnder Aufforderung nach § 37 Nr. 5 den Zuschlag für nichtig.36 Richtig an dieser Entscheidung ist, dass bei mangelnder Aufforderung möglicher Drittberechtigter nach § 37 Nr. 5 der Zuschlagsbeschluss als Akt hoheitlicher Gewalt keinen Bestand haben kann (Rz. 27).37 Unklar ist aber, wie das Gericht anders hätte handeln müssen und ein Ersteher, der auf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs vertraut, sich anders hätte verhalten müssen. Ohne besondere Veranlassung kann das Gericht nicht an der Richtigkeit der Grundbucheintragung und dem Grenzverlauf zweifeln. Nur wenn die nach außen in Erscheinung tretende Karte in sich widersprüchlich oder ersichtlich mehrdeutig wäre, könnte sie nicht als Grundlage des öffentlichen Glaubens dienen.38 Letzterer ergibt sich ohnehin nicht aus dem Grundbuch selbst sondern gelangt nur durch das Sachverständigengutachten zur Kenntnis des Gerichts. Das Gericht kann nur reagieren, wenn etwa bei der Angabe der Grundstücksgröße Zweifel zwischen Grundbuchangabe und Flurkarte sich aufdrängen. Ist das nicht der Fall, kann das Gericht auch keine besonderen Aufforderungen an mögliche Grundstücksnachbarn richten, ihre Rechte nach § 37 Nr. 5 geltend zu machen. Es muss dann der bekanntgemachte Grundbuchinhalt als Gegenstand der Versteigerung anerkannt werden. Der Bundesgerichtshof trägt mit seinem vielleicht dem Einzelfall geschuldeten Urteil zur Rechtsunsicherheit bei, indem er gerade nicht erklärt, wann sich Gericht und Ersteher auf den Grundbuchinhalt nicht verlassen können. Für die Zwangsversteigerung hat dies gerade mit der Folge der Nichtigkeit des Zuschlagsbeschlusses eine nicht hinnehmbare Rechtsunsicherheit zur Folge. Im konkreten Fall wie auch all32 Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 48. 33 BGH, Urt. v. 1.3.1973 – III ZR 69/70, NJW 1973, 1077; BGH, Urt. v. 2.12.2005 – V ZR 11/05, NJWRR 2006, 662, Begründung Rz. 8; BGH, Urt. v. 12.10.2012 – V ZR 187/11, NJW-RR 2013, 789, Begründung Rz. 14; Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 891 Rz. 25 ff., 31; Demharter, GBO, § 2 Rz. 26; Lemke/Schneider, Immobilienrecht, § 2 GBO Rz. 26 ff. 34 Meikel/Nowak, GBO, § 2 Rz. 21; Bauer/v. Oefele/Waldner, GBO, § 2 Rz. 19; Demharter, GBO, § 2 Rz. 26; Lemke/Schneider, Immobilienrecht, § 2 GBO Rz. 28. 35 BGH, Urt. v. 8.11.2013 – V ZR 155/12, BGHZ 199, 31 = NJW 2014, 636 m. Anm. Hasselblatt = NZI 2014, 93 = ZfIR 2014, 155 m. Anm. Becker; vorgehend OLG Brandenburg v. 28.6.2012 – 5 U 151/09, NZI 2012, 774; eingehend Bartels, ZZP 2015, 341. 36 Mit nicht in jedem Fall völlig zutreffender Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 15.3.1996 – V ZR 273/94, DtZ 1996, 212; RG, Urt. v. 8.12.1909 – V 40/09, RGZ 72, 269, 271; Steiner/Eickmann, § 90 ZVG Rz. 7; Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 2, § 90 Rz. 2, 6; Stöber/Becker, § 90 ZVG Rz. 7 ff.; Dassler u.a./ Hintzen, § 90 ZVG Rz. 7; Mohrbutter, Zwangsversteigerungspraxis, S. 111; vgl. auch RG, Urt. v. 10.12.1886 – V 250/85, RGZ 15, 249; RG, Urt. v. 23.4.1887 – V 363/86, RGZ 18, 275; Motive zum ZVG, 1889, S. 242; Nußbaum, Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, S. 137 ff. 37 BGH, Urt. v. 8.11.2013 – V ZR 155/12, BGHZ 199, 31 = NJW 2014, 636 m. Anm. Hasselblatt = NZI 2014, 93 = ZfIR 2014, 155 m. Anm. Becker, Begründung Rz. 18, wobei auch hier die in Bezug genommenen Fundstellen die getroffenen Aussagen nicht völlig teilen, Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 48 betrifft beispielsweise Unklarheiten bei Doppelbuchung. 38 BGH, Urt. v. 1.3.1973 – III ZR 69/70, NJW 1973, 1077.
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Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung
Rz. 19 § 37
gemein wird letztlich durch das Prozessgericht im Rahmen einer Klage nach § 920 BGB zu entscheiden sein.39 Dies ist aber keine Frage unrichtiger Bekanntmachung der Terminsbestimmung oder der Wirksamkeit des Zuschlags. In den neuen Bundesländern besteht unklarer Grenzverlauf bei den sogenannten ungetrennten Hofräumen.40 Diese ca. 5 ha großen Grundstücke, auf welchen zahlreiche einzelne Wohnoder Wirtschaftsgebäude stehen, sind zu vermessen oder durch Bodensonderung nach dem Bodensonderungsgesetz41 (BoSoG) zu teilen. Vorläufig sind nach § 2 HofV42 die dort bezeichneten Unterlagen als Bestandsverzeichnis der jeweils einzelnen Einheit zu betrachten.43 Die Hofraumverordnung gilt bis 31. Dezember 2025.
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4. Haftungsgefahr des Vollstreckungsgerichts In jedem Fall muss das Gericht aus dem Sachverständigengutachten und dem weiteren Akteninhalt eine möglichst genaue und schlüssige Grundstücksbeschreibung deduzieren, ohne dass dies in eine Immobilienanzeige eines Grundstücksmaklers enden muss. Vielfach ist aber zu vernehmen, die Terminsbestimmungen seien zu allgemein, zu ungenau, zu abstrakt und zu „juristisch“ formuliert. Das Gericht sollte hier ausgewogen unterscheiden zwischen Sachangaben, die das Grundstück nicht nur grundbuchrechtlich, sondern auch in seiner tatsächlichen Beschaffenheit und Nutzung beschreiben, und überflüssigen Angaben, die für einen verständig denkenden Bietinteressenten keine Bedeutung haben mögen.
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Eine Haftung nach § 839 BGB mit Art. 34 GG kann in Betracht kommen, wenn das Gericht aus den ihm bekannten und aktenkundigen Unterlagen das Versteigerungsobjekt sachlich unzutreffend oder unvollständig bezeichnet, hierdurch ernsthafte Bieter von der Teilnahme am Versteigerungstermin abgehalten werden und andernfalls ein höherer Erlös erzielt worden wäre.44 Diese Tatbestandsvoraussetzungen beweisen zu können, ist im Einzelfall freilich schwierig.
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II. Zeit und Ort des Versteigerungstermins (Nr. 2) 1. Die Zeit der Versteigerung Die Terminsbestimmung muss die Zeit der Versteigerung nach Datum und genauer Uhrzeit beinhalten. Bei Verlegung des (noch nicht begonnenen) Termins ist eine neue Bekanntmachung erforderlich. Der bereits begonnene Termin kann nach den allgemeinen Vorschriften unterbrochen oder vertagt werden (§ 227 ZPO).45
39 40 41 42
So zutreffend Becker in Anm. ZfIR 2014, 155. Meikel/Böhringer, GBO, 10. Aufl. 2010, Einl. K Rz. 213. Bodensonderungsgesetz (BoSoG) v. 20.12.1993 (BGBl. I, S. 2215). Hofraumverordnung v. 12.7.2017 (BGBl. I, S. 2358); die frühere Hofraumverordnung v. 24.9.1993 (BGBl. I, S. 1658) ersetzend, diese war zum 31. Dezember 2015 ausgelaufen; dazu Art. 9 des Gesetzes v. 22.12.2010 (BGBl. I, S. 2255). 43 Lemke/Schneider, Immobilienrecht, § 2 GBO Rz. 15; Meikel/Böhringer, GBO, 10. Aufl. 2010, Einl. K Rz. 213 m.w.N. Fn. 134. 44 OLG Koblenz, Urt. v. 18.1.2000 – 1 U 1429/96, Rpfleger 2000, 342; OLG Nürnberg, Beschl. v. 9.11.2005 – 4 U 920/05, Rpfleger 2006, 215 m. Anm. Storz/Kiderlen, Rpfleger 2006, 615; allgemein Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 13; Depré/Bachmann, §§ 37, 38 ZVG Rz. 9. 45 Allgemein Stein/Jonas/Roth, ZPO, § 227 Rz. 3 ff.; Zöller/Feskorn, ZPO, § 227 Rz. 3; Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 30.
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§ 37 Rz. 20 Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung 2. Der Ort der Versteigerung 20
In der Terminsbekanntmachung muss der Ort der Versteigerung nach Straße, Hausnummer, Ort genau bezeichnet werden. Bei Versteigerung im Amtsgericht ist auch die Saalnummer anzugeben.
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Ort der Versteigerung muss nicht das zuständige Gericht sein. Die Versteigerung könnte auch am Versteigerungsobjekt selbst durchgeführt werden.46 In aller Regel wird das Gericht aber als Ort der Versteigerung einen Gerichtssaal wählen, der für das konkrete Verfahren geeignet ist, insbesondere hinsichtlich der Zahl der möglichen Bietinteressenten. Es ist auch die Pflicht der Geschäftsleitung des Gerichts, angemessene Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Eine Zuschlagsbeschwerde mit dem Argument, der Raum sei zu klein gewesen und die zahlreichen Bietinteressenten hätten gar nicht die Möglichkeit gehabt, in den Raum zu gelangen, weswegen bei Zuschlag auf ein geringes Meistgebot das Grundrecht sowohl des Eigentümers als auch der beteiligten Gläubiger aus Art. 14 Abs. 1 GG sowie der aus Art. 20 GG fließende Justizgewährungsanspruch verletzt seien, wäre keinesfalls aussichtslos. Wenn in einem konkreten Termin der Sitzungssaal überfüllt ist, soll es zulässig sein, den durch Sicherheitsleistung ausgewiesenen Bietinteressenten Vorrang beim Zutritt zu gewähren.47
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Ändert sich der Raum der Versteigerung, zum Beispiel bei versehentlicher Doppelbuchung eines Gerichtssaals oder weil der Ansturm der Bietinteressenten ein Ausweichen in einen größeren Raum erfordert, ist dies durch Anheftung eines gut lesbaren Hinweises am bisherigen Raum kenntlich zu machen (eingehend § 36 Rz. 31). Es kann auch die Gerichtspforte über die Raumänderung informiert werden. Es ist nicht erforderlich, am bisherigen Raum einen Bediensteten abzustellen, um ankommendem Publikum den rechten Weg zu weisen.48 Dies zu fordern ist völlig überzogen und realitätsfern.49 Ein vernünftig denkender und handelnder Bietinteressent kommt erstens rechtzeitig zum Termin und findet auch ohne persönliche Hilfe den rechten Weg. Wollte man überzogen verlangen, dass ein Bediensteter bereitsteht, um den Weg zu weisen, müsste man konsequent mehrere Bedienstete abstellen, welche die Bietinteressenten persönlich zum neuen Gerichtssaal begleiten. Mit Stöber ist zutreffend darauf hinzuweisen, dass auch den Weg zur Zeugengeldauszahlungsstelle jeder schon mühelos gefunden hat.50
III. Angabe der Versteigerungsart (Nr. 3) 23
Es ist anzugeben, dass die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt. Bei der Versteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft ist auf diese Verfahrensart hinzuweisen. Bei der Versteigerung nach §§ 172 ff. sollte wegen §§ 174, 174a auf diese besondere Verfahrensart hingewiesen werden (arg. ex § 37 Nr. 3).51 Für die Versteigerung von Schiffen und Schiffsbauwerken sind §§ 167, 168c Nr. 1, § 170a Abs. 2 Satz 2 zu beachten.
46 Mit praktischem Hinweis zum Verwahren des Pferdes oder Abstellen des Pkw des Rechtspflegers Stöber, 21. Aufl. 2016, § 55 ZVG Rz. 3.2. 47 LG Memmingen, Beschl. v. 20.5.2015 – 44 T 510/15, Rpfleger 2015, 720. 48 So aber OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40, 238/78, KTS 1979, 108 = NJW 1979, 1720; LG Oldenburg, Beschl. v. 22.2.1985 – 6 T 94/85, Rpfleger 1985, 311 m. Anm. Schiffhauer; aufgegeben in LG Oldenburg, Beschl. v. 16.8.1990 – 6 T 497/90, Rpfleger 1990, 471. 49 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 11; eingehend Schiffhauer, Rpfleger 1985, 312. 50 Stöber, 21. Aufl. 2016, § 66 ZVG Rz. 3.2. 51 Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 6.
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Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung
Rz. 27 § 37
IV. Aufforderung zur Anmeldung von Rechten am Grundstück (Nr. 4) Bei der Bestimmung des geringsten Gebots werden Rechte am Grundstück von Amts wegen 24 berücksichtigt, wenn sie im Zeitpunkt der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich sind (§ 45 Abs. 1). Es kommt nicht darauf an, ob das Gericht nach den Mitteilungen des Grundbuchamtes von späteren Eintragungen Kenntnis erlangt (§ 19 Abs. 3). Nicht ersichtliche Ansprüche und Rechte sind deshalb zum Verfahren anzumelden.52 § 37 Nr. 4 benennt als spätesten Zeitpunkt der Anmeldung die Aufforderung zur Abgabe von Geboten im jeweiligen Versteigerungstermin. Dies ist insbesondere für die Berücksichtigung im geringsten Gebot nach § 45 Abs. 1 von Bedeutung. Ein nicht rechtzeitig angemeldetes Recht, das im übrigen im geringsten Gebot zu berücksichtigen gewesen wäre, erlischt durch den Zuschlag. Im übrigen erleidet ein Berechtigter bei verspäteter Anmeldung einen Rangverlust nach § 110.53 Anzumelden sind insbesondere die Ansprüche aus § 10 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3, ferner rückständige wiederkehrende Leistungen der Rechte aus § 10 Abs. 1 Nr. 4 (§ 45 Abs. 2) sowie Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung. Anzumelden sind Rangänderungen im Grundbuch eingetragener Rechte nach Eintragung des Versteigerungsvermerks, insbesondere wenn sich die Rangänderungen auf die Bestimmung des geringsten Gebotes auswirkt.54 Im Grundbuch eingetragene Rechte sind anzumelden, wenn die Eintragung nach Eintragung des Versteigerungsvermerks erfolgte, oder, wenn ein im Grundbuch gelöschtes Recht in Wirklichkeit noch besteht. Anzumelden sind auch die Ansprüche eines Grundpfandrechtsgläubigers aus reinem bestehen bleibenden rechtlichen Recht gegenüber den Ersteher nach §§ 53, 54.55
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Zur Berücksichtigung im Versteigerungstermin und bei der Verteilung genügt grundsätzlich die Anmeldung des Rechtes.56 Eine Glaubhaftmachung des nicht grundbuchersichtlichen Rechts oder Anspruchs nach § 294 ZPO ist erforderlich, wenn ein betreibender Gläubiger – nicht notwendig der bestbetreibende Gläubiger – der Anmeldung widerspricht. Dem Widerspruch eines betreibenden Gläubigers gegen die Anmeldung eines jeden nachrangig Rechtes oder Anspruchs fehlt regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis.57 Wird das Recht glaubhaft gemacht, ist es bei der Bestimmung des geringsten Gebots und bei der Verteilung zu berücksichtigen. Beweis über das Bestehen des Rechtes muss nur und erst erbracht werden, wenn gegen den Teilungsplan Widerspruch nach § 115 und Klage nach § 878 ZPO erhoben wird.
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V. Aufforderung zur Geltendmachung entgegenstehender Rechte (Nr. 5) 1. Problemstellung für einen Rechtsinhaber Der Ersteher erwirbt das Versteigerungsobjekt mit dem Zuschlag frei von Rechten Dritter und einschließlich des beschlagnahmten (§ 20 Abs. 2) oder sonst mitversteigerten Zubehörs (§ 55 Abs. 2). Insbesondere hinsichtlich des Zubehörs, das nicht im Eigentum des Grundstückseigentümers steht, und daher nicht nach § 20 Abs. 2 mit § 1120 BGB beschlagnahmt ist, muss dem Berechtigten die Möglichkeit eingeräumt werden, die Versteigerung zu verhindern.58 Gleiches kann gelten, wenn der im Grundbuch eingetragene Vollstreckungsschuldner 52 Aufzählung bei Depré/Bachmann, §§ 37, 38 ZVG Rz. 21. 53 RG, Urt. v. 14.6.1911 – V 549/10, RGZ 76, 379; Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 64; Böttcher, §§ 37, 38 ZVG Rz. 16. 54 Eingehend Stöber/Gojowczyk, § 44 ZVG Rz. 22, 23. 55 Eingehend Steiner/Teufel, §§ 37, 38 Rz. 52 ff.; Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 23 ff.; Böttcher, §§ 37, 38 Rz. 12. 56 Muster bei Stöber, ZVG-Handbuch, Rz. 230. 57 Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 18. 58 Einzelfälle bei Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 74 ff.
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§ 37 Rz. 27 Wesentlicher Inhalt der Terminsbestimmung (§ 17) in Wahrheit nicht Grundstückseigentümer ist und der wahre Grundstückseigentümer auf seinen möglichen Rechtsverlust durch die Zwangsversteigerung hingewiesen werden muss. Gerade in diesem Fall ist wieder die genaue Bezeichnung des Versteigerungsobjektes nach § 37 Nr. 1 von großer Bedeutung. 2. Inhalt der Aufforderung 28
In der Terminsbestimmung ist der Berechtigte auf die Rechtsfolgen der Versteigerung hinzuweisen mit der Aufforderung, spätestens vor Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder einstweilige Einstellung des Verfahrens bezüglich seines Gegenstandes herbeizuführen. Im Unterschied zu Nr. 4 handelt es sich dabei nicht um eine Anmeldung eines Rechtes sondern um die Geltendmachung eines der Versteigerung entgegenstehen Rechtes.
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Die Aufforderung nach § 37 Nr. 5 muss für einen Berechtigten so konkret und erkennbar sein, dass er als vernünftig Denkender hieraus erkennen kann, dass sein Recht durch die Versteigerung betroffen sein könnte.59 Der Zuschlag, der bei mangelhafter Aufforderung erteilt wird, ist nicht lediglich anfechtbar sondern nichtig.60 In aller Regel wird hinsichtlich mitversteigerter beweglicher Gegenstände die allgemeine Aufforderung genügen, wie sie sich aus den bei den Gerichten üblichen Mustertexten ergibt. In besonders gelagerten Fällen, etwa bei Unklarheit über die Bestandteilseigenschaft von Gebäuden, sollte das Gericht jedoch auf besondere Bekanntmachung achten. 3. Einstweilige Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens
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Macht ein Berechtigter sein die Versteigerungshindernisse Recht geltend, kann der betreibende Gläubiger diesbezüglich die einstweilige Einstellung des Verfahrens bewilligen oder den Versteigerungsantrag zurücknehmen (§§ 29, 30).61 Bei mehreren betreibenden Gläubigern, für welche der Versteigerungstermin stattfinden kann, ist die einstweilige Einstellung oder Rücknahme von jedem Gläubiger erforderlich.
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Erfolgt seitens des betreibenden Gläubigers keine entsprechende Bewilligung, hat der Berechtigte durch Vorlage eines Einstellungsbeschluss erstes Prozessgerichts nach § 771 Abs. 3 mit § 769 Abs. 1 ZPO die einstweilige Einstellung der Versteigerung zu erwirken (§ 775 Nr. 2 ZPO).62 In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht auch im Versteigerungstermin eine einstweilige Einstellung nach § 769 Abs. 2 ZPO anordnen.63
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Bei einstweiliger Einstellung der Zwangsversteigerung bleibt die Beschlagnahme bestehen. Die weitere Versteigerung erfolgt, wenn nach Wegfall der einstweiligen Einstellung der betreibende Gläubiger die Fortsetzung des Verfahrens nach § 31 beantragt. Bei einstweiliger Einstellung hinsichtlich eines beweglichen Gegenstandes kann nach Erteilung des Zuschlags betreffend das Grundstück aber keine Versteigerung nur dieses Gegenstandes im Rahmen der Immobiliarvollstreckung erfolgen. Der betreibende Gläubiger hat im Wege der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen den Gegenstand verwerten zu lassen.64 Dies kann auch über § 65 erfolgen.65 59 Depré/Bachmann, §§ 37, 38 ZVG Rz. 30 ff. 60 BGH, Urt. v. 8.11.2013 – V ZR 155/12, BGHZ 199, 31 = NJW 2014, 636 m. Anm. Hasselblatt = NZI 2014, 93 = ZfIR 2014, 155 m. Anm. Becker. 61 Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 25. 62 Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 26; eingehend Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.661 ff.; zur Anfechtbarkeit der Entscheidungen ebenda Rz. 1.669, 683. 63 Eingehend Keller/Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, Rz. 1.673 ff. 64 OLG Hamm, Beschl. v. 26.10.1993 – 15 W 272/93, Rpfleger 1994, 176. 65 Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 30.
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Weitere Angaben in der Terminsbestimmung
Rz. 1 § 38
4. Rechte nach Zuschlagserteilung Wurde das der Vollstreckung entgegenstehende Recht nicht rechtzeitig geltend gemacht, erwirbt der Ersteher den entsprechenden Vermögenswert mit dem Zuschlag. Das Recht des Dritten setzt sich ebenso wie die Rechte am Grundstück kraft der dinglichen Surrogation durch den Zuschlag nach §§ 869, 804 ZPO, § 1247 Satz 2 BGB an Versteigerungserlös fort.66 Hinsichtlich eines mitversteigerten Zubehörgegenstandes hat der Berechtigte Anspruch auf den anteiligen Erlös. Gehörte das versteigerte Grundstück insgesamt nicht dem Vollstreckungsschuldner, hat der wahre Berechtigte Anspruch auf den gesamten Versteigerungserlös.
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Die Geltendmachung des entsprechenden Anteils an Erlös erfolgt durch Anmeldung des Anspruchs im Verteilungstermin und gegebenenfalls durch Widerspruch gegen den Teilungsplan, wenn der Anspruch nicht berücksichtigt wird. Nach bereits erfolgter Verteilung hat der Berechtigte einen Bereicherungsanspruch gegen denjenigen, der auf seine Kosten Zahlung aus dem Erlös erhalten hat.67
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§ 38 [Weitere Angaben in der Terminsbestimmung] (1) Die Terminsbestimmung soll die Angabe des Grundbuchblatts, der Größe und des Verkehrswerts des Grundstücks enthalten. Ist in einem früheren Versteigerungstermin der Zuschlag aus den Gründen des § 74a Abs. 1 oder des § 85a Abs. 1 versagt worden, so soll auch diese Tatsache in der Terminsbestimmung angegeben werden. (2) Das Gericht kann Wertgutachten und Abschätzungen in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt machen. Rz. A. Regelungszweck der Norm und Rechtsgeschichte . . . . . . . . . . . . I. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsgeschichte . . . . . . . . . . . . B. Sollinhalt der Terminsbestimmung I. Angabe des Grundbuchblattes und der Grundstücksgröße . . . . . . . . .
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. . . .
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1 1 3 4
...
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Rz. 9 10
II. Frühere Zuschlagsversagungen . . . . . . . III. Bekanntmachung unrichtiger Angaben . . C. Bekanntmachung des Verkehrswertes und des Verkehrswertgutachtens . . . . . I. Angabe des festgesetzten Verkehrswertes . II. Bekanntmachung des Verkehrswertgutachtens . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Regelungszweck der Norm und Rechtsgeschichte I. Regelungszweck Die Vorschrift bestimmt in Ergänzung zu § 37, welche weiteren Angaben die Terminsbestimmung enthalten soll. Die in § 38 angeführten Angaben gehören nicht zum zwingenden Inhalt der Terminsbestimmung und ihrer öffentlichen Bekanntmachung (eingehend Rz. 4 ff.).
66 Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 31. 67 RG, Urt. v. 12.4.1911 – I IV 384/10, RGZ 76, 212; RG, Urt. v. 28.6.1916 – V 180/16, RGZ 88, 351.
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§ 38 Rz. 2 Weitere Angaben in der Terminsbestimmung 2
Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren. Für die Versteigerung von Schiffsbauwerken ist § 170a Abs. 2 Satz 2 zu beachten. Für die Versteigerung von Bergwerkseigentum und unbeweglichen Bergwerksanteilen sowie Bahneinheiten gilt ergänzend § 2 EGZVG (dazu § 2 EGZVG Rz. 2 ff.).1 Ferner enthält § 6 EGZVG eine Ermächtigung an die Landesjustizverwaltungen zu weiteren Angaben der Terminsbestimmung (dazu § 6 EGZVG Rz. 1).2
II. Rechtsgeschichte 3
Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift wurde geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 18. Februar 1998 (BGBl. I S. 866), ferner durch Art. 10 Nr. 1 und Art. 14 des 1. Justizmodernisierungsgesetzes vom vier 20. August 2004 (BGBl. I, S. 2198), in Kraft getreten am 1. September 2004. Weggefallen ist hierdurch das Erfordernis der Nennung des Grundstückseigentümers in der Terminsbestimmung.3 Durch das 2. Justizmodernisierungsgesetz vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I, S. 3416) ist mit Wirkung vom 1. Februar 2007 Absatz 2 eingefügt worden; als Übergangsregelung war § 186 zu beachten.
B. Sollinhalt der Terminsbestimmung I. Angabe des Grundbuchblattes und der Grundstücksgröße 4
Anzugeben ist das Grundbuchblatt nebst Angabe des Grundbuchbezirkes, in welchem das zu versteigernde Grundstück oder der zu versteigernde Miteigentumsanteile gebucht sind. Gleiches gilt für Wohnungs- und Teileigentum, für selbständiges Gebäudeeigentum in den neuen Bundesländern (dazu § 9a EGZVG) und für das Erbbaurecht oder Wohnungserbbaurecht.
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Ist das Grundstück herrenlos, ist dies anzugeben. Die Angabe des letzten eingetragenen Eigentümers wird vereinzelt gefordert,4 Da die Veröffentlichung des Namens des Eigentümers seit 1. September 2004 aber nicht mehr erfolgen soll, ist dies auch für herrenlose Grundstücke nicht mehr angezeigt.
6
Die Angabe der Grundstücksgröße erfolgt auf Grundlage der Grundbucheintragung und ergänzender Angaben im Verkehrswertgutachten, wenn dieses auf die Eintragung im Liegenschaftskataster und die Flurkarte Bezug nimmt. Die Angabe allein der Grundstücksgröße im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs nimmt nicht am öffentlichen Glauben nach §§ 891, 892 BGB teil,5 ein Ersteher in der Zwangsversteigerung kann sich erst recht nicht auf die angegebene Grundstücksgröße berufen (§ 56 Satz 3), eine unrichtig veröffentliche Grundstücksgröße soll aber Zuschlagsversagungsgrund sein (Rz. 10), ebenso soll eine unrichtig bekanntgemachte Wohnfläche eines Einfamilienhauses zur Zuschlagsversagung führen.6 Der Grenzverlauf nimmt durch Bezugnahme auf die Flurstücksnummer im Bestandsverzeichnis am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil (dazu § 37 Rz. 15).
1 Eingehend auch Dassler u.a./Rellermeyer, § 2 EGZVG Rz. 2 ff., 9 ff. 2 Stöber/Keller, § 6 EGZVG Rz. 2. 3 Zu früheren Regelung Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 28; zum Persönlichkeitsrecht des Eigentümers bereits OLG Zweibrücken, Beschl. v. 21.5.1987 – 3 W 54/87, Rpfleger 1987, 513 = JurBüro 1988, 382. 4 Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 29; Dassler u.a./Hintzen, § 38 ZVG Rz. 2. 5 Umfassend zum öffentlichen Glauben hinsichtlich der Bestandsangaben Staudinger/Gursky, 2013, § 891 BGB Rz. 28 ff., § 892 Rz. 30. 6 LG Rostock, Beschl. v. 23.1.2014 – 3 T 232/13, ZfIR 2014, 534 m. Anm. Traub.
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Weitere Angaben in der Terminsbestimmung
Rz. 10 § 38
Ist das Grundstück nach dem Inhalt des Grundbuchs und den Ermittlungen des Sachverständigen zur Verkehrswertbestimmung in ein Flurbereinigungs-, Sanierungs- oder Umlegungsverfahren eingebracht, sollte dies mit angegeben werden.7
7
Bei der Versteigerung von Wohnungs- oder Teileigentum sollte auf eine auch für die Zwangsversteigerung geltende Verfügungsbeschränkung nach § 12 WEG hingewiesen werden. Gleiches gilt für die Versteigerung eines Erbbaurechtes oder eines Wohnungserbbaurechte hinsichtlich der Eigentümerzustimmung nach §§ 5, 8 ErbbauRG.
8
II. Frühere Zuschlagsversagungen In der Terminsbestimmung ist anzugeben, ob der Zuschlag in einem früheren Termin wegen Nichterreichens der 7/10-Grenze nach § 74a oder Nichterreichens der 5/10-Grenze nach § 85a rechtskräftig versagt worden ist. Dieser Hinweis ist für Bietinteressenten von strategischer Bedeutung, weil diese Wertgrenzen in den weiteren Versteigerungstermin keine Gültigkeit mehr haben (§ 74a Abs. 4, § 85a Abs. 2 Satz 2).
9
III. Bekanntmachung unrichtiger Angaben Die Tatbestände der Terminsbekanntmachung nach § 37 wie auch nach § 38 müssen zutref- 10 fend sein. Die Bekanntmachung objektiv unrichtiger Angaben setzt die Bekanntmachungsfrist des § 43 nicht in Lauf und führt zu einer Zuschlagsversagung nach § 83 Nr. 7.8 Es kann mit der unterlassenen oder unzutreffenden Bekanntmachung von Tatbeständen des § 38 die Wirksamkeit der Terminsbestimmung als solche in Frage gestellt sein, damit auch die Wirksamkeit der Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1, wenn zugleich zwingende Angaben des § 37 missverständlich oder unklar werden.9 Die Veröffentlichung der Terminsbestimmung hat unter anderem die Funktion, im Interesse einer bestmöglichen Verwertung des Grundstücks ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Bietinteressenten soll eine Orientierungshilfe für die Entscheidung an die Hand gegeben werden, ob sie am Verfahren teilnehmen und bis zu welcher Höhe sie Gebote abgeben wollen.10 Angaben in der Terminsbestimmung bieten für Ersteher auch dann eine maßgebliche Orientierungshilfe, wenn diese nicht zu den Pflichtangaben nach § 37 gehören. Bedenkt man, dass der Erwerber in der Regel keine Möglichkeit hat, sich über den tatsächlichen Zustand des Objekts vor der Versteigerung Gewissheit zu verschaffen, der Versteigerungsgegenstand gewährleistungsfrei zugeschlagen wird (§ 56 Satz 3) und das Gebot nicht der Anfechtung wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft (§ 119 Abs. 2 BGB) unterliegt,11 kommt den Angaben in der Terminsbestimmung eine hervorgehobene Bedeutung auch dann zu, wenn diese „nur“ den von § 38 vorgegebenen Sollinhalt betreffen.12 Insbesondere die Angabe des Grundbuchblattes nach § 38 Abs. 1 korrespondiert mit der nach § 37 Nr. 1 zwingend erforderlichen Grundstücksbezeichnung, so 7 Steiner/Teufel, §§ 37, 38 ZVG Rz. 18, 19; Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 52. 8 BGH, Beschl. v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, Rpfleger 2008, 588 = NJW-RR 2008, 1741 = ZfIR 2008, 687 m. Anm. Böttcher; BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, Rpfleger 2011, 173; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.12.1992 – 18a W 30/92, Rpfleger 1993, 256; Stöber/Keller, § 6 EGZVG Rz. 2; Böttcher, §§ 37, 38 ZVG Rz. 27; Dassler u.a./Hintzen, § 37 ZVG Rz. 3, § 43 ZVG Rz. 12. 9 BGH, Beschl. v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, Rpfleger 2008, 588 = NJW-RR 2008, 1741 = ZfIR 2008, 687 m. Anm. Böttcher. 10 BGH, Beschl. v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, Rpfleger 2008, 588 = NJW-RR 2008, 1741 = ZfIR 2008, 687 m. Anm. Böttcher; BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, Rpfleger 2011, 173, Begründung Rz. 7. 11 BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 44/07, NJW-RR 2008, 222. 12 So wörtlich BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, Rpfleger 2011, 173, Begründung Rz. 7.
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§ 38 Rz. 10 Weitere Angaben in der Terminsbestimmung dass diese Angaben nicht getrennt voneinander betrachtet werden können (eingehend § 37 Rz. 4). 11
Im Sachverhalt des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 30. September 201013 veröffentlichte das Gericht bei der Versteigerung eines Wohnungseigentums dieses als „4-ZimmerWohnung mit 91,36 m2“, tatsächlich handelte es sich um eine Wohnung mit knapp 50 m2 Größe. Der Bundesgerichtshof sah in dieser Veröffentlichung eine gravierende Irreführung des Bieterkreises. Auch wenn es sich bei § 38 nur um Sollbestandteile der Terminsbestimmung und Veröffentlichung handelt, darf die durch diese Angaben gegebene Orientierungshilfe nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden, dass irreführende, unzutreffende oder nach Aktenlage zumindest erheblichen Zweifeln unterliegende Angaben über das Versteigerungsobjekt gemacht werden, die für die Entschließung eines verständigen Bietinteressenten von wesentlicher Bedeutung sind.14 Zur Grundstücksbezeichnung nach § 37 Nr. 1 lässt es der Bundesgerichtshof aber genügen, wenn ein Grundstück als „mit einem Einfamilienhaus bebaut“ bezeichnet wird, auch wenn einige Räume als Ingenieurbüro genutzt werden.15
C. Bekanntmachung des Verkehrswertes und des Verkehrswertgutachtens I. Angabe des festgesetzten Verkehrswertes 12
Die Angabe des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Verkehrswertes ist für Bietinteressenten von großer Bedeutung, sie soll bereits nach Abs. 1 Satz 1 erfolgen. Im ersten Versteigerungstermin ist sie von Bedeutung für die Beachtung der 5/10- und der 7/10-Grenze nach §§ 85a, 74a. In einem weiteren Versteigerungstermin, bei welchem die Grenzen nicht mehr gelten, ist sie als Orientierungshilfe für das mögliche Bietverhalten von Bedeutung.16 Wird im Laufe des Verfahrens der Verkehrswert geändert und neu festgesetzt, ist der geänderte Verkehrswert in der Terminsbestimmung anzugeben.17 Nur die Angabe des aktuell zutreffend festgesetzten Verkehrswertes in der Terminsbestimmung setzt auch die Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1 in Lauf. Daher ist ein bereits anberaumte Versteigerungstermin abzusetzen, wenn nach der Bekanntmachung einzelne (schuldnerfremde) Zubehörstücke durch den betreibenden Gläubiger freigegeben werden und sich dadurch der Verkehrswert insgesamt ändert.18 Es sollte deshalb tunlichst vermieden werden, zwischen Bekanntmachung und Versteigerungstermin den Verkehrswert neu festzusetzen.19
II. Bekanntmachung des Verkehrswertgutachtens 13
Nach § 39 Abs. 1 kann die öffentliche Bekanntmachung in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem (Internet) erfolgen (§ 39 Rz. 6). Dem folgt Absatz 2, wonach das Verkehrswertgutachten, auf Grund dessen die Wertfestsetzung erfolgt ist, mit veröffentlicht werden kann. Technisch erfolgt die Veröffentlichung durch Einstellung einer oder Verlinkung zu einer sogenannten pdf-Datei. 13 14 15 16
BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, Rpfleger 2011, 173. BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, Rpfleger 2011, 173, Begründung Rz. 7. BGH, Beschl. v. 29.9.2011 – V ZB 65/11, Rpfleger 2012, 93 = NJW-RR 2012, 134. So wohl auch Dassler u.a./Hintzen, § 38 ZVG Rz. 8; einschränkend BGH, Beschl. v. 10.10.2003 – IXa ZB 128/03, Rpfleger 2004, 172 = NJW-RR 2004, 302, bezüglich des Rechtsschutzbedürfnisses für einen Antrag auf Änderung des Verkehrswertes, wenn die Wertgrenzen bereits gefallen sind. 17 BGH, Beschl. v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, Rpfleger 2008, 588 = NJW-RR 2008, 1741 = ZfIR 2008, 687 m. Anm. Böttcher. 18 LG Rostock, Beschl. v. 24.3.2011 – 3 T 343/10, Rpfleger 2011, 625. 19 Dazu auch Böttcher, §§ 37, 38 ZVG Rz. 28.
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Weitere Angaben in der Terminsbestimmung
Rz. 15 § 38
Rechtlich ist die Veröffentlichung des Verkehrswertgutachtens mit zahlreichen ungelösten Fra- 14 gen belastet, weshalb § 38 Abs. 2 nur sehr vorsichtig angewendet werden sollte. Ungeklärt sind insbesondere das Urheberrecht des Sachverständigen an seinem Gutachten sowie mögliche Rechte an in dem Gutachten verwendeten Karten, Plänen oder Bildern.20 § 45 Abs. 2 UrhG bietet hierfür keine ausreichende Rechtsgrundlage. Auch sind die Persönlichkeitsrechte der in dem Gutachten namentlich genannten Eigentümer, Mieter oder sonstigen Nutzern des Versteigerungsobjektes zu beachten.21 Wenn nämlich nach § 38 Abs. 1 der Name des Eigentümers nicht mehr veröffentlicht wird, sollte er auch nicht über das Verkehrswertgutachten sichtlich sein; erst recht gilt das für Mieter. Bei der Veröffentlichung des Verkehrswertgutachtens müsste auch sichergestellt sein, dass dieses technisch nicht manipuliert werden kann; der Kennwortschutz, der für pdf-Dateien eingerichtet werden kann, kann auch „geknackt“ werden. Es müsste zuletzt sichergestellt werden, dass das Verkehrswertgutachten nicht zu verfahrensfremden Zwecken verwendet wird. Daher ist die Möglichkeit, das Gutachten aus der Veröffentlichung auf den eigenen Rechner zu laden (download), bedenklich. Technisch könnte zwar die pdf-Datei nur in Ansichtsmodus auf der Internetseite angezeigt werden, selbst dann könnte es aber abschnittsweise durch so genannte „Screen-Shots“ kopiert werden. In diesem Zusammenhang steht die Frage, ob mögliche Bietinteressenten ein berechtigtes Interesse daran haben, überhaupt ein Verkehrswertgutachten zu erhalten. Es mag für den Erfolg der Zwangsversteigerung sinnvoll sein, ein Verkehrswertgutachten zugänglich zu machen, da der festgesetzte Verkehrswert durch das Gutachten verifiziert wird. Der Verkehrswert bildet dann einen wichtigen Ansatzpunkt für den Entschluss, an einer Versteigerung als Bieter teilzunehmen. Ein Anspruch auf Herausgabe eines Gutachtens ergibt sich hieraus aber nicht. Auch beim rechtsgeschäftlichen Immobilienerwerb liegt nicht immer ein Verkehrswertgutachten vor. Der interessierte Käufer kann sich auch über Verkaufsportale im Internet einen Überblick über eine Marktsituation verschaffen, und nicht jedes Versteigerungsobjekt ist eine Problemimmobilie, deren Wert auch bei freihändiger Veräußerung zunächst sachkundig ermittelt werden müsste. Allerdings können beim Erwerb im Rahmen der Zwangsversteigerung keine Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden (§ 56 Satz 3), weshalb ein Bieter ein erhöhtes Interesse am Nachweis des tatsächlichen Zustands haben kann. Es besteht daher durchaus ein Interesse an der Einsicht in ein Verkehrswertgutachten, es besteht aber kein Anspruch darauf.
14a
Die rechtlich ungelösten Fragen der Veröffentlichung des Verkehrswertgutachtens könnten vordergründig dadurch gelöst werden, dass der Sachverständige in die Veröffentlichung und Nutzung seines Gutachtens einwilligt. Eine solche Einwilligung wäre aber nicht ganz freiwillig, wenn der Gutachter die Befürchtung haben muss, bei einer Ablehnung künftig nicht mehr beauftragt zu werden. Es ist daher seitens des Gerichts die sicherste Form der Veröffentlichung zu wählen:22 Veröffentlichung nur auf der amtlichen Internetseite, als pdf-Datei nur im Ansichtsmodus kennwortgeschützt; keine Zurverfügungstellung an Dienstleister; Veröffentlichung ohne personenbezogene Daten von Schuldner oder Mieter; keine Fotos mit erkennbaren Gesichtern oder auch Kfz-Kennzeichen.
15
20 Eingehend Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 205 ff. 21 Stöber/Gojowczyk, § 38 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 38 ZVG Rz. 11. 22 Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 207.
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§ 39 Rz. 1 Bekanntmachung der Terminsbestimmung
§ 39 [Bekanntmachung der Terminsbestimmung] (1) Die Terminsbestimmung muß durch einmalige Einrückung in das für Bekanntmachungen des Gerichts bestimmte Blatt oder in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekanntgemacht werden. (2) Hat das Grundstück nur einen geringen Wert, so kann das Gericht anordnen, daß die Einrückung oder Veröffentlichung nach Absatz 1 unterbleibt; in diesem Fall muß die Bekanntmachung dadurch erfolgen, daß die Terminsbestimmung in der Gemeinde, in deren Bezirk das Grundstück belegen ist, an die für amtliche Bekanntmachungen bestimmte Stelle angeheftet wird.
A. Regelungszweck der Norm . . . . . B. Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . C. Bekanntmachungsorgan . . . . . . I. Internet oder Amtsblatt . . . . . . . II. Wirksamkeitszeitpunkt . . . . . . .
.... . . . .
. . . .
. . . .
Rz. 1
. 4 . 6 . 6 . 10
III. Dokumentation der Bekanntmachung D. Bekanntmachung bei Grundstücken von geringem Wert . . . . . . . . . . . . I. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . II. Anheftung am Gemeindetafel . . . . . E. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . . 11 . . . .
. . . .
12 12 14 15
A. Regelungszweck der Norm 1
Die Vorschrift regelt im Zusammenwirken mit §§ 40 und 41 die Bekanntmachung der Terminsbestimmung. Der Versteigerungstermin soll einem möglichst breiten Interessentenkreis bekanntgemacht werden.1 Dazu gehört es auch, ähnlich wie bei gewerblichen Immobilienanzeigen in Zeitungen, bei einer bislang vielleicht nicht interessierten Öffentlichkeit, Interesse zu wecken. Die öffentliche Bekanntmachung dient damit nicht lediglich der Information der nach § 9 Beteiligten, hierfür würde § 41 genügen. Die möglichst breite Veröffentlichung der Terminsbestimmung dient auch den Interessen des Schuldners, dessen Name nach § 38 Abs. 1 nicht mehr veröffentlich wird (dazu § 38 Rz. 3), da mit breitem Kreis der Bietinteressenten ein besserer Erlös und damit höhere Schuldbefreiung erwartet werden kann. Dass nunmehr vorrangig im Internet als amtlichem Verkündungsblatt veröffentlicht werden soll, steht dem nicht entgegen.2
2
Die Veröffentlichung dient auch dem Zweck, Berechtigte nach § 37 Nrn. 4 und 5 zur Anmeldung und Wahrung ihrer Rechte aufzufordern. Hierfür soll es ausreichend sein, wenn bei der Veröffentlichung im Internet (www.justiz.de und www.zvg-portal.de) die Aufforderungen durch einen Link hinterlegt sind, den der Nutzer durch Anklicken öffnen kann und muss.3
3
Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten. Sie wird ergänzt durch §§ 2 und 7 EGZVG.
1 Steiner/Teufel, § 39 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 39 ZVG Rz. 1. 2 Stöber/Gojowczyk, § 39 ZVG Rz. 7. 3 BGH, Beschl. v. 3.4.2014 – V ZB 41/13, NJW-RR 2014, 955 = Rpfleger 2014, 531 = ZfIR 2014, 603 m. krit. Anm. Strauß; kritisch auch Böttcher, §§ 39, 40 ZVG Rz. 2.
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Bekanntmachung der Terminsbestimmung
Rz. 9 § 39
B. Inhalt der öffentlichen Bekanntmachung Zu veröffentlichen ist der gesamte nach §§ 37 und 38 vorgeschriebene Inhalt der Terminsbestimmung. Auch der Hinweis nach § 38 Abs. 1 Satz 2 ist zu veröffentlichen. Inhaltlich muss die Veröffentlichung mit der Zustellung nach § 41 übereinstimmen. Selbstverständlich erfüllt nur eine vollständige und inhaltlich richtige Veröffentlichung die Anforderung an § 43 Abs. 1. Eine unvollständige oder unrichtige Veröffentlichung ist daher Zuschlagsversagungsgrund.
4
Anzugeben ist selbstverständlich das Amtsgericht, auch das Datum der Terminsbestimmung (Beschluss nach § 36) sollte angegeben werden. Der Name des zuständigen Rechtspflegers muss nicht angegeben werden. Es kann aber hilfreich sein, die Telephonnummer der Geschäftsstelle oder auch des zuständigen Rechtspflegers für Rückfragen anzugeben. Die Gefahr einer Überhäufung mit sinnlosen Anfragen ist erfahrungsgemäß gering. Der Informationsgewinn eines tatsächlich Interessierten, der etwa genaueres zur Frage der Sicherheitsleistung erfahren will oder den Hinweis nach § 38 Abs. 1 Satz 2 auf § 74a Abs. 4 nicht versteht, kann dagegen groß sein.
5
C. Bekanntmachungsorgan I. Internet oder Amtsblatt Durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22. März 20054 wurde die Möglichkeit geschaffen, statt der Veröffentlichung im Amtsblatt alternativ im Internet die Terminsbestimmung zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt demnach nur in einem der genannten Organe. Welches Veröffentlichungsorgan maßgebend ist, bestimmt das Landesrecht; es genügt eine Verwaltungsverfügung, Regelung durch Rechtsverordnung ist nicht erforderlich.5 Die Entscheidung liegt nicht beim Leiter des Amtsgerichts oder beim Vollstreckungsgericht.
6
Die Gefahr, dass bei einer Veröffentlichung im Internet die interessierte Öffentlichkeit nur un- 7 zureichend Kenntnis von dem Versteigerungstermin erlangt, besteht praktisch nicht.6 Es unterhalten zahlreiche Dienstleister entsprechende Internetseiten mit Suchmaschinen, die von Erwerbsinteressenten durchaus regelmäßig genutzt werden. Gleichwohl ist es empfehlenswert, die Terminsbestimmung nach § 40 Abs. 2 zusätzlich in der örtlichen Tageszeitung zu veröffentlichen.7
8
Die Kosten der Veröffentlichung gehören zu den gerichtlichen Auslagen, die als gerichtliche Kosten nach § 109 zu berichtigen sind. Für die Internetveröffentlichung fällt eine Pauschale von 1,00 Euro an, für die Veröffentlichung im Amtsblatt die jeweiligen Anzeigenkosten (KV GKG 9004 Nr. 1 und 2).
9
4 Art. 15a, 16 des Gesetzes über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz v. 22.3.2005 (BGBl. I, S. 837). 5 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 94/08, NJW 2008, 3708 = Rpfleger 2009, 99; Stöber/Gojowczyk, § 39 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 39 ZVG Rz. 3. 6 BT-Drucks. 15/4067, S. 62; BGH, Beschl. v. 3.4.2014 – V ZB 41/13, NJW-RR 2014, 955 = Rpfleger 2014, 531 = ZfIR 2014, 603 m. krit. Anm. Strauß; vorsichtig auch noch BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 94/08, NJW 2008, 3708 = Rpfleger 2009, 99. 7 Stöber/Gojowczyk, § 39 ZVG Rz. 7 am Ende.
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§ 39 Rz. 10 Bekanntmachung der Terminsbestimmung
II. Wirksamkeitszeitpunkt 10
Der Wirksamkeitszeitpunkt der Veröffentlichung kann im Einzelfall entscheidend sein für die Einhaltung der Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1. Maßgebend ist beim Amtsblatt der Tag der tatsächlichen Ausgabe, nicht unbedingt das gedruckte Erscheinungsdatum.8 Bei der Veröffentlichung im Internet ist der Tag maßgebend, zu welchem der Text vollständig aufgerufen und eingesehen werden kann. Je nach Provider muss das nicht der Tag sein, zu welchem das Gericht die Veröffentlichung einstellt.
III. Dokumentation der Bekanntmachung 11
Das Gericht hat einen Beleg der Veröffentlichung mit einem Vermerk über den maßgeblichen Zeitpunkt zu den Akten zu nehmen.9
D. Bekanntmachung bei Grundstücken von geringem Wert I. Voraussetzungen 12
Eine erleichterte Veröffentlichung sieht § 39 Abs. 2 für Grundstücke von geringem Wert vor. Die Bekanntmachung kann durch Aushang an der Gemeindetafel erfolgen. Die Vorschrift ist antiquiert. Die Vorstellung, Interessenten würden den Aushang an der Gemeindetafel lesen, um Kenntnis von der Versteigerung zu erlangen, mag allenfalls noch im ländlichen Raum zutreffen, wenn beispielsweise landwirtschaftliche Nutzflächen versteigert werden. Der Zweck der Regelung, bei geringwertigen Grundstücken Kosten zu sparen, kann auch durch Internetveröffentlichung erreicht werden.
13
Tatbestandsvoraussetzung des § 39 Abs. 2 ist, dass das zu versteigernde Grundstück objektiv geringen Wert hat. Dies steht nicht im Ermessen des Vollstreckungsgerichts.10 Maßgebend ist, ob die Kosten der Veröffentlichung im Amtsblatt einen wesentlichen Teil des zu erwartenden Erlöses ausmachen. Die Kosten einer Veröffentlichung nach § 40 Abs. 2 bleiben außer Betracht, da diese Veröffentlichung ohnehin nur fakultativ ist. Das Ermessen des Gerichts beschränkt sich darauf, bei einem Grundstück mit geringem Wert statt der Veröffentlichung nach Absatz 1 diejenige nach Abs. 2 zu wählen. Wählt aber das Gericht die Veröffentlichung nach Absatz 2, obwohl objektiv keine Geringwertigkeit des Grundstücks gegeben ist, liegt keine ordnungsgemäße Veröffentlichung vor und ein möglicher Zuschlag wäre wegen Verletzung des § 43 Abs. 1 zu versagen. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit der kostengünstigen Internetveröffentlichung sollte deshalb von Absatz 2 des § 39 nur noch in wenigen Ausnahmefällen, etwa der landwirtschaftlichen Nutzfläche, Gebrauch gemacht werden.
II. Anheftung am Gemeindetafel 14
Anheftung an die Gerichtstafel erfolgt dadurch, dass die Gemeinde ersucht wird, die Bekanntmachung des Gerichts anzuheften und diese es tut. Das Ersuchen muss so rechtzeitig
8 Zur Veröffentlichung in Konkurs-/Insolvenzverfahren BGH, Urt. v. 19.11.1992 – IX ZR 78/92, KTS 1993, 415 = NJW-RR 1993, 255. 9 Steiner/Teufel, § 39 ZVG Rz. 7; Stöber/Gojowczyk, § 39 ZVG Rz. 9. 10 Steiner/Teufel, § 39 ZVG Rz. 17; Böttcher, §§ 39, 40 Rz. 3; begrifflich anders Stöber/Gojowczyk, § 39 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 39 ZVG Rz. 6.
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Anheftung an die Gerichtstafel
Rz. 2 § 40
gestellt sein, dass § 43 Abs. 1 eingehalten wird. Der Aushang sollte bis zum Terminstag erfolgen.11 Die Gemeinde hat zu bescheinigen, wann die Bekanntmachung angeheftet worden ist.
E. Rechtsbehelfe Die unrichtige Veröffentlichung nach § 39 ist mit Zuschlagsbeschwerde mit § 83 Nr. 7 zu rügen. Die Anordnung nach § 39 Abs. 2 kann mit Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO angefochten werden. Dies ist aber nur möglich, soweit die ordnungsgemäße Veröffentlichung für den bestimmten Termin noch nachgeholt werden kann. Ansonsten muss das Gericht den Termin absetzen und einen neuen Termin bestimmen und ordnungsgemäß veröffentlichen. Nach der Versteigerung ist die unrichtige Veröffentlichung nach § 39 Abs. 2 mit der Zuschlagsbeschwerde angreifbar.
15
§ 40 [Anheftung an die Gerichtstafel] (1) Die Terminsbestimmung soll an die Gerichtstafel angeheftet werden. Ist das Gericht nach § 2 Abs. 2 zum Vollstreckungsgericht bestellt, so soll die Anheftung auch bei den übrigen Gerichten bewirkt werden. Wird der Termin nach § 39 Abs. 1 durch Veröffentlichung in einem für das Gericht bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem öffentlich bekannt gemacht, so kann die Anheftung an die Gerichtstafel unterbleiben. (2) Das Gericht ist befugt, noch andere und wiederholte Veröffentlichungen zu veranlassen; bei der Ausübung dieser Befugnis ist insbesondere auf den Ortsgebrauch Rücksicht zu nehmen.
A. B. I. II.
Regelungszweck der Norm . . . . . . . Anheftung an die Gerichtstafel . . . . Inhalt und Ort der Bekanntmachung . Dokumentation der Bekanntmachung
. . . .
. . . .
Rz. 1 3 3 5
III. Absehen von einer Anheftung . . . . . . . C. Andere und wiederholte Veröffentlichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 6 7
A. Regelungszweck der Norm Die Vorschrift ergänzt § 39. Im Gegensatz zu dieser ist sie Ordnungsvorschrift, ihre Nichtbeachtung führt nicht zu einer unrichtigen Bekanntmachung und ist kein Zuschlagsversagungsgrund. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren.
1
Absatz 1 Satz 3 wurde eingefügt durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22. März 2005.1 Die Anheftung an die Gerichtstafel ist nicht zu verwechseln mit derjenigen an die Gemeindetafel nach § 39 Abs. 2. Nach wie vor lesen Bietinteressenten die Aushänge des Gerichts, die Anheftung an die Gerichtstafel hat nicht lediglich historische Bedeutung.
2
11 Steiner/Teufel, § 39 ZVG Rz. 24. 1 Art. 15a, 16 des Gesetzes über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz v. 22.3.2005 (BGBl. I, S. 837).
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§ 40 Rz. 3 Anheftung an die Gerichtstafel
B. Anheftung an die Gerichtstafel I. Inhalt und Ort der Bekanntmachung 3
Die Terminsbestimmung ist mit dem vollständigen Inhalt der §§ 37 und 28 an die Gerichtstafel anzuheften. Die Anheftung hat neben der Bekanntmachung nach § 39 zu erfolgen, sie ersetzt nicht die Anheftung an die Gemeindetafel nach dessen Absatz 2.
4
Sind die zu versteigernden Grundstücke in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken belegen (§ 2 Abs. 2), ist die Terminsbestimmung bei allen Amtsgerichten anzuheften. Das soll auch gelten, wenn nach § 1 Abs. 2 durch Landesrecht ein Amtsgericht zum Versteigerungsgericht für die Bezirke mehrere Amtsgerichte bestimmt worden ist.2
II. Dokumentation der Bekanntmachung 5
Die Anheftung wird durch die Geschäftsstelle des Gerichts bewirkt. Sie hat Anheftung und Abnahme aktenkundig zu machen.3
III. Absehen von einer Anheftung 6
Sieht das Landesrecht die Veröffentlichung im Internet statt derjenigen im Amtsblatt vor (§ 39 Abs. 1), kann nach Absatz 1 Satz 3 die Anheftung an die Gerichtstafel unterbleiben. Die Entscheidung hierüber liegt im Ermessen des Vollstreckungsgerichts.4 Da die Anheftung an die Gerichtstafel nicht schadet und kostenfrei ist, wird man von ihr nicht absehen müssen.
C. Andere und wiederholte Veröffentlichungen 7
Um den Zweck der öffentlichen Bekanntmachung nach § 39 zu verstärken und auch für den Schuldner ein möglichst gutes Versteigerungsergebnis zu erzielen, lässt Absatz 2 andere und wiederholte Veröffentlichungen durch das Gericht zu. Das Gericht kann deshalb in jedem Einzelfall eine Veröffentlichung auch in anderen Blättern anordnen und dies auch mehrfach veranlassen. In Betracht kommen wesentlich Veröffentlichungen in regionalen oder überregionalen Tageszeitungen.5
8
Das Gericht ist bei der Veröffentlichung nach § 40 Abs. 2 nicht an den Inhalt nach §§ 37 und 38 gebunden. Es kann einen freien Veröffentlichungstext wählen, gleichsam Annoncen schalten.6 Freilich müssen die Angaben zu Zeit und Ort der Versteigerung zutreffend sein.7
9
Die Kosten der Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 2 gehören zu den nach § 109 zu berichtigenden Kosten des Verfahrens. Das Gericht wird bei seiner Entscheidung zu weiteren Veröffentlichungen daher eine Verhältnismäßigkeit der Kosten zum voraussichtlichen Erfolg der Versteigerung prüfen.
2 Steiner/Teufel, § 40 ZVG Rz. 4; Stöber/Gojowczyk, § 40 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 40 ZVG Rz. 4. 3 Dassler u.a./Hintzen, § 40 ZVG Rz. 5. 4 Stöber/Gojowczyk, § 40 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 40 ZVG Rz. 6. 5 Stöber/Gojowczyk, § 40 ZVG Rz. 6. 6 Stöber/Gojowczyk, § 40 ZVG Rz. 8. 7 Steiner/Teufel, § 40 ZVG Rz. 6.
470
Keller
Zustellung der Terminsbestimmung an die Beteiligten
Rz. 3 § 41
Nicht zu § 40 Abs. 2 gehören Anzeigen und Veröffentlichungen der betreibenden Gläubiger, insbesondere der Banken oder ihnen zuzurechnender Immobilienmakler. Für solche gewerblichen Anzeigen der Versteigerung, auch oft mit Angabe einer Kontaktadresse des Sachbearbeiters, sind allein die Urheber verantwortlich. Zu den Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 gehören sie nicht.8
10
§ 41 [Zustellung der Terminsbestimmung an die Beteiligten] (1) Die Terminsbestimmung ist den Beteiligten zuzustellen. (2) Im Laufe der vierten Woche vor dem Termin soll den Beteiligten mitgeteilt werden, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt. (3) Als Beteiligte gelten auch diejenigen, welche das angemeldete Recht noch glaubhaft zu machen haben.
A. B. I. II. III. C. I.
Regelungszweck der Norm . . . . Zustellung an Beteiligte . . . . . Der Kreis der Beteiligten . . . . . . Zustellung von Amts wegen . . . Frist der Zustellung . . . . . . . . . Die Mitteilung nach „41 Abs. 2“ Zweck der Mitteilung . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
Rz. . 1 . 4 . 4 . 8 . 9 . 12 . 12
II. III. IV. V. D. E.
Adressaten der Mitteilung . . . . . . . . Inhalt der Mitteilung . . . . . . . . . . . Form der Mitteilung . . . . . . . . . . . Verletzung des Absatzes 2 . . . . . . . . Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Mitteilungen der Terminsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
Rz. 13 16 19 20 23
. . 25
A. Regelungszweck der Norm Die Vorschrift regelt über das Erfordernis der öffentlichen Bekanntmachung der Terminsbestimmung deren Zustellung an die Beteiligten des Verfahrens. Die öffentliche Bekanntmachung ersetzt anders als etwa im Insolvenzverfahren (§ 9 Abs. 3 InsO) die Zustellung im Einzelfall nicht. Anders als im Insolvenzverfahren ist die Zahl der Beteiligten des Zwangsversteigerungsverfahrens begrenzt, so dass die Zustellung dem Gericht zumutbar ist.
1
Die Zustellung der Terminsbestimmung, vor allem aber die Mitteilung nach Absatz 2 der Vorschrift soll allen Beteiligten eine ausreichende Vorbereitung auf den Versteigerungstermin ermöglichen. Insbesondere soll ein Berechtigter am Grundstück seine Befriedigungsaussichten und die hierfür notwendige Höhe eines Meistgebotes berechnen können.
2
Zweck der Vorschrift ist es nicht, den Beteiligten Kenntnisse im Hinblick auf einen möglichen Erwerb des Versteigerungsobjekts zu verschaffen. Hat das Versteigerungsgericht gegen § 41 verstoßen, kann ein Beteiligter deshalb keinen Ansprüche mit der Begründung geltend machen, er habe selbst das Objekt ersteigen wollen.1
3
8 Zweifelnd Steiner/Teufel, § 40 ZVG Rz. 8. 1 Stöber/Gojowczyk, § 41 ZVG Rz. 2.
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471
§ 41 Rz. 4 Zustellung der Terminsbestimmung an die Beteiligten
B. Zustellung an Beteiligte I. Der Kreis der Beteiligten 4
Die Terminsbestimmung ist nach § 41 Abs. 1 zwingend allen Beteiligten zuzustellen. Als Beteiligte gelten diejenigen, deren Verfahrensbeteiligung nach § 9 bereits feststeht, aber auch diejenigen, welche ihre Beteiligtenstellung bereits angemeldet haben, diese aber gegebenenfalls noch glaubhaft zu machen haben (§ 41 Abs. 3; „fiktive Beteiligte“).2 Hierzu gehören allgemein Beteiligte im Sinne des § 9 Nr. 2, beispielsweise aber auch ein Berechtigter, der nach § 45 Abs. 1 im geringsten Gebot berücksichtigt werden will, sein Recht aber noch nicht glaubhaft gemacht hat.
5
Bei der Versteigerung von Wohnungs- oder Teileigentum kann die Terminsbestimmung an den Verwalter des Gemeinschaftseigentum als Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft zugestellt werden (§ 10 Abs. 6, § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG).3 Ist der Verwalter selbst betreibender Gläubiger oder besteht sonst Interessenkollision, soll in entsprechender Anwendung des § 178 Abs. 2 ZPO eine Zustellung an ihn nicht erfolgen.4 Es ist dann an jeden Miteigentümer zuzustellen.
6
Bei der Versteigerung von selbständigem Gebäudeeigentum in den neuen Bundesländern ist der Grundstückseigentümer Beteiligter,5 gleiches gilt umgekehrt bei der Versteigerung des Grundstücks für den Gebäudeeigentümer. Der Besitzberechtigte eines Grundstücks in den neuen Bundesländern (Art. 233 § 2a EGBGB) ist mit seinen möglichen Ansprüchen aus dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz Beteiligter des Verfahrens, soweit sein Recht durch Vermerk nach Art. 233 § 2c Abs. 2 EGBGB im Grundbuch eingetragen ist, im Übrigen nach § 9 Nr. 2. Der Restitutionsberechtigte nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen ist Beteiligter nach § 3b Abs. 2 VermG (vgl. zum Ganzen die Kommentierung zu § 9a EGZVG).
7
Bei Insolvenz des Grundstückseigentümers ist an dessen Stelle der Insolvenzverwalter Beteiligter des Zwangsversteigerungsverfahrens. Eine Zustellung sowohl an den Insolvenzverwalter als auch an den Schuldner persönlich ist aber empfehlenswert, da nicht selten der Insolvenzverwalter das Grundstück gerade wegen der Zwangsversteigerung aus der Insolvenzmasse freigibt und dann der Schuldner selbst wieder Beteiligter des Verfahrens ist.6
II. Zustellung von Amts wegen 8
Die Zustellung der Terminsbestimmung erfolgt von Amts wegen (§§ 3 ff.). Wird ein Beteiligter anwaltlich vertreten, gilt § 172 ZPO.7 Zustellungsmängel sind allgemein nach § 189 ZPO heilbar.
III. Frist der Zustellung 9
Die Zustellung der Terminsbestimmung hatte allgemein so rechtzeitig zu erfolgen, dass die Frist des § 43 Abs. 2 eingehalten wird. 2 Steiner/Teufel, § 41 ZVG Rz. 1. 3 Stöber/Gojowczyk, § 41 ZVG Rz. 2; allgemein zur passiven Stellvertretung des WEG-Verwalters BGH, Urt. v. 25.9.1980 – VII ZR 276/79, BGHZ 78, 166 = NJW 1981, 282 m. abl. Anm. Kellermann = Rpfleger 1981, 97. 4 BayObLG, Urt. v. 9.8.1989 – 2 Z 60/89, NJW-RR 1989, 1168; Stöber/Gojowczyk, § 41 ZVG Rz. 9. 5 Stöber/Keller, § 9 Rz. 63; Keller, Rpfleger 1992, 501. 6 Stöber/Gojowczyk, § 41 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 41 ZVG Rz. 4. 7 LG Krefeld, Beschl. v. 20.10.1986 – 6 T 298/86, Rpfleger 1987, 167.
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Zustellung der Terminsbestimmung an die Beteiligten
Rz. 16 § 41
Bei Verlegung eines Versteigerungstermins, ist die neue Terminsbestimmung mit der Frist des § 43 Abs. 2 für den neuen Termin erneut zuzustellen.
10
Tritt nach Vornahme der Zustellungen ein weiterer Beteiligter zu dem Verfahren hinzu, ist die Terminsbestimmung auch an ihn zuzustellen; die Frist des § 43 Abs. 2 ist für ihn freilich nicht gewahrt.8 Die Terminsbestimmung soll aber wenigstens bis zum Terminstag zugestellt werden.9 Eine Verlegung oder Vertagung des bereits anberaumten Versteigerungstermins wegen eines später hinzugetretenen Beteiligten ist keinesfalls angezeigt.10
11
C. Die Mitteilung nach „41 Abs. 2“ I. Zweck der Mitteilung Im Laufe der vierten Woche vor dem Versteigerungstermin soll an die Beteiligten die Mitteilung nach § 41 Abs. 2 ergeben. Zweck der Mitteilung ist es noch konkreter als bei der Zustellung der Terminsbestimmung allgemein, den Beteiligten eine angemessene Vorbereitung auf den Versteigerungstermin zu ermöglichen.
12
II. Adressaten der Mitteilung Die Mitteilung ergeht an alle Beteiligten des Zwangsversteigerungsverfahrens, auch an die „fiktiven Beteiligten“ nach § 41 Abs. 3. An Beteiligte, die nach Absenden der Mitteilung dem Verfahren hinzutreten, kann die Mitteilung nachträglich übersandt werden.
13
Die Mitteilung nach § 41 Abs. 2 ergeht auch an den Schuldner und den betreibenden Gläubiger.
14
Ob auch ein Gläubiger, dessen Verfahren einstweilen eingestellt ist, die Mitteilung erhalten soll, ist streitig. Verneint wird dies mit dem Argument, dass dieser Gläubiger auch bei Fortsetzung des Verfahrens wegen § 44 Abs. 2 keinen Einfluss mehr auf die Bildung des geringsten Gebots im Versteigerungstermin haben kann.11 Andererseits soll aber auch er sich angemessen auf den Versteigerungstermin vorbereiten können. Es ist deshalb empfehlenswert, die Mitteilung auch ihm zukommen zu lassen.12 Zuzugestehen ist, dass es nicht Zweck des § 41 Abs. 2 ist, dem Schuldner und den übrigen Beteiligten des Verfahrens ein vollständiges Bild über die gegen den Schuldner geltend gemachten Ansprüche zu geben. Dies ist mit § 41 Abs. 2 aber auf jeden Fall dann gegeben, wenn mehrere Gläubiger das Verfahren betreiben, für alle die Frist des § 44 Abs. 2 eingehalten ist und bei keinem Gläubiger das Verfahren einstweilen eingestellt ist. Im Übrigen schränkt § 41 Abs. 2 in seinem Wortlaut den Kreis der Adressaten der Mitteilung nicht ein, auch der Gläubiger, dessen Verfahren einstweilen eingestellt ist, ist Beteiligter.
15
III. Inhalt der Mitteilung Die Mitteilung hat zu enthalten, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung im anberaumten Versteigerungstermins erfolgt. Zu nennen sind deshalb sämtliche betreibenden Gläubiger, deren Ansprüche im Versteigerungstermin dem geringsten Gebot zu 8 9 10 11 12
Stöber/Gojowczyk, § 41 ZVG Rz. 3. Steiner/Teufel, § 41 ZVG Rz. 5. Stöber/Gojowczyk, § 41 ZVG Rz. 3. Stöber/Gojowczyk, § 41 ZVG Rz. 15; Böttcher, § 41 ZVG Rz. 6. Steiner/Teufel, § 41 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 41 ZVG Rz. 7.
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16
§ 41 Rz. 16 Zustellung der Terminsbestimmung an die Beteiligten Grunde gelegt werden können. Ist ein Beitrittsbeschluss nach § 27 oder ein Fortsetzungsbeschluss nach einstweiliger Einstellung im Hinblick auf § 44 Abs. 2 dem Schuldner nicht rechtzeitig zugestellt, kann der betreffende Gläubiger nicht genannt werden, da die Mitteilung gerade in der vierten Woche vor den Termin erfolgen soll. Gläubiger, deren Verfahren einstweilen eingestellt ist, müssen nicht genannt werden.13 17
Die Mitteilung hat die Rangstelle eines jeden Gläubigers innerhalb des § 10 Abs. 1 zu benennen.14 Es ist insbesondere anzugeben, ob ein Gläubiger aus seinem dinglichen Anspruch oder wegen einer persönlichen Forderung der Zwangsversteigerung betreibt. Die genaue Rangstelle eines dinglichen Rechts muss nicht dargelegt werden. Aus dem Grundbuchinhalt kann jeder Beteiligte selbst die Rangstelle des betreffenden Gläubigers ermitteln. Gleiches gilt für persönlich betreibender Gläubiger und deren Rangverhältnis entsprechend dem Zeitpunkt der jeweiligen Beschlagnahme. Wird die Zwangsversteigerung auch aus Ansprüchen nach Nrn. 2 oder 3 des § 10 Abs. 1 betrieben, genügt es, wenn auf die entsprechende Rangklasse verwiesen wird. Insbesondere ein dinglich Berechtigter im § 10 Abs. 1 Nr. 4 muss hieraus ersehen können, das sein Recht im geringsten Gebot nicht bestehenbleiben wird.15
18
Die Mitteilung hat auch den Betrag des Anspruchs eines jeden betreibenden Gläubigers zu nennen. Ein nachrangiger Gläubiger soll hieraus ersehen können, ob er durch Ablösung eines vorrangigen Gläubigers die Zwangsversteigerung beeinflussen kann. Praktisch ist dies vor allem dann bedeutsam, denn wegen öffentlicher Lasten in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 3 die Zwangsversteigerung betrieben wird.
IV. Form der Mitteilung 19
Die Mitteilung nach § 41 Abs. 2 muss nicht zugestellt werden. Es genügt schriftliche Mitteilung mit einfacher Post.16
V. Verletzung des Absatzes 2 20
Die Mitteilungspflicht nach § 41 Abs. 2 wird in der gerichtlichen Praxis gerne großzügig gehandhabt, insbesondere wird auf sie mit dem Hinweis verzichtet, es handele sich ohnehin nur um eine „Soll-Vorschrift“. Ein solcher Umgang mit dem Gesetzestext ist zu missbilligen.
21
Unterlässt das Gericht die Mitteilung nach § 41 Abs. 2 oder ergeht sie unvollständig oder unrichtig, stellt dies nach überwiegender Ansicht keinen Zuschlagsversagungsgrund dar.17
22
Das Unterlassen der Mitteilung oder eine unrichtige Mitteilung können aber Amtshaftungsansprüche auslösen, wenn hierdurch einem Beteiligten ein Schaden entstanden ist. Ein solcher kann beispielsweise darin bestehen, dass ein nachrangiger Gläubiger einen vorrangig betreibenden Gläubiger hätte ablösen wollen, er wegen unterlassener Mitteilung des Gerichts von seinem Ablöserecht aber keine Kenntnis erlangt hatte und durch die Versteigerung sein Recht erloschen ist.
13 Anders Steiner/Teufel, § 41 ZVG Rz. 14 (Nennung mit Hinweis, dass sie im Versteigerungstermin dem geringsten Gebot nicht zugrundegelegt werden können). 14 Steiner/Teufel, § 41 ZVG Rz. 13. 15 LG Traunstein, Beschl. v. 28.4.1982 – 4 T 1237/82, Rpfleger 1982, 232; Stöber/Gojowczyk, § 41 ZVG Rz. 14. 16 Steiner/Teufel, § 41 ZVG Rz. 12. 17 Stöber/Gojowczyk, § 41 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 41 ZVG Rz. 12; anders Steiner/Teufel, § 41 ZVG Rz. 15.
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Akteneinsicht
Rz. 1 § 42
D. Rechtsbehelfe Die fehlerhafte oder unterlassene Zustellung nach § 41 Abs. 1 ist wegen § 43 Abs. 2 Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 1.18
23
Die fehlerhafte oder unterlassene Mitteilung nach § 41 Abs. 2 ist kein Zuschlagsversagungsgrund.
24
E. Sonstige Mitteilungen der Terminsbestimmung Mitteilungen über die Terminsbestimmung haben über § 41 hinaus nach Abschnitt XI der Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) zu erfolgen. Zu nennen sind als Adressaten der Terminsbestimmung die Kommunen oder sonstige Gläubiger öffentlicher Lasten (§ 77 AO, § 134 Abs. 2 BauGB, § 12 GrdStG).
25
§ 42 [Akteneinsicht] (1) Die Einsicht der Mitteilungen des Grundbuchamts sowie der erfolgten Anmeldungen ist jedem gestattet. (2) Das gleiche gilt von anderen das Grundstück betreffenden Nachweisungen, welche ein Beteiligter einreicht, insbesondere von Abschätzungen.
A. B. I. II. III. C.
Regelungszweck der Norm . . . . . . . Akteneinsicht nach § 299 ZPO . . . . Akteneinsicht an Verfahrensbeteiligte . Akteneinsicht an Dritte . . . . . . . . . Einsicht in beigezogene Akten . . . . . Einsichtsrecht für sonstige Interessierte . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
Rz. 1 4 4 6 9
I. II. D. I. II. E.
Einsehbare Verfahrensunterlagen . . . Nicht einsehbare Unterlagen . . . . . . Verfahren der Einsichtsgewährung . Ort und Zeit der Einsichtsgewährung Anlegung einer Informationsakte . . . Besichtigung des Grundstücks . . . .
. . . . . .
. . . . . .
Rz. 11 16 19 19 21 23
. . 10
Literatur: Schmidt-Wudy, Aktuelle Fragestellungen zu § 42 ZVG unter besonderer Berücksichtigung der Sicht der Bietinteressenten, Rpfleger 2014, 293.
A. Regelungszweck der Norm Die Vorschrift regelt systematisch richtig im Zusammenhang mit der Bekanntmachung der Versteigerung die Einsicht in Teile der Verfahrensakte für jedermann zur Vorbereitung auf den Versteigerungstermin. Damit soll insbesondere Bietinteressenten die Möglichkeit gegeben werden, die voraussichtliche Höhe des geringsten Gebots berechnen zu können. Größeres Interesse zeigen diese in aller Regel am Gutachten zur Wertermittlung nach § 74a Abs. 5, welches ebenfalls von dem Einsichtsrecht erfasst ist.
18 Steiner/Teufel, § 41 ZVG Rz. 7.
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1
§ 42 Rz. 2 Akteneinsicht 2
Das Einsichtsrecht des § 42 geht über dasjenige des § 299 ZPO hinaus. § 299 ZPO bleibt dabei unberührt.
3
Die Einsicht in die Akte eines parallel laufenden Zwangsverwaltungsverfahrens ist nach § 42 nicht möglich. Einsicht kann hier nur über § 299 ZPO gewährt werden.
B. Akteneinsicht nach § 299 ZPO I. Akteneinsicht an Verfahrensbeteiligte 4
Jeder Beteiligte des Zwangsversteigerungsverfahrens (§ 9) hat nach dem unmittelbar anwendbaren § 299 Abs. 1 ZPO Anspruch auf Einsicht in die Verfahrensakte.1 Das Einsichtsrecht ist inhaltlich fast unbeschränkt, es umfasst sämtliche Anträge, Anmeldungen und gerichtlichen Beschlüsse. Unterlagen über eine bereits erbrachte Sicherheitsleistung eines möglichen Bieters im Versteigerungstermin (§ 69 Abs. 4; Zahlungsanzeige der Kasse) dürfen vor dem Versteigerungstermin niemandem zur Kenntnis gegeben werden, um eine mögliche Erwerbsstrategie des Bieters nicht zu gefährden.2 Ein Beteiligter kann gegen Kostenerstattung (KV GKG 9000) Abschriften aus der Verfahrensakte erhalten.
5
Für die Gewährung der Akteneinsicht ist das Gericht zuständig. Dies ist funktionell der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 lit. i RPflG). Meist wird die Entscheidungszuständigkeit auf den Bediensteten der Geschäftsstelle übertragen. Verweigert dieser die Akteneinsicht, entscheidet der zuständige Rechtspfleger (§ 573 ZPO).3 Der Rechtspfleger ist in seiner Entscheidung unabhängig (§ 9 RPflG). Gegen eine ablehnende Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO gegeben.4 Die in der Praxis oft erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde ist ein völlig untaugliches Mittel.
II. Akteneinsicht an Dritte 6
Personen, die nicht Beteiligte des Zwangsversteigerungsverfahrens sind, kann Akteneinsicht nur mit Genehmigung des Gerichtsvorstandes nach § 299 Abs. 2 ZPO gewährt werden.5 Die Erteilung der Genehmigung ist Justizverwaltungsakt;6 der Gerichtsvorstand kann die Erteilung solcher Genehmigungen auf den verfahrensleitenden Rechtspfleger übertragen. Die Versagung der Akteneinsicht kann nach §§ 23 ff. EGGVG angegriffen werden. Für die Entscheidung ist nach § 25 EGGVG das Oberlandesgericht zuständig.7
7
Ein Gläubiger des Grundstückseigentümers, der die Zwangsversteigerung nicht betreibt, hat generell kein Einsichtsrecht. Weder im laufenden noch im abgeschlossenen Zwangsversteigerungsverfahren ist ein rechtliches Interesse zu bejahen, auch dann nicht, wenn der Gläubiger
1 Steiner/Teufel, § 42 ZVG Rz. 15. 2 Stöber/Gojowczyk, § 42 ZVG Rz. 6; Steiner/Teufel, § 42 ZVG Rz. 6. 3 Für das Insolvenzverfahren OLG Celle, Beschl. v. 19.1.2004 – 2 W 118/03, ZIP 2004, 370; allgemein Zöller/Greger, ZPO, § 299 Rz. 5. 4 Für das Insolvenzverfahren OLG Celle, Beschl. v. 5.1.2004 – 2 W 113/03, ZIP 2004, 684 = ZVI 2004, 114; allgemein Stein/Jonas/Leipold, ZPO, § 299 Rz. 69; Prütting in Münchener Kommentar, ZPO, § 299 Rz. 14; Zöller/Greger, ZPO, § 299 Rz. 5. 5 Zur Erteilung anonymisierter Aktenauszüge ausführlich BGH, Beschl. v. 5.4.2017 – IV AR (VZ) 2/16, NJW 2017, 1819. 6 Stein/Jonas/Leipold, ZPO, § 299 Rz. 42; Prütting in Münchener Kommentar, ZPO, § 299 Rz. 23; Zöller/Greger, ZPO, § 299 Rz. 6. 7 Allgemein Stein/Jonas/Leipold, ZPO, § 299 Rz. 73; Zöller/Gummer, ZPO, § 26 EGGVG Rz. 1 ff.
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Akteneinsicht
Rz. 13 § 42
im Besitz eines Vollstreckungstitels ist.8 Gerade dann kann er durch eigenes Betreiben am Zwangsversteigerungsverfahren teilnehmen. Die Frage, ob er Aussicht auf Befriedigung aus einem Versteigerungserlös hat und ob sich insoweit ein Beitritt noch lohnt, kann regelmäßig aus den Unterlagen, die nach § 42 jedermann zugänglich sind, ersehen werden. Journalisten und Rundfunkmedien kann ein Einsichtsrecht zum Zwecke der Berichterstattung nur mit Zustimmung des Schuldners und der betreibenden Gläubiger, über die berichtet werden soll, gestattet werden.
8
III. Einsicht in beigezogene Akten Beigezogene Akten anderer Behörden unterliegen auch für Verfahrensbeteiligte nur soweit der Akteneinsicht, als die betreffende Behörde dies gestattet.9
9
C. Einsichtsrecht für sonstige Interessierte § 42 erweitert den Kreis der Einsichtsberechtigten, beschränkt aber auch die Einsicht auf Teile der Verfahrensakte. Die Einsicht nach § 42 ist jedermann gestattet, es muss kein rechtliches Interesse dargelegt werden, es müssen keine Vollmachten von Verfahrensbeteiligten vorgelegt werden, es besteht keine Ausweispflicht.
10
I. Einsehbare Verfahrensunterlagen Dem Zweck der Vorschrift, für jeden Interessenten die Vorbereitung auf den Versteigerungstermin zu ermöglichen, entsprechend ist die Akteneinsicht inhaltlich beschränkt.10
11
Der Einsicht unterliegen nach § 42 Abs. 1 die Mitteilungen des Grundbuchamtes gem. § 19 Abs. 2 und 3. Es sind dies das Grundbuch sowie die Eintragungsbewilligungen, die durch Bezugnahme bei der Grundbucheintragung (§ 874 BGB, § 44 Abs. 2 GBO) Teil der Grundbucheintragung sind. Ein Bietinteressent muss sich nicht nur Kenntnis über den Rand des bis betreibenden Gläubigers und die bestehenbleiben Rechte verschaffen können, er muss beispielsweise auch bei bestehenbleibenden Dienstbarkeiten deren genauen Inhalt prüfen können. In der Rechtspraxis übersendet das Grundbuchamt dem Vollstreckungsgericht zumeist die Grundakte nach § 19 Abs. 2 Satz 2. Die Einsicht nach § 42 erstreckt sich dann auch auf die in der Grundakte enthaltenen Eintragungsbewilligungen. Auf Schriftstücke der Grundakte, die nicht durch Bezugnahme Teil der Grundbucheintragung sind, erstreckt sich die Einsicht nach § 42 strenggenommen nicht.11 Dies betrifft beispielsweise Urkunden, die den Eigentumserwerb des Schuldners oder frühere Eigentümer nachweisen. Eine solche Trennung der Grundakte in einsehbare und nicht einsehbare Urkunden ist in der Praxis aber kaum durchführbar.12
12
Der Einsicht nach § 42 Abs. 1 unterliegen der Anordnungsantrag zur Zwangsversteigerung sowie sämtliche Beitrittsanträge. Das Einsichtsrecht umfasst ferner sämtliche Anmeldungen zum Zwangsversteigerungsverfahren. Zu nennen sind insbesondere auch die Anmeldungen
13
8 Stöber/Gojowczyk, § 42 ZVG Rz. 6; nicht vergleichbar mit der Rechtslage im Insolvenzverfahren, dazu Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, Rz. 171a. 9 BGH, Urt. v. 23.11.1972 – IX ZR 29/71, MDR 1973, 580; Stöber/Gojowczyk, § 42 ZVG Rz. 8. 10 Eingehend Schmidt-Wudy, Rpfleger 2014, 293. 11 Stöber/Gojowczyk, § 42 ZVG Rz. 8. 12 Kritisch auch Schmidt-Wudy, Rpfleger 2014, 293.
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§ 42 Rz. 13 Akteneinsicht öffentlicher Lasten im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 3. Anmeldungen und eingereichte Unterlagen von Mietern im Hinblick auf §§ 57 und 57b unterliegen ebenfalls der Einsicht nach § 42. 14
Das Einsichtsrecht umfasst Unterlagen zu den Versicherungen für das Grundstück und das Gebäude (Brandversicherungsurkunde, Einheitswertbescheid).13
15
Obwohl in § 42 nicht ausdrücklich genannt unterliegt das Gutachten zur Feststellung des Verkehrswerts nach § 74a Abs. 5 uneingeschränkt der Einsicht für jedermann. Es muss nicht weiter dargelegt werden, dass für den Bietinteressenten gerade dieses Gutachten wichtigster Gegenstand der Akteneinsicht vor allen anderen Unterlagen ist. Bei der öffentlichen Bekanntmachung des Versteigerungstermins im Internet (§ 39 Abs. 1) kann das Gericht das Gutachten zur teilweisen Einsichtnahme (Bilder oder Grundrisse als „.jpg-Datei“) oder in vollständiger Form (empfehlenswert in geschützter „.pdf-Datei“) bereitstellen (dazu § 38 Rz. 13).
II. Nicht einsehbare Unterlagen 16
Von der Akteneinsicht nach § 42 sind gerichtliche Beschlüsse ausgenommen; Anordnungsbeschluss und Beitritt Beschlüsse unterliegen der Akteneinsicht nicht, da sie für die Vorbereitung auf den Versteigerungstermin nicht relevant sind. Gleiches gilt für Vollstreckungsschutzanträge des Schuldners und Entscheidungen hierüber.
17
Auch die Mitteilungen nach „§ 41 Abs. 2“ soll nicht der Einsicht für jedermann unterliegen.14 Aus der Einsicht nach § 42 muss sich insgesamt aber ersehen lassen können, wer im Versteigerungstermin bestbetreibender Gläubiger ist. Ein Bietinteressent muss das geringste Gebot nicht auf Heller und Pfennig vorausberechnen, er ist daran regelmäßig auch nicht interessiert. Sein Interesse richtet sich wesentlich nur auf den Verkehrswert des Grundstücks und die bestehenbleibenden Rechte. Diese lassen sich durch Einsicht in das Grundbuch, den Anordnungsantrag, Beitrittsanträge und die ohnehin öffentlich bekanntgemachte Terminsbestimmung ermitteln.
18
Vollstreckungstitel, Vollmachten, Erbscheine oder Abtretungsurkunden unterliegen nicht der Einsicht. Die Mitteilung des zuständigen Finanzamts über den Einheitswert des Grundstücks zur Berechnung der Gerichtskosten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 GKG) unterliegt als Auskunft nach § 30 AO dem Steuergeheimnis und gehört deshalb nicht zu den von § 42 erfassten Unterlagen.15
D. Verfahren der Einsichtsgewährung I. Ort und Zeit der Einsichtsgewährung 19
Die Einsicht nach § 42 wird auf der Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts während der allgemeinen Dienstzeiten oder der allgemein eingerichteten Sprechzeiten gewährt.
20
Ein Anspruch auf Versendung der Akten eine Geschäftsstelle eines anderen Gerichts besteht nicht.16 Auch ein Anwalt hat als Verfahrensbevollmächtigter keinen Anspruch auf Aktenver-
13 Böttcher, § 42 ZVG Rz. 3; Schmidt-Wudy, Rpfleger 2014, 293; einschränkend Stöber/Gojowczyk, § 42 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 42 ZVG Rz. 5. 14 Stöber/Gojowczyk, § 42 ZVG Rz. 4. 15 Stöber/Gojowczyk, § 42 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 20. 16 LG Bonn, Beschl. v. 12.1.1993 – 4 T 5/93, Rpfleger 1993, 354; Stöber/Gojowczyk, § 42 ZVG Rz. 7; Böttcher, § 42 ZVG Rz. 4; aA Schmidt-Wudy, Rpfleger 2014, 293, 301.
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Akteneinsicht
Rz. 24 § 42
sendung.17 In besonderen Ausnahmefällen kann ihm jedoch die Akte für kurze Zeit überlassen werden.
II. Anlegung einer Informationsakte In der gerichtlichen Praxis hat es sich als sehr hilfreich erwiesen, parallel zur eigentlichen Verfahrensakte eine „kleine“ Einsichtsakte nach § 42 anzulegen. In diese werden kontinuierlich die jedermann zugänglichen Unterlagen in Abschrift eingelegt. Ein Bietinteressent kann hierin Einsicht nehmen, ohne dass groß die Verfahrensakte geprüft werden muss.
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Abschriften können gegen Erstattung der Auslagen (KV GKG 9000) erteilt werden.
22
E. Besichtigung des Grundstücks Im Zusammenhang mit der Einsicht in das Verkehrswertgutachten und der Vorbereitung auf 23 den Versteigerungstermin stellt sich auch oft die Frage, ob ein Bietinteressent Anspruch auf Besichtigung des Versteigerungsobjektes hat. Diese Frage ist generell zu verneinen. Eine Besichtigung des Versteigerungsobjektes ist in jedem Fall nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Schuldners möglich. Das Vollstreckungsgericht hat keine Möglichkeit, den Schuldner zur Erteilung der Zustimmung zu verpflichten oder diese zu ersetzen.18 Auch der Gutachter kann das Grundstück nicht ohne oder gegen den Willen des Schuldners betreten oder Räume besichtigen. Weil in diesem Fall eine Bewertung nur nach Außenbesichtigung möglich ist, kann die Verkehrswertfestsetzung unter Umständen zu niedrig ausfallen und damit auch zum Nachteil des Schuldners ausgehen.19 Zwar mag es de lege ferenda wünschenswert sein, dem Sachverständigen ein Zutrittsrecht zu gewähren beziehungsweise dem Schuldner eine entsprechende Mitwirkungspflicht aufzuerlegen, ohne gesetzliche Grundlage – und bei zwangsweise erwirktem Zutritt ohne richterliche Erlaubnis im Einzelfall (Art. 13 Abs. 2 GG) – ist dies aber nicht möglich.20 In einem parallelen Zwangsverwaltungsverfahren gehört es nicht zu den dem Zwangsverwalter gesetzlich zustehenden Aufgaben und Befugnissen, Bietinteressenten Zugang zum Objekt zu gewähren.21 Der Schuldner kann auch nicht über § 149 verpflichtet werden, Bietinteressenten den Zugang zum Objekt zu ermöglichen. Ist das Zwangsverwaltungsobjekt nicht vermietet, gehört es allerdings zu den Aufgaben des Zwangsverwalters, potentiellen Mietern oder Pächtern eine Besichtigung des Objekts zu ermöglichen.
17 BGH, Urt. v. 12.12.1960 – III ZR 191/59, NJW 1961, 559 = Rpfleger 1961, 190; OLG Schleswig, Beschl. v. 26.11.1975 – 1 W 215/75, Rpfleger 1976, 108; OLG Köln, Beschl. v. 25.4.1983 – 2 W 55/83, Rpfleger 1983, 352; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 6.1.1989 – 20 W 453/88, JurBüro 1989, 867; Stöber/Gojowczyk, § 42 ZVG Rz. 7. 18 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 60; zur Haftung des Gutachters BGH, Urt. v. 20.5.2003 – VI ZR 312/02, Rpfleger 2003, 520. 19 LG Göttingen, Beschl. v. 13.1.1998 – 10 T 4/98, Rpfleger 1998, 213; LG Dortmund, Beschl. v. 20.4.2000 – 9 T 400/00, Rpfleger 2000, 466. 20 Eingehend Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken, Das ZVG auf dem Prüfstand – Teil I Rechtstatsachen, S. 223 ff. 21 LG Heilbronn, Beschl. v. 25.6.2003 – 1b T 203/03, Rpfleger 2003, 679 m. Anm. Schmidberger.
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§ 43 Rz. 1 Terminsaufhebung
§ 43 [Terminsaufhebung] (1) Der Versteigerungstermin ist aufzuheben und von neuem zu bestimmen, wenn die Terminsbestimmung nicht sechs Wochen vor dem Termin bekanntgemacht ist. War das Verfahren einstweilen eingestellt, so reicht es aus, daß die Bekanntmachung der Terminsbestimmung zwei Wochen vor dem Termin bewirkt ist. (2) Das gleiche gilt, wenn nicht vier Wochen vor dem Termin dem Schuldner ein Beschluß, auf Grund dessen die Versteigerung erfolgen kann, und allen Beteiligten, die schon zur Zeit der Anberaumung des Termins dem Gericht bekannt waren, die Terminsbestimmung zugestellt ist, es sei denn, daß derjenige, in Ansehung dessen die Frist nicht eingehalten ist, das Verfahren genehmigt.
A. Regelungszweck der Norm . . . . . . . B. Allgemeine Regelungen zur Fristberechnung . . . . . . . . . . . . . I. Fristberechnung nach §§ 186 ff. BGB . II. Ordnungsmäßigkeit der Terminsbestimmung und der Zustellung . . . . III. Fristeinhaltung bei mehreren betreibenden Gläubigern . . . . . . . . C. Die Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1 ZVG . . . . . . . . . . . . . I. Sechs-Wochen-Frist . . . . . . . . . . .
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Rz. 1
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Rz. II. Verkürzte Frist bei einstweiliger Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Terminszustellungsfrist des § 43 Abs. 2 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Beschlusszustellungsfrist des § 43 Abs. 2 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zweck der Frist . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fristwahrung bei mehreren betreibenden Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Fristverstoß und Heilung . . . . . . . . .
12 13 16 16 18 19
A. Regelungszweck der Norm 1
Die Vorschrift bestimmt Fristen für die Veröffentlichung des Versteigerungstermins und die Zustellungen der Terminsbestimmung an die Beteiligten. Zweck der Bekanntmachungs- und Zustellungsfristen ist es nicht nur, den Beteiligten angemessene Zeit zur Vorbereitung auf den Versteigerungstermin zu geben, sondern auch bislang unbekannten Beteiligten entsprechend den Aufforderungen in § 37 Nrn. 4 und 5 ausreichend Zeit zugeben, ihre Rechte oder Ansprüche geltend zu machen. Die sogenannte Beschlusszustellungsfrist für den Schuldner soll ihm die Möglichkeit geben, durch Verhandlung mit den betreibenden Gläubiger die Versteigerung noch abwenden zu können.
2
Die Fristen des § 43 sind unabänderlich. Werden sie verletzt kann der Versteigerungstermin grundsätzlich nicht durchgeführt werden oder ist der Zuschlag zu versagen.
3
Systematisch gehört § 43 zu den §§ 35 ff. betreffend die Terminsbestimmung und insbesondere zu §§ 39 und 41 betreffend die Bekanntmachung und Mitteilung der Terminsbestimmung. Daher hat das Versteigerungsgericht schon bei der Terminsbestimmung selbst zu prüfen, ob die Fristen des § 43 hinsichtlich des avisierten Termins eingehalten werden können (siehe hierzu auch die Übersicht Zusammenstellung der Fristen bei § 36 Abschnitt III. Nr. 1).
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§ 43 gilt für alle Versteigerungsverfahren. In der Versteigerung von Schiffsbauwerken (nicht Schiffe) gilt § 170a Abs. 2.
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Terminsaufhebung
Rz. 10 § 43
B. Allgemeine Regelungen zur Fristberechnung I. Fristberechnung nach §§ 186 ff. BGB Für die Fristberechnung gelten über § 222 Abs. 1 ZPO die allgemeinen Regelungen der §§ 186 bis 193 BGB. Eine Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an welchem das die Frist auslösende Ereignis stattfindet (Veröffentlichung); der Tag selbst wird also nicht mitgerechnet (§ 187 Abs. 1 BGB). Die Fristen des § 43 sind sämtlich Wochenfristen. Sie enden damit mit Ablauf des Tages, der seiner Benennung nach (Montag, Dienstag etc.) dem Tag entspricht, an welchem das die Frist auslösende Ereignis stattgefunden hat (§§ 188 Abs. 2 BGB). Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag, endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 222 Abs. 2 ZPO). Frühestmöglicher Terminstag ist der hierauf folgende Wochentag.
5
Die Fristen sind im voraus zu rechnen, auf den Terminstag hin, nicht etwa rückwärts von diesem.1 Die Fristen des § 43 sind stets Mindestfristen. Der vorgegebene Wochen Zeitraum muss mindestens eingehalten werden.
6
II. Ordnungsmäßigkeit der Terminsbestimmung und der Zustellung Die Fristen wäre nur dann wirksam in Lauf gesetzt, wenn die Bekanntmachung der Terminsbestimmung nach § 39 inhaltlich richtig und vollständig ist und wenn die Terminsmitteilungen nach § 41 ebenfalls richtig und vollständig sind.2
7
In gleicher Weise setzt nur die Veröffentlichung im Internet oder im Amtsblatt die Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1 in Lauf (dazu § 39 Rz. 6). Eine Zustellung muss ordnungsgemäß nach §§ 166 ff. ZPO bewirkt sein. Bei Zustellungsmängeln kommt es auf den Zeitpunkt der Heilung nach § 189 ZPO an.3
8
III. Fristeinhaltung bei mehreren betreibenden Gläubigern Wird das Zwangsversteigerungsverfahren von mehreren Gläubigern betrieben, sind die Fris- 9 ten für jeden Gläubiger einziehen zu berechnen und einzuhalten.4 Ist das nicht der Fall, kann für den betreffenden Gläubiger der Versteigerungstermin nicht stattfinden, er kann gegebenenfalls als bestbetreibender Gläubiger dem geringsten Gebot nicht zugrundegelegt werden. Praktisch bedeutsam ist dies lediglich bei der Beschlusszustellungsfrist des § 43 Abs. 2; dann gilt aber auch bereits § 44 Abs. 2.
C. Die Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1 ZVG I. Sechs-Wochen-Frist Die Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1 wird nur durch die Bekanntmachung im Internet oder im Amtsblatt nach § 39 Abs. 1 in Lauf gesetzt. Sonstige oder weitere Bekanntmachungen nach § 40 Abs. 2 sind unbeachtlich. 1 Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 4. 2 Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 8, 9; OLG Koblenz, Beschl. v. 11.4.1956 – 5 W 121/56, Rpfleger 1957, 253; OLG Koblenz, Beschl. v. 6.2.1959 – 5 W 457/58, NJW 1959, 1833. 3 OLG Celle, Beschl. v. 29.11.1990 – 4 W 275/90, Rpfleger 1991, 166. 4 Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 4; Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 22.
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§ 43 Rz. 11 Terminsaufhebung 11
Die Bekanntmachungsfrist von mindestens sechs Wochen bis zum Terminstag wird in der gerichtlichen Praxis meist unproblematisch eingehalten, schon weil der hohe Geschäftsanfall bei den Vollstreckungsgerichten zu einer großzügigen Terminplanung zwingt.
II. Verkürzte Frist bei einstweiliger Einstellung 12
Die Sechs-Wochen-Frist verkürzt sich auf zwei Wochen, wenn das Verfahren einstweilen eingestellt war. Der Grund der einstweiligen Einstellung ist nicht maßgebend.5 Maßgebend soll dabei der für den Versteigerungstermin dem geringsten Gebot zu Grunde zu legende bestbetreibende Gläubiger sein.6 Andernfalls kann er dem geringsten Gebot nicht zugrundegelegt werden und es ist der nächstrangige bestbetreibende Gläubiger maßgebend, für welchen – wenn sein Verfahren nicht einstweilen eingestellt war – die Sechs-Wochen-Frist gilt. Um diesbezügliche Problemstellungen im Versteigerungstermin zu vermeiden, ist es ratsam, für alle betreibenden Gläubiger immer die allgemeine Sechs-Wochen-Frist einzuhalten.7 Im übrigen ist zu beachten, dass bei einstweiliger Einstellung und Fortsetzung eines Verfahrens für die Zustellung des Fortsetzungsbeschlusses an den Schuldner die Vier-Wochen-Frist des § 43 Abs. 2 gilt.
D. Die Terminszustellungsfrist des § 43 Abs. 2 ZVG 13
Die Zustellung der Terminsbestimmung an die Beteiligten nach § 41 Abs. 1 muss mindestens vier Wochen vor dem Versteigerungstermin erfolgt sein. Eine Verkürzung dieser Frist bei vorangegangener einstweiliger Einstellung des Verfahrens ist gesetzlich nicht vorgesehen.
14
Die Zustellung muss wirksam an alle Beteiligten erfolgt sein, die im Zeitpunkt der Anberaumung des Termins dem Gericht bekannt waren beziehungsweise für welche ein Zustellungsvertreter nach §§ 6, 7 bestellt war.8 Als Zeitpunkt der Terminsanberaumung ist derjenige anzusehen, zu welchem die Terminsbestimmung die Geschäftsstelle des Gerichts verlässt, mithin aus dem Geschäftsbetrieb des Gerichts heraustritt.9 Wird dem Gericht nach diesem Zeitpunkt ein Beteiligter bekannt, ist ihm die Terminsbestimmung nach § 41 Abs. 1 noch zuzustellen, auf die Einhaltung der Terminszustellungsfrist kommt es für diesen Beteiligten aber nicht an (dazu auch § 41 Rz. 9 ff.).10
15
Streitig ist, ob § 43 Abs. 2 auch für die sogenannten „fiktiven Beteiligten“ des § 41 Abs. 3 gilt, die ihre Beteiligtenstellung bereits angemeldet aber noch nicht glaubhaft gemacht haben (§ 9 Nr. 2). Teilweise wird dies mit dem Argument verneint, eine dem § 41 Abs. 3 vergleichbare Regelung fehle in § 43 Abs. 2.11 Dem ist nicht zuzustimmen. § 43 Abs. 2 gehört zu § 41 und bezieht sich auf diesen. Die systematische Einordnung des § 43 als Fristbestimmung zu § 41 Abs. 1 muss dann auch die Zustellung an „fiktive Beteiligte“ des § 41 Abs. 3 erfassen.12
5 6 7 8 9 10 11 12
Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 12. Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 9; anders Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 12. Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 23. Zur unwirksamen Bestellung eines Zustellungsvertreters und damit mangelnder Zustellung an den Schuldner LG Potsdam, Beschl. v. 11.3.2014 – 1 T 103/13, ZfIR 2014, 785. Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 16. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.1.1995 – 3 W 676/94, Rpfleger 1995, 373. Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 17. Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 19; Dassler u.a./Hintzen, § 43 ZVG Rz. 10; Böttcher, § 43 ZVG Rz. 3.
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Terminsaufhebung
Rz. 20 § 43
E. Die Beschlusszustellungsfrist des § 43 Abs. 2 ZVG I. Zweck der Frist Größte praktische Bedeutung hat die Beschlusszustellungsfrist des § 43 Abs. 2 im Hinblick auf den Schuldner. Ihm soll der Beschluss, auf Grund dessen die Versteigerung erfolgen kann, mindestens vier Wochen vor dem Termin zugestellt werden. Den Schuldner soll damit die Möglichkeit gegeben werden, durch Verhandlungen mit dem betreibenden Gläubiger die Zwangsversteigerung vermeiden zu können.
16
Wird das Verfahren von mehreren Gläubigern betrieben, muss die Frist für jeden Gläubiger eingehalten werden, damit für diesen der Versteigerungstermin stattfinden kann. Der von mehreren Gläubigern bestbetreibende kann nur dann dem geringsten Gebot zu Grunde gelegt werden, wenn § 43 Abs. 2 eingehalten ist. Insoweit korrespondiert dieser Frist mit der VierWochen-Frist des § 44 Abs. 2.13
17
II. Fristwahrung bei mehreren betreibenden Gläubigern Als Beschluss, auf Grund dessen die Versteigerung erfolgen kann, ist anzusehen der Anordnungsbeschluss und jeder Beitrittsbeschluss, nicht aber die eigentliche Terminsbestimmung.14 War das Verfahren für einen betreibenden Gläubiger einstweilen eingestellt, gilt § 43 Abs. 2 auch hinsichtlich eines Fortsetzungsbeschlusses nach § 31 oder eines diesen gleichstehenden Beschlusses über die Aufhebung der einstweiligen Einstellung nach § 30 f.15 Dies gebietet der Zweck der Beschlusszustellungsfrist: Der Schuldner muss mindestens vier Wochen Zeit haben, mit dem Gläubiger in Verbindung zu treten. War das Verfahren aus irgendeinem Grunde einstweilen eingestellt, drohte dem Schuldner für den betreffenden Gläubiger keine Versteigerung. Erst mit der Fortsetzung des Verfahrens wird für den Schuldner diese Gefahr akut, so dass ihm die Möglichkeit gegeben werden muss, nach Fortsetzung des Verfahrens die dann wieder drohende Versteigerung abzuwenden. Dies kann nur durch Anwendung des § 43 Abs. 2 auch auf den Fortsetzungsbeschluss nach einstweiliger Einstellung des Verfahrens gewährleistet werden.
18
F. Fristverstoß und Heilung Die Bekanntmachungsfrist des § 43 Abs. 1 ist unabänderlich. Ihr Verstoß ist nicht heilbar. Wird der Verstoß vor dem Versteigerungstermin bekannt, ist dieser abzusetzen und ein neuer Termin zu bestimmen. Im übrigen stellt ein Verstoß gegen § 43 Abs. 1 einen nicht heilbaren Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 7 dar.16
19
Ein Verstoß gegen die Fristen des § 43 Abs. 2 ist Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 1; er kann nach § 84 ZVG geheilt werden, wenn derjenige, in dessen Ansehung die Frist nicht eingehalten ist, das Verfahren genehmigt (§ 84). Ein Verstoß gegen § 43 Abs. 2 ist nicht so schwerwiegend, dass deswegen die Nichtigkeit des Zuschlagsbeschlusses angenommen werden könnte.17 Im übrigen ist zu unterscheiden, wann dem Vollstreckungsgericht der Verstoß bekannt
20
13 Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 17. 14 LG Berlin, Beschl. v. 31.7.1996 – 81 T 290/96, Rpfleger 1997, 123, das im Übrigen die Nichtbeeinträchtigung des Schuldners durch Verstoß gegen die Terminszustellungsfrist großzügig begründet hat. 15 Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 16; Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 13. 16 Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 7, 23. 17 So aber betreffend die Bestellung eines Zustellungsvertreters LG Potsdam, Beschl. v. 11.3.2014 – 1 T 103/13, ZfIR 2014, 785.
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§ 43 Rz. 20 Terminsaufhebung wird. Wird der Verstoß vor dem Versteigerungstermin oder während dessen vor dem Ende der Bietzeit bekannt, ist unverzüglich um Genehmigung nachzusuchen. Wird die Genehmigung verweigert, ist der bereits angesetzte Versteigerungstermin abzusetzen oder die Bietzeit vorzeitig zu beenden und ein neuer Versteigerungstermin anzuberaumen. Wird der Verstoß erst nach dem Schluss der Versteigerung bekannt, kann der Zuschlag erteilt werden wenn der Betroffene Beteiligte hierdurch nicht beeinträchtigt ist.18 Es ist nicht empfehlenswert, einen Versteigerungstermin trotz Kenntnis eines Verstoßes gegen § 43 Abs. 2 in der Hoffnung durchzuführen, bei dem voraussichtlichen Ergebnis der Versteigerung werde der vom Verstoß betroffene Beteiligte nicht beeinträchtigt, so dass es auf seine Genehmigung nicht mehr ankomme.19 Diese Vorgehensweise im übrigen vom Zweck des § 43 Abs. 2 nicht gedeckt.
IV. Geringstes Gebot. Versteigerungsbedingungen
Vorbemerkungen zu §§ 44 bis 65 1
Der IV. Abschnitt des 2. Titels beginnt mit den Regelungen zum sog. geringsten Gebot (§§ 44 bis 48). Es schließen sich Vorschriften über die Versteigerungsbedingungen im engeren Sinn an (§§ 49 bis 58). Die Regelungen zum geringsten Gebot und den Versteigerungsbedingungen können unter bestimmten Voraussetzungen abgeändert werden (§ 59). Der Abschnitt endet mit Sonderregelungen für die Versteigerung mehrerer Grundstücke (§§ 63, 64) und für die abgesonderte Versteigerung von Forderungen und beweglichen Sachen (§ 65).
2
Spätestens mit der Lektüre dieses Abschnitts bedarf die z.T. doch sehr spezifische versteigerungsrechtliche Terminologie einer näheren Bestimmung und Abgrenzung. Die charakteristischen Begriffe sollen deshalb kurz vorab erläutert werden. Dabei soll in Übereinstimmung mit dem Gesetzgeber unverändert von der bisherigen Terminologie (also bspw. einem „Bar“gebot) ausgegangen werden, wohl wissend, dass Zahlungen an das Vollstreckungsgericht heutzutage nur noch unbar möglich sind (§ 49 Abs. 3). (In alphabetischer Reihenfolge:)
3
Absolutes Mindestgebot
Es handelt sich um einen im „ersten“ Termin vom Vollstreckungsgericht von Amts wegen zu beachtenden Grenzwert (§ 85a Abs. 1). Danach muss das abgegebene Meistgebot (bares Meistgebot mit bestehenbleibenden Rechten) mindestens 50 % des gem. § 74a Abs. 5 festgesetzten Verkehrswertes erreichen.
Bares Meistgebot
Es handelt sich um denjenigen Teil des höchsten abgegebenen Gebotes, der spätestens im Verteilungstermin bar zu entrichten ist. Das bare Meistgebot setzt sich aus dem geringsten Bargebot und dem darüber hinausgehenden Mehrgebot des Meistbietenden zusammen. Zusätzlich sind vom Meistbietenden noch die bestehenbleibenden Rechte zu übernehmen.
Bargebot
Es handelt sich um den Teil des Gebotes, der spätestens im Verteilungstermin bar zu entrichten ist, wenn dem Bieter der Zuschlag erteilt wird. Das Bargebot setzt sich aus dem geringsten Bargebot und dem darüber hinausgehenden Mehrgebot zusammen. Das Bargebot ist der im Versteigerungstermin tatsächlich in Geld gebotene Betrag (§ 49 Abs. 1), also ohne bestehenbleibende Rechte.
18 Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 26; Jaeckel/Güthe, § 43 ZVG Rz. 3; Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 6. 19 Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 6 am Ende.
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§ 43 Rz. 20 Terminsaufhebung wird. Wird der Verstoß vor dem Versteigerungstermin oder während dessen vor dem Ende der Bietzeit bekannt, ist unverzüglich um Genehmigung nachzusuchen. Wird die Genehmigung verweigert, ist der bereits angesetzte Versteigerungstermin abzusetzen oder die Bietzeit vorzeitig zu beenden und ein neuer Versteigerungstermin anzuberaumen. Wird der Verstoß erst nach dem Schluss der Versteigerung bekannt, kann der Zuschlag erteilt werden wenn der Betroffene Beteiligte hierdurch nicht beeinträchtigt ist.18 Es ist nicht empfehlenswert, einen Versteigerungstermin trotz Kenntnis eines Verstoßes gegen § 43 Abs. 2 in der Hoffnung durchzuführen, bei dem voraussichtlichen Ergebnis der Versteigerung werde der vom Verstoß betroffene Beteiligte nicht beeinträchtigt, so dass es auf seine Genehmigung nicht mehr ankomme.19 Diese Vorgehensweise im übrigen vom Zweck des § 43 Abs. 2 nicht gedeckt.
IV. Geringstes Gebot. Versteigerungsbedingungen
Vorbemerkungen zu §§ 44 bis 65 1
Der IV. Abschnitt des 2. Titels beginnt mit den Regelungen zum sog. geringsten Gebot (§§ 44 bis 48). Es schließen sich Vorschriften über die Versteigerungsbedingungen im engeren Sinn an (§§ 49 bis 58). Die Regelungen zum geringsten Gebot und den Versteigerungsbedingungen können unter bestimmten Voraussetzungen abgeändert werden (§ 59). Der Abschnitt endet mit Sonderregelungen für die Versteigerung mehrerer Grundstücke (§§ 63, 64) und für die abgesonderte Versteigerung von Forderungen und beweglichen Sachen (§ 65).
2
Spätestens mit der Lektüre dieses Abschnitts bedarf die z.T. doch sehr spezifische versteigerungsrechtliche Terminologie einer näheren Bestimmung und Abgrenzung. Die charakteristischen Begriffe sollen deshalb kurz vorab erläutert werden. Dabei soll in Übereinstimmung mit dem Gesetzgeber unverändert von der bisherigen Terminologie (also bspw. einem „Bar“gebot) ausgegangen werden, wohl wissend, dass Zahlungen an das Vollstreckungsgericht heutzutage nur noch unbar möglich sind (§ 49 Abs. 3). (In alphabetischer Reihenfolge:)
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Absolutes Mindestgebot
Es handelt sich um einen im „ersten“ Termin vom Vollstreckungsgericht von Amts wegen zu beachtenden Grenzwert (§ 85a Abs. 1). Danach muss das abgegebene Meistgebot (bares Meistgebot mit bestehenbleibenden Rechten) mindestens 50 % des gem. § 74a Abs. 5 festgesetzten Verkehrswertes erreichen.
Bares Meistgebot
Es handelt sich um denjenigen Teil des höchsten abgegebenen Gebotes, der spätestens im Verteilungstermin bar zu entrichten ist. Das bare Meistgebot setzt sich aus dem geringsten Bargebot und dem darüber hinausgehenden Mehrgebot des Meistbietenden zusammen. Zusätzlich sind vom Meistbietenden noch die bestehenbleibenden Rechte zu übernehmen.
Bargebot
Es handelt sich um den Teil des Gebotes, der spätestens im Verteilungstermin bar zu entrichten ist, wenn dem Bieter der Zuschlag erteilt wird. Das Bargebot setzt sich aus dem geringsten Bargebot und dem darüber hinausgehenden Mehrgebot zusammen. Das Bargebot ist der im Versteigerungstermin tatsächlich in Geld gebotene Betrag (§ 49 Abs. 1), also ohne bestehenbleibende Rechte.
18 Steiner/Teufel, § 43 ZVG Rz. 26; Jaeckel/Güthe, § 43 ZVG Rz. 3; Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 6. 19 Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 6 am Ende.
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Keller und Schneider
Vorbemerkungen zu §§ 44 bis 65
Rz. 3 Vor §§ 44 bis 65
Bestehenbleibende Rechte Es handelt sich um diejenigen im Grundbuch eingetragenen Rechte, die von einem Ersteher als Teil seines Gebotes zu übernehmen sind (§ 52 Abs. 1). Einzelausgebot
Es handelt sich um die Versteigerung mehrerer Grundstücke in einem unter den Voraussetzungen des § 18 verbundenen Verfahren. Dabei soll grundsätzlich jedes Grundstück einzeln zur Versteigerung angeboten werden (§ 63 Abs. 1 S. 1).
Einzelgebot
Es handelt sich um ein Gebot auf eines von mehreren im selben Verfahren zu versteigernden Grundstücke, das entsprechend dem betreffenden Einzelausgebot abgegeben wird.
Fiktives Meistgebot
Es handelt sich um ein in der Praxis kaum vorkommendes fingiertes Meistgebot aus dem vorhergehenden Termin, das nach einem Versagungsantrag im zweiten Termin als Gebot des Antragstellers gilt (§ 85 Abs. 3).
Geringstes Bargebot
Es handelt sich um den Teil des geringsten Gebotes, der mindestens bar zu zahlen ist. Es besteht aus den Kosten sowie den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 – 3 und § 12 Nr. 1 u. 2 bezeichneten Ansprüchen (§ 49 Abs. 1). Auch Mindestbargebot genannt.
Geringstes Gebot
Es handelt sich um das Gebot, das mindestens erreicht werden muss, wenn das Gebot nicht als unzulässig zurückgewiesen werden soll (§ 44 Abs. 1). Es setzt sich aus dem bar zu zahlenden Teil und den ggf. bestehenbleibenden Rechten zusammen.
Gesamtausgebot
Es handelt sich um die Versteigerung mehrerer Grundstücke in einem unter den Voraussetzungen des § 18 verbundenen Verfahren. Dabei kann verlangt werden, dass neben den Einzelausgeboten auch alle Grundstücke zusammen zur Versteigerung angeboten werden (§ 63 Abs. 2 S. 1).
Gesamtgebot
Es handelt sich um ein Gebot auf alle im selben Verfahren zu versteigernden Grundstücke, das entsprechend dem betreffenden Gesamtausgebot abgegeben wird.
Gruppenausgebot
Es handelt sich unter den Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 S. 2 u S. 3 um die Versteigerung nur einer Gruppe von Grundstücken in einem gem. § 18 verbundenen Verfahren mehrerer Grundstücke. Dabei wird das Gruppenausgebot im Verhältnis zum Einzelausgebot wie ein Gesamtausgebot, im Verhältnis zum Gesamtausgebot jedoch wie ein Einzelausgebot behandelt.
Gruppengebot
Es handelt sich um ein Gebot auf mehrere im selben Verfahren als Gruppe zu versteigernden Grundstücke, das entsprechend dem betreffenden Gruppenausgebot abgegeben wird.
Höchstgebot
Es handelt sich um eine nach vormaligen preisrechtlichen Bestimmungen geregelte Deckelung bei der Gebotsabgabe. Das heutige ZVG enthält keine diesbzgl. Vorgaben.
Mehrgebot
Es handelt sich um den das geringste Bargebot übersteigenden Teil des Bargebots (§ 49 Abs. 1).
Meistgebot
Es handelt sich um das höchste im Versteigerungstermin wirksam abgegebene Gebot (§ 81 Abs. 1). Es besteht aus dem tatsächlich gebotenen baren Meistgebot und den bestehenbleibenden Rechten.
Mindestbargebot
s. geringstes Bargebot
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Vor §§ 44 bis 65 Rz. 3 Vorbemerkungen zu §§ 44 bis 65 Mindestgebot
s. absolutes Mindestgebot (§ 85a); s. relatives Mindestgebot (§ 74a)
Relatives Mindestgebot
Es handelt sich um einen im „ersten“ Termin vom Vollstreckungsgericht nur auf Antrag zu beachtenden Grenzwert (§ 74a Abs. 1). Danach muss das abgegebene Meistgebot (bares Meistgebot mit bestehenbleibenden Rechten) mindestens 70 % des gem. § 74a Abs. 5 festgesetzten Verkehrswertes erreichen.
Teilungsmasse
s. Versteigerungserlös.
Übergebot
Es handelt sich um ein Gebot, dass das zuvor abgegebene zulässige Gebot übersteigt (§ 72).
Untergebot
Es handelt sich um ein Gebot, dass unter dem zuvor abgegebenen zulässigen Gebot bleibt und deshalb unwirksam ist.
Versteigerungserlös
Es handelt sich um den gem. § 105 Abs. 1 bar zu zahlenden Teil des Meistgebotes (§ 49 Abs. 1) zzgl. der Zinsen aus dem Meistgebot bis einen Tag vor dem Verteilungstermin (§ 49 Abs. 2) zzgl. eines etwaigen Erlöses aus einer abgesonderten Verwertung (§ 65) zzgl. eines ggf. bekannten Zuzahlungsbetrages gem. §§ 50, 51. Der Versteigerungserlös entspricht im Verteilungsverfahren der Teilungsmasse (§ 107).
§ 44 [Begriff des geringsten Gebots] (1) Bei der Versteigerung wird nur ein solches Gebot zugelassen, durch welches die dem Anspruch des Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die aus dem Versteigerungserlös zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt werden (geringstes Gebot). (2) Wird das Verfahren wegen mehrerer Ansprüche von verschiedenem Rang betrieben, so darf der vorgehende Anspruch der Feststellung des geringsten Gebots nur dann zugrunde gelegt werden, wenn der wegen dieses Anspruchs ergangene Beschluss dem Schuldner vier Wochen vor dem Versteigerungstermin zugestellt ist.
A. B. C. I. II. 1. 2.
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Normzweck . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . Das geringste Gebot . . . . . . . . Deckungsgrundsatz . . . . . . . . Aufstellen des geringsten Gebots Feststellung des geringsten Gebots Inhalt des geringsten Gebots . . . . a) Betreiben eines Gläubigers (§ 44 Abs. 1) . . . . . . . . . . . aa) Betreiben wegen eines Anspruchs . . . . . . . . . . bb) Betreiben wegen mehrerer Ansprüche . . . . . . . . . .
Schneider
. . . . . . .
Rz. 1 3 4 4 7 7 10
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11
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Rz. b) Betreiben mehrerer Gläubiger (§ 44 Abs. 2) . . . . . . . . . . . c) Betreiben wegen eines Teilanspruchs . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz . . . . . . . . . . bb) Rechtlich verselbständigte Teilbeträge . . . . . . . . . . d) Betreiben in mehrere Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rangverhältnisse im geringsten Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliches Rangverhältnis . . . . a) Locusprinzip . . . . . . . . . . . b) Tempusprinzip . . . . . . . . . .
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16
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20 20
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23
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30
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31 32 32 34
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Begriff des geringsten Gebots
c) Rangeinheit eines Rechtes . . . . . d) Abweichende Rangbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rangpublizität . . . . . . . . . . . . 2. Rangänderung . . . . . . . . . . . . . . a) Kraft Gesetzes eintretende Rangänderungen . . . . . . . . . . . . . . aa) Zahlungsvorgänge bei Grundpfandrechten . . . . . . bb) Grundpfandgesicherte (Ausgleichs-)Ansprüche Dritter . cc) Sicherungshypothek für Pfandgläubiger . . . . . . . . . dd) Leistung der Feuerversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Rangverschiebung von Sicherungshypotheken . . . . ff) Bestandteilszuschreibungen . b) Rechtsgeschäftlich begründete Rangänderungen . . . . . . . . . . . aa) Grundsätze . . . . . . . . . . . bb) Rangänderung ohne Zwischenrecht . . . . . . . . . cc) Rangänderung mit Zwischenrecht . . . . . . . . . (1) Grundsätze . . . . . . . . . . . (2) Rangänderung mit Rechten in Abt. III . . . . . . . . . . . . (3) Rangänderung mit Rechten in Abt. II und III . . . . . . . . dd) Beteiligung mehrerer Rechte an einer Rangänderung . . . . (1) Rangrücktritt mehrerer Rechte . . . . . . . . . . . . . . (2) Rangvortritt mehrerer Rechte . . . . . . . . . . . . . . ee) Rangänderung mit Teilbeträgen . . . . . . . . . . . . . (1) Rangrücktritt eines Teilbetrages . . . . . . . . . . . . . (2) Rangvortritt eines Teilbetrages . . . . . . . . . . . . . ff) Gleichrang eines an der Rangänderung beteiligten Rechtes . . . . . . . . . . . . . . (1) Gleichrang des vortretenden Rechts . . . . . . . . . . . . . . (2) Gleichrang des zurücktretenden Rechts . . . . . . . . . . . . gg) Nachträgliche Rangverschiebungen kraft Gesetzes . . . . . (1) Erlöschen des zurückgetretenen Rechts . . . . . . . (2) Erlöschen des vorgetretenen Rechts . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 37
Rz.
38 39 40 40 3. 41 42 43 44 45 46 47 47 54 55 55 57
IV. 1.
62
2.
66 67 69
3. 4. 5. D.
72 72
I.
76
II. III.
78
1.
78
2.
81 84
IV.
85 90
§ 44
V. VI.
hh) Behandlung von Kostenbeträgen bei der Rangänderung . . ii) Behandlung von Nebenleistungen bei der Rangänderung . . . . . . . . . . . . . (1) Zinsansprüche . . . . . . . . . (2) Sonstige Nebenleistungen . . Rangvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsnatur und Wirkung des Vorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . b) (Zwingender) Ort der Eintragung c) Gegenstand des Vorbehalts . . . . d) Inhalt des Vorbehalts . . . . . . . . e) Auswirkungen des ausgeübten Rangvorbehalts im geringsten Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausübung des Rangvorbehalts ohne Zwischenrecht . bb) Stufenweise Ausübung des Rangvorbehalts . . . . . . . . . cc) Ausübung des Rangvorbehalts mit Zwischenrecht . . (1) Zwischenrecht mit Rangvorbehalt . . . . . . . . . . . . . (2) Zwischenrecht ohne Rangvorbehalt . . . . . . . . . . . . . Änderung des geringsten Gebots . . Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . Abweichende Versteigerungsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . Verteilung eines Gesamtgrundpfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . . Änderung der Rangverhältnisse . . . . Anspruchsändernde Anmeldungen . Ausgewählte Besonderheiten zum geringsten Gebot . . . . . . . . . . . . Altenteilsrecht (Leibgeding, Leibzucht, Auszug) . . . . . . . . . . . Baulast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Es liegen nicht sämtliche nach § 39 Abs. 2 WEG notwendigen Zustimmungen vor . . . . . . . . . . . . . . . . Die Erfüllung fälliger (Zahlungs-)Verpflichtungen nach § 39 Abs. 3 WEG kann nicht festgestellt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstbarkeiten (Grunddienstbarkeit und beschränkte persönliche Dienstbarkeit) . . . . . . . . . . . . . . Eigentümerrechte . . . . . . . . . . . . Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . .
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92 95 96 101 108 108 110 111 112 113 113 115 117 118 119 126 127 128 131 132 133 134 134 135 136
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141 142 144
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§ 44 Rz. 1 Begriff des geringsten Gebots
VII. 1. 2. 3. VIII. IX. X. XI. 1. 2. 3. 4.
Erbbauzins . . . . . . . . . . . . . . . . Dynamisierung . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckungsfestigkeit . . . . . . . . . Wohnungserbbaurechte . . . . . . . . Erwerbsvormerkung (Auflassungsvormerkung) . . . . . . . . . . . . . . . Flurbereinigung . . . . . . . . . . . . . Gesamtgrundpfandrecht . . . . . . . Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . Arresthypothek . . . . . . . . . . . . . . Höchstbetragshypothek . . . . . . . . . Tilgungshypothek . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . b) Berechnungsweise . . . . . . . . . .
Rz. 146 146 147 148 149 150 151 152 152 153 154 155 155 156
5. 6. XII. XIII. XIV. XV. XVI. 1. 2. XVII.
aa) Eigentümeranteile . . bb) Annuitäten . . . . . . (1) Tilgungsanteile . . . . (2) Zinsanteile . . . . . . . ZGB-Hypothek . . . . . . . . . Zwangshypothek . . . . . . . . Grundschuld . . . . . . . . . . Miteigentümervereinbarung Nebenrecht . . . . . . . . . . . Reallast . . . . . . . . . . . . . Verfügungsbeeinträchtigung Privatrecht . . . . . . . . . . . . Öffentliches Recht . . . . . . . Vorkaufsrecht . . . . . . . . .
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Rz. 156 157 159 160 161 163 165 167 168 169 170 170 171 172
Literatur: Böttcher, Begleitschutz für die Reallast?, ZfIR 2007, 791; Drischler, Das geringste Gebot in der Zwangsversteigerung, RpflJB 1960, 347; Eickmann, Der Rang der Grundstücksrechte, RpflStud 1982, 74 u. 85; Hagemann, Die Tilgungshypothek im geringsten Gebot und Teilungsplan, RpflStud 1982, 25; Maier, Die Aufnahme des Deckungs- und Übernahmeprinzips in das Zwangsversteigerungsgesetz, Tübingen 1984; Morvilius, Versteigerungsrechtliche Auswirkungen von Rangvorbehalt und Rangrücktritt auf die Eigentumsvormerkung, MittBayNot 2005, 477; Reinhard, Rangvorbehalt und Zwangsversteigerung, JW 1923, 262; Schiffhauer, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1975, 187; Schmidt, Das geringste Gebot bei der Fortsetzung eingestellter Zwangsversteigerungsverfahren, DRiZ 1959, 119; Steffen, Die Zwangssicherungshypothek in der Zwangsversteigerung, RpflStud 1996, 129; Stöber, Fortbestehen einer Reallast und eines Grundpfandrechts bei Zwangsversteigerung auf Antrag des Berechtigten, NotBZ 2004, 265; Stöber, Wirksamkeitsvermerk und Zwangsversteigerung, MittBayNot 1997, 143.
A. Normzweck 1
Die Definition eines geringsten Gebots für die Zwangsversteigerung von Grundstücken dient der Realisierung des sog. Deckungsprinzips. Danach sollen die dem bestrangig betreibenden Gläubiger im Rang vorgehenden Berechtigten vor Rechtsnachteilen durch die nicht von ihnen veranlasste Zwangsvollstreckung geschützt werden. Bei einer Zwangsversteigerung sollen also insbesondere die dinglichen Rechtspositionen vorgehender Berechtigter in ihrem Bestand erhalten bleiben. Die Vorschrift wird daher um den sog. Übernahmegrundsatz ergänzt (§ 52). Das Risiko einer Zwangsversteigerung beginnt rangmäßig somit erst bei dem Gläubiger, der das Verfahren betreibt.1 Anders als in der Mobiliarzwangsvollstreckung ist ein lastenfreier Eigentumserwerb damit nicht das Verfahrensziel; ebenfalls spielt der Verkehrswert des Grundstücks für die Bemessung des Mindestgebots keine Rolle (vgl. demgegenüber § 817a Abs. 1 S. 1 ZPO).
2
Auch bei § 44 handelt es sich im weiteren Sinne um eine gesetzliche Versteigerungsbedingung. Die Vorschrift beschreibt gewissermaßen den „Mindestkaufpreis“ für das zur Versteigerung kommende Grundstück; Gebote unterhalb des geringsten Gebotes sind folglich gem. § 71 Abs. 1 als unzulässig zurückzuweisen. Das geringste Gebot setzt sich aus zwei Elementen zusammen: aus dem geringsten Bargebot (§ 49 Abs. 1) und den ggf. bestehenbleibenden Rechten (§ 52 Abs. 1). § 45 regelt nachfolgend, wie die Berücksichtigung im geringsten Gebot kon1 Zum früher vorherrschenden Löschungsprinzip und den Gründen für den Systemwechsel s. Maier, Die Aufnahme des Deckungs- und Übernahmeprinzips in das Zwangsversteigerungsgesetz, 1984; verkürzt auch Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 2 mwN.
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Schneider
Begriff des geringsten Gebots
Rz. 7 § 44
kret erfolgt, nämlich entweder von Amts wegen oder aufgrund einer (rechtzeitigen) Anmeldung.
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift findet in allen Versteigerungsverfahren Anwendung; Sonderregelungen sind vorgesehen bei der Versteigerung von ausländischen Schiffen (§§ 162, 171 Abs. 4), von Luftfahrzeugen (§§ 171a, 171e), in der Insolvenzverwalter- (§ 172, 174, 174a), der Nachlass(§ 176, 174) und der Auseinandersetzungsversteigerung (§ 182).
3
C. Das geringste Gebot I. Deckungsgrundsatz Nach dem Deckungsgrundsatz wird bei der Versteigerung eines Grundstücks nur ein solches 4 Gebot zugelassen, durch welches die dem Anspruch des Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die aus dem Versteigerungserlös zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt werden (§ 44 Abs. 1). Mit „Anspruch des Gläubigers“ ist der Anspruch desjenigen Gläubigers gemeint, der das Verfahren aufgrund eines Anordnungs- oder Beitrittsbeschlusses selbst betreibt (§§ 15, 27). Dabei wird unter Zugrundelegung der Rangfolge der §§ 10 bis 12 auf den bestrangig betreibenden Gläubiger abgestellt (vgl. § 44 Abs. 2); die Aufstellung des geringsten Gebots richtet sich damit nicht nach materiell-rechtlichen Erwägungen, sondern allein nach dem Rangklassensystem des ZVG.2 Für die Aufstellung des geringsten Gebots ist also die Rangstelle des bestbetreibenden Gläubigers zu ermitteln (s. Abschn. III).
5
Von diesen Grundsätzen ausgehend gliedert sich das geringste Gebot sodann in zwei Teile: – Bestehenbleibende Rechte (§ 52 Abs. 1) Soweit dem bestbetreibenden Gläubiger andere dingliche Rechte im Rang vorgehen, bleiben diese bestehen und sind von einem Ersteher zu übernehmen. – Bar zu zahlender Teil (§ 49 Abs. 1) Dazu gehören im Einzelnen: – die aus dem Versteigerungserlös vorab zu entnehmenden Kosten des Verfahrens (§ 109); – die nicht grundbuchgesicherten Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3 des § 10 Abs. 1; – Kosten (§§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1) und Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen und andere Nebenleistungen (§ 12 Nr. 2) aus Rechten, die dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vorgehen. Diese Ansprüche werden von einem Ersteher nicht übernommen und müssen daher im Verfahren gedeckt sein (vgl. § 56).
6
II. Aufstellen des geringsten Gebots 1. Feststellung des geringsten Gebots Die Feststellung des geringsten Gebots obliegt dem dafür ausschließlich zuständigen Rechts- 7 pfleger (§ 3 Nr. 1 lit. i) RpflG). Sie erfolgt als Grundlage der Zwangsversteigerung endgültig 2 BGH v. 29.10.2015 – V ZB 65/15, MDR 2016, 118 = NJW 2016, 502 = Rpfleger 2016, 238.
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§ 44 Rz. 7 Begriff des geringsten Gebots erst im Versteigerungstermin (§ 66 Abs. 1). Ein Vortermin gem. § 62 ist zwar möglich, in der Praxis jedoch nicht üblich; die Beteiligten erhalten zur Vorbereitung regelmäßig in der vierten Woche vor dem Termin eine Mitteilung darüber, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt (§ 41 Abs. 2). 8
Der Rechtspfleger kann sich bei der Aufstellung des geringsten Gebots „nötigenfalls“ der Hilfe eines Rechnungsverständigen bedienen (§ 66 Abs. 1). Wird ein Rechnungsverständiger hinzugezogen, ändert das jedoch nichts an der insoweit bestehenden Amtspflicht des Rechtspflegers. Die Pflicht zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften bei der Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens besteht nicht nur gegenüber den unmittelbar Verfahrensbeteiligten iSd § 9,3 sondern auch gegenüber solchen Personen, deren Rechte und Interessen durch die Amtshandlung beeinträchtigt werden können. Dazu gehört insbesondere auch der Meistbietende.4
9
Ob bei der Feststellung des geringsten Gebots Rechte und Ansprüche von Amts wegen oder nur auf rechtzeitige Anmeldung berücksichtigt werden können, regelt § 45. 2. Inhalt des geringsten Gebots a) Betreiben eines Gläubigers (§ 44 Abs. 1) aa) Betreiben wegen eines Anspruchs
10
Betreibt ein Gläubiger wegen eines Anspruchs die Zwangsversteigerung, so ist sein eigener Anspruch ebenso wenig in das geringste Gebot einzustellen wie diejenigen gleich- oder nachrangig Berechtigter. Sie werden bei ausreichendem Meistgebot aus der Teilungsmasse gedeckt. Daraus ergeben sich in Abhängigkeit von der Rangposition des Gläubigers für das geringste Gebot folgende zu berücksichtigende Ansprüche: – Betreiben aus Rangklasse 1 des § 10 Abs. 15 Es werden nur die Verfahrenskosten des § 109 in das geringste Gebot eingestellt. – Betreiben aus Rangklasse 2 des § 10 Abs. 16 Es werden die Verfahrenskosten des § 109 und die rechtzeitig angemeldeten Ansprüche der Rangklassen 1 und 1a in das geringste Gebot eingestellt. – Betreiben aus Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 Es werden die Verfahrenskosten des § 109 und die rechtzeitig angemeldeten Ansprüche der Rangklassen 1, 1a und 2 in das geringste Gebot eingestellt. – Betreiben aus Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 Es werden die Verfahrenskosten des § 109 und die rechtzeitig angemeldeten Ansprüche der Rangklassen 1, 1a, 2 und 3 in das geringste Gebot eingestellt. Hinzu kommen die Ansprüche derjenigen Gläubiger, die dem betreibenden Gläubiger innerhalb der Rangklasse 4 nach der Grundbuchlage rangmäßig vorgehen. Insoweit werden diese Ansprüche mit dem Kapitalbetrag ihres Rechtes in den Teil des geringsten Gebots über die bestehenbleibenden Rechte, i.ü. mit den Kosten und Nebenleistungen in den Barteil aufgenommen.
3 Für den Vollstreckungsschuldner bzw. dessen Erben BGH v. 23.3.2000 – III ZR 152/99, MDR 2000, 883 = NJW 2000, 3358 = Rpfleger 2000, 403 = ZfIR 2000, 828. 4 RG v. 6.5.1930 – III 193/29, RGZ 129, 23. 5 Soweit man mit der hier vertretenen Auffassung ein Betreiben für möglich hält; vgl. § 10 Rz. 27. 6 Aus der Rangklasse 1a des § 10 Abs. 1 kann die Zwangsversteigerung nach wohl h.M. nicht betrieben werden; vgl. § 10 Rz. 41.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 15 § 44
– Betreiben aus Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 Es werden die Verfahrenskosten des § 109 und sämtliche ggf. rechtzeitig angemeldeten Ansprüche der Rangklassen 1, 1a, 2, 3 und 4 in das geringste Gebot eingestellt. Dabei werden Ansprüche der Rangklasse 4 mit dem Kapitalbetrag eines Rechtes in den Teil des geringsten Gebots über die bestehenbleibenden Rechte, i.ü. mit den Kosten und Nebenleistungen in den Barteil aufgenommen. bb) Betreiben wegen mehrerer Ansprüche Betreibt ein Gläubiger die Zwangsversteigerung wegen mehrerer Ansprüche aus unterschiedlichem Rang, wird bei der Aufstellung des geringsten Gebots der bestrangige Anspruch zugrunde gelegt (vgl. § 44 Abs. 2). Die Angabe der Rangklasse gehört dabei zur Art des Anspruchs, die nach § 16 Abs. 1 im Anordnungs- bzw. Beitrittsbeschluss zu bezeichnen ist.7
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Beispiele – Ein Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung wegen des dinglichen Anspruchs aus der in Abt. III im Grundbuch eingetragenen Grundschuld (Rangklasse 4) und weiterhin wegen des persönlichen Anspruchs aus dem ebenfalls in der Bestellungsurkunde enthaltenen Schuldanerkenntnis (Rangklasse 5). – Ein Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung wegen des dinglichen Anspruchs aus der in Abt. III im Grundbuch eingetragenen (Zwangs-)Hypothek (Rangklasse 4) und weiterhin wegen der durch diese Hypothek gesicherten persönlichen Forderung (Rangklasse 5). In beiden Fallgestaltungen sind die Ansprüche der Rangklasse 4 für die Aufstellung des geringsten Gebots maßgebend.
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Sollten die Beschlagnahmen wegen der mehreren Ansprüche des Gläubigers nicht in demsel- 13 ben Beschluss angeordnet worden sein, kann nur der Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss der Feststellung des geringsten Gebots zugrunde gelegt werden, der mindestens vier Wochen vor dem Versteigerungstermin dem Schuldner zugestellt worden ist (§ 44 Abs. 2). Die Rechtslage ist nicht anders, als wenn mehrere Gläubiger das Verfahren aus ihren unterschiedlichen Rechten betreiben würden (s.u.). Betreibt der Gläubiger einer Grundschuld die Zwangsversteigerung nur aus seinem nach dem Sicherungsvertrag zugrunde liegenden persönlichen Anspruch, bleibt das dingliche Recht bestehen und wird in den bestehenbleibenden Teil des geringsten Gebots eingestellt. Erfolgt dann die Befriedigung des persönlichen Anspruchs aus dem Versteigerungserlös, erlischt die Forderung. Die Grundschuld besteht zunächst unverändert in der Hand des Gläubigers fort und belastet das Eigentum des Erstehers. Hat sich der Sicherungszweck durch die Zahlung erledigt, hat der eingetragene Gläubiger seine gegenüber dem früheren Eigentümer bestehenden Rückgewährsverpflichtungen zu erfüllen.8 Daneben besteht für den Gläubiger die Möglichkeit, die unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 eintretende gesetzliche Schuldübernahme des Erstehers zu genehmigen. Das Grundpfandrecht bliebe in diesem Fall zugunsten des Gläubigers bestehen; allerdings könnte dann im Verfahren eine Zuteilung nur noch auf die Kosten und die wiederkehrenden Leistungen bis zum Zuschlag erfolgen, weil im Übrigen die persönliche Forderung gegen den Vollstreckungsschuldner erlöschen würde.
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Betreibt der Gläubiger einer Hypothek die Zwangsversteigerung nur aus seinem persönlichen Anspruch, bleibt das dingliche Recht bestehen und wird in den bestehenbleibenden Teil
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7 BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08, MDR 2008, 829 = NJW 2008, 1956 = Rpfleger 2008, 375 = ZWE 2008, 297; vgl. bereits RG v. 2.10.1931 – III 383/30, RGZ 134, 56 zu einem Schadensersatzanspruch wegen einer im Anordnungsbeschluss nicht ausdrücklich, sondern nur durch Bezugnahme auf den Titel erfolgten Anspruchsbezeichnung. 8 Vgl. BGH v. 29.1.2016 – V ZR 285/14, BGHZ 209, 1 = MDR 2016, 486 = NJW 2016, 2415 = Rpfleger 2016, 363 = ZfIR 2016, 319 mwN.
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§ 44 Rz. 15 Begriff des geringsten Gebots des geringsten Gebots eingestellt.9 Erfolgt dann die Befriedigung des persönlichen Anspruchs aus dem Versteigerungserlös, erlischt die Forderung. Die bestehengebliebene Hypothek geht in der Folge gem. § 1164 BGB auf den früheren Schuldner über und sichert dessen Ersatzanspruch gegen den Ersteher. Eine Eigentümergrundschuld gem. § 1163 Abs. 1 S. 2 BGB kann in diesem Fall nicht entstehen, weil der Schuldner bei Erlöschen der Forderung nicht mehr Eigentümer des versteigerten Grundstücks ist.10 Daneben besteht für den Gläubiger die Möglichkeit, die durch § 53 Abs. 1 eintretende gesetzliche Schuldübernahme des Erstehers zu genehmigen. Das Grundpfandrecht bliebe in diesem Fall zwar zugunsten des Gläubigers bestehen; allerdings könnte im Verfahren eine Zuteilung dann nur noch auf die Kosten und die wiederkehrenden Leistungen bis zum Zuschlag erfolgen, weil i.ü. der Ersteher schulden würde. b) Betreiben mehrerer Gläubiger (§ 44 Abs. 2) 16
Betreiben mehrere Gläubiger die Zwangsversteigerung, bestimmt sich das geringste Gebot nach dem bestrangig betreibenden Gläubiger.11 Der vorgehende Anspruch darf der Feststellung des geringsten Gebots allerdings nur dann zugrunde gelegt werden, wenn der entsprechende Anordnung- bzw. Beitrittsbeschluss dem Schuldner vier Wochen vor dem Versteigerungstermin zugestellt ist (§ 44 Abs. 2). Auf diese Weise soll dem Schuldner und den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden, rechtzeitig vor dem Termin ihre Rechte in Kenntnis der dort geltenden Versteigerungsbedingungen zu wahren. Nicht rechtzeitig zugestellte Beschlüsse können dem geringsten Gebot nur zugrunde gelegt werden, wenn die Beteiligten das Verfahren genehmigen (§§ 84, 83 Nr. 1).
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Wird ein zunächst einstweilen eingestelltes Verfahren eines Gläubigers wieder fortgesetzt, muss nach dem Sinn und Zweck der Regelung auch der Fortsetzungsbeschluss dem Schuldner vier Wochen vor dem Versteigerungstermin zugestellt sein, wenn dieser Anspruch dem geringsten Gebot zugrunde gelegt werden soll (§ 44 Abs. 2).12
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Wurde das Verfahren eines betreibenden Gläubigers einstweilen eingestellt, kann dessen Anspruch der Berechnung des geringsten Gebots nicht mehr zugrunde gelegt werden. Die Zwangsversteigerung ist für die übrigen betreibenden Gläubiger fortzusetzen. Geht ein grundbuchgesicherter Gläubiger, für den das Verfahren ruht, dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vor, sind seine Ansprüche in das geringste Gebot einzustellen (§§ 49, 52). Die Beschlagnahmewirkung bleibt für ihn jedoch ebenso erhalten (§ 20) wie seine Beteiligtenstellung (§ 9).
19
Betreiben mehrere Gläubiger die Zwangsversteigerung nur wegen persönlicher Ansprüche in der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1, bestimmt sich das Rangverhältnis insoweit nach dem Zeitpunkt der Beschlagnahme (§ 11 Abs. 2). Wird für den Gläubiger, für welchen die Beschlagnahme zeitlich früher erfolgt ist, das Verfahren einstweilen eingestellt, sind dessen Ansprüche in den Barteil des nach dem nachrangigen Gläubiger aufzustellenden geringsten Gebots aufzunehmen, weil die Forderung des besser Berechtigten nicht bestehen bleiben kann, andererseits aber das durch die Beschlagnahme begründete Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück für den Gläubiger fortbesteht und Vorrang vor dem Recht des die Vollstreckung nachrangig Betreibenden hat.13 In einem solchen Fall sind die wiederkehrenden Leistungen deshalb bis zum voraussichtlichen Verteilungstermin und nicht nur in den Grenzen des § 47 zu berechnen.
9 10 11 12 13
RG v. 3.4.1911 – V 359/10, RGZ 76, 116. RG v. 3.4.1911 – V 359/10, RGZ 76, 116, 120. Denkschrift, S. 45. A.A. noch Schmidt, DRiZ 1959, 119. RG v. 7.6.1929 – III 463/28, RGZ 125, 24, 31; BGH v. 19.2.1976 – III ZR 75/74, BGHZ 66, 217, 227 = MDR 1976, 825.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 25 § 44
c) Betreiben wegen eines Teilanspruchs aa) Grundsatz Betreibt ein Gläubiger die Zwangsversteigerung lediglich wegen eines Teils des ihm zustehenden Gesamtanspruchs, so fällt der gesamte Anspruch nicht in das geringste Gebot. Ein unterschiedlicher Rang von Teilen eines Rechts ist im Sachenrecht nämlich nicht vorgesehen (vgl. auch § 1151 BGB). § 879 BGB legt vielmehr das Rangverhältnis unter „mehreren Rechten“ fest, mit denen ein Grundstück belastet ist. Ein dingliches Recht kann mithin nicht mit verschiedenem Rang zwischen seinen Bestandteilen begründet werden.14
20
Beispiele – Ein Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung lediglich wegen fälliger Einzelleistungen einer Reallast. – Ein Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung lediglich wegen eines Teilbetrages i.H.v. 100.000 Euro aus der für ihn über insgesamt 300.000 Euro eingetragenen Grundschuld. – Ein Gläubiger betreibt die Zwangsversteigerung lediglich wegen der ihm zustehenden Zinsen (in der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1) aus der für ihn über insgesamt 300.000 Euro eingetragenen Grundschuld. In allen genannten Fällen erlischt jeweils das gesamte im Grundbuch eingetragene Recht.
21
Allerdings kann es im Einzelfall u.U. als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn derselbe 22 Gläubiger unter Zweckentfremdung seiner prozessualen Befugnisse Haupt- und Nebenforderungen sukzessive geltend macht, um eine Aufhebung des Verfahrens nach §§ 30 Abs. 1 S. 3, 29 zu vermeiden und durch die wiederholte Einstellung und Fortsetzung des ohne ernsthafte Versteigerungsabsicht betriebenen Verfahrens einen permanenten Zahlungsdruck auf den Schuldner auszuüben.15 bb) Rechtlich verselbständigte Teilbeträge Von diesem Grundsatz kann nur abgewichen werden, wenn die Teilbeträge bereits eine rechtliche Verselbständigung erfahren haben. Das ist insbesondere für folgende Fälle anerkannt:
23
(1) Die Zwangsversteigerung wird lediglich wegen der in die Rangklasse 7 bzw. 8 gehörenden älteren Ansprüche auf öffentliche Grundstückslasten bzw. ältere Grundpfandrechtszinsen betrieben. Auch wenn der jeweilige Gläubiger durch das Betreiben mit diesen Ansprüchen in die Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 aufrückt, fallen die vorgehenden öffentlichen Grundstückslasten in der Rangklasse 3 ebenso in das geringste Gebot wie die übrigen Ansprüche aus dem Grundpfandrecht in der Rangklasse 4.16
24
(2) Ein Teilbetrag eines eingetragenen Rechtes ist abgetreten worden. Mit der Rangänderung eines Teilbetrages (z.B. „erstrangiger/letztrangiger Teilbetrag abgetreten mit Rang vor/ nach dem Rest“) vollzieht sich eine Teilung des Rechts.17 Erfolgt mit der Abtretung eine
25
14 BGH v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, BGHZ 156, 274 = NotBZ 2004, 277 = MDR 2004, 390 = NJW 2004, 361 = Rpfleger 2004, 92 = ZfIR 2004, 68 für eine Reallast; OLG Zweibrücken v. 28.9.1984 – 3 W 146/84, Rpfleger 1985, 54 für eine Grundschuld. 15 LG Koblenz v. 24.8.2012 – 2 T 486/12, ZVI 2012, 426; LG Erfurt v. 28.1.2005 – 7 T 90/02, Rpfleger 2005, 375; LG Bonn v. 1.3.2001 – 4 T 741/00, Rpfleger 2001, 365; LG Bonn v. 6.6.1990 – 4 T 289/90, Rpfleger 1990, 433 m. Anm. Hintzen, Rpfleger 1991, 69; LG Lüneburg v. 23.4.1987 – 4 T 24/87, Rpfleger 1987, 469; a.A. OLG Düsseldorf v. 31.8.1990 – 3 W 310/90, OLGZ 1991, 76 = Rpfleger 1991, 28; LG Dessau v. 16.6.2004 – 7 T 193/04, Rpfleger 2004, 725 m. zust. Anm. Witthinrich. 16 So auch Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 14. 17 BayObLG v. 7.8.1985 – BReg 2 Z 135/84, Rpfleger 1985, 434; Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 880 Rz. 3; a.A. LG Augsburg v. 28.5.1984 – 7 T 1509/84, Rpfleger 1984, 348 m. abl. Anm. Bauch; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 58.
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§ 44 Rz. 25 Begriff des geringsten Gebots Rangbestimmung, ist der vorrangige Teilbetrag in das geringste Gebot einzustellen, wenn lediglich aus dem nachrangigen das Verfahren betrieben wird. Fehlt ausnahmsweise eine Rangbestimmung, haben die Teilbeträge gleichen Rang, so dass im Betreibensfall keiner in das geringste Gebot fällt.18 Die Abtretung eines mittelrangigen Teilbetrags eines Grundpfandrechts teilt das Recht ohne weitere Erklärung in drei Teilgrundpfandrechte; die Abtretungserklärung enthält in diesem Fall regelmäßig auch die Bestimmung des Rangverhältnisses zwischen den dem Zedenten verbleibenden Teilbeträgen.19 26
(3) Ein Teilbetrag eines eingetragenen Rechtes ist abgelöst worden. Der abgelöste Teilbetrag hat gegenüber dem verbleibenden Recht Nachrang (§§ 268 Abs. 3 S. 2, 1150 BGB).20 Das Restrecht ist auch dann in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn der Gläubiger des abgelösten Teils das Verfahren betreibt und es sich bei dem abgelösten Teil (ungeachtet § 12) lediglich um einen Zinsanspruch handelt.21
27
(4) Ein Teilbetrag eines eingetragenen Rechtes ist gepfändet worden. Die in der Praxis ausgesprochen seltene Pfändung eines Teilbetrages muss ausdrücklich als solche angeordnet werden.22 Sie verschafft dem Pfändungsgläubiger mangels anderweitiger Anordnung des Vollstreckungsgerichts gleichen Rang mit dem restlichen Gläubigeranspruch, so dass im Betreibensfall keiner der Ansprüche in das geringste Gebot aufzunehmen ist.
28
(5) Ein Teilbetrag eines eingetragenen Rechtes ist kraft Gesetzes auf den Eigentümer oder den persönlichen Schuldner übergegangen (vgl. §§ 1163, 1164, 1168, 1172 bis 1175 BGB). Der übergegangene Teilbetrag hat gegenüber dem verbleibenden Fremdrecht Nachrang (§ 1176 BGB). Im Gegensatz zu einem persönlichen Schuldner kann der Eigentümer aus dem übergegangenen Teilrecht die Zwangsversteigerung nicht betreiben (§ 1197 Abs. 1 BGB). Betreibt der Gläubiger des Restrechtes das Verfahren, fällt keiner der übergegangenen Ansprüche in das geringste Gebot.
29
(6) Bzgl. eines rangmäßig bestimmten Teilbetrages erfolgt eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung gem. § 800 ZPO. Unterwirft sich der Grundstückseigentümer nur wegen „eines zuletzt zu zahlenden Teilbetrages“ einer Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung, so erfordert die Eintragung dieser Erklärung im Grundbuch nicht die Teilung der Grundschuld.23 Eine Teilung ist jedoch erforderlich, wenn sich der Eigentümer wegen eines letztrangigen Teilbetrages der Zwangsvollstreckung unterwirft.24 d) Betreiben in mehrere Grundstücke
30
Wird die Zwangsversteigerung in mehrere Grundstücke betrieben, kann dies unter den Voraussetzungen des § 18 in einem verbundenen Verfahren erfolgen. Wegen der dabei zu beachtenden Besonderheiten (Einzel-, Gruppen- und Gesamtausgebot) s. die Kommentierung zu § 63 f.
18 Ebenso Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 21. 19 OLG Hamm v. 7.2.1992 – 15 W 6/92, Rpfleger 1992, 340 m. zust. Anm. Meyer-Stolte, Rpfleger 1992, 386. 20 RG v. 18.2.1931 – V 131/30, RGZ 131, 323; BGH v. 4.2.2010 – V ZB 129/09, NJW 2010, 3169 = Rpfleger 2010, 333. 21 Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 21. 22 BGH v. 22.1.1975 – VIII ZR 119/73, NJW 1975, 738. 23 So schon BayObLG v. 4.4.1985 – BReg.2 Z 29/85, BayObLGZ 1985, 141 = DNotZ 1985, 476 = Rpfleger 1985, 355. 24 OLG Hamm v. 30.10.1986 – 15 W 129/86, MDR 1987, 242 = NJW 1987, 1090 = Rpfleger 1987, 59 m. ins. zust. Anm. Wolfsteiner.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 36 § 44
III. Rangverhältnisse im geringsten Gebot Die Aufstellung des geringsten Gebots macht die vorherige Feststellung der Rangverhältnisse erforderlich, um den bestbetreibenden Gläubiger ermitteln zu können. Hierzu wird das Vollstreckungsgericht einen sog. Rangstatus erstellen, der sich an den §§ 10, 11 sowie §§ 879, 880, 881 BGB auszurichten hat.25 Die Rangregelungen des § 12 betreffen demgegenüber die Rangordnung verschiedener Gläubigeransprüche innerhalb eines Rechts; sie sind deshalb für die Aufstellung des geringsten Gebots unbeachtlich.26
31
1. Gesetzliches Rangverhältnis a) Locusprinzip Das Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein und dasselbe Grundstück belastet ist, bestimmt sich, wenn die Rechte in derselben Abteilung des Grundbuchs eingetragen sind, nach der Reihenfolge der Eintragungen (§ 879 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Rangfolge mehrerer Rechte in derselben Abteilung des Grundbuchs richtet sich also auch dann nach der örtlichen (Eintragungs-)Stelle der Rechte, wenn die Rechte dort am selben Tag eingetragen werden sollten.
32
Beispiel Abt. III Nr. 1 Grundschuld über 100.000 Euro, eingetragen am 28.12.2018 Abt. III Nr. 2 Hypothek über 120.000 Euro, eingetragen am 28.12.2018 Die Grundschuld geht der Hypothek trotz des identischen Eintragungstages im Rang vor. Zugleich verdeutlicht das Beispiel, dass nach § 879 Abs. 1 BGB weder die Art des Rechtes noch dessen Wert (= Höhe des Kapitalbetrages) Auswirkungen auf das Rangverhältnis haben.
33
b) Tempusprinzip Sind mehrere Rechte in verschiedenen Abteilungen des Grundbuchs eingetragen (heute nur noch möglich in Abt. II und III; vgl. §§ 4, 10 und 11 GBV), so hat das unter Angabe eines früheren Tages eingetragene Recht den Vorrang (§ 879 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB). Die Rangfolge mehrerer Rechte in verschiedenen Abteilungen des Grundbuchs richtet sich damit nach der Zeitfolge ihrer Eintragungen.
34
Beispiel Abt. II Nr. 1 Nießbrauchsrecht, eingetragen am 28.12.2018 Abt. III Nr. 2 Hypothek über 120.000 Euro, eingetragen am 27.12.2018 Die Hypothek geht dem Nießbrauchsrecht im Rang vor.
35
Bei Anwendung des Tempusprinzips kann es vorkommen, dass Rechte sowohl in der II. Abt. als auch in der III. Abt. des Grundbuchs am selben Tag eingetragen werden. Nur für diesen Fall (des Satzes 2!) bestimmt die Vorschrift weiterhin, dass Rechte, die unter Angabe desselben Tages (in verschiedenen Abteilungen!) eingetragen sind, gleichen Rang haben (§ 879 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB). Beispiel Abt. II Nr. 1 Nießbrauchsrecht, Abt. III Nr. 2 Hypothek über 120.000 Euro,
36 eingetragen am 28.12.2018 eingetragen am 28.12.2018
25 Vgl. BGH v. 29.10.2015 – V ZB 65/15, MDR 2016, 118 = NJW 2016, 502 = Rpfleger 2016, 238. 26 Zutr. Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 52; a.A. BGH v. 29.10.2015 – V ZB 65/15, MDR 2016, 118 = NJW 2016, 502 = Rpfleger 2016, 238.
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§ 44 Rz. 37 Begriff des geringsten Gebots c) Rangeinheit eines Rechtes 37
Spätere Eintragungen in den Veränderungsspalten der II. und der III. Abteilung teilen nach allerdings bestrittener Auffassung den Rang der Eintragung in der Hauptspalte, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist.27 Das gilt insbesondere auch für sog. Nachverpfändungen weiterer Objekte im selben Grundbuch (auch Einbeziehung in die Mithaft oder Pfandhafterstreckung genannt). d) Abweichende Rangbestimmungen
38
Bereits bei der erstmaligen Eintragung von Rechten in das Grundbuch können von diesen Regeln abweichende Bestimmungen in das Grundbuch eingetragen worden sein (§ 879 Abs. 3 BGB), die dann für die Feststellung des geringsten Gebots maßgeblich sind. e) Rangpublizität
39
Die Eintragung im Grundbuch ist für das Rangverhältnis auch dann maßgebend, wenn die nach § 873 BGB zum materiellen Erwerb des Rechts erforderliche Einigung zeitlich erst nach der Eintragung zustande gekommen ist (§ 879 Abs. 2 BGB). Die Rangverhältnisse knüpfen damit an das Publizitätsprinzip an. 2. Rangänderung a) Kraft Gesetzes eintretende Rangänderungen
40
Die gem. § 879 BGB entstandenen Rangverhältnisse können sich unter bestimmten Voraussetzungen kraft gesetzlicher Anordnung ändern. Dies trifft insbesondere auf folgende Fallgestaltungen zu: aa) Zahlungsvorgänge bei Grundpfandrechten
41
Ein Teilbetrag eines eingetragenen Rechtes kann kraft Gesetzes auf den Eigentümer oder den persönlichen Schuldner übergegangen sein (vgl. §§ 1163, 1164, 1168, 1172 bis 1175 BGB). In diesem Fall hat der übergegangene Teilbetrag gegenüber dem verbleibenden Fremdrecht kraft Gesetzes Nachrang (§ 1176 BGB). Entsprechendes gilt für den teilweisen Rechtsübergang im Fall des § 1182 BGB. bb) Grundpfandgesicherte (Ausgleichs-)Ansprüche Dritter
42
In einigen Fällen wird gesetzlich ein Rechtsübergang auf Dritte zur Sicherung von (Ausgleichs-)Ansprüchen angeordnet. Ist z.B. ein Teilbetrag eines eingetragenen Rechtes abgelöst worden, dann hat der auf den Ablösenden übergegangene (§ 268 Abs. 3 S. 1 BGB) abgelöste Teilbetrag gegenüber dem verbleibenden Recht kraft Gesetzes Nachrang (§§ 268 Abs. 3 S. 2, 1150 BGB).28 Soweit ein Bürge den Gläubiger befriedigt hat, geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf ihn über (§ 774 Abs. 1 S. 1 BGB). Ist die Forderung hypothekarisch gesichert, geht das Grundpfandrecht insoweit ebenfalls auf den Bürgen über 27 RG v. 14.3.1931 – Vb 2/31, RGZ 132, 106, 111 f.; OLG Hamm v. 9.10.1984 – 15 W 250/83, OLGZ 1985, 23 = Rpfleger 1985, 17 m. zust. Anm. Streuer 144; BayObLG v. 22.12.1959 – BReg. 2 Z 192/59, BayOLGZ 1959, 520 = NJW 1960, 1155; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 56; Streuer, Rpfleger 1982, 138; a.A. Meikel/Böttcher, § 45 GBO Rz. 47 ff. mwN; H. Schmid, Rpfleger 1984, 130, ders., Rpfleger 1982, 251. 28 RG v. 18.2.1931 – V 131/30, RGZ 131, 323; BGH v. 4.2.2010 – V ZB 129/09, NJW 2010, 3169 = Rpfleger 2010, 333.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 45 § 44
(§§ 412, 401 BGB); der übergegangene Teil hat wiederum kraft Gesetzes Nachrang (§ 774 Abs. 1 S. 2 BGB). Ähnlich verhält es sich mit dem Ausgleichsanspruch zugunsten eines leistenden Gesamtschuldners (§ 426 Abs. 2 BGB). cc) Sicherungshypothek für Pfandgläubiger Ist der schuldrechtliche Anspruch auf Verschaffung des Eigentums oder das Anwartschaftsrecht29 gepfändet, so erlangt der Pfändungsgläubiger mit dem Übergang des Eigentums auf den Pfändungsschuldner kraft Gesetzes eine Sicherungshypothek für seine Forderung (§ 848 Abs. 2 S. 2 ZPO). Die Sicherungshypothek entsteht außerhalb des Grundbuchs; ihre Eintragung ist Grundbuchberichtigung. Bereits im Erwerbsvertrag als Gegenleistung für den Veräußerer bestellte Rechte gehen der Sicherungshypothek im Rang vor (z.B. Wohnungsrecht, Restkaufpreishypothek).30 Umstritten ist, ob dies auch für weitere Finanzierungsrechte des Pfändungsschuldners zu gelten hat, die dieser mit dem Eigentumswechsel eintragen lässt.31 Insoweit handelt es sich jedoch nicht mehr um dem Voreigentümer geschuldete Gegenleistungen für den Eigentumserwerb, sondern um Finanzierungsmodalitäten.32 Sollte also mit dem Eigentumswechsel auf den Pfändungsschuldner ein von diesem bestelltes Finanzierungsrecht zur Eintragung gelangt sein, ginge dieses der außerhalb des Grundbuchs mit dem Eigentumswechsel entstandenen Sicherungshypothek im Rang nach.
43
dd) Leistung der Feuerversicherung Befriedigt der Gebäudefeuerversicherer einen Verwertungsgläubiger (Grundpfandrechtsoder Reallastberechtigten) nach § 143 VVG, so geht insbesondere ein Grundpfandrecht auf ihn über (§§ 148, 145 S. 1 VVG). Dieser Übergang kann nicht zum Nachteil eines gleichoder nachstehenden Verwertungsgläubigers geltend gemacht werden, dem gegenüber die Leistungspflicht des Versicherers bestehen geblieben ist (§§ 148, 145 S. 2 VVG). Mit dem Rechtsübergang ist also eine Rangänderung verbunden. Dieser gesetzliche Rangrücktritt dient dem Schutz aller Grundpfandgläubiger, die nach § 143 VVG privilegiert sind. Er greift unabhängig davon ein, ob der Versicherer die von ihm geschuldete Leistung an den vorrangigen Grundpfandgläubiger ganz oder nur zum Teil erbracht hat.33 Die mit dem Rechtsübergang eintretende Rangänderung kann jedoch bei der Aufstellung des geringsten Gebots nur berücksichtigt werden, wenn sie entweder eingetragen ist oder angemeldet wird. Dafür genügt allerdings die Anzeige des Versicherers an das Vollstreckungsgericht über eine erfolgte Zahlung.34
44
ee) Rangverschiebung von Sicherungshypotheken Näher beschriebene Sicherungshypotheken können nach dem Ablauf von sechs Monaten nicht zum Nachteil der bestehengebliebenen Rechte und der übrigen nach § 128 Abs. 1 u. 2 eingetragenen Sicherungshypotheken geltend gemacht werden (§ 129). Die dadurch bewirkte Rangverschiebung zieht nicht lediglich eine verfahrensrechtliche Änderung der Zuteilungsrei-
29 BGH v. 1.12.1988 – V ZB 10/88, BGHZ 106, 108 = MDR 1989, 437 = NJW 1989, 1093 = Rpfleger 1989, 192; BGH v. 18.12.1967 – V ZB 6/67, BGHZ 49, 197 = MDR 1968, 313 = NJW 1968, 493 = Rpfleger 1968, 83. 30 ThürOLG Jena v. 28.9.1995 – 6 W 73/95, Rpfleger 1996, 100. 31 Bejahend Böttcher, Anm. zu LG Fulda v. 22.12.1987 – 2 T 206/87, Rpfleger 1988, 252. 32 Hintzen, Rpfleger 1989, 439; Kerbusch, Rpfleger 1988, 475; vgl. auch ThürOLG Jena v. 28.9.1995 – 6 W 73/95, Rpfleger 1996, 100 zu einer vom Pfändungsschuldner bewilligten Erwerbsvormerkung. 33 BGH v. 2.3.2005 – IV ZR 212/04, MDR 2005, 990 = ZfIR 2005, 504 noch zum früheren Recht. 34 LG Lüneburg v. 30.10.1987 – 4 T 212/87, Rpfleger 1988, 112 noch zum früheren Recht.
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§ 44 Rz. 45 Begriff des geringsten Gebots henfolge nach sich, sondern führt zu einer dauerhaften und absolut wirkenden materiellrechtlichen Rangänderung (vgl. die Kommentierung zu § 129). ff) Bestandteilszuschreibungen 46
Im weiteren Sinn gehören auch die gem. § 890 Abs. 2 BGB, § 6 GBO zulässigen Bestandteilszuschreibungen eines Grundstücks hierher. Wird nämlich ein Grundstück nach § 890 Abs. 2 BGB einem anderen Grundstück im Grundbuch als Bestandteil zugeschrieben, so erstrecken sich die an dem Stammgrundstück bestehenden Grundpfandrechte kraft Gesetzes auf das zugeschriebene Grundstück (§§ 1131 S. 1, 1192 Abs. 1 BGB). Allerdings gehen solche Rechte, mit denen das zugeschriebene Grundstück bereits belastet ist, diesen erstreckten Grundpfandrechten im Range vor (§§ 1131 S. 2, 1192 Abs. 1 BGB). Auf diese Weise kann es also zu „schiefen“ Rangverhältnissen kommen (nach Inkrafttreten des DaBaGG allerdings nur noch im Rahmen der § 6 Abs. 2, § 5 Abs. 1 S. 2 GBO). b) Rechtsgeschäftlich begründete Rangänderungen aa) Grundsätze
47
Das Rangverhältnis kann nachträglich rechtsgeschäftlich geändert werden (§ 880 Abs. 1 BGB). Zu der Rangänderung ist die Einigung des zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Änderung in das Grundbuch erforderlich (§ 880 Abs. 2 S. 1 BGB). Soll eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld zurücktreten, so ist außerdem die Zustimmung des Eigentümers erforderlich (§ 880 Abs. 2 S. 2 BGB). Die Zustimmung des Eigentümers ist allerdings entbehrlich, wenn das Rangverhältnis von Teilhypotheken untereinander geändert werden soll (vgl. § 1151 BGB). Stehen das im Rang vortretende und das zurücktretende Recht demselben Gläubiger zu, so genügt zur Rangänderung anstelle der Einigung dessen einseitige Rangerklärung.35
48
Die gem. § 880 Abs. 2 S. 1 BGB erforderliche Eintragung der Rangänderung in das Grundbuch hat bei allen an der Rangänderung beteiligten Rechten zu erfolgen (§ 18 GBV). Die hierfür erforderlichen Rangvermerke verlautbaren jedoch lediglich die Tatsache der Rangänderung, nicht aber die dadurch eingetretenen materiellen Rechtswirkungen.36
49
Beispiele – „Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 2 den Vorrang eingeräumt.“ – „Das Recht Abt. III Nr. 2 hat Rang vor dem Recht Abt. III Nr. 1.“
50
Abweichend von diesen Grundsätzen lässt die h.M. materiell-rechtlich die Eintragung einer Rangänderung allein beim zurücktretenden Recht genügen, weil dadurch bereits die maßgebliche Rangverschlechterung dokumentiert werde.37 Richtigerweise ist jedoch auch materiell-rechtlich ein Vermerk sowohl beim vor- als auch beim zurücktretenden Recht erforderlich, weil andernfalls nach der Löschung des einen (im Rang zurücktretenden) Rechts die Rangänderung des anderen (vortretenden) Rechts aus dem Grundbuch nicht mehr ersichtlich wäre.38 35 RG v. 14.11.1933 – V B 10/33, RGZ 142, 231, 237. 36 Vgl. OLG Düsseldorf v. 5.4.1966 – 3 W 411/65, OLGZ 1966, 489. 37 RG HRR 1931 Nr. 1912; BayObLG v. 20.10.1988 – BReg. 3 Z 122/88, BayObLGZ 1988, 330, 332 = MittRhNotK 1988, 266; Demharter, § 45 GBO Rz. 58; MüKoBGB/Kohler, § 880 BGB Rz. 10; Schöner/ Stöber, Rz. 2566 mwN; Ulbrich, MittRhNotK 1995, 289, 290; noch weitergehend Fratzky, BWNotZ 1979, 27, der zum Eintritt der materiellen Rangwirkungen einen Rangvermerk allein beim vortretenden Recht genügen lassen will. 38 Zutr. daher KG Gutachten v. 10.7.1929 – 1 Gen VII 1 29/8, JW 1929, 3346, 3348; Erman/Artz, BGB, § 880 BGB Rz. 6; RGRK/Augustin, § 880 BGB Rz. 30; Staudinger/Kutter (2012), § 880 BGB Rz. 22.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 54 § 44
Außerdem soll die Teilabtretung einer Briefgrundschuld mit gleichzeitiger Rangbestimmung nicht der insoweit konstitutiven Grundbucheintragung bedürfen.39 Überhaupt nicht im Grundbuch verlautbart werden können Rangänderungen, wenn es an einem eigentlichen Rangverhältnis fehlt. Dies ist z.B. der Fall hinsichtlich öffentlicher Lasten,40 eingetragener Verfügungsbeeinträchtigungen wie etwa Veräußerungsbeschränkungen41 oder Nacherbenvermerken42 und der Rangänderung von Zinsrückstandsgrundpfandrechten (vgl. § 1159 BGB u. die Kommentierung zu § 9 Rz. 16).43
51
Maßgeblich für die Feststellung der Rangverhältnisse sind die Grundbucheintragungen zum Zeitpunkt der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks. Erfolgt eine Rangänderung erst nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks, muss sie im Verfahren rechtzeitig angemeldet werden, wenn sie berücksichtigt werden soll (vgl. § 37 Nr. 4, § 45 Rz. 85).44 Bewirkt eine nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks eingetragene Rangänderung eine Verringerung des geringsten Gebots, so muss eine solche Rangänderung entsprechend § 44 Abs. 2 mindestens vier Wochen vor dem Versteigerungstermin im Grundbuch eingetragen und angemeldet sein.45 Nur auf diese Weise lässt sich der Schutzzweck des § 44 Abs. 2 gewährleisten, wonach den Beteiligten vier Wochen vor dem Versteigerungstermin die Berechnung des geringsten Gebots möglich sein soll (s. Rz. 16). Eine lediglich rechtzeitig erfolgte Eintragung der Rangänderung in das Grundbuch ohne eine ebenfalls rechtzeitig erklärte Anmeldung ist hierfür nicht ausreichend,46 weil dann bis zum Beginn der Bietzeit kurzfristige Reduzierungen des geringsten Gebots gleichwohl noch möglich wären.
52
Der durch eine rechtsgeschäftliche Rangänderung erlangte Vorrang kann nicht einseitig wie- 53 der aufgegeben werden. Die „Rückgängigmachung“ einer Rangänderung ist angesichts ihrer dinglichen Wirkung nur durch eine erneute rechtsgeschäftliche Rangänderung gem. § 880 BGB möglich.47 bb) Rangänderung ohne Zwischenrecht Eine Rangänderung gem. § 880 BGB zwischen zwei rangmäßig unmittelbar aufeinander folgenden Rechten bewirkt einen „absoluten Stellentausch“.48 Die beteiligten Rechte treten jeweils an die Stelle des anderen Rechts. Betreibt sodann das im Rang zurückgetretene Recht die Zwangsversteigerung, ist das vortretende Recht in den bestehenbleibenden Teil des geringsten Gebots aufzunehmen.
39 OLG Düsseldorf v. 12.12.1990 – 3 Wx 460/90, OLGZ 1991, 129 = MDR 1991, 441 = Rpfleger 1991, 240; OLG Hamm v. 24.11.1987 – 15 W 495/87, OLGZ 1988, 17 = Rpfleger 1988, 58 m zust. Anm Muth = Rpfleger 1988, 136 m. abl. Anm. H. Schmid. 40 BGH v. 6.5.1952 – V ZB 1/52, BGHZ 6, 70, 74 = NJW 1952, 873. 41 RG v. 7.3.1932 – VI 447/31, RGZ 135, 378, 384. 42 OLG Hamm v. 5.1.1989 – 15 W 244/88, OLGZ 1989, 156 = Rpfleger 1989, 232. 43 RG v. 15.3.1916 – V 3/16, RGZ 88, 160, 163. 44 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 = Rpfleger 2013, 464 = ZfIR 2013, 432 m. krit. Anm. Alff. 45 Depré/Bachmann, § 44 ZVG Rz. 22. 46 So aber Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 15; Stöber, § 44 ZVG Rz. 6.1. 47 Staudinger/Kutter (2012), § 880 BGB Rz. 54. 48 Vgl. RG v. 24.6.1933 – V 87/33, RGZ 141, 235; KG v. 22.8.1940 – 1 Wx 396/40, JFG 22, 42, 47; OLG Düsseldorf v. 5.4.1966 – 3 W 411/65, OLGZ 1966, 489.
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§ 44 Rz. 55 Begriff des geringsten Gebots cc) Rangänderung mit Zwischenrecht (1) Grundsätze 55
In diesem Fall dürfen Rechte, die den Rang zwischen dem zurücktretenden und dem vortretenden Recht haben, durch die Rangänderung nicht berührt werden (§ 880 Abs. 5 BGB). Ein Zwischenrecht darf also durch die Rangänderung weder einen Vorteil erlangen (wenn das vortretende Recht kleiner ist als das zurücktretende), noch einen Nachteil erleiden (wenn das vortretende Recht größer ist als das zurücktretende).49
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Bei der Ablösung von Rechten braucht sich der Inhaber eines Zwischenrechts solche Rangänderungen, die erst nach der Eintragung seines Rechts in das Grundbuch wirksam geworden sind, nicht entgegenhalten zu lassen. Er kann unabhängig davon, aus welchem der nach der Rangänderung vorrangig gewordenen Rechte die Vollstreckung in das Grundstück betrieben wird, das vorrangige Recht insgesamt ablösen. Dabei geht das abgelöste Recht gem. § 1150, § 268 Abs. 3 S. 1 BGB mit dem Inhalt und dem Rang auf den Ablösenden über, den dieses Recht im Zeitpunkt der Eintragung des Zwischenrechts hatte.50 (2) Rangänderung mit Rechten in Abt. III
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In diesen Fällen ist die Wirkung der Rangänderung mit Rücksicht auf die Zwischenrechte auf den Nennwert des zurücktretenden Rechts beschränkt. Es lassen sich zwei Varianten bilden:
58
Var. 1: Reicht das vorhandene Rangvolumen des zurücktretenden Rechts nicht aus, so tritt das vortretende Recht insoweit hinter das Zwischenrecht, jedoch mit dem verbleibenden Rest vor das zurücktretende Recht.
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Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t Teilbetrag für C
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 100.000 t für C
Abt. III Nr. 3: 20.000 t Restbetrag für C Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A
Es ergeben sich folgende Auswirkungen für das geringste Gebot: – C betreibt das Verfahren: Es fallen außer den Kosten gem. § 109 nur die Rangklassen 1 bis 3 des § 10 Abs. 1 in das geringste Gebot. – B betreibt das Verfahren: Es ist zusätzlich noch das Recht Abt. III Nr. 3 mit dem besserrangigen Teilbetrag in das geringste Gebot einzustellen. – A betreibt das Verfahren: Es ist zusätzlich noch das Recht Abt. III Nr. 2 und das gesamte Recht Abt. III Nr. 3 in das geringste Gebot einzustellen.
60
Var. 2: Ist das vorhandene Rangvolumen des zurücktretenden Rechts größer als der Wert des vortretenden Rechts, so tritt das vortretende Recht vollständig vor das Zwischenrecht; der insoweit verbleibende Restbetrag gebührt unverändert dem zurücktretenden Recht.
49 Eickmann, RpflStud 1982, 74, 78; Meikel/Böttcher, § 45 GBO Rz. 137. 50 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 = Rpfleger 2013, 464 = ZfIR 2013, 432.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 64 § 44 61
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C Abt. III Nr. 1: 20.000 t Teilbetrag für A
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 80.000 t Restbetrag für A
Es ergeben sich folgende Auswirkungen für das geringste Gebot: – C betreibt das Verfahren: Es fallen außer den Kosten gem. § 109 nur die Rangklassen 1 bis 3 des § 10 Abs. 1 in das geringste Gebot. – A betreibt das Verfahren: Es ist zusätzlich noch das Recht Abt. III Nr. 3 in das geringste Gebot einzustellen. – B betreibt das Verfahren: Es ist zusätzlich noch das Recht Abt. III Nr. 1 mit dem besserrangigen Teilbetrag sowie das Recht Abt. III Nr. 3 in das geringste Gebot einzustellen.
(3) Rangänderung mit Rechten in Abt. II und III In diesen Fällen lassen sich die Auswirkungen der Rangänderung nicht mehr allein anhand 62 der im Grundbuch eingetragenen Nennbeträge der Rechte ermitteln. Soweit Rechte bereits von Anfang an nicht auf die Zahlung eines Geldbetrages gerichtet sind, lassen sie sich nicht ohne weiteres rechnerisch aufteilen. Allerdings können auch Rechte, die nicht auf Kapitalzahlung gerichtet sind, bei der Erlösverteilung einen Wertersatz in Geld beanspruchen (vgl. § 92). Für solche Rechte soll bei der Feststellung des geringsten Gebotes von Amts wegen ein Ersatzwert durch das Vollstreckungsgericht bestimmt werden (§ 51 Abs. 2). 63
Beispiel Das Recht Abt. II Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 2 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge Abt. II Nr. 1: Nießbrauchsrecht für A (Ersatzwert gem. §§ 50, 51: 100.000 t) Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
Aus dem Nießbrauchsrecht kann A die Zwangsversteigerung selbst nicht betreiben, da es sich insoweit nicht um ein Verwertungsrecht handelt (§ 1147, 1192 Abs. 1 BGB). Es lassen sich deshalb wiederum zwei Varianten unterscheiden: 64 Var. 1: Wird die Zwangsvollstreckung betrieben durch den vortretenden Grundpfandrechtsgläubiger Abt. III Nr. 2, kann das im Rang zurückgetretene Nießbrauchsrecht nicht in das geringste Gebot aufgenommen werden. Das Recht Abt. II Nr. 1 erlischt deshalb mit dem Zuschlag und hat lediglich einen Anspruch auf Wertersatz gem. § 92 Abs. 2 ZVG, der erst nach vollständiger Befriedigung des im Rang vorgehenden Rechtes Abt. III Nr. 2 zum Zuge kommen kann. Das Zwischenrecht Abt. III Nr. 1 darf durch die Rangänderung nicht nachteilig betroffen werden (§ 880 Abs. 5 BGB). Vor der Rangänderung ging dem Zwischenrecht mit dem Nießbrauch ein dingliches Recht im Rang vor, aus dem die Zwangsversteigerung nicht betrieben werden konnte. Durch die nachträgliche Rangänderung hat sich jedoch gegenüber dem ZwischenSchneider
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§ 44 Rz. 64 Begriff des geringsten Gebots recht eine vorrangige Verwertungsposition ergeben, die mit dem Erlöschen des Rechts Abt. III Nr. 1 zu einer unzulässigen Beeinträchtigung dieses Rechtes führen würde. Das Zwischenrecht Abt. III Nr. 1 ist deshalb als bestehenbleibendes Recht in das geringste Gebot aufzunehmen; es erweist sich damit als „versteigerungsfest“.51 65
Var. 2: Wird die Zwangsvollstreckung betrieben durch den zwischenberechtigten Grundpfandrechtsgläubiger Abt. III Nr. 1, geht diesem der Gläubiger Abt. III Nr. 2 wertmäßig im Umfang des Nießbrauchsrechts im Rang vor. Im vorstehenden Beispiel verblieben damit wertmäßig noch 20.000 Euro für das allerdings nicht aufteilbare Nießbrauchsrecht. Die weitere Vorgehensweise ist streitig: – Nach wohl überwiegend vertretener Auffassung soll in einem solchen Fall von Amts wegen ein Doppelausgebot dergestalt erfolgen, dass das Grundstück einmal mit der Rangänderung (also bestehenbleibendem Recht Abt. III Nr. 2) und einmal ohne Rangänderung (also mit bestehenbleibendem Nießbrauchsrecht) ausgeboten wird.52 Die Rangänderung dürfe gegenüber dem Zwischenberechtigten keine Berücksichtigung finden, wenn sie sich als für ihn nachteilig erweisen sollte. Ob sie sich jedoch als nachteilig erweist, ließe sich nach diesem Ansatz jedoch erst durch einen Vergleich der beiden Ausgebote feststellen. In der Folge differieren dann noch einmal die Auffassungen darüber, auf welches Ausgebot bei diesem Lösungsansatz der Zuschlag zu erteilen sei. Ist der Zwischenberechtigte B bei beiden Ausgebotsarten voll gedeckt, so sei der Zuschlag auf das Gebot mit der Rangänderung zu erteilen. Führt nur das Ausgebot ohne Rangänderung zur Deckung des Zwischenberechtigten, soll die Erteilung des Zuschlags darauf erfolgen. Deckt nur das Ausgebot unter Berücksichtigung der Rangänderung die Ansprüche des Zwischenberechtigten, so soll auch hierauf der Zuschlag zu erteilen sein. Dem wird wiederum entgegengehalten, dass der Zwischenberechtigte auch keinen Vorteil aus der Rangänderung erfahren darf (§ 880 Abs. 5 BGB) und deshalb vielmehr auf das Ausgebot ohne Rangänderung zuzuschlagen sei.53 Führe letztlich keines der beiden Ausgebote zur vollen Deckung des Zwischenberechtigten, müsse zur Vermeidung einer Beeinträchtigung stets auf das Ausgebot ohne Rangänderung zugeschlagen werden.54 – Nach einer anderen Auffassung soll ein Doppelausgebot gem. § 59 nur auf Antrag erfolgen.55 Offen bleibt hier, wie das geringste Gebot ohne einen solchen Antrag aufzustellen wäre. – Nach einer dritten Auffassung soll zur Beurteilung der Auswirkungen einer Rangänderung auf ein Zwischenrecht unter Beteiligung von Nichtkapitalrechten grundsätzlich von dem nach § 51 Abs. 2 im Versteigerungstermin vom Gericht zu bestimmenden Zuzahlungsbetrag auszugehen sein.56 Danach sei grundsätzlich ein geringstes Gebot aufzustellen.57 Es sei auch nicht auf das Versteigerungsergebnis im Einzelfall abzustellen, sondern darauf, welche Rechte nach dem Rang des betreibenden Gläubigers gegen eine Beeinträchtigung geschützt werden müssen. Welche Rechte bestehenbleiben und welche erlöschen, müsse so51 Heute allg. M.: Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 21; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 85; Depré/Bachmann, § 44 ZVG Rz. 40; Morvilius, MittBayNot 2005, 477, 480; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 74; Stöber, § 44 ZVG Rz. 6.3 lit. b). 52 So OLG Hamm v. 6.3.1985 – 15 W 38/85, OLGZ 1985, 326 = Rpfleger 1985, 246; Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 84; Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 880 BGB Rz. 41. 53 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 20. 54 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 20; a.A. OLG Hamm v. 6.3.1985 – 15 W 38/85, OLGZ 1985, 326 = Rpfleger 1985, 246. 55 So Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 74. 56 Morvilius, MittBayNot 2005, 477, 481; Stöber, § 44 ZVG Rz. 6.4 jew. mit Beispielen. 57 Morvilius, MittBayNot 2005, 477, 480.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 65 § 44
mit bei der Zulassung eines Gebotes von vornherein feststehen und nicht erst nachträglich vom Versteigerungsergebnis her geprüft und festgelegt werden.58 – Der zuletzt genannten Auffassung ist jedenfalls im Grundsatz zuzustimmen. Allerdings ist die Begründung wenig überzeugend, wie andere Beispiele mit mehreren beantragten Ausgebotsarten im ZVG zeigen (vgl. § 59). Jedoch bewirkt allein dieser Lösungsansatz ein für alle Beteiligten zufriedenstellendes Ergebnis, indem er die Konkurrenz von Deckungs- und Übernahmegrundsatz vor dem Hintergrund des Beeinträchtigungsverbots des § 880 Abs. 5 BGB sachgerecht aufzulösen vermag. Es sind wiederum zwei Szenarien denkbar: – Der Wert des im Rang zurücktretenden Nießbrauchsrechts ist (in Abänderung des vorstehenden Beispiels) mit 40.000 Euro geringer als der Wert des vortretenden Grundpfandrechts mit 80.000 Euro. Richtigerweise kann das vortretende Grundpfandrecht dann beim Betreiben seitens des Zwischenberechtigten nur in Höhe des dem Nießbrauchsrecht ursprünglich zukommenden Rangvolumens mit 40.000 Euro berücksichtigt werden.59 Dazu bedarf es jedoch des Rückgriffs auf den gem. § 51 Abs. 2 bestimmten Ersatzwert. Es kann bei dieser Variante richtigerweise lediglich ein geringstes Gebot aufgestellt werden, bei dem die vortretende Grundschuld nur im vorbezeichneten Umfang des Zuzahlungsbetrages vor dem Zwischenrecht bestehenbleiben kann. – Der Wert des im Rang zurücktretenden Nießbrauchsrechts ist wie im o.g. Beispiel mit 100.000 Euro größer als der Wert des vortretenden Grundpfandrechts mit 80.000 Euro. Beim Betreiben seitens des Zwischenberechtigten kann das vortretende Grundpfandrecht jetzt vollständig berücksichtigt werden. Weil der Zwischenberechtigte B durch die Rangänderung jedoch auch keinen Vorteil erlangen darf, ist der rechnerisch verbleibende Restbetrag i.H.v. 20.000 Euro für den Nießbrauchsberechtigten vorzusehen (Zinsen sollen hier unberücksichtigt bleiben).60 Dessen Recht ist zwar grundsätzlich nicht teilbar, jedoch lässt sich an dessen vorrangiger Stelle ein entsprechender Geldbetrag als Ersatz in den Barteil aufnehmen. Auf diese Weise erlangt der Zwischenberechtigte durch die Rangänderung keinen Vorteil und zugunsten des Nießbrauchsberechtigten ist sichergestellt, dass er zumindest für die Höhe des vorgehenden Teilbetrages im geringsten Gebot berücksichtigt wird. Diejenigen Lösungsansätze, die von einem amtsseitigen Doppelausgebot ausgehen, berücksichtigen nämlich nicht, dass es in den danach denkbaren Gestaltungen unter Verstoß gegen den Deckungsgrundsatz zu Ausfällen beim Nießbrauchsberechtigten in diesem Restvorrangsbereich kommen kann.61 Ein Zurückdrängen des Übernahmegrundsatzes zugunsten des Deckungsgrundsatzes bei gleichzeitiger Wahrung des Beeinträchtigungsverbots gem. § 880 Abs. 5 BGB ist auch gerechtfertigt, weil es dem Willen der Beteiligten entspricht, die ja gerade eine Rangänderung vollziehen wollten. Damit musste dem im Rang hinter ein Grundpfandrecht zurücktretenden Nießbrauchsberechtigten jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt klar sein, dass er im Betreibensfall damit rechnen muss, mit seinem Recht ggf. auf einen Ersatzbetrag verwiesen zu werden. Er ist deshalb nur in dem hier dargestellten Umfang schutzwürdig. Das nach der h.M. von Amts wegen vorzunehmende Doppelausgebot ignoriert demgegenüber (noch dazu mit abweichenden Zuschlagsergebnissen!) den auf Rangände-
58 Stöber, § 44 ZVG Rz. 6.4. 59 Zutr. Morvilius, MittBayNot 2005, 477, 481: Bestehen bleiben kann das Grundpfandrecht bis zu einer Höhe von insgesamt 40.000,– Euro mit seinem restlichen Kapitalbetrag nach Abzug der bis zum Zuschlag in den bar zu zahlenden Teil des geringsten Gebots aufzunehmenden Zinsrückstände des Schuldners (§ 56 S. 2). 60 Insoweit inkonsequent Morvilius, MittBayNot 2005, 477, 481. 61 Beispiel mit Ausfallberechnungen bei Stöber, § 44 ZVG Rz. 6.4.
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§ 44 Rz. 65 Begriff des geringsten Gebots rung gerichteten Willen der Beteiligten; wollten sie das Nießbrauchsrecht gleichwohl bestehen lassen, bleibt ihnen ein Antrag auf abweichende Versteigerungsbedingungen gem. § 59 unbenommen. dd) Beteiligung mehrerer Rechte an einer Rangänderung 66
An einer Rangänderung können auch mehrere Rechte entweder gleichzeitig oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten beteiligt sein. Die folgenden Beispiele gehen davon aus, dass weitere, an den Rangänderungen nicht beteiligte Zwischenrechte nicht zu berücksichtigen sind, so dass § 880 Abs. 5 BGB insoweit nicht zur Anwendung kommt. (1) Rangrücktritt mehrerer Rechte
67
Treten mehrere Rechte im Rang hinter ein anderes Recht zurück, so behalten die zurücktretenden Rechte nach h.M. untereinander ihre bisherige Rangfolge und zwar unabhängig davon, ob die mehreren Rangrücktritte gleichzeitig oder nacheinander erfolgen.62
68
Beispiel Die Rechte Abt. III Nr. 1 und 2 haben dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
(2) Rangvortritt mehrerer Rechte 69
Treten mehrere Rechte im Rang vor ein anderes Recht, bleibt die bisherige Rangfolge untereinander nur dann erhalten, wenn der Rangvortritt gleichzeitig gebucht wird.63
70
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat den Rechten Abt. III Nr. 2 und 3 gleichzeitig den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
Erfolgt der Rangvortritt jedoch zeitlich nacheinander, so geht das zuerst vorgetretene Recht auch dann dem später vortretenden Recht im Rang vor, wenn es ursprünglich diesem gegen-
62 RG v. 30.3.1912 – V 477/11, RGZ 79, 170; RG v. 21.9.1906 – III 70/06, RGZ 64, 100; Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 22; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 77; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 75; Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 880 BGB Rz. 43; a.A. LG Siegen v. 2.7.1963 – 1 T 34/63, DNotZ 1964, 615: im Fall nicht gleichzeitigen Rücktritts sollen mehrere zurücktretende Rechte ihr bisheriges Rangverhältnis verlieren. 63 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 78; RGRK/Augustin, BGB, § 880 BGB Rz. 16; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 76; Staudinger/Kutter, BGB (2012) § 880 BGB Rz. 44.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 73 § 44
über rangschlechter war. Dabei ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch abzustellen.64 71
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat zunächst dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach der ersten Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C Abt. III Nr. 1: 20.000 t Teilbetrag für A
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 80.000 t Restbetrag für A
Fortsetzung: Das Recht Abt. III Nr. 1 hat jetzt auch dem Recht Abt. III Nr. 2 den Vorrang eingeräumt. Rangfolge nach der ersten Rangänderung
Endgültige Rangfolge
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C Abt. III Nr. 1: 20.000 t Teilbetrag für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 1: 80.000 t Restbetrag für A
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
ee) Rangänderung mit Teilbeträgen (1) Rangrücktritt eines Teilbetrages Räumt ein Gläubiger lediglich mit einem Teilbetrag seines Grundpfandrechts einem nachstehenden Grundpfandrecht den Vorrang ein, so haben das vortretende Recht und der vorrangig verbliebene Teil des Grundpfandrechts untereinander gleichen Rang.65
72
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat mit einem Teilbetrag i.H.v. 80.000 Euro dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt.
73
Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach der Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C) Abt. III Nr. 1: 20.000 t Teilbetrag für A)
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 80.000 t Restbetrag für A
} im Gleichrang
64 KG v. 6.11.1930 – 1 X 672/30, JFG 8, 306, 310 f. = HRR 1931 Nr. 408; Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 78; Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 880 BGB Rz. 45; Steiner/ Eickmann, § 44 ZVG Rz. 77. 65 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 26; Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 880 BGB Rz. 51; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 81.
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§ 44 Rz. 73 Begriff des geringsten Gebots Wie beim Rangrücktritt mit dem gesamten Recht spaltet sich das im Rang zurücktretende Recht in Teilbeträge auf (vgl. Rz. 61). Im Gegensatz zum vollständigen Rangrücktritt eines Grundpfandrechts verbleibt der nicht zurücktretende Teilbetrag jedoch an seiner ursprünglichen Rangstelle. Da dieser Teilbetrag ursprünglich mit dem zurückgetretenen Teilbetrag gleichrangig war, kann auch die Vorrangseinräumung zugunsten des vortretenden Rechts insoweit keinen besseren Rang verschaffen; die Folge kann nur ein Gleichrangverhältnis mit dem verbliebenen Rest sein. Betreiben bei dieser Konstellation Gläubiger A oder C die Zwangsversteigerung, besteht das geringste Gebot lediglich aus den Kosten gem. § 109 sowie den Ansprüchen der Rangklassen 1 bis 3. Betreibt B die Zwangsversteigerung, sind das Recht Abt. III Nr. 3 und der insoweit gleichrangige Teilbetrag Abt. III Nr. 1 in das geringste Gebot aufzunehmen. 74
Wird demgegenüber der Rücktritt eines letztrangigen Teilbetrags hinter das vortretende Recht vereinbart, so behält der vorrangig verbliebene Teilbetrag Vorrang vor dem vortretenden Recht.66
75
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat mit einem letztrangigen Teilbetrag i.H.v. 80.000 Euro dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach der Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
Abt. III Nr. 1: 20.000 t Teilbetrag für A Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 80.000 t Restbetrag für A
Wiederum spaltet sich das im Rang zurücktretende Recht in Teilbeträge auf. Im Gegensatz zum vorherigen Beispiel (ohne Rangbestimmung der Teile) bewirkt der Rangrücktritt eines rangletzten Teiles in diesem Fall neben der Teilung zugleich eine Rangänderung. Der nicht im Rang zurücktretende Teilbetrag des A verbleibt damit exklusiv an seiner ursprünglichen Rangstelle. Durch die gleichzeitig mit der Teilung erfolgte Rangbestimmung kann C lediglich hinter diesen verbleibenden Teilbetrag treten. Für die Aufstellung des geringsten Gebotes ergibt sich daraus: Betreibt A die Zwangsversteigerung, besteht das geringste Gebot lediglich aus den Kosten gem. § 109 sowie den Ansprüchen der Rangklassen 1 bis 3. Betreibt B die Zwangsversteigerung, sind zusätzlich das Recht Abt. III Nr. 3 und der Teilbetrag Abt. III Nr. 1 in das geringste Gebot aufzunehmen. Betreibt C die Zwangsversteigerung, ist neben den Kosten und den Ansprüchen der Rangklassen 1 bis 3 lediglich zusätzlich der Teilbetrag des Rechtes Abt. III Nr. 1 in das geringste Gebot aufzunehmen. (2) Rangvortritt eines Teilbetrages 76
Anders gestaltet sich die Rechtslage, wenn nur ein Teilbetrag eines nachrangigen Rechts im Rang vortreten soll. In diesem Fall räumt nämlich das gesamte vorrangige Recht diesem Teilbetrag den Vorrang ein.
77
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat einem Teilbetrag des Rechtes Abt. III Nr. 3 i.H.v. 30.000 Euro den Vorrang eingeräumt.
66 Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 880 BGB Rz. 51.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 79 § 44
Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach der Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A
Abt. III Nr. 3: 30.000 t Teilbetrag für C Abt. III Nr. 1: 70.000 t Teilbetrag für A
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 30.000 t Restbetrag für A Abt. III Nr. 3: 50.000 t Restbetrag für C
Für die Aufstellung des geringsten Gebotes ergibt sich daraus: Betreibt C die Zwangsversteigerung, besteht das geringste Gebot lediglich aus den Kosten gem. § 109 sowie den Ansprüchen der Rangklassen 1 bis 3. Betreibt B die Zwangsversteigerung, sind zusätzlich der Teilbetrag Abt. III Nr. 3 und der Teilbetrag Abt. III Nr. 1 in das geringste Gebot aufzunehmen. Betreibt A die Zwangsversteigerung, ist neben den Kosten und den Ansprüchen der Rangklassen 1 bis 3 lediglich zusätzlich der Teilbetrag des Rechtes Abt. III Nr. 3 in das geringste Gebot aufzunehmen. ff) Gleichrang eines an der Rangänderung beteiligten Rechtes (1) Gleichrang des vortretenden Rechts Es sind wiederum zwei Varianten darstellbar: das im Rang zurücktretende Recht ist größer als das aus dem Gleichrang vortretende Recht (Var. 1) und das im Rang zurücktretende Recht ist kleiner als das aus dem Gleichrang vortretende Recht (Var. 2).
78
Var. 1:
79
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 3 Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 2 Rangfolge nach der Rangänderung Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C Abt. III Nr. 1: 20.000 t Teilbetrag für A Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B im gleichen Rang mit Restbetrag Abt. III Nr. 1 Abt. III Nr. 1: 80.000 t Restbetrag für A im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 2
Ist das im Rang zurücktretende Recht größer als das aus dem Gleichrang vortretende Recht, führt die Rangänderung unter Berücksichtigung von § 880 Abs. 5 BGB lediglich zu einem Austausch des bisher am Gleichrang beteiligten Rechtes. Betreibt vorliegend C die Zwangsversteigerung, sind lediglich die Verfahrenskosten gem. § 109 und die Ansprüche aus den Rangklassen 1 bis 3 in das geringste Gebot aufzunehmen. Betreibt A das Verfahren, ist zusätzlich das Recht Abt. III Nr. 3 als bestehenbleibendes Recht aufzunehmen. Betreibt B, ist neben den Verfahrenskosten gem. § 109 und den Ansprüchen aus den Rangklassen 1 bis 3 zusätzlich das Recht Abt. III Nr. 3 und der vorrangige Teilbetrag für Recht Abt. III Nr. 1 in das geringste Gebot aufzunehmen. Schneider
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§ 44 Rz. 80 Begriff des geringsten Gebots 80
Var. 2: Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 3 Abt. III Nr. 3: 100.000 t für C im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 2 Rangfolge nach der Rangänderung Abt. III Nr. 3: 80.000 t Teilbetrag für C Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 1 u Restbetrag Abt. III Nr. 3 Abt. III Nr. 3: 20.000 t Restbetrag für C (mit Rang vor Abt. III Nr. 1) Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A (mit Rang nach Restbetrag Abt. III Nr. 3)
Rang mit } imAbt.gleichen III Nr. 2
Ist das im Rang zurücktretende Recht kleiner als das aus dem Gleichrang vortretende, führt die Rangänderung unter Berücksichtigung von § 880 Abs. 5 BGB zu einem teilweisen Vorbzw. Nachrang innerhalb des bestehenden Gleichrangverhältnisses. Betreibt vorliegend C die Zwangsversteigerung, sind lediglich die Verfahrenskosten gem. § 109 und die Ansprüche aus den Rangklassen 1 bis 3 in das geringste Gebot aufzunehmen. Betreibt B das Verfahren, ist zusätzlich der vorrangige Teilbetrag des Rechtes Abt. III Nr. 3 als bestehenbleibendes Recht aufzunehmen; andere Rechte gehen B im Rang nicht vor. Betreibt A, ist neben den Verfahrenskosten gem. § 109 und den Ansprüchen aus den Rangklassen 1 bis 3 zusätzlich das Recht Abt. III Nr. 3 insgesamt (und zwar mit dem vorrangigen Teilbetrag i.H.v. 80.000 Euro und dem gegenüber A ebenfalls vorrangigen Restbetrag i.H.v. 20.000 Euro) in das geringste Gebot aufzunehmen. Beide Teile gehen dem Recht Abt. III Nr. 1 im Rang vor! Wird jedoch aus dem Gleichrangverhältnis des Rechtes Abt. III Nr. 1 zusammen mit dem Restbetrag Abt. III Nr. 3 einerseits gegenüber dem Recht Abt. III Nr. 2 andererseits ein Teil in das geringste Gebot als bestehenbleibend aufgenommen, so muss das teilweise Bestehenbleiben auch dem anderen Gleichrangrecht Abt. III Nr. 2 zugute kommen, da es andernfalls benachteiligt wäre. Das Recht Abt. III Nr. 2 ist daher im geringsten Gebot ebenfalls verhältnismäßig als bestehenbleibend zu berücksichtigen.67 Das Verhältnis bestimmt sich dabei wie folgt: Von insgesamt 100.000 Euro (Abt. III Nr. 1 u. Restbetrag Abt. III Nr. 3) bleiben 20.000 Euro (Restbetrag Abt. III Nr. 3) bestehen, das entspricht 1/5 des ursprünglichen Rangvolumens. Also muss auch von dem anderen Gleichrangrecht Abt. III Nr. 2 mit insgesamt 50.000 Euro 1/5 des Rangvolumens = 10.000 Euro bestehenbleiben. Das führt zu folgender 20.000,– X Gleichung: 100.000,– = 50.000,– (2) Gleichrang des zurücktretenden Rechts 81
Es sind wiederum zwei Varianten darstellbar: das aus dem Gleichrang im Rang zurücktretende Recht ist kleiner als das vortretende Recht (Var. 1) und das aus dem Gleichrang im Rang zurücktretende Recht ist größer als das vortretende Recht (Var. 2). 67 Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 89; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 79.
508
Schneider
Begriff des geringsten Gebots
Rz. 83 § 44
Var. 1:
82
Beispiel: Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 2 Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 1 Abt. III Nr. 3: 100.000 t für C Rangfolge nach der Rangänderung Abt. III Nr. 3: 80.000 t Teilbetrag für C im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 2 Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B im gleichen Rang mit Teilbetrag Abt. III Nr. 3 Abt. III Nr. 3: 20.000 t Restbetrag für C Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A
Ist das im Rang zurücktretende Recht größer als das aus dem Gleichrang vortretende Recht, führt die Rangänderung unter Berücksichtigung von § 880 Abs. 5 BGB lediglich zu einem Austausch des bisher am Gleichrang beteiligten Rechtes. Betreibt vorliegend C die Zwangsversteigerung, sind lediglich die Verfahrenskosten gem. § 109 und die Ansprüche aus den Rangklassen 1 bis 3 in das geringste Gebot aufzunehmen. Das Gleiche gilt, wenn B das Verfahren betreibt, da C nicht vorrangig ist. Betreibt A das Verfahren, sind neben den Verfahrenskosten gem. § 109 und den Ansprüchen aus den Rangklassen 1 bis 3 zusätzlich die Rechte Abt. III Nr. 3 insgesamt (mit dem Teilbetrag und dem vorgehenden Restbetrag) und Abt. III Nr. 2 in das geringste Gebot aufzunehmen. Var. 2:
83
Beispiel: Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge Abt. III Nr. 1: 100.000 t für A im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 2 Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 1 Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C Rangfolge nach der Rangänderung Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C (mit Rang vor Teilbetrag Abt. III Nr. 1) Abt. III Nr. 1: 20.000 t Teilbetrag für A)
Rang mit } imAbt.gleichen III Nr. 2
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B im gleichen Rang mit Abt. III Nr. 3 u Teilbetrag Abt. III Nr. 1 Abt. III Nr. 1: 80.000 t Restbetrag für A
Ist das aus dem Gleichrang im Rang zurücktretende Recht größer als das vortretende Recht, führt die Rangänderung unter Berücksichtigung von § 880 Abs. 5 BGB wiederum zu einem teilweisen Vor- bzw. Nachrang innerhalb des bestehenden Gleichrangverhältnisses.
Schneider
509
§ 44 Rz. 83 Begriff des geringsten Gebots Betreibt vorliegend C die Zwangsversteigerung, sind lediglich die Verfahrenskosten gem. § 109 und die Ansprüche aus den Rangklassen 1 bis 3 in das geringste Gebot aufzunehmen. Das Gleiche gilt, wenn B das Verfahren betreibt, da C und A nicht vorrangig sind. Betreibt A, ist neben den Verfahrenskosten gem. § 109 und den Ansprüchen aus den Rangklassen 1 bis 3 zusätzlich das Recht Abt. III Nr. 3 in das geringste Gebot aufzunehmen. Wird jedoch aus dem Gleichrangverhältnis des Rechtes Abt. III Nr. 3 zusammen mit dem Teilbetrag Abt. III Nr. 1 einerseits gegenüber dem Recht Abt. III Nr. 2 andererseits ein Teil in das geringste Gebot als bestehenbleibend aufgenommen, so muss das teilweise Bestehenbleiben auch dem anderen Gleichrangrecht Abt. III Nr. 2 zugutekommen, da es andernfalls benachteiligt wäre. Das Recht Abt. III Nr. 2 ist daher im geringsten Gebot ebenfalls verhältnismäßig als bestehenbleibend zu berücksichtigen.68 Nach der in Rz. 80 dargestellten Berechnungsweise ergibt sich für den verhältnismäßigen Anteil des Rechtes Abt. III Nr. 2 in diesem Fall folgende 80.000,– X Gleichung: 100.000,– = 50.000,– X = 40.000 Euro gg) Nachträgliche Rangverschiebungen kraft Gesetzes 84
Gem. § 880 Abs. 4 BGB geht der dem vortretenden Recht eingeräumte Rang nicht dadurch verloren, dass das zurücktretende Recht durch Rechtsgeschäft aufgehoben wird. Daraus ergeben sich im Rückschluss insgesamt vier denkbare Fallgestaltungen: Betroffenes Recht
Art des Rechtsuntergangs
(1) Erlöschen des im Rang zurückgetretenen Rechtes
Var. 1: Aufhebung durch Rechtsgeschäft Var. 2: Erlöschen kraft Gesetzes
(2) Erlöschen des im Rang vorgetretenen Rechtes
Var. 1: Aufhebung durch Rechtsgeschäft Var. 2: Erlöschen kraft Gesetzes
(1) Erlöschen des zurückgetretenen Rechts Var. 1: 85
Wird das im Rang zurückgetretene Recht rechtsgeschäftlich aufgehoben (§ 875 BGB), verbleibt es grundsätzlich bei der im Grundbuch eingetragenen Rangänderung. Das geringste Gebot ist also unter Berücksichtigung des vorgetretenen Rechts zu erstellen.
86
Beispiel Das Recht Abt. II Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 2 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung und rechtsgeschäftlicher Aufhebung von Abt. II Nr. 1
Abt. II Nr. 1: Nießbrauchsrecht für A (Ersatzwert gem. §§ 50, 51: 80.000 t)
Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
./.
68 Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 94; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 80.
510
Schneider
Begriff des geringsten Gebots
Rz. 89 § 44
Auch bei einer rechtsgeschäftlichen Aufhebung des zurückgetretenen Rechts bleibt der Rang 87 des vorgetretenen Rechts aber nur solange erhalten, als das zurückgetretene Recht ohne die rechtsgeschäftliche Aufhebung fortbestanden hätte.69 Handelt es sich also im vorstehenden Beispiel um ein auf die Lebenszeit des Berechtigten bestelltes Nießbrauchsrecht, so kann der dem Recht Abt. III Nr. 2 eingeräumte Vorrang lediglich bis zum Tode des Berechtigten erhalten bleiben. Mit dem Tode des Nießbrauchsberechtigten erlischt dann im Hinblick auf § 880 Abs. 5 BGB die besondere Wirkung des § 880 Abs. 4 BGB. Hintergrund ist, dass der Zwischenberechtigte zwar keine gesicherte „Anwartschaft“ auf einen freiwilligen Verzicht des Nießbrauchsberechtigten gem. § 875 BGB hat70 und der Vorrang daher durch einen rechtsgeschäftlichen Verzicht auf das Recht zunächst nicht verlorengeht. Andererseits hat der Zwischenberechtigte aber die rechtlich gesicherte Option eines rangmäßigen Aufrückens im Todesfall bei einem ihm vorgehenden und auf Lebenszeit beschränkten Recht erworben (s. das anschließende Beispiel zu Var. 2). Ein anderes Ergebnis würde den Zwischenberechtigten iSd § 880 Abs. 5 BGB beeinträchtigen. Da dem Vollstreckungsgericht ein solcher dem grundbuchgerichtlichen Eintragungsverfahren nachgelagerter außergerichtlicher Umstand regelmäßig nicht bekannt sein wird, bedarf der Wiedereintritt der ursprünglichen Rangfolge in diesem Fall der Anmeldung. Var. 2: Erlischt das im Rang zurückgetretene Recht kraft Gesetzes, tritt die frühere Rangfolge wieder ein. Als Erlöschensgründe kommen insbesondere in Betracht71: – Tod eines Nießbrauchers oder persönlich Dienstbarkeitsberechtigten (§§ 1061, 1090 Abs. 2 BGB); – Eintritt einer auflösenden Bedingung oder eines Endtermins (§§ 158 Abs. 2, 163 BGB); – Freiwerden mithaftender Grundstücke (§§ 1173 bis 1175, 1181 Abs. 2 BGB); – Befriedigung aus mithaftenden Gegenständen (§ 1181 Abs. 3 BGB); – Freiwerden bei Grundstücksteilung (§ 1026 BGB).
88
Beispiel Das Recht Abt. II Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 2 den Vorrang eingeräumt.
89
Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung
Abt. II Nr. 1: Nießbrauchsrecht für A (Ersatzwert gem. §§ 50, 51: 80.000 t)
Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
Abt. II Nr. 1: Nießbrauchsrecht für A
Fortsetzung: Rangfolge nach Rangänderung
Rangfolge nach Tod des Nießbrauchsberechtigten Abt. II Nr. 1
Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
Abt. II Nr. 1: Nießbrauchsrecht für A
./.
69 Zutr. Staudinger/Kutter, (2012) § 880 BGB Rz. 37. 70 Erman/Artz, § 880 BGB Rz. 12. 71 Vgl. Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 880 BGB Rz. 36; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 95.
Schneider
511
§ 44 Rz. 89 Begriff des geringsten Gebots Die frühere Rangfolge tritt kraft Gesetzes wieder ein. Das Vollstreckungsgericht wird dies jedoch in aller Regel nicht von Amts wegen berücksichtigen können, weil der Grund der Löschung im Grundbuch nicht vermerkt wird („Abt. II Nr. 1: Gelöscht am …“); insofern bedarf es also einer Anmeldung. (2) Erlöschen des vorgetretenen Rechts 90
Ist das im Rang vorgetretene Recht erloschen, tritt wegen § 880 Abs. 5 BGB kraft Gesetzes die ursprüngliche Rangfolge wieder ein. Auf den Grund des Erlöschens (Var. 1 oder Var. 2) kommt es bei dieser Fallgestaltung nicht an. Die Rangänderung steht auch insoweit unter der stillschweigenden Einschränkung, dass sie nur gilt, wenn und solange der verlorengegangene Rang dem vorgetretenen Recht zukommt.72
91
Beispiel Das Recht Abt. II Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 2 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung
Abt. II Nr. 1: Nießbrauchsrecht für A (Ersatzwert gem. §§ 50, 51: 80.000 t)
Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
Abt. II Nr. 1: Nießbrauchsrecht für A
Fortsetzung: Rangfolge nach Rangänderung
Rangfolge nach Löschung des Grundpfandrechts Abt. III Nr. 2
Abt. III Nr. 2: 80.000 t für C
Abt. II Nr. 1: Nießbrauchsrecht für A
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 1: 50.000 t für B
Abt. II Nr. 1: Nießbrauchsrecht für A
./.
Die alte Rangordnung muss von Amts wegen dem geringsten Gebot zugrunde gelegt werden und zwar unabhängig davon, ob die Löschung vor Eintragung des Versteigerungsvermerks oder danach erfolgte. Das Erlöschen von Rechten ist nämlich bei der Aufstellung des geringsten Gebotes immer von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. § 45 Rz. 44). Die durch die Löschung bewirkte Rangänderung soll nach Eintragung des Versteigerungsvermerks einer entsprechenden Anmeldung zur Berücksichtigung im geringsten Gebot bedürfen;73 eine solche erscheint allerdings entbehrlich, wenn nicht die Beteiligten zuvor auf die vom Gericht gesehene Notwendigkeit hingewiesen worden sind. hh) Behandlung von Kostenbeträgen bei der Rangänderung 92
Bei der Zwangsversteigerung besteht das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück neben dem Hauptanspruch auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2). Die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung teilen damit das Schicksal des Hauptanspruchs.74 72 Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 880 BGB Rz. 40. 73 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 29; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 97; a.A. Depré/Bachmann, § 44 ZVG Rz. 42: „Haarspalterei“. 74 Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 66 ff.; Stöber, § 44 ZVG Rz. 6.2.
512
Schneider
Begriff des geringsten Gebots
Rz. 98 § 44
Ist bei einer Rangänderung ein Zwischenrecht zu berücksichtigen, erfolgt wie beim Hauptanspruch eine kostenmäßige Aufteilung, soweit die Kosten nicht lediglich für einen genau bestimmten Teilbetrag ausscheidbar sind.75 Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger des zurücktretenden Rechts selbst keine oder geringere Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung geltend macht. Die Kosten gehören zum Hauptanspruch; hierauf hat § 880 Abs. 5 BGB keinen Einfluss.76
93
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Gläubiger A meldet Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung i.H.v. 400 Euro an. Gläubiger C meldet Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung i.H.v. 1.000 Euro an.
94
Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C mit 800 t Kosten
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 100.000 t für C
Abt. III Nr. 3: 20.000 t für C mit 200 t Kosten Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A mit 400 t Kosten
ii) Behandlung von Nebenleistungen bei der Rangänderung Es bestehen keine Schwierigkeiten, wenn die an einer Rangänderung beteiligten Rechte unmittelbar den Rang tauschen. Jedes Recht nimmt in diesem Fall seine Nebenleistungen mit an die neue Rangstelle. Im Übrigen ist allerdings auch hier der Grundsatz des § 880 Abs. 5 BGB zu beachten, wonach ein vorhandener Zwischenberechtigter durch eine Rangänderung weder Vor- noch Nachteile erfahren darf.
95
(1) Zinsansprüche Beeinträchtigungen eines Zwischenberechtigten lassen sich unter drei Gesichtspunkten darstellen:
96
Var. 1: Die Anmeldungen der Grundpfandrechtsgläubiger variieren im zeitlichen Umfang bei ansonsten identischen Zinsansprüchen. Den kleinsten gemeinsamen Nenner stellt hier die Berücksichtigung der laufenden Zinsansprüche dar. Mit deren Berücksichtigung muss der Zwischenberechtigte nämlich ohnehin kraft Gesetzes rechnen; dies gilt auch dann, wenn der im Rang zurücktretende Berechtigte eine sog. Minderanmeldung vornehmen sollte (dazu s. § 45 Rz. 59 ff.), weil der Zwischenberechtigte hierauf keinen Anspruch hat.77 Darüber hinaus können ältere Zinsansprüche nur Berücksichtigung finden, wenn beide an der Rangänderung beteiligten Rechte sie gleichermaßen anmelden.78
97
Var. 2: Die Anmeldungen der Grundpfandrechtsgläubiger betreffen unterschiedlich hohe Zinsansprüche bei ansonsten identischem zeitlichen Umfang.
98
75 76 77 78
A.A. offenbar Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 73: grundsätzlich anteilig. Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 69. Ebenso Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 73. Dies erscheint keineswegs zufällig, wie Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 74 meint, sondern entspricht dem gesetzlichen Regime des § 880 Abs. 5 BGB, dem sich der im Rang zurücktretende Gläubiger unterworfen hat.
Schneider
513
§ 44 Rz. 98 Begriff des geringsten Gebots Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach der Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 80.000 t mit 10 % Zinsen für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t mit 10 % Zinsen Teilbetrag für C
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 100.000 t mit 12 % Zinsen für C
Abt. III Nr. 3: 2 % von 80.000 t Zinsrest für C Abt. III Nr. 3: 20.000 t mit 12 % Zinsen Restbetrag für C Abt. III Nr. 1: 80.000 t mit 10 % Zinsen für A
Hier darf dem Zwischenberechtigten wegen § 880 Abs. 5 BGB nur ein Kapitalbetrag i.H.v. 80.000 Euro mit einem Jahreszins i.H.v. 10 % im Rang vorgehen. Nur insoweit kann C also in die Rangposition des A einrücken. Der mit 2 % darüber hinausgehende Zinsanspruch des C kann erst nach dem Zwischenberechtigten berücksichtigt werden. 99
Var. 3: Die Anmeldungen der Grundpfandrechtsgläubiger betreffen unterschiedlich hohe Zinsansprüche und variieren im zeitlichen Umfang. Hier sind die beiden vorgenannten Varianten in der Weise miteinander zu kombinieren, dass zunächst der maßgebliche (deckungsgleiche bzw. Mindest-)Zeitraum für die Zinsansprüche ermittelt wird, um sodann der unterschiedlichen Zinshöhe wie in Var. 2 Rechnung tragen zu können.
100
Keine Beeinträchtigung eines Zwischenberechtigten iSd § 880 Abs. 5 BGB stellen demgegenüber unterschiedliche Zinsfälligkeiten der an einer Rangänderung beteiligten Grundpfandrechte dar.79 Aus dem Rechtsgedanken des § 1119 Abs. 2 BGB lässt sich entnehmen, dass auch Zwischenberechtigte (als gegenüber dem vortretenden Recht nachrangig Berechtigte) im Rahmen des § 880 Abs. 5 BGB aus solchen Abweichungen keine – zustimmungspflichtigen – Nachteile herleiten können. (2) Sonstige Nebenleistungen
101
Hier sind in der Praxis einmalige und laufend wiederkehrende Nebenleistungen (z.T. in unterschiedlichen Intervallen) zu finden. Sie können dabei entweder in festen Geldbeträgen oder auch in Prozentsätzen bezogen auf den jeweiligen Kapitalbetrag eines Grundpfandrechtes angegeben sein.
102
Eine Rangänderung ohne Beeinträchtigung eines Zwischenberechtigten wird nur dort problemlos möglich sein, wo die geschuldeten Nebenleistungen bei den beteiligten Rechten der Art und der Höhe nach gleichartig ausgestaltet sind.
103
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A mit 5 % jährl. Nebenleistung
Abt. III Nr. 3: 80.000 t für C mit 5 % jährl. Nebenleistung
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
79 Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 70.
514
Schneider
Rz. 107 § 44
Begriff des geringsten Gebots Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Rangänderung
Abt. III Nr. 3: 100.000 t für C mit 5 % jährl. Nebenleistung
Abt. III Nr. 3: 20.000 t für C mit 5 % jährl. Nebenleistung Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A mit 5 % jährl. Nebenleistung
Sind die geschuldeten Nebenleistungen bei den beteiligten Rechten der Art und der Höhe nach nicht gleichartig ausgestaltet oder sind gar bei einem an der Rangänderung beteiligten Recht überhaupt keine Nebenleistungen eingetragen, lässt sich eine Beeinträchtigung des Zwischenberechtigten dann ausschließen, wenn mit der hier vertretenen Auffassung Zinsund sonstige Nebenleistungsbeträge aufeinander angerechnet werden können.
104
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt.
105
Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach der Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 80.000 t mit 10 % Zinsen und 2 % jährl. Nebenleistungen für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t mit 12 % Zinsen Teilbetrag für C
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 100.000 t mit 12 % Zinsen für C
Abt. III Nr. 3: 20.000 t mit 12 % Zinsen Restbetrag für C Abt. III Nr. 1: 80.000 t mit 10 % Zinsen und 2 % jährl. Nebenleistungen für A
Ist eine Anrechnung der Zins- und sonstigen Nebenleistungen nicht möglich, wird eine Beeinträchtigung des Zwischenberechtigten idR wohl nur durch eine konkrete betragliche Berechnung für den gem. § 13 maßgeblichen Zeitraum ermittelt werden können.
106
Beispiel Das Recht Abt. III Nr. 1 hat dem Recht Abt. III Nr. 3 den Vorrang eingeräumt.
107
Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach der Rangänderung
Abt. III Nr. 1: 80.000 t mit 12 % Zinsen für A
Abt. III Nr. 3: 80.000 t mit 10 % Zinsen und 2 % einmaliger Nebenleistungen (= 2.000 t) Teilbetrag für C Abt. III Nr. 1: 2 % von 80.000 t abzgl. 2.000 t Nebenleistung = Zinsanteil für A
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 3: 100.000 t mit 10 % Zinsen und 2 % einmaliger Nebenleistungen für C
Abt. III Nr. 3: 20.000 t mit 10 % Zinsen Restbetrag für C Abt. III Nr. 1: 80.000 t mit 12 % Zinsen für A
Betreibt vorliegend C die Zwangsversteigerung, sind lediglich die Verfahrenskosten gem. § 109 und die Ansprüche aus den Rangklassen 1 bis 3 in das geringste Gebot aufzunehmen. Betreibt B das Verfahren, ist zusätzlich der vorrangige Teilbetrag des Rechtes Abt. III Nr. 3 (80.000 Euro mit 10 % Zinsen) als bestehenbleibendes Recht aufzunehmen. In den Barteil des geringsten Gebots sind in diesem Fall weiterhin die 2 % einmalige Nebenleistung für C und der um diese Nebenleistung reduzierte Zinsanteil für A aufzunehmen (2 % von 80.000 Euro abzgl. 2.000 Euro Nebenleistung).
Schneider
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§ 44 Rz. 107 Begriff des geringsten Gebots Betreibt A, ist neben den Verfahrenskosten gem. § 109 und den Ansprüchen aus den Rangklassen 1 bis 3 zusätzlich der vorrangige Teilbetrag für Recht Abt. III Nr. 3 (bestehenbleibend) und weiterhin die 2 % einmalige Nebenleistung für C (Barteil) in das geringste Gebot aufzunehmen. 3. Rangvorbehalt a) Rechtsnatur und Wirkung des Vorbehalts 108
Der Eigentümer kann sich bei der Belastung des Grundstücks mit einem Recht die Befugnis vorbehalten, ein anderes, dem Umfang nach bestimmtes Recht mit dem Rang vor jenem Recht eintragen zu lassen (§ 881 Abs. 1 BGB). Das Gesetz nennt ausdrücklich nur den Vorbehalt des Vorrangs für ein anderes Recht. Nach allgemeiner Ansicht kann jedoch ein Rangvorbehalt auch als Gleichrangvorbehalt eingetragen werden.80 Es handelt sich bei dem Rangvorbehalt um ein Stück vorbehaltenen Eigentumsrechts,81 das auch nur vom Grundstückseigentümer ausgeübt werden kann.82 Der Rangvorbehalt ist deshalb nicht übertragbar und auch nicht pfändbar;83 seine Ausübung steht dem jeweiligen Grundstückseigentümer zu, weil mit Veräußerung des Grundstücks die vorbehaltene Befugnis auf den Erwerber übergeht (§ 881 Abs. 3 BGB). Die Eintragung eines Rangvorbehalts beschränkt den Eigentümer nicht in der weiteren Verfügung über das Grundstück. Er kann weitere Rechte zur Eintragung bewilligen, ohne diesen Rechten den vorbehaltenen Vorrang beilegen zu müssen (vgl. § 881 Abs. 4 BGB).
109
Auch in der Zwangsversteigerung teilt der Rangvorbehalt das Schicksal des mit ihm belasteten Rechts: Bleibt das durch den Vorbehalt beschränkte Recht bestehen, geht auch der Rangvorbehalt auf den Ersteher über;84 erlischt es demgegenüber durch den Zuschlag, so geht auch der Rangvorbehalt unter.85 Auf einen nicht oder nicht vollständig ausgenutzten Rangvorbehalt kann eine Zuteilung nicht erfolgen; er findet auch im geringsten Gebot keine Berücksichtigung. Das Gleiche gilt, wenn das den Vorbehalt ausübende Recht erst nach dem Versteigerungsvermerk in das Grundbuch eingetragen wurde und keine Anmeldung gem. § 37 Nr. 4 vorliegt.86 b) (Zwingender) Ort der Eintragung
110
Der Vorbehalt bedarf neben der Einigung auch der Eintragung in das Grundbuch; die Eintragung muss bei dem Recht erfolgen, das zurücktreten soll (§ 881 Abs. 2 BGB). Die Eintragung an einer anderen Grundbuchstelle ist unwirksam.87 Auch ist die Eintragung des Vorbehalts durch bloße Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung unzulässig (§ 53 Abs. 1 S. 2 GBO).88 Das Vollstreckungsgericht darf bei der Aufstellung des geringsten Gebots einen solch fehlerhaften Rangvorbehalt nicht beachten; ein gutgläubiger Erwerb iS des Erwerbs einer besseren Rangstelle ist insoweit ebenfalls ausgeschlossen, weil an unzulässige Eintragungen kein gutgläubiger Rechtserwerb anknüpfen kann. Ist die Eintragung des Rangvorbehaltes gänzlich
80 BayObLG v. 14.12.1956 – BReg. 2 Z 102/1956, BayObLGZ 1956, 456, 462; Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 881 BGB Rz. 3. 81 KG v. 15.11.1934 – 1 X 556/34, JW 1935, 712; KG v. 3.3.1928 – 1 X 207/28, JFG 5, 340, 341. 82 BGH v. 4.2.1954 – IV ZR 120/53, BGHZ 12, 238 = NJW 1954, 954. 83 RG v. 7.7.1927 – V B 14/27, RGZ 117, 426, 431; BGH v. 4.2.1954 – IV ZR 120/53, BGHZ 12, 238 = NJW 1954, 954. 84 Mugdan, Prot. BGB III S. 102. 85 RG JW 1907, 703. 86 Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 87. 87 KG v. 9.4.1931 – 1 X 81/31, JFG 8, 294, 300. 88 Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 881 BGB Rz. 6 iVm Rz. 11.
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Schneider
Rz. 114 § 44
Begriff des geringsten Gebots
unterblieben, wird das Grundbuch dadurch nicht unrichtig; dies würde nämlich die außergrundbuchliche Entstehung des Rangvorbehaltes voraussetzen.89 c) Gegenstand des Vorbehalts Gegenstand eines Rangvorbehaltes können nicht nur Grundpfandrechte, sondern alle dinglichen Rechte und im Hinblick auf § 883 Abs. 3 BGB auch Vormerkungen zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung eines Rechts sein. Voraussetzung ist lediglich, dass das vom Vorbehalt betroffene Recht ebenso rechtsgeschäftlich zur Entstehung gelangt, wie das vom Vorbehalt begünstigte Recht.90
111
d) Inhalt des Vorbehalts Der Rangvorbehalt muss die Art des vorbehaltenen Rechtes bezeichnen. Außerdem muss der Umfang des vorbehaltenen Rechts bestimmt sein; er ist in der Eintragung selbst anzugeben.91 Dazu genügt bei Grundpfandrechten die Angabe des Höchstbetrages von Kapital, Zinsen und sonstigen Nebenleistungen; der Angabe des vorbehaltenen Grundpfandrechtstyps bedarf es ebenso wenig wie derjenigen des Gläubigers. Bedingungen und Befristungen sowie sonstige Ausübungsbeschränkungen können als Inhalt vereinbart werden.92 Bei eingetragenen Rangvorbehalten zugunsten eines verzinslichen Grundpfandrechts, die keine Angaben zum Zeitpunkt des Zinsbeginns in der Eintragung enthalten, gilt hinsichtlich des Zinsbeginns der Zeitpunkt der Eintragung des Grundpfandrechts als Mindestinhalt der Erklärung.93
112
e) Auswirkungen des ausgeübten Rangvorbehalts im geringsten Gebot aa) Ausübung des Rangvorbehalts ohne Zwischenrecht Sind Zwischenrechte iSd § 881 Abs. 4 BGB nicht vorhanden, entsprechen die Wirkungen eines Rangvorbehaltes grundsätzlich den Wirkungen einer Rangänderung gem. § 880 BGB.94
113
Beispiel Der bei dem Recht Abt. III Nr. 1 eingetragene Rangvorbehalt wird durch das Recht Abt. III Nr. 2 ausgeübt.
114
Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Ausübung des Rangvorbehalts
Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A mit RVB für 50.000 t
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 50.000 t für B unter Ausnutzung des RVB mit Rang vor Abt. III Nr. 1
Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A
Es findet ein unmittelbarer Rangtausch statt. Demgemäß ist das den Rangvorbehalt ausübende Recht Abt. III Nr. 2 in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn A aus dem mit dem 89 90 91 92 93
KG v 15.11.1934 – 1 X 556/34, JFG 12, 301, 304; KG v. 5.12.1929 – 1 X 730/29, JFG 8, 287, 289. Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 881 BGB Rz. 2. KG v. 9.4.1931 – 1 X 81/31, JFG 8, 294, 301; KG v. 3.3.1928 – 1 X 207/28, JFG 5, 340, 341. Vgl. nur LG Köln v. 15.3.1996 – 11 T 17/96, MittRhNotK 1996, 234. BGH v. 9.2.1995 – V ZB 23/94, BGHZ 129, 1 = MDR 1995, 461 = NJW 1995, 1081 = Rpfleger 1995, 343 = FGPrax 1995, 21 = DNotZ 1996, 88 m. krit. Anm. Kutter = MittBayNot 1995, 122 m. krit. Anm. Demharter; OLG Frankfurt v. 27.3.1996 – 20 W 575/94, FGPrax 1996, 169 m. krit. Anm. Demharter, FGPrax 1996, 206. 94 KG v. 9.4.1931 – 1 X 81/31, JFG 8, 294, 298; KG v. 30.5.1929 – 1 X 188/29, JFG 6, 307, 315.
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§ 44 Rz. 114 Begriff des geringsten Gebots Rangvorbehalt belasteten Recht Abt. III Nr. 1 die Zwangsversteigerung betreibt. Betreibt dagegen B die Zwangsversteigerung, ist keines der Rechte in das geringste Gebot aufzunehmen. bb) Stufenweise Ausübung des Rangvorbehalts 115
Wird die Ausübung des Rangvorbehalts nicht auf einen bestimmten Fall beschränkt, so kann er wiederholt jeweils bis zu seiner Gesamthöhe ausgenutzt werden.95 Dabei ist eine teilweise oder stufenweise Ausübung zulässig.96 Das Rangverhältnis der in den Vorbehalt einrückenden Rechte richtet sich dann nach den allgemeinen Grundsätzen des §§ 879 BGB; mangels abweichender Vereinbarung geht das unter Ausnutzung des Vorbehalts früher eingetragene Recht dem später eingetragenen im Rang vor.
116
Beispiel Der bei dem Recht Abt. III Nr. 1 eingetragene Rangvorbehalt wird zunächst durch das Recht Abt. III Nr. 2, sodann durch das Recht Abt. III Nr. 3 und schließlich durch das Recht Abt. III Nr. 4 ausgeübt. Ursprüngliche Rangfolge
Rangfolge nach Ausübung des Rangvorbehalts
Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A mit RVB für 50.000 t
Abt. III Nr. 2: 25.000 t für B
Abt. III Nr. 2: 25.000 t für B Abt. III Nr. 3: 15.000 t für C unter Ausnutzung des RVB mit Rang vor Abt. III Nr. 1 Abt. III Nr. 3: 15.000 t für C Abt. III Nr. 4: 10.000 t für D unter Ausnutzung des RVB mit Rang vor Abt. III Nr. 1 Abt. III Nr. 4: 10.000 t für D Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A unter Ausnutzung des RVB mit Rang vor Abt. III Nr. 1
Für die Aufnahme in das geringste Gebot bestehen insoweit keine Besonderheiten. cc) Ausübung des Rangvorbehalts mit Zwischenrecht 117
Als Zwischenrecht iSd § 881 Abs. 4 BGB kommt nur ein Recht in Betracht, das in der Zeit zwischen der Eintragung des Vorbehalts und der Eintragung des mit dem Vorrang ausgestatteten Rechts entstanden ist.97 (1) Zwischenrecht mit Rangvorbehalt
118
Ist das Zwischenrecht ebenfalls mit einem (deckungsgleichen) Rangvorbehalt wie das zuvor eingetragene Recht belastet, kann das Recht, dessen Vorrang vorbehalten wurde, auch bei dem inzwischen eingetragenen Zwischenrecht in den Rangvorbehalt eingewiesen werden. Damit geht das vorbehaltene Recht sämtlichen Rechten im Rang vor; die weiteren Rechtsverhältnisse gestalten sich wieder wie im Fall des § 880 BGB.98
95 96 97 98
KG v. 9.4.1931 – 1 X 81/31, JFG 8, 294, 298; KG v. 30.5.1929 – 1 X 188/29, JFG 6, 307, 315. Vgl. BayObLG v. 14.12.1956 – BReg. 2 Z 102/1956, BayObLGZ 1956, 462. RG v. 28.1.1931 – V 136/30, RGZ 131, 203, 206. Ebenso Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 881 BGB Rz. 32.
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Schneider
Begriff des geringsten Gebots
Rz. 121 § 44
(2) Zwischenrecht ohne Rangvorbehalt In diesem Fall hat der eingeräumte Vorrang insoweit keine Wirkung, als das mit dem Vorbehalt eingetragene Recht infolge des Zwischenrechts eine über den Vorbehalt hinausgehende Beeinträchtigung erleiden würde (§ 881 Abs. 4 BGB). Aus dem Zusammenspiel von § 880 Abs. 5 BGB und § 881 Abs. 4 BGB bei der Erlösverteilung ergeben sich in der Folge relative Rangverhältnisse.
119
Beispiel Der bei dem Recht Abt. III Nr. 1 eingetragene Rangvorbehalt wird durch das Recht Abt. III Nr. 3 ausgeübt.
120
Grundbuchlage Abt. III Nr. 1: 80.000 t für A mit RVB für 100.000 t Abt. III Nr. 2: 120.000 t für B Abt. III Nr. 3: 100.000 t für C unter Ausnutzung des RVB mit Rang vor Abt. III Nr. 1
Für die weiteren Überlegungen ist von folgenden Grundsätzen in der angegebenen Reihenfolge auszugehen: 1. Schritt: Wie ist das Zwischenrecht Abt. III Nr. 2 zu berücksichtigen? Das vorbehaltlos eingetragene Zwischenrecht Abt. III Nr. 2 muss sich lediglich ein Rangvolumen i.H. des mit dem Rangvorbehalt belasteten Rechts Abt. III Nr. 1 über 80.000 Euro vorgehen lassen (§ 880 Abs. 5 BGB). Die für die zeitlich nachgelagerte Ausübung des Vorbehalts entbehrliche Zustimmung des Zwischenberechtigten wird kompensiert durch das zu seinen Gunsten wirkende Beeinträchtigungsverbot. Vom Gesamterlös muss also zunächst der ziffernmäßige Betrag des mit dem Rangvorbehalt belasteten Rechts Abt. III Nr. 1 abgezogen werden. Die Befriedigung des B erfolgt also ohne Rücksicht auf den Rangvorbehalt und unabhängig davon, wie der verbleibende Restbetrag zwischen A und C zu verteilen ist. 2. Schritt: Wie ist das mit dem Rangvorbehalt belastete Recht Abt. III Nr. 1 zu berücksichtigen? Das mit dem Rangvorbehalt belastete Recht Abt. III Nr. 1 ist gem. § 881 Abs. 4 BGB so zu stellen, als wäre kein Zwischenrecht eingetragen. Dem Berechtigten A darf also nur der ziffernmäßige Betrag des den Rangvorbehalt ausübenden Rechtes mit 100.000 Euro vorgehen. Da hier rechnerisch wiederum vom Gesamterlös ausgegangen wird, dieser in Wirklichkeit aber nach dem 1. Schritt bereits um den auf B entfallenden Betrag geschmälert ist, geht der auf B entfallende Betrag nie zu Lasten des A, sondern immer zu Lasten des C.99 3. Schritt: Wie ist das den Vorbehalt ausübende Recht Abt. III Nr. 3 zu berücksichtigen? Das den Vorbehalt ausübende Recht Abt. III Nr. 3 erhält den verbleibenden Resterlös. Daraus ergibt sich die folgende Herfurth’sche Formel, nach der erhalten: Abt. III Nr. 1 (mit dem RVB belastetes Recht): Gesamterlös abzgl. Recht Abt. III Nr. 3 Abt. III Nr. 2 (Zwischenrecht): Gesamterlös abzgl. Recht Abt. III Nr. 1 Abt. III Nr. 3 (vorbehaltenes Recht): Resterlös
121
99 Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 881 BGB Rz. 37.
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§ 44 Rz. 122 Begriff des geringsten Gebots 122
Der Erlösanteil des den Rangvorbehalt ausübenden Rechts vermindert sich danach mit zunehmendem Versteigerungserlös; je größer der Erlösanteil des Zwischenrechtes Abt. III Nr. 2 wird, desto mehr reduziert sich der für das ausübende Recht verbleibende Resterlös. Der „Vorrang“ verliert an Wert, je besser das Versteigerungsergebnis ausfällt.100 Vgl. insoweit auch die Kommentierung zu § 114 Rz. 110 ff. mit Beispielsrechnung.
123
Die Höhe der bestehenbleibenden Rechte im geringsten Gebot ist somit abhängig von dem konkreten Versteigerungsergebnis, das allerdings bei der Aufstellung des geringsten Gebotes noch nicht bekannt sein kann. Dies führt zu kaum lösbaren Problemen bei der Aufstellung des geringsten Gebots. Entsprechend differieren die Lösungsansätze für das vorgenannte Beispiel:
124
1. Lösungsansatz C betreibt das Verfahren: In diesem Fall bleibt kein Recht im geringsten Gebot bestehen. Das Recht Abt. III Nr. 3 kann nicht bestehenbleiben, da es betreibendes Recht ist. Das Recht Abt. III Nr. 1 kann nicht bestehenbleiben, weil es sich das Recht Abt. III Nr. 3 vorgehen lassen muss. Das Recht Abt. III Nr. 2 ist nicht beeinträchtigt (§ 880 Abs. 5 BGB), da es auch bei einem Betreiben des A nicht in das geringste Gebot gefallen wäre. A betreibt das Verfahren: In diesem Fall bleibt ebenfalls kein Recht im geringsten Gebot bestehen. Das Recht Abt. III Nr. 1 kann nicht bestehenbleiben, da es betreibendes Recht ist. Das Recht Abt. III Nr. 2 kann nicht bestehenbleiben, weil es dem Recht Abt. III Nr. 1 im Rang nachgeht. Das Recht Abt. III Nr. 3 kann ebenfalls nicht bestehenbleiben, weil es betraglich kleiner ist als das Zwischenrecht Abt. III Nr. 2 (§ 881 Abs. 4 BGB). Nur wenn das Recht Abt. III Nr. 3 betraglich größer wäre als das Zwischenrecht Abt. III Nr. 2, wäre es in Höhe des Differenzbetrages (Abt. III Nr. 3 abzgl. Abt. III Nr. 2) als bestehenbleibendes Recht in das geringste Gebot einzustellen. B betreibt das Verfahren: In diesem Fall kann das Recht Abt. III Nr. 2 nicht bestehenbleiben, da es betreibendes Recht ist. B muss sich jedoch mit dem Recht Abt. III Nr. 1 einen ziffernmäßigen Betrag i.H.v. 80.000 Euro vorgehen lassen. Insoweit soll nach diesem Lösungsansatz das in den Vorrang einrückende Recht Abt. III Nr. 3 bestehenbleiben.101
125
2. Lösungsansatz Für ein Betreiben von A oder C ergeben sich keine Unterschiede. Betreibt B das Verfahren, gehen dem Recht Abt. III Nr. 2 rangmäßig 80.000 Euro vor. Allerdings stehe der Berechtigte (A oder C in Abhängigkeit vom Versteigerungsergebnis) insoweit noch nicht fest. Deshalb wird das Recht Abt. III Nr. 3 im geringsten Gebot nach diesem Ansatz mit dem Differenzbetrag Abt. III Nr. 3=C abzgl. Abt. III Nr. 2=B, aber höchstens mit dem Nennbetrag von Abt. III Nr. 1 berücksichtigt. Außerdem kann das Recht Abt. III Nr. 1 mit dem Differenzbetrag Abt. III Nr. 1=A abzgl. Abt. III Nr. 3=C berücksichtigt werden. Zusätzlich soll angeordnet werden, dass der Ersteher einen Betrag bar zu zahlen hat, der zusammen mit den auf die Rechte Abt. III Nr. 1 und Nr. 3 bereits fest zugeteilten Beträgen die Summe des Rechtes Abt. III Nr. 1 ergibt.102 Auf diese Weise soll ein sich u.U. in Abhängigkeit vom Versteigerungsergebnis ergebender weiterer Vorteil des in den Vorrang einrückenden Rechtes Abt. III Nr. 3 gewahrt werden. Im vorliegenden Beispiel würde dieser Lösungsansatz allerdings dazu führen, dass der gesamte Betrag i.H.v. 80.000 Euro in den bar zu zahlenden Teil des geringsten Gebots aufzunehmen wäre.103 100 Prägnant Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 85. 101 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 31; dem wohl zuneigend Depré/Bachmann, § 44 ZVG Rz. 55 f. 102 Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 106; Reinhard, JW 1923, 262; Staudinger/Kutter, BGB (2012), § 881 BGB Rz. 39; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 91 f. 103 Krit. wegen des damit verbundenen Verstoßes gegen den Übernahmegrundsatz Depré/Bachmann, § 44 ZVG Rz. 56; Grunsky, Rangfragen bei dinglichen Rechten, S. 18 ff.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 132 § 44
IV. Änderung des geringsten Gebots Eine Änderung des bereits aufgestellten geringsten Gebotes ist grundsätzlich möglich. Sie kann insbesondere in folgenden Fällen in Betracht kommen:
126
1. Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens Stellt der bestrangig betreibende Gläubiger sein Verfahren ein (§ 30) oder nimmt er gar seinen Versteigerungsantrag zurück (§ 29), muss das geringste Gebot unter Beachtung von § 44 Abs. 2 nach dem Anspruch des dann nächstrangig betreibenden Gläubigers neu aufgestellt werden. Wird die Einstellung erst nach Beginn der Bietzeit, aber noch vor dem Schluss der Versteigerung bewilligt (§ 73 Abs. 2 S. 1), muss das geringste Gebot neu berechnet und die Bietzeit noch einmal vollständig eingehalten werden.
127
2. Abweichende Versteigerungsbedingungen Unter den Voraussetzungen des § 59 werden abweichende Versteigerungsbedingungen beschlossen.
128
Solche kommen insbesondere in Betracht, wenn bei einem Betreiben aus fälligen Einzelleistungen einer Reallast das Stammrecht andernfalls gem. § 44 Abs. 1 nicht bestehen bliebe. Soll über abweichende Versteigerungsbedingungen das Fortbestehen eines Rechts bestimmt werden, dass nach § 52 erlöschen würde, so bedarf es nicht der Zustimmung eines nachstehenden Beteiligten (§ 59 Abs. 3).104
129
In den Anwendungsbereich des § 59 fällt auch die Verurteilung eines Anfechtungsgegners, von seinem Recht an einem Grundstück gegenüber einem nachrangigen Grundpfandgläubiger keinen Gebrauch zu machen. In der Zwangsversteigerung kann der nachrangig Eingetragene dann verlangen, dass das ihm vorgehende Recht abweichend von § 44 Abs. 1 nicht in das geringste Gebot aufgenommen wird. Der an sich gem. § 59 Abs. 1 S. 3 erforderlichen Zustimmung des Anfechtungsgegners bedarf es in diesem Fall nicht.105
130
3. Verteilung eines Gesamtgrundpfandrechts Werden mehrere Grundstücke in einem verbundenen Verfahren im Einzelausgebot versteigert, kann auf Antrag ein dem betreibenden Gläubiger vorgehendes Gesamtgrundpfandrecht auf die Grundstücke verteilt werden (§ 64 Abs. 1). Dem Grundpfandrechtsgläubiger steht dann das Recht eines zum Doppelausgebot führenden Gegenantrags zu (§ 64 Abs. 2).
131
4. Änderung der Rangverhältnisse Ist eine Änderung der Rangverhältnisse nach Eintragung des Versteigerungsvermerks erfolgt, kann deren rechtzeitige Anmeldung zu einem neuen bestbetreibenden Gläubiger führen (zur Problematik s. ausf. Rz. 52).
104 Zu den Einzelheiten s. Stöber, NotBZ 2004, 265; zu einem anderen Ansatz vgl. Böttcher, ZfIR 2007, 791. 105 BGH v. 12.9.2013 – V ZB 195/12, MDR 2013, 1489 = Rpfleger 2014, 96 = ZfIR 2014, 19 m. zust. Anm. Böttcher; BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 = MDR 1996, 412 = NJW 1995, 2846.
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§ 44 Rz. 133 Begriff des geringsten Gebots 5. Anspruchsändernde Anmeldungen 133
Das geringste Gebot wird neu zu berechnen sein, wenn bisher im geringsten Gebot zu berücksichtigende Ansprüche durch neuerliche Anmeldungen rechtzeitig erweitert, eingeschränkt oder zurückgenommen werden.
D. Ausgewählte Besonderheiten zum geringsten Gebot I. Altenteilsrecht (Leibgeding, Leibzucht, Auszug) 134
Bei einem Altenteilsrecht handelt es sich nicht um ein eigenständiges dingliches Recht, sondern um eine Sammelbezeichnung, unter der mehrere Rechte mit Versorgungscharakter106 (beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Reallasten) in das Grundbuch eingetragen werden (vgl. u.a. Art. 96 EGBGB, § 49 GBO). Geht ein Altenteilsrecht dem betreibenden Gläubiger im Rang vor, wird es als solches in den bestehenbleibenden Teil des geringsten Gebots aufgenommen (§§ 52, 91 Abs. 1). Weil es sich nicht um ein Grundpfandrecht handelt, ist ein Zuzahlungsbetrag zu bestimmen (§ 51 Abs. 2). Evtl. Kosten (§ 10 Abs. 2) und wiederkehrende Leistungen (§ 46) sind im bar zu zahlenden Teil des geringsten Gebots zu berücksichtigen (§ 49 Abs. 1). Soweit Altenteilsverträge auch (Teil-)Leistungen umfassen, die erst nach dem Tode des Berechtigten fällig werden, wie etwa Bestattungs- oder Grabpflegekosten, sind diese ebenfalls als Teil des Stammrechts in das geringste Gebot aufzunehmen. Geht ein Altenteilsrecht dem betreibenden Gläubiger im Rang nach, können landesrechtliche Besonderheiten zu einem Bestehenbleiben außerhalb des geringsten Gebots führen. Dazu s. ausf. die Kommentierung zu § 9 EGZVG. Die Ausnahmevorschriften sind jedoch nicht anwendbar, wenn zur Zeit der Eintragung des Altenteilsrechts bereits ein Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch eingetragen war. Das Altenteilsrecht erlischt dann mit dem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren, weil es gegenüber dem betreibenden Gläubiger relativ unwirksam ist.107
II. Baulast 135
Durch Erklärung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde kann ein Grundstückseigentümer in allen Bundesländern mit Ausnahme Bayerns bestimmte öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem das Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben.108 Solche Baulasten sind in den jeweiligen LBauOen geregelt; sie werden in einem eigenen Baulastenverzeichnis bei den Bauaufsichtsbehörden eingetragen. Es handelt sich also nicht um dingliche Rechte, die im Grundbuch eingetragen werden können (vgl. § 54 GBO); demgemäß scheidet eine Berücksichtigung in Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 aus. Baulasten fallen aber auch nicht in die Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1, weil aus ihnen keine Geldleistungen geschuldet werden.109 Sie können deshalb im geringsten Gebot überhaupt nicht berücksichtigt werden.110 Für das Vollstreckungsgericht 106 Vgl. RG v. 30.10.1939 – V 83/39, RGZ 162, 52, 57; BGH v. 4.8.2010 – XII ZR 14/09, BGHZ 186, 372 = FamRZ 2010, 1630; BGH v. 4.7.2007 – VII ZB 86/06, MDR 2007, 1218 = Rpfleger 2007, 614. 107 OLG Hamm v. 5.12.2000 – 19 U 88/99, Rpfleger 2001, 254. 108 Die sog. Musterbauordnung enthält in § 83 Regelungen zur Baulast. Vgl. daher die Legaldefinition in § 85 Abs. 1 S. 1 LBauO NW und die vergleichbaren Regelungen in den anderen LBauOen. 109 Böttcher, § 10 Rz. 43. 110 Drischler, Rpfleger 1986, 289.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 136 § 44
besteht auch keine Ermittlungspflicht, solange nicht Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer Baulast bekannt sind.111 Gleichwohl sollen sie nach überwiegender Auffassung nach Zuschlagserteilung gegenüber einem Ersteher als Rechtsnachfolger wirken, weil sie als öffentliche dingliche Rechte allen beschränkten dinglichen Privatrechten vorgehen und von der Zwangsversteigerung unberührt bleiben sollen.112 Diese Auffassung steht allerdings im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen in den jeweiligen LBauOen, wonach Baulasten „unbeschadet der Rechte Dritter“ mit der Eintragung in das Baulastenverzeichnis wirksam werden.113 Richtig dürfte es daher sein, vom Bestehenbleiben einer Baulast nur dann auszugehen, wenn die Inhaber der bei ihrer Bestellung bereits eingetragenen und zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung noch bestehenden Rechte der Baulastenübernahme zugestimmt haben.114 Auch die Verwaltungsgerichte verschließen sich inzwischen der Erkenntnis nicht mehr, dass zumindest nach Sinn und Zweck der §§ 20, 23 die Übernahme einer Baulast durch den Grundstückseigentümer gegenüber dem späteren Ersteher des Grundstückes in der Zwangsversteigerung nicht wirksam sein kann, wenn schon vor der Bewilligung der Baulast der Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch eingetragen war.115 Denkt man diesen Weg konsequent weiter, könnte eine Baulast zumindest dann nicht bestehenbleiben, wenn sie später entstanden ist als das Recht, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben wird.116
III. Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht Gem. § 31 WEG können Grundstücke mit Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten belastet werden, die als eingetragene Belastungen am Rangsystem des Grundbuchs teilnehmen. Nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen (§ 44) ist ein solches Recht damit als bestehenbleibendes Recht in das geringste Gebot einzustellen, wenn es dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vorgeht; es erlischt grundsätzlich und kommt nicht in das geringste Gebot, wenn es ihm rangmäßig nachgeht. Allerdings kann für Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte im letztgenannten Fall abweichend von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen des § 44 – ähnlich dem § 59 – eine Bestehenbleibensvereinbarung getroffen werden (§ 39 Abs. 1 WEG), die unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen zur Aufnahme des Rechts in das geringste Gebot führen kann. Eine solche Bestehenbleibensvereinbarung muss zur Erlangung dinglicher Wirkung im Grundbuch eingetragen sein.117 Zusätzlich ist zur Wirksamkeit der Vereinbarung noch die Zustimmung der im Rang vorgehenden oder gleichstehenden Verwertungsgläubiger nachzuweisen (§ 39 Abs. 2 WEG). Streitig ist, ob auch die Erteilung bzw. Nichterteilung einer Zustimmung in das Grundbuch einzutragen ist.118 Die Eintragung der Bestehenbleibensvereinbarung selbst kann auch schon vor Erteilung der Zustimmung eines vorrangigen Gläubigers 111 A.A. Sachse, NJW 1979, 195. 112 BVerwG v. 29.10.1992 – 4 B 218/92, NJW 1993, 480 = Rpfleger 1993, 208; OVG Lüneburg v. 8.12.1995 – 1 M 7201/95, MDR 1996, 360 = NJW 1996, 1363; OVG Berlin v. 29.10.1993 – 2 B 35.92, OVG Berlin v. 29.10.1993 – 2 B 35/92, MDR 1994, 481 = NJW 1994, 2971; OVG Hamburg v. 12.11.1992 – OVG Bf II 29/91, MDR 1993, 762 = Rpfleger 1993, 209; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 12. 113 Vgl. § 85 Abs. 1 S. 3 LBauO NW und die vergleichbaren Regelungen in den anderen LBauOen. 114 So zutreffend Alff, Rpfleger 1993, 361; Böttcher, § 56 Rz. 7; Depré/Bachmann, § 44 ZVG Rz. 61; Schmitz-Vornmoor, RNotZ 2007, 121, 130 mwN. 115 OVG NW v. 18.7.1995 – 11 A 11/94, NJW 1996, 1362. 116 So Stöber, § 66 Rz. 6.5 lit. b). 117 Bärmann/Schneider, § 39 WEG Rz. 39 u. Rz. 49: Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ist ausreichend. 118 Bärmann/Schneider, § 39 WEG Rz. 51 mwN.
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§ 44 Rz. 136 Begriff des geringsten Gebots vorgenommen werden.119 Die Vereinbarung kann allerdings nicht zugunsten anderer Gläubiger als den im Gesetz ausdrücklich genannten Verwertungsgläubigern getroffen werden. Wird also die Zwangsversteigerung aus den vorrangigen Rangklassen 1 bis 3 des § 10 Abs. 1 betrieben, hat die Vereinbarung keine Wirkung; das Recht erlischt.120 137
Die Aufnahme von Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten in das geringste Gebot bereitet hauptsächlich unter zwei Gesichtspunkten Schwierigkeiten: 1. Es liegen nicht sämtliche nach § 39 Abs. 2 WEG notwendigen Zustimmungen vor
138
Das Dauerwohn- bzw. Dauernutzungsrecht kann gem. § 39 Abs. 2 WEG nur bestehenbleiben, wenn alle vorgehenden oder gleichstehenden Gläubiger zugestimmt haben. Das Dauerwohnrecht/-nutzungsrecht kann deshalb nur in das geringste Gebot aufgenommen werden, wenn dadurch keines der Grundpfandrechte und Reallasten, deren Gläubiger nicht zugestimmt haben, beeinträchtigt wird. Das ist nur dann der Fall, wenn die Zwangsversteigerung von einem Gläubiger betrieben wird, der dem nicht zustimmenden Gläubiger im Rang nachsteht. Das Recht des nicht zustimmenden Gläubigers bleibt in diesem Fall bestehen und gelangt selbst in das geringste Gebot, es wird also nicht beeinträchtigt. In allen anderen Fällen beeinträchtigt die Aufnahme des Dauerwohnrechts/-nutzungsrechts in das geringste Gebot den nicht zustimmenden Gläubiger.121
139
Beispiele122 An einem Grundstück lasten die Grundpfandrechte III/1 zugunsten A und III/2 zugunsten B; C ist Inhaber eines nachrangigen Dauerwohnrechts. Variante 1: A hat der Vereinbarung zugestimmt, B aber nicht; nun betreibt A die Zwangsversteigerung aus dem Recht III/1. Das Bestehenbleiben des Rechtes würde den B, der nicht zugestimmt hat, unerlaubt benachteiligen, weil ihm dann das Dauerwohnrecht des C vorgehen und den Erlös des Grundstücks schmälern würde. Das Dauerwohnrecht darf also nicht in das geringste Gebot aufgenommen werden. Variante 2: B betreibt die Zwangsversteigerung aus dem Recht III/2. A hat wiederum der Vereinbarung zugestimmt, B aber nicht. Auch hier würde das Bestehenbleiben des Dauerwohnrechts den Erlös schmälern und B, der nicht zugestimmt hat, beeinträchtigen. Das Dauerwohnrecht ist also nicht in das geringste Gebot aufzunehmen. Variante 3: A hat der Vereinbarung nicht zugestimmt, dafür jetzt aber B. A betreibt die Zwangsversteigerung. Das Ergebnis ist dasselbe wie bei Variante 2. Variante 4: A hat der Vereinbarung nicht zugestimmt, wohl aber B. Jetzt betreibt B die Zwangsversteigerung. A wird nach allgemeinen Ranggrundsätzen immer vor dem bestehenbleibenden Dauerwohnrecht befriedigt, ist also nicht beeinträchtigt. B gegenüber ist die Vereinbarung wirksam. Daher ist in diesem Fall das Dauerwohnrecht in das geringste Gebot aufzunehmen.
2. Die Erfüllung fälliger (Zahlungs-)Verpflichtungen nach § 39 Abs. 3 WEG kann nicht festgestellt werden 140
Ein weiteres zusätzliches Wirksamkeitserfordernis für eine Bestehenbleibensvereinbarung besteht darin, dass der Dauerwohnberechtigte im Zeitpunkt der Feststellung der Versteigerungsbedingungen seine fälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Eigentümer erfüllt haben muss (§ 39 Abs. 3 Hs. 1 WEG). Die Nichterfüllung unerheblicher Teilbeträge soll allerdings ohne Bedeutung sein.123 Das Fortbestehen kann auch von weiteren zusätzlichen Vorausset-
119 120 121 122 123
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OLG Schleswig v. 19.9.1961 – 2 W 75/61, SchlHA 1962, 146. Bärmann/Schneider, § 39 WEG Rz. 42 f. Palandt/Wicke, BGB, § 39 WEG Rz. 3. Nach Bärmann/Schneider, § 39 Rz. 70. Weitnauer/Mansel, § 39 WEG Rz. 15.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 141 § 44
zungen abhängig gemacht werden (§ 39 Abs. 3 Hs. 2 WEG). Die Erfüllung von Zahlungspflichten oder sonstigen Voraussetzungen ergibt sich jedoch nicht aus dem Grundbuch; sie ist für das Vollstreckungsgericht mit seinem begrenzten verfahrensrechtlichen Instrumentarium wohl nur feststellbar, wenn einvernehmliche Erklärungen aller Beteiligten zu Protokoll gegeben werden. Soweit ein solches Zugeständnis iSd § 138 ZPO nicht zu erlangen sein wird, kommt nur die Aufnahme als bedingtes Recht mit einer entsprechenden Zuzahlungsverpflichtung gem. §§ 50, 51 in Betracht.124
IV. Dienstbarkeiten (Grunddienstbarkeit und beschränkte persönliche Dienstbarkeit) Sind Grunddienstbarkeiten (§ 1018 ff. BGB) oder beschränkte persönliche Dienstbarkeiten 141 (§§ 1090 ff. BGB) rangmäßig vor dem bestbetreibenden Gläubiger im Grundbuch eingetragen, werden sie in den bestehenbleibenden Teil des geringsten Gebots mit einer entsprechenden Zuzahlungsverpflichtung gem. § 51 Abs. 2 aufgenommen; gehen sie ihm im Rang nach, erlöschen sie durch den Zuschlag (§ 91 Abs. 1). Dies gilt auch für eingetragene Wohnungsrechte gem. § 1093 BGB. Das Erlöschen tritt auch dann ein, wenn ein in Bruchteils- oder Wohnungseigentum aufgeteiltes Grundstück insgesamt mit einer Grund- oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastet ist, in der Zwangsversteigerung aber nur bzgl. des versteigerten Bruchteils das Recht nicht in das geringste Gebot fällt. Die verbleibende Eintragung in den übrigen von der Versteigerung nicht betroffenen Grundbüchern wird dadurch inhaltlich unzulässig iSd § 53 Abs. 1 S. 2 GBO, weil es insbesondere zur realen Nutzung des gesamten Grundstücks bedarf; sie ist daher von Amts wegen zu löschen.125 Die jüngere Rechtsprechung des BGH126 ändert an diesem Befund nichts (vgl. § 130 Rz. 50 mwN). Ausnahmsweise können mit Grunddienstbarkeiten und beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten reallastähnliche Leistungspflichten aus Unterhaltungsvereinbarungen verbunden sein (§§ 1090 Abs. 2, 1021, 1022 BGB). Die sich daraus ggf. ergebenden Rückstände werden für die bestehenbleibende Dienstbarkeit im Barteil des geringsten Gebots berücksichtigt, soweit diese angemeldet werden. Sind beschränkte persönliche Dienstbarkeiten mit Versorgungscharakter im Grundbuch eingetragen worden, kann u.U. die Behandlung als Altenteil in Betracht kommen;127 dazu s. ausf. die Kommentierung zu § 9 EGZVG. Bei der Zwangsversteigerung von Wohnungseigentum wegen privilegierter Hausgeldansprüche aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 bleiben Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, die am Grundstück als Ganzem lasten, bestehen, wenn diesen kein anderes Recht der Rangklasse 4 vorgeht, aus dem die Versteigerung betrieben werden kann (§ 52 Abs. 2 S. 2 lit. b)). Im Beitrittsgebiet kann eine nicht im Grundbuch eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten eines Energie- oder Wasserversorgungsunternehmens gem. § 9 Abs. 1, Abs. 9 GBBerG, § 1 SachenR-DV im Rahmen der Zwangsversteigerung des belasteten 124 Bärmann/Schneider, § 39 WEG Rz. 57; ebenso Stöber, § 44 ZVG Rz. 5.29 lit. e). 125 BGH v. 21.6.1974 – V ZR 164/72, MDR 1974, 1008 = NJW 1974, 1552, 1553 (insoweit in BGHZ 62, 388 nicht abgedruckt); OLG Düsseldorf v. 22.9.2010 – I-3 Wx 46/10, ZWE 2010, 460; OLG Frankfurt v. 11.7.1978 – 20 W 126/78, Rpfleger 1979, 149; KG v. 10.8.1973 – 1 W 955/73, MDR 1975, 151 = Rpfleger 1975, 68. 126 BGH v. 17.1.2019 – V ZB 81/18, MDR 2019, 662 = Rpfleger 2019, 320 = ZfIR 2019, 437 m. inhaltlich abl. Anm. Amann = ZWE 2019, 364. 127 Vgl. BGH v. 1.12.2011 – V ZB 186/11, MDR 2012, 369 = Rpfleger 2012, 331 m. Anm. Hintzen, = ZfIR 2012, 369. m. Anm. Alff.
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§ 44 Rz. 141 Begriff des geringsten Gebots Grundstücks bei der Aufstellung des geringsten Gebotes zu berücksichtigen sein, sofern das Recht rechtzeitig angemeldet und ggf. glaubhaft gemacht ist.128 Dabei sind allerdings jetzt die nach dem 31.12.2010 entfallenen Beschränkungen beim Gutglaubenserwerb zu beachten.129
V. Eigentümerrechte 142
Dingliche Rechte können sowohl in der II. Abteilung130 als auch der III. Abteilung131 des Grundbuchs für den Eigentümer selbst eingetragen sein. Haben diese Rechte Rang vor dem bestbetreibenden Gläubiger, bleiben sie bestehen und sind in den bestehenbleibenden Teil des geringsten Gebots aufzunehmen (§§ 52, 91 Abs. 1). Für Eigentümergrundpfandrechte gilt dies auch dann, wenn zugunsten eines nachrangigen Gläubigers eine Löschungsvormerkung eingetragen ist (§ 1179 BGB) oder ein gesetzlicher Löschungsanspruch besteht (§ 1179a BGB).132 Unschädlich ist es, wenn es sich noch um eine verdeckte Eigentümergrundschuld handelt. Die Feststellung des zutreffenden Berechtigten erfolgt (mit Ausnahme einer erkennbaren Eigentümerposition; dazu s. bei § 45 Rz. 8 u. § 45 Rz. 12) erst im Verteilungsverfahren. Mit der Aufnahme einer Hypothek in das geringste Gebot wird daher auch die Eigentümergrundschuld vor dem Erlöschen durch den Zuschlag geschützt.133 Eine bestehenbleibende Eigentümergrundschuld verwandelt sich mit dem Zuschlag in ein Fremdrecht am Grundstück des Erstehers.134
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Ist zugunsten des Eigentümers an seinem Grundstück eine Grundschuld eingetragen, so kann er nicht die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner eigenen Befriedigung betreiben (§ 1197 Abs. 1 BGB). Diese Beschränkung entfällt jedoch für einen Gläubiger, der die Eigentümergrundschuld wirksam gepfändet und überwiesen erhalten hat, weil die Zwangsvollstreckung in diesem Fall nicht durch den Eigentümer und auch nicht zu dessen Befriedigung erfolgt.135 In der Zwangsversteigerung gebühren dem Eigentümer weiterhin keine Zinsen aus einer Eigentümergrundschuld (§ 1197 Abs. 2 BGB). Allerdings kann der Eigentümer die ihm zustehende Eigentümergrundschuld wirksam mit rückwirkendem Zinsbeginn abtreten.136 Der 128 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 94/05, BGHZ 165, 119 = MDR 2006, 805 = NotBZ 2006, 142 = Rpfleger 2006, 272 = ZfIR 2006, 142. 129 Vgl. BGH v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, MDR 2015, 1228 = ZWE 2015, 448. 130 Vgl. z.B. BGH v. 14.7.2011 – V ZB 271/10, BGHZ 190, 267 = MDR 2011, 1282 = NJW 2011, 3517 = Rpfleger 2011, 659 = ZfIR 2011, 874 für einen Eigentümernießbrauch; BGH v. 11.12.1981 – V ZR 222/80, MDR 1982, 657 = NJW 1982, 2381 = Rpfleger 1982, 143 für ein Eigentümererbbaurecht; KG v. 8.1.2019 – 1 W 344/18, NotBZ 2019, 436 = Rpfleger 2019, 255; OLG München v. 9.5.2012 – 34 Wx 448/11, DNotZ 2012, 778 für ein (gemeinschaftliches) Wohnungsrecht des Eigentümers. 131 Vgl. z.B. § 1196 BGB für die originär entstehende und §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 BGB für die nachträglich entstehende Eigentümergrundschuld. Eigentümerhypotheken kommen praktisch nicht mehr vor (vgl. § 1177 Abs. 2 BGB). 132 Noch für eine Löschungsvormerkung RG v. 23.3.1904 – V 394/03, RGZ 57, 209, 211. 133 RG v. 4.10.1918 – III 139/18, RGZ 94, 5, 9; BGH v. 12.4.1961 – V ZR 91/59, NJW 1961, 1352. 134 BGH v. 31.10.1985 – IX ZR 95/85, MDR 1986, 315 = Rpfleger 1986, 58; OLG München v. 4.10.2019 – 34 Wx 316/19 zit juris; OLG Düsseldorf v. 15.1.1996 – 9 U 98/95, Rpfleger 1996, 298. 135 BGH v. 18.12.1987 – V ZR 163/86, BGHZ 103, 30 = MDR 1988, 395 = NJW 1988, 1026 = Rpfleger 1988, 181; OLG Celle v. 20.3.2003 – 4 U 4/03, OLGR Celle 2003, 193 = ZfIR 2003, 840 Ls. auch zur Notwendigkeit eines Duldungstitels. 136 BGH v. 3.10.1985 – V ZB 18/84, MDR 1986, 217 = NJW 1986, 314 = Rpfleger 1986, 9; OLG Düsseldorf v. 14.8.1989 – 3 Wx 279/89, OLGZ 1989, 395 = MDR 1989, 1102 = Rpfleger 1989, 498; OLG Celle v. 17.2.1989 – 4 U 187/87, Rpfleger 1989, 323; BayObLG v. 2.7.1987 – BReg 2 Z 143/86, BayObLG v. 2.7.1987 – BReg.2 Z 143/86, BayObLGZ 1987, 241 = Rpfleger 1987, 364 unter ausdr. Aufgabe der früheren Rechtsauffassung.
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Rz. 144 § 44
Zessionar kann die lediglich suspendierten Zinsen dann im Versteigerungsverfahren anmelden. Auch die Beschränkung des § 1197 Abs. 2 BGB ist nach heute überwiegender Auffassung zur Verhinderung von gleichzeitiger Grundstücksnutzung und Zinsgenuss durch den Schuldner lediglich personenbezogen anzuwenden; zugunsten eines Pfändungsgläubigers können daher im Rahmen des § 45 angemeldete Zinsansprüche zu berücksichtigen sein.137 Diese Ansicht wird man aber nach zutreffender Meinung nicht auf einen Insolvenzverwalter übertragen können,138 weil dieser lediglich die dem Schuldner entzogene Verfügungsbefugnis ausübt und gerade keine schuldnerfremden Rechte geltend macht.139
VI. Erbbaurecht Dem Berechtigten eines Erbbaurechts steht das veräußerliche und vererbliche Recht zu, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs. 1 ErbbauRG). Auf das Erbbaurecht finden grundsätzlich die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften des BGB mit wenigen Ausnahmen entsprechende Anwendung (§ 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG). Das Erbbaurecht wird deshalb gemeinhin auch als sog. grundstücksgleiches Recht beschrieben, für das neben der Eintragung als Belastung in Abt. II des Grundstücksgrundbuchs zusätzlich von Amts wegen ein besonderes Erbbaugrundbuchblatt angelegt wird (§ 14 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG). Eine Immobiliarzwangsvollstreckung kann nach Begründung des Erbbaurechts sowohl in das Grundstück als auch in das Erbbaurecht erfolgen. Die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts folgt dabei unter Berücksichtigung einer idR vereinbarten Veräußerungsbeschränkung (§§ 5 Abs. 1, 8 ErbbauRG) den allgemeinen Regeln für die Versteigerung von Grundstücken. Wegen der Besonderheiten beim Erbbauzins s. Rz. 146 ff. Aufgrund seiner Doppelnatur nimmt das Erbbaurecht im Grundstücksgrundbuch am Rangsystem des § 879 BGB teil. Ein Erbbaurecht kann dort grundsätzlich nur zur ausschließlich ersten Rangstelle bestellt werden; der Rang kann auch nicht geändert werden (§ 10 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG). Das Recht ist deshalb in den bestehenbleibenden Teil des geringsten Gebots aufzunehmen, wenn das Grundstück aus den Rangklassen 4 oder 5 des § 10 Abs. 1 versteigert werden sollte. Das Erbbaurecht bleibt aber auch dann bestehen, wenn es bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt ist, so wenn etwa aus der Rangklasse 3 die Zwangsversteigerung betrieben wird (§ 25 ErbbauRG). Ein Erbbaurecht bleibt in der Zwangsversteigerung in dem Umfang bestehen, wie es zuvor als Belastung im Grundbuch eingetragen war, also mit sämtlichen dort zum Inhalt des Rechts gemachten Vereinbarungen (vgl. §§ 2, 5, 27 Abs. 1 S. 2, 32 Abs. 1 S. 2 ErbbauRG). Solche durch Einigung und Eintragung verdinglichten Vereinbarungen wirken während der gesamten Dauer des Erbbaurechts zwischen dem jeweiligen Grundstückseigentümer und dem jeweiligen Erbbauberechtigten. Einem bereits entstandenen Heimfallanspruch gem. § 2 Nr. 4 ErbbauRG kommt jedoch keine dingliche Wirkung zu.140 Sind dessen Voraussetzungen bei einem frühe-
137 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 62; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 16; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 105; a.A. RG v. 5.4.1905 – V 454/04, RGZ 60, 359; Stöber, § 44 ZVG Rz. 5.4 aE. 138 So aber Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 62; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 16; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 105. 139 Insoweit zutreffend daher RG v. 5.4.1905 – V 454/04, RGZ 60, 359; Stöber, § 44 ZVG Rz. 5.4 aE; offen gelassen von BGH v. 16.12.2011 – V ZR 52/11, BGHZ 192, 131 = NotBZ 2012, 172 = MDR 2012, 308 = NJW 2012, 686 = Rpfleger 2012, 269 = ZfIR 2012, 319. 140 A.A. Böttcher, § 52 Rz. 16.
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§ 44 Rz. 144 Begriff des geringsten Gebots ren Erbbauberechtigten eingetreten, kann er daher nicht gegen den Erwerber des Erbbaurechts geltend gemacht werden.141 145
Nicht im geringsten Gebot berücksichtigt werden kann allerdings ein Erbbaurecht, dass nicht an der ausschließlich ersten Rangstelle eingetragen worden ist;142 das gilt auch für zwei gleichrangig an erster Rangstelle eingetragene Erbbaurechte143 (vgl. auch § 45 Rz. 20). Ein unter Verstoß gegen § 10 ErbbauRG eingetragenes Erbbaurecht ist nichtig. Eine solche unzulässige Eintragung kann nicht nachträglich durch Eintragung rangändernder Vermerke über die Einräumung der ersten Rangstelle zur Entstehung gebracht werden. Hierzu ist vielmehr die Löschung des Erbbaurechts von Amts wegen (nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO) und seine rangrichtige Neueintragung erforderlich.144 Ist ein Erbbaurecht zu Unrecht gelöscht worden, kann es nach gutgläubigem Zwischenerwerb von Grundpfandrechten Dritter auch an anderer als an erster Rangstelle wieder in das Grundbuch eingetragen werden.145 Wird sodann die Zwangsversteigerung des Grundstücks aus einem dieser gutgläubig mit Rang vor dem Erbbaurecht erworbenen Grundpfandrechte betrieben, sind die §§ 10, 25 ErbbauRG nicht anwendbar.146 Ebenfalls nichtig ist ein unter Verstoß gegen § 1 Abs. 4 S. 1 auflösend bedingt eingetragenes Erbbaurecht.147 Die Vorschrift ist auf die Bestellung eines Erbbaurechts durch einen nicht befreiten Vorerben ohne Zustimmung des Nacherben ebenso entsprechend anwendbar148 wie auf die Begründung eines Erbbaurechts bei angeordneter Zwangsversteigerung; hier muss entweder die Zustimmung des betreibenden Gläubigers oder eine der Voraussetzungen des §§ 878, 892 BGB vorliegen.149 Besonderheiten gelten für Altrechte, d.h. Erbbaurechte aus der Zeit vor dem 22.1.1919 (vgl. die Kommentierungen zu § 38 ErbbauRG).
VII. Erbbauzins 1. Dynamisierung 146
Wird für die Bestellung des Erbbaurechts ein Entgelt in wiederkehrenden Leistungen (Erbbauzins) ausbedungen, so finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Reallasten entsprechende Anwendung (§ 9 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG). Die Erbbauzinsreallast wird im Erbbaugrundbuch als Belastung des Erbbaurechts eingetragen. Nach heutiger Rechtslage150 kann damit als Inhalt der Erbbauzinsreallast auch vereinbart werden, dass die zu entrichtenden Leistungen sich ohne weiteres an veränderte Verhältnisse anpassen, wenn anhand der in der Vereinbarung festgelegten Voraussetzungen Art und Umfang der Belastung bestimmt werden können (vgl. § 1105 Abs. 1 S. 2 BGB). Es handelt sich bei dieser Art der Wertsicherung um eine echte Gleitklausel,151 die sowohl die zuvor übliche Eintragung von Anpassungsvor141 BGH v. 6.11.2015 – V ZR 165/14, BGHZ 207, 334 = MDR 2016, 389 = NJW 2016, 3167 = Rpfleger 2016, 335 = ZfIR 2016, 324. 142 BGH v. 9.7.1954 – V ZB 6/54, NJW 1954, 1443 = Rpfleger 1954, 514. 143 OLG Frankfurt v. 13.12.1966 – 13 W 155/66, DNotZ 1967, 688. 144 OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 343/75, MDR 1976, 499 = NJW 1976, 2023 = Rpfleger 1976, 131. 145 BGH v. 31.10.1968 – V ZR 117/67, BGHZ 51, 50 = MDR 1969, 128 = NJW 1969, 93 = Rpfleger 1969, 13. 146 Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 18 aE. 147 BGH v. 14.7.1969 – V ZR 122/66, BGHZ 52, 269 = MDR 1969, 208. 148 BGH v. 14.7.1969 – V ZR 122/66, BGHZ 52, 269 = MDR 1969, 208. 149 Böttcher, § 23 Rz. 14. 150 Vgl. Art. 11a d. G zur Einführung des EURO (EuroEG) v. 9.6.1998 (BGBl. I S. 1242, 1254). 151 Zur Umstellung früherer Indices auf den Verbraucherpreisindex (VPI) vgl. Schneider, Rpfleger 2009, 212.
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Rz. 147 § 44
merkungen bei der Erbbauzinsreallast als auch die Eintragung der Anpassungsbeträge entbehrlich macht.152 Wird in einem solchen Fall gleichwohl der veränderte Erbbauzins in das Grundbuch eingetragen, handelt es sich um eine deklaratorische Eintragung.153 Soll eine Anpassungsvormerkung, die für einen Anspruch auf Anpassung des Erbbauzinses durch Eintragung neuer Reallasten bestellt worden ist, künftig den Anspruch sichern, eine wertgesicherte Erbbauzinsreallast zu bestellen, bedarf es der Eintragung der Änderung des Anspruchs in das Grundbuch, die entsprechend der für die Änderung des einzutragenden Rechts selbst geltenden Vorschrift (§ 877 BGB) vorzunehmen ist.154 2. Vollstreckungsfestigkeit In der Praxis verlangen Finanzierungsgläubiger anlässlich der Beleihung eines Erbbaurechts regelmäßig den Rangrücktritt einer schon im Erbbaugrundbuch eingetragenen Erbbauzinsreallast. Bei der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts erlischt dann die im Rang hinter dem betreibenden Grundpfandrechtsgläubiger eingetragene Erbbauzinsreallast aufgrund der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen. Sie wird nicht in das geringste Gebot aufgenommen; es entsteht ein „erbbauzinsloses Erbbaurecht“.155 Dieses Ergebnis konnte für Erbbaurechte aus der Zeit bis 1994 nur durch Vereinbarung abweichender Versteigerungsbedingungen gem. § 59 ZVG, durch Liegenbelassungsvereinbarung gem. § 91 Abs. 2 ZVG oder durch eine sog. Stillhaltevereinbarung156 verhindert werden. Erst mit dem Sachenrechtsänderunggesetz157 hat der Gesetzgeber den Rangkonflikt zwischen dem erbbauzinsberechtigten Grundstückseigentümer einerseits und den finanzierenden Grundpfandrechtsgläubigern andererseits in der Weise gelöst, dass nunmehr als Inhalt des Erbbauzinses dessen Bestehenbleiben für den Fall vereinbart werden kann, dass die Reallast nicht in das geringste Gebot fällt (§ 52 Abs. 2 Satz 2 iVm § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ErbbauRG). Dazu bedarf es allerdings der Eintragung dieser Vereinbarung in das Grundbuch (§ 873 BGB), die auch noch nachträglich erfolgen kann (§§ 877, 873 BGB, § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG). Ist eine solche Vereinbarung getroffen, bleibt die Erbbauzinsreallast außerhalb des geringsten Gebots bestehen.158 Eine Vereinbarung gem. § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG kann sich aber immer nur auf das Stammrecht der Erbbauzinsreallast beziehen (vgl. „mit ihrem Hauptanspruch bestehen bleibt“); die laufenden und rückständigen Leistungen kommen nicht ins geringste Gebot, sie sind an der Rangstelle des Rechts selbst zu berücksichtigen.159
152 Die vor dem 9.6.1998 nach früherem Recht mit einer Werterhöhungsvereinbarung bestellten Erbbauzinsreallasten bleiben wirksam, Palandt/Wicke, BGB, § 9 ErbbauRG Rz. 8. 153 KG v. 13.1.2015 – 1 W 210-211/14, Rpfleger 2015, 394. 154 BGH v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, MDR 2016, 1326 = NJW 2017, 728 = Rpfleger 2017, 79 dort auch zur Notwendigkeit evtl. Drittzustimmungen. 155 BGH v. 26.2.1987 – V ZB 10/86, BGHZ 100, 107 = MDR 1987, 570 = NJW 1987, 1942 = Rpfleger 1987, 320 auch zur Versagung einer gem. §§ 5 Abs. 1, 8 ErbbauRG erforderlichen Zustimmung angesichts einer noch rd. 95jährigen Restlaufzeit des Erbbaurechts; BGH v. 25.9.1981 – V ZR 244/80, BGHZ 81, 358 = MDR 1982, 131 = NJW 1982, 234 = Rpfleger 1981, 478. 156 Dazu BGH v. 6.11.2015 – V ZR 165/14, BGHZ 207, 334 = MDR 2016, 389 = NJW 2016, 3167 = Rpfleger 2016, 335 = ZfIR 2016, 324. 157 Art. 2 §§ 1 f. d G z Änderung sachenrechtlicher Bestimmungen (SachenRÄndG) vom 21.9.1994 (BGBl I S. 2457, 2489). 158 Böttcher, § 52 Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 21; Depré/Bachmann, § 44 ZVG Rz. 69; a.A. Bräuer, Rpfleger 2004, 401, 404; Stöber § 52 Rz. 6.2. 159 Böttcher, § 52 Rz. 7; Bräuer, Rpfleger 2004, 401, 405; widersprüchlich Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 21 aE.
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§ 44 Rz. 148 Begriff des geringsten Gebots 3. Wohnungserbbaurechte 148
Seit dem 1.7.2007 kann auch wegen privilegierter Hausgeldansprüche die Zwangsversteigerung betrieben werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 2).160 In diesem Zusammenhang wurde die Regelung in § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG auch auf das vorrangige Betreiben seitens der Inhaber der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG genannten Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten eines Wohnungserbbaurechts ausgedehnt.161 Auch insoweit kann nunmehr ein Untergang des (verteilten) Erbbauzinses am einzelnen Wohnungserbbaurecht in der Rangklasse 4 grundsätzlich verhindert werden, wenn die Zwangsversteigerung wegen rückständiger Hausgeldansprüche aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG erfolgt.162 Auch bei der Versteigerung eines Wohnungserbbaurechts wegen privilegierter Hausgeldansprüche bleibt die Erbbauzinsreallast jedoch nicht kraft Gesetzes bestehen; es bedarf wiederum einer entsprechenden Vereinbarung gem. § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG. Fehlt eine solche Vereinbarung, kann der Erbbauzins nicht in das geringste Gebot aufgenommen werden. Die Erbbauzinsreallast erlischt außerdem, wenn aus der Rangklasse 1 oder der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 die Versteigerung betrieben wird; insoweit fehlen vergleichbare Regelungen.163 Aber auch bei Wohnungserbbaurechten werden die bisher schon geschlossenen Verträge nicht automatisch an die veränderte Rechtslage angepasst, so dass Erbbauzinsen mit einer aus heutiger Sicht „verkürzten“ Bestehenbleibensvereinbarung aus der Zeit von 1994 bis 2007 nach wie vor untergangsgefährdet sein können, wenn nicht die Beteiligten mit zusätzlichem Arbeits- und Kostenaufwand ihre Verträge nachbessern. Gelingt dies jedoch nicht, so ist auch zukünftig der erbbauzinsfreie Erwerb eines Wohnungserbbaurechts möglich. Dies erscheint im Hinblick auf Art. 14 GG nicht unbedenklich, weil eine vollständige Nachholung oder Nachbesserung der Vereinbarung für jedes einzelne Wohnungserbbaurecht sich in der Praxis als kaum durchführbar erweisen dürfte.164 Dazu bedürfte es nämlich außer der Mitwirkung des jeweiligen Wohnungserbbauberechtigten auch der Zustimmung der Rechtsinhaber von auf dem einzelnen Wohnungserbbaurecht lastenden dinglichen Rechten, soweit sie der Erbbauzinsreallast rangmäßig vorgehen oder gleichstehen (§ 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG). Von Ausnahmefällen abgesehen kann der Grundstückseigentümer aber weder vom Wohnungserbbauberechtigten den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung gem. § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG verlangen, noch die erforderliche Zustimmung vor- oder gleichrangiger Gläubiger gem. § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG erzwingen.165 Für die „verkürzten“ Bestehenbleibensvereinbarungen aus der Zeit vor der WEG-Novelle (1994-2007) führt unter Berücksichtigung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes auch eine ergänzende Vertragsauslegung zu keinem eindeutigen und zweifelsfreien Ergebnis, so dass eine ausdrückliche Regelung zur Vollstreckungsfestigkeit des Erbbauzinses gem. § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG bzgl. der in der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG aufgenommenen wohnungserbbaurechtlichen Hausgeldansprüche für unerlässlich gehalten wird.166 Fehlt eine solche nachgeholte Bestehenbleibensvereinbarung für die seit 2007 im Vorrang des § 10 Abs. 1
160 Art. 2 d G zur Änderung des WohnungseigentumsG und anderer Gesetze (WEGuaÄndG) v. 26.3.2007 (BGBl I S. 370). 161 Art. 3 Abs. 4 Nr. 1 WEGuaÄndG. 162 Nicht richtig Hk-ZV/Stumpe, § 52 Rz. 17. 163 Bauer/Schaub/Maaß, AT F Rz. 226; Palandt/Wicke, BGB, § 9 ErbbauRG Rz. 15. 164 Schneider, ZMR 2006, 660. 165 Böttcher, Rpfleger 2007, 526, 527; Meikel/Morvilius, Einl. B 486, der zutreffend auf den gesetzlich geregelten Sonderfall des § 52 Abs. 1 SachenRBerG hinweist; Schneider, ZfIR 2007, 168; a.A. Jennißen/Grziwotz, § 30 WEG Rz. 16. 166 Bärmann/Schneider, § 30 WEG Rz. 116; Böttcher, Rpfleger 2007, 526, 527; Fröhler, notar 2011, 221, 233; Ingenstau/Hustedt, § 9 ErbbauRG Rz. 138; wohl auch Bauer/Schaub/Maaß, AT F Rz. 226 Fn. 401.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 150 § 44
Nr. 2 privilegierten Hausgeldansprüche, ist bei der Zwangsversteigerung eines Wohnungserbbaurechts die Erbbauzinsreallast nicht in das geringste Gebot einzustellen. Soweit demgegenüber für solche Altfälle gleichwohl eine ergänzende Vertragsauslegung für möglich und ausreichend gehalten wird, falls die Erbbauzinsreallast bereits vor dem 1.7.2007 nach der seinerzeitigen Rechtslage vollstreckungsfest gewesen ist,167 ist dies für das Vollstreckungsgericht bereits mangels Grundbuchersichtlichkeit unbeachtlich (vgl. § 45 Abs. 1). Überdies bleiben dabei diejenigen Fallgestaltungen unberücksichtigt, in denen schon bisher keine Vereinbarungen zum Bestehenbleiben getroffen wurden, weil der Grundstückseigentümer nämlich mit seinem Erbbauzins im Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Rangklassensystematik gar keinen Vorrang einräumte. Wird die Erbbauzinsreallast bei der Zwangsversteigerung eines Wohnungserbbaurechts deshalb nicht im geringsten Gebot berücksichtigt, verbleibt nur die Zuschlagsbeschwerde gem. § 83 Nr. 1.
VIII. Erwerbsvormerkung (Auflassungsvormerkung) S. die Kommentierung zu § 48.
149
IX. Flurbereinigung In einem Flurbereinigungsverfahren können beschränkte dingliche Rechte, insbesondere 150 Dienstbarkeiten auf der Grundlage des § 37 Abs. 1 S. 2 FlurbG begründet werden.168 Die Rechte entstehen dabei gem. § 61 S. 2 FlurbG iVm §§ 62 ff. FlurbG zu dem Zeitpunkt, der in der Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan vorgesehen ist. Dienstbarkeiten, insbesondere Grunddienstbarkeiten entstehen demzufolge außerhalb des Grundbuchs. Das Grundbuch ist hierdurch zu dem in der Ausführungsanordnung genannten Zeitpunkt unrichtig geworden und bedarf der Berichtigung.169 Diese Berichtigung erfolgt aufgrund Ersuchens der Flurbereinigungsbehörde gem. § 79 FlurbG. Derjenige, der während eines Flurbereinigungsverfahrens ein im Flurbereinigungsgebiet liegendes Grundstück rechtsgeschäftlich oder im Wege der Zwangsversteigerung erwirbt, muss gemäß § 15 S. 1 FlurbG die Belastung mit einer durch die Flurbereinigung entstandenen Grunddienstbarkeit gegen sich gelten lassen, auch wenn diese aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist und im geringsten Gebot nicht aufgeführt ist. § 15 S. 1 FlurbG steht dem Erlöschen einer durch Flurbereinigung entstandenen, entgegen den §§ 79 bis 83 FlurbG nicht in das Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit infolge gutgläubigen lastenfreien Erwerbs (§ 892 BGB) oder infolge Zuschlags in der Zwangsversteigerung (§ 52 Abs. 1 Satz 2, § 91 Abs. 1 ZVG) aber nicht (mehr) entgegen, wenn das Flurbereinigungsverfahren mit der bestandskräftigen Schlussfeststellung nach § 149 Abs. 3 FlurbG abgeschlossen ist. Die Wirkungsdauer des § 15 FlurbG ist auf die Dauer des Flurbereinigungsverfahrens begrenzt. Das Grundbuch bleibt infolge einer unterbliebenen Grundbuchberichtigung zwar weiterhin unrichtig und kann gem. § 22 GBO berichtigt werden, jedoch sind nach Abschluss des Verfahrens die allgemeinen Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb bzw. das Erlöschen nicht im
167 So Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht § 17 Rz. 2; Lemke/Czub, § 9 ErbbauRG Rz. 63; v. Oefele/ Winkler/Schlögel, § 3 Rz. 124 u. § 6 Rz. 289; Staudinger/Rapp, BGB (2017), ErbbauRG § 9 Rz. 32; Timme/Munzig, § 30 WEG Rz. 55. 168 BVerwG v. 19.8.1970 – IV C. 61.67, RdL 1971, 43. 169 BVerwG v. 1.11.1976 – V 82.74; zit. juris.
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§ 44 Rz. 150 Begriff des geringsten Gebots Grundbuch verlautbarter Rechte infolge einer Zwangsversteigerung nicht mehr suspendiert.170 Tritt im Zuge einer Flurbereinigung nach Auflassung, aber noch vor deren Eintragung im Grundbuch, an die Stelle des aufgelassenen Einlagegrundstücks ein Ersatzgrundstück, so bedarf es im Hinblick auf den Surrogationsgedanken weder einer Erneuerung der Auflassung noch einer Berichtigung der Bezeichnung des aufgelassenen Grundstücks.171 Das Gleiche gilt, wenn ein Grundstück nach Wirksamwerden der Ausführungsanordnung noch mit einem Grundpfandrecht belastet wird; betroffen ist das Ersatzgrundstück, ohne dass dieses gem. § 28 GBO bezeichnet sein müsste (§ 68 Abs. 1 S. 1 FlurbG).172
X. Gesamtgrundpfandrecht 151
Besteht ein Grundpfandrecht an mehreren Grundstücken (Gesamthypothek Gesamtgrundschuld), so haftet jedes Grundstück für den ganzen Anspruch (§ 1132 Abs. 1 S. 1, § 1192 Abs. 1 BGB). Ein solches Gesamtgrundpfandrecht wird im geringsten Gebot unabhängig davon, ob nur eines, einige oder sämtliche belasteten Grundstücke versteigert werden sollen, jeweils in voller Höhe berücksichtigt. Der Gläubiger kann nämlich die Befriedigung nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Teil suchen (§ 1132 Abs. 1 S. 2 BGB). Unter den Voraussetzungen des § 64 kann ggf. eine Verteilung des Gesamtgrundpfandrechtes erfolgen (s. die dortige Kommentierung).
XI. Hypothek 1. Allgemeines 152
Eine Hypothek ist als dingliches Recht in den bestehenbleibenden Teil des geringsten Gebots aufzunehmen, wenn ein nachrangiger Gläubiger die Zwangsversteigerung betreibt; andernfalls erlischt sie (§§ 52 Abs. 1 S. 1; 91 Abs. 1). Kosten (§ 10 Abs. 2) sowie wiederkehrende Leistungen und andere Nebenleistungen werden im Barteil des geringsten Gebots gem. § 45 berücksichtigt (§ 49 Abs. 1). 2. Arresthypothek
153
Die Vollziehung des Arrestes in ein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung; der nach § 923 ZPO festgestellte Geldbetrag ist als der Höchstbetrag zu bezeichnen, für den das Grundstück oder die Berechtigung haftet (§ 932 Abs. 1 S. 1 ZPO). Bei der Arresthypothek handelt es sich damit um eine zwangsweise zur Entstehung gebrachte Höchstbetragshypothek iSd § 1190 BGB. Zinsen können daher nicht beansprucht werden, da diese bereits in den Höchstbetrag eingerechnet sind (§ 1190 Abs. 2 BGB). Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung können separat angemeldet werden (§ 10 Abs. 2).
170 BGH v. 20.7.2018 – V ZR 199/17, MDR 2018, 1369 = Rpfleger 2019, 49. 171 BayObLG v. 13.7.1972 – BReg 2 Z 38/72, BayObLGZ 1972, 242 = NJW 1972, 2132 = Rpfleger 1972, 366; einschränkend LG Bad Kreuznach v. 16.2.1995 – 2 T 142/94, Rpfleger 1995, 406 für ein kleineres Ersatzgrundstück. 172 LG Schweinfurt v. 30.4.1975 – 2 T 57/75, Rpfleger 1975, 312.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 156 § 44
3. Höchstbetragshypothek Eine Hypothek kann in der Weise bestellt werden, dass nur der Höchstbetrag, bis zu dem das Grundstück haften soll, bestimmt, im Übrigen die Feststellung der Forderung vorbehalten wird (§ 1190 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Recht besteht daher in voller Höhe des eingetragenen Geldbetrages. Es handelt sich bis zur Feststellung der Forderung um eine auflösend bedingte Eigentümergrundschuld; lediglich die Person des Berechtigten ist daher noch nicht bekannt (vgl. § 14 Rz. 19). Zinsen können nicht beansprucht werden, da diese bereits in den Höchstbetrag eingerechnet sind (§ 1190 Abs. 2 BGB). Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung können separat angemeldet werden (§ 10 Abs. 2). Die Hypothek gilt als Sicherungshypothek, auch wenn sie im Grundbuch nicht als solche bezeichnet ist (§ 1190 Abs. 3 BGB); die Erteilung eines Hypothekenbriefes ist demgemäß ausgeschlossen (§ 1185 Abs. 1 BGB).
154
4. Tilgungshypothek a) Grundsätze Unter einer Tilgungshypothek (auch Annuitätenhypothek oder Amortisationshypothek) ist ein hypothekarisch gesichertes Darlehen zu verstehen, bei dem der Schuldner gleichbleibende wiederkehrende (Jahres-)Leistungen („Annuitäten“) zu einem bestimmten Prozentsatz des Ursprungskapitals zu entrichten hat, die sich sowohl aus Zins- als auch aus Tilgungsbeträgen zusammensetzen. Die durch die fortlaufende Tilgung ersparten Zinsen werden dabei jeweils zusätzlich zur Tilgung verwendet, so dass sich der Tilgungsanteil innerhalb des unverändert zu zahlenden Gesamtbetrages ständig erhöht.173 Die Entwicklung der Zins- und Tilgungsanteile kann anhand eines Tilgungsplans dargestellt werden, der oftmals durch Bezugnahme gem. § 874 BGB auch zum Inhalt der Grundbucheintragung gemacht wurde.174 Die Tilgungshypothek kommt in der Finanzierungspraxis inzwischen nicht mehr vor;175 die Absicherung der allerdings entsprechend gestalteten Darlehnsverträge erfolgt heute durch Sicherungsgrundschulden.
155
b) Berechnungsweise aa) Eigentümeranteile Soweit der Eigentümer planmäßige Tilgungsleistungen außerhalb einer Zwangsvollstreckung erbringt, entsteht aus der Tilgungshypothek des eingetragenen Gläubigers ein sukzessive zunehmendes Eigentümerrecht (§§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 BGB). Dieses Eigentümerrecht (des bisherigen Schuldners) ist vom Ersteher ab Zuschlag als Fremdrecht zu verzinsen; zuvor gilt das Verzinsungsverbot des § 1197 Abs. 2 BGB.176 Gem. § 1177 Abs. 1 S. 2 BGB sind auch für die Kündigung solcher ehemaligen Eigentümergrundschulden die für die ursprüngliche Forderung getroffenen Vereinbarungen maßgebend.177
173 Vgl. § 20 des inzwischen aufgehobenen HypothekenbankG v. 21.7.1899 (RGBl. S. 375); BGH v. 5.11.1976 – V ZR 240/74, BGHZ 67, 291 = MDR 1977, 214 = NJW 1977, 100 = Rpfleger 1977, 16. 174 Bezugnahme gem. § 874 BGB ist ausreichend: RG v. 4.3.1903 – V 37/03, RGZ 54, 88. 175 Vgl. Depré/Cranshaw, § 10 Rz. 133. 176 BGH v. 5.11.1976 – V ZR 240/74, BGHZ 67, 291 = MDR 1977, 214 = NJW 1977, 100 = Rpfleger 1977, 16. 177 BGH v. 12.5.1978 – V ZR 199/75, BGHZ 71, 206 = MDR 1978, 738 = NJW 1978, 1579 = Rpfleger 1978, 301 = ZMR 1979, 312.
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§ 44 Rz. 157 Begriff des geringsten Gebots bb) Annuitäten 157
Die vom Schuldner zu zahlenden Annuitäten werden als einheitliche Leistung geschuldet; sie können deshalb auch nur als einheitliche wiederkehrende Leistungen in das geringste Gebot aufgenommen werden. Leistungen aus dem Versteigerungserlös führen demgemäß zum (teilweisen) Erlöschen der Hypothek; insoweit kann jedoch keine Eigentümergrundschuld entstehen (§ 1181 Abs. 1 BGB). Beim Kapital des bestehenbleibenden Rechts müssen daher diejenigen Tilgungsbeträge abgezogen werden, die zuvor bereits in das Mindestbargebot eingestellt worden sind; sie dürfen im geringsten Gebot nicht doppelt berücksichtigt werden. (1) Tilgungsanteile
158
Die in den Annuitäten enthaltenen Tilgungsleistungen veraltern nicht. Sie stellen keine Nebenleistung iSd § 1115 BGB dar; sie sind vielmehr als Kapitalteile zu dessen allmählicher Tilgung zu entrichten.178 Somit werden sie ohne zeitliche Beschränkung in das Mindestbargebot genommen. Richtigerweise findet insoweit dann auch § 47 keine Anwendung; es werden nur die vor dem Versteigerungstermin fällig gewordenen Beträge im Mindestbargebot berücksichtigt.179 (2) Zinsanteile
159
In den Annuitäten enthaltene Zinsanteile werden nach der Regel des § 45 von Amts wegen mit den laufenden Beträgen und auf entsprechende Anmeldung mit maximal zweijährigen Rückständen in der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 berücksichtigt; ältere Rückstände sind in Rangklasse 8 einzustellen. Die Zinsanteile werden bis zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin berechnet (§ 47). Für die Berechnung ist der Tilgungsplan und nicht das tatsächlich noch offene Restkapital zugrunde zu legen.180
160
Beispiel Die Zwangsversteigerung soll auf folgender Grundlage durchgeführt werden (auszugsweise und verkürzt): Betreibender Gläubiger:
Persönlicher Gläubiger aus Rangklasse 5
Erste Beschlagnahme:
5.3.2018
Versteigerungstermin:
17.12.2018
Bestehenbleibendes Recht:
Abt. III Nr. 1 Tilgungshypothek für Bank B über 100.000 Euro mit 10 % kalenderjährlich nachträglich fälligen wiederkehrenden Leistungen. Darin enthalten sind 8 % Jahreszinsen und 2 % Tilgungsanteil zzgl. der durch die Zinsen ersparten weiteren Beträge.
Anmeldung der B-Bank:
Wiederkehrende Leistungen ab 1.1.2014
Anmeldung u. Glaubhaftmachung des Schuldners/Eigentümers
Eigentümerrecht i.H.v. 2.000 Euro
Der unter Bezugnahme als Inhalt des Rechts im Grundbuch eingetragene Tilgungsplan sieht für die Hypothek folgende Regelungen vor: 178 RG v. 4.3.1903 – V 37/03, RGZ 54, 88, 92. 179 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 70; Steiner/Eickmann, § 47 Rz. 8; Stöber, § 49 Rz. 6.2; a.A. Dassler u.a./ Hintzen, § 44 ZVG Rz. 28; Hagemann, RpflStud. 1982, 25, 29. 180 Depré/Bachmann, § 44 ZVG Rz. 77 aE; Stöber, § 49 Rz. 6.3; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 28; Hagemann, RpflStud. 1982, 25, 29; Steiner/Eickmann, § 47 Rz. 10.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 161 § 44
Fälligkeit
Annuität
Zinsanteil
Tilgungsanteil
Restschuld
31.12.2013
10.000 t
8.000,00 t
2.000,00 t
98.000,00 t
31.12.2014
10.000 t
7.840,00 t
2.160,00 t
95.840,00 t
31.12.2015
10.000 t
7.667,20 t
2.332,80 t
93.507,20 t
31.12.2016
10.000 t
7.480,58 t
2.519,42 t
90.987,78 t
31.12.2017
10.000 t
7.279,02 t
2.720,98 t
88.266,80 t
31.12.2018
10.000 t
7.061,34 t
2.938,66 t
85.328,14 t
Das geringste Gebot für den hier interessierenden Teil lautet wie folgt: 1. Bestehenbleibende Rechte (§ 52 Abs. 1): a) Tilgungshypothek Abt. III Nr. 1 für die B-Bank i.H.v. (100.000,00 ./. 2.000,00 EGS ./. (2160,00 + 2332.80 + 2519.42 + 2720.98)181 b) Eigentümergrundschuld aus der Tilgungshypothek Abt. III Nr. 1 für den Schuldner/Eigentümer (gem. § 1176 BGB nachrangig) i.H.v. 2. Barteil (§ 49 Abs. 1) a) Gerichtskosten gem. § 109 b) Grundsteuer (Rangklasse 3) c) Anspruch der B-Bank aus dem Recht Abt. III Nr. 1: Lfd. Zinsen v. 1.1.2017 – 31.12.2018182 (lt. Tilgungsplan183: 7.279,02 Euro + 7.061,34 Euro =) Rst. Zinsen v. 1.1.2015 – 31.12.2016 (lt. Tilgungsplan: 7.667,20 Euro + 7.480,58 Euro =) Ältere Zinsansprüche (2.160,00 Euro) sind in Rangklasse 8 zu berücksichtigen. d) Ein Anspruch des Schuldner/Eigentümers aus den zur EGS gewordenen Tilgungsanteilen ist v.A.w. gem. § 45 Abs. 2 nicht zu berücksichtigen (§ 1197 Abs. 2 BGB).
88.266,80 Euro 2.000,00 Euro
14.340,36 Euro 15.147,78 Euro
5. ZGB-Hypothek Auch in der früheren DDR konnte ein Grundstück zur Sicherung einer Geldforderung mit einer Hypothek belastet werden (§ 452 Abs. 1 S. 1 ZGB-DDR). Solchermaßen bestellte Hypotheken sind gem. Art. 233 § 3 Abs. 1 S. 1 EGBGB mit den in Art. 233 § 6 EGBGB genannten Besonderheiten (ua.: Sicherungshypothek, keine Eigentümerzustimmung) auch nach dem Beitritt bestehen geblieben. Die ZGB-Hypothek entstand mit der Eintragung im Grundbuch (§ 453 Abs. 1 S. 3 ZGB-DDR). Allerdings war die Hypothek mit der gesicherten Forderung untrennbar verbunden. Sie konnte deshalb nur in der jeweiligen Höhe der Forderung einschließlich Zinsen und Nebenforderungen bestehen (§ 454 Abs. 1 ZGB-DDR). Der öffentliche Glaube des Grundbuchs erstreckte sich bei ihnen nicht auf das Vorhandensein der gesicherten Forderung.184 Der Rang einer Hypothek bestimmte sich nach dem Zeitpunkt ihres Entstehens (§ 453 Abs. 2 ZGB-DDR). Das Entstehen einer Eigentümergrundschuld ist ausgeschlossen; erlischt die Forderung, erlischt auch die Hypothek (§ 454 Abs. 2 ZGB-DDR). 181 Der erst am 31.12.2018 fällige Tilgungsanteil liegt nach dem Versteigerungstermin innerhalb der Frist des § 47. 182 Letzte Fälligkeit vor Beschlagnahme am 31.12.2017 jährlich nachträglich für die Zeit vom 1.1.2017 bis zum Zeitpunkt gem. § 47. 183 Nach hier vertretener Auffassung ist für die Zinsberechnung der Tilgungsplan maßgeblich. 184 BGH v. 15.11.1994 – XI ZR 64/94, MDR 1995, 350 = Rpfleger 1995, 291.
Schneider
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161
§ 44 Rz. 162 Begriff des geringsten Gebots 162
Einen Unterfall der ZGB-Hypothek stellt die sog. Aufbauhypothek dar (§ 456 Abs. 2 ZGBDDR). Danach konnte ein Grundstück zur Sicherung von Krediten, die von Kreditinstituten für Baumaßnahmen gegeben wurden, mit einer Aufbauhypothek belastet werden (§ 456 Abs. 1 ZGB-DDR). Unter bestimmten Voraussetzungen konnte die Belastung eines Grundstücks mit einer Aufbauhypothek auch auf Antrag des zuständigen staatlichen Organs veranlasst werden (§ 457 ZGB-DDR). Eine Aufbauhypothek hat kraft Gesetzes Vorrang vor anderen Hypotheken, nicht aber vor Rechten in Abt. II des Grundbuchs (§ 456 Abs. 3 S. 1 ZGB-DDR). Daraus können sich relative Rangverhältnisse ergeben.185 Der einmal entstandene Vorrang von Aufbauhypotheken ist auch nach dem Beitritt bestehen geblieben (vgl. Art. 233 § 9 Abs. 3 S. 1 EGBGB). Er kann sogar für Zinsänderungen bis zu einem Gesamtumfang von 13 vom Hundert in Anspruch genommen werden (Art. 233 § 9 Abs. 3 S. 2 EGBGB). Mehrere Aufbauhypotheken haben gleichen Rang (§ 456 Abs. 3 S. 2 ZGB-DDR). 6. Zwangshypothek
163
Erfolgt die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung (§§ 866 Abs. 1, 867 ZPO), unterscheidet sich die dadurch entstehende Zwangshypothek lediglich im Entstehungstatbestand, nicht aber in den sonstigen Wirkungen von einer rechtsgeschäftlich bestellten Sicherungshypothek (§ 1184 BGB). Der Gläubiger erhält damit mit seinem Recht einen grundbuchmäßigen Rang (§ 867 Abs. 1 S. 2 ZPO). Ausnahmsweise genügt zur Befriedigung aus dem Grundstück durch Zwangsversteigerung der vollstreckbare (persönliche) Zahlungstitel, auf dem die Eintragung vermerkt ist (§ 867 Abs. 3 ZPO); eines gesonderten dinglichen Duldungstitels bedarf es nicht. Die Zwangshypothek bleibt im geringsten Gebot bestehen, wenn sie dem bestrangig betreibenden Gläubiger im Rang vorgeht (§§ 44 Abs. 1, 52 Abs. 1 S. 1). Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger selbst wegen seines durch den Titel ausgewiesenen persönlichen Anspruchs die Zwangsvollstreckung aus der Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 betreibt.186
164
In das geringste Gebot wird das Recht mit seinem aus dem Grundbuch ersichtlichen Kapitalbetrag und den lfd. Zinsen von Amts wegen aufgenommen (§ 45 Abs. 1). Die Berechnung der lfd. wiederkehrenden Leistungen beginnt hier mangels Fälligkeitszeitpunktes mit dem Tag der Beschlagnahme (§ 13 Abs. 3) und dauert bis zum Zeitpunkt gem. § 47. Ältere Rückstände müssen ebenso angemeldet werden wie die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung gem. § 10 Abs. 2. Dazu gehören insbesondere auch die mit der Eintragung der Zwangshypothek verbundenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten, für die das Grundstück bereits kraft Gesetzes haftet (§ 867 Abs. 1 S. 3 ZPO).
XII. Grundschuld 165
Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück als Grundschuld zu zahlen ist (§ 1191 Abs. 1 BGB). Das Recht ist daher im Gegensatz zur Hypothek weder vom Bestand noch vom Umfang der Forderung abhängig. Auch eine Grundschuld ist als dingliches Recht in den bestehenbleibenden Teil des geringsten Gebots aufzunehmen, wenn ein nachrangiger Gläubiger die Zwangsversteigerung betreibt; andernfalls erlischt sie (§§ 52 Abs. 1 S. 1; 91 Abs. 1). Kosten (§ 10 Abs. 2) sowie wiederkehrende Leistungen und andere Nebenleistungen werden im Barteil des geringsten Gebots gem. § 45 berücksichtigt (§ 49 Abs. 1).
185 Vgl. die Beispiele bei Eickmann, ZIR 1997, 61. 186 RG v. 3.4.1911 – V 359/10, RGZ 76, 116.
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Begriff des geringsten Gebots
Rz. 168 § 44
Mit dem RisikobegrenzungsG187 hat der Gesetzgeber erstmalig die Existenz sog. Sicherungsgrundschulden anerkannt und diese gesetzlich definiert. Danach liegt eine Sicherungsgrundschuld vor, wenn das Recht zur Sicherung eines Anspruchs verschafft worden ist (§ 1192 Abs. 1a Hs. 1 BGB). Wegen der insoweit für das Kapital besonders geregelten Fälligkeit s. § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB. Die sechsmonatige Kündigungsfrist des § 1193 Abs. 1 S. 3 BGB gilt im Ergebnis auch für die Zwangsversteigerung aus dinglichen Zinsen.188 Ist der Sicherungscharakter einer Grundschuld aus der Bestellungsurkunde ersichtlich oder soll eine Bank als Grundschuldgläubigerin eingetragen werden, darf das Grundbuchamt davon ausgehen, dass die Grundschuld eine Geldforderung sichert.189 Dasselbe wird auch für das Vollstreckungsgericht zu gelten haben. Gleichwohl ist auch die Sicherungsgrundschuld als nicht akzessorisches Recht unabhängig von der gesicherten Forderung.190 Die Behandlung im geringsten Gebot richtet sich damit selbst dann nach den allgemeinen Grundsätzen, wenn die gesicherte Forderung ganz oder teilweise nicht entstanden oder erloschen ist.191
166
XIII. Miteigentümervereinbarung Miteigentümer eines Grundstücks können die Verwaltung und Benutzung regeln oder das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausschließen oder eine Kündigungsfrist bestimmen. Haben die Miteigentümer solche Bestimmungen getroffen, wirken sie gegen den Sondernachfolger eines Miteigentümers nur, wenn sie als Belastung des Anteils im Grundbuch eingetragen ist (§ 1010 Abs. 1 BGB). Die Eintragung erfolgt als dingliche Belastung in der II. Abt. des Grundbuchs (§ 10 Abs. 1 lit. a) GBV) und unterfällt damit dem grundbuchmäßigen Rangsystem.192 Infolgedessen ist eine solche Regelung in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn die Zwangsversteigerung aus einem nachrangig eingetragenen Recht oder aus einem persönlichen Anspruch betrieben wird. Der Ersteher ist dann an die im Grundbuch eingetragene Miteigentümervereinbarung gebunden,193 soweit die Bruchteilsgemeinschaft auch nach dem Zuschlag fortbesteht.194 Demgegenüber gelangt die Miteigentümervereinbarung nicht in das geringste Gebot und erlischt, wenn sie dem betreibenden Gläubiger gegenüber im Rang gleichsteht oder nachgeht. In diesem Fall wirken die Regelungen nicht gegenüber dem Ersteher als neuem Eigentümer.195
167
XIV. Nebenrecht Bei der Aufstellung des geringsten Gebotes können Rechte bestehenbleiben, an denen wiederum echte Zweigrechte wie etwa Nießbrauchsrechte (§ 1068 Abs. 1 BGB) oder Pfandrechte (§ 1273 Abs. 1 BGB) bzw. sonstige Nebeneintragungen wie z.B. Vormerkungen, Widersprü187 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) v. 12.8.2008 (BGBl. I S. 1666). 188 BGH v. 30.3.2017 – V ZB 84/16, MDR 2017, 848 = NJW 2017, 2469 = Rpfleger 2017, 567 = ZfIR 2017, 545. 189 BGH v. 6.3.2014 – V ZB 27/13, MDR 2014, 647 = NJW 2014, 1450 = Rpfleger 2014, 358. 190 Vgl. nur BGH v. 30.4.1985 – X ZR 34/84, NJW 1986, 53. 191 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 67. 192 LG Zweibrücken v. 30.4.1964 – 2 T 29/63, Rpfleger 1965, 56. 193 Tschon, MittRhNotK 2006, 205, 216. 194 Keine fortbestehende Miteigentümerregelung ohne Miteigentümer: Tschon, MittRhNotK 2006, 205, 213 unter Hinweis auf BayObLG, MittBayNot 1964, 275, 279. 195 LG Zweibrücken v. 30.4.1964 – 2 T 29/63, Rpfleger 1965, 56; Tschon, MittRhNotK 2006, 205, 216; Döbler, MittRhNotK 1983, 181, 194.
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168
§ 44 Rz. 168 Begriff des geringsten Gebots che, Mithaftvermerke oder Verfügungsbeeinträchtigungen bestehen. Solche Nebenrechte setzen sich kraft Gesetzes an den bestehenbleibenden Hauptrechten fort, so dass es einer ausdrücklichen Aufnahme in das geringste Gebot nicht bedarf. Gleichwohl erscheint ihre Erwähnung der Vollständigkeit halber zweckmäßig.196
XV. Reallast 169
Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück als Reallast zu entrichten sind (§ 1105 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Recht kann demgemäß subjektiv-persönlich, aber auch subjektiv-dinglich für den jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks bestellt werden (§ 1105 Abs. 2 BGB). Die Reallast ist trotz ihrer Eintragung in der II. Abt. des Grundbuchs ein Verwertungsrecht (vgl. §§ 1107, 1147 BGB). Man unterscheidet neben dem Stammrecht die daraus fließenden laufenden und rückständigen Einzelleistungen; zur Zwangsvollstreckung wird insoweit ein Duldungstitel benötigt.197 Wird die Zwangsversteigerung wegen rückständiger Einzelleistungen betrieben, kann das Stammrecht nicht in das geringste Gebot fallen. Nicht zulässig ist es, zur Erhaltung des Stammrechts eine Reallast in der Weise zu bestellen, dass im Falle der Zwangsversteigerung aus der Reallast abweichend von § 12 das Stammrecht in das geringste Gebot aufzunehmen ist und die rückständigen Beträge Rang nach dem Recht im übrigen haben.198 Zur Verhinderung des Rechtsverlustes wurden Vormerkungslösungen entwickelt;199 für die Erbbauzinsreallast s die Rz. 147 dargestellte Möglichkeit einer Bestehenbleibensvereinbarung.
XVI. Verfügungsbeeinträchtigung 1. Privatrecht 170
Personenbezogene Verfügungsbeeinträchtigungen sind für die Feststellung des geringsten Gebotes unbeachtlich; ihnen kommt kein wirtschaftlicher Wert zu, der sicherzustellen wäre.200 Obendrein kann sich die Wirkung solcher eingetragenen (Insolvenz-, Testamentsvollstrecker-, Nachlassverwaltungs-, Nacherben-)Vermerke nur gegen diejenige Person richten, gegen die sie ergangen sind. Das gleiche gilt für Verfügungsverbote aufgrund einer einstweiligen Verfügung und gerichtliche Pfändungen. 2. Öffentliches Recht
171
Gegenstandsbezogene Verfügungsbeschränkungen des öffentlichen Rechts (wie etwa Umlegungs-, Sanierungs-, Enteignungs- und Entwicklungsvermerke nach dem BauGB) müssen zwar bestehenbleiben, sollen aber nicht in das geringste Gebot aufgenommen werden.201 Ihrer
196 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 66; Stöber, § 44 ZVG Rz. 5.17. 197 LG Deggendorf v. 22.1.1990 – 1 T 3/90, Rpfleger 1990, 308. 198 BGH v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, BGHZ 156, 274 = NotBZ 2004, 277 = MDR 2004, 390 = NJW 2004, 361 = Rpfleger 2004, 92 = ZfIR 2004, 68. 199 Vgl. z.B. OLG München v. 30.1.2007 – 32 Wx 9/07, NotBZ 2007, 102 m. Anm. Otto = DNotZ 2007, 296 m. Anm. Amann = Rpfleger 2007, 312 = ZfIR 2007, 802; Böttcher, ZfIR 2007, 791. 200 BGH v. 23.3.2000 – III ZR 152/99, MDR 2000, 883 = NJW 2000, 3358 = Rpfleger 2000, 403 = ZfIR 2000, 828; OLG Hamm v. 17.9.1968 – 15 W 360/68, OLGZ 69, 63 = MDR 1969, 56 = NJW 1969, 516 = Rpfleger 1968, 403; Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 52; Dassler u.a./Hintzen, § 44 ZVG Rz. 30; Steiner/Eickmann, § 44 ZVG Rz. 36. 201 Depré/Bachmann, § 44 ZVG Rz. 73 f.; Stöber, § 44 ZVG Rz. 5.5, Rz. 5.23 u. Rz. 5.26.
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§ 45
Berücksichtigung im geringsten Gebot
Grundbucheintragung kommt nur informatorische und sichernde Bedeutung zu;202 sie dürfen nicht zur Löschung ersucht werden (vgl. § 130). Wird ein Grundstück aufgelassen, an dessen Stelle im Umlegungsverfahren ein Ersatzgrundstück getreten ist, und ist die Auswechslung der Grundstücke zur Zeit der Auflassungserklärung im Grundbuch noch nicht eingetragen, so ist die Auflassungserklärung im Hinblick auf den Surrogationsgedanken dahin auszulegen, dass sie sich auf das Ersatzgrundstück bezieht.203 Vgl. auch die Ausführungen zum Stichwort „Flurbereinigung“.
XVII. Vorkaufsrecht S. hierzu die Kommentierung zu § 45 Rz. 32 ff.
172
§ 45 [Berücksichtigung im geringsten Gebot] (1) Ein Recht ist bei der Feststellung des geringsten Gebots insoweit, als es zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich war, nach dem Inhalt des Grundbuchs, im Übrigen nur dann zu berücksichtigen, wenn es rechtzeitig angemeldet und, falls der Gläubiger widerspricht, glaubhaft gemacht wird. (2) Von wiederkehrenden Leistungen, die nach dem Inhalt des Grundbuchs zu entrichten sind, brauchen die laufenden Beträge nicht angemeldet, die rückständigen nicht glaubhaft gemacht zu werden. (3) Ansprüche der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 sind bei der Anmeldung durch einen entsprechenden Titel oder durch die Niederschrift der Beschlüsse der Wohnungseigentümer einschließlich ihrer Anlagen oder in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen. Aus dem Vorbringen müssen sich die Zahlungspflicht, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit ergeben.
A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . C. Von Amts wegen zu berücksichtigende Ansprüche und Rechte (§ 45 Abs. 1 Hs. 1) . . . . . . . . . . . I. Kosten des Verfahrens (§ 109) . . . II. Dinglich gesicherte Rechte . . . . . III. Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen (§ 45 Abs. 2) . . . . . . . IV. Nicht aus dem Grundbuch ersichtliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . .
. .
Rz. 1 2
. . .
3 3 5
.
11
.
16
Rz. D. Nicht zu berücksichtigende Ansprüche und Rechte . . . . . I. Nicht entstandene Rechte . . . II. Nichtige Rechte . . . . . . . . . . III. Erloschene Rechte . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . 2. Gegenstandslose Eintragungen . 3. Erlöschensfiktion . . . . . . . . . IV. Bedingte und befristete Rechte 1. Rechte auf Lebenszeit . . . . . . 2. Andere Bedingungen und Befristungen . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
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17 18 19 21 21 22 24 25 25
....
29
202 BGH v. 12.3.1987 – III ZR 29/86, BGHZ 100, 148 = MDR 1987, 824 = NJW 1987, 3260. 203 BayObLG v. 23.4.1980 – BReg 2 Z 47/79, BayObLGZ 1980, 108 = MDR 1980, 848 = Rpfleger 1980, 293.
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§ 45 Berücksichtigung im geringsten Gebot Rz. V. Dingliche Vorkaufsrechte für den ersten Verkaufsfall . . . . . . . . . . . . VI. Befriedigungsvorgänge bei Grundpfandrechten . . . . . . . . . . . 1. Zahlung durch Zwangsverwalter . . . . 2. Gesamtrechte . . . . . . . . . . . . . . . VII. Tilgungshypotheken . . . . . . . . . . . VIII. ZGB-Hypotheken . . . . . . . . . . . . IX. Schiffshypotheken . . . . . . . . . . . . X. Erwerbsvormerkungen . . . . . . . . . 1. Erfüllung des gesicherten Anspruchs . 2. Wirksamkeit bei vormerkungswidriger Verfügung . . . . . . . . . . . . XI. Löschungsreife Rechte . . . . . . . . . XII. Verfügungsbeeinträchtigungen . . . . E. Anmeldebedürftige Ansprüche und Rechte (§ 45 Abs. 1 Hs. 2) . . . . . . . I. Anmeldung und Glaubhaftmachung 1. Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtscharakter . . . . . . . . . . . . b) Inhalt einer Anmeldung . . . . . . . c) Form und Nachweis einer Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . d) Zeitpunkt und Wirkungsdauer der Anmeldung . . . . . . . . . . . . e) Minderanmeldung . . . . . . . . . . aa) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendungsbereich . . . . . . cc) Wirkungsdauer . . . . . . . . . dd) Kritik an der h.M. . . . . . . . . f) Unzulässige Anmeldungen . . . . . g) Wirkung der Anmeldung . . . . . . 2. Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . a) Verlangen nach Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Möglichkeiten zur Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entscheidung über den Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Entscheidung über die Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . II. Anmeldebedürftigkeit . . . . . . . . . 1. Ansprüche der Rangklasse 1 des § 10 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ansprüche der Rangklasse 1a des § 10 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . .
32 36 36 37 38 39 40 41 41 42 44 45 46 46 48 48 50 54 56 59 59 60 61 62 64 66 68 68 72 73 76 77 78
Rz. 3. Ansprüche der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ansprüche der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ansprüche der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . a) (Nicht vormerkungsgesicherte) Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelansprüche . . . . . . . . . . . . c) Rangverhältnisse . . . . . . . . . . . 6. Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2) . . . . . . . . . . . F. Wohnungseigentumsrechtliche Ansprüche (§ 45 Abs. 3) . . . . . . . . I. Inkrafttreten und Übergangsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anmeldung durch den Rechtsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertretung des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . IV. Anmeldung und Glaubhaftmachung durch den rechtsfähigen Verband . . 1. Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . 3. Höchstbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Mindestbetrag . . . . . . . . . . . . . . . 5. Objektbezug . . . . . . . . . . . . . . . . V. Anmeldung bei „werdenden Wohnungseigentümern“ . . . . . . . . 1. Vollstreckungsschuldner . . . . . . . . . 2. Rechtsfähiger Verband als Gläubiger . a) Außenrechtsfähigkeit des (werdenden) Verbandes . . . . . . . b) Verbandsidentität . . . . . . . . . . . 3. Prüfung durch das Vollstreckungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mit der Grundbucheintragung übereinstimmende Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Im Grundbuch verlautbarte Erwerbsvormerkung . . . . . . . . . c) Wohnungserwerber als Hausgeldschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . G. Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . .
80 81 82 83 84 85 86 88 89 90 91 92 93 94 98 99 100 102 103 105 106 107 109 110 111 112 113
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Literatur: Riedel, Die Anmeldung im Laufe des Zwangsversteigerungsverfahrens, JurBüro 1974, 689; Schalhorn, Der Rang der Grundpfandrechtszinsen im geringsten Gebot bei der Zwangsversteigerung, JurBüro 1971, 121; Schneider, Anm. zur Anmeldung wohnungseigentumsrechtlicher Hausgeldansprüche, ZWE 2018, 172; Warias, Die beschränkte Anmeldung von laufenden Zinsen im Zwangsversteigerungsverfahren, RpflStud 1980, 78.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 7 § 45
A. Normzweck Nachdem § 44 den Begriff des geringsten Gebots definiert hat, regelt § 45, welche verfahrensrechtlichen Anforderungen erfüllt sein müssen, damit Ansprüche konkret im geringsten Gebot berücksichtigt werden können. Sie finden dort Eingang entweder im geringsten Bargebot (§ 49 Abs. 1) oder als bestehenbleibende Rechte (§ 52 Abs. 1). Dabei werden Ansprüche entweder von Amts wegen oder aufgrund einer (rechtzeitigen) Anmeldung berücksichtigt. Besonderheiten enthalten insoweit die §§ 46 bis 48.
1
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift findet in allen Versteigerungsverfahren Anwendung; Sonderregelungen sind vorgesehen bei der Versteigerung von ausländischen Schiffen (§§ 162, 171 Abs. 4), von Luftfahrzeugen (§§ 171a, 171e), in der Insolvenzverwalter- (§ 172, 174, 174a) und der Nachlassversteigerung (§ 176, 174). Für das Verteilungsverfahren finden sich eigenständige Regelungen in § 114. Eine Anmeldung, die nach § 45 für das geringste Gebot vorgenommen wurde, wirkt allerdings auch im Verteilungsverfahren fort.1
2
C. Von Amts wegen zu berücksichtigende Ansprüche und Rechte (§ 45 Abs. 1 Hs. 1) I. Kosten des Verfahrens (§ 109) Die Kosten des Verfahrens gem. § 109 sind von Amts wegen zu berücksichtigen (§§ 44 Abs. 1, 49 Abs. 1); einer Anmeldung durch die Gerichtskasse bedarf es hierfür nicht. Zu den Kosten des Verfahrens gehört auch ein von dem betreibenden Gläubiger geleisteter Vorschussbetrag.
3
Nicht zu den Kosten des Verfahrens gehören die für die Anordnung oder den Beitritt entstehenden Kosten; diese können nur als Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung im Rang des Hauptanspruchs geltend gemacht werden (§§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1). Dazu s. Rz. 86 f.
4
II. Dinglich gesicherte Rechte Bei der Feststellung des geringsten Gebots ist ein Recht nach dem Inhalt des Grundbuchs nur zu berücksichtigen, wenn es zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich war (§ 45 Abs. 1). Dazu müsste das Recht entweder vor oder zumindest gleichzeitig mit dem Versteigerungsvermerk zur Eintragung gelangt sein (vgl. § 9 Rz. 13).2 Diese Handhabung entspricht der Bedeutung des Grundbuchsystems nach dem BGB.3
5
Maßgeblich für die Beurteilung der Grundbucheintragung ist das Grundbuch selbst und nicht eine ggf. fehlerhaft erteilte beglaubigte Abschrift (§ 19 Abs. 2 ZVG, § 131 GBO).
6
Für die Berücksichtigung im geringsten Gebot spielt es keine Rolle, ob eine Grundbucheintragung fehlerhaft oder lückenhaft ist. Widersprüche gegen Bestand oder Rang eines Rechtes bleiben bei der Feststellung des geringsten Gebots unberücksichtigt.4 Wegen nicht zu berücksichtigender Ansprüche und Rechte im geringsten Gebot s. Rz. 17 ff.
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1 2 3 4
Steiner/Eickmann, § 45 ZVG Rz. 3. Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 36; a.A. Steiner/Eickmann, § 45 ZVG Rz. 10. Denkschrift ZVG, S. 45. Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 3.
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§ 45 Rz. 8 Berücksichtigung im geringsten Gebot 8
Ebenfalls ohne Belang ist der vollständige oder teilweise Übergang eines dinglichen Rechts auf einen anderen Berechtigten. Der Rechtsübergang ändert grundsätzlich nichts am Bestand des Rechtes und wirkt sich erst im Verteilungsverfahren bei der Feststellung der Zuteilungsberechtigung aus. Dies gilt auch für Grundpfandrechte, die z.B. infolge Zahlung auf den Eigentümer übergegangen sind.5 Wegen der Besonderheit von Amts wegen zu berücksichtigender Zinsen bei einer Eigentümergrundschuld s. Rz. 12.
9
Die dinglich gesicherten Rechte werden in das geringste Gebot mit ihren grundbuchersichtlichen Angaben aufgenommen. Dazu gehören: – das Stammrecht, bei Grundpfandrechten also der Kapitalbetrag (vgl. § 12 Nr. 3); – laufende wiederkehrende Leistungen (vgl. § 12 Nr. 2); dazu s. Rz. 11. – einmalige Nebenleistungen (vgl. § 12 Nr. 2); – der im Grundbuch verlautbarte Rang; dazu s. § 44 Rz. 31 ff.
10
Für die Aufnahme in das geringste Gebot ist es unerheblich, ob ein dingliches Recht der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 zugeordnet ist. Auch ein infolge der Beschlagnahme dem betreibenden Gläubiger gegenüber unwirksames Recht in der Rangklasse 6 des § 10 Abs. 1 kann dennoch von Amts wegen bei der Feststellung des geringsten Gebots zu berücksichtigen sein, wenn es nur vor dem Versteigerungsvermerk in das Grundbuch eingetragen wurde.
III. Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen (§ 45 Abs. 2) 11
Weiterhin sind im geringsten Gebot von Amts wegen die laufenden wiederkehrenden Leistungen dinglicher Rechte zu berücksichtigen (§ 45 Abs. 2). Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen sind der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später bis zum gem. § 47 bestimmten Zeitpunkt weiterhin fällig werdenden Beträge (vgl. § 13 Abs. 1 S. 1).
12
Bei der Feststellung des geringsten Gebots werden für eingetragene Eigentümergrundpfandrechte keine Zinsen in das geringste Gebot aufgenommen (§ 1197 Abs. 2 BGB). Die Unverzinslichkeit eines Eigentümerrechts entfällt jedoch, wenn das Recht durch einen Eigentumswechsel (ohne Rechtsübertragung) oder durch eine Abtretung an einen Dritten (wieder) zu einem Fremdrecht geworden ist.6 In diesem Fall hat das Vollstreckungsgericht von Amts wegen den vor dem Versteigerungsvermerk eingetragenen Gläubigerwechsel mit der (wieder) auflebenden laufenden Verzinsung zu berücksichtigen. Umgekehrt ist bei einem nachträglich entstandenen Eigentümerrecht die laufende Verzinsung mit dem Zeitpunkt der Vereinigung von Eigentum und Rechtsinhaberschaft zu beenden. Treten diese Besonderheiten nach Eintragung des Versteigerungsvermerks im Grundbuch ein, sind sie iSd § 45 Abs. 1 nicht mehr grundbuchersichtlich und deshalb nur auf Anmeldung zu berücksichtigen.7
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Ist ein Grundpfandrecht unverzinslich im Grundbuch eingetragen, werden im geringsten Gebot keine Zinsen gem. § 1119 Abs. 1 BGB berücksichtigt.
5 BGH v. 12.4.1961 – V ZR 91/59, MDR 1961, 673 = NJW 1961, 1352 = Rpfleger 1961, 353. 6 Die Abtretung einer Eigentümergrundschuld kann nach heute ganz h.M. auch mit rückwirkendem Zinsbeginn erfolgen; OLG Düsseldorf v. 14.8.1989 – 3 Wx 279/89, OLGZ 1989, 395 = MDR 1989, 1102 = Rpfleger 1989, 498; OLG Celle v. 17.2.1989 – 4 U 187/87, Rpfleger 1989, 323; BayObLG v. 2.7.1987 – BReg 2 Z 143/86, BayObLG v. 2.7.1987 – BReg.2 Z 143/86, BayObLGZ 1987, 241 = Rpfleger 1987, 364 unter ausdr. Aufgabe der früheren Rechtsauffassung; vgl. auch BGH v. 3.10.1985 – V ZB 18/84, MDR 1986, 217 = NJW 1986, 314 = Rpfleger 1986, 9. 7 Stöber, § 45 ZVG Rz. 3.3.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 19 § 45
Soweit das Grundstück für gesetzliche Zinsen gem. § 1118 BGB haftet, müssen diese rechtzeitig angemeldet werden, weil z.B. Verzugs- oder Prozesszinsen nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind.8
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Zur sog. Minderanmeldung laufender Beträge s. Rz. 59.
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IV. Nicht aus dem Grundbuch ersichtliche Rechte Nicht aus dem Grundbuch ersichtliche Rechte werden ausnahmsweise von Amts wegen berücksichtigt, soweit sie auch ohne Aufnahme in das geringste Gebot bestehen bleiben. Dazu gehören bspw.: – Überbau- und Notwegerenten gem. §§ 912 bis 917 BGB (vgl. § 52 Abs. 2 S. 1); – Altrechtliche Grunddienstbarkeiten und Altenteilsrechte nach Landesrecht (vgl. § 9 Abs. 1 EGZVG) (Wegen der insoweit bestehenden Besonderheiten s. die Kommentierung zu § 9 EGZVG mwN).
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D. Nicht zu berücksichtigende Ansprüche und Rechte Ein eingetragenes Recht, das trotz der Eintragung nicht zur Entstehung gelangt oder bereits erloschen ist, braucht bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt zu werden.9 Dafür müssen dem Versteigerungsgericht die Voraussetzungen der Löschung „liquide“ vorliegen.10
17
I. Nicht entstandene Rechte Eingetragene Rechte, deren Nichtentstehen durch rechtskräftiges Urteil festgestellt worden ist, werden im geringsten Gebot nicht berücksichtigt.11 Hierher gehören etwa Fallgestaltungen, bei denen aufgrund gerichtlicher Entscheidung gem. § 256 ZPO feststeht, dass die zur Bestellung eines Rechts erforderliche Einigung entweder gar nicht erfolgt ist oder aber eine vorhandene Einigung nichtig ist. Solche Rechte können allerdings nur vorbehaltlich eines zwischenzeitlich erfolgten gutgläubigen Erwerbs unberücksichtigt bleiben (vgl. § 325 Abs. 2 ZPO).12
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II. Nichtige Rechte Offenkundig nichtige Rechte nehmen an der Vermutungswirkung des § 891 BGB nicht teil; 19 im Grundbuchverfahren sind sie gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO von Amts wegen zu löschen.13 Sie können auch nicht Grundlage eines gutgläubigen Erwerbs sein.14 Steht deshalb die Nichtigkeit
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Stöber, § 45 ZVG Rz. 3.2. Jaeckel/Güthe, § 45 ZVG Rz. 2. Motive S. 162. Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 51; Steiner/Eickmann, § 44 Rz. 35. Zu den gesteigerten Anforderungen an die Gutgläubigkeit in solchen Fällen („doppelte Gutgläubigkeit“) s. v. Olshausen, JZ 1988, 584. 13 Vgl. MüKoBGB/Kohler, § 891 Rz. 3; Staudinger/Gursky, BGB (2013), § 891 Rz. 8. 14 BGH v. 30.6.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139 = NJW 1995, 2851 = Rpfleger 1996, 19 = ZMR 1995, 521.
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§ 45 Rz. 19 Berücksichtigung im geringsten Gebot eines solchen Rechts zweifelsfrei fest, ist es auch bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht zu berücksichtigen. 20
In Betracht kommen insbesondere: – Nicht eintragungsfähige Rechte, z.B. – ein Mietrecht;15 – eine Überbau- oder Notwegerente;16 – ein schuldrechtliches Wiederkaufsrecht (mit Ausnahme der gem. § 20 Abs. 2 S. 2, § 21 S. 3 RSG ausdrücklich zugelassenen Eintragung).17 – Eintragungen ohne den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt/unvollständige Eintragungen, z.B. – dingliche Rechte ohne Angabe eines Berechtigten;18 – Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten und Reallasten ohne Angabe des wesentlichen Inhalts des Rechts wenigstens durch schlagwortartige Bezeichnung;19 – Erbbaurecht ohne nähere Bestimmung des Bauwerks.20 – Eintragungen mit einem gesetzlich nicht erlaubten Inhalt, z.B. – Zwangshypotheken unterhalb des gesetzlichen Mindestbetrages gem. § 866 Abs. 3 ZPO;21 – Erbbaurechte nicht an der ersten Rangstelle (§ 10 ErbbauRG);22 – Erbbaurechte unter einer auflösenden Bedingung (§ 1 Abs. 4 S. 1 ErbbauRG)23 – Grundpfandrechte am Miterbenanteil eines Nachlassgrundstücks;24 – grundstücksbezogene Grunddienstbarkeiten oder beschränkte persönliche Dienstbarkeiten an ideellen Bruchteilen eines Grundstücks bzw. an einzelnen Wohnungseigentumsrechten.25
15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
RG v. 8.4.1903 – V 496/02, RGZ 54, 233. RG v. 25.11.1905 – V 188/05, V 199/05 RGZ 62, 99, 101. OLG München v. 29.10.1926 – Reg III Nr. 86/26, JFG 4, 349. BGH v. 12.6.1970 – V ZR 145/67, NJW 1970, 1544 = Rpfleger 1970, 280. BGH v. 29.10.1965 – V ZR 77/63, MDR 1966, 135 = NJW 1965, 2398; OLG München v. 7.9.2017 – 34 Wx 69/17, Rpfleger 2018, 72; OLG Hamm v. 8.9.1997 – 15 W 191/97, ZfIR 1998, 52. BGH v. 17.3.1967 – V ZR 63/64, BGHZ 47, 190; OLG München v. 10.12.2012 – 34 Wx 523/11, NotBZ 2013, 118. RG v. 15.3.1905 – V 59/05, RGZ 60, 279, 284; BayObLG v. 14.11.1975 – BReg. 2 Z 63/75, BayObLGZ 1975, 398, 403 = MDR 1976, 410 = Rpfleger 1976, 66. BGH v. 9.7.1954 – V ZB 6/54, NJW 1954, 1443 = Rpfleger 1954, 514; (seltene) Ausnahme s. bei § 44 ZVG Rz. 145. BGH v. 14.7.1969 – V ZR 122/66, BGHZ 52, 269 = MDR 1969, 208. Die Vorschrift ist auf die Bestellung eines Erbbaurechts durch einen nicht befreiten Vorerben ohne Zustimmung des Nacherben entsprechend anwendbar. RG v. 12.1.1916 – V 262/15, RGZ 88, 21, 27 f.; vgl. auch OLG Düsseldorf v. 30.8.2012 – I-3 Wx 191/12, MDR 2012, 1253 = FamRZ 2013, 655. BGH v. 21.6.1974 – V ZR 164/72, MDR 1974, 1008 = NJW 1974, 1552, 1553 (insoweit in BGHZ 62, 388 nicht abgedruckt); OLG Düsseldorf v. 22.9.2010 – I-3 Wx 46/10, ZWE 2010, 460; OLG Frankfurt v. 11.7.1978 – 20 W 126/78, Rpfleger 1979, 149; KG v. 10.8.1973 – 1 W 955/73, MDR 1975, 151 = Rpfleger 1975, 68. Nach hier vertretener Auffassung ändert die jüngere BGH-Rechtsprechung an diesem Befund nichts; vgl. BGH v. 17.1.2019 – V ZB 81/18, MDR 2019, 662 = Rpfleger 2019, 320 = ZfIR 2019, 437 m. inhaltlich abl. Anm. Amann = ZWE 2019, 364 und die Kommentierung zu § 130 Rz. 50.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 23 § 45
– Nach Auslegung immer noch widersprüchliche oder unklare Eintragungen, z.B. – Wohnungsrecht gem. § 1093 an einem Gartengrundstück26 oder an einem selbständigen Teileigentumsrecht (Pkw-Stellplatz).27 – Nicht wirksam vollzogene Eintragungen, z.B. – fehlende Unterschrift(en) bei Eintragungen im Loseblattgrundbuch.28
III. Erloschene Rechte 1. Grundsatz Die Voraussetzungen für die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts liegen liquid (das heißt beweissicher) vor, wenn sich das Erlöschen aus öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden ergibt und diese Urkunden dem Zwangsversteigerungsrechtspfleger die einfache und sichere Feststellung erlauben, dass das eingetragene Recht nicht mehr besteht. Denn nur solche Erkenntnisse können mit den in dem formalisierten Zwangsversteigerungsverfahren zur Verfügung stehenden Aufklärungsmitteln gewonnen und berücksichtigt werden. Andere Erlöschensgründe müssen dagegen durch Vorlage der Löschungsunterlagen oder durch Urteil des Prozessgerichts nachgewiesen werden. Die Feststellung, dass ein im Grundbuch eingetragenes Recht nicht mehr besteht, kann sich dabei auch aus den zu den Grundakten gereichten öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden ergeben.29
21
2. Gegenstandslose Eintragungen Bereits das Grundbuchgericht kann unter den Voraussetzungen der §§ 84, 87 GBO eine Eintragung als gegenstandslos löschen. Kann die Gegenstandslosigkeit auch vom Vollstreckungsgericht festgestellt werden, weil sich aus Tatsachen und Rechtsverhältnissen in einer den Anforderungen der GBO entsprechenden Weise ergibt, dass eine Eintragung gegenstandslos ist (§ 87 lit. a) GBO), ist das betreffende Recht nicht in das geringste Gebot aufzunehmen. Die weiteren unter § 87 lit. b) und c) genannten Voraussetzungen brauchen dann nicht kumulativ erfüllt zu sein30; die drei in § 87 GBO erwähnten Varianten stehen vielmehr in einem subsidiären Verhältnis zueinander.31
22
Daraus ergibt sich dann aber auch, dass Rechte wegen Gegenstandslosigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 87 lit. a) GBO nicht im geringsten Gebot berücksichtigt werden können.32 Dies setzt allerdings eine Feststellung der Tatsachen und Rechtsverhältnisse in der Form des § 29 GBO voraus.33 Die beiden anderen Varianten machen mit einer widerspruchsfreien Löschungsankündigung bzw. einem rechtskräftigen Feststellungsbeschluss zunächst vorbereitende Tätigkeiten des Grundbuchgerichts erforderlich. Sie bieten deshalb für das Vollstre-
23
26 OLG Zweibrücken v. 24.2.1998 – 3 W 43/98, Rpfleger 1998, 282 = ZfIR 1998, 210. 27 BayObLG v. 30.10.1986 – BReg 2 Z 6/86, BayObLGZ 1986, 441 = Rpfleger 1987, 306 = ZMR 1987, 28. 28 Meikel/Böttcher, § 44 GBO Rz. 54. 29 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, BGHZ 193, 183 = NJW 2012, 2654 = Rpfleger 2012, 558 = ZfIR 2012, 651 m. Anm. Böttcher. 30 So aber offenbar Stöber, § 45 ZVG Rz. 7.7. 31 OLG Karlsruhe v. 30.10.1992 – 11 W 71/92, Rpfleger 1993, 192; Demharter, § 87 Rz. 1; Meikel/ Schneider, § 87 GBO Rz. 1. 32 A.A. ohne Differenzierung (abl.) Stöber, § 45 ZVG Rz. 7.7; ebenfalls ohne Differenzierung (bej.) Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 4. 33 OLG Düsseldorf v. 2.3.2011 – I-3 Wx 266/10, NotBZ 2011, 231; Demharter, § 87 Rz. 2; Meikel/ Schneider, § 87 Rz. 2.
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§ 45 Rz. 23 Berücksichtigung im geringsten Gebot ckungsgericht ohne deren Beachtung keine Rechtsgrundlage, solche Rechte nicht in das geringste Gebot aufzunehmen. 3. Erlöschensfiktion 24
Im Grundbuch zugunsten natürlicher Personen eingetragene nicht vererbliche und nicht veräußerbare Rechte, insbesondere Nießbrauchsrechte und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (auch Wohnungsrechte), gelten unbeschadet anderer Erlöschenstatbestände mit dem Ablauf von 110 Jahren von dem Geburtstag des Berechtigten an als erloschen, sofern nicht innerhalb von 4 Wochen ab diesem Zeitpunkt eine Erklärung des Berechtigten bei dem Grundbuchamt eingegangen ist, dass er auf dem Fortbestand seines Rechts bestehe. Ist der Geburtstag bei Inkrafttreten des GBBerG34 nicht aus dem Grundbuch oder den Grundakten ersichtlich, so ist der Tag der Eintragung des Rechts maßgeblich. Liegt der danach maßgebliche Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten des GBBerG, so gilt das Recht mit dem Inkrafttreten als erloschen, sofern nicht innerhalb von 4 Wochen ab diesem Zeitpunkt eine Erklärung des Berechtigten zum Fortbestand bei dem Grundbuchamt eingegangen ist (vgl. § 5 Abs. 1 GBBerG). Gilt ein Recht danach als erloschen, kann es vom Grundbuchamt von Amts wegen gelöscht werden (§ 5 Abs. 3 GBBerG); in das geringste Gebot ist ebenfalls nicht aufzunehmen.
IV. Bedingte und befristete Rechte 1. Rechte auf Lebenszeit 25
Bestimmte dingliche Rechte für natürliche Personen können entweder kraft Gesetzes oder rechtsgeschäftlich auf die Lebenszeit des Berechtigten bestellt werden. Ist der Tod des Berechtigten durch Vorlage einer Sterbeurkunde nachgewiesen, ist ein solches Recht nicht mehr in das geringste Gebot aufzunehmen.
26
Zu diesen Rechten gehören: – Nießbrauchsrechte (§ 1061 BGB); – Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (§§ 1090 Abs. 2, 1061 BGB), auch Wohnungsrechte (§ 1093 BGB); – Subjektiv-persönliche Reallasten (§ 1105 Abs. 1 BGB); – Grundpfandrechte (§§ 1113 Abs. 1, 1191 Abs. 1, 1199 Abs. 1 BGB); – Altenteilsrechte (Leibgeding, Auszug pp.).35 – Dauerwohn- und -nutzungsrechte (abweichend von § 33 Abs. 1 S. 1 WEG).36
27
Diese Rechte sind auch dann nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn es sich um sog. rückstandsfähige Rechte iSd § 23 GBO handeln sollte, bei denen entweder bereits die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Löschung gem. § 23 Abs. 1 S. 1 GBO erfolgt ist 34 GrundbuchbereinigungsG (GBBerG) v. 20.12.1993 (BGBl. I S. 2182, 2192), Inkrafttreten der hier relevanten Vorschriften gem. Art. 20 am Tag nach der Verkündung. 35 Soweit Altenteilsverträge auch (Teil-)Leistungen umfassen, die erst nach dem Tod des Berechtigten fällig werden, wie etwa Bestattungs- oder Grabpflegekosten, wird ein solches Recht jedoch regelmäßig vererblich und deshalb insoweit in das geringste Gebot aufzunehmen sein; OLG Hamm v. 17.6.2014 – I-15 W 33/14, NotBZ 2015, 271; OLG München v. 28.1.2013 – 34 Wx 329/12, NotBZ 2013, 113; OLG München v. 10.8.2012 – 34 Wx 131/12, NotBZ 2012, 470; BayObLG v. 8.10.1987 – BReg 2 Z 114/87, Rpfleger 1988, 98; BayObLG v. 5.5.1983 – BReg 2 Z 31/83, BayObLGZ 1983, 113 = Rpfleger 1983, 308. 36 OLG Celle v. 20.3.2014 – 4 W 51/14, MDR 2014, 520 = ZWE 2014, 207; OLG Hamm v. 10.8.2011 – I-15 W 557/10, ZWE 2012, 39.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 32 § 45
oder das Sperrjahr noch nicht abgelaufen ist und keine Eintragung eines Löschungserleichterungsvermerks gem. § 23 Abs. 2 GBO vorliegt.37 Die grundbuchverfahrensrechtlichen Löschungsvoraussetzungen sind vom Versteigerungsgericht bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht zu beachten. Die genannten Rechte können richtigerweise nicht in das geringste Gebot aufgenommen werden, weil ein Ersteher insoweit gar nicht haftet (§ 56 ZVG).38 Aufzunehmen sind vielmehr ohne das Stammrecht allein die Rückstände aus solchen Rechte in den bar zu zahlenden Teil.39 Dazu bedürfte es jedoch deren Anmeldung seitens des legitimierten Rechtsnachfolgers. Stehen die vorgenannten Rechte mehreren natürlichen Personen jeweils auf Lebenszeit als Ge- 28 samthänder oder in Gesamtberechtigung gem. § 428 BGB zu, steht beim Tod eines der Berechtigten das Recht dem Überlebenden vollumfänglich alleine zu; es erlischt erst mit dem Tode des Letztversterbenden.40 2. Andere Bedingungen und Befristungen Alle dinglichen Rechte können unter einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) oder einer entsprechenden Zeitbestimmung (§ 163 Var. 2 BGB) bestellt werden. Einschränkungen bestehen insoweit lediglich für auflösende Bedingungen bei Erbbaurechten (vgl. § 1 Abs. 4 ErbbauRG) sowie für auflösende und aufschiebende Bedingungen bei Dauerwohn- und -nutzungsrechten (vgl. § 33 Abs. 1 S. 2 WEG).
29
Solchermaßen bestellte Rechte erlöschen dann mit – Erreichung eines bestimmten Lebensalters des Berechtigen (z.B.: „Nießbrauch bis zum vollendeten 60. Lebensjahr des Berechtigten“); – Eintritt eines sonstigen bestimmten Zeitpunktes (z.B.: „Nießbrauch bis zum 31.12.2030“); – Eintritt eines sonstigen bestimmten Ereignisses (z.B.: „Nießbrauch bis zur Eheschließung der Berechtigen“).
30
Mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung bzw. der entsprechenden Zeitbestimmung tritt der frühere Rechtszustand (= Lastenfreiheit) wieder ein (§ 158 Abs. 2 Hs. 2 BGB). Solche Rechte brauchen dann im geringsten Gebot ebenfalls nicht berücksichtigt zu werden, wenn die Grundbuchunrichtigkeit feststeht. Soweit diese Rechte u.U. rückstandsfähig sind, gelten die o.g. Ausführungen entsprechend (vgl. auch § 24 GBO).
31
V. Dingliche Vorkaufsrechte für den ersten Verkaufsfall Das zugunsten einer natürlichen Person bestellte dingliche Vorkaufsrecht (§ 1094 Abs. 1 BGB) beschränkt sich mangels abweichender Bestimmungen auf den Fall des ersten Verkaufs durch den Eigentümer (oder dessen Erben), dem das Grundstück zur Zeit der Bestellung des Rechts gehört (vgl. § 1097 BGB). Ein solches Vorkaufsrecht kann auch dann nicht in das geringste Gebot aufgenommen werden, wenn es dem betreibenden Gläubiger im Rang vorgeht. Es erlischt nämlich, weil es gem. §§ 1098 Abs. 1 S. 1, 471 BGB in der Forderungsversteige-
37 So aber Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 54; Steiner/Eickmann, § 44 Rz. 33. 38 Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 23; Stöber, § 45 ZVG Rz. 7.5 lit. c). 39 Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 23; Stöber, § 45 ZVG Rz. 7.5 lit. c). 40 Stöber, § 45 ZVG Rz. 7.5 lit. a).
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32
§ 45 Rz. 32 Berücksichtigung im geringsten Gebot rung nicht ausgeübt werden kann. Damit steht aber fest, dass das Recht infolge der Versteigerung gerade nicht bestehen bleiben wird.41 33
Ein nur für den ersten Verkaufsfall bestelltes dingliches Vorkaufsrecht ist gem. § 1097 BGB bereits erloschen, wenn das Grundstück auf andere Weise (z.B. durch Schenkung oder Übertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge an einen gesetzlichen Erben) in das Eigentum eines Sonderrechtsnachfolgers des Verpflichteten übergegangen ist. Das jetzt den Vollstreckungsschuldner als Sonderrechtsnachfolger verlautbarende Grundbuch ist dadurch unrichtig geworden.42 Da die Voraussetzungen für das Versteigerungsgericht grundbuchersichtlich sind, besteht keine Veranlassung zur Aufnahme eines solchen erloschenen Vorkaufsrechts in das geringste Gebot.
34
Das Versteigerungsgericht wird sich allerdings die der Grundbucheintragung zugrunde liegende Eintragungsbewilligung genau ansehen müssen. § 1097 BGB ist anerkannt nachgiebiges Recht und kann u.a. auch in der Weise abbedungen werden, dass ein dingliches Vorkaufsrecht eingeräumt wird „für den ersten Verkaufsfall, für den es nach den gesetzlichen Bestimmungen ausgeübt werden kann“. In diesem Fall ergibt die Auslegung nach § 133 BGB, dass das Recht nicht erlöschen soll und damit auch gegenüber einem späteren Eigentümer ausgeübt werden kann, wenn das Grundstück auf eine Art erworben wird, die sich nicht als Verkaufsfall darstellt (z.B. Erbauseinandersetzung, Tausch, Schenkung oder im Wege der Zwangsversteigerung wegen einer Geldforderung43).44 Zur Eintragung einer solchen § 1097 BGB abändernden Regelung reicht jedoch bereits die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung gem. § 874 S. 1 BGB aus.45
35
In den neuen Bundesländern ist ein Vorkaufsrecht gem. § 306 ZGB-DDR im Hinblick auf § 307 Abs. 3 ZGB-DDR wie ein Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall zu behandeln.46
VI. Befriedigungsvorgänge bei Grundpfandrechten 1. Zahlung durch Zwangsverwalter 36
Wird der Gläubiger eines Grundpfandrechts (§§ 1192 Abs. 1, 1181 Abs. 1 BGB) aus dem Grundstück befriedigt, so erlischt das Grundpfandrecht. Erfolgt die Befriedigung durch Zahlung des Zwangsverwalters in einem parallelen Zwangsverwaltungsverfahren über das Grundstück, ist das Erlöschen des Grundpfandrechts bei der Feststellung des geringsten Gebotes in der Zwangsversteigerung zu beachten.
41 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 74; Depré/Bachmann, § 44 Rz. 80; Steiner/Eickmann, § 44 Rz. 119; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 44 Rz. 34; Stöber, § 44 Rz. 5.27 und § 45 ZVG Rz. 7.6 lit. a). 42 OLG Düsseldorf v. 28.11.2012 – I-3 Wx 144/12, NotBZ 2013, 41; OLG München v. 18.12.2009 – 34 Wx 81/09, NotBZ 2010, 232 = Rpfleger 2010, 260; OLG Zweibrücken v. 20.8.1999 – 3 W 171/99, Rpfleger 1999, 532; OLG Stuttgart v. 8.4.1997 – 8 W 681/96, Rpfleger 1997, 473; vgl. auch Amann, NotBZ 2016, 161. 43 Vgl. §§ 1098 Abs. 1 S. 1, 471 BGB. Demgegenüber kann ein Vorkaufsrecht in der Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft ausgeübt werden; vgl. BGH v. 21.1.2016 – V ZB 43/15, MDR 2016, 703 = NotBZ 2016, 342 m. Anm. Amann = NJW 2016, 3242 = Rpfleger 2016, 542 = ZfIR 2016, 496 m. Anm. Böttcher. 44 OLG München v. 11.5.2016 – 34 Wx 61/16, Rpfleger 2016, 713; a.A. OLG Zweibrücken v. 16.3.2011 – 3 W 28/11, NotBZ 2011, 412 = Rpfleger 2011, 491. 45 Vgl. OLG München v. 11.5.2016 – 34 Wx 61/16, Rpfleger 2016, 713. 46 Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 74 aE.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 40 § 45
2. Gesamtrechte Erfolgte die Befriedigung des Gläubigers bereits aus einem anderen der mit einem Ge- 37 samtgrundpfandrecht belasteten Grundstück, so werden auch die übrigen Grundstücke frei (§§ 1181 Abs. 2, 1192 Abs. 1 BGB), soweit nicht Anhaltspunkte für einen Ausnahmetatbestand der §§ 1182 S. 1, 1192 Abs. 1 BGB vorliegen. Das Erlöschen eines noch eingetragenen Gesamtrechts ist unter diesen Voraussetzungen im geringsten Gebot für eines der mithaftenden Grundstücke von Amts wegen zu beachten, weil das Grundbuch insoweit unrichtig ist. Dies gilt selbst dann, wenn in dem ersten Versteigerungsverfahren eine Liegenbelassungsvereinbarung gem. § 91 Abs. 2 über das Recht getroffen worden sein sollte, weil auch damit die Befriedigungswirkung eingetreten ist.47
VII. Tilgungshypotheken Ist eine Tilgungshypothek in das geringste Gebot einzustellen, sind in den wiederkehrenden Leistungen neben den Zinsen auch Tilgungsanteile enthalten (vgl. das Berechnungsbeispiel zu § 44 Rz. 160). Leistungen aus dem Versteigerungserlös führen demgemäß auch zum (teilweisen) Erlöschen der Hypothek; insoweit kann jedoch keine Eigentümergrundschuld entstehen (§ 1181 Abs. 1 BGB). Beim Kapital des bestehenbleibenden Rechts müssen daher diejenigen Tilgungsbeträge abgezogen werden, die zuvor bereits in das Mindestbargebot eingestellt worden sind; sie dürfen im geringsten Gebot nicht doppelt berücksichtigt werden.
38
VIII. ZGB-Hypotheken Nach § 454 Abs. 1 S. 1 ZGB-DDR war eine Hypothek mit der gesicherten Forderung untrenn- 39 bar verbunden. Erlosch die Forderung, so erlosch auch die Hypothek (§ 454 Abs. 2 ZGBDDR); eine Eigentümergrundschuld konnte nicht entstehen. Mit einem Zahlungsnachweis ist damit gleichzeitig in der quittierten Höhe der Untergang des dinglichen Rechts nachgewiesen. Eine Aufnahme in das geringste Gebot entfällt insoweit.
IX. Schiffshypotheken Eine Schiffshypothek erlischt vorbehaltlich der Fälle des § 59 mit der Forderung (§ 57 Abs. 1 S. 1 SchRG). Allerdings kann der Schiffseigentümer selbst noch nach Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren (dann allerdings nur mit Zustimmung des betreibenden Gläubigers) im Rang und bis zur Höhe der bisherigen Belastung eine neue Schiffshypothek bestellen, solange das Recht noch nicht gelöscht ist (§ 57 Abs. 3 SchRG). Eine noch nicht gelöschte Schiffshypothek kann daher trotz Zahlungsnachweises nicht automatisch als materiell erloschenes Recht bei der Feststellung des geringsten Gebots außer Betracht bleiben; das Erlöschen durch Rückzahlung ist lediglich durch Revalutierung des Rechts auflösend bedingt. Dies macht die Einstellung des Rechts in das geringste Gebot mit einem Zuzahlungsbetrag gem. §§ 50, 51 erforderlich.48
47 OLG Hamm v. 27.4.1966 – 15 W 118/66, OLGZ 1967, 57 = JurBüro 1966, 894. 48 A.A. Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 6.
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§ 45 Rz. 41 Berücksichtigung im geringsten Gebot
X. Erwerbsvormerkungen 1. Erfüllung des gesicherten Anspruchs 41
Auch eine Erwerbsvormerkung ist als bestehenbleibendes „Recht“ dann nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch inzwischen durch Erfüllung erloschen ist.49 Es dürfen allerdings keine mit den Mitteln des Vollstreckungsrechts nicht aufzuklärende Zweifel an dem Erlöschen der Vormerkung verbleiben. Das schließt insbesondere aus, dass die Vormerkung wieder „aufgeladen“ worden sein könnte.50 Eine Wiederaufladung kommt nach der Rechtsprechung des BGH allerdings nur in Betracht, wenn der zu sichernde Anspruch, die Eintragung und die Bewilligung im Zeitpunkt ihres Zusammentreffens kongruent sind.51 Diese Kongruenz setzt voraus, dass der Anspruch, der der Vormerkung unterlegt werden soll, vom Inhalt her die gleiche herbeizuführende bzw. zu sichernde Rechtsänderung wie die vorangegangene Eintragung betrifft.52 Die in der Praxis bisweilen anzutreffende Verfahrensweise, solche „stehengebliebenen“ Erwerbsvormerkungen in das geringste Gebot mit einem Wert von „0,– Euro“ einzustellen, ist deshalb nicht zutreffend. Sie führt dazu, dass ein Ersteher die fortbestehende Grundbuchunrichtigkeit ggf. kosten- und haftungsträchtig gem. § 894 BGB geltend machen muss.53 2. Wirksamkeit bei vormerkungswidriger Verfügung
42
Eine Erwerbsvormerkung ist im Zwangsversteigerungsverfahren wie ein Recht der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 zu behandeln. Eine dem betreibenden Gläubiger im Rang vorgehende Erwerbsvormerkung ist deshalb grundsätzlich in das geringste Gebot aufzunehmen und bleibt bei Zuschlagserteilung bestehen.54
43
Gleichwohl ist eine vorrangig im Grundbuch eingetragene Erwerbsvormerkung dann nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn ihr gegenüber das rangschlechter im Grundbuch eingetragene Grundpfandrecht des betreibenden Gläubigers wirksam ist. Gegenüber dem vorrangig eingetragenen Vormerkungsberechtigten ist das Grundpfandrecht wirksam, wenn der Vormerkungsberechtigte der iSd § 883 Abs. 2 BGB vormerkungswidrigen Grundpfandrechtsbestellung entweder nachweislich zugestimmt hat (§ 182 Abs. 1 BGB)55 oder im Grundbuch ein Wirksamkeitsvermerk eingetragen56 ist. In beiden Fällen erlaubt die sichere Kenntnis des
49 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, BGHZ 193, 183 = NJW 2012, 2654 = Rpfleger 2012, 558 = ZfIR 2012, 651 m. Anm. Böttcher. 50 Zur Extension s. BGH v. 7.12.2007 – V ZR 21/07, MDR 2008, 256 = NJW 2008, 578 = Rpfleger 2008, 187 = ZfIR 2008, 113; zur Novation s. BGH v. 26.11.1999 – V ZR 432/98, BGHZ 143, 175 = MDR 2000, 384 = NJW 2000, 805 = Rpfleger 2000, 153 = ZfIR 2000, 121. 51 BGH v. 3.5.2012 – V ZB 258/11, BGHZ 193, 152 = MDR 2012, 836 = NJW 2012, 2032 = Rpfleger 2012, 507 = ZfIR 2012, 598; BGH v. 26.11.1999 – V ZR 432/98, BGHZ 143, 175, 181 = MDR 2000, 384 = NJW 2000, 805 = Rpfleger 2000, 153 = ZfIR 2000, 121. 52 BGH v. 26.11.1999 – V ZR 432/98, BGHZ 143, 175, 181 = MDR 2000, 384 = NJW 2000, 805 = Rpfleger 2000, 153 = ZfIR 2000, 121. 53 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, BGHZ 193, 183 = NJW 2012, 2654 = Rpfleger 2012, 558 = ZfIR 2012, 651 m. Anm. Böttcher. 54 BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 = NotBZ 2014, 463 m. Anm. Suppliet = MietRB 2014, 268 = MDR 2014, 988 = NJW 2014, 2445 = Rpfleger 2014, 613 = ZfIR 2014, 654 m. Anm. Schneider; BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, BGHZ 193, 183 = NJW 2012, 2654 = Rpfleger 2012, 558 = ZfIR 2012, 651 m. Anm. Böttcher; BGH v. 28.10.1966 – V ZR 11/64, BGHZ 46, 124 = MDR 1967, 34 = NJW 1967, 566 = Rpfleger 1967, 9. 55 RG v. 21.4.1937 – V 297/36, RGZ 154, 355, 367. 56 BGH v. 25.3.1999 – V ZB 34/98, BGHZ 141, 169 = MDR 1999, 796 = NJW 1999, 2275 = Rpfleger 1999, 383 = ZfIR 1999, 358; OLG Saarbrücken v. 16.1.1995 – 5 W 331/94, Rpfleger 1995, 404.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 46 § 45
Versteigerungsgerichts von der feststehenden Wirkungslosigkeit der Erwerbsvormerkung deren Nichtberücksichtigung im geringsten Gebot wie bei einem erloschenen Recht.57
XI. Löschungsreife Rechte Werden anstelle des Grundbuchgerichts dem Versteigerungsgericht im Termin die Urkunden vorgelegt, die zur Löschung eines Rechts im Grundbuch berechtigen, braucht dieses Recht im geringsten Gebot nicht berücksichtigt zu werden.58 Die notwendigen Voraussetzungen ergeben sich insoweit aus dem Grundbuchverfahrensrecht. Danach sind vorzulegen eine Löschungsbewilligung des unmittelbar Betroffenen (§ 19 GBO), die Bewilligung mittelbar Betroffener (z.B. bei Löschung eines Grundpfandrechts des Eigentümers gem. § 27 GBO und bei Löschung eines Zweigrechts des zustimmungspflichtigen Drittberechtigten gem. § 19 GBO iVm § 876 BGB), evtl. familiengerichtliche Genehmigungen, Grundpfandrechtsbriefe pp. Sämtliche Unterlagen sind in der Form des § 29 GBO nachzuweisen; die Vorlage von Privaturkunden reicht nicht aus.59 Die für eine Grundbucheintragung erforderliche Antragserklärung (§ 13 Abs. 1 S. 1 GBO) braucht dem Versteigerungsgericht nicht nachgewiesen zu werden; zum einen ist die Antragstellung grds. formlos möglich (§§ 13 Abs. 1, 30 GBO), zum anderen soll ja gerade die in der Vorlage der Urkunden zu sehende Antragstellung beim Versteigerungsgericht den „Umweg“ über das Grundbuchgericht und damit eine bloße Förmelei vermeiden.60
44
XII. Verfügungsbeeinträchtigungen Verfügungsbeeinträchtigungen sind für die Feststellung des geringsten Gebotes unbeachtlich; ihnen kommt kein wirtschaftlicher Wert zu, der sicherzustellen wäre.61 Obendrein kann sich die Wirkung solcher eingetragenen (Insolvenz-, Testamentsvollstrecker-, Nachlassverwaltungs-, Nacherben-)Vermerke nur gegen denjenigen richten, gegen den sie ergangen sind. Das gleiche gilt für Verfügungsverbote aufgrund einer einstweiligen Verfügung und gerichtliche Pfändungen.
45
E. Anmeldebedürftige Ansprüche und Rechte (§ 45 Abs. 1 Hs. 2) I. Anmeldung und Glaubhaftmachung Ist ein Recht zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich, so ist es bei der Feststellung des geringsten Gebots nur dann zu berücksichtigen, wenn es rechtzeitig angemeldet und, falls der Gläubiger widerspricht, auch glaubhaft gemacht 57 Frank, MittBayNot 1996, 271; Lehmann, NJW 1993, 1558; Skidzun, Rpfleger 2002, 9; Stöber, MittBayNot 1997, 143. 58 RG v. 23.3.1904 – V 394/03, RGZ 57, 209, 211; BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 = Rpfleger 2013, 464 = ZfIR 2013, 432 m. krit. Anm. Alff; OLG Hamm v. 27.4.1966 – 15 W 118/66, OLGZ 1967, 57 = JurBüro 1966, 894; Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 56; Steiner/Eickmann, § 44 Rz. 34; Stöber, § 45 ZVG Rz. 7.4; a.A. im Teilungsplan Steiner/Teufel, § 114, Rz. 21. 59 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 = Rpfleger 2013, 464 = ZfIR 2013, 432 m. krit. Anm. Alff. 60 I.E. wie hier Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 56; a.A. Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 24. 61 BGH v. 23.3.2000 – III ZR 152/99, MDR 2000, 883 = NJW 2000, 3358 = Rpfleger 2000, 403 = ZfIR 2000, 828; OLG Hamm v. 17.9.1968 – 15 W 360/68, OLGZ 69, 63 = MDR 1969, 56 = NJW 1969, 516 = Rpfleger 1968, 403; Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 52; Steiner/Eickmann, § 44 Rz. 36.
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46
§ 45 Rz. 46 Berücksichtigung im geringsten Gebot wird (§ 45 Abs. 1). Die Regelung korrespondiert mit der terminsvorbereitenden Aufforderung gem. § 37 Nr. 4. 47
Selbst wenn dem Versteigerungsgericht und den übrigen Beteiligten das Vorhandensein eines Rechts bekannt sein sollte (z.B. aufgrund einer Mitteilung gem. § 19), macht dies eine Anmeldung – auch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben – nicht entbehrlich.62 1. Anmeldung a) Rechtscharakter
48
Anmeldung ist die Willensbekundung eines Berechtigten gegenüber dem Vollstreckungsgericht, dass er eine Berücksichtigung seines Rechts in dem Zwangsversteigerungsverfahren wünscht.63 Es handelt sich damit um eine Verfahrenshandlung, auf die die Regelungen des Verfahrensrechts anzuwenden sind. Partei- und Prozessfähigkeit richten sich damit nach der ZPO (§§ 50, 51 ff. ZPO).64
49
Für das Versteigerungsgericht besteht zwar grundsätzlich keine Ermittlungspflicht.65 Allerdings werden im Versteigerungstermin anwesende Beteiligte stets auf die Notwendigkeit einer Anmeldung und die Rechtsfolgen einer unterlassenen Anmeldung hinzuweisen sein (vgl. auch § 66 Abs. 2). b) Inhalt einer Anmeldung
50
Zur Anmeldung erforderlich sind Angaben zum Rechtsgrund und Rang des geltend gemachten Anspruchs sowie zu dem geforderten Betrag.66 Dabei muss insbesondere der Begriff „Anmeldung“ nicht verwendet werden, solange der Wille, das Recht möge im Verfahren berücksichtigt werden, erkennbar zum Ausdruck kommt.67 Eine schlüssige Darlegung zu der Entstehung bzw. zu dem Erwerb des Rechts braucht die Anmeldung noch nicht zu enthalten. Hierzu sind nähere Erläuterungen erst notwendig, wenn das Vollstreckungsgericht oder ein anderer Beteiligter die Glaubhaftmachung verlangt.68
51
Ist eine Anmeldung unvollständig, so hat das Vollstreckungsgericht im Rahmen seiner Hinweispflicht gem. § 139 ZPO auf eine Ergänzung oder Klarstellung hinzuwirken.69
52
Die Ansprüche des Anordnung- bzw. Beitrittsgläubigers gelten als angemeldet, soweit sie sich aus dem Versteigerungsantrag ergeben (§ 114 Abs. 1 S. 2). Die Fiktion gilt auch für die Aufstellung des geringsten Gebots.70 Solchermaßen angemeldete Ansprüche sind damit auch dann rechtzeitig iSd §§ 37 Nr. 4, 66 Abs. 2 erfolgt, wenn das Verfahren dieses Gläubigers eingestellt oder der Beitrittsantrag nicht mehr rechtzeitig zugestellt sein sollte.
62 BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30. 63 BGH v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = Rpfleger 2007, 93 = ZfIR 2007, 201 m. Anm. Böttcher. 64 Böttcher, § 44, 45 Rz. 39. 65 RG v. 28.2.1938 – V 205/37, RGZ 157, 89. 66 BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30. 67 BGH v. 7.10.2010 – V ZB 37/10, MDR 2011, 130 = Rpfleger 2011, 171. 68 BGH v. 18.7.2013 – V ZB 29/12, MDR 2013, 1371 = Rpfleger 2014, 34 = ZfiR 2013, 873; BGH v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = Rpfleger 2007, 93 = ZfIR 2007, 201 m. Anm. Böttcher. 69 Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 17. 70 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 = Rpfleger 2013, 464 = ZfIR 2013, 432 m. krit. Anm. Alff.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 59 § 45
Verschiedene Vollstreckungsverfahren sind getrennt zu betrachten. Eine im Zwangsverwaltungsverfahren erklärte Anmeldung entfaltet deshalb für das parallel laufende Zwangsversteigerungsverfahren – und umgekehrt – keine Wirkung.71
53
c) Form und Nachweis einer Anmeldung Eine besondere Form ist für die Anmeldung nicht vorgeschrieben.72 Sie kann daher z.B. fernmündlich (es empfiehlt sich schriftlicher Aktenvermerk nach Rückruf73), mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle (vgl. § 496 ZPO), in Textform (vgl. § 126b BGB), schriftlich (vgl. § 126 BGB) oder auch per Telefax74 erklärt werden. Bei Erklärung der Anmeldung zu Protokoll der Geschäftsstelle ist die Anmeldung unverzüglich dem Gericht zu übermitteln; die Wirkung tritt nämlich frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht (§ 129a Abs. 2 S. 1 und 2 ZPO). Die Voraussetzungen für eine elektronische Übermittlung gem. § 130a ZPO dürften demgegenüber z.Zt. wohl noch nicht gegeben sein.
54
Erfolgt die Anmeldung durch einen Vertreter, muss dieser seine gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht nachweisen. Dies kann durch Vorlage einer Bestallungsurkunde, eines (Handelsregister-)Auszugs oder einer Vollmachtsurkunde geschehen; die Regelungen zur Prozessvollmacht (§§ 80 ff. ZPO) finden Anwendung.
55
d) Zeitpunkt und Wirkungsdauer der Anmeldung Ein bestimmter Zeitpunkt oder gar eine Frist ist für die Anmeldung nicht vorgesehen; sie kann daher auch noch bei dem Beschwerdegericht erfolgen (§ 97 Abs. 2) und bis zur Beendigung des Verfahrens erklärt werden.
56
Sollen allerdings im Verfahren nicht grundbuchersichtliche Rechte oder Ansprüche berück- 57 sichtigt werden, muss die Anmeldung rechtzeitig erfolgen, d.h. vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin (§§ 37 Nr. 4, 66 Abs. 2, 114 Abs. 1 S. 1), weil nur auf diese Weise eine Rangverschiebung gem. § 110 vermieden werden kann. Die Rangverschiebung tritt nur dann nicht ein, wenn es zu einem weiteren Versteigerungstermin kommen sollte, für den die zuvor verspätete Anmeldung dann rechtzeitig erfolgt wäre. Die einmal erklärte Anmeldung wirkt nämlich für die gesamte Dauer des Verfahrens fort. Sollte für den weiteren Termin gläubigerseits eine Neuberechnung der angemeldeten Beträge erfolgen, gilt eine zum früheren Termin erklärte Anmeldung als zurückgenommen; maßgeblich ist immer nur die letzte wirksame Anmeldung.75 Dies schließt mehrere partielle Anmeldungen aber nicht aus (z.B. separate Anmeldung der Nebenleistungen, separate Anmeldung der Kosten).
58
e) Minderanmeldung aa) Begriff Ein Gläubiger kann mit seiner Anmeldung geringere Ansprüche auf laufende wiederkehrende Leistungen geltend machen, als gem. § 45 Abs. 2 von Amts wegen zu berücksichtigen wären (sog. Minderanmeldung). Die Anmeldung begrenzt in diesem Fall die berücksichtigungsfähigen aus dem Grundbuch ersichtlichen Ansprüche, weil das Gericht nach ganz h.M. auch in ei71 72 73 74
Stöber, § 45 ZVG Rz. 2.4. BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30. Vgl. bereits zu § 9 ZVG: Böttcher, § 9 ZVG Rz. 16; Depré/Cranshaw, § 9 ZVG Rz. 49. Vgl. BGH v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = Rpfleger 2007, 93 = ZfIR 2007, 201 m. Anm. Böttcher. 75 Stöber, § 45 ZVG Rz. 2.7.
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§ 45 Rz. 59 Berücksichtigung im geringsten Gebot nem Zwangsversteigerungsverfahren nicht befugt sei, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist (§§ 869, 308 Abs. 1 S. 1 ZPO).76 bb) Anwendungsbereich 60
Die Minderanmeldung begrenzt lediglich den im Versteigerungsverfahren geltend gemachten verfahrensrechtlichen Anspruch. Sie ist daher eine reine Verfahrenserklärung, der keine materiell-rechtliche Verfügung entsprechen muss. Voraussetzung ist allerdings eine ausdrückliche oder zumindest konkludent erklärte Minderanmeldung, die den verfahrensrechtlichen Verzicht eindeutig zum Ausdruck bringt. Einer fiktiv nach § 114 Abs. 1 S. 2 wirkenden Anmeldung kann ein solcher Erklärungsgehalt nicht beigelegt werden. Wird daher das Verfahren nur wegen eines Teils der laufenden Zinsen betrieben und erfolgt im Übrigen keine weitere Anmeldung des Gläubigers mehr, müssen deshalb die laufenden Zinsen in vollem Umfang gleichwohl von Amts wegen berücksichtigt werden.77 Der Gläubiger hat in diesem Fall seine (fingierte) Anmeldung weder erklären noch beschränken wollen. cc) Wirkungsdauer
61
Die einmal für das Versteigerungsverfahren erklärte Minderanmeldung behält ihre Wirkung auch für das anschließende Verteilungsverfahren (vgl. § 114 Abs. 2).78 Hat demgemäß ein Gläubiger vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten eine Minderanmeldung erklärt, so kann eine nach diesem Zeitpunkt erfolgte weitergehende Anmeldung im Rahmen des § 45 Abs. 2 (mit Ausnahme eines weiteren Versteigerungstermins) für das Verteilungsverfahren nur mit der Rangverschiebung des § 110 berücksichtigt werden.79 dd) Kritik an der h.M.
62
Dieser heute ganz h.M. ist zwar im Ergebnis zu folgen; sie ist in der Begründung allerdings nicht überzeugend. So ist bereits die Anwendbarkeit des § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO für die Aufstellung des geringsten Gebotes in der Zwangsversteigerung zu hinterfragen. Zweck der Berechnung eines geringsten Gebotes ist nämlich gerade nicht die Befriedigung des Gläubigers, sondern lediglich die Ermittlung eines dem Deckungsgrundsatz genügenden Mindestgebots. Eine allein schon im Hinblick auf § 47 nur vorläufige Berechnung anhand der grundbuchgesicherten Angaben führt also gerade nicht zu einer über den Antrag hinausgreifenden Befriedigung des Gläubigers, sondern markiert insoweit lediglich einen mindestens zu erreichenden Rechnungsposten für das weitere Verfahren.
63
Auch ist die Behauptung, eine über die Minderanmeldung im Versteigerungsverfahren hinausgehende verspätete Anmeldung des weitergehenden Anspruchs gem. § 45 Abs. 2 könne im Verteilungsverfahren nur mit der Rechtsfolge einer Rangverschiebung gem. § 110 berücksichtigt werden, jedenfalls nicht vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt. § 110 verweist nämlich auf eine notwendige, aber nicht rechtzeitig erfolgte Anmeldung gem. § 37 Nr. 4. Diese Norm bezieht sich aber auf anmeldebedürftige, nicht grundbuchersichtliche Ansprüche, während 76 OLG Oldenburg v. 23.11.1987 – 13 U 72/87, NdsRpfl. 1988, 8; OLG Oldenburg v. 14.7.1980 – 2 W 56/80, Rpfleger 1980, 485 m. zust. Anm. Laube; Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 16; Riedel, JurBüro 1974, 689; Steiner/Eickmann, § 45 ZVG Rz. 34; Stöber, § 45 ZVG Rz. 6.1. 77 Zutr. Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 45; zweif. Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 9 m. Fn. 7. 78 OLG Oldenburg v. 14.7.1980 – 2 W 56/80, Rpfleger 1980, 485 m. zust. Anm. Laube; Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 45; a.A. LG Frankenthal v. 27.11.1985 – 1 T 329/85, Rpfleger 1986, 232 m. insow. abl. Anm. Meyer-Stolte. 79 Heute h.M.: Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 16; Riedel, JurBüro 1974, 689; Stöber, § 45 ZVG Rz. 6.3.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 66 § 45
die laufenden Zinsansprüche sich im Gegenteil aus dem Grundbuch ergeben und deshalb gerade nicht anmeldebedürftig sind.80 Die h.M. setzt damit die infolge einer verspäteten Anmeldung eintretende Rangverschiebung eines nicht grundbuchersichtlichen und deshalb anmeldebedürftigen Anspruchs mit einem weitergehend im Verteilungsverfahren über die erklärte Minderanmeldung hinausgehenden und eigentlich von Amts wegen zu berücksichtigenden Anspruch gleich. Dies lässt sich jedoch nur mit der vergleichbaren Rechtslage und Zielsetzung des Gesetzgebers rechtfertigen. In beiden Fällen erfolgt nämlich eine Begrenzung des berücksichtigungsfähigen Anspruchs, die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten für andere Beteiligte mit einer Klärung des jeweiligen Rangvolumens verbunden sein muss, will man nicht während des weiteren Verfahrens die Versteigerungsbedingungen beliebigen Änderungen aussetzen. Die Gleichsetzung könnte nur dann unterbleiben, wenn die sich aus dem Grundbuch ergebenden Beträge ohne Rücksicht auf eine vorliegende Minderanmeldung in voller Höhe in das geringste Gebot aufzunehmen wären.81 Ein solches Verfahren könnte jedoch ohne sachlichen Grund eine Aufblähung des geringsten Gebotes und damit eine Beeinträchtigung der Versteigerbarkeit zur Folge haben, die obendrein dem erklärten Willen der Beteiligten widerspricht. f) Unzulässige Anmeldungen Eine Anmeldung ist unzulässig, wenn sie von einem hierzu nicht Berechtigten erklärt wird 64 (z.B. meldet der Insolvenzschuldner anstelle des allein verfügungs- und verwaltungsbefugten Insolvenzverwalters an) oder wenn sie einen Anspruch betrifft, der nach § 10 kein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewährt (z.B. meldet ein persönlicher Gläubiger seinen titulierten Anspruch ohne vorherige Beschlagnahme lediglich an).82 Wird eine solche unzulässige Anmeldung nach einem entsprechenden gerichtlichen Hinweis 65 gem. § 139 nicht zurückgenommen, ist darüber richtigerweise zur Abwendung der Widerspruchsfiktion des § 115 Abs. 2 förmlich durch Zurückweisung zu entscheiden.83 Die versteigerungsrechtliche Praxis lässt demgegenüber im Einvernehmen mit dem überwiegenden Schrifttum eine unzulässige Anmeldung entweder schlicht unberücksichtigt oder erteilt lediglich einen entsprechenden Hinweis.84 Diese vorherrschende Verfahrensweise erscheint jedoch aus rechtsstaatlichen Gründen bedenklich.85 Ob eine Anmeldung tatsächlich unzulässig ist, muss in einem gerichtlichen Verfahren überprüft werden können. Die h.M. bezieht ihre Rechtfertigung offenbar aus der – nicht belegten – These, dass einem Widerspruch iSd § 45 Abs. 1 eine andere Rechtsqualität zukommen soll als einem solchen gem. § 115.86 g) Wirkung der Anmeldung Unter den Voraussetzungen des § 44 ist ein rechtzeitig angemeldeter Anspruch in das geringste Gebot aufzunehmen. Die Aufnahme erfolgt entweder im bar zu zahlenden Teil (§ 49 Abs. 1) oder als bestehenbleibendes Recht (§ 52 Abs. 1 S. 1). Im Übrigen erfolgt keine Berücksichtigung im geringsten Gebot. Eine Anmeldung führt weiterhin zur Aufnahme eines Rechtes oder Anspruchs in den Teilungsplan (§ 114). Im Teilungsplan tritt Rangverlust für überhaupt nicht angemeldete (§ 114 Abs. 1 S. 1) bzw. Rangverschiebung für verspätet angemeldete Ansprüche (§ 110) ein. Das geringste Gebot trifft grundsätzlich noch keine Bestimmung darüber, wem 80 81 82 83 84 85 86
Zutr. Warias, RpflStud 1980, 78. So zB noch Zeller, ZVG, 11. Aufl. 1983 § 45 ZVG Rz. 3 (2). Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 46; Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 17. Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 46; Steiner/Teufel, § 114 Rz. 44 ff. Dassler/Hintzen, § 45 ZVG Rz. 17 aE; Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 17; Stöber, § 37 Rz. 5.18. Ebenso bereits Steiner/Eickmann, § 45 ZVG Rz. 35. Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 19; Stöber, § 45 ZVG Rz. 4.1.
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§ 45 Rz. 66 Berücksichtigung im geringsten Gebot die bestehenbleibenden Rechte und zu berücksichtigenden Ansprüche zustehen (eine Ausnahme gilt für Zinsansprüche bei Eigentümerrechten; vgl. Rz. 12); Widersprüche bei der Erlösverteilung sind deshalb insoweit nicht ausgeschlossen.87 67
Als Verfahrenshandlung kann eine Anmeldung auch wieder zurückgenommen werden. Eine Berücksichtigung im geringsten Gebot entfällt dann im Umfang der Rücknahme. Diese Wirkung der Rücknahme bzw. Beschränkung tritt allerdings nicht ein, wenn die Bietzeit bereits begonnen haben sollte.88 2. Glaubhaftmachung a) Verlangen nach Glaubhaftmachung
68
Ein Anmeldender muss auf Widerspruch eines betreibenden Gläubigers sein Recht bzw. seinen Anspruch glaubhaft machen (§ 45 Abs. 1). Der Widerspruch kann formlos erhoben werden und bedarf keiner Begründung. Eine Ausnahme gilt gem. § 45 Abs. 2 für Rückstände wiederkehrender Leistungen, die nach dem Grundbuchinhalt zu entrichten sind; für sie kann keine Glaubhaftmachung verlangt werden.
69
Widerspruchsberechtigt ist nach dieser Vorschrift – anders als bspw. in § 9 – allein ein betreibender Gläubiger, nicht aber der Schuldner oder ein sonstiger Beteiligter. Auch das Vollstreckungsgericht kann – anders als nach § 45 Abs. 3 bei wohnungseigentumsrechtlichen Hausgeldansprüchen (!), dazu s. Rz. 88 ff. – nicht von sich aus Glaubhaftmachung verlangen.
70
Allerdings muss der betreibende Gläubiger im Rahmen der allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen auch ein Rechtsschutzinteresse an der Glaubhaftmachung haben. Ein betreibender Gläubiger wird daher nur als widerspruchsberechtigt anzusehen sein, wenn das Recht des Anmeldenden im Rang vor seinem oder gleichrangig mit seinem Recht ist.89
71
Auch Behörden müssen ihren Anspruch glaubhaft machen, sofern das Verlangen danach nicht willkürlich und offensichtlich unnötig erscheint.90 Dies wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn eine Gemeindekasse unter Berufung auf das Landesrecht und die kommunale Satzung in der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 Steuern und Abgaben geltend macht. In solchen Fällen muss die anmeldende Kasse auf Verlangen nicht nur eine spezifizierte Forderungsaufstellung91, sondern auch die einschlägige Ortssatzung und den Feststellungsbescheid zur Prüfung des Rangklassenprivilegs vorlegen.92 b) Möglichkeiten zur Glaubhaftmachung
72
Die Möglichkeiten zur Glaubhaftmachung nennt § 294 ZPO. Danach kann sich der Anmeldende folgender Beweismittel bedienen: – Augenscheinsbeweis (§§ 371 ff. ZPO) – Zeugenbeweis (§§ 373 ff. ZPO) – Sachverständigenbeweis (§§ 402 ff. ZPO) – Urkundsbeweis (§ 415 ff. ZPO) – Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO) – Versicherung an Eides Statt (§ 294 ZPO). 87 88 89 90 91 92
Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 21. Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 44; Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 22; Stöber, ZIP 1981, 944. Böttcher, §§ 44, 45 Rz. 49; a.A. Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 19. LG Lüneburg v. 25.4.1975 – 1 T 29/75, Rpfleger 1976, 68. Was nach Stöber, § 45 ZVG Rz. 3.5 lit. b) und Rz. 4.2 für gewöhnlich ausreichen soll. Hk-ZV/Sievers, § 9 Rz. 16.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 80 § 45
c) Entscheidung über den Widerspruch Liegt ein zulässiger Widerspruch vor, ordnet das Vollstreckungsgericht die Glaubhaftmachung durch Beschluss an.93
73
74 Ein Widerspruch ist insbesondere dann unzulässig94, wenn – der Widersprechende nicht widerspruchsberechtigt ist (s. Rz. 69); – der Widersprechende kein Rechtsschutzinteresse an einer Glaubhaftmachung hat (s. Rz. 70); – der Widerspruch nicht rechtzeitig innerhalb der auch für die Anmeldung geltenden Zeitspanne erhoben worden ist (s. Rz. 46); – der Widerspruch hinsichtlich rückständiger wiederkehrender Leistungen erhoben werden soll (s. Rz. 68).
Ist der Widerspruch unzulässig, ist er durch Beschluss zurückzuweisen.95
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d) Entscheidung über die Glaubhaftmachung Die Entscheidung darüber, ob die Glaubhaftmachung für das geltend gemachte Recht oder den geltend gemachten Anspruch gelungen ist, ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters.96 Sie kann sowohl durch begründeten Beschluss, als auch lediglich durch schlüssiges Verhalten ergehen, indem die Zwangsversteigerung unter Beteiligung des Anmeldenden weitergeführt wird. Diese Entscheidung ist nicht selbstständig anfechtbar (vgl. § 95). Gelingt die Glaubhaftmachung nicht, kann das angemeldete Recht bzw. der angemeldete Anspruch nicht im geringsten Gebot berücksichtigt werden.
76
II. Anmeldebedürftigkeit Anzumelden und ggf. glaubhaft zu machen sind alle nicht grundbuchersichtlichen Rechte und Ansprüche, deren Bestand, Umfang oder Rang nicht grundbuchersichtlich ist. Dazu gehören bspw.:
77
1. Ansprüche der Rangklasse 1 des § 10 Abs. 1 Es handelt sich um Ansprüche auf Ausgabenersatz eines parallel die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers.
78
2. Ansprüche der Rangklasse 1a des § 10 Abs. 1 Es handelt sich um die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung für bewegliche Gegenstände, auf die sich die Zwangsversteigerung erstreckt.
79
3. Ansprüche der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 Es handelt sich um laufende und rückständige wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldansprüche, die entweder vom rechtsfähigen Verband Wohnungseigentümergemeinschaft oder
93 94 95 96
Böttcher, §§ 44, 45 ZVG Rz. 49; Steiner/Eickmann, § 45 ZVG Rz. 31. Vgl. Steiner/Eickmann, § 45 ZVG Rz. 32. Steiner/Eickmann, § 45 ZVG Rz. 32. Vgl. BGH v. 6.6.2013 – V ZB 7/12, MDR 2013, 934 = Rpfleger 2013, 692.
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80
§ 45 Rz. 80 Berücksichtigung im geringsten Gebot einem rückgriffsberechtigten Wohnungseigentümer geltend gemacht werden können (dazu s. Rz. 88 ff.). 4. Ansprüche der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 81
Es handelt sich um einmalige, laufende und rückständige öffentliche Grundstückslasten. Sie werden vielfach als glaubhaft gemacht gelten können, wenn die Anmeldung der zuständigen Behörde eine spezifizierte Aufstellung enthält; zur Ausnahme s. Rz. 71. 5. Ansprüche der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1
82
Es handelt sich um dingliche Rechte und Ansprüche im Zusammenhang mit eingetragenen Rechten. Hierunter fallen insbesondere: a) (Nicht vormerkungsgesicherte) Rechte
83
– Beschränkte dingliche Rechte samt deren laufender und rückständiger Nebenleistungen, die räumlich (Abt. II) und zeitlich (Abt. III) nach dem Versteigerungsvermerk (vgl. Rz. 5) in das Grundbuch eingetragen wurden (auch Zwangshypotheken). Eine Anmeldung solcher Rechte ist auch dann erforderlich, wenn das Versteigerungsverfahren nur auf Antrag eines Gläubigers fortgesetzt wird, dessen Beitritt erst nach ihrer Eintragung zugelassen worden ist.97 – Ohne Grundbucheintragung entstandene Rechte, z.B. – Sicherungshypotheken gem. § 1287 BGB oder § 848 Abs. 2 ZPO; – Entschädigungsforderung gem. § 28 ErbbauRG sowie ggf. daran fortbestehende Ansprüche vormaliger Grundpfandrechtsgläubiger gem. § 29 ErbbauRG; – Surrogationsnießbrauch gem. § 1075 BGB; – Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten für Energie- und Wasserversorgungsunternehmen gem. § 9 GBBerG98; – Nicht eingetragenes Mitbenutzungsrecht gem. § 322 ZGB-DDR. – Zu Unrecht gelöschte Rechte, soweit diese nicht durch einen Widerspruch gesichert sind (vgl. § 48) und versehentlich nicht mitübertragene Rechte (§ 46 Abs. 2 GBO). b) Einzelansprüche
84
– Nicht von Amts wegen zu berücksichtigende rückständige Beträge wiederkehrender Leistungen (vgl. § 45 Abs. 2). – Im Grundbuch nicht bezifferte gesetzliche Zinsen (Verzugszinsen, Prozesszinsen). – Eine im Grundbuch nicht bezifferte Vorfälligkeitsentschädigung. – Eine im Grundbuch nicht verlautbarte Verpfändung oder Nießbrauchsbestellung an einem Grundpfandrecht. – Anmeldung der persönlichen Haftung des Schuldners bei einer Grundschuld zur Schuldübernahme des Erstehers (§ 53 Abs. 2). – Kündigung eines Grundpfandrechts zur Wirksamkeit gegenüber dem Ersteher (§ 54 Abs. 1). 97 Jaeckel/Güthe, § 45 ZVG Rz. 1 (I.1.a). 98 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 94/05, BGHZ 165, 119 = MDR 2006, 805 = NotBZ 2006, 142 = Rpfleger 2006, 272 = ZfIR 2006, 142.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 88 § 45
– Rechtshängigkeit eines Anspruchs zur Erhaltung der Urteilswirkungen gegenüber dem Ersteher (§ 325 Abs. 3 ZPO). – Rückständige Beträge erloschener Rechte auf Lebenszeit o.ä. (vgl. § 23, 24 GBO). – Laufende und rückständige Kosten der Unterhaltung einer Anlage iSd § 1021 BGB. – Laufende und rückständige Ansprüche aus Rechten, die außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleiben (vgl. Rz. 16)99: – Überbau- und Notwegerenten gem. §§ 912 bis 917 BGB (vgl. § 52 Abs. 2 S. 1); – Altrechtliche Grunddienstbarkeiten und Altenteilsrechte nach Landesrecht (vgl. § 9 Abs. 1 EGZVG). – Ggf. wiederkehrende nicht in Geld bestehende Leistungen aus einem Altenteilsrecht (vgl. aber § 46). c) Rangverhältnisse – Rangänderungen nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks.100 – Vorrang eines Rechtes gegenüber dem Verfügungsverbot des Beschlagnahmegläubigers gem. § 878 BGB oder gem. §§ 892, 135, 136 BGB zur Berücksichtigung in Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1. – Ein nicht aus dem Grundbuch ersichtlicher und auch nicht durch Vormerkung gesicherter Vorrang.101
85
6. Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2) Es handelt sich um die nicht grundbuchersichtlichen Kosten der notwendigen Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung (vgl. auch § 12 Nr. 2). Soweit das Verfahren betrieben wird, kann in dem Versteigerungsantrag zugleich die erforderliche Anmeldung der Anordnungs- bzw. Beitrittsgebühren gesehen werden.102 Im Übrigen sind entstehende Kosten bis zum Versteigerungstermin spezifiziert anzumelden. Weiterhin anfallende, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht im Einzelnen bekannte Kostenbeträge können zunächst pauschal in Ansatz gebracht werden und sind dann für den Verteilungstermin aufzuschlüsseln. Soweit der angesetzte Pauschalbetrag jedoch nicht ausreichend bemessen war und im Verteilungstermin überschritten wird, ist dies nur mit der Rechtsfolge der Rangverschiebung gem. § 110 möglich.
86
Zu den Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung gehören auch die mit der Eintragung einer Zwangshypothek verbundenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten, für die das Grundstück kraft Gesetzes haftet (§ 867 Abs. 1 S. 3 ZPO).
87
F. Wohnungseigentumsrechtliche Ansprüche (§ 45 Abs. 3) Es handelt sich um einen Sonderfall anmeldebedürftiger Ansprüche, da die privilegierten Hausgeldbeiträge nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind. 99 Jaeckel/Güthe, § 45 ZVG Rz. 10; nicht richtig Depré/Bachmann, § 45 ZVG Rz. 9; Stöber, § 45 ZVG Rz. 3.5 lit. c), die für die nicht eingetragenen Rechte selbst eine Anmeldung zur Berücksichtigung im geringsten Gebot verlangen. 100 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 = Rpfleger 2013, 464 = ZfIR 2013, 432 m. krit. Anm. Alff. 101 RG v. 22.9.1928 – V 61/28, RGZ 122, 61, 63. 102 Steiner/Eickmann, § 45 ZVG Rz. 17.
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§ 45 Rz. 89 Berücksichtigung im geringsten Gebot
I. Inkrafttreten und Übergangsregelung 89
§ 45 Abs. 3 ist zusammen mit § 10 Abs. 1 Nr. 2 mit Wirkung zum 1.7.2007 eingefügt worden.103 Die damit verbundenen Hausgeldprivilegien können allerdings nur in solchen Zwangsversteigerungsverfahren zur Anwendung kommen, die nach diesem Zeitpunkt anhängig geworden sind (vgl. § 62 Abs. 1 WEG). Dabei ist zur Ermittlung des maßgeblichen Zeitpunkts auf die erste Beschlagnahme im Gesamtverfahren abzustellen (§ 20 Abs. 1 ZVG).104 Erfolgte die erste Beschlagnahme demgemäß vor dem 1.7.2007, wird das Versteigerungsverfahren auch für die erst nach diesem Zeitpunkt beitretenden oder anmeldenden Gläubiger insgesamt nach altem Recht und somit ohne die neuen Privilegien durchgeführt.
II. Anmeldung durch den Rechtsinhaber 90
§ 45 Abs. 3 befasst sich mit den „Ansprüchen der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 1 Nr. 2“. Die Regelung ist allerdings sprachlich ungenau. Abgesehen von den (seltenen) Fällen bestehender Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer ist alleiniger Rechtsinhaber der wohnungseigentumsrechtlichen Hausgeldansprüche der rechtsfähige Verband Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 10 Abs. 6 S. 1 u. 2 WEG; ihm steht das Verwaltungsvermögen mit den eingenommenen Geldern sowie den Verbindlichkeiten zu (§ 10 Abs. 7 S. 1 bis 3 WEG).105 Die Anmeldung im Versteigerungsverfahren kann deshalb richtigerweise auch nur seitens des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 4); lediglich Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden demgegenüber von diesen selbst angemeldet (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 5).
III. Vertretung des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft 91
Die Vertretung der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt durch den WEGVerwalter als deren gesetzlicher Vertreter (vgl. § 27 Abs. 3 WEG). Für den WEG-Verwalter genügt dabei der Nachweis seiner Verwalterbestellung (vgl. § 24 Abs. 6 WEG). Eines förmlichen Bestellungsnachweises gem. § 26 Abs. 3 WEG, § 29 Abs. 1 GBO wie im Grundbuchverfahren bedarf es im Versteigerungsverfahren nicht; § 29 GBO findet hier keine Anwendung.106 Auch bedarf der WEG-Verwalter keiner besonderen Ermächtigung gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG. Eine solche ist lediglich für das aktive Betreiben eines gerichtlichen Verfahrens erforderlich; die Vertretungsbefugnis des WEG-Verwalters für eine Anmeldung im Versteigerungsverfahren ergibt sich demgegenüber bereits unmittelbar aus dem Gesetz (§§ 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 i.V.m. 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG).107 Die Anmeldung rückständiger Hausgeldansprüche gehört zum gesetzlichen Pflichtenprogramm eines WEG-Verwalters.108
103 Art. 2 Nr. 1 lit. a) iVm Art. 4 S. 2 d G z Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 370). 104 BGH v. 21.2.2008 – V ZB 123/07, MDR 2008, 588 = NJW 2008, 1383 = Rpfleger 2008, 321 = ZMR 2008, 385. 105 BGH v. 10.2.2017 – V ZR 166/16, MDR 2017, 695 = ZWE 2017, 360. 106 Schneider, ZMR 2018, 119. 107 Jacoby, ZWE 2015, 297, 300. 108 BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = ZfIR 2018, 232.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 96 § 45
IV. Anmeldung und Glaubhaftmachung durch den rechtsfähigen Verband Die Voraussetzungen einer Anmeldung sind für Hausgeldansprüche nur teilweise identisch mit den Voraussetzungen für ein aktives Betreiben der Zwangsversteigerung durch den Verband Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. im Einzelnen § 10 Rz. 67 ff.). Auch bzgl. der Glaubhaftmachung bestehen Abweichungen gegenüber anderen Anmeldungen. Es sind folgende Besonderheiten zu beachten:109
92
1. Anspruch Der Anmeldung muss ein bevorrechtigter und fälliger Anspruch zugrunde liegen (§ 45 Abs. 3 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ZVG).
93
2. Glaubhaftmachung Die geltend gemachten Ansprüche sind bei der Anmeldung entweder durch einen entspre- 94 chenden Titel oder durch Vorlage einer Niederschrift über die Beschlüsse der Wohnungseigentümer einschließlich ihrer Anlagen oder in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen (§ 45 Abs. 3 S. 1). Eine Glaubhaftmachung ist hier jedoch weitergehend als in § 9 Nr. 2 oder § 45 Abs. 1 stets zwingend! In jedem Fall muss sich aus dem Vorbringen die Zahlungspflicht, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit ergeben (§ 45 Abs. 3 S. 2). Damit soll ein möglicher Missbrauch bei einer für die übrigen Beteiligten nicht nachvollziehbaren Anmeldung ausgeschlossen werden. Ohne Glaubhaftmachung der angemeldeten Ansprüche käme es häufiger – und nicht wie bisher nur im Ausnahmefall – zu einem Widerspruch des die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubigers und damit zu Verzögerungen des Verfahrens. Die Glaubhaftmachung kann durch einen bereits vorliegenden Titel erfolgen, etwa einen Vollstreckungsbescheid oder ein Urteil über die bevorrechtigte Forderung oder eine Unterwerfungsurkunde des Schuldners (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Ein Titel wird jedoch nicht in jedem Fall gefordert. Oftmals ist es der Eigentümergemeinschaft nicht möglich, bis zum Zwangsversteigerungstermin, bis zu dem die Ansprüche angemeldet sein müssen, einen Titel gegen den säumigen Schuldner zu erlangen. Insbesondere dann, wenn der Schuldner gleichzeitig seine Zahlungen an die Grundpfandgläubiger und die Eigentümergemeinschaft einstellt, ist dies zu erwarten. Deshalb reicht es zur Glaubhaftmachung auch aus, eine Niederschrift der maßgeblichen Beschlüsse der Wohnungseigentümer einschließlich ihrer Anlagen – etwa den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung – vorzulegen, aus der die Zahlungspflicht (§ 28 Abs. 2 und 5 WEG) hervorgeht. Eine spätere Glaubhaftmachung auf Verlangen des betreibenden Gläubigers erübrigt sich so.“110 § 45 Abs. 3 S. 1 erlaubt damit eine Berücksichtigung der Hausgeldansprüche ohne einen zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel!
95
Eine Niederschrift über Beschlüsse der Wohnungseigentümer (§ 24 Abs. 6 WEG) braucht noch nicht einmal öffentlich beglaubigt zu sein. Andernfalls müsste nämlich nahezu jede Niederschrift über eine Eigentümerversammlung vorsorglich mit den erforderlichen Beglaubigungen versehen werden. Denn in Fällen, in denen die Unterzeichner der Niederschrift etwa wegen eines Verwalterwechsels oder wegen Veräußerung der Eigentumswohnung für eine spätere Beglaubigung nicht mehr zur Verfügung stünden, könnte die öffentliche Beglaubigung nachträglich nicht oder nur mit erheblichem Aufwand erreicht werden. Die öffentliche Beglaubigung ist auch entbehrlich, da der Anspruch bei der Anmeldung nur glaubhaft gemacht, nicht aber – wie im Grundbuchverfahren die Verwaltereigenschaft (vgl. § 26 Abs. 3 WEG) –
96
109 Vgl. i.E. Hdb. d. FA Miet- u. WEG-Recht, 6. Aufl. 2018, Kap. 33 Rz. 305 ff. 110 RegE v. 9.3.2006, BT-Drucks. 16/887, S. 46.
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§ 45 Rz. 96 Berücksichtigung im geringsten Gebot nachgewiesen werden muss.111 Auch andere Schriftstücke der Eigentümergemeinschaft können zur Glaubhaftmachung herangezogen werden. Ebenso ist eine eidesstattliche Versicherung des WEG-Verwalters ein probates Mittel zur Glaubhaftmachung (vgl. § 294 ZPO). 97
Für den Fall, dass die Ansprüche bei der Anmeldung nicht hinreichend glaubhaft gemacht sind, kann der Rechtspfleger von Amts wegen – also auch ohne Widerspruch des betreibenden Gläubigers – die Eigentümergemeinschaft oder den Verwalter zur Nachbesserung auffordern. Bleibt der Anspruch weiterhin nicht hinreichend glaubhaft, wird er nicht in das geringste Gebot aufgenommen. Eine Zuteilung auf den angemeldeten Anspruch erfolgt dann nicht.112 3. Höchstbetrag
98
Auch bei einer Anmeldung darf insgesamt der Höchstbetrag für Hausgeldansprüche mit 5 % des gem. § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswertes nicht überschritten werden (§ 45 Abs. 3 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 ZVG). Betreibt also der Verband Wohnungseigentümergemeinschaft bereits die Zwangsversteigerung wegen rückständiger Hausgeldansprüche, können weitere Beträge nur noch in Höhe der Differenz bis zum Höchstbetrag angemeldet werden. 4. Mindestbetrag
99
Der Mindestbetrag von 3 % des steuerlichen Einheitswertes muss für eine Anmeldung nicht überschritten sein, weil § 10 Abs. 3 S. 1 ZVG ein aktives Betreiben der Versteigerung voraussetzt und deshalb für eine Anmeldung nicht gilt. 5. Objektbezug
100
Hausgeldansprüche können nur in einem über das sie verursachende Wohnungseigentum geführten Zwangsversteigerungsverfahren angemeldet werden („die daraus fälligen Ansprüche“; § 45 Abs. 3 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ZVG). Eine „Überkreuzanmeldung“ bei mehreren Wohnungseinheiten desselben Schuldners ist damit ausgeschlossen.
101
Dies setzt allerdings voraus, dass ein Titel bei mehreren Wohnungseinheiten des Schuldners in derselben Anlage überhaupt eine Zuordnung zu den betreffenden Einheiten erlaubt. Ein Zahlungstitel über die Gesamtsumme von Hausgeldrückständen für mehrere Wohnungs- und Teileigentumseinheiten desselben Schuldners kann nämlich zur Einordnung in Rangklasse 2 von § 10 Abs. 1 ZVG nur genügen, wenn sich die anteilige Höhe des Verzugsbetrags für das konkrete vom Zwangsversteigerungsverfahren betroffene Wohnungseigentum zumindest aus der Begründung des Titels ergibt oder sich wenigstens durch Auslegung mit Hilfe der dazu gehörigen Antragsschrift ermitteln lässt. Eine Glaubhaftmachung des Verzugsbetrags für das einzelne Wohnungseigentum erst im Zwangsversteigerungsverfahren soll nicht mehr zulässig sein.113 In der Praxis zeigt sich das Problem typischerweise in kleineren Anlagen, bei denen selbstständig gebuchte Wohnungen abrechnungsmäßig mit selbstständig gebuchten PkwStellplätzen zusammengefasst werden.
V. Anmeldung bei „werdenden Wohnungseigentümern“ 102
Die Berechtigung zur Anmeldung privilegierter Hausgeldansprüche in einem von dritter Seite betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren besteht nur dann, wenn der eingetragene Ei111 RegE v. 9.3.2006, BT-Drucks. 16/887, S. 46. 112 RegE v. 9.3.2006, BT-Drucks. 16/887, S. 46 f. 113 LG Passau v. 4.3.2008 – 2 T 22/08, Rpfleger 2008, 381.
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Berücksichtigung im geringsten Gebot
Rz. 105 § 45
gentümer auch der Vollstreckungsschuldner und der rechtsfähige Verband der Gläubiger dieser Ansprüche ist. Auf beiden Seiten gilt es, Besonderheiten zu beachten: 1. Vollstreckungsschuldner Das Zwangsversteigerungsverfahren ist nur zulässig, wenn es sich gegen den eingetragenen Eigentümer als Vollstreckungsschuldner richtet (§ 17 Abs. 1). Der im Grundbuch eingetragene Eigentümer ist jedoch dann nicht mit dem Schuldner der Hausgeldbeiträge identisch, wenn auf den Erwerber einer Eigentumswohnung WEG-Vorschriften mit den Kosten- und Lastentragungsregelungen gem. § 16 Abs. 2 WEG bereits vorverlagert zur Anwendung kommen. Dies ist dann der Fall, wenn der Erwerber bereits die Rechtsstellung eines werdenden Wohnungseigentümers erlangt hat. Dazu muss nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH – der auf einem wirksamen Erwerbsvertrag beruhende Übereignungsanspruch des Erwerbers – durch eine im Grundbuch eingetragene Vormerkung gesichert sein – und ihm der Besitz an der Wohnung eingeräumt worden sein.114 In diesem Fall kommt die Verpflichtung zur Zahlung der Hausgeldbeiträge allein dem Wohnungserwerber zu; es besteht auch keine gesamtschuldnerische Haftung mit dem noch eingetragenen Eigentümer (idR dem Bauträger), weil die Mitgliedschaftsrechte unteilbar sind. Sollte der Erwerber also bereits die Rechtsstellung eines werdenden Wohnungseigentümers erlangt haben, kann der rechtsfähige Verband seine Ansprüche in einem gegen den eingetragenen Eigentümer gerichteten Zwangsversteigerungsverfahren nicht anmelden, weil er das Verfahren mangels Voreintragung des werdenden Wohnungseigentümers auch nicht gegen diesen persönlich betreiben könnte.115
103
Die Geltendmachung von Hausgeldansprüchen im Versteigerungsverfahren ist in einem solchen Fall sogar gänzlich ausgeschlossen. Dies gilt jedenfalls solange, wie man entgegen der hier vertretenen Auffassung den wohnungseigentumsrechtlichen Hausgeldansprüchen mit dem BGH116 eine dingliche Wirkung versagen will.117 Zum Problem s. ausf. § 10 Rz. 48 ff.
104
2. Rechtsfähiger Verband als Gläubiger Eine Zwangsversteigerung wegen rückständiger Hausgeldbeiträge gegen den im Grundbuch eingetragenen Eigentümer kommt allerdings bei einer werdenden Eigentümergemeinschaft dann in Betracht, wenn der teilende Eigentümer noch nicht sämtliche Wohnungseinheiten abveräußert hat und er somit bezüglich der ihm noch verbliebenen Einheiten Schuldner der Hausgeldbeiträge ist. Auch in diesem Fall können Hausgeldansprüche nur durch den (wer-
114 BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, MietRB 2016, 74 = MDR 2016, 264 = ZfIR 2016, 237 = ZWE 2016, 169; BGH v. 24.7.2015 – V ZR 275/14, BGHZ 206, 281 = MDR 2015, 1171 = NJW 2015, 2877 = ZWE 2015, 406; BGH v. 11.5.2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 = MDR 2012, 958 = NJW 2012, 2650 = Rpfleger 2012, 641 = ZfIR 2012, 603 = ZWE 2012, 369; BGH v. 5.6.2008 – V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 = MDR 2008, 1088 = NJW 2008, 2639 = Rpfleger 2008, 564 = ZfIR 2008, 866 = ZWE 2008, 378. 115 BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = ZfIR 2018, 232; Schneider, ZWE 2018, 172. 116 BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = ZfIR 2018, 232; BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = MDR 2013, 1309 = NJW 2013, 3515 = Rpfleger 2014, 31 = ZfIR 2013, 806 = ZWE 2013, 466. 117 Unverändert a.A. Bärmann/Becker, § 16 Rz. 187b ff.; Becker, ZfIR 2013, 809; Böttcher, § 10 Rz. 19; Schneider, ZWE 2018, 172; Schneider, ZWE 2014, 61; Stöber, § 10 Rz. 4.3; nachfolgend Stöber/ Achenbach, 22. Aufl., § 10 Rz. 31 aE f.
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105
§ 45 Rz. 105 Berücksichtigung im geringsten Gebot denden) Verband Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden.118 Insoweit ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob die (werdende) Wohnungseigentümergemeinschaft dann auch im Außenverhältnis als rechtsfähig anzusehen ist und ob die werdende und die endgültige Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 10 Abs. 6 S. 1 WEG identisch sind. a) Außenrechtsfähigkeit des (werdenden) Verbandes 106
Richtigerweise wird man von der Außenrechtsfähigkeit des (werdenden) Verbandes zumindest analog § 10 Abs. 6 S. 1 WEG auszugehen haben, weil nur auf diese Weise eine sinnvolle Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage im Anlaufstadium sichergestellt werden kann. Die Rechtsfigur des werdenden Wohnungseigentümers macht nur Sinn, wenn sie von einem zur Durchsetzung von Beschlüssen und Ansprüchen befähigten rechtsfähigen Verband flankiert wird.119 Dies sieht der BGH offenbar ebenso, wenn er ohne weiteres die Parteifähigkeit des (werdenden) Verbandes für die Durchsetzung von Hausgeldansprüchen annimmt.120 b) Verbandsidentität
107
Der Verband ist jedoch nicht als eigenständiger (werdender) Verband zu qualifizieren. Vielmehr ist die Entstehung des rechtsfähigen Verbandes insgesamt in das Gründungsstadium vorzuverlegen; einer späteren Überleitung von Rechten auf den (endgültigen) Verband nach rechtlicher Invollzugsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf es deshalb nicht. Es gibt nach h.M. keine abgestufte Genese des rechtsfähigen Verbandes.121
108
Für das Vollstreckungsgericht entfällt nach dieser hier vertretenen Auffassung eine zukünftige Prüfung des sich möglicherweise während des Verfahrens ändernden Gläubigerstatus; die Verbandsidentität ist gewahrt. 3. Prüfung durch das Vollstreckungsgericht
109
Angesichts der auch an tatsächliche Umstände anknüpfenden Voraussetzungen für das Vorliegen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft kann es im Einzelfall für das Vollstreckungsgericht mit Schwierigkeiten verbunden sein, die fehlende Identität von Wohnungseigentümer und Vollstreckungsschuldner zu erkennen.122 a) Mit der Grundbucheintragung übereinstimmende Glaubhaftmachung
110
Das Vollstreckungsgericht wird sich zunächst an die Grundbucheintragung zu halten haben. Ergibt die notwendige Glaubhaftmachung sodann, dass sich die geltend gemachten Hausgeldrückstände gegen den eingetragenen Wohnungseigentümer richten (regelmäßig noch den Bauträger), steht einer Berücksichtigung im Versteigerungsverfahren nichts entgegen.
118 Vgl. BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = ZfIR 2018, 232. 119 Schneider, ZWE 2018, 172; Schneider, ZfIR 2016, 467 je mwN. 120 BGH v. 8.12.2017 – V ZR 82/17, MDR 2018, 463 = NJW 2018, 1613 = ZfIR 2018, 232; zuvor bereits BGH v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, MietRB 2016, 74 = MDR 2016, 264 = ZfIR 2016, 237 = ZWE 2016, 169: Parteifähigkeit jedenfalls insoweit, als der Verband die aus dem Innenverhältnis herrührenden Ansprüche gerichtlich geltend macht. 121 Bärmann/Suilmann, § 10 Rz. 205; Dötsch ZfIR 2016, 239, 240; Hügel, ZWE 2010, 122; Elzer/Schneider, in Riecke/Schmid, § 8 Rz. 101; Lehmann-Richter in Riecke/Schmid, § 10 Rz. 39 f.; J.-H. Schmidt, PiG 93 (2012), 107, 119; a.A. Becker, ZfIR 2008, 869; H. Müller, FS Merle (2010), S. 255, 259. 122 Zu den Schwierigkeiten des WEG-Verwalters s. Schneider, ZWE 2018, 172.
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Wiederkehrende Naturalleistungen
§ 46
b) Im Grundbuch verlautbarte Erwerbsvormerkung Denkbar ist aber auch, dass trotz übereinstimmender Grundbucheintragung und Glaubhaftmachung im Wohnungsgrundbuch bereits eine Erwerbsvormerkung für den Käufer eingetragen ist. Das Vollstreckungsgericht trifft in einem solchen Fall von Amts wegen keine weitergehende Ermittlungspflicht. Zum einen können die gegen den eingetragenen Wohnungseigentümer geltend gemachten Hausgeldansprüche noch aus der Zeit vor der Veräußerung der Wohnung stammen, zum anderen besagt die Eintragung der Vormerkung für sich allein noch nichts über den Status des Erwerbers; es müssten noch weitere Merkmale hinzutreten, um von einem werdenden Wohnungseigentümer sprechen zu können. Einer Berücksichtigung der angemeldeten Hausgeldrückstände im Versteigerungsverfahren steht also auch in diesem Fall nichts entgegen. Zum Rechtsbehelf s. Rz. 113.
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c) Wohnungserwerber als Hausgeldschuldner Letztlich könnte sich bei der Anmeldung in einem von dritter Seite gegen den eingetragenen Wohnungseigentümer betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren ergeben, dass dem Vollstreckungsgericht die rückständigen Hausgeldbeträge durch Unterlagen glaubhaft gemacht werden sollen, die den im Grundbuch durch eine Vormerkung gesicherten Wohnungserwerber als Schuldner ausweisen. In diesem Fall verbleibt dem Vollstreckungsgericht nach einem entsprechenden Hinweis nur die Nichtberücksichtigung solchermaßen geltend gemachter Ansprüche, wenn es der aktuellen BGH-Rechtsprechung zum ausschließlich persönlichen Charakter von Hausgeldansprüchen folgen will. Zum Rechtsbehelf s. Rz. 113.
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G. Rechtsbehelf Die Feststellung des geringsten Gebotes kann nicht selbstständig angefochten werden (§ 95 ZVG).123 Dies gilt auch für eine berücksichtigte oder nicht berücksichtigte Anmeldung. Es handelt sich insoweit um nicht selbstständig anfechtbare Zwischenentscheidungen. Sollte das geringste Gebot jedoch fehlerhaft aufgestellt worden sein, kann ein daraufhin ergangener Zuschlag mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (§§ 83 Nr. 1, 100).124
113
Kommt es aufgrund eines fehlerhaft aufgestellten geringsten Gebots mangels abgegebener Gebote zur Aufhebung (§ 77 Abs. 1) bzw. einstweiligen Einstellung des Versteigerungsverfahrens (§ 77 Abs. 2), ist der entsprechende Beschluss mit sofortiger Beschwerde anfechtbar (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 793 ZPO, § 95 ZVG).125
114
§ 46 [Wiederkehrende Naturalleistungen] Für wiederkehrende Leistungen, die nicht in Geld bestehen, hat das Gericht einen Geldbetrag festzusetzen, auch wenn ein solcher nicht angemeldet ist.
123 BayObLG v. 13.2.1959 – BReg. 2 Z 203/1958, BayObLGZ 1959, 50. 124 Vgl. BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 = NotBZ 2014, 463 m. Anm. Suppliet = MietRB 2014, 268 = MDR 2014, 988 = NJW 2014, 2445 = Rpfleger 2014, 613 = ZfIR 2014, 654 = ZMR 2014, 896 = ZWE 2014, 378. 125 LG Frankfurt/M. v. 29.12.1958 – 2/9 T 731/58, NJW 1959, 1442.
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§ 46 Rz. 1 Wiederkehrende Naturalleistungen
A. B. C. I.
Normzweck . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . Festsetzung eines Geldbetrages Umrechnung wiederkehrender Naturalleistungen . . . . . . . . . II. Festsetzungsverfahren . . . . . .
...... ...... ......
Rz. 1 2 3
...... ......
3 5
Rz. 1. Berücksichtigung des Geldbetrages im geringsten Gebot . . . . . . . . . . . . . 2. Amtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 3. Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . 4. Festsetzungsbeschluss . . . . . . . . . . 5. Wirkung der Festsetzung . . . . . . . . III. Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. 5 . 6 . 8 . 9 . 10 . 11
A. Normzweck 1
In das geringste Gebot ist nach der Grundbuchlage auch ein Recht aufzunehmen, das keinen auf Kapitalzahlung gerichteten Inhalt hat. Für das Recht selbst ist dabei gem. § 51 Abs. 2 ein Zuzahlungsbetrag durch das Vollstreckungsgericht festzusetzen. Sind nach dem Inhalt eines solchen Rechts wiederkehrende Sachleistungen zu entrichten, fallen auch diese unter die Regelung des § 45 Abs. 2. Sie können jedoch von Amts wegen im bar zu zahlenden Teil nur berücksichtigt werden (§ 49 Abs. 1), wenn sie zuvor in einen Geldbetrag umgerechnet worden sind. Die Vorschrift hat keine Bedeutung für das Anordnungsverfahren; hier ist ein auf Zahlung von Geld gerichteter Vollstreckungstitel unerlässliche Voraussetzung.1
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift findet in allen Versteigerungsverfahren, nicht jedoch in der Zwangsverwaltung Anwendung; sie gilt auch für die Verteilung.2
C. Festsetzung eines Geldbetrages I. Umrechnung wiederkehrender Naturalleistungen 3
In einen Geldbetrag umzurechnen sind alle Rechte, die eine regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrende Naturalleistungspflicht des Eigentümers zum Inhalt haben. Nicht erfasst von § 46 werden daher Nießbrauchsrechte, da dem Eigentümer insoweit nur Duldungs- und keine Leistungspflichten obliegen.3
4
In Betracht kommen insbesondere4: – In der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1: Wegebaulasten und ähnliche Dienstleistungen. – In der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1: Leistungen aus einer Reallast oder einem Altenteil; ausnahmsweise (nach Reallastvorschriften zu behandelnde Neben-)Leistungen aus einer Dienstbarkeit gem. § 1021 Abs. 1 BGB; ein in Sachleistungen zu entrichtender Erbbauzins.
1 2 3 4
LG Deggendorf v. 22.1.1990 – 1 T 3/90, Rpfleger 1990, 308. Insoweit widersprüchlich Stöber, § 46 ZVG Rz. 1 u. Rz. 2.5. Steiner/Eickmann, § 46 ZVG Rz. 4 aE. Vgl. Böttcher, § 46 ZVG Rz. 2; Steiner/Eickmann, § 46 ZVG Rz. 4; Stöber, § 46 ZVG Rz. 2.1; die mehrfach als Beispiel genannten Kirchen- und Schullasten sind entfallen, vgl. Depré/Bachmann, § 46 ZVG Rz. 3 m Fn. 1.
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Wiederkehrende Naturalleistungen
Rz. 10 § 46
II. Festsetzungsverfahren 1. Berücksichtigung des Geldbetrages im geringsten Gebot Die Festsetzung eines Geldbetrages für Naturalleistungen dient allein der Berechnung des geringsten Bargebots (vgl. Rz. 1). Demgemäß hat eine Festsetzung für solche wiederkehrenden Leistungen zu unterbleiben, die nicht in das geringste Gebot aufzunehmen sind.5
5
2. Amtsverfahren Die Umrechnung der Naturalleistungen hat zwingend von Amts wegen zu erfolgen („hat das Gericht … festzusetzen“).6 Dabei ist ein Geldbetrag festzusetzen, der objektiv den Wert der zu berücksichtigenden Naturalleistungen wiedergibt. Ggf. kann das Vollstreckungsgericht hierfür einen Sachverständigen hinzuziehen.
6
Einer Anmeldung kann insoweit allenfalls Indizwirkung zukommen; sie bindet das Gericht nicht. Allerdings soll eine Anmeldung auch in diesem Fall den festzusetzenden Betrag in der angemeldeten Höhe begrenzen (§ 308 Abs. 1 ZPO).7
7
3. Maßgeblicher Zeitpunkt Es ist der Wert festzusetzen, den die einzelnen Leistungen im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Fälligkeit hatten.8 Dagegen kommt es nicht auf den Wert bei der Bestellung oder Eintragung des Rechts in das Grundbuch an. Die Festsetzung hat dabei bis zu dem gem. § 47 maßgeblichen Zeitpunkt zu erfolgen.
8
4. Festsetzungsbeschluss Die Festsetzung des Umrechnungsbetrages hat richtigerweise durch begründeten Beschluss zu erfolgen.9 Zuvor ist dem Berechtigten des Rechts rechtliches Gehör zu gewähren.
9
5. Wirkung der Festsetzung Die Wirkung der Festsetzung beschränkt sich zunächst auf das geringste Gebot. Auf die Fest- 10 setzung des Zuzahlungsbetrages gem. § 51 kann sie sich unmittelbar nicht auswirken, weil § 46 nur wiederkehrende Leistungen betrifft, während § 51 sich auf das Stammrecht bezieht.10 Auch für eine Zuschlagsversagung gem. §§ 74a Abs. 1, 85a Abs. 1 spielt die Festsetzung keine Rolle; der Geldbetrag wird nämlich in den Barteil des geringsten Gebots eingestellt.11 Allerdings ersetzt die Festsetzung auch für das Verteilungsverfahren Anmeldung und Glaubhaftmachung des Anspruchs.12 Streitig ist insoweit, ob eine höhere Anmeldung im Verteilungsverfahren mit der Rangverschiebung des § 110 sanktioniert wird.13 5 So auch Stöber, § 46 ZVG Rz. 2.2 aE. 6 Heute allgem. M.; a.A. noch OLG Celle v. 27.4.1951 – 7 WLw 103/51, NdsRpfl 1951, 139. 7 Böttcher, § 46 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 46 ZVG Rz. 3; Steiner/Eickmann, § 46 ZVG Rz. 6; Stöber, § 46 ZVG Rz. 2.3. 8 Steiner/Eickmann, § 46 ZVG Rz. 7 unter Hinweis auf ältere Rspr. 9 Böttcher, § 46 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 46 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 46 ZVG Rz. 4; a.A. Stöber, § 46 ZVG Rz. 2.4. 10 Steiner/Eickmann, § 46 ZVG Rz. 9. 11 Dassler u.a./Hintzen, § 46 ZVG Rz. 4. 12 Böttcher, § 46 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 46 ZVG Rz. 4; Steiner/Eickmann, § 46 ZVG Rz. 10. 13 Für Rangverlust: Böttcher, § 46 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 46 ZVG Rz. 5; Steiner/Eickmann, § 46 ZVG Rz. 13; a.A. kein Rangverlust: Depré/Bachmann, § 46 ZVG Rz. 5; Stöber, § 46 ZVG Rz. 2.5.
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§ 46 Rz. 11 Wiederkehrende Naturalleistungen
III. Rechtsbehelf 11
Der Festsetzungsbeschluss selbst kann als unselbstständige Zwischenentscheidung ebenso wenig angefochten werden wie das geringste Gebot (§ 95).
12
Halten die Beteiligten die Festsetzung des Geldbetrages für zu hoch, kommt die Anfechtung eines Zuschlagsbeschlusses mangels Beeinträchtigung nicht in Betracht (§ 84). Allenfalls verbleibt die Möglichkeit eines Widerspruchs gegen den Teilungsplan (§ 115).
13
Hält der Berechtigte die Festsetzung des Geldbetrages für zu niedrig, so kann er den Zuschlag anfechten. Zur Problematik der Anmeldung eines höheren Betrages im Verteilungsverfahren s. Rz. 10.
§ 47 [Wiederkehrende Geldleistungen] Laufende Beträge regelmäßig wiederkehrender Leistungen sind für die Zeit bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin zu decken. Nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen werden mit den Beträgen berücksichtigt, welche vor dem Ablauf dieser Frist zu entrichten sind.
A. B. C. I. II.
Rz. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 2 Wiederkehrende Geldleistungen . . . . . 3 Regelmäßig wiederkehrende Leistungen (§ 47 S. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen (§ 47 S. 2) . . . . . . . . . . . . 9
Rz. D. Beschränkung des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Nichtbeachtung von § 47 . . . . . . . . I. Unterbrechung oder Vertagung des Versteigerungstermins . . . . . . . . . . II. Überschreiten der Zwei-Wochen-Frist III. Fehlerhafte Berechnung . . . . . . . . . IV. Abweichen von § 47 . . . . . . . . . . .
. . 11 . . 13 . . . .
. . . .
13 14 15 16
A. Normzweck 1
Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen sind für Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3 des § 10 und für bestehenbleibende Rechte bis zum Tag der Zuschlagserteilung bar aus dem Versteigerungserlös zu decken (vgl. §§ 49 Abs. 1, 45 Abs. 2). Mit dem Tag der Zuschlagserteilung (eingeschlossen) hat diese Leistungen der Ersteher zu tragen (§ 56 S. 2). Die entsprechenden Beträge müssen also zur Gewährleistung des Deckungsgrundsatzes aus dem Versteigerungserlös zur Verfügung stehen. Da der Zuschlagstermin bei Aufstellung des geringsten Gebots aber noch nicht bekannt ist und die Zuschlagserteilung auch in einem späteren Termin erfolgen kann (vgl. § 87 Abs. 1)1, räumt § 47 für solche Fälle einen gewissen zeitlichen „Puffer“ ein.2 Auf diese Weise soll also ein Gläubiger insbesondere dann vor einem Ausfall geschützt werden, wenn ein Meistgebot lediglich in Höhe des geringsten Gebots abgegeben wird. Vor diesem Hintergrund ist die Berechnung des § 47 nur eine vorläufige; im Teilungsplan kann dann in Kenntnis des Zuschlagstermins die endgültige Berechnung erfolgen. 1 Vgl. Goldbach, ZfIR 2013, 793. 2 BVerwG v. 14.8.1992 – 8 C 15/90, NJW 1993, 871 = Rpfleger 1992, 443.
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Wiederkehrende Geldleistungen
Rz. 8 § 47
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift findet in allen Versteigerungsverfahren Anwendung. Sie gilt nur für die Aufstellung des geringsten Gebots, nicht aber im Verteilungsverfahren. In der Zwangsverwaltung findet sie keine Anwendung. Zur Beschränkung des Anwendungsbereichs s. Rz. 11.
2
C. Wiederkehrende Geldleistungen Das Gesetz unterscheidet zwischen regelmäßig und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen.
3
I. Regelmäßig wiederkehrende Leistungen (§ 47 S. 1) Werden wiederkehrende Leistungen in regelmäßigen Abständen fällig, sind sie im Mindestbargebot ohne Rücksicht auf deren Fälligkeit3 mit einem Betrag bis zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin zu decken (§ 47 S. 1). Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Hauptoder Nebenleistungen handelt.
4
Beispiel Die Zinsen einer Grundschuld sind jährlich im Voraus am 1.10. eines Kalenderjahres fällig. Beschlagnahme erfolgte am 20.2.2019. Versteigerungstermin ist anberaumt für den 1.10.2019. Berechnung der laufenden Zinsen demgemäß vom 1.10.2018 bis zum 15.10.2019.
5
Sind die regelmäßig wiederkehrenden Leistungen nicht in Geld bestimmt, so müssen sie zunächst nach § 46 umgerechnet werden. Waren vor dem Versteigerungstermin keine Leistungen zu entrichten, begründet § 47 für die zwei Wochen auch keine weitergehende Leistungspflicht (z.B. für eine bis zum Zuschlag unverzinsliche Eigentümergrundschuld).4
6
Insbesondere werden gem. § 47 S. 1 berechnet: – In der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1: fällige wohnungseigentumsrechtliche Hausgeldforderungen, ggf. unter Begrenzung auf 5 % des festgesetzten Verkehrswertes gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 3. – In der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1: kommunale Grundsteueransprüche. – In der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1: – Zinsen sowie andere Nebenleistungen bestehenbleibender Grundpfandrechte; – Hauptleistungen einer bestehenbleibenden Reallast (auch einer Erbbauzinsreallast oder eines Altenteilsrechts).
7
Werden die regelmäßig wiederkehrenden Leistungen entgegen § 47 lediglich bis einen Tag vor dem Versteigerungstermin angemeldet (also wie im Verteilungsverfahren, wenn Zuschlagserteilung im Versteigerungstermin erfolgte), wird eine solche Anmeldung regelmäßig dahingehend ausgelegt werden können, dass die fehlenden 15 (!) Tage5 hinzuzurechnen sein werden.6 Das Problem stellt sich in der Praxis hauptsächlich bei Hausgeld- und Grundsteueransprüchen.
8
3 Allgemein Steiner/Eickmann, § 47 ZVG Rz. 3; für öffentliche Lasten BVerwG v. 14.8.1992 – 8 C 15/90, NJW 1993, 871 = Rpfleger 1992, 443. 4 Stöber, § 47 ZVG Rz. 2.3. 5 Es fehlen der Zuschlagstag selbst sowie die in § 47 vorgeschriebenen weiteren 14 (vollständigen) Tage. 6 Böttcher, § 47 ZVG Rz. 2; Stöber, § 47 ZVG Rz. 2.6.
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§ 47 Rz. 9 Wiederkehrende Geldleistungen
II. Nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen (§ 47 S. 2) 9
10
Nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen, zu denen auch einmalige Leistungen gehören, werden mit den Beträgen berücksichtigt, die vor dem Ablauf der zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin fällig werden (§ 47 S. 2). Insbesondere werden gem. § 47 S. 2 berechnet: – In der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1: kommunale Erschließungskostenbeiträge; – In der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1: Im Bedarfsfall Arztkosten eines Altenteilsberechtigten.7
D. Beschränkung des Anwendungsbereichs 11
Nach dem Normzweck will § 47 den Deckungsgrundsatz für die Zwangsversteigerung sicherstellen. Nach dem Zuschlag treffen die Leistungspflichten dann den Ersteher (s. Rz. 1). Nun sind allerdings Fallgestaltungen denkbar, in denen sich keine Zahlungspflicht des Erstehers anschließt und die Ansprüche gleichwohl im geringsten Gebot bar gedeckt sein müssen. Abgestellt werden muss dann auf die tatsächliche Befriedigung dieser Gläubiger. In solchen Fällen sind daher die Ansprüche zur Wahrung des Deckungsgrundsatzes bis zum voraussichtlichen Verteilungstermin – und nicht nur bis zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin – zu berücksichtigen.8
12
Diese Besonderheit tritt in folgenden Konstellationen auf: – Die Feststellung des geringsten Gebots richtet sich nach Einstellung eines bisher betreibenden persönlichen Gläubigers nach einem nachrangigen Anspruch (vgl. die Kommentierung zu § 44 Rz. 19). – Die in § 128 Abs. 4 bezeichnete Sicherungshypothek ist im geringsten Gebot zu berücksichtigen (vgl. die Kommentierung zu § 128 Rz. 65). – Für Zwangsverwaltungsvorschüsse sind Zinsen gem. § 155 Abs. 3 zu berücksichtigen.
E. Nichtbeachtung von § 47 I. Unterbrechung oder Vertagung des Versteigerungstermins 13
Die Unterbrechung des Versteigerungstermins und seine Fortsetzung an einem anderen Tag führen nicht zur Neuberechnung des geringsten Gebots; es handelt sich insoweit um einen einheitlichen Termin. Anders verhält es sich bei einer Vertagung gem. § 227 Abs. 1 S. 1 ZPO; hier ist das geringste Gebot unter Beachtung des § 47 neu zu berechnen.9
7 Nach Stöber, § 47 ZVG Rz. 2.2. 8 Allgem. M.: Böttcher, § 47 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 47 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 47 ZVG Rz. 7 f.; Steiner/Eickmann, § 47 ZVG Rz. 11 ff.; Stöber, § 47 ZVG Rz. 4. 9 OLG Köln v. 13.2.1984 – 2 W 179/83, OLGZ 1984, 245 = Rpfleger 1984, 280; Dassler u.a./Hintzen, § 47 ZVG Rz. 2; Steiner/Eickmann, § 47 ZVG Rz. 16.
570
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Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch
§ 48
II. Überschreiten der Zwei-Wochen-Frist Wird der Zuschlag erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 47 erteilt (z.B. durch das Beschwerdegericht gem. § 101 Abs. 1), wird dadurch die ursprüngliche Berechnung des geringsten Gebots nicht unrichtig. Es liegt selbst dann kein Zuschlagsversagungsgrund vor, wenn der Zuschlag auf ein Gebot in Höhe des geringsten Gebots erfolgte.10 Den aufgrund der gewachsenen Ansprüche bei den vorgehenden Berechtigten eintretenden Ausfall des Rangletzten im geringsten Gebot nimmt das Gesetz als Verstoß gegen den Deckungsgrundsatz bewusst in Kauf.11
14
III. Fehlerhafte Berechnung In einer fehlerhaften Berechnung nach § 47 durch das Vollstreckungsgericht kann grundsätzlich ein Zuschlagsversagungsgrund gem. § 83 Nr. 1 liegen. Eine Verletzung des § 47 ist jedoch dann ohne Bedeutung, wenn das bare Meistgebot höher ist als das geringste Bargebot bei zutreffender Berechnung.12
15
IV. Abweichen von § 47 Vor diesem Hintergrund ist es ausgeschlossen, dass das Vollstreckungsgericht von sich aus im Einzelfall die Zwei-Wochen-Frist verlängert. Denkbar wären entsprechende Überlegungen z.B., wenn die Verweigerung einer notwendigen Zustimmung des Grundstückseigentümers gem. § 5 Abs. 1 ErbbauRG bei der Zwangsversteigerung eines Erbbaurechts bereits im Vorfeld angekündigt und das gerichtliche Ersetzungsverfahren gem. § 7 Abs. 1 u. 3 ErbbauRG damit absehbar ist. § 47 ist zwingendes Recht und im Interesse der Rechtssicherheit nicht disponibel; ein darüber hinausgehendes geringstes Gebot kann die Versteigerbarkeit eines Grundstücks auch beeinträchtigen.
§ 48 [Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch] Bedingte Rechte sind wie unbedingte, Rechte, die durch Eintragung eines Widerspruchs oder einer Vormerkung gesichert sind, wie eingetragene Rechte zu berücksichtigen.
A. B. C. I. II.
Normzweck . . . . . . Anwendungsbereich . Bedingte Rechte . . . Grundsatz . . . . . . . Abgrenzungen . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
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. . . . .
. . . . .
. . . . .
Rz. 1 2 3 3 6
Rz. 1. Hypothekenbestellung für eine bedingte Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Höchstbetragshypothek . . . . . . . . . . 3. Betagtes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . D. Widerspruchsgesicherte Rechte . . . . I. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 6 . 7 . 8 . 10 . 10
10 Böttcher, § 47 ZVG Rz. 1. 11 Dassler u.a./Hintzen, § 47 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 47 Rz. 1. 12 LG Frankfurt v. 27.6.1988 – 2/9 T 663/88, NJW-RR 1988, 1276 = Rpfleger 1988, 494; Stöber, § 47 ZVG Rz. 2.5.
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§ 48 Rz. 1 Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch
II. E. I. II. III. 1. 2.
Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . Vormerkungsgesicherte Rechte . Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . Erwerbsvormerkung . . . . . . . . Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . Novation und Extension . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
Rz. 12 13 13 14 15 15 17
3. 4. 5. IV. F.
Pfändung und Verpfändung . . . . . Wirksamkeitsvermerk . . . . . . . . . Anfechtung der Erwerbsvormerkung Wiederkaufsrecht . . . . . . . . . . . . Nichtberücksichtigung bedingter, widerspruchs- und vormerkungsgesicherter Rechte . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
Rz. 21 23 24 25
. . . 26
Literatur: Amann, Wiederverwendung unwirksamer Eigentumsvormerkungen Grundlagen und Konsequenzen des Urteils des BGH vom 26.11.1999 – V ZR 432/98 –, MittBayNot 2000, 197; Buchinger/Jagusch, Wiederaufladbare Vormerkung – Weiterverwendung einer „alten“ Vormerkung?, ZfIR 2016, 126; Demharter, Anm. zur Erstreckung einer Vormerkung auf weitere Rücktrittsgründe, MittBayNot 2008, 214; Frank, Zum Wirksamkeitsvermerk bei Finanzierungsgrundpfandrechten des vormerkungsberechtigten Grundstückskäufers, MittBayNot 1996, 271; Lehmann, Vorrang oder Zustimmung – Wie wird ein eigentumsvormerkungswidriges Finanzierungsgrundpfandrecht wirksam?, NJW 1993, 1558; Reymann, Das Aufladen bzw. Wiederverwenden der Vormerkung ist tot, es lebe das Kongruieren, MittBayNot 2013, 456; Schneider, Anm. zum Vorrang privilegierter Hausgeldansprüche gegenüber einer Erwerbsvormerkung, ZfIR 2014, 657; Skidzun, Der Wirksamkeitsvermerk, Rpfleger 2002, 9; Stöber, Wirksamkeitsvermerk und Zwangsversteigerung MittBayNot 1997, 143; J. Weber, Das Rangklassenprivileg der Wohnungseigentümergemeinschaft – Herausforderung für Rechtsdogmatik und Vertragsgestaltung, DNotZ 2014, 738; Zimmer, Neue Eigentumsvormerkung ohne neue Grundbucheintragung?, NJW 2000, 2978.
A. Normzweck 1
§ 48 ergänzt die Regelungen zur Aufstellung des geringsten Gebots für besondere Fallgestaltungen. Weil für einen künftigen Ersteher klar sein muss, mit welchen wirtschaftlichen Belastungen sein Eigentumserwerb verbunden sein wird, kann die Feststellung des geringsten Gebots nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden.1 Aus diesem Grunde muss der betragsmäßige Umfang des geringsten Gebotes feststehen. Im geringsten Gebot stehende bedingte Rechte werden deshalb wie unbedingte behandelt. Widerspruchs- und vormerkungsgesicherte Rechte werden im Hinblick auf deren Schutzwirkung den bedingten Rechten gleichgestellt. Sollte sich später herausstellen, dass ein solchermaßen in das geringste Gebot aufgenommenes Rechts nicht besteht, erfolgt die Korrektur der dadurch eintretenden wirtschaftlichen Minderbelastung des Erstehers über den von ihm zu entrichtenden Zuzahlungsbetrag gem. §§ 50, 51.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift findet in allen Versteigerungsverfahren Anwendung; sie gilt nur für die Aufstellung des geringsten Gebotes. Für erlöschende Rechte gilt § 48 nicht; zu deren Behandlung im Verteilungsverfahren s. §§ 119, 120 und 125. Keine Anwendung findet § 48 auch in der Zwangsverwaltung.
1 Denkschrift, S. 46.
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Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch
Rz. 9 § 48
C. Bedingte Rechte I. Grundsatz Bedingte Rechte werden im geringsten Gebot wie unbedingte behandelt (§ 48 Var. 1). Ein be- 3 dingtes Recht liegt dann vor, wenn sein Bestand von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht ist.2 Die Bedingung kann entweder eine aufschiebende (§ 158 Abs. 1 BGB) oder eine auflösende sein (§ 158 Abs. 2 BGB); für die Anwendung des § 48 macht dies keinen Unterschied.3 Grundsätzlich können alle dinglichen Rechte unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung bestellt werden. Einschränkungen bestehen insoweit lediglich für auflösende Bedingungen bei Erbbaurechten (vgl. § 1 Abs. 4 ErbbauRG) sowie für auflösende und aufschiebende Bedingungen bei Dauerwohn- und -nutzungsrechten (vgl. § 33 Abs. 1 S. 2 WEG).
4
Als bedingte Rechte gelten auch Ansprüche mit unbestimmtem Betrag (vgl. § 14).
5
II. Abgrenzungen 1. Hypothekenbestellung für eine bedingte Forderung Erfolgt die Bestellung einer Hypothek zur Sicherung einer bedingten Forderung, so entsteht das dingliche Recht selbst unbedingt und ist voll wirksam. § 48 ist demgemäß nicht anwendbar. Der Bestand der Forderung ist lediglich maßgeblich für die Frage, ob das Grundpfandrecht als Fremdrecht oder als Eigentümerrecht besteht. Bis zum Bedingungseintritt (aufschiebende Bedingung; vgl. dazu § 1163 Abs. 1 S. 1 BGB) bzw. nach diesem Zeitpunkt (auflösende Bedingung; vgl. dazu § 1163 Abs. 1 S. 2 BGB) besteht das dingliche Recht als Eigentümerrecht.
6
2. Höchstbetragshypothek Auch eine Höchstbetragshypothek ist kein bedingtes Recht iSd § 48. Das dingliche Recht entsteht mit der Grundbucheintragung von Anfang an wirksam in voller Höhe; lediglich die Person des Berechtigten ist in Abhängigkeit von der Valutierung noch unklar (Gläubiger oder Eigentümer).
7
3. Betagtes Recht Ein betagtes Recht liegt vor, wenn nicht das Entstehen des Rechtes selbst, sondern lediglich dessen Fälligkeit hinausgeschoben ist (vgl. § 813 Abs. 2 BGB).4 Auch betagte Rechte fallen nach dem Normzweck nicht in den Anwendungsbereich des § 48.5
8
Ein betagter Anspruch ist demgemäß bei den bestehenbleibenden Rechten in voller Höhe einzustellen; ist der unverzinsliche betagte Anspruch in den Barteil aufzunehmen, so ist er in entsprechender Anwendung des § 111 S. 2 um den Zwischenzins zu kürzen, weil der Gläubiger insoweit vor Eintritt der Fälligkeit befriedigt wird.6
9
2 3 4 5 6
Vgl. Staudinger/Bork, (2015) Vorbem. zu §§ 158–163 BGB Rz. 4. Steiner/Eickmann, § 48 ZVG Rz. 5. Vgl. Staudinger/Bork, (2015) § 163 BGB Rz. 2. Böttcher, § 48 ZVG Rz. 5; Steiner/Eickmann, § 48 ZVG Rz. 14; Stöber, § 48 ZVG Rz. 2.3. Böttcher, § 48 ZVG Rz. 5; Steiner/Eickmann, § 48 ZVG Rz. 16 f.
Schneider
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§ 48 Rz. 10 Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch
D. Widerspruchsgesicherte Rechte I. Grundsatz 10
Widerspruchsgesicherte Rechte werden im geringsten Gebot wie eingetragene Rechte behandelt (§ 48 Var. 2). Das setzt jedoch eine wirksame Eintragung des Widerspruchs in das Grundbuch voraus. Da ein Amtswiderspruch ohne Nennung des oder der Berechtigten inhaltlich unzulässig und von Amts wegen zu löschen ist7, könnte ein solchermaßen unvollständig eingetragener Widerspruch keine Sicherungswirkung entfalten (vgl. § 45 Rz. 20).
11
Die Eintragungsgrundlage des Widerspruchs ist für die Anwendbarkeit des § 48 zunächst ohne Bedeutung (vgl. § 899 BGB, § 1139 BGB, § 18 Abs. 2 GBO, § 23 Abs. 1 GBO, § 53 Abs. 1 S. 1 GBO, § 71 Abs. 2 GBO, § 76 Abs. 1 GBO und § 38 Abs. 1 lit. b) Nr. 2 S. 2 GBV). Auch die Veranlassung der Eintragung (auf Antrag, auf einstweilige Verfügung, von Amts wegen) spielt keine Rolle. Allerdings kommen nach dem Normzweck nur solche Widersprüche in Betracht, die eine Belastungserweiterung sichern.8 Dies trifft nur auf Widersprüche zu, die sich richten – gegen die Löschung eines Rechts oder – gegen die Nichteintragung eines außerhalb des Grundbuchs entstandenen Rechts.
II. Abgrenzung 12
Nicht unter § 48 fallen demgemäß folgende Widerspruchseintragungen; sie sind im geringsten Gebot daher nicht zu berücksichtigen: – Widerspruch gegen das Eigentum des eingetragenen Eigentümers Der Widerspruch sichert nicht das Bestehen eines beschränkten dinglichen Rechts, das in das geringste Gebot aufgenommen werden könnte; es geht vielmehr um das Vollrecht Eigentum. Aus diesem Grund muss der Widerspruchsberechtigte hier gem. § 37 Nr. 5 vorgehen.9 Unterbleibt die rechtzeitige Geltendmachung durch Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens, führt der hoheitliche Übergang des Eigentums im Zuschlagswege zum Untergang des Berichtigungsanspruchs.10 – Widerspruch gegen den aus dem Grundbuch ersichtlichen Rang Der Widerspruchsberechtigte muss außerhalb des Verfahrens seine Rechte im Wege des Schadensersatzes bzw. der Bereicherung durchsetzen.11 – Widerspruch gegen das Bestehen eines eingetragenen Rechts Der Widerspruchsberechtige kann mit der Eintragung des Widerspruchs die bestehende Vermutung des § 891 BGB noch nicht widerlegen.12 Kann er den Berichtigungsanspruch allerdings erfolgreich durchsetzen, so führt dies zur Löschung des Rechts und damit zu einer Reduzierung der bestehenbleibenden Rechte. Der Ausgleich würde über den Zuzahlungsbetrag gem. §§ 50, 51 sichergestellt; profitieren würde davon der nächstausfallende Berechtigte und nicht der Widerspruchsberechtigte (vgl. § 125).13
7 8 9 10 11 12 13
BGH v. 24.1.1985 – V ZB 5/84, MDR 1985, 920 = NJW 1985, 3070 = Rpfleger 1985, 189. Böttcher, § 48 ZVG Rz. 4; Steiner/Eickmann, § 48 ZVG Rz. 24. Dassler u.a./Hintzen, § 48 ZVG Rz. 4; Steiner/Eickmann, § 48 ZVG Rz. 25. Stöber, § 48 ZVG Rz. 4.2. Dassler u.a./Hintzen, § 48 ZVG Rz. 4. OLG München v. 12.8.2015 – 7 U 509/15, zit. juris. Dassler u.a./Hintzen, § 48 ZVG Rz. 4.
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Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch
Rz. 15 § 48
– Widerspruch gegen den eingetragenen Berechtigten Der Widerspruchsberechtigte wendet sich in diesem Fall lediglich gegen die Person des Berechtigten; das Recht als solches ist als bestehenbleibendes in das geringste Gebot aufzunehmen. Hierunter fällt etwa der Widerspruch gem. § 1139 BGB.
E. Vormerkungsgesicherte Rechte I. Grundsatz Vormerkungsgesicherte Rechte werden im geringsten Gebot so behandelt, als wäre schon das endgültige Recht eingetragen (§ 48 Var. 3). Die Eintragungsgrundlage der Vormerkung ist für die Anwendbarkeit des § 48 zunächst ohne Bedeutung (vgl. § 883 BGB, § 18 Abs. 2 GBO oder § 76 Abs. 1 GBO). Allerdings kommen nach dem Normzweck auch hier nur solche Vormerkungen in Betracht, die mit der endgültigen Eintragung eine Belastungserweiterung sichern.14 Dies trifft nur auf Vormerkungen zu, die einen Anspruch sichern auf – Neubestellung eines dinglichen Rechts oder – Haftungserweiterung eines schon bestehenden Rechts.15
13
II. Abgrenzung Nicht unter § 48 fallen demgemäß folgende Vormerkungseintragungen: – Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung eines Rechts („Abtretungsvormerkung“) – Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Aufhebung eines Rechts („Löschungsvormerkung“) – Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung eines Rechts an einem Recht (Nießbrauch gem. § 1068 Abs. 1 BGB oder Pfandrecht gem. § 1273 Abs. 1 BGB) – Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Änderung des eingetragenen Rangs („Rangvormerkung“). Die vorgenannten Vormerkungen bleiben mit der Aufnahme der betreffenden Rechte in das geringste Gebot allerdings als Nebenrechte bestehen.
14
III. Erwerbsvormerkung 1. Grundsätze Eine Erwerbsvormerkung (Eigentumsvormerkung; Auflassungsvormerkung) unterfällt dem Anwendungsbereich des § 48. Dies gilt auch dann, wenn die Vormerkung einen bedingten Auflassungsanspruch sichert.16 Eine Erwerbsvormerkung ist somit kein der Versteigerung ent-
14 BGH v. 7.11.1969 – V ZR 85/66, BGHZ 53, 47 = NJW 1970, 565 = Rpfleger 1970, 60. 15 Böttcher, § 48 ZVG Rz. 3. 16 BGH v. 28.10.1966 – V ZR 11/64, BGHZ 46, 124 = MDR 1967, 34 = NJW 1967, 566 = Rpfleger 1967, 9.
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§ 48 Rz. 15 Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch gegenstehendes Recht, das nach § 37 Nr. 5 einzuordnen wäre.17 Als Sicherungsmittel eigener Art ist eine Erwerbsvormerkung in der Zwangsversteigerung wie ein Recht der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 zu behandeln.18 Geht demgemäß eine Erwerbsvormerkung dem Recht des bestbetreibenden Gläubigers im Rang vor, ist sie in das geringste Gebot aufzunehmen und bleibt bestehen (§§ 44 Abs. 1, 52 Abs. 1 S. 1). Der Eigentumserwerb eines Erstehers ist in diesem Fall dem Vormerkungsberechtigten gegenüber relativ unwirksam gem. § 883 Abs. 2 S. 2 BGB. Der gesicherte Eigentumsverschaffungsanspruch richtet sich unverändert gegen den Vollstreckungsschuldner. Der Ersteher hat der Verwirklichung des gesicherten Anspruchs gem. § 888 BGB zuzustimmen. Der Ersteher hat weder einen Anspruch auf die vom Vormerkungsberechtigten geschuldete Gegenleistung (Kaufpreis)19 noch auf Ersatz seiner im Versteigerungsverfahren gemachten Aufwendungen20; er wird durch den Zuschlag nicht zum Vertragspartner des Vollstreckungsschuldners. 16
Geht die Erwerbsvormerkung dem bestrangig betreibenden Gläubiger dagegen im Rang nach, ist diese nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen und erlischt mit dem Zuschlag (§§ 91 Abs. 1, 52 Abs. 1 S. 2). Dies gilt auch, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 wegen privilegierter Hausgeldansprüche betreibt; sie sind gegenüber einer Erwerbsvormerkung in Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 stets vorrangig.21 Der BGH begründet dieses zutreffende Ergebnis allerdings allein verfahrensrechtlich unter Rückgriff auf die versteigerungsrechtliche Rangklassensystematik („2 vor 4“); eine dingliche Haftung des Wohnungseigentums für privilegierte Hausgeldansprüche lehnt er demgegenüber unverändert ab.22 Soweit infolge der BGH-Rechtsprechung dem Erwerber eines Wohnungseigentums, der bereits vor der Beschlagnahme durch die Eigentümergemeinschaft ein Anwartschaftsrecht erlangt hat,23 die Möglichkeit zur Erhebung einer Drittwiderspruchsklage verbunden mit einer einstweiligen Einstellung gegen die angeordnete Zwangsversteigerung zugestanden wird (§ 37 Nr. 5, §§ 771 Abs. 3 S. 1, 769, 775 Nr. 2 ZPO),24 kann dies nach dem hier vertretenen Ansatz nicht zielführend sein. Das Anwartschaftsrecht des Erwerbers kann nämlich im Ergebnis nicht weiter reichen, als der Eigentumserwerb der Wohnung selbst; dieser stellt jedoch nach hier vertretener Auffassung kein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht iSd § 28 dar, wenn wegen privilegierter Hausgeldansprüche die Zwangsversteigerung betrieben wird.25 Abgesehen vom unterschiedlichen Verständnis der Rechtsqualität wohnungseigentumsrechtlicher Hausgeldansprüche kommt eine Aufhebung der Zwangsversteigerung durch das Vollstreckungsgericht gem. § 28 bereits deshalb nicht in Betracht, weil das Anwartschaftsrecht des Erwerbers nicht grundbuchersichtlich ist. 17 So aber noch Reinhard/Müller/Dassler/Schiffhauer, 9. Aufl., § 48 Anm. 4 mwN; Wilhelmi/Vogel, 5. Aufl, § 48 Anm 1 f. 18 BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 = NotBZ 2014, 463 m. Anm. Suppliet = MietRB 2014, 268 = MDR 2014, 988 = NJW 2014, 2445 = Rpfleger 2014, 613 = ZfIR 2014, 654. 19 Steiner/Eickmann, § 48 ZVG Rz. 21. 20 Dassler u.a./Hintzen, § 48 ZVG Rz. 6 (S. 395). 21 BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 = NotBZ 2014, 463 m. Anm. Suppliet = MietRB 2014, 268 = MDR 2014, 988 = NJW 2014, 2445 = Rpfleger 2014, 613 = ZfIR 2014, 654. 22 Zuvor bereits BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, BGHZ 198, 216 = MDR 2013, 1309 = NJW 2013, 3515 = Rpfleger 2014, 31 = ZfIR 2013, 806 (m. abl. Anm. Becker). Wegen der durch die fehlende materiell-rechtliche Absicherung begründeten Anmeldeprobleme der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft bei einer dem betreibenden Grundpfandrechtsgläubiger im Rang nachgehenden Erwerbsvormerkung s. Schneider, ZfIR 2014, 657. 23 Anwartschaftsrecht durch beurkundete Auflassung und Eintragung einer Erwerbsvormerkung in das Grundbuch: BGH v. 5.4.1991 – V ZR 39/90, BGHZ 114, 161 = MDR 1991, 763 = NJW 1991, 2019; BGH v. 1.12.1988 – V ZB 10/88, BGHZ 106, 108 = MDR 1989, 437 = NJW 1989, 1093 = Rpfleger 1989, 192 mwN. 24 So J. Weber, DNotZ 2014, 738, 746 f. 25 Ebenso Böttcher, § 52 Rz. 3c) S. 333.
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Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch
Rz. 20 § 48
2. Novation und Extension Zu einer gewissen Verunsicherung hat die Rechtsprechung des BGH zur „Wiederaufladung“ erloschener (Rück-)Erwerbsvormerkungen geführt. Danach soll eine erloschene, aber noch im Grundbuch eingetragene Erwerbsvormerkung nachträglich durch erneute Bewilligung ohne Grundbuchberichtigung und inhaltsgleiche Neueintragung wieder zur Sicherung eines neuen deckungsgleichen Anspruchs verwendet werden können. Der Rang der neu bewilligten Vormerkung soll sich dabei nicht nach der alten Grundbucheintragung, sondern nach dem Zeitpunkt der neuen materiellen Bewilligung bestimmen (sog. Novation).26 Ebenfalls soll eine zur Sicherung eines durch Rücktritt bedingten Rückauflassungsanspruchs eingetragene Vormerkung durch bloße Bewilligung auf weitere Rücktrittsgründe erstreckt werden können, ohne dass es einer erneuten Grundbucheintragung bedürfe. Auch in diesem Fall soll sich der Rang der durch die Vormerkung weiter gesicherten Ansprüche nach dem Zeitpunkt der neuen materiellen Bewilligung bestimmen (sog. Extension).27
17
Einmal abgesehen davon, dass die Rechtsprechung des BGH zur „Wiederaufladung“ von Vormerkungen in der Literatur zu Recht ablehnt wird,28 ist die dargestellte Novation bzw. Extension einer Vormerkung nicht grundbuchersichtlich. Das Vollstreckungsgericht kann aber für die Aufstellung des geringsten Gebots zunächst nur vom Grundbuchstand ausgehen. Das Vollstreckungsgericht wird deshalb eine Erwerbsvormerkung, die dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vorgeht, nach den o.g. Grundsätzen in das geringste Gebot aufzunehmen haben.29 Ein nicht erkennbarer Nachrang der Vormerkung müsste daher ggf. angemeldet und glaubhaft gemacht werden.
18
Unterbleibt eine solche Anmeldung, wird das Vollstreckungsgericht nach der Buchlage mit bestehenbleibender Vormerkung die Zwangsversteigerung durchführen. Ergeben sich im Nachhinein andere Erkenntnisse, sind folgende Szenarien zu unterscheiden30: – Var. 1: Die Vormerkung war zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung bereits erloschen In diesem Fall greift die Zuzahlungspflicht des Erstehers gem. §§ 50, 51 ein. – Var. 2: Die Vormerkung ist vor Zuschlagserteilung lediglich an rangbereiter Stelle „wiederaufgeladen“ worden Das Ergebnis stellt sich wie bei Var. 1 dar. Darüber hinaus steht dem Ersteher im Hinblick auf die zu Unrecht im Grundbuch verlautbarte Erwerbsvormerkung ein Berichtigungsanspruch gegen den Vormerkungsberechtigten zu (§ 894 BGB). – Var. 3: Die Vormerkung ist an ihrer bisherigen Rangstelle „wiederaufgeladen“ worden In diesem Fall hat der Ersteher das Grundstück an den Vormerkungsberechtigten herauszugeben (s.o.).
19
Die Wahrscheinlichkeit einer Novation bzw. Extension bei Erwerbsvormerkungen hat sich allerdings durch die weitere Rechtsprechung des BGH verringert. Zwar hält der BGH formal unverändert an seiner früheren Rechtsauffassung fest, stellt jedoch nunmehr zugleich fest, dass die unrichtig gewordene Eintragung einer Vormerkung durch nachträgliche Bewilligung für einen neuen Anspruch nur verwendet werden kann, wenn Anspruch, Eintragung und Bewilligung kongruent sind. An dieser Übereinstimmung fehle es, wenn die Vormerkung für einen
20
26 BGH v. 26.11.1999 – V ZR 432/98, BGHZ 143, 175 = MDR 2000, 384 = NJW 2000, 805 = Rpfleger 2000, 153 = ZfIR 2000, 121. 27 BGH v. 7.12.2007 – V ZR 21/07, MDR 2008, 256 = NJW 2008, 578 = Rpfleger 2008, 187 = ZfIR 2008, 113. 28 Vgl. jew. mit überzeugenden Argumenten Amann, MittBayNot 2000, 197; ders., DNotZ 2008, 520; Demharter, MittBayNot 2000, 106; ders., MittBayNot 2008, 214; Streuer, Rpfleger 2000, 155; Zimmer, NJW 2000, 2978; ders., ZfIR 2008, 91. 29 Ebenso Dassler u.a./Hintzen, § 48 ZVG Rz. 6 (S. 395); Stöber, § 48 ZVG Rz. 3.5. 30 Ähnlich Dassler u.a./Hintzen, § 48 ZVG Rz. 6 (S. 395 f.).
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§ 48 Rz. 20 Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch höchstpersönlichen, nicht vererblichen und nicht übertragbaren Rückübertragungsanspruch des Berechtigten eingetragen ist, die Vormerkung nach der nachfolgenden Bewilligung aber einen anderweitigen, vererblichen Anspruch sichern soll.31 Daraus wurde bisweilen der Schluss gezogen, dass die üblichen Erwerbs- bzw. Rückerwerbsvormerkungen im Zusammenhang mit Schenkungsverträgen der „Aufladung“ nun nicht mehr zugänglich seien.32 Auch weitere Entscheidungen desselben Senats legen im Ergebnis ein vorsichtiges Abrücken von der unglücklichen „Recyclingrechtsprechung“ nahe.33 3. Pfändung und Verpfändung 21
Der schuldrechtliche Anspruch auf Verschaffung des Eigentums ist ebenso abtretbar wie verpfändbar und pfändbar. Die außergrundbuchlich wirksamen Verfügungen können bei der Vormerkung (ggf. als Nebenrecht) im Berichtigungswege verlautbart werden (§ 401 Abs. 2 BGB). Ob dies auch für ein etwa entstandenes Anwartschaftsrecht des Vormerkungsberechtigten gilt, ist umstritten.34
22
Bleibt nach dem geringsten Gebot eine Erwerbsvormerkung bestehen, erlischt auch die Pfändung des vormerkungsgesicherten Anspruchs auf Rückübereignung des Grundstücks nicht durch den Zuschlag, selbst wenn sie nach der Eintragung des Rechts erfolgt, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben wird.35 4. Wirksamkeitsvermerk
23
Ausnahmsweise ist eine dem bestrangig betreibenden Gläubiger im Rang vorgehende Erwerbsvormerkung jedoch nicht in das geringste Gebot aufzunehmen und erlischt auch dann, wenn ihr gegenüber das rangschlechter im Grundbuch eingetragene Grundpfandrecht des betreibenden Gläubigers wirksam ist. Gegenüber dem vorrangig eingetragenen Vormerkungsberechtigten ist ein Grundpfandrecht wirksam, wenn der Vormerkungsberechtigte der iSd § 883 Abs. 2 BGB vormerkungswidrigen Grundpfandrechtsbestellung entweder nachweislich zugestimmt hat (§ 182 Abs. 1 BGB)36 oder im Grundbuch ein Wirksamkeitsvermerk eingetragen37 ist. In beiden Fällen (Zustimmung in der Form des § 29 GBO38 bzw. Wirksamkeitsvermerk) hat das Vollstreckungsgericht sichere Kenntnis von der feststehenden Wirkungslosigkeit der Erwerbsvormerkung gegenüber dem bestbetreibenden Gläubiger. Dies hat ihre Nichtberücksichtigung im geringsten Gebot zur Folge wie bei einem erloschenen Recht (vgl. 31 BGH v. 21.3.2013 – V ZB 74/12, FamRZ 2013, 1038; BGH v. 3.5.2012 – V ZB 258/11, BGHZ 193, 152 = MDR 2012, 836 = NJW 2012, 2032 = Rpfleger 2012, 507 = ZfIR 2012, 598. 32 Ising, NotBZ 2012, 290. 33 BGH v. 13.2.2014 – V ZB 88/13, BGHZ 200, 179 = MDR 2014, 955 = NJW 2014, 2431 = Rpfleger 2014, 413 = ZfIR 2014, 479 zur (verneinten) Eintragung eines Schuldnerwechsels bei einer Vormerkung mit instruktiver Bespr. Kesseler, ZfIR 2015, 870; BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, BGHZ 193, 183 = NotBZ 2012, 298 = MDR 2012, 1121 (Ls.) = NJW 2012, 2654 = Rpfleger 2012, 558 = ZfIR 2012, 651 zur (verneinten) Wiederaufladung nach Erlöschen eines Rückübereignungsanspruchs aus einem Rückkaufsrecht. 34 Ausführlich Bohlsen, ZfIR 2017, 130 mwN; Hintzen, Rpfleger 1989, 439. 35 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, BGHZ 193, 183 = NotBZ 2012, 298 = MDR 2012, 1121 (Ls.) = NJW 2012, 2654 = Rpfleger 2012, 558 = ZfIR 2012, 651. 36 RG v. 21.4.1937 – V 297/36, RGZ 154, 355, 367. 37 BGH v. 25.3.1999 – V ZB 34/98, BGHZ 141, 169 = MDR 1999, 796 = NJW 1999, 2275 = Rpfleger 1999, 383 = ZfIR 1999, 358; OLG Bremen v. 7.2.2005 – 3 W 58/04, WM 2005, 1241, OLG Saarbrücken v. 16.1.1995 – 5 W 331/94, Rpfleger 1995, 404. Die Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks hat in entsprechender Anwendung des § 18 GBV sowohl bei der Vormerkung als auch bei dem Grundpfandrecht zu erfolgen. Wegen eines teilweise unterbliebenen (Rang-)Vermerks s. § 44 Rz. 50. 38 Schultz, RNotZ 2001, 541, 552 f.
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Bedingte Rechte; Vormerkung und Widerspruch
Rz. 28 § 48
auch § 45 Rz. 43).39 Der ursprünglich für die Eintragung von Wirksamkeitsvermerken das leitende Motiv bildende Kostenvorteil gegenüber einem Rangrücktritt der eingetragenen Erwerbsvormerkung ist spätestens mit der Einführung des GNotKG entfallen, weil es nun für beide Eintragungen an einem entsprechenden Gebührentatbestand fehlt.40 5. Anfechtung der Erwerbsvormerkung Eine dem bestrangig betreibenden Gläubiger im Rang vorgehende Erwerbsvormerkung ist weiterhin nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn der Vormerkungsberechtigte zur Duldung der Zwangsvollstreckung nach dem AnfG verurteilt worden ist. In der Zwangsversteigerung kann der nachrangig eingetragene Grundpfandrechtsgläubiger dann verlangen, dass die ihm vorgehende Vormerkung abweichend von § 44 Abs. 1 nicht in das geringste Gebot aufgenommen wird.41 Der an sich für solche abweichenden Versteigerungsbedingungen gem. § 59 Abs. 1 S. 3 erforderlichen Zustimmung des Anfechtungsgegners bedarf es in diesem Fall nicht.42
24
IV. Wiederkaufsrecht Das siedlungsrechtliche Wiederkaufsrecht gem. § 20 RSG ist wie eine Erwerbsvormerkung zu behandeln; Dritten gegenüber wirkt es wie eine Vormerkung gem. § 883 BGB.43
25
F. Nichtberücksichtigung bedingter, widerspruchs- und vormerkungsgesicherter Rechte Ein bedingtes Recht bleibt bei der Aufstellung des geringsten Gebotes dann unberücksichtigt, wenn feststeht, dass die aufschiebende Bedingung ausgefallen ist oder die auflösende Bedingung eingetreten ist.
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Das Gleiche gilt, wenn der durch einen Widerspruch gesicherte Berichtigungsanspruch oder der vorgemerkte Anspruch nicht besteht.
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Eine Berücksichtigung im geringsten Gebot hat in den genannten Fällen zu unterbleiben, wenn dem Vollstreckungsgericht entweder durch rechtskräftiges Urteil oder formgerechte Löschungsbewilligung (§ 29 GBO) die Voraussetzungen nachgewiesen sind44 bzw. dem Vollstreckungsgericht „liquid“ vorliegen.45 Dazu s. ausführlich § 45 Rz. 21 ff.
28
39 Frank, MittBayNot 1996, 271; Lehmann, NJW 1993, 1558; Skidzun, Rpfleger 2002, 9; Stöber, MittBayNot 1997, 143. 40 Böhringer, BWNotZ 2013, 67, 72. 41 BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 226/94, MDR 1997, 52 = NJW 1996, 3147 = Rpfleger 1997, 76. 42 Vgl. BGH v. 12.9.2013 – V ZB 195/12, MDR 2013, 1489 = Rpfleger 2014, 96 = ZfIR 2014, 19 m. zust. Anm. Böttcher, BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 = MDR 1996, 412 = NJW 1995, 2846. 43 BGH v. 23.6.1972 – V ZR 95/70, BGHZ 59, 94 = MDR 1973, 14 = Rpfleger 1972, 398; BGH v. 17.12.1971 – V ZR 137/69, BGHZ 57, 356 = MDR 1972, 313 = NJW 1972, 537 = Rpfleger 1972, 216. 44 RG v. 23.3.1904 – V 394/03, RGZ 57, 209, 211. 45 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, BGHZ 193, 183 = NJW 2012, 2654 = Rpfleger 2012, 558 = ZfIR 2012, 651 für die Löschung einer Vormerkung zur Sicherung des Rückübereignungsanspruchs aus einem Rückkaufsrecht.
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§ 49 Rz. 1 Bargebot
§ 49 [Bargebot] (1) Der Teil des geringsten Gebots, welcher zur Deckung der Kosten sowie der im § 10 Nr. 1 bis 3 und im § 12 Nr. 1, 2 bezeichneten Ansprüche bestimmt ist, desgleichen der das geringste Gebot übersteigende Betrag des Meistgebots ist von dem Ersteher vor dem Verteilungstermin zu berichtigen (Bargebot). (2) Das Bargebot ist von dem Zuschlag an zu verzinsen. (3) Das Bargebot ist so rechtzeitig durch Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Gerichtskasse zu entrichten, dass der Betrag der Gerichtskasse vor dem Verteilungstermin gutgeschrieben ist und ein Nachweis hierüber im Termin vorliegt. (4) Der Ersteher wird durch Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn die Hinterlegung und die Ausschließung der Rücknahme im Verteilungstermin nachgewiesen werden.
A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Meistgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Bargebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 3
Rz. D. Verzinsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 E. Zahlung des Meistgebots . . . . . . . . . . . 12 F. Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
A. Allgemein 1
Die Vorschrift definiert zunächst den Begriff des „Bargebots“, der trotz der konsequenten Abschaffung der Barzahlung im Zwangsversteigerungsverfahren durch das 2. Justizmodernisierungsgesetz1 zum 1.2.2007 erhalten geblieben ist. Eine Zahlung mit Bargeld ist seitdem weder im Zwangsversteigerungstermin noch im Erlösverteilungstermin möglich. Der Gesetzgeber hat aber an der ursprünglichen Bezeichnung für den vom Ersteher in Geld zu zahlenden Teil des Steigpreises festgehalten, was für den Laien irreführend sein kann und in der Praxis bei Bietern gelegentlich zu Unsicherheiten bei der Zahlungsabwicklung führt. Zudem enthält die Regelung noch drei gesetzliche Versteigerungsbedingungen, nämlich zu Zahlungspflicht, Verzinsung und Hinterlegung des Bargebots, was ihre Einordnung an dieser Stelle des Gesetzes erklärt, obwohl sie auch Regelungen für die Zahlung zum Erlösverteilungstermin und zur Berechnung der Teilungsmasse enthält und insoweit eher in dem Bereich von §§ 105 ff. ZVG anzusiedeln wäre. Neben der Legaldefinition werden die Zahlungsbedingungen hinsichtlich Zeitpunkt und Höhe der vom Ersteher zu leistenden Zahlung festgelegt. Weiterhin wird geregelt, dass der Ersteher sein Meistgebot zu verzinsen hat und wie er die Verzinsung durch Hinterlegung beeinflussen kann.
B. Meistgebot 2
Das Meistgebot setzt sich zusammen aus dem geringsten Gebot (§ 44) zuzüglich des darüber hinaus vom Meistbietenden gebotenen Betrags.
1 2. Justizmodernisierungsgesetz v. 22.12.2006, BGBl. I S. 3416 (Nr. 66).
580
Goldbach
Bargebot
Rz. 5 § 49
Es enthält also a) alle bestehenbleibenden Rechte mit Nennwert oder dem Zuzahlungsbetrag gem. § 51 Abs. 2 b) die in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 2 und 3 sowie § 12 Nr. 1 und 2 genannten Forderungen, deren Gläubiger bei der Verwertung der Immobilie durch Zahlung aus dem Erlös befriedigt werden c) die Verfahrenskosten (§§ 44, 109) d) einen über die Summe aus a) bis c) hinaus gebotenen Betrag. In diesem Zusammenhang wird gelegentlich der Begriff „Meistbargebot“ verwendet, der den vom Ersteher zu zahlenden Geldbetrag, also Meistgebot abzüglich bestehenbleibender Rechte beschreibt und damit dem vom Gesetzgeber verwendeten Begriff Bargebot entspricht (s. Rz. 3).
C. Bargebot Der Geldbetrag, den der Ersteher im Erlösverteilungstermin zu erbringen hat, wird als Bar- 3 gebot bezeichnet. Zwar ist durch die Einführung des unbaren Zahlungsverkehrs im Zwangsversteigerungsverfahren die vorher gegebene Möglichkeit entfallen, die Sicherheitsleistung und das abgegebene Gebot in barem Geld entweder im Zwangsversteigerungs- oder im Erlösverteilungstermin zu entrichten. Dennoch hat der Gesetzgeber an dem Begriff Bargebot festgehalten. Er umschreibt den Teil des abgegebenen Gebotes, den der Bieter im Termin mündlich bietet. Somit nicht die bestehenbleibenden Rechte, jedoch alle anderen ins geringste Gebot (§§ 44, 182) fallenden Beträge sowie den Betrag, den der Bieter darüber hinaus geboten hat. Die möglicherweise bestehenbleibenden Rechte werden bei der Abgabe des Gebotes durch den Bieter nicht genannt und sind in dem zu nennenden Bargebotsbetrag nicht enthalten. Der Bieter muss die bestehenbleibenden Rechte zusätzlich zum Bargebot übernehmen und das bei seiner Kalkulation beachten. Anders ausgedrückt umfasst das Bargebot den Betrag, der nach Abzug der bestehenbleibenden Rechte vom Meistgebot noch verbleibt. Es ist damit mindestens so hoch wie das der Versteigerung zu Grunde liegende geringste Bargebot. Dieser Betrag ist Grundlage für die Berechnung der Teilungsmasse (§ 107). Im Bargebot enthalten sind alle „bar“ zu berichtigenden Ansprüche. Das sind nicht nur die in Abs. 1 genannten2, sondern auch andere Ansprüche, wie etwa das Kapital von durch Forderungsübertragung begründeten Sicherungshypotheken, die in der Wiederversteigerung immer „bar“ zu zahlen sind und somit ins Bargebot fallen (§ 128 Abs. 4) oder der Ausgleichsanspruch aus § 182 Abs. 2 ZVG. Ebenso fällt der Anspruch eines persönlichen Gläubigers ins Bargebot, wenn das Verfahren für ihn einstweilen eingestellt ist und die Versteigerung nur für einen ihm nachgehenden persönlichen Gläubiger durchgeführt wird3.
4
Berücksichtigungsfähig sind aber nur Ansprüche, die dem Berechtigten einen Befriedigungsanspruch aus § 10 ZVG gewähren. Sonstige persönliche Ansprüche gegen den Grundstückseigentümer, die mangels Betreiben nicht in die Rangklasse 5 fallen, bleiben un-
5
2 BGH v. 19.2.1976 – III ZR 75/74, MDR 1976, 825 = BGHZ 66, 217. 3 BGH v. 19.2.1976 – III ZR 75/74, MDR 1976, 825 = BGHZ 66, 217.
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§ 49 Rz. 5 Bargebot berücksichtigt, wie etwa der Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers bei der Zwangsversteigerung eines Nachlassgrundstücks4.
D. Verzinsung 6
Weil dem Ersteher vom Zuschlagstag an die Nutzungen des Grundstücks gehören (§ 56 Satz 2), er aber sein Bargebot erst später, nämlich zum Verteilungstermin zu zahlen hat, sieht das Gesetz eine Verzinsungspflicht des Bargebots vor. Auf diese Weise soll der Vorteil des Erstehers hinsichtlich der sofortigen Nutzungsziehung ausgeglichen werden. Der Zinsertrag erhöht die Teilungsmasse und wirkt sich für die Gläubiger und letztendlich damit für den Schuldner vorteilhaft aus.
7
Die Verzinsung beginnt mit dem Eigentumserwerb, also dem Tag der Verkündung des Zuschlags (Abs. 2; §§ 89, 104) und endet grundsätzlich einen Tag vor dem Erlösverteilungstermin, weil der Ersteher am Tag des Erlösverteilungstermins zahlt und damit nicht mehr zinspflichtig ist.
8
Der zur Berechnung heranzuziehende Zinssatz ist der gesetzliche (§ 246 BGB) und beträgt derzeit vier Prozent. Da der Ersteher mit seiner Zahlung bis zum Erlösverteilungstermin nicht in Verzug ist, muss er nicht den erhöhten Verzugszins (§ 288 Abs. 1 BGB) zahlen. Ein anderer Zinssatz kann allerdings von den Beteiligten gemäß § 59 als abweichende Versteigerungsbedingung festgestellt werden. Am häufigsten wird bei der Berechnung die bankübliche Methode ausgehend von 360 Zinstagen pro Jahr und 30 Zinstagen pro Monat angewendet, was praktikabel, jedoch gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt und auch nicht unumstritten ist5. Sicherlich ist die Anwendung der banküblichen Methode einfacher, führt aber zu einer ungenauen Berechnung und bürdet entweder dem Ersteher eine höhere Zinslast auf oder entzieht den Berechtigten einen, wenn auch vergleichsweise niedrigen, Anteil am Erlös, der bei hohen Geboten absolut gesehen durchaus bedeutend sein kann. Weil keine gesetzliche Regelung die Verwendung der unpräzisen banküblichen Methode rechtfertig, ist sie abzulehnen und die Berechnung ist nach tatsächlichen Zinstagen vorzunehmen.
9
Die Berechnung des aus Bargebot zuzüglich Zinsen zu zahlenden Betrags wird vom Vollstreckungsgericht vorgenommen und dem Ersteher schriftlich mitgeteilt. Ein ausdrückliches gesetzliches Erfordernis besteht zwar insoweit nicht, aber im Interesse einer unkomplizierten und transparenten Verfahrensabwicklung und zur Vermeidung einer unnötigen Forderungsübertragung, wenn beispielsweise der Ersteher die Bargebotszinsen fehlerhaft kalkuliert hat, ist die Berechnung durch das Vollstreckungsgericht unter eventueller Anrechnung einer geleisteten Bietsicherheit sinnvoll. Die richtige Berechnung der Teilungsmasse gehört zu den Amtspflichten des Vollstreckungsgerichts und eine fehlerhafte Kalkulation kann mit sofortiger Beschwerde angegriffen werden6. Sie sollte dann ein weiteres Mal erfolgen, wenn der Meistbietende einen Teilbetrag hinterlegt und sich somit die Verzinsungspflicht ändert.
10
Eine vom Meistbietenden erbrachte Sicherheit wird insoweit ausdrücklich als Anzahlung auf das Meistgebot angesehen (§ 107 Abs. 3), als es sich dabei um einen Geldbetrag und nicht um eine Bürgschaftserklärung handelt, soll aber den zu verzinsenden Betrag des Bargebots nicht automatisch reduzieren. Das ist jedoch nur insoweit schlüssig, als es sich bei der 4 BGH v. 29.10.2015 – V ZB 65/15, MDR 2016, 118 = Rpfleger 2016, 238. 5 Löhnig/Siwonia, § 49 ZVG, Rz. 5, Dassler u.a./Hintzen, § 49 ZVG Rz. 12; für eine Berechnung nach Kalendertagen: Böttcher, § 49 Rz. 10; Stöber/Gojowczyk, § 49 ZVG, Rz. 13. 6 BGH v. 31.3.1977 – VII ZR 336/75, MDR 1977, 742 = Rpfleger 1977, 246.
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Bargebot
Rz. 13 § 49
Sicherheitsleistung um eine Bankbürgschaft (§ 69 Abs. 3) handelt, denn in diesem Fall ist keine anrechenbare Zahlung in Form von Geld erfolgt. Hat der Meistbietende aber die Sicherheitsleistung durch Überweisung von Geld (§ 69 Abs. 4) oder Vorlage eines Schecks (§ 69 Abs. 2) bewirkt, soll sie auch dann nur als Anzahlung auf die Teilungsmasse angesehen werden, wenn der Meistbietende das ausdrücklich erklärt7. Dem ist nicht zuzustimmen, denn der Meistbietende kann die erbrachte Sicherheit ohnehin nicht Zurückverlangen und darf angesichts des Wortlauts von § 107 Abs. 3 von einer Anrechnung seiner Sicherheitsleistung auf den Steigpreis ausgehen. Insoweit noch eine gesonderte Erklärung vom Meistbietenden zu verlangen, wäre übertrieben förmlich und umständlich8. Im Ergebnis hat der Ersteher den als Sicherheitsleistung in Form einer Überweisung oder als Scheck eingezahlten Betrag nicht mehr zu verzinsen. Das ist vom Vollstreckungsgericht bei der Berechnung der Zinspflicht zu beachten. Die Verzinsungspflicht kann auch durch förmliche Hinterlegung des Steigpreises beendet werden (s. Rz. 14). Eine Liegenbelassungsvereinbarung (§ 91 Abs. 2)9, die außergerichtliche Einigung über die Erlösverteilung (§ 143) oder die außergerichtliche Befriedigung (§ 144) führen nicht zu einer Änderung des Verzinsungszeitraums, weil das Gesetz keine anderslautende Regelung enthält. Steht allerdings dem Ersteher selbst ein Anspruch aus der Teilungsmasse zu, kann er sich insoweit für befriedigt erklären und die Verzinsungspflicht ab dem Tag der Befriedigungserklärung beenden10.
11
E. Zahlung des Meistgebots Das abgegeben Bargebot zuzüglich der Bargebotszinsen hat der Ersteher zum Erlösverteilungstermin an die Gerichtskasse zu zahlen, damit das Vollstreckungsgericht im Erlösverteilungstermin über den Geldbetrag verfügen kann. Da Barzahlungen an das Vollstreckungsgericht im Versteigerungsverfahren nicht mehr möglich sind, wird die Zahlung regelmäßig per Banküberweisung vorgenommen, kann aber auch durch Einzahlung auf das Konto der Gerichtskasse oder durch Scheck11 erfolgen.
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In allen Fällen muss die Zahlung des Erstehers so rechtzeitig geschehen, dass der Betrag auf dem Konto der Gerichtskasse gutgeschrieben ist und dem Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts eine entsprechende Zahlungsanzeige der Gerichtskasse vorliegt. Der Ersteher hat damit sowohl die üblichen Banklaufzeiten als auch die Bearbeitungszeit beim Gericht einzurechnen und trägt die alleinige Verantwortung für die rechtzeitige Zahlung. Verspätung hat zur Folge, dass im Erlösverteilungstermin keine Zahlung festgestellt werden kann und die Befriedigung der Berechtigten nicht durch Geldzahlung, sondern zwangsläufig durch Forderungsübertragung erfolgt (§ 118 Abs. 1). Verspätet eingegangene Zahlungen kann das Vollstreckungsgericht dann nicht mehr an die Gläubiger weiterleiten, sondern hat die Zahlung dem Ersteher zurückzuerstatten, der dann seinerseits die Gläubiger befriedigen muss um eine Wiederversteigerung zu vermeiden.
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Dassler u.a./Hintzen, § 49 ZVG Rz. 16. Stöber/Gojowczyk, § 49 ZVG, Rz. 18. BGH v. 13.3.1970 – V ZR 89/67, BGHZ 53, 327 = Rpfleger 1970, 219. BGH v. 17.5.1988 – IX ZR 5/87, MDR 1988, 860 = Rpfleger 1988, 495 m. Anm. Schiffhauer Rpfleger 1988, 498. 11 Dassler u.a./Hintzen, § 49 ZVG Rz. 10.
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§ 49 Rz. 14 Bargebot
F. Hinterlegung 14
Mit einer förmlichen Hinterlegung des Meistgebots kann sich der Ersteher bereits vor dem Verteilungstermin von seinen Verbindlichkeiten hinsichtlich der Steigpreiszahlung und der Verzinsung des Meistgebots befreien. Das ist aus seiner Sicht deshalb interessant, weil er auf diese Weise vorhandene Eigenmittel sofort zahlen und die relativ hohen Bargebotszinsen sparen kann. Als hinterlegt gilt das Meistgebot erst, wenn die dazu erforderlichen Voraussetzungen nach den landesrechtlichen Bestimmungen der jeweiligen Hinterlegungsgesetze erfüllt sind. Da die entsprechenden Ländergesetze nahezu wortlautgleich gefasst sind, gelten in allen Bundesländern ähnliche Anforderungen. – der Meistbietende muss einen förmlichen Hinterlegungsantrag mit dem gesetzlichen Inhalt (§ 8 HintG) bei der Hinterlegungsstelle gestellt und diese muss die Hinterlegung angeordnet haben (§ 7 HintG) – die Zahlung des Meistgebots muss bei der zuständigen Hinterlegungskasse (§ 1 HintG) eingegangen sein Sind beide Bedingungen erfüllt und hat der Meistbietende darüber hinaus auch auf das Recht zur Rücknahme des hinterlegten Geldbetrags gegenüber der Hinterlegungsstelle verzichtet, endet die Verzinsungspflicht (Abs. 4). Die Reihenfolge ist dabei unerheblich. Der Meistbietenden wird normalerweise zunächst den Hinterlegungsantrag stellen und nach Zugang der Annahmenanordnung an die Hinterlegungskasse zahlen. Zulässig ist es aber ebenso, zuerst die Zahlung vorzunehmen und dann den Hinterlegungsantrag zu stellen (§ 10 Abs. 1 HintG). Der Hinterlegungsantrag ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären (§ 8 HintG). Es dürfte gleichfalls zulässig sein, den Hinterlegungsantrag schriftlich im Versteigerungstermin z.B. auf einem entsprechenden Formblatt zu stellen und dem Versteigerungsrechtspfleger zur Weitergabe an die Hinterlegungsstelle zu übergeben. Ob es allerdings zulässig ist, den Hinterlegungsantrag mündlich zum Versteigerungsprotokoll zu erklären oder den Versteigerungsrechtspfleger mündlich mit der Antragstellung bei der Hinterlegungsstelle zu beauftragen, darf bezweifelt werden.
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Zuständige Hinterlegungsstelle ist jedes Amtsgericht. Weder § 49 noch das Hinterlegungsgesetz regeln eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts bei dem die Zwangsversteigerung durchgeführt wird. Zweckmäßig ist es aber durchaus, den Hinterlegungsantrag beim selben Amtsgericht zu stellen, welches auch die Zwangsversteigerung durchführt12. Maßgeblich für die vom Vollstreckungsgericht vorzunehmende Berechnung der Bargebotszinsen ist der Tag des Zahlungseingangs bei der Hinterlegungskasse, soweit bei Zahlungseingang bereits ein Hinterlegungsantrag gestellt war. Die Regelung in § 375 BGB ist nicht anwendbar13.
16
Um eine korrekte Berechnung der Bargebotszinsen vornehmen zu können und um erforderlichenfalls den Ersteher zur rechtzeitigen Nachzahlung eines noch fehlenden Teilbetrags etwa für den Zeitraum vom Zuschlag bis zur wirksamen Hinterlegung auffordern zu können, ist das Vollstreckungsgericht auf die relevanten Informationen der Hinterlegungsstelle angewiesen. Es kann selbst die Zahlungseingänge und das Datum des Hinterlegungsantrags nicht sicher feststellen und weiß auch nicht sicher, ob der Ersteher auf das Rücknahmerecht verzichtet hat. Dem Ersteher ist zwar zu raten, bei einer beabsichtigten Hinterlegung besser einen etwas höheren Betrag einzuzahlen, weil auch er die Laufzeit der Banküberweisung nicht sicher vorhersehen kann, verlangt werden kann das aber nicht. 12 Stöber/Gojowczyk, § 49 ZVG, Rz. 16. 13 Stöber/Gojowczyk, § 49 ZVG, Rz. 15.
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Zuzahlung bei Wegfall oder Nichtbestehen von Grundpfandrechten
Rz. 1 § 50
Zumindest sollten sich die erforderlichen Angaben aus dem Hinterlegungsschein ersehen lassen. Dessen Bedeutung ist jedoch nicht jedem Ersteher klar und oft wird der Hinterlegungsschein erst im Erlösverteilungstermin oder gar nicht vorgelegt. Stellt sich aber erst im Verteilungstermin heraus, dass der hinterlegte Betrag zu niedrig ist, kann das jedenfalls kurzfristig nicht mehr behoben werden, weil eine Bar(nach)zahlung auch eines geringen Betrages nicht zulässig ist und der Ersteher im Verteilungstermin meist nicht anwesend sein wird um möglicherweise eine Blitzüberweisung zu veranlassen. Wegen des fehlenden Betrages müsste dann eine Forderungsübertragung erfolgen (§ 118 Abs. 1). Zinsen, die etwa der Teilungsmasse zufließen könnten oder an den Ersteher auszuzahlen wären, entstehen aus der Hinterlegung nicht (§ 12 HintG). Die Überweisungs- und die Gerichtskosten der Hinterlegung trägt der Ersteher als Hinterleger. Die Höhe der Gerichtskosten richtet sich nach den landesrechtlichen Justizkostengesetzen.
§ 50 [Zuzahlung bei Wegfall oder Nichtbestehen von Grundpfandrechten] (1) Soweit eine bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld nicht besteht, hat der Ersteher außer dem Bargebot auch den Betrag des berücksichtigten Kapitals zu zahlen. In Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, der Kündigung und des Zahlungsorts bleiben die für das berücksichtigte Recht getroffenen Bestimmungen maßgebend. (2) Das gleiche gilt: 1. wenn das Recht bedingt ist und die aufschiebende Bedingung ausfällt oder die auflösende Bedingung eintritt; 2. wenn das Recht noch an einem anderen Grundstück besteht und an dem versteigerten Grundstück nach den besonderen Vorschriften über die Gesamthypothek erlischt. (3) Haftet der Ersteher im Falle des Absatzes 2 Nr. 2 zugleich persönlich, so ist die Erhöhung des zu zahlenden Betrags ausgeschlossen, soweit der Ersteher nicht bereichert ist.
A. B. C. D.
Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht bestehendes Recht (Abs. 1 Satz 1) Bedingtes Recht (Abs. 2 Nr. 1) . . . . . . Wegfall eines Gesamtrechts (Abs. 2 Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . .
Rz. 1 6 9
Rz. E. Höhe der Zuzahlung, Verfahren (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 F. Nichtanwendbarkeit bei persönlicher Haftung (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . 18
. 13
A. Allgemein Zu den Bedeutendsten der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen gehören die Regelungen über das Bestehenbleiben oder Erlöschen von Grundpfandrechten (§§ 44, 49, 52). Im Grundbuch eingetragene Grundpfandrechte sind gemäß § 52 Abs. 1 bei der Feststellung des geringsten Gebotes zu berücksichtigen, sofern sie dem Anspruch des bestrangig betreibenden Gläubigers im Rang vorgehen. Sie werden hinsichtlich des Stammrechts bzw. KapiGoldbach
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§ 50 Rz. 1 Zuzahlung bei Wegfall oder Nichtbestehen von Grundpfandrechten talbetrags nicht durch Barzahlung gedeckt, sondern bleiben nach der Erteilung des Zuschlags bestehen. Der Ersteher muss die bestehenbleibenden Rechte zwingend übernehmen und haftet für den Nennbetrag dinglich1. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Höhe die Grundpfandrechte noch valutieren. Vielmehr bildet die Übernahme der bestehenbleibenden Rechte einen Teil des vom Ersteher geschuldeten Versteigerungserlöses. Zuzüglich des Bargebots ergibt sich so der Preis, den der Ersteher insgesamt zahlen muss2. 2
Nach Abs. 1 hat der Ersteher ausdrücklich außer dem Bargebot auch den Kapitalbetrag einer bei der Feststellung des geringsten Gebots tatsächlich gar nicht oder nicht mehr bestehenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld „bar“ zu zahlen, obwohl das Recht als bestehenbleibend im geringsten Gebot aufgenommen war. Mit dieser Bestimmung stellt das Gesetz klar, dass der Kaufpreis in der Zwangsversteigerung im Interesse des Schuldners und seiner Gläubiger immer stimmen muss. Der Ersteher soll nicht dadurch ein „Schnäppchen“ machen, dass er ein Grundpfandrecht unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernimmt, tatsächlich den angerechneten Betrag aber niemals erbringen muss, weil das übernommene Recht gar nicht (mehr) besteht oder nach den Regeln über die Gesamthaft ohne Zahlung des Erstehers erlischt. Stattdessen soll der Ersteher ein auf diese Weise erlangten Vorteil durch Geldzahlung ausgleichen müssen. Der gezahlte Betrag erhöht das zu verteilende bare Meistgebot und führt letztendlich zu einer weiteren Minderung der Schulden oder zu einem Übererlös, der dem Schuldner zusteht. Die Vorschrift sorgt dafür, dass der vom Ersteher gebotene Betrag in voller Höhe dem Schuldner zu Gute kommt und verhindert, dass der Ersteher auf Kosten der Verfahrensbeteiligten ungerechtfertigt bereichert wird3. Sie kann deshalb keineswegs als Gläubigerschutzinstrument angesehen werden4. Für Grundstücksbelastungen, die nicht auf eine Kapitalzahlung gerichtet sind, trifft § 51 eine gesonderte aber vergleichbare Regelung.
3
Bei der vom Ersteher zu leistenden Geldsumme handelt es sich um eine zusätzlich zu dem Bargebot zu leistende Zahlung, weshalb der Begriff Zuzahlungsbetrag oder Nachzahlungsbetrag die treffendere Bezeichnung ist, als etwa Ersatzzahlung oder Ersatzbetrag, die irreführend an die in § 92 getroffene Regelung erinnern, mit welcher der Zuzahlungsfall aber in keinem Zusammenhang steht. Der Zuzahlungsbetrag soll den objektiv und betragsmäßig bestimmbaren Vorteil in Geld ausgleichen, den der Ersteher deshalb hat, weil er das Grundstück ohne eine Belastung erhält, die er sich hat anrechnen lassen. Hingegen gleicht der Wertersatz nach § 92 einen subjektiven Nachteil aus, den ein Berechtigter eines erlöschenden Rechts durch den Wegfall seines Anspruchs erleidet. Die Zahlungsmodalitäten für den Zuzahlungsbetrag richten sich jeweils nach den Bestimmungen, die für das betroffene Recht festgelegt waren. Bei der Erlösverteilung sind Zuzahlungsfälle gemäß § 125 zu behandeln.
4
Voraussetzung einer Nachzahlungspflicht ist, dass ein Grundpfandrecht trotz Grundbucheintragung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlags dennoch nicht besteht. Das ist dann der Fall, wenn der vollständige Wegfall oder die Minderung des Rechts oder die Tatsache des ganzen oder teilweisen Nichtbestehens zwischen der Abgabe des Meistgebots und der Zuschlagerteilung eintritt oder wenn diese Umstände zwar schon früher eingetreten waren, vom Gericht aber nicht erkannt oder nicht beachtet wurden5. 1 2 3 4 5
BGH v. 29.1.2016 – V ZR 285/14, MDR 2016, 486 = Rpfleger 2016, 363. BGH v. 13.1.1984 – V ZR 267/82, MDR 1984, 656 = Rpfleger 1984, 244. Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 1. Steiner/Eickmann, § 50 ZVG Rz. 2. Stöber/Gojowczyk, § 50 ZVG Rz. 5.
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Zuzahlung bei Wegfall oder Nichtbestehen von Grundpfandrechten
Rz. 7 § 50
Ein Zuzahlungsfall entsteht auch beim Wegfall einer aufschiebenden oder dem Eintritt einer auflösenden Bedingung nach dem Wirksamwerden des Zuschlags (Abs. 2 Ziff. 1). Die Zuzahlungspflicht hinsichtlich bestehenbleibender Rechte erstreckt sich auf drei Fallgestaltungen: – ein eingetragenes Grundpfandrecht besteht nicht – ein bedingtes Grundpfandrecht fällt weg – ein Gesamtrecht erlischt. Die genannten Fälle spielen allerdings in der Praxis schon deshalb keine sehr große Rolle, weil unwirksame Grundpfandrechte äußerst selten und bedingte Rechte nicht sehr häufig zu finden sind. Einzig das Erlöschen eines Gesamtrechts, etwa durch Befriedigung aus einem anderen mithaftenden Grundstück, kommt gelegentlich vor. Ein Zuzahlungsfall tritt dann nicht ein, wenn ein Grundpfandrecht zu Unrecht ins geringste Gebot aufgenommen wurde6 oder zu Unrecht nicht aufgenommen wurde7. Solche Fehler bei der Aufstellung des geringsten Gebots können über eine Zuzahlung nicht behoben werden. Allerdings soll hinsichtlich unrichtigerweise aufgenommener Grundpfandrechte, bei Vorliegen der in § 50 bezeichneten Voraussetzungen, als logische Konsequenz ein Zuzahlungsfall eintreten8.
5
B. Nicht bestehendes Recht (Abs. 1 Satz 1) Nach dieser Regelung wird ein Zuzahlungsfall nur dann ausgelöst, wenn ein eingetragenes 6 Grundpfandrecht zum Zeitpunkt des Zuschlags (§§ 89, 104) nicht besteht, obwohl es im Grundbuch noch eingetragen war. Dabei handelt es ich um einen Ausnahmefall, der höchst selten vorliegen wird. Kommt ein eingetragenes und im geringsten Gebot berücksichtigtes Recht erst nach dem Zuschlag zum Erlöschen, entsteht nur dann ein Zuzahlungsfall, wenn das Recht bedingt ist (siehe C.) oder es sich um ein Gesamtrecht handelt (siehe D.). Ansonsten hat der Ersteher bei späterem Wegfall des Rechts keine Zuzahlung zu leisten9. Das führt in den Fällen zu einem zunächst ungerechten Ergebnis, wenn der Ersteher bei einer bestehen bleibenden Grundschuld nach dem Zuschlag von der Gläubigerin gegen Zahlung der Restvaluta die Löschungsbewilligung erhält. Dadurch wird kein Zuzahlungsfall ausgelöst, sondern es entsteht ein Schadensersatzanspruch des Rückgewährsberechtigten gegen den Gläubiger10. Zur Anwendung dürfte die Regelung nur kommen, wenn dem Vollstreckungsgericht im 7 Zwangsversteigerungstermin das Nichtbestehen des Rechts nicht bekannt ist bzw. ganz ausnahmsweise das Nichtbestehen zwischen Aufstellung des geringsten Gebots und der Zuschlagserteilung erkannt wird. In Fällen, bei denen das Vollstreckungsgericht vom Nichtbestehen schon bei der Aufstellung des geringsten Gebots Kenntnis hat, dürfte das Recht gar nicht erst ins geringste Gebot aufgenommen werden, soweit die Voraussetzungen für die Löschung „liquid vorliegen“ also beweissicher festgestellt sind11.
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Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 3. Stöber/Gojowczyk, § 50 ZVG Rz. 7; Löhnig/Siwonia, § 50 ZVG Rz. 2. Steiner/Eickmann, § 50 ZVG Rz. 53. Steiner/Eickmann, § 50 ZVG Rz. 5. BGH v. 29.1.2016 – V ZR 285/14, MDR 2016, 486 = Rpfleger 2016, 363. BGH v. 10.5.2012 – V ZB156/11, Rpfleger 2012, 558 = BGHZ 193, 183.
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§ 50 Rz. 7 Zuzahlung bei Wegfall oder Nichtbestehen von Grundpfandrechten Stellt sich das zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Bieten bereits eingetretene Nichtbestehen erst nach dem Zuschlag oder nach der Erlösverteilung heraus, besteht der Zuzahlungsanspruch dennoch, wird aber in der Praxis von den Berechtigten häufig nicht erkannt und deshalb meist nicht geltend gemacht. 8
Nichtbestehen eines dennoch eingetragenen Grundpfandrechts kommt in nachfolgenden Fällen in Betracht12: – bei Eintragung des Rechts nicht erkannter Einigungsmangel (§ 873 BGB) beispielsweise auf Grund von Dissens, Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts, Verstoß gegen ein Verfügungsverbot, Fehlen einer erforderlichen familiengerichtlichen Genehmigung oder einer Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz – grundbuchrechtlicher Eintragungsmangel wegen fehlender oder falscher Unterzeichnung (sog. „Putzfrauenhypothek“) – Eintragung eines unzulässigen dinglichen Rechts13 – Zwangssicherungshypothek wurde fälschlicherweise ohne Vorliegen der (die Bewilligung ersetzenden) Vollstreckungsvoraussetzungen oder unter Verletzung der in §§ 866, 867 ZPO besonderen Voraussetzungen (z.B. unter dem Mindestbetrag oder als Gesamtrecht) eingetragen – Grundpfandrecht ist durch Befriedigung aus dem Grundstück, etwa durch Zahlung in der Zwangsverwaltung gem. § 158, ohne die eigentlich erforderliche Löschung untergegangen Hingegen tritt ein Zuzahlungsfall nicht ein, wenn das Grundpfandrecht mit dem Zuschlag oder später ein Eigentümerrecht wird, bei Tilgungs- oder Höchstbetragshypotheken (§ 1190 BGB), bei nicht mehr valutierten Sicherungsgrundschulden14, bei Gläubigeranfechtungen nach dem Anfechtungsgesetz. Ebenso tritt keine Zuzahlungspflicht ein, wenn das im geringsten Gebot bestehenbleibende Grundpfandrecht dem Eigentümer zusteht15. Sofern ein Miteigentümer das Grundstück mit einer bestehen gebliebenen Eigentümergrundschuld ersteigert hat, besteht nämlich kein Zahlungsanspruch bezüglich des Anteils an der Eigentümergrundschuld für den weichenden Eigentümer. Vielmehr erfolgt die Teilung des Grundpfandrechts in Natur durch Bildung von Teilgrundschuldbriefen16. Deshalb ist der ersteigernde Miteigentümer im Hinblick auf ganz oder teilweise nicht mehr valutierende Grundpfandrechte auch kein Bereicherungsschuldner des anderen Miteigentümers. Im Falle einer „verdeckten Eigentümergrundschuld“ hat der weichende Miteigentümer gegenüber dem Ersteher keinen Anspruch auf Zahlung des hälftigen Betrages einer in das geringste Gebot fallenden, nicht mehr valutierenden Grundschuld. Er ist darauf beschränkt17, vom Ersteher die Mitwirkung bei der Rückübertragung und Teilung der Grundschuld zu fordern und dann aus der ihm zustehenden Teilgrundschuld die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu verlangen18.
12 13 14 15 16 17 18
Weitere denkbare Fälle s. Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 6. Bay. ObLG v. 25.2.2002 – 2 Z BR 224/04, Rpfleger 2005, 419. Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 18 f. Stöber/Gojowczyk, § 50 ZVG Rz. 8. BGH v. 11.4.1990 – XII ZR 69/88, MDR 1990, 24 = FamRZ 1990, 975. BGH v. 20.10.2010 – XII ZR 11/08, MDR 2011, 24 = Rpfleger 2011, 169. OLG Schleswig v. 21.10.2013 –15 WF 332/13, SchlHA 2014, 248.
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Zuzahlung bei Wegfall oder Nichtbestehen von Grundpfandrechten
Rz. 13 § 50
C. Bedingtes Recht (Abs. 2 Nr. 1) Grundpfandrechte können ausnahmsweise unter einer aufschiebenden oder einer auflösenden Bedingung (§ 158 BGB) eingetragen sein. Bei älteren Rechten kommen solche Bedingungen selten noch vor, aber üblich sind sie nicht. Besteht für das Grundpfandrecht eine aufschiebende Bedingung und fällt die Bedingung aus oder es besteht eine auflösende Bedingung, die eintritt, dann entsteht der Zuzahlungsfall durch den Wegfall des Rechts. Auf Grund der ausdrücklichen Regelung muss in solchen Fällen auch dann vom Ersteher nachgezahlt werden19, wenn der Wegfall des bedingten Rechts zeitlich erst nach dem Zuschlag erfolgt. Der mögliche Wegfall des Rechts mit der Folge der Zuzahlung ist in solchen Fällen schon aus der Grundbucheintragung erkennbar und der Ersteher kann sich bereits bei der Gebotsabgabe darauf einstellen.
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Hingegen ist bei befristeten Rechten davon auszugehen, dass der Endtermin bereits aus der Grundbucheintragung erkennbar ist und der Ersteher die Leistungspflicht übernimmt, die er bei Fristablauf erfüllt. Ein Zuzahlungsfall entsteht dabei nicht, weil der Ersteher nicht bereichert ist20. Tritt der Endtermin bereits vor der Versteigerung ein, ist das Stammrecht nicht ins geringste Gebot aufzunehmen. Nur soweit das Recht zwischen Versteigerung und Zuschlag erlischt, tritt ein Zuzahlungsfall ein.
10
Rechte, die durch Widerspruch oder Vormerkung gesichert sind, werden wie bedingte Rechte behandelt, da offen ist, ob sie tatsächlich bestehen bzw. noch entstehen werden. Gelangen die Rechte zur Entstehung, dann muss sie der Ersteher übernehmen und erfüllen andernfalls hat er Zuzahlung zu leisten21.
11
Eigentümerrechte können dadurch bedingt sein, dass sie mit einem eingetragenen Löschungsanspruch behaftet oder einem gesetzlichen Löschungsanspruch (§§ 1179a, 1179b BGB) ausgesetzt sind. Wird das Entstehen des Löschungsanspruchs bereits zum Erlösverteilungstermin wirksam, etwa mit Urteil, nachgewiesen, dann tritt bereits der Zuzahlungsfall ein und wird bei der Erlösverteilung beachtet (§ 115, 124). Normalerweise kann der Inhaber des Löschungsanspruchs jedoch nicht den erforderlichen Nachweis führen und wird seinen Löschungsanspruch lediglich anmelden. Eine solche Anmeldung ist als Widerspruch gegen die Zuteilung auf das Eigentümerrecht zu werten und bei der Erlösverteilung ist nach §§ 115, 124 zu verfahren. Aus einer grundsätzlich forderungsunabhängigen Grundschuld entsteht nach Rückzahlung des gesicherten Darlehens kein Eigentümerrecht, weil die Grundschuld mit Zahlung der gesicherten Forderung nicht auf den Eigentümer übergeht. Dieser erwirbt nach Rückzahlung des Darlehens einen Rückgewähranspruch gegen den Gläubiger. Bleibt eine nicht mehr valutierte Grundschuld bestehen und erteilt der Gläubiger dem Ersteher nach dem Zuschlag eine Löschungsbewilligung, so entsteht kein Zuzahlungsfall, sondern ein schuldrechtlicher Schadensersatzanspruch des alten Eigentümers gegen den Grundschuldgläubiger22.
12
D. Wegfall eines Gesamtrechts (Abs. 2 Nr. 2) Eine nicht gewollte „Bereicherung“ des Erstehers kann dadurch eintreten, dass ein im geringsten Gebot bestehen gebliebenes Gesamtrecht (§ 1132 BGB) nach der Versteigerung an 19 20 21 22
Steiner/Eickmann, § 50 ZVG Rz. 13. Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 24; Steiner/Eickmann, § 50 ZVG Rz. 14. Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 22. BGH v. 29.1.2016 – V ZR 285/14, MDR 2016, 486 = Rpfleger 2016, 363.
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§ 50 Rz. 13 Zuzahlung bei Wegfall oder Nichtbestehen von Grundpfandrechten dem versteigerten Grundstück gemäß den Bestimmungen über das Gesamtrecht erlischt, ohne dass der Ersteher darauf zahlen muss. In solchen Fällen hat sich der Ersteher das bestehen gebliebene Recht zu Unrecht in voller Höhe auf den Steigpreis anrechnen lassen und es ist gerechtfertigt, dass er den ersparten Betrag zuzahlen muss. Es kommt nur darauf an, dass es sich um ein Gesamtrecht handelt, nicht darauf, wann das Recht zum Gesamtrecht geworden ist. Regelmäßig wird es bereits als Gesamtrecht eingetragen sein und der Ersteher kann den möglichen Zuzahlungsfall schon daraus erkennen. Doch selbst wenn das Recht erst durch Grundstücksteilung und Bruchteilsübertragung oder Teilung nach §§ 3, 8 WEG zum Gesamtrecht wird, ist die Vorschrift anwendbar23. 14
Meist wird der Zuzahlungsfall mit der Befriedigung des Gesamtgrundpfandrechtsgläubigers durch einen Dritten oder aus einem anderen mithaftenden Grundstück ausgelöst. Im Einzelnen sind das die nachfolgenden Fälle: – Befriedigung des Gesamtgläubigers (§§ 1181, 1182 BGB) durch Verwertung eines anderen mithaftenden Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung (oder ausnahmsweise Zwangsverwaltung). Dabei erlischt das Gesamtrecht an allen mithaftenden Grundstücken. – Befriedigung durch einen Eigentümer eines mithaftenden Grundstücks (§ 1173 BGB) führt ebenfalls zum Wegfall des zunächst übernommen Grundpfandrechts. Der Fall tritt meist ein, wenn mehrere gesamthaftende Grundstücke oder Bruchteile einzeln versteigert werden und ein Ersteher eines mithaftenden Grundstücks die bestehen gebliebene Gesamtgrundschuld in voller Höhe ablöst, um sein Grundstück lastenfrei zu machen. Davon profitiert der Ersteher, ohne eine Zahlung auf das übernommene Recht leisten zu müssen, was den Zuzahlungsfall rechtfertigt. – Verzicht des Gläubigers (§ 1175 BGB) auf das Gesamtrecht, soweit es an dem versteigerten Grundstück besteht, führt zum Erlöschen des eigentlich bestehen gebliebenen Rechts und löst einen Zuzahlungsfall aus. – Verteilung des Gesamtrechts (§ 1172 Abs. 2 BGB) ist nur im seltenen Fall erforderlich, wenn das Gesamtrecht nicht zur Entstehung gelangt ist und die Eigentümer der mithaftenden Grundstücke die Verteilung des Gesamtrechts als den jeweiligen Eigentümern zustehende Einzelrechte auf die mithaftenden Grundstücke verlangen. – Befriedigung des Gesamtrechtsgläubigers durch einen persönlichen Schuldner (§ 1174 BGB), der nicht Eigentümer eines der mithaftenden Grundstücke ist (bei Drittsicherung), kann unter Umständen24 zu einem Erlöschen des Gesamtrechts führen, was wiederum einen Zuzahlungsfalls auslöst.
E. Höhe der Zuzahlung, Verfahren (Abs. 1 Satz 2) 15
Seiner Höhe nach ergibt sich der Zuzahlungsbetrag aus dem Kapitalbetrag der bestehen gebliebenen Grundschuld oder Hypothek. Bei einer Rentenschuld ist die Ablösungssumme (§ 1199 Abs. 2 BGB) maßgeblich. Tritt ein den Zuzahlungsfalls auslösender Wegfall des übernommenen Rechts nur teilweise ein, ist auch nur der entsprechende Teilbetrag zuzuzahlen25. Für die Zahlungspflicht will der Gesetzgeber den Ersteher nur in der Weise heranziehen, wie es die vertraglichen Regelungen für das übernommene Recht vorsehen. Demnach richten sich Zinssatz, Zinslauf, Fälligkeit, Kündigung und Zahlungsort nach den Modalitäten des be23 Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 25. 24 Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 31 ff. 25 Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 44.
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§ 51
Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte
stehen geblieben Rechts. Die ansonsten auf die Zahlungspflicht anzuwendende Regelungen des § 49 gilt hier nicht26. Zuzahlungsfälle sind vom Vollstreckungsgericht bei der Erlösverteilung nach § 125 zu behandeln. Es erfolgt somit bedingte Zuteilung und Hilfsverteilung. Tritt der Zuzahlungsfall nach der Erlösverteilung ein, so müssen die Berechtigten ihren Anspruch aus der Zuteilung gegen den zuzahlungspflichtigen Ersteher einklagen27. Eine Nachtragsverteilung kennt das ZVG nicht.
16
Ist der Zuzahlungsfall ausnahmsweise schon vor der Erlösverteilung eingetreten und bekannt geworden, kann der Ersteher den Betrag bereits zum Verteilungstermin entrichten und der Zuzahlungsbetrag wird im Teilungsplan unbedingt an den Berechtigten zugeteilt.
17
F. Nichtanwendbarkeit bei persönlicher Haftung (Abs. 3) Übernimmt der Ersteher neben dem dinglichen Recht auch die persönlichen Schuld (§ 53), dann soll er auch dann nicht zuzahlen müssen, wenn das dingliche Gesamtrecht entfällt (Abs. 2 Nr. 2), er aber dennoch die persönliche Schuld übernimmt. Insoweit kann er nicht als bereichert gelten. Lediglich wenn er trotz Schuldübernahme nach dem Wegfall des dinglichen Rechts auch die persönliche Schuld nicht zu tragen hat, also ausnahmsweise doch bereichert ist, wird die Zuzahlung verlangt.
§ 51 [Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte] (1) Ist das berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so finden die Vorschriften des § 50 entsprechende Anwendung. Der Ersteher hat statt des Kapitals den Betrag, um welchen sich der Wert des Grundstücks erhöht, drei Monate nach erfolgter Kündigung zu zahlen und von dem Zuschlag an zu verzinsen. (2) Der Betrag soll von dem Gericht bei der Feststellung des geringsten Gebots bestimmt werden.
A. B. C. D. E. F. G. I.
Allgemein . . . . . . . . . . . Nicht bestehendes Recht . . Bedingtes Recht . . . . . . . Wegfall eines Gesamtrechts Höhe der Zuzahlung . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . Einzelne Rechte . . . . . . . . Altenteil . . . . . . . . . . . . .
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Rz. 1 6 10 13 15 17 22 22
II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX.
Auflassungsvormerkung Dauerwohnrecht . . . . Dienstbarkeiten . . . . . Erbbaurecht . . . . . . . Erbbauzins . . . . . . . . Nießbrauch . . . . . . . . Reallast . . . . . . . . . . Vorkaufsrecht . . . . . .
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Rz. 25 28 29 33 35 36 37 38
Literatur: Meerhoff, Festsetzung eines Zuzahlungsbetrages gem. § 51 ZVG, ZfIR 2013, 494; Schiffhauer, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1975, 187; Streuer, Die Bewertung des 26 Stöber/Gojowczyk, § 50 ZVG, Rz. 15. 27 Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 45.
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§ 51 Rz. 1 Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte Erbbauzinses und des „reinen“ Erbbaurechts in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts, Rpfleger 1997, 141; Helwich, Erbbaugrundstücke in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1989, 389.
A. Allgemein 1
In Ergänzung des § 50 regelt § 51 wie zu verfahren ist, wenn ein als bestehenbleibend ins geringste Gebot aufgenommenes Recht aus Abteilung II des Grundbuchs gar nicht besteht oder später wegfällt, ohne dass der Ersteher es erfüllen muss. Nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen (§§ 44, 49, 52) ist der Ersteher verpflichtet, die bestehenbleibenden Rechte zu übernehmen und haftet für deren Erfüllung dinglich1. Die Übernahme dieser Ansprüche ist sowohl bei den Grundpfandrechten als auch bei den nicht auf eine Kapitalzahlung gerichteten Verpflichtungen ein Teil des vom Ersteher geschuldeten Versteigerungserlöses2. Die im Grundbuch eingetragenen Belastungen werden gemäß § 52 Abs. 1 bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigt, wenn sie dem Anspruch des bestrangig betreibenden Gläubigers im Rang vorgehen. Sie werden nicht durch eine Zahlung aus dem Erlös befriedigt, sondern bleiben nach der Erteilung des Zuschlags bestehen und sind vom Ersteher zu erfüllen.
2
Hinsichtlich der Grundschulden und Hypotheken ist in § 50 festgelegt, dass der Ersteher ausdrücklich außer dem Bargebot auch den Betrag des zu berücksichtigenden Kapitals einer bei der Feststellung des geringsten Gebots tatsächlich gar nicht oder nicht mehr bestehenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld „bar“ zu zahlen hat, obwohl dieses Recht als bestehenbleibend im geringsten Gebot aufgenommen war. Mit der Regelung soll verhindert werden, dass der Ersteher insoweit bereichert3 wird, als er eine Belastung übernimmt, die gar nicht existiert oder nach den Regeln über die Gesamthaft ohne Zutun des Erstehers erlischt. Einen auf diese Weise erlangten Vorteil soll der Ersteher auch bei Nichthypothekenrechten durch Geldzahlung ausgleichen müssen, welche wiederum den anderen Berechtigten aus dem Teilungsplan bereits bei der Erlösverteilung oder später zufließt.
3
Bei der vom Ersteher zu erbringenden Geldsumme handelt es sich um eine zusätzlich zu dem Bargebot zu leistende Zahlung. Deren Höhe ergibt sich aber, anders als bei Grundschulden und Hypotheken, nicht unmittelbar aus dem Grundbucheintrag, weil die betroffenen Rechte nicht ausschließlich auf eine Geldzahlung gerichtet sind und die Grundbucheintragung keinen Geldbetrag ausweist. Deshalb sieht die Regelung vor, dass das Vollstreckungsgericht den Zuzahlungsbetrag in jedem Fall, also meist rein vorsorglich, der Höhe nach zu bestimmen hat, obwohl keinerlei Hinweise auf einen Zuzahlungsfall vorliegen. Dieser Zuzahlungsbetrag soll den objektiv und betragsmäßig bestimmbaren Vorteil in Geld ausgleichen, den der Ersteher deshalb hat, weil er das Grundstück überraschenderweise ohne eine Belastung erhält, die er bei seinem Gebot als bestehenbleibendes Recht einkalkuliert hat. Er drückt die Werterhöhung des Grundstücks4 aus, die sich aus dem Nichtbestehen der eingetragenen Belastung ergibt.
4
Der Zuzahlungsbetrag ist nicht mit dem Höchstbetrag des § 882 BGB oder dem Wertersatz nach § 92 identisch. Diese beiden Beträge berechnen sich nach dem subjektiven Nachteil, 1 2 3 4
BGH v. 29.1.2016 – V ZR 285/14, MDR 2016, 486 = Rpfleger 2016, 363. BGH v. 13.1.1984 – V ZR 267/82, MDR 1984, 656 = Rpfleger 1984, 244. Dassler u.a./Hintzen, § 50 ZVG Rz. 1. Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 1.
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Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte
Rz. 6 § 51
den ein Berechtigter eines erlöschenden Rechts durch den Wegfall seines Anspruchs erleidet. Hingegen bestimmt sich der Zuzahlungsbetrag ausschließlich nach objektiven Kriterien. Anwendbar ist die Norm auf alle beschränkten dinglichen Rechte wie Grunddienstbarkei- 5 ten, Nießbrauch, beschränkt-persönliche Dienstbarkeiten, Vorkaufsrecht, Erbbaurecht, Reallast5, aber auch für die Auflassungsvormerkung sowie für entsprechende Eigentümerrechte6. Bezüglich der Zahlungsmodalitäten für den Zuzahlungsbetrag trifft die Vorschrift eine abweichende Regelung zu § 50. Der Betrag ist hier vom Ersteher drei Monate nach erfolgter Kündigung zu zahlen (vgl. Rz. 20). Zuzahlungsfälle sind bei der Erlösverteilung gemäß § 125 zu behandeln. Zur Anwendung kommt die Vorschrift nur, wenn dem Vollstreckungsgericht im Zwangsversteigerungstermin das Nichtbestehen der Belastung unbekannt ist oder das Nichtbestehen frühestens zwischen Aufstellung des geringsten Gebots und der Zuschlagserteilung (§§ 89, 104) erkannt wird oder wenn diese Umstände zwar schon früher eingetreten waren, vom Vollstreckungsgericht aber nicht erkannt oder nicht beachtet wurden. Ist hingegen das Nichtbestehen dem Vollstreckungsgericht bei der Aufstellung des geringsten Gebots bereits bekannt, wird das löschungsreife Recht nicht ins geringste Gebot aufgenommen, soweit die Voraussetzungen für die Löschung „liquid vorliegen“ also beweissicher festgestellt sind7.
B. Nicht bestehendes Recht Wie bei den Grundschulden und Hypotheken ist Bedingung einer Nachzahlungspflicht, dass eine dingliche Belastung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlags materiell-rechtlich nicht besteht, obwohl eine entsprechende Grundbucheintragung vorliegt. Die Voraussetzungen für eine Nachzahlung sind nur selten erfüllt. Falls ausnahmsweise doch ein solcher Fall einmal vorliegt, ist das Nichtbestehen eingetragener Rechte dem Gericht durch Anmeldung oder Mitteilung der Verfahrensbeteiligten häufig schon vorab bekannt geworden und das löschbare Recht wird gar nicht erst ins geringste Gebot aufgenommen8. Kommt eine eingetragene und im geringsten Gebot berücksichtigte Belastung erst nach dem Zuschlag zum Erlöschen, entsteht nur dann ein Zuzahlungsfall, wenn das Recht bedingt ist oder es sich um ein Gesamtrecht handelt. Ein Zuzahlungsfall tritt dann nicht ein, wenn eine dingliche Belastung zu Unrecht ins geringste Gebot aufgenommen wurde oder zu Unrecht nicht aufgenommen wurde. Solche Fehler bei der Aufstellung des geringsten Gebots können über eine Zuzahlung nicht behoben werden (s. § 50 Rz. 5). Die Zuzahlungspflicht hinsichtlich bestehenbleibender Rechte erstreckt sich auf drei Fallgestaltungen: – eine eingetragene Dienstbarkeit besteht nicht – eine bedingte Belastung fällt weg – ein Gesamtrecht erlischt
5 6 7 8
Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 3. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 2. BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, Rpfleger 2012, 558 = BGHZ 193, 183. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 3.
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§ 51 Rz. 6 Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte Die genannten Fälle spielen in der Praxis schon deshalb keine sehr große Rolle, weil unwirksame Grundbucheintragungen selten und bedingte Rechte ebenfalls nicht besonders oft zu finden sind. 7
Allerdings ist die Regelung in den Fällen von Bedeutung, bei denen eine beschränkte-persönliche Dienstbarkeit oder ein Nießbrauch oder ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht durch den Tod des Berechtigten erlischt, ohne dass der Tod zum Zeitpunkt des Zuschlags bekannt war. Dann hat nämlich der Ersteher vermeintliche Belastungen übernommen, die er dann doch nicht zu tragen hat und eine Zuzahlung ist gerechtfertigt. Hierbei ist es für den Eintritt des Nachzahlungsfalls unerheblich, ob solche Rechte den Beschränkungen des § 23 Abs. 1 GBO unterliegen oder bei Todesnachweis sofort löschbar sind (§ 23 Abs. 2 GBO)9. Verstirbt der Berechtigte eines solchen Rechts erst nach dem Zuschlag, dann trifft den Ersteher keine Zuzahlungspflicht10.
8
Zu einer Zuzahlungspflicht kommt es, wenn eine auf einem ganzen Grundstück lastende Dienstbarkeit dadurch erlischt, dass ein Grundstücksbruchteil oder ein Wohnungseigentum nach Aufteilung des Grundstücks gem. WEG versteigert wird und die Dienstbarkeit bei der Versteigerung des Bruchteils oder Wohnungs- bzw. Teileigentums erlischt. Dies hat wiederum zur Folge, dass die Eintragung auf den anderen Bruchteilen oder Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechten inhaltlich unzulässig ist11 und die eingetragene Belastung nicht mehr besteht, obwohl sie noch im Grundbuch eingetragen ist. Bei einer nachfolgenden Versteigerung eines anderen Bruchteils, oder Wohnungs- bzw. Teileigentums könnte dann ein Zuzahlungsfall eintreten.
9
Des Weiteren kann es zu einem Zuzahlungsfall kommen, wenn ein Grundstück durch Teilung von einer eingetragenen Grunddienstbarkeit insoweit frei wird, als es nicht im Ausübungsbereich des Rechts liegt (§ 1026 BGB), die Dienstbarkeit aber auf dem frei gewordenen Grundstück eingetragen bleibt.
C. Bedingtes Recht 10
Dienstbarkeiten können ausnahmsweise unter einer aufschiebenden oder einer auflösenden Bedingung (§ 158 BGB) eingetragen sein. Hin und wieder kommen solche Bedingungen vor, sind aber nicht besonders verbreitet. Steht die Grundstücksbelastung unter einer aufschiebenden Bedingung und fällt die Bedingung aus oder es besteht eine auflösende Bedingung, die eintritt, dann entsteht der Zuzahlungsfall durch den Wegfall des Rechts. Wegen der Bezugnahme auf § 50 muss in solchen Fällen vom Ersteher nachgezahlt werden12, wenn der Wegfall des bedingten Rechts zeitlich erst nach dem Zuschlag erfolgt (s. § 50 Rz. 9) Der mögliche Wegfall des Rechts mit der Folge der Zuzahlung ist in solchen Fällen bereits aus der Grundbucheintragung erkennbar und der Ersteher kann sich bereits bei der Gebotsabgabe darauf einstellen.
11
Ist eine Dienstbarkeit befristet eingetragen, also der Umfang der Belastung durch einen erkennbaren Endtermin definiert, übernimmt der Ersteher die Leistungspflicht ausschließlich im angegebenen Umfang. Ein Zuzahlungsfall entsteht bei Fristablauf nicht13, weil 9 10 11 12
Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 14. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 6. OLG Frankfurt/M. v. 11.7.1978 – 20 W 126/78, Rpfleger 1979, 149. BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, MDR 2017, 303 = Rpfleger 2017, 225; BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, Rpfleger 2012, 558 = BGHZ 193, 183. 13 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, MDR 2017, 303 = Rpfleger 2017, 225.
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Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte
Rz. 16 § 51
der Ersteher nicht bereichert ist (s. § 50 Rz. 10). Tritt der Endtermin bereits vor der Versteigerung ein, ist die Belastung nicht ins geringste Gebot aufzunehmen. Nur soweit das Recht zwischen Versteigerung und Zuschlag erlischt, tritt ein Zuzahlungsfall ein. Dienstbarkeiten, die durch Widerspruch oder Vormerkung gesichert sind, werden wie be- 12 dingte Rechte behandelt, da offen ist, ob sie tatsächlich bestehen bzw. noch entstehen werden. Das gilt hier insbesondere für eine bestehenbleibende Auflassungsvormerkung14 (vgl. Rz. 25 ff.). Gelangen solche Rechte zur Entstehung, dann muss sie der Ersteher übernehmen und erfüllen, andernfalls hat er Zuzahlung zu leisten (s. § 50 Rz. 11).
D. Wegfall eines Gesamtrechts Die hier betroffenen Dienstbarkeiten und sonstigen in Abteilung II des Grundbuchs eingetragenen Rechte sind grundsätzlich nicht gesamtrechtsfähig. Deshalb kann eine nicht gewollte „Bereicherung“ des Erstehers nicht dadurch eintreten, dass ein im geringsten Gebot bestehen gebliebenes Gesamtrecht nach der Versteigerung an dem versteigerten Grundstück nach den Bestimmungen über das Gesamtrecht erlischt, ohne dass der Ersteher darauf zahlen muss, wie das bei Grundschulden und Hypotheken der Fall sein kann.
13
Eine Reallast darf allerdings als Gesamtrecht eingetragen werden, so dass ein Zuzahlungsfall denkbar ist. Die Reallast kann durch Befriedigung aus einem mithaftenden Grundstück auf den übrigen mitbelastenden Grundstücken erlöschen, wenn nicht ein Ausnahmefall nach §§ 1173 Abs. 2, 1182 BGB analog vorliegt, bei denen die Reallast nicht erlischt, sondern übergeht. Bei einer solchen Konstellation hat sich der Ersteher die bestehen gebliebene Reallast zu Unrecht in voller Höhe auf den Steigpreis anrechnen lassen und es ist gerechtfertigt, dass er den ersparten Betrag zuzahlt15.
14
E. Höhe der Zuzahlung Den vom Ersteher zu leistenden Zuzahlungsbetrag hat das Vollstreckungsgericht vor der Aufstellung des geringsten Gebots festzustellen. Seine Höhe ist immer von den Umständen des Einzelfalls abhängig und damit verbietet sich eine pauschale Festlegung16. Der Zuzahlungsbetrag soll die Werterhöhung des Grundstücks aus objektiver Sicht widerspiegeln17, die sich daraus ergibt, dass die als zu übernehmende Belastung angenommene Dienstbarkeit nun doch nicht besteht und der Ersteher ein insoweit lastenfreies Grundstück erhält, obwohl er auf ein belastetes Grundstück geboten hat. Seine so eingetretene Bereicherung wird durch den Zuzahlungsbetrag ausgeglichen.
15
Die sich aus den eingetragenen Belastungen ergebenden Wertminderungen des Grundstücks können bei der Verkehrswertermittlung durch den Sachverständigen festgestellt und bei der Ermittlung des Zuzahlungsbetrags herangezogen werden.
16
14 15 16 17
OLG Schleswig v. 21.10.2013 – 15 WF 332/13, SchlHA 2014, 248. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 9. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 15. Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 22.
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§ 51 Rz. 17 Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte
F. Verfahren 17
Beim Bestehenbleiben von Rechten in Abteilung II des Grundbuchs hat das Vollstreckungsgericht den Zuzahlungsbetrag für jedes Recht betragsmäßig festzustellen. Dabei hat es die anwesenden Beteiligten anzuhören (§ 66 Abs. 1), ist aber weder an deren Anträge18 noch an die Vorstellungen von Bietinteressenten gebunden. In schwierigen Fällen ist ein vorheriger Erörterungstermin (§ 62) möglich und sinnvoll, da die Bedeutung des Zuzahlungsbetrages den Beteiligten bei komplizierten Fallgestaltungen, wie etwa mehreren bedingten Vormerkungen, nicht immer klar ist. Grundregel für die Höhe des Betrags ist immer der Ausgleich des Vorteils, den der Ersteher dadurch erlangt, dass ein bestehenbleibendes Recht tatsächlich nicht besteht und er insoweit das Grundstück ohne die eingetragene Belastung erwirbt (vgl. Rz. 15).
18
Oft kann der Betrag nur unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zutreffend ermittelt werden. So ist bei Rechten auf Lebenszeit das Alter des Berechtigten von Bedeutung, bei Wohnungsrechten die erzielbare bzw. ersparte Miete oder bei Nutzungsrechten die tatsächliche Beeinträchtigung für den Eigentümer des belasteten Grundstücks.
19
Der Zuzahlungsbetrag ist als gesetzliche Versteigerungsbedingung in jedem Versteigerungstermin erneut festzustellen19. Die vom Vollstreckungsgericht getroffene Feststellung ist nicht gesondert anfechtbar, sondern nur mit Zuschlagsbeschwerde (§ 95). Sie ist für das Prozessgericht bindend20. Unterbleibt die Feststellung oder ist sie unrichtig, kann das ein Zuschlagsversagungsgrund gem. § 83 Nr. 1 sein21. Ob tatsächlich eine unterbliebene Festsetzung des Zuzahlungsbetrags noch im Verteilungstermin nachgeholt werden kann22, scheint in Anbetracht dessen eher fraglich. Da in solchen Fällen keine Bindung für das Prozessgericht eintritt, sollte die Feststellung des Betrages einer eventuellen Bereicherungsklage gegen den Ersteher vorbehalten bleiben. Ein festgestellter Zuzahlungsbetrag gehört zum Meistgebot und wird sowohl bei der Ermittlung der Wertgrenzen gem. §§ 85a Abs. 1, 74a Abs. 1 als auch bei der gem. § 114a vorzunehmenden Berechnung berücksichtigt.
20
Zu zahlen ist der Betrag nicht schon, wenn der Zuzahlungsfall eintritt. Vielmehr ist eine im Gesetz als Kündigung bezeichnete Geltendmachung durch den nächsten Hebungsberechtigten gegenüber dem Ersteher nötig, wodurch eine dreimonatige Zahlungsfrist in Lauf gesetzt wird. Das Erfordernis einer Kündigung hindert jedoch den Ersteher nicht daran, den Betrag freiwillig zu zahlen. So kann er die gesetzlich geregelte Verzinsungspflicht in Höhe von 4 % beginnend ab dem Zuschlagstag beenden. Soweit vertreten wird, dass der Ersteher durch die Zahlung einen Anspruch auf Erteilung einer Löschungsbewilligung für das betroffene Recht erlangt, wird dem nicht gefolgt, weil es insoweit an einer Rechtsgrundlage fehlt23 und der Berechtigte mangels Bewilligungsbefugnis überhaupt nicht in der Lage ist, für das betroffene Recht eine Löschungsbewilligung auszustellen (§ 19 GBO). Deshalb muss in solchen Fällen eine Grundbuchberichtigung grundsätzlich durch Unrichtigkeitsnachweis (§ 22 GBO) erfolgen, wenn nicht ein Sonderfall nach §§ 23, 24 GBO vorliegt.
21
Steht ausnahmsweise der Zuzahlungsfall bereits im Erlösverteilungstermin fest, so ist der Zuzahlungsbetrag bei erfolgter Zahlung des Erstehers zu verteilen und ansonsten nach
18 19 20 21 22 23
Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 10. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 13. BGH v. 2.11.1965 – V ZR 82/63, MDR 1966, 46 = Rpfleger 1966, 206. BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, MDR 2017, 303 = Rpfleger 2017, 225. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 14. Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 34.
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Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte
Rz. 24 § 51
§§ 125, 128 zu sichern. Soweit der Eintritt streitig ist, erfolgt bedingte Zuteilung des Betrages. Normalerweise wird bei der Erlösverteilung noch kein Zuzahlungsfall erkennbar sein, so dass insoweit auch keine Verteilung erfolgt. Tritt er später ein, muss der Nächstberechtigte ihn einklagen24.
G. Einzelne Rechte I. Altenteil In einer gesetzlichen Regelung ist das Altenteil nicht definiert. Der Rechtsbegriff ist vielmehr historisch gewachsen und wird in mehreren Gesetzen als gegeben und bekannt vorausgesetzt (Art. 96 EGBGB, § 49 GBO, § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Ein Altenteilsvertrag regelt üblicherweise die Gewährung von Unterhalt, wozu dem Altenteiler meist ein lebenslanges Wohnrecht an einem bestimmten Teil eines überlassenen Grundstücks und zusätzlich eine wiederkehrende Geldzahlung oder Naturalleistung gewährt wird. So soll dem Übernehmer ein Grundstück überlassen werden, durch dessen Nutzung er seinen Lebensunterhalt finanzieren und gleichzeitig den geschuldeten Unterhalt des Altenteilers erwirtschaften kann. Das wesentliche Kennzeichen eines Altenteils besteht in einem Nachrücken der folgenden Generation in eine wenigstens teilweise existenzbegründende Wirtschaftseinheit. Ziel ist es dabei, dass ein Beteiligter einem anderen, meist in Form einer vorweggenommenen Erbfolge, das seiner wirtschaftlichen Lebensgrundlage dienende Grundstück überträgt und sich in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses begibt, während der Übernehmer des Grundstücks eine wirtschaftlich selbstständige Stellung erlangt25. Gerade im Zusammenhang mit der Übergabe eines landwirtschaftlichen Hofguts ist das Altenteil nach wie vor von praktischer Bedeutung. Ein als Altenteil eingetragenes Recht setzt sich in aller Regel aus mehreren Sachenrechten wie beschränkt-persönlichen Dienstbarkeiten, Reallasten oder Nießbrauch zusammen (§ 49 GBO).
22
Landesrechtliche Bestimmungen können vorsehen, dass ein Altenteil nach dem Zuschlag auch bestehen bleibt, wenn es nicht ins geringste Gebot fällt (§ 9 EGZVG). Obwohl der Wortlaut des Gesetzes einen Zuzahlungsbetrag nur bei Rechten vorsieht, die ins geringste Gebot fallen, spricht viel für die Festsetzung eines Zuzahlungsbetrags auch bei nachrangigen, aber bestehenbleibenden Altenteilsrechten26. Die Interessenlage der Beteiligten ist identisch mit der Situation bei im geringsten Gebot bestehenbleibendem Altenteilsrecht. Das Vollstreckungsgericht kann und sollte auch hier einen Zuzahlungsbetrag bestimmen, damit die Verfahrensbeteiligten und Bietinteressenten den ungefähren Wert des zu übernehmenden Rechts einschätzen können und im Zuzahlungsfall Klarheit über den zu leistenden Betrag besteht.
23
Berechnet wird der Zuzahlungsbetrag durch Addition der Zuzahlungsbeträge aller enthaltenen Einzelrechte. Der gesamte Umfang des Altenteils lässt sich nur anhand der Eintragungsbewilligung erkennen. Zur Bewertung der Einzelrechte wird auf die Ausführungen zur beschränkt-persönlichen Dienstbarkeit (Rz. 29), zum Wohnungsrecht (Rz. 31) sowie zum Nießbrauch (Rz. 36) und zur Reallast (Rz. 37) Bezug genommen.
24
24 Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 39. 25 BGH v. 4.7.2007 – XII ZB 86/06, MDR 2007, 1218 = Rpfleger 2007, 614. 26 Löhnig/Siwonia, § 51 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 10; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326; a.A. Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG Rz. 8.
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§ 51 Rz. 25 Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte
II. Auflassungsvormerkung 25
Eine Auflassungsvormerkung sichert den Anspruch des Grundstückskäufers auf Erklärung der zur Eigentumsübertragung nötigen Auflassung (§ 925 BGB). Liegt die Auflassung bereits vor, sichert die meist als Eigentums- oder Eigentumsübertragungsvormerkung bezeichnete Eintragung den Anspruch auf Eigentumsumschreibung. Eine Sonderform stellt die so genannte Rückauflassungsvormerkung dar, die dem Veräußerer ein Recht auf Rückübertragung, meist beim Eintritt von festgelegten Bedingungen, garantiert.
26
Als bedingter Anspruch wird eine Auflassungsvormerkung so behandelt, wie das durch die Vormerkung gesicherte Recht, hier also das Eigentum des Vormerkungsberechtigten, als wäre es bereits eingetragen (§ 48). Faktisch stellt die bestehenbleibende Auflassungsvormerkung ein Erwerbshindernis für jeden Bietinteressenten dar, weil er nach dem Zuschlag jederzeit damit rechnen muss, den Auflassungs- oder Eigentumsübertragungsanspruch des Berechtigten erfüllen zu müssen und dadurch das mit dem Zuschlag erlangte Eigentum am Grundstück wieder zu verlieren. Demnach entspricht der Zuzahlungsbetrag dem Wert, um den der Grundstückswert gemindert wird, wenn der Auflassungsanspruch erfüllt werden muss. Dies wiederum entspricht dem Grundstückswert, weil sich aus der Sicht des Erstehers der Wert des Grundstücks für ihn auf null reduziert, wenn er das Eigentum an den Vormerkungsberechtigten übertragen muss und infolgedessen nicht mehr Eigentümer ist. Umgekehrt erhöht sich der Wert des Grundstücks bei Nichtbestehen des gesicherten Auflassungsanspruchs um den Verkehrswert. Also ist bei einer bestehenbleibenden Auflassungsvormerkung als Zuzahlungsbetrag der Verkehrswert anzusetzen27. Der Auflassungsvormerkung vorgehende Rechte sind abzuziehen. Soweit der Auflassungsanspruch nur an einer Teilfläche besteht, ist der Zuzahlungsbetrag für die Teilfläche entsprechend ihrem Verhältnis zum Gesamtgrundstück festzusetzen28.
27
Wenn der Ersteher trotz eingetragener Vormerkung das Eigentum deshalb nicht mehr verlieren kann, weil der gesicherte Anspruch bereits erfüllt wurde und eine Auflassungsvormerkung für den später eingetragenen Eigentümer nach Erfüllung nicht gelöscht wurde oder materiell-rechtlich deshalb kein Auflassungsanspruch mehr besteht, weil ein geschlossener Kaufvertrag aufgelöst wurde, dann wäre ein hoher Zuzahlungsbetrag nicht gerechtfertigt. Dennoch verbietet sich eine Festsetzung des Zuzahlungsbetrags auf null. Ist das Vollstreckungsgericht in der Lage, den Wegfall des gesicherten Anspruchs anhand der ihm beispielsweise in der Grundakte vorliegenden Urkunden einfach und sicher feststellen, ist das Recht als löschungsreif nicht ins geringste Gebot aufzunehmen29. Soweit eine entsprechende Feststellung nicht möglich sein sollte, muss der Rechtspfleger vom Fortbestand der Vormerkung ausgehen und den Zuzahlungsbetrag am Grundstückswert orientiert festsetzen (vgl. Rz. 26).
III. Dauerwohnrecht 28
Die nicht häufig anzutreffenden Dauerwohnrechte und Dauernutzungsrechte (§ 31 ff. WEG) sind vergleichbar mit dem Wohnungsrecht (§ 1093 BGB). Sie sichern dem Berechtigten die ausschließliche Benutzung einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen. Anders als das Wohnungsrecht sind diese Rechte jedoch ver27 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, Rpfleger 2012, 558 = BGHZ 193, 183. 28 Löhnig/Siwonia, § 51 ZVG, Rz. 9. 29 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, Rpfleger 2012, 558 = BGHZ 193, 183; Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG, Rz. 13; Böttcher, §§ 50, 51 Rz. 27; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 46.
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Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte
Rz. 32 § 51
äußerlich und vererblich (§ 33 WEG). Die Höhe des Zuzahlungsbetrags ist somit vom Umfang des Nutzungsrechts im Verhältnis zum Wert des Grundstücks abhängig. Der Zuzahlungsbetrag muss den Wertvorteil widerspiegeln, welchen der Ersteher hat, wenn er das Recht nicht erfüllen muss. Das Lebensalter des Berechtigten ist hingegen nicht von Bedeutung für den Wert des Rechts30.
IV. Dienstbarkeiten Zu den Dienstbarkeiten zählen sowohl die subjektiv-dinglichen Grunddienstbarkeiten als auch die beschränkt-persönlichen Dienstbarkeiten, die sich inhaltlich oft ähnlich sind. Ein Unterschied besteht nur in der Person des Berechtigten. Bei Grunddienstbarkeiten ist das der jeweilige Eigentümer des durch die Eintragung begünstigten Grundstücks, wohingegen bei einer beschränkt -persönlichen Dienstbarkeit einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person die Ausübung des Rechts zugesichert wird. Meist haben die Rechte ein eingeschränktes Nutzungsrecht am belasteten Grundstück zum Gegenstand oder es wird ein Unterlassungsanspruch dinglich gesichert. Üblich sind vor allem Wege-, Gleis-, Leitungs-, Stellplatz-, oder Wohnungsbesetzungsrechte, Betriebsrechte für Energiegewinnungsanlagen aber auch Verbotsrechte wie das Fensterrecht oder Benutzungsverbote zu Gunsten eines auf dem Nachbargrundstück vorhandenen Betriebs, wie beispielsweise ein Kantinenverbot zum Ausschluss von Konkurrenten sind denkbar.
29
Der Vorteil des Erstehers bei Nichtbestehen des Rechts trotz Grundbucheintragung ist häufig vergleichsweise gering und bewegt sich in aller Regel zwischen 5-500 t31, weil der Bestand solcher Rechte den Eigentümer nur geringfügig beschränkt. Hingegen kann die Wertminderung bei einem umfassenden Wegerecht ca. 15-20 % betragen32.
30
Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann zum Inhalt haben, dass der Berechtigte ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung benutzen darf (Wohnungsrecht, § 1093 BGB). Das stellt je nach Umfang der Nutzungsberechtigung im Verhältnis zur gesamten Nutzfläche meist eine erhebliche Beschränkung des Eigentums dar, die sich in einem entsprechend hohen Zuzahlungsbetrag niederschlagen muss. Beim Wohnungsrecht ist häufig eine lebenslange Nutzung zugesichert und es kann sich bei diesem Recht zudem um ein Altenteil handeln, für das besondere Bestimmungen zu beachten sind (vgl. Rz. 23).
31
Der Zuzahlungsbetrag des Rechts ist durch Multiplikation des Jahreswertes der Nutzung, etwa orientiert an der ersparten Miete, mit der Restnutzungsdauer, also meist der statistischen Lebenserwartung des Berechtigten, zu ermitteln. Der errechnete Betrag ist unter Anwendung der Hoffmann’schen Formel um den Zwischenzins zu kürzen33. Weder das Wohnungsrecht noch andere bestehenbleibenden Rechte mindern den Verkehrswert des Grundstücks. Sie sind bei der Wertermittlung schon deshalb nicht in Betracht zu ziehen, weil erst bei der Aufstellung des geringsten Gebots sicher feststeht, ob sie als bestehen bleibend ins geringste Gebot fallen oder nicht. Eine Berücksichtigung bei der Wertermittlung und eine spätere Festsetzung des Zuzahlungsbetrages auf null34, würde dem Normzweck
32
30 Löhnig/Siwonia, § 51 ZVG, Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 42; Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG, Rz. 16; Böttcher, §§ 50, 51 Rz. 29; a.A. Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 26. 31 Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 17. 32 BGH v. 1.2.1982 – III ZR 93/80, MDR 1982, 648 = NJW 1982, 2179. 33 Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 23. 34 So LG Heilbronn v. 18.7.2003 – 1b T 246/03, Rpfleger 2004, 56 m. ablehnender Anmerkung Hintzen.
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§ 51 Rz. 32 Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte der §§ 50, 51 nicht entsprechen, weil der Ersteher bei Nichtbestehen des übernommenen Rechts nichts nachzahlen müsste.
V. Erbbaurecht 33
Das Erbbaurecht hat als dingliches, veräußerliches und vererbliches Recht zum Inhalt, dass der Berechtigte auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk errichten und für die vereinbarte Laufzeit benutzen darf (§ 1 ErbbauRG). Dafür hat er dem Grundstückseigentümer eine Entschädigung in Form von wiederkehrenden Leistungen (Erbbauzins) zu zahlen, die meist dinglich über die Eintragung einer Reallast im Grundbuch des Erbbaurechts gesichert wird. Das Erbbaurecht ist eine Belastung des Grundstücks und wird in dessen Grundbuch immer an erster Rangstelle eingetragen (§ 10 ErbbauRG). Bei der selten vorkommenden Versteigerung des belasteten Grundstücks bleibt das Erbbaurecht immer bestehen (§ 25 ErbbauRG).
34
Im ungewöhnlichen Fall einer Versteigerung des Grundstücks, ist für das Erbbaurecht deshalb immer ein Zuzahlungsbetrag festzustellen, dessen Höhe meist nach dem jährlich erzielten Erbbauzins multipliziert mit der Restdauer des Erbbaurechts berechnet wird35. Aber auch die Berechnung des Wertes durch Addition des Gebäudewertes und des Besitzrechtes am Grundstück ist denkbar36. Die Annahme, der Wert des Erbbaurechts gehe gegen null37, widerspricht dem Regelungszweck der §§ 50, 51. Der Zuzahlungsbetrag ist meist so hoch, dass ein bestehenbleibendes Erbbaurecht die Versteigerung des Grundstücks verhindert, wenn nicht der Bieter wegen der durch den Erbbauzins erzielten Rendite am Erwerb interessiert ist.
VI. Erbbauzins 35
Bei dem mit einer Reallast gesicherten Anspruch auf Zahlung eines monatlichen oder jährlichen Erbbauzinses ist die Grundlage für die Ermittlung des Zuzahlungsbetrages der Jahreswert des Erbbauzinses multipliziert mit der Restlaufzeit des Erbbaurechts. Der errechnete Betrag ist abzuzinsen38. Bei der Berechnung ist lediglich der aktuell dinglich gesicherte Erbbauzins zu Grunde zu legen. Vereinbarte Wertsicherungsklauseln sind bei der Berechnung unbeachtlich39.
VII. Nießbrauch 36
Bei Nichtbestehen des allumfassenden Nutzungsrechts (§ 1030 BGB) erhöht sich der Wert des Grundstücks um den Betrag dieser Nutzungen. Der Zuzahlungsbetrag errechnet sich nach dem Gesamtwert aller Nutzungen des Grundstücks vervielfältigt mit der Restlaufzeit des Nießbrauchs, meist die Restlebensdauer des Berechtigten gemäß statistischer Lebens35 Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 38; Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG, Rz. 18; Löhnig/Siwonia, § 51 ZVG, Rz. 12. 36 Streuer, Rpfleger 1997, 141. 37 Helwich, Rpfleger 1989, 389; Böttcher, §§ 50, 51, Rz. 30. 38 Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG Rz. 19; Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 29; Streuer, Rpfleger 1997, 141; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 40; Böttcher, §§ 50, 51 Rz. 29. 39 Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG, Rz. 19; Böttcher, §§ 50, 51 Rz. 31; Löhnig/Siwonia, § 51 ZVG Rz. 13; Streuer, Rpfleger 1997, 141.
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Zuzahlung bei Wegfall anderer Rechte
Rz. 38 § 51
erwartung, da der Nießbrauch erst mit dem Tod des Berechtigten erlischt (§ 1061 BGB). Das Bestehenbleiben eines Nießbrauchs schließt den Eigentümer von der gewinnbringenden Nutzung des Grundstücks aus und verhindert deshalb häufig die Verwertbarkeit in der Zwangsversteigerung.
VIII. Reallast Die Reallast (§§ 1105 ff. BGB) sichert den Anspruch des Berechtigten auf wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück in Form von Naturalleistungen oder Geldzahlungen, meist als Rente. Häufig handelt es sich dabei um ein Altenteil, für welches hinsichtlich des Bestehenbleibens Besonderheiten zu beachten sind (Rz. 23). Eine Reallast kann entweder subjektiv-dinglich als Grunddienstbarkeit oder als beschränkt-persönliches Recht ausgestaltet sein. Grundsätzlich ist sie übertragbar, soweit die Verpflichtungen nicht höchstpersönlicher Natur sind, wie das bei Pflegeverpflichtungen der Fall ist oder wenn die Laufzeit auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt ist40. Berechnet wird ein Zuzahlungsbetrag durch Multiplikation des Jahreswertes der gesicherten Leistungen, umgerechnet in Geld, multipliziert mit der Restlaufzeit des Rechts, also meist der Restlebensdauer des Berechtigten nach statistischer Lebenserwartung. Der errechnete Betrag ist abzuzinsen41.
37
IX. Vorkaufsrecht Ein dingliches Vorkaufsrecht (§§ 1094 ff. BGB) gilt grundsätzlich lediglich für einen Ver- 38 kaufsfall (§ 1097 BGB), kann allerdings in der Zwangsversteigerung nicht ausgeübt werden (§ 471 BGB) und ist nach dem Zuschlag verbraucht. Hingegen ist die Ausübung bei der Teilungsversteigerung (Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft) möglich. Dem Vollstreckungsgericht ist die Feststellung, dass das einmalige Vorkaufsrecht mit dem Zuschlag erlischt nicht möglich42, da es keinerlei gesetzliche Regelung dazu gibt, also verfahrensrechtlich nicht vorgesehen ist. Der Zuzahlungsbetrag bei einem wertlosen Vorkaufsrecht ist auf null festzusetzen43, weil es trotz seines Bestehenbleibens ohnehin bedeutungslos ist und den Grundstückswert bei Wegfall nach §§ 50, 51 nicht erhöht. Wurde hingegen das Vorkaufsrecht für mehrere Verkaufsfälle bestellt und bleibt bestehen, dann stellt ein Nichtbestehen einen gewissen Vorteil für den Ersteher dar, der durch einen Zuzahlungsbetrag auszugleichen ist. Der Vorteil ist aber keinesfalls mit dem Grundstückswert gleichzusetzen, da die Ausübung des Vorkaufsrechts erst erfolgen kann, wenn der Ersteher das Grundstück weiterverkauft. Seine Bereicherung bei Nichtbestehen des übernommenen Vorkaufsrechts ist nicht sehr bedeutend. Regelmäßig dürfte ein Zuzahlungsbetrag in Höhe von 2-3 % des Verkehrswerts angemessen sein44.
40 41 42 43 44
Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 26. Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG Rz. 24; Steiner/Eickmann, § 51 ZVG Rz. 31. Löhnig/Siwonia, § 51 ZVG Rz. 17. Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG Rz. 24. Dassler u.a./Hintzen, § 51 ZVG Rz. 33; Böttcher, §§ 50, 51 Rz. 33; Löhnig/Siwonia, § 51 ZVG Rz. 17.
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§ 52 Rz. 1 Bestehenbleiben und Erlöschen von Rechte
§ 52 [Bestehenbleiben und Erlöschen von Rechte] (1) Ein Recht bleibt insoweit bestehen, als es bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt und nicht durch Zahlung zu decken ist. Im übrigen erlöschen die Rechte. (2) Das Recht auf eine der in den §§ 912 bis 917 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Renten bleibt auch dann bestehen, wenn es bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt ist. Satz 1 ist entsprechend anzuwenden auf a) den Erbbauzins, wenn nach § 9 Abs. 3 des Erbbaurechtsgesetzes das Bestehenbleiben des Erbbauzinses als Inhalt der Reallast vereinbart worden ist; b) Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, die auf dem Grundstück als Ganzem lasten, wenn in ein Wohnungseigentum mit dem Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 vollstreckt wird und diesen kein anderes Recht der Rangklasse 4 vorgeht, aus dem die Versteigerung betrieben werden kann.
A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bestehenbleibende Rechte im geringsten Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Erlöschende Rechte . . . . . . . . . . . . . D. Bestehenbleiben von Überbau- und Notwegrente (Abs. 2 Satz 1) . . . . . . .
.
Rz. 1
. .
4 8
. 12
Rz. E. Erbbauzinsreallast (Abs. 2 Satz 2a) . . . . 14 F. Bestehenbleibende Rechte bei der Zwangsversteigerung aus Rangklasse 2 (Abs. 2 Satz 2b) . . . . . . . . . . . . . . . . 21 G. Weitere außerhalb des geringsten Gebots bestehenbleibende Rechte . . . . . . . . . . 24
A. Allgemein 1
Im Grundbuch eingetragene Belastungen werden gemäß § 52 Abs. 1 bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigt, wenn sie dem Anspruch des bestrangig betreibenden Gläubigers im Rang vorgehen. Sie werden nicht durch eine Zahlung aus dem Erlös befriedigt, sondern bleiben nach der Erteilung des Zuschlags als dingliche Rechte am Grundstück bestehen, weshalb dies als Übernahmegrundsatz bezeichnet wird. Die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen (§§ 44, 49, 52 ZVG) verpflichten den Ersteher dazu, alle dem Anspruch des betreibenden Gläubigers vorgehenden Rechte zu übernehmen und gegenüber den Berechtigten zu erfüllen1. Die Verpflichtung zur Übernahme dieser Ansprüche ist sowohl hinsichtlich der Grundpfandrechte als auch der nicht auf eine Kapitalzahlung gerichteten Belastungen ein Teil des vom Ersteher geschuldeten Versteigerungserlöses2. Allerdings beschränkt sich die Übernahmepflicht nur auf das Stammrecht und die wiederkehrenden Leistungen ab dem Zuschlag. Zinsen und andere Nebenleistungen bis zum Zuschlagstag können nur aus dem Bargebot beglichen werden3. Fallen die Rechte bei der Erlösverteilung aus oder werden sie nicht angemeldet, bleibt nur die Durchsetzung der persönlichen Forderung gegen den Schuldner, denn den Ersteher treffen diese Forderungen nicht. Bestehen entgegen der Grundbucheintragung die übernommenen Rechte nicht, kann ein Zuzahlungsfall eintreten (§§ 50, 51).
1 BGH v. 29.1.2016 – V ZR 285/14, MDR 2016, 486 = Rpfleger 2016, 363. 2 BGH v. 13.1.1984 – V ZR 267/82, MDR 1984, 656 = Rpfleger 1984, 244. 3 Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 5.
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Bestehenbleiben und Erlöschen von Rechte
Rz. 7 § 52
Gleichzeitig ist als gesetzliche Versteigerungsbedingung festgelegt, dass der Ersteher andere dingliche Rechte grundsätzlich nicht zu tragen hat und insoweit das Grundstück lastenfrei erwirbt. Zu diesem Grundsatz bestehen allerdings einige Ausnahmen (Rz. 12 ff.), wonach verschiedene dingliche Rechte auch außerhalb des Grundbuchs und des geringsten Gebots bestehen bleiben können. Das gilt für solche Rechte selbst dann, wenn der Zuschlagsbeschluss diese Rechte nicht aufführt (§ 82).
2
Besonderheiten zum Fortbestand von bestimmten Rechten regelt unter anderem Abs. 2, wo- 3 nach Notwegrente, Überbaurente, Erbbauzinsreallast sowie bei der Versteigerung eines Wohnungs- oder Teileigentums aus Ansprüchen der Rangklasse 2 die im Grundbuch erstrangig eingetragenen Dienstbarkeiten außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleiben können, also vom Ersteher zu übernehmen sind, obwohl sie nicht ins geringste Gebot fallen.
B. Bestehenbleibende Rechte im geringsten Gebot Nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen sind von Ersteher alle Grundpfandrechte zu übernehmen, die dem Anspruch des betreibenden Gläubigers rangmäßig vorgehen und deshalb ins geringste Gebot (§ 44) aufzunehmen sind. Daneben kann das Bestehenbleiben von eingetragenen Rechten auch als abweichende Versteigerungsbedingung vereinbart werden (§ 59). In beiden Fällen erwirbt der Ersteher nicht lastenfrei, sondern ein mit diesen Rechten belastetes Grundstück. Die bestehenbleibenden Rechte aus Abt. II oder III des Grundbuchs sind im Zuschlagsbeschluss zu benennen und bleiben selbst dann bestehen, wenn das Bestehenbleiben zu Unrecht festgestellt wurde4. Der Wert dieser zu übernehmenden Rechte wird dem Ersteher auf den Steigpreis angerechnet.
4
Falls allerdings die übernommenen Rechte materiell-rechtlich nicht mehr bestehen oder nie entstanden sind, hat der Ersteher eine Zuzahlung zu leisten (§§ 50, 51)
5
Die bestehenbleibenden Rechte werden nach dem Grundbuchstand ins geringste Gebot aufgenommen und zwar mit dem dort niedergelegten Inhalt bzw. dem Kapitalbetrag. Selbst wenn die auf Kapitalzahlung gerichteten Rechte nicht mehr in voller Höhe valutieren, muss sie der Ersteher in der eingetragenen Höhe übernehmen und haftet für den Nennbetrag dinglich5. Die Übernahme der bestehenbleibenden Rechte bildet einen Teil des vom Ersteher geschuldeten Versteigerungserlöses. Irgendwann muss er das Kapital der Rechte begleichen, weil der übernommene Betrag entweder dem eingetragenen Grundpfandrechtsgläubiger, einem Zessionar eines Briefrechts oder dem Schuldner als Eigentümerrecht bzw. Rückgewähranspruch zusteht. An einem zu übernehmenden Recht bestehende Nebenrechte, wie etwa Pfändungen, bleiben ebenfalls bestehen und gelten gegen den Ersteher. Ein eingetragener Rangvorbehalt bleibt bestehen, wenn das damit belastete Recht selbst bestehen bleibt. Der Rangvorbehalt kann nach dem Zuschlag vom Ersteher genutzt werden6.
6
Falls dem Vollstreckungsgericht bei der Aufstellung des geringsten Gebots das Nichtbestehen von eigentlich ins geringste Gebot fallenden Rechten bereits bekannt ist, werden löschungsreife Rechte nicht ins geringste Gebot aufgenommen, soweit die Voraussetzungen für die Löschung „liquid vorliegen“ also beweissicher festgestellt sind7.
7
4 5 6 7
BGH v. 7.11.1969 – V ZR 85/66, Rpfleger 1970, 60 = BGHZ 53, 47. BGH v. 29.1.2016 – V ZR 285/14, MDR 2016, 486 = Rpfleger 2016, 363. Steiner/Eickmann, § 52 ZVG Rz. 13. BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11, Rpfleger 2012, 558 = BGHZ 193, 183.
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§ 52 Rz. 8 Bestehenbleiben und Erlöschen von Rechte
C. Erlöschende Rechte 8
Abs. 1 Satz regelt eindeutig das Schicksal der nicht ins geringste Gebot aufgenommenen Rechte, nämlich, dass diese erlöschen und am Grundstück nicht fortbestehen. Vor allem aus der Sicht des Bieters schafft das Klarheit hinsichtlich der zu übernehmenden Belastungen und ermöglicht ihm eine fundierte Kalkulation seiner Gebote. Die Versteigerungsbedingungen sind hinsichtlich der zu übernehmenden Rechte aus der Sicht aller Beteiligten verlässlich und haben insoweit privatrechtsgestaltende Wirkung8 als auch zu Unrecht ins geringste Gebot aufgenommene Rechte bestehen bleiben und zu Unrecht nicht aufgenommene Rechte mit dem Zuschlag erlöschen müssen. Das Erlöschen gilt jedoch nicht für solche Rechte, die auf Grund gesetzlicher Regelung auch außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleiben.
9
Das Erlöschen eines Rechts führt nicht zwingend zum Totalausfall der gesicherten Ansprüche. Die Berechtigten solcher Rechte können zwar ihre Forderungen nicht mehr gegen den Ersteher durchsetzen, da das Grundstück mit dem Zuschlag von den erlöschenden dinglichen Belastungen frei wird, aber die Ansprüche setzen sich am Erlös fort und gewähren dem Berechtigten einen Anspruch auf Zahlung der gesicherten Forderung oder Wertersatz (§ 92) im Rahmen der Erlösverteilung (Surrogationsgrundsatz) an seiner Rangstelle, soweit der Erlös ausreicht.
10
Mit Zuschlag wird der Ersteher nicht Rechtsnachfolger des Schuldners, sondern er erwirbt originäres Eigentum. Deshalb hat er die persönlichen Schulden des Schuldners nicht zu tragen, soweit nicht nach § 53 eine Schuldübernahme hinsichtlich des mit einer Hypothek oder Sicherungsgrundschuld gesicherten Darlehens stattfindet9. Nach der Versteigerung können die Ansprüche für den Zeitraum vor der Zuschlagserteilung nur noch persönlich gegen den Schuldner durchgesetzt werden.
11
Öffentliche Grundstückslasten sind dingliche Rechte, die nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind, weil ihre Eintragung weder nötig noch vorgesehen ist (§ 54 GBO). Da sie immer bar zu zahlen sind, (§ 49 Abs. 1) können sie selbst mit Anmeldung nicht bestehen bleiben. Mit dem Zuschlag erlöschen die bis dahin entstandenen öffentlichen Lasten als dingliches Recht10, ohne dass sie angemeldet sein müssen oder dem Rechtsinhaber die Zwangsversteigerung bekannt sein muss. Vom Ersteher sind sie in jedem Fall erst ab dem Zuschlagstag zu tragen (§ 56, § 103 BGB).
D. Bestehenbleiben von Überbau- und Notwegrente (Abs. 2 Satz 1) 12
Die dinglichen Rechte auf eine Überbau- (§§ 912-916 BGB) oder Notwegrente (§ 917 BGB) werden nicht ins Grundbuch eingetragen und haben Rang vor allen im Grundbuch eingetragenen Rechten. Aufgrund ausdrücklicher Regelung in Abs. 2 Satz 1 bleiben sie bei einer Zwangsversteigerung immer bestehen und sind in jedem Fall vom Ersteher zu übernehmen. Anmeldung durch den Berechtigten ist dabei genau so wenig nötig, wie Aufnahme in den Zuschlagsbeschluss oder gar Kenntnis des Erstehers11. Hat das Vollstreckungsgericht allerdings ausnahmsweise Kenntnis von solchen Ansprüchen, dann sollte im Versteigerungstermin darauf hingewiesen werden (§ 139 ZPO)12. 8 9 10 11 12
Steiner/Eickmann, § 52 ZVG Rz. 18. Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 6. BVerwG v. 7.9.1984 – 8 C 30/82, Rpfleger 1985, 35. Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 23. Löhnig/Siwonia, § 52 ZVG Rz. 8.
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Bestehenbleiben und Erlöschen von Rechte
Rz. 16 § 52
Bei den Rentenzahlungen handelt es sich um wiederkehrende Leistungen, die in die Rangklasse 4 bzw. 8 einzuordnen sind und hinsichtlich der Rückstände bei rechtzeitiger Anmeldung in den Teilungsplan aufzunehmen (ggfls. noch nach § 110) und bar zu zahlen sind. Neben der dinglichen Haftung des Grundstücks besteht hinsichtlich der Überbau- und Notwegrenten eine persönliche Haftung des Eigentümers. Ab dem Zuschlagstag hat der Ersteher die Renten sowohl dinglich als auch persönlich zu tragen (§ 56 Satz 2).
13
E. Erbbauzinsreallast (Abs. 2 Satz 2a) Bei einem Erbbaurecht darf der Erbbauberechtigte das belastete Grundstück nutzen und bebauen. Dafür hat er regelmäßig einen im Erbbaurechtsvertrag zu vereinbarenden Erbbauzins zu zahlen (§ 9 Abs. 1 ErbbauRG), der aus der Sicht des Ausgebers und Grundstückseigentümers die Rendite des von ihm zeitweise nicht mehr nutzbaren Grundstücks darstellt13. Dieser zunächst nur schuldrechtliche Zahlungsanspruch des Grundstückseigentümers gegen den Erbbauberechtigten wird meist durch Eintragung einer Erbbauzinsreallast im Grundbuch dinglich gesichert. Die dingliche Sicherung gewährleistet, dass der Erbbauzins im Falle einer Rechtsnachfolge beim Grundstückseigentümer durch Verkauf oder Erbfolge auch gegen den neuen Eigentümer gilt und sichert daneben eine Zahlung der aufgelaufenen Rückstände aus dem Erlös einer eventuellen Zwangsversteigerung an der Grundbuchrangstelle der Reallast.
14
Eine Erbbauzinsreallast kann eine Anpassungsklausel zur Wertsicherung enthalten, um zu 15 gewährleisten, dass der Erbbauzins immer der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung angepasst erzielt wird. So könnte man beispielweise vereinbaren, dass der Erbbauzins genau so steigt, wie die allgemeinen Lebenshaltungskosten oder der Goldpreis oder die Vergütung der Angestellten der Kommunen im öffentlichen Dienst. Der Erhöhungsanspruch könnte mit einer Vormerkung gesichert werden. Wertanpassungsklauseln werden jedoch häufig vernachlässigt und eine Absicherung der Rangstelle über eine Vormerkung findet sich kaum noch. Meist erfolgt die Anpassung des Erbbauzinses lediglich vertraglich und wirkt damit nur schuldrechtlich und nicht dinglich. Die Sicherung des Erbbauzinses ist für den Grundstückseigentümer von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Vor allem, wenn die ursprünglich meist an erster Rangstelle des Grundbuchs stehende Erbbauzinsreallast bei der Eintragung von Grundpfandrechten, zur Absicherung von Darlehensverbindlichkeiten des Erbbauberechtigten im Rang zurückgetreten ist. Ein solcher Rangrücktritt führt nicht selten dazu, dass die Erbbauzinsreallast an eine in einer Zwangsversteigerung des Erbbaurechts aussichtslose Rangstelle abrutscht. Betreibt ein vorrangiger Gläubiger die Verwertung des Erbbaurechts wegen Zahlungsrückständen, stellte sich in der Vergangenheit häufig die Frage, wie der Grundstückseigentümer den Fortbestand der Erbbauzinsreallast sichern und seine Rendite für die Zukunft retten kann, da sie als nachrangiges Recht nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erlöschen würde und der Ersteher somit das Grundstück für die Restlaufzeit des Erbbaurechts kostenfrei nutzen könnte14. Erreicht werden kann dies durch Abschluss einer schuldrechtlichen Vereinbarung in Form einer Stillhalteerklärung, bei der sich der Erbbaurechtsausgeber als Gegenleistung für einen Rangrücktritt hinter eine Grundschuld vom Grundschuldgläubiger zusichern lässt, dass dieser den Fortbestand der Erbbauzinsreallast ermöglicht. Dazu verpflichtet sich der Grund13 BGH v. 13.7.2017 – V ZB 186/15, MDR 2017, 1236 = Rpfleger 2018, 40. 14 BGH v. 26.2.1987 – V ZB 10/86, MDR 1987, 570 = Rpfleger 1987, 320; OLG Düsseldorf v. 20.6.2013 – I-3 Wx 85/12, Rpfleger 2013, 698 = KKZ 2014, 159.
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§ 52 Rz. 16 Bestehenbleiben und Erlöschen von Rechte schuldgläubiger einen Antrag auf abweichende Versteigerungsbedingungen (§ 59 Abs. 3) zu stellen oder einem entsprechenden Antrag des Erbbaurechtsausgebers zuzustimmen, wonach die Erbbauzinsreallast außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleiben soll. 17
In Anlehnung an die Gestaltungsmöglichkeiten der Versteigerungsbedingungen aus § 59 sieht § 9 Abs. 3 ErbbauRG vor, dass bereits bei der Bestellung der Erbbauzinsreallast zwischen Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigtem ein Bestehenbleiben der Erbbauzinsreallast vereinbart werden kann, soweit aus rückständigem Erbbauzins, einem der Reallast im Rang vorgehenden oder gleichstehenden dinglichen Recht oder einem Anspruch der Rangklasse 2 (beim Wohnungserbbaurecht) die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts betrieben wird. Hinsichtlich einer Vormerkung zur Sicherung des Erhöhungsanspruchs (Anpassungsvormerkung) kann ebenfalls das Fortbestehen vereinbart werden15. Eine solche Vereinbarung gilt als durch die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (§ 874 BGB) als grundbuchersichtlich und ist auch ohne explizite Anmeldung vom Vollstreckungsgericht zu beachten (§ 45 Abs. 1)16. Sie ist nicht nur im Versteigerungstermin bekannt zu machen (§ 66 Abs. 1), sondern führt auch zu einer Aufnahme der Reallast ins geringste Gebot als bestehenbleibendes Recht. Der festzustellende Zuzahlungsbetrag (§ 51 Rz. 35) ist Bestandteil des Meistgebots.
18
Eine nach der Eintragung der Erbbauzinsreallast nachträglich getroffene Vereinbarung über den Fortbestand der Reallast bedarf der Zustimmung der vorgehenden und gleichstehenden Grundbuchberechtigten (§ 9 Abs. 3 Satz 2 ErbbauRG) und der Eintragung ins Grundbuch (§§ 877, 873, 874 BGB). Eine nach der Beschlagnahme getroffene Vereinbarung ist beschlagnahmewidrig und bedarf zu ihrer Wirksamkeit zusätzlich der Genehmigung des betreibenden Gläubigers sowie der Anmeldung (§ 45)17.
19
Angeblich soll die Vereinbarung über den Fortbestand der Erbbauzinsreallast nicht zur Anwendung kommen, wenn die Zwangsversteigerung aus einem Anspruch der Rangklasse 3 betrieben wird18. Dann müsste die Erbbauzinsreallast erlöschen, soweit nicht ein Fortbestehen über abweichende Versteigerungsbedingungen erfolgen kann oder der Erbbaurechtsausgeber den Rechtsverlust durch Ablösung des Rangklasse-3-Gläubigers abwendet19. Dieser Meinung ist nicht zu folgen, denn sie stützt sich offenbar nur auf den Wortlaut des Gesetzes, der vermeintlich zum Betreiben aus öffentlichen Grundstückslasten keine Regelung enthält. Sie übersieht jedoch, dass es sich beim Gläubiger von öffentlichen Grundstücklasten um den Inhaber der Reallast vorgehender dinglicher Rechte20 handelt, für die durchaus eine Regelung getroffen ist.
20
Hinsichtlich der wiederkehrenden Ansprüche aus der Reallast wirkt sich die Vereinbarung über den Fortbestand des Stammrechts nicht rangverbessernd aus21. Der rückständige Erbbauzins erlischt mit dem Zuschlag und wird an der Rangstelle der Reallast gem. § 45 wegen der laufenden Leistungen von Amts wegen und ansonsten auf Anmeldung berücksichtigt. Bei der Erlösverteilung erfolgt Zuteilung an der entsprechenden Rangstelle, soweit der Erlös 15 16 17 18 19 20
Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 42; Löhnig/Siwonia, § 52 ZVG Rz. 13. Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 35. Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 41. Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 35; Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 13. Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 13. BGH v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, MDR 2007, 913 = Rpfleger 2007, 333; BGH v. 30.9.1988 – IX ZR 141/87, MDR 1989, 60 = Rpfleger 1988, 493. 21 Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 14.
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Bestehenbleiben und Erlöschen von Rechte
Rz. 24 § 52
ausreicht. Der Ersteher haftet weder dinglich noch persönlich für die Rückstände, hat aber ab dem Zuschlagstag die Verpflichtung aus der Reallast zu leisten.
F. Bestehenbleibende Rechte bei der Zwangsversteigerung aus Rangklasse 2 (Abs. 2 Satz 2b) Bei der Zwangsversteigerung eines Wohnungs- oder Teileigentumsrechts aus Ansprüchen der Rangklasse 2 müssen nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen alle im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte als nachrangig erlöschen. Für die in Abteilung II des Grundbuchs eingetragenen Grunddienstbarkeiten und beschränkt-persönlichen Dienstbarkeiten, die auf dem Grundstück als Ganzes, also auf allen Wohnungs- und Teileigentumsrechten lasten, würde dies nicht nur bedeuten, dass sie an dem Versteigerungsobjekt erlöschen, sondern auch auf den anderen Wohnungs- und Teileigentumsrechten als inhaltlich unzulässige Eintragung von Amts wegen zu löschen sind22.
21
Der Untergang solcher Rechte wird durch die Regelung verhindert, dass sie auch bestehen bleiben und ins geringste Gebot fallen, wenn sie zwar dem betreibenden Anspruch der Rangklasse 2 rangmäßig nachgehen, aber im Grundbuch erstrangig sind. Nur dann muss sie der Ersteher übernehmen, was aber meist keine besondere Beeinträchtigung darstellt, da es sich meist um Leistungs-, Wege- oder Versorgungsrechte handelt, die den einzelnen Wohnungseigentümer nicht einschränken. Die Aufnahme ins geringste Gebot ist im Versteigerungstermin bekannt zu machen (§ 66 Abs. 1) und ein Zuzahlungsbetrag ist festzustellen (§ 51 Rz. 30). Sind entsprechende Dienstbarkeiten nicht bestrangig im Grundbuch gesichert, kommt ihnen der Schutz der Regelung nicht zu Gute. Andere im Grundbuch gesicherte Rechte sollen durch die Sonderregelung nicht insoweit benachteiligt werden, als sie in ihrer Rangposition zurückgesetzt werden23.
22
Für den Fall, dass ein Gläubiger die Zwangsversteigerung eines Wohnungs- oder Teileigentums wegen Ansprüchen der Rangklasse 3 betreibt, trifft die Regelung nicht zu. Deshalb erlöschen in solchen Fällen alle Dienstbarkeiten am Versteigerungsobjekt und infolgedessen am Grundstück als Ganzem24, wenn nicht der Fortbestand über abweichende Versteigerungsbedingungen (§ 59) gesichert wird. Offenbar sah der Gesetzgeber bei der Neufassung der Vorschrift hinsichtlich öffentlicher Lasten keinen Regelungsbedarf, was in Anbetracht der bundesweiten Ausdehnung des Vorrechts durch landesrechtliche Bestimmungen und der Zunahme an Zwangsversteigerungsanträgen durch kommunale Kassen zu überdenken wäre.
23
G. Weitere außerhalb des geringsten Gebots bestehenbleibende Rechte Auf Grund gesetzlicher Bestimmungen ist für weitere Rechte das Bestehenbleiben ausdrücklich vorgesehen. Sie bleiben dann ohne Anmeldung und Nennung im Zuschlagsbeschluss bestehen und müssen vom Ersteher auch erfüllt werden, wenn sie Rang nach dem betreibenden Anspruch haben, der Ersteher sie nicht kannte oder sich ihrer Bedeutung nicht bewusst war.
22 Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 43; Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 15. 23 Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 44; Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 16. 24 Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 46; Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 17.
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§ 52 Rz. 24 Bestehenbleiben und Erlöschen von Rechte Besondere Regelungen bestehen für das Erbbaurecht (§ 25 ErbbauRG), welches bei der Versteigerung des Erbbaugrundstück immer bestehen bleibt. Das Altenteilsrecht nach § 9 EGZVG genießt ebenfalls Bestandsschutz und muss vom Ersteher übernommen werden, wenn das belastete Grundstücks versteigert wird. Es erlischt nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 EGZVG. Ein Vorkaufsrecht nach §§ 24 ff. BauGB erlischt durch den Zuschlag ebenso wenig wie eine im Baulastenverzeichnis eingetragene Baulast25. Ein Dauerwohnrecht und ein Dauernutzungsrecht (§ 31 ff. WEG) sichern dem Berechtigten die ausschließliche Benutzung einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen. Ähnlich wie bei der Erbbauzinsreallast (Rz. 17, 18) können der Grundstückseigentümer und der Berechtigte vereinbaren, dass ein solches Recht im Falle einer Zwangsversteigerung dann bestehen bleiben soll, wenn der Gläubiger eines dem Dauerwohnrecht im Range vorgehenden oder gleichstehenden Grundpfandrechts oder einer Reallast die Zwangsversteigerung in das Grundstück betreibt. Allerdings müssen die dem Dauerwohnrecht vorgehenden Gläubiger solcher Rechte der Vereinbarung zustimmen (§ 39 WEG). Erfolgt die Versteigerung aus Ansprüchen der Rangklasse 1-3, erlischt das Dauerwohnrecht zwingend26. 25
Keine Sonderregelung besteht hingegen für eine Auflassungsvormerkung. Sie hat keine Sonderstellung, sondern eine Rangposition nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG. Geht die Auflassungsvormerkung dem bestrangig betreibenden Gläubiger im Range vor, wird sie in das geringste Gebot als bestehenbleibendes Recht aufgenommen und ein Zuzahlungsbetrag nach § 51 Abs. 2 ZVG festgesetzt. Betreibt die Zwangsversteigerung aber ein Gläubiger aus einer besseren Rangposition, wie beispielsweise die Gemeinde aus einer öffentlichen Grundstückslast gem. § 10 Abs. 1 Ziff. 3 ZVG, so geht der betreibende Anspruch dem Auflassungsberechtigten vor und bringt sie zum Erlöschen.
§ 53 [Eintritt des Erstehers ins persönliche Schuldverhältnis] (1) Haftet bei einer Hypothek, die bestehen bleibt, der Schuldner zugleich persönlich, so übernimmt der Ersteher die Schuld in Höhe der Hypothek; die Vorschriften des § 416 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß als Veräußerer im Sinne dieser Vorschriften der Schuldner anzusehen ist. (2) Das gleiche gilt, wenn bei einer Grundschuld oder Rentenschuld, die bestehen bleibt, der Schuldner zugleich persönlich haftet, sofern er spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten die gegen ihn bestehende Forderung unter Angabe ihres Betrags und Grundes angemeldet und auf Verlangen des Gerichts oder eines Beteiligten glaubhaft gemacht hat.
A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen der Schuldübernahme .
Rz. 1 4
Rz. C. Genehmigung des Gläubigers erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25 BVerwG v. 29.10.1992 – 4 B 218/92, MDR 1993, 539 = Rpfleger 1993, 208. 26 Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 21.
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Eintritt des Erstehers ins persönliche Schuldverhältnis Rz. D. Rechtsverhältnis des Gläubigers zu Schuldner, Ersteher und Bürgen . . . . . .
9
Rz. 4 § 53
Rz. E. Besonderheiten bei Grundschulden, Rentenschulden und Reallasten (Abs. 2) . . . 13
A. Allgemein Normzweck ist die Festlegung einer weiteren Versteigerungsbedingung, die der Ersteher zu beachten hat, nämlich der Schuldübernahme einer hypothekarisch gesicherten Forderung durch den Ersteher, wenn die Hypothek als dingliche Sicherung bestehen bleibt und zu übernehmen ist (§§ 44, 52 ZVG). In solchen Fällen soll der Ersteher neben der dinglichen Duldungspflicht die persönliche Schuld auferlegt bekommen, soweit der Schuldner bislang schon persönlich haftet1. Damit wird erreicht, dass der Schuldner, der den Verlust des Grundstücks hinnehmen muss, im Gegenzug von der persönlichen Schuld frei wird und von seinem Gläubiger insoweit nicht mehr weiter in Anspruch genommen werden kann. Der Ersteher übernimmt auf diese Weise durch den Zuschlag nicht nur die dingliche Belastung, sondern daneben noch die persönliche Schuld, was dazu führt, dass er die übernommene und auf den Kaufpreis angerechnete Verbindlichkeit auch tatsächlich bezahlen muss2. Die Regelung ergänzt also den dinglichen Übernahmegrundsatz aus § 52 durch den persönlichen Übernahmegrundsatz.
1
Unter weiteren Voraussetzungen findet bei der bestehenbleibenden Sicherungsgrundschuld (§ 1192 Abs. 1a BGB) die Regelung zur Schuldübernahme ebenfalls Anwendung (Abs. 2.) Lediglich bei der kaum noch vorzufindenden isolierten Grundschuld, der eine Forderung nicht zu Grunde liegt, scheidet eine Schuldübernahme von vorneherein aus. Ein großes Hindernis bei der Schuldübernahme ergibt sich aus dem gesetzlichen Erfordernis der nötigen Genehmigung des Gläubigers. Ihm soll kein neuer Schuldner aufgezwungen werden, was bedeutet, dass der Schuldner ohne Mitwirkung des Gläubigers nicht zu einer Schuldbefreiung hinsichtlich des gesicherten Darlehens gelangen kann.
2
Auf Grund der Tatsache, dass es in der Praxis selten Schuldversteigerungen gibt, bei denen überhaupt Grundpfandrechte bestehen bleiben, kommt die Vorschrift meist nur bei Teilungsversteigerungen zur Anwendung.
3
B. Voraussetzungen der Schuldübernahme Damit es zu einer Schuldübernahme durch den Ersteher kommt, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Die Hypothek oder Grundschuld muss nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen (§ 44) oder abweichenden Versteigerungsbedingungen (§ 59) bestehen bleiben. Im Falle einer Liegenbelassungsvereinbarung (§ 91 Abs. 2) ist das nicht der Fall, weil dabei das Recht gerade nicht auf Grund der Versteigerungsbedingungen zu übernehmen ist, sondern auf Grund einer Vereinbarung zwischen Gläubiger und Ersteher3, ohne dass der Ersteher den Nominalbetrag des Rechts auf den Steigpreis angerechnet bekommt. Eine zusätzliche Übernahme der persönlichen Schuld wäre nämlich deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Ersteher den Gläubiger in Höhe der Liegenbelassung bereits befriedigt (§ 91 1 Denkschrift S. 47 zum ZVG, in: Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs- und Justizgesetzen, 5. Bd., 1897. 2 BGH v. 4.6.1996 – IX ZR 291/95, MDR 1996, 1178 = Rpfleger 1996, 520. 3 BGH v. 26.11.1980 – V ZR 153/79, MDR 1981, 482 = Rpfleger 1981, 140.
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§ 53 Rz. 4 Eintritt des Erstehers ins persönliche Schuldverhältnis Abs. 3 Satz 2) und so zur Entschuldung des Schuldners beiträgt, was eine gesetzliche Schuldübernahme bewirkt. 2. Der Vollstreckungsschuldner muss für die dinglich gesicherte Forderung auch persönlich haften, also der Darlehensschuldner sein. Hat er sein Grundstück lediglich zur Sicherung einer Forderung des Darlehensgebers gegen einen Dritten zur Verfügung gestellt, kommt es nicht zu einer Schuldübernahme4. Ebenso wenig findet eine Schuldübernahme bei der Zwangsversteigerung eines herrenlosen Grundstücks (§ 928 BGB) statt, weil bei einem herrenlosen Grundstück ausschließlich eine dingliche Haftung besteht und kein persönlich haftender Grundstückeigentümer vorhanden ist5. Anwendbar ist die Vorschrift hingegen, wenn der während des Zwangsversteigerungsverfahrens neu eingetretene Eigentümer persönlich für das gesicherte Darlehen haftet6. Teilweise wird die Schuldübernahme in solchen Fällen allerdings nur dann für möglich gehalten, wenn das Zwangsversteigerungsverfahren aus einem Titel gegen neu eingetretenen Eigentümer betrieben wird7. Dieses zusätzliche Erfordernis scheint nicht gerechtfertigt, denn für einen Verbleib der persönlichen Haftung beim neu eingetretenen Eigentümer gibt es ebenso wenig eine Rechtfertigung, wie für die fortdauernde Haftung des Schuldners selbst (s. Rz. 1). Der materiell-rechtliche Übergang der persönlichen Haftung kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen gegen den neu eingetretenen Eigentümer tatsächlich vorliegen8. 3. Die bestehen gebliebene Hypothek oder Grundschuld muss tatsächlich wirksam zur Entstehung gelangt sein und noch bestehen. Ansonsten wäre ein Zuzahlungsfall gegeben (s. Kommentierung zu § 50, Rz. 6 ff.) und keine Schuldübernahme.
C. Genehmigung des Gläubigers erforderlich 5
Beim Vorliegen der unter B. genannten Voraussetzungen ist eine Schuldübernahme durch den Ersteher grundsätzlich möglich. Sie geschieht jedoch nicht, ohne dass der Gläubiger sie genehmigt. Dazu muss der Schuldner aktiv werden und die Zustimmung beim Gläubiger einfordern. Ausgehend von dem in Rz. 1 erörterten Grundgedanken der Schuldbefreiung für den Schuldner, hätte der Gesetzgeber zwar die Schuldübernahme als gesetzliche Versteigerungsbedingung ohne sonstige Erfordernisse regeln können, hat das aber nicht explizit getan. Vielmehr hat er die hiesige Vorschrift den Regelungen des BGB zur Schuldübernahme (§§ 414 ff. BGB) nachempfunden, obwohl im Gesetzestext lediglich ausdrücklich auf § 416 BGB Bezug genommen wird. Dies führt im Ergebnis zu einer unnötig komplizierten Handhabung, welche beim Schuldner Rechtskenntnisse erfordert, die er normalerweise nicht hat. Das wiederum bedingt, dass der Schuldner selten zu einer Schuldübergabe an den Ersteher kommen dürfte, soweit nicht der Gläubiger von sich aus durch konkludentes Verhalten oder vertragliche Regelung mit dem Ersteher eine Schuldübernahme herbeiführt.
6
Zur Schuldübernahme ist grundsätzlich die Genehmigung des Gläubigers nötig. Damit diese erteilt oder versagt wird und der Schuldner Rechtssicherheit bezüglich der Schuldübernahme erlangen kann, muss der Schuldner als Veräußerer im Sinne der schuldrechtlichen Regelung dem Gläubiger die Schuldübernahme formlos mitteilen (§ 415 Abs. 1 Satz 2 BGB), 4 5 6 7 8
Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 5. Stöber/Gojowczyk, § 53 ZVG Rz. 10. Stöber/Gojowczyk, § 53 ZVG Rz. 3. Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 5. Steiner/Eickmann, § 53 ZVG Rz. 9.
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Eintritt des Erstehers ins persönliche Schuldverhältnis
Rz. 8 § 53
woraufhin der Gläubiger die Genehmigung gegenüber dem Schuldner oder dem Ersteher erklären kann (§ 182 BGB) und die Schuldübernahme damit wirksam wird (§ 415 BGB). Der Ersteher wird auf diese Weise neuer Schuldner der persönlichen Forderung und der Schuldner wird von der persönlichen Schuld befreit. Eine Mitteilung an den Gläubiger ausschließlich durch den Ersteher genügt zumindest nicht dazu, die Rechtsfolge des § 416 Abs. 1 Satz 2 BGB hinsichtlich einer stillschweigenden Genehmigung des untätigen Gläubigers herbeizuführen. Erteilt der Gläubiger aber auf die Mitteilung des Erstehers hin seine Einwilligung zur Schuldübernahme, dürfte einer Wirksamkeit nichts mehr entgegen stehen9. Soweit in der Praxis noch vertreten wird, die Mitteilung habe zwingend durch den Schuldner zu erfolgen, ist dem nicht zu folgen10. Sie verlangt die Einhaltung der Formalitäten des § 416 BGB, obwohl insoweit seitens der Beteiligten keinerlei Schutzbedürfnis besteht. Schuldner und Gläubiger sind als Verfahrensbeteiligte (§ 9) ohnehin über die Veräußerung informiert, was die Veräußerungsanzeige zu einer bloßen Formalie macht, auf deren Einhaltung der Gläubiger durch Erteilung der Zustimmung verzichtet. Der Ersteher hat zwar einen Rechtsanspruch auf die Mitteilung durch den Schuldner und die Bekanntgabe des Ergebnisses (§ 416 Abs. 3 BGB) ist jedoch im Falle einer unaufgefordert erteilten Genehmigung durch den Gläubiger nicht beschwert, soweit ihm die Erklärung vom Gläubiger selbst oder über den Schuldner bekannt gegeben wird11. Die geforderte Mitteilung des Schuldners kann mit dem Eigentumsübergang, also bereits ab dem Tag der Zuschlagsverkündung (§§ 89, 90 Abs. 1) jedoch ohne Fristbindung erfolgen. Die Eintragung des Erstehers im Grundbuch ist entgegen dem Wortlaut des § 416 Abs. 2 Satz 1 BGB dazu nicht Voraussetzung, da sie im Zwangsversteigerungsverfahren nur deklaratorische Wirkung hat. Ist die förmliche Mitteilung nach § 416 BGB erfolgt, dann setzt dies eine sechsmonatige Erklärungsfrist für den Gläubiger in Lauf. Verstreicht die Frist, ohne dass sich der Gläubiger hinsichtlich einer Genehmigung erklärt, gilt die erforderliche Zustimmung zur Schuldübernahme als erteilt. Die Frist wird jedoch nicht in Lauf gesetzt, wenn der Ersteher dem Gläubiger die Schuldübernahme mitteilt12 oder die Mitteilung des Schuldners an den im Grundbuch eingetragenen Nichtgläubiger (etwa bei einer abgetretenen oder abgelösten Briefhypothek) ergeht13. § 893 BGB ist hier nicht anwendbar, weil bei der Schuldübernahme nicht der dingliche, sondern ausschließlich der schuldrechtliche Anspruch betroffen ist. Nach einer Abtretung des schuldrechtlichen Anspruchs muss die Mitteilung nur an den Zessionar erfolgen, soweit dieser dem Schuldner die Abtretung angezeigt hat (§ 407 BGB), ansonsten genügt Mitteilung an den Zedenten14.
7
Seine Zustimmung zur Schuldübernahme kann der Gläubiger auch konkludent erklären15. Das soll der Fall sein, wenn er das Bestehenbleiben des dinglichen Rechts nach § 5916 ermöglicht hat. Außerdem wird in der Erhebung einer Duldungsklage gegen den Ersteher, einer Stundungsvereinbarung mit ihm oder in einer Aufrechnungserklärung17, die schlüssige und wirksame Einwilligung in die Schuldübernahme erblickt.
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17
Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 7; Steiner/Eickmann, § 53 ZVG Rz. 15. Stöber, bis 21. Auflage § 53 ZVG Rz. 2.3. Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 9. Löhnig/Siwonia, § 53 ZVG Rz. 4. Steiner/Eickmann, § 53 ZVG Rz. 21. Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 9. BGH v. 8.12.1977 – III ZR 88/76, WM 1978, 351. Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 7. Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 12; Steiner/Eickmann, § 53 ZVG Rz. 17.
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§ 53 Rz. 9 Eintritt des Erstehers ins persönliche Schuldverhältnis
D. Rechtsverhältnis des Gläubigers zu Schuldner, Ersteher und Bürgen 9
Die Rechtsfolgen des Zuschlags in Bezug auf die persönliche Schuld bis zum Zeitpunkt der Genehmigung durch den Schuldner oder bei endgültiger Nichterteilung der Genehmigung ergeben sich aus §§ 415 Abs. 3, 329 BGB. Der Ersteher übernimmt die Erfüllungspflicht gegenüber dem Gläubiger dennoch und ist dem Schuldner gegenüber im Innenverhältnis zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet. Dem Gläubiger gegenüber haftet weiterhin der Schuldner als persönlicher Schuldner und kann im Wege der Mobiliarvollstreckung in Anspruch genommen werden. Konsequenz einer freiwilligen oder durch Zwangsvollstreckung bewirkten Leistung des Schuldners an den Gläubiger ist der Übergang der Hypothek auf den Schuldner als Fremdrecht an dem versteigerten Grundstück (§ 1164 BGB)18. Außerdem hat der Schuldner einen Erstattungsanspruch gegen den Ersteher19.
10
Zahlt der Ersteher die persönliche Forderung an den Gläubiger, dann erlischt die Forderung und die Hypothek wird Eigentümergrundschuld des Erstehers (§§ 1163 Abs. 1 Satz 2, 1177 Abs. 2 BGB).
11
Ersteigert der Gläubiger selbst das Grundstück und übernimmt sein eigenes Grundpfandrecht, so geht die persönliche Forderung ebenfalls auf ihn über und erlischt gleichzeitig durch Konfusion, also der Vereinigung der Forderung mit der Schuld. Die Schuldübernahme vollzieht sich dabei ohne die Erteilung der Gläubigergenehmigung an den Ersteher, da beide identisch sind20.
12
Einem für die persönliche Forderung mithaftenden Bürgen gegenüber wirkt die Schuldübernahme nur dann, wenn er sie genehmigt hat, ansonsten erlischt die Bürgschaft. Eine bestehen gebliebene Gesamthypothek erlischt durch Schuldübernahme nicht an anderen mithaftenden Grundstücken des Schuldners21. Jedoch erlischt sie an den anderen mithaftenden Grundstücken eines oder mehrerer anderer Eigentümer, worüber sich der Gläubiger im Klaren sein sollte, weil er so die zusätzliche dingliche Sicherung für die vom Ersteher übernommen Grundschuld verliert22.
E. Besonderheiten bei Grundschulden, Rentenschulden und Reallasten (Abs. 2) 13
Eine Schuldübernahme des Erstehers soll auch bei Sicherungsgrundschulden (§ 1192 Abs. 1a BGB) und den in der Praxis nicht mehr vorkommenden Rentenschulden (§ 1199 BGB) gewährleistet sein. Dabei ist es ebenfalls erforderlich, dass die Grundpfandrechte eine persönliche Forderung sichern, was regelmäßig der Fall sein dürfte. Ist die Grundschuld tatsächlich isoliert bestellt und sichert somit keine Forderung, tritt naturgemäß keine Schuldübernahme ein.
14
Die Bedingungen für die Schuldübernahme sind den Regelungen bezüglich der Hypothek zu entnehmen, so dass alle dort genannten Formalien einzuhalten sind (Rz. 4). Insbesondere muss das bestehenbleibende Recht wirksam entstanden sein und der Schuldner muss persönlich für die gesicherte Forderung haften. Ebenso ist die Veräußerungsanzeige unter den 18 19 20 21 22
Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 14. Stöber/Gojowczyk, § 53 ZVG Rz. 8. Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 15. Steiner/Eickmann, § 53 ZVG Rz. 33. Dassler u.a./Hintzen, § 53 ZVG Rz. 18.
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Eintritt des Erstehers ins persönliche Schuldverhältnis
Rz. 18 § 53
oben genannten Voraussetzungen bzw. eine ausdrückliche Genehmigung des Gläubigers erforderlich. Zusätzlich gelten weitere Besonderheiten, die in Abs. 2 festgehalten sind. Demnach ist außerdem die Anmeldung der persönlichen Forderung mit Geldbetrag und Schuldgrund gemäß den Vereinbarungen in der Sicherungsabrede nötig. Die persönliche Haftung ist bei diesen Rechten aus dem Grundbuch nicht ersichtlich und soll dem Ersteher nur dann auferlegt werden, wenn sie tatsächlich besteht. Deshalb muss der Schuldner die persönliche Schuld und ihre Verknüpfung mit der Grundschuld23 offenlegen und auf Verlangen des Gerichts oder eines betroffenen Beteiligten glaubhaft machen Dabei soll die Glaubhaftmachung nur ein Beteiligter einfordern können, der Befriedigung aus dem Meistgebot zu erwarten hat und nicht durch das geringste Gebot gedeckt ist24. Beteiligte, denen gar kein Zahlungsanspruch, sondern nur ein Nutzungsrecht zusteht, wie etwa Berechtigte aus bestehenbleibenden Grunddienstbarkeiten oder Mieter und Pächter, können Glaubhaftmachung der persönlichen Forderungen mangels Rechtschutzinteresse nicht verlangen.
15
Die Anmeldung der persönlichen Schuld hat zwingend durch den Schuldner und zwar bis 16 zur Aufforderung zum Bieten im Versteigerungstermin zu erfolgen (§ 66 Abs. 2). Unterbleibt sie ganz, erfolgt verspätet oder nimmt sie der Gläubiger an Stelle des Schuldners vor, dann kann es nicht zu einer Schuldübernahme kommen25 und der Ersteher haftet ab dem Zuschlag lediglich dinglich für die Forderung, während die persönliche Haftung beim Schuldner verbleibt. Soweit bei einer bestehen bleibenden Grundschuld keine Schuldübernahme erfolgt, und der Ersteher zahlt an den Gläubiger um etwa einer dinglichen Inanspruchnahme vorzubeugen, dann erfolgt die Leistung des mit dem ursprünglichen Sicherungsgeber und persönlichen Schuldner nicht identischen Eigentümer nur auf die Grundschuld, welche genauso auf den Ersteher als Eigentümerrecht übergeht, wie bei einer Zahlung nach vollständiger Schuldübernahme. Die gesicherte Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner erlischt nicht26 und der Schuldner bleibt dem Gläubiger gegenüber weiter verpflichtet. Er kann aber die Leistung an den Gläubiger deshalb verweigern, weil der Gläubiger nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Gegenleistung, nämlich den Rückgewähranspruch bezüglich der Grundschuld zu erfüllen, weil die Grundschuld mit der Leistung des Erstehers auf diesen übergegangen ist27. Ist das Eigentum ohne die Rückgewähransprüche auf den Ersteher übergegangen, so ist er, wenn er aus der Grundschuld dinglich in Anspruch genommen wird, nicht befugt, Einreden aus dem Sicherungsvertrag zu erheben28.
17
Leistet der Schuldner bei missglückter Schuldübernahme an den Gläubiger, dann hat er gegen den Ersteher einen Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB), weil der Ersteher sich die Grundschuld auf den Kaufpreis hat anrechnen lassen, den angerechneten Betrag aber letztendlich nicht zahlen muss. Waren die Voraussetzungen für die Schuldübernahme erfüllt und der Gläubiger hat seine Zustimmung verweigert, entsteht für den Schuldner ein Anspruch gegen den Ersteher aus § 415 Abs. 3 BGB (Rz. 9).
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23 24 25 26 27 28
Steiner/Eickmann, § 53 ZVG Rz. 36. Stöber/Gojowczyk, § 53 ZVG Rz. 11. Stöber/Gojowczyk, § 53 ZVG Rz. 11. BGH v. 12.11.1986 – V ZR 266/85, MDR 1987, 484. Steiner/Eickmann, § 53 ZVG Rz. 41. BGH v. 19.10.2017 – IX ZR 79/16, MDR 2018, 622 = Rpfleger 2018, 99 sowie bereits in BGH v. 21.5.2003 – IV ZR 452/02, MDR 2003, 943 = Rpfleger 2003, 522.
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§ 53 Rz. 18 Eintritt des Erstehers ins persönliche Schuldverhältnis Der Ersteher haftet in jedem Fall für das als bestehenbleibend übernommene Grundpfandrecht dinglich29. Er muss den Betrag der Grundschuld also irgendwann bezahlen. Es stellt sich dabei lediglich die Frage, an wen er zahlen muss. Grundsätzlich ist dies der Gläubiger, dessen Anspruch gegen den Ersteher aber durch Zahlung des Schuldners auf den Schuldner übergeht. Mit einer Zahlung nach dem Zuschlag erwirbt der Schuldner einen Rückgewähranspruch gegen den Gläubiger, der vom Gläubiger zwingend durch Abtretung zu erfüllen ist, weil dem Schuldner eine Löschungsbewilligung oder ein Verzicht auf das Grundpfandrecht nichts mehr nützen würde30. Nach Abtretung der Grundschuld durch den Gläubiger, kann der Schuldner den Ersteher dinglich in Anspruch nehmen. 19
Hauptsächlich bei der Versteigerung von Erbbaurechten kommt es regelmäßig dazu, dass Reallasten zur Sicherung des Erbbauzinses bestehen bleiben. In solchen Fällen kann jedoch die Regelung zur Schuldübernahme nicht zur Anwendung kommen, da es insoweit eine besondere gesetzliche Regelung gibt (1108 BGB). Sie sieht bei einer bestehen bleibenden Reallast ein Fortdauern der persönlichen Haftung des Schuldners als auch ein Entstehen einer zusätzlichen persönlichen Haftung des Erstehers vor31. Der Ersteher haftet somit für die gesicherte Forderung vom Tage des Zuschlags an sowohl dinglich als auch persönlich (§ 56 Satz 2). Die persönliche Haftung des Schuldners bleibt zwar bestehen und er kann vom Gläubiger insoweit in Anspruch genommen werden, weil für die persönliche Schuld der Schuldner und der Ersteher gesamtschuldnerisch haften, im Innenverhältnis trifft aber den Ersteher allein die Haftung für die persönliche Forderung32.
§ 54 [Wirksamkeit der Kündigung und Fälligkeit eines Grundpfandrechts gegen den Ersteher] (1) Die von dem Gläubiger dem Eigentümer oder von diesem dem Gläubiger erklärte Kündigung einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld ist dem Ersteher gegenüber nur wirksam, wenn sie spätestens in dem Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgt und bei dem Gericht angemeldet worden ist. (2) Das gleiche gilt von einer aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Tatsache, in Folge deren der Anspruch vor der Zeit geltend gemacht werden kann. Rz. A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Kündigung und Fälligkeit eines Grundpfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . 2 C. Fälligkeit durch andere Tatsachen (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
29 30 31 32
Rz. D. Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 E. Subjektive Rechtskraftwirkung bei dinglicher Klage (§ 325 Abs. 3 ZPO) . . . . . . 20
BGH v. 29.1.2016 – V ZR 285/14, MDR 2016, 486 = Rpfleger 2016, 363. BGH v. 18.7.2014 – V ZR 178/13, MDR 2014, 1160 = Rpfleger 2014, 661. Stöber/Gojowczyk, § 53 ZVG Rz. 12. BGH v. 8.7.1993 – IX ZR 222/92, MDR 1993, 1242 = Rpfleger 1993, 503; OLG Karlsruhe v. 31.8.2000 – 19 U 58/99, FamRZ 2001, 1455.
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Wirksamkeit der Kündigung und Fälligkeit eines Grundpfandrechts
Rz. 5 § 54
A. Allgemein Das zur Durchsetzung des Deckungsgrundsatzes im Interesse der Realkreditgläubiger ge- 1 schaffene Übernahmeprinzip (§ 52 Abs. 1) will den Gläubiger eines Grundpfandrechts, welches dem betreibenden Anspruch vorgeht, davor schützen, dass er nach dem Zuschlag auf sein Grundpfandrecht eine Zahlung aus dem Verwertungserlös erhält und somit gezwungen wäre, das Grundschuldkapital zurückzunehmen, anstatt über die vereinbarte Laufzeit des Darlehens von den gezahlten Zinsen zu profitieren. Die Regelung zu den bestehenbleibenden Rechten kann auch für einen Bieter insoweit von Interesse sein, als er die zu bestehenbleibende und von ihm zu übernehmenden Rechte nicht sofort zu zahlen hat und damit sein Finanzierungsaufwand zunächst geringer ist. Sein Vertrauen darauf, die bestehenbleibenden Rechte nicht sofort bar erbringen zu müssen, sondern sie allmählich oder frühestens nach Kündigung oder anderweitiger Fälligkeit zahlen zu müssen, wird mit der Regelung geschützt1. Der Ersteher soll nicht von einer durch den Gläubiger oder den Schuldner bereits ausgesprochenen Kündigung oder anderweitig eingetretenen Fälligkeit des Grundpfandrechts überrascht werden, wenn die Kündigung oder Fälligkeit des Grundpfandrechts nicht angemeldet oder grundbuchersichtlich war. Auf diese Weise soll für den Bieter Rechtssicherheit entstehen und er soll im Interesse der Gläubiger zur Abgabe möglichst hoher Gebot ermutigt werden.
B. Kündigung und Fälligkeit eines Grundpfandrechts Eine Fälligkeit der Hypothek oder Grundschuld tritt erst dann ein, wenn die dazu vertraglich vereinbarten oder vom Gesetzgeber vorgegebenen Voraussetzungen erfüllt sind. Solche gesetzlichen fälligkeitsbegründenden Regelungen sind das Erfordernis einer Kündigung gemäß § 1141 BGB für die Hypothek und gemäß § 1193 BGB für die Grundschuld.
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Fälligkeitsbegründend können zudem vertragliche Vereinbarungen wie beispielsweise Zahlungsrückstände in bestimmter Höhe, die Anordnung der Zwangsversteigerung oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners sein. Vertragliche Bestimmungen sind als Inhalt des Grundpfandrechts vereinbart und über die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung (§ 874 BGB) nahezu immer grundbuchersichtlich und gelten damit dem Ersteher gegenüber als bekannt2.
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Zwar kann der Ersteher wissen, unter welchen Voraussetzungen das zu übernehmende Recht 4 fällig wird, er kann aber anhand der Grundbucheintragung nicht immer erkennen, ob die fälligkeitsauslösende Tatsache, meist die Kündigung, bereits eingetreten ist und der Gläubiger sich ihm gegenüber auf die Kündigung berufen kann. Beim eingetragenen Zwangsversteigerungs- oder Insolvenzvermerk wird man regelmäßig von Grundbuchersichtlichkeit der fälligkeitsauslösenden Tatsache ausgehen können. Bei Zahlungsrückständen bezüglich der Darlehensraten als kassatorische Klausel ist das aber schon fraglich, denn nicht einmal auf Grund einer Gläubigeranmeldung lässt sich mit Gewissheit sagen, dass bei einem voll angemeldeten Anspruch auch tatsächlich Rückstände hinsichtlich des Darlehens bestehen. Der Gläubiger könnte je nach Inhalt der Sicherungszweckerklärung die umfangreiche Anmeldung des dinglichen Rechts auch ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Rückstände vorgenommen haben, um beispielsweise für andere, ungesicherte
1 Denkschrift S. 47 zum ZVG, in: Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs- und Justizgesetzen, 5. Bd., 1897. 2 Steiner/Eickmann, § 54 ZVG Rz. 2.
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§ 54 Rz. 5 Wirksamkeit der Kündigung und Fälligkeit eines Grundpfandrechts Forderungen gepfändete Rückgewähransprüche entstehen zu lassen, von denen er auf Umwegen profitieren könnte. 6
Umstritten ist nach wie vor, ob sich der Ersteher in diesem Zusammenhang solche Tatsachen zurechnen lassen muss, die weder grundbuchersichtlich noch angemeldet, ihm aber bei Gebotsabgabe aus anderen Quellen bekannt waren. Zum Teil wird dies mit der Begründung abgelehnt, dass nach dem Wortlaut der Regelung ohne Anmeldung keine Wirkung für den Ersteher eintreten solle und durch das zwingende Erfordernis der Anmeldung alle Bieter gleichgestellt wären. Persönliche Erkenntnisse einzelner Bieter sollten keine Rolle spielen3.
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Zu folgen ist dabei der überwiegenden Meinung, wonach der Ersteher sich eigene Kenntnis von der Fälligkeit des zu übernehmenden Grundpfandrechts zurechnen lassen muss. Obwohl das nach dem Zuschlag mit erheblichen Beweisschwierigkeiten gegenüber dem Ersteher verbunden sein kann, ist er nicht schutzbedürftig, soweit ihm Kündigung oder Fälligkeit auch ohne Anmeldung bekannt sind4.
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Damit der Gläubiger gegenüber dem Ersteher, oder im Ausnahmefall der Ersteher gegenüber dem Gläubiger, die Fälligkeit der Hypothek oder Grundschuld geltend machen kann, müssen fälligkeitsbegründende Regelung und fälligkeitsbegründende Tatsache entweder grundbuchersichtlich oder angemeldet oder der Gegenseite positiv bekannt sein. Soweit die Fälligkeit des Grundpfandrechts eine Kündigung erfordert, ist sie auch in den Fällen des § 54 erforderlich und muss vorgenommen worden sein, um Wirkung gegenüber dem Ersteher zu entfalten. Die Vorschrift ersetzt weder eine notwendige Kündigung noch schafft sie ein besonderes Kündigungsrecht. Vielmehr setzt sie eine wirksame Kündigung oder andere Fälligkeit des Grundpfandrechts voraus und regelt deren Durchsetzbarkeit gegenüber dem Ersteher. Bei der Hypothek muss die Kündigung entweder durch den Gläubiger oder den Schuldner erfolgen (§ 1141 BGB). Hingegen ist bei einer Sicherungshypothek eine explizite Kündigung der Hypothek nicht nötig (§ 1185 Abs. 2 BGB), sondern die Kündigung des Darlehens wirkt sich wegen der strengen Akzessorietät unmittelbar auf die Verwertbarkeit der Hypothek aus5.
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Für die Grundschuld gilt, dass sie erst nach vorgängiger Kündigung unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist fällig ist (§ 1193 BGB). Damit soll erreicht werden, dass der Schuldner sich auf die Verwertung der Grundschuld mit einer „geräumigen Frist“6 einstellen und erforderlichenfalls eine Umfinanzierung durchführen kann. Über viele Jahre hinweg hat die Kreditwirtschaft diese Regelung dadurch ausgehebelt, dass die Kündigungsfrist vertraglich abbedungen oder die Grundschuld bereits in der Bestellungsurkunde fällig gestellt wurde und oft zusätzlich weitere fälligkeitsbegründende Bedingungen wie Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, Kündigung des gesicherten Darlehens oder Anordnung der Zwangsversteigerung mit dem Schuldner vereinbart waren. Bei solchen Grundschulden war der Schuldner vor einer überraschenden Verwertung durch den Gläubiger nicht geschützt und demzufolge konnte auch bei einer bestehenbleibenden Grundschuld ein Ersteher keinen besseren Schutz erhalten als der Schuldner selbst.
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Mit dem Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes7 hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die Verwertungsreife von Sicherungsgrundschulden (§ 1192a BGB) allerdings we3 Stöber/Gojowczyk, § 54 ZVG Rz. 5. 4 Dassler u.a./Hintzen, § 54 ZVG Rz. 4; Steiner/Eickmann, § 54 ZVG Rz. 4; Löhnig/Siwonia, § 54 ZVG Rz. 3; Böttcher, § 54 ZVG Rz. 3. 5 Steiner/Eickmann, § 54 ZVG Rz. 7. 6 Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. III 1899 S. 440 = Motive III S. 788. 7 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12.8.2008, BGBl. I 2008, S. 1666.
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Wirksamkeit der Kündigung und Fälligkeit eines Grundpfandrechts
Rz. 15 § 54
sentlich verschärft8. Die mit der Neuregelung erreichte Unabdingbarkeit der Kündigungsfrist bei Sicherungsgrundschulden soll gewährleisten, dass dem Schuldner die Kündigungsfrist von sechs Monaten (§ 1193 Abs. 1 Satz 3 ZPO) ungeschmälert erhalten bleibt und er diesen Zeitraum nutzen kann, sich ohne den zusätzlichen Druck eines laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens auf die durch die Kündigung des Kapitals der Grundschuld entstandene Situation einzustellen. Deshalb ist bei nach dem 19.8.2008 bestellten oder inhaltlich abgeänderten Grundschulden die Kündigung unter Einhaltung der sechsmonatigen Frist zwingend erforderlich, um aus dem Grundschuldkapital vollstrecken zu können. Die Rechte der Kreditnehmer wurde somit gestärkt und dabei die Belange der Kreditgeber hintenangestellt, weil der Gesetzgeber ein zwingendes Erfordernis für die Vereinbarung einer sofortigen fristlosen Kündigung der Sicherungsgrundschuld, auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Gläubigers, nicht erkennen konnte9 und deshalb dem Verbraucherschutz den Vorzug gegeben hat. Zur Zwangsvollstreckung aus dinglichen Grundschuldzinsen ist ebenfalls die fristgerechte Kündigung der Grundschuld oder die Androhung der Verwertung (§ 1234 BGB analog) unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist10 erforderlich. In diesem Zusammenhang erlangt § 54 vor allem in der Teilungsversteigerung, wo es häufiger dazu kommt, dass Grundschulden bestehen bleiben, wieder zunehmend Bedeutung. Bei den nach dem Risikobegrenzungsgesetz zu behandelnden Sicherungsgrundschulden ist es nicht üblich, dass die Grundschulden vorsorglich gekündigt werden. Vielmehr erfolgt die Kündigung durch das Kreditinstitut oft nur in den notwendigen Fällen und so kann es vorkommen, dass gerade bei einer Teilungsversteigerung der Zuschlag erfolgt und eine bestehen bleibende Grundschuld noch nicht verwertungsreif ist. Eine dem Schuldner erklärte Kündigung ist dann dem Ersteher gegenüber nur unter den Voraussetzungen des § 54 gültig.
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Die Bestimmungen des Risikobegrenzungsgesetzes gelten nicht für vor dem 20.8.2008 bestellte Grundschulden, so dass insoweit bereits mit Bestellung ausgesprochene Kündigungen zulässig sind und dem Ersteher gegenüber nach § 54 wirksam werden können.
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Für eine abgeleitete, also aus einem früheren Fremdrecht entstandene Eigentümergrundschuld (§ 1177 BGB) des Schuldners gelten hinsichtlich der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, der Kündigung und des Zahlungsorts die ursprünglichen für das damalige Fremdrecht vereinbarten Bestimmungen. Für eine ursprüngliche Eigentümergrundschuld (§ 1196 BGB) gilt das Befriedigungsverbot des § 1197 BGB, welches eine Kündigung vor dem Zuschlag ausschließt. Nach dem Zuschlag wird die bestehenbleibende Eigentümergrundschuld zum Fremdrecht und darf dann gegenüber dem Ersteher gekündigt werden. Ein Fall des § 54 kann dabei nicht eintreten.
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Hängt die Fälligkeit eines Rechts von dessen Kündigung ab, so wirkt eine Kündigung gegenüber dem Ersteher, wenn sie rechtzeitig vor der Aufforderung zum Bieten im Versteigerungstermin gegenüber dem Schuldner erfolgt, materiell-rechtlich wirksam geworden und angemeldet worden bzw. dem Ersteher bekannt ist11.
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C. Fälligkeit durch andere Tatsachen (Abs. 2) Kann nach der Vereinbarung im Sicherungsvertrag eine Fälligkeit des Grundpfandrechts durch andere Tatsachen als die Kündigung eintreten, dann müssen solche bestehenden Ver8 9 10 11
BGH v. 30.3.2017 – V ZB 84/16, MDR 2017, 848 = Rpfleger 2017, 567. BT-Drucks. 16/9821, S. 17. BGH v. 30.3.2017 – V ZB 84/16, MDR 2017, 848 = Rpfleger 2017, 567. Steiner/Eickmann, § 54 ZVG Rz. 11.
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§ 54 Rz. 15 Wirksamkeit der Kündigung und Fälligkeit eines Grundpfandrechts einbarungen angemeldet und somit dem Ersteher bekannt gemacht werden, wenn sie vor der Aufforderung zum Bieten schon eingetreten sind, damit der Ersteher nicht von einer vorzeitigen Fälligkeit überrascht wird. 16
Sind diese fälligkeitsbegründenden Vereinbarungen allerdings aus dem Grundbuch oder der Eintragungsbewilligung (§ 874 BGB) ersichtlich, dann soll sich der Ersteher ohne explizite Anmeldung darauf einstellen können. Das ist bei den häufig verwendeten Vereinbarungen der Fälligkeit bei Anordnung der Zwangsversteigerung oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens dann der Fall, wenn die entsprechenden Vermerke im Grundbuch eingetragen sind, was bei der Zwangsversteigerung nur in wenigen Ausnahmefällen nicht so sein wird, hingegen bei einem Insolvenzverfahren nicht garantiert ist.
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Bei kassatorischen Klauseln ist der zur Fälligkeit führende Zahlungsrückstand (beispielweise „über 1 % der Grundschuldsumme“) nicht aus dem Grundbuch ersichtlich und müsste angemeldet werden, soweit er dem Ersteher nicht ohnehin bekannt ist, weil er beispielsweise bereits Miteigentümer des Grundstücks ist und in der Teilungsversteigerung erwirbt oder zumindest Mitschuldner hinsichtlich des Darlehens ist.
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Eine vorzeitige Geltendmachung hat der Bieter nach Ansicht des Gesetzgebers nicht zu befürchten, wenn die Fälligkeit des Grundpfandrechts durch ein Datum befristet oder aufschiebend bedingt ist durch etwa Volljährigkeit, Erreichen eines bestimmten Lebensalters, Heirat oder Tod des Grundstückseigentümers. In solchen Fällen ist eine Anmeldung der zumindest durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung grundbuchersichtlichen Befristung oder Bedingung nicht nötig. Sie wirkt bei Eintritt ohne Weiteres gegen den Ersteher12.
D. Anmeldung 19
Eine ordnungsgemäße Anmeldung muss schriftlich, als elektronisches Dokument (§ 130a ZPO), mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle oder zu Protokoll im Versteigerungstermin erklärt sein. Anmelden können der Gläubiger des bestehen bleibenden Grundpfandrechts, der Schuldner oder ein Dritter mit berechtigtem Interesse, wie etwa ein Pfändungsgläubiger des Grundpfandrechts. Hinsichtlich der Anmeldung ist zwar Darlegung der Fälligkeit oder Kündigung hilfreich, aber weder Glaubhaftmachung noch Nachweis der ordnungsgemäßen Kündigung vorgeschrieben und kann deshalb vom Vollstreckungsgericht nicht verlangt werden13. Es macht die Anmeldung lediglich bekannt (§ 66 Abs. 1) und prüft dabei die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Kündigung gegenüber dem Schuldner oder dem Ersteher nicht.
E. Subjektive Rechtskraftwirkung bei dinglicher Klage (§ 325 Abs. 3 ZPO) 20
Eine besondere Regelung hinsichtlich der Wirkung einer dinglichen Klage trifft außerhalb des ZVG die ZPO in § 325. Grundsätzlich wirkt zwar ein rechtskräftiges Urteil auch für und gegen die Rechtsnachfolger der Parteien, allerdings trifft dies für den Ersteher deshalb nicht zu, weil er gerade nicht Rechtsnachfolger des Schuldners wird, sondern mit dem Zuschlag originäres Eigentum erwirbt. Damit dieselbe Wirkung gegenüber dem Ersteher in der Zwangsversteigerung eintritt, wurde in § 325 Abs. 3 Satz 2 ZPO bestimmt, dass gegen den Ersteher eines im Wege der 12 Stöber/Gojowczyk, § 54 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 54 ZVG Rz. 3; Löhnig/Siwonia, § 54 ZVG Rz. 5. 13 Stöber/Gojowczyk, § 54 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 54 ZVG Rz. 4.
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Gegenstand der Versteigerung, Zubehör
§ 55
Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks das Urteil nur dann wirkt, wenn die Rechtshängigkeit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist. Eine bloße Kenntnis des Erstehers von der dinglichen Klage führt alleine nicht zur Wirksamkeit gegenüber dem Ersteher, sondern der Gläubiger muss die „Rechtshängigkeit“ rechtzeitig bis zur Aufforderung zum Bieten im Versteigerungstermin angemeldet haben (Rz. 19). Ist keine Anmeldung erfolgt, dann kann keine Rechtsnachfolgeklausel gegen den Ersteher erteilt werden, weil das Urteil ihm gegenüber nicht wirkt. Vielmehr muss in solchen Fällen der dingliche Anspruch gegen den Ersteher erneut eingeklagt werden. Ob, wie im Gesetz wörtlich verlangt, immer ausdrücklich die Rechtshängigkeit14 oder bei bereits eingetretener Rechtskraft stattdessen explizit die Rechtskraft15 anzumelden ist, scheint nicht von Bedeutung. Die Anmeldung ist als Willenserklärung immer einer Auslegung unterzogen und in beiden Fällen der Anmeldung sollte eindeutig sein, dass die Wirkungen des § 325 Abs. 3 Satz 2 eintreten sollen. Hat das Vollstreckungsgericht im einen oder anderen Fall dennoch Zweifel an der Bedeutung der Anmeldung, so ist Aufklärung nach § 139 ZPO geboten.
§ 55 [Gegenstand der Versteigerung, Zubehör] (1) Die Versteigerung des Grundstücks erstreckt sich auf alle Gegenstände, deren Beschlagnahme noch wirksam ist. (2) Auf Zubehörstücke, die sich im Besitz des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers befinden, erstreckt sich die Versteigerung auch dann, wenn sie einem Dritten gehören, es sei denn, daß dieser sein Recht nach Maßgabe des § 37 Nr. 5 geltend gemacht hat.
A. B. C. D.
Rz. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Noch wirksame Beschlagnahme (Abs. 1) . 3 Überbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Fremdes Zubehör (Abs. 2) . . . . . . . . . 11
Rz. E. Verlust des Dritteigentums und Ersatzanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 F. Erneuerbare Energien im Zwangsversteigerungsverfahren . . . . . . . . . . . 20
Literatur: Dorn, Bestandteile und Zubehör in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1987, 143; Fedke, Neue Wege zur rechtlichen Absicherung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, WM 2011, 1933; Goldbach, Erneuerbare Energien in der Zwangsversteigerung, ZfIR 2014, 37, Graba/Teufel, Anwartschaftsrecht am Zubehör in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1979, 401, Kappler, Photovoltaikanlagen auf fremdem Grund und Boden – Sicherheit für alle Zeiten?, ZfIR 2012, 265, Kappler, Fotovoltaikanlagen auf fremdem Grund und Boden – Sicherheit für alle Zeiten?, ZfIR 2012, 265; Klawikowski, Schadensfälle in der Grundstücksversteigerung, Rpfleger 2005, 341; Mayer, Wer klares Wasser will, muss zur Quelle gehen, ZfIR 2011, 635; Reymann, Fotovoltaikdienstbarkeit und revolvierende Vormerkung – geeignete Kreditsicherungsmittel? ZIP 2013, 605.
14 Stöber/Gojowczyk, § 54 ZVG Rz. 14. 15 Dassler u.a./Hintzen, § 54 ZVG Rz. 5; Löhnig/Siwonia, § 54 ZVG Rz. 6.
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§ 55 Rz. 1 Gegenstand der Versteigerung, Zubehör
A. Allgemein 1
Als eine der bedeutendsten Regelungen im ZVG legt § 55 den Umfang der Versteigerung dahingehend fest, was der Ersteher mit dem Zuschlag genau erwirbt. Die Bestimmung korrespondiert mit den §§ 20, 21 ZVG i.V. mit §§ 1120 BGB hinsichtlich der Beschlagnahme, mit § 865 ZPO in Bezug auf die Konkurrenz der Immobiliarvollstreckung zur Mobiliarvollstreckung sowie mit § 90 bezüglich des Eigentumsübergangs mit dem Zuschlag. Dabei definieren die §§ 20, 21 den Umfang der Beschlagnahme insoweit, als sich die Beschlagnahme mit den dort genannten Ausnahmen auf den Hypothekenhaftungsverband (§§ 1120 BGB) erstreckt. Die Beschlagnahme des Grundstücks und der mithaftenden Gegenstände entsteht mit dem Anordnungsbeschluss in der Zwangsversteigerung und in der Zwangsverwaltung (s. Kommentierung zu § 20 Rz. 19). Die Beschlagnahme gilt allerdings nur in dem Verfahren, für welches der Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss ergangen ist. Somit hat die Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung nicht den selben Umfang wie die in einer parallel laufenden Zwangsverwaltung desselben Grundstücks. § 55 Abs. 1 stellt fest, dass sich der Umfang der Versteigerung insoweit mit dem Umfang der Beschlagnahme deckt, als diese zum Beginn der Versteigerung noch besteht. Damit ist der Zeitpunkt der Aufforderung zum Bieten im Versteigerungstermin gemeint, weil genau dann die Versteigerungsbedingungen feststehen müssen und damit klar sein soll, worauf die Bieter ihre Gebote abgeben1.
2
Eine erweiternde Regelung trifft § 55 Abs. 2 für das Zubehör des Versteigerungsgegenstandes, das auch dann mitversteigert werden soll, wenn es nicht im Eigentum des Schuldners steht. Dadurch kann mit dem Zuschlag ein Eigentumsübergang an allen Gegenständen, die Zubehör des Grundstücks sind, stattfinden, sogar wenn sie nicht dem Schuldner, sondern einem Dritten gehören. Die Regelung stellt das Interesse des Erstehers am Erwerb einer wirtschaftlichen Einheit von Grundstück und dazugehörigen, dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks dienenden beweglichen Gegenständen in den Vordergrund. In letzter Konsequenz stellt dann § 90 klar, dass der Ersteher mit dem Zuschlag das Eigentum an allen Gegenständen erwirbt, die nach § 55 von der Versteigerung erfasst sind, nämlich das Grundstück mit seinen wesentlichen Bestandteilen sowie sämtliches schuldnereigenes und schuldnerfremdes Zubehör. An sich ist die gesetzliche Regelung sehr klar gefasst und setzt die materiell-rechtlichen Regelungen zum Hypothekenhaftungsverband verfahrensrechtlich um. Sie gewährt dem Bietinteressenten Rechtsicherheit darüber, was er mit dem Zuschlag konkret alles erwirbt. Allerdings führt die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand überhaupt die Zubehör- (§ 97 BGB) oder Bestandteilseigenschaft (§ 94 BGB) nach der gesetzlichen Definition aufweist, gerade im Hinblick auf Energiegewinnungsanlagen, zu Unklarheiten über den Versteigerungsgegenstand, wenn sich auf dem Versteigerungsobjekt eine solche Anlage befindet.
B. Noch wirksame Beschlagnahme (Abs. 1) 3
Der im Interesse des Grundpfandrechtsgläubigers durch die Beschlagnahme gewährleistete Zusammenhalt des gesamten Hypothekenhaftungsverbandes wird durch die Regelung insoweit umgesetzt, als der Ersteher nicht nur das Grundstück, sondern auch alle mithaftenden Gegenstände in der Versteigerung erwirbt.
1 Dassler u.a./Hintzen, § 55 ZVG Rz. 7; Stöber/Gojowczyk, § 55 ZVG Rz. 4.
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Gegenstand der Versteigerung, Zubehör
Rz. 7 § 55
Auf diese Weise wird das Grundstück mit allen wesentlichen Bestandteilen und dem Zubehör (§ 55 Abs. 1) als Gesamtheit veräußert und haftet dem Gläubiger für seine Forderung in vollem Umfang. Dabei muss der Gläubiger die mithaftenden beweglichen Gegenstände nicht in mehreren Einzelzwangsvollstreckungsverfahren verwerten, sondern die Verwertung erfolgt grundsätzlich in einem gemeinsamen Verfahren, was erfahrungsgemäß zu einem wirtschaftlich besseren Ergebnis führt. Daneben bleibt dem Gläubiger aber die Möglichkeit, bewegliche Gegenstände und zum Hypothekenhaftungsverband gehörende Forderungen im Einzelfall getrennt zu verwerten (§ 65). Zunächst stellt Absatz 1 fest, dass die beschlagnahmten Gegenstände mitversteigert werden. Der im Zeitpunkt der Beschlagnahme tatsächlich vorhandene Haftungsverband wird zur Befriedigung der mittels Grundpfandrecht gesicherten Forderung reserviert. Nach der Beschlagnahme sind weder eine Enthaftung der mithaftenden Gegenstände gem. §§ 1120 BGB ohne Zustimmung des Gläubigers, noch eine bis dahin teilweise zulässige Mobiliarvollstreckung mehr möglich (§ 865 Abs. 2 ZPO), weil sie das durch Grundpfandrecht und Beschlagnahme gesicherte Verwertungsrecht des Gläubigers beeinträchtigen würden. Die Beschlagnahme erstreckt sich auf das unbewegliche Vermögen (vgl. § 864 ZPO) somit in erster Linie auf das Grundstück, den Miteigentumsanteil als Bruchteilseigentum, Wohnungs- bzw. Teileigentum (§§ 864 Abs. 2 ZPO; 1, 6 WEG) sowie grundstücksgleiche Rechte wie das Erbbaurecht, das Wohnungserbbaurecht (§§ 1 Abs. 1 ErbbauRG; 864 Abs. 2 ZPO; 1, 6 WEG); Schiffe und Schiffsbauwerke (§§ 162 ff.) und Luftfahrzeuge (§§ 171a). Sie umfasst neben dem Grundstück oder grundstücksgleichen Recht zusätzlich die weiteren Gegenstände des Hypothekenhaftungsverbandes.
4
Zum Hypothekenhaftungsverband (§§ 1120 ff. BGB) gehören: – Grundstück – wesentliche Bestandteile – Zubehör – Erzeugnisse – Miet- und Pachtzinsen – Versicherungsforderungen
5
Die Beschlagnahme umfasst im Zwangsversteigerungsverfahren nicht den gesamten Hypothekenhaftungsverband. Die vom Boden getrennten Erzeugnisse (§ 21 Abs. 1) sowie Mietund Pachtzinsforderungen (§ 21 Abs. 2) sind hier nicht beschlagnahmt. Der Umfang der Beschlagnahme erstreckt sich in der Zwangsversteigerung auf die wesentlichen und nichtwesentlichen Bestandteile des Grundstücks, die vom Grundstück bereits getrennten Bestandteile und Erzeugnisse, sofern nicht ein Dritter Eigentum daran erworben hat, sowie dem Grundstückseigentümer gehörendes Zubehör (§ 1120 BGB). Vom Boden getrennte land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse jedoch nur, wenn sie Zubehör des Grundstücks sind (§ 21 Abs. 1). Mitversteigert werden auch Forderungen aus Versicherungen des Objekts und der mithaftenden Gegenstände, denn sie unterliegen ebenfalls der Beschlagnahme (§§ 1127 ff. BGB).
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Für die Einordnung als von der Beschlagnahme erfasster wesentlicher Bestandteil kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung des dinglichen Rechts2 bzw. für den persönlichen Gläubiger, denjenigen der Wirksamkeit seiner Beschlagnahme (§ 22 Abs. 1) an. Das gilt auch für nichtwesentliche Bestandteile, sofern sie nicht mit der Trennung in das Eigentum eines
7
2 MüKoBGB/Stresemann, § 93 BGB Rz. 10b.
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§ 55 Rz. 7 Gegenstand der Versteigerung, Zubehör Dritten gelangt sind (s. Kommentierung zu § 20 Rz. 122 f.)3 oder ausdrücklich vor oder spätestens mit dem Zuschlagsbeschluss von der Versteigerung ausgenommen wurden4. Im Eigentum des Schuldners stehendes Zubehör, wird ebenfalls von der Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung erfasst und vom Ersteher nach Abs. 1 erworben. Voraussetzung für die Zubehöreigenschaft von beweglichen Gegenständen, die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind, ist vor allem, dass zwischen der Hauptsache und dem Zubehör zumindest irgendein Abhängigkeitsverhältnis besteht, welches durch Überordnung der Hauptsache (des Grundstücks bzw. des Gebäudes) und Unterordnung der Hilfssache (Zubehör) gekennzeichnet ist5. Ist hingegen zwischen der beweglichen Sache und dem Grundstück keine Abhängigkeit erkennbar und der Gegenstand hat für die Hauptsache keinerlei dienende Funktion, ist eine Zubehöreigenschaft nicht gegeben6. 8
Eine dem Hypothekenhaftungsverband unterliegende Sache kann nur gem. §§ 1121, 1122 BGB dieser Haftung wieder entzogen werden, soweit die Verfügung darüber die Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht übersteigt. Dann wird die Sache nicht von der Beschlagnahme erfasst und nicht mitversteigert. Eine solche Enthaftung kommt lediglich in Betracht für nichtwesentliche Bestandteile, Zubehör oder Erzeugnisse (§ 1121 BGB). Ansonsten bleibt die Beschlagnahme während des gesamten Vollstreckungsverfahrens bestehen. Erst mit teilweiser oder vollständiger Antragsrücknahme des Gläubigers (§ 29) oder durch den Zuschlag endet sie. Der Gläubiger kann durch Beschränkung seines Antrags von Beginn an oder durch teilweise Rücknahme seines Zwangsversteigerungsantrags einzeln zu bezeichnende Gegenstände aus dem Hypothekenhaftungsverband von den Wirkungen der Beschlagnahme befreien oder es kann über abweichende Versteigerungsbedingungen (§ 59) festgelegt werden, dass bestimmte Gegenstände nicht mitversteigert werden. In aller Regel wird der Gläubiger einzelne Gegenstände aus der Beschlagnahme nur frei geben, wenn diese nicht dem Schuldner gehören oder außerhalb der Immobiliarvollstreckung verwertet werden sollen. Erweitert werden kann der Umfang der Beschlagnahme während des Verfahrens7 beispielsweise durch Anschaffungen von Zubehör seitens desSchuldners oder den Einbau von wesentlichen Bestandteilen.
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Das Vollstreckungsgericht darf den Beschlagnahmeumfang von sich aus und ohne entsprechenden Gläubigerantrag nicht verändern oder bindende Feststellungen über die Zugehörigkeit bestimmter Gegenstände zum von der Beschlagnahme erfassten Vermögen treffen8. Es kann im Rahmen seiner gesetzlichen Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) „mit der gebotenen Zurückhaltung“ zwar grundsätzliche Hinweise zum Umfang der Versteigerung geben, hat dabei aber nicht zu entscheiden oder verbindliche Erklärungen abzugeben. Streitigkeiten über den Umfang des mit dem Zuschlag erworbenen Eigentums können nur außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens durch Feststellungsklage9 geklärt werden.
3 Böttcher, § 20, 21 ZVG Rz. 25; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 7 ff.; Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 60 ff., 78. 4 BGH v. 30.11.1995 – IX ZR 181/94, Rpfleger 1996, 256 = MDR 1996, 739. 5 BGH v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, NJW 1983, 746 = MDR 1983, 388 = Rpfleger 1983, 167; BGH v. 19.3.1965 – V ZR 270/62, MDR 1965, 561. 6 OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. 7 Dassler u.a./Hintzen, § 55 ZVG Rz. 11. 8 Löhnig/Siwonia, § 55 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 55 ZVG Rz. 24; Steiner/Teufel, § 55 ZVG Rz. 8; Dorn, Rpfleger 1987, 143. 9 Stöber/Gojowczyk, § 55 ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 55 ZVG Rz. 24.
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Gegenstand der Versteigerung, Zubehör
Rz. 12 § 55
C. Überbau Bei einem Grenzüberbau mit einem Gebäude steht die dem aus § 94 Abs. 1 BGB herzuleitende Bindung von Grundstück und darauf stehendem Gebäude mit der im Hinblick auf das Verwertungsergebnis erwünschten Bewahrung einer Einheit zwischen den einzelnen Teilen eines einheitlichen Gebäudes gem. §§ 93, 94 Abs. 2 BGB10 nicht im Einklang. Beim rechtmäßigen bzw. entschuldigten Überbau (gem. § 912 BGB oder aufgrund der Zustimmung des anderen Eigentümers) stellt das gesamte Bauwerk einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks dar, von dem aus die Überbauung ausgeht (sog. Stammgrundstück)11. Auf dem überbauten Grundstück ist der überbaute Gebäudeteil zugleich Scheinbestandteil12. Bei Eigengrenzüberbau des identischen Eigentümers mehrerer von dem Bau erfassten Grundstücke, ist das Gebäude wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, von dem aus die Überbauung ausgeht13. Das gilt auch noch, wenn das Gebäude durch spätere Aufteilung des Grundstücks von der Grenze dann selbstständiger Grundstücke durchschnitten wird, die später in das Eigentum verschiedener Personen gelangen14. Liegt jedoch ein rechtswidriger, nicht entschuldigter Überbau vor, entsteht eine reale Teilung des Eigentums an dem Bauwerk auf der Grenzlinie und der übergebaute Teil des Bauwerks ist wesentlicher Bestandteil des überbauten Grundstücks15.
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D. Fremdes Zubehör (Abs. 2) Auf Grund der besonderen Regelung in § 55 Abs. 2 ZVG geht das gesamte Zubehör eines Grundstücks im Besitz des Schuldners mit dem Zuschlag auf den Ersteher über. Dabei sind die Eigentumsverhältnisse am Zubehör nicht von Bedeutung, denn in der Zwangsversteigerung findet mit dem Zuschlag generell ein Eigentumswechsel an Gegenständen bei denen es sich um Zubehör im Sinne von §§ 97, 98 BGB handelt statt. Das gilt ausdrücklich sogar dann, wenn die Gegenstände nicht im Eigentum des Schuldners stehen und deshalb gem. Abs. 1 nicht von der Beschlagnahme erfasst sind. Der Umfang der Versteigerung geht insoweit über den Umfang der Beschlagnahme hinaus.
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Nicht mitversteigert ist schuldnerfremdes Zubehör dann, wenn es vor der Aufforderung zum Bieten von dem Grundstück entfernt bzw. von der Versteigerung ausgenommen wurde. Da ein Eigentumsverlust durch den Zuschlag nicht im Interesse des Fremdeigentümers ist, muss er schon im Vorfeld entsprechende Maßnahmen nach § 37 Ziff. 5 ergreifen, um einen Eigentumsverlust mit dem Zuschlag zu verhindern. Die Versteigerung von schuldnerfremdem Zubehör (§ 55 Abs. 2) dient nicht in erster Linie dem Schutz des Gläubigers, sondern dem Vertrauensschutz des Erstehers. Dieser soll sich darauf verlassen können, dass er das Grundstück so erwirbt, wie es sich nach außen hin dar-
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10 Erman/Schmidt, § 94 BGB Rz. 7; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 8. 11 BGH v. 4.12.1987 – V ZR 274/86, BGHZ 102, 311 = MDR 1988, 394 = NJW 1988, 1078; BGH v. 22.5.1981 – V ZR 102/80, NJW 1982, 756 = MDR 81, 1002; BGH v. 22.2.1974 – V ZR 103/73, BGHZ 62, 141 = NJW 1974, 794; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 9. 12 BGH v. 23.2.1990 – V 231/88; BGH v. 23.2.1990 – V ZR 231/88, BGHZ 110, 298 = MDR 1990, 609 = NJW 1990, 1791; BGH v. 12.7.1984 – IX ZR 124/83, NJW 1985, 789 = MDR 1985, 226; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 9. 13 BGH v. 20.6.1975 – V ZR 206/74, BGHZ 64, 333 = NJW 1975, 1556. 14 BGH v. 20.6.1975 – V ZR 206/74, BGHZ 64, 333 = NJW 1975, 1556; BGH v. 4.12.1987 – V ZR 274/86, BGHZ 102, 311 = MDR 1988, 394 = NJW 1988, 1078. 15 BGH v. 30.4.1958 – V ZR 215/56, BGHZ 27, 204 = NJW 1958, 1182; BGH v. 4.12.1987 – V ZR 274/86, BGHZ 102, 311 = MDR 1988, 394 = NJW 1988, 1078; MüKoBGB/Stresemann, § 94 BGB Rz. 11.
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§ 55 Rz. 12 Gegenstand der Versteigerung, Zubehör stellt. Voraussetzung ist allerdings, dass der Schuldner unmittelbaren oder mittelbaren Besitz an den Gegenständen hat16 und es sich bei den Gegenständen tatsächlich um Zubehör handelt17. Auf dem Grundstück abgestellte Fahrzeuge können diesen Eindruck zwar erwecken, darauf alleine kann der Bieter seine Vermutung aber nicht stützen18. 13
Die Zubehöreigenschaft eines Gegenstandes ergibt sich aus den §§ 97, 98 BGB19. Ein Gegenstand ist dann Zubehör des Grundstücks, wenn – es sich um eine bewegliche Sache handelt, die nicht Bestandteil der Hauptsache ist – die Sache dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt ist – eine dauerhafte Zweckbindung zur Hauptsache besteht – sie zur Hauptsache in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis steht – die Verkehrsanschauung einer Einordnung als Zubehör nicht entgegensteht. Der Begriff des „wirtschaftlichen Zwecks“ ist dabei weit auszulegen20 und meint nicht zwingend eine ausschließlich gewerbliche Nutzung. Das Grundstück muss lediglich in irgendeiner Form wirtschaftlich nutzbar sein und das Zubehör in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Grundstück stehen21. Dabei sollten die Umstände erkennen lassen, dass durch das Zubehörstück der wirtschaftliche Zweck gefördert wird22. Es muss eine dauerhafte Zweckbindung zum Grundstück bestehen, wovon immer ausgegangen werden kann, wenn nicht eine vorübergehende Nutzung offensichtlich ist. Hingegen sind die zur vorübergehenden Nutzung einer Sache für den Zweck der anderen Sache eingesetzten Gegenstände nicht Zubehör (§ 97 Abs. 2 BGB). Sachen, die aufgrund eines Miet-, Pacht- oder dinglichen Nutzungsrechts wie etwa Nießbrauch auf dem Grundstück nur vorübergehend genutzt werden23 oder sich erkennbar im Besitz eines Dritten befinden24, sind Scheinzubehör und werden weder von der Beschlagnahme erfasst noch als schuldnerfremdes Zubehör (§ 55 Abs. 2) mitversteigert25. Ein räumlicher Zusammenhang erfordert nicht unter allen Umständen, dass Zubehör und Hauptsache fest verbunden sind. Es genügt ein örtlicher Zusammenhang, der die Benutzung des Zubehörs für die Hauptsache gewährleistet26. Falls die Verkehrsanschauung27 der Einordnung einer Sache als Zubehör entgegensteht, besteht eine Zubehöreigenschaft nicht. Davon kann ausgegangen werden, wenn eine bewegliche Sache üblicherweise nicht mit dem Grundstück, sondern getrennt davon verkauft wird28.
16 BGH v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 85 = WM 1961, 668. 17 OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. 18 OLG Frankfurt/M. v. 19.6.2007 – 14 U 181/06, ZMR 2008, 145. 19 BGH v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, NJW 1983, 746 = MDR 1983, 388 = Rpfleger 1983, 167. 20 MüKoBGB/Stresemann, BGB § 97 Rz. 13. 21 BGH v. 2.11.1982 – VI ZR 131/81, NJW 1983, 746 = MDR 1983, 388 = Rpfleger 1983, 167. 22 OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. 23 BGH v. 25.5.1984 – V ZR 149/83, NJW 1984, 2277 = MDR 1985, 131; Erman/Schmidt, BGB § 97 Rz. 15; Steiner/Teufel, § 20 ZVG Rz. 99. 24 Dassler u.a./Hintzen, § 55 ZVG Rz. 15. 25 OLG Frankfurt/M. v. 19.6.2007 – 14 U 181/06, ZMR 2008, 145. 26 BGH v. 10.6.2011 – V ZR 233/10, NJW-RR 2011, 1458. 27 BGH v. 20.11.2008 – IX ZR 180/07, MietRB 2009, 94 = Rpfleger 2009, 253 = MDR 2009, 374 = NJW 2009, 1078. 28 Erman/Schmidt, BGB, § 97 Rz. 21.
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Gegenstand der Versteigerung, Zubehör
Rz. 17 § 55
Nicht im Eigentum des Schuldners stehendes bzw. sicherungsübereignetes oder unter Ei- 14 gentumsvorbehalt gekauftes Zubehör ist zwar gem. § 1120 BGB von der Beschlagnahme nicht erfasst, wird aber dennoch mitversteigert, (§§ 55 Abs. 2, 37 Nr. 5). Ein bestehendes Anwartschaftsrecht des Grundstückseigentümers auf Erwerb des Eigentums von unter Eigentumsvorbehalt (§§ 455, 929, 930, 158 BGB) erworbenem Zubehör des Grundstücks ist von der Beschlagnahme erfasst und wird mitversteigert29. Der Ersteher kann durch Erfüllung der zum Vollerwerb nötigen Bedingung, meist Zahlung des Restkaufpreises, das Eigentum an dem Zubehör erlangen. Besteht allerdings zwischen der beweglichen Sache und dem Versteigerungsobjekt keine Abhängigkeit und der Gegenstand hat für die Hauptsache keinerlei dienende Funktion, ist eine Zubehöreigenschaft nicht gegeben30.
E. Verlust des Dritteigentums und Ersatzanspruch Einem Fremdeigentümer bleibt bis zum Zuschlagsbeschluss die Möglichkeit, sein Eigentum nach § 37 Ziff. 5 geltend zu machen. Das erfordert Freigabe des betreffenden Gegenstandes durch alle betreibenden Gläubiger durch Teilrücknahme sämtlicher Versteigerungsanträge und entsprechenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts. Verweigert ein Gläubiger die Antragsrücknahme bezüglich des Fremdeigentums, dann bleibt dem Dritteigentümer nur Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) und zwar nötigenfalls in Verbindung mit dem Antrag auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung in den streitigen Gegenstand beim Prozessgericht (§§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 1, 775, 776 ZPO) oder Eilantrag beim Vollstreckungsgericht ((§§ 771 Abs. 3, 769 Abs. 2 ZPO). Die freigegebenen und damit von der Versteigerung ausgenommenen Gegenstände sollten im Interesse der Rechtssicherheit zweckmäßigerweise31 im Zuschlagsbeschluss aufgeführt werden, obwohl das nicht ausdrücklich verlangt ist (§ 82).
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Die bloße Anmeldung des Eigentums zum Zwangsversteigerungsverfahren verhindert nicht den mit dem Zuschlag eintretenden Eigentumsübergang auf den Ersteher. Da die schuldnerfremden Zubehörstücke nicht beschlagnahmt sind, kann sie der Fremdeigentümer noch bis zur Aufforderung zum Bieten vom Grundstück trennen und so den Eigentumsverlust verhindern, da nur beim Beginn der Versteigerung im Besitz des Schuldners befindliches Fremdzubehör mitversteigert wird. Hat er das versäumt, verliert er sein Eigentum an den Zubehörstücken mit dem Zuschlag. Nach dem Surrogationsprinzip setzt sich das Eigentum des Dritten aber als Anspruch auf anteilige Auszahlung am Versteigerungserlös fort. Der Dritteigentümer soll für den durch § 55 Abs. 2 eingetretenen Eigentumsverlust entschädigt werden.
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Der Anspruch des Dritteigentümers auf anteilige Auszahlung des Versteigerungserlöses 17 unterliegt nicht der Rangordnung des § 10 ZVG und kann somit keinen Rangverlust nach § 110 ZVG erleiden32. Er führt aber nur dann zur Zahlung an den Dritten, wenn dieser sein am Erlös anteilig bestehendes Eigentumsrecht gegenüber den betreibenden Gläubigern nach Maßgabe des § 37 Ziff. 5 geltend gemacht hat. Nach Freigabe des anteiligen Erlöses wird der Anteil des Dritten am Meistbargebot vorab entnommen und somit die Teilungsmasse von
29 BGH v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 85 = WM 1961, 668. 30 OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. 31 Dassler u.a./Hintzen, § 55 ZVG Rz. 17; Stöber/Gojowczyk, § 55 ZVG Rz. 18. 32 Stöber/Becker, § 92, Rz. 61.
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§ 55 Rz. 17 Gegenstand der Versteigerung, Zubehör vornherein geschmälert. Eine Aufnahme in den Teilungsplan erfolgt nicht, da es sich nicht um einen Anspruch gem. § 10 ZVG handelt. 18
Die Höhe des Anteils am Erlös entspricht dem Verhältnis des Verkehrswertes aller versteigerten Gegenstände (Grundstück und Zubehör) zum Verkehrswert des Gegenstands der dem Dritten gehört. Rechnerisch wird er wie folgt ermittelt33: Meistgebot (bar und bestehenbleibende Rechte) × Verkehrswert des Zubehörs Gesamtverkehrswert (Grundstück + Dritteigentum) Nimmt man beispielsweise bei einem Gebot in Höhe des Verkehrswerts von 200.000,00 Euro den Zeitwert eines als Zubehör mitversteigerten Traktors mit 10.000 Euro an, dann erhält der fremde Eigentümer als Wertersatz aus dem Versteigerungserlös genau 10.000 Euro. 200.000 v (Meistgebot) × 10.000 v (Verkehrswert des Zubehörs) 200.000 v (Gesamtverkehrswert) Ist das Meistgebot höher als der Verkehrswert, ist auch der Erlösanteil des Dritteigentümers entsprechend höher. Bei einem Gebot unter dem Verkehrswert, würde er weniger als den Zeitwert des Traktors als Wertersatz erhalten.
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Erlangt der Dritte keine Freigabe des ihm zustehenden Erlösanteils durch die betreibenden Gläubiger, bleibt ihm nur die Geltendmachung seines Anspruchs durch Anmeldung oder spätestens im Verteilungstermin durch Widerspruch gegen den Teilungsplan (§ 115). Eine entsprechende Anmeldung wird als Widerspruch behandelt und soweit über den Widerspruch im Erlösverteilungstermin keine Einigung erzielt wird, muss er durch Erhebung der Widerspruchsklage verfolgt werden (s. Kommentierung zu § 115). Nach der Erlösverteilung im Zwangsversteigerungsverfahren kann der Dritte seinen Anspruch auf den Wertersatz nur noch im Prozesswege durchsetzen. Beklagter ist der an letzter Stelle zum Zug gekommene Gläubiger, weil dieser zu Lasten des Dritteigentümers ungerechtfertigt bereichert ist (§§ 812, 816 Abs. 2 ZVG)34.
F. Erneuerbare Energien im Zwangsversteigerungsverfahren 20
In den letzten Jahren hat sich die alternative Energiegewinnung auf Grund staatlicher Förderung mit unterschiedlichen Vermarktungsmodellen rasant entwickelt. Viele Grundstückseigentümer nutzen ihre Grundstücke oder die darauf befindlichen Gebäude um Energiegewinnungsanlagen zu bauen oder die Flächen an Unternehmen zu vermieten oder zu verpachten, damit diese ihre Energiegewinnungsanlagen installieren können. In der vollstreckungsrechtlichen Praxis stellt sich zunehmend die Frage, was im Falle einer Verwertung des Grundstücks mit den Energiegewinnungsanlagen geschieht? Das Schicksal einer solchen Anlage ist sowohl für Bieter als auch Anlagenbetreiber von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Da die Anlagen ausnahmslos von erheblichem Wert sind und weil das Vollstreckungsgericht sich auch hinsichtlich der Bewertung solcher Anlagen mit der Problematik beschäftigen muss, hat sich die Rechtsprechung in diesem Bereich schnell entwickelt.
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Entscheidend für das Schicksal einer Anlage ist die Frage, in welcher Beziehung sie zum Grundstück steht. Durch Miet-, Pacht- oder Erbbaurechtsverträge und über eine eventuelle dingliche Absicherung als beschränkt-persönliche Dienstbarkeiten soll sichergestellt werden,
33 Dassler u.a./Hintzen, § 55 ZVG Rz. 21; Steiner/Teufel, § 55 ZVG Rz. 27. 34 Dassler u.a./Hintzen, § 55 ZVG Rz. 21; Stöber/Becker, § 92, Rz. 62.
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Gegenstand der Versteigerung, Zubehör
Rz. 24 § 55
dass bei einem Verkauf des Grundstücks oder einer anderen Rechtsnachfolge sowohl die Anlage im Eigentum des Betreibers als auch das Nutzungsrecht bei ihm verbleiben kann35. Um zu verhindern, dass die Energiegewinnungsanlage durch die Verbindung mit dem Grund und Boden oder dem Gebäude wesentlicher Bestandteil dieses Grundstücks wird und ohne jede Einschränkung das rechtliche Schicksal des Grundstücks teilen müsste (§ 93 BGB), wird in solchen Fällen unter Heranziehung der Ausnahmeregelung des § 95 BGB eine Scheinbestandteilseigenschaft geschaffen. Als Scheinbestandteil kann die Anlage Gegenstand besonderer Rechte sein und beispielsweise einem Kreditgeber sicherungsübereignet werden. Bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks wird das gesamte Zubehör mitversteigert, soweit es sich bei der Versteigerung im Besitz des Schuldners befindet. Bei einer Aufdachsolaranlage kann lediglich dann davon ausgegangen werden, dass diese dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks zu dienen bestimmt ist36, wenn sie der Grundstückseigentümer selbst betreibt und die gewonnene Energie sowohl ins Netz eingespeist als auch direkt vom Erzeuger verbraucht wird. Die allgemeine Verkehrsanschauung dürfte von dieser Ansicht ebenso wenig abweichen, so dass auch insoweit an der Zubehöreigenschaft kein Zweifel bestehen kann. Wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird eine solche Anlage schon deshalb nicht, weil sie nicht auf eine Art und Weise fest verbunden wird, dass sie nicht wieder vom Grundstück getrennt werden könnte, ohne zerstört zu werden. In der Zwangsversteigerung erlangt der Ersteher mit dem Zuschlag das Eigentum an einer solchen Fotovoltaikanlage (§ 55 Abs. 2). Ein Herausgabeanspruch des Dritteigentümers besteht nach dem Zuschlag nicht.
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Wäre es aber grundsätzlich so, dass eine Fotovoltaikanlage immer Zubehör des Grundstücks ist, dann würde einem fremden Betreiber anlässlich einer Zwangsversteigerung der Eigentumsverlust durch den Zuschlag drohen, weil dabei die Eigentumsverhältnisse nicht von Bedeutung sind. Die Rechtsprechung37 kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass bei einem fremden Betreiber eine Aufdachfotovoltaikanlage nicht dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sei. Durch das Anbringen einer solchen Anlage werde der eigentliche Zweck eines Wohngebäudes nicht verändert. Es bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Gebäude als Hauptsache einerseits und der Anlage als untergeordneter Hilfssache andererseits. Ein Zusammenhang von Gebäude und Anlage, die eine Verknüpfung des rechtlichen Schicksals beider Gegenstände rechtfertigen könnte, sei nicht erkennbar.
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Freilandfotovoltaik-, Windenergie- und Biogasanlagen werden auf Grund ihrer Beschaffenheit und nach der Verkehrsanschauung nicht als Zubehör eines Grundstücks anzusehen sein. Es handelt sich bei solchen Bauwerken grundsätzlich um wesentliche Bestandteile des Grundstücks, die aber regelmäßig durch Bestellung einer den Betrieb durch einen Dritten sichernden beschränkten-persönlichen Dienstbarkeit zum Scheinbestandteil gemacht werden und so dem Hypothekenhaftungsverband ebenso entzogen sind, wie der Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung. Schon dann, wenn eine solche Anlage von einem fremden Betreiber für bestimmte Zeit installiert wird, ist davon auszugehen, dass die Anlage nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks werden soll. Das gilt sogar auch, wenn die Anlage für die gesamte voraussichtliche Lebensdauer auf dem, Grundstück verbleibt. Alleine der fehlende Vereinigungswille führt dazu, dass die Anlage stets als Scheinbestandteil anzusehen ist38 und weder als zum Hypothekenhaftungsverband gehörig der Beschlagnahme unterliegt, noch
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35 Reymann, ZIP 2013, 605; Kappler, ZfIR 2012, 265; Fedke, WM 2011, 1933. 36 LG Passau v. 28.2.2012 – 2 T 22/12, Rpfleger 2012, 401 = ZfIR 2014, 71. 37 OLG Nürnberg v. 10.10.2016 – 14 U 1168/15, MDR 2017, 24 = ZfIR 2017, 151 m. Anm. Goldbach. 38 BGH v. 7.4.2017 – V ZR 52/16, Rpfleger 2017, 638 = MDR 2017, 758.
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§ 55 Rz. 24 Gegenstand der Versteigerung, Zubehör als Zubehör mitversteigert wird. In solchen Fällen ist während des Verfahrens mangels einer wirksamen Beschlagnahme eine Freigabe durch die Gläubiger nicht erforderlich. Der Ersteher des bebauten Grundstücks erwirbt in solchen Fällen durch den Zuschlag kein Eigentum an der Anlage. Das Betriebsrecht des Anlagenbetreibers bleibt jedoch über die Zwangsversteigerung des Grundstücks hinaus nur bestehen und wirkt gegenüber dem Ersteher ausschließlich dann, wenn es dinglich abgesichert ist und das Sicherungsrecht mit dem Zuschlag nicht erlischt. 25
Der im Interesse des Grundpfandrechtsgläubigers durch die Beschlagnahme gewährleistete Zusammenhalt des gesamten Hypothekenhaftungsverbandes wird durch diese Rechtsauffassung nicht beeinträchtigt. Ein Grundstück wird mit allen Bestandteilen und dem Zubehör (§ 55 Abs. 1) versteigert und haftet insoweit dem Gläubiger für seine gesicherte Forderung. Der Gläubiger ist in seinem Befriedigungsrecht nicht beeinträchtigt, wenn Gegenstände, die dem Schuldner nicht gehören auch nicht verwertet werden. Meist hat der Grundpfandrechtsgläubiger die fremde Anlage ohnehin nicht finanziert, so dass eine Verwertung zu seinen Gunsten nicht einmal sachgerecht wäre.
§ 56 [Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung] 1Die
Gefahr des zufälligen Unterganges geht in Ansehung des Grundstücks mit dem Zuschlag, in Ansehung der übrigen Gegenstände mit dem Schluß der Versteigerung auf den Ersteher über. 2Von dem Zuschlag an gebühren dem Ersteher die Nutzungen und trägt er die Lasten. 3Ein Anspruch auf Gewährleistung findet nicht statt.
A. B. I. II. 1. 2. 3. III. 1. 2. 3. 4. IV.
Geschichte und Zweck der Norm . . . Der Gefahrübergang . . . . . . . . . . . Regelungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . Vor dem Gefahrübergang eingetretene Mängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Untergang des Grundstücks . . . . . Die Verschlechterung des Grundstücks . Untergang „der übrigen Gegenstände“ . Nach dem Gefahrübergang eingetretene Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . Der zufällige Untergang . . . . . . . . . . Der vom Schuldner verursachte Untergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verschlechterung des Grundstücks . Untergang und Verschlechterung der „übrigen Gegenstände“ . . . . . . . . . . Die Aufhebung des Zuschlags . . . . . .
. . .
Rz. 1 2 2
. . . .
3 3 5 8
. .
9 9
. 10 . 11 . 12 . 13
C. I. II. 1. 2. III. 1. 2. D. I. II. E.
Nutzungen und Lasten . . . . . . . . . Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Privatrechtliche Lasten . . . . . . . . . . Öffentlich-rechtliche Lasten . . . . . . Kosten und Lasten des Wohnungseigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Gesetzeslage . . . . . . . . . . . . . . Abweichende Regelungen . . . . . . . . Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . Die Beziehungen zwischen Schuldner und Ersteher . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beziehungen zwischen Ersteher und Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . Abweichende Regelungen . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
Rz. 14 14 16 16 18
. . . .
. . . .
19 19 20 21
. . 21 . . 22 . . 23
Literatur: Griwotz, „Wucherzinsen“ nach einer Zwangsversteigerung? ZfIR 2012, 774; Klawikowski, Probleme des Erstehers nach der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2014, 236; Meerhoff, Gebäudeversicherung in der Immobiliarzwangsvollstreckung, ZfIR 2017, 180; Schmidberger, Ersteheransprüche aus Nebenkostenabrechnung, ZInsO 2008, 83 ff.
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Goldbach und Abramenko
Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung
Rz. 4 § 56
A. Geschichte und Zweck der Norm § 56 ZVG entspricht weitgehend § 74 des Entwurfs von 1889. Allerdings wurde in § 56 ZVG der Übergang der Gefahr auf den zufälligen Untergang beschränkt. Ferner wurde die Norm in § 56 Satz 3 ZVG um eine Regelung zur Gewährleistung ergänzt, da der in § 395 des Entwurfs zum BGB vorgesehene Gewährleistungsauschluss, der in § 74 des Entwurfs vorausgesetzt wurde, keine Aufnahme in den endgültigen Text des BGB fand. § 56 ZVG ist seit 1898 unverändert. Er regelt neben der Gefahrtragung und Gewährleistung den Übergang der Nutzungen und Lasten auf den Ersteher. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten.1
1
B. Der Gefahrübergang I. Regelungsbedarf Ähnlich wie beim rechtsgeschäftlichen Erwerb bedarf es einer Regelung, wann die Gefahr des Untergangs oder der Verschlechterung auf den Ersteher übergeht. Dies ist Gegenstand des § 56 Satz 1 BGB. Allerdings wird der Regelungsbereich dieser Norm dadurch stark eingeschränkt, dass der Zuschlagsbeschluss nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Zurückweisung eines etwaigen Rechtsmittels unanfechtbar wird. Danach können also selbst solche Veränderungen des Grundstücks, die vor dem in § 56 Satz 1 ZVG bezeichneten Zeitpunkt eingetreten sind, nicht mehr berücksichtigt werden. Wird also der Zuschlag erteilt, ist dieser Beschluss in jedem Falle anzufechten, da der Ersteher ansonsten das Meistgebot zu erbringen hat. Dies geht deutlich über einen möglichen Gewährleistungsausschluss beim rechtsgeschäftlichen Erwerb hinaus. Denn dort sind zumindest arglistig verschwiegene Mängel nach § 444 BGB auch von einem vertraglichen Ausschluss der Gewährleistung nicht betroffen.
2
II. Vor dem Gefahrübergang eingetretene Mängel 1. Der Untergang des Grundstücks Nach § 56 Satz 1 ZVG geht die Gefahr des zufälligen Untergangs des Grundstücks erst mit dem Zuschlag auf den Ersteher über. Unter dem Untergang des Grundstücks ist zum einen dessen tatsächliche Vernichtung etwa durch Überflutung beim Bau eines Staudamms oder durch Wegspülen durch eine Flut zu verstehen.2 Zum anderen kann das Grundstück auch rechtlich untergehen, etwa durch Enteignung3 oder Flurbereinigung.4 Maßgeblicher Zeitpunkt für den Gefahrübergang ist die Erteilung des Zuschlags im Versteigerungstermin durch dessen Verkündung nach § 87 Abs. 1 ZVG. Dem steht dann, wenn der Zuschlag nicht erteilt wird, die Zustellung der stattgebenden Entscheidung über die Beschwerde nach § 104 ZVG gleich.5 Der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses bzw. der Entscheidung im Instanzenzug bedarf es nach dem klaren Wortlaut der Norm nicht.
3
Umgekehrt geht aus § 56 Satz 1 ZVG unzweideutig hervor, dass vor diesem Zeitpunkt kein Gefahrübergang stattfindet. Dies wird bisweilen nicht recht beachtet. Finden sich etwa Stimmen, wonach ein vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten untergegangenes Grundstück, gar nicht mehr der Versteigerung unterliege,6 ist dies zumindest unbehelflich. Denn
4
1 2 3 4 5 6
Stöber, § 56 ZVG Rz. 1.2. Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 9/10; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 2; Stöber, § 56 ZVG Rz. 2.2. Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 10; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 2. Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 10; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 2. Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 5; Stöber, § 56 ZVG Rz. 2.1. Böttcher, § 56 ZVG Rz. 4.
Abramenko
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§ 56 Rz. 4 Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung der Untergang, dem der „wirtschaftliche Untergang“, also eine wesentliche Verschlechterung gleichzustellen ist,7 muss dem Vollstreckungungsgericht nicht bekannt sein. Es kann also auch nach dem Untergang zum Zuschlag kommen. Soweit früher vertreten wurde, dass der Zuschlagsbeschluss in diesem Fall unwirksam ist, entspricht dies zwar den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers,8 ist aber mittlerweile nach h. M. überholt. Vielmehr soll die Erteilung des Zuschlags nach Untergang des Grundstücks nur nach § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen sein.9 Geschieht dies nicht, ist der Zuschlagsbeschluss zwar anfechtbar, erwächst aber in Rechtskraft.10 Daher hat der Ersteher dem Gericht, wenn nicht bereits im Termin über den Zuschlag entschieden wird, den Untergang des Grundstücks mitzuteilen, das den Zuschlag daraufhin zu versagen hat. Geschieht dies nicht oder wird er bereits im Termin erteilt, muss der Ersteher den Beschluss mit der sofortigen Beschwerde angreifen. Tut er dies nicht, wird der Zuschlag auch beim Untergang vor Übergang der Gefahr bestandskräftig und der Ersteher hat sein Meistgebot zu erfüllen.11 2. Die Verschlechterung des Grundstücks 5
Die Gefahr der Verschlechterung des Grundstücks findet in der Literatur kaum mehr Beachtung, nachdem sie von den Motiven zum ersten Entwurf unter Hinweis auf die Gewährleistung in jedem Falle dem Ersteher zugewiesen wurde.12 Dem folgend hält auch das Schrifttum die Verschlechterung des Grundstücks vor dem Versteigerungstermin für unerheblich, da die Gewährleistung nach § 56 Satz 3 ZVG ausgeschlossen sei und § 56 Satz 1 ZVG nur den völligen Untergang vor dem Zuschlag hiervon ausnehme.13 Es stellt sich aber ähnlich wie bei der in den Motiven angenommenen Nichtigkeit des Zuschlagsbeschlusses beim Untergang vor der Versteigerung14 die Frage, ob den Überlegungen des Gesetzgebers hier zu folgen ist. Dies erscheint aus grammatikalischen, systematischen und historischen Gründen keineswegs zwingend. Denn dann wäre § 56 S. 1 ZVG zumindest unglücklich formuliert. Würde § 56 Satz 3 ZVG im Grundsatz sämtliche nachteiligen Veränderungen erfassen, wäre § 56 Satz 1 ZVG dem Wortlaut nach überflüssig. Denn die Gefahrtragung für den zufälligen Untergang ab Erteilung des Zuschlags ergäbe sich dann bereits aus § 56 Satz 3 ZVG. Aber auch dann, wenn man § 56 Satz 1 ZVG als unglücklich formulierte Ausnahme von § 56 Satz 3 ZVG ansehen wollte, müsste man eine kaum verständliche Gesetzessystematik annehmen. Dann wäre nämlich die Ausnahme (§ 56 S. 1 ZVG) vorangestellt und würde nur aus dem hintangestellten allgemeinen Grundsatz in § 56 S. 3 ZVG verständlich. Vor allem aber übersieht die Stellungnahme in den Motiven hier den Widerspruch zu den Regelungen zu Gefahrübergang und Gewährleistungsausschluss, an die sich § 56 ZVG ausdrücklich anlehnt.15 Denn dort unterfiel die Verschlechterung vor Gefahrübergang jedenfalls nicht ausschließlich dem Gewährleistungsrecht der §§ 459 ff. BGB a.F. Der Käufer konnte zumindest alternativ auch Rechte wegen 7 8 9 10 11 12
Vgl. u. Rz. 6. Motive, S. 180. Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 13; Stöber, § 56 ZVG Rz. 2.3. Stöber, § 56 ZVG Rz. 2.3. Stöber, § 56 ZVG Rz. 2.3. Motive, 181; zu Recht erstaunt über die ausgebliebene Beachtung dieses Komplexes auch Schmidberger, ZInsO 2008, 83, 88. 13 LG Frankfurt/M. v. 29.11.1988 – 2/9 T 1149/88, Rpfleger 1989, 296, 297; Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 1; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 4; Schmidberger, ZInsO 2008, 83, 89. 14 S. o. Rz. 4 Fn. 8. 15 Motive, S. 180: „Der Gedanke, auf welchem diese Lösung beruht, geht in seiner Tragweite über das Kaufgeschäft hinaus; er bewährt sich in allen Fällen, in welchem ein Grundstück gegen Entgelt einem Anderen zu Eigenthum überlassen wird, mithin, richtig verstanden, auch für die Zwangsversteigerung, obschon die Vorschriften, in welchen er für diese seinen Ausdruck findet, mit denjenigen für den Kaufvertrag nicht übereinstimmen können.“; kürzer, aber inhaltlich ebenso Mat., S. 48; Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 1.
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teilweiser Unmöglichkeit geltend machen.16 Diese Rechte aus §§ 323, 325 BGB waren ihm auch dann nicht genommen, wenn ein Gewährleistungsausschluss vereinbart war.17 Da der Gesetzgeber nach seinem ausdrücklichen Bekunden eine Parallelisierung von rechtsgeschäftlichem Erwerb und Zuschlag in der Zwangsversteigerung anstrebte, ist der in diesem Zusammenhang auftretende Widerspruch zwischen beiden Rechtsgebieten am ehesten damit zu erklären, dass die Verfasser der insoweit sehr kurz geratenen Entwurfsbegründung diese Möglichkeit schlicht übersahen. Eine entsprechende Auslegung von § 56 Satz 1 ZVG liegt daher deutlich näher. Ansonsten 6 ergäbe sich auch die Inkonsequenz, dass der Untergang sonstiger der Beschlagnahme unterliegender Gegenstände nach § 56 Satz 1 ZVG zu berücksichtigen sein könnte,18 nicht aber eine u. U. wesentlich bedeutsamere Verschlechterung des Grundstücks. Dem ist auch die h. M. im Ergebnis trotz vorgeblicher Unbeachtlichkeit bloßer Verschlechterungen weit gehend gefolgt, indem sie der Begriff des Untergangs seit jeher weit verstanden hat. Er soll auch den „wirtschaftliche Untergang“ umfassen, auch wenn das Grundstück als solches erhalten bleibt.19 Dies wird etwa dann angenommen, wenn ein Gebäude abbrennt, das einen wesentlichen Teil des Verkehrswertes ausmacht, u. U. auch die Zerstörung einzelner Teile des Gebäudes. Auf diesem Umweg sind die meisten Fälle der herkömmlich als Verschlechterung begriffenen Veränderungen gleichfalls erfasst. Dies ist nicht nur vom Ergebnis her, sondern auch dogmatisch gut zu rechtfertigen, auch wenn der Gesetzestext nur vom Untergang redet. Denn während des Gesetzgebungsverfahren war die heutige Differenzierung zwischen völliger Unmöglichkeit, deren Unterfall der Untergang ist, und der bloßen qualitativen Verschlechterung, noch nicht geläufig. Vielmehr gingen die Motive zum BGB noch ausdrücklich davon aus, dass die Verschlechterung eine teilweise Unmöglichkeit darstellt.20 Es ist daher nicht inkonsequent, jedenfalls erhebliche Verschlechterungen als teilweisen Untergang zu behandeln und auch in diesen Fällen von der Unzulässigkeit des Zuschlags bzw. der Anfechtbarkeit eines gleichwohl ergehenden Beschlusses auszugehen. Ein Unterschied zwischen der h. M. und der hier vertretenen Auffassung, dass auch Ver- 7 schlechterungen grundsätzlich beachtlich sind, besteht nur in gradueller Hinsicht, was deren Auswirkung auf den Verkehrswert betrifft. Die h. M. stellt zwar auf den Einzelfall ab, lässt aber erkennen, das auch erhebliche Verschlechterungen wie die Vernichtung des Dachstuhls durch Brand u. U. unbeachtlich sein können.21 Dies geht nach hier vertretener Auffassung, wonach Verschlechterungen vor dem Gefahrübergang wie im Kaufrecht nicht vom Gewährleistungsausschluss des § 56 Satz 3 ZVG erfasst werden, zu weit. Zwar ist nicht jede noch so geringfügige Veränderung beachtlich. Sie muss aber nur so gravierend sein, dass sie eine Herabsetzung des Verkehrswertes rechtfertigt, was im Zweifel der Ersteher im Beschwerdeverfahren darzulegen und zu beweisen hat. Hierbei ist aber kein großzügiger Maßstab geboten. Denn der geschätzte Verkehrswert ist notwendigerweise eine mehr oder minder grobe Schätzung. Ähnlich 16 BGH, Urt. v. 10.3.1995 – V ZR 7/94, MDR 1995, 790 = ZIP 1995, 1019, 1020 (zu dem auch im vorliegenden Zusammenhang des § 56 ZVG als Beispiel zitierten Brand eines Gebäudes); Erman/Grunewald, 10. Aufl. 2000, Vor § 459 BGB Rz. 10). 17 BGH, Urt. v. 10.3.1995 – V ZR 7/94, MDR 1995, 790 = ZIP 1995, 1019, 1020; Erman/Grunewald, 10. Aufl. 2000, Vor § 459 Rz. 10). 18 So zu Recht Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 13; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 4 zumindest für den Fall, dass dies wirtschaftlich auf einen teilweisen Untergang des Grundstücks hinausläuft. 19 LG Frankfurt/M. v. 29.11.1988 – 2/9 T 1149/88, Rpfleger 1989, 296, 297, wonach „gewichtige Argumente für eine extensive Auslegung des Begriffs ‚Untergang‘ in § 56 ZVG sprechen“; Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2/3; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 10; regelmäßig wird der teilweise Untergang ausdrücklich als Unterfall des wirtschaftlichen Untergangs aufgefasst, s. Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2 Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 11; Stöber, § 56 ZVG Rz. 2.2. 20 Motive II, 49, 52 u. 56; so noch in jüngster Zeit; a.A. Staudinger/Wiedemann, 12. Aufl. 1990, § 275 BGB Rz. 48. 21 Stöber, § 56 ZVG Rz. 2.2.
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§ 56 Rz. 7 Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung wie die gegen die Schätzung oftmals angeführten Verbesserungen des Grundstücks durch den Schuldner häufig keinen Einfluss auf den Verkehrswert haben, begründet auch nicht jede Verschlechterung einen Wertabschlag. Es wird sich in aller Regel um erhebliche qualitative Einbußen handeln müssen. Nach diesem Maßstab vermeidet man auch die Unsicherheit, dass regelmäßig kaum anhand objektiver Kriterien vorhersehbar sein wird, wann ein teilweiser Untergang vorliegt und wann nur eine Verschlechterung. Im Übrigen entspricht das Verfahren bei der Geltendmachung der Verschlechterung demjenigen beim Untergang des Grundstücks. Wie dort muss die Verschlechterung – bzw. nach h. M. der teilweise Untergang – dem Gericht mitgeteilt bzw. ein ergangener Zuschlagsbeschluss angefochten werden. Erwächst er in Bestandskraft bleibt der Ersteher zur Entrichtung des Meistgebots verpflichtet. 3. Untergang „der übrigen Gegenstände“ 8
Für die sonstigen der Beschlagnahme unterliegenden Gegenstände sieht § 56 Satz 1 ZVG eine Vorverlagerung des Gefahrübergangs auf den Schluss der Versteigerung vor. Dies wird in den Materialien mit der nicht näher erläuterten Annahme begründet, es „wäre unbillig, über diesen Zeitpunkt hinaus dem Schuldner oder einem anderen Beteiligten (?) die Haftung aufzuerlegen“.22 Im Übrigen gelten dieselben Regeln wie für das Grundstück. Soweit bisweilen ausgeführt wird, ein vor der Versteigerung untergegangener Gegenstand sei schon nicht der Zwangsversteigerung unterworfen,23 ist dies ebenso unbehelflich wie beim Grundstück selbst.24 Wie dort ist also auch beim Untergang von Zubehör und sonstigen der Beschlagnahme unterliegenden Gegenständen dann der Zuschlag zu versagen, wenn er den Verkehrswert des Grunds beeinflusst bzw. – nach der strengeren h. M. – auf einen teilweisen Untergang des Grundstücks hinausläuft.
III. Nach dem Gefahrübergang eingetretene Veränderungen 1. Der zufällige Untergang 9
Gemäß § 56 Satz 1 ZVG trifft die Gefahr, dass das Grundstück durch Zufall untergeht, nach dem Zuschlag den Ersteher. Dieser Zeitpunkt tritt entweder mit der Verkündung des Zuschlags im Versteigerungstermin bzw. in einem später anberaumten Verkündungstermin ein25 oder, bei Versagung des Zuschlags, mit Zugang einer Entscheidung des Rechtsmittelgerichts, die der hiergegen gerichteten Beschwerde stattgibt. Im Gegensatz zu § 74 des Entwurfs trägt der Ersteher nicht die Gefahr jeglichen Untergangs, sondern nur die des zufälligen Untergangs. Wann ein solcher vorliegt, kann in Anlehnung an § 446 BGB a. F., auf den die Materialien Bezug nehmen,26 bestimmt werden. Danach ist der Untergang zufällig, wenn er weder vom Schuldner noch vom Ersteher herbeigeführt wird.27
22 Mat., 48; ebenso Motive, S. 181; Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 4; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 6. 23 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 4. Der dortige Vorschlag einer Anfechtung des Meistgebots wegen Irrtums ist angesichts der Berufung auf den Gewährleistungsausschluss inkonsequent, da er auch die Anfechtung nach § 119 BGB ausschließt. 24 Vgl. o. Rz. 4. 25 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 2. 26 Mat., S. 48. 27 Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 4; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 4; enger, nur auf das fehlende Verschulden des Erstehers abstellend Stöber, § 56 ZVG Rz. 2.1.
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2. Der vom Schuldner verursachte Untergang Praktisch keine Beachtung findet im Schrifttum der Fall, dass der Untergang vom Schuldner verursacht wird.28 Dies wird dem Wortlaut des Gesetzes nicht gerecht, der dem Ersteher – anders als § 74 des Entwurfs von 1889 – ausdrücklich nur die Gefahr des zufälligen Untergangs auferlegt. Der vom Schuldner herbeigeführte (zumindest teilweise) Untergang ist auch keineswegs rein theoretischer Natur, wird in der Presse doch immer wieder über Brandstiftungen, Gasexplosionen oder ähnliche Zerstörungsaktionen durch Vollstreckungsschuldner berichtet. Dieser vom Schuldner verursachte Untergang ist nicht anders zu beurteilen als vor dem in § 56 Satz 1 ZVG bestimmten Zeitpunkt. Denn auf den Ersteher geht nur die Gefahr des zufälligen Untergangs über. Der Ersteher muss also auch hier den Zuschlagsbeschluss anfechten. Versäumt er dies oder erfolgt der Untergang erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, geht die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses vor. Dies stellt den Erwerber jedoch nicht rechtlos, da er in dieser Zeit regelmäßig für Versicherungsschutz sorgen kann. Hingegen bleiben deliktische Ansprüche gegen den Schuldner häufig wertlos, da das Zwangsversteigerungsverfahren erfahrungsgemäß mit einem allgemeinen Vermögensverfall einhergeht.
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3. Die Verschlechterung des Grundstücks Für die Verschlechterung des Grundstücks gelten die oben ausgeführten Grundsätze. Die Gefahr der zufälligen Verschlechterung trägt der Ersteher. Nach hier vertretener Auffassung folgt dies aus § 56 Satz 1 ZVG: Hat er selbst die Gefahr des zufälligen Untergangs zu tragen, ist dies erst recht bei der zufälligen Verschlechterung der Fall. Die h. M. wird unter Berufung auf § 56 Satz 3 ZVG zum selben Ergebnis kommen. Hingegen hat der Ersteher die Gefahr einer vom Schuldner herbeigeführten Verschlechterung nicht zu tragen, wenn sie den Wert des Grundstücks herabsetzt bzw. – nach h. M. – auf einen zumindest teilweisen Untergang hinausläuft.
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4. Untergang und Verschlechterung der „übrigen Gegenstände“ Die Gefahr des zufälligen Untergangs bzw. der Verschlechterung sonstiger von der Beschlag- 12 nahme erfassten Gegenstände geht etwas früher als beim Grundstück selbst, bereits mit dem Schluss der Versteigerung auf den Ersteher über. Dies ist indessen wohl nur dann von Bedeutung, wenn das Vollstreckungsgericht für die Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag einen separaten Termin ansetzt. Noch relevanter als beim Grundstück selbst ist der Umstand, dass der Ersteher die Gefahr des vom Schuldner verursachten Untergangs „übriger Gegenstände“ nicht trägt. Denn hier kommt auch einer bloß fahrlässigen Herbeiführung des Untergangs praktische Bedeutung zu, wenn der Schuldner etwa einen Unfall mit dem Fahrzeug eines landwirtschaftlichen Betriebes verursacht.29 Allerdings gilt auch hier die Einschränkung, dass der Untergang Einfluss auf den Verkehrswert des Grundstücks haben bzw. – nach h. M. einem teilweisen Untergang gleichkommen muss.
IV. Die Aufhebung des Zuschlags Kaum diskutiert wird die in der Praxis allerdings wohl auch nur selten relevante Frage, wer die Gefahr von Untergang und Verschlechterung nach der Aufhebung des Zuschlags trägt. Dies
28 S. etwa Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2, wo nur vom Untergang die Rede ist. 29 Zum Einwand, dass diese nicht mehr der Versteigerung unterfallen (so Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 8) gilt das o. (Rz. 4 u. 8) Gesagte, wobei es noch inkonsequenter anmutet, dass der Ersteher für die Zeit zwischen Beginn und Zuschlag die Gefahr des zufälligen Untergangs dann wieder nicht tragen soll (so Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 8).
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§ 56 Rz. 13 Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung ist, da der Zuschlag rückwirkend aufgehoben wird, wiederum der Schuldner.30 Allerdings kann dieser vom Ersteher bei Verschulden nach § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz verlangen, da er sein Eigentum eben mit Rückwirkung zurückerhält.
C. Nutzungen und Lasten I. Nutzungen 14
Mit der Verkündung des Zuschlags im Versteigerungstermin oder durch Zustellung einer entsprechenden Entscheidung einer Rechtsmittelinstanz stehen dem Ersteher die Nutzungen des Grundstücks zu.31 Dies gilt auch für die „übrigen Gegenstände“ nach § 56 Satz 1 ZVG, etwa landwirtschaftliches Gerät. Der Tag des Zuschlags wird dabei voll gezählt, also ab 0.00 Uhr.32 Der Begriff der Nutzungen umfasst nach § 100 BGB die „Früchte“ in § 99 BGB und die Gebrauchsvorteile. Danach kann der Ersteher das Grundstück selbst nutzen, sofern nicht Verträge mit Dritten (etwa Mietern) entgegenstehen. Ferner stehen ihm die Rechtsfrüchte gemäß § 93 Abs. 3 BGB zu, insbesondere als Miete und Pacht sowie Betriebskostenvorauszahlungen aus bestehenden Verträgen über eine Gebrauchsüberlassung des Grundstück oder Teilen davon.33 Häufig zahlt der Mieter aber die Miete für den laufenden Monat noch an den Schuldner. Dies wirkt für den Monat, in dem der Mieter vom Erwerb Kenntnis erlangt, nach § 57b Abs. 1 Satz 1 ZVG i. V. m. § 566c BGB ab dem Zeitpunkt des Zuschlags nicht mehr gegen den Ersteher.34 Der Ersteher kann aber, soweit er das Mietverhältnis nicht belasten will, die Leistung an den Schuldner als Nichtberechtigten genehmigen und die Miete nach § 816 Abs. 2 BGB vom Voreigentümer herausverlangen.
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Daneben stehen dem neuen Eigentümer die Sachfrüchte zu, also nach § 99 Abs. 1 BGB die Erzeugnisse des Grundstücks und die sonstige Ausbeute, die dem Grundstück seiner Bestimmung gemäß entnommen wird, etwa geförderte Bodenschätze.35 Dies betrifft auch bereits getrennte Früchte, soweit sie der Beschlagnahme unterliegen.36 Kaum Erörterung findet die Frage, ob dem Ersteher auch Übermaßfrüchte, bei einer über die Bestimmung des Grundstücks hinausgehenden Ausbeutung (etwa bei Abholzung eines Nutzwaldes) zustehen. Dies ist zu bejahen, da er als Eigentümer auch eine übermäßige Nutzung des Grundstücks vornehmen kann. Hat er allerdings schon die ordnungsgemäß gezogenen Nutzungen nach Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses herauszugeben, gilt dies erst recht für Übermaßfrüchte. Der Schuldner kann dem Herausgabeanspruch nach § 102 BGB die Kosten für die Gewinnung der Früchte entgegenhalten, soweit sie ordnungsmäßiger Wirtschaft entsprachen und den Wert der Früchte nicht übersteigen.37
30 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 1. 31 OLG Celle, Urt. v. 27.1.1978 – 2 U 112/77, Rpfleger 1979, 32. 32 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 5; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 14; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 5; Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.1; Schmidberger, ZInsO 2008, 83, 88. 33 Motive, S. 267; BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, MDR 2008, 168 = MietRB 2008, 41 = Rpfleger 2008, 89, 90 = NJW-RR 2008, 323 Rz. 13; BGH, Beschl. v. 17.11.2011 – V ZB 34/11, MDR 2012, 139 = MietRB 2012, 72 = Rpfleger 2012, 274, 275 Rz. 13; OLG Celle, Urt. v. 27.1.1978 – 2 U 112/77, Rpfleger 1979, 32. 34 S. § 57b, Rz. 13. 35 Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 15; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 6; Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.3. 36 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 5. 37 Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.3.
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II. Lasten 1. Privatrechtliche Lasten Umgekehrt hat der Ersteher vom Zuschlag an die Lasten des Grundstücks zu tragen, wobei es wiederum nur auf Verkündung bzw. Zustellung des Beschlusses, nicht auf dessen Rechtskraft ankommt. Bei den privatrechtlichen Lasten handelt es sich vorrangig um eingetragene Rechte, die durch den Zuschlag nicht erlöschen. So hat der Ersteher die Zinsen aus einer übernommenen Grundschuld zu tragen.38 Gleiches gilt für Leistungen aus einer Reallast, die nach dem Zuschlag fällig wird.39 Dabei ist zu beachten, dass er sich auch bei Sicherungsgrundschulden mangels Rechtsnachfolge nicht ohne weiteres auf Einwendungen aus dem Sicherungsvertrag berufen kann, da dieser nur zwischen dem Voreigentümer und dem Grundpfandrechtsgläubiger wirkt.40 Daher muss sich ein Bietinteressent auf die Zahlung der zumeist weit über dem Darlehenszinssatz liegenden dinglichen Zins einstellen.41 Denkbar ist aber eine Abtretung der Rechte aus dem Sicherungsvertrag, die dem Grundpfandrechtsgläubiger dann entgegengehalten werden können. Der Ersteher ist bei bestehenbleibenden Dienstbarkeiten ferner neben der Duldung der dort festgelegten Grundstücksnutzung auch zu positiven Leistungen, etwa der Durchführung von Reparaturen nach § 1021 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet.42 Bei Reallasten hat der Ersteher die eingetragenen Leistungen zu erbringen, und zwar nach § 1108 Abs. 1 BGB persönlich.43 Dies gilt auch dann, wenn schuldrechtlich der Voreigentümer gleichfalls verpflichtet ist. Beide haften zwar dem Berechtigten nach § 421 BGB gesamtschuldnerisch.44 Im Innenverhältnis besteht aber kein Ausgleichsanspruch des Erstehers; er ist als Eigentümer vom Zuschlag an alleine zur Tragung der Reallasten verpflichtet.45 Wird aber der Schuldner vom Reallastberechtigten in Anspruch genommen, kann er Ausgleich vom Ersteher verlangen.46 Entsprechendes gilt für Kosten von Hausanschlüssen o. ä. aufgrund privatrechtlichen Vertrags.47 Alle diese Lasten hat der Ersteher nur insoweit zu tragen, als sie nach dem Zuschlag fällig wurden. So hat der Ersteher etwa rückständige Grundschuldzinsen nicht zu erbringen und ausstehende Pflichten aus einem Leibgeding nicht nachzuholen. Ersteht der Mieter das Grundstück, kann auch der Zwangsverwalter nach dem Zuschlag wegen § 56 Satz 2 ZVG keine Mietzahlungen mehr von ihm verlangen, für eine Klage auf Erstattung von Verwaltungskosten fehlt ihm die Prozessführungsbefugnis.48 Für die Zahlung der bis zum Zuschlag verauslagten Betriebskosten fehlt es an einer Anspruchsgrundlage, weshalb auch die frühere Praxis, eingezogene Mieten mit Unterdeckungen aus der Zeit vor dem Zuschlag zu verrechnen, nicht
38 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 5; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 17; Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.6; zur Höhe s. gleich u. bei Fn. 41. 39 BGH, Urt. v. 18.5.2017 – IX ZR 51/15, NJW-RR 2017, 1227 auch zum Verhältnis der Vorschrift zu § 426 Abs. 1 BGB. 40 Soergel/Konzen, BGB § 1191 Rz. 37; MünchKomm/Eickmann, § 1191 BGB Rz. 103. 41 LG Stuttgart, Urt. v. 19.3.2013 – 21 O 379/12, Rpfleger 2012, 469; MünchKomm/Eickmann, § 1191 BGB Rz. 103. 42 Für den Fall, dass keine Vereinbarung nach § 1021 BGB getroffen wurde, vgl. BGH, Urt. v. 17.2.2006 – V ZR 49/05, MDR 2006, 981 = NotBZ 2006, 168 = NJW 2006, 697. 43 Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.6; a.A. noch BGH, Urt. v. 25.2.1972 – V ZR 27/70, BGH, Urt. v. 25.2.1972 – V ZR 27/70, BGHZ 58, 191, 194 ff. 44 BGH, Urt. v. 25.2.1972 – V ZR 27/70, BGHZ 58, 191, 192; Urt. v. 8.7.1993 – IX ZR 222/92, BGHZ 123, 178, 181 = MDR 1993, 1242. 45 BGH, Urt. v. 8.7.1993 – IX ZR 222/92, BGHZ 123, 178, 181 f. = MDR 1993, 1242 = NJW 1993, 2617, 2619 = Rpfleger 1993, 503, 504 f.; Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.6. 46 Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.6. 47 Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.10. 48 BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 89/08, MDR 2009, 1068 = Rpfleger 2009, 635 f. = NJW-RR 2010, 214 f.
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§ 56 Rz. 16 Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung fortgesetzt werden kann.49 Abweichende Vereinbarungen sind auch dann unwirksam, wenn sie zu Unrecht in das Grundbuch eingetragen wurden. Denn § 56 Abs. 2 ZVG stellt zwingendes Recht dar.50 17
Für Versicherungen wie Brand- und Leitungswasserversicherungen trifft § 73 ZVG eine Sonderregelung, wonach §§ 95 ff. VVG, die die rechtsgeschäftliche Veräußerung betreffen, auch auf die Zwangsversteigerung Anwendung finden.51 Demzufolge tritt der Ersteher gemäß §§ 99, 95 Abs. 1 VVG an die Stelle des Schuldners ein. Er ist also zur Prämienzahlung verpflichtet und haftet nach § 95 Abs. 2 VVG neben dem Voreigentümer gesamtschuldnerisch auch für Rückstände für die bei Erteilung laufende Versicherungsperiode, hat aber andererseits aus § 95 Abs. 1 VVG auch eigene Ansprüche auf Versicherungsleistungen. Nach § 95 Abs. 2 VVG kommt dem Ersteher aber das Recht zu, die Versicherung mit sofortiger Wirkung zu kündigen. Dieses Recht bleibt dem Ersteher nach § 95 Abs. 2 Satz 2 VVG einen Monat ab Kenntnis vom Bestehen einer Versicherung erhalten. 2. Öffentlich-rechtliche Lasten
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Auch öffentlich-rechtliche Lasten schuldet der Ersteher nur insoweit, als sie nach dem Zuschlag entstanden. So hat er etwa die Grundsteuer, Müll-, Abwasser- und Straßenreinigungsgebühren etc. ab dem Zuschlag zu entrichten, nicht aber Rückstände des Schuldners.52 Dies gilt auch dann, wenn die Lasten bis zum Versteigerungstermin nicht angemeldet werden konnten, weil etwa der Grundsteuermessbetrag bis dahin vom Finanzamt noch nicht festgesetzt worden war.53 Ähnliches gilt für einmalige Beiträge. Fällig werden öffentlich-rechtliche Lasten frühestens mit Inkrafttreten einer entsprechenden Satzung.54 Sofern etwa Erschließungskosten oder Beiträge zum Flurbereinigungsverfahren noch nicht erhoben wurden, hat sie der Ersteher zu entrichten.55 Auch hier haftet er aber nicht für bereits zuvor fällige, aber nicht entrichtete Beiträge.56 Streitig ist die Behandlung von Baulasten. Nach überwiegender Auffassung wirkt eine auf dem Grundstück ruhende Baulast auch gegen den Ersteher, da die Baulast als öffentlich dingliches Recht gegenüber jedem Rechtsnachfolger wirkt und damit von der Zwangsversteigerung unberührt bleibt.57 Nach anderer Auffassung soll die Baulast nur bestehen bleiben, wenn sie vor dem Recht entstanden ist, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben wird.58
49 BGH, Beschl. v. 17.11.2011 – V ZB 34/11, MDR 2012, 139 = MietRB 2012, 72 = Rpfleger 2012, 274, 275 Rz. 13 ff. (auch zur Ablehnung einer analogen Anwendung von § 670 BGB). 50 BGH, Beschl. v. 27.6.1985 – VII ZB 16/84, BGHZ 95, 118, 121 f.; BGH, Beschl. v. 22.1.1987 – V ZB 3/86, BGHZ 99, 358 ff. = MDR 1987, 485. 51 Böttcher, § 56 ZVG Rz. 10; Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.9. 52 BVerwG, Urt. v. 7.9.1984 – 8 C 30/82, NJW 1985, 756 f.; BVerwG, Urt. v. 14.8.1992 – 8 C 15/90, NJW 1993, 871 f. = Rpfleger 1992, 443; Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 5; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 17; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 5 u. 8/9; Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.5. 53 BVerwG, Urt. v. 14.8.1992 – 8 C 15/90, NJW 1993, 871 f. = Rpfleger 1992, 443; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 8; Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.5. 54 OVG Greifswald, Urt. v. 27.4.2018 – 1 L 498/16 Rz. 8 (zit. nach juris). 55 Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.7. 56 Böttcher, § 56 ZVG Rz. 8; Stöber, § 56 ZVG Rz. 3.5. 57 BVerwG, Beschl. v. 29.10.1992 – 4 B 218/92, MDR 1993, 539 = Rpfleger 1993, 208 f.; OVG Hamburg, Urt. v. 12.11.1992 – OVG Bf II 29/91, MDR 1993, 762 = Rpfleger 1993, 209; a.A. Böttcher, § 56 ZVG Rz. 7. 58 Böttcher, § 56 ZVG Rz. 7.
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Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung
Rz. 19 § 56
III. Kosten und Lasten des Wohnungseigentums 1. Die Gesetzeslage Diese Grundsätze sind auch bei der Versteigerung von Wohnungseigentum anzuwenden. Der 19 Ersteher kann dessen Nutzungen erst ab dem Zuschlag ziehen, hat dessen Lasten erst ab diesen Zeitpunkt zu tragen. Ersteres ist nahezu selbstverständlich. So ist etwa der Mieter von Wohnungs- und Teileigentum erst mit dem Zuschlag zur Zahlung der Miete an den Ersteher verpflichtet. Größere Probleme bereitet die Lastentragung, auch wenn hier grundsätzlich nichts anderes gilt als bei sonstigem Immobiliareigentum. Die Beiträge an die Gemeinschaft, etwa Vorschüsse nach § 28 Abs. 2 WEG, Nachzahlungen aus Jahresabrechnungen oder Sonderumlagen sind privatrechtliche Lasten, die der Ersteher erst ab dem Zuschlag zu tragen hat. Allerdings ist hier nicht maßgeblich, wann die Verbindlichkeiten begründet, sondern wann sie fällig wurden.59 So hat der Ersteher grundsätzlich nicht für rückständige Vorschüsse des Schuldners nach § 28 Abs. 2 WEG einzustehen, die vor dem Zuschlag fällig wurden.60 Wenn sie nochmals in die Jahresabrechnung eingestellt werden, soll diese Ausweisung grundsätzlich nur der Nachvollziehbarkeit der Abrechnung dienen.61 Anderenfalls ist eine nochmalige Einstellung der Rückstände aus Vorjahren in die aktuelle Jahresabrechnung nichtig.62 Hat der Voreigentümer mehr Energie oder Wasser o. ä. verbraucht, als durch seine Vorschüsse nach § 28 Abs. 2 WEG gedeckt wurde, entstanden die Mehrkosten noch vor dem Zuschlag. Wird aber die Jahresabrechnung erst nach dem Zuschlag beschlossen, so wird die Nachzahlung erst zu diesem Zeitpunkt fällig. Für diese Nachzahlung, die so genannte Abrechnungsspitze, ist also der Ersteher heranzuziehen.63 Ähnliches gilt für Sonderumlagen. Auch hier kommt es nicht darauf an, wann der zusätzliche Finanzbedarf begründet wurde. Maßgeblich ist der Zeitpunkt ihrer Fälligstellung, nicht ihrer Beschlussfassung.64 Wird die Sonderumlage erst nach dem Zuschlag fällig, so ist sie vom Ersteher zu entrichten, auch wenn die Unterdeckung im gemeinschaftlichen Finanzwesen bereits früher auftrat. Dies gilt auch für Liquiditätsengpässe, die gerade durch den Schuldner hervorgerufen wurden65 Umgekehrt kommen Überzahlungen aus den Vorschüssen dem Ersteher zugute, wenn sie erst nach dem Zuschlag abgerechnet werden. Schon beim rechtsgeschäftlichen Erwerb bestehen ohne vertragliche Abreden auch im Innenverhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber keine Ausgleichsansprüche. Dies gilt erst recht im Verhältnis zwischen Schuldner und Ersteher, die überhaupt nicht durch rechtsgeschäftliche Beziehungen verbunden sind, weshalb der Verwalter auch nicht zur Ausweisung der auf Schuldner und Ersteher entfallenden Beträge verpflichtet ist.66 Sofern die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung oder eine Sonderumlage aber missbräuchlich verzögert wurde, um einen liquiden Schuldner heranziehen zu können, kann dies die Anfechtbarkeit des Beschlus59 BGH, Beschl. v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, BGHZ 104, 197, 201 = MDR 1988, 765; BGH, Beschl. v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 299 = MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = Rpfleger 2000, 78, 79; LG Saarbrücken, Urt. v. 27.5.2009 – 5 S 26/08, ZMR 2009, 877 = NJW-RR 2009, 1167 f. 60 BGH, Urteil v. 15.12.2017 – V ZR 257/16, ZMR 2018, 527 = WuM 2018, 240. 61 BGH, Beschl. v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 298 ff. = MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = Rpfleger 2000, 78 ff.; zur ausdrücklichen Einstellung zwecks Neubegründung einer Forderung gegen den Ersteher s. gleich u. m. Fn. 62. 62 BGH Urt. v. 9.3.2012 – V ZR 147/11, ZMR 2012, 642. 63 BGH, Beschl. v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, BGHZ 104, 197, 201 ff. = MDR 1988, 765; a.A. noch BGH, Beschl. v. 27.6.1985 – VII ZB 16/84, BGHZ 95, 118, 121 u. ähnlich BayObLG, Beschl. v. 4.10.1984 – 2 Z 117/83, Rpfleger, 1985, 111, wonach die Einzelabrechnungen die auf jeden Eigentümer entfallenden Posten getrennt ausweisen soll. 64 BGH, Urt. v. 15.12.2017 – V ZR 257/16, ZMR 2018, 527 = WuM 2018, 240; OLG Hamm, Beschl. v. 7.3.1996 – 15 W 440/95, NJW-RR 1996, 911, 912; LG Saarbrücken, Urt. v. 27.5.2009 – 5 S 26/08, ZMR 2009, 877. 65 KG, Beschl. v. 2.12.2002 – 24 W 92/02, NJW-RR 2003, 443, 444. 66 Jetzt wohl auch Stöber, § 56 ZVG Rz. 5.2.
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§ 56 Rz. 19 Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung ses begründen.67 Da der Ersteher ab dem Zuschlag zur Leistung der Beiträge verpflichtet ist, haftet er aber mittelbar in Höhe seines Anteils für Rückstände seines Voreigentümers mit. Ist etwa aufgrund der von ihm nicht erbrachten Beiträge eine Sonderumlage erforderlich, muss sich auch der Ersteher in Höhe seines Kostenanteils auch an diesen Beiträgen beteiligen. 2. Abweichende Regelungen 20
Abweichende Regelungen können selbst durch Vereinbarung nicht getroffen werden, da § 56 Satz 2 ZVG zwingendes Recht darstellt. Soweit die Teilungserklärung die gesamtschuldnerische Haftung von Erwerber und Voreigentümer festschreibt, ist dies dahingehend auszulegen, dass nur der rechtsgeschäftliche Erwerb gemeint ist.68 Soweit die Teilungserklärung ausdrücklich auch die Haftung des Erstehers in der Zwangsversteigerung für Rückstände des Voreigentümers vorsieht, ist sie insoweit nichtig.69 Schon nach altem Recht umstritten war die Einstellung von Fehlbeträgen aus Vorjahren in die neue Einzelabrechnung. Kann durch die nochmalige Ausweisung eine neue Forderung begründet werden, würde dies ermöglichen, die Erwerberhaftung auf Umwegen wieder einzuführen. Aus der neuen Rechtsprechung des BGH ergibt sich aber die Unzulässigkeit von Sonderbelastungen einzelner Wohnungseigentümer. Deshalb ist die Einstellung von Fehlbeträgen aus Vorjahren in die Jahresabrechnung nichtig.70
D. Gewährleistung I. Die Beziehungen zwischen Schuldner und Ersteher 21
Durch § 56 Satz 3 ZVG werden Gewährleistungsansprüche des Erstehers gegen den Schuldner – und erst recht gegen das Vollstreckungsgericht, das das Eigentum nur durch Hoheitsakt, nicht kraft Vertrages überträgt – ausgeschlossen.71 Damit begründet auch die Enttäuschung berechtigter Vorstellungen des Erstehers über das Grundstück, anders als beim Kaufvertrag, keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Erwerbs oder Minderung des Meistgebots. Dies schließt eine Anfechtung des Zuschlags wegen der tatsächlichen Veränderung des Grundstücks nach Festsetzung des Verkehrswerts nach hier vertretener Auffassung nicht aus, da dieser Fall in § 56 Satz 1 ZVG, nicht in § 56 Satz 3 ZVG geregelt ist. Auch die Rechte des Erstehers in seiner Eigenschaft als Grundpfandrechtsgläubiger werden nicht berührt. Insoweit bleiben ihm Ansprüche wegen schuldhafter Verschlechterung des Grundstücks erhalten, die sein Grundpfandrecht verletzen.72 Auch der Zessionar nach § 81 Abs. 2 ZVG ist von § 56 Satz 3 ZVG nicht betroffen; ihm können Gewährleistungsansprüche gegen den Meistbietenden zustehen.73 Schließlich kann in dem Fall, da der Schuldner oder ein Gläubiger eine ausdrückliche Garantie für bestimmte Beschaffenheit des Grundstücks abgibt, insoweit ein Ersatzanspruch existieren.74 Soweit die Gewährleistung ausgeschlossen ist, schneidet dies wie im Kaufrecht auch andere rechtliche Möglichkeiten ab, die wirtschaftlich zu demselben Ergebnis führen, etwa die Anfechtung des Gebots nach § 119 BGB wegen Irrtums über wesentliche Eigenschaften der Sa-
67 Vgl. BGH, Beschl. v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, BGHZ 104, 197, 204 = MDR 1988, 765. 68 BGH, Beschl. v. 13.10.1983 – VII ZB 4/83, BGHZ 88, 302, 307 f. = MDR 1984, 222. 69 BGH, Beschl. v. 22.1.1987 – V ZB 3/86, BGHZ 99, 358, 361 f. = MDR 1987, 485; OLG Hamm, Beschl. v. 7.3.1996 – 15 W 440/95, NJW-RR 1996, 911. 70 BGH v. 9.3.2012 – V ZR 147/11, ZMR 2012, 642. 71 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 6. 72 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 6; Stöber, § 56 ZVG Rz. 4.2. 73 Stöber, § 56 ZVG Rz. 4.2. 74 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 6; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 19.
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Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung
Rz. 22 § 56
che.75 Gleiches gilt grundsätzlich für Irrtümer über die Versteigerungsbedingungen, sofern sie nicht durch das Vollstreckungsgericht hervorgerufen wurden.76 Hingegen wird die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bisweilen für möglich befunden.77 Dies entspräche zwar dem Kaufrecht, dürfte aber an der insoweit fehlenden Parallelität zwischen Kauf und Erwerb in der Zwangsversteigerung scheitern. Denn beim Kauf ist die Anfechtung nach § 123 Abs. 2 BGB auf solche arglistigen Täuschungen beschränkt, die vom Vertragspartner begangen oder ihm zumindest bekannt gewesen sein muss. Da der Eigentumsübergang hier aber durch Hoheitsakt erfolgt, fehlt es von vorneherein an einem Vertragspartner, der die Täuschung begehen könnte. Es dürfte auch nicht angehen, den Schuldner an seine Stelle zu setzen. Denn dann müsste er das Gutachten auf Fehler überprüfen und diese gar gerichtsbekannt machen, da er sie zumindest hätte kennen müssen. Dies dürfte die Anforderungen an den Vollstreckungsschuldner überspannen.78 Der Ersteher ist auch ohne Möglichkeit zur Anfechtung nach § 123 BGB nicht rechtlos gestellt. Denn er kann bei Fehlern des Sachverständigen von diesem nach § 839a BGB den Ersatz eventueller Schäden verlangen, selbst wenn die falsche Begutachtung nur auf Fahrlässigkeit beruht. Bei einem Verhalten, das auf eine Täuschung durch das Vollstreckungsgericht hinausläuft bestehen Schadensersatzansprüche aus § 839 BGB.
II. Die Beziehungen zwischen Ersteher und Dritten Ficht der Ersteher den Zuschlagsbeschluss nicht an, tritt er insoweit in die Rechte des Voreigentümers ein. Für Schäden, die durch eine Versicherung abgedeckt sind, bestimmen dies schon §§ 99, 95 Abs. 1 VVG, so dass er von dieser Ersatz verlangen kann.79 Sofern er das Grundstück zu einem günstigen Meistgebot zugeschlagen erhält, kann dies sogar wirtschaftlich günstiger sein als die Anfechtung des Zuschlagsbeschlusses. Ähnliches gilt für das Flurbereinigungsverfahren, wenn ein anderes Grundstück an die Stelle des versteigerten tritt. Dann tritt dieses an die Stelle des zugeschlagenen.80 Nichts anderes kann aber bei einem Entschädigungsbetrag in Geld gelten, da auch dieser nur an die Stelle des zugeschlagenen Grundstücks tritt.81 Man wird nicht ernsthaft die Auffassung vertreten können, die enteignende Gebietskörperschaft schulde keine Entschädigung, da das Grundstück, auf das sich der Zuschlag beziehe, untergegangen sei.82 Komplizierter ist die Rechtslage bei sonstigen Ansprüchen gegen Dritte, etwa aus §§ 823 ff. BGB wegen der Beschädigung des Grundstücks. Diese sind nur nach dem Zuschlag unproblematisch zu bejahen, da der Ersteher dann schon Eigentümer war und folglich in seinen Rechtsgütern verletzt wurde.83 Erfolgte die Schädigung vor diesem Zeitpunkt, wurde noch der Schuldner in seinem Rechtsgut Eigentum verletzt. Hier dürfte aber der klassische Fall einer Drittschadensliquidation gegeben sein: Der Ersteher hat keinen Anspruch, der Voreigentümer aber keinen Schaden mehr, was den Schädiger nicht entlasten darf. Denn ihm darf die aus anderen Gründen erfolgende Verlagerung der Gefahr nicht zugute kommen.
75 BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 44/07, MDR 2008, 168 = Rpfleger 2008, 92; BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, MDR 2011, 69 = Rpfleger 2011, 173; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 12; a.A. noch LG Frankfurt/M., Beschl. v. 29.11.1988 – 2/9 T 1149/88, Rpfleger 1989, 296, 297; Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 4; zur allgemein für möglich befundenen Anfechtung wegen sonstiger Irrtümer s. § 77 Rz. 4. 76 BGH, Beschl. v. 19.7.2012 – V ZB 265/11, MDR 2012, 1119 = Rpfleger 2012, 704 Rz. 9. 77 Zuletzt Schmidberger, ZInsO 2008, 83, 88. 78 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 6. 79 Im Ergebnis ebenso Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 7. 80 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2. 81 Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 7. 82 So aber Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2. 83 Jaeckel/Güthe, § 56 ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 7.
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§ 56 Rz. 23 Gefahrübergang, Nutzungen und Lasten, Gewährleistung
E. Abweichende Regelungen 23
Die Regelungen des § 59 ZVG stellen gesetzliche Versteigerungsbedingungen dar. Sie können mithin durch abweichende Versteigerungsbedingungen nach § 59 ZVG modifiziert werden.84
§ 57 [Miete und Pacht] Ist das Grundstück einem Mieter oder Pächter überlassen, so finden die Vorschriften der §§ 566, 566a, 566b Abs. 1, §§ 566c und 566d des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Maßgabe der §§ 57a und 57b entsprechende Anwendung. Rz. A. Grundgedanke und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen des Übergangs von Mietverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . I. Miet- oder Pachtvertrag . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung von anderen Rechtsverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gemischte Verträge und Mehrheit von Vertragsverhältnissen . . . . . . . . . . 3. Wirksamkeit des Miet- oder Pachtvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fortbestehen des Miet- oder Pachtverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gegenstand der Miete oder Pacht . . . . . 1. Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Verweis auf die Regelungen zur Wohnraummiete . . . . . . . . . . . . . . . III. Identität von Eigentümer und Vermieter 1. Voraussetzungen der Identität von Vermieter und Eigentümer . . . . . . . . . 2. Der Zeitpunkt der Identität von Eigentümer- und Vermieterstellung . . . . . . . 3. Das Auseinanderfallen von Eigentümerund Vermieterstellung . . . . . . . . . . . . 4. Sonstige Eigentümermehrheiten . . . . . . 5. Vermietung auf fremde Rechnung . . . . . 6. Mietverträge zwischen den Eigentümern IV. Die Überlassung der Mietsache . . . . . . 1. Vollzug der Gebrauchsüberlassung . . . . 2. Begriff der Überlassung . . . . . . . . . . . 3. Mängel der Überlassung . . . . . . . . . . . 4. Fortbestehen der Überlassung . . . . . . . C. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rz. II. Ausübung von Kündigungs- und Anfechtungsrechten . . . . . . . . . . . . . 1. Bestehende, aber noch nicht ausgeübte Kündigungs- und Anfechtungsrechte . . . 2. Vor dem Zuschlag ausgeübte Kündigungs- und Anfechtungsrechte . . . . . . . III. Aufhebungs- und Abänderungsverträge . IV. Kein Übergang persönlicher Ansprüche des Schuldners und gegen den Schuldner V. Beschränkung auf typisch mietvertragliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechte und Pflichten gegenüber Dritten . 2. Rechte und Pflichten der Mietvertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Der Eintritt in die Pflichten des Mietvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Aufhebung des Zuschlags . . . . . . . I. Die Zahlung des Mietzinses . . . . . . . . . II. Die Wirkung von Kündigungen und sonstigen Gestaltungserklärungen . . . . . 1. Kündigungen des Vermieters . . . . . . . . 2. Mieterhöhungen des Vermieters . . . . . . 3. Die Kündigung des Mieters . . . . . . . . . 4. Gestaltungserklärungen des Voreigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abänderungsverträge und Verfügungen . 1. Rechtsgeschäfte mit dem Mieter zur Zeit des Zuschlags . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Neuvermietung . . . . . . . . . . . . . . E. Die Fortdauer von Rechten und Pflichten aus dem Mietvertrag gegenüber dem Schuldner . . . . . . . . . I. Vor dem Zuschlag fällig gewordene Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . .
84 Steiner/Teufel, § 56 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 56 ZVG Rz. 5.
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Miete und Pacht
Rz. 1 § 57
Rz. II. Die bürgengleiche Haftung nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 Abs. 2 BGB . . . . III. Die Haftung für die Kaution nach § 566a Satz 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . F. Die Abdingbarkeit der § 57 ZVG, § 566 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Die Kaution (§ 57 ZVG i.V.m. §§ 566 BGB, 566a BGB) . . . . . . . . . . . I. Der Zweck der Regelung . . . . . . . . . . . II. Die Anwendbarkeit von § 566a BGB beim Erwerb in der Zwangsversteigerung 1. Fortgeltung von § 572 BGB a.F. . . . . . . 2. Die gegenständliche Beschränkung auf Mietsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Eintritt in Rechte und Pflichten nach § 566 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Leistung der Sicherheit . . . . . . . . .
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III. 1. 2. IV. H. I.
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II. III. IV.
54 V. 55 56
Die Folgen des Zuschlags . . . . . . . . Rückgewährpflicht des Erstehers . . . . Subsidiäre Haftung des Schuldners . . Abweichende vertragliche Regelungen Die Rechtsbeziehungen zu anderen Beteiligten (Schuldner und Dritten) Die Bedeutung der Beziehungen zu Schuldner und Dritten . . . . . . . . . . Die Beziehungen zwischen Schuldner und Ersteher . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beziehungen zwischen Schuldner und Mieter . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beziehungen zwischen Schuldner und Dritten, etwa Bürgen . . . . . . . . Die Beziehungen zwischen Ersteher und Dritten, etwa Bürgen . . . . . . . .
. . . .
. . . .
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. . 60 . . 60 . . 61 . . 64 . . 65 . . 66
Literatur: Berger, Barkaution des Mieters in Zwangsverwaltung und Insolvenz, ZfIR 2010, 221; Buchinger/Kirschner, Schicksal von Mietverhältnissen im Rahmen von Erwerbsvorgängen, ZfIR 2017, 377; Burbulla/Grooterhorst, Zur Anwendbarkeit von § 566 BGB bei Vermietung durch Nichteigentümer, NZM 2006, 246 ff.; Derleder, Der „mitgekaufte“ Mieter, NJW 2008, 1189 ff.; Dötsch, Der „Baukostenzuschuss“ und sonstige Mietvorauszahlungen in Veräußerungskonstellationen, NZM 2012, 296 ff.; Engels, Anm. zu BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, Rpfleger 2008, 91 f.; Flatow, Räumungstitel gegen Mieter im zwangsverwalteten Objekt: Klauselerteilung für Ersteher des Grundstücks in der Zwangsversteigerung, WuM 2012, 599; Gsell, Räumungsklagen bei Eigentümer- und Vermieterwechsel, WuM 2012, 411; Jacoby, Kaution bei Eigentümerwechsel, Zwangsverwaltung und Insolvenz, ZMR 2015, 1; Klawikowski, Die Auswirkungen der Grundstücksversteigerung auf Miet- und Pachtverhältnisse, Rpfleger 1997, 418 ff.; ders., Probleme des Erstehers nach der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2014, 236; Leo, Die bürgengleiche Schadenshaftung des Vermieters im Veräußerungsfalle, NZM 2006, 244 f.; Liebl-Wachsmuth, Rechtsverhältnisse über Miet- und Pachtvertragsurkunden nach einer Grundstücksversteigerung, ZMR 1984, 145 ff.; Mayer, Besitzergreifung nach Ersteigerung, DWE 2014, 94; Neumann, Der Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis nach § 566 Abs. 1 BGB – eine Identitätsfrage, WuM 2010, 659; Rips, Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach kollusivem Zusammenwirken gegen Herausgabeanspruch des Eigentümers bei Zwangsversteigerung des unentgeltlich überlassenen Wohnraums, jurisPR-MietrR 7/2005, Anm. 2; Schmidberger, Ersteheransprüche aus Nebenkostenabrechnung, ZInsO 2008, 83 ff.; ders., Die „verlängerte“ Zwangsverwaltung, NZI 2017, 479.
A. Grundgedanke und Anwendungsbereich Die im ersten Entwurf von 1889 noch nicht enthaltene Vorschrift sollte die Stellung des Mieters nach dem Zuschlag1 an die im Kaufrecht angleichen. Wie dort bestand ohne Sonderregelung das Problem, dass dem Mieter mit dem Eigentumsübergang nur schuldrechtliche Ansprüche gegen den früheren Eigentümer zugestanden hätten, an die der Ersteher nicht gebunden wäre. § 57 ZVG will diese Schwäche in der Rechtsposition des Mieters beseitigen, ohne den Ersteher zum Rechtsnachfolger des Schuldners zu machen. Daraus resultiert die eigentümliche Konstruktion des gesetzlichen Eintritts in den bestehenden Mietvertrag. § 57 ZVG wird durch § 93 Satz 2 ZVG ergänzt, der die Räumung ausschließt, wenn sich der Besitz auf ein nicht erloschenes Recht (etwa den fortbestehenden Mietvertrag) stützt. Allerdings 1 Auf die Rechtskraft des Beschlusses kommt es nicht an, s. zuletzt BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, MDR 2008, 168 = MietRB 2008, 41 = Rpfleger 2008, 89, 90 = NJW-RR 2008, 323 Rz. 12.
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§ 57 Rz. 1 Miete und Pacht wollte bereits der Entwurf von 1896 die Verwertung des vermieteten Grundstücks nicht durch Beibehaltung langfristiger Mietverhältnisse erschweren und sah deshalb ursprünglich in den Sätzen 2 und 3 (nunmehr § 57a ZVG) ein Sonderkündigungsrecht vor.2 § 57 ZVG ist sowohl in der Vollstreckungs- als auch in der Teilungsversteigerung anwendbar. Über § 11 ErbbauVO finden §§ 57-57b ZVG auch auf die Versteigerung eines Erbbaurechts Anwendung.3 Abgesehen davon, dass die vorwiegend auf Umnummerierungen beschränkten Änderungen des Mietrechts Berücksichtigung fanden, ist die Vorschrift seit 1915 unverändert.
B. Voraussetzungen des Übergangs von Mietverhältnissen I. Miet- oder Pachtvertrag 1. Abgrenzung von anderen Rechtsverhältnissen 2
Der Übergang von Rechten und Pflichten nach § 57 ZVG i. V. m. § 566 BGB setzt zunächst voraus, dass ein Mietvertrag besteht. Für Pachtverträge gelten die folgenden Ausführungen stets sinngemäß, da § 57 ZVG den Pächter ohne Unterschied neben dem Mieter nennt.4 § 57 ZVG ist auch anwendbar, wenn der Mieter zugleich Schuldner des Zwangsversteigerungsverfahrens ist.5 Dieses Erfordernis schließt zunächst die Anwendung von § 57 ZVG i. V. m. § 566 BGB auf andere Rechtsverhältnisse, aufgrund derer berechtigter Besitz bestand, aus. Dies gilt zum einen für schuldrechtliche Beziehungen. So kann der Entleiher die Fortdauer seines Besitzrechtes nicht auf diese Vorschriften stützen,6 ebenso wenig der die Räume aufgrund eines Vermächtnisses Nutzende.7 Auch dingliche Nutzungsrechte unterfallen nicht § 57 ZVG.8 Sofern sie nicht bestehenbleiben, gehen die Rechte und Pflichten hieraus nicht nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB auf den Ersteher über.9 Wurde aber neben dem Wohnrecht auch ein Mietvertrag geschlossen, sind beide grundsätzlich voneinander unabhängig, sofern nicht ausnahmsweise das Wohnrecht vom Bestand des Mietvertrages abhängig gemacht wurde.10 Auf den Mietvertrag ist daher § 57 ZVG anwendbar.11 Umgekehrt kann der Eigentümer von einem dinglich Wohnberechtigten ohne Mietvertrag nicht aufgrund sonstiger Abreden mit dem Voreigentümer ein Entgelt verlangen. Er kann sich aber dessen Ansprüche aber abtreten lassen.12 Hingegen ist gleichgültig, wie der Mietvertrag zustande kam. Ein nach früherem Recht durch den Richter nach der Hausratsverordnung begründeter Zwangsvertrag genügt.13 Gleiches gilt jetzt für den Eintritt in den Mietvertrag nach §§ 1361b, 1568a BGB begründeten Mietvertrag. 2 S. Mat., S. 48. 3 Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.15. 4 S. etwa BGH, Urt. v. 21.9.1965 – V ZR 65/63, NJW 1965, 2198; so im Ergebnis auch Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.10, was dort aber wohl unzutreffend mit einem Verweis auf § 581 Abs. 2 BGB begründet wird, auf den § 57 ZVG gerade nicht verweist; vgl. zu dieser Problematik bei Wohnraummietverhältnissen u. Rz. 9. 5 OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 4.11.2016 – 13 U 111/16, Rpfleger 2017, 355. 6 Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.4; ähnlich für sonstige Gefälligkeitsverhältnisse (Überlassung einer Wohnung an den Ehepartner für die Zeit des Getrenntlebens) BGH, Urt. v. 8.1.1964 – V ZR 93/63, NJW 1964, 765, 766. 7 Rips, jurisPR – MietrR 7/2005, Anm. 2. 8 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 2; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.13. 9 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 13; zur Anwendbarkeit der §§ 57 ff. ZVG auf den Mieter des dinglich Nutzungsberechtigten s. aber u. Fn. 10. 10 BGH, Urt. v. 13.11.1998 – V ZR 29/98, MDR 1999, 218 = NJW-RR 1999, 376 f. 11 Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 3; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.13. 12 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 15; vgl. allg. Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 566 BGB Rz. 62; a.A. Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 5. 13 BayObLG, Beschl. v. 28.8.1973 – 3 Z 23/73, NJW 1973, 2299; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 13; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.3.
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Miete und Pacht
Rz. 4 § 57
Auch Verträge durch den Schuldner sind grundsätzlich ausreichend, selbst wenn sie nach der Beschlagnahme geschlossen wurden. In diesem Fall müssen sie sich aber im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung nach § 24 ZVG halten, ansonsten ist er dem Ersteher gegenüber unwirksam.14 Daher kann es sich für den Gläubiger, auch wenn er nur das Grundstück verwerten will, durchaus empfehlen, neben der Zwangsversteigerung die Anordnung der Zwangsverwaltung zu beantragen, da der Schuldner dann keine Mietverträge mehr eingehen kann.15 Ebenso gehen vom Zwangsverwalter geschlossene Verträge auf den Ersteher über.16 Es ist ferner, gerade bei Verträgen mit Familienangehörigen zu prüfen, ob der Mieter seine Rechtsposition durch ein wegen Gläubigerbenachteiligung anfechtbares Rechtsgeschäft erlangt hat. In diesem Falle kann der Ersteher diesen jedenfalls durch Kündigung nach § 57a ZVG, § 573d Abs. 2 BGB beenden.17 Ist Zwangsverwaltung angeordnet, tritt der Zwangsverwalter an Stelle des Schuldners. 2. Gemischte Verträge und Mehrheit von Vertragsverhältnissen Besondere Schwierigkeiten bereitet sowohl dogmatisch als auch praktisch die Behandlung gemischter Verträge, also solcher, die neben dem miet- oder pachtvertraglichen weitere Elemente entweder nicht grundstücksbezogener Miete oder anderer Vertragstypen beinhalten. Sofern das mietvertragliche Element überwiegt, finden § 57 ZVG, § 566 BGB zwar Anwendung, u.U. aber nicht auf die nicht typisch mietvertraglichen Regelungen.18 Soweit dagegen Elemente anderer Vertragstypen überwiegen, geht der Vertrag insgesamt nicht auf den Ersteher über. Dies wird überwiegend bei der Vermietung möblierter Zimmer angenommen, bei der die Vermietung beweglicher Sachen überwiegt,19 an denen der Ersteher in der Regel mit dem Zuschlag kein Eigentum erwirbt. Gleiches gilt für die zunehmende praktische Bedeutung gewinnenden Altenheimverträge, wo der Schwerpunkt in der persönlichen Pflege zu sehen ist.20 Ist allerdings Wohnungseigentum begründet und schreibt dies etwa die Nutzung als Seniorenresidenz o.ä. vor, ist auch der Ersteher an eine grundbuchlich gewahrte Einschränkung des Nutzungszwecks gebunden. Die Abgrenzung zwischen Noch – Mietverträgen, die nach § 57 ZVG, § 566 BGB fortbestehen, und gemischten Verträgen anderen Inhalts kann erhebliche Schwierigkeiten bereiten und ist naturgemäß mit erheblicher Rechtsunsicherheit verbunden.
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Zudem kann die Unanwendbarkeit von § 57 ZVG in jedem Fall, unabhängig von gänzlichem oder nur teilweisen Ausschluss von § 57 ZVG, zu erheblichen Problemen insbesondere bei der Versteigerung von Wohnungseigentum führen, etwa bei Kapitalanlagemodellen. Wurde etwa eine Liegenschaft aufgeteilt und an Kapitalanleger veräußert, die zur Minimierung des Leerstandsrisikos einem Mietpool beitraten, muss der Ersteher in derartige Verträge nicht eintreten. Er kann also die zugeschlagene Wohnung selbst vermieten. Dies kann zu erheblichen Verwerfungen bei der Verwaltung der restlichen Wohnungen führen, da das Leerstandsrisiko und die Verwaltungskosten für die gesamte Liegenschaft kalkuliert wurden. Dem kann anders als für den rechtsgeschäftlichen Erwerb auch durch die vertragliche Gestaltung beim Erstverkauf nicht vorgebeugt werden. Während dort dem Erwerber etwa die Verpflichtung zur „Weitergabe“ der Vertragsbeziehungen auferlegt und somit zumindest sekundäre Ansprüche auf Scha-
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14 LG Kassel, Urt. v. 6.7.1989 – 1 S 283/89, NJW-RR 1990, 976, 977; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 23; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 2; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.3. 15 Böttcher, ZfIR 2012, 140. 16 BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, MDR 2008, 168 = MietRB 2008, 41 = Rpfleger 2008, 89, 90 = NJW-RR 2008, 323, Rz. 13. 17 BGH, Urt. v. 16.1.2008 – VIII ZR 254/06, MDR 2008, 558 = NZM 2008, 281 ff. 18 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 166 = MDR 1999, 988 m. Anm. Börstinghaus; vgl. u. Rz. 32 ff. 19 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 13; Staudinger/Emmerich § 566 BGB Rz. 19. 20 Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.14.
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§ 57 Rz. 4 Miete und Pacht densersatz begründet werden können, ist dies gegenüber dem Ersteher in der Zwangsversteigerung gerade nicht möglich. 5
Sofern der Vertrag nicht gemäß § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB auf den Ersteher übergeht, bleibt grundsätzlich der Voreigentümer als ursprünglicher Schuldner hieraus verpflichtet. Da es sich in aller Regel aber um Dauerschuldverhältnisse handeln wird, kann er den Vertrag gemäß § 314 BGB ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Denn der Verlust des Grundstücks wird üblicherweise als wichtiger Grund anzusehen sein, der zur Kündigung aus wichtigem Grund nach § 314 Abs. 1 BGB berechtigt. Allerdings hat der Schuldner hierbei die angemessene Frist des § 314 Abs. 3 BGB nach Kenntnis des Grundes, also nach Kenntnis des Zuschlages einzuhalten. Ansonsten bleibt er zur Leistung bzw. zum Schadensersatz nach § 280 BGB verpflichtet. 3. Wirksamkeit des Miet- oder Pachtvertrags
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§ 57 ZVG setzt des weiteren naturgemäß voraus, dass der Miet- bzw. Pachtvertrag wirksam ist. Er darf also nicht vor dem Zuschlag durch Kündigung beendet, nach §§ 119 ff. BGB angefochten oder aus sonstigen Gründen nichtig sein. Sofern nur ein Anfechtungsrecht besteht, das vor dem Zuschlag nicht ausgeübt wurde, ist dessen Fortbestand oftmals zu verneinen.21 Selbstverständlich erlangen nach §§ 305 ff. BGB unwirksame Klauseln wie etwa überhöhte Mieten22 durch § 57 ZVG, § 566 BGB keine Wirksamkeit gegenüber dem Ersteher. Gerade in jüngerer Zeit sind Vertragsgestaltungen ein Problem, mit denen der Schuldner durch die Vermietung an ihm nahe stehende Personen im Ergebnis den Besitzverlust verhindern will. Nicht selten treten sogar gewerbliche „Eigentumsschützer“ auf, die den bedrängten Schuldnern den Erhalt ihrer Immobilie etwa auf dem Wege versprechen, dass sie einen Mietvertrag mit dem Schuldner abschließen und ihm diese untervermieten. Derartige Vertragsgestaltungen sind nach der Rechtsprechung als Scheinverträge nach § 117 BGB nichtig.23 Indizien für einen derartigen Scheinvertrag sind insbesondere geringe Einkünfte des „Mieters“ und das Missverhältnis zwischen Miete und Gegenleistung.24 4. Fortbestehen des Miet- oder Pachtverhältnisses
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Das Mietverhältnis muss des Weiteren über die Zeit des Zuschlags hinaus fortbestehen. Ist es zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt, tritt der Ersteher nicht in die Vermieterstellung des Schuldners ein.25 Er ist insbesondere nicht zur Rückgewähr der Mietsicherheit nach § 566a BGB Satz 1 BGB oder zur Erstellung einer Betriebskostenabrechnung verpflichtet, auch wenn diese erst nach dem Zuschlag fällig wird. Die h. M. billigt ihm aber die Rückgabeansprüche aus § 546 BGB und das Nutzungsentgelt aus § 546a BGB bei verspäteter Rückgabe zu,26 was unbedenklich erscheint, da jedenfalls letzterer auch beim Voreigentümer nur als Ersatz der ausgelaufenen vertraglichen Regelungen fungiert. Allerdings stehen dem Ersteher vertragliche Schadensersatzansprüche etwa wegen unterbliebener Durchführung vertraglich verein-
21 Im Einzelnen s. u. Rz. 23 f. 22 Schmidt-Futterer/Streyl, § 566 BGB Rz. 98. 23 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.12.2007 – I-10 W 160/07, ZMR 2008, 787; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 4.11.2016 – 13 U 111/16, Rpfleger 2017, 355, 356. 24 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.12.2007 – I-10 W 160/07, ZMR 2008, 787; vgl. zur Beweislast BGH, Urteil v. 18.9.2013 – VIII ZR 297/12. 25 OLG Düsselsorf, Urt. v. 14.4.1994 – 10 U 155/93, NJW-RR 1994, 1101; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 16. 26 So für den rechtsgeschäftlichen Erwerb BGH, Urt. v. 28.6.1978 – VIII ZR 139/77, BGHZ 72, 147 ff.; Derleder, NJW 2008, 1189, 1194; für die Zwangsversteigerung Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.9.
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Miete und Pacht
Rz. 10 § 57
barter Schönheitsreparaturen nicht zu.27 Insoweit dürfte aber eine Ermächtigung durch den Schuldner, sofern diese zu erlangen ist, zulässig sein.
II. Gegenstand der Miete oder Pacht 1. Grundstücke Gegenstand der Miete oder Pacht muss das Grundstück oder ein Teil davon sein. Dies umfasst Mietverträge über das gesamte Grundstück oder einzelne Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus, aber auch die Miete einzelner Bestandteile. So genügt auch die Überlassung einer Fläche an der Außenwand zur Anbringung von Werbung oder Zigaretten- oder Kaugummiautomaten.28 Zur Pacht gehören u.a. Verträge, die die Förderung von Bodenschätzen eines Grundstücks gestatten. Es genügt die zeitweise Nutzung von Räumlichkeiten; der Mieter oder Pächter muss keinen Alleinbesitz erlangen.29 Insoweit ist die Pacht einer Garderobe zu bestimmten Gelegenheiten unter Aufsicht nach heutigem Verständnis von § 57 ZVG erfasst.30 Soweit der Ersteher nur einen Teil eines Grundstücks zugeschlagen bekommt, soll er zusammen mit dem Eigentümer des anderen Grundstücksteils in einen einheitlichen Mietvertrag mit dem Mieter eintreten.31 Dies birgt erhebliche Risiken, haftet u.U. der Ersteher einer Garage doch dann gesamtschuldnerisch mit dem Eigentümer eines Gewerbeparks für Kautionen, Instandhaltung der Immobilie und Betriebskostenrückzahlungen.
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2. Der Verweis auf die Regelungen zur Wohnraummiete Problematisch erscheint § 57 ZVG, als diese Vorschrift nur auf Vorschriften verweist, die nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur auf Mietverhältnisse über Wohnraum Anwendung finden. Auf die Verweisungsvorschrift des § 578 BGB, wonach die §§ 550, 562 bis 562d, 566 bis 567b sowie 570 BGB auch auf sonstige Mietverhältnisse anzuwenden sind, nimmt § 57 ZVG gerade nicht Bezug. Da § 57 ZVG aber ausdrücklich generalisierend vom Mieter oder Pächter eines Grundstücks redet, wird man hieraus den Willen des Gesetzgebers entnehmen müssen, diese Regelungen auf sämtliche Mietverhältnisse über Grundstücke auszudehnen. Über den Wortlaut hinaus sind §§ 566 ff. BGB also beim Eigentumsübergang kraft Zuschlags auch dann anwendbar, wenn kein Wohnraum, sondern gewerbliche Flächen o. ä. betroffen sind.
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III. Identität von Eigentümer und Vermieter 1. Voraussetzungen der Identität von Vermieter und Eigentümer Der Ersteher tritt nur dann in den Miet- oder Pachtvertrag ein, wenn Voreigentümer und Ver- 10 mieter identisch sind.32 Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 566 BGB Abs. 1 BGB, wonach der Erwerber „anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums ergeben27 BGH, Urt. v. 19.10.1988 – VIII ZR 22/88, MDR 1989, 247 = NJW 1989, 451; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.9. 28 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 9; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.4. 29 BGH, Urt. v. 1.2.1989 – VIII ZR 126/88, MDR 1989, 628 = NJW-RR 1989, 589 f.; vgl. u. Rz. 19. 30 Unrichtig daher RG, Urt. v. 18.11.1919 – III 131/19, RGZ 97, 166, 166 f. (und dem folgend Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.10), da dort auf den fehlenden Eigenbesitz abgestellt wird. 31 BayObLG, Beschl. v. 12.12.1990 – REMiet 2/90, NJW-RR 1991, 651, s. schon RG, Urt. v. 29.4.1929 – VIII 96/29, RGZ 124, 195, 197 ff. 32 BGH, Urt. v. 19.10.1988 – VIII ZR 22/88, MDR 1989, 247 = NJW 1989, 451, 452; BGH, Urt. v. 20.1.2010 – VIII ZR 84/09, MDR 2010, 739 = MietRB 2010, 199 = ZMR 2010, 674, 675 = NJW-RR 2010, 1095 Rz. 15; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.12.2007 – I-10 W 160/07, ZMR 2008, 787.
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§ 57 Rz. 10 Miete und Pacht den Rechte und Pflichten“ eintritt. Allerdings sind auch Verträge die der Schuldner nach der Beschlagnahme abgeschlossen hat, nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB vom Ersteher zu übernehmen, sofern sie ordnungsmäßiger Wirtschaft nach § 24 ZVG entsprechen.33 Umfasst sind aber auch Personen, die entweder als gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertreter des Eigentümers handeln oder dieselbe Rechtsstellung haben wie der Eigentümer selbst, etwa der Insolvenz- oder Zwangsverwalter.34 Ähnliches gilt für Verträge, die der Inhaber eines nach § 91 ZVG erlöschenden Rechtes geschlossen hat.35 Denn auch in diesen Fällen war ein anderer als der Eigentümer zum Abschluss eines Mietvertrages über dessen Grundstück befugt. Im Übrigen tritt der Ersteher in Mietverträge, die ein anderer als der Voreigentümer abgeschlossen hat, aber nicht ein. Besteht keine Identität zwischen Eigentümer und Vermieter, führt die bloße Zustimmung des ersteren zu einem Mietvertrag, den ein Dritter in eigenem Namen geschlossen hat, nicht zu einem Mietvertrag mit dem Eigentümer.36 Eine dreiseitige Änderung des Mietverhältnisses kann aber konkludent zwischen Ersteher und Mieter zustande kommen, wenn etwa der neue Eigentümer die Mieten einzieht und der bisherige Vermieter diese Praxis billigt.37 2. Der Zeitpunkt der Identität von Eigentümer- und Vermieterstellung 11
Dabei ist es allerdings nicht erforderlich, dass Vermieter- und Eigentümerstellung schon beim Abschluss des Mietvertrages zusammenfielen. Schloss etwa der spätere Schuldner nach Abschluss des Kaufvertrages kraft einer Abrede, die ihm bereits vor der Grundbucheintragung Lasten und Nutzen übertrug, den Mietvertrag, so genügt nach h.M. der nachträgliche Eigentumserwerb.38 Der mieterschützende Charakter von § 57 ZVG, § 566 BGB gebietet eine Auslegung, die die Eigentümerstellung des Vermieters zur Zeit des Zuschlags genügen lässt. 3. Das Auseinanderfallen von Eigentümer- und Vermieterstellung
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Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen die Identität von Eigentümer und Vermieter noch beim Zuschlag auseinanderfallen. Besonders praxisrelevant dürfte hier die Außen-GbR als Vermieterin sein, da sie nach früher h.M. nicht in das Grundbuch eingetragen und somit auch nicht Eigentümer sein kann. Nach Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit ist sie nicht mehr mit den eingetragenen Eigentümern identisch, so dass ein Übergang von Rechten und Pflichten nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB ausscheidet. Ähnliches gilt dann, wenn der Käufer, dem die Nutzungen und Lasten kaufvertraglich übertragen wurden, noch nicht in das Grundbuch eingetragen und die Vollstreckungsversteigerung gegen den Verkäufer betrieben wird. 4. Sonstige Eigentümermehrheiten
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Ähnliche, im wesentlichen nur im Rahmen der Zwangsversteigerung relevante Probleme können sich bei sonstigen Eigentümermehrheiten stellen, namentlich dann, wenn nur der ideelle Bruchteil an einem Grundstück versteigert wird. Auch hier besteht keine Identität zwischen dem Schuldner, dessen Bruchteil durch den Zuschlag auf den Ersteher übergeht, und „dem Vermieter“. Denn dieser ist die gesamte Mehrheit von Eigentümern. Man wird hier aber die 33 OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 4.11.2016 – 13 U 111/16, Rpfleger 2017, 355, 356; Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 3; Böttcher, §§ 57-57d Rz. 2. 34 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 2. 35 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 2; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 15; Böttcher, §§ 57-57d Rz. 2. 36 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.12.2007 – I-10 W 160/07, ZMR 2008, 787. 37 BGH, Urt. v. 20.1.2010 – VIII ZR 84/09, MDR 2010, 739 = MietRB 2010, 199 = ZMR 2010, 674, 675 = NJW-RR 2010, 1095, 1096 Rz. 19. 38 Burbulla/Grooterhorst, NZM 2006, 246, Fn. 8/9 m.w.N.
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Miete und Pacht
Rz. 15 § 57
Anwendung von § 57 ZVG, § 566 BGB wohl nicht verneinen dürfen,39 was sich insbesondere im Hinblick auf die mögliche und bei der Ersteigerung von Bruchteilen häufig auch bezweckte Teilungsversteigerung verbietet. Ansonsten könnte der Ersteher das Eigentum am gesamten Grundstück erstehen und sich wiederum auf die fehlende Identität von neuem Eigentümer und früheren Vermietern berufen. Im Ergebnis käme es dann in zwei Schritten zum Erwerb des Eigentums am gesamten Grundstück, ohne dass die Rechte und Pflichten aus den Mietverträgen hierüber übernommen werden müssten. Dies erschiene sinnwidrig. Vorzuziehen ist es daher, auf bei der Handhabung von § 57 ZVG, § 566 BGB auf die Person des einzelnen Eigentümers und Vermieters abzustellen. In dessen Vertragsstellung kann der Ersteher einrücken und ist dann mit den anderen Bruchteilseigentümern gemeinsam neuer Vermieter. 5. Vermietung auf fremde Rechnung Schließlich fallen Vermieter- und Eigentümerstellung auch bei der Vermietung auf fremde Rechnung auseinander. Klassisches, in der Literatur meist genanntes Beispiel ist der Mietverwalter, der selbst als Vermieter auftritt, aber für Rechnung des Eigentümers handelt. Hier besteht aber in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit darüber, dass im Wege einer wertenden oder wirtschaftlichen Betrachtung nicht auf die formale Vermieterstellung, sondern auf den Zweck dieser Vertragskonstruktion abzustellen ist. Danach will sich der Verwalter wirtschaftlich die Vermieterstellung nicht anmaßen, sondern nur die Abwicklung des Mietvertrages erleichtern, da er vor Ort ist und über die entsprechenden Kenntnisse verfügt. In der Sache bleibt der Eigentümer Vermieter, dem auch die Gewinne aus der Vermieterstellung zufließen. Deshalb wird hier auch § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB angewendet.40 Ähnliches dürfte für die bereits angesprochene modernere Form des Mietpools gelten, wenn dieser anstelle der Eigentümer die Mietverhältnisse der gesamten Liegenschaft abwickelt. Auch hier tritt formal nicht der Eigentümer der einzelnen Wohnung, sondern ein Dritter – in der Regel die den Mietpool verwaltende Gesellschaft – als Vermieter auf. Wie bei der hergebrachten Form der Mietverwaltung ändert diese formale Verschiebung der Vermieterrolle aber nichts daran, dass das Ergebnis der Vermietung wirtschaftlich dem Eigentümer zugute kommen soll. Das rechtfertigt wie dort die Anwendbarkeit der § 57 ZVG, § 566 BGB.
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6. Mietverträge zwischen den Eigentümern Nicht selten schließen mehrere Miteigentümer untereinander Mietverträge, nach denen die Eigentümer insgesamt auf der einen Seite einzelnen Miteigentümern auf der anderen Seite Teile des Grundstücks vermieten. Dies kann zum einen steuerliche Gründe haben, um bei Reparaturen Verluste aus Vermietung und Verpachtung absetzen zu können. Naturgemäß werden die steuererhöhenden Mieteinkünfte in diesem Fall möglichst niedrig angesetzt. Nicht selten werden solche Verträge aber auch speziell zur Vereitelung des Besitzverlustes durch die Zwangsversteigerung im Hinblick auf § 57 ZVG, § 566 BGB geschlossen. Diese Verträge können nicht so wie jeder andere Mietvertrag zu behandeln sein, auch wenn der Ersteher nicht ausnahmsweise nachweisen kann, dass sie in rechtsmissbräuchlicher Absicht geschlossen wurden. Denn dies würde den Schuldnern die Möglichkeit geben, durch den Abschluss langfristiger Mietverträge die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks auf lange Zeit nachhaltig zu be39 Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 566 BGB Rz. 31; ebenso für den selteneren Fall der rechtsgeschäftlichen Veräußerung eines abgespaltenen Bruchteils des Grundstücks auch BayObLG, Beschl. v. 12.12.1990 – RE Miet 2/90, NJW-RR 1991, 651; Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 22. 40 OLG Celle, Urt. v. 19.1.2000 – 2 U 111/99, ZMR 2000, 284, 284; Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 23; a.A. für den Fall der Vermietung durch einen Miteigentümer der Eigentümergemeinschaft OLG Karlsruhe, Rechtsentsch. v. 10.2.1981 – 3 RE – Miet 1/81, NJW 1981, 1278; Böttcher, §§ 57-57d Rz. 5, wo aber eine Genehmigung erwogen wird, die bei langdauernden Mietverhältnissen häufig anzunehmen sein wird; hierzu ausführlich auch Burballa/Grooterhorst, NZM 2006, 246, 247 ff.
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§ 57 Rz. 15 Miete und Pacht hindern, da dem Ersteher die Kündigung nur im beschränkten Rahmen des sozialen Mietrechts möglich ist. Im Ergebnis könnte die Mehrheit von Eigentümern (im Gegensatz zum Alleineigentümer) auf diesem Wege ein schuldrechtliches Wohnrecht begründen, das paradoxerweise beständiger wäre als ein eingetragenes, das nach § 91 ZVG erlöschen würde. Die Eigentümermehrheit könnte ihre Rechtsstellung somit durch schuldrechtliche Beziehungen, also rein interne Vorgänge, über ihre dinglichen Rechte hinaus erweitern. Der Ersteher müsste somit entgegen § 56 Satz 2 ZVG Lasten übernehmen, die nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind. 16
Dieses Problem lässt sich wohl nur durch eine teleologische Reduktion der § 57 ZVG, § 566 BGB lösen, wie sie in anderem Zusammenhang, zugunsten des Mieters, bereits anerkannt ist. So ordnen § 57 ZVG, § 566b BGB zwar in dem dort bestimmten zeitlichen Rahmen die Wirksamkeit der vom Schuldner getroffenen Verfügungen über den Mietzins an. Dies kann aber nicht gelten, wenn der Mieter selbst Ersteher ist.41 Insoweit ist der zu weitgehende Wortlaut der Norm teleologisch zu reduzieren. Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten, wenn die Miteigentümer ihr aus dinglichem Recht resultierendes Besitzrecht zusätzlich durch Mietvertrag regeln. Ein entsprechender Mietvertrag wirkt nicht für und gegen den Ersteher.42
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Anderes gilt dann, wenn nicht das bereits aus dem dinglichen Recht bzw. § 743 BGB resultierende Besitzrecht, sondern darüber hinausgehende Nutzungsbefugnisse durch Mietvertrag geregelt werden. Darf etwa einer von vier Miteigentümern das gesamte Grundstück kraft Mietvertrages nutzen, geht dies über seine Befugnisse als Eigentümer hinaus. Insoweit kann der Mietvertrag daher Fortgeltung nach § 57 ZVG, § 566 BGB beanspruchen.
IV. Die Überlassung der Mietsache 1. Vollzug der Gebrauchsüberlassung 18
Der Wortlaut von § 57 ZVG verlangt, dass der Besitz an dem Grundstück bereits überlassen ist. Dies folgt auch aus dem Verweis auf § 566 BGB, wonach die Folgen von § 566 BGB erst „nach der Überlassung“ der Mietsache eintreten. Ist der Mietvertrag also bereits geschlossen, die Überlassung des Grundstücks aber erst für einen Zeitpunkt nach dem Zuschlag vorgesehen, tritt der Ersteher nicht gemäß § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB in den Mietvertrag ein.43 Eine Überlassung aus Gefälligkeit vor dem Beginn der Mietdauer ändert hieran nichts, da die Überlassung „an den Mieter“, also an den Vertragspartner in Ansehung seiner vertraglichen Rechte erfolgen muss.44 Der Mieter kann also weder die Gebrauchsüberlassung noch Schadensersatz verlangen. Nicht ausgeschlossen sind aber Schadensersatzansprüche gegen den Voreigentümer, der den Vertrag nicht erfüllt hat. Beschränkt sich die Überlassung auf einen Teil der Räume, so findet für diese § 57 ZVG nur dann Anwendung, wenn sie bereits eine selbständige Bedeutung für den Mieter haben.45 2. Begriff der Überlassung
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Was im Einzelnen unter der „Überlassung“ nach § 57 ZVG, § 566 BGB zu verstehen ist, richtet sich nach dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch der Mietsache. Bei Räumlichkeiten 41 S.u. § 57b Rz. 12; Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 7. 42 Für einen Spezialfall s. LG Bayreuth, Beschl. v. 6.5.1965 – T 40/65, NJW 1965, 2210 f. 43 BGH, Beschl. v. 27.2.2004 – IXa ZB 269/03, Rpfleger 2004, 368; Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 3; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 5. 44 BGH, Beschl. v. 27.2.2004 – IXa ZB 269/03, Rpfleger 2004, 368; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.2; wohl auch Böttcher, §§ 57-57d Rz. 3. 45 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 3.
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wird in der Regel die Möglichkeit der Ingebrauchnahme durch Überlassung der Schlüssel zu fordern sein.46 Die Überlassung setzt aber nicht zwingend den Eigenbesitz des Mieters voraus.47 Die gelegentliche Überlassung der im Besitz des Vermieters bleibenden Räumlichkeiten kann genügen.48 Es können in besonderen Fällen aber auch bloße Abreden ohne tatsächliche Veränderungen genügen.49 So bedarf es etwa bei der Vermietung von Verkehrsflächen nur der Möglichkeit ihrer Nutzung,50 bei der Vermietung von Werbeflächen u.U. nur der Zustimmung des Vermieters zur Anbringung der Reklame,51 wenn keine weiteren Hindernisse entgegenstehen. Die vertragliche Fiktion, dass die Sache ab einem Zeitpunkt als überlassen gilt, reicht allerdings nicht aus, da sowohl § 57 ZVG als auch § 566 BGB auf den tatsächlichen Zustand abstellen.52 Allerdings ist es auch nicht erforderlich, dass der Mieter seine Besitzergreifung nach außen kundtut, etwa durch Anbringung seines Namens am Klingeltableau.53 Auch hier ist nur auf den tatsächlichen Zustand abzustellen. 3. Mängel der Überlassung Da § 57 ZVG, § 566 BGB auf die Überlassung des Grundstückes an den Mieter abstellen, be- 20 darf es der Mitwirkung des Vermieters an der Besitzerlangung oder zumindest seiner Zustimmung hierzu. Die eigenmächtige Inbesitznahme des Grundstücks durch den Mieter ohne oder gar gegen den Willen des Vermieters vermag daher die Rechtsfolgen dieser Vorschriften nicht auszulösen. Umgekehrt genügt die Zustimmung des Vermieters nicht, wenn der Mieter mit der Inbesitznahme im Annahmeverzug ist. Dies folgt zum einen daraus, dass § 57 ZVG, § 566 BGB auf die tatsächliche Besitzlage beim Eigentumsübergang abstellen Zum anderen ergibt sich dies aus dem Schutzzweck der Norm, die die Stellung des Mieters stärken will. Nimmt er seine Rechte gar nicht wahr, ist er auch nicht schutzwürdig. Kaum diskutiert wird in miet- und zwangsversteigerungsrechtlicher Literatur der Fall, dass der Voreigentümer die Überlassung des Besitzes bis zum Eigentumsübergang rechtswidrig verweigert hat. Da § 57 ZVG, § 566 BGB nur auf die tatsächliche Besitzüberlassung abstellen, scheidet ein Übergang der Rechte und Pflichten insoweit aus. Soweit im mietrechtlichen Schrifttum vereinzelt vertreten wurde, dass dem Mieter in diesem Fall nur Ansprüche gegen den Voreigentümer, nicht aber gegen den Erwerber zustehen,54 ist dies dort sicherlich falsch. Denn für diesen Fall ordnet § 567a BGB ausdrücklich an, dass „das Gleiche wie in den Fällen des § 566 BGB Abs. 1“ gelten soll.55 Auf diese Vorschrift verweist § 57 ZVG aber gerade nicht. Angesichts der großen Regelungsdichte und der mehrfachen Überarbeitung der Vorschriften zum Schutz des Mieters ist hier auch schwerlich von einem Versehen des Gesetzgebers auszugehen. Ein automatischer Übergang von Rechten und Pflichten findet daher mit dem Zuschlag nicht statt.
46 BGH, Urt. v. 22.10.1975 – VIII ZR 122/74, BGHZ 65, 137; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 18; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 3. 47 BGH, Urt. v. 1.2.1989 – VIII ZR 126/88, MDR 1989, 628 = NJW-RR 1989, 589. 48 BGH, Urt. v. 22.10.1975 – VIII ZR 122/74, BGHZ 65, 137, 139 f.; BGH, Urt. v. 1.2.1989 – VIII ZR 126/88, MDR 1989, 628 = NJW-RR 1989, 589 f. 49 BGH, Urt. v. 22.10.1975 – VIII ZR 122/74, BGHZ 65, 137, 140. 50 BGH, Urt. v. 1.2.1989 – VIII ZR 126/88, MDR 1989, 628 = NJW-RR 1989, 589. 51 BGH, Urt. v. 1.2.1989 – VIII ZR 126/88, MDR 1989, 628 = NJW-RR 1989, 589, 590. 52 BGH, Beschl. v. 27.2.2004 – IXa ZB 269/03, Rpfleger 2004, 368. 53 BGH, Urt. v. 22.10.1975 – VIII ZR 122/74, BGHZ 65, 137, 141 f.; weitergehend Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 18, wonach es noch nicht einmal des Bezugs der Räume bedarf; differenzierend Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 3, wonach nicht alle Räume bezogen sein müssen. 54 Schmidt-Futterer/Gather, 9. Aufl. 2007, § 566 BGB Rz. 40. 55 So richtig NK-BGB/Riecke, § 567a Rz. 7; ähnlich Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 567a Rz. 20.
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§ 57 Rz. 21 Miete und Pacht 4. Fortbestehen der Überlassung 21
§ 57 ZVG, § 566 BGB verlangen schließlich implizit die Fortdauer des Besitzes. Hat der Mieter den Besitz freiwillig aufgegeben, tritt kein Übergang von Rechten und Pflichten ein, auch wenn der Mietvertrag rechtlich noch fortbesteht. Die eigenmächtige Inbesitznahme des Grundstücks durch den Vermieter vermag die Anwendung dieser Vorschriften aber nicht auszuschließen, da es danach auf den rechtmäßigen Besitz ankommt.56 Ansonsten würde im Übrigen eine verbotene Eigenmacht sanktioniert, was im Wertungswiderspruch zu §§ 858 ff. BGB stünde.
C. Rechtsfolgen I. Der Grundsatz 22
Die Fortdauer des Mietverhältnisses hat der Gesetzgeber nach h. M. nicht als Rechtsnachfolge ausgestaltet. Vielmehr fingiert das Gesetz den Abschluss eines neuen Vertrages mit dem Inhalt des bestehenden. Trotz identischen Wortlauts der „beiden“ Verträge können sich also deutliche Änderungen in den Vertragsbeziehungen ergeben. Haben etwa Schuldner und Mieter einen individuell gestalteten Mietvertrag abgeschlossen, kann dieser nach dem Zuschlag gleichwohl der Kontrolle nach den §§ 305c, 306 f., 307 bis 310 BGB unterfallen, wenn der Ersteher aufgrund des Umfangs seiner Vermietungen nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB als Unternehmer anzusehen ist. Umgekehrt kann diese Kontrolle entfallen, wenn der Ersteher in wesentlich geringerem Umfang vermietet.
II. Ausübung von Kündigungs- und Anfechtungsrechten 1. Bestehende, aber noch nicht ausgeübte Kündigungs- und Anfechtungsrechte 23
Ähnliches gilt nach h.M. für die Kündigung. Beide Seiten können ein vor dem Zuschlag gegebenes Kündigungsrecht nach dem Eigentumswechsel nur dann geltend machen, wenn dessen Voraussetzungen auch dem Ersteher gegenüber noch erfüllt sind. Die Einzelheiten, wann dies der Fall ist, sind allerdings umstritten. Ein Fortbestehen wird in der Regel bei Gebrauchsentziehung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB und bei erheblichen, die Gesundheit gefährdenden Mängeln der Räumlichkeiten vorliegen, da diese beim Zuschlag fortbestehen.57 Anderes gilt für Kündigungsgründe, die in der Person einer Vertragspartei vorliegen müssen. Gravierende Pflichtverletzungen nach § 543 Abs. 3 Satz 1, 569 Abs. 2 BGB können weder vom Mieter dem neuen vertragstreuen Vermieter noch von diesem dem Mieter, der ihn nicht verletzt hat, entgegengehalten werden.58 Entsprechendes gilt für die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs. Die beim Schuldner erfüllten Voraussetzungen kommen dem Ersteher nicht mehr zugute. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen wird nur anerkannt, wenn der Mieter ausnahmsweise nichts von dem Versteigerungstermin erfährt und seine Kündigung noch gegen den Schuldner richtet, was der Ersteher nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen muss.59 Umstritten sind Kündigungen nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB wegen Zahlungsverzugs. Einigkeit herrscht insoweit, als der frühere Eigentümer nicht mehr kündigen kann, da er nicht mehr Vertragspartner ist. Umstritten ist aber die Auswirkung des Zahlungsverzugs auf den neuen Eigentümer. Nach einer Auffassung kann er die Kündigung aussprechen, wenn die Vo56 Im Ergebnis ebenso Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 21 und wohl auch Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 3. 57 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 45. 58 Derleder, NJW 2008, 1189, 1191. 59 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 44; Derleder, NJW 2008, 1189, 1191.
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raussetzungen wenigstens teilweise in seiner Person erfüllt sind,60 also bei Zahlungsrückstand mit einer Monatsmiete nach § 543 Abs. 3 Nr. 3 a) BGB oder sonstigen Rückständen nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB. Dies erscheint nicht recht damit vereinbar, dass die Rückstände vor dem Eigentumsübergang alleine dem Voreigentümer zustehen. Der Ersteher könnte zudem die Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB dann schon bei geringfügigen Rückständen aussprechen. Konsequent erscheint nur die Position, die auch in diesem Zusammenhang alleine auf die Person des Erstehers abstellt und das Vorliegen der Kündigungsgründe nach Eigentumserwerb verlangt. Entsprechendes gilt bei Anfechtungsgründen. Wurden sie vor dem Zuschlag nicht geltend gemacht, so ist diese dem Ersteher gegenüber nur möglich, wenn die Gründe fortbestehen. Hingegen ist es in der Regel nicht möglich, etwa Täuschungen oder Drohungen dem Ersteher zuzurechnen. Eine Anfechtung scheidet dann aus.
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2. Vor dem Zuschlag ausgeübte Kündigungs- und Anfechtungsrechte Wurde das Kündigungsrecht dagegen bereits vor dem Zuschlag ausgeübt, behält die Erklärung ihre Wirkung, auch wenn diese erst nach dem Eigentumsübergang eintritt. Denn der neue Eigentümer tritt so in den Vertrag ein, wie er zwischen den Parteien vor dem Zuschlag bestand.61 Zwischen Ersteher und Schuldner besteht dann nur noch ein Abwicklungsverhältnis. Allerdings soll anderes gelten, wenn die Kündigung auf Seiten des Vermieters ein besonderes Interesse nach § 573 BGB erfordert. Dann soll nach einer Auffassung die vom Voreigentümer ausgesprochene, wirksame Kündigung mit dem Eigentumsübergang unwirksam werden, wenn der Kündigungsgrund nicht auch auf Seiten des neuen Eigentümers besteht.62 Dies erscheint dogmatisch kaum begründbar, wenn man davon ausgeht, dass der Kündigung bereits rechtsgestaltende Wirkung zukam. Folgerichtiger und mit der Rechtsprechung zum Wegfall des Kündigungsgrundes eher vereinbar ist es, in solchen Fällen eine Nebenpflicht des Erstehers aus § 242 BGB anzunehmen, aufgrund derer der Ersteher verpflichtet ist, dem Mieter die neue Situation mitzuteilen und die Fortführung des Mietverhältnisses anzubieten.
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Entsprechendes gilt für Anfechtungsrechte. Auch hier hat die Anfechtungserklärung vor dem 26 Zuschlag rechtsgestaltende Wirkung, so dass den Ersteher allenfalls Abwicklungspflichten treffen. Allerdings ist ein Fortfall des Anfechtungsgrundes durch den Zuschlag hier kaum vorstellbar, so dass sich die Frage danach, wie eine Fortführung des Mietverhältnisses hier dogmatisch korrekt bewerkstelligt werden kann, kaum je stellen wird.
III. Aufhebungs- und Abänderungsverträge Ähnliche Fragen stellen sich dann, wenn die Parteien des Mietvertrages im Hinblick auf seinerzeit vorliegende oder jedenfalls mögliche Kündigungsgründe vor dem Zuschlag Aufhebungs- oder Abänderungsverträge geschlossen haben. Hat der Voreigentümer etwa zur gütlichen Einigung eine nennenswerte Auszugsprämie und der Mieter seinen Auszug bis zu einem bestimmten Zeitpunkt versprochen, kann jede Partei ein Interesse haben, sich von diesem Vertrag zu lösen, der nunmehr seine Voraussetzungen verloren hat. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit verbietet es sich hier, von einer Unwirksamkeit des Vertrages auszugehen. Auch eine Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB wird regelmäßig ausscheiden, da die Annahme eines Kündigungsgrundes regelmäßig nur ein unbeachtlicher Motivirrtum sein wird. Denkbar ist aber eine Rückabwicklung des Vertrages nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Das erscheint auch beim Ersteher möglich, da er ja in das Vertragsverhältnis ein60 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 47. 61 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 46. 62 So Derleder, NJW 2008, 1189, 1191.
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§ 57 Rz. 27 Miete und Pacht tritt, wie es sich beim Zuschlag präsentierte. Folglich darf er die weggefallene Geschäftsgrundlage ebenso geltend machen wie der Schuldner.
IV. Kein Übergang persönlicher Ansprüche des Schuldners und gegen den Schuldner 28
Der Zuschlag stellt auch für alle übrigen Ansprüche zwischen Mieter und den beiden Vermietern eine klare Zäsur dar. Alle zuvor begründeten und fällig gewordenen Ansprüche des Mieters richten sich weiterhin gegen den Schuldner.63 Umgekehrt verbleiben letzterem zu diesem Zeitpunkt bereits fällige Ansprüche gegen den Mieter. So kann der Mieter den Ersatz von Schäden, die vor dem Zuschlag entstanden weiterhin vom Schuldner verlangen. Dies soll auch dann gelten, wenn der Ersteher von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht; da der Schuldner den Mietvertrag mit dem Mieter nicht einhält.64 Umgekehrt stehen diesem weiterhin rückständige Mieten und Betriebskostenvorschüsse zu.65 Die übliche Klausel, wonach Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr mit der Übergabe übergehen, stellt regelmäßig keine Abtretung bereits entstandener Ansprüche mit Wirkung gegen den Mieter dar.66 Entsprechendes gilt für Rechte und Pflichten, die nach diesem Datum fällig werden. So stehen dem Ersteher sämtliche Mieten und Vorschüsse nach dem Zuschlag zu. Für Schäden oder Pflichtverletzungen nach dem Zuschlag hat der Ersteher einzustehen, wobei allerdings nach § 566 Abs. 2 BGB eine bürgschaftsähnliche Haftung des Voreigentümers in Betracht kommt. Der Ersteher ist auch dann einstandspflichtig, wenn die Ursache für einen Schaden bereits vor dem Zuschlag, etwa durch Vernachlässigung der Baulichkeiten begründet wurde, dieser aber erst nach dem Zuschlag eintritt. Denn der Anspruch auf Ersatz des Schadens wird erst nach dem Zuschlag fällig. Hat noch der Voreigentümer die Miete für den ganzen Monat eingezogen, wirkt dies zwar nach §§ 57, 57 Abs. 1 Satz 1 ZVG i.V.m. § 566c Abs. 1 BGB für die Zeit nach der Beschlagnahme nicht gegen den Ersteher. Sofern dieser aber das Mietverhältnis nicht belasten will und der Schuldner noch zahlungsfähig ist, kann er die Verfügung des Mieters genehmigen und nach § 816 Abs. 2 BGB die Herausgabe der Zahlung vom Schuldner verlangen. Zu solchen rein schuldrechtlichen Absprachen, die nicht auf den Ersteher übergehen, wird auch das Versprechen eines Wohnrechtsinhabers gezählt, dem Grundstückseigentümer ein Entgelt zu zahlen.67
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Diese Grundsätze finden auch auf die Abrechnung der Betriebskosten Abrechnung. Bereits abgelaufene Abrechnungsperioden hat noch der Schuldner abzurechnen.68 Dies gilt auch dann, wenn die Jahresfrist zur Abrechnung noch nicht abgelaufen ist. Denn dem Voreigentümer sind sämtliche Vorschüsse zugeflossen, die abzurechnen sind. Laufende und künftige Abrechnungsperioden hat hingegen stets der Ersteher abzurechnen. Denn die Pflicht hierzu wird erst nach seinem Eigentumserwerb fällig.69
63 Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 4; Derleder, NJW 2008, 1189, 1190. 64 Hierzu RG, Urt. v. 16.3.1906 – III 348/05, RGZ 63, 66; RG, Urt. v. 19.1.1939 – IV 198/38, RGZ 159, 151, 154 f.; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 38. 65 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.4.1994 – 10 U 155/93, NJW-RR 1994, 1101, 1102. 66 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.4.1994 – 10 U 155/93, NJW-RR 1994, 1101, 1102; Urt. v. 16.6.1994 – 10 U 184/93, MDR 1994, 1009 = NJW-RR 1994, 1234 f. 67 OLG Hamm, Urt. v. 26.4.2017 – I-30 U 147/16, MietRB 2017, 295. 68 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.4.1994 – 10 U 155/93, NJW-RR 1994, 1101, 1102. 69 BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, MDR 2008, 168 = MietRB 2008, 41 = Rpfleger 2008, 89, 90 = NJW-RR 2008, 323, 324 Rz. 16; Derleder, NJW 2008, 1189, 1191.
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V. Beschränkung auf typisch mietvertragliche Regelungen 1. Rechte und Pflichten gegenüber Dritten Der Ersteher tritt auch vom Gegenstand her nicht in alle Rechte und Pflichten ein, die der Schuldner im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis eingegangen ist. Dies soll nur bei typisch mietvertraglichen Regelungen der Fall sein. Bei allen Abgrenzungsschwierigkeiten, die mit dieser Formel verbunden sind, ist doch anerkannt, dass Verträge mit Dritten von § 57 ZVG, § 566 BGB grundsätzlich nicht erfasst sind.70 So ist der Ersteher etwa einem Mietverwalter gegenüber nicht zur Entrichtung des vom Voreigentümer versprochenen Entgelts verpflichtet, kann aber auch dessen Leistungen ohne eigenen Vertrag nicht in Anspruch nehmen.71 Ähnliches gilt auch für sonstige Einbindungen des Mietverhältnisses in Mietpools o.ä. Der Ersteher muss derartige vom Schuldner eingegangene Pflichten zur Abtretung der Mieten gegen Auszahlung des auf ihn entfallenden Anteils der Überschüsse an den Gesamteinkünften der Liegenschaft nicht gegen sich gelten lassen, kann die Wohnung also selbständig vermieten. Hieran ändert sich auch bei öffentlich-rechtlichem Einschlag der Verpflichtungen nichts. So hat der Ersteher etwa ein nicht im Grundbuch eingetragenes behördliches Belegungsrecht, das auf rechtsgeschäftlichen Abreden beruht, nicht zu übernehmen,72 ebenso wenig ein rechtsgeschäftlich vereinbartes.73 Auch Beschränkungen bei der Vermietung oder Preisbindungen, die aus Darlehensverträgen des Schuldners mit Dritten resultieren, entfalten dem Ersteher gegenüber keine Wirkung.74 Etwas anderes gilt dann, wenn wohnungseigentumsrechtliche Verpflichtungen in der Teilungserklärung fixiert sind. Denn diese ist Bestandteil des Grundbuchs, also nicht nur rein schuldrechtlicher Natur. Der Ersteher übernimmt diese Verpflichtungen somit wie dingliche Lasten, die auf dem Wohnungseigentum ruhen.
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Gehen Rechte und Pflichten aus einem solchen Vertrag mit Dritten nicht auf den Ersteher über, bleibt grundsätzlich der Schuldner Vertragspartner. Er ihn kann aber gemäß § 314 Abs. 1 BGB kündigen, da es sich bei den in Betracht kommenden Verträgen in aller Regel um Dauerschuldverhältnisse handeln wird. Hierfür ist die Frist des § 314 Abs. 3 BGB zu beachten.75
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2. Rechte und Pflichten der Mietvertragsparteien Größere Probleme stellen sich bei der Abgrenzung typischer mietvertraglicher von sonstigen Regelungen, wenn es sich um Abreden der Mietvertragsparteien handelt. Eine Auffassung will darauf abstellen, ob die betroffenen Rechte auf dem Miet- oder auf einem hiervon getrennten Vertrag beruhen, wobei offenbar die räumliche Verbindung entscheidend sein soll.76 Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil die Parteien nicht gehindert sind, den ursprünglichen Mietvertrag nachträglich, auch mündlich oder konkludent abzuändern. Nach h.M. kommt es darauf an, ob die vereinbarten Rechte und Pflichten als typisch für einen Mietvertrag und dessen Inhalt angesehen werden können.77 Danach ist also eine empirische Betrachtung erforderlich, inwieweit eine Regelung in Mietverträgen üblich ist. Die Beantwortung dieser Frage dürfte dem Gericht bei weniger gebräuchlichen Vertragsbestimmungen oftmals kaum möglich sein, was erhebliche Rechtsunsicherheit erzeugt. Zudem bestimmen nach dem Grundsatz der Privatautonomie die Parteien den Inhalt ihrer Schuldverhältnisse, wobei sie nicht an typische 70 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 169 = MDR 1999, 988 m. Anm. Börstinghaus. 71 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 29; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.5. 72 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 41; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.5. 73 BGH, Urt. v. 12.7.1967 – VIII ZR 250/64, BGHZ 48, 244, 247 f. 74 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 41. 75 Zu beidem s.o. Rz. 5. 76 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 40. 77 Schmidt-Futterer/Streyl, § 566 BGB Rz. 88; Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 566 BGB Rz. 55.
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§ 57 Rz. 32 Miete und Pacht Vertragstypen o. ä. gebunden sind. Befriedigender erscheint es daher, darauf abzustellen, ob eine Regelung nur anlässlich des Mietvertrages oder gar völlig unabhängig von ihm getroffen wurde, oder ob sie auch für die Rechte und Pflichten innerhalb des Mietverhältnisses bestimmend sein sollen.78 Dabei kommt sowohl ihrer Verbindung mit der Urkunde des Mietvertrags wie auch der Typizität eine starke, aber keine alleinige indizielle Wirkung zu. So kommt es etwa bei den besonders umstrittenen Konkurrenzverboten darauf an, ob diese auch unabhängig vom Mietverhältnis bestehen sollten – dann handelt es sich nicht um eine von § 566 BGB erfasste Klausel – oder ob sie nur für dessen Dauer gelten sollten. Nur in letztgenanntem Fall gehen sie als Inhalt des Mietvertrages auf den Ersteher über. 33
Bei allen Unterschieden in der Begründung dürften die verschiedenen Auffassungen aber oftmals zu denselben Ergebnissen kommen. So sind nähere Ausgestaltungen der Hauptleistungspflichten wie etwa die Höhe der Miete, ihre staffelweise Erhöhung und weitere preisbestimmende Abreden etwa zur Übernahme von Betriebskosten oder zur Durchführung von Schönheitsreparaturen stets typisch für einen Mietvertrag, weshalb sie im Falle ihrer Wirksamkeit nach § 57 ZVG, § 566 BGB auf den Ersteher übergehen.79 Auch Bestimmungen, die die Beendigung der Hauptleistungspflichten regeln, wie etwa Beschränkungen der Kündigungsmöglichkeiten, nähere Bestimmungen zur Rückgabe des Grundstücks oder zur Erstellung eines Übergabeprotokolls sind mietvertragstypisch. Dasselbe gilt für Vertragsbestandteile, die die Nutzung des Grundstücks durch den Mieter regeln wie etwa Beschränkungen der Untervermietung und der Tierhaltung, Zeiten für die Nutzung bestimmter immissionsträchtiger Anlagen, die Beschränkung der Nutzung, insbesondere auf Wohnzwecke, Musizierverbote etc. stets mietvertragliche Regelungen, die nach § 57 ZVG, § 566 BGB auf den Ersteher übergehen.80 Kritisch sind regelmäßig nur vertragliche Abreden, die Nebenpflichten der Parteien regeln. Hier wurde die Verpflichtung zur Übernahme einer vom Mieter eingebrachten Einrichtung als eine nach § 566 BGB zu übernehmende Pflicht angesehen,81 ebenso das Recht zur Wegnahme von Inventar.82 Entsprechendes gilt bei der Vereinbarung, dass Inventar des Pächters zum Schätzwert zu übernehmen ist.83 Der mit dem Schuldner vereinbarte Wertausgleich für die Errichtung von Gebäuden auf dem gepachteten Grundstück kann aber nicht verlangt werden, da es sich hierbei nicht mehr um eine typisch miet- bzw. pachtvertragliche Abrede handelt.84 Unterschiedlich beurteilt werden insbesondere Konkurrenzverbote.85 Hingegen gehen etwa Pflichten zur Beköstigung des Mieters86 nicht über.
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Sofern Rechte und Pflichten nicht übergehen, betreffen sie weiterhin nur das Verhältnis zwischen Schuldner und Ersteher. Das wird bei Nebenpflichten mit Dauerschuldcharakter oftmals keine praktische Bedeutung haben, da der Mieter etwa die unerwünschte Konkurrenz des neuen Eigentümers, nicht des Voreigentümers zu fürchten hat, der das Grundstück herausgeben musste. Bei Dauerschuldverhältnissen kann sich der Schuldner zudem gemäß § 314 BGB durch fristgemäße Kündigung von der Verpflichtung lösen.87 Sofern die nicht überge78 79 80 81 82 83 84 85 86 87
So etwa Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.5. Schmidt-Futterer/Streyl, § 566 BGB Rz. 110 ff.; Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 566 BGB Rz. 80. Schmidt-Futterer/Streyl, § 566 BGB Rz. 97; Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 566 BGB Rz. 87. LG Hamburg, Urt. v. 5.11.1976 – 11 S 141/76, ZMR 1977, 210; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.5. AG Warendorf, Urt. v. 28.2.1990 – 10a C 9/90, WuM 1990, 291 f.; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 29; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.5. BGH, Urt. v. 21.9.1965 – V ZR 65/63, NJW 1965, 2198; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.10. OLG Stuttgart, Urt. v. 13.3.2006 – 5 U 192/05, MietRB 2006, 219, 221 = OLGR Stuttgart 2006, 455. S. Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 40; Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 5; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 29; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 5. Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 5; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 29; Klawikowski, Rpfleger 1997, 418, 419. S. hierzu o. Rz. 5.
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gangene Verpflichtung ausnahmsweise keinen Dauerschuldcharakter hat, kommt eine Kündigung gemäß § 314 BGB nicht in Betracht. Es ist dann aber zu prüfen, ob sich die Parteien des ursprünglichen Mietvertrags nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage von der Regelung lösen können. Ähnliches gilt gegenüber dem Ersteher, wenn der verbliebene Rumpf – Mietvertrag ohne die sonstigen Pflichten des Vermieters für den Mieter kein Interesse hat.88
VI. Der Eintritt in die Pflichten des Mietvertrags Mit dem Zuschlag treffen die Parteien also sämtliche Haupt – und Nebenpflichten nach Maßgabe des ursprünglichen Mietvertrags. So hat der Ersteher den Gebrauch der Mietsache(n) zu gewähren und der Mieter die hierfür vereinbarte Miete bzw. – bei nicht rechtzeitiger Rückgabe nach dem Ende des Mietverhältnisses – die Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB89 zu entrichten. Dies betrifft auch die nach §§ 55, 90 Abs. 2 ZVG mitversteigerten Gegenstände.90 Den Ersteher treffen darüber hinaus sämtliche Vermieterpflichten zur Erhaltung der Mietsache. Dabei hat er im Rahmen der Vermieterhaftung aus §§ 536 ff. BGB auch für Mängel einzustehen, deren Ursache nicht er, sondern noch der Schuldner zu verantworten hat.91 Der Mieter kann also von ihm Schadensersatz verlangen, wenn durch langjährige Vernachlässigung vor dem Zuschlag eine Wasserleitung undicht wird und seine Einrichtung beschädigt. Lediglich reine Verzugsschäden muss er sich nicht ohne Weiteres zurechnen lassen. Die Voraussetzungen des Verzugs müssen auch in seiner Person vorliegen, so dass der Mieter den Ersteher nochmals mahnen muss.92 Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn die Mahnung nach allgemeinen Grundsätzen entbehrlich ist, weil die Leistung etwa nach dem Kalender bestimmt ist. So wie sich der Vermieter vom Schuldner verursachte, schadensstiftende Unterlassungen zurechnen lassen muss, kann er umgekehrt unter Berufung auf dessen Modernisierungen (§ 559 BGB) eine Erhöhung der Miete verlangen.93 Nach Beendigung des Mietverhältnisses kann der Ersteher Vermieterpfandrechte, der Mieter Wegnahmerechte94 ausüben. Fallen der Mietvertrag und damit dem Vermieter ungünstige Vereinbarungen vorzeitig weg, ist nicht der Voreigentümer, sondern der Ersteher bereichert und somit für eventuelle Ansprüche aus §§ 812 ff. BGB passivlegitimiert.95
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D. Die Aufhebung des Zuschlags I. Die Zahlung des Mietzinses Besondere Probleme ergeben sich auch in vorliegenden Zusammenhang, wenn der Zuschlagsbeschluss im Rechtsmittelverfahren aufgehoben wird. Denn mit rechtskräftiger Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses entfällt der Eigentumserwerb des Erstehers rückwirkend.96 Damit 88 Dies dürfte etwa der Fall sein, wenn man mit Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 5 das Fortbestehen eines Mietvertrages über ein ursprünglich möbliertes Zimmer nur hinsichtlich des Raumes annimmt. 89 BGH, Urt. v. 28.6.1978 – VIII ZR 139/77, BGHZ 72, 147, 149 f.; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.5. 90 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 17. 91 Derleder, NJW 2008, 1189, 1190. 92 Derleder, NJW 2008, 1189, 1190. 93 Derleder, NJW 2008, 1189, 1191. 94 Hierzu AG Warendorf, WuM 1980, 291; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.5; auch zur Entbehrlichkeit der Anmeldung nach § 37 Nr. 5 ZVG und zur Ablösung nach § 552 Abs. 1 BGB durch den Vermieter. 95 BGH, Urt. v. 29.4.2009 – XII ZR 66/07, MDR 2009, 920 = MietRB 2009, 230 = Rpfleger 2009, 582 f.; BGH, Urt. v. 16.9.2009 – XII ZR 72/07, ZMR 2010, 104 f. = NJW-RR 2010, 86. 96 Vgl. RG, Urt. v. 5.6.1943 – VII 108/42, RGZ 171, 120, 122.
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§ 57 Rz. 36 Miete und Pacht ist fraglich, ob die Zahlung der Miete an den Ersteher für den Mieter schuldbefreiend wirkt. Dies wird von einer Position im Hinblick auf die im Gesetz angeordnete und daher für jeden Mieter erkennbare Rückwirkung der Aufhebung von Zuschlagsbeschlüssen verneint. Hingegen bejaht die Gegenposition die schuldbefreiende Wirkung unter Hinweis darauf, dass das Vertrauen Dritter in Hoheitsakte etwa in § 836 Abs. 2 ZPO, § 47 FamFG (entspricht § 32 FGG a.F.) auch ansonsten geschützt wird, selbst wenn sie noch im Instanzenzug abgeändert werden können.97 Letztgenannter Position ist im Grundsatz zuzustimmen. Denn der Fehler des Zuschlagsbeschlusses, der zu seiner Anfechtung führt, liegt in der staatlichen Hoheitssphäre. Das Risiko hierfür darf nicht nur deshalb, weil er bekanntermaßen im Instanzenzug der Aufhebung unterliegen kann, Dritten aufgebürdet werden. Dies gilt um so mehr, als diese Lösung in anderen Bereichen, etwa bei der Kündigung durch den Ersteher unausweichlich ist, da der Mieter dort die Möglichkeit einer Hinterlegung nicht mehr hat.98 Etwas anderes muss aber gelten, wenn der Mieter die Fehlerhaftigkeit positiv kennt oder gar selbst als Beteiligter nach § 9 Nr. 2 ZVG den Zuschlagsbeschluss anficht. Denn dann ist er nicht schutzwürdig. Er muss sich auch nicht in die Gefahr begeben, mangels Mietzahlung nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB gekündigt zu werden. Denn auch in diesem Fall kann er durch Hinterlegung unter Verzicht auf die Rücknahme nach §§ 372 Abs. 2, 378 BGB schuldbefreiend leisten. 37
Ob der Mieter grundsätzlich eine zur Hinterlegung berechtigende Unsicherheit über den Gläubiger der Miete annehmen und daher hinterlegen darf,99 erscheint zweifelhaft. Dies würde dem Sinn des § 56 Satz 2 ZVG, wonach die Nutzungen dem Ersteher ab Verkündung des Zuschlagsbeschlusses zukommen sollen, zuwiderlaufen. Im Hinblick auf die mitunter beträchtliche Länge des Beschwerdeverfahrens können dem Ersteher hierdurch auch beträchtliche Schwierigkeiten erwachsen, da er zwar u.U. Bereitstellungszinsen für das Meistgebot zu leisten hat, aber die zumeist einkalkulierten Mieteinnahmen nicht nutzen kann. Im Hinblick auf die geringe Erfolgsquote von Zuschlagsbeschwerden empfiehlt sich in dieser Situation eine Vereinbarung zwischen Ersteher und Mieter, wonach letzterer zwar die Mieten an den Ersteher zahlt, aber im Gegenzug von eventuellen Rückzahlungsansprüchen des Schuldners freigestellt wird.
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Im Verhältnis des Erstehers zum Schuldner hat die Rückwirkung der Beschwerdeentscheidung freilich in jedem Fall zur Folge, dass die Zahlung der Mieten an einen Nichtberechtigten erfolgte. Denn der Schuldner erlangt mit der Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses rückwirkend seine Stellung als Eigentümer und Vermieter wieder. Er kann daher vom Ersteher nach § 816 Abs. 2 BGB die Herausgabe der Mieten verlangen.
II. Die Wirkung von Kündigungen und sonstigen Gestaltungserklärungen 39
Ähnliche, aber vom Schrifttum kaum erörterte Probleme stellen sich, wenn im Vertrauen auf den Zuschlagsbeschluss Kündigungen oder sonstige Gestaltungserklärungen abgegeben werden. Hier dürfte nach Inhalt und Zweck der verschiedenen Gestaltungserklärungen zu differenzieren sein. 1. Kündigungen des Vermieters
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Bei Kündigungen des Vermieters, etwa der Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 57a ZVG steht der Mieter vor ähnlichen Problemen wie bei der Zahlung der Mieten. Er muss auf die Gestaltungserklärung eines zu diesem Zeitpunkt Berechtigten reagieren, die mit rechtskräftiger Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses rückwirkend entfallen kann. Es kann aber nicht 97 Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 5; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.7. 98 S. u. Rz. 37. 99 Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.7.
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angehen, dass der Mieter, der auf die Kündigung des Erstehers ausgezogen ist, unter Hinweis auf die Rückwirkung der Aufhebung der Beschwerdeentscheidung u.U. für Monate Miete an den Schuldner nachzahlt. Hier kann schlechterdings nicht anders als nach den oben aufgezeigten Grundsätzen zur Zahlung der Miete verfahren werden. Der Mieter darf auf die Wirksamkeit der Kündigung vertrauen, der Schuldner kann sich aber wegen eventueller Ansprüche an den Ersteher halten. Liegt das berechtigte Interesse nach § 573 Abs. 1 BGB aber auf Seiten des Schuldners nicht vor, hat er dem Mieter dies nach Treu und Glauben mitzuteilen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses anzubieten. Anders als bei der Mietzahlung, sind die zur Kündigung entwickelten Grundsätze, hier sogar noch in erweitertem Umfang anzuwenden. Denn im Gegensatz zur Mietzahlung, bei der er Rechtsnachteile u.U. noch durch Hinterlegung abwenden kann, steht ihm bei der Kündigung keine entsprechende Möglichkeit zu Gebote. Er muss auf die Erklärung des Erstehers reagieren, will er nicht die Kosten einer verlorenen Räumungsklage riskieren. Deshalb ist der Mieter mangels sonstiger Verteidigungsmöglichkeit selbst dann in seinem Vertrauen auf den Zuschlag zu schützen, wenn er dessen Mangelhaftigkeit kannte oder selbst angegriffen hat.
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2. Mieterhöhungen des Vermieters Anders dürfte die Situation zu beurteilen sein, wenn der Ersteher eine Mieterhöhung verlangt und der Mieter diese gezahlt hat. Denn nach dem Anliegen der § 57 ZVG, §§ 566 ff. BGB soll der Mieter, nicht der Ersteher vor Benachteiligungen im Zusammenhang mit dem Eigentümerwechsel geschützt werden. Behandelt man das von einem Nichtberechtigten erklärte Mieterhöhungsverlangen als unwirksam, entsteht dem Mieter hieraus kein Nachteil. Er kann somit nach Aufhebung des Zuschlags den Erhöhungsbetrag vom Ersteher zurückverlangen.
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3. Die Kündigung des Mieters Wie schon § 566 BGB Abs. 2 Satz 2 zeigt, kann auch der Mieter den Wechsel des Vertragspartners zum Anlass nehmen, das Mietverhältnis zu kündigen. Diese Erklärung wäre, wenn man der Aufhebung des Zuschlags strikte Rückwirkung beimäße, an den Falschen gerichtet und daher unwirksam. Dies würde aber zu denselben Unzuträglichkeiten führen wie die Hinnahme einer Kündigung durch den Ersteher, wenn man der Aufhebung des Zuschlags unbedingte Rückwirkung zuerkennen wollte: Der Mieter wäre u.U. zur Nachzahlung der Miete für Monate verpflichtet. Angesichts der identischen Interessenlage erscheint dieselbe Behandlung wie im Falle der Kündigung durch den Ersteher geboten, da das Vertrauen des Mieters in den staatliche Hoheitsakt hier ebenso schutzwürdig ist.
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4. Gestaltungserklärungen des Voreigentümers Bei Aufhebung des Zuschlags stellt sich des weiteren die Frage, wie zuvor abgegebene Kündigungen oder sonstige Gestaltungserklärungen des Schuldners zu behandeln sind, da dieser mit Rückwirkung in seine Position als Eigentümer und Vermieter zurückversetzt wird. Der Schutz des Vertrauens in den staatlichen Hoheitsakt gebietet hier zwar, diesen Erklärungen zwischen dem Zuschlag und seiner Aufhebung die Wirksamkeit zu versagen. Denn in dieser Zeit durfte der Mieter vom Übergang von Eigentum und Vermieterstellung auf den Ersteher ausgehen. Nach Kenntnis von der Rechtskraft der Entscheidung im Rechtsmittelzug bedarf es dieses Schutzes indessen nicht mehr. Die schutzwürdigen Interessen des Mieters gebieten es nicht, den Erklärungen des Vermieters jede Bedeutung zu nehmen. Vielmehr kann in diesem Zusammenhang einmal dem Rückwirkungsprinzip wenigstens begrenzt zur Durchsetzung verholfen werden: Der Mieter muss, sobald er um die rechtskräftige Aufhebung des Zuschlags weiß, die Erklärungen seines wirklichen Vermieters wieder ernst nehmen. Es erscheint daher angemessen, die Zeit zwischen Zuschlag und der Kenntnis seiner Aufhebung ähnlich wie eine HemAbramenko
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§ 57 Rz. 44 Miete und Pacht mung zu behandeln. So ist diese Zeit etwa bei der Ermittlung der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 574b Abs. 2 Satz 1 BGB nicht zu berücksichtigen. Ist die Frist für die unverzügliche Zurückweisung nach § 111 Satz 2 BGB am Tage des Zuschlags noch nicht abgelaufen, beginnt sie ab Kenntnis der rechtskräftigen Aufhebung des Zuschlags weiterzulaufen.
III. Abänderungsverträge und Verfügungen 1. Rechtsgeschäfte mit dem Mieter zur Zeit des Zuschlags 45
Noch komplizierter kann sich die Rechtslage gestalten, wenn es nicht bei einseitigen Erklärungen der Parteien bleibt, sondern neue Vereinbarungen getroffen werden. Schließen Ersteher und Mieter etwa zur Vermeidung einer Auseinandersetzung über das Sonderkündigungsrecht einen Vergleich, wonach der Mieter gegen Zahlung der Umzugskosten auszieht, stehen nicht nur Wirksamkeit bzw. Fortgeltung einer, sondern beider Willenserklärungen zur Diskussion. Nach oben skizzierten Grundsätzen kann die Beendigung des Mietverhältnisses durch den Ersteher ähnlich wie bei der Kündigung nicht mehr in Frage gestellt werden, auch wenn der Ersteher hierzu bei rückwirkendem Fortfall seiner Eigentümer – und Vermieterstellung eigentlich nicht berechtigt war. Das Vertrauen in den Zuschlag ist nicht nur bei einseitigen Gestaltungserklärungen, sondern auch bei Verträgen des Mieters mit dem Ersteher anzuerkennen. Der Schuldner tritt aber mit Wiederherstellung seiner Eigentümerstellung nicht in den Vertrag mit dem Mieter ein. Insoweit muss sich dieser wegen eventueller Gegenleistungen mit dem Ersteher auseinandersetzen. 2. Die Neuvermietung
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Eine auf den ersten Blick vergleichbare Situation ergibt sich bei der Neuvermietung des Grundstücks durch den Ersteher. Im Unterschied zum Mieter zur Zeit des Zuschlags vertraut der neue Mieter nicht mehr auf einen staatlichen Hoheitsakt, da ihm dieser nie zugestellt wurde. Er vertraut den (konkludenten) Angaben des Erstehers zu seiner Berechtigung, das Grundstück zu vermieten. Es fehlt also an einem Anknüpfungspunkt des Vertrauensschutzes, der dem Schuldner entgegengehalten werden kann. Deswegen kann der neue Mieter darauf verwiesen werden, sich an den Ersteher zu halten. Der Schuldner kann daher nach Aufhebung des Zuschlags die Herausgabe des Grundstücks von dem neuen Mieter verlangen.
E. Die Fortdauer von Rechten und Pflichten aus dem Mietvertrag gegenüber dem Schuldner I. Vor dem Zuschlag fällig gewordene Rechte und Pflichten 47
Der Schuldner wird mit dem Zuschlag nicht aller Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ledig. Zum einen verbleibt ihm die Geltendmachung und Erfüllung aller Rechte und Pflichten, die bereits vor dem Zuschlag fällig wurden. Insoweit kann auf obige Ausführungen Bezug genommen werden.
II. Die bürgengleiche Haftung nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 Abs. 2 BGB 48
Zum zweiten haftet der Schuldner nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB im bestimmten Umfang auch nach dem Zuschlag für die korrekte Erfüllung der Pflichten aus dem Mietvertrag. Da
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Rz. 51 § 57
§ 566 Abs. 2 BGB vom Verweis in § 57 ZVG nicht ausgenommen ist,100 gilt die Vorschrift auch beim Eigentumsübergang im Wege der Zwangsversteigerung, obwohl der Voreigentümer hieran nicht willentlich mitgewirkt und somit bei der Auswahl des Erwerbers nicht mitgewirkt hat. Diese Haftung erfasst aus systematischen Gründen aber nur Verpflichtungen, die nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 Abs. 1 BGB auf den Ersteher übergegangen sind. Für Verfehlungen des Erstehers, die nur deliktische Ansprüche auslösen, muss der Schuldner also nicht einstehen.101 Da der Voreigentümer die Überlassung in Natur nicht mehr erfüllen kann, kommen grundsätzlich nur Schadensersatzansprüche in Geld in Betracht. Hierfür haftet der Schuldner wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Der Mieter kann ihn also ohne weiteres anstelle des Erstehers in Anspruch nehmen. Sofern § 566 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Befreiung des Schuldners von der Haftung vorsieht, wenn der Mieter durch Mitteilung des Vermieters vom Eigentumsübergang Kenntnis erhält, zeigt dies die unglückliche Harmonisierung von Zwangsversteigerung und Mietrecht. Denn der Mieter erhält schon gemäß § 9 Nr. 2 ZVG Mitteilung vom Zuschlag. Gleichwohl soll die Enthaftung des Schuldners nur nach dessen Mitteilung an den Mieter erfolgen.102 Allerdings wird er wohl nicht auch noch den Nachweis des Eigentumsübergangs verlangen können, wenn er hierüber schon durch gerichtliche Mitteilung oder Anwesenheit im Versteigerungstermin unterrichtet ist.103 Eine Enthaftung nach § 566 Abs. 2 Satz 2 BGB setzt des weiteren voraus, dass der Mieter das Mietverhältnis nicht zum ersten möglichen Termin kündigt. Die Bürgenhaftung des Schuldners kann also geraume Zeit fortdauern, wenn das Mietverhältnis für eine bestimmte Zeit geschlossen ist und die Möglichkeit der Kündigung abbedungen wurde. Eine Inanspruchnahme des Schuldners scheidet auch aus, wenn Mieter und Ersteher einen neuen Mietvertrag schließen.104 Denn damit wird der ursprüngliche Vertrag, für dessen Erfüllung der Schuldner haften muss, jedenfalls konkludent aufgehoben.
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III. Die Haftung für die Kaution nach § 566a Satz 2 BGB Des Weiteren haftet auch der Schuldner im Zwangsversteigerungsverfahren nach § 57 ZVG, § 566a Satz 2 BGB für die Rückgewähr der Mietsicherheit. Diese Haftung wird im Einzelnen im Zusammenhang mit der Mietsicherheit behandelt.105
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F. Die Abdingbarkeit der § 57 ZVG, § 566 BGB Bei § 566 BGB handelt es sich nach h.M. nicht um zwingendes Recht. Eine anderslautende Vereinbarung kann aber wegen Abweichung von der gesetzlichen Regelung gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht in allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen.106 Ob eine abweichende Regelung in einer Individualvereinbarung zwischen Voreigentümer und Mieter getroffen werden kann, ist umstritten, aber wohl zu verneinen, da dies ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich des Erwerbers wäre, dem die Rechte aus dem Mietvertrag genommen würden.107 Mag man dies im Hinblick auf entsprechende Regelungsmöglichkeiten im Kauf100 RG, Urt. v. 19.1.1939 – IV 198/38, RGZ 159, 151, 153; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.8. 101 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 60; Leo, NZM 2006, 244, 245; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566 BGB Rz. 147. 102 RG, Urt. v. 19.1.1939 – IV 198/38, RGZ 159, 151, 153; Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 5; Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.8. 103 Vgl. RG, Urt. v. 26.3.1920 – III 388/19, RGZ 98, 273, 274. 104 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 62. 105 S. u. Rz. 52 ff. 106 Schmidt-Futterer/Streyl, § 566 BGB Rz. 150; NK/Riecke, § 566 BGB Rz. 30. 107 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 60; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566 BGB Rz. 150.
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§ 57 Rz. 51 Miete und Pacht vertrag mit dem Erwerber noch bezweifeln können, scheiden entsprechende Regelungen zu Lasten des Erstehers im Vertrag zwischen Voreigentümer und Mieter definitiv aus.108 Da es sich bei §§ 57-57b ZVG um gesetzliche Versteigerungsbedingungen handelt, können sie aber nach § 59 ZVG abgeändert werden, sofern keine zwingenden Regelungen etwa zum Schutze des Mieters betroffen sind.109 Denkbar ist auch eine abweichende Vereinbarung zwischen Mieter und Ersteher,110 sofern nicht bereits begründete und fällige Rechte des Schuldners berührt sind. Denn dann werden nur die Rechte der neuen Vertragsparteien geregelt. Eine solche Abbedingung ist in der Praxis durchaus häufig, wenn Ersteher und Mieter etwa einen neuen Mietvertrag schließen. In der Konsequenz können sich beide Seiten nicht mehr auf den Übergang von Rechten nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 BGB berufen, da sie diese Möglichkeit ausgeschlossen haben. Grundlage des Mietverhältnisses ist dann ausschließlich der neue Vertrag zwischen Mieter und Ersteher.
G. Die Kaution (§ 57 ZVG i.V.m. §§ 566 BGB, 566a BGB) I. Der Zweck der Regelung 52
Für eine Sonderregelung zum Übergang der Rechte und Pflichten hinsichtlich eventuell geleisteter Mietkautionen bestand aus zwei Gründen eine Notwendigkeit. Zum einen regelt § 566 BGB den Eintritt des Erwerbers in die diesbezüglichen Rechte und Pflichten allenfalls unvollständig.111 So gehören jedenfalls Vereinbarungen mit Dritten nicht zu den typisch mietvertraglichen Regelungen, die von § 566 BGB erfasst werden.112 Dies betrifft auch die Stellung von Sicherheiten durch Dritte, etwa in Form von Bürgschaften. Zum anderen wollte der Gesetzgeber den Schutz des Mieters gegen einen Verlust seiner Kaution besonders großzügig ausgestalten, was mit dem einfachen Übergang von Rechten und Pflichten nach seiner Auffassung nicht gewährleistet gewesen wäre. Deshalb ordnet § 566a Satz 1 BGB im Gegensatz zur Vorgängernorm (§ 572 BGB a.F.) einerseits den Eintritt des Erwerbers auch in die Pflichten, nicht nur in die Rechte hinsichtlich der Kaution ein. Dies sichert deren Rückgewähr nach Vertragsende. Denn der Ersteher ist dadurch auch dann zur Rückgewähr der Sicherheit verpflichtet, wenn er diese nicht vom Schuldner erhalten hat.113 Eine Ausnahme sieht die Rechtsprechung dann geboten, wenn der Mieter die Immobilie ersteht und der Zwangsverwalter die Kaution nicht erhalten hat, da dann der Mieter Eigentümer geworden ist und dem Zwangsverwalter nicht mehr als Mieter gegenübersteht.114 Neben dem Ersteher bleibt auch der Voreigentümer subsidiär zur Rückgewähr der Kaution verpflichtet.
108 109 110 111
Stöber, § 57 ZVG Rz. 3.8. Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 29, Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 1. Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 58. Nach BGH, Urt. v. 24.3.1999 – XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 166 ff. = MDR 1999, 988 m. Anm. Börstinghaus gehört die Rückgabe der Kaution überhaupt nicht zu den typisch mietvertraglichen Verpflichtungen. 112 BGH, Urt. v. 24.3.1999 – XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 169 = MDR 1999, 988 m. Anm. Börstinghaus; vgl. o. Rz. 30. 113 BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, MDR 2008, 168 = MietRB 2008, 41 = Rpfleger 2008, 89, 90 = NJW-RR 2008, 323, 324 Rz. 19 (für den Zwangsverwalter); BGH, Urt. v. 7.3.2012 – XII ZR 13/10, MDR 2012, 573 = NotBZ 2012, 213 m. Anm. Krause = MietRB 2012, 232 = Rpfleger 2012, 399 = ZMR 2012, 535 = NJW 2010, 1353 f.; a.A. noch LG Braunschweig, Urt. v. 22.12.2009 – 6 S 60/09, ZMR 2010, 361. 114 BGH, Urt. v. 9.6.2010 – VIII ZR 189/09, MDR 2010, 916 = MietRB 2010, 264 = NJW-RR 2010, 1237; LG Bonn, Urt. v. 4.6.2009 – 6 S 51/09, NJW-RR 2010, 88 f.
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II. Die Anwendbarkeit von § 566a BGB beim Erwerb in der Zwangsversteigerung 1. Fortgeltung von § 572 BGB a.F. § 566a BGB begründet sowohl für den Schuldner als auch für den Ersteher neue Pflichten. Ersterer haftet nach Satz 2 der Vorschrift subsidiär für die Rückgewähr der Kaution, letzterer ist nach Satz 1 auch dann zur Rückzahlung verpflichtet, wenn er sie, was gerade bei Zwangsvollstreckungsschuldnern von praktischer Relevanz sein dürfte, seinerseits nicht erhalten hat. Die Anwendung von § 566a BGB würde somit eine echte Rückwirkung darstellen. Deswegen ist § 566a BGB nur anzuwenden, wenn der Zuschlag nach dem 31.8.2001 erteilt wurde.115 Für Altfälle, in denen den Zuschlag vor diesem Stichtag erfolgte, gilt für die Rechte und Pflichten hinsichtlich der Kaution § 572 BGB a.F. fort. Unerheblich ist dagegen, wann das Mietverhältnis ursprünglich begründet wurde.116
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2. Die gegenständliche Beschränkung auf Mietsicherheiten § 57 ZVG, § 566a BGB sind ferner nur auf Leistungen des Mieters oder Dritter anzuwenden, die als Sicherheitsleistung erbracht wurden. Sonstige Ansprüche des Mieters, etwa Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen unterfallen nicht der Privilegierung durch § 566a BGB.117 Dies gilt selbst dann, wenn der Ersteher bezüglich derartiger Rechte ein Zurückbehaltungsrecht wegen etwaiger eigener Forderungen aus dem Mietverhältnis geltend macht.
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3. Der Eintritt in Rechte und Pflichten nach § 566 BGB Nicht unbedingt dem Wortlaut des § 566a BGB, aber der gesetzlichen Systematik ist zu entnehmen, dass die Vorschrift nur anwendbar ist, wenn es überhaupt zu einem Eintritt des Erwerbers in den Mietvertrag nach § 566 BGB kommt.118 Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn das Grundstück bereits vor der Überlassung an den Mieter zugeschlagen wird.119 In diesen Fällen ist eine bereits geleistete Kaution ausschließlich vom Schuldner zurückzugewähren.
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4. Die Leistung der Sicherheit Die Sicherheit muss nach dem Wortlaut von § 566a BGB bereits erbracht sein. Die Vorschrift 56 ist also auch nach Eigentumsübergang im Wege der Zwangsversteigerung nicht anwendbar, wenn die Verpflichtung des Mieters zur Stellung der Kaution schon dem Schuldner gegenüber fällig war, aber nicht erfüllt wurde. In diesem Fall kann der Ersteher aber aus § 566 Abs. 1 BGB die Sicherheitsleistung verlangen, da er in die Rechte des Voreigentümers eintritt. Entsprechendes gilt, wenn die Kaution berechtigterweise bereits vom Schuldner (etwa wegen Mietrückständen) in Anspruch genommen wurde, was allerdings nach Rechtsprechung des BGH nur selten der Fall sein dürfte.120 Dann geht der Anspruch auf Wiederauffüllung der Kaution
115 BGH, Urt. v. 28.9.2005 – VIII ZR 372/04, MDR 2006, 256 = MietRB 2006, 90 = WuM 2005, 718; vgl. zum rechtsgeschäftlichen Erwerb Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 3. 116 Stöber, § 57 ZVG Rz. 4.1. 117 Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 2; MünchKomm/Häublein, § 566a BGB Rz. 3. 118 Vgl. zum rechtsgeschäftlichen Erwerb Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 2. 119 S. etwa Schmidt-Futterer/Streyl, § 566a BGB Rz. 4 u. 8; NK/Riecke, § 566a BGB Rz. 3; vgl. o. Rz. 18 ff. 120 S. BGH, Urteil v. 7.5.2014 – VIII ZR 234/13, ZMR 2014, 619 = MietRB 2014, 226 = MDR 2014, 704; vgl. aber u. Rz. 61.
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§ 57 Rz. 56 Miete und Pacht auf den Ersteher über.121 Für den Fall der Zwangsverwaltung muss der Zwangsverwalter die Kaution bei dem Mieter geltend machen.122
III. Die Folgen des Zuschlags 1. Rückgewährpflicht des Erstehers 57
Aus § 57 ZVG, § 566a Satz 1 BGB ist der Ersteher wie zuvor der Schuldner zur Rückgewähr der Mietsicherheit verpflichtet.123 Wie diese Pflicht zu erfüllen ist, richtet sich im Einzelnen nach der Art der geleisteten Sicherheit. Eine Barkaution ist in bar zurückzugewähren, eine Bürgschaftsurkunde ist an den Bürgen herauszugeben, eine zur Sicherheit übertragene Forderung ist rückabzutreten, zur Sicherheit übereignete Gegenstände sind rückzuübereignen.124 Bei einem Sparbuch, über das beide Mietvertragsparteien nur gemeinsam verfügen dürfen, muss der Ersteher die Freigabe erklären.125 Eventuelle Zinsen stehen nach § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB dem Mieter zu. Hat der Schuldner nicht für eine verzinsliche Anlage gesorgt, haftet der Ersteher auch für die entgangenen Zinsen, da er auch insoweit an die Stelle des Voreigentümers tritt.126 Für die Rückgewähr sind die vertraglich vereinbarten Fristen einzuhalten. Daraus kann sich aber umgekehrt ergeben, dass der Ersteher bei fortbestehendem Sicherungsbedürfnis – etwa wegen absehbarer Nachforderungen aus der nächsten Betriebskostenabrechnung – noch nicht zur (vollen) Rückgewähr verpflichtet ist. Die Rückgewährpflicht besteht auch dann, wenn der Ersteher die Mietsicherheit nicht vom Schuldner erlangen konnte.127 Selbstverständlich kann er in diesem Fall auch nicht die nochmalige Zahlung der Kaution vom Mieter verlangen.128 2. Subsidiäre Haftung des Schuldners
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Neben dem Ersteher haftet nach § 57 ZVG, § 566a Abs. 1 Satz 2 BGB der Schuldner auf Rückgewähr der Mietsicherheit, wenn er bei Beendigung des Mietverhältnisses „die Sicherheit von dem Erwerber nicht erlangen“ kann. Mit dieser Formulierung kennzeichnet das Gesetz die Haftung des Voreigentümers als subsidiär. Der Mieter muss also zunächst versuchen, die Sicherheit vom Ersteher zu erlangen. Allerdings werden ihm nur zumutbare Anstrengungen abverlangt. Es bedarf nicht immer der Vorausklage gegen den Ersteher. Dies ist nicht zumutbar, wenn entweder bereits die Rechtsverfolgung im Erkenntnisverfahren etwa mangels Zustellmöglichkeit binnen angemessener Frist129 erheblich erschwert ist oder die Vollstreckung eines 121 Vgl. zum rechtsgeschäftlichen Erwerb Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 4; MünchKomm/ Häublein, § 566a BGB Rz. 10; Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 566 BGB Rz. 37; Schmidt-Futterer/ Streyl, § 566a BGB Rz. 10. 122 BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, MDR 2008, 168 = MietRB 2008, 41 = Rpfleger 2008, 89, 90 = NJW-RR 2008, 323, 324 Rz. 19. 123 BGH, Urt. v. 7.3.2012 – XII ZR 13/10, MDR 2012, 573 = NotBZ 2012, 213 m. Anm. Krause = MietRB 2012, 232 = Rpfleger 2012, 399. 124 A.A. für automatischen Rückfall des Eigentums Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 14. 125 Vgl. Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 9. 126 NK/Riecke, § 566a BGB Rz. 10; MünchKomm/Häublein, § 566a BGB Rz. 13. 127 S.o. Rz. 52. 128 Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 11. 129 Beispiel von Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 16. Die dort gleichfalls angeführte endgültige Erfüllungsverweigerung dürfte dagegen nicht genügen, da dann ein Rechtsstreit praktisch immer unzumutbar würde; vgl. NK/Riecke, § 566a BGB Rz. 8; ähnlich Schmidt-Futterer/Streyl, § 566a BGB Rz. 28, wonach die Inanspruchnahme des Erwerbers „offensichtlich aussichtslos“ sein muss; a.A. noch Schmidt-Futterer/Gather, 9. Aufl. 2007, § 566a BGB Rz. 28 u. Leo, NZM 2006, 244, wonach der Mieter grundsätzlich nicht verpflichtet sein soll, den Voreigentümer zu verklagen. Nach BGH, Urt. v. 24.3.1999 – XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 169 = MDR 1999, 988 m. Anm. Börsting-
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Titels insbesondere wegen Vermögenslosigkeit keine Befriedigung verspricht.130 Der Wortlaut des Gesetzes verlangt aber für die Geltendmachung des Anspruchs gegen den Voreigentümer die „Beendigung des Mietverhältnisses“. Eine auf zukünftige Leistung gerichtete Klage ist daher unzulässig.131 Der Mieter kann allenfalls, wenn der Anspruch schon vorher bestritten wird, eine Feststellungsklage erheben.132 Der Umfang der Haftung entspricht derjenigen des Erstehers, umfasst also, wenn die verzinsliche Anlage durch den Ersteher versäumt wurde, auch nicht erwirtschaftete Zinsen.133 Eine Ausnahme von der Haftung des Schuldners wird man allerdings dann annehmen müssen, wenn er dem Mieter nach dem Zuschlag die Sicherheit zurückgewährt.134 Denn dann besteht das im Gesetz vorausgesetzte Sicherungsbedürfnis gerade nicht mehr.
IV. Abweichende vertragliche Regelungen § 566a BGB ist nicht zwingend, so dass grundsätzlich abweichende Regelungen auch für den 59 Fall der Zwangsversteigerung möglich sind, allerdings nicht in Formularverträgen.135 Denkbar ist etwa ein individualvertraglicher Ausschluss der Haftung nach § 566a Satz 2 BGB oder ihre strikte Abhängigkeit von einer Vorausklage gegen den Ersteher.136 Nicht denkbar ist dagegen eine Verschärfung der Erwerberhaftung, etwa durch Ausdehnung des § 566a Satz 1 BGB auf Fälle, in denen das Grundstück noch nicht überlassen wurde. Denn dies wäre als Vertrag zu Lasten Dritter unwirksam.
H. Die Rechtsbeziehungen zu anderen Beteiligten (Schuldner und Dritten) I. Die Bedeutung der Beziehungen zu Schuldner und Dritten Das Gesetz konzentriert sich auf die Beziehungen des Mieters zum neuen Eigentümer und geht im Interesse des Mieterschutzes nur bei der Rückzahlung der Kaution hierüber hinaus (§ 566a BGB). Die sonstigen Beziehungen zu den weiteren Beteiligten, die durch den Eigentumsübergang im Rahmen der Zwangsversteigerung betroffen sind, sind in § 57 ZVG, §§ 566 ff. BGB allenfalls rudimentär geregelt. Sie können jedoch von erheblicher praktischer Bedeutung sein, wenn etwa der Ersteher die Sicherheit eines Dritten in Anspruch nehmen will. Deshalb sollen die wesentlichen Aspekte der Beziehungen zu Schuldner und Dritten hier im Überblick zusammengefasst werden.
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II. Die Beziehungen zwischen Schuldner und Ersteher Das Schrifttum erörtert Verhältnis des Erwerbers zum Voreigentümer insbesondere bei der Kaution. Nach h.M. ist dieses Verhältnis durch § 57 ZVG, § 566a BGB mittelbar mitgeregelt,
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haus ist der Erwerber jedenfalls „nach Treu und Glauben gehalten (…), zunächst den Erwerber als den gegenwärtigen Sicherungsnehmer und Mietvertragspartner in Anspruch zu nehmen“. MünchKomm/Häublein, § 566a BGB Rz. 14; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566a BGB Rz. 28. BGH, Urt. v. 24.3.1999 – XII ZR 124/97, BGHZ 141, 160, 161 f. = MDR 1999, 988 m. Anm. Börstinghaus. Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 16. Vgl. MünchKomm/Häublein, § 566a BGB Rz. 13. MünchKomm/Häublein, § 566a BGB Rz. 16; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566a BGB Rz. 32. Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 18; MünchKomm/Häublein, § 566a BGB Rz. 18; SchmidtFutterer/Streyl, § 566a BGB Rz. 49. Vgl. NK/Riecke, § 566a BGB Rz. 16; MünchKomm/Häublein, § 566a BGB Rz. 19; weiter gehend für Gewerberaummietverhältnisse Leo, NZM, 2006, 244, 245.
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§ 57 Rz. 61 Miete und Pacht da der Erwerber im die Rechte des Veräußerers eintritt. Daraus soll folgen, dass die Rechte aus einer geleisteten Sicherheit kraft Gesetzes auf den Erwerber übergehen.137 Dies muss dann auch für den Ersteher in der Zwangsversteigerung gelten. Umstritten ist allerdings, ob der Voreigentümer wegen bereits entstandener Forderungen gegen den Mieter die Herausgabe der Sicherheit an den neuen Eigentümer verweigern kann.138 Dies ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn der gesicherte Anspruch auch wirtschaftlich trotz des Eigentumsübergangs noch dem Schuldner zuzuordnen ist. Hat der Mieter etwa eine Betriebskostennachzahlung nicht erbracht, ist das Vermögen des Schuldners nach wie vor geschmälert. Der Ersteher wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da ihm ein Anspruch auf Wiederauffüllung der Sicherheit zukommt.139 62
Weniger Klarheit als bei der Herausgabe der Mietsicherheit herrscht bei sonstigen Ansprüchen des Erwerbers, etwa bei der Herausgabe des Mietvertrags. Hier werden verschiedene Konstruktionen diskutiert.140 Dies erscheint nicht recht einsichtig, da auch § 566 BGB den Eintritt des Erwerbers in die Rechte des Voreigentümers anordnet. Es dürfte daher am nächsten liegen, auch insoweit einen gesetzlichen Anspruch auf Herausgabe der erforderlichen Unterlagen anzunehmen, was dann auch für den Ersteher im Rahmen der Zwangsversteigerung gelten muss. Größere Probleme dürften sich allerdings dann ergeben, wenn dem Ersteher mit der bloßen Herausgabe nicht geholfen ist, da die Dokumente erforderliche Informationen nicht erhalten, etwa bei mündlichen Absprachen mit dem Mieter. Vertragliche Ansprüche kommen mangels Rechtsgeschäft und dem Ersteher nicht in Betracht. Ebenso wenig kann man hier einen Übergang kraft Gesetzes annehmen können, da es nicht um den Übergang bereits bestehender Rechte, sondern um neue, bislang nicht existierende Ansprüche geht. Hier dürfte aber nach allgemeinen Grundsätzen ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB zu bejahen sein,141 wenn der Ersteher sichere Informationen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erlangen kann, während dem Schuldner die Auskunft keine nennenswerte Mühe bereitet.
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Auch beim rechtsgeschäftlichen Übergang kaum erörtert ist das Verhältnis von Voreigentümer und Erwerber für den Fall, dass ersterer wegen der Nichterfüllung von Verbindlichkeiten gemäß § 57 ZVG, § 566 Abs. 2 BGB oder auf Rückgewähr der Kaution nach § 57 ZVG, § 566a Satz 2 BGB in Anspruch genommen wird. Anders als beim rechtsgeschäftlichen Erwerb kann man beim Eigentumsübergang durch Zuschlag keine zumindest konkludente vertragliche Einstandspflicht des Voreigentümers annehmen,142 da überhaupt keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Auch ein Ausgleich nach § 426 BGB scheidet aus, weil Voreigentümer und Ersteher nicht gleichrangig haften.143 Da § 566a Satz 2 BGB ausdrücklich auf die Vorschriften zur Bürgschaft Bezug nimmt, wird man diese Lücke aber durch analoge Anwendung von § 774 BGB schließen können, wonach die Forderung nach Inanspruchnahme des Bürgen – bzw. hier des Schuldners – auf diesen übergeht. 137 OLG Hamburg, Urt. v. 21.4.1970 – 2 U 104/69, MDR 1970, 1015; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 5; NK/Riecke, § 566a BGB Rz. 11; Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 11; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566a BGB Rz. 12; Derleder, NJW 2008, 1189, 1192. 138 Bejahend Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 566a BGB Rz. 55; NK/Riecke, § 566a BGB Rz. 9; verneinend Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 4; Derleder, NJW 2008, 1189, 1192; für einen Mittelweg offenbar MünchKomm/Häublein, § 566a BGB Rz. 11 f., wonach der Veräußerer dem Erwerber bei Barkautionen wohl solche Forderungen entgegenhalten kann, die zur Zeit der Veräußerung rechtskräftig festgestellt sind. 139 S. auch Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 4; Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 566a BGB Rz. 35. 140 Vgl. Liebl-Wachsmuth, ZMR 1984, 145 ff., der selbst (147) für einen Anspruch auf Fertigung von Kopien nach § 810 BGB plädiert. 141 Vgl. Liebl-Wachsmuth, ZMR 1984, 145, 147, der einen Anspruch aus § 242 BGB gegenüber dem Mieter bejaht. 142 Zu den vertraglichen Beziehungen zwischen den Kaufvertragsparteien s. Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 17; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566a BGB Rz. 35. 143 Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 17.
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III. Die Beziehungen zwischen Schuldner und Mieter Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag gehen grundsätzlich auf den Ersteher über. Der Schuldner behält aber solche Ansprüche, die beim Zuschlag bereits fällig waren, etwa auf Betriebskostennachzahlungen, und bleibt zur Erfüllung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten verpflichtet.144 Darüber hinaus ordnet § 566 Abs. 2 BGB eine bürgenartige Haftung für die Erfüllung der Pflichten aus dem Mietverhältnis an.145 Daneben haftet er neben dem Ersteher nach § 566a Satz 2 BGB auch für die Rückgewähr der Mietkaution.146
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IV. Die Beziehungen zwischen Schuldner und Dritten, etwa Bürgen Aus den dargelegten Grundsätzen, die für die Beziehungen zwischen Schuldner und Mieter 65 gelten, folgen auch die Regeln für Rechte und Pflichten des Schuldners gegenüber Dritten wie Bürgen, Mietgaranten o.ä. Sofern man die Haftung der Mietsicherheit für bereits entstandene Forderungen des Voreigentümers bejaht, kann dieser auch den Dritten in diesem Umfang weiterhin in Anspruch nehmen.147 Denn insoweit steht ihm die Forderung noch zu. Ansonsten erlöschen Bürgschaften zugunsten des Schuldners infolge ihrer Akzessorietät mit dem Zuschlag, da der Schuldner dann nicht mehr Inhaber von Forderungen gegen den Mieter sein kann.148 Kaum erörtert wird die Frage der Rückgewähr von Sicherheiten an den Dritten nach dem Zuschlag. Jedenfalls die ergänzende Auslegung des Bürgschaftsvertrags wird hier aufgrund der Beendigung des Mietverhältnisses und dem Wegfall des Risikos, für das die Bürgschaft gestellt wurde, einen Anspruch auf Herausgabe vorhandener Urkunden ergeben. Problematischer erscheint der Fall, in dem der Dritte eine Barkaution geleitet hat, was etwas bei Studentenwohnungen häufig durch Sicherheitsleistung der Eltern geschieht. Wird diese beim Eigentumswechsel nicht oder an den Ersteher herausgegeben, wird man jedenfalls analog § 566a Satz 2 BGB einen Anspruch auf Rückgewähr auch gegen den Schuldner annehmen müssen.149
V. Die Beziehungen zwischen Ersteher und Dritten, etwa Bürgen Auch die Beziehungen zwischen Ersteher und Drittem sind mittelbar in § 57 ZVG, §§ 566, 66 566a BGB geregelt. Danach tritt der Ersteher kraft Gesetzes in die Stellung des Voreigentümers ein.150 Entstehen also Forderungen, die dem Zweck der Sicherheitsleistung unterfallen, kann der Ersteher den Dritten insoweit in Anspruch nehmen. Die Einzelheiten richten sich nach der konkreten Art der Sicherheitsleistung. Eine Barkaution kann der Ersteher ohne weiteres verwerten, bei der Bürgschaft muss er den Bürgen u.U. gerichtlich in Anspruch nehmen. Umgekehrt kann der Dritte etwa nach Beendigung des Mietverhältnisses und Nichtbestehen weiterer Forderungen gegen den Mieter die Rückzahlung der Sicherheit bzw. die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangen. Nach diesen Grundsätzen kann der Ersteher auch die Wiederauffüllung der Sicherheitsleistung verlangen, wenn sie zu Unrecht an den Voreigentümer zurückgegeben oder von ihm in Anspruch genommen wurde. Zum Zwangsverwalter besteht nach Auffassung des BGH eine Sonderrechtsbeziehung mit treuhänderischen Charakter, aufgrund derer der Ersteher etwa Überschüsse, die nicht dem Gläubiger zustehen, herausverlan144 145 146 147 148 149 150
S.o. Rz. 47. S.o. Rz. 50. S.o. Rz. 58. Vgl. o. Rz. 57; hiergegen etwa Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 9. Staudinger/Emmerich, § 566a BGB Rz. 14. Vgl. allgemein Schmidt-Futterer/Streyl, § 566a BGB Rz. 4. MünchKomm/Häublein, § 566a BGB Rz. 7; Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 566a BGB Rz. 19.
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§ 57 Rz. 66 Miete und Pacht gen kann.151 Umgekehrt kann der Zwangsverwalter allerdings für eine bis zum Zuschlag eingetretene Unterdeckung weder Ausgleich verlangen noch mit später eingegangenen Mieten aufrechnen.152
§ 57a [Sonderkündigungsrecht des Erstehers] Der Ersteher ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn sie nicht für den ersten Termin erfolgt, für den sie zulässig ist.
A. Zweck und Bedeutung der Norm . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . I. Mietverhältnisse, keine sonstige Gebrauchsüberlassung . . . . . . . . . . II. Grundstücksteile und mithaftendes Zubehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vollstreckungsversteigerung . . . . . . C. Voraussetzungen des Sonderkündigungsrechts nach § 57a ZVG . . . . . D. Die zur Kündigung Berechtigten . . . I. Der Ersteher . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einschränkungen aus dem Sinn der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schuldner als Ersteher . . . . . . . . . . 2. Erwerb ideeller Bruchteile . . . . . . . . 3. Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . 4. Mieter, Pächter und sonstige Dritte . . III. Die fortbestehende Zwangsverwaltung E. Die Frist zur Kündigung . . . . . . . . I. Die Kündigung zur erstmöglichen gesetzlichen Frist . . . . . . . . . . . . .
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II. F. I. II. G. I. II. 1. 2. 3. III.
H. I.
Überlegungs- und Prüffristen . . . . . . Anforderungen an die Kündigung . . . Form und Inhalt der Kündigung . . . . . Zugang der Kündigung . . . . . . . . . . Gründe für die Kündigung und den Widerspruch hiergegen . . . . . . . . . . Das Vorliegen von Kündigungsgründen Der Widerspruch nach § 574 BGB . . . Rechte des Wohnraummieters . . . . . . Weitere Beschränkungen des Kündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechte des Untermieters . . . . . . . . . . Die Konkurrenz von Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG und späterer Kündigung . . . . . . . . . . . . . Beeinträchtigung des Kündigungsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abdingbarkeit und abweichende Versteigerungsbedingungen . . . . . . .
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Literatur: Crezelius, Untermiete und Mieterschutz, JZ 1984, 70; Derleder, Der „mitgekaufte“ Mieter, NJW 2008, 1189-1195; Engels, Anm. zu BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, Rpfleger 2008, 91 f.; Jeckstaedt, Verwalten für den insolventen Eigentümer, GE 2012, 932; Matthies, Mieterschutz und gewerbliche Zwischenvermietung, NJW 1988, 1631; Mayer, Verkürzt § 57a ZVG die gesetzliche Kündigungsfrist?, Rpfleger 1999, 210 f.; Reinelt, Der Räumungsschutz des gutgläubigen Untermieters, NJW 1984, 2869; Rips, Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach kollusivem Zusammenwirken gegen Herausgabeanspruch des Eigentümers bei Zwangsversteigerung des unentgeltlich überlassenen Wohnraums, jurisPR-
151 BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, MDR 2008, 168 = MietRB 2008, 41 = Rpfleger 2008, 89, 90 = NJW-RR 2008, 323, 324 Rz. 22; BGH, Beschl. v. 17.11.2011 – V ZB 34/11, MDR 2012, 139 = MietRB 2012, 72 = Rpfleger 2012, 274, 275 Rz. 16. 152 BGH, Beschl. v. 17.11.2011 – V ZB 34/11, MDR 2012, 139 = MietRB 2012, 72 = Rpfleger 2012, 274, 275 Rz. 15.
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Sonderkündigungsrecht des Erstehers
Rz. 3 § 57a
MietrR 7/2005, Anm. 2; Schmidberger, Ersteheransprüche aus Nebenkostenabrechnung, ZInsO 2008, 83-89; Witthinrich, Kündigungsschutz in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1987, 98.
A. Zweck und Bedeutung der Norm § 57a ZVG soll den Grundsatz, wonach die Zwangsversteigerung nicht die Miete bricht, zugunsten des Erstehers einschränken. Wenn schon nach § 57 ZVG, §§ 566 ff. BGB kraft Gesetzes ein Mietvertrag mit dem Inhalt des früheren neu begründet wird, soll ihn der Ersteher schneller beenden können als nach der u. U. langfristigen Vertragslaufzeit bestimmt. Im Ergebnis läuft dies jedenfalls bei Mietverträgen über Wohnraum nur auf eine Abkürzung vertraglicher Kündigungsfristen hinaus, da die gesetzlichen schon dem Wortlaut der Norm nach eingehalten werden und die besonderen Kündigungsgründe vorliegen müssen.1
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B. Anwendungsbereich I. Mietverhältnisse, keine sonstige Gebrauchsüberlassung Das Sonderkündigungsrecht betrifft nur Mietverhältnisse. Sonstige Rechtsverhältnisse, kraft derer einem anderen als dem Eigentümer das Grundstück überlassen ist, unterfallen § 57a ZVG nicht. So richtet sich etwa ein Nießbrauch oder ein Wohnrecht alleine nach § 91 ZVG, erlischt also mit dem Zuschlag, wenn es nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibt. In letzterem Fall besteht kein Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG.
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II. Grundstücksteile und mithaftendes Zubehör Hingegen bedarf es wie stets bei einem Eigentümerwechsel nach §§ 57 ff. ZVG, §§ 566 ff. BGB nicht der Vermietung des gesamten Grundstücks. So wie mit dem Ersteher ein neuer Vertrag mit dem Inhalt des alten zustande kommt, auch wenn z. B. nur einzelne Grundstücksflächen, Räume oder auch nur eine Wand zu Reklamezwecken vermietet wurde, ist dieser Vertrag auch nach § 57a ZVG privilegiert kündbar.2 Dies setzt aber voraus, dass der Teil des Grundstücks oder des Gebäudes eigenständige Bedeutung für den Mieter hat, etwa alleiniger Mietgegenstand ist wie z. B. eine Wand als Werbefläche. Ob das Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG die Zerstückelung eines einheitlichen Mietverhältnisses erlaubt, wird nicht einheitlich beantwortet. Die Rechtsprechung bejahte dies früher, wenn mehrere rechtlich selbständige Grundstücke vermietet sind, aber einheitlich, z. B. als landwirtschaftliche Einheit bewirtschaftet werden.3 Dies lässt sich kaum mit der mieterschützenden Absicht von § 57 ZVG, § 566 BGB vereinbaren. Die Interessenlage dürfte eher derjenigen bei Veräußerung eines Grundstücks an verschiedene Personen entsprechen. Hier wird aber angenommen, dass ein einheitliches Mietverhältnis fortbesteht.4 Entsprechendes gilt auch für mithaftende Gegenstände. Wurden etwa zu einem auf dem Grundstück betriebenen Unternehmen gehörende Fahrzeuge, die der Beschlagnahme unterliegen, separat vermietet, so kann der Mietvertrag nach § 57a ZVG gekündigt werden, obwohl es sich um bewegliche Sachen handelt.5
1 BGH, Beschl. v. 21.4.1982 – VIII ARZ 16/81, BGHZ 84, 90, 100 f. = MDR 1982, 747. 2 Stöber, § 57a ZVG Rz. 2.3. 3 RG, Urt. v. 29.4.1929 – VIII 96/29, RGZ 124, 195, 198 f. (aber in sich widersprüchlich); dem im Ergebnis folgend Stöber, § 57a ZVG Rz. 2.3. 4 Staudinger/Emmerich, § 566 BGB Rz. 24 f. 5 Beispiel von Stöber, § 57a ZVG Rz. 2.5.
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§ 57a Rz. 4 Sonderkündigungsrecht des Erstehers
III. Vollstreckungsversteigerung 4
Das Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG existiert nur in der Vollstreckungs-, nicht auch in der Teilungsversteigerung, wie § 183 ZVG ausdrücklich anordnet.6 Hingegen ist § 57a ZVG in der Insolvenzverwalter- und in der Nachlassversteigerung anwendbar, da §§ 172 ff. ZVG nichts Gegenteiliges bestimmen.7
C. Voraussetzungen des Sonderkündigungsrechts nach § 57a ZVG 5
Wie die Regelungen zur Kaution setzt auch das Kündigungsrecht nach § 57a ZVG das Bestehen eines Mietverhältnisses voraus, das nach § 57 ZVG, § 566 BGB auf den Ersteher übergegangen ist. Hat der Mietaspirant etwa noch keinen Besitz des Grundstücks erlangt, bedarf es keiner Sonderkündigung nach § 57a ZVG, da kein neuer Vertrag nach § 566 BGB mit dem Ersteher zustande kommt. Ist das Mietverhältnis bereits gekündigt, tritt der Ersteher nur in das Abwicklungsverhältnis mit dem Mieter ein. Einer Sonderkündigung nach § 57a ZVG bedarf es hier ebenfalls nicht. Auch die eigenmächtige Besitzergreifung genügt nicht,8 wenn sie nicht durch den Schuldner genehmigt wurde. Ebenso wenig findet § 57a ZVG auf den Schuldner Anwendung, der das Grundstück selbst nutzt. Denn der Ersteher verfügt schon mit dem Zuschlagsbeschluss einen Titel gegen ihn. Die Räumung bedarf mithin keiner Kündigung.
D. Die zur Kündigung Berechtigten I. Der Ersteher 6
Zur Kündigung ist nach dem klaren Wortlaut der Norm nur der Ersteher berechtigt. Sonstige Verfahrensbeteiligte wie etwa der Schuldner dürfen die Zwangsversteigerung nicht – etwa zur Erzielung eines besseren Erlöses – zum Anlass nehmen, eine Kündigung auszusprechen. Das gilt auch für den Mieter, der weiterhin nur im vertraglichen oder gesetzlichen Rahmen kündigen darf, und selbstverständlich auch für Grundpfandgläubiger. Der Ersteher muss nicht mit dem Meistbietenden identisch sein, wie § 81 Abs. 4 ZVG zeigt. Werden die Rechte aus dem Meistgebot wirksam an einen Dritten abgetreten, so ist dieser Ersteher und kann das Mietverhältnis kündigen.9 Gleiches soll gelten, wenn das Grundstück alsbald nach dem Zuschlag weiterveräußert wird, sofern der zeitliche Rahmen eine Kündigung nach § 57a ZVG dann noch zulässt.10 Eine bis dahin vom Ersteher ausgesprochene Kündigung bleibt für den Erwerber wirksam, da dieser das Mietverhältnis nach § 57 ZVG, § 566 BGB dann nur im Abwicklungszustand übernimmt.
II. Einschränkungen aus dem Sinn der Norm 1. Schuldner als Ersteher 7
Das Sonderkündigungsrecht kann aber in Einschränkung des Wortlauts der Norm dann nicht bestehen, wenn der Schuldner das Grundstück selbst ersteigert.11 Dies ergibt sich schon da6 RG, Urt. v. 19.1.1939 – IV 198/38, RGZ 159, 151, 154; zu den möglichen Auswirkungen auf die Gestaltung des Verfahrens s. LG München II, Beschl. v. 31.7.2017 – 7 T 504/17, Rpfleger 2018, 44 f. 7 Stöber, § 57a ZVG Rz. 1.2. 8 Stöber, § 57a ZVG Rz. 2.4 i.V.m. § 57 Rz. 1.3. 9 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 11; Böttcher, §§ 57-57d Rz. 9; a.A. Steiner/Teufel, §§ 57-57d Rz. 48. 10 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 11. 11 Jäckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 11; Stöber, § 57a ZVG Rz. 2.6 m.w.N.
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Sonderkündigungsrecht des Erstehers
Rz. 11 § 57a
raus, dass der Mietvertrag dann nach § 57 ZVG, § 566 BGB zu den ursprünglichen Bedingungen fortbesteht. Der Schuldner kann sich auf diesem Wege also keine zusätzliche Kündigungsmöglichkeit verschaffen. 2. Erwerb ideeller Bruchteile Auch beim Erwerb eines ideellen Bruchteils im Wege der Zwangsversteigerung kann der neue Bruchteilseigentümer das bestehende Mietverhältnis nicht nach § 57a ZVG kündigen. Denn dieses besteht am gesamten Grundstück, von dem der Ersteher in diesem Fall eben nur einen ideellen Bruchteil erworben hat. Insoweit müssen also alle Miteigentümer nach § 744 Abs. 1 BGB zusammenwirken.12 Eine Sonderkündigung durch alle Bruchteilseigentümer scheidet aber gleichfalls aus, da die bisherigen, nicht durch den Zuschlag aus der Eigentümerstellung ausgeschiedenen Bruchteilseigentümer eben keine Ersteher nach § 57a ZVG sind.13 Das gilt auch dann, wenn die anderen Bruchteile bereits dem Ersteher gehörten.14
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3. Rechtsmissbrauch Wie stets scheidet auch die Ausübung des Rechts aus § 57a ZVG bei rechtsmissbräuchlichem 9 Verhalten aus. Dies ist nicht dann der Fall, wenn ein Bieter das Grundstück bewusst in der Absicht ersteht, bestehende Mietverträge zu kündigen.15 Rechtsmissbrauch wurde aber dann angenommen, wenn die Zwangsversteigerung nur dazu dienen sollte, ein Kündigungsrecht entgegen den restriktiveren gesetzlichen Möglichkeiten zu schaffen.16 4. Mieter, Pächter und sonstige Dritte Nach dem klaren, nicht erweiterungsfähigen Wortlaut der Norm kommt das Sonderkündigungsrecht nur dem Ersteher zu. Dritten kommt kein Sonderkündigungsrecht zu, selbst wenn sie an dem Versteigerungsverfahren beteiligt sind.17 Der Mieter oder Pächter kann also nur nach den gesetzlichen oder vertraglichen Vorgaben zum nächsten ordentlichen Termin kündigen. Dass ihm solchermaßen unabänderlich ein neuer Vertragspartner aufgezwungen wird, ist hinzunehmen, da gerade die §§ 57 ff. ZVG, §§ 566 ff. BGB umfangreichen Schutz gegen Veränderungen des Mietverhältnisses bzw. den Wegfall eines solventen Schuldners bieten. Sonstigen Dritten wie Grundpfandrechtsgläubigern kommt von vorneherein kein Kündigungsrecht zu, da ihnen nicht die Befugnis zusteht, in fremde Vertragsverhältnisse einzugreifen.
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III. Die fortbestehende Zwangsverwaltung Noch nicht abschließend geklärt sind die Probleme, die sich aus einer parallel zur Zwangsversteigerung angeordneten Zwangsverwaltung ergeben. Grundsätzlich tritt der Zwangsverwalter an die Stelle des Eigentümers, weshalb ihm, nicht jenem, die Befugnis zur Gestaltung von Mietverhältnissen durch Kündigung oder Abschluss neuer Mietverträge zukommt.18 Die 12 RG, Urt. v. 1.11.1916 – VII 96/16; RGZ 89, 176, 178; Urt. v. 29.4.1929 – VIII 96/29, RGZ 124, 195, 199. 13 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 50. 14 Stöber, § 57a ZVG Rz. 2.6. 15 BGH, Urt. v. 17.5.1978 – VIII ZR 48/77, Rpfleger 1978, 304. 16 BGH, Urt. v. 17.5.1978 – VIII ZR 48/77, Rpfleger 1978, 304; ähnlich schon KG, Urt. v. 20.4.1972 – 8 U 1831/71, OLGZ 1973, 1 ff.; allg. s. etwa RG, Urt. v. 23.6.1917 – V 33/17, RGZ 90, 350, 355 f.; Rips, jurisPR – MietrR 7/2005, Anm. 2. 17 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 37; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 6. 18 BGH, Urt. v. 9.3.2005 – VIII ZR 330/03, MDR 2005, 980 = WuM 2005, 460, 461 f.
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§ 57a Rz. 11 Sonderkündigungsrecht des Erstehers Zwangsverwaltung endet aber nicht automatisch mit dem Zuschlag.19 Hierzu bedarf es einen eigenen Beschlusses, der nicht unbedingt innerhalb der dem Ersteher zugebilligten Frist zur Prüfung der Aussichten einer Kündigung von maximal einer Woche ergeht. Bei fortdauernder Zwangsverwaltung kann aber die Berechtigung des Erstehers zur Kündigung durchaus in Frage gestellt werden, auch wenn dem Zwangsverwalter eigentlich keine Verwaltungsbefugnis für den Ersteher zukommt.20 Zwar sprechen gute Argumente dafür, den Zwangsverwalter eher als Sachwalter der berechtigten Belange des Erstehers, aber nicht als neben ihm Berechtigten mit entgegenstehenden Befugnissen anzusehen.21 Bis zu einer Klärung dieser Frage in der Rechtsprechung empfiehlt sich daher ein doppeltes Vorgehen: Sowohl der Ersteher als auch der Zwangsverwalter sollten in eigenem Namen kündigen, wobei der Zwangsverwalter auch als Bevollmächtigter auftreten kann.22 In diesem Falle geht zwar eine Kündigung ins Leere, die andere beendet aber das Mietverhältnis nach § 57a ZVG.
E. Die Frist zur Kündigung I. Die Kündigung zur erstmöglichen gesetzlichen Frist 12
Die Kündigung ist nach § 57a ZVG nur möglich, wenn sie „für den ersten Termin erfolgt, zu dem sie zulässig ist“. Dies soll rasche Klarheit über den Fortbestand des Mietverhältnisses bringen. Die Zulässigkeit setzt nicht die Rechtskraft des Zuschlags voraus.23 Maßgeblich ist also die erste zulässige Kündigungsmöglichkeit nach seiner Erteilung.24 Sofern der Ersteher keine Kenntnis von dem Miet- oder Pachtverhältnis hat, beginnt die Frist ab Erlangung der Kenntnis zu laufen.25 Die Zulässigkeit richtet sich alleine nach den gesetzlichen, nicht nach vertraglich vereinbarten Fristen.26 Längere vertragliche Fristen muss der Ersteher also nicht einhalten, ebenso wenig die längeren Kündigungsfristen des § 573c Abs. 1 Satz 2 BGB, da insoweit § 573d Abs. 2 BGB vorrangig ist.27 Auch die längere Frist bei Gebäuden mit nur zwei Wohnungen (§ 573a Abs. 1 Satz 2 BGB) gilt nach § 573d Abs. 2 Satz 2 BGB nicht.28 Dies sind auch die einzigen Vorteile der Regelung in der Praxis, da diese keine zusätzlichen Kündigungsgründe normiert.29 Da vertragliche Fristen nicht maßgeblich sind, ist umgekehrt eine Kün19 Dazu, dass zwischen Zwangsverwalter und Ersteher eine „Sonderrechtsbeziehung mit treuhänderischem Charakter“ besteht, s. BGH, Urt. v. 11.10.2007 – IX ZR 156/06, MDR 2008, 168 = MietRB 2008, 41 = Rpfleger 2008, 89, 90 = NJW-RR 2008, 323, 324 Rz. 22; BGH, Beschl. v. 17.11.2011 – V ZB 34/11, MDR 2012, 139 = MietRB 2012, 72 = Rpfleger 2012, 274, 275 Rz. 16; Engels, Rpfleger 2008, 91 f. auch zur Mitwirkungspflicht des Zwangsverwalters; insoweit unrichtig Schmidberger, ZInsO 2008, 83, 87. 20 Daher für eine uneingeschränkte Kündigungsberechtigung des Erstehers Stöber, § 57a ZVG Rz. 2.8. 21 Ausführlich hierzu OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 4.11.2016 – 13 U 111/16, Rpfleger 2017, 355, 356 f. 22 Zur vorsorglichen Kündigung s. auch OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 4.11.2016 – 13 U 111/16, Rpfleger 2017, 355, 357. 23 RG, Urt. v. 15.5.1936 – III 273/35, RGZ 151, 259, 261. 24 OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 4.11.2016 – 13 U 111/16, Rpfleger 2017, 355, 356. 25 BGH, Urt. v. 9.11.2001 – LwZR 4/01, MDR 2002, 269 = Rpfleger 2002, 133, 134. 26 RG, Urt. v. 26.3.1920 – III 388/19, RGZ 98, 273, 274; BVerfG, Beschl. v. 8.8.1989 – 1 BvR 705/89, ZMR 1989, 410; OLG Celle, Urt. v. 24.2.1987 – 4 U 66/86, MDR 1988, 144 = NJW-RR 1988, 80; anders für eine vereinbarte Unkündbarkeit mit 15jähriger Mietdauer im Gegenzug für Investitionen in die Gewerbeimmobilie BGH, Urt. v. 29.4.2009 – XII ZR 66/07, MDR 2009, 920 = MietRB 2009, 230 = Rpfleger 2009, 582 f. = ZMR 2009, 749 f. Rz. 8 ff. 27 Derleder, NJW 2008, 1189, 1195. Die Bedenken von Mayer, Rpfleger 1999, 210 dürften sich mit der Neufassung des Gesetzes überholt haben, da der Gesetzgeber keine Klarstellung in dessen Sinne für nötig befand. 28 Derleder, NJW 2008, 1189, 1195. 29 BayObLG, Rechtsentscheid v. 10.6.1992, REMiet 2/92, MDR 1992, 1149, NJW-RR 1992, 1166, 1168.
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Sonderkündigungsrecht des Erstehers
Rz. 14 § 57a
digung nicht verspätet, die zwar zur erstmöglichen gesetzlichen Frist erfolgt, aber eine kürzere vertragliche Kündigungsmöglichkeit nicht nutzt.30 Dies wird allerdings nur außerhalb des Wohnraummietrechts von Bedeutung sein, da die dortigen Fristen nach § 573c Abs. 4 BGB nicht zum Nachteil des Mieters abbedungen werden können. Bei den Regelungen der Kündigung von Wohnraummietverhältnissen nach §§ 573d Abs. 2 BGB bedeutet dies, dass der Ersteher bis zum dritten Werktag eines Monats für den Ablauf des übernächsten Monats die Kündigung auszusprechen hat. Für sonstige Räume und bewegliche Sachen gelten nach § 580a Abs. 4 BGB die die allgemeinen Fristen (§ 580 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 3 Nr. 2 BGB). Auch Pachtverhältnisse können nach §§ 584 Abs. 2, 594a Abs. 2 BGB nur mit der gewöhnlichen Frist, also zum Ende eines Pachtjahres gekündigt werden.31
II. Überlegungs- und Prüffristen Allerdings ist dem Ersteher ein gewisser Zeitraum zur Überprüfung der Rechts- und Sachlage zuzubilligen. Es kommt also nicht auf den Termin an, zu dem die Kündigung theoretisch, rein rechnerisch zulässig war, sondern auf den Zeitpunkt, da sie bei der gebotenen Beschleunigung erstmals tatsächlich möglich war.32 Dem Ersteher ist daher je nach Komplexität der Rechts- und Sachlage bis zu eine Woche zuzubilligen.33 Bei vorhersehbaren Schwierigkeiten in der Einhaltung der kurzen Frist (wie etwa Urlaub) muss er organisatorische Vorkehrungen treffen, die ihre Einhaltung ermöglichen.34 Erfolgt der Zuschlag etwa am ersten Tag eines Monats, muss der Ersteher also nicht schon bis zum dritten Werktag dieses Monats kündigen. Er hat dann Zeit bis zum dritten Werktag des Folgemonats. Allerdings muss er auch im Falle einer Anfechtung schon vor Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses tätig werden. Denn dieser verschafft ihm mit seiner Verkündung die Eigentümerstellung (§§ 89, 90 ZVG).35 Wird der Zuschlag im Rechtsmittelverfahren rechtskräftig aufgehoben, bleibt die Kündigung wirksam.36
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F. Anforderungen an die Kündigung I. Form und Inhalt der Kündigung § 57a ZVG enthält keine eigenen Vorgaben für Form und Inhalt der Kündigung. Es sind aber 14 die Anforderungen insbesondere des Wohnraummietrechts einzuhalten. So muss die Schriftform nach § 568 Abs. 1 BGB oder nach § 7 BundeskleingartenG eingehalten werden. Der Termin, zu dem das Mietverhältnis enden soll, muss nach h. M. nicht angegeben werden.37 Wird ein zu früher Termin angegeben, endet das Miet- bzw. Pachtverhältnis zum nächstmöglichen Termin.38 Es soll sogar unschädlich sein, wenn ein um drei Monate zu später Termin angegeben wird.39 Bisweilen wird gefordert, es müsse erkennbar sein, ob eine außerordentliche oder 30 Stöber, § 57a ZVG Rz. 2.3. 31 Zum Begriff des Pachtjahres s. OLG Celle, Urt. v. 24.2.1987 – 4 U 66/86, MDR 1988, 144 = NJW-RR 1988, 80. 32 RG, Urt. v. 21.6.1910 – III 390/09, RGZ 74, 35, 38 f.; RG, Urt. v. 26.3.1920 – III 388/19, RGZ 98, 273, 274 f.; RG, Urt. v. 9.12.1921 – III 460/21, RGZ 103, 271, 274; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.6.1986 – 10 U 21/86, Rpfleger 1987, 513; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 46. 33 OLG Oldenburg, Urt. v. 17.12.2001 – 11 U 63/01, ZfIR 2002, 1027, 1028; OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 4.11.2016 – 13 U 111/16, Rpfleger 2017, 355, 356. 34 OLG Oldenburg, Urt. v. 17.12.2001 – 11 U 63/01, ZfIR 2002, 1027, 1028. 35 RG, Urt. v. 15.5.1936 – III 273/35, RGZ 151, 259, 261. 36 S.o. § 57 Rz. 40. 37 BGH, Beschl. v. 25.10.1995 – XII ZR 245/94, NJW-RR 1996, 144; Stöber, § 57a ZVG Rz. 4.4. 38 BGH, Beschl. v. 25.10.1995 – XII ZR 245/94, NJW-RR 1996, 144. 39 BGH, Beschl. v. 25.10.1995 – XII ZR 245/94, NJW-RR 1996, 144.
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§ 57a Rz. 14 Sonderkündigungsrecht des Erstehers eine ordentliche Kündigung ausgesprochen wird.40 Dem ist indessen jedenfalls insoweit nicht zu folgen, als eine außerordentliche Kündigung beim Fehlen der Voraussetzungen hierfür grundsätzlich in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden kann.41 Die sonstigen Anforderungen an den Inhalt des Kündigungsschreibens richten sich nach materiellem Mietrecht. So muss der Ersteher bei der Kündigung von Wohnraum nach §§ 573d, 573 Abs. 3 BGB die Gründe für das berechtigte Interesse im Kündigungsschreiben angeben, da andere Gründe keine Berücksichtigung finden. Zugleich sollte gemäß § 568 Abs. 2 BGB auf die Möglichkeit des Widerspruchs nach 574 BGB hingewiesen werden, da der Ersteher ansonsten die Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen Härtegründen bei verspätetem Widerspruch nicht ablehnen kann (§ 574b Abs. 2 BGB). Auch bei der fristlosen Kündigung nach § 569 Abs. 4 BGB bedarf es der Angabe des Grundes.
II. Zugang der Kündigung 15
Wie jede empfangsbedürftige Willenserklärung muss die Kündigung zugehen. Das ist nach allgemeiner Handhabung dann der Fall dann der Fall, wenn sie so in den Machtbereich des Mieters gelangt, dass er Kenntnis nehmen kann und unter normalen Umständen hiermit zu rechnen ist.42 Die Abwesenheit im Urlaub oder aus sonstigen Gründen steht daher auch dem Zugang der Kündigungserklärung nicht entgegen.43 In der Regel wird daher eine nachweisbare Übermittlung durch Boten genügen. Eine Zusendung durch Einschreiben kann allerdings problematisch sein, da der Mieter auf diesem Wege nur die Benachrichtigung über die Möglichkeit der Abholung des Schriftstücks auf der Post erlangt, nicht aber das Schriftstück selbst.44 Bestehen Zweifel an der Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Übermittlung, etwa deswegen, weil der Mieter keine Empfangsvorrichtungen vorhält, kann ihm die Kündigung durch den Gerichtsvollzieher zugestellt werden. Denn dann gilt ihm die Kündigung nach § 132 Abs. 1 Satz 1 BGB auf jeden Fall als zugegangen, unabhängig davon, ob er tatsächlich von ihr Kenntnis nimmt.45
G. Gründe für die Kündigung und den Widerspruch hiergegen I. Das Vorliegen von Kündigungsgründen 16
§ 57a ZVG enthält weder eigene Anforderungen an die Kündigungsgründe noch normiert die Vorschrift gar ein eigenes Kündigungsrecht des Erstehers. Maßgeblich ist insoweit also das materielle Mietrecht. Der Ersteher kann das Mietverhältnis über Wohnraum daher nur beenden, wenn einer der Gründe für eine ordentliche Kündigung nach §§ 573d Abs. 1, 573 BGB oder gar ein Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 569 BGB vorliegen.46 Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.47 Die ordentliche Kündigung wird am ehesten bei Eigenbedarf des Erstehers oder bei Verhinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Nutzung 40 41 42 43 44 45 46
Stöber, § 57a ZVG Rz. 4.4. Lützenkirchen/Lützenkirchen, § 542 Rz. 164 ff. BGH, Urt. v. 3.11.1976 – VIII ZR 140/75, BGHZ 67, 271, 275. Insoweit zu streng Stöber, § 57a ZVG Rz. 3.3; Böttcher, §§ 57-57d Rz. 10. BGH, Urt. v. 3.11.1976 – VIII ZR 140/75, BGHZ 67, 271, 275. BGH, Urt. v. 3.11.1976 – VIII ZR 140/75, BGHZ 67, 271, 277. BayObLG, Rechtsentscheid v. 10.6.1992 – REMiet 2/92, MDR 1992, 1149 = NJW-RR 1992, 1166, 1167; Klawikowski, Rpfleger 1997, 418, 419; anderes gilt, wenn der Mieter die Wohnung von vorneherein nur zur Weitervermietung angemietet hat, s. LG Berlin, Urt. v. 30.10.2007 – 65 S 354/06, GE 2008, 481. 47 BVerfG, Beschl. v. 8.8.1989 – 1 BvR 705/89, ZMR 1989, 410.
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Sonderkündigungsrecht des Erstehers
Rz. 18 § 57a
nach § 573 Abs. 2 Nr. 2, 3 BGB möglich sein.48 Bei Kreditinstituten als Erstehern kann dabei das Interesse an einer Weiterveräußerung genügen.49 Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Mieter seine Rechtsposition durch ein wegen Gläubigerbenachteiligung anfechtbares Rechtsgeschäft erworben hat.50 Liegen Pflichtverletzungen des Mieters nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, ist immer auch die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 569 BGB zu prüfen. Im Gewerberaummietrecht, das keine berechtigtes Interesse zur Kündigung fordert, verbessert § 57a ZVG dagegen die Rechtsstellung des Erstehers erheblich, da dieser an die dort üblichen langen Laufzeiten eines Mietvertrags nicht gebunden ist.51
II. Der Widerspruch nach § 574 BGB 1. Rechte des Wohnraummieters Sofern früher die Auffassung vertreten wurde, der Mieter könne der auf § 57a ZVG gestütz- 17 ten Kündigung nicht nach § 556a BGB a. F. widersprechen,52 dürfte dies jedenfalls durch die Neufassung der Vorschrift in § 574 BGB überholt sein. Denn diese Auffassung stützt sich darauf, dass die vertragsmäßige Beendigung des Mietverhältnisses nach § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellt. Eine vertragsmäßige Beendigung fordert § 57a ZVG aber gerade nicht. Diese Auslegung war schon nach altem Recht kaum mit der mieterschützenden Funktion des Eintrittes eines Erstehers in das Mietverhältnis zu vereinbaren.53 Nach neuem Recht sind die Voraussetzungen des Widerspruchs auch dem Wortlaut des § 574 BGB nach weiter gefasst, da demnach allgemein „die Beendigung des Mietverhältnisses“ eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellen muss. Auf die vertragsmäßige Beendigung kommt es also nicht mehr an, so dass der Mieter in jedem Fall auch einer auf das Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG gestützten Kündigung nach § 574 BGB widersprechen kann.54 2. Weitere Beschränkungen des Kündigungsrechts Der Ersteher muss u.U. noch mit weiteren gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen, etwa 18 nach der Begründung von Wohnungseigentum, rechnen. Hier ist gemäß § 577a Abs. 1 BGB selbst eine Kündigung bei Vorliegen eines berechtigten Interesses nach § 573 Abs. 2 Nr. 2, 3 BGB erst nach frühestens drei Jahren möglich. Die Frist kann nach § 577a Abs. 2 BGB sogar bis zu 10 Jahren betragen, wenn die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist und die Landesregierungen deswegen besondere Rechtsverordnungen erlassen haben. Der Zuschlag steht der rechtsgeschäftlichen Veräußerung im Sinne dieser Vorschriften gleich.55 Auch Beschränkungen für öffentlich geförderten Wohn48 Vgl. BayObLG, Rechtsentscheid v. 10.6.1992 – REMiet 2/92, MDR 1992, 1149 = NJW-RR 1992, 1166. 49 BGH, Urt. v. 16.1.2008 – VIII ZR 254/06, MDR 2008, 558 = NJW-RR 208, 869 jedenfalls für den Fall, dass der Mieter seine Rechtsposition durch anfechtbares Rechtsgeschäft erlangt hat; weiter gehend wohl OLG Hamm, Beschl. v. 22.8.1994 – 30 REMiet 2/94, NJW-RR 1994, 1496. 50 BGH, Urt. v. 16.1.2008 – VIII ZR 254/06, MDR 2008, 558 = NZM 2008, 281 ff.; weiter gehend Witthinrich, Rpfleger 1987, 98 f., der zu Recht darauf hinweist, dass die Zwangsversteigerung bei allen Ertragsobjekten zwingend „Spekulationsabsichten“ voraussetzt. 51 Derleder, NJW 2008, 1189, 1195. 52 OLG Oldenburg, Rechtsentscheid v. 3.8.1973 – 5 UH 1/73, NJW 1973, 1841 ff.; Steiner/Teufel, §§ 57-57d, Rz. 44. 53 BGH, Beschl. v. 21.4.1982 – VIII ARZ 16/81, BGHZ 84, 90, 100 = MDR 1982, 747; BayObLG, Rechtsentscheid v. 10.6.1992, REMiet 2/92, MDR 1992, 1149 = NJW-RR 1992, 1166, 1167 f. 54 Stöber, § 57a ZVG Rz. 6.2. 55 BayObLG, Rechtsentscheid v. 10.6.1992 – REMiet 2/92, MDR 1992, 1149 = NJW-RR 1992, 1166 f.
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§ 57a Rz. 18 Sonderkündigungsrecht des Erstehers raum nach § 17 WoBindG, das die Vermietung an bestimmte Personen vorsieht, werden durch § 57a ZVG nicht aufgehoben.56 Sie können auch durch abweichende Versteigerungsbedingungen nicht modifiziert werden.57 3. Rechte des Untermieters 19
Hat der Schuldner die Räumlichkeiten etwa einem gewerblichen Zwischenvermieter überlassen, kann sich dieser nicht auf die Schutzvorschriften der §§ 573 ff. BGB berufen, da er selbst kein Mieter von Wohnraum ist. Lange umstritten waren die Rechte des Untermieters. Dessen Stellung hat die Rspr. dahingehend bestimmt, dass der Untermieter gegen den Herausgabeanspruch aus §§ 546 Abs. 2, 985 BGB grundsätzlich weder berechtigte Interessen i.S.d. § 573 Abs. 2 BGB geltend machen noch die Fortsetzung des Mietverhältnisses kraft Widerspruchs gemäß § 574a BGB verlangen kann. Denn der Ersteher ist nicht in das Mietverhältnis zwischen dem Haupt- und dem Untermieter eingetreten, so dass es an vertraglichen Beziehungen fehlt.58 Hat der Untermieter aber bei Vertragsschluss nicht gewusst, dass sein Vermieter nicht der Grundstücks- bzw. Wohnungseigentümer ist, verstößt das Verlangen auf Räumung nach einer Kündigung des Hauptmieters gegen Treu und Glauben, wenn ihm als Mieter Kündigungsschutz nach §§ 574 ff. BGB zukäme.59 In der Konsequenz muss er aber auch die Pflichten aus dem fortbestehenden Mietverhältnis, insbesondere zur Zahlung von Miete und Betriebskostenvorschüssen erfüllen.60
III. Die Konkurrenz von Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG und späterer Kündigung 20
Die Sonderkündigung tritt neben ohnehin bestehende Kündigungsrechte.61 Ergibt sich etwa der Eigenbedarf des Erstehers erst nach Ablauf der Kündigungsmöglichkeit nach § 57a ZVG, ist dem Ersteher diese Möglichkeit nicht genommen, wenn er nicht zum frühest möglichen Termin gekündigt hat. Allerdings ist er dann an vertragliche Einschränkungen (etwa den mietvertraglichen Verzicht auf die Geltendmachung eines Grundes zur ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) gebunden, da sich seine Rechte dann gemäß § 57 ZVG, § 566 BGB nach dem bestehenden Mietvertrag richten. Noch viel weniger verliert der Ersteher das Recht zur außerordentlichen Kündigung. Die Voraussetzungen der Kündigung müssen dann aber für den Ersteher vorliegen; Eigenbedarf oder wichtige Gründe des Schuldners genügen nicht.62
56 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 25; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 14; Derleder, NJW 2008, 1189, 1195. 57 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 25. 58 BGH, Urt. v. 21.1.1981 – VIII ZR 41/80, BGHZ 79, 232, 235 = MDR 1981, 490; BGH, Beschl. v. 21.4.1982 – VIII ARZ 16/81, BGHZ 84, 90, 96 = MDR 1982, 747. 59 BGH, Beschl. v. 21.4.1982 – VIII ARZ 16/81, BGHZ 84, 90, 100 = MDR 1982, 747; a.A. wohl noch Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 5; Stöber, § 57a ZVG Rz. 7.2; weiter gehend, für grundsätzlichen Schutz des Untermieters unabhängig von seiner Kenntnis des vorgeschalteten Hauptmietvertrags Matthies, NJW 1988, 1631, 1635 ff. 60 Zur im Einzelnen aufgrund der nur auf § 242 BGB abstellenden Rechtsprechung des BGH dogmatisch umstrittenen Begründung dieser Pflichten s. Reinelt, NJW 1984, 2869 f.; Crezelius, JZ 1984, 70 ff.; Matthies, NJW 1988, 1631, 1633 ff. 61 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 10; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 41/43; Stöber, § 57a ZVG Rz. 2.3. 62 S.o. § 57 Rz. 23; zur Behandlung bereits ausgesprochener Kündigungen s. § 57 Rz. 25.
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Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins
§ 57b
H. Beeinträchtigung des Kündigungsrechtes Unter der Geltung des früheren § 57c ZVG konnte sich die Konstellation ergeben, dass Gebote bereits durch Anmeldungen von Mietvorauszahlungen verhindert wurden, auch wenn sie erkennbar unberechtigt waren. Denn die meisten Bieter sind nicht geneigt, sich sehenden Auges in Streitigkeiten über Rechte zu begeben, die ein Sonderkündigungsrecht ausschließen. Hier wurde dem Grundpfandrechtsgläubiger, dessen Vollstreckungsversuch auf diese Weise vereitelt wurde, die Möglichkeit einer negativen Feststellungsklage gegen den Mieter eingeräumt, der solche falschen Anmeldungen vornehmen will.63 Diese Rechtsprechung dürfte auch auf sonstige Versuche, das Sonderkündigungsrecht durch Geltendmachung unberechtigter Forderungen zu vereiteln, anwendbar sein.
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I. Abdingbarkeit und abweichende Versteigerungsbedingungen § 57a ZVG stellt kein zwingendes Recht dar. Das Sonderkündigungsrecht kann daher abbedungen werden. Hierfür genügt aber nicht schon eine vertragliche Regelung zwischen Schuldner und Mieter, da dies ein Vertrag zu Lasten Dritter wäre. Es bedarf vielmehr des Antrags nach § 59 ZVG. Dann kann das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 57a ZVG, das eine gesetzliche Versteigerungsbedingung darstellt,64 durch abweichende Versteigerungsbedingungen ausgeschlossen werden. Allerdings können unabdingbare Vorschriften etwa des Mieterschutzes auch auf diesem Wege nicht ausgehebelt werden, da sie zwingendes Recht darstellen.65
§ 57b [Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins] (1) Soweit nach den Vorschriften des § 566b Abs. 1 und der §§ 566c, 566d des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Wirkung von Verfügungen und Rechtsgeschäften über die Miete oder Pacht der Übergang des Eigentums in Betracht kommt, ist an dessen Stelle die Beschlagnahme des Grundstücks maßgebend. Ist dem Mieter oder Pächter der Beschluß, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet wird, zugestellt, so gilt mit der Zustellung die Beschlagnahme als dem Mieter oder Pächter bekannt; die Zustellung erfolgt auf Antrag des Gläubigers an die von ihm bezeichneten Personen. Dem Beschluß soll eine Belehrung über die Bedeutung der Beschlagnahme für den Mieter oder Pächter beigefügt werden. Das Gericht hat auf Antrag des Gläubigers zur Feststellung der Mieter und Pächter eines Grundstücks Ermittlungen zu veranlassen; es kann damit einen Gerichtsvollzieher oder einen sonstigen Beamten beauftragen, auch die zuständige örtliche Behörde um Mitteilung der ihr bekannten Mieter und Pächter ersuchen. (2) Der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsversteigerung steht die Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung gleich, wenn sie bis zum Zuschlag fortgedauert hat. Ist dem Mieter oder Pächter der Beschluß, durch den ihm verboten wird, an den Schuldner 63 OLG Koblenz, Urt. v. 21.4.2006 – 8 U 1425/05, NJW-RR 2006, 1522; ähnlich LG Augsburg, Urt. v. 14.12.2012 – 92 O 1640/10, ZfIR 2013, 250. 64 RG, Urt. v. 29.4.1929 – VIII 96/29, RGZ 124, 195, 199 f. 65 So richtig Stöber, § 57a ZVG Rz. 6.1 zum Kündigungsschutz; es kann allerdings zu Lasten des Erwerbers ausgeschlossen werden, s. Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 13.
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§ 57b Rz. 1 Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins zu zahlen, zugestellt, so gilt mit der Zustellung die Beschlagnahme als dem Mieter oder Pächter bekannt. (3) Auf Verfügungen und Rechtsgeschäfte des Zwangsverwalters finden diese Vorschriften keine Anwendung.
A. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Besonderheiten für alle Verfügungen in der Zwangsversteigerung . . . . . I. Die zeitliche Grenze für die Unwirksamkeit aller Rechtsgeschäfte . . . . . . . II. Verfügungen in Kenntnis des neuen Eigentümers . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Der Anwendungsbereich der Norm . . I. Vollstreckungsversteigerung . . . . . . . . II. Anwendbarkeit des § 566 BGB . . . . . . D. Verfügungen gemäß § 566b BGB . . . . I. Der Begriff der Verfügung . . . . . . . . . II. Der Verfügende . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfügungen über „die Miete“ . . . . . . IV. Der Baukostenzuschuss . . . . . . . . . . . V. Periodizität der Mietzahlungen . . . . . . VI. Keine Ersteigerung durch den Mieter . . VII. Rechtsfolgen wirksamer und unwirksamer Vorausverfügungen . . . . . . . . . E. Wirksamkeit von Rechtsgeschäften mit dem Mieter . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsgeschäfte über die Miete . . . . . .
Rz. 1 2 2 4 5 5 6 7 7 8 9 10 11 12 13 14 14
II. Der maßgebliche Zeitpunkt . . . . . . . . III. Kenntnis des Mieters von der Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirksamkeit von Verfügungen bei Unkenntnis der Beschlagnahme . . . . . . 2. Art der Kenntniserlangung (§ 57b Abs. 1 Satz 2 - 4 ZVG) . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kenntnis von der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung (§ 57b Abs. 2 ZVG) . . . . . . . . . . . . . E. Aufrechnung des Mieters (§ 57 Satz 1 ZVG i.V.m. § 566d BGB) . . . . . . . . . . I. Grundgedanke der Regelung bei rechtsgeschäftlicher Veräußerung . . . . . . . . II. Die modifizierte Anwendbarkeit von § 566d BGB in der Zwangsversteigerung 1. Die zeitliche Grenze für die Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine Aufrechnung mit neuen Forderungen nach Kenntnis der Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Abdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 15 16 16 17
18 19 19 20 20
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Literatur: Abramenko, Die Auferstehung einer Toten? Die Mietvorauszahlung nach Abschaffung der §§ 57c, d ZVG, ZfIR 2014, 833; Derleder, Der „mitgekaufte“ Mieter, NJW 2008, 1189 ff.; Dötsch, Ende des „Baukostenzuschusses“ als Einwendung „fauler“ Mieter in der Insolvenzverwaltung? NZI 2009, 713; ders., Der „Baukostenzuschuss“ und sonstige Mietvorauszahlungen in Veräußerungskonstellationen, NZM 2012, 296 ff.; Flatow, Voraussetzungen und Beweislast für Anerkennung eines Baukostenvorschusses zur Verrechnung mit künftigen Mieten, jurisPR-MietR 24/2006, Anm. 6; Flatow, Hinweispflichten des Gerichts bei der Prüfung eines Baukostenzuschusses, jurisPR-MietR 17/2007, Anm. 4; Flatow, Wirksamwerden der Beschlagnahme einer Mietforderung nach Anordnung der Zwangsverwaltung, jurisPR 25/2007, Anm. 5; Klawikowski, Die Auswirkungen der Grundstücksversteigerung auf Miet- und Pachtverhältnisse, Rpfleger 1997, 418 ff.; Mylich, Der Zugriff Dritter auf den künftigen Grundstücksmietzins – Ein Beitrag zum Grundstücksmietzins als Kreditsicherheit und Vollstreckungsobjekt, WM 2010, 1923; Otto, Finanzierungsbeiträge im Mietrecht, ZMR 1974, 225 ff.; Schmidberger/Weis, Mietvorauszahlungen und doch kein Ende, ZfIR 2008, 170 ff.
A. Regelungszweck 1
Der Eigentumswechsel, gleichgültig ob kraft Rechtsgeschäft oder durch Zuschlag kann auch insoweit Dritte betreffen, als bereits zuvor Rechtsgeschäfte über die Miete getroffen wurden. In Betracht kommen Rechtsgeschäfte des Mieters, etwa die Zahlung im voraus, aber auch Rechtsgeschäfte gegenüber Dritten wie die Sicherungsabtretung künftiger Mietzahlungen. Hier bedarf es eines Interessenausgleichs zwischen Mieter, Drittem und Erwerber. Ersterer 676
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Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins
Rz. 3 § 57b
muss gegen die wiederholte Inanspruchnahme geschützt werden, wenn er in gutem Glauben an einen Unberechtigten geleistet hat. Der Dritte, der für die Verfügung – etwa eine Sicherheitsabtretung – in aller Regel Leistungen erbracht hat, ist naturgemäß an deren Fortbestand auch nach einem Eigentümerwechsel interessiert. Der Erwerber – zumal in der Zwangsversteigerung – hat umgekehrt ein erhebliches Interesse, alsbald auch den wirtschaftlichen Gegenwert für die Nutzung seines Eigentums in Form der Miete bzw. Pacht zu erhalten. Zwischen diesen unvereinbaren Interessen versuchen bereits §§ 566b - 566d BGB einen angemessenen Ausgleich beim rechtsgeschäftlichen Übergang vermieteter Grundstücke zu schaffen. Dabei betreffen § 566b BGB einseitige Verfügungen des Vermieters sowie solche Dritten gegenüber und §§ 566c, d BGB Rechtsgeschäfte mit dem Mieter. Kerngedanke der Regelung ist dabei, dass alle Verfügungen ab einem bestimmten Zeitpunkt unwirksam werden, so dass dem Erwerber Miete bzw. Pacht zustehen. § 57b ZVG modifiziert die Regelungen des BGB zur Wirksamkeit von Verfügungen über die Miete vor dem Eigentümerwechsel. Eine Notwendigkeit hierfür ergibt sich daraus, dass dem Ersteher mangels vertraglicher Beziehungen zum Schuldner keine vertraglichen Regressansprüche gegen diesen zukommen und die Gefahr von Manipulationen zudem weit größer ist als bei der rechtsgeschäftlichen Veräußerung.
B. Die Besonderheiten für alle Verfügungen in der Zwangsversteigerung I. Die zeitliche Grenze für die Unwirksamkeit aller Rechtsgeschäfte Nach §§ 566b, c BGB sind Rechtsgeschäfte des Vermieters gegenüber Dritten wie auch solche mit dem Mieter wirksam, soweit sie sich auf den Kalendermonat beziehen, in den der Eigentumsübergang fällt. Findet dieser erst nach dem 15. Tag eines Monats statt, sind auch Rechtsgeschäfte für den folgenden Kalendermonat wirksam. Diese Regelungen werden durch § 57b ZVG erheblich modifiziert. Danach ist nicht der Eigentumsübergang, sondern die Beschlagnahme (§ 20 ZVG) maßgeblich. Diese Regelung ist etwas missverständlich formuliert, da Miete und Pacht nach § 56 Satz 2 ZVG ohnehin bis zum Zuschlag dem Schuldner zustehen, sofern keine Zwangsverwaltung angeordnet ist. Hieran will § 57b ZVG nichts ändern.1 Dies geht schon daraus hervor, dass § 566b BGB, auf den § 57b ZVG verweist, die Wirksamkeit einer Verfügung nur insoweit regelt, als sie „auf die Zeit der Berechtigung des Erwerbers entfällt“.
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Gleichwohl kommt der Regelung in § 57b Abs. 1 Satz 1 ZVG erhebliche praktische Bedeutung zu, da sie die Möglichkeit einer wirksamen Verfügung über die Miete für die Zeit nach dem Zuschlag praktisch ausschließt: Da dieser angesichts der verfahrensrechtlichen Fristen (vgl. etwa §§ 30b Abs. 1 Satz 1, Abs. 4; 43 ZVG) und der notwendigen Begutachtung zum Zwecke der Verkehrswertfestsetzung nicht binnen zwei Monaten nach der Beschlagnahme erfolgen kann, führt § 57a Abs. 1 Satz 1 ZVG im Ergebnis dazu, dass Verfügungen ab der Zeit des Zuschlags generell unwirksam sind.2 Eine Ausnahme gilt nur bei der – freilich in der Praxis kaum vorkommenden – Unkenntnis des Mieters von der Beschlagnahme.3 Wird der Beitritt weiterer Gläubiger zugelassen, so soll es für § 57b Abs. 1 ZVG auf die zuerst wirksam gewordene Beschlagnahme ankommen.4 Auch soll es genügen, wenn der Mieter von mehreren Beschlagnahmen nur eine kennt.5 Dies erscheint zwar im Hinblick auf die Selbständigkeit aller Verfahren problematisch, insbesondere dann, wenn das erste Verfahren nicht bis zum Zuschlagstermin betrieben wird, ist aber aus Gründen der Rechtssicherheit hinzunehmen. Denn § 57b ZVG hat gerade auch die Interessen des Erstehers im Blick, die bei einer Differenzierung der Wirksam-
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Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 100; Stöber, § 57b ZVG Rz. 2.1. Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 94; Stöber, § 57b ZVG Rz. 2.1. Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 8; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 100; vgl. u. Rz. 3. Stöber, § 57b ZVG Rz. 5.1. Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 103; Stöber, § 57b ZVG Rz. 5.1.
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§ 57b Rz. 3 Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins keit von Verfügungen nach dem Gang der einzelnen Vollstreckungsverfahren erheblich beeinträchtigt würden.
II. Verfügungen in Kenntnis des neuen Eigentümers 4
Eine wesentliche Abweichung vom rechtsgeschäftlichen Erwerb enthält § 57b ZVG auch insoweit, als diese Vorschrift nicht auf § 566b Abs. 2 BGB verweist.6 Denn danach muss der rechtsgeschäftliche Erwerber auch solche Verfügungen gegen sich gelten lassen, die er beim Eigentumsübergang kannte. Dies mag bei der Abwicklung des vertraglich begründeten Erwerbs sachgerecht sein, da dem Käufer dann zumindest Schadensersatzansprüche gegen den Veräußerer zustehen. Da es hieran im Zwangsversteigerungsverfahren fehlt, wäre die Übernahme von § 566b Abs. 2 BGB erkennbar sachwidrig, da bereits die bloße Information im Versteigerungstermin durch den Schuldner zum Rechtsverlust des Erstehers führen würde. Daher gilt § 566b Abs. 2 BGB mangels Verweises in § 57b ZVG nicht.
C. Der Anwendungsbereich der Norm I. Vollstreckungsversteigerung 5
Die Einschränkungen des § 57b ZVG gelten nur für die Vollstreckungsversteigerung. Hingegen findet § 57b ZVG gemäß § 183 ZVG in der Teilungsversteigerung keine Anwendung.7 Der Ersteher muss dort also damit rechnen, dass die Zahlung der Mieten an die Voreigentümer im Monat, in dem der Zuschlag erteilt wird, noch gegen ihn wirkt, nach Maßgabe des § 566c Satz 2 BGB auch noch im Folgemonat. Dies gilt auch für die Insolvenzverwalter- und Nachlassversteigerung. Denn in diesen Verfahren hat die Anordnung gemäß §§ 173, 176 ZVG keine Beschlagnahmewirkung, so dass an sie auch nicht die Folgen des § 57b ZVG geknüpft werden können.8 § 566c BGB ist nach den Vorgaben von § 57b ZVG neben § 566b BGB anwendbar. Auch wenn etwa die Abtretung der Miete für die Zeit nach dem Zuschlag nach § 57b ZVG, § 566b BGB unwirksam ist, kann die Zahlung an den Zessionar gleichwohl auch gegen den Ersteher wirken, wenn der Mieter von der Beschlagnahme keine Kenntnis hatte.9
II. Anwendbarkeit des § 566 BGB 6
Auch in der Vollstreckungsversteigerung ist § 57b ZVG nur anwendbar, wenn die Voraussetzungen von § 566 BGB erfüllt sind. Insoweit gilt das oben zu § 566a BGB Gesagte.
D. Verfügungen gemäß § 566b BGB I. Der Begriff der Verfügung 7
Von § 57b ZVG, § 566b BGB werden nur einseitige Verfügungen des Vermieters oder Rechtsgeschäfte mit Dritten erfasst. Diese Unterscheidung mutet bisweilen artifiziell an. So ist die
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Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 7; Stöber, § 57b ZVG Rz. 2.2. Stöber, § 57b ZVG Rz. 1.2; Staudinger/Emmerich, § 566b BGB Rz. 5. Stöber, § 57b ZVG Rz. 1.2. Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 8.
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Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins
Rz. 9 § 57b
einseitige Aufrechnung mit Mietforderungen gegen Ansprüche des Mieters § 566b BGB,10 der Aufrechnungsvertrag aber § 566c BGB zuzuordnen. Die Verfügungen müssen unmittelbar auf das Recht des Schuldners auf Zahlung der Miete einwirken.11 Derartige Verfügungen können also nur bereits bestehende Ansprüche auf Zahlung von Miete betreffen. Bloße schuldrechtliche Vereinbarungen, die diesen Anspruch für die Zukunft begründen, ändern etc., erfasst § 566b BGB nicht.12 Sie können aber bereits nach § 566 BGB Gegenstand auch des neuen Mietvertrags mit dem Ersteher sein, soweit sich der Schuldner im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaft hält.13 Das wird bei einer vertraglichen Herabsetzung der Miete14 nur der Fall sein, wenn diese etwa in Mängeln des Grundstücks ihren Grund findet und die Kündigung des Mietvertrags verhindert. Eine einseitige Verfügung ist etwa die Aufrechnung mit Mietforderungen gegenüber Forderungen des Mieters. § 566b BGB unterfallende Rechtsgeschäfte mit Dritten sind etwa die (Sicherungs)abtretung, oder Verpfändung. Die lange diskutierte Frage, ob auch (Vor)pfändungen Dritter unter § 566b BGB zu fassen sind, wird mittlerweile von der h. M. bejaht. Auch diese werden somit in der Regel mit dem Zuschlag unwirksam. Der Mieter als Drittschuldner ist bei – allerdings regelmäßig zu verneinender – gutgläubiger Unkenntnis durch die allgemeinen Regeln (insbesondere § 407 BGB) geschützt.
II. Der Verfügende Von § 57b ZVG erfasst werden zunächst Verfügungen des Schuldners, der selbst Vermieter ist. § 57b ZVG ist aber, wie gesagt,15 auch auf die Forderungspfändung anwendbar, die auf Dritte zurückgeht. Ebenso wird die Wirksamkeit von Vorausverfügungen durch § 57b ZVG begrenzt, die ein an Stelle des Vermieters Berechtigter vorgenommen hat. Hierbei ist gleichgültig, ob die Verfügungsbefugnis freiwillig, durch Zession oder zwangsweise etwa im Wege der Pfändung16 oder der Insolvenz- oder Testamentsvollstreckung erlangt wurde.17 Dies soll auch für den Nießbraucher gelten, dessen Recht mit dem Zuschlag erlischt.18 Für den Zwangsverwalter bestimmt § 57b Abs. 3 ZVG allerdings die Unanwendbarkeit des § 57b ZVG. Seine Rechtsgeschäfte über Miete und Pacht richten sich also alleine nach den §§ 566b, c BGB, können also in diesem Rahmen noch über den Zuschlag hinaus wirksam sein.19
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III. Verfügungen über „die Miete“ Von § 57b ZVG, § 566b BGB wird nur die Verfügung über die Miete selbst, nicht aber über andere Rechte erfasst. Sofern gar nicht das Mietverhältnis, sondern das Grundstück betroffen ist – etwa bei der Bestellung eines Nießbrauchs – ist bereits der Anwendungsbereich der §§ 566 ff. BGB nicht eröffnet.20 Hier regelt sich das Fortbestehen und Erlöschen alleine nach §§ 89 f. ZVG. Auch Rechtsgeschäfte über Nebenrechte können nur nach § 566 BGB gegen den Erste10 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 91; Stöber, § 57b ZVG Rz. 2.2; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566b BGB Rz. 25. 11 Staudinger/Emmerich, § 566b BGB Rz. 10; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566b BGB Rz. 25 u. 27. 12 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 97. 13 Zur fortdauernden Befugnis des Schuldners, auch nach der Beschlagnahme in diesem Rahmen neue Verträge zu schließen, s. o. § 57 Rz. 2. 14 Schmidt-Futterer/Streyl, § 566b BGB Rz. 8. 15 S.o. Rz. 7. 16 RG, Urt. v. 28.5.1904 – V 523/03, RGZ 58, 181, 182 ff. 17 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 7; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 23; Stöber, § 57b ZVG Rz. 2.2. 18 Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 23; Stöber, § 57b ZVG Rz. 2.2. 19 Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 114; Staudinger/Emmerich, § 566b BGB Rz. 7; Stöber, § 57b ZVG Rz. 1.2. u. 9; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 27. 20 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 7; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 91.
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§ 57b Rz. 9 Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins her wirken, was allerdings voraussetzt, dass sich der Schuldner im Rahmen ordnungsmäßiger Wirtschaft hält. Insoweit sind die in der Literatur genannten Beispiele wie der Verzicht auf eine Bürgschaft21 oftmals nicht auf den Erwerb in der Zwangsversteigerung übertragbar. Verfügungen nach dem Zuschlag, etwa über eine erst nach dem Zuschlag fällige Forderung auf Schadensersatz wegen der Beschädigung der Mietsache,22 wirken auf keinen Fall nach § 566b BGB gegen den Ersteher.23
IV. Der Baukostenzuschuss 10
Nicht unter § 57b ZVG fällt nach ständiger Rspr. der früher bedeutsame Baukostenzuschuss des Mieters.24 Dabei handelt es sich um eine Vorausentrichtung der Miete, die zur Schaffung oder Instandsetzung der Mieträume eingesetzt wurden.25 Die bloße Zweckbestimmung ohne entsprechende Verwendung genügt nicht.26 Diese sollen in vollem Umfang auch gegen den neuen Eigentümer wirksam sein. Denn hierdurch erhöht sich der Wert des Gebäudes, so dass nach h. M. ein doppelter Zufluss von Wertzuwachs und (anteiligem) Baukostenzuschuss unangemessen ist.27 Unerheblich ist, ob der Baukostenzuschuss schon bei Abschluss des Mietvertrags oder erst nachträglich vereinbart wurde.28 Die Argumentation mit der Werterhöhung dürfte jedoch zumindest in der Zwangsversteigerung häufig fehlgehen, da der Sachverständige bei der Ermittlung des Verkehrswertes in aller Regel nur den Zustand von Grundstück und Baulichkeiten, nicht aber u. U. lange zurückliegende Rechtsverhältnisse zwischen Schuldner und Mieter berücksichtigt. Im Ergebnis droht also eine doppelte Zahlung des Erstehers für den Baukostenzuschuss, einerseits beim Meistgebot und andererseits bei der Wirksamkeit der Verfügung hierüber gegen ihn. Für den Fall einer Kündigung, auch einer Sonderkündigung nach § 57a ZVG ist der Ersteher zur Rückerstattung der nicht abgewohnten Miete verpflichtet.29 Entgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam.30 Der Ausschluss des Kündigungsrechtes durch § 57c ZVG ist durch die ersatzlose Streichung dieser Norm, deren praktische Bedeutung durch den Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse weniger Schutzfunktionen erfüllte als Möglichkeiten des Missbrauchs eröffnete,31 entfallen. Da auch § 57d ZVG aufgehoben wurde, kann die Leistung eines Baukostenzuschusses nun auch nicht mehr ange-
21 Staudinger/Emmerich, § 566b BGB Rz. 3 (entgegen der dort geäußerten Meinung dürfte dieses Rechtsgeschäft als nicht vertragstypische Regelung mit Dritten allerdings ohnehin nicht nach § 566 BGB gegen den Erwerber wirken; s.o. § 57 Rz. 30). 22 Zur Aufteilung der Aktivlegitimation bei diesen Forderungen s.o. 23 Staudinger/Emmerich, § 566b BGB Rz. 16. 24 BGH, Urt. v. 26.11.1954 – V ZR 24/54, BGHZ 15, 296, 298 ff. 25 BGH, Urt. v. 11.7.1962 – VIII ZR 98/61, BGHZ 37, 346, 349 f.; zu den Differenzierungen zwischen „verlorenem Baukostenzuschuss“, „abwohnbarem Baukostenzuschuss“ und „Mietvorauszahlung“ s. Otto, ZMR 1974, 226. 26 BGH, Beschl. v. 13.6.2002 – IX ZR 26/01, MDR 2002, 1214 = NJW-RR 2002, 1304; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.6.1994 – 10 U 184/93, MDR 1994, 1009 = NJW-RR 1994, 1234; 1235 f.; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 110; Flatow, jurisPR – MietR 24/2006, Anm. 6. 27 BGH, Urt. v. 26.11.1954 – V ZR 24/54, BGHZ 15, 296, 299 f. 28 BGH, Urt. v. 26.11.1954 – V ZR 24/54, BGHZ 15, 296, 303 f. 29 BGH, Urt. v. 17.12.1954 – V ZR 4/54, BGHZ 16, 31, 36; BGH, Urt. v. 11.7.1962 – VIII 98/61, BGHZ 37, 346, 349; BGH, Urt. v. 29.10.1969 – VIII ZR 130/68, BGHZ 53, 35, 38. 30 BGH, Urt. v. 29.10.1969 – VIII ZR 130/68, BGHZ 53, 35, 40. 31 S. zuletzt OLG Koblenz, Urt. v. 21.4.2006 – 8 U 1425/05, NJW-RR 2006, 1522 ff.; Schmidberger/Weis, ZfIR 2008, 170, 173; kritisch zur Aufhebung der §§ 57c, d ZVG aber Derleder, NJW 2008, 1189, 1195.
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Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins
Rz. 13 § 57b
kündigt werden, was durch die Rechtsprechung des BGH32 zu Einmalzahlungen neue Risiken Missbrauchsmöglichkeiten schafft.33
V. Periodizität der Mietzahlungen Nach h. M. setzt § 566b BGB als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Weiteren voraus, dass die Miete in periodischen Zeitabständen, in der Regel monatlich fällig wird.34 Bei größeren Zeitabständen, etwa vierteljährlicher Zahlung, ist die Zahlung nur teilweise gegen den Ersteher wirksam, nämlich für die von § 566b BGB erfasste Zeit.35 Wird sie dagegen in einer Einmalzahlung vorab geleistet, was etwa bei der Miete von Ferienwohnungen üblich ist, muss der Ersteher eine vor dem Zuschlag geleistete Zahlung gegen sich gelten lassen.36 Allerdings muss die Vorauszahlung bereits im ursprünglichen Mietvertrag vereinbart sein, um Missbrauch auszuschließen.37 Dies erscheint zwar dogmatisch wenig befriedigend, da eine Aufteilung wie bei längeren Zeitabschnitten durchaus möglich erscheint. Die in der Praxis erfassten Fälle dürften aber üblicherweise im Ergebnis mit der h. M. zu entscheiden sein, da der Mieter in den relevanten Fällen (etwa der Ferienwohnung) regelmäßig keine Kenntnis von der Beschlagnahme haben wird.
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VI. Keine Ersteigerung durch den Mieter Die Regelungen zur Wirksamkeit von Verfügungen über die Miete können nach Sinn und Zweck der Norm keine Wirksamkeit beanspruchen, wenn der Mieter selbst das Grundstück ersteigert. Denn in diesem Fall erlischt das Mietverhältnis und somit auch die Pflicht zur Zahlung von Mietzins nicht nur gegenüber dem Schuldner, sondern insgesamt. Als neuer Eigentümer kann der ehemalige Mieter aber auch dem Zessionar gegenüber nicht zur Fortzahlung von Miete verpflichtet sein.38
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VII. Rechtsfolgen wirksamer und unwirksamer Vorausverfügungen Ist die Vorausverfügung unwirksam, ist der Mieter zur erneuten Zahlung an den Ersteher verpflichtet.39 In diesem Fall muss der Mieter seine Zahlung vom Schuldner kondizieren.40 Es kann sich aber dann, wenn der Ersteher das Verhältnis zu seinen Mietern nicht belasten will und der Schuldner noch hinreichend liquide ist, durchaus empfehlen, die Verfügung zu genehmigen. Dann kann der Ersteher vom Schuldner die Herausgabe des Erlangten nach § 816 Abs. 2 BGB verlangen. Muss der Ersteher die Zahlung nach § 566b Abs. 1 BGB gegen sich gelten lassen, handelt es sich um die Wirksamkeit der Verfügung an einen Nichtberechtigten kraft 32 Dazu, dass Einmalzahlungen abgewohnt werden dürfen s. BGH, Teilversäumnisurt. v. 25.4.2007 – VIII ZR 234/06, MDR 2007, 1186 = MietRB 2007, 268 = ZMR 2007, 677; dazu, dass dies praktisch erstrangige, uneingetragene Grundpfandrechte schafft, s. Schmidberger/Weis, ZfIR 2008, 170 ff.; Dötsch, NZM 296, 299 ff. 33 Flatow, jurisPR – MietR 17/2007, Anm. 4; Schmidberger/Weis, ZfIR 2008, 170, 172 ff.; Dötsch, NZM 296, 299 ff. 34 BGH, Urt. v. 11.7.1962 – VIII 98/61, BGHZ 37, 346, 351 f.; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 89. 35 MünchKomm/Häublein, § 566b BGB Rz. 13. 36 BGH, Urt. v. 5.11.1997 – VIII ZR 55/97, BGHZ 137, 106, 111 ff. = MDR 1998, 209.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.6.1994 – 10 U 184/93, MDR 1994, 1009 = NJW-RR 1994, 1234, 1235. 37 BGH, Urt. v. 5.11.1997 – VIII ZR 55/97, BGHZ 137, 106, 115 = MDR 1998, 209. 38 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 7; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 96. 39 MünchKomm/Häublein, § 566b BGB Rz. 17; NK – Riecke, § 566b BGB Rz. 7. 40 MünchKomm/Häublein, § 566b BGB Rz. 18.
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§ 57b Rz. 13 Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins Gutglaubensschutzes,41 also um einen klassischen Anwendungsfall des § 816 Abs. 2 BGB. Der Ersteher kann die Leistung also vom Schuldner kondizieren.
E. Wirksamkeit von Rechtsgeschäften mit dem Mieter I. Rechtsgeschäfte über die Miete 14
Auch für Rechtsgeschäfte mit dem Mieter gilt die nicht ganz einfach zu verstehende Kombination zwangsversteigerungs- und mietrechtlicher Normen. Unverändert bleiben die von § 566c Satz 1 BGB erfassten Vorgänge: Es muss sich um Rechtsgeschäfte mit dem Mieter, also auf beiderseitigen, übereinstimmenden Willenserklärungen beruhende Vorgänge handeln. Einseitige Rechtsgeschäfte des Vermieters werden von § 566b BGB erfasst. Zudem muss es sich wie bei § 566b BGB um Geschäfte handeln, die unmittelbar auf eine bereits bestehende Mietforderung einwirken. Bloß schuldrechtliche Abreden wie die Abänderung des Mietvertrages unterfallen § 566c BGB nicht. Sie sind aber nach § 566 BGB wirksam, wenn sie ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Erfasst werden von § 57b ZVG, § 566c BGB folglich insbesondere Stundung, Erlass,42 Leistung an Erfüllungs Statt, Aufrechnungsvertrag und – praktisch besonders relevant – die Erfüllung.
II. Der maßgebliche Zeitpunkt 15
Auch hier wird § 566c BGB von § 57b ZVG modifiziert, wobei das Zusammenspiel der Normen recht kompliziert gestaltet ist. Von § 566c Satz 1 BGB werden beim rechtsgeschäftlichen Erwerb die Rechtsgeschäfte ab Kenntnis des Mieters vom Eigentumsübergang erfasst. Die in diesem Monat getätigten Geschäfte sind demnach noch gegenüber dem Erwerber wirksam; wenn die Kenntnis vom Eigentumsübergang erst nach dem 15. Tag des Monats erfolgt, auch diejenigen des Folgemonats. Dies ändert § 57b ZVG dahingehend ab, dass es auch insoweit auf die Beschlagnahme des Grundstücks ankommt. Maßgeblich ist also im Rahmen der Zwangsversteigerung nicht die Kenntnis vom Eigentumsübergang. Auch hier gilt aber, dass die Regel des § 56 Satz 2 ZVG, wonach dem Ersteher die Nutzungen erst ab dem Zuschlag gebühren, nicht durchbrochen werden soll.43 Demnach wirken Rechtsgeschäfte regelmäßig erst ab dem Zuschlag nicht mehr gegen den Ersteher, da der Mieter regelmäßig nach § 57b Abs. 1 Satz 2-4 ZVG von der Beschlagnahme informiert wird und der Zuschlag erst lange danach erteilt wird. Für die praktisch besonders relevante Frage der Mietzahlung für den laufenden Monat bedeutet dies, dass diese regelmäßig nur bis zur Erteilung des Zuschlags gegen den Ersteher wirkt, da dieser nicht mehr in den Monat oder den Folgemonat der Beschlagnahme fallen kann. Der Ersteher kann somit den Teil der Mietzahlung, der auf die Zeit nach dem Zuschlag fällt, nochmals von dem Mieter verlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter vertraglich zur Vorausentrichtung der Miete verpflichtet, diese also schon vor dem Zuschlag fällig war. Denn diese vertraglichen Regelungen bewirken eine Wirksamkeit dem Ersteher gegenüber nur im Rahmen der § 57b ZVG, § 566c BGB.44 Der Mieter kann sich vor einer doppelten Inanspruchnahme also nur dadurch schützen, dass er den Teil der Miete, der auf die Zeit nach dem Zuschlag fällt, hinterlegt. Im Übrigen kann der Vermieter die Zahlung natürlich auch in diesem Zusammenhang genehmigen und vom Schuldner die Herausgabe nach § 816 Abs. 2 BGB verlangen. 41 42 43 44
MünchKomm/Häublein, § 566b BGB Rz. 17; NK-Riecke, § 566b BGB Rz. 7. Hierzu Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 8. Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 100. BGH, Urt. v. 11.7.1962 – VIII ZR 98/61, BGHZ, 37, 346, 352 f.; Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 8; Stöber, § 57b ZVG Rz. 3.2.
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Rz. 17 § 57b
III. Kenntnis des Mieters von der Beschlagnahme 1. Wirksamkeit von Verfügungen bei Unkenntnis der Beschlagnahme Eine Ausnahme von der Unwirksamkeit von Verfügungen nach dem Zuschlag besteht bei Unkenntnis des Mieters von der Beschlagnahme. Der Verweis des § 57b ZVG auf die mietrechtlichen Vorschriften schließt auch die Regelungen zum Gutglaubensschutz des Mieters ein. Danach ist die Verfügung über den Mietzins nach § 566c Satz 1 BGB noch für den Monat wirksam, in dem der Mieter von der Beschlagnahme Kenntnis erlangte. Erfolgt sie erst nach dem 15. Tage eines Monats, wirkt die Zahlung auch noch für den Folgemonat. Es bedarf positiver Kenntnis; auch grob fahrlässige Unkenntnis schadet dem Mieter nicht.45 Die Kenntnis muss bei Vornahme der Leistungshandlung vorliegen; tritt sie nachträglich ein, ist der Mieter nicht dazu verpflichtet, die Leistungshandlung rückgängig zu machen.46 Erforderlich ist allerdings nur die Kenntnis von der Beschlagnahme, nicht auch die des Zuschlags.47 Wurde der Mieter also von ersterer in Kenntnis gesetzt, muss er sich im Hinblick auf die nach § 56 Satz 2 ZVG fortdauernde Gläubigerstellung des Schuldners gegebenenfalls beim Vollstreckungsgericht nach dem Zwangsversteigerungstermin erkundigen. Zudem bedarf es der positiven Kenntnis des Mieters. Bloß fahrlässige – auch grob fahrlässige – Unkenntnis genügt demnach nicht.48
16
2. Art der Kenntniserlangung (§ 57b Abs. 1 Satz 2–4 ZVG) Grundsätzlich bedarf es keiner besonderen Form der Kenntniserlangung. Teilt der Schuldner dem Mieter etwa die Beschlagnahme mit, genügt dies, um die Folgen der diesbezüglichen Kenntnis nach § 566c BGB herbeizuführen.49 Die Kenntnis wird aber häufig kaum nachzuweisen sein. Auch ist der Mieter nicht zwangsläufig Beteiligter nach § 9 Nr. 2 ZVG, so dass es insoweit häufig zu Beweisproblemen kommen wird. Da dies die Bietbereitschaft zumal bei längerfristigen Vorauszahlungen erheblich senken kann, hat der Gesetzgeber weitere Informationspflichten des Gerichtes normiert. Dieses muss auf Antrag des Gläubigers die Beschlagnahme auch dem Mieter zustellen. Mit der Zustellung wird seine Kenntnis unwiderleglich vermutet.50 Nach § 57b Satz 3 ZVG soll dem Mieter oder Pächter eine Belehrung über die Bedeutung der Beschlagnahme beigefügt werden. Die Nichteinhaltung dieser Soll-Regelung lässt aber die Wirksamkeit der Zustellung und die hierdurch herbeigeführte Kenntnis des Mieters unberührt.51 Sofern der Gläubiger keine Kenntnis über die Mietverhältnisse hat, kann er das Gericht nach § 57b Abs. 1 Satz 4 ZVG ausnahmsweise auch in einem grundsätzlich der ZPO unterfallenden Verfahren zu weiteren Ermittlungen veranlassen. Das Gericht muss dann ermitteln, in der Regel mit Hilfe des Gerichtsvollziehers oder der Meldebehörden.52 Ist Zwangsverwaltung angeordnet, liegt eine Anfrage beim Zwangsverwalter nahe.53 Ohne Antrag ist das Gericht hierzu nicht verpflichtet.54
45 46 47 48 49 50 51 52 53 54
Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 24; Stöber, § 57b ZVG Rz. 3.3. Flatow, jurisPR 25/2007, Anm. 5. Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 8. Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 8; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 101; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 24. Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 8. Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 104; Stöber, § 57b ZVG Rz. 6.1. Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 107; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 24. Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 106; Stöber, § 57b ZVG Rz. 6.4. Stöber, § 57b ZVG Rz. 6.4. Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 106.
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§ 57b Rz. 18 Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins 3. Kenntnis von der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung (§ 57b Abs. 2 ZVG) 18
Nach § 57b Abs. 2 ZVG kommt auch der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung die Wirkung des § 57b Abs. 1 ZVG zu, wenn die Zwangsverwaltung bis zum Zuschlag fortdauert. Die Bedeutung der Vorschrift ist gering. Zwar geht die Zwangsverwaltung nicht zwingend mit der Zwangsversteigerung einher und kann als Vollstreckungsmaßnahme schon Jahre vor dem Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet werden. Der Schuldner kann aber auch im Zwangsverwaltungsverwahren nicht mehr über die Miete verfügen, so dass eine Vorausverfügung gemäß § 566b BGB nach diesem Zeitpunkt von vorneherein nicht in Betracht kommt. Auch Vereinbarungen mit dem Mieter gemäß § 566c BGB kann er nach diesem Zeitpunkt nicht mehr treffen. Bedeutung kann § 57b Abs. 2 ZVG aber dann erlangen, wenn dem Mieter zwar die Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung, aber nicht die Anordnung der Zwangsversteigerung bekannt wurde. Dann ist die Unkenntnis der letzteren unschädlich. Dies setzt aber voraus, dass die Zwangsverwaltung bis zum Zuschlag fortgedauert hat.
E. Aufrechnung des Mieters (§ 57 Satz 1 ZVG i.V.m. § 566d BGB) I. Grundgedanke der Regelung bei rechtsgeschäftlicher Veräußerung 19
Der Mieter soll bereits entstandene Gegenansprüche gegen den Schuldner durch den Zuschlag nicht verlieren. Deshalb bestimmt die § 566d Satz 1 BGB in erkennbarer Anlehnung an § 406 BGB, dass der Mieter gegen die Mietforderung auch in dem Monat, in dem er Kenntnis vom Eigentumsübergang erlangt, befreiend an den Voreigentümer leisten kann; wenn dies erst nach dem 15. Tage eines Monats geschieht, sogar noch im Folgemonat. Diese vom Gesetzgeber nicht sonderlich gelungen formulierte Vorschrift verweist zwar in Satz 1 vollumfänglich auf § 566c BGB. Dass aber § 566c Satz 3 BGB gerade keine Anwendung finden soll, geht aus § 566d Satz 2 BGB hervor, wonach die Aufrechnung ausgeschlossen sein soll, wenn der Mieter vor dem Übergang des Eigentums Kenntnis erlangt hat. Daraus schließt die h. M., dass die bloße Kenntnis bei Erklärung der Aufrechnung im Gegensatz zu § 566c Satz 3 BGB nicht schaden soll.55 Der Mieter behält also seine vor dem Eigentumsübergang begründeten Gegenansprüche, kann aber danach keine neuen erwerben, um sie gegen den neuen Eigentümer geltend zu machen. § 566d BGB soll alleine zugunsten des Mieters wirken; eine Aufrechnung des Erwerbers gegen Mieterforderungen scheidet aus.56
II. Die modifizierte Anwendbarkeit von § 566d BGB in der Zwangsversteigerung 1. Die zeitliche Grenze für die Aufrechnung 20
§ 566d BGB ist mit den Modifikationen des § 57b Satz 1 ZVG auch im Zwangsversteigerungsverfahren anzuwenden. Da sich die Aufrechnung des Mieters gemäß § 566d Satz 1 BGB nach § 566c BGB richten soll, gelten somit für den Mieter in der Zwangsversteigerung erhebliche Abweichungen gegenüber dem rechtsgeschäftlichen Erwerb. Denn nach § 566c Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der Kenntnis des Eigentumsübergangs abhängig. Deren Kenntnis wird aber in der Zwangsversteigerung, gemäß § 57b Abs. 1 Satz 1 ZVG durch die Kenntnis des Mieters von der Beschlagnahme ersetzt. Der Mieter kann danach
55 Staudinger/Emmerich, § 566d Rz. 1; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566d BGB Rz. 28. 56 Staudinger/Emmerich, § 566d Rz. 1.
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Rz. 22 § 57b
nur in dem Monat mit Forderungen gegen den Ersteher aufrechnen, in dem er von der Beschlagnahme erfährt, allenfalls noch im nächsten Monat, wenn er gemäß § 57b Abs. 1 Satz 1 ZVG, § 566b Abs. 1 Satz 2 BGB nach dem 15. Tag eines Monats Kenntnis hiervon erlangt. Anders als bei Rechtsgeschäften wie der Zahlung der Miete wird § 57b Abs. 1 Satz 1 ZVG auch nicht durch § 56 Satz 2 ZVG überspielt.57 Denn § 566d Satz 1 BGB redet ausdrücklich nur von der Wirksamkeit der Entrichtung der Miete nach § 566c BGB. Die Wirksamkeit der Mietzahlungen an den Voreigentümer bestimmt sich aber nach der Beschlagnahme alleine nach § 56 Satz 2 ZVG; hier ist der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs maßgeblich. Wenn dem Mieter noch Forderungen zustehen, ist also Eile geboten. In der Praxis wird die Aufrechnung gegen den Ersteher regelmäßig ausscheiden, da der Zuschlag nicht bis zum Ende des Monats erfolgen kann, der auf die Beschlagnahme folgt.58 Aus diesem Grunde erübrigt sich aus praktischen Gründen auch ein Eingehen auf die Frage, 21 in welchem Umfang der Mieter aufrechnen kann.59 Von Erkenntniswert ist die Regelung in § 57b Abs. 1 Satz 1 ZVG, § 566d BGB allenfalls noch für die umstrittene Frage, ob die Aufrechnung dem Erwerber60 oder dem Voreigentümer61 gegenüber zu erklären ist: Da der Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht feststehen kann, ist nur die Schlussfolgerung zulässig, dass die Erklärung zumindest auch dem Schuldner gegenüber abgegeben werden kann. Denn ansonsten liefe die Möglichkeit der Aufrechnung nach § 57b Abs. 1 Satz 1 ZVG, § 566d BGB zwingend leer, da die Aufrechnung gar nicht wirksam erklärt werden könnte. 2. Keine Aufrechnung mit neuen Forderungen nach Kenntnis der Beschlagnahme Die Beschränkung der Mieterrechte wird durch § 57b Abs. 1 Satz 1 ZVG, § 566d Satz 2 BGB 22 verstärkt. Denn danach ist die Aufrechnung ausgeschlossen, wenn der Mieter die Forderung erst nach Kenntnis von der Beschlagnahme erworben hat.62 Das Mietverhältnis mit dem Schuldner dauert nach der Beschlagnahme aber in aller Regel noch Monate, u.U. noch Jahre fort, bis der Zuschlag und damit der Eintritt des Erstehers in den neuen Mietvertrag erfolgt. Mit all den Forderungen, die in dieser Zeit gegen den weichenden Eigentümer begründet werden, kann der Mieter anders als beim rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang nicht aufrechnen.
57 Hierzu s.o. Rz. 2. 58 Schmidt-Futterer/Streyl, § 566d BGB Rz. 1. Diese Auswirkungen des § 57b Abs. 1 Satz 1 ZVG scheinen im Schrifttum bislang kaum zur Kenntnis genommen. Etwa Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 9; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 113; Staudinger/Emmerich, § 566d Rz. 2; Stöber, § 57b, Rz. 4 bzw. 6.1 und Böttcher, §§ 57-57d ZVG, Rz. 26 paraphrasieren den Gesetzeswortlaut zwar zutreffend in einem Satz, stellen die Folgen für den Mieter aber mit keinem Wort dar; deutlicher Klawikowski, Rpfleger 1997, 418, 419 u. NK/Riecke, § 566d BGB Rz. 4, der etwas kryptisch davon redet, § 566d werde „verdrängt durch § 57d ZVG“. Es verwundert daher nicht, dass die Praxis die Vorschrift übersieht und auch in diesem Zusammenhang auf den Eigentumsübergang abstellt, s. etwa AG Walsrode, Urt. v. 20.9.2005 – 7 C 713/05 (zit. nach juris). 59 Für die Möglichkeit der Aufrechnung mit beliebigen Forderungen des Mieters etwa Staudinger/Emmerich, § 566d Rz. 3; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566d BGB Rz. 11; NK/Riecke, § 566d Rz. 7. 60 Hierfür Staudinger/Emmerich, § 566d BGB Rz. 3; MünchKomm/Häublein, § 566d BGB Rz. 5; Schmidt-Futterer/Streyl, § 566d BGB Rz. 12. 61 Hierfür Erman/Lützenkirchen, § 566d Rz. 2; offen gelassen von NK/Riecke, § 566d BGB Rz. 8. 62 Jaeckel/Güthe, §§ 57-57b ZVG Rz. 9; Steiner/Teufel, §§ 57-57d ZVG Rz. 113; Stöber, § 57b ZVG Rz. 4; Böttcher, §§ 57-57d ZVG Rz. 26.
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§ 57b Rz. 23 Vorausverfügungen, Rechtsgeschäfte über Miet- oder Pachtzins
F. Abdingbarkeit 23
§§ 566c, d BGB stellen nach h.M. zwar abdingbares Recht dar. Dies wird aber für die Beziehungen dem Ersteher gegenüber regelmäßig keine Rolle spielen, da er an entsprechenden Vereinbarungen zwischen Schuldner und Mieter nicht mitgewirkt hat. Eine Abänderung zu seinen Lasten scheidet aber als Vertrag zu Lasten Dritter aus.63
§ 58 [Zuschlagskosten] Die Kosten des Beschlusses, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, fallen dem Ersteher zur Last.
A. B. C. I. 1. 2.
II. III. 1.
2. IV. D. I. II.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Kosten des Zuschlagsbeschlusses . . . Gebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebührentatbestand . . . . . . . . . . . . Gebührenwert . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meistgebot einschließlich bestehen bleibender Rechte . . . . . . . . . . . . b) Dazu Betrag einer Befriedigungsfiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mehrere Grundstücke . . . . . . . . . d) Besonderheit: Teilungsversteigerung Auslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ersteher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mehrere Ersteher . . . . . . . . . . . . Mithaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere den Ersteher treffende Zahlungspflichten . . . . . . . . . . . . . Rechtsanwaltsvergütung . . . . . . . . . Maklerprovision . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 3 3 3 4 4 9 10 11 12 13 13 13 14 15 16 17 18 19
III. Kosten für Grundbucheintragung . . . 1. Eintragung des Erstehers als Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherungshypotheken nach § 128 . . . 3. Löschung erloschener Rechte und des ZVG-Vermerks . . . . . . . . . . . . . IV. Vergütung eines Verwalters nach § 94 V. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . 1. Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . 3. Höhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Öffentliche Ansprüche . . . . . . . . . . 1. Öffentliche Grundstückslasten . . . . . . 2. Haftung als Eigentümer . . . . . . . . . . VIII. Zahlungsansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . IX. Grundstückslasten aus dinglichem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Zahlungsansprüche aus Verträgen . . . 1. Miet- und Pachtverträge . . . . . . . . . . 2. Objektbezogene Versicherungen . . . . . 3. Andere objektbezogene Verträge . . . . .
Rz. 20 21 22 23 24 25 25 26 28 30 34 34 35 36 37 39 39 40 41
Literatur: Böhringer, Erste Erfahrungen mit dem GNotKG in Grundbuchsachen, BWNotZ 2014, 17; Drischler/Stöber, In welchem Umfange können im Immobiliarvollstreckungsverfahren Kosten für förmliche Zustellungen aus dem Erlös entnommen werden?, Rpfleger 1969, 119; Klawikowski, Probleme des Erstehers nach der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2014, 236.
63 Münch.Komm./Häublein, § 566c Rz. 18 i.V.m. § 566b BGB Rz. 19.
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Rz. 5 § 58
Zuschlagskosten
A. Normzweck Die Norm macht zur (nach § 59 abdingbaren)1 Versteigerungsbedingung, was für den frei- 1 händigen Verkauf in § 448 Abs. 2 BGB geregelt ist: Dem Erwerber werden die Kosten der Veräußerung auferlegt. Die Zuschlagskosten sind also nicht Teil der Verfahrenskosten des § 109, sind nicht im geringsten Gebot berücksichtigt und werden nicht vorab aus der Teilungsmasse entnommen.2
B. Anwendungsbereich Die Regelung gilt in allen Verfahren des ZVG, in denen ein Zuschlag erteilt wird.3
2
C. Kosten des Zuschlagsbeschlusses I. Gebühr 1. Gebührentatbestand Für die Erteilung des Zuschlags entsteht eine 0,5 Gebühr, die bei Zuschlagsaufhebung wieder entfällt, KV 2214 GKG. Die Zuschlagsversagung ist gebührenfrei.4
3
2. Gebührenwert a) Meistgebot einschließlich bestehen bleibender Rechte Der Geschäftswert setzt sich zusammen aus Meistbargebot (ohne Zinsen) und dem Wert bestehen bleibender Rechte, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG.
4
Vom Wortlaut der Norm umfasst sind auch die außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleibenden Rechte, wie etwa das rangschlechtere Altenteilsrecht nach § 9 EGZVG. Entgegen der h.M.5 sind daher diese Rechte als Teil des Meistgebots zu berücksichtigen:6 Auch die außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleibenden Rechte muss ja ein Bieter mit übernehmen, weshalb nach verbreiteter Meinung auch für diese ein Zuzahlungsbetrag nach §§ 50, 51 festzusetzen ist.7 Auch bei Entscheidung über eine Zuschlagsversagung nach §§ 74a, 85a werden die außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleibenden Rechte als Teil des Meistgebots mit berücksichtigt.8 Es gibt keinen Grund, in § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG die „nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte“ anders als in §§ 74a, 85a zu definieren.
5
1 Dassler u.a./Hintzen, § 58 ZVG Rz. 1; Steiner/Storz, § 58 ZVG Rz. 4. 2 LG Freiburg v. 8.3.1991 – 4 T 14/91, Rpfleger 1991, 382; Steiner/Storz, § 58 ZVG Rz. 1; Stöber/Gojowczyk, § 58 ZVG Rz. 2. 3 Böttcher, § 58 ZVG Rz. 1; Stöber/Gojowczyk, § 58 ZVG Rz. 1. 4 Dassler u.a./Hintzen, § 58 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 58 ZVG Rz. 7. 5 So etwa Böttcher, § 58 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 58 ZVG Rz. 3; Löhnig/Ferstl, Kosten des ZVGVerfahrens, Rz. 9; Stöber/Keller, ZVG Einleitung Rz. 441. 6 Oestreich, § 54 GKG Rz. 19. 7 LG Münster v. 25.11.2010 – 5 T 661/10, JurBüro 2011, 552; Böttcher, §§ 50, 51 ZVG Rz. 3; Depré/ Bachmann, § 51 ZVG Rz. 12 („ohne Belang, nach welcher Vorschrift das Recht bestehen bleibt“), Löhnig/Siwonia, § 51 ZVG Rz. 7; a.A. Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG Rz. 8. 8 So selbst Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 11, obwohl Stöber/Gojowczyk, § 51 ZVG Rz. 8, die Festsetzung eines Zuzahlungsbetrags ablehnt.
Strauß
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§ 58 Rz. 6 Zuschlagskosten 6
Unberücksichtigt bleiben Rechte, die zufolge einer Liegenbelassungsvereinbarung bestehen bleiben.9 Die Liegenbelassung ist eine Zahlungsmodalität des Meistgebots, § 91 Abs. 3.
7
Bei Grundpfandrechten ist der Nennbetrag, im Übrigen der Zuzahlungsbetrag nach §§ 50, 51 maßgeblich;10 bei Gesamtgrundpfandrechten ist das Recht je in voller Höhe zu berücksichtigen.11
8
Der Erlös aus einer abgesonderten Verwertung des Zubehörs ist nicht hinzuzurechnen,12 denn die besondere Versteigerung nach § 65 ist mit der Verfahrensgebühr abgegolten.13 b) Dazu Betrag einer Befriedigungsfiktion
9
Ggf. erhöht sich der Geschäftswert um den Betrag einer Befriedigungsfiktion nach § 114a, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG; die Erhöhung tritt nach zutreffender Meinung nicht ein, wenn die Rechte aus dem Meistgebot abgetreten werden und der Zessionar nicht zum Kreis der Befriedigungsberechtigten gehört, denn die Befriedigungswirkung betrifft allein das Innenverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger-Zedent, nicht den Ersteher.14 Ist die Befriedigungsfiktion des § 114a zweifelhaft, etwa bei Erwerb durch die Tochtergesellschaft eines zur Befriedigung aus dem Objekt Berechtigten, soll die Erhöhung unterbleiben, weil die Entscheidung über die Wirkungen des § 114a dem Prozessgericht obliegt.15 c) Mehrere Grundstücke
10
Werden mehrere im selben Verfahren versteigerten Grundstücke (§ 63) an ein und denselben Ersteher zugeschlagen, ist die Summe der Meistgebote maßgeblich, § 54 Abs. 4 GKG. d) Besonderheit: Teilungsversteigerung
11
In der Teilungsversteigerung vermindert sich der Gegenstandswert um den Anteil des Erstehers am Versteigerungsobjekt; bei Gesamthandeigentum ist jeder Mitberechtigte wie ein Eigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils anzusehen, § 54 Abs. 2 Satz 2 GKG. Wird ansonsten in der Zwangsversteigerung einem (Mit-)Eigentümer der Zuschlag erteilt, fällt die Gebühr aus dem Wert des gesamten Grundstücks an, denn es handelt sich um einen originären Erwerb.16
9 LG Krefeld v. 17.12.1976 – 1 T 114/76, Rpfleger 1978, 392; Böttcher, § 58 ZVG Rz. 4; Oestreich, § 54 GKG Rz. 18; a.A. Hartmann, Kostengesetze, § 54 GKG Rz. 5 unter irriger Berufung auf LG Krefeld, dagegen Mümmler, JurBüro 1984, 1875. 10 BGH v. 3.4.2014 – V ZB 41/13, MDR 2014, 862 = Rpfleger 2014, 531; Depré/Bachmann, § 58 ZVG Rz. 3; Stöber/Keller, ZVG Einleitung Rz. 442; a.A. LG Saarbrücken v. 22.12.1970 – 5 T 429/70, Rpfleger 1971, 157 (Wert zur Ablösung des Rechts, frei zu schätzen). 11 Stöber/Keller, ZVG Einleitung Rz. 442; a.A. LG Freiburg v. 2.6.1977 – 4 T 167/76, Justiz 1977, 349 (maximal bis zur Ausschöpfung des Grundstückswerts), dagegen Stöber/Keller a.a.O. 12 Stöber/Keller, ZVG Einleitung Rz. 441. 13 Steiner/Storz, § 58 ZVG Rz. 6. 14 LG Mönchengladbach v. 9.10.2002 – 5 T 143/02, Rpfleger 2003, 148; H/B/C/S, § 5 Rz. 90; Stöber/Keller, ZVG Einleitung Rz. 441; a.A. LG Lüneburg v. 18.9.1987 – 4 T 201/87, Rpfleger 1988, 113 = KostRsp. GKG § 29 Nr. 5 m. krit. Anm. Schneider; Dassler u.a./Hintzen, § 58 ZVG Rz. 3; Hartmann, Kostengesetze, § 54 GKG Rz. 6. 15 Dassler u.a./Hintzen, § 58 ZVG Rz. 3. 16 So BayObLG v. 5.10.1995 – 3Z BR 228/95, Rpfleger 1996, 129, für die Eintragungsgebühr beim Grundbuchamt.
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Strauß
Zuschlagskosten
Rz. 16 § 58
II. Auslagen Der Ersteher haftet auch für die Auslagen des Zuschlagsbeschlusses. Die Zustellungsauslagen (KV 9002 GKG) gehören nach zutreffender Ansicht nicht dazu, sondern zu den Verfahrenskosten, denn der Zuschlag wird nicht mit Zustellung, sondern mit Verkündung wirksam.17 Ebenfalls nicht zu den Kosten des Zuschlagsbeschlusses gehören Auslagen für einen Gutachter (KV 9005 GKG) im Rahmen eines Zuschlagsversagungsantrags gestützt auf § 765a ZPO. Zwar kann über den Einstellungsantrag nach § 765a ZPO im Rahmen der Zuschlagserteilung mitentschieden werden;18 gleichwohl ist die Zuschlagsentscheidung nicht kausal für das Anfallen dieser Auslagen.
12
III. Haftung 1. Ersteher a) Allgemein Schuldner der Kosten des Zuschlagsbeschlusses ist der Ersteher, § 26 Abs. 2 Satz 1 GKG. Ist dieser gebühren- oder insgesamt kostenbefreit, gilt dies auch für den Zuschlag in der Zwangsversteigerung, § 2 GKG.19
13
b) Mehrere Ersteher Erfolgt der Zuschlag auf das Meistgebot einer Personenmehrheit, gilt diese als ein Ersteher, § 54 Abs. 5 Satz 2 GKG. Werden im selben Verfahren versteigerte Grundstücke an verschiedene Ersteher zugeschlagen, bestimmt sich für jeden Ersteher der Wert nach der Summe seiner Meistgebote, § 54 Abs. 5 Satz 1 GKG.
14
2. Mithaft Der Meistbietende, § 81 Abs. 2, bzw. der in verdeckter Vollmacht für den Ersteher Bietende, § 81 Nr. 3, haften neben dem Ersteher, § 81 Abs. 4, §§ 26 Abs. 2 Satz 1, 29 Nr. 3 GKG. Für die Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot und/oder die Übernahme der Verpflichtungen aus dem Meistgebot nach § 81 Abs. 2 entstehen keine gesonderten Gebühren.20
15
IV. Fälligkeit Die Zuschlagsgebühr wird mit Verkündung, bei Beschluss durch das Beschwerdegericht (da die Verkündung unterbleibt) mit Zustellung des Zuschlagsbeschlusses fällig, § 7 Abs. 1 Satz 2 GKG. Die Norm dürfte analog anzuwenden sein, wenn das Vollstreckungsgericht den Zuschlagsbeschluss entgegen § 87 Abs. 1 nicht verkündet.21 17 AG Kellinghusen v. 17.11.1967 – K 13/66, Rpfleger 1968, 61; Dassler u.a./Hintzen, § 58 ZVG Rz. 2; H/B/C/S, § 5 Rz. 93; Stöber, Rpfleger 1969, 122; Stöber/Gojowczyk, § 58 ZVG Rz. 3, je mit ausführlicher Widerlegung der Gegenmeinung, a.A. LG Freiburg v. 8.3.1991 – 4 T 14/91, Rpfleger 1991, 382 = JurBüro 1991, 1211 m. zust. Anm. Mümmler; Drischler, Rpfleger 1969, 119 (120 f.); Steiner/ Storz, § 58 ZVG Rz. 9. 18 BGH v. 14.4.2005 – V ZB 7/05, MDR 2005, 943 = Rpfleger 2005, 415; OLG Köln v. 19.8.1996 – 2 W 165/96, Rpfleger 1997, 34; LG Bayreuth v. 12.2.2001 – 15 T 8/01, Rpfleger 2001, 367. 19 LG Frankfurt/M. v. 2.5.1977 – 2/9 T 377/77, Rpfleger 1977, 338; Steiner/Storz, § 58 ZVG Rz. 11. 20 Steiner/Storz, § 58 ZVG Rz. 13. 21 Vgl. BGH v. 15.12.2011 – V ZB 124/11, MDR 2012, 430 = Rpfleger 2012, 337.
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§ 58 Rz. 17 Zuschlagskosten
D. Weitere den Ersteher treffende Zahlungspflichten 17
Neben Meistgebot und Bargebotszinsen, einer evtl. Zuzahlungspflicht nach §§ 50, 51 und den Kosten des Zuschlags treffen den Ersteher noch weitere Zahlungspflichten:
I. Rechtsanwaltsvergütung 18
Im Zusammenhang mit dem Zuschlagsbeschluss entstehen keine besonderen anwaltlichen Vertretungskosten. Für die Vertretung bei Gebotsabgabe fällt eine 0,4 Verfahrensgebühr an, Nr. 3311 Nr. 1 VV-RVG. Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten des Erstehers bemisst sich gem. § 26 Nr. 3 RVG nach dem Meistgebot.22
II. Maklerprovision 19
Grundsätzlich wird beim Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung keine Maklerprovision geschuldet, sofern keine Individualvereinbarung über die Gleichstellung mit dem Abschluss eines Grundstückskaufvertrags getroffen worden ist;23 eine Klausel in den AGB des Maklers genügt nicht.24 Diese Vereinbarung kann auch stillschweigend25 oder schlüssig26 getroffen sein.
III. Kosten für Grundbucheintragung 20
Die auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts nach § 130 erfolgende Grundbucheintragung ist nur teilweise kostenfrei: 1. Eintragung des Erstehers als Eigentümer
21
Für die Eintragung des Erstehers entsteht eine volle Gebühr, KV 14110 GNotKG. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 46 GNotKG; in Betracht kommen der festgesetzte Verkehrswert, § 74a Abs. 5, oder das Meistgebot einschließlich des Werts bestehen bleibender Rechte, maßgeblich ist nach h.M. der höhere Betrag,27 wenn nicht erhebliche Umstände gegen die fortgeltende Plausibilität dieses Werts sprechen.28 Der Wert mitversteigerten Zubehörs ist abzuziehen.29 Der Ersteher haftet allein, § 23 Nr. 12 GNotKG. 2. Sicherungshypotheken nach § 128
22
Für die Eintragung der Sicherungshypotheken nach Forderungsübertragung werden volle Gebühren nach KV 14121 GNotKG für jede Hypothek gesondert erhoben; der Hypotheken22 23 24 25 26
BGH v. 14.6.2012 – V ZB 182/11, MDR 2012, 1055 = Rpfleger 2012, 702. BGH v. 4.7.1990 – IV ZR 174/89, BGHZ 112, 59 = MDR 1990, 990. BGH v. 24.6.1992 – IV ZR 240/91, BGHZ 119, 32 = MDR 1992, 937. OLG Hamburg v. 12.9.1990 – 14 U 130/89, AIZ A 138 Bl 10. LG Aachen v. 13.12.2012 – 10 O 271/12, MietRB 2013, 145 (Kurzw.) = IMR 2013, 205 (Kurzw.) m. zust. Anm. Lehner. 27 BayObLG v. 24.1.2002 – 3Z BR 3/02, Rpfleger 2002, 382; OLG Düsseldorf v. 6.6.2002 – 10 W 50/02, Rpfleger 2002, 592 unter Aufgabe der früheren Auffassung; Böhringer, BWNotZ 2014, 17 (19); a.A. Hartmann, Kostengesetze, KV-GNotKG 14110 Rz. 13. 28 OLG Düsseldorf v. 26.1.2006 – I-10 W 100/05, Rpfleger 2006, 341 (Ls) = JurBüro 2006, 323 (Ls.); OLG Frankfurt v. 26.7.2004 – 20 W 62/04, InVo 2005, 38 = OLGR Frankfurt 2005, 108 (Ls.). 29 BayObLG v. 17.1.1978 – BReg 3 Z 90/75, BayObLGZ 1978, 8 = JurBüro 1978, 905.
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Zuschlagskosten
Rz. 28 § 58
gläubiger haftet neben dem Ersteher für diese Gebühren, § 23 Nr. 13 GNotKG. Für den Wert ist der Nennbetrag der Hypothek maßgeblich, § 53 Abs. 1 GNotKG. 3. Löschung erloschener Rechte und des ZVG-Vermerks Die übrigen Eintragungen, namentlich die Löschung des ZVG-Vermerks und der erloschenen Rechte, erfolgen gebührenfrei, Vorbem. 1.4 bei Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG.
23
IV. Vergütung eines Verwalters nach § 94 Wird nach Zuschlag die gerichtliche Verwaltung bis zur Zahlung des Meistgebots nach § 94 angeordnet, schuldet allein der Ersteher die Vergütung des Verwalters.30
24
V. Grunderwerbsteuer 1. Fälle Für die Gebotsabgabe, daneben auch für die Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot, § 81 Abs. 2, oder Offenlegung der Gebotsabgabe in verdeckter Stellvertretung, § 81 Abs. 3, fällt Grunderwerbsteuer an, § 13 Nr. 4 bzw. Nr. 1 GrEStG. U.U. besteht Befreiung von der Grundsteuer, vgl. § 3 GrEStG, insbesondere bei Erwerbsvorgängen unterhalb der Freigrenze (derzeit 2500 Euro), bei Erwerb durch den Ehegatten oder durch Verwandte in gerader Linie.
25
2. Bemessungsgrundlage Bemessungsgrundlage ist das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben, § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG, hinzu kommt gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG auch ein Befriedigungsbetrag nach § 114a ZVG.31
26
Lange war streitig, ob bei der Versteigerung von Wohnungs- bzw. Teileigentum eine bestehende Instandhaltungsrückstellung die Bemessungsgrundlage mindert.32 Der BFH hat dies nun verneint; dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut von § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG.33 Der Entscheidung ist zuzustimmen, zumal die Instandhaltungsrücklage der Eigentümergemeinschaft und nicht dem einzelnen Eigentümer zusteht. Sie wird in der Zwangsversteigerung auch nicht gesondert ausgewiesen und ist dem Bieter oftmals gar nicht bekannt.
27
3. Höhe Die Grunderwerbsteuer belief sich vormals auf bundeseinheitlich 3,5 %, § 11 Abs. 1 GrEStG. Gemäß Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG ist die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes auf die Länder übertragen worden; gemäß Art. 125a Abs. 1 GG gilt die Norm nur fort, bis sie durch Landesrecht ersetzt worden ist. Außer Bayern und Sachsen haben alle Bundesländer eigene Grunderwerbsteuergesetze erlassen.
30 BGH v. 26.2.2015 – IX ZR 172/14, MDR 2015, 484 = Rpfleger 2015, 349. 31 BFH v. 19.6.2013 – II R 5/11, BFHE 241, 424 = BStBl. II 2013, 926 = ZfIR 2013, 772. 32 Bejahend: FG Berlin-Brandenburg v. 26.2.2015 – 15 K 4320/10, ZfIR 2015, 723; verneinend: SächsFG v. 25.6.2014 – 6 K 193/12, DStR 2015, 1103 m. abl. Anm. Kesseler; SächsFG v. 2.4.2014 – 2 K 1663/13, EFG 2014, 1701. 33 BFH v. 2.3.2016 – II R 27/14, NJW 2016, 2207 = ZfIR 2016, 504 m. Anm. Mensch.
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28
§ 58 Rz. 29 Zuschlagskosten 29
Übersicht, Stand 1.4.2020: Land
Satz
Baden-Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg
m.W.z. 5%
Quelle
5.11.2011 GBl. 2011, S. 493
3,50 % 6% 6,50 % 5% 4,50 %
1.1.2014 GVBl. 2013, S. 583 1.7.2015 GVBl. I 2015 Nr. 16 1.1.2014 Brem.GBl. 2013 S. 559 1.1.2009 GVBl. Hamburg 2008, 433
Hessen
6%
1.8.2014 GVBl. 2014 S. 179
Mecklenburg-Vorpomm.
6%
1.7.2019 GVOBl. M-V 2019 S. 190
Niedersachsen
5%
1.1.2014 Nds. GVBl. 2013 S. 310
Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz
6,50 % 5%
Saarland
6,50 %
Sachsen
3,50 %
Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen
5% 6,50 % 6,5 %
1.1.2015 GV. NRW. 2014 S. 954 1.3.2012 GVBl. 2012, 41 1.1.2015 Amtsbl. I 2014 S. 447
1.3.2012 GVBl. LSA 2012 S. 52 1.1.2011 GVOBl. Schl.-H. 2010, S. 789, 811 1.1.2017 GVBl 2015, S. 238
m.W.z. = mit Wirkung zum
VI. Umsatzsteuer 30
Die Lieferung eines Grundstücks ist grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Gemäß § 9 Abs. 1 UStG kann der Schuldner als liefernder Unternehmer jedoch bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten auf die Steuerfreiheit verzichten (zur Steuer optieren), wenn die Lieferung für das Unternehmen des Erwerbers erfolgt. Ist der Ersteher ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 1 UStG, so schuldet er als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, § 13b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG.
31
Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer für Lieferungen ist das vereinbarte Entgelt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG), dazu gehört auch der Befriedigungsbetrag nach § 114a ZVG.34
32
Für mitversteigertes Zubehör gilt die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9a UStG nicht, denn dieses fällt nicht unter das Grunderwerbsteuergesetz. Schuldner der Umsatzsteuer auf Zubehör ist aber der Schuldner, nicht der Ersteher, § 13b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 UStG.35
33
Das Meistgebot ist als Nettobetrag zu werten, das gilt auch für den auf das Zubehör entfallenden Anteil des Meistgebots.36 34 BFH v. 9.9.2015 – XI B 87/14, BFH/NV 2016, 78 = ZfIR 2015, 912 (Ls.). 35 Knees, Kap. K II, S. 291; Stadie/Stadie, § 13b UStG Rz. 80. 36 BGH v. 3.4.2003 – IX ZR 93/02, BGHZ 154, 327 = MDR 2003, 953 = BKR 2003, 411 m. Anm. Weis; Dassler u.a./Hintzen, § 58 ZVG Rz. 23.
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Zuschlagskosten
Rz. 36 § 58
VII. Öffentliche Ansprüche 1. Öffentliche Grundstückslasten Ab Eigentumsübergang trägt der Ersteher die öffentlichen Lasten am Grundstück, § 56 Satz 2. Bei verrenteten Beitragsschulden trägt der Ersteher die nach dem Zuschlag zu zahlenden Raten.37 Vgl. die Kommentierung bei § 56.
34
2. Haftung als Eigentümer Den Ersteher treffen alle grundstücksbezogenen Pflichten, die sich aus der Eigentümerstellung ergeben. So kann er u. U. als Zustandsstörer haften.38 Der Ersteher eines altlastenverseuchten Grundstücks kann nach § 4 Abs. 3 BBodSchG zu Sanierungsmaßnahmen herangezogen werden,39 haftet mangels Grundstücksbezogenheit aber nicht für baumschutzrechtliche Ausgleichsabgaben, die gegen den vormaligen Grundstückseigentümer festgesetzt worden sind.40
35
VIII. Zahlungsansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft Der Ersteher wird mit Zuschlag Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, § 10 WEG. 36 Er hat vom Zuschlag an Hausgeld und Sonderumlagen zu tragen, § 16 Abs. 2 WEG.41 Streitig ist hier, inwieweit der Ersteher für Abrechnungszeiträume vor dem Zuschlag aufzukommen hat. Die Rechtsprechung und die h. L. folgen hier der Fälligkeitstheorie, demnach trägt der Ersteher die nach dem Zuschlag beschlossene Abrechnungsspitze42 und Sonderumlagen, die erst nach dem Zuschlag fällig werden.43 Nach der Gegenmeinung (sog. Aufteilungstheorie) haftet der Ersteher erst für Zeiträume ab Zuschlag, für das Jahr des Zuschlags sei also zeitanteilig abzurechnen.44 Einigkeit besteht darüber, dass der Ersteher nicht für Zahlungsrückstände des Voreigentümers aufzukommen hat, eine derartige Bestimmung in der Teilungserklärung wäre dem Ersteher gegenüber nichtig,45 und auch ein Beschluss der Eigentümerversammlung könnte keine Ersteherhaftung begründen.46
37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Sächs. OVG v. 26.6.2015 – 5 A 706/13, ZfIR 2015, 807 m. Anm. Alff. OVG Rheinland-Pfalz v. 23.6.2010 – 8 A 10139/10, NuR 2010, 728. BGH v. 18.5.2006 – V ZB 142/05, MietRB 2006, 290 = MDR 2007, 110 = Rpfleger 2006, 554. VG Berlin v. 11.2.2004 – 1 A 195.02, NVwZ-RR 2004, 838. KG Berlin v. 6.9.1993 – 24 W 4142/92, MDR 1993, 1203 = OLGZ 1994, 141; OLG Düsseldorf v. 1.3.1991 – 3 Wx 3/91, WuM 1991, 623. BGH v. 2.12.2011 – V ZR 113/11, NJW-RR 2012, 217 = NZM 2012, 159; BGH v. 21.4.1988 – V ZB 10/87, BGHZ 104, 197 = MDR 1988, 765 = Rpfleger 1988, 357; Staudinger/Jickeli u. Stieper, § 103 BGB Rz. 7. OLG Köln v. 31.8.2001 – 16 Wx 137/01, NZM 2002, 351; LG Saarbrücken v. 27.5.2009 – 5 S 26/08, NJW-RR 2009, 1167; Palandt/Bassenge, § 16 WEG Rz. 31 f. m.w.N. Jennißen/Jennißen, § 16 WEG Rz. 177 ff. BGH v. 22.1.1987 – V ZB 3/86, BGHZ 99, 358 = MDR 1987, 485 = Rpfleger 1987, 208; BGH v. 13.10.1983 – VIII ZB 4/83, NJW 1984, 30. BGH v. 9.3.2012 – V ZR 147/11, MDR 2012, 632 = NJW 2012, 2797; BGH v. 23.9.1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290 = MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke = Rpfleger 2000, 78; LG München v. 20.12.2010 – 1 S 4319/10, ZWE 2011, 233.
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§ 58 Rz. 37 Zuschlagskosten
IX. Grundstückslasten aus dinglichem Recht 37
Zu den vom Ersteher zu tragenden privatrechtlichen Lasten zählen die Leistungen für die übernommenen Rechte ab Zuschlag.47 Namentlich fallen Hypotheken- bzw. Grundschuldzinsen darunter, aber auch Rentenzahlungen auf eine Reallast48 und Erbbauzinsen bei Erbbaurechten sowie Wohnungserbbaurechten, sofern die (Wohnungs-) Erbbauzinsreallast bestehen geblieben ist, siehe Kommentierung bei § 56.
38
Die persönliche Haftung trifft den Ersteher für fällige Leistungen aus (z.B. Erbbauzins-) Reallasten aus § 1108 BGB stets,49 wobei ausnahmsweise ein Ausgleichsanspruch gegenüber dem bisherigen Schuldner bestehen kann.50 Für eingetragene Grundpfandrechte haftet der Ersteher dagegen nur unter den Voraussetzungen des § 53 persönlich.
X. Zahlungsansprüche aus Verträgen 1. Miet- und Pachtverträge 39
Der Ersteher tritt grds. in die Rechte und Pflichten aus Miet- und Pachtverträgen ein, §§ 57 ZVG, 566 Abs. 1, 578 BGB. Damit schuldet er auch die Erstattung der Mietkaution bei Beendigung des Mietverhältnisses nach Zuschlag, selbst wenn er sie vom Vollstreckungsschuldner nicht erhalten hat.51 Ebenso kann der Mieter Ansprüche aus verlorenen Baukostenzuschüssen gegen den Ersteher geltend machen.52 2. Objektbezogene Versicherungen
40
Der Ersteher tritt in die Rechte und Pflichten aus objektbezogenen Versicherungsverträgen ein, §§ 95, 99 VVG. 3. Andere objektbezogene Verträge
41
Rechte und Pflichten aus anderen objektbezogenen Verträgen, z. B. bzgl. Anschlusskosten für Gas und Wasser53 oder Elektrizität,54 gehen nicht auf den Ersteher über.
47 Stöber/Gojowczyk, § 56 ZVG Rz. 11; Storz/Kiderlen, ZV, D 5.2.1. 48 BGH v. 12.7.1991 – V ZR 204/90, MDR 1992, 260 = NJW 1991, 621; v. 25.2.1972 – V ZR 27/70, BGHZ 58, 191. 49 BGH v. 8.7.1993 – IX ZR 222/92, BGHZ 123, 178 = MDR 1993, 1242 = Rpfleger 1993, 503; OLG Karlsruhe v. 31.8.2000 – 19 U 58/99, OLGR Karlsruhe 2001, 264 = FamRZ 2001, 1455. 50 BGH v. 8.7.1993 – IX ZR 222/92, BGHZ 123, 178 = MDR 1993, 1242; v. 25.2.1972 – V ZR 27/70, BGHZ 58, 191. 51 BGH v. 7.3.2012 – XII ZR 13/10, MDR 2012, 573 = NotBZ 2012, 213 m. Anm. Krause = MietRB 2012, 232 = Rpfleger 2012, 399 = NJW 2012, 1353; LG Berlin v. 26.3.2009 – 67 S 83/08, GE 2009, 910. 52 BGH v. 16.9.2009 – XII ZR 72/07, ZMR 2010, 104. 53 BGH v. 29.3.1990 – IX ZR 190/89, MDR 1990, 1108 = Rpfleger 1990, 309. 54 BGH v. 1.4.1987 – VIII ZR 167/86, MDR 1987, 755 = Rpfleger 1988, 274; Klawikowski, Rpfleger 2014, 236 (237).
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
§ 59
§ 59 [Abweichende Versteigerungsbedingungen] (1) Jeder Beteiligte kann spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen verlangen. Der Antrag kann spätestens zu dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt zurückgenommen werden. Wird durch die Abweichung das Recht eines anderen Beteiligten beeinträchtigt, so ist dessen Zustimmung erforderlich. (2) Sofern nicht feststeht, ob das Recht durch die Abweichung beeinträchtigt wird, ist das Grundstück mit der verlangten Abweichung und ohne sie auszubieten. (3) Soll das Fortbestehen eines Rechts bestimmt werden, das nach § 52 erlöschen würde, so bedarf es nicht der Zustimmung eines nachstehenden Beteiligten.
A. B. C. I. II. III. IV. D. I. 1. 2. 3.
II. 1. 2. 3. 4. 5. 6. III. 1. 2.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . Keine Änderung möglich . . . . . . . . Änderung möglich . . . . . . . . . . . . Streitige Fälle . . . . . . . . . . . . . . . Keine abweichenden Bedingungen . Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . Versteigerungsbedingungen . . . . . . Systematische Auffassung . . . . . . . . Teleologische Auffassung . . . . . . . . Grenzen der Änderbarkeit . . . . . . . . a) Grenzen des Rechtssystems? . . . . b) Wesentliche Verfahrensgrundsätze? c) Schutzzweck der Norm: Interesse . aa) In öffentlichem Interesse: nicht änderbar . . . . . . . . . . bb) Im Interesse der Beteiligten bzw. Bieterkonkurrenz: änderbar . . . . . . . . . . . . . cc) Abgestufte Interessen . . . . . . Verlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag ohne gerichtliches Ermessen . Keine Änderung von Amts wegen . . . Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt für das Verlangen und seine Rücknahme . . . . . . . . . . . . . Inhalt des Verlangens . . . . . . . . . . . Mehrere Verlangen . . . . . . . . . . . . Jeder Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . Beteiligte im Sinne des § 9 . . . . . . . Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . a) Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . b) Rechtliches Interesse . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 3 4 4 5 6 7 8 8 9 10 11 11 12 13
.
14
. . . . . .
15 16 17 17 18 19
. . . . . . . .
20 21 22 24 24 25 25 27
Rz. IV. Beeinträchtigung des Rechts eines anderen Beteiligten . . . . . . . . . . . . 1. Beeinträchtigung durch die Abweichung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition? . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tangieren der Rechtsposition . . bb) Gefährdung der Rechtsposition cc) Nur negative Veränderung . . . dd) Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . ee) Gleichstellung zu gesetzlichen Bedingungen? . . . . . . . . . . . ff) Auch mittelbare Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Feststehende Beeinträchtigung . . . . c) Beeinträchtigung ungewiss . . . . . . 2. Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eines anderen Beteiligten . . . . . . . . . a) Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Namentlich: Schuldner . . . . . . . . c) Beeinträchtigung der Ausfallenden wegen §§ 50, 51? . . . . . . . . . . . . V. Zustimmungserfordernis . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt der Zustimmung . . . . . . . . a) Vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten . . . . . . . . . . . . . . . b) Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verspätete Zustimmung . . . . . . . . 3. Form der Zustimmung . . . . . . . . . . a) Rechtzeitige Zustimmung: formlos . b) Verspätete „Zustimmung“: Form des § 84 Abs. 2 . . . . . . . . . . c) Stillschweigen, konkludente Zustimmung? . . . . . . . . . . . . . . 4. Genehmigungsbedürfnis bei Zustimmung durch gesetzlichen Vertreter etc. .
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28 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 39 40 46 50 50 51 51 52 53 55 55 56 57 58
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§ 59 Abweichende Versteigerungsbedingungen Rz. 5. Ersetzung der Zustimmung durch Anfechtungsurteil . . . . . . . . . . . . . . 59 6. Entbehrlichkeit der Zustimmung, Abs. 3? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 a) Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Ausgangsfall . . . . . . . . . . . . 61 bb) Abwandlung . . . . . . . . . . . . 61a cc) Abwandlung II . . . . . . . . . . . 61b b) Streit um die Anwendung des Abs. 3 62 aa) Anwendung gemäß dem Wortlaut? . . . . . . . . . . . . . . 63 bb) Aber: Benachteiligung über den Nachrang hinaus . . . . . . . 64 cc) Verfassungskonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . 65 (1) Widerlegliche Vermutung? . . . 65 (2) Ratio legis . . . . . . . . . . . . . . 66 dd) Ergebnis: Nur Abt. II . . . . . . . 67 c) Namentlich: Schuldner . . . . . . . . 68 VI. Klärung der Beeinträchtigung durch Doppelausgebot . . . . . . . . . . 69 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2. Wirtschaftliche Schlechterstellung durch Abweichung . . . . . . . . . . . . . 70 a) Vergleich der wirtschaftlichen Auswirkungen der Meistgebote . . . 70 b) Namentlich: Rechte in Abt. II . . . . 71 aa) Bewertung im Vergleich . . . . . 72 bb) Kritik an der h.M. . . . . . . . . . 74 3. Non liquet – Doppelausgebot beseitigt nicht die Ungewissheit . . . . . . . . . . . 76 a) Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Konsequenz Zuschlagsversagung? . . 77 c) Abstellen auf Tag des Zuschlags? . . . 78 d) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4. Zuschlagsentscheidung im Falle von Doppelausgeboten . . . . . . . . . . . . . 80 a) Keine Gebote . . . . . . . . . . . . . . 80 b) Gebote nur auf gesetzliche Versteigerungsbedingungen . . . . . . . . 81 c) Gebote nur auf abweichende Versteigerungsbedingungen . . . . . . 82
Rz.
5. E. I. II. 1.
2. 3. III. 1. 2. IV. 1. 2. 3.
V. F. I. 1. 2. II.
aa) Nur mit Zustimmung des Schuldners oder gar aller Ausfallenden? . . . . . . . . . . . bb) Stets Zuschlagserteilung? . . . . cc) Anhaltspunkte für Beeinträchtigung? . . . . . . . . . . . . d) Gebote auf verschiedene Ausgebotsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ermittlung der Beeinträchtigten . . . . . . . . . . . . . bb) Zustimmung/Genehmigung? . . Doppelausgebote außerhalb des Anwendungsbereichs des § 59 . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfschema . . . . . . . . . . . . . . . . . Nach Abweichungsverlangen eines Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhörungs- und Aufklärungspflichten . a) Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Terminsunterbrechung, Terminsvertagung? . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtsmissbrauchsverdacht . . . . . . Offene oder eventuelle Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorliegen der Zustimmung(en) . . . . . In der Bietzeit . . . . . . . . . . . . . . . . Parallele Bietzeit . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . Prüfung vor Zuschlagsentscheidung . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . Falllagen nach Ende der Bietzeit . . . . . Sonderproblem: Zuschlagsversagungsgrund steht nur bei einer Ausgebotsform entgegen . . . . . . . . . . . . . . . . Zuschlagsbeschluss . . . . . . . . . . . . Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . . Zulässiges Rechtsmittel . . . . . . . . . . Zuschlagsbeschwerde . . . . . . . . . . . . Sofortige Beschwerde . . . . . . . . . . . . Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83 85 86 87 87 89 89a 90 90 91 91 91 92 93 94 95 96 97 97 98 99 99 100
101 103 104 104 104 105 106
Literatur: Böttcher, Anmerkung zu BGH v. 8.12.2011 – V ZB 197/11, ZfIR 2012, 332; Drischler, Neuere Rechtsprechung zum Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, KTS 1975, 283; Drischler, Gesetzliche und abgeänderte Versteigerungsbedingungen in der Immobiliarvollstreckung, RpflJB 1974, 335; Eickmann, Vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 199; Gay, Feststellung abweichender Versteigerungsbedingungen gemäß § 59 ZVG: Flexibilität, Effizienz, Wirtschaftlichkeit in der Zwangsvollstreckung, 2002; Grziwotz, Risiken für die Erschließung von Mehrhausanlagen, MDR 2009, 1320; Hartenstein, Die dringend notwendige Abschaffung bestehenbleibender Grundschulden in der Teilungsversteigerung, FPR 2013, 362; Mayer, Ist § 59 Abs. 3 ZVG wirklich verfassungswidrig?, Rpfleger 2003, 281; Muth, Das Fortbestehen von Grundpfandrechten als abweichende Versteigerungsbedingung nach § 59 Abs. 3 ZVG, JurBüro 1985, 13; Muth, Änderung von Versteigerungsbedingungen, Rpfleger 1987, 397; Muth, Probleme bei der Abgabe eines Gebots in der
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 4 § 59
Zwangsversteigerung aus Gläubigersicht, ZIP 1986, 350; Riedel, Hinweise für die Prozeßpraxis, JurBüro 1961, 425; Schiffhauer, Anmerkung zu LG Freiburg v. 18.9.1974 – 4 T 93/74, Rpfleger 1975, 105; Schiffhauer, Anmerkung zu LG Aurich v. 5.10.1979 – 3 T 175/79, Rpfleger 1981, 153; Schiffhauer, § 59 ZVG – eine Crux ohne Ende?, Rpfleger 1986, 326; Stöber, Fortbestehen einer Reallast und eines Grundpfandrechts bei Zwangsversteigerung auf Antrag des Berechtigten, NotBZ 2004, 265; Stöber, Änderung der Versteigerungsbedingungen während der Bietstunde, ZIP 1981, 944; Storz, Nochmals: Änderung der Versteigerungsbedingungen während der Bietstunde, ZIP 1982, 416.
A. Normzweck Das ZVG regelt das Verfahren grundsätzlich, indem es Versteigerungsbedingungen vorgibt; normiert ist, was die Parteien gewöhnlich wollen.1 Durch § 59 ist aber den Beteiligten, nicht nur dem betreibenden Gläubiger, ein Weg eröffnet, das Verfahren zu beeinflussen. Die Vorschrift ermöglicht eine Flexibilisierung der Verfahrensgestaltung zu dem Zweck, ein möglichst gutes wirtschaftliches Ergebnis im Interesse aller Beteiligten zu erreichen und den Eigenarten des konkreten Lebenssachverhalts gerecht zu werden.2 Die Regelung dient der Erhöhung der Bieterkonkurrenz und damit der Maximierung des Erlöses.3 Den Besonderheiten des Einzelfalls soll Rechnung getragen werden können.4
1
Freilich sollte man die durch § 59 eröffneten Möglichkeiten nicht überschätzen.5 Die Zustim- 2 mung vieler Beteiligter wird nicht leicht zu beschaffen sein; Abweichungen und besonders Doppelausgebote können schnell zu einer Verwirrung der Bieter führen;6 hier liegt zugleich ein erhebliches Missbrauchspotential der Norm.7 Das Abweichungsverlangen kann bezwecken, die Bieterkonkurrenz einzuschränken oder gar auszuschalten, um das Grundstück unter Ausnutzen eines Wissensvorsprungs zum Schaden der übrigen Beteiligten selbst günstig zu erwerben.8
B. Anwendungsbereich § 59 gilt für alle Arten der Zwangsversteigerung,9 also auch für die Versteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters (dort unter Beachtung der Besonderheiten nach § 174), für die Nachlassversteigerung (§§ 175 ff.) und die Teilungsversteigerung.10
3
C. Anwendungsfälle I. Keine Änderung möglich – Ausschluss des Versteigerungsrechtspflegers vom Mitbieten.11 – Beschränkungen nach Wohnungsbindungsgesetz oder sozialem Wohnungsbau.12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
4
Gay, Kap. 1, II S. 11. Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 1; Eickmann/Böttcher, § 13 I; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 1. Eickmann/Böttcher, § 13 I; Muth, Rpfleger 1987, 397, 398. Nußbaum, § 15 II S. 106; Muth, JurBüro 1985, 13, 15. Nußbaum, § 15 II S. 108. Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 1. Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 2. Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 3. Böttcher, § 59 ZVG Rz. 1. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 4; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 2. Gay, Kap. 2, II 4 c, S. 67. LG Siegen v. 22.1.1969 – 4 T 117/68, Rpfleger 1969, 173; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 29, 30; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.7.2.
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§ 59 Rz. 4 Abweichende Versteigerungsbedingungen – – – – – – – – – – –
–
– – – – –
Notwendigkeit der Bestimmtheit der Gebote.13 Bindung des Bieters an sein Gebot, § 71.14 Eigentumsübergang durch den Zuschlag, § 90.15 Erlöschen von Geboten nur durch Zuschlag und nach § 72.16 Ersuchen nach § 130 als Grundlage der Eintragung des Erstehers.17 Miete/Pacht – keine Erweiterung der Kündigungsrechte des Erstehers.18 Mindestbietzeit, Mindestversteigerungsdauer, § 73 Abs. 1 Satz 1.19 Nichtaufnahme des Nacherbenvermerks ins g.G.20 Nichtbegrenzbarkeit des Höchstgebots.21 Nichtberücksichtigung eines persönlichen Anspruchs, aus dem nicht betrieben wird.22 Nichtherausnehmbarkeit eines wesentlichen Bestandteils aus der Versteigerung;23 denkbar ist jedoch die Begründung eines schuldrechtlichen Anspruchs für den Ersteher, die Trennung des von ihm erworbenen wesentlichen Bestandteils vom Grundstück zu dulden.24 Rangfolge der aus dem Meistgebot zu befriedigenden Rechte nach § 10, 11 und die Abgrenzung nach § 13 zwischen laufenden und rückständigen Ansprüchen;25 zulässig ist aber eine Rangänderung, vgl. Rz. 5, Rangfolge. Vollstreckbarkeit des Zuschlagsbeschlusses nach §§ 93, 132.26 Wiederversteigerung unter den erleichterten Voraussetzungen nach § 133.27 Zuendeführung einer begonnenen Versteigerung außer bei Aufhebung oder einstweil. Einstellung aller Betreibenden.28 Zuschlagserteilung an den Meistbietenden.29 Zuschlagsversagung bei unheilbaren Fehlern i.S.d. § 83 Nr. 6 und 7, da der Schutz öffentlicher Interessen im Vordergrund steht.30
13 Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 8; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.7.2. 14 OLG Köln v. 31.3.1971 – 2 W 18/71, Rpfleger 1971, 326; Muth, Rpfleger 1987, 397, 398; Steiner/ Storz, § 59 ZVG Rz. 7. 15 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8; Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 3; Jaeckel/Güthe, § 59 ZVG Anm. 1. 16 Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 3; Stöber, ZIP 1981, 949; Storz, ZIP 1982, 416. 17 Gay, Kap. 2, II 4 c, S. 67. 18 Nickel, FPR 2013, 370, 378. 19 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 22; Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 3. 20 BGH v. 23.3.2000 – III ZR 152/99, MDR 2000, 883 = NJW 2000, 3358; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 7. 21 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 7. 22 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 28; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 340; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 33. 23 OLG Düsseldorf v. 27.1.1995 – 3 W 676/94, Rpfleger 1995, 373; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 24; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 32. 24 So OLG Hamm v. 9.3.1967 – 15 W 363/66, OLGZ 1967, 445, 449 f.; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.7.2, je für den Fall von irrig als Zubehör freigegebenen wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks. 25 LG Amberg v. 28.10.2009 – 33 T 470/09, BeckRS 2009, 86325; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 22; Löhnig/Siwonia, § 59 ZVG Rz. 2; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.7.2; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 8. 26 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 22. 27 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8; Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 3. 28 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 7. 29 Muth, Rpfleger 1987, 397, 398; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 7. 30 Gay, Kap. 2, II 4 d cc (2), S. 78 ff.; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 7.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 5 § 59
II. Änderung möglich – Altenteil, soweit nicht ohnehin die Sonderregelung in § 9 EGZVG i.V.m. der jeweiligen 5 Landesvorschrift greift.31 – Ausschluss der Hinterlegung des Meistgebots nach § 49 Abs. 3.32 – Dauerwohnrecht – Unklarheiten einer Vereinbarung nach § 39 Abs. 1 WEG können durch abweichende Versteigerungsbedingungen behoben werden;33 ebenso kann die Wirkung auf Fälle des Betreibens aus den Rangklassen § 10 Abs. 1 Ziff. (1,34) 2 und 3 erstreckt werden.35 – Erbbaurecht – Abbedingen der Zustimmungsbedürftigkeit mit Zustimmung des Berechtigten;36 Bestehenbleiben der Erbbauzinsreallast;37 Erlöschen des Erbbaurechts bei der Versteigerung des Grundstücks.38 – Flurbereinigung: Zwar können die gesetzl. Folgen des Flurbereinigungsverfahrens nicht abbedungen werden, jedoch ist die Vereinbarung einer wirtschaftlich und praktisch vernünftigen Regelung möglich.39 – Frist des § 44 Abs. 2 nicht gewahrt, es soll trotzdem zulässig sein, im Wege einer abweichenden Versteigerungsbedingung dieses Recht dem geringsten Gebot zugrunde zu legen.40 – Miete, Pacht – Ausschluss des Sonderkündigungsrechts41 sowie Folgen des § 57.42 – Rangfolge der einzelnen Rechte soll geändert werden können,43 nicht aber die Befriedigungsrangfolge, dazu sh. Rz. 4 „Rangfolge“. – Schuldübernahme gem. § 53 und Kündigung von Grundpfandrechten nach § 54.44 – Sicherungshypothek nach § 128 bleibt bestehen, statt ins Bargebot zu fallen.45 – Übergang von Gefahr und Nutzungen mit Zuschlag.46 – Verzinsung des Bargebots anders als gesetzlich,47 eventuelle Beeinträchtigte sind sämtliche Inhaber eines Barzahlungsanspruchs und bei persönlicher Haftung für Grundpfandrechte oder bei Übererlös auch der Schuldner. Stimmen diese nicht alle zu, hat Doppel31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47
Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 50. LG Freiburg v. 18.9.1974 – 4 T 93/74, Rpfleger 1975, 105 m. Anm. Schiffhauer. Böttcher, § 59 ZVG Rz. 17; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 11; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 27. Widerspräche dem Wesen dieser Norm, vgl. Stöber/Achenbach, § 10 ZVG Rz. 21. Mohrbutter/Drischler, Muster 78 Anm. 3; Drischler, RpflJB 1974, 335, 344. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 13. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 13; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 29. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 13; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 29. OLG Hamm v. 28.1.1987 – 15 W 426/86, Rpfleger 1987, 258 für die Berücksichtigung der Bebauung des Abfindungsgrundstücks aufgrund vorläufiger Besitzeinweisung des Schuldners; Hintzen, Handbuch, C Rz. 300; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 14. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 32; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 7. BGH v. 19.7.2012 – V ZB 265/11, MDR 2012, 283 = Rpfleger 2012, 704; BGH v. 16.2.2012 – V ZB 48/11, MDR 2012, 548 = Rpfleger 2012, 334; OLG Düsseldorf v. 27.1.1995 – 3 W 676/94, Rpfleger 1995, 373; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 22. Korinthenberg/Wenz, § 59 ZVG Anm. 1 m. Fn. 1; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 35. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 19; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 36; zweifelnd Drischler, RpflJB 1974, 335 (370); Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 37. RG v. 31.1.1931 – V 170/30, RGZ 131, 236; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 20. Jaeckel/Güthe, §§ 128, 129 ZVG Anm. 9; Korinthenberg/Wenz, § 128 ZVG Anm. 9. Böttcher, § 59 ZVG Rz. 23; Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 47. LG Freiburg v. 18.9.1974 – 4 T 93/74, Rpfleger 1975, 105; LG Münster v. 3.3.1981 – 5 T 843/80, Rpfleger 1982, 77, je mit Anm. Schiffhauer; LG Berlin v. 10.5.2017 – 80 T 175/17 (juris); Böttcher, § 59 ZVG Rz. 18; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 25.
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§ 59 Rz. 5 Abweichende Versteigerungsbedingungen ausgebot zu erfolgen,48 ggf. kann die fehlende Zustimmung der anhand des Versteigerungsergebnisses ermittelten Beeinträchtigten vor Zuschlagsentscheidung noch durch (formgerechte, § 84 Abs. 2) Genehmigung geheilt werden. – Verzinsung bei Forderungsübertragung anders als gesetzlich,49 beeinträchtigt können alle Beteiligten mit Barzahlungsanspruch sein außer jenen, deren Ansprüche durch eine Sicherheitsleistung gedeckt sind und außer demjenigen, dessen Sicherungshypothek nach Forderungsübertragung die erste Rangstelle erhält.50 Doppelausgebot wird i.d.R. nötig sein.51 Zwar kann dieses nicht in jedem Fall die Ungewissheit über die Beeinträchtigung beseitigen, denn diese käme ja erst im Falle einer Wiederversteigerung zum Tragen; in solchen Fällen soll mangels Vergleichbarkeit zwingend Zuschlagsversagung erfolgen.52 Gleichwohl kann ein Doppelausgebot den Kreis derer klären, die zuzustimmen bzw. zu genehmigen haben, weswegen es doch statthaft und sinnvoll ist; vgl. Rz. 76 ff.53 – Zubehör und nichtwesentliche Bestandteile – Der Umfang der Versteigerung kann abweichend vereinbart werden.54 Er kann aber allenfalls verkleinert, nicht vergrößert werden.55 – Zuzahlungspflichten nach §§ 50, 51, die den Ersteher treffen, können geändert werden.56
III. Streitige Fälle 6
– abweichende Erlösverteilung in Form der Begründung einer Zahlungspflicht z.B. an einen persönlichen Gläubiger oder an einen Mieter/Pächter wurde früher für zulässig erachtet;57 dies hätte aber die Berücksichtigung eines nicht betreibenden persönlichen Gläubigers zur Folge, was nach heutiger Ansicht ausgeschlossen ist, vgl. Rz. 4: Nichtberücksichigung, daher ist der früheren Meinung nicht zu folgen. – Bieterkreisbeschränkung, wird zumindest in der Teilungsversteigerung mit Zustimmung der Eigentümer als offen Beeinträchtigten vereinzelt für zulässig gehalten, wegen der übrigen Beteiligten soll bei Fehlen der Zustimmung Doppelausgebot erfolgen;58 dagegen wird zu Recht eingewandt, dass dies dem Zweck des § 59 zuwiderliefe, die Bieterkonkurrenz zu fördern statt zu beschränken.59 – Bietschritte: Vereinbarung eines Mindesterhöhungsbetrags für Übergebote wird nur von einem Teil der (älteren) Rechtsprechung und Literatur für zulässig gehalten;60 unter den Befürwortern ist streitig, ob im Falle des Fehlens der Zustimmung sämtlicher Beteiligter 48 LG Berlin v. 10.5.2017 – 80 T 175/17 (juris); Schiffhauer, Anm. zu LG Münster v. 3.3.1981 – 5 T 843/80, Rpfleger 1982, 77 (78). 49 LG Aurich v. 5.10.1979 – 3 T 175/79, Rpfleger 1981, 153 m. Anm. Schiffhauer; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 19; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 45. 50 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 339. 51 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 26. 52 Schiffhauer, Anm. zu LG Aurich – 3 T 175/79, Rpfleger 1981, 153, 155 (hielt Doppelausgebot aus diesem Grunde für unzulässig); aufgegeben in ders., Rpfleger 1986, 326, 339. 53 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 26; Gay, Kap. 3, II.1, S. 117. 54 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 24; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 20; Mohrbutter/Drischler, Muster 77 Anm. 5. 55 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 31; Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 49; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 341. 56 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 29. 57 Jaeckel/Güthe, § 59 ZVG Anm. 1; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 27. 58 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 10. 59 Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 29; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 26. 60 OLG Oldenburg v. 23.7.1980 – 2 W 37/80, Rpfleger 1981, 315 m. Anm. Schiffhauer; LG Aurich v. 5.10.1979 – 3 T 175/79, Rpfleger 1981, 153 m. Anm. Schiffhauer, Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 23; Storz/ Kiderlen, ZV, D.2.3.2.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
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61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75
Rz. 6 § 59
ein Doppelausgebot erfolgen kann61 oder ob dies paradox wäre, weil jedem Bieter die Einhaltung oder das Ignorieren der Bietschritte unbenommen bleibt.62 Nach der Gegenmeinung würde die Abänderung gegen § 72 Abs. 1 als grundlegende gesetzliche Verfahrensbestimmung sowie gegen § 81 Abs. 1 verstoßen; Bietschritte seien daher unzulässig.63 Stellungnahme: § 72 Abs. 2, wonach jedes Übergebot zum Erlöschen des vorigen Gebots führt, dient dem Schutz der Öffentlichkeit und gehört daher zu den nicht abdingbaren Regeln der Versteigerung. Ersetzung des dinglichen Titels des aus persönlichem Anspruch Betreibenden mit Zustimmung aller Beteiligter bzw. der beeinträchtigten Zwischenberechtigten und des Schuldners nach h.M.,64 dagegen.65 Gewerbebetrieb – Nach früher vertretener Ansicht soll dieser mitversteigert werden dürfen.66 Es stehen unüberwindliche tatsächliche Hindernisse entgegen, wie Rechte Dritter an den zum Gewerbebetrieb gehörenden Gegenständen, Bewertung des Gewerbebetriebs, Erlösverteilung, ggf. Forderungsübertragung und Rang der einzutragenden Zwangshypothek.67 Ein Gewerbebetrieb ist nicht Gegenstand der Immobiliarvollstreckung i.S.d. § 864 ZPO.68 Grundstücksgrenzen – Selbst zwecks Bereinigung von Unklarheiten und Streitigkeiten stehen Vereinbarungen hierüber nach zutreffender Auffassung nicht im Ermessen der Beteiligten.69 Hausgeld – Besonders in der älteren Literatur hielt man eine Vereinbarung für möglich, dass ein Ersteher für Hausgeldrückstände haftet, d.h. dass außerhalb des geringsten Gebots ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den Ersteher mitversteigert wird.70 Nach der Gegenmeinung würde eine unbegrenzte Vorlast die Grundpfandrechte entwerten.71 Dem ist zuzustimmen, zumal es sich um einen Fall einer Zuteilung an einen nichtbetreibenden persönlichen Gläubiger handelt, vgl. oben „abweichende Erlösverteilung“. Neubelastung des Grundstücks mit einem Recht, z.B. Grunddienstbarkeit, wurde früher für zulässig erachtet;72 heute wird dies zu Recht abgelehnt.73 Sicherheitsleistung: Art und Höhe der Sicherheitsleistung wird nur in der älteren Literatur gelegentlich für abänderbar gehalten.74 Dem ist nicht zu folgen,75 jedenfalls seit Bargeld als Sicherheit ausgeschlossen ist, sonst wären nicht eingeweihte Bietinteressenten außerstande, die nun gewünschte Art und Höhe der Sicherheit noch im Termin zu beschaffen.
So Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 23. So Schiffhauer, Anm. zu LG Aurich 3 T 175/79, Rpfleger 1981, 153, 154. Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 22; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 39. Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 34; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 12, Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 28. Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8. Riedel, JurBüro 1961, 425; Steiner/Storz § 59 ZVG Rz. 15. Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 340 f. Böttcher, § 59 ZVG Rz. 24; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 32. Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 34, a.A. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 16; Zeller, 10. Aufl., § 59 ZVG Anm. 2 (8). Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 340; aktuell auch Böttcher, § 59 ZVG Rz. 23. BGH v. 22.1.1987 – V ZB 3/86, BGHZ 99, 358 = MDR 1987, 485 = EWiR 1987, 523 m. zust. Anm. Storz; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.2.1. Mohrbutter/Drischler, Muster 78 Anm. 2, Jaeckel/Güthe, § 59 ZVG Anm. 1. Stöber/Nicht, § 130 ZVG Rz. 11. Steiner/Storz, § 69 ZVG Rz. 22. Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 22 und 37; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 38.
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§ 59 Rz. 6 Abweichende Versteigerungsbedingungen Für ein Weniger an Sicherheit bedarf es auch nicht des Umwegs über § 59, da ja vom Verlangen nach Sicherheit auch abgesehen werden kann.76 – Verfahrensvorschriften wie §§ 35 ff. sollen nicht abgeändert werden können, da sie einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf unter rechtsstaatlichen Bedingungen sichern sollen.77 – Zahlung des Erlöses – Sehr zweifelhaft ist eine Versteigerungsbedingung, dass der Ersteher von seiner Pflicht zur Berichtigung des Bargebots dadurch befreit wird, dass er eine unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft eines solventen Bürgen in Höhe des Bargebots mit Zinsen und Hinterlegungszinsen in öffentlich beglaubigter Urkunde nachweist.78 Die Gegenmeinung hält dies mit Recht für unzulässig, weil der Ersteher von der Forderung nicht frei werden kann, ohne zu zahlen, eine Bürgschaft ohne zu sichernde Forderung ist undenkbar, zudem bleibt offen, wie im Verteilungstermin zu verfahren ist und welche Grundbucheintragung zu erfolgen hat.79 – Zahlungsfristen entsprechend den 1998 abgeschafften §§ 60, 61 werden vereinzelt für zulässig gehalten;80 dem wird zu Recht entgegengehalten, dass damit der Wille des Gesetzgebers umgangen würde, der die Vorschriften wegen gravierenden Missbrauchs abgeschafft hat.81
IV. Keine abweichenden Bedingungen 7
– Nichtgeltung des Sonderkündigungsrechts nach § 57a in der Teilungsversteigerung, das ist gesetzliche Versteigerungsbedingung nach § 183.82 – Unwirksamkeit eines beschlagnahmewidrig abgeschlossenen Mietvertrages gegenüber dem Ersteher (§§ 23, 135, 136 BGB), es bedarf keines besonderen Vorbehalts in den Versteigerungsbedingungen.83 – Ein Doppelausgebot zu gesetzlichen und nur vermeintlich abweichenden Versteigerungsbedingungen verstößt gegen § 59 Abs. 2 ZVG und führt zur Zuschlagsversagung;84 inhaltslose „Abweichungen“ sind unzulässig.85
D. Definitionen I. Versteigerungsbedingungen 8
Der historische Gesetzgeber meinte mit Versteigerungsbedingungen die gesetzlichen Voraussetzungen der Veräußerung, also all das, was bei einem Kaufvertrag als Vertragsbestimmung angesehen wird.86 Es ist heftig umstritten, was in diesem Sinne unter den „Versteigerungs76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86
Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 341. Hk-ZV/Stumpe, § 59 ZVG Rz. 4. So aber LG Krefeld v. 24.4.1978 – 1 T 67/78 (juris). Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 39; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 342. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 28; Gay, Kap. 7 II (zulässig, aber wird praktisch nie ernsthaft erwogen). Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 38; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 342. BGH v. 19.7.2012 – V ZB 265/11, MDR 2012, 1119 = Rpfleger 2012, 704; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 35; Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 45. OLG Frankfurt/M. v. 9.2.2011 – 2 U 230/10 (juris). BGH v. 19.7.2012 – V ZB 265/11, MDR 2012, 283 = Rpfleger 2012, 704; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8a. Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 8. Prot. I 13986, abgedruckt bei Jakobs/Schubert, S. 322.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 11 § 59
bedingungen“ zu verstehen ist, welche Abweichungen also überhaupt nach § 59 erfolgen können. 1. Systematische Auffassung Nach dem Wortsinn stehen nur §§ 44 bis 65, also die Regelungen im Abschnitt „Geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen“ zur Disposition der Beteiligten. Eine enge Auffassung stützt sich auf dieses gesetzessystematische Argument und vertritt, § 59 sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen.87 Es bestehe kein praktisches Bedürfnis für eine ausufernde Auslegung.88 Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs vermindere die Möglichkeiten des Rechtsmissbrauchs und diene mithin der Rechtssicherheit.89 Vorschriften über Hergang der Versteigerung, über Zuschlagserteilung und Erlösverteilung seien keine Bestimmungen analog den Bedingungen beim Kauf und also keine Versteigerungsbedingungen.90 Auch im Zivilprozess seien nur solche Vorschriften dispositiv, die ausschließlich im Interesse der Parteien liegen, wogegen Vorschriften über Bietgeschäft, Zuschlag und Erlösverteilung auch das öffentliche Interesse beträfen und daher zwingend gälten.91
9
2. Teleologische Auffassung Nach anderer Auffassung verfehlt eine enge Auslegung den Normzweck, nämlich die Erhöhung der Bieterkonkurrenz;92 dieser Grundsatz sei so wichtig, dass man nicht von einer Ausnahmevorschrift sprechen könne.93 Der Begriff Versteigerungsbedingungen sei mit Blick auf diesen Zweck weit zu fassen.94 Vorschriften des ZVG können geändert werden, solange nicht zwingende grundlegende Verfahrensgrundsätze tangiert werden.95 Abänderbar sind dann auch solche Regelungen, die die Zuschlagswirkungen betreffen.96 § 59 sei darauf zumindest analog97 anwendbar. Dieser Auffassung ist zu folgen, zumal viele Regelungen über die Rechte und Pflichten des Erstehers eben nicht in §§ 44 bis 66, sondern an anderer Stelle innerhalb und außerhalb des ZVG geregelt sind, etwa § 128 Abs. 4, § 14, § 325 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 99 VVG.98
10
3. Grenzen der Änderbarkeit a) Grenzen des Rechtssystems? Einigkeit besteht darüber, dass die Regelungen nicht schrankenlos änderbar sind. Streitig sind aber die Kriterien der Unterscheidung zwischen änderbaren und zwingenden Vorschriften. Vereinzelt wird vertreten, dass nur die Grenzen des Rechtssystems selbst, also z.B. §§ 134, 138 BGB, den Rahmen vorgeben.99 Diese Auffassung ist als zu weitgehend zu verwerfen.
87 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 21; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 4. 88 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 335. 89 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 21; Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 2. 90 Eickmann/Böttcher, § 13 I. 91 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rz. 14; Eickmann/Böttcher, § 13 I. 92 Muth, Rpfleger 1987, 397, 398. 93 Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 6. 94 Mohrbutter/Drischler, Muster 77, Anm. 2. 95 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 2; Morvilius, Rz. 149; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 6. 96 Jaeckel/Güthe, § 59 ZVG Anm. 1. 97 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 9. 98 So Gay, Kap. 2, II 1 b bb, S. 28 ff. 99 Riedel, JurBüro 1961, 425.
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§ 59 Rz. 12 Abweichende Versteigerungsbedingungen b) Wesentliche Verfahrensgrundsätze? 12
Nach anderer Auffassung sollen wesentliche, grundlegende Verfahrensbestimmungen nicht, also auch nicht mit Zustimmung aller Beteiligten, geändert werden können.100 Zumeist werden nur beispielhaft diverse Bestimmungen genannt, die demnach zwingend und unabdingbar gelten sollen, wie die Bindung des Bieters an sein Gebot, das Erlöschen von Geboten nur nach § 72, die Zuschlagserteilung an den Meistbietenden, der Eigentumsübergang durch Zuschlag, die Mindestversteigerungsdauer, die Vollstreckbarkeit des Zuschlagsbeschlusses, die Möglichkeit einer Wiederversteigerung.101 Die eigentliche Schwierigkeit besteht aber darin, diese grundlegenden Verfahrensbestimmungen zu definieren und von den dispositiven Normen abzugrenzen. c) Schutzzweck der Norm: Interesse
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Bei einem Abweichungsverlangen ist zu prüfen, ob, inwieweit und in welche Richtung eine Vorschrift geändert werden kann. Abgrenzungskriterium kann nur der Schutzzweck der Norm, die ratio legis, sein.102 Unter Versteigerungsbedingungen versteht man dann alle Regelungen, sofern und soweit sie nur oder vorwiegend den Interessen der Beteiligten in der Zwangsversteigerung zu dienen bestimmt sind.103 aa) In öffentlichem Interesse: nicht änderbar
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Das heißt, grds. sind verfahrensrechtliche Normen dispositiv, falls und soweit sie (überwiegend) im Interesse der Parteien getroffen sind, dagegen sind Vorschriften, die (überwiegend) im öffentlichen Interesse stehen, nicht abänderbar;104 darunter fallen Normen, die der Rechtssicherheit dienen oder die die Belange der Bieter bzw. des Erstehers schützen. Dazu zählen z.B. sachenrechtliche Vorschriften wie § 90, das Verbot des Mitbietens des Versteigerungsrechtspflegers oder solche Normen, die aus der öffentlich-rechtlichen Eigenschaft des Versteigerungsgeschäfts erwachsen, wie § 81 Abs. 1. Auch ein Ersuchen nach § 130 kann nicht etwa durch Antrag und Bewilligung der Beteiligten ersetzt werden, denn es liegt es im öffentlichen Interesse, diese Rechtsveränderungen von Amts wegen richtig, zuverlässig und zeitnah zu ihrer Entstehung im Grundbuch zu verlautbaren.105 bb) Im Interesse der Beteiligten bzw. Bieterkonkurrenz: änderbar
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Dient eine Norm allein den Interessen der Beteiligten, so ist sie abdingbar. Dispositiv sollen auch Normen sein, die das Interesse der Bieter (als Teil der Öffentlichkeit) nur einbeziehen, um letztlich im Interesse der Beteiligten zu einem optimalen Versteigerungsergebnis zu führen. So nutzt die Feststellung des geringsten Gebots zwar auch dem Bieter, weil sie seine Leistungspflicht umreißt, Zweck der Norm ist aber in erster Linie die Wahrung der Interessen der Beteiligten. Rücken die Bieterbelange so weit in den Hintergrund, dass die
100 Mohrbutter/Drischler, Muster 77 Anm. 2; Nußbaum, § 15 II, S. 107; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 6; Storz/Kiderlen, ZV, D 2.1.1; Stöber, ZIP 1981, 944, 949. 101 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 7; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 8; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 5. 102 So Gay, Kap. 2, II 4 c, S. 59 ff. 103 Gay, Kap. 2, II 6, S. 94. 104 Gay, Kap. 2, II 4 und 5, S. 54 ff., auch zu den weiteren Ausführungen dieses Absatzes. 105 OLG Frankfurt/M. v. 20.6.2013 – 20 W 172/13 (juris); Stöber/Nicht, § 130 ZVG Rz. 4; Gay, Kap. II, 4 c, S. 67.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 18 § 59
Norm als letztlich im Interesse der Beteiligten stehend anzusehen ist, ist die Regelung als dispositiv anzusehen.106 cc) Abgestufte Interessen Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen eine Norm die Interessen der Bieter (und damit der Öffentlichkeit) über die Interessen der Beteiligten stellt. So dienen die Vorschriften über die Sicherheitsleistung grundsätzlich dem Schutz von Beteiligten; die Begrenzung auf 10 % des Verkehrswerts dient aber den Bietern, die (zumindest seit Abschaffung der Möglichkeit einer Sicherheitsleistung durch Bargeld) Gelegenheit zum Beschaffen der Sicherheit haben müssen; eine Abweichung dahingehend, dass Sicherheit in größerem Umfang zu leisten ist, würde die nichteingeweihten Bieter, die sich auf die gesetzliche Art und Höhe der Sicherheitsleistung verlassen durften, vom Bietgeschäft ausschließen und damit den Bieterkreis einschränken; eine solche Bedingung ist unzulässig.107
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II. Verlangen 1. Antrag ohne gerichtliches Ermessen Das Gesetz setzt voraus, dass die Änderung verlangt wird. Aus Abs. 1 Satz 2 lässt sich erkennen, dass damit ein Antrag gemeint ist. Streitig ist, ob der Begriff darüber hinausgeht. Ein Bedeutungsunterschied ist gewollt in § 63, wenn dort in Abs. 2 Satz 1 und 2 vom „Verlangen“ des Beteiligten die Rede ist, wogegen in Satz 3 auf den „Antrag“ eines Beteiligten abgestellt wird, dem das Gericht stattgeben „kann“. Beim Verlangen verbleibt dem Gericht hier also anders als beim Antrag kein Ermessen. Diese Aussage trifft stets zu, wenn von Verlangen die Rede ist, also zum Beispiel in §§ 9 Nr. 2, 64 Abs. 2 Satz 1 und 2, 67 Abs. 1 und 2, 76 Abs. 2, 85 Abs. 1 Satz 1, 174 und 174a. Spricht das Gesetz dagegen von einem Antrag, so etwa in §§ 15, 22 Abs. 2, 25, 27, 30a, 30d, 30e, 30f, 59 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 1, 65, 74a, 77 Abs. 2, 94, 116, 129, 138, dann kann (nicht muss) dort ein gerichtliches Ermessen möglich sein. Das Verlangen ist also eine verstärkte Form des Antrags.108 Das Gericht muss dem Verlangen nachkommen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.109
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2. Keine Änderung von Amts wegen Das Gericht kann nicht, auch nicht nach Anhörung der Beteiligten, die Versteigerungsbedingungen von Amts wegen ändern,110 es darf (und oftmals muss111) gebotene Änderungen lediglich anregen.112 Abzulehnen ist das Bestreben nach einer Rechtsfortbildung dahingehend, dass das Gericht sachdienlich scheinende Änderungen auch ohne Antrag vornimmt.113
106 Gay, Kap. 2.II 4 c, S. 62. 107 So im Ergebnis auch Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 38; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 37; a.A. Gay, Kap. 2, II 4 c, S. 63 betr. die frühere Rechtslage. 108 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 2; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 327. 109 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 38. 110 BGH v. 19.7.2012 – V ZB 265/11, MDR 2012, 1119 = Rpfleger 2012, 704; LG Braunschweig v. 29.6.1998 – 8 T 468/98, Rpfleger 1998, 482; LG Aurich v. 5.10.1979 – 3 T 175/79, Rpfleger 1981, 153 m. Anm. Schiffhauer; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 38; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 10. 111 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 327. 112 LG Braunschweig v. 29.6.1998 – 8 T 468/98, Rpfleger 1998, 482; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 10; Storz/Kiderlen, ZV, D 2.1.1. 113 So aber Hartenstein, FPR 2013, 362.
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§ 59 Rz. 19 Abweichende Versteigerungsbedingungen 3. Form 19
Eine besondere Form ist für das Verlangen nicht vorgeschrieben;114 der Antrag kann vor dem Termin schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten erklärt werden.115 Im Termin oder in einem Vortermin (§ 62) kann der Antrag mündlich erfolgen und ist dann zu protokollieren, § 78.116 Da der Antrag Folgen herbeiführt, die mit denen einer rechtsgeschäftlichen Verfügung über Beteiligtenrechte i.S.d. §§ 1812, 1821, 1822 BGB identisch sind, bedürfen gesetzliche Vertreter der familien- bzw. betreuungsgerichtlichen Genehmigung.117 4. Zeitpunkt für das Verlangen und seine Rücknahme
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Der Antrag kann schon vor dem Termin (z.B. in einem Vortermin nach § 62) gestellt werden,118 eine Anwesenheit im Termin ist dann nicht zwingend erforderlich.119 Er ist spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten zu stellen, Abs. 1 Satz 1; ob dies der zweckmäßigste Zeitpunkt ist,120 ist angesichts der fehlenden Zeit, Zustimmungserklärungen von abwesenden Beteiligten beizubringen, zu bezweifeln. Ein Abänderungsantrag während der Bietzeit ist seit der 1998 erfolgten Gesetzesänderung nicht mehr möglich. Die zeitliche Grenze dient der Schaffung klarer Verhältnisse und stellt die Versteigerungsbedingungen mit Beginn der Bietzeit eindeutig fest.121 Da sie öffentlichen Interessen dient, ist sie ihrerseits nicht abdingbar.122 Der Antrag kann noch bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten zurückgenommen werden, Abs. 1 Satz 2. Ein verspätet gestellter Antrag oder eine verspätet erklärte Rücknahme sind unzulässig, sie sind zu protokollieren und zurückzuweisen.123 5. Inhalt des Verlangens
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Ist der Antrag nicht eindeutig, kann er ausgelegt werden. Führt die Auslegung zu keinem klaren Ergebnis oder ist das Verlangen in sonstiger Weise unverständlich oder gar unzulässig, ist der Antrag zurückzuweisen.124 6. Mehrere Verlangen
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Es ist möglich, dass derselbe Beteiligte oder dass mehrere Beteiligte unterschiedliche Abweichungen verlangen. Diese Verlangen sind nacheinander zu erledigen, die Reihenfolge liegt im gerichtlichen Ermessen.125 Mehrere Abweichungsverlangen, die niemanden beeinträchtigen
114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125
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Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 10; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 12. Steiner/Storz, § 59 Rz. 59; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 3, auch zum Folgenden. Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 7. Eickmann, Rpfleger 1983, 199, 201 unter Erörterung typischer Einzelfälle. Hk-ZV/Stumpe, § 59 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 59; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 3. AG Chemnitz v. 19.5.2011 – 24 K 411/10, BeckRS 2012, 05281. So Storz/Kiderlen, ZV, D.2.1.1. LG Bielefeld v. 6.6.2012 – 23 T 258/10, MDR 2012, 546 = Rpfleger 2012, 334, für Zustimmung nach § 63 ZVG. So aber Gay, Kap. 4, III, S. 172 ff. Böttcher, § 59 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 15; a.A. Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 12 (nicht zurückweisen, nur protokollieren). Steiner/Storz, § 59 Rz. 55; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 7. Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 332; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 12; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 16.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 24 § 59
oder denen alle Beeinträchtigten zustimmen, sind in einem Ausgebot zusammenzufassen; ist die Beeinträchtigung dagegen ungewiss, sind (bei Fehlen der Zustimmung) in der Regel mehrere Ausgebote erforderlich, nur auf Antrag oder mit Zustimmung der Antragsteller können die verschiedenen Abweichungen auch dann in einem einzigen Ausgebot zusammengefasst werden.126 Beispiel Das Zwangsversteigerungsverfahren wird betrieben aus dem Recht III/3. Die Gläubiger der Rechte III/1 und 2 beantragen je, dass ihr Recht abweichend von § 52 erlöschen und im Mindestbargebot berücksichtigt werden soll. Der betreibende Gläubiger und der Schuldner stimmen zu, die jeweiligen Gläubiger der Rechte III/1 und 2 sind im Termin nicht anwesend und stimmen also dem Änderungsverlangen des je anderen Gläubigers nicht zu.
Hier haben folgende Ausgebote zu erfolgen: 1. Bestehenbleiben der Rechte III/1 und III/2 (gesetzlich) 2. Bestehenbleiben III/2, Erlöschen III/1 3. Bestehenbleiben III/1, Erlöschen III/2 4. Erlöschen III/1 und III/2, keine bestehenbleibenden Rechte Dies kann zu einer Vielzahl von Ausgebotsformen führen (wenn in vorigem Beispiel auch noch der Berechtigte II/1 das Bestehenbleiben seines Rechts begehrt hätte, wären statt 4 schon 8 Ausgebotsformen nötig geworden). Hier liegt es in der Verantwortung des Gerichts, wenn möglich den Antrag und die Zustimmungen zum Zusammenfassen der Ausgebote zu erreichen, jedenfalls aber für Transparenz für Bietinteressenten zu sorgen, die sonst leicht verwirrt und dadurch vom Bieten abgehalten werden könnten.
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III. Jeder Beteiligte 1. Beteiligte im Sinne des § 9 Nur Beteiligte i.S.d. § 9 dürfen eine Abweichung verlangen. Ein Vertreter hat Vollmacht bzw. 24 Vertretungsbefugnis nachzuweisen.127 In Fällen des § 9 Nr. 2 kann Glaubhaftmachung nach einem Antrag auf abweichende Versteigerungsbedingungen auch dann noch verlangt werden, wenn der Anmeldende bisher am Verfahren beteiligt worden ist.128 Auch ein Anfechtungsgläubiger, der Beteiligter ist, darf eine Änderung der Versteigerungsbedingungen zu Lasten des anfechtbar erlangten Rechts verlangen.129 Der Zwangsverwalter ist kein Beteiligter,130 er kann also weder Ansprüche anmelden noch gar ihre Berücksichtigung abweichend von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen verlangen.131
126 AG Münster v. 23.12.2010 – 9 K 88/07 (juris); Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 12; Steiner/Storz, § 59 Rz. 56; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 16.59. 127 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 330. 128 BGH v. 6.6.2013 – V ZB 7/12, MDR 2013, 934 = Rpfleger 2013, 692; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 330. 129 BGH v. 12.9.2013 – V ZB 195/12, MDR 2013, 1489 = ZfIR 2014, 19 m. Anm. Böttcher = NZI 2014, 116 m. Anm. Keller; BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, MDR 1997, 63 = BGHZ 130, 314. 130 Vgl. Kommentierung zu § 9. 131 A.A. wohl OLG Frankfurt/M. v. 9.10.2002 – 13 U 187/00, OLGR Frankfurt 2002, 353 (der Zwangsverwalter hätte die offene Werklohnforderung für den Einbau einer Dunstabzugshaube in die Versteigerungsbedingungen aufnehmen lassen können).
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§ 59 Rz. 25 Abweichende Versteigerungsbedingungen 2. Rechtsschutzbedürfnis a) Rechtsmissbrauch 25
Inwieweit das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers vorliegen muss, ist streitig. Sicher ist, dass ein rechtsmissbräuchliches Abweichungsverlangen als sittenwidrig zurückzuweisen ist, dies gebietet die prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts.132 Niemand darf seine prozessualen Befugnisse für verfahrensfremde Zwecke missbrauchen,133 also z.B. planmäßig den freien Wettbewerb unter den Bietern ausschalten, um sich zum Schaden der übrigen Beteiligten Vermögensvorteile zu verschaffen.134 Ein auch aus taktischen Gründen, etwa zur Provokation eines Verfahrensfehlers, gestellter Antrag soll nicht per se rechtsmissbräuchlich sein.135
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Der Nachweis der Schädigungsabsicht wird in der Praxis oft Schwierigkeiten bereiten.136 Bestehen Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des die Abweichung Verlangenden, so ist das Gericht gehalten, den Sachverhalt durch Fragen aufzuklären.137 Der wesentliche Inhalt der Darlegungen des Gerichts ist zu protokollieren.138 Bei Nachweis eines sittenwidrigen Verhaltens bieten §§ 134, 138, 226, 242, 826 BGB sowie § 765a ZPO die rechtliche Basis der Intervention.139 Gegebenenfalls ist das Abweichungsverlangen zurückzuweisen.140 Tritt der Rechtsmissbrauch erst nach Aufforderung zur Abgabe von Geboten oder sonst vor Zuschlagsentscheidung zutage, ist ggf. der Zuschlag auf das abweichende Ausgebot zu versagen. b) Rechtliches Interesse
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Ob es zudem eines eigenen rechtlichen Interesses bedarf oder ob ein Beteiligter den Antrag gemäß Abs. 1 auch in Ansehung von Rechten stellen kann, die nicht ihm selbst zustehen und deren Schicksal ohne Einfluss auf seine Rechtsstellung ist, ist obergerichtlich noch nicht entschieden.141 Zu Recht wird in der Literatur verlangt, dass wie für jedes Rechtsschutzbegehren auch hier dem Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite stehen muss.142
IV. Beeinträchtigung des Rechts eines anderen Beteiligten 1. Beeinträchtigung durch die Abweichung 28
Gemäß Abs. 1 Satz 3 bedarf es, wenn ein anderer Beteiligter durch die Abweichung beeinträchtigt wäre, seiner Zustimmung. Hier ist ein Vergleich der Rechtslage für diesen Beteiligten nach gesetzlichen Versteigerungsbedingungen und nach den begehrten abweichenden Versteigerungsbedingungen anzustellen.
132 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 329. 133 BGH v. 12.7.1951 – III ZR 168/50, BGHZ 3, 94 = NJW 1951, 917; Dassler u.a./Hintzen § 59 ZVG Rz. 7. 134 BGH v. 24.10.1978 – VI ZR 67/77, NJW 1979, 162 = WM 1978, 1319. 135 LG Berlin v. 10.5.2017 – 80 T 175/17 (juris). 136 Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 9. 137 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 7; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 328. 138 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326 (334, dort in Fn. 141). 139 Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 14; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 4. 140 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 329. 141 Offen gelassen bei BGH v. 6.6.2013 – V ZB 7/12, MDR 2013, 934 = Rpfleger 2013, 692. 142 Eickmann/Böttcher, § 13 II.1 c.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 32 § 59
a) Definition? Das Gesetz definiert den Begriff der Beeinträchtigung nicht. An einem konkreten praktischen Kriterium fehlt es bis heute.143 Rechtsprechung und Literatur behelfen sich mit Umschreibungen:
29
aa) Tangieren der Rechtsposition Beeinträchtigt ist, wer in irgendeiner Weise in seiner materiellen oder formellen Rechtsposition zu seinen Ungunsten tangiert wird.144 Es muss sich nicht notwendig um eine wirtschaftliche Schädigung handeln, auch formale Nachteile sollen genügen.145 Als Beispiele werden eine andere Art der Befriedigung sowie jegliche Schmälerung, Verringerung oder Umgestaltung des Rechts genannt.146 Eine Beeinträchtigung besteht, wenn Interessen eines anderen Beteiligten verletzt werden,147 wenn also ein gesetzlich geschütztes materielles Recht verletzt wird.148
30
bb) Gefährdung der Rechtsposition Beeinträchtigt ist nicht erst, wer in seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Position tatsächlich einen Schaden erleidet, sondern auch schon der, dessen Rechtsposition gefährdet wird; dies ist z.B. anzunehmen, wenn eine höhere Verzinsung einer Sicherungshypothek nach § 128 als Abweichung begehrt wird – ob der Ersteher nicht zahlt und eine Forderungsübertragung nebst Sicherungshypotheken kommt, steht im Zeitpunkt des Zuschlags nicht fest, jedoch genügt bereits eine durch die Abweichung eintretende Gefährdung derer, die aus der Teilungsmasse etwas zu erhalten haben.149
31
cc) Nur negative Veränderung Nach h.M. ist schon beeinträchtigt, wer infolge der Abweichung nicht gleichermaßen berücksichtigt wird wie nach den gesetzlichen Bestimmungen.150 Zum Schutz der Beteiligten sei die „Beeinträchtigung“ mit dem Berührtwerden gleichzusetzen,151 die Beteiligten müssen vor jeder Veränderung ihrer Position geschützt werden.152 Diese Auffassung geht zu weit: Nicht jedes Berührtwerden eines Rechts, vielmehr nur seine negative Veränderung, stellt eine Beeinträchtigung dar.153 Diese Eingrenzung entspricht dem Gesetzeszweck, die Versteigerungsbedingungen an den individuellen Einzelfall anpassen und so ein optimales Versteigerungsergebnis erzielen zu können: Das Änderungsverlangen soll zum Tragen kommen, außer wenn ein nicht Zustimmender dadurch Nachteile erleidet.
143 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 52; Muth, Rpfleger 1987, 397. 144 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 335; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 20; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 44; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 9. 145 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 44. 146 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 335; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 20; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 44; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 9. 147 LG Flensburg v. 22.10.2012 – 5 T 163/12 (juris). 148 Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 20. 149 Schiffhauer, Rpfleger 1981, 153, 155; a.A. Gay, Kap. 3, II 1, S. 116 (es bleibt bei einer nur möglichen Beeinträchtigung, trotzdem müssen alle diese möglicherweise Beeinträchtigten zustimmen). 150 Muth, JurBüro 1985, 13, 16. 151 Böttcher, ZfIR 2012, 332, 333. 152 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 9. 153 Eickmann/Böttcher, § 13 II.2 b.
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§ 59 Rz. 33 Abweichende Versteigerungsbedingungen dd) Relevanz 33
Der Streit ist zum Beispiel bei der Frage maßgebend, ob die Beteiligten einen grundsätzlichen Anspruch auf Einhaltung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen haben, diese also vorrangig sind. Die Befürworter154 meinen, es käme sonst zu gravierenden Unsicherheiten bei der Beleihung eines Grundstücks.155 Dagegen spricht das in Abs. 1 Satz 2 zum Ausdruck gekommene Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach das Abweichungsverlangen zum Zuge zu kommen hat, außer es wird jemand beeinträchtigt und stimmt nicht zu.156 Demnach ist gerade keine Beeinträchtigung schon allein durch die Tatsache irgendeiner Abweichung gegeben. Nur dann, wenn die Änderung zugleich eine Verschlechterung für den Beteiligten bringt, ist er beeinträchtigt.157 Davor soll ihn das Gesetz schützen. Einen darüber hinausgehenden Anspruch auf Einhaltung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen hat er nicht. ee) Gleichstellung zu gesetzlichen Bedingungen?
34
Das Interesse eines Beteiligten, in tatsächlicher Hinsicht so gestellt zu werden wie bei einem Ausgebot unter gesetzlichen Versteigerungsbedingungen, ist nicht schützenswert.158 Namentlich das Interesse an der Person des Erstehers bleibt außer Betracht.159 Mieter/Pächter sind also nur beeinträchtigt, wenn ihre Rechte aus dem Miet-/Pachtvertrag nachteilig berührt werden.160 ff) Auch mittelbare Beeinträchtigung
35
Ob das Recht eines Beteiligten beeinträchtigt wird, ist nach allen möglichen Gesichtspunkten zu überdenken,161 z.B. auch mit Blick auf eine mögliche Forderungsübertragung und Wiederversteigerung.162 b) Feststehende Beeinträchtigung
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§ 59 knüpft unterschiedliche Folgen daran, ob die Beeinträchtigung gewiss ist oder nicht. Im Falle einer feststehenden Beeinträchtigung darf nach Abs. 1 Satz 3 die Abweichung nur mit Zustimmung des Beeinträchtigten zugelassen werden. Eine solche offene (also offensichtliche163) Beeinträchtigung ist gegeben, wenn feststeht, dass sich die Rechtsstellung eines Beteiligten unabhängig von der Erlöshöhe objektiv gegenüber den gesetzlichen Bedingungen verschlechtert.164 Nach einer vereinzelten Meinung soll eine offene Beeinträchtigung i.S.d. Abs. 1 Satz 3 nur dann vorliegen, wenn von wesentlichen Grundsätzen des Zwangsversteigerungsrechts abgewichen werde, bspw. von Deckungs- oder Übernahmegrundsatz.165 Der unbestimmte Begriff der „wesentlichen Grundsätze“ ist freilich wenig praktikabel, im Grunde wird
154 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 52; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 338. 155 So Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 53. 156 LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93; Eickmann/Böttcher, § 13 II.3 c; Muth, Rpfleger 1987, 397, 399. 157 Eickmann/Böttcher, § 13 II.2 b. 158 Gay, Kap. 3, I 2, S. 114. 159 Gay, Kap. 3, I 2, S. 114 f. 160 Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 14. 161 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 52; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 335. 162 Schiffhauer, Rpfleger 1981, 153, 155. 163 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 46 ff. verwendet dagegen den Begriff „offene Beeinträchtigung“ für Fälle nicht feststehender Beeinträchtigung. 164 Eickmann/Böttcher, § 13 II.2 b. 165 Muth, Rpfleger 1987, 397, 399.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 41 § 59
nur ein ausfüllungsbedürftiger Begriff („beeinträchtigt“) durch einen anderen („wesentliche Grundsätze“) ersetzt.166 c) Beeinträchtigung ungewiss Im Regelfall steht die Beeinträchtigung eines Beteiligten nicht fest. Namentlich trifft das zu, 37 wenn die Beeinträchtigung (im Vergleich zur Versteigerung unter gesetzlichen Versteigerungsbedingungen) von der Höhe des Meistgebots abhängt.167 Stimmen dann nicht sämtliche eventuell Beeinträchtigten zu, wird die Frage der Beeinträchtigung durch ein sog. Doppelausgebot (siehe Rz. 69 ff.) geklärt. Eventuell Beeinträchtigte werden vor solchen für sie nachteiligen wirtschaftlichen Folgen geschützt, die bei der Entscheidung über den Zuschlag zu Tage getreten sind.168 2. Recht Abgestellt wird auf die Beeinträchtigung jedes materiellen Rechts, dessen Wahrung durch 38 das geringste Gebot und die anderen gesetzlichen Versteigerungsbedingungen sichergestellt wird.169 Ein ausfallender Gläubiger ist nicht schon dadurch beeinträchtigt, dass bei einem etwaigen höheren Gebot der Schuldner weniger Schulden hätte und sich dadurch seine Aussichten auf Realisierung seiner Forderung gebessert hätten; § 59 bewahrt nicht die persönlichen Gläubiger vor einer Verschlechterung ihrer Vollstreckungsmöglichkeiten in das sonstige Vermögen des Schuldners, geschützt sind vielmehr nur die dinglichen Rechte an dem zu versteigernden Grundstück und die sonstigen im Zwangsversteigerungsverfahren zu befriedigenden Ansprüche.170 Das Eigentum des Schuldners ist zwar ein materielles Recht; geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen dienen aber nicht dazu, dieses Recht zu schützen, sondern die Eigentumsverwertung durch dinglich Berechtigte zu regeln; vgl. auch Rz. 45. 3. Eines anderen Beteiligten a) Beteiligte Nur Beteiligte sind vor Beeinträchtigung zu schützen. Die Beeinträchtigung eines Bieters oder des Erstehers ist unbeachtlich.171 Mieter/Pächter sind beeinträchtigt, wenn ihre Rechte aus dem Miet-/Pachtvertrag nachteilig berührt werden.172
39
b) Namentlich: Schuldner Zu den möglicherweise von der Abweichung betroffenen Beteiligten zählt selbstverständlich auch der Schuldner.173 Der Schuldner ist insbesondere beeinträchtigt:
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aa) Wenn bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ein höheres Meistgebot erzielt worden wäre174 und also durch die abweichende Berechnung des geringsten Gebotes ein geringe-
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166 167 168 169 170 171 172 173 174
Böttcher, § 59 ZVG Rz. 9. Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 22; Eickmann/Böttcher, § 13 II.2 c. Muth, Rpfleger 1987, 397, 399. Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 18. OLG Stuttgart v. 14.10.1987 – 8 W 441/87, Rpfleger 1988, 200; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 18 f. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 45; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 20. Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 14. Hintzen, Zwangsversteigerung von Immobilien, § 11 Rz. 41; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 335. OLG Oldenburg v. 23.7.1980 – 2 W 37/80, Rpfleger 1981, 315 m. Anm. Schiffhauer; Eickmann, Rpfleger 1983, 199, 201.
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§ 59 Rz. 41 Abweichende Versteigerungsbedingungen rer Übererlös erzielt wird oder weniger Schulden getilgt werden als bei Versteigerung unter gesetzlichen Versteigerungsbedingungen.175 42
bb) Wenn zufolge der Änderung ein Gläubiger, dem er persönlich haftet, einen höheren Ausfall erleiden würde,176
43
cc) Wenn das geringste Gebot so erhöht wird, dass ein zulässiges Meistgebot nicht mehr möglich ist.177 Vertreten wird auch, dass der Schuldner stets beeinträchtigt sei:
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dd) wenn ein nach § 52 bestehen bleibendes Recht erlöschen soll;178 dies ist mindestens zweifelhaft; es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass der Schuldner Anspruch auf Bestehenbleiben einer Belastung hat. Zwar ist denkbar, dass, wenn es sich um ein Grundpfandrecht handelt, der Schuldner Rechte (verdeckte Eigentümergrundschuld) oder Ansprüche (z.B. Rückübertragungsansprüche aus dem Sicherungsvertrag) daran erworben haben könnte; sofern das erlöschende Grundpfandrecht aber im Barteil berücksichtigt wird, setzen sich diese Rechte und Ansprüche am Versteigerungserlös fort.
45
ee) wenn durch die Abweichung die Versteigerung erst möglich wurde, wenn also ohne die Abweichung gar kein wirksames Gebot abgegeben worden wäre; dies soll der Fall sein, wenn durch ein bestehen bleibendes Recht die ins geringste Gebot fallenden Belastungen den Verkehrswert des Grundstücks übersteigen, und eine Abweichung dahingehend begehrt wird, dass diese Recht weder als bestehenbleibend noch im Barteil des geringsten Gebots berücksichtigt wird.179 Dieser Auffassung kann so nicht gefolgt werden: Der Versteigerungstermin dient der Verwertung des Eigentums zugunsten eines Gläubigers durch Meistgebot und Zuschlag.180 Der Schuldner hat grds. die Zwangsvollstreckung zu dulden, die Versteigerungsbedingungen bestehen nicht zum Schutz vor der Verwertung des Pfandobjekts. In den häufigen Fällen, in denen beim Doppelausgebot nur auf die Abweichung geboten wird, müsste sonst immer der Zuschlag versagt werden, weil der Schuldner nach den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen mangels Geboten sein Eigentum nicht verlöre. Der Schuldner ist im Falle der Nichtberücksichtigung eines abweichend von § 52 erlöschenden Grundpfandrechts im Barteil dann beeinträchtigt, wenn er seine Rechte bzw. Ansprüche hinsichtlich des Grundpfandrechts (verdeckte Eigentümergrundschuld, Rückübertragungsansprüche etc.) nicht mehr geltend machen könnte, weil dieses Recht überhaupt nicht berücksichtigt, also als nicht existent behandelt wird. c) Beeinträchtigung der Ausfallenden wegen §§ 50, 51?
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Fraglich ist, ob auch diejenigen beeinträchtigt sind, die nur dann zum Zuge kämen, wenn das Recht des Zustimmenden (oder die Änderung Beantragenden) in Wahrheit nicht besteht und eine Zuzahlung nach §§ 50, 51 an sie zu fließen hat.
175 176 177 178
LG Arnsberg v. 27.7.2004 – 6 T 226/04, Rpfleger 2005, 42; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 45. Mohrbutter/Drischler, Muster 77 Anm. 3; Gay, Kap. 3, III 2, S. 132. Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 14; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 45. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 34; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 68 unter irriger Bezugnahme auf LG Arnsberg v. 27.7.2004, das aber eine Schuldnerbeeinträchtigung nur bei geringerem Versteigerungserlös bejaht, vgl. Rz. 41; a.A. Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 30 (nur möglicherweise beeinträchtigt). 179 LG Rostock v. 26.4.2001 – 2 T 144/00, 2 T 126/00, Rpfleger 2001, 509; LG Arnsberg v. 27.7.2004 – 6 T 226/04, Rpfleger 2005, 42; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 68; dagegen nun BGH v. 1.12.2011 – V ZB 186/11, MDR 2012, 369 = Rpfleger 2012, 331. 180 LG Münster v. 16.3.2011 – 5 T 858/10 (juris).
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 50 § 59
Beispiel181 Beim Doppelausgebot ist das auf die Abweichung abgegebene Meistgebot wirtschaftlich niedriger als das unter den gesetzlichen Bestimmungen abgegebene. Dadurch ist der Ausfall eines Berechtigten höher als nach gesetzlichen Versteigerungsbedingungen. Er selbst hat aber der Abweichung zugestimmt. Müssen auch die ihm Nachstehenden (einschließlich des Schuldners), die in beiden Fällen keine Zuteilung zu erwarten haben, der Abweichung zustimmen?
Die wirtschaftliche Schlechterstellung der Nachstehenden und damit ihre Beeinträchtigung könnte nur dann gegeben sein, wenn ein im Teilungsplan berücksichtigtes Recht tatsächlich nicht bestünde und deswegen ein Zuzahlungsbetrag nach §§ 50, 51 und den eigentlich ausfallenden Berechtigten gemäß ihrem Rang zuflösse. Ob diese Eventualbeeinträchtigten tatsächlich beeinträchtigt sind, hängt allein davon ab, ob ein Zuzahlungsfall eintritt; diese Frage lässt sich auch mit dem Doppelausgebot nicht klären.
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Vertreten wird daher, dass immer dann, wenn das Meistgebot auf die Abweichung geringer ist als das Meistgebot auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen, alle teilweise oder insgesamt ausfallenden Beteiligten zustimmen müssen.182 (Die Zustimmung nur des ersten ausfallenden Beteiligten soll nicht genügen, da ja nicht völlig auszuschließen sei, dass sein Recht ebenfalls nicht besteht.)
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Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Sie würde bewirken, dass niemals die Zustimmung des Beeinträchtigten genügt, sondern stets alle ihm Nachgehenden als „Eventualbeeinträchtigte“ für den Fall des Nichtbestehens des Rechts des Zustimmenden ebenso zustimmen müssten. Die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der ohnehin Ausfallenden ist so fernliegend, dass der Gesetzgeber diesen Fall nicht gemeint haben kann. §§ 50, 51 schützen die Masse vor einer ungerechtfertigten Übervorteilung des Erstehers, sie dienen aber nicht dazu, dem Nachrangigen eine Rechtsposition nahe einem Anwartschaftsrecht zu verschaffen.
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V. Zustimmungserfordernis 1. Allgemeines Ist von der verlangten Abweichung kein anderer Beteiligter als der Verlangende beeinträchtigt, muss das Gericht dem Abweichungsverlangen stattgeben, das Ausgebot erfolgt dann nur unter der abweichenden Versteigerungsbedingung.183 Bei Beeinträchtigung des Rechts eines anderen Beteiligten bedarf es dessen Zustimmung. Ohne die Zustimmung eines offenkundig Beeinträchtigten muss das Abweichungsverlangen (durch Beschluss) zurückgewiesen werden.184 Ohne die Zustimmung aller eventuell Beeinträchtigten hat ein Doppelausgebot zu erfolgen, Abs. 2 meint nicht nur die offene Beeinträchtigung.185 Anders als bei § 63 kommt es auch nicht nur auf die Zustimmung der anwesenden Beteiligten an.186
181 182 183 184 185 186
Nach Gay, Kap. 3, II 1, S. 117. Gay, Kap. 3, II 1, S. 118; Jaeckel/Güthe, § 59 ZVG Anm. 5. Böttcher, § 59 ZVG Rz. 10; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 3; Eickmann, § 13 II 2 a. Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 15; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 43. Gay, Kap. 3, II 1, S. 116; a.A. Hintzen, Zwangsversteigerung von Immobilien, § 11 Rz. 42 und 46. Nußbaum, § 15 II, S. 108.
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§ 59 Rz. 51 Abweichende Versteigerungsbedingungen 2. Zeitpunkt der Zustimmung a) Vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten 51
Das Gesetz schweigt darüber, bis wann die Zustimmung erklärt werden kann. Richtig scheint es, hier den gleichen Zeitpunkt wie für das Abweichungsverlangen selbst zugrunde zu legen: Seit der Gesetzesänderung 1998 können Abweichungsverlangen nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten gestellt und zurückgenommen werden, Abs. 1 Satz 1 und 2; mit Beginn der Bietzeit sollen nach dem Willen des Gesetzgebers also geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen für die ganze Bietzeit feststehen. Nicht allein das Verlangen, sondern auch die Zustimmung ist für die Aufstellung von geringstem Gebot und Versteigerungsbedingungen maßgeblich: Von der Zustimmung hängt ab, ob trotz offensichtlicher Beeinträchtigung eine abweichende Versteigerungsbedingung überhaupt zugelassen wird oder ob bei ungewisser Beeinträchtigung ein Doppelausgebot erfolgt.187 Damit mit Beginn der Bietzeit Klarheit besteht, muss also die Zustimmung vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten vorliegen. b) Widerruf
52
Widerrufen werden kann die Zustimmung formlos bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten.188 c) Verspätete Zustimmung
53
Eine nach Aufforderung zur Abgabe von Geboten (oder gar nach Ende der Bietzeit) erklärte „Zustimmung“ kann nicht mehr dazu führen, dass sich geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen ändern, etwa indem nachträglich eine Abweichung zugelassen wird oder nachträglich nur noch auf die abweichenden Bedingungen geboten werden kann.
54
Hier erscheint es sachgerecht, entgegen der h.M., die weiter von Zustimmung spricht,189 diese Erklärung als Genehmigung des Verfahrens gemäß § 84 zu behandeln.190 Diese Genehmigung ist formbedürftig, § 84 Abs. 2.191 Sie ist unwiderruflich, denn mit ihrem Zugang bei Gericht heilt sie das fehlerhafte Verfahren.192 3. Form der Zustimmung a) Rechtzeitige Zustimmung: formlos
55
Nach früher ganz herrschender Auffassung ist die Zustimmung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form zu erklären, nämlich in der Form des analog anzuwendenden § 84 Abs. 2.193 Nach der zutreffenden Gegenmeinung ist die Zustimmung formlos möglich.194
187 Siehe Rz. 69 ff. 188 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 335; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 56; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 21. 189 Eickmann/Böttcher, § 13 II.3 c; Morvilius, Rz. 150; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 28; Storz/Kiderlen, ZV, D. 2.1.1. 190 So auch Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 67. 191 So auch Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 28 (Zustimmung sonst aber formlos möglich). 192 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 337. 193 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 42; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 21. 194 Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 16.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 60 § 59
Die Formfreiheit für das Abweichungsverlangen muss dies erst recht für die vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erklärte Zustimmung gelten.195 b) Verspätete „Zustimmung“: Form des § 84 Abs. 2 Etwas anderes gilt für die erst später erklärte „Zustimmung“, denn bei dieser handelt es sich 56 um eine Genehmigung des Verfahrens gemäß § 84 Abs. 2. Wird diese Genehmigung zu Protokoll des Gerichts erklärt, erfolgt Beurkundung durch das Gericht, wodurch die Form gewahrt ist. Irrig ist die Auffassung, durch Verlesen der schriftlichen Zustimmungserklärung im Termin und Hinzunahme als Anlage zum Protokoll werde eine formlose schriftliche Zustimmung zur Urkunde.196 c) Stillschweigen, konkludente Zustimmung? Bloßes Stillschweigen ist keine Zustimmung, auch nicht bei Belehrung im Termin.197 Auch mit einer nur schlüssig erklärten Zustimmung sollte sich das Gericht nicht begnügen.198
57
4. Genehmigungsbedürfnis bei Zustimmung durch gesetzlichen Vertreter etc. Zustimmungserklärungen gesetzlicher Vertreter können der familien-/betreuungs-/nachlassgerichtlichen Genehmigung bedürfen: Die Zustimmung des Berechtigten zur Abweichung, dass ein nach § 52 bestehen bleibendes verzinsliches Recht erlöschen und im Barteil berücksichtigt werden soll, ist eine Verfügung über den Zinsanspruch und fällt deshalb unter § 1812 BGB, weshalb Vormund, Betreuer und Pfleger (nicht aber Eltern) grds. einer gerichtlichen Genehmigung bedürfen.199 Ebenso soll die Zustimmung zur abweichenden Bedingung des Bestehenbleibens eines (anderen) Rechts bei einer Hypothek nach § 1822 Nr. 13 BGB, bei anderen Rechten nach § 1812 BGB genehmigungsbedürftig sein.200
58
5. Ersetzung der Zustimmung durch Anfechtungsurteil Die Zustimmung zum Antrag eines Grundpfandgläubigers, dass ein ihm vorgehendes Recht nicht ins geringste Gebot aufgenommen wird, bedarf dann nicht der Zustimmung des Inhabers dieses Rechts, wenn dieser nach Gläubigeranfechtung verurteilt worden ist, von seinem Recht gegenüber diesem Grundpfandgläubiger keinen Gebrauch zu machen.201
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6. Entbehrlichkeit der Zustimmung, Abs. 3? Nach dem Wortlaut von Abs. 3 bedarf es der Zustimmung Nachstehender nicht, wenn ein von § 52 abweichendes Bestehenlassen eines Rechts begehrt wird.
195 196 197 198
Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 55. So aber Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V b. Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 335; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 21. So aber Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 54 unter Verweis auf LG Aurich v. 26.2.1980 – 3 T 16/80, Rpfleger 1980, 306. 199 Eickmann, Rpfleger 1983, 199, 201. 200 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 57; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 21; Eickmann, Rpfleger 1983, 199, 201. 201 BGH v. 12.9.2013 – V ZB 195/12, MDR 2013, 1489 = ZfIR 2014, 21 m. Anm. Böttcher = NZI 2014, 118 m. Anm. Keller.
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§ 59 Rz. 61 Abweichende Versteigerungsbedingungen a) Beispiele aa) Ausgangsfall 61
Grundstück des Eigentümers E, Wert 200.000 Euro, A betreibt allein. Kosten und Ansprüche in Rangklassen 10 I 1 bis 10 I 3 10.000 Euro III/1 Grundschuld für A 100.000 Euro III/2 Grundschuld für B 25.000 Euro III/3 Grundschuld für C 40.000 Euro B beantragt als abweichende Versteigerungsbedingung das Bestehenbleiben seines Rechts. Niemand stimmt zu, daher erfolgt Doppelausgebot: Geringstes Gebot (gG) nach gesetzlichen Bedingungen: 10.000 Euro Barteil, bestehen bleibende Rechte: keine. gG nach abweichenden Bedingungen: 10.000 Euro Barteil, bestehen bleibendes Recht 25.000 Euro. X bietet auf gesetzliche Versteigerungsbedingungen 200.000 Euro – Wert: 200.000 Euro B bietet auf abweichende Versteigerungsbedingungen 110.000 Euro – Wert 135.000 Euro Wer bekommt den Zuschlag? Rechtliche Einordnung
Man meint, dies müsse der X sein, weil der Vergleich der Ausgebote ergibt, dass das wirtschaftlich bessere Ergebnis auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erzielt ist. Aber darum geht es nicht beim Doppelausgebot. Es kommt darauf an, ob jemand beeinträchtigt ist, der nicht zugestimmt hat. A ist nicht beeinträchtigt. Die beiden Beeinträchtigten sind C und E, denn C hätte auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen eine Zuteilung erhalten, geht nun aber leer aus. E wird C gegenüber nicht von der persönlichen Schuld befreit. Kann es da richtig sein, dass es nach Abs. 3 auf ihre Beeinträchtigung nicht ankommt? bb) Abwandlung 61a
Grundstück des Eigentümers E, Wert 200.000 Euro, A betreibt allein. Kosten und Ansprüche in Rangklassen 10 I 1 bis 10 I 3 10.000 Euro III/1 Grundschuld für A 100.000 Euro II/1 Wohnrecht (kein Altenteil) für B, Ersatzbetrag (§ 51) = Zuzahlungsbetrag (§ 92) 25.000 Euro III/3 Grundschuld für C 40.000 Euro A betreibt. B beantragt ein Bestehenbleiben des Wohnrechts II/1. C und E stimmen nicht zu. Auch A stimmt nicht zu. Zur Feststellung seiner Beeinträchtigung erfolgt ein Doppelausgebot. X bietet auf gesetzliche Versteigerungsbedingungen 200.000 Euro bar, Wert: 200.000 Euro. Der Sohn von B bietet auf abweichende Versteigerungsbedingungen 110.000 Euro bar. Wirtschaftlicher Wert 135.000,00 Euro Wem ist der Zuschlag zu erteilen?
cc) Abwandlung II 61b
Wie vorstehend, nur: A stimmt zu, denn mit Blick auf § 74a kann ihm ja nicht viel passieren. Wenn es auf die Zustimmung nachrangiger Berechtigter „einschließlich des Eigentümers“ nicht ankommt, gibt es nur ein Ausgebot unter abweichenden Versteigerungsbedingungen.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 64 § 59
Rechtliche Einordnung Bei beiden Abwandlungen werden höchstwahrscheinlich nur der Inhaber des Rechts in Abt. II selbst oder seine Angehörigen bieten, für niemanden sonst ist dieses Ausgebot attraktiv, bei dem ein bestehenbleibendes Wohnrecht mit übernommen werden muss. C wird ausfallen, E wird C gegenüber seine Schulden nicht los. b) Streit um die Anwendung des Abs. 3 Vorstehende Beispiele haben aufgezeigt, dass durch das Bestehenlassen eines Rechts den nachrangigen Beteiligten und auch dem Schuldner wirtschaftlicher Schaden entstehen kann. Um die Auslegung und Anwendung der Norm wird seit Jahren gestritten.
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aa) Anwendung gemäß dem Wortlaut? Vertreten wird, dass die Vorschrift ihrem Wortlaut entsprechend anzuwenden sei.202 Soweit sich die Meinung darauf stützt, ein Nachrangiger sei durch die Abweichung nicht betroffen,203 ist dies nicht stets zutreffend, wie vorstehende Fälle gezeigt haben. Argumentiert wird auch, nach der Wertung des historischen Gesetzgebers sei die Beeinträchtigung des nachrangigen Beteiligten als der Billigkeit entsprechend hinzunehmen, nachrangige dingliche Berechtigung schließe materiell-rechtlich nicht die Befugnis ein, das Erlöschen des vorrangigen Rechts bei Zwangsversteigerung mit Doppelausgebot herbeizuführen.204 Der Nachrangige habe keinen Anspruch darauf, dass seine Beeinträchtigung gegenüber einem Vorrangigen ins Gewicht falle.205
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bb) Aber: Benachteiligung über den Nachrang hinaus Dem ist entgegenzuhalten, dass die Benachteiligung in allen drei vorstehenden Fällen ja 64 nicht aus dem Rang allein erwächst.206 Abs. 3 geht darüber hinaus, indem er die Beeinträchtigung der Nachrangigen völlig außer Acht lässt,207 diese also über die Nachrangigkeit hinaus zurücksetzt.208 Bei wörtlicher Anwendung des Abs. 3 kann die Verwirklichung der Befriedigungsrechte nachstehender Beteiligter vollständig und unvermeidlich ausgeschaltet werden, indem man ein Bestehenlassen verlangt.209 Das Beleihungsrisiko durch die schlechte Rangstelle konnte der Nachrangige absehen, nicht dagegen die Schädigung durch einen vorrangigen Gläubiger.210 Überdies wird auf die Zustimmung Nachrangiger im Falle des Erlöschens eines nach gesetzlichen Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechts gerade nicht verzichtet, eine Schädigung von Nachrangigen allein aufgrund seines Rangs dort also eben nicht gebilligt. Die Ungleichbehandlung vor- und nachstehender Gläubiger soll daher willkürlich sein und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Eigentumsgarantie des Grund-
202 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 42; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 33; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 54. 203 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 42. 204 Stöber, NotBZ 2004, 265, 268; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 54. 205 Motive, S. 184. 206 So bereits Nußbaum, § 15 II, S. 108. 207 Gay, Kap. 3, IV 2. e), aa) (2), S. 152 f. 208 Nußbaum, § 15 II, S. 108. 209 Muth, Rpfleger 1985, 13, 21 f. 210 Gay, Kap. 3, IV 2 e) aa), S. 150 ff.
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§ 59 Rz. 64 Abweichende Versteigerungsbedingungen gesetzes verstoßen.211 Der Abs. 3 wird daher für verfassungswidrig212 oder zumindest verfassungsrechtlich bedenklich213 gehalten. cc) Verfassungskonforme Auslegung (1) Widerlegliche Vermutung? 65
Teile der Literatur wollen daher Abs. 3 dahin verfassungskonform auslegen, dass Abs. 3 ZVG nur eine widerlegliche Vermutung aufstelle;214 die Vermutung könne nur durch ein Doppelausgebot geklärt werden. Dem muss man freilich entgegenhalten, dass dann der Abs. 3 gegenstandslos wäre.215 (2) Ratio legis
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Zu fragen ist vielmehr nach dem verfassungskonformen Zweck der Vorschrift. Erst in der jüngeren Zeit hat Gay216 die ratio legis gemäß dem ersten Entwurf eines Zwangsversteigerungsgesetzes wiederentdeckt, den selbst der historische Gesetzgeber ab dem zweiten Entwurf offensichtlich verkannt hat. Beabsichtigt war nämlich, die Zustimmung Nachrangiger nur dann als entbehrlich anzusehen, wenn abweichend ein Recht der Abteilung II bestehen bleiben sollte. So lautete die Fassung im Ersten Entwurf zum ZVG noch: „§ 77. Verlangt ein Betheiligter, dessen Recht an dem Grundstücke nicht nach der Vorschrift des § 66 bestehen bleibt und nicht in einer Hypothek oder Grundschuld besteht, dass das Fortbestehen dieses Rechts bestimmt werde, so ist die Zustimmung eines im Range nachstehenden Betheiligten nicht erforderlich.“217 Begründet wurde dies mit Rücksicht auf die Billigkeit und praktische Zweckmäßigkeit, einem Berechtigten in Abt. II zu ermöglichen, den Fortbestand seines Rechts zu sichern.218 Der jetzige Wortlaut des Abs. 3, der in zweiter Lesung eingefügt wurde, beruht demnach auf einem Versehen des Gesetzgebers.219 Ratio legis war eigentlich die Erweiterung des Schutzes der Rechte in Abt. II. dd) Ergebnis: Nur Abt. II
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Abs. 3 ist also einschränkend dahin auszulegen, dass es nur bei bestehenzulassenden Rechten in Abt. II nicht der Zustimmung der Nachstehenden (also der nachrangigen Gläubiger und des Schuldners) bedarf.220 Diese tragen anders als Grundpfandrechte Versorgungscharakter, sie zielen originär nicht auf Barbefriedigung ab, der Ersatzbetrag bietet nur einen unvollkommenen Ausgleich für den Verlust.221 Der Nachrangige ist demgegenüber weniger schutzwürdig, er wusste ja von der vorgehenden Belastung mit einem Recht in Abt. II und konnte sein
211 212 213 214 215 216 217 218 219 220 221
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Gay, Kap. 3, IV 2 e) aa), S. 150 ff. Muth, JurBüro 1985, 13; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 336. Morvilius, Rz. 144. Muth, JurBüro 1985, 13; ders., Rpfleger 1987, 397, 400; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 336; Böttcher § 59 ZVG Rz. 20. Eickmann/Böttcher, § 13 II 2 c; wird so auch eingeräumt von Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 17. Kap. 3, IV. Hier zitiert nach Gay, Kap. 3, IV 2 b, S. 141. Prot. I 13986, abgedruckt bei Jakobs/Schubert, S. 364. So schon Nußbaum, § 15 II, S. 108. So auch Böttcher, ZfIR 2012, 332, 333; Grziwotz, MDR 2009, 1320, 1321; Mayer, Rpfleger 2003, 281. Gay, Kap. 3, IV, S. 138 ff.; Mayer, Rpfleger 2003, 281, 282.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 70 § 59
Risiko kalkulieren.222 Daher ist es nicht willkürlich, hier den Bestandsschutz besonders zu fördern und höher zu bewerten als die Interessen Nachrangiger. Diese Auslegung der Norm ist also verfassungskonform. c) Namentlich: Schuldner Uneinigkeit besteht, ob auch der Schuldner selbst zum Kreis der „Nachstehenden“ zu zählen ist: Vertreten wird, der Schuldner sei vom Wortlaut „nachstehende Beteiligte“ nicht miterfasst;223 wegen der dem Schuldner drohenden wirtschaftlich untragbaren Ergebnisse sei seine Zustimmung stets notwendig.224 Nach der Gegenmeinung soll auch die Zustimmung des Schuldners hier entbehrlich sein, er gehöre auch zu den Nachstehenden.225 Da er das fragliche Recht bestellt oder bei Erwerb des Grundstücks geduldet habe, müsse er gegen sich gelten lassen, dass ein oft als Verwertungshindernis wirkendes Recht in Abt. II ihm nicht die volle Ausschöpfung des wirtschaftlichen Werts des Objekts ermöglicht.226 Dieser Ansicht ist mit der Einschränkung zu folgen, dass in Fällen eines krassen Missverhältnisses dem Schuldner die Möglichkeit eines Vollstreckungsschutzantrags nach § 765a ZPO verbleiben muss.227
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VI. Klärung der Beeinträchtigung durch Doppelausgebot 1. Begriff Steht bei einem Abweichungsverlangen nicht fest, ob ein (nicht zustimmender) Beteiligter beeinträchtigt ist, ist das Grundstück mit der verlangten Abweichung und ohne sie, also im Doppelausgebot zu versteigern, Abs. 2. Im Falle mehrerer Abweichungsverlangen mit ungewisser Beeinträchtigung kann auch eine Vielzahl von Ausgeboten erfolgen (sh. Rz. 22) Das Doppelausgebot dient zur Feststellung derer, die durch die Abweichung beeinträchtigt sind.228 Kriterium ist der Vergleich der Meistgebote in den Gebotsarten.229 Der Vergleich besteht in einer – fiktiven – Erlösverteilung nach allen Gebotsarten.230
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2. Wirtschaftliche Schlechterstellung durch Abweichung a) Vergleich der wirtschaftlichen Auswirkungen der Meistgebote Zu prüfen sind also die wirtschaftlichen Auswirkungen der unterschiedlichen Ausgebotsergebnisse auf die Ansprüche der Beteiligten. Zu vergleichen sind das Bargebot und der Wert der zu übernehmenden Belastungen auf die unterschiedlichen Ausgebotsformen.231 Beeinträchtigt ist demnach, wer einen höheren Ausfall erleidet oder wessen Forderung in geringerem Umfang gedeckt ist.232 Bei wirtschaftlich gleicher Auswirkung ist der Zuschlag auf die Abweichung zu erteilen.233 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233
Gay, Kap. 3, IV 2 d), S. 149. Muth, JurBüro 1985, 13, 22; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 336. Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 44; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 336. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 33; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 52; Gay, Kap. 3, IV 2 e) bb), S. 155 f. Mayer, Rpfleger 2003, 281, 282. Gay, Kap. 3, IV 2 e) bb), S. 155 f. Storz/Kiderlen, ZV, D.2.1.1; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 60. Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 15. Eickmann/Böttcher, § 13 II 3 d. Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 52. Eickmann/Böttcher, § 13 II 3 d; Muth, Rpfleger 1987, 397, 399. Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 65; Muth, Rpfleger 1987, 397, 399.
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§ 59 Rz. 71 Abweichende Versteigerungsbedingungen b) Namentlich: Rechte in Abt. II 71
Besondere Schwierigkeiten bringt der wirtschaftliche Vergleich, wenn Rechte in Abt. II von der Abweichung betroffen sind. aa) Bewertung im Vergleich
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Zu deren Bewertung gibt es zwei Perspektiven, die oftmals zu stark differierenden Ergebnissen führen: Zum einen den Zuzahlungsbetrag des § 51 als Betrag der Lästigkeit für den Eigentümer, zum anderen den Ersatzbetrag des § 92 als Ausgleich des Werts des Rechts für den Berechtigten.
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Nach h.M. soll bei dem Vergleich allein auf den Zuzahlungsbetrag abzustellen sein.234 Dieser ist von der Warte des Eigentümers gesehen identisch mit der Wertminderung durch die Belastung.235 Die Rechtslage sei vergleichbar mit dem Fall der Zuschlagsversagung nach §§ 74a bzw. 85a, wo bei Ermittlung des wirtschaftlichen Werts des Meistgebots ebenfalls auf den Zuzahlungsbetrag nach §§ 50, 51 abgestellt wird.236 Dieser Auffassung ist zuzugeben, dass sie das Verfahren transparent gestaltet, denn der Zuzahlungsbetrag wird ja im Termin festgesetzt, ist also im Gegensatz zum Interessewert oder Ersatzbetrag des § 92 den Beteiligten und Bietern bekannt und kann von ihnen kalkuliert werden. Nach anderer Auffassung soll der Interessewert für den Beteiligten,237 nach wieder anderer Auffassung die Differenz aus Ersatzbetrag und Zuzahlungsbetrag maßgeblich sein.238 bb) Kritik an der h.M.
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Ob einer dieser Ansichten zu folgen ist, soll geprüft werden an folgendem Beispiel Grundstück des Eigentümers E, Wert 200.000 Euro, A betreibt allein. Kosten und Ansprüche in Rangklassen 10 I 1 bis 10 I 3 10.000 Euro II/1 Wohnrecht für W, Zuzahlungsbetrag (§ 51) 50.000 Euro III/1 Grundschuld für A, Gesamtanspruch 100.000 Euro A betreibt. W beantragt ein Erlöschen des Wohnrechts II/1. Weder A noch E stimmen zu. Es erfolgt ein Doppelausgebot mit und ohne Abweichung. X bietet auf gesetzliche Versteigerungsbedingungen 120.000 Euro bar (wirtschaftlicher Gesamtwert: 170.000 Euro). Y bietet auf die abweichende Versteigerungsbedingung 175.000 Euro. X wie Y planen, das Meistbargebot noch am Zuschlagstag zu hinterlegen, auf Zinsen aufs Bargebot kommt es also nicht an. Rechtliche Einordnung Ob A oder E beeinträchtigt sind, muss geprüft werden durch einen wirtschaftlichen Vergleich der Folgen der Meistgebote. Bei einem Zuschlag auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erhielte A 100.000 Euro, auf E entfielen 10.000 Euro Übererlös. Bei einem Zuschlag auf die Abweichung dagegen käme es zu folgenden Zuteilungen der Teilungsmasse von 175.000 Euro:
234 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 15; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 64; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 52; Stöber, 19. Aufl., § 59 ZVG Rz. 6.5 – ab der 20. Aufl. nicht mehr enthalten. 235 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 337. 236 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 337. 237 Zeller/Stöber, 12. Aufl., § 59 ZVG Rz. 6.5. 238 Muth, ZIP 1986, 350, 353; ders., Rpfleger 1987, 397, 401.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 78 § 59
1) Gerichtskosten und vorgehende Ansprüche 10.000 Euro 2) Ersatzbetrag auf das erloschene Wohnrecht nach § 92 unbekannt, ungleich Zuzahlungsbetrag 3) III/1 (maximal 100.000,00 Euro) unbekannt 4) Übererlös an E unbekannt Wie hoch die noch mögliche Zuteilung an A und der für E eventuell verbleibende Übererlös sind, hängt hier vom Ersatzbetrag nach § 92 ab. Wenn dieser den Zuzahlungsbetrag des Wohnrechts um mehr als 5.000 Euro übersteigt, dann drohen E und möglicherweise auch A eine Schlechterstellung im Vergleich zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen.
Der vorstehende Fall zeigt: Wenn Rechte in Abt. II von der Änderung betroffen sind, müssen bei der Bewertung der Meistgebote durch Aufstellen fiktiver Teilungspläne sowohl der Zuzahlungsbetrag nach § 51 als auch der Ersatzbetrag nach § 92 in den wirtschaftlichen Vergleich einbezogen werden. Entgegen der h.M. erscheint es nicht sachgerecht, allein auf den Zuzahlungsbetrag abzustellen. Den tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Ersatzbetrags nach § 92 ZVG (der ja grds. erst zum Verteilungstermin anzumelden ist) kann das Gericht begegnen, indem es den Berechtigten auffordert, den Ersatzbetrag bereits vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden – der Berechtigte selbst dürfte es ja sein, der die Abweichung begehrt oder ihr zustimmt.
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3. Non liquet – Doppelausgebot beseitigt nicht die Ungewissheit a) Beispiel Es erfolgt ein Doppelausgebot auch mit abweichender Verzinsung des Meistgebots von 10 %, das Meistgebot auf die Abweichung beträgt 109.000 DM, das Meistgebot mit gesetzlicher Verzinsung von 4 % p.a. 109.100 DM. Bei einem (fiktiven) Verteilungstermin nur 4 Wochen nach Zuschlag beliefe sich die voraussichtliche Teilungsmasse nach Abweichung auf 109.836,16 DM, auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen dagegen nur auf 109.434,77 DM. Das AG Freiburg hatte den Zuschlag auf das abweichende Ausgebot erteilt; das LG Freiburg239 hob den Zuschlag auf, weil das höhere Gebot nicht feststellbar sei.
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b) Konsequenz Zuschlagsversagung? In Fällen wie dem vorstehenden kann der Vergleich der Meistgebote die Frage nach einer Be- 77 einträchtigung nicht beantworten. Der wirtschaftliche Vergleich der Meistgebote führt zu keinem eindeutigen Ergebnis: Zwar ist die Verzinsung bei der Bewertung eines Gebots zu berücksichtigen,240 doch es ist ungewiss, ob Zinsen bis zum Erlösverteilungstermin anfallen, denn der Ersteher kann ja das Meistgebot schon vom Zuschlag an hinterlegen. Nach einer Auffassung soll dann mangels Vergleichbarkeit der Zuschlag versagt werden müssen.241 c) Abstellen auf Tag des Zuschlags? Nach anderer Meinung ist auf den Tag des Zuschlags abzustellen.242 Dann wäre hier der Zu- 78 schlag zu gesetzlichen Versteigerungsbedingungen zu erteilen: Der Vergleich habe vom (für die Zuteilungsberechtigten) ungünstigsten Fall auszugehen, dass in beiden Fällen die Hinterlegung des Bargebots am Zuschlagstage erfolgt sei.243 Für diese Meinung spricht, dass es
239 240 241 242
LG Freiburg v. 18.9.1974 – 4 T 93/74, Rpfleger 1975, 105. Drischler, RpflJB 1974, 341. LG Freiburg v. 18.9.1974 – 4 T 93/74, Rpfleger 1975, 105 m. Anm. Schiffhauer. OLG Stuttgart v. 14.10.1987 – 8 W 441/87, Rpfleger 1988, 200; LG Münster v. 3.3.1981 – 5 T 843/80, Rpfleger 1982, 77 m. Anm. Schiffhauer; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 64. 243 Schiffhauer, Rpfleger 1975, 105, 106.
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§ 59 Rz. 78 Abweichende Versteigerungsbedingungen nicht angeht, dass anderenfalls das Gericht selbst durch die Bestimmung des Verteilungstermins infolge der dann hinzuzurechnenden Zinsen darauf Einfluss bekommt, welches von zwei Meistgeboten das wirtschaftlich bessere ist, obwohl dies nicht im gerichtlichen Ermessen steht (siehe Rz. 98). d) Kritik 79
Diese Auffassung findet aber im Gesetz keine Stütze.244 Normiert ist, dass grundsätzlich auf die Abweichung zuzuschlagen ist, es sei denn, dadurch würden nicht zustimmende Beteiligte beeinträchtigt. Mangelnde Vergleichbarkeit schafft für sich genommen noch kein Zustimmungsbedürfnis; dieses hängt vielmehr von der Beeinträchtigung ab.245 Zu beweisen ist die Beeinträchtigung, nicht der Ausschluss derselben.246 Kann aber wie hier nicht entschieden werden, ob es zu einer Beeinträchtigung kommt, ist der Nachweis einer Beeinträchtigung misslungen. In solch einer „Non-liquet-Situation“ bezüglich der Beeinträchtigung ist der Zuschlag auf das abweichende Ausgebot zu erteilen.247 4. Zuschlagsentscheidung im Falle von Doppelausgeboten a) Keine Gebote
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Wurden keine Gebote abgegeben, ist nach § 77 Abs. 1 bzw. Abs. 2 zu verfahren. Sind die Gebote nicht zuschlagsfähig (z.B. wegen § 85a), ist der Zuschlag zu versagen. b) Gebote nur auf gesetzliche Versteigerungsbedingungen
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Wurde nur auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen geboten, so ist nach allgemeiner Meinung ein Zuschlag ohne Weiteres möglich.248 c) Gebote nur auf abweichende Versteigerungsbedingungen
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Wenn nur auf die abweichenden Versteigerungsbedingungen geboten wurde, ist dagegen umstritten, wie zu entscheiden ist: aa) Nur mit Zustimmung des Schuldners oder gar aller Ausfallenden?
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Vereinzelt wird vertreten, der Zuschlag könne nur mit Zustimmung des Schuldners erfolgen, dieser sei beeinträchtigt, wenn bei Versteigerung unter gesetzlichen Bedingungen mehr Schulden getilgt worden wären;249 dem ist nicht zu folgen, da mangels Geboten auf diese Ausgebotsform ja weder Zuschlag noch Schuldentilgung erfolgt wären.
244 Drischler, KTS 1975, 283, 291. 245 LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93; Gay, Kap. 3, II 2, S. 120. 246 BGH v. 8.12.2011 – V ZB 197/11, MDR 2012, 309 = Rpfleger 2012, 336 = ZfIR 2012, 332 m. Anm. Böttcher; LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93; Hk-ZV/Stumpe, § 59 ZVG Rz. 16; Muth, Rpfleger 1987, 397, 401. 247 BGH v. 8.12.2011 – V ZB 197/11, MDR 2012, 309 = Rpfleger 2012, 336 = ZfIR 2012, 332 m. Anm. Böttcher; Gay, Kap. 3, II 2, S. 126; Eickmann/Böttcher, § 13 II.3 C); Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 47. 248 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 62; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 46. 249 LG Arnsberg v. 27.7.2004 – 6 T 226/04, Rpfleger 2005, 42.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 86 § 59
Vertreten wird, dass der Zuschlag nur mit Zustimmung (bzw. Genehmigung) sämtlicher Beteiligten (einschließlich des Schuldners) erfolgen darf, die durch das abgegebene Meistgebot nicht gedeckt sind.250 Jeder Beteiligte habe Anspruch auf eine Versteigerung auch unter gesetzlichen Bedingungen; die Beeinträchtigung liege schon darin, dass es unter abweichenden Bedingungen und ohne sein Zutun zum Zuschlag komme.251 Abs. 2 verlange eine Vergleichsmöglichkeit zur Beurteilung der Beeinträchtigung, daher seien Meistgebote auf beide Ausgebotsformen unverzichtbar.252
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bb) Stets Zuschlagserteilung? Nach der Gegenmeinung ist der Zuschlag hier stets zu erteilen.253 Das Gesetz schreibe weder zwingend die Abgabe zweier zulässiger Meistgebote vor noch deren Vergleichbarkeit.254 Sonst dürfte ja auch nicht zugeschlagen werden, wenn nur auf gesetzliche Versteigerungsbedingungen geboten wurde; dem Bieter könne nicht abverlangt werden, ein nur symbolisches, sehr geringes Gebot auch auf die gesetzlichen Bedingungen abzugeben, dies mache das Gebot zur Farce.255 Vertreten wird auch, das „nichtvorhandene Vergleichsgebot“ auf die gesetzlichen Bedingungen solle mit Null zu bewerten sein.256
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cc) Anhaltspunkte für Beeinträchtigung? Zutreffend ist die vermittelnde Ansicht: Der Zuschlag ist zu erteilen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für die Beeinträchtigung dessen vorliegen, der nicht zugestimmt hat.257 Allein die Unmöglichkeit, bezifferte Gebote miteinander zu vergleichen, schafft noch kein Zustimmungsbedürfnis; dieses hängt vielmehr von der Beeinträchtigung ab.258 Ist diese zweifelhaft, ist das Doppelausgebot das gesetzlich vorgesehene Mittel der Klärung.259 Zu beweisen ist die Beeinträchtigung, nicht der Ausschluss derselben.260 Die Möglichkeit eines Erwerbs zu gesetzlichen Bedingungen ist durch das Doppelausgebot gewährleistet.261 Bei einem endgültigen non liquet setzt sich das Ausgebot zu abweichenden Bedingungen durch.
250 Schiffhauer, Rpfleger 1975, 105; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 338. 251 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 338. 252 LG Freiburg v. 18.9.1974 – 4 T 93/74, Rpfleger 1975, 105 m. Anm. Schiffhauer; Drischler, RpflJB 1974, 335, 342. 253 LG Münster v. 25.11.2010 – 5 T 661/10, JurBüro 2011, 552 sowie LG Arnsberg v. 10.7.1984 – 5 T 241/84, Rpfleger 1984, 427, je für einen Fall des § 9 EGZVG; Muth, Rpfleger 1987, 397, 399; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 54; Mohrbutter/Drischler, Muster 77 Anm. 4. 254 LG Arnsberg v. 10.7.1984 – 5 T 241/84, Rpfleger 1984, 427; LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93. 255 Steiner/Storz, § 59 Rz. 54. 256 Storz/Kiderlen, ZV, D 2.1.1. 257 BGH v. 8.12.2011 – V ZB 197/11, MDR 2012, 309 = ZfIR 2012, 332 m. Anm. Böttcher; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 47. 258 LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93. 259 BGH v. 8.12.2011 – V ZB 197/11, MDR 2012, 309 = ZfIR 2012, 332 m. Anm. Böttcher; LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 60. 260 LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 69; HkZV/Stumpe, § 59 ZVG Rz. 16; Muth, Rpfleger 1987, 397, 401. 261 BGH v. 8.12.2011 – V ZB 197/11, MDR 2012, 309 = ZfIR 2012, 332 m. Anm. Böttcher; LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93.
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§ 59 Rz. 87 Abweichende Versteigerungsbedingungen d) Gebote auf verschiedene Ausgebotsformen aa) Ermittlung der Beeinträchtigten 87
Wird sowohl auf gesetzliche als auch auf abweichende Versteigerungsbedingungen geboten, ist der Zuschlag zu den abweichenden Versteigerungsbedingungen zu erteilen, wenn niemand davon beeinträchtigt ist oder alle Beeinträchtigten zugestimmt (genehmigt) haben.262 Hierfür sind die Meistgebote in den Gebotsarten zu vergleichen.263 Der Vergleich besteht in einer fiktiven Verteilung nach allen Gebotsarten.264
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Dies bedeutet aber nicht etwa, dass stets auf das rechnerisch höhere Gebot der Zuschlag erfolgt.265 Weder wird zwingend der Zuschlag zu gesetzlichen Bedingungen erteilt, wenn das wirtschaftliche Ergebnis für die Beteiligten besser ist als bei Geltung der Abweichung,266 noch darf bei einem höheren Meistgebot auf abweichende Bedingungen der Zuschlag hierauf erteilt werden, wenn nicht alle durch die Abweichung Beeinträchtigten zugestimmt [bzw. genehmigt, vgl. Rz. 88] haben.267 Der wirtschaftliche Vergleich dient allein der Feststellung der Beeinträchtigten, vgl. Rz. 70. bb) Zustimmung/Genehmigung?
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Stehen somit die Beeinträchtigten fest, kommt es darauf an, ob sie alle der Abweichung zugestimmt haben. Fehlt die Zustimmung eines Beeinträchtigten, ist der Zuschlag grds. auf das unter gesetzlichen Versteigerungsbedingungen abgegebene Gebot zu erteilen. Nach h.M. kann dieser Beeinträchtigte aber nachträglich sein Einverständnis erklären. In der Literatur wird dies gewöhnlich als „nachträgliches Beibringen der Zustimmung“ bezeichnet;268 wie unter Rz. 56 festgestellt, kann die Zustimmung aber nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten erteilt oder widerrufen werden. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine Genehmigung im Sinne des § 84 Abs. 2, die der öffentlichen Beglaubigung bedarf. Stillschweigende Genehmigung ist nicht möglich.269 5. Doppelausgebote außerhalb des Anwendungsbereichs des § 59
89a
Obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, müssen Doppelausgebote von Amts wegen auch im Fall relativer Rangverhältnisse erfolgen, etwa nach Rangtausch, wenn dabei ein nicht auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtetes Recht beteiligt ist.270 Dieses dient der Feststellung, ob das Zwischenrecht durch die Rangänderung beeinträchtigt wird, und bedarf nicht eines Antrags des Zwischenberechtigten.271
262 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 66 f.; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 50. 263 OLG Celle v. 20.5.2009 – 3 U 268/08, OLGR Celle 2009, 654 = Rpfleger 2010, 532; Muth, Rpfleger 1987, 397, 399. 264 Eickmann/Böttcher, § 13 II 4 d. 265 Insoweit missverständlich LG Frankfurt/M. v. 9.1.2012 – 9 T 182/11, BeckRS 2013, 11522. 266 So aber Muth, Rpfleger 1987, 397, 399 und 401. 267 KG v. 20.4.1972 – 8 U 1831.71, OLGZ 1973, 1; Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 21 lit. cc); Löhnig/ Siwonia, § 59 ZVG Rz. 19; a.A. Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 48 (Zuschlag auf das beste Meistgebot). 268 So Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 51. 269 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 337. 270 OLG Hamm v. 6.3.1985 – 15 W 38/85, OLGZ 1985, 326 = Rpfleger 1985, 246; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 R Rz. 38. 271 OLG Hamm v. 6.3.1985 – 15 W 38/85, OLGZ 1985, 326, 329.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 90 § 59
E. Verfahren I. Prüfschema 90 Abweichungsverlangen: Abweichung rechtlich zulässig? ja:
nein:
Beeinträchtigung?
Zurückweisung! offensichtlich/ eventuell:
nein:
Zustimmung? ja:
nein:
Ausgebot nur mit Abweichung
offene Beeinträchtigung? nein:
ja:
Doppelausgebot!
Zurückweisung!
Nach Bietzeit: Gebote auf beide Ausgebote? nein:
ja:
Gebot nur auf Abweichung?
Vergleich der Rechtsfolgen bei Zuschlag auf Abweichungen!
nein:
ja:
Zuschlag auf gesetzliche Versteigerungsbed.!
Beeinträchtigung feststehend?
nein:
ja: Genehmigung? ja:
Zuschlag auf Abweichung!
nein: Zuschlag auf gesetzliche Versteigerungsbed.!
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§ 59 Rz. 91 Abweichende Versteigerungsbedingungen
II. Nach Abweichungsverlangen eines Beteiligten 1. Anhörungs- und Aufklärungspflichten a) Aufklärung 91
Die verlangte Abweichung muss verständlich und unzweideutig sein.272 Fehlt es daran, muss das Gericht durch Fragen und Hinweise auf Klarstellung hinwirken; gelingt dies nicht, ist das (protokollierte) Abweichungsverlangen zurückzuweisen.273 b) Anhörung
92
Die Beteiligten sind zum Abweichungsverlangen anzuhören; dies muss nicht zwangsläufig schon vor dem Versteigerungstermin geschehen.274 Die begehrte Abweichung und ihre Folgen sind im Termin möglichst umfassend zu erörtern,275 eine Überrumpelung von Beteiligten muss verhindert werden.276 Auch um die Bietinteressenten nicht zu verschrecken, ist eine transparente Vorgehensweise geboten. Eine Verletzung der Frage- und Aufklärungspflicht bildet einen Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 6.277 c) Terminsunterbrechung, Terminsvertagung?
93
Teilweise wird eine Terminsunterbrechung, unter Umständen sogar eine Terminsvertagung zur Aufklärung für zulässig erachtet.278 Indes droht hier die Gefahr, Bietinteressenten zu verschrecken, wogegen in der Regel der Beteiligte den Antrag rechtzeitig vor dem Termin hätte stellen können, darum sollten mehrstündige oder gar mehrtägige Terminsunterbrechungen nur ganz ausnahmsweise erwogen werden. d) Rechtsmissbrauchsverdacht
94
Beim Verdacht eines Rechtsmissbrauchs ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zu prüfen. Siehe Rz. 25 ff. 2. Offene oder eventuelle Beeinträchtigung
95
Das Gericht muss umfassend ermitteln, welche Beteiligte sicher beeinträchtigt sind und welche nur beeinträchtigt sein können. Hierbei sind sämtliche Aspekte und mögliche Fallgestaltungen zu erwägen. Diese Prüfung kann schwierig und zeitraubend sein. Sie darf nicht durch ein vorsorgliches Doppelausgebot oder gar durch Zulassen mit der Hoffnung auf Genehmigung der Beeinträchtigten vor Zuschlagserteilung umgangen werden.279
272 Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 7. 273 Jaeckel/Güthe, § 59 ZVG Anm. 1; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 55; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 19; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 330. 274 LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93. 275 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 11; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 330. 276 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 329. 277 BVerfG v. 24.3.1976 – 2 BvR 804/75, BVerfGE 42, 64 = MDR 1976, 820; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 330. 278 So Depré/Bachmann, § 59 ZVG Rz. 12; zur Unterscheidung s. OLG Köln v. 13.2.1984 – 2 W 179/83, OLGZ 1984, 245 = Rpfleger 1984, 280 m. Anm. Weber. 279 Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 47; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 335.
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Abweichende Versteigerungsbedingungen
Rz. 100 § 59
Wenn nötig, ist auch eine Terminsunterbrechung (selbst über mehrere Tage hinweg) zulässig.280 3. Vorliegen der Zustimmung(en) Anschließend ist zu prüfen, ob alle sicher oder eventuell beeinträchtigten Beteiligten zugestimmt haben. Fehlt die Zustimmung eines offen Beeinträchtigten, ist das Verlangen durch Beschluss zurückzuweisen. Wenn sämtliche offen oder eventuell Beeinträchtigten zustimmen, erfolgt nur Ausgebot unter der Abweichung. Ebenso, wenn außer dem die Abweichung Verlangenden niemand mehr beeinträchtigt ist. Fehlt es nur an der Zustimmung von möglicherweise Beeinträchtigten, dann ist die Beeinträchtigung durch die Zulassung von Doppelausgeboten zu klären. Siehe Rz. 69 ff.
96
III. In der Bietzeit 1. Parallele Bietzeit Beide Ausgebote laufen zeitlich parallel nebeneinander.281 Die Bietzeit ist für sämtliche Ausgebotsarten einheitlich zu beenden.282
97
2. Sicherheitsleistung Ein Verlangen nach Sicherheitsleistung gilt für sämtliche Gebote dieses Bieters, gleich auf welche Ausgebotsform.283 Die erbrachte Sicherheit gilt für sämtliche Ausgebotsformen.284
98
IV. Prüfung vor Zuschlagsentscheidung 1. Allgemeines Zur Anhörung nach § 74 gehört auch die Erörterung, welche Beteiligten nach dem Ergebnis der Versteigerung nun beeinträchtigt sind und auf welches Meistgebot der Zuschlag zu erteilen ist. Ein Verstoß hiergegen führt zur Zuschlagsversagung nach § 83 Nr. 6. Oft wird sich ein gesonderter Zuschlagsverkündungstermin, § 87 Abs. 2, empfehlen. Die Beteiligten sind zu belehren, welche Zustimmungen das Gericht für nötig erachtet und welche davon vorliegen.285 So besteht Gelegenheit, formgerechte Genehmigungen beizubringen. Auf welche Gebotsform der Zuschlag zu erteilen ist, steht nicht im gerichtlichen Ermessen.286
99
2. Falllagen nach Ende der Bietzeit Siehe Rz. 80 ff.
100
280 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 17; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 330 mit ausführlichen Hinweisen zum Vorgehen. 281 Mohrbutter/Drischler, Muster 77 Anm. 4. 282 BGH v. 9.5.2003 – IXa ZB 25/03, MDR 2003, 743 = Rpfleger 2003, 452; LG Kassel v. 3.8.2006 – 3 T 367/06, Rpfleger 2007, 97; LG Berlin v. 8.8.1994 – 81 T 346/94, Rpfleger 1995, 80, je für § 63 ZVG; Stöber, ZIP 1981, 944, 950; Storz, ZIP 1982, 416, 418. 283 OLG Düsseldorf v. 6.5.1988 – 3 W 92/88, Rpfleger 1989, 36; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 19; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 11. 284 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 19; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 334. 285 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 338. 286 BGH v. 1.12.2011 – V ZB 186/11, MDR 2012, 369 = Rpfleger 2012, 331 für Fall des § 9 EGZVG.
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§ 59 Rz. 101 Abweichende Versteigerungsbedingungen 3. Sonderproblem: Zuschlagsversagungsgrund steht nur bei einer Ausgebotsform entgegen 101
Beispiel Grundstückswert 200.000 Euro, Kosten 5.000 Euro, III/1 insg. 50.000 Euro, III/2 insg. 40.000 Euro. III/2 betreibt. Abweichung des Erlöschens des Rechts III/1 unter Berücksichtigung im Bargebot auf Antrag des Rechtsinhabers und mit Zustimmung des Eigentümers, aber ohne Zustimmung des nachrangigen Berechtigten III/2. Es erfolgt Doppelausgebot. Auf die gesetzlichen Bedingungen (III/1 bleibt bestehen) werden 50.000 Euro bar geboten, auf die abweichenden Bedingungen (III/1 erlischt) werden 96.000 Euro geboten. Wirtschaftlicher Wert: Gesetzlich 100.000 Euro, Abweichend 96.000 Euro. Der Inhaber III/2 ist also durch die Abweichung nicht beeinträchtigt. Der beeinträchtigte Eigentümer hat der Abweichung zugestimmt. Der Zuschlag wäre also auf die Abweichung zu erteilen. Dem steht aber § 85a ZVG entgegen.
102
Rechtliche Würdigung Hier ist nicht etwa der Zuschlag auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen zu erteilen – wenn alle Beeinträchtigten zugestimmt haben, darf nämlich kein Zuschlag auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen erfolgen. Es bleibt dann bei der Zuschlagsversagung nach § 85a.
V. Zuschlagsbeschluss 103
Wird auf abweichende Bedingungen der Zuschlag erteilt, müssen die Abweichungen im Zuschlagsbeschluss aufgeführt werden, § 82.287 Bei Meistgeboten auf unterschiedliche Ausgebotsformen muss eingehend begründet werden, weshalb auf das bestimmte Meistgebot der Zuschlag erteilt wird; namentlich Fragen der Beeinträchtigung von Beteiligten sind zu behandeln; dabei ist auf Streitpunkte besonders gründlich einzugehen.288
F. Rechtsbehelf I. Zulässiges Rechtsmittel 1. Zuschlagsbeschwerde 104
Nichtbeachtung des § 59 ZVG führt zu Zuschlagsversagung oder -aufhebung nach §§ 83 Nr. 1, 100 ZVG, wenn ein zulässiges Abweichungsverlangen nach § 59 nicht berücksichtigt worden ist.289 Das Unterlassen eines nötigen Ausgebots schadet schon dann, wenn ein besseres Meistgebot nur möglich gewesen wäre.290 Die Vornahme eines überflüssigen Ausgebots wird häufig als unschädlich angesehen;291 sie ist gleichwohl fehlerhaft nach § 83 Ziff. 1,292 nur fehlt es zumeist an einer Beschwer durch den Fehler.293 Ein solches Doppelausgebot kann jedoch öfter dazu führen, dass mangels Vergleichbarkeit keines der beiden Meistgebote zuschlagsfähig ist.294 Erfolgt ein Doppelausgebot, bei dem die verlangten abweichenden Bedingungen den ge287 Stöber/Becker, 82 ZVG Rz. 8; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 V Rz. 30; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 338. 288 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 70; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 338. 289 BGH v. 12.9.2013 – V ZB 195/12, MDR 2013, 1489 = ZfIR 2014, 19 m. Anm. Böttcher = NZI 2014, 116 m. Anm. Keller; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 336; Steiner/Storz, § 59 ZVG Rz. 5 und 65. 290 LG Berlin v. 10.5.2017 – 80 T 175/17 (juris); Steiner/Storz, § 59 Rz. 65. 291 LG Freiburg v. 18.9.1974 – 4 T 93/74, Rpfleger 1975, 105 m. Anm. Schiffhauer; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 25. 292 Steiner/Storz, § 59 Rz. 65. 293 Jaeckel/Güthe, § 59 ZVG Anm. 8; Steiner/Storz, § 59 Rz. 66. 294 Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326, 336.
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§ 62
Vortermin
setzlichen Bedingungen inhaltlich voll entsprechen, ist der Zuschlag nach § 83 Nr. 1 zu versagen.295 2. Sofortige Beschwerde Kommt es zufolge fehlerhafter Zulassung oder Nichtzulassung einer Abweichung zur Aufhebung oder einstweiligen Einstellung des Verfahrens nach § 77, ist der entsprechende Beschluss mit der sofortigen Beschwerde nach § 95 ZVG i.V.m. § 793 ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG anfechtbar.296 Anderenfalls wäre hier gar kein Rechtsbehelf gegen fehlerhaft aufgestellte Versteigerungsbedingungen gegeben.
105
II. Beschwer Beschwerdebefugt ist nur, wer durch den Verfahrensfehler beschwert ist. Dazu zählt nicht, wer keine Aussicht auf Befriedigung hat.297 Die Beschwerde kann auch nicht auf einen Grund gestützt werden, der nur das Recht eines andern betrifft.298 Der Ersteher selbst ist nicht beschwerdebefugt.299
§§ 60–61
(weggefallen)
§ 62 [Vortermin] Das Gericht kann schon vor dem Versteigerungstermin Erörterungen der Beteiligten über das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen veranlassen, zu diesem Zweck auch einen besonderen Termin bestimmen.
A. B. C. D. E. I.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . Anwendungsfälle . . . . . . . . . . Rechtswirkungen . . . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . Terminsbestimmung und Ladung
. . . . . .
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Rz. 1 3 4 6 7 7
II. 1. 2. F. G.
Durchführung des Vortermins Nichtöffentlicher Termin . . . Beurkundung eines Vergleichs Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
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Rz. 10 10 11 12 13
295 BGH v. 19.7.2012 – V ZB 265/11, MDR 2012, 1119 = Rpfleger 2012, 704; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8a. 296 LG Frankfurt/M. v. 29.12.1958 – 2/9 T 731/58, NJW 1959, 1442 m. Anm. Hoche; Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 24, je zur fehlerhaften Feststellung des geringsten Gebots. 297 OLG Stuttgart v. 14.10.1987 – 8 W 441/87, Rpfleger 1988, 200; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 25; Hk-ZV/ Stumpe, § 59 ZVG Rz. 16. 298 LG Berlin v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93. 299 Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 71.
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106
§ 62 Rz. 1 Vortermin Literatur: Alff, „Geringstes Gebot und Zuschlagsprobleme in der Teilungsversteigerung“, Rpfleger 2004, 673; Mümmler, „Aus der Kostenpraxis des Rechtsanwalts – für die Praxis“, JurBüro 1984, 986; Schiffhauer, „§ 59 ZVG – eine Crux ohne Ende?“, Rpfleger 1986, 326.
A. Normzweck 1
Die Vorschrift dient der Entlastung des Versteigerungstermins durch Vorbereitung der Feststellung von geringstem Gebot und Versteigerungsbedingungen.1 Zudem kann das Gericht die Beteiligten auf besondere Probleme hinweisen.2 Der eigentliche Versteigerungstermin kann kürzer, verständlicher und straffer ablaufen und von streitigen Diskussionen über das geringste Gebot freigehalten werden, damit Bietinteressenten weder verunsichert noch verschreckt werden.3
2
Von dem Vortermin wird nur selten Gebrauch gemacht. Der Hauptgrund dürfte darin liegen, dass geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen verbindlich erst im eigentlichen Versteigerungstermin festgestellt werden, § 66 ZVG (vgl. Rz. 6).
B. Anwendungsbereich 3
Die Vorschrift gilt für alle Verfahren, in denen ein geringstes Gebot aufgestellt wird.4 Für den Verteilungstermin ist sie analog anwendbar.5
C. Anwendungsfälle 4
Erörterungen können bei komplizierten Sach- oder Rechtslagen, wie Rangschwierigkeiten, Dritteigentum an Zubehörstücken, bei Mehrfachausgeboten nach §§ 63, 64, zur Ermittlung von Zuzahlungsbeträgen nach §§ 50, 51 oder z.B. zur Ermittlung des Geldwerts wiederkehrender Leistungen geboten sein.6 Ein Vortermin empfiehlt sich etwa beim Zusammentreffen von Forderungs- und Teilungsversteigerung wegen der Konsequenzen der einzelnen Verfahrensarten,7 aber auch in der von mehreren Antragstellen betriebenen Teilungsversteigerung mit unterschiedlicher Anteilsbelastung.8
5
Analog9 § 62 kann ein Vortermin zur Einigung zwischen Gläubiger und Schuldner bzw. Antragsteller und Antragsgegner, ggf. zum Abschluss eines Vergleichs anberaumt werden.10 Ein Erörterungstermin in einer Zwangsverwaltung kann zugleich einen Vortermin der parallelen Zwangsversteigerung mit Absprachen etwa zur Verwendung einer zur Zwangsverwaltungsmasse gezogenen Versicherungsforderung darstellen.11
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Depré/Bachmann, § 62 ZVG Rz. 1; Jaeckel/Güthe, § 62 ZVG. Hk-ZV/Stumpe, § 62 ZVG Rz. 1. Storz/Kiderlen, ZV, D 2.1.1; Alff, Rpfleger 2004, 673, 676. Steiner/Storz, § 62 ZVG Rz. 3. Böttcher, § 62 ZVG Rz. 1; Steiner/Teufel, § 106 ZVG Rz. 5 f. Böttcher, § 62 ZVG Rz. 1. Storz/Kiderlen, TV, A 3.4.2 (TH). Alff, Rpfleger 2004, 673, 676. H/B/C/S, § 20 Rz. 4. Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 1. OLG Schleswig v. 22.6.2000 – 16 W 45/00, OLGR Schleswig 2000, 368 = InVo 2001, 76 = NZI 2001, 14.
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Vortermin
Rz. 9 § 62
D. Rechtswirkungen Im Vortermin können Anmeldungen und Anträge12 (z.B. Gesamtausgebot, abweichende 6 Versteigerungsbedingungen) und die Zustimmung13 zu solchen Anträgen zu Protokoll erklärt werden. Das Ergebnis der Erörterungen im Vortermin ist i.Ü. grds. nicht bindend,14 denn geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen werden erst im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten festgestellt, § 66. Die Beteiligten können aber miteinander bindende Vereinbarungen treffen,15 dies setzt voraus, dass alle vom vereinbarten Gegenstand betroffenen Beteiligten mitwirken; eine solche Vereinbarung kann durch spätere Anmeldungen oder sonstige Änderungen der Sachlage hinfällig werden.16 Ein erst im Versteigerungstermin gestellter Antrag auf abweichende Versteigerungsbedingungen kann im Einzelfall als rechtsmissbräuchlich zurückzuweisen sein, wenn er bereits im vorangegangenen Erörterungstermin hätte erfolgen können.17
E. Verfahren I. Terminsbestimmung und Ladung Durchführung und Inhalt der Erörterungen stehen im Ermessen des Gerichts, ein Antrag ist nur als Anregung zu verstehen.18 Es können auch mehrere Vortermine angesetzt werden.19 Auch der Teilnehmerkreis unter den Beteiligten liegt im gerichtlichen Ermessen.20
7
Ob das Gericht das persönliche Erscheinen anordnen kann, ist streitig. Die Befürworter21 stützen sich auf eine analoge Anwendung der §§ 141, 278 ZPO. Dem wird entgegengehalten, dass der Schuldner ja auch dem Versteigerungstermin selbst fernbleiben könne.22 Dieser Gegenmeinung ist zu folgen, wenn der Vortermin der Erörterung der Versteigerungsbedingungen bzw. des geringsten Gebots gilt: § 141 ZPO dient als Mittel zur Klärung des Parteivorbringens, nicht auch als Beweismittel,23 was eine analoge Anwendung auf den Erörterungstermin ausschließt; auch treffen den Schuldner in der Zwangsversteigerung anders als die Partei im Erkenntnisverfahren grds. keine Mitwirkungspflichten.24 Ist Ziel des Vortermins dagegen eine Einigung zwischen Gläubiger und Schuldner bzw. Antragsteller und Antragsgegner, kann § 278 Abs. 1 und 3 ZPO entsprechend angewendet werden.
8
Bei Anordnung des persönlichen Erscheinens ist die Ladung25 zuzustellen. Im Übrigen ist sie 9 formlos möglich,26 für die Geladenen besteht kein Teilnahmezwang, ein Ausbleiben hat grds. 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26
Stöber/Gojowczyk, § 62 ZVG Rz. 2. Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326. Mohrbutter/Drischler, Muster 31 Anm. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 4. Stöber/Gojowczyk, § 62 ZVG Rz. 3. Jaeckel/Güthe, § 62 ZVG. LG Oldenburg v. 29.12.1975 – 6 T 533/75, Rpfleger 1976, 225. Jaeckel/Güthe, § 62 ZVG. Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 5. Jaeckel/Güthe, § 62 ZVG; Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 3. Böttcher, § 62 ZVG Rz. 1; Dassler/Schiffhauer, 12. Aufl., § 62 ZVG Rz. 3; Mohrbutter/Drischler, Muster 31 Anm. 1. Stöber/Gojowczyk, § 62 ZVG Rz. 4; so auch Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 3. BGH v. 19.4.2002 – V ZR 90/01, BGHZ 150, 334 = MDR 2002, 1001 = NJW 2002, 2247; MüKo/ Wagner, § 141 ZPO Rz. 1. BGH v. 16.7.2009 – V ZR 57/09, NZM 2009, 707; Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, § 5 II Rz. 20. Muster bei Stöber, Hdb. Rz. 227. Böttcher, § 62 ZVG Rz. 1; Hk-ZV/Stumpe, § 62 ZVG Rz. 5; Jaeckel/Güthe, § 62 ZVG.
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§ 62 Rz. 9 Vortermin keine Rechtsnachteile27 (vgl. aber Rz. 6). In der Ladung sollte angegeben werden, welche Fragenkomplexe zu erörtern sind und warum.28.
II. Durchführung des Vortermins 1. Nichtöffentlicher Termin 10
Der Vortermin ist nichtöffentlich, § 169 GVG ist nicht einschlägig.29 Dem Gericht obliegt die Sitzungsleitung,30 es hat ein Protokoll (§ 159 ZPO) aufzunehmen, in dem die wesentlichen Vorgänge festgehalten sind (§ 160 ZPO).31 2. Beurkundung eines Vergleichs
11
Kommt ein Vergleich32 zustande, umfasst die Beurkundung sowohl den schuldrechtlichen Teil als auch die Auflassung selbst.33 Den zur Beurkundung zuständigen Rechtspfleger34 treffen die gleichen Aufklärungs- und Belehrungspflichten, die sonst einem Notar obliegen.35 Ein Rechtsanwalt darf trotz formlos erteilter Prozessvollmacht den Vergleich abschließen.36 Das Gericht hat dem Finanzamt den Vergleich zu steuerlichen Zwecken mitzuteilen.37
F. Rechtsbehelf 12
Ermessensfehlerhaftes Nichtanberaumen eines Vortermins ist durch Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) zu rügen, wegen § 95 ist kein anderer Rechtsbehelf gegeben.
G. Kosten 13
Gerichtskosten unterfallen dem § 109 ZVG. Der Vortermin ist durch die Verfahrensgebühr (GKG KV 2211), nicht durch die Terminsgebühr (GKG KV 2213) abgegolten.38 Beurkundungsgebühren nach GNotKG entstehen nicht. Parteiauslagen: Notwendige Kosten eines Gläubigers fallen unter § 10 Abs. 2.39 Rechtsanwaltsvergütung: Die anwaltliche Tätigkeit wird durch die Verfahrensgebühr nach RVG VV 3311 Nr. 1 abgegolten.40 Daneben kann eine Einigungsgebühr nach RVG VV 1000, 1003 anfallen.
27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 3; Stöber/Gojowczyk, § 62 ZVG Rz. 4. Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 3. Böttcher, § 62 ZVG Rz. 1; Hk-ZV/Stumpe, § 62 ZVG Rz. 5. Stöber/Gojowczyk, § 62 ZVG Rz. 4. Stöber/Gojowczyk, § 62 ZVG Rz. 4. Muster für das Protokoll eines Vergleichs einschließlich Auflassung siehe H/B/C/S, § 27 Rz. 1. Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 6. OLG Nürnberg v. 16.5.1972 – 3 U 153/71, Rpfleger 1972, 305. Böttcher, § 62 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 5. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rz. 161; Stöber, Hdb. Rz. 229. H/B/C/S, § 20 Rz. 7. Stöber/Keller, ZVG Einleitung Rz. 436. Dassler u.a./Hintzen, § 62 ZVG Rz. 9; auch zum Folgenden. Mümmler, JurBüro 1984, 986.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
§ 63
§ 63 [Ausgebot mehrerer Grundstücke] (1) Mehrere in demselben Verfahren zu versteigernde Grundstücke sind einzeln auszubieten. Grundstücke, die mit einem einheitlichen Bauwerk überbaut sind, können auch gemeinsam ausgeboten werden. (2) Jeder Beteiligte kann spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten verlangen, daß neben dem Einzelausgebot alle Grundstücke zusammen ausgeboten werden (Gesamtausgebot). Sofern einige Grundstücke mit einem und demselben Recht belastet sind, kann jeder Beteiligte auch verlangen, daß diese Grundstücke gemeinsam ausgeboten werden (Gruppenausgebot). Auf Antrag kann das Gericht auch in anderen Fällen das Gesamtausgebot einiger der Grundstücke anordnen (Gruppenausgebot). (3) Wird bei dem Einzelausgebot auf eines der Grundstücke ein Meistgebot abgegeben, das mehr beträgt als das geringste Gebot für dieses Grundstück, so erhöht sich bei dem Gesamtausgebot das geringste Gebot um den Mehrbetrag. Der Zuschlag wird auf Grund des Gesamtausgebots nur erteilt, wenn das Meistgebot höher ist als das Gesamtergebnis der Einzelausgebote. (4) Das Einzelausgebot unterbleibt, wenn die anwesenden Beteiligten, deren Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht zu berücksichtigen sind, hierauf verzichtet haben. Dieser Verzicht ist bis spätestens vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten zu erklären.
A. B. I. II. 1. 2.
C. I. 1. 2. II. III. 1.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Verfahrensarten . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Mehrere Versteigerungsobjekte . . . . . . Analogie für Einzelgrundstücke nur ausnahmsweise . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundpfandrecht an vormals selbstständigem Grundstücksteil . . . . . . b) Beschlagnahmewidrige Verfügungen des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlagnahmewidrige Begründung von Raumeigentum, beschlagnahmewidrige Grundstücksteilung . . . d) Zusammentreffen mehrerer Gläubiger und unterschiedlicher Rechtswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . Gemeinsame Versteigerung . . . . . . . Voraussetzung: Verfahrensverbindung . Gemeinsame Versteigerung ohne Verfahrensverbindung? . . . . . . . . . . Einzelausgebot als Regelfall . . . . . . . Gesamtausgebot, Gruppenausgebote . Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . .
Rz. 1 5 5 7 7 8 9 11 12 13 16 16 16 17 22 24 24
Rz. 2. Gemeinsame Ausbietung als abweichende Versteigerungsbedingung . . . . . . . 3. Gesamtausgebot . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gruppenausgebote . . . . . . . . . . . . . IV. Verzicht auf Einzelausgebote . . . . . . 1. Einzelversteigerungsgrundsatz . . . . . . 2. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Möglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . b) Begrenzung durch Zustimmungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutz der Bieterkonkurrenz . . bb) Schutz von Beteiligten . . . . . . cc) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . 3. (Kein) Sonderfall: Bruchteilseigentum . a) Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bieterperspektive . . . . . . . . . bb) Alternative: Wahlrecht des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . cc) Förmelei mit erheblichem Missbrauchspotential? . . . . . . dd) Legitimes taktisches Instrument D. Gerichtliches Verfahren vor dem Termin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verkehrswert . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einzelwerte für jedes Objekt . . . . . . .
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25 26 27 29 29 30 30 31 31 32 34 35 35 36 36 37 38 39 41 41 41
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§ 63 Ausgebot mehrerer Grundstücke
2. Gesamtwert vs. Summe der Einzelwerte a) Das Gesamte ist mehr als die Summe der Einzelteile . . . . . . . . . b) Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . c) Einzelwerte aus dem Gesamtwert ableiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesonderte Festsetzung von Gesamtwerten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Terminsbestimmung . . . . . . . . . . . E. Gerichtliches Verfahren im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten . . . . . . . . . I. Verlangen nach Gesamtausgebot, Verlangen oder Antrag auf Gruppenausgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausnahmsweise Gruppen- oder Gesamtausgebot von Amts wegen, Abs. 1 S. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einheitliches Bauwerk vs. wirtschaftliche Einheit . . . . . . bb) Kein amtswegiger Verzicht auf Einzelausgebote . . . . . . . . c) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . aa) Verfahrensverbindung . . . . . . bb) Einheitliches Bauwerk auf den mehreren Grundstücken . . . . . cc) Pflichtgemäßes Ermessen des Gerichts . . . . . . . . . . . . d) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verlangen bzw. Antrag . . . . . . . . . . . a) Gesamtausgebot, Abs. 2 S. 1 . . . . . b) Gruppenausgebot, Abs. 2 S. 2 und 3 aa) Verlangen bei Belastung mit Gesamtrecht . . . . . . . . . . . . bb) Ermessen des Gerichts im Übrigen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Form, Zeitpunkt, Widerruflichkeit, Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitpunkt für Antragstellung und Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . c) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beteiligte i.S.d. § 9 . . . . . . . . . . . b) Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . aa) Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . bb) Rechtliches Interesse? . . . . . . cc) Im Einzelnen . . . . . . . . . . . . 5. Mehrere Anträge . . . . . . . . . . . . . . II. Verzicht auf Einzelausgebote . . . . . . 1. Die Verzichtserklärung . . . . . . . . . . . a) Verzichtender . . . . . . . . . . . . . .
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Rz. 42
Rz.
42 43 44 45 46
2. 3.
49
4. III.
49
49 49 50
1. 2. 3.
50 51 53 53 54 57 58 60 60 61 61 63 64 64 65 66 67 67 68 69 70 72 75 77 77 77
4. F. I. II. 1. 2. 3. 4. 5. 6.
III. 1.
2.
b) Zeitpunkt für Verzicht und Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Frühester Zeitpunkt . . . . . . . bb) Spätester Zeitpunkt . . . . . . . . cc) Geltung des erklärten Verzichts c) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsmissbräuchlichkeit der Zustimmungsverweigerung . . . . . . . . . . . . Gerichtliches Verfahren nach Verzichtserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen des Verzichts auf Einzelausgebote ohne nötige Zustimmung . . Besonderheiten bei der Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen . . . . . . . . . Beschlagnahmezeitpunkte . . . . . . . . . Bestbetreibende Gläubiger . . . . . . . . Geringstes Gebot für die Einzelausgebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz der Verteilung gemeinsamer Kosten . . . . . . . bb) Gebühren . . . . . . . . . . . . . . cc) Auslagen . . . . . . . . . . . . . . b) Weitere Ansprüche im geringsten Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 . . . . . . bb) § 10 Abs. 1 Nr. 4 und ggf. Nr. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . Gesamtausgebot . . . . . . . . . . . . . . . In der Bietzeit . . . . . . . . . . . . . . . . Reihenfolge der Ausgebote . . . . . . . . Erhöhung des geringsten Gesamtausgebots, Abs. 3 S. 1 . . . . . . . . . . . Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ermittlung des Erhöhungsbetrags bei konkurrierenden Gruppenausgeboten . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ermittlung des Erhöhungsbetrags bei Ausgeboten nach § 64 Abs. 1 und § 64 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . Sonstige Besonderheiten während der Bietzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . a) Verlangen nach Sicherheit . . . . . . . b) Objektbezogene Sicherheitsleistung . Verfahrenseinstellung oder -aufhebung während der Bietzeit . . . . . . . . . . . .
79 79 83 85 86 87 88 89 90
91 91 92 93 94 94 95 96 97 97 98 99 100 100 102 102 104 105 106 107 108 108 110 111 111 111 112 113
Ausgebot mehrerer Grundstücke
IV. 1. 2. 3. G. I. II. III. IV. 1.
2.
a) Abbruch der Bietzeit . . . . . . . . . . b) Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . Schluss der Versteigerung . . . . . . . . Einheitlicher Schluss . . . . . . . . . . . . Gerichtliches Verfahren . . . . . . . . . . Verstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuschlagsentscheidung . . . . . . . . . . Prüfschema . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Gebote . . . . . . . . . . . . . . . . Gebote, bei denen kein Vergleich mit anderen Geboten nötig ist . . . . . Gebote nur auf Einzelausgebot(e) . . . . a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 76 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) §§ 74a, 85a . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonstiger Zuschlagsversagungsgrund bei Einzelobjekt . . . . . . . . . Gebote nur auf Gesamtausgebot . . . . . a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . b) §§ 74a, 85a . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . bb) Sonderfall: Grenzen für einzelne Grundstücke sind entfallen . . . cc) § 85a Abs. 3 . . . . . . . . . . . . c) Andere Zuschlagsversagungsgründe
Rz. 113 114 115 115 116 117 118 118 119 120 122 122 122 123 124 125 126 126 127 127 128 133 135
Rz. 1 § 63 Rz.
3. Gebote nur auf sich nicht überschneidende Gruppenausgebote . . . . . . . . . 4. Gebote auf sich nicht überschneidende Gruppen- und Einzelausgebote . . . . . V. Konkurrierende Meistgebote . . . . . . 1. Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleich der Meistgebote . . . . . . . . . a) Vorrang der Einzelausgebote . . . . . b) Vergleich der Gebote . . . . . . . . . . aa) Auch Wert bestehen bleibender Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Gebote auf einzelne Ausgebote, teilweise unterbliebene Einzelausgebote . . . . . . . . . . 3. Erreichen des Erhöhungsbetrags . . . . . 4. Kein Fall des § 76 . . . . . . . . . . . . . . 5. Zuschlagsversagungsgrund hinsichtlich des Gesamtausgebots . . . . . . . . . . . . a) §§ 74a, 85a . . . . . . . . . . . . . . . . b) Andere Zuschlagsversagungsgründe, z.B. §§ 29, 30, § 765a ZPO . . . . . . aa) Zuschlagsversagung auf Gesamtausgebot . . . . . . . . . . bb) Auswirkung auf Einzelausgebote? . . . . . . . . . . . . .
137 139 140 140 141 142 142 144 144 145 146 149 150 150 151 151 152
Literatur: Alff, Einzelversteigerungsgebot bei Bruchteilseigentum – inhaltslose Förmelei oder legitimes taktisches Instrument für den Schuldner?, RpflStud 2004, 33; Bachmann, Zuschlagsentscheidung bei Gesamtausgebot, Rpfleger 1992, 3; Bachmann, Nochmals: Zuschlagsentscheidung bei Gesamtausgebot, Rpfleger 1993, 12; Büchmann, Vielfachversteigerung von Wohnungseigentum bei Konkurs des Eigentümers, ZIP 1988, 825; Drasdo, Neues zur Teilungsversteigerung, NJW-Spezial 2009, 561; Drischler, Die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft (Teil III), JurBüro 1981, 1765; Hagemann, Gleichzeitige Abhaltung mehrfacher Versteigerungstermine durch denselben Rechtspfleger, Rpfleger 1984, 256; Hintzen, Änderungen zum Zwangsversteigerungsgesetz, Rpfleger 1998, 148; Hornung, Änderungen des Zwangsversteigerungsrechts, NJW 1999, 460; Lersch, Das Gesamtausgebot im Reichszwangsversteigerungsgesetz, Gruchot Jg. 51, 335 und 449; Lotze, Die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstücke in einem Verfahren nach dem Gesetze vom 13. Juli 1883, Gruchot Jg. 36, 260; Muth, Anzahl zulässiger Ausgebotsarten, Rpfleger 1990, 502; Schiffhauer, § 59 ZVG – eine Crux ohne Ende?, Rpfleger 1986, 326; Schiffhauer, Das Verfahren vom Antrag bis zur Terminsbestimmung, ZIP 1982, 660; Stöber, Was verwirrt bei Vereinigung?, MittBayNot 2001, 281; Wendt, Verwirrungsgefahr bei unterschiedlicher Belastung mit Grundpfandrechten, Rpfleger 1983, 192.
A. Normzweck § 63 regelt die Versteigerung mehrerer Grundstücke im selben Verfahren. Mit dem Zulassen verschiedener Ausgebotsformen bezweckt § 63 das Erzielen eines optimalen wirtschaftlichen Ergebnisses.1 Das Gesetz geht zunächst (Abs. 1 S. 1) vom Grundsatz der Einzelversteigerung
1 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 2; Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 1.
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§ 63 Rz. 1 Ausgebot mehrerer Grundstücke aus: Auch im verbundenen Verfahren sind die Grundstücke grds. einzeln auszubieten.2 Das Gesetz vermutet also, dass das beste Versteigerungsergebnis und die ausgewogenste Auseinandersetzung unter den Gläubigern zu erzielen ist, wenn jedes Grundstück gesondert versteigert wird. Neben einer gewissen Kostenersparnis hat hier die gemeinsame Verfahrensführung den Vorteil, dass durch einen Antrag nach § 64 bessere Aussichten für die Gebotsabgabe bei den diversen Einzelausgeboten geschaffen werden können.3 2
§ 63 ermöglicht aber auch die Versteigerung in Gesamt- und Gruppenausgeboten und damit das Ausgebot aller oder mehrerer Grundstücke zusammen.4 Vielfach hängt das Bietinteresse maßgeblich davon ab, dass Objekte „im Paket“ ersteigert werden können, man denke etwa an Eigentumswohnung und Tiefgaragenstellplatz oder an ein aus mehreren Grundstücken bestehendes landwirtschaftliches Anwesen. Durch die Möglichkeit zum Erwerb aller oder eines überwiegenden Teils der Grundstücke zum Zwecke einheitlicher Nutzung wird ein größerer Bieterkreis angesprochen.5
3
§ 63, flankiert durch weitere Regelungen, hat aber noch einen weiteren Zweck, nämlich die Wahrung der Selbstständigkeit der einzelnen Grundstücke und der daran begründeten Rechte auch bei gemeinsamem Ausgebot. Bei der Versteigerung eines Einzelgrundstücks ergibt sich das Befriedigungsrecht des einzelnen Beteiligten aus seinem Rang nach § 10; dagegen stehen die Belastungen an verschiedenen Grundstücken in keinem Rangverhältnis zueinander, dies verbietet eine einheitliche Verwertung der Masse zum Zwecke einer einheitlichen Befriedigung sämtlicher Gläubiger an irgendeinem der Grundstücke.6 Das Gesetz regelt, namentlich in §§ 63, 64, 112 und 122, wie die Vermengung der Masse wieder zu lösen ist. Die Selbstständigkeit der Haftungsobjekte und der an ihnen begründeten Ansprüche soll auch nach Verfahrensverbindung nicht beeinträchtigt werden.
4
Die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten bleiben auch bei gemeinsamer Versteigerung grundsätzlich gewahrt.7 So dient § 76 dazu, eine übermäßige Inanspruchnahme des Vollstreckungsschuldners zu verhindern; § 112 Abs. 3 bezweckt die Wahrung der Rechte des dinglich Berechtigten und des Grundstückseigentümers hinsichtlich des jeweils betroffenen Grundstücks im Fall der Versteigerung im Gesamtausgebot, § 63 Abs. 3 S. 1 schafft dafür die rechtlichen Voraussetzungen.
B. Anwendungsbereich I. Verfahrensarten 5
§ 63 ist einschlägig in allen Versteigerungsverfahren, in denen eine Verfahrensverbindung nach § 18 erfolgt ist,8 also etwa auch bei der Teilungsversteigerung.9 Bei letzterer ist aber ein Einzelausgebot der Bruchteile, bezüglich derer die Auseinandersetzungsversteigerung betrie-
2 3 4 5 6 7 8 9
Böttcher, § 63 ZVG Rz. 1; Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 1. BGH v. 15.5.1986 – IX ARZ 3/86, Rpfleger 1987, 29; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 9. BayObLG v. 7.10.1997 – 1Z AR 71/97, Rpfleger 1998, 79 = KTS 1998, 143. BGH v. 14.7.1986 – IX ARZ 7/86, WM 1986, 1421; v. 15.5.1986 – IX ARZ 3/86, Rpfleger 1987, 29; BayObLG v. 16.8.1995 – 1Z AR 35/95, MDR 1995, 1261 = KTS 1995, 736; LG Frankfurt/M. v. 29.12.1987 – 2/9 T 1242/87; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 3. Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 341, auch zum Folgenden. BGH v. 15.5.1986 – IX ARZ 3/86, Rpfleger 1987, 29. Böttcher, § 63 ZVG Rz. 1. BGH v. 12.1.2006 – V ZB 147/05, MDR 2006, 1072 = Rpfleger 2006, 211; BayObLG v. 7.10.1997 – 1Z AR 71/97, Rpfleger 1998, 79 = KTS 1998, 143.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 9 § 63
ben wird, nicht möglich.10 Weiter ist bei der Teilungsversteigerung streitig, ob dieselbe Gemeinschaft vorliegen muss. Beispiel 1 Hinsichtlich des Grundstücks 1 sind A, B und C in Erbengemeinschaft als Eigentümer eingetragen, hinsichtlich des Grundstücks 2 aber in Bruchteilsgemeinschaft.
Rechtliche Würdigung Vertreten wird, dass Personengleichheit genügt.11 Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, vielmehr muss es sich um mehrere Grundstücke derselben Gemeinschaft handeln.12 Wo dies nicht gegeben ist, fehlt es bereits an den Voraussetzungen einer Verfahrensverbindung nach § 18, denn der Anspruch auf Auseinandersetzung einer Gemeinschaft kann sich immer nur auf diese auseinanderzusetzende Gemeinschaft beziehen.
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II. Anwendungsbereich 1. Mehrere Versteigerungsobjekte § 63 ist anwendbar, wenn mehrere Grundstücke bzw. grundstücksgleiche Rechte (Erbbaurecht, Gebäudeeigentum, WEG-Miteigentumsanteile etc.) an Grundstücken versteigert werden.13 Die gemeinsame Versteigerung verschiedener Bruchteile erfolgt im Kern nach denselben Grundsätzen.14 Möglich ist auch, ein Grundstück zusammen mit einem Bruchteil an einem anderen Grundstück zu versteigern.15 Voraussetzung ist immer, dass die Verfahren nach § 18 verbunden sind.
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2. Analogie für Einzelgrundstücke nur ausnahmsweise Die Norm ist grundsätzlich nicht für Einzelgrundstücke anwendbar, dies kann auch nicht etwa als abweichende Versteigerungsbedingung nach § 59 vereinbart werden.16 Ausnahmsweise ist § 63 analog bei der Versteigerung eines Einzelgrundstücks anzuwenden, soweit es nötig ist, das Fortbestehen separater Grundstücke zu fingieren.
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a) Grundpfandrecht an vormals selbstständigem Grundstücksteil Wenn ein Grundpfandrecht nur an einem vormals selbstständigen Grundstücksteil begründet und bei der Vereinigung mit einem anderen Grundstück nicht auf dieses erstreckt wurde, ist die Versteigerung dieses vormals selbständigen Grundstücks zulässig.17 Sofern für das neu entstandene Einzelgrundstück bereits ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig ist, kann
10 BGH v. 7.5.2009 – V ZB 12/09, NotBZ 2009, 279 = MDR 2009, 1071 = Rpfleger 2009, 579 = ZfIR 2010, 79 m. Anm. Bräuer; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 7; Drasdo, NJW-Spezial 2009, 561; Drischler, JurBüro 1981, 1765, 1767; Schiffhauer, ZIP 1982, 660, 664. 11 Dassler u.a./Hintzen, § 180 ZVG Rz. 41; Stöber/Kiderlen, § 180 ZVG Rz. 143; Storz/Kiderlen, TV, B 2.2.34. 12 BGH v. 31.1.1985 – IX ARZ 11/84, WM 1985, 840; Steiner/Teufel, § 180 ZVG Rz. 89; Böttcher, § 180 ZVG Rz. 24. 13 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 1; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 2. 14 Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 336; vgl. auch nachfolgend Rz. 35 ff. und 42 ff. 15 BGH v. 17.8.1984 – IX ARZ 7/84, WM 1984, 1342 = ZIP 1984, 1540; Storz/Kiderlen, TV, B 2.2.34. 16 Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 6. 17 OLG Schleswig v. 17.2.1982 – 2 W 4/82, Rpfleger 1982, 361 = SchlHA 1982, 169; Stöber, MittBayNot 2001, 281 (283); Stöber/Keller, ZVG Einleitung Rz. 28.
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§ 63 Rz. 9 Ausgebot mehrerer Grundstücke der Beitritt zu jenem (Einzel-)Zwangsversteigerungsverfahren erfolgen, es wird dann das Vorliegen mehrerer Grundstücke fingiert.18 Beispiel 219 Ursprünglich bestehen 2 Grundstücke, BV 1 und 2. An BV 1 wird für G eine Grundschuld zu 125.000 Euro bestellt. Dann werden die beiden Grundstücke vereinigt, ohne dass die Grundschuld auf das andere Grundstück erstreckt würde. Später folgt eine Verschmelzung der Flurstücke, aus denen das Grundstück BV 3 besteht. An diesem neuen Grundstück BV 3 wird eine Zwangssicherungshypothek unter III/2 für Z zu 75.000 Euro eingetragen. (BV 1)
(BV 2)
BV 3 (aus BV 1 und BV 2 vereinigt)
III/1: 125.000 Euro
./.
III/1: 125.000 Euro lastend nur am vormaligen BV 1 für G III/2: 75.000 Euro „Gesamtrecht“ für Z
Z betreibt die Zwangsversteigerung. Das Gericht setzt den Verkehrswert des Grundstücks BV 3 fest. Nun beantragt G den Beitritt zur Zwangsversteigerung aus III/1.
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Rechtliche Würdigung Der Gläubiger des Rechts, das auf dem früheren selbständigen Grundstück gelastet hat, kann einem Zwangsversteigerungsverfahren beitreten, das das vereinigte neue Grundstück betrifft.20 Der Beitritt betrifft denselben Vollstreckungsgegenstand, wenn er sich auf einen vom Anordnungsbeschluss umfassten Teil bezieht.21 Die unterschiedlich belasteten Grundstücksteile sind dann wie selbständige Grundstücke zu behandeln, §§ 63, 64, 112 sind analog anzuwenden.22 Dies soll sogar gelten, wenn die Flurstücke nicht in der früheren Form fortbestehen, sondern inzwischen eine Verschmelzung erfolgt ist,23 die Identität des Versteigerungsobjekts lässt sich selbst nach Verschmelzung anhand der früheren, inzwischen geröteten Eintragungen nachvollziehen.24 Das Gericht hat dann für die fiktiv fortbestehenden Einzelgrundstücke einen eigenen Verkehrswert festzusetzen und bei der Terminsbestimmung und -veröffentlichung das frühere Grundstück als eigenes Versteigerungsobjekt kenntlich zu machen.25 Werden die Grundstücksteile verschiedenen Erstehern zugeschlagen, wird das Grundstück mit der Rechtskraft des Zuschlags durch Hoheitsakt geteilt.26
18 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, MDR 2006, 622 = NotBZ 2006, 54 = MittBayNot 2006, 227 m. Anm. Morvilius; a.A. Stöber, MittBayNot 2001, 281, 283 (keine Einzelausgebote ohne Mehrheit an Grundstücken). 19 Vereinfacht nach BGH v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, MDR 2006, 622 = NotBZ 2006, 54 = Rpfleger 2006, 150 = MittBayNot 2006, 227 m. Anm. Morvilius. 20 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, MDR 2006, 622 = NotBZ 2006, 54 = Rpfleger 2006, 150 = MittBayNot 2006, 227 m. Anm. Morvilius, auch zum Folgenden. 21 Stöber, MittBayNot 2001, 281, 283; Stöber/Keller, § 27 ZVG Rz. 23. 22 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, NotBZ 2006, 54 = MDR 2006, 622 = Rpfleger 2006, 150; Wendt, Rpfleger 1983, 192, 196; kritisch Dassler u.a./Hintzen, vor § 15 ZVG Rz. 7 f. 23 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, MDR 2006, 622 = NotBZ 2006, 54 = Rpfleger 2006, 150 = MittBayNot 2006, 227 m. Anm. Morvilius. 24 Stöber, MittBayNot 2001, 281, 283. 25 Morvilius, MittBayNot 2006, 229. 26 Dassler u.a./Hintzen, vor § 15 ZVG Rz. 7 f.; Stöber/Keller, ZVG Einleitung Rz. 32; zu den Konsequenzen in der Zwangsversteigerung vgl. Morvilius, MittBayNot 2006, 229.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 15 § 63
b) Beschlagnahmewidrige Verfügungen des Schuldners Ebenso ist das Fortbestehen mehrerer Grundstücke zu fingieren, wenn der Schuldner nach Wirksamwerden der Beschlagnahme das Grundstück mit einem anderen Grundstück vereinigt und der Gläubiger dies nicht genehmigt. Die Grundstücksvereinigung ist nämlich wie die Teilung eine Verfügung über das Grundstück, die nach § 23 relativ (dem Betreibenden gegenüber) unwirksam ist; das Verfahren ist dann so fortzuführen, als wäre die beschlagnahmewidrige Verfügung nicht erfolgt.27
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c) Beschlagnahmewidrige Begründung von Raumeigentum, beschlagnahmewidrige Grundstücksteilung Umgekehrt kann es nötig sein, ein „Einzelausgebot aller Grundstücke“ zu fingieren, obwohl 12 mehrere Grundstücke eingetragen sind. So ist die beschlagnahmewidrige Begründung von Wohnungs- bzw. Teileigentum durch den Eigentümer dem betreibenden Gläubiger gegenüber unwirksam,28 versteigert wird dann das vormalige Grundstück; nach Zuschlag ist das Grundbuchamt um Löschung der WEG-Miteigentumseinheiten und Wiedereintragung des vormaligen Grundstücks zu ersuchen. Analog dazu ist auch die beschlagnahmewidrige Grundstücksteilung ohne Genehmigung des Beschlagnahmegläubigers diesem gegenüber unwirksam, für das geringste Gebot und die Erlösverteilung ist, soweit sein Anspruch zugrunde zu legen ist, vom ungeteilten Grundstück auszugehen. d) Zusammentreffen mehrerer Gläubiger und unterschiedlicher Rechtswirkungen In den vorgenannten Fallgruppen ergeben sich besondere Schwierigkeiten, wenn mehrere Gläubiger das Verfahren betreiben und die Verfügung des Eigentümers nicht allen, aber einzelnen gegenüber wirksam ist:
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Ist in Beispiel 2 aus der Sicht des weiteren betreibenden Gläubigers Z ein „Gesamtausgebot“ der fiktiv fortbestehenden Grundstücke BV 1 und 2 von Amts wegen vorzunehmen, oder muss er dies gesondert beantragen?
Aus seiner Rechtsposition heraus ist das gesamte Grundstück BV 3 als Versteigerungsobjekt zu 14 behandeln, nicht die für den G fingierten vormaligen Grundstücke BV 1 und 2. Insoweit er der Bestbetreibende ist (nämlich für die vormals unter BV 2 eingetragenen Flurstücke), ist das aus seiner Sicht bestehende Rechts- und Rangverhältnis für das geringste Gebot und die sonstigen Versteigerungsbedingungen zugrunde zu legen. Es gibt dann keinen Grund, dass sich die Fiktion des Fortbestehens der früheren Grundstücke auf sämtliche Objekte erstrecken muss.29 Vielmehr erscheint es sachgerecht, von Amts wegen neben dem Einzelausgebot des früheren Grundstücks BV 1 auch ein (faktisch Gesamt-) Ausgebot des aktuellen Grundstücks BV 3 zuzulassen.30 Ähnliche Komplikationen können auftreten, wenn eine beschlagnahmewidrige Verfügung des Schuldners nur einzelnen von mehreren betreibenden Gläubigern gegenüber unwirksam ist.
27 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, MDR 2014, 1230 = WM 2014, 1584; Böttcher, § 23 ZVG Rz. 10; Stöber/Keller, § 23 ZVG Rz. 6. 28 BGH v. 29.3.2011 – V ZB 103/11, MietRB 2012, 201 = ZMR 2012, 638 = ZfIR 2012, 441; AG Würzburg v. 21.6.1988 – 2 K 128/87, Rpfleger 1989, 117; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 10; Eickmann, EWiR 1987, 627 (628); a.A. LG Essen v. 29.3.1988 – 7 T 97/88, Rpfleger 1989, 116 m. abl. Anm. Meyer-Stolte. 29 So aber Morvilius, MittBayNot 2006, 229. 30 So auch Dassler u.a./Hintzen, vor § 15 ZVG Rz. 8.
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§ 63 Rz. 16 Ausgebot mehrerer Grundstücke
C. Definitionen I. Gemeinsame Versteigerung 1. Voraussetzung: Verfahrensverbindung 16
Eine gemeinsame Versteigerung mehrerer Grundstücke setzt eine Verfahrensverbindung nach § 18 voraus.31 Diese steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.32 Die Verweigerung der Verfahrensverbindung kann pflichtwidrig sein und damit einen Zuschlagsversagungsgrund begründen.33 Gleiches gilt für eine pflichtwidrige, weil ermessensfehlerhafte Verfahrensentbindung,34 etwa in Reaktion auf eine Vielzahl beantragter Gruppenausgebote.35 Eine Aufhebung der Verfahrensverbindung kommt aber außer bei Unzulässigkeit oder Unzweckmäßigkeit auch in Frage, wenn der Antrag auf Verfahrensverbindung selbst missbräuchlich gestellt war.36 2. Gemeinsame Versteigerung ohne Verfahrensverbindung?
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Die zeitgleiche Versteigerung von Grundstücken in nicht nach § 18 verbundenen Verfahren ist umstritten. Beispiel 3 Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Interesse haben, Eigentumswohnung und gesondert gebuchten Tiefgaragenstellplatz gemeinsam zu versteigern. Die zu vollstreckende Hausgeldforderung lastet jeweils nur am betreffenden Miteigentumsanteil; ein Betreiben aus der daneben bestehenden persönlichen Forderung scheitert, wenn über das Vermögen des Eigentümers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Rechtliche Würdigung Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 18 kommt dann eine Verfahrensverbindung nicht in Frage. Gleichwohl kann hier ein gesteigertes Interesse sowohl der Beteiligten als auch der Bieter an einer gemeinsamen Versteigerung bestehen. Eine Eigentumswohnung ohne Tiefgaragenstellplatz ist mancherorts unverkäuflich. Wird zuerst der Tiefgaragenstellplatz versteigert, ist die danach zu versteigernde Eigentumswohnung entweder nur für den Ersteher des Tiefgaragenstellplatzes oder (falls der gar nicht am Erwerb einer Eigentumswohnung interessiert war) für niemanden mehr attraktiv. Aber auch bei einer Versteigerung in umgekehrter Reihenfolge droht Zurückhaltung der Bieter hinsichtlich der Eigentumswohnung, da sie nicht gewiss sein können, auch den zwingend mit benötigten Tiefgaragenstellplatz hinzu zu erwerben. Hier kann eine parallel laufende Bietzeit den Bietmarkt beleben, da jeder Bieter den Gleichlauf der Meistgebote zu beeinflussen vermag. 18
Die gerichtliche Praxis behilft sich in solchen Fällen mit der gleichzeitigen oder zeitlich versetzten Zwangsversteigerung mehrerer Objekte, sodass die Bietzeiten zusammenfallen oder sich doch eine Zeitlang überschneiden. Dies begründet nicht ohne Weiteres einen Zuschlags-
31 BGH v. 15.5.1986 – IX ARZ 3/86, Rpfleger 1987, 29 = WM 1986, 897; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 1. 32 BGH v. 4.7.1991 – IX ARZ 7/91; v. 15.5.1986 – IX ARZ 4/86, WM 1986, 897; BayObLG v. 22.12.1994 – 1 Z AR 81/94. 33 LG Bonn v. 10.6.2013 – 6 T 111/13 und 6 T 116/13 (juris); Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 18. 34 OLG Hamm v. 30.7.1987 – 15 W 283/87, Rpfleger 1987, 467 m. Anm. Muth. 35 Dies empfehlen aber Eickmann/Böttcher, § 23 II.2, für den Fall des Auftretens von Versteigerungsverhinderern – richtiger wäre, deren Antrag wegen Rechtsmissbrauchs zurückzuweisen, vgl. Rz. 69. 36 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 1.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 22 § 63
versagungsgrund, verstößt nicht zwangsläufig gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens.37 Gleichwohl begegnet diese Praxis heftiger Kritik: Die Terminsgestaltung werde intransparent, dem Schuldner stehe anders als bei § 18 kein Rechtsmittel gegen die gemeinsame Versteigerung zur Seite.38 § 18 komme eine Ordnungsfunktion zu, erst auf diesem Wege sei – flankiert von verschiedenen Prozessgrundsätzen – eine ausreichende Rechtssicherheit bei ausgewogener Wahrung der Schuldner- und Gläubigerinteressen gewährleistet.39 Ein weiteres Problem bestehe in der 30-minütigen Bietzeit je Verfahren, in der – ohne dass dies durch eine gemeinsame Versteigerung im Sinne des § 63 gerechtfertigt wäre – das Gericht hier keinem Verfahren die ungeteilte und ständige Aufmerksamkeit zuwenden könne.40 Dem hält die Rechtsprechung entgegen, dass sich die Bietzeit nicht zu verlängern braucht, wenn im Moment der Abgabe eines Gebots in dem einen Verfahren in dem/den anderen Verfahren nichts passiert; eine Verlängerung ist zu erwägen, wenn der geordnete Ablauf des Verfahrens gefährdet ist, etwa bei gleichzeitiger Abgabe von Geboten in verschiedenen Verfahren; dann soll das Gericht ggf. in einzelnen von den mehreren Verfahren die Bietzeit unterbrechen und die Verfahren nacheinander durchführen.41
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Die Bedenken in der Literatur sind gewichtig, im Hinblick auf die mögliche Verwirrung der Beteiligten und Bietinteressenten und eine dadurch drohende Nichtgewähr eines fairen Verfahrens sollten die Gerichte mit dem gleichzeitigen oder zeitlich versetzten Terminieren daher äußerst zurückhaltend sein. Dennoch ist das gerichtliche Ermessen hinsichtlich der Verfahrensgestaltung insoweit nicht auf null reduziert.42 Eine getrennte Versteigerung von wirtschaftlich zusammenhängenden Objekten beeinträchtigt oder gefährdet gar den Versteigerungserfolg.43 Ob eine Verfahrensverbindung möglich ist, kann von Zufällen abhängen, wie Beispiel 3 zeigt. Eine parallele Bietzeit kann in solchen Ausnahmefällen sachgerecht sein, wenn der Ausgang des einen Verfahrens maßgeblich für das Bietinteresse im anderen Verfahren ist oder überhaupt nur durch gemeinsames Ausbieten ein Gebot zu erhoffen ist.44
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Im Fall der gleichzeitigen Durchführung verschiedener Verfahren sind freilich §§ 63, 64 nicht anwendbar.
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II. Einzelausgebot als Regelfall Die Versteigerung mehrerer Grundstücke, wie sie § 18 in die Wege leitet, kann durch Einzelausbietung der mehreren Grundstücke durchgeführt werden: Jedes Objekt wird gesondert ausgeboten, für jedes wird ein gesondertes geringstes Gebot nebst gesonderten Versteigerungsbedingungen festgesetzt. Die Verbindung der Verfahren bewirkt dann nur eine gewisse formale Einheit, die im Wesentlichen der Kostenminimierung dient und abweichend von parallel 37 BGH v. 18.9.2008 – V ZB 18/08, NJW 2008 = Rpfleger 2009, 95; v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = Rpfleger 2007, 410; OLG Düsseldorf v. 12.4.1989 – 3 W 63/89, MDR 1989, 746; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 18. 38 Stöber, 21. Aufl., § 66 ZVG Rz. 10.2. 39 Hasselblatt/Wojtkowiak, NJW 2007, 2998. 40 LG Hildesheim v. 30.4.1986 – 5 T 247/86; Böttcher, § 66 ZVG Rz. 10; Keller, ZfIR 2007, 729, 730; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 311, 312. 41 BGH v. 18.9.2008 – V ZB 18/08, MDR 2009, 109 = NJW 2008 = Rpfleger 2009, 95. 42 A.A. Hasselblatt/Wojtkowiak, NJW 2007, 2998, 2999 (kein oder kaum Raum im ZVG-Verfahren für Ermessensausübung). 43 Büchmann, ZIP 1988, 825, 826; Nußbaum, § 33 III. 44 BGH v. 4.12.1986 – IX ZR 47/86, MDR 1987, 403 = Meyer-Stolte, Rpfleger 1987, 169; LG Hildesheim v. 30.4.1986 – 5 T 247/86 (juris); Büchmann, ZIP 1988, 825, 826; Hagemann, Rpfleger 1984, 256, 258; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 311, 312; ähnlich LG Osnabrück v. 14.7.1987 – 8 T 50/87, Rpfleger 1987, 471; Böttcher, § 66 ZVG Rz. 11.
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§ 63 Rz. 22 Ausgebot mehrerer Grundstücke laufenden Einzelverfahren lediglich im Fall des Vorliegens von Gesamtrechten in §§ 64 und 122 Sonderregeln ermöglicht.45 23
In Abs. 1 S. 1 werden Einzelausgebote zum gesetzlichen Regelfall erklärt. Soll auf Einzelausgebote verzichtet werden, bedarf es der Zustimmung derjenigen Beteiligten, die mit ihrem Recht nicht ins geringste Gebot fallen (dazu Rz. 77).
III. Gesamtausgebot, Gruppenausgebote 1. Begriffsbestimmungen 24
Das Gesetz gewährt die Möglichkeit, sämtliche (Gesamtausgebot, Abs. 2 S. 1) oder mehrere (Gruppenausgebot, Abs. 2 S. 2 und 3) Versteigerungsobjekte desselben (nach § 18 verbundenen) Verfahrens gemeinsam auszubieten. Dies setzt in der Regel einen Antrag voraus (dazu Rz. 60 ff.), sofern nicht ausnahmsweise gemäß Abs. 1 S. 2 ein gemeinsames Ausgebot von Amts wegen erfolgt (dazu Rz. 49 ff.). 2. Gemeinsame Ausbietung als abweichende Versteigerungsbedingung
25
Beim Gruppen- bzw. Gesamtausgebot handelt es sich um eine abweichende Versteigerungsbedingung.46 Im Vergleich zu § 59 gelten aber andere, meist erleichterte Regeln: Ein Nebeneinander von gesetzlicher (Einzelausgebote) und abweichender (Gesamt- bzw. Gruppenausgebote) Ausbietung bedarf nicht der Zustimmung eines anderen Beteiligten, sogar wenn dieser beeinträchtigt ist,47 sondern ist selbst gegen den ausdrücklichen Widerspruch von Beteiligten möglich.48 Für den Verzicht auf Einzelausgebote wird auf die Anwesenheit abgestellt, Abs. 4. Der Zuschlag wird grundsätzlich auf das Einzelausgebot (als die gesetzliche Versteigerungsbedingung) erteilt, wenn nicht sowohl ein besseres Gesamtergebnis durch die abweichende Versteigerungsbedingung (Gesamt- oder Gruppenausgebot) erreicht wird, Abs. 3 S. 2, als auch keiner der nicht im geringsten Gebot berücksichtigten Berechtigten schlechter gestellt ist als beim abgegebenen Einzelausgebot, analog Abs. 3 S. 1, wenn weiter nicht der Anspruch des betreibenden Gläubigers bereits durch ein Einzelausgebot gedeckt ist (§ 76) und wenn schließlich auch kein Zuschlagsversagungsgrund den Zuschlag auf das Gesamtausgebot verhindert. 3. Gesamtausgebot
26
Das Gesamtausgebot sämtlicher Grundstücke ist der in der Praxis am häufigsten vorkommende Fall gemeinsamer Versteigerung mehrerer Objekte. Um ein Gesamtausgebot handelt es sich auch, wenn die mehreren Bruchteile an einem Grundstück gemeinsam ausgeboten werden, vom Meistbietenden also ggf. das Eigentum am ganzen Grundstück statt nur an Bruchteilen daran erworben werden kann. Zumeist dient die Verfahrensverbindung im Wesentlichen dem Zweck, ein Gesamtausgebot zu ermöglichen.49
45 46 47 48
Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 341. Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 49. Storz/Kiderlen, ZV, D 2.6.2.2 und TH D 2.6.3.1. LG Duisburg v. 31.7.2007 – 11 T 46/07 (juris), nachgehend BVerfG v. 30.1.2008 – 2 BvR 2300/07, NJW 2008, 2243. 49 BGH v. 14.7.1986 – IX ARZ 7/86, WM 1986, 1421; v. 15.5.1986 – IX ARZ 3/86, Rpfleger 1987, 29; BayObLG v. 29.4.1998 – 1Z AR 20/98, Rpfleger 1998, 438; Storz/Kiderlen, ZV, C 1.3.3.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 30 § 63
4. Gruppenausgebote Bei Gruppenausgeboten werden mehrere, aber nicht sämtliche Grundstücke, die im selben Verfahren versteigert werden, gemeinsam ausgeboten. Je nach Anzahl der zu versteigernden Grundstücke sind sehr viele verschiedene Ausgebote denkbar. Wenn die Zahl der zu versteigernden Grundstücke n beträgt, so beträgt die Summe aller Ausgebotsmöglichkeiten, einschließlich der Gebote für jedes einzelne Grundstück 2n – 1.50 Das heißt, bei 4 Grundstücken gibt es 24 – 1 = 15 Möglichkeiten; gehören die 4 Grundstücke je zwei Eigentümern zu je 1/2 gibt es 8 Versteigerungsobjekte, also 28 – 1 = 255 Möglichkeiten unterschiedlicher Einzel-, Gruppen- und Gesamtausgebote. Die Feststellung sämtlicher denkbaren geringsten Gebote und ihre Vorbereitung vor dem Termin scheitern hier schnell an den Grenzen menschlicher Arbeitskraft.51
27
Daher stellt das Gesetz, statt beliebige Gruppenausgebote zuzulassen, auf eine engere Zusam- 28 mengehörigkeit der Grundstücke ab: Eine Zusammenfassung in einem Gruppenausgebot hat auf Antrag (ohne dass ein Ermessen verbliebe) zu erfolgen, soweit die betreffenden Grundstücke mit ein und demselben Recht belastet sind; fehlt es daran, kann das Gericht gleichwohl dem Antrag auf ein Gruppenausgebot entsprechen.52 Das Gruppenausgebot ist im Verhältnis zum Einzelausgebot wie ein Gesamtausgebot, im Verhältnis zum Gesamtausgebot aber wie ein Einzelausgebot zu betrachten.53
IV. Verzicht auf Einzelausgebote 1. Einzelversteigerungsgrundsatz Auch im Falle beantragter Gesamt- oder Gruppenausgebote gilt der Einzelversteigerungsgrundsatz von Abs. 1 Satz 1 weiter, die einzelnen Ausgebotsarten stehen also nebeneinander. Nur ausnahmsweise können Einzelausgebote unterbleiben. Für den Verzicht auf Einzelausgebote setzt die Norm eine ausdrückliche Erklärung voraus. Der Verzicht auf Einzelausgebote darf nicht von Amts wegen erfolgen, auch nicht in Fällen des Abs. 1 Satz 2, siehe Rz. 77.
29
2. Normzweck a) Möglichkeit Abs. 4 ermöglicht, nur die für zweckmäßig gehaltenen Ausgebotsarten durchzuführen, statt alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Die Norm dient der Vereinfachung des Verfahrens: Es brauchen nur diejenigen anwesenden Beteiligten zuzustimmen, deren Anspruch nicht im geringsten Gebot berücksichtigt ist; liegt ihr Einverständnis vor, darf man davon ausgehen, dass nur vom Gesamtausgebot ein angemessenes Versteigerungsergebnis zu erwarten ist.54
50 51 52 53
Lotze, Gruchot Jg. 36, 260, 274; Muth, Rpfleger 1990, 502. Lotze, Gruchot Jg. 36, 260, 274. Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 338; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 5. RG v. 19.10.1907 – Rep. V. 44/07, RGZ 66, 391; OLG Koblenz v. 12.11.1962 – 5 W 229/62, Rpfleger 1963, 53; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 5; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 19 und 24. 54 Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 3.
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§ 63 Rz. 31 Ausgebot mehrerer Grundstücke b) Begrenzung durch Zustimmungserfordernis aa) Schutz der Bieterkonkurrenz 31
Dieses Recht wird aber durch das strenge Zustimmungserfordernis begrenzt. Dies bezweckt zum einen, eine Beeinträchtigung des Bieterwettbewerbs gegen den Willen der Anwesenden, denen ein Ausfall droht, zu verhindern: Im Fall des Verzichts auf Einzelausgebote werden jene Bietinteressenten ausgeschlossen, die nur am Erwerb eines einzelnen Grundstücks interessiert sind; die Bieterkonkurrenz könnte geschmälert und dadurch das Versteigerungsergebnis verschlechtert werden. Ein maximales Bietinteresse ist regelmäßig nur unter Beibehaltung auch der Einzelausgebote zu erwarten.55 bb) Schutz von Beteiligten
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Ein weiterer Zweck der Notwendigkeit der Zustimmung dürfte in den Gefahren zu suchen sein, die den Beteiligten im Einzelfall drohen: Beispiel 4 Gemeinsam versteigert werden zwei Grundstücke, eines gehört A, eines B, im Wert von je 100.000 Euro. An dem Grundstück des A bleibt eine Belastung im Wert von 90.000 Euro bestehen, im Mindestbargebot sind insg. 10.000 Euro zu berücksichtigen. Ersteigert hier jemand zum geringsten Gebot im Wert von 100.000 Euro, verliert auch der B sein Grundstück, ohne dass den an seinem Grundstück dinglich Berechtigten ein Gegenwert zufließt und ohne dass er diesen gegenüber von seiner Schuld befreit würde.
Rechtliche Würdigung 33
Den Berechtigten am (in Relation zum Grundstückswert) niedriger belasteten Grundstück kann durchaus daran gelegen sein, dass nicht auf Einzelausgebote verzichtet wird, sondern dass möglichst auf ihr Haftungsobjekt wertentsprechende, höhere Gebote abgegeben werden, sodass ihnen selbst bei Zuschlag auf das Gesamtausgebot der Ausgleichsbetrag nach § 112 Abs. 3 zufließt. cc) Kritik
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Bedenklich ist, dass das Gesetz auf die Anwesenheit der Beteiligten abstellt, statt alle (eventuell) Beeinträchtigten zu schützen. Realberechtigte können durch das Ausbleiben im Termin einen Nachteil erleiden, weil ein ihnen vorteilhaftes Einzelausgebot verhindert werden kann; dies ist systemwidrig.56 Der Gesetzgeber hielt dies für unbedenklich, da bei Verzicht der Anwesenden davon ausgegangen werden dürfe, dass nur von dem Gesamtausgebot ein angemessenes Ergebnis zu erwarten sei.57 3. (Kein) Sonderfall: Bruchteilseigentum a) Rechtslage
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Bruchteile eines Grundstücks sind in der Zwangsversteigerung wie Grundstücke zu behandeln, § 864 Abs. 2 ZPO. Sie sind daher grds. einzeln auszubieten.58 Für den Verzicht auf Einzelausgebote bedarf es auch hier der Zustimmung aller Anwesenden i.S.d. Abs. 4.59 Nicht vom
55 56 57 58
BGH v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98. Nußbaum, § 31 III. Denkschrift, S. 50. OLG Saarbrücken v. 26.8.1991 – 5 W 124/91, Rpfleger 1992, 123; LG Aurich v. 26.2.1980 – 3 T 16/80, Rpfleger 1980, 306; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 7; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 3. 59 OLG Saarbrücken v. 26.8.1991 – 5 W 124/91, Rpfleger 1992, 123 m. Anm. Hintzen.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 38 § 63
Gesetz gedeckt und damit nicht vertretbar ist die Gegenauffassung, wonach aus Zweckmäßigkeitsgründen von Einzelausgeboten abgesehen werden könne und ein Gläubiger, der ein Recht am ganzen Grundstück innehat, deswegen gegen seinen Willen die Versteigerung von Bruchteilen daran nicht dulden müsse.60 b) Kritik aa) Bieterperspektive Dennoch ist zuzugeben, dass ein Interesse an Bruchteilen an einem Grundstück von seriösen 36 Bietern so gut wie gar nicht besteht.61 Für die Bietinteressenten steht das Grundstück im Fokus, nicht die aktuellen Eigentumsverhältnisse daran.62 Dies leugnet der BGH, wenn er die ausbleibende Nachfrage nach einem halben Bruchteil damit erklärt, dass nach dem ausschließlichen Gesamtausgebot im ersten Termin Interessenten auch für den Folgetermin damit gerechnet hätten, dass das Grundstück als Ganzes versteigert werde, und sie sich erst auf die neue Lage würden einstellen müssen.63 Das mangelnde Interesse kommt nicht daher, dass man von der Versteigerung des Bruchteils überrascht wurde, denn diese Konsequenz des Einzelversteigerungsgrundsatzes war zu kalkulieren. bb) Alternative: Wahlrecht des Gläubigers Auch der Grundpfandgläubiger hat bei der Beleihung das Grundstück selbst als Sicherheit vor Augen, nicht das Bruchteilseigentum seiner dinglichen Schuldner. Früher wurde daher vertreten, aus § 864 Abs. 2 ZPO ergebe sich, dass der betreibende Gläubiger, dessen Grundpfandrecht auf dem gesamten Grundstück ruht, die Zwangsvollstreckung genauso gut in das Grundstück als solches wie in die Summe der Bruchteile betreiben könne, sein Antrag sei im Zweifel im ersteren Sinne zu deuten, denn durch das Einzelausgebot der ideellen Anteile würde eine ganz zwecklose Verwickelung des ganzen Verfahrens eintreten.64
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cc) Förmelei mit erheblichem Missbrauchspotential? Dass man bei Bruchteilseigentum gleichwohl am Einzelversteigerungsgrundsatz festhält, wird 38 in der Literatur als inhaltlose und dem Bieter unverständliche Förmelei gebrandmarkt.65 Aus unzähligen Entscheidungen lässt sich ablesen, wie oft im Versteigerungstermin die Notwendigkeit des Verzichts (auch des Schuldners) auf Einzelausgebote übersehen wird.66 Die Rechtslage wird von Versteigerungsverhinderern missbraucht, um das Verfahren in die Länge zu ziehen und Verwirrung zu stiften.67 Über Einzel- und Gesamtausgebote wird der Weg für weitere Manipulationen eröffnet.68 Hier wird eine Schwachstelle des Gesetzes ausgenutzt.69
60 So aber LG Kiel v. 2.11.1977 – 13 T 232/77, SchlHA 1978, 218; dagegen Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 3. 61 Vgl. etwa Ertle, ZfIR 2014, 259, 260. 62 OLG Stuttgart v. 4.10.1991 – 2 U 157/91; Hintzen, Rpfleger 1992, 124. 63 BGH v. 16.7.2009 – V ZB 45/09 und V ZB 46/09 (juris). 64 Nußbaum, § 33 I. 65 Dassler/Schiffhauer, 12. Aufl., § 63 ZVG Rz. 7. 66 Vgl. allein in den letzten Jahren etwa BVerfG v. 26.9.2012 – 2 BvR 938/12, ZfIR 2012, 881 m. Anm. Ertle/Strauß; BGH v. 2.2.2012 – V ZB 6/11, ZfIR 2012, 252 (Ls.); v. 22.1.2009 – V ZB 91/08 (juris); v. 30.8.2008 – V ZB 41/08, Rpfleger 2009, 98; LG Bielefeld v. 6.6.2012 – 23 T 258/10 (juris). 67 Ertle, ZfIR 2014, 259. 68 Vgl. Sachverhalt bei AG Dortmund v. 27.4.1993 – 147 K 190/92, Rpfleger 1994, 119. 69 OLG Stuttgart v. 4.10.1991 – 2 U 157/91, Rpfleger 1992, 124; Hintzen, Rpfleger 1992, 124.
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§ 63 Rz. 39 Ausgebot mehrerer Grundstücke dd) Legitimes taktisches Instrument 39
Es sind aber Fälle denkbar, bei denen ein bestmöglicher Versteigerungserlös nur unter Beibehaltung auch des Einzelausgebots zu erwarten ist.70 Beispiel 571 Versteigert werden die 1/2 Bruchteile von M und F, Wert des Gesamtobjekts 460.000 Euro. Betrieben wird aus III/1 zu 180.000 Euro wegen einer Teilforderung von 100.000 Euro. X hat auf das Gesamtausgebot nur 353.000 Euro geboten. S (Sohn von M und F) bietet auf den 1/2 Anteil des M 360.000 Euro. Es erfolgen keine weiteren Gebote. S erhält den Zuschlag. S und F verkaufen das Gesamtobjekt freihändig für 380.000 Euro, davon finanziert S sein Meistgebot. Das Einzelausgebot brachte hier aus Sicht der Schuldnerfamilie mehrere Vorteile: – Sicherheitsleistung nur 23.000 Euro statt 46.000 Euro. – Einstellung hinsichtlich des Anteils der F nach § 76, da der Anspruch des Gläubigers durch das Meistgebot auf den Anteil des M gedeckt war – besseres Versteigerungsergebnis
Rechtliche Würdigung 40
Es ist auch bei Bruchteilseigentum nicht schlechthin auszuschließen, durch Einzelausgebote einen höheren Erlös zu erzielen.72 Einzelausgebote können ein legitimes taktisches Instrument sein, im Einzelfall das Versteigerungsergebnis im Wege des Einzelausgebots zu verbessern.73 Einem Abrücken vom Einzelversteigerungsgrundsatz bei Bruchteilseigentum ohne Verzicht nach Abs. 4 sollte also nicht das Wort geredet werden.
D. Gerichtliches Verfahren vor dem Termin I. Verkehrswert 1. Einzelwerte für jedes Objekt 41
Der Verkehrswert ist für jedes einzelne Grundstück bzw. grundstücksgleiche Recht gesondert festzusetzen.74 Bei der Wertermittlung für mehrere Grundstücke hat der Sachverständige daher nicht nur den Gesamtwert, sondern auch die Einzelwerte jedes Grundstücks im Rechtssinne auszuweisen; das setzt nicht zwingend eine gesonderte kalkulatorische Bewertung der Grundstücke voraus, wenn es möglich ist, aus dem Gesamtwert die Einzelwerte abzuleiten; bilden mehrere Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit, sind auch die Werte der Grundstücke der wirtschaftlichen Einheit neben dem Einzelwert der Grundstücke zusammenzufassen.75
70 LG Karlsruhe v. 18.9.2012 – 11 T 199/12, aufgehoben durch BGH v. 10.10.2013 – V ZB 181/12, Rpfleger 2014, 95 = ZfIR 2014, 259 m. Anm. Ertle. 71 Nach Alff, RpflStud 2004, 33, 35. 72 LG Ellwangen v. 7.1.2003 – 2 T 21/02, hier zitiert nach Alff, RpflStud 2004, 33, 35. 73 Alff, RpflStud 2004, 33, 35 f. 74 H/B/C/S, § 10 Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 36; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 69. 75 Stumpe/Tillmann, B.XI.4.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 44 § 63
2. Gesamtwert vs. Summe der Einzelwerte a) Das Gesamte ist mehr als die Summe der Einzelteile Bei Grundstücksbruchteilen von gleichem Wert (wie etwa Miteigentum zu je 1/2) soll sich der Wertanteil des Bruchteils aus dem rechnerischen Anteil am Gesamtwert ergeben, sodass eine Wertfestsetzung für das gesamte Grundstück genügt.76 Hier stellt sich das Problem, dass der Wert eines halben Anteils – allein erworben – nicht automatisch 50 % des Gesamtwerts des Objekts entspricht (für einen halben Bruchteil gibt es keinen Markt).77 Ähnliche Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn mehrere zu versteigernde Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit bilden und bei Erwerb nur eines einzelnen Grundstücks aus dem Verband dieses (z.B. wegen bestehender Überbauungen durch die anderen Grundstücke oder wegen fehlender Wegerechte) einen weit geringeren Wert hätte, als der rechnerische Anteil am Gesamtkomplex ausmacht.78 In diesem Fall kann der ermittelte Wert der gesamten wirtschaftlichen Einheit deutlich abweichen von den Einzelverkehrswerten der Grundstücke, wie sie sich darstellen, wenn nur ein einzelnes Grundstück aus dem Verband erworben wird.
42
b) Lösungsmöglichkeiten Denkbar sind hier drei Lösungsansätze: – Das Gericht setzt hier die Einzelwerte fest und lässt unberücksichtigt, dass bei Erwerb sämtlicher Grundstücke ein wertvollerer Grundbesitz erworben wird, als die Summe der Einzelwerte ausweist. – Das Gericht setzt die Werte gesondert so fest, dass die Summe der Einzelwerte nicht dem daneben festgesetzten Gesamtwert entspricht. – Das Gericht löst sich von den ermittelten Einzelwerten und setzt sie proportional höher an, sodass die Summe der Einzelwerte den Verkehrswert der wirtschaftlichen Einheit im Gesamtausgebot darstellt.
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c) Einzelwerte aus dem Gesamtwert ableiten Die letzte Lösung erscheint vorzugswürdig, weil so am ehesten der marktgerechte Wert des zu versteigernden Grundbesitzes zugrunde gelegt wird. Während Ansatz 1 den tatsächlichen Wert des Grundbesitzes ignoriert, wird mit Ansatz 2 Tür und Tor dafür geöffnet, dass aus taktischen Gründen die Grundstücke (oder Bruchteile) im Einzelausgebot und damit billiger erworben werden können, obwohl man am Ende den wertvolleren Gesamtbesitz in Händen hat; weitere Probleme ergeben sich aus den unterschiedlichen Wertgrenzen nach §§ 74a und 85a, u.U. auch bei Berücksichtigung eines Hausgeldanspruchs. Für die dritte Lösung spricht, dass § 194 BauGB auf den Wert „im gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ „ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse“ abstellt. Gewöhnlich werden wirtschaftliche Einheiten und mehreren Bruchteilseigentümern gehörende Objekte insgesamt und nicht stückweise veräußert.
76 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 30; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 69; vgl. auch BGH v. 23.5.2015 – IV ZR 138/14, MDR 2015, 775 = NJW 2015, 2336. 77 FG München v. 25.2.2015 – 4 K 3683/12, EFG 2015, 1067; H/B/C/S, § 10 Rz. 10. 78 So etwa bei OLG Köln v. 9.2.1995 – 7 U 153/94, OLGR Köln 1995, 197 = Rpfleger 1996, 77.
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§ 63 Rz. 45 Ausgebot mehrerer Grundstücke 3. Gesonderte Festsetzung von Gesamtwerten? 45
Vertreten wird, dass auch für jedes Gesamt- und Gruppenausgebot ein gesonderter Wert festzusetzen sei, wobei die Festsetzung auch erst im Versteigerungstermin möglich sein soll.79 Nach der hier vertretenen Ansicht ergibt sich der Gesamtwert wie auch der Wert jeder Gruppe bereits rechnerisch aus der Summe der festgesetzten Einzelwerte, sodass eine ausdrückliche Wertfestsetzung mindestens überflüssig ist.
II. Terminsbestimmung 46
In der Terminsbestimmung sind die Grundstücke einzeln zu beschreiben.80 Sie sind so zu bezeichnen, dass jedes von ihnen als Einzelgegenstand der Zwangsversteigerung erkennbar ist.81 Wird Bruchteilseigentum versteigert, bedarf es also einer ausdrücklichen Bezeichnung in der Terminsbestimmung (etwa: „beide 1/2 Anteile am Grundstück …“).82 Die Verkehrswerte der Objekte sind als je getrennte Werte zu veröffentlichen.83 Entspricht der Gesamtwert nicht der Summe der Einzelwerte (kritisch dazu vorstehend Rz. 42 ff.), ist er gesondert zu veröffentlichen.84
47
Eine Verfahrensverbindung kann auch erst nach der Terminsbestimmung erfolgen,85 es wird also als unschädlich angesehen, dass dann die Möglichkeit zum gemeinsamen Erwerb mehrerer Grundstücke nicht aus der Terminsveröffentlichung erkennbar ist; die Versteigerungsbedingungen (zu denen auch ein Gesamtausgebot gehört) werden ja erst im Versteigerungstermin festgestellt, § 66 Abs. 1.
48
Ändert sich nach der Terminsbestimmung der Grundstücksbestand durch (vom betreibenden Gläubiger genehmigte) Vereinigung oder Bestandteilszuschreibung, dann muss der Versteigerungstermin aufgehoben und der Wert des neuen Objekts gesondert festgesetzt werden.86 Wird das Verfahren bezüglich einzelner Grundstücke nach der Terminsbestimmung eingestellt oder aufgehoben, kann die Versteigerung gleichwohl für die verbliebenen Objekte durchgeführt werden.87
79 Dassler u.a./Hintzen, § 74a Rz. 36 unter Verweis auf OLG Hamm v. 14.7.1958 – 15 W 311/58, Rpfleger 1959, 57. 80 Korintenberg/Wenz, 6. Aufl., §§ 37, 38, Kap. II.1. 81 Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 14. 82 Stöber/Gojowczyk, § 37 ZVG Rz. 15. 83 Böttcher, §§ 37, 38 ZVG Rz. 3, Löhnig/Huber, § 38 ZVG Rz. 5; Stöber/Gojowczyk, § 38 ZVG Rz. 6. 84 Hk-ZV/Stumpe, § 38 ZVG Rz. 6. 85 Dassler u.a./Hintzen, § 18 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 18 ZVG Rz. 12; a.A. Schneider/Traub, § 18 ZVG Rz. 12. 86 Stöber, Hdb. Rz. 141a; a.A. LG Bielefeld v. 26.9.2013 – 23 T 591/13 (juris), aufgehoben durch BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, MDR 2014, 1230 = WM 2014, 1584. 87 Böttcher, §§ 37, 38 ZVG Rz. 28; Stöber, 21. Aufl., § 37 ZVG Rz. 2.8.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 52 § 63
E. Gerichtliches Verfahren im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten I. Verlangen nach Gesamtausgebot, Verlangen oder Antrag auf Gruppenausgebot 1. Ausnahmsweise Gruppen- oder Gesamtausgebot von Amts wegen, Abs. 1 S. 2 a) Zweck Grundsätzlich erfolgen Gesamt- und Gruppenausgebote nur auf Antrag. Seit der 1998 in Kraft getretenen Neuregelung ist ein Gesamtausgebot von Amts wegen zulässig, wenn die zu versteigernden Grundstücke „mit einheitlichem Bauwerk überbaut“ sind. Ziel des Gesetzgebers war eine Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens.88
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b) Kritik aa) Einheitliches Bauwerk vs. wirtschaftliche Einheit Ihrem erklärten Zweck wird die Norm nur unzureichend gerecht. Zum einen besteht das Bedürfnis nach einem Gesamtausgebot nicht nur in jenen Fällen, in denen sich auf den zu versteigernden Grundstücken ein Bauwerk befindet.
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Man denke etwa an ein Hotel nebst zugehöriger Parkfläche, bei dem sich das Hotelgebäude auf dem einen und die Parkplätze auf dem anderen Grundstück befinden.
Besser wäre gewesen, das Gesetz würde am Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit anknüpfen. Bei wirtschaftlichen Einheiten sind Einzelausgebote nicht sinnvoll.89 bb) Kein amtswegiger Verzicht auf Einzelausgebote Zum anderen muss das Gericht trotzdem auch die Einzelausgebote vorbereiten und, sofern nicht alle betreffenden Anwesenden verzichten, im Termin feststellen. Dann ist das Verfahren weder einfacher noch schneller als früher. Aus diesem Grunde erheben sich vereinzelt Stimmen für einen amtswegigen Verzicht auf Einzelausgebote.90 Dagegen spricht indes schon der Gesetzeswortlaut, wonach diese Grundstücke „auch“ gemeinsam ausgeboten werden können.91 Weiter widerspräche ein automatischer Verzicht auf Einzelausgebote dem Normzweck der Optimierung der Bieterkonkurrenz, vgl. Rz. 1. Schließlich steht entgegen, dass durch den Verzicht auf Einzelausgebote die Rechtsposition von dinglich Berechtigten geschwächt werden könnte, vgl. Rz. 32, ohne dass diesen dann eine Abwehrmöglichkeit bliebe.
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Darum muss es dabei bleiben, dass auf Einzelausgebote nur mit dem erklärten Willen der in Abs. 4 genannten Beteiligten verzichtet werden kann. Das von Amts wegen vorgenommene Gesamtausgebot verdrängt das Einzelausgebot nicht.92
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88 Hintzen, Rpfleger 1998, 148, 149; Hornung, NJW 1999, 460, 463. 89 Fisch, Rpfleger 2002, 637; LG Bonn v. 10.6.2013 – 6 T 111/13 und 116/13 (juris), wonach bei wirtschaftlicher Einheit Einzelausgebote sogar unmöglich sein sollen. 90 LG Wiesbaden v. 14.2.2008 – 4 T 589/07 (juris), aufgehoben durch BGH v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98; LG Braunschweig v. 10.5.2006 – 4 T 349/06, NotBZ 2006, 328, aufgehoben durch BGH v. 21.9.2006 – V ZB 76/06, NotBZ 2006, 427 = MDR 2007, 297; Fisch, Rpfleger 2002, 637. 91 BGH v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98; LG Aurich v. 14.10.2008 – 4 T 423/08, Rpfleger 2009, 166; Hornung, NJW 1999, 460, 464. 92 BGH v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98; OLG Jena v. 10.7.2000 – 6 W 433/00, Rpfleger 2000, 509; LG Aurich v. 14.10.2008 – 4 T 423/08, Rpfleger 2009, 166; Stöber/ Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 9; Storz/Kiderlen, ZV, D 2.6.1.
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§ 63 Rz. 53 Ausgebot mehrerer Grundstücke c) Voraussetzungen aa) Verfahrensverbindung 53
Die gemeinsame Ausbietung kommt nur in Frage, wenn die Verfahren verbunden sind.93 Irrig ist daher die Auffassung, der Gesetzgeber habe mit der 1998 erfolgten Änderung ermöglicht, dass das Verfahren nicht nach § 18 verbunden zu sein braucht.94 bb) Einheitliches Bauwerk auf den mehreren Grundstücken (I.) Zusammenhängende Anlage
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Das Gesetz sieht ein amtswegiges Gruppen- oder Gesamtausgebot nur vor, sofern und soweit die Grundstücke mit einem einheitlichen Bauwerk überbaut sind. Gemeint ist eine in sich zusammenhängende, gemeinsame bauliche Anlage auf mehreren Grundstücken, z.B. eine Fabrik.95 Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit mehrerer Bauwerke, die auf verschiedenen Grundstücken liegen, genügt nicht.96 Grundstücke, die daneben im selben Verfahren versteigert werden, sind nicht mit erfasst.97 Jeder Grundstückseigentümer muss dabei auch Eigentümer des auf seinem Grundstück stehenden Gebäudeteils sein.98 Bei einem (rechtmäßigen/entschuldigten) Überbau oder Eigenüberbau ist das Gebäude (nur) einem der Grundstücke zugeordnet, dann sollen diese Grundstücke nicht „überbaut mit einem einheitlichem Bauwerk“ sein.99 (II.) Analoge Anwendung
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Auf Bruchteile an einem Grundstück, auf dem ein Bauwerk errichtet ist, ist Abs. 1 S. 2 analog anwendbar.100 Dies soll auch gelten, wenn die zu versteigernden Bruchteile nicht das Gesamteigentum am Grundstück darstellen.101 Ein Gesamtausgebot von Amts wegen darf erfolgen für mehrere im selben Gebäude gelegene Wohnungs- und Teileigentumseinheiten,102 Raumeigentum stellt ja nur ein besonders ausgestaltetes Miteigentum dar.103 Eine analoge Anwendung von Abs. 1 S. 2 wird auch für Bruchteilseigentum an Gebäudeeigentum bejaht.104
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Dagegen kann ein amtswegiges Gesamtausgebot von Erbbaurecht und Erbbaugrundstück bzw. Gebäudeeigentum und zugehörigem Grundstück nicht erfolgen, weil in beiden Fällen das Bauwerk nur dem einen Versteigerungsobjekt (Erbbaurecht bzw. Gebäudeeigentum) zuzuordnen ist.
93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104
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Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 3. So aber Storz/Kiderlen, TV, B. 2.2.34. Eickmann/Böttcher, § 23 II.1; Hornung, NJW 1999, 460, 464. Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3a; Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 6; a.A. LG Bonn v. 10.6.2013 – 6 T 111/13 und 116/13 (juris) („Einzelausgebote bei wirtschaftlicher Einheit nicht möglich“, der Verweis auf Stöber, 19. Aufl., § 63 ZVG Rz. 3.2. trägt dies freilich nicht). Hornung, NJW 1999, 460, 464. Knees, Kap. E. V., S. 111. Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 11; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 10. BGH v. 30.10.2008 – V ZB 41/08; MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3b; a.A. (unmittelbare Anwendung) Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 6. Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 12. LG Duisburg v. 31.7.2007 – 11 T 46/07 (juris), nachgehend BVerfG v. 30.1.2008 – 2 BvR 2300/07, NJW 2008, 2243. OLG Stuttgart v. 4.10.1991 – 2 U 157/91, Hintzen, Rpfleger 1992, 124. OLG Jena v. 10.7.2000 – 6 W 433/00, Rpfleger 2000, 509; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 13.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 62 § 63
cc) Pflichtgemäßes Ermessen des Gerichts Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Gesamt- bzw. Gruppenausgebot von Amts wegen zulässt.105 Es hat dabei zu berücksichtigen, ob ein besseres Versteigerungsergebnis möglich ist.106 Diese Prüfung ist an sich schon bei Verfahrensverbindung anzustellen, weil diese zweckmäßig sein muss.
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d) Verfahren Zum beabsichtigten Gruppen- oder Gesamtausgebot sind die anwesenden Beteiligten zu hören.107 Dennoch bedarf es weder deren Antrags noch deren Zustimmung.108 Das amtswegige Gesamtausgebot darf also sogar gegen den ausdrücklichen Widerspruch anwesender Beteiligter erfolgen.109
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Die gemeinsame Versteigerung ist eine Versteigerungsbedingung und daher gemäß § 66 Abs. 1 vor Aufforderung zur Abgabe von Geboten festzustellen.110
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2. Verlangen bzw. Antrag a) Gesamtausgebot, Abs. 2 S. 1 Liegen die Voraussetzungen für ein amtswegiges Gesamtausgebot nicht vor oder hat das Gericht davon keinen Gebrauch gemacht, bedarf seine Zulassung eines Antrags.111 Das Gesetz spricht von „Verlangen“, weil dem Gericht hier kein Ermessen verbleibt, ob es dem Antrag stattgibt (siehe dazu auch § 59 Rz. 17), und es auch nicht der Zustimmung oder auch nur Duldung durch andere Beteiligte bedarf.112
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b) Gruppenausgebot, Abs. 2 S. 2 und 3 aa) Verlangen bei Belastung mit Gesamtrecht Ein Gruppenausgebot (sofern es nicht nach Abs. 1 S. 2 von Amts wegen erfolgt) kann dann verlangt werden, wenn die betroffenen Grundstücke mit demselben Gesamtrecht belastet sind, S. 2. Neben Gesamtgrundpfandrechten kann es sich auch um an mehreren Grundstücken lastende Reallasten, Dienstbarkeiten etc. handeln.113 Wird ein Gesamtgrundpfandrecht verteilt (§ 1132 Abs. 2 BGB bzw. § 64), belastet es als solches nicht mehr mehrere Grundstücke.114
61
Das Gesamtrecht braucht nicht ausschließlich an den im Gruppenausgebot zu versteigerten Grundstücken zu lasten,115 besteht also an den gemeinsam zu versteigernden Grundstücken ein Gesamtrecht, kann eine Vielzahl von Gruppierungen in Frage kommen und dasselbe
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105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115
Alff, RpflStud 2004, 33; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3b. LG Aurich v. 14.10.2008 – 4 T 423/08, Rpfleger 2009, 166; Eickmann/Böttcher, § 23 II.1. Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3a; Hornung, NJW 1999, 460, 463. H/B/C/S, § 11 Rz. 13; Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 6; Storz/Kiderlen, ZV, D 2.6.2.2. LG Duisburg v. 31.7.2007 – 11 T 46/07 (juris), nachgehend BVerfG v. 30.1.2008 – 2 BvR 2300/07, NJW 2008, 2243. Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 6; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 11. Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 8; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 14. Storz/Kiderlen, ZV, D 2.6.2.2.; dies., TV D2.6.3.1. Korintenberg/Wenz, §§ 63, 64 ZVG Kap. I.3. Eickmann/Böttcher, § 23 II.1. Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 354.
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§ 63 Rz. 62 Ausgebot mehrerer Grundstücke Grundstück in vielen unterschiedlichen Gruppen auszubieten sein;116 siehe dazu auch oben Rz. 27); die Grenze ist erst bei Missbräuchlichkeit des Antrags erreicht. bb) Ermessen des Gerichts im Übrigen 63
Fehlt es an einem gemeinsamen Gesamtrecht, liegt die Zulassung des beantragten Gruppenausgebots im Ermessen des Gerichts.117 Dem Antrag ist stattzugeben, wenn die Gruppenbildung wirtschaftlich sinnvoll erscheint.118 Das Gericht hat, schon um einen Missbrauch durch Böswillige zu unterbinden, den Antragsteller darlegen zu lassen, weshalb er das Ausgebot einer bestimmten Grundstücksgruppe wünscht.119 3. Form, Zeitpunkt, Widerruflichkeit, Inhalt a) Form
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Der Antrag kann formlos gestellt werden.120 Auch die Rücknahme des Antrags ist formlos möglich.121 Ein ausdrücklich erklärter Verzicht auf Einzelausgebote soll zugleich das Verlangen eines Gesamtausgebots umfassen.122 b) Zeitpunkt für Antragstellung und Rücknahme
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Der Antrag kann im Versteigerungstermin selbst oder, z.B. in einem Vortermin nach § 62, zu Protokoll des Gerichts, sonst schriftlich erfolgen.123 Er muss spätestens vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten dem Gericht zur Kenntnis gelangen, Abs. 2 S. 1; er kann spätestens bis zu diesem Zeitpunkt zurückgenommen werden, mit Beginn der Bietzeit ist er unwiderruflich, § 59 Abs. 1 S. 2 analog.124 Mit Beginn der Bietstunde soll für alle Beteiligten feststehen, zu welchen Bedingungen die Grundstücke versteigert werden.125 Kommt es aber zum Abbruch der Bietzeit und zur Neufeststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen im selben Termin, wirkt das Verlangen fort, kann dann aber bis zur erneuten Aufforderung zur Abgabe von Geboten widerrufen oder aber auch erstmals beantragt werden.126 Das Verlangen gilt nur für den jeweiligen Termin, nicht für Folgetermine.127 c) Inhalt
66
Der Antrag muss eindeutig zum Ausdruck bringen, welche Grundstücke gemeinsam ausgeboten werden sollen. Es können auch unterschiedliche Gruppenausgebote für ein und dasselbe Objekt oder Gesamt- und Gruppenausgebote nebeneinander und auch neben Einzelausgeboten begehrt werden.128
116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128
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Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 354. Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 17; Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 9. Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 8. Dassler u.a./Schiffhauer, 12. Aufl., § 63 ZVG Rz. 16. Böttcher, § 63 ZVG Rz. 8; Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 10. Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 14; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 17. Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 10; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 3 und 16. Böttcher, § 63 ZVG Rz. 8; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 16. Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 14; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 17. Hintzen, Rpfleger 1998, 148, 149. H/B/C/S, § 11 Rz. 4; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 17. LG Darmstadt v. 11.3.2009 – 23 T 131/08, JurBüro 2009, 443 (LS); H/B/C/S, § 11 Rz. 9. H/B/C/S, § 11 Rz. 4; Korintenberg/Wenz, §§ 63, 64 ZVG Kap. I.3.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 72 § 63
4. Antragsrecht a) Beteiligte i.S.d. § 9 Antragsberechtigt sind nur Beteiligte.129
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b) Rechtsschutzbedürfnis Auch wenn das Gesetz davon spricht, dass „jeder Beteiligte“ antragsberechtigt sei, bedarf es auch eines Rechtsschutzbedürfnisses für die Antragstellung.
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aa) Rechtsmissbrauch Unstreitig ist ein rechtsmissbräuchliches Verlangen zurückzuweisen: Niemand darf seine pro- 69 zessualen Befugnisse für verfahrensfremde Zwecke missbrauchen.130 Vgl. dazu § 59 Rz. 25 f. Wenn die Ausübung der Befugnis schon theoretisch nur den Zweck haben kann, an anderen Beteiligten Schikane zu üben oder ohne rechtliche Legitimation den Vorteil eines Dritten wahrzunehmen, kann das Antragsrecht diesem Beteiligten nicht zukommen.131 Ein Antrag, der lediglich bezweckt, den anderen Beteiligten Schwierigkeiten zu bereiten, darf zurückgewiesen werden.132 bb) Rechtliches Interesse? Fraglich ist, ob es darüber hinaus eines eigenen rechtlichen Interesses an der Abweichung bedarf. In der aktuellen Literatur gesteht man das Antragsrecht uneingeschränkt allen Beteiligten zu.133 Hierfür spricht dem ersten Anschein nach der Gesetzeswortlaut.
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Dies überzeugt nicht: Auch bei § 59 wird das Recht zum Verlangen abweichender Versteigerungsbedingungen jedem Beteiligten zugestanden, gleichwohl ist auch dort auf das rechtliche Interesse abzustellen.134 Bei Gesamt- wie Gruppenausgeboten handelt es sich ebenso um abweichende Versteigerungsbedingungen, vgl. Rz. 25. Dann muss auch hier ein rechtliches Interesse gegeben sein; antragsberechtigt ist nur, wer einen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil aus der Abweichung haben kann.135
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cc) Im Einzelnen Antragsberechtigt sind die Schuldner und ggf. die neuen Grundstückseigentümer, weiter die betreibenden Gläubiger, auch soweit ihnen nur ein persönlicher Anspruch zusteht; ebenso die dinglich Berechtigten, deren Befriedigungsrecht nicht im geringsten Gebot zu berücksichtigen ist. Antragsberechtigt ist der Mieter oder Pächter, denn er kann ein Interesse an einem einheitlichen Schicksal seines Miet- bzw. Pachtvertrags haben, soweit sich dieser auf mehrere/alle zu versteigernden Grundstücke erstreckt.136 129 OLG Frankfurt/M. v. 30.5.2008 – 2 U 254/07, OLGR Frankfurt 2009, 339; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 7; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 15. 130 BGH v. 12.7.1951 – III ZR 168/50, BGHZ 3, 94 = NJW 1951, 917; OLG Karlsruhe v. 2.6.1993 – 11 W 152/92, Rpfleger 1994, 376; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 7. 131 Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 349 f. 132 Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 349. 133 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 13; H/B/C/S, § 11 Rz. 7; Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 10; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 8; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 15. 134 Vgl. § 59 Rz. 27. 135 So auch Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 349 ff. 136 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 13; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 15.
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§ 63 Rz. 73 Ausgebot mehrerer Grundstücke 73
Nicht antragsberechtigt ist nach hier vertretener Auffassung, wessen (gesamtes) Recht im geringsten Gebot enthalten und vom Ersteher zu übernehmen ist.137 Es greift der in Abs. 4 zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke. Die Gesetzesbegründung für die Zulassung von Gruppen- bzw. Gesamtausgeboten einerseits und für den Verzicht auf Einzelausgebote andererseits ist deckungsgleich, sodass in beiden Fällen dieselbe Konsequenz geboten ist.138 Eine Ausnahme ist zu machen, wenn das Recht nur zufolge Verteilungsantrags nach § 64 Abs. 1 und Gegenantrags nach § 64 Abs. 2 nicht mehr ins geringste Gebot fällt, denn dann bleibt es beim rechtlichen Interesse an einem Gesamtausgebot.
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Wer ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht geltend macht, ist zwar Beteiligter, aber mangels rechtlichen Interesses nicht zum Antrag auf Gesamt- bzw. Gruppenausgebot berechtigt.139 5. Mehrere Anträge
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Unterschiedliche Anträge desselben oder mehrerer Beteiligter sind möglich. Auch gleichlautende Anträge mehrerer sind gesondert zu protokollieren, da einzelne Beteiligte ihren Antrag zurücknehmen könnten.140
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Wenn Einzelausgebote stattfinden und dabei Gesamtrechte bestehenbleiben, kann alternativ oder kumulativ auch die Verteilung bestehen bleibender Gesamtrechte beantragt werden, siehe dazu die Kommentierung bei § 64.
II. Verzicht auf Einzelausgebote 1. Die Verzichtserklärung a) Verzichtender 77
Von Amts wegen darf nicht auf Einzelausgebote verzichtet werden, vielmehr bedarf es einer ausdrücklichen Verzichtserklärung.141 Das Gesetz stellt dabei auf die Anwesenheit ab. Diese wird vom Gericht bei Aufruf der Sache festgestellt. Verspätet sich ein Beteiligter oder gibt er sich erst später als solcher zu erkennen, ist dies mit dem genauen Zeitpunkt zu protokollieren; erst dann kann er die Rechtsstellung eines Anwesenden beanspruchen.142 Vertreten wird, dass sich das Gericht vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten vergewissern müsse, ob weitere Beteiligte eingetreten sind;143 dies überdehnt freilich die Prüfpflichten des Gerichts.144
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Zu verzichten haben alle anwesenden (also auch vertretenen) Beteiligten, deren Recht bei Feststellung des gG nicht berücksichtigt wird, einschließlich des Schuldners.145 Nicht hierzu zählen jene, deren (volles) Recht im geringsten Gebot berücksichtigt ist, Abs. 4 S. 1, sowie mangels Rechtsschutzbedürfnisses jene, die ein die Veräußerung hinderndes Recht inneha-
137 138 139 140 141 142 143 144 145
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Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 350 f. Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, 351. Lersch, Gruchot Jg. 51, 335, (353. H/B/C/S, § 11 Rz. 8. BGH v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98; a.A. LG Braunschweig v. 10.5.2006 – 4 T 349/06, NotBZ 2006, 328, aufgehoben durch BGH v. 21.9.2006 – V ZB 76/06, MDR 2007, 297 = Rpfleger 2007, 37; Fisch, Rpfleger 2002, 637. Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3a; Ertle/Strauß, ZfIR 2012, 883, 884. LG Landsberg v. 27.10.2016 – 5 T 60/16, ZfIR 2017, 327. Ertle/Strauß, ZfIR 2012, 883, 884. BGH v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 81 § 63
ben, insoweit wie Rz. 70 ff. Nach hier vertretener Auffassung gelten insoweit die gleichen Beschränkungen wie schon beim Antrag auf Gesamtausgebot. Streitig ist, ob es auch Verzichts anwesender Mieter und Pächter bedarf. Diese können im Einzelfall ein Interesse daran haben, das jeweilige von ihnen gemietete/gepachtete Grundstück im Einzelausgebot zu erwerben.146 Gleichwohl kommt es nach zutreffender Ansicht auf ihren Verzicht nicht an, denn sie haben kein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück;147 ihr eventuelles Erwerbsinteresse nur hinsichtlich des gemieteten Objekts ist so wenig wie das anderer Bieter geschützt. b) Zeitpunkt für Verzicht und Rücknahme aa) Frühester Zeitpunkt Die Verzichtserklärung ist eine Prozesshandlung, sie umfasst den Antrag auf ein Gesamt(oder Gruppen-)ausgebot und ist darüber hinausgehend darauf gerichtet, dass es daneben nicht zum gesetzlich vorgesehenen Einzelausgebot kommt.
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(I.) h.M.: Anwesenheit bestimmt über das Recht zu verzichten Nach in der gesamten aktuellen Literatur unwidersprochener Ansicht soll der Verzicht auf Einzelausgebote ausschließlich im Versteigerungstermin selbst (zu Protokoll des Gerichts) erklärt werden können, vorherige schriftliche Erklärung oder ein im Vortermin nach § 62 erklärter Verzicht sollen ohne rechtliche Bedeutung sein,148 zumindest wenn sie nicht im Versteigerungstermin wiederholt/bestätigt werden.149 Begründet wird dies mit dem Wortlaut des Abs. 4, wonach der Verzicht nur durch Anwesende erklärt werden könne.
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(II.) Normzweck: Anwesende bestimmen über den Verzicht Dies hätte zur Folge, dass Einzelausgebote nicht unterbleiben können, wenn kein Beteiligter 81 an dem Versteigerungstermin teilnimmt, der dort verzichten könnte. Dies erscheint indes nicht sachgerecht und verkennt auch den Gesetzeszweck. Das Nebeneinander von Einzelund Gesamtausgebot erfolgt im Interesse jener Beteiligten, deren Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden; sind diese Beteiligten damit einverstanden, dass lediglich ein Gesamtausgebot erfolgt, ist – analog § 59 – vom Einzelausgebot ganz abzusehen; über die Regelung des § 59 hinaus lässt das Gesetz das Einzelausgebot schon dann entfallen, wenn von den genannten Beteiligten die zustimmen, die im Versteigerungstermin anwesend sind.150 Der Verzicht auf Einzelausgebote dient dazu, Missständen entgegenzutreten, die durch den gesetzlichen Regelfall der Einzelausgebote eintreten können.151 Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten also keine höheren Hürden als bei § 59 aufgestellt werden, sondern niedrigere. Unter allen Umständen an der Notwendigkeit des Einzelausgebots festzuhalten, würde auf eine unnütze Belästigung des Gerichts und aller Beteiligten hinauslaufen.152
146 Alff, RpflStud 2004, 33, 36. 147 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 8; Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 4; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 3; a.A. Alff, RpflStud 2004, 33, 36. 148 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 9; Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 63 ZVG Rz. 2; Stöber, Hdb. Rz. 379. 149 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 4. 150 Denkschrift, S. 50. 151 Jaeckel/Güthe, §§ 63, 64 ZVG Anm. 2. 152 Nußbaum, § 33 III.
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§ 63 Rz. 82 Ausgebot mehrerer Grundstücke (III.) Schriftlicher Verzicht oder Verzicht im Vortermin nach § 62 möglich 82
Sachgerecht erscheint es also, einen lediglich schriftlich erklärten Verzicht auf Einzelausgebote dann gelten zu lassen, wenn keine Beteiligten anwesend sind, auf deren Zustimmung es gem. Abs. 4 ankäme, oder wenn diese Beteiligten (einschließlich dessen, von dem der schriftliche Antrag stammt) dem Verzicht ausdrücklich zustimmen. In gleicher Weise sollte ein im Vortermin nach § 62 erklärter Verzicht Rechtswirkungen entfalten.153 Abs. 4 S. 1 ist teleologisch darauf zu reduzieren, dass die dort genannten Anwesenden den Verzicht auf Einzelausgebote unterstützen müssen, gleich zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form er gestellt ist. bb) Spätester Zeitpunkt (I.) Vor Aufforderung zur Abgabe von Geboten
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Der Verzicht (bzw. die Zustimmung hierzu) kann nur vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erklärt, Abs. 4 S. 2, und auch nur bis zu diesem Moment, dem Beginn der Bietzeit, zurückgenommen werden, danach ist er unwiderruflich.154 Es bedarf also keines Verzichts seitens jener Beteiligter, die erst nach Aufforderung zur Abgabe von Geboten erschienen sind.155 Ebenso ist die Zustimmung jener entbehrlich, die sich erst nach Beginn der Bietstunde als Beteiligte anzeigen.156 (II.) Auch noch nach Feststellung von geringstem Gebot und Versteigerungsbedingungen
84
In den letzten Jahren sind die Gerichte gehäuft mit Fällen befasst, in denen ein Zustimmungsberechtigter erst nach Feststellung von geringstem Gebot und Versteigerungsbedingungen, aber vor Beginn der Bietzeit anwesend war.157 Die Beschlussfassung über das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen bildet keine zeitliche Zäsur, denn sonst würde die Erklärungsfrist der Beteiligten verkürzt.158 Die Versteigerungsbedingungen stehen nicht bereits mit ihrer Feststellung unumstößlich fest, bindend werden sie erst mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten.159 Alle vor Beginn der Bietzeit eintretenden Änderungen, wie das Hinzukommen eines Beteiligten, dessen Zustimmung es bedarf, müssen vom Gericht berücksichtigt werden. Der verspätet, aber noch vor Beginn der Bietzeit erschienene Beteiligte braucht das Verfahren nicht in dem Stadium hinzunehmen, bis zu dem es vorgerückt ist, solange der betreffende Verfahrensabschnitt noch nicht abgeschlossen ist.160 Nur Beteiligte, die erst nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erscheinen, sind nicht mehr zu einem etwaigen Verzicht zu befragen.161
153 Dazu Stumpe/Tillmann, C.IV 3. 154 BVerfG v. 26.9.2012 – 2 BvR 938/12, ZfIR 2012, 881 m. Anm. Ertle/Strauß; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 8. 155 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3; Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 5. 156 Ertle/Strauß, ZfIR 2012, 883, 884. 157 Vgl. z.B. BVerfG v. 26.9.2012 – 2 BvR 938/12, ZfIR 2012, 881 m. Anm. Ertle/Strauß; BGH v. 2.2.2012 – V ZB 6/11, ZfIR 2012, 252; v. 22.1.2009 – V ZB 91/08 (juris); v. 30.8.2008 – V ZB 41/08, Rpfleger 2009, 98. 158 BGH v. 2.2.2012 – V ZB 6/11, ZfIR 2012, 252. 159 Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 5. 160 Ertle/Strauß, ZfIR 2012, 883, 884. 161 LG Bielefeld v. 6.6.2012 – 23 T 258/10 (juris).
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 87 § 63
cc) Geltung des erklärten Verzichts Die Zustimmung gilt nur für den jeweiligen Termin, danach ist sie prozessual überholt und muss bei einem weiteren Versteigerungstermin ggf. wiederholt werden.162
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c) Form Der Verzicht bzw. die Zustimmung hierzu muss ausdrücklich erklärt werden.163 Schweigen reicht nicht aus.164 Im Versteigerungstermin ist der Verzicht zu Protokoll des Gerichts zu erklären.165 Aus der Tatsache, dass Einzelausgebote unterblieben sind, begründet das Protokoll aber keine Vermutung dahin, dass die rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorgelegen haben.166 Nicht zu folgen ist der Auffassung, dass die Zustimmung auch schlüssig etwa dadurch erklärt werden könne, dass der Betreffende nicht ausdrücklich widerspricht und evtl. mitbietet.167 § 63 Abs. 4 verlangt keinem Beteiligten ab, dem Verzicht auf Einzelausgebote entgegenzutreten. Dies widerspräche dem Gesetzeszweck: Hier will das Gesetz also gerade nicht nur ein stummes Dulden, es verlangt Aktivität nicht von jenem, der das Einzelausgebot beibehalten sehen will. Vielmehr bedarf es eines positiven Tuns, damit das Einzelausgebot entfällt.168 Freilich muss die Zustimmung nicht zwingend in Worten erklärt werden, es genügt jede (auch nonverbale) Äußerung mit eindeutigem Erklärungsgehalt. Auch bloßes Nicken reicht aus.169
86
d) Umfang Es muss nicht auf sämtliche Einzelausgebote verzichtet werden, auch ein nur Teilverzicht ist möglich.170 Im Vergleich unterschiedlicher Ausgebote ist das unterbliebene Einzelausgebot bei der Zuschlagsentscheidung so zu behandeln, als wären darauf keine Gebote abgegeben worden, vgl. Rz. 145.
162 BGH v. 22.1.2009 – V ZB 91/08 (juris); LG Darmstadt v. 11.3.2009 – 23 T 131/08, JurBüro 2009, 443; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 4. 163 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3; H/B/C/S, § 11 Rz. 14. 164 OLG Saarbrücken v. 26.8.1991 – 5 W 124/91, Rpfleger 1992, 123 m. Anm. Hintzen; OLG Jena v. 10.7.2000 – 6 W 433/00, Rpfleger 2000, 509. 165 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 9; Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 63 ZVG Rz. 2; Stöber, Hdb. Rz. 379. 166 BGH v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98; Hintzen, Rpfleger 2009, 659, 664. 167 So aber LG Aurich v. 26.2.1980 – 3 T 16/80, Rpfleger 1980, 306; dagegen BGH v. 22.1.2009 – V ZB 91/08; v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98; OLG Saarbrücken v. 26.8.1991 – 5 W 124/91, Rpfleger 1992, 123; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 3. 168 LG Bielefeld v. 6.6.2012 – 23 T 258/10 (juris). 169 BGH v. 1.7.2010 – V ZB 94/10, Rpfleger 2011, 41 = MDR 2010, 1215; Vorinstanz: LG Münster v. 19.2.2010 – 5 T 772/09 (juris). 170 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = Rpfleger 2007, 95; Böttcher, ZfIR 2007, 147; H/B/C/S, § 11 Rz. 18.
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§ 63 Rz. 88 Ausgebot mehrerer Grundstücke 2. Rechtsmissbräuchlichkeit der Zustimmungsverweigerung 88
Die Verweigerung des Verzichts auf Einzelausgebote kann ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich sein, dann darf das Einzelausgebot auch ohne Zustimmung des rechtsmissbräuchlich die Zustimmung Verweigernden unterbleiben.171 3. Gerichtliches Verfahren nach Verzichtserklärung
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Der Verzicht auf Einzelausgebote muss im Protokoll festgestellt,172 aber nicht auch vorgelesen und genehmigt werden.173 Das Gericht ist nicht verpflichtet, dem Schuldner anlässlich einer im Raum stehenden Verzichtserklärung die gesetzliche Systematik zu erklären.174 Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Zustimmung hat insoweit eine ausreichende Warnfunktion: Wer einen „Verzicht“ erklärt, dem steht schon rein sprachlich vor Augen, dass er seine Rechtsposition schmälert.175 4. Rechtsfolgen des Verzichts auf Einzelausgebote ohne nötige Zustimmung
90
Liegt nicht die Zustimmung sämtlicher Anwesender vor, auf deren Verzicht es ankommt, und versteigert das Gericht gleichwohl unter Verzicht auf Einzelausgebote, besteht darin ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 2. Der Fehler kann von den Beteiligten genehmigt werden, § 84. So liegt in einem zu Protokoll des Gerichts erklärten Antrag auf Zuschlagserteilung schlüssig die Genehmigung des Verfahrens.176 Ohne Genehmigung kann Zuschlag nur erteilt werden, wenn eine Rechtsbeeinträchtigung ausgeschlossen werden kann.177 Dafür muss sicher feststehen, dass bei Einzelausgeboten kein höherer Versteigerungserlös erzielt worden wäre.178 Doch wird der Nachweis, dass ein höheres als das abgegebene Meistgebot mit Sicherheit nicht erfolgt wäre, praktisch nicht zu führen sein.
III. Besonderheiten bei der Feststellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen 1. Beschlagnahmezeitpunkte 91
Für jede Ausgebotsform ist gesondert ein geringstes Gebot aufzustellen.179 Jedes Grundstück hat dabei seinen eigenen Beschlagnahmezeitpunkt.180 Es wird auch nicht über § 13 Abs. 4
171 OLG Karlsruhe v. 2.6.1993 – 11 W 152/92, Rpfleger 1994, 376; AG Dortmund v. 27.4.1993 – 147 K 190/92, Rpfleger 1994, 119; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3; Ertle, ZfIR 2014, 259; offen gelassen von BGH v. 2.2.2012 – V ZB 6/11, ZfIR 2012, 252; v. 22.1.2009 – V ZB 91/08 (juris); v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98; a.A. Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 8 (kein Rechtsmissbrauch durch bloße Rechtswahrung). 172 OLG Jena v. 10.7.2000 – 6 W 433/00, Rpfleger 2000, 509. 173 BGH v. 1.7.2010 – V ZB 94/10, Rpfleger 2011, 41 = MDR 2010, 1215; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 9. 174 BGH v. 10.10.2013 – V ZB 181/12, MDR 2014, 50 = Rpfleger 2014, 95 = ZfIR 2014, 257 m. Anm. Ertle; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 3. 175 Stamm, LMK 2014, 354194. 176 BGH v. 19.11.2009 – V ZB 118/09, MDR 2010, 171 = Rpfleger 2010, 226 (LG Aurich v. 26.2.1980 – 3 T 16/80, Rpfleger 1980, 306, hat daher im Ergebnis zu Recht den Zuschlag erteilt). 177 Dassler u.a./Hintzen, § 84 ZVG Rz. 3. 178 BGH v. 2.2.2012 – V ZB 6/11, ZfIR 2012, 252. 179 Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 9; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 19. 180 Dassler u.a./Hintzen, § 22 ZVG Rz. 3; H/B/C/S, § 10 Rz. 8.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 96 § 63
ein einheitlicher Beschlagnahmezeitpunkt (etwa für das Gesamtausgebot) festgelegt, sondern für jeden Versteigerungsgegenstand ist gesondert der für ihn maßgebliche Tag der ersten Beschlagnahme zu ermitteln.181 2. Bestbetreibende Gläubiger Eine gemeinsame Versteigerung darf auch erfolgen, wenn es unterschiedliche bestbetreibende Gläubiger gibt.182 Für die Feststellung des geringsten Gebots ist nicht die Person des Gläubigers maßgeblich, sondern der Rang des Anspruchs.183
92
3. Geringstes Gebot für die Einzelausgebote Das geringste Gebot für die Einzelausgebote umfasst alle Barbeträge und bestehenbleibenden Rechte, die das einzelne Grundstück betreffen; Gesamtbelastungen sind bei jedem Grundstück, bei dem sie als bestehenbleibend ins geringste Gebot aufzunehmen sind, voll anzusetzen; Verfahrenskosten und nicht einem einzelnen Grundstück zuordenbare Ansprüche in den Rangklassen § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 werden nach dem Verhältnis der Grundstückswerte eingestellt.184
93
a) Kosten aa) Grundsatz der Verteilung gemeinsamer Kosten Vereinzelt wird vertreten, Verfahrenskosten seien bei jedem Grundstück in voller Höhe anzusetzen.185 Dem kann nicht gefolgt werden, denn wenn nur eines von den mehreren Grundstücken versteigert wird, sind nur die anteiligen Verfahrenskosten nach § 109 zu entnehmen.186 Vielmehr sind die Verfahrenskosten grds. im Verhältnis der Grundstückswerte auf die einzelnen Grundstücke zu verteilen, soweit sie sich nicht einzelnen Grundstücken zuordnen lassen.187
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bb) Gebühren Die Gebühren berechnen sich im verbundenen Verfahren aus dem Gesamtwert, § 54 Abs. 4 GKG. Zu beachten ist aber, dass Gebühren in jedem Verfahrensstadium gesondert anfallen; werden Verfahren erst später verbunden oder getrennt, ist nach den jeweiligen Werten die Verfahrensgebühr zu bestimmen und die höhere Gebühr anzusetzen. Sind in diesem Fall die Einzelwerte höher, ist die Gebühr dem betreffenden Einzelverfahren zuzuordnen.188
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cc) Auslagen Auslagen sind, wenn sie für ein oder einige Grundstücke einzeln angefallen sind (z.B. für einzelne Begutachtung, einzelne Veröffentlichung), auch bei dem betreffenden Objekt bzw. die-
181 H/B/C/S, § 10 Rz. 9. 182 BGH v. 9.12.1966 – V ZR 12/64, BGHZ 46, 246 = WM 1967, 51; OLG Hamm v. 30.7.1987 – 15 W 283/87, Rpfleger 1987, 467 m. zust. Anm. Muth; H/B/C/S, § 11 Rz. 11. 183 Muth, Rpfleger 1987, 468. 184 Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 9. 185 So Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 7. 186 Löhnig/Ferstl, Kosten des Verfahrens, Rz. 4 für die Verfahrensgebühr. 187 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 19. 188 Löhnig/Ferstl, ZVG Kosten des Verfahrens, Rz. 4; Stöber/Keller, ZVG Einleitung Rz. 433.
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§ 63 Rz. 96 Ausgebot mehrerer Grundstücke sen Objekten einzeln anzusetzen; soweit keine Zuordnung zu einem einzelnen Grundstück oder einer Gruppe von Grundstücken möglich ist, sind die Auslagen anteilig nach dem Verhältnis der Grundstückswerte aufzuteilen.189 b) Weitere Ansprüche im geringsten Gebot aa) § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 97
Betreffen die jeweiligen Ansprüche ein einzelnes Versteigerungsobjekt, sind sie nur dort zu berücksichtigen; betreffen sie mehrere Objekte, sind sie anteilig nach dem Wert der betreffenden Objekte aufzuteilen.190 Besteht aber gesamtschuldnerische Haftung, sind die sie an jedem Objekt in voller Höhe zu berücksichtigen. Beispiel 6 Bruchteilseigentümer haften für die Grundsteuerforderung gesamtschuldnerisch, § 10 Abs. 3 GrStG; wegen der nach §§ 2, 12 GrStG an allen Bruchteilen bestehenden dinglichen Haftung ist die Grundsteuerforderung an jedem Bruchteil in voller Höhe anzusetzen.
bb) § 10 Abs. 1 Nr. 4 und ggf. Nr. 5 98
Gesamtrechte sind, wenn sie bei dem betreffenden Grundstück ins geringste Gebot fallen, mit Kosten, Zinsen und Hauptsache bei jedem einzelnen Grundstück in voller Höhe, Einzelrechte jeweils beim haftenden Grundstück/Bruchteil ins geringste Gebot aufzunehmen.191 Nur wenn Verteilung nach § 64 Abs. 1 erfolgt ist, dann werden die Belastungen nur noch anteilig beim Einzelrecht ins geringste Gebot aufgenommen. 4. Gesamtausgebot
99
Das geringste Gebot im Gesamtausgebot entspricht, wenn keine Gesamtrechte zu berücksichtigen sind, der Summe der geringsten Gebote der Einzelausgebote.192 Zu berücksichtigen sind alle Gerichtskosten, alle Ansprüche der Rangklassen § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, sofern und soweit sie ins geringste Gebot fallen. Alle Ansprüche, die bei wenigstens einem der Grundstücke dem dort bestbetreibenden Gläubiger vorgehen, werden mit aufgenommen,193 Gesamtbelastungen jedoch nur einmal. Es gibt keinen einheitlichen bestbetreibenden Gläubiger und keinen einheitlichen Zeitpunkt der ersten Beschlagnahme; das Gesamtausgebot ist unter strenger Wahrung des Deckungsgrundsatzes zu erstellen, d.h. alle Belastungen, welche dem hinsichtlich des einzelnen Objekts bestbetreibenden Gläubiger vorgehen, sind in das geringste Gebot des Gesamtausgebots aufzunehmen.194
189 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 2; H/B/C/S, § 11 Rz. 25; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 7. 190 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 19; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 7. 191 Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 7. 192 Löhnig/Siwonia, § 63 ZVG Rz. 10. 193 BGH v. 9.12.1966 – V ZR 12/64, BGHZ 46, 246 = WM 1967, 51. 194 H/B/C/S, § 11 Rz. 31.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 103 § 63
F. In der Bietzeit I. Reihenfolge der Ausgebote Die Bietstunde sollte gleichzeitig für alle Ausgebotsarten begonnen werden.195 Die Reihenfolge, in der für die unterschiedlichen Ausgebotsarten die Bietzeit begonnen wird, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt.196 Vereinzelt wird für zulässig erachtet, zu verschiedenen Zeiten zur Abgabe von Geboten aufzufordern,197 zumindest wenn nur Einzelausgebote erfolgen sollen.198 Dies kann zu einer prekären Situation führen, wenn – noch bevor für das letzte Grundstück zur Abgabe von Geboten aufgefordert wurde – ein Beteiligter doch noch ein Gesamtausgebot (ggf. unter Verzicht auf Einzelausgebote) beantragt. Da der Antrag zumindest hinsichtlich einzelner Grundstücke nicht verspätet wäre, müsste ihm stattgegeben werden. Infolge dessen müsste die Bietzeit bezüglich aller Grundstücke abgebrochen werden, weil ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 2 eingetreten ist. Wegen des Feststehens der Versteigerungsbedingungen und also auch der Ausgebotsarten mit Beginn der Bietzeit hat die Aufforderung zur Abgabe von Geboten richtigerweise einheitlich zu erfolgen.199
100
In welcher Reihenfolge auf welche Ausgebotsformen geboten wird, ist dem Versteigerungsgeschäft überlassen.200 Den Bietern müssen alle Ausgebotsarten bis zum (einheitlichen, vgl. Rz. 115) Schluss der Versteigerung offen gehalten werden.201
101
II. Erhöhung des geringsten Gesamtausgebots, Abs. 3 S. 1 1. Zweck Wird bei einem Nebeneinander von Einzel- und Gesamtausgebot auf ein Einzelausgebot mehr als das geringste Gebot geboten, so erhöht sich das geringste Gebot beim Gesamtausgebot um den Mehrbetrag, Abs. 3 S. 1. Dabei ist ein Gruppenausgebot im Verhältnis zum Gesamtals Einzelausgebot, im Verhältnis zu Einzelausgeboten aber als Gesamtausgebot zu behandeln.202
102
Der Erhöhungsbetrag bezweckt, dass ein Berechtigter im Falle des Zuschlags auf das Gesamtausgebot nicht schlechter steht, als wäre der Zuschlag auf das parallel abgegebene Einzelausgebot erfolgt.203 Die Deckung, die ein Beteiligter durch das Einzelausgebot erlangt hat, soll auch für das Gesamtausgebot gesichert werden.204
103
195 196 197 198 199 200 201 202
Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 18. H/B/C/S, § 11 Rz. 20; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 13. Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Stöber, Hdb. Rz. 382. Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 12. Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 9; Hk-ZV/Stumpe, § 73 ZVG Rz. 5. Hk-ZV/Stumpe, § 73 ZVG Rz. 5. BGH v. 9.5.2003 – IXa ZB 25/03, MDR 2003, 1074 = Rpfleger 2003, 452; Stöber, Hdb. Rz. 382. RG v. 19.10.1907 – Rep. V. 44/07, RGZ 66, 391; OLG Koblenz v. 12.11.1962 – 5 W 229/62, Rpfleger 1963, 53; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 22. 203 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = Rpfleger 2007, 95 = ZfIR 2007, 147 m. zust. Anm. Böttcher; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 21. 204 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 21; Eickmann/Böttcher, § 23 III.2 b).
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§ 63 Rz. 104 Ausgebot mehrerer Grundstücke 2. Kritik 104
Das Gesetz formuliert, dass sich das geringste Gebot beim Gesamtausgebot erhöhe. Das verwischt den Begriff des geringsten Gebots. Wörtlich genommen, müsste die Vorschrift zu fortgesetzten neuen Feststellungen des geringsten Gebots für das Gesamtausgebot führen, und es müsste mit dem Gesamtausgebot immer wieder von vorn angefangen werden,205 bisherige Gebote würden erlöschen.206 Tatsächlich gemeint ist eine gesetzliche Versteigerungsbedingung, die den mindestens zu bietenden Barteil auf das Gesamtausgebot betragsmäßig im Laufe der Bietzeit unter den genannten Voraussetzungen ändert.207 3. Inhalt
105
Das Gesetz spricht zwar von einem „Meistgebot“ auf das geringste Gebot. Da die Ausgebote parallel stattfinden und das Meistgebot erst nach Schluss der Versteigerung bekannt ist, ist auch diese Regelung nicht wörtlich anzuwenden. Tatsächlich hat die Erhöhung des Gesamtausgebots bei jedem einzelnen neuen Gebot auf ein Einzelausgebot zu erfolgen.208 Dabei erhöht sich der Betrag, der auf das Gesamtausgebot (bzw. ein Gruppenausgebot) zu zahlen ist, um den Betrag, um den das Gebot auf das Einzelausgebot das geringste Gebot übersteigt. 4. Rechtswirkung
106
Die Erhöhung des niedrigsten zulässigen Gebots beim Gesamtausgebot tritt kraft Gesetzes ein.209 Sie wirkt nicht zurück, es handelt sich nicht um eine Neufeststellung des geringsten Gebots im technischen Sinne.210 Bisherige Gebote bleiben wirksam, die Fälle des Unwirksamwerdens sind gesetzlich abschließend geregelt.211 Nicht zu folgen ist daher der Auffassung, dass das zuerst abgegebene Gebot auf das Gesamtausgebot nachträglich unwirksam werde.212 Die Wirksamkeit besagt aber noch nichts über die Zuschlagsfähigkeit dieses Gebots, vgl. dazu nachfolgend Rz. 146. 5. Verfahren
107
Das Gericht soll im Rahmen seiner Hinweis- und Aufklärungspflicht nach jedem Gebot auf ein Einzelausgebot das nunmehrige Mindestbargebot für das Gesamt- und ggf. für Gruppenausgebote bekanntgeben,213 obwohl dies nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Erhöhung ist. Das Gericht muss daher ständig mitrechnen.214
205 206 207 208 209 210 211 212 213 214
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Nußbaum, § 33 IV. Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 22. Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 23; Hagemann, Rpfleger 1988, 33. LG Bielefeld v. 16.9.1987 – 3 T 720/87, Rpfleger 1988, 32 m. Anm. Hagemann; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 12; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 22. Böttcher, § 63 ZVG Rz. 12; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 22. Eickmann/Böttcher, § 23 III.2 b); Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 22. Hagemann, Rpfleger 1988, 33, 34; Eickmann/Böttcher, § 23 III.2 b); Stöber, § 63 ZVG Rz. 6.2. So aber LG Bielefeld v. 16.9.1987 – 3 T 720/87, Rpfleger 1988, 32 m. insoweit abl. Anm. Hagemann; dagegen Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 24 f.; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 22. Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 22. Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 31.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 111 § 63
6. Sonderfälle a) Ermittlung des Erhöhungsbetrags bei konkurrierenden Gruppenausgeboten Besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Erhöhungsbetrags ergeben sich, wenn dieselben Einzelgrundstücke in verschiedener Gruppierung in Gruppenausgeboten enthalten sind. Als Lösung wird vorgeschlagen, für jedes abgegebene Gebot den anteiligen Erhöhungsbetrag zu ermitteln: Zuerst soll dafür das Mindestbargebot je Ausgebot wertanteilig auf die einzelnen darin enthaltenen Grundstücke verteilt und dann bei jedem Gebot der Übergebotsbetrag nach anteiligem Verkehrswert auf die innerhalb jeder Gruppierung befindlichen Gebote aufgeteilt werden; bestehen bleibende Belastungen bleiben unbeachtet.215
108
Dieser Ansatz hat seine Schwäche darin, dass sich der Erhöhungsbetrag für das Gesamtausgebot nicht ohne Weiteres durch wertanteilige Verteilung des Übergebots auf die einzelnen Grundstücke errechnen lässt. Grund dafür ist, dass nicht abzusehen ist, welcher Anteil tatsächlich auf das einzelne Grundstück entfallen wird. Denn das geht nicht allein nach Wertanteilen, sondern berücksichtigt auch die Erhöhung im Gruppenausgebot durch (vorherige oder spätere) Gebote auf ein einzelnes Grundstück. Wegen dieser Probleme wird nichts weiter übrig bleiben, als erst bei der Entscheidung über den Zuschlag für die dann als maßgeblich ermittelten Ausgebote zu ermitteln, ob der Erhöhungsbetrag nach § 112 Abs. 3 gedeckt ist.
109
b) Ermittlung des Erhöhungsbetrags bei Ausgeboten nach § 64 Abs. 1 und § 64 Abs. 2 Streitig ist, ob ein Erhöhungsbetrag auch bei einem Ausgebot nach § 64 Abs. 2 zu beachten ist. Vertreten wird, dass Gebote auf das Einzelausgebot nach § 64 Abs. 2 nicht zu einer Erhöhung des Barteils im Gesamtausgebot führen.216 Nach der Gegenmeinung ist zunächst der Anspruch nach § 83 Nr. 3 zu ermitteln, also die Differenz zwischen der Summe der Einzelausgebote nach § 64 Abs. 1 und der gemäß § 64 Abs. 2; das Gesamtausgebot ist dann bei einem Gebot auf das Ausgebot nach § 64 Abs. 2 um den Betrag zu erhöhen, um den das Einzelausgebot den ermittelten Differenzbetrag und die Übergebotsbeträge aus eventuellen Geboten nach § 64 Abs. 1 übersteigt.217 Beide Lösungsansätze übersehen: Wegen des Wahlrechts des Antragstellers nach § 64 Abs. 2, auf welche der beiden Ausgebotsformen der Zuschlag erteilt werden soll, steht das zum Zuge kommende Gebot in der Bietzeit noch gar nicht fest. Ob der Deckungsgrundsatz verletzt wird, kann erst nach Ausübung des Wahlrechts, in der Regel also erst bei Zuschlagsentscheidung geprüft werden. Zuvor erscheint es nicht sachgerecht, das Mindestgesamtausgebot um einen Erhöhungsbetrag zu vergrößern, wenn nicht absehbar ist, ob auf das betreffende Einzelausgebot überhaupt ein Zuschlag erteilt werden könnte.218
110
III. Sonstige Besonderheiten während der Bietzeit 1. Sicherheitsleistung a) Verlangen nach Sicherheit Fraglich ist, ob Sicherheit für jedes einzelne Gebot desselben Bieters gesondert zu verlangen ist. Vertreten wird, dass für jede Gebotsform Sicherheit gesondert verlangt werden müsse, di-
215 216 217 218
Heidrich, Rpfleger 1993, 11 (mit einem Beispiel). Bachmann, Rpfleger 1992, 2, ders., Rpfleger 1993, 12. Lersch, Gruchot 51, 335, 371; Heidrich, Rpfleger 1993, 11; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 27. H/B/C/S, § 12 Rz. 30; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 27.
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763
111
§ 63 Rz. 111 Ausgebot mehrerer Grundstücke verse (Einzel-)Ausgebote auf verschiedene Grundstücke seien nicht „weitere“ Gebote dieses Bieters i.S. d. § 67 Abs. 1 S. 2.219 Nach anderer Ansicht gilt – wie auch sonst bei Ausgebot zu unterschiedlichen Versteigerungsbedingungen – das einmal gestellte Verlangen für sämtliche Ausgebotsformen.220 Diese Gegenansicht berücksichtigt zwar, dass das Verlangen an der Person des Bieters anknüpft, sie stößt aber an ihre Grenzen, wenn der die Sicherheit Verlangende nach § 67 Abs. 1 S. 1 nicht bezüglich aller Grundstücke antragsberechtigt ist. b) Objektbezogene Sicherheitsleistung 112
Der Bieter muss auf Verlangen Sicherheit für jedes Grundstück erbringen, auf das sich seine Gebote beziehen.221 Die mehreren Sicherheiten können freilich durch ein und denselben Scheck erbracht werden, sofern insgesamt die Höhe der Sicherheitsleistung ausreicht.222 Bei Geboten auf verschiedene Ausgebotsformen (Gesamt-, Gruppen-, Einzelausgebote) ist Sicherheit grundstücksbezogen nur einmal zu leisten, es bedarf keiner mehrfachen Sicherheitsleistung für denselben Grundbesitz.223 2. Verfahrenseinstellung oder -aufhebung während der Bietzeit a) Abbruch der Bietzeit
113
Wird das Verfahren des bestbetreibenden Gläubigers während der Bietzeit eingestellt oder aufgehoben, muss die Bietzeit abgebrochen werden; alle bisherigen Gebote erlöschen, § 72 Abs. 3. Rückt ein anderer Gläubiger in die Position des bestbetreibenden Gläubigers ein, ist eine neue Bietzeit zu beginnen.224 Dies gilt auch bei der gemeinsamen Versteigerung mehrerer Grundstücke:225 Sofern die Einstellung oder Aufhebung nur hinsichtlich einzelner von mehreren Grundstücken erfolgt (etwa weil der die Einstellung bewilligende Gläubiger nur bei einem der Grundstücke der Bestbetreibende ist oder weil sich der Einstellungsgrund nur auf einzelne und nicht alle Objekte bezieht), ist für die im Verfahren verbleibenden Grundstücke ein neues geringstes Gebot aufzustellen und eine neue Bietzeit zu eröffnen.226 Die von der Einstellungsbewilligung nicht betroffenen Einzelausgebote sind ebenso wie das Gesamtausgebot zu wiederholen. b) Ausnahme
114
Anders ist die Lage, wenn das Verfahren des/der Bestbetreibenden hinsichtlich aller bis auf ein Grundstück eingestellt oder aufgehoben wird und kein weiterer Gläubiger dem geringsten Gebot für die von der Einstellung oder Aufhebung betroffenen Grundstücke als bestbetreibend zugrunde gelegt werden kann. Dann wird die Bietzeit hinsichtlich dieses einen Grundstücks fortgesetzt, obwohl sich die Versteigerungsbedingungen nachträglich geändert haben.227 Da in dieser Konstellation bei einer Rückkehr in die Feststellung des geringsten Gebots dort keine andere Versteigerungsbedingung als nur das (letztverbliebene) Einzelausgebot
219 220 221 222 223 224 225 226 227
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Hk-ZV/Stumpe, § 67 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 12. Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 6; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326. Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 12. BGH v. 15.5.2008 – V ZB 122/07, MDR 2008, 944 = Rpfleger 2008, 515. Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 12. Dassler u.a./Hintzen, § 33 ZVG Rz. 6. OLG Hamm v. 16.12.1971 – 15 a W 578/71, Rpfleger 1972, 149, auch zum Folgenden. Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 10. Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 43.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 117 § 63
möglich wäre, wird trotz der geänderten Versteigerungsbedingungen niemand beeinträchtigt. § 72 Abs. 3 steht nicht entgegen, da hinsichtlich dieses Grundstücks ja keine einstweilige Einstellung erfolgt ist.
IV. Schluss der Versteigerung 1. Einheitlicher Schluss Für alle Ausgebotsarten ist nicht nur die Mindestbietzeit einzuhalten, sondern die Versteige- 115 rung ist hinsichtlich sämtlicher Ausgebotsarten einheitlich zu schließen.228 Gebote für alle Ausgebotsarten müssen entgegengenommen werden, bis der Schluss der Versteigerung (einheitlich für alle Ausgebotsarten) verkündet ist.229 Die Bieter sollen bis zum Schluss Vergleichsund Ausgleichsmöglichkeiten haben,230 um das Versteigerungsergebnis den eigenen Interessen gemäß zu beeinflussen.231 Dies dient der Bieterkonkurrenz und damit dem besten Versteigerungsergebnis,232 daher verbietet sich der vorzeitiger Schluss hinsichtlich einzelner Gebotsarten.233 2. Gerichtliches Verfahren Das Gericht geht am besten so vor, dass es nacheinander für jede Ausgebotsart das Meistgebot dreimalig aufruft, § 73 Abs. 2, und dann nochmals fragt, ob für irgendeine Ausgebotsart weiter geboten wird, § 73 Abs. 1 S. 2 (sollten nun doch weitere Gebote folgen, ist das gesamte Procedere zu wiederholen); sobald überhaupt keine weiteren Gebote mehr abgegeben werden, ist der einheitliche Schluss der Versteigerung zu verkünden.234 Nach a.A. müsse der Schluss der Versteigerung je gesondert aber zeitlich einheitlich erfolgen;235 dagegen steht der Wortlaut des § 73 Abs. 1 S. 1, der nur genau einen Schluss der Versteigerung „bezüglich sämtlicher zu versteigernden Grundstücke“ vorsieht.
116
3. Verstoß Ein Verstoß gegen § 73 Abs. 1 S. 2 begründet einen nicht heilbaren Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 7.236 Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob im Einzelfall tatsächlich Interessenten für die verfrüht geschlossene Ausgebotsform anwesend waren.237
228 BGH v. 9.5.2003 – IXa ZB 25/03, MDR 2003, 1074 = Rpfleger 2003, 452; LG Berlin v. 8.8.1994 – 81 T 346/94, Rpfleger 1995, 80; Eickmann/Böttcher, § 23 IV.1. 229 Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 13; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 18. 230 LG Berlin v. 8.8.1994 – 81 T 346/94, Rpfleger 1995, 80. 231 BGH v. 9.5.2003 – IXa ZB 25/03, MDR 2003, 1074 = Rpfleger 2003, 452; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 13; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 18. 232 Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 18. 233 LG Kassel v. 3.8.2006 – 3 T 367/06, Rpfleger 2007, 97; Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2. 234 H/B/C/S, § 11 Rz. 20. 235 Böttcher, § 73 ZVG Rz. 4; a.A. aber BGH, LG Berlin und LG Kassel, auf deren Entscheidungen er sich bezieht, diese reden sämtlich von einheitlichem Schluss der Versteigerung. 236 BGH v. 9.5.2003 – IXa ZB 25/03, MDR 2003, 1074 = Rpfleger 2003, 452; LG Kassel v. 3.8.2006 – 3 T 367/06, Rpfleger 2007, 97; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 10. 237 LG Berlin v. 8.8.1994 – 81 T 346/94, Rpfleger 1995, 80.
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117
§ 63 Rz. 118 Ausgebot mehrerer Grundstücke
G. Zuschlagsentscheidung I. Prüfschema 118
Gab es Gebote? ja
nein
zu vergleichende Ausgebote für dasselbe Grundstück
§ 77 Abs. 1 oder § 77 Abs. 2
ja
nein
Vergleich der Ergebnisse
Entscheidung für jedes Ausgebot gesondert
Gesamt besser als Einzelausg.? nein
ja erhöhter Betrag nach § 63 Abs. 3 Satz 2 ZVG erreicht? nein
ja Decken ein oder einige Einzelausgebote die gesamte Forderung des Betreibenden, § 76 ZVG? ja
nein Versagungsgrund nach §§ 74a, 85a ZVG?
ja Zuschlagsentscheidung zu Einzelausgebot(en)
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nein Zuschlagsentscheidung Gesamtausgebot: §§ 30 ZVG, 765a ZPO?
Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 122 § 63
II. Allgemeines Nach dem gemeinsamen Schluss der Bietzeit hinsichtlich aller Ausgebotsarten (siehe Rz. 115) folgt die Verhandlung und Entscheidung über den Zuschlag, § 74. Drei Fallgruppen sind zu unterscheiden: Es wurden keine Gebote abgegeben; es gibt für die einzelnen Grundstücke keine konkurrierenden Meistgebote; wegen konkurrierender Meistgebote hat ein Vergleich zu erfolgen, welchem Gebot der Zuschlag erteilt ist. Gerade in der dritten Fallgruppe ist möglicherweise nicht offenkundig, welches der unterschiedlichen Meistgebote zum Zuge kommen wird. In solchen Fällen sollte sich das Gericht nicht zu einer überstürzten Zuschlagsentscheidung hinreißen lassen, sondern einen gesonderten Zuschlagsverkündungstermin anberaumen.238
119
III. Keine Gebote Wurden keine Gebote abgegeben, erfolgt Einstellung nach § 77 Abs. 1, im zweiten ergebnislosen Termin Aufhebung nach § 77 Abs. 2. Hierbei ist jedes Versteigerungsobjekt gesondert zu betrachten. Ist hinsichtlich eines Grundstücks das Verfahren bereits wegen § 77 Abs. 1 eingestellt worden, kann hinsichtlich dieses Grundstücks im zweiten ergebnislosen Termin nur noch die Verfahrensaufhebung (oder Fortsetzung als Zwangsverwaltung) erfolgen. Dies gilt auch, wenn in einem Termin nur ein Gesamtausgebot erfolgte, im anderen nur oder auch Einzelausgebote, denn abzustellen ist allein auf die Identität des Versteigerungsobjekts.239
120
Demgegenüber wird vertreten, dass es sich um ein anderes Versteigerungsobjekt handele, wenn im ersten Termin nur ein Bruchteil versteigert wurde, im zweiten aber alle Bruchteile, also das ganze Grundstück; dann solle erneut bei einem ergebnislosen Termin nach § 77 Abs. 1 eine Einstellung des Verfahrens – nun hinsichtlich des ganzen Grundstücks – erfolgen.240 Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Ein Bruchteil ist in der Zwangsvollstreckung wie ein Grundstück zu behandeln, § 864 Abs. 2 ZPO. Für denselben Bruchteil kann es ebenso wenig wie für ein Grundstück zweimal eine Einstellung nach § 77 geben, auch wenn er einmal allein und einmal im Gesamtausgebot versteigert wurde, auf die Ausgebotsart kommt es nicht an.241 Ob in beiden Terminen dieselben (nur Einzel-, nur Gesamt- oder beide) Ausgebotsformen stattfanden, ist unerheblich, beide Termine müssen sich nur auf dasselbe Objekt beziehen, eine Übereinstimmung von geringstem Gebot und Versteigerungsbedingungen ist nicht nötig.242
121
IV. Gebote, bei denen kein Vergleich mit anderen Geboten nötig ist 1. Gebote nur auf Einzelausgebot(e) a) Allgemein Gab es nur Einzelausgebote oder wurde nur auf diese geboten, greifen die allgemeinen Re- 122 gelungen.243 Hier ergeben sich aus der gemeinsamen Versteigerung nur wenige Besonderheiten. 238 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 31. 239 LG Chemnitz v. 28.11.2001 – 11 T 4183/02, Rpfleger 2003, 205; Böttcher, § 77 ZVG Rz. 5; Stöber/ Becker, § 77 ZVG Rz. 15. 240 Stöber/Becker, § 77 ZVG Rz. 10. 241 So auch Stöber/Becker, § 77 ZVG Rz. 15. 242 LG Chemnitz v. 28.11.2002 – 11 T 4183/02, Rpfleger 2003, 205; Böttcher, § 77 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 77 ZVG Rz. 11. 243 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 19; Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 16.
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§ 63 Rz. 123 Ausgebot mehrerer Grundstücke b) § 76 123
Das Gericht muss prüfen, ob das Meistgebot bei einem oder einzelnen Grundstücken so hoch ist, dass der Anspruch des betreibenden Gläubigers voll gedeckt ist (dies setzt voraus, dass die vor- und gleichrangigen Ansprüche ebenfalls voll befriedigt werden); trifft dies zu, ist das Verfahren i.d.R. hinsichtlich der übrigen Grundstücke einstweilen einzustellen.244 Durch § 76 wird das Übermaßverbot in der gemeinsamen Versteigerung mehrerer Grundstücke gewährleistet: Der Schuldner soll nicht mehr Grundeigentum verlieren, als zur Befriedigung des Gläubigers nötig ist.245 Die Norm gilt unabhängig davon, ob nach § 63 alle Grundstücke im Wege des Einzelausgebots und/oder im Gruppen- oder Gesamtausgebot versteigert werden.246 Zu den Details sh. Kommentierung bei § 76. c) §§ 74a, 85a
124
Wurde in einem früheren Termin der Zuschlag auf das Gesamtausgebot nach §§ 85a oder 74a versagt, sind die Wertgrenzen für die einzelnen Grundstücke auch dann entfallen, wenn diese nun im Einzelausgebot versteigert werden.247 Nach dem Grundsatz der Einmaligkeit ist hier auf das Objekt, nicht auf die Ausgebotsform abzustellen. Selbst wenn im späteren Termin erstmals Einzelausgebote erfolgt sind, macht das diesen Termin auch nicht fiktiv zu einem neuen ersten Versteigerungstermin.248 d) Sonstiger Zuschlagsversagungsgrund bei Einzelobjekt
125
Besteht bei einem der Grundstücke ein Grund zur Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens, ist bei diesem Grundstück der Zuschlag zu versagen, § 33. Dies hindert aber nicht die Zuschlagserteilung hinsichtlich der unabhängig hiervon abgegebenen Meistgebote auf andere Grundstücke, denn für diese liegt kein Einstellungs- oder Aufhebungsgrund vor, namentlich sind bei ihnen das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen nicht nachträglich unrichtig geworden. 2. Gebote nur auf Gesamtausgebot a) Allgemein
126
Kommt nur ein Zuschlag auf das Gesamtausgebot in Frage, weil auf alle Einzelausgebote verzichtet oder auf sie nicht geboten wurde, ist nach den allgemeinen Regeln über den Zuschlag zu entscheiden.249 Auch hier ergeben sich aus der Tatsache, dass mehrere Versteigerungsobjekte vorhanden sind, diverse Sonderfragen. b) §§ 74a, 85a aa) Grundsatz
127
Wurde in einem früheren Termin der Zuschlag hinsichtlich der Grundstücke nach §§ 85a der 74a versagt, sind die Wertgrenzen für die einzelnen Grundstücke unabhängig von der Ausgebotsart entfallen, vgl. Rz. 124.
244 245 246 247 248 249
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Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 37, 48 ff. Böttcher, § 76 ZVG Rz. 1. OLG München v. 30.10.1992 – 24 W 216/92, OLGZ 1993, 321 = Rpfleger 1993, 121. Böttcher, § 85a ZVG Rz. 7; H/B/C/S, § 13 Rz. 8. LG Tübingen v. 1.12.2010 – 5 T 378/10, Rpfleger 2011, 392; Steffen, ZfIR 2013, 109, 111. Böttcher, § 63 ZVG Rz. 19; Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 16.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 133 § 63
bb) Sonderfall: Grenzen für einzelne Grundstücke sind entfallen (I.) Identität des Versteigerungsobjekts? Hier sind Fälle denkbar, bei denen das Meistgebot unter 5/10 bzw. 7/10 bleibt, aber hinsichtlich eines oder einzelner Grundstücke die Wertgrenzen bereits entfallen sind. Hier ist fraglich, ob erneut eine Zuschlagsversagung nach § 74a bzw. 85a erfolgen kann.
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Vertreten wird, dass der Zuschlag zu versagen sei, weil es sich nicht mehr um dasselbe Versteigerungsobjekt handele; die Wertgrenzen nach §§ 74a, 85a seien für jedes Ausgebot in dem für dieses Ausgebot ersten Termin anzuwenden und zu beachten.250 Dem kann so nicht gefolgt werden, der Grundsatz der Einmaligkeit bezieht sich auf das Objekt, nicht auf die Versteigerungsbedingungen,251 zu denen auch die Ausgebotsformen zählen, sh. Rz. 124.
129
(II.) Beteiligtenschutz? Vertreten wird auch, dass im Interesse der Berechtigten des Grundstücks, bei dem die Wertgrenzen noch gelten, auf das Gesamtausgebot der Zuschlag zu versagen sei.252 Grundsätzlich scheint diese Auffassung plausibel: Gläubiger und Schuldner des Objekts, bezüglich dessen die Wertgrenzen noch gelten, dürfen nicht schutzlos gestellt werden.
130
Jedoch bedarf es dieses Schutzes nicht, wenn das weitere beteiligte Grundstück in solchem Umfang am geringsten Gebot beteiligt ist, dass der wirtschaftlich auf es entfallende Erlös über 5/10 bzw. 7/10 des anteiligen Grundstückswerts hinausgeht.
131
Beispiel 7 Grundstück 1: VKW 110.000 Euro, bestehen bleibendes Recht: 20.000 Euro. Grundstück 2: VKW 10.000 Euro, bestehen bleibendes Recht: 10.000 Euro. Gesamtwert: 120.000 Euro, bestehen bleibende Rechte: 30.000 Euro. Im ersten Termin erfolgen nur Einzelausgebote, der Termin endet mit § 85a bzgl. Grundstück 1 und § 77 I bzgl. Grundstück 2. Im zweiten Termin erfolgt ein Gesamtausgebot. Geboten werden bar 25.000 Euro, Gesamtwert des Gebots also: 55.000 Euro. Zwar bleibt das Gebot unter 5/10 des Gesamtwerts. Aber bei Grundstück 2 muss vom Gebot doch mindestens das dort bestehen bleibende Recht von 10.000 Euro berücksichtigt werden, infolge dessen wirtschaftlich mehr als 5/10 des anteiligen Grundstückswerts auf dieses Grundstück entfallen. Bei Grundstück 1 sind die Wertgrenzen gefallen. § 85a steht einer Zuschlagserteilung hier nicht entgegen.
Wenn an einem der im Gesamtausgebot beteiligten Grundstücke noch die Wertgrenzen gelten, dann kommt es darauf an, ob diese bei diesem Grundstück durch Zuschlagserteilung verletzt würden. Nur dann ist der Zuschlag nach §§ 85a bzw. 74a zu versagen.
132
cc) § 85a Abs. 3 § 85a Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Bieter nur an einem der Grundstücke ein dingliches Recht innehat. Beispiel 8 Zur Versteigerung stehen 2 Grundstücke, BV 1 und BV 2, im Gesamtausgebot unter Verzicht auf Einzelausgebote. In Abt. III ist für den X an aussichtsloser Rangstelle eine Grundschuld im Wert von 70 % des Gesamtwerts der beiden Grundstücke eingetragen, lastend jedoch nur an BV 1. X bietet nur das geringste Gebot, das im Barteil gerade die Verfahrenskosten abdeckt. 250 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 45. 251 Steffen, ZfIR 2013, 109, 111; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 42a. 252 H/B/C/S, § 13 Rz. 10.
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§ 63 Rz. 134 Ausgebot mehrerer Grundstücke 134
Die Anwendung des § 85a Abs. 3 erscheint auch für diesen Fall angezeigt, da der dingliche Schuldner eine Vermögensverschleuderung eben nicht erleidet, wenn er von Verbindlichkeiten in entsprechender Höhe befreit wird. § 85a ist eine Schuldnerschutzvorschrift, keine Gläubigerschutzvorschrift. Daran ändert sich nichts, falls der Eigentümer des Grundstücks BV 2 nicht mit dem Eigentümer des Grundstücks BV 1 identisch ist. Die gleiche „Schieflage“ ergibt sich, wenn im Gesamtausgebot ein Grundstück relativ höher belastet ist als das andere, vgl. dazu Rz. 131. Dem Gläubiger bleibt ggf. ein Antrag nach § 74a, dem bestbetreibenden Gläubiger auch die Möglichkeit einer Einstellungsbewilligung nach dem Ende der Bietzeit, um einen für ihn ungünstigen Zuschlag noch zu verhindern. c) Andere Zuschlagsversagungsgründe
135
Auch weitere Zuschlagsversagungsgründe, wie etwa eine Einstellungsbewilligung des Bestbetreibenden nach Ende der Bietzeit, § 30, das Vorliegen eines Zuschlagsversagungsgrundes nach § 83 oder ein erfolgreicher Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners nach § 765a ZPO, sind bei Zuschlagsentscheidung auf das Gesamtausgebot zu beachten.
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Möglich ist, dass ein Zuschlagsversagungsgrund für nur eines oder einzelne der im Gesamtausgebot versteigerten Grundstücke besteht: Der Bestbetreibende bewilligt nur die Einstellung hinsichtlich des einen Grundstücks oder nimmt seinen Antrag hinsichtlich nur eines Grundstücks zurück; ein Veröffentlichungsmangel betrifft nur eines von mehreren Grundstücken, der Schuldner dringt mit seinem Vollstreckungsschutzantrag nur hinsichtlich des Familienheims durch, wogegen für den gleichfalls versteigerten Wald kein Grund für Vollstreckungsschutz vorliegt. In diesen Fällen muss auf das Gesamtausgebot der Zuschlag grundsätzlich versagt werden.253 Ausnahmsweise soll eine Genehmigung des Verfahrens möglich sein, wenn der Meistbietende nur am Erwerb jenes Grundstücks interessiert war, hinsichtlich dessen kein Einstellungs- bzw. Aufhebungsgrund besteht, und er dafür das volle Meistgebot zu zahlen bereit ist.254 3. Gebote nur auf sich nicht überschneidende Gruppenausgebote
137
Beispiel 8 Zu versteigern waren 4 Grundstücke, BV 1, 2, 3 und 4. Geboten wurde auf die Gruppenausgebote der Grundstücke BV 1 und 2 einerseits und der Grundstücke BV 3 und 4 andererseits.
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Hier gibt es für keines der 4 Grundstücke zwei verschiedene Meistgebote, die miteinander zu vergleichen wären. Die Zuschlagsentscheidung ist je Gruppenausgebot gesondert zu treffen. Innerhalb jedes der Gruppenausgebote sind die oben für das Gesamtausgebot dargelegten Regeln, zwischen den Gruppenausgeboten die für die Einzelausgebote entsprechend anzuwenden. Besteht hinsichtlich eines Grundstücks oder einer Gruppe ein Zuschlagsversagungsgrund, wirkt sich dies nur auf das betreffende Gruppenausgebot aus. Hier sind ebenso wie bei Einzelausgeboten die Entscheidungen für die einzelnen „Pakete“ losgelöst voneinander zu treffen.
253 OLG Stuttgart v. 31.10.2001 – 8 W 427/01, Rpfleger 2002, 165; OLG Hamm v. 23.12.1999 – 15 W 421/99, Rpfleger 2000, 172; LG Bonn v. 26.7.2004 – 6 T 186/04 (juris); Dassler u.a./Hintzen, § 33 ZVG Rz. 4. 254 LG Bonn v. 26.7.2004 – 6 T 186/04 (juris); Böttcher, § 33 ZVG Rz. 2; Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 17 f.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 141 § 63
4. Gebote auf sich nicht überschneidende Gruppen- und Einzelausgebote Beispiel 9 Zu versteigern waren 4 Grundstücke, BV 1, 2, 3 und 4. Geboten wurde auf das Gruppenausgebot der Grundstücke BV 1 und 2 und auf die Einzelausgebote der Grundstücke BV 3 und BV 4. Hier gibt es auf keines der Grundstücke zwei verschiedene Meistgebote, die miteinander zu vergleichen wären. Die Zuschlagsentscheidung ist je Ausgebot gesondert zu treffen. Ein Zuschlagsversagungsgrund innerhalb des einen Ausgebots schlägt nicht auf die Entscheidung hinsichtlich der anderen Grundstücke durch.
139
V. Konkurrierende Meistgebote 1. Beispiel Beispiel 10: (Teilungs-)Versteigerung der Grundstücke 1 bis 4255 Grundstück
140
BV 1
BV 2
BV 3
BV 4
1. Einzel
BV 1
BV 2
BV 3
BV 4
2. Gruppen
BV 1 und 2
3. Gesamt
BV 1, 2, 3 und 4
Ausgebote
BV 3 und 4
Gebote: 1. B bietet 20.000 Euro auf Gruppe BV 1 und 2, Rechtspflegerin gibt bekannt: gG Gesamt nun 57.000 Euro 2. A bietet 57.000 Euro im Gesamtausgebot 3. B bietet 22.000 Euro auf Gruppe BV 1 und BV 2, Rechtspflegerin gibt bekannt: gG Gesamt nun 59.000 Euro Es werden keine weiteren Gebote abgegeben. Nach Schluss der Versteigerung gibt es keine Gebote auf Einzelausgebote, kein Ergebnis auf das Gruppenausgebot BV 3 und 4. Auf welches Ausgebot ist der Zuschlag zu erteilen?
2. Allgemeines Wurde auf verschiedene Ausgebotsformen geboten, die (u.a.) dasselbe Grundstück betreffen, so müssen die Ergebnisse verglichen werden. Bei dieser Konkurrenz der Meistgebote kann das Gesamtausgebot anstatt des Einzelausgebots nur dann zum Zuge kommen, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss das Gesamtausgebot ein besseres Ergebnis erreichen als die Summe der Einzelausgebote, Abs. 3 Satz 2. Zweitens muss das Gesamtausgebot das um den Mehrbetrag nach Abs. 3 Satz 1 erhöhte Mindestgebot erreichen. Drittens dürfen die Einzel- bzw. Gruppenausgebote nicht ausreichen, um die gesamte Forderung des betreibenden Gläubigers zu befriedigen, § 76.
255 Nach LG Bielefeld v. 16.9.1987 – 3 T 720/87, Rpfleger 1988, 32.
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141
§ 63 Rz. 142 Ausgebot mehrerer Grundstücke 3. Vergleich der Meistgebote a) Vorrang der Einzelausgebote 142
Das Verhältnis der Ausgebotsarten untereinander ist zunächst in Abs. 3 S. 2 geregelt. Dabei gilt: Das Gruppenausgebot ist im Vergleich zum Einzelausgebot wie ein Gesamtausgebot, im Vergleich zum Gesamtausgebot wie ein Einzelausgebot zu betrachten.256
143
Der Zuschlag kann auf das Gesamtausgebot nur erteilt werden, wenn dieses höher ist als das Gesamtergebnis der Einzelausgebote. Bei gleichwertigem Ergebnis ist der Zuschlag auf die Einzelausgebote zu erteilen.257 Wäre in obigem Beispiel auch noch ein Gebot in Höhe von 34.000 Euro auf das Gruppenausgebot BV 3 und 4 abgegeben worden, wäre das Ergebnis des Gesamtausgebots nicht besser als das Ergebnis der Gruppenausgebote, sondern nur gleich gut. Der Zuschlag wäre dann auf die Gruppenausgebote zu erteilen.
b) Vergleich der Gebote aa) Auch Wert bestehen bleibender Rechte 144
Beim Vergleich der Meistgebote sind nicht nur die Bargebote, sondern auch der Wert bestehen bleibender Rechte mit zu berücksichtigen.258 Dabei werden nicht verteilte Gesamtbelastungen bei jedem Einzelausgebot in voller Höhe berücksichtigt, beim Gesamtausgebot jedoch nur einmal.259 bb) Keine Gebote auf einzelne Ausgebote, teilweise unterbliebene Einzelausgebote
145
Ist bei einem Nebeneinander von Gesamt- und Einzelausgeboten nicht auf jedes einzeln ausgebotene Grundstück ein Gebot abgegeben worden, besteht darin kein Zuschlagsversagungsgrund für das Gesamtausgebot.260 Ausgebote, auf die nicht geboten wurde, sind in die Vergleichsbetrachtung mit null Euro aufzunehmen (selbst, wenn Rechte an diesem Grundstück bestehen bleiben).261 Dies gilt ebenso, wenn sofern und soweit auf Einzelausgebote verzichtet wurde.262 Im Beispiel 10 ist also das Gruppenausgebot BV 3 und 4 mit 0 Euro anzusetzen. Der Vergleich ergibt, dass auf das Meistgebot ein besseres Ergebnis als auf die Gruppenausgebote erzielt wurde. Die – gleichfalls mit 0 Euro anzusetzenden – Einzelausgebote kommen nicht zum Tragen.
3. Erreichen des Erhöhungsbetrags 146
Der Zuschlag auf das Gesamtausgebot ist gleichwohl zu versagen, wenn zwar der Gebotsvergleich zu seinen Gunsten ausgegangen ist, aber das Meistgebot dennoch den gesetzlich erhöh-
256 RG v. 19.10.1907 – Rep. V. 44/07, RGZ 66, 391; OLG Koblenz v. 12.11.1962 – 5 W 229/62, Rpfleger 1963, 53; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 5; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 19 und 23. 257 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 38. 258 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = Rpfleger 2007, 95 = ZfIR 2007, 147 m. zust. Anm. Böttcher; OLG Koblenz v. 12.11.1962 – 5 W 229/62, Rpfleger 1963, 53; AG Münster v. 23.12.2010 – 9 K 88/07; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 40. 259 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = Rpfleger 2007, 95 = ZfIR 2007, 147 m. zust. Anm. Böttcher; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 14; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 24. 260 OLG Hamm v. 14.7.1958 – 15 W 311/58, Rpfleger 1959, 57. 261 OLG Frankfurt/M. v. 19.5.1995 – 15 W 25/95, Rpfleger 1995, 512; OLG Hamm v. 14.7.1958 – 15 W 311/58, Rpfleger 1959, 57; Böttcher, ZfIR 2007, 149. 262 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = Rpfleger 2007, 95 = ZfIR 2007, 147 m. zust. Anm. Böttcher; Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 19.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 149 § 63
ten Betrag des geringsten Bargebots nicht erreicht.263 Nach der Gegenmeinung sollte der Erhöhungsbetrag dagegen nur für künftige Gebote im Gesamtausgebot eine Rolle spielen.264 Dem ist nicht zu folgen, weil dann der Schutzzweck der Norm, flankiert durch die Zuteilungsregel in § 112 Abs. 3 Fall 2, verfehlt würde, wonach durch den Zuschlag auf das Gesamtausgebot niemand schlechter gestellt sein soll als beim Einzelausgebot; außerdem führte dies zu zufälligen Ergebnissen je nach Reihenfolge der Gebotsabgabe auf Gesamt- oder Einzelausgebot.265 Im Unterschreiten des erhöhten Betrags liegt ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 147 Nr. 1,266 nämlich ein Verstoß gegen eine gesetzliche Versteigerungsbedingung.267 Vertreten wird auch, dass statt dessen ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 6 gegeben sei, das zugelassene Gebot sei nämlich im Nachhinein unwirksam geworden.268 Die Begründung trifft nicht zu, siehe Rz. 106. Der Auffassung kann also nicht gefolgt werden.269 Da es sich bei § 83 Nr. 1 um einen heilbaren Versagungsgrund handelt, § 84, kann der Zuschlag mit Genehmigung der durch § 112 Abs. 3 geschützten Beteiligten gleichwohl erteilt werden.270 Sonst ist der Zuschlag auf das Gesamtausgebot zu versagen. Dann ist der Zuschlag ggf. auf die Einzelausgebote zu erteilen.271 Hiergegen wird vorgebracht, dass dadurch § 63 Abs. 3 S. 2 verletzt würde.272 Das trifft aber nicht zu, denn nach der Wertung des Gesetzgebers soll das Gesamtausgebot nur ausnahmsweise zum Zuge kommen; das in Summe bessere Versteigerungsergebnis ist dabei nur eine von mehreren Voraussetzungen. Aus dem Vorrang der Einzelausgebote folgt, dass sie nicht entfallen, wenn das Meistgebot auf das Gesamtausgebot nicht zuschlagsfähig ist.273 In Beispiel 10 ist daher der Zuschlag auf das Gesamtausgebot zu versagen, für die Zuschlagserteilung kommt nur das Gruppenausgebot infrage.
148
4. Kein Fall des § 76 Decken eines oder einige der Grundstücke die Gesamtforderung des Gläubigers, dann ist das Verfahren i.d.R. hinsichtlich der übrigen Grundstücke einstweilen einzustellen, § 76, vgl. oben Rz. 123 und die Kommentierung bei § 76. Der Zuschlag auf das Gesamtausgebot muss dann versagt werden.274
263 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = Rpfleger 2007, 95 = ZfIR 2007, 147 m. zust. Anm. Böttcher; Böttcher, § 63 ZVG Rz. 17; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 28. 264 Bachmann, Rpfleger 1992, 3. 265 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = Rpfleger 2007, 95 = ZfIR 2007, 147 m. zust. Anm. Böttcher; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 30. 266 Hagemann, Rpfleger 1988, 33, 34. 267 A.A. Bachmann, Rpfleger 1992, 3 (allenfalls die analoge Anwendung von § 83 Nr. 1 möglich, wobei er die Norm irrig auf die Verletzung von Vorschriften für das geringste Gebot reduziert). 268 Stöber, 18. Aufl., § 63 ZVG Rz. 7.4 unter Verweis auf LG Bielefeld v. 16.9.1987 – 3 T 730/87 (ab der 20. Aufl., § 63 ZVG Rz. 7.4 bzw. Rz. 27, hält Stöber nun mit derselben Begründung den § 83 Nr. 1 für einschlägig). 269 So auch Bachmann, Rpfleger 1992, 3. 270 Hagemann, Rpfleger 1988, 33; Bachmann, Rpfleger 1992, 3, 4. 271 LG Bielefeld v. 16.9.1987 – 3 T 720/87, Rpfleger 1988, 32 m. Anm. Hagemann; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 27. 272 Bachmann, Rpfleger 1992, 3, 5. 273 So für die Zuschlagsversagung nach § 85a beim Gesamtausgebot: BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff. 274 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 18.
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§ 63 Rz. 150 Ausgebot mehrerer Grundstücke 5. Zuschlagsversagungsgrund hinsichtlich des Gesamtausgebots a) §§ 74a, 85a 150
Besteht ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 74a bzw. 85a, dann kann der Zuschlag nicht auf das Gesamtausgebot erteilt werden, vielmehr ist erneut zu prüfen, ob die Zuschlagserteilung auf eines der Einzelausgebote erfolgen kann.275 Die Gegner dieser Auffassung stützen sich darauf, dass ein Gebot, das zuvor als wirtschaftlich schwächer bereits ausgeschlossen worden ist, nicht nach dem Wegfall des Meistgebots auf die andere Ausgebotsform nun wieder zum Zuge kommen dürfe.276 Diese Auffassung trifft nicht zu. Das Einzelausgebot ist der gesetzliche Regelfall, der Zuschlag auf das Gesamtausgebot kann den Zuschlag auf die Einzelausgebote nur dann verdrängen, wenn bei ihm alle Voraussetzungen zur Zuschlagserteilung gegeben sind.277 b) Andere Zuschlagsversagungsgründe, z.B. §§ 29, 30, § 765a ZPO aa) Zuschlagsversagung auf Gesamtausgebot
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Sofern im Übrigen ein Zuschlagsversagungsgrund auch nur hinsichtlich eines der im Gesamtausgebot enthaltenen Grundstücke gegeben ist, muss der Zuschlag auf das Gesamtausgebot versagt werden. (Siehe dazu Rz. 135 ff. bb) Auswirkung auf Einzelausgebote? (I.) Die h.M.
152
Ob der Zuschlag dann auf ein noch verbliebenes Einzelausgebot erfolgen kann, ist streitig. Nach h.M. führt dies auch hinsichtlich der von der Einstellungsbewilligung nicht berührten Einzelausgebote zur Zuschlagsversagung. Durch eine Zuschlagserteilung würden die zwingenden Vorschriften des § 63 verletzt.278 Es entfalle die Vergleichsmöglichkeit, wie in Abs. 3 S. 2 aber vorgegeben.279 Der Zweck optimaler Versteigerungsergebnisse werde vereitelt.280 Der Schuldner könne hierdurch benachteiligt werden.281 Die Beteiligten hätten einen Anspruch auf den Versuch, durch ein Gesamtausgebot ein höheres Meistgebot zu erzielen.282 Hinsichtlich der Grundstücke, bezüglich derer das Verfahren nicht eingestellt ist, müsse den Beteiligten die Möglichkeit verbleiben, ein neues Gesamtausgebot unter Einschluss dieses Grundstücks zu beantragen.283 Bestätigt werde dies durch den Vergleich mit einer Einstellungsbewilligung vor dem Ende der Bietzeit, wo dann sämtliche Gebote erlöschen und die verbliebenen Grundstücke erneut, soweit beantragt auch im Gesamtausgebot, zu versteigern wären.284 Bereits durch die Einstellung des Verfahrens bezüglich nur eines einzigen Grundstücks ändern sich die Versteigerungsbedingungen, die in diesem Termin gelten, auch für die anderen Grundstü275 BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff; OLG Frankfurt/M. v. 19.5.1995 – 15 W 25/95, Rpfleger 1995, 512. 276 OLG Hamm v. 14.7.1958 – 15 W 311/58, Rpfleger 1959, 57; LG Offenburg v. 27.12.2011 – 4 T 124/11, aufgehoben durch BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12. 277 BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff. 278 Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 31. 279 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 16; Dassler/Hintzen, § 63 ZVG Rz. 42; Eickmann/Böttcher, § 23 IV.2 c), S. 284; Stöber, Rpfleger 1971, 326, 327; Steiner/Storz, § 63 ZVG Rz. 53. 280 OLG Hamm v. 16.12.1971 – 15 a W 578/71, Rpfleger 1972, 149. 281 OLG Stuttgart v. 31.10.2001 – 8 W 427/01, Rpfleger 2002, 165. 282 Stöber, Rpfleger 1971, 326, 327. 283 OLG Hamm v. 16.12.1971 – 15 a W 578/71, Rpfleger 1972, 149; Mohrbutter/Drischler, Muster 106, Anm. 3. 284 OLG Hamm v. 16.12.1971 – 15 a W 578/71, Rpfleger 1972, 149.
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Ausgebot mehrerer Grundstücke
Rz. 156 § 63
cke, insoweit bilden geringstes Gebot, Meistgebot und Zuschlagsentscheidung eine Gesamtregelung.285 (II.) Gesetzlicher Regelfall der Einzelversteigerung Nicht alle Argumente können überzeugen: Auch in anderen Konstellationen ist nicht allein der Vergleich der Meistgebote entscheidend dafür, auf welches Ausgebot der Zuschlag zu erteilen ist. Aus dem Vorrang der Einzelausgebote folgt, dass sie nicht entfallen, wenn das Meistgebot auf das Gesamtausgebot nicht zuschlagsfähig ist.286 Der BGH hat manifestiert, dass Einzelausgebote im Verhältnis zu Gesamtausgeboten (und auch zu Gruppenausgeboten) zu bevorzugen sind.287 Abs. 3 Satz 2 regelt das Verhältnis zwischen Gesamtmeistgebot und den Geboten auf Einzelausgebote nicht abschließend.288 Der Anspruch auf ein optimales Versteigerungsergebnis besteht also nicht grenzenlos.
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Kam das Verlangen nach einem Gesamtausgebot allein vom betreibenden Gläubiger, dürfte 154 auch allein er sich auf die Verletzung des § 83 Nr. 2 berufen. Wenn er dann bezüglich einzelner Grundstücke die Einstellung bewilligt und hinsichtlich anderer Grundstücke zu Protokoll erklärt, dass der Zuschlag erteilt werden soll, dann hat er das Verfahren formgerecht genehmigt, § 84. Es kann dabei nicht darauf ankommen, ob der Antrag anderer Beteiligter nur darum unterblieb, weil er ja von anderer Seite gestellt war;289 schon im Hinblick auf die Widerruflichkeit hat sich dem Antrag anzuschließen, wer Rechte daraus ableiten will. Eine gesicherte Rechtsposition dahin, dass die Grundstücke, bezüglich derer das Verfahren verbunden ist, auch wirklich im Gesamtausgebot enthalten sind, haben nicht alle Beteiligten, sondern allenfalls die hinsichtlich der betreffenden Grundstücke betreibenden Gläubiger. Diese können durch Einstellung oder Antragsrücknahme in jedem Stadium vor Zuschlagserteilung einen Erwerb im Gesamtausgebot verhindern. Aus dem Antrag auf Zulassung eines Gesamtausgebots ergibt sich kein genereller Anspruch auf den Versuch, für nach einer Einstellung verbleibende Grundstücke nochmals im Gesamtausgebot ein höheres Meistgebot zu erzielen.290
155
(III.) Änderung der Versteigerungsbedingungen Maßgebend dürfte sein, dass sich auch bezüglich des Grundstücks, hinsichtlich dessen keine Einstellung oder Antragsrücknahme erklärt ist, nachträglich die Versteigerungsbedingungen geändert haben. War zuvor ein Erwerb im Gesamtausgebot oder im Einzelausgebot möglich, ist diese Versteigerungsbedingung nachträglich weggefallen. Es trifft also nicht zu, dass das Erlöschen des Gesamtausgebots die Einzelausgebote unbeeinträchtigt ließe.291 Es fehlt die als Versteigerungsbedingung festgestellte Erwerbsmöglichkeit im Gesamtausgebot, auf ein gerichtliches Verschulden kommt es dabei nicht an.292
285 H/B/C/S, § 13 Rz. 15; Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 31. 286 So: BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff für die Zuschlagsversagung nach § 85a beim Gesamtausgebot. 287 Steffen, ZfIR 2013, 109, 111. 288 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = Rpfleger 2007, 95 = ZfIR 2007, 147 m. Anm. Böttcher. 289 So aber OLG Hamm v. 16.12.1971 – 15 a W 578/71, Rpfleger 1972, 149. 290 OLG Celle v. 7.8.1989 – 4 W 207/89, Rpfleger 1989, 471. 291 So aber OLG Köln v. 31.3.1971 – 2 W 18/71, OLGZ 1972, 62 = Rpfleger 1971, 326 m. abl. Anm. Stöber. 292 Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 31.
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§ 63 Rz. 157 Ausgebot mehrerer Grundstücke 157
Im Ergebnis ist also der h.M. zuzustimmen, wenn sie hinsichtlich der verbliebenen Einzelausgebote einen Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 2 (direkt oder analog) für gegeben ansieht.293 (IV.) Heilung
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Der Mangel kann dann aber nach § 84 geheilt werden. So ist niemand beeinträchtigt, wenn der Zuschlag, wäre keine Einstellung nach dem Ende der Bietzeit erfolgt, ohnehin auf die Einzelausgebote erteilt worden wäre.294 Der Wegfall des Gesamtausgebots bleibt hier folgenlos. Hiergegen wird vorgebracht, dass womöglich die Versteigerung zufolge der Einstellung gar nicht zu Ende geführt worden und das Ergebnis also nicht letztverbindlich sei.295 Der Einwand geht fehl, denn es geht ja um eine Einstellungsbewilligung nach Ende der (für alle Ausgebotsarten einheitlichen) Bietzeit, wenn das Versteigerungsergebnis bereits feststeht.
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Ebenso ist niemand beeinträchtigt, wenn die Einstellung für alle Verfahren bis auf eines bewilligt wird,296 sofern der Bestbetreibende hinsichtlich der anderen Grundstücke der einzige Betreibende war, der dem geringsten Gebot zugrunde gelegt werden konnte. Dies zeigt der Vergleich mit einer Einstellung noch während der laufenden Bietzeit, s. Rz. 114.
160
Schließlich kann Heilung des Mangels auch dadurch erfolgen, dass die Beteiligten (auch der Schuldner) das Verfahren genehmigen.297
§ 64 [Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek] (1) Werden mehrere Grundstücke, die mit einer dem Anspruche des Gläubigers vorgehenden Gesamthypothek belastet sind, in demselben Verfahren versteigert, so ist auf Antrag die Gesamthypothek bei der Feststellung des geringsten Gebots für das einzelne Grundstück nur zu dem Teilbetrag zu berücksichtigen, der dem Verhältnis des Wertes des Grundstücks zu dem Wert der sämtlichen Grundstücke entspricht; der Wert wird unter Abzug der Belastungen berechnet, die der Gesamthypothek im Range vorgehen und bestehen bleiben. Antragsberechtigt sind der Gläubiger, der Eigentümer und jeder dem Hypothekengläubiger gleich- oder nachstehende Beteiligte. (2) Wird der im Absatz 1 bezeichnete Antrag gestellt, so kann der Hypothekengläubiger bis zum Schluß der Verhandlung im Versteigerungstermin verlangen, daß bei der Feststellung des geringsten Gebots für die Grundstücke nur die seinem Anspruch vorgehenden Rechte berücksichtigt werden; in diesem Fall sind die Grundstücke auch mit der verlangten Abweichung auszubieten. Erklärt sich nach erfolgtem Ausgebot der Hypothekengläubiger der Aufforderung des Gerichts ungeachtet nicht darüber, welches Ausgebot für die Erteilung des Zuschlags maßgebend sein soll, so verbleibt es bei der auf Grund des Absatzes 1 erfolgten Feststellung des geringsten Gebots. (3) Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn die Grundstücke mit einer und derselben Grundschuld oder Rentenschuld belastet sind. 293 294 295 296
Böttcher, § 63 ZVG Rz. 16; Eickmann/Böttcher, § 23 IV.2 c); Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 31. OLG Celle v. 7.8.1989 – 4 W 207/89, Rpfleger 1989, 471; Hk-ZV/Stumpe, § 63 ZVG Rz. 22. Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 31. Böttcher, § 63 ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 16; a.A. OLG Hamm v. 16.12.1971 – 15 a W 578/71, OLGZ 1972, 312 = Rpfleger 1972, 149. 297 Stöber/Gojowczyk, § 63 ZVG Rz. 31.
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Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
A. Normzweck und Kritik . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . C. Voraussetzungen für den Verteilungsantrag nach Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . I. Gesamtgrundpfandrecht . . . . . . . . . . 1. Gesamthypothek, Gesamtgrundschuld, Gesamtrentenschuld . . . . . . . . . . . . . 2. Analoge Anwendung . . . . . . . . . . . . . a) Persönliche Ansprüche . . . . . . . . . b) Andere Gesamtrechte? . . . . . . . . . . II. Lastend an mehreren Grundstücken . . III. Bestehen bleibend . . . . . . . . . . . . . . IV. Einzelausgebote . . . . . . . . . . . . . . . V. Antrag nach Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Antragsberechtigte . . . . . . . . . . . . b) Nicht Antragsberechtigte . . . . . . . . c) Inhaber des Gesamtgrundpfandrechts aa) Ausschluss nur in dieser Rolle . . bb) Alternativen . . . . . . . . . . . . . 3. Form, Zeitpunkt, Widerruflichkeit . . . . a) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gültigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mehrere Anträge . . . . . . . . . . . . . . . D. Gerichtliches Verfahren nach Antrag gem. Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Keine Zustimmung Dritter, kein gerichtliches Ermessen . . . . . . . . . . . II. Durchführung der Verteilung in Relation des Einzelwerts zum Gesamtwert . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelwertermittlung . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechte in Abt. II . . . . . . . . . . . bb) Rentenschulden . . . . . . . . . . . cc) Grundschulden/Hypotheken . . . dd) Mehrere Gesamtgrundpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Folge wertausschöpfender Belastung einzelner oder aller Grundstücke . . . 3. Berechnung der anteiligen Grundpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verteilung des Gesamtgrundpfandrechts . 5. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufforderung zur Abgabe von Geboten bis Ende der Bietzeit . . . . . . . . . . . . IV. Zuschlagsentscheidung . . . . . . . . . . .
Rz. 1 5 6 6 6 7 7 8 9 10 11 12 12 13 14 14 15 15 16 18 18 19 20 21 22 23
E. I. 1. 2. 3. 4.
II. 1.
2.
3.
24 24 25 25 26 26 28 28 29 30 31 32 34 37 37 39 40
III. 1.
§ 64
Gegenantrag nach Abs. 2 . . . . . . . . . . Der Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt, Form, Widerruf . . . . . . . . . Weitere Voraussetzungen . . . . . . . . . . a) Verteilung nach Abs. 1 . . . . . . . . . . b) Keine Zustimmung, kein Ermessen . . Gerichtliches Verfahren . . . . . . . . . . . Neue Feststellung weiterer Einzelausgebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Doppelausgebot . . . . . . . . . . . . . . aa) Zusätzliche Ausgebotsform . . . . bb) Durchbrechung des Übernahmeprinzips, nicht des Deckungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausnahme: Absehen vom Doppelausgebot . . . . . . . . . . . b) Gesamtgläubiger als Bestbetreibender zu behandeln? . . . . . . . . . . . . . . . Vorliegen mehrerer Gegenanträge . . . . . a) Gegenantrag Gleichrangiger . . . . . . b) Gegenanträge durch besser- und schlechterrangigen Gesamtgläubiger . c) Gegenanträge bei unterschiedlichen Rangverhältnissen . . . . . . . . . . . . . Bietzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gleichzeitigkeit aller Ausgebote . . . . b) Erhöhung des geringsten Gebots im Gesamtausgebot nach § 63 Abs. 3 S. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz für Gesamtausgebot neben Ausgeboten nach Abs. 2 . . bb) Kritik an der h.M. . . . . . . . . . . c) Einheitlicher Schluss der Versteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nach dem Schluss der Versteigerung . . Wahlrecht des Gesamtgläubigers . . . . . . a) Gerichtliche Aufforderung . . . . . . . b) Keine Einschränkungen des Wahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Frist und Form für Ausübung des Wahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausschließlich bei Anhörung über den Zuschlag? . . . . . . . . . (1) H.M.: Der Abwesende ist präkludiert . . . . . . . . . . . . . . (2) Gegenmeinung: Kein gesetzlicher Ausschluss . . . . . . . . . . . . . . (3) Bedenkfrist auch für anwesende Gesamtgläubiger . . . . . . . . . . (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Früherer Zeitpunkt . . . . . . . . . d) Folgen der Ausübung des Wahlrechts .
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Rz. 42 42 42 43 44 47 47 48 49 49 49 49 50 51 52 53 54 55 56 57 57 58 58 59 60 61 61 61 62 63 63 63 64 66 67 68 69
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§ 64 Rz. 1 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek Rz. e) Folgen der Nichtausübung des Wahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . f) Widerruflichkeit? . . . . . . . . . . . . g) Mehrere Wahlberechtigte . . . . . . . aa) Gleichrangige Gesamtrechtsgläubiger haben Antrag nach Abs. 2 gestellt . . . . . . . . . . . bb) Vor- und nachrangiger Gesamtgläubiger haben Antrag nach Abs. 2 gestellt . . . . . . . . . . . (1) Der Rangbessere hat das erste Wahlrecht . . . . . . . . . . . . . .
. 70 . 71 . 72 . 72 . 73
Rz. (2) Ggf. danach Wahlrecht des Nachrangigen . . . . . . . . . . . . cc) Unterschiedliche Rangverhältnisse an den betroffenen Grundstücken . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuschlagsentscheidung . . . . . . . . . . . . a) Ausübung des Wahlrechts . . . . . . . . b) Vergleich mit Gesamtausgebot . . . . . c) § 83 Nr. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 76 77 77 78 79 81
. 74
Literatur: Drischler, Das geringste Gebot in der Zwangsversteigerung, RpflJB 1960, 347; Drischler, Gesetzliche und abgeänderte Versteigerungsbedingungen in der Immobiliarvollstreckung, RpflJB 1974, 335; Lersch, Das Gesamtausgebot im Reichszwangsversteigerungsgesetz, Gruchot Jg. 51, 335 und 449; Storz, Nochmals – Änderung der Versteigerungsbedingungen während der Bietstunde, ZIP 1982, 416.
A. Normzweck und Kritik 1
Bestehen bleibende Gesamtgrundpfandrechte sind wegen § 1132 BGB im Falle von Einzelausgeboten bei jedem einzelnen Grundstück in voller Höhe anzusetzen, dies kann die Verwertbarkeit im Einzelausgebot beeinträchtigen1 oder gar vereiteln,2 in jedem Fall werden die Bargebote niedriger ausfallen.3 Die Berücksichtigung des Gesamtrechts an jedem der in Einzelausgeboten versteigerten Grundstücke benachteiligt die gleich- und nachrangigen Beteiligten, denen nur die ungewisse Hoffnung auf einen künftigen Zuzahlungsbetrag bliebe.4 Der Antrag nach Abs. 1 bereitet hier den Weg, sogar gegen den Willen des Gesamtgrundpfandrechtsgläubigers die Gesamtbelastung in wirtschaftlich sinnvolle Teilrechte auf die einzelnen Grundstücke zu zerlegen. So ist auch hier möglich, durch Einzelausgebote ein optimales Versteigerungsergebnis zu erlangen.5
2
Der Gläubiger des Gesamtgrundpfandrechts kann diese Verteilung weder (in dieser Rolle) beantragen noch kann er sie verhindern; er kann aber zuvor das Gesamtrecht nach § 1132 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 875 ff. BGB verteilen oder alternativ für jedes Grundstück einen Teilverzicht nach §§ 1168, 175 BGB erklären. Ist ein Antrag nach Abs. 1 gestellt, kann er den Gegenantrag nach Abs. 2 stellen, wonach im geringsten Gebot nur die ihm vorgehenden Belastungen aufzunehmen sind. Dann erfolgen Doppelausgebote, die für den Zuschlag maßgebliche Ausgebotsform steht allein zur Wahl des Gläubigers, der den Gegenantrag gestellt hat. Damit wird dieser Gläubiger vor der Zerschlagung seiner Gesamtberechtigung nach § 1132 BGB geschützt, er muss nicht tatenlos hinnehmen, dass ihm an Stelle seines Gesamtrechts nurmehr Einzelrechte verbleiben.6
3
Eine von Abs. 1 abweichende Verteilung kann als abweichende Versteigerungsbedingung mit Zustimmung aller Beeinträchtigten nach § 59 ZVG erfolgen, solange noch kein Antrag nach § 64 gestellt ist, vgl. Rz. 17. 1 Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 2; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 1. 2 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 1; Eickmann/Böttcher, § 24 I.1; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 27; Nußbaum, § 34 II, S. 257. 3 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 1. 4 Eickmann/Böttcher, § 24 I.1. 5 Stöber, Hdb. Rz. 384. 6 Morvilius, Rz. 276; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 37.
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Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
Rz. 7 § 64
Die Vorschrift hat in der Praxis keine nennenswerte Bedeutung.7 Das ist zu begrüßen, weil sie in unterschiedlicher Weise die Rechtsposition einzelner Beteiligter gefährdet: Dem Gläubiger eines bestehen bleibenden Gesamtgrundpfandrechts wird eine Verteilung seines Rechts aufgenötigt, dadurch wird sein Zugriff auf die Pfandobjekte beschränkt. Stellt er seinerseits den Gegenantrag, so ist die Auswahl des zuschlagsfähigen Meistgebots in sein Belieben gestellt, wodurch er nachrangige Gläubiger schädigen kann. Es drohen Bietmanipulationen zum Nachteil von Beteiligten.8 Diesem Wirrwarr9 an Ausgebotsarten mit verwickelten und schwierigen Prozeduren geht der Realkredit tunlichst aus dem Weg.
4
B. Anwendungsbereich § 64 als Folgeregelung des § 63 ist wie jene Norm auf alle Versteigerungsverfahrensarten anzuwenden, in denen mehrere Grundstücke gemeinsam (§ 18) versteigert werden,10 also auch für die Versteigerung von Grundstückbruchteilen und grundstücksgleichen Rechten.11
5
C. Voraussetzungen für den Verteilungsantrag nach Abs. 1 I. Gesamtgrundpfandrecht 1. Gesamthypothek, Gesamtgrundschuld, Gesamtrentenschuld Eine Verteilung nach § 64 ist nur für Gesamthypotheken (Abs. 1 S. 1) sowie Gesamtgrundschulden und -rentenschulden (Abs. 3) vorgesehen. Hieran fehlt es, wenn der Rechtsinhaber diese Gesamtbelastung verteilt (§ 1132 Abs. 2 BGB) oder teilweise darauf verzichtet (§§ 1168, 1175 BGB) hat und dies bei Eintragung des ZVG-Vermerks grundbuchersichtlich war oder wenn es rechtzeitig vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten nachgewiesen wird, vgl. Rz. 16, eine Verteilung nach § 64 ist dann nicht mehr möglich.12
6
2. Analoge Anwendung a) Persönliche Ansprüche Analog ist die Norm auf (ausnahmsweise) ins geringste Gebot fallende persönliche Ansprüche in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 anzuwenden.13 Hier kann zwar der persönliche Gläubiger nicht selbst nach § 1132 BGB verteilen, der Schutz der nachrangigen Gläubiger gebietet aber auch hier eine analoge Anwendung von § 64.14
7 So schon Nußbaum, Deutsches Hypothekenwesen, § 29, S. 172 (der dies dem Geschick der Versteigerungsrichter zuschreibt, eine Willensübereinstimmung der Beteiligten herbeizuführen). 8 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 3; Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 22. 9 So Nußbaum, § 34 IV, S. 259. 10 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 4; Eickmann/Böttcher, § 24 I.2 a. 11 Morvilius, Rz. 270; Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 3. 12 Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 12; Storz/Kiderlen, ZV, D 2.6.2.1. 13 AG Gemünd (Eifel) v. 3.9.1956 – 6 K 20/55, Rpfleger 1957, 88 m. zust. Anm. Drischler; Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 5. 14 Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 5.
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§ 64 Rz. 8 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek b) Andere Gesamtrechte? 8
Für andere Gesamtrechte (wie Gesamtreallasten) soll § 64 nicht anzuwenden sein.15 Daran werden in jüngerer Zeit Bedenken laut.16 Nach einer im Vordringen begriffenen Meinung soll eine Gesamtreallast vom Berechtigten nach § 1132 Abs. 2 BGB beliebig verteilt können;17 dann erschließt sich nicht, wieso nicht im Interesse der Nachrangigen auch eine analoge Anwendung von § 64 erwogen werden darf. Freilich kann es, sofern die Gesamtreallast Dienstoder Sachleistungen umfasst, an der Aufteilbarkeit fehlen.18 Statt einer Verteilung nach § 64 kann eine Aufteilung als abweichende Versteigerungsbedingung nach § 59 unter den dortigen Voraussetzungen erfolgen.19
II. Lastend an mehreren Grundstücken 9
Das Gesamtgrundpfandrecht muss auf mehreren, nicht zwangsläufig auf allen im verbundenen Verfahren (§ 18) zu versteigernden Grundstücken lasten.20 Unschädlich ist, wenn das Gesamtrecht noch auf weiteren außer den zu versteigernden Grundstücken lastet.21
III. Bestehen bleibend 10
Das Gesamtgrundpfandrecht muss an mehreren Grundstücken als bestehen bleibend ins geringste Gebot fallen. Abs. 1 S. 1 spricht davon, dass mehrere Grundstücke mit einer dem Bestbetreibenden vorgehenden Gesamthypothek belastet sind. Daran fehlt es, wenn das Gesamtgrundpfandrecht nur an einem Grundstück bestehen bleibt und an den übrigen Grundstücken erlischt (etwa weil es unterschiedliche bestbetreibende Gläubiger gibt, vgl. § 63 Rz. 92, 99).22 Bleibt das Gesamtgrundpfandrecht an mehreren, aber nicht allen Grundstücken bestehen, ist eine Verteilung auf diese mehreren Grundstücke vorzunehmen, denn nach dem Übernahmeprinzip und dem Deckungsgrundsatz ist das volle Gesamtrecht im geringsten Gebot zu berücksichtigen.
IV. Einzelausgebote 11
Es müssen Einzelausgebote stattfinden.23 Auf Gruppenausgebote, die im Verhältnis zum Gesamtausgebot wie Einzelausgebote zu behandeln sind, ist die Norm analog anwendbar (etwa
15 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; H/B/C/S, § 12 Rz. 1; Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 3; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 32; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 4. 16 Morvilius, Rz. 275; zweifelnd auch Eickmann/Böttcher, § 24 I.2 a. 17 So Staudinger/Jörg Mayer (2009), § 1107 BGB Rz. 9; wohl auch jurisPK-BGB/Otto, 7. Aufl. 2014, § 1107 BGB Rz. 27; a.A. Palandt/Herrler, § 1107 BGB Rz. 1 m.w.N. 18 Morvilius, Rz. 275. 19 H/B/C/S, § 12 Rz. 1. 20 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 3; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 32; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 7. 21 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 9; H/B/C/S, § 12 Rz. 16; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 32. 22 Muth, Anm. zu OLG Hamm Rpfleger 1987, 468; ders., Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 36. 23 Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 4; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 3; Morvilius, Rz. 270; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 7.
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Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
Rz. 15 § 64
wenn Bruchteilseigentum an mehreren Grundstücken besteht und die einzelnen Grundstücke (statt einzelner Bruchteile daran) ausgeboten werden sollen).24 Ob daneben auch ein Gesamtausgebot erfolgt, ist unerheblich.25
V. Antrag nach Abs. 1 1. Allgemein Die Verteilung eines Gesamtgrundpfandrechts erfolgt nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag;26 das Gericht kann einen Antrag aber anregen.27
12
2. Antragsrecht a) Antragsberechtigte … alle betreibenden Gläubiger, der Eigentümer des Grundstücks sowie jeder dem Bestbetreibenden gleich- oder nachrangige Beteiligte, Abs. 1 S. 2. Antragsberechtigt ist auch der Schuldner.28 Steht das Eigentum oder ein (dem Gesamtrecht gegenüber nachrangiges) Recht am Grundstück mehreren zu, ist jeder von ihnen antragsberechtigt, ohne dass es der Zustimmung des Miteigentümers/Mitberechtigten bedürfte, denn das Gesetz stellt allein auf die Beteiligtenstellung nach § 9 ab.
13
b) Nicht Antragsberechtigte – nach dem Gesetzeswortlaut die dem Gesamtgläubiger vorgehenden Beteiligten. – weiter die Mieter und Pächter, denen ja kein rangfähiges Recht am Grundstück zusteht.29 – aus dem gleichen Grund auch Beteiligte, die ein der Zwangsvollstreckung entgegenstehendes Recht geltend machen.
14
c) Inhaber des Gesamtgrundpfandrechts aa) Ausschluss nur in dieser Rolle Der Gesamtrechtsinhaber kann – in dieser Eigenschaft – keinen Antrag nach Abs. 1 (und 3) stellen.30 Er ist aber nicht schlechterdings ausgeschlossen, sondern bleibt antragsberechtigt, sofern ihm ein gleich- oder nachrangiges weiteres Recht am Grundstück zusteht,31 gleiches gilt, wenn er der Eigentümer32 oder Vollstreckungsschuldner ist.
24 25 26 27 28 29 30 31 32
H/B/C/S, § 12 Rz. 5. Unklar Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 4; Knees, E.V., S. 116. Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; Stöber, Hdb. Rz. 384. Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 5; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 3; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 7. Nußbaum, § 34 I, S. 257. Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 6. Eickmann/Böttcher, § 24 I.2 b); Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 7; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 29; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.6.2.1. AG Hamburg v. 5.6.2007 – 71b K 26 bis 28/2003 (nicht veröffentlicht); Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 4; Stöber, Hdb. Rz. 384, Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 9. Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 6.
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§ 64 Rz. 16 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek bb) Alternativen 16
Der Inhaber des Gesamtgrundpfandrechts kann im Übrigen das Recht nach § 1132 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 875 ff. BGB verteilen, wofür Erklärung und Grundbucheintragung erforderlich sind. Die gleiche Folge kann er durch einen Teilverzicht nach §§ 1168, 175 BGB herbeiführen. In beiden Fällen muss er die Grundbucheintragung betreffend die erfolgte Verteilung bzw. den Teilverzicht nachweisen, Antragstellung genügt nicht.33 Der Nachweis muss rechtzeitig, nämlich vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten, erfolgen.34 Nach der Gegenmeinung soll die Verteilung bis zum Schluss der Versteigerung nachgewiesen werden können.35 Dies wäre aber systemwidrig, da mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten die Versteigerungsbedingungen (und also auch die zu übernehmenden Belastungen) feststehen sollen. Erfolgt der Nachweis verspätet, bleibt das bisherige geringste Gebot hiervon unberührt.36
17
Eine andere Verteilung des Grundpfandrechts kann als abweichende Versteigerungsbedingung nach § 59 unter den dortigen Voraussetzungen erfolgen, aber nur, solange noch kein Verteilungsantrag nach § 64 gestellt ist, denn dieser geht als lex specialis vor.37 3. Form, Zeitpunkt, Widerruflichkeit a) Form
18
Für die Antragstellung ist keine Form vorgeschrieben, der Antrag kann also im Termin oder in einem Vortermin nach § 62 zu Protokoll des Gerichts, zuvor zu Protokoll der Geschäftsstelle oder aber auch schriftlich gestellt werden.38 b) Zeitpunkt
19
Zulässig ist der Antrag nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten.39 Nach der Gegenmeinung kann der Antrag bis zum Ende der Bietzeit gestellt werden;40 diese Auffassung steht nach der Gesetzesreform von 1998 im Widerspruch zur Wertung des Gesetzgebers, wie sie in § 59 Abs. 1 S. 1 und § 63 Abs. 2 zum Ausdruck kommt: Das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen sollen mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten feststehen, dann also nicht mehr geändert werden können. Das Fehlen einer gesetzlichen Regelung analog § 63 Abs. 2 dürfte auf einem Versehen des Gesetzgebers und nicht auf seiner bewussten Entscheidung für eine andere Vorgehensweise beruhen.41
33 Drischler, RpflJB 1974, 335 (350 Fn. 43). 34 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; Eickmann/Böttcher, § 24 I.1; Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 14; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 36. 35 Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 28; Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 28; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.6.1; Stöber, Hdb. Rz. 387 und Stöber, 19. Aufl., § 64 ZVG Rz. 5.3; unklar Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 40: „spätestens im Versteigerungstermin“. 36 Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 36. 37 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 1; Drischler, RpflJB 1974, 335, 354; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 28; Nußbaum, § 34 IV, S. 260; Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 2; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 17. 38 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 7. 39 LG Krefeld v. 24.2.1987 – 6 T 395/86, Rpfleger 1987, 323; Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; H/B/C/S, § 12 Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 8; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 10; Eickmann/Böttcher, § 24 I.2 c). 40 Drischler, RpflJB 1960, 347; Jaeckel/Güthe, § 64 ZVG Rz. 10; Korintenberg/Wenz, § 64 ZVG Anm. II 3; Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 11; Storz, ZIP 1982, 416; Storz/Kiderlen, ZV, D 2.6.2.1. 41 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 8.
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Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
Rz. 24 § 64
Ein verspäteter Antrag ist zurückzuweisen, diese Entscheidung ist nicht gesondert anfechtbar.42 Nach anderer Auffassung ist ein verspäteter Antrag unbeachtlich.43 c) Rücknahme Zurückgenommen werden kann der Antrag ebenfalls nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten.44 Vertreten wurde früher auch, dass die Rücknahme bis zum Schluss der Versteigerung erfolgen könne,45 oder doch so lange, wie noch keine Gebote auf die beantragte Abweichung abgegeben worden seien.46 Dem kann aus den unter Rz. 19 genannten Gründen nicht mehr gefolgt werden.
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d) Gültigkeit Der Antrag gilt nur für den Termin, für den er gestellt ist, danach ist er prozessual überholt.47
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4. Zulässigkeit Der Antrag ist bzw. wird unzulässig, wenn der Gesamtgläubiger eine Verteilung nach § 1132 Abs. 2 BGB vorgenommen oder hinsichtlich der einzelnen Grundstücke einen Teilverzicht bewirkt hat, § 1168, 1175 BGB.48 Dazu siehe oben Rz. 16.
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5. Mehrere Anträge Gibt es mehrere bestehen bleibende Grundpfandrechte, so können einzelne, mehrere oder alle von ihnen verteilt werden, je nach Inhalt des Antrags bzw. der Anträge.49
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D. Gerichtliches Verfahren nach Antrag gem. Abs. 1 I. Keine Zustimmung Dritter, kein gerichtliches Ermessen Dem zulässig gestellten Antrag muss das Gericht entsprechen, ihm bleibt insoweit kein Ermessen. Die Zustimmung eines anderen Beteiligten ist nicht erforderlich.50 Namentlich der Gesamtgrundpfandrechtsgläubiger selbst kann den Antrag nicht verhindern.51
42 LG Krefeld v. 24.2.1987 – 6 T 395/86, Rpfleger 1987, 323; Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2. 43 Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 5. 44 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 8; Morvilius, Rz. 270; Storz/Kiderlen, D.2.6.2.1; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 11; Stöber Hdb. Rz. 384. 45 Jaeckel/Güthe, § 64 ZVG Rz. 10; Korintenberg/Wenz Anm. II 3. 46 Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 12. 47 H/B/C/S, § 12 Rz. 9. 48 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; Eickmann/Böttcher, § 24 I.1; Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 14; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 12. 49 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 10; H/B/C/S, § 12 Rz. 14; Morvilius, Rz. 271; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 8; Stöber, Hdb. Rz. 386. 50 Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 10; Storz/Kiderlen, ZV, D 2.6.2.1. 51 Eickmann/Böttcher, § 24 I.1; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 10; Nußbaum, § 34 II; Storz/Kiderlen, D.2.6.2.1.
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§ 64 Rz. 25 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
II. Durchführung der Verteilung in Relation des Einzelwerts zum Gesamtwert 1. Grundsatz 25
Infolge des Antrags nach Abs. 1 werden die geringsten Gebote bei den Einzelausgeboten neu festgesetzt. Das Gesamtgrundpfandrecht (mit Haupt- und Nebenforderungen) ist auf die zu versteigernden Grundstücke zu verteilen, an denen es lastet und bestehen bleibt. Es wird also bei jedem betroffenen Einzelausgebot nur in Höhe eines Teilbetrags im geringsten Gebot berücksichtigt. Dieser Teilbetrag entspricht dem Verhältnis des Einzelwerts dieses Grundstücks zum Gesamtwert aller betroffenen Grundstücke, Abs. 1 S. 1, 1 HS. 2. Einzelwertermittlung a) Allgemeines
26
Auszugehen ist vom festgesetzten Verkehrswert nach § 74a Abs. 5.52 Von diesem Wert sind die dem Gesamtrecht vorgehenden, bestehen bleibenden Belastungen abzuziehen, Abs. 1 S. 1, 2. HS.53 Auch ein nur aufgrund abweichender Versteigerungsbedingungen bestehen bleibendes Recht ist mit zu berücksichtigen; ein nach § 59 erlöschendes Recht abzuziehen.54 Bedingte und durch Vormerkung oder Widerspruch gesicherte Rechte werden wie unbedingte und endgültig eingetragene Rechte, nicht verteilte Gesamtbelastungen werden bei jedem Grundstück in voller Höhe berücksichtigt.55 Die Verfahrenskosten, auch soweit sie sich einzelnen Grundstücken zuordnen lassen, und die ins geringste Gebot fallenden Ansprüche nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 bleiben unbeachtet, denn diese Beträge bleiben ja nicht bestehen.
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Die Restwerte, die man auf diese Weise erhält, können als die wirtschaftliche Grundlage der Gesamthypothek gelten; die Verteilung geschieht deshalb im Verhältnis dieser Restwerte.56 b) Einzelfälle aa) Recht in Abt. II
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Bei vorrangigen Belastungen in Abt. II ist der Zuzahlungsbetrag nach §§ 50, 51 maßgeblich.57 bb) Rentenschulden
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Bei Rentenschulden ist die Ablösesumme anzusetzen.58 Soweit gleiches für die nach landesrechtlichen Vorschriften gemäß dem Vorbehalt in Art. 113 EGBGB ablösbaren Dienstbarkeiten und Reallasten gelten soll,59 kann dem nicht gefolgt werden, weil diese Ablösesumme dem Ersatzbetrag nach § 92 und nicht dem Zuzahlungsbetrag nach §§ 50, 51 entspräche.
52 Nun allg. M., vgl. Böttcher, § 64 ZVG Rz. 3; Stöber, 21. Aufl., § 64 ZVG Rz. 4.8 (der sich mit der veralteten Gegenmeinung auseinandersetzt); Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 19. 53 Falsch daher Knees, E. V, S. 116 (auch erlöschende Vorlasten seien abzuziehen). 54 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 13. 55 Jaeckel/Güthe, §§ 63, 64 ZVG Rz. 12. 56 Nußbaum, § 34 II (S. 257). 57 Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 19. 58 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 3; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 19. 59 Eickmann/Böttcher, § 24 I.3 c).
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Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
Rz. 34 § 64
cc) Grundschulden/Hypotheken Bei vorgehenden Grundschulden und Hypotheken ist der Kapitalbetrag anzusetzen, nicht die Zinsen und Nebenleistungen,60 denn die dort aufgelaufenen Beträge bleiben nicht bestehen. Bei vorgehenden Gesamtgrundpfandrechten kommt es darauf an, ob diese ihrerseits verteilt werden; sonst sind sie an jedem betroffenen Grundstück in voller Höhe zu berücksichtigen.61
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dd) Mehrere Gesamtgrundpfandrechte Sind mehrere bestehen bleibende Gesamtgrundpfandrechte zu verteilen, ist mit dem rangbesten Recht zu beginnen, bei den nachrangigen Verteilungen ist dann jeweils nur der ermittelte Teilbetrag des besseren Rechts in die Berechnung aufzunehmen.62 Es bedarf also für jedes Gesamtgrundpfandrecht einer gesonderten Berechnung der Einzelgrundstückswerte.63
31
c) Folge wertausschöpfender Belastung einzelner oder aller Grundstücke Ist demnach eines der betroffenen Grundstücke bereits wertausschöpfend belastet, ergibt sich an diesem Grundstück dann kein Anteil an dem Gesamtrecht.64 Die Folgen sind streitig: Vertreten wird, dass dieses Grundstück an der Verteilung nicht teilnehme, sondern dort das Gesamtrecht in voller Höhe bestehen bleibe.65 Nach der Gegenmeinung ist das Recht an diesem Grundstück mit 0,00 Euro zu berücksichtigen; dass der Gläubiger von diesem Grundstück ganz abgedrängt werde, sei als gesetzliche Folge hinzunehmen.66 Diese letzte Meinung ist vorzugswürdig: Entfiele auf das betroffene Grundstück ein Wert von 0,01 Euro, wäre es auch nicht von der Verteilung ausgeschlossen, obwohl in die Rechte des Gesamtgläubigers in faktisch gleichem Maße eingegriffen würde.
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Sind alle oder alle bis auf ein Grundstück wertausschöpfend belastet, kann die Verteilung nicht erfolgen, der Antrag nach Abs. 1 ist dann als unzulässig zurückzuweisen.67
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3. Berechnung der anteiligen Grundpfandrechte Der Wert des einzelnen Rechts (anteiliges Grundpfandrecht) ist dann nach der Formel zu ermitteln: Anteiliges Grundpfandrecht = Gesamtgrundpfandrecht × Einzelwert/Gesamtwert.68 Der Gesamtwert entspricht dabei der Summe der Einzelwerte derjenigen Grundstücke, bei denen das Gesamtgrundpfandrecht ins geringste Gebot fällt und aufgeteilt wird, nicht der Gesamtwert der gemeinsam zu versteigernden Grundstücke. Wenn in Abs. 1 Satz 1 von „sämtlichen Grundstücken“ die Rede ist, bezieht sich dies auf die im ersten Teilsatz genannten mehreren Grundstücke, die mit einer dem Bestbetreibenden vorgehenden Gesamthypothek belastet sind und im selben Verfahren versteigert werden. 60 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 3; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 7. Stöber, Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 19; je auch zum Folgenden in diesem Absatz. 61 Dassler u.a./Hintzen; § 64 ZVG Rz. 13; H/B/C/S, § 12 Rz. 11; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 35. 62 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 3; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 8; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 16. 63 Berechnungsbeispiel siehe H/B/C/S, § 12 Rz. 15. 64 Eickmann/Böttcher, § 24 I.3 c); Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 16; Drischler, RpflJB 1974, 335, 348. 65 H/B/C/S, § 12 Rz. 13; wohl auch Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 33. 66 Jaeckel/Güthe, §§ 63, 64 ZVG Rz. 12. 67 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 16; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 9; Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 18; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 16. 68 Eickmann/Böttcher, § 24 I.3 b).
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§ 64 Rz. 35 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek 35
Eventuelle weitere mithaftende Grundstücke bleiben unbeachtet, unabhängig davon, ob sich die Zwangsversteigerung auf diese gar nicht bezieht oder ob das Gesamtrecht an diesen nicht ins geringste Gebot fällt; unpräzise ist daher die immer wieder anzutreffende Formulierung, dass die mit dem Gesamtgrundpfandrecht belasteten Grundstücke einzubeziehen seien, die in demselben Verfahren (§ 18) versteigert werden,69 oder dass das Recht zu dem Teilbetrag zu berücksichtigen sei, der dem Wert des Grundstücks zu dem Wert sämtlicher belasteten70 oder gar aller71 Grundstücke entspreche. Es kommt nicht allein auf die Belastung mit dem Recht an, sondern auch darauf, dass es sich um eine vorrangige Belastung handelt, siehe Rz. 10; nicht immer trifft man in verbundenen Verfahren gleichartige Rangverhältnisse und denselben bestbetreibenden Gläubiger an, dazu siehe § 63 Rz. 92 und 99. 4. Verteilung des Gesamtgrundpfandrechts
36
Zu verteilen nach vorstehender Berechnung ist nicht nur die Hauptforderung, sondern sind auch alle Zinsen und sonstigen Nebenleistungen sowie die Kosten.72 5. Rechtsfolge
37
Erfolgt eine Verteilung nach Abs. 1, dann wird das gewöhnliche Einzelausgebot dadurch verdrängt; ein Doppelausgebot einmal mit dem verteilten und einmal mit dem unverteilten Gesamtrecht sieht das Gesetz nicht vor.73 Erfolgt daneben auch ein Gesamtausgebot, bleibt dieses von der Verteilung unberührt, da das Gesamtrecht dort ohnehin nur einmal (in voller Höhe) berücksichtigt wird.74
38
Zufolge der Verteilung bleibt das Grundpfandrecht jeweils nur als Einzelbelastung mit dem aufgeteilten Betrag im geringsten Gebot des betreffenden Grundstücks, Abs. 1 S. 1, 1. HS. Das Gesamtrecht erlischt an diesem Grundstück hinsichtlich des übersteigenden Betrags nicht schon mit der Verteilung bei Feststellung des geringsten Gebots,75 sondern erst mit Zuschlag, sh. Rz. 41.
III. Aufforderung zur Abgabe von Geboten bis Ende der Bietzeit 39
Es gelten die gleichen Regeln wie bei unterschiedlichen Ausgeboten nach § 59 oder § 63: Ein Bieter muss genau bezeichnen, auf welches Ausgebot er bietet; die Bietzeit läuft für alle Grundstücke parallel, sie wird für alle Ausgebotsarten einheitlich beendet; wird auf Einzelausgebote ein das geringste Gebot übersteigendes Gebot abgegeben, erhöht sich nach § 63 Abs. 3 Satz 1 das geringste Gesamtausgebot um den Mehrbetrag.
IV. Zuschlagsentscheidung 40
Für die Zuschlagsentscheidung und einen eventuellen Vergleich zwischen Einzel- und Gesamtausgebot gelten die Ausführungen zu § 63 gleichermaßen, siehe dort Rz. 118. 69 So Böttcher, § 64 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 14; H/B/C/S, § 12 Rz. 16; Morvilius, Rz. 272; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 32; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 7. 70 So Eickmann/Böttcher, § 24 I.3 a). 71 So Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 6. 72 Stöber, Hdb. Rz. 384. 73 Eickmann/Böttcher, § 24 I.2 c); Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 10; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 33. 74 H/B/C/S, § 12 Rz. 18; Lersch, Gruchot 51, 335 ff. sw. 449 ff. 75 Jaeckel/Güthe, §§ 63, 64 ZVG Rz. 13.
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Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
Rz. 45 § 64
Mit Zuschlagserteilung auf Einzelausgebote nach Abs. 1 erlischt das Gesamtrecht an den versteigerten Grundstücken in Höhe der nicht im geringsten Gebot stehenden Beträge.76 Zwischen den Teilbeträgen an den zugeschlagenen Grundstücken besteht keine Gesamthaft mehr.77 Bei den nicht mitversteigerten oder nicht zugeschlagenen Grundstücken bleibt das Gesamtrecht bestehen, auch insoweit, als sich die Beträge mit den Teilrechten an den zugeschlagenen Grundstücken decken.78
41
E. Gegenantrag nach Abs. 2 I. Der Antrag 1. Antragsrecht Wenn ein Antrag nach Abs. 1 gestellt ist, kann der von der Aufteilung betroffene Gesamtgläubiger den Gegenantrag nach Abs. 2 stellen. Das Recht zum Gegenantrag besteht für den Gesamtgläubiger auch dann, wenn er selbst (in anderer Rolle, vgl. Rz. 15) den Antrag nach Abs. 1 gestellt hat.79 Wurden mehrere Gesamtgrundpfandrechte verteilt, ist jeder Gesamtgläubiger für sein Recht zum Gegenantrag nach Abs. 2 berechtigt, vgl. Rz. 53 ff.
42
2. Inhalt Das Verlangen ist darauf gerichtet, dass eine weitere Ausgebotsform der Grundstücke hinzukommt, nämlich ein Ausgebot, bei dem nur die diesem Gläubiger vorgehenden Rechte als bestehen bleibend vom Ersteher zu übernehmen sind, Abs. 2 S. 1 1. Halbsatz, wogegen das Gesamtgrundpfandrecht selbst und die ihm gleich- und nachrangigen Rechte erlöschen.80
43
3. Zeitpunkt, Form, Widerruf Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll des Gerichts bereits vor dem Versteigerungstermin oder in einem Vortermin (§ 62) oder im Versteigerungstermin gestellt werden.81 Der Antrag kann vor dem Versteigerungstermin für den Fall eines Antrags nach Abs. 1 gestellt werden, ohne dass dies als bedingter Antrag unzulässig wäre.82
44
Streitig ist, bis wann der Gegenantrag gestellt werden kann. Einigkeit besteht, dass entgegen dem Wortlaut der Antrag nicht „bis zum Schluss der Verhandlung im Versteigerungstermin“ im Sinne des § 75 gestellt werden kann. Nach wohl noch h.M. kann der Antrag bis vor dem Schluss der Bietstunde gestellt werden.83 Nach der Gegenansicht ist der Antrag bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten zu stellen.84 Letztere Ansicht ist vorzugswürdig, denn es geht um Änderungen von geringstem Gebot und Versteigerungsbedingungen, die nach der
45
76 77 78 79 80 81 82 83 84
Böttcher, § 64 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 19; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 9. Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 32, auch zum Folgenden. Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 19; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 9. AG Hamburg v. 5.6.2007 – 71b K 26 bis 28/2003 (nicht veröffentlicht); Jaeckel/Güthe, §§ 63, 64 ZVG Rz. 9. Eickmann/Böttcher, § 24 I.1. Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 23; H/B/C/S, § 12 Rz. 21; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 23. Nußbaum, § 34 III. Eickmann/Böttcher, § 24 II; H/B/C/S, § 12 Rz. 23; Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 167; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 11; Morvilius, Rz. 278; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 39; Stöber, Hdb. Rz. 387. Böttcher, § 64 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 22; Depré/Bachmann, § 64 ZVG Rz. 15; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 23; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.6.2.1.
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§ 64 Rz. 45 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek Wertung des aktuellen Gesetzgebers nur bis zur Aufforderung zur Gebotsabgabe beantragt werden können (siehe Rz. 19). 46
Der Gegenantrag kann zurückgenommen werden, aber nach hier vertretener Ansicht gleichfalls nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten.85 4. Weitere Voraussetzungen a) Verteilung nach Abs. 1
47
Der Antrag nach Abs. 2 steht und fällt damit, dass ein Ausgebot nach Abs. 1 beantragt ist. Wird der Verteilungsantrag nach Abs. 1 nicht gestellt oder wird er zurückgewiesen oder (rechtzeitig) zurückgenommen, wird auch ein Antrag nach Abs. 2 gegenstandslos.86 b) Keine Zustimmung, kein Ermessen
48
Der Gegenantrag bedarf nicht der Zustimmung von Beteiligten.87 Das Gericht hat kein Ermessen, ob des dem Antrag stattgeben will.88
II. Gerichtliches Verfahren 1. Neue Feststellung weiterer Einzelausgebote a) Doppelausgebot aa) Zusätzliche Ausgebotsform 49
Wird der Gegenantrag nach Abs. 2 gestellt, hat das Gericht weitere geringste Gebote für die betreffenden Einzelausgebote der Grundstücke aufzustellen, in denen nur die dem Gesamtgrundpfandrecht vorgehenden Ansprüche als bestehen bleibend berücksichtigt werden. Das jeweilige Grundstück wird dann im Doppel- bzw. Mehrfachausgebot versteigert. bb) Durchbrechung des Übernahmeprinzips, nicht des Deckungsprinzips
50
Durchbrochen wird damit freilich nur das Übernahmeprinzip, nicht auch der Deckungsgrundsatz. Zwar sind die erlöschenden Rechte nicht ins Mindestbargebot der geringsten Gebote aufzunehmen, denn es lässt sich ja nicht absehen, in welcher Größe das Gesamtrecht bei dem einzelnen Grundstück in Anspruch genommen wird. Die Ansprüche des Gesamtgläubigers und der zu seinem Recht gleich- und nachrangigen Ansprüche sind aber durch § 83 Nr. 3 geschützt, siehe nachfolgend Rz. 79. cc) Ausnahme: Absehen vom Doppelausgebot
51
Der Gesamtgläubiger kann auch von vornherein erklären, dass allein das Ausgebot nach Abs. 2 für die Zuschlagsentscheidung maßgeblich sein soll. In diesem Falle wäre ein Ausgebot nach Abs. 1 zwecklos und kann daher unterbleiben.89 85 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 22, a.A. Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 39 und 31 (unter Darlegung des Streitstandes). 86 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 21; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 11; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M 39; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.6.2.1. 87 Storz/Kiderlen, ZV, D.2.6.2.1. 88 Drischler, RpflJB 1974, 335, 351; H/B/C/S, § 12 Rz. 22; Morvilius, Rz. 277. 89 Nußbaum, § 34 III 2; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 29.
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Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
Rz. 56 § 64
b) Gesamtgläubiger als Bestbetreibender zu behandeln? Die häufig anzutreffende Formulierung, der Gesamtgläubiger werde nun zum bestbetreibenden Gläubiger,90 oder er sei wie der Bestbetreibende zu behandeln,91 ist mindestens unpräzise: Der Gesamtberechtigte kann nicht durch eine Einstellungsbewilligung den Zuschlag verhindern, die ihm Nachrangigen sind nicht zur Ablösung seines Rechts befugt. An der Rolle des Bestbetreibenden ändert sich nichts, normiert ist allein die Durchbrechung des Übernahmegrundsatzes (§ 52 Abs. 1). Abs. 2 bildet nicht etwa die Grundlage zur Berechnung eines besonderen geringsten Gebots mit der Fiktion, als sei der Gesamtgläubiger der Bestbetreibende, vielmehr teilt die Norm nur das nach Abs. 1 festgesetzte geringste Gebot in zwei Teile, von denen der zweite ausnahmsweise bar zu zahlen ist, wie sich aus § 83 Nr. 3 ergibt.92
52
2. Vorliegen mehrerer Gegenanträge Sind mehrere Gesamtgrundpfandrechte verteilt worden, ist jeder der betroffenen Berechtigten für sein Recht zum Gegenantrag berechtigt. So kann es dazu kommen, dass für mehrere Gesamtgrundpfandrechte der Gegenantrag nach Abs. 2 gestellt wird. Welche Ausgebote daraufhin erfolgen, wird in der Literatur, soweit ersichtlich, bisher nicht behandelt.
53
a) Gegenantrag Gleichrangiger Unproblematisch ist der Fall, dass der Gegenantrag von Gleichrangigen gestellt wird, da dann nur die diesen gleichrangigen Gesamtrechten vorrangigen Belastungen bestehen bleiben.
54
b) Gegenanträge durch besser- und schlechterrangigen Gesamtgläubiger Ist von den zu verteilenden Rechten, auf die sich die Gegenanträge beziehen, eines an allen Grundstücken vorrangig, ist ein dreifaches Ausgebot jedes betroffenen Einzelgrundstücks durchzuführen: aa) Ausgebot nach Abs. 1, beide Gesamtrechte werden mit verteilten Einzelbeträgen in den Einzelausgeboten berücksichtigt bb) Ausgebot nach Abs. 2 auf Verlangen des Rangbesseren, es bleiben nur die dem rangbesseren Gesamtrecht vorgehenden Rechte bestehen cc) Ausgebotsvariante nach Abs. 2 auf Verlangen des Nachrangigen, es bleiben die dem rangschlechteren Gesamtrecht vorgehenden Rechte bestehen, das vorrangige Gesamtrecht wird nach Abs. 1 mit dem verteilten Betrag anteilig berücksichtigt.
55
c) Gegenanträge bei unterschiedlichen Rangverhältnissen Besondere Schwierigkeiten sind zu erwarten, wenn die Gesamtrechte unterschiedlichen Rang an den betroffenen Grundstücken haben.
90 Knees, E. V, S. 117; wohl auch Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 15. 91 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 21, Eickmann/Böttcher, § 24 I.1, Hintzen/Wolf Rz. 11.628; Jaeckel/ Güthe, §§ 63, 64 ZVG Rz. 15; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 12; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 21. 92 Lersch, Gruchot 51, 335, 371.
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§ 64 Rz. 56 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek Beispiel93 Die Grundstücke Nr. 1 und Nr. 2 im Wertverhältnis von 2:1 sind für die A-, B- und C-Bank jeweils mit Gesamtgrundschulden wie folgt belastet: Grundstück 1 400 000
Wert: Rang: A-Bank III/1 B-Bank III/2 C-Bank III/3
(III/1) (III/2)
100 000 50 000 30 000
Grundstück 2 200 000 (III/2) (III/1)
50 000 100 000 30 000
Betreibt hier C und verlangen A und B nach einem Verteilungsantrag im Gegenantrag, selbst dem gG zugrunde gelegt zu werden, so ist A dem geringsten Gebot hinsichtlich Grundstück 1 und B dem geringsten Gebot hinsichtlich Grundstück 2 zugrunde zu legen.
3. Bietzeit a) Gleichzeitigkeit aller Ausgebote 57
Die Bietzeit hat für alle Ausgebotsformen einheitlich stattzufinden. Es gilt auch hier das bei § 63 Rz. 100, 115 Gesagte. b) Erhöhung des geringsten Gebots im Gesamtausgebot nach § 63 Abs. 3 S. 1 aa) Grundsatz für Gesamtausgebot neben Ausgeboten nach Abs. 2
58
Findet parallel ein Gesamt- bzw. Gruppenausgebot statt, ist auch im Rahmen des § 64 bei einem Gebot auf eines der Einzelausgebote das Gesamtausgebot um den Betrag zu erhöhen, um den das Gebot über dem geringsten Gebot des Einzelausgebots liegt, § 63 Abs. 3 S. 1. Dies gilt grds. auch, wenn ein Ausgebot nach Abs. 2 stattfindet. Hierbei ist aber die Besonderheit zu beachten, dass im geringsten Gebot der Einzelausgebote Beträge für einzelne dem bestbetreibenden Gläubiger vorgehenden Ansprüche nicht enthalten sind, die im Gesamtausgebot aber bereits berücksichtigt sind (nämlich der Anspruch des Gesamtgläubigers und die diesem gleichund nachrangigen Ansprüche, die dem Bestbetreibenden vorgehen). Um diese Erhöhung nicht doppelt vorzunehmen, kann daher nach h.M. ein Gebot auf Einzelausgebote erst dann die Gebote auf das Gesamtausgebot erhöhen, wenn die im Gesamtausgebot (dort als bestehen bleibende Rechte) berücksichtigten Ansprüche im geringsten Gebot ausgeboten sind; nur der diesen Teil übersteigende Betrag des Bargebots kann das geringste Gesamtausgebot überhaupt erhöhen.94 Dieser Meinung ist zu folgen, wenn ausnahmsweise, vgl. Rz. 51, nur ein Ausgebot nach Abs. 2 erfolgt. bb) Kritik an der h.M.
59
Dagegen erscheint bei Doppelausgeboten nach Abs. 1 und Abs. 2 angesichts des Wahlrechts des Gesamtgrundpfandrechtsgläubigers nicht geboten, beim Gesamtausgebot den Erhöhungsbetrag auf das geringste Gebot sogleich in der Bietzeit anzusetzen. Denn der Mehrbetrag steht ja unter dem Vorbehalt der Wahl des Gesamtgläubigers. Es wäre nicht sachgerecht, dass Gebote auf das Gesamtausgebot wegen dessen Höhe nicht mehr abgegeben werden, sich dann aber herausstellt, dass das die Erhöhung verursachende Einzelausgebot gar nicht zum Zuge kommt. Vielmehr sollte erst bei der Zuschlagsentscheidung, sofern dort das Gesamtausgebot in Frage kommt, die Deckung des Begünstigten des nach Ausübung des Wahlrechts 93 Muth, Anm. zu OLG Hamm – 15 W 283/87, Rpfleger 1987, 468. 94 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 26; Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 17; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 13.
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Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
Rz. 65 § 64
der Zuschlagsentscheidung zugrunde zu legenden Einzelausgebots geprüft werden, vgl. § 63 Rz. 110.95 c) Einheitlicher Schluss der Versteigerung Auch hier ist für alle Ausgebotsarten die Versteigerung einheitlich, nicht etwa nacheinander zu schließen, § 73 Abs. 2. Es gilt das bei § 63 Rz. 115 Gesagte.
60
III. Nach dem Schluss der Versteigerung 1. Wahlrecht des Gesamtgläubigers a) Gerichtliche Aufforderung Nach erfolgtem Doppelausgebot nach Abs. 1 und Abs. 2 hat das Gericht den Gesamtgläubiger zur Wahl aufzufordern, welches Ausgebot für die Zuschlagserteilung maßgeblich sein soll, Abs. 2 Satz 2. Diese Aufforderung hat noch im Versteigerungstermin zu erfolgen und ist wegen § 80 zu protokollieren.96
61
b) Keine Einschränkungen des Wahlrechts Der Gesamtgläubiger ist in der Wahl frei, ob auf die eine oder auf die andere Ausgebotsform der Zuschlag erteilt werden soll. Er kann also auch eine Ausgebotsform wählen, auf die das wirtschaftlich schlechtere Gebot oder gar kein Gebot abgegeben wurde.
62
c) Frist und Form für Ausübung des Wahlrechts aa) Ausschließlich bei Anhörung über den Zuschlag? (1) H.M.: Der Abwesende ist präkludiert Das Gesetz äußert sich weder zur Form der Erklärung noch zu ihrem Zeitpunkt. Gleichwohl 63 geht die h.M. davon aus, dass von dem Wahlrecht ausschließlich im Versteigerungstermin bei Anhörung über den Zuschlag (§ 74) Gebrauch gemacht werden könne,97 danach sei der Gesamtberechtigte mit seinem Vorbringen präkludiert.98 Dies soll namentlich auch für den abwesenden Gesamtberechtigten gelten. (2) Gegenmeinung: Kein gesetzlicher Ausschluss Nach der Gegenauffassung ist durch Anberaumen eines kurzfristigen Zuschlagsverkündungstermins dem abwesenden Gesamtgläubiger Gelegenheit zur Ausübung des Wahlrechts zu gewähren.99
64
Diese Gegenauffassung ist vorzugswürdig, da Abs. 2 Satz 2 gerade nicht vom sofortigen Ausüben des Wahlrechts spricht: Dass eine Prozesshandlung nur in einem ganz bestimmten Verfahrensabschnitt vorgenommen werden kann, ist regelmäßig ausdrücklich geregelt, so in §§ 67 I 1, 70 III, 72, 74a II, 85; sonstige neue Tatsachen (etwa Zustimmungserklärungen nach
65
95 So auch H/B/C/S, § 12 Rz. 30; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 27. 96 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 31; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 31. 97 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 31; H/B/C/S, § 12 Rz. 33; Jaeckel/Güthe, §§ 63, 64 ZVG Rz. 18; Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 15; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 29. 98 Eickmann/Böttcher; § 24 III 2 a). 99 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 10; Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 39; Storz/Kiderlen, ZV, D.2.6.2.1.
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§ 64 Rz. 65 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek §§ 5 I, 8 ErbbauRG, § 72 Abs. 1 VAG, § 12 Abs. 1 WEG oder eine Genehmigung von Verfahrensmängeln nach § 84 Abs. 2) können auch noch im Zuschlagsverkündungstermin berücksichtigt werden, § 87 Abs. 3. Dass die Aufforderung zur Ausübung des Wahlrechts eine zu protokollierende und also nicht später nachholbare100 Tatsache ist, gebietet nicht zwangsläufig auch die Ausübung des Wahlrechts noch im Versteigerungstermin,101 denn z.B. auch der nach § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO zu protokollierende Beschluss eines Zuschlagsverkündungstermins darf abwesenden Beteiligten mitgeteilt werden. (3) Bedenkfrist auch für anwesende Gesamtgläubiger 66
Für die gefundene Lösung spricht, dass auch der anwesende Gesamtgläubiger ein begründetes Interesse daran haben kann, sich nicht sofort erklären zu müssen: Dies gilt, wenn mehrere ranggleiche Gesamtgläubiger ihr Wahlrecht nur einheitlich ausüben können (sh. nachfolgend Rz. 72), aber einer von ihnen abwesend ist; hier ist es nicht hinnehmbar, dass der andere in seinen Rechten beschnitten wird. Aber auch in anderen Fällen braucht der Gesamtgläubiger oft Bedenkzeit. Gibt es viele unterschiedliche Ausgebotsarten und gar noch Gesamtund Gruppenausgebote, ist das Gericht gehalten, einen gesonderten Zuschlagsverkündungstermin anzuberaumen, statt überstürzt eine vielleicht falsche Entscheidung zu treffen, sh. § 63 Rz. 119. Die faire Verfahrensführung gebietet, auch dem Gesamtgläubiger diese Gelegenheit einzuräumen, die Folgen der vorliegenden Ausgebote auszuloten und nicht voreilig die Wahl für die eine oder andere Ausgebotsform zu treffen. (4) Ergebnis
67
Der Gesamtgläubiger kann (entgegen der h.M.) von seinem Wahlrecht formlos bis zur Entscheidung über den Zuschlag Gebrauch machen. bb) Früherer Zeitpunkt
68
Der Gesamtgläubiger kann von seinem Wahlrecht auch vorher Gebrauch machen, etwa indem er bereits bei Antragstellung nach Abs. 2 S. 1 erklärt, dass allein das Ausgebot nach Abs. 2 der Zuschlagsentscheidung zugrunde gelegt werden soll. Dann kann wegen der Unwiderruflichkeit des ausgeübten Wahlrechts (sh. Rz. 71) auf die Ausgebote nach Abs. 1 sogleich verzichtet werden, da das Ausgebot mit verteiltem Gesamtrecht dann zwecklos wäre.102 d) Folgen der Ausübung des Wahlrechts
69
Mit Ausübung des Wahlrechts erlöschen die Gebote in der nicht ausgewählten Ausgebotsform.103 Für die Zuschlagsentscheidung auf Einzelausgebote kommt dann nur noch die ausgewählte Ausgebotsform in Frage. e) Folgen der Nichtausübung des Wahlrechts
70
Erklärt sich der Gesamtgrundpfandrechtsgläubiger trotz Aufforderung nicht, dann erlöschen die Gebote auf das Ausgebot nach Abs. 2, vgl. dort Satz 2.
100 101 102 103
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Dazu Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 19 f. A.A. Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 29. Nußbaum, § 34 III 2; Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 29. Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 30; H/B/C/S, § 12 Rz. 32 und 34; Hk-ZV/Stumpe, § 64 ZVG Rz. 18; Jaeckel/Güthe, §§ 63, 64 ZVG Rz. 18, Löhnig/Siwonia, § 64 ZVG Rz. 15 und 16; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 59; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 28 ff.
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Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek
Rz. 76 § 64
f) Widerruflichkeit? Vertreten wird, dass der Gesamtgläubiger seine Wahl bis zum Schluss der Versteigerung ändern könne.104 Dem kann nicht gefolgt werden: Die Ausübung des Wahlrechts ist eine Prozesshandlung; genauer gesagt, da sie die Prozesslage gestaltet (mit der Ausübung des Wahlrechts erlöschen die Meistgebote auf die andere Ausgebotsart, siehe Rz. 69), eine Bewirkungshandlung. Diese ist unwiderruflich.105 Die fehlende Widerrufsmöglichkeit folgt daraus, dass die Ausübung des Wahlrechts Basis der positiven Zuschlagsentscheidung ist und daher unmittelbar auf die Entstehung der Rechte Dritter einwirkt.106
71
g) Mehrere Wahlberechtigte aa) Gleichrangige Gesamtrechtsgläubiger haben Antrag nach Abs. 2 gestellt Mehrere gleichrangige Gesamtrechtsgläubiger können ihr Wahlrecht nur gemeinsam aus- 72 üben, ein Mehrheitsbeschluss genügt nicht.107 Bei fehlender Einstimmigkeit gilt das Wahlrecht als nicht ausgeübt, für die Zuschlagsentscheidung sind dann die Gebote nach Abs. 1 maßgebend.108 bb) Vor- und nachrangiger Gesamtgläubiger haben Antrag nach Abs. 2 gestellt Hier hatten Ausgebote nach Abs. 1, nach Abs. 2 aus der Warte des Rangbesseren und nach Abs. 2 aus der Warte des Rangschlechteren zu erfolgen, siehe Rz. 55. Hinsichtlich der Ausübung des Wahlrechts scheint folgende Vorgehensweise sachgerecht:
73
(1) Der Rangbessere hat das erste Wahlrecht Wählt der Rangbessere das auf seinem Verlangen basierende Ausgebot nach Abs. 2, so erlöschen die Meistgebote auf die beiden Ausgebotsarten, bei denen sein verteiltes Gesamtrecht als bestehen bleibend berücksichtigt war. Erklärt er sich nicht oder wählt er das Ausgebot nach Abs. 1, so wird sein Recht mit verteilten Einzelbeträgen berücksichtigt. Dadurch erlöschen die Meistgebote, die auf das für ihn erstellte Ausgebot nach Abs. 2 abgegeben wurden.
74
(2) Ggf. danach Wahlrecht des Nachrangigen Ist das Recht des Rangbesseren mit verteilten Einzelbeträgen zu berücksichtigen, so kommt nun das Wahlrecht des Nachrangigen hinsichtlich der beiden verbliebenen Ausgebotsarten zum Tragen.
75
cc) Unterschiedliche Rangverhältnisse an den betroffenen Grundstücken In dem unter Rz. 56 geschilderten Fall, in dem die Rangverhältnisse mehrerer zu verteilender Gesamtrechte sich an den einzelnen Grundstücken unterschiedlich darstellen, wird wie bei Gleichrangigkeit nur die einheitliche Ausübung des Wahlrechts in Frage kommen. So wenig, wie ein Gesamtrechtsgläubiger seine Wahl für Grundstück 1 auf das Ausgebot nach Abs. 1 und 104 Jaeckel/Güthe, §§ 63, 64 ZVG Rz. 18. 105 Zöller/Greger, vor § 128 ZPO, Rz. 14. 106 Löhnig/Cranshaw, § 84 ZVG Rz. 6, Fn. 17 zur unwiderruflichen Genehmigung des fehlerhaften Verfahrens nach § 84 Abs. 2. 107 Böttcher, § 64 ZVG Rz. 10; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 1 M Rz. 56 und die in der nachfolgenden Fn. Genannten. 108 Dassler u.a./Hintzen, § 64 ZVG Rz. 30; Jaeckel/Güthe, §§ 63, 64 ZVG Rz. 18, Steiner/Storz, § 64 ZVG Rz. 42; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 28.
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76
§ 64 Rz. 76 Ausgebote bei vorrangiger Gesamthypothek für das Grundstück 2 auf das Ausgebot nach Abs. 2 richten kann, so wenig können die mehreren je bestrangigen Gesamtgläubiger eine unterschiedliche Wahl treffen. 2. Zuschlagsentscheidung a) Ausübung des Wahlrechts 77
Erst, wenn der Gesamtgläubiger sein Wahlrecht ausgeübt oder (ausdrücklich oder schlüssig) hierauf verzichtet hat, steht fest, welches Ausgebot der Zuschlagsentscheidung zugrunde zu legen ist. b) Vergleich mit Gesamtausgebot
78
Sodann hat der Vergleich mit eventuellen parallelen Gruppenausgeboten oder dem Gesamtausgebot erfolgen. Für den Vergleich ist § 63 Abs. 3 Satz 2 zu beachten. Es gilt grds. das bei § 63 Gesagte, vgl. dort Rz. 140 ff. c) § 83 Nr. 3
79
Kommt demnach ein Zuschlag auf die Einzelausgebote in Frage und hat der Gesamtgrundpfandrechtsgläubiger die Ausgebote nach Abs. 2 gewählt, dann kann der Zuschlag hierauf nur erteilt werden, wenn das Gesamtrecht selbst sowie die ihm gleich- und nachstehenden Rechte, die dem bestbetreibenden Gläubiger im Range vorgehen, hierdurch gedeckt sind. Dadurch ist sichergestellt, dass der Deckungsgrundsatz (§ 44 Abs. 1) gewahrt bleibt. Wird dieses Ergebnis nicht erreicht, besteht ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 3. Auch in diesem Falle kann aber dann nicht etwa der Zuschlag auf die Ausgebote nach Abs. 1 erteilt werden.
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Streitig ist, ob das Vorliegen eines Zuschlagsversagungsgrundes nach § 83 Nr. 3 bei nur einzelnen Grundstücken auch die Zuschlagsversagung bei den übrigen Grundstücken zur Folge hat. Dazu siehe § 63 Rz. 125.
F. Rechtsbehelfe 81
Die Nichtzulassung des Antrags nach Abs. 1 ist nicht gesondert anfechtbar.109 Gleiches muss für die Nichtzulassung eines Antrags nach Abs. 2 und die Zulassung des Antrags nach Abs. 1 oder Abs. 2 gelten. Es bleibt die Möglichkeit einer Zuschlagsbeschwerde wegen Verletzung der Vorschriften über die Aufstellung des geringsten Gebots und der Versteigerungsbedingungen. Kommt es zufolge fehlerhafter Zulassung oder Nichtzulassung zur Aufhebung oder einstweiligen Einstellung des Verfahrens nach § 77, ist der entsprechende Beschluss mit der sofortigen Beschwerde nach § 95 ZVG i.V.m. § 793 ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG anfechtbar.
109 LG Krefeld v. 24.2.1987 – 6 T 395/86, Rpfleger 1987, 323; Böttcher, § 64 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./ Hintzen, § 95 ZVG Rz. 62; Stöber/Gojowczyk, § 64 ZVG Rz. 39.
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Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung
§ 65
§ 65 [Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung] (1) Das Gericht kann auf Antrag anordnen, daß eine Forderung oder eine bewegliche Sache von der Versteigerung des Grundstücks ausgeschlossen und besonders versteigert werden soll. Auf Antrag kann auch eine andere Art der Verwertung angeordnet, insbesondere zur Einziehung einer Forderung ein Vertreter bestellt oder die Forderung einem Beteiligten mit dessen Zustimmung an Zahlungs Statt überwiesen werden. Die Vorschriften der §§ 817, 8201, 835 der Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Der Erlös ist zu hinterlegen. (2) Die besondere Versteigerung oder die anderweitige Verwertung ist nur zulässig, wenn das geringste Gebot erreicht ist.
A. B. C. I. II. 1. 2. 3. 4. 5. III. 1. 2. 3. 4. IV. 1. 2. 3. 4.
D. I. 1.
Normzweck und Kritik . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . Bewegliche Sachen und Anwartschaftsrechte daran . . . . . . . . . . . . . . . . . Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Versicherungsforderungen nach §§ 1127 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . Nach Hinterlegung durch den Versicherer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entschädigungsansprüche . . . . . . . . . Nicht: Anspruch nach § 102 VVG a.F. . . Nicht: Schadensersatzansprüche . . . . . Sonderfall: Guthaben in der Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Masse gezogene Versicherungsforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erlöse aus Veräußerung von Zubehör? . Erlöse aus der Versilberung entbehrlicher Nutzungen? . . . . . . . . . . . . . . Vorgehen des Gerichts . . . . . . . . . . . Alternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . § 59 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nur Verwertung des Gegenstandes . . . . Aufhebung hinsichtlich Zubehörstücks . Einstellung hinsichtlich eines Gegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . b) Verfahren nach Fortsetzung . . . . . . Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtliches Interesse . . . . . . . . . .
Rz. 1 3 4 4 6 7 9 10 11 12
2. 3. 4. 5. II. III. E. I. 1. 2. 3.
13 14 16 18 19 20 20 21 22 23 23 24 27 27 27 27 28
II. III. IV. V. 1. 2. 3.
Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forderung oder bewegliche Sache . . . Keine Zustimmung Dritter . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtliches Ermessen . . . . . . . . . . Nur hinsichtlich des Ob, nicht hinsichtlich des Wie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßstab: Ziele der Norm . . . . . . . . . . Entscheidungskriterien . . . . . . . . . . . a) Ertragsoptimierung . . . . . . . . . . . b) Geltendmachung von Drittrechten . . c) Gefährdung der Sicherheit bestehen bleibender Grundpfandrechte . . . . . d) Keine Terminsvertagung zur Sachverhaltsaufklärung . . . . . . . . . Anhörungs- und Aufklärungspflichten Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . Neue Wertfestsetzung . . . . . . . . . . . Bietzeit hinsichtlich des Grundstücks und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . Kein Doppelausgebot . . . . . . . . . . . . Geringstes Gebot nicht erreicht . . . . . . Geringstes Gebot erreicht . . . . . . . . . . a) Vollzug der Anordnung wird zulässig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderfall: Volle Befriedigung der Betreibenden . . . . . . . . . . . . . . . c) Zuschlag hinsichtlich des Grundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schicksal des nicht mitversteigerten Gegenstandes . . . . . . . .
Rz. 30 31 32 33 34 35 36 36 36 37 38 38 39 40 41 42 44 46 47 47 48 50 50 52 53 53 54
1 § 820 ZPO aufgeh. durch G v. 20.8.1953 (BGBl. I S. 952); sh. nun § 817a Abs. 3 ZPO.
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§ 65 Rz. 1 Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung Rz. VI. Formen der abgesonderten Verwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Besondere Versteigerung, Abs. 1 Satz 1 a) Durch das Gericht . . . . . . . . . . . b) Durch den Gerichtsvollzieher . . . . 2. Andere Art der Verwertung, Abs. 1 Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . b) Freihändige Veräußerung . . . . . . c) Überweisung einer Forderung an Zahlungs statt . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
55 56 56 57
. 58 . 58 . 59 . 60
Rz. d) Ermächtigen einer Person zur Einziehung der Forderung . . . . . . e) Zur Verfügung des Gerichts hinterlegte Gelder . . . . . . . . . . . . . . . f) Gelder beim Zwangsverwalter, die nicht zur Zwangsverwaltungsmasse gehören . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Erlösverwendung . . . . . . . . . . . . . F. Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . G. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 61 . 62 . . . .
63 64 66 69
Literatur: Eckardt, Das Grundstückszubehör in der Zwangsvollstreckung, ZJS 2012, 467; Fromm, Das Zubehör in der Zwangsversteigerung eines Grundstückes (1908); Keller, Zur Zulässigkeit zeitgleicher Versteigerungen mehrerer Grundstücke – Anmerkung, ZfIR 2007, 729; Mayer, Wenn der „Rote Hahn“ kräht – Zwangsversteigerung und Brandschaden, RpflStud 1986, 5; Mohrbutter, Versicherungsforderungen im Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren – Aufbauvorschüsse in der Zwangsverwaltung, FS Herbert Schmidt „Kostenerstattung und Streitwert“, 111; Schiffhauer, Gleichzeitige Abhaltung mehrerer Versteigerungstermine durch denselben Rechtspfleger, Rpfleger 1986, 311; Schiffhauer, § 59 ZVG – eine Crux ohne Ende?, Rpfleger 1986, 326; Schmidberger, § 65 ZVG – eine Vorschrift ohne Bedeutung? ZfIR 2018, 724.
A. Normzweck und Kritik 1
Nach § 55 Abs. 1 werden die nach §§ 20, 21 beschlagnahmten Gegenstände aus dem Hypothekenhaftungsverband grds. gemeinsam mit dem Grundstück versteigert. § 65 ermöglicht stattdessen im Einzelfall eine gesonderte Verwendung. Diese abweichende Versteigerungsbedingung dient dem Erzielen des optimalen Versteigerungsergebnisses. Eine abgesonderte Verwertung kann auch vereinbart werden, wenn Streit über die Eigentumsverhältnisse an einem mitzuversteigernden Gegenstand oder über dessen Zuordnung zu dem einen oder anderen Grundstück bestehen.
2
Die Norm hat kaum praktische Bedeutung.2 Das liegt wohl auch daran, dass sie missglückt ist: Sie ermöglicht keinen Vergleich mittels Doppelausgebot, ob eine gesonderte Verwertung ein besseres Ergebnis bringt als die gemeinsame Versteigerung von Grundstück und Zubehör. Die Anordnungsausführung erfolgt nach dem Wortlaut des Gesetzes bei jedem zulässigen Gebot auf das Grundstück ohne den beweglichen Gegenstand – das Ziel der Norm geböte indes die Anknüpfung an die Zuschlagsfähigkeit des Gebots. Es gibt keine sachgerechte Regelung für den Fall, dass allein die Verwertung des ausgenommenen Gegenstandes zur Tilgung der Forderung des Gläubigers und der vorgehenden Ansprüche ausreichen würde. Die gesetzlich vorgesehene gemeinsame Erlösverteilung passt nicht auf Fälle, in denen die Verwertung des Gegenstandes der Versteigerung des Grundstücks mit großem Zeitverzug nachfolgt.
B. Anwendungsbereich 3
Wie § 59 ist auch § 65 (als lex specialis einer Abweichung von gesetzlichen Versteigerungsbedingungen) auf alle Arten der Zwangsversteigerung anzuwenden, auch in der Teilungsver-
2 Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 6; Eckardt, ZJS 2012, 467, 470, Fn. 27.
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Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung
Rz. 8 § 65
steigerung, weil auch in dieser die zum Hypothekenhaftungsverband gehörenden Gegenstände nach § 55 Abs. 1 grds. mitversteigert werden.3
C. Anwendungsfälle I. Bewegliche Sachen und Anwartschaftsrechte daran Gesondert verwertet werden können Gegenstände i.S.d. § 20 Abs. 2, § 21 Abs. 1, soweit sie Gegenstand besonderer Rechte sein können. Namentlich gilt dies für Zubehör sowie für nicht wesentliche Bestandteile des Grundstücks.
4
Nicht gesondert verwertet werden können wesentliche Bestandteile des Grundstücks, §§ 93, 94 BGB, da diese dessen Schicksal teilen.4 Werden diese gleichwohl von der Versteigerung ausgenommen, erwirbt der Ersteher des Grundstücks auch hieran das Eigentum, gegen ihn können u.U. schuldrechtliche Ansprüche bestehen.5 Auch Anwartschaftsrechte an Zubehör fallen in den Hypothekenhaftungsverband, auch insoweit kann also eine gesonderte Verwertung erfolgen.6
5
II. Forderungen Gesondert verwertet werden können auch Forderungen, die zum Hypothekenhaftungsverband gehören, §§ 1126, 1127 BGB.
6
1. Versicherungsforderungen nach §§ 1127 ff. BGB Die größte Rolle spielen dabei Versicherungsforderungen, bei denen der versicherte Gegenstand in den Hypothekenhaftungsverband fällt. Siehe dazu die Kommentierung bei § 20. Die Versicherungsforderung unterfällt der Beschlagnahme auch dann, wenn der Versicherungsfall vor Beschlagnahme eingetreten ist.7
7
Diese Forderungen werden selbst dann mitversteigert, wenn sie bei Wertfestsetzung unberücksichtigt geblieben sind, sofern sie nicht, z.B. nach § 65, von der Versteigerung ausgenommen werden.8
8
3 BGH v. 20.11.1951 – V BLw 34/50, BeckRS 1951, 31196847 (für Versicherungsansprüche); a.A. LG Hechingen v. 9.9.2013 – 3 T 76/13, Rpfleger 2014, 38 (unter irriger Bezugnahme auf Dassler u.a./ Hintzen, § 180 ZVG Rz. 68, sh. aber dort Rz. 69, wonach Zubehörstücke etc. mitversteigert werden; Beschlagnahme bewirkt in der Teilungsversteigerung zwar kein Verfügungsverbot, umgrenzt aber sehr wohl den Hypothekenhaftungsverband). 4 OLG Köln v. 22.1.1996 – 2 W 9/96, Rpfleger 1996, 296; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 7. 5 RG v. 20.12.1935 – VII 96/35, RGZ 150, 22; OLG Koblenz v. 26.4.1988 – 4 W 191/88, Rpfleger 1988, 493; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 32. 6 BGH v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 85 = NJW 1961, 1349 = WM 1961, 668; Eckardt, ZJS 2012, 467 (470); Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 A Rz. 3. 7 OLG Schleswig v. 22.6.2000 – 16 W 45/00, OLGR Schleswig 2000, 368 = InVo 2001, 76 = NZI 2001, 14; OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 16 U 22/08, OLGR Schleswig 2009, 93 = VersR 2009, 1620 m. Anm. Grams. 8 BGH v. 19.3.1971 – V ZR 153/68, MDR 1971, 567 = NJW 1971, 1751 = Rpfleger 1971, 212.
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§ 65 Rz. 9 Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung 2. Nach Hinterlegung durch den Versicherer 9
Zwischen Anordnung der Zwangsversteigerung und Zuschlagserteilung darf der Versicherer die Versicherungssumme hinterlegen,9 der Hypothekenhaftungsverband erstreckt sich dann auf den dadurch entstehenden Auszahlungsanspruch öffentlich-rechtlicher Natur gegen den Fiskus.10 3. Entschädigungsansprüche
10
Die Hypothekenhaftung erstreckt sich auch auf Entschädigungsansprüche nach Art. 52, 53 EGBGB, z.B. auf Forderungen wegen Beschädigung durch Bergbau.11 4. Nicht: Anspruch nach § 102 VVG a.F.
11
Der Anspruch nach § 102 VVG a.F. auf Zahlung der Versicherungssumme im gestörten Versicherungsverhältnis, der nur noch für Altfälle gemäß Art. 1 Abs. 2 EGVVG gilt, gehört nicht in den Hypothekenhaftungsverband, sondern ist ein eigener Anspruch des Grundpfandgläubigers.12 5. Nicht: Schadensersatzansprüche
12
Die Hypothek erstreckt sich nicht auf Schadensersatzansprüche des Eigentümers wegen einer Beschädigung des Grundstücks;13 auch nicht auf Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss (cic).14
III. Sonderfall: Guthaben in der Zwangsverwaltung 13
Miet-/Pachtforderungen fallen nicht in den Hypothekenhaftungsverband, §§ 1123 – 1125 BGB, und sind in der Zwangsversteigerung nicht mit beschlagnahmt, §§ 20 Abs. 2, 21 Abs. 2; insoweit kommt eine Verwertung nur durch Forderungspfändung oder Zwangsverwaltung in Betracht.15 Zur Zwangsversteigerungsmasse können aber Forderungen gegen den Zwangsverwalter hinsichtlich eines Guthabens gehören, das nicht Teil der Zwangsverwaltungsmasse ist. 1. Zur Masse gezogene Versicherungsforderungen
14
Der Zwangsverwalter ist befugt, Versicherungsleistungen (siehe Punkt II) zu vereinnahmen.16 9 OLG Frankfurt/M. v. 28.2.1978 – 20 VA 2/78, OLGZ 1978, 283; Steiner/Riedel, §§ 20, 21 ZVG Rz. 18. 10 RG v. 6.7.1910 – V.569/09, RGZ 74, 106; OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 16 U 22/08, OLGR Schleswig 2009, 93 = VersR 2009, 1620 m. Anm. Grams; Mohrbutter, FS Herbert Schmidt, S. 111, 114 f.; MüKo-BGB/Eickmann, § 1127 BGB Rz. 2. 11 LG Saarbrücken v. 18.5.1998 – 1 O 401/97, Rpfleger 1998, 532; Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 727; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 31. 12 BGH v. 4.12.1996 – IV ZR 143/95, MDR 1997, 354 = ZIP 1997, 232 m. Anm. Littbarski, EWiR 1997, 325. 13 BGH v. 11.5.1989 – IX ZR 278/88, MDR 1989, 809 = NJW 1989, 2123; Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 727; Stöber/Becker, § 20 ZVG Rz. 31. 14 BGH v. 9.11.2005 – IV ZR 224/03, MDR 2006, 654 = NJW 2006, 771 unter Aufhebung von OLG Hamm v. 27.8.2003 – 20 U 12/03, NJW-RR 2003, 1612. 15 Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 727 f. 16 RG v. 5.7.1921 – VII 519/20, RGZ 102, 350; Mohrbutter, FS Herbert Schmidt, S. 111, 120; Steiner/ Eickmann, §§ 20, 21 ZVG Rz. 183; Stöber/Drasdo, § 152 ZVG Rz. 233.
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Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung
Rz. 18 § 65
Hinsichtlich der Massezugehörigkeit ist zu unterscheiden: Mittel aus einer Versicherung für Früchte sind als Surrogat der Fruchtziehung Teil der Zwangsverwaltungsmasse; auf sie erstreckt sich die Versteigerung also nicht.17 Mittel aus einer Versicherung für Grundstück und Zubehör hat der Zwangsverwalter für den Schuldner zur Masse zu ziehen. Nach Aufhebung der Zwangsverwaltung wären diese Beträge an den Schuldner zurückzugeben. In einer parallelen Zwangsversteigerung unterfallen diese Mittel aber dem Hypothekenhaftungsverband und gehen daher kraft Gesetzes auf den Ersteher über.18
15
2. Erlöse aus Veräußerung von Zubehör? Es ist streitig, inwieweit der Zwangsverwalter für die ordnungsgemäße Nutzung nicht erforderliche oder untaugliche Grundstücksbestandteile und Zubehörgegenstände veräußern darf, siehe dazu die Kommentierung bei § 152. Nach der strengsten Auffassung ist die Verwertung nur möglich, wenn der Gegenstand freigegeben wird.19 Nach a.A. kommt es allein auf die Entbehrlichkeit an, wofür die Grenzen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung analog des für den Schuldner geltenden § 24 maßgebend sind.20 Nach beiden Auffassungen ist der Erlös aus einer Veräußerung zu separieren, verzinslich anzulegen und nach Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens (wenn nicht die Zwangsverwaltung zufolge Zuschlags endet) an den Schuldner herauszugeben.21
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Streitig ist, ob dieser Betrag von der Beschlagnahme in der parallelen Zwangsversteigerung mit erfasst ist. Selbst wenn im Zwangsverwaltungsverfahren der Gegenstand freigegeben wurde, hat dies ja keine Auswirkungen auf die Beschlagnahme in der Zwangsversteigerung.22 Vertreten wird, dass – wie bei einer Veräußerung durch den Schuldner nach § 24 – der Gegenstand die Zubehöreigenschaft verliert und daher aus dem Hypothekenhaftungsverband ausscheidet, sodass das Surrogat beschlagnahmefrei ist.23 Nach h.M. gehört das Surrogat in den Hypothekenhaftungsverband und bleibt beschlagnahmt, der Anspruch hierauf geht also durch Zuschlag nach gesetzlichen Versteigerungsbedingungen auf den Ersteher über.24
17
3. Erlöse aus der Versilberung entbehrlicher Nutzungen? Ebenfalls streitig ist, ob die Erträge aus der Versilberung entbehrlicher Nutzungen, § 152 Abs. 1 letzter HS, zur Zwangsverwaltungsmasse i.S.d. § 155 Abs. 1 gehören,25 oder ob auch diese Beträge vom Zwangsverwalter separat anzulegen und nach Ende der Zwangsverwaltung an den Schuldner herauszugeben sind.26 Folgt man der letzteren Auffassung, stellen sich die gleichen Fragen wie nach Versilberung entbehrlichen Zubehörs. 17 Wedekind/Wedekind, Zwangsverwaltung, Rz. 1236. 18 OLG Schleswig v. 22.6.2000 – 16 W 45/00, OLGR Schleswig 2000, 368 = InVo 2001, 76 = NZI 2001, 14; Dassler u.a./Hintzen, § 20 ZVG Rz. 38 Fn. 97; a.A. Wedekind/Wedekind, Zwangsverwaltung, Rz. 1234 („sind zu verteilen“); anders ders., Rz. 1241 (hängt von Versteigerungsbedingungen ab). 19 Dassler u.a./Engels, § 152 ZVG Rz. 114; H/W/F/H, § 5 ZwVwV Rz. 34. 20 Böttcher/Keller, § 152 ZVG Rz. 39; Depré/Mayer, Rz. 160 f.; Stöber/Drasdo, § 152 ZVG Rz. 174; Wedekind/Wedekind, Zwangsverwaltung, Rz. 1078. 21 Dassler u.a./Engels, § 152 ZVG Rz. 114 sw. § 155 ZVG Rz. 5; Depré/Depré, § 148 ZVG Rz. 9; Stöber/ Drasdo, § 152 ZVG Rz. 174. 22 BGH v. 30.11.1995 – IX ZR 181/94, MDR 1996, 739 = DNotZ 1996, 551. 23 Depré/Mayer, Rz. 161. 24 Dassler u.a./Engels, § 152 ZVG Rz. 114; Steiner/Hagemann, § 152 ZVG Rz. 51; Stöber/Drasdo, § 152 ZVG Rz. 174. 25 Böttcher/Keller, § 152 ZVG Rz. 38; Dassler u.a./Engels, § 155 ZVG Rz. 4; Stöber/Drasdo, § 155 ZVG Rz. 3. 26 H/W/F/H, § 5 ZwVwV Rz. 33; Dassler u.a./Engels, § 152 ZVG Rz. 114.
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§ 65 Rz. 19 Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung 4. Vorgehen des Gerichts 19
Hinsichtlich des rechtlichen Schicksals dieser vom Zwangsverwalter verwahrten Beträge sind – wie aufgezeigt – viele Fragen streitig. Es drohen Ungewissheit und daraus folgende Verunsicherung der Bietinteressenten; dem kann z.B. durch eine gesonderte Verwertung dieser Forderungen begegnet werden. Der Versteigerungsrechtspfleger muss den Sachstand im Zwangsverwaltungsverfahren kennen, dann kann er sachdienliche Anträge anregen.
IV. Alternativen 1. § 59 ZVG 20
Fast einhellig wird heute vertreten, dass § 65 als lex specialis den § 59 verdränge.27 Als Beispiel wird angeführt, dass wesentliche Bestandteile nicht abgesondert verwertet werden können.28 Hierzu siehe § 59 Rz. 4. Diese komplette Ablehnung einer Abwandlung von § 65 durch § 59 erscheint nicht sachgerecht. So ist denn auch unstreitig, dass Gegenstände mit Zustimmung sämtlicher Beeinträchtigter (deren Kreis durch Doppelausgebot zu klären ist) auf Antrag aus der Versteigerung ausgenommen werden können;29 erfolgt der Zuschlag zu diesen abweichenden Bedingungen, ist das Gericht an der Verwertung und Erlösverteilung insoweit nicht mehr beteiligt.30 Denkbar erscheint auch ein Doppelausgebot einmal zur gesetzlichen Bedingung der gemeinsamen Versteigerung von Grundstück und Gegenstand, einmal von Grundstück und Gegenstand in getrennten Ausgeboten unter analoger Anwendung der Regeln des § 63, sofern dadurch keine langfristige Aussetzung der Zuschlagsentscheidung nötig wird.31 2. Nur Verwertung des Gegenstandes
21
Sofern allein die abgesonderte Verwertung eines zum Hypothekenhaftungsverbands zählenden Gegenstandes (etwa einer hinterlegten Brandversicherungsleistung) schon ausreicht, um die volle Forderung des betreibenden Gläubigers und die diesem vorgehenden Baransprüche zu decken, soll es zulässig sein, ausschließlich diesen Gegenstand zu verwerten und das Verfahren hinsichtlich des Grundstücks analog § 76 einzustellen/aufzuheben.32 Die abgesonderte Verwertung darf hier bereits vor Versteigerung des Grundstücks auch durchgeführt werden, gleichwohl soll es sich um eine gerichtliche Anordnung nach § 65 handeln.33 Dieser Weg ist nur dann unproblematisch, wenn keine Grundpfandrechte bestehen bleiben, anderenfalls würde diesen mit dem abgesondert verwerteten Gegenstand ein Haftungsobjekt entzogen. 3. Aufhebung hinsichtlich Zubehörstücks
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Ist die Zubehöreigenschaft oder sind die Eigentumsverhältnisse an einem Gegenstand streitig, kann statt der abgesonderten Verwertung kann auch der Antrag auf Zwangsversteige27 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 1; Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 1; Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 1; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 2. 28 Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 1. 29 OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 16 U 22/08, OLGR Schleswig 2009, 93 = VersR 2009, 1620 m. Anm. Grams; Böttcher, § 59 ZVG Rz. 24; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 31 u. 32; Schiffhauer, Rpfleger 1986, 326; Storz/Kiderlen, ZV, B.2.5.2.1. 30 Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 A Rz. 20; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 6. 31 Vgl. AG Lippstadt v. 17.4.1991 – 12 K 137/87, nicht veröffentlicht, hier zitiert nach OLG Hamm v. 5.12.1991 – 15 W 319/91, MDR 1992, 613 = Rpfleger 1992, 122. 32 BGH v. 9.11.1966 – V ZR 176/63, BGHZ 46, 221 = MDR 1967, 292 = Rpfleger 1967, 109; Dassler u.a./Hintzen, § 76 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 76 ZVG Rz. 10. 33 Mayer, RpflStud 1986, 5 f., auch zum Folgenden.
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Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung
Rz. 28 § 65
rung hinsichtlich dieses Gegenstandes zurückgenommen werden, sog. Freigabe, § 29. Ebenso kann ein Berechtigter nach § 37 Nr. 5 mit Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) die Aufhebung des Verfahrens herbeiführen. 4. Einstellung hinsichtlich eines Gegenstandes a) Rechtsgrundlage Im Streitfall kann auch eine Einstellung hinsichtlich eines Gegenstandes erfolgen, sei es auf Bewilligung des Gläubigers, § 30, oder auf Beschluss des Prozessgerichts (§ 771 ZPO) bzw. im Eilfall des Vollstreckungsgerichts (§§ 771 i.V.m. 769 Abs. 2 ZPO)
23
b) Verfahren nach Fortsetzung War das Verfahren hinsichtlich eines Gegenstands eingestellt und wird erst nach erfolgreicher Versteigerung des Grundstücks fortgesetzt, dann ist nun allein dieser Gegenstand das Versteigerungsobjekt. Obwohl die entsprechenden Grundpfandrechte am Grundstück durch den Zuschlag erloschen sind, bleibt an dem Gegenstand die Haftung für die Belastungen bestehen, die aus dem Versteigerungserlös des Grundstücks nicht befriedigt werden.34
24
Ist der Gegenstand nun gesondert zu versteigern, kann auf Antrag eine bestimmte andere Verwertungsart analog § 65 Abs. 1 Satz 2 beschlossen werden.35
25
Ist die gesamte Forderung des betreibenden Gläubigers allein durch die Grundstücksversteigerung befriedigt, ist das Verfahren hinsichtlich des Zubehörs (erneut) analog § 76 einzustellen bzw. aufzuheben, s. nachfolgend Rz. 52.
26
D. Tatbestandsvoraussetzungen I. Antrag 1. Antragsrecht a) Beteiligte Eine abgesonderte Verwertung darf nicht von Amts wegen erfolgen,36 sondern nur auf Antrag 27 eines Beteiligten (§ 9). Hier gilt das bei § 59 Rz. 18 Ausgeführte. b) Rechtliches Interesse Mieter und Pächter haben kein Antragsrecht, da sie am Erfolg der Versteigerung wirtschaftlich nicht beteiligt sind.37 Streitig ist das Antragsrecht der Beteiligten, deren (voller) Anspruch im geringsten Gebot berücksichtigt ist. Nach der einen Meinung ist keine Eingrenzung geboten, denn hier fehlt eine ausdrückliche Regelung wie etwa in § 64 Abs. 1 Satz 2, § 67 Abs. 1 und 68 Abs. 2;38 zumindest soll antragsberechtigt sein, wer Baransprüche hat.39 Nach 34 BGH v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 35 = NJW 1961, 1349 = WM 1961, 668; RG v. 24.10.1903 – V.531/02, RGZ 55, 414; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 18; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 15 sowie § 55 ZVG Rz. 18. 35 OLG Hamm v. 26.10.1993 – 15 W 272/93, Rpfleger 1994, 176; Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 2. 36 BGH v. 19.3.1971 – V ZR 153/68, MDR 1971, 567 = NJW 1971, 1751 = Rpfleger 1971, 212. 37 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 5; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 3. 38 Fromm, Das Zubehör in der Zwangsversteigerung eines Grundstückes, S. 65; Hk-ZV/Stumpe, § 65 ZVG Rz. 4; Morvilius, Rz. 306; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 3. 39 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 4.
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§ 65 Rz. 28 Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung a.A. gebietet der Zweck der Norm ein eigenes rechtliches Interesse; dieses fehlt den ins geringste Gebot fallenden Gläubigern, zumal sie durch Abs. 2 besonders geschützt sind.40 Dem ist zu folgen, auch hier greifen die Erwägungen, wie in § 59 Rz. 25-27 und in § 63 Rz. 70 dargelegt. 29
Ein eigenes Interesse kann auch haben, wer durch Anmeldung von Eigentumsrechten an einzelnen Gegenständen Beteiligter geworden ist.41 2. Form
30
Der Antrag kann formlos in einem Termin, auch einem Vortermin nach § 62, zu Protokoll des Gerichts, oder zuvor schriftlich oder zur Niederschrift des UdG gestellt werden.42 Denkbar ist sogar eine Aufnahme des Antrags im parallelen Zwangsverwaltungsverfahren anlässlich eines Termins zur Verhandlung über die Verwendung einer Versicherungssumme.43 Dabei ist aber zu beachten, dass es sich um zwei getrennt geführte Verfahren handelt. 3. Zeitpunkt
31
Früher wurde vertreten, der Antrag könne bis zum Schluss der Versteigerung gestellt werden;44 wenigstens aber, sofern noch kein wirksames Gebot vorliegt.45 Nach heute ganz h.M. muss der Antrag spätestens vor Beginn der Bietzeit gestellt werden; nach der Intention des Gesetzgebers sollen mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten die Versteigerungsbedingungen feststehen.46 Für den Antrag gilt das für andere Anträge auf Änderung der Versteigerungsbedingungen Gesagte, vgl. § 59 Rz. 20, § 63 Rz. 65. Wird nach Vollstreckungseinstellung hinsichtlich eines Zubehörstücks das Grundstück versteigert und sodann die Fortsetzung hinsichtlich des Zubehörs beantragt, liegt darin schlüssig auch der – dann zulässige – Antrag auf gesonderte Verwertung.47 4. Rücknahme
32
Der Antrag kann bis zur Anordnung der besonderen Verwertung (Rz. 44) zurückgenommen werden;48 regelmäßig (siehe aber Rz. 21) also bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten, denn erst dann stehen die Versteigerungsbedingungen fest, vgl. § 59 Rz. 20, § 63 Rz. 65.
40 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 5; Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 4; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 A Rz. 5; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 14; Storz/Kiderlen, ZV, B 2.5.2.1. 41 LG Berlin v. 4.4.1978 – 81 T 103/78, 81 T 104/78, Rpfleger 1978, 268 = DGVZ 1978, 112. 42 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 5; Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 5. 43 OLG Schleswig v. 22.6.2000 – 16 W 45/00, OLGR Schleswig 2000, 368 = InVo 2001, 76 = NZI 2001, 14. 44 LG Berlin v. 4.4.1978 – 81 T 103/78, 81 T104/78, Rpfleger 1978, 268; Jaeckel/Güthe, § 65 ZVG Rz. 4; Korinthenberg/Wenz, § 65 ZVG Pkt. 2. 45 Fromm, Das Zubehör in der Zwangsversteigerung eines Grundstückes, S. 66; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 A Rz. 7; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 15; Storz, ZP 1982, 416; nach Gesetzesänderung von 1998 noch Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 728. 46 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 6, Hk-ZV/Stumpe, § 65 ZVG Rz. 5; Morvilius, Rz. 306, a.A. Gay, Kap. 4, II, S. 162 ff. 47 Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 728. 48 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 16.
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Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung
Rz. 37 § 65
5. Inhalt Der Antrag muss die begehrte Art der Verwertung, die konkrete begehrte Maßnahme genau bezeichnen.49 Infrage kommt die besondere Versteigerung, Abs. 1 Satz 1, entweder durch das Vollstreckungsgericht oder durch den Gerichtsvollzieher, oder eine anderweitige Verwertung, Abs. 1 Satz 2, wobei die „insbesondere“ aufgelisteten Verwertungsmöglichkeiten nicht erschöpfend sind.
33
II. Forderung oder bewegliche Sache Bei dem gesondert zu verwertenden Gegenstand muss es sich um eine Forderung oder bewegliche Sache handeln, die nach § 55 Abs. 1 oder Abs. 2 grundsätzlich mitversteigert würde. Vgl. dazu oben „Anwendungsfälle“, Rz. 4 ff.
34
III. Keine Zustimmung Dritter Der Zustimmung anderer Beteiligter zum Antrag bedarf es nicht;50 gleichwohl hat das Gericht deren Interessen bei seiner Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, siehe Rz. 40.
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E. Verfahren I. Gerichtliches Ermessen 1. Nur hinsichtlich des Ob, nicht hinsichtlich des Wie Das Gericht „kann“ dem Antrag stattgeben, Abs. 1 Satz 1, es entscheidet also nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Gericht kann den Antrag aber nicht inhaltlich abwandeln.51 Es sollte auf einen eindeutigen Antrag hinwirken, § 139 ZPO,52 und kann eine Verwertungsmodalität anregen.53 Bei frühzeitiger Antragstellung kann ein Vortermin nach § 62 sinnvoll sein.54
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2. Maßstab: Ziele der Norm Gerichtliches Ermessen ist stets gebunden an die Gesetzesziele.55 § 65 soll ein optimales Versteigerungsergebnis ermöglichen, für Klarheit über den Umfang der Versteigerung sorgen und zugleich die Rechte der Beteiligten auch an dem betreffenden Gegenstand schützen.
49 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 4; Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 3; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 5. 50 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 14. 51 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 8; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 16; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 5; a.A. Jaeckel/Güthe, § 65 ZVG Rz. 6. Rz. 52 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 4. 53 Mohrbutter, FS Herbert Schmidt, S. 111, 113; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 A Rz. 15. 54 Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 729. 55 Stickelbrock, Inhalt und Grenzen richterlichen Ermessens im Zivilprozeß, S. 299.
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§ 65 Rz. 38 Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung 3. Entscheidungskriterien a) Ertragsoptimierung 38
Dem Antrag ist in der Regel stattzugeben, wenn dadurch ein besseres Versteigerungsergebnis zu erwarten ist.56 Das Gericht muss prüfen, ob keine Schmälerung des Gesamterlöses droht.57 Gewöhnlich ist der Wert bei gemeinsamer Veräußerung des bewirtschafteten Grundstücks nebst Zubehör höher als der Wert bei einer getrennten Veräußerung;58 um diese Vermutung zu entkräften, etwa wegen mangelnder Ertragsfähigkeit des Unternehmens, müssen tatsächliche Anhaltspunkte vom Antragsteller vorgetragen oder sonst ersichtlich sein.59 b) Geltendmachung von Drittrechten
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Dem Antrag ist in der Regel stattzugeben, wenn der Gegenstand von einem Dritten beansprucht wird, 805 ZPO.60 Dies bildet eine Alternative zur Verfahrenseinstellung hinsichtlich des Gegenstandes oder dessen Freigabe, umgeht zudem Streit bei gemeinsamer Verwertung, welcher Erlösanteil dem Eigentümer des mitversteigerten Gegenstandes zusteht.61 c) Gefährdung der Sicherheit bestehen bleibender Grundpfandrechte
40
Der Antrag ist regelmäßig zurückzuweisen, wenn anderenfalls die Interessen der Gläubiger bestehen bleibender Grundpfandrechte gefährdet würden, denen nach §§ 1134, 1135 BGB ein Widerspruchsrecht zusteht, was nach h.M. von Amts wegen zu beachten ist.62 Freilich sind auch Fälle denkbar, in denen der Grundpfandgläubiger von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch machen will, daher gibt es auch Stimmen, die diese Grundpfandgläubiger ausschließlich auf ihr Widerspruchsrecht und ggf. die Widerspruchsklage verweisen.63 Dem Gericht obliegt eine gründliche Sachverhaltsaufklärung. d) Keine Terminsvertagung zur Sachverhaltsaufklärung
41
Unzulässig ist eine Terminsvertagung zwecks Anhörung eines Sachverständigen, ob durch die Herausnahme ein höherer Erlös zu erzielen wäre.64 Es erfolgt auch kein Doppelausgebot zu gesetzlichen und abweichenden Bedingungen zum Zwecke des Ausschlusses einer Beeinträchtigung.65
II. Anhörungs- und Aufklärungspflichten 42
Das Gericht soll im Rahmen seiner Aufklärungs- und Hinweispflicht (§ 139 ZVG) auf einen sachgerechten Antrag hinwirken, vgl. Rz. 36. 56 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 10; Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 6; Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 7. 57 RG v. 5.7.1929 – III 516/28, RGZ 125, 299, 308; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 8. 58 Hk-ZV/Stumpe, § 65 ZVG Rz. 7; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 1. 59 RG v. 5.7.1929 – III 516/28, RGZ 125, 299, 304. 60 Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 7; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 7 f. 61 Dazu siehe Kommentierung zu § 37 Nr. 5. 62 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 16; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 2.4; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 8; a.A. Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 6. 63 Jaeckel/Güthe, § 65 ZVG Rz. 10; Morvilius, Rz. 306. 64 RG v. 5.7.1929 – III 516/28, RGZ 125, 299, 304. 65 Nußbaum, § 16 V, S. 122; a.A. AG Lippstadt v. 17.4.1991 – 12 K 137/87, nicht veröffentlicht, hier zitiert nach OLG Hamm v. 5.12.1991 – 15 W 319/91, MDR 1992, 613 = Rpfleger 1992, 122.
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Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung
Rz. 47 § 65
Die Beteiligten sind grundsätzlich vor Entscheidung anzuhören.66 Dies ist problematisch, wenn der Antrag erst im Termin gestellt wird und nicht alle Beteiligten anwesend sind. Gerade die im geringsten Gebot stehenden Grundpfandgläubiger sind in ihrer Position gefährdet, siehe Rz. 40. Eine Terminsvertagung zur Sachverhaltsaufklärung ist unzulässig.67 Hier wird sich das Gericht mit der Anhörung der anwesenden Beteiligten begnügen müssen,68 hat aber die Interessen der Gläubiger bestehen bleibender Grundpfandrechte sorgsam abzuwägen.69
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III. Entscheidung Das Gericht entscheidet durch Beschluss.70 Dieser Beschluss soll bereits vor dem Versteige- 44 rungstermin zulässig sein;71 bedenklich: Es handelt sich um eine Versteigerungsbedingung,72 und Versteigerungsbedingungen werden im Termin festgestellt und verlesen, § 66 Abs. 1. Wird dem Antrag stattgegeben, muss der Ausschluss von der Versteigerung in den Versteigerungsbedingungen zum Ausdruck kommen. Von der Anordnung strikt zu unterscheiden ist deren Vollzug,73 dazu siehe Rz. 50. Dieser ist nur zulässig, wenn das geringste Gebot auf das separat verwertete Grundstück erreicht ist, Abs. 2. Die Anordnung steht insoweit unter einer aufschiebenden Bedingung.74
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IV. Neue Wertfestsetzung Es bedarf einer neuen Festsetzung des Grundstückswerts, wenn der Gegenstand oder die 46 Forderung in die Verkehrswertfestsetzung einbezogen war.75 Es empfiehlt sich ohnedies, von vornherein den Wert des Gegenstandes gesondert festzusetzen.76 Für den gesondert zu verwertenden Gegenstand muss keine (erneute) Wertfestsetzung erfolgen.77
V. Bietzeit hinsichtlich des Grundstücks und weiteres Vorgehen 1. Kein Doppelausgebot Zunächst ist das Grundstück ohne den Gegenstand auszubieten. Es erfolgt also kein Doppelausgebot zu gesetzlichen und abweichenden Bedingungen.78
66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78
Böttcher, § 65 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 7; Eickmann/Böttcher, § 3 II 4. RG v. 5.7.1929 – III 516/28, RGZ 125, 299, 306 ff. Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 7; a.A. Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 7. Böttcher, § 65 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 16; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 2.4; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 8; a.A. Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 6. Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 8; Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 7. Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 7 unter Verweis auf RG v. 5.7.1929 – III 516/28, RGZ 125, 299, 308; Mohrbutter, FS Herbert Schmidt, S. 111, 116; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 9. Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 4. RG v. 5.7.1929 – III 516/28, RGZ 125, 299, 308. Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 9. Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 12. Böttcher, § 74a ZVG Rz. 31; Storz/Kiderlen, ZV, C 2.1.1. Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 12. Nußbaum, § 16 V, S. 122; a.A. AG Lippstadt v. 17.4.1991 – 12 K 137/87, nicht veröffentlicht, hier zitiert nach OLG Hamm v. 5.12.1991 – 15 W 319/91, MDR 1992, 613 = Rpfleger 1992, 122.
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§ 65 Rz. 48 Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung 2. Geringstes Gebot nicht erreicht 48
Werden auf das Grundstück keine Gebote abgegeben (ist also das geringste Gebot nicht erreicht), dann wird die Anordnung der abgesonderten Verwertung hinfällig.79 Dies muss auch gelten, wenn der Gegenstand zu mehreren gemeinsam (§ 63) versteigerten Grundstücken gehört und nicht auf sämtliche betroffenen Grundstücke Gebote abgegeben werden. Vereinzelt wird ein Aufhebungsbeschluss für notwendig erachtet;80 dieser kann jedoch nur deklaratorische Wirkung haben.
49
Anschließend sind geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen neu festzustellen und eine neue Bietstunde zu eröffnen, bei der Grundstück und Gegenstand gemeinsam ausgeboten werden.81 3. Geringstes Gebot erreicht a) Vollzug der Anordnung wird zulässig
50
Wird das geringste Gebot auf das Grundstück erreicht, darf die Anordnung vollzogen werden, Abs. 2. Der Gegenansicht, wonach der Vollzug der Anordnung erst nach rechtskräftigem Zuschlag erfolgen dürfe,82 steht der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen; der Gesetzgeber hat ausdrücklich nicht am Zuschlag, sondern am geringsten Gebot angeknüpft,83 die drohende Zerschlagung des Hypothekenhaftungsverbands muss das Gericht in seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen, Rz. 40.
51
Vertreten wird, dass nach einem wirksamen Gebot die abgesonderte Versteigerung oder andere Verwertung sogleich, also noch während der Bietzeit für das Grundstück, erfolgen könne.84 Nach a.A. soll die Anordnung erst nach dem Versteigerungstermin auszuführen sein.85 Soweit dies mit einer möglichen Zuschlagsversagung nach §§ 74a, 85a und einer dadurch drohenden Vereitelung des Gesetzeszwecks begründet wird,86 kann dem nicht gefolgt werden. Jedoch im Hinblick auf eine transparente Verfahrensgestaltung und im Interesse der ungeteilten Aufmerksamkeit von Gericht und Publikum sollte eine parallele Verwertung verschiedener Objekte – wo vermeidbar – unterlassen werden.87 Zudem ist denkbar, dass allein durch die Grundstücksverwertung der betreibende Gläubiger bereits voll befriedigt ist oder nach § 114a als befriedigt gilt. Die besondere Versteigerung der ausgenommenen Gegenstände hat dann zu unterbleiben, siehe nachfolgende Rz. Auch dies spricht gegen die Verwertung des ausgenommenen Gegenstandes schon vor dem Ende der Versteigerung des Grundstücks.88
79 Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 13. 80 Fromm, Das Zubehör in der Zwangsversteigerung eines Grundstückes, S. 67; Jaeckel/Güthe, § 65 ZVG Rz. 7; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 18; a.A. Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 9. 81 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 13; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 A Rz. 10. 82 Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 725 f.; ähnlich Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 13 sowie Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 8 Fn. 9: Gesetzeszweck gebietet einschränkende Auslegung, wenn Zuschlag hinsichtlich des Grundstücks zu versagen ist. 83 Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 9 Fn. 8. 84 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 17; unklar Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 9 und 11. 85 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 13 und 17; Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 8; Stöber, Hdb. Rz. 298a; Storz/Kiderlen, ZV, B 2.5.2.1. 86 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 13. 87 Keller, ZfIR 2007, 729, 739; LG Hildesheim v. 30.4.1986 – 5 T 247/86, Schiffhauer, Rpfleger 1986, 311, 312, Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 75 ff. (sämtlich zu gemeinsamer Versteigerung von Grundstücken ohne Verfahrensverbindung). 88 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 17; Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 9.
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Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung
Rz. 56 § 65
b) Sonderfall: Volle Befriedigung der Betreibenden Im Falle der Vollbefriedigung der betreibenden Gläubiger durch die Versteigerung des Grundstücks allein ist die Anordnung der gesonderten Verwertung durch Beschluss aufzuheben, die h.M. greift hierfür auf den Rechtsgedanken von § 76 sowie auf § 803 Abs. 1 Satz 2 ZPO und § 818 ZPO zurück.89 Nach anderer Ansicht ist das Verfahren hinsichtlich der gesondert zu verwertenden Gegenstände nach § 775 Nr. 5 ZPO einzustellen (das Protokoll des Verteilungstermins ist eine öffentliche Urkunde, aus der sich die Befriedigung des betreibenden Gläubigers ergibt).90
52
c) Zuschlag hinsichtlich des Grundstücks aa) Inhalt Im Zuschlagsbeschluss ist ausdrücklich anzuführen, welche Gegenstände nach § 65 von der Versteigerung ausgenommen worden sind, da dies eine besondere Versteigerungsbedingung ist, § 82.91 Ein Rückgriff auf Erörterungen im Versteigerungstermin ist grds. nicht möglich.92
53
bb) Schicksal des nicht mitversteigerten Gegenstandes Selbst wenn der Gegenstand nun ggf. seine Zubehöreigenschaft verliert, bleibt an ihm die Haftung für durch den Zuschlag erloschene Grundpfandrechte bestehen, soweit sie aus dem Versteigerungserlös des Grundstücks nicht befriedigt werden.93 Nach der Aufhebung des Verfahrens wegen Vollbefriedigung der betreibenden Gläubiger ebenso wie nach Freigabe des Gegenstandes durch alle Betreibenden kann dieses Pfandrecht aber nur noch im Wege der Mobiliarvollstreckung, nicht mehr durch Zwangsversteigerung geltend gemacht werden.94
54
VI. Formen der abgesonderten Verwertung Die abgesonderte Verwertung hat wie beantragt und angeordnet zu erfolgen.
55
1. Besondere Versteigerung, Abs. 1 Satz 1 a) Durch das Gericht Die abgesonderte Versteigerung obliegt dem Vollstreckungsgericht.95 § 817 ZPO, § 817a Abs. 3 ZPO (der den § 820 ZPO ersetzt) und § 156 BGB sind entsprechend anzuwenden, 89 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 17; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 A Rz. 10; differenziert Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 30 (materiell-rechtliche Folge des § 114a darf nicht berücksichtigt werden). 90 Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 12; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 13. 91 RG v. 26.2.1930 – V 556/28, RGZ 127, 272, 274; OLG Hamm v. 6.3.1992 – 20 U 215/91, OLGR Hamm 1992, 262, 263; Böttcher, § 65 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 8; Fromm, Das Zubehör in der Zwangsversteigerung eines Grundstückes, S. 71; Mohrbutter, FS Herbert Schmidt, S. 111, 117; a.A. Nußbaum, § 18 III, S. 140. 92 RG v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 254 f.; OLG Schleswig v. 22.6.2000 – 16 W 45/00, OLGR Schleswig 2000, 368 = InVo 2001, 76. 93 BGH v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, BGHZ 35, 35 = NJW 1961, 1349 = WM 1961, 668; RG v. 24.10.1903 – V.531/02, RGZ 55, 414; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 18; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 15. 94 OLG Hamm v. 26.10.1993 – 15 W 272/93, Rpfleger 1994, 176, 177; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 18. 95 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 14.
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§ 65 Rz. 56 Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung Abs. 1 Satz 3. Das Eigentum am versteigerten Gegenstand geht hier nicht mit Zuschlag, sondern erst mit der Zahlung auf den Ersteher über.96 Erfolgt diese Versteigerung nicht schon am Tage der Grundstücksversteigerung, sind für die Terminsbestimmung und deren Bekanntmachung die ZVG-Vorschriften sinngemäß anzuwenden, dabei sollen aber § 36 Abs. 1 und 2, § 37 Nr. 4, § 38, § 41 Abs. 2, §§ 42, 43 und 44 nicht anzuwenden sein.97 Die Aufforderung nach § 37 Nr. 5 ZVG aus der ursprünglichen Terminsbestimmung gilt weiter im Verfahren der abgesonderten Verwertung des ausgenommenen Gegenstandes.98 b) Durch den Gerichtsvollzieher 57
Die besondere Versteigerung kann auch durch einen vom Vollstreckungsgericht beauftragten Gerichtsvollzieher erfolgen, § 30 Abs. 2 Nr. 2 GVGA. Dessen Verfahren richtet sich nach allgemeinen Vorschriften, insb. §§ 817, 817a ZPO. Den Versteigerungserlös hat der Gerichtsvollzieher zu hinterlegen, Abs. 4, sh. auch § 155 Satz 2 Nr. 8 GVGA. Dabei darf er seine Kosten nicht vorab entnehmen, vielmehr richtet sich das Verfahren wegen seiner Kosten nach Nr. 6 Abs. 2 DB-GvKost, § 58 GVO und §§ 19, 24 Abs. 7 KostVfg.99 2. Andere Art der Verwertung, Abs. 1 Satz 2 a) Allgemeines
58
Statt der besonderen Versteigerung kann eine andere Art der Verwertung beantragt werden, es gelten die gleichen Voraussetzungen.100 Der Kreis der Möglichkeiten ist nicht abschließend geregelt, damit die für den Einzelfall optimale Regelung gewählt werden kann.101 b) Freihändige Veräußerung
59
In Frage kommt namentlich die freihändige Verwertung durch den Gerichtsvollzieher, § 825 ZPO, § 30 Abs. 2 Nr. 2 GVGA, § 155 Satz 1 Nr. 8 GVGA. Auch dabei darf der vereinbarte Preis das Mindestgebot nach § 817a ZPO nicht unterschreiten.102 Sogar die Veräußerung durch eine Privatperson wird als zulässig erachtet;103 bedenklich, weil ein faires Verfahren gefährdet werden kann. c) Überweisung einer Forderung an Zahlungs statt
60
Eine Forderung kann auch an Zahlungs statt an die Gläubiger entsprechend ihrem Rang überwiesen werden, § 835 ZPO, aber nicht gegen ihren Willen, weil sie mit Überweisung an Zahlungs statt, soweit die überwiesene Forderung reicht, als befriedigt gelten, § 835 Abs. 2 ZPO.104 Den Überweisungsbeschluss hat das Gericht zu erlassen und den Berechtigten zuzustellen, die Zustellung an den Drittschuldner obliegt dem Berechtigten selbst, hierauf hat das Gericht hinzuweisen.105
96 97 98 99 100 101 102 103
Hk-ZV/Kindl, § 817 ZPO Rz. 6; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 12. Böttcher, § 65 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 27. Fromm, Das Zubehör in der Zwangsversteigerung eines Grundstückes, S. 69. Schröder-Kay, Das Kostenwesen der Gerichtsvollzieher, § 15 GvKostG Rz. 13. Muth, Zwangsversteigerungspraxis 2 A Rz. 14; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 34. Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 37. Hk-ZV/Kindl, § 825 ZPO Rz. 6. Fromm, Das Zubehör in der Zwangsversteigerung eines Grundstückes, S. 70; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 37. 104 Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 14; Muth, Zwangsversteigerungspraxis 2 A Rz. 16. 105 Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 10; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 39.
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Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung
Rz. 63 § 65
Muster Überweisungsbeschluss in der Zwangsversteigerungssache Az. 1 K 111/15, des [Gläubigers; nebst Bankverbindung] gegen [ Schuldner], betreffend [Versteigerungsobjekt] Gemäß dem dinglichen Recht aus der in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Grundschuld ohne Brief zu 100.000 Euro nebst 15 % Zinsen jährlich und 5 % Nebenleistung einmalig kann der Gläubiger von dem Schuldner nachfolgend aufgeführte Beträge beanspruchen: 1. Hauptforderung 100.000,00 Euro 2. 15 % Zinsen daraus seit dem 1.1.2014 bis zur Befriedigung der Forderung 3. einmalige Nebenleistung 5.000 Euro 4. Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung gemäß Anmeldung vom 1.9.2015: 750 Euro. Wegen dieser Ansprüche sowie wegen der Zustellungskosten für diesen Beschluss werden die nachfolgend aufgeführten angeblichen Forderungen des Schuldners gegen [Drittschuldner, nebst KontoVersicherungsnummer] auf Zahlung der Versicherungssumme aus dem Schadensfall vom xxx, Schadensnummer xxx, in Höhe des vollen gepfändeten Betrages dem Gläubiger an Zahlungs statt überwiesen. Gründe: Die Versicherungsforderung unterfällt dem Hypothekenhaftungsverband und ist daher im Zwangsversteigerungsverfahren von der Beschlagnahmepfändung mit umfasst. Mit Beschluss vom 1.12.2015 hat das Gericht die abgesonderte Verwertung der Versicherungsforderung durch Überweisung an Zahlungs statt angeordnet, § 65 Abs. 2 ZVG. In Ausführung dieser Anordnung war die Überweisung an Zahlungs statt durch Beschluss auszusprechen, wobei dem Gläubiger der Anspruch gemäß dem Rang seines dinglichen Rechts in vollem Umfange zustand. Hinweis: Die Überweisung wird erst wirksam mit förmlicher Zustellung an den Drittschuldner. Diese ist vom Gläubiger selbst zu veranlassen.
d) Ermächtigen einer Person zur Einziehung der Forderung Ausdrücklich vorgesehen ist auch, eine Person zur Forderungseinziehung zu ermächtigen. 61 Dies kann etwa der Verwalter in einer parallelen Zwangsverwaltung sein.106 Das Gesetz schweigt zum Verfahren; sachgerecht erscheint, hier die für einen Vertreter bzw. Sequester nach § 25 entwickelten Regeln (Bestallung, Vergütung, Entlassung nach Erledigung) entsprechend anzuwenden.107 e) Zur Verfügung des Gerichts hinterlegte Gelder Ist die (z.B. Brand-)Versicherungssumme zur Verfügung des Vollstreckungsgerichts hinterlegt, kann dieses Geld von der Versteigerung ausgenommen und für das Verteilungsverfahren zur Masse genommen werden.108
62
f) Gelder beim Zwangsverwalter, die nicht zur Zwangsverwaltungsmasse gehören Sofern der Zwangsverwalter Gelder vereinnahmt hat, die nicht zur Zwangsverwaltungsmasse gehören, sondern an den Ersteher herauszugeben wären, sh. Rz. 13 ff., können diese Beträge
106 OLG Hamm v. 6.3.1992 – 20 U 215/91, OLGR Hamm 1992, 262, 263. 107 Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 729. 108 Mohrbutter, FS Herbert Schmidt, S. 111, 113; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 12.
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§ 65 Rz. 63 Besondere Versteigerung; anderweitige Verwertung als Forderungen an Zahlungs statt überwiesen werden. Denkbar ist aber auch eine Vereinbarung, den Betrag zu hinterlegen und zum Verteilungstermin zur Masse zu ziehen.
VII. Erlösverwendung 64
Der Erlös aus der abgesonderten Verwertung ist zu hinterlegen, Abs. 1 Satz 4. Die Verteilung erfolgt nach § 107 Abs. 1 Satz 2 einheitlich, hier werden die Teilungsmassen also wieder zusammengeführt.
65
Von der gesetzlichen Regel ist aber dann abzuweichen, wenn sie zu besonderen Härten für die Beteiligten führen würde. So kann sich die Verwertung des Zubehörs über Jahre hinziehen.109 Dann darf der Haupterlös alsbald verteilt werden, für die später hinzukommenden Gegenstände hat eine Nachtragsverteilung zu erfolgen.110
F. Rechtsbehelf 66
Die Anordnung der abgesonderten Versteigerung oder anderweitigen Verwertung ist mit der Vollstreckungserinnerung anfechtbar, gerügt werden kann die fehlerhafte Ermessensausübung des Gerichts.111 Der angebliche Eigentümer des Gegenstandes ist aber allein auf die Drittwiderspruchsklage verwiesen.112 Dass gegen die Zurückweisung des Antrags gleichfalls nach § 766 ZPO vorzugehen sei,113 wird zu Recht bestritten,114 es liegt dann keine Vollstreckungsmaßnahme des Gerichts vor.
67
Daneben bleibt in beiden Fallgruppen gegen fehlerhafte Feststellung der Versteigerungsbedingungen die Zuschlagsbeschwerde nach §§ 83 Nr. 1, 100 ZVG, § 11 Abs. 1 RpflG.115 Dies gilt auch für Gläubiger bestehen bleibender Rechte wegen Entwertung ihres Pfandrechts, §§ 1134, 1135 BGB.116
68
Kommt es zufolge fehlerhafter Zulassung oder Nichtzulassung der Abweichung zur Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens nach § 77, kann der betreibende Gläubiger sofortige Beschwerde nach § 95 ZVG i.V.m. § 83 Nr. 1, § 793 ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG einlegen, da es anderenfalls überhaupt keinen Rechtsweg gegen fehlerhaft aufgestellte Versteigerungsbedingungen gäbe.117
109 Vgl. LG Berlin v. 4.4.1978 – 81 T 103/78, 81 T 14/78, Rpfleger 1978, 268 (Zuschlag des Grundstücks im Oktober 1974, Versteigerung des Zubehörs dauerte 1978 noch an). 110 Böttcher, § 107 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 107 ZVG Rz. 6; Hk-ZV/Stumpe, § 65 ZVG Rz. 14; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 41; differenzierend Stöber/Nicht, § 107 ZVG Rz. 6. 111 LG Frankenthal v. 22.11.1985 – 1 T 341/85, Rpfleger 1986, 146; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 20; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 19. 112 LG Berlin v. 4.4.1978 – 81 T 103/78, 81 T 14/78, Rpfleger 1978, 268 = DGVZ 1978, 112; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 20; Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 15. 113 So Hintzen/Wolf, Rz. 11.314; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 45. 114 Böttcher, § 65 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 65 ZVG Rz. 21; Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 A Rz. 17. 115 Löhnig/Siwonia, § 65 ZVG Rz. 12; Stöber/Gojowczyk, § 65 ZVG Rz. 19. 116 Muth, Zwangsversteigerungspraxis, 2 A Rz. 17. 117 LG Frankfurt/M. v. 29.12.1958 – 2/9 T 731/58, NJW 1959, 1442 m. Anm. Hoche; Dassler u.a./Hintzen, § 45 ZVG Rz. 24 (je zur fehlerhaften Feststellung des geringsten Gebots).
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Verfahren im Versteigerungstermin
§ 66
G. Kosten Für die gesonderte Versteigerung oder andere Verwertung fallen keine besonderen Gerichtsgebühren an.118 Bei der Zuschlagsgebühr (KV 2214 GKG) wird der Erlös aus der gesonderten Versteigerung oder sonstigen Verwertung nicht hinzugerechnet.119 Die Verteilungsgebühr (KV 2215 GKG) berechnet sich aus der Summe der Versteigerungserlöse, § 54 Abs. 3 Satz 2 GKG. Sollte hier ausnahmsweise die Erlösverteilung hinsichtlich des Grundstücks vorgezogen werden, sh. Rz. 65, dann sind vorläufig und unter Vorbehalt die Kosten aus der Grundstücksversteigerung anzusetzen; sobald auch der ausgenommene Gegenstand verwertet ist, ist in der Nachtragsverteilung die Kostenrechnung zu berichtigen und die Differenz der Verteilungsgebühr nachzuerheben. Die Kosten des Gerichtsvollziehers richten sich nach dem GVKostG, insbes. nach Nr. 300 KVGVKostG. Diese Kosten wie auch Kosten eines beauftragten Dritten sind vom Gläubiger zu tragen;120 sie gehören zu den Kosten des Verfahrens, § 109, und sind daher vorweg aus der Teilungsmasse zu decken.121
V. Versteigerung
§ 66 [Verfahren im Versteigerungstermin] (1) In dem Versteigerungstermin werden nach dem Aufruf der Sache die das Grundstück betreffenden Nachweisungen, die das Verfahren betreibenden Gläubiger, deren Ansprüche, die Zeit der Beschlagnahme, der vom Gericht festgesetzte Wert des Grundstücks und die erfolgten Anmeldungen bekanntgemacht, hierauf das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen nach Anhörung der anwesenden Beteiligten, nötigenfalls mit Hilfe eines Rechnungsverständigen, unter Bezeichnung der einzelnen Rechte festgestellt und die erfolgten Feststellungen verlesen. (2) Nachdem dies geschehen, hat das Gericht auf die bevorstehende Ausschließung weiterer Anmeldungen hinzuweisen und sodann zur Abgabe von Geboten aufzufordern.
A. I. II. III. IV. B. I. II. III. IV. 118 119 120 121
Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . Vor §§ 66 bis 70 ZVG . . . . . . . . . . Allgemeines zu § 66 . . . . . . . . . . . Versteigerungstermin im Allgemeinen Vorbereitung durch das Gericht . . . . Allgemein zum Versteigerungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . Sitzungsleitung . . . . . . . . . . . . . . Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ort des Versteigerungstermins . . . . .
Rz. 1 1 2 3 4 9 9 10 17 19
V. Zeit der Versteigerung . . . . . . . . . . VI. Unterbrechung/Vertagung/Verlegung des Versteigerungstermins . . . . . . . . VII. Ein Versteigerungstermin für mehrere Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Ablehnung des Rechtspflegers wegen Befangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . C. Versteigerungstermin bis zur Abgabe von Geboten . . . . . . . . . . I. Aufruf der Sache . . . . . . . . . . . . . 1. Feststellung der erschienenen Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 23 27 36 43 48 48 49
Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 13. Meyer, GKG/FamGKG, § 54 GKG Rz. 9. Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 731. Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 14; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 44.
Strauß und Traub
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Verfahren im Versteigerungstermin
§ 66
G. Kosten Für die gesonderte Versteigerung oder andere Verwertung fallen keine besonderen Gerichtsgebühren an.118 Bei der Zuschlagsgebühr (KV 2214 GKG) wird der Erlös aus der gesonderten Versteigerung oder sonstigen Verwertung nicht hinzugerechnet.119 Die Verteilungsgebühr (KV 2215 GKG) berechnet sich aus der Summe der Versteigerungserlöse, § 54 Abs. 3 Satz 2 GKG. Sollte hier ausnahmsweise die Erlösverteilung hinsichtlich des Grundstücks vorgezogen werden, sh. Rz. 65, dann sind vorläufig und unter Vorbehalt die Kosten aus der Grundstücksversteigerung anzusetzen; sobald auch der ausgenommene Gegenstand verwertet ist, ist in der Nachtragsverteilung die Kostenrechnung zu berichtigen und die Differenz der Verteilungsgebühr nachzuerheben. Die Kosten des Gerichtsvollziehers richten sich nach dem GVKostG, insbes. nach Nr. 300 KVGVKostG. Diese Kosten wie auch Kosten eines beauftragten Dritten sind vom Gläubiger zu tragen;120 sie gehören zu den Kosten des Verfahrens, § 109, und sind daher vorweg aus der Teilungsmasse zu decken.121
V. Versteigerung
§ 66 [Verfahren im Versteigerungstermin] (1) In dem Versteigerungstermin werden nach dem Aufruf der Sache die das Grundstück betreffenden Nachweisungen, die das Verfahren betreibenden Gläubiger, deren Ansprüche, die Zeit der Beschlagnahme, der vom Gericht festgesetzte Wert des Grundstücks und die erfolgten Anmeldungen bekanntgemacht, hierauf das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen nach Anhörung der anwesenden Beteiligten, nötigenfalls mit Hilfe eines Rechnungsverständigen, unter Bezeichnung der einzelnen Rechte festgestellt und die erfolgten Feststellungen verlesen. (2) Nachdem dies geschehen, hat das Gericht auf die bevorstehende Ausschließung weiterer Anmeldungen hinzuweisen und sodann zur Abgabe von Geboten aufzufordern.
A. I. II. III. IV. B. I. II. III. IV. 118 119 120 121
Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . Vor §§ 66 bis 70 ZVG . . . . . . . . . . Allgemeines zu § 66 . . . . . . . . . . . Versteigerungstermin im Allgemeinen Vorbereitung durch das Gericht . . . . Allgemein zum Versteigerungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . Sitzungsleitung . . . . . . . . . . . . . . Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ort des Versteigerungstermins . . . . .
Rz. 1 1 2 3 4 9 9 10 17 19
V. Zeit der Versteigerung . . . . . . . . . . VI. Unterbrechung/Vertagung/Verlegung des Versteigerungstermins . . . . . . . . VII. Ein Versteigerungstermin für mehrere Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Ablehnung des Rechtspflegers wegen Befangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . C. Versteigerungstermin bis zur Abgabe von Geboten . . . . . . . . . . I. Aufruf der Sache . . . . . . . . . . . . . 1. Feststellung der erschienenen Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 23 27 36 43 48 48 49
Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 13. Meyer, GKG/FamGKG, § 54 GKG Rz. 9. Schmidberger, ZfIR 2018, 724, 731. Depré/Bachmann, § 65 ZVG Rz. 14; Steiner/Storz, § 65 ZVG Rz. 44.
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§ 66 Rz. 1 Verfahren im Versteigerungstermin
2. 3. II. 1. 2. 3. 4. 5.
Vertretung durch Bevollmächtigte . Vertretung durch Beistände . . . . . Bekanntmachungen . . . . . . . . . Die das Grundstück betreffenden Nachweise . . . . . . . . . . . . . . . Die das Verfahren betreibenden Gläubiger und deren Ansprüche . . Die Zeit der Beschlagnahme . . . . Der vom Gericht festgesetzte Wert des Grundstücks . . . . . . . . . . . Die erfolgten Anmeldungen . . . .
.. .. ..
Rz. 54 62 65
..
67
.. ..
71 73
.. ..
74 76
6. Allgemeine Hinweise . . . . . . . . . . D. Geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen . . . . . . . . . . . I. Geringstes Gebot . . . . . . . . . . . . II. Versteigerungsbedingungen . . . . . . E. Ausschluss weiterer Anmeldungen und Aufforderung zur Gebotsabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausschluss weiterer Anmeldungen . II. Aufforderung zur Gebotsabgabe . . .
.
Rz. 80
. . .
83 83 91
. 98 . 98 . 104
Literatur: Dorn, Bestandteile und Zubehör in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1987, 143; Drischler, Zur Frage der Durchführung mehrerer voneinander unabhängiger Zwangsversteigerungsverfahren in einem Termin, KTS 1985, 31; Ertle, Die Vertretung vor dem Vollstreckungsgericht – die Anmeldung von Mietverträgen, ZfIR 2013, 9; Hagemann, Gleichzeitige Abhaltung mehrerer Versteigerungstermine durch denselben Rechtspfleger, Rpfleger 1984, 256; Klawikowski, Vertretung von Beteiligten und Bietern im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 2008, 404; Storz, Besondere Gefahrenquellen in der Zwangsversteigerung für Rechtsanwälte als Berater eines Gläubigers im Versteigerungstermin und Verteilungsverfahren, ZIP 1980, 1049; Witte/Jähne, Terminswahrnehmung in der Zwangsversteigerung durch Mitarbeiter eines Rechtsanwaltes, Rpfleger 2010, 65.
A. Allgemein I. Vor §§ 66 bis 70 ZVG 1
Der V. Abschnitt des 2. Titels im ZVG ist dem wesentlichen Teil des Versteigerungsverfahrens gewidmet, der Durchführung des Versteigerungstermins einschließlich seiner ordnungsgemäßen Protokollierung (§§ 66, 73, 78), der Feststellung der Wirksamkeit von abgegebenen Geboten (§§ 72, 73), der Feststellungen über die gegebenenfalls erforderlichen Sicherheitsleistungen (§§ 67, 68, 69, 70), der Verhandlung über die Erteilung des Zuschlags (§ 74) sowie der gesondert geregelten Zuschlagsversagung wegen Nichterreichens eines Mindestgebots auf Antrag (§§ 74a, 74b) und den besonderen Einstellungsgründen im Termin (§§ 75, 76, 77).
II. Allgemeines zu § 66 2
§ 66 gibt den Rahmen und den Inhalt des Versteigerungstermins bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten (§ 73 Abs. 1) vor. § 66 findet für alle Versteigerungsverfahren, die im ZVG geregelt sind, Anwendung1.
III. Versteigerungstermin im Allgemeinen 3
Der Versteigerungstermin gliedert sich in 3 Teile a) dem Bekanntmachungsteil, in dem die Voraussetzungen der Versteigerung nochmals geprüft sowie die bisher erfolgten Feststellungen bekannt gemacht werden und die Feststel-
1 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 1; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 2.
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Verfahren im Versteigerungstermin
Rz. 8 § 66
lungen zum geringsten Gebot und den Versteigerungsbedingungen getroffen werden, § 66 Abs. 1. b) die Bietzeit, § 73, in der Gebote abgegeben werden können, diese geprüft werden und über eventuell gestellte Anträge auf Sicherheitsleistung entschieden wird, §§ 67-72. c) der Verhandlung über das Ergebnis der Versteigerung, § 74, in der auch über vorliegende Zuschlagsversagungsanträge (bei Vorliegen eines wirksamen Gebotes) und Einstellungsanträge zu befinden ist.
IV. Vorbereitung durch das Gericht Bei der Vorbereitung des Versteigerungstermins hat (muss) das Vollstreckungsgericht die Ordnungsmäßigkeit seiner bisherigen Tätigkeit zu überprüfen, um vor Haftungsgefahren gefeit zu sein2. Die Überprüfung sollte insbesondere folgende Punkte umfassen: a) Vorliegen eines ordnungsgemäßen Versteigerungsantrages. b) Rechtzeitige und ordnungsgemäße Zustellung des Anordnungsbeschlusses und eventuell ergangener Beitrittsbeschlüsse (§ 43 Abs. 2). c) Vorliegen eines Vollstreckungstitels, auf Grund dessen die Versteigerung erfolgen kann. Dieser Vollstreckungstitel muss spätestens bei der Zuschlagsentscheidung vorliegen3 bzw. kann auch noch in einem eventuellen Zuschlagsbeschwerdeverfahren vorgelegt werden4. Dagegen ist die Prüfung der materiellen Richtigkeit der erteilten Vollstreckungsklausel dem Vollstreckungsgericht entzogen5. d) Rechtzeitige Zustellung (§§ 41 Abs. 1, 43 Abs. 2) einer ordnungsgemäßen Terminsbestimmung (§§ 37, 38) an die Beteiligten. e) Rechtzeitige Veröffentlichung (§ 43 Abs. 1) der ordnungsgemäßen Terminsbestimmung (§§ 37, 38). f) Rechtzeitige und ordnungsgemäße Mitteilung nach § 41 Abs. 2.
4
Das Gericht sollte in Vorbereitung des Versteigerungstermins prüfen, ob alle erforderlichen Mitteilungen des Grundbuchamtes gem. § 19 Abs. 3 zu den Akten gelangt sind und die Grundakten vorliegen.
5
In Vorbereitung des Versteigerungstermins ist es ebenso erforderlich, ein vorläufiges geringstes Gebot anhand der vorliegenden Anmeldungen zu erstellen sowie eine Berechnung der Wertgrenzen gem. §§ 74a, 85a unter Berücksichtigung der eventuell festzusetzenden Ersatzwerte gem. § 52 vorzunehmen.
6
Empfehlenswert ist auch die Vorbereitung einer Berechnung für die Feststellung der Berechtigten auf Verlangen der Sicherheitsleistung gem. § 67 Abs. 1.
7
Ebenso gehört zu einer ordnungsgemäßen Vorbereitung des Versteigerungstermines für Maß- 8 nahmen zu sorgen, die eine ordnungsgemäße Durchführung des Versteigerungstermines gewährleisten. Hierzu gehört in der letzten Zeit insbesondere die Gewährleistung des Schutzes für das Gericht, der Verfahrensbeteiligten und insbesondere auch für die Interessenten. In den letzten Jahren ist ein verstärktes Auftreten von Störergruppen zu beobachten, die auch vor Drohungen und auch Gewaltanwendungen nicht zurück schrecken. Exemplarisch seien hier die sogenannten „Germaniten“, „natürliche Personen nach BGB“ oder auch „Reichsbürger“ 2 3 4 5
Böttcher, § 66 ZVG, Rz. 4; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 7. BGH v. 18.3.2010 – V ZB 124/09, MDR 2010, 771 = Rpfleger 2010, 436. BGH v. 30.1.2004 – IX a ZB 286/03, MDR 2004, 774 = Rpfleger 2004, 368 = ZfIR 2004, 751. BGH v. 1.2.2017 – VII ZB 22/16, ZfIR 2017, 259 = ZInsO 2017, 590.
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§ 66 Rz. 8 Verfahren im Versteigerungstermin genannt. Zum Vorgehen dieser „Vereinigungen“ wird auf die Kommentierung zu § 67 Rz. 2 und den Abhandlungen in der Fachliteratur6 hingewiesen. In Baden-Württemberg hat sich die Einführung der SGS (Sicherungsgruppe für Gerichte und Staatsanwaltschaften) bewährt. Diese Sicherungsgruppe, bestehend aus speziell ausgebildeten Gerichtswachtmeistern, die bei den Landgerichten angesiedelt sind, können bei Bedarf (rechtzeitig) angefordert werden. Sie übernehmen in diesem Fall sowohl die Zugangskontrolle zum Gericht als auch den Saalschutz.
B. Allgemein zum Versteigerungstermin I. Öffentlichkeit 9
Der Versteigerungstermin ist, im Gegensatz zum späteren Verteilungstermin, gem. § 169 GVG öffentlich7, und zwar im Hinblick darauf, dass auch die für eine erfolgreiche Versteigerung nötigen Bieter, Zutritt zu dem Termin haben müssen8.Gemäß § 172 GVG kann bei der Verhandlung über Anträge, insbesondere bei Anträgen gem. § 765a ZPO, die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden9. Die Verkündung des Zuschlagsbeschlusses hat aber, wie bei zu verkündenden Urteilen oder Beschlüssen, gem. § 173 GVG öffentlich zu erfolgen. Ton-, Fernseh-, Film-, oder Rundfunkaufnahmen gem. § 169 Abs. 2 GVG unzulässig10.
II. Sitzungsleitung 10
Der Versteigerungstermin im Zwangsversteigerungsverfahren ist, da das ZVG über § 869 ZPO in die Zivilprozessordnung eingebunden ist11, ein Gerichtstermin im Sinne des GVG12. Auf ihn finden somit die Vorschriften der §§ 173 bis 185 GVG Anwendung.
11
Dem gem. § 3 Nr. 1 i) RPflG die Sitzung leitenden Rechtspfleger obliegen somit alle sitzungsleitenden Maßnahmen, so auch die Verantwortung über die Aufrechterhaltung der Ordnung im Sitzungssaal, die Anordnung von besonderen Sicherheitsmaßnahmen (z.B. die Hinzuziehung eines Gerichtswachtmeisters oder der Polizei bei gewaltbereiten Personen), die Ausschließung von Störern von der Verhandlung.
6 Näheres hierzu bei Ertle, Probleme mit Versteigerungsverhinderern“, Rpfleger 2003, 14; Ertle, Ordnungsmittel im Versteigerungstermin, IGZInfo 2015, 53; Genske, Der „Reichsbürger“ im Notarbüro, NotBZ, 2014, 281; Stumpe, Zum Erwerb einer Immobilie in der Zwangsversteigerung trotz Vermögenslosigkeit des Erwerbers – Anmerkung zu LG Dortmund v. 11.3.1993 – 9 T 241/93, Rpfleger 1994, 121; Zimmermann, Zum Antwortschreiben an die „Reichsbürger“ und Co. Auf deren Schreiben als Reaktion auf Mahnung und Vollstreckungsankündigung, KKZ 2015, 277. 7 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 9; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 3. 8 OLG Köln v. 8.1.1987 – 2 W 279/86, MDR 1987, 507 = Rpfleger 1987, 167; ausführlich zur Dogmatik des § 169 GVG: Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 4. 9 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 8. 10 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 3. 11 Zöller/Seibel, ZPO, 32. Aufl., § 869 ZPO Rz. 1. 12 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 4.
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Verfahren im Versteigerungstermin
Rz. 18 § 66
Dem sitzungsleitenden Rechtspfleger stehen dazu die gesamten Möglichkeiten des GVG zur Verfügung mit Ausnahme der Möglichkeit, Ordnungshaft zu verhängen oder eine Beeidigung anzuordnen, § 4 Abs. 2 RPflG13.
12
Das zu verhängende Ordnungsgeld ist gem. § 178 Abs. 1 GVG auf 1.000,00 EUR beschränkt14. Bei ungebührlichen Verhalten eines Anwesenden ist, nach vorheriger Androhung, auch bei der erstmaligen Verhängung ein Ordnungsgeld in empfindlicher Höhe (hier 750,00 EUR) festzusetzen15.
13
Im Rahmen der Sitzungsleitung ist aber auf eine faire Verfahrensgestaltung für alle Beteiligte zu achten. So stellt die vom verfahrensleitenden Rechtspfleger zugelassene Verhaftung des Schuldners durch den Gerichtsvollzieher während der Bietzeit einen Zuschlagsversagungsgrund dar, da der Schuldner durch diese Maßnahme in seinen Rechten beschnitten wurde16.
14
Vor der Verhängung von Ordnungsmitteln ist stets rechtliches Gehör zu gewähren17. Ebenso ist vor der Verhängung von Ordnungsmittel dieses anzudrohen bzw. der Störer vorher zu ermahnen18.
15
Gegen die vom Rechtspfleger getroffene Maßnahme ist die Beschwerde, die binnen 1 Woche eingelegt werden muss, gegeben, § 181 Abs. 1 GVG, § 11 Abs. 1 RPflG19.
16
III. Protokoll Über den Ablauf des Versteigerungstermins ist ein Protokoll aufzunehmen, § 78, dass zwar nicht als Wortprotokoll geführt werden muss, aber alle wesentlichen und später entscheidungsrelevanten Feststellungen enthalten muss (hierzu näheres bei § 78 Rz. 4). Zu den Erfordernissen eines ordnungsgemäßen Protokolls siehe §§ 159 bis 165 ZPO. Dadurch ist das Vollstreckungsgericht auch während des gesamten Termines verpflichtet, Anträge, Anmeldungen sowie Erklärungen zur Sache entgegen zunehmen (zu protokollieren)20, da der Grundsatz der mündlichen Verhandlung gilt. Auf eine sorgfältige Protokollierung ist, auch bei Beiziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, zu achten. Eine spätere Berichtigung des Protokolls kann nur im förmlichen Protokollberichtigungsverfahren gem. § 164 ZPO21 erfolgen, wobei die in diesem Verfahren ergangenen Entscheidungen auch im Wege der Verfassungsbeschwerde gerügt werden können22.
17
Insbesondere bei umfangreichen Terminen ist die Hinzuziehung eines Protokollführers gem. § 159 ZPO ratsam. Eine grundsätzliche Verweigerung eines Protokollführers seitens der Ge-
18
13 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 4. 14 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 4. 15 OLG Koblenz v. 28.1.2013 – 4 W 669/12, Rpfleger 2013, m. Anm. Traub. 16 BVerfG v. 8.3.2012 – 2 BvR 2537/11, NJW 2012, 2500. 17 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 4. 18 BVerfG v. 13.4.2007 – 1 BvR 3174/06, NJW 2007, 2839; Böttcher, § 66 ZVG Rz. 7. 19 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 4. 20 Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 43. 21 Zöller/Schultzky, § 164 ZPO Rz. 2. 22 Bayerischer Verfassungsgerichtshof v. 27.4.2017 – Vf.32-VI-16, BayVBl 2018, 206.
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§ 66 Rz. 18 Verfahren im Versteigerungstermin richtsverwaltung, z.B. auf Grund der überall anzutreffenden mangelnden Ressourcen, ist nicht zulässig23.
IV. Ort des Versteigerungstermins 19
Der Versteigerungstermin hat an dem in der Terminsbestimmung gem. § 37 Nr. 2 bezeichneten Ort statt zu finden24. Bereits bei der Terminsbestimmung hat das Gericht abzuwägen, welcher Sitzungssaal für die Versteigerung angemessen ist. So ist zwar die Öffentlichkeit in einem zu kleinen Sitzungssaal hergestellt, auch wenn nicht alle Interessenten diesen betreten können25. Ebenso ist eine Reglementierung des Zugangs zum Sitzungssaal zulässig, wenn absehbar ist, dass dieser überfüllt ist26. Durch die Öffnung bzw. Offenlassen der Saaltüren wird die Öffentlichkeit der Sitzung gewährleistet. Im Hinblick auf eine faire Verfahrensgestaltung und Erzielung eines bestmöglichsten Ergebnisses im Verfahren ist dies aber zu vermeiden. Diese Maßgabe gilt insbesondere dann, wenn der Versteigerungstermin nicht im Gerichtsgebäude, sondern, wie noch in einigen Bundesländern üblich, „vor Ort“, nämlich im Sitzungssaal der jeweiligen Kommune stattfindet. Hierbei ist eine Kenntnis des Gerichtes über die Größe des jeweiligen Sitzungssaales unerlässlich.
20
Eine Verlegung in einen anderen Sitzungssaal27 im selben Gebäude oder außerhalb ist möglich, wenn ein unvorhersehbarer Andrang zum Termin gegeben ist. Dazu ist aber ein deutlicher Hinweis über die Verlegung in einen anderen Sitzungssaal sowohl am „alten“ als auch am „neuen“ Sitzungssaal, sowie der Hinweis beim Sitzungsaushang bzw. auf der elektronischen Gerichtstafel erforderlich28.
21
Eine Abstellung eines Gerichtsmitarbeiters während der gesamten Terminsdauer29, wie noch von Böttcher30 vertreten, ist nicht erforderlich31.
22
Vorgänge, die eine Verlegung des Sitzungssaales betreffen, müssen im Protokoll dokumentiert werden32.
V. Zeit der Versteigerung 23
Der Zeitpunkt der Eröffnung des Versteigerungstermines muss auch mit der in der Terminsbestimmung gem. § 37 Nr. 2 genannten Uhrzeit übereinstimmen33. Ein unwesentlich späte23 So auch zutreffend Böttcher, § 66 ZVG, Rz. 7; Dassler/Hintzen, § 66 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 66 Rz. 4. 24 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 5. 25 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 6. 26 LG Memmingen v. 20.5.2015 – 44 T 510/15, Rpfleger 2015, 720 (hier: Reglementierung des Zugangs, vorrangig Einlass von potentiellen Bieter mit nachgewiesener Sicherheitsleistung). 27 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 5. 28 LG Essen v. 20.1.2006 – 7 T 574/05, Rpfleger 2006, 665; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 6, 7; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 5; a.A. Böttcher, § 66 ZVG Rz. 5. 29 OLG Hamm v. 7.9.1978 – 15 W 40/78, NJW 1979, 1720 = Rpfleger 1979, 29. 30 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 5. 31 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 5 mit weiteren Ausführungen hierzu. 32 Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 5. 33 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 6.
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Verfahren im Versteigerungstermin
Rz. 30 § 66
rer Terminsbeginn, so z.B. wenn ein vorausgegangener weiterer Versteigerungstermin länger als geplant angedauert hatte, ist unschädlich34. Im Falle eines verspäteten Beginns ist die Unterrichtung der Erschienenen, insbesondere der Interessenten, wie bei einer Verlegung des Sitzungssaales sicher zu stellen. Ein früherer Beginn als zu der in der Terminsbestimmung ausgewiesenen Uhrzeit ist dagegen nicht möglich, da ansonsten keine ordnungsgemäße Terminsbestimmung für diesen Versteigerungstermin gem. §§ 36 ff. vorliegt35.
24
Ein kurzzeitig verspäteter Beginn des Versteigerungstermins kann dagegen im Hinblick auf eine faire Verfahrensgestaltung angebracht sein, wenn Beteiligte sich aus triftigen Gründen etwas verspäten36. Ein genereller Anspruch auf einen später beginnenden Versteigerungstermin auf Grund persönlicher Umstände besteht aber nicht37.
25
Vorgänge, die einen verspäteten Terminsbeginn betreffen, sind ebenso im Protokoll zu dokumentieren38.
26
VI. Unterbrechung/Vertagung/Verlegung des Versteigerungstermins Zu unterscheiden ist die Unterbrechung eines Versteigerungstermins von der Vertagung bzw. der Verlegung eines Versteigerungstermins.
27
Eine Vertagung (vor Beginn) oder eine Verlegung im Sinne von § 227 ZPO bedeutet die Aufhebung des (begonnen) Versteigerungstermins und die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins39. Für diesen neuen Versteigerungstermin sind jedoch wieder die allgemeinen Fristen der §§ 41 ff. einzuhalten40.
28
Eine Unterbrechung des Versteigerungstermins, die jederzeit bei Vorliegen von erheblichen 29 Umständen möglich ist, bedeutet nur eine Zäsur im einheitlichen Termin41. Die Unterbrechung kann auch über einen längeren Zeitraum, z.B. über das Wochenende, erfolgen, soweit der einheitliche Charakter des Versteigerungstermins erhalten bleibt42. Gründe, die eine Unterbrechung des Versteigerungstermins rechtfertigen, können z.B. sein: a) Entscheidung über einen Befangenheitsantrag gegen den sitzungsleitenden Rechtspfleger. b) Anträge zum geringsten Gebot und den Versteigerungsbedingungen, insbesondere Anträge im Termin gem. §§ 63, 64 bei der Versteigerung von mehreren Grundstücken, die eine Neuberechnung erforderlich machen. c) besondere Umstände, die in der Person der Beteiligten liegen (Anforderung von Polizei zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, etc.).
34 35 36 37 38 39 40 41 42
Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 6. Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 6. Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 53.3. OLG Hamm v. 7.3.1994 – 15 W 53/94, Rpfleger 1994, 428 (für verspäteten Schuldner); Dassler u.a./ Hintzen, § 66 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 6; Stöber/ Becker, § 66 ZVG Rz. 6. Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 6. Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 7; Stöber, § 66 ZVG Rz. 11.4; Stöber/Gojowczyk, § 43 ZVG Rz. 30. Die von Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 14 vertretene Meinung, dass eine Vertagung auf den Folgetag oder einige Tage später möglich sei, dürfte unzutreffend sein; so auch Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 4; Zöller/Feskorn, § 227 ZPO Rz. 27. Böttcher, § 66 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 10; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 78. OLG Köln v. 13.2.1984 – 2 W 179/83, Rpfleger 1984, 280; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 10.
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§ 66 Rz. 31 Verfahren im Versteigerungstermin 31
Kein Unterbrechungsgrund stellt dagegen dar, wenn sich ein Bieter noch die erforderliche Sicherheitsleistung besorgen muss. Ein Bietinteressent hat sich, genauso wie alle anderen Beteiligten, gründlich auf den Versteigerungstermin vorzubereiten43.
32
Eine Unterbrechung kann von Amts wegen oder auf Antrag (= Anregung) eines Beteiligten als verfahrensleitende Verfügung erfolgen, wobei die Entscheidung über den Unterbrechungsantrag im pflichtgemäßen Ermessen des sitzungsleitenden Rechtspfleger steht44.
33
Die Entscheidung über den Unterbrechungsantrag ist als verfahrensleitende Verfügung gem. § 227 Abs. 4 ZPO unanfechtbar, aber gem. § 11 Abs. 2 RPflG dürfte die Rechtspflegererinnerung gegeben sein45.
34
Wenn eine Unterbrechung des Versteigerungstermins erfolgt, ist der Unterbrechungszeitpunkt mit genauer Uhrzeit im Protokoll festzuhalten und der Fortsetzungszeitpunkt bekannt zu geben. Tritt die Unterbrechung im Laufe der Bietzeit ein, ist auf jeden Fall im Hinblick auf § 73 Abs. 1 S. 1 die genaue Uhrzeit nach Stunden und Minuten zu protokollieren46. Die Fortsetzung des Versteigerungstermins mit genauer Uhrzeit ist ebenso im Protokoll festzuhalten.
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Vor der Unterbrechung vorgenommene Handlungen und Feststellungen bleiben von der Unterbrechung unberührt, ebenso bleiben die bis zum Unterbrechungszeitpunkt abgegebenen Gebote wirksam. War die Bietzeit schon eröffnet, ist auch keine Neuberechnung des geringsten Gebotes erforderlich, selbst wenn der Versteigerungstermin erst am Folgetag fortgesetzt werden soll47. Terminsunterbrechungen über einen längeren Zeitraum sollten aber im Hinblick auf eine faire Verfahrensgestaltung die absolute Ausnahme bleiben, da bei einer Fortsetzung an einem anderen Tag das Erscheinen derselben Bietinteressenten nicht gesichert ist.
VII. Ein Versteigerungstermin für mehrere Verfahren 36
Eine zeitgleiche oder zeitlich versetzte Abhaltung von Versteigerungsterminen in mehreren Verfahren, die nicht gem. § 18 verbindungsfähig sind, ist grundsätzlich zulässig48. Eine pauschale Unzulässigkeit solcher Termine zu konstatieren, wie es von Böttcher49 und Stöber50 gesehen wird, ist unzutreffend.
37
Zwar sollten solche zeitgleichen oder überlappenden Termine die absolute Ausnahme bleiben, insbesondere im Hinblick auf die immer geforderte faire Verfahrensdurchführung, aber eine solche Handhabe kann in Einzelfällen geboten sein. Dies ist z.B. bei der Versteigerung eines Wohnungseigentumsrechts und eines Teileigentumsrechts der Fall51, die bislang einheitlich ei43 BGH v. 12.1.2006 – V ZB 147/05, Rpfleger 2006, 211 = MDR 2006, 1072; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 11. 44 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 15; Stöber, § 66 ZVG Rz. 11.1; Zöller/Feskorn, § 227 ZPO Rz. 5. 45 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 15; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 7. 46 Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 80. 47 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 79. 48 BGH v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = NJW 2007, 2995 = Rpfleger 2007, 410; BGH v. 18.9.2008 – V ZB 18/08, NJW 2008, 3710 = Rpfleger 2009, 95 = MDR 2008, 3710 = ZfIR 2007, 725; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 16; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 14; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 9. 49 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 10 m.w.N. für seine Meinung. 50 So noch Stöber, 21. Auf., § 66 ZVG Rz. 10.1 m.w.N. für seine Meinung, jetzt aufgeben von Stöber/Becker, 22. Aufl., § 66 ZVG Rz. 75. 51 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 11.
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Verfahren im Versteigerungstermin
Rz. 44 § 66
nem Schuldner gehören, aber nicht einheitlich belastet wurden. Im Interesse des Schuldners ist hier eine einheitliche Versteigerung angebracht, um ein bestmöglichstes Ergebnis zu erzielen. Auch ist das Argument von Stöber52 nicht stichhaltig, dass hier durch eine einheitliche Versteigerung nur die Konsequenz eines Beleihungsfehlers vermieden werden soll. Der/Die Gläubiger haben es zudem in der Hand, mittels eines Beitrittes auf Grund einer persönlichen Forderung eine Verbindung der Verfahren gem. § 18 ZVG zu erreichen.
38
Von einer zeitgleichen oder zeitlich versetzten Terminsabhaltung von Verfahren mehrerer Schuldner, sofern die Grundstücke keine „wirtschaftliche Einheit“ bilden, ist dagegen abzuraten. Eine solche Verfahrensgestaltung führt erfahrungsgemäß zu einer Verwirrung der erschienen Interessenten, sodass eine faire Verfahrensgestaltung nicht mehr gewährleistet ist53.
39
Die Abhaltung von mehreren Terminen erfordert ein Höchstmaß an Aufklärung und Hinweisen an alle Verfahrensbeteiligten, sowie, wenn nicht einheitliche Grundstücke betroffen sind, unterschiedliche Bekanntmachungs- und Bietzeiten. Soweit in einem Verfahren die Bietzeit eröffnet ist, hat eine Unterbrechung dieser für den Fall zu erfolgen, dass im anderen Verfahren Belehrungen o.ä. erforderlich sind54.
40
Soweit sich aber mehrere Bietzeiten nicht behindern, d.h. es werden nicht zeitgleich Gebote in mehreren Verfahren abgegeben, ist eine Verlängerung der Bietzeit über den Zeitraum des § 73 hinaus nicht erforderlich55.
41
Im Hinblick auf die vielen Risiken und Unwägbarkeiten im Versteigerungstermin sollte, außer 42 in wirklich einfach gelagerten Fällen, von einer solchen Vorgehensweise abgesehen werden, insbesondere da der Zeitgewinn für das Vollstreckungsgericht auf Grund der vielfältigen Belehrungen minimal ist56. In der Praxis hat sich gezeigt, dass bei zeitlich hintereinander terminierten Verfahren für alle Beteiligten ein besseres Ergebnis erzielbar ist57.
VIII. Ablehnung des Rechtspflegers wegen Befangenheit Auch in Versteigerungsverfahren kann nach den allgemeinen Grundsätzen ein Befangenheitsantrag gegen den sitzungsleitenden Rechtspfleger gem. § 10 RPflG i.V.m. §§ 42 ff. ZPO gestellt werden58, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Rechtspflegers zu rechtfertigen59. Der den Ablehnungsantrag Stellende hat den Ablehnungsgrund gem. § 44 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, wobei die fehlende Glaubhaftmachung zu Lasten des Antragstellers geht60.
43
Kein Befangenheitstatbestand stellen insbesondere die gem. § 139 ZPO gegebenen Hinweise, die aus der allgemeinen Hinweis- und Aufklärungspflicht des Gerichtes zur fairen Verfahrensführung resultieren, dar61.
44
52 So noch Stöber, 21. Aufl., § 66 ZVG Rz. 10.2 a); im Grundsatz auch noch Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 77. 53 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 18; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 9. 54 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 18; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 9. 55 BGH v. 18.9.2008 – V ZB 18/08, MDR 2009, 109 = NJW 2008, 3710 = Rpfleger 2009, 95. 56 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 19. 57 So auch Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 9. 58 Dazu allgemein: Marx, Zur Ablehnung eines Rechtspflegers wegen der Besorgnis der Befangenheit, Rpfleger 1999, 518; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 13. 59 BGH v. 14.3.2003 – IXa ZB 27/03, Rpfleger 2003, 453 = MDR 2003, 892. 60 BGH v. 21.10.2010 – V ZB 210/09, MDR 2011, 68 = Rpfleger 2011, 227. 61 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 20, 21 mit weiteren Beispielen.
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§ 66 Rz. 44 Verfahren im Versteigerungstermin Ebenso stellt es keinen Befangenheitstatbestand dar, wenn der Vorsitzende auch im laufenden Termin noch einen (Gerichts-)Wachtmeister im Wege von sitzungspolizeilichen Maßnahmen hinzuzieht62. 45
Über den Ablehnungsantrag, soweit nicht der Rechtspfleger diesen für begründet hält, entscheidet der Richter des Vollstreckungsgerichtes gem. § 11 Abs. 2 RPflG63.
46
Der Versteigerungstermin kann, trotz Vorliegens eines Ablehnungsgesuches, als unaufschiebbare Handlung im Sinne von § 47 Abs. 1 ZPO fortgeführt werden mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung64. Ein gestellter Ablehnungsantrag führt nicht zu einem Abbruch des Versteigerungstermins.65 Alternativ kommt auch die Unterbrechung des Versteigerungstermines in Betracht wenn zeitnah eine Entscheidung des zuständigen Vollstreckungsrichters eingeholt werden kann.
47
Über einen offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellten Ablehnungsantrag kann vom sitzungsleitenden Rechtspfleger durch Beschluss selbst entschieden werden66. Ein Rechtsmissbrauch wird darin gesehen, wenn der Ablehnungsantrag lediglich zur Verfahrensverschleppung oder zu sachfremden Zwecken dient. Dazu gehören anwaltlich vorformulierte Befangenheitsanträge, die im Termin vom Vollstreckungsschuldner vorgelegt werden, die keinen konkreten Bezug zum gegenständlichen Verfahren haben.67 § 47 ZPO findet in diesem Fall ebenfalls keine Anwendung, der Versteigerungstermin kann zu Ende geführt werden und eine Entscheidung über den Zuschlag getroffen werden68. Ob dies allerdings tunlich ist, ist im Einzelfall zu entscheiden.
C. Versteigerungstermin bis zur Abgabe von Geboten I. Aufruf der Sache 48
Der Versteigerungstermin beginnt mit dem Aufruf der Sache gem. § 220 ZPO. Der Aufruf der Sache ist im Protokoll festzuhalten69. Dieser Aufruf der Sache erfolgt im Sitzungssaal, bei größeren Gerichten auch über eine vorhandene Lautsprecheranlage, wobei darauf zu achten ist, dass sich auch auf dem Flur aufenthältliche Personen von dem Beginn des Versteigerungstermines Kenntnis erlangen.
62 LG Dessau-Roßlau v. 15.6.2015 – 1 T 138/15, juris. 63 Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 8; Stöber/Keller, Einleitung zum ZVG Rz. 84. 64 BGH v. 15.11.2018 – V ZB 71/18, IVR 2019, 26 m. Anm. Traub, BGH v. 21.6.2007 – V ZB 3/07, Rpfleger 2007, 619 = MDR 2008, 111; BGH v. 14.4.2005 – V ZB 7/05, MDR 2005, 943 = Rpfleger 2005, 415; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 23; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 8; Stöber/Keller, Einleitung zum ZVG Rz. 85. 65 BGH v. 15.11.2018 – V ZB 71/18, IVR 2019, 26 m. Anm. Traub. 66 BGH v. 14.4.2005 – V ZB 7/05, MDR 2005, 943 = Rpfleger 2005, 415; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 23; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 8; Stöber/Kellerr, Einleitung zum ZVG Rz. 84. 67 LG Heilbronn v. 12.12.2018 – Hn 1 T 302/18, IVR 2019, 56 m. Anm. Schmidberger. 68 BGH v. 21.6.2007 – V ZB 3/07, Rpfleger 2007, 619 = MDR 2008, 111; BGH v. 14.4.2005 – V ZB 7/05, MDR 2005, 943 = Rpfleger 2005, 415; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 8; wohl a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 23. 69 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 24; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 16; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 13.
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Verfahren im Versteigerungstermin
Rz. 54 § 66
1. Feststellung der erschienenen Beteiligten Daran schließt sich die Feststellung der erschienenen Beteiligten gem. § 9 an. Nur erschienene Beteiligte gem. § 9 werden im Protokoll festgehalten. Die Beteiligten haben sich aber selbst zu erkennen zu geben, das Gericht trifft keine Ermittlungspflicht, ob die im Saal anwesenden Personen Beteiligte sind oder nicht70. Dasselbe gilt auch, wenn Personen im Raum sind, die dem Gericht bekannt sind. Auch diese werden erst nach Meldung als Beteiligter in das Protokoll aufgenommen.
49
Später erschienene Beteiligte oder Beteiligte, die sich erst auf Grund eines Antrages oder einer Frage dem Gericht gegenüber zu erkennen geben, werden mit dem Zeitpunkt des Erscheinens bzw. der Meldung nachträglich als Anwesende in das Protokoll aufgenommen71. Diese Feststellung ist erforderlich, soweit Feststellungen zum geringsten Gebot, der Versteigerungsbedingungen oder der Ausgebotsformen der Zustimmung bestimmter Beteiligter erfordern72.
50
Falls sich ein Beteiligter vor Ende des Versteigerungstermines vorübergehend oder endgültig entfernt ist dies nicht gesondert im Protokoll zu vermerken73. Falls eine Stellungnahme dieses Beteiligten zu einem bestimmten Vorgang abzugeben wäre, ist im Protokoll die Feststellung zu treffen, dass dieser Beteiligte mangels Anwesenheit nicht (mehr) gehört werden konnte74.
51
Die persönliche Anwesenheit der Beteiligten und des Schuldners kann nicht angeordnet werden. Der nicht oder verspätet erschienene Beteiligte hat sich das (bisherige) Terminsgeschehen zurechnen zu lassen, er hat keinen Anspruch auf einen Rechtsbehelf75.
52
Soweit ein Inhaftierter oder auf behördliche Anordnung Verwahrter am Versteigerungstermin teilnehmen möchte, hat dieser sich selbst um seine Verschubung über die Justizvollzugsanstalt bzw. um Ausgang zu kümmern, das Vollstreckungsgericht kann keine Vorführung anordnen76.
53
2. Vertretung durch Bevollmächtigte Sowohl die Beteiligten als auch der Schuldner können sich im Versteigerungstermin durch Be- 54 vollmächtigte vertreten lassen. Die Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten bzw. des Vertreters ist zu überprüfen und die vorgelegten Vollmachten gem. § 80 Abs. 1 ZPO zumindest in Kopie zum Protokoll zu nehmen, wobei Rechtsanwälte und Rechtsbeistände mit Rechtsanwaltskammermitgliedschaft (§ 3 Abs. 1 RDG) nur auf Rüge eines Beteiligten die Vollmacht vorzulegen haben, § 80 Abs. 2 ZPO77. In diesem Fall sollte aber, soweit der Rechtsanwalt nicht von Person her bekannt ist, der Anwaltsausweis eingesehen werden, da es durchaus schon in der Praxis vorgekommen ist, dass Rechtsanwälte, denen die Anwaltszulassung entzogen wurde oder ruht, im Versteigerungstermin als Vertreter aufzutreten versuchen. Manchmal hilft dabei auch eine kurze Recherche im Internet unter www.rechtsanwaltsregister.org. 70 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 24; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 17; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10. 71 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 24; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 22; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 142. 72 BGH v. 2.2.2012 – V ZB 6/11, ZfIR 2012, 252. 73 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 24; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 14. 74 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 24; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 22; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 14. 75 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 25; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 14, 15. 76 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 25; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 15. 77 Böttcher, § 66 Rz. 12; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 18; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 13.
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§ 66 Rz. 55 Verfahren im Versteigerungstermin 55
Für die Vertretung von Verfahrensbeteiligten ist, neben den Rechtsanwälten, nur der in § 79 Abs. 2 ZPO aufgeführte Personenkreis befugt, nämlich der Beschäftigte des Beteiligten (so z.B. Sparkassenmitarbeiter) oder die in einem gem. § 15 AktG verbundenen Unternehmen Beschäftigte sowie volljährige Familienangehörige und Volljuristen, soweit sie unentgeltlich tätig werden78.
56
Nicht zur Vertretung von Beteiligten berechtigt sind insbesondere Makler79, Büroangestellte, Fachdienstleister und auch nicht der angestellte Assessor eines Rechtsanwaltes80. Die einzige Ausnahme bildet der bei dem Rechtsanwalt beschäftigte Referendar, der diesem Rechtsanwalt zur Ausbildung zugewiesen ist81.
57
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts (wie Sparkassen) können sich durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts vertreten lassen82.
58
Zur rechtsgeschäftlichen und organschaftlichen Vertretung wird auf die Kommentierung zu § 71 Rz. 34 ff. verwiesen. Zur Besonderheit der Vertretung einer BGB-Gesellschaft wird auf § 71 Rz. 51 verwiesen, wobei die BGB-Gesellschaft als Beteiligte durch einen Gesellschafter allein vertreten werden kann.
59
Die Vertretungsmacht ist aber immer ordnungsgemäß nachzuweisen, bei in Registern eingetragenen Firmen o.ä. durch Vorlage eines aktuellen beglaubigten Registerauszuges.
60
Die Beschränkungen des § 79 ZPO über die Vertretung betreffen aber nur die Beteiligten gem. § 9, nicht aber eventuelle Bieter, die keine Beteiligte gem. § 9 sind. Bieter können sich im Rahmen des § 71 durch jedwede Person oder Institution vertreten lassen.
61
Ein nicht geeigneter Vertreter ist gem. § 79 Abs. 3 ZPO durch unanfechtbaren Beschluss zurück zu weisen. Dieser Beschluss ist aber, da durch den Rechtspfleger erlassen, mit der Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG anfechtbar. Eine weitere Terminsvertretung durch den zurückgewiesenen Bevollmächtigten ist aber untersagt83. 3. Vertretung durch Beistände
62
Ein Beteiligter oder auch der Schuldner kann im Versteigerungstermin mit einem Beistand gem. § 90 ZPO erscheinen84. Als Beistand kann, über § 79 Abs. 2 ZPO hinaus, auch eine Person zugelassen werden, die nicht nach § 79 ZPO vertretungsbefugt ist, wenn dies sachdienlich ist und nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Nur der pauschale Hinweis auf die fehlende Sachkunde des Schuldners sowie der Behauptung eines besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Schuldner und Beistand genügt dazu nicht85.
78 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 12; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 19; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 13. 79 BGH v. 20.1.2011 – I ZR 122/09, ZfIR 2011, 313 m. Anm. Kozemi = Rpfleger 2011, 339 = MDR 2011, 387 = MietRB 2011, 175. 80 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 12; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 26; auch Klawikowski, Rpfleger 2008, 404; a.A. Witte/Jähne, Rpfleger 2010, 65. 81 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 12; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 19; Ertle, Die Vertretung vor dem Vollstreckungsgericht – die Anmeldung von Mietverträgen, ZfIR 2013, 9. 82 Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 10. 83 Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 20; ausführlich dazu Ertle, Die Vertretung vor dem Vollstreckungsgericht, ZfIR 2013, 9. 84 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 17. 85 LG Ravensburg v. 14.1.2011 – 3 T 40/10, ZfIR 2012, 285 m. Anm. Ertle.
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Verfahren im Versteigerungstermin
Rz. 69 § 66
Eine pauschale Zulassung eines gerichtsbekannten Schuldnervertreters als Beistand, wie vom LG Ellwangen86 gesehen, entspricht nicht dem Sinngehalt des § 90 ZPO. Die Zulassung eines Beistands darf nicht zu einer Umgehung der Einschränkungen des § 79 ZPO führen87.
63
Auch die Entscheidung über die Zulassung als Beistand ist gem. § 90 Abs. 1 S. 3 ZPO i.V.m. § 79 ZPO unanfechtbar mit der Maßgabe, dass, falls der Rechtspfleger entschieden hat, ebenfalls die Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG statthaft ist.
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II. Bekanntmachungen Nach dem Aufruf der Sache und der Feststellung der Erschienen sind die Anwesenden über die wesentlichen Erkenntnisse des Gerichts über das Versteigerungsobjekt sowie über den bisherigen Verfahrensgang zu unterrichten. Dieser Bekanntmachungsteil sollte nicht zu kurz gehalten werden, da es für die Beteiligten (auch für den betreibenden Gläubiger) erstmals die Möglichkeit bietet, sich davon zu überzeugen, ob das Gericht ordnungsgemäß gearbeitet und auch die notwendigen Fristen eingehalten hat. Das Zwangsversteigerungsverfahren ist, wie alle in der ZPO geregelten Verfahren, vom Grundsatz der Mündlichkeit geprägt, welcher sich auch im Akteneinsichtsrecht gem. § 42 niederschlägt. Eine generelle Aktenversendung ist darin nicht normiert, nur ein Akteneinsichtsrecht88 (§ 42 Rz. 20). Die Informationen sind den Anwesenden in verständlicher Form zu übermitteln, sodass auch ein juristisch ungebildeter Laie in der Lage ist, das Verfahren und die verlesenen Mitteilungen zu verstehen89.
65
Die erfolgten Bekanntmachungen sind gem. § 78 im Protokoll festzuhalten. Bekanntzumachen ist demnach insbesondere:
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1. Die das Grundstück betreffenden Nachweise Dies erfolgt zweckmäßigerweise durch die Verlesung des Inhalts des zum Versteigerungstermin vorliegenden Grundbuchauszuges, wobei bei den eingetragenen Rechten nicht die zugrunde liegende Eintragungsbewilligung mit verlesen werden muss90. Ein Verlesung der Eintragungsbewilligungen hat aber bei der Feststellung der bestehen bleibenden Rechte und der damit korrespondierenden Versteigerungsbedingungen zu erfolgen, ins besonders wenn problematische Rechte der II. Abteilung (Leibgeding o.ä.) davon betroffen sind91.
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Den Nachfragen von Erschienen zu den verlesenen Nachweisen ist auf jeden Fall nachzukom- 68 men. Soweit Stöber92 weiterhin die Bekanntgabe der Brandversicherungsurkunde fordert, dürfte dies in der Praxis nach dem Wegfall der Monopolversicherung nicht mehr aktuell sein. Weder das Gericht noch der seitens des Gerichtes bestellte Sachverständige können vom Schuldner die Angabe der Brandversicherung erzwingen. Es ist heutzutage dem Schuldner freigestellt, ob und bei welcher Versicherungsgesellschaft er eine Brandversicherung für das Objekt abschließt, wobei ein Abschluss meist Vertragsbedingung bei der Gewährung eines Immobiliendarlehens seitens des Kreditinstitutes ist. 86 LG Ellwangen v. 20.5.2010 – 3 T 5/10, Rpfleger 2011, 100. 87 OLG Koblenz v. 28.1.2013 – 4 W 669/12, Rpfleger 2013, 565 m. Anm. Traub, ebenso LG Köln v. 16.4.2014 – 6 T 118/14, n.v. 88 Näheres zum Streit um das Akteneinsichtsrecht bei Schmidt-Wudy, Aktuelle Fragestellung zu § 42 ZVG unter besonderer Berücksichtigung der Sicht von Bietinteressenten, Rpfleger 2014, 293. 89 Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 23; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 11, Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 18. 90 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 27; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 20. 91 Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 12. 92 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 20; auch Böttcher, § 66 ZVG Rz. 16.
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§ 66 Rz. 70 Verfahren im Versteigerungstermin 70
Nach der hier vertretenen Ansicht ist auch der Einheitswertbescheid, obwohl er dem Steuergeheimnis unterliegt, bekannt zu geben. Eine Bekanntgabe des Einheitswertes ist gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO zulässig, wenn dafür ein öffentliches Interesse besteht oder durch Gesetz zugelassen ist (so z.B. für die Versteigerung von Wohnungseigentumsrechten gemäß § 10 Abs. 3 ZVG). Das zwingende öffentliche Interesse ist im Zwangsversteigerungsverfahren gegeben. Der Einheitswert ist Grundlage für die Festsetzung der kommunalen Grundsteuer, somit für Bietinteressenten im Hinblick auf die Höhe der jährlichen Grundsteuerzahlung von Belang93. Die Kenntnis des Einheitswertes ist im Hinblick auf die Gebotsabgabe für Interessenten von Bedeutung, damit Bietinteressenten vor der Abgabe ihrer Gebote sich über ihre finanziellen Risiken hinsichtlich der Grundbesitzabgaben im Klaren sind. Zur Berechnung der Grundsteuer aus dem Einheitswert wird auf die Darstellung von Schneider94 verwiesen (Einheitswert × Steuermeßzahl × kommunaler Hebesatz = Grundsteuer) 2. Die das Verfahren betreibenden Gläubiger und deren Ansprüche
71
Dies geschieht in der Regel durch die Verlesung der Mitteilung gem. § 41 Abs. 2, wobei die zwischenzeitlich bis zum Versteigerungstermin eingetretenen Veränderungen berücksichtigt werden müssen. Gläubiger, deren Verfahren zwischenzeitlich einstweilen eingestellt oder aufgehoben wurde, sind nicht mehr betreibende Gläubiger und müssen dementsprechend nicht mehr bekannt gegeben werden95.
72
In der Praxis ist es auch üblich die nach Fertigung der Mitteilung nach § 41 weiter beigetretenen Gläubiger bekannt zu geben, obwohl für diese der jetzige Versteigerungstermin nicht stattfindet. 3. Die Zeit der Beschlagnahme
73
Der Zeitpunkt der ersten Beschlagnahme gem. § 13, als wesentlicher Zeitpunkt für die Abgrenzung von laufenden und rückständigen Nebenleistungen, ist bekannt zu geben96, wobei bei einem parallel laufenden Zwangsverwaltungsverfahren (nicht immer im selben Referat anhängig wie das Versteigerungsverfahren (!)) § 13 Abs. 4 S. 2 zu beachten ist. 4. Der vom Gericht festgesetzte Wert des Grundstücks
74
Dies erfolgt durch die Verlesung des gerichtlichen Verkehrswertbeschlusses und dem Hinweis aus seitens des Gerichtes eingeholte Verkehrswertgutachten. Eine Verlesung des Verkehrswertgutachtens ist nicht erforderlich, es genügt der Hinweis auf die mögliche Einsichtnahme nach § 42 in der Bietzeit97.
75
Zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen und Neufestsetzungen des Verkehrswertes einschließlich des mithaftenden Zubehörs sind selbstverständlich ebenfalls bekannt zu geben. 93 So auch Böttcher, § 66 ZVG Rz. 16; Steiner/Storz, § 66 ZVG Rz. 96; Storz/Kiderlen, D.12.1; a.A. Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 66 Rz. 20; unentschieden Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 24. 94 Schneider, Anmerkung zu den Entscheidungen des BGH v. 17.4.2008 – V ZB 13/08 – und des AG Potsdam v. 26.6.2008 – 2 K 127/08, ZMR 2008, 721. 95 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 18; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 26; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 21. 96 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 19; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 27; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 27; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 22. 97 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 17; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 27; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 25; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 23.
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Verfahren im Versteigerungstermin
Rz. 80 § 66
Falls im Gutachten Besonderheiten wie Altlasten, Baumängel o.ä. ersichtlich sind, sollten diese im allgemeinen Hinweisteil erörtert werden98. 5. Die erfolgten Anmeldungen Es sind die bislang erfolgten Anmeldungen sowohl betragsmäßig als auch mit der Angabe des beanspruchten Rangs gem. § 10 bekannt zu geben, auch wenn eine gegebenenfalls noch erforderliche Glaubhaftmachung noch aussteht. Ebenso ist eine Anmeldung auch bekannt zu geben, welche unberechtigt erscheint, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Anmeldung bei der Feststellung des geringsten Gebots zu berücksichtigen ist99.
76
Auch die erst im Termin erfolgten oder jetzt zu Protokoll gegebene Anmeldungen, gegebe- 77 nenfalls nach einem erteilten Hinweis gem. § 139 ZPO, sind bekannt zu geben und im Protokoll zu vermerken100. Eventuell erfolgte Anmeldungen von Mietern, insbesondere die nach Wegfall der §§ 57c, d in „Mode“ gekommenen Anmeldungen über geleistete Mietvorauszahlungen sind im Hinblick auf § 547 BGB101 bekannt zu geben, wobei sich das Gericht, wie auch bei den anderen Anmeldungen, einer Wertung enthalten sollte102. Gegebenenfalls ist darauf hinzuweisen, dass, wenn es sich nach der Überzeugung des Gerichtes aus dem vorgelegten Mietvertrag ergibt, dass dieser in manipulativer Absicht vorgelegt wird um einen günstigen Grundstückserwerbs eines bestimmten Interessenten zu ermöglichen, eine Entscheidung über den Zuschlag nicht sofort am Ende des Versteigerungstermins ergehen kann. In diesem Fall ist auf Grund des Gebots zur fairen Verfahrensführung und zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes ein gesonderter Verkündungstermin zu bestimmen103.
78
Bei der Bekanntgabe der Anmeldungen muss das Gericht seiner Hinweispflicht gem. § 139 ZPO nachkommen, wenn Unklarheiten bei einer Anmeldung oder bei der Wertung einer Anmeldung bestehen104. Dies gebietet der Grundsatz einer fairen Verfahrensführung105.
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6. Allgemeine Hinweise Diese allgemeinen Hinweise sind zwar nicht in § 66 normiert, gehören aber zu einer fairen 80 Verfahrensgestaltung106. Die allgemeinen Hinweise können entweder im allgemeinen Bekanntmachungsteil, aber auch während der Bietzeit erteilt werden. Von der Erteilung der allgemeinen Hinweise aber erst in der Bietzeit ist, außer in äußerst einfach gelagerten Fällen, abzuraten, da erfahrungsgemäß in der Bietzeit neben dem Bietgeschäft und den damit verbundenen Entscheidungen auch regelmäßig noch Fragen der Anwesenden und gegebenen98 Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 25. 99 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 30; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 28; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 15; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 24. 100 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 33; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 29; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 15; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 25 sowie Rz. 32. 101 Näheres hierzu bei Abramenko, Die Auferstehung einer Toten? Die Mietvorauszahlung nach Abschaffung der §§ 57c, d ZVG, ZfIR 2014, 833. 102 A.A. Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 30. 103 LG München II v. 31.7.2017 – 7 T 504/17, Rpfleger 2018, 44 = IVR 2018, 28 m. Anm. Meerhoff. 104 BVerfG v. 26.10.2011 – 2 BvR 1856/10, ZfIR 2012, 185; BGH v. 12.9.2013 – V ZB 161/12, NJW-RR 2014, 82; BGH v. 10.10.2013 – V ZB 181/12, Rpfleger 2014, 95; Schmidt-Räntsch, Aktuelle Probleme im Bereich der Grundpfandrechte und im Grundbuchrecht, ZNotP 2014, 288. 105 Ausführlich hierzu Wedekind, Fair trail, ZfIR 2012, 163. 106 BVerfG v. 24.3.1976 – 2 BvR 804/75, BVerfGE 42, 64 = NJW 1976, 1391 = Rpfleger 1976, 389; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 42-44; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 14.
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§ 66 Rz. 80 Verfahren im Versteigerungstermin falls Akteneinsichtsgesuche zu bearbeiten sind. Die erteilten allgemeinen Hinweise und Belehrungen sind im Hinblick auf § 80 gem. § 78 zu protokollieren107. 81
Der Umfang der allgemeinen Hinweise richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und sollten nicht starr schematisch für jedes Verfahren abgearbeitet werden.
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Es sind insbesondere Hinweise bei Vorliegen der folgenden Tatbestände zu erteilen, wobei diese Aufzählung nicht vollständig sein kann und wegen der Ausgestaltung der einzelnen Tatbestände auf die Kommentierung zu den jeweiligen §§ verwiesen wird: – Altenteil bzw. Leibgeding. – Soweit noch nach den landesrechtlichen Vorschriften die Anwendung des § 9 EGZVG in Frage kommt, ist auf diese Besonderheiten ausdrücklich hinzuweisen108: – Altlasten, – altrechtliche Dienstbarkeiten, diese können ebenso gem. § 9 EGZVG außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleiben. – Auflassungsvormerkungen, die bestehen bleiben und bestehen bleibende Vorkaufsrechte, – Ausländische Währungen bei den Grundpfandrechten, – Baulasten, – Dauerwohnrechte, – Denkmalschutz, – Erbbaurecht, – Flurbereinigung, eventuell auch auf bestehende Sanierungsvermerke, – Gewährleistung (§ 56), – Mieterbelehrung bei Bestehen eines Mietvertrages, – Sicherheitsleistung (Art und Umfang), – Umsatzsteuer109 und Grunderwerbsteuer, – Überbau, – Zubehör, – Zuzahlungsbeträge für bestehenbleibende Rechte.
D. Geringstes Gebot und Versteigerungsbedingungen I. Geringstes Gebot 83
Es ist üblich, schon vor dem Versteigerungstermin ein geringstes Gebot als Entwurf für den Versteigerungstermin zu erstellen, gegebenenfalls, wo noch vorhanden, unter Hinzuziehung eines Rechnungsbeamten oder auf Grundlage eines abgehaltenen Vortermines gem. § 62110. Dieser Entwurf basiert auf der Grundlage der bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Anmel-
107 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 25. 108 BGH v. 21.3.1991 – III ZR 118/89, MDR 1991, 1171 = NJW 1991, 2759 = Rpfleger 1991, 329; Böttcher, § 66 ZVG Rz. 21; Dassler u.a./Hintzen, § 9 EGZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 30; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 19; Stöber/Keller, § 9 EGZVG Rz. 7 ff. 109 Hierzu Heine, Das Meistgebot in der Zwangsversteigerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG, UVR 2014, 189. 110 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 60.
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Verfahren im Versteigerungstermin
Rz. 90 § 66
dungen111. Dieser Entwurf wird nun im Versteigerungstermin bekannt gegeben und auf Grund der gegebenenfalls erfolgten weiteren Anmeldungen oder im Termin bewilligten einstweiligen Einstellungen oder Antragsrücknahmen ergänzt. Über diesen Entwurf wird verhandelt und er wird als das geringste Gebot für diesen Termin festgestellt, sinnvollerweise durch Beschluss. Das geringste Gebot muss den in §§ 44 bis 49 geforderten Inhalt enthalten, nämlich die Fest- 84 stellung der Höhe des Bargebotes in Euro, § 145a Nr. 3, die Feststellung der bestehenbleibenden Rechte und den Betrag dieser Rechte, falls diese nicht in Euro im Grundbuch eingetragen sind, § 145a Nr. 2112. Rechnungssachverständige sind, außer in den Bundesländern, wo es noch den Rechnungsbeamten nach landesrechtlicher Vorschrift gibt, in der Praxis so gut wie nicht anzutreffen. Soweit aber der Rechnungssachverständige den Entwurf des geringsten Gebotes aufgestellt hat, übernimmt der verfahrensleitende Rechtspfleger mit der Feststellung des geringsten Gebotes im Termin die Verantwortung für die Richtigkeit des geringsten Gebotes113.
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Nach der Feststellung des geringsten Gebotes kann dieses im Grundsatz nicht mehr geändert werden, auch wenn später eine Anmeldung zurück genommen oder eingeschränkt wird114.
86
Auch eine Einstellungsbewilligung oder Antragsrücknahme des nicht bestrangig betreibenden Gläubigers führt nicht zu einer Änderung des geringsten Gebotes115.
87
Sollte aber der bislang bestrangig betreibende Gläubiger während der Bietzeit die einstweilige Einstellung des Verfahrens bewilligen oder die Antragsrücknahme erklären, so ist die Bietzeit ab zu brechen und, soweit ein weiterer Gläubiger, für den dieser Termin auch stattfinden kann, vorhanden ist, auf Grundlage dessen Anspruchs ein neues geringstes Gebot festzustellen. Die bis zum Abbruch der Bietzeit abgegebenen Gebote erlöschen und vor der erneuten Aufforderung zur Abgabe von Geboten ist in diesem Fall noch eine rangwahrende, ansonsten verspätete Anmeldung noch möglich, da vor der erneuten Aufforderung zur Abgabe von Geboten nochmals auf den Ausschluss gem. § 66 Abs. 2 hinzuweisen ist116.Das vorher gesagte gilt auch, wenn in der Bietzeit festgestellt wird, das das geringste Gebot falsch berechnet wurde117.
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Ist die Bietzeit abgebrochen worden und ein weiterer (betreibender) Gläubiger vorhanden, für den der Versteigerungstermin statt finden kann, ist ein neues geringstes Gebot aufzustellen. Dieses ist wiederum bekannt zu geben und „förmlich“ mit Vermerk im Terminsprotokoll festzustellen. Unterbleibt diese förmliche Feststellung, stellt dies einen relativen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 1 ZVG dar118.
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Bei Bewilligung der einstweiligen Einstellung des Verfahrens oder Antragsrücknahme nach Schluss der Bietzeit siehe § 33 Rz. 3 ff.
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111 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 34; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 45; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 57; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 60. 112 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 61. 113 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 46; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 67. 114 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 65. 115 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 34; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 58; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 63. 116 Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 58; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 63; a.A. Böttcher, § 66 Rz. 34; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 49. 117 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 66; a.A. Böttcher, § 66 ZVG Rz. 34; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 50. 118 BGH v. 18.7.2013 – V ZB 13/13, ZfIR 2013, 747 = Rpfleger 2014, 36 = MDR 2013, 1427; Böttcher, § 66 ZVG Rz. 34; Strauß, Folgen einer Verfahrenseinstellung des bestbetreibenden Gläubigers während der laufenden Bietzeit, RpflStud 2013, 183.
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§ 66 Rz. 91 Verfahren im Versteigerungstermin
II. Versteigerungsbedingungen 91
Nach der Feststellung des geringsten Gebotes hat auch die Feststellung der für diesen Termin neben den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen geltenden Versteigerungsbedingungen zu erfolgen. Es haben insbesondere die Feststellungen gem. § 52 zu erfolgen. An dieser Stelle sollte auch nochmals die Bekanntgabe einer erfolgten Anmeldung über eine Kündigung oder Zahlungsfälligkeit eines bestehen bleibenden Grundpfandrechtes erfolgen. Es sind ebenso die Feststellungen zu treffen über die Höhe des Bargebots nebst seiner gesetzlichen Verzinsung ab Zuschlagserteilung (auch über die Möglichkeit der Befreiung von der Verzinsungspflicht), über die Höhe der eventuellen Zuzahlungsbeträge gem. §§ 51, 52 sowie über eine etwaigen Schuldübernahme gem. § 53, 54119. Soweit von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen Abweichungen bestehen, ist in verständlicher Weise darüber zu belehren.
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Auch sind hier die Feststellung über abweichende Versteigerungsbedingungen gem. § 59 und die gegebenenfalls erforderlichen Doppelausgebote zu treffen, wobei die abweichenden Versteigerungsbedingungen eindeutig festzustellen sind. Die Anwesenden sind über die Bedeutung der Doppelausgebote zu belehren.
93
Ebenso sind für den Fall, das Gesamt- und Einzelausgebote gem. §§ 63, 64 erfolgen, alle zugelassenen Varianten bekannt zu machen und festzustellen und, wenn Erklärungsbedarf vorliegt, die erforderlichen Belehrungen zu erteilen.
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In den Versteigerungsbedingungen ist ebenso festzustellen, welche Gegenstände auf Grund einer Freigabeerklärung der Beteiligten gem. § 35 von der Versteigerung ausgenommen sind. Eine Wertung, ob ein Gegenstand Zubehör oder wesentlicher Bestandteil ist, sollte aber im Versteigerungstermin nicht vorgenommen werden, da dies als materiell-rechtliche Frage nicht vom Vollstreckungsgericht sondern vom Prozessgericht zu klären ist120.
95
Die Feststellungen zu den Versteigerungsbedingungen sind nach der Eröffnung der Bietzeit für diesen Versteigerungstermin bindend, sie können daher nicht mehr im Laufe der Bietzeit geändert werden. Nach der Änderung der § 59 und § 63 zum 1.8.1998121 können Anträge auf abweichende Versteigerungsbedingungen und/oder bezüglich der Ausgebotsarten nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten gestellt werden122.
96
Bei einer Neuberechnung des geringsten Gebots nach einer Einstellung des Verfahrens für den bislang bestrangig betreibenden Gläubiger (siehe Rz. 89) ändern sich auch die Versteigerungsbedingungen. Daher sind auch die geänderten Versteigerungsbedingungen erneut bekannt zu geben (zu verlesen) und „förmlich“ mit Vermerk im Terminsprotokoll festzustellen (siehe Rz. 89)123.
97
Werden die Feststellungen zu § 59 und § 69 frühzeitig im Termin getroffen, nicht wie hier vorgeschlagen als letzter Punkt vor der Eröffnung der Bietzeit, ist nunmehr auf Grund der Entscheidung des BVerfG v. 26.9.2012124 eine Überprüfung der während der bisherigen Terminszeit Erschienen auf ihre Beteiligtenstellung unverzichtbar. 119 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 35; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 47; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 16. 120 Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 60; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 16. 121 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 18.2.1998, BGBl. I, 866. 122 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 48; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 62. 123 BGH v. 18.7.2013 – V ZB 13/13, ZfIR 2013, 747 = Rpfleger 2014, 36 = MDR 2013, 1427; Böttcher, § 66 ZVG Rz. 34; Strauß, Folgen einer Verfahrenseinstellung des bestbetreibenden Gläubigers während der laufenden Bietzeit, RpflStud 2013, 183. 124 BVerfG v. 26.9.2012 – 2 BvR 938/12, ZfIR 2012, 881 m. Anm. Ertle/Strauß; so auch BGH v. 2.2.2012 – V ZB 6/11, ZfIR 2012, 552.
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Verfahren im Versteigerungstermin
Rz. 105 § 66
E. Ausschluss weiterer Anmeldungen und Aufforderung zur Gebotsabgabe I. Ausschluss weiterer Anmeldungen Nachdem alle erforderlichen Feststellungen und Belehrungen getroffen wurden, wobei die allgemeinen Bieterbelehrungen auch noch während der Bietzeit erfolgen können, was aber im Allgemeinen nicht zu empfehlen ist, da während der Bietzeit die Aufmerksamkeit mehr auf das Bietgeschäft und die daraus resultierenden Fragen gerichtet ist (s. Rz. 80), erfolgt nunmehr eine Zäsur, die den ersten Teil des Versteigerungstermines beendet.
98
Das Gericht hat nunmehr auf die Ausschließung von weiteren Anmeldungen hinzuweisen. Dieser Hinweis auf den Ausschluss ist deutlich zu verkünden und im Protokoll ausdrücklich festzuhalten125.
99
Zwar bedeutet der Ausschluss weiterer Anmeldungen nicht, dass nunmehr keine Anmeldungen mehr vorgenommen werden können. Anmeldungen, die nunmehr nicht sofort nach der Aufforderung oder erst in der Bietzeit vorgenommen werden, gelten als verspätet und Erleiden den gesetzlich vorgesehenen Rangverlust gem. § 37 Nr. 4 i.V.m. § 110.
100
Bis zu diesem Zeitpunkt der Ausschließung sind von den Beteiligten alle wesentlichen Anmeldungen vorzunehmen, sei es zum Anspruch an sich oder auch zum Rang des Anspruches126.
101
Verspätete Anmeldungen sind aber trotzdem entgegen zu nehmen, sie entfalten zwar für diesen Versteigerungstermin keine Wirksamkeit mehr, können aber noch in den eventuell zu erstellenden Teilungsplan aufgenommen werden, und zwar entsprechend mit dem Rangverlust gem. § 110. Wenn nach der Aufforderung zur Anmeldung von weiteren Ansprüchen noch Ansprüche rechtzeitig nachgemeldet werden, ist nicht nochmals auf den Ausschluss hinzuweisen127.
102
Anders stellt es sich dar, wenn die Bietzeit vor ihrem Ende abgebrochen wird und ein neues geringstes Gebot erstellt wird. Vor der erneuten Aufforderung zur Abgabe von Geboten ist der Hinweis auf den Ausschluss weiterer Anmeldungen zu wiederholen128.
103
II. Aufforderung zur Gebotsabgabe Nach dem Hinweis über den Ausschluss von weiteren Anmeldungen und einer eventuellen Protokollierung solcher fordert nunmehr das Gericht zur Abgabe von Geboten auf. Mit dieser Aufforderung zur Abgabe von Geboten tritt die Zäsur des Versteigerungstermines ein, es endet der 1. Teil des Versteigerungstermines und mit dem Beginn der Bietzeit beginnt der 2. Teil des Versteigerungstermins.
104
Der Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Geboten, der gleichzeitig der Beginn der Bietzeit ist, ist unter genauer Angabe der Uhrzeit nach Stunde und Minute im Protokoll festzuhalten129. Nach diesem Zeitpunkt können keine Anträge mehr zu den Versteigerungsbedingungen gem. § 59 und zu den Ausgebotsarten gem. §§ 63, 64 gestellt werden (s. Rz. 95).
105
125 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 51; Depré/Bachmann, § 66 ZVG Rz. 62; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 17; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 69. 126 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 52; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 17; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 69. 127 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 45; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 69. 128 Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 63; a.A. Böttcher, § 66 Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 49. 129 Böttcher, § 66 ZVG Rz. 46; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 53; Löhnig/Steffen, § 66 ZVG Rz. 17; Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 71.
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§ 67 Rz. 1 Verlangen einer Sicherheitsleistung
§ 67 [Verlangen einer Sicherheitsleistung] (1) Ein Beteiligter, dessen Recht durch Nichterfüllung des Gebots beeinträchtigt werden würde, kann Sicherheitsleistung verlangen, jedoch nur sofort nach Abgabe des Gebots. Das Verlangen gilt auch für weitere Gebote desselben Bieters. (2) Steht dem Bieter eine durch das Gebot ganz oder teilweise gedeckte Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld zu, so braucht er Sicherheit nur auf Verlangen des Gläubigers zu leisten. Auf Gebote des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers findet diese Vorschrift keine Anwendung. (3) Für ein Gebot des Bundes, der Deutschen Bundesbank, der Deutschen Genossenschaftsbank, der Deutschen Girozentrale (Deutsche Kommunalbank) oder eines Landes kann Sicherheitsleistung nicht verlangt werden.
A. B. I. II. III.
Allgemein . . . . . . . . Sicherheitsverlangen . Antrag . . . . . . . . . . . Antragsberechtigung . . Frist zur Antragstellung
. . . . .
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Rz. . 1 . 4 . 4 . 13 . 19
Rz. C. Ausnahmetatbestände . . . . . . . . . . . . 23 I. Grundpfandrechtsgläubiger als Bieter (Absatz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Von der Sicherheitsleistung befreite Bieter (Absatz 3) . . . . . . . . . . . . . . . 29
Literatur: Hornung, Sicherheitsverlangen des Schuldners im Versteigerungstermin, Rpfleger 2000, 529; Klawikowski, Die Sicherheitsleistung im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1996, 265; Piepenbrock, Die Bietersicherheit von Banken: ein Lehrstück missglückter Gesetzgebung, WM 2009, 969.
A. Allgemein 1
§ 67 steht am Anfang einer Reihe von Vorschriften, die für die Durchführung des Versteigerungstermines von besonderer Bedeutung sind. Er regelt die Voraussetzungen, unter welchen die Beteiligten des Verfahrens Sicherheit von Bietern verlangen können. Die Sicherheitsleistung soll gewährleisten, die Beteiligten vor Scheingeboten und vor der Nichterfüllung der Meistgebote zu schützen, so bereits Nußbaum1. Im Versteigerungsverfahren nach deutschem Recht erfolgt vor der Zuschlagserteilung und dem damit verbundenen Eigentumsübergang auf den Ersteher gemäß § 90 keine Bonitätsprüfung des Bieters2. Die Erbringung des Meistgebots hat aber erst bis zum Verteilungstermin zu erfolgen, wobei über § 94 die Möglichkeit der Beschränkung der Rechte des Erstehers bestehen und so die Gläubiger im gewissen Umfang schützen. Um eine Ernsthaftigkeit des Gebotes zu gewährleisten und um zahlungsunfähige oder böswillige Bieter auszuschließen, wurden die Vorschriften über die Sicherheitsleistung vom Gesetzgeber bei der Verabschiedung des ZVG übernommen, wobei sich die Regelung an den Vorschriften der früheren preußischen und bayerischen Regelung orientierten3.
1 Nußbaum, § 16 II. 2 Anders geregelt im benachbarten Ausland, so z.B. in Polen, Zadworny, Zwangsversteigerungsverfahren in Polen – ein Rechtsvergleich, Rpfleger 2012, 4. 3 Mot. S. 196 (Vorläufer der Länderregelung waren die Subhastationsverfahren, so beschrieben in Philippus, de Subhastationbus; Strippelmann, Subhastationsverfahren – zitiert nach Nußbaum, § 16 II).
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Verlangen einer Sicherheitsleistung
Rz. 7 § 67
Ob heutzutage die gesetzliche Regelung noch geeignet ist, diese damalige Vorgabe zu erfüllen, ist nach Hintzen4 zweifelhaft. Wie sich in der gerichtlichen Praxis hat, werden weiterhin Gebote von böswilligen Bietern (so z.B. von „Strohleuten“ des Schuldners) und nicht zahlungswilligen Bietern abgegeben, da die erforderliche Sicherheitsleistung zu niedrig bemessen ist um diesen Personenkreis von der Gebotsabgabe abzuschrecken. Auch hat sich ein Markt für sogenannte „Versteigerungsverhinderer“5 etabliert, die die benötigte Sicherheitsleistung gegen ein entsprechendes Entgelt vorstrecken.
2
§ 67 gilt für alle Verfahren der Versteigerung, auch für die Versteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft. Dort aber mit den Besonderheiten des § 184.
3
B. Sicherheitsverlangen I. Antrag Das Gesetz spricht hier von einem Verlangen nach Sicherungsleistung, meint in diesem Zu- 4 sammenhang aber einen Antrag des Berechtigten. Dies stellt klar, dass das Gericht weder berechtigt ist, von Amts wegen Sicherheit seitens eines Bieters zu fordern6, noch berechtigt ist, bei den Berechtigten ein Sicherheitsverlangen anzuregen, wen dem Gericht positiv bekannt ist, dass der Bietende bereits durch eine Nichterfüllung des Meistgebots auffällig geworden ist7. Der Antrag auf Sicherheitsleistung ist sofort nach Abgabe des Gebotes des jeweiligen Bieters 5 zu stellen8. Das Gesetz kennt kein generelles Sicherheitsverlangen für den Versteigerungstermin9, sondern der oder die Berechtigten für die Antragstellung müssen selbst aktiv werden und sich bei jedem Bieter entscheiden, ob sie für seine Gebote Sicherheit verlangen oder nicht. Wurde aber bei einem Bieter Sicherheit verlangt, so gilt dieses Verlangen auch für die weiteren Gebote desselben Bieters (Absatz 1 Satz 2). Satz 2 des ersten Absatzes ist aber seit der Änderung des Betrages der Sicherheitsleistung (10 % des festgesetzten Verkehrswertes – § 68 Abs. 1 S. 1) ab dem 1. August 1998 weitgehend bedeutungslos geworden. Die Vorschrift erlangt nur noch Bedeutung, wenn in einem Versteigerungstermin mehrere Grundstücke (§ 15) sowohl im Einzel- als auch im Gesamt- oder Gruppenausgebot ausgeboten werden.
6
In diesem speziellen Fall ist es für einen Bieter ausreichend, die Sicherheitsleistung in Höhe von 10 v.H. des Verkehrswertes des Gruppen- oder Gesamtausgebotes zu leisten. Mit dieser
7
4 Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 2; Steiner/Sorz, § 67 ZVG Rz. 1 u. 2; auch so bereits Schiffhauer, § 59 – eine Crux ohne Ende, Rpfleger 1986, 326, 333. 5 Näheres hierzu bei Dehne-Niemann, Beiseiteschaffen eines Grundstücks in der Zwangsversteigerung durch einen Nichtschuldner als Vereiteln der Zwangsvollstreckung des Vollstreckungsschuldners?, NZWiST 2015, 366; Ertle, Probleme mit Versteigerungsverhinderern“, Rpfleger 2003, 14; Ertle, Ordnungsmittel im Versteigerungstermin, IGZInfo 2015, 53; Genske, Der „Reichsbürger“ im Notarbüro, NotBZ, 2014, 281; Stumpe, Zum Erwerb einer Immobilie in der Zwangsversteigerung trotz Vermögenslosigkeit des Erwerbers – Anmerkung zu LG Dortmund v. 11.3.1993 – 9 T 241/93, Rpfleger 1994, 121. 6 BGH v. 12.7.2012 – V ZB 130/11, NJW 2012, 3376 = MDR 2012, 1372 = Rpfleger 2012, 705; Depré/ Bachmann, § 67 ZVG Rz. 3; Steiner/Storz, § 70 ZVG Rz. 3. 7 Böttcher, §§ 67-70 ZVG, Rz. 2; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 3. 8 Böttcher, §§ 67-70 ZVG, Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 13; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 3; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 7; Steiner/Storz, § 67 ZVG Rz. 2.1; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 10. 9 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 14; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 10; Schiffhauer, § 59 – eine Crux ohne Ende, Rpfleger 1986, 326, 333.
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§ 67 Rz. 7 Verlangen einer Sicherheitsleistung geleisteten Sicherheit ist es ihm dann möglich sowohl Gebote auf das Gruppen-oder Gesamtausgebot als auch auf die jeweiligen Einzelausgebote abzugeben. Die Vorschrift über das Sicherheitsverlangen stellt nach der hier vertretenen Auffassung nicht auf die verschiedenen Ausgebotsarten, sondern auf die Person des Bieters ab10. 8
Die anderslautende Auffassung von Böttcher11 und die teilweise abweichenden Ansichten von Stöber12, die dieser bis zur 21. Auflage vertreten hat, und Bachmann13 überzeugen dagegen nicht, da das Sicherheitsverlangen nur der Bonitätsprüfung des Bieters dient. Ist die Sicherheit in Höhe von 10 % des Verkehrswertes der zusammengerechneten Grundstückswerte erbracht worden, so kann der Bieter sowohl auf die Einzel- als auch auf das Gesamtausgebot (ebenso auf ein eventuelles Gruppenausgebot) abgegeben. Der Zuschlag kann eh nur auf eine der Ausgebotsformen (Einzel- oder Gesamt- bzw. Gruppenausgebot) erfolgen.
9
Gibt der Bieter aber im weiteren Verlauf der Bietzeit dagegen ein Gebot als Mitglied einer Gemeinschaft ab, so ist für dieses Gebot auf Verlangen eines Berechtigten wiederum Sicherheitsleistung zu erbringen, da ein Wechsel in der Rechtspersönlichkeit des Bieters eingetreten ist14.
10
Der Antrag auf Sicherheitsleistung kann nur bis zur Leistung der Sicherheit zurück genommen werden15, danach ist eine Antragsrücknahme nicht mehr möglich16. Der Antrag auf Sicherheitsleistung gilt auch als zurückgenommen, soweit das Gebot ohne Sicherheitsleistung zugelassen wurde und nicht sofort dagegen Widerspruch erhoben wurde, § 70 Abs. 3.
11
Sowohl der Antrag auf Sicherheitsverlangen als auch die Rücknahme des Antrages sind im Terminsprotokoll, § 78, festzuhalten, da nur das Protokoll für Vorgänge im Termin, die für eine Zuschlagsentscheidung von Bedeutung sind, Beweiskraft besitzt17.
12
Ausnahmsweise kann ein Antrag auf Erbringung einer Sicherheitsleistung unzulässig sein, nämlich in dem Fall, wenn der Antrag auf Erbringung der Sicherheitsleistung rechtsmissbräuchlich ist. Dies ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofes der Fall, wenn bei einem symbolisch festgesetzten Verkehrswert von 1 t seitens des Gläubigers die Sicherheitsleistung beantragt wird18. Der Antrag auf Sicherheitsleistung darf nicht dazu benutzt werden, um rechtsmissbräuchliche Gebote abzuwenden. Die Feststellung der Rechtsmissbräuchlichkeit von Geboten hat nach den im Zwangsversteigerungsverfahren verfügbaren Mitteln zu erfolgen19.
10 So auch Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 11, 12; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 6; Schiffhauer, § 59 ZVG – eine Crux ohne Ende, Rpfleger 1986, 326. 11 Böttcher, § 67-70 ZVG, Rz. 2. 12 Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 67 ZVG, Rz. 2.6; aufgegeben in Stöber/Becker, ZVG, 22. Aufl., § 67 ZVG Rz. 12; so auch Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Rz. 374. 13 Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 5. 14 Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 6. 15 Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 13. 16 Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 132.7. 17 Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 8; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 10; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 1 und § 78 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 10 und § 78 ZVG, Rz. 9. 18 BGH v. 12.7.2012 – V ZB 130/11, MDR 2012, 1372 = NJW 2012, 3376 = Rpfleger 2012, 705 = ZfIR 2012, 796 m. Anm. Alff; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 16. 19 BGH v. 10.5.2012 – V ZB 156/11 (Rz. 15 der Entscheidung), NotBZ 2012, 298 = NJW 2012, 2654 = WM 2012, 1396 = DNotZ 2012, 763.
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Verlangen einer Sicherheitsleistung
Rz. 15 § 67
II. Antragsberechtigung Berechtigt den Antrag auf Sicherheitsleistung zu stellen sind nur Beteiligte gemäß § 9, deren 13 Rechte bei einer Nichterfüllung (nicht Nichtzahlung) des Meistgebotes beeinträchtigt würden. Dies stellt klar, dass der Gesetzgeber kein allgemeines Sicherheitsverlangen von Amts wegen vorgesehen hat, sondern dieses in das Ermessen der Beteiligten stellt, inwieweit sie dem jeweiligen Bieter vertrauen. Auch ist dadurch festgelegt, dass nur solche Beteiligte Sicherheit verlangen können, die bei einer Nichterbringung des Meistgebotes beeinträchtigt sind. Um eine Beeinträchtigung des antragsberechtigten Beteiligten feststellen zu können ist es erforderlich, vor Abhaltung des Versteigerungstermins einen Kontroll- oder fiktiven Teilungsplan zu erstellen20, da die Antragsberechtigung je nach Gebotshöhe bei verschiedenen Berechtigten liegen kann. Grundlage für die Erstellung dieses fiktiven Teilungsplanes ist das jeweilige Gebot als fiktiver Erlös (zuzüglich der eventuellen Bargebotszinsen) sowie bei den zu berücksichtigten Ansprüchen die bis zum Versteigerungstermin erfolgten Anmeldungen, da weitere Anmeldungen unter der Voraussetzung des § 110 einen Rangverlust erleiden.
14
Berechtigt zur Antragstellung sind: 15 a) Alle Gläubiger, egal ob für diesen Versteigerungstermin betreibend oder nicht, die bei dem jeweiligen Gebot Befriedigung (zumindest teilweise) erlangen würden. b) Die Beteiligten gemäß § 9 deren Recht (in Abt. II oder Abt. III) nach § 52 bestehen bleibt, da sie eine Beeinträchtigung durch die Nichterfüllung des Meistgebotes auf Grund der gesetzlichen Vorschriften des § 118 erleiden, nämlich durch eine eventuelle Eintragung von vorrangigen Sicherungshypotheken für die Verfahrenskosten und anderer vorrangiger Ansprüche (öffentliche Lasten, WEG-Ansprüche o.ä.)21 und dem dadurch bedingten Anwachsen (durch Zinsen, Säumniszuschläge) auch von weiteren vorrangig zu befriedigender Ansprüche anderer bestehen bleibender Rechte. c) Der Vollstreckungsschuldner, soweit ihm ein Übererlös in der Versteigerung gebühren würde, er Inhaber eines Eigentümerrechtes, dass eine Zuteilung erhalten würde (Keine Zinsansprüche!), ist oder aber wenn aus dem Bargebot Zahlungen auf Ansprüche, die auf dem Grundstück lasten, erfolgen, für die der Schuldner auch persönlich haftet22. Ein generelles Antragsrecht für den Schuldner besteht aber nicht23. Umstritten ist die Frage, ob der Schuldner auf Grund seiner Zweitschuldnerhaftung für die Gerichtskosten antragsberechtigt ist, so Hornung24. Da diese Ansprüche nicht zu den Rechten gemäß § 10 gehören, die ein Recht zur Befriedigung aus dem Grundstück gewähren, kommt ein Antragsrecht auf Grund einer persönlichen Kostenhaftung für den Schuldner nicht in Betracht25. Ebenso begründet auch nicht die subsidiäre persönliche Haftung des Schuldners für öffentliche Lasten eine Antragsberechtigung des Schuldners26.
20 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 8. 21 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 67 ZVG, Rz. 4. 22 Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 5. 23 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 67 Rz. 5.; a.A. OLG Düsseldorf v. 6.5.1988 – 3 W 92/88, Rpfleger 1989, 36 mit ablehnender Anmerkung MeyerStolte. 24 Hornung, Sicherheitsverlangen des Schuldners im Versteigerungstermin, Rpfleger 2000, 529; auch Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung Rz. 373. 25 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 5. 26 Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 5.
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§ 67 Rz. 16 Verlangen einer Sicherheitsleistung 16
Ist über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist neben dem Insolvenzverwalter auch der Schuldner selbst zur Antragstellung berechtigt, da dadurch das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters nicht geschmälert wird, da ein eventuell an den Schuldner zuzuteilender Erlösanspruch in die Insolvenzmasse fällt27.
17
Nichtantragsberechtigt sind dagegen alle weiteren Beteiligten gemäß § 9, die bei der jeweiligen Gebotshöhe keine Befriedigung aus dem Grundstück zu erwarten haben. Ebenso nicht antragsberechtigt sind Mieter oder Pächter, die zwar auf Grund Anmeldung ihres Rechtes Beteiligte gemäß § 9 werden können, aber bei einer Nichterbringung des Meistgebotes niemals beeinträchtigt sind, da an sie keine Zuteilung aus dem Meistgebot erfolgt28.
18
Ebensowenig steht einem Bieter gegenüber Geboten von Mitbietern ein Antragsrecht zu, da der Bieter kein Beteiligter gemäß § 9 ist29.
III. Frist zur Antragstellung 19
Der Antrag auf Sicherheit muss sofort nach der Abgabe des Gebotes des Bieters, aber noch vor der Zulassung des Gebots durch das Gericht gestellt werden. Die Zulassung des Gebotes erfolgt in der gerichtlichen Praxis durch die Bekanntgabe des Gebotes mit Namen des Bieters nach der Feststellung und Protokollierung der Personalien des Bieters30. Erfolgt der Antrag auf Sicherheit erst nach Verkündung des Gebotes, ist der Antrag verspätet und ist seitens des Vollstreckungsgerichtes zurückzuweisen oder vom Beantragenden zurück zunehmen31.
20
Eine Rücknahme des Antrages oder die Zurückweisung eines Antrages als verspätet schließt aber nicht aus, bei späteren Geboten desselben Bieters erneut den Antrag auf Sicherheitsleistung zu stellen, dann aber rechtzeitig nach Gebotsabgabe.
21
Vor Gebotsabgabe eines Bieters oder allgemein für den Versteigerungstermin kann ein Antrag auf Sicherheit nicht gestellt werden, s. Rz. 532.
22
Die Folge eines verspäteten Antrages auf Sicherheitsleistung ist, dass das Gebot des Bieters ohne Sicherheitsleistung zugelassen wird, § 70 Abs. 2.
C. Ausnahmetatbestände I. Grundpfandrechtsgläubiger als Bieter (Absatz 2) 23
Bestimmte Bieter sind bei der Frage der Sicherheitsleistung privilegiert und müssen nur auf Antrag eines dieses Verfahrens betreibenden Gläubigers Sicherheit leisten. Für die Stellung eines betreibenden Gläubigers ist es erforderlich, dass dieser Gläubiger einen wirksamen Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss erwirkt hat und der Versteigerungstermin auch für ihn
27 Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 5. 28 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 6. 29 BGH v. 14.7.2016 – 4 StR 362/15, NJW 2016, 3383 m. Anm. Brand = Rpfleger 2017, 43; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 7. 30 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 7. 31 Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 7. 32 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 14; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 7; Steiner/Storz, § 67 ZVG Rz. 21; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 10.
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Verlangen einer Sicherheitsleistung
Rz. 29 § 67
durchgeführt wird, somit die Fristen der §§ 43, 44 für ihn gewahrt sind33. Ist das Verfahren für diesen Gläubiger dagegen einstweilen eingestellt, sei es auf Grund Bewilligung gemäß § 30 oder aber gemäß § 775 ZPO o.ä., so entfällt das besondere Antragsrecht. Natürlich müssen für den betreibenden Gläubiger die Voraussetzungen des Absatzes 1 ebenso gegeben sein34. Immer Sicherheit auf Antrag des (betreibenden) Gläubigers muss sowohl der der Schuldner, selbst wenn für ihn ein Eigentümerrecht eingetragen sein sollte, als auch der Eigentümer, der nach wirksamer Beschlagnahme des Grundbesitzes, neu in das Grundbuch eingetragen wurde35 (näheres zum neu eingetretenen Eigentümer siehe bei § 26).
24
Ebenso sind bei der Sicherheitsleistung die Gläubiger nicht privilegiert, die im Grundbuch in Abt. II ein Recht eingetragen haben, das nicht auf Geldzahlung gerichtet ist, da nur die in Absatz 2 Satz 1 aufgeführten Beteiligten dieses Privileg genießen36.
25
Gläubiger bestehen bleibender Rechte, die auf Geldzahlungen gerichtet sind, sind nur insoweit bei der Sicherheitsleistung privilegiert, als ihnen ein Barzahlungsanspruch im geringsten Gebot zusteht37.
26
Ein Grundpfandrechtsgläubiger muss somit die Sicherheit des Absatzes 1 für sein Gebot nicht erbringen, soweit er in seinen eigenen Anspruch, wenn auch nur im Centbereich, hinein bietet. In diesem Fall kann nur, unter den vorstehend beschriebenen Voraussetzungen, der betreibende Gläubiger die Sicherheit verlangen. Dieses Privileg, nur auf Verlangen des betreibenden Gläubigers Sicherheit leisten zu müssen, genießen die eingetragenen Grundpfandrechtsgläubiger, auch Gläubiger eingetragener Sicherungs-(Zwangs-)Hypotheken. Auf die Höhe des eingetragenen Rechtes kommt es dabei nicht an, die Privilegierung wirkt auch fort, wenn das Recht ausgeboten ist38.
27
Soweit das Grundpfandrecht nicht für den Gläubiger eingetragen ist, muss der Gläubiger den Nachweis der Rechtsinhaberschaft durch Vorlage der Abtretungserklärung, des Hypothekenoder Grundschuldbriefes in der Form des § 1155 BGB erbringen39. Dabei ist es unerheblich, ob das Grundpfandrecht mit Pfandrechten o.ä. belastet ist, da die Privilegierung nur für den Rechteinhaber, aber nicht für die Pfandgläubiger oder Nießbraucher an diesen Rechten, greift40.
28
II. Von der Sicherheitsleistung befreite Bieter (Absatz 3) Bestimmte Bieter sind von der Sicherheitsleistung befreit, da ihnen der Gesetzgeber die Bonität unterstellt, so der Bund (Bundesrepublik Deutschland) einschließlich aller Bundesländer, die Deutsche Bundesbank einschließlich der früheren Landeszentralbanken (nunmehr regionale Hauptverwaltungen der Bundesbank), die Deutsche Genossenschaftsbank (heute: DZ 33 Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 14; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 21. 34 Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 15; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 20. 35 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 17; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 17; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 17. 36 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 17; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 17. 37 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 17; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 12; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 8; Steiner/Storz, § 67 ZVG Rz. 34. 38 Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 17. 39 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 16; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 18. 40 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 67 ZVG Rz. 16; Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 19.
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29
§ 67 Rz. 29 Verlangen einer Sicherheitsleistung Bank AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank) sowie die Deutsche Girozentrale (heute: DekaBank Deutsche Girozentrale). 30
In einigen Bundesländern sind noch weitere öffentliche und öffentlich-rechtliche Einrichtungen gemäß § 10 EGZVG von der Sicherheitsleistung befreit, so Gemeinden, Gemeindeverbände, öffentlich-rechtliche Kreditanstalten und Sparkassen41. Für die früher ebenfalls von der Sicherheitsleistung befreite Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank ist diese Befreiung nach der Umwandlung in die privatwirtschaftliche DSL Bank – Ein Geschäftsbereich der Deutsche Postbank AG entfallen42.
§ 68 [Höhe der Sicherheitsleistung] (1) Die Sicherheit ist für ein Zehntel des in der Terminsbestimmung genannten, anderenfalls des festgesetzten Verkehrswerts zu leisten. Übersteigt die Sicherheit nach Satz 1 das Bargebot, ist der überschießende Betrag freizugeben. Ist die Sicherheitsleistung durch Überweisung auf das Konto der Gerichtskasse bewirkt, ordnet das Gericht die Auszahlung des überschießenden Betrags an. (2) Ein Beteiligter, dessen Recht nach § 52 bestehenbleibt, kann darüber hinausgehende Sicherheitsleistung bis zur Höhe des Betrags verlangen, welcher zur Deckung der seinem Recht vorgehenden Ansprüche durch Zahlung zu berichtigen ist. (3) Bietet der Schuldner oder ein neu eingetretener Eigentümer des Grundstücks, so kann der Gläubiger darüber hinausgehende Sicherheitsleistung bis zur Höhe des Betrags verlangen, welcher zur Deckung seines Anspruchs durch Zahlung zu berichtigen ist. (4) Die erhöhte Sicherheitsleistung nach den Absätzen 2 und 3 ist spätestens bis zur Entscheidung über den Zuschlag zu erbringen.
A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . B. (Regel-)Sicherheitsleistung . . . . . . I. Höhe der gesetzlichen (Regel-)Sicherheitsleistung (Absatz 1) . . . . . . . . . II. Freigabe der Sicherheitsleistung (Absatz 1 Satz 2, 3) . . . . . . . . . . . . C. Erhöhte Sicherheitsleistung . . . . . .
.. ..
Rz. 1 4
..
4
. . 13 . . 20
Rz. I. Auf Antrag eines Berechtigten eines bestehenbleibenden Rechtes (Absatz 2) . . . 20 II. Für Gebote des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers (Absatz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 D. Zeitpunkt der Sicherheitsleistung (Absatz 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
41 In BW: § 36 BadWürttAGGVG, in Bayern: Art. 32 BayAGGVG, in Berlin: Art. 9 PrAGZVG, in Bremen: § 6 Brem AGZVG, in Hessen: Art. 5 HessAGZVG, in Niedersachsen: § 68 NJG, in NRW: § 62 JustG NRW, in Rheinland-Pfalz: § 6 RhPfAGZVG, in Saarland: § 44 SaarlAGJustG; in SchleswigHolstein: Art. 9 PrAGZVG, in Thüringen: § 4 ThürAGZVG. 42 Depré/Bachmann, § 67 ZVG Rz. 17; Löhnig/Steffen, § 67 ZVG Rz. 9; Stöber, § 67 ZVG Rz. 4.4 (DSL Bank-Umwandlungsgesetz, BGBl. I 1999, 2441, § 15 Abs. 2); nunmehr nach Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank: DSL-Bank – eine Niederlassung der DB Privat- und Firmenkundenbank AG.
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Höhe der Sicherheitsleistung
Rz. 6 § 68
A. Allgemein Die Vorschrift regelt für alle Versteigerungsverfahren, auch für die Versteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft mit der Einschränkung des § 182, die Höhe der zu erbringenden gesetzlichen Sicherheitsleistung. Die seit dem 1.8.1998 geltende Fassung1 löste die früher geltende Regelung der Sicherheitsleistung, die mit 10 % des jeweiligen Bargebots bestimmt war, ab. Die ursprüngliche Regelung war nicht mehr zeitgemäß und behinderte den Ablauf des Versteigerungstermins2.
1
Eine weitere Änderung erfuhr die Vorschrift durch das 2. JuModG vom 22.12.20063, wonach die bis dahin mögliche Erbringung der Sicherheitsleistung mit Bargeld im Versteigerungstermin abgeschafft wurde. Dadurch wurde eine Regelung erforderlich, die die Freigabe einer das Bargebot übersteigenden Sicherheitsleistung regelt.
2
Misslich für die Landeskassen (als Gläubiger der Gerichtskosten) war die Streichung des frü- 3 heren Satzes 2 des 1. Absatzes, wonach die Sicherheitsleistung 10 % des festgesetzten Verkehrswertes betrug, mindestens aber die Höhe der Verfahrenskosten decken musste, durch das Gesetz vom 29.7.20094.
B. (Regel-)Sicherheitsleistung I. Höhe der gesetzlichen (Regel-)Sicherheitsleistung (Absatz 1) Die Höhe der gesetzlichen (Regel-)Sicherheitsleistung beträgt ein Zehntel des in der Terminsbestimmung genannten festgesetzten Verkehrswertes. Für den Fall, dass in der Terminsbestimmung der festgesetzte Verkehrswert nicht bekannt gemacht wird, da der festgesetzte Verkehrswert kein „Muss“-Inhalt der Terminsbestimmung gemäß § 38 ist5, ist der gemäß § 74 Absatz 5 festgesetzte Verkehrswert Bemessungsgrundlage für die Höhe der Sicherheitsleistung.
4
Der bekanntgemachte Verkehrswert ist auch dann Bemessungsgrundlage, falls irrtümlich ein falscher Verkehrswert veröffentlicht wurde6. Die Festlegung auf den bekanntgemachten festgesetzten Verkehrswert erfolgte seitens des Gesetzgebers im Hinblick auf die Wahrung der Interessen der Bietinteressenten, damit sich diese auf den Versteigerungstermin ausreichend vorbereiten können.
5
Die Festschreibung auf einen betragsmäßig bestimmbaren Betrag hatte auch für die Praxis den Vorteil, dass der Versteigerungstermin gestrafft wurde, da die lästige Nachberechnung und Nachforderung der Sicherheitsleistung auf Grund der jeweiligen Gebotshöhe entfallen ist.
6
1 Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und anderer Gesetze v. 18.2.1998, BGBl. I, S. 866. 2 Begründung der Gesetzesänderung in BT-Drucks. 13/7383. 3 Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. JuModG) v. 22.12.2006, BGBl. I, S. 3416; zum Inkrafttreten der ZVG-Vorschriften s. § 186 ZVG. 4 Art. 4 des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung v. 29.7.2009, BGBl. I, S. 2258; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 2. 5 Aber: BGH v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, MDR 2008, 1185 = Rpfleger 2008, 588 = ZfIR 2008, 685 m. Anm. Böttcher – das Vollstreckungsgericht darf bei der Terminsbestimmung nicht auf die Bekanntgabe des Verkehrswertes verzichten. 6 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 21; Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 3; Löhnig/Steffen, § ZVG 68 Rz. 2; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 3; a.A. Hornung, Änderungen des Zwangsversteigerungsrechts, NJW 1999, 460.
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§ 68 Rz. 7 Höhe der Sicherheitsleistung 7
Ein nach der ordnungsgemäßen Bekanntmachung unwesentlich geänderter Verkehrswert ist für die Höhe der Sicherheitsleistung ohne Belang, da sich die Bietinteressenten auf eine ordnungsgemäße Bekanntmachung verlassen dürfen7.
8
Die sowohl noch von Stöber/Becker in der 22. Auflage8 als auch noch von Hintzen9 vertretene Ansicht, dass der Berechtigte des Sicherheitsverlangen befugt ist, die (Regel-)Sicherheitsleistung zu Gunsten eines Bieters zu ermäßigen, ist nicht zutreffend.
9
Die Vorschriften der §§ 67 bis 70 gehören zu den Vorschriften, die nicht gemäß § 59 abänderbar sind10
10
Verlangt ein Berechtigter die Leistung der Sicherheit, so ist von dem Bieter die (Regel-)Sicherheitsleistung in Höhe von 1/10 des festgesetzten Verkehrswertes zu leisten. Die Möglichkeit, die der Gesetzgeber bestimmten Gläubiger geschaffen hat, nämlich eine erhöhte Sicherheitsleistung zu fordern, bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass es in das Dispostionsrecht der Berechtigten fällt, Sicherheitsleistung in einer ihnen genehmen Höhe zu verlangen. Wie aus der Begründung der Gesetzesänderung ersichtlich ist, sollte durch die Festlegung auf einen genau bestimmbaren Betrag die Konstellation vermieden werden, dass ein Bieter mangels ausreichender im Termin mitgeführter Sicherheitsleistung an der Abgabe eines höheren Gebotes gehindert werde11.
11
Verlangt ein dazu Berechtigter Sicherheitsleistung, so ist diese stets in Höhe der gesetzlichen (Regel-)Sicherheit zu erbringen. Will der Berechtigte eine geringere Sicherheitsleistung akzeptieren, so ist er nicht daran gehindert sein Sicherheitsverlangen zurück zunehmen und die Sicherheit direkt gegenüber dem jeweiligen Bieter zu akzeptieren.
12
Ebenso ist die (Regel-)Sicherheitsleistung nicht mehr von der jeweiligen Gebotshöhe abhängig. Auch für ein Bargebot, dass betragsmäßig weit unterhalb des Betrages der Sicherheitsleistung liegt, ist die Sicherheitsleistung in Höhe der (Regel-)Sicherheitsleistung zu erbringen12. Durch die Regelung des Satzes 2 ist in diesem Fall der überschießende Betrag freizugeben.
II. Freigabe der Sicherheitsleistung (Absatz 1 Satz 2, 3) 13
Nach Schluss der Versteigerung gemäß § 73 Absatz 2 ist, neben den Sicherheitsleistungen für erloschene Gebote, auch der Teil der Sicherheitsleistung freizugeben, der das Bargebot übersteigt.
14
Nachdem eine Barleistung der Sicherheit gemäß § 69 Absatz 1 nicht mehr möglich ist, ist auch eine Barauszahlung des überschießenden Betrages nicht mehr möglich.
15
Wurde die Sicherheitsleistung durch Überweisung oder Bareinzahlung auf das Konto der Gerichtskasse gemäß § 69 Absatz 4 erbracht, so hat durch das Vollstreckungsgericht nach Schluss der Versteigerung die Anweisung an die Gerichtskasse zur Rücküberweisung zu erfolgen. 7 BGH v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, MDR 2008, 1185 = Rpfleger 2008, 588 = ZfIR 2008, 685 m. Anm. Böttcher. 8 Stöber/Becker, § 67 ZVG Rz. 4. 9 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 3. 10 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 59 ZVG Rz. 22; Stöber/Gojowczyk, § 59 ZVG Rz. 38; a.A. Steiner/Storz, § 69 ZVG Rz. 22. 11 Begründung der Gesetzesänderung in BT-Drucks. 13/7383; so auch beschrieben bei Hintzen, Änderungen zum Zwangsversteigerungsgesetz, Rpfleger 1998, 148; Hornung, Änderungen des Zwangsversteigerungsrechts, NJW 1999, 460. 12 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 21; Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 9, 10; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 3; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 5.
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Höhe der Sicherheitsleistung
Rz. 22 § 68
Wurde die Sicherheitsleistung im Termin durch Vorlage eines Verrechnungsscheckes gemäß § 69 Abs. 2 erbracht, so ist zuerst die Einlösung des Scheckes zu veranlassen und nach erfolgter Gutschrift auf dem Konto der Gerichtskasse die Anweisung an die Gerichtskasse zur Rückzahlung des überschießenden Betrages13.
16
Wurde die Sicherheitsleistung dagegen durch Vorlage einer Bürgschaft gemäß § 69 Absatz 3 erbracht, so wird der überschießende Betrag freigegeben.
17
Nicht freigegeben werden können dagegen die noch eventuell anfallenden Bargebotszinsen, da die Sicherheitsleistung (auch) die Erfüllung des Bargebotes nebst den Bargebotszinsen sichern soll14. Strittig ist hierbei nur, ob die vorherige Überweisung der Sicherheitsleistung auf das Konto der Gerichtskasse die Wirkung des § 49 Absatz 415 auslöst.
18
Ist die Sicherheitsleistung durch Überweisung erbracht worden, so fallen für diesen Betrag keine Bargebotszinsen mehr an, da die Überweisung mit der Wirkung des § 107 Absatz 3 wie eine Hinterlegung zu behandeln ist, da der Sicherheitsleistende über diesen Betrag ebenso wenig wie bei einer schuldbefreienden Hinterlegung mehr verfügen kann16.
19
C. Erhöhte Sicherheitsleistung I. Auf Antrag eines Berechtigten eines bestehenbleibenden Rechtes (Absatz 2) Ein Beteiligter, der gemäß § 67 zum Verlangen der Sicherheitsleistung berechtigt ist und des- 20 sen Recht nach § 52 bestehen bleibt, kann von einem Bieter die erhöhte Sicherheit nach Absatz 2 verlangen. Dieses Verlangen auf erhöhte Sicherheitsleistung hat ebenfalls sofort nach der Gebotsabgabe zu erfolgen17. Das Verlangen des Berechtigten auf die erhöhte Sicherheitsleistung ist auch ausdrücklich zu stellen18. Verlangt der Berechtigte nur Sicherheitsleistung, ohne ausdrückliche Bezugnahme auf Absatz 2, so ist von einem Bieter auch nur die (Regel-)Sicherheit des Absatzes 1 zu leisten. Der Grund für die Bevorzugung von Berechtigten mit bestehenbleibenden Rechten ist, dass diese für den Fall der Nichterfüllung des Bargebotes davor geschützt werden sollen, dass Ansprüche vor ihrem Befriedigungsanspruch aus ihrem Recht anwachsen würden, sei es durch weiter auflaufende öffentliche Lasten, Zinsen o.ä.19.
21
Antragsberechtigt nach Absatz 2 ist nur ein solcher Beteiligter, dessen Recht gemäß § 52 Ab- 22 satz 1 oder Absatz 2 bestehen bleibt. Nicht antragsberechtigt sind daher diejenigen Berechtigten, deren Recht gemäß § 59 (nach Antrag auf abweichende Versteigerungsbedingungen) oder auf Grund verbleibender landesrechtlicher Besonderheiten gemäß § 9 EGZVG (z.B. Altenteil) bestehen bleibt20. 13 14 15 16 17 18 19 20
Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 4. Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 7. Böttcher, § 49 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 19. Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 20; Stöber/Gojowczyk, § 49 ZVG Rz. 18; Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 7; Böttcher, Schuldner-, Bieter- und Ersteherzahlungen im Versteigerungstermin, ZfIR 2007, 597. Löhnig/Steffen, § 68 Rz. 4. Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 68 Rz. 10. Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 68 Rz. 8. Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 68 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 8 m.w.N.
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§ 68 Rz. 23 Höhe der Sicherheitsleistung 23
Die Höhe der Sicherheitsleistung bemisst sich nach dem Betrag, welcher dem Befriedigungsanspruch des antragsberechtigten Recht vorgeht. Im Regelfall sind dies die Verfahrenskosten, die Ansprüche gemäß § 10 I Nr. 2 und Nr. 3 sowie die Nebenleistungen der dem Recht vorgehenden bestehen bleibenden Rechte21. Die im Bargebot selbst mit eingestellten Ansprüche des Berechtigten sind bei der Berechnung der erhöhten Sicherheitsleistung nicht zu berücksichtigen22.
24
Für den Fall, dass dem Antragsberechtigten mehrere bestehen bleibende Rechte zustehen, muss der Antragsberechtigte das Recht benennen, das der Berechnung der Sicherheitsleistung dienen soll23. Falls eine Benennung nicht erfolgt, ist der Berechnung das letztrangige Recht des Berechtigten zu Grunde zu legen24.
25
Nach der Neufassung der Höhe der Sicherheitsleistung im Jahre 1998 hat die erhöhte Sicherheitsleistung nach Absatz 2 so gut wie keine praktische Bedeutung mehr im Versteigerungstermin25. Die (Regel-)Sicherheit in Höhe von 10 % des festgesetzten Verkehrswertes liegt zumeist höher als die erhöhte Sicherheitsleistung des Absatzes 2. Der Antrag auf die erhöhte Sicherheitsleistung (mehr als die (Regel-)Sicherheitsleistung) kann nicht zu einer Ermäßigung der (Regel-)Sicherheit führen. Somit muss, wenn der Antrag auf erhöhte Sicherheitsleistung gestellt wird und diese niedriger als die (Regel-)Sicherheit ist, die (Regel-)Sicherheit des Absatzes 1 geleistet werden26.
26
Beispiel für die erhöhte Sicherheitsleistung: Festgesetzter Verkehrswert: 200.000 Euro. Bestrangig betreibender Gläubiger ist Abt. III Nr. 2. Verfahrenskosten 5.000,00 Euro öffentliche Lasten 1.000,00 Euro bestehen bleibendes Recht Abt. III Nr. 1 über 100.000,00 Euro, hieraus angemeldete Nebenleistung 40.000,00 Euro Mindest Bargebot somit 46.000,00 Euro Die (Regel-)Sicherheit gemäß § 68 Absatz 1 beträgt 20.000,00 Euro
27
Antragsberechtigt für die erhöhte Sicherheitsleistung gemäß § 68 Absatz 2 wäre der Gläubiger des Rechtes Abt. III Nr. 1, auf seinen Antrag hin würde die erhöhte Sicherheitsleistung des Absatzes 2 einen Betrag von 6.000,00 Euro bedeuten. Diese erhöhte Sicherheitsleistung liegt aber unter dem Betrag der (Regel-)Sicherheit, somit hat ein Bieter in diesem Fall die (Regel-)Sicherheit in Höhe von 20.000,00 Euro zu erbringen.
II. Für Gebote des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers (Absatz 3) 28
Gibt der Schuldner oder ein neu eingetretener Eigentümer (Eigentumsübergang nach wirksamer Beschlagnahme gemäß § 26) ein Gebot ab, so ist von diesem auf Antrag des/der betreibenden Gläubiger, für die der Versteigerungstermin stattfindet, (s. § 67 Rz. 23) die erhöhte Sicherheitsleistung nach Absatz 3 zu erbringen. Der Antrag auf erhöhte Sicherheitsleistung 21 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 9. 22 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 4. 23 Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG, Rz. 4; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 11. 24 Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 11. 25 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 9; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 4. 26 Böttcher, §§ 67-70 ZVG, Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 10; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 9.
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Höhe der Sicherheitsleistung
Rz. 32 § 68
gemäß Absatz 3 ist ebenfalls ausdrücklich und sofort nach Abgabe des Gebotes durch den Schuldner oder dem neu eingetretenen Eigentümer zu stellen27.Erfolgt keine rechtzeitige Antragstellung, hat auch der Schuldner und der neu eingetretene Eigentümer nur die (Regel-)Sicherheit in Höhe von 10 % des festgesetzten Verkehrswertes zu leisten. Hinsichtlich des antragstellenden Gläubigers müssen zudem auch die allgemeinen Voraussetzungen des § 67 Absatz 1 vorliegen, er muss somit bei einer Nichterfüllung des Meistgebotes beeinträchtigt sein. Liegt keine Beeinträchtigung vor, besteht auch für den betreibenden Gläubiger kein Antragsrecht auf die erhöhte Sicherheitsleistung, da diese erhöhte Sicherheit keine zusätzliche Sicherheit darstellt, sondern nur eine Erhöhung der (Regel-)Sicherheit28. Die Höhe der zu erbringenden Sicherheitsleistung ergibt sich aus der Rangstelle des betreibenden Gläubigers. Um die Höhe der Sicherheit zu berechnen, sollte seitens des Vollstreckungsgerichts ein vorläufiger (Kontroll-)Teilungsplan erstellt werden. Die erhöhte Sicherheitsleistung muss das Mindestbargebot, alle die dem antragstellenden Gläubiger vorgehenden Ansprüche sowie den Gesamtanspruch des betreibenden Gläubigers umfassen29. Stellt sich heraus, dass dieser zu erbringende Betrag höher ist als das Gebot selbst, so ist die Sicherheitsleistung auf die Höhe des Bargebots beschränkt, da niemand dazu gezwungen werden kann, eine Sicherheit die höher als das Gebot ist, zu leisten30. Mindestens ist aber, falls das Gebot geringer als die (Regel)Sicherheit ist, die (Regel-)Sicherheit des Absatzes 1 zu leisten.
29
Die erhöhte Sicherheitsleistung des Absatzes 3 gilt nur für Gebote des Schuldners oder des 30 neu eingetretenen Eigentümers sowie für deren Ehegatten, soweit im Güterstand der Gütergemeinschaft lebend, nicht dagegen für Gebote, die der Schuldner oder der neu eingetretene Eigentümer auf Grund ordnungsgemäßer Vollmacht für Dritte, als gesetzlicher Vertreter für seine Kinder (vorbehaltlich der familiengerichtlichen Genehmigung gemäß §§ 1643, 1821 BGB) oder als gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person (selbst wenn von ihm allein gegründet) abgibt31. Nach der bislang einhelligen Kommentierung kann die erhöhte Sicherheitsleistung nur von dem Vollstreckungsschuldner (= der im Grundbuch eingetrage Schuldner) verlangt werden, nicht dagegen von einem mitbietenden, für den zu vollstreckenden Anspruch persönlich mithaftenden, Schuldner, so z.B. für den Fall, dass auf Grund der Sicherungsabrede für die eingetragene Grundschuld ein anderer die persönliche Haftung übernommen hat. Soweit ersichtlich, ist für die diese Konstellation noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ersichtlich.Nach hiesiger Auffassung käme auch die erhöhte Sicherheitsleistung für den „persönlichen“ Schuldner in Betracht. Die erhöhte Sicherheitsleistung ist dagegen auf Antrag zu erbringen, wenn der Schuldner oder der neu eingetretene Eigentümer mit einem Dritten (egal ob in Bruchteil- oder Gesamthandsgemeinschaft) bietet.Dies beruht auf der gesamtschuldnerischen Haftung für das Gebot.
31
Ebenso trifft die erhöhte Sicherheitsleistung auch den Insolvenzverwalter des Schuldners bei der Gebotsabgabe für den Insolvenzschuldner32.
32
27 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 24; Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 68 Rz. 12. 28 Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 10; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 5. 29 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 12. 30 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 5. 31 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 12. 32 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 12.
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§ 68 Rz. 33 Höhe der Sicherheitsleistung 33
Absatz 3 findet in der Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft keine Anwendung, da in diesen Verfahren kein Schuldner vorhanden ist und das Verfahren zur Durchsetzung eines rechtlichen Zwangs, nicht dagegen wegen einer Geldforderung, geführt wird33.
D. Zeitpunkt der Sicherheitsleistung (Absatz 4) 34
Nach der Abschaffung der Sicherheitsleistung durch die Übergabe von Bargeld im Versteigerungstermin wollte es der Gesetzgeber Bietern ermöglichen, auch bei verlangter erhöhter Sicherheitsleistung wirksame Gebote abgeben zu können34. Nunmehr kann die erhöhte Sicherheitsleistung bis zur Entscheidung über den Zuschlag erbracht werden.
35
Durch dieses Hinausschieben des Erbringens der erhöhten Sicherheitsleistung wurden zwei wichtige Grundsätze des Zwangsversteigerungsrechtes durchbrochen, nämlich die sofortige Zurückweisung eines Gebotes, für welches die Sicherheitsleistung nicht erbracht wird (§ 70 Absatz 2) sowie das Erlöschen des überbotenen Gebots, soweit nicht ein Beteiligter der Zulassung des Übergebots widerspricht (§ 72 Absatz 1)35.
36
Wird somit die erhöhte Sicherheitsleistung gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 für ein Gebot verlangt, bleibt dieses (zugelassene) Gebot, sofern es nicht überboten wird, bis zur Entscheidung über den Zuschlag in der Schwebe36.
37
Die Frist des Absatzes 4 zur Erbringung gilt nur für die erhöhte Sicherheitsleistung, nämlich den Differenzbetrag zwischen der (Regel-)Sicherheit und dem Betrag der erhöhten Sicherheitsleistung37.
38
Die (Regel-)Sicherheit ist dagegen gemäß § 70 Absatz 2 sofort zu erbringen, ansonsten wird das Gebot sofort als unzulässig zurückgewiesen38. Diese (Regel-)Sicherheit kann nicht, auch nicht nach einem Widerspruch gegen die Zurückweisung des Gebots, nachgebracht werden39.
39
Die Entscheidung über den Zuschlag ist gemäß § 87 Absatz 1 im Versteigerungstermin oder in einem sofort zu bestimmenden Zuschlagsverkündungstermin zu verkünden.
40
Die Entscheidung, ob ein Verkündungstermin anzuberaumen ist, trifft das Vollstreckungsgericht nach freiem pflichtgemäßem Ermessen (zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Bestimmung eines Verkündungstermins siehe BGH v. 31.5.2012 – V ZB 207/1140).
41
Absatz 4 indiziert somit keine Automatik, dass bei Geboten, bei denen die erhöhte Sicherheitsleistung nach Absatz 2 oder Absatz 3 zu erbringen ist, immer ein gesonderter Zuschlagsverkündungstermin zu bestimmen ist41. Nach der früheren Regelung mit Barleistung der Sicherheitsleistung musste die erhöhte Sicherheitsleistung sofort erbracht werden. Durch die Abschaffung der Barleistung der Sicherheit wollte der Gesetzgeber aber keine Privilegierung von bestimmten Bietern (insbesondere nicht des Vollstreckungsschuldners) schaffen. Die Re33 Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 68 Rz. 13. 34 Begründung BT-Drucks. 16/3038, S. 42; Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 15. 35 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 14; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 6. 36 Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 14; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 17; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 6. 37 Böttcher, § 68 ZVG Rz. 52; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 14; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 15. 38 Böttcher, § 68 ZVG Rz. 52a; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 15; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 155. 39 Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 15. 40 BGH v. 31.5.2015 – V ZB 207/11, Rpfleger 2012, 640 = ZfIR 2012, 648 m. Anm. Kirsch = WM 2012, 1434; BGH v. 30.1.2004 – IXa ZB 196/03, Rpfleger 2004, 434 = MDR 2004, 774 = ZfIR 2004, 1033. 41 Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 6; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 18.
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Art der Sicherheitsleistung
§ 69
gelung über die erhöhte Sicherheitsleistung wurde nicht neu eingeführt, sondern befand sich auch schon in den vorangegangenen Fassungen im Gesetzeswortlaut. Die betroffenen Personen können daher nicht von der Anordnung der erhöhten Sicherheitsleistung überrascht werden, sondern haben sich, wie alle anderen Verfahrensbeteiligten, ordnungsgemäß auf den Versteigerungstermin vorzubereiten. Eine Aussetzung der Entscheidung über den Zuschlag kommt somit nur im Hinblick auf eine „faire Verfahrensgestaltung“42 in Betracht. Ob das Vollstreckungsgericht einen gesonderten Zuschlagsverkündungstermin bestimmt hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab und ist in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens bei Erlass der Entscheidung zu prüfen.
42
Kann der Bieter, von dem die erhöhte Sicherheitsleistung gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ver- 43 langt wurde, diese nicht sofort erbringen, so bleibt sein Gebot, sofern die (Regel-)Sicherheit geleistet wurde, bis zur Entscheidung über den Zuschlag wirksam. Das überbotene Gebot erlischt aber gemäß § 72 Absatz 4 nicht und kann daher weiterhin für die Erteilung des Zuschlags herangezogen werden43. Ebenso kann zur Zuschlagserteilung ein Gebot, dass unterhalb des zugelassenen Gebots, für das die erhöhte Sicherheitsleistung verlangt wurde und diese noch nicht erbracht wurde, aber über dem letzten zugelassenen wirksamen Gebot liegt, herangezogen werden. Als Beispiel dient hier ein Gebot des Schuldners in exorbitanter Höhe zu Beginn der Bietzeit. Wenn hier nicht auch „Untergebote“ zulässig wären, könnte ein böswilliger Schuldner jede Versteigerung verhindern. Dies war seitens des Gesetzgebers nicht beabsichtigt44.
44
Der Antrag auf erhöhte Sicherheitsleistung kann, soweit wie die erhöhte Sicherheitsleistung noch nicht erbracht wurde (siehe auch § 67 Rz. 10), bis zur Entscheidung über den Zuschlag wieder zurück genommen werden45.
45
§ 69 [Art der Sicherheitsleistung] (1) Eine Sicherheitsleistung durch Barzahlung ist ausgeschlossen. (2) Zur Sicherheitsleistung sind Bundesbankschecks und Verrechnungsschecks geeignet, die frühestens am dritten Werktag vor dem Versteigerungstermin ausgestellt worden sind. Dies gilt nur, wenn sie von einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Betreiben von Bankgeschäften berechtigten Kreditinstitut oder der Bundesbank ausgestellt und im Inland zahlbar sind. Als berechtigt im Sinne dieser Vorschrift gelten Kreditinstitute, die in der Liste der zugelassenen Kreditinstitute gemäß Artikel 3 Abs. 7 und Artikel 10 Abs. 2 der 42 BVerfG v. 26.10.2011, ZfIR 2012, 185; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 15. 43 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 52b; Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 15; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 15, § 72 ZVG Rz. 19, § 83 ZVG Rz. 34 m.w.N.; LG Lüneburg v. 27.2.2008 – 4 T 32/08, JurionRS 2008, 43965. 44 So auch Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 52b, 52c; Depré/Bachmann, § 68 ZVG Rz. 21; Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 15, § 72 ZVG Rz. 20, § 83 ZVG Rz. 14; Alff, Änderungen des ZVG aufgrund des Zweiten JuModG – zwischen Anspruch und Wirklichkeit –, Rpfleger 2007, 233; a.A. Hintzen, Änderungen des ZVG aufgrund des Zweiten JuModG – zwischen Anspruch und Wirklichkeit –, Rpfleger 2007, 233; Weis, Änderungen in ZVG und WEG und die Auswirkungen auf die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis, ZfIR 2007, 477. 45 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 52a; Stöber/Becker, § 68 ZVG Rz. 16.
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§ 69 Rz. 1 Art der Sicherheitsleistung Richtlinie 77/780/EWG des Rates vom 12. Dezember 1977 zur Koordinierung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. EG Nr. L 322 S. 30) aufgeführt sind. (3) Als Sicherheitsleistung ist eine unbefristete, unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft eines Kreditinstituts im Sinne des Absatzes 2 zuzulassen, wenn die Verpflichtung aus der Bürgschaft im Inland zu erfüllen ist. Dies gilt nicht für Gebote des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers. (4) Die Sicherheitsleistung kann durch Überweisung auf ein Konto der Gerichtskasse bewirkt werden, wenn der Betrag der Gerichtskasse vor dem Versteigerungstermin gutgeschrieben ist und ein Nachweis hierüber im Termin vorliegt.
A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sicherheitsleistung mittels Bargeldes (Absatz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Sicherheitsleistung mittels Scheckes (Absatz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 3
Rz. D. Sicherheitsleistung mittels Bürgschaft (Absatz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 E. Sicherheitsleistung mittels Überweisung (Absatz 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 F. Andere Arten der Sicherheitsleistung . . . 29
Literatur: Gäullein, Sicherheitsleistung und Meistgebot – nichts für bare Münze!, Rpfleger 2014, 5; Klawikowski, Die Sicherheitsleistung im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1996, 265 (zur früheren Gesetzeslage, daher teilweise überholt); Klawikowski, Die besondere Sicherheitsleistung im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1997, 202 (zur früheren Gesetzeslage, daher teilweise überholt); Piepenbrock, Die Bietersicherheit von Banken: ein Lehrstück missglückter Gesetzgebung, WM 2009, 969; Rellermeyer, Der Scheckausstellungszeitraum des § 69 ZVG, Rpfleger 2012, 181.
A. Allgemein 1
§ 69 regelt für alle Arten der Versteigerung abschließend die gesetzlich zulässigen Mittel der Sicherheitsleistung. Eine Erweiterung der Möglichkeiten der Sicherheitsleistung über abweichende Versteigerungsbedingungen gemäß § 59 ist ausgeschlossen1. § 69 wurde in den letzten Jahren mehrmals geändert um die Arten der Sicherheitsleistung den modernen Gegebenheiten anzupassen und für eine effektivere Durchführung des Versteigerungsverfahrens zu sorgen2, zuletzt durch das 2. JuModG vom 22.12.20063, wonach die bis dahin mögliche Erbringung der Sicherheitsleistung mit Bargeld im Versteigerungstermin abgeschafft wurde.
B. Sicherheitsleistung mittels Bargeldes (Absatz 1) 2
Durch die Einfügung des Absatzes durch Art. 11 des 2. JuModG4 wurde die Barzahlung der Sicherheitsleistung im Versteigerungstermin ausdrücklich abgeschafft. Es ist somit ab Inkrafttreten der Vorschrift zum 1.2.2007 eine Barzahlung der Sicherheitsleistung im Versteigerungs-
1 Böttcher, § 59 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 26; Depré/Bachmann, § 69 ZVG, Rz. 1; Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 26. 2 Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und anderer Gesetze v. 18.2.1998, BGBl. I, S. 866. 3 Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. JuModG) v. 22.12.2006, BGBl. I, S. 3416; zum Inkrafttreten der ZVG-Vorschriften s. § 186 ZVG. 4 Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. JuModG) v. 22.12.2006, BGBl. I, S. 3416; zum Inkrafttreten der ZVG-Vorschriften s. § 186 ZVG.
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Art der Sicherheitsleistung
Rz. 8 § 69
termin nicht mehr zulässig, auch in Verfahren, die vor diesem Zeitpunkt schon anhängig waren, der Versteigerungstermin aber erst nach dem 1.2.2007 stattfindet5. Auch die bis dahin mögliche Hinterlegung ist durch die Streichung des früheren Absatzes 3 des § 69 nicht mehr gegeben6.
C. Sicherheitsleistung mittels Scheckes (Absatz 2) Zur Sicherheitsleistung sind zugelassen Bundesbankschecks und Verrechnungsschecks. Diese Art der Sicherheitsleistung hat sich auch in der Praxis durchgesetzt. Die im Gesetz früher noch geforderte Bestätigung des Bundesbankscheckes gemäß § 23 BundesbankG wurde im Zuge der Reform durch das 2. JuModG aus Vereinfachungs- und Kostengründen fallen gelassen.
3
Bundesbankschecks sind nur diejenigen Schecks, die von einem Kreditinstitut ausgestellt und auf die Bundesbank (bzw. der Hauptverwaltungen, den früheren Landeszentralbanken7) bezogen sind, da nur Kreditinstitute ein Konto bei der Bundesbank unterhalten, Art. 3 ScheckG, Art. 1 ScheckG.
4
Ebenso ist zur Sicherheitsleistung ein Verrechnungsschecks (zur Definition des Verrechnungsschecks siehe Art. 39 ScheckG) geeignet, der von einem Kreditinstitut, welches im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu Bankgeschäften berechtigt ist, oder der Bundesbank ausgestellt ist8.
5
Im § 69 Absatz 2 Satz 3 werden exemplarisch die Kreditinstitute genannt, die berechtigt sind, geeignete Verrechnungsschecks auszustellen9. Diese jährlich aktualisierte Liste ist aber nicht abschließend, da es zudem noch weitere Kreditinstitute gibt, welche zum betreiben von Bankgeschäften berechtigt sind. Wird ein Verrechnungsscheck eines solchen Kreditinstitutes vorgelegt, so hat der Vorlegende den Nachweis zu erbringen, dass das ausstellende Kreditinstitut zum Betreiben von Bankgeschäften berechtigt ist10.
6
Der Verrechnungsscheck muss von einem Kreditinstitut oder der Bundesbank ausgestellt sein, ein „Privatscheck“, auch der früher gebräuchliche „Euroscheck“, der zwischenzeitlich abgeschafft wurde11, des Bieters, bezogen auf seine Hausbank, genügt den Anforderungen des § 69 Absatz nicht12. Auch ein Verrechnungsscheck eines ausländischen Kreditinstitutes, soweit dieses gelistet ist, ist zulässig13. Die ausgestellten Verrechnungsschecks müssen gemäß Art. 8 ScheckG im Inland zahlbar sein. Ein von einer englischen Bank ausgestellter Verrechnungsscheck, der grundsätzlich zulässig wäre, aber nur in Großbritannien zahlbar ist, genügt den Anforderungen des § 69 Absatz 2 nicht14.
7
Für beide Arten der Schecks (Bundesbankscheck und Verrechnungsscheck) gilt, dass diese frühestens am dritten Werktag vor dem Versteigerungstermin ausgestellt worden sein dür-
8
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Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 1. Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 20. Siehe § 8 BundesbankG; Löhnig/Steffen, § 69 ZVG, Rz. 2. Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 3; Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 4. Liste ist abrufbar über das Internet, so z.B. unter www.bafin.de. Böttcher, §§ 69-70 ZVG, Rz. 41, Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 10. Böttcher, §§ 67 – 70 ZVG Rz. 49; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 15.; Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 26. Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 4. Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 4. LG Flensburg v. 30.10.2007 – 5 T 192/07, SchlHA 2008, 134.
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§ 69 Rz. 8 Art der Sicherheitsleistung fen15. Diese Regelung ersetzt die frühere, wonach Bundesbankschecks nur zur Sicherheitsleistung geeignet waren, wenn deren Vorlegungsfrist nicht vor dem vierten Tag nach dem Versteigerungstermin ablief16. Diese neue Regelung soll sicherstellen, dass die Vollstreckungsgerichte die Vorlegungsfrist, innerhalb derer die Verrechnungsschecks unbedingt eingelöst werden (8 Tage ab Ausstellungstag gemäß Art. 29 Absatz 1, Art. 4 ScheckG), eingehalten können. Der Tag der Scheckausstellung zählt bei der Berechnung der (verfahrensrechtlichen) Frist der drei Werktage gemäß § 221 Absatz 1 ZPO, § 187 Absatz 2 BGB mit17. 9
Die nunmehr geführte Diskussion, ob der Samstag ein Werktag im Sinne von § 69 ZVG ist18, ist eher theoretischer Natur als von praktischer Bedeutung. Das ausstellende Kreditinstitut wird, Bonität des Bieters vorausgesetzt, von der Möglichkeit in Art. 28 Absatz 2 ScheckG Gebrauch machen und den Scheck mit einem Ausstellungsdatum, das identisch ist mit dem Tag des Versteigerungstermins, versehen. Zwar wird der Samstag umgangssprachlich schon längst nicht mehr als Werktag angesehen (auch kein Bankarbeitstag, an dem ein Scheck vorgelegt werden, Art. 55 ScheckG), er bleibt aber weiterhin nach der Definition des Gesetzgebers in § 193 BGB ein Werktag. Nur Sonn- und Feiertage (im jeweiligen Bundesland des Vollstreckungsgerichts) zählen für § 69 Absatz 2 nicht als Werktage. Somit genügt ein am Donnerstag ausgestellter Verrechnungsscheck zur Sicherheitsleistung für einen Versteigerungstermin am Montag, nicht dagegen für einen Versteigerungstermin am Dienstag.
10
Ein ausgestellter Scheck kann, wenn die Formalien erfüllt sind, auch zur Sicherheitsleistung in mehreren Verfahren oder bei verschiedenen Gerichten genützt werden, da diese Schecks im Regelfall weder Verfahrens- noch Objektbezogen ausgestellt werden, sondern für den jeweiligen Bieter.
11
Für den Fall, dass ein Scheck höher als die nach § 68 benötigte Sicherheit ausgestellt wurde, kann er ebenfalls für mehrere Verfahren bei demselben Gericht Verwendung finden, wenn sichergestellt ist, dass die in dem weiteren Verfahren benötigte Sicherheitsleistung noch durch den Restbetrag gedeckt ist und das Vollstreckungsgericht sich ohne größeren Arbeitsaufwand von dem Vorhandensein der Sicherheitsleistung überzeugen kann19.
D. Sicherheitsleistung mittels Bürgschaft (Absatz 3) 12
Ein zulässiges Mittel der Sicherheitsleistung ist auch die Vorlage einer Bürgschaftsurkunde gemäß § 766 BGB, die aber nur von einem im Absatz 2 näher bezeichneten Kreditinstitut ausgestellt worden sein darf. Durch die Änderung in jetzigen Absatz 3 wurde die frühere Möglichkeit der Stellung eines geeigneten Bürgen ausgeschlossen, da die Notwendigkeit der Überprüfung der Geeignetheit des Bürgen im Versteigerungstermin den Zielen des 2. JuModG entgegenläuft.
15 Insoweit unzutreffend Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 2, worin Steffen davon ausgeht, dass der Versteigerungstermin am 3. Tag nach Ausstellung des Verrechnungsschecks stattfinden muss. 16 Näheres hierzu siehe noch bei Stöber, 14. Aufl., § 69 ZVG Rz. 3. 17 Böttcher, §§ 67–70 ZVG Rz. 40; Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 5; Rellermeyer, Der Scheckausstellungszeitraum des § 69 ZVG, Rpfleger 2012, 181, 184 Nr. 7; anders: Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 2. 18 So Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 6; Rellermeyer, Der Scheckausstellungszeitraum des § 69 ZVG, Rpfleger 2012, 181; a.A.: Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 2; Stöber/ Becker, § 69 ZVG Rz. 63.2 mit Nachtrag S. 1636; indifferent Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 40. 19 BGH v. 15.5.2008 – V ZB 122/07, BGHR 2008, 993 = MDR 2008, 944 = Rpfleger 2008, 515 = ZfIR 2008, 516; Böttcher, § 67-70 ZVG, Rz. 39; Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 13; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 69 Rz. 10.
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Art der Sicherheitsleistung
Rz. 19 § 69
Ein Kreditinstitut, dass die Kaufmannseigenschaft gemäß § 1 HGB besitzt, kann gemäß § 350 Satz 1 HGB eine Bürgschaftserklärung auch zu Protokoll des Vollstreckungsgerichtes abgegeben, da gemäß § 350 Satz 1 HGB die Schriftform des § 766 Satz 1 BGB nicht erforderlich ist. Die Erklärung ist gemäß § 78 zu protokollieren, wobei die Vertretungsmacht des die Bürgschaft Erklärenden zu überprüfen und festzuhalten ist20. Eine zu Protokoll erklärte Bürgschaftsübernahme des vertretungsberechtigten Bank-Mitarbeiters für Gebote seines Institutes ist dagegen nicht zulässig21.
13
Die Bürgschaft muss unbefristet, unbedingt und selbstschuldnerisch sein. Selbstschuldnerisch ist gemäß § 349 Satz 1 HGB jede Bürgschaft, die ein Vollkaufmann erbringt, somit bei allen Kreditinstituten, die die Kaufmannseigenschaft gemäß § 1 HGB besitzen, gegeben22.
14
Um eine zeitnahe Realisierung der Bürgschaft für den Fall des Nichterbringens des Bargebotes zu gewährleisten muss die Bürgschaft im Inland zahlbar sein. Die eventuelle Verwertung der Bürgschaft erfolgt nicht seitens des Vollstreckungsgerichtes, sondern hat von dem Gläubiger zu erfolgen, dem die Forderung gegen den Bürger gemäß § 118 Absatz 1 übertragen wird23.
15
Die vorgelegte Bürgschaftsurkunde wird im Original zu den Akten genommen und verbleibt dort bis zum Verteilungstermin24. Eine Übergabe des Originals der Bürgschaftsurkunde an den Sicherheitsverlangenden (wie im Grundsatz von § 766 BGB gefordert) kommt nicht in Betracht25.
16
In der Praxis kommt die Sicherheitsleistung durch Vorlage einer Bürgschaftsurkunde auf Grund der relativ hohen Kosten der Bürgschaft für den Bieter selten vor. Ausnahmen sind nur Verfahren mit sehr hohen Verkehrswerten und die Verwendung der Bürgschaften von „Profi“Bietern, die nicht selten an einem Tag mehrere verschiedene Versteigerungstermine wahrnehmen.
17
Nicht nachvollziehbar ist dagegen die Regelung des Absatzes Satz 2, wonach der Schuldner oder der neu eingetretene Eigentümer die Sicherheitsleistung nicht durch die Stellung einer Bürgschaft eines Kreditinstitutes erbringen kann. Falls der Schuldner oder der neu eingetretene Eigentümer ein Kreditinstitut nach Maßgabe des Absatzes 2 gefunden hat, dass sich für die zu erbringende (auch erhöhte) Sicherheitsleistung verbürgen will, sollte man auch dem Schuldner oder dem neu eingetretenen Eigentümer diese Möglichkeit nicht verschließen26. Dem Schuldner verbleibt somit nur die Möglichkeit, die Sicherheitsleistung durch Vorlage eines geeigneten Scheckes nach Absatz 2 oder durch Vorab-Überweisung nach Absatz 4 zu erbringen.
18
Absatz 3 Satz 2 findet auf Zwangsversteigerungsverfahren zur Aufhebung einer Gemeinschaft keine Anwendung, da im Zwangsversteigerungsverfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft kein Schuldner vorhanden ist. Der Antragsgegner kann auch in diesen Verfahren die Sicherheitsleistung durch die Übergabe einer Bankbürgschaft erbringen27.
19
20 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 43; Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 8; Depré/Bachmann, § 69 Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 69 ZVG Rz. 18; Stöber/Becker, § 69 Rz. 14; Storz/Kinderlen, D 3.2.1.4. 21 Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 9. 22 Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 8; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 69 Rz. 5. 23 Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 17. 24 Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 16. 25 Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 16. 26 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 44; Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 10; Depré/Bachmann, § 69 Rz. 9; Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 69 ZVG Rz. 19. 27 Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 18.
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§ 69 Rz. 20 Art der Sicherheitsleistung
E. Sicherheitsleistung mittels Überweisung (Absatz 4) 20
Mit der Abschaffung der Barleistung der Sicherheit im Versteigerungstermin wurde durch das 2. JuModG28 die Möglichkeit eröffnet, die Sicherheitsleistung vorab auf das Bankkonto der Gerichtskasse zu überweisen. Die mit der Einführung der Überweisung prognostizierten Verwirrungen29 sind in der Praxis größtenteils ausgeblieben. Soweit überblickt werden kann, haben die Bundesländer die Ermächtigung des § 1 ZahlVGJG30 genützt und entsprechende Ausführungsverordnung für die unbare Zahlung erlassen31. Auch werden die Bietinteressenten durch entsprechende Merkblätter der Gerichte und durch Hinweise auf den jeweiligen Homepages der Gerichte über die entsprechenden Modalitäten für die Überweisung aufgeklärt.
21
Um wirksam die Sicherheitsleistung mittels Überweisung zu erbringen muss der Betrag der Sicherheitsleistung vor dem Versteigerungstermin auf dem Konto der jeweiligen Gerichtskasse (Regelung der Gerichtskassen obliegt jeweils den Bundesländern, so ist in Baden-Württemberg ein Verwahrgeldkonto für Sicherheitsleistungen bei der Landesoberkasse BadenWürttemberg eingerichtet) gutgeschrieben sein und ein Nachweis über die Gutschrift im Versteigerungstermin vorliegen.
22
Der Nachweis der Gutschrift erfolgt im Regelfall durch die Bestätigung der Gerichtskasse gegenüber dem Vollstreckungsgericht (ebenso in den Bundesländern unterschiedlich geregelt, z.B. durch die Möglichkeit der elektronischen Einsichtnahme auf das Konto, Bestätigung durch e-mail oder per Fax). Liegt der Nachweis im Versteigerungstermin nicht vor, so ist die Sicherheitsleistung nicht erbracht32. Die Bareinzahlung auf das bei einem Kreditinstitut geführten Kontos der Gerichtskasse steht nach der Entscheidung des BGH der Überweisung gleich, wenn der eingezahlte Betrag vor der Versteigerung bei der Gerichtskasse gutgeschrieben wurde und der Nachweis hierfür vom Bieter im Versteigerungstermin erbracht wird33. Als Begründung führte der BGH an, dass zwar der Wortlaut des § 69 Absatz 4 (wie auch des § 70 Absatz 2 Satz 2) auf den ersten Blick gegen ein solches Verständnis sprechen würde, da nur die Überweisung auf ein Konto der Gerichtskasse genannt werde. Aber die Regelung des § 49 Absatz 3 (die zeitgleich mit § 69 Absatz 4 Gesetz wurde) zeige, dass das ZVG im Zusammenhang mit der Entrichtung des Bargebots ausdrücklich auch eine (Bar-)Einzahlung auf das Konto der Gerichtskasse vorsehe. Aus der Erwähnung dieser Alternative nur in § 49 Absatz 3 könne nicht geschlossen werden, dass die Erbringung der Sicherheitsleistung im Rahmen des § 69 Absatz 4 durch eine (Bar-)Einzahlung auf das Konto der Gerichtskasse ausgeschlossen sein solle. Weder die Entstehungsgeschichte der Norm noch deren Sinn und Zweck gäben für einen Anhaltspunkt in diese Richtung. Der unbare Zahlungsverkehr sollte nach der Begründung zur Einführung34 vor allem den Sicherheitsaufwand im Bereich der Justiz reduzieren sowie die Abwicklung von Zahlungsvorgängen erleichtern. Diese Ziele würden mit einer Bar-
28 Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. JuModG) v. 22.12.2006, BGBl. I, S. 3416. 29 So Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 14; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 10; Storz/Kinderlen, D T.H. 3.2.2.3; Gäullein, Sicherheitsleistung und Meistgebot – nichts für bare Münze!, Rpfleger 2014, 5; dagegen: positive Erfahrungen in NRW, Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 6. 30 ZahlVGJG v. 22.12.2006, BGBl. I, S. 3416; Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 14. 31 So für Baden-Württemberg JZahlVO v. 9.7.2007, GBl. 2007, 354; für Nordrhein-Westfalen AV des Justizministeriums NRW v. 24.7.2008. 32 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 164/12, MDR 2013, 874 = BeckRS 2013, 07849 = ZfIR 2013, 522 m. Anm. Traub; Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 6. 33 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 164/12, MDR 2013, 874 = BeckRS 2013, 07849 = ZfIR 2013, 522 m. Anm. Traub; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 11. 34 BT-Drucks. 16/3038, S. 1, 27.
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Art der Sicherheitsleistung
Rz. 27 § 69
einzahlung auf das bei einem Kreditinstitut geführten Konto der Gerichtskasse nicht beeinträchtigt35. Nicht endgültig höchstrichterlich entschieden ist bislang, wie der Nachweis, der vom Bieter zu führen ist, auszusehen hat. Nach hier vertretener Ansicht reicht es zum Nachweis aus, wenn der Bieter den bankbestätigten Überweisungsbeleg (bei online-banking der Ausdruck der durchgeführten Überweisung) vorlegt, aus dem ersichtlich ist, dass unter Berücksichtigung der banküblichen Arbeitsdauer der Betrag der Gerichtskasse gutgeschrieben wurde36. Auf die von Gerichtskasse auszustellende Zahlungsanzeige kann in diesem Fall nicht abgestellt werden, da die Zahlungsanzeige von der Gerichtskasse direkt an das Vollstreckungsgericht erteilt wird. Der einzahlende Bieter erhält dagegen von der Gerichtskasse keinen Beleg über die erfolgte Gutschrift. Nimmt eine Gerichtskasse eine Bareinzahlung, ohne dazu verpflichtet zu sein, ist die erstellte Quittung (Zahlungsanzeige) zum Nachweis ausreichend37.
23
Soweit im Verwendungszweck eine vom Kontoinhaber (= Einzahler) abweichende Person ge- 24 nannt ist, ist diese babweichende genannte Person berechtigt, die Sicherheitsleistung für dieses Verfahren zu verwenden. Es ist somit zulässig, die Sicherheitsleistung für eine namentlich, im Verwendungszweck benannte, dritte Person einzuzahlen. Soweit nicht aus dem Verwendungszweck ersichtlich, kann die benannte Person die Sicherheitsleistung sowohl für Gebote in eigenem Namen als auch für Gebote im Namen von Dritten verwenden. Eventuell getroffene Absprachen im Innenverhältnis hat das Vollstreckungsgericht dabei nicht zu prüfen38. Die Sicherheitsleistung wird, zumindest in Baden-Württemberg, bei der Landesoberkasse als Verwahrgeld gebucht. Die Rückerstattung der Sicherheitsleistung, soweit der Bieter nicht den Zuschlag erhalten hat oder sonst wieder frei wurde (z.B. mangels Gebotsabgabe), erfolgt durch Rücküberweisung auf das Einzahlungskonto.
25
Soweit die Sicherheitsleistung in dem Verfahren, welches in der Überweisung als Verwen- 26 dungszweck angegeben wurde, nicht gebraucht wurde, kann sie auch in anderen (weiteren) Verfahren für den Nachweis der Sicherheitsleistung Verwendung finden39, da gemäß § 69 Absatz 4 eine Zuordnung des Einzahlers für ein bestimmtes Verfahren nicht gefordert wird (aber von der Gerichtskasse zur Verbuchung der Sicherheitsleistung). Nach der hier vertretenen Meinung würde eine Bareinzahlung bei der Gerichtskasse am Ort 27 des Vollstreckungsgerichtes (soweit überhaupt noch in den jeweiligen Bundesländer vorhanden) die Vorgaben des Absatzes 4 nicht erfüllen40, aber der BGH hat in der Entscheidung vom 28.2.201341 weiter ausgeführt, dass, wenn die Gerichtskasse eine Bareinzahlung entgegennimmt, ohne dazu verpflichtet zu sein, die Sicherheitsleistung ebenfalls i.S. des § 69 Absatz 4 erbracht ist. Eine Bareinzahlung bei der Gerichtskasse ist zwar gemäß § 1 Absatz 3 ZahlVGJG zu gewährleisten, wenn dem Zahlungspflichtigen eine unbare Zahlung nicht möglich oder
35 Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 19; so auch bereits Hintzen/Alff, Änderungen des ZVG aufgrund des Zweiten JuModG – zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Rpfleger 2007, 233. 36 Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 13. 37 LG Berlin v. 22.7.2009 – 86 O 74/09, Rpfleger 2008, 660 = ZfIR 2009, 720. 38 BGH v. 12.1.2017 – V ZB 96/16, ZfIR 2017, 259 = WM 2017, 588 = IVR 2018, 26 m. Anm. Meerhoff. 39 Böttcher, §§ 67 – 70 ZVG, Rz. 46; Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 12 und Rz. 13; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 16; für Schecks geklärt durch BGH v. 15.5.2008 – V ZB 122/07, Rpfleger 2008, 515 = ZfIR 2008, 516. 40 So auch Gäullein, Sicherheitsleistung und Meistgebot – nichts für bare Münze!, Rpfleger 2014, 5. 41 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 164/12, MDR 2013, 874 = BeckRS 2013, 07849 = ZfIR 2013, 522 m. Anm. Traub.
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§ 69 Rz. 27 Art der Sicherheitsleistung wenn Eile geboten ist. Beide Ausnahmeregelungen treffen aber nach hier vertretener Meinung für ein Versteigerungsverfahren aber nicht zu. Die Versteigerungstermine werden lange im Voraus bekannt gemacht (§ 43), es liegt somit kein Eilfall i.S. v. § 1 Absatz 3 ZahlVGJG42. Selbst ein Bietinteressent ohne Bankkonto hat die Möglichkeit mittels Bareinzahlung bei einem Kreditinstitut die rechtzeitige Überweisung an die Gerichtskasse oder nunmehr mittels der gestatteten Bareinzahlung bei einem Kreditinstitut auf das Konto der Gerichtskasse die Sicherheitsleistung zu bewirken. Ein Bietinteressent hat sich im Vorfeld des anberaumten Versteigerungstermin um eine ordnungsgemäße Erbringung der Sicherheitsleistung zu kümmern, sein Versäumnis rechtfertigt auch nicht eine Verlängerung der Bietzeit43. 28
Für den Fall, dass der Bieter, welcher die Sicherheitsleistung mittels Überweisung geleistet hat, den Zuschlag erhält, sollte er im Hinblick auf die Regelung des § 107 Absatz 3 vorsichtshalber einen Rücknahmeverzicht bezüglich der Sicherheitsleistung zu Protokoll des Vollstreckungsgerichtes erklären um der Verzinsung dieses Teiles des Bargebotes gemäß § 49 Absatz 2 zu entgehen. Zwar ist nach Wegfall des früheren Absatzes 3 durch die Überweisung der Sicherheitsleistung keine Hinterlegung eingetreten, aber durch die Änderung der Vorschrift hinsichtlich der Abschaffung von Bargeld im Versteigerungsverfahren war keine Schlechterstellung der Position des Bieters beabsichtigt, sondern eine Vereinfachung der Durchführung des Verfahrens44. Die Verzinsungspflicht gemäß § 49 Absatz 2 entfällt somit für den Betrag der überwiesenen Sicherheitsleistung.
F. Andere Arten der Sicherheitsleistung 29
Andere, als die im Gesetz aufgeführten Sicherheiten, sind nicht geeignet, eine vorschriftsmäßige Sicherheitsleistung zu erbringen (siehe Rz. 1). Insbesondere ist es ausgeschlossen, den Kreis der Sicherheiten über § 59 zu erweitern (siehe Rz. 1).
30
Beabsichtigt ein Bieter Sicherheit mit einem nicht in § 69 aufgeführten Mittel zu stellen (z.B. mittels eines Sparbuches, Wertpapieren, etc.), so muss er sich mit dem/den Berechtigten zum Verlangen der Sicherheitsleistung vorab einigen, ob dieser diese Art der Sicherheitsleistung akzeptiert. Akzeptiert der Berechtigte die andere Art der Sicherheitsleistung, so kann er aber nicht den Antrag gemäß § 67 stellen, sondern diese andere Art der Sicherheitsleistung ist nur zwischen dem Berechtigten und dem jeweiligen Bieter wirksam. Eine Zulassung einer anderen Art der Sicherheitsleistung im Termin ist ausgeschlossen, da ja gerade durch das 2. JuModG eine straffere und transparente Durchführung von Terminen erreicht werden sollte. Wäre nunmehr eine längere Verhandlung über die Zulässigkeit der jeweiligen Sicherheit erforderlich, auch eine Überprüfung der Werthaltigkeit der Sicherheit, würde dieses die Vorstellung des Gesetzgebers konterkarieren45.
42 43 44 45
LG Berlin v. 22.7.2009 – 86 O 74/09, Rpfleger 2008, 660 = ZfIR 2009, 720. BGH v. 12.1.2006 – V ZB 147/05, NJW-RR 2006, 715 = MDR 2006, 1072 = Rpfleger 2006, 211. Dassler u.a./Hintzen, § 69 ZVG Rz. 19 und Rz. 20; Stöber, Hdb. Rz. 330. So auch Dassler/Hintzen, § 69 ZVG Rz. 26; Löhnig/Steffen, § 69 ZVG Rz. 7; a.A. Böttcher, §§ 67-70 ZVG, Rz. 47 und Rz. 48; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 69 ZVG Rz. 24.
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Entscheidung über die Sicherheitsleistung
Rz. 2 § 70
§ 70 [Sofortige Entscheidung über die Sicherheitsleistung; sofortige Sicherheitsleistung] (1) Das Gericht hat über die Sicherheitsleistung sofort zu entscheiden. (2) Erklärt das Gericht die Sicherheit für erforderlich, so ist sie sofort zu leisten. Die Sicherheitsleistung durch Überweisung auf ein Konto der Gerichtskasse muss bereits vor dem Versteigerungstermin erfolgen. Unterbleibt die Leistung, so ist das Gebot zurückzuweisen. (3) Wird das Gebot ohne Sicherheitsleistung zugelassen und von dem Beteiligten, welcher die Sicherheit verlangt hat, nicht sofort Widerspruch erhoben, so gilt das Verlangen als zurückgenommen.
A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sofortige Entscheidung (Absatz 1) . . . . . C. Sicherheitsleistung (Absatz 2) . . . . . . .
Rz. 1 2 6
Rz. D. Gebotszulassung ohne Sicherheitsleistung (Absatz 3) . . . . . . . . . . . . . . 16
A. Allgemein § 70 gilt, wie alle Vorschriften über die Sicherheitsleistung, für alle Verfahren der Zwangsver- 1 steigerung und regelt die Entscheidung über das Sicherheitsverlangen nach § 70. Eine Änderung dieser Vorschrift erfolgte letztmals durch das 2. JuModG1, durch welche in Satz 2 des Absatzes 2 der nunmehr bargeldlos zu leitenden Sicherheitsleistung und dem Wegfall der vormals vorab zu hinterlegenden Sicherheitsleistung (früherer § 69 Absatz 1) Rechnung getragen wurde. Die Änderung gilt auch für Altverfahren, die bereits vor Inkrafttreten der Vorschrift schon anhängig waren2.
B. Sofortige Entscheidung (Absatz 1) Über den nach § 67 zulässigen Antrag auf Leistung der Sicherheit hat das Vollstreckungs- 2 gericht sofort zu entscheiden3. Ohne einen zulässigen Antrag darf das Vollstreckungsgericht Sicherheitsleistung nicht anordnen4. Bei dieser Entscheidung ist zu prüfen, ob der Sicherheitsverlangende berechtigt ist, Sicherheit von diesem Bieter zu verlangen und ob der Antrag vom Sicherheitsverlangenden rechtzeitig, d.h. sofort nach Abgabe des Gebots gestellt wurde5. Ein
1 Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. JuModG) v. 22.12.2006, BGBl. I, S. 3416; Zum Inkrafttreten der ZVG-Vorschriften s. § 186 ZVG. 2 Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 1. 3 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 3; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 4. 4 BGH v. 12.7.2012 – V ZB 130/11, NJW 2012, 3376 = WM 2012, 1867 = ZfIR 2012, 794 m. Anm. Alff; BGH v. 12.1.2006 – V ZB 147/05, NJW-RR 2006, 715 = WM 2006, 782 = Rpfleger 2006, 211; Steiner/ Storz, § 70 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 4. 5 Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 69 ZVG Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 4.
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§ 70 Rz. 2 Entscheidung über die Sicherheitsleistung Ermessen bei dieser Entscheidung steht dem Gericht nicht zu6, selbst wenn diesem andere Erkenntnisse zur Bonität des Bieters bekannt sind7. Die Entscheidung hat sofort nach der der im Hinblick auf §§ 78, 80 erforderlichen Protokollierung des Gebotes und des Antrages zu erfolgen, sie darf im Hinblick auf § 72 Absatz 1 nicht hinausgeschoben werden8, auch nicht wenn sofort ein Übergebot erfolgt9. 3
Die Entscheidung muss nicht notwendigerweise durch förmlichen Beschluss erfolgen, es genügt auch die konkludente Zulassung eines Gebotes ohne die Anordnung der Sicherheitsleistung, dadurch ist das Sicherheitsverlangen zurück gewiesen10. Im Hinblick auf §§ 78, 80 sollte aber nicht von einer förmlichen Entscheidung abgesehen werden. Gemäß §§ 78, 80 sind bei einer eventuellen Überprüfung in der Rechtsmittelinstanz nur solche Vorgänge beachtlich, die auch im Protokoll festgehalten wurden. Ebenso sollte im Hinblick auf eine faire Gestaltung des Versteigerungsverfahrens und der Überprüfbarkeit der Formalien im Rechtsmittelverfahren eine förmliche, im Protokoll festgehaltene, Entscheidung getroffen werden. Das Gericht sollte sich, gerade in einem Versteigerungstermin mit mehreren Ausgebotsformen, nicht von den Bietern zu einer übereilten Vorgehensweise drängen lassen, sondern die Anträge und die dazugehörenden Entscheidungen ordnungsgemäß abarbeiten und protokollieren11.
4
Die Entscheidung über das Verlangen nach Sicherheit ist nicht selbstständig anfechtbar, auch nicht mit der Erinnerung gemäß § 11 Absatz 2 RPflG, da sie eine nicht selbstständig anfechtbare Vorentscheidung zur Entscheidung über den Zuschlag nach § 95 darstellt12.
5
Bei der Entscheidung über den Zuschlag ist das Gericht nicht an seine vorangegangene Entscheidung gemäß § 79 gebunden (aber Haftungsgefahr!). Grundlage seiner Entscheidung können aber nur die im Protokoll festgehaltenen Vorgänge gemäß §§ 78, 80 sein. Deshalb erscheint es immer angezeigt, jeden Antrag und jede Entscheidung über die Sicherheitsleistung genauestens zu protokollieren und auch die Entscheidung immer in gesonderter Beschlussform zu fassen.
C. Sicherheitsleistung (Absatz 2) 6
Kommt das Gericht nach Prüfung der Zulässigkeit des Sicherheitsverlangen zu dem Ergebnis, dass die Sicherheitsleistung erforderlich ist, hat es dies dem Bieter bekannt zu geben. Dies geschieht in der Praxis im Regelfall durch einen Beschluss, so z.B.: „b.u.v.: Es ist für das Gebot Sicherheit in Höhe von xxx EUR zu leisten“.
7
Die Sicherheitsleistung hat dann seitens des Bieters sofort zu erfolgen13. Kann seitens des Bieters die Sicherheitsleistung in der erforderlichen Form nicht sofort nachgewiesen werden,
6 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 4. 7 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 70 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 4. 8 Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 1; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 2. 9 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 20; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 2; in diesem Punkt mit Einschränkung a.A. Stöber/Becker, § 70 ZVG5. 10 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 3; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 2. 11 Stöber/Becker, § 79 ZVG Rz. 5. 12 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 50; Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 11. 13 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 51; Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 13.
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Entscheidung über die Sicherheitsleistung
Rz. 11 § 70
muss das Gebot zurückgewiesen werden (Absatz 2 Satz 3)14, und es erlischt, sofern der Bieter nicht sofort nach der Zurückweisung dieser gemäß § 72 Absatz 2 widerspricht15. Der Bieter hat keinen Anspruch darauf, dass das Vollstreckungsgericht zuwartet, falls er auf eine Sicherheitsleistung nicht vorbereitet ist. Nach der Entscheidung des BGH v. 12.1.200616 ist das Vollstreckungsgericht nicht gehalten, einem Bieter, der es versäumt hat, sich über die Sicherheitsleistung zu informieren, im Termin noch Gelegenheit zu geben, diese zu besorgen oder deshalb sogar die Bietzeit zu verlängern17. Auch ist auf Grund dieser Entscheidung eine Belehrung der Interessenten über die Sicherheitsleistung entbehrlich18 (wird aber in der Praxis trotzdem vorgenommen), da nach Inkrafttreten des Änderungsgesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung und anderer Gesetze vom 18.2.199819 die Höhe (§ 68) und die Art (§ 69) der Sicherheitsleistung ausdrücklich geregelt ist. Ein Bieter kann daher bezüglich Art und Höhe und Form der Sicherheitsleistung im Termin nicht überrascht werden.
8
Das Gericht hat, wenn die Sicherheit geleistet wird, zu überprüfen, ob diese den Erfordernissen der §§ 68, 69 entspricht. Nach der Neufassung der Sicherheitsleistung ist dies für das Vollstreckungsgericht relativ unproblematisch, da Sicherheitsleistung im Termin nur durch Übergabe der in § 69 Absatz 2 und 3 genannten Mittel geleistet werden kann. Wurde dagegen die Sicherheitsleistung durch Überweisung auf das Konto der Gerichtskasse (§ 69 Absatz 4) erbracht, musste dies bereits vor dem Versteigerungstermin erfolgt sein (siehe § 69 Rz. 21). Der Überweisung auf das Konto der Gerichtskasse steht die Bareinzahlung auf das Konto der Gerichtskasse gleich20. Ausnahmsweise kann auch eine Barzahlung bei der Gerichtskasse vorgenommen werden, wobei diese nicht zur Entgegennahme verpflichtet ist21. Den Nachweis hat, wie dort ausgeführt, der Bieter zu führen. In der Praxis liegt aber bei rechtzeitiger Überweisung der Nachweis der Gerichtskasse (Zahlungsanzeige) bei den Akten, worauf sich aber ein Bieter nicht verlassen darf22.
9
Ist die Sicherheitsleistung ordnungsgemäß erbracht, wird das Gebot zugelassen. Dies geschieht in der Praxis meist durch Verkündung der Gebotshöhe und dem Namen des Bieters mit dem Zusatz, dass die Sicherheitsleistung erbracht wurde23.
10
Wurde dagegen die Sicherheitsleistung nicht in ordnungsgemäßer Höhe oder Art geleistet, ist 11 dies ebenfalls bekannt zugeben, damit der Sicherheitsverlangende den Antrag auf Sicherheitsleistung zurücknehmen oder, im Falle des Verlangens der erhöhten Sicherheitsleistung gemäß § 68 Absatz 2 oder 3, beschränken kann24. Nicht disponibel ist dagegen die Höhe der RegelSicherheit (siehe § 68 Rz. 8). Ebenso kann seitens des Gerichtes, auch auf Antrag des Sicherheitsverlangenden, nicht eine in § 69 nicht aufgeführte Sicherheitsleistung zugelassen werden (siehe § 69 Rz. 28). Falls der (alleinige) Sicherheitsverlangende eine andere Art akzeptieren will, muss er seinen Antrag auf Sicherheitsleistung gemäß § 67 zurücknehmen25. Ist somit kei14 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 51; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 6. 15 BGH v. 14.2.2008 – V ZB 80/07, BeckRS 2008, 04130 = GE 2008, 535; Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 10; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 6. 16 BGH v. 12.1.2006 – V ZB 147/05, Rpfleger 2006, 211 = MDR 2006, 1072. 17 Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 6, Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 8. 18 Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 8. 19 Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und anderer Gesetze v. 18.2.1998, BGBl. I, S. 866. 20 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 164/12, MDR 2013, 874 = BeckRS 2013, 07849 = ZfIR 2013, 522 m. Anm. Traub. 21 BGH v. 28.2.2013 – V ZB 164/12, MDR 2013, 874 = BeckRS 2013, 07849 = ZfIR 2013, 522 m. Anm. Traub. 22 Böttcher, §§ 67–70 ZVG Rz. 51; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 8. 23 Böttcher, §§ 67–70 ZVG Rz. 53. 24 Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 4. 25 Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 4.
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§ 70 Rz. 11 Entscheidung über die Sicherheitsleistung ne ordnungsgemäße Sicherheitsleistung erbracht worden, erfolgt, ebenso wie bei einer Nichtleistung, die Zurückweisung des Gebotes gemäß Satz 3. Auch hier hat der Bieter die Möglichkeit gegen die Zurückweisung des Gebotes Widerspruch gemäß § 72 Absatz 2 einzulegen. 12
Sonderfall ist die erhöhte Sicherheitsleistung des Schuldners oder eines neu eingetretenen Eigentümers nach § 68 Absatz 3 sowie die erhöhte Sicherheitsleistung nach § 68 Absatz 2. Die erhöhte Sicherheitsleistung ist nach § 68 Absatz 4 erst bis zur Entscheidung über den Zuschlag zu erbringen. Die Regel-Sicherheit ist dagegen sofort zu erbringen. Erfolgt die Leistung der Regel-Sicherheit nicht, ist das Gebot zurück zuweisen26.
13
Die im Termin übergebenen Sicherheitsleistungen sind sorgsam zu behandeln und zu den Akten zu nehmen. Die Art der geleisteten Sicherheit und der Betrag sind im Protokoll gemäß § 78 zu vermerken.
14
Nach Schluss des Versteigerungstermines werden die Sicherheitsleistungen zurückgegeben bzw. bei Überweisung auf das Konto der Gerichtskasse die Rücküberweisungen veranlasst, die für Gebote geleistet wurden, die für eine Zuschlagserteilung nicht Betracht kommen, sei es, dass die Gebote durch wirksame Übergebote erloschen sind oder das Gebot endgültig ohne Widerspruch zurückgewiesen wurde. Hierbei ist aber Vorsicht geboten, wenn noch mit Widerspruch behaftete Gebote vorliegen und mit einem Rechtsmittel gegen die Zuschlagsentscheidung zu rechnen ist27. Die Rückgabe der Sicherheit ist im Protokoll gemäß § 78 zu vermerken, und es empfiehlt sich, die Rückgabe vom Bieter quittieren zu lassen28. Schecks, die nicht zurückgegeben werden, sind unverzüglich der Gerichtskasse zur Einlösung vorzulegen, damit die Vorlegungsfrist beachtet werden kann29.
15
Bezüglich des Entfallens der Bargebotszinsen bei vorheriger Überweisung auf das Konto bei der Gerichtskasse wird auf das in Rz. 13 ff. zu § 68 ausgeführte verwiesen. Es wird hier vertreten, dass auch bei Einlösung des Scheckbetrages eine andere Vorgehensweise nicht angebracht ist. Zur Sicherheit kann der von Hintzen30 beschriebene Weg begannen werden, dass ein Rücknahmeverzicht seitens des Bieters hinsichtlich des Scheckbetrages protokolliert wird.
D. Gebotszulassung ohne Sicherheitsleistung (Absatz 3) 16
Wird seitens des Vollstreckungsgerichtes ein Gebot ohne Sicherheitsleistung zugelassen, entweder aus Versehen oder weil das Gericht die Sicherheitsleistung verneint, muss der Sicherheitsverlangende sofort Widerspruch gegen die Zulassung des Gebotes einlegen31. Versäumt er dies, ist das Gebot ohne Sicherheitsleistung wirksam, da das Sicherheitsverlangen als zurückgenommen gilt (gesetzliche Fiktion des Absatzes 3). Dies ist umso mehr von Bedeutung, da es ansonsten gegen die Entscheidung über die Sicherheitsleistung kein Rechtsmittel gibt. Nur bei rechtzeitiger (unverzüglicher) Widerspruchseinlegung bleibt das Gebot bis zur Zuschlagsentscheidung oder bis zu einem Übergebot „schwebend“. Wird bei der Entscheidung über die Zuschlagserteilung bei erneuter Wertung des Sicherheitsverlangen (gemäß § 79 ist das Gericht nicht an seine Vorentscheidungen gebunden) auf dieses Gebot der Zuschlag erteilt, so kann der widersprechende Sicherheitsverlangende gegen den Zuschlagsbeschluss die 26 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 52; Dassler u.a./Hintzen, § 68 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 10; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 68 Rz. 15. 27 Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 12; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 16; Löhnig/Steffen, § 70 Rz. 4; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 13. 28 Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 14. 29 Böttcher, §§ 67-70 ZVG, Rz. 54, Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 20. 30 Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 14. 31 Böttcher, §§ 67-70 ZVG, Rz. 50; Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 12.
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§ 71
Behandlung eines unwirksamen Gebots
Zuschlagsbeschwerde gemäß §§ 100, 81 ZVG einlegen32. Nach Stöber33 und Hintzen34 ist es in diesem Fall für den betroffenen Bieter zu empfehlen, sofort nach der Widerspruchseinlegung die erforderliche Sicherheitsleistung freiwillig zu erbringen. Eine Leistung erst nach Schluss der Versteigerung wäre dagegen im Hinblick auf Absatz 2 verspätet. Gilt auf Grund der Fiktion des Absatzes 3 das Sicherheitsverlangen als zurück genommen, so muss der Sicherheitsverlangende, will er weiterhin die Sicherheitsleistung von diesem Bieter fordern, bei einem weiteren Gebot des Bieters erneut die Sicherheitsleistung verlangen35.
17
Wird die Sicherheitsleistung, egal ob gewollt (nach einem vermeintlichen Übergebot) oder nicht, an den Sicherheitsleistenden widerspruchslos zurückgewährt, bleibt gleichwohl sein Gebot wirksam, der Antrag auf Sicherheitsleistung gilt ebenso als zurück genommen36.
18
§ 71 [Behandlung eines unwirksamen Gebots] (1) Ein unwirksames Gebot ist zurückzuweisen. (2) Ist die Wirksamkeit eines Gebots von der Vertretungsmacht desjenigen, welcher das Gebot für den Bieter abgegeben hat, oder von der Zustimmung eines anderen oder einer Behörde abhängig, so erfolgt die Zurückweisung, sofern nicht die Vertretungsmacht oder die Zustimmung bei dem Gericht offenkundig ist oder durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde sofort nachgewiesen wird.
A. B. I. 1. 2. 3. 4. II. 1. 2. 3. 4. C. I.
Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . Gebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsnatur eines Gebotes . . . . . . Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebot als Prozesshandlung . . . . . . Gebot als privatrechtliche Willenserklärung – Anfechtungsmöglichkeit . Folgen einer Gebotsanfechtung . . . Abgabe von Geboten . . . . . . . . . . Mündlichkeit . . . . . . . . . . . . . . Höhe des Gebotes . . . . . . . . . . . . Legitimation des Bieters . . . . . . . . Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausländer . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
Rz. 1 3 3 3 6
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
7 10 12 12 13 14 17 18 18
II. III. IV. V. D. E. F. I. II. 1. 2. 3. 4.
Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckungsschuldner . . . . . . . . . Sonstige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unwirksame Gebote (mit Ausnahme der Fälle von Absatz 2) . . . . . . . . . Verfahren nach Absatz 1 . . . . . . . . Nachweis der Vertretungsmacht bzw. der Zustimmung (Absatz 2) . . . Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelfälle zur Vertretungsmacht . . . . Ausländische Gesellschaften . . . . . . BGB-Gesellschaften . . . . . . . . . . . . Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . Juristische Personen . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
Rz. 23 24 25 26
. . 27 . . 32 . . . . . . .
. . . . . . .
35 35 45 45 49 53 56
32 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 50; Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 15; Löhnig/Steffen, § 70 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 70 Rz. 12. 33 Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 10. unter Bezugnahme auf Rz. 40 v. BGH v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = NJW 2007, 2995 = Rpfleger 2007, 410. 34 Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 16. 35 Depré/Bachmann, § 70 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 12. 36 Dassler u.a./Hintzen, § 70 ZVG Rz. 16, Stöber/Becker, § 70 ZVG Rz. 15, beide berufen sich auf die Entscheidungen des OLG Koblenz, Rpfleger 1963, 53 und LG Verden, Rpfleger 1974, 31 m. Anm. Schiffhauer.
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§ 71 Rz. 1 Behandlung eines unwirksamen Gebots
5. 6. 7. 8. 9. III. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Prokuristen . . . . . . . . . . . Sparkassen . . . . . . . . . . . Verein . . . . . . . . . . . . . . Vor-GmbH . . . . . . . . . . . WEG . . . . . . . . . . . . . . . Einzelfälle zur Zustimmung Ausländer . . . . . . . . . . . . Bausparkassen . . . . . . . . . Beschränkt Geschäftsfähige . Betreuer, Betreute . . . . . . . Ehegatten . . . . . . . . . . . . Eltern . . . . . . . . . . . . . . Gemeinden . . . . . . . . . . . Geschäftsunfähige . . . . . . . Handwerkskammer . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 61 62 63 64 66 68 68 69 70 71 73 74 75 76 77
10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. G. I. II.
Hypothekenbanken . . . . . . . . . . . . . Innungen, Kreishandwerkschaften . . . Insolvenzverwalter . . . . . . . . . . . . . Kirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialversicherungsträger . . . . . . . . . Testamentsvollstrecker . . . . . . . . . . . Versicherungsgesellschaften . . . . . . . . Vormund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wohnungseigentümergemeinschaft . . . Zwangsverwalter . . . . . . . . . . . . . . . Bietabkommen – Ausbietungsgarantie Bietabkommen . . . . . . . . . . . . . . . Ausbietungsgarantie . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
Rz. 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 89 93
Literatur: Becker, Zum Vertretungsrecht des 1. Bürgermeisters in Bayern, RpflStud 2017, 129; Klawikowski, Vertretung von Beteiligten und Bieter im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 2008, 404; Schiffhauer, Zur Anfechtung eines Gebots wegen Irrtums, Rpfleger 1972, 341; Stadlhofer-Wissinger, Das Gebot in der Zwangsversteigerung, Diss. 1993.
A. Allgemein 1
§ 71 regelt für alle Arten der im ZVG geregelten Versteigerungsverfahren die Behandlung von unwirksamen Geboten. Durch die Vorschrift soll im Versteigerungstermin Klarheit für alle Beteiligten darüber geschaffen werden, ob ein Gebot und in welcher Höhe es wirksam ist. Unwirksame Gebote sind daher sofort zurück zuweisen1. Nicht von § 71 Absatz 1 ist der Fall des Erlöschens eines Gebots durch ein Übergebot erfasst, dies ist gesondert in § 72 geregelt.
2
Weiter ist in § 71 Absatz 2 die Regelung des Nachweises der Vertretungsmacht bei der Abgabe von Geboten im Namen Anderer und die Zustimmung Dritter bei der Gebotsabgabe normiert. Kann der erforderliche Nachweis oder die Zustimmung nicht unverzüglich nachgewiesen bzw. vorgelegt werden, ist ein solches Gebot ebenso als unwirksam zurück zuweisen.
B. Gebote I. Rechtsnatur eines Gebotes 1. Allgemein 3
Gebote werden nach bislang überwiegender Meinung als rechtsgeschäftliche (privatrechtliche) Willenserklärungen, die mit der Absicht abgegeben werden, ein Grundstück auf Grundlage der nach den Versteigerungsbedingungen feststehenden Bedingungen auf Grund eines hoheitlichen Aktes zu erwerben2, verstanden.
1 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 1; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 1; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 1. 2 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 3; Steiner/Storz, § 71 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 3.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 7 § 71
Es setzt sich aber vermehrt die Meinung durch, dass die Abgabe eines Gebotes als eine im Rahmen des Versteigerungstermins vorgenommene Prozesshandlung angesehen wird3, deren Voraussetzungen und Wirkungen im Verfahrensrecht geregelt sind. Dagegen wird die Meinung, dass es sich bei dem Gebot um ein Angebot zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages handelt, das mit der Zuschlagserteilung durch den Staat angenommen wird, nicht mehr vertreten4.
4
Eine endgültige Entscheidung seitens des Bundesgerichtshofs zur Rechtsnatur eines Gebotes, ob Willenserklärung oder Prozesshandlung, steht noch aus, dies hat der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 5.6.20085 und vom 18.10.20076 noch offengelassen.
5
2. Gebot als Prozesshandlung Sieht man die Abgabe eines Gebotes richtigerweise als Prozesshandlung an, ist eine Anfech- 6 tung des Gebotes wegen eines Willensmangels ausgeschlossen7. So ist aus der Gesetzessystematik der §§ 67 bis 70 zu entnehmen, dass der Gesetzgeber eine Ungewissheit über die Wirksamkeit von Geboten vermeiden wollte8. Es gebührt dem irrenden Bieter kein Vorrang vor einer sicheren Rechts- und Entscheidungsgrundlage bei der Zuschlagsentscheidung. Als Prozesshandlung ist die Abgabe eines Gebotes bis zur Zulassung des Gebots durch das Gericht grundsätzlich widerrufbar9, danach ist der Bieter aber an sein Gebot gebunden. 3. Gebot als privatrechtliche Willenserklärung – Anfechtungsmöglichkeit Sieht man dagegen das Gebot als privatrechtliche Willenserklärung an, ist dieses der Anfechtung nach materiellem Recht nach §§ 119 ff. BGB zugänglich10. Die Anfechtung hat gemäß § 121 BGB unverzüglich nach Bekanntwerden des Anfechtungsgrundes gegenüber dem Voll3 BGH v. 14.4.2005 – V ZB 9/05, NJW-RR 2005, 1359 = Rpfleger 2005, 554 = MDR 2005, 1072 = ZfIR 2005, 884; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 3; Dierck/Morvilius/Vollkommer/Morvilius, Handbuch des Zwangsvollstreckungsrechtes, Rz. 397; Gaul/Schilken/BeckerEberhard/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, § 69 Rz. 9; Eickmann/Böttcher, § 15 II 1; Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Teil A Rz. 358; Stadlhofer-Wissinger, Das Gebot in der Zwangsversteigerung, Diss. 1993, S. 136 ff.; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 17. 4 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 3 m.w.N. zu den verschiedenen Modellen; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 3 m.w.N. 5 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 150/07, MDR 2008, 1000 = NJW 2008, 2442 = Rpfleger 2008, 515; Depré/ Bachmann, § 71 ZVG Rz. 3. 6 BGH v. 18.10.2007 – V ZB 44/07, MDR 2008, 168 = NJW-RR 2008, 223 = Rpfleger 2008, 92; Depré/ Bachmann, § 71 ZVG Rz. 3. 7 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 150/07, MDR 2008, 1000 = NJW 2008, 2442 = Rpfleger 2008, 515; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 44; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 20; Eickmann/Böttcher, § 15 II 2c; Morvilius, Zwangsversteigerung/Zwangsverwaltung, Teil A Rz. 358; Stadlhofer-Wissinger, Das Gebot in der Zwangsversteigerung, Diss. 1993, S. 136 ff. 8 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 44; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 20. 9 OLG Hamm v. 2.9.1971 – 15 a W 401/71, Rpfleger 1972, 378 = MDR 72, 59; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 42; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 17; Stadlhofer-Wissinger, Das Gebot in der Zwangsversteigerung, Diss. 1993, S. 136 ff.; a.A. Rauscher u.a./Rauscher, Münchener Kommentar zur ZPO, Einleitung Rz. 406 (Bewirkungshandlungen sind wegen ihrer prozessgestaltenden Wirkung grundsätzlich unwiderruflich; Erwirkungshandlungen können widerrufen werden, solange die zu erwirkende gerichtliche Handlung noch nicht vorgenommen worden ist, also noch keine neue Verfahrenslage entstanden ist); Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 6. 10 RG v. 22.4.1903, RGZ 54, 308 = Auerbach, Entscheidung des RG, ZVG, S. 151; BGH v. 17.4.1984 – VI ZR 191/82, MDR 1984, 1015 = NJW 1984, 1950 = Rpfleger 1984, 243; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 18; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 17.
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§ 71 Rz. 7 Behandlung eines unwirksamen Gebots streckungsgericht zu erfolgen, § 143 BGB11. Wird der Anfechtungsgrund erst nach der Zuschlagserteilung bekannt, so muss die Anfechtung mit der Zuschlagsbeschwerde erfolgen12. Erfolgt dagegen die Anfechtung erst 9 Tage nach dem Bekanntwerden des Anfechtungsgrundes, so ist die Anfechtung verspätet und nicht mehr zulässig13. Nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses ist eine Anfechtung des zugrunde liegenden Gebotes nicht mehr möglich14. 8
Eine Anfechtung des Gebotes kommt in Frage, wenn ein Anfechtungsgrund i.S. des § 119 BGB vorliegt, nämlich ein Inhaltsirrtum (Irrtum über die Bedeutung oder Tragweite der Erklärung) oder ein Erklärungsirrtum (Irrtum über den Inhalt der Erklärung)15. Eine Anfechtung käme also in Betracht, wenn sich ein Bieter bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke in einem Termin bei der Gebotsabgabe hinsichtlich des Grundstückes irrt16.
9
Nicht zur Anfechtung berechtigt dagegen der Irrtum des (auch verspätet erschienen) Bieters über die Versteigerungsbedingungen (so anstelle eines vorgestellten lastenfreien Erwerbes die Übernahme von bestehen bleibenden Rechte)17 oder ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft eines Grundstücks (anstelle der vermuteten 140 m2 Wohnfläche nur 70 m2)18, soweit das Fehlen der Eigenschaft einen Sachmangel begründet. Ebenso ist eine Anfechtung ausgeschlossen bei einem Irrtum über den tatsächlichen Zustand des Grundstücks19. Eine mögliche Anfechtung aus diesen Gründen würde den Gewährleistungsausschluss (Haftungsausschluss) nach § 56 Satz 3 umgehen20. 4. Folgen einer Gebotsanfechtung
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Erfolgt eine wirksame Anfechtung des Gebotes während der Bietzeit, so wird das abgegebene Gebot gemäß § 142 BGB nichtig21. Ist die Anfechtung des Gebotes vor der Zulassung (§ 72 Abs. 1) erklärt worden, so ist das Gebot gemäß § 71 Abs. 1 zurückzuweisen. Erfolgt dagegen die wirksame Anfechtung erst nach der Zulassung des Gebotes, so ist durch die Zulassung das überbotene Gebot erloschen (sofern nicht der Zulassung des Übergebotes gemäß § 72 Abs. 1 widersprochen wurde) und es liegt demnach kein zuschlagsfähiges Gebot mehr vor. Bei einem 11 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 17; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 19; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 7; Steiner/Storz, § 71 ZVG Rz. 100; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 19. 12 OLG Frankfurt/M. v. 14.7.1980 – 20 W 399/80, Rpfleger 1980, 441; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 17; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 19; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 7. 13 LG Krefeld v. 14.11.1988 – 6 T 313/88, Rpfleger 1989, 166; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43; Dassler u.a./ Hintzen, § 71 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 19. 14 OLG Dresden v. 13.6.1902 – OLGZ 4, 210; OLG Hamm v. 9.2.1966 – 15 W 28/66, JurBüro 1966, 889; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 20; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 7; Steiner/Storz, § 71 ZVG Rz. 99; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 20. 15 Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 18. 16 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 15. 17 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 150/07, MDR 2008, 1000 = BHZ 177, 62 = NJW 2008, 2442 = Rpfleger 2008, 515; OLG Frankfurt/M. v. 14.7.1980 – 20 W 399/80, Rpfleger 1980, 441; OLG Königsberg v. 8.1.1902, OLGZ 4, 157; LG Krefeld v. 14.11.1988 – 6 T 313/88, Rpfleger 1989, 166; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 18; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 18. 18 BGH v. 18.10.2007 – V ZB 44/07, MDR 2008, 168 = Rpfleger 2008, 92; LG Neuruppin v. 8.8.2001 – 5 T 17/01, Rpfleger 2002, 92 (Irrtum über Zugang zu einem See); Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 18; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 18. 19 OLG Königsberg v. 16.6.1906, OLGZ 4, 205. 20 BGH v. 18.10.2007 – V ZB 44/07, MDR 2008, 168 = Rpfleger 2008, 92 = ZfIR 2008, 203 m. Anm. Zipperer. 21 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 7; noch Stöber, 21. Aufl., § 71 Rz. 3.2.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 14 § 71
rechtzeitigen Widerspruch gegen die Zulassung des Übergebots kann eine Zuschlagserteilung auf das überbotene Gebot erfolgen22. Über die Anfechtung hat das Vollstreckungsgericht sofort nach der Geltendmachung zu entscheiden, die Entscheidung kann nicht bis zur Zuschlagsentscheidung zurückgestellt werden, da insbesondere keine alternativen Gebote (und damit verbundene alternative Bietreihen) zugelassen werden dürfen. Auch kann die Entscheidung über die Wirksamkeit eines Gebotes nicht dem Prozessgericht übertragen werden, das Vollstreckungsgericht muss die Entscheidung über die Wirksamkeit des Gebotes treffen23. Das Gebot ist nach wirksamer Anfechtung zurückzuweisen24. Die Anfechtung des Gebots nach Zuschlagserteilung kann zu einer Schadensersatzpflicht des Anfechtenden gegenüber einem Gläubiger des Schuldners (= Grundstückseigentümer) führen, wenn dieser im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Gebotes auf die Stellung von Verfahrensanträgen verzichtet hat25. Diese Schadensersatzpflicht ist aber vor dem Prozessgericht zu klären.
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II. Abgabe von Geboten 1. Mündlichkeit Gebote sind im Versteigerungstermin mündlich in deutscher Sprache abzugeben gemäß § 184 GVG26. Ein schriftliches Gebot vor oder im Versteigerungstermin ist nicht möglich, mit Ausnahme von stummen oder tauben Personen, ebenso von Behinderten mit einer dementsprechenden Behinderung, § 186 GVG. Die Gebote werden mit der Abgabe und der Kenntnisnahme durch den verfahrensleitenden Rechtspfleger wirksam, nicht erst mit ihrer gemäß § 78 erforderlichen Protokollierung. Die Protokollierung der abgegebenen Gebote ist unabdingbar, da für die Zuschlagsentscheidung gemäß § 80 nur protokolierte Gebote in Betracht kommen.
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2. Höhe des Gebotes Das Gebot ist in einer bestimmten Höhe in EURO abzugeben, wobei das erste Gebot mindestens den Betrag des Barteils des geringsten Gebotes gemäß § 49 Absatz 1 erreichen muss27. Im Versteigerungstermin wird nur der Barteil des geringsten Gebotes ausgeboten, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte sind vom Bieter selbst bei der Gebotsabgabe mit zu berücksichtigen.
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3. Legitimation des Bieters Bei der Abgabe des ersten Gebotes hat sich der Bieter gegenüber dem Gericht zu legitimieren. Die Form der Legitimation ist im ZVG nicht näher geregelt, es gelten daher die allgemeinen Grundsätze. In der Praxis genügt die Vorlage des gültigen amtlichen Personalausweises oder Reisepasses bei natürlichen Personen. Führerscheine, Dienstausweise o.ä. genügen dagegen 22 BGH v. 17.4.1984 – VI ZR 19/82, NJW 1984, 1950 = Rpfleger 1984, 243. 23 OLG Stettin, OLGZ 6, 436. 24 OLG Hamm v. 2.9.1971 – 15a W 401/71, Rpfleger 1972, 378 = MDR 1972, 59; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 43. 25 BGH v. 17.4.1984 – VI ZR 19/82, NJW 1984, 1950 = Rpfleger 1984, 243; Stöber/Becker, § 71 ZVG, Rz. 21. 26 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 2; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 4. 27 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 4.
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§ 71 Rz. 14 Behandlung eines unwirksamen Gebots nicht zur Feststellung der Personenidentität28. Bei ausländischen Bietern ist die Vorlage des amtlichen Ausweisdokumentes des Heimatlandes erforderlich, gegebenenfalls mit einer Übersetzung in die deutsche Sprache. Die Vorlage einer Aufenthaltsberechtigung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist dagegen nicht erforderlich. Die Angaben zur Person sind ebenfalls gemäß § 78 zu protokollieren, insbesondere auch das Geburtsdatum, da diese Angaben bei einer Zuschlagserteilung Grundlage für das Eintragungsersuchen an das Grundbuchamt sind. Bei ausländischen Bietern empfiehlt sich auch aus Nachweisgründen die genaue Bezeichnung des vorgelegten Ausweisdokumentes (ausstellende Behörde, Ausweis- bzw. Passnummer, etc.) zu protokollieren. 15
In amtlichen Registern geführte Firmen, Vereine, etc. haben einen aktuellen, beglaubigten Registerauszug vorzulegen.
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Bei Geboten eines Einzelkaufmanns, der auch für seine Firma bieten kann, ist zudem die Protokollierung des bürgerlichen Namens erforderlich, da der Einzelkaufmann nur als Privatperson den Zuschlag erhalten kann und auch nur als natürliche Person in das Grundbuch eingetragen werden kann29. 4. Bindungswirkung
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Das abgegebene Gebot ist nach der Zulassung gemäß § 72 für den Bieter bindend. Ein Gebot kann daher als Verfahrenshandlung weder bedingt noch befristet sein30.
C. Bieter I. Ausländer 18
Sowohl ausländische Privatpersonen als auch ausländische juristische Personen können ohne Einschränkung Gebote abgeben. Auch diese Gebote haben in deutscher Sprache und in EURO zu lauten. Falls der Bieter der deutschen Sprache nicht mächtig ist, hat er für die Stellung eines Dolmetschers für den Versteigerungstermin zu sorgen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichtes sich für alle möglichen Eventualitäten vorzubereiten31.Der Grundstückserwerb im Inland unterliegt durch die Änderung des Art. 86 EGBGB32 seit dem 30. Juli 1998 keiner Genehmigungspflicht mehr. Bei Geboten verheirateter Ausländer ist gemäß Art. 7 Abs. 1 EGBGB für die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Person das Heimatrecht der Person anwendbar. Selbiges gilt gemäß Art. 12 EGBGB auch für das eheliche Güterrecht. Das Vollstreckungsgericht hat im Hinblick auf die spätere Eintragung in das Grundbuch eine Prüfungspflicht33. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Aufstellung von Bauer/von Oefele34 verwiesen. Bei positiver Kenntnis des Vollstreckungsgerichtes, dass ein Erwerb auf Grund fehlender Erwerbs28 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 5. 29 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 49; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 5. 30 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 26; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 6. 31 Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 4. 32 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung v. 21.9.1994 (BGBl. I, S. 2494; 1997 I, S. 1061), das durch Artikel 2 des Gesetzes v. 11.3.2013 (BGBl. I, S. 434) geändert worden ist; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 41a; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 31; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 44. 33 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 41a; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 32; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 45. 34 Bauer/von Oefele/Schaub, GBO, Int. Bezüge Rz. 238-425.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 21 § 71
fähigkeit oder des genannten Güterstandes nicht möglich ist, ist das Gebot als unzulässig zurückzuweisen35. Ausgewählte Güterstände:
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Gesetzlicher Güterstand
Land
Allgemeine Gütergemeinschaft
Niederlande (Art. 93 ff. B.W.), Philippinen (Art. 88 Family Code 1987)
Errungenschaftsgemeinschaft
Belgien (communauté légale), Frankreich (communauté légale), Italien (communione legale), Luxenburg (communauté légale), Portugal (comunhao de adquiridos), Spanien (sociedad de ganaciales) mit Ausnahme von Katalonien und den Balearen (Gütertrennung), USA in den Bundesstaaten Arizona, Kalifornien, Idaho, Louisiana, Nevada, New Mexiko, Texas, Washington, Wisconsin, Puerto Rico, Albanien, Aserbaidschan, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Estland, Georgien, Kasachstan, Lettland, Litauen, Mazedonien, Montenegro, Polen, Rumänien, Russische Förderation, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ukraine, Ungarn, Weißrussland
Gütertrennung
England, USA (restliche 42 Bundesstaaten), Iran, Jordanien, Kuwait, Österreich (§ 1237 AGBG) (jedoch weitgehend der Zugewinngemeinschaft angenähert),
Errungenschaftsbeteiligung
Schweiz
Um diesen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, war es diesem Bieterkreis zu empfehlen, vorab eine förmliche Rechtswahl gemäß Art. 15 Abs. 2 EGBGB zu treffen oder eine getroffene Rechtswahl bestätigen zu lassen, wobei diese Rechtswahl oder Bestätigung gemäß Art. 14 EGBGB in notariell beurkundeter Form erfolgen und gemäß Abs. 2 dem Vollstreckungsgericht vorgelegt werden musste36. Diese Möglichkeit besteht nunmehr für nach dem 29.1.2019 geschlossene Ehen nicht mehr, da Art. 15 EGBGB aufgehoben wurde. Eine Rechtswahl ist seitdem nur noch über Art. 14 EGBGB möglich, soweit nicht die EuEheGüVO vorrangig ist. Gemäß Art. 21, 22 EuEheGüVO ist eine Rechtswahl nur noch einheitlich für das gesamte Vermögen möglich37. Für „Alt-Ehen“, die bis zum 29.1.2019 geschlossen wurden, gilt aber Art. 15 EGBGB nach Art. 229 § 47 EGBGB fort. Eine Protokollierung der Rechtswahl im Versteigerungstermin durch das Vollstreckungsgericht kann und konnte aber gemäß § 127a BGB nicht erfolgen38, da Voraussetzung für Ersetzung der notariellen Beurkundung der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs ist39. Die Bieter, die nicht einmal Beteiligte des Verfahrens gemäß § 9 ZVG sind, schließen durch die Rechtswahl keinen gerichtlichen Vergleich, der das Verfahren ganz oder teilweise erledigt, sondern würden dadurch nur die Voraussetzungen für die Abgabe eines rechtswirksamen Gebots schaffen.40
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Bei der Gebotsabgabe ausländischer juristischer Personen beurteilt sich die Rechtsfähigkeit nach dem sogenannten Gesellschaftsstatut41. Bei Gesellschaften aus dem Bereich der EU so-
21
35 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 41a; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 45. 36 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 41a; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 32; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 45. 37 BeckOK BGB/Wiedemann, Art. 22 EuGüVO Rz. 4; Mankowski, Neue Gesetze im deutschen Internationalen Ehe- und Eheverfahrensrecht, NJW 2019, 465. 38 Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 32. 39 Jauernig/Mansel, § 127a BGB Rz. 2; MüKoBGB/Einsele, § 127a BGB Rz. 3. 40 Meerhoff, Zwangsversteigerungsverfahren und ausländisches Güterrecht, ZfIR 2016, 135. 41 Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 4.
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§ 71 Rz. 21 Behandlung eines unwirksamen Gebots wie Island, Liechtenstein und Norwegen nach dem Recht des Landes, wo die Gesellschaft gegründet wurde42, im Übrigen nach dem Recht des Landes des tatsächlichen Verwaltungssitzes. Einzelheiten für EU-Gesellschaften finden sich in Steffen43 sowie für die anderen Gesellschaften in Bauer/von Oefele44. Eine Aufstellung der wichtigsten Gesellschaften nebst ihrer Vertretungsbefugnis siehe unter Rz. 48. 22
Gemäß Art. 2 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27.5.200245 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen besteht für die natürlichen und juristischen Personen, die im ständig aktualisierten Anhang I aufgeführt sind, ein in der Bundesrepublik Deutschland zu beachtendes relatives Veräußerungsverbot46. Gebote von Bietern, die auf dieser Liste aufgeführt sind, sind als unzulässig zurück zuweisen47.
II. Ehegatten 23
Ehegatten können sowohl gemeinschaftlich oder allein Gebote abgeben. § 1365 BGB ist seitens des Vollstreckungsgerichtes nicht zu prüfen, da die Gebotsabgabe nur die Eingehung einer schuldrechtlichen Verpflichtung darstellt48. Bei Vorliegen des Güterstands der Gütergemeinschaft kann der das Gesamtgut verwaltende Ehegatte allein mit Wirkung für das Gesamtgut Gebote abgeben. Ansonsten müssen die Ehegatten gemeinsam unter Angabe des Beteiligungsverhältnisses bieten oder hinsichtlich des nichterschienenen Ehegatten eine Vollmacht vorliegen.
III. Gemeinschaften 24
Gebote können auch von mehreren Bietern gemeinschaftlich abgegeben werden, wobei alle Bieter anwesend oder ordnungsgemäß vertreten sein müssen. Die Bieter müssen das Gemeinschaftsverhältnis, in dem sie bieten (Bruchteils- oder Gesamthandgemeinschaft), angeben. Die gemachten Angaben zum Gemeinschaftsverhältnis sind gemäß § 78 zu protokollieren. Bei weiteren Geboten der Gemeinschaft genügt es, wenn ein Mitglied der Gemeinschaft das Gebot abgibt und die weiteren Mitglieder ihre Zustimmung zu diesem Gebot erkennbar signalisieren49. Ebenso kann eine BGB-Gesellschaft Gebote abgegeben50. Zum Vertretungsnachweis und der besonderen Problematik bei BGB-Gesellschaft siehe Rz. 49. Auch die teilrechtsfähige Gemein42 BGH v. 13.3.2003 – VII ZR 370/98, NJW 2003, 1461 = Rpfleger 2003, 444; BGH v. 19.9.2005 – II ZR 372/03, MDR 2006, 105 m. Anm. Haack = NJW 2005, 3351 = Rpfleger 2006, 20; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 4. 43 Steffen, Auslandsgesellschaften, Schriftenreihe der FHR NRW, 2008. 44 Bauer/von Oefele/Schaub, GBO, Int. Bezüge Rz. 68-237. 45 Amtsblatt der europäischen Gemeinschaft v. 29.5.2002, L 139/9. 46 LG Berlin v. 27.9.2005 – 86 T 219/05, Rpfleger 2006, 183; EuGH v. 11.10.2007 – Rs. C-117/06, NotBZ 2007, 402 = Rpfleger 2008, 17 = DNotZ 2008, 688 m. Anm. Schmucker; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 34. 47 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 41a; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 4. 48 LG Freiburg v. 6.11.1972 – 4 T 134/72, Rpfleger 1973, 302; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 28; Dassler u.a./ Hintzen, § 71 ZVG Rz. 44; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 49. 49 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 17; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 24 und 25; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 13. 50 BGH v. 28.4.2011 – V ZB 194/10, ZfIR 2011 m. Anm. Böttcher = ZIP 2011, 1003 m. Anm. Bestelmeyer; Meerhoff, Die GbR als Bieterin im Zwangsversteigerungstermin, ZfIR 2015, 518.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 28 § 71
schaft der Wohnungseigentümer (WEG-Gemeinschaft) gemäß § 10 Abs. 6 Satz WEG kann Gebote im Versteigerungstermin abgegeben51. Zum Vertretungsnachweis siehe Rz. 67.
IV. Vollstreckungsschuldner Auch der Vollstreckungsschuldner oder ein neu eingetretener Eigentümer kann im Versteigerungstermin Gebote abgegeben52, muss aber auf berechtigten Antrag die erhöhte Sicherheitsleistung gemäß § 68 Abs. 3 erbringen.
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V. Sonstige Die Abgabe eines Gebotes durch einen Strohmann, der seinen Auftraggeber im Versteigerungstermin nicht bekannt geben will, ist zulässig und in § 81 gesetzlich geregelt53.
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D. Unwirksame Gebote (mit Ausnahme der Fälle von Absatz 2) Gebote können sowohl auf Grund materiellen Rechts als auch auf Grund des Verfahrensrechts unwirksam sein54. So liegt ein unwirksames (= nichtiges) Gebot gemäß § 105 BGB vor, wenn dieses von einem Geschäftsunfähigen gemäß § 104 BGB oder von einem beschränkt Geschäftsfähigen gemäß § 106 BGB ohne die erforderliche Einwilligung gemäß § 107 BGB abgegeben wird55. Für Geschäftsunfähige oder beschränkt Geschäftsfähige kann nur der gesetzliche Vertreter handeln, für welchen die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen müssen, siehe hierzu Rz. 76. Ebenso ist ein Gebot unwirksam, wenn es unter einer Bedingung oder Befristung abgegeben wird56. Weiter ist ein Gebot unwirksam, wenn es als erstes Gebot nicht mindestens in Höhe des Barteils des geringsten Gebots abgegeben wird oder als weiteres Gebot nicht das Vorhergehende übersteigt. Weitere Unwirksamkeitsgründe, neben den allgemeinen, ergeben sich zu den einzelnen Vorschriften, so in § 70. Unwirksam ist ebenfalls ein „Scherzgebot“, dass in der Hoffnung abgegeben wird, dass der Mangel der Ernsthaftigkeit nicht erkannt werde57.
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Personen, die mit der Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens befasst sind, so der verfahrensleitende Rechtspfleger, Rechnungsbeamter, Urkundsbeamter, Richter dürfen weder für sich noch für andere in diesem Verfahren Gebote abgeben. Diese sind unwirksam und müssen zurückgewiesen werden58.
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51 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 24a; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 13; Böttcher, Die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft, RpflStud 2013, 9; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 79. 52 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 28; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 12. 53 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 30; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 53;Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 22. 54 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 12; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 14. 55 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 13; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 14. 56 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 26; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 14. 57 Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 8. 58 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 47; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 22; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 11.
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§ 71 Rz. 29 Behandlung eines unwirksamen Gebots 29
Ebenso sind rechtsmissbräuchliche Gebote unwirksam und müssen zurückgewiesen werden59.
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So ist nach der Ansicht des BGH das Gebot des Terminsvertreters der Gläubigerin60 oder eines Beauftragten eines Gläubigers61 rechtsmissbräuchlich, wenn dieses Gebot nur abgegeben wird, um die gesetzlichen Zuschlagsversagungsgrenzen nach § 74a oder § 85a in Wegfall zu bringen62. Dagegen ist ein Gebot eines „normalen“ Bieters mit der Absicht, die Zuschlagsversagungsgrenzen in diesem Termin zu Fall zu bringen um in einem späteren Termin günstig zu erwerben, wirksam63. Nähere Ausführungen zu den Scheingeboten siehe bei § 74a Rz. 21 und § 85a Rz. 16 ff.
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Ebenso wird ein Gebot als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn es mit der Absicht abgegeben wird, den Versteigerungserlös im Verteilungstermin nicht zu begleichen64 oder ein nicht solventer bekannter „Strohmann“ Gebote in der Absicht abgibt, diese nicht zu erfüllen65. Eine solche Feststellung kann aber nur in absoluten Ausnahmefällen getroffen werden, wenn das Gericht nach Anhörung des betroffenen Bieters zu der Annahme gelangt, dass ein solcher Fall vorliegt. Das Vollstreckungsgericht hat im Versteigerungstermin grundsätzlich nicht die Motivlage des Bieters für die Abgabe eines Gebotes zu erforschen. Es hat aber mit den im Zwangsversteigerungsverfahren verfügbaren Mitteln zu prüfen, ob ein Gebot rechtsmissbräuchlich ist66. Grundsätzlich stellt aber die die Abgabe eines Gebotes bei nichtvorhandener Zahlungsbereitschaft des Meistgebotes keine strafbare Handlung dar, da nach Ansicht des BGH der verfahrensleitende Rechtspfleger nicht hinsichtlich der Zahlungswilligkeit des Bieters getäuscht werden kann, da auf Grund der engen rechtlichen Grenzen des § 71 keine Prüfung der Zahlungswilligkeit erfolgen kann. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung von Geboten steht im Versteigerungstermin keine Möglichkeit der Beweisaufnahme offen67.
E. Verfahren nach Absatz 1 32
Ein unwirksames Gebot ist sofort nach der Abgabe zurückzuweisen68. Daraus folgt, dass die Prüfung des Gebotes auf seine Wirksam sogleich nach der Gebotsabgabe erfolgen muss und
59 BGH v. 12.7.2012 – V ZB 130/11, NJW 2012, 3376 = Rpfleger 2012, 705 = ZfIR 2012, 796 m. Anm. Alff; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 10; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 6. 60 BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, MDR 2007, 1453 = NJW 2007, 3279 = Rpfleger 2007, 483. 61 BGH v. 17.7.2008 – V ZB 13/08, Rpfleger 2008, 587. 62 Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 10; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 6; dazu in neuerer Zeit kritisch: Wedekind, „Fair trail“ – Ist die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit von Eigengebote von Gläubigern eigentlich verfassungsgemäß?, ZfIR 2012, 162, der darin eine Beschränkung der prozessualen Gläubigerrechte nach der ZPO sieht. 63 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 98/05, MDR 2006, 708 = NJW 2006, 1355 = Rpfleger 1006, 144; Löhnig/ Steffen, § 71 ZVG Rz. 6. 64 LG Münster v. 13.3.2018 – 5 T 27/18, juris. 65 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 28; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 23. 66 BGH v. 12.7.2012 – V ZB 130/11, NJW 2012, 3376 = Rpfleger 2012, 705 = ZfIR 2012, 796 m. Anm. Alff. 67 BGH v. 14.7.2016 – 4 StR 362/15, NJW 2016, 3383 m. Anm. Brand = Rpfleger 2017, 43; AG Duderstadt v. 27.10.2010 – 3 Ds 44 Js 39498/09, ZfIR 2016, 852; a.A. AG Mannheim v. 29.11.2011 – 2 Ls 302 Js 33746/10. 68 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 46; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 22; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 15.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 36 § 71
nicht aufgeschoben werden kann69. Die Zurückweisung des unwirksamen oder unzulässigen Gebotes (z.B. eines Untergebotes) muss ausdrücklich erfolgen70, kann aber unterbleiben, wenn das unwirksame Gebot sofort durch ein weiteres, unwidersprochenes Gebot gemäß § 72 Abs. 1 erloschen ist71. Durch die sofortige Entscheidung ist gewährleistet werden, dass kein Gebot in der „Schwebe“ bleibt und damit eine unzulässige alternative Bietreihe entstehen würde72. Wurde ein unwirksames Gebot unrichtigerweise gemäß § 72 Abs. 1 S. 2 zugelassen, wird es dadurch nicht wirksam, es kommt für eine Zuschlagserteilung nicht in Betracht73. Wird der förmlichen Zurückweisung des unwirksamen Gebots gemäß § 72 Abs. 2 widersprochen, erlischt das Gebot nicht und die Wirksamkeit kann nochmals bei Zuschlagserteilung überprüft werden. Solange ein Gebot nicht förmlich zurückgewiesen wurde sind Gebote, die unterhalb dieses Gebotes liegen unzulässig74.
33
Wird auf ein unwirksames Gebot der Zuschlag erteilt, so kann gegen den Zuschlagsbeschluss die Zuschlagsbeschwerde eingelegt werden. Wird keine Zuschlagsbeschwerde eingelegt, ist ein wirksamer Eigentumserwerb auf Grund des unwirksamen Gebots erfolgt, Unwirksamkeitsgründe können dann auch nicht mehr außerhalb des Versteigerungsverfahrens geltend gemacht werden75.
34
F. Nachweis der Vertretungsmacht bzw. der Zustimmung (Absatz 2) I. Allgemein Gebote können im Termin für sich selbst, in verdeckter Bietvollmacht, in offengelegter Bietvollmacht oder als gesetzlicher Vertreter bzw. organschaftlicher Vertreter abgegeben werden76. Die Wirksamkeit der Eigengebote bestimmt sich nach Absatz 1, insoweit hierzu Rz. 14. Beim Bieten in verdeckter Bietvollmacht bestimmt sich zunächst die Wirksamkeit des Gebotes nach Absatz 1. Das weitere Verfahren nach der Offenlegung der Bietvollmacht oder Abtretung des Meistgebotes ist über § 81 Abs. 2, 3 geregelt, siehe hierzu § 81 Rz. 16 ff.
35
Absatz 2 befasst sich nur mit der Wirksamkeit eines Gebotes, dass in offengelegter Vertre- 36 tungsmacht abgegeben wurde. Eine Vertretung bei der Abgabe von Geboten ist gemäß § 164 BGB zulässig77. Der Nachweis der Vertretungsmacht hat sofort zu erfolgen, ein Nachreichen bis zum Ende der Bietzeit (selbst nach Widerspruch gegen die Gebotszurückweisung) oder erst in einem zu bestimmenden Verkündungstermin gemäß § 87 ist nicht möglich78. Der 69 OLG Stettin v. 10.1.1903, OLGZ 6, 436; OLG Hamm v. 22.3.1972 – 23 W 190/72, Rpfleger 1972, 378; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 16. 70 OLG Düsseldorf v. 11.2.1953 – 8 WLw 61/52, NJW 1953, 1757; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 46; Depré/ Bachmann, § 71 ZVG Rz. 22; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 15. 71 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 46; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 15. 72 OlG Hamm v. 22.3.1972 – 23 W 190/72, Rpfleger 1972, 378; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 46; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 16. 73 OlG Koblenz v. 28.8.1987 – 4 W 120/87, NJW-RR 1988, 690 = ZIP 1987, 1531; LG Essen v. 4.8.2005 – 7 T 303/05, Rpfleger 2006, 31 = BeckRS 2005, 11541; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 6; Löhnig/ Steffen, § 71 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 15. 74 Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 23; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 15. 75 RG v. 22.4.1903, RGZ 54, 308 = Auerbach, Entscheidung des RG, ZVG, S. 151; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 12; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 23; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 10. 76 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 15; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 31; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 25. 77 Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 33; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 25. 78 OLG Frankfurt/M. v. 18.8.1966 – 6 W 215/66, Rpfleger 1967, 51; OLG Koblenz v. 28.8.1987 – 4 W 120/87, Rpfleger 1988, 75 = ZIP 1987, 1531; LG Koblenz v. 26.1.1987 – 4 T 822/86, Rpfleger 1987,
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§ 71 Rz. 36 Behandlung eines unwirksamen Gebots Nachweis der Vertretungsmacht hat, soweit diese dem Gericht nicht offenkundig ist, durch Vorlage einer öffentlich-beglaubigten Urkunde zu erfolgen. Es ist somit die Urschrift oder Ausfertigung der öffentlich-beglaubigten Urkunde vom Bieter vorzulegen, die Vorlage einer beglaubigten Abschrift reicht nicht aus79. Die Bietvollmacht, die gemäß § 133 BGB auslegbar ist, hat ausdrücklich die Ermächtigung zum Ausdruck zu bringen, dass der Vertreter berechtigt ist, Gebote im Zwangsversteigerungsverfahren abzugeben bzw. ermächtigt ist, Grundbesitz zu erwerben80. In der Bietvollmacht enthaltene Beschränkungen, insbesondere zur Höhe der abzugebenden Gebote, sind vom Gericht zu beachten81. Ausreichend für eine Gebotsabgabe ist auch eine öffentlich beglaubigte Generalvollmacht. Ob ein ausreichender Nachweis der Vertretungsmacht erfolgt, hat das Vollstreckungsgericht anhand der formellen Beweiskraft der vorgelegten Unterlagen zu prüfen82. 37
Ebenfalls ausreichend als Nachweis der Vertretungsmacht ist die Vorlage einer öffentlichen Urkunde gemäß §§ 415, 417, 418 ZPO. Diese Form ersetzt die öffentliche Beglaubigung nach § 129 BGB83. Ebenso sind zum Nachweis der Vertretungsmacht die von den Vorständen der nach Landesrecht als Behörden geltenden Sparkassen ausgestellten Bietvollmachten, versehen mit dem Stempel der Sparkasse, geeignet, da diese eine öffentliche Urkunde darstellen84. Eine von einer Behörde ausgestellte öffentliche Urkunde (Schriftform, vertretungsberechtigte Unterschrift, Siegel) steht in ihrer Wirkung einer öffentlich beglaubigten Urkunde gleich.
38
Bieter können sich von jedweder Person, natürliche oder juristische, vertreten lassen, da für sie als Nichtbeteiligte gemäß § 9 die Vertretungsbeschränkungen des § 79 ZPO nicht gelten. Seitens des Vollstreckungsgerichts erfolgt keine Überprüfung, ob bei der Vertretung eines Bieters ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vorliegt85.
39
Die normale Prozessvollmacht des Rechtsanwaltes als Vertreter gemäß § 80 ZPO ermächtigt diesen nicht zur Gebotsabgabe86. Soll für den Mandanten ein Gebot abgegeben werden, ist die Vorlage einer öffentlich beglaubigten Urkunde erforderlich87.
40
Vertreter, die für eine in einem öffentlichen Register eingetragene Firma, Verein o.ä. bieten, haben aktuellen Nachweis zu erbringen, und zwar durch einen aktuellen, beglaubigten Registerauszug gemäß § 9 HGB, § 69 BGB, § 156 GenG oder einer aktuellen Notarbescheinigung gemäß § 39 BeurkG, § 21 BNotO88. Der Nachweis muss aktuell sein, wobei die zeitliche Grenze des § 15 Abs. 2 HGB ein Anhaltspunkt sein kann89. Seitens der Rechtsprechung wurde ein
79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89
425 m. Anm. Storz; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 15; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 35; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 41. Böttcher, § 71 ZVG Rz. 16; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 32. Böttcher, § 71 ZVG Rz. 16; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 28. Böttcher, § 71 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 29. BGH v. 16.2.2012 – V ZB 48/11, Rpfleger 2012, 334 = MDR 2012, 812 = ZfIR 2012, 480 m. Anm. Traub; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 34; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 14. BGH v. 7.4.2011 – V ZB 207/11, Rpfleger 2011, 544 = MDR 2011, 1024 = ZfIR 2011, 574 m. Anm. Traub; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 34; Stöber, § 71 ZVG Rz. 6.1. BGH v. 7.4.2011 – V ZB 207/11, Rpfleger 2011, 544 = MDR 2011, 1024 = ZfIR 2011, 574 m. Anm. Traub; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 34; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 25. Böttcher, § 71 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 27. Böttcher, § 71 ZVG Rz. 16; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 28. BGH v. 16.2.2012 – V ZB 48/11, Rpfleger 2012, 334 = MDR 2012, 812 = ZfIR 2012, 480 m. Anm. Traub; BGH v. 20.1.2011 – I ZR 122/09, ZfIR 2011, 313 m. Anm. Kozemi = MDR 2011, 387 = MietRB 2011, 175 = Rpfleger 2011, 339; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 14. Böttcher, § 71 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 37; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 37. Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 37; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 38.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 45 § 71
12 Tage alter Nachweis als Vertretungsnachweis anerkannt90. Auch können ältere Registerauszüge zum Vertretungsnachweis herangezogen werden, wenn mit Sicherheit bekannt ist, dass keine Änderungen eingetreten sind. Wie bei der Bietvollmacht hat der Vertreter den Nachweis sofort zu erbringen. Das Vollstreckungsgericht selbst hat keine Verpflichtung, selbst bei Vorhandensein der technischen Möglichkeiten, den Nachweis einzuholen91. Offenkundigkeit des Vertretungsnachweises gemäß § 291 ZPO liegt nur vor, wenn dem verfahrensleitenden Rechtspfleger die Vertretungsmacht positiv bekannt ist.92 Dies kann der Fall sein, wenn der Vertreter am selben Tage mehrere Versteigerungstermine beim gleichen Rechtspfleger wahrnimmt und die Vollmacht in einem Verfahren schon geprüft wurde oder sich die ordnungsgemäße Vollmacht aus den Gerichts- oder den beigezogenen Grundakten ergibt. Ebenso ist eine Offenkundigkeit gegeben, wenn dem verfahrensleitenden Rechtspfleger die bei den Generalakten des Gerichtes hinterlegte Vollmacht des Vertreters positiv bekannt ist. Eine Bezugnahme auf andere bei dem Gericht geführte Akten oder Register begründet keine Offenkundigkeit i.S. von § 291 ZPO.
41
Das vorstehend Gesagte zum Nachweis der Vertretungsmacht gilt sinngemäß auch für den Nachweis einer erforderlichen Zustimmung, wobei insbesondere bei behördlichen Zustimmungen die Vorlage einer öffentlichen Urkunde der Behörde ausreichend ist93.
42
Wird die Vertretungsmacht oder die Zustimmung nicht sofort nachgewiesen, muss das Gebot sofort als unwirksam zurückgewiesen werden94. Die fehlende Vertretungsmacht oder die fehlende Zustimmung ist in der Wirkung einem unwirksamen Gebot gemäß Absatz 1 gleichgestellt. Mit der Zurückweisung des Gebotes erlischt dieses gemäß § 72 Abs. 2, falls nicht der Zurückweisung widersprochen wird. Mit dem Widerspruch kann aber nur erreicht werden, dass das Gebot bei der Zuschlagserteilung nochmals überprüft wird. Es kann aber ein fehlender Nachweis oder Zustimmung nicht mehr bis zur Zuschlagsentscheidung beigebracht werden. Im Falle der Zurückweisung des Gebotes mangels Nachweises der Vollmacht kann der Vertreter Gebote im eigenen Namen abgeben und später die Rechte aus dem Meistgebot gemäß § 81 Abs. 2 abtreten.
43
Wurde irrtümlich ein unwirksames Gebot (ohne Zustimmung/ohne Nachweis der Vertre- 44 tungsmacht) zugelassen und käme dieses für eine Zuschlagsentscheidung in Betracht, müsste nunmehr nach erneuter Überprüfung der Wirksamkeit des Gebotes nach § 79 der Zuschlag versagt werden95.
II. Einzelfälle zur Vertretungsmacht 1. Ausländische Gesellschaften Ausländische Gesellschaften können, wie bereits unter Rz. 21 ausgeführt, Grundbesitz erwerben, soweit sie rechtsfähig sind. Den Nachweis, dass die Gesellschaft Rechte und Pflichten 90 AG Langen v. 20.10.1981 – Urb. 4471/7, Rpfleger 1982, 63; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 37. 91 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 37; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 38; a.A. OLG Hamm v. 30.8.1989 – 15 W 214/89, MDR 1990, 163 = Rpfleger 1990, 18 m. ablehn. Anm. Hintzen. 92 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 15; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 36; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 38. 93 Böttcher, § 71 RZ. 25; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 43; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 34. 94 Böttcher, § 71 Rz. 46; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 35; Löhnig/Steffen, § 71 Rz. 10; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 40. 95 Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 35; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 42.
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45
§ 71 Rz. 45 Behandlung eines unwirksamen Gebots übernehmen kann, hat im formalisierten Versteigerungsverfahren die Gesellschaft zu erbringen. Ebenso ist vom Bieter der Nachweis der Vertretungsmacht, entweder der gesetzlichen oder der gewillkürten, zu erbringen96. 46
Dies kann geschehen durch Vorlage eines Registerauszuges (soweit im jeweiligen Land ein Register für Gesellschaften geführt wird) oder durch öffentlich beglaubigte Urkunden. Auch eine Notarbescheinigung gemäß § 21 BNotO, § 36 BeurkG ist dazu ausreichend97. Ist dies wegen der Besonderheiten des auf die juristische Person anzuwenden ausländischen Rechts nicht möglich, können die nach diesem ausländischen Recht möglichen Nachweise ausreichend sein, wobei diese Nachweise nicht zwingend in der Form des § 29 GBO zu erfolgen haben98. Ausgeschlossen ist dagegen der Nachweis durch Notarbescheinigung gem. § 21 BNotO bei ausländischen Firmen soweit der Notar die Vertretungsbefugnis auf Grund der Einsichtnahme in das dortige Register bescheinigt, wenn das ausländische Register seiner rechtlichen Bedeutung nicht dem deutschen Handelsregister99 entspricht (hier entschieden für die Einsichtnahme beim Companies House (England) geführten Register100.
47
Auslandische Urkunden bedürfen bei der Verwendung im Inland der Beifügung einer beglaubigten Übersetzung nebst einer Apostille oder einer Legalisation gemäß § 438 ZPO. Durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, ebenso im Haager Übereinkommen vom 5.10.1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation (Apostille ausreichend) sind Ausnahmen von der Legalisation getroffen worden. Eine Übersicht darüber findet sich bei Bauer/von Oefele101.
48
Wichtige europäische Gesellschaften und ihre Vertretungsmacht in der Übersicht102: Land
Gesellschaft
Vertretung
Nachweis
Belgien
S.N.C. = Jeder Gesellschafter Societé en nom collectif einzelvertretungsberechtigt
Handelsregister, geführt beim tribunal de commerce oder in den „Annexes“ zum „moniteur Belge“
S.C.S = Société en commandite simple
Persönlich haftende Gesellschafter (associès commanditès)
–„–
S.A. = Société anonyme
Verwaltungsrat
–„–
96 Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 12. 97 Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 12; Steffen, Auslandsgesellschaften, Schriftenreihe der FHR NRW, 2008, S. 25. 98 KG Berlin v. 22.5.2012 – 1 W 163/11, Rpfleger 2012, 686 = ZfIR 2012, 484 (Ls.) = ZfIR 2012, 1560 (Ls.) = NotBZ 2012, 381 (für die Nachweise zur Grundbucheintragung eines dänischen Vereins); ThürOLG v. 22.1.2018 – 3 W 322/17, Rpfleger 2018, 440 (für den Vertretungsnachweis einer auf den British Virgin Islands ansässigen Limited). 99 Zur Prüfungskometenz des Companies House s. OLG Düsseldorf v. 21.8.2014 – 3 Wx 190/13, NZG 2015, 199 = Rpfleger 2015, 590; OLG Nürnberg v. 26.1.2015 – 12 W 46/15, Rpfleger 2015, 406 = ZIP 2015, 1630. 100 LG Dortmund v. 8.1.2018 – 9 T 691/17, Rpfleger 2018, 286 m.Anm. Sievers. 101 Bauer/von Oefele/Knoth, GBO, Int. Bezüge, Kap. VI Rz. 654. 102 Ausführliche Darstellung bei Bauer/von Oefele/Schaub, Int. Bezüge Kap. II Rz. 120.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots Land
England
Frankreich
Liechtenstein
Rz. 48 § 71
Gesellschaft
Vertretung
Nachweis
S.P.R.L. = Société privée à responsabilité limitée
Geschäftsführer
–„–
Partnership
Jeder Partner
Kein Handelsregister. Vollmacht von sämtlichen Partnern.
Limited Partnership
Persönlich haftende Gesellschafter (general partners)
Kein Handelsregister. Vollmacht von sämtlichen Partnern.
Limited Liability Partnership (L.L.P.)
Jeder Gesellschafter
Kein Handelsregister. Vollmacht von sämtlichen Partnern.
Registered Companies: a) private limited liability Company b) public limited liability company
Direktorium (board of directors)
Satzung oder notarielle Vertretungsbescheinigung
S.C.I = Société civile immobilière
Geschäftsführer
Handelsregister, geführt beim tribunal de commerce
S.N.C. = Société en nom collectif
Geschäftsführer (gérants)
–„–
S.C.S. = Société en commandite simple
Persönlich haftender Gesellschafter (associés commandités)
–„–
S.A. = Société anonyme Präsident des Verwaltungsrat (présidéntdirecteur général) oder Präsidenten des Direktoriums (directeur général unique)
–„–
S.A.S. = Société par Actions Simpliée
Präsident
–„–
S.A.R.L. = Société à responsabilité limitée
Geschäftsführer
–„–
Kollektivgesellschaft
Jeder Gesellschafter
Öffentlichkeitsregister beim Registeramt in Vaduz
Kommanditgesellschaft (KG)
Unbeschränkt haftende Gesellschafter
–„–
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Alle Gesellschafter
–„–
Aktiengesellschaft (AG) Verwaltungsrat
–„–
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§ 71 Rz. 48 Behandlung eines unwirksamen Gebots Land
Gesellschaft
Vertretung
Nachweis
Niederlande
V.O.F. = Vennootschap onder firma
Jeder Gesellschafter
Handelsregister bei den regional zuständigen Industrie- und Handelskammern
C.V. = Commanditaire Vennootschap
Persönlich haftender Gesellschafter
–„–
N.V. = Naamloze Vennootschap
Vorstand (bestuur)
–„–
B.V. = Besloten Vennootschap
Vorstand
–„–
Offene Handelsgesellschaft (OHG)
Jeder Gesellschafter
Handelsregister beim erstinstanzlichen Gericht (Landesoder Kreisgericht)
Kommanditgesellschaft (KG)
Persönlich haftender Gesellschafter
–„–
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Geschäftsführer
–„–
Österreich
Schweiz
Aktiengesellschaft (AG) Vorstand
–„–
Kollektivgesellschaft
Jeder Gesellschafter
Handelsregister, je nach Kanton von verschiedenen Amtsstellen geführt
Kommanditgesellschaft (KG)
Persönlich haftender Gesellschafter
–„–
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gesellschafter
–„–
Aktiengesellschaft (AG) Verwaltungsrat
–„–
2. BGB-Gesellschaften 49
Nachdem durch die Entscheidung des BGH vom 29.1.2001103 geklärt ist, dass die (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft) rechts- und somit auch parteifähig ist und die Gesellschaft eigene Rechte und Pflichten begründen kann, kann auch die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Versteigerungsverfahren Gebote abgegeben. Die Rechtsprechung des BGH erkannte mit der Entscheidung vom 25.9.2006104 auch die Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts an, und zwar mit der Eintragung der Gesellschafter mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts“.
50
Den Schlusspunkt stellte die Entscheidung des BGH vom 4.12.2008105 dar, wonach die Gesellschaft selbst unter ihrem frei gewählten Namen in das Grundbuch eingetragen werden konnte, 103 BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 = Rpfleger 2001, 246. 104 BGH v. 25.9.2006 – II ZR 218/05, MDR 2007, 284 = NotBZ 2007, 21 = NJW 2006, 3716 = Rpfleger 2007, 23. 105 BGH v. 4.12.2008 – V ZB 74/08, BGHZ 179 = MDR 2009, 274 = NotBZ 2009, 98/102 = NJW 2009, 594 = Rpfleger 2009, 141 m. abl. Anm. Bestelmeyer.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 55 § 71
soweit nicht im Gesellschaftsvertrag die Bestimmung getroffen war, dass die Gesellschaft mit den Namen der Gesellschafter in das Grundbuch einzutragen sei. Diese Entwicklung ging dem Gesetzgeber zu weit. Mit dem ERVGBV106 wurde in Art. 1 Nr. 10 § 47 GBO insoweit geändert, dass eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit den Namen ihrer Gesellschafter in das Grundbuch einzutragen ist.
51
Dies hat zur Folge, dass eine wirksame Abgabe eines Gebotes durch die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nur erfolgen kann, wenn entweder alle Gesellschafter im Termin anwesend sind oder der Nachweis der Vertretungsmacht des Bietenden für die nicht im Termin erschienenen Gesellschafter in der Form des § 71 Absatz 2 vorliegt107. Zum Nachweis dafür, dass die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nur aus den bietenden Gesellschafter besteht, genügt, wie beim rechtsgeschäftlichen Erwerb der BGB-Gesellschaft108, die Erklärung der Gesellschafter, dass sie die alleinigen Gesellschafter der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts seien.
52
3. Gemeinden Gemeinden werden grundsätzlich durch den Bürgermeister vertreten109. Die nähere Ausgestaltung des Vertretungsrechtes ist in den jeweiligen Landesgemeindeordnungen geregelt, die vom Gericht zu beachten sind110. Ist darin eine Gesamtvertretung der Gemeinde mit mehreren Personen geregelt, so müssen diese Personen bei der Gebotsabgabe anwesend sein oder von ein Bevollmächtigten mit einer Vollmacht in der Form des § 71 Absatz 2 vertreten sein.
53
Soweit unter Hinweis auf eine Entscheidungen des BayObLG111 noch vertreten wird, dass von 54 bayerischen Gemeinden bei der Gebotsabgabe durch die vertretungsberechtigte Person auch der Ermächtigungsbeschluss des Gemeiderates in entsprechender Form vorzulegen sei, ist dies unzutreffend, da die Beschränkung nur auf das Innenverhältnis wirkt, nicht aber auf die Vertretungsmacht nach außen112. Soweit die Gemeindeordnungen eine schriftliche Gebotsabgabe (unter Beidrückung des Dienstsiegels) verlangen, wird diese Förmelei durch die mündliche Gebotsabgabe und deren Protokollierung ersetzt.113
106 Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverkehr sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) v. 11.8.2009, BGBl. I, S. 2713. 107 OLG Schleswig v. 23.2.2011 – 2 W 14/11, ZfIR 2011, 409 m. Anm. Bestelmeyer; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 45; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 63. 108 BGH v. 28.4.2011 – V ZB 194/10, NotBZ 2011, 257 m. Anm. Zimmer = NotBZ 2011, 219 = MDR 2011, 781 = MietRB 2011, 221 = NJW 2011, 1958 = Rpfleger 2011, 483 m. Anm. Demharter, DNotZ 2011, 711; BGH v. 12.8.2011 – V ZB 113/11, NJW-RR 2012, 86; Meerhoff, Die GbR als Bieterin im Zwangsversteigerungstermin, ZfIR 2015, 518. 109 Bauer/von Oefele/Schaub, GBO, AT VII Rz. 323. 110 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 24, Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 42; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 14; Stöber, § 71 ZVG Rz. 7.7. 111 BayObLG v. 15.1.1997 – 3Z BR 153/96, BayObLGZ 1997, 37 = NJW-RR 1998, 161 (für rechtsgeschäftliche veräußerung). 112 BGH v. 18.11.2016 – V ZR 266/14 (mit weiteren Nachweises hinsichtlich weiterer Bundesländer), MDR 2017, 265 = ZfIR 2017, 159 = WM 2017, 256; BGH v. 20.1.1994 – VII ZR 174/92, NJW 1994, 1528 = MDR 1994, 480; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 14; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 55; a.A. AG Bayreuth v. 26.6.1969 – K 56/67, Rpfleger 1969, 397 (für Gebotsabgabe); Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 42. 113 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 24; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 42; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 41; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 55.
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§ 71 Rz. 56 Behandlung eines unwirksamen Gebots 4. Juristische Personen 56
Juristische Personen sind, wie auch die OHG und KG, partei- und somit auch rechtsfähig gemäß § 50 ZPO und können im Zwangsversteigerungsverfahren als Bieter auftreten. Die Gebotsabgabe hat durch den gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft (Vorstand bei der AG, Geschäftsführer bei der GmbH, Gesellschafter bei der OHG, persönlich haftender Gesellschafter bei der KG, Partner bei der Partnerschaft) zu erfolgen.
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Die Vertretungsberechtigung ist durch ein Zeugnis des Registergerichtes gemäß § 9 HGB, § 5 PartGG oder einem aktuellen beglaubigten Auszug aus dem (Handels- oder Partnerschafts-) Register nachzuweisen. Alternativ kann der Nachweis auch durch eine Notarbescheinigung gemäß § 21 BNotO, § 39 BeurkG geführt werden114.
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Soweit eine Gesamtvertretung besteht, haben die Vertretungsberechtigten entweder gemeinschaftlich bei der Gebotsabgabe zugegen zu sein oder den Nachweis nach § 71 Absatz 2 vorzulegen, dass der Erschienene zur Gebotsabgabe seitens der Gesellschaft bevollmächtigt ist.
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Die noch vom OLG Hamm115 vertretene Ansicht, dass bei Vorliegen der technischen Möglichkeiten das Vollstreckungsgericht verpflichtet sei, beim Registergericht Rückfrage zur Vertretungsmacht zu halten ist unzutreffend. Im formalisierten Zwangsversteigerungsverfahren hat der Bieter selbst den erforderlichen Vertretungsnachweis zu erbringen116.
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Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist als Handelsgesellschaft der OHG weitgehend gleichgestellt. Sie kann unter ihrer Firma, vertreten durch den oder die vertretungsberechtigten Geschäftsführer, Gebote im Zwangsversteigerungstermin abgegeben. Die Vertretungsmacht ist ebenso durch Zeugnis des Registergerichtes, aktuellen Registerauszug oder Notarbescheinigung nachzuweisen117. 5. Prokuristen
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Ein Prokurist kann im Rahmen seiner nach § 49 HGB erteilten Prokura wirksam Gebote abgeben. Die Prokura ist bei der Gebotsabgabe in der Form des § 71 Absatz 2 nachzuweisen, entweder durch einen aktuellen beglaubigten Registerauszug, eines Zeugnisses des Registergerichtes oder Notarbescheinigung118. 6. Sparkassen
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Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts können durch ihre (Sparkassen)Vorstände, die nach Landesrecht als Behörden gelten, eine mit ihrem Siegel versehene und unterschriebene Bietvollmacht für ihre Mitarbeiter ausstellen. Diese ausgestellte Vollmacht stellt eine öffentliche Urkunde gemäß §§ 415, 417, 418 ZPO dar, die die öffentliche Beglaubigung nach § 129 BGB ersetzt119. 114 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 37; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 46; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 58. 115 OLG Hamm v. 30.8.1989 – 15 W 214/89, MDR 1990, 163 = OLGZ 1990, 106 = Rpfleger 1990, 85 = Rpfleger 1990, 218 m. Anm. Hintzen. 116 So BGH v. 16.2.2012 – V ZB 48/11, Rpfleger 2012, 334 = MDR 2012, 812 = ZfIR 2012, 480 m. Anm. Traub. 117 Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 38; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 60. 118 OLG Hamm v. 30.8.1989 – 15 W 214/89, MDR 1990, 163 = OLGZ 1990, 106 = Rpfleger 1990, 85 = Rpfleger 1990, 218 m. Anm. Hintzen; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 22; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 37; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 51; Löhnig/Steffen; § 71 ZVG Rz. 12; Stöber, § 71 ZVG Rz. 7.16. 119 BGH v. 7.4.2011 – V ZB 207/10, NJW 2011, 929 = MDR 2011, 1024 = ZfIR 2011, 574 m. Anm. Traub; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 15; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 41; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 15; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 25.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 66 § 71
7. Verein Der rechtsfähige Verein kann durch seinen gemäß § 26 BGB vertretungsberechtigten Vorstand wirksame Gebote abgegeben. Die Vertretungsberechtigung des Vorstands ist gemäß § 69 BGB zu führen, entweder durch die Vorlage eines aktuellen Vereinsregisterauszuges, eines Zeugnis des Amtsgerichts (Registergericht) über die Eintragung des Vereins oder einer Notarbescheinigung gemäß § 21 BnotO, § 39 BeurkG120. Ist die Vertretungsmacht des Vorstands gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 BGB beschränkt, so ist der Wegfall der Beschränkung (z.B. Zustimmung der Mitgliederversammlung zum Grundstückserwerb o.ä.) in der Form des § 71 Absatz 2 bei der Gebotsabgabe nachzuweisen121. Die Beschränkung des Vorstands ist aus dem Registerauszug ersichtlich, da die Beschränkung gemäß §§ 64, 68 BGB in das Vereinsregister einzutragen ist. Auch ausländische Vereine können Grundbesitz im Bereich der Bundesrepublik Deutschland erwerben. Die Vereine haben aber den Nachweis der Vertretungsberechtigung des Bieters in öffentlicher Urkunde zu erbringen. Ist dies wegen der Besonderheiten des auf die juristische Person anzuwenden ausländischen Rechts nicht möglich, können die nach diesem Recht möglichen Nachweise ausreichend sein, wobei diese Nachweise nicht zwingend in der Form des § 29 GBO zu erfolgen haben122.
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8. Vor-GmbH Eine GmbH in Gründung (sogenannte Vor-GmbH) kann nach heute herrschender Meinung Eigentümer eines Grundstückes sein, somit auch in einem Versteigerungsverfahren Gebote abgegeben123. Diese Vor-GmbH wird vertreten durch den „Vor-Geschäftsführer“. Dieser muss seine Vertretungsmacht, da die Vor-GmbH ja gerade vor der Registereintragung steht, in der Form des § 71 Absatz 2 nachweisen. Dies hat zu geschehen durch die Vorlage der Gründungssatzung nebst der Bestellung zum Geschäftsführer mit darin ausdrücklich enthaltenen Vertretungsmacht für einen Grundstückserwerb für die Vor-GmbH in öffentlich-beglaubigter Urkunde. Ferner ist das Betreiben der Eintragung in das Handelsregister nachzuweisen.
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Wird die Vor-GmbH vor einer Zuschlagserteilung in das Handelsregister eingetragen, so ist der Zuschlag der nunmehr eingetragenen GmbH direkt zu erteilen, da die Vor-GmbH ohne Eigentumsübergang in der GmbH aufgeht124.
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9. WEG Die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft kann unter ihrem Namen, nämlich Wohnungseigentümergemeinschaft … (Anschrift oder Grundstücksbezeichnung)“ gemäß § 10 Abs. 6 WEG selbst Rechte und Pflichten eingehen. Sie kann daher auch Gebote in der
120 Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 40; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 62. 121 OLG Hamm v. 7.8.1987 – 15 W 242/87, OLGZ 1987, 452 = NJW 1988, 73. 122 KG Berlin v. 22.5.2012 – 1 W 163/11, Rpfleger 2012, 686 = ZfIR 2012, 484 (Ls.) = ZfIR 2012, 1560 (Ls.) = NotBZ 2012, 381 (für die Nachweise zur Grundbucheintragung eines dänischen Vereins). 123 BGH v. 9.10.2003 – IX ZB 34/03, Rpfleger 2004, 118 = MDR 2004, 233; BGH v. 28.11.1997 – V ZR 178/96, NJW 1998, 1079 = MDR 2004, 233; BGH v. 9.3.1981 – II ZR 54/80, BGHZ 80, 129 = Rpfleger 1981, 230 = MDR 1981, 649; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 21; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 39; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 46; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 58. 124 LG München II v. 9.4.1987 – 7 T 431/87, NJW-RR 1987, 1519; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 39; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 58.
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§ 71 Rz. 66 Behandlung eines unwirksamen Gebots Zwangsversteigerung abgeben125 um Grundbesitz oder ein Wohnungs-/Teileigentumsrecht126 zu erwerben. 67
Bei der Gebotsabgabe wird die Wohnungseigentümergemeinschaft vom Verwalter, der durch Beschluss gemäß § 27 Absatz 6 WEG der Wohnungseigentümerversammlung dazu ermächtigt werden muss, gemäß § 27 Absatz 3 WEG vertreten. Der Verwalter hat seine Vertretungsmacht und die Ermächtigung in der Form des § 71 Absatz 2 in öffentlich beglaubigter Urkunde nachzuweisen127.
III. Einzelfälle zur Zustimmung 1. Ausländer 68
Grundstückserwerb ausländischer natürlicher und juristischer Personen unterliegt keiner Genehmigungspflicht (Rz. 18) gem. Art. 86 EGBGB. Eine Rechtsverordnung über die Beschränkung des Erwerbs von Rechten seitens Ausländer oder ausländischen Gesellschaften gemäß Art 86 S. 2 EGBGB ist nicht erlassen worden128. 2. Bausparkassen
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Bausparkassen ist gemäß § 4 BauSparkG der Erwerb von Grundstücken, Erbbaurechten, Rechten in der Form des Wohnungseigentums, Teileigentums, Wohnungserbbaurechts und Teilerbbaurechts nur zur Verhütung von Ausfällen an Forderungen und zur Beschaffung von Geschäftsräumen sowie von Wohnräumen für ihre Betriebsangehörigen gestattet. Dieser Erwerb unterliegt aber gemäß § 54 VAG nicht einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde129. 3. Beschränkt Geschäftsfähige
70
Gebote beschränkt Geschäftsfähiger gemäß § 106 BGB, die auch gemäß § 52 ZPO prozessunfähig sind, sind ohne Einwilligung gemäß § 107 BGB des gesetzlichen Vertreters gemäß § 111 BGB unwirksam130. Gesetzliche Vertreter des Minderjährigen sind die Eltern gemäß § 1626 BGB gemeinsam bzw. die Mutter im Falle des § 1626 Absatz 2 BGB. Der gesetzliche Vertreter benötigt für die Einwilligungserklärung die rechtskräftige familiengerichtliche Genehmigung gemäß §§ 1643, 1821 Absatz 1 Nr. 5 BGB131. Ohne sofortige Vorlage im Versteigerungstermin der ordnungsgemäßen Einwilligungserklärung nebst rechtskräftiger familiengerichtlicher Genehmigung ist ein Gebot des Minderjährigen zurückzuweisen. 125 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 24a; Dassler u.a./Hintzen, § 10 Rz. 73.1; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 60; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 79. 126 OLG Celle v. 26.2.2008 – 4 W 213/07, NotBZ 2008, 198 m. Anm. Heggen = MietRB 2008, 171 = NJW 2008, 1537 = Rpfleger 2008, 296; LG Frankenthal v. 3.12.2007 – 1 T 323/07, MittBayNot 2008, 128; LG Deggendorf v. 19.5.2008 – 1 T 59/08, NotBZ 2008, 198. 127 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 24a; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 59; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 79; näheres bei Böttcher, Die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft, RpflStud 2013, 9; Schneider, Nachweis anlässlich der Grundbucheintragung des „Verbands Wohnungseigentümergemeinschaft“ als Eigentümer, Rpfleger 2008, 291. 128 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 41a; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 44. 129 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 26; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 55; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 56; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 75. 130 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 27; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 47; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 35; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 47. 131 Böttcher, § 71 Rz. 29; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 45; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 35; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 47.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 75 § 71
4. Betreuer, Betreute Betreuer benötigen für eine wirksame Gebotsabgabe im Rahmen ihres Aufgabenkreises die rechtskräftige Genehmigung des Betreuungsgerichtes gemäß §§ 1821, 1908i BGB. Ohne Vorlage dieser Genehmigung sind die Gebote des Betreuers zurückzuweisen132.
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Ein Betreuter kann grundsätzlich selbst Gebote abgeben, da die Einrichtung einer Betreuung gemäß § 1896 BGB keine Auswirkung auf seine Geschäftsfähigkeit, die sich nach § 104 BGB richtet, hat. Eine Ausnahme besteht bei Vorhandensein eines Einwilligungsvorbehaltes. In diesem Fall ist die Einwilligung und rechtskräftige Genehmigung des Betreuungsgerichtes gemäß §§ 1903, 1908i BGB Voraussetzung für ein wirksames Gebot133.
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5. Ehegatten Im gesetzlichen Güterstand lebende Ehegatten bedürfen bei der Gebotsabgabe nicht der Zustimmung des anderen Ehegatten, selbst wenn das Gebot sein ganzes Vermögen darstellt, da die Eingehung der schuldrechtlichen Verpflichtung auf Zahlung des Meistgebotes nicht unter den Maßnahmenkatalog des § 1365 BGB fällt134. Ebenso bedarf beim Güterstand der Gütergemeinschaft der das Gesamtgut verwaltende Ehegatte nicht der Zustimmung gemäß § 1423 BGB des anderen Ehegatten. Wird das Gesamtgut von beiden Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet, so müssen beide Ehegatten gemeinschaftlich bieten.
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6. Eltern Eltern benötigen zur Gebotsabgabe als gesetzliche Vertreter der rechtskräftigen familiengerichtlichen Genehmigung gemäß §§ 1643, 1821 Absatz 1 Nr. 5 BGB.
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7. Gemeinden Gemeinden müssen bei der Abgabe von Geboten keine, nach den jeweiligen landesrechtlichen 75 Gemeindeordnungen eventuell noch erforderliche, Zustimmungserklärung des Gemeinderates vorlegen135. Diese Zustimmungserklärung des Gemeinderates hat nur eine interne Bindungswirkung, die auf die Vertretung nach außen keinen Einfluss hat136. Eine fehlende Zustimmung der Gemeindeorgane hat somit keinen Einfluss auf die Wirksamkeit eines Gebotes einer Kommune.
132 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 40; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 46; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 36; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 48. 133 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 41; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 46; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 37; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 48. 134 LG Freiburg v. 6.11.1972 – 4 T 134/72, Rpfleger 1973, 302; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 29; Dassler u.a./ Hintzen, § 71 ZVG Rz. 44; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 38; Steiner/Storz, § 71 ZVG Rz. 41; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 49. 135 Zu der für Bayern erforderlichen Gemeinderatsbeschluss s. Bauer/von Oefele/Schaub, GBO, AT VII Rz. 327. 136 BGH v. 20.9.1984 – III ZR 47/83, BGHZ 92, 164 = MDR 1985, 298; BGH v. 20.1.1994 – VII ZR 174/92, NJW 1994, 1528 = MDR 1994, 480; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 42 (mit widersprüchlicher Kommentierung); Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 41; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 14; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 55.
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§ 71 Rz. 76 Behandlung eines unwirksamen Gebots 8. Geschäftsunfähige 76
Gebote Geschäftsunfähiger sind gemäß § 104, 105 BGB nichtig und können daher auch gemäß § 52 ZPO von ihnen nicht abgegeben werden, da der Geschäftsunfähige nicht prozessfähig ist. Eine Gebotsabgabe ist hier nur durch den gesetzlichen Vertreter zulässig137. 9. Handwerkskammer
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Gebote von Handwerkskammern benötigen keine Genehmigung der Aufsichtsbehörde gemäß § 106 Absatz 1 Nr. 7, Absatz 2 Handwerksordnung138. 10. Hypothekenbanken
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Hypothekenbanken ist, ebenso wie Bausparkassen, der Erwerb von Grundstücken nur zur Verhütung von Verlusten an Hypotheken und zur Beschaffung von Geschäftsräumen sowie von Wohnräumen für ihre Betriebsangehörigen gestattet, § 5 Absatz 4 Hypothekenbankgesetz. Diese nur intern wirkende Voraussetzung ist aber nicht bei der Gebotsabgabe nachzuweisen139. 11. Innungen, Kreishandwerkschaften
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Gebote von Innungen oder Kreishandwerkschaften bedürfen, mit Ausnahme der Landesinnungsverbände, § 83 Absatz 1 HandwerksO, und des Bundesinnungsverbandes, § 85 Absatz 2 HandwerksO, der Genehmigung der Handwerkskammer gemäß § 61 Absatz 3 HandwerksO bzw. § 89 Abs. 1 HandwerksO. Diese erforderliche Genehmigung der Handwerkskammer ist bei der Gebotsabgabe vorzulegen140. 12. Insolvenzverwalter
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Der Insolvenzverwalter kann im Rahmen seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 80 InsO wirksam Gebote im Zwangsversteigerungsverfahren für die Masse abgegeben. Zwar benötigt er im Innenverhältnis die Genehmigung des bestellten Gläubigerausschusses bzw. falls ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung gemäß § 160 Absatz 1 InsO. Diese Genehmigung muss aber bei der Gebotsabgabe nicht vorliegen141. 13. Kirchen
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Sowohl die evangelische als auch die katholische Kirchengemeinden bedürfen einer Genehmigung der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde142. Diese Genehmigung ist bei der Gebotsabgabe vorzulegen. 137 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 39; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 43; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 56. 138 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 30; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 50; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 66. 139 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 31; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 48; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 19, Steiner/Storz, § 71 ZVG Rz. 55. 140 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 32; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 67; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 49, 50. 141 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 34, Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 51; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 48; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 68. 142 OLG Hamm v. 27.5.1993 – 15 W 27/93, Rpfleger 1994, 19 = MittRhNotK 1993, 192; OLG Zweibrücken v. 10.3.1966 – 2 U 150/65, MDR 1966, 672; Bauer/von Oefele/Schaub, GBO, AT VII Rz. 376; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 33; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 52; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 50; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 18; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 69.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 87 § 71
14. Pfleger Pfleger müssen, ebenso wie ein Vormund, die rechtskräftige familiengerichtliche Genehmigung gemäß §§ 1915, 1821 Absatz 1 Nr. 5 BGB vorlegen143.
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15. Sozialversicherungsträger Gebote von Sozialversicherungsträger der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie der Berufsgenossenschaften und der landwirtschaftlichen Alterskassen benötigen gemäß § 85 Absatz 1 SGB IV der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Diese ist bei der Gebotsabgabe nachzuweisen, ansonsten sind die Gebote unwirksam144.
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16. Testamentsvollstrecker Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung gemäß § 2216 BGB kann der Testamentsvollstrecker ohne Genehmigungserfordernis Gebote abgegeben145.
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17. Versicherungsgesellschaften Versicherungsgesellschaften, sowohl in der Rechtsform als Aktiengesellschaft als auch als Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit, benötigen gemäß § 54 VAG keine Genehmigung der Aufsichtsbehörde zur Gebotsabgabe146.
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18. Vormund Der Vormund muss bei der Gebotsabgabe die rechtskräftige familiengerichtliche Genehmigung gemäß § 1821 BGB vorlegen, ansonsten ist sein Gebot unwirksam147.
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19. Wohnungseigentümergemeinschaft Die vom Verwalter gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG vertretene Wohnungseigentümergemeinschaft kann Gebote abgegeben148. Der Verwalter muss aber die Ermächtigung zur Gebotsabgabe, die von der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss erteilt wird, bei der Gebotsabgabe vorlegen149.
143 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 35; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 58; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 76. 144 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 36; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 54; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 52; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 72. 145 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 37; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 53; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 54; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 17; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 73. 146 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 38; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 55; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 55; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 19; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 75. 147 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 39; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 46; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 57; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 76. 148 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 24a; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 10 Rz. 73.1; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 59; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 79; Elzer, Welche Auswirkungen hat die Reform des § 79 ZPO auf Wohnungseigentumsverwalter, ZMR 2008, 772. 149 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 24a; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 59; Löhnig/Steffen, § 71 ZVG Rz. 13; näheres bei Böttcher, Die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft, RpflStud 2013, 9; Schneider, Nachweis anlässlich der Grundbucheintragung des „Verbands Wohnungseigentümergemeinschaft“ als Eigentümer, Rpfleger 2008, 291.
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§ 71 Rz. 88 Behandlung eines unwirksamen Gebots 20. Zwangsverwalter 88
Der Zwangsverwalter, dessen Aufgabe die Ziehung der Nutzungen aus dem Grundstück gemäß §§ 146, 152 ist, dem aber keine Verfügungsmacht zusteht, kann keine Gebote für die Zwangsverwaltungsmasse abgeben. Ein solches Gebot wäre als unzulässig zurückzuweisen150.
G. Bietabkommen – Ausbietungsgarantie I. Bietabkommen 89
Unter einem Bietabkommen versteht man einen Vertrag der geschlossen wird, um eine oder mehrere Personen von der Gebotsabgabe abzuhalten mit dem Zweck jemanden (einem Dritten) einen günstigen Erwerb des Grundbesitzes zu ermöglichen151. Solche Verträge werden als „pactum de non licitando“ bezeichnet152. Solche Verträge sind nicht nur grundsätzlich unwirksam und sittenwidrig, somit auch nicht per se gemäß § 138 BGB nichtig153. Bei der Betrachtung der Sittenwidrigkeit des Vertrages ist auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen, wobei sich die Sittenwidrigkeit des Abkommens sowohl aus Inhalt, dem Beweggrund und dem Zweck der Vereinbarung herleiten kann. So wurde von der Rechtsprechung ein Bietabkommen dergestalt, dass der einzig verbleibende Mitbieter durch die Zahlung eines Geldbetrages vom Bieten abgehalten wurde, als sittenwidrig angesehen154. Ebenso wurde eine Sittenwidrigkeit festgestellt, wenn mehrere Personen durch Geldzahlung von der Abgabe von Geboten abgehalten wurden, somit die notwendige Bieterkonkurrenz ausgeschaltet wurde155, oder der Zweck der Vereinbarung darauf hinaus lief, dass entweder ein Gläubiger oder der Schuldner oder der Fiskus durch die Nichtabgabe von Geboten oder dementsprechend niedriger Gebote geschädigt wird156.
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Ein sittenwidriges Bietabkommen kann eine Schadensersatzpflicht der Vertragsparteien gemäß § 826 BGB gegenüber den geschädigten Gläubigern oder dem Schuldner auslösen157. Dieser Schadensersatzanspruch ist aber außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens geltend zu machen158. 150 Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 56; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 61; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 81. 151 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 49; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 20; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 91. 152 BGH v. 24.10.1978 – VI ZR 67/77, NJW 1979, 162 = MDR 1979, 190; BGH v. 21.2.1961 – VI ZR 99/60, NJW 1961, 1012; OLG Celle v. 16.5.1969 – 8 U 177/68, NJW 1969, 1764; OLG Hamm v. 9.11.1973 – 15 W 17/73, Rpfleger 1974, 276 = MDR 1974, 311; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 49; Depré/ Bachmann, § 71 ZVG Rz. 28; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 91. 153 BGH v. 24.10.1978 – VI ZR 67/77, NJW 1979, 162 = MDR 1979, 190; OLG Koblenz v. 29.6.2002 – 5 U 1608/01, NJW-RR 2002, 1504 = Rpfleger 2002, 637 = ZfIR 2002, 755; OLG Köln v. 10.10.1977 – 12 U 55/77, NJW 1978, 47; OLG Frankfurt/M. v. 26.1.1989 – 6 U (Kart) 176/88, ZIP 1989, 399; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 49; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 20; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 28; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 91. 154 OLG Frankfurt/M. v. 26.1.1989 – 6 U (Kart) 176/88, ZIP 1989, 399. 155 LG Saarbrücken v. 16.7.1999 – 5 T 378/99, Rpfleger 2000, 80. 156 BGH v. 21.2.1961 – VI ZR 99/60, NJW 1961, 1012; OLG Celle v. 16.5.1969 – 8 U 177/68, NJW 1969, 1764; OLG Karlsruhe v. 21.4.1993 – 11 W 15/93, Rpfleger 1993, 413; OLG Frankfurt/M. v. 26.1.1989 – 6 U (Kart) 176/88, ZIP 1989, 399. 157 RG v. 11.7.1904 – VI 514/03, RGZ 58, 393; OLG Celle v. 25.11.1959 – 3 U 121/59, NdsRpfl. 1961, 12; OLG Köln v. 12.9.1963 – 1 U 162/62, BB 1963, 1280; OLG Karlsruhe v. 21.4.1993 – 11 W 15/93, Rpfleger 1993, 413. 158 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 49; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 20; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 91.
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Behandlung eines unwirksamen Gebots
Rz. 94 § 71
Ein in Ausführung eines sittenwidrigen Bietabkommens abgegebenes Gebot ist nicht un- 91 wirksam, auch nicht nichtig, und kann für die Zuschlagserteilung in Betracht kommen. Allerdings kann dadurch eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Schuldner begründet werden159. Erlangt das Gericht aber Kenntnis von einem solchen negativen Bietabkommen, so ist im Hinblick auf eine faire Verfahrensgestaltung von einer sofortigen Zuschlagserteilung Abstand zu nehmen und die Beteiligten, insbesondere den Schuldner, auf die Möglichkeit eines Rechtsschutzes gemäß § 765a ZPO hinzuweisen160. Ein erteilter Zuschlag kann aber wegen des Vorliegens eines Bietabkommens nicht gemäß § 83 angefochten werden161. Ein von einer Vertragspartei des Bietabkommens entgegen dem Inhalt des Bietabkommens abgegebenes Gebot ist in vollem Umfang wirksam162. Im Zwangsversteigerungsverfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft kann der Fall vorkommen, dass sich ein Miteigentümer zur Stellung des Verfahrensantrages und gleichzeitig zur Nichtabgabe von Geboten im Versteigerungstermin verpflichtet, um einem außerhalb der Gemeinschaft stehenden Dritten den Erwerb des gesamten Grundbesitzes zu ermöglichen. Diese Vertragsgestaltung ist nicht sittenwidrig, muss aber auf Grund der darin eingegangenen Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung notariell beurkundet werden163.
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II. Ausbietungsgarantie Bei einer Ausbietungsgarantie unterscheidet man zwischen der Ausbietungsgarantie mit stärkerer und schwächerer Wirkung164. Mit einer Ausbietungsgarantie, die entweder ein gegenseitig oder einseitig verpflichtender Vertrag ist, soll erreicht werden, dass in der Versteigerung ein möglichst hoher Erlös erzielt wird oder den Gläubiger vor einem Verlust durch einen Ausfall bewahren165. Die Ausbietungsgarantie soll gerade im Gegensatz zum (negativen) Bietabkommen wie Rz. 89 niemanden vom Bieten abhalten und damit den Erlös schmälern, sondern dazu dienen, ein möglichst hohes Meistgebot erzielen166. Im Versteigerungsverfahren ist im Grundsatz niemand zu einer Abgabe eines Gebotes verpflichtet, sofern nicht eine Vereinbarung dazu besteht oder eine Gebotsabgabe als Nebenpflicht eines Schuldverhältnisses nach Treu und Glaube geboten ist167.
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Bei einer Ausbietungsgarantie mit schwächerer Wirkung, auch Ausfallverhütungsgarantie genannt, verpflichtet sich der Garant dazu, entweder dem Gläubiger einen Ausfall bei einem zu niedrigen Gebot zu ersetzen oder für einen Bieter zu sorgen, der ein Gebot in einer bestimmten Höhe abzugeben hat168. Diese Ausfallverhütungsgarantie ist entgegen § 311b BGB formlos möglich, da der Garant keine Verpflichtung für die Abgabe eines Gebotes, das auf ei-
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159 Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 20; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 91. 160 OLG Karlsruhe v. 21.4.1993 – 11 W 15/93, Rpfleger 1993, 413; LG Saarbrücken v. 16.7.1999 – 5 T 378/99, Rpfleger 2000, 80; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 49; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 28. 161 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 49; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 20; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 91. 162 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 49. 163 OLG Hamm v. 9.11.1973 – 15 W 17/73, Rpfleger 1974, 276 = MDR 1974, 311; Dassler u.a./Hintzen, § 71 ZVG Rz. 21; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 92. 164 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 56, Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 87, 88. 165 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 50; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 27; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 82. 166 Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 82. 167 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 54; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 85. 168 BGH v. 10.12.1998 – IX ZR 262/97, NJW 1999, 711 = MDR 1999, 430 = ZIP 1999, 234; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 51; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 56; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 27; Steiner/Storz, § 66 Rz. 23; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 87.
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§ 71 Rz. 94 Behandlung eines unwirksamen Gebots nen bedingten Eigentumserwerb hinausläuft, übernimmt169. Erfüllt der Garant seine Pflichten gegenüber dem Vertragspartner nicht, so hat er diesem seinen Ausfall zu begleichen. Eine Verfahrensbeendigung gemäß § 77 Abs. 2 oder durch Antragsrücknahme des Gläubigers steht einem Ausfall nicht gleich170. Ist dagegen aber in einer Ausfallverhütungsgarantie zusätzlich geregelt, dass der Garant für den Fall, dass ein Gebot nicht in der gewünschten Höhe abgegeben wird, selbst zur Gebotsabgabe verpflichtet ist, so ist der gesamte Garantievertrag gemäß § 311b BGB formbedürftig171. 95
Nicht formbedürftig ist ebenso die Vereinbarung des Gläubigers mit Bietinteressenten über Vorteilsgewährungen im Fall der Ersteigerung des Grundbesitzes, soweit der Bieter keine Verpflichtung zur Gebotsabgabe übernimmt172.
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Bei einer Ausbietungsgarantie mit stärkerer Wirkung verpflichtet sich der Garant zu einem aktiven Handeln, nämlich zu einer Gebotsabgabe in einer bestimmten Höhe. Diese Ausbietungsgarantie mit stärkerer Wirkung ist gemäß § 311b BGB formbedürftig. Sie bedarf der notariellen Beurkundung, da der Garant eine Verpflichtung zu einem (bedingten) Grundstückserwerb eingeht173. Ein vom Garanten unter der festgelegten Höhe abgegebenes Gebot ist wirksam, löst aber Schadensersatzansprüche des Vertragspartners gegen den Garanten aus174. Der Garant kann auf eigene Gebotsabgabe verzichten, wenn von dritter Seite ein Gebot abgegeben wurde, das die Ansprüche des Gläubigers abdeckt, da die Ausbietungsgarantie keine Bürgschaft oder Ausfallbürgschaft darstellt175. Für den Fall der Nichterbringung des Gebotes durch den Dritten besteht allerdings eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Gläubiger. Ebenso besteht eine Schadensersatzpflicht des Garanten bei der Abgabe eines Gebotes eines aus dem Grundstück befriedigungsberechtigten Gläubigers, da die Befriedigungsfiktion des § 114a nicht zu einem Entfall der Schadensersatzpflicht des Garanten führt176.
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Die Übernahme einer Ausbietungsgarantie seitens der Eltern, Vormund, Betreuer oder Pfleger bedarf der familiengerichtlichen Genehmigung gemäß §§ 1915, 1643, 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB177.
169 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 51; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 56; Depré/Bachmann, § 71 ZVG Rz. 27; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 89; a.A. LG Göttingen v. 11.11.1975 – 3 O 213/75, NJW 1976, 571, 972 m. Anm. Hustedt. 170 BGH v. 10.12.1998 – IX ZR 262/97, NJW 1999, 711 = MDR 1999, 430 = ZIP 1999, 234; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 51; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 87. 171 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 57; Steiner/Storz, § 66 Rz. 25; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 89. 172 Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 90. 173 BGH v. 5.11.1982 – V ZR 228/80, NJW 1983, 566 = MDR 1983, 215 = Rpfleger 1983, 81; BGH v. 22.9.1992 – III ZR 100/91, NJW-RR 1993, 14; BGH v. 5.2.1996 – III ZR 50/95, NJW 1996, 1960 = Rpfleger 1996, 71 = MittBayNot 1996, 225; Hans. OLG (HH) v. 12.7.2002 – 11 U 227/01, MittBayNot 2003, 293; OLG Celle v. 29.6.1976 – 4 U 2/76, NJW 1977, 52 = MittBayNot 1977, 59; OLG Celle v. 9.1.1991 – 3 U 14/90, NJW-RR 1991, 866 = DNotZ 1992, 302; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 50; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 57; Steiner/Storz, § 66 ZVG Rz. 32; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 89. 174 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 50; Steiner/Storz, § 66 ZVG Rz. 26; Stöber/Becker, § 71 ZVG Rz. 87. 175 Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 59. 176 OLG Celle v. 19.10.1988 – 6 U 33/88, Rpfleger 1989, 118; Böttcher, § 71 ZVG Rz. 50; Dassler u.a./ Hintzen, § 66 ZVG Rz. 59. 177 Böttcher, § 71 ZVG Rz. 50; Dassler u.a./Hintzen, § 66 ZVG Rz. 60.
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Erlöschen eines Gebots; Übergebot
Rz. 4 § 72
§ 72 [Erlöschen eines Gebots; Übergebot] (1) Ein Gebot erlischt, wenn ein Übergebot zugelassen wird und ein Beteiligter der Zulassung nicht sofort widerspricht. Das Übergebot gilt als zugelassen, wenn es nicht sofort zurückgewiesen wird. (2) Ein Gebot erlischt auch dann, wenn es zurückgewiesen wird und der Bieter oder ein Beteiligter der Zurückweisung nicht sofort widerspricht. (3) Das gleiche gilt, wenn das Verfahren einstweilen eingestellt oder der Termin aufgehoben wird. (4) Ein Gebot erlischt nicht, wenn für ein zugelassenes Übergebot die nach § 68 Abs. 2 und 3 zu erbringende Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.
A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Erlöschen durch Übergebot (Absatz 1) . . C. Erlöschen durch Zurückweisung (Absatz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 4 7
Rz. D. Erlöschen durch Verfahrenseinstellung oder Terminsaufhebung (Absatz 3) . . . . 13 E. Erlöschen bei erhöhter Sicherheitsleistung (Absatz 4) . . . . . . . . . . . . . . 20
A. Allgemein § 72 regelt für alle Versteigerungsverfahren abschließend die Tatbestände des Erlöschens von 1 abgegebenen Geboten. Ein Bieter bleibt bis zur Entscheidung über den Zuschlag gemäß § 80 an sein abgegebenes Gebot gebunden, eine Rücknahme eines wirksamen Gebots ist seitens des Bieters nicht möglich1. Alle Vorgänge, die die Gebotsabgabe betreffen, wie die Zulassung, Zurückweisung, Sicher- 2 heitsverlangen, etc., sind im Sitzungsprotokoll gemäß § 78 festzuhalten, da nur die protokollierten Vorgänge bei der Entscheidung über den Zuschlag gemäß § 80 berücksichtigt werden können. Durch das 2. JuModG vom 22.12.20062 wurde als Folge der Abschaffung der Barsicherheitsleistung Absatz 4 eingefügt. Die Vorschrift gilt gemäß § 186 auch für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens anhängigen Altverfahren.
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B. Erlöschen durch Übergebot (Absatz 1) Ein wirksames Gebot erlischt mit der Zulassung eines Übergebots, falls nicht sofort ein Beteiligter der Zulassung des Gebotes widerspricht. Das vorherige Gebot erlischt also nicht mit der Abgabe eines Übergebots, das für den Bieter mit der Abgabe bindend geworden ist, sondern erst mit der widerspruchslosen Zulassung3. Ein Übergebot liegt vor, wenn ein gemäß § 71 1 Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 1; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 1; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 1; Steiner/Storz, § 72 ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 4. 2 Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. JuModG) v. 22.12.2006, BGBl. I, S. 3416; zum Inkrafttreten der ZVG-Vorschriften s. § 186 ZVG. 3 Böttcher, § 72 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 3.
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§ 72 Rz. 4 Erlöschen eines Gebots; Übergebot wirksames Gebot abgegeben wird, dass das vorangegangene Gebot mindestens um 1 Cent übersteigt4. Auch ein gemäß § 71 unwirksames Gebot, das widerspruchslos zugelassen wird, führt zum Erlöschen des vorherigen Gebotes5. Zugelassen gilt das Übergebot, wenn es nicht sofort zurückgewiesen wird. Im Falle einer erforderlichen Sicherheitsleistung ist das Übergebot erst zugelassen, wenn die Sicherheitsleistung erbracht wurde6 oder das Gebot ohne Sicherheitsleistung widerspruchslos zugelassen wurde (§ 70 Absatz 3). 5
Das vorangegangene Gebot erlischt dagegen nicht, wenn ein Beteiligter gemäß § 9 sofort der Zulassung des Übergebotes widerspricht7. Widerspruchsberechtigt sind im Falle des Absatzes 1 nur die Beteiligten des Verfahrens, nicht dagegen der überbotene Bieter8. Der Widerspruch ist nicht als Rechtsmittel ausgestaltet, sondern soll nur das Erlöschen des Gebotes verhindern, damit über dessen Zulässigkeit nochmals bei der Entscheidung über dem Zuschlag gemäß § 79 befunden werden kann, da das Gericht nicht an seine Vorentscheidungen gebunden ist9. Wurde somit gegen das Übergebot seitens eines Beteiligten sofort Widerspruch erhoben und werden weitere Gebote nicht mehr abgegeben, ist bei der Entscheidung über den Zuschlag zu prüfen, welches der Gebote den Zuschlag erhalten kann, da das überbotene Gebot durch die Widerspruchseinlegung nicht erloschen ist und der Bieter weiterhin an sein Gebot gebunden ist. Das überbotene Gebot bleibt somit bis zur Zuschlagserteilung in der „Schwebe“10. Wird dagegen ein weiteres wirksames Gebot ohne Widerspruch abgegeben, erlöschen dadurch die anderen Gebote11.
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Der widersprechende Beteiligte kann seinen Widerspruch als Prozesshandlung nicht zurücknehmen, da durch diesen Widerspruch eine verlängerte Bindung des überbotenen Bieters an sein Gebot eingetreten ist12. Die noch bei Stöber13 und Böttcher14 aufgezeigte Diskussion über zeitgleich abgegebene Gebote ist von theoretischer Natur und nicht praxisrelevant15.
C. Erlöschen durch Zurückweisung (Absatz 2) 7
Ein Gebot erlischt, wenn es widerspruchslos zurückgewiesen wird und wird als nicht abgegeben behandelt16. Das vorangegangene Gebot bleibt weiterhin für die Entscheidung über 4 Böttcher, § 72 Rz. 2; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 2. 5 Böttcher, § 72 ZVG Rz. 2; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 3; Stöber/ Becker, § 72 ZVG Rz. 3. 6 Böttcher, § 72 ZVG Rz. 2; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 3. 7 Böttcher, § 72 Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 12. 8 OLG Koblenz v. 28.8.1987 – 4 W 120/87, NJW-RR 1988, 690 = ZIP 1987, 1531; LG Koblenz v. 26.1.1987 – 4 T 822/86, Rpfleger 1987, 425 mit Anm. Storz; Böttcher, § 72 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./ Hintzen, § 72 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 5; Stöber/ Becker, § 72 ZVG Rz. 12. 9 Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 6. 10 BGH v. 17.4.1984 – VI ZR 191/82, MDR 1984, 1015 = NJW 1984, 1950 = Rpfleger 1984, 243; Böttcher, § 72 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 15. 11 Böttcher, § 72 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG 5; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 14. 12 Böttcher, § 72 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 72 ZVG 18; a.A. Steiner/Storz, § 72 ZVG Rz. 2. 13 Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 5. 14 Böttcher, § 72 ZVG Rz. 2. 15 Ebenso Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 4. 16 BGH v. 7.6.2018 – V ZB 67/17, MDR 2018, 1340 = ZfIR 2018, 840 m. Anm. Traub; Dassler u.a./ Hintzen, § 72 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 9; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 6; Stöber/ Becker, § 72 ZVG Rz. 16.
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Erlöschen eines Gebots; Übergebot
Rz. 12 § 72
den Zuschlag wirksam17. Ein nachfolgendes Gebot muss nunmehr wiederum nur höher sein, als das letzte wirksame Gebot (nicht höher als das zurückgewiesene Gebot)18. Dies ist auch der Fall, wenn das Gebot fehlerhaft widerspruchslos zurückgewiesen wurde19. Die Gründe für die Zurückweisung eines Gebotes ergeben sich aus § 71, entweder unwirksam nach Absatz 1 oder unwirksam auf Grund des fehlenden Nachweises der Vertretungsmacht nach Absatz 2, und aus § 70 Absatz 2 Satz 2 (fehlende Sicherheitsleistung)20. Einer förmlichen Zurückweisung steht es gleich, wenn ein als irrig abgegebenes Gebot ignoriert wird und stillschweigend als nicht abgegeben behandelt wird21. Nur wenn zum Schluss des Versteigerungstermins nach § 74 ZVG kein wirksames Gebot vorliegt können die Wirkungen des § 77 ZVG eintreten22. Die Erlöschenswirkung tritt aber nicht ein, wenn sofort der Zurückweisung des Gebotes widersprochen wird. Der Widerspruch kann in diesem Fall sowohl vom Bieter als auch von einem Beteiligten gemäß § 9 erhoben werden23. Der Widerspruch gegen die Zurückweisung ist ebenso für den Widersprechenden bindend (siehe Rz. 6) und kann ebenso wie der Widerspruch gegen die Gebotszulassung als Prozeßhandlung nicht zurück genommen werden24. Durch den erhobenen Widerspruch bleibt nunmehr das Gebot bis zur Entscheidung über den Zuschlag gemäß § 79 bindend25, das überbotene Gebot bleibt daneben ebenso wirksam.
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Nur mit der Einlegung des Widerspruchs gegen die Zurückweisung kann der Bieter erreichen, dass das zurückgewiesene Gebot bei der Zuschlagsentscheidung nochmals überprüft wird und ihm auch die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels gegen den Zuschlagsbeschluss eingeräumt wird26. Ein Widerspruch gegen die Zurückweisung kann auch darin gesehen werden, wenn der Bieter des zurückgewiesenen Gebots erneut in gleicher Höhe bietet27.
9
Wird dagegen sofort ein weiteres Übergebot widerspruchslos zugelassen, erlischt das zurückgewiesene Gebot, das mit dem Widerspruch behaftet ist28.
10
Ein mit Widerspruch behaftetes zurückgewiesenes Gebot führt nicht dazu, dass es überboten werden muss, da es für das zurückweisende Vollstreckungsgericht als nicht abgegeben angesehen wird. Die Wirksamkeit des Gebotes wird, wie vom Widersprechenden beabsichtigt, erst nochmals bei der Entscheidung über den Zuschlag gemäß § 79 geprüft. Ein weiteres Gebot muss deshalb nur das letzte wirksame Gebot übersteigen. Dies birgt aber für den Bieter die Gefahr, dass, wenn der Widerspruch erfolgreich ist, auch das zurückgewiesene Gebot zuschlagsfähig ist29.
11
Dies soll an folgendem Beispiel aufgezeigt werden: A bietet 100.000,00 EUR. Das Gebot wird widerspruchslos zugelassen. B bietet daraufhin 110.000,00 EUR. Das Gebot wird zurückgewiesen, der Bieter widerspricht.
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17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29
Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 15. Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 16. Böttcher, § 72 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 4. Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 7. Böttcher, § 72 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 8. BGH v. 7.6.2018 – V ZB 67/17, MDR 2018, 1340 = ZfIR 2018, 840 m. Anm. Traub. Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 10. Böttcher, § 72 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 4. Böttcher, § 72 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 13. BGH v. 14.2.2008 – V ZB 80/07, GE 2008, 535; LG Gießen v. 2.8.2009 – 7 T 37/09, JurionRS 2009, 36716. Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 13. Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 11. Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 16.
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§ 72 Rz. 12 Erlöschen eines Gebots; Übergebot C bietet nunmehr 105.000,00 EUR. Das Gebot wird widerspruchslos zugelassen. Weitere Gebote erfolgen nicht mehr. Stellt sich nunmehr bei der Entscheidung über den Zuschlag heraus, dass das Gebot des B unrechtmäßig zurückgewiesen wurde, ist der Zuschlag B zu erteilen, da durch den eingelegten Widerspruch das Gebot des B nicht erloschen war. Das Gebot des C kommt nunmehr als unzulässiges Untergebot für die Zuschlagserteilung nicht mehr in Betracht. War dagegen die Zurückweisung des Gebotes von B rechtmäßig, ist der Zuschlag nunmehr an den Bieter C zu erteilen. Das Gebot des Bieters A war zwar durch das zurückgewiesene Gebot des Bieters B nicht erloschen, wurde aber von Bieter C wirksam überboten.
D. Erlöschen durch Verfahrenseinstellung oder Terminsaufhebung (Absatz 3) 13
Alle bislang abgegebenen Gebote erlöschen, wenn das Zwangsversteigerungsverfahren komplett eingestellt wird oder der Versteigerungstermin nach Beginn der Bietzeit aufgehoben wird. Gleich wie die Einstellung des Verfahrens wird auch die Verfahrensaufhebung nach Antragsrücknahme behandelt30.
14
Bewilligt ein Gläubiger, der nicht der Berechnung des geringsten Gebots zu Grunde liegt, die einstweilige Einstellung des Verfahrens oder nimmt den Verfahrensantrag zurück, hat dies auf das Verfahren und die bislang abgegebenen Gebote keinen Einfluss, die Versteigerung nimmt ihren Fortgang31.
15
Bewilligt der alleinig betreibende Gläubiger, der der Berechnung des geringsten Gebots zu Grunde liegt, nach Schluss der Schluss der Versteigerung (§ 73) die einstweilige Einstellung oder nimmt den Verfahrensantrag zurück, so hat die Entscheidung gemäß § 33 durch die Versagung des Zuschlags zu erfolgen. Zum Meinungsstreit, wenn noch weitere betreibende Gläubiger vorhanden sind, siehe § 33 Rz. 22. Eine neue Bietzeit kann für einen weiteren Gläubiger nicht mehr eröffnet werden32. Bei der Zuschlagsversagung gemäß § 33 erlöschen die Gebote mit der Rechtskraft des Versagungsbeschlusses33. Wird irrtümlicherweise entgegen der erforderlichen Zuschlagsversagung gemäß § 33 ein Einstellungs- oder Aufhebungsbeschluss erlassen, so erlöschen die Gebote mit der Verkündung des Einstellungs- bzw. Aufhebungsbeschlusses, nicht mit dessen Rechtskraft34.
16
Bewilligt dagegen der Gläubiger, der der Berechnung des geringsten Gebots zu Grunde liegt, während der Bietzeitdie einstweilige Einstellung des Verfahrens oder nimmt den Verfahrensantrag zurück und es sind noch weitere betreibende Gläubiger vorhanden, so Erlöschen die bereits abgegebenen Gebote. Es ist dann für den nächst bestrangig betreibenden Gläubiger
30 Böttcher, § 72 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 14; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 9. 31 Böttcher, § 72 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 14; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 9. 32 Böttcher, § 33 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 33 ZVG Rz. 9; Depré/Popp, § 33 ZVG Rz. 6; Löhnig/Heiß, § 33 ZVG Rz. 16; Stöber/Nicht, § 33 ZVG Rz. 13. 33 Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 15; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 11. 34 OLG Hamm v. 12.7.1965 – 15 W 237/65, NJW 1965, 2410 = OLGZ 1965, 311; OLG Saarbrücken v. 11.11.1965 – 5 W 101/65, OLGZ 1966, 182; Böttcher, § 72 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 15; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 11.
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Erlöschen eines Gebots; Übergebot
Rz. 20 § 72
ein neues geringstes Gebot aufzustellen und erneut in einer neuen Bietzeit zur Abgabe von Geboten aufzufordern35. Bewilligt der bestrangig betreibende Gläubiger nach Schluss der Versteigerung im einem nach § 18 verbundenen Verfahren, in dem neben den Einzelausgeboten auch ein Gesamt- oder Gruppenausgebot stattfinden, die einstweilige Einstellung des Verfahrens oder nimmt den Verfahrensantrag auch nur hinsichtlich eines Grundstücks zurück, so ist sowohl auf das Gesamtausgebot als auch auf das davon betroffene Gruppenausgebot und Einzelausgebot der Zuschlag zu versagen. Es kann aber mangels Vergleichsmöglichkeit auch nicht auf die nicht von der Einstellung oder Aufhebung betroffenen Grundstücke ein Zuschlag erfolgen36. Warum die Rechtslage anders zu sehen sein soll, wenn der Gläubiger die einstweilige Einstellung bewilligt oder den Verfahrensantrag zurücknimmt für alle Grundstücke bis auf eines, wie bei Böttcher37 und Hintzen38 vertreten, ist nicht erkennbar.
17
Werden dagegen in einem nach § 18 verbundenen Verfahren nur die Einzelausgebote ausgeboten, so hat die Bewilligung der einstweiligen Einstellung oder Rücknahme des Verfahrensantrages bezüglich einzelner Grundstücke keinen Einfluss auf die Zuschlagserteilung für die nicht betroffenen Grundstücke. Die Gebote auf die nicht betroffenen Grundstücke bleiben wirksam.
18
Einstellungs- bzw. Aufhebungsgründe können sich aus den §§ 28, 29, 20, 30a, 30c, 30, d, 75 76 und aus § 765a ZPO ergeben39. Das Erlöschen der Gebote kann hierbei nicht mit einem Widerspruch verhindert werden. Ein Erlöschen der Gebote tritt auch ein, wenn das Verfahren im Termin irrtümlich eingestellt oder aufgehoben wird (ohne Vorliegen eines Einstellungs- oder Aufhebungsgrundes)40. Dagegen haben die Bestimmung eines Termines zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag gemäß § 8741 noch eine Vertagung des Termines gemäß § 227 ZPO42 einen Einfluß auf die Wirksamkeit der Gebote, sie bleiben für den Bieter bindend.
19
E. Erlöschen bei erhöhter Sicherheitsleistung (Absatz 4) Die Einfügung des Absatzes 4 im Zuge des 2 JuModG43 als Folgeänderung der Abschaffung 20 der „Bar“-Sicherheitsleistung hat in der Praxis für allerlei Irritationen gesorgt. Durch die Abschaffung der „Bar“-Sicherheitsleistung sollten aber nach dem Willen des Gesetzgebers nicht bestimmte Bietergruppen privilegiert werden, es sollte nur die Möglichkeit geschaffen werden, wenn verlangt, die erhöhte Sicherheitsleistung nach § 68 Absatz 2 und § 68 Absatz 3 auch noch im Versteigerungstermin (oder in einem zu bestimmenden Verkündungstermin gemäß § 87 ZVG) zu erbringen44, eine Leistung der erhöhten Sicherheit durch Überweisung wäre ansonsten nur vor dem Versteigerungstermin möglich.
35 Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 14; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 9. 36 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 42; Depré/Bachmann, § 63 ZVG Rz. 28; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 10. 37 Böttcher, § 63 ZVG Rz. 16. 38 Dassler u.a./Hintzen, § 63 ZVG Rz. 43. 39 Böttcher, § 72 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 11. 40 Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 7. 41 Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 11. 42 Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 11. 43 Zweites Gesetz zur Modernisierung der Justiz (2. JuModG) v. 22.12.2006, BGBl. I, S. 3416; zum Inkrafttreten der ZVG-Vorschriften s. § 186 ZVG. 44 Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 19.
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§ 72 Rz. 21 Erlöschen eines Gebots; Übergebot 21
Nach Absatz 4 erlischt ein überbotenes Gebot nicht, wenn die erhöhte Sicherheitsleistung nach § 68 Absatz 2 oder § 68 Absatz 3 nicht sofort erbracht wird45. Zugelassen wird ein Übergebot, für das die erhöhte Sicherheitsleistung zu erbringen ist, aber erst, wenn die (Regel)-Sicherheit des § 68 Absatz 1 geleistet ist (siehe § 70 Rz. 12). Wird die (Regel)-Sicherheit nicht geleistet, wird das Übergebot zurückgewiesen. Ist für das Übergebot dagegen die (Regel)-Sicherheit geleistet und das Gebot somit zugelassen (soweit keine Gründe aus § 71 entgegenstehen) worden, erlischt aber das vorangegangene zulässige (§ 71) geringere Gebot nicht sofort, sondern es bleibt weiterhin wirksam. Erfolgt nunmehr bis zur Entscheidung über den Zuschlag die Leistung der erhöhten Sicherheit, erlischt das überbotene Gebot und das Übergebot ist zuschlagsfähig46. Wird dagegen die erhöhte Sicherheitsleistung bis zur Entscheidung über den Zuschlag nicht erbracht, liegt kein wirksames Gebot vor47. Das überbotene, nicht erloschene Gebot ist somit zuschlagsfähig. Bis zur Entscheidung über den Zuschlag, wobei nochmals die Wirksamkeit der Gebote geprüft wird, bleiben somit sowohl das Übergebot als auch das überbotene Gebot in der „Schwebe“48.
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Nach dem Wortlaut des Absatzes 4 betrifft die Regelung nur Übergebote. Sie ist aber entsprechend anzuwenden, wenn sofort beim ersten Gebot die erhöhte Sicherheitsleistung verlangt wird. Wird ein solches Gebot zugelassen, stellt sich hierbei die Frage, ob das nächste Gebot dieses Gebot betragsmäßig übersteigen muss. Nach der hier vertretenen Ansicht ist nunmehr die Sachlage gleich wie bei einem zurückgewiesenen Gebot, gegen dessen Zurückweisung Widerspruch erhoben wurde. Dort ist geklärt, dass das nächste Gebot nicht höher sein muss als das zurückgewiesene Gebot. Eine unterschiedliche Behandlung von einem zurückgewiesenen Gebot, das mit einem Widerspruch behaftet ist, und einem Gebot, für das noch die erhöhte Sicherheit zu leisten ist, ist nicht sachgerecht, da bei beiden Fällen die Wirksamkeit des Gebotes bei der Entscheidung über den Zuschlag nochmals geprüft wird. Erst bei der Entscheidung über den Zuschlag ist über die endgültige Wirksamkeit der Gebote, für die die erhöhte Sicherheitsleistung verlangt wurde, zu entscheiden49.
23
Wäre dem nicht so, hätte es der Bieter, der die erhöhte Sicherheitsleistung nach § 68 Absatz 2 oder Absatz 3 zu erbringen hat (insbesondere der Schuldner), in der Hand, den Versteigerungstermin und die Gebotsabgabe zu manipulieren und gegebenenfalls ein Versteigerungsverfahren insgesamt zu vereiteln50. Dies würde, so Stöber51 dem Sinn und Zweck der Bestimmungen über die Sicherheitsleistung, sowie der Wirksamkeit und Zurückweisung von Geboten widersprechen. Dem ist nichts hinzuzufügen.
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Die erhöhte Sicherheit muss nach Absatz 4 bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet werden. Die Entscheidung über den Zuschlag hat im Versteigerungstermin nach Schluss der Versteigerung und Verhandlung über den Zuschlag oder in einem sofort zu bestimmenden Verkündungstermin (§ 87) zu erfolgen52.Wie bereits unter Rz. 20 ausgeführt, sollte die Ab45 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 52b; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 19. 46 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 52b; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 16; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 19. 47 Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 52b; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 19. 48 Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 17; Depré/Bachmann, § 72 ZVG Rz. 16; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 8. 49 So auch Böttcher, §§ 67-70 ZVG Rz. 52b; Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 20; Hintzen/Alff, Änderungen des ZVG aufgrund des Zweiten JuModG – zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Rpfleger 2007, 233; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 72 ZVG Rz. 19; Hintzen/Alff, Änderungen des ZVG aufgrund des Zweiten JuModG – zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Rpfleger 2007, 233; Weis, Änderungen in ZVG und WEG und die Auswirkung auf die Zwangsversteigerungsund Zwangsverwaltungspraxis, ZfIR 2007, 477. 50 Böttcher, § 67-70 ZVG Rz. 52b; Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 20. 51 Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 20. 52 Löhnig/Steffen, § 72 Rz. 10.
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Bietzeit; Schluß der Versteigerung
Rz. 1 § 73
schaffung der „Bar“-Sicherheitsleistung nicht einen bestimmten Bieterkreis privilegieren. An der Höhe der zu leistenden Sicherheit nach § 69 wurde mit der Abschaffung der „Bar“-Sicherheitsleistung nichts geändert. Ein verantwortungsbewusster Bieter hat sich daher im Vorfeld einer Versteigerung über die Bestimmungen der Sicherheitsleistung zu informieren, er kann somit nicht im Termin davon überrascht werden und hat auch keinen Anspruch auf eine Verlängerung der Beibringungsfrist53. Grundsätzlich ist daher auch bei einer erhöhten Sicherheitsleistung nach Absatz 4 am Schluss der Versteigerung die Entscheidung über den Zuschlag zu treffen, da ansonsten auch ein Bieter, dessen Gebot durch diese Sondervorschrift nicht erloschen ist, unnötig lange an sein Gebot gebunden ist54. Der sicherheitsverlangende Gläubiger hat es in der Hand, durch Rücknahme seines erhöhten Sicherheitsverlangen (siehe auch § 68 Rz. 45 und § 70 Rz. 11) für Klarheit zu sorgen. Eine generelle Pflicht zur Bestimmung eines Termines zur Entscheidung über den Zuschlag, wie von Hintzen55 gefordert, besteht in der Fallgestaltung des Absatzes 4 nicht. Ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist nur nach Abwägung aller Umstände nach pflichtgemäßen Ermessen zu bestimmen56.
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§ 73 [Bietzeit; Schluß der Versteigerung] (1) Zwischen der Aufforderung zur Abgabe von Geboten und dem Zeitpunkt, in welchem bezüglich sämtlicher zu versteigernder Grundstücke die Versteigerung geschlossen wird, müssen 30 Minuten liegen. Die Versteigerung muß so lange fortgesetzt werden, bis der Aufforderung des Gerichts ungeachtet ein Gebot nicht mehr abgegeben wird. (2) Das Gericht hat das letzte Gebot und den Schluß der Versteigerung zu verkünden. Die Verkündung des letzten Gebots soll mittels dreimaligen Aufrufs erfolgen. Rz. A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Dauer der Bietzeit (Absatz 1 Satz 1) . . . 6 I. Mindestdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Rz. II. Fortsetzung der Bietzeit (Absatz 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 III. Mehrere Grundstücke . . . . . . . . . . . . 14 C. Schluss der Versteigerung (Absatz 2) . . 16
Literatur: Hornung, Empfiehlt sich die Abschaffung der Bietestunde (§ 73 ZVG)?, KTS 1973, 239.
A. Allgemein In dieser Vorschrift wird der Kernpunkt des Versteigerungstermins, die sogenannte „Bietstunde“1, geregelt. Diese schließt sich im Versteigerungstermin an den Bekanntmachungsteil an. Zuletzt wurde die Dauer der Bietzeit durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes 53 54 55 56 1
BGH v. 12.1.2006 – V ZB 147/05, Rpfleger 2006, 211 = MDR 2006, 1072. Löhnig/Steffen, § 72 ZVG Rz. 10. Dassler/Hintzen, § 68 ZVG Rz. 18; auch Stöber, § 87 ZVG Rz. 2. BGH v. 31.5.2012 – V ZB 207/11, ZfIR 2012, 648 m. Anm. Kirsch. Zum historischen Ursprung des Begriffes „Bietstunde“ wird auf die Ausführungen von Bachmann in Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 1 verwiesen.
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§ 73 Rz. 1 Bietzeit; Schluß der Versteigerung über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und anderer Gesetze vom 18.2.1998, BGBl. I, S. 866, geändert und beträgt nunmehr mindestens 30 Minuten (vorher mindestens 1 Stunde). Durch die Verkürzung der Bietzeit von 1 Stunde auf 30 Minuten wollte der Gesetzgeber eine Straffung des Versteigerungstermins und eine unnötige Bindung der Arbeitskraft der Gerichte erreichen2. Dies wurde aber in der Praxis nicht erreicht, es ist weiterhin festzustellen, dass die Bietinteressenten erst kurz vor Ablauf der Bietzeit mit der Gebotsabgabe beginnen3. § 73 gilt für alle Versteigerungsverfahren4. 2
Eine vollständige Abschaffung der festgeschriebenen Bietzeit, wie teilweise aus der Praxis gefordert wurde, zog der Gesetzgeber dagegen nicht in Betracht5. Die Bietzeit soll weiterhin eine „Abschreckungsfunktion“ haben, damit Bieter vor übereilten Erklärungen geschützt sind6. Ebenso soll es in der Bietzeit den Bietern weiterhin möglich sein, sich über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Versteigerungsobjektes zu informieren.
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Die dagegen noch von Stöber7 bis zur 21. Auflage geäußerte Kritik an der Verkürzung der Bietzeit ist, in Anbetracht der heutigen Verhältnisse, völlig überzogen. Das Vollstreckungsgericht tritt im Versteigerungstermin nicht als „Makler“ für das Versteigerungsobjekt auf, sondern es versteigert ein Grundstück im Sinne von § 864 ZPO und zwar ohne Gewährleistung (§ 56).
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Das Vollstreckungsgericht sollte sich, schon im Hinblick auf mögliche Haftungsrisiken, tunlichst hüten, den Interessenten detaillierte Auskünfte zu den Gebäuden o.ä. zu geben. Die Interessenten haben im Vorfeld die Möglichkeit, insbesondere nachdem einige Bundesländer schon die Möglichkeit des § 38 Absatz 2 (Einstellung der Gutachten in das Internet, eventuell sogar noch mit Nennung des Sachbearbeiters des/der Gläubiger) genutzt haben, Erkundigungen über den Grundbesitz einzuholen.
5
Das Vollstreckungsgericht schuldet den Verfahrensbeteiligten zudem auch nicht die Verwertung des Objektes durch Zuschlag (genauso wenig schuldet das Prozessgericht den Parteien ein bestimmtes Urteil), sondern nur die ordnungsgemäße Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Es ist Sache der Interessenten sich vorab über die tatsächlichen Verhältnisse des Grundbesitzes zu informieren bzw. ist es Sache der betreibenden Gläubiger, in ein Interesse an einer bestmöglichen Verwertung des Objektes haben, Interessenten zu akquirieren. Dem Vollstreckungsgericht obliegt es in erster Linie über die rechtlichen Gegebenheiten aufzuklären.
B. Dauer der Bietzeit (Absatz 1 Satz 1) I. Mindestdauer 6
Die Bietzeit muss mindestens 30 volle Minuten andauern8, s. Rz. 1. Sie beginnt mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten (§ 66 Rz. 104) und ist wegen § 78 unter Angabe der genauen Uhrzeit im Protokoll festzuhalten9. Die Bietzeit endet mit der Verkündung des Schlus2 3 4 5 6 7 8 9
Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 1. Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 1. Böttcher, § 73 ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 2. Auch jetzt nicht im Rahmen der nunmehr beabsichtigten ZVG-Reform, Schmidberger, Quo vadis ZVG?, ZfIR 2013, 343. Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 3. Stöber, 21. Aufl., § 73 ZVG Rz. 2.13; jetzt abgeschwächt Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 3. Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 4. Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG, Rz. 2; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 7.
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Bietzeit; Schluß der Versteigerung
Rz. 11 § 73
ses der Versteigerung gemäß § 73 Absatz 2 Satz 1. Dieser Zeitpunkt ist ebenfalls im Hinblick auf § 78 mit genauer Uhrzeit im Protokoll festzuhalten10. Wenn somit die Aufforderung zur Abgabe von Geboten um 9 Uhr 21 Minuten erfolgte, kann die Bietzeit frühestens um 9 Uhr 42 Minuten enden. Die Nichteinhaltung der Mindestbietzeit stellt einen absoluten Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 7 dar11. Maßgebend für den Zeitablauf der Bietzeit ist die Uhr des sitzungsleitenden Rechtspflegers, nicht etwaige im Gerichtsgebäude angebrachte Uhren oder etwa die Uhr eines Bieters12. Während der Bietzeit muss der verfahrensleitende Rechtspfleger anwesend und zur Entgegennahme von Geboten bereit sein13, nicht dagegen der zugezogene Protokollführer, der Rechnungssachverständige14 oder die übrigen Beteiligten des Verfahrens. Storz15 rät daher allen Beteiligten, sich während der Bietzeit nicht zu entfernen.
7
Eine Unterbrechung der Bietzeit aus wichtigem Grund ist möglich, es müssen aber der Beginn und das Ende der Unterbrechung minutengenau im Protokoll festgehalten und die Mindestbietzeit unter Einrechnung der Unterbrechung eingehalten sein16.
8
Keine Unterbrechung der Bietzeit stellt dar, wenn in dieser allgemeine Belehrungen oder Hinweise seitens des sitzungsleitenden Rechtspflegers erteilt werden, soweit er weiterhin zur Entgegennahme von Geboten bereit ist17. Diese Vorgehensweise, nämlich die allgemeinen Belehrungen erst während der Bietzeit zu erteilen, sollte aber die Ausnahme bleiben, höchstens in Versteigerungsterminen mit sehr wenigen Bietinteressenten. Ansonsten gehören die allgemeinen Belehrungen in den Bekanntmachungsteil vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten (§ 66 Rz. 80).
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II. Fortsetzung der Bietzeit (Absatz 1 Satz 2) Die Bietzeit hat solange fortzudauern, bis nach Aufforderung des Gerichts kein weiteres Gebot mehr abgegeben wird. Die Bietzeit ist somit keine Ausschlussfrist18. Wie in der Praxis häufig zu erleben ist, erfolgt die Abgabe des ersten Gebots erst kurz vor Ablauf oder nach Ablauf der Bietzeit. Die Versteigerung kann aber dann nicht sofort nach Ablauf der Mindestbietzeit geschlossen werden, sondern ist solange fortzuführen, bis nach Aufforderung durch das Gericht kein weiteres Gebot mehr abgegeben wird. Die Schließung der Versteigerung erfolgt dann gemäß Absatz 219.
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Im Falle einer Unterbrechung der Bietzeit ist die Unterbrechungszeit nachzuholen, es müssen mindestens 30 volle Minuten Bietzeit eingehalten werden.
11
10 Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 2. 11 BGH v. 9.5.2003 – IXa ZB 25/03, MDR 2003, 1074 = Rpfleger 2003, 452 = ZfIR 2003, 743; Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 14. 12 OLG Hamm v. 10.2.1989 – 15 W 25/89, Rpfleger 1989, 379; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 2; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 7. 13 Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 73 ZVG Rz. 20; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 10. 14 Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 10. 15 Storz/Kiderlen, D. TH 3.1.2.2. 16 RGZ 154, 397; Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 3; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 10. 17 OLG München v. 4.11.1976, Rpfleger 1977, 69; Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 10. 18 Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 5. 19 LG Stuttgart v. 2.12.2010 – 10 T 330/10, BeckRS 2010, 30640.
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§ 73 Rz. 12 Bietzeit; Schluß der Versteigerung 12
Wird während der Bietzeit eine Änderung des geringsten Gebots und dadurch auch eine Änderung der Versteigerungsbedingungen erforderlich, so z.B. durch die Bewilligung der einstweiligen Einstellung oder Antragsrücknahme des bislang bestrangig betreibenden Gläubigers (andere Änderungen der Versteigerungsbedingungen oder der Ausgebotsformen sind wegen der in § 59 und § 63 erforderlichen Antragstellung vor Gebotsabgabe nicht mehr möglich), so ist die Bietzeit nicht zu unterbrechen sondern abzubrechen und nach erneuter Aufforderung zur Abgabe von Geboten eine neue Bietstunde zu eröffnen20.
13
Die Nichteinhaltung der Mindestbietzeit stellt einen absoluten Zuschlagsversagungsgrung gemäß § 83 Nr. 7 ZVG dar, s. Rz. 6. Die Nichteinhaltung der Mindestbietzeit kann auch auf Grund von § 84 Abs. 1 ZVG nicht durch Zustimmung aller Beteiligten geheilt werden. Ein unter Verstoß gegen § 73 ZVG erteilter Zuschlagsbeschluss kann gemäß §§ 100, 84 Abs. 1 ZVG mit der Zuschlagsbeschwerde angefochten werden21. Unschädlich wird dagegen angesehen, wenn die Bietzeit irrtümlich verfrüht geschlossen wird, der Fehler sofort korrigiert wird und in der Zwischenzeit keine Interessenten den Sitzungssaal verlassen haben, somit keine Auswirkung auf das Terminsergebnis eintritt22.
III. Mehrere Grundstücke 14
Auch bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke in einem gemäß § 18 verbundenen Verfahren im Wege der Einzel- und/oder Gruppen-/Gesamtausgebote ist die Mindestbietzeit zu beachten. Die Bietzeit soll gemeinsam eröffnet werden und muss für alle Ausgebotsarten gleichzeitig geschlossen werden23. Dies ist auch dem Grundsatz des fairen Verfahrens geschuldet und soll den Bietern die Möglichkeit bieten, auf alle Ausgebotsarten immer höhere Gebote noch abgeben zu können24. Die immer noch von Stöber25 vertretene Meinung, wonach bei mehreren Einzelausgeboten in einem Termin, die Bietzeiten zu unterschiedlichen Zeiten geschlossen werden könnten, dürfte überholt sein.
15
Bei einer zulässigen gleichzeitigen Versteigerung26 mehrerer gleichartiger Grundstücke, die nicht verbindungsfähig nach § 18 sind27, ist bei gleichzeitiger Eröffnung der Bietzeit ebenso nur die Mindest-Bietzeit einzuhalten, sofern nicht der geordnete Ablauf der Versteigerung gestört wird, so z.B. durch die gleichzeitige Gebotsabgabe in den verschiedenen Verfahren28. Bei Vorliegen einer solchen Störung ist die Bietzeit um die Störungsdauer zu verlängern.
20 Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 4, Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 15. 21 BGH v. 9.5.2003 – IXa ZB 25/03, MDR 2003, 1074 = Rpfleger 2003, 452 = ZfIR 2003, 743; Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 6. 22 Böttcher, § 73 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 16. 23 BGH v. 9.5.2003 – IXa ZB 25/03, Rpfleger 2003, 187 = ZfIR 2003, 743 = MDR 2003, 1070; LG Kassel v. 3.8.2006 – 3 T 367/06, Rpfleger 2007, 97; Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 13. 24 Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 4. 25 Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 12, ebenso wie Stöber: Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 5. 26 Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 8; a.A. Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 75, 76. 27 BGH v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = NJW 2007, 2995 = Rpfleger 2007, 410; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 9; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 4. 28 BGH v. 18.9.2008 – V ZB 18/08, NJW 2008, 3710 = Rpfleger 2009, 95 = ZfIR 2009, 78 = MDR 2009, 109.
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Bietzeit; Schluß der Versteigerung
Rz. 22 § 73
C. Schluss der Versteigerung (Absatz 2) Nach Ablauf der Mindest-Bietzeit und der nachfolgenden Aufforderung zur Abgabe von Geboten ist das jeweilige nichterloschene Meistgebot mittels dreimaligen Aufrufs zu verkünden, bei Vorliegen mehrerer Ausgebotsarten alle nichterloschenen Meistgebote29. Dies erfolgt in der Praxis durch die Nennung des Namens des jeweiligen Bieters nebst seinem Bargebot.
16
Nach dem dritten Aufruf ist nochmals seitens des Gerichtes die Aufforderung zur Gebotsabgabe zu wiederholen. Wird diese Aufforderung vergessen, stellt dies einen Zuschlagsversagungsgrund dar30. Wird nunmehr kein weiteres Gebot abgegeben, verkündet das Gericht den Schluss der Versteigerung (= Schluss der Bietzeit31). Dieser Zeitpunkt ist gemäß § 78 ebenso mit genauer Uhrzeit im Protokoll festzuhalten, um die Überprüfung der Einhaltung der Bietzeit in einem eventuellen Beschwerdeverfahren zu ermöglichen).
17
Bei mehreren Ausgebotsformen ist ein einheitlicher Schluss der Versteigerung festzustellen32.
18
Wird dagegen (nach dreimaligen Aufruf und Aufforderung) ein weiteres Gebot abgegeben, so hat das Verfahren erneut von vorne zu beginnen (nochmaliger dreimaliger Aufruf und Aufforderung zur weiteren Gebotsabgabe).
19
Auch wenn keine oder nur erloschene Gebote vorliegen, sollte auf den dreimaligen Aufruf 20 bzw. den Hinweis auf die Nichtvorlage von Geboten nicht verzichtet werden. Zwar soll § 73 Absatz 2 nach OLG Hamm33 nur eine Ordnungsvorschrift darstellen, aber zu einer ordnungsgemäßen Durchführung eines Versteigerungstermins gehört auch die Einhaltung von Ordnungsvorschriften, insbesondere da in diesem Fall der dafür erforderliche Zeitaufwand minimal ist. Nach Verkündung des Schlusses der Versteigerung sind keine Gebote mehr zulässig34. Unterbleibt die Verkündung des Schlusses der Versteigerung, erfolgt aber anschließend eine Verhandlung über einen eventuellen Zuschlag, so kann mit Beginn dieser Verhandlung die Bietzeit als geschlossen angesehen werden35.
21
Mit Verkündung des Schlusses der Versteigerung ist nur die Bietzeit beendet, nicht der Versteigerungstermin an sich. Es schließt sich nunmehr die Verhandlung über den Zuschlag gemäß § 74 ZVG und die Verkündung einer der Entscheidung über den Zuschlag gemäß § 87 ZVG an. Die im Sitzungssaal Anwesenden sollten auf diesen Umstand hingewiesen werden, damit nicht eine allzu große Unruhe eintritt, wenn Interessenten nunmehr vorzeitig den Sitzungssaal verlassen wollen.
22
29 Böttcher, § 73 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 10; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 73 Rz. 17. 30 OLG Karlsruhe v. 24.10.1997 – 14 W 45/97, Rpfleger 1998, 79 = MDR 1998, 60; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 10; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 10; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 5; a.A. LG Kassel v. 30.5.1984 – 6 T 89/84, Rpfleger 1984, 474. 31 Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 73 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 19. 32 BGH v. 9.5.2003 – IXa ZB 25/03, NJW 2003, 2753 = Rpfleger 2003, 452. 33 OLG Hamm v. 2.4.1987 – 15 W 76/87, Rpfleger 1987, 469; Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 17. 34 Böttcher, § 73 ZVG Rz. 2; Depré/Bachmann, § 73 ZVG Rz. 9. 35 Dassler u.a./Hintzen, § 73 ZVG Rz. 12 unter Bezug auf OLG Hamm v. 2.4.1987; Stöber/Becker, § 73 ZVG Rz. 20.
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§ 74 Rz. 1 Verhandlung über den Zuschlag
§ 74 [Verhandlung über den Zuschlag] Nach dem Schlusse der Versteigerung sind die anwesenden Beteiligten über den Zuschlag zu hören.
A. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 3
Rz. C. Anträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 D. Ende der Verhandlung . . . . . . . . . . . . 14
A. Allgemein 1
Die Vorschrift des § 74 gilt für alle Versteigerungsarten1. Nach dem verkündeten Schluss der Versteigerung gemäß § 73 sind alle anwesenden Beteiligten über die Zuschlagserteilung zu hören. Die Verhandlung über den Zuschlag soll die danach gemäß §§ 87 Abs. 1, 89 zu verkündende Entscheidung vorbereiten. Zu diesem Zeitpunkt sollen alle entscheidungserheblichen Anträge vorgebracht werden.
2
§ 74 ist nur als Ordnungsvorschrift anzusehen, da ein Verstoß dagegen im § 83 nicht als Zuschlagsversagungsgrund aufgeführt ist2. Allerdings kann eine unterlassene Anhörung oder Belehrung im Rahmen der Verhandlung über den Zuschlag eine Zuschlagsanfechtung rechtfertigen3.
B. Anhörung 3
Nach dem Wortlaut des § 74 sind zur Entscheidung über den Zuschlag die anwesenden Beteiligten zu hören. Zu dem Kreis der Anzuhörenden gehört aber auch der Bieter, der zwar nicht Beteiligter im Sinne von § 9 ZVG ist, aber gemäß § 97 ZVG ein eigenes Beschwerderecht hat, dessen Gebot für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommt4. Ebenso müssen weitere Anwesende gehört werden, die zwar (noch) nicht Beteiligte des Verfahrens gemäß § 9 sind, aber ihre Beteiligtenstellung noch anmelden können5. So ist für den Antrag gemäß § 74a Abs. 1 der Berechtigte, der nicht unbedingt Beteiligter sein muss, antragsberechtigt6.
4
Die Anwesenden sind seitens des Gerichtes ausdrücklich zur Abgabe von Erklärungen auf zu fordern. Es besteht aber keine Verpflichtung zu einer Äußerung oder Antragstellung7, insbesondere nicht zu einem Antrag auf Zuschlagserteilung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen.
1 Böttcher, § 74 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 1; Depré/Bachmann, § 74 ZVG Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 74 ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 2. 2 Böttcher, § 74 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 3. 3 BVerfG v. 26.10.2011 – 2 BvR 1856/10, NJW-RR 2012, 302 = Rpfleger 2012, 217 = ZfIR 2012, 185; Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 11 m.w.N. zum rechtlichen Gehör; Depré/Bachmann, § 74 ZVG Rz. 3; Löhnig/Steffen, § 74 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 3. 4 Böttcher, § 74 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 74 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 4. 5 BVerfG v. 26.10.2011 – 2 BvR 1856/10, NJW-RR 2012, 302 = Rpfleger 2012, 217 = ZfIR 2012, 185. 6 BVerfG v. 26.10.2011 – 2 BvR 1856/10, NJW-RR 2012, 302 = Rpfleger 2012, 217 = ZfIR 2012, 185. 7 Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 4.
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Verhandlung über den Zuschlag
Rz. 9 § 74
Ein Zuschlagsversagungsantrag ist aber dagegen immer zu stellen, soweit nicht ein gesetzlich normierter Zuschlagsversagungsgrund vorliegt, der von Amts wegen zu beachten ist. Die Anhörung der Anwesenden soll seitens des Gerichtes auf jeden Fall ernst genommen werden, da durch diese Verhandlung über die Entscheidung über die Zuschlagserteilung möglichst eine Zuschlagsanfechtung vermieden werden soll8. Die in § 83 aufgeführten Zuschlagsversagungsgründe sind zwar gemäß § 79 von Amts wegen zu beachten, aber die Versagungsgründe des § 83 Nr. 1 bis 5 sind durch nachträgliche Genehmigung gemäß § 84 Abs. 1 heilbar9.
5
Erklärt ein anwesender Beteiligter mit der Erteilung des Zuschlags einverstanden zu sein, so genehmigt er dadurch die bis dahin bekannten Verfahrensmängel10. Diese abgegebene Erklärung ist im Hinblick auf § 80 zu protokollieren, da die Genehmigung gemäß § 84 ausdrücklich, entweder zu Protokoll oder in öffentlich beglaubigter Urkunde, zu erfolgen hat.
6
Im Hinblick auf die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes entwickelten Grundsätze des fairen Verfahrens11 müssen bei bestimmten Verfahrenskonstellationen auch nicht erschiene Beteiligte gemäß § 139 ZPO auf ihr Recht zur Antragstellung bei der Entscheidung über den Zuschlag hingewiesen werden, so muss z.B. der nichterschienene Schuldner (Eigentümer) bei einer beabsichtigten Zuschlagserteilung auf ein erheblich unter Verkehrswert liegendes Meistgebot auf die Möglichkeit der Stellung eines Vollstreckungsschutzantrages gemäß § 765a ZPO wegen unbilliger Härte12 oder der nicht geschäftsgewandte Gläubiger auf die Möglichkeit der Antragstellung gemäß §§ 74a, 3013 hingewiesen werden.
7
C. Anträge In der Verhandlung über den Zuschlag kann insbesondere der Antrag gemäß § 74a gestellt werden, da dieser gemäß § 74a Abs. 2 nur bis zum Schluss der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden kann. Eine Antragstellung in einem eventuell zu bestimmenden Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag gemäß § 87 ist unzulässig.
8
Wird seitens des Gläubigers der Antrag auf Zuschlagsversagung gemäß § 74a und gleichzeitig 9 der Antrag auf Bestimmung eines gesonderten Verkündungstermins gestellt mit dem Ziel, mit dem Meistbietenden in Verhandlung über die Höhe des Meistgebotes zu treten, so wäre die Bestimmung eines eventuellen Verkündungstermins ermessensfehlerhaft14. Ein gesonderter Zuschlagsverkündungstermin gemäß § 87 darf nur bestimmt werden, wenn zwingende Gründe dafür vorliegen. Dies kann bei Vorliegen einer prozessualen Manipulation (z.B. überraschende Vorlage eines fingierten Mietvertrages um einen günstigen Erwerb einer Person zu ermöglichen) der Fall sein15.
8 BGH v. 19.11.2009 – V ZB 118/09, MDR 2010, 171 = NJW 2010, 2217 = Rpfleger 2010, 226 = IGZInfo 2010, 21; Böttcher, § 74 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 74 ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 3. 9 Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 5. 10 Böttcher, § 74 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 5. 11 Näheres hierzu bei Wedekind, „Fair trail“ – Ist die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit von Eigengebote von Gläubigern eigentlich verfassungsgemäß?, ZfIR 2012, 162. 12 BVerfG v. 24.3.1976 – 2 BvR 804/75, BVerfGE 42, 64 = NJW 1976, 1391 = Rpfleger 1976, 389 mit Anm. Stöber und Vollkommer; Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 74 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 74 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 12. 13 BVerfG v. 23.7.1992 – 1 BvR 14/90, NJW 1993, 1699 = Rpfleger 1993, 32 mit krit. Anm. Hintzen; Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 74 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 3. 14 BGH v. 31.5.2012 – V ZB 207/11, Rpfleger 2012, 640 = ZfIR 2012, 648 m. Anm. Kirsch. 15 LG München II v. 31.7.2017 – 7 T 504/17, Rpfleger 2018, 44 = IVR 2018, 28 m. Anm. Meerhoff.
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§ 74 Rz. 9a Verhandlung über den Zuschlag 9a
Nur das Vorliegen erheblicher Gründe im Sinne von § 227 Abs. 1 ZPO rechtfertigen keinen besonderen Verkündungstermin16. In diesem Fall ist die Bestimmung eines gesonderten Zuschlagsverkündungstermines ebenfalls ermessensfehlerhaft17.
10
Weiter können in diesem Verfahrensabschnitt Anträge gemäß §§ 75, 76, 77 und 85 sowie auch Vollstreckungsschutzanträge gemäß § 765a ZPO gestellt werden.
11
Auch ist zu diesem Zeitpunkt noch die Anmeldung eines Rechtes, dass der Versteigerung entgegensteht, gemäß § 37 Nr. 5 möglich, da dieses Recht bis zur Erteilung des Zuschlags angemeldet werden kann18.
12
Nicht mehr möglich sind dagegen nach Schluss der Versteigerung gemäß § 73 Übergebote, Anträge auf Sicherheitsleistung oder die Erbringung (= Nachweis) einer Sicherheitsleistung19 (mit Ausnahme der erhöhten Sicherheitsleistung – diese ist bis zur Erteilung des Zuschlags zu erbringen), Widersprüche gemäß § 72, Abgabe von Zustimmungserklärungen gemäß § 71 Abs. 2 oder die nachträgliche Vorlage von Vertretungsnachweisen20.
13
Weiterhin möglich sind dagegen noch Anmeldungen im Sinne von § 37 Nr. 4, diese unterliegen aber dem Rangverlust des § 11021.
D. Ende der Verhandlung 14
Nach Schluss der Verhandlung über den Zuschlag muss eine Entscheidung verkündet werden, und zwar entweder die Verkündung der Entscheidung über die Erteilung oder Versagung des Zuschlags gemäß § 89 oder die Bestimmung eines gesonderten Termins über die Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag gemäß § 87. Unzulässig ist dagegen die Verkündung eines Beschlusses, wonach ein gesonderter Zuschlagsverkündungstermin gemäß § 87 von Amts wegen angesetzt wird22.
15
Im Fall eines gesonderten Zuschlagsverkündungstermins ist gemäß § 87 Abs. 3 den Beteiligten erneut rechtliches Gehör gemäß § 139 ZPO zu gewähren23.
§ 74a [Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10 des festgesetzten Verkehrswertes; Verkehrswertfestsetzung] (1) Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grund16 17 18 19 20 21 22 23
BGH v. 12.5.2016 – V ZB 141/15, MDR 2016, 907 = Rpfleger 2016, 597 = ZfIR 2016, 512. Zustimmend Ertle in Rpfleger 2017, 46. Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 9. BGH v. 12.1.2006 – V ZB 147/05, MDR 2006, 1072 = NJW-RR 2006, 715 = Rpfleger 2006, 211; Dassler u./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 74 ZVG Rz. 6; Löhnig/Steffen, § 74 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 6. Böttcher, § 74 ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 74 ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74 ZVG Rz. 6. Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 8. Böttcher, § 74 ZVG Rz. 2, Depré/Bachmann, § 74 ZVG Rz. 7. BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 27/04, NZI 2005, 181 = Rpfleger 2005, 151 = MDR 2005, 353; Dassler u.a./Hintzen, § 74 ZVG Rz. 10; Löhnig/Steffen, § 74 ZVG Rz. 3.
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Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
§ 74a
stückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, die Versagung des Zuschlags beantragen. Der Antrag ist abzulehnen, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht und glaubhaft macht, daß ihm durch die Versagung des Zuschlags ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde. (2) Der Antrag auf Versagung des Zuschlags kann nur bis zum Schluß der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden; das gleiche gilt von der Erklärung des Widerspruchs. (3) Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 versagt, so ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. Der Zeitraum zwischen den beiden Terminen soll, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen. (4) In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 85a Abs. 1 versagt werden. (5) Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Der Beschluß über die Festsetzung des Grundstückswertes ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags können mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden.
A. I. II. B. C. I. II. 1. 2. 3. 4.
5. III. IV. D. I. II. III. E.
Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Versagungsantrag wegen Nichterreichens von 7/10 (Absatz 1 Satz 1) . . . . Grundtatbestand . . . . . . . . . . . . . Antragsberechtigung . . . . . . . . . . Sachliche Antragsberechtigung . . . . . Persönliche Antragsberechtigung . . . Nichtantragsberechtigte . . . . . . . . . Mehrere Grundstücke . . . . . . . . . . a) Nur Einzelausgebote oder Gesamtausgebot unter Verzicht auf die Einzelausgebote . . . . . . . . . . . . b) Einzel- und Gesamtausgebote . . . Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . Widerspruch des betreibenden Gläubigers (Absatz 1 Satz 2) . . . . . . Widerspruchsberechtigter . . . . . . . Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt der Antragstellung (Absatz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
Rz. 1 1 2 3
. . . . . . .
. . . . . . .
7 7 13 13 16 18 23
. . . . .
. . . . .
23 25 28 29 31
. . . .
. . . .
33 33 35 37
F. Verfahrensfortgang (Absatz 3) . . . . . G. Einmaligkeit der Entscheidung (Absatz 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Verkehrswertfestsetzung (Absatz 5) . . I. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verkehrswertermittlung . . . . . . . . . 1. Verfahren von Amts wegen . . . . . . . . 2. Zeitpunkt der Verkehrswertermittlung . 3. Methoden der Verkehrswertermittlung . 4. Verfahren bei der Verkehrswertermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gutachterausschuss, auch Haftung . . . 6. Sachverständige, auch Haftung . . . . . . 7. Grundstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Zubehör (Absatz 5 Satz 2) . . . . . . . . . III. Festsetzung des Verkehrswertes . . . . 1. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtskraft des Verkehrswertbeschlusses 4. Anpassung des Verkehrswertes . . . . . . IV. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vor Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nach Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . 45 . . . . . . .
48 53 53 55 55 59 60
. . . . . . . . . . . . . .
65 70 71 74 76 78 79 79 83 84 86 93 93 98
. . 39
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§ 74a Rz. 1 Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10 Literatur: Zu § 74a Abs. 1 bis 4 (Auswahl): Drischler, Zuschlagserteilung und Zuschlagsversagung unter Berücksichtigung der §§ 74a, 85a ZVG, JurBüro 1982, 1121; Jähne/Witte, Pflicht des Sicherungsnehmers einer Grundschuld zur Geltendmachung von Grundschuldzinsen; Kirsch, Ergebnislose Zwangsversteigerung – Führt ein ergebnisloser Termin zum Ausschluss der 5/10 und 7/10 Grenze nach §§ 85a, 74a ZVG?, Rpfleger 2000, 147; Mayer, Gläubiger-Mehrheit im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 265. Zu § 74a Abs. 5 (Auswahl): Alff, Alternative Verkehrswertfestsetzung (mit und ohne Belastung) im Versteigerungsverfahren?, Rpfleger 2003, 113; Bleutge, Immobilienbewertung in der Zwangsversteigerung – Qualifizierte Sachverständige sind unverzichtbar, ZfIR 2017, 52; Budde, Anfechtbarkeit der Verkehrswertfestsetzung – § 74a Abs. 5 Satz 4 ZVG im Schnittpunkt zwischen Verkehrswertfestsetzungsverfahren und Zuschlagserteilung, Rpfleger 1991, 189; Drischler, Zur Festsetzung des Verkehrswertes in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1983, 99; Fischer/Lorenz/Biederbeck, Die Erstellung von Gutachten bei Zwangsversteigerungen, Rpfleger 2002, 337; Schiffhauer, Muß in jedem Fall der Verkehrswert gemäß § 74a Abs. 5 festgesetzt werden?, MDR 1963, 901; Schulz, Verkehrswert bei Zwangsversteigerungen, Rpfleger 1987, 441.
A. Allgemein I. Zweck 1
Das ZVG versteht sich als technisches Gesetz und es bedürfte von sich aus keiner besonderen Festsetzung des Verkehrswertes. Die vorherige Schätzung vor der Versteigerung außerhalb des ZVG1 und den Vorläufergesetzen2 war jedoch schon als uraltes Gedankengut verankert. Spätestens 1914 wurde die Frage nach einem Verkehrswert aktuell, als mit der Einführung einer Zweidrittelgrenze für Gebote erstmals eine zu beachtende Wertmarke eingeführt wurde.3 Die Zweidrittelgrenze wurde 1916 auf eine Dreiviertelgrenze angehoben.4 Ziel der Verordnung war die Förderung des Realkredits zugunsten nachrangiger Rechte. Es sollten die „… sehr bedeutenden Kapitalien, die das Privatpublikum, hauptsächlich des vermögenden Mittelstand …“ angesprochen werden5. Der sogenannten „Zweiten Hypothek“ sollte mehr Attraktivität verliehen werden. 19276 verschwand die Dreiviertelgrenze, um als die bekannte 7/10-Grenze 1933 erneut in einer VO neben dem ZVG aufzutauchen.7 Eine Anleitung zur Festsetzung des Verkehrswertes wurde mitgeliefert.8 1953 wurde die 7/10-Grenze in das ZVG übernommen.9 Die 7/10-Grenze ist überholt. Sie hat sich leider zu einem magischen Wert verselbständigt, der kaum noch hinterfragt wird. Das erstrangige Recht mit den unverhältnismäßig hohen dinglichen Zinsen reicht in heutigen Beleihungen sehr oft über 70 % des Wertes hinaus. Für diese Rechte besteht aber überhaupt kein Spielraum und keine Notwendigkeit einer Schutzvorschrift, wie sie damals angedacht war.
1 Exemplarisch: § 16 Vfg. des JM v. 10.10.1899, betr. die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, Amtsblatt des Königlich Württembergischen Justizministeriums 13/1899, S. 367. 2 Hufnagel, Vortrag zur Belehrung der Gemeinderäthe des köngl. Oberamtsgerichts-Bezirks Tübingen über das Pfandgesetz und die damit in Verbindung stehenden Gesetze, 1825, Rz. 264. 3 VO v. 10.12.1914, RGBl., S. 499. 4 VO v. 8.6.1916, RGBl., S. 454. 5 Nußbaum/Stillschweig, Die Hypothekenverordnung vom 8. Juni 1916, Sonderabdruck der JW 1916 Nr. 13, 14, 15, S. 20. 6 VO v. 18.7.1927, RGBl. I, S. 154. 7 § 1 Abs. 1 ZwVVO v. 26.5.1933, RGBl. I, S. 302. 8 § 4 ZwVVO v. 26.5.1933, RGBl. I, S. 302. 9 Gesetz v. 20.8.1953, BGBl. I, S. 952.
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Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
Rz. 6 § 74a
II. Ausgestaltung § 74a Absatz 1 ist, im Gegensatz zu § 85a als Schuldnerschutzvorschrift, als „Kann“-Vor- 2 schrift ausgestaltet. Im Verfahren kann der Zuschlag in einem ersten Versteigerungstermin auf Antrag eines Berechtigten versagt werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Sind die Kriterien erfüllt und wurde ein zulässiger Antrag gestellt, dann muss der Zuschlag versagt werden. Dieses Antragsrecht ist von dem Berechtigten selbst auszuüben. § 74a ist nicht von Amts wegen zu beachten. Eine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO auf die Stellung des Antrages gemäß § 74a ist für das Vollstreckungsgericht unter Beachtung der Neutralitätspflicht10 nur dann gegeben, wenn es sich für das Vollstreckungsgericht herausstellt, dass ein unerfahrener Beteiligter die Tragweite einer Zuschlagserteilung nicht erkennt11. Ein für diesen Fall unterbliebener, gebotener Hinweis würde für das weitere Verfahren mit Zuschlagserteilung bedeuten, dass das Verfahren unzulässig fortgeführt worden ist12.
B. Anwendungsbereich § 74a gilt für alle Versteigerungsverfahren des ZVG, also auch für die Insolvenzverwalterversteigerung, Nachlassversteigerung und die Zwangsversteigerungsverfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft13. Der Regelungszweck des § 74a ist auf die Versteigerung von Grundstücken ausgerichtet, findet aber ebenso auf die Versteigerung von Bruchteilen an Grundstücken, Wohnungs- und Teileigentumsrechten, grundstücksgleichen Rechten wie Erbbaurecht und Gebäudeeigentum Anwendung.
3
Bei der Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft erlangt § 74a in der Praxis selten Anwendung auf Grund der Sondervorschriften über die Berechnung des geringsten Gebots gemäß § 182, siehe § 182 Rz. 4 ff.
4
Die praktische Anwendung bei Insolvenzverwalterversteigerungen nach §§ 172 ff. ist auf Grund der Berechnung des geringsten Gebots ebenso so gut wie nie gegeben. Eine Anwendung von § 74a kommt nur im Fall des Doppelausgebots nach § 174 oder § 174 in Betracht, siehe § 174 Rz. 2 ff. Gleiches gilt für die Nachlassversteigerung nach § 175. Die Anwendung von § 74a kommt auch nur für den Fall des Doppelausgebotes gemäß § 176 i.V. § 174 in Betracht, siehe § 176 Rz. 14 ff. Gemäß § 171a findet § 74a auch für die Versteigerung von Luftfahrzeugen sowie gemäß § 162 auch für die Versteigerung von Schiffsbauwerken und Schwimmdocks Anwendung.
5
Nur bei der Versteigerung von Seeschiffen ist gemäß § 169a die Anwendung von § 74a ausgeschlossen. Bei der Versteigerung von Binnenschiffen nach der Aufhebung des Gesetzes über den Vollstreckungsschutz für die Binnenschifffahrt14 dagegen nicht. § 74a ist ebenso ausgeschlossen bei der Versteigerung von ausländischen Schiffen.
6
10 BVerfg v. 24.3.1976 – 2 BvR 804/75, NJW 1976, 1391 = MDR 1976, 820 = Rpfleger 1976, 389. 11 BVerfG v. 23.7.1992 – 1 BvR 14/90, NJW 1993, 1699 = Rpfleger 1993, 32 m. krit. Anm. Hintzen; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 2. 12 BVerfG v. 26.10.2011 – 2 BvR 1856/10, NJW-RR 2012, 302 = Rpfleger 2012, 217 = ZfIR 2012, 185; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 2. 13 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 3-6, Rz. 2. 14 Gesetz über die weitere Bereinigung von Bundesrecht v. 8.12.2010, BGBl. 2010 I, 1866 (hier Artikel 23); Dassler u.a./Hintzen, § 74a Rz. 5; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 7.
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§ 74a Rz. 7 Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
C. Versagungsantrag wegen Nichterreichens von 7/10 (Absatz 1 Satz 1) I. Grundtatbestand 7
Grundlage für die Entscheidung gemäß § 74a ist ein wirksames Meistgebot, das einschließlich des Kapitalwertes der bestehenbleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückwertes bleibt. Das Meistgebot muss nach der allgemeinen Vorschrift des § 71 Absatz 1 wirksam sein. Bezugsgröße für die Gebotshöhe ist der Grundstückswert. Dieser ist der nach § 74a Absatz 5 (rechtskräftig) festgesetzte Grundstückswert (Verkehrswert)15. Bei der Prüfung der Frage, ob das Meistgebot unter 7/10 des festgesetzten Verkehrswertes bleibt, ist dem Bargebot ohne die Zinsen16 gemäß § 49 ZVG der Wert der bestehenbleibenden Rechte hinzuzurechnen17.
8
Unter die bestehenbleibenden Rechte fallen sowohl die Rechte, die gemäß den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen gemäß § 52 oder § 59 bestehen bleiben, als auch die Rechte, die außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleiben, wie das Leibgeding gemäß § 9 EGZVG oder die gemäß § 914 BGB nicht eingetragenen Rechte wie z.B. die Überbaurente18.
9
Zu berücksichtigen sind die auf Geldzahlungen gerichteten Rechte (Hypothek, Grundschuld) in Höhe des im Grundbuch eingetragenen Nominalbetrages, Rentenschulden mit der Ablösungssumme19. Bei der Berechnung spielt die persönliche Forderung des eingetragenen Grundpfandgläubigers keine Rolle, da der Meistbietende das bestehenbleibende Recht in seinem dinglichen Umfang zu übernehmen hat20. Für die Entscheidung nach § 74a ist es auch ohne Belang, ob die eingetragenen Rechte zwischenzeitlich Eigentümerrechte geworden sind oder dem Schuldner auf Grund der Sicherungsabrede bei einer Sicherungsgrundschuld Rückgewährsansprüche zustehen. Für die Entscheidung nach Absatz 1 ist somit die Person des Rechtsinhabers irrelevant, da es nur auf den zahlenmäßigen Betrag des Rechts ankommt.
10
Bei bestehenbleibenden Rechten der Abteilung II des Grundbuches, die keinen Kapitalbetrag aufweisen, ist der nach § 51 Absatz 2 festgesetzte Zuzahlungsbetrag für die Berechnung maßgebend21. Hinsichtlich der Ermittlung und Festsetzung des Zuzahlungsbetrages wird auf die Kommentierung zu §§ 50, 51 und die Ausführungen von Meerhoff22 und Alff23 verwiesen.
11
Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist die Behandlung der gemäß § 52 Abs. 2 S. 2 a) und b) bestehen bleibenden Rechte. Nach Ansicht Böttcher24 bleiben diese Rechte außerhalb des ge15 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 11. 16 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 36; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 11. 17 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 36; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 11. 18 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 11. 19 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 11. 20 BGH v. 27.2.2004 – IXa ZB 135/03, NJW 2004, 1803 = MDR 2004, 771 = Rpfleger 2004, 432. 21 LG Hamburg v. 26.11.2002 – 328 T 107/02, Rpfleger 2003, 142; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 2, Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 36; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 11; Alff, Alternative Verkehrswertfestsetzung im Versteigerungsverfahren, Rpfleger 2003, 113. 22 Meerhoff, Festsetzung eines Zuzahlungsbetrags gem. § 51 ZVG, ZfIR 2013, 494. 23 Alff, Zur Bedeutung des Zuzahlungsbetrages nach § 51 Abs. 2 ZVG in der Zwangsversteigerung, RpflStud 2003, 114. 24 Böttcher, § 52 ZVG Rz. 7; so wohl auch Dassler/Hintzen, § 52 ZVG Rz. 8.
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Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
Rz. 14 § 74a
ringsten Gebots bestehen, nach Ansicht Stöber25 als Teil des geringsten Gebots. Hauptproblemfall in der Praxis stellt dabei die „versteigerungsfeste“ Erbbauzinsreallast gemäß § 9 Abs. 3 ErbbauRG dar. Für diese Erbbauzinsreallast ist aber nach der hier vertretenen Ansicht ein Zuzahlungsbetrag gemäß § 51 ZVG festzusetzen26. Hinzuweisen und dementsprechend vom Vollstreckungsgericht auch gemäß § 139 ZPO zu belehren ist über den Tatbestand, dass auch die „versteigerungsfeste“ Erbbauzinsreallast erlischt, wenn das Verfahren auf Grund Ansprüchen aus der Rangklasse des § 10 I Nr. 3 betrieben wird27. Gleiches gilt auch für die in § 52 Abs. 2 S. 2 b) aufgeführten Dienstbarkeiten28. In die Berechnung des wirtschaftlichen Wertes des Meistgebots fließen die Rechte nicht ein, die auf Grund einer Liegenbelassungserklärung gemäß § 91 Absatz 2 bestehen bleiben sollen29.
12
II. Antragsberechtigung 1. Sachliche Antragsberechtigung Damit eine Antragsberechtigung nach Absatz 1 Satz 1 vorliegt, müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein: a) es muss ein wirksames Meistgebot unter 7/10 des festgesetzten Verkehrswertes vorliegen, bei dem der Antragsberechtigte einen Teil- oder Komplettausfall seiner Forderung erleiden würde. b) bei einem Gebot von 7/10 des festgesetzten Verkehrswertes würde der Antragsberechtigte mehr aus dem Versteigerungserlös erhalten oder sogar vollständig befriedigt werden.
13
Um zu einer Feststellung über die Antragsberechtigung zu kommen, ist die Aufstellung eines fiktiven (Kontroll-)Teilungsplanes erforderlich. Für die Entscheidung über die Antragsberechtigung ist auf den Zeitpunkt des Schlusses der Versteigerung abzustellen30. Die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Anmeldungen gemäß § 114 sind zu berücksichtigen. Mögliche spätere Anmeldungen bleiben unberücksichtigt (werden nicht hypothetisch berücksichtigt), da für die Berechnung auf den Zeitpunkt der Zuschlagserteilung abzustellen ist. Bargebotszinsen bleiben bei der Feststellen der Teilungsmasse unberücksichtigt, da der Meistbietende den Erlös sofort nach der Zuschlagserteilung hinterlegen könnte31. Für die Berechnung der Schuldenmasse ist nicht § 47 maßgebend, sondern das Datum des fiktiven Verteilungstermins (ca. 6 – 8 Wochen nach dem Versteigerungstermin). Bei der Berechnung der Schuldenmasse sind die Grundschulden mit ihrem Nominalbetrag (Kapital nebst Zinsen und anderen Nebenleistungen) zu berücksichtigen32. Diese früher um-
14
25 Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 45. 26 so auch Depré/Bachmann, § 52 ZVG Rz. 25; Löhnig/Siwonia, § 52 ZVG Rz. 11; Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 37. 27 Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 13; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 26; Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 36. 28 Böttcher, § 52 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 52 Rz. 17; Depré/Bachmann, 52 ZVG Rz. 18. 29 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 11. 30 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 38. 31 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 2; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 13.; a.A. LG Frankfurt/M. v. 27.7.1987 – 2/9 T 674/87, Rpfleger 1988, 35; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 34. 32 BGH v. 27.2.2004 – IXa ZB 135/03, BGHZ 158, 159 = MDR 2004, 771 = NJW 2004, 1803 = Rpfleger 2004, 432; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 10; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 38; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 13.
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§ 74a Rz. 14 Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10 strittene Frage muss nach der Entscheidung des BGH vom 22.9.201133 als geklärt angesehen werden, da für § 74a nichts anderes wie für § 85a gelten kann. 14a
Erlöschende Rechte, die nicht auf Kapitalzahlung gerichtet sind, werden in diesem fiktiven Teilungsplan mit ihrem Anspruch auf Wertersatz gemäß § 92 berücksichtigt34. Sonstige eventuell zu berücksichtigende Rangklassenansprüche aus § 10 werden mit ihrem Gesamtanspruch (wie im jeweiligen Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss aufgeführt nebst eventuell ausgewiesener Zinsen und Kosten) in den fiktiven Teilungsplan eingestellt.
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Ergibt sich nun, dass der Berechtigte bei dem Meistgebot einen (Teil-)Ausfall erleiden würde, aber bei einem Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes weniger oder gar keinen Ausfall erleiden würde, besteht die sachliche Antragsberechtigung. 2. Persönliche Antragsberechtigung
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Antragsberechtigter kann jeder sein, der bei dem Meistgebot einen Ausfall erleidet, beim Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes aber etwas oder mehr aus dem Versteigerungserlös erhält. Der Antragsberechtigte muss nicht Beteiligter i.S. von § 9 sein35. Antragsberechtigt sind somit alle Gläubiger, die einen Anspruch in der Rangklasse des § 10, auch persönliche Gläubiger, die eine Beschlagnahme des Grundstücks in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 erreicht haben. Die Rangklasse des § 10 spielt für die Antragsberechtigung keine Rolle. Für eine Antragsberechtigung genügen auch die Ansprüche in § 10 Nr. 6 – 836. Antragsberechtigt ist ebenso ein Gläubiger, der ein Recht im Grundbuch nach der wirksamen Beschlagnahme eingetragen hat und dieses bislang noch nicht wirksam angemeldet hat37. Antragsberechtigt ist gleichfalls ein Rechtsnachfolger eines Gläubigers der Rangklasse des § 10, der auf Grund Ablösung gemäß §§ 268, 1142, 1150 BGB oder Abtretung gemäß §§ 398, 1153, 1154 BGB in die Rechtsposition des Gläubigers einrückt und dieses ordnungsgemäß nachweist38. Neben dem Rechtsinhaber ist auch der Pfändungsgläubiger antragsberechtigt39. Eine Antragsberechtigung ist auch für den Gläubiger eines nur vorgemerkten Rechtes40 und auch für den Gläubiger eines durch Widerspruch gesicherten Rechtes41 gegeben.
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Antragsberechtigt sind auch die die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubiger, insbesondere auch der bestrangig betreibende Gläubiger. Für den Fall, dass mehrere Gläubiger das Verfahren betreiben, ist das Antragsrecht unbestritten42. Aber auch für den Fall des allein betrei33 BGH v. 22.9.2011 – IX ZR 197/10, MDR 2011, 1380 = Rpfleger 2012, 92 = ZfIR 2012, 72 m. Anm. Hawelka = ZinsO 2011, 2144. 34 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 2; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 38. 35 BVerfG v. 26.10.2011 – 2 BvR 1856/10; Rpfleger 2012, 271 = ZfIR 2012, 185; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 3a; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 14. 36 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 13; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 12. 37 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 12. 38 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 13; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 44; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 12. 39 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 44; Stöber/Becker, § 74a Rz. 12. 40 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 44; Stöber/Becker, § 74a Rz. 17. 41 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 9; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 44; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 17; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 11. 42 BGH v. 14.10.1966 – V ZR 206/63, BGHZ 46, 107 = NJW 1966, 2403 = Rpfleger 1967, 109; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 15; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 5; Stöber/ Becker, § 74a ZVG Rz. 16.
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Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
Rz. 20 § 74a
benden Gläubigers dürfte es zwischenzeitlich unbestritten sein, dass diesem das Antragsrecht zusteht43. Die für die gegenteilige Meinung herangezogene Begründung, dass der betreibende Gläubiger eine Zuschlagserteilung durch die Bewilligung einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 30 verhindern kann, überzeugt nicht; insbesondere dann nicht, wenn der Gläubiger die Einstellungsmöglichkeiten nach § 30 zum Schutz des Schuldners bereits ausgeschöpft hat. Ihm ist dann eine Verfahrensaufhebung nicht zuzumuten. Ebenso stellt die Ablehnung des Antragsrechts des alleinig betreibenden Gläubigers einen Eingriff in die Verfahrensautonomie des Gläubigers dar. Dem betreibenden Gläubiger würde allein auf Grund seines Status als „Betreibender“ die Verfahrensmöglichkeit der Stellung des Zuschlagsversagungsantrages verwehrt. § 74a setzt aber für das Antragsrecht weder einen Gläubiger noch einen betreibenden Gläubiger voraus. 3. Nichtantragsberechtigte Keine Antragsberechtigung besteht dagegen für den Vollstreckungsschuldner aus seiner Position als Grundstückseigentümer mit Anspruch auf den Übererlös, da ein eventueller Übererlös kein aus dem Versteigerungserlös zu deckender Anspruch ist.44 § 74a ist als Schutzvorschrift für den Gläubiger im Hinblick auf ein zu niedriges Meistgebot konzipiert. Schuldnerschutz wird durch § 85a, hilfsweise bei einem zu geringen Meistgebot über § 765a ZPO, gewährt. Einem Pfändungsgläubiger des Übererlöses steht das Antragsrecht ebenso nicht zu. Eine Ausnahme besteht, wenn eine offene oder verdeckte Eigentümergrundschuld dem Schuldner zusteht. Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 vor, kann der Schuldner (gegebenenfalls auch ein Pfändungsgläubiger der Eigentümergrundschuld) den Versagungsantrag stellen45.
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Antragsberechtigt für einen Versagungsantrag ist der Insolvenzverwalter des Schuldners, wenn er diesen auf Grund eines Eigentümerrechtes des Schuldners stellt. Ein eventueller Übererlös für die Insolvenzmasse begründet dagegen kein Antragsrecht für den Insolvenzverwalter46. Nicht antragsberechtigt sind weiterhin Mieter oder Pächter des Grundbesitzes, da sie keinen aus dem Grundstück zu befriedigenden Anspruch haben47.
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Ebenso sind nicht antragsberechtigt die Pfändungsgläubiger und Zessionare eines Rückgewähranspruches, da es sich nur um schuldrechtliche Ansprüche handelt48, Eventualzutei-
20
43 LG Oldenburg v. 28.3.1974 – 6 T 131/74, Rpfleger 1974, 324; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 6; Dassler u.a./ Hintzen, § 74a ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 44; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 20; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 16; Mayer, Gläubiger-Mehrheit im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 265. 44 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 16; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 44; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 24; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 15. 45 BGH v. 21.1.1988 – IX ZR 252/86, NJW-RR 1988, 1206 = MDR 1988, 578; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 17; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 15. 46 LG Göttingen v. 19.10.1955 – 1 T 168/55, NJW 1956, 428; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 15; Dassler u.a./ Hintzen, § 74a ZVG Rz. 21; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 45; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 21. 47 BGH v. 8.1.1971 – V ZR 95/68, BeckRS 1971, 31123747 = Rpfleger 1971, 102; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 20; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 45; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 30; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 22. 48 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 18; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 24.
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§ 74a Rz. 20 Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10 lungsberechtigte bei Hilfsverteilungen, da nur der Sachstand bei der Zuschlagserteilung Berücksichtigung findet49, sowie Löschungsvormerkungsberechtigte50. 21
Der Meistbietende ohne Anspruch gegen den Versteigerungserlös ist grundsätzlich nicht zur Stellung des Zuschlagsversagungsantrages berechtigt51. Differenziert zu sehen ist es, wenn der Meistbietende gleichzeitig als dinglich Berechtigter im Grundsatz gemäß Absatz 1 antragsberechtigt ist. Überwiegender Meinung nach wird dieses Antragsrecht aber verneint, da der Antrag nach Absatz 1 konträr seinem Gebot ist52. Mit der Abgabe seines Gebotes bekunde der Gläubiger sein Interesse an der Zuschlagserteilung an sich. Diese Zuschlagserteilung an sich könne er nicht unter Verweis auf sein zu geringes eigenes Gebot verhindern. Die gegenteilige Ansicht53 geht dagegen davon aus, dass der Gläubiger durch ein taktisches Gebot das Bietgeschäft ankurbeln möchte. Nach hier vertretener Ansicht ist das Antragsrecht des Meistbietenden mit einem dinglichen Befriedigungsrecht zu verneinen im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH54 zur Rechtsmissbräuchlichkeit von Eigengeboten des Gläubigervertreters im Termin. Auch hier stellt sich die Situation so dar, dass der Gläubiger ein Gebot ohne ernstliche Erwerbsabsicht abgibt, nur mit dem Ziel, dass die Grenzen der §§ 74a, 85a für einen weiteren Termin entfallen. Will ein Gläubiger dennoch den Zuschlagsversagungsantrag stellen, hat er diesen Vorwurf zu entkräften. Näheres zu den Scheingeboten siehe bei § 85a ZVG Rz. 16 ff.
22
Soweit mehrere Berechtigte für die Stellung des Zuschlagsversagungsantrages nach Absatz 1 in Frage kommen, hat jeder der Berechtigten die Möglichkeit der Antragstellung. Dies sollte auch von den Berechtigten ausgeübt werden, insbesondere wenn ein gesonderter Termin zur Entscheidung über den Zuschlag im Raume steht, da der jeweilige Zuschlagsversagungsantrag bis zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag wieder zurück genommen werden kann55. 4. Mehrere Grundstücke a) Nur Einzelausgebote oder Gesamtausgebot unter Verzicht auf die Einzelausgebote
23
Sind bei einem gemäß § 18 verbundenen Verfahren nur Einzelausgebote erfolgt, so ist bei jedem Einzelausgebot gesondert die Antragsberechtigung gemäß § 74a zu prüfen.
24
Genauso stellt sich die Sachlage dar, wenn nur das Gesamtausgebot unter Verzicht auf die Einzelausgebote erfolgte. Hier ist ebenfalls nur hinsichtlich des Ergebnisses des Gesamtausgebotes die Antragsberechtigung gemäß § 74a zu prüfen. Würde bei der Aufstellung des Teilungsplanes eine Aufteilung des Erlöses gemäß § 112 erforderlich, so ist für die Antragsberechtigung des Antragstellers zu prüfen, ob bei einem in dieser Weise verteilten Erlös in Höhe von 70 % des Verkehrswertes (einschließlich des Kapitalwertes der eventuell bestehen
49 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 25. 50 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 17. 51 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 10; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 19; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 45; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 18. 52 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 10; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 45; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 18. 53 So Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 19. 54 BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 = MDR 2007, 1453 = NJW 2007, 3279 m. Anm. Kinderlen/Storz = Rpfleger 2007, 617 m. Anm. Alff; a.A. OLG Koblenz v. 15.1.1999 – 4 W 880/98, Rpfleger 1999, 407. 55 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 14; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 50; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 26.
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Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
Rz. 27 § 74a
bleibenden Rechte) eine teilweise oder volle Befriedigung des Antragstellers eintreten würde56. b) Einzel- und Gesamtausgebote Werden in einem gemäß § 18 verbundenen Verfahren sowohl Gebote auf die Einzelausgebote als auch auf das Gesamtausgebot abgegeben, so ist zuerst für eine eventuelle Zuschlagserteilung gemäß § 63 Absatz 3 zu prüfen, welche Ausgebotsart für die Zuschlagserteilung in Betracht kommt. Kommen für die Zuschlagserteilung nur die Einzelausgebote gemäß § 63 Absatz 3 Satz 2 in Betracht, so ist die Antragsberechtigung gemäß § 74a für jedes Einzelausgebot getrennt zu prüfen.
25
Kommt für die Zuschlagserteilung gemäß § 63 Absatz 3 Satz jedoch nur das Gesamtausgebot in Betracht, so ist für die Antragsberechtigung gemäß § 74a zu prüfen, ob dieses Meistgebot (einschließlich der Kapitalwerte der bestehen bleibenden Rechte) unter 70 % der zusammengerechneten Verkehrswerte bleibt und der Antragsteller einen Ausfall erleidet, der bei einem Meistgebot in Höhe von 70 % des Verkehrswertes geringer wäre oder gar nicht eintritt. Würde bei der Aufstellung des Teilungsplanes eine Aufteilung des Erlöses gemäß § 112 erforderlich, so ist für die Antragsberechtigung des Antragstellers zu prüfen, ob bei einem in solcher Weise verteilter Erlös in Höhe von 70 % des Verkehrswertes (einschließlich des Kapitalwertes der eventuell bestehen bleibenden Rechte) eine teilweise oder volle Befriedigung des Antragstellers eintreten würde. Hierbei wäre denkbar, dass bei dem Antragsteller bei einem Einzelausgebot eine vollständige Deckung innerhalb des 70 %-Bereich gegeben wäre, bei einer Verteilung des Gesamterlöses gemäß § 112 aber ein (teilweiser) Ausfall eintritt. Das Interesse der Gesamtheit der Beteiligten an der Erteilung des Zuschlags auf das im Gesamtergebnis günstigere Meistgebot muss dann dem Interesse des einzelnen Berechtigten vorangehen57. Dieser Berechtigte kann den Antrag gemäß § 74a nur stellen, wenn das Gesamtergebnis unter 70 % des Verkehrswertes bleibt.
26
Ist auf einen Antrag gemäß § 74a der Zuschlag auf das Gesamtmeistgebot zu versagen, ist so- 27 dann zu prüfen, ob nicht die Einzelausgebote für eine Zuschlagserteilung in Frage kommen58. Findet im Verfahren neben den Einzelausgeboten auch das Gesamtausgebot aller Grundstücke statt, so verdrängt das Gesamtausgebot nicht die Einzelausgebote, sondern tritt diesen nur als zusätzliche Versteigerungsmodalität zur Seite59. Es findet nunmehr die Prüfung nach § 74a hinsichtlich der Einzelausgebote statt. Die eventuelle Zuschlagserteilung auf die Einzelausgebote ist auch mit dem Grundsatz vereinbar, dass bei dem Zuschlag nur das Gebot zum Zuge kommen soll, welches für alle Beteiligten das günstigste Ergebnis herbeiführt. Ein unter 70 % des Verkehrswerts liegendes Gebot auf das Gesamtausgebot könnte ansonsten ein Einzelausgebot über 70 % des Verkehrswertes zu Fall bringen.
56 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 12; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 41; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 27. 57 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = NJW-RR 2007, 1139 = ZfIR 2007, 147 m. Anm. Böttcher; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 12; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 42; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 28. 58 BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff = ZfIR 2013, 108 m. Anm. Steffen; OLG Frankfurt/M. v. 19.5.1995 – 15 W 25/95, Rpfleger 1995, 512; Dassler u.a./ Hintzen, § 63 ZVG Rz. 44; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 28; a.A. OLG Hamm v. 14.7.1958 – 15 W 311, 332, 333/58, Rpfleger 1959, 57. 59 BGH v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = NJW-RR 2009, 158 = Rpfleger 2009, 98.
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§ 74a Rz. 28 Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10 5. Beispiel 28
Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: Fiktiver Teilungsplan:
700.000,00 Euro.
Gerichtskosten:
5.000,00 EUR
Öffentliche Lasten:
5.000,00 EUR
Grundschuld Abt. III Nr. 1 im Nominalbetrag von 200.000,00 EUR + angemeldete Nebenleistungen i.H.v. 100.000 EUR
300.000,00 EUR
Grundschuld Abt. III Nr. 2 im Nominalbetrag von 75.000,00 EUR + angemeldete Nebenleistungen i.H.v. 25.000,00 EUR
100.000,00 EUR
Grundschuld Abt. III Nr. 3 im Nominalbetrag von 100.000,00 EUR + angemeldete Nebenleistungen i.H.v. 25.000,00 EUR
125.000,00 EUR
Der Gläubiger III/1 betreibt. Meistbietender bleibt D mit einem Bargebot in Höhe von 390.000,00 Euro. Der Gläubiger III/1 hat kein Antragsrecht nach § 74a Absatz 1 Satz 1, da er bei diesem Gebot vollständig befriedigt würde (Bargebot 390.000,00 Euro abzgl. 10.000,00 Euro = 380.000,00 Euro, dieses deckt den Anspruch des III/1 mit 300.000,00 Euro vollständig ab). Der Gläubiger III/2 hat ein Antragsrecht nach § 74a Absatz 1, da er bei diesem Gebot 80.000,00 Euro aus dem Erlös erhalten würde, bei einem fiktiven 7/10-Gebot (490.000,00 Euro) dagegen 100.000,00 Euro (fiktives Bargebot 490.000,00 Euro abzgl. 10.000,00 Euro abzgl. III/1 mit 300.000,00 = 180.000,00 Euro weiter zu verteilender Erlös). Er wäre somit bei einem Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes ebenfalls vollständig befriedigt. Weiter hat ebenso der Gläubiger III/3 ein Antragsrecht gemäß § 74a Absatz 1, da er bei diesem vollständig mit seinem Anspruch ausfallen würde, bei einem fiktiven 7/10-Gebot (490.000,00 Euro) dagegen 80.000,00 Euro (fiktives Bargebot 490.000,00 Euro abzgl. 10.000,00 Euro abzgl. III/1 mit 300.000,00 Euro abzgl. III/2 mit 100.000,00 Euro = 80.000,00 Euro weiter zu verteilender Erlös). Er würde somit bei einem Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes zum Teil befriedigt.
III. Entscheidung 29
Liegt ein zulässiger, rechtzeitig gestellter und nicht nach Satz 2 widersprochener Antrag auf Zuschlagsversagung vor, so ist die Entscheidung nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt60. Es muss die Zuschlagsversagung gemäß § 74a durch einen gemäß § 87 Absatz 1 zu verkündenden, begründeten Beschluss erfolgen. Eine Zustellung der Zuschlagsversagung ist gemäß § 88 nicht erforderlich.
30
Liegt dagegen ein unzulässiger (rechtsmissbräuchlich gestellter) oder unbegründeter oder verspäteter Zuschlagsversagungsantrag vor, so hat die Entscheidung darüber durch den gemäß § 87 Absatz 1 zu verkündenden, begründeten Zuschlagsbeschluss zu erfolgen61. Dieser Zuschlagsbeschluss ist gemäß § 88 zustellen.
60 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 22; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 55; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 33. 61 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 24; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 55.
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Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
Rz. 34 § 74a
IV. Rechtsbehelf Gegen die Zuschlagsversagung ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß § 11 31 Absatz 1 RpflG, § 793 ZPO, §§ 95 ff. gegeben. Beschwerdeberechtigt sind bei der Zuschlagsversagung alle betreibenden Gläubiger und der Meistbietende bzw. eventuelle Berechtigte gemäß § 81 Absatz 2, 362. Die Beschwerdefrist läuft ab der Verkündung der Zuschlagsversagung, auch für die nicht im Versteigerungs- oder Verteilungstermin erschienen Beteiligten, § 98 Absatz 1. Gegen die Zuschlagserteilung (= Ablehnung des Versagungsantrages) ist ebenfalls das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß § 11 Absatz 1 RpflG, § 793 ZPO, § 95 ff. gegeben63. Beschwerdeberechtigt ist nur der Antragsteller des Versagungsantrages. Die Beschwerdefrist läuft für den Antragstellenden der Zuschlagsversagung ab Verkündung des Zuschlags gemäß § 98 Absatz 1, da der Versagungsantrag nur im Versteigerungstermin von Anwesenden (schriftlich oder mündlich) gestellt werden kann.
32
D. Widerspruch des betreibenden Gläubigers (Absatz 1 Satz 2) I. Widerspruchsberechtigter Gegen einen zulässigen und begründeten Zuschlagsversagungsantrag kann der (jeder) betreibende Gläubiger Widerspruch einlegen, wenn er glaubhaft macht, dass ihm durch die Zuschlagsversagung ein unverhältnismäßiger Nachteil entstehen würde64. Dieses Widerspruchsrecht steht nur den betreibenden Gläubigern, für die der Termin stattfindet, zu. Das Widerspruchsrecht steht dagegen nicht dem Meistbietenden, Gläubigern deren Verfahren einstweilen eingestellt oder die Frist des § 43 Absatz 2 nicht gewahrt ist oder anderen Verfahrensbeteiligten65 zu. Jeder betreibende Gläubiger kann den Widerspruch erheben, auch der meistbietende betreibende Gläubiger. Die den Widerspruch tragenden Gründe, nämlich der unverhältnismäßige Nachteil, sind vom Widersprechenden gemäß § 294 ZPO glaubhaft zu machen66. Dies kann geschehen durch die Vorlage sofort verfügbarer Beweismittel oder durch eine eidesstaatliche Versicherung. Dies könnte der Fall sein, wenn der widersprechende Gläubiger dringendst auf den Versteigerungserlös angewiesen ist, um eigene Zahlungspflichten zu erfüllen. Der Widerspruch kann bis zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag zurück genommen werden
33
Bei der Entscheidung über den Widerspruch sind die Interessen des Widersprechenden mit den Interessen des Antragstellers des Zuschlagsversagungsantrages gegeneinander abzuwägen. Die Interessen anderer, insbesondere des Meistbietenden, spielen dagegen keine Rolle67.
34
62 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 31; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 102. 63 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 31; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 55; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 102. 64 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 21; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 25; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 52; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 29. 65 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 21; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 52; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 29. 66 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 21; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 25; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 31. 67 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 21; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 32.
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§ 74a Rz. 35 Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
II. Entscheidung 35
Liegt ein zulässiger und glaubhaft gemachter Widerspruch gegen die Zuschlagsversagung vor, so hat die Entscheidung darüber durch den gemäß § 87 Absatz 1 zu verkündenden, begründeten Zuschlagsbeschluss zu erfolgen68. Dieser Zuschlagsbeschluss ist gemäß § 88 zustellen.
36
Liegt dagegen ein unzulässiger oder unbegründeter oder verspäteter Widerspruch gegen den Antrag auf Zuschlagsversagung vor, so hat die Entscheidung darüber durch die Zuschlagsversagung gemäß § 74a Absatz 1 durch einen gemäß § 87 Absatz 1 zu verkündenden, begründeten Beschluss zu erfolgen69. Eine Zustellung der Zuschlagsversagung ist gemäß § 88 nicht erforderlich.
III. Rechtsbehelf 37
Gegen die Zuschlagsversagung ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß § 11 Absatz 1 RpflG, § 793 ZPO, §§ 95 ff. gegeben. Beschwerdeberechtigt sind bei der Zuschlagsversagung alle betreibenden Gläubiger und der Meistbietende bzw. eventuelle Berechtigte gemäß § 81 Absatz 2, 370. Die Beschwerdefrist läuft ab der Verkündung der Zuschlagsversagung, auch für die nicht im Versteigerungs- oder Verkündungstermin erschienenen Beteiligten, § 98 Absatz 1. Wird nur die Zurückweisung des Widerspruchs gerügt, so ist nur der Widersprechende beschwerdeberechtigt.
38
Gegen die Zuschlagserteilung (= Ablehnung des Versagungsantrages und Erfolg des Widerspruchs) ist ebenfalls das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß § 11 Absatz 1 RpflG, § 793 ZPO, § 95 ff. gegeben71. Beschwerdeberechtigt ist nur der Antragsteller des Versagungsantrages. Die Beschwerdefrist für den Antragstellenden der Zuschlagsversagung läuft ab Verkündung des Zuschlags gemäß § 98 Absatz 1, da der Versagungsantrag nur im Versteigerungstermin von Anwesenden (schriftlich oder mündlich) gestellt werden kann.
E. Zeitpunkt der Antragstellung (Absatz 2) 39
Der Antrag auf Versagung des Zuschlags gemäß Absatz 1 kann nur im Versteigerungstermin bis zum Schluss der Verhandlung über den Zuschlag gemäß § 74 gestellt werden72. Der frühestmögliche Zeitpunkt der Antragstellung ist das Vorliegen des ersten wirksamen Gebotes im Versteigerungstermin73. Der Versagungsantrag kann im Termin schriftlich oder mündlich gestellt werden. Ein schriftlicher Antrag ist zu verlesen und als Anlage zum Protokoll zu nehmen. Ein mündlich gestellter Antrag ist gemäß §§ 78, 80 zu protokollieren, zu verlesen und vom Antragsteller zu genehmigen gemäß §§ 160 Absatz 3, 162 Absatz 1 ZPO74. 68 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 22; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 25; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 55; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 33. 69 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 22; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 26; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 33. 70 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 31; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 9; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 102. 71 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 23; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 31; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 9; § 74a ZVG Rz. 31; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 102. 72 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 23; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 46; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 34. 73 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 23; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 46. 74 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 17; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 23; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 47; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 35.
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Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
Rz. 44 § 74a
Sinnvollerweise wird der Antrag gemäß Absatz 1 erst nach Schluss der Bietzeit in der Verhandlung über den Zuschlag gemäß § 74 gestellt, nachdem ein wirksames Meistgebot vorliegt. Ein während der Bietzeit gestellter Antrag bezüglich eines Gebotes wird durch ein Übergebot hinfällig und braucht nicht entschieden zu werden, da sich der Antrag immer nur gegen ein bestimmtes Gebot richtet75.
40
Der Antrag auf Zuschlagsversagung kann nicht erst in einem gesonderten Verkündungster- 41 min gemäß § 87 gestellt werden76. Zu diesem Zeitpunkt ist der Antrag verspätet und ist als unzulässig zurückzuweisen. Ebenso ist ein schriftlich gestellter Antrag vor dem Versteigerungstermin unzulässig. Ein rechtzeitig vor dem Schluss der Verhandlung von einem vollmachtslosen Prozessbevollmächtigten für den Berechtigten gestellter Antrag kann von diesem auch noch mit rückwirkender Kraft genehmigt werden, sofern nicht der Antrag bereits wegen des Vollmachtsmangels zurückgewiesen wurde77. Die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten für einen Beteiligten ist, im Gegensatz zu einer Vollmacht eines Bieters78, gemäß § 89 ZPO nur auf Rüge zu prüfen. Der Antrag auf Zuschlagsversagung gemäß Absatz 1 kann bis zur Entscheidung über den Zuschlag zurückgenommen werden, auch noch in einem gesonderten Verkündungstermin. Bei dem Antrag handelt es sich um eine Gläubigerschutzvorschrift. Der Gläubiger kann somit auch auf seinen Schutz verzichten79. Auch kann der Antragsberechtigte ebenso im Voraus auf sein Antragsrecht im Rahmen des § 138 BGB verzichten. Wird aber ein Antrag nach vorherigem wirksamen Verzicht gestellt, ist dieser unzulässig. Ob ein im Voraus erklärter Verzicht auch für weitere Versteigerungstermine gilt, ist sorgfältig zu ermitteln.
42
Zu Recht hat der BGH80 der Unsitte ein Ende gesetzt, nach Stellung eines Zuschlagsversagungsantrages nach § 74a einen Verkündungstermin zu beantragen um in der Zwischenzeit durch Nachverhandeln mit dem Meistbietenden eine Zuzahlung zu dem Meistgebot außerhalb der Versteigerung auszuhandeln. Der Schuldner hat auf Grund der Rechtsstaatgarantie Anspruch auf die Durchführung eines geordneten Verfahrens der Erlösverteilung, in dem ersichtlich ist, dass der Erlös entsprechend der gesetzlichen Vorgaben verteilt wird. Dies ist bei einer Zuzahlung außerhalb des Versteigerungsverfahrens nicht gegeben.
43
Das Vorstehende gilt auch für den Widerspruch nach Absatz 1 Satz 2. Dieser Widerspruch 44 kann nur im Versteigerungstermin frühestens nach Stellung des Versagungsantrages nach Absatz 1 Satz 1 und spätestens bis zum Schluss der Verhandlung über den Zuschlag gemäß § 74 gestellt werden81. Eine Widerspruchseinlegung erst in einem etwaigen Verkündungstermin ist dagegen unzulässig. Der Widerspruch kann ebenso bis zur Entscheidung über den Zuschlag, auch noch in einem Verkündungstermin, zurück genommen werden82. 75 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 23; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 36. 76 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 23; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 34. 77 BGH v. 16.5.2013 – V ZB 24/12, MDR 2013, 810 = ZfIR 2013, 656 m. Anm. Ertle = Rpfleger 2013, 632. 78 BGH v. 16.2.2012 – V ZB 48/11, Rpfleger 2012, 334 = MDR 2012, 812 = ZfIR 2012, 480 m. Anm. Traub; BGH v. 20.1.2011 – I ZR 122/09, ZfIR 2011, 313 m. Anm. Kozemi = MDR 2011, 387 = MietRB 2011, 175 = Rpfleger 2011, 339; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 3b; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 69. 79 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 20; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 23; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 51; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 37. 80 BGH v. 31.5.2012 – V ZB 207/11, Rpfleger 2012, 640 = ZfIR 2012, 648 m. Anm. Kirsch; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 67; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 14; Storz/Kinderlen, C 5.4.1. 81 Böttcher, § 74a Rz. 21; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 53; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 6; Stöber/ Becker, § 74a ZVG Rz. 39. 82 Böttcher, § 74a Rz. 21; Dassler u.a./Hintzen, § 74a Rz. 25; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 54; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 39.
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§ 74a Rz. 45 Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
F. Verfahrensfortgang (Absatz 3) 45
Mit der rechtskräftigen Versagung des Zuschlags nach Absatz 1 erlöschen die im Versteigerungstermin abgegebenen Gebote gemäß §§ 86, 72. Eventuell geleistete Sicherheiten sind nach der Rechtskraft des Versagungsbeschlusses zurückzugeben.
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Die rechtskräftige Zuschlagsversagung hat, anders als bei der Versagung nach §§ 86, 33, nicht die Wirkung einer einstweiligen Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens. Das Zwangsversteigerungsverfahren geht von Amts wegen weiter. Die Rechtskraft des Versagungsbeschlusses ist aber nicht erforderlich83, der neue Versteigerungstermin nach Absatz 3 kann und sollte möglichst sofort mit der Verkündung des Versagungsbeschlusses bestimmt werden. Der neue Versteigerungstermin, der keine Fortsetzung des bereits abgehaltenen Termins ist, ist gemäß §§ 36, 37 zu bestimmen, für den die Förmlichkeiten der §§ 39, 40, 41 einzuhalten sind. § 36 Absatz 2 gilt für diese Terminsbestimmung auf Grund der Sonderregelung in Absatz 3 Satz 2 nicht. In der Terminsbestimmung soll gemäß § 38 Absatz 1 Satz 2 auf die Versagung des Zuschlags gemäß § 74a hingewiesen werden.
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Der Zeitraum zwischen den Versteigerungsterminen soll mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist. Ein Verstoß gegen diese Ordnungsvorschrift ist aber unbeachtlich84. Die Beteiligten des Verfahrens können jedoch die Nichteinhaltung der Vorschrift mit der Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO rügen85. Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 erst in der Beschwerdeinstanz versagt, kann das Beschwerdegericht nicht selbst einen neuen Versteigerungstermin bestimmen. In diesem Fall kann die Frist sowieso nicht eingehalten werden.
G. Einmaligkeit der Entscheidung (Absatz 4) 48
In diesem neuen Versteigerungstermin kann gemäß Absatz 4 keine Zuschlagsversagung auf Antrag nach § 74a wegen Nichterreichens von 7/10 des Verkehrswertes oder von Amts wegen gemäß § 85a wegen Nichterreichens von 5/10 des Verkehrswertes mehr erfolgen. Es gilt der Grundsatz der Einmaligkeit der Anwendung der Vorschriften der §§ 74a, 85a im Verfahren, aber nicht der Erstmaligkeit. Ist in einem ersten Versteigerungstermin eine Zuschlagsversagung gemäß § 33 oder eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 77 Absatz 1 erfolgt, so ist in einem weiteren Termin trotzdem die Anwendung des § 74a möglich86. Nach vorangegangener Zuschlagsversagung nach § 74a kann eine erneute Anwendung nicht mehr erfolgen, da § 74a
83 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 27; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 74a Rz. 40. 84 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 24; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 55; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 41; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 59; a.A. AG Neuruppin v. 12.11.2004 – 7 K 76/03, Rpfleger 2005, 273; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 27; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 7 (neuer Termin muss innerhalb von 6 Monaten abgehalten werden). 85 Stöber/Golowczyk, § 36 ZVG Rz. 4. 86 BGH v. 7.6.2018 – V ZB 67/17, MDR 2018, 1340 = ZfIR 2018, 840 m. Anm. Traub (zu § 77); BGH v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, MDR 2008, 105 = NJW-RR 2008, 360 = ZfIR 2008, 150 = Rpfleger 2008, 146 (zu § 33); LG Mainz v. 22.11.2006 – 8 T 247/06, Rpfleger 2007, 218 (zu § 77); Böttcher, § 74a ZVG Rz. 18; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 28; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 42a; Hornung, Kein Ausschluss der Schutzgrenzen nach ergebnisloser Zwangsversteigerung, Rpfleger 2000, 363; a.A. Kirsch, Ergebnislose Zwangsversteigerung – Führt ein ergebnisloser Termin zum Ausschluss der 5/10 und 7/10 Grenze nach §§ 85a, 74a ZVG?, Rpfleger 2000, 147.
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Zuschlagsversagung auf Antrag bei Meistgebot unter 7/10
Rz. 52 § 74a
auf die Einmaligkeit in einem Verfahren abstellt, selbst wenn im neuen Termin weitere neue (andere) Gläubiger das Verfahren betreiben87. Wurde dagegen im 1. Versteigerungstermin rechtsfehlerhaft der Zuschlag auf ein unwirksames (Eigen-)Gebot gemäß § 85a versagt, so kommt in einem weiteren Versteigerungstermin § 74a trotzdem zur Anwendung, da das Vollstreckungsgericht gemäß § 79 nicht an seine fehlerhafte Vorentscheidung gebunden ist88. Nach BGH89 ist dagegen die Anwendung von § 85a und somit auch des § 74a auf Grund der 49 Einmaligkeit in einem 2. Versteigerungstermin ausgeschlossen, wenn (rechtsfehlerhaft) im 1. Versteigerungstermin auf ein (gemäß Absatz 3) zuschlagsfähiges (Eigen-)Gebot der Gläubigerin der Zuschlag gemäß § 85a zwar versagt wurde, obwohl die Gläubigerin rechtsirrig davon ausging, sie verkürze mit ihrem Gebot den gesetzlichen Schuldnerschutz. Dieses Gebot der Gläubigerin war nicht rechtsmissbräuchlich und daher wirksam, da es objektiv nicht geeignet war, den Schuldnerschutz zu verkürzen. Eine Ausnahme von der Einmaligkeit von § 74a kann sich ergeben, wenn der Verkehrswert 50 wegen geänderter Umstände neu und höher gemäß Absatz 5 festgesetzt wird. In dem neuen Termin kann nunmehr auf Grund des erhöhten Verkehrswertes eine nochmalige Zuschlagsversagung gemäß § 74a in Betracht kommen90. Eine Abänderung des Verkehrswertes im Hinblick auf eine faire Verfahrensgestaltung setzt aber gravierende Änderung voraus, da nach BGH91 für eine Anpassung des Verkehrswertes nach Wegfall der Grenzen der §§ 74a, 85a kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Die Einmaligkeit der Anwendung von § 74a ist auch bei der Versteigerung von mehreren Grundstücken in einem Verfahren gegeben. Erfolgt im 1. Versteigerungstermin nur das Gesamtausgebot aller Grundstücke und wird auf dieses der Zuschlag gemäß § 74a versagt, so findet im 2. Versteigerungstermin auch für die dann eventuell stattfindenden Einzelausgebote § 74a keine Anwendung mehr, da § 74a von einem Objektbezug ausgeht und nicht von einer Ausgebotsvariante92. Für jedes Grundstück (= Objekt) kann im Verfahren nur einmalig § 74a oder § 85a Anwendung finden.
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Für den umgekehrten Fall, dass im 1. Versteigerungstermin nur Einzelausgebote stattfinden und auf diese der Zuschlag gemäß § 74a versagt wird, gilt dies ebenso. Auf ein eventuelles Gesamtausgebot im 2. Versteigerungstermin kann gemäß Absatz 4 § 74a keine Anwendung finden.
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87 BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = ZfIR 2013, 108 m. Anm. Steffen = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 18; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 28; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 48; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 43b. 88 BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155; BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, NJW 2007, 3279 = Rpfleger 2007, 483 = ZfIR 2007, 2191; BGH v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = NJW 2007, 3360 = Rpfleger 2007, 617 m. Anm. Alff; BGH v. 19.9.2012 – V ZB 90/12, BeckRS 2012, 22808. 89 BGH v. 9.10.2008 – V ZB 21/08, NJW-RR 2009, 25 = MDR 2009, 50 = Rpfleger 2009, 39; Depré/ Bachmann, § 74a ZVG Rz. 57. 90 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 18; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 29; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 49. 91 BGH v. 10.10.2003 – IXa ZB 128/03, MDR 2004, 294 = NJW-RR 2004, 302 = Rpfleger 2004, 172 = ZfIR 2004, 167; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 38, Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 29 und 62; Stöber/ Becker, § 74a ZVG Rz. 85; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 112. 92 BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = ZfIR 2013, 108 m. Anm. Steffen = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff; BGH v. 10.10.2003 – IXa ZB 128/03, MDR 2004, 294 = NJW-RR 2004, 302 = Rpfleger 2004, 172 = ZfIR 2004, 167; Böttcher, § 85a ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 42a; HBCS (Hock/Bohner/Christ/Steffen), § 5 Rz. 22; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 63 Rz. 45 für die Ausgebotsbezogenheit.
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§ 74a Rz. 53 Verkehrswertfestsetzung
H. Verkehrswertfestsetzung (Absatz 5) I. Allgemein 53
In Absatz 5 wird durch Legaldefinition der Grundstückswert als Verkehrswert festgelegt. Dieser Verkehrswert ist vom Vollstreckungsgericht im Verfahren festzusetzen. Der festzusetzende Verkehrswert ist der nach § 194 BauGB auch als Marktwert definierte „Preis, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre“93. Der Verkehrswert soll den Wert darstellen, den der Grundbesitz bei einem freihändigen Verkauf unter den derzeitigen Marktverhältnissen erzielen könnte. Mit dem fiskalischen Einheitswert oder dem Herstellungspreis hat der Verkehrswert nichts gemein94. Der Verkehrswert ist für alle im ZVG geregelten Versteigerungsverfahren festzusetzen. Er dient nicht allein der Bestimmung der Grenzen des Absatzes 1, sondern findet auch in anderen Vorschriften des ZVG, wie § 85a, § 30a, § 64, § 112 Anwendung. Von maßgeblicher Bedeutung ist der festgesetzte Verkehrswert in § 114a zur Ermittlung der Höhe der Befriedigungsfiktion für einen Grundstücksgläubiger als Ersteher. Der festgesetzte Verkehrswert hat aber auch Auswirkungen über das ZVG hinaus. So bestimmen sich die Gerichtsgebühren nach dem GKG (KV 2210 ff.) und die Rechtsanwaltsvergütung nach dem RVG (KV 3311 ff.) nach dem im Zwangsversteigerungsverfahren festgesetzten Verkehrswert. Ebenso ist der festgesetzte Verkehrswert im Rahmen eines Vollstreckungsschutzverfahrens gemäß § 765a ZPO von Bedeutung, soweit in diesem Verfahren eine eventuelle Verschleuderung des Grundbesitzes eine Rolle spielt. Der Verkehrswert ist in jedem Verfahren für alle Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte festzusetzen95.
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An den festgesetzten Verkehrswert werden vielfältige Erwartungen geknüpft, die dieser nicht notwendigerweise erfüllen kann. Im Grundsatz dient die Verkehrswertfestsetzung zur Ermittlung der gesetzlichen Zuschlagsversagungsgrenzen im Verfahren. Im Laufe der Zeit haben die Erwartungen der Gläubiger und der Bietinteressenten aber höhere Anforderungen an die Verkehrswertermittlung gestellt. So soll der festgesetzte Verkehrswert eine Orientierungshilfe für die Bietinteressenten im Hinblick auf eine etwaige Gebotsabgabe sein96. Die Bietinteressenten erwarten in dem im Auftrag des Gerichtes erstellten Verkehrswertgutachten Informationen für ihre Entscheidung zu finden, da ja meist der Zutritt zu dem Objekt nicht gestattet wird. Ebenso erhoffen sich die Gläubiger, dass sie aus dem erstellten Verkehrswertgutachten Informationen für eine Vermarktung des Objektes gewinnen können. Diese Ansprüche können aber die derzeit für das Gericht erstellten Verkehrswertgutachten nicht erfüllen, da sich die Intension der gerichtlich in Auftrag gegebenen Gutachten deutlich von einem für einen Verkaufsfall zu erstellenden Gutachten unterscheidet. Für die Gerichte ist rein der zu ermittelnde Wert maßgeblich. Diese Interessenkollison wird noch durch die Möglichkeit der Veröffentlichung der Gutachten im Internet gemäß § 38 Absatz 2 verschärft. Interessenten erwarten dann eine umfangreiche Darstellung des zu versteigernden Objektes, die in einer Vielzahl der Gutachten nicht gegeben ist (und auch explizit vom Gesetz nicht gefordert ist). Auch die Frage des Urheberrechtschutzes stellt bei der Veröffentlichung im Internet einen weiteren Gefahren93 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 25; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 32; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 5; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 44. 94 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 44. 95 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 30; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 35; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 4; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 68. 96 BGH v. 9.3.2006 – III ZR 143/05, MDR 2006, 1168 = NJW 2006, 1733 = Rpfleger 2006, 551 m. Anm. Alff; BGH v. 6.2.2003 – III ZR 44/02, NZM 2003, 411 = MDR 2003, 628 = Rpfleger 2003, 310; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 32.
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Verkehrswertfestsetzung
Rz. 56 § 74a
punkt dar, der bislang nicht abschließend geklärt ist. Hierzu müsste im Rahmen der angedachten ZVG-Reform eine Klarstellung und Ergänzung durch den Gesetzgeber erfolgen97.
II. Verkehrswertermittlung 1. Verfahren von Amts wegen Die Verkehrswertermittlung erfolgt von Amts wegen, nicht erst auf Antrag eines Beteiligten98. Der Verkehrswert ist für alle im ZVG geregelten Versteigerungsverfahren, mit Ausnahme der Versteigerung von Seeschiffen, zu ermitteln und festzusetzen. Die Festsetzung hat vom Vollstreckungsgericht zu erfolgen, wobei es bei der Ermittlung des Verkehrswertes auf Sachverständige zurückgreifen kann. Zwingend ist die Einschaltung eines Sachverständigen nicht geboten99. Soweit das Vollstreckungsgericht die nötige Sachkunde besitzt, kann es den Verkehrswert selbst ohne Einholung eines Gutachtens festsetzen. Dies ist aber nicht der Regelfall. Für die Ermittlung und Festsetzung des Verkehrswertes gelten die Grundsätze der freien Beweiswürdigung gemäß § 268 ZPO100. So kann auch Grundlage der Festsetzungsentscheidung ein in einem Parallelverfahren eingeholtes Gutachten, ein von den Parteien vorgelegtes Privatgutachten, soweit die Beteiligten mit der Verwertung im Zwangsversteigerungsverfahren einverstanden sind, oder bei unbebauten Grundstücken auch die Auskunft der Gemeinde zu den Bodenrichtwerten sein101.
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Ist, wie es in der Regel der Fall ist, die Hinzuziehung eines Sachverständigen erforderlich, so erfolgt die Auswahl des Sachverständigen durch das Gericht nach freiem Ermessen unter Beachtung der eventuell bestehenden landesrechtlichen Vorschriften102. Die Auswahl und die Beauftragung des Sachverständigen ist von den Beteiligten weder mit der Erinnerung gemäß § 766 ZPO noch mit der sofortigen Beschwerde gemäß § 793 ZPO angreifbar, da die Beauftragung des Sachverständigen nur eine verfahrensleitende Maßnahme darstellt und zur Vorbereitung des anfechtbaren Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses dient103. Dadurch ist auch die Erinnerung gemäß § 11 Absatz 2 RPflG ausgeschlossen. Im Hinblick auf das den Beteiligten auch in diesem Verfahren zustehende Ablehnungsrecht gemäß § 406 ZPO sollte die Beauftragung des Sachverständigen im Beschlusswege erfolgen. Die Ablehnungsberechtigten, somit die betreibenden Gläubiger und der Schuldner, sind von der Auswahl und der Beauftragung zu unterrichten, nicht dagegen die übrigen Beteiligten gemäß § 9104.
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97 Vorschläge hierzu finden sich bei Böttcher/Keller/Schneider/Beeneken Rechtstatsächliche Forschung zur Ermittlung eines Reformbedarfs des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, HWR Berlin, 2017. 98 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 27; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 40; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 68. 99 LG Hildesheim v. 11.9.2003 – 5 T 332/03, Rpfleger 2004, 236; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 41; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 56. 100 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 41; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 67. 101 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 42; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 7; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 11; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 69; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 67. 102 Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 43; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 57. 103 OLG Stuttgart v. 8.11.1999 – 8 W 572/99, Rpfleger 2000, 227 = Justiz 2000, 82; LG Rostock v. 1.9.2000 – 2 T 266/00, 2 T 268/00, ZfIR 2001, 162; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 43; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 64. 104 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 57.
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§ 74a Rz. 57 Verkehrswertfestsetzung 57
Als Sachverständige sind qualifizierte Personen auszuwählen. Dies trifft vor allem auf die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Grundstücksbewertung zu105. Diese Sachverständigen sind bei den örtlichen Industrie- und Handelskammern gelistet. Ausnahmsweise können für die Erstellung der Gutachten auch qualifizierte freie Sachverständige herangezogen werden, wenn im betreffenden Bezirk die Bearbeitung der Aufträge in einem angemessenen Zeitrahmen durch die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nicht gewährleistet ist. Vor der ersten Beauftragung eines solchen Sachverständigen hat sich das Vollstreckungsgericht aber die besondere Sachkunde nachweisen zu lassen106.
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Ebenso können die bei den Kommunen gebildeten Gutachterausschüsse gemäß §§ 196 ff. BauGB als Grundstückssachverständige herangezogen werden107. Auf Grund des umständlicheren Verfahrens und der geringeren Sachkunde sollte der Gutachterausschuss, dessen Mitglieder keine Berufssachverständigen sind, nur in einfach gelagerten Fällen oder wenn kein anderer Sachverständiger verfügbar ist, herangezogen werden. 2. Zeitpunkt der Verkehrswertermittlung
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Die Verkehrswertermittlung im Verfahren hat zeitnah zu erfolgen. Es empfiehlt sich das Verkehrswertgutachten in Auftrag zu gegeben, wenn der Anordnungsbeschluss rechtskräftig geworden ist bzw. ein eventueller Einstellungsantrag rechtskräftig beschieden worden ist und die erforderlichen Mitteilungen gemäß § 19 Absatz 2 seitens des Grundbuchamtes vorliegen108. 3. Methoden der Verkehrswertermittlung
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Die Ermittlung des Verkehrswertes, sowohl für Grundstücke als auch für wesentliche Bestandteile und Zubehör, hat nach der Immoblienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV)109 zu erfolgen. Ergänzend sind hierzu die in der Wertermittlungsrichtlinien 2006110 enthaltenen Hinweise für die marktgerechte und einheitliche Verfahrenswiese und Grundsätze für die Ermittlung von Verkehrswerten (Marktwerte) heranzuziehen. Die ImmoWertV ergänzt somit die in §§ 192 BauG aufgestellten allgemeingültigen Vorschriften111.
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Für die Wertermittlung kommen somit 3 Verfahren in Frage, nämlich – das Sachwertverfahren, §§ 21 bis 23 ImmoWertV – das Ertragswertverfahren, §§ 17 bis 20 ImmoWertV – das Vergleichswertverfahren, §§ 15 bis 16 ImmoWertV.
105 Bleutge, Immobilienbewertung in der Zwangsversteigerung – Qualifizierte Sachverständige sind unverzichtbar, ZfIR 2017, 52. 106 Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 8; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 57. 107 BGH v. 23.1.1974 – IV ZR 92/72, BGHZ 62, 93 = NJW 1974, 701 = Rpfleger 1974, 185 m. Anm. Stöber; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 44; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 8; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 12; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 59; dazu auch die landesrechtlichen Vorschriften zu beachten, z.B. in Ba.-Wü. der § 34 des BadWürtt GVG-Ausführungsgesetz. 108 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 34; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 57; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 98; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 62. 109 Immobilienwertermittlungsverordnung v. 19.5.2010, BGBl. I, 639. 110 Richtlinien für die Ermittlung der Verkehrswerte (Marktwerte) von Grundstücken (Wertermittlungsrichtlinien 2006 – WertR 2006) v. 1.3.2006, BAnz. Nr. 108a v. 10.6.2006; Berichtigung v. 1.7.2006, BAnz. Nr. 121, 4798; die Regelungen zum Sachwertverfahren sind durch die Sachwertrichtlinie (SW-RL) v. 5.9.2012, BAnz. v. 18.10.2012, überarbeitet worden. 111 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 46; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 12.
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Verkehrswertfestsetzung
Rz. 65 § 74a
In Versteigerungsverfahren ist ein bestimmtes Wertermittlungsverfahren nicht vorgeschrieben112. Meist werden seitens der Sachverständigen in ihren Gutachten mehrere Verfahren zur Ermittlung des Wertes angewandt. Der Verkehrswert wird dann gemäß § 8 ImmoWertV abgeleitet, wobei diese Ableitung seitens der Sachverständigen in verständlicher Weise zu begründen sind113.
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Das Sachwertverfahren ist meist bei nicht ertragsorientierten Objekten heranzuziehen, so bei Ein- oder Zweifamilienwohnhäusern114, eigenbetriebenes Hotel115. Das Ertragswertverfahren ist dagegen bei vermieteten Objekten116 heranzuziehen, seien es Mehrfamilienwohnhäuser, vermietete Geschäftsobjekte117, Einkaufszentren, auch Hotels118. Das Vergleichswertverfahren kommt vorzugsweise bei der Wertermittlung von Wohnungs- und Teileigentumsrechten zur Anwendung119.
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Für unbebaute Grundstücke kann, außer dem Vergleichswertverfahren (wenn genügend Kaufpreise gleichartiger Grundstücke vorhanden sind)120, auch eine Schätzung auf Grund der bereits gemäß § 10 ImmoWertV ermittelten Bodenrichtwerte erfolgen.
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4. Verfahren bei der Verkehrswertermittlung Der Sachverständige oder der Gutachterausschuss erhält mit seiner Beauftragung durch Schreiben des Gerichtes einen genau bezeichneten Auftrag über den Umfang seiner Tätigkeit. Nach Eingang des Auftrages beim Sachverständigen hat dieser einen Ortstermin zur Besichtigung zu bestimmen. Von diesem Ortstermin sind der Schuldner und die betreibenden Gläubiger bzw. bei einem Zwangsversteigerungsverfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft der Antragsteller und Antragsgegner zu unterrichten. Ihnen ist die Möglichkeit zur Teilnahme an dem Ortstermin einzuräumen121. Einen Zutritt zum Grundbesitz kann sich der Sachverständige aber nicht erzwingen122. Es ist dem Eigentümer des Grundbesitzes überlassen, ob und wem er den Zutritt gestattet123. Der Sachverständige hat aber den Vollstreckungsschuldner bzw. den Eigentümer über die Folgen einer verweigerten Innenbesichtigung zu unterrichten, so das z.B. ein Sicherheitsabschlag auf den ermittelten Wert vorgenommen werden muss124. 112 BGH v. 2.7.2004 – V ZR 213/03, BGHZ 160, 8 = MDR 2005, 27 = NJW 2004, 2671 = Rpfleger 2005, 40; LG Mönchengladbach v. 10.2.2003 – 5 T 364/02, Rpfleger 2003, 379; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 29; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 46; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 46. 113 BGH v. 2.7.2004 – V ZR 213/03, BGHZ 160, 8 = MDR 2005, 27 = NJW 2004, 2671 = Rpfleger 2005, 40. 114 BGH v. 11.3.1993 – III ZR 24/92, BGHR BauGB § 194 Wertermittlung 4 = BRS 68 Nr. 148; OLG Köln v. 28.8.1962 – 9 U 28/58, MDR 1963, 411. 115 LG Mönchengladbach v. 10.2.2003 – 5 T 364/02, Rpfleger 2003, 379. 116 BGH v. 13.7.1970 – VII ZR 189/68, NJW 1970, 2018 = MDR 1970, 1003; BGH v. 25.10.1996 – V ZR 212/95, MDR 1997, 133 = NJW 1997, 129. 117 OLG Celle v. 18.8.1992 – 18 U 3/92, NJW 1993, 739. 118 LG Kempten v. 28.4.1998 – 4 T 2605/97; Rpfleger 1998, 359. 119 BGH v. 2.7.2004 – V ZR 213/03, BGHZ 160, 8 = MDR 2005, 27 = NJW 2004, 2671 = Rpfleger 2005, 40; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 14, Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 46. 120 So vor der ImmoWertV BFH v. 26.9.1980 – III R 21/78, BFHE 132, 101 = NJW 1981, 2080. 121 Für engere Auslegung: OLG München v. 11.2.1983 – 25 W 736/83, OLGZ 1983, 355 = Rpfleger 1983, 319; generell: Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 50; Löhnig/ Steffen, § 74a ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 60. 122 BGH v. 20.5.2003 – VI ZR 312/02 (dort Rz. 16), NJW 2003, 2825 = Rpfleger 2003, 520 = MDR 2003, 1180 = ZfIR 2003, 80; OLG Koblenz v. 5.12.1967 – 4 W 476/67, NJW 1968, 897; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 51; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 13; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 86; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 60. 123 LG Freiburg v. 2.9.2015 – 4 T 116/15, ZfIR 2016, 150 m. Anm. Strauß. 124 BGH v. 7.12.2017 – V ZB 86/16, ZfIR 2018, 207 m. Anm. Traub/Schmidberger = IVR 2018, 62 m. Anm. Meerhoff.
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§ 74a Rz. 65 Verkehrswertfestsetzung Das Gericht kann den Zutritt ebenso nicht erzwingen, auch nicht wenn parallel dazu ein Zwangsverwaltungsverfahren angeordnet ist125. Der Zwangsverwalter kann und wird bei einem leer stehenden Grundbesitz dem gerichtlich bestellten Gutachter den Zutritt ermöglichen. Verpflichtet ist er dazu aber nicht. Um zwangsweise einen Zutritt zu erreichen, kann das Gericht keinen Durchsuchungsbeschluss erlassen, auch nicht auf Antrag des Zwangsverwalters126. Der Gutachterausschuss hat über § 197 BauGB die Befugnis, den Grundbesitz zu betreten, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Amtshilfe weiterer Behörden und bei Wohnungen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers127. Der Schuldner oder Antragsgegner kann bei einer verweigerten Besichtigung den Verkehrswertbeschluss nicht mit der Begründung anfechten, dass keine Besichtigung durchgeführt wurde128. 66
Der Gutachter hat sein Gutachten nach den vorgefundenen Ergebnissen der Besichtigung zu erstellen. Die Auswahl des anzuwendenden Wertermittlungsverfahrens obliegt dem Gutachter, wobei er seine Auswahl nachprüfbar im Gutachten zu begründen hat. Wurde eine Besichtigung des Objektes nicht ermöglicht, so hat die Bewertung auf Grund der amtlichen Unterlagen (Baugesuche, Aufteilungspläne, etc.) und dem äußeren Anschein zu erfolgen129. Mutmaßungen und Unterstellungen sind dabei nicht zulässig. Der Gutachter muss sein Gutachten auf die vorhandenen oder ermittelten Tatsachen aufbauen130. Die Grundlagen für seine Wertermittlung hat der Gutachter in seinem Gutachten zu dokumentieren, damit diese seitens des Gerichtes und der Beteiligten nachvollzogen werden können. Der Gutachter hat in seinem Gutachten ebenso zu dokumentieren, wenn der tatsächliche Zustand des Objektes von der Baubeschreibung abweicht.
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Der Gutachter hat den Wert des unbelasteten Objektes zu ermitteln. Die im Grundbuch in Abteilung II und III eingetragenen Rechte bleiben bei der Feststellung des Verkehrswertes unberücksichtigt131. Diese werden im Versteigerungsverfahren nach den Vorschriften des ZVG bewertet und berücksichtigt, so bei der Festsetzung des Zuzahlungsbetrages gemäß §§ 50, 51 oder des Ersatzwertes gemäß § 92. Die Rechte dürfen bei der Ermittlung des Verkehrswertes nicht in Abzug gebracht werden. Die Ansicht des LG Heilbronn132, dass eine alternative Verkehrswertfestsetzung zu erfolgen hat, ist unzutreffend133. Stellt der Gutachter einen Altlastenverdacht fest, so hat das Vollstreckungsgericht diesem nachzugehen. Unter Umständen ist diesem Fall ein gesonderter Sachverständigen für die Ermittlung des Umfanges der Altlasten 125 LG Ellwangen v. 24.4.1995 – 1 T 64/95, Rpfleger 1995, 427; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 52; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 60. 126 LG Ellwangen v. 24.4.1995 – 1 T 64/95, Rpfleger 1995, 427. 127 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 60. 128 BGH v. 7.12.2017 – V ZB 86/16, ZfIR 2018, 207 m. Anm. Traub/Schmidberger.; LG Stuttgart v. 21.3.2012 – 19 T 26/12, nach juris; LG Mühlhausen v. 5.5.2008 – 2 T 94/08, nach juris; LG Dortmund v. 20.4.2000 – 9 T 400/00, Rpfleger 2000, 466; LG Göttingen v. 13.1.1998 – 10 T 4/98, Rpfleger 1998, 213; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 51; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 60; a.A. LG Lüneburg v. 16.7.2012 – 4 T 12/12, Rpfleger 2013, 108 unter Aufgabe von LG Lüneburg v. 5.7.2007 – 4 T 92/07, Rpfleger 2008, 38. 129 LG Dortmund v. 20.4.2000 – 9 T 400/00, Rpfleger 2000, 466; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 61. 130 BGH v. 2.11.1983 – IVa ZR 20/82, NJW 1984, 355 = MDR 1984, 296 = WM 1984, 34; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 61. 131 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 29; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 48; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 15; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 52; Alff, Alternative Verkehrswertfestsetzung (mit und ohne Belastung) im Versteigerungsverfahren?, Rpfleger 2003, 113; Schulz, Verkehrswert bei Zwangsversteigerungen, Rpfleger 1987, 441. 132 LG Heilbronn v. 10.5.2004 – 1 T 160/04, Rpfleger 2004, 511 m. Anm. Hintzen; LG Heilbronn v. 18.7.2003 – 1 b T 246/03, Rpfleger 2004, 56 m. Anm. Hintzen. 133 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 29; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 49; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 15; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 52.
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Verkehrswertfestsetzung
Rz. 69 § 74a
erforderlich. Festgestellte Altlasten mindern den ermittelten Wert134, ebenso wie festgestellte Baumängel oder Bauschäden. Dagegen kann der ermittelte Wert positiv beeinflusst werden, wenn ein Energieausweis für das Objekt vorliegt oder eine energetische Sanierung stattgefunden hat135. Eine vom Gutachter ermittelte Baulast aus dem Baulastenverzeichnis ist nicht in Abzug zu bringen136, ebenso wie ein in Abteilung II des Grundbuches eingetragenes Recht, da dieses ebenso, wie eine nicht im Grundbuch gebuchte altrechtlich Belastung (Recht vor 1890) außerhalb des geringsten Gebotes bestehen bleibt und vom Ersteher mit zu übernehmen ist. Die Baulast hat bereits auf die Erstellung des Objektes Auswirkung gehabt und wird somit bereits bei der Verkehrswertermittlung im Sachwert mit berücksichtigt. Ein weiterer Abzug ist daher nicht vorzunehmen. In schwierig gelagerten Fällen kann auch dem Sachverständigen die Bewertung von Rechten, die in der II. Abteilung des Grundbuchs eingetragen sind (z.B. Reallasten137), übertragen werden. Diese ermittelten Werte können später Grundlage für die Bemessung des Zuzahlungsbetrages gemäß § 51 ZVG oder des Ersatzwertes gemäß § 92 ZVG sein. Bei der Wertermittlung sind dagegen als werterhöhende Faktoren mit dem Grundstück verbundene Rechte, wie z.B. ein Brennrecht138 oder eine dingliche Gerechtigkeit, zu berücksichtigen. Als werterhöhend ist ebenso zu berücksichtigen, wenn für das Objekt bereits eine Bauvoranfrage positiv beschieden wurde139 und ein Umlegungsverfahren kurz vor dem Abschluss steht. Auch werterhöhend wirken sich subjektiv-dingliche Rechte (Grunddienstbarkeiten) und Reallasten aus, wie z.B. das grundbuchrechtlich gesicherte Recht auf Belieferung des Objektes mit Heizwärme aus einer zentralen Heizungsanlage. Dagegen hat ein laufendes Flurbereinigungsverfahren bis zur rechtskräftigen Besitzeinweisung in den neuen Grundbesitz keine Auswirkung auf die Ermittlung des Verkehrswertes140.
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Der Gutachter hat das von ihm zu erstellende Gutachten in der vom Gericht gemäß § 411 ZPO gesetzten Frist einzureichen141. Das Gutachten ist vom Sachverständigen zu unterschreiben und in der vom Gericht in Auftrag gegebenen Stückzahl vorzulegen. Im Hinblick auf die in § 38 Absatz 2 gegebene Möglichkeit der Veröffentlichung des Gutachtens im Internet hat der Sachverständige auch eine digitale Fertigung des Gutachtens vorzulegen142. Bei der Erstellung der digitalen Version des Gutachtens hat der Sachverständige aber die datenschutzrechtlichen und urheberrechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Insbesondere die Frage des Urheberrechtes wirft in der Praxis derzeit noch viele Fragen auf. Außer dem Urheberrecht des Verfassers des Gutachtens an seinem Gutachten sind von diesem im Gutachten auch weitere, dem Sachverständigen zur Ausarbeitung des Gutachtens überlassene, urheberrechtlich geschützte Unterlagen, verarbeitet worden. Hinsichtlich dieser Urheberrechte muss der Sachver-
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134 BGH v. 18.5.2006 – V ZB 142/05, MietRB 2006, 290 = NJW-RR 2006, 1389 = Rpfleger 2006, 554 = MDR 2007, 110; OLG Karlsruhe v. 30.7.2010 – 12 U 245/09, Rpfleger 2010, 688; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 29; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 47; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 16; Löhnig/ Steffen, § 74a ZVG Rz. 21; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 47. 135 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 51. 136 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 49; a.A. Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 48. 137 Schaper, Bewertung einer Reallast, GuG 2014, 349. 138 Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 18; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 50. 139 OLG Köln v. 1.6.1983 – 2 W 59/83, OLGZ 1983, 474 = Rpfleger 1983, 362 = MDR 1983, 851; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 29; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 46; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 14; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 80. 140 OLG Hamm v. 28.1.1987 – 15 W 426/86, Rpfleger 1987, 258; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 37; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 14. 141 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 63. 142 Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 13.
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§ 74a Rz. 69 Verkehrswertfestsetzung ständige eine Genehmigung für die Weiterverwendung haben, insbesondere für die Veröffentlichung im Internet seitens des Gerichtes. 5. Gutachterausschuss, auch Haftung 70
Wird der Gutachterausschuss mit der Ermittlung des Verkehrswertes im Verfahren beauftragt, so kann weder der Gutachterausschuss noch einzelne Mitglieder des Gutachterausschusses gemäß § 406 ZPO abgelehnt werden143. Die Mitglieder des Gutachterausschusses werden von der jeweiligen Kommune bestimmt, wobei mindestens ein Mitglied des Gutachterausschusses kein Bediensteter der Finanzbehörden sein muss144. Das erstellte Gutachten des Gutachterausschusses stellt dann eine behördliche Auskunft dar. Für die Richtigkeit des der Verkehrswertfestsetzung zu Grunde liegenden Gutachtens kann ein Ersteher nicht gegen den Gutachterausschuss im Wege der Amtspflichtverletzung vorgehen145. Eine Haftung des Gutachterausschusses kommt dagegen aber, auch gegenüber einen Ersteher146, auf Grund einer Amtspflichtverletzung gemäß § 839 BGB in Betracht147. 6. Sachverständige, auch Haftung
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Auf den gerichtlich beauftragten Sachverständigen finden die §§ 406 ff. ZPO Anwendung. Der Sachverständige kann somit wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Über das Ablehnungsgesuch ist vom Vollstreckungsgericht in der Person des Rechtspflegers zu entscheiden148. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, ist diese Entscheidung gemäß § 406 Absatz 5 unanfechtbar, kann aber, da Rechtspflegerentscheidung, gemäß § 11 Absatz 2 RPflG mit der befristeten Erinnerung angegriffen werden. Die Zurückweisung des Ablehnungsgesuches ist dagegen mit der sofortigen Beschwerde gemäß § 406 Absatz 5 ZPO anfechtbar.
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Der BGH149 hat in seiner Entscheidung vom 9.3.2006 die Anwendbarkeit von § 839a BGB auch für das im Zwangsversteigerungsverfahren erstellte Verkehrswertgutachten bejaht. Der Ersteher ist für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen i.S. von § 839a BGB ein geschützter Dritter, demgegenüber eine Amtspflicht verletzt wurde150. Die Haftung des gerichtlich bestellten Sachverständigen tritt ein, wenn dieser vorsätzlich oder grob fahrlässig ein falsches Gutachten erstellt hat151, das Gericht auf dieses Gutachten gestützt, eine unrichtige Entscheidung getroffen hat, die ursächlich für einen Vermögensschaden eines Verfahrensbeteiligten war. Die Schadensersatzpflicht des § 839a BGB entfällt aber, wenn der Geschädigte 143 OLG Oldenburg v. 9.12.1991 – 12 WF 138/91, FamRZ 1992, 451; OLG Hamm v. 28.12.1989 – 1 W 111/89, NJW 1991, 575; OLG Stuttgart v. 29.10.1986 – 8 W 491/86, NJW-RR 1987, 190 = BWNotZ 1987, 46; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 65. 144 LG Hildesheim v. 11.9.2003 – 5 T 332/03, Rpfleger 2004, 236; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28. 145 BGH v. 29.11.1990 – III ZR 244/89, BGHZ 113, 71 = Rpfleger 1991, 119 = MDR 1991, 415; OLG Frankfurt/M. v. 21.7.1989 – 25 U 96/88, NJW 1990, 1486 = Rpfleger 1990, 31; LG Kassel v. 3.2.1988 – 6 O 312/87, Rpfleger 1988, 323; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 44. 146 BGH v. 6.2.2003 – III ZR 44/02, Rpfleger 2003, 310 = MDR 2003, 628 = ZfIR 2003, 260; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 68; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 66. 147 BGH v. 6.2.2003 – III ZR 44/02, Rpfleger 2003, 310 = MDR 2003, 628 = ZfIR 2003, 260; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 68; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 66. 148 Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 65. 149 BGH v. 9.3.2006 – III ZR 143/05, NJW 2006, 1733 = Rpfleger 2006, 551 m. Anm. Alff = MDR 2006, 1168. 150 BGH v. 6.2.2003 – III ZR 44/02, Rpfleger 2003, 310 = MDR 2003, 628 = ZfIR 2003, 260. 151 BGH v. 24.7.2014 – III ZR 412/13, juris; BGH v. 10.10.2013 – III ZR 345/12, BGHZ 198, 265 = MDR 2013, 1397 = Rpfleger 2014, 146; Brandenburgisches OLG v. 7.3.2018 – 7 U 87/16, BeckRS 2018, 9692 = IVR 2018, 105 m. Anm. Schmidberger.
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Verkehrswertfestsetzung
Rz. 74 § 74a
es versäumt, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, § 839a Absatz 2 BGB i.V.m. § 839 Absatz 3 BGB. Wie Hintzen152 ausführlich darstellt, fehlt es aber im Zwangsversteigerungsverfahren an der Kausalität zwischen Zuschlagsbeschluss und dem möglichen Schaden des Erstehers153. Der Entscheidung des BGH, der eine Haftung des Sachverständigen auch gegenüber dem Ersteher für möglich hält, kann somit nicht gefolgt werden. Soweit der Sachverständige in seinem Gutachter ausdrücklich auf den Verzicht auf genauere Feststellungen (hier Überprüfung der Baugenehmigung) hinweist, entfällt eine Haftung aus § 839a BGB154.Es verbleibt aber auch nach der Einführung des § 839a BGB weiterhin bei der Haftung des Sachverständigen gemäß § 826 BGB155. Eine Amtshaftung gemäß § 839 BGB für einen falschen Verkehrswertbeschluss könnte nur in dem Fall eintreten, wenn das Gericht vorsätzlich oder grob fahrlässig ein erkennbar falsches (fehlerhaftes) Verkehrswertgutachten zur Grundlage seines Verkehrswertbeschlusses gemacht hat156. Nimmt ein Verfahrensbeteiligter diesen fehlerhaften Verkehrswertbeschluss hin, ohne gegen ihn das zulässige Rechtsmittel einzulegen, entfällt für ihn der Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 Absatz 3 BGB157.
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7. Grundstücke Der Verkehrswert ist für jedes in der Versteigerung befindliche Grundstück zu ermitteln. Für die Verkehrswertermittlung ist ohne Belang, ob das Grundstück bebaut oder unbebaut oder im Grundbuch belastet oder unbelastet ist158. Ebenso ist der Verkehrswert für Wohnungsoder Teileigentumsrechte, grundstücksgleiche Rechte, selbstständiges Gebäudeeigentum in den neuen Bundesländern sowie für die im Rechtssinne Grundstücken gleichstehenden Miteigentumsanteile zu ermitteln. Bei der Versteigerung mehrerer rechtlich selbstständiger Grundstücke in einem Verfahren ist für jedes ein gesonderter Verkehrswert festzusetzen159. Ein zu einem Wohnungseigentumsrecht gehörender Stellplatz, der entweder unter einer eigenen Nummer im gleichen Grundbuch oder gesondert in einem Teileigentumsgrundbuch gebucht ist, wird nicht beim Verkehrswert des Wohnungseigentumsrechtes berücksichtigt. Für den Stellplatz wird, da selbstständig gebucht, ein gesonderter Verkehrswert festgesetzt, obwohl die Wohnung und der Stellplatz eine wirtschaftliche Einheit bilden können160. Dagegen wirkt sich ein als Sondernutzungsrecht dem Wohnungseigentumsrecht zugewiesener, jedoch noch nicht erstellter Stellplatz, nicht werterhöhend aus161. Steht das zu versteigernde Grundstück in Bruchteileigentum zu gleichen Anteilen, genügt die Festsetzung des Verkehrswertes für das gesamte Grundstück. Der Wert des einzelnen Bruchteils ist durch den Miteigentumsanteil bestimmt, er braucht nicht mehr weiter verteilt werden162. Bei einem erst im Versteige152 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 65 bis 71. 153 So auch Alff, Anmerkung zu BGH v. 9.3.2006 – III ZR 143/05, MDR 2006, 1168 = Rpfleger 2006, 551. 154 OLG Braunschweig v. 19.1.2017 – 2 U 119/14, IBR 2017, 229. 155 So auch Böttcher, § 74a ZVG Rz. 28; a.A. Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 66. 156 OLG Frankfurt/M. v. 10.12.2004 – 1 W 69/04, MDR 2005, 1051. 157 BGH v. 27.9.1990 – III ZR 53/89, NVwZ 1991, 915 = Rpfleger 1991, 12; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 66. 158 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 30; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 35; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 10; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 69. 159 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 30, Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 36; Löhnig u.a./Steffen, § 74a ZVG Rz. 10; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 70; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 69. 160 LG Heilbronn v. 13.5.2011 – 1 T 146/11, ZfIR 2011, 689; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 35. 161 LG Heilbronn v. 13.5.2011 – 1 T 146/11, ZfIR 2011, 689; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 35. 162 BGH v. 7.6.2018 – V ZB 221/17, MDR 2018, 1404 = ZfIR 2019, 31 m. Anm. Böttcher = IVR 2018, 144 m. Anm. Schneider; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 30; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 69.
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§ 74a Rz. 74 Verkehrswertfestsetzung rungstermin beantragten Gruppen- oder Gesamtausgebot hat keine weitere Verkehrswertfestsetzung für das Gruppen- oder Gesamtausgebot zu erfolgen. Der jeweilige Verkehrswert ergibt sich durch die Addition der einzelnen Verkehrswerte163. 75
Für die Ermittlung des Verkehrswertes für ein selbstständiges Gebäudeeigentum in den neuen Bundesländern finden die für das Erbbaurecht geltenden Grundsätze Anwendung164. 8. Erbbaurecht
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Für die Festsetzung des Verkehrswertes des Erbbaurechtes ist der nach der Wertermittlungsverordnung ermittelte Sachwert des Gebäudes (als wesentlicher Bestandteil des Erbaurechtes nach § 12 Absatz 1 ErbbauRG) samt Außenanlagen zuzüglich dem Wert an der Nutzung des Grundstücks in Ansatz zu bringen165. Dieser Nutzungswert hängt von der Restlaufzeit des Erbbaurechtes ab; so kommt bei einer Restlaufzeit von 60 Jahren 60 % des Grundstückswertes in Betracht166. Bei vermieteten Objekten kommt anstelle des Sachwertes der Ertragswert zur Anwendung. Die Belastung des Erbbaurechtes mit dem Erbbauzins hat, ebenso wie die grundbuchmäßigen Belastungen des Erbbaurechtes, keinen Einfluss auf den zu ermittelten Verkehrswert167. 9. Zubehör (Absatz 5 Satz 2)
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Die Versteigerung erstreckt sich gemäß § 55 auch auf die beweglichen Gegenstände, die zum Zeitpunkt der Versteigerung noch beschlagnahmt sind168. Dies können wesentliche Bestandteile, Zubehör oder sonstige Gegenstände sein. Die Frage, ob Gegenstände Zubehör, wesentliche Bestandteile o.ä. sind, ist aber weder im Verkehrswertgutachten vom Sachverständigen noch im Verkehrswertfestsetzungsbeschluss vom Vollstreckungsgericht zu entscheiden169. Die Klärung dieser Frage obliegt dem Prozessgericht. Da jederzeit eine Freigabe dieser Gegenstände, auf Antrag eines Berechtigten eine besondere Versteigerung oder anderweitige Verwertung nach § 65 erfolgen kann, ist der Wert der Gegenstände gesondert zu ermitteln und festzusetzen. Gemäß Absatz 5 Satz 2 ist der Wert dieser Gegenstände vom Vollstreckungsgericht unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Die Art der Gegenstände (Inventar einer Betriebsstätte o.ä.) überfordert aber meist die Sachkompetenz des Vollstreckungsgerichtes. Es empfiehlt sich daher bei Gegenständen von erheblichem Wert ebenfalls einen Sachverständigen mit der Bewertung zu beauftragen. Im Verkehrswertgutachten sollte der Wert der einzelnen Gegenstände im Hinblick auf eine eventuelle spätere Freigabe einzeln aufgeführt sein. Die Festsetzung im Verkehrswertbeschluss sollte dagegen in einer Summe erfolgen170. Bei einer späteren Freigabe von Gegenständen ist der Verkehrswertbeschluss abzuändern. Der Wert von wesentlichen Bestandteilen wird dagegen nicht gesondert festgesetzt, er ist dem Wert des 163 A.A. Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 36 unter Bezug auf OLG Hamm v. 14.7.1958 – 15 W 311, 332, 333/58, Rpfleger 1959, 57. 164 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 33; Keller, Grundstücksrechte in der ehemaligen DDR in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1992, 501. 165 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 55; a.A. Böttcher, § 74a ZVG Rz. 32. 166 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 32; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 55; a.A. v. Oefele/Winkler, Erbbaurecht, Rz. 5.123 (keine Berücksichtigung des Grundstückswertes). 167 Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 14; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 55. 168 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 31; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 38; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 17; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 15; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 53. 169 LG Leipzig v. 9.7.2001 – 12 T 3764/01, Rpfleger 2001, 610 = KTS 2002, 305; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 38; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 17; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 15; Stöber, § 74a ZVG Rz. 7.5. 170 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 39; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 15; a.A. Böttcher, § 74a ZVG Rz. 31.
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Verkehrswertfestsetzung
Rz. 80 § 74a
Grundstückes hinzurechnen171. Eine getrennte Festsetzung des Wertes von Zubehör ist vor allem in Verfahren erforderlich, in welchem der Grundstückseigentümer in Insolvenz ist172. Bei der Feststellung dieser Gegenstände steht dem Insolvenzverwalter gemäß § 10 Absatz 1 Nr. 1a ein Wertersatz von 4 % des Wertes der Gegenstände zu. Als bewegliche Gegenstände i.S. von Absatz 5 Satz 2 sind auch die nach § 22 beschlagnahmten Versicherungs- und Schadensersatzforderungen zu behandeln173. Diese sind als gesonderter Wert im Verkehrswertfestsetzungsbeschluss auszuweisen.
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III. Festsetzung des Verkehrswertes 1. Verfahren Nach Vorliegen des Verkehrswertgutachtens ist allen zu diesem Zeitpunkt bekannten Beteiligten nach § 9 des Verfahrens rechtliches Gehör zu gewähren174. Zum Kreis der Beteiligten können bei der Versteigerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück auch die übrigen Miteigentümer gehören175. Nicht anzuhören sind die Beteiligten gemäß § 9, die ihr Recht noch ordnungsgemäß anzumelden haben sowie eventuelle Mieter oder Pächter des Grundbesitzes176. Bei der Gewährung des rechtlichen Gehörs ist auf die Beteiligten abzustellen, die zum Zeitpunkt der Wertfestsetzung schon beteiligt sind. Erlangt erst nach erfolgter Wertfestsetzung ein weiterer Gläubiger durch einen Beitritt zum Verfahren die Beteiligtenstellung, so ist diesem kein rechtliches Gehör mehr zu gewähren. Er tritt in das laufende Verfahren in den gegebenen Verfahrensstand ein177. Gleiches gilt für die Beteiligten, die ihre Beteiligtenstellung durch Anmeldung oder Rechtsnachfolge178 (auch ein eventuell neu eintretender Eigentümer179) nach der Verkehrswertfestsetzung erlangen. Diesen Beteiligten ist der Verkehrswertbeschluss nur zuzustellen. Ab diesem Zeitpunkt läuft für sie die Anfechtungsfrist des Absatzes 5 Satz 3.
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Die Anhörung der Beteiligten zu der beabsichtigten Wertfestsetzung kann entweder durch die Übersendung einer Abschrift des Gutachtens oder durch die Mitteilung des Wertes erfolgen, der als festzusetzender Verkehrswert beabsichtigt ist, verbunden mit dem Hinweis, dass das vorliegende Gutachten bei der Geschäftsstelle eingesehen werden kann180. Die Übersendung des Gutachtens oder die Mitteilung des Wertes ist mit einer Fristsetzung zur Abgabe einer Äußerung zu dem ermittelten Wert zu verknüpfen181. In der Praxis hat sich die Übersendung einer Abschrift des Gutachtens bewährt, da bei dieser Vorgehensweise alle Beteiligten fundiert und in angemessener Zeit zu dem ermittelten Wert Stellung nehmen können.
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171 BayObLG v. 17.9.1998 – 3Z BR 76/98, Rpfleger 1999, 86 = MittBayNot 1999, 310 = KTS 1999, 349; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 31. 172 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 39. 173 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 54. 174 BVerfG v. 15.7.1963 – 2 BvR 6/63, Rpfleger 1964, 41 = MDR 1963, 738. 175 BGH v. 7.6.2018 – V ZB 221/17, MDR 2018, 1404 = IVR 2018, 144 m. Anm. Schneider. 176 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 35; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 75. 177 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 35; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 56, Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 22; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 74; unzutreffend insoweit: LG Aachen v. 3.2.1959 – 7 T 679/58, Rpfleger 1959, 321, dass auch eine Anhörung der später Beitretenden verlangt. 178 LG Mainz v. 22.11.1973 – 8 T 167/73, Rpfleger 1974, 125. 179 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 79. 180 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 35; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 56; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 23; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 74. 181 BVerfG v. 25.10.1956, NJW 1957, 17 = Rpfleger 1957, 11 = MDR 1957, 84.
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§ 74a Rz. 81 Verkehrswertfestsetzung 81
Die Festsetzung des Verkehrswertes erfolgt durch Beschluss gemäß Absatz 5 Satz 3. Dieser Beschluss ist zu begründen182. Aus dem Beschluss muss ersichtlich sein, für welches Grundstück (Versteigerungsobjekt) und zu welchem Zeitpunkt die Festsetzung erfolgt183. Soweit im Anhörungsverfahren zur Wertermittlung keine Äußerungen seitens der Beteiligten eingegangen sind, genügt bei der Begründung die Bezugnahme auf das Verkehrswertgutachten unter Angabe der wesentlichen Gesichtspunkte zur Festsetzung184. Sind dagegen Äußerungen oder Einwendungen gegen das Verkehrswertgutachten eingegangen, so hat sich das Gericht mit den wesentlichen Punkten in einer nachvollziehbaren Weise auseinanderzusetzen185. Das Gleiche gilt, wenn das Gericht von dem ermittelten Wert abweicht. Auch hier sind die Gründe in nachvollziehbarer Weise darzustellen. Der Verkehrswertfestsetzungbeschluss ist an alle bislang bekannten Beteiligten gemäß § 9 zuzustellen mit Ausnahme von Mietern und Pächtern, da diesen kein Anfechtungsrecht zusteht. Bei einer Verkündung gemäß § 329 ZPO erst im Versteigerungstermin ist der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss aber gemäß § 569 Absatz 2 Satz 1 ZPO im Hinblick auf den Beginn der Beschwerdefrist trotzdem zuzustellen (außer es erfolgt im Termin eine Zuschlagserteilung, dann ist nur noch der Zuschlagsbeschluss angreifbar), da hier die Ausnahmevorschrift des § 98 nicht greift186.
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Später hinzukommenden Beteiligten ist der Wertfestsetzungsbeschluss im Hinblick auf das den Beteiligten zustehenden Anfechtungsrecht stets zuzustellen187, bei der Zulassung eines Beitritts möglichst zusammen mit dem Beitrittsbeschluss. Die Aufnahme des Verkehrswertes in die Terminsbestimmung ersetzt nicht die Zustellung des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses188. 2. Zeitpunkt
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Die Festsetzung des Verkehrswertes im Verfahren hat im Hinblick auf § 38 Absatz 1 rechtzeitig vor der Terminsbestimmung zu erfolgen. Die Rechtskraft des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses ist dagegen keine Voraussetzung für eine Terminsbestimmung und die Abhaltung des Versteigerungstermins189. Nach BGH190 soll zum Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss in formeller Rechtskraft erwachsen sein. Die Festsetzung des Verkehrswertes sollte somit frühzeitig im Verfahren erfolgen, damit ein etwaiges Rechtsmittelverfahren gemäß § 74a Absatz 5 Satz 3 vor dem Versteigerungstermin abgeschlossen ist. Die Aussetzung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 87 bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses sollte die Ausnahme bleiben. Das Verkehrswertgutachten sollte daher in Auftrag gegeben werden, sobald der Anordnungsbeschluss
182 OLG Celle v. 26.1.1966 – 8 W 2/66, OLGZ 1966, 936 = NJW 1966, 936 = Rpfleger 1967, 20. 183 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 36; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 58; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 24; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 76. 184 BGH v. 8.11.1962 – III ZR 86/61, BGHZ 39, 198 = NJW 1963, 1492 = MDR 1963, 661; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 36; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 76. 185 LG Stade v. 28.2.1972 – 2 T 37/72, KTS 1972, 203. 186 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 36; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 58; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 21; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 78. 187 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 36; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 59; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 25; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 74a zVG Rz. 77. 188 OLG Hamm v. 18.9.1990 – 15 W 272/90, Rpfleger 1991, 73; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 36; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 77. 189 BGH v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, MDR 2008, 1185 = NJW-RR 2008, 1741 = ZfIR 2008, 685; a.A. OLG Hamm v. 15.9.1999 – 15 W 283/99, Rpfleger 2010, 120; OLG Düsseldorf v. 13.1.1980 – 3 W 207/80, NJW 1981, 235. 190 BGH v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, MDR 2008, 1185 = NJW-RR 2008, 1741 = ZfIR 2008, 685.
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Verkehrswertfestsetzung
Rz. 86 § 74a
rechtskräftig geworden ist und die nach § 19 Absatz 2 erforderlichen Mitteilungen des Grundbuchamtes zu den Akten gelangt sind191. 3. Rechtskraft des Verkehrswertbeschlusses Der Verkehrswertbeschluss erwächst nicht in materieller Rechtskraft192. Er kann nur in formeller Rechtskraft erwachsen, die aber auch nicht absolut193, sondern nur relativ ist, da zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens neue Beteiligte dem Verfahren beitreten können oder neue Beteiligte auf Grund einer Anmeldung (z.B. öffentlicher Lasten) hinzukommen können. Diesen Beteiligten ist entweder zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts oder der Anmeldung der Verkehrswertbeschluss zuzustellen. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung läuft dann für diese Beteiligte die Rechtsmittelfrist des Absatzes 5 Satz 3. Die Rechtskraft des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses wirkt somit immer nur gegen die bislang bekannten Beteiligten, denen der Beschluss bereits ordnungsgemäß zugestellt wurde.
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In materieller Rechtskraft kann der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss nicht erwachsen, da der Verkehrswert jederzeit bei Eintritt von wesentlichen Änderungen (positiv oder negativ) abgeändert werden muss194.
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4. Anpassung des Verkehrswertes Einer Anpassung des Verkehrswertes bei Bekanntwerden neuer Tatsachen oder wesentlichen 86 Änderungen steht die formelle Rechtskraft des Verkehrswertes nicht entgegen195. Das Vollstreckungsgericht hat von Amts wegen eine Anpassung des Verkehrswertes vorzunehmen, sobald ihm die Tatsachen bekannt werden, die nicht mehr mit der sofortigen Beschwerde nach Satz 5 Satz 3 geltend gemacht werden können196. Diese Tatsachen können den bislang festgesetzten Verkehrswert sowohl positiv als negativ beeinflussen. Tatsachen, die zu einer negativen Anpassung des Verkehrswertes führen können sind z.B. der Eintritt von Schäden auf Grund von Unwettern, Überschwemmungen, Freigabe von Zubehörstücken oder die Änderung der Nutzungsart. Positiv können den Verkehrswert beeinflussen bauliche Verbesserungen (auch Renovierungen) innerhalb des Verfahrens, Änderungen der Nutzungsart, Hinzukommen von weiteren dem Haftungsverbund unterliegendem Zubehör oder Bestandteilen (z.B. wird bei einem Wohnungseigentum diesem nachträglich ein Sondernutzungsrecht an einem Pkw-Stellplatz zugeordnet197), Änderung des Bauleitplanes198 (bei einem unbebauten Grund191 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 34; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 57; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 98. 192 BGH v. 11.10.2007 – V ZB 178/06, NJW-RR 2008, 944 = Rpfleger 2008, 214 = MDR 2008, 230; BGH v. 10.10.2003 – IX a ZB 128/03; NJW-RR 2004, 302 = Rpfleger 2004, 172 = ZfIR 2004, 167; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 37; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 59; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 26; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 82. 193 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 37; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 59; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 27; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 71. 194 BGH v. 10.10.2003 – IX a ZB 128/03; NJW-RR 2004, 302 = Rpfleger 2004, 172 = ZfIR 2004, 167. 195 BGH v. 7.12.2017 – V ZB 109/17, MDR 2018, 298 = ZfIR 2018, 212; BGH v. 11.10.2007 – V ZB 178/06, NJW-RR 2008, 944 = Rpfleger 2008, 214 = MDR 2008, 230; LG Mönchengladbach v. 20.2.2003 – 5 T 404/02, Rpfleger 2003, 524; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 38; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 61; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 28; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 84. 196 BGH v. 19.3.1971 – V ZR 153/68, Rpfleger 1971, 212 = MDR 1971, 567; OLG Köln v. 24.9.1992 – 2 W 151/92, Rpfleger 1993, 258; OLG Hamm v. 18.9.1990 – 15 W 272/90, Rpfleger 1991, 73; OLG Koblenz v. 15.5.1985 – 4 W 175/85, Rpfleger 1985, 410; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 38; Dassler u.a./ Hintzen, § 74a ZVG Rz. 61; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 30; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 80. 197 OLG Düsseldorf v. 8.9.2000 – 3 W 288/00, Rpfleger 2000, 559. 198 OLG Köln v. 1.6.1983 – 2 W 59/83, OLGZ 1983, 474 = Rpfleger 1983, 362 = MDR 1983, 851.
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§ 74a Rz. 86 Verkehrswertfestsetzung stück anstelle Grünland nunmehr Bauland), erheblicher Anstieg der vergleichbaren Grundstückswerte (mehr als 10 %199). 87
Allein die Verfahrensdauer rechtfertigt dagegen nicht die Anpassung des Verkehrswertes; nur eine extrem lange Verfahrensdauer (so z.B. 4 1/2 Jahre bis zum Versteigerungstermin) mit einem in der Zwischenzeit erfolgten erheblichen Preisanstieg200.
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Eine Anpassung bzw. Abänderung des festgesetzten Verkehrswertes kommt auch auf Antrag eines Beteiligten in Betracht. In diesem Fall hat der Beteiligte die die Änderungen betreffenden Tatsachen substantiiert vorzutragen201. Hält der vom Gericht beauftragte Sachverständige die vorgetragenen Tatsachen für beachtlich, so muss das Gericht diesen Einwendungen des Beteiligten nachgehen.
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Die Anpassung oder Abänderung des Verkehrswertes bedeutet aber nicht, dass dadurch eine neue Verkehrswertfestsetzung erfolgt202. Diese zuvor schon formell rechtskräftig gewordene Entscheidung darf seitens des Vollstreckungsgerichtes nicht aufgehoben werden. Dies wäre nur in einem Beschwerdeverfahren nach Absatz 5 Satz 3 möglich (Abhilfe oder Entscheidung des Beschwerdegerichtes). Im Falle der Abänderung oder Anpassung des Verkehrswertes wird nur die betragsmäßige Festsetzung des Verkehrswertes geändert. Vor der beabsichtigten Anpassung oder Abänderung ist, wie bei der Festsetzung des Verkehrswertes, den Beteiligten rechtliches Gehör gemäß Art. 103 GG zu gewähren. Der Anpassungs- oder Abänderungsbeschluss ist, ebenso wie der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss, mit der sofortigen Beschwerde des Absatzes 5 Satz 3 anfechtbar203.
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Lehnt das Vollstreckungsgericht eine Abänderung oder Anpassung ab, so begründet dies keinen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 1204. Die Ablehnung ist auch nicht mit der sofortigen Beschwerde gemäß Absatz 5 Satz 3 anfechtbar205. Ein verspätetes Vorbringen des im Verkehrswertfestsetzungsverfahren angehörten Schuldners, dass der Verkehrswert falsch festgesetzt worden sei, rechtfertigt keine Überprüfung des bereits formell rechtskräftigen Verkehrswertbeschlusses206. Dem steht in diesem Fall die Bindung an den Verkehrswertbeschluss entgegen.
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Nach BGH207 vom 10.10.2003 ist eine Anpassung oder Abänderung des festgesetzten Verkehrswertes auf Grund geänderter Umstände für einen im Rechtssinne zweiten Versteigerungstermin nicht erforderlich, wenn im ersten Versteigerungstermin eine Zuschlagsversagung auf Grund der §§ 85a oder 74a erfolgte. Der Anpassung oder Abänderung des bereits festgesetzten Verkehrswertes ermangele es nach Ansicht des BGH an einem Rechtsschutzbedürfnis, da in Folge der Einmaligkeit der Anwendung von § 85a oder § 74a im Verfahren der festgesetzte Verkehrswert für das weitere Verfahren in rechtlicher Hinsicht keine Rolle 199 OLG Köln v. 24.9.1992 – 2 W 151/92, Rpfleger 1993, 258. 200 OLG Hamm v. 8.7.1977 – 15 W 133/77, OLGZ 1978, 230 = Rpfleger 1977, 452. 201 LG Oldenburg v. 23.4.1969 – T 57/69, KTS 1970, 63; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 38; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 30; Stöber/Becker, § 74a Rz. 80. 202 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 83. 203 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 64; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 31; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 83. 204 BGH v. 10.10.2003 – IX a ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302 = Rpfleger 2004, 172 = ZfIR 2004, 167; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 38; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 82; a.A. OLG Koblenz v. 15.5.1985 – 4 W 175/85; OLG Köln v. 1.6.1983 – 2 W 59/83, MDR 1983, 851 = ZIP 1983, 999; Dassler u.a./ Hintzen, § 74a Rz. 64. 205 LG Berlin v. 12.3.2008 – 82 T 215/08, Rpfleger 2008, 518; LG Braunschweig v. 3.7.2001 – 8 T 771/01, Rpfleger 2001, 611; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 64; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 31; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 82. 206 BGH v. 19.12.2002 – IX ZB 248/02, ZfIR 2004, 173 = BGHReport 2003, 463. 207 BGH v. 10.10.2003 – IX a ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302 = Rpfleger 2004, 172 = ZfIR 2004, 167.
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Verkehrswertfestsetzung
Rz. 94 § 74a
mehr spiele. Eine Abänderung oder Anpassung würde eine unzumutbare Verlängerung des Verfahrens bedeuten. Zudem sei der Schuldner vor einer sittenwidrigen Verschleuderung des Grundbesitzes nach Veränderung des Verkehrswertes durch die Anwendbarkeit von § 765a ZPO ausreichend geschützt. Der Bieter sei im Hinblick auf die Festsetzung des Verkehrswertes nicht schützenswert. Diese Ansicht des BGH ist aber kritisch zu würdigen. Im Allgemeinen verlassen sich die Bieter und auch die Beteiligten auf den in der Terminsbestimmung angegebenen Verkehrswert und lassen sich bei ihrer Entscheidung von diesem leiten. Im Gegensatz zu der BGH vom unterstellten Ansicht, dass sich die Bieter selbst eine Meinung über den Wert des Vollstreckungsobjektes bilden, verlässt sich die Mehrzahl der Interessenten auf den bekanntgemachten Verkehrswert, insbesondere solche, die zum ersten Mal an einer Versteigerung teilnehmen. Im Hinblick auf eine faire Verfahrensgestaltung ist deshalb bei Vorliegen gravierender Umstände auch für einen weiteren Versteigerungstermin eine Anpassung oder Abänderung des festgesetzten Verkehrswertes geboten208.
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IV. Rechtsmittel 1. Vor Zuschlag Gegen den Wertfestsetzungsbeschluss ist, als Ausnahme zu § 95, wonach Entscheidungen vor 93 der Zuschlagserteilung nicht gesondert angegriffen werden können, nach Absatz 5 Satz 3 als alleiniges Rechtsmittel die sofortige Beschwerde gegeben. Die sofortige Beschwerde stellt auch das einzig mögliche Rechtsmittel gegen den Wertfestsetzungsbeschluss dar. Die Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO ist unzulässig209. Die sofortige Beschwerde ist auch gegen den Beschluss gegeben, in dem ein zuvor festgesetzter Verkehrswert abgeändert wird210. Dagegen ist der Beschluss, mit dem eine Abänderung des festgesetzten Verkehrswertes abgelehnt wird, nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar211. Die Ablehnung einer begründeten Abänderung des Verkehrswertbeschlusses stellt aber einen Zuschlagsversagungsgrund dar, wenn der Zuschlag hierauf beruht212. Die Beschwerdefrist beträgt zwei Wochen. Sie beginnt mit der Zustellung des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses, auch für den Fall der Verkündung des Beschlusses in einem Termin, da die Sonderregelung des § 98 für den Verkehrswertfestsetzungsbeschluss keine Anwendung
208 Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 62; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 16; a.A. LG Mönchengladbach v. 20.2.2003 – 5 T 404/02, Rpfleger 2003, 524; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 38; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 85. 209 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 39; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 90. 210 LG Rostock v. 9.10.2002 – 2 T 272/02, NJOZ 2003, 3 = Rpfleger 2003, 205; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 39; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 74; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 18; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 90. 211 LG Berlin v. 12.3.2008 – 82 T 215/08, BeckRS 2008, 21381 = Rpfleger 2008, 518; LG Braunschweig v. 3.7.2001 – 8 T 771/01, NJOZ 2002, 475 = Rpfleger 2001, 611; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 74; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 82; a.A. OLG Hamm v. 3.9.1992 – 15 W 212/92, OLGZ 1993, 354; LG Coburg v. 5.8.1999 – 21 T 39/99, Rpfleger 1999, 553; Böttcher, § 74a Rz. 39. 212 OLG Hamm v. 8.7.1977 – 15 W 133/77, OLGZ 1978, 230 = MDR 1977, 1028; OLG Koblenz v. 15.5.1985 – 4 W 175/85, Rpfleger 1985, 410; OLG Köln v. 1.6.1983 – 2 W 59/83, MDR 1983, 851 = OLGZ 1983, 474 = Rpfleger 1983, 362; OLG Oldenburg v. 23.12.1991 – 2 W 162/91, Rpfleger 1992, 209; LG Osnabrück v. 30.10.1991 – 8 T 46/91, Rpfleger 1992, 209 m. abl. Anm. Hornung; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 74; a.A. BGH v. 10.10.2003 – IX a ZB 128/03, Rpfleger 2004, 172 = MDR 2004, 294 = ZfIR 2004, 167; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 82.
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§ 74a Rz. 94 Verkehrswertfestsetzung findet213. Als Beschwerde ist jede Erklärung eines Beteiligten zu werten, die zu erkennen gibt, dass eine sachliche Überprüfung des festgesetzten Verkehrswertes gewollt ist214. Die Beschwerde ist in schriftlicher Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen, eine telefonische Einlegung ist unzulässig215. Eine isolierte Anfechtung des im Verkehrswertfestsetzungsbeschluss mit festgesetzten Wertes des mithaftenden Zubehörs ist nicht möglich, es muss der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss insgesamt angefochten werden216. 95
Beschwerdeberechtigt sind alle Beteiligte gemäß § 9217, auch solche die erst später Beteiligte des Verfahrens werden, da der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss nicht der materiellen Rechtskraft, sondern nur der formellen erwächst218. Den nach der Verkehrswertfestsetzung neu hinzukommenden Beteiligten, sei es auf Grund eines Beitrittes zum Verfahren oder durch ordnungsgemäße Anmeldung, ist der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss zu diesem Zeitpunkt zuzustellen. Das Unterlassen der Zustellung stellt eine Amtspflichtverletzung dar219. Die Beschwerdefrist für diese Beteiligten läuft dann ab der Zustellung an sie. Insbesondere sind beschwerdeberechtigt die Gläubiger sowie auch der Vollstreckungsschuldner220. Nicht beschwerdeberechtigt sind, nach ordnungsgemäßer Anmeldung, Mieter oder Pächter des Objektes, da sie kein Befriedigungsrecht am Grundstück haben221. Im Falle eines eröffneten Insolvenzverfahrens steht das Beschwerderecht anstelle des Vollstreckungsschuldners dem Insolvenzverwalter zu222. Nicht beschwerdeberechtigt ist bei der Versteigerung des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks der Erbbauberechtigte, obwohl er Beteiligter des Verfahrens gemäß § 9 ist223. Die Beschwerdeberechtigung eines Beteiligten ist nicht davon abhängig, ob ihm ein Antragsrecht gemäß § 74a Absatz 1 zusteht224.
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Voraussetzung für eine Anfechtung des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses ist das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung. So ist die Beschwerdeberechtigung des Vollstreckungsschuldners nicht ausgeschlossen, wenn bereits
213 OLG Braunschweig v. 4.9.1984 – 2 W 39/84, NdsRpfl. 1984, 259; OLG Hamm v. 18.9.1990 – 15 W 272/90, Rpfleger 1991, 73; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 40; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 72; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 91. 214 OLG Hamm v. 15.9.1999 – 15 W 283/99, Rpfleger 2000, 120; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 39; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 90. 215 LG Münster v. 3.7.2009 – 5 T 385/09, Rpfleger 2010, 44; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 72. 216 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 95. 217 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 41; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 72; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 33; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 17; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 92; zum erweiterten Beteiligtenbegriff s. auch BGH v. 7.6.2018 – V ZB 221/17, MDR 2018, 1404 = IVR 2018, 144 m. Anm. Schneider. 218 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 71. 219 BGH v. 22.1.2009 – III ZR 172/08, MDR 2009, 593 = NotBZ 2009, 134 = NJW-RR 2009, 601 = Rpfleger 2009, 335; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 72. 220 BGH v. 5.8.2008 – V ZB 3/08, Rpfleger 2008, 590 = MDR 2008, 1002; OLG Frankfurt/M. v. 29.10.1954 – 6 W 535/54, BB 1954, 1043; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 41; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 72; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 17; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 92. 221 BGH v. 8.1.1971 – V ZR 95/68, MDR 1971, 287; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 72; Depré/ Bachmann, § 74a ZVG Rz. 33; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 93. 222 BGH v. 5.8.2008 – V ZB 3/08, Rpfleger 2008, 590 = MDR 2008, 1002; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 41; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 72; Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 17; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 92. 223 BGH v. 5.7.2007 – V ZB 8/07, NJW-RR 2007, 1438 = NZM 2007, 663 = MDR 2007, 1343; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 72; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 33; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 93. 224 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 41; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 72; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 93; unzutreffend a.A. LG Lüneburg v. 25.2.1985 – 4 T 41/85, Rpfleger 1985, 371 m. abl. Anm. Meyer-Stolte.
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Verkehrswertfestsetzung
Rz. 98 § 74a
ein Meistgebot vorliegt, dass 70 % des (angestrebten abgeänderten) festgesetzten Verkehrswertes erreicht225. Ziel der Beschwerde kann sowohl die Herauf- als auch die Herabsetzung des festgesetzten Verkehrswertes sein226. Eine generelle Versagung des Rechtsschutzbedürfnisses des Schuldners bei zunächst verweigerter (Innen-)Besichtigung kann nicht angenommen werden227. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde mit dem Ziel der Feststellung, dass der Verkehrswert unrichtig festgesetzt worden sei, ist auch dann gegeben, wenn der Vollstreckungsschuldner ohne rechtfertigende Gründe den Zutritt verweigert228. Die Beschwerde kann aber in diesem Fall nicht allein darauf gestützt werden, dass nunmehr ein Zutritt gewährt wird, wenn der Eigentümer zuvor auf die Folgen einer Zutrittsverweigerung hingewiesen wurde229. Der Schuldner kann einen späteren Zuschlagsbeschluss nicht mit der Begründung anfechten, dass der Verkehrswert zu niedrig festgesetzt worden sei, da das Festsetzungsverfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist230. Am Rechtsschutzbedürfnis fehlt es ebenfalls, wenn ein Eigentümer einer Wohnanlage gegen den Verkehrswertfestsetzungsbeschluss einer anderen Wohnung, die nicht in seinem Eigentum steht, Beschwerde mit dem Ziel einlegt, den Wert niedriger festsetzen zu lassen231, unabhängig von der Frage, ob er in diesem Verfahren überhaupt Beteiligter gemäß § 9 ist232. Gegen die im Rechtsmittelverfahren ergangene Entscheidung des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde zum BGH statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie nach § 574 Absatz 1 Nr. 2 ZPO zugelassen hat.
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2. Nach Zuschlag Nach Absatz 5 Satz 4 ist die Anfechtung des Zuschlags mit der Begründung, dass der Verkehrswert unrichtig festgesetzt sei, ausgeschlossen. Dies soll zur Rechtssicherheit bei der Zuschlagsentscheidung dienen und ist Ausfluss der Tatsache, dass das Verkehrswertfestsetzungsverfahren mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist233. Die Unrichtigkeit des
225 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 41; a.A. LG Frankfurt v. 10.10.1979 – 2/9 T 977/79, Rpfleger 1980, 30; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 33; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 93. 226 BGH v. 27.2.2004 – IXa ZB 185/03, MDR 2004, 1023; OLG Hamm v. 15.9.1999 – 15 W 283/99, Rpfleger 2000, 120; LG Augsburg v. 25.7.2000 – 4 T 2588/00, Rpfleger 2000, 559; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 42; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 73; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 33; Stöber/ Becker, § 74a ZVG Rz. 94; a.A. LG Halle v. 2.12.1996 – 2 T 457/96, ZfIR 1997, 113; LG Osnabrück v. 30.10.1991 – 8 T 46/91, Rpfleger 1992, 209 m. abl. Anm. Hornung; LG Köln v. 10.8.1988 – 12 T 225/88, Rpfleger 1989, 75. 227 BGH v. 7.12.2017 – V ZB 86/16, ZfIR 2018, 207 m. Anm. Traub/Schmidberger; LG Lüneburg v. 16.7.2012 – 4 T 12/12, BeckRS 2013, 02439 unter Aufgabe von LG Lüneburg v. 5.7.2007 – 4 T 92/07, Rpfleger 2008, 38. 228 BGH v. 7.12.2017 – V ZB 86/16, ZfIR 2018, 207 m. Anm. Traub/Schmidberger.; a.A. LG Freiburg v. 2.9.2015 – 4 T 116/15, ZfIR 2016, 150 m. Anm. Strauß; LG Hannover v. 19.2.2018 – 1 T 42/17, juris; LG Stuttgart v. 21.3.2012 – 19 T 26/12, BeckRS 2012, 15917 = DS 2013, 37; LG Dortmund v. 20.4.2000 – 9 T 400/00, Rpfleger 2000, 466; LG Göttingen v. 13.1.1998 – 10 T 4/98, Rpfleger 1998, 213; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 73; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 60. 229 BGH v. 7.12.2017 – V ZB 86/16, ZfIR 2018, 207 m. Anm. Traub/Schmidberger. 230 BVerfG v. 25.10.1957 – 1 BvR 440/54, NJW 1957, 17 = MDR 1957, 84 = Rpfleger 1957, 11; LG Kempten v. 4.5.1998 – 4 T 19/98, Rpfleger 1998, 358; LG Lüneburg v. 26.11.1997 – 4 T 173/97, Rpfleger 1998, 169; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 73. 231 LG Göttingen v. 19.6.2001 – 10 T 42/01, NZM 2001, 1141; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 73. 232 Verneinend: Schneider, Gewöhnliche Miteigentümer und Wohnungseigentümer als Beteiligte gem. § 9 ZVG?, ZfIR 2012, 613. 233 BVerfG v. 25.10.1957 – 1 BvR 440/54, NJW 1957, 17 = MDR 1957, 84 = Rpfleger 1957, 11.
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§ 74a Rz. 98 Verkehrswertfestsetzung Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses gehört somit nicht zu den in § 83 aufgeführten Zuschlagsversagungsgründen234. Das Vollstreckungsgericht ist bei der Entscheidung über den Zuschlag an den (auch unrichtigen) formell rechtskräftigen Verkehrswertbeschluss gebunden235. § 79 greift hier nicht ein. Bei der Zuschlagsentscheidung sollte somit die formelle Rechtskraft des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses eingetreten sein. Eine absolute (materielle) Rechtskraft des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses ist auf Grund der besonderen Gegebenheiten im Zwangsversteigerungsverfahren nicht zu erreichen236. Ist am Ende des Zwangsversteigerungstermines bei der Verhandlung über den Zuschlag ersichtlich, dass die formelle Rechtskraft noch nicht vorliegt, so kann die Entscheidung über die Zuschlagsentscheidung durch die Bestimmung eines Verkündungstermins so weit hinausgeschoben werden (auch über 1 Woche), bis entweder die formelle Rechtskraft des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses oder die Beschwerdeentscheidung über ein gemäß Absatz 5 Satz 3 eingelegtes Rechtsmittel vorliegt237. Ist für einen Beteiligten noch nicht die formelle Rechtskraft zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung eingetreten, so kann dieser nicht mehr die Beschwerde gemäß Absatz 5 Satz 3 einlegen, sondern nur noch die Zuschlagsentscheidung mit der Zuschlagsbeschwerde gemäß § 96 anfechten238. Der Beteiligte, für den der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss noch keine formelle Rechtskraft erlangt hat, kann mit der Zuschlagsbeschwerde gemäß § 83 Nr. 5 (nicht nach § 83 Nr. 1239) auch eine unrichtige Verkehrswertfestsetzung rügen240, soweit er beeinträchtigt ist. Dieser Mangel nach § 83 Nr. 5 kann gemäß § 84 geheilt werden. Es ist somit für einen Beteiligten, dem gegenüber die Rechtskraft des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses noch nicht eingetreten ist, nur eine Zuschlagsanfechtung zur Abwendung einer Beeinträchtigung seinerseits durch eine falsche Verkehrswertfestsetzung zulässig, aber nicht mit dem Ziel einer allgemeinen Nachprüfung der ordnungsgemäßen Wertfestsetzung241. Eine Anfechtung der Zuschlagsentscheidung mit der Begründung, es wurde eine erforderliche Überprüfung und Änderung des rechtskräftig festgesetzten Verkehrswertes nicht vorgenommen oder abgelehnt, ist ebenso nicht nach § 83 Nr. 1 möglich, sondern nur über § 83 Nr. 5 in dem Fall, dass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Versagung des Zuschlags verletzt sei242.
234 LG Kempten v. 4.5.1998 – 4 T 19/98, Rpfleger 1998, 358; LG Lüneburg v. 26.11.1997 – 4 T 173/97, Rpfleger 1998, 169; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 59; a.A. OLG Hamm v. 15.9.1999 – 15 W 283/99, Rpfleger 2000, 120. 235 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 45; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 101. 236 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 59; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 71. 237 Dassler u.a./Hintzen, § 74a Rz. 59. 238 BGH v. 10.10.2004 – IX a ZB 128/03, NJW-RR 2004, 302 = MDR 2004, 294 = Rpfleger 2004, 302; LG Rostock v. 9.10.2002 – 2 T 272/02, NJOZ 2003, 3 = Rpfleger 2003, 205; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 59; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 35; a.A. Stöber/ Becker, § 74a ZVG Rz. 99. 239 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 59; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 35; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 99. 240 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 100. 241 BGH v. 19.4.2018 – V ZB 93/17, ZfIR 2018, 526 m. Anm. Chermiti = IVR 2018, 103 m. Anm. Schmidberger/Traub; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 100. 242 BGH v. 7.12.2017 – V ZB 109/17, MDR 2018, 298 = IVR 2018, 61 m. Anm. Meerhoff; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 38; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 64; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 35; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 101; a.A. Löhnig/Steffen, § 74a ZVG Rz. 18 (allgemein).
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Ausnahme von § 74a bei Gläubigergebot
Rz. 3 § 74b
§ 74b [Ausnahme von § 74a bei Gläubigergebot] Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so findet § 74a keine Anwendung, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrage, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, sieben Zehnteilen des Grundstückswertes erreicht und dieser Betrag im Range unmittelbar hinter dem letzten Betrage steht, der durch das Gebot noch gedeckt ist.
A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 3
Rz. C. Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 D. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Literatur: Alf, Plädoyer für die Abschaffung des § 74b ZVG, ZfIR 2011, 274.
A. Allgemeines § 74b regelt die Ausnahme von § 74a, nämlich den Ausschluss des Antragsrechtes gemäß § 74a Abs. 1 für den Fall, dass der Grundbesitz mit gleichrangigen Rechten in Abteilung III des Grundbuches belastet ist und einer dieser Berechtigten(= Gläubiger) das Meistgebot im Versteigerungstermin abgibt. § 74b ist in der Praxis ohne große Bedeutung, da die Rechtslage in der Regel nicht anders wäre, würde § 74b nicht normiert sein1.
1
Die Bedeutung des § 74b schwindet in der heutigen Zeit noch weiter, da in der gerichtlichen Praxis gleichrangige Rechte in Abteilung III des Grundbuches durch die vorherrschende „Finanzierung aus einer Hand“ (Sparkasse und Landesbausparkasse, genossenschaftlicher Verbund, Großbank nebst Hypothekenbanktochter, etc.) so gut wie nicht mehr auftauchen. Durch diese vorherrschende Finanzierungsart wird im Regelfall nur ein Grundpfandrecht in das Grundbuch eingetragen, die beteiligten Institute haben sich aber intern auf eine Reihenfolge der einzelnen Teil-Beträge verständigt, die aber nicht im Grundbuch verlautbart wird. § 74b findet in allen Versteigerungsverfahren Anwendung, bei denen auch § 74a anzuwenden ist.
2
B. Voraussetzungen Eine Anwendung des § 74b findet nur statt, falls die drei Voraussetzungen des § 74b erfüllt sind: 1. Das Meistgebot muss von einem aus dem Grundbesitz Befriedigungsberechtigten im Sinne von § 10 abgegeben worden sein, wobei die Rangklasse des § 10 des Befriedigungsberechtigten keine Rolle spielt (so eines Anspruchsinhabers einer Forderung gemäß § 10 I 3, eines dinglich Berechtigten gemäß § 10 I 4, eines persönlichen Anspruchs gemäß § 10 I 5, soweit dieser das Verfahren betreibt). 1 BGH v. 14.10.1966 – V ZR 206/63, BGHZ 46, 107 = MDR 1967, 34 = NJW 1966, 2403 = Rpfleger 1967, 109; Böttcher, § 74b ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 74b ZVG Rz. 1; Depré/Bachmann, § 74b Rz. 2; Löhnig/Steffen, § 74b ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 74b ZVG Rz. 2.
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§ 74b Rz. 3 Ausnahme von § 74a bei Gläubigergebot 2. Das Meistgebot muss einschließlich der bestehenbleibenden Rechte unter Hinzurechnung des Ausfalls des Meistbietenden mindestens 70 % des Grundstückswertes erreichen. 3. Der Ausfallbetrag muss im Rang unmittelbar hinter dem letzten, noch durch das Gebot gedeckten Betrag, folgen. 4
Liegen eine oder alle dieser Voraussetzungen beim Meistbietenden nicht vor, so findet die Gläubigerschutzvorschrift des § 74a für die weiteren Gläubiger, die im 70 %-Bereich liegen, Anwendung.
5
Von praktischer Bedeutung ist § 74b daher nur, soweit gleichrangige Rechte im 70 %-Bereich betroffen sind. Bei nicht gleichrangigen Rechten ist die Antragsberechtigung gemäß § 74a Abs. 1 durch einen einfachen „Kontroll-Teilungsplan“ zu ermitteln, da bei einer Gebotshöhe in der Regel nur ein Gläubiger antragsberechtigt ist.
6
Die Berechnung des Ausfallbetrages des Meistbietenden war lange Zeit umstritten. Allerdings war bereits mit der Entscheidung des BGH v. 14.10.19662 geklärt, dass bei gleichrangigen Rechten nur der Ausfall des Meistbietenden für § 74b Berücksichtigung findet, nicht aber auch der Ausfall des Gleichranggläubigers, da dies dem gewollten Gläubigerschutz des § 74a widerspricht.
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Bis zur Entscheidung des BGH v. 2.2.20123 wurde einerseits die Auffassung vertreten, dass nur der Anteil des Meistbietenden an der Differenz zwischen dem tatsächlichen Meistgebot und einem fiktiven Meistgebot in Höhe des 7/10-Betrages für den Ausfall maßgeblich sei. Andererseits wurde die Auffassung vertreten, dass für die Berechnung des Ausfalls die Quote (Verhältnis der gleichrangigen Rechte) an der Deckungslücke, die sich aus dem Wert der dinglichen Forderung nach Abzug ihrer Zuteilung aus der Teilungsmasse ergebe, maßgeblich sei.
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Nach der Entscheidung des BGH v. 2.2.2012 ist nun aber klargestellt, dass die Berechnung des maßgeblichen Ausfalls bei einer Grundschuld durch die Ermittlung der Differenz zwischen ihrem Nominalwert (Kapital nebst Zinsen und anderen Nebenleistungen)4 und dem auf den Meistbietenden entfallenden Anteil am berichtigten Erlös erfolgt.
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Der meistbietende Befriedigungsberechtigte hat somit die Möglichkeit nur bis an die untere Grenze seines Rechtes zu bieten um den Grundbesitz zu erwerben, nimmt aber hierbei in Kauf, hinsichtlich des Ausfallbetrages bis zu 7/10 des Grundstückswertes auch materiell-rechtlich – somit auch hinsichtlich seiner persönlichen Forderung – gemäß § 114a als befriedigt zu gelten5.
2 BGH v. 14.10.1966 – V ZR 206/63, BGHZ 46, 107 = MDR 1967, 34 = NJW 1966, 2403 = Rpfleger 1967, 109; Böttcher, § 74b ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 74b ZVG Rz. 1; Depré/Bachmann, § 74b ZVG Rz. 4; Stöber/Becker, § 74b ZVG Rz. 2. 3 BGH v. 2.2.2012 – V ZB 159/11, MDR 2012, 870 = NJW-RR 2012, 533 = ZfIR 2012, 512 m. Anm. Steffen = Rpfleger 2012, 456 m. Anm. Alff. 4 Zur Definition des Nominalwertes einer Grundschuld: BGH v. 2.2.2004 – IXa ZB 135/03, BGHZ 158 = MDR 2004, 771 = NJW 2004, 1803 = Rpfleger 2004, 432; BGH v. 22.9.2011 – IX ZR 197/10, MDR 2011, 1380 = Rpfleger 2012, 92 = ZfIR 2012, 72 m. Anm. Hawelka = ZinsO 2011, 2144. 5 BGH v. 2.2.2012 – V ZB 159/11, MDR 2012, 870 = NJW-RR 2012, 533 = ZfIR 2012, 512 m. Anm. Steffen = Rpfleger 2012, 456 m. Anm. Alff; BGH v. 13.11.1986 – IX ZR 26/86, BGHZ 99 = MDR 1987, 317 = NJW 1987, 503 = Rpfleger 1987, 120.
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Ausnahme von § 74a bei Gläubigergebot
Rz. 11 § 74b
C. Beispiel Ausgangsfall (vereinfacht dargestellt nach BGH v. 2.2.2012 – V ZB 159/11, MDR 2012, 870): 10 Verkehrswert des Grundbesitzes: 14.000,00 Euro 7/10-Grenze: 9.800,00 Euro Kosten des Verfahrens: 1.000,00 Euro Grundbuchreihenfolge: Grundschuld Abt. III Nr. 1 für A: 500,00 Euro Grundschuld Abt. III Nr. 2 für B: 180.000,00 Euro Grundschuld Abt. III Nr. 3 für C: 160.000,00 Euro Die Gläubiger B und C betreiben jeweils das Zwangsversteigerungsverfahren. 1. Der Gläubiger B gibt ein bares Meistgebot in Höhe von 7.000,00 Euro ab, somit ein wirtschaftliches Meistgebot in Höhe in Höhe von 7.500,00 Euro, da das Recht Abt. III Nr. 1 für A in Höhe von 500,00 Euro bestehen bleibt und vom Meistbietenden zu übernehmen ist. Antragsberechtigt für die Stellung des Zuschlagsversagungsantrages gemäß § 74a wäre in diesem Fall nur der Gläubiger B (= Meistbietender), da der Gläubiger A nicht antragsberechtigt gemäß § 74a wäre, da er durch das Gebot voll gedeckt wäre und der Gläubiger C nicht antragsberechtigt gemäß § 74a wäre, da er auch bei einem Gebot in Höhe von 7/10 des Grundstückswertes nichts aus dem Versteigerungserlös erhalten hätte. Dies wäre der Normalfall der Anwendung von § 74a, § 74b spielt bei dieser Konstellation keine Rolle. 2. Der Gläubiger C gibt ein bares Meistgebot in Höhe von 7.000,00 Euro, somit ein wirtschaftliches Meistgebot in Höhe in Höhe von 7.500,00 Euro, da das Recht Abt. III Nr. 1 für A in Höhe von 500,00 Euro bestehen bleibt und vom Meistbietenden zu übernehmen ist. Antragsberechtigt für die Stellung des Zuschlagsversagungsantrages gemäß § 74a wäre in diesem Fall nur der Gläubiger B, da er bei einem Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes mehr erhalten würde als bei dem tatsächlichen Meistgebot. Der Gläubiger A ist nicht antragsberechtigt gemäß § 74a, da er durch das Gebot voll gedeckt wäre. Hinsichtlich des Gläubiger C findet auch nicht die Privilegierung des § 74b Anwendung, da er mit seinem Ausfall nicht direkt hinter dem letzten Betrag, der noch eine Zuteilung erhalten würde, folgt (die Zuteilung würde im Recht Abt. III Nr. 2 auslaufen, somit ist der erste Ausfall direkt nach der letzten Zuteilung bei B). Somit auch bei dieser Fallkonstellation der Normalfall der Anwendung von § 74a, § 74b spielt keine Rolle. 3. Abwandlung des Ausgangsfalles dergestalt, dass die Rechte Abt. III Nr. 2 und Nr. 3 gleichrangig im Grundbuch eingetragen sind: Der Gläubiger B gibt wiederum ein bares Meistgebot in Höhe von 7.000,00 Euro, somit ein wirtschaftliches Meistgebot in Höhe in Höhe von 7.500,00 Euro, da das Recht Abt. III Nr. 1 für A in Höhe von 500,00 Euro bestehen bleibt und vom Meistbietenden zu übernehmen ist. Antragsberechtigt für die Stellung des Antrages gemäß § 74a wären nunmehr sowohl die Gläubiger B und C, da beide bei diesem Gebot einen größeren Ausfall erleiden als bei einem Gebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes. Der Gläubiger A wäre wiederum nicht antragsberechtigt gemäß § 74a, da er durch das Gebot voll gedeckt wäre. Nunmehr greift für den Gläubiger B die Privilegierung des § 74 b. Der Gläubiger C ist gemäß § 74b nicht berechtigt den Versagungsantrag gemäß § 74a zu stellen, da der Gläubiger B mit seinem Ausfall zusammen so gestellt wird, als habe das Gebot 7/10 Traub
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11
§ 74b Rz. 11 Ausnahme von § 74a bei Gläubigergebot des Grundstückswertes erreicht. Der Ausfall für B errechnet sich nach BGH v. 2.2.2012 wie folgt: Ausfall = Nominalwert der Grundschuld (180.000,00 Euro abzüglich Anteil an dem bereinigten Erlös (7.000,00 Euro Meistgebot – 1.000,00 Euro Verfahrenskosten = 6.000,00 Euro, diese verteilt auf die gleichrangigen Grundschulden Abt. III Nr. 2 und Nr. 3, somit entfiele auf B 3.176,46 Euro). Der maßgebliche Ausfall des B würde also 176.823,54 Euro betragen.
D. Einzelfälle 12
Ist das gemäß § 74a antragsberechtigte Recht ein Eigentümerrecht, so ist der Schuldner zur Stellung des Antrages nach § 74a berechtigt. Wurde hingegen das Eigentümerrecht an einen Gläubiger verpfändet und ist die Pfandreife gemäß §§ 1282, 1291 BGB eingetreten oder wurde das Eigentümerrecht von einem Gläubiger gepfändet und zur Einziehung überwiesen (§ 835 ZPO), so ist der Gläubiger als Inhaber des Rechtes zu behandeln mit der Folge, dass nunmehr das Antragsrecht gemäß § 74a anstelle des Eigentümers = Schuldner dem Gläubiger zusteht6. Ist dieser Gläubiger nunmehr Meistbietender, findet, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen, ebenso § 74b Anwendung.
13
Wurde das Meistgebot von einem aus dem Grundstück zu befriedigenden Berechtigten, bei dem die Voraussetzungen des § 74b vorliegen, abgegeben und tritt dieser das Meistgebot an einen nicht aus dem Grundstück befriedigungsberechtigten Dritten gemäß § 81 Abs. 2 ab, so ist auf Grund der gesamtschuldnerischen Haftung des § 81 Abs. 4 die Anwendung des § 74a gemäß § 74b ausgeschlossen. Die Anrechnung des Ausfalls erfolgt hierbei als Ausfluss der Gesamtschuldnerhaftung des § 81 Abs. 4 bei dem aus dem Grundstück befriedigungsberechtigten Meistbietenden, ebenso tritt bei diesem Meistbietenden die Befriedigungsfiktion des § 114a (Anrechnung auf die persönliche Forderung) ein7.
14
Gleich ist die Fallgestaltung zu betrachten, wenn das Gebot von einem aus dem Grundstück befriedigungsberechtigten Berechtigten in verdeckter Bietungsvollmacht gemäß § 81 Abs. 3 abgegeben worden wäre.
15
Wurde das Meistgebot von einem nicht aus dem Grundstück zu befriedigenden Dritten abgegeben und tritt dieser das Meistgebot gemäß § 81 Abs. 2 an einem aus dem Grundstück zu befriedigenden Gläubiger ab, so ist gemäß § 74b ebenso die Antragstellung gemäß § 74 als Ausfluss der gesamtschuldnerischen Haftung des § 81 Abs. 4 ausgeschlossen, da nunmehr die Anrechnung des Ausfalls bei dem Zessionar gemäß § 84a erfolgt. Ebenso tritt beim Zessionar die Befriedigungsfiktion des § 114a (Anrechnung auf die persönliche Forderung) ein. Gleiches gilt in diesem Fall auch bei verdeckter Bietungsvollmacht gemäß § 81 Abs. 3.
16
Bezüglich Gleichrangrechten sind bei diesen Einzelfällen keine Besonderheiten zu beachten, es gelten die allgemeinen Ausführungen8.
6 Dassler u.a./Hintzen, § 74b ZVG Rz. 11; Löhnig/Steffen, § 74b ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 74b ZVG Rz. 12. 7 Dassler u.a./Hintzen, § 74b ZVG Rz. 20; Löhnig/Steffen, § 74b ZVG Rz. 6; Steiner/Storz, § 74b ZVG, Rz. 11; Stöber/Becker, § 74b ZVG Rz. 14. Beispiel 6 f.). 8 Dassler u.a./Hintzen, § 74b ZVG Rz. 21.
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Einstellung wegen Zahlung
§ 75
§ 75 [Einstellung wegen Zahlung] Das Verfahren wird eingestellt, wenn der Schuldner im Versteigerungstermin einen Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse oder eine öffentliche Urkunde vorlegt, aus der sich ergibt, dass der Schuldner oder ein Dritter, der berechtigt ist, den Gläubiger zu befriedigen, den zur Befriedigung und zur Deckung der Kosten erforderlichen Betrag an die Gerichtskasse gezahlt hat.
A. B. C. I. II. III. IV. V. D. I. II. 1. 2. 3. E. I. 1. 2. II. III. F. I.
Zweck und Geschichte der Vorschrift . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . Die Voraussetzungen der Ablösung . . . Die Berechtigung zur Ablösung . . . . . . Die einzelnen Ablöseberechtigten . . . . . Der mit der Ablösung verfolgte Zweck . . Ansprüche eines betreibenden Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorlage des Zahlungsnachweises nur durch den Schuldner? . . . . . . . . . . . . Die Art und Weise der Ablösung . . . . . Der Zahlungsempfänger . . . . . . . . . . . Art der Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . Überweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Nachweise . . . . . . . . . . . . . . Keine Barzahlung im Termin . . . . . . . . Der Zeitpunkt der Ablösung . . . . . . . Die Zahlung vor dem Termin . . . . . . . . Die Leistungshandlung . . . . . . . . . . . Aus der Vorverlegung der Leistungshandlung resultierende Prüfungen . . . . Die letzte Möglichkeit zur Berufung auf die Ablösung . . . . . . . . . . . . . . . Möglichkeiten des betreibenden Gläubigers, sich gegen die Ablösung zu wehren . Der Umfang der Zahlung . . . . . . . . . Vollständige Befriedigung des betreibenden Gläubigers . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 3 3 7 22 23 24 25 25 26 26 27 28 29 29 29
1. 2. 3. II. III. G. I. 1. 2. 3. 4. II. H.
I.
30
II.
31
III.
32 33
1. 2.
Rz. Hauptforderung und Zinsen . . . . . . . . 33 Gerichtskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Außergerichtliche Kosten . . . . . . . . . . 35 Zahlung auf die Forderung eines Gläubigers oder auf Teilforderungen . . . . . . . 36 Teilzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Die Folgen der Ablösung . . . . . . . . . . 38 Einstweilige Einstellung des Verfahrens . . 38 Das Verfahren bei einem Gläubiger . . . . 38 Das Verfahren bei einer Mehrheit von Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Das Verfahren bei einer Mehrheit von Ablöseberechtigten . . . . . . . . . . . 40 Die Pfändung des Auszahlungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Die Ablieferung des Ablösebetrages . . . . 42 Die prozessuale Durchsetzung der Rechte der an der Ablösung Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Die verweigerte Mitwirkung des Vollstreckungsgerichts . . . . . . . . . . . . 43 Rechtsmittel gegen die einstweilige Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Die endgültige Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Der Rechtsschutz des Schuldners . . . . . 45 Der Rechtsschutz des Dritten . . . . . . . . 46
33
Literatur: Böttcher, Anm. zu OLG München, ZfIR 2008, 505 ff.; Böttcher, Schuldner-, Bieter- und Ersteherzahlungen im Zwangsversteigerungsverfahren, ZfIR 2007, 597 ff.; Götz, Die Zulässigkeit der Barsicherheit im Zwangsversteigerungsverfahren, ZMR 2008, 353 ff.; Hagemann, Einstellung bzw. Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens oder Zuschlagsversagung?, RpflStud 1983, 25 ff. u. 73 ff.; Hintzen, Die Entwicklung im Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht seit 2004, Rpfleger 2006, 57 ff.; Hintzen/Alff, Änderungen des ZVG aufgrund des Zweiten JuModG, Rpfleger 2007, 233 ff.; Hock, Bares ist nicht (mehr) Wahres, RpflStud 2007, 97 ff.; Kesseler, EWiR 1/05, 631 f.; Mayer, Gläubiger-Mehrheit im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 265 ff.; Meerhoff, Verfahrenseinstellung gem. § 75 ZVG, ZfIR 2013, 796; Osterloh, jurisPR-BGHZivilR 44/2005, Anm. 4; Rimmelspacher, WuB I F 3, 673;
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§ 75 Rz. 1 Einstellung wegen Zahlung Schiffhauer, Anm. zu LG Verden, Rpfleger 1973, 296, Rpfleger 1973, 297; Schneider, Ausgewählte Fragestellungen zur Immobiliarvollstreckung nach der WEG-Novelle 2007, ZfIR 2008, 161 ff.; Storz, Anm. zu OLG Köln, Rpfleger 1990. 176 f.; Rpfleger 1990, 177 ff.; Storz, Die Gläubigerablösung in der Zwangsversteigerung, ZIP 1980, 159 ff.; Storz/Kiderlen, Der Gesetzgeber, der BGH und die Zwangsversteigerung, NJW 2007, 1846 ff.; Wolfsteiner, Anm. zu BGH, DNotZ 2007, 675 ff., DNotZ 2007, 678 ff.
A. Zweck und Geschichte der Vorschrift 1
Die bereits im ersten Entwurf vorgesehene Vorschrift sollte es dem Schuldner, aber auch sonstigen am Grundstück Berechtigten ermöglichen, einen Rechtsverlust so lange wie irgend möglich durch Zahlung abzuwenden.1 Deshalb wird dem Ablöseberechtigten in Abweichung von § 268 BGB die Möglichkeit eingeräumt, nicht an den Gläubiger, sondern an die Gerichtskasse zu zahlen.2 Daher wurde ihnen ein Ablösungsrecht noch im Versteigerungstermin, u. U. noch im Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag eingeräumt. Die Vorschrift wurde mit Ausnahme der für selbstverständlich erachteten Regelung, dass die Zahlung „auf Gefahr und Kosten des Zahlenden“ erfolgt, in § 75 des ZVG übernommen. Die Möglichkeit der Zahlung gemäß § 75 ZVG geht über die allgemeine Vorschrift des § 775 Nr. 4 ZPO hinaus, da dort auf Bestreiten der Befriedigung das Verfahren fortzusetzen ist.3 Sie wurde erst 2007 geändert, indem nicht nur die Barzahlung der Bietsicherheit, sondern auch die der Ablösung nach § 75 abgeschafft wurde. Die Erforderlichkeit dieser Änderung kann bezweifelt werden, da die Ablösung im Termin ein in der Praxis ohnehin seltener und für Außenstehende im Gegensatz zur Leistung von Bietsicherheiten kaum vorhersehbarer Vorgang war. Dem Schutz des ohnehin in letzter Minute handelnden Schuldners dürfte diese Änderung nicht dienen. Gleichwohl kann die Zahlung an das Gericht gegenüber der direkten Zahlung an den betreibenden Gläubiger vorteilhaft sein, da der Schuldner so unmittelbar eine Einstellung des Verfahrens bewirkt, während ihm ansonsten nur die kostspielige Vollstreckungsgegenklage bliebe.4 Neue Unklarheiten bringt die Änderung hinsichtlich der Vorlage der Zahlungsnachweise, die nach dem Gesetzeswortlaut nur dem Schuldner zusteht.5
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift ist nur in der Vollstreckungsversteigerung anwendbar.6 Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche Normierung aus der gegenüber dieser nicht vergleichbaren Ausgangssituation in der Teilungsversteigerung. Denn dort existiert kein vorrangiger Gläubiger, dessen Forderung abgelöst werden könnte. Der Antragsteller erstrebt lediglich die Verwertung des Grundstückes im Wege der Teilung. Ähnliches gilt für die Insolvenz – und Nachlassversteigerung.
1 Motive, S. 214; Mat., S. 54; Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 1; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.1. 2 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96, 97 = NJW 2009, 81, 82 Rz. 17; ähnlich Böttcher, ZfIR 2009, 215. 3 BGH, Beschl. v. 15.10.2015 – V ZB 62/15, NJW-RR 2016, 317. 4 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 1; vgl. u. Rz. 45. 5 S.u. Rz. 24. 6 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 1; Stöber, § 75 ZVG Rz. 1.
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Einstellung wegen Zahlung
Rz. 4 § 75
C. Die Voraussetzungen der Ablösung I. Die Berechtigung zur Ablösung Stets und ohne Einschränkungen zur Ablösung nach § 75 ZVG berechtigt ist der Schuldner, 3 wie bereits aus dem Gesetzeswortlaut hervorgeht.7 Gemeint ist dabei der dingliche Schuldner, also der Grundstückseigentümer, unabhängig davon, ob er auch Schuldner der persönlichen Forderung ist. Den Kreis derjenigen, die neben dem Schuldner den betreibenden Gläubiger ablösen dürfen, bestimmt § 75 ZVG selbst nicht ausdrücklich, sondern setzt die Berechtigung zur Befriedigung voraus. Damit verweist § 75 ZVG auf die allgemeinen Regeln zum Rechte Dritter, den Gläubiger zu befriedigen, namentlich auf §§ 268 Abs. 1, 1150 BGB.8 Der Dritte muss also Gefahr laufen, durch die Zwangsversteigerung ein Recht an der Sache oder deren Besitz zu verlieren.9 Dabei genügt es für den Rechtsverlust, wenn das Recht nicht in das geringste Gebot fällt, da der Gläubiger es dann aufgrund seines Erlöschens nach § 91 Abs. 1 ZVG verliert. Selbst wenn das Hauptrecht in das geringste Gebot fällt, kann dessen Inhaber wegen Nebenleistungen, die nicht mehr in die Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG, sondern in diejenige des § 10 Abs. 1 Nr. 8 ZVG fallen, ablöseberechtigt sein. Auf seine Rangklasse kommt es nicht an.10 Ob der Dritte aufgrund der abgegebenen Gebote Befriedigung erlangt und somit ein wirtschaftliches Äquivalent für den Rechtsverlust, ist in vorliegendem Zusammenhang, anders als etwa für die Wertgrenze des § 74a Abs. 1 ZVG unerheblich.11 Wann er das Recht erworben hat, also vor oder nach der Beschlagnahme, ist unerheblich.12 Es kommt alleine darauf an, dass der Dritte Gefahr läuft, es zu verlieren, so dass auch ein nach der Beschlagnahme erworbenes Recht zur Ablösung gemäß § 75 ZVG berechtigt.13 Die Abgabe von Geboten in der Versteigerung ändert an der Ablösebefugnis nichts. Auch der Dritte, der das Meistgebot abgegeben hat, kann daher bis zur Verkündung des Zuschlags noch die Belege nach § 75 ZVG vorlegen,14 was die Versagung des Zuschlags zur Folge haben kann.15 Daneben ist auch der Besitzer nach § 268 Abs. 1 Satz 2 ZVG ablöseberechtigt, da er ansonsten Gefahr läuft seinen Besitz des Grundstücks zu verlieren.16 Dies betrifft nicht nur Mieter, die sich durch §§ 57 ff. ZVG i.V.m. §§ 566 ff. BGB sogar in einer privilegierten Rolle befinden, sondern sämtliche Besitzer des Grundstücks. Dabei ist unerheblich, ob die Berechtigung wie etwa beim Entleiher auf schuldrechtlicher oder beim Inhaber eines Wohnrechts auf dinglicher Grundlage beruht. Voraussetzung ist alleine, dass der Verlust des Besitzes droht. Aus diesem Grunde ist derjenige Besitzer, der aufgrund eines dem besten Gläubiger gegenüber vorrangigen dinglichen Rechtes besitzt, nicht nach § 75 ZVG ablösebefugt. Denn er läuft nicht Gefahr, seinen Besitz zu verlieren, da sein Recht in das geringste Gebot fällt. 7 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.1; Böttcher, ZfIR 2007, 597. 8 Mat., S. 54; Jaeckel/Güthe, § 57 ZVG Rz. 3; Böttcher, § 57 ZVG Rz. 15/16. 9 OLG Köln, Beschl. v. 14.12.1988 – 2 W 133/88, Rpfleger 1989, 298, 290; Stöber, § 15 Rz. 20.1; Böttcher, ZfIR 2007, 597 f. 10 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 15. 11 BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 611 Rz. 19 = NJWRR 2010, 1314, 1315 Rz. 12; OLG Köln, Beschl. v. 14.12.1988 – 2 W 133/88, Rpfleger 1989, 298, 290; LG Verden, Beschl. v. 7.3.1973 – 1 T 52/73, Rpfleger 1973, 296; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 24; Storz, ZIP 1980, 159, 160 u. 162; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 12 BGH, Beschl. v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = ZfIR 2007, 201, 202 = NJW-RR 2007, 165, 166 Rz. 18; BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 610 Rz. 16 = NJW-RR 2010, 1314, 1315 Rz. 11; LG Verden, Beschl. v. 7.3.1973 – 1 T 52/73, Rpfleger 1973, 296. 13 Jaeckel/Güthe, § 57 ZVG Rz. 3. 14 Jaeckel/Güthe, § 57 ZVG Rz. 3. 15 Vgl. u. Rz. 38. 16 Stöber, § 15 Rz. 20.1; Storz, ZIP 1980, 159, 161.
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§ 75 Rz. 5 Einstellung wegen Zahlung 5
Ist ein Dritter mehrfach berechtigt (etwa aus mehreren Grundpfandrechten), genügt es, wenn er ein Recht verliert. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich sein Recht auf mehrere verschiedene Rechtsgrundlagen stützt, was namentlich beim Besitz möglich ist. Beruht das Recht zum Besitz zum einen auf einem dinglichen Recht, etwa einem Wohnrecht, zum anderen auf einer schuldrechtlichen Grundlage, genügt es nicht, dass letztere durch den Zuschlag gefährdet ist. Denn das Recht des Dritten, der Besitz, ist dadurch nicht gefährdet. Das Recht zur Ablösung nach § 75 ZVG besteht in diesen Fällen also nur dann, wenn beide Rechtsgrundlagen hierfür zu entfallen drohen.
6
Im Übrigen sind Dritte nicht ablösebefugt.17 Die bloße Befugnis eines Dritten aus § 267 Abs. 1 BGB, die Leistung zu bewirken, genügt nicht. Denn dann hätte es des Erfordernisses in § 75 ZVG, dass der Dritte „berechtigt ist, den Gläubiger zu befriedigen“, nicht bedurft.18 Der mit der Vorlage von Belegen über die Einzahlung gemäß § 75 ZVG konkludent gestellte Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens ist daher zurückzuweisen.19 Der Schuldner kann aber natürlich Dritte ermächtigen, den oder die betreibenden Gläubiger zu befriedigen. In diesem Falle handelt es sich aber rechtlich um eine Leistung des Schuldners.
II. Die einzelnen Ablöseberechtigten 7
Dingliche Gläubiger sind ablöseberechtigt, wenn ihr Recht nicht in das geringste Gebot fällt und damit gemäß § 91 Abs. 1 ZVG untergeht.20 Ansonsten sind sie mangels Gefahr eines Rechtsverlustes nicht ablöseberechtigt.21 Der Inhaber einer Briefgrundschuld muss allerdings im Besitz des Briefes sein.22
8
Der Eigentümer des Grundstücks, der nicht zugleich Schuldner der persönlichen Forderung ist, darf nach § 1142 Abs. 1 BGB stets ablösen.23
9
Der Entleiher ist ablöseberechtigt, da sein schuldrechtliches Recht zum Besitz mangels Rechtsbeziehung zum Ersteher nicht gegen diesen wirkt. Dasselbe gilt auch für alle anderen rein schuldrechtlich begründeten Rechte zum Besitz.
10
Der Ersteher ist grundsätzlich nicht ablöseberechtigt, da nach dem Zuschlag keine Ablösung mehr möglich ist. Etwas anderes soll gelten, wenn der Gläubiger den Zuschlagbeschluss begründet anficht.24 Aber dann fehlt es, am drohenden Rechtsverlust, wenn der Ersteher nicht aus sonstigen Gründen berechtigt ist. Denn sein Eigentum fällt mit Rückwirkung fort.
11
Der Inhaber einer persönlichen Forderung gegen den Schuldner kann nicht nach § 75 ZVG ablösen. Denn ihm steht kein Recht am Grundstück, sondern nur ein solches auf Befriedi-
17 Storz, ZIP 1980, 159, 161. 18 OLG Köln, Beschl. v. 29.2.1988 – 2 W 163/87, Rpfleger 1988, 324, 325; Jaeckel/Güthe, § 57 ZVG Rz. 3. 19 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 2. 20 BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 610 Rz. 15 = NJWRR 2010, 1314, 1315 Rz. 11; OLG Köln, Beschl. v. 14.12.1988 – 2 W 133/88, Rpfleger 1989, 298, 290; OLG München, Beschl. v. 12.12.2007 – 34 Wx 118/07, Rpfleger 2008, 253, 254; Stöber, § 15 Rz. 20.3; Storz, ZIP 1980, 159, 161. 21 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 3. 22 BGH, Beschl. v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = ZfIR 2007, 201, 202 = NJW-RR 2007, 165, 16 f. Rz. 21 (auch zum Ersatz der Übergabe durch die Vereinbarung nach §§ 1192 Abs. 1, 1117 Abs. 2 BGB). 23 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 25; Storz, ZIP 1980, 159, 161. 24 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 26.
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Einstellung wegen Zahlung
Rz. 22 § 75
gung aus dem Grundstück zu.25 Das Recht muss zur Zeit der Ablösung dem Ablösewilligen zustehen, was bei Briefgrundschulden den Besitz des Briefes voraussetzt.26 Der Mieter ist ablöseberechtigt,27 sofern sein Recht zum Besitz nicht ausnahmsweise zugleich durch ein vorrangiges dingliches Recht (etwa einen Nießbrauch) gesichert ist.
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Beim Nießbraucher ist zu differenzieren. Er ist nur dann ablöseberechtigt, wenn das dingliche Recht nicht in das geringste Gebot fällt und somit beim Zuschlag nach § 91 Abs. 1 ZVG untergeht. Ansonsten läuft er weder Gefahr seinen Besitz, noch sein dingliches Recht zu verlieren, weshalb er nicht ablöseberechtigt ist.28
13
Der Pächter ist zur Ablösung nach § 75 ZVG befugt, da er sein Besitzrecht ansonsten nach § 91 Abs. 1 ZVG zu verlieren droht.29
14
Beim Pfandgläubiger eines Rechtes am Grundstück ist die Ablöseberechtigung zu bejahen, wenn das Recht selbst durch das Zwangsversteigerungsverfahren in seinem Bestand gefährdet ist. Denn dann verliert auch der Pfandgläubiger sein Pfandrecht.30
15
Der Inhaber eines Anspruchs auf Rückübertragung einer Grundschuld ist nicht ablöseberechtigt, da es sich um einen schuldrechtlichen Anspruch, nicht um ein Recht am Grundstück handelt31
16
Auch der Untermieter ist ablöseberechtigt, da er sein Besitzrecht verliert. Der Ersteher kann ja in der Regel sogar ohne Kündigungsschutz aus § § 546 Abs. 2 BGB die Herausgabe verlangen.32
17
Der Vormerkungsberechtigte ist grundsätzlich ablösebefugt, da sein grundbuchlich gesicherter Anspruch auf Übertragung des Eigentums am Grundstück gefährdet ist.33
18
Für den Inhaber eines Wohnrechtes gilt das oben zum Nießbraucher Gesagte.
19
Der Zessionar verliert kein Recht am Grundstück, sondern nur (wegen § 57 ZVG, § 566b BGB) schuldrechtliche Ansprüche, was kein Ablöserecht begründet.34
20
Der Zwangsverwalter ist nicht ablöseberechtigt, da er durch den Zuschlag kein Recht an dem Grundstück, sondern allenfalls (mittelbar) Befugnisse kraft hoheitlicher Anordnung verliert.35
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III. Der mit der Ablösung verfolgte Zweck Keine Voraussetzung für die Ablösung nach § 75 ZVG ist es, dass die Zahlung zu dem Zweck erfolgt, die Zwangsversteigerung abzuwenden. Die Ablösung nach § 75 ZVG soll ihrer Ziel25 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 3; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 29; Schiffhauer, Rpfleger 1973, 297; Stöber, § 15 Rz. 20.2; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598; anders aber, wenn er aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG betreibt Stöber, § 15 Rz. 20.9; Storz, ZIP 1980, 159, 161, der diese Position aber wohl zu Unrecht als h.M. bezeichnet. 26 Stöber, § 15 Rz. 20.3. 27 Storz, ZIP 1980, 159, 161; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 28 Stöber, § 15 Rz. 20.3 i.V.m. Rz. 20. 6; Storz, ZIP 1980, 159, 162. 29 Storz, ZIP 1980, 159, 161. 30 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 31; Stöber, § 15 Rz. 20.3. 31 BGH, Urt. v. 17.3.1988 – IX ZR 79/87, Rpfleger 1988, 306, 307; OLG Köln, Beschl. v. 29.2.1988 – 2 W 163/87, Rpfleger 1988, 324; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 32 Vgl. o. § 57a Rz. 19. 33 BGH, Beschl. v. 1.3.1994 – XI ZR 149/93, Rpfleger 1994, 374. 34 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 3. 35 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 3.
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§ 75 Rz. 22 Einstellung wegen Zahlung setzung nach nicht den Schuldner, sondern nachrangige Berechtigte vor dem Verlust ihrer Rechte schützen.36 Es ist daher anerkannt, dass das Recht auch gegen den Willen des Schuldners ausgeübt werden kann.37 Ferner darf auch derjenige einen vorrangigen Gläubiger ablösen, der das Verfahren aus dessen Rangstelle betreiben (oder gerade nicht betreiben) möchte.38 Dies ist auch bei vergleichsweise geringen Ansprüchen im besten Rang (insbesondere bei solchen der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) kein Rechtsmissbrauch, sondern ein legitime Übernahme der vorrangigen Position bzw. eine zulässige Möglichkeit, einen Termin zu beenden.39 Gerade die Ablösung der Gläubiger in den Rangklassen des § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 ZVG ist oftmals mit wenig Geld möglich und kann im Verfahren einen erheblichen Vorteil verschaffen.40 So kann etwa der Schuldner eine Verzögerung erwirken und der selbst am Erwerb des Grundstücks interessierte Beteiligte hohe Gebote vernichten.41 Die anderen Berechtigten, insbesondere nachrangige Gläubiger mit erheblichen Grundpfandrechten können sich dagegen wehren, indem sie den geringen vorrangigen Anspruch selbst ablösen.42 Dass ein Gläubiger selbst die Versteigerung betreibt, steht der Ablösung nach § 75 ZVG nicht entgegen.43 Besondere Relevanz kommt dem nach der Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG zu, wonach Wohnungseigentümergemeinschaften nunmehr wegen rückständigen Beiträgen von Wohnungseigentümern ein begrenzter Vorrang zukommt. Denn die hierdurch nachrangig gewordenen Realkreditgläubiger können somit bis zur letzten Minute ihre Rechtsposition wahren und der Gemeinschaft den Vorrang „abkaufen“.44 Die Ablösung schließt das erneute vorrangige Betreiben des Verfahrens durch die Eigentümergemeinschaft über die Obergrenze von 5 % nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ZVG aus.45 Dies ist für die Eigentümer dann misslich, wenn es ihnen vorrangig auf die Entfernung des weiterhin säumigen Wohngeldschuldners aus der Gemeinschaft ankam. Allerdings kann der teilrechtsfähige Verband, der ja dann Inhaber nachrangiger Rechte ist, seinerseits den ablösenden Gläubiger ablösen.
36 RG, Urt. v. 12.12.1917 – V 227/17, RGZ 91, 297, 303; BGH, Urt. v. 11.5.2005 – IV ZR 279/04, NotBZ 2005, 255 = MDR 2005, 1120 = NJW 2005, 2398, 2399; BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96, 97 = NJW 2009, 81, 82 Rz. 16; BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 610 f. Rz. 18 = NJW-RR 2010, 1314, 1315 Rz. 12; Hintzen, Rpfleger 2006, 59. 37 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96, 97 = NJW 2009, 81, 82 Rz. 16. 38 BGH, Beschl. v. 1.3.1994 – XI ZR 149/93, Rpfleger 1994, 374; OLG Köln, Beschl. v. 14.12.1988 – 2 W 133/88, Rpfleger 1989, 298, 290; Storz, ZIP 1980, 159, 162; zurückhaltender noch RG, Urt. v. 18.1.1935 – V 347/34, RGZ 146, 317, 324 f.; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 16; wonach nur der nachträgliche Wechsel der mit der Ablösung verfolgten Ziele unschädlich sein soll. 39 Zum taktischen Einsatz des Ablösungsrechtes instruktiv Storz, ZIP 1980, 159160 f. 40 Vgl. Storz, ZIP 1980, 159; allerdings sind dabei die (wenn auch zweifelhaften) Versuche der Rspr., die Fortsetzung des Verfahrens selbst bei Fehlern in der zwingend erforderlichen Aufstellung eines neuen Gebotes wegen fehlender Beeinträchtigung als unerheblich anzusehen, einzukalkulieren, vgl. u. § 84 Rz. 5. U.U. ist daher eine Vorlage des Nachweises über die Ablösung erst nach dem Versteigerungstermin sinnvoller. 41 BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 611 Rz. 21 = NJWRR 2010, 1314, 1316 Rz. 13; Storz, ZIP 1980, 159, 160. 42 Storz, Rpfleger 1990, 177, 178. 43 Storz, ZIP 1980, 159, 162. 44 Schneider, ZfIR 2008, 161, 165. 45 Schneider, ZfIR 2008, 161, 165.
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Rz. 25 § 75
IV. Ansprüche eines betreibenden Gläubigers Jegliche Ansprüche eines betreibenden Gläubigers können abgelöst werden. Dies gilt grundsätzlich auch für öffentliche Lasten,46 wodurch sie sich allerdings zu privatrechtlichen Ansprüchen umwandeln. Auch kann bei Ansprüchen aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG keine Titelumschreibung erfolgen; der Ablösende muss (im ordentlichen Rechtsweg) Klage auf Duldung der Zwangsversteigerung aus dieser Rangklasse erheben.47 Die Ablösung nach § 75 ZVG erfordert nur, dass derjenige, dessen Forderung nach § 75 ZVG abgelöst werden soll, die Anordnung des Verfahrens beantragt hat oder ihm beigetreten ist.48 Dies ergibt sich zum einen daraus, dass für die nicht betreibenden Gläubiger kein Versteigerungstermin stattfindet, in dem der Ablöseberechtigte die Belege gemäß § 75 ZVG vorlegen könnte. Im Übrigen folgt dies auch aus dem Sinn der Norm, die einen Rechtsverlust verhindern will, der von Seiten eines nicht betreibenden Gläubigers nicht droht.49 Das Gericht hat bei einer gleichwohl erfolgenden Vorlage von Einzahlungsbelegen den damit konkludent gestellten Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens zurückzuweisen. Das gilt auch für Verfahren, die bereits aus anderem Grund einstweilen eingestellt sind.50 Eine Ablösung nach den allgemeinen Grundsätzen (§§ 268, 1150 BGB) bleibt natürlich möglich.
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V. Vorlage des Zahlungsnachweises nur durch den Schuldner? Unglücklich formuliert hat der Gesetzgeber den neugefassten Wortlaut des § 75 ZVG, wonach 24 nur der Schuldner den Nachweis über die Ablösung vorrangiger Gläubiger vorlegen kann. Dies würde die nachrangigen Gläubiger von der Mitwirkung des Schuldners abhängig machen und ihnen die Erhaltung ihres Rechtes zumindest erschweren. Dass derartiges bezweckt war, ist in keiner Weise ersichtlich. Deshalb gehen die bislang veröffentlichten Stellungnahmen zu Recht davon aus, dass es sich bei diesem Wortlaut um ein Redaktionsversehen handelt.51 Dies hat der BGH jetzt bestätigt.52 Selbstverständlich ist auch der nachrangige Gläubiger selbst, unabhängig von der Mitwirkung des Schuldners zum Nachweis einer Ablösung gemäß § 75 ZVG berechtigt.
D. Die Art und Weise der Ablösung I. Der Zahlungsempfänger Zahlungsempfänger ist im Gegensatz zu § 75 ZVG a.F. nicht das Vollstreckungsgericht selbst. Dieses darf nach dem klaren Wortlaut der Norm kein Geld mehr entgegennehmen. Empfänger ist die Gerichtskasse, wobei insoweit landesrechtliche Sonderregelungen gelten können, indem etwa zentrale Zuständigkeiten vorgesehen werden. Das Gericht kann die Zahlung wie nach früherem Recht nicht rückgängig machen, wenn die Vorlage gemäß § 75 ZVG im Ter-
46 RG, Urt. v. 18.1.1935 – V 347/34, RGZ 146, 317, 319 f.; BGH, Urt. v. 18.6.1979 – VII ZR 84/78, BGHZ 75, 23, 24; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 16; Stöber, § 75 ZVG Rz. 20.26; Storz, ZIP 1980, 159, 161. 47 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 36; einschränkend Storz, ZIP 1980, 159, 162. 48 Storz, ZIP 1980, 159, 160. 49 Mayer, Rpfleger 1983, 265, 266. 50 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.6; s. zu § 75 ZVG a.F. Storz, ZIP 1980, 159, 160; ähnlich Böttcher, § 75 ZVG Rz. 2, wonach das Gericht nicht zur Annahme der Zahlung verpflichtet gewesen sein soll. 51 Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233-239; Storz/Kiderlen, NJW 2007, 1846, 1850; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598; ders., ZfIR 2009, 215 f.; ähnlich Hock, RpflStud 2007, 97, 100. 52 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96 f. = NJW 2009, 81 f.
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§ 75 Rz. 25 Einstellung wegen Zahlung min akzeptiert wurde.53 Denn dann ist die hierauf gestützte verfahrensrechtliche Wirkung, die einstweilige Einstellung, bereits eingetreten. Anderes gilt selbstverständlich, wenn der Beleg nicht gemäß § 75 ZVG vorgelegt oder nicht berücksichtigt wurde, weil ein vorrangig Ablösungsberechtigter zum Zuge kam.
II. Art der Zahlung 1. Überweisung 26
Das Gesetz geht vorrangig von einer Überweisung durch eine Sparkasse oder ein Kreditinstitut aus. Das zeigt der zuerst genannte Einzahlungs- oder Überweisungsnachweis einer Bank oder Sparkasse. Anders als beim Nachweis der Sicherheitsleistung gemäß § 69 Abs. 4 ZVG muss also nicht die Gutschrift der Zahlung auf einem Konto der Gerichtskasse vor dem Versteigerungstermin erfolgen und im Termin nachgewiesen werden.54 Dies wäre mit dem Gedanken des Schuldnerschutzes durch Zahlung in letzter Minute auch kaum zu vereinbaren, da die Überweisungsvorgänge erhebliche Zeit in Anspruch nehmen können. Die Zahlung an die Gerichtskasse genügt aber auf jeden Fall.55 Es genügt der Nachweis, dass das Geld angewiesen wurde. Ein Scheck dürfte aber auch nach neuem Recht nicht genügen. Denn dieser stellt nur die Anweisung dar, mit der die Gerichtskasse eine Kontobewegung zu ihren Gunsten veranlassen könnte. Einen Nachweis darüber, dass der Ablösungsberechtigte bereits den „erforderlichen Betrag an die Gerichtskasse gezahlt hat“, stellt der Scheck noch nicht dar.56 Eine Verpflichtung oder auch nur die bloße Möglichkeit, Schecks zu akzeptieren und nach Eingangsmitteilung das Verfahren einzustellen,57 ist weder mit dem Wortlaut des Gesetzes zu vereinbaren noch mit seiner Absicht, das Verfahren zu vereinfachen. 2. Sonstige Nachweise
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Darüber hinaus genügt auch eine öffentliche Urkunde, aus der sich ergibt, dass der „zur Befriedigung und zur Deckung der Kosten erforderlichen Betrag an die Gerichtskasse gezahlt“ worden ist. Damit ist vorrangig die Einzahlung in der zuständigen Gerichtskasse gemeint. Wiederum im Unterschied zur Sicherheitsleistung nach § 69 ZVG ist die Zahlung durch Bargeld aus Gründen des Schuldnerschutzes nicht schlechthin ausgeschlossen. Sie darf nur nicht im Termin erfolgen, sondern muss vorab bei der Gerichtskasse getätigt werden.58 Der Schuldner bzw. ablösungsberechtigte Dritte muss allerdings darauf achten, dass die erteilte Quittung den Anforderungen an eine öffentliche Urkunde genügt, was aber in der Praxis keine Probleme bereiten wird. 3. Keine Barzahlung im Termin
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Nach dem Wortlaut von § 75 ZVG ist die Barzahlung der Ablösung künftig ausgeschlossen. Denn danach erfolgt die Einstellung nur noch, wenn der Schuldner einen der dort genannten Nachweise vorlegt. Das entspricht auch dem Sinn der Norm.59 Das Gericht darf Barzahlungen also nicht mehr entgegennehmen.60 Da es zwingend der Mitwirkung des Gerichtes eben in 53 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.3. 54 So richtig Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 55 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96 f. = NJW 2009, 81, 82. 56 Insoweit richtig Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 57 So Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 58 Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233-239; Hock, RpflStud 2007, 97, 100. 59 Hierzu Götz, ZMR 2008, 353 f. 60 Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233-239; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598.
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Rz. 30 § 75
Form der Einstellung bedarf, kommt einer entgegenstehenden Abrede deshalb anders als bei der Sicherheitsleistung61 keine Bedeutung zu, da sie die Pflichten des Gerichts nicht verändern kann. Auch die Hingabe eines Schecks ist in § 75 ZVG nicht vorgesehen.62 Denkbar ist aber natürlich die Bewilligung der Einstellung nach § 30 Abs. 1 ZVG, wenn der Schuldner die Zahlung in bar erbringt.63
E. Der Zeitpunkt der Ablösung I. Die Zahlung vor dem Termin 1. Die Leistungshandlung Die Leistungshandlung, also die Überweisung oder Einzahlung bei der Gerichtskasse kann nunmehr im Gegensatz zur früheren Barzahlung auch vor dem Versteigerungstermin erfolgen.64 Wie nach früherem Recht ist aber die Berufung auf die Ablösung erst im Termin möglich, also erst nach Aufruf der Sache.65 Eine schriftsätzliche Geltendmachung unter Vorlage der erforderlichen Dokumente dürfte nicht genügen.66 Sie ist umgekehrt zur Wahrnehmung der aus der Ablösung folgenden Rechte auch nicht erforderlich.67 Das geht aus Wortlaut und Sinn der Regelung hervor. Denn der in § 75 ZVG geforderte Beleg muss nach dem Gesetzestext ausdrücklich „im Versteigerungstermin“ vorgelegt werden. Zudem hat der Gesetzgeber hier gerade keine Änderungen beabsichtigt. Dies entspricht auch dem Umstand, dass die Geltendmachung des Ablöserechtes u. U. noch im Termin einer erneuten Überprüfung unterliegen kann, wenn etwa ein anderer zur Ablösung Berechtigter gleichfalls von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat.
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2. Aus der Vorverlegung der Leistungshandlung resultierende Prüfungen Damit kommt auf Schuldner und Dritten die Prüfung zu, ob sie direkt an den Gläubiger oder an das Gericht zahlen wollen. Für die Zahlung an das Gericht kann der Umstand sprechen, dass dieses das Verfahren sofort einstweilen einzustellen hat. Die Zahlung direkt an den abzulösenden Gläubiger hat dagegen keinen unmittelbaren Einfluss auf das Verfahren. Der Schuldner bzw. der Dritte müsste gleichwohl Vollstreckungsgegen bzw. Drittwiderspruchsklage erheben und in diesem Rahmen einstweiligen Rechtsschutz durch das Prozessgericht in Anspruch nehmen. Abgesehen davon, dass dieser möglicherweise zu spät käme, ist eine Klage mit der Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verbunden, der jedenfalls den Schuldner angesichts des Streitgegenstandes leicht überfordern kann. Dem steht zwar entgegen, dass der abzulösende Gläubiger auch im Zwangsversteigerungsverfahren nicht gezwungen ist, die einstweilige Einstellung hinzunehmen. Er kann nach § 31 Abs. 2 ZVG dessen Fortsetzung verlangen, was schon im Versteigerungstermin geschehen kann.68 Abgesehen von den Einwirkungsmöglichkeiten des Gerichtes, das einem offenkundig unbegründeten Verlangen im Termin mit dem gebotenen Nachdruck entgegentreten kann, fallen aber selbst in diesem Fall nur die weit geringeren Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einer sofortigen Beschwerde gegen die einstweilige Einstellung an, die der Schuldner zudem nicht vorauszuentrichten hat. Umge61 62 63 64 65 66 67
Hierzu Götz, ZMR 2008, 353 f. Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233-239. Hock, RpflStud 2007, 97, 100. LG Heilbronn, Beschl. v. 30.9.2011 – 1 T 205/11, ZMR 2012, 151, 152. Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 1 u. 3; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.2. A.A. wohl LG Heilbronn, Beschl. v. 30.9.2011 – 1 T 205/11, ZMR 2012, 151, 152. BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96, 98 = NJW 2009, 81, 83 Rz. 26. 68 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 13.
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§ 75 Rz. 30 Einstellung wegen Zahlung kehrt kann die Zahlung direkt an den Gläubiger dann sinnvoll sein, wenn ein Grundpfandrecht nicht mehr vollständig valutiert. In diesem Falle wäre nämlich nur die Ablösung nur der Restforderung nach § 75 ZVG nicht möglich, da dies die Begleichung des Gesamtanspruchs aus dem Beschlagnahmebeschluss erfordert.69 Möglich ist aber die Erfüllung der Schuld nach § 362 BGB, woraufhin die Vollstreckungsgegenklage erhoben und in diesem Rahmen einstweiliger Rechtsschutz in Anspruch genommen werden kann.70
II. Die letzte Möglichkeit zur Berufung auf die Ablösung 31
Die Möglichkeit, den Beleg über die Zahlung nach § 75 ZVG vorzulegen, erlischt erst mit dem Zuschlag.71 Insoweit ist keine Änderung gegenüber dem früheren Recht eingetreten. Nach Aufhebung des Zuschlags im Rechtsmittelverfahren lebt auch die Möglichkeit der Ablösung wieder auf. Der Schuldner bzw. ein nach § 75 ZVG berechtigter Dritter kann die Belege für seine Zahlung somit auch nach der Versteigerung noch in einem später angesetzten Termin zur Verkündung über den Zuschlag vorlegen.72 Nicht zulässig ist aber auch in diesem Fall die schriftsätzliche Berufung auf die Ablösung, selbst wenn die erforderlichen Belege beigefügt werden. Denn dann erfolgt die Geltendmachung dieses Rechts nicht „im Versteigerungstermin“. Nach Verkündung des Zuschlags kann die Zahlung gemäß § 75 ZVG nicht mehr geltend gemacht werden.73 Insbesondere ergibt sich aus einer solchen verspäteten Berufung auf die Ablösung des Gläubigers kein Grund, den erteilten Zuschlag anzufechten. Denn eine erst nach Verkündung des Zuschlags erfolgende Berufung auf die Ablösung erfolgt nicht mehr „im Versteigerungstermin“ und ist daher unbeachtlich. Eine Ausnahme bisweilen dann zugelassen, wenn der Zuschlag aus anderem Grund erfolgreich angefochten wird.74
III. Möglichkeiten des betreibenden Gläubigers, sich gegen die Ablösung zu wehren 32
Der betreibende Gläubiger, der abgelöst werden soll, hat keine direkte Möglichkeit, sich hiergegen zu wehren, wenn der Ablösende alle Voraussetzungen des § 75 ZVG erfüllt.75 Dies kann misslich sein, wenn ein vorrangiger Gläubiger etwa selbst den (günstigen) Erwerb des Grundstücks beabsichtigt und seine Position insoweit selbst nutzen möchte. Ist er Inhaber eines weiteren (nachrangigen) Rechts, kann er den Ablösenden aber seinerseits wieder ablösen,76 was allerdings aufgrund des Verbotes von Barzahlungen nunmehr erheblich erschwert ist. Die Rückablösung ist zudem nur bis zur einstweiligen Einstellung möglich.77 In jedem Fall kann er die Ablösung aber durch die Bewilligung der einstweiligen Einstellung verhindern.78 Denn 69 S.u. Rz. 33. 70 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 5. 71 BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 610 Rz. 16 = NJWRR 2010, 1314, 1315 Rz. 11; LG Heilbronn, Beschl. v. 30.9.2011 – 1 T 205/11, ZMR 2012, 151, 152; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598; ders., ZfIR 2009, 215, 216. 72 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 3; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.2; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 74; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 73 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 3. 74 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.9. 75 Stöber, § 15 Rz. 20.1; Schneider, ZfIR 2008, 161, 165. 76 BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 611 Rz. 24 = NJWRR 2010, 1314, 1316 Rz. 15. 77 BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 611 Rz. 24 = NJWRR 2010, 1314, 1316 Rz. 15. 78 Storz, ZIP 1980, 159, 161.
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Rz. 34 § 75
Rechte von Gläubigern, die nicht betreiben bzw. die einstweilige Einstellung bewilligt haben, können nicht nach § 75 ZVG abgelöst werden.79
F. Der Umfang der Zahlung I. Vollständige Befriedigung des betreibenden Gläubigers 1. Hauptforderung und Zinsen Die Berufung auf die Ablösung eines Gläubigers kann nur dann zur einstweiligen Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens führen, wenn der abzulösende Gläubiger vollständig befriedigt wird. Dies umfasst zuerst die Hauptforderung samt Zinsen.80 Dabei ist ähnlich wie bei der Übernahme vorrangiger Grundpfandrechte nicht nur der noch valutierende Rest in Höhe der persönlichen Forderung, sondern der Gesamtanspruch maßgeblich.81 Ein Ausgleich soll nicht zwischen Gläubiger und Ablösungsberechtigtem, sondern nur zwischen Gläubiger und Sicherungsgeber stattfinden.82 Auch bei den Zinsen ist auf den eingetragenen Zinsfuß, nicht auf die schuldrechtlich vereinbarte Zinshöhe abzustellen. Die Zinsen sollen nur bis zum Tag vor der Versteigerung zu entrichten sein.83 Das ist nicht recht damit zu vereinbaren, dass die Zahlung an das Gericht den Gläubiger eben noch nicht befriedigt, sondern noch an ihn weiterzuleiten ist. Konsequenter erscheint es auf die voraussichtliche Weiterleitung des Geldes an den Gläubiger abzustellen, wobei auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge abzustellen ist. Die mögliche Verzögerung durch eine Beschwerde ist also nicht einzukalkulieren.
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2. Gerichtskosten Des Weiteren muss die Zahlung die bisherigen Verfahrenskosten abdecken.84 Dies umfasst zunächst die Kosten des Anordnungsbeschlusses (KV GKG Nr. 2210) und seiner Zustellung (KV GKG Nr. 9002), ferner jeweils eine halbe Verfahrens – und Versteigerungsgebühr (KV GKG 2211 und 2213). Darüber hinaus fallen regelmäßig Bekanntmachungskosten (KV GKG Nr. 9002), Postgebühren und Sachverständigenkosten an. Diese Kosten sind vom Gericht vorläufig festzusetzen.85 Ist zugleich ein Zwangsverwaltungsverfahren anhängig, müssen auch die Beträge gedeckt sein, die der Gläubiger zur Erhaltung des Grundstücks vorzuschießen hatte.86
79 S.o. Rz. 23. 80 OLG München, Beschl. v. 12.12.2007 – 34 Wx 118/07, ZfIR 2008, 505, 506 = Rpfleger 2008, 253, 254; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 81 BGH, Urt. v. 11.5.2005 – IV ZR 279/04, NotBZ 2005, 255 = MDR 2005, 1120 = NJW 2005, 2398; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.4.; Wolfsteiner, DNotZ 2007, 678, 681; zur Möglichkeit einer Vollstreckungsgegenklage s.o. Rz. 45. 82 BGH, Urt. v. 11.5.2005 – IV ZR 279/04, NotBZ 2005, 255 = MDR 2005, 1120 = NJW 2005, 2398, 2399; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.5; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598; zu den damit verbundenen Schwierigkeiten s. Osterloh, jurisPR – BGHZivilR 44/2005, Anm. 4; Kesseler, WuB 1/05, 631 f.; Rimmelspacher, WuB I F 3, 673. 83 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 4. 84 BGH, Urt. v. 11.5.2005 – IV ZR 279/04, NotBZ 2005, 255 = MDR 2005, 1120 = NJW 2005, 2398; OLG München, Beschl. v. 12.12.2007 – 34 Wx 118/07, ZfIR 2008, 505, 506; vgl. das Berechnungsbeispiel bei Böttcher, § 75 ZVG Rz. 4. 85 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 5; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.5. 86 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 5.
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§ 75 Rz. 35 Einstellung wegen Zahlung 3. Außergerichtliche Kosten 35
Die Zahlung muss schließlich die außergerichtlichen Kosten des Gläubigers umfassen.87 Dies umfasst neben den Kosten der anwaltlichen Vertretung u.U. eigene Kosten der Anreise des Gläubigers zum Termin.
II. Zahlung auf die Forderung eines Gläubigers oder auf Teilforderungen 36
Der Ablösungsberechtigte muss nicht die Ansprüche aller betreibenden Gläubiger befriedigen. Er kann durch die Zahlung nach § 75 ZVG nach seiner Wahl auch nur einzelne von ihnen befriedigen.88 Denn es handelt sich weiterhin um getrennte Verfahren. Dies gilt auch für verschiedene Rechte (und somit Verfahren) desselben Gläubigers.89 Entsprechendes gilt, wenn ein Gläubiger nur wegen eines Teils seines Anspruchs die Vollstreckung betreibt. Dann kann sich auch die Ablösung auf diese Teilforderung beschränken.90
III. Teilzahlungen 37
Teilzahlungen auf die Ansprüche einzelner Gläubiger sind dagegen unzulässig.91 Einen hierauf gestützten Antrag hat das Gericht wie nach früherem Recht zurückzuweisen.92 Keinesfalls darf es das Verfahren auf eine solche Teilzahlung hin einstweilen einstellen. Allenfalls bei ganz geringen Minderbeträgen, insbesondere bei Nebenforderungen kann wie nach bisherigem Recht anderes gelten.93 Allerdings darf sich der Ablösende auf Auskünfte des Gläubigers zur Höhe der ihm entstandenen Kosten vertrauen.94 Sofern die Zahlung die persönliche Schuld tilgen würde, kann allerdings ein Hinweis auf die Möglichkeit der Vollstreckungsgegenklage angebracht sein, wenn sich der Schuldner insoweit erkennbar im Irrtum über das anzustrengende Verfahren befindet.95 Äußerstenfalls können schuldnerschützende Maßnahmen nach § 765a ZPO geboten sein. Betreibt der Gläubiger allerdings nur wegen eines Teiles seines Anspruchs, genügt auch die Ablösung nur dieses Teilbetrags, um die Wirkung des § 75 ZVG herbeizuführen.96 Da die Ablösung nicht zum Nachteil des Abgelösten erfolgen darf, ist dieser Teil des Anspruchs nunmehr gegenüber dem nicht abgelösten nachrangig.97 Auch die Zahlung sämtlicher Zinsen nur aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG ist keine Teilleistung, selbst wenn der Gläubiger noch ältere Zinsen aus § 10 Abs. 1 Nr. 8 ZVG vollstreckt.98
87 BGH, Beschl. v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = ZfIR 2007, 201, 203 = NJW-RR 2007, 165, 167 Rz. 28; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.4; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 88 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.6. 89 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 18; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.5. 90 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 17. 91 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 5; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.5; Böttcher, ZfIR 2008, 507, 508; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 74. 92 BGH, Urt. v. 11.5.2005 – IV ZR 279/04, NotBZ 2005, 255 = MDR 2005, 1120 = NJW 2005, 2398. 93 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 5; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.5. 94 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96, 98 = NJW 2009, 81, 83 Rz. 21. 95 Vgl. zu § 75 ZVG a.F. Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 2. 96 BGH, Beschl. v. 29.3.2007 – V ZB 160/06, MDR 2007, 1038 = NotBZ 2007, 327 = DNotZ 2007, 675, 677; Storz, ZIP 1980, 159, 164; eingehend hierzu Wolfsteiner, DNotZ 2007, 678, 679 ff. 97 Wolfsteiner, DNotZ 2007, 678, 680. 98 OLG München, Beschl. v. 12.12.2007 – 34 Wx 118/07, ZfIR 2008, 505, 506 = Rpfleger 2008, 253, 254; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.4; zweifelnd aber selbst hinsichtlich verjährter Zinsen Wolfsteiner, DNotZ 2007, 678, 682.
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Einstellung wegen Zahlung
Rz. 38 § 75
G. Die Folgen der Ablösung I. Einstweilige Einstellung des Verfahrens 1. Das Verfahren bei einem Gläubiger Die Vorlage eines Nachweises über eine Zahlung gemäß § 75 ZVG im Versteigerungstermin führt zur einstweiligen Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens durch das Vollstreckungsgericht und in der Folge nach § 72 Abs. 3 ZVG zum Erlöschen bereits abgegebener Gebote.99 Für diese Rechtsfolge ist die Umschreibung der Vollstreckungsklausel noch nicht erforderlich.100 Dies gilt aber natürlich nur, wenn der abgelöste vorrangige Gläubiger das Verfahren betreibt; die Ablösung eines anderen vorrangigen Gläubigers nach § 268 BGB hat keinen Einfluss auf das Verfahren.101 Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist die Vorlage des Nachweises erforderlich. Der BGH geht allerdings davon aus, dass es sich dabei, ähnlich wie bei der ausschließlichen Nennung des Schuldners, um ein Redaktionsversehen handelt.102 Das Gericht hat also auch zufällig bekannt gewordene Zahlungen zu berücksichtigen und das Verfahren hierauf von Amts wegen einzustellen.103 Allerdings muss es nicht bei der Gerichtskasse wegen eventueller Zahlungen von Amts wegen ermitteln. Erst recht ist es nicht verpflichtet, den anderen Verfahrensbeteiligten von einer Ablösung Mitteilung zu geben.104 Der Ablösungsberechtigte kann noch im Termin entscheiden, ob er von seinem Recht Gebrauch macht. Das Vollstreckungsgericht hat die Nachweise gemäß § 75 ZVG zur Akte zu nehmen. Denn ansonsten wird nicht aktenkundig, ob und – bei mehreren Einzahlungen – von wem die einstweilige Einstellung begehrt wurde. Denn eines ausdrücklichen Antrages bedurfte es nach früherem Recht nicht,105 woran der Wortlaut der Neufassung von § 75 ZVG nichts geändert hat. Das Vollstreckungsgericht hat den Verfahrensbeteiligten gemäß § 87 Abs. 3 ZVG rechtliches Gehör zu gewähren. Die einstweilige Einstellung erfolgt durch Beschluss, der die Belehrung gemäß § 31 ZVG enthalten und nach § 32 ZVG zugestellt werden muss.106 Bereits abgegebene Gebote erlöschen.107 Werden die Belege gemäß § 75 ZVG erst nach der Versteigerung, aber vor der Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag vorgelegt, muss das Gericht den Zuschlag gemäß § 33 ZVG versagen.108 Die materiell – rechtlichen Folgen, insbesondere der Übergang des Rechtes samt Nebenrechten, treten erst mit der Auskehr des bei der Gerichtskasse eingezahlten Betrages an den abgelösten Gläubiger ein.109
99 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.6; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 74; Storz, Rpfleger 1990, 177, 178; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 100 Vgl. BGH, Beschl. v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = ZfIR 2007, 201, 202 = NJW-RR 2007, 165, 167 Rz. 23. 101 OLG Hamm, Beschl. v. 12.11.1986 – 15 W 466/86, Rpfleger 1987, 75. 102 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96, 97 = NJW 2009, 81, 82 Rz. 11. 103 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96, 97 = NJW 2009, 81, 82 Rz. 11; LG Heilbronn, Beschl. v. 30.9.2011 – 1 T 205/11, ZMR 2012, 151, 152. 104 Böttcher, ZfIR 2009, 215, 216. 105 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6. 106 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 7; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.7. 107 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.6. 108 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.10.1986 – 3 W 309/86, Rpfleger 1987, 75; OLG Köln, Beschl. v. 16.6.1989 – 2 W 47/89, Rpfleger 1990, 176; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 8; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.8; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 109 S.u. Rz. 42.
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§ 75 Rz. 39 Einstellung wegen Zahlung 2. Das Verfahren bei einer Mehrheit von Gläubigern 39
Bei einer Mehrheit von betreibenden Gläubigern kann die Ablösung jedem von ihnen gegenüber getrennt erfolgen;110 der Ablösende kann sich auf die Ablösung nur eines vorrangigen Rechtes beschränken.111 Das Zwangsversteigerungsverfahren wird also nur dann insgesamt eingestellt, wenn sämtliche Gläubiger abgelöst werden. In diesem Fall erlöschen bereits abgegebene Gebote gemäß § 72 Abs. 3 ZVG.112 Ansonsten ist nach dem Rang des Gläubigers zu differenzieren. Wird ein vorrangig betreibender Gläubiger abgelöst, so ist nach der einstweiligen Einstellung seines Verfahrens das geringste Gebot neu zu ermitteln, wenn nunmehr ein Gläubiger betreibt, dem andere, nicht betreibende Gläubiger vorgehen.113 Unterbleibt dies, so liegt infolge falscher Festsetzung des geringsten Gebots ein nach § 83 Nr. 1 ZVG zu berücksichtigender Fehler vor.114 Dies erfordert zugleich eine neue Mindestbietzeit.115 Erfolgt die Ablösung erst nach dem Versteigerungstermin, ist dies nicht mehr möglich. Daher muss im Verkündungstermin der Zuschlag versagt werden.116 Hinsichtlich der nachrangigen betreibenden Gläubiger ist ein neuer Termin anzusetzen.117 Wird trotzdem im Termin zugeschlagen, liegt ein unheilbarer Verfahrensfehler nach § 83 Nr. 6 ZVG vor.118 Die Ablösung nachrangiger Gläubiger und die einstweilige Einstellung ihrer Verfahren lässt dagegen das geringste Gebot unverändert Der Termin kann somit ohne Weiteres fortgesetzt werden.119 Auch die Vorlage nach dem Versteigerungstermin erfordert daher nicht die Versagung des Zuschlags. Da der Eingang der Überweisung im Gegensatz zur Bietsicherheit nicht nachgewiesen werden muss, empfiehlt sich jedenfalls in den Fällen, in denen ein vorrangiger Gläubiger abgelöst wird, die Bestimmung eines Verkündungstermins. Denn dann kann das Vollstreckungsgericht auf Mängel im Zahlungsvorgang unschwer reagieren, während der Zuschlag bei sofortiger Verkündung angefochten werden müsste. 3. Das Verfahren bei einer Mehrheit von Ablöseberechtigten
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Unklar war nach der neuen Fassung von § 75 ZVG, wie bei einer Mehrheit von Ablöseberechtigten und Ablösewilligen vorzugehen ist. Die Kommentare zu § 75 ZVG a. F. gingen ersichtlich von einem gleichzeitigen Angebot von Barzahlungen aus, unter denen das Gericht aus110 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96 = NJW 2009, 81, 82 Rz. 8; BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 611 Rz. 20 = NJW-RR 2010, 1314, 1315 Rz. 12; OLG Köln, Beschl. v. 16.6.1989 – 2 W 47/89, Rpfleger 1990, 176; Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 3; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.6; Storz, Rpfleger 1990, 177, 178; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 74. 111 BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 611 Rz. 20 = NJW-RR 2010, 1314, 12. 112 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.6. 113 BGH, Beschl. v. 16.10.2008 – V ZB 48/08, MDR 2009, 224 = Rpfleger 2009, 96 = NJW 2009, 81, 82 Rz. 8; BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 611 Rz. 21 = NJW-RR 2010, 1314, 1316 Rz. 13; OLG Köln, Beschl. v. 16.6.1989 – 2 W 47/89, Rpfleger 1990, 176; LG Kassel, Beschl. v. 8.2.2000 – 3 T 2/00, Rpfleger 2000, 408, allerdings mit zweifelhaftem Rückgriff auf § 84 ZVG; vgl. Storz, Rpfleger 1990, 177, 178 f.; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 26 f. u. 74; Mayer, Rpfleger 1983, 265, 266; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598. 114 BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 612 Rz. 28 f. = NJW-RR 2010, 1314, 1316 Rz. 19. 115 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 10; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.6; Mayer, Rpfleger 1983, 265, 266; Storz, Rpfleger 1990, 177, 178; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 598; a.A. OLG Köln, Beschl. v. 16.6.1989 – 2 W 47/89, Rpfleger 1990, 176, LG Kassel, Beschl. v. 8.2.2000 – 3 T 2/00, Rpfleger 2000, 408 unter zweifelhaftem Rückgriff auf § 84 ZVG. 116 Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.8; Mayer, Rpfleger 1983, 265, 266. 117 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 11; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 27 u. 73, 77. 118 Storz, Rpfleger 1990, 177, 178. 119 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 11; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.6.
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Einstellung wegen Zahlung
Rz. 42 § 75
wählen konnte.120 War eine Ablösung angenommen worden, waren andere nicht mehr hierzu berechtigt.121 Die Situation hat sich nunmehr dahingehend geändert, dass die Zahlungen beim Aufruf des Termins bereits geleistet sind. Nach Auffassung des BGH ist gleichwohl von einem Vorrang der frühesten Zahlung auszugehen.122 Dies setzt aber neben der Zahlung noch die Vorlage des Zahlungsbelegs und den Nachweis der Ablöseberechtigung voraus.123 Dem Schuldner ist kein Vorrang einzuräumen, da der Schutz des § 75 ZVG nicht vorrangig ihm gilt.124 Auch auf die Rangstellung des Rechtes, das dem Ablöseberechtigten zusteht, kommt es nicht an.125 Im Streitfall, wessen Zahlung maßgeblich ist, hat das Gericht das Verfahren in jedem Fall einzustellen und eine Klärung herbeiführen. Hört es den Schuldner zuvor nicht an, geschieht dies durch eine nach § 766 ZPO erinnerungsfähige Vollstreckungsmaßnahme, ansonsten durch eine nach § 793 ZPO beschwerdefähige Vollstreckungsentscheidung.126 4. Die Pfändung des Auszahlungsanspruches Der Rückzahlungsanspruch des Ablösenden gegen die Gerichtskasse etwa bei unterbliebener Vorlage nach § 75 ZVG oder Ablösung durch einen anderen Ablöseberechtigten kann wie nach früherem Recht gepfändet werden. Wie nach § 75 ZVG a. F.127 wird die Pfändung aber erst bei Eintritt des Rückzahlungsfalles wirksam. Bis dahin steht das Geld der Gerichtskasse zu, die es an den Gläubiger auszukehren hat. Auch der Anspruch des betreibenden Gläubigers gegen die Gerichtskasse auf Auszahlung des eingegangenen Betrages kann nach den allgemeinen Regeln gepfändet werden.128
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II. Die Ablieferung des Ablösebetrages Für die weitere Behandlung der Zahlung finden die zum alten Recht entwickelten Grundsätze sinngemäß Anwendung. Danach hat die Gerichtskasse den eingezahlten Betrag an den abgelösten Gläubiger auszukehren. Soweit die Auszahlung etwa infolge unklarer Erbfolge nach dem Tod des Gläubigers nicht erfolgen kann, ist der Betrag zu hinterlegen.129 In diesem Fall trifft das Gericht keine Pflicht zur Ermittlung des neuen Gläubigers, es hat lediglich den Ablösenden über die Hinterlegung zu unterrichten.130 Eine Einbindung des Vollstreckungsgerichtes nur zur Weiterleitung des Ablösebetrages an den Gläubiger dürfte nicht erforderlich sein, zumal es früher den gezahlten Betrag ohnehin an die Kasse abzuführen hatte.131 Allerdings hat es der Gerichtskasse etwa durch Übermittlung des Protokolls Kenntnis davon zu geben, ob die Nachweise tatsächlich vorgelegt und die einstweilige Einstellung beantragt wurde. Denn ansonsten droht die Auskehr ohne einstweilige Einstellung des Verfahrens, wenn mehrere ablöseberechtigte Gläubiger einzahlten oder die Vorlage im Termin unterblieb. Erst durch die Auskehr des bei der Gerichtskasse eingegangenen Betrages an den Gläubiger wird dieser befriedigt 120 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 2. 121 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 2; Storz, ZIP 1980, 159, 164. 122 BGH, Beschl. v. 6.10.2011 – V ZB 68/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 160, 161 f. Rz. 15 ff.; zustimmend Böttcher, ZfIR 2009, 215. 123 BGH, Beschl. v. 6.10.2011 – V ZB 68/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 160, 161 f. Rz. 5. 124 BGH, Beschl. v. 6.10.2011 – V ZB 68/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 160, 161 f. Rz. 14 f.; a.A. Böttcher, § 75 ZVG Rz. 2; Storz, ZIP 1980, 159, 164. 125 BGH, Beschl. v. 6.10.2011 – V ZB 68/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 160, 161 f. Rz. 14 f.; a.A. Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 3; wieder anders Böttcher, § 75 ZVG Rz. 19. 126 BGH, Beschl. v. 6.10.2011 – V ZB 68/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 160, 161 Rz. 9. 127 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6. 128 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6. 129 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 4; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 12; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.10. 130 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6. 131 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 4.
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§ 75 Rz. 42 Einstellung wegen Zahlung und die Verbindlichkeit getilgt.132 Aufgrund der Ablösung geht das abgelöste Recht im Wege der Legalzession auf den Ablösenden über und zwar mit allen Neben – und Sicherungsrechten.133 Hypotheken gehen allerdings nur insoweit über, als nicht schon Eigentümergrundschulden entstanden sind.134 Insoweit besteht ein Auskunftsanspruch gegen den abgelösten Gläubiger.135 Kein Nebenrecht ist der Anspruch auf Rückgewähr nicht mehr valutierender Grundschulden aus der Sicherungsabrede, der somit nicht auf den Ablösenden übergeht.136 Die Befriedigung des abgelösten Gläubigers durch einen anderen Berechtigten als den Schuldner führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs, sondern dazu, dass der Ablösende an die Stelle des bisherigen Gläubigers tritt und das Verfahren betreiben kann.137 Sofern der Schuldner die Forderung ablöst, hat der Gläubiger ihm Zug um Zug gemäß § 1144 BGB die zur Löschung seines Rechtes erforderlichen Urkunden herauszugeben.138 Der Inhaber eines Zwischenrechts muss sich Rangänderungen nach Eintragung seines Rechts nicht entgegenhalten lassen, so dass er zu dieser Zeit vorrangige Rechte nach wie vor ablösen kann.139
H. Die prozessuale Durchsetzung der Rechte der an der Ablösung Beteiligten I. Die verweigerte Mitwirkung des Vollstreckungsgerichts 43
Im Gegensatz zum früheren Recht kommt eine Weigerung des Vollstreckungsgerichts, den Ablösebetrag anzunehmen, nun bei zwingend bargeldloser Zahlung vor dem Versteigerungstermin kaum mehr in Betracht. Denkbar ist allerdings, dass das Vollstreckungsgericht die Möglichkeit einer einstweiligen Einstellung etwa deswegen verneint, weil es den überwiesenen bzw. eingezahlten Betrag für zu gering erachtet. In diesem Fall kann der Ablösungsberechtigte die Zurückweisung seines Antrags auf einstweilige Einstellung des Verfahrens gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO mit der sofortigen Beschwerde angreifen.140 Die Rechtsbeschwerde hierauf ist gemäß § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nur bei ausdrücklicher Zulassung durch das Landgericht statthaft. Daneben kann auch ein eventuell ergehender Zuschlagsbeschluss nach § 83 Nr. 6 ZVG angefochten werden, da das Verfahren nicht hätte fortgesetzt werden dürfen.141
II. Rechtsmittel gegen die einstweilige Einstellung 44
Hält der abzulösende Gläubiger die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung nicht für gegeben, kann er diese Entscheidung bzw. die Versagung des Zuschlags mit der sofortigen Beschwerde angreifen.142 Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Rechtsbeschwerde 132 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.10. 133 RG, Urt. v. 12.12.1917 – V 227/17, RGZ 91, 297, 302; BGH, Beschl. v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, MDR 2013, 812 = Rpfleger 2013, 464, 467 Rz. 34; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 34; Storz, ZIP 1980, 159, 162. 134 Storz, ZIP 1980, 159, 162. 135 Storz, ZIP 1980, 159, 162. 136 BGH, Urt. v. 17.3.1988 – IX ZR 79/87, Rpfleger 1988, 306, 307. 137 RG, Urt. v. 12.12.1917 – V 227/17, RGZ 91, 297, 302; Storz, ZIP 1980, 159, 162. 138 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 4; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 12; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.10; Storz, ZIP 1980, 159, 162. 139 BGH, Beschl. v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, MDR 2013, 812 = Rpfleger 2013, 464, 467 Rz. 33. 140 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 14; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.12. 141 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.10.1986 – 3 W 309/86, Rpfleger 1987, 75; Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6. 142 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 14; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.12.
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Einstellung wegen Zahlung
Rz. 46 § 75
wiederum gemäß § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nur bei ausdrücklicher Zulassung durch das Landgericht statthaft.
III. Die endgültige Beendigung des Verfahrens 1. Der Rechtsschutz des Schuldners Die Ablösung führt unmittelbar nur zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens. Das Verfahren wird aber nach § 31 Abs. 1 ZVG endgültig aufgehoben, wenn der Gläubiger nicht binnen sechs Monaten nach Zugang der Belehrung gemäß § 31 Abs. 3 ZVG143 einen Antrag auf Fortsetzung stellt.144 Begehrt der Gläubiger trotz Ablösung die Fortsetzung des Verfahrens, hat das Vollstreckungsgericht keine Handhabe, sich dem zu widersetzen.145 Hat der Schuldner abgelöst, kann er lediglich Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) erheben146 und in diesem Rahmen einstweiligen Rechtsschutz nach § 769 ZPO in Anspruch nehmen.147
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2. Der Rechtsschutz des Dritten Am kompliziertesten, aber im Schrifttum kaum erörtert, gestaltet sich der Rechtsschutz des 46 Dritten, der den Anspruch eines Gläubigers abgelöst hat. Denn die Beschlagnahme nach § 20 Abs. 1 ZVG wirkt weiter zugunsten des (ursprünglichen) Gläubigers; er kann aus dem nicht umgeschriebenen Titel weiter vollstrecken.148 Betreibt dieser das Verfahren trotz Ablösung weiter, widerspricht das zwar der materiellen Rechtslage, da er nicht mehr Inhaber des Rechts ist, sondern der Dritte. Der Ablösende wird erst dann zum betreibenden Gläubiger, wenn er die Vollstreckungsklausel auf sich umschreiben lässt.149 Im Schrifttum wurde deshalb früher die Möglichkeit einer Drittwiderspruchsklage des Dritten erwogen.150 Dies dürfte daran scheitern, dass der Dritte „an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung“, also dem Grundstück, kein „die Veräußerung hinderndes Recht“ erlangt hat. Hat er auf eine durch Grundschuld abgesicherte Forderung gezahlt, steht ihm von vorneherein nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf deren Übertragung zu. Aber auch eine kraft Gesetzes auf ihn übergehende Hypothek hindert die Vollstreckung nicht. Selbst eine vorrangige Hypothek wäre nur in das geringste Gebot aufzunehmen. Auch eine Klage nach § 767 ZPO erscheint nicht geeignet. Zwar ließe sich darüber diskutieren, ob der Übergang des Rechtes dessen Erlöschen gleichsteht.151 Die Vollstreckungsabwehrklage steht aber nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 767 ZPO nur dem Schuldner, nicht auch dem Dritten zu.152 Im Übrigen wäre ihm mit der Beseitigung des Titels 143 Zum Erfordernis der Belehrung Böttcher, § 75 ZVG Rz. 7. 144 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 13; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.11. 145 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 13; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.11; zur fehlenden Kompetenz des Vollstreckungsgerichtes, die materielle Rechtslage zu prüfen s. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.10.1986 – 3 W 309/86, Rpfleger 1987, 75; a.A. Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6, wonach der Gläubiger zumindest angeben muss, „inwiefern ihm trotz dieser Zahlung noch ein vollstreckb. Anspruch gegen den Schuldner zusteht“. Aber dies ergibt sich aus dem Titel, den das Vollstreckungsgericht nicht mehr zu prüfen hat. Gänzlich anders Storz, ZIP 1980, 159, 163. 146 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6; Stöber, § 75 ZVG Rz. 2.11. 147 Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6. 148 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.10.1986 – 3 W 309/86, Rpfleger 1987, 75; NK/Schwab, § 268, Rz. 20; Böttcher, § 75 ZVG Rz. 36/37. 149 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.10.1986 – 3 W 309/86, Rpfleger 1987, 75 f., auch zur Möglichkeit des Vollstreckungsgerichtes, das Verfahren einstweilen einzustellen, um dem Ablösenden Gelegenheit zur Umschreibung des Titels zu geben; Böttcher, ZfIR 2008, 507, 508; a.A. Storz, ZIP 1980, 159, 162 f. 150 So (allerdings ohne nähere Begründung) Jaeckel/Güthe, § 75 ZVG Rz. 6. 151 NK/Schwab, § 268 BGB Rz. 23. 152 So auch NK/Schwab, BGB § 268 Rz. 23.
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§ 75 Rz. 46 Einstellung wegen Zahlung auch nicht geholfen, da er ja ebenfalls hieraus vollstrecken will. Deshalb wird dem Dritten wohl nur mittelbar, im Rahmen der Klauselerteilung zu helfen sein. Denn er will ja an die Stelle des Gläubigers treten, dessen Anspruch er abgelöst hat. Die Rechtsnachfolge wird er aber allenfalls dann nach § 727 ZPO führen können, wenn er die Zahlung gemäß § 75 ZVG durch öffentliche Urkunde nachweist. Die Vorlage im Termin kann durch das Protokoll nachgewiesen werden, in das diese Prozesshandlung aufzunehmen ist. Ob die Zahlung Hauptforderung und Zinsen deckt, ist anhand des Beschlagnahmebeschlusses ersichtlich. Die Gerichtskosten sind dem Gesetz selbst zu entnehmen. Problematisch wird aber der Nachweis sein, dass auch die außergerichtlichen Kosten gedeckt sind, da dieser nicht durch öffentliche Urkunden geführt werden kann. 47
Gelingt der Nachweis der Rechtsnachfolge nicht, kann dem Dritten wohl nur über die Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO geholfen werden. Hier ist der Beklagte zwar grundsätzlich der Schuldner. Um Rechtskraftwirkung auch gegen den ursprünglichen Gläubiger zu erzielen, kann der Dritte ihm aber den Streit verkünden oder eher gleich auf Herausgabe des Titels gegen den Schuldner mitverklagen.153 Hierdurch setzt sich der Dritte in den Besitz des Titels und verfügt sogleich über die Vollstreckungsklausel. Zudem muss der umgeschriebene Titel erneut zugestellt werden, bevor der neue Gläubiger vollstrecken kann.154
§ 76 [Einstellung wegen Deckung des Gläubigers aus einem Einzelausgebot] (1) Wird bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke auf eines oder einige so viel geboten, daß der Anspruch des Gläubigers gedeckt ist, so wird das Verfahren in Ansehung der übrigen Grundstücke einstweilen eingestellt; die Einstellung unterbleibt, wenn sie dem berechtigten Interesse des Gläubigers widerspricht. (2) 1Ist die einstweilige Einstellung erfolgt, so kann der Gläubiger die Fortsetzung des Verfahrens verlangen, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat, insbesondere wenn er im Verteilungstermin nicht befriedigt worden ist. 2Beantragt der Gläubiger die Fortsetzung nicht vor dem Ablauf von drei Monaten nach dem Verteilungstermin, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen. Rz. A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Versteigerung „mehrerer Grundstücke“ . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbindung zu einem Verfahren nach § 18 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einzel- und Gesamtausgebote . . . . . C. Die Deckung durch ein Gebot . . . . I. Ein betreibender Gläubiger . . . . . . .
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II. Mehrzahl von betreibenden Gläubigern III. Mehrzahl deckender Gebote . . . . . . . D. Keine Gefährdung von Gläubigerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einstellung von Amts wegen . . . . . . . II. Beschluss und Zustellung . . . . . . . . . III. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Endgültige Beendigung des Verfahrens .
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153 Weiter gehend, für die Möglichkeit einer Feststellungsklage nur gegen den Gläubiger NK/Schwab, § 268 BGB Rz. 22. 154 Böttcher, § 75 ZVG Rz. 36.
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Einstellung wegen Deckung des Gläubigers aus einem Einzelausgebot Rz. F. Die Fortsetzung des Verfahrens nach § 76 Abs. 2 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . 13 I. Der Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Rz. 2 § 76
Rz. II. Das „berechtigte Interesse“ . . . . . . . . . 14 III. Rechtsmittel gegen die Fortsetzung bzw. ihre Verweigerung . . . . . . . . . . . . . . . 15
Literatur: Hagemann, Einstellung bzw. Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens oder Zuschlagsversagung?, RpflStud 1983, 25 ff. u. 73 ff.; Hintzen, Die Entwicklung im Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht seit 2004, Rpfleger 2006, 57 ff.; Mayer, Gläubiger-Mehrheit im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 265 ff.; Meerhoff, Gebäudeversicherung in der Immobiliarzwangsvollstreckung, ZfIR 2017, 180; Muth, Versteigerung mehrerer Grundstücke, Rpfleger 1993, 268 ff.
A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm § 76 ZVG bezweckt den Schutz des Schuldnervermögens, wenn die Gläubigerinteressen durch die bisherigen Ergebnisse des Versteigerungsverfahrens ausreichend gewahrt sind. Dies geschieht im Zwangsversteigerungsrecht anders als in der Mobiliarzwangsvollstreckung (§ 803 ZPO) nicht durch ein schlichtes Verbot der Überpfändung1 oder das Verbot, die Sache unter der Hälfte des Verkehrswertes zuzuschlagen (§ 817a ZPO).2 Denn das tatsächliche Ergebnis der Versteigerung lässt sich auch nach sachverständiger Schätzung des Grundstückswertes nicht hinreichend genau vorhersagen, wie nicht zuletzt die immer wieder nicht erreichten Wertgrenzen der §§ 74a Abs. 1, 85a Abs. 1 ZVG zeigen.3 Zudem kann die rechtliche Gestaltung der Belastung mehrerer Grundstücke der Herausnahme eines von ihnen aus dem Zwangsversteigerungsverfahren entgegenstehen.4 Deswegen ordnet § 76 ZVG eine Grenze der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen des Schuldners nur dort an, wo bereits die Ergebnisse der Zwangsvollstreckung in eines der beschlagnahmten Grundstücke die Ansprüche des Gläubigers decken. Die Vorschrift ist aus ähnlichen Gründen wie § 75 ZVG nur in der Vollstreckungsversteigerung anwendbar.5 Denn wie dort existiert kein Gläubiger, dessen Forderung gedeckt sein könnte; vielmehr soll das Grundstück bestmöglich verwertet werden. Entsprechendes gilt für die Insolvenz- und Nachlassversteigerung.
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B. Die Versteigerung „mehrerer Grundstücke“ I. Verbindung zu einem Verfahren nach § 18 ZVG Die Anwendbarkeit des § 76 ZVG setzt zunächst voraus, dass die Zwangsvollstreckung in eine Mehrzahl von Grundstücken des Schuldners gemäß § 18 ZVG zu einem Verfahren verbunden ist.6 Werden die Grundstücke nacheinander in verschiedenen Versteigerungsverfahren verwertet, ist das Vollstreckungsgericht entgegen dem insoweit missverständlichen Gesetzestext selbst dann nicht befugt, das Verfahren einzustellen, wenn der Gläubiger aus einem Titel vorgeht. Dies geht zum einen aus dem Wortlaut der Norm hervor, die anordnet, der singularisch davon redet, dass „das Verfahren“ vorläufig eingestellt wird. Dies lässt sich sinnvoll nur auf ein 1 BGH, Beschl. v. 9.11.1966 – V ZR 176/63, BGHZ 46, 221, 225; Hintzen, Rpfleger 2006, 57. 2 OLG Hamm, Beschl. v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, OLGZ 1976, 489, 496. 3 Motive, S. 215; BGH, Beschl. v. 9.11.1966 – V ZR 176/63, BGHZ 46, 221, 225, auch zur analogen Anwendung von § 76 ZVG im seltenen Ausnahmefall, da statt des Grundstücks bereits ein Geldbetrag (hier: Eine Versicherungsleistung) zur Verfügung steht; vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 7.6.1979 – 1 W 44/79, Rpfleger 1979, 470. 4 Motive, s. 215. 5 Böttcher, § 76 Rz. 1; Stöber, § 76 Rz. 1. 6 Steiner/Storz, § 76 Rz. 3; Böttcher, § 76 Rz. 2; Stöber, § 76 Rz. 2.1; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 75.
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§ 76 Rz. 2 Einstellung wegen Deckung des Gläubigers aus einem Einzelausgebot einheitliches Versteigerungsverfahren beziehen. Zum anderen folgt dies aus dem zwingenden, nicht von einem Antrag des Schuldners abhängigen Befehl des Gesetzes an das Vollstreckungsgericht, die Vollstreckung bei Deckung des Gläubigeranspruchs einzustellen. Denn dies würde bei einer Mehrzahl von Verfahren die Amtsermittlung des Vollstreckungsgerichts erfordern, ob bereits in einem früheren Verfahren Deckung erreicht wurde. Der Schuldner wird hierdurch nicht schutzlos gestellt. Denn er kann dann, wenn eine frühere Versteigerung die Ansprüche des Gläubigers befriedigt, wegen weiterer Versteigerungsverfahren Vollstreckungsgegenklage erheben und einstweiligen Rechtsschutz nach § 769 ZPO in Anspruch nehmen.
II. Einzel- und Gesamtausgebote 3
Die Anwendbarkeit des § 76 Abs. 1 ZVG setzt des Weiteren voraus, dass zumindest auch Einzelausgebote erfolgen. Unschädlich ist es, wenn daneben Gruppen- oder Gesamtausgebote zugelassen sind.7 Denn auch dann kann ermittelt werden, ob das Gebot auf ein Grundstück den Anspruch des Gläubigers bereits deckt. Dies ist dagegen naturgemäß nicht möglich, wenn ausschließlich Gesamtausgebote erfolgen, weshalb § 76 ZVG in diesem Fall keine Anwendung finden kann.
C. Die Deckung durch ein Gebot I. Ein betreibender Gläubiger 4
Vergleichsweise wenig Schwierigkeiten bereitet die Frage nach der Deckung des Anspruchs, wenn nur ein Gläubiger das Verfahren betreibt. Das Gebot auf ein Grundstück ist nach § 76 ZVG ausreichend, wenn die Hauptforderung nebst Zinsen sowie gerichtliche und außergerichtliche Kosten des Gläubigers sowie vorrangige Ansprüche gedeckt sind.8 Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 75 ZVG Bezug genommen werden. Soweit der betreibende Gläubiger nur aus einem Teil seiner Forderung vollstreckt, ist auch nur dieser Teil für die Deckung nach § 76 ZVG maßgeblich. Die Zinsen sind bis zu dem Tag vor dem voraussichtlichen Verteilungstermin zu berechnen.9 Dabei ist auf den normalen Lauf des Verfahrens abzustellen. Eine Beschwerde ist also nicht stets bei der Ermittlung des voraussichtlichen Verteilungstermins einzukalkulieren, wohl aber dann, wenn sie zu erwarten ist, etwa bereits angekündigt wurde. Vorrangige Forderungen fallen in das geringste Gebot, sind also schon hierdurch „gedeckt“.
II. Mehrzahl von betreibenden Gläubigern 5
Sehr umstritten ist die Frage, welche Ansprüche gedeckt sein müssen, wenn mehrere Gläubiger betreiben. Eine Position fordert die Deckung der Ansprüche aller betreibender Gläubiger einschließlich der Zwischenrechte nicht betreibender Gläubiger.10 Nachrangige Gläubiger, deren Verfahren eingestellt ist oder nicht betrieben wird, sind nicht zu berücksichtigen.11 Die 7 OLG München, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 216/92, Rpfleger 1993, 121, 122; Steiner/Storz, § 76 Rz. 3; Böttcher, § 76 Rz. 2; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 75. 8 OLG München, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 216/92, Rpfleger 1993, 121, 123; Böttcher, § 76 Rz. 4; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 75. 9 Böttcher, § 76 Rz. 4; a.A. Muth, Rpfleger 1993, 268, 269. 10 Dass die Ansprüche der nicht betreibenden Gläubiger mit Rang hinter den betreibenden Gläubigern nicht gedeckt sein müssen, ist kaum mehr streitig, s. Böttcher, § 76 Rz. 4; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 75; Mayer, Rpfleger 1983, 265, 267; a.A. noch Muth, Rpfleger 1993, 268, 272 f. 11 Böttcher, § 76 Rz. 4.
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Gegenposition stellt insoweit jeweils auf den bestrangig betreibenden Gläubiger ab.12 Dies korrespondiert damit, dass jedes Einzelverfahren selbständig ist und wäre mit dem Wortlaut von § 76 ZVG gut vereinbar, wo nur vom „Anspruch des Gläubigers“ die Rede ist.13 Letztlich verkennt diese Auffassung aber den Zweck der Norm, die die Schonung des Schuldnervermögens bei ausreichender Deckung bezweckt. Dieser Zweck wäre bei einer isolierten Behandlung der einzelnen Verfahren nicht gewährleistet. Denn dann würde eben nur das Verfahren des jeweils bestrangigen Gläubigers eingestellt, so dass dasjenige des nächstrangigen unter Änderung des geringsten Gebots fortzuführen wäre.14 Dies kann etwa bei einer geringen erstrangigem Anspruch dazu führen, dass zunächst das „falsche“ Grundstück verwertet würde, während das Verfahren hinsichtlich der anderen eingestellt wird. § 76 ZVG lässt es dem Wortlaut nach zu, dass das Verfahren unmittelbar nach Erreichen der Deckungsgrenze eingestellt wird. Eine optimale Verwertung des Schuldnervermögens wird in der Regel erst nach Durchführung des gesamten Verfahrens für alle Grundstücke möglich sein. Nur dann liegen alle möglichen Kombinationen endgültig fest und es ist erkennbar, wie dem Schuldner möglichst wenig Eigentum genommen wird.15 Zudem lässt sich so die Möglichkeit ausschließen, dass dem Schuldner zwar kein Grundstück verbleibt, wegen frühzeitiger Einstellungen aber ein Gesamtausgebot unterbleibt, das einen höheren Erlös gebracht hätte als die späteren Einzelausgebote.16
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III. Mehrzahl deckender Gebote Bei mehr als einem deckenden Gebot entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, welches den Zuschlag erhält und welche Verfahren einstweilen eingestellt werden.17 Es hat sich hierbei vorrangig an den Interessen des Schuldners leiten zu lassen, da er aus Art. 14 GG einen Anspruch darauf hat, dass zur Befriedigung des oder der Gläubiger der mildeste Eingriff in sein Vermögen gewählt wird. Zu berücksichtigen sind die Höhe der Erlöse und die Bedeutung der einzelnen Grundstücke für den Schuldner, daneben noch besondere Umstände wie etwa die zweifelhafte Bonität eines Bieters. Die richtige Ausübung des Ermessens kann in den Rechtsmittelinstanzen überprüft werden, noch im Rechtsbeschwerdeverfahren, da es sich um eine Rechtsfrage handelt.
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D. Keine Gefährdung von Gläubigerinteressen Als negatives Tatbestandsmerkmal setzt § 76 Abs. 1, letzter Hs. ZVG voraus, dass die Einstellung die Interessen des Gläubigers nicht gefährdet. Das kann bei Deckung seines Anspruchs durch das Meistgebot nur ausnahmsweise der Fall sein, insbesondere wenn trotzdem zu befürchten steht, dass er nicht befriedigt wird. Als Beispiele hierfür werden einerseits eine erhebliche Verzögerung durch die Anfechtung des Zuschlagsbeschlusses18 oder die Gefahr genannt, dass auf das Meistgebot keine Zahlung erfolgt.19 Erwogen wird die Unterlassung der Einstel12 Mayer, Rpfleger 1983, 265, 267; Muth, Rpfleger 1993, 268, 269. 13 Keine Grundlage im Gesetz hat die vermittelnde Position, wonach nur alle betreibenden Gläubiger bis zum ersten Zwischenrecht zu berücksichtigen sind. 14 Steiner/Storz, § 76 Rz. 7; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 75. 15 So richtig OLG München, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 216/92, Rpfleger 1993, 121, 122; Mayer, Rpfleger 1983, 265, 267; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 75 f.; Muth, Rpfleger 1993, 268, 271. 16 Mayer, Rpfleger 1983, 265, 267. 17 OLG München, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 216/92, Rpfleger 1993, 121, 122; Steiner/Storz, § 76 Rz. 9; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 76; Muth, Rpfleger 1993, 268, 272. 18 Böttcher, § 76 Rz. 5; Muth, Rpfleger 1993, 268, 272. 19 Böttcher, § 76 Rz. 5.
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§ 76 Rz. 8 Einstellung wegen Deckung des Gläubigers aus einem Einzelausgebot lung auch dann, wenn der Gläubiger nur wegen einer Teilforderung betreibt, aber auch wegen des Restes seines Anspruchs Befriedigungsrechte bestehen.20 Nicht als Gefährdung von Gläubigerinteressen anerkannt ist die Möglichkeit, über § 76 ZVG ein Gesamtausgebot zu beseitigen, das die Summe der Einzelausgebote übersteigt.21 Denn hiervon können nur nachrangige, nicht betreibende Gläubiger betroffen sein, da die Ansprüche der betreibenden Gläubiger gedeckt sein müssen. Deren Befriedigungsinteresse wird aber dem Erhalt von Schuldnervermögen nachgeordnet.
E. Das Verfahren I. Einstellung von Amts wegen 9
Die einstweilige Einstellung des Verfahrens bedarf keines Antrags.22 Wenn bereits die Voraussetzungen von § 76 ZVG vorliegen, hat das Gericht das Verfahren von Amts wegen einstweilen einzustellen. Wird trotzdem im Termin zugeschlagen, liegt ein unheilbarer Verfahrensfehler nach § 83 Nr. 6 ZVG vor.23 Die Einstellung soll sogar gegen den Willen des Schuldners möglich sein.24 Hiergegen erscheinen Zweifel angebracht. Bringt etwa ein Gesamtausgebot einen höheren Erlös als die Summe der Einzelausgebote und nutzt der Schuldner kein Grundstück selbst zu Wohnzwecken, sollte es ihm überlassen bleiben, ob er eine günstigere Verwertung oder den Behalt einzelner Grundstücke vorzieht.25 Die Trennung über eine von Amts wegen zu treffende Entscheidung darüber, ob einzustellen ist, und einen Antrag, hinsichtlich welchen Grundstücks diese Einstellung zu erfolgen hat, ist nicht nur künstlich, sondern dogmatisch unrichtig. Eine einstweilige Einstellung kann nicht abstrakt erfolgen, sondern muss sich auf ein konkretes Verfahren beziehen. Die Beteiligten sind aber vor der Entscheidung zu hören. Dies betrifft insbesondere den Schuldner, der am besten weiß, welche Grundstücke für ihn am bedeutsamsten sind. Erscheint er im Versteigerungstermin nicht, ist zwecks Gewährung rechtlichen Gehörs ein Verkündungstermin zu bestimmen. Es ist zwar weitgehend unstreitig, dass das Gericht sogleich nach der ersten Versteigerung, die den Anspruch des Gläubigers deckt, einstellen kann. Dies sollte aber bei einer Mehrzahl von Gläubigern die Ausnahme sein. Denn das Gericht kann erst nach Durchführung aller Versteigerungen erkennen, welche Kombinationen von Zuschlag und einstweiliger Einstellung den Schuldner am wenigsten belasten.26 Auf eine Berücksichtigung dieser Schuldnerinteressen und die Einhaltung des Prinzips des mildesten Eingriffs besteht aus Art. 14 GG ein Anspruch von Verfassungs wegen. Allerdings hat das Gericht bei der Verfahrensabwicklung auch zu bedenken, dass die Bieter für diese Zeit an ihre Gebote gebunden sind. In der Regel wird in diesen Fällen eine Verkündung des Zuschlags noch im Versteigerungstermin nicht in Betracht kommen, da nicht auf Anhieb ersichtlich ist, welche Einstellung das Vermögen des Schuldners am wenigsten belastet. Das Gericht hat daher Termin zur Verkündung einer Entscheidung zu bestimmen, um die verschiedenen Möglichkeiten zu überprüfen.27 Zuvor hat es den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren.28
20 Steiner/Storz, § 76 Rz. 4. 21 Steiner/Storz, § 76 Rz. 3. 22 Böttcher, § 76 Rz. 6; missverständlich insoweit OLG München, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 216/92, Rpfleger 1993, 121, 122. 23 Storz, Rpfleger 1990, 177, 178. 24 Böttcher, § 76 Rz. 6. 25 So richtig Muth, Rpfleger 1993, 268, 272. 26 Böttcher, § 76 Rz. 6; Muth, Rpfleger 1993, 268, 271. 27 OLG München, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 216/92, Rpfleger 1993, 121, 122; Muth, Rpfleger 1993, 268, 271. 28 Muth, Rpfleger 1993, 268, 271.
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Einstellung wegen Deckung des Gläubigers aus einem Einzelausgebot
Rz. 13 § 76
II. Beschluss und Zustellung Der Einstellungsbeschluss ist trotz Verkündung zuzustellen.
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III. Rechtsmittel Der Gläubiger kann die einstweilige Einstellung, wie stets, mit der sofortigen Beschwerde angreifen, ebenso eine Versagung des Zuschlags bei separat anberaumtem Verkündungstermin. Den Zuschlag trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach § 76 ZVG kann der Schuldner mit der sofortigen Beschwerde nach § 83 Nr. 5 ZVG anfechten. Ansonsten bleibt ihm bei Fortsetzung des Verfahrens trotz Deckung des Gläubigeranspruchs die Vollstreckungsgegenklage.
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IV. Endgültige Beendigung des Verfahrens Die einstweilige Einstellung führt nach § 76 Abs. 2 Satz 2 ZVG zur Aufhebung des Verfahrens nach § 29 ZVG, wenn nicht binnen 3 Monaten nach dem Versteigerungstermin die Fortsetzung des Verfahrens beantragt wird. Denn dann gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen. Einer Belehrung nach § 31 Abs. 3 ZVG über die Folgen der Untätigkeit auf Seiten des Gläubigers bedarf es nicht, da § 76 Abs. 2 ZVG insoweit eine Spezialregelung enthält.29 Auch der Aufhebungsbeschluss ist nach § 32 ZVG zuzustellen. In der Folge ist das Grundbuchamt um Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks zu ersuchen.30
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F. Die Fortsetzung des Verfahrens nach § 76 Abs. 2 ZVG I. Der Antrag Das nach § 76 Abs. 1 ZVG eingestellte Verfahren ist nach § 76 Abs. 2 Satz 1 ZVG bei berechtigtem Interesse des Gläubigers auf Antrag fortzusetzen. Der Antrag muss abweichend von § 31 Abs. 1 ZVG nicht binnen 6, sondern innerhalb von 3 Monaten nach dem Verteilungstermin gestellt werden, da der Versteigerungsantrag ansonsten gemäß § 76 Abs. 1 ZVG als zurückgenommen gilt. Er kann schon vorab gestellt werden, schon vor der Einstellung. Soweit das Gericht das im Zusammenhang mit der Einstellung nach § 76 Abs. 1 ZVG vom Gläubiger dargelegte berechtigte Interesse bereits berücksichtigt hat, wird es aber eines neuen Antrags bedürfen. Denn ansonsten kann das Vollstreckungsgericht davon ausgehen, das Vorbringen des Gläubigers bereits gewürdigt zu haben.31 Es müssen aber keine neuen Umstände vorliegen, die ein berechtigtes Interesse begründen. Das Fortdauern von Gründen, die im Rahmen der Entscheidung über die einstweilige Einstellung nicht ausreichend berücksichtigt wurden, genügt. Die Rechtskraft auch einer Beschwerdeentscheidung hierüber steht einer neuen Entscheidung über die Fortsetzung nach § 76 Abs. 2 ZVG nicht entgegen.
29 Als „nobile officium“ wird eine Belehrung gleichwohl von Steiner/Storz, § 76 Rz. 12, Fn. 23 gefordert: ähnlich Hagemann, RpflStud 1983, 73, 77. 30 Jaeckel/Güthe, § 76 Rz. 12. 31 Zu weitgehend Jaeckel/Güthe, § 76 Rz. 11, wonach der Gläubiger in der Regel den Verteilungstermin abwarten muss. Eine solche Pflicht ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
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§ 76 Rz. 14 Einstellung wegen Deckung des Gläubigers aus einem Einzelausgebot
II. Das „berechtigte Interesse“ 14
Die Fortsetzung des Verfahrens nach § 76 Abs. 2 ZVG setzt voraus, dass der Gläubiger ein „berechtigtes Interesse daran hat“. Ein solches ist unter denselben Voraussetzungen wie nach § 76 Abs. 1 letzter Halbsatz ZVG gegeben. Es ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Befriedigung des Gläubigers etwa aufgrund einer Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss hinsichtlich der Grundstücke, aus denen die Ansprüche gedeckt sind, zumindest erheblich verzögert wird.32 Die ausstehende Befriedigung weiterer, im Zwangsversteigerungsverfahren nicht geltend gemachter Ansprüche, genügt allerdings nicht.33 Das Vorliegen des berechtigten Interesses schon zur Zeit der einstweiligen Einstellung nach § 76 Abs. 1 ZVG hindert den Fortsetzungsantrag nicht, auch wenn sich der beeinträchtigte Gläubiger nicht hiergegen gewehrt hat. Dies ergibt sich zum einen bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die keinen Vorrang der sofortigen Beschwerde gegen die Einstellung vor der Möglichkeit der Verfahrensfortsetzung vorsieht. Zum anderen würde eine andere Handhabung dem Zweck der Norm, dem Schutz des Schuldnervermögens zuwiderlaufen. Denn dann wäre der Gläubiger bei Zweifeln an der Möglichkeit einer Befriedigung aus dem deckenden Gebot zur Geltendmachung seiner Gegeninteressen gezwungen, was mögliche Einstellungen nach § 76 Abs. 1 ZVG ohne Not gefährden würde. Der Gläubiger muss aber nach § 76 Abs. 2 ZVG sein berechtigtes Interesse, sofern es nicht gerichtsbekannt ist, nach § 76 Abs. 2 ZVG darlegen, da es zu den Voraussetzungen einer Verfahrensfortführung gehört. Keiner Darlegung bedarf es demnach, wenn der Gläubiger aus der Zahlung nicht befriedigt wurde.34
III. Rechtsmittel gegen die Fortsetzung bzw. ihre Verweigerung 15
Dem Schuldner wird gegen die Fortsetzung des Verfahrens bisweilen die sofortige Beschwerde zugesprochen.35 Dies erscheint inkonsequent, da ihm auch in anderen Fällen der Verfahrensfortsetzung, etwa trotz Ablösung des Gläubigers, unter Hinweis auf die fortdauernde formale Rechtsstellung des betreibenden Gläubigers nur die Vollstreckungsgegenklage eröffnet wird. Folgerichtig ist ihm auch bei der Fortsetzung des Verfahrens nach § 76 Abs. 2 ZVG nur diese Möglichkeit zu gewähren.36 Hingegen ist der Gläubiger schon aus § 96 ZVG i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zur Anfechtung einer Ablehnung seines Fortsetzungsgesuchs mit der sofortigen Beschwerde berechtigt.37
§ 77 [Einstellung wegen Mangels an Geboten] (1) Ist ein Gebot nicht abgegeben oder sind sämtliche Gebote erloschen, so wird das Verfahren einstweilen eingestellt. (2) Bleibt die Versteigerung in einem zweiten Termin gleichfalls ergebnislos, so wird das Verfahren aufgehoben. Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung vor, so kann auf Antrag des Gläubigers das Gericht anordnen, daß das Verfahren als 32 33 34 35 36 37
Jaeckel/Güthe, § 76 Rz. 11; Hagemann, RpflStud 1983, 73, 77. OLG München, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 216/92, Rpfleger 1993, 121, 123. Jaeckel/Güthe, § 76 Rz. 11. Jaeckel/Güthe, § 76 Rz. 11, Böttcher, § 76 Rz. 7. So richtig Stöber, § 76 Rz. 3.3. Jaeckel/Güthe, § 76 Rz. 11, Böttcher, § 76, Rz. 7.
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Zwangsverwaltung fortgesetzt wird. In einem solchen Fall bleiben die Wirkungen der für die Zwangsversteigerung erfolgten Beschlagnahme bestehen; die Vorschrift des § 155 Abs. 1 findet jedoch auf die Kosten der Zwangsversteigerung keine Anwendung. Rz. A. Anwendungsbereich und Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendbarkeit in allen Versteigerungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ursprünglicher Zweck der Vorschrift . . III. Die Problematik der Vorschrift im geänderten rechtlichen Umfeld . . . . . . B. Die einstweilige Einstellung des Verfahrens nach § 77 Abs. 1 ZVG . . . I. Die Voraussetzungen der einstweiligen Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Abgabe von Geboten . . . . . . . . 2. Das „Erlöschen“ der Gebote . . . . . . . 3. Keine vorhergehende Einstellung nach § 77 Abs. 1 ZVG . . . . . . . . . . . II. Die Beendigung des Termins auf sonstige Weise . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Die Folgen des § 77 Abs. 1 ZVG . . . . . C. Die Aufhebung des Verfahrens nach § 77 Abs. 2 ZVG . . . . . . . . . . . I. Die Voraussetzungen der Aufhebung . . 1. Die Identität des Grundstücks in erstem und zweitem Termin . . . . . . . . . . . . 2. Die Identität der Gläubiger in erstem und zweitem Termin . . . . . . . . . . . . 3. Die Ergebnislosigkeit des Termins . . . . II. Die Folgen der Ergebnislosigkeit . . . . . III. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Überleitung in die Zwangsverwaltung nach § 77 Abs. 2 Satz 2, 3 ZVG . . I. Voraussetzungen der Überleitung . . . . II. Rechtzeitige Antragstellung . . . . . . . . III. Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Hagemann, Einstellung bzw. Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens oder Zuschlagsversagung?, RpflStud 1983, 25 ff. u. 73 ff.; Hasselblatt, Scheingebote im Zwangsversteigerungsverfahren oder: Werden Gläubigervertreter noch ernst genommen?, NJW 2006, 1320 ff.; Hintzen, Anm. zu BGH, Rpfleger 2006, 144 f., Rpfleger 2006, 145 ff.; Keller, Die Erhaltung der „5/10-Grenze“ bei ergebnisloser Zwangsversteigerung und die Rechte des insolventen Schuldners, ZfIR 2008, 134 ff.; Mayer, Gläubiger – Mehrheit im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 265 ff.; Mayer, Bankbedienstete unter Generalverdacht!, RpflStud 2007, 146 ff.; Meerhoff, Verfahrenseinstellung gem. § 75 ZVG, ZfIR 2013, 796; Storz, Die einstweilige Einstellung der Teilungsversteigerung, FPR 2013, 356; Storz/Kiderlen, Anmerkung zu BGH, NJW 2007, 3279 ff., NJW 2007, 3285.
A. Anwendungsbereich und Zweck der Vorschrift I. Anwendbarkeit in allen Versteigerungsverfahren § 77 ZVG findet nicht nur in der Vollstreckungsversteigerung, sondern mangels abweichender Regelung in den §§ 172 ff. ZVG und §§ 180 ff. ZVG auch in Insolvenzverwalter-, Nachlassund Teilungsversteigerung Anwendung.
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II. Ursprünglicher Zweck der Vorschrift Mit § 77 ZVG soll die Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens um seiner selbst – oder gar um der „Bestrafung“ des Schuldners willen – verhindern. Dem Schuldner sollte ursprünglich die Fortführung des Verfahrens erspart werden, das eine Befriedigung des Gläubigers nicht versprach. Denn bei der Konzeption der Norm war eine ergebnislose Versteigerung eine solche, die noch nicht einmal Gebote in Höhe des geringsten Gebotes erbrachte. In die-
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§ 77 Rz. 2 Einstellung wegen Mangels an Geboten sem Fall konnte seine Fortführung nur zu „Belästigungen der übrigen Betheiligten“1 führen, vor denen sie der Gesetzgeber bewahren wollte. Insoweit stand § 77 ZVG in einer Linie mit Vorschriften wie § 803 Abs. 2 ZPO, die eine Vollstreckung untersagen, wenn eine nennenswerte Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten ist.
III. Die Problematik der Vorschrift im geänderten rechtlichen Umfeld 3
Von dieser ursprünglichen Zielsetzung hat sich die praktische Anwendung von § 77 ZVG weit entfernt. Denn im ersten Termin ist der Zuschlag gemäß § 85a Abs. 1 ZVG von Amts wegen zwingend zu versagen, wenn das höchste Gebot nicht 50 % des Verkehrswertes erreicht. Die fehlende Abgabe von Geboten lässt also heute im ersten Termin keineswegs mehr den Schluss zu, dass die Durchführung der Versteigerung Gefahr läuft, nur zu „Belästigungen der übrigen Betheiligten“ zu führen. Gleichwohl blieb § 77 ZVG unverändert, so dass ausbleibende Gebote immer noch zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens führen. Diesen Bedeutungswandel von § 77 ZVG korrigierte die Praxis über Jahrzehnte durch ein Gebot des Gläubigervertreters in eigenem Namen, dem der Zuschlag zu versagen war. Dadurch konnte der Gläubiger die Einstellung des Verfahrens vermeiden und Grundstücke einer Verwertung zuführen, die durchaus einen nennenswerten Erlös erzielen konnten, aber nicht unbedingt mehr als 50 % des festgesetzten Verkehrswertes. Diesen allgemein akzeptierten Weg erschwert die fast einhellig abgelehnte2 und trotz der Nachbesserungen nicht wesentlich überzeugender gewordene Rechtsprechung3 des nunmehr für Zwangsversteigerungssachen zuständigen V. Zivilsenates am BGH. Vor diesem Hintergrund bleibt nur der Appell an den Gesetzgeber, den im Sinne des Schuldnerschutzes in der bisherigen Fassung nicht mehr benötigten § 77 ZVG den insbesondere durch §§ 74a, 85a ZVG geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.4 Es ist schlechterdings nicht plausibel zu erklären, weshalb bei identischer Ausgangslage – der Unverwertbarkeit eines Grundstücks zu 50 % oder mehr des festgesetzten Verkehrswertes – die Abgabe eines Gebotes, dem zwingend der Zuschlag zu versagen ist, günstigere Folgen (die Bestimmung eines neuen Termins nach §§ 85a Abs. 2 Satz 1, 74a Abs. 3 S, 1 ZVG) haben soll als das Ausbleiben eines Gebotes nach § 77 Abs. 1 ZVG.
B. Die einstweilige Einstellung des Verfahrens nach § 77 Abs. 1 ZVG I. Die Voraussetzungen der einstweiligen Einstellung 1. Keine Abgabe von Geboten 4
Unkompliziert zu beurteilen sind die Voraussetzungen für die einstweilige Einstellung nach § 77 Abs. 1 1. Fall ZVG. Danach ist das Verfahren einstweilen einzustellen, wenn überhaupt keine Gebote abgegeben wurden. Dies umfasst nicht den Fall, dass Gebote abgegeben werden, denen aber der Zuschlag nach §§ 74a Abs. 2, 85a Abs. 1 ZVG nicht erteilt werden kann. Umgekehrt kann die Rechtsfolge des § 74a Abs. 4 ZVG nicht analog oder in sonstiger Ausdehnung des Wortlauts der Norm auf die Konstellation ausgedehnt werden, in der überhaupt kein Gebot abgegeben wurde.5 Unzulängliche Gebote, die widerspruchslos zurückgewiesen wurden 1 Motive, S. 217. 2 S. etwa LG Konstanz, Beschl. v. 26.3.2007 – 62 T 138/06, Rz. 22 ff.; Hintzen, Rpfleger 2006, 145 ff.; Eickmann, ZfIR 2006, 653 ff.; Hasselblatt, NJW 2006, 1320 ff.; Groß, Rpfleger 2007, 91 ff. 3 S. etwa BGH, Beschl. v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617 Rz. 10; ablehnend etwa Storz/Kiderlen, NJW 2007, 3285; Mayer, RpflStud 2007, 146 ff.; Keller, ZfIR 2008, 134 ff. 4 Ähnlich LG Mainz, Beschl. v. 22.11.2006 – 8 T 247/06, Rpfleger 2007, 218; Storz/Kiderlen, NJW 2007, 3285. 5 LG Mainz, Beschl. v. 22.11.2006 – 8 T 247/06, Rpfleger 2007, 218.
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und nach § 72 Abs. 2 ZVG erloschen, fallen also nicht unter § 77 Abs. 1 1. Fall ZVG, sondern unter § 77 Abs. 1 2. Fall ZVG.6 Allerdings fehlt es auch dann an einem Gebot, wenn dieses nach den Regelungen über die Anfechtung von Willenserklärungen angefochten wurde, was die ganz h. M. für möglich hält.7 Denn dann entfällt das angefochtene Gebot mit Rückwirkung, so dass keines abgegeben wurde. Dies gilt allerdings nur, wenn die Anfechtung bereits vom Rechtspfleger als wirksam behandelt und das Gebot nicht mehr berücksichtigt wurde. Wird sie erst nachträglich erklärt, ist die im Wege der Zuschlagssanfechtung geltend zu machen, was zur Versagung des Zuschlags führt.8 Ob ein Gebot abgegeben wurde, ist erst nach Durchführung des Termins zu ersehen.9 Eine Einstellung nach § 77 Abs. 1 ZVG setzt also voraus, dass der Schluss der Versteigerung verkündet wurde.10 2. Das „Erlöschen“ der Gebote Nach § 77 Abs. 1 2. Fall ZVG ist das Verfahren einstweilen einzustellen, wenn „sämtliche Gebote erloschen“ sind. Diese Formulierung ist irreführend, da von den drei Erlöschenstatbeständen des § 72 ZVG nur einer von der Vorschrift erfasst ist. Ein Erlöschen nach § 72 Abs. 1 ZVG wegen Übergebotes kann schon deshalb nicht § 77 Abs. 1 2. Fall ZVG unterfallen, da dann ein Gebot vorliegt. Das Erlöschen der Gebote nach § 72 Abs. 3 ZVG kann gleichfalls nicht gemeint sein, da die einstweilige Einstellung aus einem anderen Grunde den Versteigerungstermin beendet, so dass keine Einstellung nach § 77 Abs. 1 ZVG mehr erfolgen kann. Bei einer Mehrheit von betreibenden Gläubigern gilt bei der Bewilligung der einstweiligen Einstellung nur scheinbar eine Ausnahme, da die Verfahren jeweils getrennt zu betrachten sind. Bewilligt der vorrangige Gläubiger die Einstellung des Verfahrens während der Bietstunde, erlöschen die bis dahin abgegebenen Gebote infolgedessen zwar nach § 72 Abs. 3 ZVG. Dies betrifft aber nur sein Verfahren. Für die anderen Gläubiger ist eine neue Bietstunde durchzuführen. Hier kommt wieder nur ein Erlöschen von Geboten nach § 72 Abs. 2 ZVG in Betracht.
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Tatsächlich erfasst § 77 Abs. 1 2. Fall ZVG also nur den Fall des Erlöschens nach § 72 Abs. 2 ZVG, wenn „alle abgegebenen Gebote ohne Widerspruch zurückgewiesen“ wurden, wie der erste Entwurf noch klarer formulierte. Trotz der unglücklichen sprachlichen Änderung will auch der Gesetz gewordene Wortlaut nur diesen Fall erfassen.11 Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgte. Sie führt nach § 72 Abs. 2 ZVG auch dann zum Erlöschen des Gebotes, wenn der Bieter der Zurückweisung nicht sofort widerspricht. Widerspricht der Bieter der Zurückweisung, ist § 77 Abs. 1 ZVG nicht anwendbar. Vielmehr bleibt es dann wirksam. Der Rechtspfleger hat dann bei der Entscheidung über den Zuschlag nochmals zu prüfen, ob es wirksam war, und, wenn er dies weiterhin verneint, den Zuschlag zu versagen.12 Gleiches gilt, wenn ein unwirksames Gebot zugelassen wurde und diese Entscheidung nachträglich – u.U. in der Beschwerdeinstanz – korrigiert wird.
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6 Vgl. BGH, Beschl. v. 7.6.2018 – V ZB, Rpfleger 2018, 697 = NJW-RR 2018, 1336. 7 RG, Urt. v. 22.4.1903 – V 136/03, RGZ 54, 308, 310; BGH, Urt. v. 17.4.1984 – VI ZR 191/82, MDR 1984, 1015 = NJW 1984, 1950 f.; Reinhard/Müller/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, § 71 Rz. 1; Steiner/Teufel, § 71 Rz. 96 ff.; Stöber, § 71 Rz. 3.1; Storz, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 10. Aufl., Teil B Rz. 6.2.5.2; Schiffhauer, Rpfleger 1972, 341 ff.; Zipperer, ZfIR 2008, 204, 205; vgl. aber zum Ausschluss der Anfechtung wegen eines Irrtums über die Beschaffenheit des Grundstücks o. § 56 Rz. 21. 8 Steiner/Storz, § 77 ZVG Rz. 3. 9 Zur Beendigung des Termins auf sonstige Weise s.u. Rz. 8. 10 Hagemann, RpflStud 1983, 73, 78. 11 Jaeckel/Güthe, § 77 ZVG Rz. 1. 12 Steiner/Storz, § 77 ZVG Rz. 3.
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§ 77 Rz. 7 Einstellung wegen Mangels an Geboten 3. Keine vorhergehende Einstellung nach § 77 Abs. 1 ZVG 7
Die einstweilige Einstellung nach § 77 Abs. 1 ZVG kann nur einmalig erfolgen. Nur in diesem Sinne redet § 77 Abs. 2 ZVG von einem „zweiten“ Termin. Dabei muss es sich weder chronologisch um den zweiten Versteigerungstermin noch gar um einen zweiten Termin im Sinne des § 74a Abs. 3 ZVG handeln. Ist das Verfahren etwa nach § 30 ZVG auf Bewilligung des Gläubigers einstweilen eingestellt worden, so findet § 77 Abs. 1 ZVG auch in dem darauf folgenden Termin Anwendung, nicht § 77 Abs. 2 ZVG. Gleiches gilt für einen neuen Termin nach §§ 85a Abs. 2, 74a Abs. 3 ZVG. Wird nach einem mangels Erreichen der Wertgrenze nach § 85a Abs. 1 ZVG im ersten Termin zurückgewiesenen Gebot in dem neuen Termin kein Gebot abgegeben, ist nach § 77 Abs. 1 ZVG einstweilen einzustellen.13
II. Die Beendigung des Termins auf sonstige Weise 8
Wird der Versteigerungstermin auf sonstige Weise beendet, etwa durch Bewilligung der einstweiligen Einstellung oder durch einen Antrag nach § 765a ZPO, findet § 77 Abs. 1 keine Anwendung. Das Vollstreckungsgericht hat das Verfahren dann nach § 30 ZVG einstweilen einzustellen. Dies gilt auch dann, wenn bis dahin im Termin kein Gebot abgegeben wurde. Dies ermöglicht es dem Gläubiger, das Verfahren – allerdings nur in den Grenzen von § 30 Abs. 1 Satz 3 ZVG – einstweilen einzustellen, will er die Folgen des § 77 Abs. 2 ZVG in einem zweiten Termin nicht riskieren.
III. Die Folgen des § 77 Abs. 1 ZVG 9
Liegen die Voraussetzungen von § 77 Abs. 1 ZVG vor, hat das Gericht das Verfahren von Amts wegen einstweilen durch Beschluss einzustellen, der nach § 32 ZVG zuzustellen ist.14 Dies gilt für alle betreibenden Gläubiger, aber nicht für diejenigen, die etwa zuvor die einstweilige Einstellung bewilligten.15 Das Verfahren ist nach § 31 Abs. 1 Satz 2 ZVG aufzuheben, wenn der Gläubiger keinen Fortsetzungsantrag stellt. Hierüber ist er nach § 31 Abs. 3 ZVG zu belehren. Bei einer Mehrheit von Gläubigern ist jedes Verfahren separat zu behandeln. Es kann also für einen Gläubiger mangels Fortsetzungsantrag aufgehoben und für einen anderen fortgeführt werden.16
C. Die Aufhebung des Verfahrens nach § 77 Abs. 2 ZVG I. Die Voraussetzungen der Aufhebung 1. Die Identität des Grundstücks in erstem und zweitem Termin 10
Die Ergebnislosigkeit auch des zweiten Termins führt nach § 77 Abs. 2 Satz 1 ZVG zur Aufhebung des Verfahrens. Dies setzt zunächst voraus, dass die Versteigerung dasselbe Grundstück betrifft wie im ersten Termin.17 Diese Identität ist nicht gewahrt wenn im ersten Termin nur ein ideeller Bruchteil, im zweiten das gesamte Grundstück zur Versteigerung stand.18 In diesem Fall wird auch nicht wegen Teilidentität das Verfahren wegen des zum zweiten Mal be13 14 15 16 17 18
Böttcher, § 77 ZVG Rz. 3. Hagemann, RpflStud 1983, 73, 78. Hagemann, RpflStud 1983, 73, 78; Mayer, Rpfleger 1983, 265, 266. Stöber, § 77 ZVG Rz. 2.2. LG Chemnitz, Beschl. v. 28.11.2002 – 11 T 4183/02, Rpfleger 2003, 205. Stöber, § 77 ZVG Rz. 2.4.
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troffenen ideellen Bruchteils eingestellt; vielmehr ist für das gesamte Grundstück bei Ergebnislosigkeit nach § 77 Abs. 1 ZVG einstweilen eingestellt. Unerheblich ist dagegen, ob das geringste Gebot in beiden Terminen identisch festgesetzt wurde19 oder die Versteigerungsbedingungen verändert wurden.20 § 77 Abs. 2 ZVG stellt insoweit nur auf die Identität der Grundstücke ab. Nach ganz h. M. soll es sogar keine Rolle spielen, wenn in den beiden Terminen unterschiedliche Ausgebote erfolgen. Danach liegt auch dann ein zweiter Termin vor, wenn im ersten Termin nur ein Gesamtausgebot und nur im zweiten auch Einzelausgebote erfolgten;21 noch weitergehend wird bisweilen Identität auch im umgekehrten Fall bejaht, dass zunächst Einzelgebote und im zweiten Termin nur ein Gesamtausgebot vorgenommen werden.22 Da dies aber nicht ohne den Willen des Gläubigers geschehen kann, kann er sich hierauf einstellen oder sofortige Beschwerde einlegen.23 2. Die Identität der Gläubiger in erstem und zweitem Termin Das Verfahren kann zudem nur gegenüber denjenigen Gläubigern aufgehoben werden, die es schon im ersten Termin betrieben.24 Besteht keine Identität, weil etwa der Gläubiger im ersten Termin seinen Antrag zurückgenommen hat, handelt es sich für den neuen Gläubiger um einen ersten Termin nach § 77 Abs. 1 ZVG. Besteht teilweise Identität, gilt der Grundsatz von der Selbständigkeit jedes Verfahrens. Tritt zu dem Gläubiger, der das Verfahren in beiden Terminen betrieb, im zweiten Termin ein weiterer Gläubiger, so wird es bei Erfolglosigkeit des Termins hinsichtlich des ersten nach § 77 Abs. 2 ZVG aufgehoben, hinsichtlich des neuen nur nach § 77 Abs. 1 ZVG einstweilen eingestellt. Betreibt einer der Gläubiger aus dem ersten Termin das Verfahren im zweiten nicht mehr, so bleibt das Verfahren für ihn nach § 77 Abs. 1 ZVG einstweilen eingestellt; die Aufhebung nach § 77 Abs. 2 ZVG kann nur hinsichtlich der auch im zweiten Termin betreibenden Gläubiger ausgesprochen werden.
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3. Die Ergebnislosigkeit des Termins Mit dem Begriff der Ergebnislosigkeit gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 ZVG ist nicht vollständig das- 12 selbe gemeint wie in § 77 Abs. 1 ZVG: Der Termin bleibt ergebnislos, wenn überhaupt kein Gebot abgegeben oder die abgegebenen widerspruchslos zurückgewiesen werden. Führt der Termin aus anderen Gründen, etwa wegen Bewilligung der Einstellung nach § 30 ZVG oder infolge einer Zuschlagsversagung wegen Verschleuderung nach § 765a ZPO nicht zur Versteigerung des Grundstückes ist er nicht ergebnislos i.S.d. § 77 Abs. 2 ZVG. Gleiches gilt, wenn ein Gebot abgegeben und der Zurückweisung widersprochen wurde, oder aber der Zuschlag versagt wurde. Denn fehlt es nicht an Bietinteressenten, so dass nicht von der Aussichtslosigkeit der Versteigerung auszugehen ist.25 Das Vollstreckungsgericht hat in diesem Fall das Verfahren (auf Antrag) fortzuführen. Allerdings soll die Bewilligung der Einstellung noch vor Ende der Bieterstunde erfolgen, da danach die Verfahrensherrschaft des Gläubigers nach bisweilen vertretener Auffassung endet.26
19 20 21 22 23 24 25 26
Stöber, § 77 ZVG Rz. 2.4. Steiner/Storz, § 77 ZVG Rz. 8. LG Chemnitz, Beschl. v. 28.11.2002 – 11 T 4183/02, Rpfleger 2003, 205. Steiner/Storz, § 77 ZVG Rz. 8. So auch Stöber, § 77 ZVG Rz. 2.5. LG Chemnitz, Beschl. v. 28.11.2002 – 11 T 4183/02, Rpfleger 2003, 205. BGH, Beschl. v. 7.6.2018 – V ZB 67/17, Rpfleger 2018, 697, 698 = NJW-RR 2018, 1336. So LG Mainz, Beschl. v. 28.4.1988 – 8 T 9/88, Rpfleger 1988, 376 f.
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II. Die Folgen der Ergebnislosigkeit 13
Bleibt der zweite Termin nach § 77 Abs. 2 ZVG ergebnislos, hat das Vollstreckungsgericht das Verfahren von Amts wegen durch Beschluss aufzuheben. Dieser ist nach § 32 ZVG zuzustellen. Da hierdurch die Beschlagnahme aufgehoben wird, ist anzuordnen, dass der Beschluss erst mit seiner Rechtskraft wirksam wird, um für den Fall einer erfolgreichen Anfechtung einen Rangverlust zu vermeiden.27 Die Aufhebung beendet nur das konkrete Verfahren, macht aber die weitere Vollstreckung nicht unzulässig. Der Gläubiger kann also erneut die Anordnung der Zwangsversteigerung beantragen. Die Beschlagnahme aus dem ersten Verfahren wirkt für diese erneute Anordnung aber selbstverständlich nicht fort.
III. Rechtsmittel 14
Gegen die Aufhebung des Verfahrens steht dem Gläubiger die sofortige Beschwerde zu. Sollte das Gericht trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 77 Abs. 2 ZVG das Verfahren nicht aufheben, kann der Schuldner einen später eventuell erfolgenden Zuschlag mit der Zuschlagsbeschwerde nach § 83 Nr. 6 ZVG angreifen. Stellt er einen ausdrücklichen Antrag auf Aufhebung, der abschlägig beschieden wird, kann er auch gegen diese Entscheidung nach § 96 ZVG, § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sofortige Beschwerde einlegen.
D. Die Überleitung in die Zwangsverwaltung nach § 77 Abs. 2 Satz 2, 3 ZVG I. Voraussetzungen der Überleitung 15
Anstelle der Aufhebung kann das Vollstreckungsgericht nach § 77 Abs. 2 Satz 2 ZVG anordnen, dass das Verfahren als Zwangsverwaltungsverfahren fortgesetzt wird. Dies setzt lediglich voraus, dass auch die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung vorliegen, also insbesondere Titel, Klausel, Zustellung und Grundbucheintragung des Schuldners. Diese Voraussetzungen liegen, wenn zuvor die Zwangsversteigerung betrieben wurde, regelmäßig vor. Es kann aber ein zusätzlicher Titel etwa gegen einen Nießbraucher erforderlich sein.28 Die Überleitung kann bei einer Mehrheit von Grundstücken auch nur für einzelne von ihnen beantragt werden. Dann ist das Verfahren wegen dieser Grundstücke überzuleiten, wegen der anderen aufzuheben.
II. Rechtzeitige Antragstellung 16
Die Überleitung erfolgt nur auf Antrag. Dieser muss von dem Gläubiger gestellt werden, der von der Aufhebung nach § 77 Abs. 2 Satz 1 ZVG betroffen wäre. Nicht antragsberechtigten Gläubigern wird aber weithin die Möglichkeit des Anschlusses zuerkannt, was aber zur einstweiligen Einstellung ihres Zwangsversteigerungsverfahrens führt.29 Er kann schon vorab für den Fall eines ergebnislosen Termins,30 spätestens aber bis zur Verkündung der Aufhebung (bzw. in Ermangelung einer solchen bis zur Zustellung des Beschlusses)31 gestellt werden. Eine 27 28 29 30 31
Steiner/Storz, § 77 ZVG Rz. 10; Stöber, § 77 ZVG Rz. 2.6. Steiner/Storz, § 77 ZVG Rz. 13; Stöber, § 77 ZVG Rz. 3.4. Steiner/Storz, § 77 ZVG Rz. 14; Stöber, § 77 ZVG Rz. 3.3. Böttcher, § 77 ZVG Rz. 7. LG Krefeld, Beschl. v. 14.2.1986 – 6 T 39/86, Rpfleger 1986, 233; Jaeckel/Güthe, § 77 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 77 ZVG Rz. 12; Böttcher, § 77 ZVG Rz. 7.
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§ 78
Terminsprotokoll
Antragstellung im Beschwerdeverfahren genügt nicht mehr.32 Eine frühere zeitliche Grenze, etwa bis zum Ende der Versteigerung, erscheint nicht geboten. Wenn dem Gericht die Möglichkeit einer nochmaligen Prüfung der Rechtslage nach dem zweiten Termin bleibt, muss dies erst recht für den betroffenen Gläubiger gelten. Nach Verkündung der Aufhebung kann der Antrag dagegen nicht mehr gestellt werden, da mangels Verfahrens auch dessen Überleitung in die Zwangsverwaltung nicht mehr möglich ist. Das Gericht kommt entgegen dem Wortlaut von § 77 Abs. 2 Satz 2 ZVG („kann … anordnen“) kein Ermessen zu. Es hat bei Vorliegen der Voraussetzungen dem Antrag auf Überleitung stattzugeben.33
III. Wirkung Die Überleitung nach § 77 Abs. 2 Satz 2 ZVG hat für den Gläubiger insbesondere den Vorteil, dass die Beschlagnahme erhalten bleibt. Dies gilt nach § 13 Abs. 4 ZVG auch für ein später wieder eingeleitetes Zwangsversteigerungsverfahren.34 Verfügungen des Schuldners über das Grundstück oder mithaftende Gegenstände bleiben demnach dem betreibenden Gläubiger unwirksam. Allerdings kann der Gläubiger gemäß § 77 Abs. 2 Satz 3 ZVG nicht die Vorwegerstattung der Kosten für das ergebnislose Zwangsversteigerungsverfahren aus den Nutzungen (§ 155 Abs. 1 ZVG) verlangen. Die Überleitung ist auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts im Grundbuch unter Umschreibung des Zwangsversteigerungs- in einen Zwangsverwaltungsvermerk einzutragen. Allerdings kann das Zwangsverwaltungsverfahren selbst nicht wieder in ein Zwangsversteigerungsverfahren umgewandelt werden. Die Überleitung nach § 77 Abs. 2 Satz 2 ZVG kann nur in eine Richtung erfolgen.
§ 78 [Terminsprotokoll] Vorgänge in dem Termin, die für die Entscheidung über den Zuschlag oder für das Recht eines Beteiligten in Betracht kommen, sind durch das Protokoll festzustellen; bleibt streitig, ob oder für welches Gebot der Zuschlag zu erteilen ist, so ist das Sachverhältnis mit den gestellten Anträgen in das Protokoll aufzunehmen. Rz. A. Regelungszweck und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Inhalt des Protokolls . . . . . . . . I. Die „Vorgänge in dem Termine“ . . . . 1. Die Generalklausel des § 78 ZVG . . . 2. Bezeichnung von Gericht, Beteiligten; Termin und Sache . . . . . . . . . . . . . 3. Die maßgeblichen Vorgänge im Versteigerungstermin . . . . . . . . . . . 4. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . .
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Rz. II. Die Protokollierung bei Streitigkeiten über die Erteilung des Zuschlags . . . . 1. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . 2. Die zu protokollierenden Vorgänge . . 3. Rechtsmittel gegen die Entscheidung . C. Die Unrichtigkeit des Protokolls . . . I. Die Berichtigung des Protokolls . . . . II. Rechtsmittel gegen die Entscheidung über eine Berichtigung . . . . . . . . . .
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32 LG Krefeld, Beschl. v. 14.2.1986 – 6 T 39/86, Rpfleger 1986, 233. 33 Jaeckel/Güthe, § 77 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 77 ZVG Rz. 13. 34 Stöber, § 77 ZVG Rz. 3.5.
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§ 78 Rz. 1 Terminsprotokoll
A. Regelungszweck und Anwendungsbereich 1
Dass der Versteigerungstermin mit seiner insbesondere für den Schuldner einschneidenden Folgen des Zuschlags der Protokollierung bedarf, war schon in den landesgesetzlichen Vorgängervorschriften des ZVG vorgesehen und in den Beratungen zu dessen erstem Entwurf unumstritten.1 Ein bloßer Verweis auf die Vorschriften der ZPO (nunmehr §§ 159 ff. ZPO) wurde allerdings als ungenügend angesehen, da es sich beim Versteigerungstermin nicht um eine mündliche Verhandlung im Sinne des Zivilprozesses handelte2 und die Besonderheiten des Zwangsversteigerungsverfahrens hierdurch nicht richtig erfasst würden. Deswegen wurde mit § 78 ZVG eine Sondernorm zu den Vorgängen, deren Protokollierung erforderlich ist, und mit § 80 ZVG eine Spezialvorschrift zur Bedeutung der protokollierten Vorgänge geschaffen. Gleichwohl herrscht Einigkeit darüber, dass im Übrigen §§ 159 ff. ZPO für die Gestaltung des Protokolls, insbesondere auch für seine Berichtigung heranzuziehen sind.3 Dies betrifft auch den Verzicht auf einen Protokollführer und die vorläufige Aufzeichnung auf Tonträger nach § 160a ZPO, von der aber angesichts der nicht selten zu beobachtenden Hektik des Bietgeschäfts und der Bedeutung des Protokolls allgemein zu Recht abgeraten wird.4 Selbstverständlich ist das Protokoll analog § 163 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch von Rechtspfleger und Urkundsbeamten zu unterschreiben. § 78 ZVG gilt, da dem Protokoll in allen Versteigerungsarten dieselbe Bedeutung zukommt, auch in der Insolvenzverwalter-, Nachlass- und Teilungsversteigerung.5
B. Der Inhalt des Protokolls I. Die „Vorgänge in dem Termine“ 1. Die Generalklausel des § 78 ZVG 2
§ 78 ZVG trifft zum Inhalt des Protokolls zwei Bestimmungen in Form einer Generalklausel und einer Erläuterung. Die Generalklausel ordnet etwas kryptisch an, dass „Vorgänge in dem Termine, die für die Entscheidung über den Zuschlag oder für das Recht eines Beteiligten in Betracht kommen“, durch das Protokoll festzustellen sind. Diese umfassende, aber nicht sonderlich klare Regelung hat zu Diskussionen darüber geführt, ob etwa alle Gebote in die Niederschrift aufzunehmen sind und lässt gerade angesichts seiner Bedeutung den Ratschlag „eher zuviel als zu wenig“6 sicher verständlich erscheinen. 2. Bezeichnung von Gericht, Beteiligten; Termin und Sache
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Zum Mindestinhalt des Protokolls gehört die Bezeichnung des Gerichts mit dem Namen des Rechtspflegers und, soweit hinzugezogen, des Protokollführers und Rechnungsbeamten Zur Bezeichnung von Termin und Sache gehört deren gerichtliches Aktenzeichen, Ort, Datum, Zeit und Öffentlichkeit der Verhandlung sowie „die das Grundstück betreffenden Nachweisungen“ nach Beschrieb im Bestandsverzeichnis sowie die Angabe seiner Eigentümer. Zu bezeichnen sind ferner die das Verfahren betreibenden Gläubiger samt ihrer Ansprüche. Des Weiteren bedarf es der Feststellung der in § 66 Abs. 1 ZVG aufgeführten Bekanntmachungen, 1 Motive, S. 218 f. 2 Motive, S. 218; ausführlich hierzu noch Jaeckel/Güthe, § 78 ZVG Rz. 2. 3 OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30; Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 4. 4 OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30 ff.; Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 4. 5 Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 2; Stöber, § 78 ZVG Rz. 1. 6 Steiner/Storz, § 80 Rz. 5; ähnlich § 78 ZVG Rz. 21.
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insbesondere der Verlesung des festgesetzten Verkehrswertes, des geringsten Gebotes und der Versteigerungsbedingungen. Im Falle einer Verlegung des Saales müssen auch die zur Wahrung der Teilnahmemöglichkeit ergriffenen Maßnahmen protokolliert werden.7 3. Die maßgeblichen Vorgänge im Versteigerungstermin Die Niederschrift hat ferner die für den Zuschlag maßgeblichen Vorgänge im Versteigerungs- 4 termin zu enthalten, also zunächst den Aufruf, und die erschienenen Beteiligten samt gesetzlichen Vertretern und Bevollmächtigten, wobei auch die Übergabe von Vollmachten aufzunehmen ist. Diese Feststellungen sind für die Zustellung nach § 88 ZVG von entscheidender Bedeutung. Zu protokollieren sind sodann die Anmeldungen, auch wenn sie nach Auffassung des Gerichtes verspätet sind,8 die Hinweise über die bevorstehende Ausschließung weiterer Anmeldungen und die Aufforderung zur Abgabe von Geboten sowie die erschienenen Beteiligten samt gesetzlichen Vertretern und Bevollmächtigten, wobei auch die Übergabe von Vollmachten aufzunehmen ist. Diese Feststellungen sind für die Zustellung nach § 88 ZVG von entscheidender Bedeutung. Später Erscheinende muss der Rechtspfleger nicht von sich aus befragen, ob sie dem Kreise der Beteiligten zugehören. Wollen sie im Protokoll aufgeführt sein, müssen sie bei ihm vorstellig werden.9 Der minutengenauen Bezeichnung bedarf im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 1 ZVG Beginn und Ende der Bietstunde, gegebenenfalls mit Unterbrechungen. Streitig sind die Anforderungen an die Protokollierung der dort abgegebenen Gebote. Während eine Auffassung die genaue Bezeichnung aller Gebote verlangt,10 begnügt sich die h. M. damit, grundsätzlich nur das Meistgebot in dieser Weise festzustellen.11 Letzterem ist zu folgen, da die anderen Gebote regelmäßig durch das Übergebot erlöschen und daher nicht mehr als Vorgang anzusehen sind, der für die Entscheidung über den Zuschlag in Betracht kommt. Zur Niederschrift über das Gebot gehört neben der genauen Bezeichnung der Bieter das Sicherheitsverlangen eines Beteiligten und deren Leistung. Schließlich ist die Feststellung, dass ungeachtet der Aufforderung des Gerichtes nach § 73 Abs. 2 ZVG kein weiteres Gebot abgegeben wurde, die Verkündung des letzten Gebotes und des Schlusses der Versteigerung festzuhalten. Schließlich ist die Verhandlung über den Zuschlag nach § 74 ZVG und die Entscheidung des Gerichtes (Zuschlagsbeschluss oder Bestimmung eines Verkündungstermins) in das Protokoll aufzunehmen. Über den gesamten Versteigerungstermin können etwa Bewilligungen nach § 30 Abs. 1 ZVG, Schuldnerschutzanträge nach § 765a ZVG, Vorlagen nach § 75 ZVG erfolgen oder sonstige Erklärungen abgegeben werden, etwa zur Hinnahme von Verfahrensfehlern oder sonstige Verzichtserklärungen.12 Selbst Vergleiche können im Versteigerungstermin abgeschlossen werden.13 Diese Vorgänge sind am chronologischen Ort ihres Geschehens im Protokoll festzustellen, damit ihr Einfluss auf den Termin (etwa in Form des Erlöschens von Geboten nach § 72 Abs. 3 ZVG) nachvollziehbar bleibt. Die Protokollierung ist auch dann erforderlich, wenn das Gericht die Erklärungen für verspätet hält.14 Denn das Gericht erster Instanz würde ansonsten durch Nichtprotokollierung die Überprüfung durch ein Rechtsmittel abschneiden, da die Erklärung dann nach § 80 ZVG mangels Protokollierung als nicht abgegeben gälte. Soweit Erklärungen nach § 162 Abs. 1 Satz 2 ZPO der Genehmigung nach erneutem Vorlesen oder Vorspielen bedarf, muss diese Förmlichkeit auch im Versteigerungstermin beachtet und nach 7 8 9 10 11 12
Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 20. Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 20; vgl. u. Rz. 8. Jaeckel/Güthe, § 78 ZVG Rz. 3. Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 21. Böttcher, § 78 ZVG Rz. 2. BGH, Beschl. v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98, 99 = NJW-RR 2009, 158 f. Rz. 9 f. 13 Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 5. 14 Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 20.
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§ 78 Rz. 5 Terminsprotokoll § 162 Abs. 1 Satz 3 ZPO vermerkt werden. Gerade im Hinblick auf die Vermeidung von Zuschlagsanfechtungen oder gar Amtshaftungsprozessen ist ferner die Protokollierung gerichtlicher Hinweise für Bietinteressenten sinnvoll,15 etwa zur Übernahme vorrangiger Rechte. Entsprechendes gilt für die Gewährung rechtlichen Gehörs.16 4. Rechtsmittel 6
Rechtsmittel – abgesehen von der Gehörsrüge kommt nur noch die sofortige Beschwerde in Betracht – sind entgegen bisweilen vertretener Ansicht nicht zu protokollieren.17 Denn die sofortige Beschwerde ist nach § 96 ZVG, § 569 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Form einer Beschwerdeschrift oder nach § 569 Abs. 3 ZPO durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden. Diesen Anforderungen genügt die Erklärung im Versteigerungstermin nicht. Nimmt das Vollstreckungsgericht die Beschwerde gleichwohl vorbehaltslos auf, hat es den Beschwerdeführer auf den Mangel hinzuweisen und Gelegenheit zur formgerechten Einlegung zu geben.
II. Die Protokollierung bei Streitigkeiten über die Erteilung des Zuschlags 1. Zweck der Vorschrift 7
Eine zusätzliche Bestimmung zur Anfertigung der Niederschrift enthält der letzte Halbsatz von § 78 ZVG. Danach ist beim Streit, ob oder wem der Zuschlag zu erteilen ist, „das Sachverhältnis mit den gestellten Anträgen in das Protokoll aufzunehmen“. Sinn der Protokollierung nach § 78 letzter Halbsatz ZVG ist die Sicherung der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage, wenn die Entscheidung über den Zuschlag streitig ist. Dies erfordert die Aufnahme in das Protokoll, da dort nicht berücksichtigte Umstände für die Entscheidung über den Zuschlag nach § 80 ZVG außer Betracht bleiben müssen. Deshalb schreibt das Gesetz dem Rechtspfleger vor, nicht nur die nach seiner Auffassung für die Entscheidung maßgebenden Umstände, sondern das gesamte „Sachverhältnis“ zu protokollieren. Diese Vorschrift geht deutlich über die – entfernte – Parallele in § 160 Abs. 4 ZPO hinaus, wonach die Parteien die Protokollierung bestimmter Vorgänge oder Äußerungen beantragen können. Auch dort geht es zwar um die Beurkundung von Vorgängen und Äußerungen, auf die es, wie nach § 160 Abs. 4 Satz 2 ZPO für die Entscheidung ankommt. Dies setzt dort aber einen Antrag voraus. Zudem kann das Gericht, wenn es die Vorgänge oder Äußerungen nicht für entscheidungserheblich hält, von ihrer Protokollierung absehen, und zwar unanfechtbar, wie § 160 Abs. 4 Satz 3 ZPO zeigt. Demgegenüber muss das Vollstreckungsgericht nach § 78 letzter Halbsatz ZVG unabhängig von Anträgen der Beteiligten von Amts wegen tätig werden, sofern ein Streit über die Erteilung des Zuschlags vorliegt. Soweit nach § 78 letzter Hs. ZVG die „gestellten Anträge“ zu protokollieren sind, handelt es sich um diejenigen in der Sache, also insbesondere auf Erteilung oder Versagung des Zuschlags. Das Vollstreckungsgericht hat auch kein Ermessen, wenn es den Vorgang für unerheblich hält. Auch dann muss es „das Sachverhältnis mit den gestellten Anträgen“ in das Protokoll aufnehmen. 2. Die zu protokollierenden Vorgänge
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Was genau in das Protokoll aufzunehmen ist, hängt vom Streit im Einzelfall ab. Hält etwa ein Beteiligter ein Gebot für unwirksam, so sind neben dem Gebot die für dessen Unwirksamkeit vorgetragenen oder sonstwie ersichtlichen Umstände zu protokollieren. Handelt es sich um 15 Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 14; Böttcher, § 78 ZVG Rz. 2. 16 Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 17. 17 Kritisch auch Steiner/Storz, § 78 ZVG Rz. 22.
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ein Übergebot, so sind beide Gebote samt eventuellem Sicherheitsverlangen und Sicherheitsleistung zu protokollieren, da das nächst niedrigere Gebot bei Wegfall des Übergebots zum Zuge käme. Hält der Schuldner das Gebot wegen Vorlage eines Zahlungsnachweises gemäß § 75 ZVG für erloschen, so ist dieser Vortrag zu protokollieren und der diesbezügliche Nachweis zu den Akten zu nehmen. Beantragt ein Schuldner die Versagung des Zuschlags unter Berufung auf den Schuldnerschutz nach § 765a ZPO, so sind die diesbezüglich vorgetragenen Gründe in das Protokoll aufzunehmen. Sind diese bereits schriftsätzlich vorgetragen und werden keine neuen Umstände vorgetragen, genügt allerdings eine Bezugnahme auf den bereits in der Akte befindlichen Schriftsatz. Auch der Widerspruch des Bieters gegen die Zurückweisung seines Gebotes ist mit der hierfür vorgetragenen Begründung nach § 78 letzter Halbsatz ZVG zu protokollieren. Maßgeblich ist stets, was die Beteiligten bzw. Bieter für entscheidungserheblich halten, da dem Vollstreckungsgericht im Gegensatz zu § 160 Abs. 4 Satz 2 ZPO keine Befugnis zur Beschränkung auf die nach seiner Auffassung entscheidungserheblichen Umstände zukommt. 3. Rechtsmittel gegen die Entscheidung Die positive Entscheidung über die Aufnahme eines „Sachverhältnisses mit den gestellten Anträgen“ ist stets unanfechtbar. Denn dies liefe auf eine Richtigkeitskontrolle der Protokollierung hinaus, die die Beschwerdeinstanz üblicherweise nicht leisten kann.18 Denn sie war im Versteigerungstermin nicht zugegen und kann somit nicht darüber befinden, ob bestimmte Tatsachen korrekt wiedergegeben werden. Dies dürfte auch für die Verweigerung einer Protokollierung nach § 78 letzter Hs. ZVG gelten. Dafür spricht schon der Vergleich mit § 160 Abs. 4 ZPO. Obwohl es sich dort bei einem diesbezüglichen Antrag grundsätzlich um ein das Verfahren betreffendes Gesuch handelt, dessen Zurückweisung die sofortige Beschwerde nach § 96 ZVG, § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eröffnet, ist die Anfechtung im Gegensatz zu § 78 ZVG ausdrücklich ausgeschlossen. Zudem ist die Frage, ob überhaupt eine Aufnahme bestimmter Umstände in die Niederschrift erfolgen soll, auch hier kaum zu trennen davon, was im Einzelnen zu protokollieren ist. Letzteres kann das Rechtsmittelgericht wiederum nicht beurteilen.
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C. Die Unrichtigkeit des Protokolls I. Die Berichtigung des Protokolls Wie gerichtliche Protokolle im Zivilprozess kann auch dasjenige über den Versteigerungster- 10 min fehlerhaft sein. Wie im Zivilprozess wird die Berichtigung entsprechend § 164 ZPO allgemein für möglich gehalten.19 Sie ist jederzeit, auch nach Rechtskraft oder nach Einlegung einer Beschwerde – wohl selbst nach einer Entscheidung des Rechtsmittelgerichts – möglich, die sich auf Verfahrensmängel laut Protokoll stützt.20 In letzterem Fall erledigt sich die sofortige Beschwerde mit der Berichtigung. Das Beschwerdeverfahren ist bis zur Entscheidung über die Berichtigung auszusetzen. Sie erfordert aber eine Anhörung der Beteiligten. Die Berichtigung setzt keinen offenkundigen Fehler voraus, kann also auch bei nicht auf Anhieb ersichtlichen Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten vorgenommen werden.21 Nicht berichtigt werden können aber korrekt wiedergegebene Erklärungen, die nur inhaltlich unrichtig sind. Insbesondere scheidet die Berichtigung von Erklärungen aus, die vorgelesen und genehmigt wurden. Sie erfordert aber das Zusammenwirken aller Unterzeichner, da jeder von ihnen für die Rich-
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OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 31. OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30 f. OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30 f. OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30.
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§ 78 Rz. 10 Terminsprotokoll tigkeit der Niederschrift einsteht. Ist einer von ihnen aus dem Justizdienst ausgeschieden oder in einer anderen Funktion (etwa nicht mehr als Rechtspfleger, sondern als Amtsanwalt) tätig, scheidet eine Berichtigung aus. Dem berichtigten Protokoll kommt wieder die volle Beweiskraft nach § 80 ZVG zu.22
II. Rechtsmittel gegen die Entscheidung über eine Berichtigung 11
Die Vornahme einer Berichtigung ist nicht anfechtbar, ebenso wenig in der Regel auch die Zurückweisung eines entsprechenden Gesuchs.23 Dies liegt darin begründet, dass das Rechtsmittelgericht schlicht nicht überprüfen kann, ob bestimmte Tatsachen oder Erklärungen in der Niederschrift richtig wiedergegeben sind, weil es im Termin nicht zugegen war. Dies muss auch für die Protokollierung des Versteigerungstermins gelten, da hier dieselbe Ausgangslage vorliegt. Dem stehen § 11 Abs. 2 RpflG und § 96 ZVG, § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht entgegen, da eine Kontrolle tatsächlich unmöglich ist. Eine Ausnahme wird im Zivilprozess allerdings dann zugelassen, wenn ein Unbefugter die Berichtigung vorgenommen hat. Dies ist auch auf die Protokollierung nach § 78 ZVG anwendbar. Teilweise geht die Rechtsprechung zur Berichtigung zivilprozessualer Protokolle noch darüber hinaus und bejaht eine Anfechtbarkeit, wenn die Zulässigkeit der Berichtigung zu Unrecht verneint wird. In diesen Fällen, in denen es nicht um den Inhalt, sondern nur um das Berichtigungsverfahren geht, wird man eine Beschwerdemöglichkeit auch bei Protokollen über den Versteigerungstermin zulassen müssen.
VI. Entscheidung über den Zuschlag
§ 79 [Bindung an Vorentscheidungen] Bei der Beschlußfassung über den Zuschlag ist das Gericht an eine Entscheidung, die es vorher getroffen hat, nicht gebunden. Rz. A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen für den Wegfall der Bindung . . . . . . . . . . . . . . I. Eigene Entscheidung des Gerichts . II. Den Zuschlag vorbereitende Entscheidung . . . . . . . . . . . . . III. Korrigierbarkeit der Entscheidung
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IV. Protokollierung . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bindung nach rechtskräftiger Zuschlagsversagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vom Wegfall der Bindung ausgenommene Entscheidungen . . . . . . . . . . . . D. Das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Alff, Anmerkung zu BGH, Rpfleger 2007, 617, Rpfleger 2007, 617 f.; Hasselblatt, Scheingebote im Zwangsversteigerungsverfahren oder: Werden Gläubigervertreter noch ernst genommen?, NJW 2006, 1320 ff.; Hintzen, Anm. zu BGH, Rpfleger 2006, 144 f., Rpfleger 2006, 145 ff.
22 OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30; Stöber, § 78 ZVG Rz. 3.1. 23 OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30 f.
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§ 78 Rz. 10 Terminsprotokoll tigkeit der Niederschrift einsteht. Ist einer von ihnen aus dem Justizdienst ausgeschieden oder in einer anderen Funktion (etwa nicht mehr als Rechtspfleger, sondern als Amtsanwalt) tätig, scheidet eine Berichtigung aus. Dem berichtigten Protokoll kommt wieder die volle Beweiskraft nach § 80 ZVG zu.22
II. Rechtsmittel gegen die Entscheidung über eine Berichtigung 11
Die Vornahme einer Berichtigung ist nicht anfechtbar, ebenso wenig in der Regel auch die Zurückweisung eines entsprechenden Gesuchs.23 Dies liegt darin begründet, dass das Rechtsmittelgericht schlicht nicht überprüfen kann, ob bestimmte Tatsachen oder Erklärungen in der Niederschrift richtig wiedergegeben sind, weil es im Termin nicht zugegen war. Dies muss auch für die Protokollierung des Versteigerungstermins gelten, da hier dieselbe Ausgangslage vorliegt. Dem stehen § 11 Abs. 2 RpflG und § 96 ZVG, § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht entgegen, da eine Kontrolle tatsächlich unmöglich ist. Eine Ausnahme wird im Zivilprozess allerdings dann zugelassen, wenn ein Unbefugter die Berichtigung vorgenommen hat. Dies ist auch auf die Protokollierung nach § 78 ZVG anwendbar. Teilweise geht die Rechtsprechung zur Berichtigung zivilprozessualer Protokolle noch darüber hinaus und bejaht eine Anfechtbarkeit, wenn die Zulässigkeit der Berichtigung zu Unrecht verneint wird. In diesen Fällen, in denen es nicht um den Inhalt, sondern nur um das Berichtigungsverfahren geht, wird man eine Beschwerdemöglichkeit auch bei Protokollen über den Versteigerungstermin zulassen müssen.
VI. Entscheidung über den Zuschlag
§ 79 [Bindung an Vorentscheidungen] Bei der Beschlußfassung über den Zuschlag ist das Gericht an eine Entscheidung, die es vorher getroffen hat, nicht gebunden. Rz. A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen für den Wegfall der Bindung . . . . . . . . . . . . . . I. Eigene Entscheidung des Gerichts . II. Den Zuschlag vorbereitende Entscheidung . . . . . . . . . . . . . III. Korrigierbarkeit der Entscheidung
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IV. Protokollierung . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bindung nach rechtskräftiger Zuschlagsversagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vom Wegfall der Bindung ausgenommene Entscheidungen . . . . . . . . . . . . D. Das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 5 6 7 9
Literatur: Alff, Anmerkung zu BGH, Rpfleger 2007, 617, Rpfleger 2007, 617 f.; Hasselblatt, Scheingebote im Zwangsversteigerungsverfahren oder: Werden Gläubigervertreter noch ernst genommen?, NJW 2006, 1320 ff.; Hintzen, Anm. zu BGH, Rpfleger 2006, 144 f., Rpfleger 2006, 145 ff.
22 OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30; Stöber, § 78 ZVG Rz. 3.1. 23 OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30 f.
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Rz. 3 § 79
A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm Viele Entscheidungen im Zwangsversteigerungsverfahren, die den Zuschlag vorbereiten, etwa die Feststellung des geringsten Gebotes und der Versteigerungsbedingungen, die Zulassung oder Zurückweisung eines Gebotes und die Zulassung einer Sicherheitsleistung sind nicht eigenständig anfechtbar. Als Maßnahmen staatlicher Gewalt können sie aber jedenfalls nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht schlechthin jeder Kontrolle entzogen sein. Wären Fehler im Rahmen dieser vorbereitenden Entscheidungen nur zusammen mit dem Zuschlagsbeschluss korrigierbar, müsste das Vollstreckungsgericht u.U. sehenden Auges auf der Grundlage einer unzutreffenden früheren Entscheidung eine falsche Entscheidung über den Zuschlag treffen. Dies will § 79 ZVG verhindern, indem es dem Vollstreckungsgericht die nochmalige Kontrolle fast aller vorausgegangenen Zwischenentscheidungen erlaubt und die Bindung an diese aufhebt. Die Norm geht sogar über die nicht separat anfechtbaren Entscheidungen hinaus und erlaubt auch die Selbstkontrolle hinsichtlich einiger vorbereitender Entscheidungen, die mit der sofortigen Beschwerde hätten angegriffen werden können. Zwischen Vollstreckungsversteigerung und den sonstigen Versteigerungsarten besteht in der Sache kein Unterschied, weshalb § 79 ZVG von den entsprechenden Spezialnormen nicht eingeschränkt wird. Die Vorschrift ist daher auch in diesen Versteigerungsarten anzuwenden.1
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B. Voraussetzungen für den Wegfall der Bindung I. Eigene Entscheidung des Gerichts Es muss sich zunächst um eine eigene Entscheidung des Gerichtes handeln. Der Rechtspfleger kann sich nicht unter Berufung auf § 79 ZVG über Entscheidungen des Beschwerdegerichts hinwegsetzen, gleichgültig, ob sie seine Entscheidung abändern oder bestätigen.2 Das folgt schon aus dem Wortlaut von § 79 ZVG, wonach das Gericht nur an solche Entscheidungen nicht gebunden ist, „die es vorher getroffen hat“. Nicht gebunden ist die untere Instanz aber nach allgemeinen Grundsätzen an obiter dicta, Empfehlungen o.ä.3 Auch die Zurückweisung aus einem formellen Grund, etwa wegen Fristversäumung, bindet die untere Instanz nicht, da dann keine Entscheidung in der Sache getroffen wurde.4 Das Beschwerdegericht seinerseits kann aber im Rahmen einer Zuschlagsbeschwerde seine frühere Entscheidung wiederum nach § 79 ZVG korrigieren, da es sie „vorher getroffen hat“.5
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II. Den Zuschlag vorbereitende Entscheidung Die Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes muss den Zuschlag vorbereiten. Auch wenn es sie für falsch hält, kann es deshalb kann es Entscheidungen, die außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens ergehen, nicht korrigieren. Als Beispiele hierfür werden im Schrifttum etwa Entscheidungen nach §§ 707, 719, 769, 775 und 776 ZPO genannt.6 Dies gilt auch dann wenn diese Entscheidungen vom Vollstreckungsgericht getroffen wurden.
1 Steiner/Storz, § 79 ZVG Rz. 3, Böttcher, § 79 ZVG Rz. 1; Stöber, § 79 ZVG Rz. 2.2. 2 KG, Beschl. v. 12.5.1966 – 1 W 1119/66, OLGZ 1966, 566, 567; Jaeckel/Güthe, § 79 ZVG Rz. 2; Steiner/ Storz, § 79 ZVG Rz. 7; Böttcher, § 79 ZVG Rz. 3; Stöber, § 79 ZVG Rz. 4.1. 3 Steiner/Storz, § 79 ZVG Rz. 7. 4 Jaeckel/Güthe, § 79 ZVG Rz. 2. 5 KG, Beschl. v. 12.5.1966 – 1 W 1119/66, OLGZ 1966, 566, 567; Jaeckel/Güthe, § 79 ZVG Rz. 2; Steiner/ Storz, § 79 ZVG Rz. 7. 6 Steiner/Storz, § 79 ZVG Rz. 10; Böttcher, § 79 ZVG Rz. 3.
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§ 79 Rz. 4 Bindung an Vorentscheidungen
III. Korrigierbarkeit der Entscheidung 4
Die Entscheidung muss ferner einer Korrektur überhaupt noch zugänglich sein. Das ist nicht der Fall bei Zwischenentscheidungen, die bereits die vorgesehene Rechtswirkung hatten.7 So bewirkt etwa die widerspruchslose Zurückweisung eines Gebotes dessen Erlöschen. Das Gericht kann also dann, wenn es die widerspruchslose Zurückweisung des Gebotes bei der Entscheidung über den Zuschlag nachträglich als fehlerhaft ansieht, diesem nicht doch den Zuschlag erteilen. Denn das betroffene Gebot ist mit der Zwischenentscheidung über die Zurückweisung erloschen. Diese eingetretene Rechtswirkung ist irreversibel. Nur auf Widerspruch ist ein Gebot bei der Prüfung im Rahmen des § 79 ZVG noch zu berücksichtigen.8
IV. Protokollierung 5
Sofern der Rechtspfleger seine Entscheidung auf Vorkommnisse im Versteigerungstermin stützen will, müssen diese in der Regel nach § 80 ZVG protokolliert worden sein.9 Lediglich bei Verfassungsverstößen kann § 80 ZVG die Korrekturmöglichkeiten nicht einschränken, da das GG der einfachrechtlichen Regelung in § 80 ZVG vorgeht.10 Der Rechtspfleger hat aber auch in weniger gravierenden Fällen die Möglichkeit, das lückenhafte Protokoll vor einer auf § 79 ZVG gestützten Entscheidung zu berichtigen.11
V. Bindung nach rechtskräftiger Zuschlagsversagung 6
Besonderheiten sah die ganz h.M. nach einer rechtskräftigen Versagung des Zuschlags. In diesem Fall ging man davon aus, dass die Bindung an Entscheidungen vor der Zuschlagsentscheidung nicht aufgehoben ist.12. Diese seien nämlich durch die frühere Entscheidung über den Zuschlag einer erneuten Überprüfung entzogen. Ansonsten würden nicht nur, wie § 79 ZVG bestimmt, Zwischenentscheidungen überprüft, sondern die Rechtskraft der Entscheidung über den Zuschlag selbst in Frage gestellt. Die Richtigkeit dieser Auffassung folgt schon daraus, dass die rechtskräftige Versagung bereits Rechtsfolgen zeitigt, nämlich das Erlöschen des Gebotes nach §§ 72 Abs. 3, 33 ZVG.13 Im Zuge der nachträglichen Begründung seiner verunglückten Entscheidung über die Unwirksamkeit von Eigengeboten der Gläubigervertreter, wo dieser Grundsatz übersehen wurde, hat der V. Zivilsenat des BGH auch diese gefestigte Dogmatik über Bord geworfen. Danach sollen nur noch die Verkehrswertfestsetzung sowie die Entscheidungen über die einstweilige Einstellung nach §§ 30a–30f ZVG und über Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO von der Überprüfbarkeit nach § 79 ZVG ausgenommen sein.14 Dass dies unrichtig sein muss, ist schon daran zu erkennen, dass eine Bindungswirkung nur für den Fortfall der Wertgrenzen verneint wird, während das Vollstreckungsgericht hinsichtlich der Fortsetzungsvoraussetzungen an die Rechtskraft des Versagungsbeschlusses 7 8 9 10 11 12
Jaeckel/Güthe, § 79 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 79 ZVG Rz. 13; Stöber, § 79 ZVG Rz. 4.6. OLG Koblenz, Beschl. v. 28.8.1987 – 4 W 120/87, ZIP 1987, 1531, 1532. OLG Köln, Beschl. v. 1.6.1983 – 2 W 45/83, MDR 1983, 761 = Rpfleger 1983, 411. OLG Köln, Beschl. v. 1.6.1983 – 2 W 45/83, MDR 1983, 761 = Rpfleger 1983, 411. S.u. § 80 Rz. 12. Jaeckel/Güthe, § 79 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 79 ZVG Rz. 11; Stöber, § 79 ZVG Rz. 4.5; Hasselblatt, NJW 2006, 1320, 1323; Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146. 13 Hintzen, Rpfleger 2006, 145, 146. 14 BGH, Beschl. v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, MDR 2007, 1453 = Rpfleger 2007, 483, 487 f. = NJW 2007, 3279, 3284; BGH, Beschl. v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = ZfIR 2007, 506, 510 = Rpfleger 2007, 155, 157; BGH, Beschl. v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617 Rz. 8 mit zu recht kritischer Anm. Alff = NJW 2007, 3360.
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Bindung an Vorentscheidungen
Rz. 8 § 79
gebunden bleiben soll.15 Für die nach der rechtskräftigen Versagung des Zuschlags getroffenen Entscheidungen gilt selbstverständlich wieder § 79 ZVG.16
C. Vom Wegfall der Bindung ausgenommene Entscheidungen Umstritten ist die Frage, welchen Einfluss die Möglichkeit eines eigenständigen Rechtsmittels gegen eine Zwischenentscheidung auf die Bindung des Vollstreckungsgerichtes nach § 79 ZVG hat. Eine Auffassung verneint die erneute Überprüfbarkeit nach § 79 ZVG für alle Entscheidungen, die unabhängig von der Zuschlagsentscheidung selbständig anfechtbar sind.17 Sofern dies begründet wird, führt diese Position den Zusammenhang mit § 95 ZVG an, also den Umstand, dass die erneute Überprüfbarkeit der Zwischenentscheidungen nach § 79 ZVG nur die fehlende Anfechtbarkeit von Zwischenentscheidungen ausgleichen soll.18 Diese Position hat indessen den ausdrücklichen Wortlaut von § 79 ZVG gegen sich.19 Zudem sollte die erneute Überprüfung nach der ersten Fassung der Vorschrift im Entwurf (§ 120) Entscheidungen erfassen, „auch wenn sie rechtskräftig geworden sind“. Diese Entscheidung des Gesetzgebers, an der die Gesetz gewordene Fassung des § 79 ZVG nichts verändern wollte, ist nur auf selbständig anfechtbare Entscheidungen zu beziehen. Zudem betonen die Motive, dass das Vollstreckungsgericht nur eigene Entscheidungen, nicht aber solche des Beschwerdegerichtes überprüfen darf.20 Auch dies ist nur vor dem Hintergrund verständlich, dass der Gesetzgeber anfechtbare Entscheidungen grundsätzlich nach § 79 ZVG für überprüfbar hielt. Denn ansonsten wäre die Bindung an Entscheidungen des Beschwerdegerichtes schon deswegen selbstverständlich, da es sich um eine selbständig anfechtbare Entscheidung handelt.
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Deshalb ist der Gegenposition zu folgen, nach der alleine die selbständige Anfechtbarkeit von 8 Zwischenentscheidungen deren erneute Überprüfung durch das Gericht gemäß § 79 ZVG nicht ausschließt.21 Auch innerhalb dieser Auffassung ist aber umstritten, ob das Gericht ausnahmslos alle Zwischenentscheidungen nach § 79 ZVG einer neuen Prüfung unterziehen darf.22 Sofern die Geltung von § 79 ZVG für Entscheidungen verneint wird, „die nach Einzelbestimmungen des ZVG in einem mit eigenen Rechtsmittelzug ausgestalteten besonderen Verfahren ergangen sind“,23 ist dies zumindest missverständlich. Denn der Rechtsmittelzug ist für die Anfechtung aller Zwischenentscheidungen identisch. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob das Rechtsmittel gegen die Zwischenentscheidung vor der Entscheidung über den Zuschlag rechtskräftig beschieden sein soll oder muss. Denn der Wegfall der Bindung an Zwischenentscheidungen soll nicht nur die fehlende Anfechtbarkeit überhaupt, sondern auch die Möglichkeit des Zuschlags vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtung der Zwischenentscheidung ausgleichen. Der Gesetzgeber hat es nämlich bewusst abgelehnt, eine Entscheidung über den Zuschlag davon abhängig zu machen, dass alle vorangehenden Zwischenentscheidungen rechtskräftig sind.24 In diesen Fällen (und nur dort) ist eine erneute 15 BGH, Beschl. v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617 Rz. 10. Dass diese Handhabung von § 79 ZVG mit willkürlich gespaltener Rechtskraft nicht mehr nachvollziehbar ist, rügt zu Recht Alff, Rpfleger 2007, 617, 618. 16 Jaeckel/Güthe, § 79 ZVG Rz. 4. 17 Steiner/Storz, § 79 ZVG Rz. 8; Böttcher, § 79 ZVG Rz. 5. 18 Steiner/Storz, § 79 ZVG Rz. 8; ähnlich Böttcher, § 79 ZVG Rz. 1; zum Zusammenhang mit § 95 ZVG s. auch Jaeckel/Güthe, § 79 ZVG Rz. 1. 19 Dies räumt Steiner/Storz, § 79 ZVG Rz. 8 ein. 20 Motive, S. 237. 21 BGH, Beschl. v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155, 157. 22 So offenbar Jaeckel/Güthe, § 79 ZVG Rz. 4. 23 So Stöber, § 79 ZVG Rz. 4.3. 24 Motive, S. 237.
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§ 79 Rz. 8 Bindung an Vorentscheidungen Überprüfbarkeit ebenso sinnvoll wie für diejenigen Entscheidungen, die überhaupt nicht überprüfbar sind, da es gleichermaßen zu einer Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes kommen kann, die von den höheren Instanzen nicht überprüft wurde. Hingegen bedarf es dieser Richtigkeitskontrolle nicht bei Entscheidungen, die noch vor dem Zuschlag einer vollständigen Kontrolle im Rechtsmittelzug unterliegen und vor Erteilung des Zuschlags rechtskräftig sein müssen. Insoweit ist § 79 ZVG teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass nur selbständig anfechtbare Entscheidungen, die vor der Erteilung des Zuschlags rechtskräftig sein müssen, von der nochmaligen Überprüfbarkeit durch das Vollstreckungsgericht ausgenommen sind.
D. Das Verfahren 9
Die Bindung an Vorentscheidungen ist nach dem Wortlaut des § 79 ZVG erst „bei der Entscheidung über den Zuschlag“ aufgehoben. Daraus folgert die ganz überwiegende Auffassung, dass es bis dahin gebunden bleibt.25 Dies erscheint auf den ersten Blick unpraktikabel, muss das Vollstreckungsgericht doch dann u.U. sehenden Auges über einen Verfahrensfehler hinweggehen, dessen spätere Korrekturbedürftigkeit es erkennt. Allerdings werden sich die meisten relevanten Fehler ohnehin erst im Versteigerungstermin ergeben, so dass es auch bei dieser Handhabung der Vorschrift nur selten zu überflüssigen Verfahrenshandlungen kommen wird. Kaum erörtert wird die Frage, wie das Vollstreckungsgericht im Einzelnen zu verfahren hat, wenn es bei einer nochmaligen Überprüfung die Fehlerhaftigkeit einer Zwischenentscheidung feststellt. Schon nach dem Grundsatz einer fairen Verfahrensführung darf es die Beteiligten nicht ohne Vorwarnung mit neuen Einsichten überrumpeln, wenn es zuvor noch eine gegenteilige Auffassung vertreten hat. Das Verbot der Überraschungsentscheidung gilt auch für das Vollstreckungsgericht. Vielmehr hat es die Beteiligten auf den Wandel seiner Auffassung hinzuweisen und rechtliches Gehör zu gewähren. Erst nach ausreichender Möglichkeit zur Stellungnahme kann es einen von seiner früher geäußerten Auffassung abweichenden Standpunkt vertreten.
§ 80 [Nicht protokollierte Terminvorgänge] Vorgänge in dem Versteigerungstermin, die nicht aus dem Protokoll ersichtlich sind, werden bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht berücksichtigt. Rz. A. Zweck und Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Nachweis von Vorgängen durch das Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . I. Positiver Nachweis von Vorgängen nur durch das Protokoll . . . . . . . . . 1. Vorgänge im Termin . . . . . . . . . . . 2. Erheblichkeit für den Zuschlag . . . . . 3. Schweigen des Protokolls . . . . . . . . 25 Steiner/Storz, § 79 ZVG Rz. 6.
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Rz. 4. Der Vorrang der Verfahrensgrundrechte . 7 II. Die Auslegung des Protokolls . . . . . . . . 8 1. Anwendbarkeit allgemeiner Auslegungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2. Aus der Protokollierung zwingend folgende weitere Vorgänge . . . . . . . . . 9 3. Anlagen zum Protokoll . . . . . . . . . . . 10 4. Innere Widersprüche des Protokolls . . . 11
Nicht protokollierte Terminvorgänge Rz. C. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen unvollständige Protokolle . . . . . . . . . 12 I. Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Rz. 3 § 80
Rz. II. Amtshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 III. Nachweis der Fälschung . . . . . . . . . . . 14
A. Zweck und Anwendungsbereich der Vorschrift Die einschneidenden Wirkungen und die wirtschaftliche Bedeutung des Zuschlags, der als konstitutiver Hoheitsakt dem Schuldner das Eigentum am versteigerten Grundstück entzieht und es dem Ersteher zuweist, verlangen alsbaldige Rechtssicherheit. Dies um so mehr, als schuldrechtliche Beziehungen zwischen Voreigentümer und Ersteher, die eine Rückabwicklung ermöglichen, gerade nicht bestehen. Deshalb hat der Gesetzgeber u.a. die Anfechtung des Zuschlags gegenüber anderen gerichtlichen Entscheidungen ebenso beschränkt wie die beim rechtsgeschäftlichen Erwerb gegebenen Möglichkeiten der Gewährleistung. Dem Ziel größtmöglicher Rechtssicherheit dienen auch die Vorschriften zur Wirkung des Protokolls: Durch die Protokollierung sollen Einwände und langwierige Beweiserhebungen abgeschnitten werden, die das Fehlen der Voraussetzungen für die Erteilung des Zuschlags zum Gegenstand haben. Deshalb sind Umstände, die nicht aus dem Protokoll hervorgehen, grundsätzlich unbeachtlich.1 Diese materielle Wirkung geht über § 165 ZPO hinaus, wo nur die „für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten“ betroffen sind.2 Die Vorschrift gilt nicht nur in der Vollstreckungsversteigerung, sondern mangels abweichender Regelungen in den §§ 170 ff. ZVG, 180 ff. ZVG auch für Insolvenzverwalter-, Nachlass- und Teilungsversteigerung,3 was angesichts des identischen Schutzbedürfnisses von Ersteher und Rechtsverkehr selbstverständlich erscheint.
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B. Der Nachweis von Vorgängen durch das Protokoll I. Positiver Nachweis von Vorgängen nur durch das Protokoll 1. Vorgänge im Termin § 80 ZVG fasst die Umstände, deren fehlende Protokollierung nicht durch sonstige Beweis- 2 mittel überwunden werden kann, bewusst weit, indem er von „Vorgängen in dem Versteigerungstermine“ redet. Dies umfasst alle Geschehnisse, die für die Erteilung des Zuschlags erheblich sind. Darunter fällt selbstverständlich das Meistgebot, daneben aber auch solche Umstände, die nach der Sachlage des konkreten Einzelfalls für die Entscheidung über den Zuschlag erheblich gewesen wären. So kann nicht eingewandt werden, es sei entgegen dem Protokoll Sicherheit verlangt oder nicht erbracht worden, weshalb das Meistgebot hätte zurückgewiesen werden müssen. Ähnliches gilt für die Behauptungen, es sei ein wirksames höheres Gebot abgegeben, der Gläubiger sei nach § 75 ZVG abgelöst oder die einstweilige Einstellung sei bewilligt worden, weshalb das Gebot, das den Zuschlag erhalten habe, erloschen sei.4 Es muss sich zudem um Vorgänge im Termin handeln. Hat etwa ein Beteiligter ein im geringsten Gebot zu berücksichtigendes Recht sowohl schriftlich als auch mündlich im Versteigerungstermin angemeldet, ist die fehlende Protokollierung unschädlich. Die Ausschlusswirkung des § 80 ZVG erfasst nämlich nur die Vorgänge im Termin, bleibt aber ohne Auswirkung 1 BGH, Beschl. v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98, 99 = NJW-RR 2009, 158 f. Rz. 9 f.; OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30. 2 Motive, S. 219; Jaeckel/Güthe, § 80 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 4. 3 Stöber, § 80 ZVG Rz. 1. 4 Vgl. Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 4; Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.1.
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§ 80 Rz. 3 Nicht protokollierte Terminvorgänge auf Rechtshandlungen, die auch außerhalb desselben rechtswirksam vorgenommen werden können (wie hier die Anmeldung nach § 37 Nr. 4 ZVG).5 2. Erheblichkeit für den Zuschlag 4
Von der Ausschlusswirkung des § 80 ZVG sind ferner nur solche Vorgänge erfasst, die die Entscheidung über den Zuschlag berühren. Dabei ist freilich unerheblich, ob es um die Entscheidung des Rechtspflegers oder diejenige der Rechtsmittelinstanzen6 geht. Von der Wirkung des § 80 ZVG unberührt bleiben aber zum einen Vorgänge, die andere Entscheidungen im Versteigerungsverfahren als diejenige über den Zuschlag betreffen, sondern z. B. die Verteilung des Erlöses.7 Noch viel weniger sind zum anderen Beweismittel in anderen Verfahren als dem konkreten Zwangsversteigerungsverfahren ausgeschlossen. Will etwa ein Beteiligter aufgrund unvollständiger Protokollierung Amtshaftungsansprüche geltend machen, sind seine Beweisantritte nicht durch § 80 ZVG beschränkt.8 Er kann jeglichen nach der ZPO zulässigen Beweis für die ungenügende Protokollierung anbieten.9 3. Schweigen des Protokolls
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Die Ausschlusswirkung des § 80 ZVG erfasst nur Vorgänge, die nicht im Protokoll festgestellt sind.10 Der Nachweis, dass derartige Umstände doch vorlagen, ist abgesehen vom Nachweis der Fälschung im Zwangsersteigerungsverfahren ausgeschlossen. Hingegen sind positive Verlautbarungen des Protokolls nach dem klaren Wortlaut von § 80 ZVG, der nur nicht aus dem Protokoll ersichtliche Umstände betrifft, nicht erfasst. Jedem Beteiligten steht also auch im Zwangsversteigerungsverfahren der Nachweis offen, dass bestimmte Tatsachen zu Unrecht in das Protokoll aufgenommen wurden. Dieser Nachweis führt aber nicht dazu, dass der Entscheidung über den Zuschlag die solchermaßen nachgewiesenen Vorgänge zugrunde zu legen sind. Vielmehr bewirkt der Nachweis der Unrichtigkeit – vorbehaltlich einer Protokollberichtigung – nur, dass diese Umstände für die Entscheidung über den Zuschlag nicht mehr maßgeblich sind. Es fehlt dagegen immer noch ein einer positiven Feststellung in der Niederschrift, so dass die nur außerhalb derselben nachgewiesenen Vorgänge weiterhin nach § 80 ZVG nicht zu berücksichtigen sind.11
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Ist der Vorgang aus dem Protokoll ersichtlich, sind weitere Ausführungen hierzu etwa in der Beschwerdeinstanz nicht ausgeschlossen.12 Widerspricht etwa ein Bieter im Versteigerungstermin der Zurückweisung seines Gebotes und wird dies in die Niederschrift aufgenommen, so kann er für sein Vorbringen bis zum Verkündungstermin oder im Rahmen der sofortigen Beschwerde neue Beweismittel oder sogar gänzlich neue Gründe vorbringen, etwa den schriftlich vereinbarten Verzicht des betreibenden Gläubigers auf die Sicherheitsleistung vor dem Termin.13
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Jaeckel/Güthe, § 80 ZVG Rz. 1; Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 4 u. 6; Böttcher, § 80 ZVG Rz. 1. Jaeckel/Güthe, § 80 ZVG Rz. 3; Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 8. Jaeckel/Güthe, § 80 ZVG Rz. 3; Böttcher, § 80 ZVG Rz. 1; Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.3. Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 2 u. 8; Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.3. Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.3. Jaeckel/Güthe, § 80 ZVG Rz. 4; Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.3. Jaeckel/Güthe, § 80 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 7. Jaeckel/Güthe, § 80 ZVG Rz. 1; Böttcher, § 80 ZVG Rz. 1. Zur Beachtlichkeit solcher eindeutiger Abreden zuletzt Götz, ZMR 2008, 353 f.
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Nicht protokollierte Terminvorgänge
Rz. 9 § 80
4. Der Vorrang der Verfahrensgrundrechte Bisweilen wird gestützt auf eine Entscheidung des OLG Hamm14 die Auffassung vertreten, § 80 ZVG sei „dann nicht anzuwenden, wenn im Termin eine Grundrechtsverletzung geschieht“.15 Dies erscheint zu weitgehend, da man dann letztlich jeden Verfahrensfehler auf Seiten des Schuldners als eine Beeinträchtigung von Art 14 GG ansehen kann. Vielmehr ist die angeführte Entscheidung richtig wohl dahin gehend zu verstehen, dass § 80 ZVG Verfahrensgrundrechte, insbesondere den Anspruch auf rechtliches Gehör, nicht überspielen kann.16 Behauptet also ein Beteiligter, in diesen Verfahrensgrundrechten beeinträchtigt zu sein, kann ihm nicht entgegengehalten werden, dieser Verstoß sei dem Protokoll nicht zu entnehmen. Insoweit ist in verfassungskonformer Auslegung von § 80 ZVG jedes Beweismittel zuzulassen.17
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II. Die Auslegung des Protokolls 1. Anwendbarkeit allgemeiner Auslegungsgrundsätze Die in § 80 ZVG normierte Wirkung des Protokolls erfordert kein am Wortlaut haftendes Verständnis und steht insbesondere einer Auslegung nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen nicht entgegen.18 So ist etwa eine erkennbare Falschbezeichnung (etwa die „Beschwerde“ statt des „Widerspruchs“ gegen die Zurückweisung eines Gebotes) ebenso unschädlich wie bei jeglicher Willenserklärung.19 Allerdings kann die Ermittlung des wirklich gewollten Inhalts einer Erklärung nicht in dem Maße wie bei der Auslegung einer Willenserklärung auf den subjektiven Sprachgebrauch des Erklärenden abstellen, auch wenn einzelne Beteiligte das wirklich Gewollte verstehen. Ähnlich wie beim Inhalt des Grundbuchs ist hier darauf abzustellen, wie ein objektiver Dritter die Erklärung verstehen kann.20 In diesem Rahmen sind nur das Protokoll selbst und der Akteninhalt zur Auslegung einer Erklärung heranzuziehen, nicht aber andere, nicht aktenkundige Umstände.
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2. Aus der Protokollierung zwingend folgende weitere Vorgänge Die Auslegung innerhalb des Protokolls ermöglicht sogar die Rekonstruktion nicht festgestellter Vorgänge. Erlauben etwa dessen positive Feststellungen den Schluss auf einen nicht protokollierten Vorgang, so ist dieser im Sinne des § 80 ZVG „aus dem Protokoll ersichtlich“. Häufig genanntes Beispiel hierfür ist die Protokollierung über die Rückgabe von Sicherheitsleistungen21 (nunmehr etwa der nach § 75 ZVG vorgelegten Belege). Enthält die Niederschrift eine entsprechende Feststellung, so kann zwingend auf die Vorlage der Belege geschlossen werden, was für die Ersichtlichkeit nach § 80 ZVG genügt.22
14 OLG Hamm, Beschl. v. 29./30.8.1989 – 15 W 214/89, Rpfleger 1990, 85 f. 15 Böttcher, § 80 ZVG Rz. 1, fußend auf OLG Hamm, Beschl. v. 29./30.8.1989 – 15 W 214/89, Rpfleger 1990, 85, 85 f.; ähnlich schon OLG Köln, Beschl. v. 1.6.1983 – 2 W 45/83, MDR 1983, 761 = Rpfleger 1983, 411. 16 So wohl auch Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.1. 17 OLG Hamm, Beschl. v. 29./30.8.1989 – 15 W 214/89, Rpfleger 1990, 85; ähnlich Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.1 (dort ausdrücklich beschränkt auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör). 18 Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 9; Böttcher, § 80 ZVG Rz. 2; Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.4. 19 Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.1. 20 So wohl auch Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 9, wenn er meint, dass kein „Tatbestand hergestellt werden darf, der mit dem Protokoll im Widerspruch steht“ (denn der Wortlaut ist bei Willenserklärungen keine Grenze der Auslegung). 21 Böttcher, § 80 ZVG Rz. 2; Stöber, § 80 ZVG Rz. 2.4. 22 BGH, Beschl. v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98, 99 Rz. 9.
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§ 80 Rz. 10 Nicht protokollierte Terminvorgänge 3. Anlagen zum Protokoll 10
Im Schrifttum kaum diskutiert wird im Zusammenhang mit der Auslegung des Protokolls und seiner Wirkung nach § 80 ZVG die Bedeutung von Anlagen zur Niederschrift. Diese sind durchaus von praktischer Bedeutung, wenn etwa ein Beteiligter wegen der Einzelheiten seiner Anmeldung nach § 37 Nr. 4 ZVG oder der Schuldner zur Begründung seines Vollstreckungsschutzantrages nach § 765a ZPO auf einen im Versteigerungstermin übergebenen Schriftsatz verweist. Als Anlage zum Protokoll können diese Schriftsätze zur Auslegung von Erklärungen herangezogen werden. Werden die Anträge, Erklärungen, Anmeldungen etc. in der Niederschrift übergangen, kann nichts anderes gelten als bei Feststellungen, die zwingend auf andere Vorgänge schließen lassen: Sie sind aufgrund der Anlage gemäß § 80 ZVG aus dem Protokoll ersichtlich. 4. Innere Widersprüche des Protokolls
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Die schwierigsten Probleme ergeben sich dann, wenn das Protokoll in sich widersprüchlich ist. Denkbar ist etwa, dass der Rechtspfleger ein Formular nicht abändert, obwohl widersprechende Eintragungen Eingang in die Niederschrift finden. Können diese Widersprüche nicht durch Auslegung oder Vorrang einer Feststellung behoben werden und wird das Protokoll auch nicht berichtigt, so kann grundsätzlich keiner seiner Bestandteile den Vorrang beanspruchen. Die einander ausschließenden Feststellungen stellen dann gleichermaßen keinen aus dem Protokoll ersichtlichen Vorgang dar.
C. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen unvollständige Protokolle I. Berichtigung 12
Erweist sich der Inhalt des Protokolls als nachweisbar unrichtig, sollte der betroffene Beteiligte zunächst dessen Berichtigung beantragen. Die Entscheidung über diesen Antrag ist zwar in der Regel nicht der Anfechtung mit der sofortigen Beschwerde zugänglich. Weigert sich aber eine Urkundsperson ohne triftigen Grund, eine erkennbare oder nachweisbare Unrichtigkeit, die einen Beteiligten belastet, zu beseitigen, wird häufig die Besorgnis der Befangenheit naheliegen. Auf entsprechenden Antrag wird das Verfahren jedenfalls dann, wenn der zuständige Rechtspfleger betroffen ist, nicht fortführen können.
II. Amtshaftung 13
Wird die Berichtigung der Niederschrift verweigert oder ist sie aus anderen Gründen (etwa der Pensionierung einer Urkundsperson) nicht mehr möglich, sind Amtshaftungsansprüche zu prüfen. Denn die nachweislich falsche Protokollierung ist eine Amtspflichtverletzung. Wird hierdurch ein Beteiligter in seinem Vermögen geschädigt, können ihm hierdurch Ersatzansprüche aus § 839 BGB zukommen.23
23 Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 2.
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Zuschlagsberechtigte
III. Nachweis der Fälschung Eine unmittelbare Korrektur der Folgen aus § 80 ZVG kann nur durch den Nachweis der Fäl- 14 schung erfolgen (§ 165 Satz 2 ZPO).24 Diese setzt allerdings voraus, dass der Vorgang schon bei der Protokollierung bewusst unrichtig aufgenommen oder später in die Niederschrift eingefügt wurde. In letzterem Fall genügt die nachträgliche Veränderung außerhalb des (zulässigen) Berichtigungsverfahrens; des Vorsatzes, die tatsächlichen Vorgänge unzutreffend wiederzugeben, bedarf es nicht. Eine irrtümliche Fehlprotokollierung genügt aber nicht, auch wenn die Urkundspersonen nach Aufdeckung des Fehlers bewusst an dem mangelhaften Protokoll festhalten. Für den Nachweis sind alle Beweismittel der ZPO zulässig. Eine strafrechtliche Ahndung ist keine Voraussetzung für den Nachweis der Fälschung.
§ 81 [Zuschlagsberechtigte] (1) Der Zuschlag ist dem Meistbietenden zu erteilen. (2) Hat der Meistbietende das Recht aus dem Meistgebot an einen anderen abgetreten und dieser die Verpflichtung aus dem Meistgebot übernommen, so ist, wenn die Erklärungen im Versteigerungstermin abgegeben oder nachträglich durch öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden, der Zuschlag nicht dem Meistbietenden, sondern dem anderen zu erteilen. (3) Erklärt der Meistbietende im Termin oder nachträglich in einer öffentlich beglaubigten Urkunde, daß er für einen anderen geboten habe, so ist diesem der Zuschlag zu erteilen, wenn die Vertretungsmacht des Meistbietenden oder die Zustimmung des anderen entweder bei dem Gericht offenkundig ist oder durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen wird. (4) Wird der Zuschlag erteilt, so haften der Meistbietende und der Ersteher als Gesamtschuldner. Rz. A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Meistbietende . . . . . . . . . . . . . I. Die Person des Meistbietenden . . . . . . 1. Der Bieter mit dem höchsten Gebot . . 2. Jede natürliche und juristische Person sowie sonstige rechtsfähige Gebilde . . . II. Nachträgliche Veränderungen hinsichtlich Existenz, Geschäftsfähigkeit und Verfügungsbefugnis des Meistbietenden 1. Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Liquidierung von Gesellschaften . . . . . 3. Wegfall der Geschäftsfähigkeit . . . . . . 4. Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Die Folgen des Meistgebotes . . . . . I. Der Anspruch auf Erteilung des Zuschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Erteilung des Zuschlags entgegenstehende Umstände . . . . . . . . . . . . 1. Versagungsgründe . . . . . . . . . . . . . 2. Sonstige schutzwürdige Interessen des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorkaufsrechte . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zustimmungserfordernisse . . . . . . . D. Die Abtretung der Rechte aus dem Zuschlag (§ 81 Abs. 2 ZVG) . . . . . . I. Die Abtretung nach § 81 Abs. 2 ZVG . 1. Der Inhalt der Erklärung . . . . . . . . 2. Form und Zeitpunkt der Erklärungen
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24 LG Augsburg, Beschl. v. 14.7.2008 – 4 T 1866/08, Rpfleger 2009, 40, 41; Steiner/Storz, § 80 ZVG Rz. 7.
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§ 81 Rz. 1 Zuschlagsberechtigte Rz.
Rz. 3. Folgen wirksamer und fehlerhafter Erklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das schuldrechtliche Kausalgeschäft . . II. Die Pfändung des Anspruchs auf Erteilung des Zuschlags . . . . . . . . . . E. Die Abgabe des Meistgebotes in offener und verdeckter Stellvertretung (§ 81 Abs. 3 ZVG) . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung und Absicht der verdeckten Stellvertretung . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Die Voraussetzungen der Zuschlagserteilung an den Vertretenen . . . . . . 1. Erklärung des Meistbietenden . . . . . 2. Vorliegen der Vollmacht . . . . . . . . . 3. Das Fehlen der Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 ZVG . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen der verdeckten Stellvertretung F. Die Haftung von Meistbietendem und Ersteher . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 23 . . 23 . . 24 . . 25 . . 26 . . 27
. 22
Literatur: Ebeling, Anm. zu LG Darmstadt, Rpfleger 1986, 314, Rpfleger 1986, 314 f.; Ebeling, Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot und § 85a Abs. 3 ZVG, Rpfleger 1988, 400-402; Eickmann, Vormundschaftliche Genehmigungen im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 199 ff.; Hagemann, Einstellung bzw. Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens oder Zuschlagsversagung?, RpflStud 1983, 25 ff. u. 73 ff.; Helwich, Die Mithaft des Meistbietenden in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1988, 467 ff.; Kesseler, Verfahrensbedingte Risiken des Finanzierungsgläubigers im Zwangsversteigerungsverfahren, WM 2005, 1299 ff.; Kesseler, Kaufverträge nach Abgabe des Meistgebots in der Zwangsversteigerung, DNotZ 2006, 487 ff.; Kirsch, Risiken des Nachverhandelns in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2006, 373 ff.; Krammer/Riedel, Pfändung des Anspruchs aus dem Meistgebot, Rpfleger 1989, 144 ff.; Stöber, Vorkaufsrechte in der Zwangsversteigerung, NJW 1988, 3121 ff.; Strauch/Helwich, Nochmals: Mithaft des Meistbietenden in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1989, 314 ff.
A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm 1
Innerhalb der Bestimmungen zur Entscheidung über den Zuschlag regeln die §§ 90 – 94 ZVG, was zugeschlagen wird und § 81 ZVG, wem der Zuschlag zu erteilen ist. Die Vorschrift sieht neben der naheliegenden Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden auch den Zuschlag an Dritte nach Abtretung der Rechte aus dem Zuschlag (Abs. 2) und dem Gebot in offener oder verdeckter Stellvertretung vor (Abs. 3). § 81 Abs. 4 ZVG ergänzt diese Bestimmungen zur Erteilung des Zuschlags an Dritte durch eine Haftungsregelung. Die Vorschrift ist in allen Versteigerungsarten anzuwenden.
B. Der Meistbietende I. Die Person des Meistbietenden 1. Der Bieter mit dem höchsten Gebot 2
Der Meistbietende ist derjenige, der das höchste wirksame Bargebot abgibt.1 Dieses muss wirksam sein und darf nicht widerspruchslos zurückgewiesen worden sein, da es dann nach § 72 Abs. 2 ZVG erloschen ist. Erhebt der Meistbietende Widerspruch gegen die Zurückweisung, hat das Gericht diese vor der Entscheidung über den Zuschlag nach § 79 ZVG nochmals zu überprüfen. Hält es seine Zurückweisung des Gebots im Nachhinein für unberechtigt, muss es diesem nach Anhörung der Beteiligten und dem Bieter mit dem nächst hohen Gebot den Zuschlag erteilen.2 Ferner dürfen keine Zuschlagsversagungsgründe (z.B. §§ 74a, 85a ZVG, § 765a ZPO) vorliegen. In diesem Fall muss auch bei einem wirksamen Gebot der Zuschlag versagt werden. Hält umgekehrt der Bieter des zweithöchsten Gebotes das Meistgebot für un1 BGH, Beschl. v. 12.1.2017 – V ZB 96/16, Rpfleger 2017, 350; Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 1. 2 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 1.
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Zuschlagsberechtigte
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wirksam, muss auch er widersprechen. In diesem Fall kann ihm der Zuschlag erteilt werden, wenn sich das Vollstreckungsgericht oder die Rechtsmittelinstanzen seiner Auffassung anschließen. Ansonsten erlischt sein Gebot gemäß § 72 Abs. 1 ZVG mit Zulassung des Übergebotes.3 Das höchste Gebot ist das betragsmäßig höchste Bargebot. Es ist ein Nettobetrag und enthält keine Umsatzsteuer. Bei der Frage, welches Gebot das höchste ist, sind bestehenbleibende Rechte einzubeziehen.4 Gebote, die diesen Betrag hinzuaddieren, obwohl der Bieter diese erkennbar nur den genannten Betrag insgesamt aufbringen will, sind der Erklärung zugänglich, weshalb es keiner Anfechtung bedarf.5 Hingegen hat die Befriedigungsfiktion des § 114a ZVG außer Betracht zu bleiben.6 Denn die Zwangsversteigerung dient vorrangig den Interessen des Gläubigers. Diese müssen bei einem höheren Erlös grundsätzlich nicht dann zurückstehen, nur weil sich hierdurch die Situation des Schuldners verbessern würde. Auch Sonderzahlungen außerhalb des Meistgebotes, die sich etwa ein Gläubiger als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Einstellungsbewilligung oder den Verzicht auf den Antrag nach § 74a Abs. 1 ZVG versprechen lässt,7 zählen nicht zum Meistgebot.8 Nur bei Doppelausgeboten ist die Regel des § 81 Abs. 1 ZVG scheinbar durchbrochen, da etwa bei einer Mehrheit von Grundstücken nicht zwangsläufig dem höchsten Einzelausgebot der Zuschlag zu erteilen ist. Hier kann einem Gebot auf das Gesamtausgebot der Zuschlag erteilt werden, wenn dies zu einem höheren Erlös führt als die Summe der Einzelausgebote.9 Nicht erforderlich ist, dass auf eine Ausgebotsart oder gar einzelne Grundstücke überhaupt ein Gebot abgegeben wird.10 In Wirklichkeit handelt es sich also beim Zuschlag auf das höchste Gebot im Rahmen des Doppelausgebotes nur um eine Modifikation des in § 81 Abs. 1 ZVG niedergelegten Grundsatzes, nämlich die Entscheidung zwischen verschiedenen Meistgeboten. Entsprechendes gilt bei abweichenden Versteigerungsbedingungen, wenn alle Beteiligten zustimmen. Werden mit Zustimmung der Beteiligten nur einige Grundstücke im Doppelausgebot ausgeboten, kann der Zuschlag nicht mit der Begründung versagt werden, bei Durchführung von Einzelgeboten hätten sich u.U. ein höherer Erlös ergeben können. Zu vergleichen sind nur die tatsächlich abgegebenen Gebote.11 Wohl nur für das Schrifttum relevant ist die Frage, wie bei gleich hohen Geboten zu entscheiden ist. Wird trotz Aufforderung kein höheres Gebot abgegeben, muss in diesem Fall das Los entscheiden.
3
2. Jede natürliche und juristische Person sowie sonstige rechtsfähige Gebilde Meistbietender kann jede natürliche oder juristische Person sein. Für die GmbH genügt das Gründungsstadium, da auch die Gründungs-GmbH als vollwertige Trägerin von Rechten und Pflichten angesehen wird.12 Selbstverständlich ist die gesetzlich anerkannte Rechtsfähigkeit, etwa bei OHG und KG, auch zur Abgabe von Geboten ausreichend. Entsprechendes gilt für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Rechtsfähigkeit durch die Rechtsprechung mittlerweile anerkannt ist. Auch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als teilrechtsfähigem Verband kann entgegen vereinzelten Stimmen in der untergerichtlichen Rechtsprechung auf
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
BGH, Beschl. v. 12.1.2017– V ZB 96/16, Rpfleger 2017, 350. BGH, Beschl. v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = ZfIR 2007, 147, 148. LG Hamburg, Beschl. v. 22.10.2010 – 328 T 71/10, ZMR 2011, 210 f. Ebeling, LG Darmstadt v. 28.11.1985 – 5 T 1033/85, Rpfleger 1986, 314 f.; a.A. LG Darmstadt, Beschl. v. 28.11.1985 – 5 T 1033/85, Rpfleger 1986, 314. Zu dieser Praxis und ihren Gefahren ausführlich Kirsch, Rpfleger 2006, 373 ff. Kirsch, Rpfleger 2006, 373, 377. BGH, Beschl. v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = ZfIR 2007, 147, 148. LG Berlin, Beschl. v. 28.9.2005 – 81 T 766/05, Rpfleger 2006, 93 f. BGH, Beschl. v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = ZfIR 2007, 147 f. LG München II, Beschl. v. 9.4.1987 – 7 T 431/87, NJW-RR 1987, 1519.
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§ 81 Rz. 4 Zuschlagsberechtigte das höchste Gebot der Zuschlag erteilt werden.13 Nicht rechtsfähige Personenmehrheiten (z.B. Eheleute) müssen dagegen ein ideelles Bruchteilsverhältnis angeben, in dem sie das Grundstück erwerben wollen. In diesem Verhältnis muss ihnen dann der Zuschlag erteilt werden. Ohne eine solche Angabe ist das Gebot zurückzuweisen.
II. Nachträgliche Veränderungen hinsichtlich Existenz, Geschäftsfähigkeit und Verfügungsbefugnis des Meistbietenden 1. Tod 5
Umstritten ist, wem der Zuschlag zu erteilen ist, wenn der Meistbietende zwischen der Abgabe des Meistgebotes und der Erteilung des Zuschlags verstirbt. Eine Auffassung will in diesem Fall dem Verstorbenen den Zuschlag erteilen.14 Das erscheint bedenklich, da die Rechtsfähigkeit mit dem Tod erlischt. Einem nicht Rechtsfähigen können aber auch kraft Hoheitsaktes keine Rechte mehr zukommen. Richtigerweise kann der Zuschlag nur den Erben erteilt werden. Das gilt auch dann, wenn diese noch nicht bekannt sind. Nach allgemeinen Regeln (§ 1960 BGB) muss dann ein Nachlasspfleger bestellt werden.15 Dieser ist aber nicht Berechtigter aus dem Meistgebot, sondern nur Vertreter der unbekannten Erben. Diesen, vertreten durch den Nachlasspfleger, ist der Zuschlag zu erteilen. Hat das Vollstreckungsgericht dem Meistbietenden in Unkenntnis seines Ablebens den Zuschlag erteilt, muss der Beschluss analog § 727 ZPO auf die Erben umgeschrieben werden.16 2. Liquidierung von Gesellschaften
6
Eine ähnliche Problematik kann sich jedenfalls theoretisch ergeben, wenn eine Gesellschaft zwischen Meistgebot und Zuschlag liquidiert wird. Allerdings existiert in diesen Fällen noch nicht einmal ein Rechtsnachfolger. Mangels rechtsfähigen Erstehers wird man nur den Zuschlag versagen können. 3. Wegfall der Geschäftsfähigkeit
7
Keine Probleme bereitet es, wenn der Meistbietende zwischen Versteigerungstermin und Zuschlag geschäftsunfähig wird. Das Gebot bleibt nach dem Rechtsgedanken des § 130 Abs. 2 BGB wirksam. Ihm ist daher gleichwohl der Zuschlag zu erteilen, der aber seinem gesetzlichen Vertreter zuzustellen ist. Bestand die Geschäftsunfähigkeit schon bei Abgabe des Meistgebotes, war dieses unwirksam. Nach Rechtskraft des Zuschlags kann aber auch dieser Mangel nicht mehr geltend gemacht werden. 4. Insolvenz
8
Wird zwischen Versteigerungstermin und Zuschlag über das Vermögen des Meistbietenden das Insolvenzverfahren eröffnet, ist gleichwohl ihm, nicht dem Insolvenzverwalter der Zuschlag zu erteilen. Letzterem ist der Beschluss aber zuzustellen. Das Meistgebot ist als Insol-
13 OLG Celle v. 26.2.2008, ZMR 2008, 310 ff. = NZM 2008, 370 f.; OLG Hamm v. 20.10.2009, ZMR 2010, 216; OLG Hamm v. 4.5.2010, ZMR 2010, 785; LG Deggendorf v. 19.5.2008, ZMR 2008, 909; a.A. noch LG Nürnberg-Fürth v. 19.6.2006, ZMR 2006, 812 f.; LG Heilbronn v. 30.1.2007, ZMR 2007, 649 f.; LG Hannover v. 3.7.2007, ZMR 2007, 893; KG v. 24.1.2008, ZMR 2009, 783. 14 Ähnlich Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 2. 15 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 2. 16 Ähnlich schon Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 2.
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Rz. 10 § 81
venzforderung vorweg aus der Masse zu befriedigen. Das Grundstück ist im Gegensatz zu § 1 KO kein konkursfreier Neuerwerb, sondern fällt nach § 35 InsO in die Insolvenzmasse.
C. Die Folgen des Meistgebotes I. Der Anspruch auf Erteilung des Zuschlags Mit der Abgabe des Meistgebotes ist der Bieter hieran gebunden, was die Pflicht, es zu entrichten nach sich zieht,17 und hat im Gegenzuge einen Anspruch auf Erteilung des Zuschlags.18 Selbst wenn Schuldner, Gläubiger und sonstige Berechtigte einig sind, kommt entgegenstehenden Vereinbarungen etwa darüber, dass einem anderen der Zuschlag erteilt werden soll, keine Bedeutung zu.19 Eine scheinbare Ausnahme gilt nur, wenn abweichende Versteigerungsbedingungen nach § 59 ZVG auch vom Gläubiger akzeptiert werden. Dann ist aber letztlich nur ein anderes Meistgebot erfolgreich. Der Anspruch auf Erteilung des Zuschlags ist entgegen früher vertretener Auffassung ausschließlich öffentlich-rechtlicher Natur. Aufgrund dessen kann er auch nicht im Wege der Klage vor dem Prozessgericht erstritten werden.20 Wird der Zuschlag zu Unrecht versagt, bleiben dem Meistbietenden nur die Rechtsmittel im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens, namentlich die sofortige Beschwerde gegen die Zuschlagsentscheidung, u.U. auch Schadensersatzansprüche aus § 839 BGB.
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II. Der Erteilung des Zuschlags entgegenstehende Umstände 1. Versagungsgründe Besteht ein Grund zur Versagung des Zuschlags etwa aus §§ 74a, 85a ZVG, § 765a ZPO oder 10 aufgrund einer einstweiligen Einstellung, so fällt das Recht auf den Zuschlag fort.21 In der Folge ist der Zuschlag zu versagen. Beruht dies auf der Verletzung von Verfahrensvorschriften, können Schadensersatzansprüche aus § 839 BGB bestehen. Denn diese schützen auch den Meistbietenden, dem aber nicht der entgangene Gewinn, sondern nur die im Vertrauen auf Gesetzmäßigkeit des bisherigen Verfahrens getätigten Aufwendungen zu ersetzen sind.22 Dabei können aber gemäß § 80 ZVG nur Umstände berücksichtigt werden, die ordnungsgemäß protokolliert wurden.23 Der Zuschlag auf das Meistgebot ist auch dann zu versagen, wenn es erkennbar in der Absicht abgegeben wird, hierauf keine Zahlung zu erbringen.24 Ein Flurbereinigungsverfahren stellt keinen Versagungsgrund dar; hier tritt das Ersatzgrundstück an die Stelle des ursprünglichen. Wird der Zuschlag trotz Versagungsgrundes erteilt, ist diese Entscheidung nach Rechtskraft für alle Beteiligten bindend. Die Möglichkeit einer Wiederaufnah17 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 1. 18 BGH, Urt. v. 15.3.1990 – III ZR 131/89, BGHZ 111, 14, 16 = MDR 1990, 989; BGH, Beschl. v. 12.1.2017 – V ZB 96/16, Rpfleger 2017, 350; OLG Koblenz, Beschl. v. 28.8.1987 – 4 W 120/87, ZIP 1987, 1531, 1532; LG Augsburg, Beschl. v. 14.7.2008 – 4 T 1866/08, Rpfleger 2009, 40, 44; Jaeckel/ Güthe, § 81 ZVG Rz. 1; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 27; Kesseler, DNotZ 2006, 487. 19 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 1. 20 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 1. 21 So ausdrücklich Motive, S. 227; RG, Urt. v. 20.3.1936 – V 191/35, RGZ 150, 397, 402; BGH, Urt. v. 15.3.1990 – III ZR 131/89, BGHZ 111, 14, 20 = MDR 1990, 989; Urt. v. 13.9.2001 – III ZR 228/00, MDR 2001, 1350 = Rpfleger 2002, 307, 308; Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 1; Ebeling, Rpfleger 1988, 400, 401; Kesseler, WM 2005, 1299, 1303. 22 BGH, Urt. v. 13.9.2001 – III ZR 228/00, MDR 2001, 1350 = Rpfleger 2002, 307, 308. 23 Vgl. BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = ZfIR 2007, 725, 727; LG Lüneburg, Beschl. v. 23.4.2007 – 4 T 131/06, Rpfleger 2007, 419, 420. 24 LG Lüneburg, Beschl. v. 23.4.2007 – 4 T 131/06, Rpfleger 2007, 419, 420.
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§ 81 Rz. 10 Zuschlagsberechtigte me entsprechend den zivilprozessualen Vorschriften (§§ 578 ff. ZPO) ist schon deswegen abzulehnen, da es sich bei der Zwangsversteigerung nicht um ein zweiseitiges Verfahren handelt, wie etwa im Rahmen der Kostenentscheidung auch vom Gesetzgeber anerkannt ist. Hat der Gläubiger etwa eine Straftat in Beziehung auf das Verfahren entsprechend § 580 Nr. 4 ZPO begangen, würde die Wiederaufnahme nunmehr auch den Ersteher in seinen Rechten betreffen. Zudem wäre eine solche Möglichkeit dem Vertrauen auf den staatlichen Hoheitsakt in unerträglichem Maße unzuträglich, so dass erhebliche Auswirkungen auf die Bietfreudigkeit zu erwarten wären. 2. Sonstige schutzwürdige Interessen des Schuldners 11
Auch beim Fehlen von Versagungsgründen können besondere Umstände nach Rechtsprechung und Schrifttum immerhin eine Verlegung der Entscheidung über den Zuschlag gebieten. Dies wurde angenommen, wenn Gläubiger und Schuldner übereinstimmend um eine (geringfügige) Verschiebung der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses ersuchen und die konkrete Aussicht besteht, dass es anschließend zu einer einstweiligen Einstellung des Verfahrens kommt. Dies soll sich aus einer verfassungskonformen Handhabung der Verfahrensvorschriften ergeben, da Art. 14 GG gebietet, den Eingriff in das Vermögen des Schuldners so gering wie möglich zu halten. 3. Vorkaufsrechte
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Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht ist in der Vollstreckungs- und Insolvenzverwalterversteigerung nach § 471 BGB ausgeschlossen.25 Aus der fehlenden Nennung der Teilungsversteigerung und der Nachlassversteigerung in dieser Norm ergibt sich im Umkehrschluss, dass es dort ausgeübt werden kann.26 Dies erfordert aber nach § 463 BGB den Verkauf an einen Dritten. Hieraus wird gefolgert, dass das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden kann, wenn ein Miteigentümer den Zuschlag erhält. Aber auch beim Zuschlag an einen Dritten ist die Durchsetzung der Rechte aus einem schuldrechtlichen Vorkaufsrecht schwierig. Aufgrund seiner schuldrechtlichen Natur kann das Vorkaufsrecht nicht innerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens geltend gemacht werden kann. Gegen den Meistbietenden, der das Eigentum kraft hoheitlichen Aktes erlangt, bestehen selbst dann keine Ansprüche, wenn dieser das schuldrechtliche Vorkaufsrecht kannte.27 Der Vorkaufsberechtigte bleibt auf Schadensersatzansprüche gegenüber den Eigentümern als Verpflichteten verwiesen.28 Hier erscheint aber die Annahme einer Pflichtverletzung zumindest des Eigentümers fraglich, der sich gegen die Veräußerung ausgesprochen und daher die Teilungsversteigerung erforderlich gemacht hat.
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Auch dingliche Vorkaufsrechte sind wegen des Verweises in § 1098 Abs. 1 Satz 1 BGB auf § 471 BGB in der Vollstreckungs- und Insolvenzverwalterversteigerung ausgeschlossen.29 Es geht gleichwohl nach § 1097 BGB unter, wenn es nur für den ersten Veräußerungsfall bestellt war. Geht es dem Anspruch des betreibenden Gläubigers vor, ist es allerdings in das geringste Gebot aufzunehmen.30 Es kann also (nur) in künftigen Veräußerungen wieder ausgeübt werden. Anders als das schuldrechtliche Vorkaufsrecht kann das dingliche bereits im Rahmen des Teilungsversteigerungsverfahrens ausgeübt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass es in das geringste Gebot fällt, was allerdings wegen § 182 ZVG die Regel ist.31 Dann hat es nach § 1098 25 26 27 28 29 30 31
Stöber, NJW 1988, 3121. Stöber, NJW 1988, 3121. Stöber, NJW 1988, 3121, 3122. NK/Büdenbender, §§ 463-473 BGB Rz. 5; Stöber, NJW 1988, 3121, 3122. Stöber, NJW 1988, 3121, 3122. Stöber, NJW 1988, 3121, 3122. Stöber, NJW 1988, 3121, 3122.
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Abs. 2 BGB die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung der durch die Ausübung des Vorkaufsrechtes entstandenen Ansprüche.32 Der Zuschlag ist folglich gegenüber dem Vorkaufsberechtigten eine vormerkungswidrige Verfügung. Er kann folglich nach Erteilung des Zuschlags nach §§ 1098 Abs. 1 Satz 1, 464 Abs. 1 BGB sein Vorkaufsrecht durch Erklärung gegenüber den Eigentümern ausüben.33 Hierdurch kommt ein Kaufvertrag mit diesen zustande. Ohne Wirkung bleibt dagegen eine Erklärung gegenüber dem Vollstreckungsgericht. Sie würde noch nicht einmal die Frist von zwei Monaten zur Ausübung des Rechtes (§ 469 Abs. 2 BGB) wahren.34 Gesetzliche Vorkaufsrechte sind in der Zwangsversteigerung nur noch in Ausnahmefällen von 14 Bedeutung. So wurde das gemeindliche Vorkaufsrecht nach § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB „entdinglicht“ und hat nur noch die Wirkung eines schuldrechtlichen Vorkaufsrechtes, das in der Zwangsversteigerung ausgeschlossen ist.35 Ähnliches gilt für die meisten landesrechtlichen Vorkaufsrechte. Das frühere Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz besteht nach der Neufassung seines § 4 in der Zwangsversteigerung nicht mehr.36 4. Zustimmungserfordernisse Sofern bereits das Gebot einer Zustimmung bedarf (etwa nach §§ 1643, 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB)37 muss diese bereits vor dessen Abgabe vorliegen. Sonst muss es nach § 71 Abs. 2 ZVG zurückgewiesen werden. Während diese Zustimmungserfordernisse in der Regel dem Schutz oder der Kontrolle des Bieters oder einer wirtschaftlich mit ihm verbundenen Person dienen, sollen andere die Interessen sonstiger dinglich Berechtigter wahren. Hervorzuheben sind etwa die Möglichkeiten, nach §§ 5 Abs. 1, 8 ErbbauVO oder § 12 WEG38 die Übertragung von Erbbaurecht oder Wohnungseigentum von der Zustimmung des Grundstückseigentümers bzw. der Wohnungseigentümer abhängig zu machen. Diese Zustimmungserfordernisse sollen den Grundstückseigentümer vor nicht zumutbaren, insbesondere den Erbbauzins voraussichtlich nicht entrichtenden Erbbauberechtigten schützen. Gleiches gilt für die Zustimmung nach § 12 WEG, die die Gemeinschaft vor dem Eindringen von Miteigentümern bewahren soll, die die Pflichten ihr gegenüber nicht erfüllen. In diesen Fällen kann die Zustimmung nicht schon bei der Abgabe von Geboten verlangt werden, da dann alle Bieter diese vorab einholen müssten, was mit unzumutbarem Aufwand verbunden wäre. Vielmehr muss sie erst bei der Entscheidung über den Zuschlag vorliegen. Wird sie, was insbesondere bei Zustimmungen nach § 12 WEG häufiger zu beobachten ist, ohne hinreichenden Grund verweigert, kann sie gerichtlich ersetzt werden. Ist erkennbar, dass die Zustimmung zu Unrecht verweigert wird, kann das Vollstreckungsgericht entgegen § 87 Abs. 2 Satz 1 ZVG keinen Verkündungstermin binnen einer Woche bestimmen. Tut es dies doch, ist die Versagung des Zuschlags mangels Zustimmung offenkundig anfechtbar.
32 33 34 35 36 37 38
Stöber, NJW 1988, 3121, 3122. Vgl. zu § 24 BBauG OLG Koblenz, Beschl. v. 16.12.1981 – 4 W 568/81, Rpfleger 1982, 155. Vgl. Stöber, NJW 1988, 3121, 3122. Stöber, NJW 1988, 3121, 3123 ff. Stöber, NJW 1988, 3121, 3123. Hierzu ausführlich Eickmann, Rpfleger 1983, 199 ff. Dazu, dass die Zustimmung erst bei Erteilung des Zuschlags, nicht schon bei Anordnung der Zwangsversteigerung vorliegen muss, s. LG Berlin, Beschl. v. 16.10.1975 – 81 T 469/75, Rpfleger 1976, 149.
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§ 81 Rz. 16 Zuschlagsberechtigte
D. Die Abtretung der Rechte aus dem Zuschlag (§ 81 Abs. 2 ZVG) I. Die Abtretung nach § 81 Abs. 2 ZVG 1. Der Inhalt der Erklärung 16
§ 81 Abs. 2 ZVG eröffnet dem Meistbietenden die Möglichkeit, noch vor dem Zuschlag über den Anspruch auf dessen Erteilung zu verfügen.39 Dies erfordert zum einen die Erklärung, dass der Meistbietende sein Recht aus dem Meistgebot abtritt. Obwohl § 81 Abs. 2 ZVG von einer Abtretung redet, genügt die Annahme dieser Abtretung durch den Zessionar aber nicht. Denn die Abgabe des Meistgebotes zieht nicht nur den Anspruch auf Erteilung des Zuschlags, sondern auch Pflichten, insbesondere eben zur Zahlung des Gebotes bis zum Verteilungstermin nach sich. Daher bedarf es von Seiten des Zessionars zwingend auch der ausdrücklichen Übernahme der Verpflichtungen aus dem Meistgebot.40 Ohne die Erklärung nach § 81 Abs. 2 ZVG haftet der Zessionar nicht, selbst wenn er den Zuschlag erhält.41 Auch wenn die Erklärung des Zessionars sicher der Auslegung zugänglich ist, ist hier Zurückhaltung geboten. Denn dem Gläubiger, dessen Befriedigung auf dem Spiel steht, ist auf die Vorgänge nach § 81 Abs. 2 ZVG kein Einfluss eingeräumt. Hingegen liegt es in der Hand von Meistbietendem und Zessionar, eindeutige Erklärungen abzugeben. Weder die Abtretung noch die Annahme samt Übernahme der Pflichten aus dem Meistgebot dürfen unter Bedingungen oder sonstigen Einschränkungen abgegeben werden. Reine Rechtsbedingungen (etwa die Bedingung, dass das Meistgebot wirksam ist) sind aber nach allgemeinen Grundsätzen unschädlich. Die Abtretung kann auch an eine Mehrheit von Zessionaren erfolgen.42 Dies erfordert aber die Angabe des Verhältnisse, in welchem sie das Eigentum erwerben (etwa je zur Hälfte o.ä.).43 Sofern mehrere Grundstücke versteigert wurden, kann sich die Abtretung auf einzelne beschränken.44 Gleichfalls kann der Meistbietende einen ideellen Bruchteil an dem Grundstück abtreten (etwa an Ehepartner oder Lebensgefährten).45 Nicht möglich ist aber die Abtretung eines realen Grundstücksteils des rechtlich ungeteilten Grundstücks, da für die Zuschlagsentscheidung dessen rechtlicher Bestand maßgeblich ist, nicht eine tatsächliche Teilung.46 Sofern die Zustimmung von Behörden oder Dritten erforderlich sind, müssen sie auch für den Zessionar in der erforderlichen Form vorliegen.47 2. Form und Zeitpunkt der Erklärungen
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Die Erklärungen von Meistbietendem und Zessionar können zum einen mündlich im Versteigerungstermin abgegeben werden. Sie müssen dann unbedingt protokolliert werden,48 da sie ansonsten nach § 80 ZVG bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht berücksichtigt werden könnten. Vor dem Versteigerungstermin können sie noch nicht erklärt werden, da dies dann weder „im Versteigerungstermin“ noch „nachträglich“ erfolgt und zudem der Meistbietende, der alleine die Abtretung nach § 81 Abs. 2 ZVG erklären kann, zu dieser Zeit noch nicht
39 Zum wirtschaftlichen Hintergrund s. Helwich, Rpfleger 1988, 467 f. 40 LG Heilbronn, Beschl. v. 22.6.1995 – 1 b T 203/95, Rpfleger 1996, 78; Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3. 41 Helwich, Rpfleger 1988, 467, 468. Nach Abgabe dieser Erklärung ist die Mithaft aber eine gesetzliche Folge, so dass ihre fehlende Erwähnung im Zuschlagsbeschluss unschädlich ist, s.u. Rz. 27. 42 Ebeling, Rpfleger 1988, 400. 43 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3. 44 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3. 45 LG Braunschweig, Beschl. v. 16.6.1999 – 8 T 530/99, Rpfleger 1999, 554, 555. 46 A.A. Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3. 47 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 4. 48 Ebeling, Rpfleger 1988, 400.
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Rz. 18 § 81
feststeht.49 Umstritten ist, ob die Erklärungen noch in einem Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag zu Protokoll des Gerichts abgegeben werden können.50 Diese Möglichkeit sieht die Vorschrift indessen gerade nicht vor, die ausdrücklich davon redet, dass „die Erklärungen im Versteigerungstermin abgegeben“ werden.51 Es besteht auch kein Anlass, hierüber hinauszugehen. § 87 Abs. 2 Satz 1 ZVG lässt erkennen, dass die Entscheidung über den Zuschlag nur für eine kurze Zeit in der Schwebe bleiben soll. Können Erklärungen, die diese Entscheidung beeinflussen, noch mündlich erst im Termin, in dem der Zuschlag verkündet werden soll, abgegeben werden, droht eine Verzögerung, da der Rechtspfleger eine vorbereitete Entscheidung kurzfristig ändern muss. Dafür lässt sich kein schutzwürdiges Interesse von Meistbietendem und Zessionar erkennen, da sie ihre Erklärungen bis zum Verkündungstermin auch in öffentlich beglaubigter Form vorlegen können. Die Erklärungen von Meistbietendem und Zessionar müssen aber nicht gleichzeitig abgegeben werden. Es genügt, wenn etwa eine im Versteigerungstermin zu Protokoll erklärt und die andere bis zum Verkündungstermin nachgereicht wird. Nicht im Versteigerungstermin abgegebene Erklärungen müssen nach § 81 Abs. 2 ZVG in Form einer öffentlich beglaubigten Urkunde vorgelegt werden. Nach der Verkündung des Zuschlags bzw. der Zustellung einer entsprechenden Entscheidung der Rechtsmittelinstanzen nach § 104 ZVG kann die Abtretung nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift in keinem Fall mehr erfolgen.52 3. Folgen wirksamer und fehlerhafter Erklärungen Sind die Erklärungen wirksam und liegen auch alle sonstigen Erfordernisse wie Zustimmungen für letzteren vor, so ist der Zuschlag dem Zessionar zu erteilen. Liegen die Voraussetzungen für die Erteilung des Zuschlags in der Person des Zedenten nicht vor, wohl aber in der Person des Zessionars, so ist der Zuschlag zu versagen. Denn der Zedent kann nur einen bestehenden Anspruch abtreten.53 Hierbei ist auf den Zeitpunkt des Zuschlags abzustellen.54 Ebenso wenig kann sich der Zedent durch Abtretung der Befriedigungswirkung des § 114a ZVG entziehen. Diese tritt sowohl dem Meistbietenden als auch dem Zessionar gegenüber ein.55 Meistbietender und Zessionar haften gesamtschuldnerisch gemäß § 81 Abs. 4 ZVG für die Verpflichtungen aus dem Meistgebot. Meistgebot und Erklärungen nach § 81 Abs. 2 ZVG stellen jeweils Steuertatbestände nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 u. 5 GrEStG dar, so dass die Grunderwerbsteuer zweimal anfällt.56 Bei zulässiger mehrfacher Abtretung haften alle Zessionare. Diese Folgen wirksamer Erklärungen können nicht durch Anfechtung beseitigt werden. Denn es handelt sich um Prozesshandlungen, die nicht der Anfechtung unterliegen. Auch ein Widerruf scheidet nach Zugang der Erklärung beim Vollstreckungsgericht aus.57
49 Im Ergebnis ebenso Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3. 50 So LG Braunschweig, Beschl. v. 16.6.1999 – 8 T 530/99, Rpfleger 1999, 554, 555; Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3; Stöber, § 81, Rz. 4.2; Helwich, Rpfleger 1988, 467, 468. Der Gedanke, dass der Verkündungstermin nur den Versteigerungstermin fortsetzt, hilft insoweit nicht, da das Gesetz gleichwohl zwischen beiden differenziert. 51 So auch Ebeling, Rpfleger 1988, 400. 52 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3. 53 Ebeling, Rpfleger 1988, 400, 401; dazu, dass ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Erteilung des Zuschlags nur besteht, wenn keine Versagungsgründe entgegenstehen, s.o. Rz. 10. 54 Ebeling, Rpfleger 1988, 400, 401. 55 Ebeling, Rpfleger 1988, 400, 402. 56 Böttcher, § 81 ZVG Rz. 19; Ebeling, Rpfleger 1988, 400; Strauch/Helwich, Rpfleger 1989, 314; Kesseler, DNotZ 2006, 487, 488; vgl. schon Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3. 57 Ebeling, Rpfleger 1988, 400; im Ergebnis ebenso Stöber, § 81, Rz. 4.5, der aber darauf abstellt, dass die Abtretung als dingliches Rechtsgeschäft unmittelbar die Rechtsänderung bewirke. Dies alleine würde aber die allgemeinen Regelungen etwa zur Anfechtung von Willenserklärungen nicht ausschließen, wenn sich der Willensmangel auch auf das dingliche Rechtsgeschäft ausgewirkt hat.
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§ 81 Rz. 19 Zuschlagsberechtigte 19
Sind die Erklärungen von Meistbietendem und Zessionar fehlerhaft, weil etwa die Übernahme der Pflichten aus dem Meistgebot nicht hinreichend deutlich erklärt wurde, so ist der Zuschlag dem Meistbietenden zu erteilen.58 Jedenfalls bei behebbaren Hindernissen wird das Gericht aber einen Hinweis nach § 139 ZPO erteilen müssen. Das Fehlen der Übernahmeerklärung soll aber kein absoluter Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG sein, der noch in der Rechtsmittelinstanz von Amts wegen zu beachten ist.59 4. Das schuldrechtliche Kausalgeschäft
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Von der nach §§ 398 BGB zu beurteilenden Abtretung ist das schuldrechtliche Geschäft zu unterscheiden, also die Verpflichtung des Meistbietenden zur Übertragung der Rechte aus dem Meistgebot bzw. diejenige des Zessionars zur Annahme und zur Übernahme der daraus resultierenden Verpflichtungen. Diese spielt im Versteigerungsverfahren keine Rolle; insbesondere muss sie dem Vollstreckungsgericht nicht nachgewiesen werden, da § 81 Abs. 2 ZVG nur die dinglichen Erklärungen verlangt.60 Der schuldrechtliche Vertrag wird regelmäßig ein Rechtskauf sein.61 In diesem Fall kommen dem Zessionar bei Mängeln des Grundstücks keine Gewährleistungsrechte zu, da das Recht hiervon nicht betroffen ist.62 Als Rechtskauf bedarf das schuldrechtliche Kausalgeschäft auch nicht der Form des § 311b Abs. 1 BGB, da sich die Parteien nicht zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, sondern nur zur Übertragung der Rechte aus dem Meistgebot verpflichten.63 Dies ist in der Sache ein Minus, da diese Rechtsposition noch durch Dritte beseitigt werden kann, etwa durch Befriedigung oder Ablösung des Gläubigers (§ 75 ZVG).64 Es kommen aber auch andere Vertragsgestaltungen in Betracht, etwa als Schenkung oder Tausch.
II. Die Pfändung des Anspruchs auf Erteilung des Zuschlags 21
Der Anspruch auf Erteilung des Zuschlags ist ein „anderes Vermögensrecht“ gemäß § 857 Abs. 1 ZPO.65 Es kann daher von einem Gläubiger des Meistbietenden gepfändet werden.66 Dies ist allerdings nur bis zur Verkündung des Zuschlags bzw. der Zustellung der diesbezüglichen Entscheidung im Rechtsmittelverfahren nach § 104 ZVG) möglich.67 Danach ist der Anspruch auf Erteilung des Zuschlags erfüllt. Eine Zuschlagsbeschwerde ändert hieran nichts. Ein Gläubiger kann dann nur noch in das Grundstück selbst vollstrecken. Der weitere Gang der Vollstreckung ist außerordentlich kompliziert. Denn die h.M. behandelt die Pfändung des Anspruchs auf Erteilung des Zuschlags wie diejenige des Anwartschaftsrechts.68 Demzufolge ist der Zuschlag anders als bei der Abtretung weiterhin dem Meistbietenden zu erteilen Der Gläubiger erlangt lediglich analog § 848 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit dem Zuschlag eine Sicherungs58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68
Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 4. LG Heilbronn, Beschl. v. 22.6.1995 – 1 b T 203/95, Rpfleger 1996, 78. Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3; Kesseler, DNotZ 2006, 487, 488. RG, Urt. v. 20.3.1936 – V 191/35, RGZ 150, 397, 403 f.; zur weiter gehenden Vertragsgestaltung (dem Verkauf des Grundstücks vor dem Zuschlag) und ihren Risiken s. Kesseler, DNotZ 2006, 487, 491 ff. RG, Urt. v. 20.3.1936 – V 191/35, RGZ 150, 397, 403. RG, Urt. v. 20.3.1936 – V 191/35, RGZ 150, 397, 404. Zu den weiteren Risiken eingehend Kesseler, DNotZ 2006, 487, 489 ff.; zu denen des Finanzierungsgläubigers Kesseler, WM 2005, 1299, 1303 ff. Krammer/Riedel, Rpfleger 1989, 144, 145; Kesseler, DNotZ 2006, 487, 491; Kesseler, WM 2005, 1299, 1304. BGH, Urt. v. 15.3.1990 – III ZR 131/89, BGHZ 111, 14, 16 = MDR 1990, 989; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 27; Helwich, Rpfleger 1988, 467, 468. Krammer/Riedel, Rpfleger 1989, 144, 145. Stöber, § 81 ZVG Rz. 3.7; Stöber, Forderungspfändung, Rz. 1974.
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Rz. 23 § 81
hypothek im Range nach den Rechten im geringsten Gebot, die nach §§ 128, 130 ZVG auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichtes einzutragen ist.69 Erst aus dieser Sicherungshypothek kann der Gläubiger die Vollstreckung betreiben und damit Befriedigung erlangen. Da er anders als der Zessionar nicht den Anspruch auf Erteilung des Zuschlags selbst erlangt, sondern nur ein Sicherungsrecht, muss er auch nicht die Übernahme der Verpflichtungen aus dem Meistgebot erklären.70 Sofern der Ersteher die Vollstreckung durch Nichtzahlung der Grunderwerbsteuer zu vereiteln versucht, kann der Vollstreckungsgläubiger diese vorleisten und als Kosten der Vollstreckung nach § 788 ZPO geltend machen.71
E. Die Abgabe des Meistgebotes in offener und verdeckter Stellvertretung (§ 81 Abs. 3 ZVG) I. Bedeutung und Absicht der verdeckten Stellvertretung Neben der selbstverständlichen, in § 72 Abs. 2 ZVG auch im Gesetz angesprochenen Abgabe 22 von Geboten in offener Stellvertretung erkennt § 81 Abs. 3 ZVG auch die Möglichkeit einer verdeckten Stellvertretung an. Die Abgabe von Geboten durch „Strohleute“ ist also in keiner Weise anstößig oder sogar nach § 138 BGB unwirksam.72 Begründet wird dies in den Motiven damit, dass das Interesse eines Bieters, nicht sogleich in Erscheinung zu treten, schützenswert sein kann. Die Motive nennen dabei den Fall, dass der Fiskus oder eine Gemeinde den Erwerb des beschlagnahmten Grundstücks beabsichtigen, aber befürchten, dass die Kenntnis dieser Absichten zu erheblich höheren Geboten führen können.73
II. Die Voraussetzungen der Zuschlagserteilung an den Vertretenen 1. Erklärung des Meistbietenden Die Erteilung des Zuschlags an den „Hintermann“ setzt zunächst voraus, dass der Vertreter nach Abgabe des Meistgebotes erklärt, dass er für einen anderen geboten hat. Diese Erklärung kann wiederum zum einen mündlich im Versteigerungstermin abgegeben werden, wo sie im Hinblick auf § 80 ZVG unbedingt zu protokollieren ist, zum anderen nachträglich in öffentlich beglaubigter Form. Die Frage, ob die Erklärung noch in einem Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag abgegeben werden kann, stellt sich ebenso wie bei der Abtretung nach § 81 Abs. 2 ZVG und ist wie dort zu verneinen.74 Das Gebot kann ebenso für eine Mehrheit von Vertretenen erfolgen, was die Angabe des Verhältnisse, in welchem sie das Eigentum erwerben (etwa je zu einem Fünftel o. ä.) erfordert. Der Meistbietende kann auch teilweise für sich, teilweise für einen Dritten (etwa Erwerb je zur Hälfte) bieten. Bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke, kann sich die Erklärung, für einen anderen gehandelt zu haben, auf einzelne beschränken. Die Erklärung ist für den Zuschlag maßgeblich, sofern sie nicht über die Vollmacht hinausgeht. Ist der Bieter etwa bevollmächtigt und im Innenverhältnis auch verpflichtet, das Grundstück alleine für den Vertretenen zu erwerben, so ist die Erklä69 Hierzu eingehend Krammer/Riedel, Rpfleger 1989, 144 ff.; Kesseler, DNotZ 2006, 487, 491; Kesseler, WM 2005, 1299, 1304. 70 Böttcher, § 81 ZVG Rz. 4; a.A. noch Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3, der aber Abtretung und Pfändung dieselben Rechtsfolgen beimisst. 71 Krammer/Riedel, Rpfleger 1989, 144, 146. 72 Hierzu BGH, Urt. v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, MDR 2007, 1453 = Rpfleger 2007, 485, 486 Rz. 31. 73 Motive, S. 241 f., was nicht recht mit dem ansonsten betonten Ziel einer optimalen Verwertung und Befriedigung des Gläubigers harmoniert (vgl. Steiner/Storz, § 81 ZVG Rz. 53, wo diese kundgetane Absicht des Gesetzgebers korrigierend ins Gegenteil gewandt wird). 74 Vgl. o. § 81 Rz. 17.
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§ 81 Rz. 23 Zuschlagsberechtigte rung, er habe je zur Hälfte für den Vertretenen und für sich selbst gebunden, für das Gericht bindend. Das gilt selbst dann, wenn es die Abweichung von den Verpflichtungen im Innenverhältnis erkennt. Die Erklärung darf weder unter Bedingungen noch unter sonstigen Einschränkungen abgegeben werden, wobei reine Rechtsbedingungen wie bei der Abtretung nach § 81 Abs. 2 ZVG unschädlich sind. Sind Zustimmungen von Behörden oder Dritten erforderlich, müssen sie auch für den Vertretenen vorliegen. 2. Vorliegen der Vollmacht 24
Die Erteilung des Zuschlags an den Vertretenen setzt ferner Offenkundigkeit oder Nachweis der Vollmacht voraus. Offenkundig ist die Vollmacht insbesondere dann, wenn der Vertretene gleichfalls im Termin anwesend ist und die Vollmacht des Meistbietenden bestätigt. Der Nachweis der Vollmacht muss gemäß § 81 Abs. 2 ZVG in Form einer öffentlich beglaubigten Urkunde vorgelegt werden. Problematisch ist der Fall, dass der Meistbietende im Versteigerungstermin noch ohne Vollmacht handelt, dann aber eine auf einen späteren Termin datierte Vollmachturkunde vorlegt. Vom Wortlaut der Norm ist diese Vorgehensweise nicht mehr erfasst. Zwar muss der Meistbietende selbst nach § 81 Abs. 3 ZVG nur erklären, „für einen anderen geboten“ zu haben, was auch ein Handeln ohne vorherige Vollmacht umfasst (vgl. § 177 Abs. 1 BGB). Der Konditionalsatz am Ende von § 81 Abs. 3 ZVG fordert aber ausdrücklich den Nachweis der Vertretungsmacht. Eine nachträgliche Erklärung des „Vertretenen“ wäre aber nicht mehr der Nachweis der bereits beim Meistgebot gegebenen Vertretungsmacht, sondern eine Genehmigung (vgl. § 179 Abs. 1 BGB). Gleichwohl wird man die Norm entsprechend auch auf diesen Fall anwenden dürfen, da kein schutzwürdiges Interesse daran besteht, den Meistbietenden an einem ungewollten Gebot festzuhalten und gleichzeitig dem Dritten den begehrten Zuschlag zu verweigern. Die Vollmacht muss nicht unbeschränkt erteilt sein. Sie kann Vorgaben, insbesondere zur maximalen Höhe des Gebotes oder zum Verhalten bei Gesamt- und Einzelausgeboten (etwa nur zum Gebot auf einzelne Grundstücke) enthalten. 3. Das Fehlen der Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 ZVG
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Nur die Erklärung und die Vollmacht zusammen erfüllen die Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 ZVG. Beide müssen fehlerfrei sein, um die Wirkung des § 81 Abs. 3 ZVG herbeizuführen. Fehlt es an einem Bestandteil, muss das Vollstreckungsgericht das Grundstück dem Meistbietenden zuschlagen. Denn das von ihm abgegebene Meistgebot konnte dann mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach § 81 Abs. 3 ZVG nicht aufgrund nachträglich erklärten und nachgewiesenen Handelns für einen Dritten diesem zugerechnet werden. Das Gericht kann aber u.U. davon absehen, den Zuschlag sofort dem Meistbietenden zu erteilen. Das ergibt sich schon daraus, dass das Vorliegen der Voraussetzungen von § 81 Abs. 3 ZVG etwa durch Nachreichen der Vollmacht erst nach Abschluss der Versteigerung sichtbar wird. Deshalb ist wie folgt zu differenzieren: Leidet die Erklärung des Meistbietenden erkennbar durch die Nachreichung der Vollmacht an nicht mehr behebbaren Mängeln, weil z.B. für eine Mehrheit von Vertretenen unter Angabe eines anderen Bruchteilsverhältnisses geboten oder die vorgelegte Vollmacht überschritten wird, ist der Zuschlag ohne Weiteres dem Meistbietenden zu erteilen. Sind die Mängel aber durch Ergänzung oder Berichtigung der Erklärung zu beseitigen, muss zuvor ein Hinweis nach § 139 ZPO erteilt werden. Kann der Mangel dagegen durch die nachträgliche Vorlage der Vollmacht behoben werden, scheidet eine sofortige Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden aus. Hier muss der Verkündungstermin abgewartet werden. Wird bis dahin eine Vollmacht vorgelegt, die unter einem behebbaren Mangel leidet, ist ebenfalls ein Hinweis nach § 139 ZPO geboten.
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Rz. 27 § 81
III. Folgen der verdeckten Stellvertretung Liegen die Erklärung des Meistbietenden und die Vollmacht in der erforderlichen Form sowie alle sonstigen Erfordernisse wie Zustimmungen etc. vor, so ist der Zuschlag dem Vertretenen zu erteilen. Meistbietender und Vertretener haften gesamtschuldnerisch gemäß § 81 Abs. 4 ZVG für die Verpflichtungen aus dem Meistgebot. Werden die Rechte aus dem Meistgebot erst durch nachträgliche Erklärung samt Nachweis der Vollmacht nach § 81 Abs. 2 ZVG einem Dritten verschafft, ist dies jeweils ein eigener Steuertatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 1 Abs. 2 GrEStG, so dass die Grunderwerbsteuer zweimal anfällt.75 Die Folgen einer wirksamen Erklärung nach § 81 Abs. 3 ZVG und dem Nachweis der Vollmacht können nicht durch Anfechtung beseitigt werden. Denn es handelt sich um Prozesshandlungen, die nicht der Anfechtung unterliegen. Auch ein Widerruf scheidet nach Zugang der Erklärungen beim Vollstreckungsgericht aus.
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F. Die Haftung von Meistbietendem und Ersteher Die Möglichkeiten, den Zuschlag dem Zessionar oder dem Vertretenen, also einem anderen 27 als dem Meistbietenden zu erteilen, erfordern eine Regelung dazu, wer für die Verpflichtungen aus dem Meistgebot haftet. Diese Regelung trifft § 81 Abs. 4 ZVG. Danach haften Meistbietender einerseits und Zessionar bzw. Vertretener andererseits gesamtschuldnerisch.76 Dies soll sogar dann gelten, wenn die Abtretung nur einen Bruchteil erfasst, nicht aber, wenn sie nur eines von mehreren Grundstücken betrifft.77 Diese Haftung ist allerdings auf die Verpflichtung aus dem Meistgebot und die Kosten des Zuschlags nach § 58 ZVG zu beschränken.78 Nur Zessionar und Vertretener müssen für Zuzahlungspflichten nach §§ 50 f. ZVG, für die Hypothekenhaftung nach § 53 ZVG und für beschränkte persönliche Dienstbarkeiten wie Verpflichtungen aus einem Altenteil oder ein Leibgeding einstehen, da diese nur den Grundstückseigentümer belasten sollen.79 Dies gilt unabhängig von der Formulierung des Zuschlagsbeschlusses, da die Haftung nach § 81 Abs. 4 ZVG kraft Gesetzes eintritt.80 Teilweise wird vertreten, dass der Zedent, der nach Nichtzahlung des Erstehers als Gesamtschuldner in Anspruch genommen wird, bei diesem nur im Wege der Klage Regress nehmen kann.81 Dies erscheint aus praktischen und dogmatischen Gründen unbefriedigend. Denn bis zum Abschluss dieses Verfahrens kann das Grundstück schon bis zur Wertgrenze mit Grundpfandrechten belastet sein. Dogmatisch dürfte diese Auffassung § 425 Abs. 2 BGB übersehen, weshalb die Praxis, dem Meistbietenden eine Sicherungshypothek nach § 128 ZVG und eine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses nach § 132 ZVG zu gewähren, vorzugswürdig erscheint.82 Die Regelung des § 81 Abs. 4 ZVG kann nicht durch Vereinbarung der an Abtretung oder Vertretergeschäft Beteiligten abbedungen werden.83
75 BFH, Urt. v. 26.3.1980 – II R 143/78, ZIP 1980, 691 f. (auch zu Ausnahmefällen, in denen die Doppelbesteuerung unbillig sein kann); Böttcher, § 81 ZVG Rz. 21; Stöber, § 81 ZVG Rz. 7.3. 76 Ebeling, Rpfleger 1988, 400. 77 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3. 78 RG, Urt. v. 2.5.1929 – VI 452/28, RGZ 125, 100, 102 f. 79 RG, Urt. v. 2.5.1929 – VI 452/28, RGZ 125, 100, 102 f. 80 A.A. Helwich, Rpfleger 1988, 467, 468. 81 Helwich, Rpfleger 1988, 467, 469 f. 82 Strauch/Helwich, Rpfleger 1989, 314, 315; ähnlich Kesseler, DNotZ 2006, 487, 489. 83 Jaeckel/Güthe, § 81 ZVG Rz. 3.
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§ 82 Rz. 1 Wesentlicher Inhalt des Zuschlagsbeschlusses
§ 82 [Wesentlicher Inhalt des Zuschlagsbeschlusses] In dem Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, sind das Grundstück, der Ersteher, das Gebot und die Versteigerungsbedingungen zu bezeichnen; auch sind im Falle des § 69 Abs. 3 der Bürge unter Angabe der Höhe seiner Schuld und im Falle des § 81 Abs. 4 der Meistbietende für mithaftend zu erklären. Rz. A. Zweck und Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . . . . . . . . . B. Formale Anforderungen an den Zuschlagsbeschluss . . . . . . . . C. Inhaltliche Anforderungen an den Zuschlagsbeschluss . . . . . I. Grundstück . . . . . . . . . . . . . II. Ersteher . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gebot . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Versteigerungsbedingungen . . . . V. Bürgen . . . . . . . . . . . . . . . .
....
1
....
2
. . . . . .
3 3 4 5 6 7
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
Rz. VI. Mithaft des Meistbietenden bei Abtretung oder verdeckter Stellvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Auslegung und Korrektur des Zuschlagsbeschlusses . . . . . . . . . . . I. Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Wirkungen des Zuschlagsbeschlusses .
8 9 10 11 11 12 13 14
Literatur: Dorn, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1975, 187 ff.; Hagemann, Einstellung bzw. Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens oder Zuschlagsversagung?, RpflStud 1983, 25 ff. u. 73 ff.; Schuschke, Die Räumungsvollstreckung gegen Mitbesitzer einer Mietwohnung, NZM 2005, 10 ff.
A. Zweck und Anwendungsbereich der Vorschrift 1
Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber in Auseinandersetzung mit ihren historischen Vorläufern1 die formellen und inhaltlichen Anforderungen an den Zuschlagsbeschluss geregelt. Die in § 82 ZVG vorgesehenen Angaben stellen den Mindestinhalt des Zuschlagsbeschlusses dar; sie dürfen nicht fehlen.2 Da der Zuschlagsbeschluss stets dieselben Funktionen erfüllt, gilt § 82 ZVG in allen Versteigerungsarten.3
B. Formale Anforderungen an den Zuschlagsbeschluss 2
Anders als nach den Vorgängervorschriften etwa in Preußen4 ist der Zuschlag nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss zu erteilen. Dies folgt der Systematik der ZPO, da die Entscheidung nicht aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergeht. Zwar ist die Anhörung der Beteiligten oftmals erforderlich, sie muss jedoch nicht mündlich im Versteigerungstermin erfolgen und ist auch nicht Grundlage der Entscheidung, „sondern das protokollarisch festgestellte Sach- und Streitverhältnis“.5 Deshalb muss er auch nicht nach § 309 ZPO von dem Rechtspfle1 2 3 4 5
S. Motive, S. 238 f. u. 242 f. Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 1. Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 1; Stöber, § 82 ZVG Rz. 1. Hierzu Motive, S. 239 u. 242; Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 1. Motive, S. 229.
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Wesentlicher Inhalt des Zuschlagsbeschlusses
Rz. 4 § 82
ger erlassen werden, der den Versteigerungstermin durchgeführt hat.6 Der Zuschlagsbeschluss muss das Vollstreckungsgericht bezeichnen, das gehandelt hat,7 und mit Datum und Unterschrift8 des Rechtspflegers versehen sein. Nicht erforderlich ist die Angabe der Uhrzeit, zu der der Beschluss verkündet wurde; dies ist dem Protokoll zu entnehmen.9
C. Inhaltliche Anforderungen an den Zuschlagsbeschluss I. Grundstück Der Zuschlag muss zunächst das Grundstück (bzw. den Grundstücksbruchteil) angeben, auf 3 das er sich bezieht. Dass er dabei dem Beschrieb des Grundbuchs folgen soll, ist allgemein anerkannt,10 aber nicht gesetzlich vorgeschrieben.11 Daher ist es ohne Weiteres möglich, etwa einen abweichenden Zustand zu berücksichtigen, wenn etwa das im Grundbuch verzeichnete Gartenland mittlerweile bebaut ist.12 Die Bezeichnung im Zuschlagsbeschluss hat grundsätzlich nur den Zweck, Zweifel über die Identität auszuschließen. Deshalb bedarf es grundsätzlich weder der Angabe des Eigentümers noch mitversteigerter Zubehörstücke, sofern diese nicht ausnahmsweise von der Versteigerung ausgeschlossen sind.13 Dass die Praxis hier oftmals anders verfährt, ist unschädlich und kann gerade bei Besonderheiten Streit vermeiden, schafft aber auch neue Fehlerquellen. So kann der Eigentümer zur Zeit des Zuschlags etwa durch Erbfolge gewechselt haben,14 das Zubehör kann untergegangen sein etc. Auch Grunddienstbarkeiten an einem anderen Grundstück können aufgeführt werden,15 müssen es aber nicht, da sie als wesentlicher Bestandteil mit übergehen.
II. Ersteher Der Beschluss muss den Ersteher angeben. Da der Zuschlagsbeschluss Grundlage der Eintragung in das Grundbucht ist, herrscht Einigkeit, dass dies der Angaben nach § 15 GBV mit Familiennamen, Vornamen, Wohnung und gegebenenfalls weiteren, ihn deutlich kennzeichnenden Merkmalen wie insbesondere dem Geburtstag bedarf,16 auch wenn § 81 ZVG dies wiederum nicht fordert. In besonderen Fällen sind zusätzliche Angaben erforderlich, etwa die gesetzliche Vertretung bei beschränkter Geschäftsfähigkeit17 oder der Vermerk über die Testamentsvollstreckung, wenn für die hiervon betroffenen Erben erworben wurde.18 Handelsgesellschaften und juristische Personen sind demnach mit Firma und Sitz zu bezeichnen (§ 15
6 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 11; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 6. 7 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 8. 8 Motive, S. 243; Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 8; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 9; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 9; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.12. 9 Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.13. 10 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 10; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 2. 11 Zur Bezeichnung nach den Katasternummern s. etwa Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 2. 12 Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 10; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 2; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.2. 13 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 10; a.A., gegen Notwendigkeit einer Angabe auch in diesem Fall Böttcher, § 82 ZVG Rz. 2; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.6. 14 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 2. 15 Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 10; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 2; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.11. 16 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 3; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 3; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.4; im Ergebnis ebenso Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 11, der sich aber auf § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bezieht. 17 Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 11; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 3. 18 Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 11; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.4.
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§ 82 Rz. 4 Wesentlicher Inhalt des Zuschlagsbeschlusses Abs. 1b GBV),19 ferner wird die Angabe des Vertreters verlangt.20 Wird das Grundstück nicht dem Meistbietenden zugeschlagen, müssen Abtretung oder Stellvertretung nach § 81 Abs. 2, 3 ZVG erwähnt werden.21 Der Ersteher muss selbst dann in dieser Weise bezeichnet werden, wenn das Grundstück dem Schuldner zugeschlagen wird und dieser schon als Eigentümer in der Entscheidung genannt wird.22 Bei einer Mehrheit von Bietern bedarf es der Angabe des Bruchteilsverhältnisses23 oder der Gesamthandsgemeinschaft.24
III. Gebot 5
Der Zuschlagsbeschluss muss ferner das Gebot nennen, auf den der Zuschlag erfolgte. Damit ist ausschließlich der bar zu zahlende Teil des Meistgebotes gemeint.25 Die Angabe erfolgt in inländischer Währung. Die Verzinsung nach §§ 50, 51 ZVG26 muss nach § 82 ZVG nicht in den Zuschlagsbeschluss aufgenommen werden, da es sich um eine gesetzliche Versteigerungsbedingung handelt. Die Praxis verfährt wohl zur Vermeidung von Missverständnissen durchweg anders. Bestehen bleibende Rechte sind hier nicht anzugeben oder gar hinzuzurechnen,27 sie sind allenfalls in den Versteigerungsbedingungen zu nennen.28
IV. Versteigerungsbedingungen 6
Nach § 82 ZVG sind auch „die Versteigerungsbedingungen zu bezeichnen“. Es herrscht jedoch Einigkeit, dass damit nur die vom Gesetz abweichenden Versteigerungsbedingungen gemeint sind.29 Denn die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen gelten immer, wenn der Zuschlagsbeschluss keine abweichenden festlegt.30 Es wird aber zur Klarstellung ein Zusatz (etwa: „Im Übrigen gelten die allgemeinen Versteigerungsbedingungen.“) empfohlen.31 Auch sonstige kraft Gesetzes eintretende Folgen, etwa der Umstand, dass das Grundstück in die Insolvenzmasse fällt, muss das Vollstreckungsgericht nicht aussprechen.32 Die abweichenden Versteigerungsbedingungen sind notwendiger Bestandteil des Zuschlagsbeschlusses33 und in den Tenor aufzunehmen, nicht nur in einer eventuellen Begründung zu nennen34 (üblich ist die Formel „wird unter den folgenden Bedingungen zugeschlagen“ o.ä.).35 Bei großem Umfang der abweichenden Versteigerungsbedingungen kann auf eine Zusammenstellung in einer Anlage Bezug genommen werden.36 Unter die abweichenden Versteigerungsbedingungen fallen alle die19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.4. Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.4. Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 11. Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 3. Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 11; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.3. Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 11; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.3. Böttcher, § 82 ZVG Rz. 4; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.5. Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 9; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 12; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 5. Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 4; a.A. für eine Nennung beim Gebot Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 12. S. gleich u. Rz. 6. RG, Urt. v. 26.2.1930 – V 556/28, RGZ 127, 272, 274; Steiner/Storz, § 82, Rz. 13; Böttcher, § 82, Rz. 5; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.5. Motive, S. 243; Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 5; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 5. Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 13. Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 16; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.10. BGH, Beschl. v. 11.3.2009 – VIII ZR 83/08, MietRB 2009, 197 = Rpfleger 2009, 468, 469 = ZMR 2009, 670, 671 f. Rz. 16. Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 5. Böttcher, § 82 ZVG Rz. 5; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.5. Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 5.
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Rz. 8 § 82
jenigen, die zu einer vom Gesetz abweichenden Rechtslage führen, etwa das Erlöschen eines Altenteils, das ansonsten kraft Gesetzes (§ 9 EGZVG) bestehen bleibt.37 Die abweichenden Versteigerungsbedingungen umfassen auch bestehen bleibende Rechte, da §§ 51, 91 ZVG nur die allgemeine Rechtsfolge bezeichnet, die der Rechtspfleger durch Aufstellung der Versteigerungsbedingungen konkretisiert.38 Hier gilt nichts anderes als bei der Mithaft von Bürgen nach § 69 Abs. 2 ZVG und Meistbietendem nach § 81 Abs. 4 ZVG. Auch diese ist gesetzlich geregelt, wird aber nochmals im Zuschlagsbeschluss festgehalten. Die abweichenden Versteigerungsbedingungen müssen den im Versteigerungstermin festgestellten und verlesenen entsprechen; nachträgliche Korrekturen sind nicht zulässig.39 Stimmen die im Versteigerungstermin festgestellten und verlesenen Versteigerungsbedingungen nicht mit dem Zuschlagsbeschluss überein, können sich die Beteiligten insoweit nicht auf das Protokoll berufen. Der Beschluss ist insoweit vorrangig und muss gegebenenfalls mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Zuschlagsbeschluss ein Recht zu Unrecht als (nicht) bestehen bleibend bezeichnet.40 Die Kostentragung des Erstehers nach § 58 ZVG muss nicht ausdrücklich ausgesprochen werden, da es sich um eine gesetzliche Versteigerungsbedingung handelt.41 Anderes gilt aber, wenn gleichzeitig über einen sonstigen Antrag entschieden wird. Insoweit ist im Hinblick auf § 788 Abs. 4 ZPO eine Kostenentscheidung erforderlich.42
V. Bürgen Nach § 69 Ab. 2 ZVG kann die Sicherheitsleistung auch durch Bankbürgschaft erbracht werden. In diesem Fall ist auch dessen Haftung nach § 82 ZVG im Zuschlagsbeschluss aufzuführen. Dabei ist die Höhe seiner Schuld ausdrücklich anzugeben. Versäumt das Vollstreckungsgericht dies irrtümlich, wird der Meistbietende gleichwohl nicht von seiner Haftung befreit. Denn diese ergibt sich schon aus seiner Bürgschaftserklärung, der durch das Versehen des Vollstreckungsgerichtes nicht die rechtliche Wirkung genommen wird.43
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VI. Mithaft des Meistbietenden bei Abtretung oder verdeckter Stellvertretung Sofern das Recht aus dem Meistgebot gemäß § 81 Abs. 2 ZVG abgetreten oder der Zuschlag gemäß § 81 Abs. 3 ZVG dem Vertretenen zu erteilen ist, sind diese zwar im Zuschlagsbeschluss als Ersteher zu bezeichnen. Die gesamtschuldnerische Mithaftung des Meistbietenden ist indessen auch im wesentlichen Inhalt des Zuschlagsbeschlusses zu berücksichtigen. Nach § 82, letzter Hs. ZVG ist „der Meistbietende für mithaftend zu erklären“. Auch hier befreit ein Versehen des Vollstreckungsgerichts den Bürgen nicht von seiner Verpflichtung. Denn die gesetzliche Anordnung des § 81 Abs. 4 ZVG besteht unabhängig von den Vorschriften zum Inhalt des Zuschlagsbeschlusses nach § 81 Abs. 4 ZVG.44 37 Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.5. 38 So richtig Böttcher, § 82 ZVG Rz. 5; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.5; anders Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 5, wonach die Aufnahme aber gleichwohl „dringend zu empfehlen“ ist. 39 Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.5. 40 RG, Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 254; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 4; a.A. folgerichtig Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 5, der das geringste Gebot nicht als Versteigerungsbedingungen gemäß § 82 ZVG ansieht. 41 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 9; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 16; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 5; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.9. 42 Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 16; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.9. 43 A.A. Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 6 zu § 61 ZVG a.F. 44 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 6.
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§ 82 Rz. 9 Wesentlicher Inhalt des Zuschlagsbeschlusses
VII. Zuschlag 9
Der Beschluss muss seinen Zweck erkennen lassen, dass nämlich das Grundstück dem Ersteher zugeschlagen wird.45 Das hielt der Gesetzgeber für so selbstverständlich, dass er es nicht eigens erwähnte. Auch dem Schuldner als Meistbietendem ist das Eigentum zuzuschlagen, nicht etwa nur das Eigentum am Grundstück zu belassen o. ä., wie es früheres Landesrecht zum Teil vorsah.46 Der Ausschluss der Gewährleistung nach § 56 Abs. 3 ZVG muss nicht aufgeführt werden,47 ist aber unschädlich.
VIII. Begründung 10
Das Gesetz fordert eine Begründung des Zuschlagsbeschlusses nicht. Ihr Fehlen ist daher grundsätzlich auch kein Verfahrensmangel.48 Gleichwohl ist sie zumindest in knapper Form ein nobile officium des Vollstreckungsgerichtes, greift die staatliche Gewalt doch hierdurch massiv in die Rechte des Bürgers ein. In der Praxis findet sich durchweg ein Satz der Art, dass das Grundstück dem Ersteher zugeschlagen werde, weil er mit seinem Gebot Meistbietender geblieben sei und Versagungsgründe nicht bestehen.49 Bei streitiger Entscheidung über den Zuschlag ist wohl nicht mehr davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine Begründung des Zuschlags für entbehrlich hielt. Dies ergibt sich schon aus § 78, letzter Hs. ZVG, wonach das Vollstreckungsgericht bei Streit darüber, ob oder wem der Zuschlag zu erteilen ist, „das Sachverhältnis mit den gestellten Anträgen in das Protokoll aufzunehmen“ hat. Wenn aber das Gesetz solchermaßen die schriftliche Fixierung und Sicherung der Tatsachengrundlagen zur Berücksichtigung in der Entscheidung nach § 80 ZVG ausdrücklich angeordnet hat, erscheint es widersinnig, die Betroffenen über ihre Bewertung und Abwägung im Dunkeln zu lassen. Jedenfalls dann hat das Vollstreckungsgericht seine Entscheidung zu begründen, unabhängig davon, ob es den Zuschlag erteilt oder versagt.50 Dies gilt selbstverständlich auch in den Fällen, in denen es zugleich mit dem Zuschlag über einen sonstigen Antrag etwa auf einstweilige Einstellung oder nach § 765a ZPO entscheidet.51 Allerdings kann die Begründung dieser Entscheidung zusammen mit jener über den zurückgewiesenen Antrag erfolgen. Bis zur Verkündung der Entscheidung eingehende Schriftsätze sind zu berücksichtigen, was aus der Begründung hervorgehen muss.52
D. Auslegung und Korrektur des Zuschlagsbeschlusses I. Auslegung 11
Der Zuschlagsbeschluss ist wie andere gerichtliche Entscheidungen auch der Auslegung fähig. Hierzu sind insbesondere eventuelle Gründe heranzuziehen.53 Die Heranziehung weiterer Umstände begrenzt § 80 ZVG, wonach nur solche Vorgänge berücksichtigt werden können,
45 46 47 48 49 50
Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.3. Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 7; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.3. Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 9. Stöber, § 82 ZVG Rz. 3.1. Weiter gehend Stöber, § 82 ZVG Rz. 3.2, der eine Begründung stets für notwendig hält. Motive, S. 243; Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 10; Böttcher, § 82 Rz. 10; zurückhaltender Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 8; Stöber, § 82 ZVG Rz. 3.1. 51 Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 15; Stöber, § 82 ZVG Rz. 3.1. 52 Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 7. 53 Stöber, § 82 ZVG Rz. 4.5.
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Wesentlicher Inhalt des Zuschlagsbeschlusses
Rz. 12 § 82
die protokolliert wurden.54 Auch wenn die Zuschlagsentscheidung aktenwidrig ist, können demnach sonstige Umstände nicht berücksichtigt werden. Die Protokollierung bestimmter Tatsachen alleine erlaubt allerdings nicht die Beseitigung direkter Widersprüche zwischen Protokoll und Zuschlagsbeschluss im Wege der Auslegung. Weicht letzterer von den protokollierten Versteigerungsbedingungen ab und nimmt er nicht auf das Protokoll Bezug, ist sein Wortlaut maßgeblich.55 Der Wille des Vollstreckungsgerichtes muss in irgendeiner Weise Ausdruck in dem Zuschlagsbeschluss gefunden haben.56 Anderenfalls bleibt nur die Korrektur durch Rechtsmittel.57 Eine Berichtigung, die dem Zuschlagsbeschluss einen anderen Inhalt beilegen will, als er sich aus seinem Inhalt ergibt, ist unzulässig.58 Protokoll, Grundbuch und sonstige Urkunden können demnach nur zum Verständnis des Zuschlagsbeschlusses herangezogen werden, wenn dieser auf sie Bezug nimmt. Die Auslegung kann daher noch in der sofortigen weiteren Beschwerde überprüft werden, da es sich um eine Rechtsfrage handelt, die keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung mehr bedarf.59 Dies gilt auch für die Revision, wenn die Auslegung des Zuschlagsbeschlusses Vorfrage in einem Streit vor dem Prozessgericht ist.
II. Berichtigung Sofern der Zuschlagsbeschluss offenkundige Mängel aufweist, können diese entsprechend 12 § 319 ZPO berichtigt werden.60 Dies setzt allerdings nach allgemeinen Grundsätzen voraus, dass die Urkundspersonen noch in den Funktionen tätig sind, die sie bei Unterzeichnung des Zuschlagsbeschlusses innehatte. Sind sie etwa pensioniert oder in anderen Zweigen der Gerichtsbarkeit tätig (etwa der Rechtspfleger als Amtsanwalt) können sie eine Berichtigung entsprechend § 319 ZPO nicht mehr vornehmen. Die Berichtigung umfasst auch das Fehlen von Bestandteilen des Zuschlagsbeschlusses, die das Gesetz ausdrücklich vorsieht, etwa die Bezeichnung des Grundstücks oder die Angabe des Erstehers.61 Wie bei sonstigen gerichtlichen Entscheidungen darf der Zuschlagsbeschluss aber nicht im Wege der Berichtigung nach § 319 ZPO inhaltlich verändert werden.62 Deshalb kommt die Berichtigung auch dann nicht in Betracht, wenn im Zuschlagsbeschluss Versteigerungsbedingungen völlig fehlen, die im Protokoll noch genannt sind.63 Denn dann handelt es sich um eine inhaltliche Veränderung, da beim Fehlen abweichender Versteigerungsbedingungen die gesetzlichen gelten.
54 Dass andere Umstände als die Begründung und dort in Bezug genommene Urkunden gar nicht berücksichtigt werden dürfen (so Stöber, § 82 ZVG Rz. 4.5) geht zu weit und ist mit § 80 ZVG nicht vereinbar, vgl. o. § 80 Rz. 10. 55 RG, Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 254; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 1; Stöber, § 82 ZVG Rz. 2.5 u. 4.3; selbst die Berichtigung wird in diesem Fall für unzulässig gehalten, da sie den Inhalt des Beschlusses verändert, s. gleich u. Rz. 12. 56 RG, Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 254. 57 RG, Urt. v. 26.2.1930 – V 556/28, RGZ 127, 272, 274; RG, Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 256. 58 RG, Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 255 f. 59 RG, Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 254; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 1. 60 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 11; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 18; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 11; Stöber, § 82 ZVG Rz. 4.1. 61 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 2. 62 RG, Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 255 f.; Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 11; Steiner/Storz, § 82, Rz. 18; Böttcher, § 82 ZVG Rz. 11; Stöber, § 82 ZVG Rz. 4.2. 63 Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 14; a.A. noch Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 2 (anders aber dort Rz. 5).
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§ 82 Rz. 13 Wesentlicher Inhalt des Zuschlagsbeschlusses
III. Rechtsmittel 13
Sonstige, insbesondere inhaltliche Fehler des Zuschlagsbeschlusses können (abgesehen von der Möglichkeit des Rückgriffs auf den Staat im Wege der Amtshaftung)64 nur mit der Zuschlagsbeschwerde angegriffen werden.65 Anderenfalls wird auch ein fehlerhafter Zuschlagsbeschluss rechtskräftig.66 Zudem ist die Begrenzung der Rügemöglichkeiten nach § 95 ZVG zu beachten, ferner die Beschränkung des Streitstoffes nach § 80 ZVG und die Möglichkeit der Heilung nach § 84 ZVG.
E. Wirkungen des Zuschlagsbeschlusses 14
Dass der aufgrund des Meistgebotes zu erteilende Zuschlag kein rein privatrechtlicher Ersatz einer Willenserklärung des Schuldners, sondern ein staatlicher Hoheitsakt ist, steht mittlerweile außer Streit. Das Eigentum wird durch ihn nicht durch vertragsähnliches Geschäft auf den Ersteher übertragen, sondern originär begründet.67 Es besteht also keine Rechtsnachfolge. Ebenso wenig schuldet der Ersteher einem Makler für den Nachweis eines Grundstückes, das er in der Zwangsversteigerung erwirbt, eine Provision.68 Entgegenstehende Abreden sind jedenfalls in AGB wegen Abweichung von den Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Mangels Rechtsgeschäftes des Schuldners ist der Erwerb in der Zwangsversteigerung auch nicht nach den Regeln des Anfechtungsgesetzes anfechtbar.69 Der Zuschlag, dem die Bedeutung eines Richterspruches zukommt,70 kann in materielle Rechtskraft erwachsen, was sämtliche Einwendungen gegen die Richtigkeit der Entscheidung abschneidet. Auch das Fehlen von Genehmigungen zur Abgabe des Gebotes oder zur Erteilung des Zuschlags sind dann unschädlich.71 Dies betrifft auch zu Unrecht in das geringste Gebot aufgenommene oder nicht aufgenommene Rechte.72 Allenfalls das Bundesverfassungsgericht kann einen rechtskräftigen Zuschlagsbeschluss wegen Grundrechtsverletzung aufheben (§§ 90, 95 BVerfGG). Im Verhältnis zum Schuldner und zu anderen Berechtigten stellt er den Rechtsgrund des Eigentumserwerbs dar, so dass Bereicherungsansprüche gegen ihn ausscheiden.73 Zugleich ist er Herausgabetitel gemäß § 93 ZVG.74
64 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 1; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 5. 65 RG, Urt. v. 13.3.1909 – V 216/08, RGZ 70, 399, 401; Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 254; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 4; Dorn, Rpfleger 1975, 187, 190 (zu Grunddienstbarkeiten). 66 BGH, Beschl. v. 11.3.2009 – VIII ZR 83/08, MietRB 2009, 197 = Rpfleger 2009, 468, 469 = ZMR 2008, 670, 671 f. Rz. 17 zur fehlerhaften Anwendung aufgehobener Vorschriften (§ 57c ZVG a.F.). 67 BGH, Urt. v. 15.3.1990 – III ZR 131/89, BGHZ 111, 14, 16 = MDR 1990, 989; BGH, Urt. v. 15.5.1986 – IX ZR 2/85, MDR 1986, 1022 = NJW-RR 1986, 1115, 1116; BGH, Urt. v. 4.7.1990 – IV ZR 174/89, MDR 1990, 990 = Rpfleger 1990, 522. 68 BGH, Urt. v. 4.7.1990 – IV ZR 174/89, MDR 1990, 990 = Rpfleger 1990, 522. 69 BGH, Urt. v. 15.5.1986 – IX ZR 2/85, MDR 1986, 1022 = NJW-RR 1986, 1115, 1116. 70 Jaeckel/Güthe, § 82 ZVG Rz. 1; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 4; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 27. 71 Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 5. 72 Anderes mag in dem – wohl nur theoretischen Fall – gelten, dass der Beschluss ein zuvor gar nicht im Grundbuch verzeichnetes Recht als bestehen bleibend bezeichnet, s. Stöber, § 82 ZVG Rz. 4.3. 73 RG, Urt. v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 256; Steiner/Storz, § 82 ZVG Rz. 4. 74 Zu den neuerlichen, aus dem Erfordernis eines Räumungstitels gegen mitbesitzende Dritte (BGH, Beschl. v. 25.6.2004 – IXa ZB 29/04, MDR 2004, 1257 = MietRB 2005, 2 = ZMR 2004, 738 ff.) resultierenden Schwierigkeiten in der Zwangsversteigerung s. Schuschke, NZM 2005, 10, 11 f.
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Versagung des Zuschlags
§ 83
§ 83 [Versagung des Zuschlags] Der Zuschlag ist zu versagen: 1. wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist; 2. wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist; 3. wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden; 4. wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist; 5. wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht; 6. wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist; 7. wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist; 8. wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist. Rz. A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Relative Versagungsgründe (§ 83 Nr. 1-5 ZVG) . . . . . . . . . . . . . . I. Fehler bei Zustellung, geringstem Gebot und Versteigerungsbedingungen (§ 83 Nr. 1 ZVG) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nichteinhaltung der Zustellungsfristen (§ 43 Abs. 2 ZVG) . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verstöße gegen die Vorschriften über geringste Gebot (§§ 44-65 ZVG) . . . . . . II. Unterbleiben von Gesamt- oder Einzelausgeboten (§ 83 Nr. 2 ZVG) . . . . . . . . 1. Die Diskussion um den Wortlaut der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verstöße gegen § 63 Abs. 1 ZVG . . . . . . 3. Unterlassene Gesamt- und Gruppenausgebote nach § 63 Abs. 2 ZVG . . . . . . 4. Einzelausgebote trotz Verzichts der anwesenden Beteiligten (§ 63 Abs. 4 ZVG) .
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Rz. III. Mangelnde Deckung nach § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZVG (§ 82 Nr. 3 ZVG) . . . IV. Zurückweisung von Anmeldungen ohne Hinweis (§ 83 Nr. 4 ZVG) . . . . . . V. Entgegenstehende Rechte (§ 83 Nr. 5 ZVG) . . . . . . . . . . . . . . . C. Absolute Versagungsgründe (§ 83 Nr. 6-8 ZVG) . . . . . . . . . . . . . . I. Unzulässigkeit der Verfahrensfortsetzung aus sonstigem Grund (§ 83 Nr. 6 ZVG) . II. Bekanntmachungsmängel und Nichteinhaltung der Bietzeit (§ 83 Nr. 7 ZVG) . . 1. Bekanntmachungsmängel . . . . . . . . . . 2. Nichteinhaltung der Bietzeit . . . . . . . . III. Unterlassung der Sicherheitsleistung (§ 83 Nr. 8 ZVG) . . . . . . . . . . . . . . . D. Weitere Versagungsgründe . . . . . . . . . E. Das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Beyer, Suizidgefahr des Versteigerungsschuldners als nachträglicher Beschwerdegrund i. S. d. § 100 ZVG oder: Der Rechtspfleger als neuer Hüter der Verfassung? ZfIR 2006, 535 ff.; Böttcher, Schuldner-, Bieter und Ersteherzahlungen im Versteigerungsverfahren, ZfIR 2007, 597 ff.; Dorn, Bestandteile und Zubehör in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1987, 143 ff.; Hintzen, Die Entwicklung im Zwangs-
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§ 83 Rz. 1 Versagung des Zuschlags versteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht seit 2004, Rpfleger 2006, 57 ff.; Hintzen/Alff, Änderungen des ZVG aufgrund des Zweiten JuModG, Rpfleger 2007, 233 ff.; Hock, Bares ist nicht (mehr) Wahres, RpflStud 2007, 97; Hornung, Änderungen des Zwangsversteigerungsrechts, NJW 1999, 460 ff.; Keller, Anm. zu BGH, ZfIR 2007, 725 ff., ZfIR 2007, 729 f.; Kogel, Die Niedrigstgebotstheorie – ein Königsweg beim Problem der nicht valutierten Grundschuld, FamRZ 2018, 1891; Mast, Die Niedrigstgebotstheorie im ZVG – vor allem ein familienrechtliches Thema! FamRZ 2017, 954; Schiffhauer, Anm. zu LG Nürnberg-Fürth, Rpfleger 1983, 256 ff.; Schmid, Selbstmordgefahr und Verhinderung der Zwangsräumung, WM 2010, 2108 ff.; Storz/Kiderlen, Der Gesetzgeber, der BGH und die Zwangsversteigerung, NJW 2007, 1846 ff.; Vollkommer, Anm. zu OLG Zweibrücken, Rpfleger 1978, 107 f., Rpfleger 1978, 108 f.
A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm 1
Das Verfahren bis zum Ende des Versteigerungstermins kann an den verschiedensten Fehlern leiden, deren Schwere naturgemäß sehr unterschiedlich ist. Infolgedessen ist ihr Einfluss auf die Prüfung des Vollstreckungsgerichtes, ob der Zuschlag zu erteilen ist, nicht einheitlich. Für die erste Gruppe möglicher Mängel ordnet der Gesetzgeber die Möglichkeit einer eigenständigen Überprüfung durch entsprechende Rechtsmittel an. Blieb sie erfolglos oder wurde sie unterlassen, sind diese Fehler bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht mehr zu berücksichtigen. Die zweite Gruppe von Verfahrensmängeln betrifft Verstöße gegen Vorschriften, die nur einen einzelnen Beteiligten schützen sollen. Wird er trotz des Verfahrensverstoßes nicht beeinträchtigt oder genehmigt er das Verfahren gleichwohl, wäre die Versagung des Zuschlags sinnwidrig. Diese relativen Versagungsgründe, die nach § 84 Abs. 1 ZVG heilbar sind, sind Gegenstand der § 83 Nr. 1-5 ZVG.
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Die dritte Gruppe von Verfahrensmängeln umfasst die besonders schweren Fehler. Sie sind entweder in ihren Folgen nicht auf einzelne Beteiligte beschränkt oder aber als Verstoß gegen zentrale Verfahrensgrundsätze anzusehen. Lange Zeit herrschte weitgehende Übereinstimmung, dass sich diese in § 83 Nr. 6 – 7 ZVG geregelten Fehler der Heilung entzogen.1 Diesen langjährigen Konsens in Rechtsprechung und Literatur hat noch der IXa-Senat des BGH durchbrochen, was der V. Zivilsenat fortsetzt. Danach sollen auch unter § 83 Nr. 6 ZVG fallende Fehler unbeachtlich sein, wenn kein Beteiligter hierdurch beeinträchtigt wird.2 Offen bleibt die dogmatische Einordnung, ob etwa auf eine mangelnde Relevanz des Verfahrensfehlers oder auf eine (ausdehnende) Anwendung von § 84 ZVG abgestellt wird. Das Abstellen auf die „Heilung“ des Verfahrensfehlers deutet darauf hin, dass letzteres gemeint ist und nicht schon Vorhandensein oder Bedeutung des Fehlers in Abrede gestellt wird.3 Einen deutlichen Unterschied zu den relativen Versagungsgründen macht aber auch die Rechtsprechung des BGH insoweit, als ihre Rechtsfolgen nicht zur Disposition der Beteiligten stehen, insbesondere nicht durch Genehmigung nach § 84 Abs. 1, 2. Fall ZVG geheilt werden können.4 Die in § 83 Nr. 6, 7 ZVG geregelten Fehler müssen in den Rechtsmittelinstanzen auch ohne Rüge von Amts wegen überprüft werden.5 Es besteht kein Ermessen des Gerichtes.6 Maßgeblich für die Frage, ob
1 So noch LG Ellwangen, Beschl. v. 20.5.2010 – 3 T 5/10, Rpfleger 2011, 100, 102. 2 BGH, Beschl. v. 30.1.2004 – IX a ZB 285/03, ZfIR 2004, 489 f.; BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200; BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = ZfIR 2007, 725, 728 = Rpfleger 2007, 410, 413 Rz. 39; BGH, Beschl. v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = Rpfleger 2008, 433, 434 = NJW-RR 2008, 1018, 1020 Rz. 17. 3 BGH, Beschl. v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = ZfIR 2008, 468, 469 f. = Rpfleger 2008, 433 f. Rz. 12 ff. 4 BGH, Beschl. v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = ZfIR 2008, 468, 470 = NJW-RR 2008, 1018, 1020 Rz. 17; noch auf den Vertreter des prozessunfähigen Beteiligten beschränkt BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200 f. 5 BGH, Beschl. v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, Rpfleger 2017, 220, 222. 6 Böttcher, § 83 ZVG Rz. 1; Stöber, § 83 ZVG Rz. 2.1.
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Versagung des Zuschlags
Rz. 4 § 83
ein Verfahrensfehler vorliegt, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Zuschlagserteilung.7 § 83 ZVG findet in allen Versteigerungsarten Anwendung, soweit die betroffenen Vorschriften dort gelten.8
B. Relative Versagungsgründe (§ 83 Nr. 1-5 ZVG) I. Fehler bei Zustellung, geringstem Gebot und Versteigerungsbedingungen (§ 83 Nr. 1 ZVG) 1. Nichteinhaltung der Zustellungsfristen (§ 43 Abs. 2 ZVG) Ein relativer Versagungsgrund sind nach § 83 Nr. 1 ZVG zunächst Verstöße gegen die Zustellungsfristen des § 43 Abs. 2 ZVG. Danach müssen allen Beteiligten ein „Beschluß, auf Grund dessen die Versteigerung erfolgen kann“ zugestellt sein. Dies sind neben der Terminsbestimmung Anordnungs-, Beitritts- und Fortsetzungsbeschlüsse sowie die einstweilige Einstellung aufhebende Beschlüsse,9 aufgrund derer die Versteigerung durchgeführt wird. Die Zustellung an eine prozessunfähige Person soll allerdings sogar ein absoluter Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG sein.10 Dem Schuldner ist die Berufung auf den Zustellungsmangel nicht schon deswegen versagt, weil er während des Verfahrens umgezogen ist, da dies alleine kein Zustellungsvereitelung darstellt.11 Nur der Heilung nach § 84 ZVG zugänglich sind die gänzliche unterlassene oder die verspätete Zustellung.12 Hingegen kann die nicht formrichtige Zustellung auch nach § 189 ZPO geheilt werden.13 Allerdings gilt dies nur für Beteiligte, die diese Stellung zur Zeit der Terminsanberaumung bereits erlangt hatten. Die Nichteinhaltung der Frist des § 43 Abs. 2 ZVG bei nachträglich in diese Stellung nachgerückten Beteiligten rechtfertigt die Versagung nach § 83 Nr. 1 ZVG nicht.14
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2. Verstöße gegen die Vorschriften über geringste Gebot (§§ 44-65 ZVG) Zu den nach § 84 ZVG heilbaren Verfahrensmängeln gehören auch Verstöße gegen die Vorschriften zum geringsten Gebot und den Versteigerungsbedingungen (§§ 44 – 65 ZVG). Dies betrifft etwa die fehlerhafte Aufnahme oder Nichtaufnahme von Rechten in das geringste Gebot, Berechnungsfehler oder die unrichtige Festsetzung oder Nichtfestsetzung von Zuzahlungsbeträgen nach §§ 50, 51 ZVG. Gleiches gilt für die für die fehlerhafte Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Anmeldungen. Ein häufiger Fehler ist auch die fehlerhafte oder gänzlich unterlassene Neufestsetzung des geringsten Gebotes nach einstweiliger Einstellung oder Aufhebung des vom bestrangigen Gläubiger betriebenen Verfahrens.15 Dasselbe gilt beim Ausscheiden von Zubehör aus dem Haftungsverband.16 Beim Doppelausgebot darf nicht auf ein Gebot zugeschlagen werden, das das in dieser Gebotsart bestimmte geringste Gebot 7 OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.10.1987 – 8 W 441/87, Rpfleger 1988, 200; OLG Hamm, Beschl. v. 29.11.1999 – 15 W 290/99, Rpfleger 2000, 171, 172. 8 Böttcher, § 83 ZVG Rz. 1; Stöber, § 83 ZVG Rz. 1.2. 9 Stöber, § 43 Rz. 3.1. 10 Stöber, § 83 ZVG Rz. 3.1; a.A. Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 4. 11 BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 37/10, MDR 2011, 130 = Rpfleger 2011, 171, 172 = NJW-RR 2011, 233 Rz. 16 f. 12 BGH, Beschl. v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = Rpfleger 2008, 433, 434 = NJW-RR 2008, 1018, 1020 Rz. 18 ff. 13 Stöber, § 83 ZVG Rz. 3.1.; a.A. noch Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 4. 14 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.1.1995 – 3 W 676/94, Rpfleger 1995, 373. 15 BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 612 Rz. 28; LG Verden, Beschl. v. 9.9.2016 – 6 T 110/16, Rpfleger 2017, 105 f. 16 Dorn, Rpfleger 1987, 143, 148.
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§ 83 Rz. 4 Versagung des Zuschlags nicht erreicht.17 Unter § 83 Nr. 1 ZVG fällt auch die fehlerhafte Abweichung von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen etwa nach § 59 ZVG, wobei das Fehlen notwendiger Zustimmungen seitens beeinträchtigter Beteiligter zu den häufigsten Fehlern gehören dürfte. Gleiches gilt bei einem Doppelausgebot, obwohl die verlangten „abweichenden“ Bedingungen den gesetzlichen entsprechen.18 Wird einem Antrag nach § 59 ZVG nicht stattgegeben, was in der Regel ein Doppelausgebot erfordert, liegt grundsätzlich ein Fehler nach § 83 Nr. 1 ZVG vor.19 Ist die Festsetzung des Verkehrswertes bei Erteilung des Zuschlags nicht rechtskräftig, liegt ein Versagungsgrund nach § 83 Nr. 1 ZVG vor.20 Nach § 83 Nr. 1 ZVG beachtlich soll auch die Unterlassung einer erneuten Wertfestsetzung sein, wenn seit der letzten erhebliche Zeit vergangen und von Preisverschiebungen auszugehen ist. Ansonsten kann bei der Entscheidung über den Zuschlag die verfahrensfehlerfreie Wertfestsetzung nach § 74a Abs. 5 Satz 4 ZVG nicht mehr überprüft werden. Die unrichtige Berechnung wiederkehrender Nebenleistungen nach § 47 ZVG rechtfertigt die Versagung des Zuschlags nach § 83 Nr. 1 ZVG nicht.21 In der Teilungsversteigerung muss bei unterschiedlich belasteten Miteigentumsanteilen für die Feststellung des geringsten Gebotes von der Person des Antragstellers auszugehen, dessen Anteil am niedrigsten belastet ist.22 Hingegen stellt die fehlerhafte Bezeichnung einer Nebenforderung im Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss keinen Zuschlagsversagungsgrund nach §§ 43 Abs. 2, 83 Nr. 1 ZVG dar.23
II. Unterbleiben von Gesamt- oder Einzelausgeboten (§ 83 Nr. 2 ZVG) 1. Die Diskussion um den Wortlaut der Vorschrift 5
Zu den relativen Versagungsgründen gehören nach § 83 Nr. 2 ZVG ferner Fehler beim Ausgebot mehrerer Grundstücke. Im früheren Schrifttum wurde die Bezugnahme dieses Versagungsgrundes einschränkend gehandhabt, da die Vorschrift nur ungenügend an die Änderungen des § 63 ZVG im Jahre 1998 angepasst worden sei:24 § 83 Nr. 2 ZVG verwies auf den aufgehobenen § 63 Abs. 5 ZVG, nicht aber auf den neuen § 63 Abs. 2 Satz 2 ZVG. Eine solche berichtigende Auslegung erscheint nunmehr problematisch, da der Gesetzgeber einen dieser Fehler (den Verweis auf den nach der Änderung weggefallenen § 63 Abs. 5 ZVG) korrigiert, im Übrigen aber beim Wortlaut des § 82 Nr. 2 ZVG geblieben ist. Eine solche Korrektur ist im Falle des § 63 Abs. 1 ZVG auch nicht zwingend geboten, da der Wortlaut der Vorschrift durchaus sinnvoll zu verstehen ist.
17 BGH, Beschl. v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = ZfIR 2007, 147, 148 = NJW-RR 2007, 1139, 1140 Rz. 18 f. (die offenbar erstmals vom Rechtsbeschwerdegericht geprüfte Frage wäre in diesem Fall allerdings mangels Rüge gar nicht zu berücksichtigen gewesen, da kein nach § 100 Abs. 3 ZVG von Amts wegen beachtlicher Umstand). 18 BGH, Beschl. v. 19.7.2012 – V ZB 265/11, MDR 2012, 1119 = Rpfleger 2012, 704. 19 LG Berlin, Beschl. v. 10.5.2017 – 80 T 175/17 Rz. 12 (zit. nach juris). 20 BGH, Beschl. v. 19.4.2018 – V ZB 93/17, ZfIR 2018, 526 (m. w. Nachw.), auch zu einer Ausnahme, wenn keine inhaltlichen Bedenken gegen die Festsetzung vorgetragen werden, aus denen sich eine Beschwer ergeben könnte. 21 Stöber, § 83 ZVG Rz. 3.1; anders wohl Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 10. 22 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, Rpfleger 2017, 225, 227 f. = NJW-RR 2017, 1756. 23 BGH, Beschl. v. 7.4.2011 – V ZB 207/10, MDR 2011, 811 = Rpfleger 2011, 544, 546 = NJW-RR 2011, 953, 955 Rz. 29 ff. 24 Hornung, NJW 1999, 460, 464.
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Versagung des Zuschlags
Rz. 7 § 83
2. Verstöße gegen § 63 Abs. 1 ZVG Dass das entgegen § 63 Abs. 1 Satz 1 ZVG unterbliebene Einzelausgebot einen Versagungsgrund darstellt, ist unumstritten und selbstverständlich.25 Denn dieses wird von § 63 Abs. 1 Satz 1 ZVG ausdrücklich gefordert. Zudem ist offensichtlich, dass dieser Fehler das Versteigerungsergebnis verzerren kann, da der Kreis der Bieter, die gleich eine Mehrzahl von Grundstücken ersteigern will, deutlich begrenzter sein kann als die Zahl der Interessenten an den Einzelgrundstücken. Die Zustimmung eines Beteiligten zum Verzicht auf Einzelausgebote ist nicht deswegen entbehrlich, weil er verspätet, aber noch vor Beginn der Bietzeit erscheint und nicht unverzüglich seine Beteiligtenstellung offenbart.26 Dies gilt auch für mehrere Bruchteile eines Miteigentümers.27 Nach Abänderung des § 63 Abs. 1 ZVG nicht mehr in Frage zu stellen ist dagegen die Einbeziehung von Satz 2 der Vorschrift in die Versagungsgründe des § 83 Nr. 2 ZVG. Die nicht mehr mit einer ungenügenden Anpassung des § 83 Nr. 2 ZVG an die Änderungen des § 63 Abs. 1 ZVG begründbaren Zweifel hieran erscheinen auch in der Sache unberechtigt. Zwar ist nicht das Unterbleiben des Gesamtausgebotes schlechthin als Versagungsgrund anzusehen, da § 63 Abs. 1 Satz 2 ZVG das Gruppen – bzw. Gesamtausgebot in das Ermessen des Gerichts stellt.28 Der Wortlaut des § 83 Nr. 2 ZVG ist aber auch nicht zwingend in diesem Sinne zu verstehen. Vielmehr muss das Gesamtausgebot nur „den Vorschriften des § 63 Abs. 1 (…) zuwider unterblieben“ sein. Dies erlaubt die Auslegung, dass der Zuschlag zu versagen ist, wenn das Vollstreckungsgericht von seinem in § 63 Abs. 1 Satz 2 ZVG eröffneten Ermessen nicht oder fehlerhaft Gebrauch gemacht hat. Eine solche (Selbst)überprüfung des Ermessensgebrauchs ist auch ansonsten anerkannt. Sie wird allerdings nur bei einer Über – oder Unterschreitung der Ermessensgrenzen die Versagung des Zuschlags erlauben, also etwa in dem Fall, dass das Vollstreckungsgericht zu Unrecht einen Antrag für erforderlich gehalten hat. Zudem ist zu beachten, dass Vorgänge im Versteigerungstermin nach § 80 ZVG nur zu berücksichtigen sind, wenn sie protokolliert wurden. Eine Ermessenskontrolle in diesem Rahmen erscheint aber auch sachlich geboten. Denn ein Fehler des Gerichtes, also das Unterlassen eines Gesamtausgebotes trotz einer Überbauung mit einem einheitlichen Bauwerk kann einen erheblichen Mindererlös bewirken. Sofern nur einige der beschlagnahmten Grundstücke die Anforderungen der Überbauung mit einem einheitlichen Bauwerk nach § 63 Abs. 1 Satz 2 ZVG erfüllen, ist § 83 Nr. 2 ZVG jedenfalls entsprechend auch auf unterbliebene Gruppenausgebote auszudehnen.
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3. Unterlassene Gesamt- und Gruppenausgebote nach § 63 Abs. 2 ZVG Unumstrittener Versagungsgrund nach § 83 Nr. 2 ZVG ist das Unterbleiben der in § 63 Abs. 2 7 Satz 1 ZVG vorgesehenen Gesamt- und Gruppenausgebote. Dies erscheint auch ohne Weiteres einsichtig, da sie jeder Beteiligte nach dieser Vorschrift neben den Einzelausgeboten verlangen kann und auf diesem Wege durchaus ein höherer Erlös erzielt werden kann. Nach wie vor nicht in § 83 Nr. 2 ZVG als Versagungsgrund genannt ist der Verstoß gegen § 63 Abs. 2 Satz 2 ZVG. Dies erscheint systematisch nicht zu rechtfertigen, da das Gruppenausgebot wiederum (wie das Gesamtausgebot nach § 63 Abs. 2 Satz 1 ZVG) von jedem Beteiligten verlangt werden kann. Deshalb dürfte hier immer noch von einem fortbestehenden Redaktionsversehen des Gesetzgebers auszugehen sein.29
25 S. zuletzt BGH, Beschl. v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98 f.; BGH, Beschl. v. 19.4.2018 – V ZB 93/17, ZfIR 2018, 526. 26 LG Arnsberg, Beschl. v. 27.10.2016 – 5 T 60/16, ZfIR 2018, 327. 27 BGH, Beschl. v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98, 99 Rz. 6. 28 Stöber, § 63 ZVG Rz. 3.1. 29 Böttcher, § 83 ZVG Rz. 3; Stöber, § 83 ZVG Rz. 3.2; Hornung, NJW 1999, 460, 464.
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§ 83 Rz. 8 Versagung des Zuschlags 4. Einzelausgebote trotz Verzichts der anwesenden Beteiligten (§ 63 Abs. 4 ZVG) 8
Von geringer praktischer Bedeutung ist die Versagung des Zuschlags, weil entgegen § 63 Abs. 4 ZVG trotz Verzichts Einzelausgebote erfolgen. Denn abgesehen davon, dass sich das Vollstreckungsgericht schwerlich entgegen dem ausdrücklichen Verzicht der anwesenden Beteiligten dieser Mühe unterziehen wird, kann der Zuschlag hierauf ohnehin nur erfolgen, wenn diese höher sind als das Gesamtausgebot. Dann wird aber ohnehin Heilung nach § 84 Abs. 1 ZVG eintreten.
III. Mangelnde Deckung nach § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZVG (§ 82 Nr. 3 ZVG) 9
Die Versagung des Zuschlags nach § 83 Nr. 3 ZVG setzt zum Einen voraus, dass der Gläubiger eines Gesamtgrundpfandrechtes auf dessen Verteilung nach § 64 Abs. 1 ZVG mit dem Antrag nach § 64 Abs. 2 Satz 1 ZVG reagiert. Zum anderen muss der Erlös bei den Einzelausgeboten höher sein als beim Gesamtausgebot (bzw. ein solches wurde gar nicht abgegeben). Schließlich muss das Gesamtgrundpfandrecht oder das Recht eines gleich- oder nachrangigen Beteiligten, das aber dem betreibenden Gläubiger vorgeht, durch das Einzelmeistgebot nicht oder teilweise nicht gedeckt sein. Es genügt, wenn dies nur bei einem der beschlagnahmten Grundstücke der Fall ist.30 Dieser Versagungsgrund erfordert mithin ein Doppelausgebot und komplizierte Berechnungen.
IV. Zurückweisung von Anmeldungen ohne Hinweis (§ 83 Nr. 4 ZVG) 10
Das Vollstreckungsgericht hat nach § 66 Abs. 2 ZVG auf den Ausschluss weiterer Anmeldungen hinzuweisen, also darauf, dass es bei einer Anmeldung nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten gemäß §§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110 ZVG nicht mehr im geringsten Gebot berücksichtigt wird und bei der Verteilung allen übrigen Rechten nachgeht. Unterbleibt dieser Hinweis (wofür nach § 80 ZVG die Protokollierung maßgeblich ist), so führt eine gleichwohl erfolgende Zurückweisung einer Anmeldung zum Versagungsgrund des § 83 Nr. 4 ZVG. Es handelt sich also um einen gesetzlich geregelten Fall der Zuschlagsversagung wegen Verletzung von Hinweis – bzw. Fürsorgepflichten des Gerichtes. Das Vollstreckungsgericht kann allerdings, wenn nur die Protokollierung des Hinweises versehentlich unterblieb, die Niederschrift berichtigen. Kaum diskutiert wird die Frage, wie lange diese Zurückweisung ohne Hinweis nach § 66 Abs. 2 ZVG die Folgen des § 83 Nr. 4 ZVG nach sich zieht. Diese Frage kann durchaus praktische Bedeutung gewinnen, wenn ein Berechtigter ein Recht nachträglich geltend macht, ohne die Berücksichtigung nach allen anderen Rechten gemäß § 110 ZVG zu akzeptieren. Die Zurückweisung ohne Hinweis nach § 66 Abs. 2 ZVG wird auch dann nach § 83 Nr. 4 ZVG beachtlich sein. Denn die Vorschrift redet von der Zurückweisung „nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten“, beschränkt dies aber nicht auf den Versteigerungstermin. Auch danach muss die Zurückweisung eines Rechtes etwa im Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag die Folgen des § 83 Nr. 4 ZVG nach sich ziehen. Grenze ist naturgemäß die Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag. Keine Folgen hat es dagegen, wenn der Hinweis unterblieb, aber keine Anmeldungen zurückgewiesen wurden. Der Zuschlag ist nach § 83 Nr. 4 ZVG nur beim Vorliegen beider Voraussetzungen anzuwenden. Die unrichtige Zurückweisung von Rechten ohne Verletzung der Hinweispflicht aus § 66 Abs. 2 ZVG fällt unter § 83 Nr. 1 ZVG. Gleiches gilt, wenn trotz Hinweises nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten die Anmeldung weiterer Rechte zugelassen
30 Stöber, § 83 ZVG Rz. 3.3; a.A. Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 16.
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Versagung des Zuschlags
Rz. 12 § 83
wird und sich hierdurch das geringste Gebot verändert.31 Denn dann sind die Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebotes, namentlich § 37 Nr. 4 ZVG verletzt.
V. Entgegenstehende Rechte (§ 83 Nr. 5 ZVG) Der Versagungsgrund des § 83 Nr. 5 ZVG unterscheidet sich von demjenigen des § 83 Nr. 6 11 ZVG in der Reichweite des Umstandes, der der Fortsetzung des Verfahrens entgegensteht. Während § 83 Nr. 6 ZVG die Voraussetzungen des Verfahrens betrifft, deren Nichtvorliegen jeder Beteiligte rügen kann, erfasst § 83 Nr. 5 ZVG die die Verletzung von Rechten, deren Verletzung nur einzelne Beteiligte berührt. Dies betrifft von Amts wegen nach § 28 ZVG oder auf Anmeldung nach § 37 Nr. 5 ZVG zu berücksichtigende Rechte. Der Zuschlag ist also zunächst nach § 83 Nr. 5 ZVG in den nicht sehr wahrscheinlichen Fällen zu versagen, in denen das Verfahren fortgesetzt wird, obwohl entgegenstehende Rechte gemäß § 28 ZVG aus dem Grundbuch ersichtlich sind. Die Vorschrift erfasst ferner die Fortsetzung eines Verfahrens trotz (einstweiliger) Einstellung etwa gemäß §§ 771, 774 oder 775 ZPO hinsichtlich eines Zubehörstücks. Dies dürfte nur dann praktische Relevanz gewinnen, wenn eine bereits erlassene Entscheidung erst nach dem Ende der Versteigerung vorgelegt wird. Hingegen genügt eine erst nach der Entscheidung über den Zuschlag erwirkte Entscheidung etwa nach §§ 771, 774 oder 775 ZPO nicht, da das Recht des Beteiligten der Fortsetzung des Verfahrens nach § 83 Nr. 5 ZVG zu diesem Zeitpunkt entgegenstehen muss. Auch eine unrichtige Wertfestsetzung soll vor Rechtskraft der Festsetzung nach § 74a Abs. 5 Satz 1, 3 ZVG unter § 83 Nr. 5 ZVG fallen.32 Ein unzureichendes Versteigerungsergebnis ist nur unter den Voraussetzungen der §§ 74a Abs. 1 Satz 1, 85a Abs. 1 ZVG bzw. § 765a ZPO ein Versagungsgrund.33
C. Absolute Versagungsgründe (§ 83 Nr. 6-8 ZVG) I. Unzulässigkeit der Verfahrensfortsetzung aus sonstigem Grund (§ 83 Nr. 6 ZVG) Nach § 83 Nr. 6 ZVG ist der Zuschlag dann zu versagen, „wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grunde unzulässig ist“. Dies weist auf § 83 Nr. 5 ZVG zurück, wo die Versagungsgründe geregelt sind, die nur Rechte einzelner Beteiligter berührt sind. Ein „sonstiger Grund“ liegt also dann vor, wenn das Verfahren insgesamt an einem Fehler leidet. In der Konsequenz ist ein solcher Mangel auch nicht durch die Genehmigung nach § 84 ZVG heilbar.34 Es kommt dabei auf die Rechts- und Sachlage zur Zeit des Zuschlags an; die Nachholung von Verfahrensvoraussetzungen (etwa einer erforderlichen Zustellung) hat keine Rückwirkung.35 Das Fehlen der Verfahrensvoraussetzungen kann in aller Regel auch nicht durch nachträglichen Nachweis ihres Vorliegens zur Zeit der Zuschlagserteilung behoben werden.36 Dem Vollstreckungsgericht kommt bei Vorliegen eines solchen abso31 32 33 34
Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 7. Böttcher, § 83 ZVG Rz. 6; Stöber, § 83 ZVG Rz. 3.5. Weiter gehend wohl BVerfG Rpfleger 1976, 389. BGH, Beschl. v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = ZfIR 2008, 468, 470 Rz. 17; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7. 35 OLG Hamm, Beschl. v. 29.11.1999 – 15 W 290/99, Rpfleger 2000, 171, 172. 36 Eine Ausnahme soll beim Fehlen eines Vollstreckungstitels gelten, wenn dieser zwar nicht im Versteigerungstermin vorlag, aber in der Zuschlagsbeschwerde nachgereicht wird und klar ist, dass er während des gesamten Verfahrens Bestand hatte, s. BGH, Beschl. v. 30.1.2004 – IX a ZB 285/03, ZfIR 2004, 489 f.; BGH, Beschl. v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = ZfIR 2008, 468, 469 f. Rz. 12 ff.; BGH, Beschl. v. 18.3.2010 – V ZB 124/09, MDR 2010, 771 = NJW-RR
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§ 83 Rz. 12 Versagung des Zuschlags luten Versagungsgrundes keinerlei Ermessen mehr zu; es muss den Zuschlag versagen. Die absoluten Versagungsgründe sind auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu prüfen.37 Die sonstigen Gründe, die das Verfahren insgesamt betreffen, lassen sich im Wesentlichen in drei Gruppen unterteilen. Die erste betrifft das Vorliegen bzw. Fehlen der allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen, etwa bei Partei – oder Prozessfähigkeit von Gläubiger oder Schuldner.38 Die zweite umfasst die Fortsetzung des Verfahrens trotz Vorliegens eines Einstellungs- oder Aufhebungsgrundes.39 Wie im Falle des § 83 Nr. 5 ZVG muss dieser bis zum Zuschlag vorliegen. Eine erst danach erwirkte Einstellung etwa nach § 775 Nr. 4, 5 ZPO genügt nicht. Mehr und mehr Bedeutung gewinnt die dritte Untergruppe, nämlich die Fortführung des Verfahrens trotz Verstoßes gegen fundamentale oder gar grundgesetzlich garantierte Verfahrensrechte.40 Hierzu gehört auch die sofortige Erteilung des Zuschlags trotz manipulativer Eingriffe in der Bieterstunde.41 Die Anforderungen an die Verfahrensgestaltung können aber in den verschiedenen Versteigerungsarten unterschiedlich hoch sein.42 Der Norm kommt Auffangcharakter zu. Sie erfasst alle Versagungsgründe, die nicht von den engeren § 83 Nr. 1-5 ZVG erfasst sind.43 13
Im Einzelnen wurde ein Versagungsgrund angenommen bei: – dem Fehlen von Partei – oder Prozessfähigkeit des Schuldners44, – der Unzuständigkeit des Gerichtes45, – Fehlens der Vollstreckungsvoraussetzungen; insbesondere das Fehlen oder Mängel bei Titel, Klausel, Zustellung46, – Fortführung des Verfahrens trotz Antragsrücknahme47, – die Erteilung des Zuschlags vor der Entscheidung über eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Verkehrswerts nach § 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG48, – Fortführung des Verfahrens trotz Einstellung nach §§ 30, 31, 75, 76 oder Vorliegens der Voraussetzungen hierfür49 bzw. vor Ablauf der Einstellungsdauer etwa nach § 30a Abs. 1
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41 42 43 44 45 46
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2010, 1100, 1101 Rz. 18 f.; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7; Hintzen, Rpfleger 2006, 57, 60 m.w.N.; weiter gehend, grundsätzlich für eine Möglichkeit, den Titel nachzureichen, Storz/Kiderlen, NJW 2007, 1846 ff. OLG Hamm, Beschl. v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, OLGZ 1976, 489, 490. Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 9; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1. RG, Urt. v. 13.3.1909 – V 216/08, RGZ 70, 399, 402 f., Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1. BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200; BGH, Beschl. v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = ZfIR 2007, 201, 202; OLG Schleswig, Beschl. v. 7.6.1979 – 1 W 44/79, Rpfleger 1979, 470; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.4.1993 – 11 W 15/93, Rpfleger 1993, 413; OLG München, Beschl. v. 30.10.1992 – 24 W 216/92, Rpfleger 1993, 121, 122; Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 27; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1. LG München II, Beschl. v. 31.7.2017 – 7 T 504/17, Rpfleger 2018, 44 (zur Vorlage eines unwirksamen Mietvertrages zwecks Abschreckung von Bietinteressenten). OLG Celle, Beschl. v. 11.1.1979 – 4 W 76, 77 u. 78/78, Rpfleger 1979, 116. BGH, Beschl. v. 30.1.2004 – IX a ZB 285/03, ZfIR 2004, 489. BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200; Steiner/Storz, § 83, Rz. 20; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1. Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 9; Steiner/Storz, § 83 Rz. 20; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1. BGH, Beschl. v. 18.3.2010 – V ZB 124/09, MDR 2010, 771 = NJW-RR 2010, 1100, 1102 Rz. 24 ff.; OLG Hamm, Beschl. v. 29.11.1999 – 15 W 290/99, Rpfleger 2000, 171; Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 9; Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 20; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1; zum Nachreichen eines beim Zuschlag nicht vorliegenden Titels s.o. Fn. 37. Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 20; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1. BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 37/10, MDR 2011, 130 = Rpfleger 2011, 171, 172 = NJW-RR 2010, 233, 234 Rz. 23. BGH, Beschl. v. 10.6.2010 – V ZB 192/09, MDR 2010, 1083 = Rpfleger 2010, 609, 612 Rz. 28 f.; Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 9; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7; Stöber, § 83, Rz. 4.1.
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Versagung des Zuschlags
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Rz. 13 § 83
Satz 1 ZVG oder § 769 Abs. 2 ZPO50 oder ohne Fortsetzungsantrag nach § 31, 76 Abs. 2 ZVG51, dem Fehlen einer Zustimmung nach § 12 WEG oder § 5, 7 ErbbauVO52, Fortführung des Verfahrens trotz Nachweises, dass der betreibende Gläubiger befriedigt wurde53, Nicht – oder Falschbescheidung eines Vollstreckungsschutzantrages nach § 765a ZPO;54 hierzu gehört auch die Fortsetzung des Verfahrens trotz Suizidgefahr des Schuldners, wobei dieser an der Verringerung der Risiken etwa durch stationäre Behandlung mitzuwirken hat55 bzw. durch Unterbringung vor weiteren Gefahren zu schützen ist, hingegen ist die Bescheidung eines Vollstreckungsschutzantrags oder einer Erinnerung erst in der Zuschlagsbeschwerde nicht zu beanstanden, da das Vollstreckungsgericht nicht vorab hierüber befinden muss56, Fortführung des Verfahrens trotz Enteignung oder Untergang des Grundstücks57, möglichen Unklarheiten über die Bietzeit infolge falsch gehender Gerichtsuhr58, der Weigerung, das Verfahren auch nur kurzfristig zur Nachfrage wegen der Richtigkeit eines zwei Monate alten Registerauszugs hinsichtlich der Vertretungsverhältnisse59 oder zwecks Beschaffung von Bargeld zur Sicherheitsleistung zu unterbrechen60 (dürfte durch § 69 Abs. 1 ZVG n. F. nunmehr obsolet sein), Verletzung der gerichtlichen Hinweispflichten aus § 139 ZPO,61 wobei wegen § 80 ZVG insoweit das Protokoll maßgeblich ist.62 In diesem Zusammenhang kann sich zur Ermögli-
50 Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 9. 51 Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 9. 52 Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 22; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7; zu behördlichen Veräußerungsverboten vgl. Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 9. 53 Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 23; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1. Die Frage ist streitig. Teilweise wird bei Befriedigung des Gläubigers und Vorlage eines Nachweises nach § 775 Nr. 4, 5 ZPO nur ein relativer Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG angenommen (Storz, Rpfleger 1990, 177, 178; anders aber Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 23). 54 BGH, Beschl. v. 17.8.2011 – V ZB 128/11, NJW-RR 2011, 1459 Rz. 13; Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 24; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7. 55 BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 82/10, MDR 2011, 130 = Rpfleger 2011, 225, 226 = NJW-RR 2011, 421, 422 Rz. 28; BGH, Beschl. v. 28.1.2016-V ZB 115/15, NJW-RR 2016, 336 = WuM 2016, 235; BGH, Beschl. v. 13.10.2016 – V ZB 138/15, Rpfleger 2017, 295 = WuM 2017, 51; BGH, Beschl. v. 16.3.2017 – V ZB 150/16, WuM 2017, 293 = NJW-RR 2017, 695; LG Koblenz, Beschl. v. 13.6.2008 – 2 T 249/08, Rpfleger 2008, 656 ff.; LG Hamburg, Beschl. v. 5.10.2010 – 325 T 86/10, ZMR 2011, 131 f.; eingehend hierzu Beyer, ZfIR 2006, 535 ff. u. Schmid, WM 2010, 2108 ff. 56 BGH, Beschl. v. 25.2.2016 – V ZA 45/15 Rz. 7 (zit. nach Juris). 57 Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 9; Steiner/Storz, § 83, Rz. 21; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1; vgl. o. § 56 Rz. 4. 58 Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 26; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1. 59 OLG Hamm, Beschl. v. 29./30.8.1989 – 15 W 214/89, Rpfleger 1990, 85, 85 f.; unklar bleibt freilich, wie es bei mit dieser verfassungsrechtlichen Sicht vereinbar sein kann, dass maximal ein Bieter pro Termin derartiges verlangen kann. 60 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.11.1976 – 3 W 121/76, Rpfleger 1978, 107, 108; Vollkommer, Rpfleger 1978, 108. 109; Storz/Kiderlen, NJW 2007, 1846, 1849; a.A. BGH, Beschl. v. 12.1.2006 – V ZB 147/05, MDR 2006, 1072 = NJW-RR 2006, 715 f. 61 BVerfG, Beschl. v. 23.7.1992 – 1 BvR 14/90, Rpfleger 1993, 32; BGH, Beschl. v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = ZfIR 2007, 201, 203; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.11.1976 – 3 W 121/76, Rpfleger 1978, 107, 108; OLG Köln, Beschl. v. 1.6.1983 – 2 W 45/83, MDR 1983, 761 = Rpfleger 1983, 411; OLG Hamm, Beschl. v. 29./30.8.1989 – 15 W 214/89, Rpfleger 1990, 85, 86; Stöber, § 83 ZVG Rz. 4.1; Schiffhauer, Rpfleger 1983, 256, 257. 62 OLG Zweibrücken, Beschl. v. 29.11.1976 – 3 W 121/76, Rpfleger 1978, 107, 108.
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chung einer adäquaten Reaktion hierauf die Verpflichtung ergeben, von der sofortigen Entscheidung über den Zuschlag abzusehen und einen Verkündungstermin anzuberaumen63, sachlich nicht gerechtfertigter Ungleichbehandlung64, Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör65, was auch gegeben sein soll wenn sich der Anwalt des Schuldners vor dem Ende der Versteigerung aus dem Saal entfernt und daraufhin nicht mehr schriftlich angehört wird66 (höchst zweifelhaft), Verweigerung effektiven Rechtsschutzes67, sofortigem Zuschlag unter 50 % des Verkehrswertes statt Anberaumung eines Verkündungstermins, obwohl der Schuldner bzw. sein Verfahrensbevollmächtigter im Termin nicht anwesend ist;68 allerdings nicht, wenn der Zuschlag nicht hierauf beruht69, Beendigung der Versteigerung in einer der verschiedenen Ausgebotsarten, solange in der anderen noch Gebote abgegeben werden können, da die Versteigerung insgesamt so lange fortgesetzt werden muss, bis kein Gebot mehr abgegeben wird70, einem Eigengebot des Gläubigervertreters unter 50 % des Verkehrswertes71, die Nichtzulassung eines Verfahrensbeistandes nach § 90 Abs. 1 Satz 2 ZPO72, Vereinbarungen zwischen Schuldner und Meistbietendem über Zuzahlungen zum Meistgebot gegen Verfahrenshandlungen, die den Zuschlag an letzteren herbeiführen sollen73.
Kein Versagungsgrund wurde angenommen bei: – Nichterscheinen des Schuldners im Versteigerungstermin74, – Erteilung des Zuschlags durch einen unzuständigen Rechtspfleger, da die Vorschriften zum gesetzlichen Richter weder unmittelbar noch entsprechend auf den Rechtspfleger anzuwenden sind75, – einem Zuschlag unter 50 % des Verkehrswertes, wenn keine weiteren Umstände hinzutreten76, – unterlassener Belehrung nach § 30b Abs. 1 Satz 2 ZVG; der Schuldner kann dann aber den Einstellungsantrag bis zur Verkündung des Zuschlags stellen und bei dessen Nichtberücksichtigung oder Zurückweisung wegen Verfristung die Versagung des Zuschlags nach § 83 Nr. 6 ZVG verfolgen,
63 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.4.1993 – 11 W 15/93, Rpfleger 1993, 413; Storz/Kiderlen, NJW 2007, 1846-1848. 64 Böttcher, § 83 ZVG Rz. 7. 65 OLG Celle, Beschl. v. 11.1.1979 – 4 W 76, 77 u. 78/78, Rpfleger 1979, 116; OLG Köln, Beschl. v. 1.6.1983 – 2 W 45/83, MDR 1983, 761 = Rpfleger 1983, 411. 66 OLG Celle, Beschl. v. 11.1.1979 – 4 W 76, 77 u. 78/78, Rpfleger 1979, 116 f. 67 OLG Schleswig, Beschl. v. 7.6.1979 – 1 W 44/79, Rpfleger 1979, 470. 68 BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IX a ZB 27/04, ZfIR 2005, 295, 296 f.; OLG Celle, Beschl. v. 11.1.1979 – 4 W 76, 77 u. 78/78, Rpfleger 1979, 116 f.; vgl. Hintzen, Rpfleger 2006, 57, 60. 69 BGH, Beschl. v. 14.7.2001 – V ZB 25/11, Rpfleger 2011, 682 = NJW-RR 2011, 1434 f. (beim Zuschlag im 6. Termin). 70 LG Kassel, Beschl. v. 3.8.2006 – 3 T 367/06, Rpfleger 2007, 97 f. 71 BGH, Beschl. v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617 Rz. 10. 72 LG Ellwangen, Beschl. v. 20.5.2010 – 3 T 5/10, Rpfleger 2011, 100 ff. 73 BGH, Beschl. v. 31.5.2012 – V ZB 207/11, Rpfleger 2012, 640 f.; zu den Folgerungen für die Verfahrensgestaltung durch das Vollstreckungsgericht s. Kirsch, ZfIR 2012, 650 f. 74 BGH, Beschl. v. 30.1.2004 – IXa ZB 196/03, ZfIR 2004, 1033, 1034. 75 BGH, Beschl. v. 10.12.2009 – V ZB 111/09, MDR 2010, 341 = Rpfleger 2010, 277 ff. = NJW-RR 2010, 1366 f.; hierzu kritisch Assmann, ZZP 2010, 363 ff. 76 OLG Celle, Beschl. v. 11.1.1979 – 4 W 76, 77 u. 78/78, Rpfleger 1979, 116.
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Versagung des Zuschlags
Rz. 15 § 83
– unterlassener Belehrung darüber, wie ein Realkreditinstitut mit Rechtsabteilung als Gläubiger und Bieter den Zuschlag an einen anderen Bieter verhindern kann, wenn es seinen Terminsvertreter nicht mit formgerechten Vertretungsnachweis ausstattet77, – dem Hinweis, es könne zu einer Verfahrenseinstellung kommen, auch wenn dann einige Bietinteressenten den Saal verlassen78, – unterlassener Zustellung eines Registerauszuges gemäß § 750 Abs. 2 ZPO zum Nachweis der Rechtsnachfolge durch Verschmelzung79 – gleichzeitiger Versteigerung mehrerer Grundstücke in einem Termin;80 es kann aber eine Verlängerung der Bietzeit erforderlich sein, wenn der geordnete Ablauf einer Versteigerung etwa durch die gleichzeitige Abgabe von Geboten gestört ist81, – die Nichtbescheidung eines rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchs vor der Entscheidung über den Zuschlag;82 erst recht nicht die nach der Zuschlagsentscheidung gerügte Besorgnis der Befangenheit83, – die Erteilung des Zuschlags vor der Entscheidung über einen Einstellungsantrag nach § 30b Abs. 1 ZVG, wenn trotz des Verstoßes gegen § 30b Abs. 4 ZVG nachträglich feststeht, dass die Voraussetzungen der Einstellung nicht vorlagen84, – die unterlassene Vertagung eines Verkündungstermins aufgrund eines Grundes nach § 227 ZPO, der im Zwangsversteigerungsverfahren nicht ausreicht,85 – Die Fortsetzung des Verfahrens ohne Fortsetzungsantrag nach § 31 Abs. 1 ZVG86 – die unrichtige Mitteilung über einen Zinsanspruch, wenn das Vollstreckungsgericht die Beteiligten zu Beginn des Versteigerungstermins ausdrücklich hierauf hinweist.87
II. Bekanntmachungsmängel und Nichteinhaltung der Bietzeit (§ 83 Nr. 7 ZVG) 1. Bekanntmachungsmängel Zu den absoluten Versagungsgründen zählen auch Fehler, die Einfluss auf den Kreis der Bieter haben können. Denn die Möglichkeit, dass bestimmte Interessenten von einem Gebot abgehalten werden, kann Schuldner und alle Gläubiger betreffen, ist also kein Mangel, der nur ab-
77 OLG Koblenz v. 28.8.1987 – 4 W 120/87, ZIP 1987, 1531, 1534 f. 78 LG Heilbronn, Beschl. v. 23.6.1995 – 1b T 214/95, Rpfleger 1996, 79. 79 BGH, Beschl. v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, Rpfleger 2017, 220 = NJW-RR 2017, 411 unter Aufgabe der früheren Rspr. 80 BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = ZfIR 2007, 725, 726 f. = Rpfleger 2007, 410 = NJW 2007, 2995 ff. mit zu Recht krit. Anmerkung Hasselblatt/Wojtkowiak. 81 BGH, Beschl. v. 18.9.2008 – V ZB 18/08, Rpfleger 2008, 95 f. = NJW 2008, 3710 (im konkreten Fall verneint, da in einem Verfahren nichts passierte). 82 BGH, Beschl. v. 21.6.2007 – V ZB 3/07, MDR 2008, 111 = Rpfleger 2007, 619 f. = NJW-RR 2008, 216, 217 Rz. 6 ff.; BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 37/10, MDR 2011, 130 = Rpfleger 2011, 171, 172 = NJW-RR 2011, 233, 234 Rz. 21. 83 LG Augsburg, Beschl. v. 14.7.2008 – 4 T 1866/08, Rpfleger 2009, 40, 41. 84 BGH, Beschl. v. 19.2.2009 – V ZB 118/08, MDR 2009, 711 = Rpfleger 2009, 403, 404 = NJW-RR 2009, 1429, 1431 Rz. 15 ff. 85 BGH, Beschl. v. 12.5.2016 – V ZB 141/15, NJW-RR 2016, 956. 86 BGH, Beschl. v. 19.11.2009 – V ZB 118/09, MDR 2010, 171 = Rpfleger 2010, 226, 227 f. = NJW 2010, 2217 f. 87 BGH, Beschl. v. 16.3.2017 – V ZA 11/17, ZfIR 2017, 368.
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§ 83 Rz. 15 Versagung des Zuschlags grenzbare Rechte einzelner Beteiligter betrifft.88 Hinsichtlich der Bekanntmachungsmängel verweist § 83 Nr. 7 ZVG nur auf § 43 Abs. 1 ZVG, der an sich nur die Zeitspanne regelt, die zwischen Bekanntmachung und Versteigerungstermin liegen muss. Rechtsprechung und Schrifttum legen den Verweis auf § 43 Abs. 1 ZVG aber weit aus und sehen nicht nur in einer nicht rechtzeitigen, sondern auch in einer unrichtigen oder unvollständigen Bekanntmachung des Versteigerungstermines einen Versagungsgrund. Dabei ist aber ein Fehler im wesentlichen Inhalt der Terminsbestimmung gemäß § 37 ZVG erforderlich. So kann eine unrichtige Angabe zur Bebauung des Grundstücks unter § 83 Nr. 7 ZVG fallen,89 ebenso erhebliche Fehler in der Angabe der Wohnfläche90 oder ein zu enger Nutzungszweck.91 Bei Arztpraxen soll auch die Angabe des Geschosses und die Anzahl der zugehörigen Räume unabdingbare Angabe nach §§ 43 Abs. 1 83 Nr. 7 ZVG sein.92 Erforderlich ist aber nur eine schlagwortartige Bezeichnung. Hierbei genügt es, wenn die Aufforderungen nach § 37 Nr. 4, 5 erst nach Anklicken eines mit „amtliche Bekanntmachungen“ gekennzeichneten Links sichtbar werden.93 Das Objekt muss nur identifizierbar sein; nähere Informationen müssen sich die Interessenten etwa durch Einsicht in das Wertgutachten selbst beschaffen.94 Auch nachträgliche Änderungen etwa in der Festsetzung des Verkehrswertes müssen rechtzeitig in der Terminsbestimmung berücksichtigt werden, da ansonsten ein Mangel nach § 83 Nr. 7 ZVG vorliegt.95 Hingegen werden §§ 38, 40 ZVG als reine Ordnungsvorschriften angesehen, deren Nichteinhaltung nicht die Versagung des Zuschlags nach § 83 Nr. 7 ZVG nach sich zieht.96 2. Nichteinhaltung der Bietzeit 16
Von ähnlicher Bedeutung wie die richtige Bekanntmachung ist die Einhaltung der vollen Bietzeit einer halben Stunde nach § 73 Abs. 1 ZVG. Denn es ist bei einer Verkürzung der Bietzeit nie auszuschließen, dass hierdurch ein verspäteter Interessent von der Abgabe von Geboten abgehalten wird. Die Einhaltung der Bietzeit verlangt zunächst, dass alle Interessenten volle 30 Minuten lang Gebote abgeben können. Deshalb genügt eine etwa von 11.00 Uhr bis 11.30 Uhr dauernde Bietzeit nicht; sie muss mindestens bis 11.31 Uhr dauern. Maßgeblich sind insoweit nach § 80 ZVG die Feststellungen im Protokoll.97 Für die Praxis problematischer sind weniger offensichtliche Verstöße gegen die Regelung des § 73 Abs. 1 ZVG, etwa dann, wenn sich der Rechtspfleger kurzfristig entfernt. Dann genügt auch die Einhaltung einer Gesamtdauer des Versteigerungstermins von 30 Minuten nicht, da der Rechtspfleger während der gesamten Bietzeit zur Entgegennahme von Geboten in der Lage sein muss.98 Die Ankündigung, Gebote im Dienstzimmer entgegenzunehmen o. ä. genügt nicht.99 Deshalb bedarf es in diesen Fällen der Unterbrechung und der Verlängerung der Bietzeit um deren Dauer. Gleiches gilt, wenn der Rechtspfleger aus anderen Gründen keine Gebote entgegennehmen kann, etwa 88 BGH, Beschl. v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = Rpfleger 2008, 433, 434. 89 BGH Beschl. v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, Rpfleger 2014, 689, 690. 90 BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, MDR 2011, 69 = Rpfleger 2011, 173. 91 LG Rostock, Beschl. v. 24.3.2011 – 3 T 343/10, Rpfleger 2011, 626 (Arztpraxis statt allgemeiner Gewerberäume). 92 LG Rostock, Beschl. v. 24.3.2011 – 3 T 343/10, Rpfleger 2011, 626. 93 BGH, Beschl. v. 13.10.2016 – V ZB 174/15, Rpfleger 2017, 220, 223. 94 BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = ZfIR 2007, 725, 728 = Rpfleger 2007, 410, 412 Rz. 34 f. 95 BGH Beschl. v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, Rpfleger 2014, 689, 690; LG Rostock, Beschl. v. 24.3.2011 – 3 T 343/10, Rpfleger 2011, 626. 96 Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 10; Steiner/Storz, § 83 ZVG Rz. 30. 97 BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = Rpfleger 2007, 410 = ZfIR 2007, 725, 726 f. Rz. 24 f. 98 RG, Urt. v. 12.5.1937 – V 289/36, RGZ 154, 397, 399. 99 RG, Urt. v. 12.5.1937 – V 289/36, RGZ 154, 397, 399.
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Rz. 18 § 83
wegen Tumulten im Saal. Auch bei der Verlegung des Versteigerungstermins in einen anderen Saal bedarf es ausreichender Maßnahmen, um die Beteiligung verspäteter Bietinteressenten sicherzustellen. Ein bloßer Hinweiszettel an der Tür des ursprünglichen Sitzungssaales genügt nicht, auch wenn er sich deutlich von sonstigen Terminszetteln unterscheidet.100 Es bedarf vielmehr der Beobachtung der Tür durch einen Gerichtswachtmeister, der Bietinteressenten über die Verlegung unterrichtet, wobei diese Maßnahme wegen § 80 ZVG im Protokoll festgehalten werden muss.101 Hingegen soll die zeitgleiche Versteigerung mehrerer Grundstücke ohne Verbindung nach § 18 ZVG auch ohne Unterbrechung kein Verstoß gegen § 73 Abs. 1 ZVG sein, obwohl der Rechtspfleger bei der Entgegennahme von Geboten auf ein Grundstück naturgemäß keine auf das andere entgegennehmen kann.102 Die Überschreitung der Bietzeit ist dagegen kein Versagungsgrund. Vielmehr hat der Rechts- 17 pfleger die Versteigerung nach § 73 Abs. 1 Satz 2 ZVG so lange fortzusetzen, bis trotz Aufforderung des Gerichts (nach dreimaligem Aufruf gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 ZVG) kein weiteres Gebot abgegeben wird. Beendet der Rechtspfleger die Versteigerung ohne diese Aufforderung oder trotz Vorhandenseins weiterer Bietinteressenten, die zur Abgabe von Übergeboten bereit sind, ist auch dies ein Versagungsgrund nach § 83 Nr. 7 ZVG.103 Die kurze Verständigung mit der letzten Bietkonkurrentin des Meistbietenden ersetzt den Hinweis nicht, ebenso wenig die Vorabankündigung des Verfahrensverstoßes, dass nach dreimaligem Aufruf kein weiteres Gebot mehr zulässig sei.104 Denn die Vorschrift verweist auf § 73 Abs. 1 ZVG insgesamt. Keine nach § 83 Nr. 7 ZVG beachtliche Verletzung von § 73 Abs. 1 ZVG ist dagegen das Abhalten anderer Bietinteressenten vom Mitbieten (etwa durch Geldprämien), wenn dies dem Vollstreckungsgericht erst nachträglich bekannt wird und der Zugang zum Saal tatsächlich nicht behindert wird.105
III. Unterlassung der Sicherheitsleistung (§ 83 Nr. 8 ZVG) Neu in das Gesetz eingefügt ist der Versagungsgrund des § 83 Nr. 8 ZVG für den Fall, dass die 18 erhöhte Sicherheitsleistung des Schuldners bzw. für bestehenbleibende Rechte nach § 68 Abs. 2, 3 ZVG nicht erbracht wird. Diese Neuregelung ist wohl überflüssig.106 Denn ein Gebot, für das die nach § 68 Abs. 2, 3 ZVG erforderliche Sicherheitsleistung nicht erbracht wird, erlischt, wie sich aus § 70 Abs. 2 Satz 3 ZVG107 und im Umkehrschluss aus § 72 Abs. 4 ZVG ergibt.108 Denn ansonsten müsste es als Untergebot gemäß § 72 Abs. 1 ZVG erlöschen. Erlischt das Übergebot aber mangels Sicherheitsleistung, kommt die Erteilung des Zuschlags hierauf ohnehin nicht in Betracht. Denn auf ein erloschenes Gebot kann kein Zuschlag erteilt werden. § 83 Nr. 8 ZVG hat also insoweit allenfalls deklaratorischen Charakter.109 Zu weit dürfte aber die Kritik gehen, die Norm schieße sogar über das Ziel hinaus, da bei Nichtleistung der Sicherheit nach § 68 Abs. 2, 3 ZVG der Zuschlag versagt werden müsse und auch dem nicht erlö100 OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 31. 101 OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.1978 – 15 W 40 u. 237/78, Rpfleger 1979, 29, 30 f. 102 BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – V ZB 138/06, MDR 2007, 975 = Rpfleger 2007, 410 = ZfIR 2007, 725, 726 f. mit zu Recht kritischer Anmerkung Keller, ZfIR 2007, 729 f. 103 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.10.1997 – 14 W 45/97, MDR 1998, 60 = Rpfleger 1998, 79. 104 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.10.1997 – 14 W 45/97, MDR 1998, 60 = Rpfleger 1998, 79. 105 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.4.1993 – 11 W 15/93, Rpfleger 1993, 413 (mit dem zutreffenden Hinweis, dass das Gericht in Kenntnis derartiger Bietabkommen einen Hinweis auf die Möglichkeit der Einstellung nach § 765a ZPO hätte erteilen müssen). 106 Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233, 238; Böttcher, ZfIR 2007, 597, 601. 107 Böttcher, ZfIR 2007, 597, 602. 108 Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233, 238. 109 Weiter gehend Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233, 238, die im Zuschlag trotz Nichtleistung der Sicherheit nur einen relativen, nach § 84 ZVG heilbaren Mangel sehen.
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§ 83 Rz. 18 Versagung des Zuschlags schenden Untergebot nicht erteilt werden könne.110 Denn das Prinzip der Selbständigkeit des von jedem Gläubigers betriebenen Verfahrens erlaubt es mit der Versagung des Zuschlags für den Gläubiger, der die Sicherheit nach § 68 Abs. 2, 3 ZVG nicht geleistet hat, die Zuschlagserteilung auf das nicht erloschene Gebot zu verbinden.111 Ansonsten hätte die Anordnung in § 68 Abs. 4 ZVG, wonach dieses Gebot gerade nicht erlischt, auch keinen Sinn. Unverständlich ist ferner, dass § 100 Abs. 3 ZVG nicht an den neuen Versagungsgrund angepasst wurde. Denn obwohl er nicht unter die heilbaren Verfahrensfehlern nach § 84 ZVG fällt, ist er im Beschwerdeverfahren nicht nach § 100 Abs. 3 ZVG von Amts wegen zu beachten.112 Dieser Systembruch dürfte auf ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers zurückgehen.
D. Weitere Versagungsgründe 19
Die Gründe zur Versagung des Zuschlags sind nach h.M. in § 83 ZVG nicht abschließend aufgeführt.113 Als weitere Versagungsgründe werden die Abgabe eines sich nachträglich als unwirksam erweisenden Gebotes,114 die Abgabe eines Gebotes unter der Hälfte des festgesetzten Verkehrswertes (§ 85a Abs. 1 ZVG)115 oder der Antrag auf Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG116 genannt.
E. Das Verfahren 20
Sind die Versagungsgründe den Beteiligten bekannt oder hat der Rechtspfleger gar auf sie hingewiesen, kann er seine Entscheidung ohne Weiteres treffen. Dies gilt auch dann, wenn er zur Überprüfung seiner Rechtsauffassung einen Verkündungstermin anberaumt hat. Eine solche Verfahrensweise ist dagegen nicht angängig, wenn der Rechtspfleger den Versagungsgrund erst nach dem Versteigerungstermin entdeckt und die Beteiligten bzw. der Meistbietende hiervon nicht offenkundig Kenntnis haben oder nach dem Gang des Versteigerungstermins gar von einer anderen Einschätzung des Vollstreckungsgerichts ausgehen müssen. Denn das Verbot von Überraschungsentscheidungen gilt auch im Zwangsversteigerungsverfahren. In diesen Fällen hat der Rechtspfleger zu diesem bislang übersehenen Versagungsgrund, zu dem sich die Verfahrensbeteiligten noch nicht äußern konnten, rechtliches Gehör zu gewähren. Erst dann kann er eine den Zuschlag versagende Entscheidung treffen. Der Beschluss ist stets zu begründen.117
§ 84 [Heilung von Verfahrensmängeln] (1) Die im § 83 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Versagungsgründe stehen der Erteilung des Zuschlags nicht entgegen, wenn das Recht des Beteiligten durch den Zuschlag nicht beeinträchtigt wird oder wenn der Beteiligte das Verfahren genehmigt. (2) Die Genehmigung ist durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen. 110 111 112 113 114 115 116 117
So Hintzen/Alff, Rpfleger 2007, 233, 238. Böttcher, ZfIR 2007, 597, 601 f.; Hock, RpflStud 2007, 97-99. Böttcher, ZfIR 2007, 597, 602. Böttcher, § 83 ZVG Rz. 1; Stöber, § 83 ZVG Rz. 2.2; a.A. noch Jaeckel/Güthe, § 83 ZVG Rz. 1. Böttcher, § 83 ZVG Rz. 1; Stöber, § 83 ZVG Rz. 2.2. Böttcher, § 83 ZVG Rz. 1; Stöber, § 83 ZVG Rz. 2.2. Böttcher, § 83 ZVG Rz. 1; Stöber, § 83 ZVG Rz. 2.2. Böttcher, § 83 ZVG Rz. 1; Stöber, § 83 ZVG Rz. 2.4.
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Heilung von Verfahrensmängeln
Rz. 3 § 84
Rz. A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Keine Beeinträchtigung von Rechten eines Beteiligten . . . . . . . . . . . . . I. Rechte eines Beteiligten . . . . . . . . . II. Die (fehlende) Beeinträchtigung . . . . III. Das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . .
..
1
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2 2 3 6
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C. I. 1. 2. II.
Die Genehmigung des Verfahrens Die Erklärung des Betroffenen . . . Inhalt und Form . . . . . . . . . . . . Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt und Erklärungsgegner .
. . . . .
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. . . . .
Rz. 7 7 7 8 9
Literatur: Dorn, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1975, 187 ff.; Dorn, Bestandteile und Zubehör in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1987, 143 ff.; Hagemann, Einstellung bzw. Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens oder Zuschlagsversagung?, RpflStud 1983, 25 ff. u. 73 ff.
A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm Bei Verstößen gegen Vorschriften, die nur einen einzelnen Beteiligten schützen sollen, wäre 1 die Versagung des Zuschlags sinnwidrig, wenn der zu schützende Beteiligte durch den Fehler gar nicht beeinträchtigt wird oder das Verfahren gleichwohl genehmigt.1 Daher eröffnet § 84 Abs. 1 ZVG die Möglichkeit einer Heilung derartiger relativer Versagungsgründe nach § 83 Nr. 1-5 ZVG. Absolute Versagungsgründe können weder durch fehlende Beeinträchtigung noch durch Genehmigung geheilt werden.2 Beides scheidet aus, da sich die Auswirkung des Mangels nicht auf einzelne Beteiligte beschränken lässt, so dass weder ihre fehlende Beeinträchtigung noch ihre Genehmigung behelflich ist. § 84 ZVG findet in allen Versteigerungsarten Anwendung, soweit die betroffenen Vorschriften dort gelten.3
B. Keine Beeinträchtigung von Rechten eines Beteiligten I. Rechte eines Beteiligten § 84 Abs. 1 ZVG stellt in seiner ersten Alternative darauf ab, dass Rechte eines Beteiligten nicht beeinträchtigt werden. Die Möglichkeit der Heilung erfasst also von vorneherein nur den in § 9 ZVG definierten Kreis der Beteiligten. Außer dem Schuldner und dem Gläubiger sind dies die Inhaber eingetragener oder angemeldeter Rechte. Etwa beim Ersteher scheidet die Möglichkeit der Heilung durch fehlende Beeinträchtigung von vorneherein aus, da er kein Beteiligter gemäß § 9 ZVG ist.4 Erheblich sind also nur das Eigentum am Grundstück als Recht des Schuldners sowie die Rechte des Gläubigers und der nach § 9 Nr. 1, 2 ZVG am Grundstück Berechtigten.
2
II. Die (fehlende) Beeinträchtigung Der Zuschlag ist nach § 84 ZVG nur dann zu versagen, wenn ein Recht durch einen relativen Versagungsgrund beeinträchtigt wird. Gläubiger, Schuldner und die anderen nach § 9 ZVG 1 BGH, Beschl. v. 19.11.2009 – V ZB 118/09, MDR 2010, 171 = Rpfleger 2010, 226, 228 = NJW 2010, 2217 f. Rz. 19. 2 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 1; weiter gehend, die Möglichkeit einer Heilung auch für Versagungsgründe nach § 83 Nr. 6 bejahend BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200 f. 3 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 1; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 1; Stöber, § 84 ZVG Rz. 1.2. 4 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 13; im Ergebnis auch Böttcher, § 84 ZVG Rz. 4.
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§ 84 Rz. 3 Heilung von Verfahrensmängeln Beteiligten sind nicht beeinträchtigt, wenn ihr Recht durch einen nach § 83 Nr. 1-5 ZVG beachtlichen Fehler keine Einbuße erleidet. Dies setzt die positive Feststellung voraus, dass das Recht des Beteiligten nicht betroffen ist.5 Beim Schuldner ist der Verlust des Eigentums nicht an sich schon eine Beeinträchtigung im Sinne des § 84 Abs. 1 ZVG.6 Eine solche liegt nur vor, wenn der Schuldner ohne den Fehler nach § 83 Nr. 1-5 ZVG sein Eigentum (vorläufig) behalten hätte.7 Dann liegt eine Beeinträchtigung aber auch dann vor, wenn das Meistgebot den festgesetzten Verkehrswert erreicht oder übersteigt.8 Eine Beeinträchtigung des Schuldners ist immer auch dann anzunehmen, wenn nicht auszuschließen ist, dass ohne den Fehler ein höheres Gebot hätte erzielt werden können.9 Selbst die Befriedigung eines weniger lästigen vor dem lästigeren Gläubiger ist eine nach § 84 ZVG relevante Beeinträchtigung.10 Dass der Meistbietende oder ein Dritter dem Beeinträchtigten zur Vermeidung einer Beeinträchtigung Sicherheit anbietet, bleibt ohne Genehmigung des Verfahrens durch diesen nach § 84 Abs. 2 ZVG unerheblich.11 4
Für den Inhaber eines Rechtes am Grundstück liegt eine Beeinträchtigung in jedem Fall dann vor, wenn dieses infolge des Fehlers nach § 83 Nr. 1-5 ZVG – etwa infolge einer falschen Festsetzung des geringsten Gebotes – ganz oder teilweise untergeht, der Inhaber eines Grundpfandrechtes also ausfällt12 bzw. der Inhaber eines sonstigen Rechtes dieses verliert. Der Inhaber eines Rechtes, das bei korrekter Durchführung des Verfahrens in das geringste Gebot gefallen wäre, ist aber schon dann beeinträchtigt, wenn er sich Barzahlung gefallen lassen muss, auch wenn sie der gerichtlichen Wertfestsetzung entspricht.13 Auch die unrichtige Festsetzung des Zuzahlungsbetrags nach § 51 Abs. 2 ZVG ist eine Beeinträchtigung seines Inhabers, die nach § 84 ZVG geheilt werden kann.14 Eine Heilung mangels Beeinträchtigung gemäß § 84 Abs. 1 ZVG tritt aber ein, wenn das Recht, etwa ein Grundpfandrecht, nur der Sicherung eines Anspruchs dient und durch das Meistgebot in voller Höhe gedeckt wird.15 Dann bleibt die Nichtaufnahme des Rechtes in das geringste Gebot ohne nachteilige Folge für den Rechtsinhaber, da er mehr als die volle Befriedigung aus seinem Sicherungsrecht nicht verlangen kann.16 Wird es durch das Meistgebot nicht voll gedeckt, liegt aber stets eine Beeinträchtigung vor. Eine Ausnahme soll gelten, wenn ein dinglicher Gläubiger auch ohne Fehler in der Festsetzung der Versteigerungsbedingungen keinerlei Aussicht auf Befriedigung gehabt hätte.17 Umgekehrt kann der Inhaber eines Rechtes, der Barzahlung verlangen kann, auch dann beeinträchtigt sein, wenn sein Recht nur bestehen bleibt. Eine erst im oder nach dem Verstei5 BGH, Beschl. v. 7.10.2010 – V ZB 37/10, MDR 2011, 130 = Rpfleger 2011, 171, 172 Rz. 18; LG Gießen, Beschl. v. 10.2.2012 – 7 T 471/11, Rpfleger 2012, 399, 400. 6 OLG Köln, Beschl. v. 16.6.1989 – 2 W 47/89, Rpfleger 1990, 176; Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.4; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 30 f. 7 OLG Köln, Beschl. v. 16.6.1989 – 2 W 47/89, Rpfleger 1990, 176; LG Kassel, Beschl. v. 8.2.2000 – 3 T 2/00, Rpfleger 2000, 408; LG Gießen, Beschl. v. 10.2.2012 – 7 T 471/11, Rpfleger 2012, 399, 400; Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 8; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 2; Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.4. 8 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 8. 9 BGH, Beschl. v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98, 99 Rz. 12; LG Gießen, Beschl. v. 10.2.2012 – 7 T 471/11, Rpfleger 2012, 399, 400; Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 8; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 2; Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.4; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 31. 10 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 8; Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.4. 11 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 9. 12 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 4; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 2; Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.2; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 30. 13 Jaeckel/Güthe, § 84 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 5; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 2; Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.2; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 30. 14 Dorn, Rpfleger 1975, 187, 190 (zu Grunddienstbarkeiten). 15 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 11; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 4; Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.3; Hagemann, RpflStud 1983, 25, 30. 16 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 11; Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.3. 17 OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.10.1987 – 8 W 441/87, Rpfleger 1988, 200.
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Heilung von Verfahrensmängeln
Rz. 6 § 84
gerungsverfahren eingetretene Unrichtigkeit, etwa die Unrichtigkeit des festgesetzten geringsten Gebots bei Einstellungsbewilligung des bestrangig betreibenden Gläubigers genügt.18 Ein nach § 84 Abs. 1 ZVG unschädlicher Fehler liegt auch dann vor, wenn das Erlöschen eines von Anfang an unwirksamen Pfandrechts als Versteigerungsbedingung aufgenommen wird, da der Pfändungsgläubiger auch hierdurch nicht beeinträchtigt wird.19 Die Beeinträchtigung in anderen Rechtsbeziehungen genügt freilich nicht. Etwa ein Bürge für die persönliche Forderung eines vorrangig dinglich gesicherten Rechtes wird durch die unrichtige Behandlung dieses Grundpfandrechtes nicht beeinträchtigt, auch wenn er wirtschaftlich betroffen ist.20 Dies gilt auch dann, wenn er zugleich nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger ist. Denn er ist nicht als solcher, sondern als Inhaber eines nicht von § 84 ZVG erfassten Rechtes betroffen. Ebenso wenig genügen bloß mittelbare Auswirkungen eines Fehlers, etwa die Aussicht, dass der Schuldner bei höherem Erlös weiter gehend entschuldet worden und so eher in der Lage gewesen wäre, seine persönlichen Verbindlichkeiten zu tilgen.21 Keine Beeinträchtigung liegt ferner nach dem Rechtsgedanken von § 189 ZPO dann vor, wenn ein Beteiligter, dem nicht richtig zugestellt wurde, auf anderem Wege rechtzeitig vom Versteigerungstermin Kenntnis erlangt.22 Dies muss aber wegen § 80 ZVG dem Protokoll zu entnehmen sein, etwa durch entsprechende Erklärung des Beteiligten im Termin. Eine Benachteiligung soll auch dann ausscheiden, wenn auch bei korrekter Behandlung eine Befriedigung des betroffenen Gläubigers mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.23 Dies wird bisweilen bei einer nachträglichen Änderung des geringsten Gebotes durch Ablösung des bestrangig betreibenden Gläubigers angenommen.24 Die Beeinträchtigung ist auch immer dann zu verneinen, wenn der Versagungsgrund nach § 83 Nr. 1-5 ZVG nur einen anderen Beteiligten betrifft.25 Wird etwa einem Gläubiger nicht gemäß § 43 Abs. 2 ZVG vier Wochen vor dem Termin der Beschlagnahme – oder Beitrittsbeschluss zugestellt, beeinträchtigt dies nicht den Schuldner.26
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III. Das Verfahren Im Grundsatz ist bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 83 Nr. 1-5 ZVG auch von einer Beeinträchtigung des hiervon Betroffenen auszugehen. Das Gericht muss die Möglichkeit einer solchen Beeinträchtigung positiv ausschließen können.27 Dies ist im Zuschlagsbeschluss zu begründen. Dabei dürfen wegen § 80 ZVG aus dem Protokoll nicht ersichtliche Umstände nicht herangezogen werden.28 Im Übrigen gilt für die Heilung das oben zu den Versagungsgründen Gesagte entsprechend. Sind die Umstände, die eine Heilung mangels Beeinträchtigung ermöglichen, den Beteiligten bekannt oder hat der Rechtspfleger gar auf sie hingewiesen, kann er seine Entscheidung ohne Weiteres treffen. Dies gilt auch dann, wenn er zur 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27
Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.2 u. 2.4. Keller, ZfIR 2012, 654, 656. Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.3. OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.10.1987 – 8 W 441/87, Rpfleger 1988, 200. Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.3. Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.3 u. 2.4. Böttcher, § 84 ZVG Rz. 4; Stöber, § 8 Rz. 2.4. Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 11. Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.4. BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200 f.; BGH, Beschl. v. 19.4.2018 – V ZB 93/17, ZfIR 2018, 526; OLG Köln, Beschl. v. 16.6.1989 – 2 W 47/89, Rpfleger 1990, 176; LG Frankfurt/M., Beschl. v. 27.6.1988 – 2 – 9 T 663/88, Rpfleger 1988, 494 f.; (in den konkreten Fällen, der fehlerhaften Berechnung des geringsten Gebotes, allerdings zweifelhaft); Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 3; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 3; Stöber, § 84 ZVG Rz. 2.4. 28 BGH, Beschl. v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98, 99 Rz. 9.
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§ 84 Rz. 6 Heilung von Verfahrensmängeln Überprüfung seiner Rechtsauffassung einen Verkündungstermin anberaumt hat. Nur dann, wenn Rechtspfleger (oder Beschwerdegericht) diese bis dahin unbemerkte Möglichkeit erst nach dem Versteigerungstermin erwägen und die Beteiligten bzw. der Meistbietende hiervon nicht offenkundig Kenntnis haben oder nach dem Gang des Versteigerungstermins gar von einer anderen Einschätzung durch das Gericht ausgehen müssen, ist hierzu zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung rechtliches Gehör zu gewähren. Erst dann kann er eine den Zuschlag versagende Entscheidung treffen. Der Beschluss ist stets zu begründen.29
C. Die Genehmigung des Verfahrens I. Die Erklärung des Betroffenen 1. Inhalt und Form 7
Die Heilung des Verfahrensmangels nach § 85 Nr. 1-5 ZVG kann gemäß § 84 Abs. 1 ZVG auch durch Genehmigung des hiervon betroffenen Beteiligten erfolgen. Er muss das Verfahren in Kenntnis des Mangels genehmigen, also darauf verzichten, diesen geltend zu machen. Dies kann ausdrücklich, aber auch konkludent geschehen,30 indem der Betroffene etwa in Kenntnis des Mangels die sofortige Erteilung des Zuschlags beantragt.31 Die Erklärung muss aber hinreichend deutlich sein.32 Bloßes Schweigen ist daher grundsätzlich nicht als Genehmigung anzusehen, selbst wenn der Betroffene den Mangel kennt.33 Die Erklärung kann im Versteigerungs- oder Verkündungstermin, aber nicht mehr im Beschwerdeverfahren abgegeben werden,34 wobei ihre Protokollierung wegen § 80 ZVG zwingend erforderlich ist.35 Die Annahme einer konkludenten Genehmigung aufgrund anderer Umstände im Verfahren scheidet daher aus. Die in § 84 Abs. 2 ZVG vorgesehene Form (öffentlich beglaubigte Urkunde) betrifft nur die Erklärung außerhalb des Termins.36 Eine Genehmigung durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle scheidet somit aus.37 Ob hier im Gegensatz zu Erklärungen im Termin nur eine ausdrückliche Genehmigung genügt,38 erscheint zweifelhaft. Die Frage dürfte jedoch eher theoretischer Natur sein, da ein Beteiligter, der eine Erklärungen in öffentlich beglaubigter Urkunde rechtzeitig vor der Entscheidung über den Zuschlag zur Akte reicht, diesbezüglich kaum Unklarheiten offen lassen wird. Sie ist Prozesshandlung39 und als solche bedingungsfeindlich und kann auch nicht widerrufen40 oder angefochten werden. 29 Böttcher, § 83 Rz. 1; Stöber, § 83 Rz. 2.4. 30 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, Rpfleger 2017, 225, 229; Jaeckel/Güthe, § 84 ZVG Rz. 4; Stöber, § 84 ZVG Rz. 3.2. 31 BGH, Beschl. v. 19.11.2009 – V ZB 118/09, MDR 2010, 171 = Rpfleger 2010, 226, 228 = NJW 2010, 2218 Rz. 22; Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 16; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 3. 32 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, Rpfleger 2017, 225, 229. 33 BGH, Beschl. v. 30.10.2008 – V ZB 41/08, MDR 2009, 222 = Rpfleger 2009, 98, 99 Rz. 10; BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, Rpfleger 2017, 225, 229; LG Verden, Beschl. v. 9.9.2016 – 6 T 110/16, Rpfleger 2017, 105, 106; Jaeckel/Güthe, § 84 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 16; ähnlich Stöber, § 84 ZVG Rz. 3.2. 34 Jaeckel/Güthe, § 84 ZVG Rz. 4 (auch zu einem eigens angesetzten Erörterungstermin); Stöber, § 84 ZVG Rz. 3.2. 35 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, Rpfleger 2017, 225, 229; Jaeckel/Güthe, § 84 ZVG Rz. 4; Dorn, Rpfleger 1987, 143, 148. 36 Jaeckel/Güthe, § 84 ZVG Rz. 4. 37 LG Verden, Beschl. v. 9.9.2016 – 6 T 110/16, Rpfleger 2017, 105, 106; Jaeckel/Güthe, § 84 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 16; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 3. 38 So Jaeckel/Güthe, § 84 ZVG Rz. 5. 39 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, Rpfleger 2017, 225, 229. 40 LG Verden, Beschl. v. 9.9.2016 – 6 T 110/16, Rpfleger 2017, 105, 106; Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 18; Böttcher, § 84 Rz. 2; Stöber, § 84 ZVG Rz. 3.2.
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Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung
§ 85
2. Vertretung Die Genehmigung kann durch einen Vertreter erklärt werden. Dessen Vollmacht bedarf nach 8 allgemeiner Ansicht nicht der öffentlichen Beglaubigung.41 Die nachträgliche Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter soll indessen nicht genügen, wenn dadurch das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs eines Prozessunfähigen nicht gewährt würde.42 Der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht bedarf es nicht, da die §§ 1821 f. BGB auf Prozesshandlungen nicht anwendbar sind.43
II. Zeitpunkt und Erklärungsgegner Die Genehmigung muss entweder im Termin protokolliert oder dem Gericht gegenüber erklärt werden. Eine nur den Beteiligten oder Dritten gegenüber erklärte Genehmigung bleibt wirkungslos. Sie kann naturgemäß nur bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes über den Zuschlag erfolgen.44 Im Rechtsmittelverfahren ist sie nicht mehr möglich.45
§ 85 [Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung] (1) Der Zuschlag ist zu versagen, wenn vor dem Schluß der Verhandlung ein Beteiligter, dessen Recht durch den Zuschlag beeinträchtigt werden würde und der nicht zu den Berechtigten des § 74a Abs. 1 gehört, die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins beantragt und sich zugleich zum Ersatz des durch die Versagung des Zuschlags entstehenden Schadens verpflichtet, auch auf Verlangen eines anderen Beteiligten Sicherheit leistet. Die Vorschriften des § 67 Abs. 3 und des § 69 sind entsprechend anzuwenden. Die Sicherheit ist in Höhe des bis zum Verteilungstermin zu berichtigenden Teils des bisherigen Meistgebots zu leisten. (2) Die neue Terminsbestimmung ist auch dem Meistbietenden zuzustellen. (3) Für die weitere Versteigerung gilt das bisherige Meistgebot mit Zinsen von dem durch Zahlung zu berichtigenden Teil des Meistgebots unter Hinzurechnung derjenigen Mehrkosten, welche aus dem Versteigerungserlös zu entnehmen sind, als ein von dem Beteiligten abgegebenes Gebot. (4) In dem fortgesetzten Verfahren findet die Vorschrift des Absatzes 1 keine Anwendung.
41 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 17; Stöber, § 84 ZVG Rz. 3.1. 42 BGH, Beschl. v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200, 201. 43 Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 17; Stöber, § 84 ZVG Rz. 31; allgemein s. Soergel/Zimmermann, Vor § 1821, Rz. 5. 44 BGH, Beschl. v. 18.3.2010 – V ZB 124/09, MDR 2010, 771 = NJW-RR 2010, 1100, 1102 Rz. 25; OLG Hamm, Beschl. v. 29.11.1999 – 15 W 290/99, Rpfleger 2000, 171, 172; LG Verden, Beschl. v. 9.9.2016 – 6 T 110/16, Rpfleger 2017, 105, 106; Jaeckel/Güthe, § 84 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 16; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 3; Stöber, § 84 ZVG Rz. 3.2. 45 OLG Hamm, Beschl. v. 29.11.1999 – 15 W 290/99, Rpfleger 2000, 171, 172; LG Verden, Beschl. v. 9.9.2016 – 6 T 110/16, Rpfleger 2017, 105, 106; Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 16; Böttcher, § 84 ZVG Rz. 3; Stöber, § 84 ZVG Rz. 3.2.
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§ 85 Rz. 1 Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung Rz. A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . I. Beteiligtenstellung . . . . . . . . . . . . 1. Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vertretung von Beteiligten . . . . . II. Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . 1. Der Verlust von Rechten . . . . . . . . . 2. Kein Schutz nach § 74a ZVG . . . . . . III. Verpflichtung zum Ersatz eventuell entstehenden Schadens . . . . . . . . . 1. Die Verpflichtung zum Ersatz . . . . . 2. Umfang des Schadensersatzes . . . . . 3. Geltendmachung des Schadens und Verteidigungsmöglichkeiten . . . . . . 4. Dauer der Bindung . . . . . . . . . . . . 5. Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . IV. Einmaligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . C. Der Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . .
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.. 8 .. 8 . . 10 . . . . .
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I. II. III. D. I. II. III. IV. 1. 2. E. I. II. III.
Der Inhalt des Antrags . . . . . . . . . . . Form und Zeitpunkt des Antrags . . . . Die Unwiderruflichkeit des Antrags . . . Das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . Die Entscheidung über den Antrag . . . Mehrheit von Anträgen . . . . . . . . . . Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . Der neue Versteigerungstermin . . . . . Bestimmung des Termins . . . . . . . . . Die Durchführung des neuen Versteigerungstermins . . . . . . . . . . . . . . . . . Alternativen zum Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG . . . . . . . . . . . . . . . Für den bestrangig betreibenden Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Für den Schuldner . . . . . . . . . . . . . Bei Einigkeit der Beteiligtenüber den Mindesterlös . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
Rz. 16 17 18 19 19 20 21 22 22
. 23 . 24 . 24 . 25 . 26
Literatur: Ertle, § 85 ZVG – eine (fast) vergessene Bestimmung, ZfIR 2018, 299.
A. Zweck und Anwendungsbereich der Norm 1
§ 85 ZVG gehört zu den Schutznormen der ersten Stunde, die die Beteiligten vor unzulänglichen Versteigerungsergebnissen schützen sollten. Sie soll dem hierdurch Beeinträchtigten die Möglichkeit einer erneuten Versteigerung eröffnen, bürdet ihm aber im Gegenzug die wirtschaftlichen Risiken eines Misserfolgs auf:1 Das im Termin abgegebene Meistgebot zuzüglich Zinsen und Mehrkosten gilt nach § 85 Abs. 3 ZVG im nächsten Termin als Gebot dessen, der den neuen Termin beantragt hat; zudem trifft ihn die noch darüber hinausgehende Schadensersatzpflicht nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG. Hierin unterscheidet sich § 85 Abs. 1 ZVG auch von der einfachen Terminsverlegung nach § 227 ZPO, deren Beantragung keine vergleichbare Risiken mit sich bringt, andererseits aber abgegebene Gebote auch nicht erlöschen lässt.2 Aufgrund dieses Risikos hat die Vorschrift in der Praxis nur geringe Bedeutung erlangt,3 zumal gerade dem bestrangig betreibenden Gläubiger oftmals gefahrlosere Möglichkeiten zu Gebote stehen, ein besseres Versteigerungsergebnis herbeizuführen. § 85 ZVG findet in allen Versteigerungsarten Anwendung.4
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Allgemein s. Motive, S. 234. Vgl. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 1; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 6. Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 1. Steiner/Storz, § 84 ZVG Rz. 1; Böttcher, § 83 ZVG Rz. 1; Stöber, § 83 ZVG Rz. 1.2.
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Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung
Rz. 5 § 85
B. Voraussetzungen I. Beteiligtenstellung 1. Beteiligte Den Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG kann nur ein Beteiligter nach § 9 ZVG stellen.5 Dies sind neben Gläubiger und Schuldner Inhaber eingetragener Rechte und Inhaber sonstiger Rechte, die diese rechtzeitig anmelden. Hierzu zählen aufgrund ihres Besitzes auch Mieter. Da dieser aber durch § 57 ff. ZVG geschützt ist, wird es regelmäßig an einer Beeinträchtigung durch ein zu geringes Gebot fehlen. Die früher in diesem Zusammenhang genannte Berechtigung aus § 57c ZVG ist mit der Aufhebung dieser Vorschrift entfallen. Wie im Zusammenhang der Beeinträchtigung nach § 84 ZVG genügt die Beeinträchtigung in anderen Rechtsbeziehungen, etwa als rein schuldrechtlicher Gläubiger oder als Bürge nicht. Dies gilt auch dann, wenn dieser zugleich nachrangiger Grundpfandrechtsgläubiger ist. Etwa ein Bürge für die persönliche Forderung eines vorrangig dinglich gesicherten Rechtes, das durch den Zuschlag ganz oder teilweise ausfällt, kann den Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG nicht stellen, auch wenn er wirtschaftlich betroffen ist.
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Aufgrund der Fiktion des § 85 Abs. 3 ZVG muss der Antragsteller in der Lage sein, ein Gebot im Verfahren abzugeben.6 Daran fehlt es etwa dem im Entziehungsverfahren nach §§ 18, 19 WEG verurteilten Wohnungseigentümer, obwohl der Titel nunmehr nach den Vorschriften des ZVG durchzusetzen ist. Denn der verurteilte Wohnungseigentümer darf kein Gebot abgeben, da er sein Wohnungseigentum gerade nicht behalten darf. Im Übrigen ist der Vollstreckungsschuldner aber nach § 85 Abs. 1 ZVG antragsbefugt.
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2. Die Vertretung von Beteiligten Der Beteiligte kann auch beim Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG vertreten werden. Dies erfordert aber die Vorlage einer öffentlich beglaubigten Vollmacht, da der Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG nach § 85 Abs. 3 ZVG als Gebot gilt.7 Diese kann nicht nachgereicht werden,8 da die Vollmacht nach § 71 Abs. 2 ZVG sofort nachgewiesen werden muss. Da der Antrag nach § 85 Abs. 3 ZVG als Gebot gilt, mithin ein Geschäft nach § 1821 Abs. Nr. 5 BGB darstellt, bedürfen Eltern und Betreuer der familiengerichtlichen Genehmigung.9
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II. Beeinträchtigung 1. Der Verlust von Rechten Die Berechtigung zur Antragstellung setzt nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG voraus, dass das Recht des Beteiligten „durch den Zuschlag beeinträchtigt werden würde“. Dies ist beim Schuldner dann anzunehmen, wenn der Verkehrswert nicht erreicht wird.10 Der bloße Verlust des Eigen5 Böttcher, § 85 ZVG Rz. 2. 6 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 7; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.1. 7 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 9; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 3; Stöber, § 83 ZVG Rz. 2.2. 8 Stöber, § 83 ZVG Rz. 2.2. 9 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 9; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 6; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.2. 10 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 2; wohl auch Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 8, Stöber, § 85 Rz. 2.1, die aber etwas kryptisch vom Nichterreichen des „wahren Wertes“ reden. Damit kann aber wohl nicht die in § 74a Abs. 5 ZVG speziell geregelte Festsetzung des Verkehrswertes und die Beschwerde hiergegen gemeint sein.
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§ 85 Rz. 5 Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung tums alleine genügt nicht, da dies die gesetzlich vorgesehene Folge des Zwangsversteigerungsverfahrens ist.11 Auch der Umstand, dass ein Gläubiger ausfällt, dem er persönlich haftet, dürfte entgegen bisweilen geäußerter Auffassung nicht genügen.12 Denn dabei handelt es sich letztlich um die Frage, ob der Verkehrswert richtig festgesetzt ist und die Annahme von Schuldner und Gläubiger bei der dinglichen Absicherung der persönlichen Forderung zutrifft. Diese Frage ist aber in einem eigenen Verfahren zu klären. Ein sonstiger Berechtigter ist nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG beeinträchtigt, wenn sein Recht durch das Meistgebot nicht gedeckt ist.13 Dies ist gegebenenfalls durch eine Berechnung nach §§ 67 – 70 ZVG zu ermitteln.14 Anders als beim Schuldner ist es gleichgültig, ob das Meistgebot den Verkehrswert des Grundstücks erreicht.15 Nicht beeinträchtigt werden kann also der Beteiligte, dessen Recht in das geringste Gebot aufgenommen16 oder unabhängig von der Höhe des Gebotes nicht betroffen ist (wie das nach § 57 ZVG fortdauernde Besitzrecht des Mieters).17 2. Kein Schutz nach § 74a ZVG 6
Die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins nach § 85 Abs. 1 ZVG setzt des Weiteren voraus, dass der Antragsteller nicht schon nach § 74a ZVG geschützt ist.18 Dies geht daraus hervor, dass er gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG „nicht zu den Berechtigten nach § 74a“ ZVG gehören darf. Ein Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG kommt also von vorneherein nur in Betracht, wenn das Meistgebot 70 % des Verkehrswertes nicht erreicht. Zusätzlich darf der Antragsteller nicht zu denen gehören, die bei einem Meistgebot von 70 % voraussichtlich gedeckt wäre. Diese Voraussetzungen gelten nicht nur im ersten Termin, obwohl der Schutz durch § 74a Abs. 1 ZVG auf diesen beschränkt ist. Denn § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG stellt nicht auf die Berechtigung nach § 74a ZVG, sondern auf die „Berechtigten des § 74a“ ZVG ab. Im Ergebnis schließt die Berechtigung nach § 74a ZVG das Antragsrecht nach § 85 Abs. 1 ZVG aus.
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Dies gilt auch dann, wenn sich mehrere Rechte in der Hand eines Gläubigers vereinen. Denn dann fehlt einem Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG nach allgemeinen Grundsätzen das Rechtsschutzbedürfnis, da dem Berechtigten ein einfacherer Weg zur Wahrung seiner Rechte zur Verfügung steht. Denkbar ist das Zusammentreffen beider Anträge aber bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen in der Person verschiedener Berechtigter. Werden sowohl ein Antrag nach § 74a ZVG als auch ein solcher nach § 85 Abs. 1 ZVG gestellt, so ist nach h. M. derjenige nach § 74a ZVG vorrangig, da ersterer besser berechtigt ist.19 Die Kritik hieran, dem Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG müsse der Vorrang zukommen, da er für alle Beteiligten günstiger sei,20 geht fehl. Denn der nach § 74a ZVG Berechtigte hat es in der Hand, durch Rücknahme seines Antrags, die allen, auch ihm günstigeren Folgen des § 85 Abs. 1 ZVG herbeizuführen, während der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG an seinen Antrag gebunden ist.21
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Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2. Böttcher, § 85 ZVG Rz. 2. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 8. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2. Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 7. Böttcher, § 85 ZVG Rz. 1. Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 4. S. gleich u. Rz. 12 u. Rz. 18.
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III. Verpflichtung zum Ersatz eventuell entstehenden Schadens 1. Die Verpflichtung zum Ersatz Nur die Fiktion nach § 85 Abs. 3 ZVG, wonach das bisherige Meistgebot zuzüglich Zinsen gemäß § 49 Abs. 2 ZVG und zusätzlicher Kosten etwa für weitere Ladungen als Meistgebot gilt, tritt kraft Gesetzes ein.22 Voraussetzung eines wirksamen Antrags nach § 85 Abs. 1 ZVG ist, dass sich der Antragsteller zur Übernahme des zusätzlich entstehenden Schadens durch Versagung des Schadens verpflichtet. Ohne diese Verpflichtung ist ein Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG unzulässig. Sie kann mündlich dem Gericht gegenüber erfolgen, wobei sie dann wegen § 80 ZVG unbedingt zu protokollieren ist,23 oder (vorformuliert) in schriftlicher Form.24 Deshalb muss die Verpflichtung zum Ersatz des durch die Versagung des Zuschlags entstehenden Schadens entgegen bisweilen anzutreffender missverständlicher Äußerungen nicht „gleichzeitig“ abgegeben werden.25 Es genügt, wenn sie getrennt bei Gericht eingeht, aber bei Antragstellung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG vorliegt. Dies muss aber der Fall sein, da die Erklärung „zugleich“ mit dem Antrag erfolgen muss. Eine nachträgliche Verpflichtung zur Übernahme des Schadens genügt nicht.26
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Der Inhalt der Erklärung muss darauf gerichtet sein, dass der Antragsteller sich unbedingt und unbefristet zum Ersatz der durch die Zuschlagsversagung entstehenden Schäden verpflichtet. Dabei müssen nicht alle möglichen Schadensfolgen im Einzelnen aufgeführt werden. Dies wäre vielmehr insoweit bedenklich, als dies die Frage aufwirft, ob der Erklärende damit eine Ersatzverpflichtung für andere Schäden gerade nicht übernehmen will. Empfehlenswert ist daher eine Übernahme des Gesetzeswortlautes. Keine Erklärung ist hinsichtlich der Übernahme des bisherigen Meistgebotes für künftige Versteigerungen erforderlich. Diese Folge tritt, wie gesagt, kraft Gesetzes ein. Wird einem Antrag versehentlich stattgegeben, ohne dass die Verpflichtungserklärung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG vorliegt, gilt aus diesen Gründen zwar das bisherige Meistgebot samt Kosten und Zinsen als Gebot des Antragstellers. Ihn trifft aber keine Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden, die durch die Versagung des Zuschlags entstanden.27 Denn insoweit ist die Erklärung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG konstitutiv.
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2. Umfang des Schadensersatzes Der Schadensersatz umfasst alle Ausfälle der Beteiligten, die durch die Fiktion des § 85 Abs. 3 ZVG nicht abgedeckt sind.28 Dies umfasst zunächst den Fall, dass ein Beteiligter trotz der Fiktion des § 85 Abs. 3 ZVG etwa durch das Anwachsen vorrangiger Nebenleistungen weniger erhält, als er beim Zuschlag auf das frühere Meistgebot erhalten hätte.29 Ein Schaden kann ferner durch Änderungen des geringsten Gebotes entstehen. Da im neu anzuberaumenden Versteigerungstermin weitere Anmeldungen zulässig sind, können sich die Befriedigungsaussichten der bisherigen Beteiligten deutlich verschlechtern. Auch diese Ausfälle hat der nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG Schadensersatzpflichtige auszugleichen. Im schlimmsten Falle kann es zu Veränderungen des geringsten Gebotes kommen, die selbst das fingierte Meistgebot nach § 85 Abs. 3 22 Schon deshalb trifft die Auffassung von Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 12, der die Fiktion des Gebotes als Teil des Schadensersatzes ansieht, nicht zu; vgl. auch Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5; vgl. auch Motive, S. 234 f., wo der Schadensersatz auf den Fall beschränkt wird, dass überhaupt nicht zugeschlagen werden kann. 23 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 11; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 6; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.3. 24 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 11; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 6; a.A. Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.3. 25 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 11; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 6. 26 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5. 27 So auch Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5. 28 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5. 29 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 6.
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§ 85 Rz. 10 Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung ZVG unzulässig machen. Dann kann es nach § 77 Abs. 2 Satz 1 ZVG zur Aufhebung des Verfahrens kommen. In diesem Fall hat der Antragsteller nach ausdrücklichem Bekunden der Motive den gesamten Schaden aus der Versagung des Zuschlags zu ersetzen, also den Anteil am Meistgebot, der auf sie entfallen wäre. Entsprechendes gilt, wenn das Versteigerungsobjekt untergeht.30 Der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG haftet aber nicht mehr dafür, dass derjenige, der im neuen Versteigerungstermin ein höheres Meistgebot abgibt, seine Verpflichtungen hieraus auch erfüllt.31 Denn dies liegt außerhalb des Schutzzwecks der Norm. 3. Geltendmachung des Schadens und Verteidigungsmöglichkeiten 11
Zur Geltendmachung des Schadens sind nach dem Wortlaut des § 85 Abs. 1 ZVG alle Beteiligten berechtigt. Bisweilen wird für den Fall, dass es nicht zur Erteilung des Zuschlags kommt, eine Beschränkung auf die betreibenden Gläubiger gefordert, da nur sie einen Anspruch auf Durchführung des Versteigerungsverfahrens haben.32 Dies erscheint nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift nicht geboten.33 § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG stellt auf alle Beteiligte ab, deren Recht durch den Zuschlag beeinträchtigt wird. Der Schaden ist nicht mehr im Versteigerungsverfahren, sondern vor dem Prozessgericht geltend zu machen.34 Der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG kann sich zunächst damit verteidigen, dass der Zuschlag schon aus anderen Gründen hätte versagt werden müssen. Denn dann war sein Antrag nicht schadensursächlich.35 Der Fiktion des § 85 Abs. 3 ZVG kann dies dagegen nicht entgegengehalten werden, da diese kraft Gesetzes mit der Antragstellung nach § 85 Abs. 1 ZVG eintritt.36 Sofern der neue Versteigerungstermin ergebnislos verläuft, kann der Schadensersatzpflichtige ferner nach § 255 BGB insoweit die Abtretung der Rechte verlangen, als diese durch den Zuschlag auf das frühere Meistgebot erloschen wären.37 Denn der Berechtigte aus § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG kann nicht zu dem Schadensersatz auch noch seine Rechte behalten, die ohne das schädigende Ereignis untergegangen wären. 4. Dauer der Bindung
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Der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG ist nicht nur bis zum nächsten Termin an seine Verpflichtung zur Übernahme von Schadensersatz gebunden. Diese Verpflichtung dauert fort, bis das Verfahren entweder durch Zuschlag oder durch Aufhebung etwa nach § 77 Abs. 2 Satz 1 ZVG oder auf sonstige Weise (z. B. durch den rechtlichen oder tatsächlichen Untergang des Grundstücks) beendet wird.38 Eine vorzeitige Beendigung der Verpflichtung zum Schadensersatz ist auch dann nicht möglich, wenn (besserrangige) Gläubiger etwa durch Bewilligung der Einstellung oder neue Anmeldungen Einfluss auf den Haftungsumfang nehmen.39 Lediglich dann, wenn der bestrangig betreibende Gläubiger selbst nach § 85 Abs. 1 ZVG einen neuen Versteigerungstermin beantragt hat, kann er seine Ersatzverpflichtung durch Rücknahme des Antrags auf Anordnung der Zwangsversteigerung beenden.40 30 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5. 31 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 13. 32 So Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.5; Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5 (der dies aber missverständlich mit dem „Recht auf Erteilung des Zuschlags“ begründet). 33 So auch Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 16. 34 Motive, S. 235; Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 16; Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.5. 35 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5. 36 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5. 37 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 5; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 16. 38 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 13. 39 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 13. 40 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 7.
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Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung
Rz. 14 § 85
5. Sicherheitsleistung Darüber hinaus ist der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG auf Antrag zur Sicherheitsleistung verpflichtet. Lediglich die nach § 67 Abs. 3 ZVG von der Sicherheitsleistung für ihr Gebot befreiten Institutionen (insbesondere die Bundesrepublik, die Bundesbank und weitere landesrechtlich bestimmten Körperschaften) sind aufgrund des Verweises in § 85 Abs. 1 Satz 2 ZVG auch bei einem Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG hiervon ausgenommen.41 Nach § 85 Abs. 1 Satz 1, letzter Hs. ZVG hat der Antragsteller „auf Verlangen eines anderen Beteiligten“ für den möglicherweise durch Versagung des Zuschlags entstehenden Schaden Sicherheit zu leisten. Dieser Wortlaut ist aber telelogisch dahingehend zu beschränken, dass nicht jeder andere Beteiligte nach § 9 ZVG, sondern nur derjenige Sicherheit verlangen kann, der überhaupt einen Ausfall erleiden kann.42 Diejenigen Beteiligten, denen etwa nach der Natur ihres Rechtes (etwa als Mieter, die nur aufgrund ihrer Besitzerstellung beteiligt sind) kein Verlust droht oder die schon beim Zuschlag auf das frühere Meistgebot ausgefallen wären, können folglich keine Sicherheit verlangen.43 Die Sicherheitsleistung muss sich, wie der Gleichlauf mit der „zugleich“ zu erklärenden Verpflichtung zeigt, noch im Versteigerungstermin verlangt werden.44 Ein späteres Verlangen genügt daher nicht. Der Antrag auf Stellung einer Sicherheit will aber gut bedacht sein. Denn die Nichtleistung der Sicherheit führt zur Zurückweisung des Antrags nach § 85 Abs. 1 ZVG und zur Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden, wirkt also im Ergebnis wie eine Antragsrücknahme.45 Bietet der neue Versteigerungstermin Aussichten auf ein besseres Ergebnis und ist der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG solvent, kann es sich also empfehlen, auf die Stellung einer Sicherheitsleistung zu verzichten.
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Die Sicherheit muss nach § 85 Abs. 1 Satz 3 ZVG bis zum Verkündungstermin erbracht werden.46 Geschieht dies nicht, ist der Zuschlag dem Meistbietenden zu erteilen.47 Die Sicherheit ist im Gegensatz zu § 68 Abs. 1 ZVG nicht auf ein Zehntel des Verkehrswertes beschränkt; vielmehr muss der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG in Höhe des gesamten bar zu leistenden Meistgebotes Sicherheit leisten, da der Schadensersatz bei erfolgloser Beendigung des Verfahren dessen Höhe erreicht.48 Auch nach der Neufassung von § 85 Abs. 1 Satz 3 ZVG muss er aber für weiter anfallende Zinsen nach § 49 Abs. 2 ZVG oder Kosten keine Sicherheit leisten.49 Sicherheitsleistung durch Bürgschaft schloss schon die erste Fassung des Gesetzes aus.50 Für die Art der Sicherheitsleistung gilt § 69 ZVG n.F. entsprechend. Obwohl die Hinterlegung hier mangels öffentlichen Termins kein höheres Risiko darstellt als jede andere Hinterlegung auch, ist Bargeld also als Sicherheit ausgeschlossen. Die Rückgabe der Sicherheit ist nicht schon mit rechtskräftigem Abschluss des Versteigerungsverfahrens fällig. Denn das vor dem Prozessgericht anhängig zu machende Schadensersatzbegehren ist vom Versteigerungsverfahren unabhängig; zudem muss dem Beteiligten auch eine gewisse Überlegungsfrist nach Eintritt des Schadens eingeräumt werden. Den Beteiligten ist vielmehr nach rechtskräftigem Abschluss des Versteigerungsverfahrens eine Frist nach § 109 Abs. 1 ZPO zu setzen, binnen derer sie ent-
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41 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 14; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 7; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.3. 42 Ähnlich Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 6; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 15; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.3; im Ergebnis auch Böttcher, § 85 ZVG Rz. 7, der allerdings § 67 Abs. 1 Satz 1 ZVG analog anwenden will. 43 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 15. 44 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 6; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 15; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 7; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.3. 45 Motive, S. 234; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 9 u. 14; vgl. u. Rz. 19. 46 Böttcher, § 85 ZVG Rz. 7. 47 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 15. 48 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 6; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 14; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 7. 49 Vgl. Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 14; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.3. 50 Motive, S. 234.
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§ 85 Rz. 14 Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung weder die Einwilligung in die Rückgabe zu erklären oder den Nachweis der Klageerhebung zu führen haben.51
IV. Einmaligkeit 15
Ein neuer Versteigerungstermin kann nur einmal bestimmt werden, wie aus § 85 Abs. 4 ZVG hervorgeht. Nach einmaliger Anwendung der Norm scheidet ein erneutes Vorgehen nach § 85 Abs. 1 ZVG aus. Dies gilt auch für Anträge anderer Beteiligter.52
C. Der Antrag I. Der Inhalt des Antrags 16
Der Antrag muss erkennen lassen, dass die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins verlangt wird. Ferner muss sich der Antragsteller zum Ersatz eventueller durch die Zuschlagsversagung entstehender Schäden verpflichten. Schon deshalb genügt bloßer Widerspruch gegen die Erteilung des Zuschlags nicht.53 Weitere Erklärungen muss der Antragsteller nicht abgeben. Insbesondere muss er nicht ausdrücklich die Versagung des Zuschlags verlangen oder auf § 85 ZVG hinweisen.54 Das Recht muss das Vollstreckungsgericht selbst kennen. Auch hat es von sich aus zu überprüfen, ob der Antragsteller durch den Zuschlag beeinträchtigt würde und nicht zu den nach § 74a ZVG Berechtigten gehört. Bei Unklarheiten, wenn etwa unklar ist, ob der bestrangig betreibende Gläubiger die Einstellung bewilligen oder tatsächlich den ungünstigeren Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG stellen will, hat das Vollstreckungsgericht sachdienliche Fragen nach § 139 ZPO zu stellen und gegebenenfalls Hinweise zu erteilen. Der Antrag ist wie jede Prozesserklärung auslegungsfähig. Allerdings ist eine Auslegung, die den Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG als Bewilligung der Einstellung nach § 30 ZVG55 oder als Einstellungsantrag gemäß § 180 Abs. 2 ZVG56 ansieht, nicht möglich, da derjenige nach § 85 Abs. 1 ZVG gerade die Fortsetzung des Verfahrens mit besserem Ergebnis, der Einstellungsantrag aber dessen Stillstand bezweckt.
II. Form und Zeitpunkt des Antrags 17
Der Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG ist im Versteigerungstermin und zwar nach dem Ende der Bietzeit zu Protokoll zu erklären.57 Denn erst dann ist klar, ob ein Beteiligter beim abgegebenen Meistgebot ausfällt.58 Die Aufnahme in das Protokoll ist wegen § 80 ZVG unerlässlich. Auch eine schriftliche Antragstellung ist aber, ähnlich wie dies bei der Verpflichtung zum Ersatz der aus der Versagung des Zuschlags resultierenden Schäden allgemein anerkannt ist, nicht ausgeschlossen. § 80 ZVG steht dem nicht entgegen, da es sich dann nicht um einen Vor51 52 53 54 55 56 57 58
Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 6; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 15. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 12. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 4. Die wohl a.A. von Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 4, der Antragsteller müsse „erkennen lassen, daß er sich auf diese Bestimmung und nicht lediglich auf andere Gründe stützt“, ist weder mit dem Gesetzestext noch mit allgemeinen Grundsätzen vereinbar. Das Recht muss das Gericht selbst kennen. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 4. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 3; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 1; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.4. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 4; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 7; Stöber, § 83 Rz. 2.2. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 3; Stöber, § 83 Rz. 2.2.
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Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung
Rz. 19 § 85
gang „in dem Versteigerungstermine“ handelt, sondern ähnlich wie bei Anmeldungen nach § 37 ZVG um eine vorherige schriftliche Geltendmachung.59 Letztlich unterbindet der Wortlaut des Gesetzes auch eine vorsorgliche Antragstellung nicht. Denn dort ist nur von einem Antrag „vor dem Schluss der Verhandlung“ die Rede. Dass eine solche vorbeugende Antragstellung von einer ungenügenden Höhe des Meistgebotes abhängt, ist nach allgemeinen Regeln eine zulässige innerprozessuale Bedingung. Sofern sich der betroffene Beteiligte vertreten lässt, bedarf es aber der öffentlichen Beglaubigung der Vollmachtsurkunde nach § 71 Abs. 2 ZVG. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes, der auf den Schluss der Verhandlung abstellt, ist ein Antrag nach der Verhandlung über den Zuschlag etwa durch nachgereichten Schriftsatz auch bei Anberaumung eines Verkündungstermins nicht möglich.60 Erst recht ist die Antragstellung im Rechtsmittelverfahren ausgeschlossen.
III. Die Unwiderruflichkeit des Antrags Der Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG ist als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich. Im Gegensatz zu demjenigen nach § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG kann er auch nicht zurückgenommen werden.61 Denn er dient nicht ausschließlich dem Schutz des Antragsstellers, auf den dieser verzichten kann, sondern verbessert darüber hinaus mit der Fiktion nach § 85 Abs. 3 ZVG und der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz auch die Rechtslage anderer Beteiligter, was ihnen nicht durch einseitige Erklärung wieder genommen werden darf. Vor diesem Hintergrund ist es misslich, dass die Nichtleistung einer Sicherheit zur Zurückweisung des Antrags und zur Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden führt, da dies im Ergebnis wie eine Antragsrücknahme wirkt.62 Auch eine Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB scheidet daher aus. Dabei kann dahinstehen, ob dies schon aus der Fiktion des § 85 Abs. 3 ZVG folgt, da doch selbst ausdrücklich abgegebene Gebote nach h.M. wegen Irrtums angefochten werden können. Denn von einer Anfechtung wäre auch die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz betroffen, die den hierdurch Begünstigten nicht ohne ihr Zutun genommen werden darf, wurden sie doch um die Befriedigung aus dem Meistgebot gebracht.
18
D. Das Verfahren I. Die Entscheidung über den Antrag Sofern nach Auffassung des Gerichtes die Voraussetzungen eines Antrags nach § 85 Abs. 1 19 ZVG nicht gegeben sind, bedarf es keiner separaten Entscheidung hierüber. Das Gericht kann ihn im Zusammenhang mit der Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden bescheiden.63 Allerdings muss die Zuschlagsentscheidung dann begründet werden.64 Wenn abgesehen von § 74a ZVG andere Versagungsgründe neben dem Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG vorliegen, sind diese vorrangig. Denn die Bestimmung eines neuen Termins nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Zuschlag ansonsten zu erteilen wäre.65 Bei Heilung oder Genehmigung eines solchen Mangels ist § 85 ZVG wieder anzuwenden.66 Soweit das Gericht die Voraussetzungen 59 Vgl. Steiner/Storz, § 80 Rz. 6. 60 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 3; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 7; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 4. 61 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 7; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 9; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 5; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.2. 62 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 9. 63 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 9; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 10; Stöber, § 85 ZVG Rz. 3.1. 64 Stöber, § 85 ZVG Rz. 3.1. 65 Mat., 55; Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 9; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 5; Stöber, § 85 ZVG Rz. 3.2. 66 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 5.
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§ 85 Rz. 19 Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung des Antrags für gegeben ansieht, hat es den Zuschlag zu versagen.67 Dies wirkt nach § 86 ZVG wie eine einstweilige Einstellung, führt also (erst) nach Rechtskraft des Beschlusses gemäß § 72 Abs. 3 ZVG zum Erlöschen des bisherigen Meistgebotes.68 Eine Begründung dieses Beschlusses ist in jedem Falle zwingend erforderlich.69 Sofern die Zulässigkeit der Bestimmung eines neuen Termins nach § 85 Abs. 1 ZVG streitig ist, hat das Gericht die maßgeblichen Vorgänge nach § 78 ZVG überdies zu protokollieren.70 Bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung bleibt der Meistbietende an sein Gebot gebunden, da die Versagung des Zuschlags durch Rechtsmittel beseitigt und der Zuschlag erteilt werden kann.71 Ein unrichtiges Verfahren, etwa die Aufhebung des Termines unter Bestimmung eines neuen ohne Versagung des Zuschlags lässt die Bindung aber nach § 72 Abs. 3 ZVG erlöschen.72
II. Mehrheit von Anträgen 20
Jedenfalls theoretisch ist es denkbar, dass mehrere Anträge nach § 85 Abs. 1 ZVG gestellt werden. In diesem Fall ist ein späterer nicht schon im Hinblick auf den voraufgegangenen (etwa mangels Rechtsschutzbedürfnisses) unzulässig. Denn es kann durchaus sein, dass der frühere Antragsteller die Voraussetzungen für die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins nicht erfüllt, etwa eine geforderte Sicherheit nicht erbringt. Die Zurückweisung des späteren Antrags hätte dann zur Folge, dass dem Meistbietenden der Zuschlag erteilt werden müsste, was erkennbar nicht interessengerecht wäre. Deshalb ist darauf abzustellen, wer zuerst sämtliche Voraussetzungen für die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins erfüllt. Seinem Antrag ist dann stattzugeben.73
III. Rechtsmittel 21
Die Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes ist bei Erfolg wie bei Misserfolg des Antrags nach § 85 Abs. 1 ZVG gleichermaßen mit der Zuschlagsbeschwerde anzugreifen. Beim Misserfolg ergibt sich die Berechtigung des Antragstellers gemäß § 97 Abs. 1 ZVG schon aus seiner Beteiligtenstellung. Diese Vorschrift eröffnet aber auch allen anderen Beteiligten und dem Meistbietenden die Überprüfung des Zuschlagsbeschlusses, auch wenn sie selbst keinen Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG gestellt haben. Der Meistbietende ist nach § 97 Abs. 1 ZVG ebenfalls beschwerdebefugt, sofern ihm der Zuschlag zu Unrecht nicht erteilt wurde, etwa deswegen, weil der Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG zu spät gestellt wurde. Er kann aber sein Rechtsmittel wegen § 100 Abs. 2 ZVG nicht auf die Verletzung der Rechte Dritter (etwa auf die unterbliebene Leistung einer Sicherheit) stützen.74 Sofern der Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG zu Unrecht zurückgewiesen oder übergangen wurde, hat das Rechtsmittelgericht nach § 101 Abs. 1 ZVG den Zuschlag selbst zu versagen. Da die Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins keine Entscheidung in der Hauptsache ist, kann es aber diese Entscheidung dem Rechtspfleger überlassen. Bei Versagung des Zuschlags können neben den Gläubigern auch der Meistbietende Zuschlagsbeschwerde einlegen. Im Erfolgsfalle hat das Rechtsmittelgericht nach § 101 Abs. 1 ZVG den Zuschlag selbst zu erteilen. 67 Motive, S. 234. 68 Motive, S. 234; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 17; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 8; Stöber, § 85 ZVG Rz. 2.5 u. 3.3. 69 Stöber, § 85 ZVG Rz. 3.3. 70 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 9. 71 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 8; Stöber, § 85 ZVG Rz. 3.3. 72 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 8. 73 Im Ergebnis ebenso Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 11. 74 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 8.
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Rz. 23 § 85
IV. Der neue Versteigerungstermin 1. Bestimmung des Termins Mit der stattgebenden Entscheidung hat das Vollstreckungsgericht einen neuen Versteigerungstermin zu bestimmen. Dies geschieht, da der Antrag nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG schon gestellt ist, von Amts wegen.75 Eine Bestimmung schon in der Entscheidung über die Versagung des Zuschlags wird häufig praktisch sein, ist aber vom Gesetz nicht vorgeschrieben.76 Jedenfalls bleibt die separate Terminsbestimmung ohne Folgen, da ansonsten ein formaler Mangel ohne Genehmigung nach § 84 ZVG zwingend zur Anfechtbarkeit des Zuschlags führen würde. Im Übrigen gelten die §§ 35 ff. ZVG.77 Die bisherigen Beteiligten sowie weitere (etwa aufgrund neuer Anmeldungen) sind schon nach § 41 Abs. 1 ZVG zu laden. Da der Meistbietende im früheren Termin kein Beteiligter nach § 9 ZVG ist, bestimmt § 85 Abs. 2 ZVG, dass die Terminsbestimmung auch ihm zuzustellen ist.78 Ein Verstoß gegen diese Bestimmung führt aber nicht zur Nichterteilung bzw. Anfechtbarkeit des Zuschlags, da ein nach § 100 Abs. 1 ZVG erheblicher Beschwerdegrund nicht vorliegt. Denn §§ 83 Nr. 1, 43 Abs. 2 ZVG stellen ausschließlich auf die Beteiligten nach § 9 ZVG ab.79
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2. Die Durchführung des neuen Versteigerungstermins Bei der Durchführung des neuen Versteigerungstermins ist wie im vorangegangenen zu verfahren. Es handelt sich um einen vollwertigen ersten Termin, nicht nur um eine Fortsetzung des früheren.80 Insbesondere ist das geringste Gebot neu festzusetzen, das sich durch fortlaufende Zinsen verändert haben kann, aber auch durch neue Anmeldungen.81 Denn neben den früheren Anmeldungen nach § 37 ZVG, die nicht wiederholt werden müssen, sind auch neue möglich; § 66 Abs. 2 ZVG gilt nicht. Die Fiktion des § 85 Abs. 3 ZVG hat auf die Festsetzung des geringsten Gebotes keine Auswirkungen.82 Erreicht ein Gebot das frühere Meistgebot zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % nach § 49 Abs. 2 ZVG, § 246 BGB83 und Mehrkosten etwa für weitere Ladungen nicht, so ist es unzulässig.84 Wird kein höheres Gebot abgegeben als das nach § 85 Abs. 3 ZVG fingierte, ist letzterem der Zuschlag zu erteilen. Da es sich bei dem Gebot nach § 85 Abs. 3 ZVG um eine Fiktion handelt, ist der Zuschlag auch dann zu erteilen, wenn der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG nicht im Termin erschienen ist.85 Auch seiner Anhörung bedarf es nicht, da es sich um eine gesetzliche Folge seines Antrags handelt und eine andere Entscheidung ohnehin nicht ergehen kann. Da der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG gar nicht zugegen sein muss, kann ihm auch keine Sicherheit nach § 67 ZVG abverlangt werden. Dies ist indessen unschädlich, da er auf Verlangen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG bereits eine höhere Sicherheit leisten musste.86 Wird der Zuschlag gleichwohl nicht erteilt, kann nach 75 76 77 78 79 80 81 82 83
Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 17. A.A. offenbar Stöber, § 85 ZVG Rz. 3.4. Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 18; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 8; Stöber, § 85 ZVG Rz. 3.4. Stöber, § 85 ZVG Rz. 3.4. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 8. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 10; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 18; Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.1. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 10; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 18; Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.3. Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 20; Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.3. Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 11; Böttcher, § 85 ZVG Rz. 6 u. 8; bei den Zinsen ist der alte Termin einzuberechnen, der neue nicht, s. Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.3. 84 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 11; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 19; Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.3. 85 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 11; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 19; Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.2. 86 A.A. bei der Abgabe weiterer Gebote Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 10. Dies ist aber teilweise schon durch die Änderung des Gesetzestextes (hinsichtlich der Sicherheitsleistung durch Wertpapiere) überholt. Im Übrigen ist nicht einzusehen, wieso bei einem Übergebot von wenigen Euro insgesamt eine neue Sicherheit erforderlich sein soll.
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§ 85 Rz. 23 Antrag auf Zuschlagsversagung mit neuer Versteigerung § 97 Abs. 1 ZVG jeder Beteiligte Zuschlagsbeschwerde einlegen. Eine Ausnahme von oben Gesagtem gilt dann, wenn das nach § 85 Abs. 3 ZVG fingierte Gebot etwa aufgrund nachträglicher Veränderungen durch neue Anmeldungen oder den Wegfall vorrangiger Gläubiger mit vergleichsweise geringen Ansprüchen das geringste Gebot unterschreitet.87 In diesem Fall ist das Verfahren nach § 77 Abs. 1 ZVG einstweilen einzustellen und bei Ergebnislosigkeit auch des zweiten Termins aufzuheben.88 Die Fiktion des § 85 Abs. 3 ZVG gilt entgegen § 72 Abs. 3 ZVG bis zum Zuschlag bzw. der Aufhebung des Verfahrens fort, da § 85 ZVG insoweit eine Spezialregelung darstellt.89 In Fall der Verfahrensaufhebung hat der Antragsteller nach § 85 Abs. 1 ZVG den Gläubigern gegen Abtretung ihrer Rechte Schadensersatz zu leisten.90
E. Alternativen zum Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG I. Für den bestrangig betreibenden Gläubiger 24
Der bestrangig betreibende Gläubiger erreicht dieselben Rechtsfolgen wie nach einem Antrag auf Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins durch Bewilligung der einstweiligen Einstellung gemäß § 30 ZVG nach der Bietstunde, ohne selbst als Bieter nach § 85 Abs. 3 ZVG angesehen zu werden oder gar darüber hinausgehenden Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sein.91 Auch dann erlischt das Meistgebot durch die Versagung des Zuschlags nach § 72 Abs. 3 ZVG. Ein Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG kommt für ihn also allenfalls dann in Betracht, wenn er die einstweilige Einstellung bereits zweimal bewilligt hat.92
II. Für den Schuldner 25
Der Schuldner kann sich gegen ein erkennbar zu geringes Gebot, das auf eine Verschleuderung seines Grundstücks hinausläuft, mit einem Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO wehren, ohne sich der Schadensersatzverpflichtung nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ZVG bzw. der Fiktion des § 85 Abs. 3 ZVG auszusetzen.93 Bei vorrangigen Gläubigern mit vergleichsweise geringen Ansprüchen (insbesondere aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) kommt auch eine Ablösung nach § 75 ZVG in Betracht.94 Die hierfür erforderlichen Mittel sind in jedem Falle leichter aufzubringen als die Sicherheitsleistung nach § 85 Abs. 1, Satz 1, 2 ZVG.
III. Bei Einigkeit der Beteiligten über den Mindesterlös 26
Sind sich alle Beteiligten vorab darüber einig, dass der Zuschlag nicht unter einem bestimmten Mindestgebot erfolgen soll, können sie dies als besondere Versteigerungsbedingung nach § 59 ZVG festsetzen.95 Dies kann aber nur vorab erfolgen. Wurde ohne eine solche abweichende Versteigerungsbedingung ausgeboten, hat der Meistbietende einen Anspruch auf Erteilung 87 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 10; Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.3. 88 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 10, unklar insoweit Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.4, der so verstanden werden könnte, als fände § 77 Abs. 2 Satz 1 ZVG überhaupt keine Anwendung. Eine unbeschränkte Fortsetzung des Verfahrens ohne hinreichende Gebote ist aber in § 85 ZVG nicht vorgesehen und wäre den Beteiligten auch nicht zuzumuten; ähnlich schon Motive, S. 234. 89 Stöber, § 85 ZVG Rz. 4.2; vgl. o. Rz. 12. 90 S.o. Rz. 8 ff. 91 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2; Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 2. 92 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 2. 93 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 2. 94 Steiner/Storz, § 85 ZVG Rz. 2. 95 Jaeckel/Güthe, § 85 ZVG Rz. 1.
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Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
§ 85a
des Zuschlags, der ihm auch bei Einigkeit der Beteiligten nach § 9 ZVG nicht mehr genommen werden kann. Denkbar ist neben dem Antrag nach § 85 Abs. 1 ZVG allerdings die Bewilligung der einstweiligen Einstellung.
§ 85a [Zuschlagsversagung bei Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes] (1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht. (2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden. (3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.
A. B. I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. 1. 2. C. I. II. D. I.
Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuschlagsversagung nach Absatz 1 . . Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . Berücksichtigung bestehen bleibender Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Belehrungspflichten . . . . . . . . . . . . Mehrere Grundstücke . . . . . . . . . . . Eigengebote des Gläubigervertreters (Scheingebote) . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 1 . . . . . . Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 2 . . . . . . Wirkung der Zuschlagsversagung nach Absatz 1 (Absatz 2) . . . . . . . . . Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins . . . . . . . . . . . . . . . . Einmaligkeit der Anwendung . . . . . . Ausnahmen von Absatz 1 (Absatz 3) . Gebot eines aus dem Grundstück Befriedigungsberechtigten . . . . . . . .
Rz. 1 3 3 5 7 12 15 16 24 26
1. 2. 3. 4.
5. II. 1. 2.
26 27 28 28 31 37 37
E. I. II.
Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebot eines Befriedigungsberechtigten Berechnung des Ausfallbetrages . . . . Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 600.000,00 Euro, Fall 1 . . . b) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 600.000,00 Euro, Fall 2 . . . Problemfälle . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenrechte . . . . . . . . . . . . . . Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 1 . . . b) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 2 . . . c) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 3 . . . d) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 600.000,00 Euro, Fall 4 . . . Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . Abtretung des Meistgebots, § 81 Absatz 2 . . . . . . . . . . . . . . . Meistbietender in verdeckter Vertretungsvollmacht, § 81 Absatz 3 . . . .
Abramenko und Traub
. . . .
Rz. 37 39 40 44
. 44 . . . . .
45 46 48 48 49
. 49 . 50 . 51 . 52 . 54 . 54 . 60
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§ 85a Rz. 1 Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes Literatur (Auswahl): Alff, Zur Bedeutung des Zuzahlungsbetrages nach § 51 Abs. 2 ZVG in der Zwangsversteigerung, RpflStud 2003, 114; Drischler, Zuschlagserteilung und Zuschlagsversagung unter Berücksichtigung der §§ 74a, 85a ZVG, JurBüro 1982, 1121; Haselblatt, Scheingebote im Zwangsversteigerungsverfahren oder: Werden Gläubigervertreter noch ernst genommen?, NJW 2006, 1320; Hornung, Kein Ausschluss der Schutzgrenzen nach ergebnisloser Versteigerung, Rpfleger 2000, 263; Keller, Die Erhaltung der „5/10-Grenze“ bei ergebnisloser Zwangsversteigerung und die Rechte des insolventen Schuldners, ZfIR 2008, 134; Kirsch, Ergebnislose Zwangsversteigerung, Rpfleger 2000, 147; Meerhoff, Festsetzung eines Zuzahlungsbetrags gem. § 51 ZVG, ZfIR 2013, 494; Muth, Zur Zuschlagserteilung nach § 85a Abs. 3 ZVG, Rpfleger 1985, 45; Muth, Hinweis- und Belehrungspflicht bei Zuschlagserteilung nach § 85a Abs. 3 ZVG, Rpfleger 1986, 417; Scherer, Die Anrechnung der Sicherungsgrundschuld bei § 85a ZVG, Rpfleger 1984, 259; Scherer, Nochmals: Zur Zuschlagserteilung nach § 85a ZVG, Rpfleger 1985, 181; Wedekind, „Fair trail“ – Ist die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit der Eigengebote von Gläubigern eigentlich verfassungsgemäß?, ZfIR 2012, 163.
A. Allgemein 1
Bis zur Einführung der absoluten Zuschlagsversagungsgrenze des § 85a war der Schuldner im Zwangsversteigerungsverfahren relativ schutzlos, wenn eine Verschleuderung des Grundbesitzes durch ein Meistgebot, das weit unter dem Verkehrswert blieb, drohte. Ihm blieb in diesem Falle nur als letzte Möglichkeit die Stellung eines Antrages gemäß § 765a ZPO. Durch Gesetz vom 1.2.19791 wurde daher die absolute Zuschlagsversagungsgrenze des § 85a für den im Rechtsinne ersten Versteigerungstermin im Gesetz installiert. Mit der Einführung des § 85a wurde ein Mindestmaß des aus Art. 14 GG folgenden Eigentumsschutzes umgesetzt, wobei dieser gesetzliche Schutz nur für den jeweils im Rechtsinne ersten Versteigerungstermin gilt. Eine vorhergehende Einstellung gemäß § 30 nach Schluss der Bietzeit oder eine Einstellung nach § 77 lässt die Grenze des § 85a nicht entfallen. Mit § 85a ist klargestellt, dass eine von Amts wegen zu beachtende sittenwidrige Verschleuderung des Grundbesitzes im ersten Versteigerungstermin nicht vorliegt, wenn ein Meistgebot über 50 % des festgesetzten Verkehrswertes abgegeben wurde2. § 85a schließt die Anwendbarkeit des § 765a ZPO nicht aus, schränkt sie aber im ersten Termin ein. Für einen (im Rechtsinne) zweiten Versteigerungstermin ist dagegen die Antragstellung gemäß § 765a ZPO mit dem Einwand der sittenwidrigen Verschleuderung gegeben, da § 85a nur einmal im Verfahren Anwendung finden kann.
2
§ 85a gilt für alle Versteigerungsverfahren des ZVG, also auch für die Insolvenzverwalterversteigerung und die Zwangsversteigerungsverfahren zur Aufhebung der Gemeinschaft3. Nur bei der Versteigerung von Seeschiffen ist gemäß § 169a die Anwendung von § 85a ausgeschlossen, da bei Seeschiffen keine Wertfestsetzung nach § 74a vorgesehen ist. § 85a ist ebenso ausgeschlossen bei der Versteigerung von ausländischen Schiffen.
1 Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften v. 1.2.1979, BGBl. I, 127. 2 OLG Hamm v. 26.11.1991 – 15 W 317/91, MDR 1992, 613 = Rpfleger 1992, 211 (bei 56 % des Verkehrswertes); OLG Karlsruhe v. 21.4.1993 – 11 W 15/93, Rpfleger 1993, 413 (bei 62 % des Verkehrswertes); Dassler u.a./Hintzen, § 85a Rz. 2. 3 OLG Düsseldorf v. 13.10.1980 – 3 W 207/80, NJW 1981, 235 = Rpfleger 1981, 69; Böttcher, § 85a ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 2; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 3.
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Traub
Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
Rz. 5 § 85a
B. Zuschlagsversagung nach Absatz 1 I. Allgemein § 85a ist eine im ersten Versteigerungstermin von Amts wegen zu beachtende Vorschrift. Die Vorschrift kann nicht abbedungen werden, auch nicht über § 594. Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 vor, hat zwingend die Zuschlagsversagung zu erfolgen. Die Interessenlage der Beteiligten spielt, im Gegensatz zur Entscheidung nach § 74a, für die Entscheidung keine Rolle. Der bestrangig betreibende Gläubiger kann diese Konsequenz nur durch eine mögliche Einstellungsbewilligung gemäß § 30 oder Antragsrücknahme gemäß § 29 nach Schluss der Versteigerung vermeiden. Eine daraufhin zu erfolgende Zuschlagsversagung gemäß § 33 führt dazu, dass in einem weiteren (nunmehr wiederum ersten) Versteigerungstermin die Zuschlagsversagungsgrenzen der §§ 74a und 85a weiterhin Anwendung finden.
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Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschlagsversagungsgründe geht eine Entscheidung gemäß § 33 ZVG auf Grund einer bewilligten Einstellung oder Antragsrücknahme der Entscheidung gemäß § 85a vor, da der bestrangig betreibende Gläubiger auf Grund „seines“ Antrages auf Durchführung des Versteigerungsverfahrens „Herr“ des Verfahrens ist. Liegen Zuschlagsversagungsgründe gemäß § 85a und § 74a vor, so erfolgt die Entscheidung gemäß § 85a. Der Antrag gemäß § 74a bleibt aber bis zur Rechtskraft der Zuschlagsversagung wirksam, wird aber nicht entschieden5. Gleiches gilt im Verhältnis § 85a zu § 765a ZPO, die Entscheidung nach § 85a geht vor6
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II. Voraussetzung Grundlage der Zuschlagsversagung gemäß § 85a ist ein wirksames Meistgebot, das einschließlich des Kapitalwertes der bestehenbleibenden Rechte unter der Hälfte des Grundstückwertes bleibt. Das Meistgebot muss nach der allgemeinen Vorschrift des § 71 Absatz 1 wirksam sein7. Ein wirksames Gebot kann unter 50 % des Verkehrswertes abgegeben werden, es muss nur das Mindestgebot gemäß § 49 erreichen8. Auch für ein Gebot unter der absoluten Zuschlagsversagungsgrenze ist auf Verlangen des Berechtigten gemäß § 67 Sicherheit zu leisten, da eventuell ein Ausnahmetatbestand des Absatzes 3 vorliegen kann. Ein von einem erwerbswilligen Bieter abgegebenes Meistgebot unter der Hälfte des Verkehrswertes mit der Intention, im ersten Termin die Grenzen der §§ 74a und 85a zu Fall zu bringen, um dann den Grundbesitz in einem weiteren Termin für ein Gebot unter 50 % des Verkehrswertes zu erwerben, ist weder verwerflich noch unzulässig9. Es kann daher auch nicht gemäß § 71 zurückgewiesen werden, da es weder rechtsmissbräuchlich noch ein sogenanntes Scheingebot (in der Praxis aber schwierig feststellbar) ist. 4 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 1; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 11; kritisch hierzu Bartels, Der Verzicht auf den gesetzlichen Vollstreckungsschutz, Rpfleger 2008, 197 (hält Verzicht des Schuldners für zulässig). 5 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 1; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 61; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 12. 6 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 1; Depré/Bachmann, § 74a ZVG Rz. 62; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 12. 7 Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 5. 8 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 = MDR 2006, 708 = Rpfleger 2006, 144 m. Anm. Hintzen; BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, BGHZ 172, 318 = MDR 2007, 1453 = NJW 2007, 3279 = Rpfleger 2007, 483; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 7. 9 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 = MDR 2006, 708 = Rpfleger 2006, 144 m. Anm. Hintzen; BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, BGHZ 172, 318 = MDR 2007, 1453 = NJW 2007, 3279 = Rpfleger 2007, 483; LG Kassel v. 30.5.1986 – 2 T 179/86, Rpfleger 1986, 397; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 7.
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§ 85a Rz. 6 Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes 6
Zur Behandlung von Geboten des Terminsvertreters der Gläubigerin siehe Rz. 16. Bezugsgröße für die Gebotshöhe ist der Grundstückswert. Dieser ist durch die Verweisung in Absatz 2 Satz 1 der nach § 74a Absatz 5 (rechtskräftig) festgesetzte Grundstückswert (Verkehrswert)10. Weder für die Durchführung des Versteigerungstermins11 noch für die Entscheidung über den Zuschlag12 ist die (formelle) Rechtskraft des Verkehrswertfestsetzungsbeschlusses erforderlich. Ist ein Rechtsmittelverfahren gegen die Verkehrswertfestsetzung anhängig oder in Aussicht (sollte bei einer ordentlichen Terminierung aber nicht der Fall sein), sollte die formelle Rechtskraft des Verkehrswertbeschlusses abgewartet werden und gemäß § 87 ein gesonderten Verkündungstermin zur Entscheidung über den Zuschlag anberaumt werden13.
III. Berücksichtigung bestehen bleibender Rechte 7
Bei der Prüfung der Frage, ob das Meistgebot unter der Hälfte des festgesetzten Verkehrswertes bleibt, ist dem Bargebot gemäß § 49 ZVG der Wert der bestehenbleibenden Rechte hinzuzurechnen14. Unter bestehenbleibende Rechte fallen sowohl die Rechte, die gemäß den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen gemäß § 52 oder § 59 bestehen bleiben, als auch die Rechte, die außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleiben, wie das Leibgeding gemäß § 9 EGZVG oder die gemäß § 914 BGB nicht eingetragenen Rechte wie z.B. die Überbaurente15.
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Zu berücksichtigen sind die auf Geldzahlungen gerichteten Rechte (Hypothek, Grundschuld) in Höhe des im Grundbuch eingetragenen Nominalbetrages, Rentenschulden mit der Ablösungssumme16. Bei der Berechnung spielt die persönliche Forderung des eingetragenen Grundpfandgläubigers keine Rolle, da der Meistbietende das bestehenbleibende Recht in seinem dinglichen Umfang zu übernehmen hat17. Für die Entscheidung nach § 85a ist auch ohne Belang, ob die eingetragenen Rechte zwischenzeitlich Eigentümerrechte geworden sind oder dem Schuldner auf Grund der Sicherungsabrede bei einer Sicherungsgrundschuld Rückgewährsansprüche zustehen. Für die Entscheidung nach Absatz 1 ist ebenso die Person des Rechtsinhabers irrelevant, da es nur auf den zahlenmäßigen Betrag des Rechts ankommt.
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Bei bestehenbleibenden Rechten der Abteilung II des Grundbuches, die keinen Kapitalbetrag aufweisen, ist der nach § 51 Absatz 2 festgesetzte Zuzahlungsbetrag für die Berechnung maßgebend18. 10 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 14; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 4; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 6. 11 BGH v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, MDR 2008, 1185 = NJW-RR 2008, 1741 = ZfIR 2008, 685 m. Anm. Böttcher. 12 Dassler u.a./Hintzen, § 83 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 99. 13 OLG Hamm v. 15.9.1999 – 15 W 283/99, Rpfleger 2000, 120; OLG Düsseldorf v. 13.10.1980 – 3 W 207/80, Rpfleger 1981, 69; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 5. 14 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 3, Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 3; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 6. 15 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 6. 16 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 16; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 11. 17 BGH v. 27.2.2004 – IXa ZB 135/03, NJW 2004, 1803 = MDR 2004, 771 = Rpfleger 2004, 432; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 16; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 3; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 7. 18 LG Hamburg v. 26.11.2002 – 328 T 107/02, Rpfleger 2003, 142; Böttcher, § 85a ZVG Rz. 3, Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 17; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 12; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 6; Alff, Alternative Verkehrswertfestsetzung im Versteigerungsverfahren, Rpfleger 2003, 113.
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Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
Rz. 13 § 85a
Hinsichtlich der Ermittlung und Festsetzung des Zuzahlungsbetrages wird auf die Kommentierung zu §§ 50, 51 und die Ausführungen von Meerhoff19 und Alff20 verwiesen. Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist die Behandlung der gemäß § 52 Abs. 2 S. 2 a) und b) bestehen bleibenden Rechte. Nach Ansicht Böttcher21 bleiben diese Rechte außerhalb des geringsten Gebots bestehen, nach Ansicht Stöber22 als Teil des geringsten Gebots. Hauptproblemfall in der Praxis stellt die „versteigerungsfeste“ Erbbauzinsreallast gemäß § 9 Abs. 3 ErbbauRG dar. Für diese Erbbauzinsreallast ist aber nach der hier vertretenen Ansicht ein Zuzahlungsbetrag gemäß § 51 ZVG festzusetzen23. Hinzuweisen und dementsprechend vom Vollstreckungsgericht auch gemäß § 139 ZPO zu belehren ist über den Tatbestand, dass auch die „versteigerungsfeste“ Erbbauzinsreallast erlischt, wenn das Verfahren auf Grund Ansprüchen aus der Rangklasse des § 10 I Nr. 3 betrieben wird24. Gleiches gilt auch für die in § 52 Abs. 2 S. 2 b) aufgeführten Dienstbarkeiten25.
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Nicht in die Berechnung des wirtschaftlichen Wertes des Meistgebots fließen die Rechte ein, die auf Grund einer Liegenbelassungserklärung gemäß § 91 Absatz 2 bestehen bleiben sollen26.
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IV. Belehrungspflichten Bei Vorliegen des Tatbestandes nach Absatz 1 ist in der Literatur unbestritten, dass eine erhöhte Hinweis- und Belehrungspflicht des Gerichtes nach § 139 ZPO nicht gegeben ist. Es ist ausreichend, im allgemeinem Bekanntmachungsteil nach § 66 auf die Verkehrswertfestsetzung und die daraus resultierenden Zuschlagsversagungsgrenzen der §§ 74a und 85a hinzuweisen und zu belehren27.
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Diffiziler stellt sich die Sachlage dar, wenn ein Ausnahmetatbestand des Absatzes 3 vorliegt. Die Literaturmeinung ging bislang davon aus, dass eine gesteigerte Hinweis- und Belehrungspflicht gemäß § 139 ZPO nur ausnahmsweise gefordert sei, wenn offensichtlich ist, dass ein Beteiligter die für ihn nachteilige Rechtslage nicht erkennt oder die Folgen nicht richtig einschätzt28. Eine generelle Belehrungspflicht für geschäftserfahrene und versteigerungserfahrene Gläubiger, wie Sparkassen und Banken29, als auch für Gemeinden30 wurde von der Rechtsprechung verneint.
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19 Meerhoff, Festsetzung eines Zuzahlungsbetrags gem. § 51 ZVG, ZfIR 2013, 494. 20 Alff, Zur Bedeutung des Zuzahlungsbetrages nach § 51 Abs. 2 ZVG in der Zwangsversteigerung, RpflStud 2003, 114. 21 Böttcher, § 52 ZVG Rz. 7; so wohl auch Dassler/Hintzen, § 52 ZVG Rz. 8. 22 Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 45. 23 So auch Depré/Bachmann, § 52 ZVG Rz. 25; Löhnig/Siwonia, § 52 ZVG Rz. 11; Stöber/Gojowczyk, § 52 ZVG Rz. 37. 24 Dassler u.a./Hintzen, § 52 ZVG Rz. 13; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 26; Stöber/Gojowczk, § 52 ZVG Rz. 36. 25 Böttcher, § 52 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 52 Rz. 17; Depré/Bachmann, 52 ZVG Rz. 18. 26 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 3; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 6. 27 Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 7. 28 LG Krefeld v. 31.8.1987 – 6 T 127/87, Rpfleger 1988, 34; Böttcher, § 85a ZVG Rz. 10; Dassler u.a./ Hintzen, § 85a ZVG Rz. 30; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 22; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 21. 29 OLG Schleswig v. 24.8.1983 – 1 W 49/83, JurBüro 1984, 1263. 30 OLG Oldenburg v. 12.1.1988 – 2 W 133/87, Rpfleger 1988, 277.
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§ 85a Rz. 14 Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes 14
Nunmehr ist eine Abkehr von dieser Meinung, die insbesondere von Muth31 vertreten wurde, sowohl bei Stöber32 als auch bei Hintzen33 und Cranshaw34 festzustellen. Bei Vorliegen der Konstellation des Absatzes 3 hat das Vollstreckungsgericht eine Hinweis- und Aufklärungspflicht über die Anwendung und Rechtsfolgen des Absatzes 3, ohne Rücksicht darauf, ob die Gläubiger durch erfahrene Terminsvertreter oder sogar durch Rechtsanwälte vertreten sind. Es kommt sogar die Gewährung von rechtlichen Gehör an abwesende Beteiligte und die Bestimmung eines gesonderten Zuschlagsverkündungstermin gemäß § 87 in Betracht, insbesondere bei einer Abweichung von einer zuvor gegenüber dem nichterschienen Beteiligten geäußerten Meinung35. Dies ist Ausfluss der vom BGH36 aufgestellten Maxime einer fairen Verfahrensgestaltung für alle Beteiligte (auch für Dritte), dass „das Vollstreckungsgericht eine umfassende tatsächliche und rechtliche Klärung aller für die Zuschlagsentscheidung erheblichen Gesichtspunkte herbeizuführen hat“.
V. Mehrere Grundstücke 15
Werden im Versteigerungstermin mehrere Grundstücke versteigert, so ist für jedes Einzelausgebot die Prüfung gemäß § 85a Absatz 1 vorzunehmen. Wird zu den Einzelausgeboten auch das Gesamtausgebot durchgeführt und ist das Ergebnis des Gesamtausgebotes höher als die Summe der Einzelausgebote, so ist für das Gesamtausgebot die Frage des § 85a zu prüfen. Ist das Gesamtausgebot gemäß § 85a nicht zuschlagsfähig, so kommen für die Zuschlagserteilung die Einzelausgebote, sofern sie 50 % des jeweiligen Verkehrswertes übersteigen, in Betracht, selbst wenn nicht auf alle Einzelausgebote ein Gebot abgegeben wurde37.
VI. Eigengebote des Gläubigervertreters (Scheingebote) 16
Nach der Ansicht des BGH38 liegt mittlerweile eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zur Wirksamkeit und Behandlung von Eigengeboten unter der Hälfte des Verkehrswertes des Gläubigervertreters bzw. eines vom Gläubiger beauftragten Dritten vor. Es besteht daher auch kein Grund, einem Kreditinstitut im Klagewege auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu untersagen, im Zwangsversteigerungsverfahren gegen einen Verbraucher selbst oder durch Dritte Gebote abzugeben, die den ausschließlichen Zweck hätten, die Rechtsfolgen gemäß § 85a Absatz 1, 2 herbei zu führen.
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Die Eigengebote des Gläubigervertreters bzw. eines von dem Gläubiger zur Abgabe eines Gebotes unter 5/10 des Verkehrswertes beauftragten Dritten mit dem alleinigen Ziel, die Schutzgrenzen der §§ 74a und 85a in Wegfall zu bringen, seien rechtsmissbräuchlich und daher gemäß § 71 Absatz 1 als unwirksam zurückzuweisen.
31 Muth, Hinweis- und Belehrungspflicht bei Zuschlagserteilung nach § 85a Abs. 3 ZVG?, Rpfleger 1986, 417. 32 Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 21. 33 Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 30. 34 Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 36. 35 LG Bonn v. 7.3.1988 – 4 T 52/88, Rpfleger 1989, 211. 36 BGH v. 5.10.2006 – V ZB 2/06, MDR 2007, 426 = NJW-RR 2007, 165 = DNotZ 2007, 37 = Rpfleger 2007, 93; so auch schon OLG Hamm v. 21.3.1986 – 15 W 77/86, Rpfleger 1986, 441. 37 BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff = ZfIR 2013, 108 m. Anm. Steffen; OLG Frankfurt v. 19.5.1995 – 15 W 25/95, Rpfleger 1995, 512; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 6; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 10. 38 BGH v. 15.11.2012 – I ZR 128/11, BeckRS 2013, 07773 = WM 2013, 920.
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Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
Rz. 22 § 85a
Ausgangspunkt dieser „gefestigten“ Rechtsprechung ist die Entscheidung des BGH v. 24.11.200539, wonach ein Eigengebot des Terminvertreters der Gläubigerin (pauschal) unwirksam sei, wenn es, ohne dass der Gläubiger selbst einen Erwerbswillen habe, nur abgegeben wird, um damit in einem weiteren Versteigerungstermin einem anderen Bieter die Erteilung des Zuschlags auf ein Gebot unter 7/10 oder unter der Hälfte des Grundstückswerts zu ermöglichen. Ein Gebot eines erwerbsinteressierten Dritten sei dagegen weder rechtsmissbräuchlich noch unwirksam noch ein Scheingebot, selbst wenn es nur abgegeben wird, um in einem weiteren Termin den Grundbesitz günstig zu erwerben.
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Diese Entscheidung ist damals in Literatur und Schrifttum auf heftigste Ablehnung gestoßen40. Dies veranlasste den BGH, mit seiner Entscheidung vom 10.5.200741 mit ergänzender Begründung die Entscheidung vom 24.11.2005 fortzuführen. Hiernach ist nunmehr das Eigengebot des Gläubigervertreters im Zwangsversteigerungsverfahren, das ausschließlich darauf gerichtet ist, zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des Schuldners die Rechtsfolgen des § 85a herbeizuführen, rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam.
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Weiter wurde ausdrücklich festgestellt, dass bei dem Eigengebot eines Gläubigervertreters eine tatsächliche Vermutung für die missbräuchliche Absicht spricht, den von dem Gesetz bezweckten Schuldnerschutz zu unterlaufen.
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Mit Entscheidung vom 17.7.200842 führte der BGH seine Linie weiter fort. Auch das Gebot ei- 21 nes Beauftragten des Gläubigers, das ausschließlich darauf gerichtet ist, zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des Schuldners die Rechtsfolgen von § 85a Absatz 1 und 2 herbeizuführen, ist unwirksam. Im Gegensatz zum Eigengebot des Terminvertreters der Gläubigerin wird bei einem Gebot eines Beauftragten dieses Gebot nicht automatisch rechtsmissbräuchlich, sondern es muss der missbräuchliche Aspekt, d.h. das Unterlaufen des Schuldnerschutzes, positiv festgestellt werden. Für diesen Fall ist auch ohne Bedeutung, ob der Bieter zur Vertretung des Gläubigers berechtigt ist. Dagegen kann aber nicht erstmalig mit der Zuschlagsbeschwerde gerügt werden, dass im ersten Termin die Schutzgrenze des § 85a ZVG durch ein Gebot einer von der Gläubigerin beauftragten Firma zu Fall gebracht worden sei. Mit der Zuschlagsbeschwerde können nicht neue, dem Vollstreckungsgericht vor der Erteilung des Zuschlags nicht bekannten Tatsachen oder Beweismittel, zur Begründung vorgetragen werden43. Die Entscheidungen des BGH zu den Eigengeboten des Gläubigervertreters bzw. eines Beauftragten des Gläubigers stoßen weiterhin zu Recht in Literatur44 und Schrifttum45 auf Ablehnung. Zwar ist die Intention des BGH anzuerkennen, dem Schuldner den gesetzlichen Schutz vor Verschleuderung zu gewähren. Doch die von der Rechtsprechung den Gläubigern unterschwellig unterstellte Absicht, den Grundbesitz möglichst billig zu verwerten, entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten in der Praxis. Die Mehrzahl der Gläubiger ist bestrebt, das 39 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 98/05, MDR 2006, 708 = NJW 2006, 1355 = Rpfleger 2006, 144 m. abl. Anm. Hintzen = ZfIR 2006, 652 m. abl. Anm. Eickmann. 40 Eickmann, Urteilsanmerkung zu BGH v. 24.11.2005, ZfIR 2006, 653; Groß, Eigengebot eines Gläubigervertreters, BGH v. 24.11.2005 – V ZB 98/05, MDR 2006, 708 = Rpfleger 2007, 91; Haselblatt, Scheingebot im Zwangsversteigerungsverfahren oder: Werden Gläubigervertreter noch ernst genommen?, NJW 2006, 1320; Weis, Urteilsanmerkung zu BGH v. 24.11.2005, BKR 2006, 120. 41 BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, BGHZ 172, 218 = MDR 2007, 1453 = NJW 2007, 3279 m. Anm. Kinderlen/Storz = Rpfleger 2007, 617 m. Anm. Alff. 42 BGH v. 17.7.2008 – V ZB 1/08, BGHZ 177, 324 = MDR 2008, 1360 = Rpfleger 2008, 587 = ZfIR 2008, 684. 43 BGH v. 6.6.2013 – V ZB 185/12, juris. 44 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 9-12.2; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 21-29; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 36-38. 45 Groß, Das Eigengebot eines Terminvertreters ist wirksam, Rpfleger 2008, 545; Wedekind, „Fair trail“ – Ist die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit der Eigengebote von Gläubigern eigentlich verfassungsgemäß?, ZfIR 2012, 163.
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§ 85a Rz. 22 Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes bestmöglichste Verwertungsergebnis für alle Beteiligten zu erreichen. Heutzutage hat sich durch die Masse von Versteigerungen im Internet eine neue „Bieterklientel“ gebildet. Die starren Grenzen halten einen Großteil der möglichen Bieter ab, schon den ersten Versteigerungstermin wahrzunehmen, da sich im Bewusstsein der Bieter festgesetzt hat, es muss mindestens ein Betrag X geboten werden. Durch die starren Grenzen verzögert sich auch der Verfahrensablauf, da weitere Termine erforderlich sind um eine bestmöglichste Verwertung zu erreichen. Hier ist der Gesetzgeber aufgerufen, diese Verfahrensabläufe zu straffen, wie sich auch bei der ersten Anhörung zur vorgesehenen ZVG-Reform im BMJV46 gezeigt hat. 23
Auch führen die Entscheidungen des BGH dazu, dass der Gläubiger in seinen Verfahrensrechten beschnitten wird. Die Gründe einer Gebotsabgabe, die verfahrensrechtlicher Natur ist, haben das Vollstreckungsgericht nicht zu interessieren. Es bleibt jedem selbst überlassen, ob und in welcher Höhe er ein Gebot abgegeben möchte. Aus dem Gesetzeswortlaut von § 85a und § 71 ist nicht herzuleiten, warum ein Gebot von vornherein, nämlich aus der Person des Bieters, unzulässig sein soll. Es ist daher festzuhalten, dass nach der hier vertretenen Ansicht weiterhin Eigengebote des Terminvertreters des Gläubigers in Ausschöpfung seiner im Gesetz gegebenen taktischen Möglichkeiten zulässig sind.
VII. Entscheidung 24
Die Zuschlagsversagung nach Absatz 1 erfolgt durch einen gemäß § 87 am Schluss der Versteigerung oder in einem besonderen Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag zu verkündenden Beschluss47. Dieser Versagungsbeschluss ist zu begründen. Den anwesenden Beteiligten ist gemäß § 74 rechtliches Gehör zu gewähren. Eine gesonderte Zustellung des Versagungsbeschlusses erfolgt gemäß § 88 nicht, da die Zuschlagsversagung gemäß § 85a nicht die Wirkung einer einstweiligen Einstellung bzw. einer Aufhebung des Verfahrens nach § 86 hat, sondern die Fortsetzung des Verfahrens gemäß Absatz 2 unter Bezugnahme auf § 74a Absatz 3 von Amts wegen erfolgt.
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Gegen die Zuschlagsversagung gemäß Absatz 1 ist gemäß § 97 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß § 793 ZPO, § 11 Absatz 1 RPflG gegeben. Die Rechtsmittelfrist beginnt mit der Verkündung des Beschlusses. Anfechtungsberechtigt ist jeder betreibende Gläubiger, der Meistbietende, der ein gemäß § 71 wirksames Gebot abgegeben hat, sowie die eventuell nach § 81 Absatz 2, 3 Berechtigten. Der Vollstreckungsschuldner ist nicht anfechtungsberechtigt48, außer wenn anstelle der eigentlich richtigen Entscheidung gemäß § 71 Absatz 1 (Zurückweisung des Gebotes) rechtsfehlerhaft der Zuschlag auf ein unwirksames Gebot gemäß Absatz 1 versagt wurde49. Durch diese fehlerhafte Entscheidung würde die Schutzwirkung des § 85a zu Gunsten des Schuldners unterlaufen. Um dieses „Aushebeln“ der Schutzwirkung zu vermeiden ist dem Schuldner, auch unter Berücksichtigung von Artikel 14 GG, ein Rechtsmittelrecht in diesem Falle zuzugestehen. Nicht anfechtungsberechtigt sind dagegen nach dem Wortlaut des § 97 alle übrigen Beteiligten des Verfahrens, somit auch die nicht aktiv das Verfahren betreibenden Gläubiger.
46 Schmidberger, Quo vadis ZVG? – Bericht über die Veranstaltung „Reform des ZVG? Wo stehen wir heute?“, ZfIR 2013, 343. 47 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 20; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 9. 48 OLG Köln v. 21.11.1996 – 2 W 210/96, Rpfleger 1997, 176; Böttcher, § 97 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./ Hintzen, § 97 ZVG Rz. 7; Stöber/Achenbach, § 97 RZ. 13. 49 BGH v. 18.10.2007 – V ZB 75/07, NJW-RR 2008, 688 = MDR 2008, 229 = Rpfleger 2008, 147; Böttcher, § 97 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 97 ZVG Rz. 7; Stöber/Achenbach, § 97 RZ. 13.
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Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
Rz. 30 § 85a
Mit der Rechtskraft des Versagungsbeschlusses erlischt die Bindung des Bieters an sein Meistgebot gemäß §§ 86, 72 Absatz 350.
VIII. Beispiele 1. Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 1 Im Grundbuch eingetragen sind III/1 mit einer Grundschuld von 100.000,00 Euro (+ ange- 26 meldete Zinsen i.H.v. 50.000,00 Euro) und III/2 mit einer Grundschuld von 50.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 25.000,00 Euro). Die Gerichtskosten und öffentlichen Lasten betragen insgesamt 10.000,00 Euro. Der Gläubiger III/1 betreibt. Ein Dritter bleibt Meistbietender mit einem Bargebot in Höhe von 125.000,00 Euro. Der Zuschlag ist gemäß § 85a Absatz 1 zu versagen, da das Bargebot nicht 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes (150.000,00 Euro) erreicht. 2. Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 2 Im Grundbuch eingetragen sind III/1 mit einer Grundschuld von 100.000,00 Euro (+ ange- 27 meldete Zinsen i.H.v. 50.000,00 Euro) und III/2 mit einer Grundschuld von 50.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 25.000,00 Euro). Die Gerichtskosten und öffentlichen Lasten betragen insgesamt 10.000,00 Euro. Der Gläubiger III/2 betreibt. Ein Dritter bleibt Meistbietender mit einem Bargebot in Höhe von 60.000,00 Euro. Der Zuschlag ist zu erteilen, da das Bargebot (60.000,00 Euro) zzgl. des bestehenbleibenden Rechts von III/1 (100.000,00 Euro) 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes (150.000,00 Euro) übersteigt.
C. Wirkung der Zuschlagsversagung nach Absatz 1 (Absatz 2) I. Bestimmung eines neuen Versteigerungstermins Mit der rechtskräftigen Versagung des Zuschlags nach Absatz 1 erlöschen die im Versteigerungstermin abgegebenen Gebote gemäß §§ 86, 72. Eventuell geleistete Sicherheiten sind zurückzugeben.
28
Die rechtskräftige Zuschlagsversagung hat, anders wie bei der Versagung nach §§ 86, 33, nicht die Wirkung einer einstweiligen Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens. Das Zwangsversteigerungsverfahren geht von Amts wegen weiter. Mit der Verweisung über Absatz 2 Satz 1 auf § 74a Absatz 3 ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin, der keine Fortsetzung des bereits abgehaltenen Termins ist, gemäß §§ 36, 37 zu bestimmen, für den die Förmlichkeiten der §§ 39, 40, 41 einzuhalten sind. § 36 Absatz 2 gilt für diese Terminsbestimmung auf Grund der Sonderregelung in § 74a Absatz 3 nicht. In der Terminsbestimmung soll gemäß § 38 Absatz 1 Satz 2 auf die Versagung des Zuschlags gemäß § 85a hingewiesen werden.
29
Der Zeitraum zwischen den Versteigerungsterminen soll, sofern nicht nach den besonderen 30 Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, 50 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 22; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 9.
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§ 85a Rz. 30 Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes darf aber sechs Monate nicht übersteigen. Ein Verstoß gegen diese Ordnungsvorschrift ist aber unbeachtlich51.
II. Einmaligkeit der Anwendung 31
In diesem neuen Versteigerungstermin kann gemäß Absatz 2 Satz 2 keine Zuschlagsversagung auf Antrag nach § 74a wegen Nichterreichens von 7/10 des Verkehrswertes oder von Amts wegen gemäß § 85a wegen Nichterreichens von 5/10 des Verkehrswertes mehr erfolgen. Es gilt der Grundsatz der Einmaligkeit der Anwendung der Vorschriften der §§ 74a, 85a im Verfahren, aber nicht der Erstmaligkeit. Ist in einem ersten Versteigerungstermin eine Zuschlagsversagung gemäß § 33 oder eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 77 Absatz 1 erfolgt, so ist in einem weiteren Termin trotzdem die Anwendung des § 85a möglich52. Nach vorangegangener Zuschlagsversagung nach § 85a kann eine erneute Anwendung nicht mehr erfolgen, da § 85a auf die Einmaligkeit in einem Verfahren abstellt, selbst wenn im neuen Termin weitere neue (andere) Gläubiger das Verfahren betreiben53.
32
Wurde dagegen im ersten Versteigerungstermin rechtsfehlerhaft der Zuschlag auf ein unwirksames (Eigen-)Gebot gemäß § 85a versagt, so kommt in einem weiteren Versteigerungstermin § 85a trotzdem zur Anwendung, da das Vollstreckungsgericht gemäß § 79 nicht an seine fehlerhafte Vorentscheidung gebunden ist54.
33
Dagegen ist nach BGH55 auf Grund der Einmaligkeit die Anwendung von § 85a im 2. Versteigerungstermin ausgeschlossen, wenn rechtsfehlerhaft im 1. Versteigerungstermin auf ein (gemäß Absatz 3) zuschlagfähiges (Eigen-)Gebot der Gläubigerin der Zuschlag gemäß § 85a versagt wurde, obwohl die Gläubigerin rechtsirrig davon ausging, sie verkürze mit ihrem Gebot den gesetzlichen Schuldnerschutz. Dieses Gebot der Gläubigerin war nicht rechtsmissbräuchlich und daher wirksam, da es objektiv nicht geeignet war, den Schuldnerschutz zu verkürzen.
34
Eine Ausnahme von der Einmaligkeit von § 85a kann sich ergeben, wenn der Verkehrswert wegen geänderter Umstände neu und höher gemäß § 74a Absatz 5 festgesetzt wird. In dem neuen Termin kann nunmehr auf Grund des erhöhten Verkehrswertes eine nochmalige Zuschlagsversagung gemäß § 85a in Betracht kommen56. Eine Abänderung des Verkehrswertes im Hinblick auf eine faire Verfahrensgestaltung setzt aber gravierende Änderung voraus, da
51 Böttcher, § 74a ZVG Rz. 24; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 8; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 41; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 59; a.A. AG Neuruppin v. 12.11.2004 – 7 K 76/03, Rpfleger 2005, 273; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 27 (neuer Termin muss innerhalb von 6 Monaten abgehalten werden). 52 BGH v. 7.6.2018 – V ZB 67/17, MDR 2018, 1340 = ZfIR 2018, 840 m. Anm. Traub (zu § 77); BGH v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, MDR 2008, 105 = NJW-RR 2008, 360 = ZfIR 2008, 150 = Rpfleger 2008, 146 (zu § 33); LG Mainz v. 22.11.2006 – 8 T 247/06, Rpfleger 2007, 218 (zu § 77); Böttcher, § 85a ZVG Rz. 15; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 40; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 15; Hornung, Kein Ausschluss der Schutzgrenzen nach ergebnisloser Zwangsversteigerung, Rpfleger 2000, 363; a.A. Kirsch, Ergebnislose Zwangsversteigerung – Führt ein ergebnisloser Termin zum Ausschluss der 5/10 und 7/10 Grenze nach §§ 85a, 74a ZVG?, Rpfleger 2000, 147. 53 BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = ZfIR 2013, 108 m. Anm. Steffen = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff. 54 BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155; BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, NJW 2007, 3279 = Rpfleger 2007, 483 = ZfIR 2007, 2191; BGH v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = NJW 2007, 3360 = Rpfleger 2007, 617 m. Anm. Alff; BGH v. 19.9.2012 – V ZB 90/12, BeckES 2012, 22808. 55 BGH v. 9.10.2008 – V ZB 21/08, NJW-RR 2009, 25 = MDR 2009, 50 = Rpfleger 2009, 39. 56 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 15; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 41; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 11; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 15; Steiner/Storz, § 85a ZVG Rz. 15.
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Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
Rz. 38 § 85a
nach BGH57 für eine Anpassung des Verkehrswertes nach Wegfall der Grenzen der §§ 74a, 85a kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Die Einmaligkeit der Anwendung von § 85a ist auch bei der Versteigerung von mehreren Grundstücken in einem Verfahren gegeben. Erfolgt im 1. Versteigerungstermin nur das Gesamtausgebot aller Grundstücke und wird auf dieses der Zuschlag gemäß § 85a versagt, so findet § 85a im 2. Versteigerungstermin auch für die dann eventuell stattfindenden Einzelausgebote keine Anwendung mehr, da § 85a von einem Objektbezug ausgeht und nicht von einer Ausgebotsvariante58. Für jedes Grundstück (= Objekt) kann im Verfahren nur einmalig § 74a oder § 85a Anwendung finden.
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Dieses gilt ebenso für den umgekehrten Fall, dass im ersten Versteigerungstermin nur Einzelausgebote stattfinden und auf diese der Zuschlag gemäß § 85a versagt wird. Gemäß Absatz 2 kann auf ein eventuelles Gesamtausgebot im zweiten Versteigerungstermin § 85a keine Anwendung finden.
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D. Ausnahmen von Absatz 1 (Absatz 3) I. Gebot eines aus dem Grundstück Befriedigungsberechtigten 1. Allgemein Eine Ausnahme von der Zuschlagsversagung nach Absatz 1 ist gegeben in dem Fall, wenn ein aus dem Grundstück Befriedigungsberechtigter ein Gebot unter 5/10 des Verkehrswertes abgibt und dieses Gebot zusammen mit seinem nach § 114a anrechnungsfähigen Ausfall die Hälfte des Verkehrswertes erreicht59. Durch die erweiterte Befriedigung nach § 114a ist sichergestellt, dass der (materielle) Versteigerungserlös höher als 5/10 des Verkehrswertes ist und somit eine Verschleuderung des Grundbesitzes des Vollstreckungsschuldners nicht eintritt. Bezugsgröße für die Berechnung der 5/10-Grenze ist auch in diesem Fall der nach § 74a rechtskräftig festgesetzte Verkehrswert. § 85a fordert im Gegensatz zu § 74b nicht, dass der befriedigungsberechtigte Gläubiger in sein Recht hinein bietet60.
37
Die Voraussetzungen des Absatzes 3 müssen bei der Entscheidung über den Zuschlag vorlie- 38 gen, können daher auch bei einem späteren Verkündungstermin noch bis zu diesem nachgewiesen werden61. § 71 Absatz 2 finden hier keine Anwendung62. Ein Meistbietender kann somit auch noch eine Zuschlagserteilung nach Absatz 3 erreichen, wenn er sich zwischen dem Schluss der Versteigerung und dem Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag ein aus dem Grundstück befriedigungsberechtigtes Recht abtreten lässt63.
57 BGH v. 10.10.2003 – IXa ZB 128/03, MDR 2004, 294 = NJW-RR 2004, 302 = Rpfleger 2004, 172 = ZfIR 2004, 167; Böttcher, § 74a ZVG Rz. 38, Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 62, Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 16; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 85; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 112. 58 BGH v. 18.10.2012 – V ZB 13/12, MDR 2013, 58 = ZfIR 2013, 108 m. Anm. Steffen = Rpfleger 2013, 106 m. Anm. Alff; BGH v. 10.10.2003 – IXa ZB 128/03, MDR 2004, 294 = NJW-RR 2004, 302 = Rpfleger 2004, 172 = ZfIR 2004, 167; Böttcher, § 85a ZVG Rz. 7; Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 42a, 42b; HBCS (Hock/Bohner/Christ/Steffen), § 5, Rz. 22 a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 63 Rz. 45 für die Ausgebotsbezogenheit. 59 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 23; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 12; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 31; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 16. 60 Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 31. 61 Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 24; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 22. 62 Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 22. 63 So Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 24; mit Einschränkungen Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 22.
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§ 85a Rz. 38 Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes Ebenso ist auch noch eine Offenlegung des Befriedigungsrechtes gemäß § 85a Abs. 3 im Zuschlagsbeschwerdeverfahren möglich. Ein Meistbietender handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er im Versteigerungstermin zunächst eine Zuschlagsversagung gemäß § 85a Abs. 1 in Kauf nimmt, im folgenden Zuschlagsbeschwerdeverfahren aber seine Befriedigungsberechtigung nach § 85a Abs. 3 offenlegt64. Die Berechtigung gemäß § 85a Abs. 3 muss aber bei der erstinstanzlichen Zuschlagsentscheidung vorliegen. Dagegen können die Voraussetzungen des § 85a Abs. 3 nicht erst im Beschwerdeverfahren geschaffen werden65. 2. Gebot eines Befriedigungsberechtigten 39
Ein aus dem Grundstück Befriedigungsberechtigter ist jeder, der einen nach § 10 aus dem Grundstück zu befriedigenden Anspruch hat. Dies kann neben den Gläubigern, die auf Grund eines im Grundbuch eingetragenen Rechtes einen Befriedigungsanspruch haben, auch ein Gläubiger der Rangklasse des § 10 Absatz 1 Nummer 5 sein66. Auch Beteiligte, die ein Befriedigungsrecht aus dem Grundstück erst nach dem Eintrag des Zwangsversteigerungsvermerkes erlangt haben und dieses Recht frist- und ordnungsgemäß gemäß § 9 Nummer 2 angemeldet haben, gehören dazu67. Auch Befriedigungsberechtigte sind die Beteiligten der Rechte in Abteilung II des Grundbuches, soweit sie einen Anspruch auf Zahlung aus dem Versteigerungserlös haben. 3. Berechnung des Ausfallbetrages
40
Um den Ausfallbetrag (= gemäß § 114a anzurechnenden Betrag) zu ermitteln, ist im Regelfall, außer in einfachst gelagerten Fällen, die Aufstellung eines fiktiven Teilungsplanes erforderlich68. Dieser fiktive Teilungsplan ist nach den Regeln der §§ 105 ff. aufzustellen, wobei die Bargebotszinsen gemäß § 49 Absatz 2 keine Berücksichtigung finden, da der Meistbietende das Bargebot sofort nach Zuschlagserteilung gemäß § 49 Absatz 3 hinterlegen könnte69.
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Zu berücksichtigen sind die eingetragenen Grundpfandrechte (Hypotheken, Grundschulden mit ihrem Nominalbetrag (Hauptanspruch, wiederkehrende Leistungen, einmalige Nebenleistungen und Kosten)70. Eine Rentenschuld ist mit dem (eingetragenen) Ablösebetrag, die übrigen Rechte mit dem festzustellenden Wertersatz nach § 92 zu berücksichtigen71.
42
Mit der Entscheidung des BGH vom 27.2.200472 wurde die bis dahin strittige Frage der Anrechnung der Berücksichtigung der nur noch teilweise valutierten Sicherungsgrundschuld für die Berechnung des Ausfalls geklärt. Wie der BGH zu Recht feststellt, ist im streng formalisierten Zwangsversteigerungsverfahren nur auf den dinglichen Anspruch abzustellen. Die 64 LG Magdeburg v. 20.5.2014 – 3 T 123/14, Rpfleger 2014, 535 m. Anm Alff. 65 Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 33. 66 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 25; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 17. 67 Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 25. 68 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 26; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 14. 69 Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 26; a.A. LG Frankfurt a.M. v. 27.7.1987 – 2/9 T 674/87, Rpfleger 1988, 35. 70 BGH v. 27.2.2004 – IXa ZB 135/03, BGHZ 158, 159 = MDR 2004, 771 = NJW 2004, 1803 = Rpfleger 2004, 432; Böttcher, § 85a ZVG Rz. 8, 9; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 27; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 13; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 31; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 18. 71 Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 17. 72 BGH v. 27.2.2004 – IXa ZB 135/03, BGHZ 158, 159 = MDR 2004, 771 = NJW 2004, 1803 = Rpfleger 2004, 432.
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Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
Rz. 45 § 85a
schuldrechtliche Seite bleibt im Zwangsversteigerungsverfahren außen vor. Die schuldrechtliche Seite, die Beziehung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer ist rein materiellrechtlicher Natur und daher seitens des Prozessgerichtes zu klären. Ausführlich zum seitherigen Meinungsstreit siehe Stöber73 und Hintzen74. Mit der Entscheidung vom 22.9.201175 hat der BGH seine Entscheidung vom 27.2.2004 nochmals bestätigt und sie fortgeführt. Erfolgt eine Zuschlagserteilung nach § 85a Absatz 3 auf Grund einer Privilegierung durch eine (teilweise) nicht mehr valutierte (Sicherungs-)Grundschuld, so ist der Ersteher auf Grund dieses rechtsgrundlos erlangten Bietvorteils bereichert. Der rechtsgrundlose Vorteil liegt darin, dass der Meistbietende Gläubiger den nicht mehr valutierten Teil seines Rechtes nicht mehr mitausbieten muss76. Dieser dadurch erlangte Mehrerlös (bis zu 5/10 des Verkehrswertes) ist demnach an denjenigen auszukehren, dem er nach Erfüllung der schuldrechtlichen Rückgewährsansprüche zugefallen wäre77. Dies muss nicht notwendigerweise der Vollstreckungsschuldner sein. Dieser Bereicherungsanspruch ist aber seitens des Prozessgerichtes zu klären. Ein Schadensersatzanspruch seitens des Schuldners gegenüber dem Ersteher kommt dagegen nicht in Betracht.
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4. Beispiele a) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 600.000,00 Euro, Fall 1 Im Grundbuch eingetragen sind III/1 mit einer Grundschuld von 200.000,00 Euro (+ ange- 44 meldete Zinsen i.H.v. 50.000,00 Euro) und III/2 mit einer Grundschuld von 100.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 25.000,00 Euro). Die Gerichtskosten und öffentlichen Lasten betragen insgesamt 10.000,00 Euro. Der Gläubiger III/1 betreibt. Der Gläubiger III/1 bleibt Meistbietender mit einem Bargebot in Höhe von 10.000,00 Euro. Der Zuschlag ist gemäß § 85a Absatz 1 zu versagen, da das Bargebot (10.000,00 Euro) zzgl. des Ausfalles von III/1 (250.000,00 Euro) nicht 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes (300.000,00 Euro) erreicht. Die Privilegierung des Absatzes 3 greift nicht. b) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 600.000,00 Euro, Fall 2 Im Grundbuch eingetragen sind III/1 mit einer Grundschuld von 250.000,00 Euro (+ ange- 45 meldete Zinsen i.H.v. 75.000,00 Euro) und III/2 mit einer Grundschuld von 100.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 25.000,00 Euro). Die Gerichtskosten und öffentlichen Lasten betragen insgesamt 10.000,00 Euro. Der Gläubiger III/1 betreibt. Der Gläubiger III/1 bleibt Meistbietender mit einem Bargebot in Höhe von 10.000,00 Euro.
73 So noch Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 85a ZVG Rz. 6.3. 74 Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 27. 75 BGH v. 22.9.2011 – IX ZR 197/10, MDR 2011, 1380 = Rpfleger 2012, 92 = ZfIR 2012, 72 m. Anm. Hawelka = ZinsO 2011, 2144. 76 Böttcher, Aktuelle Rechtsprechung zur Zwangsversteigerung im Jahr 2012, ZfIR 2013, 157 (dort unter XVI); Eickmann, Aktuelle Probleme des Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrechts, KTS 1987, 617. 77 BGH v. 22.9.2011 – IX ZR 197/10, MDR 2011, 1380 = Rpfleger 2012, 92 = ZfIR 2012, 72 m. Anm. Hawelka = ZinsO 2011, 2144; Böttcher, § 85a ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 28 (mit Darstellung auch des früheren Meinungsstandes); Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 18.
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§ 85a Rz. 45 Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes Der Zuschlag ist gemäß § 85a Absatz 3 zu erteilen, da das Bargebot (10.000,00 Euro) zzgl. des Ausfalles von III/1 (325.000,00 Euro) 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes (300.000,00 Euro) erreicht. Die Privilegierung des Absatzes 3 greift. 5. Problemfälle 46
Im Hinblick auf die Fallstricke im Versteigerungstermin ist es allen Gläubigern anzuraten, den Versteigerungstermin wahrzunehmen. Dies gilt insbesondere für die Gläubiger, die das Verfahren an vermeintlich sicherer Rangstelle betreiben. Als Beispiel sei hier das Betreiben der Zwangsversteigerung durch den Verband der Wohnungseigentümer wegen bevorrechtigter Hausgeldansprüche in der Rangklasse des § 10 I 2 ZVG genannt. Betreibt die Wohnungseigentümergemeinschaft in dieser Rangstelle, fallen weder die offenen Hausgeldansprüche noch nachrangige dingliche Rechte in das geringste Gebot gemäß § 44 ZVG. Ein Grundpfandgläubiger könnte in diesem Fall die Wohnungseigentümergemeinschaft „ausbooten“78. Beispiel Eingetragenes Grundpfandrecht Abt. III Nr. 1: Angemeldete öffentliche Lasten: WEG betreibt wegen Hausgeld (in § 10 i 2 ZVG) Verkehrswert: Geringstes Gebot (§ 44 ZVG)
150.000,00 Euro 500,00 Euro 10.000,00 Euro 200.000,00 Euro 5.000,00 Euro
Im ersten Termin bietet der Gläubiger III/1 nunmehr 5.001,00 Euro. Ihm ist der Zuschlag zu erteilen, da das Meistgebot in Höhe von 5.001,00 Euro nebst fiktiven Ausfall gemäß § 114a ZVG von 150.000,00 Euro sowohl die 5/10-Grenze des § 85a ZVG als auch die 7/10-Grenze des § 74a übersteigt.
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Gleiches gilt auch bei einem Gläubiger, der aus der bevorrechtigten Rangklasse des § 10 I 3 ZVG wegen öffentlicher Lasten das Verfahren betreibt.
II. Zwischenrechte 1. Allgemein 48
Dem aus dem Grundstück befriedigungsberechtigten Gläubiger im Rang vor- und gleichstehende Rechte (Zwischenrechte), die mit der Erteilung des Zuschlags erlöschen und bei dem Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes ausfallen, werden bei der Berechnung des Betrages mit dem der Meistbietende ausfallen würde und der mit dem Meistgebot zuzüglich der bestehenbleibenden Rechte zusammenzurechnen ist, nicht berücksichtigt79. Es kommt somit für die Anrechnung des Ausfalls nicht auf den Rang des Meistbietenden an. Dies folgt, da nicht ausdrücklich in Absatz 3 erwähnt, aus der Regelung des § 114a Satz 280. Durch 78 Schneider, § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG – Reform der Rangklasse 2? – Änderungsbedarf und Gestaltungsmöglichkeiten, ZWE 2013, 246. 79 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 11; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 29; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 15; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 35; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 20; Ebeling, Befriedigungsfiktion des § 114a ZVG in der Vollstreckungspraxis – Anwendungsfälle und Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts, Rpfleger 1984, 279; Muth, Zur Zuschlagserteilung nach § 85a Abs. 3 ZVG, Rpfleger 1984, 45. 80 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 29; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 16; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 35; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 20.
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Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
Rz. 51 § 85a
diese Nichtberücksichtigung der Zwischenrechte bei der erweiterten Befriedigung des Erstehers in § 114a ist eine Verschleuderung des Grundbesitzes ausgeschlossen. Dies hat aber zur Konsequenz, dass die Zwischenrechte bei geringen Bargeboten komplett ausfallen können. Den Gläubigern der Zwischenrechte bleibt in diesem Fall nur bei Wahrnehmung des Versteigerungstermins die Möglichkeit einen Antrag gemäß § 74a zu stellen oder aber als bestrangig betreibender Gläubiger am Schluss der Versteigerung die einstweilige Einstellung zu bewilligen81. 2. Beispiele a) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 1 Im Grundbuch eingetragen sind III/1 mit einer Grundschuld von 100.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 50.000,00 Euro) und III/2 mit einer Grundschuld von 50.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 25.000,00 Euro). Die Gerichtskosten und öffentlichen Lasten betragen insgesamt 10.000,00 Euro. Der Gläubiger III/1 betreibt. Der Gläubiger III/2 bleibt Meistbietender mit einem Bargebot in Höhe von 10.000,00 Euro.
49
Der Zuschlag ist gemäß § 85a Absatz 3 zu versagen, da das Bargebot (10.000,00 Euro) zzgl. des Ausfalles von III/2 (75.000,00 Euro) unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes (150.000,00 Euro) bleibt. Die Privilegierung des Absatzes 3 greift nicht. b) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 2 Im Grundbuch eingetragen sind III/1 mit einer Grundschuld von 100.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 50.000,00 Euro) und III/2 mit einer Grundschuld von 50.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 25.000,00 Euro). Die Gerichtskosten und öffentlichen Lasten betragen insgesamt 10.000,00 Euro. Der Gläubiger III/1 betreibt. Der Gläubiger III/2 bleibt Meistbietender mit einem Bargebot in Höhe von 75.000,00 Euro. Der Zuschlag ist gemäß § 85a Absatz 3 zu erteilen, da das Bargebot (75.000,00 Euro) zzgl. des Ausfalles von III/2 (75.000,00 Euro) 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes (150.000,00 Euro) erreicht. Die Privilegierung des Absatzes 3 greift.
50
Um dieses Ergebnis zu verhindern, könnte der Gläubiger III/1 den Antrag gemäß § 74a Absatz 1 stellen. c) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 300.000,00 Euro, Fall 3 Im Grundbuch eingetragen sind III/1 mit einer Grundschuld von 100.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 50.000,00 Euro) und III/2 mit einer Grundschuld von 50.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 25.000,00 Euro). Die Gerichtskosten und öffentlichen Lasten betragen insgesamt 10.000,00 Euro. Der Gläubiger III/2 betreibt. Der Gläubiger III/2 bleibt Meistbietender mit einem Bargebot in Höhe von 60.000,00 Euro. Der Zuschlag ist gemäß § 85a Absatz 3 zu erteilen, da das Bargebot (60.000,00 Euro) zzgl. des bestehenbleibenden Rechts (100.000,00) zzgl. des Ausfalles von III/2 (75.000,00 Euro) 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes (150.000,00 Euro) erreicht. Die Privilegierung des Absatzes 3 greift.
81 Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 29; Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 35; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 21.
Traub
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51
§ 85a Rz. 51 Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes III/1 könnte keinen Antrag auf Zuschlagsversagung gemäß § 74a Absatz 1 stellen, da er bei diesem Gebot vollständig befriedigt wird. d) Festgesetzter Verkehrswert gemäß § 74a: 600.000,00 Euro, Fall 4 52
Im Grundbuch eingetragen sind III/1 mit einer Grundschuld von 300.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 100.000,00 Euro), III/2 mit einer Grundschuld von 100.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 25.000,00 Euro) und III/3 mit einer Grundschuld von 50.000,00 Euro (+ angemeldete Zinsen i.H.v. 25.000,00 Euro). Die Gerichtskosten und öffentlichen Lasten betragen insgesamt 10.000,00 Euro. Der Gläubiger III/1 betreibt. Der Gläubiger III/3 bleibt Meistbietender mit einem Bargebot in Höhe von 280.000,00 Euro.
Der Zuschlag ist gemäß § 85a Absatz 3 zu erteilen, da das Bargebot (280.000,00 Euro) zzgl. des Ausfalles von III/3 (75.000,00 Euro) 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes (300.000,00 Euro) erreicht. 53
Der Ausfall von III/3 ist in voller Höhe gemäß § 114a zum Bargebot dazuzurechnen (fiktive des Verkehrswertes würden 420.000,00 Euro betragen. Nach Abzug des Meistgebots in Höhe von 280.000,00 Euro wären noch 140.000,00 Euro zu verteilen. Da nach § 114a Satz 2 die Zwischenrechte nicht berücksichtigt werden, käme dieser Anteil III/3 in voller Höhe zu Gute und III/3 wäre vollständig befriedigt. Somit ist der gesamte Ausfall zum Bargebot zu addieren). Die Privilegierung des Absatzes 3 greift. Sowohl der Gläubiger III/1 als auch der Gläubiger III/2 könnten den Antrag gemäß § 74a Absatz 1 stellen.
7/10
E. Sonderfälle I. Abtretung des Meistgebots, § 81 Absatz 2 54
Bei der Abtretung des Meistgebotes nach Schluss der Versteigerung gemäß § 81 Absatz 3 können Probleme hinsichtlich des Vorliegens des Ausnahmetatbestandes nach Absatz 3 auftreten, insbesondere die Frage, in welchem Umfang die Anrechnungsfähigkeit des Ausfalles gegeben ist. Bei der Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot an einen Dritten, der die Verpflichtung aus dem Meistgebot übernimmt, ist der Zuschlag nicht an den Meistbietenden, sondern an den Dritten zu erteilen und der Meistbietende und der Dritte haften gesamtschuldnerisch für die Verpflichtung aus dem Meistgebot gemäß § 81 Absatz 2, Absatz 4.
55
Die Lösung ist in diesem Fall vor dem Hintergrund des Zusammenwirkens des Schutzzweckes des Absatz 3 und der Befriedigungsfunktion des § 114a zu finden82. Es sind folgende drei Varianten denkbar:
56
a) Meistbietender ist ein Gläubiger geblieben, der ein Gebot unter 5/10 des Verkehrswertes abgibt, bei dem aber für die Zuschlagserteilung Absatz 3 Anwendung findet. Dieser Gläubiger (= Zedent) tritt nunmehr vor der Zuschlagserteilung das Meistgebot an einen Dritten (= Zessionar) ab, bei dem Absatz 3 bei einem Gebot unter 5/10 keine Anwendung findet. In diesem Fall ist der Zuschlag ohne Rücksicht auf § 85 Absatz 1 an den Dritten zu erteilen, da die Befriedigungsfiktion des § 114a sowohl bei dem Zedenten als auch bei dem Zessionar greift83. In
82 Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 17; Löhnig/Cranshaw, § 81 ZVG Rz. 10. 83 BGH v. 6.7.1989 – IX ZR 4/89, BGHZ 108, 248 = MDR 1989, 1097 = NJW 1989, 2396 = Rpfleger 1989, 421; Löhnig/Cranshaw, § 81 ZVG Rz. 11.
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Traub
Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
Rz. 59 § 85a
diesem Fall tritt die Befriedigungsfiktion des § 114a bei dem Zedenten ein84. Dies entspricht dem Schutzzweck des § 85a i.V.m. § 114a. b) Meistbietender ist ein Gläubiger geblieben, der ein Gebot unter 5/10 des Verkehrswertes abgibt, bei dem aber für die Zuschlagserteilung Absatz 3 Anwendung findet. Dieser Gläubiger (= Zedent) tritt nunmehr vor der Zuschlagserteilung das Meistgebot an einen Dritten (= Zessionar) ab, bei dem ebenfalls bei einem Gebot unter 5/10 des Verkehrswertes Absatz 3 Anwendung findet. In diesem Fall kann ebenfalls der Zuschlag an den Zessionar nach Absatz 3 erteilt werden85. Die Befriedigungsfiktion des § 114a tritt sowohl bei dem Zedenten als auch bei dem Zessionar ein86, wobei aber insgesamt nicht mehr als 7/10 des Verkehrswertes auf die Forderungen gegen den Schuldner angerechnet werden können. Die Aufteilung der „Anrechnungsbeträge“ im Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar haben in der Rangfolge des § 10 Absatz 1 zu erfolgen87.
57
c) Meistbietender ist ein Dritter geblieben, der ein Gebot unter 5/10 des Verkehrswertes abgibt, 58 bei dem aber für die Zuschlagserteilung Absatz 3 keine Anwendung findet. Dieser Dritte (= Zedent) tritt nunmehr vor der Zuschlagserteilung das Meistgebot an einen Gläubiger (= Zessionar) ab, bei dem ebenfalls bei einem Gebot unter 5/10 des Verkehrswertes Absatz 3 Anwendung findet. Auch in diesem Fall ist auf Grund des Schutzzweckes der §§ 85a, 114a dem Gläubiger (= Zessionar) der Zuschlag zu erteilen88. Auf das Meistgebot des Dritten hätte der Zuschlag gemäß § 85a Absatz 1 versagt werden müssen, nach der Abtretung tritt aber die Anrechnung (Differenz des Gebotes bis zu 5/10 des Verkehrswertes) nach Absatz 3 bei dem Gläubiger ein. Nicht zu folgen ist der Ansicht des OLG Koblenz89, nach der der Zedent durch die Abtretung nicht mehr übertragen könnte als er durch das Meistgebot selbst erlangt habe. Diese Auslegung ist zu formalistisch und berücksichtigt nicht den Schutzzweck der Vorschriften, insbesondere da die Anrechnung nach § 114a sowohl beim Zedent als auch beim Zessionar erfolgen kann90. Das vorstehend gesagt gilt auch bei einer, in der Praxis sehr seltenen, Kettenabtretung des Meistgebotes, wobei hier die Betrachtung beim ursprünglich Meistbietenden und dem letzten Zessionar endet. Es können daher Anrechnungen sowohl bei den Zedenten als auch auch beim Zessionar in Betracht kommen91.
84 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 13; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 32; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 19; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 29. 85 Dassler u.a./Hintzen, § 85a Rz. 33; Löhnig/Cranshaw, § 81 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 31 (mit Einschränkungen). 86 Dassler u.a./Hintzen, § 85a Rz. 33; Lönig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 11; Steiner/Eickmann, § 114a Rz. 11; Ebeling, Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot und § 85a Abs. 3 ZVG, Rpfleger 1988, 400. 87 Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 33; a.A. Löhnig/Cranshaw, § 85a ZVG Rz. 11 (anteilig nach dem Rang des § 10); Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 20 (zuerst Anrechnung auf Ausfall Zessionar, danach Anrechnung der noch freien Teile auf den Ausfall des Zedenten). 88 Böttcher, § 85a ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 34; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 18; a.A. Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 30. 89 OLG Koblenz v. 20.12.1985 – 4 W 506/85, Rpfleger 1986, 233 u. 397 m. abl. Anm. Rosenberg = MDR 1986, 682. 90 BGH v. 27.6.1979 – VIII ZR 297/77, WM 1979, 977 = MDR 1979, 1018; BGH v. 6.7.1989 – IX ZR 4/89, BGHZ 108, 248 = MDR 1989, 1097 = NJW 1989, 2396 = Rpfleger 1989, 421. 91 Dassler u.a./Hintzen, § 114a ZVG Rz. 23; a.A. Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 32.
Traub
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§ 85a Rz. 60 Meistgebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes
II. Meistbietender in verdeckter Vertretungsvollmacht, § 81 Absatz 3 60
Wurde das Meistgebot von einem Dritten, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht vorliegen, in verdeckter Bietungsvollmacht für einen Vollmachtgeber abgegeben, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 3 vorliegen, so ist der Zuschlag an den Vollmachtgeber zu erteilen92. Für die Prüfung der Zuschlagserteilung nach Absatz 3 kommt es nur auf die Person des Vollmachtgebers (= Meistbietender) an, bei diesem sind die Voraussetzungen des Absatzes 3 erfüllt. Da die Offenlegung der Vollmacht im Fall der verdeckten Bietungsvollmacht erst nach Schluss der Versteigerung erfolgt, ist eine für die Beteiligten überraschende Konstellation nicht auszuschließen. In diesem Falle ist zur Wahrung einer fairen Verfahrensgestaltung den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren und ein gesonderter Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag zu bestimmen93.
§ 86 [Wirkung der Zuschlagsversagung] Die rechtskräftige Versagung des Zuschlags wirkt, wenn die Fortsetzung des Verfahrens zulässig ist, wie eine einstweilige Einstellung, anderenfalls wie die Aufhebung des Verfahrens. Rz. A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Rechtskraft des Versagungsbeschlusses . . 9 C. Verfahrenseinstellung durch rechtskräftige Zuschlagsversagung . . . . . . . . 25
Rz. D. Fortsetzung des Verfahrens . . . . . . . . . 28 E. Verfahrensaufhebung durch rechtskräftige Zuschlagsversagung . . . . . . . . . 37
Literatur: Mayer, Gläubigermehrheit im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 265.
A. Allgemeines 1
Die Bestimmung regelt die verfahrensrechtlichen Konsequenzen einer Zuschlagsversagung und gilt für alle Zwangsversteigerungsverfahren. Diese Konsequenzen sind entweder die Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens mit dem Wegfall der Beschlagnahme oder, soweit nach den einschlägigen Bestimmungen von ZVG und ZPO über einstweilige Einstellung und Fortsetzung der Zwangsvollstreckung zulässig, die einstweilige Einstellung des Verfahrens.
2
In Betracht kommt eine Zuschlagsversagung immer dann, wenn ein Gebot vorliegt, das nicht zuschlagsfähig ist. Keine Zuschlagsversagung erfolgt hingegen, wenn überhaupt keine Gebote abgegeben wurden. Die Folgen eines solchen Termins regelt § 77. Es erfolgt auch dabei die einstweilige Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens, eine Zuschlagsversagung ist das aber nicht, denn ohne Gebot ist überhaupt kein Zuschlag denkbar und dieser kann dem92 LG Landau v. 8.2.2001 – 3 T 2/01, Rpfleger 2001, 366; Böttcher, § 85a ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 85a ZVG Rz. 35; Depré/Bachmann, § 85a ZVG Rz. 21; Stöber/Becker, § 85a ZVG Rz. 34; Ebeling, Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot und § 85a Abs. 3 ZVG, Rpfleger 1988, 400. 93 LG Bonn v. 7.3.1988 – 4 T 52/88, Rpfleger 1989, 211; Dassler u.a./Hintzen, § 85a Rz. 35.
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Traub und Goldbach
Wirkung der Zuschlagsversagung
Rz. 11 § 86
nach auch nicht versagt werden. Zumal die Versagung des Zuschlags naturgemäß gegenüber dem Meistbietenden erfolgt, den es jedoch in Ermangelung eines Gebots nicht gibt. Die Folgen einer Zuschlagsversagung für jeden der betreibenden Gläubiger hängen vom jeweiligen Verfahrensstand aus der Sicht des Gläubigers ab. Dabei gilt der so genannte Grundsatz der Einzelverfahren1 für jeden Gläubiger.
3
Selbst bei der Zwangsvollstreckung durch mehrere Gläubiger wird jedoch für jedes Grundstück nur ein Zwangsversteigerungsverfahren durchgeführt. Dieses Verfahren beginnt mit der ersten Anordnung und endet mit dem Aufhebungsbeschluss für den zuletzt im Verfahren verbliebenen Gläubiger oder mit der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses (vgl. § 27 Rz. 14).
4
Im Laufe des Verfahrens können weitere Gläubiger hinzukommen oder bereits betreibende Gläubiger wegfallen, falls deren Verfahren aufgehoben wird. Insbesondere wenn mehrere Gläubiger ein Zwangsversteigerungsverfahren betreiben, sind die tatsächlich für jeden einzelnen Gläubiger eintretenden Folgen der Zuschlagsversagung im Versagungsbeschluss zu benennen. Einfache Verkündung der Zuschlagsversagung ohne detaillierte Aufführung der Folgen ist nicht ausreichend2. Im Versagungsbeschluss ist vor allem klarzustellen, ob und für welche Gläubiger die Fortsetzung des eingestellten Verfahrens zulässig ist, was jedoch nicht immer geschieht3.
5
Wirkt die Versagung für einen Gläubiger als Aufhebung des Verfahrens und für einen anderen Gläubiger besteht noch eine Fortsetzungsmöglichkeit, so kann wegen der fortdauernden Beschlagnahme derjenige Gläubiger, dessen Verfahren aufgehoben wurde, dem weiterlaufenden Verfahren aus seinem noch gültigen Vollstreckungstitel wieder beitreten.
6
Die Wirkungen des § 86 treten auch dann ein, wenn ein erteilter Zuschlagsbeschluss im Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren aufgehoben wird4.
7
Mit Rechtskraft der Zuschlagsversagung erlöschen alle noch wirksamen Gebote5.
8
B. Rechtskraft des Versagungsbeschlusses Wirksam werden die Folgen der Zuschlagsversagung erst mit der formellen Rechtskraft des Beschlusses.
9
Seine Entscheidung über Erteilung oder Versagung des Zuschlags muss der Rechtspfleger nach Maßgabe des § 87 Abs. 1 entweder sofort im Versteigerungstermin oder ausnahmsweise in einem sofort zu bestimmenden, gesonderten Verkündungstermin verkünden.
10
Darum muss auch für die Verkündung einer Zuschlagsversagung erforderlichenfalls ein besonderer Verkündungstermin anberaumt und nicht etwa die Entscheidung schriftlich bekannt gemacht werden. Gelegentlich wird davon abgesehen und die Entscheidung wird ohne Anberaumung eines Termins lediglich schriftlich getroffen. Erfolgt dies, soll ein solcher Beschluss trotz Verletzung der gesetzlichen Vorgaben mit seiner Zustellung an die Beteiligten6 Wirksamkeit erlangen.
11
1 Mayer, Rpfleger 1983, 265. 2 Löhnig/Cranshaw, § 86 ZVG Rz. 2, Stöber/Becker, § 86 ZVG Rz. 3. 3 Beispielsweise BGH v. 18.7.2013 – V ZB 13/13, MDR 2013, 1427 = Rpfleger 2014, 36, wo der Zuschlag im Rechtsbeschwerdeverfahren ohne Nennung der Rechtsfolge versagt wurde. 4 BGH v. 19.11.2009 – V ZB 118/09, MDR 2010, 171 = Rpfleger 2010, 226. 5 Stöber/Becker, § 72 ZVG Rz. 11. 6 OLG Köln v. 16.11.1981 – 2 W 91/81, MDR 1982, 330 = Rpfleger 1982, 113; Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 11.
Goldbach
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§ 86 Rz. 12 Wirkung der Zuschlagsversagung 12
Der BGH hat für den Fall einer schriftlichen Zuschlagserteilung entschieden7, dass die unterlassene Verkündung nicht unmittelbar die Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge habe. Es bestehe jedoch ein Verfahrensmangel, wenn das Versteigerungsgericht den Beschluss an die Verfahrensbeteiligten zum Zweck der Verlautbarung lediglich zugestellt hat. Bei der Zuschlagsversagung dürfte allerdings der Verfahrensmangel, anders als bei einem nicht verkündeten Zuschlag, für den Fortgang des Verfahrens letztendlich keine Bedeutung erlangen.
13
Der Rechtspfleger kann bei der Frage, ob die Entscheidung über den Zuschlag sofort im Zwangsversteigerungstermin oder in einem besonderen Verkündungstermin verkündet wird, nicht nach uneingeschränktem Belieben verfahren, sondern ist bei dieser Entscheidung durch Ausübung eines „pflichtgemäßen Ermessens“ eingeschränkt8. Grundsätzlich hat die Entscheidung über den Zuschlag sofort zu ergehen. Ausschließlich beim Vorliegen besonderer Umstände kann eine Veranlassung bestehen, die Entscheidung über den Zuschlag nicht sofort zu treffen9.
14
Eine sofortige Verkündung der Entscheidung im Versteigerungstermin muss deshalb der Normalfall und die Anberaumung eines Verkündungstermins kann nur die Ausnahme sein10.
15
Trifft das Vollstreckungsgericht hinsichtlich der Versagung und insbesondere deren Rechtsfolgen eine fehlerhafte Entscheidung, die von den Beteiligten nicht angegriffen wird, so bestimmt sich der Fortgang des Verfahrens alleine nach der getroffenen Entscheidung und nicht etwa danach, wie richtig hätte entschieden werden müssen11.
16
Wie auch beim Zuschlagsbeschluss, wird die Verkündung des Versagungsbeschlusses durch lautes Verlesen des Beschlusses im Wortlaut oder zumindest seines wesentlichen Inhalts durch den Rechtspfleger erfolgen.
17
Anders als der Zuschlag entfaltet der Versagungsbeschluss jedoch erst mit dem Eintritt der Rechtskraft seine Wirksamkeit. Die Rechtskraft tritt wegen der besonderen Regelungen in § 98 für alle Beteiligten bereits 2 Wochen nach Verkündung des Beschlusses ein, falls bis dahin keine sofortige Beschwerde gegen die Versagung eingelegt ist. Dabei kommt es im Falle einer Zuschlagsversagung nicht darauf an, welche Beteiligten im Versteigerungs- oder Verkündungstermin anwesend waren. Eine Zustellung des Versagungsbeschlusses erfolgt überhaupt nicht12.
18
Die im Rechtsmittelverfahren vom Beschwerdegericht getroffenen Entscheidungen über Versagung oder Erteilung des Zuschlags werden nicht verkündet, sondern an alle Beteiligten zugestellt (§ 103) und dadurch wirksam. Soweit nach Ausschöpfung des Rechtsmittelzugs kein Rechtsmittel mehr möglich ist, weil der Zuschlag vom Beschwerdegericht oder ausnahmsweise vom Rechtsbeschwerdegericht versagt wurde, treten die Wirkungen mit Zustellung ein.
19
Besteht für einen betreibenden Gläubiger nach einer Einstellung noch die Möglichkeit der Verfahrensfortsetzung, ist die nötige Belehrung über den Beginn der Fortsetzungsfrist 7 BGH v. 15.12.2011 – V ZB 124/11, MDR 2012, 430 = Rpfleger 2012, 337 = ZfIR 2012, 205. 8 BGH v. 12.5.2016 – V ZB 141/15, MDR 2016, 907 = Rpfleger 2016, 597 und Rpfleger 2017, 46 m. Anm. Ertle = KKZ 2017, 68 m. Anm. Goldbach; BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, Rpfleger 2012, 640 und Rpfleger 2013, 41 mit Anm. Ertle = ZfIR 2012, 648 mit Anm. Kirsch; Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 4; Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 6 und bereits Steiner/Storz, § 87 ZVG Rz. 11. 9 BVerfG v. 7.12.1977 – 1 BvR 734/77, Rpfleger 1978, 206. 10 Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 4; BGH v. 12.5.2016 – V ZB 141/15, MDR 2016, 907 = Rpfleger 2016, 597 und Rpfleger 2017, 46 m. Anm. Ertle = KKZ 2017, 68 m. Anm. Goldbach; BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, Rpfleger 2012, 640; Mayer, RpflBl. 2000, 40; Goldbach, ZfIR 2013, 793. 11 BGH v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617. 12 Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 6.
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Wirkung der Zuschlagsversagung
Rz. 26 § 86
förmlich zuzustellen. Dabei ist es zweckmäßig, die Belehrung über die Fortsetzungsfrist getrennt vom eigentlichen Versagungsbeschluss abzufassen und nur diese zu übersenden. Damit wird dem Empfänger klar gemacht, dass mit der Zustellung nicht die Rechtsmittelfrist gegen den ergangenen Versagungsbeschluss, sondern ausschließlich die Fortsetzungsfrist in Gang gesetzt wird. Soweit Cranshaw13 mit Becker14 die gesonderte Zustellung von Versagungsbeschluss und Belehrung über die Fortsetzungsfrist anrät, sind die Ausführungen sicherlich so zu verstehen, dass die Belehrung über die Fortsetzungsfrist nicht Bestandteil des Versagungsbeschlusses sein muss und auch nicht sollte. Klarheit über den Zweck der Zustellung erhält der Gläubiger als Empfänger dadurch, dass die Entscheidung selbst gar nicht zugestellt wird, sondern ausschließlich eine für den Gläubiger relevante Belehrung über die Fortsetzungsfrist. Kann der Gläubiger nicht fortsetzen, sondern wirkt die Versagung für ihn als Aufhebung seines Einzelverfahrens, ist eine entsprechende Belehrung unsinnig und muss unterbleiben.
20
Bei einer Einstellung nach § 76 ist eine Belehrung über die Fortsetzungsfrist nicht vorgeschrieben. Sie ist aber im Rahmen der Aufklärungspflicht zweckmäßig, da hier die Frist lediglich drei Monate beträgt und nicht, wie in allen anderen Fällen, sechs Monate.
21
Wegen der im Zivilprozess allgemein gültigen Regelung in § 232 ZPO hat auch im Zwangsversteigerungsverfahren bei allen anfechtbaren Entscheidungen eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erfolgen. Die Belehrung über das zulässige Rechtsmittel ist mit dem Versagungsbeschluss zu verkünden und hat die in § 232 ZPO genannten Angaben zu enthalten.
22
Hinsichtlich der Zuschlagsversagung trifft das ZVG eine vom üblichen Verfahrensgang bei der sofortigen Beschwerde abweichende Regelung über den Beginn der Rechtsmittelfrist15. Die Rechtsmittelfrist beginnt für alle Beteiligten, unabhängig von deren Anwesenheit in einem Termin, einheitlich mit der Verkündung des Versagungsbeschlusses, die entweder im Versteigerungstermin oder in einem Verkündungstermin zu erfolgen hat.
23
Wird die Rechtsmittelbelehrung versehentlich nicht vorgenommen, ändert das nichts an 24 der Wirksamkeit des Versagungsbeschlusses oder dem Beginn der Rechtsmittelfrist. Ist allerdings der Belehrungsmangel Ursache für die Versäumung der Rechtsmittelfrist, muss bei der Prüfung einer beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein fehlendes Verschulden des Rechtsmittelführers hinsichtlich der Fristversäumnis unwiderleglich vermutet werden (§ 233 Satz 2 ZPO)16.
C. Verfahrenseinstellung durch rechtskräftige Zuschlagsversagung Nach einem Zwangsversteigerungstermin ohne Erteilung eines Zuschlags, soll das Verfahren dann nicht aufgehoben werden, wenn ein Gläubiger noch die Möglichkeit hat, die Fortsetzung zu verlangen. Zu seinen Gunsten wird die Beschlagnahme erhalten und so das Verwertungsrecht des Gläubigers geschützt. Nur dann, wenn eine Fortsetzung des Verfahrens für den betreibenden Gläubiger nicht mehr zulässig ist, wird das Verfahren aufgehoben.
25
Dazu ist der Grundsatz der Einzelverfahren von besonderer Bedeutung. Bei mehreren Gläubigern ist nämlich für jeden besonders zu entscheiden, ob sein Verfahren aufzuheben oder nur einzustellen ist. Diese Entscheidung wird bei unterschiedlichem Verfahrensstand auch unterschiedlich ausfallen müssen. Haben beispielsweise zwei betreibende Gläubiger nach ei-
26
13 14 15 16
Löhnig/Cranshaw, § 86 ZVG Rz. 6. Stöber/Becker, § 86 ZVG Rz. 10. S. dazu auch Kommentierung zu §§ 87, 96, 98 ZVG. BGH v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, MDR 2009, 829 = Rpfleger 2009, 405, bereits vor der Neufassung von § 233 ZPO.
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§ 86 Rz. 26 Wirkung der Zuschlagsversagung ner zweiten ergebnislosen Versteigerung die einstweilige Einstellung nach § 30 bewilligt um eine Aufhebung des Verfahrens zu verhindern, so kann nur für den Gläubiger einstweilen eingestellt werden, der noch eine Fortsetzungsmöglichkeit hat, also die erste oder zweite Einstellung nach § 30 bewilligt hat. Erfolgte aber die Einstellungsbewilligung von einem Gläubiger bereits zum dritten Mal, kann die Konsequenz der Versagung nur die Aufhebung des Verfahrens für diesen Gläubiger sein. 27
Die Fortsetzung des Verfahrens nach einer Zuschlagsversagung ist vor allem in folgenden Fällen möglich: – bei einstweiliger Einstellung des Verfahrens durch den Gläubiger nach dem Schluss der Versteigerung (§§ 33, 30), soweit der Gläubiger noch nicht seine beiden Einstellungsmöglichkeiten verbraucht hat – soweit die Einstellung des Verfahrens mit der Folge der Zuschlagsversagung im Zusammenhang mit einer Entscheidung nach § 765a ZPO erfolgt – bei einstweiliger Einstellung gemäß §§ 30a, c auf Antrag des Schuldners bzw. nach § 30d auf Antrag des Insolvenzverwalters. Diese Fälle dürften aber eher selten sein, da einerseits der Einstellungsantrag regelmäßig binnen zwei Wochen ab Zugang der Belehrung (meist mit dem Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss) gestellt sein müsste und andererseits der Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss rechtzeitig vier Wochen vor dem Termin zugestellt sein muss. Möglich ist eine solche Konstellation vor allem, wenn über den Einstellungsbeschluss erst nach langwierigen Ermittlungen oder im Beschwerdeverfahren entschieden wird – nach einstweiliger Einstellung durch das Prozess- oder Vollstreckungsgericht bei Vollstreckungsgegen- oder Drittwiderspruchsklage (§§ 767, 771 in Verbindung mit 732 Abs. 2, 769 Abs. 2, 771 Abs. 3 ZPO) – bei Vorliegen eines Vollstreckungshindernisses nach §§ 775, 776 ZPO – nach einstweiliger Einstellung und Zuschlagsversagung wegen eines heilbaren, aber der Versteigerung derzeit entgegenstehenden Rechts oder eines Vollstreckungs- oder Verfügungsmangels gemäß § 28 – zulässig ist die Fortsetzung auch bei Zuschlagsversagungsgründen nach § 83 Nr. 1-4, 7 und 8, soweit die Versagungsgründe nach § 84 heilbar sind und deshalb einer Zuschlagserteilung nur vorübergehend entgegenstehen. In den Fällen der Ziffer 5 und 6 ist die Frage der Fortsetzungsmöglichkeit an dem konkreten Versagungsgrund zu beurteilen17. Für den Fall eines denkbaren Wegfalls des bestehenden Mangels oder der Genehmigung durch den Beeinträchtigten kann sie im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH wohl bejaht werden18 – im Fall des § 75 ZVG, also nach der Zahlung des zur Befriedigung des Gläubigers und Deckung der Verfahrenskosten notwendigen Betrags an die Gerichtskasse – bei einer Zuschlagsversagung wegen einstweiliger Einstellung nach § 76 ZVG, weil bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke der Gläubiger bereits durch ein abgegebenes Einzelgebot voll befriedigt werden kann und deshalb die Versteigerung wegen der weiteren Grundstücke einzustellen ist
D. Fortsetzung des Verfahrens 28
Eine Fortsetzung des Verfahrens erfolgt grundsätzlich nur auf rechtzeitigen Antrag des Gläubigers. In wenigen Fällen auch von Amts wegen. 17 Stöber/Becker, § 86 ZVG Rz. 4; Löhnig/Cranshaw, § 86 ZVG Rz. 5. 18 BGH v. 19.11.2009 – V ZB 118/09, MDR 2010, 171 = Rpfleger 2010, 226.
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Wirkung der Zuschlagsversagung
Rz. 36 § 86
Über die Verpflichtung zur Stellung eines Fortsetzungsantrags wird der Gläubiger im Rahmen der Einstellungen nach § 30, 30a, 30c und 30d belehrt. Erst mit der Zustellung dieser Belehrung wird die sechsmonatige Frist in Gang gesetzt (§ 31 Abs. 3), was nicht nur bei der einstweiligen Einstellung im laufenden Verfahren, sondern auch im Fall der einstweiligen Einstellung bei Zuschlagsversagung gilt. Die Einstellung des Verfahrens selbst wird also mit der Rechtskraft des Versagungsbeschlusses wirksam, während die Fortsetzungsfrist erst mit der Zustellung der erforderlichen Belehrung an den Gläubiger zu laufen beginnt, frühestens jedoch mit dem Eintritt der Rechtskraft der Versagung19, soweit die Belehrung zu diesem Zeitpunkt bereits zugestellt ist. Den Antrag auf Fortsetzung des eingestellten Verfahrens kann jeder Gläubiger nur für sein Einzelverfahren innerhalb der Sechsmonatsfrist stellen. Zulässig ist er auch schon vor Fristbeginn, also unmittelbar nach Verkündung der Zuschlagsversagung.
29
Wird er gar nicht oder erst nach Fristablauf gestellt, muss das Verfahren von Amts wegen aufgehoben werden (§ 31 Abs. 1 Satz 2).
30
Erfolgt die Zuschlagsversagung nach § 76, dann gilt etwas anderes. Hier beträgt die Fortsetzungsfrist nur drei Monate, und sie beginnt ohne Belehrung am Tag des Verteilungstermins zu laufen20.
31
Von Amts wegen und somit ohne Gläubigerantrag wird das Verfahren fortgesetzt, wenn der Zuschlag wegen Nichterreichens der 5/10-Grenze (§ 85a Abs. 2) oder der 7/10-Grenze (§ 74a Abs. 3) mit entsprechend zulässigem Antrag eines Berechtigten versagt wurde. Dabei kommt es nicht zu einer einstweiligen Einstellung oder zur Aufhebung des Verfahrens, sondern das Verfahren wird durch Anberaumung eines neuen Termins fortgesetzt.
32
Eine Fortsetzung von Amts wegen erfolgt ebenso in den Fällen der Einstellung nach § 28 und den §§ 765a, 769 Abs. 2 ZPO, wenn der Versagungsgrund nicht mehr besteht21 und auch im seltenen Fall des § 85 ZVG, in dem ohne Weiteres ein neuer Zwangsversteigerungstermin bestimmt wird.
33
Üblich ist die Fortsetzung von Amts wegen gleichfalls, dabei zumeist ohne ausdrückliche 34 einstweilige Einstellung, bei allen Verfahrensfehlern, die das Vollstreckungsgericht erst im Rahmen der Zuschlagserteilung erkennt. Zu nennen sind hier die Fehler bei der amtlichen Bekanntmachung bezüglich Inhalt22 und Veröffentlichungsfrist oder Mängel bei der Zustellung von Anordnungsbeschluss oder Terminsbestimmung an den Schuldner. Ebenso Fehler bei der Einhaltung der Bietzeit nach Neuberechnung des geringsten Gebots23 oder nach Aufhebung eines bereits rechtskräftigen Zuschlags durch Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO)24. Das späte Erkennen, nämlich nach der Anordnung oder der Zulassung des Beitritts, von Vollstreckungsmängeln, wie die fehlende Zustellung bestimmter Urkunden oder das Versäumnis einer Klauselumschreibung bei der Zwangsvollstreckung für bzw. gegen Rechtsnachfolger, die einer Zuschlagserteilung entgegen stehen25, müssen zu einer einstweiligen Einstellung nach § 28 ZVG führen.
35
Setzt das Vollstreckungsgericht ein durch Zuschlagsversagung einstweilen eingestelltes Verfahren ohne nötigen Gläubigerantrag fort, so steht dies einer späteren Zuschlagserteilung dann nicht entgegen, wenn der Gläubiger, dessen Einzelverfahren ohne seinen Antrag fort-
36
19 20 21 22 23 24 25
Stöber/Becker, § 86 ZVG Rz. 8. S. Kommentierung zu § 76. Stöber/Becker, § 86 ZVG Rz. 7. BGH v. 30.9.2010 – V ZB 160/09, MDR 2011, 69 = Rpfleger 2011, 173. BGH v. 18.7.2013 – V ZB 13/13, MDR 2013, 1427 = Rpfleger 2014, 36. LG Potsdam v. 11.3.2013 – 1 T 103/13, ZfIR 2014, 785 mit Anmerkung Steffen, ZfIR 2014, 757. BGH v. 21.11.2013 – V ZB 109/13, MDR 2014, 367 = Rpfleger 2014, 215.
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§ 86 Rz. 36 Wirkung der Zuschlagsversagung gesetzt wurde, das Verfahren genehmigt. Diese Genehmigung kann dadurch konkludent erteilt sein, dass der Gläubiger seine Zustimmung zur Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden erklärt26.
E. Verfahrensaufhebung durch rechtskräftige Zuschlagsversagung 37
Ein Zwangsversteigerungsverfahren ist nach einer Zuschlagsversagung immer dann aufzuheben, wenn eine Fortsetzung aus verfahrensrechtlicher Sicht nicht mehr möglich oder wegen eines unheilbaren Vollstreckungsmangels nicht mehr zulässig ist. Heilbare Vollstreckungsmängel hindern grundsätzlich nicht die Fortsetzung des Verfahrens, obwohl sie möglicherweise zum Zeitpunkt der Zuschlagsversagung noch nicht zulässig ist. Der vorhandene Vollstreckungsmangel muss dabei während der Einstellungszeit behoben werden können, indem etwa eine erforderliche Klauselumschreibung durchgeführt oder eine fehlerhafte Zustellung nachgeholt wird.
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Aufgehoben werden muss ein Verfahren, wenn – der betreibende Gläubiger seinen Zwangsversteigerungsantrag in vollem Umfang zurück genommen hat (§ 29) – der betreibende Gläubiger bereits zum dritten Mal die einstweilige Einstellung des Verfahrens bewilligt (§ 30 Abs. 1 Satz 2) – die Vollstreckungsvoraussetzungen endgültig weggefallen sind oder nie vorlagen (einige, jedoch nicht alle Fälle des § 83 Nr. 5 und 6), beispielsweise wenn gar kein Titel vorliegt, der Titel sich nicht gegen den Eigentümer richtet oder gegen einen prozess- oder gar parteiunfähigen Schuldner vollstreckt wird27 – nach erfolgreicher Vollstreckungsgegenklage des Schuldners oder Drittwiderspruchsklage eines fremden Eigentümers etwa hinsichtlich Zubehörs
39
Im Falle einer Zuschlagsversagung ohne Fortsetzungsmöglichkeit bezieht sich die Aufhebung des Verfahrens auf das jeweilige Einzelverfahren des betreibenden Gläubigers. Es kann durchaus für einen Gläubiger aufgehoben und für einen anderen Gläubiger einstweilen eingestellt werden.
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Nur bei endgültiger Aufhebung des Verfahrens, also wenn kein Gläubiger mehr das Verfahren betreibt, entfällt die Beschlagnahme und das Grundbuchamt ist um Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks zu ersuchen (§ 34).
§ 87 [Verkündungstermin] (1) Der Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt oder versagt wird, ist in dem Versteigerungstermin oder in einem sofort zu bestimmenden Termin zu verkünden. (2) Der Verkündungstermin soll nicht über eine Woche hinaus bestimmt werden. Die Bestimmung des Termins ist zu verkünden und durch Anheftung an die Gerichtstafel bekanntzumachen.
26 BGH v. 19.11.2009 – V ZB 118/09, MDR 2010, 171 = Rpfleger 2010, 226. 27 Steiner/Storz, § 86 ZVG Rz. 4.
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Verkündungstermin
Rz. 4 § 87
(3) Sind nachträglich Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht, so sollen in dem Verkündungstermin die anwesenden Beteiligten hierüber gehört werden.
A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sofortige Verkündung als Grundsatz (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Sonderfall Aussetzung der Zuschlagsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestimmung des Termins und Bekanntgabe (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . .
. .
Rz. 1 6
. 18 . 18
Rz. II. Aussetzungsgründe – Wann ist Vertagung nötig oder möglich? . . . . . . . . . . . . . . D. Einwöchige Frist bei Aussetzung (Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Nachträgliche Tatsachen oder Beweismittel (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Mögliche Folgen einer Zuschlagsaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29 36 44 50
Literatur: Ertle, Zuzahlung außerhalb des Verfahrens (Anmerkung zu BGH v. 31.5.2012, V ZB 207/11), Rpfleger 2013, 41; Goldbach, Der Verkündungstermin im Zwangsversteigerungsverfahren, ZfIR 2013, 793; Mayer, Eine ärgerliche Unsitte, Rechtspflegerblatt 2000, 40; Quack, Verfahrensrecht und Grundrechtsordnung, Rpfleger 1978, 197.
A. Allgemeines Der Ablauf eines Versteigerungstermins ist im ZVG so geregelt, dass im Anschluss an den Bekanntmachungs- bzw. Belehrungsteil (§ 66 Abs. 1 ZVG) und der darauffolgenden eigentlichen Versteigerung (Bietzeit) die Verhandlung über den Zuschlag erfolgt (§ 74 ZVG).
1
Der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts hat die abschließende Entscheidung über Erteilung oder Versagung des Zuschlags nach Maßgabe des § 87 Abs. 1 ZVG entweder sofort im Versteigerungstermin oder ausnahmsweise in einem sofort zu bestimmenden, gesonderten Verkündungstermin zu verkünden.
2
Obwohl sich nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung etwas anders vermuten lässt, kann der Rechtspfleger dabei nicht nach uneingeschränktem Belieben entscheiden, ob er den Beschluss über die Erteilung oder Versagung des Zuschlags sofort oder in einem besonderen Termin verkündet. Die Gestaltungsfreiheit des Vollstreckungsgerichts ist nach einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung bei dieser Entscheidung durch Ausübung eines „pflichtgemäßen Ermessens“ eingeschränkt1.
3
Es gilt das Prinzip, dass die Entscheidung über den Zuschlag unter normalen Umständen immer sofort zu ergehen hat. Die Regelung in § 87 Abs. 1 ZVG beinhaltet die Forderung nach unverzüglicher Verkündung der Zuschlagsentscheidung, da jede Vertagung des Verkündungstermins das Recht des Meistbietenden gefährdet. Dieser hat nach § 81 Abs. 1 ZVG ein Recht auf die Erteilung des Zuschlags unter den gesetzlichen Voraussetzungen. Auf das Bestehen dieses Rechtes muss das Vollstreckungsgericht Rücksicht nehmen2.
4
1 BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, Rpfleger 2012, 640 und Rpfleger 2013, 41 mit Anm. Ertle = ZfIR 2012, 648 mit Anm. Kirsch; Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 4; Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 6; Steiner/ Storz, § 87 ZVG Rz. 11. 2 BGH v. 12.5.2016 – V ZB 141/15, MDR 2016, 907 = Rpfleger 2016, 597; Ertle, Rpfleger 2017, 46.
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§ 87 Rz. 5 Verkündungstermin 5
Der Verkündungstermin darf keinesfalls ein taktisches Mittel zur Verfahrensverzögerung sein. Weder für den Schuldner, um noch Unterlagen beizubringen, die eine Einstellung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung ermöglichen noch für den Gläubiger, der schlecht vorbereitete oder mit mangelnden Handlungsbefugnissen ausgestattete Terminsvertreter mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt und mit einem Verkündungstermin einer sofortigen Entscheidung aus dem Weg gehen will3.
B. Sofortige Verkündung als Grundsatz (Abs. 1) 6
Als Grundsatz muss gelten, dass die Entscheidung über den Zuschlag im Versteigerungstermin als Abschluss der mündlichen Verhandlung zu verkünden ist, wenn nicht ausnahmsweise tatsächliche oder rechtliche Hindernisse bestehen, die einer Klärung außerhalb des Versteigerungstermins bedürfen4. Nur beim Vorliegen relevanter Umstände kann eine Verpflichtung für das Vollstreckungsgericht bestehen, die Entscheidung über den Zuschlag nicht sofort zu treffen5. Selbst erhebliche Gründe im Sinne von § 227 ZPO rechtfertigen keine Zuschlagsaussetzung6, so dass „unerhebliche Gründe“ wie etwa die Abwesenheit von Beteiligten, die mangelnde Vorbereitung des Terminsvertreters oder gar des Rechtspflegers keinesfalls Anlass zu einer Aussetzung der Zuschlagsentscheidung geben können.
7
Deshalb muss die sofortige Verkündung der Zuschlagsentscheidung im Versteigerungstermin die Regel und die Anberaumung eines Verkündungstermins im Interesse der Beteiligten, des Meistbietenden und vor allem der Rechtssicherheit die Ausnahme sein7.
8
Die Verkündung der Entscheidung erfolgt durch lautes Verlesen des Beschlusses im Wortlaut oder zumindest seines wesentlichen, in § 82 ZVG beschriebenen, Inhalts durch den Rechtspfleger. In Ausnahmefällen soll stattdessen das Verlesen durch den Urkundsbeamten zulässig sein, was aber kaum erforderlich sein dürfte8.
9
Der Zuschlagsbeschluss entfaltet nach dem Wortlaut des § 89 ZVG mit seiner Verkündung Wirksamkeit, weshalb er im Umkehrschluss ohne Verkündung nicht wirksam werden dürfte9. In diesem Kontext ist es zumindest fraglich, ob eine erfolgte Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an Stelle der eigentlich vorgesehenen Verkündung ausreichend ist. In Schrifttum und Rechtsprechung wird das bejaht. Dazu wird vertreten, dass ein nicht verkündeter Zuschlag mit der Zustellung an den Ersteher10 bzw. die Beteiligten11 wirksam wird.
10
Nach der Neufassung des § 232 ZPO ist im Zwangsversteigerungsverfahren bei allen anfechtbaren Entscheidungen eine Rechtsbehelfsbelehrung erforderlich. Diese ist mit dem Beschluss über den Zuschlag zu verkünden und muss neben den nötigen Angaben nach § 232 ZPO beim Zuschlag zusätzlich auf die Besonderheiten dieses Rechtsmittelverfahrens hinweisen.
3 Goldbach, ZfIR 2013, 793. 4 BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, ZfIR 2012, 648 = Rpfleger 2012, 640; Mayer, RpflBl. 2000, 40, der das unbegründete Verlangen nach Zuschlagsaussetzung als eine „ärgerliche Unsitte“ bezeichnet. 5 BVerfG v. 7.12.1977 – 1 BvR 734/77, Rpfleger 1978, 206. 6 BGH v. 12.5.2016 – V ZB 141/15, MDR 2016, 907 = Rpfleger 2016, 597; Ertle, Rpfleger 2017, 46. 7 Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 4; BGH v. 31.5.2012 – V ZB 207/11, Rpfleger 2013, 41 m. Anm. Ertle; Mayer, RpflBl. 2000, 40. 8 Steiner/Storz, § 87 ZVG Rz. 4. 9 Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 3 und 9. 10 Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 15. 11 BGH v. 15.12.2011 – V ZB 124/11, MDR 2012, 430 = Rpfleger 2012, 337 = ZfIR 2012, 205; OLG Köln v. 16.11.1981 – 2 W 91/81, MDR 1982, 330 = Rpfleger 1982, 113; Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 11.
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Verkündungstermin
Rz. 17 § 87
Eine Rechtsmittelbelehrung ist schon deshalb nötig, weil die Erfordernisse des Rechtsmittels gegen den Zuschlagsbeschluss auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Ausgestaltung so kompliziert und schwer zu erfassen sind, dass nicht erwartet werden kann, der Rechtsmittelsuchende werde sich in zumutbarer Weise hierüber rechtzeitig Aufklärung verschaffen können12.
11
Bei der Entscheidung über den Zuschlag trifft das ZVG eine vom üblichen Verfahrensgang bei der sofortigen Beschwerde abweichende Regelung über den Beginn der Rechtsmittelfrist. Wenn nämlich ein Beteiligter an dem bzw. einem von mehreren Terminen zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag oder an dem Versteigerungstermin auch nur zeitweise teilgenommen hat, muss ihm die ergangene Entscheidung nicht zugestellt werden (§ 88 ZVG). Die Frist für die Anfechtung einer Entscheidung, durch die der Zuschlag erteilt wird, beginnt für diesen Beteiligtenkreis bereits mit der Verkündung der Entscheidung (§ 98 Satz 1 ZVG) und nicht erst mit der Zustellung des entsprechenden Beschlusses, soweit eine Zustellung überhaupt erfolgt.
12
Wird der Zuschlag versagt, beginnt die Rechtsmittelfrist für alle Beteiligten, unabhängig von deren Anwesenheit in einem Termin, einheitlich mit der Verkündung des Versagungsbeschlusses, die entweder im Versteigerungstermin oder in einem Verkündungstermin zu erfolgen hat.
13
Nach Ansicht des BGH ist die gesetzliche Regelung wegen ihrer schwer verständlichen Aus- 14 gestaltung ohne eine Rechtsmittelbelehrung seitens des Gerichts mit dem heutigen Verständnis des verfassungsrechtlich gesicherten Anspruchs auf wirkungsvollen Rechtsschutz nicht zu vereinbaren13. Unterbleibt die Rechtsmittelbelehrung dennoch, hindert das nicht die Wirksamkeit der ge- 15 richtlichen Entscheidung oder den Beginn der Rechtsmittelfrist. Soweit der Belehrungsmangel jedoch ursächlich zur Versäumung der Rechtsmittelfrist führt, ist bei der Prüfung einer beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein fehlendes Verschulden des Rechtsmittelführers bei der Fristversäumnis unwiderleglich zu vermuten (§ 233 Satz 2 ZPO)14. Ausschließlich in begründeten Ausnahmefällen darf das Vollstreckungsgericht einen besonderen Verkündungstermin bestimmen und somit die ohnehin irgendwann zu treffende Entscheidung für den überschaubaren Zeitraum von einer Woche aussetzen. Es hat dabei einen nur sehr begrenzten Ermessensspielraum, dem eine schwerwiegende Verpflichtung aus § 9 Rechtspflegergesetz zur Einhaltung von Recht und Gesetz, sowie zur fairen Verfahrensführung gegenüber stehen15.
16
Ob ein Verkündungstermin anberaumt wird, entscheidet dabei ausschließlich der Rechts- 17 pfleger. Das kann nicht durch eine Vereinbarung der Parteien, etwa im Rahmen abweichender Versteigerungsbedingungen (§ 59 ZVG) geregelt werden16. Trifft der Rechtspfleger die Entscheidung über eine Aussetzung der Zuschlagsentscheidung fehlerhaft und es wird ein Verkündungstermin anberaumt, wo dies nicht nötig ist, muss der Zuschlag aus diesem Grund zu versagen oder ein bereits erteilter Zuschlag aufgehoben werden17.
12 13 14 15 16 17
BVerfG v. 20.6.1995 – 1 BvR 166/93, BVerfGE 93, 99, 107 = NJW 1995, 3173. BGH v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, MDR 2009, 829 = Rpfleger 2009, 405. BGH v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, MDR 2009, 829 = Rpfleger 2009, 405. Goldbach, ZfIR 2013, 793. Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 4; Löhnig/Pestel, § 87, Rz. 8. BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, ZfIR 2012, 648 = Rpfleger 2012, 640.
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§ 87 Rz. 18 Verkündungstermin
C. Sonderfall Aussetzung der Zuschlagsentscheidung I. Bestimmung des Termins und Bekanntgabe (Abs. 2 Satz 2) 18
Den Zeitpunkt des Verkündungstermins hat das Vollstreckungsgericht schon im Versteigerungstermin mündlich zu verkünden und darüber hinaus durch Anheftung an die Gerichtstafel bekanntzumachen (§ 87 Abs. 2 ZVG). Zugestellt wird die Terminsbestimmung nicht18. Selbst wenn der vorgesehene Aushang an der Gerichtstafel unterbleibt, macht das die Terminsbestimmung nicht unwirksam19.
19
Es ist nicht möglich, die Entscheidung über den Zuschlag für eine unbestimmte Zeit auszusetzen oder den Versteigerungstermin ohne jegliche Entscheidung über Zuschlag oder Aussetzungsdauer zu beenden und erst nach der Behebung der rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse überhaupt einen Verkündungstermin anzuberaumen. Die gesetzliche Regelung fordert im Interesse der Rechtsklarheit eindeutig eine sofortige Festlegung, wann die Entscheidung über den Zuschlag ergehen wird.
20
Der Zuschlagsbeschluss wird mit seiner Verkündung wirksam (§ 89 ZVG), soweit er nicht im Beschwerdeverfahren erteilt wird (§ 104 ZVG). Dies erlangt besondere Bedeutung, wenn eine bereits verkündete Zuschlagsversagung nach einem eingelegten Rechtsmittel durch Abhilfe abgeändert wird, so dass ein zunächst versagter Zuschlag nun doch erteilt wird.
21
Dann muss für die Verkündung der Abhilfeentscheidung durch Zuschlagsbeschluss ein weiterer Verkündungstermin anberaumt werden. Gelegentlich wird davon abgesehen und die Entscheidung wird ohne Anberaumung eines Termins lediglich schriftlich getroffen. Ein solcher Beschluss wird mit seiner Zustellung an den Ersteher20 bzw. die Beteiligten21 wirksam.
22
Allerdings hat der BGH in einem solchen Fall entschieden22, dass die unterlassene Verkündung zwar nicht unmittelbar die Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge habe. Es bestehe jedoch ein Verfahrensmangel, wenn das Versteigerungsgericht den Beschluss an die Verfahrensbeteiligten zum Zweck der Verlautbarung lediglich zugestellt hat23.
23
Dieser Verfahrensfehler stelle einen Zuschlagsversagungsgrund dar, welcher im Beschwerdefall zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses führt, soweit die Zuschlagsentscheidung auf der Verletzung des Verfahrensrechts beruhe. Das soll dann gegeben sein, wenn denkbar wäre, dass die Entscheidung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre.
24
In dem vom BGH entschiedenen Verfahren, hätte die Anberaumung eines Verkündungstermins dem Schuldner die Chance eingeräumt, mit einem Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO die Erteilung des Zuschlags abzuwenden. Diese Gelegenheit wurde ihm durch die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses ohne Verkündung in einem gerichtlichen Termin genommen.
25
Der Verkündungstermin ist die Fortsetzung des quasi für die Aussetzungszeit unterbrochenen Versteigerungstermins hinsichtlich der Entscheidung über den Zuschlag und findet gleichfalls in öffentlicher Sitzung statt24. Daran können auch Nichtbeteiligte teilnehmen.
18 19 20 21
OLG Köln v. 19.8.1996 – 2 W 165/96, Rpfleger 1997, 35. OLG Hamm v. 27.6.1996 – 15 W 203/94, Rpfleger 1995, 176. Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 15. OLG Köln v. 16.11.1981 – 2 W 91/81, MDR 1982, 330 = Rpfleger 1982, 113; Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 11. 22 BGH v. 15.12.2011 – V ZB 124/11, MDR 2012, 430 = Rpfleger 2012, 337 = ZfIR 2012, 205. 23 Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 11. 24 Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 18.
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Goldbach
Verkündungstermin
Rz. 33 § 87
Die üblicherweise im Versteigerungstermin unmittelbar nach dem Ende der Bietzeit ergehende Entscheidung über den Zuschlag wird bis zum Verkündungstermin vertagt. Es geht also im Verkündungstermin nicht nur um die Bekanntgabe einer getroffenen Entscheidung. Auf die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts kann durch schriftlich eingereichten oder zu Protokoll erklärten Sachvortrag bzw. Anträge Einfluss genommen werden. Erklärungen zu Protokoll oder die Abtretung des Meistgebots können noch bis im Termin erfolgen und sind bei der Zuschlagsentscheidung angemessen zu berücksichtigen25.
26
Wie im Versteigerungstermin wird auch im Verkündungstermin ein Protokoll geführt (§ 78 ZVG), aus dem sich Zeit und Ort der Sitzung, die teilnehmenden Gerichtspersonen und Beteiligten, die wesentlichen Vorgänge in der Sitzung, die gestellten Anträge und abgegebenen Erklärungen sowie die Entscheidungen des Gerichts, insbesondere Zuschlag oder Versagung, ergeben müssen. Gerade im Hinblick darauf, dass nur protokollierte Vorgänge bei der Zuschlagsentscheidung oder im Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden (§ 80 ZVG), ist auf eine sorgfältige Protokollierung zu Achten.
27
Im Fall der Verhinderung des zuständigen Rechtspflegers kann in einem besonderen Ver- 28 kündungstermin der geschäftsplanmäßige oder ein anderweitig bestimmter Vertreter tätig werden, der dann auch den Zuschlagsbeschluss zu unterschreiben hat. Die Entscheidung ergeht nicht auf Grund einer mündlichen Verhandlung, sondern auf der Grundlage des Versteigerungsprotokolls26.
II. Aussetzungsgründe – Wann ist Vertagung nötig oder möglich? Wie bei jeder Ermessensentscheidung hat der Rechtspfleger bei seinen Erwägungen, ob ein besonderer Verkündungstermin erforderlich oder zumindest möglich ist, die gesamten Umstände des vorliegenden Verfahrens zu berücksichtigen27.
29
Unangemessen und der Verantwortung des Vollstreckungsgerichts keinesfalls entsprechend ist dabei eine pauschale und im Voraus getroffene Festlegung des Rechtspflegers, dass „immer“ oder „niemals“ eine Aussetzung der Zuschlagsentscheidung erfolgt.
30
Die gesetzliche Regelung gibt kaum Aufschluss darüber, welche Gesichtspunkte bei der Ermessensentscheidung des Rechtspflegers im Einzelnen zu berücksichtigen sind. Aus der ergangenen Rechtsprechung und der verfügbaren Kommentierung können aber Entscheidungsmaßstäbe für die Praxis abgeleitet werden.
31
Vor dem Hintergrund, dass die Zuschlagsentscheidung regelmäßig im Versteigerungstermin zu treffen ist, soweit dem keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen, gilt28:
32
Eine Aussetzung der Zuschlagsentscheidung ist nötig, wenn – eine zur Zuschlagserteilung erforderliche Zustimmung (z.B. eines Erbbaurechtsausgebers oder eines Verwalters n. WEG) nicht vorliegt oder ersetzt werden muss29 – über einen bereits eingereichten Vollstreckungsschutzantrag noch nicht entschieden ist, obwohl dieser zur Entscheidung reif ist, weil sonst dem Schuldner das Rechtsmittel der
33
25 26 27 28 29
Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 321; Steiner/Storz, § 87 ZVG Rz. 19. BGH v. 10.12.2009 – V ZB 111/09, MDR 2010, 341 = Rpfleger 2010, 277. BGH v. 30.1.2004 – IXa ZB 196/03, MDR 2004, 774 = Rpfleger 2004, 434. Goldbach, ZfIR 2013, 793. Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 4, 13; Böttcher, § 87 ZVG Rz. 3.
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sofortigen Beschwerde nur gegen die Zurückweisung seines Vollstreckungsschutzantrags verwehrt würde30 eine Entscheidung über einen kurzfristig gestellten Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners nicht sofort getroffen werden kann, weil noch Unterlagen wie Gutachten benötigt werden31 oder die regelmäßig erforderliche Anhörung der Gläubiger nicht unmittelbar erfolgen kann die Zuschlagsentscheidung wegen mehrerer Ausgebote oder § 85a Abs. 3 ZVG „rechnerisch schwierig“32 ist und der Rechtspfleger wegen äußerer Umstände die Berechnung nicht sofort im Gerichtssaal durchführen kann das Meistgebot „wirtschaftlich unzulänglich“, also im Verhältnis zum Verkehrswert sehr niedrig ist33, damit der im Versteigerungstermin nicht anwesende Schuldner erforderlichenfalls noch über seine rechtlichen Möglichkeiten aufgeklärt werden kann34 und Gelegenheit hat, einen Vollstreckungsschutzantrag wegen drohender Verschleuderung zu stellen, bevor der Zuschlag erteilt wird35. das Versteigerungsgericht vor Zuschlagerteilung Kenntnis von einer prozessualen Manipulation wie beispielsweise einem fingierten Mietvertrag36 oder einer Bietabsprache37 erlangt. In solchen Fällen kann sich unmittelbar aus Art. 14 GG die Verpflichtung ergeben, zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und einer fairen Verhandlungsführung von einer sofortigen Zuschlagerteilung abzusehen und die Beteiligten auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes gem. § 765a ZPO bzw. § 180 Abs. 2 ZVG hinzuweisen.
Nicht unbedingt nötig, jedoch möglich, ist eine Aussetzung der Zuschlagsentscheidung, wenn – der Meistbietende noch erhöhte Sicherheitsleistung nach § 68 Abs. 3, 4 ZVG erbringen muss, weil es sich um den Schuldner oder einen neu eingetretenen Eigentümer handelt und der Gläubiger erhöhte Sicherheitsleistung verlangt hat38 – der Anspruch aus dem Meistgebot auf Erteilung des Zuschlags noch abgetreten werden soll, der Zessionar aber im Versteigerungstermin nicht anwesend ist39 – der Beschluss über die Festsetzung des Verkehrswerts noch nicht für alle Gläubiger oder andere Beteiligte rechtskräftig geworden ist40 – der Vollstreckungstitel im Versteigerungstermin nicht vorliegt und deshalb der Zuschlag nicht sofort, vermutlich aber nach Vorlage des Vollstreckungstitels erteilt werden kann41 – der Schuldner kurzfristig eine Zahlung geleistet hat und zunächst geprüft werden muss, ob diese eine Einstellung nach § 75 ZVG rechtfertigt42
30 BVerfG v. 27.9.1979 – 1 BvR 361/78, BVerfGE 49, 220 = Rpfleger 1979, 296; BVerfG v. 24.4.1979 – 1 BvR 787/78, Rpfleger 1979, 296. 31 BGH v. 2.12.2010 – V ZB 124/10, NJW-RR 2011, 419. 32 Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 16; Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 5. 33 BGH v. 14.7.2011 – V ZB 25/11, MDR 2011, 1203 = Rpfleger 2011, 682. 34 BVerfG v. 24.3.1976 – 2 BvR 804/75, BVerfGE 42, 64 = Rpfleger 1976, 389. 35 BGH v. 15.11.2004 – IXa ZB 27/04, Rpfleger 2005, 151. 36 LG München II v. 31.7.2017 – 7 T 504/17, Rpfleger 2018, 44. 37 OLG Karlsruhe v. 21.4.1993 – 11 W 15/93, Rpfleger 1993, 413. 38 Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 4; a.A. Löhnig/Steffen, § 68 ZVG Rz. 6. 39 Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 5. 40 Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 17. 41 BGH v. 18.3.2010 – V ZB 124/09, Rpfleger 2010, 437. 42 OLG Kolmar v. 20.1.1912 – III. ZS, OLGZ 25, 261.
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Verkündungstermin
Rz. 40 § 87
kein Aussetzungsgrund besteht, wenn – der Gläubiger schlichtweg die Aussetzung, jedoch ohne die Nennung triftiger Gründe beantragt43 – das Meistgebot nicht der angeblichen Vorgabe des Terminsvertreters entspricht und dieser zunächst ein Votum über das Meistgebot „beim Vorstand“ oder einem sonstigen Vollmachtgeber einholen muss – der Gläubiger bekannt gibt, dass er beabsichtigt, mit dem Ersteher über Nachzahlungen verhandeln zu wollen44 – der Schuldner45 oder der Gläubiger im Termin nicht anwesend ist – dem Schuldner noch die Zahlung ermöglicht werden soll46, ohne dass das Verfahren vom Gläubiger nach § 30 ZVG eingestellt wird – der Schuldner nach der Zuschlagserteilung noch Vollstreckungsgegenklage einreichen möchte, aber keinen begründeten Eilantrag gem. § 769 ZPO stellt oder aus anderen Gründen keine Eilentscheidung des Prozessgerichts gemäß § 769 Abs. 1 ZPO vorlegt47
35
D. Einwöchige Frist bei Aussetzung (Abs. 2 Satz 1) Erfolgt die Verkündung der Zuschlagsentscheidung in einem besonderen Termin, hat das Vollstreckungsgericht zu beachten, dass der Verkündungstermin nicht über eine Woche hinaus bestimmt werden soll (§ 87 Abs. 2 ZVG). Hinsichtlich der Einhaltung der einwöchigen Frist besteht ebenfalls nur ein geringer Ermessensspielraum. Die Wortwahl des Gesetzgebers, „soll“ im Gegensatz zu „kann“, lässt nur in begründeten Ausnahmefällen eine Abweichung von dem gesetzlich vorgegebenen Zeitraum zu48.
36
Eine Verletzung dieser Ordnungsvorschrift soll jedoch „unschädlich“ sein49. Die Einhaltung ist auch nicht immer möglich, soweit die Zuschlagserteilung von der Erteilung einer Zustimmung eines Dritten abhängig ist. Ohne Not sollte eine weit über die gesetzliche Vorgabe hinausgehende Frist allerdings nicht eingeräumt werden. Vorzuziehen wäre dann eine mehrfache Vertagung für jeweils eine Woche.
37
Mit dieser kurz gehaltenen Zeitspanne soll gewährleistet werden, dass die Entscheidung zügig ergeht und schnellstmöglich Rechtssicherheit über den Zuschlag geschaffen wird. Damit wird dem Interesse des Gläubigers, durch zeitnahen Abschluss des Vollstreckungsverfahrens Befriedigung aus der zu vollstreckenden Forderung zu erlangen, Rechnung getragen50.
38
Nur so ist auch sichergestellt, dass die Ansprüche der durch das geringste Gebot geschützten Beteiligten auch bei der Erlösverteilung tatsächlich gedeckt sind. Würde nämlich die Entscheidung später als zwei Wochen nach dem Versteigerungstermin erfolgen, wäre durch das aufgestellte geringste Gebot der Deckungsgrundsatz nicht mehr gewahrt (§§ 44, 47 ZVG).
39
Eine Zuschlagsaussetzung kann mehrfach hintereinander erfolgen bzw. der Verkündungstermin mehrfach vertagt werden, wenn die Entscheidung über den Zuschlag vom Ausgang eines anderen Rechtsstreits oder einer anderen gerichtlichen bzw. behördlichen Entschei-
40
43 Mayer, RpflBl. 2000, 40. 44 BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, ZfIR 2012, 648 = Rpfleger 2012, 640. 45 BGH v. 30.1.2004 – IXa ZB 196/03, MDR 2004, 774 = Rpfleger 2004, 434; OLG Frankfurt/M. v. 12.2.1991 – 20 W 9/91, Rpfleger 1991, 470. 46 OLG Kolmar v. 20.1.1912 – III. ZS, OLGZ 25, 261. 47 BGH v. 12.5.2016 – V ZB 141/15, MDR 2016, 907 = Rpfleger 2016, 597; Ertle, Rpfleger 2017, 46. 48 Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 13. 49 BGH v. 8.7.1960 – V ZB 8/59, Rpfleger 1961, 192. 50 OLG Saarbrücken v. 28.11.2013 – 4 U 419/12, MDR 2014, 368 = juris.
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§ 87 Rz. 40 Verkündungstermin dung abhängig51 ist. In der Praxis wird das vor allem dann nötig, wenn eine erforderliche Zustimmungserklärung des Verwalters nach WEG oder eines Erbbaurechtsausgebers im gerichtlichen Verfahren ersetzt werden muss. Dann ist das Vollstreckungsgericht gezwungen, mit seiner Entscheidung zu warten, bis die vom zuständigen Amtsrichter vorzunehmende Ersetzung ergangen ist. 41
Das dürfte auch bei der Begutachtung des Schuldners durch einen Arzt im Rahmen eines Vollstreckungsschutzverfahrens nach 765a ZPO bei sittenwidriger Vollstreckung gelten52.
42
Eine mehrfache Vertagung soll auch zulässig sein, wenn Schuldner bzw. Eigentümer und Gläubiger übereinstimmend eine Vertagung beantragen, der Schuldner einen offensichtlich nicht unbegründeten Vollstreckungsschutzantrag gestellt hat und die Vertagung dem Zweck dient, den Grundstückswert weiter aufzuklären53.
43
Für die Anberaumung eines weiteren Verkündungstermins gelten dieselben eng eingegrenzten Kriterien hinsichtlich des pflichtgemäßen Ermessens. Es muss eine rechtliche oder tatsächliche Notwendigkeit bestehen, die Entscheidung nicht sofort zu verkünden, sondern noch einmal auszusetzen. Festgelegt wird der neu anberaumte, weitere Verkündungstermin durch Bekanntmachung im ersten Verkündungstermin und durch Aushang an die Gerichtstafel (Abs. 2).
E. Nachträgliche Tatsachen oder Beweismittel (Abs. 3) 44
In der Zeit zwischen Versteigerungs- und Verkündungstermin haben die Beteiligten und der Ersteher noch reichlich Gelegenheit, weitere Verfahrensanträge zu stellen oder Erklärungen abzugeben. Anträge nach § 765a ZPO können gestellt werden oder der Gläubiger kann Erklärungen nach §§ 29, 30 ZVG abgeben. Diese Anträge hat das Vollstreckungsgericht zu berücksichtigen, wenn sie bis zur Verkündung der Entscheidung dort eingehen54.
45
Der Ersteher kann den aus dem Meistgebot erwachsenden Anspruch auf Erteilung des Zuschlags noch bis zum Verkündungstermin abtreten55, so dass der Zuschlag an den Zessionar zu erteilen ist (§ 81 Abs. 2 ZVG). Hat der Bieter mit einer verdeckten Vollmacht für einen Dritten geboten, kann er noch bis zum Verkündungstermin die Vollmacht offenlegen und so den Zuschlag an den Vollmachtgeber erteilen lassen (§ 81 Abs. 3 ZVG)56.
46
Dagegen sind jedoch Anträge, die bereits früher im Verfahren zu stellen gewesen wären, nicht mehr zulässig. Beispielsweise kann keine Sicherheitsleistung für zugelassene Gebote mehr verlangt oder gar noch abweichende Versteigerungsbedingungen beantragt werden.
47
Ein Antrag auf Zuschlagsversagung gemäß § 74a ZVG kann im Verkündungstermin gleichfalls nicht mehr gestellt werden, weil das auf Grund der eindeutigen gesetzlichen Regelung ausschließlich im Versteigerungstermin möglich ist57. Es wird jedoch als zulässig erachtet, dass ein solcher, bereits gestellter Antrag, vom Antragsteller wieder zurück genommen wird58. Deshalb wird dieser Antrag häufig im Versteigerungstermin gestellt, eine Entscheidung darü51 OLG Hamm v. 27.6.1994 – 15 W 203/94, MDR 1995, 1264 = Rpfleger 1995, 176; OLG Köln v. 19.8.1996 – 2 W 165/96, Rpfleger 1997, 34. 52 BGH v. 2.12.2010 – V ZB 124/10, NJW-RR 2011, 419. 53 OLG Saarbrücken v. 28.11.2013 – 4 U 419/12, MDR 2014, 368 = juris. 54 Stöber/Becker, § 87 ZVG Rz. 21. 55 LG Braunschweig v. 16.6.1999 – 8 T 530/99, Rpfleger 1999, 554. 56 Stöber/Becker, § 81 ZVG Rz. 29. 57 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 34. 58 Stöber/Becker, § 74a ZVG Rz. 34; Steiner/Storz, § 74a ZVG Rz. 47; Dassler u.a./Hintzen, § 74a ZVG Rz. 23.
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Verkündungstermin
Rz. 54 § 87
ber jedoch erst im Verkündungstermin gewünscht. Dem kann aber nur entsprochen werden, wenn es noch andere Gründe gibt, die eine Zuschlagsaussetzung rechtfertigen. Über den Zuschlagsversagungsantrag wegen Nichterreichens der 7/10-Grenze kann und muss sofort entscheiden werden59. Genau genommen endet die Möglichkeit, noch zulässige Verfahrensanträge zu stellen oder den Zuschlag beeinflussende Erklärungen abzugeben erst mit der vollständigen Verkündung des Zuschlags. Das Zwangsversteigerungsobjekt ist erst dann der Disposition des betreibenden Gläubigers entzogen60. Der Eigentumsübergang auf den Ersteher erfolgt mit der vollständigen Verkündung des Zuschlags und nicht bereits mit Beginn der Verkündung.
48
Bis zum Ende der Zuschlagsverkündung kann der Eigentumsübergang noch durch einstweilige Einstellung des Verfahrens oder Antragsrücknahme des Gläubigers verhindert werden. Das ist vor allem von Bedeutung, wenn der Gläubigervertreter im Termin von einem Zuschlag überrascht wird, obwohl er mit einer Zuschlagsversagung (z.B. wegen Nichterreichens der 5/10-Grenze) gerechnet hat61.
49
F. Mögliche Folgen einer Zuschlagsaussetzung Bei der Ermessensentscheidung, ob die Verkündung des Zuschlags- bzw. der Versagung sofort oder in einem besonderen Termin erfolgt, muss der Versteigerungsrechtspfleger auch die möglichen negativen Konsequenzen einer Aussetzung bedenken. Die Zeitspanne zwischen dem Versteigerungs- und dem Verkündungstermin kann von den Verfahrensbeteiligten möglicherweise zur Durchsetzung verfahrensfremder Ziele genutzt werden.
50
Einem alleine das Verfahren betreibenden Gläubiger wird durch die Aussetzung der Entscheidung die Möglichkeit eröffnet, Verhandlungen über Nachzahlungen des Erstehers zu führen. Unter dem Druck der noch bis zur Zuschlagserteilung zulässigen Einstellungsbewilligung mit der drohenden Konsequenz einer Zuschlagsversagung wird vom Meistbietenden eine außerhalb des Versteigerungsverfahrens zu leistende Zuzahlung gefordert.
51
Wird dem Gläubiger durch ungerechtfertigte Zuschlagsaussetzung Gelegenheit zu solchen Verhandlungen gegeben, weil die Entscheidung über den Zuschlag ohne weiteren Grund nicht sofort ergeht, entsteht durch die Verletzung der Schuldnerrechte ein Zuschlagsversagungsgrund62.
52
Der Schuldner kann noch bis zur endgültigen Verkündung des Zuschlags Vollstreckungsschutzanträge stellen. In der Praxis werden solche Anträge häufig gerade in diesem kritischen Zeitraum der Aussetzung ohne wirklichen Grund und nur mit dem Ziel gestellt, den unmittelbar bevorstehenden Eigentumsverlust doch noch zu verhindern oder zumindest so lange wie möglich zu verzögern. Letztendlich kommt es fast immer zur Zurückzuweisung dieser unbegründeten Anträge, was aber zunächst eine umfassende, zeitintensive Prüfung erfordert.
53
Ein aus der Sicht des Gläubigers unbefriedigendes Ergebnis wird auch erreicht, wenn vor 54 der Zuschlagsentscheidung eine Ablösung nur der bestrangig betreibenden Forderung
59 BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, ZfIR 2012, 648 = Rpfleger 2012, 640. 60 BGH v. 15.3.2007 – V ZB 95/06, Rpfleger 2007, 414; Stöber/Nicht, § 30 ZVG Rz. 15 und § 29 ZVG Rz. 9. 61 BGH v. 15.3.2007 – V ZB 95/06, Rpfleger 2007, 414. 62 BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, ZfIR 2012, 648 = Rpfleger 2012, 640; Goldbach, ZfIR 2013, 793.
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§ 87 Rz. 54 Verkündungstermin erfolgt, um die Versteigerung zu verhindern, was einem zur Ablösung Berechtigten grundsätzlich gestattet ist63. 55
Zur angemessenen Berücksichtigung der Ersteherinteressen hat das Vollstreckungsgericht darüber hinaus zu Bedenken, dass der Meistbietende durch die Aussetzung der Zuschlagsentscheidung unverhältnismäßig lange an sein Meistgebot gebunden ist, ohne dass er Einfluss auf den Gang des Verfahrens nehmen kann.
56
Bei einer eventuellen Zuschlagsversagung erhält er seine Sicherheitsleistung erst nach Rechtskraft des Versagungsbeschlusses zurück, was je nach Art der Sicherheitsleistung einen Zinsverlust, hohe Bürgschaftskosten oder eingeschränkte Liquidität bedeutet.
57
Schon um die Interessen des nicht am Vollstreckungsverfahren beteiligten Bieters zu schützen, sollte eine nicht zwingend nötige Aussetzung der Entscheidung unterbleiben.
§ 88 [Zustellung des Zuschlagsbeschlusses] Der Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, ist den Beteiligten, soweit sie weder im Versteigerungstermine noch im Verkündungstermin erschienen sind, und dem Ersteher sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen und im Falle des § 81 Abs. 4 dem Meistbietenden zuzustellen. Als Beteiligte gelten auch diejenigen, welche das angemeldete Recht noch glaubhaft zu machen haben.
A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Förmliche Zustellungen . . . . . . . . . . .
Rz. 1 7
Rz. C. Sonstige Mitteilungen . . . . . . . . . . . . 18
A. Allgemeines 1
Die Bekanntgabe des Zuschlags an die Verfahrensbeteiligten und andere davon betroffene Personen erfolgt auf unterschiedliche Weise, nämlich teilweise durch Verkündung und teilweise durch Zustellung des Beschlusses. Ein Zuschlagsversagungsbeschluss wird nie zugestellt, sondern lediglich verkündet.
2
Der im Versteigerungstermin oder im Verkündungstermin durch Verlesen bekannt gegebene Zuschlagsbeschluss wird den Verfahrensbeteiligten nach § 9 ZVG nur dann zugestellt, wenn sie weder im Versteigerungstermin noch in einem Verkündungstermin anwesend waren. Für diese Beteiligten, die erst durch die Zustellung Kenntnis vom Zuschlag erhalten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung (§ 98 ZVG).
3
An alle Beteiligten, die im Versteigerungstermin oder auch lediglich in einem Verkündungstermin mindestens kurzzeitig anwesend waren, erfolgt keine förmliche Zustellung des Zuschlagsbeschlusses1. Für sie beginnt die Rechtsmittelfrist bereits mit der Verkündung der Entscheidung, selbst wenn sie im Augenblick der Verkündung nicht anwesend wa-
63 BGH v. 6.10.2011 – V ZB 18/11, MDR 2011, 1502 = Rpfleger 2012, 271. 1 OLG Celle v. 3.9.1986 – 4 W 191/86, Rpfleger 1986, 489.
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Zustellung des Zuschlagsbeschlusses
Rz. 11 § 88
ren. Maßgeblich ist dabei, dass die Anwesenheit in einem Terminsprotokoll vermerkt ist (§§ 78, 80 ZVG). Genügend ist jedenfalls, dass die Partei selbst oder ein Prozessbevollmächtigter wenigstens zeitweise anwesend war2. Dabei genügt die Anwesenheit in einem von mehreren Verkündungsterminen, soweit die Zuschlagsaussetzung mehrfach erfolgt ist, aber am Ende einer Reihe von Verkündungsterminen letztendlich der Zuschlag erteilt wurde.
4
Nicht ausreichend für das Absehen von einer Zustellung ist hingegen die Tatsache, dass der Beteiligte in einem von mehreren Versteigerungsterminen zugegen war. Es muss sich um den Termin handeln, in dem das zuschlagsfähige Meistgebot abgegeben wurde. Das ist der letzte Versteigerungstermin vor der Zuschlagsverkündung und nicht ein früherer ergebnisloser Termin oder ein vorangegangener Verkündungstermin, in dem schon einmal ein Zuschlag versagt wurde.
5
Anwendbar ist die Vorschrift nur auf einen vom Vollstreckungsgericht erteilten Zuschlag. Wird im Rechtsmittelverfahren der Zuschlag vom Beschwerdegericht erteilt, dann wird dieser nicht verkündet, sondern immer an alle Beteiligten zugestellt (§ 103 ZVG).
6
B. Förmliche Zustellungen Die weder im Versteigerungs- noch in einem Verkündungstermin erschienen Beteiligten (§ 9 ZVG) werden vom Zuschlag durch förmliche Zustellung informiert. Sie sollen sowohl vom Eigentumsübergang Kenntnis erlangen als auch Gelegenheit haben, gegen den Zuschlagsbeschluss Rechtsmittel einzulegen.
7
Eine zusätzliche Zustellung an die erschienenen Beteiligten muss nicht und sollte auch nicht erfolgen, da ihre Kenntnis vom Eigentumsübergang unterstellt wird und die Rechtsmittelfrist für eine eventuelle Zuschlagsbeschwerde bereits mit der Verkündung zu laufen begonnen hat (§ 98 ZVG).
8
Wird der Zuschlagsbeschluss vom Vollstreckungsgericht überhaupt nicht verkündet, sondern schriftlich gefasst, erlangt er ausschließlich mit der Zustellung an den Ersteher3 bzw. die Beteiligten4 Wirksamkeit. Die unterbliebene Verkündung führt nicht unmittelbar zur Unwirksamkeit des Beschlusses. Es besteht nach Ansicht des BGH5 jedoch ein Verfahrensmangel, wenn das Versteigerungsgericht den Beschluss an die Verfahrensbeteiligten zum Zweck der Verlautbarung lediglich zugestellt hat6.
9
Dieser Verfahrensfehler stelle einen Zuschlagsversagungsgrund dar, welcher im Beschwerde- 10 fall zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses führt, soweit die Zuschlagsentscheidung auf der Verletzung des Verfahrensrechts beruht. Das soll dann gegeben sein, wenn denkbar wäre, dass die Entscheidung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre. Im konkreten Fall bestand die Rechtsverletzung darin, dass dem Schuldner durch den nicht 11 anberaumten Verkündungstermin die Gelegenheit genommen war, mit einem gestellten Vollstreckungsschutzantrag den Zuschlag zu verhindern. Das führte zur Aufhebung des Zuschlags in der Zuschlagsbeschwerde, was letztendlich im Rechtsbeschwerdeverfahren vom BGH bestätigt wurde. 2 OLG Köln v. 10.4.1980 – 2 W 23/80, Rpfleger 1980, 476. 3 Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 15. 4 OLG Köln v. 16.11.1981 – 2 W 91/81, MDR 1982, 330 = Rpfleger 1982, 113; Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 11. 5 BGH v. 15.12.2011 – V ZB 124/11, MDR 2012, 430 = Rpfleger 2012, 337 = ZfIR 2012, 205. 6 Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 11.
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§ 88 Rz. 12 Zustellung des Zuschlagsbeschlusses 12
Bei einigen Personen kommt es bezüglich der vorzunehmenden Zustellung nicht darauf an, ob diese an einem Versteigerungs- oder Verkündungstermin teilgenommen haben oder nicht. An sie muss der Zuschlagsbeschluss in jedem Fall förmlich zugestellt werden.
13
Diese sind: – Der im Zuschlagsbeschluss genannte Ersteher. Bei mehreren Erstehern muss die Zustellung an jeden Einzelnen erfolgen. Bis zur Eintragung im Grundbuch, welche frühestens direkt nach dem Erlösverteilungstermin bei gleichzeitiger Rechtskraft des Zuschlags erfolgen darf (§ 130 ZVG), kann der Ersteher seine bereits erlangte Eigentümerstellung nur durch Vorlage des Zuschlagsbeschlusses nachweisen. Vor allem bei Verhandlungen über eine Finanzierung durch ein Kreditinstitut ist dieser Nachweis unentbehrlich. – Der für mithaftend erklärte Bürge (§ 69 Abs. 3 ZVG). Er soll darüber informiert werden, dass er auf Grund der Bürgschaft neben dem Ersteher unbefristet, unbedingt und selbstschuldnerisch für die Erfüllung des Meistgebots in Höhe der Sicherheitsleistung (§ 68 Abs. 1 ZVG) haftet und insoweit bei Nichtzahlung auch in Anspruch genommen werden kann. – Der Meistbietenden nach Abtretung des Meistgebots oder nach offenlegen einer verdeckten Vollmacht, obwohl nicht ihm, sondern dem Zessionar oder dem Vollmachtgeber der Zuschlag erteilt wurde. Zurückzuführen ist diese Zustellungserfordernis auf die Tatsache, dass der Meistbietende sowohl Im Falle der Abtretung des Meistgebots, als auch bei einem Gebot in verdeckter Vollmacht neben dem Ersteher gesamtschuldnerisch für die Erfüllung des abgegebenen Meistgebots haftet (§ 81 Abs. 4 ZVG).
14
An einen unterlegenen Bieter erfolgt keine Zustellung des Zuschlagsbeschlusses, da der Zuschlag an den Meistbietenden ihm gegenüber wie eine Zuschlagsversagung wirkt, die nicht zuzustellen ist7.
15
Für die förmliche Zustellung gelten die §§ 3-7 ZVG und die Zustellungsvorschriften der ZPO (§§ 166-195 ZPO). Zu beachten ist dabei insbesondere, dass die Zustellung an die Partei selbst, deren gesetzlichen Vertreter oder, soweit vorhanden, an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hat (§ 172 ZPO). Allerdings ist eine Zustellung an einen lediglich als Terminsvertreter handelnden Bevollmächtigten nicht wirksam und setzt die Rechtsmittelfrist nicht in Gang8.
16
Ist ein für den Schuldner oder einen Beteiligten ein Insolvenzverwalter bestellt, so hat die Zustellung an diesen zu erfolgen, weil die Prozessführungsbefugnis bei ihm liegt und nicht mehr beim Insolvenzschuldner. Dasselbe gilt, wenn ein Nachlasspfleger, -verwalter oder Testamentsvollstrecker bestellt ist. Zustellungen können an alle Beteiligten auch durch Aushändigung an der Amtsstelle, also im Gericht, erfolgen (§ 173 ZPO).
17
Ein Zustellungsverzicht wird als zulässig erachtet, wobei dann die Rechtsmittelfrist mit Verkündung beginnen soll9.
C. Sonstige Mitteilungen 18
Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen außerhalb des ZVG und der ZPO sind noch weitere Mitteilungen vorzunehmen: 7 Stöber/Becker, § 88 ZVG Rz. 4. 8 BGH v. 28.11.2006 – VIII ZB 52/06, MDR 2007, 479 = Rpfleger 2007, 153. 9 Steiner/Storz, § 88 ZVG Rz. 10, Dassler u.a./Hintzen, § 88 ZVG Rz. 3, Löhnig/Pestel, § 88 ZVG Rz. 4, eher krit.: Stöber/Becker, § 88 ZVG Rz. 10.
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Wirksamwerden des Zuschlags
§ 89
– Dem Finanzamt, in dessen Bezirk das Versteigerungsobjekt liegt, ist der Eigentumsübergang durch Zuschlag mitzuteilen10, da der Eigentumserwerb im Zwangsversteigerungsverfahren grundsätzlich grunderwerbsteuerpflichtig ist (§ 1 Abs. 1 Ziff. 4 GrEStG). Ob ein Befreiungstatbestand, beispielweise wegen Erwerb eines nahen Angehörigen, gegeben ist, entscheidet nicht das Vollstreckungsgericht, sondern das Finanzamt. Die Mitteilung hat mit dem amtlichen Vordruck (§ 18 Abs. 1 Satz 1 GrEStG) binnen zwei Wochen nach der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses zu erfolgen. Eine Abschrift des Zuschlagsbeschlusses ist beizufügen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 GrEStG) und die Absendung der Mitteilung ist auf der Urschrift des Zuschlagsbeschlusses zu vermerken (§ 18 Abs. 4 GrEStG). In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen darf von der Verwendung des amtlichen Vordrucks abgesehen und stattdessen die Anzeige durch Übersendung des Zuschlagsbeschlusses vorgenommen werden. In Hessen wird diese Verfahrensweise vielerorts geduldet. – An den Gutachterausschuss11 zur Berücksichtigung des Kaufvorgangs in der Kaufpreissammlung (§ 195 Abs. 1 BauGB). Ohne ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung sind weitere Benachrichtigungen sinnvoll. – Das Grundbuchamt sollte vom Eigentumsübergang durch den Zuschlag außerhalb des Grundbuchs informiert werden, damit dem Schuldner die Möglichkeit genommen wird, das Grundstück noch zu belasten, obwohl er nicht mehr verfügungsbefugt ist. Schädlich wäre allerdings eine Belastung durch den Schuldner nicht, denn mit dem Ersuchen nach § 130 ZVG wären alle Rechte zu löschen, die nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen geblieben sind, also auch die nach dem Versteigerungsvermerk oder gar nach dem Zuschlag noch eingetragenen Rechte. Der Ersteher hat zwar mit dem Zuschlag die Verfügungsbefugnis über das Grundstück erlangt, kann jedoch wegen der fehlenden Voreintragung (§ 39 GBO) und der ausdrücklich entgegenstehenden Regelung des § 130 Abs. 3 ZVG bis zur Grundbuchberichtigung keine Rechte eintragen lassen12. – Mitteilungen an die Kommune und den Bezirksschornsteinfeger sind ratsam, da diese auf diesem Weg schnell über den Wechsel des abgaben- bzw. gebührenpflichtigen Grundstückseigentümers informiert werden. – Der mit der Schätzung des Grundstücks beauftragt gewesene Sachverständige kann über den Zuschlag bzw. die Höhe des Meistgebots in Kenntnis gesetzt werden, damit er daraus Rückschlüsse für spätere Bewertungen ähnlicher Objekte ziehen kann, soweit dies angesichts der Besonderheiten eines jeden Zwangsversteigerungsverfahrens überhaupt möglich ist.
§ 89 [Wirksamwerden des Zuschlags] Der Zuschlag wird mit seiner Verkündung wirksam. 10 Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) v. 17.8.2012, Abschnitt 3, Teil VII, Ziff. 2, Abs. 2. 11 Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) v. 17.8.2012, Abschnitt 3, Teil VII, Ziff. 3, Abs. 1. 12 OLG Frankfurt/M. v. 20.6.2013 – 20 W 172/13, openJur 2013, 41308, LG Gera v. 19.3.2003 – 5 T 65/01, MittBayNot 2003, 130.
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§ 89 Rz. 1 Wirksamwerden des Zuschlags
A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verkündung als Wirksamkeitszeitpunkt .
Rz. 1 9
Rz. C. Zuschlagserteilung im Rechtsmittelverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 D. Wirkungen des Zuschlags . . . . . . . . . . 24
Literatur: Goldbach, Der Verkündungstermin im Zwangsversteigerungsverfahren, ZfIR 2013, 793; Heinemann, Zur Frage der Haftung auf Nutzungsersatz aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis bei rückwirkender Aufhebung des Zuschlags im Beschwerdeverfahren, ZfIR 2010, 377; Kaiser, Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nach Zuschlagsaufhebung in der Zwangsversteigerung, NJW 2007, 2823; Klawikowski, Probleme des Erstehers nach der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2014, 236; Steffen, Der Wegfall des rechtskräftigen Zuschlags wegen unzulässiger Bestellung des Zustellungsvertreters, ZfIR 2014, 785.
A. Allgemeines 1
Wegen der weitreichenden Folgen des Zuschlags hat der Gesetzgeber eine besondere Vorschrift zum Eintritt der Zuschlagsfolgen geschaffen. Im Interesse der Rechtssicherheit aller Betroffenen wird einheitlich festgelegt, dass die Wirkungen des Zuschlags mit seiner Verkündung eintreten. Somit kommt es auf die Zustellung, soweit sie überhaupt erforderlich ist, genauso wenig an wie auf die Tatsache, welche Beteiligten bei der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses anwesend waren. Für den Beginn der Rechtsmittelfrist kann hingegen entweder der Zeitpunkt der Verkündung oder der Zustellung maßgeblich sein.
2
Zeitpunkt der Verkündung ist normalerweise der Tag der Versteigerung1. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die Entscheidung über den Zuschlag im Versteigerungstermin als Abschluss der mündlichen Verhandlung zu verkünden ist, sofern nicht ausnahmsweise tatsächliche oder rechtliche Hindernisse bestehen, die einer Aufklärung außerhalb des Versteigerungstermins bedürfen2.
3
Lediglich wenn relevante Umstände dies erfordern, kann eine Verpflichtung für das Vollstreckungsgericht bestehen, die Entscheidung über den Zuschlag nicht sofort zu treffen3.
4
Der Zuschlagsbeschluss wird durch lautes Verlesen im Wortlaut oder zumindest seines wesentlichen, in § 82 beschriebenen, Inhalts durch den Rechtspfleger verkündet.
5
Da im Zwangsversteigerungsverfahren bei allen anfechtbaren Entscheidungen eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erfolgen hat, sollte diese Belehrung mit dem Beschluss verkündet werden. Sie muss neben den in § 232 ZPO genannten Angaben auch einen Hinweis auf die Besonderheiten des Rechtsmittelverfahrens mit dem ungewöhnlichen Beginn der Rechtsmittelfristen enthalten.
6
Ein verkündeter Zuschlagsbeschluss wird an die Verfahrensbeteiligten nach § 9 ZVG nur dann zugestellt, wenn sie weder im Versteigerungstermin noch in einem Verkündungstermin anwesend waren. Für diese Beteiligten, die erst durch die Zustellung Kenntnis vom Zuschlag erhalten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung (§ 98).
1 Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 4; BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, ZfIR 2012, 648 = Rpfleger 2012, 640; Mayer, RpflBl. 2000, 40. 2 BGH v. 12.5.2016 – V ZB 141/15, MDR 2016, 907 = Rpfleger 2016, 597 und Rpfleger 2017, 46 m. Anm. Ertle = KKZ 2017, 68 m. Anm. Goldbach; BGH v. 31.5.2013 – V ZB 207/11, ZfIR 2012, 648 = Rpfleger 2012, 640; Mayer, RpflBl. 2000, 40, der das unbegründete Verlangen nach Zuschlagsaussetzung als eine „ärgerliche Unsitte“ bezeichnet. 3 BVerfG v. 7.12.1977 – 1 BvR 734/77, Rpfleger 1978, 206.
1062
Goldbach
Wirksamwerden des Zuschlags
Rz. 15 § 89
Diejenigen Beteiligten, welche im Versteigerungstermin oder auch lediglich in einem Verkündungstermin wenigstens kurzzeitig anwesend waren, erhalten den Zuschlagsbeschluss4 nicht förmlich zugestellt. Die Rechtsmittelfrist läuft für sie bereits mit der Verkündung der Entscheidung, selbst wenn sie im konkreten Zeitpunkt der Verkündung nicht zugegen gewesen sein sollten.
7
Ein Zuschlagsversagungsbeschluss wird nie zugestellt, sondern lediglich verkündet5. Anders als beim Zuschlagsbeschluss, treten die Wirkungen des Zuschlagsversagungsbeschlusses erst mit Rechtskraft ein.
8
B. Verkündung als Wirksamkeitszeitpunkt Bereits mit seiner Verkündung entfaltet der Zuschlagsbeschluss gemäß dem Wortlaut des 9 § 89 seine Wirkung. Bezüglich der Folgen kommt es also weder auf die Zustellung des Zuschlags noch auf seine Rechtskraft an. Somit wird der Ersteher am Tag der Zuschlagsverkündung Eigentümer. Nutzungen und Lasten des Versteigerungsgegenstandes gehen ebenfalls auf ihn über und zwar beides unabhängig von der Frage, ob er den Steigpreis bezahlt. Als Eigentümer kann der Ersteher ab dem Zuschlagstag über die Immobilie verfügen, also sie belasten, verkaufen oder Mietverträge abschließen, ohne das Bargebot bezahlt zu haben. Sein Eigentum verliert er selbst bei Nichtzahlung im Erlösverteilungstermin nicht wieder. Dazu müssten die aus dem Teilungsplan ersichtlichen Berechtigten die Wiederversteigerung wegen der ihnen übertragenen Forderung gegen den Ersteher aus einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses betreiben. Das Wiederversteigerungsverfahren richtet sich gegen den Ersteher als Grundstückseigentümer (§§ 118, 128).
10
Allerdings werden die Verfahrensbeteiligten vor nachteiligen Verfügungen des Erstehers in- 11 soweit geschützt, dass er unmittelbar nach dem Zuschlag noch nicht als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wird. Grundbuchberichtigung erfolgt erst nach Rechtskraft des Zuschlags und Erlösverteilung (§ 130). Die Eintragung ist zwar für den Eigentumsübergang nicht erforderlich und somit nur deklaratorisch, ihr Fehlen hindert jedoch den Ersteher faktisch an der Belastung des Grundstücks mit Grundpfandrechten und an einer wirksamen Veräußerung, weil ihm bis zur Eintragung als Eigentümer die grundbuchrechtliche Voreintragung und die formelle Bewilligungsberechtigung fehlt.
12
Um zu verhindern, dass der Ersteher ohne Steigpreiszahlung die ihm grundsätzlich zustehenden Einnahmen erhält, können die Beteiligten beantragen, dass das Grundstück bis zur Zahlung des Bargebots unter gerichtliche Verwaltung genommen wird (§ 94).
13
Bis zum Eintritt der Rechtskraft kann der Ersteher das Eigentum durch Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses wegen eingelegter Zuschlagsbeschwerde rückwirkend wieder verlieren. Durch die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses werden die bereits eingetretenen Wirkungen ex tunc wieder vernichtet. Der Schuldner erlangt das Eigentum am Grundstück zurück und die erloschenen Rechte leben wieder auf6.
14
Dennoch ist die mit Verkündung eintretende Wirkung des Zuschlags weder auflösend noch aufschiebend bedingt7. Der Eigentumsübergang erfolgt mit Verkündung, also unmittelbar und unbedingt. Bei späterer Aufhebung des Zuschlags fällt das Eigentum rückwirkend
15
4 5 6 7
OLG Celle v. 3.9.1986 – 4 W 191/86, Rpfleger 1986, 489. S. Kommentierung zu § 86, Rz. 13. Steiner/Storz, § 89 ZVG Rz. 5. Stöber/Becker, § 89 ZVG Rz. 5.
Goldbach
1063
§ 89 Rz. 15 Wirksamwerden des Zuschlags wieder weg, als sei der Eigentumswechsel nie erfolgt und nicht etwa erst mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Zuschlagsaufhebung. Dabei können allerdings Haftungsansprüche des Schuldners gegen den Ersteher in Betracht kommen, wenn dieser während der Zeit zwischen Zuschlag und Zuschlagsaufhebung wertmindernde Handlungen vorgenommen hat8. 16
Bei einer Aufhebung des Zuschlags und zugleich Erteilung des Zuschlags an einen anderen Bieter durch das Rechtsbeschwerdegericht, verliert der erste Ersteher das Eigentum zunächst an den Schuldner rückwirkend zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlagsbeschlusses. Der neue Ersteher wird erst mit dem Wirksamwerden der Zuschlagserteilung durch Zustellung an ihn Eigentümer9.
17
Da das Gesetz die Wirkungen des Zuschlags mit seiner Verkündung eintreten lässt, könnte man im Umkehrschluss vermuten, dass der Zuschlag ohne Verkündung nicht wirksam wird. Insoweit könnten Zweifel bestehen, ob eine erfolgte Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an Stelle der im Gesetz vorgesehenen Verkündung tatsächlich hinreichend ist. In Schrifttum und Rechtsprechung wird das überwiegend als möglich erachtet und die Meinung vertreten, ein nicht verkündeter Zuschlag sei mit der Zustellung an den Ersteher10 bzw. die Beteiligten11 wirksam.
18
Der BGH hat in einem solchen Fall entschieden12, dass die unterlassene Verkündung zwar nicht unmittelbar die Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge habe. Ein Verfahrensmangel liege aber vor, wenn das Versteigerungsgericht den Beschluss an die Verfahrensbeteiligten zum Zweck der Verlautbarung lediglich zugestellt hat13.
19
Dieser Verfahrensfehler stelle dann einen Zuschlagsversagungsgrund dar, der im Beschwerdeverfahren zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses führt, wenn die Zuschlagsentscheidung auf der Verletzung des Verfahrensrechts beruhe. Dies soll jedenfalls der Fall sein, soweit denkbar ist, dass die Entscheidung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre.
C. Zuschlagserteilung im Rechtsmittelverfahren 20
Erfolgt die Zuschlagserteilung im Beschwerdeverfahren, treten die Wirkungen nicht mit Verkündung, sondern ausdrücklich erst mit der Zustellung des Zuschlagsbeschlusses ein (§ 104 ZVG). Eine Verkündung des Zuschlags im Beschwerdeverfahren ist zwar denkbar, kommt aber praktisch ohnehin nicht vor, da eine mündliche Verhandlung in der Beschwerde kaum nötig sein wird. Die Regelung ist aber nur bei der Entscheidung des Beschwerde- oder des Rechtsbeschwerdegerichts, also Landgericht bzw. BGH anzuwenden.
21
Soweit im Beschwerdeverfahren bereits beim Vollstreckungsgericht, nämlich durch Abhilfe, eine abändernde Entscheidung ergeht und etwa eine bereits verkündete Zuschlagsversagung nach einem eingelegten Rechtsmittel abgeändert wird, so dass ein zunächst versagter Zuschlag nun doch erteilt wird, ist § 104 nicht anzuwenden. Ebenso nicht schon bei einer Abhilfe des Rechtspflegers auf Grund einer eingelegten Zuschlagsbeschwerde, etwa bei versehentlicher Erteilung des Zuschlags an den Geschäftsführer statt an die vertretene GmbH. 8 OLG Celle v. 9.8.2006 – 3 U 92/06, NJW 2006, 3440 und Kaiser, NJW 2007, 2823. 9 BGH v. 5.3.2010 – V ZR 106/09, MDR 2010, 772 = Rpfleger 2010, 384 = ZfIR 2010, 374; Heinemann, ZfIR 2010, 377 mit ablehnender Meinung zu den vom BGH beschriebenen haftungsrechtlichen Konsequenzen. 10 Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 15. 11 OLG Köln v. 16.11.1981 – 2 W 91/81, MDR 1982, 330 = Rpfleger 1982, 113; Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 11. 12 BGH v. 15.12.2011 – V ZB 124/11, MDR 2012, 430 = Rpfleger 2012, 337 = ZfIR 2012, 205. 13 Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 11.
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Goldbach
Wirksamwerden des Zuschlags
Rz. 24 § 89
Unter solchen Umständen muss für die Verkündung der Abhilfeentscheidung durch Zu- 22 schlagsbeschluss ein weiterer Verkündungstermin anberaumt werden. Sieht der Rechtspfleger davon ab und trifft die Entscheidung ohne Anberaumung eines Termins lediglich schriftlich, wird der Zuschlag mit seiner Zustellung an den Ersteher14 bzw. die Beteiligten15 wirksam. Selbst nach Eintritt der Rechtskraft kann der Zuschlag unter besonderen Umständen noch 23 rückwirkend wieder aufgehoben werden, soweit ein außerordentliches Rechtsmittel wie die Nichtigkeitsbeschwerde nach § 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO in Betracht kommt. Möglich ist diese unter anderem, wenn im Zwangsversteigerungsverfahren unzulässiger Weise ein Zustellungsvertreter für den Schuldner bestellt wurde, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren16.
D. Wirkungen des Zuschlags Durch die Verkündung des Zuschlags ändern sich die rechtlichen Beziehungen zum Ver- 24 steigerungsgegenstand insbesondere wie folgt: – Eigentumsübergang auf den Ersteher, unabhängig von der Zahlung und der Grundbucheintragung (§ 90) – Eigentumserwerb des Erstehers auch an den Gegenständen, auf welche sich die Versteigerung erstreckt (§ 55) – Erlöschen aller Rechte und Ansprüche, die nicht bestehen bleiben (§§ 91, 52) und zwar auch der dinglichen Rechte, die nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind, insbesondere die öffentlichen Grundstückslasten für die Zeit vor dem Zuschlag. Bei Wohnungseigentum gehen auch die Forderungen der WEG gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 2 unter, die zwar im Verfahren selbst quasi wie dingliche Forderungen behandelt werden aber tatsächlich nicht dinglich sind17. Sowohl öffentliche Lasten als auch Wohngeldforderungen aus der Zeit vor dem Zuschlag, können nur noch gegen den Schuldner persönlich geltend gemacht werden. – Gefahr des zufälligen Untergangs des Grundstücks oder einzelne seiner Bestandteile geht auf den Ersteher über – Übergang der Nutzungen und Lasten des Grundstücks auf den Ersteher (§ 56), der vom Tage des Zuschlags an die Erträge ziehen kann, jedoch auch die Verpflichtungen aus dem Grundstück zu erbringen hat. Diese Verpflichtungen erstrecken sich sowohl auf vertragliche als auch auf öffentlich-rechtliche Forderungen, die das Grundstück betreffen, also unter anderem die Verpflichtungen aus bestehen gebliebenen Grundpfandrechten und Dienstbarkeiten sowie aus öffentlichen Grundstückslasten jeweils ab dem Zuschlagstag – Eintritt des Erstehers in bestehende Miet- und Pachtverhältnisse, da auch durch die Veräußerung in der Zwangsversteigerung diese Verträge nicht berührt werden (§ 57) – Kostenpflicht des Erstehers hinsichtlich der Zuschlagskosten (§ 58) – Gegen den Schuldner erlangt der Ersteher mit der Zuschlagserteilung einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Versteigerungsobjektes, da der Schuldner nach dem Eigentumsverlust auch kein Recht zum Besitz mehr hat. Zur Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks benötigt der Ersteher lediglich eine vollstreckbare 14 Dassler u.a./Hintzen, § 87 ZVG Rz. 15. 15 OLG Köln v. 16.11.1981 – 2 W 91/81, MDR 1982, 330 = Rpfleger 1982, 113; Löhnig/Pestel, § 87 ZVG Rz. 11. 16 LG Potsdam v. 11.3.2014 – 1 T 103/13, ZfIR 2014, 785 mit ergänzenden Ausführungen von Steffen, ZfIR 2014, 787. 17 BGH v. 13.9.2013 – V ZR 209/12, Rpfleger 2014, 31 = ZfIR 2013, 806 mit Anm. Becker.
Goldbach
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§ 89 Rz. 24 Wirksamwerden des Zuschlags Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses (§ 93). Ein Klageverfahren zur Erlangung eines Räumungsurteils gegen den Schuldner ist deshalb nicht erforderlich.
§ 90 [Eigentumserwerb durch Zuschlag] (1) Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks, sofern nicht im Beschwerdewege der Beschluß rechtskräftig aufgehoben wird. (2) Mit dem Grundstück erwirbt er zugleich die Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung erstreckt hat.
A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . B. Eigentumserwerb durch Zuschlag . . . . . C. Umfang des Erwerbs, mitversteigerte Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2
Rz. D. Folgen der Zuschlagsaufhebung . . . . . . 17 E. Unwirksamkeit des Zuschlagsbeschlusses? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
7
Literatur: Bartels, Zum Erwerb schuldnerfremden Eigentums nach ZVG, ZZP 2015, 341; Klawikowski, Probleme des Erstehers nach der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2014, 236; Steffen, Der Wegfall des rechtskräftigen Zuschlags wegen unzulässiger Bestellung eines Zustellungsvertreters, ZfIR 2014, 757.
A. Anwendungsbereich 1
Die Vorschrift gilt für alle Arten der Versteigerung.
B. Eigentumserwerb durch Zuschlag 2
Durch den Zuschlag wird der Ersteher – außerhalb des Grundbuchs – Eigentümer. Es handelt sich um einen originären Eigentumserwerb durch einen öffentlich-rechtlichen Eigentumsübertragungsakt und nicht um eine Rechtsnachfolge des Schuldners1. Das Eigentum wird völlig neu begründet und das Eigentum des Schuldners geht unter. Es spielt keine Rolle, ob der Zuschlagsbeschluss mit dem Gesetz in Einklang steht oder nicht. Auch ist es unerheblich, ob der Ersteher das Meistgebot berichtigt (er also „bezahlt“) oder ob der Ersteher im Grundbuch eingetragen wird. Es handelt sich lediglich um eine Grundbuchberichtigung. Der Ersteher wird selbst dann Eigentümer, wenn das Grundstück dem Schuldner nicht gehörte und der Ersteher sogar davon Kenntnis hatte, denn auf die Gutgläubigkeit des Erstehers kommt es nicht an2.
3
Der Eigentumserwerb erfolgt unter Freistellung von nicht ausdrücklich bestehenbleibenden Rechten3 (vgl. auch Rz. 9 ff.).
1 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 258/02, BGHZ 159, 397 = MDR 2004, 1379 = Rpfleger 2004, 644. 2 Dassler u.a./Hintzen, § 90 ZVG Rz. 2; Löhnig/Pestel, § 90 ZVG Rz. 8; Steiner/Eickmann, § 90 ZVG Rz. 14; Stöber/Becker, § 90 ZVG Rz. 4. 3 Dassler u.a./Hintzen, § 90 ZVG Rz. 1; Stöber/Becker, § 90 ZVG Rz. 3.
1066
Goldbach und Achenbach
Eigentumserwerb durch Zuschlag
Rz. 9 § 90
Der Zuschlag bedeutet keine ungerechtfertigte Bereicherung des Erstehers4.
4
Der Ersteher wird Eigentümer mit der Wirksamkeit des Zuschlags, also i.d.R. mit Verkündung (§ 89). Erteilt das Beschwerdegericht den Zuschlag, erfolgt der Eigentumserwerb mit der Zustellung des Beschlusses an den Ersteher (§ 104). Nicht entscheidend und auch nicht erforderlich für den Eigentumserwerb ist die Eintragung des Erstehers im Grundbuch. Diese ist lediglich deklaratorisch.
5
Der Eigentumserwerb ist gebunden an den Bestand des Zuschlags. Diese Abhängigmachung ist weder aufschiebende noch auflösende Bedingung i.S.d. BGB. Wenn der Zuschlag wieder aufgehoben wird, dann verliert der Ersteher das Eigentum ex tunc5. Das bedeutet auch, dass zwischenzeitliche Verfügungen des Erstehers (der zunächst als Berechtigter handelte) zu Verfügungen eines Nichtberechtigten werden. Erwerber sind über §§ 892, 893, 932 ff., 1155, 1207 BGB geschützt, wenn sie hinsichtlich der Anfechtbarkeit des Zuschlagsbeschlusses gutgläubig sind6. Schutzvorschriften gegen die vorzeitige Verfügung des Erstehers finden sich in §§ 94 und 130.
6
C. Umfang des Erwerbs, mitversteigerte Gegenstände Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks, u.U. auch dann, wenn das Grundbuch unrichtig war und Eigentum einer anderen Person als des Schuldners zugeschlagen wurde. So z.B., wenn die rechtmäßige Grenze von der „Buchgrenze“ abweicht7. Die Buchgrenze wird durch den Zuschlag zur rechtmäßigen Grenze. Der Ersteher wird auch Eigentümer der Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung erstreckt hat, vgl. auch §§ 20 und 55. Die Versteigerung erstreckt sich auf wesentliche Bestandteile. Die Mitversteigerung wesentlicher Bestandteile kann auch nicht nach § 59 ausgeschlossen werden, da diese nicht sonderrechtsfähig sind8. Wird der Ausschluss erklärt, kann u.U. ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den Ersteher auf Wegnahme des Gegenstands entstehen9. Außerdem erstreckt sich die Versteigerung auf Zubehör, selbst dann, wenn es einem Dritten gehört und dieser sein Recht nicht nach § 37 Nr. 5 geltend gemacht hat. Wenn das Zubehör dem wirtschaftlichen Zweck mehrerer Grundstücke dient, erstreckt sich die Versteigerung nur auf einen Bruchteil am Zubehörstück. Mit dem Zuschlag wird somit Miteigentum an dem Zubehörstück begründet10. Die Versteigerung erstreckt sich ebenfalls auf subjektiv-dingliche Rechte nach §§ 96, 1110 BGB, von der Beschlagnahme erfasste Versicherungsforderungen und Entschädigungsansprüche.
7
Wenn sich ein einheitliches Gebäude auf dem versteigerten Grundstück auf das Nachbargrundstück erstreckt (Überbau), unterscheidet man nach entschuldigtem bzw. unentschuldigtem Überbau, vgl. insoweit § 912 BGB.
8
Beim entschuldigten Überbau bleibt der Eigentümer des Stammgrundstücks auch Eigentümer des übergebauten Gebäudeteils. Die Zwangsversteigerung des Stammgrundstücks erfasst somit das gesamte Gebäude. Die Zwangsversteigerung des überbauten Grundstücks erfasst
9
4 5 6 7 8
RGZ 69, 277. Steiner/Eickmann, § 90 ZVG Rz. 24; Stöber/Becker, § 90 ZVG Rz. 38. Böttcher, § 90 ZVG Rz. 6; Steiner/Eickmann, § 90 ZVG Rz. 25; Stöber/Becker, § 90 ZVG Rz. 38. OLG Brandenburg v. 28.6.2012 – 5 U 151/09, MDR 2012, 1403. BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, BGHZ 169, 305 = MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155. 9 MüKo/Stresemann, § 93 BGB Rz. 18. 10 Achenbach/Becker, ZfIR 2017, 660, 661.
Achenbach
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§ 90 Rz. 9 Eigentumserwerb durch Zuschlag somit nicht den übergebauten Teil des Gebäudes. Ebenso wird der Eigengrenzüberbau behandelt11. Beim unentschuldigten Überbau teilt die Grundstücksgrenze auch das übergebaute Gebäude12. 10
Wenn das versteigerte Grundstück in einem Flurbereinigungsgebiet liegt, gilt § 15 FlurbG. Der Ersteher muss das bis zu seiner Eintragung im Grundbuch oder bis zur Anmeldung des Erwerbs durchgeführte Verfahren gegen sich gelten lassen, auch, wenn er die Einschränkungen (§§ 34-36 FlurbG) nicht kannte. Der Ersteher tritt in das Flurbereinigungsverfahren ein und muss es hinnehmen13. Ist die Flurbereinigung abgeschlossen, gilt § 15 FlurbG nicht mehr, da es kein Flurbereinigungsgebiet mehr gibt. Dann kann z.B. eine durch Flurbereinigung entstandene, nicht in das Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit ggf. erlöschen14.
11
Bei einem mit öffentlichen Mitteln geförderten Bau von Wohnungen gelten Bindungen nach dem Wohnungsbindungsgesetz. Auch für den Ersteher des Grundstücks gelten die Wohnungen als öffentlich gefördert, § 17 WoBindG.
12
Bleiben die wegen der öffentlichen Mittel begründeten Grundpfandrechte bestehen, so gelten die Wohnungen bis zu dem sich aus §§ 15, 16 WoBindG ergebenden Zeitpunkt als öffentlich gefördert, § 17 Abs. 2 WoBindG. Erlöschen die Grundpfandrechte, so gelten die Wohnungen als öffentlich gefördert i.d.R. bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres nach dem Kalenderjahr, in dem der Zuschlag erteilt worden ist, § 17 Abs. 1 WoBindG. Zu den Bindungen vgl. §§ 4 ff. WoBindG.
13
Die Baulast, rechtlich abgesichert in der Mehrzahl der Bundesländer in den entsprechenden Landesbauordnungen, ist eine freiwillig übernommene öffentlich rechtliche Verpflichtung zu einem das Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen des Grundstückseigentümers durch Erklärung gegenüber der Baubehörde. Die Baulast wirkt gegenüber dem Rechtsnachfolger.
14
Ob eine Baulast vom Ersteher übernommen werden muss oder nicht, ist umstritten. Das grundsätzliche Erlöschen einer Baulast kann jedenfalls nicht mit §§ 10, 52, 91 begründet werden. § 52 Abs. 1 ist nicht abschließend zu verstehen. Außerhalb des geringsten Gebots kann ein Recht bestehen bleiben, wenn dies gesetzlich bestimmt ist. An einer gesetzlichen Regelung bzgl. der Baulast fehlt es.
15
Entscheidend für die Frage, ob eine Baulast vom Ersteher übernommen werden muss oder nicht, ist der Zeitpunkt des Entstehens/der Übernahme der Baulast. Entsteht die Baulast nach der Beschlagnahme, ist die Zustimmung des betreibenden Gläubigers erforderlich. Ansonsten ist diese als Verfügung über das Grundstück gem. § 23 relativ unwirksam, und zwar auch dem Ersteher gegenüber.
16
Baulasten, die vor der Beschlagnahme entstanden sind, hat der Ersteher zu übernehmen. Der Ersteher erwirbt zwar originäres Eigentum (vgl. Rz. 2), jedoch ist der Ersteher „Rechtsnachfolger“ i.S.d. Bauordnungen15. Dies gilt auch dann, wenn die Baulast erst nach dem Recht entstanden ist, aus dem die Versteigerung betrieben wird16. Dies ergibt sich daraus, dass ein dinglicher Berechtigter, also z.B. ein Grundpfandrechtsgläubiger, i.d.R. nicht beteiligt ist an dem wirksamen Entstehen einer Baulast, vgl. z.B. § 83 Abs. 1 S. 3 BauO NRW, § 75 Abs. 1 S. 2
11 12 13 14 15 16
BGH v. 12.10.2001 – V ZR 268/00, MDR 2002, 22 = NJW 2002, 54 = Rpfleger 2002, 71. Dassler u.a./Hintzen, § 90 ZVG Rz. 8 ff.; Löhnig/Pestel, § 90 ZVG Rz. 63 ff. OLG Hamm v. 28.1.1987 – 15 W 426/86, Rpfleger 1987, 258. BGH v. 20.7.2018 – V ZR 199/17, MDR 2018, 1369. OVG Münster v. 18.7.1995 – 11 A 11/94, NJW 1996, 1362. A.A.: Stöber/Becker, § 66 ZVG Rz. 36.
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Achenbach
Eigentumserwerb durch Zuschlag
Rz. 23 § 90
HBO, § 86 Abs. 1 S. 2 LBauO RP. Und ist eine Baulast einmal wirksam entstanden, muss diese auch vom Ersteher übernommen werden.
D. Folgen der Zuschlagsaufhebung Da der Zuschlagsbeschluss anfechtbar ist, kann er auch rechtskräftig wieder aufgehoben werden. Zu unterscheiden sind die Fälle, in denen der Zuschlag versagt wird bzw. der Zuschlag aufgehoben und einem anderen erteilt wird.
17
Wird der Zuschlag nach Anfechtung versagt, dann ist zunächst der Ersteher Eigentümer, und zwar bis zur Rechtskraft des Zuschlagsversagungsbeschlusses. Zu diesem Zeitpunkt lebt das Eigentum des ursprünglichen Eigentümers wieder auf, das Eigentum des Erstehers ist ex tunc aufgehoben, vgl. Rz. 6. Lasten und Nutzungen sind zwischen dem Eigentümer und dem „Ersteher“ nach bürgerlichem Recht (§§ 987 ff., 101 BGB) – außerhalb des Versteigerungsverfahrens – auszugleichen.
18
Hat der „Ersteher“ nach dem Zuschlag und vor der rechtskräftigen Versagung über Gegenstände bzw. Forderungen verfügt, so hat er dies zunächst nicht als Nichtberechtigter getan, denn er war ja berechtigt, § 90 Abs. 2. Er wird erst nachträglich zum Nichtberechtigten. Außerdem ist der Bestand des Zuschlags weder aufschiebende noch auflösende Bedingung (vgl. Rz. 6), so dass § 161 BGB keine direkte Anwendung findet.
19
Ein Dritter wird, da im Ergebnis die Verfügungen wirksam bleiben müssen, über die Vorschriften des guten Glaubens geschützt, die – nötigenfalls – entsprechend anzuwenden sind, vgl. Rz. 6.
20
Wird der Zuschlag aufgehoben und rechtskräftig einem anderen erteilt, dann verliert der ursprüngliche Ersteher das Eigentum rückwirkend wieder an den ursprünglichen Eigentümer und der neue Ersteher wird mit dem Wirksamwerden der Zuschlagserteilung (Zustellung der Beschwerdeentscheidung an ihn, § 104) Eigentümer. In der Zeit vom Wirksamwerden des (aufgehobenen) Zuschlagsbeschlusses (§ 89) bis zum Wirksamwerden der Zuschlagserteilung (§ 104) ist somit der ursprüngliche Eigentümer, also der Vollstreckungsschuldner, weiterhin Eigentümer17. Vom Wirksamwerden der Zuschlagserteilung an den neuen Ersteher besteht zwischen ihm und dem vermeintlichen Ersteher, der das Grundstück weiterhin benutzt, ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis18. Es gelten somit die Vorschriften §§ 987 ff. BGB.
21
E. Unwirksamkeit des Zuschlagsbeschlusses? In einigen Fällen macht der BGH – insbesondere unter Hinweis auf ältere Rechtsprechung – deutlich, dass ein Zuschlagsbeschluss u.U. unwirksam sein kann19.
22
Ein Zuschlagsbeschluss soll unwirksam sein, wenn ein Grundstück auf mehreren Grundbuch- 23 blättern eingetragen ist, also zum einen auf dem Grundbuchblatt des wahren Eigentümers, zum anderen irrtümlich auf dem Grundbuchblatt des Vollstreckungsschuldners (Doppelbuchung). Wird das Grundstück nun versteigert und konnte der wahre Eigentümer – wovon bei der Doppelbuchung auszugehen ist – aus der Terminsbestimmung nicht ersehen, dass es 17 Steiner/Eickmann, § 90 ZVG Rz. 23. 18 BGH v. 5.3.2010 – V ZR 106/09, BGHZ 184, 358 = MDR 2010, 772 = NJW 2010, 2664 = Rpfleger 2010, 384. 19 Vgl. z.B. BGH v. 15.3.1996 – V ZR 273/94, MDR 1996, 1234 = DtZ 1996, 212 (unter Hinweis auf RG v. 27.2.1884 – V 325/83, RGZ 11, 275; RG v. 16.3.1904 – V 388/03, RGZ 57, 200; RG v. 10.10.1914 – V 156/14, RGZ 85, 316).
Achenbach
1069
§ 90 Rz. 23 Eigentumserwerb durch Zuschlag sich um sein Grundstück handelt und deshalb seine Rechte auch nicht nach § 37 Nr. 5 geltend machen, soll kein Eigentumswechsel eintreten20. 24
Ebenfalls soll kein Eigentumswechsel in ähnlich gelagerten Fällen eintreten, nämlich in denen ein verständiger Eigentümer nach dem Inhalt der veröffentlichten Terminsbestimmung seine Betroffenheit nicht erkennen und deshalb auch bei Beachtung gehöriger Sorgfalt seine Rechte nicht wahren konnte21.
25
Der Ansicht des BGH in solchen Fällen ist nicht zu folgen. Gerichtliche Entscheidungen sind unabhängig davon wirksam, dass sie verfahrensmäßig korrekt zustande gekommen sind22. Eine fehlerhafte Bekanntmachung im Versteigerungsverfahren begründet keine Ausnahme hiervon. Nähme man die Unwirksamkeit des Zuschlagsbeschlusses an, würde dies zu einer – insbesondere für den Ersteher – nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit führen. In beiden Fällen ist daher nicht von der Unwirksam des Zuschlagsbeschlusses, sondern lediglich von der Anfechtbarkeit auszugehen23. Der Zuschlagsbeschluss wird also zunächst nach Ablauf der zweiwöchigen Notfrist rechtskräftig24.
26
Ist dem Dritten (wahren Eigentümer) die Anfechtung mit der „normalen“ Beschwerde (§§ 96 ZVG, 793, 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO) nicht möglich – wovon auszugehen ist, da ihm ja im Zweifel jede Kenntnis der Vorgänge fehlt -, so kann dieser außerordentliche Beschwerde einlegen, §§ 96 ZVG, 793, 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO25, denn es liegt ein Fall des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO vor26. Die außerordentliche Beschwerde ist einzulegen beim Beschwerdegericht27. Die Frist beträgt einen Monat ab (nachzuholender) Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den Dritten, § 586 Abs. 3 ZPO. Die Fünfjahresfrist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt nicht. Ggf. besteht noch unter den entsprechenden Voraussetzungen die Möglichkeit, Wiedereinsetzung zu beantragen, §§ 96 ZVG, 234 Abs. 3 ZPO28.
27
In einem anderen Fall hat das LG Potsdam29 einen rechtskräftigen Zuschlag ca. vier Jahre später wegen unzulässiger Bestellung eines Zustellungsvertreters wieder aufgehoben. Die unzulässige Bestellung eines Zustellungsvertreters ist genauso zu behandeln wie der „vergessene“ Beteiligte, da der Beteiligte (hier der Schuldner) ebenso nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Ebenso wird also in diesem Fall der Zuschlag zunächst rechtskräftig – durch Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den Zustellungsbevollmächtigten und Ablauf der Beschwerdefrist -, aber anfechtbar mit Beschwerde oder außerordentlicher Beschwerde.
28
Die richtige Entscheidung des LG Potsdam macht deutlich, dass bei der Bestellung eines Zustellungsvertreters (§ 6) besondere Sorgfalt geboten ist.
29
Wird der rechtskräftige Zuschlag im Wege der außerordentlichen Beschwerde wieder aufgehoben, hat dies zunächst dieselben Auswirkungen wie die Zuschlagsversagung des noch nicht 20 BGH v. 8.11.2013 – V ZR 155/12, BGHZ 199, 31 = MDR 2014, 243 = ZfIR 2014, 155; Stöber/Becker, § 90 ZVG Rz. 10. 21 BGH v. 8.11.2013 – V ZR 155/12, BGHZ 199, 31 = MDR 2014, 243 = ZfIR 2014, 155 (mit Anmerkungen von Becker). 22 BGH v. 16.4.1986 – VIII ZB 26/85, BGHZ 97, 341. 23 Bartels, ZZP 2015, 341; Böttcher, § 90 ZVG Rz. 3; Steiner/Eickmann, § 90 ZVG Rz. 16. 24 BGH v. 15.1.2014 – VIII ZR 100/13, MDR 2014, 856 = NJW 2014, 937. 25 Böttcher, § 96 ZVG Rz. 4; Stöber/Achenbach, § 96 ZVG Rz. 14. 26 BGH v. 11.6.1992 – III ZR 102/91, MDR 1993, 48 = NJW 1992, 2636 (zu dem wortgleichen § 547 Nr. 4 ZPO). 27 Stöber/Achenbach, § 96 ZVG Rz. 18. 28 Prütting u.a./Abramenko, § 63 FamFG Rz. 13 (für den vergleichbaren Fall des „vergessenen“ Beteiligten). 29 LG Potsdam v. 11.3.2014 – 1 T 103/13, ZfIR 2014, 785.
1070
Achenbach
Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung
§ 91
rechtskräftigen Zuschlags, vgl. Rz. 18. Ansprüche sind nach bürgerlichem Recht (§§ 987 ff. BGB) auszugleichen. Darüber hinaus bleiben ggf. noch Ansprüche wegen Haftung des Landes („Staatshaftung“). Die Auswirkungen gehen allerdings noch weiter, da nach Rechtskraft des Zuschlags das Grundbuchersuchen (§ 130) ausgeführt wird und der Teilungsplan ebenfalls bereits ausgeführt ist (was „normalerweise“ bei der Zuschlagsversagung im Wege der „normalen“ Beschwerde nicht der Fall sein dürfte). Es muss insgesamt eine „Rückabwicklung“ erfolgen, und zwar: Grundbuchersuchen, mit dem der Vollstreckungsschuldner wieder als Eigentümer einzutragen ist, der Zwangsversteigerungsvermerk und die gelöschten Rechte ebenfalls wieder einzutragen sind. Gelöschte Rechte sind an der nächsten freien Rangstelle einzutragen, untereinander mit dem alten Rang. Neue Gläubiger (z.B. Finanzierungsbank) haben Recht und Rangstelle gutgläubig erworben (§ 892 BGB).
30
Aufhebung des Teilungsplans und des Ausführungsbeschlusses und entsprechende Mittei- 31 lung an die Beteiligten. Ansprüche der Beteiligten untereinander sind außerhalb des Verfahrens geltend zu machen30. Bereicherungsansprüche (§ 812 BGB) des Erstehers gegen die Zuteilungsempfänger bestehen allerdings nicht31, da schlicht die Voraussetzungen des § 812 BGB nicht vorliegen. Ersteher und Zuteilungsempfänger stehen in keinerlei Rechtsbeziehungen. Der Ersteher hat weder das Vermögen der Zuteilungsempfänger bewusst und zweckgerichtet vermehrt, noch haben die Zuteilungsempfänger in sonstiger Weise etwas auf Kosten des Erstehers erlangt32. Hier bleibt nur die „Staatshaftung“ (Haftung des Landes aus Amtspfichtverletzung). Die Zuschlagsversagung – auch diejenige im Wege der außerordentlichen Beschwerde – hat die Wirkungen des § 86. Es ist zu prüfen, ob eine Fortsetzungsmöglichkeit der alten betreibenden Gläubiger besteht, ansonsten ist das Verfahren aufzuheben und der Zwangsversteigerungsvermerk zu löschen.
32
Erfolgt eine Entscheidung außerhalb des Versteigerungsverfahrens, z.B. im Rahmen von Fest- 33 stellungsklagen33, die den Zuschlag berührt, hat das Versteigerungsgericht v.A.w. nichts zu veranlassen. Es ist Sache der Beteiligten, außerhalb des bereits abgeschlossenen Versteigerungsverfahrens mögliche Ansprüche geltend zu machen bzw. durchzusetzen.
§ 91 [Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung] (1) Durch den Zuschlag erlöschen unter der im § 90 Abs. 1 bestimmten Voraussetzung die Rechte, welche nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben sollen. (2) Ein Recht an dem Grundstück bleibt jedoch bestehen, wenn dies zwischen dem Berechtigten und dem Ersteher vereinbart ist und die Erklärungen entweder im Verteilungstermin abgegeben oder, bevor das Grundbuchamt um Berichtigung des Grundbuchs ersucht ist, durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden.
30 Steffen, ZfIR 2014, 764. 31 BGH v. 31.3.1977 – VII ZR 336/75, MDR 1977, 742. 32 BGH v. 31.3.1977 – VII ZR 336/75, BGHZ 68, 276 = NJW 1977, 1287; A.A.: BGH v. 8.11.2013 – V ZR 155/12, BGHZ 199, 31 = MDR 2014, 243 = ZfIR 2014, 155; Steffen, ZfIR 2014, 764; Stöber/ Achenbach, § 96 ZVG Rz. 19. 33 BGH v. 8.11.2013 – V ZR 155/12, BGHZ 199, 31 = MDR 2014, 243 = ZfIR 2014, 155.
Achenbach
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§ 91 Rz. 1 Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung (3) Im Falle des Absatzes 2 vermindert sich der durch Zahlung zu berichtigende Teil des Meistgebots um den Betrag, welcher sonst dem Berechtigten gebühren würde. Im übrigen wirkt die Vereinbarung wie die Befriedigung des Berechtigten aus dem Grundstück. (4) Das Erlöschen eines Rechts, dessen Inhaber zur Zeit des Erlöschens nach § 1179a des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Löschung einer bestehenbleibenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld verlangen kann, hat nicht das Erlöschen dieses Anspruchs zur Folge. Der Anspruch erlischt, wenn der Berechtigte aus dem Grundstück befriedigt wird.
A. B. C. D. I. II. III. IV. V. 1.
2.
Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . Erlöschen von Rechten . . . . . . . . . . Liegenbelassung . . . . . . . . . . . . . . Beteiligte der Liegenbelassungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . Genehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . Gegenstand der Vereinbarung . . . . . . Form und Zeitpunkt der Vereinbarung . Wirkungen der Liegenbelassungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypothek; der bisherige Eigentümer ist auch persönlicher Schuldner, keine Übernahme der persönlichen Schuld . . Hypothek; der bisherige Eigentümer ist auch persönlicher Schuldner, Übernahme der persönlichen Schuld . . . . . . .
Rz. . 1 . 2 . 3 . 15 . . . .
16 17 23 24
. 25
. 32
. 33
Rz. 3. Hypothek; der bisherige Eigentümer ist nicht persönlicher Schuldner, keine Übernahme der persönlichen Schuld . . 4. Hypothek; der bisherige Eigentümer ist nicht persönlicher Schuldner, Übernahme der persönlichen Schuld . . . . . . . 5. Grundschuld; der bisherige Eigentümer ist auch persönlicher Schuldner, keine Übernahme der persönlichen Schuld . . 6. Grundschuld; der bisherige Eigentümer ist auch persönlicher Schuldner, Übernahme der persönlichen Schuld . . . . . 7. Grundschuld; der bisherige Eigentümer ist nicht persönlicher Schuldner, keine Übernahme der persönlichen Schuld . . 8. Grundschuld; der bisherige Eigentümer ist nicht persönlicher Schuldner, Übernahme der persönlichen Schuld . . . . .
. 34
. 35
. 36
. 37
. 38
. 39
Literatur: Eickmann, Vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen im Zwangsversteigerungsverfahren, Rpfleger 1983, 199; Haegele, Zur Frage des Genehmigungserfordernisses des Vormundschaftsgerichts bei Vereinbarung des Liegenbelassens eines Rechts nach § 91 Abs. 2 ZVG, Rpfleger 1970, 232; Klüsener, Vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen im Liegenschaftsrecht, Rpfleger 1981, 461; Mayer, Die Behandlung einer Vereinbarung über das Bestehenbleiben von Rechten (§ 91 ZVG) im Verteilungstermin, Rpfleger 1969, 3; Sickinger, Die Finanzierung des Grundstückserwerbs aus der Zwangsversteigerung, MittRhNotK 1996, 241.
A. Anwendungsbereich 1
Die Vorschrift gilt für alle Arten der Versteigerung.
B. Allgemeines 2
Die Vorschrift regelt die Wirkungen des Zuschlags bzgl. des Erlöschens von Rechten am Grundstück. Durch den Zuschlag erlöschen alle Rechte, die nicht nach gesetzlichen (§ 52 bzw. § 9 EGZVG) oder abweichenden (§ 59) Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben (Abs. 1). Eine abweichende Vereinbarung, die sog. „Liegenbelassungsvereinbarung“, lassen Abs. 2 und Abs. 3 zu. Eine Ausnahme für gesetzliche Löschungsansprüche (§ 1179a BGB) regelt Abs. 4.
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Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung
Rz. 10 § 91
C. Erlöschen von Rechten Alle Rechte, die nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben (§§ 52, 59 bzw. § 9 EGZVG), erlöschen durch den Zuschlag. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Erlöschen ist das Wirksamwerden des Zuschlags nach § 89 bzw. § 104. Das Erlöschen ist von dem Bestand des Zuschlags abhängig, vgl. § 90 Rz. 6. Rechte gelten rückwirkend als nicht erloschen, wenn der Zuschlag wieder aufgehoben wird1. Entscheidend für das Erlöschen bzw. Bestehenbleiben eines Rechts ist i.d.R. der Inhalt des Zuschlagsbeschlusses (§ 82). Ansonsten gelten die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen der §§ 44, 52. Eine abweichende Versteigerungsbedingung nach § 59, die im Terminsprotokoll, aber nicht im Zuschlagsbeschluss erwähnt ist, ist unbeachtlich2.
3
War ein Recht zu Unrecht gelöscht und erlischt es nun durch den Zuschlag, erlischt es endgültig. Da das Grundbuch nun nicht mehr unrichtig ist (vgl. § 53 GBO), kann auch die Eintragung eines Amtswiderspruchs nicht mehr erfolgen3.
4
Nach dem Surrogationsgrundsatz verwandelt sich für diejenigen, die ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück haben, das Grundstück in den Erlös. Rechte erlöschen also nicht ersatzlos, sondern sie setzen sich mit dem bisherigen Inhalt und dem bisherigen Rang am Erlös fort. Die Berechtigten haben nun ein Recht auf Befriedigung aus dem Versteigerungserlös4.
5
Auch die Rechte an den mitversteigerten Gegenständen erlöschen mit den Rechten am Grundstück. U.U. besteht ein Bereicherungsanspruch (§§ 812, 816 Abs. 2 BGB) gegen denjenigen, der zuletzt aus dem Meistgebot befriedigt wurde5.
6
Ist bei einem erlöschenden Recht eine Löschungsvormerkung nach § 1179 BGB eingetragen, so setzt sich diese am Versteigerungserlös fort6, vgl. Rz. 5. Da das Recht erloschen ist, kann sich der Anspruch nicht mehr auf Zustimmung zur Löschung der Eigentümergrundschuld richten, sondern auf Überlassung des auf die Eigentümergrundschuld entfallenden Betrages, soweit dieser dem Vormerkungsberechtigten zugestanden hätte, wäre die Eigentümergrundschuld bereits vor dem Zuschlag gelöscht worden7.
7
Dasselbe gilt gem. Abs. 4 für den Inhaber eines gesetzlichen Löschungsanspruchs nach § 1179a BGB, wenn das Eigentümerrecht bestehen bleibt und das begünstigte Recht erlischt. Der Löschungsanspruch erlischt nicht mit dem begünstigten Recht, sondern erst dann, wenn der Berechtigte in voller Höhe aus dem Grundstück befriedigt ist. Auch in diesem Fall richtet sich der Anspruch auf Überlassung des auf die Eigentümergrundschuld entfallenden Betrages, soweit dieser dem Löschungsanspruchsberechtigten zugestanden hätte, wäre die Eigentümergrundschuld bereits vor dem Zuschlag gelöscht worden. Zum Erhalt der Vormerkungswirkung vgl. § 130a.
8
Bleiben sowohl das betroffene, als auch das begünstigte, also beide Rechte bestehen, so bleibt auch der Löschungsanspruch unverändert gesichert. Der Löschungsanspruch muss außerhalb des Versteigerungsverfahrens geltend gemacht werden.
9
Erlöschen beide Rechte, so besteht auch dann der Löschungsanspruch weiter. Selbst dann, wenn der Löschungsanspruch erst nach dem Zuschlag (i.d.R. durch Verzicht, § 1168 BGB)
10
1 2 3 4 5 6 7
Löhnig/Pestel, § 91 ZVG Rz. 8. Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 5. BayObLG v. 14.7.1981 – 2 Z 36/81, Rpfleger 1981, 397. Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 9 ff. Löhnig/Pestel, § 91 ZVG Rz. 14; Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 5. BGH v. 6.7.1989 – IX ZR 277/88, BGHZ 108, 237 = Rpfleger 1990, 32. Vgl. BGH v. 23.10.1957 – V ZR 235/56, BGHZ 25, 382.
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§ 91 Rz. 10 Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung entstanden ist. Es kann dann zwar nicht mehr zum Entstehen einer Eigentümergrundschuld kommen, jedoch setzen sich die Rechtsbeziehungen wegen des Surrogationsgrundsatzes fort8. Der Anspruch ist jetzt durch Aufhebung des Anspruchs auf den Versteigerungserlös zu erfüllen. Zur Behandlung von Löschungsansprüchen im Verteilungsverfahren vgl. § 114 Rz. 152 ff. 11
Wird ein Grundstücksbruchteil (ideeller Miteigentumsanteil) versteigert und erlischt dadurch eine Grunddienstbarkeit oder beschränkt persönliche Dienstbarkeit nach den Grundsätzen der §§ 44 Abs. 1, 52, weil diese dem betreibenden Gläubiger nicht vorgeht, so hat dies zur Folge, dass die Eintragung auf den anderen (nicht versteigerten) Miteigentumsanteilen inhaltlich unzulässig ist und somit gelöscht werden muss (vgl. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO)9. Eine Dienstbarkeit kann nämlich i.d.R. nicht auf einen Bruchteil beschränkt ausgeübt werden.
12
Eine Ausnahme von Rz. 11 kann sich bei Wohnungseigentum ergeben. Eine Dienstbarkeit kann sich in ihrer Ausübung lediglich auf Sondereigentum beziehen (z.B. Wohnungsrecht). Erlischt eine solche Einzelbelastung in der Versteigerung, so bleibt das Wohnungs- oder Teileigentum der anderen Miteigentümer unberührt10. Ist das Grundstück als Ganzes belastet, weil die Dienstbarkeit nur auf dem ganzen Grundstück ausgeübt werden kann (z.B. Wegerecht), so wird nach dem Erlöschen des Rechts durch Zuschlag eines Miteigentumsanteils die Eintragung auf den anderen Miteigentumsanteilen unzulässig und ist zu löschen, vgl. Rz. 11.
13
Wenn ein Grundpfandrecht durch den Zuschlag erlischt, hat das i.d.R. keine Auswirkungen auf die persönliche Forderung des Gläubigers gegen den ursprünglichen Eigentümer. Diese erlischt erst mit der Befriedigung (ggf. fingiert nach § 114a) des Gläubigers. Dasselbe gilt für Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3 und 5, vgl. § 10. Bei bestehenbleibenden Grundpfandrechten vgl. § 53.
14
Eine Tilgungshypothek erlischt (§ 1181 BGB) in Höhe des im zu zahlenden Teils des geringsten Gebots berücksichtigten Tilgungsbeträge11.
D. Liegenbelassung 15
Ein Recht, das nach den Versteigerungsbedingungen durch den Zuschlag erlöschen würde, bleibt bestehen, wenn der Berechtigte und der Ersteher das vereinbaren. Diese „Liegenbelassungsvereinbarung“ kann sich auf alle Rechte aus Abteilung II und III des Grundbuchs beziehen.
I. Beteiligte der Liegenbelassungsvereinbarung 16
Die Liegenbelassung muss vereinbart werden zwischen Ersteher und Berechtigtem. Der Berechtigte muss seine Rechtsinhaberschaft nachweisen. Ist er Berechtigter eines Briefrecht, muss er den Brief zur Legitimation vorlegen. Ein Pfändungsgläubiger kann die Liegenbelassung vereinbaren, wenn die Überweisung an Zahlungs Statt erfolgte12. Die Erklärungen können durch Bevollmächtigte abgegeben werden. In diesem Fall muss die Vollmacht bei der Vereinbarung vorgelegt werden; eine Prozessvollmacht ist ausreichend13. Wird die Erklärung durch
8 9 10 11 12 13
BGH v. 27.4.2012 – V ZR 270/10, BGHZ 193, 144 = Rpfleger 2012, 452. OLG Frankfurt v. 11.7.1978 – 20 W 126/78, Rpfleger 1979, 149. OLG Düsseldorf v. 22.9.2010 – 3 Wx 46/10, Rpfleger 2011, 81; Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 8. Löhnig/Pestel, § 91 ZVG Rz. 46. Böttcher, § 91 ZVG Rz. 7. Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 32.
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Achenbach
Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung
Rz. 21 § 91
einen Bevollmächtigten in einer öffentlich beglaubigten Urkunde abgegeben, muss die Vollmacht in öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen werden14. Wenn der Ersteher der Berechtigte des Rechts ist, so genügt zur Liegenbelassung die einseitige Erklärung des Erstehers15.
II. Genehmigungen Ist ein Kind Berechtigter eines Rechts in Abteilung II des Grundbuchs, das bestehen bleiben soll, so benötigen die Eltern die Genehmigung des Familiengerichts nach §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt., 1643 BGB. Bei der Liegenbelassungsvereinbarung handelt es sich nicht um die Verfügung über den Erlösanspruch als Forderung, sondern um die Verfügung über das Recht16, was sich allein schon aus dem Wortlaut des § 91 Abs. 2 ergibt. Die Vereinbarung wirkt auf den Zeitpunkt des Zuschlags zurück. Das Recht gilt als nicht erloschen, daher ist die Vereinbarung Verfügung über das Recht. Wird die Liegenbelassung zu einem Recht in Abteilung III des Grundbuchs erklärt, so benötigen die Eltern wegen § 1821 Abs. 2 BGB keine Genehmigung des Familiengerichts, wegen § 1643 BGB auch nicht nach § 1812 BGB.
17
Ist ein Mündel, Betreuter oder Pflegling Berechtigter eines Rechts in Abteilung II des Grundbuchs, so ist nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt BGB (§§ 1908i, 1915 BGB) die Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts erforderlich. Für die Liegenbelassung eines Rechts aus Abteilung III des Grundbuchs ergibt sich die Genehmigungspflicht aus § 1812 BGB17.
18
Ist das Kind/Mündel/Betreuter/Pflegling der Ersteher, so hängt die Genehmigungsbedürftigkeit davon ab, ob das Recht volle Deckung aus dem „Bargebot“ erlangt oder (ganz oder teilweise) ausfällt. Bei voller Deckung handelt es sich bei der Liegenbelassungsvereinbarung um eine Erwerbsmodalität, denn dann tritt nach § 91 Abs. 3 eine Bargebotsminderung ein. Es ändert sich dann lediglich das Verhältnis von zu zahlendem Teil und übernommenen Rechten. Die Vereinbarung ist dann von der Genehmigung für die Abgabe des Gebots nach §§ 1821 Abs. 1 Nr. 5, 1643 BGB erfasst; eine zusätzliche Genehmigung ist nicht erforderlich18.
19
Fällt das Recht ganz oder teilweise aus,so liegt in der Liegenbelassungsvereinbarung eine zusätzliche Leistung des Erstehers, da sich der zu zahlende Teil nicht nach Abs. 3 mindert. Die Genehmigungsbedürftigkeit ergibt sich dann aus §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1643 BGB19.
20
Als Inhalt eines Erbbaurechts kann vereinbart werden, dass der Erbbauberechtigte zur Belastung des Erbbaurechts mit einem Grundpfandrecht oder einer Reallast der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf, § 5 Abs. 2 ErbbauRG. Wird das Erbbaurecht versteigert, so ist die Zustimmung des Grundstückseigentümers zu einer Liegenbelassungserklärung nicht erforderlich20. Die Vereinbarung wirkt auf den Zeitpunkt des Zuschlags zurück; es handelt sich nicht um die (neue) Belastung des Erbbaurechts. Für den Grundstückseigentümer ändert sich der Zustand nicht.
21
14 Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 32. 15 BGH v. 26.11.1980 – V ZR 153/79, Rpfleger 1981, 140. 16 Böttcher, § 91 ZVG Rz. 8; Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 33; A.A.: Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 21; Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 17. 17 Böttcher, § 91 ZVG Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 21; Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 17. 18 Böttcher, § 91 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 20, Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 34; a.A.: Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 18. 19 Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 34. 20 LG Detmold v. 2.3.2001 – 3 T 46/01, Rpfleger 2001, 312; Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 22, Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 35, a.A.: Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 19.
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§ 91 Rz. 22 Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung 22
Gleiches gilt bei der Versteigerung von Wohnungseigentum. Als Inhalt des Wohnungseigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Überlassung der Wohnung an einen Dritten zur Benutzung der Zustimmung des Verwalters oder der Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf, § 12 WEG21. Zu einer Liegenbelassungsvereinbarung ist die Zustimmung nicht erforderlich22. Auch hier handelt es sich nicht um eine neue Belastung.
III. Gegenstand der Vereinbarung 23
Die Liegenbelassung kann vereinbart werden zu Grundpfandrechten und Rechten, die nicht auf Kapitalzahlung gerichtet sind (Abteilung II des Grundbuchs). Unerheblich ist, ob auf das Recht eine Zuteilung entfällt oder nicht. Die Vereinbarung kann sich auf die Hauptsache in vollem Umfang, aber auch auf einen Teilanspruch beziehen23. Die Liegenbelassung eines Teilanspruchs stellt keine unzulässige Änderung des Rechts dar. Inhaltsänderungen können im Zusammenhang mit der Vereinbarung nicht vorgenommen werden (z.B. Änderung des Zinssatzes, der Fälligkeiten oder des Rangs)24. Eine einmalige Nebenleistung kann nicht Teil der Liegenbelassungsvereinbarung sein. Diese bleibt nicht mit dem Hauptanspruch bestehen (§ 49) und kann somit nicht liegenbelassen werden25. Gleiches gilt für die Vorfälligkeitsentschädigung, für die nur der Schuldner, nicht der Ersteher haftet26.
IV. Form und Zeitpunkt der Vereinbarung 24
Die Erklärungen von Ersteher und Berechtigtem müssen entweder gegenüber dem Gericht mündlich abgegeben werden (Protokollierung im Sitzungsprotokoll) oder durch öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden. Da die gleichzeitige Anwesenheit der Beteiligten nicht erforderlich ist, ist auch eine Kombination möglich. Die mündlichen Erklärungen können – entgegen des Wortlauts des Absatzes 2 - im Versteigerungs-, Verkündungs- oder Verteilungstermin abgegeben werden27. Werden die Erklärungen vor dem Zuschlag abgegeben, werden sie mit dem Zuschlag wirksam. Die Vereinbarung kann bis zum Eingang des Grundbuchersuchens nach § 130 nachgewiesen werden28. Erfolgen die Erklärungen verspätet, sind sie unwirksam und das Recht wird gelöscht.
V. Wirkungen der Liegenbelassungsvereinbarung 25
Das durch den Zuschlag erlöschende Recht bleibt durch die Liegenbelassungsvereinbarung an dem Grundstück bestehen. Ist das Liegenbelassen bereits vor dem Zuschlag erklärt, wird die Vereinbarung mit dem Zuschlag wirksam. Wird die Vereinbarung erst nach dem Zuschlag getroffen, wirkt sie auf den Zeitpunkt des Zuschlags zurück und das Recht gilt als nicht erloschen.
26
Das Recht bleibt mit dem bisherigen Inhalt und mit dem bisherigen Rang bzw. seiner Rangstelle im Teilungsplan an dem Grundstück bestehen. Werden z.B. Sicherungshypotheken nach § 128 Abs. 1 für besserrangige Ansprüche eingetragen, erhalten diese den Rang vor dem lie21 22 23 24 25 26 27 28
BGH v. 15.6.1962 – V ZB 2/62, BGHZ 37, 203. Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 35; a.A.: Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 19. OLG Köln v. 24.11.1982 – 2 Wx 36/82, Rpfleger 1983, 168. Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 45; Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 11. Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 25. BGH v. 11.1.1974 – V ZR 13/72, MDR 1974, 394; Stöber, § 91 ZVG Rz. 23. Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 23; Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 40. Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 38.
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Achenbach
Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung
Rz. 32 § 91
genbelassenen Recht. Vereinigt sich eine wegen Nichtzahlung des Bargebots eingetragene Sicherungshypothek mit dem Eigentum in einer Person, hat das liegenbelassene Recht den Vorrang, vgl. insoweit § 128. Inhaltlich kann das Recht nicht verändert werden (vgl. aber Rz. 23). Wenn sich der frühere Eigentümer nach § 800 ZPO der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat und dies im Grundbuch eingetragen ist, kann hinsichtlich des dinglichen Anspruchs die Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO auf den Ersteher umgeschrieben werden29. Durch die Liegenbelassungsvereinbarung vermindert sich der durch Zahlung zu berichtigende 27 des Meistgebots um den Betrag, welcher sonst dem Berechtigten gebühren würde. Das bare Meistgebot wird also reduziert um die Zinsen ab dem Tag des Zuschlags bis einen Tag vor Verteilungstermin und um den Kapitalbetrag des Rechts, soweit der Berechtigte darauf bei der Verteilung des Erlöses eine Zuteilung erhalten hätte. An der Verzinsung nach § 49 ändert sich nichts30, die Verzinsung erfolgt aus dem ungekürzten Bargebot. Andere Auffassungen wie „Vollanrechnung mit geschmälerter Zinspflicht“31 oder „Kapitalanrechnung mit geschmälerter Zinspflicht“32 werden nicht mehr vertreten. Kosten i.S.d. § 10 Abs. 2, eine einmalige Nebenleistung (vgl. Rz. 23), eine Vorfälligkeitsentschädigung (vgl. Rz. 23) und laufende bzw. rückständige Leistungen bis einen Tag vor Zuschlag erhält der Berechtigte aus dem Erlös. Bei der Liegenbelassung von Rechten aus Abteilung II des Grundbuchs erfolgt Minderung um den „zugeteilten“ Ersatzwert des § 92 ZVG33. Dies gilt für Rechte nach § 92 Abs. 1 (Minderung um die „zugeteilte“ Kapitalabfindung) und § 92 Abs. 2 (Minderung um das gesamte „zugeteilte“ Deckungskapital34).
28
Die Liegenbelassung wirkt wie die Befriedigung des Berechtigten aus dem Grundstück. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Recht nach § 1181 Abs. 1 BGB erlischt, denn dieses soll ja gerade bestehen bleiben35.
29
Die Liegenbelassungsvereinbarung bezieht sich zunächst ausschließlich auf den dinglichen Anspruch. Ob der Ersteher die persönliche Schuld übernimmt, hängt von dem Willen der Beteiligten ab. Soll der Ersteher auch die persönliche Schuld übernehmen, so muss sich dies aus der Vereinbarung ergeben und kann nicht grundsätzlich angenommen werden36.
30
Bei den Auswirkungen der Befriedigungswirkung ist zu unterscheiden:
31
1. Hypothek; der bisherige Eigentümer ist auch persönlicher Schuldner, keine Übernahme der persönlichen Schuld Die Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner erlischt, § 362 BGB. Die Hypothek wird zur Fremdgrundschuld für den Gläubiger, § 1177 Abs. 1 BGB analog. Es entsteht keine Eigentümergrundschuld.
29 Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 29. 30 BGH v. 13.3.1970 – V ZR 89/67, BGHZ 53, 327; Böttcher, § 91 ZVG Rz. 14; Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 33; Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 52; Stöber/Becker, § 91 ZVG Rz. 23. 31 Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 48. 32 Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 49. 33 BGH v. 23.6.1972 – V ZR 125/70, WM 1972, 1032. 34 A.A.: Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 36. 35 BGH v. 26.11.1980 – V ZR 153/79, Rpfleger 1981, 140. 36 Böttcher, § 91 ZVG Rz. 17; Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 39, Steiner/Eickmann, § 91 ZVG Rz. 57.
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32
§ 91 Rz. 33 Erlöschen von Rechten, Liegenbelassung 2. Hypothek; der bisherige Eigentümer ist auch persönlicher Schuldner, Übernahme der persönlichen Schuld 33
Die Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner erlischt, § 362 BGB. Die Hypothek bleibt Hypothek und sichert nun die Forderung des Gläubigers gegen den Ersteher. Es handelt sich um eine neue Forderung und nicht um eine Schuldübernahme37. 3. Hypothek; der bisherige Eigentümer ist nicht persönlicher Schuldner, keine Übernahme der persönlichen Schuld
34
Die Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner geht auf den bisherigen Eigentümer über, § 1143 Abs. 1 BGB. Die Hypothek allerdings nicht. Die Hypothek wird zur Fremdgrundschuld für den Gläubiger, § 1177 Abs. 1 BGB analog. 4. Hypothek; der bisherige Eigentümer ist nicht persönlicher Schuldner, Übernahme der persönlichen Schuld
35
Die Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner geht auf den bisherigen Eigentümer über, § 1143 Abs. 1 BGB. Die Hypothek allerdings nicht. Die Hypothek bleibt Hypothek und sichert nun die Forderung des Gläubigers gegen den Ersteher. Es handelt sich um eine neue Forderung und nicht um eine Schuldübernahme. 5. Grundschuld; der bisherige Eigentümer ist auch persönlicher Schuldner, keine Übernahme der persönlichen Schuld
36
Die Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner erlischt, § 362 BGB. Die Fremdgrundschuld bleibt unverändert bestehen. 6. Grundschuld; der bisherige Eigentümer ist auch persönlicher Schuldner, Übernahme der persönlichen Schuld
37
Die Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner erlischt, § 362 BGB. Die Fremdgrundschuld bleibt unverändert bestehen und sichert nun die Forderung des Gläubigers gegen den Ersteher. Es handelt sich um eine neue Forderung und nicht um eine Schuldübernahme. 7. Grundschuld; der bisherige Eigentümer ist nicht persönlicher Schuldner, keine Übernahme der persönlichen Schuld
38
Die Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner bleibt bestehen. Der Gläubiger muss diese jedoch an den bisherigen Eigentümer abtreten38. Die Fremdgrundschuld bleibt unverändert bestehen. 8. Grundschuld; der bisherige Eigentümer ist nicht persönlicher Schuldner, Übernahme der persönlichen Schuld
39
Die Forderung des Gläubigers gegen den persönlichen Schuldner bleibt bestehen. Der Gläubiger muss diese jedoch an den bisherigen Eigentümer abtreten. Die Fremdgrundschuld bleibt
37 Böttcher, § 91 ZVG Rz. 19. 38 BGH v. 27.3.1981 – V ZR 202/79, BGHZ 80, 228 = NJW 1981, 1554; BGH v. 12.11.1986 – V ZR 266/85, NJW 1987, 838.
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§ 92
Wertersatz für erlöschende Rechte
unverändert bestehen und sichert nun die Forderung des Gläubigers gegen den Ersteher. Es handelt sich um eine neue Forderung und nicht um eine Schuldübernahme. Die Befriedigungswirkung tritt nach dem Wortlaut des § 91 Abs. 3 in Höhe des Liegenbelassens ein. Dies könnte dann zur Folge haben, dass der Vollstreckungsschuldner besser gestellt ist als ohne Liegenbelassungserklärungen, nämlich dann, wenn das liegenbelassene Recht bei der Erlösverteilung ganz oder teilweise ausgefallen wäre. Dies kann nicht gewollt sein39. § 91 Abs. 3 muss dahingehend ausgelegt werden, dass die Befriedigungswirkung hinsichtlich der persönlichen Forderung nur insoweit eintritt, als das liegenbelassene Recht auch eine Zuteilung erhalten hätte – also nur in Höhe der Bargebotskürzung (vgl. Rz. 27)40.
§ 92 [Anspruch auf Wertersatz für erlöschende Rechte] (1) Erlischt durch den Zuschlag ein Recht, das nicht auf Zahlung eines Kapitals gerichtet ist, so tritt an die Stelle des Rechts der Anspruch auf Ersatz des Wertes aus dem Versteigerungserlös. (2) Der Ersatz für einen Nießbrauch, für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit sowie für eine Reallast von unbestimmter Dauer ist durch Zahlung einer Geldrente zu leisten, die dem Jahreswert des Rechts gleichkommt. Der Betrag ist für drei Monate vorauszuzahlen. Der Anspruch auf eine fällig gewordene Zahlung verbleibt dem Berechtigten auch dann, wenn das Recht auf die Rente vor dem Ablauf der drei Monate erlischt. (3) Bei ablösbaren Rechten bestimmt sich der Betrag der Ersatzleistung durch die Ablösungssumme.
A. B. C. I. II. III. 1. 2. 3. 4. 5.
Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . Einmaliger Wertersatz (Abs. 1) . . . . Ermittlung nach dem Inhalt des Grundbuchs, § 114 Abs. 1 . . . . . . . . Ermittlung anhand des eingetragenen Höchstbetrages, § 882 BGB . . . . . . . Ermittlung anhand der Anmeldung . . Auflassungsvormerkung . . . . . . . . . Dauerwohnrecht . . . . . . . . . . . . . Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . Erbbauzinsreallast . . . . . . . . . . . . . Grunddienstbarkeit . . . . . . . . . . . .
.. .. ..
Rz. 1 2 6
..
8
. . . . . . .
. . . . . . .
13 14 18 21 22 23 24
Rz. 6. Reallast von bestimmter bzw. immerwährender Dauer . . . . . . . . . . . . . 7. Vereinbarung nach § 1010 BGB . . . . 8. Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . D. Geldrente (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . 1. Altenteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte persönliche Dienstbarkeit 3. Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reallast von unbestimmter Dauer . . . E. Ablösbare Rechte (Abs. 3) . . . . . . . F. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
25 26 27 28 33 34 35 36 38 39
Literatur: Achenbach, Maßgeblicher Zeitpunkt für Anmeldungen und Folgen der Versäumung, ZfIR 2018, 440; Döbler, Vereinbarungen nach § 1010 Abs. 1 BGB in der notariellen Praxis, MittRhNotK 1993, 181; Gaßner, Erloschene Rechte „von unbestimmtem Betrag“, Rpfleger 1988, 51; Meerhoff, Rangverlust
39 Vgl. BGH v. 26.11.1980 – V ZR 153/79, ZIP 1981, 151. 40 Böttcher, § 91 ZVG Rz. 21; Dassler u.a./Hintzen, § 91 ZVG Rz. 43; Muth, Rpfleger 1990, 2.
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40
§ 92 Rz. 1 Wertersatz für erlöschende Rechte und späte Anmeldung eines Wertersatzes, ZfIR 2016, 263; Schiffhauer, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1975, 187; Schubert, Czub, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, ZIP, 1982, 266; Streuer, Bewertung des Erbbauzinses und des „reinen“ Erbbaurechts in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts, Rpfleger 1997, 141.
A. Anwendungsbereich 1
Die Vorschrift gilt für alle Arten der Versteigerung.
B. Allgemeines 2
Die Vorschrift regelt die Behandlung von erloschenen Rechten, die nicht auf Zahlung eines Kapitals gerichtet sind, also von Rechten der Abteilung II des Grundbuchs. Für diese Rechte kommt der Surrogationsgrundsatz zum Ausdruck, der selbstverständlich auch für Grundpfandrechte gilt, für diese aber nicht ausdrücklich geregelt ist.
3
Erlischt nach den Versteigerungsbedingungen ein Recht am Grundstück, so setzt dieses sich am Erlös fort. Der Haftungsgegenstand ändert sich also. Bei erlöschenden Rechten aus Abteilung II des Grundbuchs – also Rechten, die nicht auf Zahlung eines Kapitals gerichtet sind – ändert sich nicht nur der Haftungsgegenstand, sondern auch der Inhalt des Rechts (doppelte Surrogation1). An die Stelle einer bestimmten Benutzung des Grundstücks tritt ein Geldanspruch.
4
Der Geldanspruch ist übertragbar und pfändbar2 – auch, wenn das Recht selbst nicht übertragbar gewesen ist (z.B. beschränkte persönliche Dienstbarkeit).
5
Diese Auswirkungen können nur durch abweichende Versteigerungsbedingungen (§ 59) oder Liegenbelassungsvereinbarung (§ 91) verhindert werden.
C. Einmaliger Wertersatz (Abs. 1) 6
Abgefunden mit einem einmaligen Wertersatz werden alle Rechte, die nicht in Absatz 2 genannt sind, also – Grunddienstbarkeit – Vorkaufsrecht für mehrere Verkaufsfälle – Reallast von bestimmter Dauer – Reallast von immerwährender Dauer (subjektiv dinglich) – Auflassungsvormerkung, vgl. Rz. 18 – Erbbauzins – Dauerwohnrecht nach § 31 WEG, da es als vererbliches Recht nicht mit den Rechten aus Abs. 2 verglichen werden kann3 und dort nicht genannt ist
7
Für die Feststellung des Betrages des einmaligen Wertersatzes gibt es verschiedene Möglichkeiten. Maßgeblich aber ist immer der Wert, den das Recht für den Berechtigten zum Zeit-
1 Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 4. 2 OLG Schleswig v. 22.1.1997 – 2 W 142/96, Rpfleger 1997, 256. 3 Dassler u.a./Hintzen, § 92 ZVG Rz. 11; Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 8; a.A.: Böttcher, § 92 ZVG Rz. 23; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 39.
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Wertersatz für erlöschende Rechte
Rz. 13 § 92
punkt des Zuschlags4 hatte und nicht der Belastungswert für das Grundstück. Maßgeblich ist auch nicht der Zeitpunkt des Verteilungstermins, da das Recht mit Zuschlag erlischt und eine Änderung des Werts danach nicht mehr eintreten kann.
I. Ermittlung nach dem Inhalt des Grundbuchs, § 114 Abs. 1 Ergeben sich aus dem Grundbuch wiederkehrende Leistungen in Geld (z.B. bei der Reallast), werden diese Leistungen kapitalisiert und von Amts wegen, also auch ohne Anmeldung, berücksichtigt. Eine geringere Anmeldung geht aber vor, § 308 Abs. 1 ZPO.
8
Es muss finanzmathematisch abgezinst und ein marktgerechter Zinssatz zugrunde gelegt werden, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen5. Würde man nach § 111 S. 2 vorgehen, könnten nachrangige Berechtigte beeinträchtigt sein, wenn der marktübliche Zinssatz höher ist als der gesetzliche Zinssatz von 4 %. Umgekehrt wäre der Berechtigte des erloschenen Rechts beeinträchtigt, wenn der marktübliche Zinssatz niedriger ist als der gesetzliche.
9
Das gesamte finanzmathematische Spektrum kann an dieser Stelle selbstverständlich nicht beleuchtet werden6. Es soll aber zur Verdeutlichung ein einfaches Beispiel genannt werden:
10
Eine Reallast (Geldrente i.H.v. 100,– Euro monatlich im Voraus) von bestimmter Dauer ist durch Zuschlag erloschen. Restlaufzeit ab Zuschlag: 6 Jahre. Angenommener Zinssatz: 5 %. Eine finanzmathematische Formel zur Berechnung des Barwerts zum Zeitpunkt des Zuschlags lautet:
11
B=r×
qn−1 qn−1×(q−1)
B = Barwert, r = Rentenleistungen (hier 100,– Euro), q = Zinssatz + 1 (hier 1,05), n = Restlaufzeit (hier 6). Da es sich um monatliche Zahlungen handelt, muss der Zinssatz durch 12 dividiert werden (0,05/12) und die Restlaufzeit mit 12 multipliziert werden (6 * 12), somit (gerundete Näherungslösung): B = 100 ×
1,00416772−1 0,349050 = 100 × = 6235,26 €7 1,00416771 × (1,004167−1) 1,343452 × 0,004167
Somit können v.A.w. 6.235,26 Euro für den Berechtigten als einmaliger Wertersatz im Teilungsplan berücksichtigt werden. Da konkrete Leistungen aus dem Grundbuch ersichtlich sind, handelt es sich hierbei um einen bestimmten Anspruch (vgl. § 14).
12
II. Ermittlung anhand des eingetragenen Höchstbetrages, § 882 BGB Sind keine konkreten Geldleistungen aus dem Grundbuch ersichtlich (z.B. Wegerecht) und ist ein Höchstbetrag nach § 882 BGB eingetragen, so ist der Höchstbetrag als einmaliger Wertersatz auch ohne Anmeldung (da grundbuchersichtlich) in den Teilungsplan aufzunehmen.
4 BayObLG v. 11.11.1982 – BReg. H 1 Z 4/82, Rpfleger 1993, 81; Böttcher, § 92 ZVG Rz. 9; Dassler u.a./ Hintzen, § 92 ZVG Rz. 37; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 27; Stöber, § 92 ZVG Rz. 9; a.A.: BGH v. 25.1.1974 – V ZR 68/72, NJW 1974, 702 = Rpfleger 1974, 187. 5 Stöber, § 92 ZVG Rz. 38; Streuer, Rpfleger 1997, 141; a.A.: Böttcher, § 92 ZVG Rz. 6; Dassler u.a./Hintzen, § 92 ZVG Rz. 23 (Berechnung nach § 111 S. 2). 6 Weitere Informationen z.B. in der Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts „Versicherungsbarwerte für Leibrenten“.
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13
§ 92 Rz. 13 Wertersatz für erlöschende Rechte Eine geringere Anmeldung geht aber vor, § 308 Abs. 1 ZPO7. Wird der eingetragene Höchstbetrag in den Teilungsplan aufgenommen, handelt es sich hierbei um einen unbestimmten Anspruch (§ 14), denn der Höchstbetrag legt nur die Obergrenze fest.
III. Ermittlung anhand der Anmeldung 14
Sind weder konkrete Geldleistungen aus dem Grundbuch ersichtlich und ist auch kein Höchstbetrag nach § 882 BGB eingetragen, kann ein einmaliger Wertersatz nur aufgrund einer Anmeldung in den Teilungsplan aufgenommen werden. Liegt in diesen Fällen spätestens zum Verteilungstermin keine Anmeldung vor, so kann keine Berücksichtigung eines Wertersatzes erfolgen. Die Anmeldung des Betrages des Wertersatzes ist nicht von § 110 erfasst, so dass diese erst zum Verteilungstermin ausreichend ist. Nachrangige Beteiligte müssen eine dadurch entstehende, gewisse Unsicherheit bis zur Erlösverteilung hinnehmen. Eine Beeinträchtigung nachrangiger Beteiligter ist darin nicht zu sehen, da ihre Rechtsstellung bei Eintragung ihres (nachrangigen) Rechts bereits bekannt war und somit keine Veränderung eintritt8. Für diese Ansicht spricht auch der klare und eindeutige Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften, §§ 37 Nr. 4, 110, 114. Geht man davon aus, dass die Anmeldung des Betrages des Wertersatzes von § 110 erfasst ist müsste der Berechtigte einen Betrag anmelden zu einem Zeitpunkt (bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten), in dem der Anspruch auf Wertersatz noch gar nicht entstanden ist. Lediglich wenn sich das Recht an sich zum Zeitpunkt der Eintragung des Versteigerungsvermerks nicht aus dem Grundbuch ergibt, muss die Anmeldung des Rechts (nicht des Betrages!) bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgen (§ 37 Nr. 4), da ansonsten Rangverlust eintritt, § 110 (vgl. insoweit § 114).
15
Bei der Anmeldung des Betrages handelt es sich einen unbestimmten Anspruch (§ 14). Der Betrag wird bestimmt durch Einigung zwischen Berechtigtem und Vollstreckungsschuldner oder durch Feststellungsurteil.
16
Das Vollstreckungsgericht ist an eine Anmeldung nicht gebunden9. Es wird sich jedoch an die Anmeldung halten, wenn der Betrag des Wertersatzes in der angemeldeten Höhe bestehen kann, also die Feststellung in dieser Höhe möglich ist10. Hält das Gericht den Betrag für zu hoch, ist nur ein nach Auffassung des Gerichts angemessener Betrag in den Teilungsplan aufzunehmen. Die Anmeldung ist in diesem Fall als Widerspruch gegen den Teilungsplan zu werten, § 115 Abs. 2.11
17
Neben den o.g. Grundsätzen kann es Besonderheiten geben. 1. Auflassungsvormerkung
18
Die Auflassungsvormerkung sichert den Anspruch auf „Eigentumsverschaffung“ (Auflassung und Eigentumsumschreibung) an dem Grundstück. Als Vormerkung ist sie nach § 48 zu behandeln12. Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück i.S.d. § 10 gewährt die Auflas-
7 Böttcher, § 92 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 92 ZVG Rz. 20; a.A.: Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 7, 19. 8 Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 11; a.A.: Meerhoff, ZfIR 2016, 263. 9 Böttcher, § 92 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 92 ZVG Rz. 37; Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 12. 10 Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 12. 11 Böttcher, § 92 ZVG Rz. 12; Dassler u.a./Hintzen, § 92 ZVG Rz. 37; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 28; Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 12. 12 BGH v. 28.10.1966 – V ZR 11/64, BGHZ 46, 124.
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Wertersatz für erlöschende Rechte
Rz. 23 § 92
sungsvormerkung zwar nicht, dennoch wird sie nach § 92 Abs. 1 abgefunden13, denn hierunter fallen alle Rechte, die nicht auf Zahlung eines Kapitals gerichtet sind. Nach dem Surrogationsgrundsatz tritt an die Stelle des Grundstücks der Versteigerungserlös. Die Rechte setzen sich am Erlös fort. Somit hat der Auflassungsvormerkungsberechtigte einen Anspruch Wertersatz in Höhe des sich nach der Vorwegentnahme der Verfahrenskosten und aller Ansprüche, die dem Vormerkungsberechtigten vorgehen (§ 10) ergebenden Übererlöses. Eine Reduzierung um die geschuldete Gegenleistung (Differenztheorie) erfolgt nicht14, denn eine Berücksichtigung der schuldrechtlichen Gegenleistung kann nicht erfolgen15. Ist ein konkreter Betrag oder ein Höchstbetrag nicht aus dem Grundbuch ersichtlich, muss grundsätzlich der Betrag des Wertersatzes angemeldet werden (Rz. 14). Im Falle der erloschenen Auflassungsvormerkung wäre das bloße Förmelei. Der Berechtigte ist ja zur Anmeldung eines konkreten Betrages gar nicht in der Lage, da ihm der – für ihn zum Verteilungstermin nicht zu beziffernde – Übererlös gebührt (Rz. 18). Der Wertersatz wird daher v.A.w., auch ohne Anmeldung, berücksichtigt. Es handelt sich sogar um einen bestimmten Anspruch. Die Einigung zwischen Vollstreckungsschuldner und Berechtigtem, dass der Wertersatz in Höhe des Übererlöses besteht, ist nicht erforderlich, da dies feststeht. Und schuldrechtliche Belange, die den Wertersatz ggf. beeinflussen können, werden nicht berücksichtigt (vgl. Rz. 18). Eine bedingte Zuteilung (unter der Bedingung, dass die Höhe des Wertersatzes festgestellt wird) erfolgt insoweit nicht. Eine bedingte Zuteilung ergibt sich aber daraus, dass es sich um eine Vormerkung handelt, § 119. Es muss unter der Bedingung zugeteilt werden, dass der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch durchsetzbar besteht16.
19
Ist der Ersteher selbst der Vormerkungsberechtigte, so ist kein Wertersatz zu zahlen. Die Vormerkung ist gegenstandslos geworden.
20
2. Dauerwohnrecht Vgl. Rz. 6, 7. Anhaltspunkt für einen Ersatzwert kann der örtliche Mietzins sein.
21
3. Erbbaurecht Das Erbbaurecht nach 22.1.1919 kann in der Zwangsversteigerung des Grundstücks nicht erlöschen, § 25 ErbbauRG. Die Feststellung eines Ersatzbetrages ist daher nicht erforderlich.
22
4. Erbbauzinsreallast Die Erbbauzinsreallast kann in der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts erlöschen. Sie ist in aller Regel von bestimmter Dauer, eine Ablösungssumme ist nicht vorgesehen. Somit ist in den Teilungsplan ein einmaliger Wertersatz nach Abs. 1 aufzunehmen. Die Leistungen sind ab Zuschlag für die Restlaufzeit finanzmathematisch zu kapitalisieren (vgl. Rz. 9). § 121 Abs. 1 findet keine Anwendung; es gibt also keine Begrenzung auf den 25-fachen Jahresbetrag17. Eine
13 BGH v. 14.4.1987 – IX ZR 237/86, Rpfleger 1987, 426; OLG Düsseldorf v. 14.8.2000 – 9 W 49/00, ZfIR 2001, 332; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 36; a.A.: Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 48. 14 Böttcher, § 92 ZVG Rz. 25; Dassler u.a./Hintzen, § 92 ZVG Rz. 33; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 36. 15 Böttcher, § 92 ZVG Rz. 25; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 36. 16 Stöber, § 92 ZVG Rz. 49. 17 Stöber, § 92 ZVG Rz. 38.
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23
§ 92 Rz. 23 Wertersatz für erlöschende Rechte dingliche Wertsicherungsklausel, die i.d.R. besteht, ist zu berücksichtigen. Maßgeblich ist also der zum Zeitpunkt des Zuschlags aktuelle Betrag. Lässt sich die automatische Anpassung betragsmäßig aus dem Grundbuch ohne Weiteres bestimmen, so ist der aktuelle Betrag v.A.w. zu berücksichtigen (da grundbuchersichtlich). Lässt sich die Anpassung nur außerhalb des Grundbuchs feststellen (z.B. Anpassung nach der ortsüblich erzielbaren Nettomiete), so ist eine Anmeldung erforderlich (da nicht grundbuchersichtlich). Künftige Änderungsmöglichkeiten bleiben unberücksichtigt18. 5. Grunddienstbarkeit 24
Der einmalige Wertersatz bestimmt sich nach dem Wert, den das Recht für das herrschende Grundstück zum Zeitpunkt des Zuschlags hat19. Zur Ermittlung des Wertersatzes vgl. Rz. 14. Den Wertersatz erhält derjenige, der zum Zeitpunkt der Erlösverteilung Eigentümer des herrschenden Grundstücks war20. Dies folgt aus dem Surrogationsgrundsatz. Das Recht am Grundstück setzt sich am Erlös fort, wenn auch hier im Wege der doppelten Surrogation (Rz. 3). Ist das herrschende Grundstück mit Grundpfandrechten belastet, so sind auch diese Gläubiger Berechtigte bzgl. des Wertersatzes. Ggf., wenn keine Einigung erzielt wird, ist der Wertersatz für die Berechtigten zu hinterlegen. 6. Reallast von bestimmter bzw. immerwährender Dauer
25
Der häufigste Fall einer Reallast von unbestimmter Dauer (lebenslängliche Reallast) fällt unter Absatz 2. Zur Ermittlung des Wertersatzes für eine Reallast von bestimmter Dauer vgl. Rz. 11. Für den – theoretischen – Fall einer subjektiv dinglichen Reallast, also einer Reallast von immerwährender Dauer, ist ebenfalls ein einmaliger Wertersatz nach Abs. 1 zu bilden. Auch hier gelten die Ausführungen zu Rz. 14. Bei der Bildung des Wertersatzes ist nach § 121 analog von dem 25-fachen Jahreswert auszugehen. 7. Vereinbarung nach § 1010 BGB
26
Die Miteigentümervereinbarung nach § 1010 BGB stellt eine Belastung des jeweiligen Miteigentumsanteils dar. Wird nun ein Miteigentumsanteil versteigert und erlischt die Vereinbarung auf diesem Anteil, haben die anderen Miteigentümer Anspruch auf Wertersatz21. Zur Ermittlung des Wertersatzes vgl. Rz. 14. Erfolgt die Zuschlagserteilung nicht auf einen Miteigentumsanteil, sondern auf das gesamte Grundstück, endet dadurch die Bruchteilsgemeinschaft. Die Miteigentümervereinbarung ist damit gegenstandslos, ein Wertersatz besteht damit nicht22.
18 Dassler u.a./Hintzen, § 92 ZVG Rz. 23; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 47; Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 38. 19 Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 43; Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 9. 20 Dassler u.a./Hintzen, § 117 ZVG Rz. 7; Löhnig/Pestel, § 92 ZVG Rz. 49; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 32; A.A.: Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 39. 21 Döbler, MittRhNotK 1983, 181. 22 Dassler u.a./Hintzen, § 92 ZVG Rz. 30; Stöber, § 92 ZVG Rz. 40; Döbler, MittRhNotK 1983, 181.
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Wertersatz für erlöschende Rechte
Rz. 31 § 92
8. Vorkaufsrecht Das dingliche Vorkaufsrecht nach § 1094 BGB für einen Verkaufsfall wird gegenstandslos, da die Zwangsversteigerung zwar als Verkaufsfall gilt, das Vorkaufsrecht aber nach § 471 BGB nicht ausgeübt werden kann. Ein Wertersatz ist somit nicht festzustellen. Ist das Vorkaufsrecht für mehrere/alle Verkaufsfälle bestellt, hat der Berechtigte Anspruch Wertersatz nach Abs. 1. Zur Feststellung des Betrages vgl. Rz. 14. Im Regelfall ist der Betrag des Wertersatzes mit 2 % des Verkehrswertes des Grundstücks anzunehmen23. Ist ein Vorkaufsrecht bereits ausgeübt worden und hat es die Wirkungen nach § 1098 Abs. 2 BGB entfaltet, so bestimmt sich der Wertersatz nach den Grundsätzen bzgl. der Auflassungsvormerkung24, vgl. Rz. 18, 19.
27
D. Geldrente (Abs. 2) Die in § 92 Abs. 2 aufgeführten Rechte haben Versorgungscharakter. Dem würde die Berücksichtigung durch eine einmalige Kapitalabfindung nicht gerecht werden25. Die Berücksichtigung des Wertersatzes erfolgt bei diesen Rechten in Form einer Geldrente, die aus einem Deckungskapital gezahlt wird. Abgefunden mit einer Geldrente werden: – Nießbrauch – Beschränkte persönliche Dienstbarkeit – Reallast von unbestimmter Dauer – Altenteil
28
Das Deckungskapital errechnet sich aus dem Jahreswert × Restlaufzeit. Der Jahreswert steht bei der Reallast (Zahlung einer Geldrente) fest, ansonsten ist der Wert des Rechts, den es für den Berechtigten hat, in Geld auszudrücken26. Bei Rechten auf Lebenszeit des Berechtigten wird die Restlaufzeit durch die statistische Lebenserwartung bestimmt (Anhang). Die tatsächliche Lebenserwartung ist nicht bestimmbar – jedenfalls nicht vom Vollstreckungsgericht – und kann somit nicht maßgeblich sein27. Das Deckungskapital ist begrenzt durch einen eingetragenen Höchstbetrag nach § 882 BGB bzw. den 25-fachen Jahresbetrag, § 121 Abs. 1.
29
Das Deckungskapital wird gebildet auf den Zeitpunkt des Zuschlags, da mit dem Zuschlag das Recht erlischt (vgl. Rz. 7).
30
Aus dem Deckungskapital und ggf. den Zinsen, die sich aus der Anlage ergeben, ist an den Berechtigten eine Geldrente zu zahlen. Die Zahlung erfolgt vierteljährlich im Voraus beginnend mit dem Zuschlag (nicht kalendervierteljährlich). Im Verteilungstermin ist somit neben den evtl. wiederkehrenden Leistungen bis zum Zuschlag (z.B. bei Reallast) mindestens die erste Vierteljahresrente zuzuteilen und das restliche Deckungskapital mit den Maßgaben nach Abs. 2. Die Geldrente ist aufschiebend bedingt dadurch, dass der Berechtigte den Beginn der Dreimonatsperiode erlebt28. §§ 119, 120 finden somit Anwendung.
31
23 24 25 26 27 28
LG Hildesheim v. 31.8.1989 – 5 O 66/89, Rpfleger 1990, 87; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 49. Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 44. Böttcher, § 92 ZVG Rz. 16; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 10. Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 16. Böttcher, § 92 ZVG Rz. 17; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 13; Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 18. Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 16.
Achenbach
1085
§ 92 Rz. 32 Wertersatz für erlöschende Rechte 32
Ob der Jahreswert bestimmt oder unbestimmt ist, vgl. Rz. 11–13. D.h., dass bei konkret eingetragenen Geldleistungen der Betrag bestimmt ist, bei der Bildung des Deckungskapitals aufgrund eines eingetragenen Höchstbetrages oder aufgrund einer Anmeldung ist der Betrag unbestimmt. Die einzelnen Rechte aus § 92 Abs. 2: 1. Altenteil
33
Das Altenteil besteht i.d.R. aus einer lebenslänglichen Reallast und/oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und ist somit nach Abs. 2 zu behandeln. Für das Deckungskapital ist die Summe der Ersatzwerte der einzelnen Rechte maßgeblich29. 2. Beschränkte persönliche Dienstbarkeit
34
Der Jahreswert orientiert sich an den ortsüblichen Entgelten (z.B. Mietzins, Pachtzins). 3. Nießbrauch
35
Der Jahreswert ist zu schätzen unter Berücksichtigung der umfassenden Nutzungsbefugnis. Anhaltspunkte können erzielbare Nettomiete30 oder Pachtzins sein. 4. Reallast von unbestimmter Dauer
36
Zur Bildung des Deckungskapitals vgl. Rz. 29. Als Restlaufzeit ist die statistische Lebenserwartung maßgeblich. Handelt es sich um eine zeitlich befristete Reallast, die aber (auch) mit dem Tod des Berechtigten erlischt, so ist der kürzere Zeitraum maßgeblich.
37
Eine zeitlich befristete Reallast, die (auch) mit dem Tod des Berechtigten erlischt, kann zu einer Reallast von bestimmter Dauer werden. Nämlich dann, wenn zum (maßgeblichen) Zeitpunkt des Zuschlags der Berechtigte verstorben ist und somit die Restlaufzeit feststeht, dann vgl. Rz. 11.
E. Ablösbare Rechte (Abs. 3) 38
Bei ablösbaren Rechten wird der Ersatzbetrag durch die Ablösungssumme bestimmt, die das Stammrecht abgilt. Dies ist bei der Rentenschuld nach § 1199 Abs. 2 BGB der Fall31. Rückständige Leistungen sind wie Zinsen zu behandeln. Im Übrigen fallen hierunter Dienstbarkeiten und Reallasten nach landesrechtlichen Vorschriften32.
29 Beispiele: Drischler, Rpfleger 1983, 229. 30 OLG Karlsruhe v. 28.6.2005 – 17 U 201/04, Rpfleger 2005, 686. 31 Dassler u.a./Hintzen, § 92 ZVG Rz. 17; Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 21; a.A.: Stöber/Becker, § 92 ZVG Rz. 33. 32 Auflistung: Steiner/Eickmann, § 92 ZVG Rz. 22.
1086
Achenbach
Wertersatz für erlöschende Rechte
Rz. 39 § 92
F. Anhang Durchschnittliche Lebenserwartung Abgekürzte Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden (Stand: 2.7.2019)
39
ALTER
MÄNNLICH
WEIBLICH
ALTER
MÄNNLICH
WEIBLICH
ALTER
MÄNNLICH
WEIBLICH
1
77,45
82,31
34
45,05
49,65
67
16,26
19,24
2
76,48
81,33
35
44,09
48,67
68
15,54
18,42
3
75,49
80,34
36
43,12
47,69
69
14,83
17,61
4
74,50
79,35
37
42,16
46,72
70
14,13
16,80
5
73,51
78,36
38
41,20
45,74
71
13,44
16,00
6
72,51
77,36
39
40,24
44,76
72
12,77
15,21
7
71,52
76,37
40
39,29
43,79
73
12,10
14,42
8
70,52
75,37
41
38,33
42,82
74
11,44
13,64
9
69,53
74,38
42
37,38
41,85
75
10,79
12,87
10
68,54
73,38
43
36,44
40,89
76
10,16
12,12
11
67,54
72,38
44
35,50
39,92
77
9,55
11,38
12
66,55
71,39
45
34,56
38,96
78
8,94
10,66
13
65,55
70,40
46
33,63
38,01
79
8,37
9,97
14
64,56
69,40
47
32,71
37,06
80
7,81
9,30
15
63,57
68,41
48
31,79
36,11
81
7,28
8,66
16
62,58
67,42
49
30,88
35,17
82
6,77
8,04
17
61,59
66,43
50
29,97
34,23
83
6,30
7,46
18
60,61
65,44
51
29,08
33,30
84
5,86
6,90
19
59,63
64,45
52
28,20
32,37
85
5,44
6,38
20
58,66
63,46
53
27,32
31,45
86
5,05
5,88
21
57,68
62,48
54
26,46
30,54
87
4,68
5,42
22
56,71
61,49
55
25,61
29,64
88
4,32
4,99
23
55,73
60,50
56
24,77
28,73
89
3,99
4,59
24
54,76
59,51
57
23,94
27,84
90
3,68
4,22
25
53,79
58,52
58
23,12
26,95
91
3,39
3,89
26
52,81
57,53
59
22,32
26,06
92
3,15
3,58
27
51,84
56,54
60
21,52
25,19
93
2,93
3,31
28
50,87
55,56
61
20,74
24,32
94
2,75
3,10
29
49,89
54,57
62
19,97
23,46
95
2,56
2,88
30
48,92
53,59
63
19,21
22,60
96
2,40
2,68
31
47,95
52,60
64
18,45
21,74
97
2,22
2,45
32
46,98
51,62
65
17,71
20,90
98
2,03
2,25
33
46,02
50,63
66
16,98
20,07
99
1,91
2,09
Achenbach
1087
§ 93 Rz. 1 Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel
§ 93 [Zuschlagsbeschluß als Vollstreckungstitel] (1) Aus dem Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt wird, findet gegen den Besitzer des Grundstücks oder einer mitversteigerten Sache die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe statt. Die Zwangsvollstreckung soll nicht erfolgen, wenn der Besitzer auf Grund eines Rechts besitzt, das durch den Zuschlag nicht erloschen ist. Erfolgt gleichwohl die Zwangsvollstreckung, so kann der Besitzer nach Maßgabe des § 771 der Zivilprozeßordnung Widerspruch erheben. (2) Zum Ersatz von Verwendungen, die vor dem Zuschlag gemacht sind, ist der Ersteher nicht verpflichtet. Rz. A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 1 B. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 C. Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel, Vollstreckungsvoraussetzungen . . 3 I. Vollstreckung gegen den bisherigen Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 II. Vollstreckung gegen Dritte . . . . . . . . . 8 III. Besitz aufgrund eines nicht erloschenen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Rz. IV. Besitz aufgrund eines erloschenen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Herausgabe mitversteigerter Sachen D. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . I. Für den Ersteher . . . . . . . . . . . . . II. Für den bisherigen Eigentümer . . . III. Für einen Dritten . . . . . . . . . . . . E. Verwendungsersatz, Abs. 2 . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
15 17 19 19 21 24 26
Literatur: Bauer, Die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss (§ 93 ZVG), JurBüro 1998, 400; Eickmann, Probleme der Vollstreckung von Zuschlagsbeschlüssen über Miteigentumsanteile, DGVZ 1979, 177; Meerhoff, Der Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel, ZfIR 2018, 93; Schumacher, Zur Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss, DGVZ 1956, 52.
A. Anwendungsbereich 1
Die Vorschrift gilt für alle Arten der Versteigerung.
B. Allgemeines 2
Durch den Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks (§ 90). Der Zuschlagsbeschluss ist Vollstreckungstitel. Dadurch sind die Belange des Erstehers gewahrt, und zwar ohne, dass dieser gesonderten Rechtsweg beschreiten muss. Abs. 2 regelt materiell-rechtliche Fragen des Verwendungsersatzes.
C. Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel, Vollstreckungsvoraussetzungen 3
Der Zuschlagsbeschluss ist für den Ersteher grundsätzlich gegen jeden Besitzer ein Vollstreckungstitel. Dem Ersteher steht ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB zu. Die Vollstreckung der Räumung und Herausgabe erfolgt nach § 885 ZPO.
1088
Achenbach
Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel
Rz. 9 § 93
Nimmt der Ersteher die Immobilie eigenmächtig, also ohne Einhaltung des vorgeschriebenen Verfahrens nach § 885 ZPO, in Besitz, kann es bei der Geltendmachung von Schadensersatzsprüchen (z.B. wegen Beschädigung nicht mitverteigerten Mobiliars) zu einer Beweislastumkehr kommen. Den Ersteher trifft dann die Beweislast, dass z.B. Gegenstände bei Inbesitznahme bereits beschädigt waren1. Die Zwangsvollstreckung kann mit dem Wirksamwerden des Zuschlagsbeschlusses (§§ 89, 104) erfolgen; Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses ist nicht erforderlich2. Ebenso ist unerheblich, ob der zu zahlende Teil durch den Ersteher bezahlt ist oder nicht. Wird der Zuschlagsbeschluss angefochten, kann das Vollstreckungs- bzw. das Beschwerdegericht die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss aussetzen (§ 570 Abs. 2, 3 ZPO). Der Zuschlagsbeschluss muss – wie der Vollstreckungstitel bei anderen Zwangsvollstreckungen auch – mit der Vollstreckungsklausel versehen werden.
4
Ein Rechtsnachfolger des Erstehers kann ebenfalls aus dem Zuschlagsbeschluss vollstrecken3. Erforderlich ist dann eine Rechtsnachfolgeklausel nach § 727 ZPO.
5
Dritte können aus dem Zuschlagsbeschluss nicht vollstrecken, so z.B. auch nicht Miteigentümer gegen den nach Veräußerung gem. §§ 18, 19 WEG ausgeschiedenen früheren Eigentümer4.
6
I. Vollstreckung gegen den bisherigen Eigentümer Bei Vollstreckung (nur) gegen den bisherigen Eigentümer sind im Klauselverfahren keine Nachweise (auch kein Besitznachweis) erforderlich. Funktionell zuständig für die Klauselerteilung ist somit der Beamte der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt (mittlerer Dienst) als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle, §§ 724, 725 ZPO.
7
II. Vollstreckung gegen Dritte Soll (auch) gegen einen Dritten vollstreckt werden (z.B. Ehepartner), liegt ein Fall des § 726 Abs. 1 ZPO (Prüfung des Besitzes) vor. Funktionell zuständig für die Klauselerteilung ist somit der Rechtspfleger, § 20 Nr. 12 RPflG5. Der Besitz des Dritten muss im Klauselverfahren bei Gericht offenkundig, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen oder zugestanden sein. Ein gesonderter Titel gegen den Dritten ist i.d.R. nicht erforderlich, da die Zwangsvollstreckung gegen jeden Besitzer stattfindet6.
8
Der Ehegatte übt grundsätzlich Mitbesitz (§ 866 BGB) aus und ist somit Räumungsschuldner. Die Vollstreckungsklausel muss daher auch gegen den Ehegatten erteilt werden7. Das gilt auch für den Lebenspartner.
9
1 BGH v. 23.6.2017 – V ZR 175/16, NJW 2017, 3656 = ZfIR 2017, 844. 2 AG Bad Hersfeld v. 6.9.1993 – 5 M 882/93, DGVZ 1993, 175; Böttcher, § 93 ZVG Rz. 2; Stöber/Becker, § 93 ZVG Rz. 3. 3 LG Göttingen v. 29.1.1996 – 6 T 183/95, Rpfleger 1996, 300. 4 KG Berlin v. 10.9.2015 – 8 U 94/15, MDR 2016, 150 = MietRB 2016, 78 = ZWE 2016, 21. 5 Steiner/Eickmann, § 93 ZVG Rz. 37. 6 BGH v. 14.6.2012 – VII ZB 48/10, MDR 2012, 997; OLG Celle v. 6.9.2010 – 4 W 137/10, ZfIR 2010, 817; LG Berlin v. 15.6.2010 – 65 T 183/09, Rpfleger 2010, 617 = ZfIR 2011, 378. 7 BGH v. 25.6.2004 – IXa ZB 29/04, BGHZ 159, 383 = MDR 2004, 1257 = MietRB 2005, 2 = NJW 2004, 3041.
Achenbach
1089
§ 93 Rz. 10 Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel 10
Ob der nichteheliche Lebensgefährte Mitbesitz ausübt und damit auch eine Vollstreckungsklausel gegen diesen erforderlich ist, hängt vom Einzelfall ab. Der Mitbesitz muss sich aus den Umständen klar und eindeutig ergeben8.
11
Ein minderjähriges Kind übt grundsätzlich keinen Mitbesitz aus. Eine Klausel gegen das Kind ist somit nicht erforderlich. Das ändert sich auch grundsätzlich nicht, wenn das Kind nach Volljährigkeit weiter mit seinen Eltern zusammenlebt9.
12
Andere Familienangehörige üben grundsätzlich Mitbesitz aus, wenn sie mit Erlaubnis in der Wohnung wohnen10.
III. Besitz aufgrund eines nicht erloschenen Rechts 13
Gegen Personen, die aufgrund eines nicht erloschenen Rechts besitzen, darf die Zwangsvollstreckung nicht stattfinden. Sie ist unzulässig. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses darf insoweit nicht erteilt werden. Wird dennoch die Zwangsvollstreckung betrieben, ist sie nach § 771 ZPO angreifbar. Ob sich das Recht zum Besitz auf ein dingliches Recht oder eine schuldrechtliche Vereinbarung stützt, ist unerheblich.
14
Personen, die aufgrund eines nicht erloschenen Rechts besitzen, sind: – Mieter/Pächter, deren Miet- oder Pachtverhältnis nicht schon vor dem Zuschlag erloschen ist (Rz. 9) oder deren Miet- oder Pachtverhältnis nicht auf einer Scheinvereinbarung beruht11. Hat der Mieter/Pächter erst nach dem Zuschlag Besitz erlangt oder ist die Miet-/Pachtvereinbarung erst nach dem Zuschlag zustande gekommen, so hat dieser kein Recht i.S.d. Abs. 1 Satz 2. Es soll nur der zum Zeitpunkt des Zuschlags besitzende Mieter/Pächter geschützt werden12. – Berechtigte eines bestehengebliebenen Nießbrauchrechts, Altenteils, Wohnungsrechts
IV. Besitz aufgrund eines erloschenen Rechts 15
Gegen Personen, die aufgrund eines erloschenen Rechts besitzen, besteht ein Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB. Einwendungen nach § 986 BGB bestehen nicht mehr.
16
Personen, die aufgrund eines erloschenen Rechts besitzen, sind: – Mieter/Pächter, deren Miet- oder Pachtverhältnis schon vor dem Zuschlag erloschen ist13. Das Recht zum Besitz ist in diesem Fall zwar nicht durch den Zuschlag erloschen. Hier kommt es aber darauf an, dass dem Besitzer ein Recht zum Besitz nicht mehr zusteht14, vgl. § 986 BGB. – Berechtigte eines durch Zuschlag erloschenen Nießbrauchrechts, Altenteils (§ 9 EGZVG), Wohnungsrechts
8 9 10 11 12 13 14
BGH v. 19.3.2008 – I ZB 56/07, MDR 2008, 824 = MietRB 2008, 228 = NJW 2008, 1959. BGH v. 19.3.2008 – I ZB 56/07, MDR 2008, 824 = MietRB 2008, 228 = NJW 2008, 1959. BeckOK ZPO/Stürner, § 885 ZPO Rz. 17. LG Köln v. 9.10.1995 – 12 T 214/95, Rpfleger 1996, 121. LG Kleve v. 17.2.2009 – 4 T 24/09, DGVZ 2009, 166. Bauer, JurBüro 1998, 400; Böttcher, § 93 ZVG Rz. 7; Steiner/Eickmann, § 93 ZVG Rz. 12. Steiner/Eickmann, § 93 ZVG Rz. 12.
1090
Achenbach
Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel
Rz. 25 § 93
V. Herausgabe mitversteigerter Sachen Alle Sachen, die mitversteigert wurden, gehen in das Eigentum des Erstehers über (§§ 20, 55, 90). In Bezug auf die mitversteigerten Sachen ist der Zuschlagsbeschluss Herausgabetitel. Die Vollstreckung erfolgt nach § 883 ZPO.
17
Die mitversteigerten Gegenstände sind weder im Zuschlagsbeschluss, noch in der Vollstreckungsklausel bezeichnet. Es ist zunächst Aufgabe des Gerichtsvollziehers, diese Feststellungen zu treffen15, vgl. auch § 128 Abs. 3 GVGA. Herauszugeben sind auch Urkunden, wie z.B. Miet-/Pachtverträge, Kaufverträge, Versicherungsscheine, Grundabgabenbescheide, Einheitswertbescheide, Grundbuchauszüge (vgl. § 444 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung).
18
D. Rechtsbehelfe I. Für den Ersteher § 731 ZPO, wenn die Klauselerteilung nach § 726 Abs. 1 ZPO gegen einen mitbesitzenden Dritten abgelehnt wird (vgl. Rz. 8–12)
19
§ 766 ZPO, wenn der Gerichtsvollzieher die Wegnahme mitversteigerter Gegenstände oder die Durchführung der Räumung ablehnt.
20
II. Für den bisherigen Eigentümer § 721 ZPO ist nicht statthaft16; 765a ZPO, wenn dieser Vollstreckungsschutz begehrt.
21
§ 766 ZPO, wenn dieser Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung erheben will (formelle Verfahrensmängel, z.B. Titel nicht ordnungsgemäß, Vollstreckung ohne Zustellung, § 750 Abs. 1 ZPO). Ebenso, wenn der Gerichtsvollzieher nicht mitversteigerte Gegenstände weggenommen hat.
22
§ 767 ZPO ist grundsätzlich statthaft17 bei materiell-rechtlichen Einwänden gegen den (jetzt) titulierten (Räumungs-/Herausgabe-)Anspruch (z.B. Räumungsaufschub). Die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO gilt hier nicht18, da der bisherige Eigentümer diese Einwände im Versteigerungsverfahren nicht mit Erfolg geltend machen konnte.
23
III. Für einen Dritten §§ 732, 768 ZPO, wenn der Dritte Einwände gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel geltend macht. Klauselerinnerung bei nur formellen Einwänden, im Übrigen Wahlrecht19.
24
§ 765a ZPO, wenn dieser Vollstreckungsschutz begehrt; § 771 ZPO, wenn materielle Einwände geltend gemacht werden (z.B. Recht zum Besitz nach § 986 BGB).
25
15 Böttcher, § 93 ZVG Rz. 4; Steiner/Eickmann, § 93 ZVG Rz. 5; Stöber/Becker, § 93 ZVG Rz. 11. 16 OLG München v. 24.7.1968 – 14 W 373/68, OLGZ 1969, 43; BeckOK ZPO/Ulrici, § 721 ZPO Rz. 1; Steiner/Eickmann, § 93 ZVG Rz. 47. 17 OLG Schleswig v. 27.2.1981 – 11 U 185/79, ZIP 1982, 160; Böttcher, § 93 ZVG Rz. 15; Steiner/Eickmann, § 93 ZVG Rz. 45. 18 Böttcher, § 93 ZVG Rz. 15; Steiner/Eickmann, § 93 ZVG Rz. 46. 19 Musielak/Lackmann, § 732 ZPO Rz. 2 ff.
Achenbach
1091
§ 93 Rz. 26 Zuschlagsbeschluss als Vollstreckungstitel
E. Verwendungsersatz, Abs. 2 26
Wenn der Besitzer vor dem Zuschlag Verwendungen auf die versteigerten Sachen gemacht hat, ist der Ersteher nicht zum Ersatz verpflichtet. Abs. 2 stellt somit eine Änderung der allgemeinen Vorschriften §§ 999, 1000 BGB dar.
27
Für Verwendungen nach dem Zuschlag kann der Besitzer von dem Ersteher Ersatz verlangen nach den Vorschriften §§ 994 ff. BGB. Insoweit hat der Besitzer auch ein Zurückbehaltungsrecht i.S.d. § 1000 BGB. Der Verwendungsanspruch erlischt gem. § 1002 Abs. 1 BGB nach einem bzw. sechs Monaten nach Herausgabe, wenn der Besitzer dem Eigentümer (Ersteher) die Sache vorbehaltlos herausgibt und nicht innerhalb dieser Frist der Verwendungsanspruch gerichtlich geltend gemacht wird oder der Eigentümer (Ersteher) die Verwendung genehmigt. Eine vorbehaltlose Herausgabe i.S.d. § 1002 Abs. 1 BGB liegt auch vor, wenn der Ersteher im Wege der Vollstreckung Besitz erlangt20. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Gerichtsvollzieher die Wegnahme einer mitversteigerten Sache ablehnt, die Erinnerung des Erstehers nach § 766 ZPO erfolglos bleibt, der Ersteher im Klageweg – ohne, dass der Besitzer Verwendungsersatzansprüche entgegensetzt – einen Titel erwirkt und damit die Herausgabevollstreckung erfolgt.
§ 94 [Gerichtliche Verwaltung] (1) Auf Antrag eines Beteiligten, der Befriedigung aus dem Bargebot zu erwarten hat, ist das Grundstück für Rechnung des Erstehers in gerichtliche Verwaltung zu nehmen, solange nicht die Zahlung oder Hinterlegung erfolgt ist. Der Antrag kann schon im Versteigerungstermin gestellt werden. (2) Auf die Bestellung des Verwalters sowie auf dessen Rechte und Pflichten finden die Vorschriften über die Zwangsverwaltung entsprechende Anwendung.
A. B. I. 1. 2. 3.
4. II. III. 1.
Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ersteherverwaltung . . . . . . . . . . . . . Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . Antragsberechtigung . . . . . . . . . . . . Keine Antragsberechtigung . . . . . . . . a) Beteiligte ohne Aussicht auf Befriedigung . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesicherte Beteiligte . . . . . . . . . . . c) Mieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ersteher . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Untermieter . . . . . . . . . . . . . . . . Beitritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Verfahren der Ersteherverwaltung Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20 BGH v. 2.10.2015 – V ZR 221/14.
1092
Achenbach und Schmidberger
Rz. 1 3 3 3 4 5 5 6 7 8 9 10 11 12 13 13
2. 3. 4. 5. 6.
7. 8. 9. 10. IV. 1. 2. 3.
Beschlagnahmeumfang . . . . . . . . . Wohnrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestellung des Verwalters . . . . . . . . Besitzergreifung . . . . . . . . . . . . . Bindung an Verträge . . . . . . . . . . . a) Miet/Pacht/Versicherungsverträge b) Versicherungsverträge . . . . . . . . c) Mietverträge/Pachtverträge . . . . Weisungen, Rechnungslegung, Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verteilung der Nutzungen . . . . . . . Eintrag im Grundbuch . . . . . . . . . Aufhebung der Ersteherverwaltung Antragsrücknahme . . . . . . . . . . . . Gebot wird bezahlt oder hinterlegt . . Zuschlag an einen Dritten . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
Rz. 14 15 16 17 18 18 19 20
. . . . . . . .
. . . . . . . .
21 22 23 24 25 25 26 27
Gerichtliche Verwaltung
4. 5. 6. 7. 8. V. 1. 2.
Befriedigungswirkung nach § 118 . . . . Rechtskräftige Aufhebung des Zuschlags Nichtleistung des Vorschusses . . . . . . . Anordnung der Zwangsverwaltung gegen den Ersteher . . . . . . . . . . . . . . Abwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerichtskosten . . . . . . . . . . . . . . . . Anwaltskosten . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertretung des Schuldners/Beteiligte .
Rz. 28 29 30 31 32 34 34 35 35
3. VI. VII. 1. 2. 3.
Rz. 1 § 94
b) Vertretung des Erstehers . . . . . . . . c) Vertretung des Antragstellers . . . . . Kosten der Verwaltung . . . . . . . . . . . Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . Konkurrenz zu anderen Verwaltungen Sequestration nach § 25 ZVG . . . . . . . Zwangsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . Insolvenz über das Vermögen des Erstehers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 36 37 38 40 41 41 42 43
Literatur: Brandau/Stroh, Vergütung des Zwangsverwalters für die Zeit zwischen Zuschlag und dessen Rechtskraft nach Zwangsversteigerung, IGZInfo 2013, 120-126; Drasdo, Die gerichtliche Verwaltung gem. § 94 ZVG, NZI 2014, 846-851; Drasdo, Die gerichtliche Verwaltung gem. § 94 ZVG, NZI 2014, 846; Drasdo, Die Abrechnung des nach § 94 ZVG gerichtlich bestellten Verwalters, NZI 2019, 208-210; Grasse, Der Konkurs des Meistbietenden in der Zwangsversteigerung, Diss. 1939; Hally, Die Rechtsstellung des Erstehers bei Vermietung und Verpachtung des Versteigerungsgrundstücks, Diss. 1904; Hasselblatt, Unbekannte Wesen im Vollstreckungsrecht, IGZInfo 2012, 126-128; Isaac, Was wird aus den Einnahmen der gerichtlichen Verwaltung (§ 94 ZVG), wenn der Ersteher das Bargebot nicht berichtigt, DJZ 1908, 477-478; Hörndler, Zwangsversteigerung: Einschränkung der Befugnisse des Erstehers durch eine Sicherungsverwaltung, MietRB 2010, 137; Kaiser, Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nach Zuschlagsaufhebung in der Zwangsversteigerung, NJW 2007, 2823-2825; Kempner, Zu §§ 94 und 118 ZVG, ZBlFG XI, 267-273; Kummer, Systematische und Interessen abwägende Aufhebung der Zwangsverwaltung nach Zuschlag, ZfIR 2014, 767-772; Lämmle, Zwangsverwaltung und Zuschlag, Diplomarbeit 2009; Laube, Die Wirkungen des Zuschlags in der Zwangsversteigerung, Diss. 1914; Püschel, Die Kündigung des Versicherungsverhältnisses im Falle der gerichtlichen Verwaltung aus § 94 ZVG; LZ 1915, 108-111; Schakowsky, Die Rechte des Besitzers gegenüber dem Eigentümer wegen Verwendungen, Diss. 1913; Schiffhauer, Nochmals: Wiederversteigerung aus der Sicherungshypothek, Rpfleger 1994, 405; Schmidberger, Zuschlag und Zwangsverwaltung, Rpfleger 2007, 241-249; Schmidberger, Der Besitz und die Immobiliarvollstreckung, Rpfleger, 2008, 105-114; Schmidberger, Zwangsversteigerungsverfahren: Die Verwaltung des Erstehers, FP 2016, 36-39; Selle, Die rechtlichen Wirkungen der rechtskräftigen Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses in der Zwangsversteigerung, Diss. 1911; Sievert, Der Einfluss des Konkurses des Meistbietenden auf das Zwangsversteigerungsverfahren, Diss. 1933; Sonntag, Die rechtlichen Wirkungen des Zuschlags in der Zwangsversteigerung, Diss. 1932; Steffen, Die Ersteherverwaltung nach § 94 ZVG, ZfIR 2016, 92-96; Traub, Quo vadis gerichtliche Verwaltung (§ 94 ZVG)?, ZfIR 2015, 27.
A. Zweck § 94 ist der Tatsache geschuldet, dass der Ersteher gem. § 90 mit der Zuschlagsverkündung sofort Eigentümer wird, völlig unabhängig davon, ob das Meistgebot bezahlt wird oder nicht.1 Diese einseitige Vorleistung bedarf Schutzmaßnahmen.2 Durch die Anordnung der Ersteherverwaltung wird in dessen Besitzrecht eingegriffen. Die Verfügungsgewalt über das Grundstück verbleibt dagegen beim Ersteher. Insoweit erfolgt der Schutz über § 130. Die Verwaltung nach § 94 ist keine Maßnahme gegen den Schuldner, sondern nur gegen den Ersteher.3 § 94 hat seinen Vorläufer im pr. ZVG § 98. Im pr. ZVG, das in diesem Punkt im jetzigen ZVG aufgegangen ist, war völlig unstreitig, dass gegen den Ersteher keine Zwangsverwaltung stattfin1 Hock/Bohner/Hock, § 5, Rz. 62 (das Eigentum sei „temporär in der Schwebe“) unter Hinweis auf Steiner/Eickmann, § 90 ZVG Rz. 22. 2 Denkschrift S. 92, 93; Mot. S. 271; LG Dortmund v. 11.3.1993 – 9 T 241/93, Rpfleger 1994, 121 m. Anm. Stumpe; ausführlich Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl. § 94 Rz. 1-3; die heftige Kritik Muth, Rz. 15 ist unberechtigt. 3 Drischler, RpflJB 1984, 365.
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§ 94 Rz. 1 Gerichtliche Verwaltung det, die gegen den Schuldner angeordnet war.4 Die Vorschrift ist bis so Mitte/Ende der Nullerjahre des aktuellen Jahrhunderts etwas in Vergessenheit geraten. Die Verwaltung gegen den Ersteher hat wieder praktische Bedeutung5 erlangt. Ohne § 94 wäre § 90 in der vorliegenden Form nicht haltbar. Mit der Dogmatik des Gesetzes ist eine gegen den Schuldner angeordnete Zwangsverwaltung nicht geeignet, auch damit den Ersteher zu verwalten.6 2
Das Gesetz sieht grundsätzlich die Möglichkeit vor, ohne ausreichende Solvenz bieten zu dürfen. Man denke an die Abtretung des Meistgebotes, dem Liegenbelassen von Grundpfandrechten oder an die außergerichtliche Befriedigung. Die Abgabe des Gebotes ist eine Prozesshandlung. Ein Verweis auf das Strafrecht geht grundsätzlich fehl.7 So wurde auch konsequent ein Bieter vom Vorwurf des Betruges freigesprochen, der mit einer abenteuerlichen Finanzierung das Bargebot erbringen wollte.8 Das OLG Rostock hat nun in der Abgabe von Geboten im Umfeld des Schuldners ohne wirtschaftlichen Hintergrund auf einen Straftatbestand erkannt.9 § 94 gilt für die Aufhebungsversteigerung,10 nicht aber für die Versteigerung von Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen, §§ 170, 171g.11
2a
Mögliche Motive können sein – Der Ersteher kann Zubehör veräußern, Mietverträge abschließen, oder Mieten kassieren, auch wenn er nicht die Absicht hat, das Bargebot zu bezahlen.12 Bei Zweifeln an der Seriosität des Erstehers ist eine Antragstellung nach § 94 angezeigt. – Es besteht der Verdacht der Schuldner und ein vielleicht vermögensloser Bieter arbeiten kollusiv zusammen.13 – Die Ersteherin tritt in der wenig attraktiven Gesellschaftsform einer Limited auf.14 – Der (Haupt)Gläubiger kann sich in den Vorverhandlungen mit dem Bieter im Gegenzug einer Ausbietungsgarantie verpflichten, einen Antrag nach § 94 nicht zu stellen, sollte ihm der Zuschlag erteilt werden.15
4 Krech/Fischer, pr. ZVG § 98 Anm. 2, § 150 Anm. 2, § 154 Anm. 4; Volkmar, pr. ZVG § 98 Anm. 2, § 150 Anm. 2. 5 Nußbaum, S. 137 (häufige Maßnahme), Nußbaum, Hypothekenwesen, S. 169; Storz/Kiderlen, bedauern die seltene Anwendung, D.TH.5.5.5; Böttcher, § 94 ZVG Rz. 1 (gegenüber der Vorauflage wird erkannt: Das Rechtsinstrument hat zugenommen); Hock hat in Neuauflage, die Formulierung „… keine praktische Bedeutung“ (5. Aufl., 2011, Rz. 570) weggelassen, § 5, Rz. 62; Keller, ZfIR 2018, 293 (297, … führt zu Unrecht ein Schattendasein)); Steiner/Eickmann, § 94 ZVG Rz. 1; Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl. § 94 Rz. 1 (sieht Zunahme der Verfahren). 6 Badstübner, § 108. 7 BGH v. 14.7.2016 – 4 StR 362/15, ZfIR 2016, 727 (LS) = Rpfleger 2016,41 = dazu Meerhoff, IVR 2016, 146. 8 AG Duderstadt v. 27.10.2010 – 3 Ds 44 Js 39498/09 (80/10), ZfIR 2016, 852. 9 OLG Rostock v. 18.10.2013 – 1 Ss 9/13, Rpfleger 2015, 160. 10 Stöber/Drasdo, 22. Aufl., § 94 ZVG Rz. 4; Stöber/Kiderlen, § 180 Rz. 107 (Ausgangsfall zu BGH, Urt. v. 26.2.2015 – IX ZR 172/14, ZfIR 2015, 299 (mit Bespr. Traub, S. 273) = NZI 2014, 340 (m. Anm. Drasdo)). 11 Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 ZVG Rz. 4. 12 A.A. OLG Celle v. 30.11.2011 – 4 U 52/11, ZfIR 2012, 40 (LS) (Entscheidung ist nach Ansicht des Verfassers nicht richtig; eine Verwaltung nach § 94 wäre der richtige Weg gewesen). 13 In einem Praxisfall des Verfassers übergab der Schuldner dem Bieter das Geld für die Sicherheitsleistung; einen seltenen Einblick in das Gebaren von „Beratern“ offenbart LG Düsseldorf v. 12.12.2011 – 25 T 368/11, juris (= Vorinstanz zu BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243) ab Rz. 300. 14 S. hierzu OLG Nürnberg v. 23.5.2014 – 2 U 2401/12 (Rz. 39), NJW-RR 2014, 1492. 15 Hartenstein, Taktik, S. 70.
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Rz. 4 § 94
– Ist zu befürchten, dass nach dem Zuschlag ein quälend langes Beschwerdeverfahren eröffnet ist,16 sollte der Hauptgläubiger zur Unterstützung des Erstehers, vielleicht in Absprache mit ihm, eine Antragstellung in Erwägung ziehen; in Abgrenzung zum vorgenannten Motiv. – Der Zuschlag erfolgt auf ein völlig übererhöhtes, wirtschaftlich unsinniges Gebot. – Eine „verlängerte“ Zwangsverwaltung wird nach Rechtskraft des Zuschlages aufgehoben. Es besteht jedoch das Bedürfnis, den Ersteher weiter zu verwalten – hier hilft nur § 94.17
B. Ersteherverwaltung I. Antrag 1. Antragstellung Der notwendige Antrag kann entweder in Schriftform, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder auch im Versteigerungstermin vor Erteilung des Zuschlags18 gestellt werden. Sinnvoll ist der Antrag aber erst nach dem Schluss der Bietestunde, wenn ein zuschlagsfähiges Meistgebot vorliegt. Der Antrag ist selbst dann zulässig, wenn der Ersteher keinen Besitz am Grundstück hat.19 Der Antrag ist unzulässig, wenn der Ersteher das Bargebot bezahlt oder unter Verzicht auf das Recht zur Zurücknahme hinterlegt hat. Bei Teilzahlung tritt die Unzulässigkeit nur für die Beteiligten ein, deren zuteilungsfähige Ansprüche mit der Bezahlung restlos abgedeckt sind. Unzulässig ist der Antrag auch, wenn der Berechtigte aus dem Gebot als befriedigt gilt, § 118 Abs. 2. Sinnvoll ist per Hinweisverfügung festzustellen, dass bei einen Wiederversteigerungsantrag keine Befriedigungswirkung eingetreten und somit die Verwaltung nach § 94 bestehen bleibt.20
3
2. Antragsberechtigung Antragsberechtigt sind nur Beteiligte, die aus dem Bargebot eine Zuteilung, ggf. auch nur eine Teilzuteilung,21 zu erwarten haben und durch die geleistete Bietsicherheit oder eine Hinterlegung des Gebots nicht gesichert sind. Das Gericht hat eine vorläufige Berechnung der Zuteilungen vorzunehmen. Dem Gericht steht ein Ermessen nicht zu, wenn die Voraussetzungen gegeben sind.22 Der Beteiligtenbegriff orientiert sich an § 9 wobei es keine Ausschlussfristen gibt.23 Es gibt keine Bagatellgrenze.24 In der Teilungsversteigerung ist jeder Miteigentümer berechtigt.25 Zum Schuldner, s. nachstehend lit. e. 16 Beispielsweise bei: BGH v. 28.2.2013 – V ZB 18/12, BGHZ 196, 243 (Zuschlag am 18.2.2011, Rechtskraft am 28.2.2013 mit einem Wechselbad der Gefühle für den Ersteher: AG erteilt Zuschlag, LG hebt Zuschlag auf, BGH hebt LG auf; wäre für eine Naturpartei schlichtweg furchtbar!). 17 S. hierzu OLG Nürnberg v. 23.5.2014 – 2 U 2401/12, juris (Rz. 39, trotz Zwangsverwaltung bestand eine Verwaltung nach § 94, wobei allerdings ein näherer Tatbestand nicht ersichtlich ist); s. auch LG Düsseldorf v. 12.12.2011 – 25 T 368/11, juris (auch in diesem Fall war eine Zwangsverwaltung und eine Verwaltung nach § 94 ZVG angeordnet); Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rz. 3 (Lückenschluss). 18 Für viele: Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rz. 10 (bereits schon in der Bietestunde); zweifelnd Steiner/Eickmann, § 94 ZVG Rz. 4. 19 LG Dortmund v. 11.3.1993 – 9 T 241/93, Rpfleger 1994, 121 (m. Anm. Stumpe). 20 AG Heilbronn v. 31.1.2014 – 3 K 70/13, n.v. 21 Korintenberg/Wenz, § 94 ZVG Anm. 2. 22 OLG Colmar v. 9.2.1901, OLG 2, 239. 23 BVerfG v. 26.10.2011 – 2 BvR 1856/11, ZfIR 2012, 185. 24 Löhnig/Cranshaw, § 94 ZVG Rz. 8. 25 Böttcher, § 94 ZVG Rz. 1; Drasdo, NZI 2014, 846.
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§ 94 Rz. 5 Gerichtliche Verwaltung 3. Keine Antragsberechtigung a) Beteiligte ohne Aussicht auf Befriedigung 5
Beteiligte, die keine Befriedigung erhalten. Typischer Fall: die Eigentümergemeinschaft in der Rangklasse 5 bei hoher Vorbelastung. b) Gesicherte Beteiligte
6
Beteiligte, die zwar eine Zuteilung zu erwarten haben, aber gesichert sind. Typischer Fall: die Eigentümergemeinschaft ist mit der geleisteten Sicherheit in der Rangklasse 2 abgesichert. c) Mieter
7
Der Ersteher tritt in die Miet- oder Pachtverträge ein und ist an die bestehenden Bedingungen gebunden. Der Baukostenzuschussmieter ist nicht an der Verteilung beteiligt.26 d) Ersteher
8
Der Ersteher hat kein Antragsrecht.27 Gem. § 57 Abs. 2 Satz 1 der preuß. Subhastationsordnung v. 15.3.1869 erfolgte eine automatische Verlängerung der Sequestration (= Zwangsverwaltung) gegen den Ersteher; bestand keine Sequestration konnte ein entsprechender Antrag gegen den Ersteher beantragt werden.28 § 98 des preuß. ZVG bot dem Ersteher noch die Möglichkeit, zu seinem eigenen Schutz einen Antrag auf eine Ersteherverwaltung zu stellen. § 176 des säch. ZVG gab dem Ersteher den Besitz erst nach Eintragung im Grundbuch. Der hist. Gesetzgeber des ZVG gab dem Ersteher § 93 Abs. 1 zur Hand.29 Sollten Dritte, oder auch der Schuldner, sein neu erworbenes Eigentum gefährden, kann der Ersteher sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wehren. In Einzelfällen (Umsatzsteueroption, laufende Prozesse, auffälliger Schuldner, abzusehende lange Dauer bei Zuschlagsbeschwerden) ist der Ersteher gut beraten, beim berechtigten Beteiligten eine Ersteherverwaltung initiieren zu lassen.30 e) Schuldner
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Der Schuldner hat kein Antragsrecht,31 es sei denn, er hätte im zuteilungsfähigen Bereich ein Eigentümerrecht bzw. es wäre so viel geboten, dass ihm ein Überschuss zufällt.32 Der Antragsgegner in der Teilungsversteigerung ist antragsberechtigt.33
26 27 28 29 30 31
BGH v. 8.1.1971 – V ZR 95/68; MDR 1971, 287 = Rpfleger 1971, 102 = bespr. Rpfl.JB 1979, 358. Drasdo, NZI 2014, 846, 847. Sehr ausführlich kommentiert bei Jäckel, SubHO, 2. Aufl., 1880. Denkschrift S. 93. Dassler u.a./Engels, § 161 ZVG Rz. 46; so geschehen in einem Praxisfall. A.A. Depré/Mayer, kommen zum gleichen Ergebnis, sehen aber verfassungsmäßige Bedenken und wollen dem Schuldner ein Antragsrecht zu billigen, Rz. 1047; wenig differenzierend Hock/Christ, § 28, Rz. 13. 32 RG v. 10.3.1932 – VIII 458/31, RGZ 136, 19, 26 = JW 1932, 2401 = dazu Anm. Rpfleger 1932, 521; Korintenberg/Wenz, § 94 ZVG Anm. 2. 33 RG v. 10.3.1932 – VIII 458/31, RGZ 136, 19, 26 = JW 1932, 2401 = dazu Anm. Rpfleger 1932, 521; AG Heilbronn v. 20.2.2013 – 2 K 297/11, n.v.
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Rz. 13 § 94
f) Untermieter Untermieter sind am Verfahren generell nicht beteiligt.34
10
4. Beitritt Ein Beitritt im Sinne des § 27 findet nicht statt. Jedoch kann jeder antragsberechtigte Beteiligte35 einen Antrag stellen und es wird gegen den Ersteher eine einheitliche Verwaltung angeordnet bzw. fortgeführt.36 Der Wegfall einzelner Berechtigter ändert an der angeordneten Verwaltung nichts.37
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II. Entscheidung Das Vollstreckungsgericht entscheidet über den Antrag per Beschluss. Liegen die Voraussetzungen vor, ist dem Antrag zu entsprechen.38 Die Anordnung der Verwaltung kann zusammen mit dem Zuschlagsbeschluss erlassen werden und wird in diesem Fall mit ihm verkündet. Ergeht ein gesonderter Beschluss ist dieser dem Ersteher zuzustellen, an den Schuldner39 und an den Antragsteller genügt eine formlose Mitteilung. Wird der Antrag abgelehnt, ist der Beschluss an den Antragsteller zuzustellen. Eine Mitteilung an die übrigen Beteiligten findet nicht statt, § 146 Abs. 2 gilt hier nicht.40 Eine Grundbucheintragung ist nicht vorgesehen.41 § 19 findet keine Anwendung.42
12
III. Das Verfahren der Ersteherverwaltung 1. Grundsatz Das Verfahren richtet sich nach 94 Abs. 2 entsprechend den Vorschriften der Zwangsverwaltung. Der Ersteherverwalter hat wie der Zwangsverwalter eine Genehmigung für bestimmte Tatbestände einzuholen.43 Verwaltet wird nicht das Vermögen des Schuldners sondern das vom Ersteher neu erworbene Eigentum. Das Verfahren wird unter dem früheren Versteigerungsaktenzeichen fortgeführt.44 Es wird nicht als Zwangsverwaltung im Register eingetragen. Die Aktenführung erfolgt in den Versteigerungsakten.45 Es ist nicht richtig, die gegen den Ersteher fortgeführte Zwangsverwaltung in den Zwangsverwaltungsakten zu führen.46
34 BGH v. 7.7.2011 – V ZB 9/11, ZInsO 2011, 1710 = IGZInfo 2011, 205 = MDR 2011, 1263 = MietRB 2011, 314. 35 Depré/Mayer, Rz. 1048. 36 RG v. 2.2.1915 – Rep. 355/14, RGZ 86, 187. 37 Steiner/Eickmann, § 94 ZVG Rz. 20. 38 OLG Kolmar v. 2.3.1901, OLGR 2, 238. 39 A.A. Stöber, Hdb. Rz. 357a, keine Mitteilung an den Schuldner. 40 Löhnig/Cranshaw, § 94 ZVG Rz. 22; a.A. Jaeckel, § 94 ZVG Rz. 6. 41 Jaeckel, § 94 ZVG Rz. 6; Steiner/Eickmann, § 94 ZVG Rz. 11. 42 Korintenberg/Wenz, § ZVG 94, Anm. 4. 43 AG Heilbronn v. 18.7.2014 – 3 K 70/13, n.v. (Genehmigung zur Nichtvermietung). 44 Brüggemann/Haut, Rz. 1150. 45 Badstübner, § 108. 46 Badstübner, § 108.
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§ 94 Rz. 14 Gerichtliche Verwaltung 2. Beschlagnahmeumfang 14
Dem Ersteher stehen nach § 56 Satz 2 die Nutzungen ab dem Tag des Zuschlags zu.47 Auf diese kann der eingesetzte Verwalter über §§ 148 Abs. 1, 20 Abs. 2, 21 Abs. 2 zugreifen. Drittgläubiger des Erstehers können in die Erträgnisse nicht vollstrecken solange die Verwaltung nach § 94 angeordnet ist.48 Diese können aber eine Sicherungszwangshypothek beantragen, die den zu übertragenden Forderungen nach § 118 nachgeht. Nach der hier vertretenen Auffassung gelten zur Sicherung der Verwaltungseinnahmen die §§ 1124, 1125 BGB.49 Zahlungsverbote an die Mieter sind zulässig,50 §§ 151 Abs. 3, 22 Abs. 2 Satz 2. 3. Wohnrecht
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Wohnt der Ersteher auf dem Grundstück, steht ihm das unentgeltliche Wohnrecht nach § 149 zu.51 Diese Fallkonstellation kann nur dann eintreten, wenn der Ersteher bereits auf dem Grundstück wohnt52 oder in der Zeit zwischen Zuschlag und Anordnung der Verwaltung in das Gebäude einzieht. Der Schuldner verliert sein Wohnrecht nach § 149. 4. Bestellung des Verwalters
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Der Verwalter wird vom Vollstreckungsgericht bestellt. Er ist Partei kraft Amtes. Gegen die Bestellung des vormaligen Zwangsverwalters oder Sequesters nach § 25 spricht nichts.53 Eine Interessenkollision ist kaum denkbar. Es gilt § 150 Abs. 1 ZVG sinngemäß. Allerdings hat der Zwangsverwalter für die Ersteherverwaltung ein separates Anderkonto zu führen. In speziellen Fällen kann auch der frühere Eigentümer unter gleichzeitiger Unterstellung durch eine Aufsichtsperson bestellt werden.54 5. Besitzergreifung
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Streitig kann sein, ob für den Verwalter die Besitzeinweisung über § 150 Abs. 2 oder § 93 Abs. 1 durchzuführen ist. Nach dem Wortlaut von § 94 Abs. 2 sind die Vorschriften der Zwangsverwaltung entsprechend anzuwenden. Für den hier zu regelnden Bereich sind die Vorschriften der § 150 Abs. 2 und 93 Abs. 1 nahezu identisch, § 93 Abs. 1 ist aber etwas umfassender.55 Der Verwalter geht gegen den Ersteher aus § 150 Abs. 2 vor, gegen den Schuldner gem. § 93 Abs. 1. Dem Ersteher darf eine Klausel nach § 93 Abs. 1 nicht erteilt werden.56
47 Der Tag des Zuschlags zählt ganz, Stöber/Gojowczyk, ZVG 22. Aufl., § 56 Rz. 9. 48 Wilhelmi, § 94 ZVG Anm. 1. 49 A.A. Dassler u.a./Hintzen, § 94 ZVG Rz. 12; Depré/Mayer, Rz. 1057; Drasdo, NZI 2014, 846, 848; Nußbaum, S. 136, 137 (keine Beschlagnahmewirkung). 50 Dassler u.a./Hintzen, § 94 ZVG Rz. 10; Jaeckel, § 94 ZVG Rz. 7. 51 OLG Bremen v. 12.5.2017 – 2 U 1/17, ZfIR 2017, 745 (m. Anm. Schmidberger) = MDR 2017, 1207; Dassler u.a./Hintzen, § 94 ZVG Rz. 10; Depré/Mayer, Rz. 1054; Steiner/Eickmann, § 94 ZVG Rz. 12; Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rz. 16; a.A. Jaeckel, § 94 ZVG Rz. 7; jedoch überholt Hock/Christ, § 28 Rz. 16. 52 Z.B. als Mieter oder Angehöriger des Schuldners. 53 Empfohlen von Depré/Mayer, Rz. 1050, 1070. 54 S. Sachverhalt zu LG Münster v. 14.10.1988 – 10 O 308/88, juris. 55 Schmidberger, Die vertauschte Wohnung, IGZInfo 2012, 12, 17. 56 Stöber, Hdb. Rz. 357a.
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Rz. 21 § 94
6. Bindung an Verträge a) Miet/Pacht/Versicherungsverträge Der Ersteher ist wie der Zwangsverwalter an nahezu sämtliche Verträge des Schuldners nicht ge- 18 bunden, Ausnahme Mietverträge57, Versicherungsverträge, Teilungserklärung. Für Miet-58 und Versicherungsverträge steht ihm ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. b) Versicherungsverträge Der Verwalter darf Versicherungsverträge kündigen.59 Etwaige Nachteile hat der Ersteher zu vertreten, denn er hat die Möglichkeit, durch Bezahlung des Meistgebotes bis zur Sicherung des Antragstellers die Verwaltung in Wegfall zu bringen. Der Ersteher selbst hat keine Möglichkeit, das außerordentliche Kündigungsrecht auszuüben. Die Anzeigepflicht nach § 97 VVG ist Aufgabe des Verwalters.60 Nicht geklärt ist, ob der Ersteher nach Wegfall der Verwaltung zur Kündigung des Versicherungsvertrages nach § 96 Abs. 2 VVG innerhalb Monatsfrist berechtigt ist.61
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c) Mietverträge/Pachtverträge Grundsätzlich gilt § 57a, wonach dem Ersteher ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht. Auch das Kündigungsrecht kann nur vom Verwalter nach § 94 ausgeübt werden.62 Für die Kündigung von Wohnraummietverträgen besteht für den Ersteher kein Rechtschutzinteresse. Wenn er auf dem Grundstück nicht wohnt, kommt er nicht in den Genuss des unentgeltlichen Wohnrechts nach § 149. Ein Einzug ist ihm zu verbieten. Für die Kündigung anderer Verträge, vornehmlich über Geschäftsraum, ist die Situation unübersichtlich. Das Kündigungsrecht ist ausschließlich in der Person des Erstehers begründet. Außerdem ist es an eine enge Frist gebunden, nämlich zum nächstmöglichen Termin. Will der Ersteher einen Mietvertrag gegen den Willen des Verwalters nach § 94 kündigen lassen, müssen die gleichen Grundsätze, wie bei der Kündigung eines Versicherungsvertrages gelten.63 Der Ersteher hat dafür zu sorgen, dass die Verwaltung nach § 94 aufgehoben wird. Solange der Ersteher das Bargebot nicht gesichert hat, kann es keine Abstimmung geben,64 gegen diese Auffassung gibt es jedoch gewichtige Stimmen.65 Mietverträge, die der Ersteher nach der Anordnung der Verwaltung nach § 94 abschließt binden den Ersteherverwalter nicht.66
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7. Weisungen, Rechnungslegung, Vergütung Der Verwalter nach § 94 unterliegt der Aufsicht und den Weisungen des Gerichts, § 153. Er hat über das Vollstreckungsgericht dem Ersteher sowie dem antragstellenden Beteiligten Rechnung zu legen, § 154 Satz 2. Der Antragsteller muss nicht der (betreibende) Gläubiger sein, in57 58 59 60 61 62 63 64
AG Charlottenburg v. 1.12.2015 – 203 C 293/15, n.v. Unter Berücksichtigung des Mieterschutzes bei Wohnraum. RG v. 2.2.1915 – Rep. 355/14, RGZ 86, 187. Prölss/Armbrüster, VVG § 99 Rz. 6. So befürwortet v. Püschel, LZ 1915, 108, 111. S. insoweit RG v. 2.2.1915 – Rep. 355/14, RGZ 86, 187 (für Versicherungsverträge). RG v. 2.2.1915 – Rep. 355/14, RGZ 86, 187. Dassler u.a./Hintzen, § 94 ZVG Rz. 10 (Abstimmung bei einer Mieterkündigung nur wenn keine andere Auffassung des Erstehers bekannt ist); Depré/Mayer, Rz. 1055 (sehr differenziert: erst ab Nichtzahlung nach dem Verteilungstermin). 65 OLG Düsseldorf v. 21.3.1997 – 22 U 235/96, OLGR Düsseldorf 1997, 213; OLG Hamm v. 7.1.2010 – I-18 U 60/09, IGZInfo 2010, 144; Drasdo, NZI 2014, 846, 850; Storz/Kiderlen, D.5.2.6. 66 OLG Hamm v. 18.7.1991 – 5 U 254/90, OLGR Hamm 1991, Nr. 3, 4-6.
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§ 94 Rz. 21 Gerichtliche Verwaltung soweit unterscheidet Drasdo nicht.67 Die Vergütung richtet sich nach der ZwVwV.68 Die Staatskasse haftet nicht für die Vergütung des Verwalters.69 8. Haftung 22
Der Verwalter nach § 94 ist den Beteiligten rechenschaftspflichtig und haftet ihnen gegenüber, § 154. Der Kreis der Beteiligten ist jedoch mit dem einer Zwangsverwaltung nicht identisch. Zusätzlich tritt der Ersteher hinzu. Berechtigte, die aus dem Bargebot keine Befriedigung erhalten, fallen demgegenüber aus dem geschützten Bereich heraus. 9. Verteilung der Nutzungen
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Der Verwalter hat die (Bewirtschaftungs-) Kosten der Verwaltung zu berichtigen. Hierzu gehören ebenso die öffentlichen Lasten und evtl. Hausgeldzahlungen ab Zuschlag. Die Zinsen der bestehen gebliebenen Rechte sind zu zahlen. Wurden Forderungen nach § 118 übertragen, so fallen deren Zinsen ebenfalls in die Zuständigkeit des Verwalters. Hierfür ist ein Teilungsplan zu erstellen.70 Die erwirtschafteten Gelder sind nicht dem Meistgebot zuzuschlagen. 10. Eintrag im Grundbuch
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Zu diesem Problemfeld gibt es soweit ersichtlich weder Rechtsprechung noch Literatur.71 Ein Eintrag im Grundbuch wird von der Praxis nicht vorgenommen. Nachdem jedoch die Vorschriften der Zwangsverwaltung analog gelten, wird plädiert, die Ersteherverwaltung im Grundbuch zu vermerken. Dies deshalb, weil nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses und nach der Erlösverteilung der Versteigerungsvermerk gelöscht werden kann. Die Beschränkung des Erstehers sollte aus dem Grundbuch ersichtlich sein.
IV. Aufhebung der Ersteherverwaltung 1. Antragsrücknahme 25
Nimmt der antragstellende Berechtigte seinen Antrag zurück, ist die Verwaltung wieder aufzuheben, soweit keine weiteren Anträge vorliegen. 2. Gebot wird bezahlt oder hinterlegt
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Der Ersteher kann die Verwaltung nach § 94 dadurch abwenden, indem er entweder das Bargebot, soweit der antragstellende Berechtigte eine Befriedigung zu erwarten hat, bezahlt oder gem. § 49 Abs. 4 unter Verzicht auf die Rücknahme hinterlegt.72 Eine Hinterlegung zu Guns-
67 68 69 70
Drasdo, NZI 2019, 208, 209. LG Heilbronn v. 27.3.2003 – 1b T 461/02, n.v. OLG Breslau v. 9.2.1901, OLG 2, 239. Böttcher, § 94 ZVG Rz. 7; Depré/Bachmann, § 94 ZVG Rz. 11; Hock/Christ, § 28, Rz. 13 jedoch im Widerspruch zu Rz. 15 (keine Befriedigung der aus dem Bargebot zu deckenden Berechtigten); Stöber/Drasdo, § 94 ZVG Rz. 17 (lässt die Frage eines Planes offen, aber wie soll sonst die Masse verteilt werden?); Storz/Kiderlen, D.5.2.6, a.A. Löhnig/Cranshaw, § 94 ZVG Rz. 22. 71 Ausnahme, Knees, E.XV (S. 184, kein Eintrag). 72 AG Berlin Schöneberg v. 21.3.2018 – 76 K 55/16, n.v., allerdings ergibt sich aus dem Beschluss nicht, ob auch auf die Rücknahme verzichtet wurde.
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ten des Antragsstellers nach Abhaltung des Teilungstermines führt nicht zur Aufhebung der gerichtlichen Verwaltung.73 3. Zuschlag an einen Dritten Wird im Beschwerdeweg der Zuschlag an den Ersteher aufgehoben und an einen anderen erteilt, ist die gegen den ersten Ersteher angeordnete Verwaltung, der sein Eigentumsrecht verliert, aufzuheben. Gegen den tatsächlichen Ersteher wirkt die Anordnung nicht. Gegen diesen Ersteher hat ein Berechtigter einen erneuten Antrag zu stellen.
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4. Befriedigungswirkung nach § 118 Gilt der antragstellende Berechtigte gem. § 118 befriedigt, ist das Erfordernis zur Sicherung dieses Berechtigten entfallen und die Verwaltung aufzuheben. Eine Hinweisverfügung zu einem Fortfall der Befriedigungsverfügung bei Einleitung der Wiederversteigerung ist zu empfehlen.74
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5. Rechtskräftige Aufhebung des Zuschlags Wird der Zuschlag aufgehoben, ist die Verwaltung nach § 94 obsolet und aufzuheben.
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6. Nichtleistung des Vorschusses Der Verwalter nach § 94 zieht wie ein Zwangsverwalter die Mieten ein. Aus diesen Mieten bestreitet er die Ausgaben des Grundstücks und darf nach Festsetzung und gerichtlicher Ermächtigung seine Vergütung entnehmen. Sind besondere Aufwendungen notwendig, die aus den gezogenen Einnahmen nicht gedeckt werden können, kann gegen den antragstellenden Berechtigten analog § 161 Abs. 3 ein Vorschuss angeordnet werden.75 Wird dieser Vorschuss nicht erbracht, ist das Verfahren aufzuheben.
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7. Anordnung der Zwangsverwaltung gegen den Ersteher Wird die Forderung gegen den Ersteher auf den Berechtigten übertragen und dieser beantragt aus dem Titel nach §§ 118, 132 ZVG die (ordentliche) Zwangsverwaltung, wird die Verwaltung nach § 94 verdrängt, sie ruht quasi. Es kann nicht zwei Verwaltungen gleichzeitig geben. Die neu angeordnete Verwaltung nach § 146 ZVG erhält ein neues Aktenzeichen.
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8. Abwicklung Die Aufhebung der Verwaltung soll immer per Beschluss76 erfolgen, um Rechtsklarheit zu schaffen. Damit wird der Verwalter auch förmlich entlassen. Der Verwalter hat nach Beendigung seines Amtes den Besitz an den jeweiligen Berechtigten wie folgt zu übergeben: a) bei Antragsrücknahme an den Ersteher b) bei Bezahlung oder Hinterlegung unter Verzicht auf die Rücknahme an den Ersteher 73 BGH v. 18.10.2018 – V ZB 40/18, WM 2019, 317 = WuM 2019, 81 = ZfIR 2019, 318 (m. Anm. Schmidberger). 74 AG Heilbronn v. 31.1.2014 – 3 K 70/13, n.v. 75 Badstübner, § 108; Jaeckel, ZVG § 94, Rz. 7; Steiner/Eickmann, ZVG § 94 Rz. 18; AG Heilbronn v. 6.3.2013 – 2 K 297/11, n.v. 76 Ebenso auch Dassler u.a./Hintzen, ZVG § 94 Rz. 15; vergleichbar und explizit bei der Aufhebung einer Maßnahme nach § 135 ZVG: AG Heilbronn v. 17.2.2012 – 2 K 32/10 n.v.
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§ 94 Rz. 32 Gerichtliche Verwaltung c) bei Zuschlag an einen Dritten an den tatsächlichen Ersteher (den Dritten) d) bei Befriedigungswirkung nach § 118 an den Ersteher e) bei Aufhebung des Zuschlags an den Schuldner, es sei denn, es läuft eine Zwangsverwaltung; im diesem Fall erfolgt die Herausgabe dann an den Zwangsverwalter77 f) bei Nichterbringung des Vorschusses an den Ersteher g) bei Überleitung in eine „echte“ Zwangsverwaltung aus der Vollstreckung gegen den Ersteher wegen einer Forderung nach § 118 gem. § 146 an den ordentlichen Zwangsverwalter. 33
Der Anspruch des Erstehers auf Aushändigung des Kassenbestandes ist pfändbar. Läuft die Verwaltung länger, hat der Verwalter jedoch die Nutzungen, wie in der Zwangsverwaltung nach § 146, laufend zu verteilen.
V. Kosten 1. Gerichtskosten 34
Es fallen keine Gerichtskosten an. In der Gebühr nach KV 2211 ist die Verwaltung nach § 94 enthalten und diese Gebühr deckt das Verfahren auch insoweit ab.78 2. Anwaltskosten a) Vertretung des Schuldners/Beteiligte
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Es fällt keine besondere Gebühr an. Die Tätigkeit ist mit der Gebühr VergV 3311 mit abgegolten.79 b) Vertretung des Erstehers
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Der Ersteher ist kein Beteiligter nach § 9. Die Gebühr richtet sich hier nach VergV 2300.80 c) Vertretung des Antragstellers
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Es fällt keine besondere Gebühr an. Die Tätigkeit ist mit der Gebühr VergV 3311 mit abgegolten.81 3. Kosten der Verwaltung
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Der Verwalter kann seine Tätigkeit analog der ZwVwV abrechnen.82 Für die Kosten haftet nur der Ersteher, nicht der Antragsteller.83 Wird der Zuschlag im Rechtsmittelweg aufgehoben, fällt der Ersteher weg. In diesem Fall wäre dann doch eine Antragstellerhaftung gegeben.84 Ähnlich wäre der Fall, der Zuschlag wird ebenfalls im Rechtsmittelweg dem ersten Ersteher 77 78 79 80 81 82
Steiner, ZVG, 1. Aufl., § 161 Anm. 2g. Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rz. 37. Gerold/Schmidt/Madert, VergV 3111 RVG Rz. 46. Gerold/Schmidt/Madert, VergV 3111 RVG Rz. 5. Gerold/Schmidt/Madert, VergV 3111 RVG Rz. 46. Böttcher, § 94 ZVG Rz. 5 (allg. Verweis auf §§ 152 ff.); Dassler u.a./Hintzen, § 94 ZVG Rz. 11; Depré/ Bachmann, § 94 ZVG Rz. 13; Löhnig/Cranshaw, § 94 ZVG Rz. 21; Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94, Rz. 38-40. 83 BGH v. 26.2.2015 – IX ZR 172/14, ZfIR 2015, 299 = NZI 2014, 340 (m. Anm. Drasdo) = MDR 2015, 484; Badstübner, § 108 (niemals der Antragsteller). 84 Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rz. 44.
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Rz. 42 § 94
versagt und einem anderen erteilt. Ist Masse vorhanden, darf der Verwalter die festgesetzte Vergütung dieser entnehmen. Sofern der Antragsteller einen Vorschuss geleistet hat, genießt dieser in einer Zwangsversteigerung gegen den Ersteher keinen Vorrang nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1.85 Jedoch kann der Antragsteller im Rang seines Rechtes nach § 10 Abs. 2 die vorgeschossen Beträge als Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung anmelden.86 Kommt es zur Übertragung der Forderung nach § 118, müssten die Kosten nach § 788 ZPO gegen den Ersteher festsetzbar sein.
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VI. Rechtsmittel Der Schuldner ist durch die Anordnung der Verwaltung gem. § 94 nicht beschwert. Diesem 40 steht folglich ein Rechtsmittel nicht zu. Der Ersteher hat das Rechtsmittel der unbefristeten Erinnerung nach § 766 ZPO,87 sollte er vor der Anordnung nicht gehört worden sein.88 Wird er angehört, regelmäßig ist das dann der Fall, wenn im Versteigerungstermin gegen den anwesenden Ersteher mit dem Zuschlag eine Verwaltung angeordnet wird, steht ihm die Beschwerde gem. § 793 ZPO zur Verfügung. Der antragstellende Berechtigte hat ebenfalls das Rechtsmittel nach § 793 ZPO, sollte sein Antrag zurückgewiesen werden (z.B. weil der antragstellende Berechtigte aus dem Gebot keine Befriedigung zu erwarten hat, oder aber er bereits durch die hinterlegte Sicherheit vollkommen gesichert ist).
VII. Konkurrenz zu anderen Verwaltung 1. Sequestration nach § 25 ZVG Ist eine Maßnahme nach § 25 angeordnet, ruht diese mit der Erteilung des Zuschlages. § 25 ist immer gegen den Schuldner gerichtet, nie gegen den Ersteher. Sinn und Zweck beider Vorschriften sind ähnlich, schützen aber jeweils einen anderen Kreis von Beteiligten.
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2. Zwangsverwaltung Nach der hier vertretenen Ansicht richtet sich eine angeordnete Zwangsverwaltung nie gegen den Ersteher.89 Sie ruht mit Erteilung des Zuschlags, ausführlich bei § 161. Die Massen müssen getrennt bleiben, auch wenn die gleiche Person als Verwalter eingesetzt ist.90 Der Zwangsverwaltungsgläubiger im zuteilfähigen und ungesicherten Bereich des Bargebots muss einen Antrag nach § 94 stellen, der keinen Beitritt zur Zwangsverwaltung darstellt, sondern einen originären Antrag.91 Bei rechtskräftiger Zuschlagsversagung lebt die Zwangsverwaltung wieder auf.92 Eine Parallelität beider Verwaltungen ist undenkbar.93 85 86 87 88 89 90 91 92 93
Jaeckel, § 94 ZVG Rz. 7. Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rz. 47. LG Heilbronn v. 14.7.1998 – 1c T 4/98 n.v. LG Köln v. 25.10.1984 – 12 T 235/84, JurBüro 1985, 939; Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rz. 36. Jaeckel, § 94 ZVG Rz. 7 (Besteht … eine Zwangsverwaltung, muß die Verwaltungsrechnung mit dem Zuschlage abgeschlossen … werden); Nußbaum, S. 172 (lässt eine Zwangsverwaltung in einem Beispiel im Anschluss an einen Zuschlag sofort aufheben). Nicht unüblich, bereits dokumentiert bei: RG v. 15.10.1904 – V. 127/04, RGZ 59, 87 = Depré/Bachmann, § 94 ZVG Rz. 7; Löhnig/Cranshaw, § 94 ZVG Rz. 28; Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rz. 21. Stöber/Drasdo, ZVG, 22. Aufl., § 94 Rz. 23. Korintenberg/Wenz, § 94 ZVG Anm. 6. A.A. Böttcher/Keller, § 146 ZVG Rz. 9a (können sich überschneiden).
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§ 94 Rz. 43 Gerichtliche Verwaltung 3. Insolvenz über das Vermögen des Erstehers 43
Wird über das Vermögen des Erstehers nach Zuschlag das Insolvenzverfahren eröffnet, ist eine Anordnung nach § 94 noch ohne weiteres möglich. Hier bietet sich die Verwaltung nach § 94 geradezu an. Ein Insolvenzverwalter könnte nämlich andernfalls die Mieten ohne Anordnung der Ersteherverwaltung zur Insolvenzmasse ziehen. Der Insolvenzverwalter sollte nicht als Verwalter eingesetzt werden. Es wird dadurch gewährleistet, dass keine Interessenkonflikte auftreten und die Massen getrennt geführt werden.
VII. Beschwerde
Vorbemerkungen zu §§ 95-104 Rz. I. Besonderheiten des Rechtsmittelrechts im Zwangsversteigerungsverfahren . . . 1 II. Erinnerung gegen Vollstreckungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 2 2. Erinnerungsberechtigung . . . . . . . . . . 3 3. Form und Frist . . . . . . . . . . . . . . . . 4 a) Form der Erinnerung . . . . . . . . . . 4 b) Frist der Erinnerung . . . . . . . . . . . 5 4. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 a) Möglichkeit des Rechtsmittels gegen die Entscheidung erster Instanz . . . . 6 b) Keine Möglichkeit des Rechtsmittels gegen die Entscheidung erster Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 c) Form der Entscheidung . . . . . . . . . 8 5. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 a) Erstmalige Beschwer durch die Abhilfeentscheidung . . . . . . . . . . . 9 b) Zurückweisung der Erinnerung . . . . 10
Rz. III. Anwendungsbereich der sofortigen Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Selbständig anfechtbare Zwischenentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidungen, die nicht der Vorbereitung des Zuschlags dienen . . . . . . . . . 3. Nicht selbständig anfechtbare Zwischenentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zuschlagsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . IV. Weitere Rechtsschutzmöglichkeiten . . . 1. Berichtigung entsprechend § 319 ZPO . . 2. Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO . . . . . . . . . . . 3. Wiederaufnahme entsprechend §§ 578 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gegenvorstellung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Anhörungsrüge nach § 321a ZPO . . . . . 6. Zivilprozessuale Möglichkeiten . . . . . .
11 11 12 13 14 15 15 16 17 18 19 20
Neuere Literatur: David, Aktuelle Rechtsbeschwerdentscheidungen des BGH zum Zwangsvollstreckungsrecht, MDR 2012, 437; Gottwald, Das neue Rechtsmittelrecht im Zivilprozess und Zwangsvollstreckung, DGVZ 2002, 97; Hintzen, Die Entwicklung im Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht seit 2008, Rpfleger 2009, 659; Rimmelspacher/Fleck, Die Kostentragung im Fall der Hinzuziehung nach § 99 Abs. 1 ZVG, WM 2005, 1777; Steder, Änderungen im Zwangsvollstreckungsrecht durch das Zivilprozessreformgesetz, MDR 2001, 1333.
I. Besonderheiten des Rechtsmittelrechts im Zwangsversteigerungsverfahren 1
Da die Immobiliarvollstreckung gemäß § 869 ZPO systematisch ein Teil der ZPO darstellt,1 richten sich auch die Rechtsmittel gegen Maßnahmen und Entscheidungen des Vollstreckungsgerichtes nach der ZPO, wie § 96 für die Zuschlagsbeschwerde nochmals ausdrücklich 1 BGH v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, NJW 1965, 2107, 2108.
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Rz. 4 Vor §§ 95-104
anordnet. Die §§ 95 ff. regeln alleine die Besonderheiten des Zwangsversteigerungsrechtes. So schränkt § 95 die Anfechtbarkeit von Entscheidungen im Zwangsversteigerungsverfahren vor dem Zuschlagsbeschluss ein, §§ 96 ff. modifizieren die allgemeinen Regeln bei der Anfechtung des Zuschlagsbeschlusses. Dabei modifizieren §§ 97, 99 und 102 den Kreis der Verfahrensbeteiligten, § 98 trifft Klarstellungen zum Fristbeginn. Die möglichen Gründe, auf die eine Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss gestützt werden kann, modifizieren § 100 Abs. 1 und 2. Spezielle Regelungen für den Prüfungsumfang enthält § 100 Abs. 3. Zur eigenen Entscheidung der Beschwerdegerichte in der Sache treffen §§ 101, 102 spezielle Regelungen, zur Zustellung und ihrer Wirksamkeit §§ 103, 104.
II. Erinnerung gegen Vollstreckungsmaßnahmen 1. Anwendungsbereich Da für das Zwangsversteigerungsverfahren im Grundsatz dieselben Rechtsmittel vorgesehen 2 sind wie in der Mobiliarzwangsvollstreckung, ist auch hier zwischen bloßen Vollstreckungsmaßnahmen und Entscheidungen zu unterscheiden. Der Unterschied liegt darin, dass die Vollstreckungsmaßnahme alleine aufgrund des Gläubigervortrags ergeht, die Entscheidung erst nach Anhörung des Schuldners. Gegen erstere kann sich der Betroffene nur mit der Erinnerung nach § 766 ZPO wehren. Der Erinnerung kommt im Zwangsversteigerungsverfahren allerdings eine andere Bedeutung zu als in der Mobiliarvollstreckung, da viele Entscheidungen erst nach Anhörung des Schuldners ergehen. Zudem sieht § 95 selbst gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung, die in der Regel ohne Anhörung des Schuldners ergeht, zwingend die sofortige Beschwerde als Rechtsmittel vor. Umgekehrt ist die Erinnerung wegen der Beschränkung der Rechtsmittelfähigkeit von Entscheidungen vor dem Zuschlag (§ 95) häufig der einzige Rechtsbehelf, den der von einer Entscheidung Betroffene überhaupt einlegen kann. Hiermit korrespondiert die fehlende Bindung des Rechtspflegers bei der Zuschlagsentscheidung gemäß § 79, so dass er frühere Entscheidungen jederzeit von Amts wegen und erst recht auf Erinnerung hin korrigieren kann.2 Mit der Erinnerung kann eine endgültig vollzogene Maßnahme nicht rückgängig gemacht werden.3 2. Erinnerungsberechtigung Die Erinnerung steht sowohl dem Gläubiger als auch dem Schuldner zu. Voraussetzung ist, dass sie durch die Vollstreckungsmaßnahme beschwert sind. Das ist beim Gläubiger dann der Fall, wenn sein Antrag zumindest teilweise zurückgewiesen wird, da für ihn die formelle Beschwer genügt.4 Der Schuldner ist demgemäß dann beschwert, wenn eine Maßnahme zu seinen Lasten getroffen wird. Bei der Teilzurückweisung eines Antrags können also Schuldner und Gläubiger Erinnerung einlegen.
3
3. Form und Frist a) Form der Erinnerung Die Erinnerung kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, aber nicht fernmündlich. Eine Begründung schreibt das Gesetz nicht vor. Da aber der zivilprozes-
2 BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 =Rpfleger 2007, 155, 157 f.; BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, Rpfleger 2007, 483, 488; BGH v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617. 3 BGH v. 2.3.2017 – I ZB 66/16, Rpfleger 2017, 570, 571. 4 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, MDR 2014, 1230 = NJW-RR 2014, 1279, 1280.
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Vor §§ 95-104 Rz. 4 Vor §§ 95-104 suale Beibringungsgrundsatz gilt, darf das Gericht Fehler nicht von Amts wegen ermitteln. Ein Erfolg der Erinnerung setzt also eine Begründung zwingend voraus. b) Frist der Erinnerung 5
Lediglich dann, wenn gegen die Entscheidung des Rechtspflegers „nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht gegeben“ ist, findet die befristete Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG statt. Ansonsten ist die Erinnerung an keine Form gebunden. Sie ist ohne Einhaltung einer Frist zulässig und kann auch mehrfach eingelegt werden. Hieraus folgt, dass auch dieselbe Vollstreckungsmaßnahme mehrfach mit der Erinnerung angegriffen werden kann. Allerdings besteht nach der Bescheidung einer früheren Erinnerung nach allgemeinen Grundsätzen kein Rechtsschutzbedürfnis für die Einlegung einer weiteren Erinnerung ohne neue Begründung. 4. Verfahren a) Möglichkeit des Rechtsmittels gegen die Entscheidung erster Instanz
6
Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Das erfordert aber, dass er den hiervon evtl. nachteilig Betroffenen zuvor rechtliches Gehör gewährt. Hält er die Erinnerung für unbegründet, trifft er dagegen keine abschließende Entscheidung, sondern nur einen Nichtabhilfebeschluss und legt die Sache dem Abteilungsrichter vor. Über die Rechtspflegererinnerung entscheidet gemäß § 20 Nr. 17 RpflG der Richter, gegen die die sofortige Beschwerde eröffnet ist.5 b) Keine Möglichkeit des Rechtsmittels gegen die Entscheidung erster Instanz
7
Ist die Entscheidung erster Instanz nicht anfechtbar, so trifft der Rechtspfleger ebenfalls eine (Nicht)abhilfeentscheidung. Hierüber entscheidet der Abteilungsrichter nach § 11 Abs. 2 RPflG abschließend.6 Als weitere Rechtsschutzmöglichkeit kommt dann neben der Anhörungsrüge nach § 321a ZPO nur noch die Verfassungsbeschwerde in Betracht. c) Form der Entscheidung
8
Die (Nicht)abhilfeentscheidung des Spruchkörpers, dessen Entscheidung mit der Erinnerung angegriffen wird, ergeht durch Beschluss. Dies gilt auch bei vollständigem Festhalten an der ursprünglichen Entscheidung. Eine bloße Vorlageverfügung genügt daher nicht. Sofern neues Vorbringen nicht ausnahmsweise unzulässig ist, muss es auch vom Ursprungsgericht berücksichtigt werden. Auch die Entscheidungen des Abteilungsrichters nach § 11 Abs. 2, § 20 Nr. 17 RPflG ergehen durch Beschluss. 5. Rechtsmittel a) Erstmalige Beschwer durch die Abhilfeentscheidung
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Wie sich der Gläubiger gegen eine Teilabhilfe wehren kann, ist umstritten. Teilweise wird ohne weiteres die sofortige Beschwerde für zulässig gehalten,7 teilweise darauf abgestellt, ob nunmehr eine Entscheidung vorliegt.8 Letzteres dürfte richtig sein. Denn mit der Abhilfeentscheidung findet die Vollstreckungsmaßnahme nur ihre neue erstinstanzliche Form. Wurde 5 6 7 8
Stöber, § 95 Rz. 2.1. Stöber, § 95 Rz. 2.4. Löhnig/Cranshaw, Vor §§ 95–104 Rz. 12. Zöller/Stöber, § 766 ZPO Rz. 24.
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der Gläubiger nicht angehört, muss nunmehr ihm da er erstmals durch die Abhilfeentscheidung beschwert ist, seinerseits die Erinnerung zustehen. Die sofortige Beschwerde wäre noch nicht statthaft; das Beschwerdegericht hat sie aber nicht zu verwerfen, sondern unter Aufhebung des Vorlagebeschlusses an das erstinstanzliche Gericht zurückzugeben. Wurde er dagegen angehört, liegt eine Entscheidung vor, die mit der sofortigen Beschwerde angreifbar ist. b) Zurückweisung der Erinnerung Ist die Entscheidung erster Instanz anfechtbar, so ist gegen die Entscheidung des Abteilungs- 10 richters nach § 20 Nr. 17 RPflG die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO eröffnet. Entsprechendes gilt, wenn die Vollstreckungsmaßnahme vom Richter herrührt. In jedem Fall hat er eine (Nicht)abhilfeentscheidung zu treffen und die Sache der Beschwerdekammer vorzulegen. Mit neuem Vorbringen, soweit nicht unzulässig, muss sich der Spruchkörper erster Instanz auseinandersetzen; eine bloß formelhafte Begründung genügt nicht.
III. Anwendungsbereich der sofortigen Beschwerde 1. Selbständig anfechtbare Zwischenentscheidungen Das Zwangsversteigerungsverfahren kennt verschiedene Zwischenverfahren, in denen abschließende Entscheidungen ergehen, die separat anfechtbar sind. Teils sind diese Verfahren wie die Anordnung der Zwangsversteigerung, die Wertfestsetzung (vgl. § 74a Abs. 5 Satz 3) obligatorischer Verfahrensbestandteil, zum Teil, wie die Entscheidung über einen Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens (s. § 30b Abs. 3) nur auf Antrag durchzuführen. Korrektes Rechtsmittel ist in diesen Verfahren die sofortige Beschwerde, da die Entscheidungen nach Anhörung des Schuldners ergehen. Dieses Rechtsmittel muss bei Festsetzung des Verkehrswertes, gegen die Versagung der einstweiligen Einstellung nach §§ 30a bis 30f und gegen Entscheidungen über Vollstreckungsschutzanträge nach § 765a ZPO eingelegt werden, da das Vollstreckungsgericht und demnach auch das Beschwerdegericht hieran gebunden sind.9 Anderenfalls erwächst es in Rechtskraft, so dass die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung bei späteren Entscheidungen, insbesondere derjenigen über den Zuschlag, nicht mehr geltend gemacht werden kann.
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2. Entscheidungen, die nicht der Vorbereitung des Zuschlags dienen Ähnlich zu behandeln sind Entscheidungen, die die Hauptsacheentscheidung nicht vorbereiten, sondern besondere Verfahrensaspekte betreffen. Dies betrifft etwa die Rüge der Befangenheit, die auch dem Rechtspfleger gegenüber erhoben werden kann,10 oder der Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO. Auch die in diesen Nebenverfahren ergangenen Beschlüsse sind mit der sofortigen Beschwerde selbständig anfechtbar. Wird diese aber nicht eingelegt, werden diese Entscheidungen rechtskräftig; Fehler in diesen Nebenverfahren können somit nicht mehr gegen den Zuschlagsbeschluss geltend gemacht werden.
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3. Nicht selbständig anfechtbare Zwischenentscheidungen Im Übrigen gilt der aus der ZPO (z. B. § 355 Abs. 2 ZPO) und anderen Verfahrensordnungen (s. z.B. § 58 Abs. 1 FamFG) bekannte Grundsatz, dass Zwischenentscheidungen, die die Ent9 BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155, 157 f.; BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, Rpfleger 2007, 483, 488; BGH v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617. 10 BGH v. 21.6.2007 – V ZB 3/07, MDR 2008, 111 = Rpfleger 2007, 619.
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Vor §§ 95-104 Rz. 13 Vor §§ 95-104 scheidung in der Hauptsache vorbereiten, nicht selbständig angreifbar sind, was § 95 ausdrücklich bestimmt (eingehend s. § 95 Rz. 2 ff.). Ausgleich hierfür ist die Prüfungsbefugnis des Vollstreckungsgerichtes in erster Instanz gemäß § 79, insbesondere aber die Anfechtbarkeit des Zuschlagsbeschlusses. Hier sind allerdings die Beschränkungen des § 100 zu beachten. 4. Zuschlagsbeschluss 14
Auch der Beschluss über den Zuschlag gemäß § 82 ist mit der sofortigen Beschwerde nach den Regeln der §§ 567 ff. ZPO angreifbar, wie § 96 (deklaratorisch) bestimmt. Insoweit gelten aber die Sonderregelungen der §§ 97 ff.
IV. Weitere Rechtsschutzmöglichkeiten 1. Berichtigung entsprechend § 319 ZPO 15
Undramatisch ist die Möglichkeit der Berichtigung eines Beschlusses, die entsprechend den Vorschriften zum zivilprozessualen Urteil auch bei Entscheidungen über den Zuschlag allgemein bejaht wird.11 Voraussetzung ist wie bei einem Urteil, dass ein offenkundiger Fehler, etwa ein Schreibversehen vorliegt. Auf diesem Wege können etwa Fehler in der Bezeichnung des Grundstücks, des Erstehers oder des Schuldners korrigiert werden. Auch der Tenor, etwa der unterlassene Ausspruch der Versagung des Zuschlags, kann ergänzt werden.12 Dies gilt auch für die Rechtsmittelinstanz.13 2. Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO
16
Es ist allgemein anerkannt, dass die Entscheidung über den Zuschlag bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 569 Abs. 1S. 3 auch mit der so genannten Nichtigkeitsbeschwerde angegriffen werden kann.14 Dies ist dogmatisch zutreffend, da die Anwendbarkeit von § 569 ZPO nicht in den §§ 97 bis 104 ausgeschlossen ist. Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine Beschwerde mit verlängerter Beschwerdefrist.15 Der Nichtigkeitsgrund muss nicht nur behauptet werden, sondern vorliegen.16 Die Nichtigkeitsbeschwerde kann auch nach Verteilung des Erlöses noch durchgeführt werden.17 Sie ist nicht mehr zulässig, wenn zuvor ein reguläres Beschwerdeverfahren durchgeführt wurde.18 Dabei ist unerheblich, ob der Nichtigkeitsgrund nicht angeführt wurde oder erfolglos blieb.19 Nach Ablauf von fünf Jahren ist die Nichtigkeitsbeschwerde entsprechend § 586 Abs. 2Satz 2 ZPO in jedem Fall unzulässig.20
11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146. OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146. OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146. BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200; BGH v. 27.9.2007 – V ZB 196/06, MDR 2008, 98 = NJW-RR 2008, 448; KG v. 16.1.1976 – 1 W 654/73, Rpfleger 176, 368; OLG Oldenburg v. 18.10.1989 – 2 W 154/88, Rpfleger 1990, 179. BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200; KG v. 16.1.1976 – 1 W 654/73, Rpfleger 176, 368; OLG Hamm v. 4.11.1977 – 15 W 292/77, Rpfleger 1978, 422, 423. BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200. OLG Oldenburg v. 18.10.1989 – 2 W 154/88, Rpfleger 1990, 179. OLG Hamm v. 4.11.1977 – 15 W 292/77, Rpfleger 1978, 422, 423; Braun, NJW 1977, 27, 28. BGH v. 27.9.2007 – V ZB 196/06, MDR 2008, 98 = NJW-RR 2008, 448. KG v. 16.1.1976 – 1 W 654/73, Rpfleger 1976, 368.
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Vor §§ 95-104
Rz. 17 Vor §§ 95-104
3. Wiederaufnahme entsprechend §§ 578 ff. BGB Äußerst umstritten ist die Frage, ob nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses eine Wieder- 17 aufnahme entsprechend den Vorschriften zum zivilprozessualen Urteil erfolgen kann.21 Dies wird teilweise im Hinblick auf den vom Gesetzgeber in diesen Fällen bejahten Vorrang der materiellen Gerechtigkeit vor der Rechtssicherheit bejaht. Letztere müsse auch bei der so genannten Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 569 Abs. 1Satz 3 ZPO (früher § 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO a. F.) zurücktreten.22 Dieses Argument widerlegt sich selbst. Denn die Anwendbarkeit von § 569 Abs. 1Satz 3 ZPO ist in §§ 97 bis 104 nicht ausgeschlossen, während diese Vorschriften die Anwendbarkeit der §§ 578 ff. ZPO gerade nicht vorsehen. Es handelt sich bei § 569 Abs. 1 S. 3ZPO zudem um eine Sonderregelung, die bei Beschlüssen an die Stelle der §§ 578 ff. ZPO tritt.23 Entscheidend gegen eine Anwendbarkeit der §§ 578 ff. ZPO auf die Erteilung des Zuschlags spricht der auch anderenorts, insbesondere bei den Kosten, zu beachtende Umstand, dass es sich bei der Zwangsversteigerung eben nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handelt. Die Beteiligten stehen sich anders als im Zivilprozess nicht nur nicht als Gegner gegenüber, sie können auch viel zahlreicher sein. Würde bei jedem nach § 97 Beschwerdeberechtigten auch die Möglichkeit der Wiederaufnahme bejaht, könnten etwa nach §§ 578 ff. ZPO beachtliche Fehler in der Beteiligung eines nachrangigen Gläubigers zur Wiederaufnahme führen. Diese gegenüber dem Zivilprozess strukturell andere Einbeziehung der Beteiligten in das Verfahren der Zwangsversteigerung und die aus ihrer Vielzahl resultierende Vervielfachung der Risiken einer Wiederaufnahme sprechen gegen ihre Anwendung auf Verfahren nach dem ZVG.24 Überdies wäre die Rückabwicklung nach einer Weiterveräußerung, die dem Schutz des guten Glaubens nach § 892 BGB unterliegt, kaum mehr durchführbar. Hier gebührt dem Vertrauensschutz daher grundsätzlich der Vorrang vor der Durchsetzung der materiellen Gerechtigkeit im Einzelfall.25 Ansonsten würde die Zuweisung von Eigentum durch staatlichen Hoheitsakt in der Zwangsversteigerung ein unkalkulierbares Risiko. Diese Beschränkung in der Anwendbarkeit der allgemeinen Regelungen zu Rechtsmitteln ist übrigens im Zwangsversteigerungsrecht kein Einzelfall. Die Einschränkungen der Beschwerdemöglichkeit und der weitgehende Ausschluss der Berücksichtigung neuer Tatsachen nach Erteilung des Zuschlags beruht ebenso auf diesem Gedanken des Vertrauensschutzes.26 Die Anerkennung der so genannten Nichtigkeitsbeschwerde steht dem nicht entgegen.27 Denn diese erweitert lediglich die Beschwerdefrist und ist vor allem nicht mehr zulässig, wenn ein Beschwerdeverfahren durchgeführt wurde. Die Risiken für Beteiligte und Rechtsverkehr sind also wesentlich geringer als im Fall der Wiederaufnahme. Vielmehr würde § 569 Abs. 1S. 3 ZPO mangels Anwendungsfall obsolet, würde man daneben noch das Wiederaufnahmeverfahren nach §§ 578 ff. ZPO zulassen.28
21 Hierfür etwa OLG Hamm v. 4.11.1977 – 15 W 292/77, Rpfleger 1978, 422, 423; OLG Oldenburg v. 18.10.1089 – 2 W 154/88, Rpfleger 1990, 179, 180; Kirberger, Rpfleger 1975, 407; dagegen etwa OLG Köln v. 21.11.1974 – 2 W 10-11/74, Rpfleger 1975, 406 f.; OLG Stuttgart v. 25.2.1975 – 8 W 8/75, NJW 1976, 1324. 22 Kirberger, Rpfleger 1975, 407. 23 So zutreffend schon zum früheren Recht OLG Stuttgart v. 25.2.1975 – 8 W 8/75, NJW 1976, 1324. 24 OLG Stuttgart v. 25.2.1975 – 8 W 8/75, NJW 1976, 1324 f. 25 So auch OLG Köln v. 21.11.1974 – 2 W 10-11/74, Rpfleger 1975, 406 f. 26 S. schon BGH v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, NJW 1965, 2107, 2108. 27 So aber OLG Hamm v. 4.11.1977 – 15 W 292/77, Rpfleger 1978, 422, 423; Kirberger, Rpfleger 1975, 407. 28 So zutreffend schon zu früheren Recht Braun, NJW 1977, 27, 28.
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Vor §§ 95-104 Rz. 18 Vor §§ 95-104 4. Gegenvorstellung 18
Teilweise wird als außerordentliches Rechtsmittel noch die Gegenvorstellung erwogen. Dieser kommt aber im Zusammenhang mit dem Zuschlag keine Bedeutung zu. Denn auf eine Gegenvorstellung darf das Prozessgericht das Verfahren nach der Erteilung des Zuschlags ebenso wenig wie das Vollstreckungsgericht fortführen.29 Die Gegenvorstellung hebt nämlich die Bindung des Gerichtes an seine Entscheidung, anders als die Möglichkeit der Abhilfe auf sofortige Beschwerde, nicht auf.30 5. Anhörungsrüge nach § 321a ZPO
19
In Schrifttum und Rechtsprechung kaum diskutiert wird die Möglichkeit der Anhörungsrüge nach § 321a ZPO. Dass diese auch im Zwangsversteigerungsverfahren erhoben werden kann, wenn kein sonstiges Rechtsmittel mehr eröffnet ist, dürfte außer Streit stehen. Im Gegensatz zur Gegenvorstellung kann das Gericht seine Entscheidung auf eine Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO auch abändern, da die Selbstüberprüfung durch das Ausgangsgerichtdort in diesem Verfahren ausdrücklich gestattet ist.31 Fraglich erscheint aber, ob die Anhörungsrüge auf jegliche Fehler bei der Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer Abänderung der letztinstanzlichen Entscheidung führen kann. Denn dann wäre ein weiterer Prüfungsumfang eröffnet als bei der sofortigen Beschwerde, die nur auf die in § 100 ZVG genannten Fehler gestützt werden kann. Es spricht daher einiges dafür, auch bei der Anhörungsrüge nur solche Fehler als beachtlich anzuerkennen, die auch im Rahmen des § 100 ZVG zu berücksichtigen wären. 6. Zivilprozessuale Möglichkeiten
20
In extremen Ausnahmefällen kann der Schuldner auch im Wege des Zivilprozesses die Rückübereignung des versteigerten Grundstücks verlangen. Dies kommt namentlich dann in Betracht, wenn die vollstreckungsrechtlichen Rechtsmittel, namentlich die Zuschlagsbeschwerde aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Schuldners durch den Ersteher aussichtslos bleiben. Dies hat der BGH bislang dann bejaht, wenn der Ersteher ein Gebot in der Absicht abgibt, das über die Sicherheitsleistung hinausgehende Gebot nicht zu entrichten bzw. zu hinterlegen.32 Denn dann ist die Sittenwidrigkeit des Meistgebotes bis zum Ablauf der Frist für die Zuschlagsbeschwerde regelmäßig nicht erkennbar.
§ 95 [Beschwerde vor der Entscheidung über den Zuschlag] Gegen eine Entscheidung, die vor der Beschlußfassung über den Zuschlag erfolgt, kann die sofortige Beschwerde nur eingelegt werden, soweit die Entscheidung die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens betrifft.
29 30 31 32
BGH, Beschl. v. 19.7.2018 – V ZB 6/18, Rpfleger 2018, 698 = FamRZ 2018, 1932. BGH, Beschl. v. 19.7.2018 – V ZB 6/18, Rpfleger 2018, 698, 699 = FamRZ 2018, 1932, 1933. BGH, Beschl. v. 19.7.2018 – V ZB 6/18, Rpfleger 2018, 698, 699 = FamRZ 2018, 1932, 1933. BGH, Urt. v. 22.2.2019 – V ZR 244/17, WM 2019, 1356; zur Zurückweisung des Gebots, wenn diese Absicht des Meistbietenden erkennbar ist, s. LG Dortmund, Beschl. v. 21.3.2017 – 9 T 334/15 (zit. nach juris).
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Beschwerde vor der Entscheidung über den Zuschlag
I. II. 1. 2.
Geschichte und Zweck der Norm . . Reichweite von § 95 . . . . . . . . . . . Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . Vor der Beschlussfassung über den Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausschluss der sofortigen Beschwerde a) Unstatthaftigkeit der sofortigen Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Rechtsbehelfe . . . . . . . . III. Nach § 95 weiterhin mit der sofortigen Beschwerde angreifbare Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anordnung des Verfahrens . . . . . . . a) Anordnung nach § 15 . . . . . . . . b) Beitritt nach § 27 . . . . . . . . . . .
.. .. ..
Rz. 1 2 2
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3 4
.. ..
4 5
. . . .
6 6 6 7
. . . .
2. 3. 4. IV. V.
1. 2.
Rz. 2 § 95
c) Zwischenverfügung . . . . . . . . . . . . Aufhebung des Verfahrens . . . . . . . . . . Einstweilige Einstellung des Verfahrens . . Fortsetzung des Verfahrens . . . . . . . . . Festsetzung des Verkehrswertes . . . . . Nicht im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Zuschlag stehende Entscheidungen . . . . . . . . . Zu weitgehende Formulierung des § 95 . Beispiele aus Rechtsprechung und Schrifttum zu Entscheidungen, die nicht im Zusammenhang mit Erteilung oder Versagung des Zuschlags stehen . . . . . .
Rz. 8 9 10 11 12
13 13
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I. Geschichte und Zweck der Norm Eine § 95 vergleichbare Vorschrift findet sich bereits in § 120 Abs. 2 des Entwurfs von 1889. Die Vorschrift dient der Straffung des Verfahrens. Sie soll insbesondere verhindern, dass ein „böswilliger Schuldner (…) durch wiederholten Gebrauch des Rechtsmittels die Beendigung des Verfahrens bis ins Unbestimmte“ verzögert.1 Deshalb werden Entscheidungen, die der Vorbereitung der Entscheidung über den Zuschlag dienen, ähnlich wie im Zivilprozess (vgl. § 355 Abs. 2 ZPO) einer isolierten Anfechtung entzogen.2 Die Verletzung von Verfahrensvorschriften kann aber vom Rechtspfleger bei der Entscheidung über den Zuschlag stets berücksichtigt werden, da er gemäß § 79 an die vorbereitenden Entscheidungen nicht gebunden ist.3 Die Beteiligten können Verfahrensfehler allerdings nur im Rahmen einer Anfechtung über die Entscheidung über den Zuschlag rügen,4 wobei hier § 100 Abs. 1, 2 weitere Beschränkungen auf bestimmte Fehler vorsieht. § 95 gilt für alle Versteigerungsarten.5
1
II. Reichweite von § 95 1. Entscheidungen § 95 entzieht alle Entscheidungen der sofortigen Beschwerde, also nicht nur Beschlüsse. Dies 2 erfasst u. a. auch Verfügungen, Terminsbestimmungen, die Festsetzung des geringsten Gebotes und die Zulassung oder Zurückweisung von Geboten.6 Allenfalls findet gegen diese Entscheidungen die Erinnerung statt. Gegen die Entscheidung des Rechtspflegers hierüber ist die sofortige Beschwerde, mit der die Entscheidung über die Erinnerung ansonsten angegriffen werden kann,7 wegen § 95 nicht statthaft. Sofern Entscheidungen nach § 95 weiterhin anfechtbar sind, können Fehler gleichwohl noch in der Zuschlagsbeschwerde geltend gemacht werden. Denn die den Zuschlag vorbereitenden Entscheidungen sind trotz separater Anfechtbarkeit 1 2 3 4 5 6 7
Motive, S. 238; ebenso Stöber, § 95 Rz. 4.1; hierzu s. ausführlich Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 1. Allg. vgl. Zöller/Heßler, § 567 ZPO Rz. 35. BGH v. 26.10.2007 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = NJW-RR 2007, 194, 197. Stöber, § 95 Rz. 4.1. Stöber, § 95 Rz. 4.2; Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 4. Vgl. hierzu Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 2. Zöller/Stöber, § 766 Rz. 36.
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§ 95 Rz. 2 Beschwerde vor der Entscheidung über den Zuschlag nicht bindend; sie können gemäß § 79 vom Rechtspfleger korrigiert werden.8 Ausgenommen sind lediglich die Festsetzung des Verkehrswertes, die Versagung der einstweiligen Einstellung nach §§ 30a bis 30f und Entscheidungen über Vollstreckungsschutzanträge nach § 765a ZPO.9 2. Vor der Beschlussfassung über den Zuschlag 3
Die von § 95 erfassten Entscheidungen müssen „vor der Beschlussfassung über den Zuschlag erfolgt“ sein. Dieser Begriff meint den Erlass der Entscheidung, wie der parallele Gebrauch etwa in §§ 27 Abs. 1 S. 1, 71 Abs. 2 zeigt. Sie müssen also lediglich bis zur Entscheidung über den Zuschlag ergangen, nicht aber zugestellt sein. Es genügt die Verkündung mit dem Zuschlagsbeschluss, sofern dies nicht aus anderen Verfahrensregelungen ausgeschlossen ist. Entscheidungen, die nach der Entscheidung über den Zuschlag ergehen, sind wieder nach den allgemeinen Regeln anfechtbar.10 3. Ausschluss der sofortigen Beschwerde a) Unstatthaftigkeit der sofortigen Beschwerde
4
Nach em Sinn der Vorschrift ist die sofortige Beschwerde nach § 95 nicht nur unzulässig, sondern bereits unstatthaft.11 Denn es soll gerade kein Devolutiv- oder Suspensiveffekt eintreten. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Verzögerungen des Verfahrens durch Beschwerden gerade vermieden werden, so dass das Beschwerdegericht auch nicht zur Entscheidung über die Zulässigkeit berufen ist. Der Rechtspfleger muss bzw. darf die Beschwerde nicht dem Beschwerdegericht vorlegen, sondern muss das Verfahren unverändert weiterführen. Allenfalls hat er zu prüfen, ob die sofortige Beschwerde als zulässiger Rechtsbehelf (etwa als Gehörsrüge) anzusehen ist, über den er selbst zu befinden hat. b) Sonstige Rechtsbehelfe
5
§ 95 erklärt nur die sofortige Beschwerde als Rechtsmittel mit Devolutiveffekt und der Möglichkeit einstweiliger Anordnungen zur Suspendierung der angegriffenen Entscheidung (§ 570 Abs. 2, 3 ZPO) für unstatthaft. Nicht ausgeschlossen sind Rechtsbehelfe über die der Rechtspfleger selbst zu befinden hat. Bei Vorliegen der Voraussetzungen kommt insbesondere eine Erinnerung nach § 766 ZPO in Betracht.12 Allerdings entscheidet der Rechtspfleger hierüber abschließend. Ebenso kann, wie stets bei unanfechtbaren Entscheidungen, die Versagung rechtlichen Gehörs mit der Gehörsrüge entsprechend § 321a ZPO angegriffen werden.
8 BGH v. 26.10.2007 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = NJW-RR 2007, 194, 198 = Rpfleger 2007, 155, 157 f.; BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, Rpfleger 2007, 483, 488; BGH v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617. 9 BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155, 157 f.; BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, Rpfleger 2007, 483, 488; BGH v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617. 10 Stöber, § 95 Rz. 5.1. 11 LG Berlin v. 12.3.2008 – 82 T 215/08, Rpfleger 2008, 518. 12 Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 2; Stöber, § 95 Rz. 4.4; Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 5, der zu recht darauf hinweist, dass der Rechtspfleger an frühere Entscheidungen gemäß § 79 nicht gebunden ist, so dass er jederzeit von Amts wegen und erst recht auf Erinnerung hin Fehler korrigieren kann.
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Beschwerde vor der Entscheidung über den Zuschlag
Rz. 10 § 95
III. Nach § 95 weiterhin mit der sofortigen Beschwerde angreifbare Entscheidungen 1. Anordnung des Verfahrens a) Anordnung nach § 15 Von dem Ausschluss der Beschwerde nicht erfasst ist nach § 95 zunächst die Anordnung des Verfahrens gemäß § 15. Der Schuldner kann also, wenn er vor Erlass des Anordnungsbeschlusses angehört wurde, sogleich die sofortige Beschwerde einlegen. Wurde er, wie regelmäßig der Fall, vor der Anordnung nicht angehört, kann er hiergegen die Erinnerung nach § 766 ZPO einlegen und gegen eine zurückweisende Entscheidung des Rechtspflegers die sofortige Beschwerde.13
6
b) Beitritt nach § 27 Der Anordnung nach § 15 gleich steht der Beitritt eines anderen Gläubigers gemäß § 27. Denn 7 es handelt sich in der Sache um ein weiteres, selbständiges Vollstreckungsverfahren.14 Für die Rechtsbehelfe gilt dasselbe wie bei der Anordnung der Zwangsversteigerung.15 Dies soll auch für die Verbindung mehrerer Verfahren nach § 18 gelten.16 c) Zwischenverfügung Nach verbreiteter Auffassung soll auch die Zwischenverfügung mit der sofortigen Beschwerde 8 anfechtbar sein, die der Beseitigung eines Hindernisses für Anordnung oder Beitritt dient.17 Dies erscheint zweifelhaft. Denn hierbei handelt es sich gerade noch nicht um die selbständige Zwischenentscheidung, die der Anfechtbarkeit mit der sofortigen Beschwerde unterliegen soll. Es wäre auch ohne weiteres möglich, die Richtigkeit der Zwischenverfügung implizit mit der Entscheidung über Anordnung und Beitritt zu überprüfen. 2. Aufhebung des Verfahrens Dass die Aufhebung des Verfahrens nicht von dem Ausschluss des § 95 erfasst sein kann, würde sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung von selbst verstehen. Denn die Aufhebung des Verfahrens nach § 28 ist ja gerade keine Entscheidung, die die Entscheidung über den Zuschlag vorbereitet. Gleiches gilt, wenn das Vollstreckungsgericht irrtümlich von einer Rücknahme nach § 29 ausgeht und das Verfahren deshalb aufhebt.
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3. Einstweilige Einstellung des Verfahrens Aus ähnlichen Gründen wie die Aufhebung muss auch die einstweilige Einstellung des Verfahrens vom Ausschluss der sofortigen Beschwerde nach § 95 ausgenommen werden. Dabei ist es gleichgültig, nach welcher Vorschrift die Einstellung erfolgt, etwa auf (vermeintliche) Bewilligung durch den Gläubiger nach § 30, auf Antrag nach § 765a ZPO, wegen eines Hindernisses nach § 775 ZPO18 oder im Verfahren nach §§ 30a, 30b,19 wo zudem § 30b Abs. 2 die Beschwerdemöglichkeit ausdrücklich regelt. Etwas anderes gilt allerdings bei der einstweiligen 13 14 15 16 17 18 19
S. hierzu Stöber, § 15 Rz. 5.1. Stöber, § 27 Rz. 6.2. Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 2; Stöber, § 27 Rz. 4.4. Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 2; Stöber, § 95 Rz. 4.5; Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 2. Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 2; Stöber, § 95 Rz. 5.1. Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 2. Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 2.
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§ 95 Rz. 10 Beschwerde vor der Entscheidung über den Zuschlag Einstellung durch das Vollstreckungsgericht nach § 769 Abs. 2 ZPO,20 da diese analog § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO ausgeschlossen ist.21 4. Fortsetzung des Verfahrens 11
Die Fortsetzung des Verfahrens nach §§ 31 und 43 unterliegt gleichermaßen wie Anordnung und Beitritt der sofortigen Beschwerde. Da sie in der Regel erst nach Anhörung des Schuldners erfolgt, ist die Erinnerung entbehrlich bzw. führt zur Verfristung der sofortigen Beschwerde.
IV. Festsetzung des Verkehrswertes 12
Wohl aus historischen Gründen nicht in § 95 aufgeführt ist die Festsetzung des Verkehrswertes nach § 74a Abs. 5, obwohl es sich ebenfalls um eine Entscheidung handelt, die den Zuschlag vorbereitet. Da die Beschwerdemöglichkeit aber in § 74a Abs. 5 S. 3 ausdrücklich geregelt und umgekehrt die Entscheidung über den Zuschlag wegen Fehlern der Verkehrswertfestsetzung ausdrücklich ausgeschlossen ist, wird man hierin eine Spezialregelung sehen müssen, die § 95 vorgeht.22 Allerdings tritt hier mit dem Zuschlagsbeschluss prozessuale Überholung ein, so dass eine Beschwerde unzulässig wird.23
V. Nicht im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Zuschlag stehende Entscheidungen 1. Zu weitgehende Formulierung des § 95 13
Abgesehen von den dort genannten Ausnahmen wäre nach dem Wortlaut des § 95 die Beschwerde gegen jede Entscheidung ausgeschlossen, die vor der Beschlussfassung über den Zuschlag ergeht. In Rechtsprechung und Schrifttum herrscht indessen kein Zweifel darüber, dass dies zu weit geht. Der Gesetzgeber wollte nur solche Entscheidungen der sofortigen Beschwerde entziehen, die „lediglich zur Durchführung der Anordnung des Verfahrens oder zur Vorbereitung der Entscheidung über den Zuschlag dienen.“24 Dieser Zusammenhang ging im Wortlaut während des Gesetzgebungsverfahrens verloren.25 Im Zwangsversteigerungsverfahren können aber durchaus auch Entscheidungen ergehen, die nicht diesem Zwecke dienen. Am augenfälligsten ist dies bei Ordnungsmitteln gegen Besucher des Versteigerungstermins. Es würde in keiner Weise einleuchten, wieso diese anders als im Zivilprozess im Zwangsversteigerungsverfahren nicht überprüfbar sein sollten, zumal sie ja in aller Regel auch im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Zuschlag nicht mehr überprüfbar sind. Deshalb geht die wohl einhellige Auffassung davon aus, dass die sofortige Beschwerde entgegen dem zu weit gefassten Wortlaut des § 95 auch dann zulässig ist, wenn die betroffene Entscheidung nicht der Vorbereitung der Entscheidung über den Zuschlag dient.26 Da die Beschwer durch derartige Entscheidungen eben nicht mit dem Zuschlag in Verbindung steht, entfällt die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde auch nicht mit der Entscheidung über den Zuschlag.27 20 21 22 23 24 25
Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 3; a.A. Stöber, § 95 Rz. 4.5. Zöller/Herget, § 769 Rz. 13. Im Ergebnis ebenso Stöber, § 95 Rz. 4.3. BGH v. 10.10.2003 – IXa ZB 128/03, Rpfleger 2004, 172, 173; Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 10. Motive, S. 238. Zu dem historischen Hintergrund des heutigen – zu weiten – Wortlauts s. Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 1. 26 Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 1; Stöber, § 95 Rz. 4.5; Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 1. 27 A.A. Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 1.
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Auf die Beschwerde über den Zuschlag anzuwendende Vorschriften
§ 96
2. Beispiele aus Rechtsprechung und Schrifttum zu Entscheidungen, die nicht im Zusammenhang mit Erteilung oder Versagung des Zuschlags stehen Die Frage, wann ein solcher Zusammenhang mit der Entscheidung über den Zuschlag besteht, kann im Einzelfall natürlich schwer zu beantworten sein. Mangels eines solchen Zusammenhangs wurde die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde bejaht gegen: – die Entscheidung über die Ablehnung des Rechtspflegers wegen Besorgnis der Befangenheit,28 – die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 2,29 – die Verhängung von Ordnungsgeldern gegen einen Sachverständigen30 und gegen Teilnehmer im Versteigerungstermin,31 – die Festsetzung von Sicherungsmaßregeln nach § 25,32 – die Festsetzung der Vergütung für einen Verwalter nach § 25 S. 2 oder des Sachverständigen im Rahmen der Verkehrswertermittlung,33 – die Bestellung und Gebührenfestsetzung nach § 7 Abs. 2 S. 3 für den Zustellungsvertreter.34
§ 96 [Auf die Beschwerde über den Zuschlag anzuwendende Vorschriften] Auf die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Beschwerde nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 97 bis 104 ein anderes vorgeschrieben ist.
I. II. 1.
2. 28 29 30 31 32 33 34
Rz. Geschichte und Zweck der Norm . . . . . 1 Anwendbare und nicht unbeschränkt anwendbare Beschwerdevorschriften . . 2 § 567 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 a) Ausdrückliche Bestimmung der Zulässigkeit (§ 567 Abs. 1 ZPO) . . . . 2 b) Mindestbeschwer von 200 Euro in Kostensachen (§ 567 Abs. 2 ZPO) . . . 3 c) Anschlussbeschwerde (§ 567 Abs. 3 ZPO) . . . . . . . . . . . . 4 aa) Regelungsbereich im Zwangsversteigerungsverfahren . . . . . . 4 bb) Beschränkungen aus §§ 97–104 . 5 § 568 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Rz. 3. § 569 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 a) Beschwerdefrist und Fristbeginn (§ 569 Abs. 1 ZPO) . . . . . . . . . . . . 7 b) Einlegung der Zuschlagsbeschwerde (§ 569 Abs. 2, 3 ZPO) . . . . . . . . . . 8 c) Kein Rechtsanwaltszwang . . . . . . . . 9 d) Keine fernmündliche Einlegung der Beschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 e) Zuständiges Gericht . . . . . . . . . . . 11 f) Einlegung bei einem anderen Gericht . 12 4. § 570 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 5. § 571 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 a) Erforderlichkeit und Inhalt einer Begründung (§ 571 Abs. 1, 2 ZPO) . . 14
BGH v. 21.6.2007 – V ZB 3/07, MDR 2008, 111 = Rpfleger 2007, 619; Stöber, § 95 Rz. 4.7. Stöber, § 95 Rz. 4.5; Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 2. Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 1; Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 2. Stöber, § 95 Rz. 4.5. Stöber, § 95 Rz. 4.5. Stöber, § 95 Rz. 4.7. Jaeckel-Güthe, § 95 Rz. 1; Stöber, § 95 Rz. 4.5; Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 2.
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§ 96 Rz. 1 Auf die Beschwerde über den Zuschlag anzuwendende Vorschriften Rz. b) Verfahrensleitung (§ 571 Abs. 3, 4 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 6. § 572 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 a) Abhilfeverfahren (§ 572 Abs. 1 ZPO) . 16
Rz. b) Entscheidung des Beschwerdegerichtes (§ 572 Abs. 2-4 ZPO) . . . . . . . . 17 7. Rechtsbeschwerde (§§ 574 ff. ZPO) . . . 18
I. Geschichte und Zweck der Norm 1
§ 96 wurde inhaltsgleich aus dem Entwurf von 1889 (dort § 127) übernommen. Die Vorschrift ist nur deklaratorischer Natur, da sie lediglich einerseits die schon in § 869 ZPO bestimmte Anwendbarkeit der ZPO auf die Zuschlagsbeschwerde bestätigt,1 andererseits auf die §§ 97–104 verweist.2 Die abweichenden Regeln der §§ 97–104 betreffen den Kreis der Verfahrensbeteiligten (§§ 97, 99 und 102), den Beginn der Frist für die Einlegung der Beschwerde (§ 98), die Gründe, auf die eine Zuschlagsbeschwerde gestützt werden kann (§ 100 Abs. 1 und 2), den Prüfungsumfang durch das Beschwerdegericht (§ 100 Abs. 3) sowie Inhalt, Zustellung und Wirksamkeit der Beschwerdeentscheidung (§§ 101-104). § 95 gilt für alle Versteigerungsarten mit Ausnahme der Versteigerung ausländischer Luftfahrzeuge, die den besonderen Regelungen in § 171m unterfallen.3
II. Anwendbare und nicht unbeschränkt anwendbare Beschwerdevorschriften 1. § 567 ZPO a) Ausdrückliche Bestimmung der Zulässigkeit (§ 567 Abs. 1 ZPO) 2
Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist in §§ 869, 793 ZPO ausdrücklich vorgesehen. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO spielt daher im Zwangsversteigerungsverfahren keine Rolle. b) Mindestbeschwer von 200 Euro in Kostensachen (§ 567 Abs. 2 ZPO)
3
Die Vorschrift findet auf Kostenentscheidungen im Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde mangels abweichender Regelungen in den §§ 97–104 Anwendung. c) Anschlussbeschwerde (§ 567 Abs. 3 ZPO) aa) Regelungsbereich im Zwangsversteigerungsverfahren
4
Die Vorschrift ist grundsätzlich, da §§ 97-104 nichts anderes bestimmen, auch im Zwangsversteigerungsverfahren anwendbar. Allerdings handelt es sich bei der Zuschlagsbeschwerde im Regelfall um ein nicht-kontradiktorisches und somit gegnerloses Verfahren (vgl. u. § 99 Rz. 2 ff.). Es fehlt mithin regelmäßig am Beschwerdegegner, den § 567 Abs. 3 ZPO voraus-
1 Nach den Materialien (Motive, S. 247) „versteht sich die Zulässigkeit dieses Rechtsmittels von selbst.“ 2 So auch Motive, S. 247: „Eine besondere Vorschrift ist nur nöthig, um darauf hinzuweisen, daß die Vorschriften der C. P. O. über die sofortige Beschwerde nur mit den aus den §§ 128–136 sich ergebenden Einschränkungen zur Anwendung kommen.“ 3 Stöber, § 95 Rz. 4.2; Löhnig/Cranshaw, § 95 Rz. 4.
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Auf die Beschwerde über den Zuschlag anzuwendende Vorschriften
Rz. 7 § 96
setzt.4 Die Vorschrift kann auch nicht dahingehend ausdehnend angewendet werden, dass bei Vorliegen einer Beschwerde alle anderen Beschwerdeberechtigten eben Anschlussbeschwerde einlegen können. Dem stünde nicht nur der nicht-kontradiktorische Charakter der Zuschlagsbeschwerde entgegen, sondern insbesondere der Umstand, dass hierdurch die Sonderregelung des § 98 zum Beginn der Beschwerdefrist bedeutungslos würde: Dann könnte bei Vorliegen auch nur einer fristgerechten Beschwerde jeder andere Beschwerdeberechtigte ohne Einhaltung einer Beschwerdefrist Anschlussbeschwerde einlegen.5 § 567 Abs. 3 ZPO kommt aber dann wieder Bedeutung zu, wenn das Beschwerdegericht gemäß § 99 Abs. 1 einen Gegner des Beschwerdeführers bestimmt hat. Dann liegt nämlich ein kontradiktorisches Verfahren, wie in § 567 Abs. 3 ZPO vorausgesetzt, wieder vor. Aus diesem Grunde besteht auch keine Gefahr einer uferlosen Ausdehnung der Anschlussbeschwerde. Sie kann nur von dem nach § 99 Abs. 1 als Gegner Zugezogenen eingelegt werden. bb) Beschränkungen aus §§ 97–104 Allerdings gelten die Modifikationen der §§ 97–104 auch für die Anschlussbeschwerde. So be- 5 stimmt sich die Beschwerdebefugnis auch hier nach der Sonderregelung des § 97. Der Anschlussbeschwerdeführer kann seine Zuschlagsbeschwerde ebenso wie der Beschwerdeführer nur auf die in § 100 zugelassenen Gründe stützen. Die Anschlussbeschwerde darf nicht dasselbe Ziel verfolgen wie der Beschwerdeführer.6 Wie über die Beschwerde muss das Beschwerdegericht gemäß § 101 Abs. 1 auch über die Abschlussbeschwerde selbst entscheiden. Die Zustellungsregelung des § 103 gilt auch für die Zuschlagsbeschwerde, ebenso die Regelung zur Wirksamkeit in § 104. Dagegen gilt die Frist des § 98 für die unselbständige Anschlussbeschwerde naturgemäß nicht, da die Nichteinhaltung der Beschwerdefrist durch § 567 Abs. 3 ZPO ja gerade überwunden wird. 2. § 568 ZPO Die originäre Zuständigkeit des Einzelrichters nach § 568 S. 1 ZPO erfasst trotz der regelmäßig erheblichen Werte, um die es im Zwangsversteigerungsverfahren geht, und ungeachtet der Tatsache, dass es sich beim Zuschlag um die abschließende Entscheidung im Verfahren handelt, auch die Zuschlagsbeschwerde. Unter den Voraussetzungen des § 568 S. 2 ZPO kann der Einzelrichter die Sache aber auf die Beschwerdekammer zurückübertragen. Insoweit gilt nichts anderes als bei jeder anderen ZPO-Beschwerde.
6
3. § 569 ZPO a) Beschwerdefrist und Fristbeginn (§ 569 Abs. 1 ZPO) Die Beschwerdefrist von zwei Wochen gemäß § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO gilt mangels abweichender Regelung in den §§ 97–104 auch für die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag. Allerdings enthält § 98 eine Sonderregelung für den Beginn der Beschwerdefrist. § 569 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 ZPO findet also nur dann Anwendung, wenn diese Sonderregelung nicht einschlägig ist. Die Beschwerdefrist beginnt mangels abweichender Regelung in den §§ 97-104 auch beim Zuschlagsbeschluss spätestens 5 Monate nach Verkündung gemäß § 569 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO zu laufen. Ebenso kann unter den Voraussetzungen des § 569 Abs. 1 S. 3 ZPO 4 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, MDR 2014, 1230 = NJW-RR 2014, 1279; KG v. 16.1.1976 – 1 W 654/73, Rpfleger 1976, 368, 369. 5 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, Rpfleger 2014, 689 f. Kryptisch insoweit Löhnig/Cranshaw, § 96 Rz. 10, wonach „die Anschlussbeschwerde (…) zulässig (ist), wenn der Beschwerdegegner (?) beschwerdebefugt ist.“ 6 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, Rpfleger 2014, 689, 690.
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§ 96 Rz. 7 Auf die Beschwerde über den Zuschlag anzuwendende Vorschriften Restitutions- oder Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden. Diese ist aber kein eigenständiges Rechtsmittel, sondern nur eine Beschwerde mit verlängerter Frist (im Einzelnen s. Vor §§ 95–104 Rz. 16). b) Einlegung der Zuschlagsbeschwerde (§ 569 Abs. 2, 3 ZPO) 8
Die Regelungen der § 569 Abs. 2, 3 ZPO werden durch §§ 97–104 nicht abgeändert. Deshalb bedarf es der Beschwerdeschrift, die die angefochtene Entscheidung über den Zuschlag bezeichnet und die Erklärung enthält, dass hiergegen Beschwerde eingelegt wird. Der Beschwerdeführer muss nicht ausdrücklich bezeichnet, aber eindeutig erkennbar ein.7 Da es in erster Instanz keiner Vertretung durch einen Anwalt bedarf, kann die Beschwerde auch gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 1 ZPO durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden. Die sofortige Beschwerde wird nach § 96 i.V.m. § 569 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Ein Rechtsanwalt muss die Beschwerdeschrift unterzeichnen. Bei nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführern ist die Rechtsprechung großzügiger. Demnach genügt es, wenn die Urheberschaft des Beschwerdeführers für die Beschwerdeschrift auch ohne Unterschrift feststeht. c) Kein Rechtsanwaltszwang
9
Da die angegriffene Entscheidung erster Instanz vom Rechtspfleger stammt, muss der Beschwerdeführer nicht anwaltlich vertreten sein.8 Er kann sich selbst vertreten oder durch nichtanwaltliche Bevollmächtigte vertreten lassen. Allerdings gelten auch hierbei die Beschränkungen des § 79 Abs. 2 ZPO. Da das Zwangsversteigerungsverfahren in erster Instanz nicht dem Anwaltszwang unterliegt, kann die sofortige Beschwerde auch gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 1 ZPO durch Erklärung der Geschäftsstelle eingelegt werden. Die Erklärung zu Protokoll des Vollstreckungsgerichtes etwa im Versteigerungs- oder Verkündungstermin ist im Gesetz nicht vorgesehen, wird aber als wirksame Einlegung der sofortigen Beschwerde anerkannt.9 Das Vollstreckungsgericht ist allerdings nicht verpflichtet, eine entsprechende Protokollierung vorzunehmen.10 Maßgeblich ist die Niederschrift, nicht die bloße Erklärung des Beschwerdeberechtigten. Die Unterzeichnung einer vorgefertigten Beschwerdeschrift mit Eingangs- und Schlussformel durch den Urkundsbeamten genügt nicht, da das Protokoll von ihm selbst abgefasst sein muss.11 Wird eine Beschwerde aber trotz derartiger Fehler vom Urkundsbeamten entgegengenommen, ist der Beschwerdeführer vom Beschwerdegericht darauf hinzuweisen. Auf Antrag ist ihm dann Wiedereinsetzung zu gewähren, da der Fehler im Verantwortungsbereich des Gerichts liegt.12 Der Unterschrift des Beschwerdeführers bedarf es neben derjenigen des Urkundsbeamten nicht.13 Anderes gilt nur, wenn die Beschwerde von einem Rechtsanwalt eingelegt wird.14 Denn mit der Unterschrift übernimmt er die volle Verantwortung für den Schriftsatz15 und stellt sicher, dass eine Beschwerdeschrift und nicht nur ein Entwurf vor-
7 BGH v. 26.10.2007 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = NJW-RR 2007, 194, 195. 8 BGH v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405. 9 BGH v. 12.3.2009 – V ZB 71/08, Rpfleger 2009, 395; BayObLG v. 24.5.1989 – BReg.3 Z 45/89, MDR 1989, 920 = Rpfleger 1989, 360; Stöber, § 96 Rz. 2.1. 10 Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 9. 11 Vgl. Keidel/Sternal, § 64 FamFG Rz. 17. 12 OLG Frankfurt v. 4.12.2000 – 20 W 509/2000, FGPrax 2001, 46. 13 Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 7. 14 Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 7. 15 BGH v. 23.6.2005 – V ZB 45/04, MDR 2005, 1427, 1428; OLG Celle v. 6.6.2012 – 10 UF 281/11, FamRZ 2012, 1894.
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Auf die Beschwerde über den Zuschlag anzuwendende Vorschriften
Rz. 12 § 96
liegt.16 Die Unterschrift muss allerdings nicht lesbar sein.17 Allein der Urkundsbeamte erstellt die Niederschrift. Unterzeichnet nur der Beschwerdeführer, kann die Niederschrift aber als Beschwerdeschrift anzusehen sein.18 Auch der Richter kann nach richtiger Auffassung die Beschwerde wirksam protokollieren.19 Denn er kann alle Aufgaben übernehmen, die dem Rechtspfleger übertragen sind. Er ist allerdings nicht zur Protokollierung der Niederschrift verpflichtet.20 d) Keine fernmündliche Einlegung der Beschwerde Nach richtiger Meinung setzt die Einlegung der sofortigen Beschwerde die persönliche Anwe- 10 senheit des Beschwerdeführers voraus.21 Telefonisch kann eine sofortige Beschwerde daher nicht eingelegt werden.22 Denn nur bei persönlicher Anwesenheit kann überprüft werden, welche Person das Rechtsmittel einlegt. e) Zuständiges Gericht Die sofortige Beschwerde kann gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO sowohl bei dem Gericht eingelegt werden, dessen Beschluss angefochten wird, als auch beim Beschwerdegericht.23 Dies kann das Verfahren verzögern, da die nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderliche Entscheidung über die Abhilfe u.U. die Rücksendung der Beschwerdeschrift an das erstinstanzliche Gericht erfordert. Zudem kann das Ausgangsgericht nicht ohne Anfrage beim Beschwerdegericht feststellen, ob Rechtskraft eingetreten ist. Da der Beschwerdeberechtigte in der Rechtsbehelfsbelehrung über das zuständige Gericht in Kenntnis zu setzen ist, resultieren für ihn aus der Verdoppelung der Einlegungsmöglichkeiten auch keine Vorteile der Art, dass er in jedem Fall das richtige Gericht angeht.
11
f) Einlegung bei einem anderen Gericht Die Einlegung der Beschwerde bei einem anderen Gericht wahrt die Beschwerdefrist des § 569 12 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur, wenn die Beschwerdeschrift innerhalb der Beschwerdefrist beim zuständigen Gericht eingeht.24 Das andere Gericht, auch das Beschwerdegericht ist zwar zur Weiterleitung der Beschwerdeschrift verpflichtet,25 hat hierbei aber keine besonderen Maßnahmen (etwa die beschleunigte Weiterleitung durch besonderen Wachtmeister) zu ergreifen, um die Wahrung der Beschwerdefrist zu sichern.26 Nur zusätzliche Fehler, etwa die Weiterleitung an ein unzuständiges Gericht, begründen die Wiedereinsetzung, wenn die Beschwerde-
16 BGH v. 6.12.1979 – VII ZB 13/79, VersR 1980, 331; BGH v. 10.3.2009 – VIII ZB 55/06, MDR 2009, 762 = NJW-RR 2009, 933. 17 BGH v. 8.10.1991 – XI ZB 6/91, Rpfleger 1991, 118. 18 Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 7. 19 Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 9; Baumbach/Hartmann, § 569 ZPO Rz. 15; Musielak/Voit/Ball, § 569 ZPO Rz. 8. 20 Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 9. 21 BGH v. 12.3.2009 – V ZB 71/08, Rpfleger 2009, 395, 396. 22 BGH v. 12.3.2009 – V ZB 71/08, Rpfleger 2009, 395. 23 BGH v. 12.3.2009 – V ZB 71/08, Rpfleger 2009, 395. 24 Musielak/Voit/Ball, § 569 ZPO Rz. 8. 25 BGH v. 17.8.2011 – XII ZB 50/11, MDR 2011, 1193 = FamRZ 2011, 1649, 1650 = NJW 2011, 3240, 3241. 26 KG v. 2.2.2010 – 16 UF 1/10, FGPrax 2010, 104.
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§ 96 Rz. 12 Auf die Beschwerde über den Zuschlag anzuwendende Vorschriften frist bei normalem Geschäftsgang gewahrt worden wäre. Gleiches gilt, wenn die Weiterleitung verzögert erfolgt.27 Entsprechendes gilt für Justizbehörden wie die Staatsanwaltschaft.28 4. § 570 ZPO 13
Wie die zivilprozessuale Beschwerde hat auch die Zuschlagsbeschwerde keine aufschiebende Wirkung.29 Das Beschwerdegericht kann aber, da die §§ 97–104 nichts anderes bestimmen, sonstige einstweilige Anordnungen treffen, insbesondere den Vollzug der Zuschlagsentscheidung aussetzen und Sicherheitsleistung anordnen. Die Wirksamkeit des Zuschlagsbeschlusses soll es allerdings wegen § 89 nicht suspendieren können.30 Auf keinen Fall kann ein Zuschlagsbeschluss „einstweilen aufgehoben“ werden, weil dies auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinausliefe.31 Das Rechtsbeschwerdegericht kann auch die Vollziehung von Entscheidungen erster Instanz aussetzen.32 5. § 571 ZPO a) Erforderlichkeit und Inhalt einer Begründung (§ 571 Abs. 1, 2 ZPO)
14
Mangels abweichender Regelung in den §§ 97–104 ist die Anordnung des § 571 Abs. 1 ZPO, wonach die Beschwerde begründet werden soll, auch im Zusammenhang mit der Zuschlagsbeschwerde nur eine Soll-Vorschrift. Eine nicht begründete Zuschlagsbeschwerde ist somit zwar formgerecht und muss in der Sache beschieden werden, wird aber regelmäßig nur auf die gemäß § 100 Abs. 3 von Amts wegen zu prüfenden Versagungsgründe zu prüfen sein.33 Für den möglichen Inhalt der Beschwerdebegründung gilt zwar § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO, wonach die Beschwerde auf neues Vorbringen gestützt werden kann. Allerdings wird die Möglichkeit neuen Vorbringens durch das ZVG vielerorts ausgeschlossen, da Tatsachenvortrag nur bis zu einem bestimmten Termin zulässig ist (s. z. B. §§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 59 Abs. 1 S. 1).34 Gleiches gilt für selbständige Verfahren, die der sofortige Beschwerde unterliegen (s. § 95 Rz. 6 ff.). Dortige Fehler können nur mit der Beschwerde gegen den betroffenen Beschluss geltend gemacht werden, nicht mehr mit der Zuschlagsbeschwerde. Neues Vorbringen ist zudem nur zu berücksichtigen, wenn es die in § 100 Abs. 1, 3 enumerierten Gründe betrifft. Da die Unzuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichtes nicht hierzu gehört, ist der Beschwerdeführer auch in der Zuschlagsbeschwerde mit dieser Rüge ausgeschlossen, unabhängig davon, ob man in § 100 eine von § 571 Abs. 2 S. 2 ZPO abweichende Regelung sehen will oder nicht. b) Verfahrensleitung (§ 571 Abs. 3, 4 ZPO)
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Mangels abweichender Regelung in den §§ 97-104 kann das Beschwerdegericht auch im Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde gemäß § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO Fristen für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln setzen, die die in § 571 Abs. 3 bezeichneten Folgen nach sich ziehen. Die Möglichkeit der Erklärung zu Protokoll gemäß § 571 Abs. 3 ZPO besteht in dem Beschwerdeverfahren wegen einer Entscheidung über den Zuschlag ebenfalls.
27 BGH v. 17.8.2011 – XII ZB 50/11, MDR 2011, 1193 = FamRZ 2011, 1649, 1650 = NJW 2011, 3240, 3241. 28 BGH v. 3.6.1987 – IVa ZR 292/85, BGHZ 101, 276 = MDR 1987, 917, 280. 29 BGH v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, NJW 1965, 2107. 30 Stöber, § 96 Rz. 2.2. 31 BVerfG v. 8.5.2019 – 2 BvQ 41/19, NJW 2019, 2077. 32 BGH v. 28.6.2019 – V ZB 16/19 Rz. 1. 33 Ähnlich Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 1; Stöber, § 100 Rz. 2.2; Löhnig/Cranshaw, § 96 Rz. 18 u. § 100 Rz. 1. 34 Stöber, § 96 Rz. 2.2.
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Beschwerde
§ 97
6. § 572 ZPO a) Abhilfeverfahren (§ 572 Abs. 1 ZPO) §§ 97–104 enthalten keine von § 572 Abs. 1 ZPO abweichende Regelung. Das Abhilfeverfahren ist also auch bei einer Zuschlagsbeschwerde durchzuführen.
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b) Entscheidung des Beschwerdegerichtes (§ 572 Abs. 2-4 ZPO) Die Prüfung, ob die Zuschlagsbeschwerde zulässig und begründet ist, richtet sich nach § 572 17 Abs. 2, 3 ZPO. Die Zulässigkeit der Beschwerde richtet sich nach den allgemeinen Regeln, insbesondere zur Prozessfähigkeit, Pozessführungsbefugnis etc. Besonderheiten etwa zur Unzulässigkeit wegen prozessualer Überholung35 können sich auch aus dem materiellen Grundstücksrecht (etwa dem gutgläubigen Erwerb nach § 892 BGB) ergeben.36 In diesem Fall bleibt dem Beschwerdeführer nur die Erledigterklärung.37 Die Entscheidungsform (durch Beschluss) ergibt sich aus § 572 Abs. 4 ZPO. § 101 Abs. 1 enthält nur insoweit eine Sonderregelung, als das Beschwerdegericht selbst über den Zuschlag entscheiden muss. Eine Zurückverweisung unter Übertragung der erforderlichen Anordnungen nach § 572 Abs. 3 letzter Halbs. ZPO scheidet also aus. Die Entscheidungsform durch Beschluss ist wegen § 572 Abs. 4 ZPO zwingend. Das entspricht auch der gesetzlichen Systematik, da die Entscheidung über den Zuschlag immer nach Anhörung aller Beteiligter ergeht.38 7. Rechtsbeschwerde (§§ 574 ff. ZPO) Die Sonderregelungen der §§ 97–104 beziehen sich durchweg nur auf das Verfahren vor dem Beschwerdegericht. Deshalb finden die diesbezüglichen Regelungen in den §§ 574 ff. ZPO auch auf die Zuschlagsbeschwerde Anwendung. So kann die Rechtsbeschwerde nur durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden.39 Eine Ausnahme von den allgemeinen Vorschriften gilt nach § 101 Abs. 2 nur für den Fall, dass das Beschwerdegericht den erstinstanzlich zurecht erteilten Zuschlag nach Auffassung des Rechtsbeschwerdegerichtes unzutreffend versagt hat. Ferner ist nach allgemeiner Auffassung die Verbindung mehrerer Rechtsmittel analog § 99 Abs. 2 auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorzunehmen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde kann bei Zurückweisung der sofortigen Beschwerde nur von dem Beschwerdeführer zweiter Instanz eingelegt werden. Anderen Beteiligten fehlt es an der Beschwer.40
§ 97 [Beschwerde] (1) Die Beschwerde steht im Falle der Erteilung des Zuschlags jedem Beteiligten sowie dem Ersteher und dem für zahlungspflichtig erklärten Dritten, im Falle der Versagung 35 Allg. hierzu BGH v. 10.10.2003 – IXa ZB 128/03, Rpfleger 2004, 172, 173; BGH v. 2.3.2017 – I ZB 66/16, Rpfleger 2017, 570, 571. 36 KG v. 16.1.1976 – 1 W 654/73, Rpfleger 176, 368, 379; OLG Frankfurt/M. v. 31.1.1991 – 20 W 32/90, Rpfleger1991, 380 f. 37 BGH v. 2.3.2017 – I ZB 66/16, Rpfleger 2017, 570, 571. 38 Jaeckel-Güthe, § 96 Rz. 1; Löhnig/Cranshaw, § 96 Rz. 1. 39 BGH v. 21.3.2002 – IX ZB 18/02, MDR 2002, 962 = Rpfleger 2002, 368. 40 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, MDR 2014, 1230 = NJW-RR 2014, 1279, 1280.
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§ 97 Rz. 1 Beschwerde dem Gläubiger zu, in beiden Fällen auch dem Bieter, dessen Gebot nicht erloschen ist, sowie demjenigen, welcher nach § 81 an die Stelle des Bieters treten soll. (2) Im Falle des § 9 Nr. 2 genügt es, wenn die Anmeldung und Glaubhaftmachung des Rechts bei dem Beschwerdegericht erfolgt.
I. Geschichte und Zweck der Norm . . . . II. Bedeutung der Regelung . . . . . . . . . 1. Beschwerdeberechtigung und Beschwer . a) Verletzung eines der Rechte nach § 100 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bloße Verletzung von Verfahrensrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abänderung der Zuschlagserteilung als zwingendes Ziel der Beschwerde . . . . . 3. Fortdauer der Beschwerdeberechtigung . a) Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . b) Keine Zwischenfeststellung . . . . . . III. Die zur Anfechtung des Zuschlags Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Alle Beteiligten gemäß § 9 . . . . . . . . . a) Schuldner und Gläubiger . . . . . . . . b) Inhaber eingetragener Rechte . . . . . 2. Inhaber von Rechten, die der Vollstreckung entgegenstehen . . . . . . . . . 3. Der Ersteher . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der für zahlungspflichtig Erklärte . . . . 5. Der Zessionar . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Sonstige Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . 7. An Stelle eines Beschwerdeberechtigten Verfügungsberechtigter . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 2 2 3 4 5 5 6 7 7 7 8 9 10 11 12 14 15
Rz. IV. Die bei Versagung des Zuschlags Beschwerdeberechtigten . . . . . . . . . . 1. Einschränkung des Beschwerderechtes . a) Keine Berücksichtigung der Beteiligten nach § 9 Nr. 1, 2 . . . . . . . . . . . b) Keine Berücksichtigung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Berücksichtigung des Bürgen nach § 69 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . . 2. Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zessionare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Personenmehrheiten . . . . . . . . . . . . VI. Ausübung des Beschwerderechtes durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnachfolger und Pfändungsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Für den Beschwerdeberechtigten handelnde Personen . . . . . . . . . . . . . VII. Prüfung der Beschwerdeberechtigung durch das Gericht . . . . . . . . . . . . . . 1. Amtsermittlung und Freibeweis . . . . . . 2. Prüfungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . 3. Doppelt relevante Tatsachen . . . . . . . .
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I. Geschichte und Zweck der Norm 1
§ 97 entspricht weitgehend § 128 des Entwurfs von 1889. Lediglich die Beschwerdebefugnis des für zahlungspflichtig erklärten Dritten (§ 69 Abs. 2) und desjenigen, dem die Rechte aus dem Meistgebot abgetreten wurden (§ 81 Abs. 1), wurden in § 97 Abs. 1 kürzer gefasst. § 97 ist seit 1898 unverändert. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten.1
II. Bedeutung der Regelung 1. Beschwerdeberechtigung und Beschwer a) Verletzung eines der Rechte nach § 100 Abs. 1 2
Der Wortlaut des § 97 Abs. 1 setzt für die Beschwerdeberechtigung die dort bestimmte Stellung im Verfahren als Beteiligter, Ersteher oder für zahlungspflichtig erklärter Dritter etc. voraus. Weitere Voraussetzung ist das Vorliegen eines der in § 100 abschließend aufgeführten Beschwerdegründe. Begrenzt wird die Beschwerdeberechtigung ferner dadurch, dass nach 1 Stöber, § 97 Rz. 1.
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Beschwerde
Rz. 4 § 97
§ 100 Abs. 2 nicht nur das Recht eines anderen Verfahrensbeteiligten betroffen sein darf. In diesem Falle wäre das Rechtsmittel mangels Beschwer unzulässig. Allerdings kann ein Beschwerdeberechtigter in verschiedenen Verfahrensrollen von der angegriffenen Entscheidung betroffen sein, etwa als Gläubiger und Ersteher. Dann genügt die Verletzung eines Rechtes, das nur einen Verfahrensbeteiligten schützen soll.2 b) Bloße Verletzung von Verfahrensrechten Bei Beschwerden nach der ZPO3 oder dem FamFG4 verleiht die bloße Verletzung eines Verfahrensrechts noch keine Beschwerdeberechtigung. Dort besteht kein subjektives Recht auf ein korrektes Verfahren. Dies ist dem Wortlaut der §§ 97, 100 nicht zu entnehmen, der keine weitere Beschwer des Beschwerdeführers über die Verletzung einer der dort aufgeführten Verfahrensvorschriften voraussetzt, die auch den Beschwerdeführer schützen. Hieraus ist aber nicht zu folgern, dass der Beschwerdeführer nicht beschwert sein muss. Bereits die Motive setzen voraus, „dass nur derjenige, welcher in seinen materiellen Rechten verletzt ist, sich beschweren kann,“5 was als allgemeiner Grundsatz des Verfahrensrechtes angesehen wird. Die Regelungen in § 97 sind also als Einschränkung der Beschwerdebefugnis anzusehen: Die materiell-rechtlich Betroffenheit ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Beschwerdebefugnis; hinzu müssen die Voraussetzungen der §§ 97, 101 treten.6 Zudem ist eine Beschwer häufig zwingende Folge der Verfahrensrolle: Dass der Meistbietende bzw. Ersteher mit Zahlungspflichten belastet wird, ist notwendige Folge seines Gebotes und keine Beschwer, aus der alleine die Beschwerdebefugnis resultiert.7 Allerdings wird angesichts der besonderen Bedeutung der Einhaltung der Verfahrensvorschriften der hiervon Geschützte bei ihrer Verletzung regelmäßig auch beschwert sein. Demnach besteht die Beschwerdeberechtigung selbst dann, wenn nicht sicher ist, ob es bei einer korrekten Verfahrensgestaltung in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu einer günstigeren Entscheidung für den Beschwerdeführer gekommen wäre. Es genügt die bloße Möglichkeit.8 Wird etwa die Bietzeit nicht eingehalten (§ 100 Abs. 1, § 83 Nr. 7, § 73 Abs. 1) bedarf es keiner Darlegungen in der Beschwerdeschrift zu irgendwelchen möglichen Folgen.9 Der Prüfung bedarf alleine die Frage, ob sich der Beschwerdeführer auf das verletzte Recht berufen kann. Überdies ist die Beschwerdeberechtigung nicht von einer Mindestbeschwer wie nach § 568 Abs. 2 ZPO oder § 61 Abs. 1 FamFG abhängig.
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2. Abänderung der Zuschlagserteilung als zwingendes Ziel der Beschwerde Der Wortlaut des § 97 ist zudem insoweit zu weit geraten, als er noch nicht einmal das inhaltliche Begehren einer Änderung der angegriffenen Zuschlagsentscheidung im Tenor voraussetzt. Der Beschwerdeführers muss die Abänderung der Zuschlagsentscheidung erstreben, also eine Änderung im Tenor, nicht nur in eventuellen Gründen erstreben.10 Auch einer Beschwerde der nach § 97 Beschwerdeberechtigten fehlt es also an der Beschwerdebefugnis, wenn sich der Beschwerdeführer etwa alleine gegen die Begründung der Entscheidung, nicht aber gegen den Zuschlag selbst wendet. Nur ausnahmsweise, etwa bei einer Auslösung außerhalb des Ver-
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Löhnig/Cranshaw, § 97 Rz. 1. Hierzu Zöller/Heßler, 31. Aufl. 2016, § 567 ZPO Rz. 5. Hierzu Prütting/Helms/Abramenko, 4. Aufl. 2018, § 59 Rz. 3 ff. Motive, S. 247. Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 1. Vgl. Stöber, § 97 Rz. 2.7. Motive, S. 247. BGH v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = Rpfleger 2008, 433, 434. Zöller/Heßler, § 567 ZPO Rz. 5; Baumbach/Hartmann, § 567 ZPO Rz. 13.
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§ 97 Rz. 4 Beschwerde fahrens liegender gesetzlicher Nebenfolgen, kann die Beeinträchtigung auch in der Begründung der Entscheidung liegen.11 3. Fortdauer der Beschwerdeberechtigung a) Maßgeblicher Zeitpunkt 5
Die Fortdauer der Beschwerdeberechtigung wird im Zwangsversteigerungsverfahren selten problematisch sein. Maßgeblich hierfür ist der Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde.12 So kann die Beschwerdeberechtigung erlöschen wenn ein Dritter das Grundstück vor der Entscheidung über die sofortige Beschwerde gutgläubig erwirbt. Denn dann ist der Eigentumserwerb unanfechtbar geworden.13 b) Keine Zwischenfeststellung
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In diesen Ausnahmefällen einer Erledigung der Zuschlagsbeschwerde sieht das ZVG im Gegensatz zu anderen Verfahrensordnungen (z.B. § 62 FamFG) eine isolierte Feststellung der Rechtsverletzung nicht vor. Dem Beschwerdeführer bleibt in der Regel nur die Rücknahme der Beschwerde. Eine Erledigterklärung ist grundsätzlich möglich, bringt aber mangels Gegners regelmäßig keine Vorteile im Hinblick auf die Verfahrenskosten.
III. Die zur Anfechtung des Zuschlags Berechtigten 1. Alle Beteiligten gemäß § 9 a) Schuldner und Gläubiger 7
Zur Beschwerde berechtigt sind zunächst nach § 9 Halbs. 1 der Schuldner und der betreibende Gläubiger. Bei einer Mehrzahl betreibender Gläubiger ist jeder für sich beschwerdeberechtigt.14 Schuldner und Gläubiger können ein vitales Interesse an der Beseitigung des Zuschlags haben, der Schuldner schon infolge seines Eigentumsverlustes, beide aufgrund eines Zuschlags auf ein zu geringes Gebot.15 Im Falle der Sonder- und Gesamtrechtsnachfolge soll eine Umschreibung des Titels nicht erforderlich sein (vgl. Rz. 23). b) Inhaber eingetragener Rechte
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Beschwerdeberechtigt sind ferner gemäß § 9 Nr. 1 die nicht selbst vollstreckenden Inhaber von Rechten, die bei Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks eingetragen waren, ebenso diejenigen, zu deren Gunsten eine Vormerkung wegen eines solchen Rechts eingetragen ist. § 97 Abs. 1 beschränkt die Beschwerdebefugnis nicht auf Inhaber solcher Rechte, die gemäß § 91 Abs. 1 mit dem Zuschlag erlöschen. Auch die Inhaber der nach § 52 bestehenbleibenden Rechte sind nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift beschwerdeberechtigt. Gleiches gilt für den Vormerkungsberechtigten, dessen Vormerkung bestehen bleibt und die Durchsetzung des Rechtes auf dem Wege des § 885 BGB auch gegen den Ersteher sichert. Der bloße Anspruch 11 Vgl. im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit BayObLG v. 27.11.1975 – BReg 1 Z 59/75, BayObLGZ 1975, 421, 424; ähnlich BayObLG v. 13.2.1975 – BReg 1 Z 82/74, BayObLGZ 1975, 62, 64 = FamRZ 1976, 104, 106. 12 Musielak/Voit/Ball, § 567 ZPO Rz. 19; Zöller/Heßler, § 567 ZPO Rz. 5; Baumbach/Hartmann, § 567 ZPO Rz. 13. 13 OLG Frankfurt/M. v. 31.1.1991 – 20 W 32/90, MDR 1991, 900 = Rpfleger 1991, 380. 14 Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 2. 15 LG München II, Beschl. v. 31.7.2017 – 7 T 504/17, Rpfleger 2018, 44, 45.
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auf (Rück)gewähr eines solchen Rechtes verleiht die Beschwerdebefugnis nach § 97 noch nicht.16 2. Inhaber von Rechten, die der Vollstreckung entgegenstehen Beschwerdeberechtigt sind nach §§ 97 Abs. 1, 9 Nr. 2 auch die Inhaber sonstiger Rechte, die 9 der Zwangsvollstreckung entgegenstehen. Denn auch sein Recht würde mit dem Zuschlag untergehen. Ihm gewährt § 97 Abs. 2 sogar die Möglichkeit, sein Recht erst beim Beschwerdegericht anzumelden und glaubhaft zu machen.17 Dies kann auch in der Beschwerdeschrift geschehen.18 Eine verspätete Anmeldung beim Vollstreckungsgericht ist an das Beschwerdegericht weiterzuleiten.19 Unterlässt er die (nachträgliche) Anmeldung, ist seine Beschwerde mangels Beschwerdeberechtigung unzulässig.20 Erfolgt der Beitritt eines Gläubigers erst nach Erteilung des Zuschlags, wird er mit dessen Rechtskraft rückwirkend unwirksam, so dass die Beschwerdeberechtigung entfällt.21 Der Umstand, dass der Inhaber der Rechte nach § 9 Nr. 2 bis zur Anmeldung noch nicht am Verfahren beteiligt wurde, stellt zudem keinen Anfechtungsgrund dar.22 Auch die Beschwerdefrist verlängert sich hierdurch nicht.23 Streitig ist die Frage, ab wann der Gläubiger eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Rückgewähr einer (Sicherungs-) Grundschuld beschwerdeberechtigt ist. Dies dürfte erst ab Erfüllung des Anspruchs der Fall sein, da erst ab diesem Zeitpunkt eine dingliche Grundlage für die Ausübung des Beschwerderechtes vorliegt.24 3. Der Ersteher Gegen den Zuschlag kann stets auch der Ersteher Beschwerde einlegen. Das rechtfertigt sich schon daraus, dass er aufgrund des Zuschlagbeschlusses zur Zahlung des (vermeintlichen) Meistgebotes verpflichtet ist. Die Beschwerdeberechtigung ist etwa dann gegeben, wenn der Ersteher aufgrund einer Verletzung von Rechten nach § 100 Abs. 1 auch materiell-rechtlich betroffen ist, etwa schon auf ein früheres Gebot hätte den Zuschlag erteilt bekommen müssen.25 Gleiches gilt, wenn der Zuschlag nicht zu den festgelegten Versteigerungsbedingungen erfolgt.26 Der Ersteher ist auch dann beschwerdebefugt, wenn der vermeintliche Ersteher für einen Bevollmächtigten gehandelt, aber an seiner Stelle den Zuschlag erhalten hat.27 Ausnahmsweise kann der Ersteher auch den auf sein vermeintliches Gebot erfolgten Zuschlag anfechten, wenn er geltend macht, dass sein Gebot rechtlich inexistent sei.28 Fraglich erscheint jedoch die Annahme in den Motiven, der Ersteher könne die Erteilung auch mit der Begründung anfechten, sein Meistgebot sei nicht das Meistgebot.29 Denn dann hat er entsprechend
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OLG Köln v. 29.2.1988 – 2 W 163/87-2 W 163/87, Rpfleger 1988, 324. OLG Koblenz v. 18.9.1989 – 4 W 497/89, Rpfleger 1989, 517; hierzu schon Motive, S. 247. Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 2. Motive, S. 248. OLG Koblenz v. 18.9.1989 – 4 W 497/89, Rpfleger 1989, 517, 518; LG Hannover, Beschl. v. 20.2.2018 – 1 T 1/18 Rz. 23 (zit. nach juris). Stöber, § 97 Rz. 2.2. Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 2; Stöber, § 97 Rz. 2.2. Löhnig/Cranshaw, § 97 Rz. 5. So Löhnig/Cranshaw, § 97 Rz. 3 m. Fn. 2; a.A. Stöber, § 97 Rz. 2.3. Motive, S. 248. KG v. 4.6.1976 – 1 W 1977/76, Rpfleger 1977, 146; Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 3; Stöber, § 97 Rz. 2.7; Löhnig/Cranshaw, § 97 Rz. 2. KG v. 4.6.1976 – 1 W 1977/76, Rpfleger 1977, 146. KG v. 4.6.1976 – 1 W 1977/76, Rpfleger 1977, 146; Motive, S. 248. Motive, S. 248; ähnlich Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 3.
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§ 97 Rz. 10 Beschwerde seinem (Unter)gebot den Zuschlag erhalten. Dass möglicherweise in höheres Gebot existiert, beschwert nicht ihn, sondern ausschließlich den anderen Bieter.30 4. Der für zahlungspflichtig Erklärte 11
Ebenso wie der Ersteher ist auch derjenige beschwerdebefugt, der nach § 69 Abs. 2 für die Zahlung der Sicherheit gebürgt hat. Die Nennung im Zuschlagsbeschluss gemäß § 82 ist nach dem Wortlaut des § 97 Abs. 1 erforderlich; die bloße Bürgschaft alleine genügt nicht.31 Die Beschwerdebefugnis des für zahlungspflichtig Erklärten besteht unabhängig vom Ersteher. Allerdings kann es ihm auch dann an einer Beschwer fehlen, wenn der Ersteher beschwerdeberechtigt ist, etwa bei Annahme eines fehlerhaften Übergehens eines früheren Gebotes des Erstehers. Denn seine Haftung für die vergleichsweise geringe Sicherheitsleistung wird häufig auch dann bestehen, wenn der Ersteher ein von ihm abgegebenes, aber seiner Auffassung zufolge unwirksames Übergebot angreifen kann.32 Der Bürge kann alleine geltend machen, dass das Gebot unwirksam ist, weil er dann ähnlich wie der Meistbietende zu Unrecht für die Sicherheitsleistung haftet. Der für zahlungspflichtig Erklärte kann den Zuschlagsbeschluss aber nicht aus anderen Gründen anfechten als der Ersteher.33 Insbesondere ist die Realisierung seiner Haftung für die Sicherheit ist alleine keine Beschwer, da sie notwendige Folge der Bürgschaft ist. Ebenso wenig kann er eine Beschwerde auf Fehler im Innenverhältnis zum Meistbietenden, etwa die Anfechtung der Bürgschaft nach §§ 119 BGB stützen.34 5. Der Zessionar
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Beschwerdeberechtigt ist ferner derjenige, dem gemäß § 81 die Rechte aus dem Meistgebot abgetreten wurden. Da § 97 dem klaren Wortlaut nach schon hinsichtlich der Beschwerdeberechtigung auf § 81 verweist, handelt es sich in vollem Umfang um Zulässigkeitsvoraussetzungen. Das Vollstreckungsgericht hat also schon im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung etwa das Vorliegen einer öffentlich beglaubigten Urkunde zu prüfen. Fehlt es an einem dieser Tatbestandsmerkmale, so ist die Beschwerde mangels Beschwerdeberechtigung unzulässig. Allerdings dürfte bei behebbaren Mängeln gerade dann, wenn das Gesetz nachträgliche Erklärungen für zulässig befindet, regelmäßig vor der Entscheidung ein Hinweis geboten sein. Dem Zessionar muss jedenfalls bei unerkannten Mängeln die Möglichkeit gegeben sein, diese zu beheben.
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Das Gesetz sieht die Beschwerdeberechtigung von Meistbietendem und Zessionar kumulativ vor. Das mutet auf den ersten Blick erstaunlich an, da der Zessionar ja an die Stelle des Erstehers tritt. Gleichwohl ist diese Verdoppelung der Beschwerdeberechtigten hinzunehmen. Denn der Meistbietende und der Ersteher haften im Falle des Zuschlags gemäß § 81 Abs. 4 gesamtschuldnerisch. Folglich muss auch dem Meistbietenden die Möglichkeit blieben, sich gegen eine unrichtige Erteilung des Zuschlags zu wehren. 6. Sonstige Bieter
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Das Recht zur Beschwerde kann auch sonstigen Bietern neben dem Ersteher zustehen. Dies ist dann von Bedeutung, wenn sie die Erteilung des Zuschlags an ein anderes Gebot für unzulässig halten. Die Beschwerdeberechtigung setzt aber nach dem Gesetzeswortlaut voraus,
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So zutreffend KG v. 4.6.1976 – 1 W 1977/76, Rpfleger 1977, 146, 147. Implizit ebenso Löhnig/Cranshaw, § 97 Rz. 2. Motive, S. 248. Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 3. Motive, S. 248.
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dass ihr Gebot nicht erloschen ist.35 Der Bieter kann also nur dann Beschwerde einlegen, wenn entweder ein Beteiligter der Zulassung eines höheren Gebotes nach § 72 Abs. 1 S. 1 oder der Bieter der Zurückweisung seines höheren Gebotes nach § 72 Abs. 2 widersprochen hat. Anderenfalls ist die Beschwerde des Bieters schon deshalb mangels Beschwerdeberechtigung unzulässig, weil sein Gebot erloschen ist. 7. An Stelle eines Beschwerdeberechtigten Verfügungsberechtigter An die Stelle eines der oben genannten Beschwerdeberechtigten tritt ein zur Verfügung über dessen Vermögen Berechtigter, etwa ein Testamentsvollstrecker für den Erben oder gemäß § 80 Abs. 1 InsO der Insolvenzverwalter für den Insolvenzschuldner. Die Verfügungsbefugnis des letzteren geht aber wieder auf den Insolvenzschuldner über, wenn der Insolvenzverwalter den Vollstreckungsgegenstand freigibt.36
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IV. Die bei Versagung des Zuschlags Beschwerdeberechtigten 1. Einschränkung des Beschwerderechtes a) Keine Berücksichtigung der Beteiligten nach § 9 Nr. 1, 2 Wird der Zuschlag versagt, schränkt das Gesetz den Kreis der Beschwerdeberechtigten ein. Es 16 sind nicht mehr alle Beteiligten wie bei der Erteilung des Zuschlags beschwerdebefugt. Ähnliches gilt im Hinblick auf den nach § 81 Abs. 2, § 61 Abs. 1 zahlungspflichtigen Dritten.37 Ohne weiteres einsichtig ist dies im Falle der Inhaber eingetragener Rechte, der Vormerkungsberechtigten und der Inhaber sonstiger, der Vollstreckung entgegenstehender Rechte. Für sie ändert sich durch die Entscheidung ja nichts. Sie können also in rechtlicher Hinsicht nicht beschwert sein. Alleine der Umstand, dass ein neuer Eigentümer häufig eher in der Lage sein wird, die Immobilie sachgerecht instandzuhalten und instandzusetzen, kann zwar den wirtschaftlichen Wert auch eines Grundpfandrechtes erheblich beeinflussen.38 Nach der Wertung des Gesetzgebers stellt dies jedoch nur einen wirtschaftlichen Reflex dar, der keine rechtliche Beschwer bei Versagung des Zuschlags begründet.39 Dies gilt sinngemäß auch für die Rechtsbeschwerde, die sich gegen eine Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses durch das Beschwerdegericht wendet.40 b) Keine Berücksichtigung des Schuldners Ähnlich bewertet der Gesetzgeber offenbar die Interessen des Schuldners. Er verliert sein Eigentum nicht, so dass er bei dieser Betrachtungsweise durch die Versagung des Zuschlags nicht beschwert und folglich nach § 97 Abs. 1 auch nicht beschwerdebefugt ist. Diese Wertung erscheint nicht zwingend, da die Erzielung eines möglichst hohen Gebotes anderen Ortes auch vom Gesetz als Ziel des Verfahrens angesehen (vgl. § 85a Abs. 1) oder gar fingiert wird (vgl. § 114 Abs. 1 S. 2).41 Immerhin hat die Rechtsprechung aus ähnlichen Gründen auch die Beschwerde des Schuldners gegen einen zu hohen Verkehrswert als zulässig angesehen, um eine
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Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 4. BGH v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, NJW-RR 2008, 360, 361. OLG Hamm v. 24.4.1975 – 15 W 127/75, Rpfleger 1975, 264. Zu unbeachtlichen tatsächlichen Interessen s. auch Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 5. OLG Hamm v. 24.4.1975 – 15 W 127/75, Rpfleger 1975, 264; KG v. 4.6.1976 – 1 W 1977/76, Rpfleger 1977, 146. 40 OLG Hamm v. 24.4.1975 – 15 W 127/75, Rpfleger 1975, 264. 41 In diesem Sinne auch Hintzen, Rpfleger 1997, 150 f.
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§ 97 Rz. 17 Beschwerde angemessene Verwertung zu ermöglichen.42 Auch wenn also einiges dafür spricht, auch dem durch die Versagung eines hohen Gebotes belasteten Schuldner die Beschwerdeberechtigung zuzuerkennen, läuft dies aber dem Willen des historischen Gesetzgebers zuwider.43 Eine Ausnahme soll bei der Versagung des Zuschlags auf eine unwirksames Gebot gelten, da die Zurückweisung des Gebotes mit dem Fortbestehen der Wertgrenzen nach § 74a Abs. 1, § 85a Abs. 1 besseren Rechtsschutz gewährt.44 c) Keine Berücksichtigung des Bürgen nach § 69 Abs. 2 18
Entgegen bisweilen vertretener Auffassung45 ist der Bürge nach § 69 Abs. 2 bei Versagung des Zuschlags nicht beschwerdebefugt. Er wurde bei Versagung des Zuschlags ja gerade nicht für zahlungspflichtig erklärt, kann ähnlich wie der Gläubiger durch die Versagung des Zuschlags niemals in seinen Rechten beeinträchtigt sein, da seine Bürgenhaftung bei Versagung des Zuschlags gerade nicht in Anspruch genommen werden kann. 2. Gläubiger
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Bei der Versagung des Zuschlags ist auch der Gläubiger beschwerdeberechtigt. Dies setzt anders als bei der Erteilung des Zuschlags nicht voraus, dass sein Recht im Grundbuch gewahrt ist. Auch der Gläubiger, der aus einem schuldrechtlichen Anspruch betreibt ist beschwerdebefugt. Diese Befugnis resultiert daraus, dass er ein rechtliches Interesse an der Beendigung des Verfahrens und der Befriedigung durch den Erlös hat. Dies gilt auch dann, wenn es sich um ein günstiges Angebot handelt, bei dem er noch (teilweise) befriedigt worden wäre.46 Allerdings muss er das Verfahren betrieben haben. Im Falle der Einstellung seines Verfahrens ist er nicht beschwerdebefugt.47 Hingegen genügt der Beitritt zwischen Verkündung und Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses.48 3. Zessionare
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Die Beschwerdeberechtigung derjenigen, denen das Recht aus dem Meistgebot abgetreten wurde, behandelt § 97 Abs. 1 bei Erteilung und Versagung des Zuschlags genau parallel. Bei der Versagung des Zuschlags ist die kumulative Beschwerdeberechtigung von Ersteher und Zessionar sogar noch einfacher einsichtig. Für den Zessionar ergibt sich dies schon aus der unmittelbaren Beeinträchtigung seiner Rechte durch die Versagung des Zuschlags. Der Zedent wiederum muss dem Zessionar gegenüber im Innenverhältnis für die Werthaltigkeit des abgetretenen Rechtes einstehen, so dass es nur folgerichtig ist, wenn er sich gegen eine unrichtige Versagung des Zuschlags wehren kann. 4. Bieter
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Durch die Versagung des Zuschlags wird auch der Bieter in seinen Rechten beeinträchtigt, dem der Zuschlag zu erteilen wäre. Wenn das Gesetz vom Bieter im Singular spricht, ist dies eine Nachlässigkeit des Gesetzgebers. Es können mehrere Bieter beschwerdebefugt sein, da auch u.U. ein Untergebot nach § 72 Abs. 2 nicht erlischt, wenn der Bieter der Zurückweisung 42 BGH v. 27.2.2004 – IXa ZB 185/03, NZM 2004, 479. 43 Motive, S. 248; hierzu ausführlich Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 5; Stöber, § 97 Rz. 2.11; OLG Köln v. 21.11.1996 – 2 W 210/96, Rpfleger 1997, 176. 44 BGH v. 18.10.2007 – V ZB 75/07, MDR 2008, 229 = Rpfleger 2008, 147. 45 Löhnig/Cranshaw, § 97 Rz. 6. 46 Stöber, § 97 Rz. 2.11. 47 OLG Nürnberg v. 16.7.1975 – 7 W 15/75, MDR 1976, 234. 48 Jaeckel/Güthe, § 97 Rz. 5.
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Beschwerde
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sofort widerspricht oder eine Sicherheitsleistung gemäß § 72 Abs. 4 nicht erbracht wird. Zumindest theoretisch sind somit Beschwerden sowohl des Meistbietenden als auch eines anderen Bieters denkbar, dessen Gebot nicht erloschen ist.
V. Personenmehrheiten Bei Personenmehrheiten ist danach zu unterscheiden, ob diese unverbunden oder rechtlich verselbständigt sind. Ist letzteres der Fall und besteht eine Geschäftsführungsbefugnis wie etwa bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, so muss das zuständige Organ, etwa der geschäftsführende Gesellschafter, nach einem entsprechenden Willensbildungsprozess innerhalb der Gesellschaft ausüben. Entsprechendes gilt natürlich bei rechtsfähigen Gebilden wie der Wohnungseigentümergemeinschaft oder einer juristischen Person. Stehen die Personen dagegen unverbunden, ohne innere Struktur, nebeneinander wie bei Gesamthandsgemeinschaften oder Bruchteilsgemeinschaften, so ist jeder einzelne beschwerdebefugt.49 Denn es ist nicht nur ein allen Personen gemeinschaftlich zustehendes Recht, sondern die Mitberechtigung jedes einzelnen betroffen.
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VI. Ausübung des Beschwerderechtes durch Dritte 1. Rechtsnachfolger und Pfändungsgläubiger Das Beschwerderecht kann auf einen Rechtsnachfolger übergehen, etwa im Falle der Gesamtrechtsnachfolger nach § 1922 BGB. Die Umschreibung des Vollstreckungstitels soll für einen Gläubiger nicht erforderlich sein.50 Auch dem Pfändungsgläubiger steht ein Beschwerderecht zu, wenn die erstinstanzliche Entscheidung sein Pfandrecht an einer gepfändeten Sache oder Forderung beeinträchtigt.51 Dies gilt selbst dann, wenn die (wirksame) Pfändung erst nach der Einlegung der Beschwerde erfolgte.52
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2. Für den Beschwerdeberechtigten handelnde Personen Die personale Zuordnung des beeinträchtigten Rechtes und der Befugnis, hiergegen Beschwerde einzulegen, kann auseinanderfallen. Bei beschränkter Geschäftsfähigkeit ist etwa der gesetzliche Vertreter zur Ausübung des Beschwerderechts befugt. Entsprechendes kann bei einer Betreuung gelten, deren Aufgabenbereich die Einlegung des Rechtsmittels umfasst.53 Materiell berechtigt bleibt aber das Kind bzw. der Mündel oder der Betreute; es kommt also auf seine Rechte an. Ähnliches gilt für Verfahrensstandsschafter, etwa Testamentsvollstrecker oder Insolvenzverwalter, die kraft Amtes fremde Rechte wahrnehmen.54
49 So für die Gesamthandsgemeinschaft Stöber, § 97 Rz. 1.5. 50 Stöber, § 97 Rz. 2.2. 51 Stöber, § 97 Rz. 2.5; vgl. BayObLG v. 7.8.1973 – BReg 1 Z 36/73, BayObLGZ 1973, 224, 226; KG v. 16.3.1999 – 1 W 6452/98, FGPrax 1999, 157, 158. 52 Vgl. KG v. 16.3.1999 – 1 W 6452/98, FGPrax 1999, 157, 158 sogar für den Fall der Pfändung nach Einlegung der weiteren Beschwerde. 53 OLG Saarbrücken v. 13.10.2000 – 5 W 259/00–95, MDR 2001, 634 = FGPrax 2001, 70, 71. 54 Stöber, § 97 Rz. 2.4.
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§ 97 Rz. 25 Beschwerde
VII. Prüfung der Beschwerdeberechtigung durch das Gericht 1. Amtsermittlung und Freibeweis 25
Die Beschwerdeberechtigung ist gemäß § 572 Abs. 2 ZPO durch das Beschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen.55 Selbst das Gericht der sofortigen weiteren Beschwerde hat in diesem Zusammenhang eigene Feststellungen zu treffen.56 Es ist dabei nicht auf das Vorbringen des Beschwerdeführers beschränkt, auch dann nicht, wenn es (erfolglos) eine Frist zur Beschwerdebegründung nach § 571 Abs. 3 S. 1 ZPO gesetzt hat. Denn die Zulässigkeit ist von Amts wegen zu ermitteln, so dass erheblicher – wenn auch nach Fristablauf vorgebrachter – Vortrag hierzu nicht ignoriert werden kann. 2. Prüfungsumfang
26
Das Gericht darf sich dabei nicht auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränken. Allein die Rechtsbehauptung des Beschwerdeführers, er sei in einem eigenen Recht gemäß § 100 Abs. 2 beeinträchtigt, genügt also nicht. Etwa die Gläubigerstellung muss tatsächlich vorliegen, nicht nur behauptet werden.57 Das Gericht kann das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen wie im Zivilprozess im Freibeweisverfahren klären.58 Der Beschwerdeführer trägt grundsätzlich der Feststellungslast für seine Beschwerdeberechtigung. Lässt sie sich nicht positiv feststellen, geht dies zu seinen Lasten.59
27
Für Beteiligt nach § 9 Nr. 2 ZVG genügt es nicht, sich auf diese Eigenschaft zu berufen. Aus ihrer Anmeldung muss ersichtlich werden, was angemeldet wird. Dies erfordert die Bezeichnung des Rechtes, seines Grundes, des Geldbetrages und des beanspruchten Ranges.60 3. Doppelt relevante Tatsachen
28
Eine Tatsache kann sowohl für die Beschwerdeberechtigung als auch für die Begründetheit der Beschwerde bedeutsam sein. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Inhaberschaft eines behaupteten Rechts nach § 9 Nr. 2 auch für den sachlichen Erfolg der Beschwerde erheblich ist. In diesen Fällen ist die Richtigkeit der doppelrelevanten Tatsache nicht als Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit zu prüfen.61
§ 98 [Beschwerdefrist] Die Frist für die Beschwerde gegen einen Beschluß des Vollstreckungsgerichts, durch welchen der Zuschlag versagt wird, beginnt mit der Verkündung des Beschlusses. Das gleiche
55 Stöber, § 97 Rz. 2.4; Zöller/Vollkommer, § 56 ZPO Rz. 2. 56 BayObLG v. 5.2.1992 – BReg 1 Z 28/91, Baumbach/Hartmann, § 572 ZPO Rz. 11. 57 Vgl. OLG Zweibrücken v. 8.3.1977 – 3 W 19/77, Rpfleger 1977, 305; BayObLG v. 27.2.1996 – 3 Z BR 337/95, BayObLGZ 1996, 52, 54. 58 Zöller/Vollkommer, § 56 ZPO Rz. 2; vgl. BGH v. 5.7.2000 – XII ZB 110/00, NJW-RR 2001, 280; BGH v. 24.7.2001 – VIII ZR 58/01, NJW 2001, 2888. 59 Zöller/Vollkommer, § 56 ZPORz. 9. 60 LG Hannover, Beschl. v. 20.2.2018 – 1 T 1/18 Rz. 23 (zit. nach juris). 61 OLG Zweibrücken v. 8.3.1977 – 3 W 19/77, Rpfleger 1977, 305; OLG Zweibrücken v. 23.12.1977 – 3 W 126/77, OLGZ 1978, 155; BayObLG v. 9.1.1992 – BReg 1 Z 47/91, FamRZ 1992, 1205 f.
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Beschwerdefrist
Rz. 1 § 98
gilt im Falle der Erteilung des Zuschlags für die Beteiligten, welche im Versteigerungstermin oder im Verkündungstermin erschienen waren.
I. Geschichte und Zweck der Norm . . . . II. Beschwerdefrist . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frist für sofortige Beschwerde und Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Maximalfrist . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auswirkungen inhaltlicher Fehler der angegriffenen Entscheidung auf den Lauf der Frist . . . . . . . . . . 2. Vorliegen von Nichtigkeits- oder Restitutionsgründen . . . . . . . . . . . . . 3. Berechnung der Fristen . . . . . . . . . . . III. Fristbeginn bei Versagung des Zuschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vereinheitlichung des Fristbeginns . . . . 2. Fristlauf bei Bestimmung eines Verkündungstermins . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsmittelbelehrung . . . . . . . . . . . . a) Rechtsmittelbelehrung gemäß § 232 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Auskünfte über Rechtsmittel IV. Fristbeginn bei Erteilung des Zuschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Von der Regelung erfasste Personen . . . . a) Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erschienene . . . . . . . . . . . . . . . . c) Versteigerungs- oder Verkündungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 2 2 3
Rz.
2.
4 5 6 7 7
V. 1. 2. VI. 1.
8 9 9 10 11 11 11 12
2.
d) Beginn der Beschwerdefrist für nicht Erschienene oder nicht gemäß § 9 Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . e) Beteiligte in verschiedenen Verfahrensrollen . . . . . . . . . . . . . Rechtsmittelbelehrung . . . . . . . . . . . a) Korrekte Rechtsmittelbelehrung bei Verkündung der Zuschlagserteilung b) Fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung . Einlegung der Beschwerde . . . . . . . . Einlegung bei Ausgangs- oder Beschwerdegericht . . . . . . . . . . . . . Empfangsmöglichkeiten . . . . . . . . . . Form und Inhalt der Beschwerdeschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . a) Schriftform . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterschrift . . . . . . . . . . . . . . . c) Kein Rechtsanwaltszwang . . . . . . . Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . b) Begehren einer Überprüfung . . . . . c) Bezeichnung des Beschwerdeführers d) Antrag und Begründung . . . . . . . e) Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . .
. 14 . 15 . 16 . 16 . 17 . 18 . 18 . 19 . . . . . .
20 20 20 21 22 23
. . . . .
23 24 25 26 27
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I. Geschichte und Zweck der Norm § 98 entspricht weitgehend § 136 Abs. 1 des Entwurfs von 1889. Die ursprünglich in § 136 1 Abs. 2 des Entwurfs vorgesehene Sonderregelung für die (frühere) weitere Beschwerde wurde nicht in das Gesetz übernommen. § 98 ist seit 1898 unverändert. Die Vorschrift will einerseits der Tatsache, dass die Versagung des Zuschlags nur verkündet, nicht aber zugestellt wird, andererseits der u.U. großen Zahl der Beschwerdeberechtigten Rechnung tragen. Deshalb sieht sie Vereinfachungen bei der Bestimmung des Zeitpunktes vor, zu dem die Beschwerdefrist zu laufen beginnt. § 98 findet nur auf die sofortige Beschwerde Anwendung. Für den Lauf der Frist für die Rechtsbeschwerde gelten die dortigen Vereinfachungen nicht. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsarten mit der Ausnahme der Modifikationen in § 171m für die Versteigerung von Luftfahrzeugen.1
1 Stöber, § 98 Rz. 1.2; Löhnig/Cranshaw, § 98 Rz. 7.
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§ 98 Rz. 2 Beschwerdefrist
II. Beschwerdefrist 1. Frist für sofortige Beschwerde und Rechtsbeschwerde a) Regelfristen 2
Das ZVG regelt nur den Beginn der Beschwerdefrist teilweise eigenständig, nämlich bei Versagung des Zuschlags und auch bei Erteilung des Zuschlags für diejenigen Beteiligten, die im Versteigerungstermin anwesend sind. Sofern diese Sonderregelungen nicht einschlägig sind, richten sich Beginn und Dauer der Beschwerdefrist über die Regelung des § 869 ZPO nach den §§ 567 ff. ZPO.2 Die Frist zur Einlegung der Beschwerde beträgt also stets gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwei Wochen. Dies gilt auch dann, wenn im Zuschlagsbeschluss über weitere Anträge, etwa Vollstreckungsschutzanträge mitentschieden wird.3 Für die Rechtsbeschwerde gilt nach § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Monatsfrist, selbst wenn der Beschluss des Beschwerdegerichtes nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Beteiligten verkündet wurde.4 Denn § 98 regelt nur die Beschwerde gegen einen Beschluss des Vollstreckungsgerichtes, nicht auch des Beschwerdegerichtes. Da der Lauf der Beschwerdefrist für die Beschwerdeberechtigten zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnen kann, ist sie für jeden einzelnen gesondert zu berechnen.5 b) Maximalfrist
3
Wenn die Entscheidung zugestellt werden muss, kann es zu Fehlern kommen, die die Wirksamkeit einer Zustellung in Frage stellen. In diesen Fällen begänne die Beschwerdefrist mangels wirksamer Zustellung überhaupt nicht. Der hieraus resultierenden Rechtsunsicherheit will § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorbeugen. Demnach beginnt die Beschwerdefrist auch für die Entscheidung über den Zuschlag in jedem Falle fünf Monate nach Verkündung der Entscheidung zu laufen.6 c) Auswirkungen inhaltlicher Fehler der angegriffenen Entscheidung auf den Lauf der Frist
4
Fehler wie etwa inhaltliche Mängel der Entscheidung über den Zuschlag hemmen den Lauf der Beschwerdefrist nicht. Sie müssen mit der Beschwerde angegriffen werden. Dies gilt selbst nach einer Berichtigung. Im Grundsatz versetzt die Berichtigung die Entscheidung nämlich nur in den Zustand, den sie von Anfang an hätte haben sollen.7 Der berichtigte Beschluss tritt also mit Rückwirkung an die Stelle des fehlerhaften. Daher bleibt die Berichtigung grundsätzlich ohne Einfluss auf den Lauf von Rechtsmittelfristen.8 Auch wenn Urschrift und Ausfertigung durch den Beschluss ergänzt werden, läuft jedenfalls für den unveränderten Teil grundsätzlich keine neue Rechtsmittelfrist.9 Insoweit kommt es auf die Zustellung des ur2 3 4 5 6
Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 1; Löhnig/Cranshaw, § 98 Rz. 2. Stöber, § 98 Rz. 2.3. Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 5; Stöber, § 98 Rz. 2.4. Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 1. Löhnig/Cranshaw, § 98 Rz. 3; eine Anfechtung noch Jahre nach dem Zuschlagsbeschluss ist daher entgegen Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 3 nicht zu befürchten. 7 Zöller/Vollkommer, § 319 ZPO Rz. 25. 8 BGH v. 9.12.1983 – V ZR 21/83, MDR 1984, 387, 388; BGH v. 17.1.1991 – VII ZB 13/90, BGHZ 113, 228, 230 = MDR 1991, 523; Zöller/Vollkommer, § 319 ZPO Rz. 25. 9 BGH v. 5.5.1993 – XII ZR 44/92, NJW-RR 1993, 1213, 1214; BGH v. 12.2.2004 – V ZR 125/03, MDR 2004, 899 = NJW-RR 2004, 712, 713; OLG Stuttgart v. 13.1.1984 – 15 UF 251/83 und 15 UF 531/83, FamRZ 1984, 402, 403; BayObLG v. 11.9.2001 – 3 Z BR 101/99, FGPrax 2001, 253, 254; Zöller/Vollkommer, § 319 ZPO Rz. 25.
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Beschwerdefrist
Rz. 7 § 98
sprünglichen Beschlusses an.10 Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Beschwer eines Beteiligten erst durch die Berichtigung sichtbar wird.11 Dreht diese etwa die Beschlussformel um, läuft die Rechtsmittelfrist für den hierdurch in seinen Rechten Beeinträchtigten ab schriftlicher Bekanntgabe der Berichtigung. Entsprechendes gilt, wenn die Berichtigung eine zusätzliche Beschwer mit sich bringt. 2. Vorliegen von Nichtigkeits- oder Restitutionsgründen Ebenfalls gemäß § 869 ZPO wird die Sonderfrist des § 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO in das Zwangs- 5 versteigerungsverfahren übernommen (vgl. Vor § 95–104 Rz. 16). Liegen also Gründe vor, die im Erkenntnisverfahren eine Nichtigkeits- oder Restitutionsklage rechtfertigen würden, läuft auch für die Beschwerde gegen Erteilung oder Versagung des Zuschlags die Monatsfrist. Diese beginnt gemäß § 586 Abs. 2 ZPO erst mit Kenntnis vom Nichtigkeitsgrund zu laufen. Entsprechend § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO wird die Nichtigkeits- bzw. Restitutionsbeschwerde fünf Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung unstatthaft.12 Dies muss in vorliegendem Zusammenhang, da die Rechtskraft für die Beteiligten nach § 9 und die weiteren Beschwerdeberechtigten zu völlig unterschiedlicher Zeit eintreten kann, wohl dahingehend verstanden werden, dass der Eintritt der Rechtskraft für denjenigen maßgeblich ist, der die Nichtigkeits- bzw. Restitutionsbeschwerde einlegen will.13 3. Berechnung der Fristen Für die Fristberechnung gelten über die Verweisungen des § 869 iVm. § 222 Abs. 1 ZPO die Vorschriften des BGB, also §§ 186 ff. BGB.14
6
III. Fristbeginn bei Versagung des Zuschlags 1. Vereinheitlichung des Fristbeginns § 98 Satz 1 zieht die Konsequenz daraus, dass der Beschluss, der den Zuschlag versagt, nicht zugestellt, sondern gemäß § 87 Abs. 1 nur verkündet wird. In der Folge kann auch der Lauf der Beschwerdefrist nicht an die Zustellung dieses Beschlusses anknüpfen. Erfolgt überflüssigerweise doch eine Zustellung, bleibt sie ohne Einfluss auf den Fristbeginn.15 Vielmehr beginnt die Beschwerdefrist stets mit der Verkündung des Beschlusses im Versteigerungstermin zu laufen. Dies gilt nicht nur für die Beteiligten nach § 9, sondern für jeden, der durch die Versagung des Zuschlages beschwert sein kann, also etwa auch für den Bieter, dessen Gebot nicht erloschen ist. Gleichgültig ist dabei, ob der Beschwerdeberechtigte bei Verkündung des Beschlusses (noch) anwesend ist.
10 BGH v. 9.12.1983 – V ZR 21/83, MDR 1984, 387, 388; BGH v. 5.5.1993 – XII ZR 44/92, NJW-RR 1993, 1213, 1214; Zöller/Vollkommer, § 319 ZPO Rz. 25. 11 BGH v. 5.5.1993 – XII ZR 44/92, NJW-RR 1993, 1213, 1214; BGH v. 9.11.1994 – XII ZR 184/93, MDR 1995, 196, 197; BGH v. 12.2.2004 – V ZR 125/03, MDR 2004, 899 = NJW-RR 2004, 712, 713; BayObLG v. 11.9.2001 – 3 Z BR 101/99, FGPrax 2001, 253, 254; Zöller/Vollkommer, § 319 ZPO Rz. 25. 12 Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 6. 13 Stöber, § 98 Rz. 2.5. 14 Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 1. 15 OLG Celle v. 3.9.1986 – 4 W 191/86, Rpfleger 1986, 489, 490.
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§ 98 Rz. 8 Beschwerdefrist 2. Fristlauf bei Bestimmung eines Verkündungstermins 8
Der Wortlaut des § 98 Satz 1 differenziert nicht zwischen der Verkündung des versagenden Beschlusses im Versteigerungstermin und einem nachträglich angesetzten Versteigerungstermin. Folglich läuft die Beschwerdefrist auch dann ab der Verkündung der Versagung, wenn diese erst in einem späteren Termin erfolgt. Auch der in diesem Termin neu anberaumte Verkündungstermin ist von § 98 Satz 1 erfasst. Fraglich ist die Behandlung dieser Vorschrift für den Fall, dass das Vollstreckungsgericht den Verkündungstermin nicht ordnungsgemäß in einem gemäß § 87 Abs. 1 „sofort zu bestimmenden Termine“ verkündet oder von dieser Terminsbestimmung abweicht. Teilweise wird vertreten, dass die Beschwerdefrist dann nicht läuft.16 Dies würde aber nicht nur dem Wortlaut der Vorschrift widersprechen, sondern zu einer unbegrenzten Unanfechtbarkeit der Zuschlagsversagung führen, was im Sinne der Rechtssicherheit kaum hinnehmbar wäre. Zudem könnte dann auch derjenige ohne zeitliche Beschränkung Beschwerde einlegen, dem der Beschluss trotz fehlerhafter Festsetzung des Verkündungstermins bekannt wurde. Näher liegt es daher, gleichwohl von einem Beginn des Fristlaufs auszugehen, dem aufgrund der fehlerhaft an der Einhaltung der Beschwerdefrist Gehinderten aber die Wiedereinsetzung unter den Voraussetzungen des §§ 233 ff. ZPO zu gewähren. Damit muss der Beschwerdeführer die Zwei-Wochenfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO ab Kenntnis des Beschlusses einhalten. Mit Ablauf der Jahresfrist gemäß § 234 Abs. 3 ZPO tritt dann endgültig Rechtssicherheit ein. 3. Rechtsmittelbelehrung a) Rechtsmittelbelehrung gemäß § 232 ZPO
9
Eine Rechtsmittelbelehrung über die gemäß §§ 869, 793 ZPO befristeten Rechtsmittel hielt der BGH schon 2009 für erforderlich, was er unmittelbar aus der Verfassung ableitete.17 Noch nicht geklärt ist der Einfluss der Rechtsbehelfsbelehrung auf das Zwangsversteigerungsverfahren. Kein Zweifel kann insoweit bestehen, als § 232 ZPO gemäß § 869 ZPO auch auf die Versagung des Zuschlags Anwendung findet. Denn es sind nicht nur Urteile, sondern auch sonstige selbständig anfechtbare Entscheidungen in Beschlussform mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Da § 232 ZPO allerdings keine besondere Form voraussetzt, wird die Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses, der den Zuschlag versagt, in der Form der Entscheidung selbst ergehen können. Der Rechtspfleger kann und muss also die Rechtsbehelfsbelehrung bei der Verkündung im Anschluss an den versagenden Beschluss verlesen und dies in das Protokoll aufnehmen. Tut er dies nicht, fehlt eine Rechtsmittelbelehrung, deren Vorliegen wegen § 100 Abs. 2 auch nicht auf anderem Wege nachgewiesen werden kann. Das Fehlen der in § 232 ZPO vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrung hemmt den Lauf der Frist aber nicht,18 kann lediglich nach § 233 Satz 3 ZPO zur Wiedereinsetzung führen.19 Dann ist die Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 233 Satz 2 ZPO regelmäßig unverschuldet.20 b) Sonstige Auskünfte über Rechtsmittel
10
Früher sah man sonstige, informelle Äußerungen über Frist und Form von Rechtsmitteln als unverbindlich an. Sie standen weder dem Kauf der Rechtsmittelfrist entgegen noch begrün-
16 Stöber, § 98 Rz. 2.2. 17 BGH v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405; a.A. die früher h.M., noch 2008 (!) etwa BGH v. 28.2.2008 – V ZB 107/07-V ZB 107/07, NJW-RR 2008, 1084, 1085 = MDR 2008, 826; s. etwa LG Hannover v. 3.7.1984 – 8 T 153/84; NJW 1984, 2836, 2337. 18 BGH v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405. 19 BGH v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406. 20 BGH v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406.
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Rz. 13 § 98
deten sie die Wiedereinsetzung.21 Dies dürfte nach der neueren Rechtsprechung des BGH obsolet sein. Demnach können inhaltlich unrichtige Äußerungen des erstinstanzlichen Gerichtes über das zulässige Rechtsmittel, selbst wenn sie nur mündlich erfolgen und eine Rechtsmittelbelehrung gesetzlich nicht vorgesehen ist, zu einer unverschuldeten Versäumung des Rechtsmittels führen und die Wiedereinsetzung rechtfertigen.22 Dies soll auch bei einer anwaltlich vertretenen Partei dann anzunehmen sein, wenn der Fehler nicht offenkundig und der Irrtum nachvollziehbar ist.23
IV. Fristbeginn bei Erteilung des Zuschlags 1. Von der Regelung erfasste Personen a) Beteiligte Eine bedeutsame Abweichung von § 98 Satz 1 enthält der zweite Satz der Vorschrift insoweit, 11 als sie nur die Beteiligten erfasst. Diese Einschränkung nimmt auf § 9 Bezug. Für die dort nicht genannten Beschwerdeberechtigten beginnt die Beschwerdefrist also unabhängig vom Erscheinen im Versteigerungs- oder Verkündungstermin niemals schon mit der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses zu laufen. Dies soll analog § 98 Satz 2 auch für Beteiligte gelten, die ihr Recht gemäß § 97 Abs. 2 erst nachträglich in der Beschwerdeinstanz anmelden.24 b) Erschienene Der Fristbeginn nach § 98 Satz 2 erfasst anders als § 98 Satz 1 nicht alle Beschwerdeberechtigten. Voraussetzung für den Fristlauf mit Verkündung des Zuschlags ist zunächst das Erscheinen im Termin. Die körperliche Anwesenheit alleine genügt nicht, der Erschienene muss nach allgemeinen Regeln prozessfähig sein.25 Hierfür spricht bei volljährigen Personen aber eine Vermutung, so dass derjenige, der sich auf das Gegenteil beruft, hierfür darlegungsund beweisbelastet ist. Das Erscheinen eines Bevollmächtigten genügt,26 auch wenn noch ein weiterer bevollmächtigt wurde.27 Es ist demnach nicht erforderlich, dass der Beschwerdeberechtigte gerade bei Verkündung des Zuschlagsbeschlusses zugegen war.28 Nach dem klaren Wortlaut der Norm genügt es, dass der Beschwerdeberechtigte zu irgendeiner Zeit im Versteigerungs- oder Verkündungstermin zugegen war. Maßgeblich für die Frage, ob ein Beteiligter zugegen war, ist gemäß § 80 das Protokoll. Verzeichnet dieses nicht die Anwesenheit eines Beteiligten, kann sie nicht durch andere Umstände bewiesen werden.
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c) Versteigerungs- oder Verkündungstermin Der Wortlaut der Vorschrift setzt nur die Anwesenheit des Beteiligten „im Versteigerungsoder im Verkündungstermin“ voraus. Dies lässt sich vom Wortlaut her im Sinne einer Alter21 22 23 24 25 26 27 28
LG Hannover v. 3.7.1984 – 8 T 153/84, NJW 1984, 2836 f. BGH v. 12.1.2012 – V ZB 198 u. 199/11, ZMR 2012, 378. BGH v. 12.1.2012 – V ZB 198 u. 199/11, ZMR 2012, 378. BGH v. 5.7.2007 – V ZB 48/06, Rpfleger 1007, 675; Stöber, § 98 Rz. 2.1; kritisch dagegen Löhnig/ Cranshaw, § 98 Rz. 5. Stöber, § 98 Rz. 2.1. BGH v. 28.2.2008 – V ZB 107/07, MDR 2008, 826 = Rpfleger 2008, 517; KG v. 16.1.1976 – 1 W 654/73, Rpfleger 1976, 368, 369; OLG Köln v. 19.8.1996 – 2 W 165/96, Rpfleger 1997, 34, 35; Löhnig/ Cranshaw, § 98 Rz. 6. OLG Frankfurt v. 27.7.1977 – 20 W 68/77, Rpfleger 1977, 417 f. Wohl ebenso Stöber, § 98 Rz. 2.1, der allerdings auf das Ende des Termins abstellt; ähnlich schon Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 2.
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§ 98 Rz. 13 Beschwerdefrist nativität dahingehend verstehen, dass die Anwesenheit im Versteigerungstermin auch dann genügt, wenn der Beteiligte in dem Verkündungstermin nicht zugegen ist, in dem der Zuschlagsbeschluss verkündet wird.29 Hierfür spricht auch die Systematik der Vorschrift. Denn auch nach § 98 Satz 1 wird alleine auf die Verkündung des Zuschlagsbeschlusses abgestellt. Der Anwesenheit des Beschwerdeberechtigten bei der Verkündung des Beschlusses über den Zuschlag bedarf es auch dort nicht. Dies folgt letztlich auch aus dem Sinn der Vorschrift. § 98 Satz 2 will nur den betroffenen Personenkreis einschränken und die Kenntnis des Verkündungstermins sicherstellen. Ist der Beteiligte aber im Versteigerungstermin anwesend, erlangt er ohne weiteres Kenntnis vom Verkündungstermin.30 Ob er diesen auch wahrnimmt, ist ebenso gleichgültig wie das Abwarten eines Beschwerdeberechtigten bis zur Verkündung des Beschlusses über den Zuschlag nach § 98 Satz 1. Eine andere Handhabung würde im Übrigen den Beteiligten nur eine überflüssige Möglichkeit der Fristverlängerung verschaffen. Denn sie könnten alleine durch die Entscheidung, nicht im Verkündungstermin zu erscheinen, den Lauf der Beschwerdefrist um einige Zeit nach hinten schieben. Aus denselben Gründen genügt es auch, wenn ein Beteiligter lediglich im ursprünglich angesetzten Verkündungstermin erscheint, statt der Entscheidung über den Zuschlag aber einer Terminsverlegung verkündet wird. Die Frist beginnt allerdings nicht, wenn der Erschienene nicht prozessfähig ist.31 d) Beginn der Beschwerdefrist für nicht Erschienene oder nicht gemäß § 9 Beteiligte 14
Für diejenigen Beschwerdeberechtigten, die entweder nicht Beteiligte gemäß § 9 oder nicht gemäß § 98 Satz 2 zugegen waren, beginnt die Beschwerdefrist nicht schon mit der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses. In diesen Fällen beginnt die Frist nach der Grundregel des § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst mit Zustellung des Beschlusses zu laufen.32 Dies betrifft stets den Ersteher, den Bürgen gemäß § 69 Abs. 2 und den Meistbietenden, der seine Rechte aus dem Meistgebot gemäß § 81 Abs. 1 abgetreten hat,33 ebenso den Bieter, dessen Gebot nicht erloschen ist.34 Denn diese Personen sind zwar beschwerdeberechtigt, aber keine Beteiligten nach § 9. Der Kenntnisnahme vom Inhalt der Entscheidung bedarf es dagegen wie beim Fristlauf ab ihrer Verkündung gemäß § 98 nicht. e) Beteiligte in verschiedenen Verfahrensrollen
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Denkbar ist, dass ein Beteiligter noch in einer anderen Verfahrensrolle agiert, wenn etwa ein Gläubiger und somit Beteiligter nach § 9 das Grundstück ersteigert und somit in dieser Eigenschaft kein Beteiligter ist. Dann kann er als Ersteher nicht schlechter gestellt werden als ein Meistbietender, der nicht Gläubiger ist. In der Konsequenz laufen für ihn zwei Fristen, nämlich bei Anwesenheit im Versteigerungs- oder Verkündungstermin ab Verkündung des Zuschlagsbeschlusses und als Nicht-Beteiligter diejenige ab Zustellung dieses Beschlusses.35 Allerdings kann ihm diese Doppelrolle umgekehrt auch keine Vorteile gegenüber sonstigen Beteiligten verschaffen, die im Versteigerungs- oder Verkündungstermin zugegen waren. Er kann daher nach Ablauf der ersten Frist gemäß § 98 Satz 2 aus der Verfahrensrolle als Nicht-
29 OLG Köln v. 10.4.1980 – 2 W 23-24/80, Rpfleger 1980, 354; OLG Hamm v. 21.1.1991 – 15 W 457/90, Rpfleger 1991, 262, 263. 30 OLG Celle v. 3.9.1986 – 4 W 191/86, Rpfleger 1986, 489, 490. 31 OLG Hamm v. 21.1.1991 – 15 W 457/90, Rpfleger 1991, 262; a.A. für den Fall der Zustellung des Beschlusses BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200; OLG Oldenburg v. 18.10.1989 – 2 W 154/88, Rpfleger 1990, 179. 32 S. schon Motive, S. 257; Stöber, § 98 Rz. 2.1. 33 Zu den Vorgenannten s. Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 3; Stöber, § 98 Rz. 2.1. 34 Unrichtig insoweit Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 2. 35 Stöber, § 98 Rz. 2.1.
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Beschwerdefrist
Rz. 19 § 98
beteiligter keine Anfechtungsgründe mehr geltend machen, die nur dem Beteiligten zukämen. Dies folgt zumindest aus einer analogen Anwendung von § 100 Abs. 2.36 2. Rechtsmittelbelehrung a) Korrekte Rechtsmittelbelehrung bei Verkündung der Zuschlagserteilung Bei der Rechtsmittelbelehrung muss sich der Rechtspfleger auf eine doppelte Rechtsmittelbelehrung einstellen. Für die korrekte Rechtsmittelbelehrung der auf dem Versteigerungsoder Verkündungstermin erschienenen Beteiligten gilt dasselbe wie bei der Verkündung des Beschlusses, der den Zuschlag versagt. Die Rechtsmittelbelehrung kann also in der Form der Entscheidung selbst ergehen, so dass die Rechtsbehelfsbelehrung bei der Verkündung im Anschluss an den Zuschlagsbeschluss zu verlesen und dies in das Protokoll aufzunehmen ist. Bei der Zustellung einer Ausfertigung an den in § 9 Satz 2 genannten Personenkreis ist in einer – dann eigentlich überflüssigen – Rechtsmittelbelehrung ebenfalls darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdefrist (trotz der Zustellung) bereits ab der mündlichen Verkündung des Zuschlagsbeschlusses zu laufen beginnt. Hingegen bedarf es für die nicht von § 98 Satz 2 erfassten nicht erschienenen Beteiligten bzw. nicht nach § 9 Beteiligten einer Rechtsmittelbelehrung unter der zuzustellenden Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses, die darauf hinweist, dass die Beschwerdefrist erst ab Zustellung des Beschlusses zu laufen beginnt.
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b) Fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung Es liegt auf der Hand, dass diese komplizierten, gespaltenen Rechtsmittelbelehrungen fehleranfällig sind. Insbesondere ist abzusehen, dass bei der Zustellung der Ausfertigungen nicht sauber zwischen dem von § 9 Satz 2 erfassten Personenkreis und denjenigen getrennt wird, für die die Rechtsmittelfrist erst ab Zustellung des Zuschlagsbeschlusses zu laufen beginnt. In diesen Fällen ist eine Versäumung der Beschwerdefrist, die auf der falschen Rechtsmittelbelehrung beruht, regelmäßig unverschuldet.37
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V. Einlegung der Beschwerde 1. Einlegung bei Ausgangs- oder Beschwerdegericht Die Beschwerde kann nunmehr gem. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO bei dem Gericht eingelegt werden, dessen Beschluss angefochten wird, oder beim Beschwerdegericht. Insoweit, auch zur Einlegung bei einem unzuständigen Gericht, kann auf die Ausführungen zu § 96 (Rz. 6 ff.) Bezug genommen werden.
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2. Empfangsmöglichkeiten Zwischen verschiedenen Empfangseinrichtungen des erstinstanzlichen Gerichts hat der Beschwerdeführer grundsätzlich die freie Wahl. Zu den einzelnen Möglichkeiten (normaler Briefkasten des Gerichts, spezieller Fristenbriefkasten, Fax, gemeinsamer Briefkasten, Erklärung zu Protokoll) sei auf die Ausführungen zu § 96 (Rz. 6 ff.) verwiesen, ebenso zur mehrfachen Einlegung der Beschwerde durch einen Beschwerdeführer.
36 Im Ergebnis ebenso Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 3; Stöber, § 98 Rz. 2.1. 37 BGH v. 26.3.2009 – V ZB 174/08, Rpfleger 2009, 405, 406.
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§ 98 Rz. 20 Beschwerdefrist
VI. Form und Inhalt der Beschwerdeschrift 1. Formerfordernisse a) Schriftform 20
Die Beschwerde bedarf in jedem Fall der schriftlichen Form.38 Dies erfordert entweder die Einreichung einer Beschwerdeschrift gemäß § 569 Abs. 2 Satz 1 ZPO oder die Erklärung zu Protokoll des Urkundsbeamten gemäß § 569 Abs. 3 ZPO. Auch hier ist aber die Niederschrift entscheidend; die bloße Erklärung dem Urkundsbeamten gegenüber wäre für sich genommen wirkungslos. Sofern die Einlegung der Beschwerde als elektronisches Dokument zulässig ist, genügt allerdings die schriftliche Reproduzierbarkeit. Die Beschwerdeschrift muss in deutscher Sprache abgefasst werden, sonst wahrt sie die Beschwerdefrist nicht.39 b) Unterschrift
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Nach überwiegender Auffassung muss die Beschwerde nur dann unterzeichnet sein, wenn sie von einem Rechtsanwalt eingelegt wird.40 Denn mit der Unterschrift übernimmt der Bevollmächtigte die volle Verantwortung für den Schriftsatz41 und gewährleistet die Abgrenzung der Beschwerdeschrift von einem bloßen Entwurf.42 Die Unterschrift muss nicht lesbar sein.43 Die vom Rechtsmittelführerselbst eingereichte Beschwerdeschrift muss nicht unterzeichnet sein, wenn klar erkennbar ist, dass er der Urheber des Rechtsmittels ist.44 c) Kein Rechtsanwaltszwang
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Da sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung erster Instanz handelt, die der Rechtspfleger erlassen hat, besteht kein Rechtsanwaltszwang.45 Lässt sich der Beschwerdeführer vertreten, sind allerdings die Beschränkungen aus § 79 Abs. 2 ZPO zu beachten. 2. Inhalt a) Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung
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Die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift sind nicht hoch. Zunächst stellt § 569 Abs. 2 Satz 1 ZPO klar, dass die angefochtene Entscheidung bezeichnet sein muss. Dies wird idR durch Angabe von Gericht, Datum und Aktenzeichen oder durch Beifügung einer Ablichtung erfolgen.46 Aus rechtsstaatlichen Gründen können aber auch andere Angaben genügen, etwa die der Beteiligten und des Datums, wenn hierdurch eindeutig klargestellt ist, welche Entscheidung angefochten werden soll.47 Auch eine Falschbezeichnung ist unschädlich, wenn das Beschwerdegericht das Rechtsmittel vor Ablauf der Rechtsmittelfrist anhand der vorgeleg-
38 Zum Zweck der Gewissheit über die Identität des Beschwerdeführers und der Beweissicherungsfunktion s. OLG Frankfurt v. 4.12.2000 – 20 W 509/2000, FGPrax 2001, 46. 39 Vgl. Keidel/Sternal, § 63 FamFG Rz. 33 u. § 64 FamFG Rz. 28. 40 Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 7. 41 BGH v. 23.6.2005 – V ZB 45/04, MDR 2005, 1427, 1428; OLG Celle v. 6.6.2012 – 10 UF 281/11, FamRZ 2012, 1894. 42 BGH v. 6.12.1979 – VII ZB 13/79, VersR 1980, 331; BGH v. 10.3.2009 – VIII ZB 55/06, MDR 2009, 762 = NJW-RR 2009, 933. 43 BGH v. 8.10.1991 – XI ZB 6/91, Rpfleger 1991, 118. 44 Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 7. 45 Jaeckel-Güthe, § 98 Rz. 1; Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 11. 46 BGH v. 12.4.1989 – IVb ZB 23/89, NJW-RR 1989, 958. 47 Vgl. Zöller/Feskorn, § 64 FamFG Rz. 7.
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Rz. 25 § 98
ten Akten eindeutig zuordnen kann.48 Kann die Beschwerde nicht eindeutig einer Entscheidung zugeordnet werden, weil etwa zwei Entscheidungen mit denselben Beteiligten am selben Tag erlassen wurden, ist die Beschwerde unzulässig.49 Das Gericht hat aber, sofern es diesen Mangel rechtzeitig erkennt, einen diesbezüglichen Hinweis zu erteilen. Eine Klarstellung innerhalb der Beschwerdefrist heilt den Zulässigkeitsmangel. b) Begehren einer Überprüfung Nach § 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO muss die Beschwerdeschrift bzw. die Erklärung zu Protokoll der 24 Geschäftsstelle die „Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird“. Dies ist aber nicht, wie eine strikt am Wortlaut verhaftete Auslegung ergeben könnte, dahingehend zu verstehen, dass der Begriff der „Beschwerde“ verwendet werden muss. Auch die Parallelregelung im Berufungsrecht (§ 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), wonach es der Erklärung bedarf, „dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde“, verlangt nicht den Gebrauch des Wortes „Berufung“.50 Die Nennung des falschen Rechtsmittels (z. B. „Berufung“ oder „Revision“) oder auch die Verwendung eines unbestimmten Begriffes (z. B. „Rechtsmittel“) ist unschädlich.51 Die Beschwerdeschrift muss aber erkennen lassen, dass eine Überprüfung der Entscheidung durch die nächste Instanz gewünscht ist.52 Etwa das Begehren einer „Berichtigung“ ist nicht ausreichend, wenn damit auch eine Berichtigung nach § 319 ZPO gemeint sein kann. Auch Rügen, die nur das persönliche Verhalten des Rechtspflegers betreffen, stellen keine Beschwerde nach §§ 95 ff. dar, sondern sind als Dienstaufsichtsbeschwerde anzusehen.53 Ob ein Rechtsmittel (unbedingt) eingelegt worden sein soll, muss sich aus dem objektiven Erklärungswert der Rechtsmittelschrift und innerhalb der Rechtsmittelfrist eingelegter Schriftsätze ergeben; nachträgliche „Klarstellungen“ sind weder zugunsten noch zulasten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen.54 c) Bezeichnung des Beschwerdeführers Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer erkennbar sein.55 Der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift bedarf es nicht.56 Auch hier ist aber nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften. Legt ein Rechtsanwalt oder Notar Beschwerde ein, so geschieht dies im Zweifel nicht in eigenem Namen, sondern für den Beschwerdeberechtigten, auch wenn dieser nicht genannt ist.57 Die von einem gesetzlichen Vertreter eingelegte Beschwerde kann, wenn er selbst nicht beschwerdeberechtigt ist, als Rechtsmittel des Vertretenen anzusehen sein.58 Sind sowohl der Vertretene als auch der Vertreter beschwerdeberechtigt, können zwei Beschwerden vorliegen. Bei der Auslegung sind Beschwerdevortrag, Rechtsschutzziel und Interessenlage zu berücksichtigen, wobei im Zweifel das zu einer Sachentscheidung führende zulässige Rechtsmittel 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58
BGH v. 7.11.2012 – XII ZB 325/12, MDR 2013, 169 = NJW-RR 2013, 121, 122. OLG Celle v. 5.4.2011 – 10 WF 74/11, MDR 2011, 1201 = FamRZ 2011, 1247 (LS). Zöller/Heßler, § 519 ZPO Rz. 1. OLG Zweibrücken v. 18.9.2003 – 3 W 151/03, FGPrax 2004, 42; Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 7a. BayObLG v. 13.11.1980 – 3 Z 99/80, BayObLGZ 1980, 344, 345; Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 7a. BayObLG v. 18.7.1985 – BReg 3 Z 62/85, BayObLGZ 1985, 272, 275; BayObLG v. 13.10.1986 – BReg 3 Z 68/86, BayObLGZ 1986, 412, 416 f. BGH v. 7.3.2012 – XII ZB 421/11, MDR 2012, 731 = FamRZ 2012, 962, 963 = NJW-RR 2012, 755, 757. BGH v. 26.10.2007 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = NJW-RR 2007, 194, 195; OLG Celle v. 24.8.2010 – 10 UF 130/10, FamRZ 2011, 497; Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 7. Baumbach/Hartmann, § 569 ZPO Rz. 10. OLG Hamm v. 16.2.2010 – I-15 W 322/09, FGPrax 2010, 198; OLG Nürnberg v. 18.4.2011 – 12 W 631/11, Rpfleger 2011, 521, 523; KG v. 7.2.2012 – 25 W 5/12, FGPrax 2012, 171; KG v. 16.4.2012 – 25 W 39/12, FGPrax 2012, 172, 173. KG v. 18.11.2003 – 1 W 444/02, NJW-RR 2004, 331 f.
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§ 98 Rz. 25 Beschwerdefrist eingelegt werden soll.59 Lässt sich der Beschwerdeführer auch im Wege der Auslegung nicht ermitteln, ist das Rechtsmittel unzulässig.60 d) Antrag und Begründung 26
Die Beschwerde muss lediglich erkennen lassen, dass die angefochtene Entscheidung durch die nächste Instanz überprüft werden soll. Der Stellung von Anträgen bedarf es nicht.61 Da es eines Antrags überhaupt nicht bedarf, kann ein gleichwohl gestellter Antrag jederzeit geändert werden, soweit der neue nicht über den bisherigen Verfahrensgegenstand hinausgeht.62 Die Beschwerde muss nicht begründet werden. Ohne Begründung wird sie aber kaum jemals schlüssig sein, sieht man von den gemäß § 100 Abs. 3 von Amts wegen zu prüfenden Versagungsgründen ab. Die Beschwerdefrist bezieht sich alleine auf die Einlegung der Beschwerde; die Begründung kann auch nach ihrem Ablauf ergänzt oder geändert werden.63 e) Bedingungen
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Die Beschwerde darf grundsätzlich nicht unter einer Bedingung (etwa derjenigen, dass das Gericht eine bestimmte Rechtsansicht vertritt) eingereicht werden.64 Von diesem Grundsatz sind zwei Ausnahmen zugelassen. Unschädlich sind zum einen reine Rechtsbedingungen, etwa die Einlegung für den Fall, dass der Beschwerdeführer beschwerdeberechtigt ist. Diese „Bedingung“ hat das Rechtsmittelgericht ohnehin zu prüfen, was dazu führt, dass eine derartige Bedingung zwar nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde führt, aber auch die förmliche Bescheidung und somit die Kostenbelastung nicht verhindert, wenn die Rechtsbedingung nicht erfüllt ist. Nicht nur unschädlich, sondern grundsätzlich beachtlich sind innerprozessuale Bedingungen, also solche, die die Einlegung der Beschwerde von einem Vorgang innerhalb des Verfahrens abhängig machen.65 So kann ein Beteiligter seine Beschwerde etwa unter der Bedingung einlegen, dass das Rechtsmittel eines anderen Beteiligten erfolglos bleibt.66 Ebenso kann ein Beteiligter, der sich mit einer ihn teilweise begünstigenden, teilweise belastenden Entscheidung abfindet, Beschwerde für den Fall einlegen, dass der ihm günstige Teil durch das Rechtsmittel eines anderen Beteiligten abgeändert wird.
§ 99 [Gegenerklärung] (1) Erachtet das Beschwerdegericht eine Gegenerklärung für erforderlich, so hat es zu bestimmen, wer als Gegner des Beschwerdeführers zuzuziehen ist. (2) Mehrere Beschwerden sind miteinander zu verbinden. 59 KG v. 18.11.2003 – 1 W 444/02, NJW-RR 2004, 331 f.; Zöller/Heßler, § 569 ZPO Rz. 7a. 60 BayObLG v. 18.7.1985 – BReg 3 Z 62/85, BayObLGZ 1985, 272, 275; KG v. 18.11.2003 – 1 W 444/02, NJW-RR 2004, 331, 332; OLG Celle v. 24.8.2010 – 10 UF 130/10, FamRZ 2011, 497; Baumbach/ Hartmann, § 569 ZPO Rz. 9. 61 Hierzu Zöller/Heßler, § 519 ZPO Rz. 36; Musielak/Voit/Ball, § 519 ZPO Rz. 5. 62 Baumbach/Hartmann, § 569 ZPO Rz. 11; Musielak/Voit/Ball, § 569 ZPORz. 7. 63 Jaeckel/Güthe, § 98 Rz. 1. 64 OLG Nürnberg v. 18.4.2011 – 12 W 631/11, Rpfleger 2011, 521, 523; OLG Köln v. 3.5.2011 – I-17 W 85/11, JurBüro 2011, 530. 65 OLG Nürnberg v. 18.4.2011 – 12 W 631/11, Rpfleger 2011, 521, 523; OLG Köln v. 3.5.2011 – I-17 W 85/11, JurBüro 2011, 530. 66 BayObLG v. 7.7.1989 – BReg 1a Z 45/88, NJW-RR 1989, 1286.
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Gegenerklärung
I. Geschichte und Zweck der Norm . . II. Die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag in der ZweiParteien-Systematik der ZPO . . . . . 1. Die Beschwerde als grundsätzlich gegnerloses Verfahren . . . . . . . . . . a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . b) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . c) Auswirkungen auf die Kosten(entscheidung) . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen der Bestimmung eines Gegners . . . . . . . . . . . . . . . a) Taugliche „Gegner“ . . . . . . . . . . b) Gegenerklärung . . . . . . . . . . . . c) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . d) Keine Bestimmung eines Gegners bei unzulässigen oder unbegründeten Beschwerden . . . . . . . . . . e) Keine bloße Gewährung des rechtlichen Gehörs . . . . . . . . . . . . .
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3. § 99 Abs. 1 als Spezialregelung für ein der Sache nach kontradiktorisches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . b) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rolle von Gericht und Gegner bei der Entscheidung nach § 99 Abs. 1 4. Die Zuziehung als Gegner durch das Beschwerdegericht . . . . . . . . . . . . a) Keine Ermessensentscheidung . . . b) Form der Entscheidung . . . . . . . c) Inhalt der Entscheidung . . . . . . . d) Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Fehler der Entscheidung . . . . . . . III. Die Verfahrensverbindung . . . . . . . 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 2. Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Form der Entscheidung . . . . . . . . . 4. Anwendbarkeit auf die Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Geschichte und Zweck der Norm § 99 Abs. 1 war sinngemäß schon in § 129 Abs. 1 des Entwurfs von 1889 vorgesehen, § 99 Abs. 2 entspricht sogar wörtlich § § 129 Abs. 2 des Entwurfs. Die Vorschrift will das Nebeneinander verschiedener Beteiligter und Beschwerdeführer ordnen.1 Ob dazu das Prinzip des Zwei-Parteien-Verfahrens im wesentlichen hätte aufgegeben werden müssen, erscheint fraglich. Immerhin stellen sich ähnliche Probleme auch in der Mobiliarvollstreckung, wenn sich etwa der Dritte mit der Klage nach § 771 ZPO gegen die Pfändung seines Eigentums oder der vorrangig Berechtigte vorzugsweise Befriedigung verlangt. Gleichwohl hat der Gesetzgeber es dort bei der Klage im Zwei-Parteien-System belassen. Gleiches gilt auch für Verfahrensrügen nach § 766 ZPO. Auch diese kann die Praxis unschwer in das System des Beschwerderechtes integrieren. Der Gesetzgeber hat aber der dort praktizierten Möglichkeit, alle anderen am Verfahren Beteiligten als Beschwerdegegner anzusehen, ausdrücklich eine Absage erteilt.2 Nur äußerlich mit § 99 Abs. 1 verbunden ist der zweite Absatz der Vorschrift, der eine Regelung für die Behandlung einer Mehrzahl von Beschwerden enthält. § 99 Abs. 2 stellt von vorneherein eine reine Soll-Vorschrift dar. § 99 gilt für alle Versteigerungsarten.3
1
II. Die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag in der Zwei-Parteien-Systematik der ZPO 1. Die Beschwerde als grundsätzlich gegnerloses Verfahren a) Ausgangslage Im Zwangsversteigerungsverfahren können anders als im Zivilprozess von Beginn an eine Vielzahl von Beteiligten nach § 9 mit unterschiedlichen, u.U. je nach Gang des Verfahrens 1 Motive, S. 249. 2 Motive, S. 249. 3 Stöber, § 99 Rz. 1.
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§ 99 Rz. 2 Gegenerklärung auch wechselnden Interessen mitwirken. Zu den (betreibenden) Gläubiger(n) mit ihren Befriedigungsinteressen und dem Schuldner, dem vorrangig am Erhalt seiner Immobilie gelegen ist, treten regelmäßig die dinglich Berechtigten, die je nach Art ihres Rechtes ebenfalls an Befriedigung oder Erhaltung interessiert sind. Zwangsläufig wirken mit fortschreitendem Gang des Verfahrens weitere Personen am Verfahren mit, etwa der Ersteher oder der Zessionar des Meistbietendem. Zudem können die Interessen je nach Gang des Verfahrens deutlich divergieren. So kann der Inhaber eines Nießbrauches vom Zuschlag auf Antrag eines vorrangig berechtigten Grundpfandrechtsgläubiger u. U. existentiell betroffen, während derjenige auf Antrag eines nachrangigen für ihn bedeutungslos ist. Aus diesen Gründen der völlig unterschiedlichen Betroffenheit weicht der Gesetzgeber hier vom zivilprozessualen Grundsatz des Zwei-Parteien-Verfahrens ab. b) Grundsatz 3
Die Formulierung des § 99 Abs. 1 macht deutlich, dass der Gesetzgeber grundsätzlich von einem nicht kontradiktorischen, also von einem gegnerlosen Verfahren ausgeht.4 Für die Verkehrswert- und die Zuschlagsbeschwerde nimmt der BGH im Regelfall ein solches nicht kontradiktorisches Verfahren an.5 Umgekehrt ist der Einstellungsantrag nach § 765a ZPO regelmäßig ein kontradiktorisches Verfahren zwischen Gläubiger und Schuldner.6 Gleiches gilt für den Streit unter Miteigentümern im Teilungsversteigerungsverfahren.7 Nur dann, wenn das Beschwerdegericht überhaupt eine Gegenerklärung für erforderlich hält, hat es die Möglichkeit, einen anderen am Verfahren Beteiligten zum Beschwerdegegner zu bestimmen. In der Regel darf bzw. muss das Gericht also über die Beschwerde entscheiden, ohne irgendeine andere in das Zwangsversteigerungsverfahren involvierte Person als Gegner zu behandeln. Es muss die Beschwerde auch nicht allen anderen irgendwann im Zwangsversteigerungsverfahren Beteiligten zur Kenntnis geben. Dies schlägt sich auch im Rubrum der Beschwerdeentscheidung nieder. Hier erscheint nur der Beschwerdeführer. Folgerichtig muss die Entscheidung auch nur ihm zugestellt werden. c) Auswirkungen auf die Kosten(entscheidung)
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Die wohl gravierendste Bedeutung hat die Vorschrift im Rahmen der Kosten. Gäbe es die Spezialregelung des § 99 Abs. 1 nicht, wären alle anderen in das Verfahren involvierten Personen die Gegner des Beschwerdeführers.8 Dies hätte zur Folge, dass der Beschwerdeführer im Falle seines Unterliegens u. U. die Verfahrenskosten einer Vielzahl von Beschwerdegegnern erstatten müsste, die sich zudem häufig aus einem hohen Streitwert errechnen. Dass eine solche Praxis existenzbedrohende Folgen haben könnte, hat der Gesetzgeber auch in anderem Zusammenhang erkannt (vgl. etwa § 50 WEG). Die Vorschrift ist in der heutigen Rechtspraxis also vorrangig ein Mittel, den Zugang zur nächsten Instanz offenzuhalten, ohne dass der Beschwerdeführer für den Fall des Unterliegens mit unübersehbaren Kosten rechnen muss.9 In der Folge 4 Stöber, § 99 Rz. 2.5; Löhnig/Cranshaw, § 96 Rz. 2 u. § 99 Rz. 1. 5 BGH v. 25.1.2007 – V ZB 125/05, Rpfleger 2007, 333, 334; BGH v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, NJWRR 2008, 360, 361; BGH v. 1.7.2010 – V ZB 94/10, MDR 2010, 1215 = Rpfleger 2011, 41, 43; BGH v. 29.9.2011 – V ZB 65/11, MDR 2011, 1444 = NJW-RR 2012, 145, 146; BGH v. 7.12.2017 – V ZB 109/17, Rpfleger 2017, 223 = NJW-RR 2018, 140, 142; BGH, Beschl. v. 19.4.2018 – V ZB 93/17, ZfIR 2018, 526, 528. 6 BVerfG v. 12.1.2005 – 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/04, NJW-RR 2005, 936, 938; vgl. zu den alleine zu berücksichtigenden Interessen von Gläubiger und Schuldner § 100 Rz. 3. 7 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, MDR 2017, 303 = Rpfleger 2017, 225 Rz. 48. 8 Vgl. hierzu die Motive, S. 249. 9 Ebenso im Ergebnis BVerfG v. 12.1.2005 – 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/04, NJW-RR 2005, 936, 938; Stöber, § 99 Rz. 2.5.
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Gegenerklärung
Rz. 6 § 99
ist eine Kostengrundentscheidung, die andere Beteiligte als Beschwerdegegner nennt und ohne Einschränkung die Kostentragungspflicht des Beschwerdeführers bestimmt, zumindest missverständlich. Umgekehrt steht es für den Fall, dass die Beschwerde Erfolg hat. Hier hat nach Auffassung des BVerfG grundsätzlich der Schuldner nach § 788 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.10 Ohne § 99 Abs. 1 träfe also ihn das Risiko, die Kosten aller anderen Beteiligten tragen zu müssen. 2. Voraussetzungen der Bestimmung eines Gegners a) Taugliche „Gegner“ Die Bestimmung eines Beschwerdegegners setzt zunächst voraus, dass das Beschwerdegericht die Einholung einer „Gegenerklärung“ für erforderlich hält. Auch wenn dieser Begriff im ZVG singulär ist, lässt er jedenfalls eindeutig erkennen, dass das Gericht nicht ohne weiteres nach § 99 Abs. 1 verfahren kann. Dies ist nur zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass die „Gegenerklärung“ für den vom Gericht zu bestimmenden Gegner in irgendeiner Weise von Bedeutung sein könnte. Tauglicher Gegner ist also nur derjenige, dessen Rechte von der Beschwerdeentscheidung nachteilig betroffen sein könnten.11 Der Erfolg des einen muss der Misserfolg des anderen sein.12 Indiz hierfür kann die Beteiligung am Verfahren mit widerstreitenden Anträgen sein.13 Nicht ausreichend ist dagegen ein bloß wirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Entscheidung über den Zuschlag,14 was schon die Parallelwertung bei der Beschwerdebefugnis zeigt.
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b) Gegenerklärung Der Begriff der Gegenerklärung ist dem Gesetz außerhalb des § 99 Abs. 1 fremd. Er entstammt dem Zivilprozessrecht, wo er hin und wieder (z. B. in § 132 Abs. 2 Satz 1 u. 2 ZPO) verwendet wird. Dort bezeichnet er Tatsachenvortrag auf das Vorbringen des Prozessgegners, der bis zu einer bestimmten Frist vorgebracht werden muss. Dies lässt sich ohne weiteres auf § 99 Abs. 1 übertragen. Einer Zuziehung nach § 99 Abs. 1 bedarf es also nur dann, wenn der Beschwerdeführer für die Beschwerdeentscheidung erhebliche Tatsachen vorbringt, auf die der Zuzuziehende seinerseits durch entsprechende Angriffs- oder Verteidigungsmittel regieren kann. Der Anwendungsbereich der Vorschrift wird allerdings durch die Beschränkung der Beschwerdegründe in § 100 Abs. 1 und das Erfordernis der Protokollierung nach § 80 von vorneherein sehr begrenzt. Diese Beschränkungen lassen wenig Raum für Tatsachenvortrag des Beschwerdeführers, der (nur) durch Gegenvortrag eines Beschwerdegegners entkräftet werden kann. Die Bestimmung eines Beschwerdegegners nach § 91 Abs. 1 kommt also nur dann in Betracht, wenn der Beschwerdeführer innerhalb dieser Beschränkungen zu berücksichtigende Tatsachen vorträgt, auf die der Beschwerdeführer innerhalb derselben Beschränkungen mit beachtlichem Gegenvortrag erwidern kann. Rügt der Beschwerdeführer etwa einen Verfahrensmangel, der aus dem Protokoll gemäß § 80 klar hervorgeht, kann hiergegen keine beachtliche Gegenerklä-
10 BVerfG v. 12.1.2005 – 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/04, NJW-RR 2005, 936, 937. 11 Nach den Gesetzesmaterialien (Motive, S. 250) sah der Gesetzgeber von einer ausdrücklichen Regelung ab, da sie nur die Bedeutung einer „selbstverständlichen und deshalb entbehrlichen Direktive“ gehabt hätte; ähnlich Jaeckel-Güthe, § 99 Rz. 3; Stöber, § 99 Rz. 2.2; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 2. 12 OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146, 148; OLG Bremen v. 7.11.1984 – 2 W 111/84, MDR 1985, 590 = Rpfleger 1985, 160; OLG Karlsruhe v. 8.3.1995 – 11 W 188/94, Rpfleger 1995, 472 f. 13 BGH v. 28.2.2008 – V ZB 107/07-V ZB 107/07, NJW-RR 2008, 1084, 1086 = MDR 2008, 826; OLG Bremen v. 7.11.1984 – 2 W 111/84, MDR 1985, 590 = Rpfleger 1985, 160. 14 So aber wohl Jaeckel-Güthe, § 99 Rz. 3.
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§ 99 Rz. 6 Gegenerklärung rung erfolgen.15 Dem hiervon Betroffenen ist zwar schon aus § 103 GG rechtliches Gehör zu gewähren. Anlass zu einer Gegenerklärung gemäß § 99 Abs. 1 besteht aber nicht. c) Erforderlichkeit 7
Überdies muss der Gegenvortrag nach § 99 Abs. 1 „erforderlich“ sein. Es muss sich also um Vortrag handeln, der erst auf den Vortrag der „Partei“ vom Gericht berücksichtigt werden kann. Die Zuziehung hat also zu unterbleiben, wenn der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel auf Tatsachen stützt, die das Beschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen hat. Rügt der Beschwerdeführer also die Prozessunfähigkeit des Meistbietenden, muss diese Voraussetzung für die Abgabe einer wirksamen Prozesshandlung ohnehin von Amts wegen geprüft werden. Eine Gegenerklärung anderer am Zwangsversteigerungsverfahren Beteiligter ist hierzu nicht gemäß § 99 Abs. 1 erforderlich. Gleiches gilt für die nach § 100 Abs. 3 von Amts wegen zu prüfenden Versagungsgründe. Auch hier ist eine Gegenerklärung nicht im Sinne des § 99 Abs. 1 erforderlich. d) Keine Bestimmung eines Gegners bei unzulässigen oder unbegründeten Beschwerden
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Nach diesen Vorgaben scheidet die Bestimmung eines Beschwerdegegners nach § 99 Abs. 1 also in jedem Fall dann aus, wenn die Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag etwa mangels Beschwerdebefugnis oder Einhaltung der Beschwerdefrist unzulässig bzw. nach eigenem Vorbringen des Beschwerdeführers unbegründet ist.16 Dann kann weiterer Tatsachenvortrag eines anderen Verfahrensbeteiligten für die Beschwerdeentscheidung nicht nach § 99 Abs. 1 erforderlich sein. Gleiches gilt, wenn erhebliche Tatsachenbehauptungen des Beschwerdeführers nicht aus dem Protokoll ersichtlich und daher gemäß § 80 unerheblich sind.17 e) Keine bloße Gewährung des rechtlichen Gehörs
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Aus Vorgesagtem geht aber auch hervor, dass § 99 Abs. 1 eine weiter gehende Bedeutung zukommt, als ihr bislang zugebilligt wird. Nach h. M. soll sie nur die Gewährung rechtlichen Gehörs für eventuell von der Beschwerdeentscheidung Betroffene sicherstellen.18 Dann wäre die Vorschrift überflüssig, da das Gebot zur Gewährung rechtlichen Gehörs unmittelbar aus Art. 103 GG folgt. Vor allem aber wäre sie dann viel zu eng gefasst. Anspruch auf rechtliches Gehör hat jeder, der durch ihm ungünstiges Vorbringen und eine darauf fußende Beschwerdeentscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt sein kann, nicht nur derjenige, dessen Gegenerklärung zur Rechtswahrung erforderlich ist. Das Beschwerdegericht hat also unabhängig von § 99 Abs. 1 jedem, der durch die Beschwerdeentscheidung in seinen Rechten betroffen sein kann, rechtliches Gehör zu gewähren. Selbstverständlich hat jedermann auch das Recht, sich vor der Beschwerdeentscheidung zu den hierfür maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen äußern. Auch eine pointierte Stellungnahme hierzu, die keine erforderliche Gegenerklärung gemäß § 99 Abs. 1 darstellt, kann auf die Willensbildung des Gerichtes Einfluss nehmen.
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So zutreffend schon Jaeckel-Güthe, § 99 Rz. 1. Jaeckel-Güthe, § 99 Rz. 1; Stöber, § 99 Rz. 2.1; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 1. Stöber, § 99 Rz. 2.1; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 1. OLG Bremen v. 7.11.1984 – 2 W 111/84, MDR 1985, 590 = Rpfleger 1985, 160, 161; Stöber, § 99 Rz. 2.1., einschränkend („dient in erster Linie der Gewährung rechtlichen Gehörs) BVerfG v. 12.1.2005 – 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/04, NJW-RR 2005, 936, 937.
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Gegenerklärung
Rz. 13 § 99
3. § 99 Abs. 1 als Spezialregelung für ein der Sache nach kontradiktorisches Verfahren a) Ausgangslage Beachtet man die genannten Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 hinreichend genau, wird auch 10 der Zweck der bislang in Rechtsprechung und Schrifttum nicht sonderlich eingehend behandelten Vorschrift klar. Wie oben – noch in Übereinstimmung mit der h. M. – dargelegt, setzt die Bestimmung des Gegners nach § 99 Abs. 1 zunächst die Möglichkeit der Rechtsbeeinträchtigung eines am Zwangsversteigerungsverfahren Beteiligten durch die Entscheidung über den Zuschlag voraus. Hinzukommen muss, dass zur Abwendung der Beeinträchtigung eine Gegenerklärung des solchermaßen Betroffenen erforderlich ist. Damit liegt aber der Sache nach genau die Situation des kontradiktorischen Verfahrens vor: Der als Gegner zu Bestimmende ist aufgrund dieser verfahrensrechtlichen Konstellation exakt denselben Zwängen unterworfen wie die Partei im Zivilprozess. Er kann eine ihm günstige Entscheidung nur durch eigenes Handeln bzw. eigenen Vortrag im Verfahren erreichen. Dieser verfahrensrechtlichen Situation Rechnung zu tragen, ist Zweck des § 99 Abs. 1: Das Beschwerdegericht soll dem in dieser Weise durch das Beschwerdeverfahren Betroffenen kraft konstitutiver Bestimmung die Möglichkeit geben, als Gegner des Beschwerdeführers im Verfahren zu agieren. b) Wortlaut Dass § 99 Abs. 1 entgegen der h. M. nicht nur als überflüssige und zudem zu eng gefasste Spezialnorm zu Art. 103 GG anzusehen ist, ergibt sich zudem auch aus dem Wortlaut der Norm. Dieser verlangt vom Beschwerdegericht eben nicht nur die Prüfung, „wer zuzuziehen ist“, was zu erwarten wäre, wenn nur die Gewährung rechtlichen Gehörs Normzweck wäre. Vielmehr soll nach § 99 Abs. 1 darüber entschieden werden, „wer als Gegner des Beschwerdeführers zuzuziehen ist.“ Dies zeigt, dass der von § 99 Abs. 1 erfasste Personenkreis eben nicht nur in irgendeiner Weise Gelegenheit zur Stellungnahme, sondern die Stellung eines Gegners in einem kontradiktorischen Verfahren erhalten soll.
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c) Rolle von Gericht und Gegner bei der Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Vor diesem Hintergrund überzeugen auch die Einwände gegen eine echte Parteistellung des nach § 99 Abs. 1 zugezogenen Gegners nicht. Es ist nicht das Gericht, das irgendjemanden nach dieser Vorschrift eine Parteirolle „aufzwingt“.19 Der solchermaßen durch die Beschwerdeentscheidung Betroffene befindet sich ohnehin schon in einer quasi-kontradiktorischen Verfahrensrolle, da er wie im Zivilprozess eine ihm ungünstige Beschwerdeentscheidung nur durch eigenen Vortrag abwenden kann. Das Beschwerdegericht trägt dem nur dadurch Rechnung, dass es ihm diese Verfahrensrechte auch formell überträgt. Umgekehrt hat die Zuziehung nach § 99 Abs. 1 keine zusätzlichen Verpflichtungen zu einem bestimmten prozessualen Verhalten zur Folge. Selbstverständlich muss sich der Zugezogene im Verfahren weder äußern noch Anträge stellen.20 Dann ergeht aber eben eine ihm ungünstige Entscheidung.
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4. Die Zuziehung als Gegner durch das Beschwerdegericht a) Keine Ermessensentscheidung Bei der Zuziehung nach § 99 Abs. 1 handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung des Gerichtes. Der Wortlaut („so hat es zu bestimmen“) räumt dem Gericht kein Ermessen 19 So Stöber, § 99 Rz. 2.3. 20 BVerfG v. 12.1.2005 – 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/04, NJW-RR 2005, 936, 937; Jaeckel-Güthe, § 99 Rz. 4; Stöber, § 99 Rz. 2.3; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 2.
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§ 99 Rz. 13 Gegenerklärung ein.21 Kann ein Verfahrensbeteiligter durch die Beschwerdeentscheidung über den Zuschlag eine Rechtsbeeinträchtigung erleiden, die er nur durch eigenen Vortrag abwenden kann, so hat ihn das Beschwerdegericht zuzuziehen. Die bloße Gewährung rechtlichen Gehörs genügt dann nicht mehr. Sind die Voraussetzungen von § 99 Abs. 1 bei mehreren am Zwangsversteigerungsverfahren Beteiligten gegeben, hat das Gericht sie alle zuzuziehen.22 Sie erlangen aber schon aufgrund u. U. unterschiedlicher Rechtsbeeinträchtigung nicht die Stellung notwendiger Streitgenossen.23 b) Form der Entscheidung 14
Das Gesetz sieht keine bestimmte Form für die Zuziehung nach § 99 Abs. 1 vor. In keinem Fall genügt aber die bloße Übersendung der Beschwerdeschrift zur Stellungnahme.24 Denn dies kann auch nur der Gewährung rechtlichen Gehörs dienen. Zudem ist damit die Zuziehung nach § 99 Abs. 1 eben gerade nicht ausgesprochen. Deswegen begegnet auch die bloße Aufforderung zur Stellungnahme oder die Anordnung der mündlichen Verhandlung Bedenken.25 Angesichts der Bedeutung der Zuziehung für das weitere Verfahren und die Kostenentscheidung ist es geboten, über die Zuziehung durch Beschluss zu entscheiden. c) Inhalt der Entscheidung
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Der Tenor der Entscheidung richtet sich zweckmäßigerweise nach dem Wortlaut des Gesetzes, etwa: „Der Ersteher wird als Gegner des Beschwerdeführers zugezogen.“ Die Begründung hat sich dazu zu äußern, dass der Zugezogene möglicherweise eine Rechtsbeeinträchtigung durch die Entscheidung über den Zuschlag erleidet, ferner dazu, weshalb das Gericht eine Gegenerklärung zum Beschwerdevorbringen für erforderlich hält. In Anbetracht der Tatsache, dass die Behandlung als Beschwerdegegner die Belastung mit Verfahrenskosten nach sich ziehen kann, sollte das Beschwerdegericht schon im Beschluss nach § 99 Abs. 1 hierauf hinweisen.26 Der Beschluss ist nicht nach § 95 unanfechtbar, da er nach der Entscheidung über den Zuschlag ergeht. Einer Rechtsmittelbelehrung bedarf es allerdings nur dann, wenn das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Ansonsten ist der Beschluss unanfechtbar. d) Folgen
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Die Zuziehung nach § 99 Abs. 1 hat zur Folge, dass der Zugezogene künftig wie der Beschwerdegegner in einer sonstigen zivilprozessualen Beschwerde behandelt wird. So kann der Beschwerdegegner Anschlussbeschwerde nach § 567 Abs. 3 ZPO einlegen, was ansonsten mangels Gegnerstellung nicht möglich ist (vgl. § 95 Rz. 4). Das Gericht kann ihm also nach § 571 Abs. 3 Satz 1 ZPO Fristen für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln setzen. Es hat nach allgemeinen Grundsätzen Hinweise zu erteilen. Erhebliches Vorbringen des Zugezogenen, das das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legen will, hat es seinerseits dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme zu überlassen.27 Der Streitgegenstand unterliegt jetzt der Disposition der Parteien des Beschwerdeverfahrens, soweit das Verfahren von ihrem Vorbringen abhängt. Vor allem aber hat das Gericht nunmehr über die gerichtlichen und außer21 Anders, aber ohne Begründung Stöber, § 99 Rz. 2.1; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 2; dem folgend BVerfG v. 12.1.2005 – 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/04, NJW-RR 2005, 936, 937. 22 Zur Möglichkeit mehrerer nach § 99 Abs. 1 Zugezogener s. Stöber, § 99 Rz. 2.2. 23 Jaeckel-Güthe, § 99 Rz. 4. 24 OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146, 1478. 25 Hierfür aber Jaeckel-Güthe, § 99 Rz. 2; Stöber, § 99 Rz. 2.2. 26 BVerfG v. 12.1.2005 – 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/04, NJW-RR 2005, 936; Stöber, § 99 Rz. 2.5; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 3. 27 Stöber, § 99 Rz. 2.3.
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Rz. 19 § 99
gerichtlichen Kosten nach dem Verhältnis des Unterliegens gemäß §§ 91, 92, 97 ZPO zu entscheiden.28 Dies erscheint aber auch angemessen, da der weitere Gang des Verfahren nunmehr vom Vortrag des Zugezogenen abhängt.29 Hinsichtlich der sonstigen Verfahrensbeteiligten bleibt es aber bei der Grundregel des § 99 Abs. 1: Weder können sie zur Kostentragung verpflichtet werden noch können sie ihrerseits Kostenerstattung verlangen.30 e) Fehler der Entscheidung Die Entscheidung über die Zuziehung erfolgt durch das Beschwerdegericht, sie ist allenfalls mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar. Da eine ausdrückliche Bestimmung gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO fehlt, kommt dies nur bei ausdrücklicher Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 in Betracht.31 § 95 steht dem nicht entgegen, da die Entscheidung nicht vor der Beschlussfassung über den Zuschlag erfolgt.
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III. Die Verfahrensverbindung 1. Voraussetzungen § 99 Abs. 2 setzt lediglich voraus, dass mehrere Beschwerden gegen eine Entscheidung über den Zuschlag eingelegt wurden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass die Beschwerden das gleiche Ziel verfolgen. Wendet sich etwa neben dem Schuldner, der Verfahrensfehler rügt, ein Bieter deswegen gegen die Erteilung des Zuschlags, weil er das Höchstgebot für unwirksam hält, erstreben beide gänzlich unterschiedliche Ziele. Gleichwohl sieht § 99 Abs. 1 die Verbindung der Beschwerden vor. Der Gewährung rechtlichen Gehörs bedarf es anders als im Fall der Prozessverbindung nach § 147 ZPO nicht, da die Verbindung nach § 99 Abs. 2 zwingend vorgeschrieben ist,32 eine Stellungnahme der Beschwerdeführer oder anderer Verfahrensbeteiligter also keine andere Entscheidung herbeiführen kann.
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2. Folgen Die Verbindung wirkt ähnlich wie die Prozessverbindung nach § 147 ZPO. Die Beschwerden 19 bleiben getrennte Verfahren, die nur aus Gründen der Prozessökonomie verbunden werden.33 Es muss zwar eine einheitliche Entscheidung über den Zuschlag ergehen, die Beschwerdeführer werden aber nicht zu notwendigen Streitgenossen.34 Die Möglichkeit einer Trennung der Beschwerdeverfahren sieht § 99 Abs. 2 allerdings anders als § 145 ZPO für den Zivilprozess nicht vor. Unterbleibt die Verbindung, was insbesondere bei unterschiedlicher Einlegung bei Ausgangs- und Beschwerdegericht der Fall sein kann, so hat dies keine Folgen.35 Denn es handelt sich bei § 99 Abs. 2 um eine reine Ordnungsvorschrift.36 Das Beschwerdegericht muss 28 Löhnig/Cranshaw, § 96 Rz. 2. 29 Wieso dies nur bei Miteigentümern der kontradiktorische Charakter der Auseinandersetzung eine Kostenentscheidung nach §§ 91 ff. ZPO rechtfertigen soll (so BGH v. 20.7.2006 – V ZB 168/05, MDR 2007, 239 = NJW-RR 2007, 143) leuchtet nicht ein. 30 OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146, 148. 31 Vgl. zur Erstbeschwerde gegen Entscheidungen des LG Zöller/Heßler, § 574 ZPO Rz. 3; dazu, dass es neben § 574 Abs. 1Nr. 2 ZPO keiner weiteren Ermächtigung zur Zulassung bedarf s. Zöller/Heßler, § 574 ZPO Rz. 9. 32 Jaeckel-Güthe, § 99 Rz. 7; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 4. 33 Der Gesetzgeber (Motive, S. 250) erhoffte sich von der Verbindung „eine schnellere und sachgemäßere Erledigung.“ 34 KG v. 16.1.1976 – 1 W 654/73, Rpfleger 1976, 368, 370. 35 Ähnlich schon Motive, S. 250; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 4. 36 Stöber, § 99 Rz. 3; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 4.
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§ 99 Rz. 19 Gegenerklärung deshalb mit seiner Entscheidung auch nicht abwarten, ob noch weitere Beschwerden eingehen.37 3. Form der Entscheidung 20
Das Gesetz sieht zwar keine bestimmte Form für die Verbindung nach § 99 Abs. 2 vor. Ähnlich wie bei der ihrer Wirkung nach ähnlichen Prozessverbindung nach § 146 ZPO,38 für die das Gesetz gleichfalls keine bestimmte Form vorschreibt, hat die Verbindung nach § 99 Abs. 2 durch Beschluss zu erfolgen. 4. Anwendbarkeit auf die Rechtsbeschwerde
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Nach h. M. ist § 99 Abs. 2 entsprechend auf die Rechtsbeschwerde anzuwenden.39 Dies wird mit der Zielsetzung der Norm begründet, die auch dort gilt.
§ 100 [Beschwerdegründe] (1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist. (2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden. (3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Rz. I. Geschichte und Zweck der Norm . . . . 1 II. Systematik von § 100 . . . . . . . . . . . . 2 1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Beschwerdegründe (§ 100 Abs. 3) . . . . . 2 2. Erfordernis einer Beschwer (§ 100 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3. Beschränkung sonstiger Beschwerdegründe (§ 100 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . 4 4. Weitere Einschränkungen der Beschwerde gegen den Zuschlag . . . . . . . . . . . . 5 a) Inhalt des Protokolls . . . . . . . . . . . 5 b) Separate Anfechtbarkeit vorbereitender Entscheidungen . . . . . . . . . . . 6 c) Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . 6a III. Von Amts wegen zu beachtende Beschwerdegründe (§ 100 Abs. 3) . . . . 7
Rz. 1. Rechtzeitiges und von einem Beschwerdeberechtigten eingelegtes Rechtsmittel . 2. Beschwer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prüfung ohne Beschwer des Rechtsmittelführers nach h. M. . . . . . . . . . b) Beschwer als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung nach §§ 567 ff. ZPO . . c) Systematischer Zusammenhang mit § 84 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Versagungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . a) § 83 Nr. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 83 Nr. 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beschränkung der Beschwerdegründe . 1. § 100 Abs. 1 im System der sofortigen Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO . . . . . . 2. Auf Rüge zu beachtende Beschwerdegründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37 Jaeckel-Güthe, § 99 Rz. 7; Stöber, § 99 Rz. 3; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 4. 38 Zöller/Greger, § 146 ZPO Rz. 7. 39 Stöber, § 99 Rz. 2.5; Löhnig/Cranshaw, § 99 Rz. 5.
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Beschwerdegründe Rz. a) Verstoß gegen § 81 . . . . . . . . . . . . 14 b) Verstoß gegen § 83 Nr. 1 bis 5 . . . . . 15 c) Verstoß gegen § 84 . . . . . . . . . . . . 16
Rz. 3 § 100
Rz. d) Verstoß gegen § 85 . . . . . . . . . . . . 17 e) Verstoß gegen § 85a . . . . . . . . . . . 18 V. Maßgeblicher Zeitpunkt des Verstoßes . 20
I. Geschichte und Zweck der Norm Im Entwurf von 1889 ist nur § 100 Abs. 2 (als § 130 Abs. 2) enthalten. Im Übrigen war die Beschwerdemöglichkeit in § 130 Abs. 1 des Entwurfs noch weit stärker eingeschränkt als nach § 100 Abs. 1.1 Gleichwohl schränkt die Vorschrift die allgemeinen Grundsätze zur Begründung der Beschwerde und zum Vorbringen neuer Tatsachen erheblich ein. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren.2
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II. Systematik von § 100 1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Beschwerdegründe (§ 100 Abs. 3) § 100 Abs. 3 geht für die in § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Beschwerdegründe sogar über das allgemeine Beschwerderecht der §§ 567 ff. ZPO hinaus. Denn das Vorliegen dieser Versagungsgründe ist von Amts wegen zu prüfen. Einer entsprechenden Rüge des Beschwerdeführers bedarf es daher nicht.
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2. Erfordernis einer Beschwer (§ 100 Abs. 2) § 100 Abs. 2 enthält nur die im gesamten Rechtsmittelrecht selbstverständliche Vorgabe, dass 3 der Beschwerdeführer durch die angegriffene Entscheidung selbst beschwert sein muss.3 Er kann sich also selbst dann, wenn die Entscheidung falsch ist, nicht auf den Fehler berufen, wenn er hierdurch nicht beeinträchtigt ist.4 Dies betrifft sowohl den Fall, dass sich der Fehler überhaupt nicht auswirkt als auch denjenigen, dass er nur die Rechte anderer berührt. Unschädlich ist es, wenn das Recht eines Dritten ebenfalls betroffen ist; § 100 Abs. 2 untersagt alleine die Geltendmachung von Rechten, die „nur“ das Recht eines Dritten betreffen.5 Das Erfordernis einer eigenen Beschwer kann zu einer gespaltenen Prüfung führen. So kann der Meistbietende nicht die Versagung des Zuschlags aufgrund einer sittenwidrigen Härte gemäß § 765a ZPO angreifen, soweit er nur die Abwägung der Interessen von Gläubiger und Schuldner betrifft.6 Denn insoweit sind seine Rechte nicht betroffen. Er kann aber überprüfen lassen, ob überhaupt ein Antrag nach § 765a ZPO gestellt wurde und die Entscheidung auf berücksichtigungsfähige Tatsachen gestützt wurde.7 Zur Beschwer der einzelnen Beteiligten im Einzelnen kann auf die Kommentierung in § 97 Bezug genommen werden.
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Hierzu s. Motive, S. 250 f.; Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 4. Stöber, § 101 Rz. 1. S. schon Motive, S. 251; ausführlich auch Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 6. BGH v. 20.7.2006 – V ZB 168/05, MDR 2007, 239 = Rpfleger 2006, 665 = NJW-RR 2007, 143; BGH v. 25.1.2007 – V ZB 47/06, MDR 2007, 797 = Rpfleger 2007, 331, 333; BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, Rpfleger 2017, 225, 230. 5 OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146, 148. 6 OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146 f.; ähnlich BVerfG v. 12.1.2005 – 1 BvR 328/04 u. 1 BvR 1092/04, NJW-RR 2005, 936, 937. 7 OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146, 147.
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§ 100 Rz. 4 Beschwerdegründe 3. Beschränkung sonstiger Beschwerdegründe (§ 100 Abs. 1) 4
Am einschneidensten ist die Beschränkung der vom Rechtsmittelgericht zu berücksichtigenden Beschwerdegründe in § 100 Abs. 1. Anders als nach dem allgemeinem Beschwerderecht der §§ 567 ff. ZPO kann sich der Beschwerdeführer also auch dann, wenn eine Vorschrift verletzt und er hierdurch beschwert ist, nicht auf jede Rechtsverletzung berufen. Der Kreis der Vorschriften, deren Verletzung in der Beschwerdeinstanz zu berücksichtigen ist, wird in § 100 Abs. 1 abschließend enumeriert („kann nur darauf gestützt werden“).8 Die Beschränkung gilt nur für die Zuschlagsentscheidung selbst, nicht aber für andere Entscheidungen, etwa über die Kosten, auch wenn sie in demselben Beschluss ergingen.9 4. Weitere Einschränkungen der Beschwerde gegen den Zuschlag a) Inhalt des Protokolls
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Die Anfechtbarkeit des Zuschlags wird weiter eingeschränkt durch allgemeine Verfahrensvorschriften, die selbstverständlich auch in diesem Zusammenhang Anwendung finden. Besondere Bedeutung kommt dabei § 80 zu, wonach Vorgänge in dem Versteigerungstermin, die nicht aus dem Protokoll ersichtlich sind, bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht berücksichtigt werden.10 Dies gilt allerdings nur für Erklärungen, die im Versteigerungstermin vorgenommen werden müssen.11 Diese Vorschrift findet naturgemäß nicht nur auf die erste Instanz Anwendung. Darf die erste Instanz bestimmte Umstände nicht berücksichtigen, kann für die Rechtsmittelinstanzen nichts anderes gelten. Selbst wenn bestimmte Umstände also nach § 100 Abs. 1 erheblich sein könnten, sind sie nicht zu berücksichtigen, wenn sie keine Aufnahme in das Protokoll gefunden haben. Im Ergebnis wird hierdurch auch die Möglichkeit des Vorbringens neuer Tatsachen gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausgeschlossen, da es alleine auf die Protokollierung ankommt. b) Separate Anfechtbarkeit vorbereitender Entscheidungen
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Die Beschwerde gegen den Zuschlag ist ferner auch bei ansonsten relevanten Umständen eingeschränkt, wenn die den Zuschlag vorbereitende Entscheidung selbständig anfechtbar ist. Dies betrifft nach Rechtsprechung des BGH allerdings nur noch die Festsetzung des Verkehrswertes, die Versagung der einstweiligen Einstellung nach §§ 30a bis 30d und Entscheidungen über Vollstreckungsschutzanträge nach § 765a ZPO, da das Vollstreckungsgericht und demnach auch das Beschwerdegericht im Übrigen gemäß § 79 an vorgängige Entscheidungen nicht gebunden ist.12 Ohne diese Einschränkung wäre etwa die fehlerhafte Festsetzung des Verkehrswertes auch nach § 85a zu berücksichtigen, wenn das Meistgebot die Hälfte des (tatsächlichen) Grundstückswertes nicht erreichen würde. Da aber die Festsetzung des Verkehrswertes selbständig gemäß § 74a Abs. 5 Satz 3 mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist, bedarf es keiner doppelten Anfechtbarkeit noch im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Zuschlag. Deshalb schließt § 74a Abs. 5 Satz 4 die Anfechtung des Zuschlagsbeschlusses wegen fehlerhafter Festsetzung des Verkehrswertes aus. 8 BGH v. 29.10.2015 – V ZB 65/15, FamRZ 2016, 303, 304; BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, Rpfleger 2017, 225, 226; Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 1; Löhnig/Cranshaw, § 100 Rz. 1. 9 OLG Bremen v. 7.11.1984 – 2 W 111/84, MDR 1985, 590 = Rpfleger 1985, 160. 10 BGH v. 18.10.2007 – V ZB 75/07, MDR 2008, 229 = Rpfleger 2008, 147, 148; BGH v. 1.7.2010 – V ZB 94/10, MDR 2010, 1215 = Rpfleger 2011, 41, 42. 11 Motive, S. 251 f.; Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 5; LG Essen v. 20.1.2006 – 7 T 574/05, Rpfleger 2006, 665 f. zu Vorgängen im Vorfeld des Termins (Terminsaushang und Verlegung in einen anderen Saal). 12 BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155, 157 f.; BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, Rpfleger 2007, 483, 488; BGH v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617.
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Beschwerdegründe
Rz. 9 § 100
c) Rechtsmissbrauch Wie jede Rechtsausübung kann auch die Wahrnehmung des Beschwerderechtes rechtsmiss- 6a bräuchlich sein, Dies kann der Fall sein, wenn der Beschwerdeführer eine Behinderung des Verfahrens beabsichtigt und das Vollstreckungsgericht in die Irre führen will.13 Allerdings scheidet die Berufung auf Rechtsmissbrauch aus, wenn die Gründe für die Versagung des Zuschlags auf Verfahrensfehlern des Vollstreckungsgerichts beruhen, die dieses hätte vermeiden können.14 Die bloße Antragstellung aus taktischen Gründen, die Verfahrensfehler provozieren soll, ist alleine noch nicht rechtsmissbräuchlich.15
III. Von Amts wegen zu beachtende Beschwerdegründe (§ 100 Abs. 3) 1. Rechtzeitiges und von einem Beschwerdeberechtigten eingelegtes Rechtsmittel Die in § 100 Abs. 3 aufgeführten Versagungsgründe sind zwar von Amts wegen zu beachten. 7 Das Beschwerdegericht hat ein erstinstanzliches Verfahren aber nicht von Amts wegen zu überprüfen, auch dann nicht, wenn ihm die Akte, aus welchem Grund auch immer, vorgelegt wird. Voraussetzung der amtswegigen Überprüfung ist daher nach einhelliger Auffassung eine rechtzeitig von einem nach § 97 Berechtigten eingelegte Beschwerde. Nur dann ist das Beschwerdegericht zur Entscheidung über die Beschwerde überhaupt berufen. Es kann auch nicht die von Amts wegen zu prüfenden Versagungsgründe auf eine Popularbeschwerde oder ein verfristetes Rechtsmittel hin prüfen.16 Die amtswegige Prüfung schließt eine Heilung der in § 100 Abs. 3 aufgeführten Verfahrensfehler nicht aus.17 Dies setzt aber voraus, dass eine Rechtsverletzung aufgrund des Verfahrensfehlers mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.18 2. Beschwer a) Prüfung ohne Beschwer des Rechtsmittelführers nach h. M. Anders behandelt die ganz h. M. die Frage der Beschwer. Angeblich sollen die in § 100 Abs. 3 aufgeführten Beschwerdegründe auch dann von Amts wegen zu prüfen sein, wenn der Beschwerdeführer selbst nicht beschwert ist.19
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b) Beschwer als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung nach §§ 567 ff. ZPO Die h. M. ist in dieser Allgemeinheit mit Grundsätzen des Zivilprozesses nicht vereinbar. Die 9 Beschwer des Rechtsmittelführers ist Zulässigkeitskriterium für alle zivilprozessualen Rechtsmittel. Für die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO, deren Regeln auch auf die Zuschlagsbeschwerde Anwendung finden, gilt nichts anderes.20 Anderenfalls müsste das Beschwerdegericht ohne Bejahung bzw. sogar nach Verneinung der Zulässigkeit einer Beschwerde deren 13 14 15 16 17
Vgl. BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, Rpfleger 2014, 689, 690 f. BGH, Beschl. v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, Rpfleger 2014, 689, 690 f. LG Berlin, Beschl. v. 10.5.2017 – 80 T 175/17 Rz. 22 f. (zit. nach juris). Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 7; Stöber, § 100 Rz. 4.2. BGH v. 30.1.2004 – IXa ZB 285/03, MDR 2004, 774; BGH v. 30.1.2004 – IXa ZB 2859/03, Rpfleger 2004, 368 f.; BGH v. 25.1.2007 – V ZB 47/06, MDR 2007, 797 = Rpfleger 2007, 331, 332; BGH v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = Rpfleger 2008, 433. 18 BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200; BGH v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = Rpfleger 2008, 433, 434. 19 OLG Köln v. 14.12.1988 – 2 W 133/88, Rpfleger 1989, 298; Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 7; Stöber, § 100 Rz. 4.2. 20 Zöller/Heßler, § 567 ZPO Rz. 5.
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§ 100 Rz. 9 Beschwerdegründe Begründetheit eben im Hinblick auf die Versagungsgründe des § 100 Abs. 3 prüfen. Dies wäre ein offenkundiger Systembruch. Der Wortlaut des § 100 Abs. 3 gibt keinen Anlass zu einer solchen Handhabung. Denn danach sind die dort bezeichneten Versagungsgründe nicht nur auf entsprechende Rüge, sondern von Amts wegen zu berücksichtigen. Das betrifft indessen nur die Prüfung ob das Rechtsmittel begründet ist, trifft aber keine Aussage zur Zulässigkeitsprüfung. Eine solche Praxis wäre auch nicht im Hinblick auf die Schwere der in § 100 Abs. 3 aufgezeigten Fehler zu rechtfertigen. Denn der Zuschlagsbeschluss würde ja ohne sofortige Beschwerde gleichfalls rechtskräftig. Die amtswegige Berücksichtigung der Beschwerdegründe nach § 100 Abs. 3 kommt also nur in Betracht, wenn der Beschwerdeführer durch die Entscheidung beschwert wird. Dann ist seine Zuschlagsbeschwerde zulässig und es ist auch ohne entsprechenden Vortrag zu prüfen, ob die Versagungsgründe des § 83 Nr. 6, 7 vorliegen. Deren Verletzung muss dann auch nicht den Beschwerdeführer in seinen Rechten berühren, da sie bei zulässiger Beschwerde eben von Amts wegen zu berücksichtigen sind.21 c) Systematischer Zusammenhang mit § 84 10
Die Berechtigung der h.M. ergibt sich auch nicht aus § 84. Dies ergibt sich nicht nur aus der Rechtsprechung des BGH, wonach eine Heilung auch bei Verstößen gegen § 83 Nr. 6, 7 in Betracht kommt.22 Vielmehr regelt § 84 nur die Folgen eines Verstoßes gegen § 83 Nr. 1 bis 5, die bereits keine auf Vortrag des Beschwerdeführers hin zu berücksichtigenden Einwände gegen die Zuschlagserteilung darstellen. Daraus, dass selbst der Beschwerdeführer ohne eigene Beschwer mit Verstößen gegen § 83 Nr. 1 bis 5 nicht gehört wird, folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass seine Beschwerde bei Verstößen gegen § 83 Nr. 6, 7 in jedem Fall, auch ohne eigene Beschwer begründet ist. Über die Voraussetzung einer zulässigen Beschwerde hilft § 100 Abs. 3 nicht hinweg. 3. Versagungsgründe a) § 83 Nr. 6
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Der Versagungsgrund des § 83 Nr. 6 erfasst sämtliche Umstände, aufgrund derer die Zwangsversteigerung oder ihre Fortsetzung unzulässig ist. Hierunter fallen Umstände in der Person des Schuldners, etwa seine Prozessunfähigkeit.23 Hier kommt zwar eine Genehmigung durch den Betreuer in Betracht, die aber gemäß § 84 durch öffentlich beglaubigte Urkunde oder durch Erklärung zu Protokoll24 erfolgen muss; eine konkludente Genehmigung etwa durch Entgegennahme des Übererlöses genügt nicht.25 Denkbar sind auch Fehler im Verfahren wie die Unzuständigkeit des Gerichtes oder das Fehlen der Vollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung),26 oder die Nichtbescheidung eines Befangenheitsantrages gegen den Rechtspfleger.27 Auch das Übergehen eines vor der Verkündung des Zuschlags gestellten Schuldnerschutzantrages28 nach §§ 765a ZPO ist ein nach § 100 Abs. 3 i.V.m. § 83 Nr. 6 von 21 Jedenfalls im Ergebnis ebenso, aber sehr knapp und daher kaum beachtet BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, MDR 2014, 1230 = NJW-RR 2014, 1279, 1280 Rz. 8. 22 BGH v. 30.1.2004 – IXa ZB 285/03, Rpfleger 2004, 368 f., MDR 2004, 774; BGH v. 25.1.2007 – V ZB 47/06, MDR 2007, 797 = Rpfleger 2007, 331, 332 – hier aber verneint; BGH v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = Rpfleger 2008, 433. 23 BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200. 24 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, MDR 2017, 303 = Rpfleger 2017, 225 Rz. 36. 25 BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200. 26 BGH v. 25.1.2007 – V ZB 47/06, MDR 2007, 797 = Rpfleger 2007, 331, 332. 27 BGH v. 21.6.2007 – V ZB 3/07, MDR 2008, 111 = Rpfleger 2007, 619 (auch zu rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen). 28 Nach der Erteilung des Zuschlags ist er unerheblich, s. LG Kempten v. 4.5.1998 – 4 T 19/98, Rpfleger 1998, 358, 359; Stöber, § 100 Rz. 2.9.
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Beschwerdegründe
Rz. 12 § 100
Amts wegen zu berücksichtigender Fehler.29 Der Antrag muss allerdings nicht zwingend vor dem Zuschlag beschieden werden, die Entscheidung kann mit Erteilung des Zuschlags erfolgen.30 Sofern der Antrag nach § 765a ZPO begründet ist, muss der Zuschlag allerdings versagt werden. Nach Erteilung des Zuschlags kommt eine separate Entscheidung über den Schuldnerschutzantrag nach § 765a ZPO nicht mehr in Betracht; der Schuldner muss im Falle des fehlerhaften Übergehens seines Antrages den Zuschlagsbeschluss angreifen.31 Die Gefährdung von Leben und Unversehrtheit soll nach einer möglicherweise missverständlich formulierten Entscheidung des BGH sogar ohne Schutzantrag nach § 765a ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen sein.32 Ebenso ist der Zuschlag nach § 100 Abs. 3, § 83 Nr. 6 aufzuheben, wenn er trotz Vorliegens von Einstellungstatbeständen, auch aus § 775, § 776 ZPO, erteilt wurde.33 Sofern die Prüfung nicht (etwa bei Fragen der Prozessfähigkeit)34 anhand der Aktenlage erfolgen kann, hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu ermitteln. Auch neue Tatsachen sind in diesem Zusammenhang nach der allgemeinen Regel (§ 571 Abs. 1 S. 2 ZPO) zu berücksichtigen. Allerdings muss dies nicht ohne jeden Anhaltspunkt geschehen. Etwa im Falle der Prozessvoraussetzungen spricht eine Vermutung für die Geschäftsfähigkeit einer Partei. Es müssen also gegenteilige Anzeichen erkennbar sein. Dabei kann sich die amtswegige Prüfung häufigerer Fehler wie die unterbliebene Bescheidung eines Antrags nach § 765a ZPO auch für den Beschwerdeführer als problematisch erweisen. Bei vergleichsweise geringer Beschwer sollte eine Beschwerde vor dem Hintergrund der Amtsprüfung nach § 100 Abs. 3 daher genau bedacht sein. Sie kann nämlich im Ergebnis zur reformatio in peius führen,35 etwa dann, wenn der Beschwerdeführer nur die Erteilung des Zuschlages unter anderen Bedingungen verlangt und dieser wegen einer Nichtbescheidung eines Antrags nach § 765a ZPO nun gänzlich versagt wird. b) § 83 Nr. 7 Von Amts wegen zu berücksichtigen sind auch Verstöße gegen § 83 Nr. 7, also fehlerhafte Veröffentlichungen, die Nichteinhaltung der Mindestbietzeit36 oder die letztmalige Aufforderung zur Abgabe von Geboten vor dem Schluss der Versteigerung. Dabei ist darauf zu achten, dass Fehler im Termin gemäß § 80 nur durch das Protokoll nachgewiesen werden. Die fehlerhafte Bezeichnung es Grundstückes unterfällt § 100 Abs. 3, § 83 Nr. 7,37 ebenfalls die unterlassene Festsetzung des Verkehrswertes38 oder seine Änderung innerhalb der Sechs-Wochen-Frist des § 43, soweit sie nicht nur unerheblich ist.39 Auch im Hinblick auf die amtswegige Prüfung die-
29 OLG Karlsruhe v. 11.3.1994 – 11 W 77/93, Rpfleger 1995, 471, 472. 30 BGH v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, NJW 1965, 2107; BGH v. 25.2.2016 – V ZA 35/5, NJW-Spezial 2016, 327; OLG Karlsruhe v. 11.3.1994 – 11 W 77/93, Rpfleger 1995, 471, 472; OLG Köln v. 19.8.1996 – 2 W 165/96, Rpfleger 1997, 34, 35. 31 BGH v. 13.7.1965 – V ZR 269/62, NJW 1965, 2107; BGH v. 14.6.2007 – V ZB 28/07, MDR 2007, 1155 = Rpfleger 2007, 561, 562; OLG Karlsruhe v. 11.3.1994 – 11 W 77/93, Rpfleger 1995, 471, 472; OLG Köln v. 19.8.1996 – 2 W 165/96, Rpfleger 1997, 34, 35. 32 BGH v. 13.10.2016 – V ZB 138/15 Rz. 5, MDR 2017, 238 = Rpfleger 2017, 295. 33 Stöber, § 100 Rz. 2.3. 34 Zur Prozessunfähigkeit des Schuldners als Versagungsgrund OLG Hamm v. 4.11.1977 – 15 W 292/77, Rpfleger 1978, 422, 424; OLG Oldenburg v. 18.10.1989 – 2 W 154/88, Rpfleger 1990, 179, 180. 35 Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 7. 36 Hierzu und zur Nichtheilbarkeit dieses Fehlers BGH v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = Rpfleger 2008, 433, 434. 37 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, MDR 2014, 1230 = NJW-RR 2014, 1279, 1280; ein Exposé ist allerdings nicht erforderlich BGH v. 29.9.2011 – V ZB 65/11, MDR 2011, 1444 = NJW-RR 2012, 145. 38 BGH v. 5.6.2014 – V ZB 16/14, MDR 2014, 1230 = NJW-RR 2014, 1279, 1280. 39 BGH v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, MDR 2008, 1185 = NJW-RR 2008, 1741, 1742.
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§ 100 Rz. 12 Beschwerdegründe ser formalen Fehler ist bei Zuschlagsbeschwerden mit geringer Beschwer die Gefahr der reformatio in peius zu bedenken.
IV. Beschränkung der Beschwerdegründe 1. § 100 Abs. 1 im System der sofortigen Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO 13
§ 100 Abs. 1 beschränkt die Möglichkeit der Beschwerde gegen den Zuschlag, sofern kein von Amts wegen zu berücksichtigender Mangel des Verfahrens gemäß § 100 Abs. 3 vorliegt, auf die dort genannten Gründe. Sonstige Verfahrensfehler sind in diesem Zusammenhang irrelevant, auch wenn etwa eine Beeinträchtigung vorliegt und vom Vollstreckungsgericht zu Unrecht verneint wird.40 Erst recht unbeachtlich sind Fehler Dritter, etwa fehlerhafte Informationen über den Termin.41 Die Einschränkung des § 100 Abs. 1 hat nicht nur materiell-rechtliche Folgen. Verfahrensrechtlich schafft § 100 Abs. 1 entgegen der allgemeinen Regel des § 571 Abs. 1 ZPO, wonach die sofortige Beschwerde nur begründet werden „soll“, einen Begründungszwang.42 Trägt der Beschwerdeführer nichts zu den nach § 100 Abs. 1 erheblichen Gründen vor, ist seine Beschwerde unbegründet. 2. Auf Rüge zu beachtende Beschwerdegründe a) Verstoß gegen § 81
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Der Verstoß gegen § 81 erfasst alle Fehler im Zusammenhang mit dem Meistgebot, sofern dieses wirksam ist. Fehlt es bereits hieran, muss das Vollstreckungsgericht das Gebot zurückweisen. Da es nach der Rechtsprechung des BGH selbst dann gemäß § 79 nicht immer an Entscheidungen gebunden ist, die dem Zuschlag vorangehen, wenn diese selbständig anfechtbar sind,43 kann und muss es diesen Fehler noch nachträglich korrigieren, indem es den Zuschlag auf das unwirksame Gebot versagt. Anwendbar ist § 100 Abs. 1 etwa dann, wenn einem anderen als dem Meistgebot44 oder bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke nicht dem Gesamtmeistgebot45 der Zuschlag erteilt wird. Die gilt auch dann, wenn ein Gebot zu Unrecht zurückgewiesen wird, weil das Vorliegen einer Sicherheitsleistung irrtümlich verneint wird.46 Sofern ein Gebot zu Unrecht zurückgewiesen wurde, muss der Bieter allerdings gemäß § 72 Abs. 2 sofort Widerspruch erheben.47 Unterlässt er dies, kann dieser Fehler nicht mehr mit der Beschwerde korrigiert werden. Lediglich bei Versagung des Zuschlags aufgrund einer Einstellung etwa nach § 765a ZPO erlischt das Meistgebot erst mit Rechtskraft des Versagungsbeschlusses.48 Ebenso unterfällt das Fehlen einer behördlichen Zustimmung gemäß § 71 Abs. 2 den Anfechtungsgründen des § 100 Abs. 1. Ebenfalls zur Anfechtung des Zuschlags berechtigen Fehler einer Bietvollmacht des (vermeintlich) Meistbietenden, etwa die Nichteinhaltung der Form.49 Weitere Anwendungsfälle des § 100 Abs. 1 sind das Fehlen der Urkunden gemäß 40 OLG Köln v. 10.4.1980 – 2 W 23/80, 2 W 24/80, Rpfleger 1980, 354 (zur unterlassenen Anheftung des Termins an die Terminstafel); ähnlich LG Essen v. 20.1.2006 – 7 T 574/05, Rpfleger 2006, 665, 666. 41 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 150/07, Rpfleger 2008, 515, 517. 42 Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 1; Stöber, § 100 Rz. 2.2; Löhnig/Cranshaw, § 100 Rz. 1. 43 BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155. 44 OLG Köln v. 13.1.1992 – 2 W 1/92, Rpfleger 1992, 491; Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 1; Löhnig/Cranshaw, § 100 Rz. 2. 45 BGH v. 28.9.2006 – V ZB 55/06, MDR 2007, 427 = Rpfleger 2007, 95. 46 BGH v. 12.1.2017 – V ZB 96/16, Rpfleger 2017, 350, 351. 47 LG Koblenz v. 26.1.1987 – 4 T 822/86, Rpfleger 1987, 42 (im konkreten Fall der nachträglichen Zuschlagsentscheidung im Verkündungstermin allerdings zweifelhaft). 48 OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146, 147. 49 Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 1; Stöber, § 100 Rz. 2.3; Löhnig/Cranshaw, § 100 Rz. 2.
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Beschwerdegründe
Rz. 16 § 100
§ 81 Abs. 2, 3.50 Wird das Gebot nicht deswegen zurückgewiesen und die sofortige Beschwerde auf das Fehlen dieser Urkunden gestützt, wird man allerdings ihre Nachreichung im Beschwerdeverfahren nach der Rechtsprechung des BGH51 zulassen müssen.52 Wenn selbst Urkunden, deren Fehlen § 83 Nr. 6 unterfällt, nachgereicht werden können, muss dies erst recht bei dem geringer wiegenden Fehler gemäß § 100 Abs. 1 der Fall sein. Die Anfechtung eines Gebotes nach §§ 119 ff. BGB soll ebenfalls ein nur nach § 100 Abs. 1 beachtlicher Fehler sein,53 obwohl sie nach § 142 Abs. 1 BGB zur rückwirkenden Unwirksamkeit des Gebotes führt. Gleiches wird bisweilen bei der Geschäftsunfähigkeit eines Bieters angenommen,54 was noch zweifelhafter erscheint, da er von Anfang an kein wirksames Gebot abgeben konnte.55 Ob ein Gebot wegen Inhalts- oder Erklärungsirrtums nach § 119 BGB angefochten werden kann, ist nach wie vor umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt.56 Nicht nach § 100 Abs. 1 anfechtbar ist der Zuschlag dann, wenn eine ungeeignete Sicherheit geleistet wird, ohne dass sofort Widerspruch erhoben wird. Denn dann gilt das Verlangen nach § 70 Abs. 3 als zurückgenommen.57 b) Verstoß gegen § 83 Nr. 1 bis 5 § 100 Abs. 1 setzt zunächst einen Verstoß gegen die in § 83 genannten Vorschriften voraus. Der Wortlaut des § 100 Abs. 1 ist im Hinblick auf § 83 zu weit gefasst, da eine sofortige Beschwerde auf Verstöße gegen § 83 Nr. 6, 7 nicht gestützt werden muss. Derartige Fehler sind von Amts wegen zu beachten. Liegt eine der in § 83 Nr. 1 bis 5 genannten Rechtsverletzungen vor, muss sie gerügt werden. Sie muss ferner den Beschwerdeführer in seinen Rechten beeinträchtigen (§ 84 Abs. 1, § 100 Abs. 2).58 Anders als bei Verstößen nach § 83 Nr. 6, 7 kann der vom Verstoß gegen § 83 Nr. 1 bis 5 Betroffene das Verfahren gemäß § 84 Abs. 1 genehmigen.59 Die Beschwerde kann dann nicht mehr auf diesen Fehler gestützt werden.
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c) Verstoß gegen § 84 Der Verstoß gegen § 84 erfasst sowohl die unzutreffende Behandlung der Beeinträchtigung als 16 auch diejenige der Genehmigung.60 Die Erteilung des Zuschlags kann also angegriffen werden, wenn ein Beteiligter entgegen der Annahme des Vollstreckungsgerichtes doch durch die Erteilung des Zuschlags beeinträchtigt wird oder aber entgegen der Auffassung des Vollstreckungsgerichtes das Verfahren nicht in der erforderlichen Form genehmigt hat. In diesen Fällen ist 50 Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 1. 51 Zur Nachreichung der bei der Zuschlagsentscheidung nicht vorliegenden vollstreckbaren Ausfertigung s. BGH v. 30.1.2004 – IXa ZB 285/03, MDR 2004, 774; BGH v. 27.2.2004 – IXa ZB 269/03, Rpfleger 2004, 368 f.; zur Nachreichung einer Vorbelastungsvollmacht BGH v. 10.4.2008 – V ZB 114/07, NotBZ 2008, 232 = MDR 2008, 820 = Rpfleger 2008, 433, 434. 52 Wie hier Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 5; a.A. Stöber, § 100 Rz. 2.3. 53 BGH v. 5.6.2008 – V ZB 150/07, Rpfleger 2008, 515; Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 1; Stöber, § 100 Rz. 2.3. 54 Stöber, § 100 Rz. 2.3. 55 Deshalb zu recht für einen von Amts wegen zu beachtenden Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04, FamRZ 2005, 200; OLG Hamm v. 4.11.1977 – 15 W 292/77, Rpfleger 1978, 422, 424; OLG Oldenburg v. 18.10.1089 – 2 W 154/88, Rpfleger 1990, 179, 180. 56 Offen gelassen in BGH v. 5.6.2008 – V ZB 150/07, Rpfleger 2008, 515; hierfür etwa Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 1. 57 Stöber, § 100 Rz. 2.3.; ebenso wohl BGH v. 20.7.2006 – V ZB 168/05, MDR 2007, 239 = Rpfleger 2006, 665 = NJW-RR 2007, 143; weiter gehend, zur Behandlung widerspruchsloser Teilnahme am Versteigerungstermin als Genehmigung Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 4. 58 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14 Rz. 9, MDR 2017, 303 = Rpfleger 2017, 225. 59 Stöber, § 100 Rz. 2.4. 60 BGH v. 15.9.2016 – V ZB 136/14, Rpfleger 2017, 225, 230.
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§ 100 Rz. 16 Beschwerdegründe wegen § 100 Abs. 2 nur er beschwerdeberechtigt. Die Vorschrift greift aber auch umgekehrt ein, wenn das Vollstreckungsgericht zu Unrecht eine Beeinträchtigung annimmt oder eine formwirksame Genehmigung verneint. Versagt es deswegen den Zuschlag, sind die nach § 97 Abs. 1 Fall 2 Genannten beschwerdeberechtigt. d) Verstoß gegen § 85 17
Zur Beschwerde kann auch die unrichtige Behandlung eines Antrags nach § 85 Abs. 1 berechtigen, wonach ein Beteiligter die Versagung des Zuschlags beantragen kann, wenn sein Recht durch den Zuschlag beeinträchtigt würde. Wie beim Verstoß gegen § 84 kann sowohl bei der Erteilung des Zuschlags als auch bei seiner Versagung ein nach § 100 Abs. 2 in einem eigenen Recht Beeinträchtigter Beschwerde einlegen. Die nach § 100 Abs. 1 beachtlichen Fehlerquellen sind vielfältig. Zunächst darf der Antragsteller nicht den nach § 74a Abs. 1 Antragsberechtigten zugehören. Dann muss er, weil der Antrag als Gebot gilt, zur Abgabe eines solchen berechtigt sein. Dies erfordert bei Vertretern eine öffentlich beglaubigte Bietvollmacht, die nicht nachgereicht werden kann.61 Ebenfalls nach § 100 Abs. 1 beachtlich sind Fehler bei der Übernahme der Schadensersatzverpflichtung nach § 85 Abs. 1 S. 1. Wird etwa der Zuschlag versagt, obwohl diese Erklärung nicht vorliegt, kann etwa der Meistbietende hiergegen Beschwerde einlegen. Entsprechendes gilt, wenn trotz Verlangens keine Sicherheit geleistet wird. Betreuer müssen im Hinblick auf die Übernahme der Schadensersatzverpflichtung noch eine familiengerichtliche Genehmigung vorlegen. § 100 Abs. 1 schränkt die Möglichkeit der Beschwerde auch nicht auf Verstöße gegen § 85 Abs. 1 ein. Auch die unterlassene oder fehlerhafte Zustellung der neuen Terminsbestimmung nach § 85 Abs. 2 kann demnach zur Beschwerde berechtigen. Gleiches gilt bei einer fehlerhaften Behandlung des bisherigen Meistgebotes nach § 85 Abs. 3 oder die erneute Versagung des Zuschlags entgegen § 85 Abs. 4. e) Verstoß gegen § 85a
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Der Beschluss über den Zuschlag kann schließlich auf eine Verletzung von § 85a gestützt werden. Da die Vorschrift Gründe zur Versagung des Zuschlags normiert, kann ihre Verletzung, ähnlich wie bei Verstößen gegen §§ 84, 85, nicht nur vom Schuldner, sondern auch von Gläubigern oder Bietern gerügt werden, sofern sie durch die unberechtigte Versagung des Zuschlags gemäß § 100 Abs. 2 in ihren Rechten verletzt werden. Die Möglichkeiten des Verstoßes gegen § 85a sind vielfältig und u. U. bei Erteilung des Zuschlags noch gar nicht erkennbar. Eher selten werden Fehler bei der Ermittlung des Gebotes in Höhe der Hälfte des Verkehrswertes sein. Nicht mehr anfechtbar ist der Zuschlag mit der Begründung, der Verkehrswert sei falsch festgesetzt, da der Beschluss über die Festsetzung des Verkehrswertes gemäß § 74a Abs. 5 Satz 3 selbständig anfechtbar ist.62 Die zweifelhafte Rechtsprechung des V. Zivilsenates zur Rechtsmissbräuchlichkeit von Geboten des Gläubigervertreters63 hat zu einer erheblichen Ausweitung der Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift geführt. Danach führt deren früher h. M. entsprechende Behandlung als wirksames Gebot zu einer fehlerhaften Ansetzung eines neuen Termins nach § 85a Abs. 2 mit der Konsequenz, dass dort § 85a Abs. 1 zu Unrecht nicht mehr angewendet wird und der Zuschlagsbeschluss somit nach §§ 100 Abs. 1 85a Abs. 1 auf-
61 LG Koblenz v. 26.1.1987 – 4 T 822/86, Rpfleger 1987, 42; Storz, Rpfleger 1987, 426. 62 BGH v. 26.10.2006 – V ZB 188/05, MDR 2007, 547 = NotBZ 2007, 18 = Rpfleger 2007, 155; LG Kempten v. 4.5.1998 – 4 T 19/98, Rpfleger 1998, 358; zur Änderung des Verkehrswertes aufgrund nachträglicher Tatsachen vgl. BGH v. 10.10.2003 – Ixa ZB 128/03, Rpfleger 2004, 172, 173; BGH v. 7.12.2017 – V ZB 109/17, Rpfleger 2017, 223 = NJW-RR 2018, 140. 63 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 98/05, MDR 2006, 708 = Rpfleger 2006, 144; korrigiert in BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, Rpfleger 2007, 483; fortgeführt etwa in BGH v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, NJW-RR 2008, 360, 361.
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Beschwerdegründe
Rz. 20 § 100
zuheben ist.64 Umgekehrt ist die Versagung des Zuschlags anfechtbar, wenn § 74a Abs. 1 im zweiten Termin nochmals abgewendet wird.65 § 100 Abs. 1 verweist ohne Einschränkung auf § 85a, was insoweit zweifelhaft erscheint, als davon auch die Regelungen zur Terminierung nach § 85a Abs. 2 S. 1, § 74a Abs. 3 Satz 2 erfasst sind. Für die Mindestfrist dürfte die unschädlich sein, da es sich nur um eine Soll-Vorschrift handelt. Anders steht es mit der zwingenden Sechs-Monats-Frist des § 74a Abs. 3 Satz 2. Hier wird es aber, da sie den Gläubiger schützt, kaum zu einer Rechtsbeeinträchtigung durch den Zuschlag kommen. Wird der Versteigerungstermin später als vorgeschrieben angesetzt, ist dem Gläubiger mit der Aufhebung des Zuschlags nicht geholfen; es kommen allenfalls Amtshaftungsansprüche infolge der Verzögerung in Betracht. Nicht zur Anfechtbarkeit nach §§ 100 Ab. 1, 85a führt die Verletzung sonstiger Belehrungspflichten etwa bei Zwischenrechten. Denn die Pflicht entspringt nicht § 85a selbst, sondern Grundsätzen rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung.66 Es kommen aber wiederum Amtshaftungsansprüche in Betracht.
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V. Maßgeblicher Zeitpunkt des Verstoßes Ein Versagungsgrund nach § 100 Abs. 1, 3 muss nicht schon im Versteigerungstermin vorlie- 20 gen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Zuschlags.67 Es geht jedenfalls in der bisweilen vertretenen Allgemeinheit zu weit, neben dem Vorliegen des Versagungsgrundes bereits die Rüge dieses Fehlers bis zur Entscheidung über den Zuschlag zu fordern.68 Das Recht muss das Vollstreckungsgericht kennen. Es genügt daher auf jeden Fall, wenn es den Versagungsgrund bis zur Entscheidung über den Zuschlag hätte erkennen können. Insoweit gilt die Grundregel des § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch im Verfahren der Zwangsversteigerung. Sie wird durch die §§ 97 bis 104 gerade nicht ausgeschlossen.69 Es sind sogar Fälle denkbar in denen ein Versagungsgrund dem Vollstreckungsgericht noch nicht einmal erkennbar ist. Erhält ein aus dem Grundstück Berechtigter den Zuschlag, so gilt er nach § 114a Satz 1 in Höhe von 7/10 des Grundstückswertes befriedigt, so dass eine Versagung nach § 85a nicht in Betracht kommt. Ist dies infolge einer Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot im Versteigerungstermin noch nicht erkennbar,70 sondern aufgrund erst nachträglich vorgelegter Erklärungen gemäß § 81 Abs. 2 erst nach diesem Zeitpunkt, muss der Zuschlag erteilt werden. Seine Versagung ist nach § 100 Abs. 1, § 85a Abs. 1 anfechtbar. Verstöße gegen § 85a müssen dem Vollstreckungsgericht bei Erteilung des Zuschlags u. U. noch nicht einmal bei der Entscheidung über den Zuschlag erkennbar sein. Es genügt ihr Vorliegen bei Erteilung des Zuschlags, etwa in dem Fall, dass die Berechtigung aus dem Grundstück gemäß § 85a Abs. 3 erst zu diesem Zeitpunkt vorliegt.71 Insoweit ist das Vorbringen neuer Tatsachen nach der Grundregel des § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO zulässig. Nach der Verkündung eintretende Umstände wie Einstellungsbewilligungen, aber auch
64 BGH v. 10.5.2007 – V ZB 83/06, Rpfleger 2007, 483, 487; BGH v. 5.7.2007 – V ZB 118/06, MDR 2007, 1344 = Rpfleger 2007, 617; BGH v. 18.10.2007 – V ZB 141/06, NJW-RR 2008, 360, 361. 65 Stöber, § 100 Rz. 2.3. 66 Stöber, § 85a Rz. 6.6. 67 BGH v. 7.12.2017 – V ZB 109/17, Rpfleger 2017, 223, 225; OLG Hamm v. 24.4.1989 – 15 W 162/89, MDR 1989, 829 = Rpfleger 1989, 421; OLG Köln v. 13.1.1992 – 2 W 1/92, Rpfleger 1992, 491; Stöber, § 100 Rz. 2.4. 68 So OLG Hamm v. 22.1.1976 – 15 W 430/75, Rpfleger 1976, 146, 147 f.; OLG Köln v. 13.1.1992 – 2 W 1/92, Rpfleger 1992, 491. 69 Insoweit unrichtig OLG Köln v. 13.1.1992 – 2 W 1/92, Rpfleger 1992, 491. 70 Zur Abtretung und der Befriedigungsfiktion des § 114a vgl. BGH v. 6.7.1989 – IX ZR 4/89, MDR 1989, 1097 = Rpfleger 1989, 421. 71 OLG Hamm v. 24.4.1989 – 15 W 162/89, MDR 1989, 829 = Rpfleger 1989, 421; Stöber, § 85a Rz. 7.7.
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§ 100 Rz. 20 Beschwerdegründe Gesetzesänderungen, sind grundsätzlich unerheblich.72 Auch das Einrücken in die Beteiligtenstellung nach Verkündung des Zuschlags ist unerheblich und verleiht keine Beschwerdebefugnis.73 Eine auf Art. 2 Abs. 2 GG gestützte Ausnahme macht die Rechtsprechung bei ernsthafter Lebensgefahr des Schuldners aufgrund rechtskräftigen Zuschlags. Diese soll auf Antrag nach § 765a ZPO auch als neue Tatsache noch im Verfahren der sofortigen Beschwerde zu berücksichtigen sein.74
§ 101 [Beschwerdeentscheidung] (1) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so hat das Beschwerdegericht unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Wird ein Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt ist, aufgehoben, auf Rechtsbeschwerde aber für begründet erachtet, so ist unter Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts die gegen die Erteilung des Zuschlags erhobene Beschwerde zurückzuweisen.
I. II. 1.
2.
Rz. Geschichte und Zweck der Norm . . . . 1 Reichweite von § 101 Abs. 1 . . . . . . . . 2 Keine Modifikation durch § 101 Abs. 1 bei unzulässigen und unbegründeten Beschwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 a) Prüfung der Zulässigkeit . . . . . . . . 2 b) Unbegründete Beschwerden . . . . . . 3 Begründete Beschwerden . . . . . . . . . . 4 a) Keine Zurückverweisung nach § 572 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . 4 b) Vom Verbot der Zurückverweisung nicht umfasste Maßnahmen . . . . . . 5 c) Keine Rückgabe wegen Mängeln des Nichtabhilfeverfahrens . . . . . . . . . . 6 d) Verstoß gegen § 101 Abs. 1 . . . . . . . 7
3. 4. III. 1.
2.
Rz. Einstweilige Entscheidungen . . . . . . . . 8 Auswirkungen auf das Rechtsbeschwerdeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Reichweite von § 101 Abs. 2 . . . . . . . . 10 Geltung der allgemeinen Vorschriften . . 10 a) Eigene abschließende Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes . . . . . 10 b) Begründete Beschwerden . . . . . . . . 11 Bedeutung von § 101 Abs. 2 . . . . . . . . 12 a) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 12 b) Sinn der Regelung . . . . . . . . . . . . 13 c) Entscheidung nach Zurückverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
I. Geschichte und Zweck der Norm 1
§ 101 wurde wortgleich aus dem Entwurf von 1889 (dort § 132 Abs. 1) übernommen. Abs. 2 der Vorschrift ist inhaltsgleich mit § 132 Abs. 2 des Entwurfs, aber sprachlich klarer gefasst. § 101 Abs. 1 dient der Beschleunigung des Verfahrens, indem die Vorschrift die Möglichkeit der Zurückverweisung ausschließt.1 § 101 Abs. 2 betrifft nur die Entscheidung des Beschwerdegerichtes für den Fall, dass die Zuschlagserteilung durch das Vollstreckungsgericht vom Beschwerdegericht zu Unrecht für unzutreffend gehalten wurde. In diesem Fall soll es bei der 72 Stöber, § 100 Rz. 2.8; dem Inhalt nach auch Jaeckel-Güthe, § 100 Rz. 1, der allerdings missverständlich auf den Vortrag neuer Tatsachen abstellt. 73 OLG Hamm v. 24.4.1989 – 15 W 162/89, MDR 1989, 829 = Rpfleger 1989, 421. 74 BGH v. 19.6.2008 – V ZB 129/07, MDR 2008, 1185 = NJW-RR 2008, 1741, 1743. 1 Motive, S. 253.
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Beschwerdeentscheidung
Rz. 4 § 101
Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung bleiben, um einen Eigentumsübergang schon durch die Zuschlagsentscheidung erster Instanz herbeizuführen. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren.2
II. Reichweite von § 101 Abs. 1 1. Keine Modifikation durch § 101 Abs. 1 bei unzulässigen und unbegründeten Beschwerden a) Prüfung der Zulässigkeit Das Verfahren bei Beschwerden, die das Beschwerdegericht für unzulässig hält, wird durch 2 § 101 Abs. 1 nicht berührt. Das Beschwerdegericht hat die Zulässigkeit der Beschwerde von Amts wegen zu prüfen. Hält es die sofortige Beschwerde etwa mangels Beschwer oder Einhaltung der Rechtsmittelfrist für unzulässig, hat es diese durch Beschluss zu verwerfen.3 Insoweit ergeben sich keine Änderungen gegenüber den §§ 567 ff. ZPO. b) Unbegründete Beschwerden Auch für zulässige, aber unbegründete Beschwerden enthält § 101 Abs. 1 keine Abänderung der §§ 567 ff. ZPO. Hält das Beschwerdegericht das Rechtsmittel nach den von Amts wegen zu prüfenden Versagungsgründen des § 100 Abs. 3 und dem Vortrag des Beschwerdeführers für unbegründet, hat es dieses durch Beschluss zurückzuweisen.4 Das Beschwerdegericht hat dem Beschwerdeführer zuvor eine angemessene Frist (zwei bis drei Wochen) einzuräumen, sein Rechtsmittel zu begründen.5 Insoweit ergeben sich keine Änderungen gegenüber den §§ 567 ff. ZPO.
3
2. Begründete Beschwerden a) Keine Zurückverweisung nach § 572 Abs. 3 ZPO § 101 Abs. 1 betrifft alleine den Fall, dass das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde für 4 zulässig und begründet ansieht. Dann hat es in jedem Falle selbst zu entscheiden. Auch wenn die Beteiligten keine notwendigen Streitgenossen sind, kann eine Entscheidung nur allen Beteiligten gegenüber einheitlich erfolgen.6 Das Beschwerdegericht darf sich in Abweichung von 572 Abs. 3 ZPO nicht damit begnügen, die Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes aufzuheben und die Sache dorthin zurückzuverweisen.7 Dies gilt unabhängig davon, ob das Vollstreckungsgericht den Zuschlag erteilt hat oder nicht.8 Hält das Beschwerdegericht die Erteilung des Zuschlags für fehlerhaft, muss es diesen also durch Beschluss aufheben. Unter Umständen kommt dabei eine teilweise Abänderung in Betracht, etwa im Kostenpunkt.9 Hält es umgekehrt die Versagung des Zuschlags für unzutreffend, muss es ihn selbst erteilen. Gerade letzte2 3 4 5 6 7
Stöber, § 101 Rz. 1. Motive, S. 252. Motive, S. 252. OLG Köln v. 29.1.1990 – 2 W 1/90, Rpfleger 1990, 454. KG v. 16.1.1976 – 1 W 654/73, Rpfleger 176, 368, 370. BGH v. 25.1.2007 – V ZB 47/06, MDR 2007, 797 = Rpfleger 2007, 331, 333; OLG Frankfurt/M. v. 8.8.1979 – 20 W 437/79, Rpfleger 1980, 31. 8 Motive, S. 252 f. 9 Jaeckel-Güthe, § 101 Rz. 1; ähnlich Stöber, § 101 Rz. 2.3. Soweit dort auch der Zuschlag unter anderen Bedingungen für möglich befunden wird, dürfte dies nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen, da regelmäßig nur ein Zuschlag unter denselben Bedingungen in Betracht kommt; s. gleich u.
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§ 101 Rz. 4 Beschwerdeentscheidung res kann mit erheblicher tatsächlicher Ermittlungsarbeit verbunden sein, wenn neben dem vom Vollstreckungsgericht angenommenen Versagungsgründen noch weitere in Betracht kommen.10 Das Beschwerdegericht muss aber nicht nur die Entscheidung darüber, wem der Zuschlag erteilt wurde, prüfen. Es muss den Zuschlag zu den Versteigerungsbedingungen im Versteigerungstermin erteilen. Diese darf es nicht abändern. Hält es das geringste Gebot oder sonstige Versteigerungsbedingungen nicht vollständig für zutreffend, kann es trotz möglicher Fehler in der Entscheidung über den Zuschlag der Beschwerde gegen die Versagung nicht stattgeben.11 Das Gebot einer eigenen Entscheidung des Beschwerdegerichtes soll allerdings dann nicht gelten, wenn das Beschwerdegericht noch gar nicht zur Entscheidung berufen war12 oder grob verfahrensfehlerhaft entschieden hat.13 Eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht scheidet allerdings aus.14 b) Vom Verbot der Zurückverweisung nicht umfasste Maßnahmen 5
Die Tätigkeit des Beschwerdegerichtes findet im Falle der Zuschlagsversagung mit der Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses sein Ende. Ist etwa wegen einer Zuschlagsversagung nach §§ 74a, 85a ein neuer Versteigerungstermin anzusetzen, gehört dies wieder zum erstinstanzlichen Verfahren und ist vom Vollstreckungsgericht zu erledigen.15 Umgekehrt ist diese Entscheidung nicht vom Verbot der Zurückverweisung erfasst. Das Beschwerdegericht könnte das Vollstreckungsgericht also anweisen, einen neuen Versteigerungstermin anzusetzen.16 Auch die Erteilung der Vollstreckungsklausel auf dem Zuschlagsbeschluss ist wieder Aufgabe des erstinstanzlichen Gerichts.17 Ebenso darf das Beschwerdegericht bei einer Versagung des Zuschlags aussprechen, dass diese wie eine einstweilige Einstellung des Verfahrens wirkt.18 c) Keine Rückgabe wegen Mängeln des Nichtabhilfeverfahrens
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Im Rahmen der ZPO-Beschwerde können nach ganz h. M unabhängig von der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung bereits Fehler im Abhilfeverfahren zur Aufhebung des Vorlagebeschlusses und zur erneuten Befassung des Ausgangsgerichtes mit der Beschwerde führen. Dies wird von Beschwerdegerichten insbesondere dann praktiziert, wenn sich das Erstgericht mit neuem Vorbringen nicht oder nur formelhaft auseinandergesetzt hat.19 Im Rahmen der Zuschlagsbeschwerde dürfte ein solches Vorgehen ausscheiden. Zwar regelt § 101 Abs. 1 nur den Fall, dass das Beschwerdegericht den angegriffenen Zuschlagsbeschluss für unrichtig hält. Hieraus folgt aber a maiore ad minus, dass das Beschwerdegericht die Sache dann nicht wegen Fehlern im Abhilfeverfahren zurückgeben darf. Soll das Beschwerdegericht aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung selbst wegen gravierenden Fehlern im Zuschlagsbeschluss nicht zurückverweisen dürfen, dann kann es die Sache erst recht wegen bloßen Fehlern im Abhilfeverfahren zurückgeben. Denn der Fehler im Abhilfeverfahren besagt ja noch nichts über die Rechtmäßigkeit des Zuschlagsbeschlusses. Zudem ist die korrekte Durchführung des Abhilfe10 Wohl vom Gesetzgeber etwas unterschätzt (Motive, S. 253); vgl. etwa OLG München v. 14.4.1983 – 24 W 68/83, Rpfleger 1983, 324. 11 Stöber, § 101 Rz. 2.5. 12 OLG Frankfurt v. 8.8.1979 – 20 W 437/79, Rpfleger 1980, 31, 32. 13 OLG München v. 14.4.1983 – 24 W 68/83, Rpfleger 1983, 324; OLG Köln v. 29.1.1990 – 2 W 1/90, Rpfleger 1990, 454; OLG Karlsruhe v. 11.3.1994 – 11 W 77/93, Rpfleger 1995, 471. 14 OLG Karlsruhe v. 11.3.1994 – 11 W 77/93, Rpfleger 1995, 471. 15 Stöber, § 101 Rz. 2.6. 16 Stöber, § 101 Rz. 2.6. 17 Stöber, § 101 Rz. 2.7. 18 BGH v. 25.1.2007 – V ZB 47/06, MDR 2007, 797 = Rpfleger 2007, 331, 333. 19 OLG Stuttgart v. 27.8.2002 – 14 W 3/02, MDR 2003, 110, 111; OLG Frankfurt/M. v. 27.10.2003 – 16 W 18/03, OLGR 2004, 116; Zöller/Heßler, § 572 ZPO Rz. 10; Musielak/Voit/Ball, § 572 ZPO Rz. 9.
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Beschwerdeentscheidung
Rz. 9 § 101
verfahrens keine zwingende Voraussetzung des Beschwerdeverfahrens. Das Beschwerdegericht kann selbst dann, wenn das Ausgangsgericht die Akte ohne Abhilfeentscheidung übersendet, unmittelbar selbst entscheiden.20 d) Verstoß gegen § 101 Abs. 1 Kaum diskutiert wird der Fall, dass sich das Beschwerdegericht nicht an die Vorgaben des § 101 Abs. 1 hält und die Sache gleichwohl an das Vollstreckungsgericht zurückverweist. Ein solcher Beschluss wäre fehlerhaft und im Rechtsbeschwerdeverfahren aufzuheben, was allerdings die Zulassung der Rechtsbeschwerde voraussetzt. Ist sie, was regelmäßig der Fall sein wird, nicht zugelassen, kann die falsche Zurückverweisung durch ordentliches Rechtsmittel nicht mehr korrigiert werden. Der Fehler des Berufungsgerichtes würde aber gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters verstoßen, da nach der Zurückverweisung der Rechtspfleger als Vollstreckungsgericht anstelle der Beschwerdekammer über den Zuschlag entscheiden würde. Das ist mit der Verfassungsbeschwerde angreifbar.
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3. Einstweilige Entscheidungen Einstweilige Regelungen kommen naturgemäß, da die Versagung des Zuschlags keinen Bedarf einer vorläufigen Regelung erzeugt, nur dann in Betracht, wenn sich eine Zuschlagsentscheidung als zweifelhaft herausstellt. In diesem Fall kann jedenfalls das Vollstreckungsgericht nach § 570 Abs. 2 ZPO den Vollzug der Entscheidung etwa im Hinblick auf seine Eigenschaft als Räumungstitel gemäß § 93 aussetzen.21 Nach zutreffender Auffassung steht diese Möglichkeit bereits dem Vollstreckungsgericht im Rahmen des Abhilfeverfahrens zu.22 Beides ist aber nur auf eine zulässige sofortige Beschwerde hin möglich. Eine eigenständige auch nur einstweilige (Selbst)korrektur ist weder dem Ausgangs- noch dem Beschwerdegericht möglich.
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4. Auswirkungen auf das Rechtsbeschwerdeverfahren Im Rahmen der ZPO- oder FamFG-Beschwerde kann das Rechtsbeschwerdegericht auch an das Gericht erster Instanz zurückverweisen. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn beide Entscheidungen an demselben Fehler leiden23 oder bereits das Beschwerdegericht die Sache bei richtiger Würdigung an das erstinstanzliche Gericht hätte zurückverweisen müssen.24 Diese Möglichkeit ist mittelbar durch § 101 Abs. 1 ausgeschlossen. Wenn aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung die Beschwerdeinstanz selbst in der Sache entscheiden soll, kommt auch eine Zurückverweisung an das Gericht erster Instanz durch das Rechtsbeschwerdeinstanz nicht in Betracht.25
20 OLG Frankfurt v. 24.5.2002 – 5 W 4/02, MDR 2002, 1391 (für den Fall einer offenkundig unbegründeten sofortigen Beschwerde); OLG Stuttgart v. 27.8.2002 – 14 W 3/02, MDR 2003, 110, 111; MünchKomm/ZPO/Lipp, § 572 ZPO Rz. 14; Zöller/Heßler, § 572 ZPO Rz. 4. 21 BGH Beschl. v. 13.10.2016 – V ZB 138/15, Rpfleger 2017, 295, 297; Löhnig/Cranshaw, § 101 Rz. 2. 22 Löhnig/Cranshaw, § 101 Rz. 3. 23 BayObLG v. 13.1.1994 – 3Z BR 311/93, MDR 1994, 356 = NJW-RR 1994, 617, 618; v. 21.4.1999 – 1 Z BR 124/98, NJWE-FER 2000, 17, 18; v. 25.9.1997 – 3Z BR 143/97, NJW-RR 1998, 470, 471; v. 28.7.1999 – 3Z BR 204/98, FGPrax 1999, 246. 24 BT-Drucks. 16/6308, 211; vgl. BGH v. 2.6.2005 – IX ZB 287/03, NJW-RR 2005, 1299; v. 22.7.2004 – IX ZB 161/03, MDR 2005, 173 = NJW 2004, 2976, 2979; MünchKomm/ZPO/Lipp, § 577 ZPO Rz. 18. 25 Stöber, § 101 Rz. 3.1.
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§ 101 Rz. 10 Beschwerdeentscheidung
III. Reichweite von § 101 Abs. 2 1. Geltung der allgemeinen Vorschriften a) Eigene abschließende Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes 10
Mit Ausnahme der soeben beschriebenen mittelbaren Wirkung von § 101 Abs. 1 auf das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten hierfür grundsätzlich die allgemeinen Regeln der §§ 574 ff. ZPO. Die Rechtsbeschwerde ist also gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ZPO nur auf Zulassung durch das Beschwerdegericht eröffnet. Insbesondere ist das Rechtsbeschwerdegericht anders als das Gericht der sofortigen Beschwerde nicht gehalten, in jedem Falle eine eigene Entscheidung über den Zuschlag zu treffen. Es bleibt eine Instanz der reinen Rechtsprüfung. Daher kommt eine abschließende Entscheidung des BGH vor allem dann in dann in Betracht, wenn er die Rechtsbeschwerde für unzulässig oder unbegründet hält. In diesen Fällen kann er durch Verwerfung oder Zurückweisung der Rechtsbeschwerde abschließend entscheiden. b) Begründete Beschwerden
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Anders kann es dann stehen, wenn der BGH die Rechtsbeschwerde als begründet ansieht. Nach allgemeinen Regeln kann er als reines Gericht der Rechtsprüfung nur dann eine eigene Entscheidung über den Zuschlag treffen, wenn der Fall tatsächlich geklärt ist.26 Anderenfalls hebt er die Vorentscheidung auf und verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück.27 Dies setzt keinen schwerwiegenden Verfahrensverstoß oder gravierenden Verfahrensmangel voraus,28 sondern nur weiteren tatsächlichen Klärungsbedarf. 2. Bedeutung von § 101 Abs. 2 a) Voraussetzungen
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Innerhalb dieses Rahmens der ZPO-Beschwerde normiert § 101 Abs. 2 nur für Rechtsbeschwerden eine Sonderregelung, die sich gegen die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses durch das Gericht der sofortigen Beschwerde wenden. Voraussetzung ist also nicht nur der Erfolg der Rechtsbeschwerde, sondern eine divergierende Entscheidung der Tatsacheninstanzen, wobei das Vollstreckungsgericht den Zuschlag erteilt hat. Haben beide Tatsacheninstanzen den Zuschlag versagt, bleibt § 101 Abs. 2 unanwendbar. Dann hat entweder der BGH selbst den Zuschlag zu erteilen oder aber die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. b) Sinn der Regelung
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§ 101 Abs. 2 liegt die Konstellation zugrunde, dass der erstinstanzlich erteilte Zuschlag entgegen der Auffassung des Gerichtes der sofortigen Beschwerde wirksam ist. Die Vorschrift will daher die klarstellen, dass die Wirkungen des Zuschlags nicht erst durch die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes, sondern bereits durch die Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes eintraten. Die Vorschrift regelt dies dem Wortlaut nach etwas unglücklich, indem sie vordergründig die Tenorierung im Rechtsbeschwerdeverfahren regelt. Danach kann sich der BGH auf die Aufhebung der Entscheidung des Gerichtes der sofortigen Beschwerde und die Zurückweisung des Rechtsmittels gegen den Zuschlagsbeschluss beschränken. Dies wirft die Frage auf, welche Folgen eine fehlerhafte Tenorierung, also die nochmalige Erteilung des Zu26 BGH, Beschl. v. 12.1.2017 – V ZB 96/16, Rpfleger 2017, 350, 351. 27 BGH v. 14.6.2007 – V ZB 28/07, MDR 2007, 1155 = Rpfleger 2007, 561, 562: BGH, Beschl. v. 13.10.2016 – V ZB 138/15, Rpfleger 2017, 295, 297; Löhnig/Cranshaw, § 101 Rz. 15. 28 So aber Stöber, § 101 Rz. 3.1, wobei die angeführten Fundstellen noch den Zustand der weiteren Beschwerde alten Rechtes widerspiegeln.
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Rechtsbeschwerde
§ 102
schlags, hat. Teilweise wird vertreten, auch dann trete die Wirkung des Zuschlags ein, als ob er nie aufgehoben worden wäre.29 Dies ändert den Wortlaut der Norm im Sinne einer gesetzlichen Fiktion ab, was zwar in der Sache sinnvoll, aber im Hinblick auf weitere Fehler im zweitinstanzlichen Verfahren nicht ausreichend erscheint. c) Entscheidung nach Zurückverweisung Noch drängender stellt sich diese Frage nämlich dann, wenn der BGH die Versagung des Zu- 14 schlags durch das Beschwerdegericht zwar für rechtsfehlerhaft hält, aber gleichwohl wegen weiteren tatsächlichen Klärungsbedarfs keine eigene Zuschlagsentscheidung treffen kann. Wollte man die gesetzliche Lösung des § 101 Abs. 2 in diesen Fällen nicht anwenden, liefe das auf eine schwer verständliche Ungleichbehandlung hinaus. Im Ergebnis würde die Aufhebung des vom Vollstreckungsgerichtes erteilten Zuschlags durch das Beschwerdegericht dann danach unterschiedlich beurteilt, wie weit der Sachverhalt durch letzteres aufgeklärt wurde. Reicht seine Tatsachenermittlung zur Beurteilung der Zuschlagsentscheidung durch den BGH, behält der erstinstanzliche Zuschlagsbeschluss seine Wirksamkeit. Reicht sie nicht, könnte durch die Entscheidung des Beschwerdegerichtes eine Zäsur eintreten. Damit würde der Ersteher benachteiligt, bei dem das Gericht der sofortigen Beschwerde besonders nachlässig gearbeitet hat. Es erscheint daher eine ausdehnende Auslegung der Norm angezeigt, wonach eine jegliche Aufhebung einer Beschwerdeentscheidung mit anschließender Zurückweisung der sofortigen Beschwerde die Wirksamkeit des Zuschlags unberührt lässt. Mit dem Wortlaut der Vorschrift ist dies ohne weiteres vereinbar. Denn dieser setzt nur voraus, dass die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet und der Beschluss des Beschwerdegerichtes vom Rechtsbeschwerdegericht aufgehoben wird. Das ist auch bei einer Aufhebung und Zurückverweisung der Fall. Hingegen setzt der Wortlaut des 101 Abs. 2 nicht zwingend voraus, dass die gegen die Erteilung des Zuschlags erhobene Beschwerde gleichfalls vom Rechtsbeschwerdegericht selbst zurückgewiesen wird. Eine Zurückweisung nach der Aufhebung und Zurückverweisung durch den BGH würde also ausreichen.
§ 102 [Rechtsbeschwerde] Hat das Beschwerdegericht den Beschluß, durch welchen der Zuschlag erteilt war, nach der Verteilung des Versteigerungserlöses aufgehoben, so steht die Rechtsbeschwerde, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat, auch denjenigen zu, welchen der Erlös zugeteilt ist.
I. Geschichte und Zweck der Norm . . . . II. Voraussetzungen der Beschwerdebefugnis aus § 102 . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufhebung des Zuschlags durch das Beschwerdegericht . . . . . . . . . . . . . . a) Ersatzlose Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 2 2
Rz. b) Teilweise Aufhebung oder Abänderung des Zuschlagsbeschlusses . . . 2. Verteilung des Versteigerungserlöses . a) Zuteilung durch Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes . . . . . . . b) Verteilung durch außergerichtliche Einigung der Beteiligten . . . . . . . 3. Empfänger des Erlöses . . . . . . . . . .
.. ..
3 4
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4
.. ..
5 6
29 Jaeckel-Güthe, § 101 Rz. 3; Stöber, § 101 Rz. 3.2.
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§ 102 Rz. 1 Rechtsbeschwerde Rz. a) Jeder Empfänger von Teilen des Erlöses . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Eigentümer als Inhaber einer Eigentümergrundschuld . . . . . . c) Ausführung des Teilungsplanes . d) Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zulassung der Rechtsbeschwerde . .
... . . . .
. . . .
6
. 7 . 8 . 9 . 10
5. Begründung der Rechtsbeschwerde . . . III. Weiteres Verfahren bei aufgehobenem Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Noch nicht verteilter Erlös . . . . . . . . 3. Verteilter Erlös . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. . 11 . . . .
12 12 13 14
I. Geschichte und Zweck der Norm 1
§ 102 entspricht inhaltlich § 134 des Entwurfs von 1889. Die ursprüngliche Fassung der Vorschrift wurde im Rahmen der Änderung des Beschwerderechtes hinsichtlich der Bezeichnung der Rechtsmittel (nunmehr „Rechtsbeschwerde“ statt früher „weitere Beschwerde“) angepasst. Inhaltlich trägt die Vorschrift dem Umstand Rechnung, dass der Erlös noch vor Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses verteilt werden kann, was versehentlich, etwa durch Fehler in der Zustellung,1 oder im Hinblick auf die Zinsbelastung durchaus im Interesse des Schuldners bzw. seiner nachrangigen Gläubiger erfolgt sein kann.2 In diesem Fall sind die Empfänger des Erlöses durch die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses beschwert, da sie das rechtsgrundlos Empfangene wieder herausgeben müssen.3 Deshalb soll ihnen ein Rechtsmittel eröffnet sein,4 was aber mit Einführung der Rechtsbeschwerde deren Zulassung durch das Beschwerdegericht voraussetzt. Dies mutet durchaus problematisch an, da sich die Empfänger des Erlöses anders als nach früherem Recht nur ausnahmsweise gegen diese erstmalige Beschwer im Beschwerderechtszug wehren können, da die Rechtsbeschwerde nur selten zugelassen wird, Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren.5 Das Beschwerdegericht sollte, sofern möglich, zur vorbeugenden Vermeidung der nur rudimentären Lösung der Probleme einer Verteilung vor Rechtskraft des Zuschlags auf jeden Fall im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 570 Abs. 2 ZPO die Vollziehung des Teilungsplanes aussetzen, wenn es die Aufhebung des Zuschlags als möglich ansieht.6
II. Voraussetzungen der Beschwerdebefugnis aus § 102 1. Aufhebung des Zuschlags durch das Beschwerdegericht a) Ersatzlose Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses 2
Die Vorschrift kann nur eingreifen, wenn der Zuschlag vom Vollstreckungsgericht erteilt und vom Beschwerdegericht versagt wurde. Hat bereits das Vollstreckungsgericht den Zuschlag versagt, ist der potentielle Erwerbsberechtigte durch die weitere Versagung des Beschwerdegerichtes nicht beschwert, ebenso wenig natürlich durch eine Bestätigung des Zuschlages. Erforderlich ist die endgültige Aufhebung des Zuschlags; die einstweilige Aussetzung seines Vollzuges nach § 570 Abs. 2 ZPO genügt nicht. Hingegen reicht es aus, wenn das Beschwerdegericht den Zuschlagsbeschluss aufhebt, die Sache aber entgegen § 101 Abs. 1 ohne eigene Entscheidung in der Sache zurückverweist. Denn auch dadurch wird der Zuschlagsbeschluss im Sinne des § 102 aufgehoben. 1 2 3 4 5 6
Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 1. Hierzu s. Löhnig/Cranshaw, § 102 Rz. 8. Motive S. 254 f.; BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 76/04 Rz. 12, FamRZ 2005, 200. Motive, S. 255; Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 1. Stöber, § 102 Rz. 1. Löhnig/Cranshaw, § 102 Rz. 9.
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Rechtsbeschwerde
Rz. 6 § 102
b) Teilweise Aufhebung oder Abänderung des Zuschlagsbeschlusses § 102 ist dagegen nicht unbedingt einschlägig, wenn der Zuschlagsbeschluss vom Beschwerde- 3 gericht nur teilweise aufgehoben wird. Dies kann für den Empfänger des Versteigerungserlöses gänzlich ohne Bedeutung sein, wenn etwa nur Versteigerungsbedingungen betroffen sind, die seine Rechtsstellung nicht berühren.7 In diesem Fall ist er schon mangels Beschwer nicht beschwerdebefugt. Eine Beschwerdebefugnis kann aber auch dann aus § 102 folgen, wenn der Zuschlagsbeschluss nicht ersatzlos aufgehoben wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Zuschlag auf ein geringeres Gebot erteilt wird, so dass ein Gläubiger anders als nach der Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes teilweise ausfällt.8 2. Verteilung des Versteigerungserlöses a) Zuteilung durch Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes Der Wortlaut des § 102 stellt als Voraussetzung der Beschwerdebefugnis auf die „Verteilung“ 4 des Erlöses ab. Von vorneherein nicht erfasst sind also die Gläubiger, deren Rechte bestehen bleiben, da sie weder eine Auszahlung aus dem Erlös erhalten noch durch die Aufhebung des Zuschlags berührt werden.9 Gleiches gilt für Gläubiger, die bei der Zuteilung ausfallen.10 Die Verteilung wird regelmäßig durch Teilungsplan des Vollstreckungsgerichtes erfolgen. Frühest möglicher Zeitpunkt ist also im Regelfall die Aufstellung des Teilungsplans nach § 113 Abs. 1. Die bloße Vorbereitung des Teilungsplanes nach § 106 Satz 2 genügt noch nicht, da er noch abgeändert werden kann. b) Verteilung durch außergerichtliche Einigung der Beteiligten § 102 äußert sich nicht ausdrücklich dazu, ob auch eine außergerichtliche Einigung der Beteiligten nach § 143 die Beschwerdebefugnis nach § 102 verleiht. Dies ist dem Wortlaut der Vorschrift nach nicht ausgeschlossen. Denn diese redet nur von der „Verteilung“. Dies schließt diejenige durch außergerichtliche Einigung der Beteiligten ein, da § 102 das Vollstreckungsgericht als Ersteller des Teilungsplanes nicht ausdrücklich voraussetzt.11 Eine solche ausdehnende Auslegung von § 102 erscheint auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift geboten. Denn für die Empfänger des Erlöses besteht nach einer Einigung der Beteiligten dieselbe Schutzbedürftigkeit wie nach der Erstellung eines Teilungsplanes durch das Gericht.
5
3. Empfänger des Erlöses a) Jeder Empfänger von Teilen des Erlöses Die Vorschrift des § 102 kommt jedem zugute, der den Erlös bzw. Teile davon erhalten hat, 6 egal aufgrund welcher Rechtsstellung. Nach § 102 beschwerdebefugt ist also neben dem Grundpfandrechtsgläubiger auch der Gläubiger einer (teilweise) befriedigten ungesicherten Forderung und sogar der Eigentümer des Grundstücks, soweit ihm ein über die Befriedigung der Gläubiger hinausgehender Erlös zukam.12 Unerheblich ist dabei, in welcher Form die Zuteilung erfolgte. Neben der unbaren Auszahlung kommen auch die Hinterlegung gemäß § 117 Abs. 2 oder die Übertragung nach § 118 in Betracht.13 7 8 9 10 11 12 13
Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 1. Vgl. Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 1. Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 1. Stöber, § 102 Rz. 2.2. So auch Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 1. Löhnig/Cranshaw, § 102 Rz. 1. Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 1; Löhnig/Cranshaw, § 102 Rz. 3.
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§ 102 Rz. 7 Rechtsbeschwerde b) Der Eigentümer als Inhaber einer Eigentümergrundschuld 7
Im Schrifttum wird bisweilen bestritten, dass auch der Eigentümer als Inhaber einer Eigentümergrundschuld nach Aufhebung des Zuschlags gemäß § 102 beschwerdeberechtigt ist. Ihm fehle für die Aufhebung des Zuschlags das Rechtsschutzinteresse.14 Diese Auffassung verkennt, dass den Beteiligten im Zwangsversteigerungsverfahren anerkanntermaßen Doppelrollen zukommen können. Es besteht grundsätzlich kein Bedürfnis, ihnen die Rechte aus einer Rechtsstellung zu nehmen, wenn sie noch darüber hinaus gehend berechtigt sind. Es ist nicht einzusehen, dass ein im Teilungsplan berücksichtigter Grundschuldgläubiger nur aufgrund seiner Eigentümerstellung auf Rechtsmittel gegen die fehlerhafte Aufhebung des Zuschlags auf ein hohes Gebot verzichten muss, die ihm als Inhaber einer Eigentümergrundschuld eine Beteiligung am Erlös gewähren würde. Es ist auch wirtschaftlich durchaus sinnvoll, dem Eigentümer diese Möglichkeit wie jeden anderen nach § 102 Berechtigten zu erhalten, wenn er sich mit dem Verlust des Grundstücks abgefunden hat und dieses zu günstigen Bedingungen zugeschlagen wurde. c) Ausführung des Teilungsplanes
8
Die Beschwerdeberechtigung aus § 102 steht nur „denjenigen zu, welchen der Erlös zugeteilt ist.“ Der Wortlaut der Vorschrift lässt offen, ob bereits die Berücksichtigung im Teilungsplan die Beschwerdebefugnis verleiht oder erst die Auszahlung des Erlöses. Denn „Zuteilung“ kann dem Begriffe nach schon die im Teilungsplan vorgesehene Beteiligung am Erlös sein. Nach Systematik und Sinn der Vorschrift kann aber nur die tatsächliche Auszahlung die Befugnis zur Rechtsbeschwerde nach § 102 verlangen. Denn zum Einen wäre der letzte Halbsatz („steht … denjenigen zu, welchen der Erlös zugeteilt ist.“) überflüssig, da er in der Sache nicht über die Voraussetzung „nach der Verteilung“ hinausginge. Zum anderen spricht auch er Sinn der Vorschrift dafür, dass erst die tatsächliche Beteiligung am Erlös die Beschwerdebefugnis nach § 102 verleihen soll. Denn erst hierdurch entsteht die besondere Beschwer dessen, der zur Herausgabe des rechtsgrundlos Erlangten verpflichtet ist. d) Folgen
9
Im Ergebnis kommt eine Beschwerdebefugnis aus § 102 noch nicht in Betracht, wenn die Ausführung des Teilungsplanes nach § 116 bis zur Rechtskraft des Zuschlages ausgesetzt ist,15 was sich zur Vermeidung der in § 102 vorausgesetzten Problematik oftmals empfehlen wird. Andererseits setzt § 102 aber auch nicht voraus, dass der Erlös bereits vollständig verteilt ist.16 Beschwerdebefugt ist nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift jeder, der bereits irgendetwas aus dem Erlös erhalten hat, seien es auch nur Zinsen. Somit kann die Beschwerdebefugnis aus § 102 für die im Teilungsplan Berücksichtigten unterschiedlich zu beurteilen sein, wenn der Erlös noch nicht vollständig verteilt wurde. 4. Zulassung der Rechtsbeschwerde
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Weitere Voraussetzung der Beschwerdebefugnis nach § 102 ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht. Diese, rechtspolitisch ohnehin zweifelhafte Einschränkung (s. Rz. 1) erfordert wenigstens nicht, dass die Rechtsbeschwerde aus Gründen zugelassen wurde, die Rechte des Erlösempfängers berühren. Es genügt jegliche Zulassung auch wenn ihr Rechtsfragen zugrunde liegen, die ausschließlich die Rechtssphäre anderer Beteilig14 Löhnig/Cranshaw, § 102 Rz. 4, was um so erstaunlicher erscheint, als in Rz. 1 die Beschwerdebefugnis des Eigentümers als Empfänger eines Übererlöses bejaht wird. 15 A.A. Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 1. 16 So offenbar Stöber, § 102 Rz. 2.2.
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Rechtsbeschwerde
Rz. 14 § 102
ter, etwa des Schuldners, betreffen. Die erforderliche Beschwer des nach § 102 Beschwerdebefugten ergibt sich schon aus seiner Verpflichtung zur Herausgabe des rechtsgrundlos erlangten Anteils am Erlös. 5. Begründung der Rechtsbeschwerde § 102 regelt alleine die Befugnis, Rechtsbeschwerde einzulegen. Begründet ist sie nur dann, wenn einer der nach § 100 erheblichen Mängel gerügt wird.17 Dabei ist für Verfahrensmängel die Beweiswirkung des Protokolls zu berücksichtigen.
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III. Weiteres Verfahren bei aufgehobenem Zuschlag 1. Grundsatz Wird ein bereits erteilter Zuschlag im Rechtsmittelverfahren aufgehoben, ergeben sich zahlrei- 12 che, im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Folgeprobleme. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Zuschlag vom Beschwerde- oder vom Rechtsbeschwerdegericht aufgehoben wird. In der Regel unproblematisch sind nur die sachenrechtlichen Folgen zu bewältigen. Denn das Berichtigungsersuchen an das Grundbuchamt setzt nach § 130 die Rechtskraft von Zuschlagsbeschluss und Teilungsplan voraus.18 Hier kann es also allenfalls dann zu Änderungsbedarf kommen, wenn außerordentliche Rechtsmittel, etwa Verfassungsbeschwerden, Erfolg haben. 2. Noch nicht verteilter Erlös Unmittelbare Pflichten aus der Aufhebung eines Zuschlagsbeschlusses ergeben sich für das Vollstreckungsgericht nur insoweit, als der Teilungsplan noch nicht ausgeführt ist. Das Vollstreckungsgericht darf ihn nach Aufhebung des Zuschlags nicht weiter ausführen, also die Verteilung des Erlöses nicht fortsetzen.19 Eingezahlte Beträge sind zurückzuerstatten, hinterlegte Gelder wieder an den Hinterleger auszukehren.20
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3. Verteilter Erlös Hingegen treffen das Vollstreckungsgericht im Hinblick auf bereits ausgezahlte Gelder aus 14 dem Erlös keine weiteren Pflichten. Es muss bzw. darf den ausgekehrten Erlös also nicht zurückfordern. In Abweichung von älteren Kodifikationen des Immobiliarvollstreckungsrechtes21 entschied sich der Reichsgesetzgeber vielmehr, die Rückforderung des bereits ausgezahlten Erlöses nach Aufhebung des Zuschlags dem vermeintlichen Ersteher zu überlassen. Er muss also den vom Vollstreckungsgericht ausgezahlten Erlös vor dem Prozessgericht von den Empfängern zurückfordern, wobei die Rückforderung nach Bereicherungsrecht abgewickelt wird.22 Dabei können die Gläubiger nicht die dingliche oder persönliche Schuld als Rechtsgrund ihres Empfangs ins Feld führen, da der Rechtsgrund, aufgrund dessen sie den Erlös erhielten, alleine der Zuschlag war.23
17 Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 1. 18 Stöber, § 102 Rz. 2.3; zur Rücknahme von Ersuchen durch das Vollstreckungsgericht vgl. JaeckelGüthe, § 102 Rz. 3. 19 Motive, S. 254; Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 3. 20 Jaeckel-Güthe, § 102, Rz. 3; Stöber, § 102 Rz. 2.3. 21 Hierzu Motive, S. 253 f.; Jaeckel-Güthe, § 102 Rz. 2. 22 Motive, S. 254; Löhnig/Cranshaw, § 102 Rz. 6 f. 23 Löhnig/Cranshaw, § 102 Rz. 6.
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§ 103 Rz. 1 Zustellung der Entscheidung
§ 103 [Zustellung der Entscheidung] Der Beschluß des Beschwerdegerichts ist, wenn der angefochtene Beschluß aufgehoben oder abgeändert wird, allen Beteiligten und demjenigen Bieter, welchem der Zuschlag verweigert oder erteilt wird, sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen und in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 dem Meistbietenden zuzustellen. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, so erfolgt die Zustellung des Beschlusses nur an den Beschwerdeführer und den zugezogenen Gegner.
I. Geschichte und Zweck der Norm . . . II. Systematik der Verkündung und Zustellung von Beschlüssen über den Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelungen für die erste Instanz . . . . 2. Regelungsbedarf für die zweite Instanz a) Anwendungsbereich . . . . . . . . .
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. . . .
Rz. 1
. . . .
2 2 4 4
b) Zurückweisung einer Beschwerde . . c) Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . d) Entbehrlichkeit der Verkündung . . . 3. Verzicht auf die Zustellung . . . . . . . . a) Bedeutung des Zustellungsverzichts . b) Ausschluss des Zustellungsverzichts .
.
Rz. 5
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6 7 8 8 9
I. Geschichte und Zweck der Norm 1
§ 103 entspricht inhaltlich § 135 des Entwurfs von 1889. Die Vorschrift blieb im Rahmen der Änderung des Beschwerderechtes durch die ZPO-Reform 2001 unverändert. Sie ändert die Regelungen der ZPO zur Verkündung und Zustellung von Beschlüssen, die in ihrer Zwei-Parteien-Systematik den Interessen der Beteiligten in den Verfahren der Zwangsversteigerung nicht gerecht werden. Deshalb bestimmt § 103 je nach Ausgang des Beschwerdeverfahrens, wem der Beschluss des Beschwerdegerichtes zuzustellen ist. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren.1
II. Systematik der Verkündung und Zustellung von Beschlüssen über den Zuschlag 1. Regelungen für die erste Instanz 2
Die Versagung des Zuschlags wird in erster Instanz stets im Versteigerungstermin oder in einem späteren Verkündungstermin nur verkündet (§ 87 Abs. 1). Eine Zustellung sieht das Gesetz nicht vor. Nur die Erteilung des Zuschlags ist den Beteiligten, die weder im Versteigerungstermine noch im Verkündungstermin erscheinen, gemäß § 88 zuzustellen, ferner dem Ersteher sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen und im Falle des § 81 Abs. 4 dem Meistbietenden. Damit sind alle Beteiligten adäquat informiert und in der Lage, sofortige Beschwerde einzulegen. Der Meistbietende, der durch die Nichterteilung des Zuschlags beschwert ist, nimmt am Versteigerungstermin teil und kennt entweder die dort verkündete Versagung des Zuschlags oder kann sich jedenfalls im dort festgesetzten Verkündungstermin über die Entscheidung informieren. Damit ist er in der Lage, gegen die Versagung des Zuschlags sofortige Beschwerde einzulegen.
1 Stöber, § 103 Rz. 1; Löhnig/Cranshaw, § 103 Rz. 1.
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Zustellung der Entscheidung
Rz. 6 § 103
Gleiches gilt im Falle der Erteilung des Zuschlags für die betroffenen Beteiligten, insbesondere den Schuldner. Nur im Falle seiner Abwesenheit bedarf es einer weiteren Information und der Dokumentation ihrer Zustellung an die betroffenen Beteiligten. Dies stellt § 88 sicher.
3
2. Regelungsbedarf für die zweite Instanz a) Anwendungsbereich Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass die am Verfahren Beteiligten durch eine Beschwerdeentscheidung, gleichgültig, ob sie die erstinstanzliche Entscheidung abändert oder nicht, anders betroffen sind als in der ersten Instanz. Für diese Fälle trifft § 103 eine Sonderregelung. Die dortigen Regelungen gelten unabhängig davon, ob die Rechtsbeschwerde zugelassen wurde.2 Das Beschwerdegericht muss die Zustellung also auch dann gemäß § 103 vornehmen, wenn seine Entscheidung nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angreifbar ist. Sie gilt über den Wortlaut hinaus nicht nur für die sofortige Beschwerde, sondern auch für die Rechtsbeschwerde.3 Denn die rechtliche Betroffenheit ist dort nicht anders als durch eine Entscheidung erster Instanz. Die Zustellung hat das Beschwerde- bzw. Rechtsbeschwerdegericht selbst zu veranlassen.4
4
b) Zurückweisung einer Beschwerde Wird eine sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über den Zuschlag als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen,5 kann dies nur den Beschwerdeführer in seinen Rechten berühren. Die Rechtslage aller anderen Beteiligten wird gegenüber dem erstinstanzlichen Beschluss nicht berührt. Deswegen kann es bei einer Zustellung an den Beschwerdeführer bleiben, wozu § 103 S. 2 noch die Zustellung an einen zugezogenen Gegner anordnet.6
5
c) Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung Anders steht es bei einer Entscheidung des Beschwerdegerichtes, die von der erstinstanzlichen abweicht, wobei es nicht darauf ankommt, ob jene den Zuschlag erteilte oder versagte.7 Hiervon ist potentiell die Rechtsstellung aller Beteiligten sowie des Bieters, dem der Zuschlag erteilt oder versagt wurde, ferner des Bürgen nach § 69 Abs. 3 und des Meistbietenden in den Fällen der § 81 Abs. 2, 3 betroffen.8 Deswegen ordnet § 103 S. 1 die Zustellung an diesen Personenkreis an. Der Zustellung bedarf es im Gegensatz zur ersten Instanz nach dem klaren Wortlaut des § 103 auch dann, wenn der Beschluss nach mündlicher Verhandlung ergeht und dort verkündet wurde.9 Das Zustellungserfordernis ist unabhängig vom Umfang der Änderung und davon, ob die Erteilung des Zuschlages oder seine Versagung abgeändert wird.10 Die Zustellung erfolgt gemäß § 3 von Amts wegen, im Übrigen nach den Sonderregeln der §§ 4-7 und, sofern diese keine Spezialregelung enthalten, gemäß § 869 ZPO nach den § 166 ff. ZPO. Dies gilt auch für die Heilung von Zustellungsmängeln nach § 189 ZPO.
2 3 4 5 6 7 8 9 10
Löhnig/Cranshaw, § 103 Rz. 2. So schon Motive S. 256. Jaeckel-Güthe, § 103 Rz. 1 (auch zu früheren Entwurfsfassungen). Dazu, dass es nicht auf Unzulässigkeit oder Unbegründetheit ankommt, s. Jaeckel-Güthe, § 103 Rz. 2; Löhnig/Cranshaw, § 103 Rz. 5. Motive S. 256; Jaeckel-Güthe, § 103 Rz. 3. Stöber, § 103 Rz. 2.3; Löhnig/Cranshaw, § 103 Rz. 1. Motive S. 256; Jaeckel-Güthe, § 103 Rz. 2. Stöber, § 103 Rz. 2.1; Löhnig/Cranshaw, § 103 Rz. 1. Jaeckel-Güthe, § 103 Rz. 2; Stöber, § 103 Rz. 2.3.
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6
§ 103 Rz. 7 Zustellung der Entscheidung d) Entbehrlichkeit der Verkündung 7
§ 103 verlangt unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens nur die Zustellung der Beschwerdeentscheidung. Selbst wenn ihr (ausnahmsweise) eine mündliche Verhandlung voranging, bedarf es also keiner Verkündung oder gar der Ansetzung eines Verkündungstermins. § 103 geht insoweit als Spezialvorschrift der Regelung des § 329 ZPO vor.11 Auch wenn die Verkündung entbehrlich ist, bleibt sie, wenn der Beschluss gleichwohl verkündet wird, nicht ohne Folgen. Mit der Verkündung kann der Beschluss des Beschwerdegerichtes von diesem nicht mehr abgeändert werden.12 Die führt aber anders als in erster Instanz wegen § 104 nicht zur Wirksamkeit eines evtl. erteilten Zuschlags. 3. Verzicht auf die Zustellung a) Bedeutung des Zustellungsverzichts
8
Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass auf die Zustellung der Beschwerdeentscheidung verzichtet werden kann.13 Da im Beschwerderechtszug nur ganz ausnahmsweise eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, dürfte diese Möglichkeit in der Praxis kaum jemals eine Rolle spielen. Die Beteiligten werden dann ja regelmäßig erst mit der Zustellung über die Entscheidung des Beschwerdegerichtes informiert. Im Übrigen erscheint die h. M. zweifelhaft. Die Zustellung erfolgt gemäß § 3 von Amts wegen. Bei entsprechenden Zustellungen im Zivilprozess wird nur der Rügeverzicht nach einer fehlerhaften Zustellung gemäß § 295 ZPO für möglich befunden,14 nicht aber der vorab erfolgende Verzicht auf eine noch gar nicht versuchte Zustellung. Ein Bedarf, im Rahmen der Zwangsversteigerung hierüber hinauszugehen, ist nicht ersichtlich. Die Möglichkeit, durch Rügeverzicht Fehler bereits durchgeführte Zustellungen zu heilen, erscheint wie im Zivilprozess sinnvoll, nicht aber der vorab erklärte Verzicht auf Zustellungen. b) Ausschluss des Zustellungsverzichts
9
Kein Streit herrscht darüber, dass nicht auf eine Zustellung verzichtet werden kann, wenn der Zuschlag erst durch die Entscheidung des Beschwerdegerichtes erteilt wird.15 Denn in diesem Falle wird der Beschluss gemäß § 104 erst mit der Zustellung wirksam. Ein gleichwohl ausgesprochener Verzicht auf diese Zustellung ist unwirksam und vom Beschwerdegericht nicht zu beachten.
§ 104 [Wirksamwerden] Der Beschluß, durch welchen das Beschwerdegericht den Zuschlag erteilt, wird erst mit der Zustellung an den Ersteher wirksam.
11 Vgl. Stöber, § 103 Rz. 2.1; anders noch aufgrund der abweichenden Fassung des Entwurfs Motive S. 256. 12 Jaeckel-Güthe, § 104, Rz. 3. 13 Jaeckel-Güthe, § 103 Rz. 1; Stöber, § 103 Rz. 2.5; Löhnig/Cranshaw, § 103 Rz. 6. 14 Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, Vor § 166 ZPO Rz. 4. 15 Jaeckel-Güthe, § 103 Rz. 1; Stöber, § 103 Rz. 2.5; Löhnig/Cranshaw, § 103 Rz. 6.
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Wirksamwerden
I. II. 1. 2.
Geschichte und Zweck der Norm . . . Bedeutung der Regelung . . . . . . . . Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . Ausgangslage bei der Versagung des Zuschlags durch die erste Instanz . . . a) Abweichung vom erstinstanzlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . .
.. .. ..
Rz. 1 2 2
..
3
..
3
Rz. 3 § 104 Rz.
b) Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . c) Voraussetzungen der Wirksamkeit . 3. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . 4. Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
4 5 6 7
I. Geschichte und Zweck der Norm § 104 entspricht inhaltlich § 142 Abs. 1 des Entwurfs von 1889. Die Vorschrift blieb im Rah- 1 men der Änderung des Beschwerderechtes durch die ZPO-Reform 2000 unverändert. Sie regelt die Frage, wann der Zuschlag wirksam wird, wenn er nicht von der ersten Instanz, sondern im Rechtsmittelzug erteilt wird. Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren.1
II. Bedeutung der Regelung 1. Voraussetzungen Der Wortlaut des § 104 stellt auf die Erteilung des Zuschlags im Rechtsmittelzug ab. Dies ist etwas irreführend, wie sich im Vergleich mit § 101 Abs. 2 zeigt. Auch diese Vorschrift regelt den Fall, dass die Versagung des Zuschlag vom Rechtsbeschwerdegericht für unrichtig befunden wird, knüpft an dessen Entscheidung aber ganz andere Wirkungen als § 104.2 § 104 ist also so zu lesen, dass „erst das Beschwerdegericht den Zuschlag erteilt.“ Die Vorschrift setzt mithin voraus, dass entweder die erste Instanz oder beide Tatsacheninstanzen den Zuschlag versagt haben. Hält nur das Beschwerdegericht die Erteilung des Zuschlags für unrichtig, gilt für die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Gericht der Rechtsbeschwerde § 101 Abs. 2.
2
2. Ausgangslage bei der Versagung des Zuschlags durch die erste Instanz a) Abweichung vom erstinstanzlichen Verfahren Hat die erste Instanz nach Auffassung des Beschwerdegerichtes den Zuschlag zu Unrecht verweigert, muss es ihn selbst erteilen. Damit stellte sich für den Gesetzgeber die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Erteilung des Zuschlags durch das Beschwerdegericht wirksam sein sollte. Der Gesetzgeber übernahm hier nicht die Lösung des § 89 aus dem erstinstanzlichen Verfahren, wonach der Zuschlag mit Verkündung der Entscheidung wirksam wird, auch wenn ausnahmsweise eine mündliche Verhandlung der Entscheidung vorangeht.3 Er verwarf aber auch noch im Entwurf von 1889 enthaltene Ansätze, die erst mit der Eintragung des Erstehers in das Grundbuch die volle Wirksamkeit des Zuschlags eintreten lassen wollten.4 Vielmehr stellt § 104 auf die Zustellung der Beschwerdeentscheidung ab.
1 Stöber, § 104 Rz. 1. 2 Zum Verhältnis zu § 101 Abs. 2 vgl. Jaeckel-Güthe, § 104, Rz. 1; Stöber, § 104 Rz. 2.3; Löhnig/Cranshaw, § 104 Rz. 2. 3 Jaeckel-Güthe, § 104, Rz. 1; Stöber, § 104 Rz. 2.1. 4 Motive S. 269.
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3
§ 104 Rz. 4 Wirksamwerden b) Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung 4
Die Regelung des § 104 greift nur insoweit ein, als das Beschwerdegericht die Entscheidung erster Instanz abändert. Hat etwa schon das Vollstreckungsgericht den Zuschlag erteilt, aber unter anderen Bedingungen als das Beschwerdegericht, bleibt es für die Wirkung des Zuschlags bei § 89. Nur auf die Abänderung durch das Beschwerdegericht findet § 104 Anwendung.5 c) Voraussetzungen der Wirksamkeit
5
Die Wirksamkeit des Zuschlags setzt nach § 104 nur die Zustellung an den Ersteher voraus. Fehler in der Zustellung an andere der in § 103 genannten Zustellungsempfänger steht also der Wirksamkeit des Zuschlags nicht entgegen.6 Allerdings können derartige Mängel, sofern die Rechtsbeschwerde zugelassen ist, zur Verlängerung der Rechtsmittelfrist führen, also die Rechtskraft der Entscheidung hinauszögern. Das Gesetz lässt nicht erkennen, wann die Wirksamkeit eintritt, wenn der Zuschlag an eine Mehrheit von Erstehern erteilt wird. Hier ist wohl nicht von einer partiellen Wirksamkeit auszugehen, da dies beim Erwerb zu ideellen Bruchteilen zu kaum lösbaren Schwierigkeiten führen würde. Maßgeblich ist die Zustellung an den letzten Ersteher.7 3. Anwendungsbereich
6
Dieselben Schwierigkeiten wie im Beschwerdeverfahren stellen sich auch dann, wenn erst das Rechtsbeschwerdegericht die Erteilung des Zuschlags für richtig hält. Deswegen gilt § 104 über den Wortlaut hinaus nicht nur für die sofortige Beschwerde, sondern auch für die Rechtsbeschwerde.8 4. Folgen
7
Die Folgen der gesetzgeberischen Entscheidung, die Wirksamkeit des Zuschlags erst mit Zustellung der Beschwerdeentscheidung eintreten zu lassen, wurden im Gesetzgebungsverfahren zwar bedacht,9 sind aber wohl nicht allseits befriedigend zu lösen. Bis zur Zustellung der Beschwerdeentscheidung bleibt der Schuldner Eigentümer und somit auch Anspruchsgegner bei Schäden, die von seinem Grundstück ausgehen, etwa aus § 908 BGB. Angesichts der Tatsache, dass dem Schuldner regelmäßig die Mittel für aufwendigere Maßnahmen fehlen werden, werden diese Ansprüche oftmals nicht zu realisieren sein. Schon aus diesem Grunde sollten die Beschwerdegerichte auf eine schnelle Entscheidung bedacht sein. Der Ersteher kann sich nach dem Zugang der Beschwerdeentscheidung regelmäßig gemäß § 93 schnell in den Besitz des Grundstücks setzen.
5 6 7 8 9
Jaeckel-Güthe, § 104 Rz. 1; Stöber, § 104 Rz. 2.2; Löhnig/Cranshaw, § 104 Rz. 3. Jaeckel-Güthe, § 104 Rz. 1. Stöber, § 104 Rz. 2.1. Stöber, § 104 Rz. 2.1. Motive S. 269.
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Bestimmung des Verteilungstermins
Rz. 3 § 105
VIII. Verteilung des Erlöses
§ 105 [Bestimmung des Verteilungstermins] (1) Nach der Erteilung des Zuschlags hat das Gericht einen Termin zur Verteilung des Versteigerungserlöses zu bestimmen. (2) Die Terminsbestimmung ist den Beteiligten und dem Ersteher sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen und in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 dem Meistbietenden zuzustellen. Als Beteiligte gelten auch diejenigen, welche das angemeldete Recht noch glaubhaft zu machen haben. (3) Die Terminsbestimmung soll an die Gerichtstafel angeheftet werden. (4) Ist die Terminsbestimmung dem Ersteher und im Falle des § 69 Abs. 3 auch dem für mithaftend erklärten Bürgen sowie in den Fällen des § 81 Abs. 2, 3 auch dem Meistbietenden nicht zwei Wochen vor dem Termin zugestellt, so ist der Termin aufzuheben und von neuem zu bestimmen, sofern nicht das Verfahren genehmigt wird.
A. B. C. I. II. III.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Bestimmung des Verteilungstermins Zeitpunkt der Terminsbestimmung . . Zustellung der Terminsbestimmung . Fristen bei der Terminsbestimmung .
. . . . . .
. . . . . .
Rz. 1 3 4 4 5 9
Rz. IV. Inhalt und weitere Bekanntmachung der Terminsbestimmung . . . . . . . . V. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gerichtsgebühr . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsanwaltsgebühr . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
12 14 16 16 17
Literatur: Wieser, Das Verteilungsverfahren als Zwangsvollstreckung, ZZP 103 (1990), 171.
A. Normzweck Grundsätzlich verteilt das Vollstreckungsgericht den Versteigerungserlös aufgrund eines von 1 ihm aufzustellenden Teilungsplans (§ 113 Abs. 1). Dazu hat das Vollstreckungsgericht einen Verteilungstermin zu bestimmen. Die Verteilung des Versteigerungserlöses ist nur dann nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, wenn die Beteiligten sich über die Erlösverteilung außergerichtlich geeinigt haben (vgl. §§ 143 ff.).
2
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift findet ggf. mit Ergänzungen in allen Versteigerungsverfahren Anwendung. Wegen der Erlösverteilung in einem Zwangsverwaltungsverfahren, s. § 156.
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§ 105 Rz. 4 Bestimmung des Verteilungstermins
C. Bestimmung des Verteilungstermins I. Zeitpunkt der Terminsbestimmung 4
Das Vollstreckungsgericht hat von Amts wegen nach Erteilung des Zuschlags den Verteilungstermin zu bestimmen. Dazu muss die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses nicht abgewartet werden (vgl. § 116). Zweckmäßigerweise erfolgt die Bestimmung des Verteilungstermins unmittelbar nach der Zuschlagsverkündung, weil auf diese Weise Zuschlagsbeschluss und Terminsbestimmung mit einer Postsendung gemeinsam zugestellt werden können (§ 88, § 105 Abs. 2).1 Sollte die Zuschlagserteilung in diesem Fall angefochten werden, können sowohl das Vollstreckungsgericht als auch das Beschwerdegericht den angesetzten Verteilungstermin aufheben (vgl. § 570 ZPO).
II. Zustellung der Terminsbestimmung 5
Die Terminsbestimmung ist dem Zahlungspflichtigen zuzustellen, also dem Ersteher sowie im Falle des § 69 Abs. 3 dem für mithaftend erklärten Bürgen, im Fall des § 81 Abs. 2 dem Zessionar und im Fall des § 81 Abs. 3 dem verdeckt Vertretenen (§ 105 Abs. 2 Satz 1). In der Praxis wird das Vollstreckungsgericht zugleich die Teilungsmasse berechnen (vgl. § 107) und zur rechtzeitigen Zahlung vor dem Verteilungstermin auffordern.
6
Die Terminsbestimmung ist weiterhin den Beteiligten zuzustellen (§ 105 Abs. 2 Satz 1). Beteiligte sind die in § 9 Genannten selbst dann, wenn ein angemeldetes Recht noch glaubhaft zu machen ist (§ 105 Abs. 2 Satz 2). Soweit Mieter oder Pächter ihre Rechte angemeldet haben, erfolgt an sie mangels eines Befriedigungsanspruchs keine Zustellung.2
7
Im Hinblick auf die Frist des § 118 Abs. 2 sollte die Terminsbestimmung auch der Gerichtskasse zugestellt werden.3
8
Eine Zustellung ist auch dann erforderlich, wenn die Terminsbestimmung bereits im Versteigerungstermin verkündet worden sein sollte.4
III. Fristen bei der Terminsbestimmung 9
Für die Durchführung des Verteilungstermins sieht das Gesetz selbst keine Frist vor; die Anberaumung ist daher in das Ermessen des Vollstreckungsgerichts gestellt. In der Praxis ist im Hinblick auf den erwarteten Rechtskrafteintritt eine Zeitdauer von vier bis sechs Wochen üblich.
10
Die Terminsbestimmung muss dem Zahlungspflichtigen (Rz. 5) mindestens zwei Wochen vor dem Verteilungstermin zugestellt werden (§ 105 Abs. 4). Erfolgt die Zustellung nicht rechtzeitig, ist der Termin aufzuheben und von neuem zu bestimmen, sofern nicht das Verfahren genehmigt wird. Die Genehmigung kann formfrei, also auch konkludent z.B. durch Zahlung im Termin erfolgen.5 Ein vorheriger Verzicht auf die Einhaltung der Frist ist möglich.6
11
Gegenüber den Beteiligten gem. § 9 ist die Einhaltung einer Frist zwar nicht vorgeschrieben. Gleichwohl wird die Zustellung auch ihnen gegenüber aber so rechtzeitig zu erfolgen haben, 1 2 3 4 5 6
Böttcher, § 105 ZVG Rz. 2. Böttcher, § 105 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 105 ZVG Rz. 7. Perger, Rpfleger 1991, 45. Böttcher, § 105 ZVG Rz. 4. Dassler u.a./Hintzen, § 105 ZVG Rz. 6. Stöber, § 105 ZVG Rz. 4.2.
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Bestimmung des Verteilungstermins
Rz. 17 § 105
dass sowohl ihre Teilnahme am Termin als auch eine Vorbereitung auf den Termin möglich sind.
IV. Inhalt und weitere Bekanntmachung der Terminsbestimmung Es fehlen gesetzliche Regelungen zum Inhalt der Terminsbestimmung. Wegen der damit verbundenen Zweckbestimmung erscheinen folgende Angaben sinnvoll: – Art des Gerichtstermins – Aktenzeichen und Rubrum des Verfahrens – Ort des Gerichtstermins – Zeit des Gerichtstermins – Hinweise zu ggf. erforderlichen Nachweisurkunden (Grundpfandrechtsbriefe pp.) und zu den Folgen einer unterlassenen Anmeldung.
12
Die Terminsbestimmung soll weiterhin zusätzlich an die Gerichtstafel angeheftet werden 13 (§ 105 Abs. 3). Eine weitergehende öffentliche Bekanntmachung ist nicht vorgesehen und sollte wegen der damit ggf. verbundenen Kosten zum Nachteil der Teilungsmasse auch unterbleiben. Es handelt sich lediglich um eine Ordnungsvorschrift, deren Nichtbeachtung das weitere Verfahren jedoch nicht berührt.
V. Rechtsmittel Wird die Bestimmung des Verteilungstermins verzögert, ist hiergegen allein die unbefristete Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO möglich.7 Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung des Gerichts; ein evtl. Ermessensmissbrauch kann dann aber nicht zusätzlich noch im Wege der Dienstaufsicht gerügt werden.8
14
Ein Verstoß gegen § 105 Abs. 4 kann mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden.9
15
VI. Kosten 1. Gerichtsgebühr Die Gerichtskosten für die Erlösverteilung sind Teil der vorab aus dem Versteigerungserlös zu entnehmenden Verfahrenskosten gem. § 109. Die Gebühr für das Verteilungsverfahren beläuft sich gem. KV-Nr. 2215 GKG auf einen Gebührensatz von 0,5; sie bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte (§ 54 Abs. 3 Satz 1 GKG).
16
2. Rechtsanwaltsgebühr Für die Vertretung eines Beteiligten oder Meistbietenden im Verteilungsverfahren erhält ein Rechtsanwalt eine 0,4-Verfahrensgebühr (Anm. Nr. 2 VV-Nr. 3311 RVG); eine separate Terminsgebühr entsteht insoweit nicht (Anm. VV-Nr. 3312 RVG).
7 So auch Dassler u.a./Hintzen, § 105 ZVG Rz. 5; Hk-ZV/Sievers, § 105 ZVG Rz. 3. 8 So aber Böttcher, § 105 ZVG Rz. 7; Stöber, § 105 ZVG Rz. 4.5. 9 Böttcher, § 105 ZVG Rz. 4.
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§ 106 Rz. 1 Vorläufiger Teilungsplan
§ 106 [Vorläufiger Teilungsplan] Zur Vorbereitung des Verteilungsverfahrens kann das Gericht in der Terminsbestimmung die Beteiligten auffordern, binnen zwei Wochen eine Berechnung ihrer Ansprüche einzureichen. In diesem Fall hat das Gericht nach dem Ablauf der Frist den Teilungsplan anzufertigen und ihn spätestens drei Tage vor dem Termin auf der Geschäftsstelle zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen. Rz. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 2 C. Aufforderung zur Anmeldung . . . . . . . 3
Rz. D. Vorläufiger Teilungsplan . . . . . . . . . . . 4 E. Bedeutung für die Gerichtspraxis . . . . . 5
A. Normzweck 1
Die Vorschrift soll es in besonders schwierigen Verteilungsverfahren dem Vollstreckungsgericht ermöglichen, zur Entlastung des eigentlichen Verteilungstermins bereits vorab einen vorläufigen Teilungsplan aufzustellen.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren.
C. Aufforderung zur Anmeldung 3
Das Vollstreckungsgericht kann bereits in der Terminsbestimmung für den Verteilungstermin die Beteiligten auffordern, binnen zwei Wochen eine Berechnung ihrer Ansprüche einzureichen (§ 106 S. 1). Bei der Frist handelt es sich nicht um eine Ausschlussfrist, so dass die Berechnung auch gar nicht oder später eingereicht werden kann. Mit der Fristsetzung nach § 106 S. 1 ist auch keine neue Anmeldemöglichkeit gem. § 37 Nr. 4 verbunden.1
D. Vorläufiger Teilungsplan 4
Nach Fristablauf hat das Vollstreckungsgericht den Teilungsplan zu anzufertigen und ihn spätestens drei Tage vor dem Verteilungstermin auf der Geschäftsstelle zur Einsicht auszulegen (§ 106 S. 2). Es handelt sich dabei jedoch lediglich um einen Entwurf; der endgültige Teilungsplan kann erst im Verteilungstermin unter Berücksichtigung aller dann vorliegenden Anmeldungen und nach Anhörung der Beteiligten aufgestellt werden.
1 Böttcher, § 106 ZVG Rz. 1; Dassler u.a./Hintzen, § 106 ZVG Rz. 1.
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Teilungsmasse
§ 107
E. Bedeutung für die Gerichtspraxis Die Vorschrift bietet keine praktischen Vorteile und hat sich nicht bewährt. Für die Beteiligten bleibt eine Nichtbeachtung der gerichtlichen Aufforderung letztlich folgenlos, während das Vollstreckungsgericht zur Aufstellung und Auslegung eines vorläufigen Teilungsplans verpflichtet wird.
5
Statt dessen fordert die Gerichtspraxis ohne Fristsetzung zur rechtzeitigen Anmeldung auf. 6 Ein zur Vorbereitung des Verteilungstermins ggf. erstellter vorläufiger Teilungsplan hat in diesem Fall nur die Bedeutung eines internen Arbeitspapiers und muss nicht ausgelegt werden (vgl. § 299 Abs. 4 ZPO).2
§ 107 [Teilungsmasse] (1) In dem Verteilungstermin ist festzustellen, wieviel die zu verteilende Masse beträgt. Zu der Masse gehört auch der Erlös aus denjenigen Gegenständen, welche im Falle des § 65 besonders versteigert oder anderweit verwertet sind. (2) Die von dem Ersteher im Termin zu leistende Zahlung erfolgt an das Gericht. § 49 Abs. 3 gilt entsprechend. (3) Ein Geldbetrag, der zur Sicherheit für das Gebot des Erstehers bei der Gerichtskasse einbezahlt ist, wird auf die Zahlung nach Absatz 2 Satz 1 angerechnet.
A. B. C. I. II. 1. 2.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . Feststellung der Teilungsmasse . . . . . . Feststellungsverfahren . . . . . . . . . . . Umfang der Teilungsmasse . . . . . . . . Bargebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zinsen des Bargebots . . . . . . . . . . . b) Hinterlegungszinsen . . . . . . . . . . . 3. Erlös aus besonderer Versteigerung oder anderweitiger Verwertung . . . . . . . . . . 4. Zuzahlungsbeträge . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 3 3 5 5 6 6 7 8 9
5. 6. III. 1. 2. IV. D I. II. III.
Versicherungsleistungen . . . . . . . . . . Einkünfte aus einer Zwangsverwaltung . Verminderung der Teilungsmasse . . . Liegenbelassungsvereinbarung . . . . . . Befriedigungserklärung . . . . . . . . . . Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlungspflicht des Erstehers . . . . . . Anspruchsinhaber . . . . . . . . . . . . . Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlungsweise . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
Rz. 10 11 12 12 13 14 15 15 16 17
Literatur: Rellermeyer, Varianten der landesrechtlichen Hinterlegungsgesetze, Rpfleger 2011, 129; Rellermeyer, Varianten der landesrechtlichen Hinterlegungsgesetze: Ergänzung, Rpfleger 2014, 579; Rellermeyer/Hintzen, Nochmals: Die Behandlung der Hinterlegungszinsen in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2011, 473; Steffen, Die Behandlung der „neuen“ Hinterlegungszinsen im Teilungsplan der Zwangsversteigerung, Rpfleger 2011, 360.
2 Hk-ZV/Sievers, § 106 ZVG Rz. 4.
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§ 107 Rz. 1 Teilungsmasse
A. Normzweck 1
Die Vorschrift bestimmt, was zur Teilungsmasse in einem Zwangsversteigerungsverfahren gehört und wie die Zahlungen des Erstehers zu bewirken sind.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren nach dem ZVG.
C. Feststellung der Teilungsmasse I. Feststellungsverfahren 3
Im Verteilungstermin hat die Feststellung der Teilungsmasse durch das Vollstreckungsgericht zu erfolgen (§ 107 Abs. 1 Satz 1). Dies geschieht im Rahmen der Aufstellung des Teilungsplans (§ 113 Abs. 1), nachdem dem Zahlungspflichtigen bereits zuvor eine entsprechende Berechnung – regelmäßig mit der Terminsbestimmung – übersandt worden ist (vgl. § 105).
4
Hat ein Ersteher aufgrund eines Berechnungsfehlers zuviel an das Vollstreckungsgericht gezahlt, kann er den überzahlten Betrag nach Verteilung des Erlöses nicht vom letztrangig befriedigten Grundpfandgläubiger aus ungerechtfertigter Bereicherung herausverlangen. Für die insoweit allein in Betracht kommende Eingriffskondiktion (vgl. § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BGB) fehlt es an der notwendigen Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung zwischen dem Ersteher und dem befriedigten Gläubiger.1 Demgegenüber besteht ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr unmittelbar gegen den früheren Grundstückseigentümer, weil der diesem gebührende Versteigerungserlös an die Stelle des Grundstücks getreten ist.2
II. Umfang der Teilungsmasse 1. Bargebot 5
Die Teilungsmasse besteht primär aus dem Bargebot. Gem. § 49 Abs. 1 handelt es sich dabei um den durch Zahlung zu berichtigenden Teil des geringsten Gebots und den ihn übersteigenden Betrag. Das Bargebot ist durch Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Gerichtskasse zu entrichten (vgl. § 49 Abs. 3). 2. Zinsen a) Zinsen des Bargebots
6
Das Bargebot ist vom Tage des Zuschlags an mit 4 % jährlich zu verzinsen (§ 49 Abs. 2, § 246 BGB). Die Verzinsung beginnt mit dem Tag der wirksamen Erteilung des Zuschlags (vgl. §§ 89, 104) und endet mit Ablauf des Tages vor dem Verteilungstermin.
1 BGH v. 31.3.1977 – VII ZR 336/75, BGHZ 68, 276 = MDR 1977, 742 = NJW 1977, 1287 = Rpfleger 1977, 246. 2 BGH v. 31.3.1977 – VII ZR 336/75, BGHZ 68, 276 = MDR 1977, 742 = NJW 1977, 1287 = Rpfleger 1977, 246.
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Teilungsmasse
Rz. 10 § 107
b) Hinterlegungszinsen Nach Aufhebung der bundesgesetzlichen HinterlegungsO3 haben inzwischen sämtliche Bundesländer eigene HinterlegungsG erlassen.4 Danach entfällt in allen Bundesländern bis auf Niedersachsen eine Verzinsungspflicht für hinterlegte Geldbeträge. Dort beginnt die Verzinsung allerdings erst zu einem regelmäßig nach dem Verteilungstermin liegenden Zeitpunkt.5 Der frühere Meinungsstreit, ob die Hinterlegungszinsen im Falle eines Rücknahmeverzichts der Teilungsmasse6 oder dem Hinterleger7 zustehen, ist damit für die Praxis bedeutungslos.
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3. Erlös aus besonderer Versteigerung oder anderweitiger Verwertung Zur Teilungsmasse gehört auch der Erlös aus denjenigen Gegenständen, die im Falle des § 65 8 besonders versteigert oder anderweit verwertet worden sind (§ 107 Abs. 1 Satz 2). Ausnahmsweise kann auch eine Nachtragsverteilung für den Sondererlös zulässig sein, wenn andernfalls der Verteilungstermin bis zur Verwertung aller Gegenstände zu lange hinausgezögert werden müsste.8 4. Zuzahlungsbeträge Zuzahlungsbeträge gem. §§ 50, 51 werden grds. nicht an das Vollstreckungsgericht bewirkt (vgl. § 125 ZVG). Stehen diese jedoch ausnahmsweise schon im Verteilungstermin fest, gehören die Beträge zur Teilungsmasse.9
9
5. Versicherungsleistungen Forderungen aus einer Gebäudeversicherung (üblicherweise gegen Feuer-, Leitungswasserund Sturmschäden) fallen in den Hypothekenhaftungsverband (vgl. §§ 1192, 1127 ff. BGB), so dass sich die Beschlagnahmewirkung darauf erstreckt (§ 20 Abs. 2). Bei ungestörtem Versicherungsverlauf (dh keine Leistungsfreiheit des Versicherers z.B. wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles) geht die Versicherungsforderung daher grds. mit dem Zuschlag auf den Ersteher über (§§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1).10 Zur Teilungsmasse gehören jedoch auch Versicherungsleistungen, wenn diese zwar beschlagnahmt, aber nicht mitversteigert wurden. Übersteigt nämlich ausnahmsweise eine dem Vollstreckungsschuldner zustehende Brandversicherungssumme den zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers sowie der vorund gleichstehenden Berechtigten erforderlichen Betrag, so ist das Versteigerungsverfahren nur hinsichtlich der Versicherungssumme fortzusetzen und bzgl. des Grundstücks in entsprechender Anwendung des § 76 einstweilen einzustellen.11 Eine (Mit-)Versteigerung der Versicherungsforderung scheidet allerdings aus, wenn es bereits an der notwendigen Eigenschaft 3 Art. 17 Abs. 2 d. 2. BMJBerG v. 23.11.2007 (BGBl. I S. 2614) in Kraft getreten gem. Art. 80 Abs. 2 mWv 1.12.2010. 4 Vgl. die Zusammenstellungen bei Rellermeyer, Rpfleger 2011, 129 u. Rellermeyer, Rpfleger 2014, 579. 5 Die Verzinsung beginnt drei Monate nach Ablauf des Monats, in dem der Betrag eingezahlt worden ist, § 12 Abs. 2 S. 2 HintG Nds. v. 9.11.2012 (GVBl. S. 431). 6 So Böttcher, § 107 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 107 ZVG Rz. 5; Stöber, § 107 ZVG Rz. 2.2 lit. c). 7 So Steffen, Rpfleger 2011, 360. 8 Böttcher, § 107 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 107 ZVG Rz. 6; Steiner/Teufel, § 107 ZVG Rz. 17; a.A. Stöber, § 115 ZVG Rz. 2.2 lit. d). 9 Dassler u.a./Hintzen, § 107 ZVG Rz. 7. 10 BGH v. 19.2.1981 – IVa ZR 57/80, MDR 1981, 738 = NJW 1981, 1671 = Rpfleger 1981, 291. 11 BGH v. 9.11.1966 – V ZR 176/63, BGHZ 46, 221 = MDR 1967, 292 = NJW 1967, 568 = Rpfleger 1967, 109.
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§ 107 Rz. 10 Teilungsmasse als Teil des Haftungsverbandes fehlt, weil das Grundstück nach dem Schadensereignis veräußert und die Versicherungsforderung nicht dem Vollstreckungsschuldner übertragen worden ist.12 6. Einkünfte aus einer Zwangsverwaltung 11
Einkünfte aus einer parallel durchgeführten Zwangsverwaltung gehören nicht zur Teilungsmasse im Zwangsversteigerungsverfahren. Ein evtl. Überschuss in der Zwangsverwaltung gebührt dort dem Eigentümer.
III. Verminderung der Teilungsmasse 1. Liegenbelassungsvereinbarung 12
Die Teilungsmasse vermindert sich, soweit durch eine Liegenbelassungsvereinbarung eine Bargebotskürzung eintritt (§ 91 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1). 2. Befriedigungserklärung
13
Eine Zahlung unterbleibt zwar ebenfalls, soweit sich ein Gläubiger oder der Ersteher wegen eines ihm selbst zustehenden Anspruchs für befriedigt erklärt. Die Befriedigungserklärung vermindert jedoch in beiden Fällen nicht die Teilungsmasse; es handelt sich lediglich um eine bei der Planausführung zu berücksichtigende Zahlungsmodalität.13
IV. Rechtsmittel 14
Gegen die unrichtige Feststellung der Teilungsmasse soll sofortige Beschwerde eingelegt werden können.14 Demgegenüber sollen dann die Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO, die sofortige Rechtspflegererinnerung gem § 11 Abs. 2 RPflG15 und der Widerspruch gem. § 115 ausgeschlossen sein. Zutreffenderweise ist jedoch nach hier vertretener Auffassung der Widerspruch als lex specialis der einzig zulässige Rechtsbehelf (vgl. § 115 Rz. 6 ff.); die sofortige Beschwerde ist im Gesetz als Rechtsmittel nicht vorgesehen16, die Vollstreckungserinnerung scheidet nach vorheriger Anhörung aus.
D. Zahlungspflicht des Erstehers I. Anspruchsinhaber 15
Die Zahlung des Erstehers hat an das Vollstreckungsgericht zu erfolgen (§ 107 Abs. 2 Satz 1). Das Vollstreckungsgericht ist jedoch nicht der Gläubiger des Erstehers; es nimmt lediglich für den insoweit nicht frei verfügungsberechtigten Vollstreckungsschuldner die Zahlung des Erstehers in amtlicher Eigenschaft entgegen und leitet sie an die Gläubiger weiter. Der Erlösanspruch steht vielmehr dem Vollstreckungsschuldner als Surrogat für sein verstei12 BGH v. 12.4.2019 – V ZR 132/18, ZWE 2019, 486. 13 BGH v. 17.5.1988 – IX ZR 5/87, MDR 1988, 860 = Rpfleger 1988, 495 m. Anm. Schiffhauer; Böttcher, § 107 ZVG Rz. 9; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 107 ZVG Rz. 4. 14 So BGH v. 31.3.1977 – VII ZR 336/75, BGHZ 68, 276 = MDR 1977, 742 = NJW 1977, 1287 = Rpfleger 1977, 246; LG Verden v. 13.6.1973 – 1 T 149/73; Böttcher, § 107 ZVG Rz. 12. 15 Dafür Hk-ZV/Sievers, § 107 ZVG Rz. 19. 16 Dassler u.a./Hintzen, § 107 ZVG Rz. 12.
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Behandlung hinterlegter Wertpapiere
§ 108
gertes Grundstück zu.17 Das Vollstreckungsgericht ist deshalb auch nicht Drittschuldner, wenn der Erlösanspruch des Vollstreckungsschuldners gegen den Ersteher gepfändet werden soll; es handelt sich insoweit um ein drittschuldnerloses Recht (§ 857 Abs. 2 ZPO).18
II. Fälligkeit Durch den Zuschlag wird der Ersteher zur Zahlung des Bargebots verpflichtet.19 Die insbesondere aus dem Bargebot und den Zinsen gebildete Teilungsmasse ist dann im Verteilungstermin zur Zahlung fällig (§ 107 Abs. 2 Satz 1).
16
III. Zahlungsweise Eine „im Termine zu leistende Zahlung“ ist allerdings nach Einführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs nicht mehr möglich. Die Zahlung hat daher rechtzeitig bis zum Verteilungstermin durch Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Gerichtskasse zu erfolgen (§ 107 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 3). Erfolgt der Nachweis des Zahlungseingangs gegenüber dem Vollstreckungsgericht nicht rechtzeitig zum Termin, wird der Teilungsplan durch Übertragung der Forderung ausgeführt (vgl. § 118).
17
Soll das Meistgebot per Scheck bezahlt werden, ist die Zahlung erst mit Einlösung des Schecks bewirkt.20
18
Ist für den Versteigerungstermin bereits eine Sicherheitsleistung bei der Gerichtskasse einbezahlt worden, wird diese als Zahlung auf das Bargebot angerechnet (§ 107 Abs. 3). Damit ist nach zutreffender Meinung zugleich eine Verminderung der Verzinsungspflicht des Bargebots analog § 49 Abs. 4 verbunden, weil andernfalls infolge des Wegfalls des vormaligen § 69 Abs. 3 Satz 2 aF erst noch für kurze Zeit eine förmliche Hinterlegung der Sicherheit mit Rücknahmeverzicht erfolgen müsste.21
19
§ 108 [Behandlung hinterlegter Wertpapiere] Aufgehoben durch Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und anderer Gesetze v. 18.2.1998 (BGBl. I S. 866).
17 BGH v. 9.11.1966 – V ZR 176/63, BGHZ 46, 221 = MDR 1967, 292 = NJW 1967, 568 = Rpfleger 1967, 109. 18 Böttcher, § 107 ZVG Rz. 13; Steiner/Teufel, § 107 ZVG Rz. 60. 19 BGH v. 9.11.1966 – V ZR 176/63, BGHZ 46, 221 = MDR 1967, 292 = NJW 1967, 568 = Rpfleger 1967, 109. 20 Böttcher, § 49 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 107 ZVG Rz. 12; Stöber, § 107 ZVG Rz. 3.3; a.A. Hk-ZV/Sievers, § 107 ZVG Rz. 8 für eine Sicherheitsleistung durch Scheck. 21 Böttcher, ZfIR 2007, 597, 602; Hk-ZV/Sievers, § 107 ZVG Rz. 7; Stöber, § 49 ZVG Rz. 5.2; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 107 ZVG Rz. 19 iVm § 69 ZVG Rz. 19: nur, wenn der Meistbietende gegenüber dem Vollstreckungsgericht ausdrücklich auf die Rücknahme verzichtet hat.
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§ 109 Rz. 1 Verfahrenskosten, Überschussverteilung
§ 109 [Verfahrenskosten, Überschussverteilung] (1) Aus dem Versteigerungserlös sind die Kosten des Verfahrens vorweg zu entnehmen, mit Ausnahme der durch die Anordnung des Verfahrens oder den Beitritt eines Gläubigers, durch den Zuschlag oder durch nachträgliche Verteilungsverhandlungen entstehenden Kosten. (2) Der Überschuß wird auf die Rechte, welche durch Zahlung zu decken sind, verteilt.
A. B. C. I. 1. 2. II. III. D.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Kosten des Verfahrens (§ 109 Abs. 1) Vorweg zu entnehmende Kosten . . . . Gebühren und Auslagen . . . . . . . . . Bestimmung des Geschäftswerts . . . . Nicht vorweg zu entnehmende Kosten Entnahme aus der Teilungsmasse . . . Behandlung des Überschusses . . . .
. . . . . . . . .
Rz. . 1 . 2 . 3 . 3 . 4 . 5 . 7 . 8 . 11
I. II. 1. 2. 3.
Verteilung des Überschusses . . . . . Erlösüberschuss . . . . . . . . . . . . . Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfändung des Erlösüberschusses . . . Erlösüberschuss bei herrenlosem Grundstück . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erlösüberschuss bei nacherbschaftsgebundenem Grundstück . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
Rz. 11 12 12 14
. . . 16 . . . 17
Literatur: Drischler/Stöber, In welchem Umfang können im Immobiliarvollstreckungsverfahren Kosten für förmliche Zustellungen aus dem Erlös entnommen werden, Rpfleger 1969, 119 u. 122.
A. Normzweck 1
Die Vorschrift differenziert zwischen verschiedenen Kostenarten, um die Vorwegentnahme solcher Verfahrenskosten aus dem Erlös zu ermöglichen, die im Interesse sämtlicher Verfahrensbeteiligten aufgewendet wurden. Insoweit wird die Rangordnung gem. § 10 Abs. 1 erweitert; in der Praxis hat sich dafür die Bezeichnung mit „Rangklasse 0“ eingebürgert. Darüber hinaus wird die weitere Verteilung des Überschusses geregelt.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren nach dem ZVG. Für Zwangsverwaltungsverfahren s. § 155 Abs. 1.
C. Kosten des Verfahrens (§ 109 Abs. 1) I. Vorweg zu entnehmende Kosten 3
Aus dem Versteigerungserlös sind alle Kosten des Verfahrens vorweg zu entnehmen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet ist (dazu s. Ziffer II.). Das sind im Einzelnen:1
1 OLG Stuttgart v. 8.5.2019 – 8 W 398/16, Rpfleger 2019, 536.
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Verfahrenskosten, Überschussverteilung
Rz. 7 § 109
1. Gebühren und Auslagen a) KV-Nr. 2211 GKG: b) KV-Nr. 2213 GKG: c) KV-Nr. 2215 GKG: d) KV-Nr. 9002 GKG: e) KV-Nr. 9004 GKG: f) KV-Nr. 9005 GKG: g) KV-Nr. 9006 GKG:
0,5 Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen 0,5 Gebühr für die Abhaltung mindestens eines Versteigerungstermins 0,5 Gebühr für das Verteilungsverfahren mit evtl. Ermäßigungsmöglichkeit bei keiner oder eingeschränkter Verteilung Auslagen für Zustellungen jeweils 3,50 Euro2 Auslagen für öffentliche Bekanntmachungen in voller Höhe Auslagen für Sachverständige nach dem JVEG in voller Höhe Auslagen für Vergütungen bei Auswärtsterminen (Reisekosten u. Auslagenersatz) sowie Saalmiete in voller Höhe und Kilometergeld in Höhe von 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer.
4
2. Bestimmung des Geschäftswerts Die Gebühren für das Verfahren im Allgemeinen (a) und für die Abhaltung des Versteigerungstermins (b) sind nach dem gemäß § 74a Abs. 5 festgesetzten Wert zu berechnen (§ 54 Abs. 1 S. 1 GKG). Wurde der Wert wegen veränderter Umstände neu festgesetzt, so ist der geänderte Wert maßgeblich.3
5
Die Gebühr für das Verteilungsverfahren (c) bestimmt sich nach dem Gebot ohne Zinsen, für das der Zuschlag erteilt ist, einschließlich des Werts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte. Der Erlös aus einer gesonderten Versteigerung oder sonstigen Verwertung gem. § 65 wird hinzugerechnet. (§ 54 Abs. 3 GKG). Rechte, die außerhalb des geringsten Gebots (z.B. gem. § 9 EGZVG) oder aufgrund einer Liegenbelassungsvereinbarung (gem. § 91 Abs. 2) bestehen bleiben, werden bei der Wertberechnung nicht berücksichtigt.4
6
II. Nicht vorweg zu entnehmende Kosten Aus dem Versteigerungserlös können nicht vorweg entnommen werden: a) KV-Nr. 2210 GKG: Gebühr für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung oder über den Beitritt zum Verfahren in Höhe von 100,00 Euro mit den entsprechenden Zustellungsauslagen. Die Kosten können gem. §§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1 bei rechtzeitiger Anmeldung – ggf. mit den Kosten einer anwaltlichen Vertretung – im Rang des Rechts geltend gemacht werden (§§ 37 Nr. 4, 110). Dies gilt auch bei Geltendmachung durch die Gerichtskasse, wenn Gebührenbefreiung besteht oder Prozesskostenhilfe bewilligt ist.5 b) KV-Nr. 2214 GKG: 0,5 Gebühr für die Erteilung des Zuschlags mit den entsprechenden Zustellungsauslagen an die nicht erschienenen Beteiligten.6 Alleiniger Kostenschuldner ist der Ersteher (§ 26 Abs. 2 GKG, § 58 ZVG).
2 Die Zustellungspauschale wird nur erhoben, soweit in einem Rechtszug mehr als 10 Zustellungen anfallen. 3 LG Paderborn v. 10.10.1988 – 5 T 252/88, Rpfleger 1989, 168. 4 LG Krefeld v. 17.12.1976 – 1 T 114/76, Rpfleger 1978, 392 unter Aufgabe v. LG Krefeld v. 18.11.1975 – 1 T 145/75, Rpfleger 1976, 332 m. abl. Anm. Stöber für eine Liegenbelassungsvereinbarung; Böttcher, § 109 ZVG Rz. 2; Depré/Bachmann, § 109 ZVG Rz. 3. 5 Böttcher, § 109 ZVG Rz. 4. 6 LG Freiburg v. 8.3.1991 – 4 T 14/91, JurBüro 1991, 1211 m. zust. Anm. Mümmler = Rpfleger 1991, 382; a.A. Böttcher, § 109 ZVG Rz. 4.
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§ 109 Rz. 7 Verfahrenskosten, Überschussverteilung c) Kosten einer nachträglichen Verteilung (§§ 139 ff.) d) Individualisierbare Kosten bestimmter Personen (z.B. für Beschwerdeverfahren7; für die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss nach § 93; für einen Zustellungsvertreter nach § 78 oder einen Vertreter nach § 1359).
III. Entnahme aus der Teilungsmasse 8
Aus dem Versteigerungserlös sind von Amts wegen die Kosten des Verfahrens gem. § 109 Abs. 1 vorweg zu entnehmen. Ihre Berechnung erfolgt durch den Kostenbeamten, dessen Entscheidung mit der Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG angegriffen werden kann. Die Zuteilung erfolgt an die Staatskasse, soweit nicht ein Gläubiger einen Vorschuss geleistet hat.
9
Hat ein Gläubiger bereits einen Vorschuss auf die Verfahrenskosten geleistet (vgl. §§ 15 Abs. 1, 17 GKG), erhält er den Betrag im Rang des § 109 Abs. 1 zurück. Der gezahlte Vorschuss wird ebenfalls von Amts wegen berücksichtigt, sofern sich ein entsprechender Zahlungsnachweis bei den Akten befindet; einer Anmeldung bedarf es insoweit nicht. Haben mehrere Gläubiger einen Vorschuss geleistet, stehen deren Erstattungsansprüche untereinander im gleichen Rang.10
9a
Wird ein Zwangsversteigerungsverfahren für mehrere Grundstücke durchgeführt, sind Kosten im Sinne von § 109 Abs. 1 die aus der Summe der Einzelwerte aller am Verfahren beteiligten Grundstücke zu berechnenden Gebühren (§ 54 Abs. 4 GKG). Dabei soll es nach Auffassung des OLG Stuttgart jedoch nicht darauf ankommen, ob im Zeitpunkt der Verteilung auch tatsächlich alle in die Gesamtwertberechnung einbezogenen Grundstücke versteigert wurden. Es seien vielmehr sämtliche Kosten, für die der Antragsteller haftet, dem Verteilungserlös zugunsten der Staatskasse zu entnehmen. Werden stattdessen bei der Verteilung Kosten nur in Höhe eines anteiligen Betrages entsprechend dem Verhältnis des Wertes der versteigerten Grundstücke zum Gesamtwert aller am Verfahren beteiligten Grundstücke zugunsten der Staatskasse entnommen, so soll der Antragsteller nicht nach § 26 Abs. 1 GKG für den Fehlbetrag haften.11 Diese Auffassung kann nicht richtig sein. Sie würde im Ergebnis dazu führen, dass objektfremde Kosten die zur Verteilung stehende Masse zulasten der nur an den versteigerten Grundstücken Befriedigungsberechtigten schmälern. Spiegelbildlich würde diese Auffassung dazu führen, dass den Gläubigern anderer, u.U. zu einem späteren Zeitpunkt versteigerter Grundstücke eine größere Teilungsmasse zur Verfügung stünde, weil insoweit keine (restlichen) Verfahrenskosten mehr vorab zu entnehmen wären. Für eine solche grundstücksübergreifende Kostenhaftung besteht keine Rechtsgrundlage. Aus dem Versteigerungserlös eines jeden Grundstücks können lediglich die durch seine eigene Zwangsversteigerung verursachten Kosten vorweg entnommen werden. Werden mehrere, aber nicht sämtliche Grundstücke eines gem. § 18 verbundenen Verfahrens versteigert, ist die Möglichkeit der Vorabentnahme deshalb auf diejenigen Kostenbeträge begrenzt, die sich nach dem zusammengerechneten Wert der versteigerten Objekte ergeben (§ 54 Abs. 4 GKG).
7 8 9 10 11
Vgl. OLG Koblenz v. 7.1.2005 – 14 W 17/05, MDR 2005, 599 = Rpfleger 2005, 383. Böttcher, § 109 ZVG Rz. 4. Depré/Bachmann, § 109 ZVG Rz. 4. Dassler u.a./Hintzen, § 109 ZVG Rz. 7. OLG Stuttgart v. 8.5.2019 – 8 W 398/16, Rpfleger 2019, 536.
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Verfahrenskosten, Überschussverteilung
Rz. 11 § 109
Beispiel Wert Grundstück 1: 300.000,– Euro Wert Grundstück 2: 200.000,– Euro Wert Grundstück 3: 100.000,– Euro Eine (aus Anschauungsgründen auf die Verfahrens- und Terminsgebühr reduzierte) Gebührenberechnung nach dem Gesamtwert i.H.v. 600.000,– Euro ergibt für zwei 0,5 Gebühren einen Betrag i.H.v. 3896,– Euro. Wird lediglich für die Grundstücke 1 und 2 der Zuschlag erteilt, ergeben zwei 0,5 Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert der versteigerten Grundstücke 1 und 2 i.H.v. 500.000,– Euro einen Gebührenbetrag i.H.v. 3.536,– Euro. Der danach verbleibende Differenzbetrag i.H.v. 360,– Euro könnte ggf. in einem nachfolgenden Versteigerungsverfahren über das verbliebene Grundstück 3 realisiert werden; andernfalls haftet der Antragsteller für diese restlichen Kosten gem. § 26 Abs. 1 GKG. Die Gleichsetzung einer für dasselbe Objekt erfolgenden Nachtragsverteilung wegen einer Forderung oder einer beweglichen Sache (§ 65) mit der späteren Zwangsversteigerung eines fremden, lediglich in einem Gesamtverfahren beschlagnahmten Grundstücks ist ersichtlich verfehlt.12
Als zulasten des Antragstellers verkürzte Enthaftung erweist sich danach aber auch der von den Vorinstanzen gewählte Gebührenansatz nur eines anteiligen Betrages entsprechend dem Verhältnis des Wertes der versteigerten Grundstücke zum Gesamtwert aller am Verfahren beteiligten Grundstücke.13 Fortsetzung des Beispiels Eine am Gesamtwert aller Grundstücke ausgerichtete Berechnung im Verhältnis des Wertes der versteigerten Grundstücke 1 und 2 ergibt einen Gebührenbetrag von 3.896,– Euro × 5/6 = Nach dieser Berechnung verbliebe dem Antragsteller immerhin noch eine (nach dem Rechtsgedanken des § 54 Abs. 4 GKG zu weit greifende) Kostenhaftung i.H.v. 1/6 des Gebührenbetrages =
3.246,67 Euro. 649,33 Euro.
Wird das Bargebot nicht gezahlt, sind für die gem. § 118 übertragenen Forderungen Sicherungshypotheken gem. § 128 in das Grundbuch einzutragen. Die Eintragung der Sicherungshypotheken hat „mit dem Rang des Anspruchs“ zu erfolgen (§ 128 Abs. 1 S. 1). Die Forderung der Staatskasse auf die restlichen Verfahrenskosten hat dabei Rang vor dem Erstattungsanspruch des vorschussleistenden Gläubigers.14
10
D. Behandlung des Überschusses I. Verteilung des Überschusses Der nach Abzug der vorweg zu entnehmenden Kosten verbleibende Erlösüberschuss wird 11 nach Maßgabe der §§ 10 ff., 110 ff. auf die durch Zahlung zu deckenden Rechte verteilt.
12 So aber OLG Stuttgart, Rpfleger 2019, 536. 13 In diesem Sinne wohl auch Sengl in BeckOK Kostenrecht 27. Ed. § 54 Rz. 14 aE. 14 Böttcher, § 109 ZVG Rz. 3; Steiner/Teufel, § 109 ZVG Rz. 13; Stöber, § 109 ZVG Rz. 2.4; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 109 ZVG Rz. 8: gleicher Rang.
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§ 109 Rz. 12 Verfahrenskosten, Überschussverteilung
II. Erlösüberschuss 1. Grundsatz 12
Ergibt sich nach Abzug der zu deckenden Ansprüche ein Erlösüberschuss, steht dieser nach dem Surrogationsgrundsatz dem Schuldner als Ersatz für sein verlorenes Eigentum zu.15
13
Mehreren Vollstreckungsschuldnern steht ein Erlösüberschuss gemeinschaftlich zu. Das Gemeinschaftsverhältnis ergibt sich insoweit aus § 432 BGB;16 nicht mehr maßgeblich ist das frühere Beteiligungsverhältnis am Grundstück.17 Erfolgt hinsichtlich der Auszahlung keine Einigung, ist der Erlösüberschuss zugunsten aller Vollstreckungsschuldner zu hinterlegen. 2. Pfändung des Erlösüberschusses
14
Der Anspruch des Vollstreckungsschuldners auf Auszahlung des Erlösüberschusses ist als gewöhnliche Geldforderung pfändbar. Die Pfändung kann jedoch nach ganz h.M. erst nach Wirksamwerden des Zuschlags erfolgen (§§ 89, 104).18 Zuvor ist sie auch als bedingte Pfändung nicht zulässig. weil dies andernfalls zu einer Umgehung der zu diesem Zeitpunkt noch möglichen Immobiliarvollstreckung führen würde.19
15
Die Pfändung des Erlösüberschusses vollzieht sich sodann gem. §§ 829, 857 Abs. 2 ZPO durch Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Vollstreckungsschuldner; weder das Vollstreckungsgericht noch der Ersteher sind hier Drittschuldner.20 Das Recht des Pfändungsgläubigers kann im Verteilungstermin allerdings nur berücksichtigt werden, wenn dieser sein Recht auch zum Termin anmeldet. Ist der Anspruch auf Auszahlung des Erlösüberschusses nicht lediglich gepfändet, sondern dem Gläubiger auch wirksam zur Einziehung überwiesen worden, kann im Verteilungstermin die Zuteilung an ihn erfolgen; andernfalls muss es bei einer gemeinsamen Zuteilung an Schuldner und Pfändungsgläubiger verbleiben.21 3. Erlösüberschuss bei herrenlosem Grundstück
16
Wurde ein herrenloses Grundstück versteigert, hat der gem. § 787 ZPO bestellte Vertreter den Erlösüberschuss nach Abzug seiner Vergütung und Auslagen als herrenloses Gut zu hinterlegen (§ 372 BGB). Das sich zunächst auf das Grundstück beziehende Aneignungsrecht des Fiskus (§ 928 Abs. 2 BGB) setzt sich im Wege der Surrogation dann am hinterlegten Erlösüberschuss fort.22 4. Erlösüberschuss bei nacherbschaftsgebundenem Grundstück
17
Nach der Zwangsversteigerung eines Nachlassgrundstücks fällt ein verbleibender Übererlös als Surrogat in den Nachlass (vgl. § 2111 Abs. 1 S. 1 BGB).23 Fraglich ist nun, ob die hinsichtlich des versteigerten Grundstücks vormals bestehende Verfügungsbeschränkung (§ 2113 BGB) weiterhin für den auf den Vorerben entfallenden Übererlös noch zu beachten ist oder ob dieser nicht vielmehr ausschließlich nach den Regeln des § 2119 zu behandeln ist. Die Rechts15 16 17 18 19 20 21 22 23
BGH v. 7.7.1993 – IV ZR 90/92, MDR 1993, 985 = NJW 1993, 3198 = Rpfleger 1993, 493. Depré/Bachmann, § 109 ZVG Rz. 9. Dassler u.a./Hintzen, § 109 ZVG Rz. 12. Böttcher, § 117 ZVG Rz. 16 ff.; Dassler u.a./Hintzen, § 109 ZVG Rz. 14; Depré/Bachmann, § 109 ZVG Rz. 10; Stöber, § 114 ZVG Rz. 5.20 lit. d) m.w.N. auch zur älteren Gegenmeinung. RG v. 3.2.1909 – V 58/08, RGZ 70, 278. Stöber, § 114 ZVG Rz. 5.20 lit. e). Depré/Bachmann, § 109 ZVG Rz. 11. Dassler u.a./Hintzen, § 109 ZVG Rz. 17; Stöber, § 114 ZVG Rz. 10.3. BGH v. 7.7.1993 – IV ZR 90/92, MDR 1993, 985 = NJW 1993, 3198 = Rpfleger 1993, 493.
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Nachstehende Rechte
§ 110
frage wird nicht einheitlich beantwortet. Nach einer hierzu vertretenen Auffassung haben sich Verfügungsbeschränkungen grundsätzlich nicht nach der Art des ersetzten Gegenstandes, sondern nach der des Surrogats zu richten. Da das Grundstück als Nachlassgegenstand nach der Versteigerung jedoch fortgefallen ist, könne auch die sich auf Grundstücke beziehende Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB demgemäß keine Anwendung mehr finden.24 Die Vorschriften über die mündelsichere Anlage von Geld (§ 2119 BGB) seien nach der Entscheidung des Gesetzgebers für ausreichend zu erachten.25 Dieser Sichtweise steht jedoch die höchstrichterliche Rechtsprechung entgegen. So hat der BGH für den Fall einer Enteignung bereits entschieden, dass die Entschädigungsleistungen für das enteignete Grundstück hinsichtlich der Verfügungsbeschränkung wie dieses selbst zu behandeln sind. Der Nacherbe verliert nämlich durch die Enteignung den Schutz des § 2113 BGB, der ihm andernfalls bei einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung zuteil geworden wäre.26 Der zuvor dinglich gewährleistete Schutz des Nacherben kann auch nicht hinreichend durch die in § 2119 BGB lediglich schuldrechtlich normierte Verpflichtung des Vorerben zur mündelsicheren Geldanlage kompensiert werden. In der Konsequenz dieses Ansatzes liegt es dann, den Schutzgedanken auch auf die Zwangsversteigerung von Nachlassgrundstücken als eine andere Art des zwangsweisen Surrogationserwerbs zu erstrecken.27 Auf diese Weise werden anstelle von Grundstücken surrogierte Gelder dem Anwendungsbereich des § 2119 BGB vorgelagert. Ein Erlösüberschuss kann demnach nicht dem Vorerben allein zugeteilt werden; er ist vielmehr dem Vorerben und dem Nacherben gemeinsam zuzuteilen. Lediglich einem befreiten Vorerben (§ 2136 BGB) steht der Erlösüberschuss zur alleinigen Verfügung zu.28
§ 110 [Nachstehende Rechte] Rechte, die ungeachtet der im § 37 Nr. 4 bestimmten Aufforderung nicht rechtzeitig angemeldet oder glaubhaft gemacht worden sind, stehen bei der Verteilung den übrigen Rechten nach.
A. B. C. I. II. D.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . Gem. § 110 betroffene Rechte . . . . . Anmeldebedürftige Rechte . . . . . . . Nicht anmeldebedürftige Rechte . . . . Rechtzeitige Anmeldung und Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . . I. Anmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . .
. . . . .
. . . . .
Rz. 1 2 3 3 4
.. 7 .. 7 . . 10
Rz. III. Verspätete Anmeldung oder verspätetes Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirksame Aufforderung . . . . . . . . . . . 2. Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . . . . . . . . 3. Adressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Rangverlust und Rangverschlechterung I. Verfahrensrechtliche Rechtsfolgen . . . . . II. Fehlerhafte (Nicht-)Berücksichtigung . . 1. Fehlerhafte Nichtberücksichtigung von Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14 14 17 21 22 22 25 25
24 LG Göttingen v. 9.4.1985 – 411/2 O 466/84, WM 1985, 1353; Dassler u.a./Hintzen, § 109 ZVG Rz. 18; Staudinger/Avenarius, (2013), § 2111 Rz. 4; Stöber, § 114 ZVG Rz. 10.2. 25 Staudinger/Avenarius, (2013), § 2111 Rz. 19. 26 BGH v. 21.3.1956 – IV ZR 317/55, NJW 1956, 1070 = RdL 1956, 189; jurisPK-BGB/Schneider, (2017), § 2111 Rz. 11; Palandt/Weidlich, § 2111 Rz. 1; vgl. auch BGH v. 16.12.1965 – III ZR 98/64, BGHZ 44, 336 = WM 1966, 373. 27 Konsequent Klawikowski, Rpfleger 1998, 100, 102. 28 Klawikowski, Rpfleger 1998, 100, 102.
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§ 110 Rz. 1 Nachstehende Rechte Rz. 2. Fehlerhafte Berücksichtigung von Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Rz. III. Materiell-rechtliche Rechtsfolgen . . . . . 30
Literatur: Achenbach, Zwangsversteigerung: Maßgeblicher Zeitpunkt für Anmeldungen und Folgen der Versäumung, ZfIR 2018, 440; Meerhoff, Rangverlust und späte Anmeldung eines Wertersatzes, ZfIR 2016, 263; Schneider, Die verspätete oder unterbliebene Anmeldung von Hausgeldansprüchen in der Zwangsversteigerung eines Wohnungseigentums, ZMR 2018, 119; Traub, Die Krux mit § 110 ZVG, ZfIR 2010, 273.
A. Normzweck 1
Die Vorschrift knüpft an § 37 Nr. 4 an, wonach zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch nicht ersichtliche Rechte spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und im Widerspruchsfall glaubhaft zu machen sind. Für verspätetet angemeldete oder glaubhaft gemachte Rechte sieht § 110 die bereits in § 37 Nr. 4 angekündigte Rangverschlechterung vor, die in der Praxis regelmäßig zu einem Totalausfall führen wird. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die an der Versteigerung Beteiligten spätestens zu Beginn der Bietzeit feststellen können, welche Ansprüche sie ihrem eigenen Recht im Range vorgehen lassen müssen. Daran werden sich dann u.a. etwaige Gebote und Ablösungen ausrichten.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren nach dem ZVG, nicht dagegen für Zwangsverwaltungsverfahren.
C. Gem. § 110 betroffene Rechte I. Anmeldebedürftige Rechte 3
Zu den von § 110 erfassten anmeldebedürftigen Rechten gehören nur solche, die einen Anspruch auf Befriedigung aus dem Grundstück gem. § 10 vermitteln: – § 10 Abs. 1 Nr. 1: Instandsetzungskostenvorschuss des die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers – § 10 Abs. 1 Nr. 1a: Feststellungskosten des Insolvenzverwalters für bewegliche Gegenstände – § 10 Abs. 1 Nr. 2: Privilegierte Hausgeldansprüche des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft – § 10 Abs. 1 Nr. 3: Öffentliche Grundstückslasten – § 10 Abs. 1 Nr. 4: Nicht aus dem Grundbuch ersichtliche Ansprüche wie – die Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (dazu Rz. 20) und – die rückständigen wiederkehrenden Leistungen (laufende wiederkehrende Leistungen werden gem. §§ 45 Abs. 2, 114 Abs. 2 von Amts wegen berücksichtigt) – § 10 Abs. 1 Nr. 6: Dem betreibenden Gläubiger gegenüber unwirksame Ansprüche – Nach dem Zwangsversteigerungsvermerk eingetragene Rechte mit sämtlichen Zins- und Kostenansprüchen – Nach dem Zwangsversteigerungsvermerk eingetragene Rangänderungen 1188
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Nachstehende Rechte
Rz. 11 § 110
II. Nicht anmeldebedürftige Rechte Von § 110 nicht erfasst werden demgegenüber: – die Anmeldung eines Ersatzbetrages gem. § 921 – die Anmeldung eines Gläubigerwechsels nach Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks2 – die Anmeldung des aus einer Hypothek entstandenen Eigentümerrechts3 – die Anmeldung des Rückgewährsanspruchs bzgl. einer nicht mehr valutierten Sicherungsgrundschuld (§§ 1192 Abs. 1, 1169 BGB)4
4
In all diesen Fällen genügt zur Berücksichtigung eine Anmeldung zum Verteilungstermin, weil das fragliche Recht selbst aus dem Grundbuch ersichtlich ist. Lediglich die Höhe des Ersatzbetrages bzw. die Person des Berechtigten ist nicht bekannt. Ein zum Zeitpunkt der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtliches Recht wird jedoch von Amts wegen berücksichtigt (§ 114 Abs. 1 S. 1).
5
Nicht unter § 110 fallen weiterhin die in § 37 Nr. 5 genannten, der Zwangsversteigerung entgegenstehenden Rechte. Sie vermitteln kein Befriedigungsrecht gem. § 10 und können daher auch noch nach Abschluss des Zwangsversteigerungsverfahrens ohne Zurücksetzung gem. § 110 geltend gemacht werden.5
6
D. Rechtzeitige Anmeldung und Glaubhaftmachung I. Anmeldung Die in Rz. 3 genannten Ansprüche sind anzumelden. Zur Rechtsnatur, zum Inhalt, der Form und dem Zeitpunkt einer Anmeldung s. zunächst ausführlich § 9 Rz. 30 ff.
7
Eine Anmeldung ist selbst dann erforderlich, wenn das Vollstreckungsgericht anderweitig Kenntnis von den Ansprüchen erlangt haben sollte.6
8
Ansprüche, die sich bereits aus dem Versteigerungs- oder Beitrittsantrag ergeben, gelten als angemeldet; sie werden von Amts wegen berücksichtigt (§ 114 Abs. 1 S. 2), soweit nicht der Berechtigte weniger anmeldet, als ihm nach dem Grundbuch zusteht (Minderanmeldung).
9
II. Glaubhaftmachung Die in Rz. 3 genannten Ansprüche sind ggf. glaubhaft zu machen. Zu den Möglichkeiten der Glaubhaftmachung s. zunächst § 9 Rz. 44 ff.
10
Im Gegensatz zur Glaubhaftmachung gem. § 9 Nr. 2 hat der Anmeldende sein Recht hier nur auf den Widerspruch eines betreibenden Gläubigers glaubhaft zu machen.
11
1 OLG Koblenz v. 11.1.1984 – 4 W 632/83, Rpfleger 1984, 242; Böttcher, § 92 ZVG Rz. 10; Dassler u.a./ Hintzen, § 110 ZVG Rz. 6; Depré/Bachmann, § 110 ZVG Rz. 3; Stöber, § 110 ZVG Rz. 2.2; a.A. Meerhoff, ZfIR 2016, 263; Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 14. 2 RG v. 13.11.1911 – V 174/11, RGZ 77, 296. 3 RG v. 13.11.1911 – V 174/11, RGZ 77, 296. 4 BGH v. 30.6.1978 – V ZR 153/76, MDR 1979, 44 = Rpfleger 1978, 363. 5 Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 9. 6 BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30.
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§ 110 Rz. 12 Nachstehende Rechte 12
Sind wiederkehrende Leistungen aus dem Grundbuch ersichtlich, brauchen die (anzumeldenden) rückständigen Leistungen ausnahmsweise nicht glaubhaft gemacht zu werden (§ 45 Abs. 2).
13
Privilegierte Hausgeldansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 sind bei der Anmeldung immer glaubhaft zu machen (§ 45 Abs. 3).
III. Verspätete Anmeldung oder verspätetes Glaubhaftmachung 1. Wirksame Aufforderung 14
Die in § 110 normierte Rangverschlechterung setzt eine ordnungsgemäße Aufforderung gem. § 37 Nr. 4 voraus. Weisen Terminsbestimmung oder Terminsbekanntmachung insoweit einen Mangel auf (z.B. unterbliebener Hinweis auf die Rechtsfolgen einer verspäteten Anmeldung) oder fehlt die Aufforderung gar gänzlich, kann die Verspätungswirkung des § 110 nicht eintreten.7
15
Ein solcher Mangel ist nicht heilbar; der Versteigerungstermin ist deshalb von Amts wegen aufzuheben, der Zuschlag zu versagen bzw. ein bereits erteilter Zuschlag auf Anfechtung wieder aufzuheben (§§ 43, 83 Nr. 1 u. Nr. 7, 100).8
16
Wird ein Zuschlag trotz fehlender oder fehlerhafter Aufforderung gleichwohl rechtskräftig, müssen bei der Verteilung sämtliche Ansprüche ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Anmeldung entsprechend §§ 10 ff. berücksichtigt werden. Eine Verletzung des Deckungsgrundsatzes muss dann hingenommen werden und kann ggf. Amtshaftungsansprüche zur Folge haben.9 2. Maßgeblicher Zeitpunkt
17
Die nicht grundbuchersichtlichen Rechte sind spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und im Widerspruchsfall glaubhaft zu machen (§ 37 Nr. 4). Erfolgt zwar die Anmeldung rechtzeitig, wird aber trotz Widerspruchs entweder gar nicht oder verspätet glaubhaft gemacht, tritt die Rangverschlechterung gem. § 110 ein.10
18
Hat ein Gläubiger zum Versteigerungstermin zunächst weniger angemeldet, als von Amts wegen nach der Grundbucheintragung an laufenden wiederkehrenden Leistungen zu berücksichtigen wäre (§ 45 Abs. 2), erleidet er mit dem dann gleichwohl im Verteilungstermin angemeldeten, über seine Minderanmeldung hinausgehenden Betrag eine Rangverschlechterung.11
19
Beruft sich der Verband Wohnungseigentümergemeinschaft anlässlich eines Beitritts zunächst auf den Vorrang der geltend gemachten Hausgeldansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 und nimmt in der Folge diesen Antrag wieder zurück, so heilt eine spätere Anmeldung der Forderungen aus dem Titel, aus dem früher betrieben wurde, die erst nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten bei Gericht eingeht, nicht die endgültige Rangverschlechterung.12
7 Vgl. BGH v. 6.7.1961 – II ZR 161/60, BGHZ 35, 267 = MDR 1961, 831 = NJW 1961, 1672 für eine Schiffsversteigerung im Ausland. 8 Böttcher, § 110 ZVG Rz. 3; Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 26 f. 9 Dassler u.a./Hintzen, § 110 ZVG Rz. 3; Depré/Bachmann, § 110 ZVG Rz. 4. 10 Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 25. 11 Hk-ZV/Sievers, § 110 ZVG Rz. 5; Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 17; Stöber, § 110 ZVG Rz. 2.7. 12 LG Heilbronn v. 30.12.2009 – 1 T 527/09, ZfIR 2010, 288.
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Nachstehende Rechte
Rz. 25 § 110
Kosten der Kündigung und der dinglichen Rechtsverfolgung gem. § 10 Abs. 2 können in vielen Fällen zum Versteigerungstermin noch nicht abschließend beziffert werden. Soweit ihretwegen die Zwangsversteigerung nicht betrieben wird, genügt daher zunächst die rechtzeitige Anmeldung einer nach Einzelpositionen spezifizierten Kostenpauschale zum Versteigerungstermin. Die Kosten sind dann bis zum Verteilungstermin aufzuschlüsseln; sie können dort bis zur Höhe des geltend gemachten Pauschbetrages im Rang des Hauptanspruchs berücksichtigt werden. Ein darüber hinausgehender Betrag erleidet jedoch eine Rangverschlechterung gem. § 110.13
20
3. Adressat Damit die in § 66 vorgesehene Bekanntgabe und Ausschließung von Anmeldungen erfolgen kann, müssen Anmeldung und ggf. Glaubhaftmachung spätestens im Termin dem Versteigerungsgericht vorliegen; das Vorliegen bei der Posteingangsstelle des Gerichts genügt nicht.14
21
E. Rangverlust und Rangverschlechterung I. Verfahrensrechtliche Rechtsfolgen Anmeldebedürftige Rechte (s. Rz. 3) werden ohne eine Anmeldung überhaupt nicht berücksichtigt (Rangverlust gem. § 114 Abs. 1 S. 1). Erfolgt eine verspätete Anmeldung (ggf. auch noch im Verteilungstermin) können sie nur an letzter Rangstelle („Rangklasse 9“) berücksichtigt werden (Rangverschlechterung gem. § 110).15
22
Werden mehrere Ansprüche verspätet angemeldet bzw. glaubhaft gemacht, ist nicht auf die zeitliche Reihenfolge der Anmeldungen bzw. Glaubhaftmachungen abzustellen. Das Rangverhältnis innerhalb der „Rangklasse 9“ bestimmt sich vielmehr nach dem diesen Rechten ursprünglich gem. §§ 10 ff. zustehenden Rang.16
23
Die einmal eingetretene Rangverschlechterung kann nachträglich nicht wieder beseitigt werden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ZPO ist bei Versäumung des maßgeblichen Zeitpunktes nicht möglich.17 Die einmal eingetretene Rechtsfolge des § 110 lässt sich auch im Beschwerdeverfahren nicht mehr rückgängig machen, wenn nicht der Zuschlag aus anderen Gründen aufgehoben werden sollte.18
24
II. Fehlerhafte (Nicht-)Berücksichtigung 1. Fehlerhafte Nichtberücksichtigung von Rechten Wird ein Recht rechtzeitig zum Versteigerungstermin angemeldet und ggf. glaubhaft gemacht, so kann der Berechtigte dessen Berücksichtigung im Verteilungstermin selbst dann an der ursprünglichen Rangstelle verlangen, wenn das Recht bei der Aufstellung des geringsten Gebots
13 Böttcher, § 10 ZVG Rz. 72; Depré/Bachmann, § 110 ZVG Rz. 11; a.A. offenbar ohne Begrenzung Dassler u.a./Hintzen, § 110 ZVG Rz. 7. 14 Böttcher, § 110 ZVG Rz. 4; Stöber, § 110 ZVG Rz. großzügiger Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 29 f. 15 Achenbach, ZfIR 2018, 440; Böttcher, § 110 ZVG Rz. 5; Schneider, ZMR 2018, 119; Stöber, § 110 ZVG Rz. 2.3. 16 Böttcher, § 110 ZVG Rz. 5; Stöber, § 110 ZVG Rz. 2.5. 17 Dassler u.a./Hintzen, § 110 ZVG Rz. 4; Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 32. 18 Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 44.
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§ 110 Rz. 25 Nachstehende Rechte fehlerhaft nicht berücksichtigt worden ist. Insoweit ist allein auf die ordnungsgemäße Anmeldung abzustellen, ein Fall von § 110 liegt hier nicht vor.19 26
Hätte das nicht berücksichtigte Recht aufgrund seiner rechtzeitigen Anmeldung eigentlich im geringsten Gebot als bestehen bleibend eingestellt werden müssen, muss der Rechtsinhaber zwar das Erlöschen des Rechts gegen sich gelten lassen, wenn der Zuschlag gleichwohl rechtskräftig wird. Allerdings kann er auch in diesem Fall Befriedigung im Rang seines Rechts verlangen, soweit der Versteigerungserlös hierfür ausreicht.20
27
In beiden vorgenannten Fällen kann es zu einer Verletzung des Deckungsgrundsatzes kommen, der u.U. Amtshaftungsansprüche eines Ausfallenden nach sich ziehen kann.21 2. Fehlerhafte Berücksichtigung von Rechten
28
Wird ein Recht rechtzeitig angemeldet, dass daraufhin im Zuschlagsbeschluss als bestehen bleibend aufgeführt wird, so lässt sich die durch den rechtskräftigen Zuschlag geschaffene Rechtslage nicht mehr ändern, auch wenn das Recht bei richtiger Sachbehandlung als erlöschend hätte behandelt werden müssen. Da keine Ausgleichsansprüche gem. § 812 BGB gegen den Inhaber eines solchen Rechtes bestehen, kommt ggf. nur eine Amtshaftung in Betracht.22
29
Wird ein Recht ohne die erforderliche Anmeldung nach dem Teilungsplan bei der Auszahlung des Versteigerungserlöses an seiner ursprünglichen Rangstelle berücksichtigt, so kommen gegenüber dem Empfänger ggf. bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche in Betracht, wenn das Recht bei richtiger Sachbehandlung nicht zu berücksichtigen gewesen wäre.23 Das Gleiche soll auch dann zu gelten haben, wenn ein Recht ohne die erforderliche Anmeldung im Zuschlagsbeschluss als bestehen bleibend aufgeführt wird, weil der Berechtigte in diesem Fall nicht besser stehen soll als derjenige, der bei der Erlösverteilung unter Missachtung des § 110 befriedigt wurde.24 Richtigerweise wird man einen Anspruchsteller wohl auch hier auf die Amtshaftung zu verweisen haben.
III. Materiell-rechtliche Rechtsfolgen 30
Die Rechtswirkungen des § 110 sind endgültig; sie können sich jedoch nicht primär auf das versteigerungsrechtliche Verfahren mit seiner Aufstellung des geringsten Gebotes und des Teilungsplans beschränken, will man nicht die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses mit den zugrundeliegenden Versteigerungsbedingungen in Zweifel ziehen. Dem Rangverlust (§ 114 Abs. 1 S. 1) und der Rangverschlechterung (§ 110) kommen deshalb auch materiell-rechtliche Bedeutung zu (vgl. auch § 114 Rz. 29 ff.). Eine unterlassene bzw. eine verspätete Anmeldung resp. Glaubhaftmachung bewirken auch einen endgültigen materiellen Rechts- bzw. Rangverlust.25 Bereicherungsrechtliche Ansprüche des nichtberücksichtigten Gläubigers gegenüber dem durch die Zuteilung Begünstigten scheiden damit auch außerhalb eines Zwangsver-
19 Dassler u.a./Hintzen, § 110 ZVG Rz. 8; Depré/Bachmann, § 110 ZVG Rz. 3; Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 38; Stöber, § 110 ZVG Rz. 2.4. 20 Dassler u.a./Hintzen, § 110 ZVG Rz. 8. 21 Vgl. BGH v. 23.3.2000 – III ZR 152/99, MDR 2000, 883 = NJW 2000, 3358 = Rpfleger 2000, 403 = ZfIR 2000, 828 zur fehlerhaften Berücksichtigung eines Nacherben- und Verpfändungsvermerks im geringsten Gebot. 22 Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 39. 23 Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 40. 24 Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 40. 25 BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30; BGH v. 6.7.1961 – II ZR 161/60, BGHZ 35, 267 = MDR 1961, 831 = NJW 1961, 1672.
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Betagter Anspruch
Rz. 3 § 111
steigerungsverfahrens aus.26 In der Weigerung des Begünstigten, bei der Verteilung mit seinem Recht hinter ein verspätet angemeldetes Recht zurückzutreten, liegt grundsätzlich auch keine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB). Für eine nachträgliche Korrektur im Prozesswege müssten ganz besondere Umstände vorliegen, die das Verhalten des Begünstigten als sittenwidrig erscheinen lassen.27
§ 111 [Betagter Anspruch] Ein betagter Anspruch gilt als fällig. Ist der Anspruch unverzinslich, so gebührt dem Berechtigten nur die Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrag des Anspruchs gleichkommt; solange die Zeit der Fälligkeit ungewiß ist, gilt der Anspruch als aufschiebend bedingt.
A. B. C. I. II. III. IV. D.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . Terminologie . . . . . . . . . . . . Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . Betagte Ansprüche . . . . . . . . . Bedingte Ansprüche . . . . . . . . Befristete Ansprüche . . . . . . . . Behandlung betagter Ansprüche
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
Rz. . 1 . 2 . 5 . 5 . 6 . 9 . 12 . 15
I. 1. 2. II.
Fiktive Fälligkeit (§ 111 S. 1) . . . . . . . Kapitalansprüche . . . . . . . . . . . . . . Verzinsliche Ansprüche . . . . . . . . . . Unverzinsliche Ansprüche mit feststehender Fälligkeit (§ 111 S. 2 Hs. 1) . . . III. Unverzinsliche Ansprüche mit ungewisser Fälligkeit (§ 111 S. 2 Hs. 2) . . . . . .
Rz. . 15 . 15 . 16 . 17 . 21
A. Normzweck Die Vorschrift regelt die Behandlung betagter Ansprüche in der Erlösverteilung.
1
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren nach dem ZVG.
2
Sie erfasst lediglich die auf Kapitalzahlung gerichteten Ansprüche erlöschender Hypotheken, 3 Grundschulden und Rentenschulden, die aus dem baren Meistgebot Zuteilung erhalten. Für die nicht auf Kapitalzahlung gerichteten erlöschenden Rechte enthält § 92 Abs. 1 den Anspruch auf einmaligen, sofort fälligen Wertersatz; § 92 Abs. 2 regelt i.V.m. § 121 den Wertersatz durch Zahlung einer Geldrente für einen Nießbrauch, eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit und eine Reallast von unbestimmter Dauer. Ebenfalls nicht unter § 111 fallen die in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 2 und 3 genannten Ansprüche.1
26 RG v. 22.9.1928 – V 61/28, RGZ 122, 61; BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30 m.w.N.; Stöber, § 110 ZVG Rz. 2.10; Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 42. 27 BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30. 1 Jaeckel/Güthe, § 111 ZVG Rz. 1; Stöber, § 111 ZVG Rz. 2.1.
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§ 111 Rz. 4 Betagter Anspruch 4
Die Vorschrift ist lediglich im Rahmen der versteigerungsrechtlichen Erlösverteilung anzuwenden. Die Regelungen betreffen nur den dinglichen Anspruch und haben keine Auswirkungen auf die schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen der Beteiligten.2
C. Terminologie I. Fälligkeit 5
Ein Anspruch ist fällig, wenn der Gläubiger die Leistung verlangen kann (vgl. § 271 BGB).
II. Betagte Ansprüche 6
Ein Anspruch ist betagt, wenn dessen Fälligkeit von einem künftigen gewissen Ereignis abhängt. Im Gegensatz zu einem befristeten Anspruch ist der Anspruch selbst dann bereits vollwirksam entstanden.
7
In diesem Fall können sowohl die Fälligkeit selbst als auch der genaue Zeitpunkt des Ereignisses bereits gewiss sein. Beispiel Ein Anspruch soll am 31.12.2018 fällig werden.
8
Die Fälligkeit kann aber auch von einem gewissen Ereignis abhängen, dessen Eintrittszeitpunkt lediglich noch ungewiss ist. Beispiel Ein Anspruch soll mit dem Todestag einer (bereits lebenden) bestimmten Person fällig werden.
III. Bedingte Ansprüche 9
Ein Anspruch ist bedingt, wenn sein Entstehen oder sein Fortbestand von dem Eintritt eines künftigen ungewissen Ereignisses abhängt. Hier ist also noch ungewiss, ob das Ereignis überhaupt eintreten wird.
10
In diesem Fall kann der Anspruch einmal aufschiebend bedingt sein (§ 158 Abs. 1 BGB). Die Rechtswirkung würde dann erst mit dem Eintritt des Ereignisses eintreten. Beispiel Bestellung einer Grundschuld zugunsten der noch unverheirateten Tochter für den Fall der Eheschließung.
11
Der Anspruch kann aber auch auflösend bedingt sein (§ 158 Abs. 2 BGB). Die Rechtswirkung würde dann mit dem Eintritt des Ereignisses entfallen und der frühere Rechtszustand wieder eintreten. Beispiel Bestellung eines Nießbrauchsrechts zugunsten der Tochter bis zur Eheschließung.
Bedingte Ansprüche werden gem. §§ 119, 120 behandelt; s. dort.
2 Dassler u.a./Hintzen, § 111 ZVG Rz. 3; Stöber, § 111 ZVG Rz. 2.6.
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Betagter Anspruch
Rz. 16 § 111
IV. Befristete Ansprüche Ein Anspruch ist befristet, wenn sein Entstehen oder sein Fortbestand von dem Eintritt eines künftigen gewissen Ereignisses abhängt. Im Gegensatz zu einem betagten Anspruch tritt hier die Rechtswirkung erst in der Zukunft ein.3
12
In diesem Fall kann der Anspruch einmal vom Eintritt eines Anfangstermins abhängig sein (§ 163 Var. 1 BGB). Die Rechtswirkung würde dann erst mit dem Erreichen des Anfangstermins eintreten (§§ 163 Var. 1, 158 Abs. 1 BGB).
13
Beispiel Bestellung einer Grundschuld zugunsten der noch unverheirateten Tochter mit Wirkung vom 1.1.2019.
Der Anspruch kann aber auch vom Eintritt eines Endtermins abhängig sein (§ 163 Var. 2 BGB). Die Rechtswirkung würde dann mit dem Erreichen des Endtermins entfallen und der frühere Rechtszustand wieder eintreten (§§ 163 Var. 2, 158 Abs. 2 BGB).
14
Beispiel Bestellung eines Nießbrauchsrechts zugunsten der Tochter bis zum 31.12.2018.
Zur Behandlung befristeter Ansprüche s. §§ 50, 51.
D. Behandlung betagter Ansprüche I. Fiktive Fälligkeit (§ 111 S. 1) 1. Kapitalansprüche Ein betagter Kapitalanspruch gilt für die Erlösverteilung als fällig (§ 111 S. 1). Dabei ist es unerheblich, ob der Anspruch verzinslich oder unverzinslich ist.
15
Beispiel Auch ohne vorherige Kündigung gilt eine durch Zuschlag erloschene Sicherungsgrundschuld trotz § 1193 BGB nF4 als fällig. Im Verteilungstermin kann das Kapital zugeteilt werden.
Die Fiktion ermöglicht die abschließende Behandlung von Grundpfandrechten im Rahmen des Verteilungsverfahrens. 2. Verzinsliche Ansprüche Auch ein betagter verzinslicher Anspruch gilt für die Erlösverteilung als fällig (§ 111 S. 1). Beispiel Die durch Zuschlag erloschene Sicherungsgrundschuld gilt auch hinsichtlich der dinglich gesicherten Zinsen trotz analoger Anwendung von §§ 1193, 1234 BGB5 als fällig. Im Verteilungstermin können deshalb neben dem Kapital bei entsprechender Anmeldung auch Zinsen im Umfang der §§ 114, 13 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 4 bis einen Tag vor dem Verteilungstermin zugeteilt werden.
Eine Abzinsung gem. § 111 S. 2 kann insoweit unterbleiben, weil die vorzeitige Auszahlung dem Berechtigten keinen Vorteil verschafft; vielmehr verliert er für die zukünftigen Zinsansprüche seine Sicherung. Eine Abzinsung hat deshalb nach dem eindeutigen Wortlaut des S. 2
3 Vgl. Erman/Armbrüster, § 163 BGB Rz. 4. 4 Geändert durch Artikel 6 des Gesetzes zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (RisikobegrenzungG) v. 12.8.2008 (BGBl. I S. 1666). 5 BGH v. 30.3.2017 – V ZB 84/16, MDR 2017, 848 = NJW 2017, 2469 = ZfIR 2017, 545.
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§ 111 Rz. 16 Betagter Anspruch auch dann zu unterbleiben, wenn der vereinbarte Zinssatz unter dem für die Abzinsung maßgeblichen gesetzlichen Zinssatz liegen sollte.6
II. Unverzinsliche Ansprüche mit feststehender Fälligkeit (§ 111 S. 2 Hs. 1) 17
Gem. § 111 S. 1 gilt auch ein betagter unverzinslicher Anspruch als fällig. Soll auf ein solches Recht eine Zuteilung erfolgen, hat das Versteigerungsgericht jedoch den durch die vorzeitige Auszahlung begründeten Vermögensvorteil des Berechtigten durch Berechnung eines Zwischenzinses auszugleichen. Beispiel Eine im Grundbuch eingetragene unverzinsliche Grundschuld über 100.000,– Euro ist erst 5 Jahre nach dem Verteilungstermin fällig. Erhielte der Berechtigte nun im Verteilungstermin den vollen Kapitalbetrag ausgezahlt, könnte er durch Anlage des Geldes bis zum eigentlichen Fälligkeitstermin zusätzliche Zinsen erwirtschaften.
18
Dem Berechtigten steht daher in diesem Fall nur der Betrag zu, der unter Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit vom Verteilungstermin bis zur Fälligkeit dem Betrag des Anspruchs entspricht (§ 111 S. 2 Hs. 1). Der Abzug eines Zwischenzinses kommt allerdings nicht in Betracht, wenn als Inhalt des Rechts im Grundbuch eingetragen ist, dass das Recht im Falle der Zwangsversteigerung sofort fällig sein soll.7
19
Der gesetzliche Zinssatz beläuft sich gem. § 246 BGB auf 4 % jährlich. Die Abzinsung erfolgt nach der sog. Hoffmann’schen Formel8 ohne Ansatz von Zwischenzinsen9 wie folgt: 100 × K A= 100 + (Z × J) Hierbei bedeuten: A = Abgezinster Auszahlungsbetrag K = im Grundbuch verlautbarter Kapitalbetrag Z = gesetzlicher Zinssatz J = Jahre Beispiel (Fortsetzung) 100 × 100.000 = 83.333,33 Euro 100 + (4 × 5) Bei einer Berechnung nach Tagen wäre die Formel unter Zugrundelegung einer bankseitigen Verzinsung mit 360 (sonst 365) Tagen wie folgt zu ergänzen: 360 × 100 × 100.000 A= = 83.333,33 Euro 360 × 100 + (4 × 5 × 360) A=
20
Die Abzinsung hat keinen Einfluss auf das vom Ersteher zu berichtigende Bargebot; die Teilungsmasse wird durch § 111 nicht berührt.10 Bei einer Liegenbelassungsvereinbarung vermindert sich die Teilungsmasse lediglich um den nach Abzinsung gem. § 111 noch verbleibenden Betrag.11 6 Böttcher, § 111 ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 111 ZVG Rz. 6; Stöber, § 111 ZVG Rz. 2.8. 7 Stöber, § 111 ZVG Rz. 2.9. 8 Böttcher, § 111 ZVG Rz. 8 f.; Dassler u.a./Hintzen, § 111 ZVG Rz. 5; Depré/Bachmann, § 111 ZVG Rz. 10; Steiner/Teufel, § 111 ZVG Rz. 25. 9 Stöber, § 111 ZVG Rz. 2.8. 10 Depré/Bachmann, § 111 ZVG Rz. 8. 11 Böttcher, § 111 ZVG Rz. 9.
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§ 112
Verteilung bei Gesamtausgebot
III. Unverzinsliche Ansprüche mit ungewisser Fälligkeit (§ 111 S. 2 Hs. 2) Die Berechnung eines Zinsvorteils mit entsprechender Abzinsung ist jedoch mangels eines Endzeitpunkts nicht möglich, wenn bei unverzinslichen Rechten der Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit ungewiss ist.
21
Beispiel Eine im Grundbuch eingetragene unverzinsliche Grundschuld über 100.000,– Euro ist erst beim Tode des Berechtigten fällig.
Solange die Zeit der Fälligkeit jedoch ungewiss ist, gilt der Anspruch als aufschiebend bedingt (§ 111 S. 2 Hs. 2). Das Versteigerungsgericht hat deshalb den den Gesamtbetrag ungekürzt in voller Höhe an den Berechtigten zuzuteilen. Anschließend hat eine Hilfsverteilung unter Bestimmung eines Eventualberechtigten gem. § 119 zu erfolgen; der gesamte zugeteilte Betrag wird sodann gem. § 120 hinterlegt. Eine genaue Berechnung des Zwischenzinses ist erst möglich, wenn nach dem Tod der genaue Zeitpunkt der Fälligkeit festgestellt werden kann.12
§ 112 [Verteilung bei Gesamtausgebot] (1) Ist bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke der Zuschlag auf Grund eines Gesamtausgebots erteilt und wird eine Verteilung des Erlöses auf die einzelnen Grundstücke notwendig, so wird aus dem Erlös zunächst der Betrag entnommen, welcher zur Deckung der Kosten sowie zur Befriedigung derjenigen bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigten und durch Zahlung zu deckenden Rechte erforderlich ist, für welche die Grundstücke ungeteilt haften. (2) Der Überschuß wird auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis des Wertes der Grundstücke verteilt. Dem Überschuß wird der Betrag der Rechte, welche nach § 91 nicht erlöschen, hinzugerechnet. Auf den einem Grundstück zufallenden Anteil am Erlös wird der Betrag der Rechte, welche an diesem Grundstück bestehen bleiben, angerechnet. Besteht ein solches Recht an mehreren der versteigerten Grundstücke, so ist bei jedem von ihnen nur ein dem Verhältnis des Wertes der Grundstücke entsprechender Teilbetrag in Anrechnung zu bringen. (3) Reicht der nach Absatz 2 auf das einzelne Grundstück entfallende Anteil am Erlös nicht zur Befriedigung derjenigen Ansprüche aus, welche nach Maßgabe des geringsten Gebots durch Zahlung zu berichtigen sind oder welche durch das bei dem Einzelausgebot für das Grundstück erzielte Meistgebot gedeckt werden, so erhöht sich der Anteil um den Fehlbetrag.
A. B. I. II. C.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Unmittelbare Anwendung . . . . . . . . Entsprechende Anwendung . . . . . . . Notwendigkeit der Verteilung auf die Einzelgrundstücke . . . . . . . . . . . . .
. . . .
Rz. 1 2 2 5
.
9
I. II. D. E.
Zuschlag im Gesamtausgebot . . . Unterschiedliche Belastungen . . . Grundsätze der Verteilung . . . . . Vorweg zu entnehmende Beträge (§ 112 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . .
Rz. . . . . 10 . . . . 11 . . . . 13 . . . . 17
12 Böttcher, § 111 ZVG Rz. 10.
Schneider
1197
22
§ 112 Rz. 1 Verteilung bei Gesamtausgebot Rz. I. Regelfall bei Zahlung des baren Meistgebotes . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausnahme bei (teilweiser) Nichtzahlung des baren Meistgebotes . . . . F. Aufteilung des Erlösüberschusses (§ 112 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorüberlegung . . . . . . . . . . . . . . . II. Addition der bestehen bleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 2) . . . . . . . . 1. Art der bestehenbleibenden Rechte . . . 2. Umfang der bestehenbleibenden Rechte III. Aufteilung des Überschusses (§ 112 Abs. 2 S. 1) . . . . . . . . . . . . . IV. Subtraktion der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 3 u. 4) . . . . . . G. Ausgleich eines Fehlbetrages (§ 112 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehen eines Fehlbetrages . . . . . . 1. Überhöhter Gesamtbetrag bestehenbleibender Rechte . . . . . . . . . . . . . . 2. Fehlende Deckung eines im Einzelausgebot gedeckten Rechtes . . . . . . . . II. Beseitigung des Fehlbetrages . . . . . . H. Rechtsbehelf . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 17 . 19 . 21 . 21 . 22 . 23 . 25 . 28 . 29 . 33 . 33 . 34 . 35 . 36 . 38
I. Berechnungsbeispiele . . . . . . . . . . . . 1. Berechnungsbeispiel (Grundfall für eine notwendige Verteilung) . . . . . . . . a) Sachverhalt: . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorwegentnahme (§ 112 Abs. 1) . . . . c) Addition der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 2) . . . . . . . . d) Aufteilung auf die Einzelgrundstücke (§ 112 Abs. 2 S. 1) . . . . . . . . . . . . e) Anrechnung der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 3 u. 4) . . . . . f) Weitere Zuteilung . . . . . . . . . . . . . 2. Berechnungsbeispiel (Notwendige Verteilung mit Ausgleich eines Fehlbetrages) . . a) Sachverhalt: . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorwegentnahme (§ 112 Abs. 1) . . . . c) Addition der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 2) . . . . . . . . d) Aufteilung auf die Einzelgrundstücke (§ 112 Abs. 2 S. 1) . . . . . . . . . . . . e) Anrechnung der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 3 u. 4) . . . . . f) Weitere Zuteilung . . . . . . . . . . . . . g) Ausgleich des Fehlbetrages (§ 112 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 39 40 40 41 42 43 44 46 47 47 48 49 50 51 52 53
A. Normzweck 1
Die Vorschrift regelt die Verteilung des Versteigerungserlöses für mehrere Grundstücke, wenn der Zuschlag im Gesamtausgebot erteilt worden ist, aber eine rechnerische Verteilung des Erlöses auf die einzelnen Objekte erforderlich wird. Leitgedanke ist dabei eine Erlösverteilung nach dem Verhältnis der Grundstückswerte unter Berücksichtigung des Deckungsgrundsatzes.
B. Anwendungsbereich I. Unmittelbare Anwendung 2
Die Vorschrift gilt zunächst für alle Versteigerungsverfahren nach dem ZVG, wenn über mehrere Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte der Zuschlag im Gesamtausgebot erteilt worden ist.
3
Ebenfalls zum Anwendungsbereich gehören Erlösverteilungen für unterschiedlich belastete Bruchteile von Miteigentümern, die im Gesamtausgebot versteigert wurden.
4
Die Vorschrift ist außerdem anzuwenden, wenn der Zuschlag in einem der vorgenannten Fälle auf ein Gruppenausgebot erteilt sein sollte, weil ein solcher Zuschlag im Verhältnis zu den Einzelausgeboten einem Gesamtausgebot gleichsteht (vgl. § 63 Abs. 2 Satz 2).1
1 Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 112 ZVG Rz. 2.
1198
Schneider
Verteilung bei Gesamtausgebot
Rz. 10 § 112
II. Entsprechende Anwendung § 112 findet darüber hinaus entsprechende Anwendung in Auseinandersetzungsversteigerungen gem. § 180 ff., wenn die Versteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Bruchteilsgemeinschaft erfolgt.2 Zwar fehlt es hier an einem Gesamtausgebot, jedoch kann bei der insoweit möglichen unterschiedlichen Belastung der Bruchteile ein Bedürfnis für eine Aufteilung auf die einzelnen Anteile entstehen. Da demgegenüber gesamthänderisch gebundene Anteile in der Auseinandersetzungsversteigerung zwingend einheitlich belastet sein müssen, entfällt insoweit auch die Notwendigkeit für eine entsprechende Anwendung des § 112.
5
Ein Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung kann sich bei der Versteigerung nur eines Grundstücks im Rechtssinne weiterhin ergeben, wenn eingetragene Belastungen sich noch auf vormalige Miteigentumsanteile beziehen, die ursprüngliche Bruchteilsgemeinschaft jedoch zwischenzeitlich z.B. aufgrund Hinzuerwerbs des restlichen Anteils nicht mehr fortbesteht. In diesen Fällen bleibt die zulässigerweise eingetragene Belastung an dem fiktiv fortbestehenden Miteigentumsanteil bestehen, falls keine Hafterstreckung auf das gesamte Grundstück erfolgt.3
6
Ebenfalls ist § 112 entsprechend anzuwenden, wenn einzelne reale Teile eines einheitlichen Grundstücks im Rechtssinne nicht gleichmäßig belastet sind.4 Solch eine Konstellation kann sich z.B. ergeben, wenn die Abschreibung eines enthafteten realen Grundstücksteils unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 GBO (= § 6 S. 1 GBO a.F.) ordnungswidrig unterblieben ist.
7
Eine vergleichbare Rechtslage entsteht, wenn ein vormals einzeln belastetes Grundstück durch Vereinigung mit einem anderen Grundstück seine Selbständigkeit verliert und die Belastungen damit allein auf demjenigen (realen) Teil des neuen Grundstücks ruhen, der vor der Vereinigung Belastungsgegenstand war. Dabei ist es unerheblich, ob das frühere Grundstück infolge unterlassener Verschmelzung als Flurstück fortbesteht oder ob es auch als Flurstück nicht mehr existiert.5
8
C. Notwendigkeit der Verteilung auf die Einzelgrundstücke Wann eine Verteilung des Erlöses auf die Einzelgrundstücke notwendig wird, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt.
9
I. Zuschlag im Gesamtausgebot Abgesehen von den Fällen einer entsprechenden Anwendung wird eine rechnerische Verteilung des Versteigerungserlöses nur erforderlich, wenn der Zuschlag in einem gem. § 18 verbundenen Verfahren aufgrund eines Gesamtausgebotes erfolgte. Nur in diesem Fall wird gem. § 107 Abs. 1 S. 1 ZVG ein Gesamtbetrag als Teilungsmasse festgestellt.
2 Vgl. BGH v. 16.12.2009 – XII ZR 124/06, MDR 2010, 435 = FamRZ 2010, 354 m. Anm. Hintzen = Rpfleger 2010, 279. 3 Vgl. – auch zur Zulässigkeit der Hafterstreckung auf das gesamte Grundstück – RG v. 11.3.1908 – V 20/08, RGZ 68, 79. 4 RG v. 15.12.1920 – V 140/20, RGZ 101, 117, 121. 5 BGH v. 24.11.2005 – V ZB 23/05, NotBZ 2006, 54 = MDR 2006, 622 = NJW 2006, 1000 = Rpfleger 2006, 150 = ZfIR 2006, 220 für eine ordnungswidrig unter Verstoß gegen § 5 Abs. 1 GBO a.F. vorgenommene Vereinigung. Die dort beschriebene Rechtslage soll nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs (DaBaGG) v. 1.10.2013 (BGBl. I, S. 3719) durch § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GBO n.F. ggf. i.V.m. § 6 Abs. 2 GBO n.F. verhindert werden.
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1199
10
§ 112 Rz. 11 Verteilung bei Gesamtausgebot
II. Unterschiedliche Belastungen 11
Eine Verteilung auf die Einzelgrundstücke ist erforderlich, wenn die Versteigerungsobjekte unterschiedlich mit Rechten belastet sind, die nicht im geringsten Gebot stehen.
12
Eine rechnerische Verteilung kann demzufolge in folgenden Fällen unterbleiben: – Es wird lediglich das geringste Gebot geboten. In diesem Fall sind etwaige Einzelansprüche im geringsten Gebot gem. Abs. 3 immer gedeckt. – Außerhalb des geringsten Gebotes sind aus dem Versteigerungserlös nur Gesamtrechte zu befriedigen. – Der Versteigerungserlös reicht zur Deckung sämtlicher Ansprüche aus und die Versteigerungsobjekte gehören demselben Eigentümer.6 – Alle Beteiligten einschließlich des Schuldners haben sich auf eine abweichende Verteilung des Versteigerungserlöses verständigt.7
D. Grundsätze der Verteilung 13
Die Verteilung gem. § 112 betrifft lediglich die aus dem Erlös bar zu zahlenden Ansprüche; die bestehenbleibenden Rechte sind demgegenüber bei der Verteilung des Gesamterlöses nicht zu berücksichtigen.8
14
Allerdings kann ein Hypothekar auch noch nach der Zuschlagserteilung ein bestehenbleibendes Gesamtrecht gem. § 1132 Abs. 2 BGB verteilen. Diese Verteilung bedarf zu ihrer Wirksamkeit jedoch neben der Abgabe einer entsprechenden Verteilungserklärung auch der Eintragung in das Grundbuch9; erst danach sind Einzelrechte entstanden, die dann auch im Rahmen des § 112 Abs. 2 zu berücksichtigen sind. Dies gilt ebenfalls, wenn die Gesamthypothek zur Eigentümergrundschuld geworden ist, weil der Hypothekar selbst den Zuschlag erhalten hat.
15
§ 112 geht in der Praxis oftmals mit einer Anwendung des § 122 einher. Die rechnerische Aufteilung eines Gesamterlöses auf die einzelnen Versteigerungsobjekte gem. § 112 ist dabei Voraussetzung für die verhältnismäßige Verteilung eines Gesamtrechtes im Rahmen des § 122.
16
Eine erforderliche Verteilung gem. § 112 vollzieht sich sodann in folgenden Schritten: – 1. Schritt: Vorwegentnahme gem. § 112 Abs. 1 (s. Rz. 17). – 2. Schritt: Verteilung des Überschusses gem. § 112 Abs. 2 (s. Rz. 21). a) Addition bestehenbleibender Rechte b) Verteilung auf Einzelobjekte c) Subtraktion bestehenbleibender Rechte – 3. Schritt: Ausgleich eines evtl. Fehlbetrages gem. § 112 Abs. 3 (s. Rz. 33).
6 Böttcher, § 112 ZVG Rz. 2; Depré/Bachmann, § 112 ZVG Rz. 5; missverständlich Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 7. 7 Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 12. 8 BGH v. 27.2.1976 – V ZR 104/74, WM 1976, 585. 9 BGH v. 27.2.1976 – V ZR 104/74, WM 1976, 585.
1200
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Verteilung bei Gesamtausgebot
Rz. 20 § 112
E. Vorweg zu entnehmende Beträge (§ 112 Abs. 1) I. Regelfall bei Zahlung des baren Meistgebotes Aus dem Gesamtversteigerungserlös wird zunächst der Betrag entnommen, welcher zur Deckung der Kosten sowie zur Befriedigung derjenigen bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigten und durch Zahlung zu deckenden Rechte erforderlich ist, für welche die Grundstücke ungeteilt haften. Dies sind im Einzelnen: – Kosten des Verfahrens gem. § 109 Abs. 1. – Bar zu zahlende Gesamtbelastungen der bestehenbleibenden Gesamtgrundpfandrechte und Gesamtreallasten im geringsten Gebot (Kosten und Zinsen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4). – Bar zu zahlende Ansprüche persönlicher Gläubiger, die infolge Verfahrenseinstellung nicht der Berechnung des geringsten Gebotes zugrunde gelegt werden konnten (Kosten, Zinsen, Hauptanspruch gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5).
17
Hinsichtlich der bar zu zahlenden Ansprüche der Rangklassen 1 – 3 des § 10 Abs. 1 ist zu 18 differenzieren. Solche Ansprüche sind bei der Versteigerung mehrerer selbständiger Grundstücke grds. nicht als Gesamtbelastungen in Abzug zu bringen; insoweit handelt es sich ihrer Rechtsnatur nach um originär objektbezogene Einzelansprüche10, die lediglich rechnerisch im Gesamtausgebot zusammengeführt wurden.11 Wird § 112 jedoch auf Miteigentumsanteile an einem Grundstück oder gar nur auf ein reales Grundstück entsprechend angewendet (vgl. Rz. 5 ff.), können die in den Rangklassen 1 – 3 einzustellenden Ansprüche nur als („Gesamt“-)Ansprüche des einen, ungeteilt haftenden Grundstücks berücksichtigt werden.
II. Ausnahme bei (teilweiser) Nichtzahlung des baren Meistgebotes Die Verteilungsregelung des § 112 ändert mit der in Abs. 1 angeordneten Vorwegentnahme allerdings nichts an der Rangfolge des § 10.12 Dies ist solange unproblematisch, wie ein Ersteher seiner Zahlungsverpflichtung aus dem Meistgebot nachkommt. Anders verhält es sich jedoch, wenn das bare Meistgebot entweder gar nicht oder nicht in voller Höhe entrichtet worden sein sollte. Auch in diesen Fällen müssen nämlich etwaige einem Gesamtrecht im Rang vorgehende Ansprüche bei der Erlösverteilung rangrichtig berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich die weitere Frage, welche Berechtigten sich ggf. mit einer Forderungsübertragung gem. § 118 und der Eintragung von Sicherungshypotheken gem. § 128 begnügen müssen.
19
Reicht ein vom Ersteher geleisteter Teilbetrag zur Erfüllung der nach § 112 Abs. 1 vorab zu berücksichtigenden Ansprüche und der ihnen im Rang vorgehenden Einzelansprüche nicht aus, sollte deshalb wie folgt verfahren werden13: – Der geleistete Teilbetrag wird auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der gem. § 112 ermittelten Einzelmassen aufgeteilt. – Anschließend werden die Kosten und Gesamtansprüche nach dem Verhältnis der Grundstückswerte auf die Grundstücke verteilt. – Sodann können aus den errechneten Teilmassen die das jeweilige Grundstück betreffenden Ansprüche ranggerecht befriedigt werden (§§ 109 Abs. 1, 10), soweit der Erlös ausreicht. – Im Übrigen wird der Teilungsplan durch Forderungsübertragung ausgeführt (§ 118).
20
10 11 12 13
Diesen Fall mag Böttcher, § 112 ZVG Rz. 3 vor Augen gehabt haben. A.A. Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 8. Depré/Bachmann, § 112 ZVG Rz. 6; Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 15; Stöber, § 112 ZVG Rz. 2.3. In Anlehnung an Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 15; dem folgend Böttcher, § 112 ZVG Rz. 3; Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 9; a.A. Depré/Bachmann, § 112 ZVG Rz. 6; Stöber, § 112 Rz. 3.2.
Schneider
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§ 112 Rz. 21 Verteilung bei Gesamtausgebot
F. Aufteilung des Erlösüberschusses (§ 112 Abs. 2) I. Vorüberlegung 21
Die nun bevorstehende Aufteilung des Erlösüberschusses auf die beteiligten Einzelobjekte kann sich nicht lediglich auf die gebotenen Barbeträge beschränken. Vielmehr sind auch die bestehenbleibenden Rechte wertmäßig zu berücksichtigen, weil deren Übernahme insoweit ebenfalls eine Gegenleistung des Erstehers darstellt, die Teil seines Gesamtgebotes ist. Will man also den auf ein Grundstück entfallenden Resterlös ermitteln, muss man zunächst unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise die übernommenen Rechte zur Bildung einer einheitlichen Aktivmasse14 hinzuziehen, um sie sodann nach erfolgter Aufteilung gegenstandsbezogen zur Ermittlung des bar verbleibenden Erlösanteils wieder abzuziehen. Diese Abfolge gewährleistet § 112 Abs. 2.
II. Addition der bestehen bleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 2) 22
Dem nach Abzug der Kosten und Gesamtansprüche gem. § 112 Abs. 1 verbleibenden Resterlös sind die gem. § 91 bestehenbleibenden Rechte hinzuzurechnen (§ 112 Abs 2 S. 2). 1. Art der bestehenbleibenden Rechte
23
Auch wenn § 112 Abs. 2 S. 2 nicht weiter differenziert, so besteht dennoch Einigkeit, dass von der Hinzurechnung nur die gem. § 91 Abs. 1 bestehenbleibenden Rechte erfasst werden.15 Es handelt sich somit um sämtliche Rechte, die aufgrund der gesetzlichen (§ 52) oder abweichender Versteigerungsbedingungen (§ 59) bestehen bleiben.
24
Nicht hinzugerechnet werden demgegenüber solche Rechte, die entweder aufgrund einer Liegenbelassungsvereinbarung gem. § 91 Abs. 2 (dazu s. Rz. 32) oder infolge einer Sonderbestimmung bestehen bleiben (z.B. § 9 Abs. 1 EGZVG). 2. Umfang der bestehenbleibenden Rechte
25
Hypotheken und Grundschulden sind mit ihrem im Zuschlagsbeschluss genannten Kapitalbetrag, Rentenschulden mit ihrer Ablösesumme zu berücksichtigen.16
26
Der Kapitalbetrag eines nicht an allen Grundstücken bestehenbleibenden Gesamtrechts kann dabei wie bei einem Einzelrecht nur einmal addiert werden.17 Bleibt ein Gesamtrecht demgegenüber an sämtlichen versteigerten Grundstücken bestehen, kann eine Hinzurechnung entgegen dem Wortlaut der Norm sogar gänzlich unterbleiben, weil das Gesamtergebnis nach anschließendem Abzug unverändert bleibt.18
27
Für andere in Abt. II des Grundbuchs eingetragene Rechte ist der nach § 51 Abs. 2 bestimmte Ersatzwert in die Berechnung aufzunehmen.19
14 Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 2. 15 Böttcher, § 112 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 112 Rz. 10; Depré/Bachmann, § 112 ZVG Rz. 7; Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 18; Stöber, § 112 ZVG Rz. 4.3. 16 Dassler u.a./Hintzen, § 112 Rz. 10. 17 Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 20; Stöber, § 112 ZVG Rz. 4.4. 18 Dassler u.a./Hintzen, § 112 Rz. 10; Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 20; Stöber, § 112 ZVG Rz. 4.3. 19 Böttcher, § 112 ZVG Rz. 4; Stöber, § 112 ZVG Rz. 4.4.
1202
Schneider
Verteilung bei Gesamtausgebot
Rz. 34 § 112
III. Aufteilung des Überschusses (§ 112 Abs. 2 S. 1) Die nach Hinzurechnung der bestehenbleibenden Rechte gebildete wirtschaftliche Aktivmasse (das Gesetz spricht auch insoweit missverständlich von „Überschuß“) wird auf die einzelnen Grundstücke nach dem Verhältnis der Grundstückswerte verteilt (§ 112 Abs. 2 S. 1). Der Berechnung sind dabei die gem. § 74a festgesetzten Verkehrswerte zugrunde zu legen.20 Aktivmasse (= restlicher Barerlös + bestehenbleibende Rechte) × Einzelgrundstückswert Summe aller Grundstückswerte
28
IV. Subtraktion der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 3 u. 4) Auf den solchermaßen für ein Grundstück gebildeten Einzelbetrag werden sodann die Beträge der für das betreffende Grundstück bestehenbleibenden Rechte wieder angerechnet (§ 112 Abs. 2 S. 3). Der Abzug erfolgt dabei wiederum nach den unter Rz. 23 ff. dargestellten Grundsätzen.
29
Besteht ein abzuziehendes Recht dabei an mehreren der versteigerten Grundstücke, so ist zunächst der Gesamtbetrag des Rechtes im Verhältnis der beteiligten Grundstückswerte aufzuteilen, bevor der Einzelabzug erfolgen kann (§ 112 Abs. 2 S. 4).
30
Die für die beteiligten Grundstücke auf diese Weise ermittelten jeweiligen Restbeträge stellen die zur Verteilung kommenden Einzelmassen dar. Ergibt sich infolge der Aufteilung ein Fehlbetrag, besteht eine Ausgleichspflicht gem. § 112 Abs. 3 (s. Rz. 33 ff.).
31
Ist für ein Recht das Liegenbelassen gem. § 91 Abs. 2 vereinbart worden, so lassen sich dessen Auswirkungen erst nach Bildung der Einzelmassen berücksichtigen.21 Kapital und Zinsen des liegenbelassenen Rechts können gem. § 91 Abs. 3 von der betreffenden Einzelmasse jedoch nur insoweit in Abzug gebracht werden, als die Ansprüche auch noch durch die Einzelmasse gedeckt sind. Handelt es sich bei dem liegenbelassenen Recht um ein Gesamtrecht, so kann seine Berücksichtigung nur nach vorheriger Verteilung im Verhältnis der Grundstückswerte erfolgen.22
32
G. Ausgleich eines Fehlbetrages (§ 112 Abs. 3) I. Entstehen eines Fehlbetrages Es sind verschiedene Gründe denkbar, warum eine nach den vorstehenden Grundsätzen gebildete Einzelmasse u.U. nicht zur Deckung aller im geringsten Gebot ausgewiesenen Ansprüche ausreicht:
33
1. Überhöhter Gesamtbetrag bestehenbleibender Rechte So kann ein Fehlbetrag bspw. dadurch entstehen, dass der Gesamtbetrag der bestehenbleibenden Rechte auf einem Grundstück bereits so hoch ist, dass der für dieses Grundstück nach der Aufteilung verbleibende Barerlös zu gering ausfällt. Würden jedoch nicht sämtliche
20 Dassler u.a./Hintzen, § 112 Rz. 11; Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 21. 21 Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 13. 22 Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 13; Stöber, § 112 ZVG Rz. 4.9.
Schneider
1203
34
§ 112 Rz. 34 Verteilung bei Gesamtausgebot im geringsten Gebot eingestellten Ansprüche auch nach der Bildung der Einzelmassen noch berücksichtigt werden können, läge darin ein Verstoß gegen den Deckungsgrundsatz.23 2. Fehlende Deckung eines im Einzelausgebot gedeckten Rechtes 35
Denkbar ist aber auch, dass ein Berechtigter bei einem parallelen Einzelausgebot mehrerer Grundstücke mit seinem Recht durch das Meistgebot für das zu seinen Gunsten belastete Grundstück gedeckt gewesen wäre. Diese (verbesserte) Befriedigungsaussicht darf nicht dadurch verloren gehen, dass der Zuschlag letztlich im Gesamtausgebot erfolgt. Aus diesem Grund muss auch der das Gesamtausgebot erhöhende Mehrbetrag gem. § 63 Abs. 3 S. 1 tatsächlich befriedigt werden.
II. Beseitigung des Fehlbetrages 36
Der bei einer Einzelmasse auftretende Fehlbetrag ist gem. § 112 Abs. 3 aus den übrigen Einzelmassen auszugleichen. Bei der Berechnung ist darauf zu achten, dass die Einzelmasse eines grds. ausgleichspflichtigen Grundstücks nicht ihrerseits notleidend wird. Die Aufteilung des Fehlbetrages auf die nicht notleidenden Einzelmassen erfolgt nach heute h.M. in Anlehnung an die Auseinandersetzungsregelungen für Miterben (§ 2055 f. BGB) im Verhältnis der festgesetzten Verkehrswerte der ausgleichspflichtigen Grundstücke.24
37
Ein bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch zugunsten des Gläubigers, dem der Fehlbetrag für seine Einzelmasse infolge der Ausgleichspflicht nicht zur Verfügung steht, scheidet aus, weil die Befriedigung des Berechtigten aus dem ausgeglichenen Fehlbetrag gerade nicht ohne Rechtsgrund i.S.d. § 812 BGB erfolgt.25
H. Rechtsbehelf 38
Gegen die fehlerhafte oder unterlassene Anwendung des § 112 ist allein der Widerspruch gem. § 115 statthaft.26 Zur weiteren Begründung s. bei § 113.
I. Berechnungsbeispiele 39
Zur Veranschaulichung der in § 112 vorgeschriebenen Berechnungsweise dienen die nachfolgenden Berechnungsbeispiele: 1. Berechnungsbeispiel (Grundfall für eine notwendige Verteilung) a) Sachverhalt:
40
Die Rechtsverhältnisse an den folgenden drei im Gesamtausgebot zugeschlagenen Grundstücken stellen sich wie folgt dar: 23 Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 24. 24 Böttcher, § 112 ZVG Rz. 7; Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 15; Depré/Bachmann, § 112 Rz. 13; Steiner/Teufel, § 112 Rz. 25; Stöber, § 112 ZVG Rz. 5.4. 25 Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 20; Depré/Bachmann, § 112 ZVG Rz. 23; offen gelassen von Stöber, § 112 ZVG Rz. 5.6. 26 Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 21; Stöber, § 112 ZVG Rz. 6 i.V.m. § 115 ZVG Rz. 3; a.A. – auch sofortige Beschwerde – Depré/Bachmann, § 112 ZVG Rz. 14; Löhnig/Hannemann, § 112 ZVG Rz. 16; Steiner/Teufel, § 112 ZVG Rz. 28.
1204
Schneider
Verteilung bei Gesamtausgebot
Verkehrswert
Rz. 42 § 112
Grundstück 1
Grundstück 2
Grundstück 3
300.000,00
200.000,00
100.000,00
Bestehenbleibende Rechte Abt. III/1
90.000,00
90.000,00
(-)
Abt. III/2
(-)
30.000,00
30.000,00
Abt. III/3
(-)
(-)
10.000,00
Abt. III/4
20.000,00
20.000,00
20.000,00
Die Teilungsmasse gem. § 107 (Meistgebot) beträgt 330.000,00. Hinzu kommen 4 % Zinsen vom Zuschlag bis einen Tag vor Verteilungstermin 2.000,00. Die Verfahrenskosten gem. § 109 betragen 10.000,00. Angemeldet wurden öffentliche Lasten in Rangklasse 3 nur für Grundstück 3 i.H.v. 500,00. Kosten und Zinsen der bestehenbleibenden Rechte belaufen sich jeweils auf 10 % des Nennbetrages. b) Vorwegentnahme (§ 112 Abs. 1) Aus der Gesamtteilungsmasse i.H.v. sind vorweg zu entnehmen
Verfahrenskosten Gesamtrecht Abt. III/4 (Kosten und Zinsen)
332.000,00
41
10.000,00 2.000,00 12.000,00
./. 12.000,00
320.000,00
c) Addition der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 2) Hinzuzurechnen sind die bestehenbleibenden Rechte (ohne das Gesamtrecht Abt. III/4): Abt. III/1 (nur einmal)
90.000,00
Abt. III/2 (nur einmal)
30.000,00
Abt. III/3
10.000,00 130.000,00
+ 130.000,00 450.000,00
Schneider
1205
42
§ 112 Rz. 43 Verteilung bei Gesamtausgebot d) Aufteilung auf die Einzelgrundstücke (§ 112 Abs. 2 S. 1) 43
Aufteilung der Aktivmasse nach dem Verhältnis der Grundstückswerte Grundstück 1: 450.000,00 × 300.000,00 = 225.000,00 600.000,00 Grundstück 2: 450.000,00 × 200.000,00 = 150.000,00 600.000,00 Grundstück 3: 450.000,00 × 100.000,00 = 75.000,00 600.000,00 e) Anrechnung der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 3 u. 4)
44
Von den vorstehend ermittelten Erlösanteilen sind nunmehr die bestehenbleibenden Rechte (ohne das Gesamtrecht Abt. III/4) wieder in Abzug zu bringen; Gesamtrechte sind nach den beteiligten Grundstückswerten entsprechend zu verteilen:
45
Grundstück 1 (Vkw: 300.000,00)
Erlösanteile
Grundstück 2 (Vkw: 200.000,00)
Grundstück 3 (Vkw: 100.000,00)
225.000,00
150.000,00
75.000,00
Abt. III/1 (3 : 2)
./. 54.000,00
./. 36.000,00
(-)
Abt. III/2 (2 : 1)
(-)
./. 20.000,00
./. 10.000,00
Abt. III/3
(-)
(-)
./. 10.000,00
171.000,00
94.000,00
55.000,00
Bereinigter Erlösüberschuss
Kontrollüberlegung: Die Summe der bereinigten Erlösüberschüsse muss wieder die um die Gesamtverbindlichkeiten bereinigte Teilungsmasse mit (171.000,00 + 94.000,00 + 55.000,00 =) 320.000,00 ergeben. f) Weitere Zuteilung 46
Nunmehr sind die weiteren Ansprüche nach dem geringsten Gebot wie folgt zu decken: Bereinigter Erlösüberschuss
171.000,00
94.000,00
55.000,00
Rangklasse 3 (Grdst)
(-)
(-)
500,00
Abt. III/1: 9.000,00 (Kosten und Zinsen)
5.400,00
3.600,00
(-)
Abt. III/2: 3.000,00 (Kosten und Zinsen)
(-)
2.000,00
1.000,00
Abt. III/3:
(-)
(-)
1.000,00
165.600,00
88.400,00
52.500,00
Restlicher Erlösüberschuss
1206
Schneider
Verteilung bei Gesamtausgebot
Rz. 48 § 112
Damit sind alle Ansprüche aus dem geringsten Gebot gedeckt. Der für jedes Grundstück verbleibende Erlösüberschuss kann nun jeweils auf die nach den Versteigerungsbedingungen erloschenen Rechte zugeteilt werden. Für Gesamtgrundpfandrechte ist § 122 zu beachten. 2. Berechnungsbeispiel (Notwendige Verteilung mit Ausgleich eines Fehlbetrages) a) Sachverhalt: Die Rechtsverhältnisse an den folgenden drei im Gesamtausgebot zugeschlagenen Grundstücken stellen sich wie folgt dar:
Verkehrswert
Grundstück 1
Grundstück 2
Grundstück 3
300.000,00
200.000,00
100.000,00
47
Bestehenbleibende Rechte Abt. III/1
90.000,00
90.000,00
(-)
Abt. III/2
(-)
30.000,00
30.000,00
Abt. III/3
(-)
(-)
70.000,00
Abt. III/4
20.000,00
20.000,00
20.000,00
Die Teilungsmasse gem. § 107 (Meistgebot) beträgt 270.000,00. Hinzu kommen 4 % Zinsen vom Zuschlag bis einen Tag vor Verteilungstermin 2.000,00. Die Verfahrenskosten gem. § 109 betragen 10.000,00. Angemeldet wurden öffentliche Lasten in Rangklasse 3 nur für Grundstück 3 i.H.v. 500,00. Kosten und Zinsen der bestehenbleibenden Rechte belaufen sich jeweils auf 10 % des Nennbetrages. b) Vorwegentnahme (§ 112 Abs. 1) Aus der Gesamtteilungsmasse i.H.v. sind vorweg zu entnehmen
Verfahrenskosten Gesamtrecht Abt. III/4 (Kosten und Zinsen)
272.000,00
10.000,00 2.000,00 12.000,00
./. 12.000,00
260.000,00
Schneider
1207
48
§ 112 Rz. 49 Verteilung bei Gesamtausgebot c) Addition der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 2) 49
Hinzuzurechnen sind die bestehenbleibenden Rechte (ohne das Gesamtrecht Abt. III/4): Abt. III/1 (nur einmal)
90.000,00
Abt. III/2 (nur einmal)
30.000,00
Abt. III/3
70.000,00 190.000,00
+ 190.000,00 450.000,00
d) Aufteilung auf die Einzelgrundstücke (§ 112 Abs. 2 S. 1) 50
Aufteilung der Aktivmasse nach dem Verhältnis der Grundstückswerte Grundstück 1: 450.000,00 × 300.000,00 = 225.000,00 600.000,00 Grundstück 2: 450.000,00 × 200.000,00 = 150.000,00 600.000,00 Grundstück 3: 450.000,00 × 100.000,00 = 75.000,00 600.000,00 e) Anrechnung der bestehenbleibenden Rechte (§ 112 Abs. 2 S. 3 u. 4)
51
Von den vorstehend ermittelten Erlösanteilen sind nunmehr die bestehenbleibenden Rechte (ohne das Gesamtrecht Abt. III/4) wieder in Abzug zu bringen; Gesamtrechte sind nach den beteiligten Grundstückswerten entsprechend zu verteilen: Grundstück 1 (Vkw: 300.000,00)
Erlösanteile
Grundstück 2 (Vkw: 200.000,00)
Grundstück 3 (Vkw: 100.000,00)
225.000,00
150.000,00
75.000,00
Abt. III/1 (3 : 2)
./. 54.000,00
./. 36.000,00
(-)
Abt. III/2 (2 : 1)
(-)
./. 20.000,00
./. 10.000,00
Abt. III/3
(-)
(-)
./. 70.000,00
171.000,00
94.000,00
(!) ./. 5.000,00
Bereinigter Erlösüberschuss
Kontrollüberlegung: Die Summe der bereinigten Erlösüberschüsse muss wieder die um die Gesamtverbindlichkeiten bereinigte Teilungsmasse mit (171.000,00 + 94.000,00 ./. 5.000,00 =) 260.000,00 ergeben. f) Weitere Zuteilung 52
Nach dem geringsten Gebot sind folgende weitere Ansprüche zwingend zu decken (Deckungsgrundsatz):
1208
Schneider
§ 113
Aufstellung des Teilungsplanes Bereinigter Erlösüberschuss
171.000,00
94.000,00
./. 5.000,00
Rangklasse 3 (Grdst)
(-)
(-)
500,00
Abt. III/1: 9.000,00 (Kosten und Zinsen)
5.400,00
3.600,00
(-)
Abt. III/2: 3.000,00 (Kosten und Zinsen)
(-)
2.000,00
1.000,00
Abt. III/3:
(-)
(-)
7.000,00
165.600,00
88.400,00
(!) ./. 13.500,00
Vorläufiger Erlösüberschuss
g) Ausgleich des Fehlbetrages (§ 112 Abs. 3) Für Grundstück 3 ergibt sich nach der Aufteilung insgesamt ein Fehlbetrag i.H.v. 13.500,00 Dieser Fehlbetrag ist aus den beiden anderen Grundstücken im Verhältnis ihrer Verkehrswerte27 wie folgt zu entnehmen: Grundstück 1: 13.500,00 × 300.000,00 = 8.100,00 500.000,00 Grundstück 2: 13.500,00 × 200.000,00 = 5.400,00 500.000,00 Restlicher Erlösüberschuss mit Ausgleich des Fehlbetrages Endgültiger Erlösüberschuss
./.
165.600,00
88.400,00
./. 13.500,00
8.100,00
./. 5.400,00
+ 13.500,00
157.500,00
83.000,00
0,00
Nunmehr kann die weitere Zuteilung auf die erloschenen Rechte an den Grundstücken 1 und 2 erfolgen, soweit dort der jeweilige Erlösüberschuss zur Befriedigung ausreicht.
§ 113 [Aufstellung des Teilungsplanes] (1) In dem Verteilungstermin wird nach Anhörung der anwesenden Beteiligten von dem Gericht, nötigenfalls mit Hilfe eines Rechnungsverständigen, der Teilungsplan aufgestellt. (2) In dem Plan sind auch die nach § 91 nicht erlöschenden Rechte anzugeben.
27 So auch Böttcher, § 112 ZVG Beispiel Rz. 8; Dassler u.a./Hintzen, § 112 ZVG Rz. 19; Depré/Bachmann, § 112 ZVG Fn. 13; a.A. noch Drischler, RpflJB 1962, 322: im Verhältnis der Resterlöse.
Schneider
1209
53
§ 113 Rz. 1 Aufstellung des Teilungsplanes
A. B. C. D. I. II. III. IV. V. VI. VII. E. I.
Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . Rechtscharakter des Teilungsplanes Aufstellen des Teilungsplanes . . . . Aufstellen im Termin . . . . . . . . . . Berücksichtigung von Anmeldungen Verhandeln über den Teilungsplan . . Rechnungsverständige . . . . . . . . . Ausführung des Teilungsplanes . . . . Terminsprotokoll . . . . . . . . . . . . . Nachtragsverteilung . . . . . . . . . . . Inhalt des Teilungsplanes . . . . . . . Vorbericht . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
Rz. 1 2 3 5 5 6 7 8 9 10 11 12 13
II. Feststellung der Teilungsmasse . . . . . . III. Feststellung der bestehenbleibenden Rechte (§ 113 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . IV. Feststellung der Schuldenmasse . . . . . . V. Zuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Hilfszuteilungen . . . . . . . . . . . . . . . F. Rechtsbehelfe gegen den Teilungsplan . I. Sofortige Beschwerde und Widerspruch . II. Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Muster eines Terminsprotokolls mit Teilungsplan . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 14 15 17 19 20 21 21 25 26 27
Literatur: Hintzen, Widerspruch gegen den Teilungsplan, Rpfleger 2016, 258; Perger, Zustellung des Teilungsplanes und Auszahlung des Versteigerungserlöses; Rpfleger 1991, 45.
A. Normzweck 1
Die Vorschrift ordnet für die Erlösverteilung an, dass diese auf der Grundlage eines im Termin aufzustellenden Teilungsplanes zu erfolgen hat.
B. Anwendungsbereich 2
Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren nach dem ZVG, wegen der Anberaumung eines Verteilungstermins in Zwangsverwaltungsverfahren s. § 156 Abs. 2.
C. Rechtscharakter des Teilungsplanes 3
Der Teilungsplan regelt die Verteilung des Versteigerungserlöses an die Berechtigten; er ergeht in Form eines Beschlusses.1 Dieser Beschluss hat jedoch nicht die Kraft eines Richterspruchs wie etwa der Zuschlagsbeschluss.2 Er bildet lediglich die Grundlage für die Verteilung des Versteigerungserlöses, ohne die materielle Rechtslage zu ändern. Allerdings bewirkt er, dass der nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Verteilungstermins zu Recht Begünstigte auf Grund des Teilungsplans ein Recht auf Zuteilung erlangt hat, das durch spätere Ereignisse nicht mehr beeinträchtigt werden kann.3
4
Unterschiedliche Auffassungen bestehen darüber, ob der Teilungsplan den Beteiligten gem. § 329 Abs. 3 ZPO zuzustellen ist4 oder ob eine angenommene Beschwerdefrist bereits mit der
1 Vgl. BGH v. 19.2.2009 – V ZB 54/08, MDR 2009, 769 = Rpfleger 2009, 401. 2 RG v. 20.1.1937 – V 194/36, RGZ 153, 252, 256. 3 BGH v. 13.12.1990 – IX ZR 118/90, BGHZ 113, 169 = MDR 1991, 529 = NJW 1991, 1063 = Rpfleger 1992, 32. 4 So BGH v. 19.2.2009 – V ZB 54/08, MDR 2009, 769 = Rpfleger 2009, 401; OLG Hamm v. 15.4.1985 – 15 W 75/85, Rpfleger 1985, 453; Böttcher, § 113 ZVG Rz. 10.
1210
Schneider
Aufstellung des Teilungsplanes
Rz. 8 § 113
Verkündung des Planes im Termin beginnen kann.5 Richtigerweise ist jedoch bereits die Anwendbarkeit des § 329 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen.6 Die Frage ist eng mit der nach dem zulässigen Rechtsbehelf verknüpft; dazu vgl. Abschn. F.
D. Aufstellen des Teilungsplanes I. Aufstellen im Termin Das Vollstreckungsgericht stellt den Teilungsplan nach Anhörung der erschienenen Beteiligten im Verteilungstermin auf (§ 113 Abs. 1). Üblicherweise wird dazu in der Praxis zum Termin bereits ein Entwurf vorliegen. Zur Vorbereitung des Termins durch Erstellen eines vorläufigen Teilungsplanes s. § 106. Der Verteilungstermin ist nicht öffentlich (vgl. § 169 GVG).
5
II. Berücksichtigung von Anmeldungen Anmeldungen können bis zum Schluss des Verteilungstermins vorbehaltlich der Beschränkungen der §§ 110, 114 noch berücksichtigt werden (vgl. § 114 Abs. 1 S. 1). Eine Änderung des Teilungsplans ist nicht mehr möglich, wenn die Verteilung bereits stattgefunden hat.
6
III. Verhandeln über den Teilungsplan Über den Teilungsplan wird nach Anhörung der anwesenden Beteiligten (§ 113 Abs. 1) sofort verhandelt (vgl. § 115 Abs. 1 S. 1). An dem Verteilungstermin dürfen nur die Beteiligten gem. § 9, der Ersteher sowie mithaftende oder zahlungspflichtige Personen teilnehmen (vgl. § 105 Abs. 2 S. 1). Im Hinblick auf § 105 Abs. 2 S. 2 sind darüber hinaus auch solche Personen zuzulassen, die ihr Recht zwar angemeldet haben, es aber noch glaubhaft machen müssen. Eine Verpflichtung zur Wahrnehmung des Verteilungstermins besteht für die Genannten allerdings nicht. In der Praxis finden Verteilungstermine vielmehr regelmäßig ohne Beteiligung statt. Eine Teilnahme am Verteilungstermin wird jedoch immer dann ratsam sein, wenn die Befriedigung der eigenen Ansprüche nicht mit Sicherheit feststeht. Mitunter ergeben sich Vollstreckungsmöglichkeiten erst nach Kenntnis der übrigen Anmeldungen im Termin.7
7
IV. Rechnungsverständige Der Teilungsplan wird nötigenfalls mit Hilfe eines Rechnungsverständigen aufgestellt (§ 113 Abs. 1). Durch deren Einsatz veranlasste Kosten zählen zu den Verfahrenskosten gem. § 109 Abs. 1. Soweit die nach Landesrecht geregelte Möglichkeit zur Bestellung solcher besonderen Hilfspersonen bestand, hat sich die Regelung spätestens mit der Aufhebung des § 70 GKG8 überlebt. Wie schon zuvor in der überwiegenden Zahl der Bundesländer9 gehören die Geschäfte eines Rechnungsbeamten zu den gewöhnlichen Dienstgeschäften eines Rechtspflegers. 5 So noch OLG Stuttgart v. 25.11.1999 – 8 W 140/99, Rpfleger 2000, 226; OLG Koblenz v. 20.6.1997 – 4 W 161/97, InVo 1998, 81; OLG Karlsruhe v. 16.12.1994 – 11 W 182/94, Rpfleger 1995, 427; Depré/ Bachmann, § 113 ZVG Rz. 5; Steiner/Teufel, § 113 ZVG Rz. 28. 6 Dassler u.a./Hintzen, § 113 ZVG Rz. 14; Stöber, § 113 ZVG Rz. 7. 7 In diesem Sinne auch Dassler u.a./Hintzen, § 113 ZVG Rz. 10. 8 Aufgehoben d. Art. 3 d. Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz) v. 23.7.2013 (BGBl. I, S. 2586). 9 Vgl. nun auch für Bayern die Aufhebung der Bekanntmachung über Rechnungsgebühren und Rechnungsbeamte durch Erlass v. 12.2.2014 – B2 - 2334 - VI - 9567/13 (JMBl. 2014, 33).
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1211
8
§ 113 Rz. 9 Aufstellung des Teilungsplanes
V. Ausführung des Teilungsplanes 9
Der Teilungsplan ist nach Aufstellung vom Vollstreckungsgericht unter Berücksichtigung des § 116 auszuführen. Die Art der Planausführung ergibt sich aus §§ 117, 118.
VI. Terminsprotokoll 10
Über die Verhandlung ist ein Terminsprotokoll aufzunehmen (§ 159 ff. ZPO). Der Teilungsplan ist entweder in das Protokoll aufzunehmen oder als Anlage beizufügen (§ 160 Abs. 5 ZPO). In das Protokoll ist auch ein etwaig geschlossener Vergleich aufzunehmen (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO); für die Beurkundung eines Vergleichs ist der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts zuständig (vgl. auch § 127a BGB).10 Möglich ist auch die Feststellung eines gerichtlichen Vergleiches durch den Rechtspfleger gem. § 278 Abs. 6 ZPO. Neben dem Ergebnis der Verhandlung sind auch etwaige Widersprüche gegen den Teilungsplan in dem Protokoll festzuhalten. Desweiteren gehören Feststellungen über die Planausführung (§§ 117, 118, 127) in das Terminsprotokoll (vgl. § 127 Abs. 3).
VII. Nachtragsverteilung 11
Grundsätzlich wird nur ein Verteilungstermin bestimmt; sog. Nachtragsverteilungen werden jedoch ausnahmsweise für zulässig gehalten, wenn andernfalls im Falle einer besonderen Verwertung (§ 65) der Verteilungstermin bis zur Verwertung aller Gegenstände zu lange hinausgezögert werden würde (s. § 107 Rz. 8).11 Werden allerdings Gelder zurück- oder gem. §§ 50, 51 zusätzlich gezahlt, handelt es sich nicht um eine Nachtragsverteilung, sondern um die nachträgliche Ausführung des zuvor aufgestellten Teilungsplans.12
E. Inhalt des Teilungsplanes 12
Der Inhalt des Teilungsplanes ist gesetzlich nur in § 113 Abs. 2 ausdrücklich vorgeschrieben; ein Mindestinhalt lässt sich darüber hinaus aber aus den Vorschriften über die Erlösverteilung ableiten und wird auch in der Praxis im Allgemeinen folgendermaßen berücksichtigt:
I. Vorbericht 13
Der Vorbericht fasst die für eine Berücksichtigung im Teilungsplan relevanten Daten zusammen.13 Die Details werden u.a. dadurch beeinflusst, ob der Teilungsplan zum Inhalt des Protokolls gemacht oder selbstständig als Anlage dazu genommen wird. Inhaltlich umfasst der Vorbericht regelmäßig folgende Angaben: – Betroffene(s) Versteigerungsobjekt(e) (zum Zweck der eindeutigen Identifizierung) – Zeitpunkt der ersten Beschlagnahme (zur Abgrenzung lfd. und rückständiger Leistungen) 10 11 12 13
OLG Nürnberg v. 16.5.1972 – 3 U 153/71. Ebenso Dassler u.a./Hintzen, § 113 ZVG Rz. 3. Insoweit zutr. Stöber, § 113 ZVG Rz. 2.5. Depré/Bachmann, § 113 ZVG Rz. 7; Hk-ZV/Sievers, § 113 ZVG Rz. 9; a.A. Stöber, § 113 ZVG Rz. 3.2: überflüssig seien langatmige Vorbemerkungen.
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Aufstellung des Teilungsplanes
Rz. 17 § 113
– Bestbetreibender Gläubiger (zur Abgrenzung bestehenbleibender von erlöschenden Rechten) – Festgesetzter Verkehrswert (zur Berechnung der Kosten) – Zeitpunkt des Zuschlags (zur Berechnung des Verzinsungsbeginns der Bargebotszinsen und des Endzeitpunkts der Verzinsung bestehenbleibender Rechte) – Bares Meistgebot (zur Bestimmung der Teilungsmasse) – Vorliegende Anmeldungen (zur nachfolgenden Berücksichtigung im Teilungsplan) – Zeitpunkt des Verteilungstermins (zur Berechnung des Endzeitpunkts der Bargebotszinsen und der Verzinsung erloschener Rechte)
II. Feststellung der Teilungsmasse Im Verteilungstermin erfolgt die Feststellung der Teilungsmasse durch das Vollstreckungsgericht (vgl. § 107 Abs. 1 S. 1). Wegen der außer dem baren Meistgebot zur Teilungsmasse gehörenden weiteren Positionen s. die Kommentierung zu § 107.
14
III. Feststellung der bestehenbleibenden Rechte (§ 113 Abs. 2) Gem. § 113 Abs. 2 sind die bestehenbleibenden Rechte in den Teilungsplan aufzunehmen. An- 15 zugeben sind dabei die Rechte, die nach § 52 oder aufgrund abweichender Versteigerungsbedingungen gem. § 59 bestehen bleiben. Soweit eine Vereinbarung über das Liegenbelassen eines Rechts nach § 91 Abs. 2 getroffen worden ist, muss auch solch ein Recht aufgeführt werden.14 Der Aufnahme der bestehenbleibenden Rechte in den Teilungsplan kommt keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.15 Allein maßgebend für ihren Bestand ist der Zuschlagsbeschluss bzw. die Liegenbelassungsvereinbarung. Allerdings kann das Bestehenbleiben durch die Aufnahme in den Teilungsplan bestritten werden und zu einer Zuzahlungspflicht des Erstehers gem. §§ 50, 51 führen. Eine solche Zuzahlungspflicht kann jedoch bei Rechten, die außerhalb des geringsten Gebotes bestehen bleiben, nicht eintreten (z.B. Altenteilsrechte oder altrechtliche Dienstbarkeiten gem. § 9 EGZVG). Deshalb müssen solche Rechte auch nicht in den Teilungsplan aufgenommen werden.
16
IV. Feststellung der Schuldenmasse Im Verteilungstermin erfolgt weiterhin die Feststellung der Schuldenmasse durch das Vollstre- 17 ckungsgericht. Dazu gehören neben den gem. § 109 vorweg zu entnehmenden Verfahrenskosten alle Ansprüche, für die ein Recht auf Befriedigung aus dem Versteigerungserlös besteht (vgl. § 114). Sie werden in der Rangfolge der §§ 10, 110 einzeln aufgeführt und setzen sich je14 Böttcher, § 113 ZVG Rz. 4; Dassler u.a./Hintzen, § 113 ZVG Rz. 11; Depré/Bachmann, § 113 ZVG Rz. 9; Steiner/Teufel, § 113 Rz. 6; Stöber, § 113 ZVG Rz. 4. 15 Steiner/Teufel, § 113 Rz. 6; Stöber, § 113 ZVG Rz. 4.
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1213
§ 113 Rz. 17 Aufstellung des Teilungsplanes weils aus den getrennt für Kosten, Nebenleistungen und Hauptansprüche ermittelten Beträgen zusammen (vgl. § 12). 18
Die Praxis der Vollstreckungsgerichte berücksichtigt dabei idR nur die Ansprüche mit Aussicht auf eine Zuteilung. Wegen einer sich u.U. erst später ergebenden oder erkennbaren Zuzahlungsverpflichtung wird in der Literatur demgegenüber zu einer vollständigen Aufnahme der Schuldenmasse geraten16, zumindest aber zu einer allgemeinen Bezeichnung ausfallender Ansprüche, um diese im Bedarfsfall anhand der vorhandenen Angaben berechnen zu können.
V. Zuteilung 19
Das Vollstreckungsgericht legt letztlich im Verteilungstermin fest, für wen und ggf. in welcher Höhe die in der Schuldenmasse festgestellten Ansprüche unter Berücksichtigung der tatsächlich vorhandenen Teilungsmasse zum Zuge kommen. Dabei sind zur Bestimmung der empfangsberechtigten Personen etwaige Abtretungen, Pfandrechte und Verfügungsbeschränkungen zu beachten. Gem. §§ 112, 122 notwendige Verteilungen haben ebenfalls an dieser Stelle zu erfolgen. Der Ausfall eines Berechtigten oder die Art der Planausführung gehören demgegenüber nicht in den Teilungsplan.17
VI. Hilfszuteilungen 20
Sollte in den Fällen der §§ 119, 120, 121 Abs. 2, 123, 124, 125 Abs. 2 und 126 eine Hilfszuteilung erforderlich werden, ist diese in den Teilungsplan unter Angabe der entsprechenden Bedingung aufzunehmen.
F. Rechtsbehelfe gegen den Teilungsplan I. Sofortige Beschwerde und Widerspruch 21
Die ganz überwiegende Meinung geht von einem dualistischen Rechtsmittelsystem aus. So soll einerseits die sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO bzw. die sofortige Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG bei formellen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften zulässig sein.18 Darunter sollen etwa die fehlerhafte Ermittlung der Teilungsmasse, die Nichtberücksichtigung einer Liegenbelassungsvereinbarung gem. § 91 Abs. 2, die Aufnahme einer anmeldebedürftigen Forderung von Amts wegen ohne Anmeldung oder auch die Nichtbeachtung eines Widerspruchs gem. § 115 fallen.19
22
Daneben soll für materielle Einwendungen gegen den Teilungsplan der Widerspruch gem. § 115 zur Verfügung stehen.20 Dieser soll erhoben werden können, wenn bei dem zugeteilten Betrag, dem angenommenen Rang oder der empfangsberechtigten Person Fehler gemacht wurden.21 16 Böttcher, § 113 ZVG Rz. 5; Dassler u.a./Hintzen, § 113 ZVG Rz. 4; Depré/Bachmann, § 113 ZVG Rz. 11; Steiner/Teufel, § 113 Rz. 7. 17 Depré/Bachmann, § 113 ZVG Rz. 14. 18 BGH v. 19.2.2009 – V ZB 54/08, MDR 2009, 769 = Rpfleger 2009, 401; BGH v. 31.3.1977 – VII ZR 336/75, BGHZ 68, 276 = MDR 1977, 742 = NJW 1977, 1287 = Rpfleger 1977, 246; OLG Düsseldorf v. 2.11.1994 – 3 W 533/94, Rpfleger 1995, 265; OLG Köln, MDR 1969, 401; Böttcher, § 113 ZVG Rz. 10; Hk-ZV/Sievers, § 113 ZVG Rz. 20; Steiner/Teufel, § 113 ZVG Rz. 25. 19 Vgl. Böttcher, § 113 ZVG Rz. 10. 20 LG Heilbronn, ZfIR 2010, 288; Böttcher, § 113 ZVG Rz. 9; Hk-ZV/Sievers, § 113 ZVG Rz. 19; Steiner/ Teufel, § 113 ZVG Rz. 33. 21 Vgl. Böttcher, § 113 ZVG Rz. 9.
1214
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Aufstellung des Teilungsplanes
Rz. 26 § 113
Werden gleichzeitig formelle und materielle Verstöße gerügt, soll sowohl für die Einlegung der sofortigen Beschwerde als auch für die Erhebung des Widerspruchs ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen.22
23
Richtigerweise sieht das ZVG jedoch für den Teilungsplan mit dem in § 115 geregelten Wider- 24 spruch zur Klärung materiell-rechtlicher Fragen eine spezielle Anfechtungsmöglichkeit vor, hinter die die allgemeinen Grundsätze zurücktreten. Der im ZVG geregelte Widerspruch verdrängt damit als lex specialis die Rechtsbehelfe nach der ZPO.23 Etwaige formelle Unrichtigkeiten können demgegenüber gem. § 319 ZPO berichtigt werden (dazu Rz. 25). Zutreffend wird darauf hingewiesen24, dass § 793 ZPO bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift keine Anwendung finden kann, weil für die Verteilung des Erlöses in § 105 Abs. 1 eine Terminsbestimmung und in § 115 Abs. 1 S. 1 eine mündliche Verhandlung zwingend vorgeschrieben sind. Hinzu kommt, dass die sofortige Beschwerde ohne ergänzende Maßnahmen zur einstweiligen Einstellung gem. § 570 ZPO mit der plangemäßen Auszahlung gegenstandslos werden würde.25 Die Planausführung müsste demnach also – was im Gesetz allerdings nicht vorgesehen ist – in jedem Fall bis zur Rechtskraft des Teilungsplanes ausgesetzt werden. Dem steht jedoch bereits die gesetzliche Regelung in § 115 Abs. 1 S. 2, § 876 S. 1 ZPO entgegen, wonach die Ausführung des Planes umgehend zu erfolgen hat, wenn kein Widerspruch erhoben wurde.26 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass derjenige, der zu Recht durch den Teilungsplan etwas zugeteilt erhält, ein Recht auf Auszahlung erwirbt, dass durch spätere Ereignisse grundsätzlich nicht mehr beeinträchtigt werden kann.27 I. ü. s. die Kommentierung zu § 115 Rz. 6 ff.
II. Berichtigung Offenkundige Unrichtigkeiten wie insbesondere Schreib- und Rechenfehler können bis zum Ende der Verhandlung über den Teilungsplan jederzeit von Amts wegen oder auf Anregung berichtigt werden (§ 319 ZPO).
25
III. Klage Unterlässt es ein Berechtigter, gegen den Teilungsplan rechtzeitig Widerspruch zu erheben, kann er sein vermeintlich besseres Recht immer noch außerhalb des Verteilungsverfahrens durch eine Bereicherungsklage gem. § 812 BGB geltend machen (§ 115 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 878 Abs. 2 ZPO).28 Ein Rangverlust bei unterlassener Anmeldung gem. § 114 Abs. 1 S. 1 oder eine Rangverschiebung bei verspäteter Anmeldung gem. § 110 lassen sich auf diesem Wege jedoch nicht mehr korrigieren.29 22 23 24 25 26 27 28 29
OLG Köln, MDR 1969, 401. Dassler u.a./Hintzen, § 113 ZVG Rz. 14. Dassler u.a./Hintzen, § 113 ZVG Rz. 14; Stöber, § 115 ZVG Rz. 3.2 lit. a). OLG Düsseldorf v. 2.11.1994 – 3 W 533/94, Rpfleger 1995, 265; OLG Köln v. 30.9.1991 – 2 W 131/91, Rpfleger 1991, 519; Böttcher, § 113 ZVG Rz. 10; Steiner/Teufel, § 113 ZVG Rz. 28. Dies wird – inkonsequent – auch von Vertretern des dualistischen Ansatzes so gesehen: Böttcher, § 113 ZVG Rz. 10a; Perger, Rpfleger 1991, 45; a.A. nur Sievers, Rpfleger 1989, 53, 55. BGH v. 13.12.1990 – IX ZR 118/90, BGHZ 113, 169 = MDR 1991, 529 = NJW 1991, 1063 = Rpfleger 1992, 32. RG v. 17.2.1941 – II 70/40, RGZ 166, 113, 122 f.; RG v. 8.1.1910 – V 87/09, RGZ 72, 344, 346; RG v. 20.10.1906 – V 77/06, RGZ 64, 194; RG v. 18.5.1904 – V 491/03, RGZ 58, 156; BGH v. 14.4.1987 – IX ZR 237/86, MDR 1987, 842 = Rpfleger 1987, 426. Nicht zutreffend daher OLG Hamm v. 14.8.2013 – 11 U 27/12, wonach der grundschuldgesicherte Gläubiger (§ 10 Abs. 1 Nr. 4) durch Auskehrung des Versteigerungserlöses entsprechend § 812 Abs. 1
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26
§ 113 Rz. 27 Aufstellung des Teilungsplanes
G. Muster eines Terminsprotokolls mit Teilungsplan 27
In der Praxis überwiegen mittlerweile „Finanzierungen aus einer Hand“. Teilungspläne mit zahlreichen Gläubigern und weiteren Besonderheiten sind daher eher die Ausnahme. Aus diesem Grund soll nachstehend ein einfach gelagertes Terminsprotokoll mit Teilungsplan widergegeben werden, dass die vorgenannten typischen Strukturen erkennen lässt: 46 K 234/15 Gegenwärtig: Schwarz, Rechtspfleger (auf die Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wurde gem. § 159 Abs. 1 S. 2 ZPO verzichtet) In dem heutigen
Duisburg, 23. März 2018
Termin zur Verteilung des Versteigerungserlöses in der Zwangsversteigerungssache betreffend den beim Amtsgericht Duisburg-Hamborn im Grundbuch von Walsum Blatt 5678 eingetragenen Grundbesitz: 55,88/561stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung Walsum, Flur 10, Flurstück 450, Gebäude- u. Freifläche, Kohlenweg 1, 1.234 m2 groß, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im dritten Obergeschoss rechts mit Kellerraum, Nr. 6 des Aufteilungsplans Eigentümer bis zum Zuschlag: Karl Kumpel, Kohlenweg 1, 47179 Duisburg erschien nach Aufruf der Sache: niemand. Der Teilungsplan wurde wie aus der Anlage ersichtlich aufgestellt. Aus den Akten ergibt sich, dass keine Widersprüche und keine abweichenden Anmeldungen vorliegen, die nach §§ 115 Abs. 2 ZVG als Widerspruch zu behandeln sind. Das Bargebot nebst Zinsen ist durch rechtzeitige Überweisung gezahlt. Die Auszahlung erfolgt nach einer besonderen Anordnung über die Oberjustizkasse in Hamm. Die im Verfahren vorgelegten Schuldtitel und Urkunden sind wie folgt zu behandeln: Auf die Urkunde des Notars Dr. Hubert Steiger in Duisburg vom 26. November 2009 (URNr. 1567/09) ist folgender Vermerk zu setzen: „Auf vorstehenden Anspruch sind in dem Zwangsversteigerungsverfahren 46 K 234/15 (Amtsgericht Duisburg) auf a) Kosten 132,00 a b) Zinsen (Teilbetrag) 26.074,59 a insgesamt 26.206,59 a zugeteilt worden.“ (Schwarz) – Rechtspfleger –
S. 1 BGB ohne Rechtsgrund einen Vermögensvorteil auf Kosten der Gläubigerin öffentlicher Grundstückslasten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3) erlangt haben soll, obwohl der zuständige kommunale Eigenbetrieb die notwendige Anmeldung und Glaubhaftmachung gänzlich unterlassen hatte. Der geltend gemachte, auf dem Grundstück ruhende Anspruch ist durch den Zuschlag erloschen, so dass er sich nicht an dem Versteigerungserlös fortsetzen konnte.
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Aufstellung des Teilungsplanes Anlage zum Protokoll vom 23. März 2018 Amtsgericht 46 K 234/15
Rz. 27 § 113
Duisburg, 23. März 2018
Beschluss Teilungsplan in der Zwangsversteigerungssache betreffend den beim Amtsgericht Duisburg-Hamborn im Grundbuch von Walsum Blatt 5678 eingetragenen Grundbesitz: 55,88/561stel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung Walsum, Flur 10, Flurstück 450, Gebäude- u. Freifläche, Kohlenweg 1, 1.234 m2 groß, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im dritten Obergeschoss rechts mit Kellerraum, Nr. 6 des Aufteilungsplans A. Vorbericht Erste Beschlagnahme: 14.11.2015 Tag der Zuschlagsverkün23.2.2018 dung: Verteilungstermin: 23.3.2018 Berechnung der wiederkehrenden Leistungen – die bestehen bleiben, bis zum 22.2.2018 einschließlich – die erlöschen, bis zum 22.3.2018 einschließlich Eigentümer bis zum Zuschlag: Karl Kumpel, Kohlenweg 1, 47179 Duisburg Ersteher: Fritz Hauer, geboren am 22.3.1958, Kohlenweg 1 in 47179 Duisburg mit einem Bargebot von 28.000,00 a Die Bestimmung des Verteilungstermins ist den nach § 105 Abs. 2 ZVG in Betracht kommenden Beteiligten zugestellt worden. B. Feststellung der Teilungsmasse Die Teilungsmasse setzt sich zusammen aus: 1) dem Bargebot von 2) 4 % Zinsen aus 28.000,00 a v. 23.2.2018 bis 22.3.2018 (= 30 Zinstage) insgesamt: Diesen Betrag erbringt der Ersteher durch Zahlung von
28.000,00 a 93,33 a 28.093,33 a 28.093,33 a
C. Feststellung der bestehenbleibenden Rechte keine D. Feststellung der Schuldenmasse Gegen die unter B festgestellte Teilungsmasse sind folgende Ansprüche geltend gemacht worden oder von Amts wegen zu berücksichtigen: Nr. Gläubiger und Anspruch Betrag c 1 Gerichtskasse wegen der gemäß § 109 ZVG vorweg zu entnehmenden Gerichtskosten 1.826,67 a 2 Stadtkasse Duisburg wegen der Grundsteuern (Anmeldung Seite 135) 60,07 a 3 Emil Berg, Flözacker 77, 47179 Duisburg vertr. d. Rechtsanwalt Hans Mottek, Flözacker 7, 47179 Duisburg wegen folgender Ansprüche aus dem Recht Abteilung III Nr. 2 (Anmeldung Seite 104, 134) 1. Kosten 132,00 a 2. 15 % Zinsen aus 178.952,15 a vom 1.1.2012 bis zum 22.3.2018 (= 2242 Zinstage) 167.171,14 a 3. Sonstige Nebenleistung 0,00 a 4. Kapital 178.952,15 a Insgesamt 346.255,29 a 346.255,29 a Schneider
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§ 113 Rz. 27 Aufstellung des Teilungsplanes Von der weiteren Aufführung der Schuldenmasse wird mangels Teilungsmasse abgesehen. E. Ausführung des Teilungsplanes Aus der unter Abschnitt B errechneten Teilungsmasse von 28.093,33 a werden in nachstehender Reihenfolge = Rangfolge zugeteilt: Nr. Gläubiger wie Abschnitt D Nr. 1 der Gerichtskasse 1 2 der Stadtkasse 2 3 Herrn Emil Berg, Flözacker 77, 3 47179 Duisburg, ergibt wie oben Damit ist die Teilungsmasse erschöpft. Duisburg, 23. März 2018 (Schwarz), Rechtspfleger
Betrag a 1.826,67 a 60,07 a 26.206,59 a 28.093,33 a
LS
§ 114 [In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche] (1) In den Teilungsplan sind Ansprüche, soweit ihr Betrag oder ihr Höchstbetrag zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich war, nach dem Inhalt des Buches, im übrigen nur dann aufzunehmen, wenn sie spätestens in dem Termin angemeldet sind. Die Ansprüche des Gläubigers gelten als angemeldet, soweit sie sich aus dem Versteigerungsantrag ergeben. (2) Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen, die nach dem Inhalt des Grundbuchs zu entrichten sind, brauchen nicht angemeldet zu werden.
A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . C. In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche . . . . . . . . . . . I. Von Amts wegen aufzunehmende Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kosten des Verfahrens (§ 109) . . . . 2. Grundbuchersichtliche Ansprüche (§ 114 Abs. 1 S. 1 Hs. 1) . . . . . . . . 3. Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen (§ 114 Abs. 2) . . . . . . . II. Aufgrund Anmeldung aufzunehmende Ansprüche . . . . . . . . . 1. Grundsatz (§ 114 Abs. 1 S. 1 Hs. 2) . 2. Fortwirkende Anmeldung . . . . . . . 3. Anmeldefiktion . . . . . . . . . . . . . 4. Exklusivität . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . 6. Nichtige und erloschene Rechte, unzulässige und Minderanmeldungen .
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Rz. 1 6 7
7.
7 7
8. D.
9
I.
13
II.
17 17 19 20 21 23
III.
25
IV. V. VI. VII. 1.
a) Nichtige und erloschene Rechte . b) Unzulässige Anmeldungen . . . . c) Minderanmeldungen . . . . . . . Nicht von Amts wegen aufzunehmende Ansprüche . . . . . . . . . . . Nichtanmeldung . . . . . . . . . . . . Ausgewählte Besonderheiten bei der Aufnahme in den Teilungsplan Altenteilsrecht (Leibgeding, Leibzucht, Auszug) . . . . . . . . . . Beschränkte persönliche Dienstbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erbbaurecht und Erbbauzins . . . . Erwerbsvormerkung . . . . . . . . . Grunddienstbarkeit . . . . . . . . . . Grundschuld . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .
Rz. 25 26 27 28 29 33 33 35 37 39 41 43 45 45
In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche Rz. a) Isolierte Grundschuld – Sicherungsgrundschuld . . . . . . 45 aa) Isolierte Grundschuld . . . . 46 bb) Sicherungsgrundschuld . . . 47 b) Briefgrundschuld – Buchgrundschuld . . . . . . . . . . . . . 48 aa) Briefgrundschuld . . . . . . . 49 bb) Buchgrundschuld . . . . . . . 52 c) Berücksichtigung im Teilungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) Berücksichtigung von Amts wegen oder auf Anmeldung 55 bb) Berechnungen . . . . . . . . . 56 2. Sicherungsgrundschuld . . . . . . . . 57 a) Sicherungsvereinbarung . . . . . . 57 aa) Rechtliche Einordnung der Sicherungsvereinbarung . . . 57 bb) Zustandekommen der Sicherungsvereinbarung . . . 58 cc) Inhalt der Sicherungsvereinbarung . . . . . . . . . . 61 dd) Fehlende Sicherungsvereinbarung . . . . . . . . . . 62 ee) Fehlende Forderung . . . . . 63 (1) Nicht entstandene Forderung . . . . . . . . . . . 63 (2) Erloschene Forderung . . . . 64 b) Berücksichtigung der Sicherungsgrundschuld bis zur Zuschlagserteilung . . . . . . . . . 65 c) Berücksichtigung der erloschenen Sicherungsgrundschuld bei der Zuteilung . . . . . . . . . . . . 68 aa) Erlösanspruch als Surrogat des Grundschuldkapitals . . 68 bb) Erlösanspruch als Surrogat der Grundschuldzinsen . . . 71 d) Anrechnungsfragen . . . . . . . . 75 aa) Anrechnung Forderung – Grundschuld . . . . . . . . . . 75 bb) Anrechnung bei mehreren Forderungen . . . . . . . . . . 76 e) Rückgewähransprüche . . . . . . . 79 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . 79 bb) (Kein) Übergang des Rückgewähranspruchs . . . . . . . 83 (1) Abtretung und Verpfändung 83 (2) Pfändung . . . . . . . . . . . . 87 (3) Zahlung durch Bürgen . . . . 91 (4) Ablösung . . . . . . . . . . . . 92 (5) Schuldübernahme gem. § 53 Abs. 2 ZVG . . . . . . . . 93 cc) Geltendmachung des Rückgewähranspruchs . . . . . . . 96 3. Eigentümergrundschuld . . . . . . . . 100 a) Offene Eigentümergrundschuld . 100
VIII. IX. 1.
2. 3. 4. 5. 6.
X. 1.
§ 114
aa) Allgemeines . . . . . . . . . . bb) Berücksichtigung im Teilungsplan . . . . . . . . . . cc) Abweichungen von der Fremdgrundschuld . . . . . . (1) Vollstreckungsausschluss . . (2) Zinsbeschränkung . . . . . . b) Verdeckte Eigentümergrundschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . (1) Vereinigung einer Hypothek mit dem Eigentum in einer Person . . . . . . . . . . . . . . (2) Vereinigung einer Grundschuld mit dem Eigentum in einer Person . . . . . . . . bb) Berücksichtigung im Teilungsplan . . . . . . . . . . c) Sonderfall Eigentümerhypothek . Hausgeldansprüche . . . . . . . . . . Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . a) Verkehrshypothek – Sicherungshypothek . . . . . . . . . . . . . . . b) Briefhypothek – Buchhypothek . aa) Briefhypothek . . . . . . . . . bb) Buchhypothek . . . . . . . . . c) Ansprüche im Teilungsplan . . . . Arresthypothek . . . . . . . . . . . . . Höchstbetragshypothek . . . . . . . . Tilgungshypothek . . . . . . . . . . . . ZGB-Hypothek . . . . . . . . . . . . . Zwangshypothek . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheiten . . . . . . . . . . . c) Zwangssicherungshypothek und Rückschlagsperre . . . . . . . . . . aa) Entstehen einer Eigentümergrundschuld . . . . . . . . . . bb) Absolut schwebend unwirksame Zwangssicherungshypothek . . . . . . . . . . . . (1) Betreibender Gläubiger im Rang vor der Zwangssicherungshypothek . . . . . . . . . (2) Betreibender Gläubiger im Rang nach der Zwangssicherungshypothek . . . . . . . . . Liegenbelassungsvereinbarung . . . Liegenbelassungsvereinbarung vor Aufstellung des Teilungsplans . . . . a) Bestehenbleibende Rechte . . . . . b) Schuldenmasse, Teilungsmasse und Zuteilung . . . . . . . . . . . .
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Rz. 100 103 104 104 106 110 110 111 112 113 115 116 117 117 117 119 120 123 126 127 129 131 134 136 136 137 140 141 142 143 144 147 147 148 149
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§ 114 Rz. 1 In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche Rz. 2. Liegenbelassungsvereinbarung nach Aufstellung des Teilungsplans . . . . XI. Löschungsansprüche . . . . . . . . . 1. Löschungsansprüche . . . . . . . . . . 2. Sicherung der Löschungsansprüche . a) Vertragliche Löschungsansprüche nach altem Recht . . . . . . . . . . b) Vertragliche Löschungsansprüche nach neuem Recht . . . . . . . . . c) Gesetzliche Löschungsansprüche nach neuem Recht . . . . . . . . . 3. Ausschluss des gesetzlichen Löschungsanspruchs . . . . . . . . . . a) Rechtsgeschäftlicher Ausschluss . b) Ausschluss kraft Gesetzes . . . . . 4. Wirkung des Löschungsanspruchs . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . b) Löschung des Eigentümergrundpfandrechts vor Zuschlagserteilung . . . . . . . . . c) Bestehenbleiben des betroffenen und des begünstigten Rechtes . . d) Bestehenbleiben des Eigentümergrundpfandrechtes und Erlöschen des begünstigten Rechtes . e) Erlöschen des betroffenen und des begünstigten Rechtes . . . . . aa) Rechtsstellung des Löschungsberechtigten . . . bb) Rechtsstellung Dritter . . . . cc) Berechnung der Zuteilungsansprüche . . . . . . . . . . . 5. Berücksichtigung im Verteilungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Nießbrauchsrecht am Grundstück .
151 152 152 154 154 156 157
XIII. XIV. XV. XVI. 1. 2. 3. XVII. XVIII. 1.
160 160 161 162 162
2.
163
3.
164
XIX. 1. 2.
165 168 168 169 173 174 177
XX. XXI. 1. 2. 3. 4.
Öffentliche Lasten . . . . . . . . . . . Persönliche Ansprüche . . . . . . . . Pfändungen . . . . . . . . . . . . . . . Rangverhältnisse . . . . . . . . . . . . Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . Rangänderung . . . . . . . . . . . . . . Rangvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . Reallast . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzichtserklärung . . . . . . . . . . . Verzicht auf Ansprüche der Rangklassen 1 bis 3 . . . . . . . . . . . Verzicht auf Ansprüche der Rangklasse 4 . . . . . . . . . . . . . . . a) Kapitalbeträge von Grundpfandrechten . . . . . . . . . . . . . b) Verzicht auf wiederkehrende Leistungen von Grundpfandrechten . . . . . . . . . . . . . . . . Verzicht auf Ansprüche der Rangklasse 5 . . . . . . . . . . . . . . . Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . Vorkaufsrecht für einen Verkaufsfall Vorkaufsrecht für mehrere oder alle Verkaufsfälle . . . . . . . . . . . . . . . Wirksamkeitsvermerk . . . . . . . . Zinsberechnung . . . . . . . . . . . . Zinsmethode . . . . . . . . . . . . . . . Zinsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsende . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitergehende Zinsansprüche . . . . a) Gesetzliche Zinsen . . . . . . . . . b) Zinserweiterung . . . . . . . . . . .
Rz. 179 181 183 184 184 185 189 193 195 195 196 196 199 201 203 203 205 207 209 209 210 213 216 216 217
Allgemeine Literatur: Achenbach, Zwangsversteigerung: Maßgeblicher Zeitpunkt für Anmeldungen und Folgen der Versäumung; ZfIR 2018, 440; Riedel, Die Anmeldung im Laufe des Zwangsversteigerungsverfahrens; JurBüro 1974, 689; Schneider, Die verspätete oder unterbliebene Anmeldung von Hausgeldansprüchen in der Zwangsversteigerung eines Wohnungseigentums, ZMR 2018, 119; Warias, Die beschränkte Anmeldung von laufenden Zinsen im Zwangsversteigerungsverfahren, RpflStud 1980, 78. Spezielle Literatur wird im Abschnitt D genannt.
A. Normzweck 1
Die Vorschrift regelt (ähnlich wie § 45 für die Feststellung des geringsten Gebots) die von Amts wegen oder auf Anmeldung in den Teilungsplan aufzunehmenden Ansprüche, die ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück haben. Die Ansprüche werden im Teilungsplan im Abschnitt „Schuldenmasse“ berücksichtigt (vgl. § 113).
2
Die Aufnahme in die Schuldenmasse betrifft demgemäß nur die objektive Existenz, den Umfang und Rang eines eingetragenen Rechts,1 nicht dagegen die nachgelagerte Frage, wer sub1 RG v. 8.4.1910 – III 265/09, RGZ 73, 298, 301.
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In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche
Rz. 8 § 114
jektiv zur Empfangnahme des Versteigerungserlöses legitimiert ist (vgl. dazu insbes. § 117 f.). Den Wechsel in der Person eines Berechtigten hat das Vollstreckungsgericht daher jederzeit von Amts wegen zu beachten. Wurde der Zuschlag auf Einzelausgebote erteilt (§ 63), ist die Schuldenmasse für jeden Versteigerungsgegenstand getrennt zu ermitteln. Allerdings ist zur Vermeidung von Wiederholungen eine Zusammenfassung im Rahmen eines Gesamtteilungsplanes zulässig.2
3
Zur Frage, ob sämtliche Ansprüche – vollständig – in die Schuldenmasse aufzunehmen sind, s. die Erläuterungen zu § 113 Rz. 18.
4
Eine Sonderstellung nimmt ein mit seinem Recht gem. § 37 Nr. 5 ausgeschlossener Drittberechtigter ein. Das Recht des Dritten setzt sich in diesem Fall mangels rechtzeitiger Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens kraft dinglicher Surrogation an dem Versteigerungserlös fort. Weil die Ansprüche des Drittberechtigten in keinem Rangverhältnis zu den Ansprüchen auf Befriedigung aus dem Grundstück gem. § 10 stehen,3 sind sie von der Gesamtmasse zu trennen und auszuscheiden.4 Dem Drittberechtigten gebührt dabei lediglich ein Anteil am Erlös; nicht maßgeblich ist der tatsächliche (Rest-)Wert des Gegenstandes. Sofern der Sachverhalt keine Anhaltspunkte für eine anderweitige Verteilung ergibt, ist deshalb das Meistgebot nach dem Verhältnis des (Verkehrs-)Wertes der Gegenstände zu dem (Verkehrs-)Wert des versteigerten Ganzen (also Grundstück inclusive Gegenstände) zu verteilen.5 Damit der ihm gebührende Erlös(anteil) bei der Aufstellung des Teilungsplans nicht anderweitig zugeteilt wird, muss der Dritte seine Ansprüche anmelden und ggf. im Wege des Widerspruchs gem. § 115 verfolgen.6
5
B. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt für alle Versteigerungsverfahren nach dem ZVG. Lediglich bei einer Auseinandersetzungsversteigerung kann § 114 Abs. 1 S. 2 keine Anwendung finden, weil es in diesem Verfahren an einem betreibenden Gläubiger fehlt.
6
C. In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche I. Von Amts wegen aufzunehmende Ansprüche 1. Kosten des Verfahrens (§ 109) Die Kosten des Verfahrens sind von Amts wegen vor den gem. § 10 zu berücksichtigenden Ansprüchen in den Teilungsplan aufzunehmen (§ 109 Abs. 1); einer Anmeldung durch die Gerichtskasse bedarf es hierfür nicht. Zu den amtswegig zu berücksichtigenden Kosten des Verfahrens gehört auch ein von dem betreibenden Gläubiger geleisteter Vorschussbetrag. Vorschussbeträge mehrerer Gläubiger stehen dabei untereinander im gleichen Rang; im Verhältnis zum verbleibenden Restanspruch der Staatskasse sind sie allerdings nachrangig in den Plan aufzunehmen.7
7
Nicht zu den Kosten des Verfahrens gehören die für die Anordnung oder den Beitritt entstehenden Kosten (§ 109 Abs. 1); diese können nur als Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung im Rang des Hauptanspruchs geltend gemacht werden (§§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1).
8
2 3 4 5 6 7
Stöber, § 114 Rz. 1.3. Insoweit unter Anwendung des § 92 noch a.A. RG v. 12.4.1911 – IV 384/10, RGZ 76, 212. RG v. 28.6.1916 – V ZR 180/16, RGZ 88, 351, 356 f. RG v. 28.6.1916 – V ZR 180/16, RGZ 88, 351, 357; RG v. 12.4.1911 – IV 384/10, RGZ 76, 212, 215. RG v. 28.6.1916 – V ZR 180/16, RGZ 88, 351, 356 f. Depré/Bachmann, § 114 Rz. 6.
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§ 114 Rz. 9 In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche 2. Grundbuchersichtliche Ansprüche (§ 114 Abs. 1 S. 1 Hs. 1) 9
In den Teilungsplan sind weiterhin diejenigen Ansprüche nach dem Inhalt des Grundbuchs aufzunehmen, deren Betrag oder Höchstbetrag zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich war.
10
Für in der III. Abteilung des Grundbuchs eingetragene Verwertungsrechte ist diese Feststellung unproblematisch möglich. Für nicht auf Zahlung eines Kapitalbetrags gerichtete Rechte in der II. Abteilung des Grundbuchs wird eine Aufnahme in den Teilungsplan nur möglich sein, wenn bei solchen Rechten der Höchstbetrag des Wertersatzes gem. § 882 BGB eingetragen ist. In den übrigen Fällen bedarf es deshalb der Anmeldung zur Aufnahme in den Teilungsplan, wenn sich auch nicht aus der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung (§ 874 BGB) hinreichende Anhaltspunkte für eine Berechnung ergeben.
11
Zu den nach dem Inhalt des Grundbuchs in den Teilungsplan aufzunehmenden Rechten gehören auch bedingte Rechte, deren weitere Behandlung sich nach den §§ 119, 120 richtet.
12
Ebenfalls von Amts wegen aufzunehmen sind lediglich vorgemerkte Rechte oder solche, gegen deren Löschung ein Widerspruch in das Grundbuch eingetragen ist. Beide Eintragungsarten sichern bedingte Ansprüche und sind folglich gem. §§ 119, 120 zu behandeln. 3. Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen (§ 114 Abs. 2)
13
Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen, die nach dem Inhalt des Grundbuchs zu entrichten sind, brauchen nicht angemeldet zu werden. Laufende Beträge wiederkehrender Leistungen sind der letzte vor der Beschlagnahme fällig gewordene Betrag sowie die später fällig werdenden Beträge (vgl. § 13 Abs. 1 S. 1).
14
Eine Berücksichtigung laufender wiederkehrender Leistungen von Amts wegen ist auch möglich, wenn im Grundbuch lediglich ein Höchstzinssatz eingetragen worden ist, solange sich die Voraussetzungen für die konkrete Berechnung aus der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung ergeben.8
15
Das Gleiche hat für einen zwar variablen, aber in der Höhe zulässigerweise auf eine gesetzlich bestimmte Bezugsgröße (z.B. den Basiszinssatz) Bezug nehmenden rechtsgeschäftlich vereinbarten Zinsanspruch zu gelten.9 Auch hier lässt sich die konkrete Berechnung anhand der amtlich verlautbarten Zinsentwicklungen vornehmen.
16
Eine Berücksichtigung von Amts wegen ist dagegen nicht mehr möglich, wenn eingetragene Zinsen sich im Verzugsfall um einen näher festgelegten Verzugszins erhöhen sollen.10 In diesem Fall ergibt sich der Eintritt des Verzugs nämlich nicht mehr aus dem Grundbuch. Es bedarf deshalb einer entsprechenden Anmeldung.11
II. Aufgrund Anmeldung aufzunehmende Ansprüche 1. Grundsatz (§ 114 Abs. 1 S. 1 Hs. 2) 17
Soweit Ansprüche nicht von Amts wegen in den Teilungsplan aufzunehmen sind, sind sie nur dann zu berücksichtigen, wenn sie spätestens im Termin angemeldet werden (§ 114 Abs. 1 8 Zur notwendigen Begrenzung gleitender Zinsen durch Angabe eines Höchstzinssatzes s. KG v. 19.3.1971 – 1 W 783/71, OLGZ 1971, 450 = NJW 1971, 1463 = Rpfleger 1971, 316 mwN. 9 Vgl. BGH v. 26.1.2006 – V ZB 143/05, NotBZ 2006, 170 = MDR 2006, 1037 = NJW 2006, 1341 = Rpfleger 2006, 313 = ZfIR 2006, 372; OLG München v. 16.5.2011 – 34 Wx 71/11, NJW-RR 2011, 1462. 10 Steiner/Teufel, § 114 Rz. 17. 11 A.A. Depré/Bachmann, § 114 Rz. 12; Stöber, § 114 Rz. 4.1 lit. e): Möglichkeit des Verzugseintritts sei für die Berechnung ausreichend.
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In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche
Rz. 23 § 114
S. 1 Hs. 2). Gemeint ist damit der Verteilungstermin, in dessen Verlauf die Anmeldung spätestens erfolgen muss, um noch Berücksichtigung im Teilungsplan finden zu können. Damit ist jedoch keine Aussage über die Rangposition der angemeldeten Ansprüche verbunden. Erfolgte die Anmeldung nämlich erst nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin, führt dies zu einer Rangverschiebung gem. § 110 (vgl. § 37 Nr. 4). Eine Anmeldung ist auch dann erforderlich, wenn die Beteiligten oder das Vollstreckungsgericht bereits aus anderem Grund Kenntnis von dem Anspruch haben sollten.12
18
2. Fortwirkende Anmeldung Eine rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin vorgenommene Anmeldung muss für den Verteilungstermin nicht erneuert werden; sie gilt unverändert fort, wenn sie nicht geändert wird.13 Erfolgt jedoch eine Erweiterung der ursprünglichen Anmeldung erst nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Versteigerungstermin, wird der über die ursprüngliche Anmeldung hinausgehende Teil ebenfalls von der Rangverschiebung des § 110 erfasst.
19
3. Anmeldefiktion Die Ansprüche eines betreibenden Gläubigers gelten als angemeldet, soweit sie sich aus dem Versteigerungsantrag ergeben (§ 114 Abs. 1 S. 2). Dies gilt auch dann, wenn dieser die Einstellung des (seines) Verfahrens gem. § 30 bewilligt haben sollte. Erst eine Antragsrücknahme mit nachfolgender Verfahrensaufhebung gem. § 29 beseitigt die fiktive Anmeldewirkung. Die Fiktion erstreckt sich jedoch nicht auf die pauschale Angabe von Kostenbeträgen im Versteigerungsantrag; insofern bedarf es der rechtzeitigen und spezifizierten Anmeldung (vgl. Rz. 28).
20
4. Exklusivität Eine Anmeldung in einem evtl. parallel laufenden Zwangsverwaltungsverfahren über dasselbe Grundstück wirkt nicht für das Zwangsversteigerungsverfahren und umgekehrt. Anmeldungen müssen in jedem Verfahren separat erfolgen.14
21
Nach hier vertretener Auffassung hat dies auch für Anmeldungen in solchen Versteigerungsverfahren zu gelten, die nach zutreffender Auffassung nicht mit einer Forderungsversteigerung verbunden werden können (also insbesondere einer Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft und einer Zwangsversteigerung zur Entziehung eines Wohnungseigentums).
22
5. Glaubhaftmachung § 114 sieht im Gegensatz zu § 45 Abs. 1 eine Glaubhaftmachung nicht ausdrücklich vor. Ist jedoch zweifelhaft, ob ein geltend gemachter Anspruch überhaupt besteht, kann sowohl das Vollstreckungsgericht als auch der betreibende Gläubiger verlangen, dass er glaubhaft gemacht wird.15 Dies gebietet das Legalitätsprinzip; Auszahlungen sollen nur auf tatsächlich bestehende Ansprüche erfolgen. Im Hinblick auf § 45 Abs. 2 kann allerdings auch für die Erlösverteilung nicht verlangt werden, dass rückständige wiederkehrende Leistungen, die sich aus dem Grundbuch ergeben, glaubhaft gemacht werden.
12 13 14 15
BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30. Böttcher, § 114 Rz. 6. Steiner/Teufel, § 114 Rz. 29. Böttcher, § 114 Rz. 9; Steiner/Teufel, § 114 Rz. 30.
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§ 114 Rz. 24 In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche 24
Wird dem Verlangen nach Glaubhaftmachung nicht entsprochen, unterbleibt die Aufnahme des Anspruchs in den Teilungsplan. Ein darin gem. § 115 Abs. 2 zu sehender Widerspruch ist mangels Beteiligtenstellung zurückzuweisen.16 6. Nichtige und erloschene Rechte, unzulässige und Minderanmeldungen a) Nichtige und erloschene Rechte
25
Wegen der Behandlung nichtiger und einwandfrei erloschener Rechte s. ausführlich § 45 Rz. 18 ff. b) Unzulässige Anmeldungen
26
Wegen der Behandlung unzulässiger Anmeldungen s. ausführlich § 45 Rz. 64 f. c) Minderanmeldungen
27
Zur Behandlung sog. Minderanmeldungen s. zunächst ausführlich § 45 Rz. 59 ff. Die einmal für das Versteigerungsverfahren erklärte Minderanmeldung behält ihre Wirkung auch für das anschließende Verteilungsverfahren (vgl. § 114 Abs. 2).17 Hat demgemäß ein Gläubiger vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten eine Minderanmeldung erklärt, so kann eine nach diesem Zeitpunkt erfolgte weitergehende Anmeldung im Rahmen des § 114 Abs. 2 für das Verteilungsverfahren nur mit der Rangverschiebung des § 110 berücksichtigt werden.18 7. Nicht von Amts wegen aufzunehmende Ansprüche
28
Nach dem zuvor Gesagten sind daher regelmäßig anmeldebedürftig: – Ansprüche aus den Rangklassen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 – Kostenansprüche gem. § 10 Abs. 2 Zunächst pauschal angemeldete Kostenbeträge sind im Rahmen des bisher geltend gemachten Höchstbetrages zu spezifizieren. Soweit die konkrete Anmeldung die ursprünglich geltend gemachte Pauschale überschreitet, tritt eine Rangverschiebung gem. § 110 ein. – Rückständige wiederkehrende Leistungen Sie sind selbst dann anzumelden, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich sein sollten. – Wertersatzbeträge für Rechte (der II. Abt. des Grundbuchs), die nicht auf Zahlung eines Kapitals gerichtet sind – Nach dem Versteigerungsvermerk eingetragene Rechte. 8. Nichtanmeldung
29
Das Nichtanmelden soll keinen materiellen Verzicht auf den Anspruch darstellen, sondern lediglich zu einer verfahrensrechtlichen Nichtberücksichtigung im Teilungsplan führen.19 Diese Rechtsansicht ist nach dem Wortsinn zwar grundsätzlich zutreffend; sie ist allerdings verkürzt und berücksichtigt die materiellen Folgen einer vollständig unterlassenen Anmeldung (oder 16 Böttcher, § 114 Rz. 9; Steiner/Teufel, § 114 Rz. 30. 17 OLG Oldenburg v. 14.7.1980 – 2 W 56/80, Rpfleger 1980, 485 m. zust. Anm. Laube; Böttcher, §§ 44, 45 Rz. 45; a.A. LG Frankenthal v. 27.11.1985 – 1 T 329/85, Rpfleger 1986, 232 m. insow. abl. Anm. Meyer-Stolte. 18 Heute h.M.: Böttcher, §§ 44, 45 Rz. 45; Dassler u.a./Hintzen, § 45 Rz. 9; Depré/Bachmann, § 45 Rz. 16; Riedel, JurBüro 1974, 689; Stöber, § 45 Rz. 6.3. 19 Böttcher, § 114 Rz. 5; Depré/Bachmann, § 114 Rz. 14; Steiner/Teufel, § 114 Rz. 31.
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In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche
Rz. 32b § 114
Glaubhaftmachung) nicht hinreichend. Ihr kann deshalb nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Zunächst wird nach der Art des Anspruchs zu differenzieren sein. So ist es sicherlich zutreffend, dass das Nichtanmelden persönlicher Ansprüche gegen den bisherigen Vollstreckungsschuldner für deren weitergehende Geltendmachung außerhalb des Versteigerungsverfahrens über die Immobilie keine Auswirkungen haben kann.
30
Auch soweit dingliche Ansprüche aus bestehenbleibenden Rechten sich nunmehr gegen den 31 Ersteher als neuen Eigentümer richten, führt das Nichtanmelden im Erstverfahren nicht zum Verlust dieser Ansprüche in einem späteren gegen den neuen Eigentümer gerichteten Versteigerungsverfahren. So können bspw. rückständige Zinsen in einem Versteigerungsverfahren gegen den Ersteher trotz zuvor unterlassener Geltendmachung im Verfahren gegen den Voreigentümer angemeldet werden; es handelt sich um selbstständige Vollstreckungsverfahren. Anders stellt sich dagegen die Rechtslage bei dinglichen Ansprüchen aus erloschenen 32 Rechtspositionen dar. Hier wird man zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen davon auszugehen haben, dass ein Nichtanmelden nicht nur verfahrensrechtlich, sondern auch materiell-rechtlich zum Verlust solcher Ansprüche führt. Sie können nach Abschluss des Versteigerungsverfahrens auch nicht mehr bereicherungsrechtlich geltend gemacht werden. Gesichert ist zunächst, dass eine verspätete Anmeldung oder ggf. Glaubhaftmachung anmel- 32a debedürftiger Rechte zu einer verfahrensrechtlichen Rangverschlechterung gem. § 110 führt; solche Rechte können nur noch an letzter Rangstelle („Rangklasse 9“) berücksichtigt werden (vgl. § 110 Rz. 22). Die einmal eingetretene Rangverschlechterung kann nachträglich auch nicht wieder beseitigt werden (§ 110 Rz. 24). Will man die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses mitsamt den zugrundeliegenden Versteigerungsbedingungen nicht in Frage stellen, muss der Rangverschlechterung des § 110 auch materielle Bedeutung zukommen. Eine verspätete Anmeldung resp. Glaubhaftmachung bewirkt demzufolge auch einen endgültigen materiellen Rangverlust.20 Bereicherungsrechtliche Ansprüche des nichtberücksichtigten Gläubigers gegenüber dem durch die Zuteilung rangbesser Begünstigten scheiden damit grundsätzlich auch außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens aus.21 Nichts anderes kann für anmeldebedürftige Rechte gelten, deren Anmeldung bzw. Glaubhaftmachung vollkommen unterblieben ist. Sie erleiden verfahrensrechtlich einen Rangverlust gem. § 114 Abs. 1 S. 1 und werden bei der Verteilung überhaupt nicht berücksichtigt. Der Rangverlust kann auch nicht nachträglich beseitigt werden. Mit dem verfahrensrechtlichen Rangverlust muss aus den genannten Gründen insoweit aber auch ein materiell-rechtlicher Rechtsverlust einhergehen. Mit der Zuschlagserteilung ist nämlich die die dingliche Rechtsposition vermittelnde (Grundbuch-)Rangstelle als Rechtsgrundlage weggefallen.22 Auch hier scheiden deshalb bereicherungsrechtliche Ansprüche des nichtberücksichtigten Gläubigers gegenüber dem durch die Zuteilung rangbesser Begünstigten außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens grundsätzlich aus.23 Andernfalls wäre z.B. ein WEG-Verwalter gut beraten, die erst nachträglich „entdeckten“ privilegierten Hausgeldansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 für die rechtsfähige Gemeinschaft wegen der damit verbundenen Rangverschlechterung (mit faktischem Totalausfall) nicht – verspätet – anzumelden, sondern nach Abschluss des Versteigerungsverfahrens bereicherungsrechtlich gegen den aus der Zuteilung Begünstigten durchzusetzen. Der seine Ansprüche im Verfahren überhaupt nicht anmeldende Gläubiger wäre also 20 BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30; BGH v. 6.7.1961 – II ZR 161/60, BGHZ 35, 267 = MDR 1961, 831 = NJW 1961, 1672. 21 RG v. 22.9.1928 – V 61/28, RGZ 122, 61; BGH v. 30.5.1956 – V ZR 200/54, BGHZ 21, 30 mwN; Stöber, § 110 ZVG Rz. 2.10; Steiner/Teufel, § 110 ZVG Rz. 42. 22 Schneider, ZMR 2018, 119. 23 Wie hier Achenbach, ZfIR 2018, 440, 442; a.A. OLG Hamm v. 14.8.2013 – 11 U 27/12.
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32b
§ 114 Rz. 32b In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche materiell-rechtlich besser gestellt als der anmeldende. Abgesehen von dem darin enthaltenen Wertungswiderspruch würde auf diese Weise auch die dem Verfahrensrecht der §§ 110, 114 immanente Wertung auf den Kopf gestellt. 32c
Diesem Befund steht auch nicht die gesetzliche Regelung des § 115 Abs. 1 S. 2 iVm § 878 Abs. 2 ZPO entgegen. Danach ist die Klagebefugnis des dem Plan wegen eines vermeintlich besseren Rechts widersprechenden Gläubigers durch die Versäumung der Frist des § 878 Abs. 1 ZPO und durch die Ausführung des Planes nicht ausgeschlossen. Dazu muss es sich jedoch nach dem eindeutigen Wortlaut um einen dem Plan „widersprechenden Gläubiger“ handeln. Widerspruch kann demnach aber wirksam nur ein bereits gem. § 9 Beteiligter erheben. Der Weg über einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich ohne Einhaltung der zwangsvollstreckungsrechtlichen Förmlichkeiten steht somit nur einem am Versteigerungsverfahren Beteiligten offen.24
D. Ausgewählte Besonderheiten bei der Aufnahme in den Teilungsplan I. Altenteilsrecht (Leibgeding, Leibzucht, Auszug) Spezielle Literatur: Drischler, Das Altenteil in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1983, 229.
33
Geht ein Altenteilsrecht dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vor, bleibt es bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks bestehen. Das Recht bleibt aber auch dann außerhalb des geringsten Gebotes bestehen, wenn es dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang gleichoder nachsteht (§ 9 Abs. 1 EGZVG). In diesem Fall kann allerdings ein Beteiligter das Erlöschen eines solchen Rechtes verlangen, wenn durch das Fortbestehen ein dem Recht vorgehendes oder gleichstehendes Recht des Beteiligten beeinträchtigt werden würde (§ 9 Abs. 2 EGZVG). Wegen Einzelheiten s. die Kommentierung zu § 9 EGZVG. Laufende wiederkehrende Leistungen können beim bestehenbleibenden Altenteilsrecht jedoch nur dann von Amts wegen in die Schuldenmasse aufgenommen werden, wenn sie grundbuchersichtlich sind; andernfalls bedürfen auch sie der Anmeldung.
34
Erlischt das Altenteilsrecht durch den Zuschlag (§ 9 Abs. 2 EGZVG), ist Ersatz durch Zahlung einer Geldrente zu leisten (§ 92 Abs. 2). Dazu ist für den Ersatzanspruch in den Teilungsplan ein Betrag aufzunehmen, welcher der Summe aller künftigen Leistungen in Abhängigkeit vom Lebensalter gleichkommt, den fünfundzwanzigfachen Betrag einer Jahresleistung jedoch nicht übersteigt (§ 121 Abs. 1). Die für die Berechnung dieses Deckungskapitals erforderlichen Angaben sind anzumelden, soweit sie nicht grundbuchersichtlich sind. Die weitere Behandlung im Teilungsplan richtet sich nach §§ 14, 119, 120.
II. Beschränkte persönliche Dienstbarkeit 35
Geht eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vor, bleibt sie bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks bestehen; andernfalls erlischt sie (§ 52 Abs. 1). Für eine bestehenbleibende beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist bei der Feststellung des geringsten Gebots gem. § 51 Abs. 2 ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen. Wegen Einzelheiten s. die Kommentierung zu § 51. 24 Nichts Anderes lässt sich der Entscheidung BGH v. 26.4.2001 – IX ZR 53/00, MDR 2001, 1190 = NJW 2001, 2477 = Rpfleger 2001, 443 = ZfIR 2001, 499 entnehmen. In der Sache ging es dort um Rückgewährsansprüche eines der Zuteilung widersprechenden Insolvenzverwalters als Verfahrensbeteiligtem aus einer anfechtbar bestellten Grundschuld, die sich infolge des Zuschlages in Zahlungsansprüche aus dem Versteigerungserlös umgewandelt hatten.
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In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche
Rz. 41 § 114
Erlischt die beschränkte persönliche Dienstbarkeit durch den Zuschlag, ist Ersatz durch Zahlung einer Geldrente zu leisten (§ 92 Abs. 2). Dazu ist für den Ersatzanspruch in den Teilungsplan ein Betrag aufzunehmen, welcher der Summe aller künftigen Leistungen gleichkommt, den fünfundzwanzigfachen Betrag einer Jahresleistung jedoch nicht übersteigt (§ 121 Abs. 1). Die für die Berechnung dieses Deckungskapitals erforderlichen Angaben sind anzumelden, soweit sie nicht grundbuchersichtlich sind. Die weitere Behandlung im Teilungsplan richtet sich nach §§ 14, 119, 120.25
36
III. Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht Geht ein Dauerwohn- oder Dauernutzungsrecht dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vor, bleibt es bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks bestehen; andernfalls erlischt es (§ 52 Abs. 1). Ausnahmsweise kann ein Dauerwohn- oder Dauernutzungsrecht aber auch unter den Voraussetzungen des § 39 WEG bestehen bleiben (zu den damit verbundenen Fragen s. ausf. § 44 Rz. 136 ff.). Für ein bestehenbleibendes Dauerwohn- oder Dauernutzungsrecht ist bei der Feststellung des geringsten Gebots gem. § 51 Abs. 2 ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen. Wegen Einzelheiten s. die Kommentierung zu § 51.
37
Erlischt das Dauerwohn- oder Dauernutzungsrecht durch den Zuschlag, ist im Hinblick auf den regelmäßigen Versorgungscharakter solcher Rechte richtigerweise Ersatz durch Zahlung einer Geldrente zu leisten (§ 92 Abs. 2).26 Dazu ist für den Ersatzanspruch in den Teilungsplan ein Betrag aufzunehmen, welcher der Summe aller künftigen Leistungen gleichkommt, den fünfundzwanzigfachen Betrag einer Jahresleistung jedoch nicht übersteigt (§ 121 Abs. 1). Die für die Berechnung dieses Deckungskapitals erforderlichen Angaben sind anzumelden, soweit sie nicht grundbuchersichtlich sind. Die weitere Behandlung im Teilungsplan richtet sich nach §§ 14, 119, 120.
38
IV. Erbbaurecht und Erbbauzins Bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks kann das Erbbaurecht nach dem ErbbauRG nicht erlöschen (vgl. §§ 10, 25 ErbbauRG). Es ist deshalb im Teilungsplan als bestehenbleibendes Recht zu berücksichtigen (vgl. ausf. § 44 Rz. 144 ff.).
39
Bei der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts wird der erlöschende Erbbauzins wie eine Reallast von bestimmter Dauer behandelt. Es gelten deshalb die Ausführungen zur Reallast (Rz. 113 f.) entsprechend.
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V. Erwerbsvormerkung Als Sicherungsmittel eigener Art ist eine Erwerbsvormerkung in der Zwangsversteigerung wie ein Recht der Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 zu behandeln.27 Geht eine Erwerbsvormerkung dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vor, bleibt sie bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks bestehen; andernfalls erlischt sie (§ 52 Abs. 1). Für eine bestehenbleibende Erwerbsvormerkung ist bei der Feststellung des geringsten Gebots gem. § 51 Abs. 2 ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen. Wegen Einzelheiten s. die Kommentierung zu § 51. 25 Depré/Bachmann, § 114 Rz. 26. 26 Böttcher, § 114 Rz. 20; Steiner/Eickmann, § 92 Rz. 39; dem zuneigend auch Depré/Bachmann, § 114 Rz. 28 iVm § 92 Rz. 39; a.A. einmaliger Ersatzwert: Dassler u.a./Hintzen, § 92 Rz. 11; Stöber, § 114 Rz. 3.1 u. Rz. 6.3. 27 BGH v. 9.5.2014 – V ZB 123/13, BGHZ 201, 157 = NotBZ 2014, 463 m. Anm. Suppliet = MietRB 2014, 268 = MDR 2014, 988 = NJW 2014, 2445 = Rpfleger 2014, 613 = ZfIR 2014, 654.
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§ 114 Rz. 42 In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche 42
Erlischt die Erwerbsvormerkung durch den Zuschlag, ist sie im Teilungsplan mit einem einmaligen Wertersatz zu berücksichtigen (§ 92 Abs. 1). Der Wertersatzbetrag muss angemeldet werden, da er nicht grundbuchersichtlich ist. Keiner Anmeldung soll demgegenüber der Anspruch eines Wiederkaufsberechtigten aus einer eingetragenen Rückauflassungsvormerkung bedürfen.28 Da es sich um einen aufschiebend bedingten Anspruch handelt, ist gem. §§ 119, 120 zu verfahren.
VI. Grunddienstbarkeit Spezielle Literatur: Schiffhauer, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, Rpfleger 1975, 187; Schubert/Czub, Die Grunddienstbarkeit in der Zwangsversteigerung, ZIP 1982, 266.
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Geht eine Grunddienstbarkeit dem bestbetreibenden Gläubiger im Rang vor, bleibt sie bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks bestehen; andernfalls erlischt sie (§ 52 Abs. 1). Für eine bestehenbleibende Grunddienstbarkeit ist bei der Feststellung des geringsten Gebots gem. § 51 Abs. 2 ein Zuzahlungsbetrag festzusetzen. Wegen Einzelheiten s. die Kommentierung zu § 51.
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Erlischt die Grunddienstbarkeit durch den Zuschlag, ist sie im Teilungsplan mit einem einmaligen Wertersatz zu berücksichtigen (§ 92 Abs. 1). Der Wertersatzbetrag muss angemeldet werden, da er nicht grundbuchersichtlich ist. Da der Anspruch bis zur Feststellung als aufschiebend bedingt gilt, ist gem. §§ 119, 120 zu verfahren.
VII. Grundschuld Spezielle Literatur: Bayer, Zinsen für die Eigentümergrundschuld?, AcP 189 (1989), 470; Böttcher, Sicherungsgrundschulden in der Vollstreckungs- und Teilungsversteigerung, RpflStud 2019, 136; Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld (4. Aufl.) 2008; Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, (9. Aufl.) 2011; Goldbach, Rückgewähransprüche bei der Immobilienverwertung, ZfIR 2019, 45; Klawikowski, Der Rückgewähranspruch bei der Grundschuld in der Zwangsversteigerung, RpflStud 2013, 41; Mümmler, Pfändung erloschener Eigentümergrundschulden im Zwangsversteigerungsverfahren, JurBüro 1983, 1141; Stöber, Verjährte, rückständige und laufende Grundschuldzinsen in der Zwangsversteigerung, MittBayNot 1999, 441; Stöber, Zuteilung des Versteigerungserlöses an den Gläubiger einer Grundschuld, ZIP 1980, 833; Storz, Die nicht voll valutierte Sicherungsgrundschuld in der Zwangsversteigerung, ZIP 1980, 506; Zimmer, Grundschuldzinsen in der Zwangsversteigerung, NotBZ 2012, 163.
1. Allgemeines a) Isolierte Grundschuld – Sicherungsgrundschuld 45
Grundschulden können klassisch als sog. isolierte Grundschulden (§§ 1191 ff. BGB) oder auch als sog. Sicherungsgrundschulden (§ 1192 Abs. 1a S. 1 BGB) bestellt werden. In beiden Fällen handelt es sich jedoch um ein abstrakt dingliches Recht, das auch dann nicht vom Bestand einer persönlichen Forderung abhängig ist, wenn es zur Sicherung für eine solche Forderung dient.29 aa) Isolierte Grundschuld
46
Die isolierte Grundschuld ist allerdings vergleichsweise selten anzutreffen; sie findet sich im Rechtsverkehr vornehmlich als Eigentümergrundschuld (dazu Rz. 100 ff.), Inhabergrundschuld und vorsorglich bestellte Treuhandgrundschuld.30 28 BGH v. 24.5.2012 – IX ZR 175/11, MDR 2012, 1062 = NJW 2012, 2504 = ZfIR 2012, 713. 29 BGH v. 29.1.2016 – V ZR 285/14, BGHZ 209, 1 = MDR 2016, 486 = NJW 2016, 2415 = Rpfleger 2016, 363 = ZfIR 2016, 319. 30 Zu Letzterer vgl. Staudinger/Wolfsteiner (2017) Vorbem. §§ 1191 ff. BGB Rz. 16.
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In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche
Rz. 52 § 114
bb) Sicherungsgrundschuld Die Sicherungsgrundschuld wird seit 2008 vom Gesetzgeber erstmals als solche anerkannt (vgl. (§ 1192 Abs. 1a S. 1 BGB)31 und dominiert bereits seit längerem die Kreditpraxis (dazu Rz. 57 ff.). Sie wird vertraglich zur Sicherung eines Anspruchs bestellt und ist demzufolge stärker in schuldrechtliche Kausalbeziehungen eingebettet (vgl. § 1192 Abs. 1a iVm § 1157 BGB).
47
b) Briefgrundschuld – Buchgrundschuld Grundschulden werden wie Hypotheken nach der gesetzlichen Leitvorstellung als Briefrechte bestellt (vgl. §§ 1192 Abs. 1, 1116 Abs. 1 BGB). Die Erteilung eines Grundschuldbriefes kann allerdings ausgeschlossen werden (§§ 1192 Abs. 1, 1116 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Bedeutung der Brieferteilung zeigt sich wie bei der Hypothek im Wesentlichen bei der Bestellung des Rechtes (vgl. § 1192 Abs. 1, 1117, § 1163 Abs. 2 BGB), der im Vergleich zu einem Buchrecht erleichterten außergrundbuchlichen Übertragung (vgl. §§ 1192 Abs. 1, 1154, 1155 BGB) und bei der zwangsweisen Befriedigung des Gläubigers (§§ 1192 Abs. 1, 1144, 1145 BGB).
48
aa) Briefgrundschuld Bei einem Briefrecht ist demzufolge für Zahlungen an den Gläubiger die Vorlage des Grundschuldbriefes zum Zwecke der Legitimation erforderlich. Andernfalls muss nach § 126 verfahren werden. Umstritten ist insoweit lediglich, ob im Hinblick auf § 1159, § 1160 Abs. 3 BGB Kosten, Zinsen und sonstige Nebenleistungen ohne Briefvorlage zur Auszahlung kommen können (vgl. § 126 Rz. 5).32
49
Im Falle der Übertragung einer Briefgrundschuld vor Erteilung des Zuschlags sind zusätzlich die in §§ 1154, 1155 BGB genannten Urkunden vorzulegen. Ist nur ein Teil des Rechtes abgetreten worden, ist die Briefübergabe entweder durch Einräumung des Mitbesitzes oder durch Bildung eines Teilbriefes nachzuweisen. Bei der Teilabtretung kann die Übergabe des Briefes nicht dadurch ersetzt werden, dass der Abtretende den – ungeteilten – Grundpfandrechtsbrief zugleich als Eigenbesitzer für sich selbst und als Fremdbesitzer für den Abtretungsempfänger besitzt.33 Ein Grundpfandrechtsbrief gilt bis zu seiner Kraftloserklärung durch einen Ausschließungsbeschluss gem. § 458 FamFG als noch vorhanden; eine (Ersatz-)Übergabe vor diesem Zeitpunkt ist daher nicht möglich.34
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Im Falle der Übertragung einer durch den Zuschlag erloschenen Briefgrundschuld tritt der An- 51 teil am Versteigerungserlös als Surrogat an die Stelle des dinglichen Rechts. Die Übertragung folgt unverändert sachenrechtlichen Grundsätzen. Allerdings genügt zur Abtretung des Ersatzanspruchs die formfreie Einigung über den Rechtsübergang. Der sonst erforderliche Publizitätsakt (Briefübergabe bzw. Grundbucheintragung) entfällt mangels Verbriefungs- bzw. Eintragungsmöglichkeit.35 bb) Buchgrundschuld Bei einem Buchrecht ergibt sich die Legitimation des Gläubigers unmittelbar aus dem Grundbuch (vgl. § 891 Abs. 1 BGB). 31 Eingefügt d Art. 6 d G zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (RisikobegrenzungsG) v. 12.8.2008 (BGBl. I, S. 1666). 32 Zu Recht bejahend Böttcher, § 126 Rz. 3; Depré/Bachmann, § 126 Rz. 5; Stöber, § 126 Rz. 2.1; a.A. Dassler u.a./Hintzen, § 126 Rz. 7; Morvilius in Dierks/Morvilius/Vollkommer Kap. 4 Rz. 554; Steiner/ Teufel, § 126 Rz. 12. 33 BGH v. 16.9.1985 – II ZR 214/84, NJW-RR 1986, 345; BGH v. 10.11.1982 – V ZR 245/81, BGHZ 85, 263 = MDR 1983, 218 = NJW 1983, 568 = Rpfleger 1983, 60. 34 RG v. 24.3.1914 – VII 2/14, RGZ 84, 314, 316. 35 Stöber, ZIP 1980, 833, 834.
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§ 114 Rz. 53 In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche 53
Im Falle der Übertragung einer brieflosen Grundschuld vor Erteilung des Zuschlags vollzieht sich die Abtretung durch Einigung und Eintragung in das Grundbuch (§ 1154 Abs. 3 BGB). Erfolgt dabei die Eintragung erst nach der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks, bedarf die Berücksichtigung der Abtretung der Anmeldung (§ 9, § 37 Nr. 4).
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Im Falle der Übertragung einer durch den Zuschlag erloschenen Buchgrundschuld tritt der Anteil am Versteigerungserlös als Surrogat an die Stelle des dinglichen Rechts. Die Übertragung folgt unverändert sachenrechtlichen Grundsätzen. Allerdings genügt zur Abtretung des Ersatzanspruchs die formfreie Einigung über den Übergang des Rechts. Der sonst erforderliche Publizitätsakt (Grundbucheintragung) entfällt mangels Eintragungsmöglichkeit.36 c) Berücksichtigung im Teilungsplan aa) Berücksichtigung von Amts wegen oder auf Anmeldung
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Im Teilungsplan wird die Grundschuld von Amts wegen berücksichtigt, sofern sie zur Zeit der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich war (§ 114 Abs. 1 S. 1). Dies umfasst auch eine einmalig fällige Nebenleistung. Das Gleiche gilt für die aus dem Grundbuch ersichtlichen laufenden wiederkehrenden Leistungen (§ 114 Abs. 2). Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung (§ 10 Abs. 2) sowie rückständige wiederkehrende Leistungen bedürfen demgegenüber der rechtzeitigen Anmeldung. bb) Berechnungen
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Soweit die Grundschuld dem bestrangig betreibenden Gläubiger im Rang vorgeht, bleibt sie bestehen, im Übrigen erlischt sie durch den Zuschlag (§ 52 Abs. 1). Die laufenden Zinsen einer bestehenbleibenden Grundschuld werden bis einen Tag vor dem Zuschlag berechnet. Ab dem Zuschlag hat der Ersteher die weiteren Zinsen zu tragen (§ 56 S. 2). Die Zinsen einer erloschenen Grundschuld werden demgegenüber bis einen Tag vor dem Verteilungstermin berechnet; mit der Zuteilung endet der Zinslauf. Auch eine einmalige fällige Nebenleistung erlischt immer mit dem Zuschlag. 2. Sicherungsgrundschuld a) Sicherungsvereinbarung aa) Rechtliche Einordnung der Sicherungsvereinbarung
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Bei dem akzessorischen Grundpfandrecht Hypothek stellt das Gesetz selbst die Verknüpfung mit der Forderung her (vgl. u.a. §§ 1113 Abs. 1, 1153 BGB). Bei der forderungsunabhängigen Sicherungsgrundschuld bedarf es demgegenüber einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zur „Anbindung“ des Grundpfandrechts. Bei dieser sog. Sicherungsvereinbarung (auch: Sicherungsvertrag, Sicherungsabrede, Zweckerklärung) handelt es sich um einen schuldrechtlichen Vertrag eigener Art (§§ 241 ff., 311 Abs. 1 BGB).37 Er kann entweder selbstständig als Rahmenvertrag oder unselbständig als Teil des Darlehnsvertrages ausgestaltet sein.38 Die Sicherungsvereinbarung stellt den Rechtsgrund (die causa) für die Bestellung der Grundschuld dar.39 bb) Zustandekommen der Sicherungsvereinbarung
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Die Sicherungsvereinbarung kommt zustande zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer. Eine besondere Form ist weder für den Abschluss40, noch für eine spätere 36 37 38 39 40
Stöber, ZIP 1980, 833, 834. MüKoBGB/Lieder, § 1191 BGB Rz. 20. Vgl. Staudinger/Wolfsteiner, (2017), Vorbem zu §§ 1191 ff. BGB Rz. 34. BGH v. 11.10.1995 – XII ZR 62/94, NJW-RR 1996, 234. BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, MDR 2008, 646 = ZIP 2008, 703; BGH v. 28.10.2003 – XI ZR 263/02, MDR 2004, 287 = NJW 2004, 158 = ZfIR 2004, 97.
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In den Teilungsplan aufzunehmende Ansprüche
Rz. 61 § 114
Erweiterung41 vorgesehen; allerdings dürften sich die Formerfordernisse eines Verbraucherdarlehnsvertrages (vgl. § 492 BGB) regelmäßig auch auf die Sicherungsabrede erstrecken.42 AGB-Recht findet Anwendung.43 Maßgeblich für die Frage, wer Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer ist, sind nicht sachenrechtliche Gesichtspunkte, sondern eine Auslegung der Sicherungsvereinbarung. Insbesondere muss der Sicherungsgeber auch nicht mit dem Eigentümer des Grundstücks identisch sein.44 Im Grundbuch eingetragen sind der Inhaber der Grundschuld und der Eigentümer des Grundstücks, nicht aber Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer.45 Die Sicherungsvereinbarung begründet stets nur Einreden, die der Grundschuld entgegengehalten werden können (vgl. §§ 1192 Abs. 1, 1169 BGB).46 Aus diesem Grunde können auch die §§ 892, 893 BGB weder für den Abschluss noch für eine Änderung des Sicherungsvertrags gelten.47 Der Erwerber eines mit einer Grundschuld belasteten Grundstücks kann Einreden aus dem Sicherungsvertrag demgemäß nur erheben, wenn der Rückgewähranspruch auch auf ihn übertragen worden ist.48 In der Beleihungspraxis wird zwischen einer sog. weiten Sicherungsvereinbarung im Gegensatz zu einer engen Sicherungsvereinbarung unterschieden.49 Im ersten Fall dient die Grundschuld nicht nur der Sicherung eines bestimmten Anspruchs, sondern sie soll alle Ansprüche sichern, die der Sicherungsnehmer gegenwärtig oder zukünftig gegen den Schuldner hat bzw. haben wird, Dies kann ggf. auch zur Sicherung eines näher bestimmten Forderungskreises geschehen, der auch künftige Ansprüche umfasst (z.B. ein Kontokorrentverhältnis).
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Haben Bruchteilseigentümer für eine auf ihrem Grundstück lastende Grundschuld gemeinsam eine Sicherungsvereinbarung mit dem Grundschuldgläubiger getroffen, können sie diese auch nur gemeinsam ändern.50
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cc) Inhalt der Sicherungsvereinbarung Inhalt der Sicherungsvereinbarung sind idR:51 – Verpflichtung des Sicherungsgebers zur Grundschuldverschaffung und -belassung; – Bezeichnung des Sicherungsrahmens durch Angabe der zu sichernden Forderung(en); – Verpflichtung des Sicherungsnehmers zur Grundschuldverwertung allein im Sicherungsfall; – Verpflichtung des Sicherungsgebers zur Zahlung allein auf die gesicherte(n) Forderung(en); 41 BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, MDR 2008, 646 = ZIP 2008, 703; BGH v. 3.6.1997 – IX ZR 133/96; MDR 1997, 863 = NJW 1997, 2320 = ZfIR 1997, 401. 42 So jedenfalls MüKoBGB/Lieder, § 1191 Rz. 62 mwN; Staudinger/Wolfsteiner, (2017), Vorbem zu §§ 1191 ff. BGB Rz. 230 mwN. 43 Vgl. z.B. BGH v. 18.7.2014 – V ZR 178/13, BGHZ 202, 150 = MDR 2014, 1160 = NJW 2014, 3772 = Rpfleger 2014, 661 = ZfIR 2014, 772 mwN. 44 BGH v. 20.11.2009 – V ZR 68/09, MDR 2010, 199 = NJW 2010, 935 = Rpfleger 2010, 206 = ZfIR 2010, 9